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Wochenschrift für praktische Arzte =
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Geh. San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin: x . Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor. `- |
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Nr.26 (1020) Berlin, Prag u. Wien; 29. Jani 1924
a | Klinische Vorträge.
Aus der II. Medizinischen Universitäts-Klinik in Wien einand ers von Geräuschen und.Tönen beim Pulsus irregu- `
(Vorstand: Prof. Dr. N. Ortner). == laris perpetuus des asystolischen Herzens zwei ganz hell
, EE E SE und fein tickende Herztöne, die einander vollkommen
Das Syndrom der parakardiál-adiastolischen Stauung | „ggeimäßig folgen. Und damit wir das Bild, noch abschließen,
als Zeichen der schwieligen Mediastinoperikarditis. | fallt Ihnen auch auf, daß auch der erwartete positive Puls an
| Von Priv.-Doz. Dr. Hanns Polilitzer.
den Halsvenen nicht vorhanden ist und ebenso die Leber
M.H.! Es gibt Krankheitsbilder, die es trotz ihrer- Seltenheit
. trotz der mächtigen Vergrößerung nicht pulsiert. Dafür aber.
‚erregt ein ‘anderes kleines Detail im Gesicht des Patienten Ihre
verdienen, daß man ihnen auch außerhalb der Klinik Aufmerksamkeit
zuwendet, weil von ihrer Erkennung oder Verkennung durch den
Arzt das Schicksal jenes einen mit diesem Leiden behafteten Falles
abhängen kann, der Ihnen vielleicht im Laufe jahrelanger Tätigkeit
begegnen wird. Wenn es sich dann, wie in unserem Falle, noch
zumeist um junge. Menschen handelt, die zu rettungslosem Siechtum:
verurteilt erscheinen, und in-neuester Zeit die Möglichkeit naherückt,
dieses Schicksal bei.rechtzeitiger und richtiger Stellung der Diagnose
abzuwenden, dann scheint es mir berechtigt, Ihre Aufmerksamkeit
für das an sich seltene Krankheitsbild der schwieligen Media-
stinitis zu erbitten, das zwar schon oft gezeichnet worden ist,
früher aber auch ‘oft verzeichnet wurde und es niemals zur end-
gültigen Einverleibung in den Wissensschatz der Ärzte gebracht hat.
| Wenn Sie zu einem Kranken kommen, der zyanotisch und
kurzatmig, den Bauch von Leberschwellung und Aszites aufgetrieben
und die Beine prall geschwollen, aufrecht im Bett sitzt und Sie
hören, daß sich dieser Zustand nach jahrelangen, ursprünglich ge-
ningen Herzbeschwerden und Atemnot bei Bewegung allmählich an-
steigend entwickelt hat, dann ist Ihre Diagnose meist schon gemacht,
ehe Sie den Kranken untersucht haben. Sie erkennen sofort das
vertraute Bild des dekompensierten Herzfehlers oder, wie es die
Franzosen etwas übertreibend, aber treffend. bezeichnen, der Asy-
stolie. Sie können den objektiven Befund, der zu erwarten ist,
‚ last voraussagen: ein verbreiterter und hebender Spitzenstoß außer-
halb der Mamillarlinie, die Herzdämpfung besonders stark nach rechts
verbreitert, die ganze Herzgegend von dem vergrößerten Herzen
vorgebuckelt und pulsatorisch stark erschüttert; bei der Auskultation
schwollen sind, wie wir es bei .nephritischen Hydropsien finden.
renalen Cor bovinum handeln könnte, wird sofort im Keim erstickt,
ist der Zweck unserer heutigen Aussprache — in Ihrem Kopf ein
neuer diagnostischer. Gedanke auftauchen: daß es sich diesmal .
nicht um das häufige Bild der kardial-asystolischen
Stauung des erlahmenden Herzklappenfehlers handelt, sondern um
der schwieligen Mediastinitis, die unter der nicht ganz er-
Ich habe die Bezeichnung parakardial-adiastolisch des-
halb gewählt, weil ich glaube, daß sie am kürzesten und klarsten
die Pathologie dieses Zustandes gegenüber der kardial-asysto-
lischen‘ Stauung abgrenzt und als Konsequenz der Therapie klar
den Weg weist. a | | 2
Wir müssen die beiden Begriffe parakardial'und adia-
.stolisch erst getrennt kennen lernen: Was wir überhaupt als para-
Stauungswirkung anzusehen haben, uw das Krankheitsbild voll.
würdigen zu können, das pathognomonisch für die schwielige Media-
` stinoperikarditis ist. & z a m
Was heißt parakardiale Stauung? Jede Stauung, die durch
infolge einer Thrombophlebitis ein Unterschenkel anschwillt, ist das
eine lokale parakardiale Stauung. Weit interessanter sind die Krank-
ein oder mehrere Geräusche, die vielleicht wegen einer bestehenden | heitsbilder, die mehr zentral durch stäuende Momente in’ den
Arhythmie schwer zu lokalisieren sind; schließlich positive Pulsation | großen Hohlvenen erzeugt werden., Vielleicht darf ich Ihnen das
der großen Leber und der ‚geschwollenen Halsvenen. ` Kurzum, das | Bild eines jungen Mannes vorführen,. den ich einmal im Felde sah;
an Bild, das die Erlahmung des rechten und linken Ventrikels |
‚ wenn
bei dem unter Ikterus und hohem Fieber der Bauch und die Beine
mächtig anschwollen. Die Leber erreichte bei ihm den. Darmbein-
kamm, die Milz reichte bis zum Näbel, das Abdomen enthielt
mehrere Liter Aszites, und am Rippenbogen und rückwärts an. der
Lungenbasis war ein laut blasendes systolisches Cavageräusch 'zu
hören, während : das Herz einen vollkommen normalen Befund bot.
Es handelte sich um das klassische Syndrom der. Stauung in
sich auf eine alte endokarditische Veränderung einer
a mehrerer Klappen terminal die relative Insuffizienz der beiden
Ipfelklappen infolge Erweiterung der Herzhöblen aufpfropfti. Und
Ä schließlich. wissen Sie auch schon im vorhinein, was therapeutisch `
angewendet werden muß, um allenfalls diese schwere Zirkulations-
- Störung noch: einmal zur ‚Rückbildung zu bringen: die Digitalis in-
vollen Dosen, die allein imstande ist, die Asystolie der Ventrikel.
m beheben, die überfillten Herzhöklen zu entleeren, die Leber zu in diesem F sellte s |
entlasten und Aszites und Ödeme. auf dem Wege der Diurese zur | scheinlich, weil sich gleichzeitig auch eine Thrombophlebitis
Ausschwemmung zu ‘bringen Ä | | |. in der Vena portae entwickelt hatte. (Ätiologie: Paratyphus.) Sie
Aber es könnte nun geschehen, daß Sie diesmal bei, der
. i
werden solche Erscheinungen von Phlebitis der Vena cava inferior
„ersuchung Ihres Kranken eine Überraschung erleben. Sie finden | nicht gar so selten bei sekundärer Lues finden. Auch bei tertiärer,
satt des erwarteten Herzbuckels die Herzgegend flach und |
Dich abdachend, statt der erwarteten starken pulsatorischen
ae ütterung abnorme Ruhe über dem Präkordium, statt des‘
Fee verbreiterten und verschobenen Spitzenstoßes über-
e
di inen und die Perkussion — allenfalls auch ein Ortho-
' gezeichnet das Bild der isolierten
in der unteren Hohlvene: primär
leber, Aszites und Ödem der Bein
parakardialen Stauung
e bei normalem Herzen.
i zeigt, daß dieses Herz im Gegenteil klein ist, | zu machen, und Sie werden: diesen Kranken dann nicht nutzlos
p alle nicht wesentlich vergrößert. Und wenn Sie das | mit Digitalis behandeln, sondern mit Diuretieis und mit Maßnahmen,
> "eihoskop aufsetzen, ‚finden Sie zu Ihrer Überraschung statt der
die imstande sind, den Grundprozeß, die Thrombophlebitis oder ev.
“warteten lauten Geräusche oder des regellosen Durch- | die allfällige Lues usw. zu beeinflussen. 2
XX. Jahrgang. |
Aufmerksamkeit, daß nämlich seine Augenlider leicht ver-
Der Gedanke, daß es sich hier etwa um: das Erlahmen eines '
weil wir das Herz ja klein gefunden haben. Da soll nun — dies
das seltene’Bild der parakardial-adiastolischen Stauung `
. schöpfenden Bezeichnung der Ooncretio pericardii cum cordepopulärist. |
kardial, und’ was wir im engeren Sinne als parakardial-adiastolische .
‚Verhältnisse, die außerhalb des Herzens liegen, ‚bedingt ist. Wenn i
. der Vena cava inferior infolge Thrombophlebitis der Hohi-
vene; in diesem Falle gesellte sich noch der Ikterus dazu, wahr-
wenn gummöse Drüsen komprimierend wirken. ‘Dies also wäre kurz
auftretende Stauungs- .
Wo Sie es finden, wird es Ihnen erlauben, die, richtige Diagnose |
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=. -Wir werden am besten gleich hier die Frage aufwerfen, die
später für uns so wichtig werden wird, ob nicht auch ein rechts-
seitiges pleuritisches Exsudat oder eine rechtsseitige
Pleuraschwiele zu derartigen Stauungserscheinungen in
der unteren Hohlvene führen kann? Weniger weil der Erguß
das Gefäß zusammenpreßt oder ‘der schwielige Ring es drosselt
— denn Ortner fand z. B. in einem hierhergehörigen Fall, wo er
das erwartet hatte, die Hohlvene im Gegenteil durch den schwieligen
‚Ring geradezu erweitert —, sondern vielmehr deshalb, weil diese
beiden genannten Prozesse das rechte Zwerchfell immobili-
sieren. Ortner und Wenckebach messen der Bewegung
| des rechten Zwerchfells entscheidende Bedeutung für die
‘'Ausschöpfung der unteren Hohlvene zu und meinen, daß
jene Form der Stauung, die wir bei der schwieligen Mediasti-
nitis zu besprechen haben, in erster Linie durch die rechts-.
seitige Pleuraschwiele bedingt sei. Ja Wenckebach faßt sogar
Stauungserscheinungen,. die er bei schwerer Enteroptose fand, als
` parakardial, durch die Zwerchfellsenkung bedingt, auf. ‚Ich habe
: diese Anschauung für die schwielige Mediastinitis so lange geteilt,
als ich nur Fälle gesehen hatte, ‘bei denen unter anderem‘ auch.
eine ausgedehnte rechtsseitige schwielige Pleuritis bestand ' und
diese sind weitaus die Mehrzahl. Aber vor kurzem kam an der
‚Klinik ein Fall von hochgradiger Hohlvenenstauung zur Beobachtung,
bei dem gerade an der rechten Pleura nur ganz. unbedeutende .
.: Veränderungen bestanden, und daraus läßt sich schließen, daß. die,
rechtsseitige Pleuraschwiele nicht jene entscheidende
Bedeutung für. unser Krankheitsbild hat, die wir ihr zu-
gemessen haben. — — C aur |
Das Gegenbild von seiten der oberen. Hohlvene ist
schon vor mehr als'hundert Jahren von Stockes gezeichnet worden
und wird auch heute noch nach seiner markantesten Erscheinung,
‘wenn es extrem "ausgeprägt ist, als Stöckesscher. Kragen, be-
zeichnet. f
Vielleicht darf ich auch. hierfür ein Beispiel bringen: Ein 60jähriger
Mann wird in höchst bedauernswertem Zustand an die Klinik gebracht. -
Sein: hochzyanotisches Gesicht ist dick verschwollen, aus den ver-
uollenen ‚Lidern laufen ständig. die Tränen, die Schädelschwarte ist
dick angeschwollen. Hals, Schultern und Arme sind unförmige
zyanotische Wülste.. Die teigige Schwellung der Haut erstreckt sich
auf den ganzen Thorax, an dem allenthalben erweiterte Venen bläu-
lich durch äheinen. Aber etwa in der Höhe einer Linie, die Rippen-
bögen und Nabel verbindet, schneidet die Schwellung ringsum plötz-
lich ab und an den unförmigen Oberkörper setzen sich, gleichsam
nicht- dazu passend, ein wohl modellierter Bauch und grazile ödem-
freie Beine an. Trotz der intensiven Kurzatmigkeit des Mannes ergibt
- sich über dem Herzen und der Lunge ein normaler Befund und selbst-
verständlich auch über den Bauchorganen. Der Mann erzählt, daß
er vor einigen Wochen einen Straßenunfall erlitten habe, aber ohne
weitere ‚Schwierigkeit nach Hause gehen und zunächst seiner Arbeit
als Schmied nachgehen konnte. Erst nach einiger Zeit ‚begann sich
das geschilderte Bild zu entwickeln: das klassische Bild. der |
parakardialen Stauung in der Vena cava superior. Der
erlauf gestaltete sich recht interessant. In Anbetracht des hohen
Alters des Patienten‘ erschien die Prognose von vornherein zweifel-
haft und sie wurde es noch mehr, als zuerst rechts, dann auch links
ein pleuritisches Exsudat hinzutrat. Aber nach fast sechs-
monatiger Krankheitsdauer und Behandlung waren die Pleuritiden
mit Schwartenbildung ausgeheilt, die übrigen Erscheinungen zurück-,
gegangen und der Patient verließ, kaum wieder zu erkennen,. die
Klinik und nahm seine Arbeit als Schmied wieder. auf, Es ist am
wahrscheinlichsten, daß es sich hier um eine traumatische Ruptur
der Vena cava superior gehandelt hat, bei der sich langsam ein Blut-
erguß in das obere Mediastinum entwickelte. Ahnliche Bilder können
. bekanntlich Aneurysmen der Aorta, maligne Strumen und mediastinale
Tumoren usw. erzeugen. |
| Resümieren wir als pathognomonische Erscheinungen
der oberen parakardialen Stauung: Zyanose, Ödem des
Gesichtes oder wenigstens der Lider ohne subikterisches
Kolorit der Skleren, Dyspnoe bei normalem Herzen, nor-
maler Leber und hydropsfreier unterer Körperhälfte!). -
Wenn Sie m. H. diese beiden eben geschilderten ‚Syndrome
‚nun einfach aneinanderfügen würden, dann bekämen Sie damit
. das Bild einer universellen parakardialen Stauung: primär‘
1) Nachtrag bei der Korrektur: Ich habe soeben das seltene
Bild einer halbseitigen parakardialen Stauung in der oberen Körper-
hälfte
_ entzündung eine flüchtige Pericarditis: sicca. Nach ihrem Abklingen .|
esehen. Eine Pat. bekam infolge einer grippösen Lungen-
schwillt der rechte Arm, Schulter und rechte Gesichtshälfte an! Dia-
gnose: Thrombophlebitis im Truncus venosus dexter infolge Uber-
greifen der Pericarditis sicca'auf die Venenwand.
2.
4 -
auftretende Stauungsleber. ünd -Milz mit Aszites und
Ödem an den Beinen; subikterischem Kolorit der Skleren.-
‚ohne Venenpulse; und Zyanose und Ödem -des Gesichtes .
‚bei normal großem Herzen ohne Geräusche und ohne
Arhythmie. Das Bild existiert! wohl, aber die Ursache in dieser
Form nicht, weil. es ja.nur ganz ausnahmsweise Prozesse
geben könnte, die gleichzeitig die obere. und untere
Hohlvene unmittelbar treffen... Und -selbst wenn zufällig
‚zwei stenosierende Momente diese beiden Hohlvenen ein- .
mal ausnahmsweise‘einehgen würden, so würde das wahr-
scheinlich noch immer nicht zu einem jahrelang dauern- '
den Krankheitsbilde führen, der Kreislauf würde sich
irgendwie anpassen und die Erscheinungen sich aus-
‚gleichen. Um dauernd das. Bild der pärakardialen Stau-,
ung in beiden Hohlvenen zu erzeugen, muß ein anderes
Moment -eintreten:. Die Adiastolie des,Herzens, wie sie in.
|,der akuten Form für. perikarditische Exsudate, in der chro-
nischen progredienten, uns heute interessierenden Form für die
schwielige Mediastinoperikarditis charakteristisch ist.
Hier liegt die Ursache der Stauung nicht im Herzen und nicht in. i
‘den Hohlvenen, sondern dicht am Herzen in jener schweren Ver-
änderung des Mediastinum, welche die diastolische Ent-
faltung des Herzens verhindert und so das Bild nachahmt, .
das die systolische Erlahmung des Herzens erzeugt, ohne.
daß eine solche vorhanden ist. Sie werden sofort. begreifen, .
was‘ für ein. therapeutischer Unterschied zwischen dieser gleich
näher zu -besprechenden parakardial-adiastolischen Stauung und der
- kardial-asystolischen ist: Das asystolische Herz in diesem-
‚extremen Zustand, wie wir ihn eben geschildert haben, ist am:
Ende seiner Kräfte und mehr oder minder nahe seinem‘
Tod; das adiastolische Herz braucht keineswegs mit seiner -
Kraft: zu Ende zu sein, es ist nicht tot, sondern einge-
sperrt. ‘Wenn es gelänge, es. aus dieser Umklammerung 'zu. be--
freien, könnte es wieder jenes Wunder an Kraft entfalten, das das
Herz eines jungen Menschen darstellt. Um diesen Zustand handelt
es sich. nun bei der schwieligen Mediastinitis der jungen Leute.
` Die schwielige Mediastinoperikarditis ist ein eigen-
attiger Krankheitsprozeß, dessen Pathogenese noch in vieler Hinsicht -
` der Aufklärung bedarf. Die Krankheit lehrt uns vor allem, daß die -
scheinbar so einheitlichen und abgeschlossenen serösen Räume, die
von der Pleura, dem Perikard und dem Peritoneum gebildet werden,
funktionell, d. h. vermutlich durch ihre Lymphversorgung, keineswegs
einheitliche. Gebilde darstellen, dagegen aber wieder Teile von ihnen
sich zu neuen, die anatomischen Grenzen mißachtenden
-Einheiten zusammenschließen können.. Sie können hundert rechts-
seitige Pleuritiden tuberkulöser Genese ‚sehen, ohne daß eine auf
das Perikard, das mediastinale Zellgewebe, die Pleura diaphragmatica
‚oder gar das Peritoneum übergreilt: Andererseits gibt es. akute
Polyserositiden, die von vornherein alle Serosae ergreifen, ‘das Zell-
gewebe aber intakt lassen und vielfach ohne ‚Residuen ausleilen. .
Demgegenüber. steht‘ die chronische schrumpfende Polyserositis, die‘.
wir als Mediastinitis bezeichnen, bei der der Entzündungsprozeß mit
unaufhaltsamer Sicherheit vom Zentrum der Mediastinalpyramide
gegen die Peripherie fortschreitet, das mediastinale Zellgewebe, das.
innere und äußere Perikardialblatt, rechte und linke Pleura, die
Pleura diaphragmatica und, durch das Zwerchfell durchgrei-
fend, das Peritoneum der inneren Zwerchfellkuppe und
‚allenfalls die seröse Bekleidung der Leber und Milz ergreift. Diese
Kombination drückt dem Krankheitsbild den Stempel’ auf. Es sieht
aus, wie wenn hier von einem unbekannten Zentrum aus der Krank-
heitsprozeß fortschritte, im Gegensatz zu den primären Polyserosi-
tiden, bei denen selbständig verschiedene seröse Häute ergriffen _
werden. Es ist nicht mehr als eine unbewiesene Arbeitshypothese
‘meinerseits, wenn ich Sie daran erinnere, daß das Zwerchfell nicht
bloß ein Muskel ist, sondern sein Centrum tendineum auch ein
mächtiger. Rangierbahnhof des Iymphatischen Systems, in dem sich `
thorakale und abdominale Lymphbahnen verflechten. Es liegt nahe,
in der Infektion dieses Centrum tendineum jenen Zentralpunkt zu
suchen, von dem aus die chrönische Infektionskrankheit der schwie-
ligen Mediastinitis ausstrahlt. Während, die übliche zentripetale
- Pleuritis — zumeist von subpleuralen Tuberkeln bedingt — sich
‘durch die Schmerzen der Interkostalnerven und Muskeln bemerkbar .
macht, entwickelt sich die zentrifugale Pleuritis der Mediastinitis
zumeist ganz schmerzlos. Deshalb bleibt sie oft lange Zeit okkult
und macht sich ebenso erst durch ihre Folgen bemerkbar, wie die
trockene Perikarditis, die bekanntlich gar keine Erscheinungen zu
machen braucht. . . Se "9 -er
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Bin Beispiel: Ein junger Bursch’hat im Felde im Oktober 1918 | Tier nicht-lebendig ist.“ Es ‚fehlen: die ganz feinen, fast unbewußten
-` tip Frankreich: eine Kampigasvergiftung, erlitten, ‚die bekanntlich hämor- | Modellierungen, ' die 'Turgor. ünd::Tonus ;‘der Haut und das feine
KB j d hämorrhagische-Serositiden: erzeu en kann. | Jatanta Sniel der Muskulatur: unterhalb. di
1..." ghagische PneumonieN un a a eket Trkamanach | latente Spiel der: Muskulatur; unterhalb. derselben erzeugen. Ebenso
en Wochen Feldspital war'er wieder geheilt. Fir cam nach | tot, wie mit Strohiausgestopft,. sieht der Thorax solch
©" Nach wenig De Rra Pr BE PER S
| nicht eigentlich: wegen Krankheit ins Garnison- | 5; ee ee er £ A
| ern a T OS oid fühlte sich ganz gesund. | eines. bedanerneweiten jungen Mannes mit schwieliger
Per nach einigen Wochen merkte er, daß irgendetwas im Bauch ihn. | Mediastinitis aus: ‚Die Haut ‘hat ihren T urgor verloren, die Brust-
“heim Niedersetzen. stört, schließlich fingen die Beine: an’ zu schmerzen | muskeln ihren: Tonus,, ‚die, beiderseitigen Pleuraschwielen hindern
nd anzuschwellen und, als er in die Klinik kam, bot er. das ‚typische die Flanken ‘an .der Atembewegung ‘und. haben die Interkostalräume
© “pjd der schwieligen Mediastinitis. mit riesiger Stauungsleber, Aszites, | verstrichen; und von unten: her treibt. die mächtige Leber und der
2°. tiefem; stark zyanotischem Ödem ‚der. Beine, bilateraler, schwielig ab- | Aszites die untere Brustapertur auseinander. Im vollen Gegensatz
>" gesackter Pleuritis, Ödem im Gesicht. und subikterischen Skleren. ``, | oi |
-eP Wir haben damit die eine Gruppe: der. subjektiven Beschwerden,
> die der Prozeß machen kann, -schon: erledigt. Ich möchte besonders
"darauf verweisen, daß gerade dieses Ödem der Beine- viel häufiger
"schmerzhaft ist als das der Herzfebler oder anderer hydropisie-
"ander Krankheiten. Atemnot steht'nur dann im Vordergrund, wenn
“die Pleunitiden zu sehr großen Ergüssen. führen oder gleichzeitig | modelliert ja der ‚Kräftige Herzmuskel die linke Thoraxhälfte. Hier
„rasch aufschießen oder wenn die Perikärditis,. was sie nicht so häufig | aber. ist sie’ vorne’ flach und. nach der Achsel zu dacht sie
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‚lügelatmen des Patienten. ‚Selbstverständlich. können auch grobe
Differenzen zwischen ‘beiden ‚Brusthälften i bestehen; ‚je nachdem auf
-der „einen . Seite -mehr das Exsudat; ‘auf der anderen mehr die
Schwiele vorherrscht. . Speziell auffällig -ist auch: die Herzgegend.
' Auch 'sie ist ‘in: jeder Beziehun "tot. : Bei einem ‚jungen Manne
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TR m einem größeren Erguß führt, ehe sie in Schwielenbildung | plötzlich" ab und die Interkostalräume über: dem Herzen
> übertritt. Dann können sich auch Schluckbeschwerden bemerkbar „EBSETRKOSLAN er
"machen und es wird das Bild. des Stockesschen Kragens auftreten. .
< U Aber dies ist nur das Initialstadium der Kranken. . Das typische l
0 Krankheitsbild wird durch den bald einsetzenden schwie-
WO o Jigen Prozeß bedingt. Dort, wo..das Initialstadium mehr oder
die Klage über das Anschwellen des Bauches,
von. „Trikuspidaliypus. ‚der. Coneretio“ gesprochen. Mir scheint-
nichts ungünstiger als diese Bezeichnung. . Es ist, ja viel. |
wichtiger, zu. betonen, worin trotz dieser einen Gemeinsamkeit
- die beiden Krankheitsbilder sich vollkommen. gegensätz-.
lich verhalten! Sie wissen es, schon,- aber wir ‘können es uns
vielleicht nochmals vor Augen führen: . +
die Trachea, die: zumeist verlagert ist, vo
man. auch das- Oliver-Cardarellische +
Gemeinsam: Primäre Stauungsleber mit Aszites und: Ödem der Beine: |
a Mediastinitis:
Ödem der Tider `>. Vo
lange Zeit kein subikterisches
aeoo Lolorit e X = j = F , cia
Keir positiver Venenpuls. ee
“ schwer - veränderter Thorax s
kein: ‚Herzbuckel, ` kleines, nicht.
< pulsierendes ` Herz, kein Ge-
""Täusch, rhythmische Töne in
. „halbiertem Pendelrhythmus® _
a |
-, Trikuspidalinsuflizienz! .;
1. kein Ödem des Gesichts’
~ 2. subikterische Skleren.? ~
r `
ist: leicht ‘beschleunigt, ‚dadurch,
3, positiver Holsvenenpilä 7
“verkürzt ist... So'werdèn die beiden Inte
4, intakter Thorax EE a ni
ð. Herzbuckel mit starker pulsa-
torischer Erschütterung ‚und
hochgradig verbreiterterHerz-
dämpfung, verlagertem, heben- `
dem Spitzenstoß, Geräuschen, |
‚Arhythmie EN ER RE e
6. große, stark pulsierende Leber |: große, nicht pulsierende Leber. .
ME Sie sehen, es ist nichts unzweckmäßiger, als, von einem Tri- .
p pida kis m Conero zu ‚sprechen, ebenso me na ries dl-
sche Versuch, das ankheitsbild durch den Ausdruck „Pseudo- | en a | a Teen
Ieberzirrhose® zu charakterisieren, “nicht geglückt ist: Es scheint mir | pathognomonische Symptom’ der Adiastolie.
am klarsten, vor allem . auch -im Hinblick auf: die therapeutischen -|
Konsequenzen durch die'Bezeichnung der p atakardial-adiasto-.
nchon Stauung umrissen.. Vollhard hat. die Bezeichnung „Ein-
udstauung“ gewählt. Aber ich glaube, daß jede‘venöse Stäauung
eine Einflußstauung ist. ee In
Wir haben nun nur noch in ein, paar. wichtigen Punkten das
ei schon bekannte Bild zu ergänzen. ` Das Gesicht dieser. Patienten
nn nicht immer zyanotisch Br n,- nur die. Lippen: sind das wohl
Be Dafür gibt es-kaum eine andere ‚Bedingung; unter der eine.
erartig violette Zyänose der Beine bei jungen Menschen auftritt.
vr
„wir | |
der Beine oftlange Zeit rein.tiefer
‘trägt und wahrscheinlich deshalb so oft schmerzhaft ist.
>
oem der Augenlider wechselt, ‘es kann zeitweise | paraxe |
ER e immer ist das untere Lid: ergriffen, während ‚beim nephbri- | lich nun befremdet fr
aa Hydrops gerne ‘die ‘oberen Lider- zuerst. anschwellen. .
Stanin er Haut am Brustkorb ist bei der adiastolischen parakardialen
Ha g ya dann vorhanden, wenn. noch ein perikardialer Erguß: |
pulsie m Hals sind die Venen wohl erweitert, aber sie
| ee ent Sie dürfen sich nicht durch -einen allfälligen
East au en Venenköllaps täuschen lassen, den: wir ‚später
erwähnen haben. ©. Eee a | u
i A die fesselndsten’Erscheinungen bietet der Thorax dieser
nten, die merkwürdigerweise fast immer ‚junge ‘Männer sind. `-
als einem ha | SEN
haben, als Griesinger, Kußmaul, Friedreich, (
als’ pathoguomoni
reichs C
Brustwands | iok
‚den Brauerschen: S chleuderton? Ic
‚getan, .
so wie man jemanden, der si
“schlichen hat, . etwas ühl. behandelt.
‘wenn sie vorhanden ressant, a
daran schuld, daß wir jahrzehnteläng. 1:
Auffassung
D \ |
ne sieht aus, als ob er „ausgestopft“ wäre, und zwar
tatali N ausgestopit. ‘Wäs. das besagen „soll? . Wenn wir im
storischen Kabinett ein. meisterhaft ‚ausgestopftes Tier be-
t . i i
trachten, erkennen wir dennoch ‘auf deneisten Blick; daß dieses
U
i : i T i : 5
n% Er
JAR.
zu dieser Ruhe über dem Thorax ‘steht das sichtbare Nasen- .
und nicht anders konfiguriert, :als.es'e inem querstehender EN
Tones ausgezeichnet. Das fehlt hier — deshälb „halbiert“ —, Si
4 1
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i T 2 3 v ‘ ar Fee =. a i
‘
PS
sind verstrichen. Ebenso. tot, wie. sie sich ansieht, fühlt ©.
sie sich auch .an, denn. man. empfindet .ja ‚absolute‘ Stille als. .
etwas Positives. Wenn es uns. gelingt, das Herz gegen. die Pleura- "-..
schwielen und Exsudate abzugrenzen, . erweist es sich :als-klein....
Su
„2 minder okkult verlaufen ist, hören wir. als erste Klage, ohnedaß | Herzen "bei: Hochstand des :Zwerchiells zukommt, -Auch >
-C Herzbeschwerden oder ähnliches vorausgegangen sind; die’ Aorta. erweist sich als eng und- schlecht gefüllt, und: nur: eins...
der Leber |. breite Vena cava.superior kann das Mediastinalband.perkutorisch `; -pi
' Zwerchfellkuppe fehlt in: allen: Stellungen. :U ter. Umständen -kani `
Gegensatz zu der schweren Zirkulationsstörung stehen,.'
in "einer Reihenfolge, die Ortner jüngst als „halbierten :.
iu. hören. Nun haben wir. nur noch zu erwähnen; daß das Ödem: `
fen, muskulären Charakter.
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= zu ann m u en m P
Drut a t “
:>.: => und der Beine. Hierin gleicht. also das ‘Krankheitsbild ‚den Er: | und röntgenologisch nach rechts verbreitern. Im Röntgonbild sieht, >- f
© = seheinungen bei Trikuspidalinsuffizienz und Türk hat deshalb | man -natürlich allenthalben dichten Schatten. Das Czyľarzséhó "..:|
‚Phänomen: der helle- Streifen : zwischen ‚unterem.:Herzrand und Y;
AI: r: dem -Röntgenischirm‘”
pulsatorische Bewegungen machen, und. in ‘manchen Fällen kaùn v .
man. -C hänomen -am Kéhlkopf ` =- >,
| nachweisen (Radonićič). Das: interessanteste- Phänomen liefert, ©.
| die Auskultation. Wir hören zwei reine Töne, die in vollem. ee
Pendelrhytihmus“ bezeichnet hat. : Däs.heißt, die‘ Herzaktion- ! er
daß das Intervall -`
t
|" der zweite Ton hat seinen Iktus behalten.. Während:die: echte a
„Embryokardie bekanntlich ein’ Zeichen der ‚drohenden.
» $ 5
z$ k
hen diastolischen Veneükollaps, : das ‚diastolische
+
| chleudern, die systolische Spitzeneinziehung, | -
| Ich habe das mit voller Absicht ; Di
ch ungebührliche Ehren er- . opts;
Alle diese Phänomene; sind, |. :;" :
sind, zwar interessant, allein sie tragen ~ |
n einer falschen.
zwischen zweitem Ton. und dem nächstfolgenden ersten. `.
i rvalle’gleich lang: oo
‚das Herz pendelt, wie wir sagen. Aber ‘der echte Pendel- `-
rhythmus, bzw. die Embryokardie, ist gleichzeitig dureh‘ S:
‘ein. Verschwinden. d er speziellen. Betonung des zweiten ::
Erlabmung. des. Herzmuskels ist ‚(Huchard);. ist unser... > if
halber Pendelrhythmus ein Zeichen der erschwerten und: igs
verkürzten Diastole: des. Herzens und infolgedessen das. ae.
= Wenn man die vorhandenen Ergüsse punktiert, ‚zeigen sie fäst: ` a
| immer entzündlichen Charakter, 'aber sie erweisen sich als hochgradig... iy
verdünnt, so daß wir hier dasselbe Zwischending zwis Ra:
Exsudat: und Traussudat haben, wie wir es von. den chronischen ` Be:
Nephritiden her kennen. Daß’die-Leber'nicht pulsiert, haben
ir schoni bemerkt, nicht selten ist über ihr perihepafitisches Reibon -, ;
~ Damit, m. H., habe ich alles Wesentliche vo dem Bilde der © ...
parakardial-adiastolischen Stauung angeführt. Sie werden wahrschein- :.'.
agen, warum, ich. denn die klassischen Symptome, ; .
die in den Arbeiten (der hervorragenden Forscher, "die sich seit. mehr. en
| halben Jahrhundert mit diesem Krankheitsbild. beschäftigt. in zn!
| Ortner, Brauer, nr nl)
_ Türk ,sovielRaüm einnehmen, vollkommen übergangenhabe: Deneinst ih
isch angesehenen Pulsus paradoxus, den Fried- `. <;
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des Krankheitsprozesses ‚gelebt ‚haben und ..“; -
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Bl. U 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.26.
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zu falschen therapeutischen Konsequenzen, gekommen ; Fehler behoben sein müsse, wenn man das Herz von der Brustwand
sind. Die Phänomene haben mit dem, was uns Ärzte in erster
Linie interessiert, der Pathogenese der schweren Kreislauf:
störung und der Möglichkeit ihrer Behandlung nichts zu
tun. Sie sind entweder Zeichen der Accretio cordis, d.h. der
Anwachsung des Perikards an die vordere Brustwand oder können
auch durch anderweitige, eigenartig lokalisierte media-
stinitische Strangbildungen zustande kommen. Solange man
‘sich vorstellte, daß die Zirkulationsstörung in den Hohlvenen, ab-
. gesehen von der Strangulierung, durch das Erlahmen der Herz-
. kraft infolge dieser Anwachsungen erzeugt werde, erschienen
sie von besonderem Interesse. Aber wir,stellen uns das heute
anders vor. | er
Wenn Sie meinen Ausführungen über den Mechanismus der
parakardial-adiastolischen Stauung zu folgen die Freundlich-
"keit gehabt haben, ist die grundsätzliche Aufgabe einer Thera-
pie dieses Leidens klar. Die Digitalis, die beim Versagen
des Herzmuskels Wunder wirken kann, kann hier nicht ange-
zeigt sein, weil keine Asystolie vorhanden ist. Trotzdem werden
Sie sie zunächst ihrem Kranken geben, weil wir bekanntlich Digi-
talis auch in jenen Fällen immer anwenden, in denen sie theo-
retisch nicht angezeigt ist (thyreotoxisches Herz, Vasomotorenkollaps
bei Infektionskrankheiten, Extrasystolie). Wir können nämlich.
:niemals-von vorneherein wissen, wieviel an muskulärer
Insuffizienz sich einer anderweitig bedingten Kreislauf-
störung beimengt; es handelt sich um eine Analyse ex
juvantibus. So mag auch das mediastinitische Herz Ihres Kranken
vielleicht ein wenig erlahmt sein und Sie werden mit einer vollen
Digitalismedikation zunächst eine erfreuliche Besserung erzielen.
Aber niemals kann natürlich die Digitalis jenen Umschwung herbei-
führen, den sie beim asystolischen Herzen so oft macht. Sicher
von Wirkung: sind diuretische Maßnahmen bei diesen-
' Fällen, abgesehen von den Punktionen. Da es sich um eine.
ausgesprochen chronische Therapie handelt, ist das Medikament
der Wahl der Harnstoff, der viele Monate hindurch in täglichen
Gaben von 30—50 g gegeben werden kann, und mit dem Sie oft
außerordentlich schöne Besserungen erzielen werden. Aber schließ-
lich sind das alles nur symptomatische Maßnahmen und
das Siechtum dieser jungen Menschen kann damit nicht be-
seitigt werden. So war es ein nicht genug zu rühmendes Verdienst
Brauers und Simons, als sie als erste an die operative Be-
handlung dieses Zustandes herangingen. Der Patient Brauers
hatte bekanntlich hochgradige Akkretionserscheinungen: die vordere
Thoraxwand wurde systolisch fächenhaft eingezogen und schleuderte
diastolisch zurück. Deshalb kam Brauer zu der Anschauung, daß
die Überlastung des Herzens mit dieser pathologischen Arbeit die
‚Ursache der anscheinenden „kardialen Insuffizienz“ sei und daß der
- Abhandlungen.
loslöse (Kardiolyse). Das taten Brauer und Simon unter
Rippenresektion und der unmittelbare Effekt schien höchsterfreu-
lich: die Leber schwoll ab, Aszites und Ödeme schwanden und der
Patient. schien geheilt. Unerklärlich schien Brauer nur, warum
der sogenannte. diastolisch&e Schleuderton erhalten blieb, obwohl
die Bedingungen des Schleuderns nicht mehr vorhanden .zu sein .
schienen. Aber der erfreuliche Effekt bei dem Patienten
hielt nicht lange an, nach kurzer Zeit. traten wieder die
ursprünglichen Stauungserscheinungen auf und der Pa-
tient ging zugrunde. Ähnlich sind alle späteren Kardiolysen
verlaufen. Ihnen m. H. ist heute vollkommen klar, warum
das nicht anders sein konnte. Brauer und wir alle mit
ihm hatten bis dahin den Zustand als einen asysto-
lischen, durch Überlastung des Herzens aufgefaßt. In
Wahrheit dürfte die Überlastung des Herzens durch die
vorderen Anwachsungen keine so besondere Rolle spielen
und in der großen Mehrzahl der Fälle sind solche gar
nicht vorhanden. Das Wesentliche der pathologischen
Veränderung: die Einmauerung des Herzens in Schwielen
und die dadurch bedingte Unfähigkeit, sich diästo-
lisch zu entfalten, wurde durch .die Kardiolyse nicht
beseitigt und deshalb hat sie heute nur. mehr historisches
Interesse. | A «€
Seither haben wir den Zustand nun richtig deuten gelernt
und die Entwicklung der Druckdifferenzverfahren erlaubt uns, ohne
Scheu den Brustkorb zu öffnen. Nun’ baben wir die Aussicht auf
einen Weg bekommen, den Zustand radikaler zu behandeln, d.h.
das Herz aus seiner Umklammerung zu befreien und die
Adiastolie damit zu beheben. Es ist das Verdienst Rehns,
diesen Weg mit seiner Perikardiotomie erfolgreich beschritten zu
haben. Hier handelt es sich nicht mehr um die Loslösung des
Herzens von der Brustwand, sondern um eine wirkliche Auslösung
des Herzens aus den umklammernden Schwielen, nachdem
. diese gespalten worden sind. Schmieden sagt, das Herz müsse
geschält werden wie eine Orange, indem man die Schwielen bis auf
das Myokard ausrottet. Er schildert anschaulich, wie der aus der:
Umklammerung befreite Herzmuskel herausquillt und die Kreislauf-
störung sich unmittelbar zurückbildet. Wie weit es sich bei den
bisher operierten Fällen um Dauererfolge handelt, ist mir vorläufig
nicht bekannt. Aber da es sich um sonst rettungslos inva-.
lide junge Menschen handelt, wird der Versuch wohl immer
zu wagen sein. Deshalb schien es mir erlaubt, Ihre Zeit für die
Frage in Anspruch zu nehmen: wie erkenne ich diesen Zustand, wie
unterscheide ich ihn von den Herzklappenfehlern, damit immer mehr
(dieser Fälle won schwieliger Mediastinoperikarditis der Operation -
. zugeführt/werden können. = | |
| Aus der Universitäts- Frauenklinik Tübingen
| . (Direktor: Prof. Dr. A. Mayer).
| Theoretische und praktische Folgerungen.
aus der Lehre von den endometriumähnlichen Epithel-
= wucherungen im Ovarium. —
.ı Von Priv.-Doz. Dr. E. Vogt, Oberarzt der Klinik.
Unter den neueren Theorien über die Entstehung der Ovarial-
hämatome fällt die Theorie von Sampson und Lauche aus dem
Rahmen unserer bisherigen Vorstellungen völlig heraus. Sampson
leitet in seiner ersten Arbeit (1) die Ovarialhlämatome, welche er je
nach dem Alter des Blutinhaltes auch als Teer- und Schokoladen- .
zysten bezeichnet, von Schleimhautinseln ab, welche von den
Epithelien des Uterus öder der Tuben stammen und durch Stauung
des Menstrualblutes in die Tuben und schließlich in die Bauch-
höhle verschleppt werden. . Hier plantieren sie sich auf den Ovarien
und entarten zystisch durch ihre Beteiligung an der Menstruation.
Daher kommt wohl auch die Bezeichnung Endometriom. Nach dem
bisherigen Sprachgebrauch wurde damit eine Neubildung in eigent-
lichem Sinne bezeichnet, Da dies aber hier nicht zutrifft, müssen.
wir die Bezeichnung Endometriom als irreführend ablehnen.
Für die Stauung des Menstrualblutes führt Sampson 2 Möglich-
keiten an. Entweder ist der Ausführungsgang des Uterus durch Myome, .
` Polypen oder durch Lageanomalien unwegsam gemacht. Hier handelt
endogener Ursachen.
es sich also um ein einfaches Überlaufen des gestauten Blutes infolge
Die zweite Möglichkeit ist die, daß der Rückfluß.des Blutes vom
Uterus durch die Tuben in die Bauchhöhle. begünstigt wird- durch
äußere Eingriffe, wie bimanuelle Untersuchung während der Menstruation,
durch .Abrasio und durch das Einlegen von Radium usw: Bei dieser `
zweiten Möglichkeit mit den exogenen Ursachen wird das Blut gleichsam
vom Uterus durch die Eileiter in die Bauchhöhle massiert.
Die Zysten im Ovarium können unter dem Einfluß der Menstruation
platzen. Es kommt dadurch zur Epithelaussaat und Implantation in.
weiterer Umgebung. Die Implantate sind durch die Passage im Eier-
stock aktiviert aad Z
\ Der Autor stützt seine Theorie durch ausgedehnte operations:
anatomische und histologische Untersuchungen eines Materials von
64 Fällen, welche in einem einzigen Jahre bei 296 Laparotomien beob-
achtet wurden. Beim Studium der Arbeiten von Sampson bestechen
die ausgezeichneten Abbildungen ganz zweifellos. Nach seinem Material
bilden die Erkrankungen, welche vonendometriumähnlichen Wucherungen
ausgehen, nächst den Myomen die häufigste Erkrankung bei der Frau
zwischen: dem 30. und 50. Lebensjahr, . es sind das über 200/ seines‘
gynäkologischen Materials, 6 Fälle waren jünger als 30 Jahre und 3
über 50 Jahre. Damit haben wir die Hauptzüge der Sampsonschen
Theorie, welcher sich in neuester Zeit auch Lauche (2) anschließt,
kennen gelernt. |
Für eine kritische Stellungnahme zu dieser Theorie in ihren
theoretischen und praktischen Folgerungen erscheinen unsnoch folgende
anatomische und klinische Punkte wichtig und beachtenswert.
Die ersten Implantationen auf dem Eierstock sind klein und unschein-
bar. Sie sitzen mit Vorliebe an den Stellen, welche in unmittelbarem
Kontakte mit dem Fibrienende der Tuben stehen. Ein Ovarium, beide
Ovarien, oder’ beide Ovarien und der Douglas oder der Douglas. allein
können von’ den Epithelimplantaten ergriffen sein. Die Hämatome,
` 29. Juni
eigen meist eine erhebliche Wachstumsenergie. .
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+ -7 o gelche an de
a ‚Wand. durch Rückbildungsvorgänge die. verschiedensten histologischen
E ‚Gesichtspunkte: Die Erkrankung kommt. ungemein häufig vor, und
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- e E a 7 P AR 2 n ” ” R i er 7 E $ g . vor j E A
5 ; 5 J TE i í j ' ` $ -_ %
Dr `
Die Symptome, welche von den Schleimhautimplantaten
"ausgehen, hängen damit zusammen, daß sie sich an der Menstruation
ee der Bauchhöble führen und schließlich
| b | en kleineren Hamatoms anier f auf den Dickdarm übergreifen:. Das klinische Bild ist ziemlich
Me a Zel von dan In Gor Tue gelogen maioro might | Sartre. B orienton Frauen, zwischen dem, 3, yad
ich. oe. elle ahs Sa oleren, | 50: Lebensjahre. mit ausgesprochener Dysmenorrhoe oder. mit Zu-
nahme ihrer Beschwerden ‘während . der Periode oder mit Störungen
r Oberfläche der Ovarien sitzen, haben sihen Dozchihenser 1:
7 7 yon wenigen Millimetern. Nur die tieferen: Hämatome ‚können vor -
dem Durchbrechen einen Durchmesser . von 1 bis 9 cm erreichen, im `
"tel 2 bis £ em. Die oberflächlichen kleineren Hämatome mnter- `
vg m tl Far | 2
2 ir Epithel bei. der Menstruation‘ völlig abstoßen und verlieren.
F a -Die meisten aber platzen oder ‚brechen in die „Bauchhöhle durch. | ‚Ihrer Beschwerden ‘während Cor - €
<. + "-Perforieren kleinere, SO können sie. dadurch völlig verschwinden. Bei | von ‚seiten des. Daris, welche fast nur. zur Zeit der Menses auftreten.
"jan tiefer. gelegenen Adenomen, welche nicht platzen, können in:der | Der 'Palpationsbefund èrgibt ‚ein kleines zystisches Ovarium oder
W ee eh dor Rescrnlion ‚des. Menstrual -éin verwachsenes Ovarium ünd außerdem Veränderungen im Douglas.
: Veränderungen eintreten, welche mn re an u u =` ` Die Therapie ist schwierig und muß: individualisierend ge-
blntes Der "98 en Jer ersten Mitteilung von Sampson . staltet ‚werden. : Womöglich reseziert man nur das Ovarium oder
= “paren 8 doppelseitig entwickelt und sämtliche. perforiert. : ‘Die Tuben ‚entfernt "höchstens ‚ein Ovarium ganz... ‚Die ‚peritonealen Implantate
| tets. offen. Verwachsungen in: verschiedener Mächtigkeit und ‚werden. nach ‚Möglichkeit abgeträgen. . Darmresektionen sind meist
„waren S rsen IS er
-Ausdehnung wurden jedesmal angetroffen, besonders..am: Eierstock und
ja der Umgebung der Perforationsstelle; sowie. .in den natürlichen
‘ Maschen und Falten der Bauchhöhle und besonders im Douglas. ‘Von
den 23 Fällen wurden in 14 die Adhäsionen :histologisch untersucht :
“ und dabei 3mal endometriumähnliche ‚Epithelwucherungen festgestellt. |
An einem Falle von Schwan erschaft ‘zeigte der: an des.
Ovariallämatoms typische deziduale Reaktion von derselben Beschafien-
‘heit wie die Decidua vera des &raviden ‘Uterus. -Bei :den größeren
... :>Bämatomen, welche zum Platzen' kommen, kann sich dieser Vorgang | |
0 mehrfach wiederholen, Es fällt auf, daß die sekundären. Implantate | hatten wie die Uteruskarzinome.. Meigs berichtet über 5:ähnliche Fälle.,
“oft eine viel größere Ähnlichkeit mit dem Endometrium aufweisen, als” | Aüßerdem-tra£ Sampson in 4 von 7 adikaloperationen:wegen Uterus- - u
2. die Epithelien der ursprünglichen Ovarialhämatome.. ‘Außerdem be- | kar: Ä | |
7° o sitzen sie auch meist eine viel stärkere ‚Wachstumstendenz. Die. Eier-
` ştöckə können daher als eine Art Zwischenwirt, als der ‘Mutterböden, `
als die Brutstätte oder als der Verteilungsherd für die Epithelien an- .
K geschen werden. Die Epithelien. werden durch die ‚Passage durch
nicht nötig, ‚weil. die Implantate auf. dem Darm nach der Entfernung
‘des Ovariums atrophieren. Die. konservierenden Operationen führen
nicht immer zu.einem.Dauererfolg, so daß Relaparotomien sich öfters
- nötig machen. ` Bei. Ovarialhämatomen und zahlreichen Implantaten
-im Beckenperitoneum ist von konservativen’ Operationen abzuraten.
‘. Für die Verschleppung von Geschwulstmaterial aus.
der Uterushöhle durch die Tube..bringt Sampson folgende’ Beweise.
her eine "diagnostische Abrasio durchgemacht. Besonders ‚gefährlich -
‚wirkt die Abrasio.. Von 14 Fällen, bei welchen vorher abradiert worden.
, war, war bei der Laparatomie În: 8 Fällen Blüt mitEpithelzellen in den .
| Druck auf den Uterus aus dem- abdominaten Ende herausbefördern., -`
das Ovarium gleichsam umgestimmt, so daß sie zu Wucherungen Ver--
- nlassung geben, welche: klinisch aussehen wie maligne Tumoren.
c: oue o Histologisch unterscheidet Sampson ‚3 .Gruppen «von Im-
` plantaten. Die erste Gruppe wird: gebildet von drüsigen Epithel- |
, ‚schläuchen mit viel Zilienbesatz, welche vom. Tubenepithel ‚abzu-
leiten sind. ee a a ee ee
In der zweiten Gruppe. ist die größte Übereinstimmung mit dem
- -Endometrium und zwar hinsichtlich‘ der. Epithelien ‚und: des .Stromas
` Yorherrschend. In der dritten Gruppe findet ' man eine 'Vermengung
- ‚der ersten und zweiten Gruppe mit allen. Übergängen. ` Sampson
weist ausdrücklich darauf hin, daß wir aber noch nicht die Umstände
‘2 kennen, welche das Wachstum der verschleppten : Tuben- und Uterus-
- schleimhaut auf dem Eierstock und dem. Beckenbauchfell ermöglichen.
und begünstigen. Die Epithelauskleidung‘ der Ovarialbämatome reagiert
g ?
uńd mit einer zu wenig: schonenden bimanuellen Unteren anne erreichen. .
"Es scheint sicher, daß Karzinom. auch durch Einlegen- von Radium und.
_velegentlich. der Totalexstirpation des. Uterus dürch die. Bileiter hin- -.
| dore ‚gepreßt und:verschleppt wird. Besonders interessant sind folgende.
Fälle: Sampson wurde nach einer diagnostischen Abrasio wegenKorpus-
"überrascht. ‚Schon 1 Jahr darauf ‚trat der Tod an Rezidiv ein. In :
“einem 2. Falle von Kor uskarzinom war das Tubenlumen mit Epithel-..
zellen und Blut angelil _In.einem 3. Falle ergab die Obduktion eines
U: Falles: von Korpusi
beschreibt Karzinomzellenin der Tubebeieinem primärenKorpuskarzinom.. `
0 „ut die Menstruation, auf die Schwangerschaft und Menopause in f|-
„gleicher Weise wie die Uterusschleimhaut. ° Der Autor. ist schließlich |
der Ansicht, daß Implantate, “welche von .der Tube und vom Endo-
. mietrium abstammen, nicht nur die Quelle für Ovarialhlämatome, sondern -
| ‚auch für Ovarialkarzinome bilden. _. 0 ein Ni |
`. Inseiner jüngsten Arbeit vom März 1924 hat Sampson (8)
„seine Theorie noch weiter ausgebaut, besonders für die Verschleppung
von malignem Uterusinhalt. Er stellt sich ‚jetzt auf den Standpunkt, .
> daß die gutartigen Schleimhautimplantate ‚fast immer vom Endo-
;. metrium abstammen, und stützt seine. Theorie durch folgende neue.
Auf Grund. dieser Beobachtungen betrachtet es Sampson `
‚als eine wichtige: Aufgabe, bei- der Diagnose and Therapie’ der.
- Vteruskörperkarzinome .der Implantation‘: von-Gesohwulstgewebe vor- .
zubeugen.. Man muß . äußerst vorsichtig und. schonend bimanuell
‘Fällen mit der größten Sorgfalt angewendet werden. Vorsicht ist... _-
_ durch die. Tube. zu leicht in die Bauchhöhle drängt. Bei der ``
abdominalen Totalexstirpation. des Uterus muß der Uterus schonend. `
‚material in diè Bauchhöhle oder in das Wundgebiet gelangen könnte, En
"müssen primär doppelt unterbunden. werden, die Fimbrienenden der.
' Tube, die: Ovarial- und Uterusgefäße, die Ligamenta rotunda. . Der |
„awar nur während der :'Geschlechtsreife, "besonders ‚zwischen dem
Eu 80. und 50. Lebensjahre. : Die histologische Struktur der Implantate
| o "gleicht weitgehend dem Endometrium, selbst im Zilienbesatz: Die.
Tuben sind meist offen. . Gelegentlich känn man bei Operationen
TE während der Menstruation durch “Autopsia in viva das Blut durch.
. die Fimbrienenden der Tuben austreten sehen. Dieses ‚Blut führt,
‚nach der mikroskopischen Untersuchung Epithelzellen. mit Bestand-
teilen des Stromas. Bei Schnitten ‘durch die. Tuben gewinnt man
07 dasselbe Bild, Epitheltrümmer -und Stromafetzen -frei im Tubenlumen.
‚ Geschwülste mit Endometriuminseln wurden. auch in Laparotomie-
narben nach Eröffnung des Uterus beobachtet. Jacobson istes-
im Tierexperiment gelungen, ähnliche Veränderungen durch die
Autotransplantation von Uterusschleimhaut in: den Geweben des
infektion abgesetzt. BE An E en re
=: , Eg läßt sich heute ‚noch nicht ‚klar übersehen, ob die Theorie .
von Sampson tatsächlich richtig ist, oder ob nur ein Teil’ ihrer
von drei eigenen, Fällen aus unserer Klinik zur. Ablehnung der `
.Sampsonschen Theorie; es braucht eben längere Zeit, „bis Nach- >.
untersüchungen "an größerem Material durchgeführt sein werden. `
a ‚Auf: jeden. Fall m nn a er ampi a
einen Beckens zu i m Cen ntat über | heute schon zwei wichtige = 0 gerungen ableiten: Wir
ähnliche Ergebnisse ae? = Fi 2 > | müssen viel genauer wie bisher ‚auf diese Dinge ‚achten, vielleicht: E
Die Frage, welche Bedingungen das Auftreten von Menstrualblut |' sind sie doch meist übersehen, verkannt oder nicht genügend
aus. den Tuben begünstigen, beantwortet Sampson folgendermaßen: |: histologisch durchgearbeitet worden. Außerdem erscheint es jetzt
Das Blut wird besonders leicht austreten können bei Frauen mit | schon angebracht, mit Rücksicht auf die Sampsonsche Lehre folgende
, KUSLTE nn | Fragen der praktischen Gynäkologie erneut. zu bearbeiten: .
Yan könnte sich vorstellen, daß das Emporwandern' der
offenen Tuben von weitem Kaliber. Sampson fand durch Röntgen- |
männlichen Geschlechtszellen unter Umständen dürch ein‘
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I MBa son mit Kontrastmasse, daß das Kaliber ‘der Tube über-
pt, und besonders auch in .der Pars interstitialis sehr schwanken.
"karzinom Karzinomzellen frei im Tubenlumen an, 3 davon batten’ vor- - .: a
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Dasselbe läßt sich mit der Rubinschen Methode der Tubendurchblasung `. o
arzinoms Epithelzellen in einem Bileiter von der... REE
selben histologischen Beschaffenheit wie imPrimärtumor.. AuchSchiller. Ba
untersuchen. Die diagnostische Abrasio darf nur in 'zweifelhaften `-
mit Radium : am Platze, weil die Radiumkapsel.. den Uterusibhalt.
angefaßt werden und alle, Verbindungen, durch welche ‚Geschwulst- ...
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C. | Er sah 5 Fälle, bei welchen die Ovarialtumoren dieselbe-Struktur- ,..- | =
Tuben. Gelegentlich von 4 Salpingostomie ‚ließ sich dreimal Blut durch = “a }
. karzinom bei der Operation durch ‘den Befund ‚von ‚Blut im Douglas: - ` ki
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ann. Wenn der ! F etritt | roh | Rückfließen des Uterusinhaltes begünstigt ‚wird, genau'so wie um- w
Gewebsfetzen, z. B. bei Dysmenorrhosa monibranacea oder durch | durch die Tuben erschwert werden ‚könnte. Wir brauchen uns -pori
Retroflexio, Myome und Polypen,. setzt die Antiperistaltik des Uterus dabei nur zu erinnern, daß. die Tage unmittelbar post menses sehon“ > f; =
ein und befördert den flüssigen Inhalt der Uterushöhle in die Eileiter. | lange‘ als der günstigste Zeitpunkt für die Befruchtung angesehen | pinpin
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886°. =, ..19%6 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 26. `
29. Juni
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wurden. Man führte das früher vorwiegend auf die leichte Passier-
barkeit des Uterus unmittelbar nach der Menstruation zurück. Viel-
leicht kommt aber als weiteres begünstigendes Moment hinzu, daß :
ünter Umständen Reste des Menstrualblutes den umgekehrten Weg
gehen und durch die Tube in die Bauchhöhle gelangen. :
Ferner ist es nach dieser Lebre nicht ausgeschlossen, daß
nicht nur Blut und Epithelschollen, sondern auch Infektions-
erreger, besonders Gonokokken, Eiterkeime und Tuberkelbazillen,
die Fpithelien gleichsam als Vehikel oder Schrittmacher benutzen
und so in kürzester Zeit vom Uterus in die Bauchhöhle intrakanalikulär
emporwandern. y
Außerdem muß man an manche Gonorrhoefälle denken,
bei welchen trotz schwerster Pelveoperitonitis mit Douglasexsudat
nach kaum erfolgter Heilung zur größten Überraschung Schwanger-
schaft eintritt. Nach den.bisherigen Vorstellungen über die Aus-
breitung der Gonorrhoe auf. dem Schleimhautwege mußte man doch
in diesen Fällen von aszendierter Gonorrhoe mit Bestimmtheit einen
Verschluß der Tuben oder eine gewisse Unwegsamkeit wenigstens an-
nehmen. Wandern aber die Gonokokken auf Epithelien mit
Menstrualblut durch die Tuben, so kann wohl das Beckenperitoneum
an Gonorrhoe erkranken, die Tuben brauchen es aber nicht unbedingt,
sie können offen. und wegsam bleiben.
Schließlich wäre noch zu untersuchen, ob nicht einzelne Fälle.
von Tubenmenstruation einfach vorgetäuscht werden durch
den Rückfluß von Uterusmenstrualblut. o |
Wenn auch die Genese der Extrauteringravidität heute
als geklärt gelten kann, so bleiben doch immer wieder Fälle, bei
welchen man keine Entzündung und keine Entwicklungshemmung
findet. Vielleicht könnte der eine oder andere dieser Fälle auch
mit der Sampsonschen Lehre erklärt werden. |
Das Zustandekommen der Ovarialgravidität wird ver-
ständlicher, wenn man die.Möglichkeit der Implantation des be-
. Truchteten Eichens auf den endometriumähnlichen Schleimhaut-
bezirken mit ihrer ausgesprochenen Fähigkeit zur dezidualen
Reaktion erwägt. | n i
Die Auswirkung der Sampsonschen Lehre wären auch
im Stande folgende Punkte der gynäkologischen Therapie
zu beeinflussen. Jedè gynäkologische Untersuchung während
der Menstruation ist unzulässig, ebenso jede Spiegeluntersuchung,
weil dadurch der Rückfluß von Menstrualblut begünstigt werden
könnte. Es braucht nicht besonders darauf hingewiesen zu werden,
daß die Sondierung hier gerade. verhängnisvoll wirken könnte.
Ferner müßte die Lehre von der klinischen Bedeutung der
Retroflexio uteri mobilis überprüft werden. Hier stehen sich ja
zwei. große Lager gegenüber. Die einen z. B. Küstner, Fehling
erblicken in jeder Retroflexio eine falsche Lage, welche therapeutisch
`. angegriffen werden muß. Im Gegensatz dazu -betonen Sellheim,
A.Mayer u.a., daß die Retroflexio, wenn sie ohne Komplikationen
‚auftritt, gewöhnlich nicht behandelt zu werden braucht. Würde
diese Lage aber nach der Sampsonschen Lehre die Rückstauung
vom Blut und Verschleppung von Endomtriuminseln tatsächlich
begünstigen, so ergäbe sich daraus die Notwendigkeit, die Retro-
flexio entweder orthopädisch mit Ring- oder chirurgisch durch
Operation zu behandeln. Schon die bimanuelle Aufrichtung des
retroflektierten Uterus könnte auch den Rückfluß von Blut aus dem
Uterus in die Tube erleichtern. | |
Ganz ernstlich muß man hier die Gefahren berücksichtigen,
welche mit einer Abrasio des Uterus, mit dem Einlegen von Quell-
stiften, und mit der Zervixtamponade verbunden sein könnten. Die
Gefahren der Ausschabung der Uterusschleimhaut lassen sich
wohl dadurch auf ein Mindestmaß herabdrücken, daß man das Blut,
die Gerinnsel und Epitheltrümmer einfach mit physiologischer
Kochsalzlösung möglichst herausspült. So gehen wir nach den
Lehren der Hegarschen Schule schon lange vor. Die Laminaria-
stifte sind hier vielleicht noch am ungefährlichsten, wenn sie per-
= foriert sind und so wenigstens dem Uterusinhalt die Möglichkeit des
_ Abflusses nach außen offen lassen. Die.Zervixtamponade ist
wieder gelährlicher, zumal wenn sie längere Zeit liegen bleibt. Die
größten Gefahren werden aber mit der Radiumkapsel verbunden
sein, weil sie den Ausführungsgang des Uterus völlig verlegt. Daß
Okklusivpessare und Intrauterinpessare, die Sterileits und auch die
-Fruktuletts nach Nassauer in ähnlichem Sinne wirken können, sei
der Vollständigkeit halber nur erwähnt.
Bei der Technik der Radikaloperation bei malignen
Uterustumoren nehmen wir schon lange weitgehend auf die Ver-
schleppung von Geschwulstmaterial Rücksicht, Der Uteruskörper
selbst darf überhaupt nicht angefaßt werden. Man kommt meist.
' Klemmen aus.
mit einem Zug an den Ligamenta rotunda vermittels stumpfer
Wir durchtrennen sämtliche Gefäße nur nach
doppelter Unterbindung oder präventiver Abklemmung. Ebenso er-
öffnen wir die Scheide nur, nachdem sie vorher abgeklemmt und
| mit Jodtinktur zweimal desinfiziert ist. Man wird hier schließlich
dem Rate von Sampson folgend zur Vollständigkeit auch noch die
primäre Unterbindung der Fimbrienenden der Tuben hinzufügen
_ müssen, sofort nach Eröfinung der Bauchhöhle, bevor der Uterus über-
haupt angefaßt wird. l Ea
Die Tubendurchblasung, welche in Deutschland, besonders
in Sellheim, einen sehr warmen Verfechter gefunden hat, führte ja
notwendigerweise dazu die Frage der künstlichen Befruchtung wieder
aufs neue. aufleben zu lassen. Sellheim gibt für die Tubendurch-
blasung ein eigenes Instrumentarium an und bespricht die tech-
nischen Einzelheiten. Neben der Infektionsgefahr, die bei diesem _
Eingriff besteht, wird die Methode die weitere Gefahr in sich bergen,
daß man dabei, besonders wenn der Eingriff gerade nach der Men-
struation erfolgt, Epithelien durch die Tube in die Bauchhöhle be-
fördert, und so künstliche Implantate mit all ihren Gefahren und
Folgen erzeugt. Es wäre verhängnisvoll, wenn auf diese Weise die
Veranlassung zu einer schweren Erkrankung gegeben würde, welche
ja erst recht zur Sterilität führen müßte. _ G
Diese Aufzählung der theoretischen Ausblicke und praktischen
Folgerungen aus der Sampsonschen Lehre ist nicht erschöpfend
und berücksichtigt nur das Wichtigste, um die Aufmerksamkeit auf
diese reizvolle und vielseitige Frage der. lebenden Pathologie zu
lenken und zur Mitarbeit anzuregen. Sehen wir ganz ab von der.
Richtigkeit der Theorie, so hat die Lehre von Sampson für die
Gynäkologie doch ihre Bedeutung. Sie verspricht als Arbeits-
hypothese eine Fülle von Anregungen. Ihren weiteren Wert dürfen
wir darin erblicken, daß sie als ein Fortschritt in der Auffassung
eines komplizierten gynäkologischen Krankheitsbildes zu begrüßen
ist. Das Wesentliche der Theorie von Sampson über die Ent-
stehung der Ovarialhlämatome läßt sich nämlich dahin zusammen-
fassen, daß die alte, einseitige Auffassung von einer Organerkrankung,
überholt wird von der neuen Auffassung der Systemerkrankung.
Je mehr sich unsere Erkenntnis in dieser Richtung bewegt, daß
wir es bei den meisten Genitalerkrankungen mit Erkrankungen des
ganzen Genitalsystems in seiner grundsätzlichen Abhängigkeit vom
Ovarium zu tun haben, um so sicherer sind wir auf dem richtigen
Wege für die-Diagnostik und für die Therapie. Mit diesen Vor-
. stellungen ist ja auch schon der weitere Schritt zu der vornehmsten
Aufgabe der modernen Frauenheilkunde, der weitgehendsten Berück-
sichtigung des weiblichen Gesamtorganismus, besonders vom Stand-
punkt der Konstitution aus, gegeben. |
Literatur: 1.Sampson, The life history of ovarian hematomas (hemor-
' rhagic cysts) of endometrial (Mullerian) Type. The amer. journ, of obstetr. and
gyn. Nov. 1922, 4,.No.5. — 2. Lauche, Die Bedeutung der heterotopen Epithel-
wucherungen vom Bau der Uterusschbleimhaut für die Gynäkologie und ihre 'neue‘
Erklärung durch Autoimplantation vom Endometrium bei Menstruation in die
Bauchhöhle (Sampson). D.m.W. 1924, Nr. 19. — 8. Sam pso n, Benign and malignant
endometrial implants in the peritoneal cavity and their relation to certain ovarian '
tumors. Surg., Gyn. and obstetr. March 1924. — 4. Albrecht, Aussprache zum
Vortrag E. Vogt: Sitzung der Bayerischen Gesellschaft für Geburtskunde in.
München. 11. Mai 1924. — 5. Stübler, Zur heterotopen Epithelentwicklung im
Genitalapparat, insbesondere im Ovarium. Erscheint in D.m:W.
x
| Aus der Chirurgischen Universitäts-Klinik (Augusta-Hospital) Köl
(Direktor: Prof. Dr. Frangenheim). |
‘ Über infantile und juvenile Knochenwachstums-
| störungen. a:
Von Dr. Paul Caan, Assistenzarzt der Klinik.
| [Mit 8. Abbildungen *).] |
Die Einführung der Radiographie in die Diagnostik der
Knochen:Gelenkerkrankungen bedeutete einen ungeahnt großen Fort-
schritt in der Erkenntnis und in der richtigen klinischen wie ana-
tomischen Beurteilung zahlreicher Knochen-Gelenkaifektionen. Krank-
hafte Prozesse oder, richtiger gesagt, eigenartige, von -der Norm
erheblich abweichende Veränderungen an verschiedenen Stellen des
Skelettsystems (Epi- und Apophysen der kurzen und langen Röhren-
knochen), vordem zum Teil überhaupt nicht beobachtet und be-
kannt, zum Teil auch verkannt, unrichtig gedeutet und deshalb
falsch behandelt, kehrten so regelmäßig und so typisch oft auch
*) Die Bilder 1—7 sind nach Röntgenphotographien von dem
Volontärassistenten -der Klinik, Herrn Dr. Hans Bodewig gezeichnet.
Abb. 8 ist der Arbeit Köhlers (M.m.W.1920, S.1290) entnommen.
’
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MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26. tn En a BR t
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5 : ENA - à ` ' à 272 K . + ý
N D ee DER a ar j
s CA = B . x A + BE:
>: mals klinisch nicht weiter in Erscheinung tretende Zufallsbefunde
u ‘im Röntgenbilde . wieder, daß ihnen ‚eine Sonderstellung in ‘der.
- Knochenpathologie zuerkannt werden : mußte. . Dabei zeigen diese
- Aufnahmen eine derart auffallende Ähnlichkeit untereinander, daß
-aie als miteinander verwandt oder gar als wesensgleich'anzusprechen `
|
|
'inkongruenz, ‘Dysarthrie) -sind verantwortlich gemacht worden für
‚die Störungen. und Abweichungen im normalen Ossifikationsprozesse;
. das vorzugsweise. Vorkommen þei Knaben legte einen Zusammen-
hang mit. Störungen. der’inneren Sekretion (Pubertätsdrüsen) nahe.
ads Gelegentlich ‘der Besprechung. der einzelnen Krankheitsbilder soll
0° zgind und eine Gleichstellung und Klassifizierung. in eine gemein- | die Frage der. Ätiologie -und Patliogenese noch ausführlich be-
0" game Gruppe von Erkrankungen ‘geboten scheint: Besteht zudem |: handelt werden. "une, ne Ä Ä
“roch. auch im klinischen Bilde, der nicht. allzu seltenen sponfanen |-> "Die Osteochondritis def; juv: coxae, (Coxa plana, Malum
Entwicklung oft obne nachweisbare Ursache, dem: chronischen Ver- -
ZEN:
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TIAME FIT: ie.
: .jäuf und der Symptomatologie (geringfügige Funktionsstörungen, | gut verlaufende Hüftgelenktuberkulose angesehen bzw. zur Arthritis
unbedeutende subjektive Beschwerden, nie Abszeßbildung und Fieber) | def: juv. ‘gerechnet, wurde fast zu gleicher’ Zeit in den: Jahren 1910
. . .wie-auch im endgültigen Ausgang, u. U.. folgenfreie Ausheilung | bis 1913:von amerikanischen, französischen und deutschen Autoren,
` | selbst" ohne jede Therapie ein großes Maß von Übereinstimmung! nach denen. man die. Krankheit auch benannt hat, als ein Morbus-
Natürlich geben die jeweiligen ‚lokalen Verhältnisse dem Krank- | sui generis anerkannt.. Gerade in der scharfen Trennung von der
- “heitsbild ihr besonderes Gepräge. Die überwiegende Bevorzugung |--Coxitis tuberculosa macht 'sich die ‘besondere : Bedeutung‘ ihrer
"2° des männlichen Geschlechtes, das nicht allzu seltene symmetrische | Sonderstellung ‘in. der: Pathologie bemerkbar; einmal bewahrt sie
Auftreten, sowie das gleichzeitige Vorkommen analoger Verände- | den Pat. vor einer unnütz langen Liegekur, sodann, und, dieses’ ii
‚rungen an anderen Skelettabschnitten: und schließlich das alleinige | Moment ‘dürfte wohl 'ebenso wichtig ;sein, schützt' Sie den be- -ffa
` Auftreten im ersten bis zweiten Lebensdezennium zur Zeit: des | handelnden Arzt. vor Fehlschlüssen über . etwaige Heilerfölge,.. vor: . ~, "1%
- gtärksten physiologischen Wachstums — die nicht unerheblichen zeit- | .übertriebenen Hoffnungen, die Hüftgelenkstuberkulose therapeutisch. > >. j”;
"lichen Schwankungen, denen schon die normale Anlage des Knochen- |- nennenswert beeinflussen bzw. sie. durch irgendwelche: Maßnahmen :: ., = hA
Br ‚kerns und die Verknöcherung der. verschiedenen: Skelettabschnitte | restlos und folgenfrei zur Ausheilung' bringen zu können. Gerade... .. Esty
unterliegen, erklären ungezwungen. das zeitlich ungleichmäßige Auf- | auf’ diesen Punkt, der uns manche Enttäuschung bereitet und. uns: >: . 8:
| r “treten der verschiedenen Krankheitsbilder — können: als eine | um: die Hoffnung ‘der .Gutartigkeit. der Hüftgelenkstuberkulose und -...-'
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.coxae, Calv&-Legg-Perthes), früher -irrtümlicherweise zumeist als iia
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-weitere Stütze für die Auffassung- der Identität der betreffenden ‚| ihrer . Heilbarkeit ärmer macht, der uns’ anderseits lehrt, die Pro: -'.. <:
“Prozesse und ihrer Zugehörigkeit zu einer einzigen Krankheitsgruppe | gnose dieses Leidens‘ 'weit ernster. zu, stellen, als man. es in der . _
' = x herangezogen werden. na... r p- Erüheren. irrigen Auffassung zu tun sich, bequemt hatte, wird von, — =; 4e
“Unter dem Begriffe „infantile und juvenile Knochen- | vielen Autoren hingewiesen. -Auch die Frage der. Zugehörigkeit... {ç
> wachstumsstörungen“ faßt man die verschiedener Affektionen, | der Osteochondritis coxae zur Arthritis def. war lange und :ist-auch. ... ~: iiy
2.2 die Osteochondritis deformans juv. coxae (Calv6-Legg-Perthes), | heute noch. der Gegenstand -heftigster. Diskussion. : Die Frage ‘hat
- die Apophysitis tibiae (Schlatter), die Köhlersche Erkrankung des
-l
`
| -jedoch nur ein‘rein theoretisches Interesse, und es ist für die Be- >- -
LZ: = Kabnbeines und der Metatarsalia, die Veränderung am Kalkaneus und | handlung und den Ausgang der Krankheit recht ‚belanglos, ob sie.. -i
. ` > ‚schließlich die analogen Prozesse an anderen Epiphysen des Skelett- | zur. deformierenden Arthritis: zu rechnen’ ist, oder ob ‚sie in der na
> systems zusammen. Die ‚Aufzählungsskala‘ entspricht. dem zablen- |. Knochenpathologie eine Sonderstellung einnimmt. ‚In der Tat ver-
„mäßigen Vorkommen. :".. :.°:.. 0 a | sr
fügen wir über eine Reihe von Präparaten mit makroskopisch und... . lin
.mikröskopisch völlig intaktem "Gelenküberzug, während doch bei . intkiiätscs
-der.Arthritis def. die charakteristischen Gelenkknorpelveränderungen, "iin.
Usurierung, ‘Auffaserung, 'Schliffurchen und Knorpel-Knochenwuche- , -. 4,
‚rungen nie fehlen. ‚Daß sie sich hingegen sekundär' unter Um-. :. !
ständen noch nach vielen Jahren in einem durch Osteochondritis '$$
_ veränderten Gelenk, ‘etwa infolge der durch die weiter unten noch - h
zu besprechendė Kopfdeformierung. bedingten. statisch fehlerhaften : ..'
und unphysiologischen Belastung (Dysarthrie bzw. Gelenkflächen- < =; $
inkongruenz im Sinne Preisers) entwickeln kann, steht außer Zweifel. ;{
-= DasCharakteristische der Osteochondritis coxae ist eine primäre =, , „U.
- Abflachung der Kopfkalotte. bei normal erhältenem Knorpelbezug: Es. =.
malien und Varietäten wahrscheinlich verschiedenster | ist somit ohne weiteres einzusehen, daß der Prozeß sich subchondral `: -> i
Genese zugrunde, Eine Folge hiervon ist eine abnorme Weichheit ` abspielt etwa in der Art einer Unterminierung.. Wir sehen. denn.auch - o pa
des Knochens, der traumatischen Insulten, ja selbst schon statischen | in den Frühstadien der Krankheit ini Röntgenbilde (s. Abb. 1—8) p
, Binwirkungen in weit höherem Maße ausgesetzt ist als normal; sie | 2 a ee u ae A
beide haben einen nicht geringen Einfluß aut die Deformierung der
| befallenen Knochen und die Ausdehnung des Prozesses. Möglich |.
„aber ist auch, daß ‚die. auslösende: Ursache noch zu weiteren Zer- |
. Nörungen und Veränderungen der Knochenstruktur führt, die dann
‚ m histologischen Bilde überwiegen ‚und den pathologischen Cha-
takter des Prozesses bestimmen. I. aaa e
Bi Ne schon erwähnt, ist eine einheitliche Ätiologie zu negieren. |
nich eher. eine Möglichkeit ‚der. ‘ursächlichen Entstehung, die
sich ie on m Erwägung gezogen worden ist. Zum Teil stützen. |
io un ne niedanen Theorien und. Auffassungen auf histo-patho-
e Yan i persuchungen,;. zum Teil sind sie lediglich. das Produkt
De ae er Überlegungen und Vergleiche mit ähnlichen 'Krank-.
eine es Zweifellos spielen Träuma und Infektion ätiologisch
Ohne zu der bisher völlig-ungeklärten Frage der Ätiologie
“und Pathogenese, über die eine Einigung bisher nicht zu erzielen
.... .. ‚var, Stellung nehmen zu wollen, sind die genannten Veränderungen, .
~ „7 “auch wenn sie isoliert: an-einem Knochenabschnitt: auftreten, nicht
.. Als eine rein örtliche Erkrankung zu werten, sondern als.eine Teil-
=., 7 erscheinung einer Systemerkrankung, ‘die gegebenenfalls symme-
` „* trische Rnochenbezirke befallen oder. gar an zahlreichen Stellen.
« . „gleichzeitig zur Entwicklung kommen kann. in 0
~. 7 DenVeränderungen-an den verschiedenen Epi- und Apophysen,
27 We sie sich uns im Röntgenbilde. präsentieren, liegen Störungen `
an der normalen endochondralen Verknöcherung, Ossifikationsano-
1
t
“ Abbildung 1. `
t Š
im Kopf sowohl gelenk- wie auch epiphysenfugennahe diffuse, -| 26t
. fleckige, miteinander durch brückenartige Fortsätze in Verbindung: -. Hin 8:
foment- im I sei es.als alleinige Ursache, sei es als auslösendes ‚stehende, ‚sich mehr und mehr vergrößernde Aufbellungs- und De-. z 5 n Asa,
Hoch, uha inne einer Verschlimmerung .des auf einer anderen, `|. struktionsherde. Dazwischen eingestreut liegen Herdsklerosen —. "ll Te i
die Bedeu en Ursache beruhenden Krankheitsprozesses. ‘Auf |. ein wichtiges: Unterscheidungsmerkmal gegen Tuberkulose, ‚die sich | . eera Tit
Krankheit “ng SER traumatischen Insultes für die Entstehung der stets durch. eine gleichmäßige regionäre Knochenätrophie auszeichnet. oo BOR Goi
wigenden Mer neben ‘der Anamnese, in der sich in der über- | Die. normale Bälkchenzeichnung ist somit fast vollkommen .ver-" ` yp POIR
: rt A es der Fälle ein. Trauma leichter oder schwerer | schwünden. Im Verlaufe der Krankheit Nacht sich der 'erweichte. \ ai al.
Extremität h ie das vorzugsweise Befallensein’ der unteren | Kopi unter der Schwere der Rumpflast mehr und mehr ab; oft Fre Pe
2: größere a le Ja schon .durch die normale Belastung eine: weit, | nur noch ein ‚schmaler ‘Rest als bandartiger Streifen ‘zu erkennen.. a -
‘. maßen. oe Beanspruchung ‚erfährt als. die oberen Glied- ‚Entsprechend ‚erweitert ist der Gelenkspalt. Gleichzeitig kommt .' goei L
erscheinun > auch wurden dié Krankheitsbilder als eine Teil- | es vielfach zu einer der Höhenteduktion parallel gehenden Ver- En
ira 5, als eine Art lokalisierte Rachitis angesprochen. Tropho-
Jrotische Momente,
| | | breiterung der Epiphyse, die, dann gerne lateralwärts verschoben, \ iu...
Präformiert ate, kongenital bedingte Wachstumsstörungen und. | dem. Trochanter major genähert steht. Die Begrenzungslinie des _- EEE
der G N Entwicklungsstörungen, angeborene Stellungsanomalien..
elenkflächen zueinander ‘(und physiologische Gelenkflächen- `
š `
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888 = S O 4996 — MEDIZINISCHE KLINIK'— Nr.26:
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- ganz scharf abgeplattet. Wichtig ist, daß trotz der ganz erheblichen
Veränderungen der Kopfstruktur und Kontur der Gelenksaum selbst
für. gewöhnlich scharf gezeichnet bleibt; in den ungünstiger ver-
' laufenden Fällen kommt es zu einem Zerfall der Kopfkappe bzw.
des Kopfkerns in mehrere ungleich große und ungleich strukturierte -
Teile, zu einer Fragmentation. Hierbei zeigen die zentral gelegenen
Teile vermehrte Kalkanhäufung im Gegensatz zu der deutlich sicht-
baren Atrophie der Peripherie. Die Epiphysenlinie läßt erst aul-
fallend spät die ersten Veränderungen erkennen; sie erscheint dann.
`. unregelmäßig versprengt, lückenhalt, wellig, verläuft oft girlanden-
‚förmig. Auch im Hals sind ähnlich wie im Kopf Destruktions-
herde und Rarefikationsprozesse nachweisbar. Das Kollum erscheint
verdickt und verbreitert, der Schenkelhalsneigungswinkel verkleinert
(Coxa vara). Die Veränderungen der Pfanne sind weniger wichtig;
sie treten vor denen des Kopfes und Halses zurück. Gelegentlich
sind auch hier Aufhellungsherde analog denen des Kopfes und
des Halses zu sehen. In den fortgeschrittenen. Fällen zeigen
die Gelenklinien zuweilen Rauhigkeiten und Unregelmäßigkeiten,
die als sekundär-arthritische Veränderungen zu deuten sind.
Die Krankheit, die hauptsächlich Knaben im Alter von 4—13 Jahren
befällt, beginnt meist langsam und schleichend, oft ohne nach-
weisbare Ursache. Gelegentlich treten die Initialsymptome, der leicht
hinkende Gang und die Schmerzen im Hüftgelenk, die in den Ober-
schenkel bis zum Knie ausstrablen, nach einem kürzere oder längere
. Zeit vorher statigehabten Trauma auf. Macht man in. diesem
scheinbar noch frühen und verhältnismäßig symptomlosen Stadium
eine Röntgenaufnahme, so ist man meist sehr erstaunt über die‘
Ausdehnung und über die Schwere der radiologisch sichtbaren
Knochenveränderungen bei den hierzu ganz im Gegensatz stehenden °
klinischen Beschwerden. ‚Anderseits zeigt sie uns auch, daß das erste
Stadium der Erkrankung latent verläuft, der Krankheitsbeginn weit
länger zurückliegt, als man auf Grund der subjektiven Beschwerden’ |
und der klinischen Ausfallserscheinungen vermuten möchte. Das
klinisch, speziell differentialdiagnostisch gegen die Coxitis
tuberculosa wichtigste, für das Leiden geradezu pathognomonische
Symptom ist die fast freie Flexion bei sehr behinderter oder
gar aufgehobener Abduktion.des Beines. . Diese eigentümliche
Bewegungsbeschränkung wurde früher lediglich als rein mechanisch
_ bedingt,. besonders als Folge der Kopfabplattung erklärt; neuere
Untersuchungen haben jedoch ergeben, daß der Abduktionsspasmus
: in erster Linie für- diese Bewegungsbehinderung verantwortlich ge-
macht werden muß. Die übrigen Bewegungsexkursionen im Hüft-
gelenk.sind nicht nennenswert. beeinträchtigt; am meisten betroffen
ist: noch ‘die Innenrotation, und zwar bei gebeugtem Knie weit
stärker als bei gestrecktem Bein. Schmerzhaltigkeit bei Bewegungs-
versuchen findet ‚sich nur ganz selten. Eine typische Haltungs-
anomalie fehlt. Infolge der Höhenreduktion des Kopfes und der
Verkleinerung des Schenkelhalsneigungswinkels steht der Trochanter .
major oberhalb der Roser-N&latonschen Linie und ist das Bein
verkürzt. Infolge Glutäalschwäche ist das Trendelenburgsche
Phänomen der kontralateralen Beckensenkung "bei Belastung der
- kranken Hüfte positiv; ebenso findet sich eine Atrophie der. Ober-
schenkelmuskulatur. Der Gang ist deutlich hinkend, teils infolge
der Abduktionsstellung, . teils infolge der Verkürzung des Beines.
Im Gegensatz zum Schonungshinken bei der Coxitis tuberculosa treten
die Patienten mit der. ganzen Fußsohle auf. Der Gang bzw. die
Belastung der Hüfte selbst ist fast schmerzfrei, ebenso fehlt Druck-
und Stauchungsschmerz in der Hüfte. Krepitation ist nur dann
nachweisbar, wenn der Prozeß, nicht. mehr subchondral gelegen,
auf das. Gelenkinnere übergegrillen hat bzw. sekundär-arthritische
Veränderungen hinzugetreten sind. Gelegentlich wird auch ein meist
nur kurz dauerndes kontraktes Stadium mit erheblich vermehrten
subjektiven Beschwerden beobachtet.
Der Verlauf der Erkrankung erstreckt sich auf mehrere Jahre;
nach etwa 2 Jahren hat der Prozeß gewöhnlich seinen Höhepunkt
erreicht, um nach weiteren 2—3 Jahren zur Ausheilung zu kömmen.
Die klinische Besserung bedeutet, wie uns fortlaufend angefertigte
Röntgenaufnahmen zeigen, nicht immer eine Besserung im patho-
logisch-anatomischen Sinne; hier sind .oft noch fortschreitende De-
struktion und Deformation nachweisbar, indessen die klinischen
Symptome, die Schmerzen und der Grad der Bewegungsbeschränkung
geringer geworden sind. nr | or
Eine besondere Therapie ist in vielen Fällen überhaupt
nicht nötig. Bei stärkeren subjektiven Beschwerden, Hinken und
Schmerzen beim Gehen, empfielilt sich eine vorübergehende Ruhig-
stellung im Gips- oder Extensionsverband, der dann bald, je nach‘
der Schwere des Falles, der Hartnäckigkeit im Verlaufe, dem Grade
der Muskelatrophie und. der Ausdehnung der Destruktionen mehr
oder minder energische Maßnahmen (Massage, Heizen, Diathermie,
aktive und passive Bewegungsübungen) zu folgen haben. Der Aus-
gang ist für die Mehrzahl der Fälle ein sehr guter, sofern keine
deformierende. Arthritis den Prozeß kompliziert und damit eine
folgenfreie Ausheilung: illusorisch macht. Diese arthritischen Ver-
änderungen können nämlich unter Umständen sehr erheblich sein;
selbst mehr oder minder vollständige Ankylosen sind nicht allzu
selten beobachtet worden. Der Ausbildung: dieser sekundär arthri-
tischen Veränderungen vorzubeugen bzw. vorstehende, : die Be-.
‘wegung hemmende Knochenwucherungen abzuschleifen‘ und damit
eine größtmögliche Artikulationsfläche zu schaffen, ist Hauptzweck
der erwähnten. Bewegungstherapie. Vielfach, selbst in Fällen mit
typischer ausgedehnter Fragmentation des Kopfes, kommt es zu
einer vollständigen Rekonstruktion der Kopfkalotte, die eine. derart
ideale sein: kann, daß man beim Vergleich der verschiedenen Auf-
nahmen in den einzelnen Phasen es kaum für möglich hält, daß
alle Bilder von einem und demselben Falle stammen. Als Dauer-
veränderung beobachten wir außerdem noch pilzhut- oder walzen-
förmige Abplattung ‘des Kopfes bei normaler Epiphysenstruktur
ohne bedeutende klinische Ausfallserscheinungen. | p
Die bisher nur spärlichen histologischen Untersuchungen aus
den für die Beurteilung der Frage derAtiologie und Pathogenese
besonders wertvollen Frühstadien haben bisher den Schleier nicht
zu lüften vermocht; und in Zukunft wird sich dieser Mangel, nach-
dem wir die Gütartigkeit der Affektion erkannt: haber, deshalb- nur
veraltete Fälle mit weit fortgeschrittenen Kopf- und Gelenkverände-
rungen zur Operation gelangen, noch weit fühlbarer machen. Die
Osteochondritis coxae sowie die weiter unten beschriebenen Krank-
heitsbilder sind, wie uns wenigstens auch ein Teil. unserer histo-
logischen Untersuchungsergebnisse zeigt, vielfach nur. der Ausdruck
und das Produkt einer mehr oder minder lang anhaltenden Wachs-
tumsstörung oder Wachstumshemmung. im Knocheninnern. Diese
Auffassung finden wir zudem noch durch -die klinische Erfahrung
- bestätigt; denn wie wäre sonst eine Restitutio ad integrum in einer
nicht geringen Anzahl der Fälle überhaupt denkbar! Die Prozesse
‚sind demnach nicht immer als Krankheiten im pathologischen Sinne.
zu werten, die zu Zerstörungen bestimmter Zellgruppen führen, um
dann an der betreffenden Stelle mit Bildung ‘von Narbengewebe
' auszuheilen. Daneben aber. verfügen wir auch über histopatho-
‚logische Untersuchungen mit ganz erheblichen typischen patho-
logischen Veränderungen im Epiphyseninnern, mit umschriebenen
' Krankheitsprozessen in den verschiedenen Entwicklungsstadien (so
Knochennekrosen, Gewebszertrümmerung mit Blutungsherden, eitrige.
Osteomyelitis, Ostitis fibrosa). Hieraus ist also zu ersehen, daß die
jeweilige Ursache und. das Wesen des Krankheitsprozesses keines:
wegs stets die gleichen sind; vielmehr können verschiedene ursäch-
liche Momente, zum Teil gleichzeitig wirksam, gewissermaßen
einander ergänzend, zum Teil auch voneinander ganz unabhängig.
für die Entwicklung des Prozesses verantwortlich gemacht werden.
Wie ich in einer ausführlichen, demnächst in Band 17 der Ergebn.
d. Chir. u. Orthop. erscheinenden Monographie über Osteochondritis
deformans juvenilis coxae bezüglich Ätiologie und Pathogenese des
Leidens an Hand aller zur Verfügung stehenden pathologisch-
anatomischen . Untersuchungen die Auffassung vertreten habe, daß
' dem klinischen Krankheitsbild der Osteochondritis nicht immer die
| gleichen Prozesse zugrunde liegen, somit die verschiedenen Fälle -
als nicht wesensgleich, sondern nur als wesensähnlich zu bezeichnen
sind, so möchte ich heute unter Berücksichtigung und Anführung
“weiterer Literaturstudien diese Auffassung auch auf die hier noch
weiter zu besprechenden Krankheitsbilder übertragen. Voraussetzung
ist nur, daß die Noxe, gleichviel welcher Art, zu Wachstumsstö-
rungen oder zu ausgiebigeren Gewebsveränderungen mit einer ent-
sprechenden Erweichung des erkrankten Knochenabschnittes führt; .
die mannigfaltigen Deformierungen sind dann vorwiegend eine Folge
des statischen Druckes. Als Beweis für die Ansicht, daß nämlich
verschiedene Ursachen die gleiche Wirkung haben können, kann
man neben den verschiedenen histologischen Bildern auch noclı die
nicht unerheblichen Abweichungen im klinischen Verlauf und der
Symptomatologie sowie den vielfach ungleichartigen endgültigen
‚ Ausgang der einzelnen Fälle anführen. | :
In der Frage der Ätiologie der Osteochondritis coxae spielt
das Trauma eine ganz hervorragende Rolle, sei es, daß es direkt
durch Zerstörung vitaler Zellelemente und Zellgruppen wirksam ist,
sei es, daß es indirekt durch Schädigung lebenswichtiger, einen
bestimmten Knochenbezirk ernährender Gefäße infolge : Zerreißung
oder embolischer Verstopfung — in erster Linie kommt hier die
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trgumatische Insult lediglich als akzidentelles Moment das auf
obere Schenkelhälsarterie in Betracht — sowie nach "Epiphysen-
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1924 — MEDIZINISCHE -KLINER — Nr. 26. o 889
| Zu Gunsten dieser Auffassung spricht noch die verhältnismäßig häufige
. Doppelseitigkeit, das familiäre Auftreten und das gleichzeitige Vor-
lockerung und Displazierung den Prozeß ‘auslöst, sei es, daß der
anderer, noch nicht gekannter Ursache berubende Leiden ver-
kommen analoger .Affektionen. an verschiedenen Skelettabschnitten. -
schlimmernd und beschleunigend beeinflußt. Tatsächlich findet
i sich in weit mehr als der Hälfte der Fälle irgend ein Trauma
(Stoß, Fall, Schlag) in der Anamnese; vielfach trät die Krankheit | Störungen in; Erwägung gezogen worden. Kurzum, alle Entstehungs-
‚kurz nach einem Unfall in Erscheinung. Somit ist ein Kausal- | möglichkeiten und Erklärungsversuche für die Ätiologie und Patho-
jostammenhang für einen Teil der Fälle nicht abzulehnen. Daß
- . jedoch das Trauma nicht die einzige und alleinige Ursache ist und
- sein kann, erhellt jedoch aus dem Umstande, daß nicht allzu selten
‘“ Das nämliche gilt auch von der Infektion, die man vielfach als
alleinigen! bzw. sekundären ätiologischen Faktor ins Treffen führt,
. Dàs Auftreten nach einer im Kindesalter mehr oder minder blande
.tismus oder nach sonst einer -bakteriellen Erkrankung, legten den
N
nd Behandlung des Magen-
liche Fortschritte gemacht wurden, ist die Periodizität des Ulcus
and: großer Intoleran
‚ ungen, der örtliche Druckschmerz, die zeitweiligen Pylorospasmen
` wd offenbar auch die okkulten Blutungen, fehlen im freien Interyall
‚ Yollkommen. Die Periodizi
Craemer, F
‚ Schmerzes
- nachgewiesen werden
. peptischen
köinerlei Insult — das Negieren einer’ traumatischen Schädigung
söitens des Pat. ist doppelt zu werten, zumal. der- Kranke doch
gewöhnlich sein Leiden mit irgend einem Unfall oder einer statt-
` gehabten Verletzung in Zusammenhang zu. bringen sucht — nach-
'- mwveisen ist, sowie auch aus dem ebenfalls verhältnismäßig häufigen
doppelseiligen Vorkommen und familiären Auftreten der Affektion.
verlaufenden Osteomyelitis colli femoris, nach einem Gelenkrheuma-
speziell Calot und Colleu die "Ansicht vertreten,
Auch die Rächitis und die -Spätrachitis soll für die Entwicklung,
und den ‚Verlauf von Bedeutung sein. Und schließlich sind auch
noch .neurötische Einflüsse und postlötal wirkende dysendokrine
genese des Leidens sind schon berücksichtigt worden, ohne daß
| auch eine einzige Theorie vollauf ‚befriedigte.
= -` Nicht inerwähnt bleiben soll, daß einige N a
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Osteochondritis kein Krankheitsbild für sich darstellt, sondern nur
eine verkappte und nicht erkannte Subluxatio coxae congenita, die
dann später infolge der anormalen Belastung zum Krankheitsbild
der Osteochondritis führt. Solange. das Kind keinerlei Gehversuche
macht, bliebe das Krankheitsbild: verborgen; später würde es als
solches nicht mehr erkannt, und die ausgedehnten Veränderungen .
am Kopf und Hals würden die ganze Aufmerksamkeit.auf sich ziehen:
| Ich habe das Krankheitsbild der Osteochondritis coxae,
' speziell die :Frage der Ätiologie und Päthogenese, besonders aus-
- auch der gelegentlich fieberhafte Beginn des Leidens, der bakteriolo-
führlich behandelt, einmal weil die Affektion von den in.Frage
| kommenden . verwandten Knochenerkrankungen am häufigsten vor:
| kommt und schon deshalb das größere Interesse beansprucht;
Gedanken‘ einer infektiös-toxischen Genese nahe. Hierfür spricht
u betrach
diese Ersch
gische Nachweis von Eitererregern im erkrankten Knochen, der zu-
weilen positive Ausfall der Antistaphylolysinreaktion und nicht zuletzt
‚das histologische Bild. Tuberkulose und Lues sind mit Sicherheit
als Krankheitsursache auszuschließen. Kongenital bedingte Wachs-
tumsstörungen und Varietäten, präformierte Entwicklungsfehler und
.Anomalien (z.B. inkonstante Epiphysen, ` gedoppelte Kernanlage,
. Kernhypoplasien u. a.), die dann später durch eine weitere Schädi-
gung, etwa ein Trauma oder eine Infektion in ein manifestes Stadium
Da; übergeführt werden, sind ursächlich verantwörtlich gemacht worden. |. mit normaler Funktion des Elibogengelenkes ausheilten.
nn Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
zudem ist der Prozeß klinisch wie auch histologisch am meisten
durchforscht, und die Ausführungen lassen sich zum Teil wenigstens
auf die anderen. Erkrankungen ohne weiteres übertragen. Genau
die gleichen‘ Veränderungen sind außer am Hüftkopf am unteren |
Humerusende, an der. Schulter und am Olekranon mehrfach be- `
schrieben worden. . Wir selbst hatten in den letzten Jahren Gelegen-
heit, zwei einwandfreie Fälle von Osteochondritis an der unteren
'Humerusepiphyse bzw. an der Rotula zu beobachten, die folgenfrei
“Zur Frage der Periodizität des Ulcus pepticum.
| Von Dr. Alired Lechler, Stuttgart,
Facharzt für innere Krankheiten, z
- Während in den letzten Jahren in der Frage der Entstehung
und Zwöllfingerdarmgeschwüres erheb-
pepticum immer noch nicht genügend geklärt. Es ist schon lange
` Aulgefallen, daß sehr viele Ulkuskranke ein durchaus wechselndes
Verhalten ihrer Beschwerden angeben. Auf wochen: bis monatelange
Perioden völligen Wohlbefindens folgen Zeiten starker Schmerzen |
z auch gegen solche Speisen, die zuvor an-
Standslos vertragen wurden. Auch die objektiv-klinischen Erschei-
dien tät ist als charakteristisches Zeichen
auch bei allen sonsti
l ! gen Lokalisationen sich finden kann.
Die Ansichten
zahlreicher Autoren (u. a. .v. Bergmann,
aulhaber) über das periodische Auftreten des Ulkus-
ee belet neuerdings vorwiegend dahin, daß das Geschwür
schwerden
otz gleichbleibendem
uch hei Auto Röntgenbefund wieder schwinden können.
Geschwüren, ohne da
eschwerden verursacht ha!
' einungen kon
Während Boas die Sch
i chronischen Geschwürs anzusehen, das seinen Sitz meist in |
der Nähe des Pylorus hat, worauf Faulhaber!) 'hinwies, wenn es
er Schmerzperiode in den seltensten Fällen als gelieilt
a ten ist. Diese Auffassung gründet sich darauf, daß einer-
Fi: agenblutungen nicht selten ohne irgendwelche Vorboten ein-
‚ ‘een, daß andererseits schon beim erstmaligen Auftreten von Be-.
ausgedehnte und tiefgreifende Geschwüre radiologisch
und die Schmerzen durch Geschwürskuren
psien überrascht des öfteren die Entdeckung von
B diese zu Lebzeiten irgendwelche
hatten. Eine befriedigende Erklärung für
nte jedoch zumeist nicht gegeben werden.
nimmt zur Erklärung der wechselnden Beschwerden eine „peri-
Schmerzen nicht auf das Geschwür, sondern. auf daneben bestehende.
| entzündliche Veränderungen zurückgeführt werden; . Melchior‘) da-
gegen neigt zur” Annahme zeitweiliger Heilungsvorgänge; nach
R- Schmidt") spielt eine konstitutionell bedingte gastrische „Dys-
pragie“ mit Neigung zu Spasmen eine wesentliche Rolle; auch Harte)
macht in der Hauptsache außerhalb des Geschwürs liegende Faktoren
verantwortlich, worauf auch das Auftreten .der „Rezidive“. in Ab-
Einflüssen hinweise; nur in einem kleineren Teil der Fälle könnte
das Bestehen eines floriden Ulkus neben älteren Narben, sowie die
Mehrheit vernarbter Geschwüre zur: Erklärung‘ .der Periodizität her-
angezogen werden. a, un,
Die letzteren Beobachtungen könnten in dem Sinne gedeutet
werden, daß bei jahrelanger -Beschwerdefreiheit in der Tat eine
wirkliche Ausheilung eines Geschwüres, beim Wiederaultreten von
‚Schmerzen die Neubildung eines solchen stattfindet; die kürzer
anatomischen Heilung nicht zu. Wenn die Periodizität des Ulkus
von jedesmaliger Vernarbung und dem erneuten Auftreten eines
Geschwürs abhängig wäre, so könnte damit nicht die überraschende
setzen und aufhören. Kann doch z. B. eine seelische Erregung aus
heiterem Himmel eine Schmerzperiode einleiten. Diese Erscheinun
‚Spasmen angenommen wird; welche die Schmerzen verursachen.
Hierfür spricht auch die Tatsache, daß Atropin — auch ohne" Be-
stehen einer Superazidität — schon kurze Zeit nach dem Einnehmen |
die Schmerzen beseitigt. Auch Melchior”) und L.R. Müller®) -
sind der Überzeugung, daß der Ulkusschmerz durch einen Krampf
(Schluß folgt)
ulzeröge Reizzone“ an, die häufig entzündlicher Natur sein dürfte.
Auch Schur?) hält die Periodizität nur dann für verständlich, wenn die .
hängigkeit von klimatischen, körperlich-psychischen und ähnlichen
dauernden schmerzfreien Perioden lassen: jedoch die Annahme einer
Schnelligkeit. erklärt werden, mit der die Beschwerden so oft ein-
ist vielmehr nur dann verständlich, wenn das Vorhandensein von
der glatten Magenmuskulatur bedingt'ist, und Pribrams®) röntgeno-
welche di uld an der Periodizität Diätfehlern zuschreibt, | ———— ner, ne
Kranken ie infolge Aufhörens ihrer Schmerzen sorglos gemachten
a) W.kI.W. 192%. 32.
Immer wieder,
4) Neue deutsche Chir. Bd. 25.
: begehen, sprechen es v. Bergmann, Faul-
Ber alelehior u. a. offen aus, daß über die "Ursachen der ;) M. KI. 1923, a ae
— Sieh nichts Bestimmtes aussagen lasse. H. Strauß?) re e Bd 3i.
à em W. 1913, 17. | | 8) M.m.W. 1919, 21.
. ATC
h. f klin. M. Bd. 56, . 9) KI.W. 1928, 46.
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890 a,
1924.— MEDIZINISCHE KLINIK. — Nr. 26. Te a F
29. Juni
logische Beobachtungen zeigen, daß die Geschwürsschmerzen mit
Spasmen zusammenfallen. (Unter den Geschwürsschmerzen sind
stets die streng lokalisierten Schmerzen von brennendem oder
bohrendem Charakter gemeint, welche einige Stunden nach dem
Essen und bei Nacht auftreten, nicht aber die das Gefühl der Be-
-= engung hervorrufenden diffusen Superaziditätsschmerzen, die auf
Magenaufblähung beruhen und nach Verabreichung von Alkalien
durch Aufstoßen sich rasch bessern.) f
Die Annahme von Spasmen als Ursache der Geschwürs-
schmerzen dürfte eine Stütze finden durch die genauere Betrachtung
der die Rückfälle auslösenden Umstände.
Fragen wir die Patienten selbst nach den Ursachen aus, so
kann eine Reihe von ihnen hierauf keine Auskunft geben. Bei
eingehenderem Nachförschen wird der Arzt jedoch in den aller-
meisten Fällen einen genügenden Grund ausfindig machen können.
Die wohl am häufigsten beschuldigten Diätfehler spielen zweifellos
eine große Rolle beim Wiederauftreten der Beschwerden. Daß ein
Diätfehler durch mechanische oder chemische Reizung des Geschwürs
zu Schmerzen führt, dürfte obne weiteres einleuchten. Auch die
von zahlreichen Kranken mit bemerkenswerter Übereinstimmung
gemachte Angabe, daß eine Erkältung, überhaupt die kalte Jahres-
zeit, ihre Schmerzen besonders leicht hervorrufe, während die heißen
Sommermonate mit dem freien Intervall zusammenfallen, wird von
vielen Autoren bestätigt. Sie ist unschwer verständlich, wenn wir
uns auf den Boden der neurogenen Entstehung des Ulcus pepticum
stellen. Ob nach v. Bergmann ein Krampf der Magenmuskulatur
oder, wie Hart®) meint, ein Spasmus kleinster Gefäße die Grund-
bedingung für die Geschwürsbildung ausmacht, ist dabei unwesent-
lich. Vasomotoriker mit abnorm erhöhter Reflexerregbarbeit ant-
worten bei besonderer Disposition auf jeden ihre Körperoberfläche
treffenden Kältereiz sehr leicht mit Spasmen am Magen. Wie groß
diese Erregbarkeit‘ sein kann, zeigte einer meiner Kranken, der im
Bette. liegend zeitweise schon beim Lüften der Betidecke Magen-
‚schmerzen bekam.
Bekannt ist der Versuch Hans Gursch-
manns 1°), welcher durch Eintauchen der Hände in kaltes Wasser
. krisenartige spastische Zustände hervorrufen konnte, bestehend in
Gefäßkrampf an den Händen, in Angina pectoris-Gefühlen und
schließlich in halbseitigem Kopfschmerz. mit Flimmerskotom : und
Erbrechen. Auch ein eiskalter Trunk in erhitztem Zustand kann
nach Westphals Untersuchungen 11) einen schmerzhaften Krampf
des Pylorus verursachen. Ferner sind kalten Bädern, auch schon .
länger anhaltender Kälte der Füße von Geschwürskranken die
‚Schuld an Riickfällen zugeschrieben worden. Diese Angaben er-
scheinen bei vegetativer Neurose ebenfalls durchaus begründet. Von
' manchen Patienten werden körperliche Überanstrengungen, besonders
ungenügender Schlaf, für das Wiederauftreten ihrer Beschwerden
verantwortlich gemacht. ‘Aus eigener Erfahrung kann ich die
Richtigkeit dieser Aussagen nur bestätigen.
. Eine weitere Gruppe von Ulkuskranken gibt mit Bestimmtheit
Aufregungen die Schuld an ihren Rückfällen. Und in der Tat
dürfte jeder Arzt die Erfahrung gemacht haben, daß seelische Er-
schütterungen ganz besonders geeignet sind, Ulkusbeschwerden
auszulösen. Die Vorgeschichte unserer Patienten weist sehr häufig
deutlich genug ‚auf psychische Einwirkungen, die dem erneuten
Auftreten der Schmerzen. unmittelbar vorausgehen. Darauf hat
neben v. Bergmann?) u.a. auch Haudek 18) hingewiesen. Nicht
nur einmalige schwere seelische Erregungen, sondern auch die
ständigen kleinen Nadelstiche des täglichen Lebens, das Hästen
und Jagen in- und außerhalb des.Berufes kommen hier als ursäch-
. liche Momente in Betracht. . Besteht doch bei aller Autonomie des
vegetativen Nervensystems ein enger Zusammenhang zwischen
diesem und der Psyche. So wie bei spasmophiler Diathese seelische
Einwirkungen das eine Mal krampfhafte Verengerungen der. Haut-
gefäße, Spasmen der Bronchialmuskulatur, der Herzgefäße oder des
Darmes hervorrufen können, so sind das andere Mal selbst leichte
Aufregungen imstande, spastische Kontraktionen an der Muskulatur
oder den Gefäßen des Magens zu erzeugen. Welch bedeutsame
Rolle das psychische Moment spielt, geht auch daraus hervor, daß
schon ein ‚Wechsel der Umgebung ein Rezidiv verursachen bzw. :
"beseitigen kann. Wir erleben es nicht selten, daß ein Ulkuskranker
nach der Einweisung ins Krankenhaus seine Schmerzen verliert,
ohne daß die Kost eine Änderung erfahren hätte.
10) D. Zschr. f. Nervenhikd. Bd. 38 u. 54.
11) D. Arch. £ klin. Med. Bd. 114. |
12) M.m. W. 1913, 4.
18) M. m. W. 1918, 31.
Auch vom Klima sollen nach Moynihan die Geschwürs-
schmerzen abhängen. Ob hierbei seelische Einflüsse die Haupt-
ursache bilden oder innersekretorische Vorgänge maßgebend sind,
wird schwer zu beurteilen sein. Daß endokrine Momente die
Periodizität bedingen’ können, ist immerhin sehr wohl denkbar.
Steht doch das animale wie vegetative Nervensystem in lebhafter
Wechselbeziehung mit der Blutdrüsentätigkeit. So dürfte das häufige
Nachlassen der Geschwürsbeschwerden während der Schwangerschaft
. oder ihr periodisches Auftreten während der Menstruation auf inner-
.sekretorische Einflüsse zurückzuführen sein. Auch die Häufung von
Schmerzzeiten im Frühjahr und Herbst ist in dieser Hinsicht be-
merkenswert. E S ;
Eine wesentliche Stütze der Auffassung von der nervösen
Entstehung der Geschwürschmerzen bilden die neuerdings besonders
von Flörcken!%) und Zander 15) gemachten Beobachtungen bei
Gallensteinkranken. Die nach Gallensteinoperationen auftretenden
Rezidivkoliken sind’in zahlreichen Fällen nur die Folge von Spasmen
im Bereiche des Sphinkter der Papilla duodeni. Zander hält auch
nicht wenige Fälle von Stauungsgallenblase besonders bei Vasomo-
torikern mit leicht erregbarem und rasch ermüdbarem Nervensystem
für spastisch.bedingt. Die Schmerzanfälle treten auch hier besonders
zu Zeiten der Menstruation oder: körperlich-seelischer Erregungen auf. `-
Aber die erwähnten, zur Entstehung eines Ulcus pepticum'
führenden Ursachen sind an sich nicht imstande, einen Rückfall
auszulösen; es muß hierzu vielmehr noch eine besondere Bedingung
hinzukommen.
Besteht doch die auffallende Tatsache, .daß die
gleichen 'ursächlichen Momente’ bei denselben Patienten häufig ganz
verschiedene Wirkungen auslösen. Eine Aufregung kann das eine
Mal ohne Bedeutung sein, während sie das andere Mal in derselben-
ja schon in wesentlich geringerer Stärke eine Schmerzperiode ein,
zuleiten vermag. Ebenso wird einem Kranken ein Diätfehler, den
er vorher zahllose Male ungestraft begangen hat, plötzlich eines
Tages zum Verhängnis. Auch bei Kälteeinflüssen kann diese
Beobachtung gemacht werden. So liegt die Annahme nahe, daß
es die jeweilige Reaktionsfähigkeit des Nervensystems ist, welche
diese verschiedene Wirkungen bedingt. Wir können uns wohl vor-
stellen, daß das Nervensystem durch jeden Reiz Veränderungen in
seinem Tonus erleidet, welche die Empfindlichkeit der Magennerven
zu beeinflussen vermögen. Ist letztere gesteigert, so können
Spasmen als schmerzhaft empfunden werden. Ausschlaggebend für
das jeweilige Auftreten der Magenschmerzen ist eben, wie auch `’
Grote!®) betont, die Überempfindlichkeit der Magennerven. Von
diesem Gesichtspunkte aus ist es auch verständlich, warum die
Ulkusbeschwerden während des Krieges zugenommen haben, obwohl
die Zahl der peptischen Geschwüre durch die Kriegseinflüsse sich
nicht vermehrte. Die Ursache lag vielmehr darin, daß die Unbilden
des Krieges mehr Geschwürskranke als sonst ihr Leiden empfinden
‚ließen [Gruber!”). Auch nach der Goldscheiderschen - Auf-
fassung!®) von ‘der krankhaften Umstimmung des Nervensystems
kann die Schmerzempfindung nur durch einen gegenüber dem
physiologischen Zustand gesteigerten Tonus der sensiblen Nerven
erzeugt werden. So wie nach Goldscheider z. B. bei Neuralgien
unter gewissen Bedingungen (Abkühlungen. Überanstrengungen
körperlicher oder geistiger Art, seelische Erregungen, Mangel an
Schlaf u. a. m.) eine allgemeine Empfindlichkeitssteigerung eintritt;
so darf angenommen werden, daß unter denselben Bedingungen
auch das vegetative Nervensystem in einen Erregungszustand ver-
setzt wird, in welchem Reize Schmerzen auslösen können, wie sie
bei normalem Zustande des Nervensystems niemals eintreten würden.
Eine solche Überempfindlichkeit kann nicht nur durch einen ein-
maligen starken Reiz, sondern auch durch Summation unter-
schwelliger Reize erzeugt werden. Bestehen irgendwelche örtliche
Dispositionen oder Organerkrankungen, so können die Reiz:
erscheinungen an dieser Stelle in besonders auflälliger Weise offen-
bar.werden. Umgekehrt kann der schmerzhafte Zustand des Organs
die Überempfindlichkeit des Nervensystems unterhalten. So ist ein
. Ulkus imstande, einen latenten Erregungszustand des Nervensystems
bervorzurufen, der schon durch geringe Reize zu einem manifesten -
‚werden kann. Auf diese Weise ist ein Circulus vitiosus geschaffen,
der die Schuld an der meist längeren Dauer der Schmerz-
periode trägt.
14) M. m. W. 1923, 16.
15) M. m, W. 1923, 37.
16), D.m.W.1918, 40. |
17) Grenzgebiete 1923, 4. Suppl.-Heft.
18) Das Schmerzproblem. I
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0109 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.26. 00000 O 8o i]
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0° Es soll nicht geleugnet werden, daß die Periodiżität- des |.aus nicht alle von Adler aufgezählten Fälle von unserem heutigen en
. “ Uleus-pepticum nicht immer: mit dem jeweiligen Zustand des |'Standpunkt aus als echte Leukämie anerkannt werden können. Bas
"Nervensystems, sei er ererbt oder erworben, zusammenhängt, so | Die Frage, welche Art der Leukämie bei- Säuglingen haupt- ET
wenig wie die Entstehung aller Geschwüre auf neurogenem Wege |, sächlich oder ausschließlich vorkommt, wird iy n goir meaner p u
eilolet. Vielmehr können häufig zahlreiche ursächliche Momente a nn u So e ER esse Mr ne It a
gemeinsam beim Zustandekommen eines Ulkus mitwirken, so daß .| ren ne (4. Aufl.) Kapitel. „ nämjen. des: sindesaiiers = p yeloische I.
gem ss x RP re ‚Leukämie ist sehr selten und vor dem 4. Lebensjahre nicht beobachtet”. Ken.
. . tin befriedigende . Erklärung des periodischen Auftretens der |: Finkelstein (Lehrb., 2. Aufl): „Die Säuglingsleukämie ist immer ern
., $chmerzen für solche Fälle auf gewisse Schwierigkeiten stößt. Ob |- eine Iymphatische und zwar eine akute...“ .*“ Und an anderer Stelle: _ pi m,
die auf nicht nervösem Boden entstehenden Geschwüre den gleichen |' „Die myeloide Leukämie ist bisher aus so früher Zeit unbekannt. Die De
"rad von Periodizität aufweisen wie die neurogenen Ulcera, wird a ie a dem. BEER und a Sn a k
un W d weiterer Beobachtungen sein. müssen. a, “erklärten sich als pseudoleukämische Anämien mit Leukozytose au e
T j E Geeignet ‘ein Licht in des Dunkel. der Periodizitätsfrage zu infektiöser Grundla or. Pfaundler sagt in Feers Besen (8. Br In
= werfen, erscheint die Wirkung der’ neuerdings eingeführten Protein- 2 ma... a NA aser a en ne
Be? handlung des peptischen: Geschwürs. Es ist festgestellt, |- rankung. sind ersb in der zwali riai en ma Akep nai nar en heil
| körperbe Aus ES PER i DW | kannt geworden; sie verliefen fast durchweg chronisch (durch mehrere 2
‚daß in sehr vielen Fällen eine ganz erhebliche Besserung bzw. ein | Monate und Jahre) und tödlich“. Und in einer Fußnote bemerkt er ie
_ plötzliches Schwinden der Ulkusbeschwerden schon nach den ersten | dazu: „Bei den jüngeren Individuen, bei denen myeloische Leukämie To
--Einspritzungen eintritt. Eine sichere Deutung dieser auffallenden | angenommen wurde, handelte es sich wohl durchweg um Jaksch- ie
Tatsache ist bis jetzt noch nicht gefunden, so wenig wie die Frage | Hayemsche Anämie“. — Im neuesten Handbuch von Pfaundler und piipu |
nach dem Angriffspunkte der’ Eiweißkörper bisher geklärt ist, | Schloßmann bejaht Benjamin zwar das Vorkommen myeloischer EEE
Während Pribram !°) glaubt, daß durch das Novoprotin die Hei- on bei nn a ohne sich Aner pones Aai hA Kun a
lungstendenz des Ulkus neu angeregt wird und das Auftreten von | pw a ed ist Aa ea eg I
u in den. ersten. Stunden nach der Einspritzung als | und ers nich Omvarsiancen,. Sonaern Wee SMe CUOn Sone Ce Peona
| Magenschmerzen in $ > Jah DAN Sp 15 98 | sammenstellung widerlegt haben. Das- ‘ist ihm aber m. E. nicht ge- pohiri
Herdreaktion anzusehen ist, scheint mim die von Kalk ) vertfetene | lungen. Denn zunächst muß man berücksichtigen, daß die Fälle, die ee
Ansicht zutreffender zu sein; wonach der örtliche Schmerz durch: | er als myeloische Leukämie anführt, aus einer Zeit stammen (1890—1900), tun
die starke Wirkung des Novoprotins auf das gesamte -vegetative | wo alle möglichen Säuglingsariämien, die mit sekundärer Leukozyten- I
-Nervensystem hinreichend erklärt ist. Pribram selbst hält neuer- | vermehrung und Myelozytenausschwemmung einhergingen, also vor 1: opary
dings?!) eine solche Wirkung des Novoprotins neben der: unmittel- | allem die Anaemia pseudoleukaemica, myeloische Reaktionen usw. als DE
` baren Beeinflussung des Geschwürs für erwiesen. Durch pharma- „Leukämie wurden. Man muß on er gos
kologische Prüfung mittels Adrenalin zeigt Pribram, daß durch die | alten, Fälle Beweiskraft zumessen, außer der Analyse des Blutbildes en
es nn. i Br =. | | unbedingt auch einen einwandfreien Sektionsbefund fordern. Adler SR
.. Proteinkörpereinspritzungen die Erregbarkeit des Sympathikus nach- | zitiert nun 2 Fälle akuter myeloischer Leukämie: dem Fall Morse +...
.»1äßt, während er bei röntgenologischen Untersuchungen feststellen
‘konnte, daß die schmerzstillende Wirkung des Novoprotins mit dem
‚„Sehwinden der Magenspasmen . zusammenfält. Auch aus der
« Temperatursteigerung, der außerordentlichen ‚Überempfindlichkeit
: der Haut und Sinnesorgane, sowie aus der allgemeinen Abgeschlagen-
‚heit als Folge der Einspritzungen ist meines Erachtens zu ersehen,
- daß die Wirkung der Proteinkörper sich — direkt. oder indirekt —
- auf das gesamte Nervensystem erstreckt. In gleicher Weise dürfte
der Erfolg der Vakzinebehandlung bei asthmatischen Zuständen,
worüber Schottmüller 22) berichtet, wie auch das Verschwinden
. . von Asthma bei Grippe und anderen fleberhaften Erkrankungen zu
‚erklären sein. Ob durch das Novoprotin eine anatomische Heilung,
. wie Pribram annimmt, ‘und damit eine dauernde Beseitigung der.
‘ fehlt der Obduktionsbefund; nach'den vorgefundenen Angaben handelt |
‚es‘ sich zweifellos um: Anaemia pseudoleukaemica. Der Fall Bloch- ee
‘Hirschfeld wird von den Autoren selbst als „Iymphatischmyelöogene ae
Leukämie“ aufgefaßt, „die, wie es scheint, die Neigung hatte, in eine Dee
rein lIymphatische überzugehen“ — ein Zwischending, das heute mit, ` Gpo go os
Recht nicht mehr anerkannt wird. Naegeli hält diesen Fall wie auch - iOH,
den vonMorse für Anaemia pseudoleukaemica. — In der Rubrik „chro-
nische myeloische Leukämie“ führt Adler die Fälle von Vehsemeyer,
Cadet de Gassicourt (zit. nach Ortner bzw. Hayem) und Monti- |
Berggrün an. Alle 3 Fälle sind ohne Sektionsbefund und müssen te te.
nach. den klinischen Daten gleichfalls als Anaemia pseudoleukaemica auf- a ER
. gefaßt werden (Naegeli), Es bleiben also nur die Iymphatischen |
Formen übrig; ihnen nachzugehen, ist hier nicht beabsichtigt. Es sei nur |
bemerkt, daß die Bezeichnung „chronische lymphatische Leukämie“, i
S j td di den. wi „wie sie bei Adler und seinen Gewährsleuten in 3 Fällen wiederkehrt > Fa
ae us ee Frage er eh Ba Angabe weder in bezug auf Krankheitsdauer noch hinsichtlich des klinischen Urarea
a a der pamen und. a a E eane dan Dice an bia a o
i i er mm esalter u u e jmi TE
rn; p Superazidität, möglich. Eine direkte mon | a laut (Benjamin und Sluka. N he FINE Piaundlor E), Eo
ellung des Geschwürs durch das Novoprotin anzunehmen, ist da- | en | ee '
"besteht zweifellos noch zu‘ Recht. ° zo | m
. Aus der älteren Literatur ist die ausgezeichnete Zusammen- se
fassung von Benjamin und Sluka hervorzuheben. Die von ihnen : piet E
angeführten Fälle von Säuglingsleukämie' kehren in der eben 'be- A
sproclienen Arbeit Adlers wieder und bedürfen daher keiner besonderen a
Beurteilung. Die bezüglich der myeloiden Formen geäußerten Bedenken : 1...
gegen bei der Schnelligkeit: der eintretenden Wirkung nicht an-
gängig. So ist die Annahme gerechtfertigt, die Wirkung der Eiweiß-
körper beim Uleus pepticum als eine allgemein umstimmende, vor-
wiegend das vegetative Nervensystem beeinflussende anzusehen. Trifft
dieser Schluß zu, so ist es leicht denkbar, daß auch das periodische
` Auftreten und Schwinden der Ulkusschmerzen im letzten Grunde
auf einer Umstimmung des Nervensystems beruht. |
Anmerkung bei der Korrektur: Die Richtigkeit der An-
. nahme, daß die Wirkung der Reizkörpereinspritzungen auf einer Um-
ung des vegetativen Nervensystems berubt, wird bestätigt durch
experimentelle Untersuchungen der Haut und Blutflüssigkeit, die Stahl
angestellt hat (M.KI. 1923, Nr. 50). Damit gewinnt auch meine Auf-
smg über die Ursachen der Periodizität des Ulkus an Wahrschein-
“gelten natürlich auch hier, — Seit 1914 wurde meines Wissens nur
noch von Tancré ein Fall von Säuglingsleukämie und ‘zwar von
lymphatischer veröffentlicht. Aus der Arbeit von Czerny (1918) könnte Be
der Teri Fall hierher gerechnet werden, wenn es sich nicht aller Wahr- :F-. 00
scheinlichkeit nach um eine Anaemia pseudoleucaemica gehandelt hätte.:
Auf Grund der mir zugänglichen Literatur muß ich also.wohl ®©
jenen Autoren beipflichten, die der Meinung sind, daß bisher i
‚ein einwandfreier Fall. von myeloider Leukämie beim ;
Säugling noch nicht beschrieben wurde. Von um so größerem -
Interesse dürfte es sein, über folgenden Fall ‘zu hören: EM
Der 3 Monate alte weibliche Säugling V. V. wurde zum ersten- |
“mal am 3. November 1923 in unsere Ambulanz gebracht. Die Ana- a R
mnese ergab: Vater invalid infolge Verletzung eines Beines, sonst ge- `
. sund. Mutter gesund, kein Abortus. Eine 5jährige Schwester gesund.
Gestorben 0.. Für Lues, Tbe., Alkoholismus, Konsanguinität kein An-
. haltspunkt.. — Die Geburt des Kindes erfolgte rechtzeitig, dauerte
- ziemlich lange, ohne jedoch Kunsthilfe zu erfordern. — Örnährung:
6 Wochen ausschließlich Brust, dann Zwiemilch. — Bisher habe das
Kind keine Krankheiten durchgemacht. Es sei aber gleich nach.
der Geburt sehr blaß gewesen und habe einen großen Bauch
gehabt; seither habe die Blässe noch bedeutend zugenommen. — Seit’
| etwa einer Woche bereite das Kind der Ernährung große Schwierig-
keiten: es nehme wohl die Brust oder die Flasche, före aber immer
bald wieder auf zu trinken und -beginne zu schreien. Öfter Erbrechen.
Stuhl bald häufiger, bald seltener, meist gehackt und schleimig. Manch-
| mal Fieber. — Ambulanzbefund:: Normal entwickelter Säugling in
. gutem Ernährungszustand. Gewicht 6200.. Temp. 380. Das Auf-
stimmu
lichkeit,
D
Aus der Deutschen Universitäts-Kinderklinik im Deutschen Kinder-
spital zu Prag (Vorstand: Prof. Dr. J. Langer).
Akute Myelose bei einem Säugling.
Vom Assistenten Dr. Josef Opitz |
Die Leukämie ist bei Säuglingen eine sehr seltene Erkran-
ne Darüber sind sich alle Autoren einig und das geht schon
Ks hervor, daß Adler 1914 nur 17 Fälle zusammenstellen
„nie. Dabei muß aber schon jetzt bemerkt werden, daß durch-
„) M. KI, 1922, 30.
a Klin, Wschr. 1928, 38.
2. Klin. Wschr. 1923, 46.. ~
) D.m. W. 1922, 44, |
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
. fallendste an dem Kinde war die ganz enorme Blässe der.Haut und
: sichtbaren Schleimhäute.
` und Leber stark vergrößert. Rachen o. B. Haut- oder Schleimhaut-
. blutungen wurden trotz genauen Suchens nicht gefunden. Die Blut-
untersuchung ergab: Rote 1520000, Weiße 1000000, Sahli 20. Die Aus-
. zählung der Weißen: Polynukl. Neutr. 0,6%, Eosinophile 0,2%. Kleine
Lymphozyten 32,0%. Große unreile Formen 67,20/,.. (Näheres s. unten.)
Die Mutter war nicht zu bewegen, das Kind an die Klinik ab-
zugeben. Auch ambulatorisch bekamen wir es trotz Aufforderung in
den nächsten Tagen nicht zu sehen. Erst am 16. November erschien
die. Mutter wieder mit dem Kinde, dessen Zustand sich in dieser
kurzen Zeit erheblich .verschlimmert hatte. Die dyspeptischen Symptome
bestanden nach wie vor. In den letzten Tagen habe das Kind hoch
gefiebert; schwer geatmet und gestöhnt. Außerdem war der Mutter
aufgefallen, daß das Kind jotzt sehr empfindlich sei und auf die
zartesten Berührungen gleich mit heftigem Schreien reagiere. Ein
unterdessen zu Rate .gezogener Arzt hatte einen Lungenkatarrh kon-
statiert. Da rasch die Verschlechterung eintrat, ersuchte die Mutter
diesmal selbst um Aufnahme des Säuglings auf die Klinik.
Wir erhoben am 16. November folgenden Status praesens:
Länge 61, Brustumfang 41, Kopfumfang 401), cm. Gewicht 6100. —
Temperatur 38,4—38,8. A oraa gut. Eindruck schwerster
Krankheit. Dyspnoe. Nasenflügelatmen. Inspiratorische Einziehung
der Interkostalräume und des Epigastriums. — Haut von wächserner
Blässe und geringem Turgor. . Auf der rechten Schulter eine etwa
kleinhandtellergroße Hautreizung, nach Aussage der Mutter von Burow-
umschlägen herrührend. Auf der Brust und auf dem Kopfe treten
zahlreiche, Venen deutlich hervor. Keine. Hautblutungen, keine
Ödeme. — Drüsen: Beiderseits zervikal kleine Drüsen tastbar, ebenso
in inguine. In der rechten Axilla ist eine etwa erbsengroße, links
zwei kleinere tastbar. Alle diese Drüsen mäßig derb und gut um-
grenzbar. — Skelett und Muskulatur: o. B. — Sinnesorgane
und Nervensystem: Augen und Ohren o. B. Reflexe o. B. Große
Schmerzempfindlichkeit bei allen Berührungen. — Mund und Rachen:
= Schleimhäute extrem blaß. Keine Blutungen, keine geschwürigen
Prozesse. Tonsillen klein. — Lunge: Im unteren Teile des rechten
Mittelfeldes eine geringgradige Schallverkürzung; in der Nähe des
Angulus scap. d. bronchiales Atmen mit spärlichem,. feinblasigem,
klingendem Rasseln. — Die am nächsten Tage vorgenommene Thorax-
durchleuchtung ergab. bis auf eine geringgradige Verbreiterung des
rechten Hilus normale Verhältnisse. — Herz: in normalen Grenzen.
Töne rein. Puls 144, rhythmischh — Eine Thymusvergrößerung
konnte weder perkussorisch noch radiologisch nachgewiesen werden.
— Das Abdomen überragte etwas den Thorax. Der glatte Rand der
Leber war in der Mamillarlinie 7 cm unterhalb des Rippenbogens
zu tasten, die Milz als harter, glattrandiger Tumor mit dem tiefsten
Punkt in Nabelhöhe. — Verdauungstrakt: Nahrungsaufnahme be-
friedigend. Kein Erbrechen. Stuhl dünn, bräunlich-grün, schleimig.
Mikroskopisch o. B. Benzidin-Probe negativ. — Harn: stark kon-
zentriert mit reichlichem Sediment. E.:
vermehrt. Im Sediment massenhaft Harnsäurekristalle, keine Erythro-
zyten. — Blut: Wa.R.: Hemmung. — Rote: 1025000, Weiße: 1100000.
Sahli: 20. — Polynukl. Neutr. 0,8°/,, kleine Lymphozyten 4,90/,, große
t |
unreife Formen 94,3%. Auf 1000 Weiße ein Normoblast.
Am nächsten Tage hatte sich der schwere Allgemeinzustand
.nur wenig geändert. Die Dyspnoe war stärker geworden, die rn,
fung und das Bronchialatmen hatten sich auf das rechte Unterfe
ausgedehnt. Noch am selben Tage (36 Stunden nach der Aufnahme)
‚trat der Exitus ein. | | | |
Die Diagnose stellten wir auf akute lymphatischeLeukämie,
Pneumonie des rechten Unterlappens. Dabei leiteten uns folgende Ge-
sichtspunkte. Bei der ersten (ambulatorischen) Blutuntersuchung
fanden wir als einzige gut ausgeprägte Zellen die kleinen Lympho-
.zyten, und zwar 32%,, d.i. 320000 im cmm, also reichlich viel, hin-
gegen nur sehr wenige polynukl. Neutr. (0,6 °/). Die überwiegende
. Mehrheit der Leukozyten bestand aus großen Zellen mit einem schwach
färbbaren großen Kern und einem schmalen stark basophilen Proto-
plasma. Diese Zellen hielten wir in Anbetracht der vielen Lympho-
zyten für Vorstufen derselben, also für atypische Lymphoblasten. Die
Tatsache, daß bei der zweiten Untersuchung (bei der Aufnahme. des
Kindes) nur etwa 5°/, kleine Lymphozyten gezählt wurden, erklärten
wir uns durch die Progredienz des Prozesses, die es eben mit sich
bringe, daß immer mehr unreife Formen ausgeschwemmt würden. Die
Meinung maßgebender Autoren, daß die Säuglingsleukämie immer
Iymphatischer Natur sei, ließ die Diagnose vollends gesichert erscheinen.
Die pathologischen Anatomen kamen jedoc
Auffassung. Die Obduktion des Kindes, die im pathologisch-anatomi-
schen Institut (Prof. Ghon) vom Assistenten Dr. Winternitz vorge-
nommen wurde, ergab folgendes:
‘'Grünlich-weißliche Blutgerinnsel. Hochgradige Blässe aller
Organe. Nirgends eine Spur von Blutungen. Konfluierte Lobulär-
neumonie im Stadium der en Hepatisation im rechten
Lagona alipe Thymus makroskopisch o. B., eher kleiner als
Graurotes Knochenmark.
”
normal. ilztumor. Die zervikalen
Lymphknoten (L.K.) beiderseits über erbsengroß, die paratrachealen
vereinzelt bis bohnengroß, ebenso die L.K. in beiden Venenwinkeln.
Die pulmonalen L.K. nicht besonders verändert, ebenso die para-
Abdomen etwas über Thoraxniveau. Milz.
schwach +, Z.:0, Ind. nicht
d,
zu einer anderen
brtslen entlang der Aorta abdom. ` Die axillaren beiderseits über
erbsengroß. Die inneren inguinalen L.K. bis über bohnengroß, die
äußeren erbsengroß. Die mesenterialen L.K. bohnengroß, die des
Mesokolons erbsengroß. Die L.K. sind. von einander gut abgrenzbar
und nur im Mesenterium dichter stehend, ohne daß sie aber auch hier
.den Eindruck von Paketbildung machen würden. Die Konsistenz :der
L.K. ist nicht wesentlich verändert, die Farbe blaß, stellenweise blaß-
rötlich. — Im Magenfundus -ein über erbsengroßes Infiltrat von derber
Konsistenz und bräunlicher .Farbe. — Die. Peyerschen Plaques
ee stark. vor. Die Follikel des Dieckdarms- dicht gesät, bis
erbse
mehrere gleichgestaltete im ganzen Dickdarm. Im unteren Dickdarm
ein erbsengroßes kurz gestieltes Gebilde von gleicher Farbe und Kon-
sistenz. — Die Leber hat an ihrem Durchschnitt um die Zentralvenen
einen gelben Farbenton. Makroskopisch keine Infiltrate erkennbar. —
Kleine Infiltrate in den Nieren. |
Histologischer Befund: 1. Leber: Zwischen den Leberzell-
balken eine diffuse Infiltration von großen, mittelgroßen und kleinen
Zellen mit einem Kern. — 2, Lymphknoten und Milz: In der roten
Pulpa reichliche Zellen wie bei 1.,
in der Submukosa, heben die Mukosa kuppelförmig ab und durchsetzen
sie über den medialen Partien des Infiltrates dieht, nach den Rand-
artien weniger dicht. Im Dickdarm, wo sich schon makroskopisch
die leukämischen Infiltrate scharf von den vergrößerten Follikeln 'ab-
‚hoben, sind die Follikel zwar vergrößert, aber scharf "begrenzt und
frei von myeloischen Zellen. Dort, wo innerhalb des leukämischen In-
filtrates Follikel vorhanden sind, setzen sich diese vom Infiltrat scharf
ab und sind frei von myeloischer Infiltration: an solchen Stellen -
hatten sich also die leukämischen Infiltrate um einen Fol-
likel gelagert. —-4. Peyersche Plaques: Sie erschienen stark
vergrößert und zeigen im Gewebe zwischen den deutlich erkennbaren
Follikeln, die selbst stets frei von myeloischen Zellen sind,
breite Straßen leukämischer Infiltrate. — 5. Nieren: Die Niere zeigt
nur an einzelnen Stellen, die sich schon makroskopisch als weißliche
Stellen abhoben, geringe Infiltrate; in den übrigen Partien keine
nennenswerte Veränderungen. — 6. Herz: Zwischen den einzelnen
Muskelbündeln mäßige Infiltrate aus den gleichen Zellen wie bei 1. —
7. Lunge (makroskopisch normale Stelle): Verbreiterung des Inter-
stitiums mit diffuser spärlicher Infiltration mit den gleichen: Zellen wie
bei 1. — 8. Pankreas: Das Drüsenparenchym durch mächtige leu-
kümische .Infiltrate ganz auseinandergerissen, so daß die Struktur des
Parenchyms vielfach nicht mehr kenntlich erscheint. Die Langer-
hansschen Zellinseln sind z. T. auch betroffen und zeigen zwischen
den Zellen leukämische Infiltrate in verschiedener Stärke. Viele Inseln
sind aber frei davon.
In allen untersuchten Organen zeigten die leukämischen Infiltrate
vollständig gleichen Charakter. Die Zellen der Infiltrate gaben in
ihren großen Formen ausnahmslos eine. stark positive Oxydase-
reaktion, in den kleinen in allen Abstufungen von positiv zu negativ.
Zusammenfassung: Das Ergebnis der Oxydasereaktion sowie
der histologische Befund in den Organen; vor allem aber das Verhalten
der leukämischen Infiltrate zum Iymphadenoiden Gewebe, berechtigt
zur Diagnose: myeloische Leukämie.
Durch den histologischen Befund wurde somit unsere klinische
‚ Diagnose hinfällig. Abgesehen vom Einfluß der herrschenden Lehr--
meinung war unser Irrtum dadurch bedingt, daß wir den „typischen“
Fehler. begingen, die „großen unreiien Zellen“ für Lymphozyten: zu.
halten, während sich diese Zellen bei genauerer Analyse des Blut-
bildes zweifellos als Myeloblasten erwiesen.
Ihre Größe war durchschnittlich die eines normalen polynukleären.
Neutrophilen, doch kamen auch viel größere und viel kleinere Formen.
(Mikromyeloblasten) vor. Der Kern, der fast die ganze Zelle ausfüllte,
war bei der überwiegenden Masse nur schwach färbbar (kombinierte
Giemsa-Färbung) und durchweg zart strukturiert. In ihm fanden sich
bis zu 6 Nukleolen. Das Protoplasma war nur als schmalster Saum
zu sehen; es war stark basophil -und zeigte häufig Vakuolenbildung.
Neben diesen pathologischen Formen kamen aber auch klassische
. Myeloblasten vor, an denen infolge besserer Färbbarkeit alle typischen
Einzelheiten deutlich erkennbar waren. Kernlappung wurde dabei nicht
beobachtet, hingegen in zwei Zellen sehr schöne, mitotische Teilungen.
Neben dieser Hauptmasse von ungranulierten Zellen gab es nicht wenige
solche, die bei gleicher Kernstruktur feinste Bestäubung mit dunkel-
roten bis rotvioletten Granula (manchmal mit einigen gröberen dunkel-
blauen) zeigten. Diese Formen bildeten in allen möglichen Abstufungen
' den Übergang zu den neutrophilen Myelozyten.
. zyten überwogen jedoch bei weitem die reifen.
ie unreifen Myelo-
Auch .eosinophile
Myelozyten, z. T. mit vereinzelten basophilen Granula, wurden gesehen.
In allen Präparaten im ganzen ein einziger basophiler Myelozyt. In
einer Zelle Azurstäbehen. — Die polynukleären Neutrophilen
traten spärlich auf und durchweg in kümmerlichen Formen. Das Auf-
fallendste an ihnen war der Mangel an Granula, der nicht so selten in
völligen Granulaschwund ausartete. — Die Lymphozyten boten keine
` Besonderheiten; bei den ersten Zählungen war ihnen wohl manchmal
ein Mikromyeloblast zugezählt worden. — Die vom neuen und richtigen |
>
\
29. Juni
‘B, von weißlicher. Farbe und. derber Konsistenz. Im unteren.
Dünndarm einige linsengroße graurötliche erhabene Stellen und
| eine oder verwischte Follikel. — `
3. Magen und Dickdarm: Die Infiltrate, die sich hier finden, sitzen.
„em »
ak 1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ñr.26, 0 2.888
ea
Beweise. lassen ` sich- natürlich nicht er-
bringen, aber .die Möglichkeit muß erwogen werden.: Nach Naegeli
kommt es beim. Embryo zunächst „zu einer enormen. Entwicklung
: des myeloischen Systems, die mit Auftreten Iymphatiseher Bildungen
- iù der späteren Fötalzeit regelmäßig wie durch Selbststeuerung zurück-
geht“. Könnte diese Selbststeuerung nieht einmal versagen, so dab
Gesichtspunkt aus vorgenommene Auszählung-der Weißen im Präparat
_ om-16. November ergab: Myeloblasten 90,7%, Myelozyten: noutro-
" phile‘5,20/, eosinophile 0,5%, polynukleäre Neutrophile 0,59%, Lympho-
‚guten 3,1%. — Die Erythrozyten, die zuletzt von den Weißen an |
ahl übertroffen wurden, zeigten starke. Anisozytose und mäßige
Poikilozytose. . Auf 1000 Weiße kam ein -Normoblast, also etwa
1000 Normoblasten in 1 cmm. ee
dieser Ansicht. Exakte
‘Die Oxydasereaktion konnte aus technischen Gründen erst ‚das Überwiegen. des myeloischen Systems fordauern würde? Naegeli i
-ach der Obduktion ausgeführt werden. Sie war bei etwa 10—15 Zellen |' selbst lehnt die ‘angeborene Myelose ab. Aber nach seiner sehr EN
in Gesichtsteld deutlich positiv, also bei einer relativ geringen. Zahl, | einleuchtenden Theorie, „daß es. chemische, hormonale. Reize sind, I
-dawir doch 70 und mehr Weiße in cinem Gesichtsfeld sahen. Neben |: die in so fein gesetzmäßiger Weise die Entwicklung: der lymphati- us
diesen einwandfrei positiv reagierenden Zellen kamen aber. noch mehr | schen und myeloischen. Zellen beim Embryo?t), in der ‘Jugend Hl En
solche vor, bei denen die Oxydasereaktion in stärkerem odersschwächerem | und beim Erwachsenen regulieren und ‘das für das entsprechende i
“Maße angedeutet war. Man salı also alle Übergänge von negativer zu | Alter nötige Glei chgewicht herbeiführen“ — ‘gerade nach dieser HR
ausgesprochen. positiver Reaktion, analog dem Verhalten der Zellen in Theorie ist es nicht ei hen. Se n. Stenen Fällen nicht: Bi
der hirislogischen Schnitten. Dieses Resultat ist zweifellos im Sinne einer | : er er a WATUNI SE H BE UNENEE Eee ae
. 'mydoischen Affektion zu werten; bei den übrigen, nicht reagierenden | SCAon IM Embryo zu einer „Korrelationsstörung ,‚ zu einer „UYS- ul
Talen wird man Fermentschwund, ‘der ja in solch stürmischen | harmonie der innersekretorischen Regulation“ und in deren Gefolge rpi
Fallen kein außergewöhnliches Ereignis ist, annehmen dürfen. zu einer angeborenen Leukämie kommen ‚könnte. PEE Nah, BEER fine
Nach alledem ist der Fall zweifellos als Myeloblasten- Bisher- glaubte man, daß..eine Gleichgewichtsstörung: zwischen Hip far:
- leukämie aufzufassen. | A myeloischem und lymphatischem System, welch hypothetischen, Ur- U.
R.Fischl konnte in der Diskussion des Falles im ärztlichen | SPFunzs sle auch sei, beim Säugling: und ‚Jungeren Kinde cn: HA ii n Fi
Vortragsabende die Myelose nieht anerkennen und meinte, unsere. zugunsten des lymphatischen Systems”, ausfallen- müsse. Durch NE
erste Diagnose sei richtig gewesen. Er betonte, daß bei Blutkrank- | Unseren Fall ist aber das Vorkommen | yon, akuter Myelose beim | Ba ni
‘heiten im frühesten Kindesalter „eine so scharfe Trennung der Säugling zum ersten Male ‚einwandfrei erwiesen. Darin liegt die IE ae
"einzelnen Krankheitstypen, wie sie beim älteren Kind und beim | die Bedeutung dieses Falles und deshalb wurde er ausführlicher RAR A
Erwachsenen möglich ist, kaum durchführbar sei“. Wenn aber die | mitgeteilt. . ET N er ae KERN
‚sohlfundierte Lehre vom Dualismus auf Richtigkeit beruht — und | sato an... een Bid end P ver naa an con ash le
‚daran zweifelt w ohl heute US mand mehr —, dann wird m. E, auch. | für die fachmännische Begutachtung der "Blutaäusstriche und die Nach- EE leka Pin
schon beim jüngsten Leukämiker eine scharfe Grenze zwischen prüfung der Oxydasereaktion herzlichst zu danken. | aa
‚ Myelose und Lymphadenose zu ziehen sein. Daß dies in unserem Literatur: Adler, Jb. i. Kinderhäilk. Bd. 80, — Benjamin, ikan. a ~
Falle eindeutig gelingt, das beweist der histologische und der kungen des Blutes und der "blutbereitenden Organe im Handb. v. Pfaundler u. ' Dur EHS a
tichtig gewertete hämatologische Befund einwandfrei. — In der- Schloßmann, 8. Aufl. — Benjamin und Sluka, Jb. £ Kinderheilk. Bd. 65. — E
selben Diskussion sprach sich übrigens von pathologisch-anatomi- | Bericht ñber die a. an one pa Ereg nn A | ab
scher Seite Ghon, von klinischer Kaznelson, mit aller Entschieden- | 84.89. — Czerny, Mschr.t. Kinderheilk, Bd, #7. — Feer, Lehrb.d.Kindorheilk. © 2... ppan }
' heit für den myeloiden Charakter unserer Leukämie aus. 8. Aufl. — Finkelstein, Lehrb. d Säuglingskrankh. 2. Aufl, — Naegeli, Blut“ = 2 BR REN EL
| Abgesehen von der Tatsache, daß es sich hier um eine beim
e.
i] \,
Haas 3 vl
krankheiten und Blutdiagnostik. 4. Aufl. — Tancorö, Arch, f. Kinderheilk. Bd: 65. KERN a
Säugling bisher nicht beschriebene Leukämieform handelt, und ab- | | | I Lo zo Aua
i AR
gesehen von der phantastischen Zahl der Leukozyten und speziell | ` Dis Sass AE E en RR RAS oi ka
‚der Hyeloblasten, bietet der Fall auch sonst nn REES | Aus der Auguste EE pen .. in Beringhausen. ` pa
- Zunächst das Alter. des Kindes: es gehört mit seinen 15 Lebens- a a aa a nee er
| aan In zu den jüngsten bisher bekannt Se Paravertebrale Schalldifierenzen. en:
en. Besonders muß ferner hervorgehoben werden das Kehlen EE E E I E neh,
' ‚eines wichtigen und fast konstanlet Kordinaleymptoms der Leuk- | ' Von Che farzt Dr. Windrath. N a E S SG EA
mie, nämlich das Fehlen jeglichen Zeichens hämorrhägi- ' Das häufige Vorkommen paravertebraler Schalldifferenzen bei <. 07 EE eng
scher Diathese. Weder klinisch noch autoptisch konnten irgend- | Erwachsenen ist bekannt, ‚ebenso die: Tatsache, daß diese Dämp- Flik
‚welche Blutungen der Haut, der Schleimhäute oder anderer Orgaue | fungen nicht auf tuberkulösen Veränderungen der Lunge (Tuber- Eee
“nachgewiesen werden. Diese interessante Erscheinung hat unser | kulose der Bronchialdrüsen oder auch des.Parenchyms) zu beruhen EEN Sf
. „ tal mit dem bereits erwähnten Falle Tanere gemeinsam. Weniger | brauchen, sondern ihre Ursache in gewissen Anomalien der Thorax- E Eees e
> aulfallend ist das Fehlen ulzeröser Prozesse am Rachenring. Schon | konfiguration haben' können, . die ihrerseits ihre Erklärung in dem BER
Tancré wies nachdrücklich darauf hin, daß diese bei leukämischen | Bestehen. einer mehr oder weniger, ausgesprochenen Skoliose der ` Say nn
Säuglingen vermißt werden. Die initiale Dyspepsie und die termi- | Wirbelsäule finden: Die Bronchialdrüsentuberkulose ist bei Er- help SZ
: -nale Pneumonie scheinen, ebenso wie die große Schmerzempfind- | wachsenen: ein verbältnismäßig seltener Befund; ich teile nicht 5 T
i lichkeit bei allen Berührungen, häufig beobachtete Begleiterschei- | die : Ansicht C. Kraemers, daß die Bronchialdrüsendämpfungen A a ae)
‘ Jungen zu sein. Staunenswert aber ist die Tatsache, daß der | bei Erwachsenen nicht minder häufig 'sind -als bei Kindern. ‚Nach PL WERE SA aA BAER
schwerkranke Säugling in seinen letzten 14 Lebenstagen von seinem | den neuesten Untersuchungen Engels kommen: ausgedehnte Bron- 1.0 hg
Körpergewicht kaum etwas eingebüßt hat, trotzdem irgendwelche | chialdrüsentuberkulosen — und um diese kann es sich ja’wohl i Ni. un R A
>> xÖdeme nicht nachzuweisen waren. | er an | nur handeln, wenn sie bei Erwachsenen perkussorisch in die Er-. | ERST
| = Bei der Autopsie fiel besonders die allgemeine Hyperplasie | scheinung treten sollen — „sowohl nach der Art der Ausbreitung RN n rt
des Iymphatischen Apparates auf. Sie spricht nicht gegen Myelose. | im gesamten Lympligebiete wie auch nach Größe der Knoten, nur ehe ilaa 24
Als etwas Außergewöhnliches aber muß die mächtige Hyperplasie | im frühen Kindesalter vor. Die Möglichkeit der Krankheitserschei- . | ESEL CHR ne. o
. des Iymphatischen Systems im Dünn- und Dickdarm hervorgehoben | nungen und die. Möglichkeit des Nachweises derselben. wird mit "0 nl,
werden. Sie scheint sehr selten zu sein. Naegeli fand bei Mye- | zunehmendem Alter immer geringer, jenseits des 6. Lebensjahres © = 03 Ee ai Bi
losen die Darmfollikel -fast immer wenig oder. gar nicht vergrößert. | werden sie nur noch selten angetroffen“. Besteht bei einem Er- NEBEN a.
on sieht in dieser Hyperplasie den Ausdruck eines echten Status- | wachsenen eine paravertebrale Verkürzung oder gar Dämpfung, die u..." Im wind
| ymphatieus, unabhängig von der Leukämie. Nach Naegeli scheinen | nicht auf einer Thoraxanomalie beruht, sondern: auf ‚tuberkulösen alas hl
E aa e Bildungen im Darm gewöhnlich nicht vorzukommen, | Veränderungen. in dem betreffenden Lungenabschnitt, so missen PRO T a A
a - br wir sie in unserem Falle vom. Magen bis zum Dickdarm .| diese ‚schon hochgradig sein und eine Bronchialdrüsentuberkulose RR ana a Eai
Rek $ konnten. Das Knochenmark, von dem ein histologischer muß bereits, auf das Parenchym übergegritfen haben. Solche Dämp-. 00 n aa e
2 Er eider nicht vorliegt, zeigte gleichmäßig graurote Färbung. fungen lassen sich m. E. auch nicht durch Stauungen im‘Paren- os : “2 Eu Ss
\. „ten das spricht nicht gegen Myelose. Die übrigen Befunde sind | chym infolge vergrößerter Bronchialdrüsen allein: erklären. Gerade ... 0 ln.
A eindeutig, J o oa auf der hinteren: Thoraxseite, insbesondere paravertebral, liegen die 4 | BR a
ni TA n e Erwägung der Ätiologie „unseres. Falles: a | Perkussions- ei schwierig, da hier nicht 1° Rn jest!
a 3 iea é n el der Leukämie ‚überhaupt, über Vermutungen En T allein der Knöo 2. oraxring, sondern. auch die verschieden ei : Has
er ; a xogene Momente. wie Trauma, Lues usw. an to verlaufenden lese Ae nn sind und’ eine ver |; ie eb: ah Ki: |
ee A a e ien Makkndae > Beim Eindiiehen Organismes Desahen aiccn Elek In.
Bauch, ee oe Geburt blasse Haut arbe une an 15 attfindet. -Be en Organismus bestehen diese chwierig- Nun 3... SE
m a lag eg nahe, an eine angeborene Krkrankung | TE | | Bi ;
P . Auch R. Fischl bekannte’ sich in der Diskussion zu. ) Im Original nicht gesperrt, ZANGERS
E | 0 i EEE
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o: a FRTIE
`> der. geringsten Torsion letzterer folgen müssen,
` , Irrtümern Anlaß geben.
ET MEDIZINISCHE, KLINIK Sia da =
keiten nicht; hier sind die Hilnsyerkältnise hile der: besseren? |
"Schwingungslähigkeit des grazilen Thorax und der zarteren Musku-
‘latur der Perkussion zugänelicher. Daher sind beim Erwachsenen .
‚die paravertebralen Schalldifferenzen mit besonderer Vorsicht zu
‚bewerten, besonders dann, wenn der Perkussions- und Auskultations- -
‘-befünd über der übrigen Lunge ein normaler ist, oder doch. nur wenig. |
‘von der Norm ee
Daß skoliotische Verbiegungen der Wirbelsäule Schallditfe-
'.‚renzen, die mit einem tuberkulösen Prozeß: in den ‚betreffenden. :
Lungenabschnitten nichts zu tun haben, bedingen können, . haben: -l
schon West, Bachmann, Mosse, Kamin, Zach, Sahli, Niko-'|
-ladoni und Neumann ` dargetan: : Besonders. letzterer "hat diese‘
' Verhältnisse zu erklären versucht und auf’ die statischen: Verlaufs--
-y veränderungen der Wirbelsäule bei Skoliotischen hingewiesen; 'sowie
auf. die hierdurch’ bedingten Verschiebungen ìn ` den Perkussions- `
»ergebnissen in dem Sinne, daß bei einer Skoliose der oberen Brust- .
wirbelsäule einer Dämpfung des entsprechenden, d. h. der Konvexität ;
der Skoliose entsprechenden Spitzengebietes- infolge statischen Aus-
'.gleichs eine solche .im. hinteren, ‘unteren, und vorderen Lungen-
‘abschnitt der anderen Seite entspricht. Auf Grund dieser Befunde `
spricht er von einer Pseudotuberculosis scoliotica. - Liegen die Ver-
'hältnisse so, ‘dann handelt es. sich aber bereits um ausgesprochene, .
äußerlich schon wahrnehmbare Wirbelsäulenanomalien, bei denen, |
- die abnorme Neigung. der‘ oberen Apertürebene, die räumliche- Be-
“engung des oberen Rippenringes, die Gestaltung des oberen Inter-
köstalraumes ünd des kosto-klavikulären Dreiecks (Geszti) dia-
gnöstische Irrtümer ausschalten. Physikalische Schalldifferenzen- im `
:. paravertebralen Raum treten aber schon viel früher auf, wenn die ||
`- skoliotischen Anomalien ‘äußerlich noch nicht zu erkennen sind.
Dies leuchtet ein, wenn wir uns das Zustandekommen der Skoliose:
vergegenwärtigen, wie sie durch die Untersuchungen und experi-
` .mentellen Feststellungen Sellheims besonders klar zur Anschauung |
“gebracht worden -sind. Sellheim vergleicht. die Wirbelsäule mit
einem Stäbe ungleichmäßiger Biegsamkeit. Diese ist nach. hinten
— der Richtung des beständigen Zuges — am größten (Biegungs-
facillimum) und in entgegengesetzter Richtung nach vorne am-ge-
Zwischen diesen . ‘beiden Ver- -|
ringsten (Biègungsdifficillimum).
'biegungsrichtungen liegen die seitlichen Verbiegungen. -Beï patho-
logischen Verbiegungen der Wirbelsäule ‘dreht sich diese so, daß
. das Biegungsfacilimum sich der Verbiegungsrichtung zu nähern
sucht, weil hier der. biegenden Kraft der geringste Widerstand .ent- -
Yi gegengesetzt wird; mit anderen Worten: Die Wirbelsäule dreht sich
mit ihrem. Biegungsfacillimum in die Verbiegungsriehtung. Hieraus
‚geht hervor, daß die Skoliose keineswegs durch, eine. einfache Flexion
der einzelnen Wirbel, durch eine Drehung um ihre horizontale Achse
zustande kommt, sondern zugleich mit dieser Flexion eine Drehung.
der einzelnen Wirbel. um eine vertikale Achse stattfinden. muß, in
der Weise, daß sich der Wirbelkörper nach der Seite der- Kon-
vexität..der Skoliose, die Wirbelbögen dagegen. nach der Seite der '
Konkavität. derselben drehen. Hierbei rotieren die im Bereiche der
'Konvexität liegenden Wirbel am meisten,- die sich ‚nach oben und
unten anschließenden Wirbel‘ werden dagegen. von der Rotation '
weniger oder gar nicht betroffen.. So erklärt es sich,- daß selbst
"bei. ausgesprochenen Skoliosen die. einzelnen Proc. spinos. in ihrer
ursprünglichen Linie verharren. Da die Rippen in zwei Gelenken
mit den einzelnen Wirbelkörpern verbunden sind, ‚werden sie auch :
. wodurch sich
ihre Stellung und Verlaufsform ändern muß. Der Rippenbuckel :
wird sich auf der Seite der Konvexität vertebralwärts verschieben, :
während er auf der Seite: dor Konkavität von der Wirbelssule
abrückt. |
. Im Röntgenbild z zeigen sich diese Veränderung gen im Verlauf
der einzelnen Rippen am deutlichsten in der ventrodorsalen Durch- -4
leuchtung. Auf der konvexen Seite divergieren die einzelnen Rippen |
und bilden demzufolge weitere Interkostalräume, auf der konkaven ,
Seite dagegen. konvergieren sie und zeigen engere Interkostalräume. :
', Diese Anomalien ‘können so zu paravertebralen Schalldifferenzen :
_ führen,. die, je nach dem Sitz der. Konvexität der Skoliose, bald.
rechts bald links in die Erscheinung treten und zu diagnostischen
nungen. als „Gewölbewirkung“ auf, indem auf der konvexen Seite `
“der Skoliose ein Teil des Perkussionsstoßes, infolge. der geringen:
‚Nachgiebigkeit dieser Stelle, verloren geht. Meines Erachtens kommt .
“aber noch ein anderes Moment in Frage, nämlich die Spannung und:
.. Verschiebung der Rückenmuskulatur, insbesondere des M. trapezius, '
der beiden M. rhomboidei und bei tiefem Sitz der Skoliose auch des `
M latissimus dorsi infolge Verschiebung des Rippenbuckels; häufig '
Sakhli faßt diese. perkussorischen Erschei- :|
>
`~ 0
-markiert sich die Skoliose dar ch’ ins En Vorwölbung des Trape- r .
-zius auf der Seite der Konvexität sehon äußerlich.
-Was den Einfluß dieser‘ geringen skoliotischen Veränderüngen
| auf die Lunge anbelangt, sô habe ich bei hochsitzenden. Skoliosen
häufig Spitzenkatarrhe — auf der konyexen. Seite — beobachtet,
die aber nicht immer den Eindruck eines spezifischen. Katärrhes |
= machten, ‚sondern mehr 'Residuen einer grippösen Erkrankung ‘oder. ` `
‘einer Bronchitis. zu. sein ‚schienen. Diese Befunde könnten: ihre Er-
ombination einer Skoliose mit einer steno- `
klärung finden in der.
sierenden Asymmetrie der oberen Apertur (Hart). Meines Erachtens
genügt aber auch zur“Erklärung die Skoliose ‘.allein. Durch die `
< Verschiebung des Rippenbuckels . vertebralwärts ‘wird der. vordere `
. Verlauf der Rippen: ein gestreckter; dazu kotumt, daß es durch den `.
Zug nach hinten zu einem: mehr oder.weniger ausgesprochenen ‘ - -
Druck đer- vorderen Rippen"auf das entsprechende Lungengewebe > |
bei- hochsitzenden Skoliosen. dem -`
Spitzengebiet' der konvexen Seite - eine besondere. ‚Beachtung, zu
kommt.: "Wir empfehlen: ` daher,
schenken.
‘Beschwerden duf. gewisse ` ‚Nervenzerrungen: oder auf Druck. ‚auf -die
Nervenaustrittsstellen zurückzuführen sind: Anamnestisch läßt sich .
feststellen, daß schwere körperliche Arbeit diesen Patienten schwer ``-
‚fällt und sie ‚leicht ermüden; es handelt sich auch in der Mehrzahl
der Fälle um schwächlichere,, "unterernährte ‚Individuen, die in ihrer -
- Jugend rachitisch waren. .
Da eine orthopädische Behandlung der. Skoliose, Erwachsener AR
"wenig Aussicht auf Erfolg hat, werden. diese ‚Patienten, falls kein © -
aktiver tuberkulöser Prozeß vorliegt, als Prophylaktiker am besten `- _,
im Erholungsheim untergebracht, um hier bei. roborierenden und ` `
..hydrotherapeutischen Maßnahmen mit. leichten Arbeiten beschäftigt
zu.werden. In die Heilstätte gehören diese Fälle nieht. Eventuell '
kommt bei auffallend schwächlichen Individuen ein Berulsweohsel
in russ
Aus dem Röntgeninstitut und der Chirurgiäch-Gynäkologischen
| Abteilung des Evangelischen Krankenhauses in: Oberhausen
u (Chefarzt: San.-Rat Dr. Schulze- Berge).
-Die Röntgentherapie der. Neuralgien. i
z ı Von Dr. Heinz-Herbert Matoni,-
er des Röntgeninstitutes und. Chirurgischer Assistent der Klinik.
t
therapie bei Nervenkränkheiten empfohlen haben, hat dieselbe sich
doch nur wenig in Deutschland eingebürgert‘ und findet im Gegen-
‚satz zu Frankreich bei uns therapeutisch kaum Anwendung. Be-
' dauerlich: ist dieser Umstand besonders deshalb, weil die ersten
` Obwohl in den letzten Jahren zahlreiche Autoren die Röntgen-
# m
Die Klagen und Böschwerlen dei Frühskoliotiker. sind gering, Baar Fg a
Meist wird - über ziehende oder. stechendė- Schmerzen: unter ‚dem: =
‘Schulterblatt der konvexen Seite geklägt. Möglich ist; daß .diese
Erfolge ‘über die analgesierende Wirkung der Röntgenstrahlen bei
'Neuralgien: aus Deutschland mitgeteilt wurden. -Aber vielen ist der
therapeutische Wert der Röntgenstrahlen bei Neuralgien ‚noch un-
bekannt, von anderen wird ein solcher nicht anerkannt, und ist
daher die genannte Therapie bisher: nicht Gemeingut der Neurologen
und Chirurgen geworden, die beim Versagen der bekannten inneren
"Mittel bei Neuralgien anstatt der sozusagen spezilisch wirkenden
Röntgentherapie zu Injektionsbehandlung überzugehen pflegen: Wie
unzweckmäßig ein solches Vorgehen ist, zeigen die so zahlreich mit-
geteilten dauernden Erfolge bei Erkrankungen der peripheren
Nerven, die in den meisten Fällen einer systematischen Röntgen-
behandlung zugängig sind:
Alle Erklärungsversuche der Analgesierung dur ch Röntgen- |
strahlen sind mangelhaft und die vielen Erörterungen haben nicht
vermocht, uns, dem Lichte der Erkenntnis einen Schritt näher zu
bringen. Nur eins steht für uns fest, die Tatsache der analge-
sierenden Wirkung der Röntgenstrahlen, der in der Behandlung
neuralgischer Erkrankungen die größte Bedeutung beigemessen :
‚werden muß.
Es ist selbstverständlich, daß die De „Neuralgie“ einwand- :
‚frei feststehen muß, bevor man einer solchen röntgenologisch zu Leibe
gehen will. Denn der Kopfschmerz : eines Syphilitikers kann mit der
noch so exakt ausgeführten Bestrahlungstechnik nicht beseitigt werden,
solange dieser auf einer Lues beruht. Die Diagnose einer Neuralgie
verlangt nachCurschmann!) womöglich die Feststellbarkeit bestimmter
Nervendruckpunkte und noch mehr, bestimmter Hyp- (oder. seltener
‘ Hyper) ästhesien im Bereich ‘von einem Nerven ‚oder bestimmten |
` Wurzelgebieten.
.)'M.m.W. 1923, Nr. 23.
„u IE BEE PR Kiga we s Karen IR R aa a :
i T 1924 MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26. p Ni py RU ae ae
. `. -Die schlimmste und doch für den: Röntgentherapeuten die.| 6:8 Tubus, 23 cm F.H.A., :zu bestrahlen. Ist der dritte Ast mit- 3 HELP RER JERUE Ha Menide
dankbarste Form der -Neuralgien ist die. Trigeminusneuralgie, . für | betroffen, so: kann man Feld'3 beliebig nach- unten- vergrößern, um AI agueran mtk
welche die Röntgenbestrahlung als die spezifische Behandlung an- | so eine Analgesierung des betreffenden’ Astes : herbeizuführen. Oft EL RETTEN
sprechen ist. Als solche wird sie besonders nach den Be- | genügen bei einer Mitbestrahlung. der- einzelnen Äste in ihrer Ver- NR ER n Aao Fj
gtrahlungserfolgen von Wilms bezeichnet, der die Fälle je nach der | laufsrichtung die Einfallsfelder nicht;:um die'70°/,' an das Ganglion ERE
Ursache in solche einteilt, die durch Entzündungen bedingt, und | Gasseri zu applizieren; dann bestrahlt.man noch von einem vierten EVACS
C whe, die auf dem Boden einer rheumatischen Anlage auftreten. | Einfallsfeld aus, und zwar bei. Männern ‚von ‘der -Schädeldecke Mes Mur
“Zn den ersteren rechnet er Neuralgien, die nach Kieferhöhlen- |.(s. Abb. 2), Feld 4, und bei Frauen ‘wegen der Epilation der Haare LDURT
' enändungen, Influenza, Parulis und Angina auftretenden Neuralgien, | von der anderen Schläfenseite aus, Feld 1- entsprechend. : : le Aien
‚ diealle auffallend prompt auf die Bestrahlung reagierten.. Patienten, | . Be, ee ee EN Finarfin
de-durch Wochen und Monate mit inneren Mitteln. Linderung ge- | > 0 0 0 -Puo nng Á a a a 7 |
mht hatten, wurden mitunter in wenigen Stunden von ihren | | u. i
- - Schmerzen befreit, besonders solche, bei denen die Neuralgie durch:
-= exogene Ursachen bedingt war, und bei. denen die Strahlen die am -
"oder im Nerv nach den genannten Krankheiten zurückgebliebenen '
.gxsudativen Prozesse in wenigen Stunden zur Einschmelzung brachten.
"Unter Neuralgien, die auf dem Boden rheumatischer Anlage | BIN 4
“ aufireten, versteht Wilms die Fälle, die nicht infektiöser Natur, Eregeplak,
` nieht durch exogene Stofiwechselprodukte, sondern wie beim Rheuma- n u a e a a A OE s Be u
~ tiker durch Stofiwechselschäden endogener Natur bedingt sind. | -. Meine früheren Bestrahlungen wurden mit dem Intensiv-Reform-
Vielleicht, daß sich Stoffwechselprodukte wie bei der Gicht. ebenso. |’:
apparat der Veifa-Werke ‚ausgeführt und zwar mit'der Coolidge-A.E.G.-
und Müller-Blektronen-Röhre . vr. \ Ra RR
Fra der Röhre. . . .» 2.2.2 r.o 175000 Volt
ili-Ampère e s a ke poa enel ad OR e R
-Filter Žink . iiaa gi A aS Ge a a o B E |
x. Aluminium 2.0 ee OAR 1,0
Prozentuale Abschwächung im Wasser pro. 1’cm Schicht 14,8. . |
Die letzten. Bestrahlungen sind. mit. dem Neo-Intensiv-Apparat
der Veifa-Werke ausgeführt worden und zwar mit Coolidge-A.E.G.-Röhre:
Spannung an der Röhre. . ..2 a v.. a.e. 205000 Volt:
- Milli-Ampöre . . apee e dioe e ne seen 0
-a Filter Zink o a sre smor etu e a ans en SRO
‘bei dem Rheumatiker im oder am Nerv -niederschlagen und Ge-
=. Tugs- oder Stauungserscheinungen hervorrufen und wir dann
“ ‚analog im Nerv die Veranlassung zu den;Neuralgien zu sehen haben.
` `. Auch hierbei waren die Resultate durchaus günstige; wenn
- ‚die einzelnen Fälle auch einer intensiveren Bestrahlung‘ bedurften;,
.. 80’blieb der Erfolg doch nur in ganz wenigen Fällen aus. - Diese
"Aufstellung einer rheumatischen Neuralgie, die Curschmann als
„eine „Geschmackssache“ bezeichnet, beeinflußt uns in keiner Weise
in unserem therapeutischen Vorgehen, das ja in erster -Linie zu
; _ einer Heilung der Neuralgie, nicht zur Aufklärung ihrer Entstehung
führen soll. | El |
Aluminium . 2. ern h0 .
9 á en z $ i 3 on
ne | 2 200 7% ME > Ä I. . Zelluloid . cp a 80 0 0 seine ee er SR
Für ein richtiges therapeutisches Handeln kommt nun heute Prozentuale Abschwächung im Wasser pro 1 cm Schicht 12,6 ur
‚nach Versagen der internen Mittel nur die Röntgenbestrablung in | - ' ur. u ea reine den anserchar "Strahl Bee ER
- Frage. Sie ist unbedingt vor Alkoholinjektionen in 'den Nerv, | <.. Wo möglich,. soll eine den angegebenen Strahlenquantitäten ef
. Newektomie und Exstirpation des Ganglion Gasseri anzuwenden, | Ahnliche Strahlung benutzt werden, um ein sicheres Resultat zu er- in
-da diese genannten Eingriffe eine Konkurrenz mit der ungefährlichen | zielen. Bei leichten Neuralgien tritt meistens nach einigen Stunden, n
` Rönigenbestrahlung nicht aushalten. Die Röntgenbestrahlung 'ver- | Sonst nach 1—2 Tagen vollkommene Schmerzfreiheit ein, und zwar =
“dient auch deshalb noch den Vorzug, weil es ‘einwandfrei. feststeht, | 18 dieselbe von Dauer. Bei alten, schweren, schon lange behandelten A
„> -daB die schon mit Alkoholinjektionen behandelten Fälle schlechter | Fällen wird eine Schmerzlosigkeit oft erst nach einigen Tagen nach ... H
teagieren, als die noch nicht behandelten. Eine Erklärung hierfür | der Bestrahlung festgestellt und ist mitunter nur 'von vorüber- - e
It darin zu suchen, daß nach den Injektionen Veränderungen im. gehender Dauer. Von einem solchen. anscheinenden Mißerfolg . Ds i
. . Nerven gesetzt werden, die kaum oder nur ungenügend zu beein- | lasse man sich ja nicht abschrecken, sondern schließe nach 4 bis. Rus Br
-fossen sind, Es muß also. auf diese Tatsache hin gefordert werden, | © Wochen. Ge nach der Belastung der Haut) eine 2. Bestrahlung an,. nn
{ib eine Röntgenbestrahlung vor der Alkoholinjektion zur Heilung des | dis Si Te ınan sich sai Aer-üblichen Tharasıo, vor allen Hin z
` Leidens versucht wird. a Dr 0. |. Zei beh u ‚ms Qer Uouchen Iherapie, „vor allen‘ Dingen... on
Ber En ee -o m | Trigemin und Diathermie, der Atherspray ist wegen der ungünstigen. i
ine Bde Besten, anbelangt, so habe ich meine Be- | Nine aut Qen Nerven bedingen verwen. oo a
' utete, die Erfolge weit bessere und promptere geworden sind, seit aaa aa will eb nor A Rat
; š i ` \ | ) SAA Sape 2 ee N 3 ; 2 ; RR Bar!
Be ee en anwenden, deren Erzeugung ja Eee Er . Schwere besonders beachtenswerten Fall’ von Trigeminusneuralgie mit Ans
© al pparatur möglich wurde, Auf diese‘ Feststellung hin | Affektion. des Ganglion Gasseri schildern: Es handelt sich um“ eine. ga
‚© mub es als ein törichtes Unternehmen:bezeichnet werden, wenn man | 53jährige Patientin, die seit 4 Jahren an. einer schweren Trigeminus- ` I
eine Trigeminusneuralgie mit kleinen Oberflächenappaäraten, d. h. | neuralgie leidet.‘ Sie befand sich während der ganzen Krankheitsdauer. RE
„ganz weichen Strahlen therapeutisch beeinflussen will. Hier kommt | in ärztlicher. Behandlung. Sämtliche therapäutische Maßnahmen konnten. Re, aY
Dur ein vollwertiger Tiefentherapieapparat in Frage, wenn man nicht | keine Heilung. . erzielen. -Seit dem. letzten. halben Jahr waren die an un
‚Gefahr laufen will, die ganze Methode n Mißkrodit: zu bringen. ° ‘Schmerzen unerträglich geworden, und Patientin mußte dauernd unter Een
Di ; EEE | Morphium ‘gehalten: werden, Durch das ‚häufige. Erbrechen und dio- KIPERI
en Technik der Bestrahlung ist höchst einfach und durchaus veringe Nahrungsaufnahme 45 Pfünd Gewichtsabnahme in 4. Monaten. | Kan ARA S: ii alle
ungefährlich, da eine größere gefahrbringende Dosis nicht angewendet Saizi versuche... Vom behandelnden Arzt zur Exstirpation des Ganglion o 0 0 SH an al
am werden braucht. Ich habe die besten Erfolge mit einer Dosis | Gässeri überwiesen. u Ba Ä BEZ a | EEEN GEI p
` von (0% der H.E.D. am Orte der Erkrankung, dem Ganglion Gasseri | ° Patientin von normalem Körperbau, sonstige- Anamnese: ohne MAUS ASRR si TN As f i aa
“appliziert, erzielt. Und zwar wähle. ich, die Einfallsfelder so; daß |: Besonderheiten, leidet an einer typischen Trigeminusneuralgie ‚rechts AB EN Be Fa DAN 3
- womöglich die Ein- und Austrittsstellen der einzelnen Äste am | und zwar aller 3 Aste: Supra-, infraorbitalër und mentaler Druck- 3. o 0e In u
‘Nehädel von den betreffenden: Strablenkegeln im Sinne der später ` a e a nun Bereich der betreffenden RR, iiber
zitie | | ee ‘nei der | Nervengebiete, Schmerztick. positiv. ©- Aue: NEE EEA IE i
oe ahlung getroffen werden, was am uee I aa Erst nach langem Drängen findet Patientin sich bereit, vor Aus- DAR u Ey: sihire !
das T niraorbitalneuralgie ‚gelingt. | Das erste , z bok a führung der Operation, deren Gefahren nicht unterschätzt werden | Aa u I
= Sch um temporale gerichtet und zwar größer als die bekann dürfen2), die Heilung ‚des Leidens durch. Röntgentiefenbestrahlung u in... kin”,
De chnittlläche nach Krause, die unmittelbar über dem Jochbogen erzielen. Bestrahlung am. 11. Oktober 1922. Am ersten Tage nach | u. eR a
en. ‚ „dicht-vor dem Tragus beginnt, und konvex- nach hinten ausbiegend | der. Bestrahlung waren die Schmerzen. bedeutend geringer, um am |... A a a
| u a: ‘und in halbkreisförmigem Bogen über: die .Schläfe | 2. Tage un ner a un Ger nie: ee li T
! - Wiederum konye r akkehrt (Felderöße | keit nur ca. 14- Tage.an.. Dann treten wieder leichte Anfälle auf, doc BER SHAKE TREE
ee N cm, F.H A, Poa a Abb, onen anne & ( Be | Jange nicht mehr in dem Maße wie früher. Patientin ist ohne Morphium, SSI iee. ti o
ER D E Teer A en kur òb |: Trigemin je nach Anfall, Patientin empfindet den Zustand als durchaus. «on Pa J
SEE as zweite Einfallsfeld befindet sich auf der Stirn, UAOO “erträglich und ist. mit: dem Erfolg zufrieden. Jedoch ist sie sehr un- a
p. -`> dalb des Bulbus ebenfalls auf das Ganglion Gasseri gerichtet; dabei, vernünftig und setzt sich bei Schmerzfreibeit ungünstigen Kälte- und i Ei PN
| N an a Strahlenkegel der a A r a a. | sonstigen Einflüssen aus, worauf stärkere Anfälle ` folgen. Zu deren g Hp a
BE A srichtung mit getroffen. Das dritte Feld, ein Feld im Gesicht; PE ? eooni WR ad a ER Ba SE
~> >~ Amlaßt den zweiten se und nimmt hauptsächlich: das Os zygo- 2) Schulze-Berge hat die Exstirpation des Gan lion Gasseri un Si p nl
5 , Maticum ein. Die beiden letzten Felder. pflege ich ‚mit dem | 3mal ausgeführt, í Todesfall, 1 Heilung, 1. Anstehen mit ieferklemme. |} PETE n
a ll
En | Ak ee.
nr Te S l a
PESE , | EHRE
© rechten Unterkiefer und Zähnen. Bei
. zeichnen.
` 896.. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
‚99. Juni
i Beseitigung am 13. Dezember ` 1922 Wiederholung der Bestrahlung.
Patientin ist nach der Bestrahlung vom 3. Tage an vollkommen schmerz-
frei; die genannten Druckschmerzpunkte verschwinden, die Hypästhesie
macht normalem Empfinden wieder Platz.. Patientin erholt sich zu-
sehends, der vorher erwähnte Gewichtsverlust wird wieder eingeholt.
Keine Anwendung anderer therapeutischer Mittel. Erst 2 Monate
. später hat Patientin „Zug an die rechte Backe bekommen“ und ver-
spürt bei feuchter Witterung ganz vereinzelt leichte Schmerzen im
der Nachuntersuchung am
9. März 1923 ist der mentale Druckschmerzpunkt schwach ausgeprägt,
daher nochmalige Röntgentiefenbestrahlung, auf die hin Patientin bis
zur letzten Untersuchung Ende September 1928 vollkommen beschwerde-
frei geblieben ist. Sie fühlt sich wie neugeboren und ist. glücklich,
ihr schweres, seit 4 Jahren bestehendes Leiden durch diese ungefähr-
liche Behandlungsmethode losgeworden und dem schweren operativen
Eingriff entgangen zu sein. | | | |
Ich glaube, daß die Heilung solcher und anderer schwerer .
Fälle, wie sie von dritter Seite auch mehrmals mitgeteilt wurden.
uns durchaus dazu berechtigen, die Röntgentiefenbestrahlung für
die Trigeminusneuralgie als die spezifische Behandlung zu be-
Die zweite für. die Röntgentiefenbestrahlung zugängige und so
wichtige Neuralgie ist die Ischias. Bei ihr werden zuerst alle
' pharmazeutischen und physikalischen Mittel angewandt.. Erst wenn
bei diesen meist chronischen . Neuralgien für Arzt und Patient
Geduld und Konsequenz der Anwendung der. verordneten . Maß-
nahmen ein Ende haben, wird von einigen in neuerer Zeit nach
‘ dem letzten noch zu versuchenden Mittel, der Röntgenbestrahlung
gegriffen. Ich sage in neuerer Zeit, denn bis vor kurz oder lang
wurde die Röntgenbestrahlung bei Ischias von der Mehrzahl der
Arzte ignoriert, teils aus ‚Antipathie, teils aus Unkenntnis. Daher
.- müssen die bei so- hoffinungslosen Fällen erzielten Bestrahlungs-
‘erfolge doppelt in Anrechnung gesetzt werden und sollten ganz
anders beachtet werden, als wie es bis jetzt der Fall gewesen ist.
Wenn wir auch nicht mit Schmidt die harten Röntgenstrahlen
als Spezifikum für die Ischias bezeichnen wollen, was wohl etwas
zu weit geht, so können doch die oft überraschenden Bestrahlungs-
erfolge bei ganz chronischen Fällen nicht geleugnet werden.
| Ich brauche wohl kaum zu-erwähnen, daß auch hier die Dia-
gnose Ischias gesichert sein muß, vor allen Dingen bei. ihrer viel-
gestaltigen Atiologie, daß alle anderen Erkrankungen, die unter
dem Namen einer „symptomatischen“ Ischias.laufen und z. B. auf
einer. Druckwirkung beruhen können, wie bei Wirbelfrakturen,
Tuberkulose, Karzinom, Pottscher ‚Krankheit, Spina bifida, Kom-
pression durch Beckentumoren usw. von. einer Röntgenbestrahlung
auszuschließen sind. Denn diese Druckwirkungen werden nicht
durch eine Bestrahlung, sondern nur durch Beseitigung der be-
treffenden Ursache zur Heilung gebracht.
Ich möchte noch auf die Bedeutung der von Zimmer und
Cottenot 1912 eingeführten und von Zimmer, Oottenot und
Pariaux 1913 weiter ausgebauten „Radiothérapie radiculaire* hin-
weisen. | l
Sie bestrahlten hauptsächlich die Wurzeln der peripheren Nerven,
nämlich den Abschnitt zwischen dem medullaren Austrittspunkt und
dem gebildeten Stamm, und sind der Ansicht, daß die Wurzelbestrahlung
nicht nur auf die Veränderungen des im Wirbelkanal gelegenen Ab-
schnittes oder Wurzelabschnittes im engeren Sinne einwirkt, wo die
beiden sensiblen und motorischen Wurzeln von den Meningen umhüllt
sind, sondern auch auf die Neuralgien und Neuritiden, deren ätio-
logische Ursache in der Kreuzung, in der Paarungsöffnung oder in
dem retikulären Teil außerhalb des Rückenmarkes gelegen ist. |
Bis heute steht es noch nicht fest, ob die Ischias eine intra-
oder extrameningeale Erkrankung ist, und doch ist eine solche Fest-
stellung für den een zwecks Wahl seiner Technik von °
großer Bedeutung. Ohne Zweifel ist ziemlich anerkannt, daß die patho-
genetische Läsion sehr häufig hoch gelegen ist, so daß man hier von
einer lumbo-sakralen Wurzelentzündung sprechen könnte. Leider sind
unsere Kenntnisse über die Ätiologie der Ischiasformen recht geringe.
Dies geht schon aus der Nomenklatur hervor, in der Bezeichnungen
wie Erkältung, gichtige Veranlagung, Neuralgie bei gutartigem, Neu-
ritis bei chronischem Verlauf und schließlich symptomatische Ischias
vorherrschen. Auch die eingehenden Studien von Quénu, Déjérine
und Sicard geben uns über die, die Ischias hervorrufende Ursache
sowie ihren Sitz keinen Aufschluß. Was den Sitz der Ursache an-
belangt, welche die Ischias hervorruft, so ist Sicard nach seinen’
zahlreichen Versuchen der Ansicht, .daß dieselbe häufiger extra- |.
'meningeal sein muß, und nennt den Sitz, da er dem Teil der Wurzel |
entspricht, der in der Paarungsöffnung eingeschlossen ist, „Tunikulär".
Wenn auch die Ursache der Ischias zuweilen dem innerhalb der
Wirbelsäule gelegenen Teil angehören kann, so wird sie in der größten
Zahl der Fälle im Gebiet oder in der unmittelbaren Nachbarschaft der
Paarungsöffnung ihren Sitz haben, was noch durch die Häufigkeit der
‘der erkrankten Seite, d. h. ein schräges Auf-
fallen der Röntgenstrahlen ist bei unseren mo-
R '
Sensibilitätsstörungen in. der retrosakralen Gegend im Verteilungs- |
bezirk der hinteren Sakralnerven bestätigt wird. =
Handelt es sich nun um eine Kompression. in den Kanälen,
welche die Nervenwurzeln aus der Wirbelsäule nach außen führen, um
eine Periostitis, Zellulitis, kurz um eine der Wurzel benachbart ge-
legene druckausübende Schädigung. oder um eine echte Wurzelent-
zündung, so ist die Wurzelbestrahlung meines Eraehtens durchaus indi-
ziert, wein sie in der richtigen Voraussetzung angewandt wird. Nie-
'mand kann den Sitz der Affektion im yoraus bestimmen. Zimmer,
Cottenot und Pariaux sagen, daß in zweifelhaften Fällen die
Wurzelbestrahlung, wenn sie Erfolg hat, den Beweis für den Wurzel-'
ursprung der Affektion liefert, da die analgesierende Wirkung der
Wurzelbestrahlung, wie bewiesen, eine Folge der Druckentlastung am
Ursprung der Nerven ist. Und umgekehrt, wenn die Neuralgie als
Ursache eine Schädigung im Verlauf des Plexus nach abwärts haben
wird, muß die Wurzelbestrahlung erfolglos bleiben, denn diese kann.
z. B., wenn als Ursache eine Stichwunde, eine Kontusion in der Gesäß-
gegend anzunehmen ist, eine Ischias nicht beeinflussen.
Ich bin dazu übergegangen, bei jeder Ischias eine Wurzel-
bestrahlung zu verabfolgen, wenn nicht eine der zuletzt genannten _
Ursachen dagegen spricht. Ich bin mir dabei bewußt, daß ich in
einzelnen Fällen. auch ohne diese Wurzelbestrahlung zum Ziele
kommen würde. Aber da, wie schon gesagt, niemand den Sitz der
Affektion mit Sicherheit bestimmen kann, die Wurzelbestrahlung
eine durchaus ungefährliche Manipulation darstellt, und ein Experi-
mentieren nicht im Sinne des Patienten und der Bestrahlungs-
: methode liegt, so ist bei der Ischias eine \Vurzelbestrahlung m. E.
durchaus am Platze. |
‚Die Technik der Ischiasbestrahlung bietet keine Schwierigkeiten.
Für die Wurzelbestrahlung ist ein Feld zu wählen, welches die Wirbel-
säule in einer Ausdehnung des 4.—5. Lenden- Ei
wirbels, 1., 2., 3. Sakralwirbels und die Arti- Abbildung 3.
culatio sacro-iliaca umfaßt, Eine besondere ` NE
Zentrierung auf die Rinne der Wirbelsäule N
dernen Apparaten mit ihren harten Strahlen ann gu
nicht nötig. Feldgröße durchschnittlich 13:18
F.H.A.30 cm. Das 2. Feld auf den Nervus Şi
ischiadicus auf die Ilio-Sakralgegend mit dem anatomischen Tubus
F.H.A. 23 cm appliziert (s. Abb. 3). T:
Wird jedoch eine echte Wurzelentzündung als Ursache der
Ischias diagnostiziert, so wird nur die Wurzelbestrahlung ausgeführt,
und zwar muß das Bestrahlungsfeld dann höher gelegt werden und
die’ ganze Gegend umfassen, die sich bis zum Dornfortsatz des
11. Brustwirbels erstreckt. Appliziert wird wie bei der Trigeminus-
neuralgie'7/0°/, der H.E.D. an den Ort der Erkrankung, und gilt
hier, was die Qualität der Strahlung anbelangt, ebenso das vorher
Gesagte, daß nur harte, den angegebenen ebenbürtige Strahlen zu
verwenden sind. ‚Meist tritt in den ersten Tagen nach der Be-
strahlung eine völlige Schmerzlosigkeit ein, die von Dauer ist.
Bleiben geringe Schmerzen in den nächsten Wochen doch noch be- `
stehen, so ist auch hier eine 2. ev. 3. Bestrahlung in 4—6 wöchigen
Abständen anzuschließen, die dann den gewünschten Erfolg bringt.
Von den übrigen Neuralgien kommt für die Röntgenbestrah-
Jung nur die Neuralgie des Plexus brachialis und die sehr seltene _
(reine) Okzipitalneuralgie in Frage. Bei ersterer, die als essentielles
Leiden relativ selten ist, häufiger als Symptom einer die Vorder-
wurzeln oder den Brachialplexus ‘oder einzelne Nerven lädierenden
Affektion, kommt, es darauf an, daß man neben der Plexusbestrah-
lung im Bereich der Klavikula eine Wurzelbestrahlung verabfolgt,
und zwar auf diejenige Gegend, welche dem Austriltspunkt des.
Plexus brachialis entspricht, nämlich dem Dornfortsatz des 3. Hals-
wirbels und Dornfortsatz des 1. Brustwirbels. Der Erfolg ist oft
nach der ersten Bestrahlung ein dauernder. Die Dosis ist die
gleiche, wie die oben beschriebene, ebenso bei der Okzipitalneuralgie,
bei der man die Austrittsstelle des Nerven in einer entsprechenden
‚Feldgröße bestrahlt. Die Erfolge sind hierbei so gleichmäßig be-.
friedigend, daß ich es ‘unterlasse, Auszüge aus den Kranken-
‚geschichten anzuführen. Ä |
. Strauß schreibt in einer seiner Abhandlungen über die
Röntgenbehandlung der Erkrankung des Nervensystems, daß dieser
Behandlungsmethode seitens der Neurologen ein gesteigertes Inter-
esse nicht entgegengebracht wurde, und daß es wohl ohne Über-
treibung ausgesprochen werden darf, daß das Gros der Ärzte über.
die Wirkung der Röntgenstrahlen bei Nervenerkrankungen garnicht
unterrichtet ist. Mögen diese wenigen Zeilen dazu beitragen, diesem
Übel abzuhelfen! | |
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vs "MR der Privat-Augenklinik von Prof. Dr. Levinsohn; Berlin.
... „dann die Operation dringend indizieren. -
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` -Zur Therapie und Genese des Glaukoms.
| Von Dr. Erich Weinberg, Assistenten der Klinik. .
‘= Vorkurzem berichtete Ernst A. Heimann?) überein „schweres.
butes Glaukom, operationslos geheilt durch Suprarenininjektionen“.
., Eshandelte-sich um einen nach voraulgegangenen Prodromalerschei-
-., : pugen aufgetretenen akuten Glaukomanfall; demgemäß kann auch
-‘ yrvon der Heilung eines Glaukomanfalls, nicht von der Heilung
ges Glaukoms gesprochen werden. Daß aber ein Glaukomanfall, |:
‚üsbesondere der erste und namentlich,‘ wenn er mit pupillen-
- verengernden Mitteln behandelt wird, in wenigen Tagen. abzuklingen
‚und zur Norm zurückzukehren pilegt, dürfte fast die. Regel sein. .
-In diesem Falle von der Wirksamkeit der .Suprarenininjektion zu
' «sprechen, erscheint um so weniger am Platze, als neben- den Supra-
- renininjektionen gleichzeitig auch Einträufelungen von Physostol ver-
g -ordnet waren. Aber selbst auch ohne Behandlung kann der erste
Glaukomanfall nicht selten ohne jede Schädigung für .das Auge ab-
‚klingen. Es wird daher nur in den seltensten Fällen notwendig
- sein, ein frisches Glaukom sofort auf den Operationstisch zu legen, und
“man wird wenigstens mehrere Tage ‘vor der Operation eine konser- -
vative und gewöhnlich zum Ziele führende Behandlung einleiten.
. Das Mißliche bei der konservativen Behandlung ist nur der Umstand,
daß die Glaukomattacken sich öfter zu wiederholen pflegen und
Es kommen indes Fälle vor, wo das akute entzündliche `
-Glaukom auf einen einzigen Anfall während des ganzen Lebens be-
schränkt bleibt, wo’ es in der Tat' gelingt, durch Beseitigung dieses
_ Anfalls durch pupillenverengernde Mittel das. Glaukom dauernd
‚iu heilen. oo
Da solche Fälle immerhin zu ‘den Seltenheiten gehören, mögen
zwei aus der Praxis von Prof. Levinsohn hier kurz registriert werden.
, Bei dem ersten handelte es sich um einen 50jährigen Horrn, der von.
~ „einem äußerst stürmischen Glaukomanfall heimgesucht war. Trotz inten-
„Siver Eserinbehandlung gelang ‘es in den’ ersten Tagen nur sehr wenig,.
"die heftigen Druckerscheinungen des Auges zu mindern, und schon war
. für den vierten Tag die Operation angesetzt, als der Druck plötzlich
‚rapide abfiel, die Hornhaut klar wurde, das Sehvermögen zurückkehrte,
die Pupille sich stark verengerte, kurz der Anfall ohne die geringste
‚Schädigung für den Patienten vollständig abklang.. Seit dieser Zeit — -
2 es sind fast 20 Jahre dahingegangen, 15 Jahre davon ist der Patient.
© von Prof. Levinsohn genau beobachtet worden, — ist der erstere von `
pen Anfall, ja selbst von jeder Prodromalerscheinung verschont ge- .
leben. er
~> In einem zweiten Falle?) handelte es sich um. ein 4 Monate altes
- Kind (aus einer bekannten Berliner Ärztefamilie), Das Kind erkrankte
- mit leichter Ziliarinjektion. Pupillenerweiterung, Hornhauttrübung, Vor-
derkammerexsudat und sehr starker Drucksteigerung. Letztere war so
o Intensiv, daß das in dem jugendlichen Alter außerordentlich dehnungs-
; > fähige Auge eine für das ganze Leben deutlich sichtbare Vergrößerung
` muückbehalten hat. Auch in diesem Falle gelang es sehr allmählich,
allein durch intensive Eserinbehandlung alle Erscheinungen des Glau-
koms zu beseitigen und das Auge dauernd zu heilen. Denn auch bei
diesem Kind, das seitdem fast 15 Jahre unter Beobachtung von Prof.
Levinsohn steht, hat sich seitdem nie mehr eine Steigerung des
intraokularen Druckes gezeigt, und, Sehvermögen wie Augenhintergrund
\
> ~ kd 5
sind normal geblieben.
$S Was nun die Wirksamkeit des Suprarenins beim Glaukom an- ,
betrifft, so ist es vielleicht nicht unzweckmäßig, gerade an dieser
Stelle, an der mehrfach über die neue Behandlung des Glaukoms
erichtet worden ist, das in dieser Frage vorliegende Material kurz
Adrenalin mitunter die Pupille erweitern und den intraokularen
Druck herabsetzen, aber erst Wessely®) hat diese Frage genau
geprüft und experimentell erhärtet. Er hat mit Sicherheit bewiesen,
daß die subkoniunktivale: 'Adrenalininjektion die Pupille erweitert
ind den Druck herabsetzt, ferner daß .diese Minderung des intra“
okularen Drucks durch eine Herabsetzung der Flüssigkeitsproduktion
bedingt ist. Als Indikation für die Adrenalininjektion beim Glaukom .
kamen für ihn nur die selteneren Fälle von Iritis in Frage, die mit
starker Drucksteigerung einhergingen. Köllner) hat. die Wirk-
samkeit der Adrenalininjektion weiter. untersucht; er stellte fest,
) Ernst A. Heimann, M.Kl. 1924, Nr. 21, 8:718. 0.000.
Dr e. Der Fall ist in einer Inaug.-Diss. „Beitrag zur Kenntnis der
heha uelgerung im jugendlichen Auge“ von Alfred Reiner genauer
andelt worden. F á
T, Karl Wessely, Zur Wirkung des Adrenalins auf Pupille und
Augendruck. Zschr. f. Aughlk. Bd:13, 8.3810. er
‘) H.Köllner, Arch,f. Aughlk. Bd. 83,8. 135, ferner M.m.W. 1918
und Festschr. f. Herm. Kuhnt, Vschr. f. Aughlk. 1920, 43, S. 381.
‚1924 — MEDIZINISCHE KLINIK
fe registrieren. Es war schon bekannt, daß Einträufelungen von |
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- daß die: druckherabsetzende Wirkung des. Adrenalins beim Glaukom
eine erheblich geringere als diejenige des Eserins ist, selbst wenn
dieses nùr in ‚ganz. geringer Dosis eingeträufelt wird.. Auch war
die Wirkung.’ des’ Eserins auf diè Herabsetzung des Druckes von
viel längerer Dauer als diejenige des Adrenalins.' In ‚jüngster Zeit
hat Fromaget) über Erfolge der Glaukombehandlung mit Adrenalin-
‚Injektionen in den Muskeltrichter des Auges berichtet und schließ-
lich hat’ Hamburgers) die Behandlung des Glaukoms mit subkon-
junktivaler Adrenalininjektion empfohlen: = 005 5 o a
= Daß es’ sich hier um: eine neue Glaukomtherapie handelt,
wird wohl kaum behauptet werden können. Ob 'indes die‘ von
neuem . empfohlene Adrenalinbehandlung als "ein Fortschritt in
der Glaukombehandlung ‚angesehen: werden kann, muß zurzeit ‘noch
. fraglich erscheinen. In der Diskussion der .Berliner. Ophthal-
mologischen Gesellschaft _ vom 27. März über diese Frage sind
von ‚einigen Seiten ‚vereinzelte , günstige Resultate gemeldet
worden?), die bei der inzwischen verstrichenen kurzen Zeitspanne
nur. als vorübergehender Nätur ‚angesehen. werden können; andere
lehnten die Therapie als völlig unzufriedenstellend ab. Auch Schädi-
gungen sind schen bekannt geworden.,. Die Zukunft wird es lehren, _
‚ob in vereinzelten Fällen — und darum. dürfte es sich wohl im gün- ,
stigsten Falle handeln — der Versuch: mit einer Adrenalineinspritzung
‚bei der Behandlung: des Glaukoms angebracht erscheint. Vielleicht
dürfte die Indikation auf die von Wessely schon früher in Er-
wägung gezogenen Fälle, nämlich das Zusammentreffen von Glaukom
‚und Iritis beschränkt bleiben,- vielleicht kann das Adrenalin in ge-‘
wissen Fällen za diagnostischen Zwecken Verwendung finden. _
- Ist nun die nach einer subkonjunktivalen Adrenalininjektion
auftretende Drucksenkung des Auges imstände, uns: das Wesen des‘
. Glaukoms verständlich zu machen? Hamburger führt die Entstehung
des Glaukoms auf eine lokale Gefäßatonie des Auges zurück und
sieht in der stark gefäßkontrahierenden Wirkung des Adrenalins -
den Ausdruck der Entleerung eines durchBlutstauung überschwemmten
Organs. Wenn die intraokulare. Drucksteigerung in der Tat. die
Folge einer Gefäßatonie- wäre, so wäre bei der so schnell vorüber-
gehenden Wirksamkeit des- Adrenalins. auf die Gefäßwand . eine
Herabsetzung des Druckes. auch nur von einer. gewissen Dauer gar-
‚nicht verständlich. Man müßte im Gegenteil annehmen, daß schon nach .
weniger, als 1 Stunde das Gegenteil, also eine Blutüberschwemmung
einträte, und der Druck sich 'steigerte. Es handelt sich aber bei
dieser Annahme. auch nur um eine Vermutung, für die bisher, ein
Beweis nicht erbracht worden ist. ‘Weder die Wirkung der operativen `
Maßnahmen (Iridektomie, "Zyklodialyse) noch "diejenige der "dem
Adrenalin weit überlegenen pupillenverengernden Mittel erfahren
durch Annahme einer Gefäßatonie als Ursäche für das Glaukom eine
auch nur einigermaßen: plausible Deutung. Wenn Hamburger die /
Wirksamkeit des Eserins beim Glaukom darauf zurückführt, daß
das Blut durch Verbreiterung der Irisfläche von den hinteren Uveal-.
geläßen nach vorne. gezogen wird, so konnte Levinsohn schon
‘darauf aufmerksam: machen, daß, ganz abgesehen von der durchaus
- willkürlichen Annahme, der Blutinhalt des Auges nicht im geringsten
_ verringert, sondern im Gegenteil durch Füllung der angeblich blut-
leeren Gefäße in den hinteren Abschnitten noch vermehrt, der Druck
also in diesem Falle gesteigert werden müßte. Levinsohn hat
darauf hingewiesen, daß bei.der Wirksamkeit des: Adrenalins zwei
| Faktoren lebendig werden, einmal der seit langem ‘bekannte anämi-
sierende, druckherabsetzende und zweitens der pupillenerweiternde
- Warum gerade. die Püpillenerweiterung auf den Druck ‘eines
glaukomatösen bzw. für Glaukom disponierten Auges schädigend wirkt,
"Jarüber gibt die von Levinsohn aufgestellte ‚Pigmenttheorie des
D D
| Glaukoms den besten Aufschluß. ' Nachdem. sehon in vereinzelten Fällen
bei den anatomischen Untersuchungen glaukomatöser Augen von einigen
Autoren Pigmentschollen in den. vorderen Abflußwegen des Auges we-
funden waren; zeigte 'Levinsohn®), daß das, Auftreten. von Pigment
in den Abflußwegen des Auges beim Glaukom einen ganz regelmäßigen
Befund darstellt. Unter Berücksichtigung des vorliegenden anatömischen
und physiologischen Tatsachenmaterials, führte Levinsohn die Ent-
"stehung ` des Glaukoms vorzugsweise auf eine ‚Überschwemmung der
vorderen Abflußwege mit, den zertrümmerten Zelleibern des hinteren
Pigmentepithels zurück. Diese Theorie erführ 8 Jahre später durch die
6) Fromaget, Presse méd: 1928, Nr.88. y
-0 ©) Karl Hamburger, Experimentelle . Glaukomtherapie. M.KI.
1923, S. 1224. Zu der neuen Glaukombehandlung, Kl: Mbl. f. Aughik.
Ba.72, S.47 und Diskuss. in d. Berl. med. Ges. vom 12, Dezember 1923,
Berl, augenärztl. Ges. 27. März 1924. F. | ”
o DIoc-cit 0000 et “a |
- 83) G.Levinsohn, Beitrag zur Anatomie und Pathogenese des
- Glaukoms. Arch. f. Aughlk. Bd. 61, 8.174 und Bd. 68, S. 471: S
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1994 - — "MEDIZINISCHER KLINIK Nm: 36,
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Untersüchühgen Köppes’) am lebenden Auge eine sehr krafti a Unier- 1
om am.
stützung. Köppe stellte in etwa 750/, beim primären Glau
. "lebenden Auge teilweise Zerfall des hinteren Pigmentepithels-und Über-
` -Glaukom.
Präparate für ia geburtshilfliche ı und gyn äkologische | |
a Sie Yan ek aa En ne FE
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moch nichts Sicheres aussagen“ (R. Gottlieb, Heidelberg), und
B.kLW. 1902, Nr. 4 und 2,
A zer o yey ae T ne
’
' schwemmung der vorderen. Abflußwege mit den Bestandteilen. des.
. ersteren fest.
für die das Glaukom verursachende Pigmentdegeneration nur eine Ver-
mutung aufstellt und eine angeborene schwächere Ausbildung des.
| = entepithels im Sinne Edingers oder. eine Störung durch Arterio:
erose bzw:innere Sekretion annimmt, konnte Levinsohn!e) wiederum
Ä a der Basis anatomischer Untersuchungen schon im Jahre 1902 zeigen,
‚daß der Ausgangspunkt des primären G
‚ des Ziliarkörpers .
Ziliarkörpers neigen, dafür s) rechen die im Anfang des Glaukoms so
häufig auftretende Akkommodationsschwäche und die nicht selten be- |
obachteten unpigmentierten Beschläge an der Hinterfläche der Hornhaut.
Auch der Umstand, daß das Glaukom meist im vorgeschritteneren Alter
. vorkommt, in welchem eine Hypertrophie. des glatten Muskelgewebes
` (Prostatahy ertrophie, Myomatose) nicht selten ist, ferner das anatömische.
. Verhalten der Ziliarmuskulatur bei älteren absoluten Glaukomen, weist
‚auf, eine Vergrößerung des A. und Dageenemene der ziliaren
‚Irispartie hin. .
"Ebenso aber wie die von Levinsohn aufgesteilte Glaukom- |
theorie am besten imstande ist, dem in der Glaukompathogenese
angesammelten Tatsachenmaterial gerecht zu werden, ebenso ist diese |.
Theorie ganz besonders geeignet, die schädigende Wirkung plausibel
zu machen, welche eine Pupillenerweiterung im allgemeinen bei einem
schon ausgebrochenen Glaukom bzw. bei einem zum. Glaukom: dis-
ponierten Auge bedeutet.
einem Auge, in welchem der Abfluß durch Verengerung. der Vorder-
kammer oder durch teilweise Verstopfung der-Abflußwege von vorn-
‚ herein erschwert ist, die Abflußwege durch die.Irisverkürzung, ganz
gleich, ob diese medikamentöser Art ist, oder dürch einen psychischen
bzw. sensiblen Affekt hervorgerufen wird, zusammengepreßt und
daher für den Abfluß ganz funktionsunfähig‘ werden. Andererseits |
‚ leuchtet es ein, daß durch pupillenverengernde Mittel die vorderen.
Abflußwege erweitert bzw. wieder freigemacht werden; -daher die
große Wirksamkeit des Eserins und Pilokarpins auf das ausgebrochene |
In gleichem Sinne wirken die druckherabsetzenden |.
= Operationen der Iridektomie und Zyklodialyse, welche einerseits die |:
--Abflußwege von ihrer Verstopfung, mechanisch befreien, andererseits
den Abiluß dauernd offen aalten. `
| ias der $ Gyntktologischon Abteilung des Wühelminen-Spitals, Wien
(Vorstand: Prof.Dr. Ludwig Adler). -
Praxis.
4 ` i ;
Te: Von Dr. A. Fritz, Wien, ` |
Rudolis- Spital, Präsident- Schober- Stiftung für Polizeibeamte. 5
| Der Umstand, daß immer neue Hypophysen- und Ergotin-
präparate auftauchen, zeigt, daß entweder die vorhandenen Präparate
den Anforderungen nicht entsprechen, oder daß ihr Preis zu hoch ist.
Einige dieser Präparate (Gynergen, Ergostabil, Secoin, Pituisan usw.)
wurden auf der Abteilung erprobt.
Das Secoin: Wie aus ‘der Wahl des: Namens hervorgeht,
handelt es sich um ein Mutterkornpräparat, um einen neuen Versuch, |
‘die wirksamen Substanzen im Sclerotium des Claviceps purpurea
ohne Ballaststoffe zur Wirkung zu. bringen.
Wir vermeiden es, in irgendwelche theoretische. Erwägungen |
De bezüglich der chemischen Eigenschaften und über die Einheitlichkeit.
des Präparates usw. einzugehen.
der Satz:
Noch vor wenigen Jahren galt
auf den Uterus wirkenden Bestandteile (des Mutterkornes)
‚heute gilt dieser: Satz nicht viel weniger.
Die Ergebnisse der experimentellen und klinischen:
Erprobung dieses Mittels (Zusammenstellung von Dr. Joseph
Potschka) sind folgende:
Verl. Springer.
i) G.Levinsohn, Über die Ursachen des primär en Glaukoms
Die Abweichung in der Auffassung Levinsohns und f|
“.Köppes über das Zustandekommen des Glaukoms ist nur unbedeutender
‚Natur und durch die verschiedenen Wege bedingt, auf denen, die beiden
Autoren zu ihren Resultaten ee waren. -Während Köppe aber
C
aukoms in einer ‚Hypertrophie
esucht werden muß. Mit dieser Auffassung. deckt |
“sich auch die Erfa ung, daß das primäre Glaukom. vorzugsweise bei |.
` Hypermetropen vorkommt, die an und für sich zur Hypertrophie des
Denn es liegt. auf der Hand, daß in |
Wir erlauben uns über etliche '
dieser Präparate mit bereits größeren Versuchsreihen zu referieren.
„Insbesondere läßt sich über die.chemische Natur der
‘konnte.
| heiße Spülung gemacht.
= 9) L.Köppe, Die Mikroskopie des iebenden Augen Berlin 1920.
T Die Ergebnisse. der Tierversuche:
‚Zur. Verwendung gelangte der Uterus von Menin ee 2
„von höchstens 200 g, und zwar bei. der ersten Versuchsreihe der frische -
- Uterus, eingelegt: in Ringerlösung von. etwa 37° unter ständiger Zufuhr ©
von
-0,1/100,0,,. wobei atako tetanische Krämpfe mit steilaufsteigenden |
‘Kurven von 6—8 Minuten Dauer auftraten; daher wurde als nächste `..
Dosis .0,05/100. on zugesetzt und da auch hier noch eine zu starke \ --`
in Grenzwert in 0,02/100 gefunden, der noch .
immerhin’ einen, 68 Minuta langen Krampf auslöste, © `-
von. Sauerstoff. Begonnen wurde. mit einer Verdünnung
Reaktion. eintrat,
Nun wurden nach Auswaschung mit Ringerlösung vergleichs-
weise andere Secalepräparate in der gleichen oder (wo der Erfolg
nicht eintrat) in der. dopp
elten bzw. dreifachen Menge’ er un
diese ergaben ebenfalls deutliche tetanische 'Kontraktionien. se
Tab ellei. >
' Secoin 0,02/100 222... Krampf 6—8 Minhten lang
Becacornin 002/100 . .. unwirksam’ `
2mal 003/100" . Krampf 1 Minute Jang
Ergotin Bombelon 0,02/100 . unwirksam >
ei „ 2mal 0,02/100 unwirksam `
RE '3mal 0,02/100 ‚Krampf 2 Minuten m
Uterus eines gleich großen Tieres genommen wurde, der aber schon
die von 0 AAN einen von. 4 Minuten. :
| Tabelle 2.
4 Secoin 0 ‚08/100 . |
Secacornin 0 ‚02/100 .
- Ergostabil 0,02/100 . ;
I: Bombelon 0 02/100.
EIG ı 2
4 ia 9o no.
unwirksam |
2malO 02/100 Krampf 2 Minuton lang. `
E9 Abbildung 1.
„. N
Se fl. 008,06
004 004
Br mn
923 02 26
Abbildung 2,
| 00 | =
Sc nn. 007 on
r E o o o ARW. 4' Krampf
an Wirkung den besten Secalepräparaten vollkommen gleichwertig ist,
sein Grenzwert schon bei 0,02/100, aber bei geringerer Konzentration
als ‚der anderer, viel verwendeter Präparate sich findet. _
‚IL. Die Ergebnisse der klinischen Erprobung:
Secoin, wie jedes andere Ergotinpräparat, ‚hier blutsparend wirkte.
Außerdem wurde es bei Blutungen post‘ partum in 20 Fällen mit
Erfolg angewendet; es traten gute Kontraktionen auf, die Blutung.
stand nach 10—20 Minuten . Post: partum. Endlich Vreden
89. Juni:
EAT ist noch die zweite Versuchsreihe, in welcher der
24 Stunden in -einer kalten Ringerlösung gelegen und "daher mich mehr |
'so.überempfindlich war. '.
‘Als erste Gabe: wieder eine größere Menge von Seroin 2mal =
0,04/100, um den Grenzwert. zu finden, der abermals als 0,02/100 beim
zweiten Versuch. gefunden wurde. — Man sieht hier, wie der Uterus. _
schon träger reagiert, an dem langsamen Ansteigen der Kurve, doch -
_ ergibt die Menge von .0,08/100 einen 10. Minuten. dauernden etanus, |
Krampt 1 10 Minuten lang (Abb. 1 1) 5
(Ab
aooo RE .9 „ ” 2) `
E i
10: Krampf U7 __ j
Aus: den vorstehenden Versuchareihen ergibt sich, daß Stoi
Das Secoin wurde in 35 Fällen bei Abortusbehandlung an-
gewendet, und zwar entweder dann, wenn.während des Kürette- `
ments eine starke Blutung eintrat (1—2 cem intramuskulär), oder -
seltener bei großem Uterus von 3—4 Monaten, prophylaktisch schon
‚unmittelbar vor- der. Ausräumung. Die Blutungen während des .
Kürettements standen dann. gewöhnlich erst nach 5—10 Minuten,
was ja erklärlich ist, da das Seconin, wie auch die anderen Ergotin-
-präparate, in kürzerer Zeit noch nicht ordentlich resorbiert werden
-Bei bedrohlicher Blutung wurde auch gelegentlich eine
Nach den prophylaktischen Gaben kam
es gewöhnlich zu gar keiner stärkeren Blutung mehr, so daß das
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gravidität kann man .als ovarigen. bedingt- nicht.auffassen; ‚sie hören
prompt auf, ‘wenn. die, Tube das Ei restlos "ausgestoßen hat oder
initsamt den Chorionresten: entfernt ‘worden'ist, ohne: daß dabei an
den Ovarien irgendwas ‚verändert worden wäre. Das führte zur An-
'nahme, daß 'in diesen: Fällen’ der. Hypophysenextrakt die uterine
‚Blutung nicht zum Stehen. bringen könne. — Tatsächlich hat es sich
nun an zahlreichen Fällen gezeigt, daß bei subkutaner Darreichung
' von Hypophysenextrakt (1—2 cem täglich) dieuterine'-Blutung bei
Extrauteringravidität in keiner: Weise ‚beeinflußt ‘wird. In zweifel-
| baften Fällen wird. diese- „„Pitüitrinreaktion*“. Klarheit , schaffen.
“Arten. Über verschiedene Wirksamkeit während verschiedener | Hört die Blutung nach der Darreichung von Hypophysenextrakt inner-
-` phreszeiten können keine sicheren Angaben gemacht werden. ` | halb 2—3 Tagen auf; so ist- Extrauteringravidität mit-‚Sicherheit
= -Unerwünschte Nebenwirkungen von seiten ‚des Herzens oder | auszuschließen. Dies absolut sichere Verfahren .der Hypophysen-
des Gefäßapparates wurden beim Secoin nie beobachtet. Selbst | extraktwirkung auf die uterine Blutung bei Tubargravidität —: —“
‚Gaben von Smal 2 Ampullen Secoin innerhalb 10—20.Minuten |. `. Die Nachprüfung’ hat gezeigt, daß diese Reaktion keine ab- .
hatten keinerlei schädliche Wirkungen. ; Auch kam es: niemals zu | solut sicheren Resultate ergibt. . > -.. "m. ne
n
Alien. . Wir 'prüften Prof, Wagners Beobachtungen: in bisher 12 ‚durch 4
Jleiterscheinung entzündlicher Adnexerkrankungen in
{0 Fällen. Bei 5—6tägiger Verabreichung stand die Blutung in.
| Beninklysmen in vielen Kontrollfällen erzielt haben. —... 2 04
"Über eine Wehentätigkeit konnten der gleichzeitig bestehenden
"Narkose. halber bei Ausräumungen keine Beobachtungen gemacht
a >. werden, aber auch in den anderen Fällen wurden selten Krämpfe nach
| -| - der Verabreichung des Mittels angegeben, eher noch nach post partum-
‘Regel nach 4—6 Tagen, ein Resultat, wie”wir es ‚auch! bei
1 -i des Secoin bei lange dauernden Metrorrhagien"als Be-
Birtngen, bei welchen: mitunter recht. schmerzhafte Wehen auf-
u. Operationen verifizierten Fällen ‚nach: Sa E ER
7 Fälle: Die Blutüag bleibt nach 2—6 Injektionen (i ccm Pituisan
pro die subkutan) unbeeinflußt. 0.
8 Fälle: (es bestand: in diesen. 3 Fällen neben der Extrauterin- ..
‚gravidität noch ein Adnextumor der anderen Seite. — Fall 1: Hämato- -
salpinx. — Fall2: Salpingitis. — Fall 3: Salpingitis isthmica: nodosa): ~.
‚Blutung nach 3—5 Injektionen unbeeinflußt.. .. nn
- . 2 Fall: Nach der 2. Injektion Blutung geringer,. nach der 3.In-
`>. -Das Pituisan: Es handelt sich: um einen. Extrakt aus dem |
Hinterlappen der Glandula pituitariai . 00
Die Untersuchung des Hormones: dieser’ Drüse durch v. Fränkel-
Hochwart und A. Fröhlich, seine Empfehlung für atonische Blu-
Ä | „tungen von Foyer und Hofstetter, seine erstmalige Anwendung als.
| ; Wehenmittel durch Hofbauer usw. sind zu bekannt und anerkannt,
`- -um über den Wert dieses Hormones als ‚wehenanregendes und wehen-
: „.verstärkendes Mittel im allgemeinen Worte verlieren zu müssen.
> Mit dem uns zur Erprobung anvertrauten Präparate konnten
= „wit bolgende Erfahrungen machen. Das Pituisan wurde angewendet:
E = L Bei Geburten, und zwar, in ‘der Austreibungs-
‚ periode bei sekundärer Wehenschwäche; in 34 Fällen.
f Dabei wurde es gegeben: E Ey =.
30mal intravenös . . .. davon Amal-ohne Erfolg ,- >
T „ subkutan VE er > |
+
- jektion Beendigung der Blutung. — >. ae ge ee
-. 1 Fall: Auf Pituisandarreichung wird die Blutung vorübergehend `
sistiert: 22. Juli blutend aufgenommen, blutet bis 26. Juli;. an diesem. - .
Tage 1 ccm Pituisan subkutan. —: 26: bis 29. Juli. je 1 ccm Pituisan:
-keine Blutung. — Ab.30. Juli vollständiges .Aussetzen der Pituisan-
injektionen. — 2. und 3: August neuerliche Blutung. — 4. August keine ,
Blutung. .— 5. Augüst Operation. e000 a a Bares
P \ 7
| Zusammenfassend wäre zu sagen: Wir besitzen im Secoin
ein Mutterkornpräparat,: welches anderen bekannten Secalepräparaten: ` -
im. klinischen Verhalten zumindest . gleichwertig ist, ‚sich diesen
-anderen Präparaten im Tierversuch aber als nennenswert übe
gezeigt hat, 2700200 TE Er
‘ Über'Ergostabil können wir der relativ. geringen uns vor- ~. `
"liegenden Versuchsreihen halber: ein abschließendes Urteil einst- : .
-weilen noch :nicht abgeben. ° . Va gis ee Oi EUREN
x 1 r
S š n nom ”
2 „ intramuskulär . 2
br n- n. 1. te p ;
... In 22 Fällen erfolgte die Geburt nach den Angaben der Kranken-
, geschichten 1—2 Minuten nach der:Injektion, in den restlichen Fällen.
meist etwa 5 Minuten, in vereinzelten 30 Minuten später. `
. - Durchschnittlich 20 Minuten -nach den Geburten erfölgte die‘
. Blazentaausstoßung. In 3 Fällen nach’ intravenösen Verabreichungen
‚war manuelle Plazentalösung notwendig, ein Ereignis,: das wir auf
‚Grund des an der Abteilung gepflegten streng konservativen Vorgehens
Don nn mann nn II In
Fe! =
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rlegen Y.
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-Das Pituisan, ein Hyp ophysenpräparat, ist- intravenös: an-
. 7 i . T
nn nn EE EE ES T OE nn en a be e nn
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A und bezeichnen müssen, — Bei allen 8 Fllen handel ss sich | Eeyryondos Mittel o o wehenver |
der Plent Aee — eimwieweit. die nur. teilweise Ben ` Als Differentialdiagnostikum zwischen Blutungen, hervorgerufen =
‚der Llazenta in diesen 3 Fällen dem Pituisan zur Last gelegt werden | "ehtründliche Adnezerkrankungen und Bi a ee
kann, ist wohl nur sehr unsicher zu entscheiden. . >> f durch entzündliche Adnexerkrankungen und Blutungen, hervorgerufen .
-> In zweien der oben angeführten Fälle wurde das-Pituisan zuerst | durch Extrauteringravidität, ist es ebenso wie das Pituitrin selbst. -
an ae Wirkung, einige Zeit darauf intravenös mit promptem.| nicht. ganz verläßlich. "Es en Den a kanteringrav ii durch > >
. “Toig gegeben. ea 20 9 | Pituisan Blutungen meist nicht beeinflußt. - — e oe 7 ea
Be brei zwei anderen Fällen war analog die erst intramuskuläre Ver- | Seine Wirkung. auf Blutungen bei entzündlichen Erkrankungen:
| Br erfolglos und der Erfolg stellte.sich prompt ein nach intra- | der Adnexa’uteri war nur. in einem ‚Drittel der Fälle eine, sichere
2; ser Injektion. | in a Beri ia ` | und andauernde. — Seine Wirkung beim Abortus machte sich nur-
R en entzündlichen Erkrankungen der Adnexa | in en der Fälle ee a en 4 er A ai pi
uteri (30 Fälle). ' eo n 2... Die geringe Wirkung bei den. zwei. letzten. Anwendungsarten
' o. In 24 Fällen konnte das Pituisan (1 com subkutan pro die) -diè | ist ‘biologisch begründet und berührt in’ keiner Weise die Güte des -
Blutung beeinflussen: 12mal wär die Blutung (meist schon nach der 1., Medikamentes. ee en er MEERE EAG
nur in 2 Fällen erst nach der 3., in einem Fall nach der 5. Injektion) | Über'Gynergen stebt uns ein. abschließendes Urteil noch aus.” :
', Bu en, 12mal war. der Erfolg nur ‘vorübergehend: — Die | ee N ee re
eslichen 14 Fälle blieben unbeeinflußt.. a ee EE E Te e a a Re
| RR / NR Ä a l kenh Bi j
i Wie immer bei der Erprobung therapeutischer Maßnahmen in | . Aus dem Allgemeinen Krankensause in Böhmisch Budweis.
> Tankenanstalten, während welcher Erprobung der inmitten seiner | (ber eine mit ‚Erfolg | operierte. schwere Herz- und :.:
Berufsarbeit Erkrankte den heilenden Maßnahmen im Hospital, also Bi -. Lmmeenverletzune. a
RL nes Ä 7 . . LUngenvVerietzung. `.
alen Anstrengungen entrissen und — wie in unseren Fällen — De EEE RT
D en in Bettruhe, unterzogen wird,. wie in allen nn Er = Von Dr. Emil Haim, Primararzt. . S
` > MW auch hier wie sonst die:Frage: ein wie großer Teil der als - Wennich’im fi ST EN en a a
ee ‚ ae.EL Ri Non . ‚Wenn: ich’im folgenden “über eine erfolgreich operierte schwere
wer At > buchenden Wirkung ‚der Medikation en der Herz- und Lungsnverletzung berichte, so geschieht es aus.mehreren
Mn»: ung des Patienten zugute kommt — offen bleiben. | Gründen: vor ‚allem deshalb,. weil. „jeder klinisch beobachtete Fall
ode: Bei Abortus incompletus (226 Falle). Der Abortus | wertvoll für unsere Wissenschaft ist“ [Rehn?)]; ferner weil sich
; . wurde durch Pituisan allein (Verabreichung. von lem pro die | unser Fall. durch seine’Schwere auszeichnete und aussichtslos schien.
< ` Mbkutan) in 59 Fällen (das ist in 26°/,) vollständig beendet. ` | Bemerken will ich, daß ich an dieser Stelle nicht auf.die umfang-
27 Um diesen Effekt herbeizuführen, benötigteman: . . ‘reiche Literatur über diesen Fall, eingehen: will; ‚68 sind. schon weit '
Far u 1. Injektion in 32 Fällen ke E - | über 800 Fälle ‘in’ der Weltliteratur: veröffentlicht worden. “Die
Se Ee Sy nnd no m | Mortalität ‚schwankt zwischen 50—609: = Um. so mehr freut 68 .
i RR 7 2 nn bi “| mich, über einen. geheilten Fall. IRTE -zu ‚können. | Dir
Fr 4. ee Be 8°, Nachstehend die Krankengeschichte:.; ` Be ENT
I. Bei extrauteriner Gravidität.: Prof: Wagner (Prag) | Am 27. September 1923. würde ich durch den diensthabenden |
ai Verfahren?) „zur Ditferentialdiagnose der Ertranietin | Arzt verständigt, daß ein junges Mädchen, Schauspielerin, eingebracht,
re gegep a» en = ar 1) Rehn; Hb. d. „Chir. . = aR f | |
1) XVI. Versammlung der Deutsch. Ges. f. Gyn., Mai 1920. - De I re N | |
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900 ` `. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26:
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worden: sei, dem Anscheine nach. mit einer Herzverletzung, es sei
nichts zu machen, da sie im Sterben liege, ohne Bewußtsein, pulslos;
Atmung aussetzend. Ich ordnete an, man möge jedenfalls alles zur
Operation herrichten, und eilte zur Stelle. = Wo N
Ä Es handelte sich um ein 20jähriges Mädchen, welches sich in
selbstmörderischer Absicht mit: einem Taschenmesser in die Herz-
gegend gestochen hatte. Pat. vollkommen bewußtlos, im tiefsten
Kollaps, äußerst blaß.. Schleimhäute ganz blutleer, Puls weder an der
Radialis noch an der Karotis tastbar, die Atmung sofort nach der Auf-
nahme ins Krankenhaus regelmäßig, eine 1/, Stunde später unregel-'
mäßig, für längere Intervalle aussetzend, die Pupillen aufs Außerste
` erweitert, nicht reagierend. : Im Anfang waren die Herztöne ebenfalls
regelmäßig, gedämpft, wie aus großer Entfernung klingend. Herzpuls
ungefähr 120 in der Minute, nach ungefähr einer halben Stunde war |
die Herzaktion viel rascher, nicht mehr zu zählen. Herzdämpfung
nach rechts bis zum rechten Sternalrand, links über die Brustwarze
reichend. In der Herzgegend, im 4. Interkostalraum, 1!/ cm vom
linken ‚Sternalrand entfernt, eine ungefähr 1%/, cm lange, auf 1/ cm
klaffende, quer gestellte Wunde, nach außen nur wenig blutend.
Operation in leichter Chloroform-Äther-Sauerstoffnarkose mit -
dem Roth-Drägerschen Apparat. Erweiterung der Wunde zu einem
ungefähr 6 cm langen, horizontalen, queren Schnitt, Durchschneidung
der ‚3. und 4. Rippe am Sternalrand und Umklappung des ganzen
Lappens in der Mamillarlinie nach außen. u
©- © Nach Eröffnung des Thorax: scheint der Herzbeutel mit Blut
durchtränkt, die linke Lunge nach rückwärts gedrängt. Im Herz-
beutel eine der Wunde- entsprechende Öffnung, die Perikardhöhle mit
Blut gefüllt, nach deren Ausräumung in: der linken Herzkammer eine |
penetrierende, äußerst stark blutende Wunde erscheint, Die Herzaktion
während der Operation stürmisch, Zahl der Kontraktionen nicht
zu zählen. al Do | |
Das Herz wird vorgezogen, so weit als möglich fixiert, die
Wunde mit 3 Katgutnähten vernäht, ebenso der Herzbeutel, in den-
selben für einen
fellraum vom Blut gereinigt, die linke Lunge vorgezogen und in der-
selben ebenfalls eine stark‘ blutende Wunde entdeckt, welche auch mit
Katgut vernäht wird. Die Lunge selbst wird durch Nähte an die
Brustwand fixiert, der Muskelknochenlappen wird zurückgeklappt und.
die Haut -vernäht. ee. Da,
` Überraschenderweise erholt sich die Patientin sehr
. rasch, der Puls wird regelmäßig und ist an der Karotis wie an der.
Radialis tastbar, 120—140 in der Minute, klein. |
| 28. September. V. W., der Streifen wird entf
| ernt, Temperatur
37,20, Puls 120, voll, regelmäßig. |
29. September. Puls beständig wechselnd, 120—150, Entleerung
von 340 ccm serös-blutiger Flüssigkeit aus dem Pleuraraume.
9. Oktober. Entleerung von 200 cem derselben Flüssigkeit, Tem-
peratur steigt auf 39—39,5°.
16., 18. und 27. Oktober werden: an 350—1000 cem trüber, seröser
Im Exsudat. werden Streptokokken konstatiert.
- Flüssigkeit entleert.
Temperatur bewegt sich stets zwischen 37 und 39°.
Am 21. Oktober wird in der hinteren linken Axillarlinie die
T. Rippe in der; Länge von 2 cm reseziert und ein Drain eingeführt.
| Langsame, durch eine anfangs Januar aufgetretone schwere
Angina gestörte Rekonvaleszenz. en iR |
Röntgen zeigte in der ersten Zeit vollkommene Verdunkelung
des ganzen linken Pleuraraumes, später rasche Aufhellung, nur in den
an Partien bleiben: unregelmäßig begrenzte Felder, Schwarten,
zurück. | |
~
8. Februar 1924. wird Pat. vollkommen. geheilt entlassen, Herz-
"und Lungenaktion normal 'ruhi
ist vollkommen lebensfrisch.
| Kurz zusammengefaßt handelt es sich in unserem Falle um
eine Stichverletzung des linken Herzens und der linken Lunge,
wobei trotz äußerst schlechten Allgemeinbefindens (Ohnmacht, Puls-
‚losigkeit, Cheyne-Stokessche Atmung, überaus erweiterte Pupillen)
die Operation ausgeführt wurde. — Es erfolgte nach längerer Zeit
g. Pat. hat um 31/, kg zugenommen,
und unter mehrfachen Komplikationen (Hämo-Pyothorax, der schließ-
lich eine: Rippenresektion erforderte) vollkommene Heilung.
‚Ein neuer Weg der Ausilußbehandlung.
‚Von Dr. A. Landeker, Frauenarzt in Berlin-Charlottenburg:
Die Deutung: und Wertung der Entstehung und Behandlung
des genitalen Ausflusses der Frau ist ein Spiegelbild der Wandlung
unserer Anschauung vom Wesen der Krankheit und Behandlung
überhaupt, in der Ablösung der anatomisch- mechanistischen Be-
trachtungsweise durch das Prinzip der biologischen Arbeitsmethoden.
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, bedeutet das Abrücken
von der wahllosen Verordnung desinfizierender Scheidenspülungen,
die mechanisch und chemisch reinigen sollten, aber in ihrem Effekt
nur in den seltensten Fällen eine Dauerwirkung erkennen ließen,
ag ein Streifen eingeführt. Hierauf wird der Brust-
und völlig ungefährlich für den Organismus ist.
und der Übergang zu den biologisch orientierten Methoden der
Trocken-Hefe- und Bazillosanbehandlung schon einen Fortschritt. Das
_ Nebeneinander der neueren Ausflußbehandlungsmethoden in Ideal-
konkurrenz mit den älteren Methoden des Einlegens desinfizierender
'Stäbehen, die infolge der Schaumwirkung in alle Buchten der falten-
reichen Scheide dringen sollten, der Auspinselung der Vagina mit
Argentumlösung, der Auskratzung, Spülbehandlung und. Ätzung der
Gebärmutterhöhle, zeigt bei der’ Vielgestaltigkeit. der therapeutisch
‚empfohlenen Methoden die außerordentliche Schwierigkeit einer
erfolgreichen, einheitlich wirksamen Behandlung.
Ich selbst habe durch die Einführung meiner verbrennungs- |
freien Ultrasonne in die Gynäkologie ebenfalls einen neuen, wirksamen,
biologischen Weg zur Ausflußbehandlung gezeigt, über dessen Resultate
ich an anderer Stelle eingehend berichtet habet). Da aber auch bei
der von ‚mir angegebenen vaginalen Ultraviolettbestrahlung bei sonst
sehr erfreulichen Resultaten immerhin noch eine gewisse Zahl von
Versagern übrig blieb, bin ich dazu übergegangen, die vaginale
Ultraviolettbehandlung der Portio, der Scheide und der Ovarien mit
der Methode zu kombinieren, über die ich im folgenden kurz be-
| richten will.. Es ist die Methode der Chloräthylbesprühung der Portio
und Scheidenwände, die ich zunächst im Anschluß an die vaginale
Ultrasonnenbehandlung angewandt habe, von der ich mich jedoch
überzeugt habe, daß sie in sehr vielen Fällen auch ohne die voraus-
geschickte Scheidenbelichtung wirksam ist, so daß ich sie heute bei
fast gleich guten Resultaten häufig allein anwende.
- Die Technik der Methode, die ich zunächst bei infektiösen
Fällen, dann aber auch bei konstitutionellem und Stoifwechselfluor,
sowie bei den Fluorfällen, bei denen eine allgemeine vasomotorische
Diathese zugrunde liegt, angewandt habe, ist außerordentlich einfach.
‚ Im Röhrenspekulum, nach Wahl aber auch im aufklappbaren
‘oder Rinnenspekulum, wird die Scheide entfaltet, oberflächlich mit
einem feuchten oder trocknen Wattebausch gereinigt und dann für
etwa eine Minute dem Chloräthylspray so ausgesetzt, daß zunächst
die Portio und dann die gesamte übrige Scheide mit dem Chlor-
äthylregen überspült wird. In hartnäckigeren Fällen kann man eine
Vereisung anstreben, welche nicht einmal in allen Fällen von den
' Patientinnen mit einem vorübergehenden Gefühl eines leichten, .
brennenden Schmerzes beantwortet wird, sehr häufig genügt es, olıne
die Vereisung abzuwarten, durch Wattetüpfer den angesammelten
kleinen Chloräthylsee allseitig auf die Scheidenwände zu verteilen
‚und mit trocknem Wattetupfer den vorhandenen Chloräthylüberschuß
‚zu entiemen. | '
Die verwandten Chloräthylmengen sind relativ klein: Schädi-
gungen derScheidenschleimhaut habe ich nie beobachtet, unangenehme
Schmerzsensationen von seiten der Patientinnen sind niemals aufge-
treten. Subjektiv wurde schon in den ersten zwei bis drei Behandlungs-
sitzungen, die ich meistens jeden Übertag mache, die angenehme
Wirkung der Therapie gelobt, bei der ein vorübergehender, von den
Patientinnen als Gefühl der Sauberkeit geschilderter Empfindungs-
eindruck abgelöst wurde von einem wohligen Gefühl der Wärme
innerhalb des Scheidenkanals. Heilung in durchschnittlich 6 bis
‚8 Sitzungen. | | | | en
Da ich in einer an anderer Stelle erscheinenden ausführlichen
Arbeit mich über das Ausfluß-Symptom als Antwort der biopatho-
‚logischen Reaktionsbereitschaft des Körpers im Zusammenhang mit
der Besprechung des molekularpathologischen Geschehens innerhalb
des erkrankten Gewebes ausführlich äußern werde, wobei auch der
von mir anderen Ortes?) definierte Entlastungsbegriff durch Schaffung
einer sekundären hyperplethischen Reaktion im Sinne Schades zur
Bekämpfung der primären entzündlichen Reaktion eine entsprechende
Erörterung finden soll, so kann ich mich im Rahmen dieser vor-
‚läufigen Mitteilung, die hauptsächlich die Nachprüfung der von mir
geschilderten Tatsachen in die Wege leiten soll, über die theoretische.
Deutung der Methode zunächst sehr kurz fassen. Es scheint, daß
die Chloräthyllösung ein hervorragendes, biologisches Desinfektions-
“mittel ist, was unter Berücksichtigung der reaktiven Antwort des
Gewebes unseren hauptsächlichsten ‘Anforderungen gerecht‘ wird
Es besitzt sicher-
lich eine hohe bakterizide Kraft, (genaue bakteriologische Unter-
suchungen in viva und im. Experiment sind zurzeit noch im Gange)
und kann infolge seines veränderlichen Aggregatzustandes in alle
Spalten und Buchten des infizierten, in seiner Vitalreaktion ge-
schädigten Gewebes eindringen, wobei wahrscheinlich nicht nur eine
Abtötung der Infektionskeime stattfindet, sondern auch eine Ver-
1) Arch. f. Gyn. 1922: Strahlenther. 1923.
2) Verhandlungen des Balneologen-Kongresses 1924.
| 29. Juni |
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E TA Ne =” Ban ` we E r ne E N EN a a B X i 3 v S VE Zu ii k pe 2 E oi a Be: : a a | a: a DENE a, = RE. he RENTE BSR I:
SER mr ae 2 SE e a . N ke Be y . E E 5 o, na REET PLAE un E WEIT BE u aa ra eD Aae PERIE lu H E Rs
ra p ie e a N a aot O MRD Ar ae a r a a ae aa N
ghi N AR MEDIZINISCHE KLINIK = Ne 26.0. 000 ABO a en
e eaaa aaa Tr ul
i T . . i , i s i « oo. PS re No at eh TR Er e , a [I Be EE
änderung. des Mutterbodens, in dem diese-Keime nisten und wachsen | diffuse Empfindlichkeit. . Stuhl . schleimig. wässerig, ; gelb mit. einigen ie Da
können. So glaubeich, dab wahrscheinlich "auch gleichzeitig der Blutstreifen. ‘Harn spärlich. Eiweiß’positiv, Biter: —; Blut: —, De Arap ENT,
- Stoffwechsel der getroffenen Gewebszellen durch den starken Kältereiz ‚farbstoff: —. ‚Im Sediment- zahlreiche gränulierte Zylinder, Be: Kb
Bun z ird. Sieherlich lassen sich durch Verlole fettführende uropoetische Epithelzellen. Blutbild: -Zahl .der'roten Blut- kette
entsprechend verändert wird. Sicherlich lassen sich dureh Verfolgung |. Karperchen: 1100000, der weißen: 24000, basöphile: 1.%/,, Bosiriophile: — EN
a y r y ın ir (o : - A c Ír 7 ar . r` r ” 1 iR E Tai BE 7 i ; k s Pis r 0) E AE : 3 I u = u
‚dt ‚Leukosyion N ’ N = Iren: Er a na, Myelozyten:.—, Jugendformen: 14°%/,, stäbchenförmige: 1,04, segmen- HES A ELE
chwindigkeit noch weitere Anhaltspunkte für die über die lokale | tierte: 30,8, Lymphozyten::27,1, Monozyten: 26, Hämoglobiuwert: 200/5, pfa 3)
Infektionsbekämpfung hinausgehende biologische Leistung der Methode :| Fürbeindex: 0,78... a en i qi
finden.. Ziemlich sicher darf jedoch angenommen werden, daß durch | _ Das Kind ist den ganzen: Tag, über somnolent; die Hautblässe s a,
den Einfluß aut die Vasomotoren und auf die oberflächlich liegenden
- Geliße einer primären Anämie eine sehr. starke Hyperämie, folgen
- wim, deren Wert für die Entzündungsbekämpfung jeglicher Art an-
erkannt ist. Es ist auch anzunehmen, daß sich bei einer Reihe von
"rasomotorischen Diathesen und Stoliwechselstörungen mit bestehender
“Stoffwechselträgheit der ‘Zellen, die sich vielleicht auch in dem Mangel
der diastatischen Fermentwirkungen in der Scheide darstellt, durch
diè starken Reize eine-Umstimmung des Gewebslebens erzielen läßt.
“Von besonderer Bedeutung dürfte: die angegebene Methode
auch als Hilfsmittel in der Gonorrhoebehandlung.sich erweisen, tiber
die’ später berichtet werden soll. Die. erwähnten theoretischen
Deutungsmöglichkeiten sowie die weiteren therapeutischen Ausblicke
bedürten noch der Untersuchung, Sichtung, Überprüfung und Wertung.
Der praktische Erfolg der angegebenen Methode ist. aber derartig
. -ins Auge springend, daß ich über dieselbe vor eindeutiger Klärung’
der theoretischen Untersuchungen berichten wollte. Parallelversuche,
- die ich gleichzeitig mit der Beeinllussung der Scheidenoberfläche
| und. die anderen Symptome nehmen zu... Am anderen Et wurden ES
‘die Reflexe lebhaft, ‚Puls arhythinisch,: Atmung oberflächlich, Zunge
‚trocken, Lippen aufgesprungen, Zahl der roten Blutkörperchen 'sank .
‘unter 1 Million, abends erfolgte Exitus. . .. 00 0 00 0e |
re Blutleere aller Organe;
a me 28
DE RE GR
en >
. Sektionsbefund ergab eine’ sehr schwe |
aber besonders des Gehirns; akute Myodegeneratio cordis, minder-
gradige Enterokolitis und. parenchymatöse Lieberdegeneratioh. br
0: Zwecks chemischen Kupfernachweises: wurden Stücke. sämtlicher
Organe -der alreye Untersuchungsstelle eingesendet. Das Er-
gobnis war folgendes: :Aus der chemischen Untersuchung ‘ging hervor, ` Er ee aata,
aB die geprüften 'Leichenteile dem Normalen gegenüber weit höhere bi oN O UREAN I
Mengen von Kupferverbindungen. enthielten. ._ In den 'Eingeweiden | To
‚fand sich nämlich auf je 100 g Gewicht 2—4 mg Kupferoxyd. Das Kupfer
war in größten Mengen in Tor Gallönblace vorhanden, and zu > 6 mg:
= Laut Sektion und chemischer, Untersuchung, konnten wir die
— auf:Grund des klinischen Bildes bloß angenommene — Diagnose: R
` mit Sicherheit auf eine akute-Kupfervergiftung 'stellen. Das Kupfer | AMENAT BEE BEE
fand . den Weg durch die - Kopfwunden ziemlich rasch, ohne SE ka ten
~
a aaae ake aria aaiae
AIRT
... mittels der tryptischen Wirkung einer Pepsin- bezw. Stersin-Milch- ‚Hindernisse in die Blutbahn, un) ‘leichter, da der: Organismus Ba t
A - 5 5 ® a x “ | keine Schutzmaßnahmen zu ergreifen imstande. war. ‘Somit rückten hl N
. „säurelösung angestellt habe, sind noch in den Anfangsstadien, aber |. gq; BREI: Fr SE: Fan bien, Ä
ne 1 2: ER Pr BERN : Symptome: der Herzschwäche und 'Hämolyse in den Vordergrund. ATALA E
. ‚and‘ diese Versuche sind vielleicht geeignet, weiteres Licht in das. ee ae er ar eaa a | ib: RER
Er Ä Ä ee | Diese rasche Resorption eigentlich garnicht: .großer Mengen a al
schwierige Problem der Deutung- und Behandlung des ‚Ausfllusses ` NE RE a DE RE ER. Ä Re N
| 5 Ta | Da anie Kupfers .macht den.rapiden Verlauf verständlich. Wenn dieselbe nie]
zu. bringen, um bei schärlster Indikationsstellung auch raschere und DR De a TE DREH a a
dauerndere Erfolge verzeichnen zu können. i “| Menge in’ den Organismus des Kindes- per os: ‚eingedrungen wäre, | hi E EEE
To SR re | so wäre es wahrscheinlich, dank. .der. größeren. Erbrechen und . AAT pN vapid
iR —— | : | Diarrhoen,. am Leben geblieben. . En ee Br, pe Myy
Ans der Kinderklinik in Debreczen (Vorstand: Prof. v. Szontagh). |. ee et a ee E | J al Bo
` Über ei i ümli E i verri J 02" Aus der Herzstation, Wien’ 1X., Pelikangasse. < 00nn k tafe he bp
Uber einen eigent Fall K ng. |. Aus der Herzstation, Wien IR., Pelikangasse. iiis uiii EE a lh
T 5 ümlichen Fall von Kupiervergiitu 5 (Leiter: Prof. Dr. Hans Horst Meyer u.. Prof. Dr..Rud. Kaufmann.) , : a PENRE
ve = Von Dr. Joh n .. . ` BR 2 . o D ha E A . k eo E e O g . m 10. ir we &. a Hs pi 2 anp Bay En
> ann von Petheö, ‚Assistenten der Klinik. = “Radix Primulae als Expektorans. E PAE E ent
-= Kupfervergi sind rech » wenn si j A e E ei M ER a a Bible
e en Se Zn zeon! E EAA . | 3°: Von Dr. Oskar Kurz. : 0o00. WERE EN
T ernstere Gef = in iel D a fe re m en oe an Insbesondere im Frühling und Herbst zählen’ die Katarrhe der. ERS:
„em ahr ìn sich. Da das sofortige Erbrechen den Organismus | _ a m Früh und Herbst zählen die Katarrhe der. i iR
` vor Resorption größerer Mengen Kupfers schützt, kommt es meistens | Luftwege zw den häufigsten Erkrankungen. In ihrem Verlauf quält‘: e ähh
‘ar zu leichteren Koliken und Diarrhoen. Wenn aber trotzdem | nicht selten zähes Sekret, das nicht oder nur mit großer Anstrengung .: PRAT se
èime schwere Vergiftung per os zustande kommt, präsentieren sich ausgeworfen ‘werden ‚Kann, ` den Kranken. Er pflegt darum ..oft =>, Ks oe
hauptsächlich Magen- und Darmsympiome, später gesellen sich selbst eine „Hustenmedizin‘ ‚zu verlangen, die: ihm. den‘ Auswurf 2 eta
-hierzu Kupferneuritiden und der Tod erfolet unter Symptomen der erleichtern soll. .. n N. ee rn Be Lt A: Ä a TC E GE
Herzlähmung. Vergiftungen entstehen melkt nach ET be- Als Mittel, welche die Verllüssigung des Sekrets: und seine; ` Ss
Kae o a He Gebrauch von Kupfergeschirren, und Hr | re ee een en Salzen Wiet go aeg sh
elten infolge Einnahme größerer Mengen Kupfersulfäts aus selbst- | Aminon. chlorat. und neben Ismeticis wie „nadıx Ipecac., die in `., ER
mörderischer Absicht. = der Poberkulosetherapie wird ‚neuestens | Kleinen, nicht brechenerregenden. Gaben. verabfolgt werden, ins- . SE REINN
itKupfersulfatinjektionen experimentiert, wodurch schon manche Ver- |; besondere pllanzliche Heilmittel in Betracht, deren wesentliche Inhalts- | gipa
. "Siltung entstanden ist, nach intravenöser Verabreichung sogar'der Tod. ` stoffe Saponine sind. So beruht die ‚expektorierende Wirkung von, BT RATE
. „Der nachfolgende Fall,. welcher an der Kinderklinik in De- | Radix Senegae und. Cortex Quillajae auf ihrem Saponingehalt. © Wie- = DREH ESTER
Fr eh kam, steht wegen seiner, eigentümlichen die ee nn nn. nn völlig aufgeklärt, doch .- Bee
* .. Ümstände allein i j sand st alaich ein ‘vos | wird heute nach Henderson und Taylor!) angenommen. i | D
5 Bande allein in der Literatur. da; und ist zugleich ein trauriges | Tm en Magen ana yelektorisch auf die Brönchieleekreiieh wine BE las
| die K afür, daß auch unter den heutigen Kulturverhältnissen | Venega v = ne HEKLOTISCN : le Bronchialsekretion wirkt. el
Me Kurpfuscher großes Unheil anzurichten :vermögen. los A 2 er res aun“Joachimowitz, Wasicky, . AAE Aue
ua me G, ein 2!/,jähriger. Knabe, wurde am 1. September 1928 | .. a er h a on en = wir. in, der Wurzel ` BR alba,
and inik aufgenommen mit den Beschwerden, daß er seit zwei | Unserer. emaeimischen Ghlusselbiume eine Droge besitzen, deren `` BR IKK Eu
; a ortwährend erbreche, schleimig-blutige Ausleerungen habe, sehr Saponingehalt — er ‚beträgt nach Wasicky 88—100 — den der N ehe, e ma
ES hr, uintia sei, leichtere Krämpfe habe, die Extremitäten schwer Senegawurzel beträchtlich übertrikit. und deren auswurflösende Wir- e E
-A Es Berührung Schmerzen melde. ‘Das Kind litt seit 11/3 Jahren | kung infolgedessen ganz ausgezeichnet ist: Damit ist die Möglichkeit alas:
Twej Ne a Anraten der Laien wurde ihm 'der Kopf vor ‘gegeben, die derzeit als Expektorantien ‚gebräuchlichen teueren aus- ei le
. Das sonst ar en a en allen, | indischen Drogen durch eine vollwertige einheimische zu ersetzen, 3 Ma,
„Mori, seine Haut ist trocken, auffallend blab, fahlgelblich. Binde: | Diese Möglichkeit muß nicht nur aus volkswirischaftlichen Gründen, ©... : null;
u a sübikterisch verfärbt, Schleimhäute, Zahnfleisch blutleer. Knochen | Sondern auch'im Hinblick darauf, daß die Expektorantien insbesondere ti le je nl
; an üskelsystem sind gesund, Gelenke frei, ` passive Bewegung und auch'in der Krankenkassen- und Unbemitteltenpraxis eine große Rolle. Pe a
; zeigen E heftige Schmerzen aus,. Schreit unaufhörlich. Es | spielen, .voll ausgenutzt: werden: [n den kürzlich veröffentlichten Leit- e
alei n in Verbindung. mit 'stetigem Erbrechen und Diarrhoen | sätzen des Reichsgesundheitsrates in Berlin zur Frage der sparsamen: BERN: N na
a nerung opa Die Kopfhaut bis: zur Grenze der Behaarung |'aber doch sachgemäßen. Behandlungsweise der. Kranken?) wird mit. NE: A AR ROE
verklebter h, w er, an die Haut angetrockneter, mit den Haaren fest | Recht hervorgehoben, daß die derzeit verhältnismäßi & hohe: Belastina- | Ba 2
ellblauer Masse bedeckt. ‘Nach ihrer behutsamen Ent- | des Kranken mit Geld ben verminder warn, N 8 Dan
pung erscheinen heller- bis. kr e aer bis an.die ra 22 ken mit Geldausgaben ‚vermindert. werden. müsse. Unter | ' aooo
~ Anochenhaut dri on an gleichwertigen Arzneimitteln sei stets das billigere zu verordnen a
ud ein aut ringende Substanzverluste, deren Ränder aufgehoben, Stell Mer nslandischen die eleichwortize ‚igere zu verordnen, an pe
Puls 190 sc Fanta graublaues” Sekret. liefern. : Temperatur 37,500. | 2 nn 1 a K Fallen In gen, aber billigeren inländi- - | al. :
w N Aa r klein, frequent, leicht zu unterdrücken. Reflexe lassen. schen.Drogen. In geeigneten . ällen lasse man die Arznei im Hause ° ne elle
AL Pula auslösen. Herzgröße normal, Töne gedämpft, über dem ee a A RE pr Fiaa lated LS HETA
. Leber ist hanon systolisches Geräusch: —. Lungenbefund' normal. | , 3) Vgl Meyer-Gottlieb, Exper. Pharmakol., 6. Aufl. 8.380: A A a EE a ELin
Br “ vier fingerbreit unter dem Rippenbogen tastbar. Im Bauch | - 2) Vgl. M. KL. 1924, Nr 1d. 00.0005 sie De | | | ee
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, PrE AAR NEE E79)
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5 | | vn JONES;
A, Conn a
EN pel e a at
902 > > 1924 — MEDIZINISCHE
herstellen. Als das billigste Heilmittel müsse aber jedenfalls das. |
wirksamste angesehen werden. - Co
"Daß die Verwendung des Primelinfuses eine zumindest gleich
rasche und gleich sichere Heilwirkung erwarten läßt wie die der aus-
- ländischen Expektorantien, ist durch vielfache Erfahrungen klargestellt. .
Hier sei nur auf die kürzlich erfolgte eingehende Publikation Gais- |
- böcks verwiesen, die auf klinischen Untersuchungen beruhend nicht
nur die ausgezeichnete Wirkung der Primula, sondern. auch das
‘ Fehlen aller unangenehmen Nebenwirkungen hervorhebt.
Den Forderungen des Berliner Reichsgesundheitsrates, die
zweifellos auch in Österreich volle Beachtung verdienen, trägt dieForm,
in der die Radix Primulae von der Pharmazeutischen Industrie A.G.,
Wien, auf den Markt gebracht wird, vollkommen Rechnung. |
O Die.Primulin-Tabletten „Phiag“ ermöglichen die Herstellung des
“ Primelinfuses auf einfachste Weise in jeder gewünschten Stärke in
jedem Haushalt. ME | |
‚ 9 Tabletten — 1 Tablette entspricht /; g Radix — in 150g.
siedend heißen Wassers unter Umrühren aufgelöst ergeben ein ge-
brauchsfertiges frisches 3°%/,iges Primelinfus, dessen therapeutischer
Wert den des üblichen Senegadekoktes weit übertrifft und durch den
in den Tabletten enthaltenen Zusatz‘ von 20°/, Natr. benzoic.
und 1,5%, Ol. anisi noch wesentlich erhöht wird. Es ist aber
keineswegs notwendig, eine so starke Lösung herzustellen. Schon
zwei Tabletten ergeben ein wirksames Infus, das nach unseren
"Beobachtungen eine starke Vermehrung des Sputums ‚(bis auf die
dreifache Menge) bewirkt. Die Tabletten können auch, wenn die
Herstellung eines Infuses aus äußeren Gründen untunlich ist, als solche
genommen werden. | |
“Da wir an der Herzstation, Wien IX., schon seit Monaten aus-
- schließlich diese Tabletten, die nach unseren Angaben hergestellt
wurden, als Expektorans gebrauchen, können wir auf Grund unserer'
‚Erfahrungen — wir haben das aus den Tabletten hergestellte Infus
bisher in mehr als 50 Fällen; insbesondere auch bei Atmungs-
katarrhen Herzkranker angewendet — die ausgezeichnete und ver-
läßliche Wirkung dieses Expektorans bestätigen. Die Wohlfeilheit
des Präparates ist auch für Krankenanstalten von besonderer Wichtig-
keit. Daß auch wir niemals unangenehme Nebenerscheinungen zu
beobachten Gelegenheit hatten, sei noch ausdrücklich hervorgehoben.
Und schließlich möge noch daran erinnert werden, daß, wie schon
Joachimowitz 1920 mitteilte undGaisböck inallerletzter Zeit neuer-
‚lich hervorhob, die Primelwurzel auch die Diurese zu steigern vermag.
= Literatur: Wasicky, Pharm. Post 1920. — Joachimowitz, W.kl.W.
"1920. — Wasicky, Heil- und Gewürzpflanzen 1921. — Grimme, Pharm. Zbl.
1921. — Kofler, Pharm. Presse 1922. — Dorselbe, Pharm. Mh. 1922. — Gais-
böck, Klin. Wschr. 1924, Nr. 12. |
Erfahrungen mit einer neuen Schlafmittelkombination,
| | dem „Luniatol‘.
Von San.-Rat Dr. Richard Traugott, Nervenarzt in Breslau.
Die beiden wirksamsten und am meisten verwendeten Schlaf-
‚mittelgruppen sind bekanntlich die Alkohol- bzw. Chloralhydratgruppe
einerseits (dieser Reihe gehört auch das Amylenhydrat an), die
Sulfonal-und Barbitursäuregruppe andererseits. Die Mittel der ersteren
Gruppe wirken zumeist rasch, „rauschartig“; die Wirkung, d.h. der
Schlaf, hält aber meistens nur wenige Stunden an. Die Mittel der
zweiten Gruppe bewirken zwar zumeist einen genügend lange an-
~ dauernden und tiefen Schlaf; sein Eintritt erfolgt aber gewöhnlich
erst längere Zeit (etwa 1 Stunde) nach Einnehmen des Mittels. Es
mußte deshalb von Vorteil erscheinen, eine Kombination von solchen
Mitteln zu schaffen, die beiden Gruppen angehören. Dies ist der
. Firma Unger, Hygiea-Apotheke, Breslau, mit der Herstellung des
„Luniatols“ offenbar gut gelungen; das Luniatol enthält als rasch
und rauschartig wirkenden Bestandteil das Aponal (gleich Amylen-
karbamat) und als sicher und langdauernd wirkenden Bestandteil die
Diallylbarbitursäure. Außerdem enthält es Phenazetin und stark kon-
zentrierten Valerianaextrakt („Pentavalin“), Zwei Tabletten ent-
an i zone) 0,75, Diallylbarbitursäure 0,075, Phenazetin 0,2, Penta-
valin 1,0.
Bei erwachsenen Männern reichen. zumeist 11/),—2, bei er-
‚wachsenen Frauen 11/, Tabletten aus, um ziemlich schnell einen ge-
nügend langen und ruhigen Schlaf herbeizuführen. Ich habe das
“Mittel bisher in etwa 30 Fällen zur Anwendung gebracht, ohne daß
jemals unangenehme Neben- oder Nachwirkungen aufgetreten wären.
- Übelkeit,
gesetzt.
KLINIK — Nr. 26. 29. Juni
Ei Aus dem Stadtkrankenhaus Zittau `
_ (Direktor: Prof. Dr. C. Klieneberger,
Über Askulinanwendung als Unterstützung
Zn bei Bestrahlung. ——
Von Q. $taercker, |
Medizinalpraktikant der Inneren Abteilung.
Bekanntlich wirken: fluoreszierende ‚Substanzen radioaktiv und
- werden deshalb zur Behandlung und zur Unterstützung bei Röntgen-
bestrahlung von Tumoren angewandt; in gleicher Weise wie dürch
‘ Röntgenstrahlen sollen die Tumorzellen durch diese Substanzen ab-
gebaut werden; z. B. wirkt in’diesem Sinne das Eosin und wurde
vielfach angewandt. Plesch wandte speziell das Äskulin an und
teilt seine damit gemachten Erfahrungen an Hand dreier Fälle mit,
allerdings ohne sicheren Erfolg erzielt zu habent). |
Wir wandten Äskulin in bisher 7 Fällen an: 6 Fälle kombiniert
mit, 1 Fall ohne Bestrahlung. Wir benutzten das von Merck her-
gestellte Äskulin in der angegebenen Weise; wir injizierten eine
- 1%/oige Lösung intravenös beginnend mit 3 cem und stiegen bis 5 com.
1. Fall. Frau S. K., 40 Jahre alt. Carcinoma uteri mit krater- -
‚förmigem Zerfall der Portio und Infiltration des rechten Parametriums.
Sekundäre Anämie. Operabilität: sehr fraglich, daher Bestrahlung
7 HED., 8 Tage danach Blutung wesentlich geringer. Drei Monate
Po erneute Blutung, stinkender Ausfluß und heftige Schmerzen,
ochmalige Bestrahlung und anschließend Askulinbehandlung, im ganzen
22 comi gelegentlich nach Äskulininjektion Klagen über Kopfschmerzen
und Übelkeit. | zu | | | |
| 2. Fall. Herr E. B.. Carcinoma recti mit Lebermetastasen-
November 1922 Operation. Wegen erneuter Schmerzen und Stuhl-
beschwerden Juli 1928 2. Operation. Anlegung eines Anus praeter-
‚ naturalis. Zunehmende Abmagerung und starke Schmerzen. Äskulin-
behandlung. Nach Äskulin, 5 ccm, Temperatursteigerung bis: 37,8,
‚Frösteln, Erbrechen und stärkere Leibschmerzen und Appetitlosigkeit.
Nach 8 Tagen Intervall erneute Äskulininjektion mit nachfolgender
Kopfschmerzen und Brechneigung. Daraufhin Askulin ab-
3. Fall. Frau M. C., 50 Jahre alt. Rezidivkarzinom nach Uterus-
| exstirpation und Blasenwandkarzinom. Sekundäre Anämie. Nach der
2. Operation im August, 1923 Bestrahlung 31/, HED. Anschließend
"Äskulinbehandlung, 7 Injektionen 28 ccm, nach den Injektionen jedes- -
mal starke Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit.
4. Fall. Frau E. L., 49 Jahre alt. Careinoma'peritonei et ovarii,
' starker Aszites. 1. Bestrahlung 1 HED., 10 Tage darauf 2. Bestrahlung
12/, HED. Fernfeld, darauf Äskulin 3 Injektionen, die ohne Beschwerden
vertragen wurden. `
kd
5, Fall. Frau A.P., 64 Jahre alt. Carcinoma mammae et axillae
dextrae. Amputation der rechten Mamma und Ausräumung der rechten
Axilla, zerfallender übelriechender Tumor der rechten Axilla. Trübe
| rechte obere Lunge, Radialis- und teilweise Medianus- und Ulnaris-
parese. Bestrahlung 1 HED. Askulinbehandlung in 11 Injektionen
47 ccm; die Injektionen wurden gut vertragen. |
. parametrii utriusque. Bestrahlung 7 HED. (Wertheim I). 3 Askulin-
injektionen ohne besondere Beschwerden vertragen, Temperatursteige-
.
rungen bis 38,2 nach Äskulin.
7. Fall. Frau E. L., 57 Jahre alt. Carcinoma uteri et cervicis
et parametrii utriusque. Jauchiger Fluor, starke sekundäre Anämie.
Bestrahlung 7 HED. (Wertheim I), 1 Askulininjektion schlecht ver-
tragen, daher abgesetzt. ie |
nachgewiesen werden, der auf die Askulinbebandlung zurückzuführen
wäre. Soweit eine Besserung eintrat, war sie durch die Äskulin-
injektionen in keiner Weise beeinflußt; sie trat nicht schneller oder
irgendwie aufiallender zutage, als es durch die Röntgenbestrahlung
allein bedingt war. Die Injektionen wurden meist schlecht ver-
tragen, im Laufe des Tages der Injektion traten Übelkeit bis zum
Erbrechen und Kopfschmerzen auf, in 2 Fällen beobachteten wir
Temperatursteigerung nach Äskulin. Dagegen wurden Benommen-
heit und kurze Ohnmachten, worauf Plesch hinweist, nicht be
obachtet. REE |
Auf Grund der gemachten Erfahrungen in bezug auf Erfolg
und Verträglichkeit haben wir einstweilen von weiterer Anwendung
des Askulin abgesehen.
1) M.K). 1923, No. 27.
aaneen aaa
6. Fall. Frau E. W., 45 Jahre alt. Carcinoma uteri, cervicis et
Bisher konnte in keinem der hier angeführten Fälle ein Erfolg
LE
adim
+ navel
Corm.
en
- (Vorläufige Mitteilung über eine tierexperimentelle
-_
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26. 908
ay : COESONINONEES POEET P a e EEE EEE GEREEEEEERGEEEREREEEEEREEEEEEEEEFERREEER
5 hg: ner ® = Ex > a $ i Í
`
r
Forschungsergebnisse aus Medizin und N aturwissenschaft.
Zur Verwendbarkeit des Thymols zu intravenösen.
| Injektionen. >. |
Bearbeitung dieser Frage.)
Von Dr. Günther Krutzsch,
bisher in der Lungenheilstätte Lindenhof, Coswig in Sachsen.
Angeregt durch die Empfehlung. der ätherischen Öle zur
Phthiseotherapie von Prof. Dr. Heinz, Erlangen, in seinem Aufsatz,
„Neue Arzneimittelgruppen“ (1), unternahm ich, zunächst unab- .
hängig, später nach - Kenntnisnahme der früheren Arbeiten über
" intravenöse Ölinjektionen, besonders der von Bernhard Fischer (2),
Lepehne (8) und Lenzmann (4), unter Berücksichtigung der in |
diesen enthaltenen Erfahrungen, die Frage der Verwendbarkeit des
Thymols zur intravenösen Chemotherapie der Lungentuberkulose im
Tierexperiment zu prüfen. U o TE
Weitgehend unterstützt wurde. ich durch die Firma von Heyden-
Radebeul, die die von mir gewünschten Präparate und z. T, das Tier-
material zur Verfügung stellte;, ich möchte nicht versäumen, auch an
dieser Stelle meinen Dank für diese Unterstützung auszusprechen. —
. Infolge äußerer, meist in den Zeitverhältnissen bedingter Schwierig-
keiten konnte ich leider die Idee nur bis zu den unten angeführten
allgemeinen Eindrücken mehr .pharmakologischer Art fördern. Deren
- Mitteilung dürfte jedoch immerhin nicht ganz wertlos sein, besonders
im Hinblick ‚auf die Arbeiten von Bernhard Fischer (2) und Le-
ehne (3). Zu einem irgendwie abschließenden Urteil über den Wert
7 Verwendung des Thymols zur intravenösen Phthiseotherapie selbst
konnte ich nicht mehr gelangen, weder in positivem, noch in negativem
Sinne, da ich als dienstjüngster Arzt unserer Heilstätte infolge des
Personalabbaues bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen meiner
Stellung verlustig ging, und somit die Weiterbearbeitung anderen ev.
. Mitarbeitern, wenigstens zunächst, zu überlassen genötigt bin.
Theoretisch ist als Wirkungsweise der intravenösen Injektion
ätherischer Öle im Gemisch mit dem als Vehikel: dienenden, indiffe-
renten Ol. olivarum zu denken, daß die Öltröpfchen infolge der
Gefäßlosigkeit der Tbe.-Herde, bzw. wegen des blinden Endens der
Gefäße rings um den Tbe.-Herd, durch die Vis a tergo des Blut-
stromes in der Peripherie: des Herdes „festgekeilt* werden, und
daß dann von diesen blockierenden Depots aus das ätherische Öl
durch Diffusion in die Umgebung, also auch. in das Innere des
Tbe.-Herdes und damit an die Tbe.-Bazillen selbst gelangen wird. — `
Nach einem Vorschlag, den mir dankenswerterweise Herr Prof. :
Dr. Heinz, Erlangen, im Hinblick auf eine andere, von mir.
geplante, phthiseotherapeutische Verwendung der ätherischen Öle
‚ machte, erscheint das Ol. Thymi oder das Thymol am geeignetsten
als wirksames Agens.
‚ Danach und nach. der. oben genannten Veröffentlichung von
Heinz ist Ol. Thymi 4—8mal stärker bakterizid als Phenol; es ist, im
Gegensatz zu anderen ätherischen Ölen, etwa 1:2000 wasserlöslich
[nach Tap peiner (5) sogar 1:1000], und es hat als „festes“ ätherisches
Öl die lipoidlösende Eigenschaft der ätherischen Öle, die es befähigt,
die Wachshaut der Tbe.-Bazillen zu überwinden, und diese in ihrer
Eatwickelung zu, schädigen. Nach Tappeiner (5) ist ferner: „das
Thymol dem Phenol homolog, aber örtlic
resorptiv nahezu I0mal weniger giftig“!
Das Thymol konnte also in Form intravenöser Injektionen
theoretisch als ein ideales, chemotherapeutisches Mittel zur Unter-
stützung des Abwehrkampfes: des Körpers gegen die Tbe.-Bazillen
Aneiwehen werden; die unerläßliche Forderung, daß ein solches
litte] in weit höherem Grade bakteriotrop als organotrop sein müsse,
erschien bei ihm erfüllt, zumal wenn man annimmt, daß es infolge
viel weniger reizend, auch
seiner „Affinität“ zu den Lipoiden der „Wachshaut* der Tbe.-Bazillen
und seiner dagegen relativ geringen Wasserlöslichkeit eine Art.
elektiver Wirkung auf die Tbe.-Bazillen und den fettigen Detritus
der Tbe.-Herde selbst haben wird., |
N : den rein mechanischen Anteil vorstehend entwickelter
a etrilit, so fand er seine Bestätigung in den, mir erst nach-
äglich bekannt gewordenen Untersuchungen von W. Hüper (6).
„Von besonderer Bedeutung mußte es sein, die Lokalisation der Öl-
: emboli in tuberkulösen Lungen festzustellen. Unsere Beobachtungen er-
Boa dabei durchweg ‚ daß sowohl in frischen wie chronisch-tuberkulösen
nun ie ein einziges Mal Ölemboli zu entdecken waren, eine Erschei-
ihi le bei der Zerstörung der Gefäße durch den tuberkulösen Prozeß
den bre aa verwunderlich erscheinen mag. Demnach fällt, wie bei
san Onchopneumonischen Herden, auch bei der Lungentuberkulose
“ unmittelbare Einwirkung des im Öl gelösten Medikaments auf
gewicht die individue
| Es scheint eine
die in den erkrankten Herden befindlichen Tuberkelbazillen weg. Eine
andere Frage ist es wieder, welche Wirkung die Ölemboli ausüben,
die man reichlich am Rande der außer Funktion gesetzten
| | Lungenbezirke findet.“ (Hervorhebungen vom Verfasser.)
Das Zutreffen oder Nicht-Zutreffen des wesentlicheren, chemo-
‚und ev. durch die klinische Erprobung bewiesen werden; dieser
Beweis steht, bei dem relativ geringen, mir zur Verfügung stehenden
Tiermaterial und den sonstigen, durch die Zeitverhältnisse bedingten
Schwierigkeiten, leider noch völlig aus.
Bernhard Fischer konnte bei 12 tuberkulösen, mit Menthol-
Eukalyptol-Ölinjektionen behandelten Kaninchen niemals irgendeinen
Einfluß der Injektionen auf den Verlauf. der Tuberkulose feststellen;
eine Erfahrung, die jedoch keineswegs ausschließt, daß sich die Tuber-
kulose dem Thymol gegenüber ganz anders verhalten könnte, und die.
mich von der Weiterverfolgung der an sich bestechenden Idee nicht
abgehalten hättet),
| Anlehnung an Prof. Dr. Lenzmann (4), Duisburg, der bei
intravenöser Anwendung öliger Substanzen statt unveränderten,
„nativen“ Öls sich der Ölemulsionen bedient, wurden auf meine
Veranlassung von der Firma von Heyden-Radebeul Thymolölemul-
sionen verschiedener Konzentrationen hergestellt, bei denen anstelle
von Lenzmanns Kaseosan, um jede, das Versuchsbild zu stören
geeignete, Proteinkörperwirkung auszuschließen, andere, biochemisch
indifferente Emulgentia in geringer Menge verwendet wurden, deren
Zusammensetzung zunächst Fabrikgeheimnis der Firma von Heyden
bleiben muß. (Das bei den ersten Präparaten verwendete Gummi i
arabicum wurde später weggelassen, da die damit hergestellten
Emulsionen zu dickflüssig waren und zu leicht’ „klumpten“.) Durch
die vorherige Emulgierung nimmt man der Injektion und gewollten
Embolusbildung mehr oder weniger das Zufallsmoment, an welcher
beliebigen Stelle des arteriellen Lungenkreislaufes sich ein mehr
‚oder. weniger großer, obturierender Embolus festklemmen will; dem `.
Blutkreislauf wird die Aufgabe der Zerteilung der größeren Tropien
des nativen Öls abgenommen, und wenn man einen bestimmten
, Emulsionsgrad wählt, wird man es später vielleicht in der Hand haben,
daß sich dieEmboli nur oder fast nur in den blindendigenden Gefäßchen _
in der Peripherie der Tbc.-Herde (und ev. in Endarterien!) bilden.
‘Mit diesen Emulsionen wurden 8’ Versuchstiere (Kaninchen
von 1700—2900 g Lebendgewicht) intravenös behandelt.
Versuche, bei einigen dieser Tiere durch Beeinflussung von
künstlich (auf intravenösem Wege) gesetzten Infektionsherden von
‚ Tuberkelbazillen (Typus humanus) ein Urteil über die phthiseothera-
yeutische Wirksamkeit der Thymolölemulsionen zu gewinnen, miß-
angen, da die Infektionen nicht oder nur in ganz geringem Umfange
„angingen“ (wie gewöhnlich bei Verwendung des Typus humanus beim
Kaninchen). PER :
Dagegen wurden bei diesen Versuchen Erfahrungen gemächt,
die über das Verhalten des Kaninchenkörpers und speziell der Lunge
gegen in Emulsionsform intravenös verabreichtes Thymol Aufschluß.
geben und auch Schlüsse zulassen auf ein entsprechendes Verhalten
‘des Menschen bei ev. therapeutischer Anwendung des Mittels. _
Hohe Konzentrationen von 15—10°, Thymol stellen bei Ver-
abreichung von wenig über 0,017 g Thymol. pur. pro 1000 œ Körper-
offenbar etwas schwankende Dosis letalis dar.
ewisse „Mithridatisierung”" möglich zu sein bei
| therapeutischen Anteils der Theorie mußte durch das Tierexperiment
schnellerer Folge der Dosen: einmal wurden auch 0,02 g Thymol. pur.
(in 100/,iger Emulsion) vertragen, nachdem die letzte, vorhergehende
Dosis (5°/,) nur 12 Tage zurücklag; dasselbe Tier ging 10 intra:
923 g |
injectionem zugrunde bei einer Dosis von nur 0,01 'hymol, pur.,
auf 1000 œ Körpergewicht berechnet, nachdem eine Behandlungspause
von 28 Tagen zwischen dieser letalen und der vorausgehenden In-
iektion gelegen hatte: die en war inzwischen wieder ver-
loren gegangen. — Histologisch findet man in den Organen der nach
bzw. während der Injektion von 15- und 10%/,igen Thymolölemulsionen
ad exitum gekommenen Tiere, außer einzelnen Öltröpfchen in der Leber
in den Lungenschnitten mehr oder weniger (je'nach der Anzahl und
Menge der verabreichten Injektionen) starke Infiltration der Blut-
kapillaren mit Öltropfen und -tröpfchen. Ihre. Verteilung und Größe
ist ganz unregelmäßig, wie: nach der oben angeführten, anfangs be-
nützten Herstellungsart der Emulsionen mit Gummi arabicum und daraus
sich ergebendem, ungleichmäßigem Emulsionsgrad verständlich ist; ent-
1) Nach brieflicher Mitteilung des Herrn Dr. Heinema 2
arzt. des Hospitaal Tandjong Morawa, Medan, Sumatras Da
eer mit einem meiner Thymol-Präparate den ersten Leprafall mit auf-
fälligem Erfolge intravenös behandelt: Lepra- und Tuberkelbazillen
stehen sich sehr nahe! — Veröffentlichung des Falles ist von Dr. Heine-
mann vorgesehen. i i
nn nn een ie ne
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ER Ere R a TE RE
"Mb ai aa See ed
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|
904. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
Su
u En N En En EEE ER EEE EEE EEE Er EEE Eu en EEE EEE Es EEE nr DE EEEEEEKEISRRER zu,
sprechend verhalten sich auch die sonstigen Veränderungen im histo-
logischen Lungenbefünd. Ganz regellos verteilte Bezirke mit starker
Kapillarhyperämie, und bei den einzelnen Tieren je nach der Behand-
lungsart und -dauer, etwas wechselnd häufige und starke Blutextra-
vasate ins Parenchym; daneben auch deutliche entzündliche Exsudation
in einzelnen Abschnitten. — Bei’der Lunge des oben näher bezeichneten
Tieres glaubt man, namentlich am mit Sudan. III gefärbten Präparat,
deutlich ältere und jüngere. hämorrhagische Herde unterscheiden zu
können. In den anscheinend älteren Herden finden sich Abbauprodukte
der Ölemboli, wie sie auch sonst in Form von Übergängen von typi oh
Sudan III-gefärbten Öltröpfchen. zu solchen bräunlich-schwarzer Färbung
` bis tief-schwarzen Pigmentanhäufungen (in perlschnurartiger Anordnung,
dem Verlaufe embolisierter Kapillaren folgend) gefunden werden. —
Dieser Befund von verschieden alten Infarkten widerspricht wohl nur
. scheinbar den Ausführungen von Bernh. Fischer (2), der bei seinen
Tieren stets nur’einmal Tungeninlarkte mit derartigen, gewebeschädi-
enden Ölmischungen hervorrief trotz monatelanger Behandlungsdauer:
| die von, Bernh. Fischer angenommene „Umstimmung, Anpassung,
Allergie des Organismus“ ist wohl im vorliegenden Falle durch die
lange Behandlungspause wieder verloren gegangen. _
Ohne äußerlich erkennbare Wirkung wurden stets ertragen
Thymolölemulsionen von 5 und 1°/, Thymol.. pur. (mebrfach auch
noch solche von, 10°/,, wobei einmal die Dosis mit 0,01724 pro
v =
sich hier um ein besonders kräftiges Tier). | |
Der histologische Befund der Organe eines anfangs ziemlich
schwachen (1700 g), lediglich mit 1°/,iger Emulsion behandelten Tieres
zeigt neben mehreren kleinen Tbc.-Herden in der Leber, sowie ver-
einzelten Öltröpfchen in den Blutkapillaren der Leber (ohne Hämor-
rhagien daselbst!), zahlreichste Öltröpichen in den Kapillaren der Lunge.
Eine Kapillarstauing ist in der Lunge kaum zu bemerken (das Tier
wurde 2 Tage nach der letzten Injektion durch Halsschnitt getötet und
1000 g Körpergewicht dieht bei der Dosis letalis lag: es handelte
kam ausgeblutet zur Sektion); dagegen fleckweise mäßig starke Blut- .
extravasate, die jedoch deutlich geringer sind, als bei den mit 15- und
100%/,iger Emulsion behandelten Tieren. — Obgleich auch hier eine
lange Behandlungspause (67 Tage) zwischen den ersten und letzten In-
jektionen lag, konnten verschieden alte Hämorrhagien nicht nachge-
wiesen werden, wohl weil die zuerst aufgetretenen, bei ihrer Kleinheit
(infolge Verwendung von nur 1°/,iger Emulsion!) und der langen Be-
handlungspause inzwischen resorbiert worden waren. |
Man kann bei Vergleich der histologischen Lungenbefunde die
Richtigkeit der Auffassung von Bernhard Fischer (2) gegenüber
der von Lepehne (3) über die Ursache der Entstehung der Lungen-
blutungen erkennen: das, letzterwähnte, mit nur 1°/,iger Emulsion
behandelte Tier zeigte, wie gesagt, viel geringere Extravasate, als
die mit-15 und 10°/,igen Emulsionen behandelten, während es
doch, obgleich wenigstens zu Behandlungsbeginn viel schwächer als
diese, im ganzen ein bei weitem größeres, absolutes Emulsions-
volumen erhalten hatte: (2,6 ccm gegen 0,55 ccm bzw. gegen
1,9 ccm): daraus folgt, daß der medikamentöse Zusatz mindestens
in viel höherem Grade für die Stärke der Blutaustritte in den Lungen
verantwortlich zu machen ist, als die Emulsion bzw. das indifferente,
rein mechanisch wirkende Olivenöl als solches. j
Bernhard Fischer (2) schreibt: „Es ist selbstverständlich, daß
man jedes Tier und jeden Menschen durch Fett- oder Ölembolie um-
bringen kann, wenn man die nötigen Dosen nimmt. Bei richtiger Do-
sierung ist aber die Ölembolie ungefährlich, und Dosen von 0,2 ccm je
Kilogramm, die schon an die gefährliche Dosis nahe heranreichen, kommen
bei Menschen überhaupt nicht in Frage.“ — Um zu beweisen, daß
nicht das mechanisch wirkende, indifferente Ol. Olivarum die Haupt-
ursache der Blutextravasate in der Lunge sei, sondern seine Mischung
mit dem differenten Thymol, wurde einem 1700 g schweren (frischen!)
Tiere die (nach dem Prozentgehalt [30°%/,] an Ol. Olivarum bereits
Bernh. Fischers „gefährlicher Dosis“ sehr, nahestehende) Menge von
1,0 ccm der diesmal ohne jeden "Thymolzusatz hergestellten Emulsion
Injektion unter langdauernden, klonischen Zuckungen. — Histologisch
.in den Lungenschnitten massenhafte, ziemlich gleichmäßige Infiltration
der Kapillaren mit kleinen bis kleinsten Öltröpfehen; nur mäßig zahl-
reiche und wenig mächtige Blutaustritte aus den Kapillaren, und nur
in unmittelbarer Nachbarschaft der Ölemboli nachweisbar; mäßige
Stauungshyperämie; die Wände größerer, arterieller Gefäße stark kon-
trahiert. Am Herzen dagegen starke und zahlreiche, subendotheliale
und intramuskuläre Blutungen, nur mäßig zahlreiche Öltröpfchen in
den entsprechenden Trabekelgefäßen. — Mit Bernhard Fischer (2)
nehme ich an, daß die Blutungen am Herzen auf Stauung beruhen (und
vielleicht auch auf Rupturen am Gefäß-Muskelapparat des Herzens in-
folge seiner plötzlichen, ungeheuren Überbelastung' zwecks Überwindung
der Kapillarstenosen in der Lunge!): die von Bernhard Fischer (2)
angegebene „gefährliche Dosis“ (von 0,2ccm je Kilogramm) war für dieses
schwächliche Tier bereits überschritten, obgleich es relativ nur 0,176 cem
Ol.Olivarum je Kilogramm in der iinjizierten Emulsionsmenge erhalten hatte,
Zieht man aus Bernhard Fischers und meinen vorstehend
wiedergegebenen Befunden zusammenfassende Schlußfolge-
rungen für das weitere praktische Vorgehen im‘ Tierversuch bzw.
ev. in der klinischen Prüfung am Menschen. (denn letztere allein ist
die praktisch aussehlaggebende Prüfung, besonders eines Tuberkulose-
mittels!), so ergibt sich. folgendes: Beginn der Verabreichung an .
noch: möglichst kräftige (fieberfreie), lungentuberkulöse Individuen
mit kleiner Dosis, sowohl bezüglich des absoluten Emulsions-
volumens, als auch Prozentgehaltes an Thymol: etwa 0,5 cem 1°/,
für einen etwa 50 kg schweren Menschen (ich habe mir im Selbst-
versuch, bei etwa 75 kg Körpergewicht, langsam 0,7 ccm einer
die Injektion zu beziehende, Folgen bemerkt). — Abdklingenlassen
etwaiger Reaktionserscheinungen; dann, ev. nach 4—7 Tagen,
wiederum die gleiche Dosis. Erneute, etwa nach der ersten Injektion
aufgetretene, blutige Beimengungen im Sputum werden, nach den
jetzt kaum wieder zu erwarten sein, da es bei nicht allzu großer
Zwischenpause zwischen den einzelnen Injektionen nur bei der ersten
Injektion zu Blutaustritten in der Lunge kommt. — Weiterbehandlung
in gleichen Abständen mit vorsichtig gesteigerter Dosierung. Es
dürfte sich jedoch empfehlen, höhere Konzentrationen (etwa über
20/, Thymol. pur.) vorerst lieber zu meiden; auf das Gesamtgewicht
Thymol. pur. je Kilogramm als sehr klein; auf das Gewicht der
allein für ihre Wirksamkeit (gemäß der gewollten Embolisierung der
Lungengefäßchen!) in Betracht kommenden Lunge (Normalgewicht:
1,0—1,3 kg!) berechnet, sind sie nicht unbeträchtlich. — Der ur-
sprünglich geplante Zusatz eines granulationsfördernden Mittels, etwa
von Ol. Terebinthinae, erscheint als überflüssig: eine im Selbst-
versuch unter die Haut. des Unterarmes gespritzte, geringe Menge
(0,1 cem) der 2°/,igen Emulsion ‚verursachte ziemlich starke,
7—8 cm breite, reaktive „Hof“bildung, und hat eine noch nach
31/, Monaten fühlbare, subkutane Schwiele hinterlassen; die —
mutatis mutandis — entsprechende Wirkung im Lungengewebe
| vorausgesetzt, dürfte also das Thymol auch zur Förderung der
Bindegewebsentwicklung am Tbc.-Herd dienen können.?)
Literatur: 1. Heinz, Neue Arzneimittelgruppen. Jahreskurse f. ärztl.
Fortbild. 1921, Augustiheft. — 2. Bernh. Fischer, M.m.W. 1922, Nr. 22, S. 814. —
8. Lepehne, Klin. Wschr. 1922, Nr.14, S.670. — 4. Lenzmann u.a, Ther. à.
Gegenw. 1922, August. — 5. Tappeiner, Arzneimittellehre. 11. Aufl, S.165. —
] 6. W.Hüper, M. KI 1922, Nr. 12, S. 378,
2) Die mikroskopischen Untersuchungen wurden im Pathologischen
Institut des Friedrichstädter Krankenhauses in Dresden vorgenommen,
die Präparate von Herrn Geh.-Rat Schmorl kontrolliert.
` Pharmazeutische Präparate. . | E
Albroman. Isopropylbromacetylcarbamid. Sedativum und Hypnotikum. — | Helminai. Unter besonderen Kautelen aus einer Alge der Gattung Digenea
Indikationen: Als Sedativum: Neurasthenie, Hysterie, Herzneurose,
durch Arteriosklerose verursachte nervöse Symptome, Sexual-Neur-
asthenie, Alkoholismus. In der Gynäkologie: BReflexneurosen, bei
Gravidität und Klimakterium vorkommende Reizbarkeit, Hyperästhesie
. usw. — Als Hypnotikum nach Angabe der Fabrik vorzüglich ge-
eignet zur Bekämpfung von Schlaflosigkeit, welche. durch Erregungs-
zustände des Nervensystems, Erschöpfung und Neurose verursacht
ist. — Dosierung: Als Sedativum täglich dreimal "je 1—2 Tabl,
als Hypnotikum 3—4 Tabl. vor dem Schlafengehen, bei Schwitzen,
Pruritus und zur Beruhigung von Erektionen 3—4 Tabl. Für Säug-
linge 0,05—0,10/g, 2—3jährigen Kindern 0,10—0,25 g.
Hersteller: „Chinoin“-Fabrik, Wien L. -
gewonnenes Trockenextrakt. Nach Angabe der Fabrik ein sicher
wirkendes und auch für Kinder völlig gefahrloses Wurmmittel, das
besonders an Stelle des Santonins zur Bekämpfung der Spulwürmer-
plage angezeigt sein soll, aber auch bei Oxyuriasis. mit Erfolg ver-
wandt wird. — Gebrauchsformen und Anwendung: Das
Helminal wird in Form von Tabletten (Helminal-Wurmtabletten,
Originalpackung zu 20 und 50 Stück) abgegeben. Die Tabletten
sollen unzerkaut mit Wasser oder Tee geschluckt werden. Kindern
kann man sie unschwer mit etwas Brei oder etwas Obstmus verab-
folgen. Man gibt gewöhnlich 3 mal täglich 1 Tablette. Eine weitere
Anwendungsform, die sich für die Kinderpraxis sehr gut eignet, sind
die Helminal-Wurmkügelchen (Helminal-Granulat), von denen 3 mal
29. Juni
langsam in die Ohrvene injiziert: Exitus etwa 1 Minute nach beendigter
2°/,igen Emulsion intravenös beigebracht und keinerlei, sicher auf
Ausführungen Bernhard Fischers und meinen eigenen Befunden,
des Körpers berechnet erscheinen ja Mengen von 0,0015—0,0025
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Eng BT J ki g A nl a a 7 A $ 3 B ha
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gioh ein schwácher Teelöffel voll, ebenfalls mit Flüssigkeit! oder
: breiförmigen Speisen, gegeben wird, ` > — |
': Hersteller: E. Merck, Darmstadt,
Nagoil, Soll nach den Angaben der Fabrik .ein dem Sublimat . gleich- |
<o = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK. Nri26.
_ und Instrumentendesinfektion. — Dosierung: Eine Dosis — zweierlei
Tabletten — (1 Tabl. Natr. hydrocarb. + 1 Tabl: Magn. hypochlor.)
ergibt in 1/,—1 Liter Wasser t,- bzw. 1/2°/oige Lösung.. Das Sedi-
ment wird in der Flüssigkeit belassen; — Im Verkehr: Original-
rangen
..
nad
-= Wertiges, ungiftiges Antiseptikum sein, seine Wirkung auf der keim-
“ s'ttenden Kraft des aus dem basischen Magnesiumhypochlorit frei-
“werdenden Chlors beruhen. Sowohl das Magnol in Pulver als auch:
‚seine Lösungen sind chemisch stabil und von beständiger Zusammen-
“setzung. — Indikationen: Händedesinfektion, Mundwasser, Hals-
` spülungen, Wundbehandlung, für geburtshilflichen Gebrauch, Wäsche-
röhrehen zu 10 Dosen und in Pulverform für die Rezeptur. — (Das
‘Mittel wird nach Angabe der Hersteller vom chemischen und bakterio-
logischen Laboratorium. der hygienischen Untersuchungsanstalt. des
_ Volksgesundheitsamtes Wien: ‚sowie des Hygienischen Institutes der
Universität Wien überprüft und begutachtet.) . Cai
Hersteller: „Chinoin“-Fabrik, Wien I.. .
St
= Referatenteil
| . unter besonderer Mitwirkung von, = Be; De en u ee Wro
E ‚Prof, Dr.C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. B.Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L, Freun d, Wien. (Röntgenologie), ‘Prof. Dr. H. Gerh artz,
Bonn a. Rb. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstaßsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Ratb
‚ Pro,Dr,Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holtelder, Frankfurt. a. M. (Strahlentherapie), Prof, Dr; P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. 'gerichtl.
- Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof.‘ Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilte), Prof. ‘Dr. O.Nordmann, .Berlin-:
. Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R. Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S. Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u.. Geschlechtskrank- -
heiten), Prof. Dr. Riet
|
N
schel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische:Psyche-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), u
geleitet von Dr. Walter Wolii, dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.. l
also. mit einem gewissen Recht sagen, daß nur 2/;. der‘ Karzinome
richtig diagnostiziert werden, und es erübrigt sich: darüber noch zu
reden, ob die Karzinomdiagnose, die nachweislich mit 32,44 %/, Fehlern
belastet ist, so rechtzeitig erfolgt, daß es noch gelingt, den Menschen
zu retten. Bei dem heutigen Stand der Diagnostik muß das für viele
Sammelreierat. |
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Über Krebs und Krebsbehandlung.
Von Ober-Reg.-Med.-Rat Dr. Otto Strauß, Berlin.
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-Seit ich das letzte Mal über dieses Thema berichtet habe, ist | Karzinome verneint werden. Höchstens das Mammakarzinom und i4 o
mere Betrachtung wenigstens nach der statistischen Seite ge- | die Gebärmutterkrebse bilden darin eine Ausnahme. ' SER En
- fördert worden. Unsere bisherige Krebsstatistik endete mit dem |. _ Einen ‚größeren Umfang nehmen ‚in der neuesten Krebsliteratur. | SA ATIE ana ul
„Jahre 1913. Wir hatten damals 54253 Krebstodesfälle (8,2. auf die Erörterungen “über die Atiologie ein. Zweifellos sind: wir ` iin Amen uhr hl e
‚10000 Lebende). Seitdem sind uns amtliche Ziffern nicht mehr | heute etwas besser in der Lage, uns über die Entstehung des Kar- u mn... o AREA
.bekannt gegeben worden. Es war. nun ein außerordentliches | ZInoms ein Urteil zu bilden als ehedem. Allerdings ist von den be- EANGI Ver elite h
' Verdienst von Lubarsch, eine umfassende Statistik für das | stehenden Krebstheorien keine: einzige imstande, . die Krebsent- Urt AAN EN
‚Jähr.1920 aufgestellt zu haben. Wir entnehmen daraus, daß 1920 | stehung restlos aufzuklären. Weder die alte Cohnheimsche Lehre © En
52476 Menschen an Karzinom verstorben sind. Unter Berücksich- | von den versprengten Keimen, noch Ehrlichs atreptische Immu- alien det
figung unserer Verminderung der Einwohnerzahl bedeutet das | nität, nicht der Anaplasiebegriff Hansemanns, nicht BoverisChro- us GEST
“ene Steigerung der Karzinomziffer. Sie ist von 8,2 auf 8,7 | mosomendefizit, nicht der Micrococcus neoformans von’ Doyen, nicht | RE ER ES EAE L SER
f 10000 Lebende gestiegen. Das sind diese kleinen, aber fort- | die Blastomyzeten von Sanfelice, nicht der Demodex folliculorum . de o
gesetzt zu beobachtenden Zunahmen, von denen man nie weiß, ob Borrels haben uns.in dieser Beziehung gefördert?). Wir wissen nur, | ‘l MORE
Se auf Rechnung einer Vermehrung der Erkrankung oder auf ‘daß. der Krebs durch gewisse Schädigungen entstehen kann, nicht. % Beläge soi
de verbesserte Diagnostik zurückzuführen sind. Unsere Krebs- | aber entstehen muß. Exogene Faktoren können für das Ent- Eh
fer entspricht ungefähr der Krebssterbezahl der Vereinigten Staaten. | Stehen des Karzinoms bedeutungsvoll werden. Historisch bekannt ist en ET
_ Dort kamen 1922 80 938 Krebstodesfälle vor, auf 10000 Lebende der Schonsteinfegerkrebs Potts und der Pfeifenkrebs, heute kennen ICE SDR
kamen 1921 8,60, 1922 8,689 Krebstodesfälle. Sehr interessant ist | wir noch. eine Reihe von Schädigungen, die. den Krebs verursachen |
in STOA
„in diesem Zusammenhang die Frage, in’ welcher Verfassung das
Karzinom beim Lebenden in ärztliche Behandlung kommt.
Auf Grund einer Zusammenstellung teilt Fritz König mit, daß das
Karzinom der Haut, der Lippe, der Zunge, der Mamma, des
Magens und des Rektum in 71,11 %/,, 100 99, 81,82 °/o, 89,18 %/o,
können (Anilin- und Paraffinkrebs, Mundhöhlenkrebs der Betelnuß- ` NR ER rE SE paniy
kauer, das Röntgenkarzinom, sowie die experimentell erzeugten Kar- ESCHER,
zinome durch Teer, der Spiropterenkrebs Fibigers, die. Schnee-
berger ‚Bergkrankheit, das Zystizerkussarkom : von Bullock und
Curtis), Hier entsteht das Karzinom auf Grundlage einer dauernd ae
0450, und 37,5 o/, operabel in ärztliche Hand gelangt. In- einwirkenden exogenen Schädigung. Man hat hieraus auch schon ` Ir Mi
~ perabel ist das Hautkarzinom in 28 %/,, Lippenkarzinom | die Konsequenz gezogen und gesagt:..das Karzinom ist eine Schä- pitin
j d 17,28 %/,, Mammakarzinom in 10,87 ofa Magenkarzinom in | digungskrankheit, die beim Menschen: die Organe befällt, die : riaa a
89,46 %/,, Rektumkarzinom in 62.5 ofo. Überraschend sind diese | besonderen Insulten ausgesetzt sind. Das ist beim. Mann der Ver- Ep AG 7
Königschen Angaben nicht. : Im Gegenteil “man: müßte sich beim. dauungsschlauch, 5 bei. der Frau der Genitalapparat. Das | DR: ee
Moperablen Magenkarzinom noch. auf eine höhere Zahl ge- ist jedoch, nur mit Einschränkung. richtig. . Dem gegenüber betont. | a ER
It machen. Wahrhaft erschreckend ist das Ergebnis unserer bis- Westenhöfer, daß das Wesen der Geschwulst in ihrer Zelle selbst bene,
herigen Karzinomdiagnostik. Schon aus der bisherigen Lite- | liegt. ‘Die Zelle hat sich von Beginn des Lebens gewisse Eigen- UE R,
atur ging das zur Genüge hervor. Fehldiagnosen: spielen eine schaften latent aufbewahrt, die sie befähigt nicht nur zu wachsen, Eher,
Mr dr Rolle. Rieschelmann beziffert die Fehldiagnosen auf | was Ja jede Zelle kann, sondern ihrem. eigenen Mutterorganismus Sal, i
o Nystroem | | i Tefek,
mf 19,6%,
Grand von 19 : | $ NTEN DR
dellt. Doch Ae Sektionen 21,08 %/, Fehldiagnosen dabei fèstge
dnt as sind alles verhältnismäßig kleine Statistiken. Bei
rsten umf
barsch verda
ach in h eichlich größere Rolle spielt, als.man sie bis jetzt
mri estorientierten Kreisen annehmen mußte. S
` mneren Organe beträgt sie 32,44 0/,, beim. Lungenkarzinom so-
auf 16,3 %/,, Petzold auf 11,2 %/,, Hoffmann
gegenüber, als: parasitäres. Wesen aufzutreten. -
Neuerdings haben v. Berenesey und v. Wolff auf
assenden Statistik aus neuerer Zeit, wie wir sie Lu-
| nken, kann man ersehen, daß die Fehldiagnose noch
‚ eine unvergl
‚Westenhöfer ist sicher. im Recht;. wenn er das K
Bei Karzinom | : |
a ‚als ein konstitutionelles ansieht. Ich selbst hab
ge tare zutreten. , Dieser neuerdings
wieder von Westenhöfer vertretenen, aber scho
gesprochenen. Auffassung tritt Benda entgegen, indem er ausführt,
‚daß, selbst die Zellen bösartigster Karzinome. nicht nur den Zell-
. charakter des Wirtes beibehalten, ‚sondern so
des Organs, dem sie entstammen, bewahren können.
richtige Einwand von. Benda trifft nicht den Wesenspunkt und
n lange früher aus-
gar. den, Gewebscharakter `
Der an sich ja
rebsproblem `
| | e leht, L bst habe schon in ver-
| m 3%. Sehr wertvoll ergänzt werden diese Angaben Lubarschs | gangener Zeit das Karzinom. als ein Leiden bezeichnet, für das eine
jr die erwähnte Statistik von v. Berenecsy und v. Wolff, chromomere Eigenheit. die Prädisposition schafft. . Es ist. ja
„ach welcher das primäre Leberkarzinom: beim Mann in 38 °/o, .° 1 Ann on
e ] ‚ e °
aa Frau in 23 0o das Pankreaskarzinom ‘beim Mann in
98%, bei der Frau in 29 |
o bei der Frau in
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LOREN
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' und Paula Meyer,
. und Sarkomen |
‚ suchstieren Geschwulstbildungen maligne
%/,.das Diekdarmkarzinom beim Mann
47,2 0/, nicht erkannt: wurde. Man kann.
1) Anmerkung bei der Korrektur: Blumenthal
l. W., 1924, Nr. 25, S, 1114) haben in re
arasiten nachgewiesen, die
r Art hervorriefen,
i
bei Pflanzen und Ver-
BF.
kig
90 00.0.1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
"allerdings. nur ‘schwer verstehbar, daß ein in der Erbanlage bé- |!gesetzt werden: können mit den eigentlichen prinzipiellen Eingangs-
'sätzen.) Prüfen wir nun die Bauerschen Forderungen in Verbindung
. mit seiner Theorie kritisch durch, so ist. es zutreffend, daß die Ober-
filächenspannungsverminderung nicht auf ‘die Gewebszelle .
‚selbst, sondern .auf die Umgebung wirkt. Es trifft ferner zu, daß,
„wenn die Oberflächenspannung der Gewebsflüssigkeit bis zu einem
‚gewissen Grad herabgesetzt wird, die. die Gewebszellen zusammen-
haltende Kraft abnimmt und es tatsächlich zu einer Isolation der
‚Zelle. kommt.. Was die dritte Forderung betrifft, daß die Ober-
-:flächenspannungsverminderung die Zellproliferation ‚steigert, so muß
. sie erst noch bewiesen werden. Bauer hat diese Feststellung durch -
gründeter verstärkter Wuchstrieb sich 40—50 Jahre lang latent er-
halten kann, ohne vom Assimilierungsprozeß des Organismus endlich
überwunden zu werden. . Indessen nimmt unsere ganze Entwicklungs-.
geschichte es als feststehend an, daß das Idioplasma seine Grundlage
‘ unverändert beibehält und hierauf gestützt begründete ich meine
Annahme einer konstitütionellen Ursache der Krebsentstehung. Es
kommt dadurch zu einer Verstärkung des formativen . Wachs-.
tumstriebs.: Daneben. spielt noch eine Abschwächung hormo-
...naler Hemmungswirkungen eine bedeutsame Rolle In. Über-
einstimmung damit sagt J. Paulsen „ich sebe als’ endogenen.
Faktor das lokalisierte Versagen des hormonalen Schutzes
an, der die Körpergewebe und die Zellen im Verbande und im
Gleichgewicht erhält“. Gleich mir bemißt auch Paulsen hormo-
nalen Einflüssen eine hohe Bedeutung für die Krebsentstehung bei.
- Natürlich sind diese endogenen Faktoren nicht allein entschei-
dend, es kommen noch exogene Einwirkungen (Schädigungen) dazu.
Welche von beiden Faktoren, die Schädigung oder.das Versagen
des endokrinen Schutzes, die größere Rolle spielt, ist selbst-
verständlich nicht zu entscheiden. Mit Recht sagt daher J. Paulsen
„grundsätzlich müssen wir annehmen, daB es auch eine ererbte Dis-
: position einzelner Zellen und Organe zu Idiovariationen gibt, wie
- wir eine ererbte Schwäche der endokrinen Drüsen als disponierend
angenommen haben. Jedenfalls aber ist der schützende Einfluß der
Hormone sehr wesentlich; sonst müßten wir im jugendlichen Alter |
'. und in der Blüte des Lebens, wo alle Lebensvorgänge schneller und
energischer vor sich ‚gehen, eine größere Anzahl von Krebsfällen
finden als im Alter. Alle ausgesprochen familiären, also erblichen
Fälle sehe ich in erster Linie als bedingt durch ererbte Minder-
wertigkeit der endogenen Drüsen an“. Es ist der Schluß
naheliegend, daß schädigende Einflüsse auf eine phylogene-
tisch minderwertige Erbplasmamasse stärker einwirken und
schneller eine Karzinombildung auszulösen vermögen als das
bei integraler Beschaffenheit des Zellmaterials der Fall ist.
In diesem Sinne sind auch die Ausführungen von Lenz zu deuten.
Einen neuen Gesichtspunkt in die ganze Frage der Krebs-
ätiologie trug nun E. Bauer hinein, indem er auf die Bedeutung
der Oberflächenspannung für die Karzinomentstehung hinwies.
Bauer hat hierin Vorgänger gehabt und es ist — soweit ich die
Literatur übersehen kann — als erster Ferdinand Blumenthal
gewesen, der im Verein mit J. Traube darauf aufmerksam gemacht
hat, daß die Oberflächenspannung des Magensafts beim
Magenkarzinom erniedrigt ist. Die langzurückliegenden Fest-
stellungen von J. Traube und Blumenthal sind nicht genügend
beachtet worden. Seit nun die Arztewelt sich mehr und mehr mit
den Erfahrungen der physikalischen Chemie befaßt, seit Ober-
flächenspannung, Viskosität, Wasserstoffionenkonzentration, Schutz-
kolloide, Puffersysteme usw. Einzug in den Gedankengang der
Mediziner gefunden haben, war es selbstverständlich, daß man sich
mit diesen grundlegenden Fragen auch bei der Erörterung der
Krebsätiologie befaßt. Auf der Naturforscherversammlung in Leipzig
(1922) machte nun E. Bauer darauf aufmerksam, daß bei der
Oberflächenspannungsverminderung eine Beschleunigung
_ der Zellteilung eintritt. Diese setzt Bauer nun in Zusammenhang
- mit der Krebsätiologie. Er stellt den Satz auf, daß die Geschwulst-
bildung durch die Störung eines durch Gewebs- bzw. Zellzerfall
bedingten regulatorischen Anpassungsvorgangs — der Regeneration —
bedingt wird. Diese Störung besteht darin, daß die bei der Re-
generation sich bildenden neuen, noch indifferenten Zellen nicht
dem regulatorischen Einfluß der Umgebung unterliegen, wie das
bei der ungestörten Regeneration der Fall ist, woselbst keine Diffe-
renzierung eintritt. Die Zellen erlangen jetzt eine gewisse Selb-
ständigkeit der Umgebung gegenüber und es kommt zur Ge-
schwulstbildung. Bauer stellt nun auf Grund dieser Hypothese
fünf Forderungen. auf, denen die Entstehungsbedingung des Karzi-
~ noms entsprechen muß. Es handelt sich 1. um einen Faktor, der
auf die Umgebung der Zelle einwirken muß. 2. Der Faktor muß
die Eigenschaft besitzen, den regulatorischen Einfluß der um-
gebenden Zellen zu vermindern, also eine Isolation der
Zelle herbeiführen. 3. Der Faktor muß die Proliferation be-
günstigen; 4. er muß sämtlichen karzinomerzeugenden
Umständen gemeinsam sein; 5. er muß überall nachgewiesen
werden, wo es sich um das Auftreten des Karzinoms handelt. (Hier
. erscheint mir die logische Deduktion anfechtbar. Die Forderung
1—3 sind wirkliche Postulate, die Forderung 4 und 5 sind Folge-
rungen, die an sich ja zutreffend sind, die aber nicht in Parallele
7 r
[2 .
Experimente auch zu erbringen gesucht. Er hat Askarideneiern
das oberflächenaktive Tributyrin zugesetzt und nun beobachtet, daß.
sich jetzt die Teilung bedeutend rascher vollzog. Es liegen ferner
Versuche darüber vor, daß die Regenerationswirkung durch Ober-
flächenspannung herabsetzende Mittel wie Na-Taurocholat, Na-Glyko-
cholat und Chinin beschleunigt wird. Auch glaubt sich Bauer zu
dem Schluß berechtigt, daß die Wirkung der bekannten Haber- -
landtschen Wundhormone auch lediglich auf ihrer” Oberflächen-
‚aktivität beruht. Das Ergebnis der bisherigen Untersuchungsergeb-
nisse Bauers läßt sich in diesem Punkte dahin zusammenfassen,
daß gewisse’ chemische Körper die Zellproliferation steigern und
daß diese chemischen Körper die Oberflächenspannung' herabsetzen.
Die Schlußfolgerung, daß die Verminderung der Oberflächenspannung
die Ursache der vermehrten Zellproliferation bildet, ist nach meiner .
Ansicht noch nicht genügend experimentell erwiesen. Dazu scheint
mir das mitgeteilte Untersuchungsmaterial nicht groß genug. Ich
verkenne dabei nicht, daß die Feststellungen von Rostock, nach
denen Milchsäurezusatz die Virulenz der Mäuseimpftumoren
steigert unter Berücksichtigung der oberflächenspannungherab-
setzenden Wirkung der Milchsäure durchaus im Sinne der Bauer-
schen Theorie sprechen. . Auch die Bekundungen von Kagan, sowie
von Duncan und, Currie, nach denen man annehmen muß, daß
der Gewebssaft Krebskranker eine geringere Oberflächen- _
spannung besitzt als der der gesunden Menschen, läßt sich
zur Stütze der Bauerschen Auffassung heranziehen. Minder be-
weiskräftig ist der Hinweis, daß gewisse anorganische Salze,
deren Kationen eine Erhöhung der Oberflächenspannung bewirken
(Magnesium, Kalzium), die Karzinomentwicklung hemmen.
Ob wirklich ein solcher hemmender Einfluß fesisteht, scheint mir
nicht erwiesen. Ebensowenig ist es angängig, aus der Tatsache,
daß das Blut der Erysipelatösen eine Erhöhüng der Oberflächen-
spannung aufweist, irgend etwas zu folgern, denn die antikarzino- °
matöse Wirkung des Erysipels ist doch auch nur eine problematische. .
In diesem Sinne kann man den von Bauer angestrebten Beweis
nicht als bis zur Evidenz erbracht sehen. Alle diese kritischen
Bemerkungen sollen indessen den Wert der Bauerschen Mitteilung
nicht herabmindern. Bauer hat das große Verdienst, einen neuen
Gedanken in das so viel erörterte Kapitel der Krebsätiologie hinein-
getragen zu haben, und ich zweifle gar nicht, daß die Verminderung
der Oberflächenspannung ein bedeutsamer Faktor für die Krebsent-
stehung bildet. Vielleicht erscheint die ganze Frage der Schädigung.
durch chemische Einflüsse hierdurch ‘in einem neuen Licht. Es ist
das aber nur bis jetzt als wahrscheinlich, nicht als. absolut erwiesen
anzusehen. Mit Recht sagt Ferdinand Blumenthal, daß das
Gemeinsame aller dieser bis jetzt durch Teer, Milchsäure, ölsaures
Natron und andere Stoffe bewirkten Schädigungen nur die Tumor-
bildung ist. Bösartig braucht diese Neubildung noch . nicht
zu sein. Auch pflichte ich darin Blumenthal völlig bei, wenn
er der Verminderung der Öberflächenspannung eine große Be-
. deutung. für Entwicklung und Wachstum des Karzinoms beimißt,
nicht aber hierin die Ursache der bösartigen Geschwulst erblickt.
Vor allem sagt uns die Theorie Bauers über das Malignitäts-
problem nichts, wenigstens nichts zurzeit. Inwieweit, spälere Ar-.
beiten Bauers uns hierin noch weitere Aufschlüsse. geben, bleibt
abzuwarten. Auf jeden Fall aber handelt.es sich um eine achtung-.
gebietende Forschung, an der niemand vorübergehen darf, der sich
mit der Krebsätiologie befaßt. Auf sie das gebührende ‚Interesse.
zu lenken, ist die Aufgabe dieser eingehenden Betrachtung.
In allen Erörterungen über die Entstehung des Karzinoms
hat bis dahin immer die Krebszelle im Mittelpunkt gestanden.
Es handelt sich hier um jene ‚Zelle, die man als den Ausgangs-
. punkt des: ganzen Leidens ansieht, jene Zelle, in der sich ‚zuerst. -
die Albumine auf Kosten der Globuline vermehren, in der Alanin
und Glutaminsäure auftritt, die schrankenloses Wachstum zeigt.
Als das Wesen der Tumorgenese sah man aber immer einen Vor-
29. Juni
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29. Juni . | |
sang an, der von der Zelle selbst den Ausgang nimmt. Die
Artänderung der Zelle, ihre Mutation, macht sie zur Tumor-
zelle (E. Schwarz). Meine eigene Auffassung hat hiermit stets
-in einem gewissen Widerspruch gestanden. Ich habe früher schon
— meines Wissens als erster — den Gedanken ausgesprochen, daß
. diese Zelle wohl den Beginn des Leidens, nicht aber seine Ur-
sache darstellt. Meine damaligen Ausführungen wurden zwar sonst
vielfach kritisch erörtert, gerade in diesem Punkt aber nirgends
erwähnt. Es ist für mich daher umso erfreulicher, daß heute ähn-
liche Gedankengänge — unabhängig von meinen. Ausführungen —
auch von anderer Seite ausgesprochen werden. So ist Opitz?) der
Ansicht, daß. die Krebszelle selbst gär nicht das Wesen des
Karzinoms darstellt. Wir sehen an ihr nur zuerst die Er-
_ scheinungen der Krankheit. In einer ausgezeichneten: Be-
trachtung der biologischen Eigenschalten der Krebszelle wirft Roda
Erdmann die Fragestellung auf: „Welche Stoffe bewirken nun im
Körper das hemmungslose Wachstum der Krebszelle? Sind
diese Stoffe primär vorher vorhanden, ehe die Zelle wachsen kann,
oder erzeugt die Krebszelle, ehe sie Krebszeile wurde, diese Stoffe
selbst? Aus meinen Versuchen geht hervor, daß das Stroma diese
Stoffe besitzt und daß die Bindegewebszellen des neuen Wirts
später diese Stoffe erzeugen müssen. Ich scheue mich nicht,
anzunehmen, daß die Stromazelle. der Träger des Agens ist,
das dann bei Rückverimpfung in den normalen Bindegewebszellen
‚sich weiter entwickelt.“ Denselben Gedankengang vertritt F.Blumen-
thal: „Wir haben es beim Wachstum der -Tumorgewebe mit zwei
Faktoren zu tun; der eine liegt im Tumorgewebe selbst, der zweite
im Wirtstier (Blumenthal exemplifiziert nun auf die Arbeiten
von Fischer im Rockefeller-Institut und Drew im Londoner Krebs-
institut, die erweisen, daß Epithelzellen im Explantat erst nach Zu-
satz von Bindegewebszellen diejenigen Eigenschaften annehmen, die
für sie charakteristisch sind, d. h. zu drüsigen Gebilden auswachsen).
Daraus folgt, daß die Krebsepithelzellen an und für sich noch
nicht das autonome Wachstum besitzen, sondern daß dieses ab-
hängig ist von einer physiologischen Symbiose mit den
Stromazellen. Das autonome Wachstum kommt also dem Krebs-
gewebe zu, aber nicht den Krebsepithelzellen, während die
Sarkomzellen dieses Wachstum besitzen, weil sie aus dem Binde-
gewebe hervorgegangen sind, in dem der Wuchsstoff bereits vor-
handen ist,“ |
Wir können aus diesem Widerstreit der Ansichten über das
Wesen der Krebsätiologie entnehmen, daß nichts mehr von alledem,
was man bisher als feststehend ansah, mit der fortschreitenden
Betrachtung “dieses Gegenstands unangefochten bestehen bleibt.
Zwischen Pathologen und den biologischen Forschern klaffen
unüberbrückbare Gegensätze. Sicherlich ist das eine unbe-.
sireitbar. Auf Grundlage der reinen pathologisch-anatomi-
schen Betrachtung ist das Krebsentstehungsproblem nicht
gelöst worden. Die Pathologie konnte uns nur unterrichten über
das bereits vorhandene Karzinom. Schon bei den präkarzinösen
Zuständen begannen ihre Grenzen. Die biologische Forschung ist
hierin glücklicher gewesen. Indessen wäre es verfrüht, ihre For-
‘ sehungsergebnisse heute schon all gemein zu akzeptieren. Das Kar-
zinom ist eine konstitutionelle Erkrankung und mit vollem
Recht sagt Westenhöfer: „Die Wurzeln der Konstitution be-
ginnen da, wo auch die Wurzeln des Lebens beginnen.“ Ohne
angeborene, vielleicht auch ererbte Eigenschaften kommt es
nicht zur Entwicklung eines Karzinoms, wenn man von ver-
schiedenen in ihrer Ätiologie ganz unzweifelhaft feststehenden Haut-
arzinomen absieht. In diesem Sinne sprechen auch die von mir
schon früher an dieser Stelle zitierten Arbeiten von Maud Slye
und Leo Löb, deren mangelhafte Beachtung in Deutschland schon
ölter beklagt wurde. Aber nicht die angeborene Anlage allein
führt zum Krebs, wenigstens muß sie allein nicht dazu führen.
Daneben kommen noch die bekannten exogenen Faktoren in Be-
tracht und ich erblicke in der verminderten Oberflächen-
spannung einen Umstand, der sehr wohl geeignet erscheint, die
Krebsentwicklung — auf Grund angeborener Anlage — zu be-
günstigen, Ganz in -diesem von mir stets vertretenen Sinne
äußert sich neuerdings auf Grund experimenteller Studien B. Lipp-
Tm—
°) Anmerkung bei der Korrektur: Die hochinteressanten
Ausführungen von Opitz waren bei der Niederschrift dieser Arbeit
Hi nicht im Druck erschienen. Nach dem mir inzwischen zugäng-
icù gemachten Manuskript sagt Opitz, daß Epithel und Binde-
nn. e eine biologische Einheit bilden, in der‘aber im Gegen-
aiz zur Norm die Epithelzellen das Übergewicht haben.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
zu spalten vermögen.
nom begünstigt oder nicht.
907.
schütz. Lippschütz sagt: „Für die Genese des Teerkarzinoms |
der Haut der Maus scheint. mir die synergetische Wirkung des
kausal wichtigen endogenen Faktors (eigenartiger, experimentell
'erzeugter allgemeiner Krankheitszustand des Organismus infolge
chronischer Teervergifiung) mit dem als Reizmittel in Betracht
‚kommenden exogenen Faktor (Entzündung und Regeneration)
maßgebend zu sein.“ Auch E. S. Engel ist der Ansicht, daß für
die Entstehung des Karzinoms zwei Ursachen in Betracht kommen:
1. eine primäre, welche die erbliche Zellsubstanz betrifft,
2. eine sekundäre, die als Umweltfaktor bewertet werden muß.
‚In diesem Sinne sind auch die Ergebnisse einiger neuerer, zu
ganz anderen Zwecken unternommener Experimente zu deuten
(Edwin Smith, Buschke und seine Mitarbeiter). Buschke und
Langer injizierten Ratten 0,1—0,0 ccm Gasteer in das Rektum.
Sie fanden bei 50 von 66 so behandelten Ratten nach 2—3 Mo-
' naten im Magen tumorartige Schleimhautveränderungen,
die an die bekannten, von Fibiger nach Nematodenverfütterung
beobachteten Erscheinungen erinnerten, aber kein destruierendes
Wachstum und keine Metastasen aufwiesen. Ferner konnten Buschke
und Peiser ähnliche Veränderungen am Magen (in 81 °%/,) bei mit
Thallium behandelten Ratten nachweisen.. Da bei diesen Ver-
suchen — im Gegensatz zu den Fibigerschen Nematodenfütte-
rungen — eine örtliche Schädigung ausgeschlossen. war, so
muß man eben annehmen, daß die Schleimhaut des Vormagens der
Ratte an sich eine Neigung zur Epithelwucherung auf-
weist und daß es dann an dieser Stelle unter dem Einfluß
irgend einer den Organismus allgemein treffenden Schädigung —
nehmen wir an durch Oberflächenspannung — zur Tumorbildung
kommt. | | | |
Über die Beeinflussungen des Stoffwechels durch Kar-
zinom liegen neuerdings sehr bemerkenswerte Untersuchungsergeb-
nisse von Warburg und Minami, Neuschloß, Wiechmann,
| sowie von Braunstein vor. Aus diesen Untersuchungen geht her-
vor, daß das Karzinom eine zuckerzerstörende Kraft besitzt.
Warburg und Minami konnten nachweisen, daß Ratienkarzinom-
schnitte in Ringerlösung Traubenzucker in Milchsäurelösung
Die glykolytische Fähigkeit des Kar-
zinoms erwies sich dabei als etwa 70mal so groß wie die des
normalen Gewebes. Die Glykolyse zeigt sich nur im nicht nekro-
tischen Gewebe. Braunstein macht darauf aufmerksam, daß beim
Diabetiker beim Hinzutreten eines Karzinoms oft eine ttber-
raschende Toleranz für Kohlehydrate feststellbar ist und
daß bei raschem Wachstum des Karzinoms der Blutzucker-
gehalt des Diabetikers sinkt. Bei latentem Diabetes tritt der
Zucker oftmals erst nach operativer Entfernung des Krebes auf.
Bei Pankreaskrebs findet man oft auch bei totaler Karzinose der
‘Drüse keine Zuckerausscheidung. Braunstein hat hierüber auch
experimentelle Untersuchungen angestellt. Er versetzte Pankreas-
. und Mammakarzinom mit 0,5—3,0 %/,iger Traubenzuckerlösung, ließ
autolysieren und beobachtete dann eine Zuckerabnahme von 30 bis
40 %/,. Bei demselben Versuch mit normalem Gewebe und Fibro-
myom trat eine Zuckerabnahme nicht ein.
Ungeklärt ist die Frage, ob dieSchwangerschaft das Karzi-
Es war längere Zeit herrschende
Auffassung, daß eine bestehende Schwangerschaft den Kar-
zinomverlauf sehr schlecht. beeinflußt. Es sind nun
-neuerdings Stimmen im entgegengesetzten Siune laut geworden.
Weibel hat z.B. keinen nachteiligen Einfluß der Schwanger-
schaft auf ein bestehendes Karzinom beobachten können, ihm
pflichtet A. Mayer bei, während Thaler die entgegengesetzte
Meinung vertritt. G. H. Wagner macht nun Mitteilung über
ein Rundzellensarkom an der Orbita, das den Knochen usuriert
hatte,. die Dara und die Schädelbasis infiltrierte, Es wurde aus-
gekratzt, mit dem Paquelin behandelt und intensiv mit Radium be-
‚strahlt. Danach Heilung, Nach 23/, Jahr Schwangerschaft und
sehr schlechtes Befinden. Zeichen eines intrakraniellen Tumors.
Die Schnittentbindung förderte ein lebendes Kind zutage, zwei
Stunden nachher Exitus. Großer Tumor im rechten Schläfenlappen.
G. H. Wagner folgert hieraus, daß man bei einem derartigen Fall
eine Schwangerschaft unterbrechen soll. Hier ist ihm zweifellos
beizupflichten, aber der Schluß, daß das Sarkomrezidiv durch die
Schwangerschaft verursacht ist, wäre verfehlt. Die Annahme, daß
der Verlauf der Krankheit durch die Schwangerschaft ungünstig
beeinflußt würde, ist ja naheliegend, doch nicht beweisbar. Man
ist eben in dieser Frage noch nicht zu einer einwandfreien Stellung-
nahme gelangt.
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08 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
. 29, Juni
| Ein bis jetzt noch wenig beachtetes Kapitel der Karzinom-.
orschung ist der spontane Heilungsvorgang. Gibt es eine
Spontanheilung? Noch vor kurzem wurde das sogar von promi-
enter Seite bestritten. Heute wird es allgemein anerkannt, daß spon- `
rane Heilungsvorgänge gar nicht so selten sind. Ich habe hierüber
bei früherer Gelegenheit schon berichtet). Trotzdem ist diese ganze
Frage noch wenig geklärt. Langsamer Verlauf des Leidens, relative
Benignität, eigenartiges Verhalten von Metastasen, Fehldiagnosen
gehen hier nebeneinander her, das große Material, das hier bei em-
siger Arbeit zusammenströmen könnte, ist noch ungesichtet. Hier
bietet sich jüngeren Forschern eine Gelegenheit zu sehr aussichts-
voller Betätigung, auch wäre es angezeigt, daß dieser Gegenstand
als Dissertation häufiger bearbeitet würde. Augenblicklich läßt sich
nur sagen, daß insbesondere die Metastasen nicht allzu selten
einem Spontanheilungsvorgang verfallen können. Bekannt ist der.
im Skelett gelegentlich nachweisbare Eburnisierungsprozeß beim
Mammakarzinom. Desgl. ist die peritoneale Aussaat von
Karzinomknötchen öfters einer Umwandlung fähig. Daß sich:
auch Lungeninfiltrationen spontan zurückbilden können, zeigt
eine Veröffentlichung von Groover, Christr6 und Meritt. Man
muß sich dessen immer eingedenk bleiben, wenn etwas von gün-
stigem Einfluß der Bestrahlung auf multiple Metastasen
publiziert wird. So beschreibt Mameli einen sehr erfreulichen Er-
folg bei einem Ovarialsarkom, das operiert wurde und bei dem
viele Metastasen zurückblieben. Eine Bestrahlungstherapie
‚hatte sehr guten Erfolg. Ohne hieran Kritik zu üben, muß man
doch die Frage aufwerien, ob es sich nicht doch um eine Spontan-
heilung gehandelt hat. Metastasen können sich in dieser Be-
Länger als 5 Jahre blieben 23 ofa der Operierten am Leben. Nach
2 Jahren lebten noch 38—46 °/,, nach 3 Jahren 29—35 °%/,. Wenn
auch die Besserung des Ergebnisses gegen früher nur eine kleine ist,
radikal operieren soll oder nicht. Zweifellos ist das radikalere
. Verfahren das weniger trostlose. Die Operationsmortalität, die 1908
40 °/, betrug, ist jetzt auf 25 °/ gefallen, zweifellos auch ein greif-
‚ barer Fortschritt. Gänzlich ablehnend verhält sich Anschütz gegen
die Gastroenterostomie. Sie hat eine sehr hohe Mortalität (80 °/,),
verlängert das Leben nicht oder nicht nennenswert und schafit kein
| gutes postoperatives Befinden. Die morphologische Struktur
des Tumors ist für die Prognose nicht maßgebend, eher der
Sitz. Karzinome an der kleinen Kurvatur sind ungünstiger
als am Pylorus, Pyloruskrebse wieder ungünstiger als solche
an der großen Kurvatur. Gar nicht von der großen Bedeutung
ist nach Anschütz der Zeitpunkt der Operation. Während man.
doch allgemein glauben sollte, daß ein schon lange bestehendes
Leiden an sich eine schlechtere Prognose für die Vornahme der
Operation bedeuten sollte, ist das nach den Feststellungen von An-
schütz nicht der Fall. - Karzinome, die eine sehr lange Ana-
kurzer Anamnese. Die durchschnittliche postoperative Lebensdauer
betrug bei Kranken mit kurzer. Anamnese 29,8 Monate, bei solchen
mit langer Anamnese 35,5 Monate. Maßgeblich dafür ist die
Patienten. Zweifellos ist das überraschend, aber doch gut ver-
stehbar. Ein sehr langsam sich bildender Tumor löst stärkere Ab-
wehrmaßnahmen des Organismus aus, beim Vorhandensein stärkerer
ziehung unendlich verschieden verhalten. Und dennocli scheint es, | natürlicher Widerstände entwickelt sich der Tumor langsamer. Je-
als ob eine gewisse Gesetzmäßigkeit in dem Verhalten der | doch sind diese Angaben von Anschütz nicht dazu angetan uns
Metastasen zu beobachten sei, So hat Baensch eine sehr inter- | in -einer Kardinalfrage zu beruhigen.” Wir alle wissen, wie unend-
'essante Beobachtung gemacht. Bekanntlich findet. die Metasta- | lich schwierig die Diagnosenstellung oftmals ist. Ich habe in dieser
sierung maligner Zellelemente auf doppeltem Wege statt..| Beziehung schon unendlich drastisch liegende, selbst beobachtete
Einmal durch die Blutbahn, wodureh die Übertragungen ins | Fälle an dieser Stelle mitgeteilt. Es könnte nun scheinen, als ob
Knochenmark, die Lunge, Leber usw. entstehen, das andere | eine erst spät gestellte Diagnose gar nicht so verhängnisvoll sei,
Mal durch die Lymphbahnen, was in den regionären Drüsen- | da es ja doch von der Eigenart des Tumors abhängt; wie sich der
metastasen seinen Ausdruck findet. Zwischen diesen beiden Meta- | Verlauf gestaltet. In dieser Beziehung entnehme ich aus den Mit-
' stasen fand Baensch ein unterschiedliches Verhalten. Bestrahlt |
man den Primärtumor (Karzinome des Rektum mit Leber- und
' Knochenmetastasen, Mammakarzinom mit Beckenmetastasen, Ober-
kieferkarzinom mit Hödenmetastasen),. so gelang es den Krebs am
Ausgangsort zum Verschwinden zu bringen, die Metastasen
verharrten inihrem grenzenlosen Wachstum. Anders verhielten
sich Iymphogene Metastasen. Bestrahlt wurden Blasenkrebse
mit Metastasen in der Lymphbeuge, Mammakarzinome mit
Metastasen in Achsel und Supraklavikulargrube, Gesichts-
karzinome mit Submaxillarmetastasen. Trotz strengster Ab-
deckung der Metastasen schwanden die Metastasen mit der
erfolgreichen Bestrahlung des Primärtumors. Baensch ist
daher der Ansicht, daß das intakte, ungeschwächte lympha-
tische Gewebe die eingewanderten Karzinomzellen über-
winden könne. Neu ist diese letztere Auffassung ja nicht und
man ‚hat hierauf ja schon früher bestimmte Theorien aufgestellt.
‘Immerhin geht aber daraus ein verschiedenartiges Verhalten
der Metastasen hervor. Ob eine so strenge Gesetzmäßigkeit, wie
sie Baensch hier aufstellt, aufrecht zu erhalten ‘ist, muß sich noch
zeigen. Dazu erscheint‘ mir einerseits das Material nicht groß genug,
= anderseits wissen wir,- daß Spontanheilungen auch bei Knochen-
metastase— also hämatogenen Metastasen im Sinne Baenschs —
vorkommen. Indessen ist der Versuch einer systematischen Betrachtung
dieser Frage immerhin anerkennenswert und verdient Nachprüfung.
Über die Ergebnisse der chirurgischen Behandlung des
Magenkarzinoms habe ich schon öfter berichtet. Ich bin dabei
zu dem Endergebnis gekommen, daß nur etwa !/, der operabel lie-
genden Fälle durch die Operation gerettet werden könne und daß
wiederum nur 20 °/, der Magenkarzinome in operablem Zustand in
die Hand des Arztes gelangen (was sich allerdings nicht ganz deckt
mit der eingangs erwähnten Statistik von König, nach der nur 3/,
der Magenkrebse bereits inoperabel sind, wenn sie Gegenstand der
Behandlung werden). Nun macht neuerdings Anschütz, der früher
seine Dauerresultate auf 18—20 °/, veranschlagte, auf Grund einer
Übersicht über 1100 operierte Magenkarzinome höchst bemerkens-
werte Angaben. Anschütz hat jetzt (wahrscheinlich seit er sehr
radikale Operationsmethoden bevorzugt) etwas bessere Resultate.
Prognose bei erst spät gestellier Diagnose. Anschütz betont aus-
drücklich, daß die .operablen Fälle nur einen kleinen Teil der ge-
samten Magenkarzinome betragen. Die relativ bessere Prognose der
Fälle mit. langer Anamnese erstreckt sich nur auf die noch re-
sezierbaren Krebse, die anderen sind eben verloren. Es ist ein
schwacher Trost, daß die Zahl der operablen Magenkrebse
kaum kleiner ist als die der für eine Radikaloperation noch
aussichtsreichen Mammakarzinome. : Immerhin ist es aber be-
merkenswert, daß ein so erfahrener Kenner dieser Materie zu dem
karzinoms besser ist als die der sonstigen Karzinome. Die
Anschützschen Mitteilungen werden in einem gewissen Sinne er-
` gänzt durch die Angaben von Schönbauer und Orator. Diese
Autoren haben 27 %/, Dauerresultate beim Magenkarzinom. Bei
Adenokarzinomen des Pylorus hatten sie 20—25 °/, Heilungen, beim
Sitz an der kleinen Kurvatur 33 °/,, beim Sitz an der großen Kur-
vatur 55 °/, Erfolge. Infiltrative Karzinome der kleinen Kurvatur
zeigen 33 °/, Heilungen. Diese Mitteilungen von. Anschütz einer-
seits, Schönbauer und Orator andrerseits sind ja nicht unerfreu-
lich. Minder günstig ist aber das Ergebnis anderer Statistiken. So
haben Werner und Borchard — gestützt auf die Erfahrungen des
Heidelberger Krebsinstituts — ihre Ergebnisse kritisch zusammen-
gestellt. Unter 17437 Karzinomen konnten 4288 (24 °/,) geheilt
werden. Das Magenkarzinom wurde nur in 2,4 °/, geheilt (Uterus-
krebs ergab 8—10 °/, Heilungen, Mammakarzinom 24—28 P/,, Rek-
tumkrebs 12—17,5 %/,). Es sind also nur verschwindend wenige
Fälle von Magenkrebs, bei denen eine wirkliche Hilfe möglich ist.
Trotz der Feststellung von Anschütz, daß die Krebsfälle mit langer
Anamnese gar nicht so ungünstig liegen, ist an der Tatsache nichts
‚zu ändern, daß der Magenkrebs in der Mehrzahl der Fälle verspätet
zur Operation gelangt. Hier könnte erst eine bessere Diagnostik
Abhilfe schaffen. |
Daß eine frühzeitige Feststellung eines Magenkrebses
oft fast unmöglich ist, sehen wir tagtäglich. Die chemische
Untersuchungsmethode, das Röntgenverfahren geben doch erst relativ
spät positive Unterlagen. Leider versagen aber bisher auch alle
'serologischen Methoden. Die eingangs erwähnte Krebstheorie einer
3) Vgl. M.Kl. 1928, S. 319. durch das Karzinom bedingten Verminderung der Oberflächen-
į so ist sie doch immerhin ermutigend bei der Erwägung, ob man
mnese aufwiesen, lebten. nach der Operation länger als solche mit-
Eigenheit des Tumors upd die Widerstandsfähigkeit des
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teilungen von Anschütz keine Unterlage für eine hofinungsvollere
Schlußresultat kommt, daß die Prognose des resezierten Magen-.
w- E
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be”
zum
u. Mina a
u: É
`. Tumorkranker mit einer Lösung von. Natriumoleat eine
' Reaktion wird beeinträchtigt, daß sie auch bei schwerer Tuber-
_ Leberleiden positiv ist” Eine andere Methode stammt von Zacherl.
'. reaktion) nachgewiesen, daß im Serum Krebskranker Fermente
. Krebses. Eine negative Reaktion kann durch Bestrahlung
Die Reaktion ist als positiv anzusehen, wenn sie mehr als 7 Ein-
` 0,00005 liegen innerhalb der Fehlergrenzen(Kuppelwieser). Neuer-,
dings hat'nun Kahn eine Methode mitgeteilt, nach welcher 4 Tropfen.
Blut auf einem Filterblättchen aufgefangen und 10 Minuten lang
Albumine im Karzinom stattfindet, wie es Kahn in Überein-
gelassen werden. Für die praktische Bewertung dieser Reaktion
wäre das gleichgültig und es ist nur zu wünschen, daß die Kahnsche
9 1984 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.26. > 99
spannung ist ja- längst praktisch schon in dieser Beziehung aus-
gewertet. Die bekannte Meiostagminreaktion von Ascoli und
Izar beruht ja — wie der Name schon sagt (zeiwv kleiner, oráyua
Tropfen) — auf diesen Phänomen. Leider aber.hat sie unsere
Diagnostik nicht in dem gewünschten Maß gefördert. Auch alle
späteren Modifikationen haben nicht jenes Ergebnis gehabt, daß
etwas für die Allgemeinheit: Brauchbares daraus wurde; Ein so
genauer Kenner der Serodiagnostik wie Sachs sagt daher zu-
sammenfassend: „eine für die Geschwulstdiagnostik charakte-
ristische Serumdiagnostik gibt es bisher nicht“. Im Gegen-
satz dazu glaubt Kahn eine einfache Flockungs-Trübungs-
reaktion empiehlen zu können, die darauf beruht, daß das Serum
stärkere Trübung gibt als Normalserum. Der Wert dieser
kulose, akuten Infektionskrankheiten, Leberzirrhose und andern
Zacherl hat- mit der von Pregl’und de Crinis angegebenen
' Modifikation des Abderhaldenschen Dialysierverfahrens (Nachweis
von Aminoverbindungen in der Außenflüssigkeit mit der Ninhydrin-
enthalten. sind, die Karzinome abzubauen vermögen. Die Kar-
zinomreaktion schwindet nach radikaler Entfernung des
positiv werden, was auf das Vorhandensein schlummernder
Karzinomkeime hinweist. Die Reaktion zeigt uns, ob durch
Röntgen- und Radiumstrahlen sämtliche Karzinomzellen zerstört
sind. Nach den Nachprüfungen von de Crinis und Mahnert |
kommt dieser Reaktion ein hohes Maß von Sicherheit zu. Die
Technik ist eine sehr einfache und kann:an jeder Klinik, die über
ein Pulfrichsches Refraktometer verfügt, mühelos angewandt werden.
heiten‘ der 5. Dezimale: beträgt. Brechungsindexzunahmen von
bei 26° durch eine 37,2 %/,ige Ammonsulfatlösung extrahiert werden.
Das Extrakt wird dann im siedenden Wasserbad erhitzt. Das Ex-
trakt bleibt beim Karzinom und Schwangerschaft fast klar, beim
Blut Normaler nnd bei Infektionskrankheiten tritt eine Trübung
auf. Nach Ansicht von. Kahn beruht die Reaktion darauf, daß der
hydrophile Eiweißkörper Albumin A von der malignen Geschwülst
aufgenommen wird, während der Organismus daran verarmt. (Diese
Erklärung ist ja eine gewiß schr plausible und scheint mir auch
eine zutrefiende zu sein. Ob aber tatsächlich eine Zunahme der
stimmung mit vielen anderen hier annimmt, muß noch in Schwebe
Reaktion sich als brauchbar erweist.) — Ob dem von Boyksen
angegebenen diagnostischen Verfahren (Impfung mit dem Abder-
haldenschen Impfserum) ein praktische Bedeutung zukommt, läßt
sich nach den hierüber vorhandenen Mitteilungen (Harke) nicht
beurteilen. Zu erwähnen wäre außerdem noch ein verhältnismäßig
einfaches Verfahren nach Botelko, über welches eine Mitteilung
von Tyszka vorliegt, derzufolge es sich bewährt haben soll. Eine
. große Rolle spielen ferner noch die Mitteilungen tiber die Blut- .
körperchensenkung, die, beim Karzinom eine Beschleunigung auf-
weist. Es sei. hierüber auf die Arbeiten von Giesecke, sowie von
Hoffgard verwiesen. Ich glaube, daß man diesen Versuchen,
unsere Krebsdiagnostik zu ‚verbessern, nicht genügend Beachtung
schenkt, | (Schluß folgt.)
Aus den neuesten Zeitschriiten.
l (Siehe auch Therapeutische Notizen.)
3 Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 21.
Als Dyspnoe beim Vagusdruckversuch beschreibt Recht (Wien
eine Atmungsreaktion, die bei Gesunden und Kranken vielfach beobachtet
Wird. Dieses Atmungsphänomen charakterisiert eine nach kurzer Latenz-
zeit einsetzende Dyspnoe, die mit tiefen Inspirationen und aktiven Exspi-
rationen unter subjektivem Gefühl von Atemnot einhergeht. Diese Dyspnoe
sistiert meist gleichzeitig mit der Unterbrechung des Vagusdruckes, um
> dieser Reaktion ist in einem Reflex zu suchen, an dem vorwiegend
er Nervus vagus, vielleicht auch sympathische Nervenfasern beteiligt sind.
einer individuell lange Zeit ‘anhaltenden Apnoe Platz zu ‚machen. Die
Der bei gleichzeitiger Kompression der Arteria carotis bzw. der Vena jugu-
laris plötzlich gesetzten Zirkulationsstörung im Gehirn kann bei der Aus-
lösung dieses Respirationsphänomens mitbestimmender Einfluß zukommen.
Die Differentialdiaguose maligner Tumoren aus wenigen Tropfen
Blut erläutert Kahn (Altona), Die früher mitgeteilten Ergebnisse der
Flockungs- Trübungs- Reaktion wurden an 729 Fällen ‚bestätigt. — Der
hydrophilste Eiweißkörper des Blutes (noch in 87,2%/,iger Ammonsulfat-
lösung löslich) hat anscheinend besondere biologische Bedeutung für das
normale und das pathologische Wachstum.“ Dieser Eiweißkörper ist im
Blute wie im übrigen Organismus Krebskranker stark vermindert, in Tumor
selbst dagegen in reichlicher Menge. vorhanden. Es wird eine einfache
Methode angegeben, schätzungsweise die Menge dieses Albumins im Blut
zu bestimmen und zur Differentialdiagnose zu verwenden,
Die Frage: Klappenendokarditis oder Herzklappenihrombose be-
handelt Roesner (Breslau) in einer vorläufigen Mitteilung. Auf Grund
verschiedener Tatsachen wird dip Auffassung vertreten, daß es sich bei
der sog. Endokarditis um einen Krankheitsvorgang handelt, der nicht in’
das Gebiet der Entzündung gehört, der sich vielmehr zwangloser als throm-
botischer. erklären läßt. Dazu geeignete Bakterien üben einen infektiös-.
toxischen Reiz auf das Knochenmark aus, der den thrombophilen Zustand
des Blutes herbeiführt. Dieser kann auch durch nicht infektiös-toxische
Reize, wie beim Karzinom, Diabetes, Nephritis, und durch solche hormonaler
Natur bei Chlorose, Schwangerschaft und Menstruation herbeigeführt werden.
Nur dann kommt es zur Klappenthrombose, wenn durch Schädigung des .
Herzmuskels an den Klappen durch Bildung eines Insuffizienzstromes die
notwendige Strömungsänderung des Blutes wirksam werden kann oder’
wenn sie durch einen alten Klappenfehler bereits gegeben ist. re
Statistische Untersuchungen über die Frage, ob es eine konsti-
tutionelle Veranlagung zur Zeugung von Nachkommen vorzugsweise eines
Geschlechtes gibt, hat Bauer (Wien) durchgeführt, mit dem Ergebnis, daß
‚sich eine solche konstitutionelle Veranlagung nicht feststellen ließ. Die
Häufung von Kindern desselben Geschlechts in einer Familie ist nicht öfter
zu beobachten, als es den Gesetzen des Zufalls entspricht. | 2
Das Linimentum Petruschky ist von Kremer (Sommerfeld) noch-
mals einer genauen Prüfung an einer Anzahl Kranker, die an offener
Lungentuberkulose litten, hoch allergisch und nicht mit Tuberkulin vor-
behandelt waren, unterzogen worden. Es wurde weder eine Lokal-, noch.
Allgemein- oder Herdreaktion beobachtet, was zu dem Schluß führt, daß
das Linimentum Petruschky in der vorgeschriebenen Anwendungsform ab-
solut unschädlich, ‘aber auch vollkommen unwirksam ist. H. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 19. .
Wesen und Ursachen der Homosexualität bespricht F. Kehrer
(Breslau), Nach ihm gibt es eine „konstitutionelle“ oder „angeborene“
Homosexualität, Zwischen dieser endogenen und den zufallsmäßigen transi-
torischen Arten der Homosexualität gibt es alle möglichen Übergangsformen.
Fast alle Formen sind entweder mit anderweitigen psychosexuellen Abnormi-
täten (Gynandrie oder Androgynie, Transvestitismus) oder psychopathischen
Symptomen verknüpit. | | ;
Die diagnostische Bedeutung der Blutzuckerbestimmung bei Magen-
Darmkarzinomen ist nach Hermann Biermer (Rostock) außerordentlich
niedrig einzuschätzen. Gerade benigne Pylorusstenosen bieten genau das
gleiche Bild wie Karzinome. | oo. i
Der Kochsalzstoftwechsel ist nach Hellmuth Deist (Stuttgart) ein .
Maßstab für die Resorption von Pieuraergüssen. Bei Eintritt der Re-
sorption des Ergusses kann ein Ansteigen der Urinmenge beobachtet
werden. Bei salzfreier Ernährung gestattet die Kontrolle des: Harn-
kochsalzspiegels besonders deutliche Einblicke in die Resorption der pleu-
ritischen Ergüsse. Für die exsudative Pleuritis ist daher eine kochsalzarme
Kost angebracht. - |
Über Erfolge des Stillens bei Wochenbetterkrankungen berichten
H. Runge und A. Lauer (Kiel). Sie brauchten außer striktester Ab-
lehnung des Stillens bei Tuberkulose im Frühwochenbett niemals wegen
puerperaler Erkrankungen abzusetzen. In einer verhältnismäßig großen
Anzahl der Fälle wurde allerdings Zwiemilohernährung notwendig. Länger
dauernde, mehr chronische Wochenbettserkrankungen schafften ebenfalls
kein Stillhindernis, nur das eigentliche Puerperalfieber bildet wegen der
"Kräftesparung für, die Mutter eine Indikation zum Abstillen. '
Auf den Übertritt des Knollenblätterschwammgiites in die Brust-
' miich weisen S. Buttenwieser und. W. Bodenheimer (Berlin) hin.
Durch den Genuß des Knollenblätterschwamms, der eine gewisse Ähnlich-
keit mit dem eßbaren Grünling hat, kommt es zum Übertritt des Toxins
in die Brustmilch. Trotz der. geringen Menge Giftes, um die es sich hier
handeln kann, können beim Säugling, der gestillt wird, schwere Vergiftungs-
erscheinungen ausgelöst werden (Enteritis, Leberschädigung).
10 | | | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26. 29. Juni
Bei der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit ist nach daore.
Volk (Fulda) die wachsende Größe der Beschleunigung das Maß des fort-
schreitenden Prozesses. Sie hängt von dem Zellverfall und von der Bildung
von Abwehrstoffen ab. Solange bei fortschreitendem Verlauf die Abwehr-
bildung auf der Höhe ist, wirken beide Vorgänge gleichsisnig, die Be-
schleunigung wird größer. Wenn aber die Abwehrkräfte erlahmen, dann
wird die Beschleunigung kleiner. Dann ist die Beschleunigung nicht mehr
Maß für den Krankheitsprozeß (terminale Phthisen mit normaler oder ge-
ringer Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit).
Bei einer Virgo mit infantiler Hypoplasie der inneren Genitalien kam
es jedesmal mit der Menstruation zu einem rezidivierenden Herpes corneae.
Da es sich um eine unterwertige Ovarialfunktion handelte, wurden von
Albert Niedermeyer (Schönberg [0.-L.]) Ovoglandol-Einspritzungen
verordnet und zwischendurch innerlich Övaradentriferrintabletten. Der
Erfolg war über alles Erwarten gut hinsichtlich der Hornhautaffektion.
F. Bruck.
tümliche bläuliche Ton und noch mehr die charakteristische Art der
Schwellung, die die Erkennung auf den ersten Blick ermöglichen. Die
‚ Haut ist nicht prall gespannt, auch wenn die Verdickung des Fingers aus-
nahmsweise eine erheblichere ist (schlaffe Schwellung). Die Falten um die
Fingergelenke und zwischen den Fingern sind nicht verstrichen, im Gegen-
teil manchmal verdickt, Therapeutisch empfehlen sich am meisten nach
Widemann Umschläge mit Sublimatspiritus 0,5:100 unter wasser-
dichter Bedeckung. F. Bruck.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 17 und 18.
Nr. 17. Zur Adventitia-Ektomie nach Leriche berichtet Bayer (Prag)
über zwei Fälle von chronischem Unterschenkelgeschwür, welche nach dem
Eingriff rasch zur Heilung geführt wurden. Die Abschälung der Adventitia
| erfolgte nur in einer Länge von 3cm. Es empfiehlt sich, die Ektomie-
wunde für kurze Zeit zu drainieren, um die Gefahren einer Überschwenmung
des Operationsgebietes durch Infektionskeime aus dem Fußgeschwür abzu-
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 18.
Über die Entstehung des runden Magengeschwürs äußert ‚sich
Otfried Mueller (Tübingen). Erforderlich ist ein lokales Zirkulations-:
hindernis und die Anwesenheit verdauungskräftigen Magensaftes einschließ-
lich der Bildung freier Salzsäure. Zu den teils spastisch, teils atonisch.
erzeugten Stasen kommt es nun infolge feinster, durch Anastomosen nicht
mehr vertretbarer Goefäßreiser in der Magenschleimhaut. Damit ist die
Gelegenheit zur Selbstverdauung gegeben. Diese spastischen und atonischen
Zustände finden sich bei Vasoneurotikern. Da die Möglichkeit der Stasen-
bildungen bei allen vasoneurotischen Lokalisationen am Magen, auch solchen,
die nicht zur Ulkusbildung führen, besteht, so bleibt die Frage offen, ob
zur Geschwürsentstehung ein besonderer Grad oder eine bestimmte Form
der Vasoneurose notwendig ist, oder ob gewisse exogene, d. h. auslösende
Momente hinzutreten müssen. Die Theorie der vasomotorischen Entstehung
des Ulcus ventriculi und duodeni wird empirisch gestützt.
Auf die feinsten Gefäße der Lippe bei endogenen und exogenen
Störungen besonders beim Ulcus ventriculi weist Richard Mayer-List
(Tübingen) hin. Die nach außen umgeschlagene Unterlippe ist eine Stelle,
an der man gute Gelegenheit findet, das peripherste Gefäßsystem (Kapillaren,
Arteriolen, Venulae) ohne Schwierigkeit und Belästigung bezüglich seiner
konstitutionellen wie auch konditionellen Abnormitäten zu erforschen.
Über die Haarfarbe berichtet Julius K. Mayr (München). Die |
Untersuchungen über die Farbunterschiede der einzelnen Haarbezirke zu-
einander ergaben, daß in etwa 8/4?/o der Fälle die Intensität der Haarfarbe
nach folgender Richtung hin zunimmt: Achselbaare (der hellste Bezirk),
Barthaare, Kopfhaare, Brauenhaare und Schamhbaare Durch die Haar-
bleichungsmittel, deren bekanntestes das Wasserstoffsuperoxyd ist,
scheint ‚es nicht zu einem Verschwinden des Pigments zu kommen, sondern
zu einer Auflösung, wie sich aus der nicht blonden, sondern rötlichen
Farbe, die das Resultat derartiger „Bleichungen“ ist, ergibt.
Bei drei miteinander in Zusammenhang stehenden Fällen hat
H. Klövekorn (Bonn) Filzläuse auf dem behaarten Kopie beobachtet,
Die Parasiten hafteten der Kopfhaut fest an, so daß sie nicht leicht zu
‚entfernen waren. Zugleich fanden sich Filzläuse an den Augenbrauen und
besonders an den Wimpern. Die Vertreibung der Filzläuse auf‘ dem be-
baarten Kopfe geschah prompt durch Cuprex (Merck), während an den
Augenbrauen und Lidern mit Erfolg gelbe Quecksilbersalbe zur Verwendung
: kam, da Cuprex nicht in die Augen kommen darf.
Die forensische Bedeutang der Hypnose erörtert A. A. Friedländer
(Freiburg i. Br... Die Anwendung hypnotischer Suggestionen zur Begehung
von Verbrechen durch den Hypnotisierten ist bisher i in vollkommen einwand-
freier Weise nicht erwiesen.
Gännsbauer (Nürnberg) wirft die Frage auf, ob die vaginale
Untersuchung durch Hebammen noch immer unentbehrlich sei. Er betont
die vorzüglichen Ergebnisse der rektalen geburtshilflichen Untersuchungs-
methoden, Es wäre daher zu wünschen, daß die vaginale Untersuchung
Kreißender den Hebammen möglichst bald verboten und ihnen allein
die rektale Untersuchung zur Pflicht gemacht werden würde.
Um die Gefahren der Impfüngen zu verringern, verlangt Bonne u. a.,
daß ein Kind, das zahnt, niemals geimpft werden soll und daß ferner die
Impfung mit Menschenlymphe von Kind zu Kind verboten werden muß.
Auch Kinder,. die zur Zeit der Impfung an Furunkeln oder an irgend-
welchen Hautausschlägen leiden, dürfen nicht geimpft werden (Gefahr der
Infektion der Impfpusteln mit Staphylokokken oder gar Streptokokken;
Autoinfektion der Ekzemstellen mit dem Pockenvirus, wodurch ausgedehnte
Pockeninfektionen entstehen können), Auch tuberkulöse, rachitische oder
sonst kranke Kinder sollte man nicht impfen.
Auf das Erysipeloid oder den Schweinerotlauf des Menschen weist
R. Rupprecht (Nesselbach) hin. Neben der Lokalisation ist es der eigen-
wenden. Auffallend in beiden Fällen war die Schmalheit der Schenkel-
arterien, welche auf eine angeborene Enge hinwies. `
. Dünndarminvagination in den Magen nach vorderer Gastroentero-
stomie hat Bachlechner (Zwickau) beobachtet bei einer 46jährigen Frau,
welche vor 2 Jahren wegen Magengeschwür operiert worden war und plötz-
lich mit Oberbauchschmerzen und Blutbrechen erkrankte. Im Magen lag
oberhalb der Anastomose eine wurstförmige Geschwulst, die dadurch zu-
. stande gekommen war, daß die abführende Schlinge durch die ‚Enteroana-
stomose und den zuführenden Schenkel bis in den Magen hinein eingestülpt
war. Nach Resektion des Magens Exitus an dieser Spätkomplikation.
Zur Warnung vor der Operationslust Hysterischer berichtet
Drescher (Reichenbach) über den Fall eines 20jährigen Mädchens,“ das
im Laufe von 2 Jahren 7 Laparotomien durchgemacht hatte. Sie hatte
bei der Aufnahme starke Bauchdeckenspannung, einen beschleunigten Puls
und Koterbrechen, welches dadurch vorgetäuscht worden war, daß sie den
Stuhl in einem unbeobachteten Augenblick in die Brechschale entleert und
zum Teil hinuntergeschluckt hatte. Als sie entlarvt war, wurde sie plötz-
lich gesund. Eine so gehäufte Operationsfolge ist zu vermeiden, wenn
jeder Kranke, dessen Leib mehr als zwei Opsrauorsnachen aufweist, als
der Hysterie verdächtig angesehen wird,
Über die operative Behandlung der Ektasie des Halsteils des Öso-
phagus berichtet Krekel (Brasilien). Oberhalb eines Kontraktionsringes
der Speiseröhre hatte sich eine künstliche Erweiterung gebildet. Nach
Einführung eines dicken Magenschlauches wurde aus der Erweiterung der
Speiseröhre eine künstliche Ausstülpung gebildet und abgeschnürt. Am
10. Tage stieß sich das künstliche Divertikel ab, nach 16 Tagen schloß
sich die Speiseröhrenfistel und der Kranke blieb beschwerdefrei.
Zur Intrakutanreaktion bei Karzinom berichtet Boyksen (Hamburg)
über einen Fall .des Krebses der Vorsteherdrüse, bei welchem nach intra-
kutaner Einspritzung des Abderhaldenschen Krebsserums eine starke
Reaktion der Haut in Gestalt einer Biutung und Anschwellung auftrat.
Außerdem zeigte sich eine heftige örliche Reaktion am Sitz der Geschwulst
und ein günstiger Heilverlauf. Hautkrebse, Brustdrüsen- und Gebär-
mutterkrebse geben keine Reaktion, dagegen häufiger Mastdarm- und
Magenkrobse. |
= Nr.18. Einige Zufälle bei der Sympathikektomie 'bespricht Volk-
mann (Halle). Zur Vermeidung der Keimverschleppung aus dem Unter-
schenkelgeschwür nach der Operationswunde empfiehlt sich ein möglichst
‚berdferner Zugang an dem Ansatz der betreffenden Gliedmaße. Die
atherosklerotische Gangrän gehört nicht zu den Anzeigen der Operation.
Neben der Enthülsung der Schlagader wird gleichzeitig die Nervendehnung
vorzunehmen empfohlen.
Eine Lageanomalie des Subkutanringes des Leistenkanals und des
Samenstranges beschreibt Gabay (Jekaterinoslaw). An der üblichen’ Ein-
schnittsstelle wurde der Ring und der Samenstrang nicht gefunden, sondern
er lag medianwärts nahe der Symphyse.
Die Streckung von. Kniekontrakturen mittels Hackenbruchscher
Distraktionsklammera empfiehlt Sthamer (Südafrika), Ein zirkulärer
Gipsverband bedeckt etwa Zweidrittel der Länge des Ober- und Unter-
schenkels. Er ist in der Höhe des Gelenkspaltes quer durchtrennt. Vorn
hält ein Aluminiumspan die beiden Hälften zusammen, hinten sind zwei
Hackenbruchsche Distraktionsklammern befestigt, durch deren Auf-
schrauben das Knie gestreckt wird. Sind nach einigen Tagen die Klammern
aufgeschraubt, so muß der Gipsverband erneuert werden.
von Brunn (Bochum) empfohlen, die Naht in Form einer Acht vorzu-
die Seidenfäden zu entfernen, da hier eine Fadeneiterung nicht zu be-
| fürchten ist.
Zur. Vermeidung der Zurücklassung versenkter Seidennähte wird |
nehmen, wobei die eine Rundung die Aponeurose vereinigt und die andere
Rundung die Haut. Bei der Peritonealnaht dagegen besteht kein Bedürfnis,
S 99. Juni -
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26. | RS
911
Primäre Naht: bei einem offenen Kniescheibenbruch berichtet
Brunner (München). 12 Stunden nach dem Unfa)l wurde die Haut mit
Jodtinktur desinfiziert, die gequetschten Ränder und das beschmutzte Ge-
webe ausgeschnitten, und das offene Gelenk mit in Kochsalzlösung
eingdtauchten Kompressen sorgfältig ausgetupft. Periost und
Bandapparat wurde nach Zurücklagerung der Knochenstücke mit Seide
und die Haut.ohne Drainage genäht. Danach glatte Heilung. K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 17—19.
Nr. 17. Therapeutische Versuche beim Hydrops gravidarum berichtet
Wieloch (Marburg). Durch intramuskuläre ‚Einspritzung von Gelatine
(Merck); je 5 ccm, wurde in etwa der Hälfte der Fälle, durch Einspritzung.
von Gunimi-Ringerlösung (15%/yig), je 20 ccm, in 800%, der Fälle ein
Gewichtsabfall bei Wassersucht der Schwangeren erreicht, der während
mehrerer Tage änhielt und in einzelnen Fällen mehrere Kilogramm betrug.
Die Gummi-Ringerbehandlung leistet in der Behandlung dieser Zu-
stände und in der Verhütung der Eklampsie wesentliche Dienste.
Ein weiterer Beitrag zum Fernhören der kindlichen Herztöne wird
von Wyder (Schaffhausen) mitgeteilt. Bei einem Fall von montoanteriorer
Gesichtslage in der Austreibungszeit wurde der kindliche Herzschlag in
einer Entfornung von einem halben Meter von den Bauchdecken gehört.
“Auch unmittelbar nach der Geburt war der Herzschlag an dem im übrigen
normalen Kinde noch einige Zeit in der Entfernung zu hören. Die Er-
klärung für die Fälle von Fühlen und Fernhören der fötalen Herztöne wird
gesucht in einer Erregung des Vasomotorenzentrums bei dem Kinde.
Über die diagnostische Verwertbarkeit der Phloridzing/ykosurle
in. der Schwangerschaft bat Klaften ausgedehnte Untersuchungen an der
I, Universitäts-Frauenklinik in Wien angestellt. Zu empfehlen ist die
intravenöse Einspritzung von 11/, mg Phloridzin. Bleibt bei 2 mg
die Giykosurie_aus, ist das Bestehen einer Schwangerschaft mit der größten
Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Der positive Ausfall der Zuckerprobe
- im Urin nach 1 mg Phloridzin intravenös ist mit größter Wahrscheinlichkeit
für die Diagnose der Schwangerschaft zu verwerten.
Fälle versagt die Probe bei Schwangerschaft. Sie ist also nur als wahr-
scheinliches Schwangerschaftszeichen verwertbar. Bei kastrierten
Fällen tritt ‚nach einigen Monaten eine Phloridzinüberempfindlichkeit auf,
ähnlich derjenigen bei Schwangeren.
Mehrfache Corpora iutea bei einfacher Schwangerschait beschreibt
Nissen (Dresden). In zwei Eierstöcken wurden drei gelbe Körper gefunden,
die sich in ihrem Bau nicht voneinander unterschieden.
Nr.18. Die Resultate der prinzipiellen Bekämpfung der kindlichen
Asphyxie sub partu mit Chloroformnarkose bespricht Frey nach den
Erfahrungen der Universitäts-Frauenklinik Zürich. Sie wirkt auch in den
Fällen, wo die Asphyxie nicht durch die gewöhnliche Ursache, nämlich
durch einen Wehensturm bedingt ist. Bleiben die kindlichen Herztöne
während einer ganzen Wehenpause unter 100, so ist sofort die Chloroform-
narkosė: einzuleiten. Erholen sich die kindlichen Herztöne innerbalb 10 bis
‚15 Minuten, so wird die Narkose abgebrochen und die Geburt weiter 'ex-
spektativ geleitet. Erholen sich die Herztöne nicht, so ist die Geburt ope-
rativ zu beondigen. Die kindliche Asphyxie ist in etwa 700/, der Fälle
die Anzeige zur operativen Beendigung der Geburt. In etwas mehr als
der Hälfte dieser Fälle kann die -Zangenextraktion ersetzt werden
durch die Chloroformnarkose. |
Haemangioma uteri beschreibt Hirschberg (Leipzig). Bei einer
‚Sjährigen Frau waren nach 12jähriger Menopause Blutungen und Schmerzen
aufgetreten. Bei der Totalexstirpation fand sich in einem mannsfaustgroßen
Uterus eine schwammige, rote Masse, welche bei der mikroskopischen
Untersuchung ein Netzwerk mit Endothelbelag zeigte.
Mittelschmerz und ovarielle Dysmenorrhoe bespricht Stratz (Haag).
Der mitten zwischen zwei Menstruationen auftretende Mittelschmerz ist
eine an den physiologischen Zeitpunkt der Eireifung gebundene Form des
Ovulationsschmerzes. Bei Erkrankung der Eierstöcke kann sich der-
Zeitpunkt - des Follikelsprunges zeitlich verschieben, so daß er mit der
Menstruation zusammenfällt. Die ovarielle Dysmenorrhoe ist ein Ovulations-
schmerz, der mit der Menstruation zeitlich zusammenfällt.
Die seelische Behandlung der Hyperemesis gravidarum bespricht
von Wolff nach den Erfahrungen der Universitäts-Frauenklinik Berlin..
Das Erbrechen ‚der Sohwangeren wird erklärt aus einer Steigerung der
Anspruchsfähigkeit der vegetativen Zentren gegenüber giftigen Stoffen im
Blut der schwangeren Frau. Diese Erregbarkeit des Brechzentrums ist in
leichteren Fällen zu beeinflussen. Die besten Möglichkeiten dazu bietet
der tiefe hypnotische Schlaf, verbunden mit posthypnotischen Sug-
gestionen, Bei vielen Hysterischen mit Schwangerschaftserbrechen gelingt
es nicht, ‚einen Tiefschlaf hervorzurufen.. Alsdann sind reine Wachsug-
gestionen die geeignete Behandlungsform. |
‘eines Teelöffels Blutes plötzlich starb.
In etwa 270/, der |
| Über entzündliche Tumoren des großen Netzes berichtet Hinder- |
feld (Essen) unter Mitteilung eines Falles; der mit der Diagnose stiel-
‚ gedrehter Eierstockgeschwulst operiert worden war. Der faustgroße Netz-
tumor war wahrscheinlich entstanden im Zusammenhang mit entzündlichen
Veränderungen an Adnexen und Gebärmutter. a FR Rn
Nr. 19. . Zur Frage der Wiederbelebung tief asphyktischer Neu- .
geborener mittels der Sauerstoffüberdruckatmung berichtet Engelmann
über die Erfahrungen der städtischen Frauenklinik zu Dortmund. An eine
Sauerstoffbombe mit Reduzierventil wird eine kleine Kindermaske mit
Gummibeutel und ein Wasserdruckreglör angebracht. (Zusammengestellt
zu beziehen von der Firma Georg Haertel, Berlin NW23). Nach Abnabelung
wird durch Suspension des Kindes und Beklopfen der Brust die Luftröhre
vom Schleim befreit, das Kind in warme Tücher eingeschlagen und auf
das Gesicht mit dem vorgezogenen Kiefer die Maske aufgedrückt. Mit dem
aufgelegten Daumen wird der Brustkorb regelmäßig zusammengedrückt
zum -Ausatmen, während die Einatmung durch das Zuströmen des Sauer-
stoffes unter Überdruck erfolgt.
Zur Kasuistik der Melaena neonatorum berichtet Hirschberg
(Leipzig) ‘über den Fall eines durch störungslose Spontangeburt von ge-
sunder Mutter entbundenen Kindes, das am ersten Tage nach Erbrechen
Im unteren Dünndarm mäßige
Mengen von Blut,. aber sehr reichliche Blutmassen in den Ventrikeln des.
Gehirns und im Rückenmarkskanal. Es handelte sich um eine Verblutung
in die Gehirnventrikel hinein ohne nachweisbare Ursache. |
' Über isolierte Radialislähmung beim Neugeborenen berichtet Treu
(Riga). Am zweiten Tage nach der Geburt wird bemerkt, daß die rechte
Hand des Kindes in Beuge- und Pronationsstellung schlaff herunterhängt.
An der Außenseite des rechten Oberarms wurde eine pfenniggroße Druck-
marke der Haut festgestellt, entsprechend der Stelle des. oberflächlichen
Verlaufs des Nervus radialis. Das Kind hatte sich aus einer Gesichtslage
über Vorderhauptslage zu einer Hinterhauptslage innerhalb 5 Tagen ent-
wickelt. Dadurch waren die Arme einem Druck von seiten des Promon-
toriums und der Symphyse ausgesetzt worden.
Bemerkungen zur Tubendurchblasung macht Lörincz (Ujpest) und
empäiehlt Beckenhochlagerung, Füllung der Scheide mit Wasser zur Prüfung
der zurückweichenden Luft. Wenn die Zervix für das Röhrchen nicht
durchgängig ist, empfiehlt es sich, zunächst die Erweiterung und einige
Tage später die Durchblasung vorzunehmen. Gefährlich ist die Durch-
blasung bei erworbener Unfruchtbarkeit. Der Druck darf nicht über 60 mm
gesteigert werden, l Ta
Ovaralgia erotica nennt Porosz (Budapest) einen Zustand der
Schmerzhaftigkeit der Ovarien ohne anatomischen Befund. Als Ursache
wird angeschuldigt das Ausbleiben des Orgasmus bei den Frauen während
des Koitus. K. Bg.
Aus.der neuesten amerikanisch-englischen Literatur.
Einen ungewöhnlichen Fall von Appendizitis beschreibt Dansey,
Plötzlich Schmerzen über der Blase und rechten Leiste, häufiges Harnlassen
mit Brennen; am nächsten Tage Hodenentzündung rechts mit Ausflug;
keine Gonokokken, Epididymitis; Abdomen normal, langsame Heilung.
Nach 3 Wochen linksseitige Epididymitis ohne Harnstörungen; 7 Tage
nachher Schmerzen im unteren rechten Abdomen, tiefe Empfindlichkeit;
rektal: Geschwulst nach rechts hin. Operation: im Becken zusammen-
gewachsene Dünndarmschlingen, Appendix mit Blasenbasis verwachsen,
Perforation, Abszeß. (Med. journ. Australia, Sidney 1924, 1. |
Walker hat 50 Lungentuberkulöse mit Hämopiyse analysiert: Nur
7 davon batten einen größeren Blutdruck als normal; allen gemeinsam
war Arteriosklerose, Albuminurie, früherer Alkoholismus, bei 5 keine Ab-
weichung von der Norm und bei 38 unter der Norm; bei manchen Shock-
fällen 90 systolisch. Aber kein Zusammenhang mit der Menge des Blut-
verlustes und sebr verschieden. In 40 Fällen war später eine zweite
Prüfung möglich: Bei 22 Zunahme des systolischen Druckes und 17 davon
hatten keine weitere Hämorrhagie. Hämoptyse ist keineswegs das Resultat
eines erhöhten Blutdruckes. Wohl aber bringt eine vermehrte Toxämie
Veränderungen im Blutdruck hervor, die denen bei Hämoptyse vollkommen
entsprechen. Es scheint also die Abnahme und Veränderung im Blutdruck
durch die Zunahme der Aktivität des tuberkulösen Herdes bedingt zu sein,
die auch schließlich als Ursache der Hämoptyse betrachtet werden kann.
(Tubercle, London 1924, 5.) | |
Über eine ungewöhnliche Lungenblutung berichtet Hudson.
4ljähriger, der sich für tuberkulös hält und alle 10—14 Tage Hämoptysen
bekommt; in gutem Zustand, ohne Fieber, Sputum oder Tuberkelbazillen.
Physikalische Untersuchung nihil. Röntgen: tiefer Hilusschatten rechts.
Trotz aller Behandlung Zunahme der Blutungen. Außer Anämie und
Schwäche Wohlbefinden, Kein Fieber, kein Sputum und im Blut keine
Tuberkelbazillen. Künstlicher Pneumothorax auf der Seite des Schattens:
i
912 7 O O 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26.
È
5 Pi s ' n 4 k 7 7 5 r “ `
x 5 ; b © - 7
definitive Besserung. Wahrscheinlich handelte es sich nicht um Tuberkulose,
E sondern um Spätfolgen einer Vergasung.. (Tubercle, London 1924, 5.)
Nach Thalhimer ist jeder Fall akuter. Appendizitis als möglicher
Fall einer frühen Pylephlebitis anzuseben, mag nun Schüttelfrost vorhanden
sein oder nicht. Bei der Operation ist desbalb namentlich das Mesenterium-
genau auf thrombosierte Venen durchzusehen. (Arch. surg., Chicago 1924, 8.) f
Bei Diabetes verursacht nach John eine Erkältung einen unmittel-
baren Anstieg des Blutzuckers, was besonders bei Jüngeren die Kohle-
' hydrattoleranz dauernd erniedrigt. Also kann eine Erkältung bei Patienten |
mit prädiabetischen Zuständen, d.h. ‘verminderter Kohlehydrattoleranz, einen
‘ Diabetes hervorrufen. (Med. jöurn. rec., New York 1924, 119.)
"Die Scharlachotitis setzt nach Harries und Gilhespy ia etwa
der Hälfte der Fälle schmerzlos ein; eher findet man Schmerzen, wenn die
Komplikation in der Rekonvaleszenz auftritt. Eine leichte Temperatur-
'steigerung sollte immer darauf hindeuten. Sie geht oft einen oder mehrere
Tage voraus. Bechtzeitige Parazentese ist in diesen Fällen von Wert.
Symptomloser Ausfluß ist: oft das erste Anzeichen. Im frühen Alter, am
_ häufigsten bei Kindern unter 5 Jahren, bricht die Membran ‚recht leicht.
“ Mastoidkomplikationen sind unter 5 Jahren selten. Seharlach hat in den frühen
. Stadien keineswegs die Tendenz, die Membran rapid zu zerstören; frühzeitige
- energische Behandlung (Perforation) ist das billigste Mittel. (Lancet 1924, 17.)
l = Die‘ organischen Arsenverbindungen kommen auf intramuskulärem
. Wege bei folgenden Fällen von Tuberkulose nach Guy und Page in Be-
tracht: bei ausgedehnten Fällen mit einer gewissen Aktivität, bei denen
man Vakzine nicht anwenden will, bei denen aber eine’ gewisse Aussicht
vorliegt, Stillstand oder eine äußerste Chronizität zu erreichen. Fälle, die
nach einer längeren Sanatoriumsbehandlung „nachbrennen“. Fälle bei
jugendlichen Erwachsenen mit Anämie und Gewichtsverlust, die aber sonst
günstig. liegen, um Anstaltsbebandlung abzukürzen. Fälle mit doppelter
. Infektion, Syphilis und Tuberkulose. Endlich Fälle, die hinsichtlich ihrer
Lungenerkrankung zweifelhaft sind; weniger Risiko bei As als bei Tuber- -
kulin. : (Lancet 1924, 17.).
Nach Symes-Thompson. zeigen manae Leute bei kleinen Dosen
Adrenalin toxische Wirkungen, die zunebmen, wenn gewisse lokale An-
ästhetika gleichzeitig gegeben werden. Namentlich in der Zahnheilkunde :
. sollten keine stärkeren Lösungen als 1: 100000 verwandt werden. Auch
die Chirurgen sollten vor Operationen kleine: Versuchsdosen. geben und
falls Idiosynkrasie vorliegt, zu einem allgemeinen Anästhetikum übergehen.
Das synthetische Adrenalin ist dem natürlichen: vorzuziehen. Die intra-
venöse Injektion ist 40mal gefährlicher als die subkutane. Adrenalin’ ist
_ kontraindiziert bei Operationen an Basedowikern. Große Quäntitäten ver-
. dünnter Novokainlösung machen Adrenalin überflüssig. Die. Götschprobe ı
(zum Unterschied‘ von Hyperthyreoidismus und funktionellen Nerven-
. störungen sowie früher Tuberkulose) sollte nur in unbedingt notwendigen, -
- anders nicht zu eruierenden Fällen vorgenommen werden. (Lancet 1924, 15.)
Parsons schreibt über Atrophie in der frühen Kindheit: Wenn
sich ein Säugling normal entwickelt bat, kann er plötzlich doch zu Gewichts-
` verlust kommen infolge ungenügender Nahrungszufuhr oder wenn ihre Ver-
wertung z. B. durch Pylorusstenose gehindert wird; unzweckmäßige Nahrung:
alle künstlichen Mittel, Mangel an Vitaminen, Fett, Protein, Überschuß von
Fett oder Kohlehydraten; Diarrhoe und Erbrechen; das Auftreten einer
Infektion, z. B. Pyelitis oder Pneumonie; hygienische Umstände; pränatale
Einflüsse und konstitutionelle Ursachen, sehr wichtig. Gewicht kann ver-
loren werden auf Kosten der am Stoffwechsel nicht beteiligten Gewebe und
solchen Wassers, bis das Kind 20°%/, unter seinem Normalgewicht steht;
dann beginnt die Atrophie, die Unfähigkeit, die Nahrung richtig auszunützen.
Der Grundstoffwechsel nimmt dauernd zu mit zunehmeader Abmagerung:
Jetzt sind hohe Kalorien nötig. Absorption vom Intestinaltrakt aus, ab-
gesehen von gewissen Zuständen (Diarrhoe, manche Formen von Fett-,
Kohlehydrat- und Proteinindigestion) ist das einzig Normale. Es ist ebenso
“schwierig, die verschiedenen Nahrungsfaktoren streng voneinander getrennt
zu betrachten, weil sie viel zu sehr Beziehungen untereinander haben, wie
scharfe Bilder der Fett-, Kohlehydrat- und Proteinindigestion heraus-
zuarbeiten. Grenze der Zuckeraufnahme: Fermentation und Diarrhoe. .Dies
ist häufiger bei künstlich als bei natürlich genährten Kindern, wahrschein-
lich“ durch Invasion des Bact. coli in die oberen Teile des Dünndarms. -
(Lancet 1924, 16.) u Bohnizer.
Therapeutische Notizen.
Innere Krankheiten.
Über die in England übliche Behandlung der Malaria” schreibt |
Manson-Bahr: Man unterscheidet drei Formen: die benigne tertiane, die.
quartane und die maligne subtertianee Diagnose durch das Mikroskop:
Man kann die unreifen Formen auch während der fieberfreien Perioden
finden. Nicht so ohne weiteres verläßlich ist die Milzvergrößerung und die |
Anämie, die gar nicht sb selten auch bei..den malignen Formen fehlen.
, Bei der tertianen Form. gibt es Fälle, die überhaupt keine Fieberanfälle
. zeigen: es kommt zu vorübergehendem Unwohlsein, leichten Schauern,. - -
Kopfschmerzen, Die Latenz des benignen.Parasiten und seine Neigung, zu
irgend einer Periode wieder aufzuflackern —.u. U. 4 J ahre nach der ur-
sprünglichen Infektion —, plötzlicher Anfall nach "großer Anstrengung
oder Exposition von Kälte. - Andors die maligne Form: schleichend, länger
dauernd, weniger. dramatisch, aber beträchtlich schädigender. "Vielseitige,
äußerst perniziöse Symptome, die in wenigen Stunden zum Exitus führen
können. Sie können hauptsächlich nervös sein, auch . Manie, Delirium, u
Koma, sogar epileptiform oder abdominal, ‚cholera-dysenterieähnlich. Es.
braucht überhaupt kein Fieber zu bestehen, nur “Appetitverlust, Nausea,
‚ Dyspepsie; trotzdem kann es zu. einem. plötzlichen. perniziösen Anfall
kommen oder zu .Schwarzwasserfieber. Bei jedem, der aus den Tropen
_ zurückkehrt, : Blutuntersuchung darauf. Sobald die Diagnose feststeht, _
Chinin, gentigend viel und lange, am besten per os, nur in perniziösen
Fällen und bei Erbrechen Injektionen. Nur aus dieser Nichtbeachtung `-
sind dio Mißerfolge bei der Tertiana im Felde zu erklären. Benigne Form: u
Chinin in Lösung: Chinin. hydrochl. 10 grain (1 = 0,06), Acid. hydrobrom.
dilut. 2 minim (1 = 0,06), Syr. aurant. 1 Drachme (i = 3,8 g), Aqua
chlorof. 1/, Unze (1 = 28,8 g); dieses 3 mal täglich. In der zweiten Woche =
20 grain täglich und dann für- die nächsten 21/ Monate 10 grain. Chinin
kann nur bei gesundem Darm resorbiert werden, also 1—2 mal wöchentlich. -
Natrium sulf. Bei Fieber folgende Unterstützung des Chinins: Ligu. ammon. .
acot. 2 Drachmen, Spirit. aether. nitros. 30 minim, Aqu.- camph. co. ad
1/, Unze. Gleichzeitig zur Bekämpfung der Anämie As: Acid. sol. arsenic.
8 minim, Ferr. sulf. 2 grain, Acid. hydrochlor. dilut. 3 minim, ' Aqu: ad ,
1/ Unze; dieses 2 mal täglich. Über Salvarsan, sind die Akten noch nicht
geschlossen. Subtertiane Form: ‚In -milderen Fällen dieselbe Behandlung. S
Bei reichlichen Parasiten 7—10 grain des Bimuriats in den Glutäus inji-
ziert, nicht mehr wie 1—2 mal (C! Schwarzwasserfieber, da Chinin Gewebs-
gift und Hämolytikum). Intravenös nur bei Koma und zerebralen. Fällen:
10 grain ‘des Bimuriats. (Lancet 1924, X.) "Vs Schnizer.-
Das Partigenpräparat MTbR (Rückstand R der durch Milchsäure M
aufgeschlossenen Tuberkelbazillen), das sämtliche Teilstoffe in natürlicher
Mischung enthält, empfiehlt Georg Dey cke (Lübeck) zur innerlichen
"Behandlung in Tropfeniorm. Damit läßt sich eine durchaus. günstige
spezifische Beeinflussung des tub erkulösen Krankheitsvorganges erzielen
(sowohl bei äußerer und chirurgischer als auch bei Lungentuberkulose). u
Auch der praktische Arzt kann so die spezifische. Behandlung in weit
größerem Umfange als bisher durchführen. Die Partigenkur ist ausreichend _
wirksam und sicher unschädlich. Die Tropfen werden täglich einmal bei
loerem Magen gegeben, aber ein für allemal um dieselbe Tageszeit, stets
mit einem Tropfenzähler aus dem jedesmal. vorher‘ tüchtig umgeschüttelten
Fläschchen, und zwar in einem. kleinen Löffel Wasser mit etwas Fruchtsaft.
Man verwendet von den MTbR-Aufschwemmungen verschiedene Kon- _
zentrationen, indem- man damit immer nach Ablauf von 6 Tagen
steigt. Die einzelnen Konzentrationen sind: 1.:100 000 Millionen, 1:10 000, |
1:.1000 usw. bis 1:1 Million. Innerhalb des 6tägigen Turnus reiche
man von der ' dazugehörigen Konzentration, jedesmal steigend: 2; 4, 6, 9,”
12, 15 Tropfen. Stellen sich deutliche Störungen des Allgemeinbefindens |
ein (Unbehagen, Kopfschmerzen, leichte Benommenheit oder auch Tempe-
ratursteigerung), so breche man die Kur ab. Dies zeigt sich meist bei
einer Konzentration von 1:1 Million. (M.m.W. 1924, Nr.17.) F. Bruck.
- „Die Novoprotinbehandlung des Magengeschwürs haben L. R. Grote
| und H. Bergmann in der Volhardschen Klinik in Halle systematisch
erprobt, indem sie durch. längere Zeit ausnahmslos alle Ulkusfälle dieser
Therapie unterwarfen. Das Verfahren hat, wis in fraktionierter Magen-
ausheberung festgestellt wurde, keinen Einfluß auf die Sekretion des. Magens,
cher scheint eine Einwirkung auf die Innervation stattzufinden, indem die
Erregbarkeit des Sympathikus herabgesetzt wird. Als erste Dosis der
intravenösen Injektion wurden niemals mehr als 0,5 cem gegeben und die .
Menge in zweitägigem Abstand üm je einen Teilstrich ‚bis zur Höchstmenge
von 1,0 com ‚gesteigert. Etwa 3 Injektionen- bilden eine Kur. Stärkere
Allgemeirireaktionen zwingen zur Herabsetzung der Dosis, aber auch schon
| mit.Mengen von je 0,1 wurden erfolgreiche Kuren erzielt. Die Haupt-
| indikation, bilden die akuten Schmerzulzera, die auch bei ambulanter
Behandlung sehr günstig reagieren. Rückfällige Kranke- sprechen weniger
. | gut an, bei Pylorusstenosen kann wenigstens die Krampfbildung aus-
| geschaltet werden, Erfahrungen über die Wirkung der Methode bei großen
Blutungen fehlen noch. (Zbl, f. inn. Med. 1924, Nr. 20.) WwW.
Bolton hält die Sippy sche neutralisiorende Behandlung des Magen-
geschwärs nicht für zweckmäßig, weil dadurch Magensaft und Verdauung
‚außer Betrieb gesetzt werden, weil diese Neutralisation ganz unnötig. ist,
denn -freie Salzsäure über 0,1%/, hält die Heilung des Geschwürs sicher
nicht hintan. Endlich führt der dauernde übermäßige Alkaligebrauch zu
99. Juni
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Tioxikation. Auch mit Lenhartz ist er nicht einverstanden: das
‘Bestreben, alle freie Salzsäure durch Übermaß von Protein zu neutralisieren,
Yermehrt nur die Sekretion; es ist besser, die Mahlzeiten so einzuhalten,
ie es Patient gewöhnt ist und 11/2—2 Stunden nachher Alkali zu geben.
indlich halt er es für verfehlt, einem blutenden Patienten Nahrung zu
geben, weil die Magenbewegungen und die Vasodilatation infolge der In-
gestion keine verschließenden Blutgerinnsel aufkommen lassen. (Brit. med.
journ, 1924, 1.) v. Schnizer.
Bei Magen- und Daodenalulkus empfiehlt M. ten Doornkaat
Koolman (Berlin) einen Versuch mit der Sippykur. Dabei wird an dem
Prinzip der Kur festgehalten. Man gibt große Alkalidosen, und zwar
stündlich wechselnd je einen Teelöffel Magnesia usta und Calcium carboni-
kun, Treten Diarrhöen auf, so ersetze man einige der Magnesiumgaben durch
Kalziumportionen,; bei Obstipation umgekehrt.” In dem jeweiligen halb-
© stündipen Zwischenraum werden in den ersten Tagen je 100 cem Milch
gegeben, später 100 g Brei, und bei weiterer Besserung entsprechend kleine
Mengen Weißbrot, ‚Fett usw. 10—14 Tage ist Bettruhe einzuhalten. Nach
etwa 23 Wochen lasse man nur noch 2 stündlich die Pulver einnehmen.
Bei der Entlassung gebe man die Alkalidosen noch längere Zeit bei
sohonender Diät. (D.m.W. 1924, Nr. 18.) F. Bruck.
boeper und Turpin haben Natrium (bi und tetra)borat mit Erfolg
bei rein nervösen Magenleiden angewandt: Brennen, Unbehagen kurz nach
der Nahrungsaufnahme, Krämpfe danach, Schmerzen, die eine Hyper-
chlorhydrie oder ein Ulkus vermuten ließen, Nausea, Erbrechen, ohne daß
die chemische Untersuchung irgend etwas ergab. Röntgen: gastrische
Hyperkinesie. Auch die Fernwirkungen, Röte, Schweiß, Schwindel, Kopf-
Schmerzen, Zittern, Palpitationen nach der Mahlzeit besserten sich. Bei
-Hyperchlorhydrie und Ulkus in den wenigen beobachteten Fällen ebenfalls
Besserung. Dosis: 2—3 g täglich, bei den organischen Läsionen !/, Stunde
wor der Nahrungsaufnahme in etwas Wasser, bei den funktionellen mit
den Speisen. 8—10 Tage lang, dann ebensolange Pause. Im allgemeinen
gut vertragen, hat es außer gelegentlicher Diarrhoe und Pruritus keine
üblen Nebenwirkungen. Manchmal versagt es. Es hat eine topische,
alkalisierende, antiseptische und sedative Wirkung. (Pr. méd. 1924, 27.)
| x v. Schnizer.
In einem von Walter Jehn (Dresden) mitgeteilten Falle von
Schleimkolik wurde nach wiederholter erfolgloser Behandlung erst durch
Psychotherapie Heilung erzielt. Nach dem Verf. stellt die echte Colica
mucosa, die nur mit geringfügigen katarrhalischen Veränderungen durch
mechanische Reizung der harten Kotballen einhergeht, den extremen Grad
der spastischen Obstipation dar. Zu den psychofugalen, auf dem
Wege des Vagus geleiteten motorischen Erregungen (Spasmen) treten sekre-
torische (übermäßige Schleimabsonderung). Die großen Schleimmengen
werden in den Tiefen der Längsfalten des krampfhaft kontrahierten Dick-
darms eingedickt, zu membranösen Gebilden geformt und ab und zu unter
heftigsten Kolikschmerzen ausgestoßen. (D.m.W. 1924, Nr. 18.)
-Dyspnoe verschiedenen Ursprungs wird nach Werner Schultz
(Charlottenburg) günstig beeinflußt durch die Lumbalpunktion. Es handelt
Sich um das Bronchialasthma und das urämische Asthma (azotämisch-
eklamptische Urämie bei chronischer Glomerulonephritis). Der Verf. nimmt
an, daß die sympathischen und parasympathischen Zentren des Respi-
Tationstraktus in der Medulla oblongata und im Rückenmark
unter dem Einfluß des Corpus striatum stünden, und zwar auf dem
Umwege über Zellanhäufungen im Zwischenhirn. So können die Erregungs-
Verhältnisse dieser Zentren, unter der Einwirkung der Druckschwankung
der Lumbalflüssigkeit, eine Änderung erfahren, die den krankhaften
Symptomenkomplex beseitigen kann. Beim Bronchislasthma soll man einen
Versuch mit der Lumbalpunktion (Ablassen einiger Kubikzentimeter Liquor)
est dann machen, wenn die sonst üblichen Mittel versagt haben. Personen
mit stark hystero-neurasthenischem Einschlag gegenüber sei man mit der
Anwendung der Lumbalpunktion zurückhaltend. (D.m.W. 1924, Nr. 18.)
| F. Bruck.
. „ Asihmabehandlung nach Veitch: Drei Vakzine-Peptonmischungen,
nämlich 6 ccm einer 60/Jigen Lösung mit: 235 Millionen der katarrhalischen
nun efenvakzine, ‘dann 5cem einer 100/,yigen Lösung mit 940 Millionen
Sr ann davon das. Doppelte, In den ersten 4 Wochen 1/s Tube der
en Lösung, dann 4 Wochen lang !/, Tube der zweiten Lösung pro Woche
und so fort, Injektionen intramuskulär in die schmerzlose Zone dicht
neben der Spina anterior superior ilii. Erfolge recht befriedigend. (Brit.
med, journ. London 1924, 1.) v. Schnizer.
kr Durch die Kombination von Kampfer und Sanarthrit (Knorpel-
Präparat, um die Widerstandsfähigkeit des Knorpels zu erhöhen oder wieder-
herzustellen) gelingt es nach Carl Rennen (Düren), .die Erscheinungen
des akufen wie chronischen Gelenkrheumatismus in vielen Fällen schnell
und schonend zu beeinflussen.
j öhnlich pro dosi 1 cem San-
arthrit I Man gibt gewöhnlich p
intravenös. Wie der Kampfer gegeben wird, subkutan, intravenös,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.26,
als Öl, als wässerige Lösung oder neuerdings als Hexeton, ist belanglos.
Vom Kampfer gebe man bis 0,8 ccm Ol. camph. fort. intravenös oder Sol.
camph. trit. (0,1%/,) bis 5 ccm pro Injektion intravenös. (M.m.W. 1924,
Nr. 17.) F. Bruck,
Le Fur hat zwei Fälle von Gonarthritis, die jeder Behandlung
trotzten und bei denen auch das Antigonokokkenserum subkutan versagte,
prompt geheilt dadurch, daß sie es intraartikulär injizierten: lebhafte Re-
aktion, Verschwinden des Exsudats, rasche Wiederherstellung der normalen
Beweglichkeit. (Pr. med. 1924, 29.) v. Schnizer.
Bücherbesprechungen.
Deutsch-Kauf, Herz und Sport. 107 S. mit 35 Abbild, im Text und auf
Tafeln. Berlin und Wien 1924, Urban & Schwarzenberg. RtM. 4,80.
Es ist seit Lancisi bis in unsere Zeit viel darüber geschrieben
worden, wie körperliche Anstrengungen: auf das Herz wirken. Mit Recht.
Denn von allen Fragen, die gesunde und kranke Menschen an den Arzt
stellen, ist kaum eine so häufig und so schwierig zu beantworten wie die:
Was darf man dem Herzen zumuten? Das Buch von Deutsch und Kauf
liefert nun hierfür eine besonders wertvolle Grundlage. Es stützt sich auf
Untersuchungen an gut 3000 Männern und Frauen, die Sport der ver-
schiedensten Art getrieben haben; davon sind 466 Fälle wiederholt, zum Teil
Jahre hindurch, untersucht worden. In übersichtlichen Tabellen werden die bei
den verschiedenen Arten des Sports auftretenden Herzvergrößerungen nach
Grad und Häufigkeit zusammengestellt und dann in sorgfältiger Kritik. die
für die Praxis bedeutungsvollen Schlüsse gezogen. So erhalten wir Aus-
kunft über die Wirkung von Vergnügungssport und Kampfsport: Schwimmen,
Leichtathletik, Fußball, Rudern, Schwerathletik und Ringen, Hochtouristik,
Ski, Boxen, Radfahren, Fechten, Hockey, Handball, Eislaufen, Tennis, Turnen.
Das Hauptergebnis ist ebenso wichtig wie erfreulich: „Der normale Mensch
verträgt auch eine starke Belastung seines Herzens, ohne daß es zu einer
Veränderung desselben kommt.“ Bei minderwertigen Herzen ist dagegen
Vorsicht geboten; da kann das Herz schon bei geringer Anstrengung zu-
nehmende Vergrößerungen zeigen.
Das Buch von Deutsch und Kauf ist für jeden Arzt, nicht nur
den Facharzt, wichtig — ja, ich möchte fast sagen unentbehrlich.
Edens.
Cohn, Leitfaden der Elektrodiagnostik und HElektrotherapie.
232 S. mit 76 Abbild. im Text und auf 6 Tafeln. 7. Aufl. Berlin 1924,
S. Karger. Brosch. 7,20, geb. 8,10. |
Man ist zunächst geneigt, anzunehmen, daß mehr als 100 Seiten,
die der Elektrotherapie gewidmet sind, den Wert des elektrischen Stroms
als weit überschätzt erscheinen lassen. Von einem so erfahrenen Wissen-
schaftler und Praktiker wie Toby Cohn läßt man sich gern belehren.
Wohl stutzt man bei der Lektüre, wenn .etwa besondere Methoden für
einzelne hysterische Beschwerden in den Kodex des elektrischen Verfahrens
aufgenommen werden, und wenn überhaupt der Versuch gemacht wird, die
elektrischen Behandlungsmethoden für die verschiedensten funktionellen
Nervenkrankheiten in ihrem Wert und ihrer Heilbedeutung voneinander zu
differenzieren. Aber, wie gesagt, wer die größte Erfahrung hat, hat auch
die eindringlichste und propagierendste Sprache. Für den praktischen
Arzt wird es wohl Vorteile haben, wenn er durch dieses umfassende und
glänzend geschriebene Werk von einer monotonen elektrischen Behand-
lung, die ja jede Suggestionskraft unterbindet, zurückgehalten wird. Lieber
Überschätzung als unbewiesene Skepsis. Seit Toby Cohn dieses prak-
tische, in seinen elementaren physikalischen Erörterungen leicht faßliche,
gründliche Buch geschrieben hat, wagte kein anderer, das gleiche Thema
umfassend zu bearbeiten. ‘Schon das beweist, daß Cohns „Elektrodiagnostik
und Elektrotherapie“ ein Lehrbuch von hohem Rang ist. Und auch eine
Zeit, die glaubt, in der seelischen Analyse schon das Schiboleth für alle
neurotischen Gebrechen der Nervösen gefunden zu haben, wird den thera-
peutischen Winken dieses Buches den Respekt niemals versagen. Der
theoretische Teil wie der praktische nutzen Material und Forschung der
letzten Jahre gründlichst aus. Kurt Singer.
Feßler und Mayer, Allgemeine Chirurgie. 372 S.. München 1924,
J. F. Bergmann. RtM. 6,—, geb. 7,80.
Die Verfasser haben in sehr geschickter Weise die allgemeine Chirurgie
in Frage und Antwort dargestellt, und es besteht kein Zweifel, daß diese
Methode das Repetieren des gehörten Kollegs außerordentlich erleichtert.
In kurzer prägnanter Weise sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen
über allgemeine Chirurgie, über Frakturen, Luxationen und Hernien aus-
gearbeitet, und ich glaube, daß besonders die Studenten im Kolloquium und
vor dem Examen großen Nutzen von’dem vorliegenden Werke haben werden.
0. Nordmann (Berlin).
E lifrayenös. Wie der Kampfer gegeben wird, subkutan, intravonös, 1
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: geräusche fehlten; Punktion war kontraindiziert.
‚aus dem Frankfurter Institut für vegetative Physiologie.
Nachweis gelungen, daß Chlorionen bei der Muskeltätigkeit in den Muskel
914 10 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr 26.
j
29. Juni
Kongreß- und Vereins-Berichte.
| | Frankfurt a.M.
_ Ärztlicher Verein. Sitzung vom 7. April 1924, ur
F. Blum: Die Bedeutung der Epithelkörperchen für den Orga-
nismus und die Möglichkeit ihres Ersatzes. Die Ergebnisse seiner Studien
zusammenfassend, gibt’ der Vortr. folgendes Bild der Lebenstätigkeit der
.Gl. parathyreoidea: Das EK gibt aus seinem Innern ein Hormogen ab, das
außerhalb der Drüse zum fertigen Hormon aktiviert wird und in dieser
Gestalt im Blute (Serum) im Überschuß kreist. Während der Laktation
tritt ein gewisser Anteil hiervon in die Milch über und verleiht ihr die
für EK-Hormon charakteristischen Eigenschaften. Vermittels des Hormons
übt das EK auf eins große Reihe von Organen einen bedeutungsvollen
Einfluß aus, der sich als Schutzwirkung gegenüber einer ständig drohenden
Autointoxikation darstellt. . Dem Schutzgebiet des EK ‚gehören an das
Zentralnervensystem, die Knochen- und Zahnbildner, das äußere Auge
‚nebst Iris und Linse, die Nieren, Leber, der hämatopoetische Apparat, die
Schilddrüse und wahrscheinlich noch manches andere Organ. Sie alle
werden geschädigt, wenn die EK-Tätigkeit ersatzlos erlischt. Wird aber
durch Reste von EK oder durch Zufuhr einer Schutzkost (Milch, Blut)
noch eine gewisse Menge von EK-Hormon dem Organismus geboten, dann
sättigen sich die gefährdeten Organe in der Reihenfolge ihrer Schutzkörper-
anziehungskraft, die parallel geht mit der Giftempfindlichkeit und durch
sie mitbedingt sein dürfte. Bei dem erwachsenen Tier werden mit Ausfall
des EK im Körper schlummernde Ersatzkräfte mobil gemacht; dem jugend-
lichen Alter fehlt eine solche Fähigkeit. Die Frübzeit des Lebens ist
durch diesen Mangel besonders hinfällig gegenüber jeder Verminderung der |:
EK-Funktion, In der Säuglingsperiode ergänzt die Mutter aus ihren eigenen
Beständen den Hormonvorrat des Kindes, indem sie der Milch den Schutz-
stoff übergibt, der dann durch seine Resorbierbarkeit dem Säugling zugute
kommt. So sehen wir während des ganzen Verlaufs des Lebens das EK,
jenes winzige Organ, in schicksalbestimmender Tätigkeit; am bedeutsamsten
- in der Entwicklungszeit.
Sitzung vom 5. Mai 1924.
H. Peiper: Demonstration eines großen Aneurysma dissecans der
: Arteria poplitea, das von einer 78jäbrigen Frau mit schwerer Arterio-
sklerose operativ gewonnen wurde. Das Aneurysma war völlig tbrombo-
siert. Da bei dér dementen Patientin über die Entstehung des Tumors
keine sicheren Angaben zu erhalten waren, schwankte die Diagnose zwischen
maligner Geschwulst, Hygrom und Aneurysma. Pulsation und Gefäß-
Wa.R. negativ. An der
Hand von Lichtbildern werden die chirurgischen Methoden der Aneurysma-
operationen und ihre Indikationen besprochen. Die konservativen Methoden
werden für operativ zugängliche Aneurysmen verworfen. Besondere Empfehlung
der Rehnschen Spaltung des Sternums und entlastender Mediastinotomie
in der Behandlung rasch wachsender Aneurysmen der Aorta thoracalis mit
Trachealstenose, durch die es gelingen kann, selbst schwer arbeitende Indi-
viduen wieder arbeitsfähig zu machen. Demonstration eines Sammlungs-
präparates: erfolgreiche Naht der Aorta abdominalis nach Exstirpation eines
Aortenaneurysmas (operiert von Rehn:sen.). Der Kranke ging 8 Tage
nach der Operation an Pneumonie zugrunde.
Embden: Neuere Untersuchungen über chemische Vorgänge bei
der Muskeltätigkeit. E. berichtet über eine Reihe von Untersuchungen
In ihnen ist der
eintreten und daß diese Chlorionen die Spaltung der Hexose-Diphosphor-
säure (des Laktazidogens) in Milchsäure und Phosphorsäure beschleunigen.
_ Andere Ionen, von den Anionen hauptsächlich das Zitrat- und mehr noch
das Fluorion, von den Kationen in erster Linie das Kalziumion, begünstigen
im Gegenteil die Synthese des Laktazidogens aus Phosphorsäurs und Kohle-
hydrat.
traktion und Erschlaffung des Muskels in Zusammenhang gebracht. Die
Art der Wirksamkeit der verschiedenen Anionen aD ihrer Stellung
in der Iyotropen Reihe.
Sitzung vom 19. Mai 1924.
W. Hofmann: Ein Fall von ungewöhnlich großem Nierenstein.
29 jähriger Eisenbahnarbeiter erkrankte vor 10 Jahren infolge einer Erkältung
an Blasenbeschwerden und Schmerz in der Gegend der linken Niere, Er
wurde mit den üblichen inneren Mitteln behandelt, ohne daß eine Besserung
erzielt wurde. Er kam dann ins Feld, wo sich die Beschwerden derartig
verschlimmerten, daß. er ins Lazarett kam. Hier wurde festgestellt, daß
die linke Niere nicht funktionierte. Er kam nach einiger Zeit wieder ins
Feld zurück. Nach seiner Entlassung Vom Militär hatte er dauernd weitere
Beschwerden, heftige kolikartige Schmerzen in der linken Seite, die zuweilen
"noch starke Zystitis und Pyelitis links.
stimmten "Viskositätsanteil..
Spaltung und Synthese des Laktazidogens werden mit der Kon-
| Mengen injiziert, die noch keine lymphagoge Wirkung hatten.
mit Erbrechen einhergingen, und trüben Urin. ‘Ein Röntgenbid der linken
Niere war bisher nicht gemacht worden. `
Die urologische "Untersuchung. ergibt Fehlen der Indig-Karmin-Aus-
scheidung links, aber auch rechts ist sie sehr schwach. Bei dreimaliger
Urin der linken Niere trübe und
Untersuchung stets dasselbe Resultat.
eiterhaltig. Röntgenbild der linken Niere zeigt einen riesigen Steinschatten.
Die Pyelographie zeigt eine dütenförmige Erweiterung des Harnleiters.
Die Bestimmung der Blutgefrierpunkterniedrigung ergab — 0,63, somit ein
wesentliches Abweichen von der Norm und eine Insuffizienz beider Nieren,
was mit dem Ergebnis der Funktionsprüfung übereinstimmt. Es konnte
nach den Vorschriften von Kümmell somit nur eine konservative Operation
in Frage kommen.
der durch Pyelolithotomie‘ entfernt werden . konnte. Maße des Steines:
Länge 10 cm, Umfang 18cm. Gewicht in frischem Zustande 200g. Der
postoperative Verlauf‘ war mit Ausnahme einer’ mäßigen. Herzschwäche in
den ersten Tagen ungestört. Urin jetzt noch stark alkalisch, es besteht
Bakteriologisch enthält der Urin
Die Operation ergab einen riesigen Nierenbeckenstein,
Kolibazillen und Kettenkokken. Chemisch besteht der Stein aus Ammonium- .
Magnesiumphosphat und dürfte somit ein Sekundärstein sein. (Demon-
stration des Steines und der verschiedenen Röntgenbilder.)
Auch die rechte Niere zeigt einige Steinschatten und ein vergrößertes
Nierenbecken.
Göttingen.
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 8. Mai 1924,
Handovsky: Über: die kolloidchemische Struktur des Biutserums.
Bei der Untersuchung der einzelnen Fraktionen des Blutserums von Rindern
und Menschen hat sich die Methode von Robertson, die durch die Be-
stimmung der Pseudoglobuline erweitert wurde, gut bewährt. Jede der
drei Serumfraktionen (Euglobulin, Pseudoglobulin, Albumin) hat einen be-
Die auf diese Weise berechnete Viskosität
stimmt in 85°/, mit der direkt gemessenen überein. — Das Cholesterin
kommt in verschiedenem Zustand im Blutserum vor, in einem mehr hydro- | |
phoben, in dem es sich durch Äther leicht ausschütteln läßt, und in einem
mehr hydrophilen, direkt nicht ausschüttelbaren, in dem es durch das
visköse Euglobulin geschützt erscheint. Die Menge des direkt ausschüttel-
baren Cholesterins läßt sich durch Zusatz von Salzen und Traubenzucker
in kleinen Mengen verändern. Gemeinsame Untersuchungen mit Erich
Meyer haben ergeben, daß solche Veränderungen auch in vivo bei der
Injektion von kleinen Mengen Kochsalz oder Traubenzucker vorkommen.
Es wird geschlossen, daß dem direkt ausschüttelbaren Cholesterin ein in
den Einzelheiten nicht näher geklärter Einfluß auf den Tonus der Gefäße
und der glatten Muskulatur zukommt.
Meyer-Bisch: Mineralstoffwechselstörungen bei Zuckerkrankheit. |
et
Das diabetische Blut ist reich an Kalzium, der Wert ist häufig höher, als
der Norm entspricht. Es besteht kein Zusammenhang mit der bekannten
Bluteindickung. Perorale Zufuhr. von Natrium biecarbonicum (Meyer-Bisch
und Thyssen) verursacht eine Senkung des Kalkgehaltes des Biutes beim
Diabetiker. Beim normalen Menschen tritt keine Änderung ein. Die Blut-
eindickung des Diabetikers geht mit einer hochgradigen Ohlorverarmung
einher. Zugeführtes Kochsalz wird retiniert.
Experimentell beim Tier setzt die Infusion von geringen Zucker-
mengen, die keine besondere Hyperglykämie hervorrufen, die renale Chlor-
ausscheidung nach vorübergehender Steigerung absolut und prozentual
herab. Der Einfluß ist an entnervter Niere deutlicher als an der normalen
(Meyer-Bisch und Koennecke).
Perorale Zufuhr von Lävulose, nicht von Dextrose, erzeugt Blut-
eindickung und erhöht den Blutkalkwert des Diabetikers in den meisten
Fällen. In seltenen Fällen, besonders beim Altersdiabetes, wird der Wert
herabgesetzt. Beim Gesunden zeigt sich kein Einfluß.
Lymphfistelversuche an Hunden bestätigen diese verschiedene Wirkung
der Lävulose und Dextrose auf den Kalziumstoffwechsel.
Lävulose
bewirkt eine Zunahme, Dextrose eine Abnahme des Lymphkalkes. ` Chlor-
konzentration und Eiweißgehalt werden gleichsinnig beeinflußt. Die Ver-
änderungen treten ohne Steigerung der Ausflußgeschwindigkeit der Lymphe
auf. Bei Injektion großer Mengen, die Ilympbagog wirken, tritt bei beiden
Zuckerarten eine gleichsinnige Abnahme von Kalzium, Chlor und Eiweiß ein.
Es wurden geringe .
Es erscheint möglich, daß der Sitz der genannten Störungen beim .
Diabetiker in der Leber zu suchen ist, da die Brustganglymphe. zum großen |
Teil aus der Leber stammt.
etwa bestehenden Azidose.
Die Störungen sind unabhängig von einer
Wichels.
DONE: | ii 93 ia i
o9, Jomi
“schiedenen Theorien, die über die Entstehung des Schiefhalses bisher auf-
gestellt. worden sind, bespricht R.: besonders die Völkersche Theorie, der.
“und. dazu ein weiterer Fall, der in der Chirurgischen Klinik Greifswald
_ operiert worden’ist, in Lichtbildern vorgeführt und näher erläutert.
. Beobachtungen über Phagozytose von roten Blutkörperchen, Leukozyten
“weißen Mäusen, die mit abgetöteten Kokken vorbehandelt sind, setzt die
“schneller als beim nicht vorbehandelten: Tier. In einer Versuchsreihe fanden
der Endothelieh, besonders in den Lungenkapillaren, ist dabei oft so hoch-
‚körperbildung angesehen werden. Hier tritt das Antigen zuerst mit Körper-
es weiterhin zu einer von den Endothelien ausgehenden Zellwucherung.
Das Horvorgehen von Leukozyten ist besonders beim sensibilisierten Tier
. Dicht nur in Blutbildungsherden, in Leber und Milz, sondern auch aus den
Endothelien der Lunge zu beobachten. Ferner zeigt sich ein kontinuier-
licher Weg über vermehrte Phagozytose von Bakterien und Zelltrümmern
~ bis zur Entstehung des Amyloids. Es gelang, durch Injektion abgetöteter
Amyloid in der Leber in einem: Fa
“ vorbehandelten: Tier schon 2 Minu
Leber, Chemische Or
Falles erger: Demonstration von Präparaten und. Photographien eines .
‚nehmendem Hirndruck Exitus.. Neben der. linksseitigen Hemianästhesie
und Hemiparese ließen ‚sich bei dem linkshändigen Kranken auffallende:
paragraphische und agraphische Erscheinungen nachweisen. Die Lese-
a . Greifswald. _
Medizinischer Verein. Sitzung. vom 23. Mai 1924. o
. .‚Resohke: Über Schiefhals. Nach kurzer Einleitung- über die ver-
war einmal der Tumor in den Prolaps hineingewachsen, das andere Mal
fanden sich im Prolaps normale Gehirnpartien, die trotz der Verlagerung
"normal funktioniert hatten.. Vortr! tritt warm für die Palliativtrepanation
ein, da sie subjektiv große Erleichterung bringt und gelegentlich Herd-
symptome stärker hervortreten läßt, so daß unter Umständen sekundär
radikal operiert werden kann. N u “
. Boening: Über den eidetischen Typ (Jaensch). .Das „eidetische“
' dio Entstehung des Caput obstipum musculare schon in das intrauterine
‘Deben verlegt. Nach ihm ist also der: angeborene Schiefhals als „intra-
utörine Belastungsdeformität“ aufzufassen. Dann werden die bisher be-
kannten Fälle von doppelseitigem Schiefhals aus der Literatur besprochen
Domagk: - Über die Bedeutung der Endothelien für die Abwehr En: ß m ; nn |
in RER d die Entstehun Amvinids. $ zufällig beobachtet, bis es nach den Arbeiten von Urbantschitsch und
Ten IMeKHONBATTOBEED, HS die Futsiehnug des Amyluids. Versuche, und Jaensch und seiner Schule größeres Interesse fand. Mit Hilfe besonderer,
vom Wortr. gezeigter Methoden, gelingt es, das Phänomen bei gewissen
Utrümmern füh i etikulo- i | |
u anderen A onma on zu dir N ermuming. Ma, gon Bokuto Personen zu erzeugen und eine eventuelle latente eidetische Anlage nach-
endothelien der Leber, Milz und Lymphdrüsen bei. der Vernichtung von
A . . d , ki — é . ` .. 2 e : .
un Bluo renden Bakteerien elne" große Rolle: ankommen, Könnte. Bei weit verbreitet. Vortr. konnte dies auch nach Untersuchung 12 bis
Phagozytose wesentlich rascher. ein, der Verarbeitungsprozeß verläuft 14 jähriger a y ooumaghule nonon Dostatgon. (Domonsisation einer Jugend:
| lichen Eidetikerin.)
sich..beim vorbehandelten ‚Tier nach. intravenöser Injektion von Staphylo-
kokken in sämtlichen. Endothelien, namentlich der Leber, oft 20—30 Kokken
vorgenommen. Bei einer nicht halluzinierenden 30jährigen Hysterika und
in einer Zelle und zwar schon 2 Minuten nach der Injektion. Die Schwellung
zwei lebhaft akustisch halluzinierenden weiblichen Schizophrenen über
40 Jahren fand das Phänomen sich ziemlich weitgehend ausgeprägt, unvoll-
kommen war es bei 7 Hysterikern, einem, Schizophrenen und einem Debilen,-
radig, daß es ölligen Ve Ä i i i
gradig, dah es zum völligen ersonlun Kroft Kapillargobieta kommt. Bei die meisten über 20 Jahre alt, vorhanden. Das Phänomen ist ja, nament-
Reinjektion erfolgte. oft der Tod im Shock. D. weist darauf hin, daß die-
selbe Todesursache auch beim typischen | anaphylaktischen Shock nach-
‚gewiesen werden kann, und glaubt, daß die Ansicht Friedbergers,
welcher im Anaphylatoxin die ahockauslösende Ursache sieht, immer un-
wahrscheinlicher wird. Die Endothelien müssen wohl als Ort der Anti-
psycbiatrischer Relevanz (präsomnische Bilder, Halluzinationen) verwandt.
'Hilpert: Über den Koordinationsmechanismus. Vortr. geht auf
die feinere Anatomie des Pyramiden-, Kleinhirn- und Stammgangliensystems
zellen in ausgiebige Berührung. I nfolge der vermehrten Phagozytose kommt ein. Daran anschließend wird die Funktion der Stammganglien und die
systeme im Interesse der höheren Koordination erörtert.
Glaukomauges. In einigen Fällen von Glaucoma simplex konnte an Hand
‘von Kurven, die aus den 3 mal täglich vorgenommenen Messungen des
Augendruckes und Pupillendüurchmessers gewonnen -waren, die druckherab-
setzende Wirkung des Adrenalins (Suprarenin, bitart. 0,01, Vaselin alb.
und - lebender B ien : nall. Stoanka- ; |
4 ‚or Bakterien (Bact. coli, Strepto- und Staphylokokken) bei der americ. ad 10,0) nachgewiesen werden. Als gleicherweise Pilokarpin bei
aus Amyloid zu erzeugen. . Durch intravenöse Injektion großer Mengen
von Bakterien trat typisches. perinoduläres Amyloid in der Milz, beginnendes
lle bereits nach 10 Minuten, bei einem
| ten nach der Injektion auf. .Das erste
Auftreten des Amyloids zeigt sich in der Umgebung phagozytierender und
eiweißäbbauender Zeilen, : besonders der Kapillarendothelien in Milz und
AD Urgananalysen bestätigen die Beobachtungen im histo-
logischen Bilde. In der. Milz findet man bei infektiösen und septischen
Erkrankungen den höchsten Wert von Reststickstoff, weit höher als z. B,
In der Leber, Herz und Nieren. In Amyloidmilzen von Mäusen fand sich
außer Zunahme des Reststickstoffes eine erhebliche Zunahme des N des
koagulablen- Eiweißes. Ferner. ergaben sich zwischen Milz und Leber
Vichtige Beziehungen im ‚Intermiediären Eiweißstoffwechsel. Die Leber ver-
et zum Teil die ihr zugeführten löslichen N-haltigen Substanzen in
ai Eiweiß, dadurch kommt es zu hochgradiger Lebervergrößerung..
isselbe Erscheinung konnte bei Glomerulonephritis beobachtet werden.
a pror: Zellteilong und .Zelitätigkeit.5.P. hat im Hauptstück (2. Ab-
a dor Nierenkanälchen von Salamanderlarven die Resorptionstätigkeit
ne und gefunden, daß diese während der indirekten Zellteilung unter-
kn .._ Auch bei stark erhöhter Tätigkeit nach Injektion von Pilo-
es F l esteht: während der Mitose eine Funktionspause. Dasselbe fand
a Injektion ‚von Trypanblau. Auch bei anderen Zellen ist nach- |
er daß ihre „Arbeitsstruktur“ in der Mitose schwindet: bei Flimmer-
ee = Zilien, bei roten Blutkörperchen das Hämoglobin usw. So ist
Sedis berechtigt: Eine Zelle, die sich indirekt teilt, arbeitet nicht
A sch, ebenso wie umgekehrt eine intensiv arbeitende Zelle sich nicht
‘ Ausführlich werden diese Beobachtungen und Versuche in der Zschr.
“= 868. Anatomie veröffentlicht. — ” Arthur Buzello.
daß beide Mittel den Augendruck auf den gleichen Wert von 18—20 mm Hg
herabsetzen können, obgleich Pilokarpin den Parasympathikus erregt und die
Pupille verengert, Adrenalin den Symipathikus erregt und die Pupille erweitert.
Die Erklärung sucht Vortr. in der dutch beideMittel verursachten Verengerung
der Uvealgefäße. l = |
Sitzung vom 14. Mai 1924.
sich nachweisen, daß der Blutungsstillstand geschehen kann ohne Thrombo-
sierung des Gefäßinbaltes, lediglich durch Kontraktion der Wand. “Die
Kapillarbeobachtung von O. Müller gestattet den Nachweis, daß die
Kapillaren in weitem Ausmaß reizbar sind, auf mechanische Irritation mit
Kontraktion bis zum Verschwinden der Lichtung reagieren können. Beide
stillung durch die Arbeit kontraktiler Wandelemente zustande kommt.
dosierto und genau lokalisierte Mikrotraumen zu setzen, also unter dem
Mikroskop eine einzelne Schlinge anzuschneiden. Das „photographische
Okular“ (Siedentopf) gestattet die Momentaufnahme während der Beob-
achtung in einer beliebigen Phase des Versuchs unter Kontrolle des Auges.
Die Experimente ergaben, daß eine verletzte Kapillare regelmäßig durch
die Schlinge verschwunden ist und verschwunden bleibt. Die Versorgung
der Lücke durch abnorme Füllung und veränderte Gestalt der Nachbarn
und der Ersatz der verlorenen Schlingen vom 8. Tage an durch Heilung
oder Regeneration ergeben interessante Ausblicke. Die Hämostyptika sind
daraufhin zu prüfen, wie weit sie innerhalb der biologischen Einheit von
| = | Jena.
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 20. Februar 1924.
Frage der Hämophilie bei normaler Gerinnungszeit könnte von dieser Seite
a von Tumor cerebri, Beginn der Erkrankung vor 5 Jahren unter | fahren von Siedentopf hergestellter Film demonstriert die Strömung in
em
ilde einer traumatischen Epilepsie. Später Stauun ille. Homi- | menschlichen Kapillaren, Verletzung ‘mit dem Mikromanipulator, Blutung
mat ; gspapille, Homi i , : alator, g
Parese und ‚Reflexanomalien. aaa Ber nach Palliativtrepa- | und Blutungsstillstand durch Kontraktion der verletzten Schlinge. (Selbst-
Ps für 14, Jahre, so daß Arbeitsfähigkeit eintrat. Dann unter zu- bericht.)
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.26. 000
fähigkeit war ungestört. Bei zwei weiteren palliativ trepanierten Fällen
Phänomen der „subjektiven optischen Anschauungsbilder“ wurde gelegentlich
zuweisen. Im Jugendalter findet sich, meist vorübörgehend, die Anlage
Untersuchungen wurden auch an psychiatrischem Krankenmaterial
lich in Form der spontanen Anschauungsbilder, mit den Erscheinungen
und die Patho-Physiologie des striären und pallidären Symptomenkomplexes
gegenseitige Abhängigkeit und Zusammenarbeit der drei großen Koordinations-
Thiel: Die Wirkung des Adrenalins auf den Binnendruck des
denselben Glaukomaugen zur Anwendung kam (2°/,ige Salbe), ergab sich,
Magnus: Experimentelle Untersuchungen an kleinen Gefäßen über
den Vorgang der Blutstillung. An der großen Arterie des Menschen läßt
Befunde legten den Schluß nahe, daß. auch an der Kapillare die Blut- -
Zwei neue Apparate der Firma Zeiß ermöglichten die Durchführung der `
Untersuchungen; der Mikromanipulator (Peterfi) erlaubt es, sehr fein
Kontraktion die Blutung beendet, daß immer nach Versiegen der Blutung
Blut und Gefäß sich mit ihrer Wirksamkeit an das letztere wenden. Die
eine Lösung finden. — Ein im Mikrolaboratorium ‘von Zeiß nach dem Ver- `
916. > © 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 26.
29. Juni
Abel: Statistisches zur Bewerfung der Typhusschutzimpfung. An
"Hand namentlich preußischen statistischen Materials ist deutlich nach-
zuweisen, daß ab 1917 eine erhöhte Typhussterblichkeit des weiblichen
Geschlechts im ganzen Reiche einsetzt, während in vielen voraufgehenden
' Jahren ganz regelmäßig die erhöhte Sterblichkeit auf ‚seiten der Männer
war. Vom Jahre 1920 ab findet wieder eine gewisse Ausgleichung der
ungewöhnlichen Zahlendifferenz statt. Diese auffallende Erscheinung kann
nur auf die Wirkung der Typbusschutzimpfung, der fast alle im Heeres-
dienst stehenden Männer unterworfen waren, zurückgeführt werden. Die
beigebrachten Zahlen sind nur Sterbezahlen, beweisen also nichts hin-
sichtlich des Verhältnisses der Erkrankungsfälle Aber auch hier läßt sich
dasselbe Bild nachweisen. Die Zahlen beweisen auch, daß die Dauer der
Schutzimpfung, die aus klinischen und serologischen Gründen auf 1/, bis
1 Jahr festgesetzt war, etwa 4 Jahre beträgt, möglicherweise auf Grund
der häufig vorgenommenen Nachimpfungen. |
Nach alledem muß ernstlich erwogen werden, ob künftig bei drohenden .
Epidemien nicht alsbald die Schutzimpfung einzuleiten ist. Dauernde
Schädigungen durch die Impfung sind nirgends bekannt geworden, obgleich
häufig auch eine große Anzahl von Zivilbevölkerung wahllos, ohne Rück-
sicht auf vorhandene Leiden (Herz-, Lungen-, Nierenerkrankungen) oder
vorhandene Schwangerschaft durchgeimpft worden ist.
| München.
Ärztlicher Verein. Sitzung vom 14. Mai 1924.
Henseler (a. G.): Rasse- und Konstitutionsbegrifi in der Tierzucht.
Die Tierzucht ist ein Teil der Landwirtschaft mit dem Zwecke, den Haus-
tieren einen möglichst großen Nutzen abzugewinnen. Von den übrigen
Naturwissenschaften unterscheidet sie sich dureh die besondere Rücksicht-
nahme auf die Rentabilität.. Das erste, worum es sich bei der Tierzucht
handelt, ist der Begriff der Art; so gehören Ponnie und große Pferde
beispielsweise zu einer Art. Der Artcharakter grenzt eine Art von der
anderen ab. Sie ist der Rasse übergeordnet. Die Art ist etwas Veränder-
liches, doch fällt es bei der kurzen Spanne Zeit, die den Tierzüchtern zur
Verfügung steht, schwer, aus einer Art eine andere zu. machen. Die Rasse
ist niemals abgeschlossen, -ändert sich. stets, und dadurch ist ihre An-
passung möglich. Die Rasse ist demnach eine Gruppe von Tieren, welche
sich innerhalb einer Art unterscheiden und ihre Eigenschaften vererben,
solange sie nicht durch ihre Umwelt daran gehindert werden. Ein Tier-
züchter kann beispielsweise durch Änderung der Dung- oder Futtermittel
an seinen flaustieren manches ändern, doch sind ihm Schranken gesetzt,
die er unter keinen Bedingungen überschreiten kann, weil sie in der Rasse
begründet sind. Man kann auch nicht sagen, eine Rasse ist gut oder
schlecht; für den Züchter ist sie passend oder nicht passend. Die Rassen
werden nach rassebildenden Momenten eingeteilt in 1. Naturrassen, die
sehr genügsam und sehr vielseitig sind, dagegen in der Leistung weniger
passend, und in 2. Kunst-, Kultur- oder Züchtungsrassen, die sehr lohnend
sind, wenn sie unter günstigen Bedingungen stehen. Man verlangt hier
vom Körper eine Einzelleistung und muß dabei auf andere wertvolle Eigen-
schaften verzichten. So kann man Kasse und Masse niemals gleichzeitig
züchten. Der Höchstleistung auf der einen entspricht Verzichtleistung auf .
der anderen Seite. So können hochgezüchtete Masttiere u. U. nicht mehr
die eigenen Kälber stillen, und feinste Wolle geben gerade die nicht sehr
massigen Schafe. Mit der Spezialisierung nimmt — durch die Einseitigkeit
der Leistung — die Gefahr' der. Konstitutionsschwächung zu. So versagen
die Nerven beim.-Vollblutpferd; Tuberkulose befällt Tiere mit großer Milch-
leistung, auf Mast und Fett gezüchtete Tiere sind meist unfruchtbar. Da
alle Haustiere „erzüchtet“ sind, liegt ihnen allen eine gewisse menschliche
Beeinflussung zugrunde. Deshalb will man jetzt den Rassebegriff ganz
fallen lassen und die Zucht dafür einsetzen. England, das praktische
Züchterland, kennt den Rassebegriff gar nicht. Neben der Zucht ist das
Individuum, seine Individualität und seine Blutlinie wichtig. Was den
| © Königsberg i. Pr. |
Verein für wissenschaftliche Heilkunde. Schlußsitzung vom 26. Mai 1924.
Pick: Über tuberkulöse Augenerkrankungen. Sein Material betrifft
31 Fälle. Das Krankheitsbild ist ein außerordentlich vielgestaltiges; 5 Fälle
von akuter Augentuberkulose werden eingehender geschildert (2 unter dem
Bilde des Glaukoms eintretend, 1 akute Iritis und 2 schwerste Glaskörper- `
blutungen). Alle sind einseitig und alle durch spezifische Tuberkulin-
behandlung (Bazillenemulsion) dauernd geheilt. Dann wird ein Fall von
grundsätzlicher Bedeutung vorgestellt: Mädchen von .15 Jabren, aus einer
Familie, in der Tuberkulose endemisch ist, seit Jahren an skrofulösen
Augenentzündungen leidend, erkrankte im September 1923 an schwerster
tuberkulöser Iridozyklitis beider Augen, wird nach 5 monatiger Blindheit
durch Tuberkulinkur geheilt. Nach Ablauf der Entzündung erkennt man
eine ausgebreitete. Chorioiditis disseminata. — Die Hauptgruppe bilden die
ohronischen Augentuberkulosen, von denen Beispiele geschildert werden.
Eine Verlaufseigentümlichkeit, nämlich die Doppelseitigkeit des Auftretens,
wird näher erläutert. und erklärt. Bezüglich der Therapie ist Vortr, ein
warmer Anhänger der Tuberkulintherapie, auf lange fortgesetzte Behandlung | kraft, die sich nach der aktiven und passiven Seite zeigt. Der Züchter
legt er den größten Wert. | kennt auch den Begriff der Überbilder. und nach der entgegengesetzten
Konstitutionsbegriff betrifft, versteht der Tierzüchter darunter die Lebens- |
Kirschner: Ein durch die Trendelenburgsche Operation geheilter
Fall von Embolie der Arteria pulmonalis. Der Vortr. bespricht unter
Demonstration einer 38jährigen Kranken, an der die Trendelenburgsche
Operation bei schwerster Embolie der Arteria pulmonalis zum erstenmal
-mit Glück durchgeführt wurde, die Ursachen, die pathologisch-anatomischen
Verhältnisse, das klinische Bild, die Diagnose und die Therapie der Lungen-
. embolie. Das vor 10 Wochen operierte Mädchen ist nunmehr völlig wieder-
hergestellt. Sie fühlt sich wohl, geht ihrer Beschäftigung nach und hat
seit der Operation 8 Pfund zugenommen. Am Herzen ist ein krankhafter
Befund nicht zu erheben. Ohne aus der einzigen bisher geglückten
Embolektomie überschwengliche Schlüsse ziehen zu wollen, hält es der
Vortr. jetzt, wo der praktische Beweis der Brauchbarkeit der Trondelen-
burgschen Operation erbracht ist, für notwendig, daß in jeder operativ
. sich betätigenden Krankenanstalt die Vorbedingungen zur Vornahme dieser
Operation vorhanden sind. Die in den letzten Jahrzehnten in Masse aus
der Erde geschossenen kleinen Krankenanstalten sind hierzu offenbar nicht
in der Lage. Damit kehrt die Chirurgie, die zurzeit nicht zu ihrem Vorteil
weitgehend popularisiert ist, zurück zu wenigen, mit allen personellen und
materiellen Hilfsmitteln ausgerüsteten großen Krankenanstalten. i
Naujoks: Das Problem der temporāren Sterilisierung. Die Indi-
kationen sind mannigfaltig. An Methoden stehen zur Verfügung: die Ope-
ration und die Röntgen- bzw. Radiumbestrahlung. Von den 23 verschiedenen
Operationsverfahren der Literatur hat bisher erst ein einziges — die intra-
peritoneale Versenkung des Eierstooks — seine Brauchbarkeit in einem
Falle erwiesen. Nachteile der operativen Maßnahmen sind die technischen
Schwierigkeiten und die Unzuverlässigkeit der Methoden; dafür bleibt die
Menstruation erhalten und die innersekretorische Funktion des Genitale
unberührt. Die Röntgenbestrablung ist ungefährlicher und bequemer.
Gefahr starker Ausfallserscheinungen, Keimschädigung, Unsicherheit der
Dauer des Schutzes werden ihr zum Vorwurf gemacht, Die Entscheidung,
welcher von beiden Methoden der Vorzug zu geben ist, steht noch aus.
Firgau.
Seite den der Gutmacher. Züchterisch kann eine Feinheit schon verboten
. sein, die für den Gebrauch noch gut ist. | |
v. Zumbusch: Demonstrationen. a) Fall von Psoriasis, verbunden
mit Arthritis psoriatica. Die Ätiologie ist noch unklar, mit Gicht hat sie
aber nichts zu tun. — b) eine Virgo stand wegen extragenitaler luetischer
Infektion in Krankenhausbehandlung. Während der Behandlung tritt plötzlich
ein deutliches Erythema nodosum auf. Da dieses Zusammentreffen der
beiden Krankheiten schon öfters beobachtet wurde, kann wohl kein Zufall
vorliegen. Als eine einheitliche Erkrankung rheumatischer Natur ist das
'Erythema nodosum nicht mehr anzusehen, findet es sich doch nach Moro
häufig bei Tuberkulose der Kinder. Das Erythema ist demnach keine
Krankheit, sondern ein Symptomenkomplex auf der Haut, N.
Wien.
Gesellschaft der Ärzte. Sitzung vom 9. Mai 1924.
I. Moll berichtet über Untersuchungen, die Stillfähigkeit von
Frauen betreffend. Bekanntlich ist die Feststellung, ob eine Brustdrüse
Milch. sezerniert oder nicht, sehr schwer. Es kann sein, daß das Kind
nicht genügend saugt (Schwäche, Appetitlosigkeit), es kann sein, daß ana-
tomische Gründe vorhanden sind (Hohblwarzen usw.). Dann erfolgt bei
ungenügender Entleerung der gut laktierenden Drüse durch das Kind her
eine Rückbildung. Nun hat Vortr. feststellen können, daß die Haut über
der gut funktionierenden Milchdrüse wärmer ist als an anderen Körper-
partien; besonders deutlich ist dies, wenn nur einseitig gestillt wird. Die
Temperaturmessung wird in der Brustfalte unter der Mamma vorgenommen.
Sie ist höher als in der Axilla (87,2—37,4 gegen 36,8). Die Methode ist
einfach und zuverlässig, weil sie sich in Hunderten ‘von Fällen als ver-
läßlich bewährt hat. Die Tatsache der Temperaturerhöhung steht’ mit
den bekannten Tatsachen der Physiologie im Einklange. Während der
Schwangerschaft ist diese Differenz nicht vorhanden. Sie tritt unmittelbar
nach dem Einschießen der Milch auf, wie auf der Klinik Peham fest-
gestellt wurde,
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99. Jai 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 26. a
K. Kassowitz stellt einen 5 J ahre, 3 Monate alten Knaben vor,
der wegen einer septischen Purpura mit Bluttransfusion behandelt wurde.
Pat. war bis 24. Februar 1924 immer gesund. Damals machte er eine Grippe-
_ pneumonie durch, die mit Senfumschlägen behandelt wurde; es kam zur
Rötung der Haut und -Blasenbildung. Anfang März sank die Tempe-
ratur. Später entwickelten sich Furunkel am Stamme, zugleich mit Hämor-
rhagien in der Gesichtshaut. Am 16. März wurde Pat. aufgenommen, Er
bot das Bild der schwersten hämorrhagischen Diathese: Suffusionen am
Stamm, im Gesicht, an der Mundschleimhaut, der: Konjunktiva besonders
des linken Oberlides. Im Stuhl waren viele Koagula enthalten, es bestand
- starke Hämaturie; renale Elemente im Harn wurden nicht gefunden. Die
Zahl der Erythrozyten sank auf 11/, Millionen. Es wurden von Winkel-
bauer 2 Transfusionen väterlichen Blutes (à 300 ccm) gemacht (9 Tage
Intervall). Außerdem bekam Pat. Trypaflavin intravenös und Antistrepto- |
kokkenserum, nach dessen Injektion ein urtikarielles Exanthem auftrat,
von dem Vortr. nicht entscheiden will, ob es ein echtes Serumexanthem
“war (Demonstration von Lichtbildern).
A. Winkelbauer berichtet über die Durchführung der Transiusion
in diesem Falle. Vortr. fand Pat. in einem elenden Zustande und kann
nicht bezweifeln, daß die doppelte Transfusion die rasche ‚Besserung her-
beigeführt hat. Die Transfusion - hat aber nicht, wie manche vielleicht
glauben könnten, die Infektion beeinflußt, sondern die Gefäßveränderung;
alle in der Literatur niedergelegten Angaben sprechen für diese Auffassung
der: Transfusion. Natürlich wurde vor der Transfusion das Spenderblut
auf Hämagglutination und Hämolyse geprüft. : Die Durchführung der Trans-
fusion war sehr schwierig. Vortr. hielt es für zweokmäßig, das Besteck des
Öhleokerschen Transfusionsapparates um einige Glaskanülen von ver-
schiedenem Kaliber zu erweitern. Zur Erweiterung der sehr engen Venen
des Kindes wurde eine von Öhbleoker angegebene schuhlöffelähnliche |
Hohlsonde verwendet: a
A. Arzt berichtet über eine von ihm in mehreren Fällen beob-
achtete, mit Jucken und Rötung an beiden Ohren verbundene akute
Dermatitis. Sie ist genau symmetrisch lokalisiert. Vortr. ermittelte, daß
die 3 Personen, welche diese Affektion aufwiesen, eifrige Amateure des
_Radiosportes und viele Stunden mit dieser Unterhaltung hinbringen. Die
Hörapparate waren von derselben Firma geliefert worden. Vortr. hat auch
ermittelt, daß ‘die Rötung durch einen Bestandteil. des Lackes der Hör-
muschel bedingt ist, weil durch Auflegen der Hörmuschel auf intakte Haut
durch mehrere Stunden ebenfalls eine Rötung entstand. Vortr. erinnert
an eine Mitteilung von R. O. Stein in der Gesellschaft. über einen Fall
ähnlicher Art. Es ist bei der großen Verbreitung der Radiointeressenten
auf ein häufiges Vorkommen dieser jüngsten. Sportkrankheit zu rechnen.
R. Krämer teilt mit, daß die „Telephonschützer“ aus weißem
Zeluloid einen Schutz gegen diese Unannehmlichkeit bilden. |
L. Moszkowicz: Regeneration und Krebswachstum in ‚der Magen-
schleimhaut, Grundlagen einer biologischen Krebshypothese. Die Schwierig"
keit im Verständnis des Karzinoms besteht darin, daß man im allgemeinen
gewöhnt ist, bei. den Vorgängen in der belebten Natur einen Sinn zu
finden, Beim Karzinom hat man aber einen Sinn noch nicht gefunden
und darum ist das Krebsproblem noch nicht gelöst. Vortr. hat 40 Ulkus-
und 40 Karzinommagen in Serienschnitten untersucht und gefunden, daß
das Ulkus keine lokalisierte Erkrankung ist. Vortr. hat vor zwei Jahren
. . über die schweren Veränderungen, die sich beim Ulcus ventriouli finden, |
berichtet und bemerkt zusammenfassend, daß das Ulkus das Aufangs-, das
Karzinom das Endstadium eines Prozesses ist. Man hat die Gesamtheit
der Veränderungen der Magenschleimhaut als Gastritis bezeichnet, doch
- hält Vortr. diesen Ausdruch für unzweckmäßig. Die Magenschleimhaut ist
in eminentem Grade regenerationsfähig und vermag die häufigen trauma-
tischen und toxischen Schädlichkeiten, die Defekte ‘durch Regeneration
machen, zu decken. Bei häufigen und rasch aufeinanderfolgenden Insulten
wird die Regenerationskraft allmählich immer schlechter. Beim Durehbruch
der Muscularis mucosae durch einen Defekt entsteht infolge der gemen-
samen Wirkung mechanischer Momente und der Verdauung das Ulkus.
In anderen Fällen kommt es zur Bildung immer minderartigerer Regenerate,
schließlich zur Atrophie der Magenschleimhaut. Vor Erreichung dieses
Stadiums kommt es oft zur Metaplasie: Verdrängung der Magenepithelien
durch Darmepithel. Vortr. muß gegenüber den Anzweiflungen Schaffers
an dieser seiner Angabe festhalten und verweist auf eine einschlägige Ar-
beit aus dem Institut von Lubarsch (Demonstration von Lichtbildern).
In diesem Stadium der sinkenden Regenerationskraft tritt am häufigsten
das Krebswachstum 'auf. Vortr. verweist auf die Tatsache, daß das Uterus-
karzinom zur Zeit der Involution auftritt. Vortr. bespricht kritisch die
verschiedenen Krebstheorien, lehnt die Ribbertsche Theorie ab, die nur
eine Beschreibung ist und keine Erklärung, weist auf die Belanglosigkeit
des Streites,. ob uni- oder multizentrische Entstehung, hin, und kann nicht
glauben, daß von der rein morphologischen Forsohungsmethode eine
sprengten Embryonalzellen und die Virchowsche Theorie, welche das
Geschwulstwachstum von entzündlichen Vorgängen ableitet, vor allem
von chronischen Reizzuständen. Orth spricht dementsprechend vom End-
stadium des präkarzinomatösen Zustandes. Vortr. verweist auf die durch
Fiebiger sichergestellte Entstehung des Karzinoms durch Nematoden.
ponente wird als Ausgang der Geschwulstbildung angesehen.‘ Albrecht
und Israel fassen das Krebsproblem biologisch auf. Albrecht spricht
von Epigenesis und faßt das Karzinom als Fehlbindung infolge Mangels
der Korrelationen zwischen Zellen auf. Die von. Albrecht herrührenden
Termini (Choristom, Hamartom usw.) haben viel Anklang gefunden. Die
Theorie Hansemanns nimmt keine neuen Eigenschaften der Karzinom-
zellen an, sondern ein Manifestwerden. bisher latenter alter Eigenschaften.
Die Karzinomzelle hat durch einseitige Hochzüchtung während vieler Genera-
tionen eine immer stärkere Vermehrungstendenz erhalten, alle anderen
Metazoen aufweisen, verloren: Sie ist sozusagen asozial geworden. Hauser
spricht von einer neuen Zellrasse. Wenn, diese Annahmen richtig. wären,
müßte die biologische Veränderung allmählich erfolgen und im Stadium
der höchsten Regenerationsfähigkeit auftreten. Das ist nicht der Fall:
Aufstieg der Zellvermehrung, der Karzinombildung. Eine allmähliche Ent-
wicklung des Karzinoms -hat Vortr. nicht finden können. Vortr. entwickelt
nun seine diese Widersprüche vermeidende Hypothese. - Er setzt das Tumor-
wachstum zur Embryonalentwicklung in Analogie, erwähnt, daß nicht nur
ohne Kopulation von Geschlechtszellen also, im Tier- und Pflanzenreich
Fortpflanzung stattfindet (Hymenopteren usw. im Tierreich, Stecklinge usw.
niederer Tiere (Planarien) und führt an, daß bei niedrigen Tieren, vor
wechseln. Neuere biologische Untersuchungen haben ergeben, daß die ge-
jüngung oder Reorganisation des durch die vielen vorangegangenen Tei-
lungen der ungeschlechtlichen Vermehrung erschöpften Kernapparates
einen als Endomixis bezeichneten Prozeß, der mit den Reduktionsteilungen
der Geschlechtszellen der Metazoen viel Ähnlichkeit hat, eine Reorganisation
des Kernapparates in einem Protozoon stattfinden (Woodraff, Erdmann,
Vermehrung. Auch hier folgt die neue Vermehrungsepoche einem Stadium
| tiefster Erschöpfung. Embryologische Untersuchungen haben ergeben, daß
die Keimzentren der Organe ein im Vergleich zum funktionierenden Paren-
chym indifferentes Gewebe vorstellen. Werden dieso dem embryonalen
Zustande näherstehenden Zellen durch zu starke Abnutzung geschädigt, s0
kommt es zum Gewebsschwunde oder zum pathologischen Wachstum, wenn
eine Reorganisation des Kernapparates erfolgt. Für den Organismus ist
dieses pathologische Wachstum sinnlos, für die Zellen selbst sinnvoll, weil
sie sich so erhalten. Vortr. verweist auf die Organgebundenheit der Kar-
zinome. Nun ist heute, in der Zeit der wiedererstandenen Humoralpatho-
logie, nach den das Wachstum auslösenden Hormonen zu fragen. Vortr.
erwähnt die Periostwucherungen an den Fingern bei Personen mit Bron-
chiektasien, Empyemen usw. Vortr. macht auf die chemische Entwicklungs-
hat das Vorhandensein vonWundhormonen bei Pflanzen experimentell einwand-
frei sichergestellt und hat bewiesen, daß die Wachstumserregung bei partho-
genetischer Entwicklung und Befruchtung auf die Wirkung von Wundhor-
monen (Nekrohormonen usw.) zurückzuführen ist. Vortr. sieht darin eine Stütze
für seine Hypothese von der Verwandtschaft von Regeneration, Fortpflanzung
und Geschwulstwachstum.
Sitzung vom 16. Mai 1924.
J. Flesch berichtet über eine von ihm seit Jahren verwendete
Methode, benommene Kranke ohne Magenschlauch zu ernähren. Bei
_ diesen Personen ist, gleichviel, ob es sich um Hirnhämorrhagien, typhöse
Zustände, septische Erkrankungen handelt, die Einführung des Magen-
schlauches erschwert, weil der Schlingreflex schwer beeinträchtigt ist. So
entstehen für den Arzt große Schwierigkeiten. Dazu kommt, daß in vielen
dieser Fälle infolge der durch die Benommenheit bewirkten Mundatmung
die Mundschleimhaut trocken und lederartig wird. Auch durch diese
abnorme Beschaffenheit ist der Schluckakt beeinträchtigt. Bei offenem
Munde ist die Hebung der Zunge in dem Maße, daß sie den Anfang des
u SAP: PET HT SEE OO
Lösung des Krebsproblems zu erwarten ist. Vortr. erörtert weiter die
Cohnheimsche Theorie von. der Entstehung des Karzinoms aus ver-
Die Entzündung ist ein komplexer Vorgang und die regenerative Kom-
Eigenschaften aufgegeben und den .Altruismus, den sonst die Zellen der |
Aus dem tiefsten Niedergang der Regeneration kommt’ es zum jähesten |
auf geschlechtlichem Wege, sondern auch auf parthenögenetischem Wege,
im Pflanzenreich). Vortr. verweist auf die hohe Regenerationsfähigkeit:
allem Protozoen, geschlechtliche und ' ungeschlechtliche Fortpflanzung ab-
schlechtliche Fortpflanzung (Amphimixis) die Bedeutung hat, eine Ver- |
(Maupas). Wird die geschlechtliche Vermehrung verhindert, so kann durch
R. Hertwig). ‚Dieser Vorgang findet gerade in den’ Depressionsstadien
der Protozoenkulturen statt und ist der Ausgangspunkt erneuter starker
verweist auf die Ansicht Biers von dor Regulierung der Wundheilung
- durch Hormone, die eus den abgestorbenen Zeilkörpern hervorgehen, und
erregung aufmerksam, die J. Loeb zuerst beschrieben hat. Hab erlandt `
ihn LER N Em a. E
i Schluekaktes ‚einkeitet, ` unmöglich, ‚und: so beobachtet mean, - -daß fiüssige
Nahrung, selbst wenn es gelingt, ‚sie einzubringen, in den Taschen und.
“Starke , Eihwenderung würden‘ die Lebensbeäingungen. für die Ankeimischen
Ärzte noch ‚erschwert.‘ Es sei an der Zeit, dieger Frage ernste Aufmerk-
-auf dem Boden der Mundhöhle. liegen bleibt, ev. in den Larynx. gelangt |- samkeit zuzuwenden. . Die Prüfungen seien in englischer Sprache abzulegen,
~. und das „Verschlucken“ bewirkt. Vortr. hat-nun bei den in Rückenlage
befindlichen Kranken Flüssigkeit durch den unteren Nasengang eingegossen; `
„der Nasengang steht vertikal, die Flüssigkeit läuft über den Boden der
Nasenhöhle in den Pharynxtrichter, von dem aus der Schluckreflex aus-
o gelöst wird. ‘Bei diesem Umgehungsmanöver kann keine, Kollision mit dem
Larynx stattfinden. Man darf-dabei ‘aber nie mehr Flüssigkeit zuführen, .
als in einem Schluckakt in den Magen befördert werden kann, also höchstens
3—5 ccm auf einmal... Vortr. hat an Röntgenaufnahmen im Röntgen- |
laboratorium der Klinik Eiselsberg beobachtet, daß dünne Barium- .
aufschwemimungen. rasch, dickere langsamer diesen Weg nehmen. ‚ Vortr.
ernährt so Patienten 'mit Milch, Suppen, Kakao; Alkohol ist unbedingt zu
vermeiden, ebenso zu heiße oder kalte Flüssigkeit, beides wegen der Reiz-,
wirkung auf. diẹ Schleimhaut des unteren Nasenganges. Man kann so
leicht Patienten 1 Liter ‘oder mehr in 24 Stunden zuführen. Zur Be-
und Behebung der subjektiven Uhnannehmlichkeiten, bei habituellen Mund-
atmern hat. Vortr. eine einfache Klemme konstruiert, welche die Lippen
seitlich‘ faßt und rüsselförmig vorzieht. Die'Inspiration muß durch die
‚Nase erfolgen, die Exspiration kann auch durch den Mund stattfinden; die `
Lippen fungieren: als ein die feuchte Luft durchlassendes v entil. Ein
Austrocknen der Mundschleimhaut ist da natürlich unmöglich. ‘Vortr. hat
einen Korb konstruiert, der ein Spundventil enthält. Dieser Korb kann
leicht vor den Mund gebunden werden und ist weniger unbequem als die
Klemme. Vortr. hat auch eine Birne mit doppelt: S-förmiger Krümmung.
konstruieren lassen, die so dimensioniert ist, daß gerade nur das durch
. einen Schluck zu befördernde Volumen das dünne Ende auf einmalige
Neigung passiert. Die Anlegung von BNCAEN. zwecks Verhinderung der
Mundatmung ist stets erfolglos. % yo
_ Tagesgeschichtiiche Notizen.
"Nachdruck der : redaktionell gezeichneten a neen nur mit genauer Quellen-
| angabe en
Der Ausschuß des deutschen" Adate aioi zur Er-
forschung und Bekämpfung der Krebskrankheit hat in seiner
letzten Sitzung unter dem Vorsitz des Geh.-Rats Prof. Dr. Friedrich Kraus.
beschlossen, an die Minister für Volkswohlfahrt, für Kunst, Wissenschaft und
| MOEnl dung und der Finanzen folgende: Protestresolution, zu schicken:
"Das Deutsche Zentraikomitee zur Erforschung und Bekämpfung
. der Krebskrankheit i in Deutschland bedauert lebhaft den geplanten Abbau
‘der Krebsbekämpfung in Preußen.. Es sieht in der Tatsache, daß im
` diesjährigen. Haushaltungsplan die Zuschüsse für das Institut für Krebs-
forschung -an der hiesigen Universität sowie für das Deutsche Zentral-
komitee gestrichen sind, eine ‘ernste Gefahr: für das Weiterbestehen
dieser im Interesse der Wissenschaft, Volksaufklärung und Krebs-
bekämpfung wichtigen Einrichtungen. Es ist unverständlich, daß dieser
Abbau bei der geringen Höhe der in Frage kommenden Summen gerade
. in dem Augenblick erfolgt, in dem aus England infolge der Zunahme
- der Krebskrankheit in zahlreichen Ländern ein Aufruf an alle Kultur-
völker erfolgt, sich in dem Kampf gegen die zrebek tank heit zu vereinigen.
==: “Die neuen Ausführnngsbestimmungen. zum ÖOpiumgesetz,
die der Reichminister des Innern unter dem 5. Juni erlassen hat, treten
. àm 1. Juli in Kraft. Danach sind alle ärztlichen ‘oder zahnärztlichen Ver- <
ordnungen von Arzneien, in denen die unter das, Gesetz fallenden Stoffe
` oder Zubereitungen enthalten sind, in der Apotheke zurückzubehalten und `
- 3 Jahre aufzubewahren. Von ` den Verordnungen, die den Krankenkassen
oder Krankenanstalten zurückzugeben sind, werden Abschriften angefertigt,
die ebenfalls zurückzubebalten, aufzubewahren und auf Verlangen der
Medizinalbehörde oder dem Reichsgesundheitsamt eingesandt werden müssen,
Berlin. Angesichts der neuerdings wieder zunehmenden Erkran- |
` kungen an Mikrosporie fordert der Minister für Volkswohlfahrt, um etwaige:
‚allgemeine Bekämpfungsmaßnahmen anzuregen, Berichte der Regierungs-
'präsidenten nach Anhören der Kreisärzte. |
Gegen die Einwanderung fremder Ärzte in die Vereinigten)
Staaten wenden sich die führenden medizinischen Zeitschriften Amerikas,
an ihrer Spitze „Journ. am. med. ass.“, welches für die Einwanderer dio-
selben Prüfungen und Bedingungen verlangt, die dem amerikanischen Arzt `
jn fremden Ländern auferlegt werden. Während noch im Jahre 1919 nur
67 Ärzte in die Staaten einwanderten, waren es im Jahre 1923 371, und
seitdem habe die Einwanderung, besonders aus Zentraleuropa, lawinenartig
zugenommen. Die meisten der Ankömmlinge können nicht englisch, viele
sind ohne Bekannte und manche ohne die nötigen Geldmittel. Darunter
seien auch viele vom Standpunkt der Moral und der Bildung unerwünschte
Elemente. Amerika sei ‘aber bereits überfüllt mit Ärzten und durch die
. das amerikanische Bürgerrecht - müsse erworben werden, die Identität der
Bewerber müsse genau festgestellt werden. Die Bevölkerung bedürfe des
Schutzes . gegen unfähige oder unerwünschte fremde Ärzte nicht weniger
wie gegen die ärztlichen Betrüger im eigenen Lande.
Wie erst jetzt in deutschen Chirurgenkreisen . bekannt wird. hat der
Londoner „internationale“ Chirurgenkongreß. beschlossen, den Gebrauch
der- deutschen Sprache auf dem 1926 zu Rom stattfindenden Inter-
nationalen Chirurgenkongreß zuzulassen, die deutschen Chirurgen
‘selbst aber von der Teilnahme am Kongreß: auszuschließen. Die Zu-
lassung der verhaßten deutschen Sprache ist offenbar im Hinblick auf die
deutschsprechenden Neutralen (Schweizer, Skandinavier) erfolgt.
| Die Deutsche Gesellschaft für Gewerbehygiene gibt in Verbindung |
mit dem Frankfurter Institut für Gewerbehygiene eine neue Zeitschrift
‚heraus: „Zentralblatt für Gewerbahygiene und Unfallverhütung“,
- seitigung der Schluckschwierigkeiten bei nicht ganz benommenen Personen . Tone Kolge Anskun bei der.Geschäftsstelle: Frankfurt a. M. ‚ Viktoris-Allee x
Die Medizinische Fakultät ‚der Universität Leipzig beabsichtigt
‘vom 13. bis 25. Oktober Ferienkurse zu veranstalten, die alle Gebiete
der. Medizin berücksichtigen sollen. Die Kurse sind unentgeltlich, es: wird
lediglich. zur Deckung der Unkosten eine Einschreibegebühr von’3 M. er-
hoben. Ein genauerer Stundenplan kann vom 15. J uli an von der Kanzlei
der Medizinischen Fakulta bezogen werden. j
Greifswald. Ein Fortbildungskurs für Ärzte findet vom
13. bis 25. Oktober statt. Vorlesungen und Demonstrationen, .die in sämt-
lichen Kliniken abgehalten werden, sind unentgeltlich. Einschreibegebühr |
M. 15,—. Auskünfte durch: Professor Schröder, Nervenklinik.
-Ein Fortbildungskurs über Diagnostik und Therapie der Knochen- E
| und Gelenktuberkulose, ‚einschl. der-operativen Behandlung der Lungen-
tuberkulose, ‚wird vom 21. bis27. Juli in H ohenlychen veranstaltet.
Teilnahme unentgeltlich, Wohnung und Verpflegung in der Anstalt für 2 M.
täglich. Eintreffen in Hohenlychen am 20. Juli spätestens 10 Uhr abends.
] .Meldungen an den Kursleiter, Prof. Dr. Kis ch, Bern N 24, en 3
Chirurg. Universitätsklinik).
Berlin. Eine Sportärztetagung findet am 12, une: 13. Juli im `
Ministerium für Volkswohlfahrt statt. Plan: Die Notwendigkeit der ärzt-
lichen Mitarbeit bei den Leibesübungen (Bier); Erfahrungen mit sportärzt- -
lichen Beratungsstellen (Münter); Die Schweizerische Organisation des -
sportärztlichen Dienstes (Knoll, Arosa); Die Aufgaben der sportärztlichen
Vereinigung und. ihre Organisation (Kohlrausch). Ferner werden be-
sprochen: Die Hygiene des Spörts und. praktische Fragen der sportärzt-
lichen Beratung; dazu bespricht Klapp:.Die Notwendigkeit der täglichen _
Turnstunde; Rautmann: Sportberatung bei inneren Krankheiten; Mandl:
Allgemeine Gesichtspunkte bei der Behandlung von Sportverletzungen;
. Halben: Das Auge im Spórt. Zu dem Thema: Sport und Herz spricht
Bruns über die Veränderungen - der Herzform durch’Sport, und zu dem
Thema: Das Ermüdungsproblem im Sport sprechen Atzler über die Muskel-
arbeit und Ermüdung, und Straßmann über die Frau und Sport. — Teil-
nehmerkarten. werden bei der Tagung ausgegeben; Anmeldungen für die
Verpflegung und die Besichtigungen sind zu richten an: Kohlrausch,
Berlin, Chirurg. Universitätsklinik, Ziegelstr, 5—9.
Die 9. Tagung der Südostdeutschen Chirurgenvereinigung
findet am Sonnabend, den 5. Juli in Troppau (Tschechoslowakei) statt.
Verhandlungsthemen: 1. Mammakarzinom (Primarius Dr. N eugebauer,
Mährisch-Ostrau); 2. Kongenitale Hüftluxation (Prof. Weil, keu
3. Nephrolithiasis (Dr. Brenken, Breslau).
' Wien. Dér Professor der Orthopädie Hofrat Adolf Lorenz wurde É
anläßlich seines 70. Geburtstages von der Gesellschaft sohwedischer Ärzte
und der Gesellschaft nordischer Orthopäden zum Ehrenmitglied ernannt.
Eine neue Vierteljahresschrift: „Die Erkrankungen des
Bewegungsapparates“ erscheint im Verlag für wissenschaftliche Hils-
arbeit in Wien. - Schriftleiter: Dr. Eduard Be
Hochschulnachrichten. Gieß en: ; Der a0. Prof. winy Siegel
wurde als Direktor der neuerrichteten Hebammen-L ehranstalt und Landes-
| Frauenklinik der Provinz Ostpreußen nach Insterburg berufen. — Göttingen:
Prof. Ulrich Ebbecke hat den Ruf auf den Lehrstubl der Physiologie
nach Bonn als Nachfolger von Geheimrat Franz Hofmann angenommen. —
Kiel: Dr. Wilhelm Henneberg, Leiter des bakteriologischen Instituts
der preußischen MOESOHUNESEDERRN für Milchwirtschaft, zum Honorazprofsssot
ernannt.
Auf Seite 13 des Anzeigenteils findet der Leser € einen zum Ausschneiden
und Sammeln geeigneten „kurzen Abriß von Krankheitsbildern
mit therapeutischen Anmerkungen“. In dieser Nummer ist
die kindliche Neuro-Psychiatrie kurz umrissen worden unter Fort-
lassung alles ‚Entbehrlichen ‚und unter Hervorhebung einiger una
Gesichtspunkte.
: ` Druck von L. Sonumaphoes in Berlin NA | l i nos
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-© Wochenschrift für praktische Ärzte
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft
verlag von
` Geh. San.-Rat Professor Dr.Kurt Brandenburg. Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
GASSBÄTIINKEIAIIFIANNGERRRTETKATRAVREERTRUNVERARNNERNENSLRERERTERLEONLLARANDANLRARRSESERLSRANRENLGRDERRUSTTULEEUNERELSSSAULOREREOSERDENEONENSNDENERIRNTDENUSTELEUEORSEROERTRLRERARATTTARAATERELONNERERFEERTANENNARERERUBERRRETIBREBRELBBTRRDORODRRRENLARTRERRAURRNONTERERNER
. Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
27 (1021) Berlin, Prag u.Wien, 6. Juli 1924 XX. Jahrgang
| Klinische Vorträge. |
Aus: der Universitäts-Nervenklinik des Allgemeinen Krankenhauses
Hamburg- Eppendorf.
Meine Erfahrungen über den Subokzipitalstich auf der
Basis von 310 Fällen.*)
| Von Prof. Dr. M. Nonne,
Die Punktion der Cysterna cerebello-medullaris hat schon eine
| Geschichte, die, soweit ich die mir zugängliche Literatur überblicke,.
-pis ins Jahr 1913 zurückreicht. Es galt, von Tieren den Liquor
- cerebrospinalis zu gewinnen, um eine Reihe von diagnostischen, bio-
logischen und therapeutischen Fragen zu erörtern. An der Stelle
wo beim Menschen die Lumbalpunktion ‘vorgenommen wird, gelingt
die Punktion bei Tieren nicht oder nur sehr schwierie. Auch der
Dorsalteil der Wirbelsäule erweist. sich als kaum zugängig. Die
Amerikaner Dixon und Haliburton haben an Tieren 1913 gezeigt,
‘daß die Punktion im Zwischenraum zwischen Okziput und Atlas
Der Amerikaner Ward hat dann im .neuro-
chirurgischen Laboratorium der Armee in New York die Subokzipital-
punktion an die Stelle der Lumbalpunktion treten lassen und zwar
nieht nur bei größeren Tieren, wie Hunden und Katzen, sondern
auch bei Kaninchen, Meerschweinchen und Ratten, .Wegeforth,
Ayer und Essick haben in Baltimore bei 1186 Punktionen an
Katzen die Ausführbarkeit der Methode erwiesen, indem sie nur
_ wbnmal das Rückenmark leicht verletzten, bei den letzten 567 Fällen
‚bei größerer Erfahrung jedoch nur dreimal.
Heute wird allgemein
der Liquor bei Tieren durch Punktion der Membrana atlanto-
occipitalis entnommen. Beim Menschen gelingt zwar die Punktion
des spinalen Subarachnoidealraumes auch. im Dorsalteil und Halsteil
der Wirbelsäule, wie zuerst Chartier, Netter u.a. nachwiesen,
aber nur mit großen Schwierigkeiten und mehr weniger als Glückslall.
Schon Quincke erwog, ob man die Cysterna cerebello-medullaris
punktieren könne, lehnte es jedoch, offenbar gefühlsmäßig, als zu
gefährlich ab. Wieder waren -es Amerikaner, die beim Menschen
diese. Region zuerst angingen, ‘und zwar haben Cusbing und
Hayens von der Zysterne aus drainiert in Fällen von Hydro-
o cephalus, Meningitis, Tumor cerebri usw.; sie taten dies durch das
„ülfene“ Verfahren, d. h. nach Freilegung der Membrana atlanto-
. vecipitalis. Ebenso ging Murphy vor.
In Deutschland gingen auf
diesem Wege zuerst Westenhöfer und v. Payr vor, und zwar
um Hydrocephalus und eitrige Meningitiden zu behandeln. In
eutschland wurde die Behandlung bestimmter Hirnkrankheiten
von der Zysterne aus eigentlich erst allgemeiner bekannt durch die
‚Publikation von Anton und Schmieden, die die Fensterung der
reigelegten Membrana atlanto-oceipitalis. einführten.
_ Zu diagnostischen Zwecken am Menschen wurde der Sub- `
okzipitalstich zuerst in Amerika eingeführt und zwar 1914 von
Wegeforth, Ayer und Essick, und Ayer hat’ sich 1920 von
neuen über die diagnostische Okzipitalpunktion geäußert. Ich
annte diese mit der Subokzipitalpunktion -diagnostisch sich be-
” 'schäftigenden Arbeiten nicht, als-ich durch eine vor 6 Monaten er-
schienene Arbeit von Eskuchen ängeregt wurde, mich mit der dia-
guostischen Verwendung dieser Methode zu beschäftigen. Eskuchen
at unabhängig von den Amerikanern die diagnostische Zysternen-
Punktion ausgearbeitet.
l Ende 1922 hatte er bereits 80 Zysternen-
punktionen ausgeführt.
i Ich machte Vorstudien an dèr Leiche und ersehe jetzt nach-
‚glich beim Studium der Literatur, daß: auch die gesamten
) Vorgetragen in der 49. Tagung der Versammlung südwest-
#
er Neurologen am 10. Mai 1924 in Baden-Baden.
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nicht empfindet.
"Amerikaner anatomische Vorstudien als conditio sine qua non be-
trachten. Auch ich hatte zunächst gefühlsmäßig Scheu, diese .
ion durch einen „Stich ins Dunkle“ anzugreifen, und ich ent-
sinne mich. sehr..wohl der Mahnungen, die, die Chirurgen, Fedor |
Krause voran, gegenüber der Hirnpunktion von Neißer und-
Pollack aussprachen. Die Untersuchungen ‘an der Leiche zeigten
`
mir aber dasselbe, was Ayer und seine Mitarbeiter an gefrorenen
Leichen erfahren Hatten, nämlich daß die Punktion ungefährlich
ist, wenn man mit den anatomischen Verhältnissen rechnet. |
Aut die Technik gehe ich nicht ein, weil sie, abgesehen von den
amerikanischen Autoren, erst vor wenigen Monaten von Eskuchen
an zugänglicher. Stelle geschildert wurde. Ich habe jetzt Erfahrungen
an rund 310 Fällen. Hervorheben will ich, daß ich ebenso wie
Eskuchen es für nötig halte, durch einen Stich bis auf den: Hinter-
rand des Foramen magnum. eine Orientierung. zu.gewinnen, Hat
man das Okziput hier erreicht, soll:man. die Nadelspitze senken,
also den Stiel der Nadel heben, am Knochen entlangleiten, bis man
die Fühlung mit ihm verliert.
„Gegenhalten* die Nadel vor. Man fühlt viel deutlicher als bei
der Lumbalpunktion den Widerstand der Membran bzw..der Dura
mater. Beim Durchstechen der Membran ist der Ruck so deutlich,
daß auch die Umstehenden ihn oft „miterleben“. Die Membran ist
individuell: sehr verschieden hart und nicht immer entsprechend-dem
zunehmenden Alter härter. Nur in Ausnahmefällen ist die Membran
so wenig hart, daß man einen deutlichen Ruck beim- Durchstechen
Nach Perforation der Membran, schiebt man .die
Nadelspitze noch ?/, cm vor. Ein Widerstand. besteht- jetzt nicht‘
mehr. Man ’setzt dann nach herausgezogenem Mandrin die Spritze `
an und saugt den Liquor an. Die Tiefe der. Zysterne beträgt nach
Messungen an Leichen beim Erwachsenen durchschnittlich 1?/, em,
Ausnahmen gibt es nur bei pathologischen Verhältnissen in der
hinteren Schädelgrube.‘. Dasselbe Maß fanden auch Wegeforth,
Ayer und Essick. Hält man sich also an die Regel, nach Perfo-
ration der Membran nicht weiter vorzugehen als 11/3 cm, so‘ ist
Dann drückt: man vorsichtig unter
eine Verletzung des Rückenmarks ausgeschlossen. 2
| Abbildung 1.
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Aus der vorstehenden Abbildung 1 ergibt sich, daß ; |
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Nadel nicht verletzt werden kann. Auch ist es unmöglich, d
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. wegungen des Kopfes bei der Punktion eine Verletzung des Rücken-
' marks nicht zu fürchten braucht. Br N we
Gefäß auf dem Wege der Nadel von der Dura mater bis zum Rücken-
‚Hirnarteriosklerose aus der Nadel das Blut im pulsierenden Strahl
| : marks innerhalb 5 Minuten eintrat. Ich nahm die Punktion vor bei
-51 Fällen von Arteriosklerose, Enzephalomalazie und Apoplexia
. Syphilis cerebrospinalis, 14 Fällen von multipler Sklerose, 8 Fällen
‘Neurosen verschiedener Art, 6 Fällen von katatonischen Zuständen ,
` nischer und akuter Meningitiden, bei 12 Fällen organischer Rücken-
‘kommen 28 Fälle von Lues I, Il, IU und latens, und, was ich be-
. sonders hervorheben will, 15 Fälle von Tumor cerebri. Bei mehreren
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red
920 a l 1994 MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29s 000
. Nadel eine gefährlich werden könnende Richtung nach oben an-, |
nimmt, wenn man vom Okziput. abwärts gegangen ist und ihr da-_|
durch. eine Richtung. nach unten gegeben hat. -Ich schließe mich
- Eskuchen an,. daß -man die Punktion. abbrechen soll, wenn die.
‚Nadel das Okziput nicht erreicht. Durch Versuche an Leichen haben
die mehrfach genannten Amerikaner auch gezeigt, daß: die Be-
= wegungen des Kapfes nach den verschiedenen Richtungen die Gefahr:
einer Verletzung des Rückenmarks. durch die Nadelspitze, wenn sie
'. nicht weiter als ı/,cm in die Zystėèrne vorgedrungen ist, nicht mit |.
sich bringt, so daß man selbst bei unvorhergesehenen heftigen Be-
. ` Wie steht es mit der Gefahr der Blutung? =
\ | Abbildung © |
en O | Normal ` p=} EnA,
. Abbildung 2. zeigt, daß unter normalen ‘Verhältnissen kein
mark liegt. Nur an den Seiten des Rückenmarks liegt der kleine
Ast der Art. cerebelli post. inf.. Ein Unglückstall kann es bedingen,
_ daß bei starker Arteriosklerose geschlängelte und erweiterte Gefäße |.
den Weg .verlegen. Ein solcher Fall ist’mir einmal vorgekommen.
Er ist der einzige unter heute 250 Fällen, der zum Exitus führte.
Abbildung 3.
| 4 Pathologisch. -` o
_ Abbildung 3 zeigt, wie 2 sackförmig erweiterte Gefäße den Weg.
verlegten und sich infolge der durch die Atheromatose verlorenen
Wandelastizität um die kleine Einstichöffnung nicht schließen konnten,
was zur Folge hatte, daß bei dem 79 jährigen Mann mit hochgradiger
hervorspritzte und der Exitus durch Bluttamponade des Zervikal-
cerebri, bei 57 Fällen von Paralyse, 24 Fällen von Tabes, darunter
3 Fälle von isolierter reflektorischer Pupillenstarre, 22 Fällen von
von Epilepsie, 4 Fällen von Paralysis agitans, 12 Fällen von
post-enzephalitischem 'Parkinsonismus, 18 Fällen von funktionellen
und anderen Psychosen, 6 Fällen von verschiedenen Formen chro-
marksleiden (Syringomyelie,, Kompressionsmyelitis, amyotrophische
Anaemia perniciosa und Neuralgia trigemini und ischiadieci. Dazu
> ne
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Patienten nahm ich mehrere Punktionen, 2, 3, 4mal; in 1 Fall bis’
zu 1Omal vor. Abgesehen,von dem. einen Unglückfall habe ich
' einen Todesfall nicht erlebt. `. BEN | i
` "In Deutschland ist bisher, abgesehen von der erwähnten Publi- `
kation Eskuchens, über eine diagnostische Verwendung des Okzi--
‚ pitalstichs noch nichts bekanntt). Ich stieß auch bei meinen Demon-
strationen im Hamburger Ärztlichen Verein auf Verwunderung. ` Auch
nicht selten Schwierigkeiten. Den Subokzipitalstich nimmt man im
"Sitzen vor, so daß diese Schwierigkeiten ünd Umständlichkeiten `
fortfallen: Das Haupterfordernis: genau -die Mittellinie beim Einstich
. inne zu halten, ist leicht erfüllt. Zudem ist nur noch nötig eine .
leichte Vornüberbeugung des Kopfes, und die. Fixierung des Kopfes
‚| durch den Assistenten ist sehr viel einfacher als die Fixierung ‘des
j in Seitenlage. Nabelwärts. gebogenen Patienten. 0.
2. Bekanntlich ist die Blutbeimengung bei der Lumbalpunktion
nicht ganz selten und läßt sich nicht vermeiden, da der Venenplexus
. am Konus bzw. an der Cauda. equina ein dichter ist. . Unter etwa i
310 Fällen habe ich bei der Zysternenpunktion nur 6 mal "Blut-
beimengung zum Liquor bekommen. Das‘ liegt: an der schon er-
wähnten Tatsache, . daß Blutgefäße normaliter- auf dem Wege der `
| Punktionsnadel nicht liegen. -© un Zu
| deutlicher das Gefühl des Durchstechens
der Membrana atlantooceipitalis als des Durchdringens der Dura mater
D
. 8. Man hat sehr viel.
bei der Lumbalpunktin. = ° | aa
4. Die Beschwerden nach der Punktion sind auffallenderweise
. viel seltener und geringer und weniger anhaltend als nach der. Lumbal-
punktion. Alle erfahrenen Untersucher wissen, daß auch bei durch-
aus lege artis und mit allen Kautelen ausgeführter Lumbalpunktion - -_
die Patienten in ca. 10—-20%,.der Fälle mehr oder weniger stärkere
j|. und mehr oder weniger lange anhaltende Beschwerden haben, ein.
Umstand, der mich schon seit langen Jahren veranlaßt, auswärtige .
Patienten nur dann einer Lumbalpunktion zu unterziehen, wenn sie
mindestens einige Tage zur ‘Verfügung haben. > A
1... Nach der Subokzipitalpunktion habe auch ich. mehrere Male :
| Kopfschmerzen und Übelkeit beobachtet, aber es.war nicht öfter als
.6 mal unter 310 Fällen, und zudem waren die Beschwerden sehr
viel geringer und-dauerten nicht länger als einige Stunden, höchstens
1 Ma Tag. Dazu habe ich, um darüber Erfahrungen zu gewinnen, die
{| Mehrzahl der Kranken nach ‘der Punktion nicht ins Bett gelegt,
' | sondern sitzen und auch gehen lassen. Ich sehe, daß auch in
- Amerika dieselben günstigen: Erfahrungen gemacht wurden. Dasselbe -
betonte in einer Diskussion, die im Oktober 1923 in Boston stattfand, `
auch Wyatt. Den Grund für diese zunächst auffallende Tatsache
haben wir vielleicht darin zu erblicken, ‘daß der Liquordruck im .
Sitzen in der Zysterne negativ ist. ' Es ist ja auch angenommen
worden, daß der Grund der Punktionsbeschwerden darin zu suchen
ist, daß sich der Schlitz in der Dura mater nach der Lumbalpunktion ``
nicht schließt und somit noch längere Zeit Liquor spinalis nachsickern
kann. Man könnte danach vielleicht daran denken, daß der Schlitz .
in der Membrana atlanto-occipitalis durch die straffe Spannung der
Membran sich leichter und vollkommener schließt als in der, frei-
hängenden Dura mater spinalis. Ich fand -auch keinen Unterschied
in der Verträglichkeit der Zysternen-Punktion zwischen am Nerven-
system organisch Kranken und funktionell Nervenkranken, wie man
einen ‚solchen Unterschied bekanntlich so oft.— fast regelmäßig —
findet þei der Lumbalpunktion.
- 5. Schloffer stellt dieselben Kontraindikationen für den
Subokzipitalstich auf wie für die Lumbalpunktion, er schließt also
| die Hirntumoren aus. Auch Eskuchen tut das. Das kann ich auf
Lateralsklerose), 22 Fällen von Polyneuritis alcoholica, Aortitis luica, | |
7 i
2) Anmerkung bei der Korrektur: Wartenbergs Arbeit
erschien in dieser Zeitschrift kurz nach meinem Vortrag in Baden-Baden;
der Aufsatz. Hartwichs (Zbl. f. inn. Med. 1924, Nr. 24) kommt mir
heute zu Gesicht. an ee ee
6. Juli
hier war man gefühlsmäßig eingestellt. Ich las mit Interesse, daß
dieselbe gefühlsmäßige Einstellung auch die Amerikaner zuerst -
hatten, und ich erwähnte schon, daß Quincke offenbar durch diese
Einstellung sich abhalten.ließ, schon bei seiner Entdeckung auch
| diese Methode. einzuführen. ` ee „me
F. Worin bestehen die Vorteile der Zysternenpunktion gegenüber
der Lumbalpunktion? > . 0.0 n a 23 :
1. Es ist bekannt, daß die Lumbalpunktion von den meisten
_ Untersuchern,. so auch von mir, im Liegen vorgenommen wird. Dazu .
'ist aber nötig, den Kranken selir genau zu lagern; die Vorschrift
| lautet: Kinn auf die Brust, Kniee an den Nabel anziehen, dazu ist |
| nötig. eine genaue senkrechte Einstellung des Rückens zum Bettrand,
| wenn nicht der Interarkualraum verfehlt werden soll. Das alles macht `
‚| erfahrungsgemäß bei alten, dyspnoischen und geschwächten Kranken -
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o rind meinier Beobachtungen nicht uniterschreiben.. Ich sagte schoh, n
> daß ich unter meinen Material 13 Fälle. von. Tumor. cerebri und -|
= ribelli habe. In. keinem Fall sah ‚ich ‚schädliche‘ Folgen. - Ich
-= möchte danach in der Möglichkeit, Fälle. von ‚Tumor cerebrı mit
Jen Liquordiagnostik anzugehen, nach meinen bisherigen. Erfahrungen
`
- enen weiteren Vorteil der Subokzipitalmethode sehen...‘ et
#6, Die neueste Phase der röntgenographischen Darstellung des
-Hims ist bekanntlich , die von Dandy in Baltimore ‘und ein Jahr. ,
- iter von Bingel in Braunschweig. zuerst ‚ausgeführte Enzephalo-
| gráphie. Dandy, führte zunächst. die Luft in die..Seitenventrikel
“ein, während Bingel sie vom Spinalkanal’ aus ins. Hirn aufsteigen
` 18. Rsist klar, daß-die Einführung durch Punktion des spinalen
-` s&gbarachnoidealraumes einfacher undi schonender ist als die Ein-
‚,. führung der Luft durch Schädel und Hirn. Ich habe seit Einführung
© des Subokzipitalstichs auf meiner Abteilung auch. die Enzephalo-
graphie von hier aus gemacht. Einen Vorteil sehe.ich ‘dabei wieder
x “darin, daß der Kranke nicht auf die Seite in unbequemer "Stellung: | pitalstich auf. Die Figur.
<. -gelagert zu werden braucht, wie ferner darin, daß man mit 20 cem | zeigt,.einen dieser Fälle...
a Luft auskommt, entsprechend auch nur 20 cem; Liquor zu- entfernen Es handelte sich nur
“braucht, gegenüber 80 cem Luft bzw. Liquor spinalis bei der Ope-
~ ‘yation vom Lumbalteil aus. Die Klarheit :der 'Bilder'ist 'bei beiden
` ~ Methoden zum mindesten dieselbe, wie mir wiederholte Vergleiche
"gezeigt. haben. . Ich möchte danach glauben, daß wir heute für die-
Ausführung der Enzephalographie die :Subokzipitalmethode als die
` `. Methode der Wahl bezeichnen dürfen. ~- Selen en
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Abbildung 4 `
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| MEDIZINISCHE KLIN
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ee. Pa C a NE ang AR S
‚Schmerzen. ‚Nachdem. ca, :60 ccm.
‘normalen Liquor. .
‘sion: an‘. entsprechender
Stelle ‚geführt . hatten.
"Die ' Okzipital-Punktion
' hatte ` in diesem. Falle :
‘wertvolle. Dienste zur‘
‚Klärung. des: Falles: ge-
© In. Fällen trat eine.
|} leichte. 'Temperaturstei-, ==
‚gerung ‚nach: dem: Okzi-.
{don ab. 20000 a a A |
> Dreimal gelang es mir nicht, die Zysterne zu erröichen. Vielleicht .
orn js muß: sich: in
' entzündliche Adhäsionen"!. .
|: imLumbalteildesRücken-..
‘| marks, die zu'Kompres-
ll
‚um. eine. . Temperatür-
„Steigerung, nicht um
sonstige: 'Fiebererschei- .
nungen. Ohne medika-:
| mentöse. : Beeinflussung
fiel die Temperatur spon-
‚tan innerhalb: 24 Stun- `
Juli
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chmerzen, .] | Luit
Schmerzhaftigkeit nach:und Patientin blieb dauernd.schmerzfrei. Die nach
‚2 Tagen wieder ausgeführte: Inmbalpanktiön, ergab’ jetzt: auch‘ völlig
eingeblasen:: waren, ließ die
iesem Fall gehandelt haben um
2 Abbildung, 6. © ->
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<1] Jagen.in diesen 8 Fällen solche Bedingungen vor, wie sie von deutschen > `
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| Autoren (Payr, Doberäuer, Schmieden, Fedor Krause) beob“
: achtet wurden, nämlich Bildungsanomalien am Atlas. Die Entfernung . `
" der Einstichstelle bis zur Hinterwand'derZysterneschwanktunachmeiten
- Erfahrungen. zwischen 3,0 und. 8,0 cm. Das hängt von der Dicke.
| der .Nackenmusküulatur und der Konfiguration .des Halses ab: Wie. `-
ändere Autoren (Eskuchen und ‘die Amerikaner) habe auch ich die `-
| Nadel nach cm graduiert und bei 5 cm mit &inem.perforierten sterilan ` -~
33S | Korkstück 'armiert. So weiß man :immer genau, wie: tief. man ist! ..
21" Schließlich ein Wort zur therapeutischen Bedeutung’ des Sub- , `
"+3 | :okzipitalstichs. Die. ersten: Autoren, die Amerikaner, dann Payr, =>
%. | Westenhöfer und Mühsam, ferner Schloffer, Eden u.a. häben . `
73 | operirt‘ mitder Freilegung"und ‚Einschneidung. der. Membran. Sie.
haben in dem: Fall, wo der 4. Ventrikel. blöckiert war, : durch‘ die |
“|-| Einführung einer Sonde und Beseitigung der Membrana tectoria des `
= 7. Es ist zu begrüßen,. daß wir jetzt in solchen Fällen in -der
Lage sind, Liquor zu bekommen, -wo Konstitutionsanomalien und.
“ Bikrankungen der Wirbelsäule (Kyphose,' Skoliose) die Punktion im
Lumtalteil unmöglich machen;, ferner. in: solchen. Fällen, wo durch .
Blockierung des spinalen Subarachnoidealraumes durch Tumor, Ex-
dat, Wirbelverlegung usw. Liquor gar nicht oder nur in sehr ge-.
su
Aigen Quantitäten zu bekommen ist.
8. Ferner ist es uns jetzt leicht möglich, einen Vergleich an-.
zustellen zwischen der Beschaffenheit des Liquors in den unteren.
‚ und oberen Partien des spinalen Anteils bzw. zwischen den spinalen .
-= und den zerebralen Partien des 'Liquors. Schon 1920 hat Ayer
‚Bei einer 34 jährigen Frau bestanden seit mehreren. Monaten
heftige Schmerzen im Kreuz. :Sie ‘war vor 1/, Jahr auf den Rücken
gefallen, einige Wochen hinterher bekam sie Schmerzen, die sich lang-
sam verstärkten. In der letzten’ Zeit bestand leichte Dysurie mit zeit-
Br; eiliger partieller Inkontinenz.” Für Lues und Tuberkulose kein Anhalt,
| . žeme Infektionskrankheiten. .— Die Untersuchung ergab Schwäche des :
ne Phineter recti, Ausfall der Achillessehnen-Reflexe und geringe Druck-
= &pfindlichkeit der Wirbelsäule in der Gegend von L. W. 2 und 3.
Nichts von Tub i ili j |
ie il erkulose, nichts von Syphilis. Die Schmerzen waren
too nnge als Rheumatismus, Ischias usw. ‚gedeutet worden. Die Lumbal-
In tion “ergab ausgesprochenes Kompressionssyndrom. Auch. die
astixkurve zeigte das für Kompression typische Bild. Die Okzi ital-
“ung zwischen L, W., 2 und 8: wurde eine erhebliche Schmerzhaftigkeit
| Bang zeigte er völlig normalen Liquor: Durch Luitein-
stgestellt an der Stelle der Druckempfindlichkeit. und der spontanen
nachgewiesen, daß auf diesem Wege die Diagnose einer Kompression.
gestützt bzw, erst ermöglicht werden kann. Ich sah folgenden Fall:
. auf eitrige Meningitis.
à
t FR:
|. resorptionstähig st."
Eden hat darauf
' druckentlastend wirken soll.
-` » Eg bat sich gezeigt,
. des .einsickernden: Liquor
Auf ..die verschied
‚4. Ventrikels’ diesen frei. gelegt und .drainiert. Die Indikationen zur `
| | Operation: sind heute durch: die genannten ‚Autoren festgelegt auf
' | Hydrozephalus, sei es durch Hypersekretion oder durch. Behinderung
des Abflusses bedingten, ferner um. bei Tumoren durch Ablassen
von. Liquor das klinische Zustandsbild zu klärėn, èv. die definitive -,
_ Operation vorzubereiten, ferner, auf Meningitis serosa "und post: `> _
- traäumatischen Hydrozephalus (Koplverletzung), endlich auf Entfernung,
‚von ‚gestautem und: infiziertem Liquor nach Verletzungen, schließlich
' hingewiesen, -daß die Subobzipitalmethode `
in’ ihrer Anwendung bei: Tumor. cerebri sich in erster Linie eignet. : `
‚für Tumoren in der vorderen Schädelgrube, da Tumoren der-hinteren — |
'Schädelgrube den Abfluß in den Spinalkanal oft mechanisch verlegen. -`
-Bei Tumoren, der hinteren Schädelgrube’ ist der Subokzipitalstich `
‚vor der Entlastungstrepanation die Operation -der Wahl, soweit:sie: `
3 die Idee von Anton und Schmieden, `
dem Liquor durch das: Fenster der , Membrana. atlänto-oceipitalis
einen Dauerabiluß zu verschaffen,. sich oft- als: praktisch ‘nicht aus- `
-fübrbar erweist, weil sich in den Weichteilen des Nackens infolge
| | s.Narbengewebe- entwickelt, ‚das nicht mehr `
a 2 enen Vorschläge, . andere: Abflüsse für den
Liquor herzustellen durch Verbindung ‚mit den Blutbahnen, gehe ich `.
‚hier ‘nicht: ein.: Zu erwähnen wäre auch die Möglichkeit, durch :
: Verbindung‘ von Subokzipitalstich und ‘Lumbalpunktion: eine -gründ- - >..
lichere Drainage: des spinalen :Subarachnoidealraumss zu: ermög: `
‚lichen. Ich selbst habe auf meiner Abteilung einen ’Fall:’von akuter
'zerebrospinaler Meningitis, bei dem ` bakteriologisch, der ‚Meningo- I
kokkus: Weichselbaum nachgewiesen war, ‘durch -subokzipitale Aus- '
| spülung und Injektion von Meningokokkenserum mit Erfolg behandelt. .
= Der 86jährigeMann war am 8.Dezember1928 plötzlich unter hohem
Fieber erkrankt, de ‚sehr; bald ‚verwirrt. und ne ner köhem.
Krankenhaus eingewiesen.. Bei der Aufnahme zei
wurde deshalb ins
gte er .Meningismus
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er En 7 ee MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
in. ‚Forin von: Nackensteifigkeit und Schmerzhaftigkeit des Nackens, |
starke motorische Unruhe, allgemeine Hyperästhesie, Kernigsches .
Symptom, leichte Benommenheit und Verwirrtheit.. Bei. der Lumbal-
, punktion und bei der. Zysternenpunktion entleerte_sich unter hohem
Druck ein fast eitriger Liquor, in (dem Phase 1, Pandy, Weichbrodt
stark positiv waren und sich eine Zellzahl von 20—80000:3 fand. Die
Kultur ergab (Prof. Plaut) Meningokokkus Weichselbaum. Durch den
Subokzipitalstich wurden 10 ccm Meningokokkenserum injiziert. Darauf-
hin fiel die Temperatur kritisch ab, und bei den 3 noch folgenden
Zysternen-Punktionen fand sich ein schneller a irn der Globulin-
' und Eiweiß-Reaktionen sowie der Leukozytose. Die
. ergab: Phase 1 opalesz, Pandy, Weichbrodt opalesz., Zellen 150/3.
Nach 6 Tagen war Patient psychisch völlig klar, war schmerzfrei und
verlangte nach weiteren 10 Tagen seine Entlassung. 4 Wochen später
stellte er sich als subjektiv und objektiv völlig gesund vor.
Selbstverständlich. weiß ich, daß es Fälle von’ Meningitis
- cerebrospinalis gibt, die auch spontan schnell nach Entleerung von
Liquor spinalis ausheilen. PS 4 a
Schon 1916 schlug Westenhöfer vor, eitrige Meningitiden
von der Okzipitalgegend aus durch Spülung zu behandeln, und 1919
'empfahlen Wegeforth, Ayer und Essick, die infektiöse Meningitis
mit Durchspülung vom Subokzipitalstich aus in. Angriff zu nehmen.
In ihren ersten 2 Fällen hatten sie allerdings keinen therapeutischen
Erfolg, aber sie konnten experimentell an Katzen nachweisen, daß vom
Lumbalstich aus injizierte Farbflüssigkeit das Großhirn nichterreichte,
daß andererseits nach Subokzipitalstich eine gefärbte Flüssigkeit die
'Zysterne und den Kortex ausgiebig umspült hatte. 1920 veröffentlichte
dann Ayer einen Fall von Meningitis, der durch Spülung von der
. . Zysterne.aus mit Erfolg behandelt war. Er erklärte darauf die Behand-
lüng der eitrigen Meningitis und der epidemischen Meningitis mit spe-
zifischen Mitteln von der Zysterne aus durch den Okzipitalstich als die
Methode der Wahl. Wir wissen, daß von chirurgischer Seite, zuerst von
Kümmell, dann von Schlesinger, Barth u. a. schon lange die Be-
handlung der eitrigen Meningitismit Ausspülung von einer Trepanations-
öffnung aus empfohlen wurde. Durch die Experimente von Wegeforth,
Ayer und Essick wäre damit eine experimentelle Grundlage für diese
Empfehlungen geschaffen. Wenn Ayer auch die Behandlung der
Paralyse und der Hirnlues mit spezifischen Mitteln von der Zysterne
aus empfiehlt, so kann ich diese Indikation auf Grund meiner eigenen
Erfahrungen nicht für aussichtsvoll halten, wie ich mich überhaupt den
modernen heroischen Methoden der spezifisch-antisyphilitischen Be-
handlung der Paralyse gegenüber ablehnend verhalte.e Auch in der.
_ erwähnten Diskussion in Boston konnte Niemand über besondere
Erfolge von dieser Methode der Behandlung der Paralyse berichten.
Zum Schluß noch ein Wort über unsere mit Hilfe des Sub-
okzipitalstichs gemachten Erfahrungen über die "Bewegungen . des
Liquors. Der Vergleich ist ja heute leicht und einfach anzustellen
durch die Kombination der Lumbalpunktion mit der Zysternen-
punktion. Becher und Weigeldt haben in Deutschland in jüngster
Zeit unsere Erfahrungen über die Bewegungen des Liquors zusammen-
gestellt und durch eigene Untersuchungen bereichert. Es darf heute
als feststehend gelten, daß die Absonderung des Liquors an der ganzen
Oberfläche des Nervensystems, vorwiegend aber im Plexus choroideus
stattfindet, und daß. die Resorption fast ausschließlich in die Venen
innerhalb des Schädels und in geringem Grade in die Lymph-
scheiden und Nervenscheiden stattfindet (Frank, Ziegler, Hill,
etzte Punktion |
6. Juli
Becker). ‚Schon Quincke wies nach, daß der Liquor nicht nur von
oben nach unten, sondern auch von unten nach oben sich bewegt.
‚Wir dürfen ferner heute: als feststehend betrachten, daß die
Mischung’ des Liquors in 1. Linie zustande kommt durch die perio-
_ dischen Volumenschwankungen des Hirns im Schädel, als Folge der
"Blutzirkulation, bedingt durch den Puls, in 2. Linie durch die Respi-
ration, endlich auch durch die Bewegungen des Kopfes zum Rumpf.
Es kommt hierin eine Wellenbewegung des Liquors zustande, wie
Becher erst kürzlich wieder experimentell nachwies. Diese Liquor-
wellen besorgen eine dauernde Mischung des Liquors im spinalen
Duralsack, wodurch eine stärkere Sedimentierung in den abhängigen
Teilen des Spinalsacks verhindert wird. Eine eigentliche Strömung
des Liquors in besonderen Bahnen, wie sie von Pröpping und
Haller angenommen wurde, findet nicht statt. Diese Frage kam
wieder in Fluß durch die fraktionierte Untersuchung des Liquors,
die durch Walter und Weigeldt angeregt und besonders von
Weigeldt in exakter Weise studiert wurde. Ich fand ebenso wie
Ayer, daß im allgemeinen die Unterschiede in den unteren und
oberen Partien des spinalen Subarachnoidealraumes nicht erheblich
sind; das fanden wir sowohl bei syphilogenen Nervenkrankheiten,
Tabes, Paralyse und Syphilis cerebrospinalis, wie auch bei akuten
Meningitiden, wie auch bei nicht syphilogenen organischen Hirn-
-und Rückenmarkskrankheiten. Eskuchen fand demgegenüber in
der Mehrzahl der Fälle Unterschiede in der Zusammensetzung von
Lumbal- und Zysternenliquor, d. h. er fand mehrfach normalen neben
einwandfrei pathologischem Liquor; er fand auch häufig lumbal in-
jizierten Farbstoff im Zysternenliquor ‚wieder, auch da wo sich'der
Kranke vollkommen ruhig in sitzender Stellung verhielt. Auf die
‚Bewegungen des Liquors haben nach meinen klinischen und experi-
mentellen Erfahrungen (Injektion mit Sulfophenolphthalein) die Be-
wegungen des Körpers, insbesondere des Kopfes, erheblichen Einfluß:
Ließen wir nach Einführung gefärbter Flüssigkeit in den Lumbalsack
den Kranken auf dem Stuhl ruhig sitzen, so war der durch Sub-
okzipitalstich entnommene Liquor nach 1—2 Stunden noch un-
gefärbt; hatte sich der Kranke bewegt (gebend oder auf dem Stuhl
den Rumpf und Kopf bewegend), so ließ sich oft schon nach
10 Minuten ein Aufsteigen des Liquors- bis zur Zysterne nachweisen.
Zusammenfassend läßt sich m. E. heute sagen: 1. der Sub-
okzipitalstich ist einfach auszuführen und in der Hand des Kundigen
ungefährlich. 2. Die Posipunktionsbeschwerden sind viel seltener
und geringer. 3. Durch die Subokzipitalmethode wird der Vergleich
des Liquors in verschiedenen Höhen einfach und leicht ausführbar.
Insbesondere wird die Diagnose derBlockierung desSpinalkanals durch
diese Methode erleichtert. 4. Auf therapeutischem. Wege eröffnen sich
Aussichten insbesondere für die Behandlung akuter Meningitiden.
Weiteres klinisches Arbeiten ‘wird zeigen, müssen, wieweit
diese Aussichten .reale Erfolge zeitigen. |
Literatur: Wegeforth, Ayer and Bssick, Amer. journ. of the med.
scienc. 1919, June. — Ayer, Annual meeting of the amer. neurol, assoc. New York
1920, June. — Westenhöfer und Mühsam, D. m. W. 1916, S. 1574. — Anton
: und Schmieden, Zbl. f. Chir. 1917, — Eden, D. Ztschr. f. Chir. 1918. — Schloffer,
Med. KÌ. 1918, S. 1245. — Scheele, Ther. Halbmonatsschr. 1921. — Schmieden
und Scheele, Med. Kl. 1921, S, 401. — Weigeldt, Physiologie u, Pathologie des
Liquor cerebrospinalis., Jena 1928. — Solomon, Thompson and Pfeiffer,
Journ. of the amer. med. assoc 1920. — Becher, Mitt. Grenzgeb. 1922. — Eskuchen;
. Klin. Wschr. 1922, S. 16456. — Derselbe, M. m. W. 1923, S. 1830.
Abhandlungen.
Über Arzneimittel der unspezifischen Proteinkörper-
| - therapie.*)
‘Von Prof. Dr. Rudolf Schmidt, Prag.
Trotz der größten Verschiedenartigkeit in der äußeren Form
der Proteinkörper-therapeutischen Agentien (Blut, Sera, Iso- und
Heterovakzine, Tuberkulinpräparate, Milch u.dgl.) ist bei parenteraler
Einverleibung die Wirkungsart eine so ähnliche, daß ein Vergleich
der jeweiligen Wirkungskomplexe durchaus möglich erscheint.
| Man muß sich nur klar sein,: daß zwei Faktoren natürlich
eine ganz entscheidende Rolle hinsichtlich der Wirkungsart un
“ Intensität spielen. ; | u Ä
| *) Die Tätigkeit der Gemeinsamen Deutschen Arzneimittel-
kommission „ruht |
zwischen Ärzten und Krankenkassen. Inzwischen halten. es die Mit-
glieder der von der Gemeinsamen -Deutschen Arzneimittelkommission |
eingesetzten ärztlichen Subkommission. für zweckmäßig, die erstatteten
Gutachten zu veröffentlichen. au se u 2 |
is zur. endgültigen Regelung der Beziehungen
1. Weg und Tempo der Einverleibung, ob subkutan, intra-
muskulär oder intravenös, und besonders im letzteren Falle, ob
rasch oder langsam injiziert wird. | i |
2. Die Dosis. | |
Es ist auf diesem Gebiete- der unspezifischen Proteinkörper-
therapie das „Quale“ vielfach weniger bedeutsam als das „Quantum“.
Andererseits ist natürlich die reaktive Eigenart des jeweiligen Orga-
nismus von größter Wichtigkeit. So reagieren beispielsweise chronisch
infizierte Organismen (Tuberkulose! Lues!) auf parenterale Ein-
verleibung von Proteinkörpern vielfach außerordentlich stark pyrogen,
so. daß die abnorm starke Reaktion unter Umständen direkt auf die
| Möglichkeit dieser beiden Infektionen aufmerksam machen kann; das-
| selbe gilt übrigens auch von chronischen Bluterkrankungen, wie
| Biermersche Anämie, Leukämie, während im Gegensatze dazu
nach e. B. der jugendliche Unterdruck-Diabetes meist auch auf
_ größere Dosen, z. B. von Milch intramuskulär, .pyrogen überhaupt
nicht anspricht. | |
"Ein Vergleich der einzelnen Agenzien der Proteinkörpertherapie
ist also nur möglich bei biologisch-konstitutioneller Gleichheit oder
x
a MONA Na N
1924. — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27. o
wenigstens Ähnlichkeit des Reagens i. e. des jeweiligen Organismus,
bei gleicher Dosierung und gleicher parenteraler Applikationsart.
Der Wirkungskomplex der Proteinkörpertherapie ist besonders
nach zwei Richtungen orientiert. | | Ä
1. Allgemeinreaktion, die sich in einer Stoffwechsel-
stigerung, Protoplasmaaktivierung nach Weichardt äußert und
die u. a. in Temperatursteigerung zum Ausdruck kommt.
9, Herdreaktionen, entsprechend örtlich beschränkten;
chronisch entzündlichen Prozessen, wie Spondylitis, chronische
Arthritis, Neuralgien, asthmoide Bronchitis, oder aber auch akut
ontzündlichen Prozessen, wie Erysipel, gonorrhoische Epididymitis,
Trippergelenk, Otitis media. Ä
Fieberwirkung und Herdreaktionen sind jedenfalls klinisch
am besten faßbar, und wenn auch der Wirkungskomplex der
parenteralen Proteinkörperzufuhr damit keineswegs erschöpft ist
(sensibilisierende Wirkung! Anregung von Diurese! Gerinnungs-
förderung! antitoxische Wirkung! leukozytotische Reaktion! Ver-
schiebung des Blutzuckerspiegels! Antikörperanreicherung!), so-
eignen sich doch praktisch diese beiden Orientierungen ganz be-
sonders als Maßstab für die Beurteilung der Wirkung.
- Immerhin werden wir uns darüber. klar sein müssen, daß die
Wirkungskomplexe der parenteral eingeführten Proteinkörper nicht
-= regelmäßige Flächen, sondern gewissermaßen unregelmäßige Körper
darstellen und daß, wenn wir dieselben nur nach zwei Richtungen
messen, eine Volumbestimmung immerhin schwierig ist. Auch
dariber werden wir uns klar sein müssen, daß die klinische Beob-
achtung nur grobe Feststellungen ermöglicht — Intensität der
- -Temperatursteigerung und Intensität der Herdreaktion — und. teil-
weise an der Oberfläche der Dinge Halt macht. Auch bei gleicher
Temperatursteigerung und gleicher Intensität der Herdreaktion be-
steht die Möglichkeit, daß bei Anwendung differenter Proteinkörper- |
therapeutischer Reagenzien doch in den früher angegebenen mannig-
fachen Richtungen Differenzen bestehen, daß also nicht alle biolo-
gischen Details des Reaktionskomplexes übereinstimmen. In gewissen,
wahrscheinlich aber nur dekorativen Details besteht gewiß ein Unter-
schied, ob wir in einem Falle von Tuberkulose beispielsweise Milch
oder Tuberkulin injizieren. Die klinische Erfahrung spricht allerdings
dafür, daß die therapeutische Wirkung identisch ist. Biologische
Verschiedenheit der Reaktion ist eben mit Identität des therapeu-
tischen Effektes sehr wohl vereinbar. | o |
Immerhin ist dies ein Gebiet, auf dem auch klinische Empirik
‚und möglichst vielseitig orientierte wissenschaftliche Forschung noch
zum Worte kommen muß. Vielleicht wird sich dann eine schärfere
ud engere Indikation für einzelne bestimmte Proteinkörper er-
geben. Den Standpunkt, den derzeit ich selbst und auch meine
Mitarbeiter auf dem Gebiete der Proteinkörpertherapie einnehmen,
möchte ich kurz dahin zusammenfassen: Alle Proteinkörper-thera-
peutischen Agenzien, selbst scheinbar heterogenster Art, wie Tuber-
kulin und Milch, sind ohne Beeinträchtigung des therapeutischen
Bilektes in entsprechender Dosierung untereinander substituierbar.
Entscheidend ist nicht das „Quale“, sondern das „Quantum“ und
- die Applikationsart. Als pyrogen und fokal (Herdreaktion) schon
m verhältnismäßig kleiner Dosierung subkutan und intramuskulär
besonders wirksame Potenzen hebe ich aus der folgenden Aul-
Zählung gesondert hervor: Tuberkulinpräparate, native Milch,
ea (Sächsisches Serumwerk), Phlogetan (Norgine & Kahl-
aum),
Pyrogene und fokale Reaktionen mittlerer Stärke sind durch-
aus wünschenswert. Sie garantieren im allgemd®en einen thera-.
peutischen Erfolg. Reaktionslosigkeit schließt die Gefahr einer
Scheinbehandlung in sich. ` i i
Die intravenöse Applikationsart von Proteinkörper-therapeu-
Proteinkörperpräparate aus Bakterien.
| ~ (lso- und Heterovakzine).
Tuberkulinpräparate verschiedenster Art.
Vakzineurin nach Döllken (Sächsisches Serumwerk). Es
handelt sich um ein Autolysat aus Staphylokokken und Bacillus
‚prodigiosus: Anwendung subkutan oder intraglutäal; deutliche Lokal-
reaktion, aber nur geringe Fieberreaktion. Preis etwa 40 Gold-
pfennige pro Injektion. | | ;
| Omnadin von Much angegeben und von Kalle & Co. er-
zeugt. Es handelt sich entsprechend der Theorie von Much von
den Partialantigenen um ein Gemisch von Stoffwechselprodukten
verschiedener apathogener Bakterien, Lipoiden der Galle und Neutral-
iettstoffen, damit sozusagen alle Arten von Antikörperbildung un-
spezifisch . erregt werden (unabgestimmte Immunität). In seiner
Wirkung wohl gleichwertig mit anderen Heterovakzinen. Lokal-
und Allgemeinreaktionen gering. Es ist relativ teurer, etwa 70 Pf.
pro Ampulle à 22 com. Be l E E
= Milchpräparate. | =
. Native Milch am einfachsten und billigsten; direkt über der
. Flamme oder besser im. Wasserbade 10 Minuten gekocht. Man be- |
ginnt mit etwa 3 cem intraglutäal (nur bei tuberkulösen Prozessen
mit t/o cem subkutan, wobei nur geringe Lokalreaktion auftritt)
und steigt je nach der Reaktion bis 10 und mehr’ ccm intraglutäal.
Es kommt meist zu Fieberreaktion und Herdreaktion. Milch in
Ampullen (à 2, 5 und 10 ccm) wird von verschiedenen Firmen ge-
liefert, es ist eine steril gewonnene Milch. Herd- und Fieber-
reaktion viel geringer als bei nativer Milch. Durchschnittlicher
Preis einer Ampulle 20—40 Pf. | | Zr
a) Abijon (Sächsisches Serumwerk).
b) Aolan (Beiersdorf). | |
c) Laktin (Heisler).
d) Albusol. RR | |
e) Seidel’s Milchinjektionen (Chemoprodukte, Wien). |
f) Xifalmilch (Sächsische Serumwerke), eine entfettete
Milch mit Zusatz von Bakterieneiweiß.
| g) Hypertherman (Sächsische Serumwerke).‘ Sterile Milch
mit genau dosiertem Zusatz von Bact. coli. Pyrogen und fokal
(Herdreaktion) stark wirksam: wegen konstanter Zusammensetzung
auch für konstitutionelle Überprüfung des pyrogenetischen Reaktions-
vermögens empfehlenswert.
Kasein-Präparate.
a) Kaseosan (Heyden) wird auch intravenös gegeben (Vor-
sicht!), und zwar mit !/, ccm beginnend. Es sind sehr starke Re-
aktionen mit shockartigen Nebenerscheinungen aufgetreten, die oft
nicht mit der Dosierung, sondern mit einer Inkonstanz des Präpa-
‘rates in Verbindung gebracht wurden.
| . b) Actoprotin (Chinoin-Werke, Wien), ebenfalls ein reines
Kaseinpräparat, das man in der Meuge von 1/,—5 ccm intramus-
kulär oder intravenös’ gibt. l Ha E
c) Yatrenkasein (Behring-Werke AG, das eine Verbin-
dung des antiseptisch wirkenden Yatrens (Jodoxychinolinsulfonsäure)
mit Kasein darstellt. Stark: 50/ Kasein, 21/,°%/, Yatren. Schwach:
2,50%), Kasein, 2,5°/, Yatren. Es wurde besonders von der Bier-
schen Schule mit Erfolg verwendet. Die Anwendung erfolgt intra-
muskulär oder intravenös. Es ist relativ sehr billig, da die teuere
Ampullenpackung nicht notwendig ist (Ampullen werden zu 1, 5
und 10 ccm geliefert), sondern. wegen des antiseptischen Yatren-
zusatzes die notwendige Menge jedesmal aus einer. Flasche
(ca. 20—500 ccm) genommen werden kann. |
Nuklein-Präparate.
macht sehr starke Lokalreaktionen.
b) Phlogetan (Norgine & Kahlbaum) in Ampullen von 1, 2,
3, 4, 5 cem), ist ein Abbaupräparat von Nukleoproteiden, erzeugt
sehr starke Lokal- und Fieberreaktion.
Andere Eiweißpräparate. ` a
a) Deuteroalbumosen (Merck), Intravenös etwa beginnen
tischen Agenzien eignet sich meiner Ansicht nach weniger für die
Hauspraxis und sollte wegen der Möglichkeit von Shockwirkungen
den Kliniken und Sanatorien vorbehálten. bleiben. Eine Aufzählung
. Sämtlicher theoretisch möglicher Proteinkörper-therapeutischer Agen-
zien ist natürlich ebenso unmöglich als zwecklos.
In der nachfolgenden kurzen Zusammenstellung sollen nur
lerende prinzipielle Gesichtspunkte und einzelne konkrete
sationen derselben zur kurzen Aufzählung gelangen.
orient
Reali muß) bis mehrere ccm. Keine besonders starken Reaktionen außer
bei sehr empfindlichen Patienten, bei denen es zu Shockwi
kommen Eon Subkutan ziemlich schmerzhaft. en
b) Novoprotin, ein kristallisiertes Pflanzeneiweiß (Chemische
Werke, Grenzach) in Ampullen zu 1,1. Vorsicht bei intravenöser
Applikation! |
Sera. 2
Hier kommen neben Normalseren (Pferd, Rind, Hammel),
welche meist in Fläschchen zu 20 ccm im Handel sind, natürlich
a spezifisch abgestimmte Sera, Diphtherieheilserum und dgl. in
etracht, Pyrogene Wirkung und Herdreaktion meist sehr gering.
*
2 me mn ASIAA RT
==.
a ET TASTER
a) Natrium nuclein. (Böhringer) in Ampullen zu 10 ccm,
mit !/, com der 4°/,igen Lösung (die man sich selbst herstellen
er
En
em
ae ER ze ers
Zu
Pe
meine
Toren o
SA 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.27. > &Juli
Auf Grund dieses Gutachtens hat die ärztliche Subkommission
der Gemeinsamen deutschen Arzneimittelkommission beschlossen,
folgende Präparate zur Anwendung in der allgemeinen Praxis zu '
empfehlen: steril. Milch, Normalsarun, Aolan, Kaseosan, Phlogetan,
Novoprotin.
- Für die Zulassung zur kassenärztlichen Verordnung hat die
Subkommission der Gemeinsamen deutschen Arzneimittelkommission:
beschlossen, Bene zu apa: ‚steril. Milch, Normal-
serum. `
Aus der Chirurgischen Universitäts- Klinik (Augusta-Hospital) Köln
(Direktor: Prof. Dr. Frangenheim).
Über infantile und juvenile Knochenwachstums-
| störungen. (Schluß aus Nr. 26.)
Von Dr. Paul Caan, Assistenzarzt der Klinik.
Unter Schlatterscher Erkrankung versteht man Verände-
rungen an der Tuberositas tibiae, die im ‚Wachstumsalter von
etwa 12—18 Jahren, ebenfalls vorwiegend bei Knaben, beobachtet
werden. Das Krankheitsbild wurde zuerst 1903: von Schlatter
und fast gleichzeitig, aber unabhängig davon, von Osgood be-
schrieben. Auch die Apophysitis tibiae tritt nicht allzu selten
nach. einem kurz vorher erlittenen Unfall oder einer Verletzung
auf, so daß man auch hier bestrebt ist, den traumatischen Insult —
gleichviel ob leichte oder schwere Verletzung, ob direkte oder
indirekte Gewalteinwirkung wie Abriß. von Knochenhaut durch
übermäßiges Anspannen des (Quadrizeps, um ein Hinfallen auf-
zuhalten — mit in erster Linie für die Entwicklung oder den Aus-
bruch der Krankheit ursächlich verantwortlich zu machen. Um
diese . Erklärung besser verstehen zu können, muß man sich ver- a
gegenwärtigen, daß der nach vollendetem Wachstum als Tuberositas
tibiae bezeichnete rauh-höckrige Vorsprung an der vorderen Tibia-
kante, der Ansatzstelle des. Lig. patellae, entwicklungsgeschichtlich
entstanden ist aus einer im Röntgenbilde regelmäßig und deutlich
erkennbaren, gesondert angelegten knorpeligen Apophyse mit eigenem
Ossifikationszentrum, die zunächst: durch eine nicht unerhebliche
knorpelige Brücke (scheinbare Diastase) von der vorderen Schien-
beinkante getrennt ist, allmählich verknöchernd sich mehr und
mehr .der Tibiakante. anlegt, um schließlich knöchern mit ihr zu
verschmelzen. Dieser Verknöcherungsprozeß findet gewöhnlich sein
Ende mit dem 15.—16. Lebensjahre, dem Prädilektionsalter der
Schlatterschen Apophysitis,. stimmt demnach überein mit der
letzten, vielleicht intensivsten und daher auch empfindlichsten und
traumatischen Einwirkungen besonders zugänglichen Phase des
Wachstums und der Verknöcherung der Tibiaapophyse; ein Abhängig-
keitsverhältnis zwischen dieser Wachstumsperiode und dem Aus- |
bruch der Krankheit scheint . daher mehr als wahrscheinlich.
Schlatter 'selbst hat die Veränderungen als eine reine Fraktur
angesehen; ‘insbesondere hält er pathologische Veränderungen für
das Zustandekommen der. Verletzung nicht erforderlich. Neben der
direkten Fraktur durch örtliche Gewalteinwirkung sollen auch
indirekte: Abreißungen infolge kräftiger Kontraktur des: Musculus
quadriceps vorkommen. Je nach der Ausdehnung der Ver-
änderungen, nach der Zahl und Größe der abgesprengten Knochen-
teilchen. der zudem noch stark abgehobenen Spitze bzw. des
schnabelförmigen Fortsatzes wird eine vollständige oder komplette
Fraktur von der unvollständigen, der partiellen Infraktion unter-
schieden. .
Das Vorkommen ähnlich schwerer Struktur- und Konturver-
änderungen an der Tibiaapophyse, ohne daß ein Trauma vorauf-
gegangen ist, läßt es jedoch zweifelhaft erscheinen, daß die Ver-
änderungen lediglich die Folgen einer Verletzung sind, selbst wenn
man den Ossifikationsprozeß als prädisponierendes Moment in Be-
. tracht zieht. Zumindest ist also für das Zustandekommen des
Krankheitsbildes keine direkte Gewalteinwirkung unbedingt erforder-
. lich; inwieweit indirekte traumatische Schädigung, also übermäßiger
Zug an der Ansatzstelle des Lig. patellae dabei in Frage kommt,
ist schwer zu entscheiden, da uns diese oft unbedeutenden, ununter-
'brochen wirksamen Schädigungen kaum oder garnicht zum Bewußt-
sein kommen. Sicherlich reichen sie nicht aus für das Zustande-
kommen des Prozesses, da die ungemein feste Verbindung zwischen
Epi- und Apophyse selbst bei Gesunden eine Sprengung an der
Leiche nicht zuläßt (Schultze). Zudem würde auch ein typischer
‘Bruch an dieser Stelle nicht jahrelang zur Ausheilung benötigen,
sondern 3 bis 4 Wochen, wobei die fortgesetzten unwillkürlichen
Quadrizepskontraktionen eher fördernd wie hemmend auf den.Kon-
'solidationsprozeß einwirken würden. Auf Grund unserer klinischen
Erfahrungen und an Hand der Röntgenbilder hat man also scharf
zu unterscheiden zwischen der Apophysitis tibiae und der isolierten
Fraktur des Schienbeinhöckers. ' Uns scheint es vielmehr, daß dem -
Trauma, sofern es eine unmittelbare Schädigung des betreffenden
‚Knochenabschnittes hervorruft, für die Entstehung des Prozesses
eine überragende Bedeutung. nicht zukommt, daß es vielmehr nur
als auslösender oder verschlimmernder Faktor wirkt. Wahrscheinlich
‘| handelt es sich auch hier um Vorgänge im Knocheninnern, um eine
‚lokale Dystrophie mit Störungen des Wachstums- und Verknöcherungs-
prozesses auf rachitischer bezw. spätrachitischer oder traumatischer
_ (Gefäßverletzung oder -embolie mit nachfolgenden Ernährungs-
störungen) wie auch entzündlicher Basis (langsam verlaufende in-
fektiöse Apophysitis) oder schließlich infolge kongenital bedingter-
_ Entwicklungsfehler und Wachstumsanomalien, Noxen und fehlerhafter
Anlagen, die auch schon allein ausreichen für das Zustandekommen
der Veränderungen. ‚Wenn also diese Abweichungen im normalen
Ossifikationsprozeß ein prädisponierendes Moment darbieten, dann
würden selbst schon die unbedeutendsten traumatischen Einwirkungen
direkter oder. indirekter Natur von großem Einfluß für den Ausbruch
und den Verlauf der Krankheit sein. Schultze hat auf Grund
ähnlicher Beobachtungen an anderen Skelettteilen bzw. Sehnenhaft-
stellen die Schlattersche Krankheit als eine Teilerscheinung einer
‚durch Bindegewebsschwäche ausgezeichneten Konstitutionsanomalie |
mit erhöhter Neigung zu Periostausreißungen angesprochen; der Vor-
gang beim Zustandekommen entspräche in etwa einer Spontanfraktur.
= Klinisch tritt das Leiden mit langsam einsetzenden zwar.nicht >
besonders intensiven doch lange Zeit anhaltenden und in ihrer
Stärke wechselnden Schmerzen am Kniegelenk in der Gegend der
Tuberositas tibiae in Erscheinung. Die Schmerzen können jedoch
zuweilen so gering sein, daß die kleinen Patienten über ihre Ent-
stehung keinerlei Aufschluß zu geben vermögen. Nür wenn das
Bein stärker in Anspruch genommen wird, erreichen die Schmerzen
einen höheren Grad. Weiterhin ist die Affektion gekennzeichnet
durch eine druckschmerzhafte Verdiekung der Tuberositas, - der ge-
legentlich eine leichte teigige Schwellung der darüberziehenden
Weichteile und der Furchen zu beiden Seiten des Lig. patellae bei-
gesellt ist. Der typische Druckpunkt liegt direkt auf der Tuberositas.
tibiae, etwa 2!1/;cm unterhalb des Kniegelenkspaltes (Schlatter).
Die knöcherne Prominenz ist nicht immer -deutlich zu fühlen. Für
gewöhnlich sind die Gelenkkonturen des Knies nur unwesentlich
beeinflußt, zuweilen sind sie jedoch fast vollkommen verstrichen.
Die Beweglichkeit des Gelenkes ist ebenfalls nur wenig beeinträchtigt;
die passiven Bewegungen sind nahezu normal ausführbar, aktiv ist
die ‚letzte Phase der Streckung sowohl des hängenden, im Knie
gebeugten Beines wie auch im Liegen nicht immer möglich. Die
Elevation des gestreckten Beines im Liegen ist dagegen kaum be-
| hindert. Das Gehen und Stehen sowie die Bewegungen im Knie-
gelenk lösen zuweilen lokalen Schmerz aus. Gelegentlich klagen
‚die Patienten über Unsicherheit und vermehrte Beschwerden beim:
| Treppensteigen, was sich ungezwungen durch den ungenügenden
Halt der Quadrizepssehne an ihrer Ansatzstelle erklären läßt. Die
Muskulatur des: Oberschenkels speziell des Quadrizeps ist mehr
oder weniger atrophisch; hierin ist auch hauptsächlich die Ursache
des hinkenden Ganges zu erblicken.
Das Röntgenogramm (s. Abb. 4u.5) zeigt oft Bilder, deren
Unterscheidung bzgl. des Mosua eu und des Pathologischen beim
Abbildung 4.
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Abbildung 5.
iNi M E: N \ ION
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Fehlen charakteristischer subjektiver und objektiver Symptome recht
schwierig werden kann, zumal auch schon die normale Verknöcherung
der Tibiaapophyse verhältnismäßig spät und nicht gleichmäßig und
gleichartig vor sich geht. Als für die Apophysitis typische patho-
! gnomonische Veränderung findet eu vor allem eine Verdickung
des zungen- oder schnabelförmigen Fortsatzes der oberen Tibia-
- apophyse, der auch weiter als normal von der vorderen Tibiakante
abgehoben scheint. Der mittlere Teil des Fortsatzes ist stärker
nrominent, die Kortikalis erscheint an der Stelle des Sehnenansatzes |
- eingeknickt und abgebröckelt. Der Knochenkern .der Apophyse ist
„weilen in mehrere Stücke zerfallen, eine Erscheinung, die mit
einer mangelhaften und ungleichmäßigen Verkalkung zusammen-
hängt. Die Konturen der Tibia selbst erscheinen an dieser Stelle |
_ ġndeutlich und verschwommen. | |
Das Leiden kommt einseitig und doppelseitig, wie auch kom-
finiert mit ähnlichen Veränderungen an anderen epi- und apo-
- physären Knochenabschnitten vor. Die Heilung erfolgt in 6 Monaten
bis Jahren und ist für gewöhnlich eine vollkommene ohne Zurück-
-Jassung irgend welcher Funktionsstörungen.
-Die von Köhler im Jahre 1908 zuerst beschriebene Er-
krankung am Os naviculare pedis findet sich vornehmlich im
Alter von 5—9 Jahren, entsprechend der Zeit, wo die Verknöche-
“zung des Kahnbeines einsetzt bzw. am intensivsten ist. Daß gerade
das Kahnbein für derartige Veränderungen besonders disponiert ist
und vorzugsweise erkrankt, ist auffallend, zumal es doch von der
‘Belastung, die zweifellos auf. die Entstehung der Affektion von
Einfluß ist, nicht mehr beansprucht wird als die übrigen Mittelfuß-
knochen. Man hat diese Bevorzugung auf verschiedene Art zu er-
klären versucht und damit gleichzeitig einen pathogenetischen
Zusammenhang konstruiert. Wichtig für die Ätiologie ist die Tat-
sache, daß der Knochenkern des Naviculare von den Mittelfuß-
knochen als letzter in Erscheinung tritt; der Knochenkern und
damit auch der ganze Knochen ist dadurch traumatischen Insulten
‘oder bakteriellen Infekten, die doch störend auf den normalen
. Knochenprozeß einwirken und ihn unterbrechen können, ganz be-
sonders ausgesetzt. Weiterhin ist die Gefäßversorgung des Kahn-
‚beines eine verhältnismäßig ungünstige, so daß schon die geringsten
Geläßschäden mit dystrophischen Veränderungen beantwortet werden.
‚Gleich wie die Perthessche und Schlattersche Krankheit wurde
auch die Köhlersche Erkrankung als eine reine, wie auch patho-
logische Fraktur an einem durch Dystrophie unbekannter Genese
hierfür vorbereiteten Knochen angesprochen. Köhler selbst ver-
wirit die Auffassung einer. rein traumatischen Entstehung bzw. in
den Vorgängen den Ausdruck und die Folgezustände einer Kom-
‚pressionslraktur zu erblicken, da in einer großen Anzahl von ihm
selbst beobachteter Fälle die Affektion doppelseitig war und ein
Trauma sich in der Anamnese vielfach. nicht nachweisen ließ.
Grashey hebt hervor, daß eine isolierte Zerträümmerung des vom
dicken Knorpel überzogenen Knochens ohne Schädigung des be-
nachbarten Knochens kaum denkbar ist. Eine Fraktur, insbesondere
eine Kompressionsiraktur liegt auch m. E. dem Prozeß kaum zu-
unde. Wie bei den anderen Erkrankungen wird es sich auch
hier bei nicht einheitlicher Genese um eine Störung in der Ent-
wicklung, im Wachstum und in der Verknöcherung handeln, wobei
kongenital bedingte Störungen (gedoppelte oder sonstwie abnorme
Rernanlage) wie auch postfötal einsetzende, die Ossilikation be-
emträchtigende Schädigungen (Trauma, Infektion, Ernährungs-
sörungen, Dyshormonien u. a.) einzeln wie auch kombiniert maß-
gebend sind. Auffallend häufig ist das Zusammentreffen der
Köhlerschen Krankheit mit Anomalien der Patellarkerne; auch
wurde mehrfach gleichzeitige mangelhafte Entwicklung der Hand-
wurzelknochen festgestellt und’ einmal auch Bildungsfehler der
Cuneiformia. Die bisher spärlichen mikroskopischen Untersuchungen
eigien in der Hauptsache Knochennekrosen (Axhausen, Heitz-
mannu. a.) oder wiesen auf. Störungen der normalen endochondralen
Össifikation (Weil) hin. Für Lues und Tuberkulose fanden sich
a? auch bei den anderen Erkrankungen keinerlei Anhalts-
e.
Ganz allmählich im Laufe mehrerer Monate tritt das Leiden :
e den im übrigen völlig gesunden Kindern und vielfach ohne
hachweisbare Ursache mit Schmerzen an der Innenseite der Fuß-
ratne und mit Schonungshinken auf, wobei die Kinder mit dem
. p eren Fußrand auftreten, um den medialen Fußteil nicht zu be-
| lasten, Hierdurch
N einer leichten Varusstellung des Fußes. Weit seltener beob-
En tet man Plattfuß. Die Schmerzen sind für gewöhnlich erträglich;
B ea am Intensivsten beim Gehen und am Abend nach längerer
elastung. Auch über spontane Schmerzen im Knochen wird ge-
len geklagt. Der Knochen ist vom Dorsum wie von der
A pedis aus druckempfindlich; der Fußrücken läßt im Bereich
Beim re eine
e
å leichte Anschwellung und bisweilen auch eine
tung der Haut erkennen. Fluktuation bzw. Pseudo-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 21.
kommt es zu einer verstärkten Plantarwölbung,
fluktuation ist gelegentlich nachgewiesen worden. Die Beinmusku-
latur, besonders die Wadengegend, ist etwas atrophisch.
Das Röntgenbild (s.Abb.6 u.7), zeigt den Knochen in Form,
Größe, Kontur und Struktur erheblich verändert; er ist
bis zur Hälfte
oder gar bis zu einem Drittel seines normalen Umfanges verkleinert
Abbildung 6.
l Abbildung T.
und ist verkrümmt. Im antero-posterioren Durchmesser erscheint das
deformierte Kahnbein.. zu einer Scheibe oder Schale zusammen-
gedrückt; man spricht deshalb auch von einer Bisquitform des ver- .
bogenen und verschmälerten Knochens. Diese eigentümliche Form-
veränderung des in seiner normalen Knochenfestigkeit beeinträchtigten
Kahnbeines ist zweifellos eine Folge der Belastung. Die Konturen
sind zackig und unregelmäßig, die Bälkchenzeichnung
verschwunden
oder undeutlich, der Knocheukern abnorm klein, gelegentlich auch
in mehrere Stücke zerfallen, so. daß strahlendurchlässige Stellen
mit dichteren Partien regellos abwechseln.. Durchweg ist der
Knochenschatten dichter, also kalkhaltiger als normal. Eine scharfe
Trennung zwischen Kortikalis und Spongiosa ist meist nicht möglich.
Das Röntgenbild ändert sich mit der Dauer der Alfektion; auch
hier ist eine Restitutio ad integrum möglich, sofern es nicht vorher
infolge Weichheit des noch im Knorpelstadium befindlichen und des-
halb weniger widerstandsfähigen Knochens und bei nicht genügender
Schonung zu erheblichen sekundären, nicht rückbildungsfähigen Ver-
bildungen mit einer gleichzeitigen Verschiebung des Gelenkkontaktes _
(Dysarthrie) gekommen ist und damit zur Entstehung irreparabler
arthritischer Veränderungen. Die klinische Heilung, die im übrigen
eine absolut ideale ist, tritt nach Wochen und Monaten ein; die
anatomische soll sich jedoch erst nach 1—3 Jahren gewöhnlich
ohne grobe Veränderungen vollzogen haben. Die
funktionellen
Störungen sind demnach schon längst behoben, bevor der Knochen -
im Röntgenogramm ein annähernd normales Bild ergibt.
| Das Leiden tritt meist einseitig auf, doch ist es nicht allzu
selten doppelseitig und wird, wie schon erwähnt, kombiniert mit
ähnlichen Veräuderungen an anderen epi- und apophysären Skelett-
abschnitten beobachtet.
Die Therapie ergibt sich aus den subjektiven Beschwerden;
‚sind die Schmerzen sehr stark und der Gang dadurch sehr be-
hindert, dann erscheint Ruhe und Schonung geboten. Spätere
medikomechanische Maßnahmen, Heißluft, Massage u. a. können
von Fall zu Fall von Nutzen sein. Der Erhaltung des Fuß-
erforderlich.
besprochenen Krankheitsbildern; auch hier braucht
der Affektion nicht immer ein Trauma oder sonst ein
untersuchte Köpichen. ergab kallusartiges: Gewebe,
fibrillärem. Bindegewebe, osteoidem Gewebe, Faser
. gewölbes muß besondere Beachtung geschenkt werden. In vielen
Fällen ist wiederum eine besondere Therapie überhaupt nicht
Weiterhin hat Köhler neben Fromme über eigenartige Ver-
änderungen amKöpfichen des Metatarsus II berichtet, die ebenfalls
Jugendliche besonders im Alter von 10—16 Jahren befällt. Köhler
nimmt zwar eine primäre Erkrankung der Diaphyse an, durch deren
Verlängerung die Epiphyse distalwärts verschoben und eingedrückt
würde; wir indessen sind der Ansicht, daß bezüglich Entstehung,
Ursache und Verlauf auch hier das gleiche gilt wie bei den schon
dem Ausbruch
e nachweisbare
Ursache vorauszugehen. Prädisponierend für die Entstehung des
Prozesses soll das Einsinken des Fußgewölbes sein, also die Platt-
fußbildung mit. der hierdurch bedingten mangelhaften Federung und
Elastizität. Der Beginn ist ein langsamer und schleichender; es
stellen sich Schmerzen in dem befallenen Knochenabschnitt bzw. in
dem zugehörigen Metatarsophalangealgelenke ein, das auch im Ver-
gleich zur gesunden Seite etwas geschwollen erscheint und bei
Druck, besonders von der Fußsohle aus, empfindlich ist
tritt noch ein leichtes Schonungshinken hinzu. Die Beweglichkeit
im Zehengrundgelenk ist für gewöhnlich nur wenig beeinträchtigt.
Das von Fromme durch Exartikulation gewonnene und hi
; später
stologisch
bestehend aus
5 und Hyalin-
norm en
mer
`
e.. -107e -S
= er bei einem 18jährigen | -5 N )
der Menses beobachtete. Diese Blutungen traten bisweilen selbständig
auf, teils waren sie mit einer schwachen Menstrualblutung vergesell-.
tin |
| Haa und Augenaffektionen,
4
96... 1926 - MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.27.
oÅ. :
©’ N
is
"Knorpel und in dem von Liek 'operierten Fall fanden sich nekro- | `
tische Knochenbezirke und Zeichen einer unregelmäßigen Ossifikation,
also Befunde, ‚wie sie uns auch von der: Osteochondritis coxae und'
Abbildung 8.
her bekannt sind. ‘Ebenso weist auch das
. .Röntgenbild (s: Abb.8) ein’ großes Maß von
. Osteochondritis coxae auf. . So erscheint das
\ Köpfchen verkürzt: und’ verbreitert, gleichsam _
\ zusammengedrückt und abgeplattet, zuweilen
- auch ist die Kopfkappe, bzw. der: Kopfkern
- waschen und verschwunden, die Strahlendurch-
| lässigkeit ist eine ungleichmäßige; neben kalk-
-ärmeren Stellen sehen wir strahlenundurch-
für gewöhnlich verbreitert, die Diaphyse_ er-
. scheint aufgetrieben, plumper als normal.
© rechnen.
| und der Medizinischen Universitätsklinik
_ (Vorstand:. Hofrat Prof. Dr. H. Lorenz) in Graz.
-C Bin Fall von menstrualer Urticaria haemorrhagica
. mit Berücksichtigung des Blutbildes.
ir dns DS Nonn ehe
x = Dr. J. Weitgasser, `
` Assistent der Dermatologischen Klinik.
| ‘Dr: K. Cafasso, |
Assistent der Medizinischen, Klinik.
Ä Pathologische Veränderungen, welche im weiblichen Orga- .
= nismus zur Zeit der Menses außerhalb der Genitalsphäre in regel-
mäßiger Wiederkehr auftreten, haben seit jeher die Aufmerksamkeit
der Kliniker auf sich gelenkt, wobei im Vordergrunde des Interesses
immer die Frage stand, inwieweit. derartige Veränderungen als die
' physiologische Menstrualblutung vikariierende, bzw. komplemen-
tierende Vorgänge aufgefaßt werden können. Am häufigsten fanden
wohl Blutungen extragenitaler Lokalisation Erwähnung, welche ent-
. weder an Stelle, oder neben der genitalen Blutung auftraten.
So beschreibt Hauptmann (1) Blutungen aus. den Lippen, die
Mädchen durch 4—5: Monate jedesmal zur Zeit
schaftet. Die Erscheinung wurde bei dieser Patientin zuerst im 14: Lebens-
jahre bemerkt; als Vorboten der Lippenblutung soll sie Stechen und :
Ziehen in den Lippen verspürt haben. Kober (2) sah einen Fall von
‘+ yikariierender Blutung aus den Lungen bei einem 18jährigen Mädchen,
bei dem bis dahin kein Anhaltspunkt für Tuberkulose. bestanden hatte.
Diese vikariierenden Menses traten dreimal ein, hörten jedesmal mit
Übelkeit im Magen auf und waren aber dennoch die Vorboten einer
_ Lungenphthise, die in wenigen Monaten zum Tode führte.
Sabourin (8) weist darauf hin, daß. bei von vornherein tuberkulösen:
Frauen Hämoptysen mit Vorliebe zur Regelzeit auftreten und zwar in
der Weise, daß sie mit dem Eintritt der Regel aufhören. Pulver-
macher (4) beschreibt 3 Fälle vikariierender Blutungen, und zwar
einen Fall menstrueller Blutung. aus einer Kotfistel und 2 Fälle von
Mammablutungen. Hirschberg (5) erwähnt Mammablutungen, die er
bei einer Patientin durch 10 Jahre "hindurch als Begleiterscheinung
‚Graviditäten jedesmal mit der. Regel aufhörten. Erst nach der dritten
Gravidität, bei welcher das Kind ausgetragen wurde, hörten die Mamma-
blutungen ohne erkennbare Veranlassung gänzlich auf. Hirschberg:
erwähnt ferner andere Autoren, welche derartige, die Regel ergänzende
"Blutungen aus anderen Organen bzw. Schleimhäuten beschrieben. ‘So
sah Baumgarten periodische Blutungen aus den Luftwegen, Bün-
Hämaturie und Bronchialblutung, Chrobak und Rosthorn
und Tschigiti Blutungen aus der Harnblase, Piganeau und Runge
vikariierende .Retinitis haemorrhagica, Jaworski und Schechner
Hautblutungen, Greig und Kynoch beschreiben einen Fall, der aus
einer alten Kieferdrüsenabszeßfistel periodisch blutete und demnach
- dem oben erwähnten Falle Pulvermachers an die Seite zu stellen
wäre. Eine rein vikariierende Menstruation ist nach Hirschberg
selten; zumeist verhält es sich so, daß eine genitale mit einer extra-
genitalen Menstruation abwechselt. Bestehen beide Blutungsformen
nebeneinander, so ist der von den Franzosen ge ER Ausdruck der
„komplementären“ Menstruation berechtigt, der allerdings von anderer
d
.der Köhlerschen Erkrankung des Kahnbeines |.
Übereinstimmung ' mit: dem. Skiagramm der |
\ unregelmäßig fragmentiert, die Struktur ist ver- i
lässige Herde und Flecke. Der Gelenkspalt ist
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus derDermatol. Universitätsklinik (Vorstand: Prof.Dr. Matz enauer) |
. auch nicht mehr an Berichten andererKliniker.
‘berichtet Stiller (11) über 3 Fälle von Menstrualexanthem, von denen _
der eine das Bild des Erythema exsudativum multiforme, der zweite
Auch:
Anlehnun
acht Nasenblutungen, Cuturi.
Ähnliche Veränderungen an den übrigen ‘Metatarsalknochen,
speziell 3 und 4 sind zwar beobachtet, kommen doch weit seltener
vor als beim: Metatarsus lI, `
Von weiteren doch
ungleich selteneren. hierzu gehörigen
'Knochenentwicklungsstörungen sind noch zu nennen die von Calvé -
"beschriebenen Veränderungen am Proc. post. calcanei, die besonders
gerne kurz vor der definitiven Verknöcherung der Kalkaneusepiphyse,
also etwa im 18. Lebensjahre, auftreten. Auch bezüglich der von
Vuillet an den Epikondylen, von Iselin an der Tuberositas -
metatarsi V erwähnten Veränderungen und beobachteten Anomalien .
. wird von manchen Autoren auf die Ähnlichikeit der-Pathogenese und
die Identität der pathologisch-anatomischen Grundlage hingewiesen.
‚Ebenso sollen die von Kappis selbst zwar als traumatische Ab-
sprengungen: gedeuteten Veränderungen am Capitulum radii, die —
. Abweichungen am Olekranon, am Talus und am Becken, die wir auch
als sogenannte inkonstante Epiphysen in der Literatur bezeichnet. :
finden; analoge Prozesse darstellen, und schließlich sollen auch noch. `
- | die Ostitis. navicularis carpi (Preiser), die Lunatumosteo- `
Der Verlauf ist günstig, für gewöhnlich
ist mit einer folgenfreien Ausheilung zu | ja selbst die Kümmellsche Spondylarthritis.der gleichen Gruppe
malazie (Kienböck), die Kyphosis dorsalis (Lehrlingskyphöse),
von Erkrankungen bzw. Ossifikationsstörungen beizuzählen sein. _
Seite abgelehnt wird, so von Sipp el (6). Roth (T) hat bei einer bis. =
ad 225 Fälle umfassenden Literaturüber-
-sicht folgende Reihenfolge von Organen bezüglich der Häufigkeit vika-
vor 1870 zurückreichenden und
riierender Blutungen angegeben: Nase, Fisteln, Haut, Lungen, Brust,
n,.
Mund, Rachen, Magen, Blase, Ohr, aigoa Daro eh ol Niere, Scheide.
enses zu‘
| tun, so beschreiben andere Autoren periodisch wiederkehrende Steige-
Hatten wir: es bisher mit Blutungen an Stelle der
gerung normaler Sekretionen, bzw. das Auftreten pathologischer Sekrete.
U. a. berichtet H. Gillet (8) über eine Beobachtung von Hyperhidrosis
universalis an Stelle der Menstrualblutung. Er will en Oedema
anasarka und ‘Aszites als Ersatz: der Rege
waren es englische Autoren, die das Auftreten einer mit Menstrüal-
störung einhergehenden Schwarzfärbung der Augenlider und Wangen
beobachteten, di
von Hebra (9) über den Zusammenhang. vieler Exantheme (Urtikaria,
' Ekzem, Seborrhoe, Erythem) mit der Menstrualblutung. :War nun einmal
die Aufmerksamkeit auf diese Erscheinungen gelenkt, so fehlte es später
Neben Neumann(10) u.a.
das subkutaner Ekchymosen zeigte und der dritte sich als Akne dar-
stellte. Ferner berichtet Dobbert (12) über 2 Fälle von zur Regel-
zeit sich einstellender Purpura haemorrhagica. Lingen (13) berichtet _
über ein 1i6jähriges Mädchen, das seit einem Jahre 1—2 Tage nach
dem Auftreten der Menses auf: der Streökseite der Extremitäten und
im Gesicht hellrote, erhabene, juckende Flecken bekam. Die ausführ-
lichste. Übersicht über die ältere Literatur bringt wohl Opel (14) im
Jahre 1891. Von neueren Autoren bringt Schechner.(15) einen Fall
von vikariierender Menstrualblutung unter dem Bilde des Morbus macu-
losus Werlhofii, Mann (16) einen solchen, welchen er zuerst mit einem
| e - luetischen Exanth "wechselt hatte. Zieler (17) führt im Jahre 1910
einer normalen Regelblutung auftreten sah und: die während dreier | uetischen Exanthem verwechselt hatte. Zieler (17) führt im e
einen Fall von Exanthema menstruale angioneuroticum an; das Erythem
fand sich .bei einer 49jährigen Frau immer kurz vor Eintreten der
Periode in symmetrischer Weise über den Körper verteilt. Matzenauer
‚ und Polland (18) beschreiben im Jahre 1912 ein eigenes zur Regelzeit
auftretendes Krankheitsbild, das sie Dermatitis dysmenorrhoica nannten
únd. bei dem es sich um oberflächliche Gangrän der Haut handelt. In
| an dieses Krankheitsbild wollen wir hier mit Rücksicht auf
unseren Fall auch auf den Fall Binders (19) von chronischer Haut-
blutung bei einem Manne hinweisen, wobei als ätiologisches Moment _
eine :nervöse Veranlagung angesprochen wird. Es handelt sich hier
um einen ausgesprochenen Hysteriker, bei dem während einer langen
ne any ohne irgendwelche äußere Ursachen an den Beinen
immer wieder neue Blutungen, mehrmals auch mit Nasenbluten ver-
gesellschaftet, auftraten. Ä er
D
Als ein weiterer Beitrag zum Kapitel der Menstrualexantheme
erschien auch uns ein Fall erwähnenswert, der im März 1923 in der
‚Ambulanz der Dermatologischen Klinik von uns beobachtet wurde. -
und sich als Urticaria haemorrhagiea darstellte, f
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beobachtet haben. Prof.
Lorenz sah vor einiger Zeit ein 19jähriges Mädchen, bei dem Amal,
und zwar immer 4 Tage vor der sonst normalen Periode, eine Sekretion -
aus den Brustdrüsen auftrat, welche am ersten Tage der Menses ver-
'schwand.. Auch in der medizinischen Ambulanz kam ein ähnlicher Fall
zur Beobachtung. Me
_ Relativ selten finden wir in der Literatur Hautveränderungen .
während der Menstrualzeit erwähnt. Vor dem Jahre 1855 war fast
nichts von einem Menstrualexanthem bekannt, um diese Zeit jedoch
e sie einer abnormen Hauttalgbildung zuschrieben und
_ Stearrhoea nigricans nannten. Zu gleicher: Zeit erschienen Publikationen
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kräftige ohe Btatos erzibt Tol auf, ese Zeit traten die | bild: g: Sahli 105°, Er: ingetretener Bee 55- ii
Fans alas, bsi entwickelter Nluskl ARE De rn Bin Don Lankoeyun 9000. Bi le
Pa t> Am-Gesich esıc ıtsfarbe Wag. ıskulatur mit on von 'erinnung m, 10) Übaroansstı l eosino hile en 9300. Blut- ER
t fällt ein ti laß, sichtb ; entsprechend. nungszeit 5 Min. gangsforme ophile Leukozyten’ u El
Reflexe d illt ein tikartie are Schleimhä em Min.“ en 1,8 ozyten a
hant eins her die no I Dee \ ar ni Auttrten desselben. Am ae Thrombozyien 73300 al
enses ds norme Se yE genlider auf. | Zrythr ben. Am 12 pm am 12. Mai i Y `g Beat
ag ‚au landen Hynen 140 n m pi Riya Boeci (außerhalb o ylen 56 000, on "Blututermuehung: 5 neuerliches A :
| sonderes. Im Uri n und etwas ] FR domen o. B rhalb der | ymphoz o eosinophile Leuko: ‘18600. Blutbild: : Sahli 100%, ia
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x... mber bis e Hauferscheinungen b o aa oe Een Sl nio ne ge
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Be schwind , gelb zu‘ llenden Farb Jigen Lösung ‚wöchentlich eine , aufgegeben un ‚noch `
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re schiedene Z aglca, nd. zwar elt sich also hi —4 Tagen i at. 10 Lösung ve y ar lact. ‚und dan on von 10 ccm eine
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> sich nicht ei e benennt an mit di e Urti- | Schü jektionen af D m Ganzen wu ' Cale. lact. ı
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j < usten en a 3 Tage Se = als die früher 8 T: bemerkens- AT Leukozyten 1100 ae une Sakhli 950 Be hi
l Anden nden war ährte und mit viel ger age dauernde Üb ınige 0,9°/,; eosi utbild: Neutr. ahli, 950] |
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Pn tutun eobachtet eintrat. Im y eine völlige lu KOIOS on298 kei zyten 470200 o Lymphozyt 0/0,
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i. ohi allgemeiner Er! rualblutung verknü treten der + | genden j. Thrombozyte rsuchung.. Es besi E 12 Ain,
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2 e EEE an sog gorn 38 4 n.
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i ie auch in ihrem A beizubringende sc Blutung. und m. eine BR ee in ‘deutliche Bes $
i” an cht störe ; enzen, die, w | tritt da | e en dte sich . se "Besserung 2
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B en C aefe e nach mit ° n müssen. Wir Gh des. Na : er ab, um = ane auf L. f Nove al u He), viy
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| > dami rgan anstatt un, ‚der daru iierenden Menstmation: wobei die Ei s neuerdings mit ] ember -früh n gt erst bi VRAE ES n
p ENT t auftr att der ausblei arunter eine Bl struation 16 Effloresze © | mit besonder | ‚nach B s: 18 eg
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| | d'| zwar täglich,2 Tab 4 Beginn mi Kr; jo Übergangsformen. er
| SL abletten, später mit Schilddrü Rz)
. Date 3 Sp er ab i F b Br senther e : er
Ä | k | Zu | Da A täglich 3 Tal, und. a,
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OGIE BER as
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‘ Schilddrüsentherapie wurde bis Ende Februar fortgesetzt und behob,
abgesehen von den 2 erwähnten Schüben im Januar, das Exanthem
: Gewichtsabnahme war während der Schilddrüsentherapie nicht
achten ist; unsere auch außerhalb der Menstruation gelundenen
Unterschied in der Wirkung feststellen.
sondern sogar eine Exazerbation des Exanthenis zur Folge hatte.
' Agens erblickten,. wäre bei beiden anderen Therapeuticis immer-
. bestehen.
Dienste, dafür, daß neben äußerlichen, schädigenden Momenten
` unter Berücksichtigung des Falles Binder für die Beurteilung auch
m i924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.27.
6. Jali
S E a aaaea aa a n a e a
~
Jodthyreoglobulin (1 Tablette entsprechend 0,50 g frischer Drüse).
Diese Therapie versuchten wir einerseits, um ein weiteres, inner-
sekretorisch wirksames Organpräparat zur Anwendung zu bringen,
andererseits deshalb, weil wir mit diesem bereits bei einem anderen,
gewöhnlichen Falle von Urtikaria gute Erfolge hatten. Die mit
Ende Januar einsetzende Regel dauerte um 2 Tage länger und war '
mit starker Blutung verbunden. Gleichlaufend stellten sich während
dieser Zeit nur 2mal kleinste Schübe des Exanthems ein. Die
vollständig. Erst bei der gegen Mitte März eintretenden Regel
stellte sich, nachdem die Thyreoideatherapie durch 2 Wochen
ausgesetzt worden war, ein neuerlicher schwacher Schub ein. Eine
zu konstatieren, ebenso auch keinerlei Störung des Allgemein-
befindens. | Ä i
Bei der Beurteilung der ermittelten Blutbefunde ergibt sich,
daß, abgesehen von einer einmal feststellbaren Eosinophilie von 8,1°/0,
weder das qualitative, noch das quantitative weiße und rote Blutbild
pathologische Veränderungen zeigen, ebenso hält sich die Gerinnungs-
zeit immer in normalen Grenzen. Nur die Thrombozyten weisen er-
hebliche Schwankungen auf und halten sich im allgemeinen in Zeiten,
wo das Exanthem häufig und intensiv auftritt, auf wesentlich ge-
ringerer Höhe, als dann, wenn der Zustand durch längere Zeit ein
besserer ist. Pfeiffer und Hoff (21) weisen. zwar nach, daß bei
gesunden Menstruierenden am ersten Blutungstage ein Sturz der
Thrombozyten auf die Hälfte bis ein Fünftel der Norm zu beob-
niedrigen Werte (bis 38000) dürften jedoch auf den purpnraartigen
Zustand zu beziehen sein. Wir fassen in diesem Sinne die spätere
Erhöhung der Thrombozytenzahl als ein die Besserung der
Hauterscheinungen begleitendes Symptom auf, ‚welches uns frei-
lich in bezug auf den Gesamtzustand keine ätiologische Auf-
klärung .gibt. er y
= Da von verschiedenen Autoren, so von Rühl (22) u. a., im
Blute kreisende Menstrualgifte als Ursache für die Entstehung der
menstruellen Exantheme angesprochen werden, injizierten wir venöses
Blut der Patientin, während und außerhalb der Menses entnommen,
weißen Mäusen in der Menge von 2,0 ccm, konnten-jedoch keinerlei
Da nun weder das Blutbild noch die grobe Prüfung der
toxischen Wirkung des Blutes am Tiere eine befriedigende ätiolo-
gische Aufklärung zu geben vermochte, suchten wir an der Hand
der eingeschlagenen Therapie zu einem Urteil zu gelangen. Wir
fanden, daß Ovarialextrakt nicht nur keinen Erfolg herbeiführte,
Eine wesentliche Besserung brachte hingegen einerseits die Kalzium-,
andererseits die Schilddrüsentherapie. Während wir im Kalzium
ein lediglich symptomatisch im Sinne der Gefäßdichtung wirkendes
hin an tieferliegende, inkretorische Momente zu denken, um so
mehr, als ja engste Beziehungen zwischen Ovar und Thyreoidea
Wir glauben nun, den Fall als eine vikariierende Menstruation
unter dem Bilde der Urticaria haemorrhagica auflassen zu können,
ohne jedoch imstande zu sein, sichere ätiologische Momente dafür
anzuführen. Während Erfolg und Mißerfolg der Therapie auf inner-
sekretorische Störungen hinweisen, spricht in der Anamnese außer-
dem vieles, so der Beginn der Erkrankung bei vollständigem Milieu-
wechsel, der Eintritt des Ausschlages nach beendigtem anstrengenden
eine nervöse Komponente mit in Betracht zu ziehen ist,
Literatur: 1. Hauptmann, M.m.W, 1909, Nr.4l. — 2% Kover, B.k].W,
1895, Nr. 2. — 8. Sabourin, Rev. de méd. März 1905. — 4. Pulvermacher, Zbl.
f. Gyn. Nr.85. — 5. Hirschberg, Ebenda Nr. 26 u. 27. — 6. Sippel, M.m.W. 1921, `
Nr. 52. — 7. Roth, Mschr. f. Geb..u. Gya. Bà. 51, H. 1. — 8. H. Gillet, Annales də
la polielin. de Paris 1892, Nr. 2, — 9. Hebra, zit. B.kl.W. 1877, Nr. 17. — 10. Neu-
mann, zit. Ebenda 1877, Nr.17.— 11. Stiller, Ebenda 1877, Nr. 17. — 12.Dobbert,
Derm.Wschr. 1896, 22, S.812. — 18. Lingen, St. Petersb.m.Wschr. 1895, Nr. 60. —
14. Opel, Derm.Zschr. 1891, 16, H.2. — 15. Schechner, W.kl.thber.W. 1906. —
16, Mann, W.m.W. 1807, Nr. 44. — 17. Ziegler, Derm. Wschr. 1910, S. 467. —
18. Matzenauer u.Polland, Arch. f. Derm, u. Sypb. 1912, Bd. 111. — 19. Binder,
D.m.W. 1910, Nr. 12. — 20. Schaefer, Vierteljabrsschr. f. ger. Med. Bd. 19, 1. —
21. Pfeiffer u. Hoff, Zbl.. f. Gyn. 1922, Nr. 43 u.44. —. 2. Ruehl, Derm. Wschr.
1912, 54, Nr. 20.
=> Š R ' l }
Reargon in- der Rhinologie.*)
Von Doz. Dr. R. Imhofer, Prag.
Wenn ich Ihre Aufmerksamkeit auf ein neues Mittel zur Be-
handlung subakuter und chronischer Rhinitiden lenke, so geschieht
dies nicht, weil wieder ein neues Mittel zur Gonorrhoebehandlung
aufgetaucht ist, und dem gewöhnlichen Laufe der Dinge folgend
von der Rhinologie übernommen werden soll, sondern weil. dieses
Mittel tatsächlich ‘denjenigen Indikationen Genüge leistet, welche für
. den Rhinologen bei der Therapie der chronischen Rhinitis, ein Ge-
biet, das an der Klinik. weniger, in der Privatpraxis dagegen umso
größeres Interesse hat, maßgebend sind. Seit jeher hat die Rhino-
logie alle jene Mittel übernommen, welche für die Gonorrhoebehand-
lung in Gebrauch standen oder neu eingeführt worden sind; das
Arg. nitricum,. das Protargol, das Kollargol, schließlich das Choleval
(Mayer, Wien). Eigentlich ist diese Nachahmung der Venerologie
ziemlich unbegründet, denn die therapeutischen Grundlagen bei
Rhinitis haben mit denen bei Gonorrhoe recht wenig Berührungs-
punkte. ee? |
Momente, die für die Behandlung der chronischen Rhinitis in Be-
tracht kommen, herauszuheben, wobei ich als selbstverständlich
eiterungen vorher ausgeschlossen wurden. P
Die Ursachen der chronischen 'Rhinitis sind in erster Linie
wiederholte akute Rhinitiden, die durch ein raumbeengendes und
den Sekretabfluß behinderndes Moment (Septumleisten und Devia-
tionen), wobei auch die in therapeutischer Hinsicht sehr wichtige
‘freie Luftpassage beeinträchtigt erscheint, nicht zur vollständigen
Restitution kommen. Il. konstitutionelle Momente. Seltener auf der
. Klinik, umso häufiger in der privaten Praxis, wird man auf Fälle
stoßen, wo solche raumbeengende Momente nicht vorliegen oder
schon beseitigt sind, die Rhinitis aber fortbesteht und den Kranken
überaus lästig fällt. Und dies sind eben jene Fälle, die zur Gruppe
zwei hinüberleiten. Hier sind es vor allem zwei Typen, die zu
berücksichtigen wären, nämlich a) die exsudative Diathese, wobei
es sich allerdings meist; um akute Rhinitiden handelt, b) die Skro-
fulose — exsudative Diathese mit tuberkulöser Komponente. Diese
Art von Rhinitiden begegnet uns aber — und dies scheint nicht
genügend bekannt zu sein — noch weit jenseits des Kindesalters!).
. Es sind dies jene blassen anämischen Individuen — meist Mädchen —,
die eine fortwährende schleimig-eitrige Rhinitis haben, die Nase ist
dabei ebenfalls verlegt, die Schleimhaut auffallend blaß. Und wenn
man genau nachforscht, werden in der Anamnese Phlyktänen, Lid-
randekzeme, Ekzeme des Naseneinganges nicht: fehlen; alle diese
Manifestationen der Skrofulose sind längst abgelaufen, nur die
Rhinitis ist geblieben, manchmal auch die Lidrandekzeme. |
` Das Gegenstück hierzu bilden die Arthritiker, meist unter
setzte, vollblütige Individuen, bei denen sich die Beschwerden
durch Verstopfung der Nase, in zweiter Linie durch reichliche Se-
kretion manifestieren, wobei aber die Erscheinungen stark in ihrer
Intensität wechseln. Man kann einen solchen Patienten 2—3 mal
untersuchen, ohne einen positiven Befund zu erhalten, und dann
sieht man ihn einmal zufällig auf der Höhe des Anfalles mit düster-
roter, stark geschwellter Schleimhaut und reichlicher Absonderung.
| Beiden Typen gemeinsam sind aber die Mißerfolge operativer
Therapie. Man kann hier die technisch gelungensten Septum-
resektionen machen, an Hypertrophien abtragen, was nur immer
erreichbar ist, die Beschwerden bleiben bestehen,. höchstens daß
der Nase zu Borken. eintrocknet, was für den Kranken fast ebenso
unangenehm ist, wie der frühere Zustand.
Bleibt noch die große Gruppe der Rhinitis vasomotoria, jener
Form, bei der es zu rein wässeriger Absonderung anfallsweise
kommt, verbunden mit Nießkrämpfen, Tränenträufeln, und Kopi-
schmerzen neuralgischer Art. Man steht heute auf dem Stand-
punkte, daß es sich bei diesen Formen um Idiosynkrasien gegen-
über bestimmten Erregern — die aber nicht Mikroorganismen sein
müssen — handelt; bei der reinsten Form, dem Heufieber, kennen.
wir den Erregerstoff (Pollen), bei den andern Formen der vaso-
motorischen Rhinitis können wir ihn manchmal feststellen, z. B.
bestimmte Nahrungsmittel, Geruchseinwirkungen (Stall-, Eisenbahn-
= *) Vorgetragen in der Sitzung der Gesellschaft deutscher Ohren-,
Nasen-, Kehlkopfärzte der tschechoslovak. Republik am 4. Mai 1924.
1) Vgl. meine Publikation: Anämie und Singstimme. Die Stimme,
Jg. I, S. 321. |
Gestatten Sie mir in Kürze einige klinische und ätiologische |
voraussetze, daß es sich wirklich um eine solche handelt, also Herd-
bei allzu radikalem Vorgehen das Sekret infolge abnormer Weite
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_ deckern des Reargons, mir:vor Augen gehalten und sogleich mit
: Versuchen mit. diesem Mittel bei Rhinitis chronica begonnen: der-
zeit (bis. zum Abschlusse dieses- Artikels) verfüge ich. über 40 Fälle,
wovon 11 Sänger waren. 90 Hin R
Ich halte es für überflüssig, über diese Fälle einzeln zu berichten,
sondern möchte zusammenfassend das hervorheben, ` was meine. Be-
obachtungen ergeben. u a |
N a) Vor allem ist.die absolute Reizlosigkeit des Reargons hervor- iti
zuheben. Weder: bei ‘der Applikation selbst: wird der Patient durch EI
‘das Mittel irgendwie belästigt:noch auch treten nachher unangenehme
Reaktionserscheinungen auf, wie ich.sie im Vorangehenden geschildert
habe. Dies gilt speziell für Kinder, bei denen ich das Reargon sehr
oft: verwendet habe. Dieser: Vorteil macht ‚sich. besonders: in der
Sängerpraxis geltend: Ich habe 1904 gegenüber Alexander, welcher
. das Protargol bei Sängern bei leichten :katärrhalischen Erscheinungen
‚und damit verbundener Indisposition empfahl und meinte, daß
kurze. Zeit nach Applikation dieses Mittels gesungen werden: könne, AN
«hervorgehoben, . daß auch bei diesem eine vorübergehende reaktive -
bakterizide Wirkung der dem dermatologischen Arzneischatze.ent- | Steigerung der Erscheinungen. stets zu beobachten ist, und daß ich
"o lehnten Mittel vollständig nebensächlich sein, und: die Rhinitis mit | auch -bier eine längere Pause zwischen Applikation: des Mittels und
<. Anlisepfieis zu behandeln erscheint direkt widersinnig. Bleibt also Singen eingehalten ‚sehen möchte: Beim .Reargon dber würde ich
. zur.die ätzende oder adstringierende Komponente, welch .erstere mich eher dazu entschließen, dem Sänger, wenn sonst kein Hindernis
` aber nur dann zur Geltung gelangen kann, wenn wir die Konzen: |. vorhanden ist, kurze Zeit-nach Applikation. des Mittels das Singen
2° “tation des Mittels bei Anwendung in der Nase bedeutend steigern, |; zu gestatten, da. weder subjektiv noch objektiv. von ‚einer Reaktion
‚also bei Lapis mindestens auf 5%), und dementsprechende Prozent- | etwas wahrnehmbar ist, 7% ae a
“zahlen für Protargol und Choleval usw. - nee
- "x Hier aber ergibt sich ein Nachteil, dem viel zu wenig Be-
achtung geschenkt wird, nämlich der der Reizwirkung. Jeder. der ein-
mal passiv mit der Lapisbehandlung der Nasenschleimhaut Bekannt-
-shalt gemacht hat, wird wissen, daß die subjektiven Beschwerden
-bei derselben nicht gering sind. Das Brennen, die vermehrte Se- |
- kretion führt, ganz abgesehen von den subjektiven Unannehmlich-
‘keiten und Behinderung der gewohnten Tätigkeit, dazu, daß unauf-
0» _ „ hörlieh geschnaubt, genießt wird, wodurch wieder eine vermehrte. |
`. - Hyperämie entsteht, welche einen guten Teil des erzielten Effektes
‚ paralysiert. Gewiß kann man diesen Beschwerden bis zu einem.
gewissen Grade durch vorhergehende Kokainisierung der Schleimhaut
begegnen (ich wende nie Lapis über 5°/, ohne eine. solche an),
‚iber die Kokainwirkung hört viel früher auf als die Reaktion, so
= „daß man damit nur teilweise über die Unannehmlichkeiten hinweg-
‚kommt. Ganz besonders gilt dies für Kinder, welche auf Reize,
. ¿die den Trigeminus treffen, manchmal in: ganz ungewöhnlichem
o Mabe reagieren. So z. B. hat das Menthol bei Kindern :von. der
Nase aus zu direkt bedrohlichen. Erscheinungen geführt; ich habe-
~- Sbst einen Fall gesehen, wo es zu eklampsieartigen Erscheinungen
20° „älwerster Art gekommen war, die fast eine Stunde lang anhielten; |
dab es sich hier nicht um ein zufälliges Zusammentreffen handelte,
` gt eine nicht lange nachher erschienene Mitteilung von Le-
© > -< Toux’). Ich habe seither das Menthol in der Kinderpraxis ganz
`>. ` y Aulgegeben. | Se
-~ Adstringentia wie Alaun und seine Derivate (Alsol, Lenizet usw.)
| -Tannin u. dgl. werden ebenfalls von der Nasenschleimhaut sehr schlecht
`. vertragen und schädigen bisweilen das Geruchsvermögen bleibend, |
„= % daß man sie höchstens in Salbenform (Olminal) anwenden kann,
dann ihre Wirkung kaum über. das Vestibulum nasi hinaus geht.
© <> Aber auch sonst ist die Reizwirkung aller Kaustika und Ad-
=. Mringentia selbst in schwächerer Konzentration eine Beigabe, die den : RER
... therapeutischen Indikationen direkt zuwiderläuft. lch brauche nur | ‚on meinen len waren © y | | an
‚darauf hinzuweisen, daß einzelne Laryngologen; z. B. die Frankfurter | kollegen mit den anderen üblichen Mitteln behandelt worden. Dreimal SEN.
' Schule (Spiess, Avellis) Rhinitiden mit Anästhetieis — Anästhesin, |. war die Lapisbehandlung vollkommen. erfolglos geblieben, während
_ Rhinoculin — behandeln. Hier ist nun eigentlich der Punkt, von das Reargon die Beschwerden prompt beseitigte. Unter diesen befindet
dem aus mein Interesse für das neu eingeführte Mittel Reargon aus- : sich ein Fall von typischer Rhinitis vasomotoria, bei dem auch. die
ing und in welchem sich dasselbe von all den gegen Gonorrhoe emp- .| sonstige Therapie (Atropin, Kalzium, Pepton) erfolglos geblieben ‚war, Een En
Iohlenen und von der Rhinologie übernommenen Mitteln'unterscheidet. | und. wọ das Reargon, eigentlich das. erste Mittel war, bei ‘dem a;
E Es ist dies die Kombination von Glykosiden mit Silbersalzen. Die Patientin einen positiven Erfolg zugab:. Allerdings trat ein Rückfall
. Glykoside entfalten gleichzeitig eine- antiphlogistische und anästhe- | ein, sowie das Mittel für längere Zeit ‚ausgesetzt wurde.. ° `
| ‚Sterende Wirkung und machen- so Silbersalze, die sonst in einer Bei den restlichen- beiden. Fällen ‚hatten allerdings Lapis und
a Konzentration, die etwa einem Zehntel der in der Rhinologie üblichen ‘| rotargol gewirkt und wurde nur die subjektiv angenehmere Reargon-
2 mtspricht, ‘von der Urethralschleimhaut nicht vertragen werden, . wirkung. von den Patienten anerkannt: <o > =n 000o
Trrendhar Daß diese anästhesierende Wirkung aber für die rhino- |
Rab)
Ä Eine Verwendung des Reargons außerhalb der Rhin
E as Therapie zum mindesten ebenso. wichtig ist, habe ich bereits .
‚ Dach dem ersten Vortrage von Wiechowski-Klausner?), den Ent- :
gerich usw). In vielen Fällen scheint es sich meiner Anschauung.
- naeh um Toxinwirkung von Tuberkelbazillen zu handeln; auch -eine
-esfinmte konstitutionelle Anlage ist hier wohl maßgebend. Aber-
“ "daneben kann eine-Rhinitis vasomotoria ganz gut durch rein mecha-
-"jische Momente bedingt sein; insbesondere. sind es kleine beweg-
“liche Polypen, an der mittleren Muschel sitzend, welche, ohne ein.
Atemhindernis zu bilden, eine Reaktion unter dem typischen Bilde
| : der Rhinitis vasomotoria auslösen, die dann nach Entfernung dieser
-` . Polypen prompt verschwindet. Eu u:
C'a Gehen wir nun zur Therapie über, so ‚möchte ich, um Miß-.
*yerständnissen zu begegnen, gleich betonen, daß auch meiner An-
sicht nach die Herstellung der freien Passage in den: Vordergrund
- -mäteten hat, daß aber, wie schon erwähnt, bei den letztgenannten `
E (kónstitutionell bedingten) Formen Mißerfolge derselben schr häufig
- sind, und daß eben bei diesen Arten chronischer Rhinitis das Be-
=. dürnis einer medikamentösen Lokalbehandlung und ‘damit ent-
S'O sprechenden, wirksamen Mitteln vorhanden ist. | r
4. Da wir den Erreger der Rhinitis nicht kennen, 'so wird. die,
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- “b):Das Reargon wirkt auf die Nasenschleimhaut sonst, so, wie
. die ‚anderen Silbersalze d. h. sekretionsherabsetzend; .da aber hierzu `
“auch eine antiphlogistische Wirkung. kommt, und die entzündlichen Er-.
scheinungen in der Nase hauptsächlich. als Schwellung zutage treten,
‚so beobachtet ‚man. nach Reargon, daß. die. Schleimhaut weniger
sukkulent. und bedeutend: blässer erscheint.
: `€) Das Reargon wirkt etwas langsamer als Lapis ünd Protargol: -
Dies hat insofern.in der Sängerpraxis eine gewisse Bedeutung, als
es hier sehr häufig. vorkommt, daß hier, für die Wiederherstellung
ein bestimmtör: Termin gesetzt wird. In solchen Fällen kann ‚man:
‚sich, wenn die Frist sehr kurz. ist, auf das Reargon nicht verlassen,
sondern muß darauf vorbereitet sein, zu derallerdings unang
Lapisbehandlung überzugehen.- o 00 e je Fo
enehmeren `
= d) Man ‘kann ‘das. Reargon dem. Patienten unbedenklich in - =>- atr
_ dieHandgeben. Ich lasse mit5°/„igerReargonlösung mit Glyzerinzusatz Rabe
getränkte Tampons möglichst weit durch drehende Bewegungen in die
. Nase.hineinschieben, dann wird die Nase von beiden Seiten zusammen- 5
gedrückt damit die Flüssigkeit aus den Tampons 'aùsgepreßt werde und `
das Mittel bis in den Nasenrachenraum gelänge. Die Tampons bleiben
5Minuten in derNase. Bei der vollständigen Reizlosigkeit des Reargons
kann die Applikation ruhig 2—3 mal:im Tage wiederholt werden:
Bemerkt sei, daß das Reargon. sowie die anderen Silberpräparate:
Flecken in die Wäsche macht, die sich aber — allerdings: nur: so-
lange sie ganz frisch sind — durch Auswasehen mit warmem Wasser
|. leicht entfernen lassen. 0.0000. N in
= ©) In der Kinderpraxis scheint sich‘ das ‘Reargon. besonders
für die exsudativen Formen der Rhinitis zu eignen, wobei man rulie
die gleiche'Dosis wie für Erwachsene verwenden 'kann und sie auch
in der gleichen Art appliziert. Nie habe ich irgend welche Reaktions-
erscheinungen, wie ich sie oben erwähnte; ‚beobachtet. Für die auf
skrophulöser Basis beruhenden Rhinitiden der Kinder scheint mir
das Reargon weniger geeignet zu- sein. . EOT a o Ae
Von meinen 40 Fällen waren 5 vorher von mir oder Fach-
r . \
ich bisher nicht versucht, da mir geeignete d. h. beweiskeiieis Dune Ka
bisher mangelten., Ich habe nur. bei ‘einem Kinde mit einer- beider- RACHEN
we seitigen, 8.Tage alten und auf beiden Seiten klinisch ganz leleh
‚artigen Otitis auf’ der einen Seite mit Reargon, auf der anderen i
dèr bisher bei‘mir üblichen: Weise mit-Alsol behandelt. :Hier schien
LT 4) Imhofer, Die Kránkheiteń der Singstimme, Berlin 1904. 8.69
md) Loroux,
. „Tome XUE p. 185. E © BR
ah a E.Klausner u. W. Wiechowski, Reargon. Ein neuer \ °g ;
Ar Dilbertherapie bei der ‘Gonorrhoe: Derm. Wschr. Bd. 78. Nr. 1.
Gare au euthöl, Bull. d’Oto-Rhino-Laryngologie. ;
x“ . 8 ae ARE IR,
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` i ` ER B ` i = 5 a
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. einer 1/, °/,igen Lapislösung. Wie mir Prof. Wiechowski mitteilte,
' 50%/,igen ganz befriedigende Resultate erzielen kann, allerdings nur
‚ habe.. Die fast momentane Wirkung, wie sie dem Mittel bei der
die klinischen ‚ und therapeutischen Verhältnisse, sowie auch die
Kriterien der Wirkung ganz. andere sind. Eine Bereicherung der
Welche Urinuntersuchungsmethode ist bei Gonorrhoe
' Methylenblau-Präparat zeigt eine Unmenge von Gonokokken, welche
darauf hingewiesen, daß auch in diesem Falle, wo die 2. Urinportion
die kurze nur etwa 2—4 cm lange Pars posterior, die also vom
Spincter externus bis zum Blasenschließmuskel reicht und den Samen-
930 © © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27. o 6 Juli
mir doch die Sekretion auf der mit Reargon’behandelten Seite etwas
vermehrt und der Prozeß auf der mit Alsol behandelten Seite war
um einige Tage früher abgelaufen, als auf der anderen, die übrigens
auch vollständig zur Ausheilung kam. Ä u
ihr nur den im allgemeinen, abgesehen von der akuten Anterior-
Gonorrhoe, sehr bedingten Wert beilegen, auf den sie der Natur der
Sache nach Anspruch hat. Nehmen wir an, daß bereits eine oder
beide Nieren einen krankhaften oder eitrigen Urin produzieren, so
ist klar, daß die Thompsonsche 2 Gläserprobe versagen muß. Sie
gibt keinen Anhalt dafür, von welcher Stelle aus die pathologische
Harnveränderung stammt, es kann z.B. auch eine Zystitis oder eine
Urethritis totalis vorliegen. Eine weitere Fehlerquelle liegt darin, daß
eine zu geringe Urinmenge vorhanden ist, es ist dann die Urethra
anterior noch nicht rein gespült, sondern enthält noch Eiter, der in
der 2. Portion eine Erkrankung der hinteren Harnröhre vortäuscht,
die nicht vorhanden ist. In der Praxis verhängnisvoll ist die Möglich-
keit, eine Erkrankung der hinteren Harnröhre zu übersehen. Vielfach
sondert nämlich die kranke Urethra posterior wenigstens zeitweise
nur wenig Eiter oder Filamente ab, so daß bereits der erste Urinstoß
sie gleichsam rein fegt und demnach die 2. Urinportion einen gesunden
Eindruck vortäuscht. Die und andere offensichtlichen Mängel sind die
Ursache gewesen für die Einführung anderer Untersuchungsmethoden.
Nach dem Vorgang von Kollmann, sowie von Jadassohn und
. Goldenberg, kann man die Fehlerquellen der Urethritis anterior
ausschließen. Die vordere Harnröhre wird zunächst ausgespült und
zwar so lange, bis das Spülwasser klar abläuft, man hat dann die
. Gewißheit, daß Eiter und Filamente in dem Urin, der sodann pro-
| duziert wird, nicht aus der vorderen Harnröhre stammen können.
Ahnliches bezwecken die Methoden von Kromayer und Lohnstein,
bei denen in die Urethra anterior ein Farbstoff oder ein leicht nach-
weisbares chemisches Reagens eingespritzt wird, wodurch man so-
gleich erkennt, ob Filamente aus der vorderen oder hinteren Harn-
: röhre stammen. |
Von weiteren Methoden sei noch die Luyssche 4 Gläserprobe
erwähnt. Der Patient uriniert in 4 Gläser; wenn im 4. Glase schwere
. dicke Fäden vorhanden sind, so soll es sich um eine Urethritis
posterior handeln. Alle diese Methoden, deren Gläserzahl man übrigens
dadurch, daß man das Spülwasser in mehrere oder weniger Gläser
verteilt, variieren kann, haben alle den prinzipiellen Nachteil, daß
eine Erkrankung der hinteren Harnröhre von der Erkrankung der
Blase und Niere nicht mit Sicherheit abgegrenzt werden kann, gerade
diese Unterscheidung ist aber in der Praxis oft von 'der allergrößten
Bedeutung. Glücklicherweise gibt es eine Methode, welche die Ent-
scheidung leicht und bequem zu erbringen gestattet, und die ich
auch sonst für die weitaus empfehlenswerteste aller Methoden halte,
hierauf habe ich schon früher hingewiesen. Ich würde das Eindringen
dieser Methode auch in die allgemeine Praxis für einen bedeutenden
Fortschritt halten, deshalb soll im folgenden die Wolbarstsche
Katheterprobe 1—6 mit 5.Gläsern ausführlich geschildert werden.
Zunächst ist es klar, daß zu jeder ausführlichen Untersuchung eine
Palpation, und, falls es nicht eine akute Entzündung verbietet, auch
Expression der Prostata gehört. Ferner ist es nötig, eine Sonde oder
einen Katheter einzuführen, um festzustellen, ob Verengerungen oder
Strikturen vorliegen. Die Wolbarstsche Probe enthält diese Unter-
suchungen in sich. Wenn man die für diese beiden Untersuchungen
nötige Zeit abzieht, so erfordert die Probe einen so geringen Zeit-
aufwand,. daß sie auch der Praktiker in der Sprechstunde bequem
ausführen kann. Die Probe ist sehr einfach, sie läßt sich wesentlich
leichter ausführen als beschreiben. |
Dem Pat., welcher mehrere Stunden, am besten die Nacht
hindurch, nicht uriniert hat, wird zunächst die vordere Harnröhre
ausgespült. Man verwendet 1 bis 2°/,ige Borsäurelösung, die Lösung
soll kühl sein, denn eine körperwarme Lösung überwindet zu leicht
den Widerstand des Sphincter externus. Die Spülung kann bequem
‘ mit Hilfe des Irrigators geschehen, ev. mit Janetschem Rücklaufspüler,
| doch kann man auch eine große Spritze oder ein weiches Katheter
verwenden; man muß sich natürlich sehr hüten, damit hinter den
Schließmuskel zu gelangen. Wie immer man die Spülung auch aus-
führen mag, in jedem Falle muß die vordere Harnröhre auch wirklich
von allen Exkreten befreit werden. Es ist zu empfehlen, die vordere
Harnröhre während der Spülung lang zu ziehen, den Wasserstrahl
bald von der einen, bald von der anderen Seite eintreten zu lassen,
auch ist es gut, während die Spülflüssigkeit sich in der Harnröhre
befindet, diese leicht zu drücken. Man sammelt nun das abfließende
Spülwasser im Glase 1, häufig ist dessen Inhalt ganz getrübt, mit
dicken, schweren Filamenten durchsetzt, man nimmt dann ein 2. Glas
für den Rest der Spülung und überzeugt sich in jedem Falle, daß
das Spülwasser klar abläuft. In vielen Fällen enthält die ‘vordere
Harnröhre nur wenig geformte Elemente, dann genügt ein Glas und das
2. Glas dient nur zur Kontrolle. Aus diesen Gläsern ist mit Sicherheit
das Vorhandensein von Filamenten oder Eiteransammlung im Bereiche
Auch für Laryngitiden. mit vermehrter Sekretion könnte sich
das Reargon nach Abklingen der ersten akuten Erscheinungen eignen.
Das Reargon entspricht in seiner derzeitigen Zusammensetzung etwa
könnte die Konzentration noch erheblich gesteigert werden, aller-
dings nur bis zu einem gewissen Maximum, da sonst die Wirkung
der Glyköside, auf deren Vorteil und Wichtigkeit ich im Voran-
gehenden hingewiesen. habe, in den Hintergrund träte. Ob eine
erhebliche Steigerung der Konzentration notwendig ist, werden
weitere Erfahrungen lehren; ich glaube, daß man mit der bisherigen
dann, wenn man sich nicht auf Schnellheilungen und momentane
Wirkungen kapriziert, worauf ich ja ebenfalls oben hingewiesen
Gonorrhoe zugeschrieben wird), kommt dem Mittel in der Rhino-
logie sicher nicht zu und kann auch nicht erwartet werden, da ja
therapeutischen Mittel der Rhinologie bildet das Reargon aber
jedenfalls. l | | |
Aus der Dermatologischen Klinik der Universität Leipzig
| (Direktor: Prof. Dr. Rille). Ben |
. empfehlenswert?
Von Priv.-Doz. Dr. med. et phil. F. W.Oelze.
Zur Behandlung kommt ein Patient, aus dessen Urethra sich
reichlich dicker, rahmgelber Eiter entleert. Ein rasch angefertigtes
vorwiegend intraleukozytär gelagert sind. Es liegt, was die Anamnese
bestätigt, eine akute Gonorrhoe vor, jede Einführung von Instrumenten
ist verboten, da sie die unmittelbare Gefahr der Keimverschleppung
und damit das Hervorrufen von Komplikationen in sich birgt. Es
handelt sich nun darum zu entscheiden, ob die Erkrankung noch
auf den vorderen Teil der Harnröhre beschränkt ist, oder bereits
die hintere Harnröhre ergriffen hat, in diesem Falle besteht kein
Bedenken, die 2 Gläserprobe anzuwenden, denn sie leistet hierbei
meist Beiriedigendes. Es ist kaum nötig zu erwähnen, daß der Patient |
bei jeder derartigen Untersuchung mehrere Stunden nicht uriniert
haben muß, einmal, damit auch Eiter vorhanden ist und sodann
damit genügend Urin als Spülflüssigkeit zur Verfügung steht. Läßt
man nun den Patienten etwa 50, ev. auch mehr cem in das erste
Glas urinieren, so bietet der Urin meist einen getrübten Anblick,
schon nach wenigen Minuten sinken Eiterflocken zu Boden (Spitzglas),
unter Umständen finden sich auch Fäden. In vielen Fällen wird nun
der in das 2. Glas gelassene Urin klar erscheinen. Liegt der Befund
so, dann ist die Diagnose auf Urethritis gonorrhoica anterior berechtigt.
Wird dann noch während der Behandlung mit der 2 Gläserprobe weiter
die Wirkung der Therapie kontrolliert, wird der Urin im 1. Glase
heller und heller und schließlich glasklar wie der des 2. Glases
immer geblieben ist und sind auch mikroskopisch keine Gonokokken
nachweisbar, dann ist die Behandlung der akuten Gonorrhoe der
vorderen Harnröhre beendet und in diesem Falle also auch nur mit
Benützung der 2 Gläserprobe durchgeführt. Es sei gleich hier noch
dauernd klar bleibt, keinesfalls eine mehrmalige digitale Untersuchung
der Prostata unterbleiben darf, denn die Prostatitis braucht sich
nicht durch KEitersekretion ständig bemerkbar zu machen.
Die Möglichkeit aus einer Urintrübung auf einen räumlich
begrenzten krankhaften Prozeß zu schließen, beruht darauf, daß die
Harnröhre zum mindesten in klinischer Beziehung durch den Sphincter
externus in zwei Teile getrennt wird, in die lange Pars anterior und
hügel mit den Ausführungsgängen von Prostata und Samenblase
enthält. Verschiedenartige Momente können nun den Wert der
2 Gläserprobe sehr stark herabsetzen, ja Fehlschlüsse sind bei ihrer
alleinigen Anwendung nicht allein möglich, sondern durchaus häufig.
Auf diese sollte aber gerade der Praktiker gefaßt sein und deshalb
5 Joseph, Abortivheilung der Gonorrhoe. D.m.W., 1924, 14.
Hid Prg Bee
5 Sn re :
ee, Mess
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i 6 Jli Ee
- der U. ant. festzustellen oder auszuschließen. Im 2. Stadium der Unter-
‚suchung erkunden wir den Zustand der Blase. Ein weicher Nélaton-
` Katheter von etwa 16—15° Charr. wird eingeführt, dringt er glatt
' pig in die Blase vor, so ist eine erhebliche Striktur nicht vorhanden.
0b nicht doch eine streckenweise Induration vorliegt, muß auf andere
Weise festgestellt werden. Wir prüfen nun, ob der Urin glasklar ab-
- läuft, ist dies der Fall, dann entfernen wir den Katheter wieder,
2e.
-æ
`> ene im weiteren Verlauf der Untersuchung auftretende Trübung
F Blaseninhalt trüb oder mit Membranen durchsetzt erscheint, ‚wird der
' gesamte Inhalt abgelassen und so lange 'mit körperwarmer ' Lösung
en He
“und Blase aufgeklärt und beide sind vollkommen ausgewaschen.
Jetzt uriniert der Patient in ein 4. Glas, am besten 'ein Spitzglas,
diese Probe klärt uns nun über den Zustand der U. post. auf, es
finden sich häufig Flocken oder sonstige pathologische Befunde.
_ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
931
nachdem etwa 30 ccm entleert worden sind. Wir wissen dann, daß
nicht aus. der Blase, bzw. Niere stammen kann. Wenn jedoch der
nachgespült, bis eine Probe klar abläuft. Der Katheter wird sodann
entfernt, wobei man nicht vergißt, ihn so lange zuzuhalten, bis er die
Urethra verlassen hat. Wir sind nun über den Zustand von U. ant.
Oft ist ihre Anzahl nur gering, so daß sie sofort vom: Urin, bzw.
Spülwasser entleert werden; wenn sie reichlich vorhanden sind, kann
man noch ein weiteres Glas benützen, in jedem Falle muß bei Be-
endigung dieser Probe der Urin klar abfließen. '
Zum Schluß wird die Prostata untersucht. Es ist eine bekannte
Tatsache, daß bei der digitalen Expression der Prostata das Sekret
häufig nicht am Meatus externus zum Vorschein kommt, sondern in
die Blase abfließt, dadurch entstehen bei flüchtiger Untersuchung
leicht Irrtümer. Bei der Wolbarstschen Probe sind diese unmöglich,
sickert aus dem Orificum externum Prostatasekret hervor, so kann
es natürlich auch dort in der üblichen Weise entnommen werden.
In jedem Falle uriniert der Pat. nach beendeter Expression in das
letzte, 5. Glas, auch wenn bis jetzt kein Sekret zu erhalten war, so findet
es sich meist deutlich in dem klaren Urin, bzw. derSpülflüssigkeit. Diese
sieht, auch wenn die Prostata gesund ist, eigentümlich opaleszent aus,
Eiterbildung in der Prostata läßt sich ebenfalls sogleich erkennen.
Die ganze Untersuchung nimmt nur wenige Minuten Zeit in
Anspruch, sie liefert die genauesten Resultate, sie leistet alles, was
von einer Urinuntersuchung geleistet werden kann, häufig erhebt
man mit ihrer Hilfe einen Befund, der auf überraschende Weise
Einblick in ein Krankheitsbild gewährt, das vielleicht schon lange Zeit |
mit Einspritzungen oder Spülungen behandelt worden war. Aus der
stoßen Zahl der Fälle heben wir 4 von Wolbarst beschriebene hervor.
‚ Falli. Pat. 7 Monate wegen ‘chronischer Gonorrhoe behandelt,
kein Harnröhrensekret, keine Schmerzen, aber der Urin blieb citer-
haltig trotz lokaler Behandlung von Harnröhre und Blase. Wohlbarstsche
Probe: Glas 1, U. ant. klar, nur einige Schleimfäden. Glas 2, Kontrolle
klar. Glas 3, Blasenurin stark eiterhaltig, ausgiebige Irrigation. Glas 4,
U. poet vollkommen klar. Glas 5, Prostata klar, abgesehen vom nor-
malen Prostatasekret. Resultat: die wenigen Schleimfäden stammen
aus der U. ant. die reichliche Eiterabsonderung kommt aus der Blase
oder von einem höheren Punkte der Urinsekretion. Zystoskopie zeigt
einen Blasenstein und aus der linken Ureterenöffnung entleert sich
reichlich weißlicher Eiter. Vollkommene Heilung nach Zystotomie und
Nephrektomie (Pyonephrose). Ohne die Wolbarstsche Probe hätte
man nicht feststellen können, ob der Eiter aus der hinteren Harnröhre
oder weiter von oben her stammte. Von ‚chirurgischer Seite war in
der Tat die Lokalisation in der hinteren Harnröhre auf Grund der
Anamnese angenommen worden.
Fall 2. Pat. wurde ein Jahr lang wegen chronischer Gonorrhoe
behandelt. Alle 2 oder 3 Monate schmerzhafte Attacken der Prostata
und Pyurie. In den Intervallen war der Urin fast normal. Unter-
suchung während der Attacke: Glas i, U. ant. kein Eiter, wenige Fila-
mente. Glas 2, Kontrolle klar. Glas 3, Blasenurin klar, einige kleine
Filamente. Irrigation. Glas 4, U. post. klar, bis auf einige feine Fila-
mente. Glas 5, Prostataurin leicht getrübt. Glas 6 und 7, Flüssigkeit
nach Expression der beiden Samenblasen reichlich Eiter, schwere
Filamente und Detritus, in denen ziemlich reichlich Gonokokken nach-
bewiesen werden können. Resultat: chronische Vesiculitis seminalis.
peration. Rechte Samenblase stark geschwollen, bei, der Inzision
entleeren sich 4 ccm dicken Eiters.
ä Fall 3. Pat. hatte seit langer Zeit Eiter im Urin, keine Be-
$ werden, keine Gonorrhoe. Glas 1, U. ant. Spülflüssigkeit vollkommen
ar. Glas 2, Kontrolle dasselbe. Glas 8, Blasenurin, viel Eiter, nach
[7 aliger Irrigation fließt die Spillflüssigkeit bereits klar ab. Glas 4,
$ poe klar. Glas 5, Prostata klar bis auf normales Prostatasekret.
A tat: der Eiter konnte also nicht aus der Harnröhre ‚und auch
nn aus der Blase stammen, denn die Spülflüssigkeit blieb schon
katk der ersten Spülung klar. Zystoskopisch und durch Ureteren-
atheterismus wurde gefunden, daß die rechte Niere tuberkulös war.
„ Fall 4. Pat. hatte seit 10 Monaten reichlich eitrigen Harn-
röhrenausfluß un
d stark eitrigen Urin. Gonokokken reichlich sowohl
im Sekret wie im Urinzentrifugat.
Kontrolle klar. Glas 3, Blasenurin klar,
Glas 5, Prostata ebenfalls reichlich. Eiter, jedoch nicht mehr als in
Glas 4. Resultat: der Eiter stammte also aus U.ant. und post., die
Blase war gesund. |
v
Glas 1, U. ant. viel Eiter, Glas 2,
Glas 4, U. post. reichlich Eiter,
Diese Fälle ließen sich leicht vermehren, wir haben in unserer
fast Ajährigen Erfahrung oft genug Gelegenheit gehabt, uns von ,
dem großen Wert der Probe, besonders hinsichtlich ihrer exakten .
Lokalisation zu überzeugen. Es ist selbstverständlich, daß die ge-
wonnenen Flüssigkeiten weiter mikroskopisch untersucht werden
müssen, insbesondere hat man sich vor Täuschungen durch Salze
und üppiges Bakterienwachstum zu hüten.
besonderer Befund erhoben wird, ist natürlich auf. eine weitere
endoskopische Untersuchung nicht zu verzichten. \
unserem hiesigen Material zwar keine Steine, wohl aber Tumoren,
Fremdkörper und Tuberkulose finden können. Diese Untersuchungen
werden am schonendsten mit dem von mir angegebenen Zysto-
urethroskop (7) ausgeführt, das bei nur einmaliger Einführung die
Besichtigung und auch Behandlung des
lichen Urogenitaltraktus ermöglicht.
In den Fällen, wo ein
Wir haben in
des gesamten überhaupt zugäng-
N i
Zusammenfassung. Von allen sogenannten Uringläserproben
liefert die Wolbarstsche 5 Gläser-Katheterprobe. auf die einfachste
Weise die derzeitig besten Resultate mit genauer örtlicher Festlegung
der sekretbildenden Krankheitsherde. Häufig deckt sie bis dahin .
unberücksichtigte Befunde auf, deshalb verdient sie auch gerade von
den allgemeinen Praktikern angewendet zu werden. Die Probe ist
einfach auszuführen.
' , l
Literatur: 1. Wolbarst, Med. record. 21. April 1906; Internat. clinics 1,
22 d. séries 1912, p. 1. — 2. Luys, Trait de la blennorragie at de ses complications.
1912, p. 129. — 3. Thompson Walker, Surg. dis. and injur. of the genito-urinary
organs. 1914, p. 611. — 4 Lumb, Systematic treatment of gonorrhoea in the male. |
1920, p.17. — 5. V. C. Pedersen, A text book of urology. — 6. Oelze, Unter.
suchungsmethoden und Diagnose der Erreger der Geschlechtskrankheiten. J.F. Leh-
manns Verlag, München 1921. — 7. Oelze, Über Zystourethroskopie. Derm. Wschr, .
1921, 73, S. 961. | | 2 |
Aus der Heızstation, Wien IX
(Leiter: Prof. Hans Horst Meyer und Prof. Rudolf Kaufmann).
Zur Behandlung subakuter und chronischer
Fieberzustände. |
Von Dr. Oskar Kurz.
In den letzten Jahren haben septische Erkrankungen, die
nicht stürmisch, sondern — vornehmlich durch kleinere, aber durch
Monate sich hinziehende subfebrile Temperaturen gekennzeichnet —
schleichend verlaufen, immer mehr unsere Aufmerksamkeit auf sich
gelenkt. Einerseits sind es die bisweilen recht zahlreichen Fälle
„chronischer Grippe“, andererseits die schleichend verlaufenden
Erkrankungen des Endokards, nicht minder aber auch Fieberzustände
kryptogenetischer Natur, die uns nicht nur vor nicht leicht lösbare:
diagnostische, sandern auch vor schwere therapeutische Aufgaben
stellen. Zu
Nun hat schon vor vielen Jahren Neußer, wie Dr. Karl
Schön in der „Ars medici“ mitteilte (1), die Anwendung der-Kre-
sole zur Bekämpfung septischer Zustände in Betracht gezogen.
Trotzdem Schön selbst mit der Kresoltherapie einzelne gute Er-
folge erzielte und auch Angaben über die Dosierung machte (2) und
weiterhin auch E. Fronz über eine günstige Erfahrung mit Trikresol
und die von ihm erprobte Dosierung berichtete (8), blieb die
Kresoltherapie auf Versuche einzelner praktischer Ärzte beschränkt(4),
während ihre klinische Erprobung auch weiterhin unterblieb. `.
Einzelerfahrungen zweier Kollegen, der Herren Dr. Hans
Thaußig und Dr. O. Monat, veranlaßten mich, die‘ therapeutische
Verwendbarkeit der Kresole systematisch zu untersuchen. Von
käuflichen Präparaten ausgehend gelangten wir schließlich dahin,
aus den isolierten und gereinigten Kresolisomeren ein optimal
von der Chemischen Fabrik „Norgine“, Dr. Viktor Stein, Prag-
Außig, hergestellt wird. Wir sind von dem käuflichen Trikresol
abgekommen, weil. wiederholte Untersuchungen uns belehrten, daß
die Zusammensetzung des käuflichen Präparates in den größten
Grenzen schwankend und daher auch seine therapeutische Verwen-
| genden mitgeteilten
dung nicht gleichmäßig verläßlich ist. Die im fol
| Erfahrungen. mit der Kresoliherapie fieberhafter. Erkrankungen be-
ziehen sich sowohl auf unsere Versuche mit den käuflichen Präpa-
raten wie auch auf die mit dem von uns hergestellten „Isotol“.
Sie umfassen weiters nicht nur die von uns selbst an unserer Station
behandelten Fälle, sondern auch solche, die außerhalb des Spitals
à . =
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wirkendes Präparat herzustellen, das unter dem Namen „Isotol®
RE "gee eaaa a 2 A ben mn a ZZ 207 7 Fer dla Zum l Bee 0 Bam denn SL Dune era . errt
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932
‘über den Krankheitsverlauf
. weise der Fall war.
‚, seien nun einige, die die Wirkung der Kre
-vierten Tage nach der letzten Injektion Untertemperaturen 'erreicht
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
6: Juli ,
Ld
‘von verschiedenen Kollegen nach unseren Ratschlägen behandelt
wurden. ' Diese Fälle konnten natürlich nur insoweit verwendet
werden, als uns die betreffenden Kollegen genaue Aufzeichnungen -
zur Verfügung stellten, was nur teil-
- Von den uns zur Verfü ung stehenden dreißig Krankengeschichten
soltherapie besonders gut
dartun, auszugsweise wiedergegeben: Pe Nez l
Fall 1. G. L., 44 Jahre alt, Jäger
zündung durchgemacht zu ‚haben. Trotzdem im September. 1916
spezialärztlich (an der Herzstation des Reservespitals Nr. 16 in Wien)’
eine diffuse Dilatation der Aorta mit Klappeninsuffizenz und hochgradiger |
Dilatation und Hypertrophie des linken Ventrikels festgestellt wurde,
wurde er Ende 1916 neuerlich an die Front (Albanien) geschickt, wo
. er an Malaria tropica erkrankte und in serbische Kriegsgefangenschaft
geriet, aus der er Mitte 1920 zurückkehrte. Letzter Malariaanfall drei
- Monate vor der am 16. März 1922 erfolgten Spitalsaufnahme. Patient
gibt an, seit anderthalb Jahren andauernd zu fiebern. Das
ieber trotzte auch sehr großen Mengen Chinin, die Patient in der
‚Zwischenzeit einnahm. Zunehmende Herzbeschwerden, Atemnot, zeit-
weilig fühlbare Extrasystolie. Kreuzschmerzen, Anschwellen der Beine
tagsüber, starkes Müdigkeitsgefühl. Aus den Untersuchungsergebnissen |
sei folgendes hervorgehoben: Nach außen verlagerter, vermehrt resi-
stenter Spitzenstoß, Herzdämpfung besonders nach links stark ver-
größert. Orthodiagraphische Maße: Diagonale 17,3, Breite des Aorten-
schattens 9,2 cm. Systolisches und diastolisches Geräusch. Über den
Lungen diffuses Giemen und Pfeifen. Wa.R. negativ. Diagnose: Diffuse
Dilatation der Aorta mit Insuffizienz der Klappen. Starke Dilatation
und Hypertrophie des linken Ventrikels. Myocarditis rheumatica suba-
cuta? Diffuse Bronchitis. |
Patient, der andauernd fieberte, wies an’ den ersten sechs Tagen
-~ seines Spitalaufenthaltes folgende Höchsttemperaturen auf: 38,2, 88,1,
"37,9, 38,8, 38,6 und 3
“erste Injektion (Í cem =0,02g) gegeben. Über den Fieberabfall unter
' der Kresoltherapie gibt die Kurve I Aufschluß. Man sieht, daß drei
84. Am, siebenten Tage (22. März) wurde die
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Bemerkungen 192 2 Ps Apr
Injektionen zu 0,02 zur vollständigen Entfieberung führten.. Diese
Entfieberung hielt nicht nur, trotzdem rheumatische Beschwerden
auch fernerhin noch bestanden — die Bronchitis hatte sich allmählich
‚wesentlich gebessert —, bis zu der am 12. April 1922 erfolgten Spitals-
entlassung an, sondern auch in den, seither verstrichenen zwanzig
Monaten sind Temperaturerhöhungen. bei dem. Patienten, der an unserer
Station in ambulatorischer Behandlung steht, nicht wieder aufgetreten.
‚Fall 2. Frau. L., etwa 45 Jahre alt, Private, erkrankte am
4. Januar 1922 an Grippe, in. deren Gefolge sich endokarditische und
arthritische Erscheinungen, sowie ein pleuritisches Exsudat einstellten.
Verschiedene therapeutische Versuche, auch Serumbebandlung, ver-
sagten. Tägliche a AS zwischen 38% und 39°
durch drei volle Monate. (Als Mitglied einer Arztfamilie wurde
Patientin vom ersten Krankheitstage an sorgfältig und fachmännisch
beobachtet.) Als mein Chef, Prof. R. Kaufmann, die Patientin Ende
März 1922 sah, war objektiv außer einem leisen systolischen Geräusch
nichts nachzuweisen. Diagnose: Sepsis occulta (Endocarditis?). Die
nunmehr eingeleitete Kresoltherapie hatte vollen. Erfolg. Der beige-
gebenen Kurve II ist zu entnehmen, daß schon die erste Injektion —
im ganzen wurden vier Injektionen zu 0,02 g gemacht — eine Tempe-
ratursenkung um etwa einen Grad und die zweite eine ungefähr gleich
starke Senkung bewirkte, daß allerdings am 6. und 7. Behandlungs-
tage wieder etwas höhere Temperaturen auftraten, denen aber nach
der vierten Injektion ein weiterer Temperaturabfall folgte, so daß am
wurden, die durch drei Tage dauernd bestehen blieben, um schließlich
wieder normalen Temperaturen Platz zu machen. Patientin ist seit
, gibt an, im Januar 1915 an |
der Front einen akuten Gelenkrheumatismus und eine Herzmuskelent-
Abschluß der Kur (14. April 1922) dauernd fieberfrei und bei voll-
kommenem Wohlbefinden. Dr | e
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© ` Fall8. J.M., 24 Jahre, Lehrer. In der Kriogsgofangenschaft
Ruhr, sonst niemals krank. Niemals Herzbeschwerden. Wei
nachten 1922
erkrankte Patient an Gelenkrheumatismus. Seither starkes Herz-
klopfen, Schwächezustände, wechselnde Schmerzen in den Gelenken,
Temperatursteigerungen. Spitalseinlieferung: 20. Februar 1922. Die
Untersuchung führte zur Diagnose: Endocarditis acuta ad valv. mitr.
et ad valv. aort. Rheumat. artic. subac. Im ersten Monat trotz regel-
mäßiger Salizylgaben tägliche Temperatursteigerungen, die nur ver-
'einzelte Male 380 überschreiten. Am 21. März und an.den folgenden
Tagen Anstieg bis 39°, verbunden mit stärkerenrheumatischen Schmerzen.
.Größerere Salizylgaben bewirken einen vorübergehenden Temperatur-
abfall. Auch durch einige wenige Kresolinjektionen. zu 0,02 g wird zwei-
mal eine deutliche allmähliche Temperaturerniedrigung erzielt, die.
jedoch nur vorübergehend ist. Erst als. acht Tage hindurch täglich
0,04 g injiziert wurden, blieb die Temperatur etwa eine Woche lang-
dauernd unter 37°, ja, etliche Male ging sie in dieser Zeit sogar unter
. A
| 36° hinunter. Späterhin (vom 9. Mai bis zu der am 10. Juni 1922 er-
folgten Spitalsentlassung) konnten bei täglich siebenmaliger Messung.
neben vollständig normalen Temperaturen zuweilen: auch een |
verzeichnet werden, die allerdings nur ein einziges Mal 37,40 erreichten, .
sonst stets darunter blieben. Mit der Temperatursenkung ging eine so -
auffallende Besserung des Allgemeinzustandes und insbesondere auch
' des subjektiven Befindens des Patienten Hand in Hand, daß dieser auf
seinem Wunsche, in häusliche Pflege entlassen zu ‚werden, beharrte,.
|- trotzdem neben den noch immer sporadisch auftretenden kleinsten.
Temperaturanstiegen auch noch‘ andere Kennzeichen eines nicht ab-
. geschlossenen endokarditischen Prozesses’ (Charakter der Geräusche, .
charakteristische Blässe, Labilität des Pulses, gelegentliches Auftreten
von Extrasystolen und die für viele akute Endokarditisfälle patho-
' gnostische akute A des Sa; 1) vorlägen, und ihm
infolgedessen ein vorzeitiges Verlassen des Spitals widerraten’ wurde,
Da Patient aber auch weiterhin in unserer Beobachtung blieb und auch
zu Hause die regelmäßigen siebenmaligen Temperaturmessungen fort-
setzte, konnte festgestellt werden, daß auch in den.nächsten Monaten
nur zeitweilig. geringe Temperatursteigerungen, die niemals 37,30 über-
schritten, auftraten. . Patient verbrachte im Sommer 1922 sieben Wochen
bei bestem Wohlbefinden auf dem ‘Lande. Im Oktober 1922 flackerte
infolge einer interkurrierenden Erkrankung (Schnupfen,. diffuse Bron-
chitis) der niemals zum Abschlusse gelangte endokarditische Prozeß
wieder auf. Dieser exazerbierenden Endokarditis soll Patient, der die
neuerliche Spitalsaufnahme verweigerte, späterhin zuhause erlegen sein.
Wenn auch die Kresolbehandlung den Klappenprozeß nicht zum Still-
stande gebracht hat, so hat sie doch nicht nür die Temperaturkurve,
sondern auch das ganze sonstige Krankheitsbild auf Monate hinaus
sehr wesentlich und auffällig in günstigem Sinne beeinflußt.
Ä Fall 4. M. H., 24 Jahre alt, Ingenieursgattin. (Die Kranken-
geschichte dieses Falles, der auf Rat meines Chefs, Prof. R. Kauf-
mann, der Kresoltherapie unterzogen wurde, verdanke ich dem be-
handelnden Arzte, Herrn Dr. J. Dorlinder) Patientin hatte vor
sechs Jahren einen Gelenkrheumatismus mit Herzklappenentzündung
(Mitralinsuffizienz) und vor vier Jahren eine schwere exsudative Pleu-
ritis durchgemacht, Anfang Mai 1922 schwere Angina mit Tempera-
turen- bis 40,5°, die alle zwei bis drei Wochen mit mittleren Tempera-
turen rezidivierte. Am 29. Juni neuerlich mit schwerer Angina er-
krankt. Fieber bis 40°, -allgemein septisches Krankheitsbild. Häufige
1) Verf. hat schon in den Kriegsjahren am reichen Material der
Herzstation des Reservespitals Nr. 16, Wien XTIl, die Beobachtung ge-
macht, daß bei akuter Endokarditis vielfach eine Rötung und An-
schwellung des Nagelbettes, das sich infolgedessen leicht teigig an-
fühlt, zu beobachten ist. Dieses Symptom, das in wechselndem Orcde
ausgeprägt ist, "steht zu den bei Herzkranken nicht selten zu be-
obachtenden Nagelveränderungen (Urglasform und Trommelschlägel-
fingern) in Beziehung. I = |
. C,
| 6. Juli
` Urtikariaanfälle, flüchtige Anfälle von Polyarthritis. Zugleich Änderung
des scharfen systolischen Geräusches an der Spitze, die zweiten Töne
vers
chwinden fast. Subjektiv: Herzklopfen und Beklemmung. Nach
Tonsillektomie Abfall der hohen septischen Temperaturen. Die Herz-
` heschwerden, die Urtikariaanfälle und die polyarthritischen Anfälle be-.
stehen weiter. Unter subfebrilen Temperaturzacken (37,2 bis 37,8)
entsteht allmählich ein diastolisches Geräusch an der Basis. Vier In-
turen von 3,
“und die Gesichtsfarbe bessern sich. Der Puls
erate
jektionen von je 0,02 g Kresol bewirken für etwa eine Woche Tempera-
5,6 bis 36,2, welche sich allmählich zu solchen von 36,2
bis 36,8 erheben. Die Geräusche werden ‘allmählich lauter und schärfer,
die subjektiven Herzbeschwerden, sowie auch das Allgemeinbefinden
geht auf die normale
Frequenz herab. Mitte September steht Patientin bereits auf, was das
‘ Herz gut verträgt. Das Befinden der Patientin bleibt auch weiterhin
sehr gut. Man darf annehmen, daß der günstige Ausgang
des subakuten entzündlichen Klappenprozesses durch die
Kresoltherapie zumindest stark beschleunigt wurde |
Fall 5. H. N., 18 Jahre alt, Hilfsarbeiterin. Spitalsaufnahme:
€ 18, Januar 1923. Seit vier Monaten besteht Herzklopfen bei Stiegen-
` steigen und schnellem Gehen; seit zwei Monaten kann sie, obwohl sie
` leichte Beschäftigung hat, nicht mehr arbeiten. Vor drei Wochen be-
merkte sie Schwellung der Knöchel. Befund: weiches systolisches
Geräusch, am lautesten über der Pulmonalis. 12000 Leukozyten. Sub-
febrile Temperaturen bis 37,60, trotz Atophan. Nach drei Injektionen
zujeicem (= 0,02 g) ist Patientin vollständig entliebert; doch werden
noch zwei weitere Injektionen verabfolgt. Patientin, die am 12. März 1923
Gelenksschmerzen litt und auch kurze Schwindelanfälle hatte.
unser Spital verläßt, erreicht auch weiterhin mit ihren Temperaturen,
niemals 37°, nur am 15. und 16. pi trat infolge einer Verkühlung
eine leichte Steigerung auf 37,3, bezw. 37,2 auf. Seit 7. Mai geht
Patientin ohne alle Beschwerden wieder in die Fabrik. — Die Genese
des Fiebers, das ebenso wie der Allgemeinzustand durch die Kresol-
therapie ausgezeichnet beeinflußt wurde, ist in diesem Falle unklar.
Fall6. E. H., 50 Jalıre alt, Buchbinder. Patient stand vom
30. Oktober 1922 bis 8. Februar 1923 in einer Wiener Krankenanstalt
mit Cystopyelitis acuta in Spitalspflege.e Am Herzen wurde dort mit
Ausnahme eines akzentuierten ersten Spitzentones kein besonderer
Befund erhoben, doch ist der dortigen Krankengeschichte zu ent-
nehmen, daß Patient damals fieberte, an Kopfschmerzen und u
d. April 1923 wurde Patient in unser Spital aufgenommen. Er klagte,
daß er bei den geringsten Anstrengungen, ja selbst beim einfachen
Bicken Atemnot und Übelkeit bekomme, dab es ihm schwarz vor den
Augen werde und daß ihn eine so starke Mattigkeit befalle, daß er
jede Bewegung sofort einstellen müsse. Herzbefund: Mitralstenose
und -Insuffizienz (Endocarditis subacuta). Daneben bestanden wechselnde
Gelenkschmerzen und subfebrile Temperaturen. Nach vier Isotol-,
injektionen zu je 1 ccm, die mit-je eintägigem Intervall verabfolgt
wurden, trat völlige Entlieberung ein. Als nach 14 Tagen wieder
leichte Temperaturanstiege auftraten, wurden weitere acht Injektionen,
gleichfalls mit eintägigem Intervall, doch diesmal zu je 2 cem (= 0,04
Isotol) gegeben. Nach der siebenten Injektion war abermalige voll-
ständige Entfieberung zu verzeichnen, die aber wieder nur 14 Tage
anhielt. Deshalb wurden nochmals drei Tage hintereinander je 2 ccm
Isotol gegeben, wodurch die dauernde Entlieberung erreicht wurde.
‚ (Patient stand nach der Spitalsentlassung bei uns in ambulatorischer
Behandlung und wurde vor 2 Monaten neuerlich in unser Spital auf-
genommen; seine dauernde Fieberfreiheit steht demnach zweifellos
lest.) Die dreimalige, mit der Beweiskraft des Experiments
ımmer wieder nach wenigen Isotolinjektionen eintretende
Entfieberung und der erreichte Dauererfolg zeigen die vor-
zügliche Wirkung des Isotols bei diesem Falle subakuter
Endokarditis auf, .
Fall 7. P. D., 20 Jahre alt, Kaufmann. Erkrankte am 23. März
1923 mit linksseitigen Gesichtsschmerzen, Schnupfen, Fieber. Diagnose:
linksseitige Kieferhöhlenentzündung. Durch Punktion wurde am
April eine sehr große Eitermenge nd ert. An den nächsten Tagen
iR: die Punktion fünf Mal wiederholt und ergab jedesmal Eiter.
ra Ende der dritten Krankheitswoche konnte eine akute Endo-
os festgestellt werden. Blutbefund: 25000 Leukozyten. Im
arn kein Albumen. Augenhintergrund normal. Die Blutkultur
ergab Mitte April zweimalPneumococcus lanceolatus. Therapie:
‚. mokokkenserum, Blektrokollargol, Pyramidon und Chinin kom-
tert mit Silberpräparaten. Da vorübergehenden Besserungen immer
en: höhere Temperaturanstiege folgten, vom 10. Mai an acht Tage
eg ch je 1 ccm Isotol subkutan, worauf die Temperatur bis 37,1°
x Ma 18. bis 30. Mai ohne jedes Medikament Temperatur an-
te unter 37,50. Am 31. Mai Temperaturanstieg auf 37,60. Des-
. weitere Isotolinjektionen und zwar insgesamt acht Einspritzungen
ei T an jedem zweiten Tag. Da zeitweilig noch immer ganz ge-
6° „emperaturerhöhungen auf 37, 1—37,3° auftraten, nochmals durch
a = je 2 ccm Isotol täglich. Daraufhin eine Zeitlang nur ganz
felogen ich 37,10 bzw. 37,20, späterhin konstant normale Temperaturen.
ER konnte am 1. September 1923 aus der Behandlung
assen werden und befindet sich andauernd wohl. Auch bei
diesem Falle schwerer Endokarditis mit bakteriologisch
na PAR : |
‚chgewiesenem Krankheitserreger, bei welchem erst nach
ersagen anderer therapeutischer Versuche mit der
BE 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ma. 000000000
. unter 36°,
933
Isotoltherapie eingesetzt wurde, konnte mit dieser Therapie
ein ganz ausgezeichneter Erfolg erzielt werden. (Für die
Überlassung: der Krankengeschichte bin ich Herrn Dr. Max Reiß zu
Dank verpflichtet) | |
Es ist selbstverständlich, daß nur in einem Teile unserer Fälle
die Kresoltherapie zu so auffallend guten Erfolgen führte; immerhin
durchschnittlich in jedem vierten Falle, während ein weiteres
Viertel unserer Patienten zumindest eine vorübergehende günstige
Beeinflussung der Fieberkurve (und oft auch des Allgemein-
zustandes) aufwies. Naturgemäß erwiesen sich auch nicht wenige
Fälle als refraktär, aber solcher Fälle wird es unseres Erachtens
späterhin umsoweniger geben, je mehr das Anwendungsgebiet der
Isotoltherapie abgegrenzt werden und je genauer auf Grund vielfacher
weiterer Erfahrungen die in jedem einzelnen Falle anzuwendende
Dosis bekannt sein wird. Wir haben natürlich, wie das 'bei ersten
Versuchen ja nicht anders sein kann, unserer durchaus un-
schädlichen Therapie auch Fälle unterzogen, bei denen ein Er-
folg nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu erwarten war.
‚ Von jenen Fällen, bei denen die Kresoltherapie nach unseren
Erfahrungen bemerkenswerte Wirkungen zu entfalten vermag, seien
die zeitweilig durchaus nicht seltenen, langdauernden postgrippösen
Temperaturerhöhungen?) hervorgehoben. Auch in anderen Fällen
pulmonal, bzw. pleural bedingten nicht tuberkulösen Fiebers darf
zumindest eine starke günstige Beeinflussung des Krankheits-
verlaufes durch die Isotoltherapie erwartet werden.
Eine besondere Gruppe bilden jene Fälle, wo bei bestehender
spezifischer Spitzenaffektion Temperatursteigerungen auftreten, die
auf interkurrierende akute Erkrankungen (Angina lacunaris, akute
Bronchitis, Grippe usw.) zurückzuführen sind. Mit geringen Isotol-
gaben konnten wir in solchen Fällen Entfieberung oder doch zu-
mindest Herabsetzung der Temperaturen erzielen. Ohne syste-
matischen Versuchen, das Isotol in die Therapie der Tuberkulose
einzuführen, vorgreilen zu wollen, möchten wir doch unserer Ver-
mutung Ausdruck geben, ‚daß wahrscheinlich nur die Misch-
infektionen dem Kresol gute Angriffspunkte bieten dürften?).
. Die Behandlung der Endokarditis mit Isotolinjektionen hat
uns unbestreitbare, schöne Erfolge gebracht. Es sei hier nur auf
die oben mitgeteilten Fälle (III, IV, VI, VII) verwiesen. Einzelne
Fälle wurden verhältnismäßig rasch entfiebert, während gleichzeitig
der akute Prozeß abklang. In einem Falle (II) wurde eine aus-
giebige und andauernde Temperatursenkung, die mit sichtbarer
bedeutender Besserung des Allgemeinzustandes auf Monate hinaus
verbunden war, erzielt; in anderen Fällen hinwieder nur mehr
minder lang anhaltende Temperaturherabsetzungen. Selbst ein Fall
von schwerster akuter Endokarditis mit embolischem Aneurysma
einer Hirnarterie zeigte eine vorübergehende, wenn auch unzu-
reichende Beeinflussung der Temperaturkurve, während einzelne
Fälle sich vollständig refraktär verhielten. |
Bemerkenswert will es uns erscheinen, daß gerade in vielen
der auf Kresol bestreagierenden Fälle vorübergehend Unter-
temperaturen auftraten, wie man dies auch sonst nach Über-
windung schwerer Infektionskrankheiten zu beobachten pflegt. In
einem Krankheitsfalle blieb die Temperatur nahezu drei volle Tage
Das Isotol wird am besten in der Form subkutaner In-
jektionen verabreicht; die intravenöse Applikation, die in ein-
zelnen Fällen von uns versucht wurde, wird anstandslos vertragen;
es kann aber nach unseren Erfahrungen nicht gesagt werden, daß
sie irgendwelche Vorteile hat. |
Die von uns bevorzugte Dosis ist in leichteren Fällen 1 ccm,
in schwereren 2 cem Isotol pro dosi et die, entsprechend einem
‚Kresolgehalt von 0,02 bzw. 0,04 g. In leichteren Fällen genügen
oft vier Injektionen von 1 cem, mit je eintägigem Intervall ver-
abfolgt, ja, in etlichen, Fällen hatten selbst noch geringere Gaben
vollen Erfolg: so in einem Falle eine einzige Injektion, in zwei
Fällen zwei, in einem weiteren Falle drei Injektionen von je 1 ccm
Isotol. In schwereren Fällen kann die doppelte Dosis (2 ccm) an-
standslos auch täglich, ja auch zweimal täglich durch längere Zeit
= 2) Diese Temperaturerhöhungen pflegen mit Appetitlosigkeit, |
Abgeschlagenheit, oft auch mit Nachtschweißen verbunden zu sein.
Radiologisch ist gewöhnlich eine Vergrößerung der Hilusschatten
(Schwellung der Hilusdrüsen?) nachweisbar. /
8) Bezüglich des Kreosots, das bekanntlich in der Therapie der
Tuberkulose eine große Rolle spielt, hat Weismayr (5) schon vor
Jahren die Meinung geäußert, eine antiseptische Wirkung des Kreosots
sei „auch insofern denkbar, als es auf Sekundärbakterien ein-
wirkenund dadurch einer Mischinfektion entgegenarbeiten .
könnte.“
ee O
verabfolgt werden. (Beifügen möchten wir, daß wir. einzelne. Male
angenehme Nebenerscheinungen mit in Kauf nehmen zu müssen.)
wurde je von den Patienten über Phenolgeschmack im Munde geklagt
oder Phenolgeruch in der Atemluft der Patienten wahrgenommen.
Be
. Auftreten von Albuminurie wurde nie beobachtet, ebensowenig, daß
dreißig Injektionen der Assistent des’ chemisch-physiologischen Instituts
. nicht nachweisen. Die Ausscheidung der Kresole ist übrigens, wie
verfütterung ist kein Kresol mehr nachzuweisen. -
ist 0,1 g festgesetzt®). Von unseren Fällen wurden nun. nicht
lieb, Experim. Pharmakol,, 4. Aufl, 1920,
Ss. 581—583). |
934 1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27. 06. Juli
febriler Temperaturen empfehlen, aber auch bei schwersten
septischen Erkrankungen werden therapeutische Versuche mit Isotol
oft ganz unerwartete Erfolge zeitigen. Ob und inwieweit das Isotol
‚sich neue Anwendungsgebiete, etwa in der Gynäkologie und Chirurgie,
erobern wird, wird die Zeit lehren.
Daß in der Therapie der reinen Tuberkulose von den Kresolen
mehr erwartet werden darf, wie vom Kreosot, Guajakol usw., die ja im
auch. weit höhere Dosen versucht haben, ohne irgendwelche un-
Irgendwie bedenkenerregende oder auch nur besonders aul-
fallende Nebenerscheinungen — die erwähnten vorübergehenden
Untertemperaturen ausgenommen — haben wir nach Isotolinjektionen
niemals beobachtet. | a
Infilirate - oder sonstige nennenswerte lokale Reizungs-
erscheinungen sind — wir übersehen bisher weit mehr als 250 sub-
kutane Injektionen — in keinem einzigen Falle aufgetreten, auch
nicht als wir vor Herstellung des Isotols versuchsweise mit ver-
schiedenen höherprozentigen Kresollösungen arbeiteten. (Um Zufälle
auszuschließen, wurde immer eine frisch ausgekochte Spritze und
Kanüle verwendet.) Die lokale Reaktion ging niemals über ein etwa
eine halbe Minute anhaltendes, ganz leichtes Brennen hinaus. +4)
| ‚Herabsetzung des Blutdruckes und Beschleunigung der Herz-
aktion, wie sie Marfori (6) im Tierversuch nach sehr Hann Guajakol-
dosen beobachtete, wurden niemals wahrgenommen. Ebensowenig
ermutung Weismayrs, daß es sich bei der Kreosottherapie der
Tuberkulose um eine Wirkung auf Sekundärbakterien handle, wurde
schon im Jahre 1879 das Resultat experimenteller und klinischer Unter-
suchungen über die Anwendung des Kreosots”?) in subkutaner Therapie
veröffentlichte, dort mitteilte, daß er den Gebrauch von subkutanen
Kreosotinjektionen in der Lungenphthise aufgegeben habe, da die Er-
folge nur mittelmäßig schienen. Hingegen habe er sie in gewissen
Septikämien verordnet und habe sich. in einem Falle von Eiter-
befunden. „Diese beiden Patienten wurden gegen jede Er-
wartung geheilt“ 9. Andererseits haben die Untersuchungen
Villas?) über die Wirkung des Guajakols hinsichtlich des Erysipels er-
geben, daß das Guajakol nicht nur deletär auf den Streptokokkus,
sondern auch auf seine Toxine wirkt. | g | |
Aus alledem ‚darf man vielleicht schließen, daß die therapeu-
tische Anwendung der ‘Antiseptika der aromatischen Reihe, die
ides wurde seinerzeit nach subkutanen Rreosotinjektionen und nach
eosotklysmen von Bouchard. und von’Mader beobachtet (7)]. Alles
das war ja auch in Anbetracht der kleinen von uns injizierten Dosen
nicht zu. erwarten. Auch'der Harn zeigte niemals Veränderungen:
der Harn grünlich entleert wurde oder später eine dunkle Färbung
annahm, wie dies bei „Karbolismus“ der Fall ist (8) und nach Guajakol-
und Kreosotaldarreichung beobachtet wurde (9)5). In einem
geblieben ist, auf diesem Gebiete olt genug erfolglos sein mag,
alle,
der lange Zeit hindurch täglich 2 ccm Isotol bekam, konnte auch nach
während sie in der Bekämpfung allgemeinseptischer Erkrankungen
zu überraschend günstigen Resultaten zu führen vermag). Zu den
stärksten ‚Mitteln der Reihe gehören die Kresole, deren starke Des-
'infektionswirkung schon 1889 von .C. Fränkel (14) festgestellt
wurde. Ihre antiseptische Wirkung soll nach Gottlieb !!) die des
der Allgemeinen Poliklinik, Herr Dr. R. Willheim, Kresol im Harn
Jonescu (10) im Tierexperiment feststellen konnte, binnen 24 Stunden
vollkommen beendet. In: dem Harn des ersten Tages ohne Kresol-
Die Kleinheit der von uns injizierten Dosen schließt natur-
gemäß eine Intoxikation von vornherein aus. Die Kresole mögen
nach ihrer Resorption nicht ungiftiger sein als das Karbol; sie
haben aber vor dem Phenol eine geringere Resorbierbarkeit voraus.
Man darf deshalb die für das Phenol angegebenen Höchstdosen
wohl bedenkenlos als auch für die Kresole geltend ansehen. Nun
können 1—2 g Karbolsäure schon toxisch wirken, während 3—10 g
meistens letal sind; als Maximaldosis für den inneren Gebrauch
Universität die Desinfektionswirkung der Kresole untersuchte (15),
ist die Wirkungsweise der Kresole und des, Phenols wesentlich
Diese starke desinfizierende Wirkung der Kresole scheint auch die
septischer Prozesse zu ‘sein. Auch daß 'schon so geringe Gaben
von Isotol uns so auffallende und bemerkenswerte therapeutische
Erfolge brachten, stimmt mit Kianos Ergebnissen überein, der
keinen Anhaltspunkt dafür finden konnte, „daß eine meß
Kresolkonzentration dauernd unwirksam wäre“. E
Literatur: 1. Schön, Zur Therapie der Sepsis. Ars med. 1917, 1, S. 31f.
Derselbe,Weitere Erfahrungen mit Orthokresolinjektionen. Ebenda,1913, 2, 3.781.
— 2. Derselbe, Ebenda, 1918, 4, S.167. — 8. Fronz, Reminiszenzen, Ebenda, 1918,
8, S. 298f.; Derselbe, Ebenda, 1918, 10, S.366. — 4 B. Stuhec, Trikresol bei
wenige mit einer Gesamtdosis behandelt, die unter der gestatiteten
Einzel-Höchstdosis blieb. Nur in drei Fällen haben wir bisher
in, vielwöchiger Behandlung die möglicherweise toxische Einzel-
dosis (1 g Kresol = 50 Phiolen 1sotol) erreicht, bzw. überschritten.
Man kann wohl annehmen, daß die Wirksamkeit des Isotols sich
zumeist erweisen dürfte, ehe bei fortlaufender Behandlung selbst
die summierten, auf einen längeren Zeitraum verteilten Dosen der
toxischen Einzeldosis auch nur nahekommen. Hiermit erscheint
die von Ehrlich für die Chemotherapie aufgestellte Forderung, daß
die Einzeldosis nur ein möglichst kleiner Bruchteil der dosis toxica
sei, erfüllt. . |
| Damit ist aber auch die Möglichkeit gegeben, das Isotol dem
praktischen Arzte als ein in den benötigten Dosen unbedenkliches,
keinerlei unangenehme Nebenwirkungen auslösendes und überdies
einfach anwendbares Mittel aufs angelegentlichste zu . empfehlen.
Es wird ihm häufig in Fällen, wo jede übliche anderweitige Medi-
kation versagte, bei der Behandlung andauernder Fieberzustände
septischen Charakters sehr wertvolle Dienste leisten. Ä
u Nach unseren bisherigen Erfahrungen würden wir — olıne
eine feste Abgrenzung geben zu wollen oder zu können — die An-
wendung des Isotols bei postgrippösem Fieber, bei tuber-
kulösen Mischinfektionen, bei subakuter Endokarditis
und schließlich ‘bei manchen Fällen kryptogenetischer sub-
bare
Pathologie der Tuberkulose. Berlin 1908, — 6. Marfori, Ricerche chimiche e fisio-
logiche sul guajacolo. Ann. di chim. 1890, zit. nach Weismayr. — 7. Bouchard,
Thörap. d. maladies inlect. Paris 1889; Mader, Zur Behandlung der Lungentuber-
kulose. W.kl.W. 1892, beide zit. nach Weismayr. — 8. Meyer-Gottlieb, Experi-
mentelle Pharmakologie. 1920, 4. Aufl. — 9. Hensel, Über Resorption und Aus-
scheidung des Guajakols und Kreosots bei Phthisikern. Inaug.-Diss. Königsberg
1894: Reiner, Zur therapeutischen Verwendung des Kreosotals. Therap.Wschr. 1895,
beide zit. nach Weismayr. — 10. Jonescu, Über das Schicksal der Kresole im
Organismus und ihren Einfluß auf den Stoffwechsel und die Darmfäulnis der
- Fleischfresser. Bioch. Zschr. 1906, 1, 8.399. — 11. Foß, Über die interne Wirkung
der isomeren Kresole, insbesonders des Enterol. D.m.W. 1895, 47. — 12, Derselbe,
Über interne Anwendung der isomeren Kresole, bzw..des Enterol. D. Arch, f. klin. M
1895, 56. — 13. Felix Franke, Behandlung des Abdominaltyphus mit Enterol
(Enterolkresol). M. KI. 1923, 60, S. 1676. — 14. C. Fränkel, Ein Beitrag zur Des-
wirkung der Kresole. Arch. f. Hyg. 1923, 92.
= 1) Nach. Kobert, Referat auf dem Kongreß zur Bekämpfung der
Tuberkulose, Berlin 1899, enthält das Kreosot u. a. auch Parakresol.
(Vgl. "Weismayr, 1. c., S. 438.) |
8) Weismayr, 1. c., S. 439.
2) Zit. bei Weismayr, 1. c., S. 446.
10) Erst nach Abschluß dieser Arbeit erlangten wir von den
interessanten, schon vor nahezu 30 Jahren unternommenen Versuchen,
die Kresole in die interne Therapie einzuführen, Kenntnis. Foß (11, 12)
hat damals eine Kresolmischung („Enterol“) insbesondere für die Be-
handlung von Darmkrankheiten empfohlen, aber auch ihre Anwendung
| bei allen Infektionskrankheiten angeregt. Foß hat allerdings sehr
| hohe Dosen (0,25—5,0, ja 7,5 g pro die !!) angewendet. Vielleicht hat
dieser Umstand, vielleicht auch die Art der Medikation — der schlechte
Geschmack der Kresole ist schwer zu: überdecken und wird von den
Patienten wohl kaum vertragen — es bewirkt, daß die interne Kresol-
ans sich nicht zu behaupten vermochte. Erst in allerletzter Zeit
ist Fe
Franke (13) auf diese Therapie zurückgekommen; er berichtet
über günstige Erfahrungen bei Abdominaltyphus.
1) Meyer-Gottlieb, Exper. Pharm., 4. Auil., S. 583.
4) Die von Schön bei Verwendung einer 40/ igen Orthokresol-
lösung zuweilen beobachteten schmerzhaften Infiltrate sind wohl als
Folge nichtvollständiger Lösung des Präparates aufzufassen. Das reine |
Orthokresol (Cresolum purum) löst sich nämlich nur bis 2—21/,0/, im
Wasser. (Meyer-Gottlieb, Experiment. Pharmakologie, 4. Aufl.,
S. 582, ferner Gruber, Über die Löslichkeit der Kresole in Wasser,
Arch. f. Hygiene, 17, 1893, S. 619.)
5) Auch nach den von Foß verwendeten großen Kresoldosen
(von 1,5 g pro die aufwärts) trat graugrünliche Verfärbung des Urins
auf, die bei längerer Fortsetzung der Medikation stärker zu werden
pflegte als in den ersten Tagen (12). |
e) Meyer - Gott
oßen. ganzen versagt zu haben scheinen, ist kaum anzunehmen.. Die
schon oben erwähnt. Noch bemerkenswerter ist, daß Bouchard, der
infektion und in einem Falle von schwerer Erysipelas wohl dabei
bisher im großen ganzen auf das Gebiet der Tuberkulose beschränkt |
Phenols übertreffen. Nach Kiano, der in jüngsier Zeit unter
Leitung von H. Reichel im Hygienischen Institut der Wiener
gleichartig, doch üben die Kresole ungefähr in der halben Kon-.
zentration die gleiche Wirkung auf Staphylokokken aus wie Phenol.
Grundlage ihrer therapeutischen Wirksamkeit bei der Bekämpfung _
Fiebergrippe. Ebenda, 1918, 11, S.395f. — 5. Weismayr in Ott, Die chemische
infektionsfrage. Zsohr. f. Hyg. 1889, 6, S.521. — 15. R.Kiano, Zur Desinfektions-
le. Tea 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK— Ne 27 000000, 985
Aus der Psyehiatrischen und Nervenklinik der k. ung. Elisabeth-
‘ Universität, d. z. in Budapest (Vorst.: Camillo Reuter, o. ö. Prof.).
Die Paranoiaimitation.*)
Von Priv.-Doz. Dr. Andreas Kluge.
Die verschiedenen paranoischen Geisteszustände — es wurden
- pisher ca. 40 dieser Art beschrieben — sind in die folgende Gruppen
Phase zu stellen. Letztere war es nicht, ‘denn 1. diese seine Behaup-
tungen tauchten jedesmal nur gelegentlich bei Verantwortung von
Delikten auf, niemals aber, solange er auf freiem Fuß lebte; 2. sie ent-
behren der inneren Wahrheit, es ist — trotz des angewendeten Affektes —
aus den Ausdrucksbewegungen klar, daß Pat. selbst nicht glaubt, was
er vorgibt; 3. die Behauptungen werden ähnlich übertrieben, wie man
‘es bei der Simulation zu sehen gewohnt ist. Gegen Simulation spricht
aber, 1. er fällt nie aus der Rolle, Widersprüche zeigen sich keine, die
Behauptungen werden selbst nach Jahren nicht geändert; 2. die degene-
rativ-imbezille Grundlage, 3. daß die Behauptungen ungeeignet sind,
seine rechtliche Lage zu beeinflussen.
Die Sonderstellung der zwei Varianten der Paranoianachahmung
(Paranoia imitata) verdient nicht bloß vom Standpunkt der klinischen
Systematik Beachtung, sondern besitzt in prognostischer und besonders .
forensischer Hinsicht eine Bedeutung.
einzuteilen: 1. Persönlichkeitsentwicklung (z. B. die Kraepelinsche
- Paranoia). 2. Krankheitsprozeß (z. B. Dementia praecox paranoides).
3, Krankheitsphase (z.B. eine Tabesparanoia, nicht aber eine Paranoia
bei einem Tabetiker). 4. Krankheitspräformation (z. B. Sieferts
Haftquerulant). Unter paranoischer Präformation verstehen wir eine
pathoplastische Rolle des paranoischen Bildes im Sinne einer einfachen
` Schaltung“ (Bleuler), welche sich von dèr Krankheitsphase auch
dadurch unterscheidet, daß sie eines Grundprozesses (Schlüssel-
prozesses) nicht bedarf, aber stark reaktiv (auf Schlüsselerlebnisse
z B.) anspricht. a |
Bekanntlich war eine der schwersten Fragen der klinischen
Systematik, das Verhältnis der paranoischen zu den maniacodepressiven .
“ Geisteszuständen aufzuklären. Der Wahrheit am besten entspricht
die vermittelnde Auffassung von Kraepelin, Wigert, wonach beide
Krankheiten einander beeinflussen können; so sehen wir zum Bei-
` spiel, daß ein paranoisches Bild seitens einer maniacodepressiven
Welle eine Verstärkung erlahren kann, es können aber auch um-
gekehrt maniacodepressive Bilder durch hinzutretende paranoische
Züge ausgespitzt werden. Zieht man nun alle Kombinationsmöglich-
keiten in Betracht, so findet man, daß: A. Erstens die zwei Bilder
nebeneinander vorkommen, ohne mit einander das Geringste zu tun
zu haben. (Hierher rechnen wir den in der Literatur niedergelegten
Fall von Ennen, wo einer manisch-depressiven Erkrankung nach
längerer Zeit eine querulante Phase folgte, die aber der Involution
zur Last gelegt werden müsse.) B. Die zwei Bilder können aber
auch eine nähere Verbindung’ eingehen und zwar 1. Einerseits spielt
bekanntlich die manisch-depressive Affektivität in der paranoischen
Wahngenese eine bedeutende Rolle, aber auch in der Pathoplastik
(z.B. depressive Grundstimmung bei Gaupps abortiver Paranoia).
2. Andererseits spielt im Laufe eines manisch-depressiven Prozesses
das paranoische Bild eine Rolle und zwar wiederum entweder a) als-
paranoische, querulante Präformation bei chronisch-manischen, oder
f) als eine optische Täuschung der. psychiatrischen Diagnostik, in-
folge Zuspitzung der manisch-depressiven Züge, welches Bild dem
paranoischen sehr ähnlich ist. Das letztere haben wir als Paranoia-
nachahmung (Paranoia imitata) benannt. Die Benennung wie Pseudo-
paranoia (nach Art Kraepelins Pseudoquerulant) wollten wir aus
didaktischen Gründen vermeiden. Detaillierte Krankengeschichten
stehen in der Originalmitteilung zur Verfügung.
‚Es handelte sich um einen 50 Jahre alten, unzweifelhaft chronisch-
manischen Patienten, der während des Krieges mit der von Psychiatern
gestellten und wiederholten Diagnose der Paranoia ins Spital kam, weil
er behauptete, die Tschechen treiben eine heimliche Propaganda in der
Armee und arbeiten gegen den Sieg der Monarchie. Er benahm sich
auch feindlich gegen dieselben, bemerkte und entdeckte die Spuren ‘der
damals noch geleugneten tschechischen Propaganda. Die Diagnose
Paranoia war aber falsch, weil 1. seine Behauptungen sich als Wahr-
heit erwiesen und auf die gesteigerte Beobachtung eines Manischen
zurückzuführen waren; 2. zur Korrektion seiner Behauptungen er stets
ereits war; er ist nicht a priori unbelehrbar, wie es in der Kranken-
geschichte heißt; 3.. die Vorfoisungen und Beziehungen sind nicht
gegen die eigene Person gerichtet, er kämpft nicht gegen ihn selbst
gerichtete Invektiven; 4. seine Ideen sind erledigt dt verblassen, so-
bald die Ereignisse sie überflügeln, neue Wahnideen tauchen nicht auf,
nur die chronisch-manische Geistesverfassung besteht weiter; 5. mit der
Zeit wird er Alkoholist und es tritt eine ethische Depravation in Er-
sreing, Der Fall ist also eben keine Paranoia, sondern bloß Nach- -
“mung, daher seine Benennung: Paranoiaimitation.
Die Reihe der Paranoiaimitationen ist aber damit noch nicht ab-
geschlossen. Kraepelin und Reichardt lehren auch, daß Phantasie-
produkte, Pseudologisten, sogar Hochstapler, Myihomane», wie Dupré
sie nannte, unter den Paranoischen vorkommen. Die Chamäleon-
artigkeit und die Unaufrichtigkeit ihrer Einfälle wird kennzeichnend.
RS sahen einen wiederholt vorbestraften, degeneriert-imbezillen
= ; opistan, der jedesmal, wenn er in Gefangenschaft kam, sich als
Fe Verfolgten ausgegeben hatte und mit einer Menge von
n ematisierten Verfolgungs- und sogar Größenideen herausrückte, so
rr a wiederholt auch die stolze Discacse eines ee Zu-
i es erhalten hat. Die Differentialdiagnose war ezüglich dieser
eauptungen zwischen Simulation und zwischen einer paranoischen
De a
*)
Aus der Medizinischen Universitätsklinik R.J aksch-Wartenhorst in Prag.
o Kasuistischer Beitrag |
zur Kenntnis der Milzerkrankungen. `.
| Von K. Mienzil.
Ghon und Jaksch haben in ‘der Sitzung des Ärztevereins
in Prag am 7. März 1924!) zwei Fälle von Milzerkrankungen, die
gleichzeitig an obiger Klinik beobachtet wurden, besprochen. Ich
bin vom Vorstand der Klinik beauftragt, diese Beobachtungen mit-
zuteilen. Bu | |
Im ersten Falle handelte es sich um ein primäres Lympho-
sarkom der Milz, analog einem im Jahre 1910 aus derselben Klinik
von Hauptmann?) publizierten Fall.
Frau Barbara P. ergab: Der Vater sowie eine Schwester an einer
Nierenkrankheit, die Mutter an einer Darmkrankheit, eine Schwester
an Schwindsucht, ein Bruder an einer Kinderkrankheit gestorben.
Eine Schwester, der Gatte und 4 Kinder gesund. Kein Abortus.
den Beinen. Im September 1923 traten Schmerzen in der linken
Bauchseite auf, diese vergingen und kehrten nach einem Monat wieder.
Die Untersuchung am 28. Oktober 1923 zeigte: Knochenbau und
Muskulatur kräftig, Fettpolster sehr stark entwickelt. Haut gut durch-
blutet, Schleimhäute etwas blaß. Schuppendes Ekzem in den Axillae,
submammär und am Bauch. Temp. 37°C. Starke Schweißsekretion.
Pupillen reagieren auf Licht und Konvergenz. Grobschlägiger Nystag-
mus. Lungen auskultatorisch und perkutorisch normal, Lungengrenzen
wegen des Fettpolsters nicht feststellbar. Herztöne unrein. Puls:
rhythmisch, äqual, gut gefüllt und gespannt, Frequenz 88. Abdomen
über Thoraxniveau. Großer harter Milztumor, der über handbreit
unter den Rippenbogen reicht. An den unteren Extremitäten starke
Varizen. Reflexe normal. Im Harn keine pathologischen Bestandteile.
‘ Blutbild: 5500000 Erythrozyten, 7400 Leukozyten, 413000 Throm-
bozyten. Hämoglobin 100%, = 14 g. Färbeindex: 0,9. Lymphozyten
12 %/,, große mononukleäre Leukozyten 2%,, Übergangsformen 4/,,
neutrophile polynukleäre Leukozyten 81 %/,, Eosinophile 10/,. Blutungs-
dauer: 3 Min., Gerinnungsdauer: 8 Min. T CaA
Pirquet negativ. Im Blutausstrich keine Malariaplasmodien
nachweisbar. WaR. negativ. .
Die Diagnose R. Jakschs lautete: Tumor lienis chronicus. Die
Therapie bestand in Verabreichung von Chinin. Dies mußte am.9: No-
vember wegen Schwindel, Erbrechen und Ohrensausen aufgegeben
werden. ‚Am 5. Dezember wurde die Chinintherapie neuerdings be-
gonnen und bis zum 22. Dezember fortgesetzt.
6. November 1923 Adrenalinversuch: 0,5 ccm Adrenalin (1:1000)
subkutan injiziert, die Milz innerhalb 7 Min. darauf wesentlich ver-
6200 (davon 20 %/, en) ‚auf 10400 (davon 30%, Lymphozyten).
11. November 1923 Schmerzen’ in der linken Brustseite, links ad
basim Dämpfung, Atemgeräusch und Stimmfremitus daselbst stark ab-
geschwächt. Weder durch die Probepunktion noch durch die Rönt-
genuntersuchung‘ war pleuritisches Exsudat nachzuweisen. Therapie:
Aspirin, Natr. salicyl., Kodein und feuchte Umschläge.
15. November. Röntgentiefenbestrahlung der Milz. BE
21. November. Auftreten einer Phlebitis am linken Oberschenkel
die mit Umschlägen von essigsaurer Tonerde behandelt wurde.
Am 22. Dezember verließ Patientin auf eigenes Verlangen die
Klinik, Wegen neuerlicher heftiger Schmerzen und Atemnot suchte
sie jedoch am 11. Januar 1924 wiederum das Krankenhaus auf. |
Die neuerliche Untersuchung ergab gegen früher folgende Ver-
änderungen: Links rückwärts bis in .die Höhe des V. Brustwirhels
Dämpfung, daselbst abgeschwächtes Bronchialatmen. Pulsfreqyenz 118.
Abdomen stark aufgetrieben. Der Milztumor ist in der Zwischenzeit
1) Ghon und Jaksch, M.KI. 1924, Bd. 20, S. 395,
Vorläufige Mitteilung, 2) Hauptmann, Ebenda. 1910, Bd.6, S. 265.
Die Anamnese der Patientin, einer Öö2jährigen verheirateten `
Frühere Krankheiten: Scharlach, vor einem halben Jahr Schmerzen in .
etwas hochstehend. Herzspitzenstoß nicht palpabel. Herzdämpfung
kleinert. Die Zahl der weißen Blutzellen stieg durch die Injektion von
nenn en mem nr ARE AG E ET T - . > een . 3 ——— 5
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C ee E Ir
936
1924 — MEDIZINISCHE’ KLINIK — Nr. 27.
6. Juli
stark gewachsen. Palpatorisch ist er wegen zu starker Bauchdecken-
spannung nicht abgrenzbar. Die Perkussion ergibt Dämpfung in der
linken Seite bis ee den Nabel und abwärts. bis tief unter
denselben reichend. Starkes Bauchdeckenödem. Venen am Abdomen
stark dilatiert. Starker Meteorismus. Temperatur subfebril. |
| Blutbild: 4600000 Erythrozyten, 14000 Leukozyten,. 137000
Thrombozyten. Hämoglobin 71%, = 9,3 g. Färbeindex: 0,75. Blu-
tungsdauer 3 Min., Gerinnungszeit 31/, Min. | |
Die klinische Diagnose lautete nun: Tumor lienis malignus.
Therapie: Urea pura und Tinctura Strophanthi. Eine Röntgenunter-
suchung am 14. J anuar ergab: Linksseitiger Pleuraerguß, Verdrängung
des Herzens nach rechts. Verdacht auf Myodegeneratio. Die Punktion
ergab ein hämorrhagisch-seröses Exsudat, von dem 1000 cem abge-
lassen wurden. Rivalta positiv. `
20. Januar. Hochgradige Somnolenz, Unruhe, Dyspnoe und
Zyanose, schlechter Puls. Patientin erhielt an diesem Tage 0,02
Eukodal, sowie je 2 cem Ol. camphor. subkutan.
21. Januar. Exitus letalis.
‘Aus dem Sektionsbefund (Prof. Dr. Ghon, deutsches patholog.-
anatom. Institut). Primäres lymphadenoides Sarkom der Milz mit
Nekrose und Erweichung der Easdilen Hälfte und mit adhäsiver, zum
größeren Teil sarkomatöser Perisplenitis, übergreifend in etwa.hand-
tellergroßer Ausdehnung auf den Fundus des Magens mit mehreren
Ulzerationen der Tumormasse‘ im Magen. Sekundäres Iymphadenoides
Sarkom der lienalen, peripankreatischen, epigastrischen und der para-
aortalen Lymphknoten bis herab zur Teilungsstelle der Aorta. Sekun-
'däres ERE Sarkom der Pleura visceralis an der Basis des
linken Unterlappens mit serös-hämorrhagischer Pleuritis links, bei
partieller adhäsiver Pleuritis und Pleuroperikarditis. Kompressions-
atelektase des linken Unterlappens. Sekundäres lymphadenoides Sar-
‚kom der hinteren mediastinalen Lymphknoten, einiger linker unterer
tracheobronchialer, der Lymphknoten im linken Ligamentum pulmonale
‘und der bronchopulmonalen für den linken Unterlappen. Einige -
lymphadenoide Sarkommetastasen. im linken Leberlappen. Ascites
adiposus. Thrombose der linken Vena cava inferior mit Ödem der
linken unteren Extremität. l .
Der Verlauf der Krankheit stimmte im wesentlichen mit bis-
her beschriebenen Fällen des gleichen Leidens, insbesondere mit dem
Fall von Hauptmann überein, so daß die Stellung der Diagnose
„maligner Milztumor“ noch intra vitam, freilich nach längerer Beob-
achtung, möglich ist. Klinisch bemerkenswert sind die zeitweise
heftigen, dann wieder aussetzenden Schmerzen in der Milzgegend,
der fieberfreie Verlauf und die zunehmende Anämie und Kachexie.
Das Blutbild zeigte in unserem Falle keine wesentliche Abweichung
von der Norm, ‚es bestand nur eine relative Vermehrung der neutro-
‚philen, polynukleären Leukozyten, und eine, wenn auch geringe
Thrombopenie. (Im Fall Hauptmann bestand Lymphozytose.)
Beachtenswert ist der positive Ausfall des Freyschen Adrenalin-
versuchs, durch den sichergestellt würde, daß der Tumor der Milz
angehört. Was die Therapie betrifft, kam ein operatives Eingreifen
nicht mehr in Frage, da zur Zeit des zweiten Eintritts der Patientin
in das Spital bereits Metastasen in anderen Organen festgestellt
wurden. Die Röntgenbestrahlung zeigte keinen Erfolg.
Der zweite Fall, der viel größere diagnostische Schwierig-
keiten bot, wurde durch die Sektion als Splenomegalie Typ Gaucher,
geklärt. | |
Die Patientin, eine 48jährige, verheiratete Frau Amalie Sch.
gab folgende Anamnese an: Die Mutter an Lungenentzündung, der
Vater an einer’ Gallenkrankheit, eine Schwester an einem Darmleiden
estorben. Der Gatte leidet an einem Lungenspitzenkatarrh. Keine
inder, ein Abortus im 2. Monat. Frühere Krankheiten: Masern, vor
22 Jahren Bauchfellentzündung, vor 12 Jahren Blutgang, vor 8 Jahren
Herzbeutelentzündung. Schon vor 5 Jahren bemerkte Pat. nach langem
~ Sitzen oder Gehen Schmerzen in der linken Bauchseite. Der Arzt
konstatierte Milzvergrößerung. Pat. litt häufig an Stuhlverstopfung.
Seit 5 Wochen klagt sie über Schmerzen in der linken Bauchseite,
Anschwellung des Bauches und Atemnot.
Die Untersuchung ergab: Graziler Knochenbau, schlaffe Mus-
kulatur, kein Panniculus adiposus. Haut und Schleimhäute blaß. Pupillen
reagieren in allen Qualitäten. Zunge stark gefurcht, wird gerade
hervorgestreckt. Thorax etwas faßförmig. Mammae atrophisch. Über
den Lungen vorn etwas Schachtelton, über beiden Spitzen verschärftes
Atmen, über der linken vereinzelt feuchtes Rasseln. Rückwärts nor-
maler Lungenschall,.ad basim beiderseits abgeschwächtes Atmen, rechts
ad basim leises pleurales Reiben. Herz etwas nach links verbreitert.
Herztöne klappend. 2. Aortenton akzentuiert. Abdomen über Thorax-
niveau. Milz mächtig vergrößert, etwa kindskopigroß, hart. Unterer
Leberrand ein Querfinger unter dem Rippenbogen tastbar undhart.
Aszites nicht nachweisbar. In der Sakralgegend Ödem. Reflexe nor-
mal. Puls rhythmisch, äqual, etwas gespannt, Frequenz 120. Blut-
druck 150. Harnbefund normal. War. negativ. | |
Blutbild: 3700000 Erythrozyten, 4200 Leukozyten, 166000 Trombo-
zyten, Hämoglobingehalt 56%, = 7,88 g, Färbeindex: 0,76, Lympho-
zyten 16%/,, große mononukleäre Leukozyten 40/,, Übergangsformen 5,,,
neutrophile, polynukleäre Leukozyten 75%/,. Die Erythrozyten zeigen _
Anisozytose.. ` |
| Eine auf der chirurgischen Klinik des Prof. Schloffer vorge-
nommene Fuhktionsprüfung der Nieren zeigte: Nach intramuskulärer
Injektion von 20 ccm Indigokarmin tritt rechts nach 12 Min., links
|/erst nach 25 Min. Ausscheidung des Farbstoffs ein. Links. .entleert
sich anfangs trüber, später blutiger Harn. |
10. Navember 1923 Röntgenuntersuchung des Herzens: Hyper-
trophie, vielleicht beginnende Dilatation. Verbreiterung und Sklerose
der Aorta. — = a
15. November- Röntgenuntersuchung des Darms: Zökum mit
Kontrastbrei und Luft gefüllt. Flexura lienalis tief nach abwärts ge-
drängt. Bei Luftfüllung des Kolons sieht man deutlich den unteren
Milzpol, der sich über die Flexura lienalis nach abwärts geschoben hat.
- 20, November Pyelographie: Linkes Nierenbecken nach abwärts
gedrängt. Nierenbecken und Kelche in mittlerem Grade erweitert,
vollkommen scharf konturiert. Eindellung der Wirbelsäule im Bereich
des Tumors. | |
30. November. Auftreten, zahlreicher Sugillate an den oberen
und unteren Extremitäten.
- 11. Dezember. Starke Zunahme der Zeichen hämorrhagischer
. Diathese. Im Harn Urobilin und Urobilinogen stark positiv. Im Blut |
„Hijmans van den Bergh“ direkt negativ. | 3
. 12. Dezember 3 drenslinversuch: Nach Injektion von i ccm
Adrenalin (1:1000) subkutan keine Verkleinerung der Milz nach-
weisbar. Im Blut keine Veränderungen an den roten und weißen
Blutzellen, keine myeloischen Elemente. Eine 1/2 Stunde nach der
Injektion heftiger Tremor, Schweißausbruch, Angstgefühl und Blässe.
16. Dezember. Auftreten kachektischer Ödeme an den unteren
Extremitäten. j Zu
10. Januar 1924. Physikalisch Aszites nachweisbar. Die Probe-
punktion ergibt ein serös-hämorrhagisches Exsudat, in demselben sind
zahlreiche weiße Blutzellen, vorwiegend Lymphozyten,: jedoch keine.
Tuberkelbazillen nachweisbar. 2
. 13. Januar. Die gynäkologische Untersuchung ergibt Flüssigkeit
hinter dem Vaginalgewölbe, unentschieden ob Zysteoder freie Flüssigkeit.
Am 17. Januar wurden 200, am 18. Januar 400 ccm Aszites
durch Punktion entleert, was eine’ vorübergehende Besserung des sub-
_ jektiven Befindens bewirkte.
22. Januar. Zahl derErythrozyten3 100000, der Thrombozyten 31'000.
5. Februar. Extius letalis. |
Der Sektionsbefund (Prof. Ghon, Deutsches patholog.-anatom.
Institut) ergab: Chronische, adhäsive, tuberkulöse Peritonitis mit Ver-
wachsungen der en untereinander, z. T. mit den übrigen
| Bauchorganen und der Bauchwand, nächst mäßig reichlichem serös-
hämorrhagischen Exsudat. Ein hanfkorngroßer, subpleuraler Kalkherd
nach Tbc. in der unteren vorderen Spitze des rechten Oberlappens.
Partielle Verkalkung einiger bronchopulmonaler und tracheobronchialer
Lymphknoten der rechten Seite. Zerstreute miliare Tuberkel der
Lunge. Totale Verwachsung des Herzbeutels mit dem Herzen. Athero-
sklerose mäßigen Grades des Aortensegels, der Mitralis und geringen
Grades der Aorta oberhalb der Klappen. Hochgradige Sklerose der
Koronargefäße und der Arteria lienalis, sowie ihrer Milzäste, auch der
kleineren, mit einem nußgroßen, in der Wand verkalkten Anewrysma
am Milzhilus. Mächtiger chronischer Milztumor (750 g schwer,
21:12:7 cm) mit adhäsiver Perisplenitis (Zuckergußmilz). Leber-
zirrhose geringen Grades, Cholelithiasis mit zahlreichen kleinen
Gallensteinen. Starke Druckatrophie der linken Niere mit dorsoven-
traler Abplattung durch den Milztumor. Geringe Hydronephrose links.
Ein haselnußgroßes Adenom im unteren Pol: des linken Schilddrüsen-
lappens mit regressiven Veränderungen. Partielle adhäsive Pleuritis
links und Pleuroperikarditis beiderseits. Anämie und Kachexie. Die
histologische Untersuchung der Milz ergibt den typischen Befund der
Splenomegalie Gaucher mit Arteriolensklerose und einzelnen Tuberkeln.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Peritonitis tuberculosa.
Der klinische Verlauf dieses Falles bot keine Möglichkeit zur
Stellung einer sicheren Diagnose. Da der Adrenalinversuch negativ
ausfiel, wohl infolge der perisplenitischen Adhäsionen, und eine
Funktionsstörung der linken Niere nachgewiesen wurde, die, ‘wie
die Sektion zeigte, allerdings durch Druck des Tumors auf die
Niere zu erklären war, wurde zunächst an einen Grawitztumor ge-
dacht. Durch wiederholte Röntgenaufnahmen und die Pyelographie
wurde schließlich sichergestellt, daß der Tumor der Milz angehörte,
“und die klinische Diagnose lautete daher „chronischer Milztumor“.
Mit Rücksicht auf die Familienanamnese, sowie Veränderungen in
den Lungen bestand auch der Verdacht, daB es sich um einen
tuberkulösen Prozeß handeln könnte. Für einen Fall von Gaucher.
‘fehlten die wichtigsten Symptome, als abnorme Pigmentierungen,
Knochenschmerzen, Lymphdrüsenschwellungen, auch bot die Anamnese
gar keinen Anhaltspunkt für einen familiären Bestand des Leidens.
Bemerkenswert war das Auftreten der hämorrhagischen Diathese,
der Ödeme, sowie die hochgradige Thrombopenie. |
Die Therapie mußte sich auf ein rein symptomatisches Vor-
gehen beschränken. Die Patientin erhielt Eukodal, zuletzt Mor-
w~
| phium, ferner Hämostyptika, wie Koagulen, Calcium ‘chlorat. und ı
` Calcium lacticum. Die Splenektomie konnte nicht’ vorgenommen
„werden, da die operativen Kliniken wegen des schlechten Allgemein-
befindens der Patientin jeden Eingriff ‚ablehnten. Aus dem gleichen
Grunde war auch eine Röntgentherapie unmöglich: |
Der beschriebene Fall zeigt also, daß auch mit unseren
modernen Hilfsmitteln die Diagnose einer Splenomegalie Gaucher
klinisch nieht mit Sicherheit gestellt werden kann. |
Aus der II. Inneren Abteilung des Rudolf Virchow -Krankenhauses
(dirig. Arzt: Prof. Dr. K. Brandenburg).
Aderlaß mittels des Potainschen Aspirators.
Von Dr. Rudolf Unger.
Die für die Ausführung des Aderlasses üblichen Methoden
(Punktion der gestauten Vene mit einer Kanüle bzw. Anschneiden
der Vene mit einem Skalpell oder dergl.) erweisen sich häufig als
unzulänglich.. Gerade in vielen dringenden Fällen (z. B. Ver-
giftungen usw.), bei denen ein ausgiebiger Aderlaß angewendet
wird, tritt nicht selten der Fall ein, daß der Abfluß des Blutes
nach kurzer Zeit sich immer mehr verlangsamt und schließlich
ganz zum Stehen kommt. Durch die geringe Ausflußgeschwindigkeit,
mitunter auch durch vermehrte Gerinnungsfähigkeit des Blutes
gerinnt das Blut in der Kanüle bzw. an der Schnittstelle und ver-
sperrt sich dadurch selbst den Weg, so daß dann auch durch passive
Beschleunigung des Blutflusses in den Venen, z. B. durch Öffnen
‚ und Schließen der Hand, durch Streichen des Unterarmes usw.,
kein weiterer Blutabfluß zu erzielen ist. Hämatombildung durch
wiederholte Einstiche, eine mit Blut befleckte Umgebung sowie ein
aufgeregter Patient sind schließlich das Ergebnis eines solchen
unvollkommenen Aderlasses. | Ä
Um die geschilderten, durch Stockung des Blutabflusses be-
dingten Schwierigkeiten zu vermeiden, hat sich uns die Anwendung
auch für die Ausführung des Aderlasses sehr gut bewährt. Die
Technik ist sehr einfach und ähnlich der bei Pleurapunktionen.
Benutzt wird zweckmäßig ein graduierter Rezipient. Als Schlauch-
leitungen dienen Gummischläuche, die ein etwa 1 bis 2 mm starkes
Lumen und, zur Vermeidung des Zusammenfallens bei der Aspiration,
eine möglichst dicke Wandung besitzen. Der eine Schlauch führt
vie üblich zu der Lultpumpe, auf den anderen, in ein konisches
Mundstück‘ auslaufenden Schlauch wird eine Straußsche Kanüle
aulgesteckt. Aus dem Rezipienten wird nun Luft angesaugt und
m —n
ur
dam, während beide Ventile geschlossen sind, die Kanüle in die
gestaute Vene eingestochen. Wenn die Kanüle in der Vene liegt,
wird das Ventil des die Kanüle tragenden Schlauches geöffnet. .
ach wenigen Augenblicken läuft dann in ruhigem, kontinuierlichem
‚ Strahle das Blut in die Flasche. Soll der Aderlaß beendet werden,
so wird nach Aufheben der Stauung der Schlauch hinter der Kanüle
mit den Fingern fest komprimiert, die noch am Schlauche steckende
Kanüle aus der Vene herausgezogen und dann sofort in einen mit.
Wasser gefüllten Behälter eingetaucht. Es wird auf diese Weise
Wasser durch den mit Blut gefüllten Schlauch nachgezogen und
eine Verstopfung desselben durch gerinnendes Blut vermieden.
‚ Diese Art des Aderlassens hat sich auch in vielen Fällen,
bei denen wegen Anasarka, enger Venen usw. mit den bisher an-
gewandten Methoden nur ganz geringe Blutmengen abgelassen werden
ounten, sehr gut bewährt, Mengen von 500 cem und darüber
wurden verschiedentlich in verhältnismäßig kurzer Zeit ohne Störungen
abgenommen. Trat einmal eine Verlangsamung des Abflusses ein,
die sich durch Tröpfeln des Blutes kennzeichnet, so konnte diese
‚ung durch Zusammenpressen des zuführenden Schlauches für
einige Sekunden und durch Öffnen und Schließen der Hand des
törung
Patienten jedesmal rasch beseitigt werden.
Irgendwelche Gefahren sind bei der Anwendung des Potainschen
Pparates nicht zu befürchten, es sei denn, es werde in dem
Rezipienten statt einer Luftverdünnung eine Luftverdichtung durch
falschen Anschluß der Luftpumpe erzeugt und dann nach dem Ein-
stechen der Kanüle Luft in die Vene eingeblasen. Eine Funktions-
| ne Apparates, die vor jedem Aderlaß leicht auszuführen ist
In Kurze
gesteckte Kanüle) besteht, dürfte diese Gefahr der Luftembolie völlig
vermeiden lassen.
Blut Bei der Reinigung des Rezipienten ist manchmal das geronnene
W
Es hat sich daher als zweckmäßig erwiesen, in die Flasche vor dem
aa ur Wr „ardian a. teri o e a i s
des für Pleurapunktionen viel benutzten Potainschen Aspirators
m Ansaugen von Borwasser oder dergl. (ohne auf-
egen des engen Flaschenhalses etwas schwierig zu entfernen.
\
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ne.2t. f 937
`~
Aderlaß ‚eine geringe Menge einer blutgerinnungshemmenden Sub-
stanz (Natrium fluoratum oder dergl.) zu bringen und das Blut
während des Aderlasses einige Male zu schütteln.
Die. zuverlässige und saubere Ausführung des Aderlassens
mit dem Potainschen Aspirator läßt diese Methode nicht nur für
die Klinik, sondern vor allem auch für den praktischen Arzt als
sehr zweckmäßig erscheinen. í
Operationen unter lokaler Anämie durch einfaches
Hochlagern des Gliedes.
Von Dr. Rudolf Pichler,
Primararzt am Landeskrankenhause in Villach.
Durch einfache Hochlagerung, das heißt senkrechtes Erheben
einer Extremität, können wir deren peripheren Abschnitt so blutleer
machen, daß wir diese Blutleere zur Durchführung von Operationen
verwenden können, als vollwertigen Ersatz für die Esmarchsche
Blutleere. i
Schon Esmarch sagt in seinem Handbuch der kriegschirurgi-
schen Technik: Die Blutzufuhr wird ganz erheblich eingeschränkt
durch senkrechte Erhebung des Gliedes. Im allgemeinen jedoch
wird von dieser Methode der Blutsparung recht wenig Gebrauch ge-
macht. Daß dies aber doch der Fall ist, jedoch dieses Vorgehen
als nach den Regeln der Kunst durchzuführende Methode wenigstens
in weiten Kreisen so gut wie unbekannt 'zu sein scheint, geht aus
den Worten Biers hervor, welcher sie anwendet, jedoch „als offenbar
nicht bekannt“ bezeichnet.
scheinlich, daß die Methode doch auch von dem einen oder andern
Fachkollegen angewendet wird; aber erst die Bemerkung Biers?)
hat mich dazu veranlaßt, auf diese an meiner Abteilung seit Jahren
eingebürgerte Methode in der Öffentlichkeit hinzuweisen. e
Sie wird folgendermaßen ausgeführt: Das betreffende Glied:
an welchem operiert werden soll, Arm oder Bein, wird vertikal ge-
halten, auf ein Tischehen hochgelagert, während der ganze übrige
Körper auf dem Fußboden oder einer niedrigen Tragbahre ruht.
Es genügt nun schon die geringe, allgemein übliche Menge eines
Nebennierenpräparates, dem Lokalanästhetikum zugesetzt, um nach
etwa 10 Minuten an der Hand oder dem Fuße unter Blutleere
operieren zu können. Wir führen Operationen an der Hand aller .
Art, z. B. Entfernung von Fremdkörpern, bis zur Amputation ober
dem Handgelenke, wo allerdings die beiden Hauptarterien spritzen;
Amputationen im Bereiche des Fußes bis zur supramalleolaren, mit
nur ganz geringer, absolut nicht störender Blutung aus. Von
besonderem Vorteil ist das Verfahren für die Lokalanästhesie, da
ein fest angezogener Esmarchscher Schlauch außerordentlich
schmerzhaft ist und die Anwendung der lokalen Anästhesie eigent-
"lich illusorisch macht, wenn man sich nicht der bedeutenden. Mühe
‚unterziehen will, das betreffende Glied an der Schnürstelle in
seinem ganzen Querschnitte zu infiltrieren, wie dies an der Wölfler-
schen Klinik in Prag gemacht wurde.
Wir haben wiederholt zum Zwecke der Demonstration der
Leistungsfähigkeit der Methode bei einem Individuum unter auf.
beiden Seiten gleichen Bedingungen, z. B. bei Erfrierungen beider
Füße, auf der einen Seite unter steiler Hochlagerung, auf der andern
ohne dieselbe operiert und konnten.uns jedesmal von der Leistungs-
fähigkeit des Verfahrens überzeugen. Da dieses Verfahren insbe-
sondere für zahlreiche kleinere, typische Operationen, welche auch
außerhalb der Klinik ausgeführt werden können, in Betracht kommt,
halte ich es für gerechtfertigt, hier darauf aufmerksam zu machen
und es zu empfehlen.
A
Aus der Nervenabteilung des allgemeinen Krankenhauses in Lemberg
(Prim. Dr. Domaszewicz).
Über die Wirkung kleiner Atropin- und Pilokarpindosen |
bei simultaner Injektion.
Von Dr. phil. et med. Stephan Baley.
Seitdem man angefangen hat, die sympathiko- und vagotropen
Pharmaka intravenös zu injizieren, weiß man, daß alle oder we-
nigstens die meisten unter ihnen eigentlich amphotrop sind, wobei
die Wirkung vorwiegend von der Größe der injizierten Dosis ab-
| hängig ist. So kann man mit demselben Mittel zwei einander ge-
wissermaßen entgegengesetzte Wirkungen erzielen, wenn nur die
1) Zbl. £. Chir. 1924, Nr. 1/2.
Ich halte es zum mindesten für wahr-
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6. Juli
938 - 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
E
‘Dosen entsprechend bemessen werden‘). So verlangsamt z. B.
Atropin in kleiner Dosis den Puls, während es in einer größeren
Gabe den Herzrhythmus beschleunigt. Ähnliches gilt von Ad-
renalin. i | |
Während man äber die Wirkungen größerer Dosen dieser
Mittel einigermaßen genauer kennen gelernt hat, ist man weit davon
entfernt, die Folgen der kleinen genau zu kennen. -Man ist hier
erst am Anfang des Studiums derselben. |
Die vom Primarius unserer Abteilung Dr. Domaszewicz mi
anvertraute Aufgabe, das vegetative System unserer Patienten zu
prüfen, bot mir Gelegenheit, dem Gebiete dieser Untersuchungen
näher zu treten. Von diesen Untersuchungen, die bis jetzt noch
nicht abgeschlossen sind, möchte ich manches kurz berichten, was
sich auf die Wirkungen kleiner Atropin- und Pilokarpindosen be-
zieht, und zwar im Falle simultaner Einführung dieser beiden Mittel
in den Blutkreislauf. . ni E
Zuerst eine Feststellung über die Wirkungen des Atropins
selbst. Ich habe auf dieser Abteilung Gelegenheit gehabt, zwei
Fälle vasomotorischer Neurosen genauer zu beobachten, bei, denen
lästige Blutkongestionen in den einzelnen Körperorganen, verbunden
mit Gefühl der Hitze die hauptsächlichsten Beschwerden der Kranken.
bildeten. Diese Hitzeanfälle gingen in der Regel mit ausgesprochener
Tachykardie einher. Ich konnte mich nun überzeugen, daß kleine
Atropindosen (0,00025 g Atrop. sulf.), intravenös injiziert, die Puls-
frequenz bei diesen Kranken um 16 und .mehr Pulsschläge in der
"Minute verminderten, wobei diese Verlangsamung länger anbhielt
und den Kranken sichtliche Erleichterung brachte. Es kann somit
Atropin als Mittel” gegen Tachykardie Verwendung finden, wie es
andererseits in größerer Dosis als ein die Bradykardie sistierendes
Mittel empfohlen wird. In beiden Fällen ging diese Pulsverlang-
samung mit vermehrter Speichelsekretion einher. | |
(In einem der Fälle wirkte diese Atropindosis auch abführend,
‘so daß sie hier als wirksames Mittel gegen habituelle Obstipation
Ein anderer Effekt der Injektion scheint mir aber bemerkens-
werter, obwohl er nicht immer zu beobachten ist, und zwar ein
ausgesprochenes Kältegefühl, das sich während der zweiten Phase
manchmal: auch dort einstellt, wo beide Mittel für sich allein das-
selbe nicht 'zuwege brachten. War dieses Gefühl nach der ersten
"Einspritzung noch nicht da, ‚so kann es durch die zweite hervor-
gerufen, eventuell verstärkt und beständiger gemacht werden. Wie
intensiv diese subjektiv empfundene Abkühlung werden kann, konnte
-
ich mich bei den schon erwähnten zwei Fällen von vasomotorischer
Neurose überzeugen. Die für die Patienten lästigen Anfälle der
Gesichtsrötung, verbunden mit Hitzegefühl und Tachykardie, welche
‘oft mehrere Stunden lang andauerten, konnten durch eine solche
(eventuell wiederholte) Atropin-Pilokarpindosis sistiert werden.
Nieht nur das subjektive Gefühl der Hitze machte einem Gefühl
der Abkühlung Platz, sondern auch ‚objektiv konnte man ein Ab-
blassen der Gesichtsröte feststellen. Daß auch die Pulsfrequenz
dabei geringer wurde, wissen wir aus dem vorher Gesagten.
Es soll natürlich damit nicht behauptet werden, man könne
- die Neurose selbst durch eine. solche Therapie zur Heilung bringen;
dem Arzt muß es aber vorderhand doch eine gewisse Genugtuung
verschaffen, wenigstens vorübergehend ein Krankheitssymptom zum
Schwinden zu bringen, oder zu schwächen, welches sonst so schwer
beeinflußbar ist. * | Fu E
= Es folgen zwei Tabellen, die das vorher Gesagte an einem Bei-.
spiel illustrieren sollen. | a z
N..N. (Vasomotorische Neurose.)
III
Zeit Pols | 3 "Anmerkungen
frequenz
nn
Vor d. Injektion | 96 Gefübl der Hitze im Kopf. Beide Wangen ‚gerötet,
. die rechte mehr. |
‚ ga sup: 11Uhr48 Min| — Einspritzung, a 0,002 Pilocarp. bydrochl. -+ 0,00025
mit sicherem Erfolg verwendet werden konnte, während alle üblichen 1. 48y 08 Inne stärker gerðtet; Hitzegefühl intensiver:
Abführmittel versagten). | i 11 ” 49 a 84 | Kein stärkeres Hitzegefübl. Es ist wie vor der Ein-
So kann also mit Atropin eine reine- Vagusreizung erzielt u An N. spritzung. _
werden, was bekanntlich mit Pilokarpin, das in der Regel eine Puls- | I » BO . y 8t | l BR
beschleunigung hervorruft, nicht leicht zu erreichen ist. 11 „ 50, „ 80 | Vermehrte Speichelsekretion.
Bei manchen Personen wird diese Atropin-Bradykardie vom er Do k n A Ä |
_ Gefühl der Kälte begleitet, eine Erscheinung, die weniger konstant | 19 ° o >? 84 |
ist, als diejenige der Pulsverlangsamung. Ä 12 n 08 i — `| Wiederholung der Injektion. yi
| Was Pilokarpin allein anbelangt, so ruft- es, auch in ganz | 12 „ 081, „ 9% | Hitzegefühl, aber weniger stark als nach der ersten
kleinen Dosen (etwa: 0,002 g Pilocarpini hydrochlor.) eine Pulsbe- | 19 _ 09 80 ran E E a TS
schlewnigung hervor, eine Regel, die aber nicht ohne Ausnahmen | 12 > 091 . 76
gilt. Manche Personen mit reizbarem Vagus reagieren nämlich auf | 12 2 10 „| 78
‚diese Dosis sogleich mit Pulsverlangsamung. Viel häufiger ge- | 12 „1 „ 80
schieht es aber, daß eine erste Phase der Pulsbeschleunigung ver- | 12 „ 12. y 78 : f ER
bunden mit Gesiehtsrötung und subjektivem Hitzegefühl von einer 12 „ 38 „ 78 | Gefühl der innerlichen Abkühlung; es ist jetzt mehr
zweiten Phase abgelöst wird, in welcher der Puls verlangsamt ist
und manche Personen auch Kälte und Frösteln empfinden. |
Atropin und Pilokarpin gelten als antagonistische Mittel. Da
aber kleine Atropindosen eine (gleichviel auf welchem Wege) vago-
. trope Wirkung entfalten, so sind die Folgen einer simultanen Ap-
plikation beider Mittel a priori nicht leicht vorauszusehen. Die
diesbezüglichen Versuche haben uns Folgendes erwiesen: Injiziert
man z. B. 0,002 g Pilokarpin und 0,00025 g Atropin gleichzeitig in
die Vene, so sieht man vor allem, daß die gewöhnliche erste Phase
der Pilokarpinwirkung (Pulsbeschleunigung, Gesichtsrötung, Hitze-
gefühl) dureh die Wirkung des Atropins abgekürzt und vermindert,
manchmal sogar vollkommen aufgehoben wird. 1—2 Minuten nach
kühl als vor der Einspritzung. Objektiv: Rötung
des Gesichtes im Abblassen begriffen. — `
Atropin allein in der Dosis von 0,00025—0,0005 g ruft bei dieser |
Kranken eine ungefähr gleich große Pulsverlangsamung hervor, ver-
ursacht aber kein Gefühl der Kälte. u Ä
X. Y. (Gesund, vagotonisch.)
neuen m = Fa z ĖS , : r
Zeit eng | Anmerkungen
quen | [IL nn — nn
Vor d. Injektion |70-68-76| Puls unregelmäßig. er
12 Uhr 33: Min. — Injektion von 0,002 Pilocarpin. hydrochlor. + 0,00025
i STi i i Atropin. suli. j
der Injektion kommt dann die zweite länger anhaltende Phase, die | 12 „ 331% „ 80 Hitzegefähl, Rötung der Wangen, vermehrte Speichel-
sich in der Regel vor allem durch verlangsamten Puls auszeichnet. | 19 34 . 80 Beam Nob:
Diese Verlangsamung ist häufig etwas weniger ausgesprochen als | 12 > 341, , 76 |Kein Hitzegefühl mehr.
bei Anwendung von Atropin allein, manchmal aber ebenso groB | 12 „ 35 „ 79 nn |
‚oder sogar etwas größer; in vielen Fällen dauert sie auch länger | 12 „ 351, „ 68 Ausgesprochenes Kältegefühl, das sich über den ganzen
an. (Wirkt Atropin abführend, so wird diese Wirkung durch | 10 _ 36 | g Körper ergießt; am stärksten im Rücken.
gleichzeitige Darreichung des Pilokarpins aufgehoben). otia” ggo >” 70
Injiziert man die gleiche kombinierte Dosis nach etwa zehn | 12 „ 39 i 68
Minuten noch einmal
, so wird die früher eventuell vorhandene erste
Phase noch unbedeutender und kürzer. Manchmal tritt jetzt bei
der zweiten Einspritzung von vornherein eine Verminderung der
Pulsfrequenz ein, wenn auch die erste Einspritzung eine vorüber-
gehende Beschleunigung zur Folge hatte. i
12 > 45 „ 68
-O Bei dieser Versuchsperson ruft auch Atropin allein Kältegefühl
| hervor, das aber etwas schwächer ist als bei kombinierter Dosis.
1) D. Daniölopolu, Les épreuves vegetatives. Presse médicale -
1923. — Platz, Die pharmakologische Prüfung des vegetativen N i
systems. KI. W. 1908. 8! g getativen Nerven
' besten Richtlinien vorgenommenen Eingriffen nach
‚ neuerlich die alten: Beschwerden’ aufgetreten waren. Wir werden
6. Jali -
Aus der Chirargischen Abteilung des Staatsspitales in Abrud, Rumänien
(Primärarzt: Dr. Vietor Carl Irk). |
Zur spezifisch- unspezifischen Behandlung der
komplizierten weiblichen Gonorrhoe mit Gono-Yatren.
Von Victor Carl Irk.
Die Gesichtspunkte der kombinierten spezifisch-unspezifischen
Therapie, welche zuerst von Keining inauguriert wurden, führten
denselben Autor zum Gedanken der Herstellung eines spezifisch-
= unspezifischen Heilmiitels der Gonokokkeninfektion.
Einschlägige Arbeiten, welche sich zum Teil noch mit der nicht
kombinierten, unspezifischen Behandlung eingehender befassen, liegen
“uns von Abel, Herbeck, Simon und Friedr. Wolff vor.
Durch das Entgegenkommen der Behring-Werke waren wir in
die Lage versetzt, an einer großen Menge von Kranken die Behand-
lung vorzunehmen. |
Es soll vorweggenommen werden, daß wir bei der Auswahl
unserer Kranken, welche für diese Behandlung bestimmt wurden,
vorsichtig zu Werke gingen. ae
Ausgeschlossen haben wir jene Fälle, bei welchen ausgedehnte
Dünndarmadhäsionen an die. erkrankten Ädnexe mit zeitweise auf-
tretenden Kolikanfällen durch anamnestische Angaben oder klinische
Beobachtung festzustehen schienen, worin natürlich die fast regel-
mäßigen Adhäsionen des Sigmoideum an die entzündliche Tube nicht
inbegriffen waren. a
Die Gefahr eines Strangulationsileus, in der sich solche Pat.,
wie uns mehrere Fälle bewiesen, ständig befinden, hat hier den Aus-
schlag für das operative Vorgehen gegeben. Ausgeschlossen wurden
auch die Doppelfälle Sal Es Appendizitis, weil uns die chronische
Appendizitis selbst bei Hestählnder Gonorrhoe niemals sicher als se-
kundäre Erkrankung erschienen ist, und weil wir in solchen Fällen.
el Flesch nach Appendektomie ein fast schlagartiges Zurückgehen
er ee Symptome, ja selbst der metritischen Erschei-
nungen sahen,
Gleichgiltig war es für unsere Auswahl, ob der Prozeß chronisch
oder akut war. Auch bereits salpingektomierten Fällen mit rück-.
fälligen Beschwerden haben. wir die Behandlung zuteil werden lassen,
wobei es sich um: sog. Stumpfexsudate oder Dei einseitiger Adnex-
entfernung um eine neuerliche Erkrankung nunmehr der anderen Seite,
endlich auch um jene Fälle handelte, wo trotz ursprünglich nach den
ahr und Tag
später noch auf diese Fälle zu sprechen kommen. |
Schwieriger 'war allerdings die Auswahl nach dem Gesichts-
Pia zu treffen, daß wir nur rein gonorrhoische Prozesse zur Be-
andlung mit dem Mittel nehmen wollten, dem wir eine spezifische
Wirkung gerade auf diese Prozesse zumuteten. :
. Döderlein sagt im Anschluß an seine in der „Operativen
. Gynäkologie, Aufl. 1921“ angeführten Statistik der Freiburger Frauen-
klinik über den Ursprung der endo- und perisalpingitischen Adnex-
erkrankungen, worin- die gonorrhoische Ätiologie mit 43%, angegeben
wird, daß sich dieses Verhältnis nach den verschiedenen Gegenden
verschieden gestalten wird. Für unsere Gegend ist nun jedenfalls, da
die Gonorrhoe leider eine endemische Krankheit darstellt, eine viel
höhere Verhältniszahl anzunehmen. Außerdem ist die Infektionsmög-
lichkeit der Tuben mit septischen oder saprischen Keimen von der
Scheide aus unter- nicht puerperalen Verhältnissen des Uterus wohl
kaum anzunehmen, die Infektion mit solchen Keimen auf hämatogenem
“Wege steht aber durchaus nicht fest und ist auch unwahrscheinlich.
. Von diesen Erwägungen aus dürften wir wohl bei der über-
wiegenden Mehrzahl unserer Kranken den gonorrhoischen Ursprung,
gestützt außerdem auf positiven Gonokokkenbefund im Zervikalsekret
als wahrscheinlich annehmen, müssen aber zugeben, daß wir eine un-
bedingte Sicherheit für unsere Annahme in vereinzelten Fällen nicht
Pisten Es waren das Fälle, bei denen aus anamnestischen Angaben
Aura hervorging, daß sich das Leiden nach einer Geburt oder einem
ortus mit fieberhaftem Puerperium verschlechtert hat. Und da
müssen wir zugeben, daß die Zahl dieser Fälle in unserer Gegend, wo
m hygienischen Verhältnisse der Geburt und des Wochenbettes viel-
aca noch recht ungünstige sind, gar nicht so selten waren. Finden
Wir bei solchen Frauen positiven Gonokokkenbefund im Zervikalsekret,
1 beweist das eben noch immer nicht zur Gänze den gonorrhoischen
"sprung der gleichzeitigen Adnexerkrankung, vielleicht aber eine be-
stehende Mischinfektion. u.
FE a Weiteren ran werden soll, scheint — wenn es er-
se ee aus dem Grade des therapeutischen Erfolges einen Rück-
sch En ziehen — ein immer wiederkehrendes Bild des therapeuti-
en Endergebnisses unsere Anschauung zu stützen. IE:
“ maa eindeutig schienen uns jene Fälle zu sein, bei welchen
5 Eys bestehender Gonorrhoe der unteren Genitalwege eine akute
ee sübakute Adnexerkrankung vorlag oder Fälle, bei denen keine
il Si gehenden zweideutigen Störungen des Wochenbettverlaufes das
getrübt hatten. l
übergegangen. |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.27. 0000 989°
Die behandelten Fälle mußten in verschiedene Gruppen ein-
geteilt werden. und die therapeutischen Erfahrungen und Erfolge
konnten bei allen Formen nicht die gleichen sein. en,
Was die Behandlungsform selbst anbelangt, so sind wir nach
zwei Typen vorgegangen: Wir behandelten einen Teil ‚rein schema-
tisch, den anderen Teil der Kranken individualisierend., Im allgemeinen
haben wir grundsätzlich zunächst eine schematische Therapie im Auge
ehabt, um das Bild der Erfahrungen einheitlicher zu gestalten, haben
iese Form bei einer ganzem Reihe von Kranken beibehalten können
und sind bei unerwünscht starken oder schwachen Allgemein- (A.R.)
oder Lokalreaktionen (L.R.) zur individualisierenden Behandlungsform
rsprünglich haben wir je 21}, cem Gono-Yatren B in 6 Stärken
in gleicher Dosierung für jede Stärke intravenös in nun e-
bracht, in letzter Zeit verwendeten wir nur mehr Gono-Yatren B IV
in verschiedener Dosierung und haben damit die gleichen Erfahrungen
und Erfolge gehabt. “u |
Unser Behandlungsplan stellte sich folgendermaßen dar:
Frische Infektionen erhielten gleich anfangs die Höchstmenge von‘
Gono-Yatren B VI 21/, ecem bzw. Gono-Yatren B IV 21/, com intra-
venös. Waren A.R. und L.R. in gewünschten Grenzen, so in-
jizierten wir nach 2 Tagen die gleiche Menge. |
eine typische Lokalbehandlung durchgeführt. Mehr als 6 Injektionen
im ganzen würden hierbei nicht verabreicht. Ein Teil der Fälle
verlief hierauf gleichartig. Gewöhnlich nach der 2., manchmal im
Anschluß an die 3. Injektion klangen die Erscheinungen objektiv
| und subjektiv ab, die für die ersten Tage angeordnete Bettruhe
wurde nicht mehr streng beibehalten, wir ließen die Kranken nur
mehr nach jeder Injektion für einige Stunden im Bett, bis die ge-
wöhnlich 2—3 Stunden dauernde Reaktion abgeklungen war.
Mit dem Aufhören der klinischen Erscheinungen ging auch
die Temperatur nach jeder folgenden Injektion weniger in die Höhe.
Das ursprünglich diekflüssige Zervikalsekret wurde dünnflüssiger,
sein eitriger Charakter verschwand, der Gonokokkenbefund war
negativ geworden. Nach Ablauf von 14 Tagen seit Beginn der
Behandlung waren selbst solche Kranke subjektiv und klinisch als
geheilt anzusprechen, welche uns mit heftigen Beschwerden und
Erscheinungen zugegangen waren. Im allgemeinen hat jedoch nur
der kleinere Teil in dieser Weise reagiert, während wir bei einem
größeren Teil der Fälle gleich nach der 1. oder 2. Injektion zur
individualisierenden Behandlung übergehen mußten.
Als Anzeige zur Aufgabe der schematischen Behandlung
haben wir vollkommen fehlende oder überstarke A.R. und L.R.,
Temperaturen über 38,5, durch mehr als 3 Stunden hindurch schwer
gestörtes Allgemeinbefinden, Erbrechen, übermäßige Schmerzhaftig-
keit der erkrankten Organe aufgefaßt. In diesen Fällen sind wir
sofort auf höhere bzw. niedrigere Injektionsmengen übergegangen,
haben bei den weiteren Injektionen die Dosis nach genauer Beob-
achtung der A.R. und L.R. gesteigert und das Intervall zwischen
den einzelnen Injektionen gewählt. Es liegt auf der Hand, daß
sich besondere Regeln hierfür nicht aufstellen lassen, immer wird
jedoch genaue Beobachtung der Kranken den richtigen Behandlungs--
plan finden lassen, und wir möchten in diesem Sinne einer ambu-
latorischen Anwendung des Gono-Yatren auch widerraten. Immer
gelang es, des Prozesses Herr zu werden, wenn sich auch die Be-
handlungsdauer länger hinzog. Alle unsere Kranken mit frischer
Infektion und individualisierender Behandlung boten schließlich
nach Ablauf von 4 Wochen das Bild klinischer Heilung ohne Rest-
störung dar. Alle frischen Formen, wozu auch noch nicht mehr
als 6—8 Wochen. zurückliegende Fälle gerechnet werden können,
gaben therapeutisch einen ausgezeichneten, man könnte fast sagen
verblüffenden Erfolg in einer relativ kurzen Zeit. Versager, Halb-
erfolge haben wir bei Behandlung dieser Form der Erkrankung
nicht beobachten können. zZ
Wesentlich anders, vielfach komplizierter, stellte sich der
klinische und therapeutische Verlauf der nicht frischen, der chroni-
schen, auf viele Monate oder Jahre zurückreichenden Adnexerkran-
kungen oder Endometritiden dar. Auch hier haben wir zunächst
grundsätzlich beabsichtigt, durch eine Schemabehandlung den Spiel-
raum der Behandlung einfacher zu begrenzen. Wir haben die Be-
handlung mit Gono-Yatren B St. 121/, cem oder G.-Y. St. IV 0,5 com
intravenös begonnen, um dann zur Stärke VI bzw. St. IV 21/, ccm
(im letzteren Falle pro dosi um 0,25 ccm steigend) zu gelangen.
Ein kleiner Teil der Fälle hat auf diese Form der Behandlung
gut angesprochen, die Fälle kamen mit durchschnittlich 6—12 In-
jektionen (die einmal erreichte Höchstdosis wurde bis zum Ende
beibehalten) zur Heilung. Dies war um so erstaunlicher, als sich
darunter Fälle befanden, welche seit Jabr und Tag mit den ver-
Gleichzeitig wurde _
u O TE TEE rar ER mr. mie, u.
—
mn eg rn
ae a ne
19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.2. 6. Jali
schiedensten Mitteln. auch von uns selbst ohne Erfolg behandelt
‘worden waren. Auch hier wurde festgestellt, daß Hand in Hand
mit dem Abklingen der klinischen Erscheinungen auch die Reaktions-
breite jeder neuen Einspritzung sich verminderte. Aber .die Zahl
der so schematisch sich abwickelnden Fälle war gering gegen die
übrigen, welche so recht, wie Friedr. Wolff sagt, ein „kaleidoskop-
artiges Bild“ darboten. |
| ‚Einmal bekamen die Frauen gleich nach der ersten Injektion
so heftige Erscheinungen, daß wir mit der Dosis noch mehr herunter-
gehen mußten, dann hatten wieder . zwei aufeinanderfolgende In-
jektionen so gut wie keine A.R. oder L.R., um dann auf einmal
selbst nach wiederholter gleicher Dosis eine heftige Auswirkung zu
zeigen. Es war oft nicht leicht, wenn man an dem Grundsatze
festhielt, vor allem nicht zu schaden, das Richtige zu trefien, um
auch zu nützen. Wenn man sich aber einmal durch genaue Beob-
achtungen durch den Irrgarten verwirrender Bilder durchgerungen
hat, erlebt- man oft zu: seiner Freude, daß selbst diese mißlichen
‚Fälle endlich doch ein ganz vorzügliches Heilergebnis liefern, so
daß wir behaupten können, Mißerfolg ist vielfach nicht dem Mittel,
sondern seiner Anwendungsweise 'zur Last zu legen. oo.
“ Es kam aber noch ein anderes Moment dazu, wovon eingangs
anläßlich der Ätiologie der Adnexerkrankungen die Rede war. Die
besten Erfolge gaben diejenigen Formen, bei welchen die Diagnose
. ganz sicher stimmte. Frauen, welche keine Geburt, keinen Abortus
und keinen intrauterinen Eingriff mit folgendem Fieberverlauf. hinter
sich hatten, welche also zweifellos an einer rein’ gonorrhoischen
Infektion litten, kamen fast durchwegs — ganz geringe reaktions- | -
unfähige Fälle abgerechnet — zur Heilung. Die Halberfolge be-
ginnen erst dort, wo wir trotz positivem Gonokokkenbefund ana-
mnestisch eine andersartige oder Mischinfektion nicht ausschließen
konnten. Gänzliche Versager konnten‘ wir auch hier nicht ver-
zeichnen, es hat wohl überall das Yatren als Schwellenreizmittel
seinen günstigen Einfluß ausgeübt. Aber oft kam man über einen
mehr minder weitgehenden Grad von Besserung nicht hinaus. Un-
willkürlich hat sich dabei der Gedanke aufgedrängt, ob nicht in
solchen Fällen die Anwendung eines in Yatren angetragenen
Vakzinegemisches, welches der Mischinfektion Rechnung trägt, zum
vollständigen Ziele führen würde?
Und nun zur dritten Gruppe unserer Kranken: Postoperative
Rückfälle. Es waren darunter, die radikalste Totalexstirpation aus-
genommen, alle Formen der Opern iame Ge erkrankten
Adnexe von der einfachen Salpingektomie. bis zur exexstirpalion | ce Br OR a as
mit keilförmiger Exzision des Uterusfundus vertreten. Immer war | „yapkoiogiehen Krärsskungen. Asor. L aret. Por, 18.3. 108% Net. O O
es Wiederauftreten der alten Beschwerden, wenn auch in geringerem | Herbeck, Yatren in der Gonorhoebehandlung. M. m. W. 1922. Nr. 11. — E. Kei-
Maße, Neuauftreten von Schmerzen auf der vor der Operation ge- + a vag en Se
& : ‘ . sch P ig . M. . . NT. . — H, D1ımon, ombDbiņnierte ‚o12 er-VYakzinebehanalun
Kra en Fee en der Komplikationen der männlichen Gonorrhoe. Eelahranron mit Goao Yaire:
vollständige Entfernung des inneren Genitalapparates in Frage ge-
kommen wäre, ein Eingriff, zu dem wir uns bei diesseits des
Klimakteriums stehenden -Frauen selbst unter Zugeben der vorzüg-
lichen Erfolge, die von anderer Seite berichtet wurden, niemals
entschließen konnten! Fr | | | E
Mit Genugtuung konnten wir feststellen, daß unsere Erfolg
denen des radikalen Eingriffes nicht nachstehen, müssen dabei
| freilich. zugeben, daß wir ein Endurteil bei der Kürze der ver-
strichenen Zeit nicht fällen können. Aber trotzdem! Sollte selbst
nach Jahr und Tag wieder einmal 'eine Gono-Yatrenbehandlung
wegen Rückfalls notwendig werden, ist das nicht ein geringeres Übel
als der von uns an einigen traurigen Fällen beobachtete — trost-
Jose Zustand, in dem sich eine so verstümmelte Frau befindet?
Wir kommen nun auf den letzten Punkt der Auswirkung des
Gono-Yatrens zu sprechen und das ist der außerordentlich günstige
Einfluß, den diese Behandlung auf die psychische Verfassung der
Frau ausübt. : Vielleicht haben wir früher, als der Bauchschnitt
der Frau geradezu eine Modesache war, zu wenig Augenmerk auf
die psychische Komponente der Adnexerkrankung verwandt. Wer
Beschwerden hysterisch überlagert und aggraviert sind. Es ist eine
‚Tatsache, daß das Yatren in vielen unserer Fälle bei psychischen.
stimmung des Gesamtorganismus durch das Mittel als solches oder
einem rein psychotherapeutischen Einfluß zugeschrieben werden
muß, können wir nicht entscheiden.
prozeß auf hämatogenem Wege zu beherrschen, die außerordentlich
günstigen Primärerfolge auch für die Dauer zu erhalten, dann sind
wir in ‘der Behandlung dieser sonst schwer zugänglichen Erkrankung
frist erfolgen. Eines können wir vorläufig behaupten: Das Gono-
Yatren hat sich in der Behandlung der gonorrhoischen Kompli-
Krankheitsprozeß angreifendes Heilmittel gezeigt. Als Ursache
dürfen wir wohl die Vereinigung spezifischer mit unspezifischer
Reiztherapie annehmen, gestützt auf geheilte Fälle, welche vorher
durch rein spezifische (Vakzine) Therapie oder durch rein unspe-
zilische (Reizkörper) Therapie nicht oder fast nicht zu beein-
flussen waren,
Zugleich ein Beitrag zur Wirkungsweise der Reizkörper. Derm. Wschr. Bd. 77. — .
den Gesichtspunkten des oben bei den chronischen Formen ange- Friedr. Wolff, Vergleichserfahrungen mit parenteraler Reiztherapie bei entzünd-
ebenen Typus eingestellt. lichen Erkrankungen in der Gynäkologie. D. m. W. 1923. Nr. 32. — Derselbe, Er-
5 Wir aan Fe Behan dlung grun dsätzlich alle Patientinnen fahrungen mit Yatren und Yatren-Kasein in der Gynäkologie. M. m. W. 1923, Nr. IL,
A É — Flesch, Über die Beziehungen zwischen Adnexerkrankungen und Appendizitis.
zugeführt, bei welchen sonst kaum mehr etwas. anderes als die | M.m. W. 1928. Nr. 12. | Ä
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
hl Dahn a a en er EA TE TR
Aus dem Institut für Experimentelle Therapie „Emil von Behring“, berücksichtigt wird, geben uns die Fiockungsreaktionen nur Auf-
Marburg, Lahn (Direktor: Prof. Dr. Dold). |
Weitere Untersuchungen über die Brauchbarkeit der | makroskopisch sichtbar zu machen, wie er ein ‚kolloidales, bzw. fein
| Trübungsreaktion nach Dold (D.R.).
. -Von Dr. F. Weyrauch.
Bis vor kurzem kamen neben der Wa.R. für die serologische
Diagnose der Lues praktisch nur 2 Flockungsreaktionen in Betracht,
die sogenannte 3. Modifikation von: Meinicke (D.M.) sowie die
Sachs-Georgische Reaktion (S.G.R.), bei denen die Resultate nach
schluß über das Endresultat dieses Vorganges. Darum verfolgte
-Dold das Ziel, womöglich den ganzen Ablauf dieses Vorgangs
in einer groben Flockenbildung zu endigen. Er erreichte dadurch
| zweierlei: 1. Eine praktisch brauchbare vereinfachte Frühablesung
führte. 2. Ohne weiteres auch noch eine Spätablesung als Flockung
Stadien der Reaktionsablaufskurve dar. Es kann aber natürlich
sich in dieser Hinsicht Mühe gibt, wird überrascht sein, wie viel
Trübungszuständen aufhellend und heilend wirkte, ob das der Um-
Gelingt es uns mit Hilfe des Gono-Yatrens den Krankheits- `
‚einen ganz bedeutenden Schritt vorwärts gekommen. Die Lösung
dieser Frage kann erst nach Ablauf genügend langer Beobachtungs-
kationskrankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane als ein den
disperses Stadium durchläuft, um bei stetig abnehmender Dispersität |
nach 4 Stunden, für die er. die Bezeichnung Trübungsreaktion ein-
nach 24 Stunden. Früh- und Spätablesung der D.R. stellen typische
24 Stunden im Agglutinoskop als Flockung abgelesen wurden.
Im Jahre 1921 gab Dold eine „vereinfachte, frühzeitig makro-
skopisch ablesbare Trübungsreaktion“ an?). Seither spielen die
Trübungsreaktionen, sei es in der ursprünglich von Dold be- -
schriebenen (D.R.), sei es in der von Meinicke abgeänderten
Form (M.T.R.) eine große praktische Rolle. | |
Während, wie Dold in früheren Publikationen ausgeführt
hat, bei der Wa.R. nur das Anfangsstadium der Luespräzipitation
1) H. Dold, M.KI. 1921, Nr. 31.
jederzeit die Präzipitationskurve durch genauere Beachtung des.
zeitlichen Ablaufs noch weiter in ihren Einzelheiten verfolgt werden.
Meinicke 'hat ganz besonders der mukroskopischen Frühab-
lesung seine Aufmerksamkeit geschenkt und die Methodik durch Zu-
satz von Balsam zu den Extrakten, durch Verwendung nicht inakti-
vierten Krankenserums und Ablesung nach 1 Stunde bei Zimmer-
temperatur noch weiter zu vereinfachen gesucht. Er legt dabei kein
Gewicht auf den weiteren Verlauf der Reaktion und verzichtet grund-
sätzlich darauf, den Versuch noch längere Zeit zu beobachten. Die
Ablesung der Flockung nach 24 Stunden ergibt daher anscheinend
‚auch keine ‚brauchbaren Resultate, da die Reaktion darauf nicht ein-
gestellt ist. Die Mehrzahl der Nachprüfer der M.T.R. warnen vor der
t
I;
die Ablesung der Trübung durch die
Zusammen angestellt bieten die beiden Reaktionen daher
material vermehrte Arbeit bedingt. Der Umstand, daß bei der D.R.
hagen stattfand, um die Serodiagnostik der Syphilis zu standardisieren,
a flockenablesung [Laubenheimer und Hämel 2, Foertig®),. Elke- | -
H.Bering)], da sich unspezifische Flockungen ergeben. |
les), a
Andererseits wird nicht gern auf die Ablesung der Flockung
_yerzichtet, weil sie „in zweifelhaften Fällen ins Gewicht fällt, gelegent-
Tich in dunkle Fälle mit sonstigem negativem serologischem Befund
doch noch Licht bringt und — nichts kostet“ [Fey®)]. Auch Eikeles.
verlangt die Flockenablesung, da die von Meinicke angegebene Ab-
lesungstechnik - im allgemeinen nur die stark. und mittelstark Wa.R.- `
positiven Fälle erfasse. Während die Flockung selbst für eine zuver-
hissige Bewertung der Ergebnisse unbrauchbar sei, sei die Sedi- |
mentierung der Flocken ein spezifischer Vorgang, da nur die Flocken
wphilitischer Sera zur Sedimentation ` Be angton, Er ergänzt daher
blesung der E
(Kuppe). Seine Angaben sind noch nicht nachgeprüft. Lauben-
heimer und Hämel (l. c.) schlagen aus. demselben Gedankengang
‘heraus neuerdings vor, neben der M.T.R. die S.G.R. auszuführen, da
diese beiden Reaktionen „sich in glücklicher Weise ergänzen. Sie
- arbeiten mit piripi verschieden zusammengesetzten Extrakten
“(Cholesterinextrakte bei der S.G.R.; Tolubalsamextrakte bei der M.T.R.)
und erfassen als Trübung und Flockung die kolloid-chemischen
Reaktionen der syphilitischen Sera in zwei verschiedenen Stadien.
`
währ, daß die für Syphilis charakteristischen Veränderungen der Sera
zum Ausdruck gebracht werden.“
Wenn nun also neuerdings die ursprünglich von Dold vor-
‚geschlagene Ablesung der beiden typischen Stadien als Trübung
und Flockung besonders empfohlen und zu diesem Zwecke von
‚Laubenheimer und Hämel die Ausführung zweier Reaktionen
(der M.T.R. als Trübungsreaktion und der S.G.R. als Flockungs-
reaktion) vorgeschlagen wird, so ist demgegenüber zu bemerken,
daß die D.R. den Vorteil besitzt, daß sie diese beiden Stadien |
in einer Reaktion, abzulesen gestattet, also in dieser Hinsicht.
praktische Vorteile hinsichtlich Einfachheit der Technik und Billig-
keit besitzt. Sie benützt wie die Wa.R. 0,85°/,ige NaCl-Lösung
” und inaktiviertes Patientenserum, während die von Laubenheimer
_ und Hämel vorgeschlagene Kombination M.T.R.-S.G.R. durch Ge- |
‚.. „brauch zweier verschiedener NaCl-Lösungen (die M.T.R. verlangt
8%,ige NaCl-Lösung, die S.G.R. 0,85°%/,ige NaCl-Lösung),. sowie
durch Arbeiten mit aktivem (M.T.R.) und inaktiviertem Serum
(8.G.R.) in großen Betrieben bei großem täglichem Untersuchungs-
‘nur ein Organextrakt benützt wird, scheint mir von geringerer Be-
deutung zu sein, da die Erfahrung gelehrt hat, daß es für die
‚möglichst restlose diagnostische Erfassung aller: syphilitischen Fälle’
gar nicht so sehr auf die Art des Extraktes — ob. Luesleber, .
‚Menschen-, Pferdeherz-Extrakt usw. — ankommt, als. auf seine
richtige Einstellung. Die Richtigkeit dieses Standpunktes wird auch
durch die unten gegebenen Zahlen beleuchtet, aus denen hervor- |
‚geht, daß mit der D.R. (Trübung und Flockung) allein ebenso viel, :
wenn nicht mehr übereinstimmende Resultate mit der. Wa.R. er-
üelt werden (91,9%/,), als sie Laubenheimer und Hämel durch
Kombination M.T.R. und S.G.R. erhielten (90,3°/,), Man erreicht
also hier mit einer Reaktion das gleiche wie durch Kom-:
Wenn Laubenheimer und.
‚Hämel vorschlagen, die Wa.R. zu Gunsten der S.G:R. und M.T.R..
aufzugeben, so erscheint es mir richtiger, die Wa.R. beizubehalten”):
‚und als zweite Reaktion die D.R. anzustellen, die ja in: Wirklich-
keit 2 Reaktionen gleichkommt (einer Trübungsreaktion und einer :
‚Nlockungsreaktion). Während die Wa.R. auch die subvisible Form:
bination ‘zweier Reaktionen.
der Präzipitation anzeigt, gibt uns die D.R. Einblick in die makro-
skopisch sichtbaren Stadien derselben, so daß durch Kombination
der subvisiblen und visiblen Stadien sich die ganze Verlaufskurve
ergibt. Die Kombination Wa.R. und D.R. hat außerdem den Vor-
mg, daß in der Regel bereits nach 4 Stunden ein endgültiges’
"Resultat gemeldet werden kann und nur in einer sehr geringen
Anzahl zweifelhafter Fälle die Flockenablesung nach 24 Stunden
abgewartet werden muß. Demgegenüber bedeutet der Vorschlag,
von Laubenheimer und Hämel einen Zeitverlust, da die Ab-
lesung der 8.G.R. erst nach 24 Stunden erfolgen kann.
?) Laubenheimer und Hämel, M. KI. 1928, Nr. 51/52.
3) Foertig, D. m. W. 1928, Nr. 6. Zur
A) Elkeles, M. K1., 1923, Nr. 4. Ä
) H. Bering, Zbl. f. Bakt., Orig. 1922, 89, S: 213.
‘) Fey, D. m. W. 1923, Nr. 37/88. TF |
1) Auf der Internationalen Arbeitskonferenz, die kürzlich in Kopen-
o
Di e im Schlußbericht betont, daß die Wa.R. für die sichere Sero-
Sneak der Syphilis derzeit noch unersetzlich sei, daß aber daneben
angeführte Flockungs- und Trübungsreaktionen zur Stütze der Diagnose
‚ durchaus empfohlen werden können. (Vgl. W.kI.W. 1924, S. 76).
71924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 97.
Brauchbarkeit erwiesen. i
bei Dold L stimmen 2i bzw. 22 dem Verfahren zu, während nur 5
große Ge- `
vo
Die zahlreichen Nach rüfungen der D.R. haben ihre praktische
on 28 Nachuntersuchern [Literatur siehe
ungünstige Erfahrungen damit gemacht haben. Die letzteren (Pöhl-
mann, Winkler, Foertig-usw.) haben sich aber nachweislich z. T.
nicht an die Originalvorschriften Dolds gehalten, worauf auch Kei-
ning und Werner?) hinweisen; die die Trübungsflockungsreaktion
nach Dold eine stets zuverlässige [94 0/, 10) Übereinstimmung mit der
Wa.R.], nach Beherrschung der Technik leicht ablesbare und spezifische
Reaktion nennen. Richtige Technik und Ablesung, die natürlich auch
eine gewisse Übung erfordert, ist selbstverständlich Voraussetzung für
‘ein erfolgreiches Arbeiten.
Im Folgenden sollen nun. die Ergebnisse von 930 vergleichen-
:den Untersuchungen zwischen Wa.R. und D.R. (Trübung-Flockung)
mitgeteilt werden.. Die beiden Reaktionen. wurden von 2 Unter-
suchern !!) unabhängig von einander angestellt, um möglichst objek-
tive Resultate zu erhalten. E T n yppa
Als Vergleichsgrundsatz diente dabei, daß angedeutet positive:
d. h. zweifelhafte Fälle als Abweichungen gedeutet und angeführt sind.
Fälle, die nach 24Stunden zwar eine Trübung (ev. verstärkt), jedoch keine
Flockung zeigten, gelten ebenfalls als Abweichungen. Über die Deutung.
_ der öfters auftretenden Spätflockungen soll an anderer Stelle be-
richtet ‘werden. i | a
Von den 930 untersuchten Seren reagierten:
. Völlig übereinstimmend nach Wa.R., D.R. (Früh-
` ablesung) und D.R. (Spätablesung) . . .
Abweichend nach irgend einer Richtung.
Die Abweichungen verteilen sich folgendermaßen:
Abw. zw. Wa.R.u. D.R. (Trübung): 45 = 4,8 %, (Übereinstimmung 95,2%) `
n n» o» n n»n (Flockung):58 = 6,209 ( eu 93,8 0/9)
Jn dubio läßt ein Vergleich, mit der klinischen Diagnose hier
eine brauchbare Kritik über den
daher die abweichenden Fälle tabellarisch zusammengestellt.
WaR. und D.R. WaR. und D.R.
Vergleich
pae (Frühablesung, . | _ (Spätablesung,
N Trübungsreaktion) |. Flockungsreaktion)
Zahl der ab- re, _
h weichenden Fälle l a E PES OLTEN >
Klin, Diagnosen Sichere Lues . « . 14 | Sichere Lues . . . 27
... der Fälle: _ | Lues-Verdacht 3-1 Tues-Verdacht.. -- ------ 2
Wa.R.-+ D.R.— | Ohne Diagnose . 6 | Ohne Diagnose . . 10
Tabes ` N í | Tabes. . 2. 22. 1
Keratitis 1 | Keratitis. . i
Stomatitis ule. 1 | Stomatitis ule.. 1
Erosion an derLippe 1 | Psychose. . .. . 2
-| Ulcus molle . .. 1 Yon cordis, Kubi- -
| a m | taldrüsen . ... i
Ann ar Verdächtige Ulzera. 4
| | Summe 49
Klin. Dia osen k. Sichere Lues rs 11 | Sichere Lues
der Fälle: Ohne Diagnose . . 4 | Ohne Diagnose
WaR.— D.R.+ | Neurasthenie . i
Abort. . .
Ule. durum?
Hemiplegie . .. I
Ule. durum? . . . 1
Summe 18 |
2
Erosion an der Lippe 1
|
i
Summe 9
Fällen etwa gleichviel Versager bei der Wa.R. und D.R. (Früh-
` ablesung = Trübung), während die D.R. (Spätablesung = Flockung),
die etwa der S.G.R. entspricht, in dieser Hinsicht der Wa.R. unter-
zwischen den Reaktionen lassen sich aber großenteils überbrücken
durch die von Dold eingeführte kurvenmäßige Betrachtungs-
weise des Reaktionsvorganges, der verschiedene Verlaufs-
typen erkennen läßt, durch welche die beim. Arbeiten mit den ver-
schiedenen Methoden beobachteten unterschiedlichen Ergebnisse
bedingt sind. Während normalerweise der Präzipitationsprozeß den
anfangs bereits geschilderten Verlauf nimmt, bei. dem alle Reaktionen
positiv sind, kann er z. B., nachdem er bis zur makroskopisch sicht-
| baren Trübung fortgeschritten ist, auf diesem Stadium stehen bleiben,
8) Dold, Klin. Wschr. 1923, 35/36.
9») Keining und Werner, Derm. Zschr, Bd. 37, S. 213.
10) Nach mündlicher Mitteilung haben die beiden Autoren neuer-
dings 95%/, Übereinstimmung zwischen Wa.R. und D:R. gefund en.
1) Die Wa.R. wurden von Fräulein Krüger und die D.R. von
.| Herrn Velez ausgeführt.
941.
854 = 94,9
T6= 81h
ert der Verfahren zu, ùnd es seien ,
Aus dieser Tabelle ergeben sich bei zweifelsfrei positiven
legen zu sein scheint, wenn auch solche Schlüsse aus verschiedenen -
“Gründen nur cum grano salis zu ziehen. sind. ` Die Divergenzen -
. heiten), Prof. Dr. Ri
aax 200.194 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr.27. ` |
——
6. Juli
t
so daß die Flockungsreaktion negativ ausfällt. Oder aber die Lues-
serum-Extraktpräzipitation setzt erst ganz allmählich nach verschieden
' langer Zeit ein, gelangt aber doch zum Endstadium, so daß die
Flockungsreaktion positiv wird, während die Wa.R. und ev. auch
‘die Trübungsreaktion negativ ausfallen. Noch ein vierter Fall ist
denkbar: Die Präzipitation zwischen Serum uud Extraktlipoiden
setzt zwar sofort ein, bleibt aber im Gebiet des makroskopisch
Subvisiblen, so daß keine .makroskopisch sichtbare Trübung, ge-
schweige dein eine Flockung entsteht. In diesem Fall ist nur die
Wa.R. positiv. Dazwischen sind alle möglichen Übergänge denkbar.
Solche Abweichungen von dem normalen Verlauf kommen nach
'Keining und Werner (l.c.) besonders in den Fällen vor, wo die
nachweisbare Blutveränderung entweder im Entstehen, oder aber
durch resp. ohne Therapie im Schwinden ist. -So.hat Werner?2)
durch Untersuchungen in 8tägigen Zwischenräumen gefunden, daß
sich das Negativwerden einer positiven Reaktion unter der Behand-
lung hauptsächlich nach 2 Verlaufstypen vollzieht. Bei der einen
werden die Wa.R. und die Trübtingsreaktion, bei der andern die
Flockungsreaktion früher negativ. Bei sinngemäßer und überlegender
' Betrachtung der Resultate verkleinert sich also die Zahl der eigent-
lich fehlerhaften Abweichungen bedeutend, denn ein Resultat, bei
dem nur eine der Phasen der D.R. mit der Wa.R. übereinstimmt,
ist eigentlich kein Fehlschlag. RE |
Sicher unspezifische Ergebnisse wurden bei der D.R.,
wie aus obiger Tabelle hervorgeht, kaum beobachtet; denn eine
‚luetische Infektion ist doch auch bei den Fällen von Neurasthenie usw.
12) Werner, Inaug.-Diss., Marburg 1923. |
nicht völlig ausgeschlossen. Natürlich wird man auch bei der D.R.
mit dem gelegentlichenVorkommen unspezifischer Reaktionen rechnen
müssen; wie bei der Wa.R., S.G.R. usw., das liegt im Wesen der
. Reaktionen begründet.
Zusammenfassung..
1. Die Trübungsreaktion nach Dold (D.R.) zeigte bei unseren
Untersuchungen 95,2°/, Übereinstimmung mit der Wa:R. Die Spät-
ablesung der D.R. als Flockung ergab 98,8%), Übereinstimmung mit
der WaR. pe; Se ;
| 2. Aus einem Vergleich zwischen der Doldschen Trübungs-
reaktion und der Wa.R. ergaben sich bei beiden ungefähr gleichviel
Versager. Die Spätablesung der D.R. verglichen mit der Wa.R. ergab
bei zweifelsfrei positiven Fällen eine Unterlegenheit der ersteren.
3. Ein wesentlicher Vorteil der D.R. ist die Möglichkeit der
! e.
Ablesung in den zwei typischen Stadien der Trübung und Flockung,
wie sie neuerdings auch von anderen Autoren (Elkeles, Lauben-
'heimer und Hämel) empfohlen wird. Statt, wie Laubenheimer
und Hämel vorschlagen, die Wa.R. aufzugeben und stattdessen die
M.T.R. und die S.G.R. zusammen auszuführen, erscheint es vor-
teilhafter, die derzeit noch unersetzlich scheinende Wa.R. bei-
'zubehalten und daneben die D.R. auszuführen. Da die Wa.R. auch
den subvisiblen Teil der Präzipitation und die D.R. das ganze
makroskopisch sichtbare Präzipitationsgebiet (sowohl die Trübung
als auch die Flockung) zur Anschauung bringt, so liegt in der,
Kombination dieser beiden Reaktionen die größte Gewähr, alle tat-
sächlich positiven Fälle zu erlassen.
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von _
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. H. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. I. Freund, Wien (Röntgenologie),
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-,
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn,
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal.
Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl,
Therapie), Prof. Dr. W.Liepmsnn, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R. Paschkis, Wi
en (Urologie), Dr. S. Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
ietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psyche-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am ‚Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Über Krebs und Krebsbehandlung.
Von Ober-Reg.-Med.-Rat Dr. Otto Strauß, Berlin. .
Ä (Schluß aus Nr. 26,)
Was nun das aktuellste Thema der ganzen modernen Krebs-
forschung und die mit ihr in Verbindung stehende Krebstherapie
betrifft — die Einwirkung der Röntgenstrahlen und radio-
aktiven Stoffe auf das Leiden —, so gehen heute die Ansichten
. hierüber weiter auseinander als jemals. Über keinen einzigen
Kardinalpunkt ist hier Übereinstimmung vorhanden. Alles,
was man bis vor kurzer Zeit als feststehend ansah, ist in seinen
Grundlagen erschüttert. Fest steht nur, daß die Bestrahlung auf
eine ziffernmäßig heute noch nicht feststellbare Anzahl von Karzi-
. nomen in heilenden Sinne einwirkt, und es scheint, als ob im speziellen
das Uteruskarzinom durch die Bestrahlung so günstig beeinflußt
werden kann, daß die Bestrahlungsergebnisse nicht hinter dem
Operationsresultat zurückbleiben. Das ist eigentlich das einzige,
was man mit einem gewissen Recht als feststehend ansehen kann.
Mit weit geringerer Sicherheit, aber wenigstens als wahrscheinlich,
läßt sich dazu noch sagen, daß die Bestrahlung bei inoperablen
Karzinomen, sowie bei Rezidiven und Metastasen allen andern
Behandlungsmethoden überlegen scheint. Alles übrige ist durchaus
unsicher. Was heute mit dogmatischer Sicherheit vertreten wird,
erfährt morgen eine Ablehnung. Unsere ganze moderne Strahlen-
therapie stellt ein riesenhaftes Chaos dar. Man kann das bedauern.
Und dennoch wäre es abwegig, heute zu sagen: die Strahlentherapie
hat mit einer Enttäuschung geendet, also streiche man sie aus
unserem Behandlungsplan. So illusionslos, wie ich von der ersten
Stunde an in dieser Frage immer geurteilt habe, so skeptisch ich
auch in der Zeit der Hochflut der Begeisterung immer mich an
dieser Stelle geäußert habe, so wenig ist es zu billigen, daß man
heute die Strahlentherapie des Karzinoms als etwas Über-
lebtes bezeichnet. Wenn ich auch nicht glaube, daß man damit
jemals das Karzinom endgültig zur Heilung bringen wird, so stellt
diese Therapie doch einen Faktor in unserem Behandlungsplan dar,
der uns etwas Positives gebracht hat. Wenn heute eine allge-
meine Ernüchterung Platz gegriffen hat, so liegt das daran, daß
man mit ganz falschen Voraussetzungen an die Lösung dieses Pro-
blems herangetreten ist. Der enge Zusammenschluß zwischen
Krebsforschung und Strahlentherapie, der von Anfang an gefehlt
hat und heute noch zum großen Teil nicht vorhanden ist, hat hier
gemangelt. Die Erfahrungen über das Karzinom, über die unsere
an Virchow orientierte Gegenwart verfügte, genügten nicht. Die
biologischen Eigenarten des Krebses waren und sind uns
unbekannt. Als wir daran gingen, den Krebs strahlentherapeutisch
zu behandeln, da war es eine selbstverständliche Annahme, daß
meiner Auffassung hat sich unsere ganze Krebstherapie in falscher
Richtung bewegt. Soll unsere Krebstherapie aus dem Chaos sich
herauswickeln, so ist eine genauere biologische Kenntnis des ein-
zelnen Krebsfalls dazu notwendig. Daß das theoretisch denkbar
ist, zeigt uns die moderne Pneumonieforschung. Wir wissen,
daß es 4 Typen von Pneumonieerregern gibt, und daß nur bei
einem einzigen die Serumbehandlung erfolgreich ist. Mit
. dieser gelang.es die Sterblichkeit von 25—30 °/, auf 7,5 °/, zu ver-
mindern (Neufeld). Nach allem, was wir beim Karzinom bis jetzt
gesehen haben, muß man annehmen, daß es ganz verschiedene
pathologisch-anatomischen Sinne, sondern Differenzen im
biologischen Verhalten). Ein bestimmter und uns noch
unbekannter Typ reagiert günstig auf die Bestrahlung.
Diesen müssen wir herausfinden,“ wenn die,Strahlentherapie mehr
sein soll als müßiges Gerede. Auf welchem Wege das geschehen
kann, vermag ich zurzeit nicht zu sagen. Ausblicke sind dafür
vorhanden. Ob uns hier die Arbeiten Piccalugas über das Re-
führen, ob vitale Zellreaktionen uns vertieftere Einblicke gestatten,
ob die Oberflächenspannung genauere Auskunft gibt, ob die Wasser-
stoffionenkonzentration in dieser Hinsicht uns noch fördert, das
lasse ich unerörtert. Hier aber liegen die Angriffspunkte für eine
Prof, Dr. H. Gerhartz, i
Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geb.-Rat
das Karzinom eine einheitliche Erkrankung sei. Heute
wissen wir, daß das in diesem Sinne nicht der Fall ist. Nach
Karzinomtypen gibt (ich meine damit keine Unterschiede im
duktionsvermögen unter dem Einfluß der Röntgenstrahlen zum Ziele `
E ` ` i = x ka 5 Lr E
; ! ` : i x Ss ne io Th paenan
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PRESSE: = EN ` ' , : ' ; k mi e A AEA ` . “3 & ze i: . a J | : ; ; Re nn A A BAET, i Ra O A Be
243924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.27. rc. 0 02 en BAB o a Arge)
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$ i TE As St an a ae a ee Eee, ee a ee SA BRD EN LH
-gene Forschungsära. Erst wenn hierüber die nötige Klarheit vor- | 1. Es gibt keine Reizwirkung, 2, der Wert. der ‘gesteigerten - BEN OR:
handen ist, werden wir zu einer richtigen Strahlentherapie des | Dosis ist-ein begrenzter, 3. die einzeitige Strahlenapplikation .' : Ale ii
O 1 in- 1 1 i s e- ` ` i - ... 4,3 ı 153 N m. on Erz l o n Rae a
= Karsinoms gelangen. Das Problem ist kein: physikalisches — das. | ist. eine schlechte Therapie, 4. Bestrahlung in Teildosen ist BRD
ae i f . s $ ' a ` Ë T ` ve $ e, è . i j .‘: . e e. 2 $ . PR EL KR: RER t
mr der große Denkfehler der Gegenwart —, sondern ein | besser wirkend als einzeitige. Verabreichung. Die Wirksamkeit, .- a
= fer
` -< a un nn.
P ae T P a gaa
biologisches und physikalisch-chemisches. _ 2
- In den Erörterungen über die Strahlenbehandlung. des Kar-
inms nimmt dio Dosierungsfrage einen breiten Umfang an,
ferner: bestehen weitgehendste Differenzen in den Anschauungen über
“die Wirkung der Röntgenstrahlen. Aschoff vertritt die Ansicht,
dB die direkte Beeinflussung der Krebszelle das: Ent-
. xheidende' ist. Jedes Karzinom löst in seiner Umgebung Reak-
C. menzellulärer und humoraler Art aus... Demgegenüber ist Opitz:
© dr Anlfassung, daß die Einwirkung auf das Bindegewebe die
“Hauptsache ist. Eine örtliche Einwirkung der Bestrahlung
` fdas Karzinom selbst ist nicht der Wesenspunkt der Sache.
Die Opitzsche Auffassung ist gestützt durch viele wertvolle Tier-
asperimente, denen nur leider nicht jene Beweiskraft zukommt, die
man ihnen heute beimißt. Das Mäusekarzinom ist'nicht mit dem
der. Teildosen wäre so zu verstehen,: daß die Tumorzellen.in ihrer.
Lebensdauer nicht immer gleichmäßig strahlenempfindlich
sind. Die Strahlenempfindlichkeit. ist im Stadium. der Kernteilung
am ‚größten, und es ist die Absicht auf die Zelle im Zustand der °
Mitose einzuwirken. Bekanntlich können die Mitosen, unter dem.
Einfluß der Bestrahlung verschwinden,. um aber. nachher wieder.
. aufzutreten. Holzknecht möchte 'nun "das. Wiederauftreten der
Mitosen durch eine zweite Bestrahlung (Teildosis ‘der ersten!) ver- `
hüten. Die Idee Holzknechts’ ist eine richtige,. indessen fehlen
diesem darauf aufgebauten .Heilplan’ vollständig die ‘experimentellen |
Grundlagen. An welchem Tag: erscheinen: die Mitosen, an welchem _
Tag ist die zweite Teilbestrahlung zu applizieren? . Diese grund-.
legende Frage ist von Holzknecht. außer acht gelassen. -Ohne
ihre Lösung ist aber seine. ganze Therapie nur ein geistvolles
menschlichen Karzinom vergleichbar. So’hoch die Verdienste von ‚ Räsonnement).. — Bemerkenswerterweise lebt indessen der von NER OS Ro AG MIRA E ATH
‘Opitz um die gesamte Krebsforschung zu bewerten sind, so über- Holzknecht so sehr : bekämpfte ‚Begriff der : Reizwirkung immer | RE ARAR aiioa d
`: agend seine Ausführungen auf dem diesjährigen Röntgenkongreß | noch im Unterbewußtsein weiter, Holfelder spricht z. B. von KoA i
„gewesen sind, in diesem Punkt vermag ich ihm nicht zu folgen. |. einer biopositiven Phase der Strahlen wirkung.. © > APh
[m Gegensatz zu Opitz bin ich der Meinung, (daß. lediglich die | Über strahlentherapeutische Erfolge liegen eine größere Anzahl VSN aln ale hr, a
| örtliche Strahlenbehandlung das. Entscheidende ist. Wir. | von Mitteilungen vor. Kraul berichtet über das Bestrahlungsergebnis BR, A ndelet l
‘wisen, daß beim bestrahlten Karzinom: schon nach 6 Stunden die | der Radium-Röntgenbehandlung bei inoperablem bzw. unvoll- ae: ul y
Mitose verschwindet bzw. verschwinden kann (Kreuter). : Der Er- | ständig operiertem Kollumkarzinom. Es wurden 12,5%, Hei- EEE as and EN
dolg der Bestrahlung hängt davon ab, ob es gelingt, die Mitose, | lungen erzielt. Vaginalkarzinome. heilten 23,5%. Regaud, = £ ey: KARES i
endgültig zum Verschwinden zu bringen oder nicht. Wir Roux-Berger, Lacassagne, Contard, Monod; Richard hatten Er e E et N
wissen durch die Untersuchungen von G. Schwarz, daß die Ein- | unter 114 inoperablen Kollumkrebsen 13,2 ojo. Heilungen. ALIEN
wirkung auf die Mitose nicht immer stattfinden muß. Es gibt | Schmitz macht'sehr bemerkenswerte Angaben über ‚die verschiedene . ade
Strahlenempfindlichkeit der Karzinome. Unreife.Basalzell enkar- `
‚zinome brauchen 100 °/, der H.E.D.; Adenokarzinome 180 %,,
-Plattenepithelkarzinome 150—170 %/,. Chilaiditi.hateinin-
operables Brustdrüsenkarzinom mit..nußgroßen Drüsen. in der.
Achselhöhle durch Radium- und Röntgenstrahlen geheilt. Über re-
lative Erfolge der Bestrahlungstherapie bei Magen-Darmkarzi-
nomen berichten Evans und Leukutia. Kurtzahn teilt mit, daß-
es ihm gelungen ist mit Radiumbehandlung ein Ösophaguskar-.
zinom seit: 11; Jahr arbeitsfähig'zu erhalten. Birsch-Hirschfeld
beobachtete eine gute Bestrahlungswirkung. bei Lid-. und: Binde-
hautepitheliom, doch ist‘ die-operätive- Behandlung vorzu- PARN:
ziehen. Wegen Glaukomgefahr ist der Bùlbus-zu schützen., Gliome.-— RHEIN
wurden im Wachstum gehemmt, gingen.aber an Metastasen zugrunde. : nir
Bei Aderhautsarkomen: beobachtete man keine Dauererfolge. Von
70 malignen -Orbitalgeschwülsten wurden 20 günstig beeinflußt, keiner
<
iNT
i. > "m © Ir Ze ae: x
om DA orea a e m mamama
"sogar Fälle, in denen man nach der Bestrahlung eine Zunahme
findet, Vielleicht sind dies die Fälle, in denen die Bestrahlung ,
. keinen. oder einen ungünstigen Erfolg hat. Auf jeden Fall aber ist
as dem Zusammenhang zwischen Bestrahlung und Mitose zu
schließen, daß die Wirkung eine örtliche ist. Inwieweit daneben
: noch. Vorgänge allgemeiner Art mitwirken, sei unentschieden. Die
Bedrterungen darüber, ob Allgemein- oder Lokalwirkung bei der
‚Bestrahlung das Ausschlaggebende. ist, haben eine unendlich
' praktische Bedeutung. Ist die ‚Strahlenwirkung eine örtliche,
steht-die Beeinflussung der Mitose mit Recht im Mittelpunkt,
= dmm mub die verabreichte Strahlenmenge eine ausreichende
-- „kinum den genügenden Effekt zu erzielen. Auf dieser Basis ent-
stand der Begriff einer Karzinomdosis. ‚Ist aber die Allge-
‚neinwirkung das Entscheidende, ‚so muß die Krebszerstörungs-
dosis — denn diese ist identisch mit- der. Krebsdosis — eine die
an,
E E EEA 77 2a DEE GER `
ee E ` S
-
=
ee Anz an
me n -~ zen.
ER ge SP y
Abwehrvorrichtungen des Organismus schädigende Wirkung haben. geheilt. Bei, 54 Bee u 45 Besserungen bzw. AAN
. In’Konsequenz dieser Auffassung wird heute der Ruf nach Re- | Heilung erzielt. Quick sah bei Hypophy sengeschwülsten mehr- N,
Auktion der Höchstdosis laut. Ich habe nie einen Zweifel | fach gute Erfolge der Radiumbehandiung. Am bosten, ist es eine AP
` dwan gelassen, daß ich in diesem Kampf der Meinungen auf der | submuköse Resektion der 0. auszuführen: und dann _ Be
> kiteder Minderheit stehe. Die Strahlenwirkung ist nach meiner. | ein Fenster am Boden der Sella anzulegen. Lescinsky berichtet _ TE Ean ENA mhar: a
Wimug eine örtliche, die Verabreichung einer genügend ‘über Heilung eines inoperablen Oberkieferkarzinoms durch ee nl en
großen Dosis scheint mir erforderlich. N Röntgenstrablen u en E Zungenkrebses durch ERST scher thin Eh
E À N a aa Ane | Radium. Bei einem kindskopigroßĝen Tumor der Schilddrüse ` i PO EEE ER
PR e diesem, Kempt um die Wirkungacosis FNA en a | erzielte Ascher mit Borcholin.und kleinen Röntgenstrählenmengen. A EAE UA WA
| ini. Daß kleine Hengen von Röntgenstrahlen ine anregende eine langjährige Heilung DO] e o n EN LT
Te a 2 Sa „m, =.: Über die Behandlung des Mammakarzinoms habe ich mich a, u era
Wirkung ausüben sollen, ist bis vor kurzem als feststehende Tat- a ai hi sêr Si Ne Säußert: Es ist eirentlich ken nun u VART a wg,
sache h er Punkt ist eine | schon oft an dieser Stelle geäußert. Ks ist eigentlich kennzeicl end... - jan OT GOREN
angesehen worden. (Die Literatur über diesen Fun | , | | Krebsth ie. daß de: dlese Karzin nn | Si PERE
mendli hr]: an ns "non har für unsere ganze Krebstherapie, daß gerade: diese Karzinomform, die | rap, 3
i nia R E T R mA Yan doch am meisten zur.Öperation kommt (in 89 9/4); uns noch so ganz ’ Ran! UNS nie; ’ en
' Holzknecht, Röntgenologie 1924, "Bd. 2, H. 2, S.. 186—194.) Xan | 16 90 tham Herohnis hafriediert: Sieht man dia war. 24 REED EM NED
‚ Verwandte daher an zu therapeutischen Zwecken, eine Lehre, | und gar nicht, in ihrem Rn a en Dioni aan dio ver a Se H i He wd
` -de Manfred Fränkel erstmals ausbaute. Auf der Vorstellung schiedenen Statistiken auf- ihre Dauereriolge an (es geben an Judd. _ TB BR AR
Therapien. Auch die | 89,8%, Lindenberg 28%, Brattström 28o, Wiesmann 27,10%/,, Elena A KALTEN
i “vi < NeIzdosen gründeten sich bestimmte Therapien. u: S 90/ Lazarevic 30,4 J ‚Feist und Bä AAR O0 i - En en
Ar ee A hte y B. durch | Hoffmann 26,9 9, Lazarevie 80,4 %/,, Feist und Bauer 44,8%, Me PAS
apbsbehandlung war davon berührt. Man ‚glaubte z B NT | BoB 58'%7,), 0 kommt man zu dem Schluß, daß eigentlich doch tur Be tl
ene anr j f endokrine Urgane | N aranan t Mana a oe T OA BANGE pige Gpe rag
nin pa pende Strahlonwirkung auf ehre, die | Ya der Kranken, gerettet werden. Meine so oft ausgesprochene Auf- ESE
- `. „mibýerstanden zur Best ahl ni it kleinen Dosen führte. Die- fassung, daß '/; der Mammakarzinome. durch die Operation ‘geheilt | Perra
° Reizwirkung konnte dr auch ans direkte Gefahr für den | werden; ist also nn En ren seen . ‚die Strahlen- ES ma
Ye’ r ] ai weis u al o , è m | t t ia TE i E aa
i P therapie hier eine Verbesserung gebracht hat, mub verneint werden. le ln
Al a un Kan Woche nn Bu N — re er S k PE Gar N es ce fak 5
m zu reizen und zur verstärkten Wucherung = d Anmerkung bei der Korrektur: In-dem. soeben: erschie RR EURE
| A | merkung bei der Korrektur: In dem. soeben. =f KEN lt
gm diese Auffassung nimm jetzt Holzknecht sehr eao nenen Belt der Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen Baz EAU IHR Hih
ug, Nach der Ansicht von Holzknecht ist die ganze N | 3.56) huben Alberti und Politzer eine experimentelle Studie ver- dei
‚ ™ der Reizwirkung der Röntgenstrahlen eine gänzlich unbe- | šffentlicht, die zur Stütze der, Holzknechtschen Auffassung herange- SHE“
‚ 8lündete, ein märchenhafter Wahn, von dem man sich frei- | zogen werden kann. : Beide: Autoren haben an der Kornea.:von Sala- Au DER
Machen muß, Holzknecht. der seit einiger Zeit einen konsequent | mandern ‚und Molchlarven. sehr bemerkenswerte Beeinflussungen der ji Si
i , AA e f . a Qg A i von s a VRR ; f GE.
a selömmenen Kampf gegen die Auffassung einerReizwirkung won eu me auf das rn übertragen ‚werden Kann, h Be
‚ler Strahlen führt, faßt seinen Standpunkt in folgendem: zusammen: Ka E o ea | Be a I ASE IEAA,
- SCH ' : i .. or T ' Ku i a Ki aa Karg RUERD
; , N à S Be in ; | l | wer ; ARREA a. EEEIEE En
e a ee | E | S u | E | THE ERS li
et at pa Pe e j ee ' ; s Ë CEN e EEATT
een, ei a Brei a ee i ; i ; Mr l š er, ER . | e — REF
= im ‚ersten, 4 im zweiten, 1 im 3. Jahr.
. tionen eintreten.
- die gleichzeitige Kastration das Bestrahlungsergebnis zu.
: . bessern vermag. Die Frage,. ob “man beim‘. Frauenkarzinom die
"Ovarien. ausschalten ‚soll, ist ja eine vielfach.erörterte. Übereinstim-.
mun
. m.
2 N TER un.
2 & - ER: ner CEE Ene SEE
na en = een. DE -4 2
kafea opLE n e t
A 5 K
. von Langhans aufgestellten Typen, der malignen epithelialen Strumen
gelegentlich den. epithelialen. Bestandteil des ‚Karzinosarkoms der -f
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E Ihre: Erfolge mit. 14, 2—19, 6: of bleiben hinter dem: Ergebnis: ‚der.
* chirurgischen Behandlung. ‚zurück. : Jedoch. gewinnt die Ayi-
, fassung ‘mehr und mehr an-Boden, daß die Strahlentherapie beim
'inoperablen und‘ rezidivierenden Karzinom nóch. gewisse Er-
. folge zu erreichen. vermag. Diese Auffassung vertrat erstmals Hol- |
= delder. ‘Neuere Mitteilungen sprechen durchaus in denselben Sinne.
So hatte Beck bei 15 inoperablen Fällen mit der Bestrahlung:
‚durchaus einen Erf olg. 4 Mammakarzinome konnten annähernd:
. geheilt werden, 11 zeigten eine’ sehr. bemerkenswerte Besserung
Ebenso sind die Mit-
= teilungen‘ Königs. über Bestrahlungen bei Rezidiven: nicht uner- | intravenös, anfangs jeden 2. Tag, später. seltener) unternahm Plesch. . 5
Im Kampf. gegen das Karzinom müssen wir nun alles ‘anwenden,
und nur: 2 Fälle waren .strahlenrefraktär.
freulich. König stellt das Ergebnis von 22 chirurgisch behandelten
.. und 23 bestrahlten. Rezidiven einander gegenüber.
im 8., 4. und 5. Jahr.
strablung 5 über 1.Jahr,
über 4 Jahre.
in sich, die Jauchung schwand.
-> ‘däß:.nach Bestrahlungen der. Mamma zuweilen Lungenindura-
Wintz hat ferner den Eindruck gewonnen, daß
g ist: hier noch nicht erzielt. Es scheint aber, ‚daß in gewissen
a Fällen die ‚Kastration von ‚Wert ist.
Ä ‚Die: ausgezeichneten- Erfolge der Strahlentherapie bei der | .
k malignen Struma, über welche ich das letzte Mal zusammen-
fassend berichtete, lenken unser Augenmerk auf die eigenartigen Ver-
=. kältnisse, die wir bei dieser Art. der bösartigen Neubildungen zu |
= beobachten Gelegenheit: haben. Bekanntlich ist die maligne Struma
nicht immer ein Karzinom. Es gibt maligne Sirumen, bei denen
z histologisch durchaus nichts Bösartiges nachweisbar ist und
‚die. nur. durch ihren Hang zur Metastase ihren malignen Cha-
. . ' rakter manifestieren. Neuerdings hat Keppler solche Metastasen `
- "auch in der Leber nachgewiesen.
- der Schilddrüse: brauchen aber auch nicht: immer einheitlich zu .
sein: -Daß Karzinom und Sarkom: nebeneinander vorkommen, ist
eine längst bekannte Tatsache.. Die ersten Angaben hierüber stammen
aus dem Jahre 1860 (Förster). Herxheimer hat solche Tumoren
“als Kombinationstumor, R. Meyer als Kollisioöns- oder Ver-
mischungsgeschwulst beschrieben. Ähnliche: ‚Mitteilungen liegen
von Saltykow, Basal und Rigaud, ‚Herrenschmidt, Klun-
zinger, Giavotto, Albrecht, Simmonds, Waechter u.a. vor,
Auf ähnliche Vorgänge in der Tierpathologie hat Schöne aufmerk-
sam gemacht. In einer sehr lesenswerten Studie über diesen Gegen-
stand kommt Schuppiser zu dem. Schluß, daß. sich in, dem ur-
sprünglich reinen epitb elialen Tumor aus dem bindegewebigen
Stroma desselben eine zweite Geschwulstkomponente, das |'
Sarkomgewebe entwickelt. Es: können danach fast sämtliche der
| Schilddrüse bilden.
-_ “Diese Feststellungen haben außer ihrem hohen wissenschaft- `
-- lichen Wert auch eine praktische Bedeutung. Das Schilddrüsen-
ws ‚Karzinom spricht gut auf Bestrahlung an, das Sarkom nicht.
Bei strahlenrefraktären Fällen ist an die Möglichkeit einer
Mischgeschwülst zu denken.
Noch stark im Fluß ist bis jetzt ; immer Bloch die Frage, ob es
möglich ist, die Strahlenwirkung zu sensibilisieren. Gibt es |
überhaupt Sensibilatoren?. Hier haben unsere Auffassungen in |
. ‚stärkster Weise hin- und hergeschwankt. Nach den ausgezeichneten
Arbeiten von Gudzent und Großmann mußte man längere Zeit |
die. Hoffnung aufgeben,. daß es jemals’ gelänge, durch Sensibili-
‚sierung die ‚Strahlenwirkung wirksam zu steigern, ohne
l 5). Anmerkung beider Korrektur: Auf der.48, Versammlung
der Deutschen Gesellschaft für Chirirgi
im Druck vorliegt, machte Meyer ( öttingen) Angaben über ein. seit
21/, Jahren durch een Ba m Mammakarzinom.
„verursachen.
glückte Versuche.
Von den. chir-
‚urgisch. behandelten . starben 16 im ersten, 3 .im zweiten und je einer
Von ` den bestrahlten Fällen starben nur 8
Es lebten nach der Be-
2 über 2 Jahre, 1 über 3 Jahre und 2
Ein glänzendes Resultat ist das allerdings auch
. „nicht, aber es ist doch wenigstens eine Verbesserung. Die Mit-
4 teilungen von König über inoperable bestrahlte Fälle ähneln sehr |
- .. den Angaben von Beck. Er. beobachtete auch 15 Fälle. Fast immer
trat eine sichtliche Besserung ein, “der Tumor verkleinerte.
E In 4 Fällen war 'sogar eine kli- |
pA nische Heilung feststellbar, die allerdings keine langfristige war5).
In seinem. neuen. ausgezeichneten Buch über die Bestrahlung
des Mammakarzinoms. macht Wintz wiederum darauf aufmerksam,
zu hören.
der Kenntnis der. Strahlenwirkung an -dèn Ellingerschen Mit-
dem Fällungsvermögen ‚der Thoriumnitratlösung. zu.
Karzinom. beider Lider und des Augapfels: angewandt:
Die. bösartigen Neubildungen in
löffel täglich betragen.’
demselben Grunde könnte das Juni-Heft der‘ Fortschr. a. d. Geb. d
. Röntgenstrahlen (Bd. 32, H. 12) nur in einzelnen Fußnoten Berück- a
e 1924, deren Bericht noch nicht -
i gleichzeitig" eine‘ Allgemeinschädigung ` ie Organismus ` za.
Auch das bekannte Buch von Wetterer enthält .
‚schon - zahlreiche ‘Mitteilungen. über- dahingehende und nicht .ge- .-
In neuerer Zeit. wurde nun’ diese Idee: wieder: _
‚aufgegriffen.: Ellinger und Gans unternahmen zunächst hier vorbe- `
.reitende Tierversuche, sodann. infiltrierten Ellinger und Rapp ~
Tumoren ‘mit 10. Yeigem Thoriumnitrat und: erzielten damit -be- `
.merkenswerte Erfolge
Nachprüfungen von Sidamgrotzky und
Picard 'ermutigten - - durchaus.
Äskùlin ‘oder. Äskulin. allein (3—5 ccm einer 1.%/,igen Lösung
was einigermaßen Erfolg. verspricht, und es war daher hocherfreu-
lich, endlich einmal etwas über ‚geglückte Sensibilisierungsversuche
Nun übt: aber Wels in seiner vortrefllichen Betrachtung
teilungen — die ich bis dahin als einen entschiedenen Fortschritt
betrachtete — eine scharfe Kritik,- Er schreibt die ganze Wirkung
Setzt man `
einen Schuß 10 P/,iger Thoriumnitratlösung. im 'Reagensglas zu
_Rinderserum, so tritt momentan ein dicker Niederschlag auf. Es ist `
daher anzunehmen, daß das ’Thoriumnitrat auch. ähnlich auf das `
: Kolloid . der lebenden Zelle wirkt. -
Es erscheint dalier: zweifelhaft, -
ob mán es hier nach-Bestrahlüngen. nur mit der Wirkung sekundärer
-ß-Strahlen zu tun hat.
Die Welssche Kritik ist substanziert und
es scheint. fast, als ob wiederum eine lange 'gehegte Hoffnung. der `
Röntgenologen damit illusorisch . wird. Eine andere Frage aber `
_ wäre es, ob nicht dennoch dieintratümorale Applikation des Thorium-
. Ditrats als ‚chemotherapeutisches Hilfsmittel angezeigt wäre. Leider:
kann ich hierüber mangels eigener Erfahrungen keine‘ ‚Angaben
‚ machen. |
Zum Schlusse möchte: ich noch auf das Carcinolysin wid
Tumoreidin zu sprechen kommen.
‘Das Carcinolysin hat sich einer ephemeren Bedeutung: zu
erfreuen gehabt.
. wirksam und beobachtete 26—35 %/, Heilungen. bei seiner Verwen- g
dung. Carċinolysin. ist ein Ferment der Pflanze Haisung, 16 ccm
Matsusita ‚fand es bei 3417 Kranken in 64%,
dieses Mittels bringt Besserung, 30 cem’ sogar Heilung. Leider
‘ergaben aber die Nachprüfungen Blumenthals diese Erfolge. nicht. 0 `
Das Tumoreidin wurde erstmals von. Deutschmann bei einem
durch Verimpfen von Keimdrüsensubstanz (Ovarium, Hoden) ait
Pferde gewonnen und es ist auch schon: über eine erfolgreiche An-
wendung‘ von Paul Seitz (Tönning). berichtet: worden.
stiges Resnltat, ebenso fand Jarre : keine Einwirkung des Tumor- |
cidins auf-das. Leiden. Tumoreidin, ist aber nicht als ein Krebs-
‚heilungsmittel im engeren Wortsinn aufzufassen.. Es soll nur
den Heilungsprozeß unterstützen. "Insofern ist es als Pro-
phbylaktikum indiziert, desgleichen findet es bei inoperablen
. Karzinomen Anwendung.
In diesem Sinne äußern: sich neuer-
dings hierüber Hartung, Deufschmann.und Kotzenberg. Das.
Tumoreidin. ist in nicht zu kleinen Dosen zu verwenden. Nach.
. Deutschmann ‚und Kotzenberg soll die Dosis mindestens 3 Tee-
Nach alledem. ist das Tumorcidin kein
Mittel von wirklicher Bedeutung und meine beim ersten Erscheinen
der Arbeiten von. Deutschmann und Kotzenberg ausgesprochene
' Vermutung, daß es sich: lediglich um eine parenterale Eiweiß-
therapie mit -ihren Einwirkungen auf die Dispersitätszustände in.
der Zelle handle, scheint, sich: zu bestätigen.
"Nachtrag. Diese -Arbeit war fertiggestellt, ‚als das neueste. =
Heft- der Zschr. f. Krebsforschung (Bd. 21,.H. 3) erschien.
Es ist
daher in dieser‘ Betrachtung nicht mehr "verwendet worden. Aus
sichtigung finden.:
Literatur: Ascher, D.m.W., 1923, 9,720. — Ascoll und Izar, ‚Ausführliche
Literaturangabe vergl. Schade, Phys. Chem. 1921, S. 521. — Albrecht, Verhandl. d.
. Deutsch. Path. Ges. 1908. — Anschütz, ‚Med. Ges. Kiel, 7. Febr. 1924; Klin, Wschr. 1924,
8.811. — Aschoff, Freiburg, Med. Ges. 17. Juli 1923; Klin.Wschr. 1923, S: 2185, — Bassal .
und Bigaud, Arch. de mèd. exprim. Bd. 25. — Bauer, Zschr. f. Krebsforsch. Bd. 20,
S. 858. — Baensch, Fortschr. Röntgenstr. Bd. 29, S. 499. — Beck, Arch. f. klin, Chir.
Bd. 121, S. 194. — Benda, Berl. Med. Ges. 5. März 1924; M.KL 1924, Nr.14, S. 469. —
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S. 665; D.m.W. 1924, Nr. 9. — Birsch-Hirschfeld, Klin ‚Wschr. 1924, S.429 und S.566.—
Boß, Bruns Beitr.. Ba. 121. — Brattström, Ebenda, Bà 12L — Braunstein, Klin. Wschr. i
1994, S.788. — Derselbe, D.m.W. 1928, 8.880. — Boyksen, Zbl. £. Chir, 1924, Nr. 17., —
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- Derselbe und Peiser,, Htenda. — Chilaiditi, Gaz. möd. d'Orient. 1928, S: 4565. > de rind
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Ähnliche Versuche mit Chinin und °
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.Schuppiser, Zschr. f. Krebsforsch. Bd. 21, S.19, — E. Schwarz, Ebenda, Bd.19, S.171. —
6.Schwarz, Röntgenkongr. 1924. — Seitz, D.m.W. 1923, Nr. 15. — Sidamgrotzky und
Picard, Strahlenther. Bd. 15, S. 684. — Simmonds, Zschr. f. Krebsforsch. Bd.13. —
Smith Journ. of Radiol. 1923, S.295. — 0. Strang, Zschr: f. Krebsforsch. Bd. 19, S.185.
Thaler, Arch. f. Gyn. Bd. 120, S.212. — J. Traube und F. Blumenthal, Zschr. f. exp.
Path. und Pharm. 1905. — Tyszka, ref. Zentralorgan'f. d. g. Chir. Bd.26, S.299. —
Waechter, Inaug.-Diss, Freiburg, 1909. — Wagner, Verein d. Ärzte. Prag 3. Febr. 1924;
Klin.Wschr. 1924, S. 583. — Warburg und Minami, Klin.Wschr. 1923, S.776. — Weibel,
Arch. Í. Gyn. Bd. 120, S.203. — Wels, Strahlenther. Bd. 16, S. 617. — Werner-Borchard,
D.m.W. 1924, Nr.1. — Westenhöfer, B.kl.W. 1907, Nr.19; Berl. Med. Ges. 5. März 1924 `
M.KL Nr.14, 8.468. — Wiechmann, Klin.Wschr. 1924, S. 481. — Wiesmann, Bruns Beitr.
34.199, 5.181. — Wintz, Röntgenbeh. d. Mammakarzinoms, 1924. — Wetterer, Handb.
d. Röntgen- und Radiother. 4. Aufl. 1922, Bd.1. — Zacherl, Arch. f. Gyn. Bd.119, S.440.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapentische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 20.
Züchtung von Streptokokken aus dem Biute gelingt nach R. Freund
und E. Berger (Berlin) in fast 1000/, der Fälle von Endocarditis lenta,
Endokarditis und Sepsis. Auch bei anderen Erkrankungen, bei denen
‚Streptokokken nicht als die primären Erreger anzusehen sind (Polyarthritis
rheumatica) gelingt sehr häufig der Nachweis von Streptokokken im Blut,
Diese treten auch gelegentlich bei schwereren Streptokokkeninfektionen der
Haut auf und ferner bei Tuberkulose, Scharlach, Anämie, Cholangitis. Der
Befund von Streptokokken im Blute kann also keineswegs als entscheidender
diagnostischer Faktor herangezogen werden.
Der positive Streptokokkenbefund. allein berechtigt nicht nach
Karl Isaac-Krieger und Walther Friedlaender (Berlin), eine von
vornherein maligne Erkrankung anzunehmen. Nur im Verein mit den
klinischen Symptomen kommt den positiven Befunden eine diagnostische
Bedeutung zu. |
Über das Tebeprotin (ein aus Tuberkelbazillen [avirulente Stämme
des Typus humanus] gewonnener Riweißkörper) berichtet E. Toenniessen
(Erlangen). Es kann als chemisch einheitliche Substanz mit der Analysen-
wage abgewogen und dadurch genau dosiert werden. Von den Alttuber-
ns unterscheidet es sich dadurch, daß es kein Tuberkulotoxin enthält,
as die spezifische Behandlung sehr oft stört, während andererseits in den
n (tuberkulinen die sehr günstig wirkenden Eiweißstoffe der Tuberkel-
allen fehlen. Von den Neutuberkulinen unterscheidet es sich dadurch,
vr in unmittelbar wirksamer echter Lösung angewendet wird, während
| a en Neutuberkulinen die Eiweißkörper innerhalb der Bazillenleiber bzw.
azillensplitter eingeschlossen sind und daher nur mangelhaft zur Wirkung
Wehe Die biologische Wirkung des subkutan angewandten Tebeprotins
a stark ausgesprochener Spezifizität beim tuberkulösen Menschen
ek, dem Alttuberkulin überlegene Diagnostik) bei geringer Gift-
iii Nach H. Friedrich (Berlin) hatten sämtliche Phthisiker mit Fett-
en auch eine Fettleber und einen verminderten Urobilingehalt der
‘ Dagegen hatten diejenigen Kranken mit schwerer Phthise, die
Räzes
normale Urobilinwerte im Stuhl zeigten, keine Fettstühle und auch
keine Fettleber. Die Ursache der Fettstühle bei schwerer Tuberkulose
‚muß daher auf eine mangelhafte Sekretion der Galle in den Darm zurück-
geführt werden. a a i | |
In der Ätiologie der Colitis mucosa spielt nach Stefan Went
(Budapest) nicht irgendeine pathogene Bakterienart und nicht das Pathogen-
werden schon vorhanden gewesener Saprophyten die wichtigste Rolle,
sondern eine abnorme Eigenschaft der Darmwand, die die Invasion der
Darmsaprophyten ermöglicht. Durch Einführung zweckmäßig präparierter
Kolibazillen, die aus den Fäzes der Patienten gezüchtet wurden, stellte
sich die normale Funktion .des Darmes durch Stärkung der Darmschleim-
haut wieder ein.
Die Pikrotoxin-Hyperglykämie des Versuchstieres wird nach
V. M. Kogan (Charkow) durch Insulin nicht. nur herabgesetzt, es wird
ihr sogar durch rechtzeitige Einführung des Medikaments vorgebeugt.
Gegen die Mästung von Säuglingen wendet sich Leo Langstein.
Es kann dabei zu rachitischen Erscheinungen, vor allem zu Kranio-.
tabes kommen, ferner zu reichlicher Seborrhoe und damit zu univer-
sellem Ekzem, außerdem auch zur Hypertrophie der Tonsillen. Betont
wird, daß die Gemüsezufuhr vom 5., 6. Monat an all das für den Säugling
zu leisten scheint, was erreichbar ist.
Bei der Enuresis im Kindesalter weist P. Karger (Berlin) unter
‚anderem auf die Schlaftiefenenuretiker hin, die bei seltener Harnentleerung
am Tage fast jede Nacht einnässen. Die Behandlung hierbei spitzt
sioh auf die Frage zu: Wie kann man den Ablauf des Schlafes ändern und
seine Tiefe herabsetzen? Das geschieht dadurch, daß das Kind zur Zeit
der größten Schlaftiefe (d. i. 11/,—2 Stunden nach dem Einschlafen) voll-
ständig aufgeweckt wird (das Kind muß im Zimmer herumlaufen und
kleine Rechenaufgaben lösen). Die Schlaftiefenkurve erhebt sich nach
dieser Störung wieder und verläuft wie die spontane bis zum morgendlichen
flacher. Dann genügt ein geringerer Reiz wie der Harndrang, den
Schläfer zu wecken. Bei dieser Methode wachen die Kinder nach einiger
sollte übrigens in Rechnung ziehen, daß das Bettnässen nur ein kleines
anomalie. | |
A. Pohl (Berlin) beschreibt eine Methode der maschinellen Per-
kussion mit einem gewöhnlichen Vibrafionsmassageapparat von möglichst
hoher Tourenzahl und möglichst geringem Eigengeräusch. Dabei erfährt
das Summen des Motors beim Überschreiten der Organgrenzen eine sofortige
Änderung der Schallhöhe nach oben oder unten. Hingewiesen wird ‘auf
die Sicherheit, mit der dieser Schallwechsel die Organgrenzen anzeigt. Die
Perkussion mit Finger, Hammer und Plessimeter wird am Krankenbett
unentbehrlich bleiben. Daneben kann aber die Organuntersuchung mit
maschineller Erschütterung die klinische Untersuchung erleichtern und
verfeinern. | u
Eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung des Eiweißes im
Harn und Serum empfehlen Paul Levi-Crailsheim und W. Kiel (Berlin).
Das Prinzip ihres Albuminimeters (von Lautenschläger, Berlin, hergestellt)
beruht darauf, daß die Sulfosalizylsäure, zu eiweißhaltigen Flüssig-
keiten zugesetzt, eine Fällung des Kiweißes gibt, die um so intensiver ist,
die Färbung, sondern auf die Diohtigkeit des suspendierten ausgefällten
Eiweißes an.
„Narbengeräusche“ bei „geheilter“ Lungentuberkulose sind nach
Stroux (Hamborn) mit größter Vorsicht zu diagnostizieren,
Stelle „Narbengeräusch“ sein mag, ist an einer einige Zentimeter entfernten
‚Stelle unter Umständen ein Charakteristikum eines exsudativen tuberkulösen
Prozesses. Viele nicht geheilte Lungentuberkulöse bleiben Jahrelang
arbeitsfähig, wenn ihnen durch Vermittlung passender Arbeit, durch ein-
fachen Erholungsurlaub ein wenig geholfen wird.
Zur künstlichen Atmung bei Asphyxia neonatorum empfiehlt Hans
Körper hängt senkrecht zwischen den gespreizten Beinen des Arztes nach
unten. Nun hebt und senkt man das Kind in dieser senkrechten, hängenden
Haltung unter ruckartigen Bewegungen, wobei die Luft mit hörbarem
Geräusch ein- und ausströmt. Beim ruckartigen Heben wird das Zwerch-
fell durch die Baucheingeweide nach oben. gedrängt, und dadurch wird der
Thorax verengt: Exspiration; beim ruokartigen Senken sinkt das
Verletzung des Kindes wie bei den Schultzeschen Schwingungen ist aus-
geschlossen; und ist das Kind schon verletzt (Tentoriumriß, Hirnblutung)
so wird’ die Wiederbelebung sowieso vergeblich sein. Was den Abflug
aspirierter Massen anbetrifft, der bei den Schultzeschen Schwingungen so
Erwachen, sie erhebt sich aber nicht wieder zur alten Höhe, sondern bleibt-
Zeit schon spontan um die gleiche Stunde auf. Jede Therapie der Enuresis
Symptom ist im Bilde einer allgemeinen Konstitutions- und Reaktions- |
je mehr Eiweiß in der Flüssigkeit gelöst ist. Es kommt hierbei nicht auf
Was an einer
Baumm (Oppeln) folgende Methode: Man faßt das Kind genau so wie bei
den Schultzeschen Sohwingungen an den Schultern, der kindliche
Zwerchfell nach unten, der Thorax erweitert sich: Inspiration. Eine
DE N We pu ia sl LNE aE 6. Juli
iot gewährleistet on 80` braucht ‚man er Kind. bei der beschriebenen rufen.) Das, was wir „Leben“ nennen, diese Summe von Stoffumsstzungen,
. Methode zwischendurch. nur einige Male umzudrehen und an den Füßen .
| ist von den ` Lebensnerven“ abhängig. Das vegetative Nervensystem
- hochzuhalten, wobei man noch auf den Rücken des Kindes: -klopfen kann. | ist -deor Brennpunkt des Lebens (Tod. = Erlöschen der vegeta- nn
.. Im übrigen ist die vorherige: Entfernung - aller Schleimmassen aus den | tiven Funktionen) > | > = Bruck,
‚Luftwegen die conditio sine qua non dös Erfolges jeder künstlichen
Atmung. Wenn nach 20 bis.25 Minuten, lang kunstgerecht ausgeführter
"künstlicher Atmung keine Atembowegung zu erzielen ist, können die Be-
mühungen als erfolglos aufgegeben werden: Es handelt sich dann um. eine
.irreparable intrakranielle Lähmung. des Atemzentrums. Bei solchen
. "Kindern kann man durch künstliche Atmung die Herzaktion. viele Stunden |
- lang in 3 Gang halen, ‘ohne einen BInAEeN, Atomzug zu erzielen.
F. Bruck.
‚ Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 17 und 18.
í _ Den‘ plötzlichen natärlichen Tod und seine Ursachen bespricht Ti:
: A. Haberda (Wien) an Hand: des Wiener: Materials. Betroffen. werden
‚alle. Altersklassen, besonders Kinder im 1: Lebensjahr und Leute über _
40 bzw. 50. Jahre. Aus wirklich guter Gesundheit tritt- der Tod bei:
-| Frauen. durch Rxtroutoringravidität und Embolie der Art. pulmonalis ein.
. Bei Kindern sind in erster Linie’ Bronchitits und Magen-Darmkatarrhe Ure
sache des plötzlichen Todes, während ‚bei Erwachsenen Erkrankungen des
"Herzens ‘und der Gefäße, meist‘ degenerativer Art, im Vordergrund stehen. :
_ Daneben können natürlich fast alle Erkrankungen beobachtet werden; es
‚bleiben aber immer einzelne Fälle übrig, wo eine Todesursache nicht auf--
Münchener medizinische Wochenschrift 1924; Nr. 20.
Nach Carl Behr (Hamburg) liegt in einem großen Prozentsatz aller .
-Fälle von multipler Sklerose eine Beteiligung der Sehnerven vor. Diese:
Optikuserkrankung. stellt häufig das erste Symptom der- ‚Erkrankung dar:
Der weitaus größere Teil der Fälle von akuter retrobulbärer Neuritis optici- |
läuft später in ‘eine multiple Sklerose aus. Höchstwahrscheinlich geschieht
‘ die Infektion von der Körperoberfläche (Schleimhaut) aus per continuitatenn.
Denn an der Sohleimhautbedeckung der hinteren Siebbeinzellen, ist der.
Sehnerv nur durch ein dünnes, nicht selten sogar fehlendes, jedenfalls aber
DA durch zahlreiche Blutgefäße und Nervenstämmchen durchlöchertes Knochen- ;
. . plättchen und durch. gut vaskularisiertes und mit zahlreichen Lymph-
spalten versehenes Bindegewebe getrennt: ‘Die Erreger können. also von
der Schleimhaut, vor allem der- hinteren Siebbeinzellen per continuitatem |
‚ In. den Sehaerven und damit in das Zentralnervensystem eindringen.
= Sohwer unterernährte und azidotische Diabetiker,. bei denen
alle diätetischen Maßnahmen versagen, ‘können nach Oskar Lutz (Würz-
- burg) durch eine Insulinkur eine erhebliche Zuckertoleranz (bis etwa 100 g)
- — erreichen, unter AUUSESRDE! der Azidbse und Absinken der Hohen Blut-
zuokerwerte.
Als besondere Vorteile der Narcylennarkose hebt F. Phili pp (Berlin)
das rasche Einschlafen und Aufwachen hervor, Eigenschaften, die diese
Narkose besonders für kurzdauernde Eingriffe: geeignet machen; ferner die
- . Ungefährlichkeit der Narkose auch bei langer. Dauer, sowie das Fehlen _
unangenehmer Nachwirkungen; weiterhin die Unschädlichkeit bei Herz- und:
Lungenkranken. Sie wird aber die Ather-Chloroformnarkose nicht ver-
drängen können, da ihre Apparatur zu umfangreich und auch bei Lapa-
rotomien ‘die Entspannung zuweilen keine genügende ist (ohne vorherige
Darreichung von 0,0003 Skopolamin ist eine solche Entspannung nicht zu
er = erzielen). Währscheinlich tritt das Kalzium des Blutes in eine Verbindung -
ii mit dem Azetylen ein, wodurch die Gerinnungsfähigkeit des Blutes behindert:
E wird. Daher eine vermehrte Blutung bei der Operation:
ti. >o,- "Zur Kenntnis der Thrombose. der unteren Hohlvene bringt E. Graf o.
(Rostock) einen Beitrag. Eine 54jährige Frau bekam im Anschluß an die
erste Geburt. eine schwere Thrombophlebitis der ganzen unteren Körper-
Hi hälfte, die zu hochgradigen Schwellungen und Venenerweiterungen. bis zur
Ci = Brust hinauf führte. Bei fünf weiteren Geburten Wiederholung des
wor gleichen bedroblichen Zustandes, zum Teil mit Lungenembolien. Auch in
. der Zwischenzeit in den stark erweiterten Gefäßen der Bauchwand und der
Hüftgegend viele neue Schübe von Thrombophlebitis. Bei der hochgradigen
Erweiterung im oberflächlichen Hautvenengebist ist anzunehmen, daß auch
die Verbindungen zu den tiefen Venen’ außerordentlich erweitert sind. Die
Thromben reichen offenbar bis in das untere Hohlvenengebiet hinauf.
' Bemerkenswert war ferner der ausgesprochen hereditäre Charakter. der-
wobei Verf. aber zu kritischer Beurteilung ermahnt.
- Experimentelle "Untersuchungen über die Drainage des Cavum
| veritonel ‘und über den physiologischen Schutzapparat des Peritoneums' _
teilt L. Schönbauer (Wien) mit. Er fand bei normalem Peritoneum `
durch Drainage keine Steigerung. der Resorption, bei infiziertem dagegen
im Beginn. Ferner stöllts er, wie schon andere Autoren, fest, daß eine:
ist die ` bakterizide Kraft des Exsudats groß, worin die Hauptabwelirkraft
des Peritonsums. liegt. Verf. fand das Peritonealexsudat nach perforierter
zu dem Schluß, ‘daß die Bauchhöhle bei Verstopfung. der Infektionsquelle
der Fall, so soll drainiert werden zwecks schneller Bildung von Adhäsionen ,
um den Infektionsherd herum. o
` Zur Ätiologie des Erythema nodosum teilt B. Coglievina (Triest)
mit, daß ein Zusammenhang mit Tuberkulose nicht besteht, wohl aber die
Erkrankung -die Rolle eines „agent provocateur“ ‚spielen kann.. Verf. hält
das Leiden für eine abgeschwächte Schärlachinfektion ‘bzw. ein Scharlach-
-äquivalent. Es besteht ‚Hönteglosität, die seltenen Nachkrankheiten sind‘
ernst zu nehmen. pi
- Einen Beitrag zur Klinik der Uterusmyome liefert K. Fleischmann.
' Es handelte sich einmal um hochgradige Kachexie durch ein histologisch
benignes Myom; einmal um Kompression des linken Ureters mit sekundärer
Pyelonephritis durch ein Kollummyom, schließlich um Myom und retro-
fiektierten graviden Uterus, der eine Totalexstirpation nötig machte. In
den beiden: ersten’ Fällen. traten die sl lange Zeit nach dem
Beginn des Klimakteriums ein.
Über die Bekämpfung der Syphilis an den Gebäranstalten berichtet
FE Klaften (Wien). Er fordert für sämtliche serologischen Untersuchungen
Vornahme der Wa.R. und M.T.R. Als günstigster Zeitpunkt erwies sich
die Geburt und zwar wurde Retroplazentarblut oder Venenblut gleich nach
Ausstoßen der Frucht genommen. Behandelt sollen alle. Neugeborenen
werden, bei denen Spirochäten’ oder positive Seroreaktion im Nabelschnur-
' blut nachgewiesen werden, ferner alle anscheinend gesunden Kinder luetischer
Mütter, die nicht oder nur vor der Gravidität behandelt wurden.
Die Phthiseogenese der Kriegstellnehmer bespricht P. Gerber
(Wien) und kommt zur Bestätigung der an den meisten Stellen geläufigen
Anschauung, daß konstitutionelle und konditionelle Yaktoren bestimmend
sind für. die histogenen und humoralen. Immunitätsvorgänge im Abwehr-
' kampf gegen die Tuberkulose,
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A E Erkrankung, indem nicht nur Mutter und Schwester, die an Lungenembolie Zur Röntgenbehandlung der Knochen- und Gelenkstuberkulose
2. starb, sondern auch eine Tochter der Kranken an schweren Thrombophlebi-
bemerkt J. Haas (Wien), daß eine kritiklose Anwendung nur Schaden stiften
kann. Indiziert ist die Röntgenbehandlung bzw. deren Versuch bei allen .
Fällen, die das akute Stadium im Beginn schon ‘überstanden haben. Vor
tiden litten. Es scheint sich demnach in der Familie um eine konsti-
tutionelle Minderwertigkeit desVenensystems zu handeln. Ist bei Kranken mit
a konstitutioneller Neigung zu Venenerkrankungen einmal eine Thrombo-
großen Dosen wird ‚gewarnt; die Dosierung ist individuell. sehr verschieden,
ER phlebitis post partum eingetreten, so wiederholt sich diese’ bei jeder der | -starke Reaktionen müssen vermieden werden. Beginn etwa mit 3 H. durch
N folgenden Geburten. Man muß daraus die Indikation ableiten, bei der- | 4 mm-Alum. Für Kinder ist die Dosis kleiner als bei Erwachsenen zu
u -= artigen Kranken entweder eine neue Schwangerschaft zu verhüten, oder | wählen (1,—2/,)., Außerdem. ist natürlich die übrige ohirurgisch- -ortho-
I die eingetretene zu unterbrechen.
pädische Behandlung nicht zu vernachlässigen.
| Bemerkungen über Fehldiagnosen bei chirurgischer Tuberkulose.
macht M. Jerusalem. Wichtig ist in allen Fällen die immunbiologische
Prüfung, wobei der Wert natürlich mit zunehmendem Alter abnimmt.
Gegenüber Lues ist die Differentialdiagnose mitunter erst „ex iuvantibus“
zu stellen, wenn Anamnese und Wa.R. versagen. — Zur Bildung tuber-
kulöser Abszesse ist eine viel längere Zeit nötig als zu einer heißen Abszeß-
bildung. — Häufig ist aber Probeexzision baw. 'Probepunktion erst ont-
scheidend.
.A. Kiroh (Wien) teilt Einiges über die ‚Kachexie Tuberkulöser
mit, Diese kann rein enterogen u ohne zunächst subjektive Sym-
Über die übertragbare Genickstarre berichtet Helmut Böwin g
| u n (Erlangen). Die Kranken, die mit regelmäßigen Lumbalpunktionen
oo. und mit intralumbalen Einspritzungen von Meningokokken-
Ber ' serum behandelt wurden, haben eins günstigere Voraüssage. als Nicht-
= | behandelte. Zahlreiche Symptome des Leidens sind auf Störungen
> | im vegetativen Nervensystem zurückzuführen. (So wird z. B. die Darm-
| n | tätigkeit durch das sympathische System gehemmt. Da nun die Fasern
we E ‘des Sympathikus im Rückenmark entspringen, so werden: entzündliche
Reize der Rückenmarkshäute eine Erregung der austretenden sympathischen
Fasern und damit eine Darmhemmung, d. h. eine Verstopfung hervor-
gefunden wird; hier muß. man. den Status lymphaticus zu Hilfe nehmen, |
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‚Ableitung des Exsudats durch eine Drainage nicht möglich ist. Dagegen =
‚Appendizitis ‚usw. noch nach 24—30 Stunden steril. Er ‚kommt deshalb -`
' und reinen Wundverhältzissen völlig geschlossen werden soll; ist dies nicht |
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‘hei wenig oder gar nicht verändertem Lungenbefund zu schwerer Kachexie.
. -Die Ursache kann mechanisch-neurogen oder toxisch sein. Sie verschwindet
- manchmal so schnell wie sie kommt, und die Patienten erholen sich
-dann rasch.
'tuberkulösen Prozesses.
stechen führen den Patienten zum Arzt.
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hen, beruhend auf Darmprozessen, die auch rein „funktionell“
Häufig führt auch Anorexie mit Magenschmerzen, Erbrechen
Zur Erklärung psychogener Fieberreaktionen bei Lungentuberkulösen
teilt Ed. Ladeck (Hörgas) diese in zwei Gruppen ein. Bei der ersten
dauert der Temperaturanstieg nur um weniges länger als die Ursache;
diese ist rein psychisch und findet sioh auch bei Lungengesunden. Bei `
der zweiten Gruppe überdauert die Temperatursteigerung die Ursache
längere Zeit, mitunter einen Tag. Hier ist der Grund wohl in einer Toxämie
zu suchen, die durch stärkere Lungendurohblutung entsteht. Letztere wird
yerursacht durch die psychisch hervorgerufene.Pulsbeschleunigung, schnellere
- Atmung und Erhöhung des Blutdrucks.
` Über die Verwertung der Mensesreaktion zur Beurteilung der Akti-
vität tuberkulöser Krankheitserscheinungen, insbesondere der Lungen,
teilt H. Maendl (Grimmenstein) weitere Erfahrungen mit. Es handelt
sich um das Auftreten von Rasselgeräuschen über Lungenteilen, wo sonst
“ein Katarrh nicht feststellbar war, zur Zeit der Menses. In 77°), fand
Verf. mit diesem Mittel volle Aufklärung über Art und Ausdehnung des
Ferner spricht der positive Ausfall für einen
aktiven oder- noch aktivierbaren spezifischen Prozeß.
Zur physikalischen Diagnose des Oberlappenbronchuskarzinoms:
bemerkt W. Neumann (Wien), daß hier bestimmte Symptome eine sichere
Diagnose ermöglichen. Reizhusten, Hämoptoe, Kurzatmigkeit ‘oder Brust-
Es finden sich perkutorisch
normale Spitzenfelder und absolute Dämpfung der medialen Infraklavikular-
grube bis zur 3. Rippe. Darüber hört man nur abgeschwächtes Vesikulär-
atmen oder das Atemgeräusch fehlt ganz. Dabei ist das Verhältnis von
absoluter und relativer Herzdämpfung normal.
A. Schick (Grimmenstein) macht auf die klinische Bedeutung der
Schmerzen bei Lungentuberkulose aufmerksam. Bei beginnendem Lungen-
spitzenkatarrh oder einer frischen Infektion bei älteren Prozessen entspricht
. der Schmerzpunkt am Thorax meist dem anatomischen Sitz des Herdes.
Wichtig ist besonders das Auftreten von Schmerzen mit Temperatursteigerung
oder bei Frauen während der Menses. Daneben entstehen auch neuralgische
Schmerzen im Kopf, Hals usw. Für einen nabe dem Herzen gelegenen
Herd sprechen lästiges Herzklopfen und Herzschmerzen. Druckgefühl unter
dem Sternum spricht für Mitbeteiligung der Bronchialdrüsen. Darauf
deutet auch die „Spinalgie“ und ev. Headsche Zonen. Diese Schmerzen
‚ werden durch Witterungsänderung, heftige Bewegungen usw. gesteigert,
bei Frauen durch die Menstruation. Prognostisch sind die mit Schmerzen
einhergehenden Prozesse meist günstiger als die schmerzfreien.
-Beobachtungen bei der Ektebinbehandlung der Lungentuberkulose
teilt P. Stein mit. Eine Reaktion an der Einreibungsstelle in verschiedenem
Grade wurde immer beobachtet und zwar weiter eine Zunahme der Reaktions-
stärke, je näher die Applikationsstelle dem Herde lag. Eine lokale Allergie-
steigerung wurde ebenfalls festgestellt. Nicht selten stellten sich Tempe-
tatursteigerungen mit z. T. heftigen Allgemeinerscheinungen ein. Auch
traten einige Herdreaktionen auf, Ein Einfluß der Kur auf die Temperatur
und die Expektoration fehlte. -Ein sicherer ‚Einfluß auf den Allgemein-
zustand konnte auch nicht festgestellt werden. Verf. möchte das thera-
peutische Anwendungsgebiet wesentlich einschränken. Am ehesten emp-
hlen wird es zur Behandlung der Skrophulose. Muncke.
Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr. 24.
Die Subokzipitalpunktion wird von Adolf Hartwich (Halle) als.
vollwertiger Ersatz der Lumbalpunktion empfohlen. Die Erfahrungen des
Autors erstrecken sich auf 91 Punktionen bei 58 verschiedenen Kranken.
en Besser sitzen als liegen, Eingehen mit einer dünnen Nadel, genau
DE P a, der Membrana atlanto-occipitalis fühlbar wird. Nach
TAR en dieses Widerstandes befindet sich die Nadel in der Cisterna
aaa ee und es wird nun der Liquor durch eine Spritze an-
Patients tgendwelche nachteiligen Folgen wurden nicht gesehen. Die
s ie Waren im Alter von 6 Monaten bis 75 Jahren. In einigen Fällen
(teen ee Druck gefunden, und zwar wenn die Patienten predten
kulöser kr under), außerdem aber wiederholt an einem Fall von tuber-
a ana, Der durch Lumbal- oder Subokzipitalpunktion go-
Globulinre Ei zeigt weitgehende Übereinstimmung, stets bezüglich der
en ‚atlion, der Wassermann- und der Kolloidreaktiop, im allgemeinen
60 bezüglich des Zellgehalts. Doch fand sich hier im Zisternenliquor
Sa Nervengesunden - 3
gs oft 5 :
niedrigerer Zellgehalt, ein etwas höherer, bei Nervenkranken ein etwas
flachung des Gibbus feststellen.
n der Mittellinie zwischen Protuberantia occipitalis und Processus spinosus,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.2. 947
Eskil Kylin berichtet in einer vorläufigen. Mitteilung, daß die von
ihm bei essentieller Hypertonie vermutete Verschiebung in dem Verhältnis
des Kalziums wirklich im Blut nachgewiesen werden kann. W.
= Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 19 u. 20.
Nr.19. Fortschritte in der Sakralanästhesie berichtet Lä w en (Marburg).
Das neue, von den Farbenfabriken Leverkusen unter dem Namen Tutokain
in den Handel gebrachte örtliche Betäubungsmittel hat sich in der
Form einer frischen, aus Pulver oder Tabletten zu 0,1 g hergestellten und
durch Aufkochen sterilisierten Lösung bewährt. Als Lösungsmittel dient
0,9%/,ige Kochsalzlösung mit einem Zusatz von Kal. sulph. von 0,4%/,. Zu
30 ccm dieser Lösung werden 4 Tropfen Suprareninlösung (1: 1000) zu-
gesetzt. Nach Einspritzung von 80 com der ligen Tutokain-
lösung in den Sakralkanal tritt Gefühllosigkeit in Form der Reithosen-
anästhesie auf. Sie genügt für Operationen am After und für Eingriffe an
der Blase. Nebenwirkungen sind nicht zu befürchten. _
` . Sympathicusoperation bei der Hemikranie und Epilepsie hat Witzel
(Düsseldorf) mit Erfolg ausgeführt. Die Operation wirkt dadurch, daß sie
die dauernde Gefäßverengerung der Gehirnschlagader beseitigt und dadurch
eine bessere Durchspülung ermöglicht. Nach Auslösung des N. vagus aus
seinem Bett wird die Carotis communis in einer Ausdehnung von 3—4 om,
die Carotis externa und die Carotis interna so hoch als möglich von der
Adventitia entblößt. Dabei geht die kleine Karotisdrüse von selbst mit.
Zum Anus praeter-Verschiuß empfiehlt Hohlbaum das an der
Chirurgischen Universitätsklinik Leipzig geübte Verfahren. Der After wird
ovalär umschnitten und der verlängerte Hautschnitt bis auf das Bauchfell
durchgeführt. Die eröffnete freie Bauchhöhle wird. abgestopft und auf dem
unterführten linken Zeigefinger wird der Anus aus seinen Verwachsungen
scharf gelöst! Die den Anus fragende, vor die Bauchwunde gezogene
Darmschlinge wird reseziert und der Darm End zu End vereinigt. Die
Nahtstelle und ihre Umgebung wird gegen die’ freie Bauchhöhle dadurch
abgedeckt, daß die Anastomose an das Bauchfell der vorderen Bauchwand
befestigt und mit Netz abgedeckt wird. —. | j
Neuer Sicherungsbügel zu den vierzähnigen Hautwundklammern
für große Hautspannungen wird von Glaß (Hamburg) empfohlen, . Auf dem
unteren Handgriff der Klammer ist drehbar ein Bügel mit zwei ungleich .
langen Schenkeln angebracht, welcher die Klammer in einer bestimmten
Entfernung der Zähne feststellt (Bauer & Häselbarth, Hamburg 30). Preis
der Viererklammern mit Sioherungsbügel M. 70,—.
Nr. 20. Zur Therapie des akut blutenden Magengeschwärs ist es
nach den Tierversuchen von Königsberger (Bonn) erlaubt, in Fällen
äußerster Eile. bei frei zugänglichen blutenden Magengeschwüren eine zirku-.
läre Umstechung des ganzen Ulcus durch alle Schichten der Magenwand
zu machen. Nach den Versuchen bei den Tieren trat die erwartete Perfo- `
ration nicht ein, sondern war durch Verwachsungen benachbarter Organe
verhütet worden. Bu l |
Ein Beitrag zur Bruchsacktuberkulose ist der von Tonenberg
(Warschau) berichtete Fall eines 60jährigen Mannes, dessen seit vielen |
. Jahren bestehender Leistenbruch in letzter Zeit schmerzhaft und irreponibel
geworden war. Bei der Operation fand sich die innere Fläche des Bruch-
sackes und das im Bruchsack liegende Netzstück mit zahlreichen Tuberkoel-
knötchen bedeckt. Die Erscheinungen einer Tuberkulose des übrigen
Bauchfells waren nicht mit Sicherheit festzustellen.
Zur Behandlung der Spondylitis. tuberculosa empfiehlt Gabriel
- (Nauheim) das ambulante Gipsbett nach der Methode von Finck. Die
Kranken gewöhnen sich schnell an die entlastende und schmerzbefreiende
Wirkung des Gipsbettes; schon nach einigen Wochen läßt sich die Ab-
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 20.
Die Stellung des Kaiserschnitts in der Behandlung der Placenta
praevia bespricht Schulte nach den Erfahrungen aus der Geburtshilflichen
Abteilung des Katharinen-Hospitals Stuttgart. Die Vorzüge der. abdomi-
nellen Schnittentbindung sind die Verhütung der Nachblutungen
die Vermeidung der keimhaltigen Zone des Geburtskanals und
die Rettung des Kindes. Die Hysterotomia vaginalis anterior wird nur
vor der 85. Schwangerschaftswoche angewendet. Bis zu diesem Zeitabschnitt
ist sie ein schnell ausführbares, für die Mutter ungefährliches Verfahren.
Bei allen Fällen mit reifen und lebensfähigen Kindern und einwandfreier.
Asepsis wird der abdominelle transperitoneäle zervikale Kaiserschnitt aus-
geführt. Die kombinierte Wendung nach Braxton Hicks mit späterer
Extraktion wird nur in Fällen mit fraglicher Asepsis und bereits ab-
gestorbenen Kindern ausgeführt. l |
'Riesenovarialkystom am Ende einer gleichzeitig. best
| ehend
‚Schwangerschaft hat Knobel (Essen) beobachtet bei dias 4Ojährigen
K. Bg.
5 nn.
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Areflexie sind die wesentlichen Symptome.
BB 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
— 1 = LEN
Zehntgebärenden mit 150 cm Leibesumfang. Die Bauchdecken zeigten dicke
Venen, .aber keine Spur von Schwangerschaftsnarben. 8 Tage nach der
regelrechten Entbindung wurde in Lokalanästhesie durch einen 5 cm langen
Längsschnitt der Bauch eröffnet und durch einen Trokar innerhalb 40 Minuten
37 kg der klaren Flüssigkeit entleert. Danach wurde die Geschwulsthülle
herausgezogen und der Stiel abgebunden. Bemerkenswert ist, daß bei der
letzten Geburt vor 2 Jahren noch keine Geschwulst gefunden worden war.
Seltener Fall von spontaner Ausstoßung eines sub laparotomia in
der Bauchhöhle belassenen Fremdkörpers wird von J entter (Petersburg)
berichtet, Nach einer schwierigen Adnezlösung war eine kleinfaustgroße |
Marly-Kompresse im kleinem Becken vergessen worden.
25 Tage später
trat sie in die Scheide ein an der Stelle, wo vor 10 Jahren ein Scheiden-
schnitt wegen extrauteriner Schwangerschaft gonso worden war. K. Bg.
Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie,
Bd: 55, Januar bis März 1924.
Rosenfeld erörtert die Diagnose der Erkrankungen des IV. Ven-
trikeis und teilt 2 Beobachtungen mit. Bewußtseinsstörung und vestibuläre
Krisch bespricht die epileptischen motorischen Varianten und ihre
Beziehungen zu den exogenen Hyperkinesen sowie dem extrapyramidalen
Symptomenkomplex. Der. tonisch-klonische Anfall: sowie seine Varianten
stellen stürmische und schnell abklingende Störungen in denselben Bahnen
dar, die bei den Erkrankungen mit dystonischen Symptomen mehr sub-
| akut oder chronisch gestört sind.
Santangelo macht kritische Bemerkungen zu Krestnikoffs Arbeit
über Astereognosie und liefert eigene Beiträge zur Lehre der A. Eine
Läsion oder Reizung der sensitiven Bahnen des Tast-, Schmerz- und Tempe-
ratursinnes in der Peripherie oder in der Rinde kann zu Hyperästhesien
führen und damit eine Erkenntnis der. Form usw. der Objekte unmöglich
machen.
Ewald kritisiert die lokalisatorinche Betrachtung der Schizophrenie
und des Schizoids. Verf. lehnt das Schizoid ab. Eine Wesensverwandt-
schaft desselben mit dem schizophrenen Prozeß liegt nicht vor. Psycho-
. pathologische Ähnlichkeiten finden sich bei verschiedenen pathogenetischen
Bedingungen.
Rogge: Der wirkliche Wert der Lautphysiologiė für die Sprach-
wissenschaft und Medizin. Verf. macht Ausführungen über den Lautwandel.
Der eigentliche Anlaß zum Laut- und Formwandel ist nicht im rein Physi-
schen zu suchen, sondern in psychologischen Verknüpfungen mit einem
` anderen Worte, das Muster der Neubildung wird. Es gibt keinen rein
lautmechanischen Wortwandel. Die Lautphysiologie hat erst in Verbindung
mit der Psychologie sprachwissenschaftlichen Wert.
Hartmann und Schilder machen Ausführungen über die Klinik
und Psychologie der Amentia. Diese zeigt obarakteristische Auffassungs-
störungen in Verbindung mit affektiven Störungen und oft auch katatoni-
schen Erscheinungen. Wesentlich ist die infektiöse bzw. toxische Ätiologie. |.
Amente Zustandsbilder kommen bei Schizophrenie und manisoh-depressivem
Irresein vor. Melancholische postinfektiöse Zustandsbilder sind nicht der
- Amentia zuzurechnen.
Genzel hat Untersuchungen über den Blutzuckergehalt bei Psy-
chosen, besonders bei Erregungszuständen, angestellt. Es ergab sich keine
für alle Fälle geltende, gleichsinnige Beziehung zwischen Blntauoksrgehall,
. und affektiver Erregung. |
Thiele veröffentlicht einen Fall von akuter genuiner Hämato- -
-porphyrie mit Polyneuritis und symptomatischer Psychose bei einem‘
%5jährigen Fräulein. Es kam zu einer fast totalen, schlaffen Lähmung
mit sensiblen Störungen. Die Psychose trug einen‘ Selinlösen Charakter
und bot andeutungsweise katatone Züge.
Hinsen: Nachträge zur Symptomatologie der Encephalitis epidemica,
Verf. weist auf die Suggestibilität der Patienten in deliriösen Zuständen
hin, ferner auf das Vorkommen einer angioparalytischen passiven Hyper-
ämie am Kopf und an den Händen. Er beobachtete ferner merkwürdige
Hemmungszustände nach Aussetzen der Hyoszinmedikation.
Goldbladt: Über einige psychiatrisch-neurologische Beobachtungen, |
. Diese beziehen sich auf Vergrößerung der Parotis bei Schizophrenie, Trocken- `
heit und Hyperkeratosis bei Geisteskranken, wachsgelbe Gesichtsfarbe bei :
Paralyse und Tabes.
Panse: ‚Untersuchungen über Verlauf und Prognose beim manisch-
depressiven Irresein. Die Prognose des Einzelfalles auf Grund von Ge-
wichtskurve, Charakter der Zustandsbilder, Alter, Pubertät, Generations-
vorgängen ist noch wenig gesichert. Systematische Untersuchungen über
Verlauf und Symptomatologie der Erkrankung bei den Aszendenten dürften
weitere Stützpunkte für die Prognose bringen. |
_ Material einer Idiotenanstalt vorgenommen.
Vernieuwe:
Liebers und Maaß haben serologische Untersuchungen an dem
In 178 Fällen war nur in
4,50%/, das Blut positiv, der Liquor in 3°/,.
Pin6as teilt einen Fall von linksseitiger motorischer Apraxie nach
Balkenerweichung mit. Es bestand keine Parese der rechten Hand und
völlige Eupraxie derselben. Der Herd zerstörte die rechte 1. Stirnwindung,
Gyrus cinguli und die rechte Balkenhälfte bis auf das Splenium.
Erna Ball berichtet über eine durch Ernährungsschäden bedingte |
Erkrankung des Zentralnervensystems bei 4 Geschwistern.
1914—1918 in der Frontzone unter sehr ungünstigen Lebensbedingungen-
Diese hatten
existiert. Es bestand hochgradige, sensorisch bedingte Ataxie, als Grund-
lage derselben ist eine Erkrankung der Hinterstränge und der hinteren
Wurzeln anzunehmen. Neben dem exogenen Faktor ist ein konstitutioneller o
anzunehmen.
C. Mayer macht Bemerkungen zur Arbeit von E. Ball über die
diagnostische Bedeutung des Grundgelenkreflexes. Die Grenzen der klini-
schen Brauchbarkeit des Reflexes sind von E. Ball zu eng gezogen. Der
krankhaften Steigerung des Reflexes kommt eine diagnostische Bedeutung
zu. Im epileptischen Anfall fehlt der Reflex, ein Umstand, der bei zweifel-
| haften Anfällen die Diagnose sichert.
Hennebere
Aus der neuesten französischen Literatur. °
Über Pupillenungleichheit in der Oto-Rhino- -Laryngologie sagt
schränkt, durch Reflexerregung des Trigeminus,
durch Einträuflung von 4°/,igem Kokain eine latente Miosis demonstrieren.
Häufiger beruht jedoch die Anisokorie auf Reizung des großen Sympathikus
in Form einer einseitigen Mydriasis, die dann, wenn die Lähmung auftritt,
von einer Miosis gefolgt ist. So besonders bei Äneurysmen, Mediastinal-
tumoren, und namentlich bei Zervikaldrüsenschwellung. Die beiden aufein- -
anderfolgenden Phasen kann man beobachten bei den malignen Tumoren
der Mandel, des Rhinopharynx und Larynx, bei den malignen Lymphomen
des Halses und den degenerierten Kröpfen. (Scalpel 1924, 5.)
Minkowski und Tisson charakterisieren die geistige Schwäche des
dementen progressiven Paralytikers im wesentlichen als einen Verlust des
Urteils und des Gedächtnisses. Anders beim Schizophrenen: hier leidet
der pragmatische Faktor Not, es ist ein Verlust des vitalen Kontakts mit
der Wirklichkeit, der Biegsamkeit der persönlichen Energie, eine Störung
des Scharfsinns. Die statischen Faktoren, die isolierten Ideen und Erinne-
rungen bleiben dabei intakt. Der dynamische Faktor, der Scharfsinn, der
das Ganze dieser statischen Faktoren zu einem fortlaufenden, lebenden,
beweglichen Ganzen umwandelt, hat gelitten. Beim Paralytiker leiden da-
gegen diese statischen Faktoren zuerst. (Pr. méd. 1924, 19.)
Ein Glaukom wird nach Chevallereau oft fälschlich für Iritis ge-
nommen, trotz dilatierter Pupille, und mit Atropin malträtiert, obgleich
die Anamnese, die Härte des Augapfels und das Verhalten der Pupille
- die Diagnose nicht schwer macht. Das chronische Glaukom mit dem durch.
die dilatierte Pupille grün durchschimmernden Augenhintergrund, die pro-
gressive Verminderung der Sehschärfe und des nasalen Gesichtsfeldes als
einzig subjektive Zeichen führen zu der irrtümlichen Diagnose eines be-
zum Verlust des Augenlichtes, wäs Iridektomie . und ein Miotikum verhindern
konnten. (Med. Paris 1924, 5.)
Courtois-Suffit und seine Mitarbeiter geben eine Analyse von
328 Fällen von Typhus in den letzten 4 Jahren aus Paris. 104 Männer
Oft durch Kuchen
mit Rahm und durch verdorbene Nahrungsmittel. Nicht selten durch
Austern, schwer. Im Verlauf gewisse Änderungen gegen früher. Klinisch
ist der Typhus vom Paratyphus kaum zu unterscheiden. Beginn: mild,
progressiv, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Abgeschlagenheit.
‘Außer bei brüskem Anstieg und dann mit Schüttelfrost allmählicher Tempe-
raturanstieg. Diarrhoe und Erbrechen. bei Austern, sonst Verstopfung die
Regel. Epistaxis sehr wichtig, auch in der Rekonvaleszenz. Roseolen fast
masernähnlich. Taubheit, Obrensausen, Splenomegalie fast immer. Sehr
selten Angina. Niemals die fuliginöse trockene Zunge: täglich Tropfklystier
von einem Liter Glukoseserum mit 1,5 Uroformin, was stets reichlichen,
klaren Urin schafft. Bei Para besonders reichliche Transpiration. 34 mal
Hämorrhagien: angekündigt durch hüpfenden Puls, fötide Stühle, hochrotes
Gesicht. Der 10. Tag etwa ist die kritische Periode. Zwei Perforationen,
eine durch Operation mit gutem weiteren Verlauf geheilt, die andere nahm
wider Erwarten einen guten Verlauf, wurde aber nach einigen Wochen
wegen eines abgekapselten Abszesses an der Durchbruchsstelle operiert. —
Herz: Dikroter Puls nur 2—3 mal. a Puls nur im Anfang und
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-
In 36°): besteht bei Angina phlegmonosa eine einseitige
|..Miosis, auch wenn sich die Entzündung ‘nur auf das Gaumensegel be-
Manchmal kann man auch
ginnenden Katarakts und zu dem Rat, die Reife abzuwarten, und. damit
und 224 Frauen mit 21 Todesfällen. Para A und B in 81 Fällen. Ätio-
| logie: In. der Mehrzahl der Fälle nicht zu eruieren.
immer, ebenfalls in der Rekonvaleszenz, oft recht reichlich, manchmal fast |
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BR,
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK —-Nr. 27. | 949
nicht immer, sonst meist 120—130. Aber absolut kein schlechtes Zeichen.:
‘Die bei Typhus sehr häufige Tachykardie ist vielleicht der Ausdruck der
"Myokarditis (2. Woche), Hypotension, Verschwinden des ersten Aortentones .
“an der Basis, Instabilität des Herzrhythmus. Ist sie stärker ausgeprägt:
" dumpfe Herztöne, leichte Zyanose der Extremitäten, Kongestion an den
"Lungenbasen. Verbreiterung nach rechts. Tachykardie kein Hinderungs-
` grund zum Aufstehen. Höhestadium 2 Wochen. Zu Zeiten der Regel oft
hohe Temperaturen mit neuen Roseolen und Leibschmerzen (Perforation?).
mal Krise. Die ataxo-adynamischen Formen werden nur noch ausnahms-
weise beobachtet. Austernform: Inkubation 10—12 Tage, brüsker Beginn,
‚gastrointestinale Intoxikationserscheinungen. ‘Fast immer Typhusbazillen.
‚Komplikationen: Phlebitis, Hämorrhagien, Myokarditis, Meningismus die
“Regel. Mortalität: 17°/ gegen 3,6°/, der banalen Formen. — Kompli-
kationen: Häufiger bei der Frau und beim nicht Geimpften. Beim Geimpften
nur ausnahmsweise dramatischer Verlauf. Bei der Frau sehr häufig Rück-
fälle, oft oszillierende Temperatur, die einen „öligen“ Abszeß vermuten
läßt, wie er sonst nur bei der Septikämie vorkommt, aber auch hier häufig.
ist, Sonst Phlebitis, Cholezystitis. — Diagnose: Häufige Serodiagnosen.
Sehr oft wird die Pyelonephritis durch Kolibazillen mit Typhus verwechselt.
— Prophylaxe: . Hygiene der Nahrungsmittel, Präventivimpfung, die auch
nach erfolgter Infektion milderen Verlauf ermöglicht. (Pr. méd. 1924, 29.)
Die Blennorhagie behandelt Tansard mit Vakzinen und Milch-
einspritzungen gleichzeitig. Und zwar nehmen sie Antigonokokken- und
_Antistapbylokokkenserum zu gleichen Teilen, das sie nach Besredka am
unteren Teile der Bauchwand einspritzen. Gleichzeitig Milch ins Gesäß in
zwei Tempi, um ähnliche Zufälle wie die nitritoiden beim As zu vermeiden.
Das erste Mal 1, später 2 cem, in akuten Fällen später 5 com. Tritt etwa
nach 14 Vakzineinjektionen keine Besserung auf, neue Vakzine aus den
Fäden. Erfolg: dekongestionierend, und infolgedessen rapides Verschwinden
der Schmerzen bei Epididymitis, Prostatitis, der Pollakiurie, Hämaturie,
und der terminalen Schmerzen bei Zystitis.. Bei chronischen Urethritiden
viel raschere Heilung, als mit der klassischen lokalen Behandlung, nur
wenige Instillationen und Spülungen, aber keine Massage bei Prostatitis.
Epididymitiden brauchten nicht im Bett liegen. Auch beim Rheumatismus
gute Erfolge. Versager: Kranke mit kolloidoklasischer Diathese und bei
solchen, bei denen ein Shock nicht hervorgerufen werden kann. (Pr. méd.
1924, 30.) v. Schnizer,
Therapeutische Notizen.
| Chirurgie.
„Uexeton Bayer“ und seine Bedeutung für die chirurgisch-gynä-
kologische Praxis bespricht Scheid (Berlin-Lichtenberg). Das von den
Elberfelder Farbenfabriken hergestellte wasserlösliche Kampferpräparat
wurde 1°/,ig intravenös je 1,2 cem und 10%/,ig intramuskulär je 2,2 com
öingespritzt. Es wurde 3—4mal täglich mit schnellem Erfolge während
1-2 Tagen gegeben. Erregungszustände wurden danach nicht beobachtet.
Bei der intravenösen Einspritzung wurde zunächst etwas Blut angesaugt -
und danach langsam eingespritzt. Die Wirkung trat nach 5—10 Minuten
ein und bielt 1—2 Stunden an. Die intramuskuläre Einspritzung wirkte
nach 10—15 Minuten und hielt 2—3 Stunden an. Das „Hexeton Bayer“
st eine wertvolle Bereicherung in der Verhütung und Behandlung post-
operativer Störungen des Kreislaufs und der Atmung. (Zbl. f. Chir. 1924,
Nr. 15.) K. Bg.
Zur Tamponade der Bauchhöhle wählt Härting (Leipzig) nur
Silbergaze. Die Silbergaze hat die Eigenschaft, niemals mit der Nachbar-
schaft, speziell nicht mit der Serosa des Darms, zu verkleben; sie wird
durch das Sekret des benachbarten Gewebes schlierig und läßt sich dann
nach 5, besser 6 Tagen mit einem leisen Zug einer Pinzette leicht heraus-
ziehen. Hat man bei der Tamponade oder Drainage ein Gummirohr, mit
Silbergaze umwickelt, eingeführt, so ziehe man erst das Gummirohr heraus;
| dann sinkt die Silbergaze nach der Lücke zu und läßt sich sehr leicht
entfernen. Bei Anwendung der Silbergaze (Chemische Fabrik von Heyden,
Radebeul bei Dresden) werden dem Kranken Schmerzen erspart. (M.m.W.
1324, Nr. 17.) F. Bruck.
Schulterabduktionsapparat, verstellbar für rechts und links, empfiehlt
Selig (Stettin). Er erlaubt Einstellung auf die Größe des Kranken, ent-
und Darmbeinkamm, er gestattet die Einstellung der
sprechend Schulter-
Abduktion, und durch ein Drehscheibengelenk Bewegungen im Ellenbogen-
ale so daß die Schiene für rechts und links verwendbar ist. (Hersteller:
helm Meyer, Stettin.) (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 18.)
Mics A St Universal-Beleuchtungsinstrument für Körper-
(Berlin) m perationsgebiete hat Herzberg bei der Firma Otto Tönnse
angeschr erstellen lassen. An ein 1 m langes Bleikabel ist eine Glühlampe
|
| | | Ä
I n3
aubt, die durch eine Glashülse geschützt wird. Als Stromquelle
dient ein Akkumulator von zwei Zellen, oder eine Taschenlampenbatterie,
oder ein Mignonanschlußapparat. Preis M. 50,—. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 18.) .
Die Verwendung der Jod-Sodalösung (Pregische Lösung) zur Hände-
desinfektion ist nach Korabelnikoff (Odessa) nicht zw empfehlen. Durch
längeres Waschen der Hände gelang es nicht, die Haut der Hände keimfrei
zu machen. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 15.) | K. Bg.
Frauenkrankheiten. co:
Zur differentiellen Diagnostik der Beckenexsudate und Becken-
tumoren empfieblt Jentter (Petersburg) die ‚Perkussioa des Darmbein-
kammes. Wenn zwischen Beckenknochen und Beckenbauchfell entzünd-
liche Exsudate, Blutgeschwülste, Eiterungen nach Wurmfortsatzentzündungen
gelagert sind, so gibt die Perkussion der entsprechenden Spina ilii einen
gedämpften Klopfschall. Bei intraperitonealen Geschwülsten der Adnexe,
der Eierstöcke, der Tuben bleibt der Kopfschall klanghaltig. Die Per-
kussion der Spina ilii ist ein wertvolles Hilfsmittel in der Differential-
diagnostik von Beckenexsudaten und Beckentumoren. (Zbl. f. Gyn. 1924,
Nr. 18.) nn eo
Vakzinetherapie der weiblichen Gonorrhoe bespricht Wolff nach
den Erfahrungen der Gynäkologischen Abteilung des Allerheiligen-Hospitals
in Breslau. Die per os gegebene Endovakzine ist wertlos; das Resatin
macht heftige Allgemeinerscheinungen ohne Erfolg, ‚Loesers Frisch-
vakzine ist ein wirksames Mittel, falls der Impfstoff nicht älter als
3 Monate ist. Die Impfung mit lebenden Gonokokken ist mühevoll,
aber bringt bei einem Teil der Fälle eine schnelle Heilung. Das Gonargin
und das Gono-Yatren bringt eine Abkürzung der örtlichen Behandlungs-
dauer und scheint einen wirksamen Schutz gegen die Ausbreitung der.Ent-
zündung zu bilden. — Es empfiehlt sich, mit der Methode in. einzelnen
Fällen zu wechseln, also Lebendvakzine abwechselnd mit Gonargin oder
Gono-Yatren zu geben. Das Gono-Yatren wird zweckmäßig in kleinen
Dosen intravenös eingespritzt. — Erforderlich ist, um eine Heilung fest-
zustellen, eine Beobachtungszeit von 4—6 Wochen, Nachuntersuchung nach
wiederholtem Eintritt der Periode und nach örtlichen und allgemeinen
Provokationen, also Einspritzung. von 2°/,iger Höllensteinlösung in die
Harnröhre und Einspritzung von Aolan intrakuten. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 20.)
Die Dysmenorrhoe der Spasmophllen und die Ursachen des Men-
struationsschmerzes bespricht Max Hirsch (Berlin). Der lokalen Behand-
lung ist nur ein verschwindend kleiner Teil bedürftig. Die Kranken werden
eingeteilt in Ptotiker, Hypoplasten, Neurastheniker, Spasmophilie und
Intersexe. Viele Individuen tragen die Kennzeichen mehrerer Gruppen.
Bei den spasmophilen Dysmenorrhoischen empfiehlt sich die intra-
in- Ampullen von 10 com). Es werden kleinere Dosen von 8—4 ccm in
Zwischenräumen von einem Tage eingespritzt, unterstützt wird die Behand-
lung durch Phosphorlebertran. Auch die mit der Dysmenorrhoe. vergesell-
gemeinzustaud gebessert. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 20.) . K. Bg.
Bei der Eklampsie empfehlt Erwin Zweifel (München) den pri-
mären Aderlaß. Man darf aber nicht zu wenig Blut ablassen. Es handelt
sich dabei um eine Entgiftung des Organismüs und zugleich eine Blut-
‚drucksenkung. Bei der Eklampsie hat man regelmäßig einen gesteigerten
Blutdruck. Deshalb lasse man zunächst 500 ccm ab (darüber hinaus aber
nur bei sehr gesteigertem Blutdruck und nur unter Kontrolle des Blut-
druckes). Man kann ja später jederzeit noch einen zweiten Aderlaß aus-
führen. Unmittelbar vor der Geburt oder vor Ausführung einer Zangen-
‘operation soll man erst den Blutverlust bei der Geburt abwarten und
dementsprechend die Menge des zu entnehmenden Blutes. größer oder
kleiner wählen, Statt der Stroganoffschen narkotischen Behandlung mit
Morphium und Chloralhydrat empfiehlt der Verfasser die Rißmannsche
mit Luminalnatrium und Magnesium glycerinophosphoricum.
(M.m,W. 1924, Nr. 17.) Pa l F, Bruck.
Luker behandelt die puerperale Sepsis mit Antistreptokokkenserum
je an den ersten 3 Tagen der Krankheit oder am’ ersten Tag, wenn der
Patient in Behandlung kommt, wenn auch die Krankheit schon einige
Tage gedauert hat. Außerdem intravenöse Injektionen von Chinin. bimur.
am 4., 6, 8. Tag und intramuskuläre Injektionen von Chinin am 5., 7,
9., 10., 11. und 12. Tage der Krankheit. Dosis nicht angegeben. (Journ.
obst. gyn. Manchester 1923, 30.) _ o | v. Schnizer.
Hungerkrankheiten oder Stoffwechselerkrankungen der Schwangeren
bespricht Rißmann (Osnabrück). Das Bezeichnende der Stoffwechsel-
störungen Schwangerer ist die ständige Aufbürdung von fremden. Bestand-
teilen. Zur Behandlung müssen Substanzen zugeführt werden, die im
gewöhnlichen Leben nicht in der Form und in der Menge genossen werden.
Dazu dient das von Rißmann empfohlene Salzgemisch Eklampsol der
Firma. Hadra in Berlin. (Zbl. f£. Gyn. 1924, Nr. 16.) K. Bg.
Die Behandlung hat sich gegen die Konstitutionsschwäche zu richten.
venöse Einspritzung von Afenil (10°/,ige Chlorkalziumharnstoffverbindung.
schafteten Anfälle von Migräne werden dadurch beeinflußt und der All-
nn nn
em nn man ne
|
2
ee a y
950
- Brust. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 19)
Die Behandlung der Nachgebortsperiode nach Baers Verfahren
empfiehlt Bürger (Ungarn). Der gelöste Kuchen wird nicht exprimiert, -
sondern die Frau wird zum Mitpressen aufgefordert und zugleich wird
die Bauchwand mitsamt den graden Bauchmuskeln in einer Längs-
falte aufgehoben, damit die Bauchpresse wirksamer arbeitet. Die be-
ständige Prüfung der Gebärmutter durch die aufgelegte Hand ist überflüssig.
Man wartet die physiologische Lösung ab, deren gutes Zeichen das Küstner- _
sche Zeichen ist, d. h. die aus der Scheide hängende Nabelschnur zieht.
sich nicht mehr. zurück, wenn mit gestrecktem Finger die Bauchdeoken dicht '
: oberhalb des Schambeins eingedrückt werden. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 20.)
Zur künstlichen Atmung bei Asphyxia neonatorum empfiehlt Hans ;
Baumm (Breslau), das Kind an den Schultern zu fassen, so daß der '
Körper ‘senkrecht hängt. In dieser senkrechten, hängenden Haltung wird
das Kind unter ruckartigen Bewegungen gehoben und gesenkt, wobei die |
Luft mit hörbarem Geräusch beim Heben ausströmt und beim Senken- ein- '
strömt. Die Methode ist auch bei ‚Knochenbrüchen und a Dorien an-
wendbar. (Zbl. f. Gyn. 1924; Nr. 17.)
‚ Bei Mastitis soll nach Schreiner (Kassel) bei den ersten E J
der Entzündung’ das Stillgeschäft für die nächsten Tage unter- :
brochen werden. Die Brust soll durch Hochbinden ruhiggestellt und mit
Eisblase oder kalten, feuchten Umschlägen behandelt werden. Es gelingt .
auf diese Weise, in fast 90%/, der Fälle die Mastitis zu kupieren. Abführ- |
. mittel in höheren Dosen als sonst üblich. ‚wurden nicht verabreicht. Über :
besondere Schmerzen infolge der Milchstauung in der abgesetzten Brust
wurde nicht geklagt. Das Absetzen des Kindes für einige Tage bis zum |
| in einem vollständig neuen, Gewande.
Rückgang der Entzündungserscheinung bewirkt nur. bei einer geringen |
Anzahl von Frauen, einen Verlust der Stilfähigkeit i in der erkrankten
l K. Bg.
Bücherbesprechungen.
| Holzkuecht, Röntgentherapie, Revision und neuere Entwicklung.
RtM. 3,—.
Die zahlreichen Vorträge, in denen sich Hölzknecht in den letzten
Jahren gegen die vielfach vorherrschende allzu ingenieurmäßige und allzu :
‚ technische Auffassung der strahlentherapeutischen Probleme gehalten hat,
‚haben zweifellos mit dazu geführt, daß ‘die biologische Erforschung der `
Strahlenwirkung schon heute durchaus wieder im Vordergrund der modernen `
tiefentherapeutischen Forschung steht. Das vorliegende Heft stellt eine -
Sammlung dieser Vorträge in wortgetreuer' Wiedergabe dar. Es sind darin
eine Fülle von Gedanken ausgesprochen, welche dem ernsthaft wissenschaft-
lich tätigen Röntgentherapeuten manch brauchbare Anregung gebracht:
- haben und noch bringen werden, |
| Eine scharfe Kritik ist immer verdienstvoll, besondere wenn sie in
80 liebenswürdiger und sachlicher Form erfolgt, wie hier, Bedauerlich ist |
‘nur, daß der Autor keinerlei grundsätzliche Unterschiede zwischen den |
verschiedenen modernen tiefentherapeutischen Schulen macht und die ganze
'tiefentherapeutische Forschung unterschiedslos als grundsätzlich einheit-
Dadurch kann man sich des Eindrucks nicht |
'erwehren, daß in vielen Punkten offene Türen eingerannt werden und eine
‚allzu einseitige Einstellung des Autors zu einem unberechtigten Ver-
liches Ganzes abhandelt.
nichtungsurteil der modernen Tiefentherapie führt. Auf alle Fälle aber
bietet die von einem höheren Standpunkt aus vorgenommene naturphilo- |
sophische Betrachtungsweise der modernen röntgenbiologischen und röntgen-
therapeutischen Probleme dem Leser den ‚Anreiz zu kritischerer Würdigung |
der Modernen Literatur und der Ergebnisse der eigenen Arbeit.
Holfelder (Frankfurt a. M.).
| Eppinger-Papp-Schwarz, Über das Asthma cardiale. Versuch zu einer.
. peripheren ra
Mit 39 Abbild,
Springer. GM. 9,60.
Die Verfasser beobachteten, daß sich i in manchen Fällen von Asthma .
cardiale leergestriohene Armvenen von der Peripherie her auffallend rasch
füllten; sie schlossen daraus auf eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit
des Blutes und fragten sich, ob diese vielleicht die Ursache der Anfälle
o. von Asthma cardiale sein könnte.
Plethysmographische. Untersuchungen
der Blutströmung im Arm und Vergleiche des Sauerstoffgehaltes arteriellen
und venösen, durch Punktion der Armgefäße gewonnenen Blutes bestätigten.
die-Annahme, daß in bestimmten Fällen die Strömungsgeschwindigkeit des
Blutes gesteigert sei: echtes nervöses Asthma cardiale. Die Fälle, in
denen die ‚Strömungsgeschwindigkeit. nicht vermehrt war, sind als Asthma-
cardiale infolge Herzschwäche aufzufassen.
Bestimmungen des Minuten-
volumens gaben zum Teil Werte, die mit den Bestimmungen der Strömungs-
geschwindigkeit des Blutes in den Armgefäßen nicht übereinstimmten; os
o m „ERDIEISISCHE KLINIK — N. 2%. ©.
Berlin 1924, Julius
wird daraus geschlossen und begründet,. daß für die allgemeine Strömungs-
geschwindigkeit das Splanchnikusgebiet _ und die ihm als-Stauweiher auf
| dem Weg zum Herzen vorgeschaltete Leber eine wichtige Rolle spielen.
Versuche mit verschiedenen Mitteln, insbesondere Morphium und Pituglandol,
| ‚ergaben eine Stütze für die Auffassung der Verfasser vom Asthma cardiale.
' Diese kurze Wiedergabe der Hauptergebnisse des inhaltreichen Buches
möge genügen, um zu zeigen, daß eine ‚ganze Reihe ebenso wichtiger wie
| schwieriger Fragen angeschnitten wird. Die Verfasser betonen selbst, daß
manches -noch nicht spruchreif ist; als genügend gestütztes Resultat ergibt
sich aber schon jetzt, daß dem lange Zeit ‚unterschätzten peripherischen
| Kreislauf eine noch größere Bedeutung zukommt, als man heute gewöhnlich
annimmt, eine Bedeutung, die für das Asthma cardiale im besonderen bis
jetzt nicht bekannt war.
und ist des Interesses der Kliniker, Pharmakologen und Physiologen sicher.
Die Arbeit bringt eine Fülle von Anregungen
Edens.
Carl Oienhäliier, Die Fermente und ihre Wirkungen. Nebst- einem
" Sonderkapitel „Physikalische Ohemie und Kinetik“ von Dr. Richard
. Kuhn, Fünfte, vollständig neubearbeitete Auflage: Lieferung I. „Ieipzig |
1924, Georg Thieme, :
|
Das unentbehrliche Werk über Fermente von Carl Sei
wurde schon seit längerer Zeit mit Sehnsucht erwartet; ‘haben doch die
| letzten Jahre auf dem Gebiete der Fermentforschung, vor allen Dingen
dank den Arbeiten von H. von Euler, R. Willstätter, Carl Neuberg,-
| A. Fodor u. a. ganz bedeutende Fortschritte ‚gezeitigt. Das Werk erscheint
Die. erste Lieferung enthält die `
| Begriffbestimmung, die Einteilung und die Wirksamkeit der Fermente, ferner
die deskriptive Chemie der Fermente. In einem dritten Hauptteil. ist die
| Beeinflussung der Fermentwirkung durch äußere Faktoren und in dem
‚| vierten die physikalische Chemie und Kinetik dargestellt.
| und Kuhn haben die gestellten Aufgaben in ganz hervorragender Weise .
: gelöst, Das Werk ` wird auch in der neuen Auflage für den Lernenden.
'| sowohl als für den Lehrenden und vor allen Dingen. für den Forscher eine
Fundgrube des W sgonn und auch augen der Anregung sein.
-. 2.Band, 2. Heft. Bogin und Wien 2 Urban &Schwaraonberg, 8.155— 251. :
Opp enheimer
Emil Ab derhalden. |
| Dietrich und Kaminer, Handbuch der Balneologie, medizinischen |
Klimatologie und Balneographie. Bd. IH. 346 S. mit 17 Abbild,
und Kurven. Leipzig 1924, Georg Thieme. Geh. 10,50, geb. 13,50.
Der vorliegende Band enthält eine eingehende Darstellung der
Klimatophysiologie und der Strahlenphysiologie. Ingbesondere
die Physiologie der Klimawirkung hat wohl noch nie vorher eine so
gründliche, vielseitige und kompetente Bearbeitung gefunden, Wir treffen. |
bier als Bearbeiter die bekannten, aus der Zuntzschen Schule hervor-
gegangenen Klimaforscher A. Loewy und Franz Müller an, daneben hat
Auf die vielen interessanten Einzelheiten einzugehen verbietet der Raum;
es sei nur erwähnt, daß im Kapitel „Tropenklima“ A. Loewy zum ersten
Male eine zusammenfassende Schilderung. der Forschungsergebnisse der
Expedition bringt, die er zusammen mit anderen Physiologen (Bickel,
Wohlgemuth, Schweitzer) kurz vor dem Kriege zum Studium des
Wüstenklimas nach Ägypten unternommen hatte, `
Ebenbürtig den klimatologischen Abschnitten stehen die Kapitel über
Physiologie der Sonnenstrahlung (C. Neuberg und L. Pincussen)
und über die physiologischen Wirkungen des Radiums und der .radio-.
aktiven Substanzen (W. Caspari). Alles in allem kann man diesen
‚neuen Band des groß angelegten Handbuches als besonders gelungen und
wertvoll bezeichnen. | A. Laqueur (Berlin).
F. Haenisch, Die Röntgenuntersuchung der Leber, der Gallen-
blase und der Gallensteine, Mit 7 Abbild. im Text und 40 Röntgeno-
grammen auf 6 Tafeln. 63 S. Leipzig 1924, Joh. Ambr. Barth. M. 3,20.
(Sonderabdruck aus dem H. Rieder-J. Rosenthalschen eREnUSN der
Röntgenkunde. 2. Aufl. 1924.)
Die Arbeiten verschiedener amerikanischer ` "Autoren (George und
Leonard, Kirklin, Arens, Knox, Fischer u. a.) haben in den letzten
von pathologischen Zuständen der Leber und Gallenblase viel weitergehende
Aufschlüsse erhalten kann, als man früher auf Grund der Erfahrungen mit
einer mangelhaften Technik allgemein annahm. Nunmehr haben sich
‘auch deutsche. Autoren. (G. Schwarz, Haudek, Eisler u. a.) mit Eifer
dieses Gegenstandes angenommen. Prof. Haenisch bietet in vorliegender
Monographie eine instruktive, von zahlreichen schönen Abbildungen be-
gleitete Darstellung dieses Wissensgebietes, welche als das Resultat ein-
gehender Studien und vielfacher Erfahrung jedem Interessenten viele wert-
volle Anregungen bieten wird. Leopold Freund: (Wien).
_6.Juli
sich beim Kapitel „Seeklima“ B. Berliner beteiligt; das bisher wohl noch‘
| kaum beobachtete Polarklima ist von J. Lindhard (Kopenhagen) in
sachverständiger Weise in seinen physiologischen Wirkungen beschrieben.
Jahren gezeigt, daß man mit einer sorgfältigen speziellen Röntgentechnik
6. Jali
Kongreß- und Vereins-Berichte. >
Berlin.
Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 18. Juni 1924.
Offizielles Protokoll,
Vorsitzender: Kraus. Schriftführer: Ben da.
Verstorben schon vor einigen Monaten Herr Sanitätsrat Dr. Walter.
Die Gesellschaft erhebt sich zu seinem Andenken.
. Einladung der Gesellschaft für Sexualwissenschaft und Konstitutions-
forschung zur Sitzung am 19. Juni, 8 Uhr. Vortrag von Herrn Fr. Kraus:
Wider den undurchgedachten Psychologismus in der Medizin“, |
Anschreiben des Groß-Berliner Ärztebundes betrefis der Annahme '
‘von Arztstellen an den Krankenkassen, Ambulatorien und der Mitglied-
schaft beim Berliner Krankenkassenverein; der Gegensatz dieser Einrich-
tungen zu den Standesanschauungen wird betont. i Ze
| Vor der Tagesordnung.
fl Diskussionsbemerkung zum Vortrag des Herrn Citron: Theorie des
Insulins. Frl. Wittgenstein weist darauf hin, daß die Verlangsamung
i. der Schlagfolge des Herzens sich auch nach der perlingualen Applikation
j von Insulin bemerkbar macht.
i Herr Citron am Herzpräparat nach Straub- beobachtet hat, ist im Tier-
experiment schon vor Monaten von Bruno Mendel und A. Wittgenstein
bie; gefunden worden. l
i Tagesordnung.
>a 1. Pfungst - Frankfurt a. M. (a. G.): Die Bedeutung der Affen-
' biologie für den Menschen. (Großer Beifall.) (Erscheint unter den
Originalien dieser Wochenschrift.)
Der Vorsitzende spricht dem Redner seinen Dank aus.
2. H. Maaß: Zur Psychologie und Pathologie des Knochen-
wachstums. (Erscheint unter den Originalien dieser Wochenschrift.)
~ i Halle a. S.
E Verein der Ärzte. Sitzung vom 28. Mai 1924.
P Hartwich: Die Okzipitalpunktion, eine neue Methode zur Liquor-
; < gewinnung. Neben der Lumbalpunktion nach Quincke wurde schon
früher. der Versuch gemacht, an einer anderen Stelle des Spinalkanals
Liquor zu gewinnen, so an der Cysterna cerebello-medullaris. So hatte
’ Westenhöfer bei Meningitis epidemica die Inzision und Drainage des
: ligamentum atlanto-oceipitalis empfohlen. Analog hatten Anton und
‚ Schmieden den Subokzipitalstich empfohlen. Weigeldt und aämeri-
‘ kanische Autoren empfahlen dann die Zysternenpunktion. In der medi-
“ zinischen Klinik wurden Fälle von Meningitis epidemica mit Subokzipital-
: punktion behandelt. Es wurden 92 Punktionen an 59 Patienten ausgeführt.
: 2 Fälle von Meningitis epidemica wurden geheilt, bei denen 13- bzw. 11 mal
i subokzipital punktiert worden war. Die Punktion bot keine Zwischenfälle,
. Diemals Folgeerscheinungen. Zumeist würde im Liegen punktiert. Zur
‚ Kontrolle wurde stets die Lumbalpunktion mit ausgeführt. Eingegangen
| wurde zwischen Prot. occ. ext. und Tub. post. des Atlas, genau in der
Mittellinie, bis zu einer Tiefe von 3 cm bei Kindern und 4 cm bei Er-
aa Te -
2 te
' Stoben und man befindet sich in der Oysterna cerebello-medullaris. Bei
Lokalanästhesie ist die Entfernung größer. Bei Einhalten der Vorschriften
Ist der Eingriff durchaus ungefährlich, vor allem ist die Verletzung der
Medulla ausgeschlossen, da in der Zysterne ein Spielraum von 1,5 cm ist.
Die Subokzipitalpunktion ist ein vollwertiger Ersatz für die Lumbalpunktion.
Sio ist leichter auszuführen und mit geringeren Schmerzen verbunden.
Punctio sicca kommt nicht vor. Bei Punktion im Liegen findet man die
gleichen Druckverhältnisse in der Zysterne und im lumbalen Subarachnoidal-
taum. Bezüglich Zellgehalt herrscht weitgehende Übereinstimmung, doch
ist im pathologischen Lumballiquor meist ein höherer Zellgehalt. Wa.R.
war gleichmäßig, ebenso meist die Globulinreaktion.
Aussprache: Anton: Kontraindikationen sind Geisteskrankheiten,
Oft besteht Synostose des Os occipitale mit dem Atlas. — Schaetz:
In den Fällen, die zur Sektion kamen, war keine anatomisch nachweisbare
Schädigung vorhanden.
Becher: Über Bewegungsvorgänge in der Schädel-Rückgratshöble.
Die pulsatorischen Erhebungen, die man bei der Lumbalpunktion im Mano-
meterrohr beobachtet, fallen nicht in die Systole, sondern in die Diastole;
graphisch ‚stellen sie eine einfache Kurve dar, die an eine Sinuslinie er
nnert. Die respiratorischen Druckschwankungen verhalten sich im Liquor
a der Lumbalgegend wie die thorakalen Druckschwankungen. Der Anstieg
- pulses beruhen.
Die Umkehrung der Finalschwankung, die |
> Wachsenen. In dieser Entfernung wird die Membrana atlant. oceip. durch-
erfolgt in der Exspiration. Ein anderes Bild erhält man, wenn man die
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27. o 951
n
Druckschwankungen am anderen: Ende des -Duralsackes, im Bereich ‚des
Gehirns, registriert. Der Gehirnpuls liegt in der Systöle, er kann in seiner
| Form ganz dem zentralen Arterienpuls ähneln. Nicht selten besteht der
- Gebirnpuls aus drei Erhebungen, von denen die erste in der Systole gelegen
ist und sicher dem Arterienpuls ihre Entstehung verdankt. Die beiden
kleineren diastolischen Wellen konnten mit dem Venenpuls zusammen-
hängen. Der Gebirnpuls ist kein Plethysmogramm, da der Schädel keinen
völlig geschlossenen Plethysmographen darstellt. Für die Entstehung der
diastolischen Lage einer einfachen Form der Liquorpulskurve lumbal könnte
. an eine Übertragung der Druck- und Volumschwankungen des Venenpulses
gedacht werden. Venen in der Nähe der Wirbelsäule können Pulsation
zeigen. Die diastolische Erhebung des Venenpulses am Halse beginnt aber
später als die des Liquorpulses in der Lumbalgegend. Die diastolische
Lage der Welle könnte auch auf einem verspäteten Eintreffen des Arterien-
Dagegen steht die Tatsache, daß der Liquorpuls der
Membrana atlanto-occipitalis in der Systole liegt und viel größer ist, ob-
wohl diese Stelle: nicht näher am Herzen liegt. Eine Möglichkeit der Er-
klärung für die diastolische Liquorwelle in der Lumbalgegend wäre die
. Annahme einer Fortpflanzung des Gehirnpulses vom Schädel bis in die
Lumbalgegend. In Versuchen an Mensch und Tier wurde gezeigt, daß eine
| im Schädel erzeugte Druckschwankung, sich mit einer Verspätung bis in
' die Lumbalgegend fortpflanzt, die mit der Verspätung des Lumballiquor-
pulses gegenüber dem Gehirnpuls übereinstimmt, Ferner wurde gezeigt,
daß der lumbale Liquorpuls bei Kompression der Karotiden aufhört oder
deutlich kleiner wird. Er hört oft nicht ganz auf, weil die Arteria verte-
bralis noch das Gehirn versorgt. Leitet man den Karotispuls durch einen
dem spinalen Arachnoidealsack entsprechenden, mit Wasser gefüllten
Schlauch, so erleidet er eine wesentliche Verspätung und Vereinfachung,
die nach Form und Lage an den Lumballiquorpuls erinnert. Die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit der Gehirnpulswelle in die Lendengegend beträgt
etwa 3 m. Die Wellenlänge ist größer als der ganze Liquorbehälter. Die
Fortpflanzung findet wahrscheinlich nicht nur durch den Liquor, sondern
auch durch die festweiche Substanz des Zentralnervensystems statt. Zwischen
Schädel und spinalem Arachnoidealsack pendelt dauernd ein bestimmtes
' Liquorquantum, das den Hirnpuls ermöglicht. Zum Teil wird aber die
Hirnbewegung auch durch Ausweichen des Venenblutes aus der Vena jugu-
laris interna ermöglicht. Die den spinalen Arachnoidealsack durchlaufende
Wellenbewegung dient fernerhin der Liquormischung.
Sitzung vom 5. Juni 1924.
Lüttge und v. Mertz: Nachweis von serologischen Spaltprodakten
nach Einwirkung von Substrat mittels Alkohol. Lüttge: Junge oder
methode von Abderhalden wird modifiziert, indem die Fehlerquelle der
Hülsen ausgeschaltet wird. Das Serum wirkt im Reagenzglas auf das Sub-
strat ein. Dann wird mit 96°/,igem Alkohol das molekulare Eiweiß Zur
Gerinnung gebracht, während die Spaltprodukte in Lösung bleiben. Der
Nachweis erfolgt mittels einer alkoholischen Ninhydrinlösung. Mit dieser
modifizierten Methode, die sich als einwandfrei erwies, wurde Nabelschnur-
blut untersucht. Es wurden geprüft: Plazenta, Ovar, Hoden. Dabei ergab
sich sowohl bei Knaben wie bei Mädchen eine positive Plazentarreaktion
und eine negative Ovarreaktion. Dagegen war die Hodenreaktion nur bei
Knaben positiv. Eine Prüfung ergab das gleiche Resultat bei Untersuchung
des Armvenenblutes bei der Mutter vor der Geburt. Allerdings ist die
Reaktion auf Plazenta bereits im 1. Graviditätsmonat nachweisbar, die
Hodenreaktion dagegen erst im 5. Monat. Die Methode ‚stimmte in 1000/,.
Damit ist zum ersten Male der Nachweis gelungen, daß im fötalen Blute
nachweisbar sind.
Küstner: Serologische Untersuchungen zur Frage: Uterusexstir-
pation oder Kastration? Während die Uterusexstirpation bei schweren
Blutungen das kranke Organ aus dem Körper entfernt, zerstört die Röntgen-
kastration der Ovarien Organe, die im Körperhaushalt notwendig sind.
Nach der modifizierten Methode des Abderhaldenschen Dialysierverfahrens
wurden 9 Patientinnen mit Uterusexstirpation und 8 mit Röntgenkastration
auf Ovarabbau untersucht. Bei den Kastrierten war die Reaktion auf Ovar
stets positiv, bei den Exstirpierten nur in 1 Fall, der, wie der Operations-
befund ergab, durch den Eingriff gewissermaßen kastriert worden war. Die
Reaktion zeigt also, daß die Uterusexstirpation keine schädigende Einwirkung
auf das Befinden wie auf die Funktionen des Körpers ausübt. W.
Mädchen. Geschlechtsbestimmung des Kindes im Mutterleib. Die Dialysier-
Inkrete nachweisbar sind, wie auch zum ersten Male gezeigt worden, daß’
Inkrete vom Fötus auf die Mutter übergehen und im mütterlichen Blute
[ne Ma T o
'Endogen-N im Fieber:
des Gesamtumsatzes!
952
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
6. Juli
Leipzig.
| Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 20. Mai 1924.
Krauß: Probleme des Eiweißstofiwechsels.
een: des’ Eiweißstoffwechsels: 1. Stickstoffgleichgewicht,
2, Stickstoffausscheidung im Hunger, verbunden mit Bestimmung des Ruhe-
Nüchtern-Umsatzes, 3. Stickstoffausscheidung hei praktisch ‚stickstofffreier,
kalorienreichster Kost; ‚Abnützungsquote (Rubner) oder Endogen-N (Folin).
Fr. Müller hat sich gegen den Begriff der Abnutzungsquote gewandt, weil
der Endogen- oder Minimal-N nicht in allen Fällen des Gesamtkraftwechsels
. ein konstantes Verhältnis hat, und weil bei zellzerstörenden Prozessen,
wie z.B. den Leukämien, nach Bestrahlung das abgestorbene Protoplasma- |
eiweiß wieder im Körper verwertet wird. Neben einem bestrahlten Karzinom
wird die Tabelle einer progressiven Muskeldystrophie demonstriert, bei der,
. aus dem Harnkreatin gerechnet, täglich 2,2 g Muskelstickstoff zerstört
werden. Auch dieser N tritt für Körperstickstoff ein. Ähnlich dem Typhus-
rekonvaleszenten von Svenson sind Menschen, die 3—4 Wochen mit .
N-ärmster Kost ernährt werden, eiweißhungrig. Belege hierfür mit Ver-
fütterung von Milch, peroraler und intramuskulärer Zufuhr von Menschen-
und Pferdeserum. Es ist jedoch vielleicht ein Unterschied, ob ganze Zellen
absterben, oder die intakte Zelle ihre N-haltigen Stoffwechselendprodukte
. als weiterhin unbrauchbar zur Ausscheidung bringt. Es besteht die Möglich-
keit einer zentralen Regulation des Eiweißstoffwechsels, und der Endogen-N
wäre dann vielleicht der niedrigste Wert, den dieses Zentrum zuläßt oder
erzielt. — Was haben nun die drei Untersuchungsarten für die Erkenntnis
des Eiweißstoffwechsels im Fieber des Menschen zutage gefördert? Der
Grundumsatz ist bis zu 160°/, vermehrt. Diese Vermehrung geht der
Temperatur annähernd parallel, wie Coleman und seine Mitarbeiter dar-
gelegt haben. Nach Grafe beteiligt sich das Eiweiß bei der Wärme-
produktion im Fieber und zugleich im Hunger wie im normalen Hunger
mit 15—20 ofo.
Stickstoffgleichgewicht zu , erzielen ist. Danach dürfte der Minimal-N
höchstens daş 1 1/z fache des normalen Endogen-N betragen. Nun beträgt
er nach den an Typhus, Lungentuberkulose und mit Reizkörpern erzielten
Fieberzuständen gemachten ‚Untersuchungen von Krauß allerdings nicht
das 6—8fache, wie Kocher gefunden hat, sondern das 2—3 fache. Ein
. gewisser Parallelismus zwischen Temperatur und Endogen-N scheint zu
bestehen. Fieberlose Tuberkulosen haben einen normalen Minimal-N. —
Wo in den Versuchen von Weber, Shafer, Coleman und Mitarbeitern
N-Gleichgewicht erzielt wurde, war neben sehr reichlichem Kohlehydrat
. und Fettkalorien immer. mehr als das Dreifache des normalen Minimal-N
des betr. Kranken in der Nahrung gereicht worden. Durch die Befunde
von Krauß ist es erklärt, warum die N-Bilanz negativ wurde, wenn die
Autoren mit dem Stickstoff der Nahrung unter das Dreifache des normalen
Endogen-N heruntergingen. — Absolut sind im Fieber sämtliche N-Kompo-
nenten bei N-ärmster Kost vermehrt; prozentual jedoch vorwiegend nur
das Ammoniak, der Harnstoff und die Aminosäurefraktion. Außer einer
ausgesprochenen Vermehrung der Aminosäurefraktion zeigen fieberlose
Tuberkulosen normales Verhalten. Erklärungsmöglichkeiten für den erhöhten
1. Erhöhung der Abnutzung, größer, als Steigerung
2. Toxogener Faktor. 8. Störung des zentralen
Regulationsmechanismus. Zentrifugale, hemmende Bahnen zur Leber sind
‘durch Kaestner und Plaut wahrscheinlich gemacht. Ursprungsort des
Deshalb auch | funktion.
erhöhten Endogen-N ist die Leber, nicht die Muskulatur.
nie Krestinurie im Fieber bei kalorisch ausreichender Nahrung.
Oeller: Zur Histopathologie . der hämatogenen Infekte mit patho-
genen und apathogenen Bakterien. Vortr. gibt einen zusammenfassenden
Auszug aus früher gehaltenen Vorträgen und hebt eine Reihe wesentlicher,
auch für die Therapie der Infektionskrankheiten wichtiger Ergebnisse seiner
experimentellen Untersuchungen : hervor.. Für den Immunbiologen und
Kliniker beginnen die Abgrenzungsschwierigkeiten der einzelnen Erscheinungs-
formen der hämatogen generalisierten, d. h. „septischen“ Erkrankungen
da, wo sie für eine einseitige bakteriologische Fassung aufzuhören scheinen,
An Stelle der irreführenden bakteriologischen Begriffe der aktiven und
passiven Bakteriämie müssen wir eine kausal- konditionale Fassung setzen,
die nach den Gründen forscht,. warum in dem einen leichten Fall die
Bakterien der Blutbahn keine metastatischen Veränderungen setzten, und
warum bei einem anderen schweren Fall die jetzt sehr zahlreich vorhandenen
Blutkeime im Gegensatz zu den Pyämien keine metastatischen Organ-
veränderungen bedingen. Für denjenigen, der den Lebenslauf unter ver-
änderten krankhaften Bedingungen zu beobachten Gelegenheit hat, ist die
Septikämie im engeren Sinne der. Ausdruck höchster Abwehrminderwertigkeit,
bei der es dem Organismus entweder konstitutionell oder durch intensivste
Giftwirkung nicht mehr möglich ist; die Keime der Blutbahn zur Haftung
und zur Zerstörung zu bringen und bei dem die Fähigkeit zur reaktiven
Skizzierung der drei
Den toxogenen Faktor läßt Grafe nur für Ausnahmefälle .
zu. Gegen einen solchen soll auch die Tatsache sprechen, daß im Fieber
aufg ehoben werden,
Entzündung verloren gegangen ist. In Ermangelung eines allgemein ge-
bräuchlichen und verständlichen Wortes kann man die zweifellos schlechte
Bezeichnung „septische* Erkrankung auch auf den Typhus übertragen,
dann ergeben sich auch hier Krankheitsbilder, die erkennen lassen, daß
bei zahlreichen. Fällen .die Keime der Blutbahn in den Organen haften
‚ und zerstört werden, und daß der Organismus äuf den Giftreiz mit lokalen
| Entzündungsprodukten ‚antwortet .(metastasierende Form . des Typhus).
_ Ähnlich wie bei den Streptokokken- und Staphylokokkenerkrankungen sehen
wir auch beim Typhus die rein septikämische, metastasenfreie Form. Sie
ist durch zahlreiche Sog. Übergangsfälle mit der metastasierenden Form
verbunden und gerade diese Übergangsfälle sind dadurch ausgezeichnet,
daß die entzündlichen Produkte allmählich an Zahl und Intensität zurück-
treten. Nach unserer Auffassung sind für die Unterschiede der Krankheits-
formen weniger Virulenzunterschiede, als vielmehr individuelle Unterschiede’
der Reaktionsfähigkeit des infizierten Organismus ausschlaggebend. ‚Die
Abhängigkeit der Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zu reaktiven (hümoralen und
zellulären) Vorgängen läßt sich nun nicht nur bei Infektionskrankheiten,
sondern auch experimentell am Tier nachweisen, insofern, als es bei ver-
schieden bedingten Tieren gelingt, verschiedene Abwehrvorgänge bei leistungs-
gesteigerten Tieren zu beschleunigen, bei geschädigten Tieren zu verlang-
samen oder aufzuheben.
` 1. Die Phagozytose. Namentlich im Hühnerblutversuch läßt
sich die außerordentliche Beschleunigung phagozytärer Vorgänge durch
eine vorangegangene Immunisierung und deren Einfluß auf das Zellbild
deutlich nachweisen. Bei Tieren, die mit pathogenen oder apathogenen
Keimen intravenös injiziert wurden, läßt sich die Beschleunigung phago-
zytärer Vorgänge durch Immunisierung nicht so deutlich nachweisen, wie
im Hübnerblutversuch, da einerseits die Immunisierung mit manchen patho-
genen Keimen an sich auf Schwierigkeiten stößt, und da andererseits die
Phagozytose der zugeführten Keime auch. beim Normaltier an sich schon.
eine außerordentlich schnelle ist (namentlich in den Lungen). Bei den
bakterienimmunisierten Tieren kommt überdies, wie auch bei hochimmuni-
sierten Hühnerbluttieren, die .oft zu machende Beobachtung hinzu, daß
infolge der Immunisierung ein. sehr beschleurnigter Antigenzerfall eintritt,
der infolge schneller Giftwirkung zelluläre Vorgänge verschiedener Art .
stark zu hemmen. vermag. Diese Hemmung phagozytärer Vorgänge ist
namentlich bei den röntgengeschädigten Tieren außerordentlich deutlich.
2. Die Giftspeicherungsreaktion. Durch humorale und intra-
zelluläre Verdauungsvorgänge am intravenös injizierten Antigen, die je nach
der Art des Antigens und je nach dem immunbiologischen Zustand des
Tieres verschieden rasch und verschieden stark durchgeführt werden, treten
aus dem Antigen und aus den mitunter sebr rasch zerfallenden körper-
eigenen Zellen gelöste giftige oder reizend wirkende Spaltprodukte auf, die
auf dem Wege der Speicherung in Zellen und intrazellulären Verdauung
beseitigt ‘werden. Auch diese Reaktionen können durch Immunisierung
beschleunigt, durch schwere Schädigungen der Versuchstiere gehemmt oder
Namentlich. bei röntgengeschädigten Tieren läßt sich
eine fast völlige Anergie der Zellen nachweisen, s0.daß es nun zum raschen
Vergiftungstod der Tiere kommt.
3. Humorale Abwehrkräfte.
lassen sich gegen körperfremde Stoffe, die überhaupt parenteral verdaubar
sind, gewisse von der Art des Antigens in hohem Grade abhängige, humo-
rale Prozesse nachweisen. Sie sind durch Immunisierung in spezifischer
Weise zu steigern und abhängig von der jetzt ebenfalls gesteigerten Zell-
Oft ist ihre Wirkung im Tierkörper beim Zusammentreffen mit
dem reinjizierten Antigen eine ungünstige, obwohl sie einer.sehr günstigen
' Gesamtlage und einer sehr günstigen Zellfunktion entspringen. Denn jetzt
entstehen aus dem Antigen sehr schnell größere Mengen von Spaltprodukten,
deren Beseitigung nicht gleichen Schritt hält mit ihrer Entstehung. Auch
| beim schwer durch Bakteriengifte oder Röntgenstrahlen geschädigten Tier
tritt eine Vermehrung der schon physiolögischerweise vorhandenen humo-
ralen, unspezifischen, antigenlösenden Kräfte ein, indem jetzt, der un-
günstigen Gesamtlage entsprechend, aus den zugrundegegangenen Zellen
Inhaltsstoffe in größerer Menge an die Blutbahn abgegeben werden, deren
verdauende Wirkung in der Blutbahn des schwergeschädigten, zellanergi-
schen Tieres nach der Antigeninjektion zum raschen Vergiftungstode führen
muß. Wir unterscheiden demnach zweierlei humorale (bakteriolytische
oder hämolytische) Kräfte, neben solchen, die durch eine spezifische Arbeits-
übung der Zellen (durch Immunisierung) steigerbar sind, auch solche, die
aus einem Zellschaden hervorgehen. Gerade diese Beobachtungen dürften
auch für klinische und pathologisch-anatomische en von großer
Bedeutung sein.
4, Verlegung einer „Krankheit“ von einem Organ in ein
anderes. Ist ein Infekt mit geformtem Material durch Phagozytose oder
intravasale agglutinierende Prozesse in ein oder mehrere Organe lokalisiert,
so gehen jetzt von diesem Krankheitssitz durch Verdauungsvorgänge gelöste |
-In jedem normalen Organismus
shi =
` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.27. 7 93
| itgrodukte' aus, die erneut in die Blutbahn gelangen. ‚Auch sie müssen
boseitigt werden, so daß jetzt . oft fern yon der, eigentlichen sedes morbi
auch in Organen, die an der Haftung des geformten Material kaum beteiligt
garen, entzündliche Reaktionen gegen gelöste Stoffe auftreten. Auf diese
` Weise werden manche Organe sekundär auf dem Umwege über die Blut-
= bbn durch Vermittelung gelöster Gifte mit in die Krankheitsreaktionen
einbezogen, Auch ein. anderer Verschleppungsweg ist möglich: Verschleppung
schon lokalisierten, intrazellulär untergebrachten, geformten Materials von
einem Organ in ein anderes. Wir schen bei allen unseren Hühnerblut-
und Bakterienversuchen, besonders deutlich nach intravenöser Injektion
von Tuberkelbazillen, daß die Kapillarendothelien der Lunge sehr schnell
das zugeführte Material phagozytieren; diese Phagozyten wandeln sich
meist in gelspptkernige Granulozyten an Ort und Stelle um und werden
. sls Zeichen der erlittenen Schädigung mitsamt den eingeschlossenen Bak-
terien in den späteren Versuchsstadien (bei den Tuberkuloseversuchen etwa
im 3 Stunden-Stadium) abgestoßen und auf dem Blutwege nach der Milz
und Leber.transportiert. Auf diese Weise werden jetzt diese beiden Organe,
die in dem ersten Stadium an der Seßhaftmachung der Bazillen erst in
zweiter Linie beteiligt sind, sekundär: plötzlich zum Hauptstapelplatz des
Infektes, während die Lungen weitgehend von ihm wieder befreit werden
können. Auch diese Beobachtungen scheinen für klinischö Fragestellungen
yon Bedeutung. Be u
.5.:.Die lokale Granulozytenentstehung und die Abhängigkeit
der Granulozytenbildung von der Art des Reizes und vom Bereitschafts-
zustand des Individuums wird Gegenstand weiterer Mitteilungen bilden.
Aussprache: Kruse will aus den zahlreichen vom Vortr. be-
rührten Punkten nur zwei herausgreifen. Über das Verhalten von Keimen,
` die ins Blut eingeführt werden, sind seit 40 Jahren viele Arbeiten veröffent-
licht, u. a. auch von K. selbst vorgetragen worden. Sie lehren, daß schon
normale Organe den Keimen gegenüber eine sehr lebhafte, sofort einsetzende,
reaktive Tätigkeit entfalten, an erster Stelle Leber, dann Milz, Knochen-
matk und nicht zuletzt die Lungen. Teils festsitzende, teils freie Freß-
zellen bemächtigen sich der Keime, auch der infektiösen, in unglaublich
kurzer Zeit und vernichten sie, wenn sie nicht infektiös sind, auch voll-
ständig. Keime mit großer Infektionskraft wachsen aber in den Freßzellen
selbst nachträglich überaus, überwinden also die ursprünglich vorhandenen
Widerstände des Wirtsorganismus. Nur Keime von allerhöchster Infektions-
kraft entgehen von Anfang an der Phagozytose. Die Vorgänge im immuni-
sierten Tiere unterscheiden sich nur durch noch schnellere und dauerhaftere
Art der Gegenwirkung. Wieweit Wucherungsvorgänge in den Zellen be-
teiligt sind, will K. unentschieden lassen. In dieser Hinsicht bringen die
Mitteilungen Oellers vielleicht. Neues. Da sie wesentlich auf Einspritzungen
roter Blutkörperchen fußen, sind sie aber mit Vorsicht zu betrachten. —
Gegen die Bezeichnung des Typhus als Sepsis ist Einspruch zu erheben.
Der Begriff Septikämie sollte nur für solche Fälle angewandt werden, in
denen wirklich ein Wachstum der Keime im Blute erfolgt. Freilich werden
die Erreger in den meisten, auch leichten Infektionen, im Blut gefunden.
Sie verdanken das aber im wesentlichen nur der Aufsaugung aus den eigent-
lichen Infektionsherden, verhalten sich im allgemeinen auch dabei passiv.
Man nennt das am besten ‚Bakteriämie. Natürlich gibt es alle Übergänge
awischen Bakteriämie und Septikämie, aber gerade beim Typhus kommt
& selbst in den schlimmsten Fällen niemals zu einer Wucherung der
Bazillen im Blute, zur Septikämie.. Die Millionen von Bazillen, die allen-
falls dabei im ganzen Gefäßsystem gefunden werden, fallen nicht ins Ge-
wicht gegenüber den Milliarden, die innerhalb der Gewebe, der Leber,
ulz Nieren usw. in Gestalt von Bazillenhäufchen gefunden werden. Eigen-
fünlich ‚ist es nun für den Typhus im Gegensatz zu den septischen Erkran-
kungen, daß gerade um Herde von Bazillen herum. kaum Reaktionserschei-
nungen auftreten. Sie scheinen im Verlauf des Typhus durch humorale
(bakteriolytische?) Einflüsse zugrunde zu gehen. Die bekannten Lymphome
in den-Organen von Typhusleichen haben mit diesen Bazillenherden nichts
zu tun, sondern verdanken, ebenso wie die Roseolen, vielleicht nur einzelnen
„usgeschwemmten Bazillen oder deren toten Körpern ihren Ursprung. Auf-
fällig ist jedenfalls und geradezu charakteristisch für den Typhus, der
angel eigentlicher entzündlicher Abwehrreaktionen. So wichtig die All-
gmeinreaktionen für die Klinik des Typhus sind, so zweifelhaft ist es, ob
Sich aus dem Auftreten örtlicher Reaktionen (abgesehen vom Darm) pro-
‚moslische Schliisse ziehen lassen. Kurz gesagt, der Typhus ist eine All-
gmeininfektion eigentümlicher Art mit Bakteriämie, aber keine Septikämie. —
Herzog betont, daß bei. entzündlichen Veränderungen außerordentlich
* nell im Gewebe, aus den Gefäßwandzellen eine Neubildung von zelligen
i menten, auch von Granulozyten, eintreten kann. Es kommt hinsichtlich
a der Zellneubildung auch auf den Reiz an! Ferner er-
8 =
ia histologischen Bilde der Gefäßwände und vor allem.in der sich an
ianen ausbildenden lymphatischen Infiltrate zutage treten. Letzthin konnte
aß sicherlich individuell konstitutionelle Unterschiede der Tiere
H. derartige Differenzen auch beim’ Vergleich von menschlicher Haut fest-
. stellen, die an gleicher Stelle ziemlich . gleichaltrigen, etwa 40jährigen
gesunden Männern intra vitam entnommen war. Ein schon äußerlich etwas
auf Lymphatismus verdächtiger Herr zeigte ziemlich reichlich lymphatische
Zellbildung längs der kleinen Gefäße in Kutis und Subkutis. Die schönen
Ergebnisse der eingehenden, planmäßigen Oellerschen Untersuchungen :
sollen und können durch diesen Einwand in ihrem Wesen nicht geschmälert
werden. — Hueck glaubt, daß.es — bei aller gebotenen Zurückhaltung
und Kritik — Herrn Oeller gelungen ist, für die Umstimmung des Orga-
nismus bei Immunitätsvorgängen einen sichtbaren histologischen Ausdruck
demonstriert zu haben. Speziell muß nach den Befunden Oellers in Zu-
kunft bei allen Infekten des Organismus auf die reaktiven Vorgänge in
der Lunge mehr Gewicht gelegt werden. — Oeller: Die mindestens
40 Jahre alte Forschung über das’ Schicksal ins Blut eingeführter Keime
hat seit Wyssokowitsch und Metschnikoff außer den grundlegenden
Beobachtungen über Phagozytose und intrazelluläre Verdauung neue, wesent-
liche, für klinische Fragestellungen wichtige Ergebnisse nicht gezeitigt.
Auch bier kann nur eine kausal-konditional ‚eingestellte Forschung neue
'Aufschlüsse ‘bringen, die in erster Linie die.Abhängigkeit der Fähigkeit zu
_ verschiedenen zellulären Vorgängen von bestimmten Reizen unter günstigen
und ungünstigen Bedingungen berücksichtigt. Eine Diskussion über die -
Begriffe der Sepsis (Bakteriänie, Pyämie, Septikämie) erscheint nur dann
möglich, wenn man sich vorher über den Standpunkt einigt, von dem man
die Dinge betrachten will. Eine einseitige bakteriologische Betrachtungs-
weise bringt uns, wie die letzten Jahrzehnte gezeigt haben, in keiner
Weise weiter. Ein Eingehen auf die von Kruse vorgebrachten Einwände
. gegen die Bezeichnung des Typhus als septische ‘Erkrankungen würde zu
weit führen; erwähnt sei nur, daß der Vortr. den Typhus nie als Septikämie.
bezeichnet hat. Der Typhus ist eine hämatogen generalisierende, d. h.
„septische“ Erkrankung, die sich je nach den individuellen immunbiologischen .
Bedingungen verschieden äußern und unter ungünstigen Bedingungen auch
als metastasenfreie Septikämie verlaufen kann. Wenn Kruse behauptet,
daß beim Typhus entzündliche Abwehrerscheinungen keine Rolle spielen
und den Begriff der Entzündung von der auftretenden Eiterbildung, die
beim Typhus meistens fehlt, abhängig machen will, so müßte man sich
erst einmal über den Entzündungsbegriff einigen, auf den unsere ganzen
Untersuchungen am Tier eingestellt sind. — Den Vorschlag Herzogs,
die konstitutionellen Verhältnisse eingehend zu berücksichtigen, ist sehr
wesentlich, da auch wir bei unseren experimentellen Untersuchungen große
Unterschiede in der Reaktionsfähigkeit der Sommer- und Wintertiere, gut
und schlecht genährter Tiere und endlich eine hohe Empfindlichkeit
trächtiger Tiere beobachtet haben. Weigeldt.
Vereinigung Sächsisch-Thüringischer Kinderärzte. Sitzung vom 1. Juni 1924;
Schede (Leipzig): Über die Anzeigen orthopädischen Eingreifens.
Die Orthopädie ist die Lehre von den Störungen der Mechanik des mensch- `
lichen Körpers und der Kunst, die normale Mechanik wiederherzustellen.
Bei der Indikation für das orthopädische Handeln sind zunächst Richtlinien
festzulegen in der Richtung, welche Störungen heilen von selbst und welche
erfordern ein Eingreifen. Zunächst sind die ‚Haltungsanomalien zu be-
trachten. Sie entstehen dadurch, daß eine Ruhehaltung übertrieben. und
dann fixiert wird. So entstehen habituelle Skoliosen durch Sitzschädigungen
in der Schule, Sitzen nach vorn. Es kommt zu Muskelschädigungen, welche
zu Zwangshaltung führen. . Die entstehende Skoliose ist beim Bücken aus-
gleichbar. Die Therapie ist Massage, Gymnastik. Keine Geradehalter. Zu
trennen ist-scharf die echte Skoliose. Sie ist kein Haltungsfehler, sondern
eine echte Deformität der Wirbelsäule. Die Ursache ist in erster Linie
die Rachitis. Beim Bücken bleibt die Skoliose bestehen. Die Skoliose
tritt besonders in Erscheinung, wenn sekundäre Schädigungen hinzutreten,
wie die Sitzschädigungen und in der Zeit stärkeren Wachstums der Wirbel-
säule, also zur Zeit der zweiten Streckung. Bei Frühskoliosen ist energisches
Eingreifen erforderlich; Entlastung, Gipsbett, Massage. Ist die Skoliose
stationär geworden, dann Gymnastik und Massage. Apparate sind zwecklos.
Nimmt die Skoliose zu, so muß Extension stattfinden. Gut bewährt ist
die aktive Gipsbehandlung. Bei den rachitischen Verkrümmungen werden. `
die Spätfolgen unterschätzt. Tritt Selbstkorrektur ein, so sind die Erfolge
ideal. Sonst treten besonders im 4. Jahrzehnt schwere Schädigungen auf,
z. B. Arthritis deformans, O-Beine usw. Was das O-Bein angeht, so ist
es meist angeboren. Gefährlich wird es erst, ‘wenn die Rachitis hinzutritt.
Es kommt zu Peş valgus und zu einer gegenseitigen Verstärkung beider
Verkrümmungen. Eingreifen ist erforderlich schon während der floriden
Rachitis. Bei der Operation ist die Hauptsache, die Einwärtstorsion der
Tibia aufzulösen. Sie korrigiert sich nicht. In anderen Fällen ist die
Ausheilung der Rachitis abzuwarten, mindestens das Ende des 6. Jahres,
wo die Selbstkorrektur beendet ist. X-Beine: Bei großen Verkrümmungen
ET N a ET Le ET U FETTE HEN TEEN TERTA rn nie nn Zn A ET.
Co = K m a’ - z iim E RAF g t 4 5 Ei > = n > ç Tg
954
ist der Hunger.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
6. Juli
6. Lebensjahr abwarten. Bei Verkrümmungen der Adoleszenten dagegen
eingreifen, Pathologisch ist bis zum 5. Jahre eine Knöcheldistanz über
7 om. Tritt der Fuß aber statt in Varus- in Valgusstellung, so wird der
Fuß nicht mehr von der Muskulatur beherrscht und Eingreifen ist not-
wendig. Die Coxa vara cervicalis ist ständiger Begleiter der X-Beine. Sie
ist zunächst zu behandeln, da geringe Selbstkorrektur. Unblutiges Re-
dressement, Die Coxa vara femoralis beim O-Bein ist konservativ zu
behandeln. Der Plattfuß ist bis zum 3. Jahre nicht zu behandeln. Barfuß-
gehen auf ebenem, natürlichem Boden ist zu empfehlen. Erst nach dem
3. Jahre ist orthopädisches Eingreifen indiziert. Bei leichten Fällen genügen
Einlagen.
Coxa vara bis zum 4. Jahre. Danach kommt nur Osteotomie in Frage.
. Pilling (Dresden): Rachitisbehandlung durch Quarzlicht bei Sensi-
bilisierung durch Eosin. Vor der Bestrahlung wird 0,1 Eosin in 10 com
Wasser oral gegeben. Dadurch wird bei gleichbleibendem Erfolg die Be-
strahlungsdauer verkürzt und damit die Behandlung verbilligt.
"Bessau (Leipzig): Zur Behandlung der akuten alimentären Er-
nährungsstörungen. Das wirksamste Mittel bei akuten Ernährungsstörungen `
Aber es bestand immer das Bestreben, das Hungerstadium .
` abzuschwächen. Am besten gelingt dies- durch die Eiweißmilch nach
Finkelstein. Wird aber besonders von älteren Kindern ungern ge-
nommen. Bessau ging daher zu milchfreiem Brühreis über, und zwar zu
einer 10%/,igen Abkochung ohne Salz. Er erreichte damit 40 Kalorien
pro 100 ccm an Kohlehydrat. Die 100%/,ige Reisabkochung zeigte eine
außerordentliche antidyspeptische Wirkung. Sie versagte in keinem Falle,
-Man muß aber vermeiden, diese milchlose Reisdiät lange beizubehalten, da
sonst Schädigungen eintreten, höchstens 1—2 Tage. Das Schema Bessaus
ist folgendes: 12 Stunden Tee, 1—2 Tage 10°/, Reis, dann Zusatz von
. 50/, Soxlethi, dann !/, Milch, 1/, Reisschleim ~ 5°/, Soxleth, und zwar Flasche
für Flasche von Tag zu Tag. In schweren Fällen kann man auch den Reis-
schleim alternierend mit konzentrierter Eiweiß- oder Buttermilch anwenden.
Die Erklärung für die Wirkung des Reisschleimes liegt vielleicht darin,
daß er eine starke Alkalisekretion hervorruft. Weder tötet Reisschleim
die Gärungserroger ab, noch bindet er Säure.
Rosenbaum und Spiegel: Über Biweißverdauung im Sänglings-
magen. Der Säuglingsmagen ist ein Regulierungsbassin für den Ver-
dauungskanal, wo die Nabrung auf die Konzentration gebracht wird, die
für den Ablauf im Dünndarm die beste ist. Die Frage erhebt sich, ob im
Säuglingsmagen peptische Verdauung stattfindet, Versuche zeigten, daß
im Säuglingsmagen eine peptische Verdauung stattfindet, wenn in der
Nahrung der Eiweißgehalt der Frauenmilch überschritten ist, so in 2/; Milch,
Kuhmilch usw. Dabei findet Abbau im Bereich von Säuregraden statt,
wo man bisher eine peptische Verdauung als unmöglich ansah.
Stöltzner (Halle): Stillsche Krankheit. Bericht über einen Fall
von Stillscher Krankheit, der mit Sklerodermie kombiniert ist. Die Ent-
stehung der Sklerodermie aus subkutanen Knoten konnte während der
klinischen Beobachtung verfolgt werden.
Bessau siebt die Stillsche Krankheit als chronische Sepsis an, Er
erzielte in einem Falle Besserung und bisher günstigen Verlauf durch
Credesche Salbe und Entfernung der Tonsillen sowie Behandlung der un-
gewöhnlich starken Zabnkaries. WwW.
Wien.
Gesellschaft der Ärzte. Sitzung vom 23. Mai 1924.
K. Ullmann demonstriert mehrere Patienten mit Lupus erythema-
todes, die er erfolgreich mit intravenösen Krysolganinjektionen behandelt
hat. Die Effekte sind andauernd, Rezidive hat Vortr. nicht gesehen. Die
Holländersche Jodchininkur ist oft von Rezidiven gefolgt. Die Kombi-
nation von Jodchininkur und Mirion ergibt bessere Resultate, aber auch
diese sind hinsichtlich der Dauererfolge nicht befriedigend. Die Narben
nach Krysolgananwendung sind glatt. Auch bei Lupus vulgaris und anderen
tuberkulösen Hautaffektionen bat das als spezifisches Antituberkulotikum
bezeichnete Goldpräparat Krysolgan bei intravenöser Injektion gute Heil-
effekte erzeugt. Die gewöhnlich verwendeten Dosen sind zu groß und
machen öfter unerwünschte Nebenerscheinungen (Dermatitis usw.), so daß
Vortr. empfeblt, keine zu großen Dosen zu applizieren. Bei den intra-
venösen Injektionen ist sehr exakte Technik notwendig, weil paravenöse
Infiltrate noch viel mehr Beschwerden machen als solche nach mißglückten
Salvarsaninjektionen. Angesichts der Wirkungen des Krysolgans auf Lupus
erythematodes einerseits, auf zweifellos tuberkulöse Affektionen andererseits
zögert Vortr. nicht mehr, anzunehmen, daß Lupus erythematodes in naher
Beziehung zur Tuberkulose ‚steht, Vortr. hält die Therapie mit Krysolgan
für kausal.
Bei schweren Fällen Gipsverband mit Redressement. Die
Operation durch Infraktion ist bei O-Bein bis zum 2. Jahre möglich, bei
G. Nobl, der auch an der. tuberkulösen Natur des Lupus erythema- |
todes nicht zweifelt, hat mit Krysolgan stets nur sehr bescheidene Erfolge
erzielt. Es ist wenig verläßlich und lange nicht-so harmlos, wie man
glaubt. Der. Lupus erythematodes ist eine oft sebr launenhafte Krankheit
und kann darum kein Wertmesser für Krysolgan sein.
R. Volk gibt zu, daß bei Verwendung von Krysolgan unangenehme
Zwischenfälle vorkommen, aber nur der von Stein in Görlitz beobachtete
Patient ist ad exitum gekommen. Trotz der schweren Dermatitiden sieht
Redner das Krysolgan als wichtige Bereicherung unseres Medikamenten-
schatzes an. Am besten wirkt es bei Lupus erythematodes in chronischem
Fällen mit starker Hyperkeratose. Es muß freilich mit Vorsicht verwendet
werden. Es genügen 0,025 bis 0,05 pro dos., 1,0 bis 1,5 pro casu. Die
Injektionen sind in achttägigen Intervallen vorzunehmen. Mit absoluter
Sicherheit -kann - man nicht auf einen Erfolg rechnen, da der Lupus ery- `
thematodes eine sehr launische Krankheit ist.
R. Gruss hat auf der Klinik Finger 12 Fälle von Lupus erythema-
todes und 8 Fälle von Lupus vulgaris mit Krysolgan behandelt. Redner
beginnt mit Dosen von 0,025 und steigt langsam zu 0,1; jede Woche wird
eine Injektion gegeben. 2 Fälle von Lupus erythematodes mußten vor-
zeitig ausgeschieden werden; im ersten dieser Fälle’bildete sich ein-sohweres-
‘ Erythem, im- zweiten trat nach der” sechsten Injektion eine anhaltende
Albuminurie auf. Gute Erfolge mit Krysolgan erzielte Redner bei den als
Erythema centrifugum bezeichneten Fällen; bei starker Schuppenbildung
konnte erst durch kombinierte Mirion-Krysolgankur Heilung bewirkt werden.
4 Fälle blieben unbeeinfiußt. Die Gesamtdosis beträgt in den vom Redner
besprochenen Fällen rund 1,5g. Nur in den Anfangsstadien hat Redner
Erfolge beobachtet. Redner erinnert daran, daß bei Lupus erythematodes
auch Spontanheilung eintritt. Ein Spezifikum gegen Hauttuberkulose ar
Krysolgan nicht.
K. Ullmann verweist darauf, daß Patienten mit Lupus erythema-
todes oft ihre Erwerbsmöglichkeit und ihre soziale Stellung verlieren. Die
beobachteten Dermatitiden und sonstigen Exantheme sind darauf zurück-
zuführen, daß man zu hohe Dosen verwendet hat. Nach Meinung des Vortr.
tritt eine Gewöhnung der Organe ein. Unberufene und technisch nicht
binreichend ausgebildete Personen sollen Krysolgan nicht verwenden. Auch
Vortr. hat Krysolgan mit Mirion kombiniert und ist in einzelnen Fällen
bis zu 100 g Mirion gegangen. Vortr. vergleicht die Wirkung des. Krysol-
gans bei Lupus erythematodes mit der des Salvarsans bei Syphilis.
HB. Abels stellt ein am 11. April geborenes Kind vor, bei dem die
Frage Keimschädigung oder Fruchtschädigung zur Diskussion steht, weik
die Mutter des Kindes während der Embryonalentwicklung mit Röntgen-
strahlen bebandelt wurde. Das Kind ist das vierte Kind dieser Frau;
zwei Kinder: sind gesund (derzeit sechs und neun Jahre alt), ein Kind ist
gestorben. Bei der Geburt war das Kind unterentwickelt, so daß die, Frage
aufgeworfen wurde, ob es sich nicht um eine Frübgeburt handle. Die
einzelnen Körperteile waren entschieden disproportioniert. Es war 41,5 cm
lang, 1900 g schwer, hatte einen horizontalen Schädelumfang von 27 cm.
Es handelte sich aber um ein vollreifes Kind; denn der Descensus testi-
culorum hatte stattgefunden, die Nahrungsaufnabme, die Temperaturregu-
lierung war wie bei reifen Kindern, ebenso der Röntgenbefund am Skelett-.
system. Das Hinterbaupt war stark abgeflacht, die Kornea hatte nur 4 bis-
5 mm Durchmesser, der Penis war kaum zu sehen; von den Corpora caver-
nosa ist erst jetzt eine Spur wahrzunehmen. An den Unterschenkeln fanden
sich periostale Auflagerungen, die Vortr. an Lues congenita denken ließen;
jedoch war die Wa.R. negativ. Vortr. weist auf die reichhaltige Literatur
hin, die über Augenschädigungen nach Röntgenbestrahlung berichtet, spe-
ziell über die Untersuchungen an Axolotin, auf die Untersuchungen von
Hippol jun. über Schichtstar und Zentralstar. Der Mikrophthalmus ist
zweifellos als Hemmungsbildung aufzufassen. Die Bestrahlung der Frauen
wird oft wegen Oligomenorrhoe durchgeführt. Die Gefährdungszone, deren
Bestrahlung zu Mißbildungen führen kann, ist schmal; außerhalb derselben
kommt es entweder zum Abortus oder das Kind weist keinerlei Anomalie
auf. Vortr. erinnert an zwei von Werner mitgeteilte Fälle, die dem vor-
gestellten Falle sehr ähnlich sind. Die Mutter, deren Kind vorgestellt
wurde, ist unter der Diagnose „Myom“ vom 24, bis 26. September mit
acht Holzknecht-Einheiten 1/, bis 3/4 Stunden bestrahlt worden. Die Metror-
rhagien haben aber auch nach der Bestrahlung nicht sistiert.
G. Singer berichtet unter Demonstration von mehreren Patienten
bei diabetischer Gangrän Kaseosan und Aktoprotin mit sehr gutem Erfolg
verwendet, daneben noch die übliche diätetische Behandlung durchgeführt.
Die Ulzera granulieren rasch, die Patienten nehmen an Gewicht zu. Es
ergibt sich also, daß es möglich ist, den Patienten verstümmelnde Ope-
rationen zu ersparen, die überdies bekanntlich keine gute Prognose geben.
Vortr. ist der Ansicht, daß das parenteral zugeführte Eiweiß peripher an-
N en en a Se en ne teen
über die Wirkung parenteraler Eiweißzufuhr bei Diabetikern. Vortr. hat
š on aa
6. Juli
vift, Die Wirkung der parenteral zugeführten Eiweißkörper ist andauernder
als die des Insulins. | k
> -P,Neuda ist gar nicht erstaunt über die Wirkung der parenteralen
Kiweißzufahr, weil er den Faktor der Gewebserkrankung bei seinen Studien
über Claudicatio intermittens kennen gelernt hat., Auch bei dieser Er-
yrankung ist oft der Blutzuckerspiegel erhöht.
a ——
_ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK > Nr. 21.
J. Mahler (a. G.) hat auf der Klinik Jaksch in Prag bei Dia-
betes mit Kaseosan gute Erfolge erzielt. . Der ‚Blutzuckerspiegel sinkt,
und zwar, was besonders wichtig ist, die Nüchternwerte. Man erhält
schließlich ganz normale Worte. Die Untersuchungen. werden fortgesetzt
werden. Kaseosan vermag das Insulin zu ersetzen.
Die Erfolge sind sehr
ermutigend. u
Rundschau.
Der deutsche Ärztetag in Bremen vom 18. bis 21. Juni 1924.
Der 43. deutsche Ärztetag, gleichzeitig der 50. Geburtstag des
deutschen Ärztevereinsbundes, war von etwa 300 Teilnehmern besucht. Er
wurde von dem Vorsitzenden, Herrn Dippe, mit einem Nachruf auf die
Verstorbenen eröffnet und besonders Hartmanns gedacht. Dippe wies
wit eindringlichen Worten auf die Notwendigkeit eines moralisch intakten, `
wirtschaftlich existenzfähigen Ärztestandes hin, der für die Erhaltung der
Wolksgesundheit und die Wiederaufrichtung des deutschen Volkes erforder-
lich sei. Er geißelt mit scharfen Worten die überhastete Gesetzesmacherei,
- die die Beziehung zwischen Ärzten und Kassen mehr störe als fördere.
Die Ärzteschaft werde eine weitere Vernachlässigung ihrer Interessen bei
siner bevorstehenden Umgestaltung der .Sozialgesetzgehung nicht hinnehmen,
weil sie für ihn nicht mehr erträglich sei. | |
Das Referat über die ärztliche Bhrengerichtsbarkeit hatten Stöter
(Berlin) und Stauder (Nürnberg) übernommen. Der erstere gab dabei
zunächst einen historischen Überblick über die Entstehung der Ehren-
gerichte und wies darauf hin, daß diese keineswegs als etwas dem ärztlichen
"Standesbewußtsein Heterogenes und von außen her ihm Aufgezwungenes
aufzufassen sind, vielmehr solange es überhaupt einen geordneten Ärzte-
stand gibt, von ihm im Interesse der inneren und äußeren Gesunderhaltung.
des Standes und ebenso zu Nutz und Frommen des Gemeinwohls immer
wieder erstrebt worden sind, wobei man auch nicht im Zweifel darüber
war, daß etwas Gedeihliches nur unter - wirksamer Beihilfe des Staates ge-
‚schaffen werden könnte.
Dem Ehrengericht unterstehen alle approbierten Ärzte mit Ausnahme
1. derjenigen, für welche ein anderweit geordnetes staatliches Disziplinar-
erfahren besteht (also der „beamteten“ Ärzte, der Universitätsprofessoren,
der Privatdozenten); 2. der Militär- und Marineärzte. .
Die den Ehrengerichten obliegende Tätigkeit ist einmal die Ver-
mittlung bei Streitigkeiten zwischen Ärzten untereinander oder mit anderen
Personen und sodann die eigentliche richterliehe. Erfolgt hierbei kein
Freispruch des Angeschuldigten, so steht diesem die Berufung an die zweite
Instanz, den Ehrengerichtshof, - offen. Dieselbe Möglichkeit hat aber auch
der Beauftragte des zuständigen Oberpräsidenten als Vertreter der Anklage,
wenn er glaubt, einem ergangenen Freispruch‘ nicht zustimmen zu können.
Yon einigen Seiten ist nun die Schaffung einer dritten Instanz, der sog.
Bevisionsinstanz, angeregt worden, deren Aufgabe es aber nur sein könnte,
‚gegen formal-rechtliche Verstöße Stellung zu nehmen und die deshalb nur
aus Juristen zu bestehen :haben würde. Das würde aber dem ganzen
Charakter einer Ehrengerichtsbarkeit, die grundsätzlich sich ausschließlich
mit der etwaigen „Standeswidrigkeit“ des Verhaltens eines Arztes zu be-
schäftigen hat, direkt widersprechen, abgesehen davon, daß die rechtlich-
formale Seite in beiden ehrengerichtlichen Instanzen durch die Zugehörig-
‚Keit von erprobten Juristen so gut wie ausnahmslos gewährleistet ist und
- diesbezügliche Rekriminationen deshalb auch kaum jemals vorgekommen
sind. Überdies würde aber durch eine solche dritte Instanz auch eine
‚sehr unerwünschte Verschleppungsmöglichkeit des ganzen Verfahrens gegeben
und außerdem gegebenenfalls eine beträchtliche Erhöhung der Kosten herbei-
geführt werden. Aus allen diesen Gründen ist die Revisionsinstanz ab-
zulehnen. Dagegen ist durch weiteren Ausbau der ärztlichen Ehrengerichts-
barkeit einzuführen: 1. die Möglichkeit des Wiederaufnahmeverfahrens nach
Maßgabe des $ 399 der Strafprozeßordnung; 2. eine Verjährungsfrist; 3. für
besonders geartete Fälle eine Bewährungsfrist. y
san Stauder (Nürnberg) unterstellt das gesamte ärztliche Ehrengerichts-
ka on Pr üfung von dem Gesichtspunkte der übrigen deutschen Länder
Fo“ 5 r denn je erscheint es nötig, daß ein gleichartiges Ehrengerichts-
ml dar SB Deutschland besteht bei der Gleichartigkeit der Verhältnisse
Ex a tandesgrundsätze aller deutschen Ärzte. Eine größere Anzahl
An Eanpas. Insbesondere Braunschweig, Baden, Sachsen, Anhalt, Lübeck,
Fe eit auch Hamburg und Hessen, besitzen eine staatliche Ehren-
zwar eine y g für Ärzte, in Bayern, Oldenburg und Württemberg besteht
Ehre izena aatliche Standesgliederung, es fehlt jedoch ein gesetzliches
Thüringen en Wieder andere wie Bremen, Mecklenburg und Groß-
Ehren : ii esitzen weder eine staatliche Standesvertretung noch eine
serichisordnung. Eine lückenlose: Erfassung aller Ärzte, um eine
einheitliche. Pflege der Standesgrundsätze zu erreichen, ist dringend nötig, `
da nur so der Zweck. der Standesgesetze, die Erhaltung und Vertiefung
einer sittlich hochstehenden Standesauffsssung ermöglicht werden kann.
Im zweiten Teile seiner Ausführungen nimmt der Referent Stellung
zu der Frage, ob eine ärztliche Ehrengerichtsbarkeit überhaupt notwendig
sei. Er kommt zu dem Schlusse, daß mehr als je das Interesse der Öffent-
lichkeit in gleicher Weise wie das des ärztlichen Standes zur Aufrecht-
erhaltung seiner Ehre, ‚seines Ansehens und seiner sittlichen Intaktheit
der ärztlichen Ehrengerichte bedarf. e oi e
Im dritten Teile seiner Darlegungen geht der Referent auf Einzel-
heiten des staatlichen Ehrengerichtswesens ein. Er fordert die Unterstellung
aller Ärzte eines Landes unter Ehrengerichtsgösetze und bezeichnet das
‚Recht eidlicher Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen als unönt-
behrlich. Die Gliederung der Rechtsprechung in zwei: Instanzen habe’ sich
"bewährt. Eine dritte Instanz sei in der Zeit des allgemeinen Abbaues
unnötig, zu teuer und zu schwerfällig. Sie müsse daher abgelehnt werden.
Die Mitarbeit juristischer Ehrenrichter ‚in beiden Instanzen sei notwendig,
jedoch müsse die Zahl dieser juristischen Mitarbeiter eine "beschränkte:
bleiben. Die Eingliederung der örtlichen Standesvereine in das Ehren-
gerichtswesen und die Übertragung ehrengerichtlicher Abhandlung leichterer
Fälle sei im Interesse der Verbilligung des Verfahrens und der schnelleren
Erledigung wünschenswert. Zum Schutze der Öffentlichkeit. vor gewissen-
losen Ärzten, die ihre völlige Unzuverlässigkeit bewiesen hätten, sei die
Erweiterung des Gesetzes über die Entziehung der. ärztlichen Approbation
dringend zu fordern, jedoch sei bei der gesetzlichen Neuordnung dieser
Frage die Mitwirkung der ärztlichen Standesorganisationen und ärztlichen
Ehrengerichte nicht zu entbehren. | Ze |
Völlig abzulehnen sei die Besetzung ärztlicher Ehrengerichte mit
.Laienrichtern, wie dies in Hamburg und Lübeck der Fall sei, da es ganz
unmöglich sei, über die .ethischen Grundlagen eines Standes Nichtärzte
- entscheiden zu lassen, und jegliche Besetzung von Gerichten nach dem
Standpunkte politischer Parteien die Objektivität der Rechtsprechung
erschwere. Die Freiheit des Standes ohne den Schutz der -Ehrengerichte
führe durch Anarchie zur Knechtschaft. Das Ehrengerichtswesen bewahre
und hüte ärztliche Ehre und ärztliche Sitten, nütze der Allgemeinheit und
verhüte den- Verfall des Standes.
Entsprechende Leitsätze werden angenommen.
Zur Frage des ärztlichen Versorgungswesens wurden die von
Dr. Vollmann (Berlin) geforderten Leitsätze angenommen, nach denen die
für die Versicherung erforderlichen Mittel durch Erfassung des gesamten
Einkommens der Ärzte auf dem Wege eines gesetzlichen Umlagerechts auf-
zubringen sind. Als Träger der Versicherungseinrichtungen werden’ die
öffentlich-rechtlichen Organisationen ‘der Ärzte in Aüssicht genommen.
Das erste Ziel des Versicherungsschutzes soll die Sicherung eines Existenz-
minimums für den Arzt und seine Familie bzw. für die Hinterbliebenen
verstorbener Ärzte sein. Für jeden Arzt soll eine solche Grundrente sowie
das Sterbegeld gleich hoch sein, dagegen die Möglichkeit von Zusatzrenten
nach Höhe des Beitrages und Dauer der Zugehörigkeit vorgesehen werden.
Bezüglich der Stellung der Ärzte zur sozialen Versicherung stellte
Sanitätsrat Dr. Streffer folgende Forderungen auf: a) Festsetzung der
Versicherungspflichtgrenze bei einem jährlichen Arbeitsverdienst von etwa
2400 M. b) Heranziehung des gesamten Arbeitsverdienstes zu den Bei-
trägen für die Versicherung.. ¢) Einschränkung der Möglichkeit des frei-
willigen Beitritts zur Versicherung auf ein jährliches Gesamteinkommen in
Höhe der Versicherungspflichtgrenze. d) Erlöschen jeder Art von Ver-
sicherungsberechtigung bei einem jährlichen Gesamteinkommen von 4000 M.
e) Ausdehnung -der Versicherungsfreiheit. |
Zur Frage der Fachärzte wird folgender Antrag Stauder mit, Broker
Mehrheit angenommen: „Die Bezeichnung als Facharzt oder Arzt für ein
_ besonderes Fach ist ohne den Besitz der nötigen Vorbildung unstatthaft
' Die Bezeichnung Facharzt schließt grundsätzlich die berufsmäßige Ausübung
- einer allgemeinen ärztlichen Tätigkeit aus. "Der übrige Inhalt der Leit
sätze Küstermann-Stülp hat. die Bedeutung, von Richtlinien.
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Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Berlin, In der Sitzung ‘der Berliner medizinischen Gesell-
schaft vom 2, Juli 1924 demonstrierte vor der Tagesordnung 1. Herr
Rother einen Film von Balantidien eines Falles von Balantidienruhr, |
2. Herr H. A. Israel einen Fall von Karotisnaht bei einem Yjährigen Knaben.
l Tagesordnung: 1. Vortrag der Horren Walterhöfer und Schramm: „Die
Behandlung der perniziösen Anämie durch Entmarkung von Röhrenknochen“
(Aussprache: Herren Schramm, Zadke, P.Lazarus, Hirschfeld; Schluß-
wort: Herr Walterhöfer); 2. Vortrag des Herrn Weinert (Magdeburg):
„Die Indikationen zur Entmilzung, Erfolge und Mißerfolge* (Aussprache:
Herren Hirschfeld, Kraus, Hirschfeld, Meyerstein, Schilling).
Auf der Hauptversammlung des Leipziger Verbandes wurden
u. a. folgende Beschlüsse gefaßt: Mit den Trägern der Invalidenversicherung
sollen zentrale Abmachungen abgeschlossen werden. Bevor diese zum Ab-
schluß’ gekommen sind, soll von Einzelverträgen Abstand genommen werden. |
Dort, wo Ärztekammern diese Verträge abgeschlossen haben, sollen sie den
‘Vertragsabschluß der zuständigen wirtschaftlichen Ärzteorganisation über-
tragen. —.Der Antrag auf eine „Verschmelzung“ des Hartmann-Bundes
mit dem Deutschen Ärztevereinsbund wird abgelehnt.
Der Bund deutscher Assistenzärzte o. V. richtet einen Aufruf an
alle Assistenzärzte Deutschlands, in dem er unter Hinweis auf die
dem ärztlichen Nachwuchs drohenden schweren Gefahren in der Frage der
Zulassung zur Kassenpraxis und in dem Abbau der Gehälter dringend zur
Bildung einer Einheitsfront auffordert. Meldungen an den Vorstand des
Bundes deutscher Assistenzärzte, Berlin-Charlottenburg 2, Grolmanstr. 36.
~ -Über die gemeingefährlichen Erkrankungen bringen die Ver-
öffentlichungen des Reichsgesundheitsamtes. Angaben, denen die französischen,
englischen, ägyptischen, schweizerischen Berichte und dio des Völkerbundes
zugrunde. liegen. Die Pest hat in großem Umfange in Britisch-Ostindien
gehaust. Es wurden über 400000 Erkrankungen mit 179000 Todesfällen
festgestellt. Demgegenüber tritt die Zahl der im ganzen übrigen Asien
aufgetretenen Pestfälle ganz außerordentlich zurück. Nur in Java kamen
noch 8400 tödlich verlaufene Pestfälle zur Anzeige, und in Indochina
‚wurde die Zahl von 1000 (mit 844 Todesfällen) überschritten. In der
europäischen Türkei stellte man 13, in Griechenland 41 Erkrankungen fest,
Doch ist hier die Seuche ungewöhnlich milde aufgetreten, da in Athen und
Piräus mit 30 Krankheitsfällen kein einziger Todesfall zu verzeichnen war.
Aus dem europäischen Rußland werden 35 Erkrankungen und 21 Todes-
fälle berichtet, sonst in Europa fast nur eingeschleppte Einzelfälle —
‘ Eine größere Pestepidemie, die im Monat Mai ihren Höhepunkt erreichte,
entwickelte sich in Ägypten mit insgesamt 1519 Erkrankungen und fast
genau 50° Mortalität. Im übrigen Afrika waren im höheren Maße
Madagaskar, Uganda und Senegal mit 690, 1328 und 1221 Erkrankungen
und durchweg sehr hoher Mortalität. — Während in Nordamerika kaum
Pestfälle vorkamen, betrug ihre Anzahl in Peru 694 mit 348 Todesfällen;
in Australien wurden nur ganz vereinzelte Erkrankungen gesehen.
` Die Cholera war ausschließlich in Asien, verbreitet, Wiederum
war Britisch-Ostindien das am ärgsten befallene Gebiet. Es erlagen hier
in den ersten 11 Monaten des Jahres über 50 000 Personen der Seuche.
‚Eine ganz auffallende Besserung zeigen die aus dem russischen Staatenbund
gemeldeten Erkrankungszahlen. Gegenüber mehr als 200 000 Fällen im
Jahre 1921 und fast 100000 im Jahre 1922. wurden. im Berichtsjahre nur
noch 115 Cholerafälle ermittelt. In den drei letzten Monaten des Jahres
ist überhaupt keine Cholera mehr zur Anzeige gekommen. ö
Das Gelbfieber ist in Afrika und zwar an der Goldküste und in
Dahome in spärlichen Fällen beobachtet worden, in Amerika ist es nur in
Brasilien in größerem Umfange aufgetreten, besonders in Bahia mit 151 Er-
krankungen und 47 Todesfällen. ——————
Wien. Eine Gesellschaft für Versicherungsmedizin und
deren Hilfswissenschaften hat sich unter dem Vorsitze des Chefarztes |
Dr. Heinrich Stein konstituiert. Der Präsident der Ärztekammer, Ober-
medizinalrat Dr. Thenen, begrüßte die Idee der Errichtung dieser Gesell- |
schaft aufs wärmste und erhofft von den wissenschaftlichen Arbeiten, die
im Herbst beginnen sollen, sehr wertvolle Resultate. — Das Volksgesund-
‚heitsamt und das Gesundheitsamt der Stadt Wien veranstaltet im Herbst‘
eine Hygieneausstellung, bei der die Sammlung des deutschen
Hygienemuseums in Dresden zum erstenmal in Wien gezeigt werden wird.
London. Englische Lebensversicherungsgesellschaften
haben seit einiger Zeit eine Neuerung eingeführt.’ Sie haben für die Ver-
sicherten die Einrichtung einer kostenlosen, regelmäßigen, ärzt-
lichen Untersuchung getroffen. Die Untersuchungen sind vertraulich,
die Ergebnisse werden der Gesellschaft nicht mitgeteilt. Die in der ersten
Zeit. auf hohe Versicherung- beschränkte Einrichtung hat allgemeinen Beifall
gefunden, so.daß sie neuerdings auch auf die Mitglieder mit niedrigen Bei-
trägen ausgedehnt worden ist. Für die Gesellschaft ist dabei noch der |
Gesichtspunkt maßgebend, daß durch die Einrichtung regelmäßiger kosten-
' loser Untersuchungen bei Leuten, die sich für gesund halten, beginnende
Krankheiten entdeckt werden, wodurch vorbeugende Maßregeln getroffen
werden können, die geeignet sind, die Lebensdauer zu verlängern.
Drack von L. Schumacher in Berlin N4
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27.
mit dem Thema: Osteoporose (Ref.: G. Pommer).
nehmer unbedingt notwendig.
6. Juli
Paris. In die neuen französischen Kammern. sind 29 Ärzte als
Abgeordnete gewählt worden. Der älteste Abgeordnete ist ein 80 Jahre
alter Arzt, —
Die Abteilung für Innere Medizin der 88. Versammlungder
Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte in Innsbruck
hält ihre Abteilungssitzungen am 24., 25. und 26. September nachmittags
im kleinen Stadtssale ab sowie zwei gemeinsame Sitzungen am 25. bzw.
26. September vormittags, und zwar mit den Abteilungen für Chirurgie,’
Neurologie und Pathologie mit dem Thema: Kropf (Ref.: F. Kraus, Eisels-
berg, Wegelin) und mit den Abteilungen für Chirurgie und Pathologie
Programm wird später bekanntgegeben. — Anmeldungen für Vorträge
į in den Abteilungssitzungen sind an den Einführenden, Prof. A. Steyrer,
Anichstr. 35, bis längstens 20. August zu richten. Es empfiehlt sich, daß
auch jene Teilnehmer, die nicht die Absicht haben, Vorträge -zu halten,
schon jetzt ihre Teilnahme an "der Versammlung unter Angabe ihrer An-
schrift und der Abteilung, an der sie teilzunehmen wünschen, sowie unter
ausdrücklicher Angabe, ob die Vermittlung einer Unterkunft (Gasthof I.,
IG, II. Ranges, Privatzimmer) gewünscht wird (eine beschränkte Anzahl
von Freiquartieren dürfte zur Verfügung stehen), dem Bureau der Natur-
forscherversammlung, Prof. A. Defant, Innsbruck, Schöpfstr. 41, anmelden
und gleichzeitig für die Teilnehmerkarte den Betrag von K 200.000, für
die Damenkarte von K 100000 der Tiroler’Hauptbauk, Innsbruck, oder
für deren Rechnung der Deutschen Bank für Konto Geschäftsführung der
88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Innsbruck, überweisen.
Für Mitglieder, die ihren Beitrag gezahlt haben, kommen K 50 000 in Abzug.
Nach erfolgter Anmeldung und Einzablung stellt das Bureau die Teil-
‚nehmerkarte zu. Auf den Genuß der Fahrbegünstigungen (bei den öster-
reichischen Bahnen ermäßigte Karte für Schnellzüge ab 14. September)
sowie der kostenfreien Ausreiseerlaubnis aus Deutschland . und auf Bereit-
stellung der Unterkunft haben nur Besitzer von Teilnehmerkarten Anspruch.
Die sofortige Voranmeldung ist im Interesse der Unterb
Teilnehmer der Versammlung Deutscher Naturforscher und
Ärzte in Innsbruck, welche Wert legen auf eine gleichzeitige Tagung
der Deutschen Gesellschaft für Unfallheilkunde, Versicherungs-
und Versorgungsmedizin, werden gebeten, Namen und Vorträge zu
melden an den Schriftführer der Gesellschaft, Oberarzt Dr. Kühne, Cottbus, |
Die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde
findet am 18. bis 20. September, unmittelbar vor der Naturforscherversamm-
lung, in Innsbruck statt. Berichte: Bessau (Leipzig): Immunbiologie
der Tuberkulose; Koch (Freiburg): Die pathologische Anatomie der kind-
lichen Tuberkulose; Engel (Dortmund): Die Klinik der kindlichen Tuber-
kulose, insbesondere derjenigen der Lungen und Bronchialdrüsen; Wim-
berger (Wien): Röntgenologie der Brustorgane der kindlichen Tuberkulose;
Rupprecht (Leipzig): Röntgenologie der Bauchorgane der kindlichen Tuber-
kulose. Anmeldungen durch den Sehriftführer Prof. Dr. Brüning, Rostock.
Der bekannte, im Haag niedergelassene deutsche Gynäkologe
C. H. Stratz ist im 65. Lebensjahre gestorben. Er ist auch- außerhalb
der Ärztekreise aller Länder bekannt geworden. durch. seine Werke über
Rassenanatomie, Körperkultur und Körperbygiene. Weit verbreitet sind
seine. durch vortreffliche, lehrreiche und künstlerische Abbildungen ge-
schmückten Werke: Die Schönheit des weiblichen Körpers; Die Rassen-
. schönheit des Weibes; Die Körperpflege der Frau; Der: Körper des ‚Kindes
und seine Pflege; Die Frauenkleidung und ihre natürliche Entwicklung;
Die Darstellung des menschlichen Körpers in der Kunst; Die Körperformen
in Kunst und Leben der Japaner. Er war ein ausgezeichneter Gynäkologe,
ein geistreicher Mann von reicher künstlerischer Veranlagung, der treu an
seinem deutschen Vaterlande hing. Be
: Männheim. Der Oberarzt der Inneren Abteilung des städtischen
Krankenhauses Dr. W. Weis zum leitenden Arzt der Inneren Abteilung des
städtischen Krankenhauses in Kaiserslautern gewählt.
0. Kneise (Halle a.S.) bringt soeben im Verlage Urban & Schwarzen-
berg in Berlin und Wien eine kurzgefaßte „Technik der Blasenspiegel-
untersuchung (Zystoskopie) und der Nierenfunktionsprüfung,
sonderlich unter Zuhilfenahme des Ureterenkatheterismus
(funktionelle Nierendiagnostik)* heraus.
Im gleichen Verlage erscheint soeben eine Schrift von E. Weisz in
Pistyan: „Diagnostik mit freiem Auge“ mit, einem Vorwort von
Fr. Kraus (Berlin).
Hochscehulnachrichten. Düsseldorf: Der ao. Prof. Eduard
Rehn in Freiburg i. Br. erhielt den Ruf als Nachfolger von Prof. O. Witzel
für den Lehrstuhl der Chirurgie an der medizinischen Akademie. — Halle;
Der Assistent der medizinischen Universitätsklinik Dr. Hermann Fischer
gestorben. — Heidelberg: Zum Nachfolger von Prof. Fleiner als Leiter
` der medizinischen Poliklinik ist der ao. Prof. Wilhelm Stepp in Gießen
in Aussicht genommen. — Kiel: Dr. Rudolf Spanner als Privatdozent
für Anatomie babilitiert. — Königsberg: Der Privatdozent für Chirurgie
Martin Jastram zum nichtbeamteten ao. Professor ernannt.
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Das ausführliche-
ringung der Teil-
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Wochenschrift für praktische Ärzte
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft
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Verlag von
Geh. San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
Der Verlag behält sich das ausschließliche Becht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
= -mma EEE NLAL DENE a A a a a S E A E UBONGGGOSBREEERBENBELLAEDENGERRBEBRSSERLULLNANES
Nr.28 (1022)
Berlin, Prag u. Wien, 13. Juli 1924
XX. Jahrgang
a
[y
i Klinische Vorträge.
Wie wirkt die Hitze im Sommer auf die Gesundheit
e des Säuglings schädlich? |
A (Fortbildungsvortrag.)
E Von Prof. Dr. H. Rietschel, Würzburg.
| Wieder naht der Sommer mit seiner Hitze und wieder steigen
dimit die Gefahren für unsere Säuglinge. Denn allbekannt ist jedem
Arzt, ja jeder Mutter die Tatsache, daß im Sommer der Säug-
liig, besonders der künstlich genährte, mehr bedroht ist akuten
amstörungen zu erliegen. Und doch ist das Problem der Sommer-
‚sterblichkeit der Säuglinge nichts weniger wie klar! Ich komme da-
' her gern der Bitte des Herausgebers nach, einige wichtige Fragen
fir den Praktiker zu besprechen. Auch heute noch stehen sich trotz
vieler Arbeit die Meinungen der Forscher vielfach diametral gegen-
über, Zunächst ein paar Worte über Statistik und geographische
Verbreitung dieser Krankheit.
"Die Sommersterblichkeit der Säuglinge ist zuerst in Amerika
beobachtet worden und zwar in den Großstädten (speziell New York,
Philadelphia u. a.), die Anfang des 19. Jahrhunderts sich rasch ver-
größerten. Wir verdanken die beste Beschreibung dieser Krankheit
dem amerikanischen Arzt Rush, einem Freund Benjamin Frank-
lins. Das klinische Bild, das er umriß, ist ein so klares und ty-
pisches, daß es auch heute noch als ausgezeichnet angesehen werden
ann. Nach Rush haben dann zahlreiche Amerikaner in den ver-
sehiedensten Teilen Nordamerikas die Krankheit beschrieben. Alle
haben die Tatsache anerkannt, daß diese schweren Sommerdurch-
fälle in irgendeiner Beziehung mit der Hitze stünden, und in den
Sidstaaten Amerikas, wo die hohen Temperaturen schon im April
ud Mai auftraten, war diese Krankheit als „April and Mai dis-
order“ bekannt und gefürchtet. Die deutschen Autoren lernten die
amerikanische Literatur im Laufe der nächsten Jahrzehnte wohl
kennen, aber kein deutscher Autor kannte die Krankheit in Deutsch-
land und ebenso war dies in Frankreich und England der Fall.
Se wurde sogar in den deutschen Lehrbüchern von 1800—1850
‚il amerikanische Krankheit“ geführt. Erst um die 60er und 70er
Jahre wurde die Tatsache des Sommersterbens der Säuglinge deutschen
ud französischen Ärzten aus eigener Erfahrung bekannt. Hauner,
der bekannte Münchner Kinderarzt, schreibt 1860, daß er während
emes Zeitraumes von 13 Jahren nur dreimal eine erhöhte Sommer-
sterblichkeit gesehen hätte, aber schließlich wird in den 70er und
Der Jahren die Krankheit allgemein bekannt und in jeder Statistik
er Säuglingssterblichkeit tritt die erschreckende Höhe . der ver-
Anl Sommertodesfälle in Erscheinung. Diese Sommersterblich-
eit der äuglinge ist nun aber statistisch in den letzten Jahren —
Mas sagen wir im letzten Jahrzehnt — auffallend zurückgegangen.
„cute können wir in vielen Säuglingssterblichkeitsstatistiken, selbst
k manchen Großstädten (Düsseldorf, Dresden u. a.) eine Gipfel-
“ve des Sommers kaum oder gar nicht mehr erkennen. Dies ist
ce Folge der jetzigen ausgedehnten Fürsorge und der
„ „ommersterblichkeit der Säuglinge in Betracht. Einmal ist das
Instlich genährte Kind im Sommer mehr bedroht und sodann be-
steht sicher eine Abhängigkeit der Sterblichkeit der Säuglinge von
IL itze; aber im allgemeinen geht diese Sterblichkeit nicht par-
ale mit den hohen Temperaturen, sondern hinkt nach, So daß
meist die Sterblichkeit oft erst im Juli höher steigt, während die
-ohen Lufttemperaturen schon im Juni vorhanden sind, und die
| | Aus der Universitäts-Kinderklinik Würzburg.
l
'zersetzte Milch geschoben.
enen Brusternährung. Zwei wichtige Tatsachen kommen für .
Sterblichkeit noch in den September hineindauert, wo die hohen
Lufttemperaturen schon erheblich zurückgegangen sind.
Die bisherige Atiologie der Krankheit wurde wesentlich,
wenn wir von älteren Anschauungen absehen, auf die bakteriell
Es sind insonderheit Flügges. Unter-
suchungen gewesen, die diese Hypothese stützten. Es lag natürlich
sehr nahe, Bakterien dafür verantwortlich zu machen, besonders in
einer Zeit, als man erkannte, welch ungeheuer wichtige Rolle diese
kleinen Lebewesen für die Entstehung vieler Krankheiten besaßen.
Nun fand man — darüber existieren viele Untersuchungen — in
der Kuhmilch im Sommer eine enorme Vermehrung der Keime
besonders der Saprophyten, und was lag dann näher, als anzu-
nehmen, daß in der Milch die Vermehrung dieser Keime oder
wenigstens toxische Produkte derselben den Durchfall erzeugen und
den Säugling schwer erkranken lassen. Diese Hypothese ist zweifellos
eine außerordentlich einfache und plausible und ist bis heute wohl
noch bei vielen Arzten und besonders Bakteriologen die vorherr-
schende. Freilich sind ihre theoretischen Fundamente sehr gering.
Experimentelle Untersuchungen an Tieren hat eigentlich nur `
Flügge gegeben. Er fand, daß in alkalischer Milch gewisse
peptonisierende Bakterien (von 12 Arten 3 Stämme) gezüchtet
werden konnten, die bei jungen Hunden Durchfall machten!). Daß
diese Bakterien nicht ubiquitär in der Milch vorkommen, steht fest,
denn wirklich alkalische Milch kommt im allgemeinen selten vor.
In saurer Milch gehen diese Keime natürlich zugrunde, da sie in
diesem Milieu keine Lebensfähigkeit besitzen. Es ist eigentlich
niemals ein pathogener Saprophyt in der Milch gefunden worden
und das, was viele Autoren als Streptokokken der Milch beschreiben,
ist nichts anderes als der gewöhnliche Milchsäurestreptokokkus
— Streptococcus acidi lactis (Kruse) —, den wir in jeder gesäuerten
Milch antreffen. Daß natürlich pathogene Keime wie Cholera-
bazillen, Typhus-, Dysenteriebazillen auf der Milch als Nährboden
gedeihen können, ist zuzugeben. Aber den Sommerbrechdurchfall
der Säuglinge als Cholera-, Typhus- oder Ruhrerkrankung anzu-
sehen, ist abzulehnen?). Wenn wirklich die Anwesenheit von Sapro-
phyten die Milch so leicht verdirbt, so hätte man annehmen müssen,
daß mit der Einführung der Sterilisierung der Kuhmilch eine Ab-
nahme der Sommersterblichkeit erfolgt wäre. Davon ist aber keine
Rede. Die Sommerdarmerkrankungen des Säuglings sind ganz be-
sonders in den 80er, Wer Jahren des vorigen Jahrhunderts statistisch
nachzuweisen, besonders in den Großstädten, in denen die Sterili-
sierung der Milch angewendet wurde. So half man sich mit der
weiteren Hypothese, daß zwar nicht die Bakterien an sich, wohl
aber ihre Toxine (Endotoxine) den Säugling vergiften könnten.
Über solche bakterielltoxischen Produkte in der Milch ist aber so
1) Diese Experimente sind später nachgeprüft worden (Watjoff)
und nicht bestätigt worden.
2) Seit dem Kriege und besonders in den Jahren nach dem
Kriege spielt allerdings die Dysenterie (Shiga, Kruse, Flexner) und |
'Paradysenterieinfektion (besonders Y-Bazillen) eine sehr viel
; h größere
Rolle. Wir erleben jetzt joden Sommer und Herbst eine Steigerung
dieser Krankheit im Säuglings- und Kleinkindesalter. Natürlich werden
aber stets auch Erwachsene in gleicher Weise betroffen. Aber diese
Erkrankung geht mit den typischen Symptomen einer Entzündung der
unteren Darmabschnitte speziell des Kolons einher (Kolitis) und im
Stuhl findet sich daher neben Schleim sehr oft Blut und Eiter, Sym-
tome, die beim akuten Brechdurchfall der Säuglinge nicht vorkommen.
eshalb ist die Colitis infectiosa von den akuten Brechdurchfällen
klinisch und ätiologisch streng zu trennen und wird bei dieser Be-
sprechung ausgenommen. |
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i gut wie nichts bekannt. Zwar sind Milchvergiftungen beschrieben,
in. der ganzen Weltliteratur vielleicht 3—4 Endemien, aber diese
traten als Massenvergiftungen auf und waren für Erwachsene wie‘
Kinder krankmachend. Jedenfalls sind sie viel seltener wie Fleisch-
. vergiftungen. Es ist also eine reine Behauptung: ohne jeden Beweis,
¿daß in'der Milch leicht solche Stoffe entstehen könnten, die Brech-
durchfall beim Säugling verursachten. . Neuerdings hat Bessau
. diese bakterielle Theorie wieder gestützt, indem er behauptete, daß
‘er ganz besonders das Bacterium coli in großen Massen auch in
sterilisierter Milch angetroffen hätte und er meint, ob nicht vielleicht
durch dieses Bakterium Gifte produziert werden könnten. Doch
stehen dafür Beweise noch völlig aus. Ganz besonders aber muß mit
allem Nachdruck darauf: hingewiesen werden, daß die spontane
Säuerung der Milch für den Säugling nicht die geringste Gelahr
. birgt. Dies ist. zwar allen ‚Kinderärzten bekannt, ist aber dem |
Praktiker noch nicht geläufig. Seit Jahren wird in allen Kliniken
gesäuerte Milch vom 1. Lebenstage an an gesunde und kranke
‚Kinder verfüttert.. Man denke an Buttermilch, Eiweißmilch und
wir lassen sogar söit Jahren die Milch spontan säuern und ver-
füttern. sie an Neugeborene und ältere Säuglinge, sei es als Voll-
milch, sei es als Büttermilch, die wir uns durch Abrahmen aus
dieser sauren Milch bereiten.. Wir sind sogar der Meinung, daß die
gesäuerte Milch’ für Säuglinge im großen und ganzen eine bessere
` Nahrung darstellt als die normale, nicht gesäuerte Milch. Freilich
. darf die Säuerung nicht zu. stark sein, weil manche Säuglinge die
Milch dann verweigern und auch leichter speien. Aber eine milde
Säuerung ist nicht nür nicht schädlich, sondern für viele Kinder
ganz zweifellos von außerordentlichem Nutzen. In der Praxis wird
natürlich die Verabreichung spontan gesäuerter Milch auf Schwierig-
keiten stoßen; aber im Sommer: kann man unbedenklich eine Milch
‚an Säuglinge verfüttern, die „beim Kochen zusammenläult“, also
einen leichten Säuerungsgrad aufweist). Wenn wirklich bak-
teriell giftige Produkte‘ in der Milch eine besönders große Rolle
spielen sollten, dann wäre auch nicht recht zu verstehen, warum
die Molkereiprodukte der Milch speziell der Käse (denn die ganze
Reifung des Käses und die spezifische Art des einzelnen Käses wie
Edamer, Emmentaler, Limburger, Roquefort u. a. ist in erster Linie
durch die verschiedenen Bakterien und Schimmelpilze bedingt, die
die Peptonisation des Eiweißes vollziehen), so absolut ungiltige
‘Nahrungsmittel wären. Wir können zusammenfassend sagen, daß
_- die ganze Hypothese der bakteriellen Milchzersetzung durch Sapro- .
: phyten im Sommer auf sehr schwachen Füßen steht und im höchsten
Grade unwahrscheinlich ist. . 000000. - |
. Nun haben die Untersuchungen der letzten 15 Jahre, an
welchen Verf. auch beteiligt ist, immer. wieder gezeigt, daß. der
. physikalische Einfluß der Hitze auf das Kind von ausschlaggebender
‚Bedeutung ist. Dieser Einfluß der Hitze ist‘ aber ein außerordent-
lich komplexer, und darüber soll im Folgenden ‚noch. einiges gesagt
werden. Wenn wir die Statistik wieder zu Rate ziehen, so sieht
. ` man. besonders in den Großstädten (New York, Berlin), daß an be-
sonders heißen Tagen, wie sie uns manchmal schon der Juni, so-
gar der Mai, aber ganz besonders der Juli und August bringen,
die Sterblichkeit der Säuglinge vorübergehend steigt, daß aber diese
_ Steigerung eine ganz geringe ist. Neben dieser Steigerung an-be-
3} Neuerdings wird mit Einverständnis ja nach Vorschriften des
Reichsgesundheitsamtes im Sommer in vielen Milchbetrieben der Milch
Soda zugesetzt, um sie vor dem Sauerwerden zu schützen. Ich halte
das für eine sehr bedenkliche Maßregel, denn zu leicht ‚geschieht es
dabei, daß zuviel Soda zugesetzt wird und dann die Reaktion der
Milch ins Alkalische umschlägt. Trotz aller genauen ‚Vorschriften
kommen häufig solche Fälle vor und es hat immer etwas Bedenkliches,
ein Nahrungsmittel durch einen Zusatz zu „verfälschen“. Dadurch
werden natürlich die Säurebildner in ihrer Tätigkeit gehemmt, aber die
peptonisierenden Bakterien gefördert. Die Milch bekommt leicht einen
käsigen, seifigen Geschmack und immer -hören wir im Sommer die
Klagen vieler Mütter, daß die Milch schlecht schmeckt und riecht. Ob
', eine wirkliche Gefahr mit der Entwicklung dieser peptonisierenden
Bakterien für das Kind besteht, kann man -nicht ohne weiteres be-
` haupten. Immerhin sind die einzigen Saprophyten, die experimentell
Durchfall erzeugen, solche peptonisierende Bakterien (s. die obigen
Versuche von Flügge). Jedentalls wird aber durch die Soda die Milch
viel leichter ungenießbar, als wenn sie spontan leicht säuert. Ich
halte deshalb die Erlaubnis, Natron oder Soda der Milch zuzusetzen,
selbst wenn die Vorschriften des Zusetzens sehr streng geregelt sind,
doch recht bedenklich. Anders liegt die Sache, wenn kurz vor dem
Genusse der Milch der Zusatz gemacht würde. Der Sodazusatz ist an
sich wohl ungefährlich, aber eine Alkalisierung sollte unter allen Um-
ständen vermieden werden und diese Möglichkeit ist unter den jetzigen
Verhältnissen immer gegeben. mr |
COSO SO O 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr.28. --
sonders heißen Tagen macht: sich eine’ allmählich sukzesgiv größer
werdende Steigerung: der täglichen Gesamttodesfälle bemerkbar, die
ihren Höhepunkt, etwa im August, September erreicht. Die Kinder,
die an besonders heißen Tagen ganz akut zugrunde gehen, bieten |
nur cin eigentümliches Krankheitsbild, das zweifellos mit dem Hitz-
schlag der Erwachsenen identisch ist. Wir finden bei solchen Kindern `
hyperpyretische Temperaturen. : Wir selbst” haben Temperaturen bis
42,80 gesehen, bei denen das gewöhnliche Fieberthermometer nicht
mehr ausreichte, und diese Kinder gehen unter dieser Hyperpyrexie
und Krämpfen, mit oder ohne Brechdurchfall, zugrunde. |
echte Hyperthermien, die wir. als echte Überhitzungen oder Hitz-
schläge bezeichnen können. Der alte Unterschied, den man früher -
‘ machte zwischen Hitzschlag (Überwärmung) und Insolation („Sonnen- `.
stich"), kann heute nicht mehr aufrechterhalten werden. Eskommt `
eben stets in all diesen Fällen zu einer übermäßigen. Zufuhr. von
Das sind
Wärme bei ungenügender Abgabe derselben und damit zu. einer
Überhitzung, die, wenn sie sehr hohe Grade annimmt, zum plötz-
lichen 'Zusammenbrüch des Körpers führen kann. Aber diese Fälle.
sind. bei Säuglingen selbst” im heißen Sommer nicht häufig. Sie
können für die Gesamtsterblichkeit der Säuglinge im Sommer nur
wenige Prozente ausmachen. Aber sie sind prinzipiell wichtig, da `
hier die Einwirkung der Hitze so massiv ist, daß diese fast als die
einzige Schädlichkeit imponiert. Es sind dies meist Kinder, die
gesund erscheinen, dicke, pastöse, mit reichlichem Fettpolster ver-
' sehene Kinder, die außerdem unter ungünstigen Bedingungen leben
‘oder. von törichten Pflegerinnen oder Müttern übermäßig warm.
gehalten werden. Ich habe es mehrmals in meiner früheren Tätig-
- keit besonders in Dresden erlebt, daß mir Säuglinge im Sommer
mit Brechdurchfall gebracht wurden, die mit Wärmeflaschen gewärmt
wurden, wobei sie. Temperaturen von 40 und darüber aufwiesen,
„weil das Kind sich sonst verkühlen konnte“. Bei diesen Kindern
können wir, wie ich es getan habe, von einer „akuten Hitze-
schädigung‘“‘ sprechen.
Viel wichtiger aber ist. die Art und Weise, wie die Sommer- |
hitze bei den übrigen Kindern zur Auswirkung kommt. Es ist
immer daran zu denken, daß natürlich nicht die Außentemperatur
‘es ist, die für das Kind entscheidend ist, sondern die Wohnungs-
' temperatur, und zwar ist die Wohnungstemperatur in den einzelnen
Wohnungen eine recht verschiedene und nicht fesistellbare. Im
allgemeinen kann man sagen, daß, je höher die Außentemperatur
ist, auch die Wohnungstemperatur steigen wird. ‘Doch steigt die
_ Wohnungstemperatur bei Außenhitze. erst nach einer gewissen Zeit,
und es bedarf einer etwa drei- bis vierwöchigen heißen Periode, um -
auch die Wohnungstemperatur dauernd hoch erscheinen. zu lassen.
In sehr heißen Sommern (wie z. B. 1911) wurde uns die Hitze erst
unangenehm, als sie so lange dauerte, bis auch die Wohnungen
durchwärmt waren und eine nächtliche Abkühlung in der Wohnung
nicht oder .nur in geringem Maße zustande kam, da die Mauern
der Häuser sehr viel Hitze geschluckt hatten und diese abgaben.
Diese Verhältnisse hat Flügge ausgezeichnet untersucht und hat mit
seinen Schülern hierfür die grundlegenden Arbeiten geschaffen.
‘Wenn wir nun bedenken, daß in vielen Proletarierfamilien, die ein `
bis zwei Zimmer bewohnen, die Küche zugleich als Wohnstube
dient („Wohnküche“) und diese täglich wegen des Mittagessens
geheizt wird, so kann man sich einen Begriff machen von den hohen
Temperaturen, die in diesen Wohnungen vorkommen können. Wir .
haben uns der Mühe unterzogen und haben solche Messungen an-
gestellt und haben dabei Temperaturen gefunden, die bis 32, ja
870 C mittags stiegen und nachts nicht unter 280 heruntergingen 4).
Solche Temperaturen sind schon für den Erwachsenen sehr un-
‚angenehm. Aber er hat genügend Mittel, um sich immer wieder
vor ‘diesen Temperaturen zu schützen. Nun denke man aber
an einen Säugling, der nicht seine Nöte schildern kann, der ein-
gebettet im -Wickelkissen,: großen Gummi im Wagen dicht neben
dem Herd steht und nun tage-, ja wochenlang in solchen Tempe-
raturen leben muß. Gewiß braucht der Säugling im allgemeinen
mehr Wärme. Aber hier kann des Guten zu viel getan werden.
Diese „chronische Hitzeschädigung“, wie ich sie genannt habe,
braucht aber nicht stets zur Hyperthermie oder. zum Hitzschlag
zu führen, sondern sie ist geeignet, ganz allgemein eine schwere.
Schädigung des Säuglings in seinem Kampf mit der Umwelt dar-
zustellen. Auch. wir wissen, daß Menschen, die nicht das Tropen-
klima gewohnt sind, in den Tropen bei dauernder Wärme unter
viel ungünstigeren Bedingungen leben als im gemäßigten Klima.
Nicht die Gefahr des Hitzschlags ist es in erster Linie, die hier dem
Menschen droht, sondern die dauernde Wärme schaflt eine derartige
4) Zschr. f. Kinderhk. Bd. 1.
| 18. Juli 5
| Schlaffheit des Körpers, die sich in geistiger und körperlicher
E Müdigkeit äußert und in einer gewissen Anfälligkeit des Darm-
| t . $ « è
| 7 Alle diese Erfahrungen dürfen wir ceteris paribus auf den
Säugling im Sommer bei dieser chronischen Hitzeschädigung über-
E tragen. Experimentell sind in der Tat schon Dinge bekannt geworden,
s, daß er im Essen und Trinken gewisse Vorsicht üben
i
die diese Erfahrung bestätigen. So wissen wir durch Untersuchungen
von Salle und neuerdings von Ylppö, daß z. B. bei Säuglingen
. durch langdauernde Einwirkung von Hitze, selbst bei magen-darm-
gesunden Säuglingen eine deutliche Herabsetzung der Magenazidität
stattfindet, wobei die Herabsetzung der Azidität bei schwächlichen
Kindern im allgemeinen größer ist. So kommt es, daß. die Dünn-
darmabschnitte, die normalerweise steril oder fast steril sind, bei
“chronischer Einwirkung der Hitze auf das Kind bakteriell vom
Magen bzw. Kolon aus besiedelt werden können, m. a. W., daß die
hemmenden Einflüsse auf ein pathologisches bakterielles Wachstum
. im Darm zurücktreten und es viel leichter zu einer endogenen
Besiedelung normal steriler Dünndarmabschnitte kommt. Diese
bakteriellen Vorgänge im Darm, die aber nicht abhängig sind von
‘ der Bakterienzufuhr durch die Nahrung, sind nun von größter Wichtig-
keit für die Entstehung akuter Störungen, und wir dürfen wohl auf
_ Grund dieser Versuche annehmen, daß eine chronische Hitzeeinwirkung
auf das Kind von außerordentlichem Einfluß auf den Ablauf fer-
. mentativer und bakterieller Vorgänge im Darm ist und leicht zu
akuten Störungen Anlaß geben kann. Dazu kommt nun, daß im,
Sommer, ganz ebenso wie im Winter, alle die anderen Schädlich-
keiten ebenfalls auf das Gedeihen des Säuglings einwirken können.
So werden schon viele Säuglinge nicht gesund in den Sommer
hineingehen. Man denke an .die Häufigkeit kleiner Infektionen,
besonders der Grippeinfektionen, wie Schnupfen, Husten. Kaum ein
Säugling wird von einer solchen Infektion verschont, und leicht
kann es bei solchen Infektionen zum Durchfall, zur Dyspepsie
kommen (parenterale Dyspepsie). Nun stelle man sich vor, daß
eine solche Schädlichkeit, wie z. B. ein infektiöses Fieber mit
Durchfallsneigung, von einer chronischen Hitzeschädigung begleitet
wird. Ist es dann nicht verständlich, wenn solche Kinder im Sommer
unter einer mehr oder wenig akuten Magen-Darmstörung zu-
sammenbrechen? Immerhin ist allerdings nicht ohne weiteres zu
verstehen, warum das Brustkind so außerordentlich gegen diese
Hitzeeinwirkung gefeit ist; denn wenn die Hitze wirklich physikalisch
wirkt, so müßte theoretisch das Brustkind in derselben Weise ge-
troffen werden wie jedes andere künstlich genährte Kind.
Dabei ist nun einmal zu betonen, daß zunächst Brustkinder
tatsächlich gegen die Wärmewirkung des Sommers nicht absolut
gefeit sind. Die Tatsache ist also besonders wichtig, daß auch
Brustkinder im Sommer unter dem Bilde des akuten Brechdurch-
lalis mit Koma und Krämpfen vermehrt sterben, und gerade das
spricht mit aller Sicherheit gegen die Ätiologie einer bakteriell
vergilteten Milch. Aber immerhin ist sichergestellt, daß das Brust-
kind weit mehr gegen die Gefahrén der Hitze geschützt ist. Wir
möchten uns diese besondere Stellung des Brustkindes folgender-
maben erklären. Einmal stellen die Brustkinder gesunde Kinder
dar, die natürlich jeder Schädlichkeit besser Widerstand entgegen-
setzen können als in ihrer ganzen Organisation geschädigte künst-
lich genährte Kinder. Eine pathologische Dünndarmbesiediung
mit Bakterien kommt beim Brustkind mit seiner „arteigenen“ Nahrung
viel schwerer zustande. Zweitens kann das Brustkind seinen Nah-
ungsbedarf an der Brust regulieren. Es ist vor der Überfütterung
dadurch mehr geschützt, als es an der Brust infolge der Arbeits-
leistung des Saugens gewöhnlich nicht mehr trinkt als es braucht.
Endlich kommt noch ein drittes Moment hinzu.
: Um dies zu verstehen, muß ich etwas weiter ausholen.
Während der Erwachsene normalerweise bei hoher Wärmezufuhr,
me sie im Sommer stattfindet, das Nahrungsbedürfnis einschränkt
und den Flüssigkeitsbedarf erhöht, ist dies beim Säugling gewöhn-
lich nicht der Fall. Beim Säugling sind Essen und Trinken für
die Mutter zwei gleich ‚bedeutende Sachen. Daß der Säugling
Durst haben könnte, ohne Hunger zu verspüren, versteht keine
Mutter. Und doch ist das ungeheuer wichtig. Im Sommer wird
darauf bei kleinen Kindern überhaupt keine Rücksicht genommen.
Wenn Säuglinge im Sommer schreien, vielleicht nur deshalb, weil
Sle Durst haben, so werden sie mit Milch gefüttert, also einer
relativ hoch kalorischen Nahrung. Nun ist bekannt, daß die Ent-
chung des Wassers bei reichlicher kalorischer Darreichung von
Oral ‚beim Säugling von Temperatursteigerungen begleitet sein
ann, Die Ernährung mit konzentrierten Nahrungsgemischen ist
‘o unter Umständen gefährlich, und insbesondere haben wir selbst
iri o 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK = N... 959
gezeigt, daß es das Eiweiß ist, das außerordentlich leicht fieber-
steigernd wirkt, wenn es mit wenig Wasser reichlich gegeben wird.
Wenn wir eine Milchmischung mit 7—10°/, Eiweiß (Plasmon,
Lactana) anreichern und etwa 100 ccm Wasser pro Kilo Körper-
gewicht geben, so tritt bei vielen Säuglingen nach kurzer Zeit ein
Fieber auf, das nach Zufuhr von Wasser oder nach Entzug des
Eiweißes wieder verschwindet. Wir sind nun der Meinung, daß
dieses Fieber kein gewöhnliches toxisches Fieber ist, das etwa,
dadurch entsteht, daß giltige Eiweißabbauprodukte in die Blutbahn
gelangen und das Wärmezentrum erregen, sondern daß dieses Fieber
physikalischen Ursprungs ist. Durch Rubner wissen wir, daß das
Eiweiß eine starke Erhöhung des Grundumsatzes macht, also mehr
Wärme im Körper frei wird als bei entsprechender Kohlehydratzufuhr . `
und diese Wärme kann der Organismus nicht potentiell verwerten, also-
nicht speichern oder in Bewegung überführen, sondern muß sie
. abgeben (näher kann auf diese Dinge an dieser Stelle nicht ein-
gegangen werden). Steht dem Organismus nun wenig Wasser zur .
Verfügung, so kommt es leicht zu einer Wärmestauung, denn die
Wärme wird ‘besonders zusammen mit dem Wasser durch die Haut
abgegeben werden; daher kann auch dies „Fieber“ sofort nach
Zugabe von Wasser unterdrückt werden. Mein Schüler Schmitt
hat nachgewiesen, daß dieses Fieber auch beim Erwachenen mög-
lich ist, z. B. nach reichlichem Fleischgenuß, daß es also ein |
„echtes Freßfieber“ gibt, um diesen zwar nicht schönen, aber ver-
ständlichen Ausdruck zu gebrauchen. Jeder von uns kennt das
außerordentliche Wärmegefühl, das er nach einem sehr eiweiß-
reichen guten Mittagsmahl, besonders bei geringer Wasseraufnahme,
hat und das lediglich daher kommt, daß durch den übermäßigen
Eiweißgenuß die spezifisch dynamische Wärme des Eiweißes frei
wird und durch Haut und Lunge abgegeben werden muß5). Diese
Verhältnisse spielen nun beim Säugling, wie es scheint, klinisch
eine viel größere Rolle. Ich bin überzeugt, daß sie ganz besonders
für die Sommersterblichkeit von entscheidender Bedeutung sein
können. Man bedenke, daß die im Sommer mit Kuhmilch, be-
sonders Vollmilch gefütterten Kinder einmal durch Schwitzen und
event. Durchfälle einen außerordentlichen Wasserverlust erleiden
können und dann durch die hohe Eiweißzufuhr ihre innere ,
Wärmeentwicklung viel ungünstiger gestalten, als dies beim Brust-
kind der Fall sein kann®). Denn bei dem geringen Eiweiß-
und Molkengehalt der Frauenmilch spielt die dynamische Rolle
des Eiweißes beim Brustkind so gut wie keine Rolle und das
ist der Punkt, der das Brustkind neben den andern Dingen im
höchsten Maße zu seinen Gunsten vom Flaschenkind unterscheidet;
nicht nur, daß also die Gefahr der Überfütterung beim Flaschen-
kind eine größere ist und damit auch Störungen im Magen-Darm-
ablauf, sondern auch die dem Kinde an der Mutterbrust gereichte
Nahrung ist den Bedingungen des Sommers viel besser angepaßt.
So dürfen wir wohl das interessante Phänomen der Säuglingssterb-
lichkeit auffassen als eine „physikalische Einwirkung der Hitze auf
den Körper des Säuglings“, wobei natürlich alle die vielen Schäden,
denen der Säugling und auch das künstlich genährte Kind aus-
ausgesetzt ist, mitwirken und somit im Sommer ein weiterer neuer
Schaden dazu kommt, dem unter Umständen das Kind nicht ge-
wachsen ist. Es ist klar, daß sich die klinischen Bilder der Sommer-
erkrankungen nicht wesentlich von denen unterscheiden werden,
die wir im Winter zu sehen gewöhnt sind, daß natürlich die hyper-
ihermischen. Fälle nur im Sommer auftreten und vielleicht auch
die ganz akut mit Durchlällen und Krämpfen einhergehenden hyper-
thermischen Toxikosen. Jene Fälle, die wir aber als „chronische
Dyspepsie“ (Dekomposition, Atrophie) bezeichnen, können wir dagegen
im Sommer und im Winter sehen, da im Sommer die chronische Hitze-
einwirkung auf den Körper nicht stets mit einer Hyperthermie einher-
5) Wir nennen diese Temperatursteigerung „dynamische Eiweiß-
hyperthermie“, um damit anzudeuten, daß hier kein eigentliches Fieber,
sondern eine Wärmestauung vorliegt. |
6) Daß die Wasserarmut von größter Bedeutung ist für das
Fieber, geht schon daraus hervor, daß z.B. Marriot in Amerika und
ganz ähnlich Bessau dje Exsikkation für das gesamte Bild der In-
toxikation verantwortlich machen. Wir gehen nicht so weit, sondern
sind der Meinung, daß die hyperpyretischen Temperaturen, wie
man sie bei ausgetrockneten Kindern mit schweren Durchfällen so
häufig findet, nicht allein toxisch bedingt sind, sondern mit der Wasser-
armut in engster Verbindung stehen, das der Körper bei ungenügendem
Wasserbestand (Exsikkation) nicht genügend Wärme abgeben kann.
Wir schließen dies daraus, daß bei vielen dieser Kinder auf Wasser-
zufuhr allein ein sehr rascher Temperatursturz ‚erfolgt, ganz ebenso
wie in unsern Konzentrationsversuchen. Diese Verhältnisse bedürfen
aber zweifellos noch weiterer Bearbeitung. |
. dienen.
grüßen sei (Cohnheim).
90. = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
CEAR 2 g ` i
gehen muß, also nicht ein besonderes Krankheitsbild schafft, son-
dern nur den allgemeinen Verlauf ungünstiger gestaltet.
Wichtig bleibt bei solcher Frkenntnis dic Prophylaxe und die
Therapie. dieser Krankheitszustände und darüber wären noch einige
Worte zu sagen. Wenn wir wirklich den physikalischen Einfluß
der Hitze als bedeutsam für das Kind und den Säugling anerkennen
müssen, so können wir prophylaktisch sehr viel tun. |
entziehen, vor allem das kühlste Zimmer dem Kinde geben. Das
gilt natürlich nur für Wohnungen, wo dies möglich ist. Sonst
‚sorge man dafür, daß das Kind ev. zweimal am Tage gebadet
wird und nicht zu warm gehalten wird; die Kleidung sei’ leicht
und den Temperaturen entsprechend, die Gummiunterlage wird
aul das nötigste Maß beschränkt, das Federkissen ist nur für
ganz junge Säuglinge erlaubt. Man wird das Kind in der Stube
vom Ofen fortnehmen; an ganz heißen Tagen darf es nicht in der
Vollsonne stehen (wir haben wiederholt bei solchen in der Sonne
auf der Veranda liegenden Kindern Temperaturen bis 39,0° erlebt)
‚oder man muß es wenigstens dann sehr leicht oder gar nicht anziehen,
. oder hin und wieder kühl abwaschen. Aber ganz besonders wird man
auf die Nahrung Rücksicht nehmen. Wir warnen im Sommer vor
' der konzentrierten Ernährung (Buttermehlnahrungen mit Vol- |
milch, Dubonahrüng nach Schieck) wie sie heute immer mehr
“ üblich wird und die zweifellos im Winter für viele Kinder außer-
ordentliche Vorteile bietet und der wir uns sonst sehr gerne be-
Kindern etwas mehr Flüssigkeit zu geben.
Sachlage richtig erkannt hat, wird wissen, wie er sich im einzelnen
‘ Fall in diesen Dingen zu verhalten hat.
Man wird:
. versuchen, das Kind den schädlichen Einflüssen dieser Hitze zu
Vielmehr ist es unbedingt notwendig, künstlich genährten
Wer einmal die ganze
Was die Therapie dieser Krankheitszustände anlangt, so .ist -
einmal bei Hyperthermien für Entwärmung zu sorgen. Diese Ent-
wärmung geschieht. am besten durch Wasserzufuhr und durch lau-
warme Packungen. Kalte Bäder widerraten wir, da sie zu leicht
Kollaps machen und damit eher schädlich als günstig wirken. Die
Packungen sind unter Umständen !/,stündlich zu erneuern. Da- |
neben halten wir Analeptika bei schweren Fällen für unerläßlich.
_ Wir haben uns nicht gescheut, in. solchen Fällen etwas Alkohol '
(Rotwein) dem Tee zuzufügen. Die Erstbehandlung wird sonst die
sein, die wir bei den-akuten Durchfällen auch im Winter üben; je
akuter der Fall ist, mit um so kleineren Nahrungsmengen beginne
man. Von subkutanen Infusionen sind wir in letzter Zeit immer
mehr abgekommen, zumal für die Praxis möchte ich nicht dazu
raten. Wenn es gar nicht möglich ist, per os Wasser zu verab-
reichen, ziehe ich die intraperitoneale Infusion vor. Man geht da-
bei so vor, daß man mit einem Skapell die Bauchhaut an der
Stelle, wo man injizieren will, am besten in Gegend zwischen Nabel
und Spina anterior durchschneidet und dann mit einer stumpfen
Kanüle die Faszie und das Peritoneum durchsticht; dann kann man
100 g einer 0,7°/,igen Kochsalz- oder einer 1°/,igen Normosallösung
infundieren. | en, |
Auf Einzelheiten der Ernährung. einzugehen, muß ich mir
versagen, da die Behandlung dieser Darmstörungen ernährungs-
therapeutisch ebenso gehandhabt werden muß, wie die anderer
Ätiologie (alimentär oder parenteral infektiös). Besonders wichtig
ist aber für den praktischen Arzt die Kenntnis dieser Zusammen-
hänge, da er prophylaktisch außerordentlich segensreich wirken kann,
und einen Menschen vor der Krankheit zu bewahren, ist immer noch
das erstrebenswertere Ziel, als die ausgebrochene Krankheit zu heilen.
Abhandlungen.
. Aus dem Hygienischen Institut der Universität Gießen
(Direktor: Prof. Dr. E. Gotschlich).
Die „Ausscheidung“ von Mikroorganismen durch Leber
und Niere und ihr Nachweis durch ein Anreicherungs-
| verfahren. =
` Von Prof. Dr. 0. Huntemüller.
_ Auf Wunsch der Redaktion möchte ich hier über unsere Er-
fahrungen berichten, die wir ‘nunmehr seit 4 Jahren auf. Grund
eines Änreicherungsverfahrens beim Nachweis von Mikroorganismen
in den Gallen- und Harnwegen gemacht haben. |
Schon bald nach der Entdeckung der Bakterien als Krankheits-
erreger ist ihr Verschwinden aus.dem Blute des kranken bzw. ge-
nesenden Körpers Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung
gewesen.
Blutes, ferner die Ablagerung in den verschiedenen Körperorganen
und endlich die Entfernung mit den. Se- und Exkreten des Körpers
verantwortlich gemacht werden.
Zunächst glaubte man, daß die Fähigkeit des Organismus,
mittels der Nierensekretion sich nicht bloß von gewissen gelösten,
sondern auch von organisierten Giften zu befreien, bis zu einem
gewissen Grade als eine wertvolle Einrichtung der Natur zu be-
Die Untersuchungen von Biedl und
Kraus sowie anderer Autoren ‘schienen diese Annahme auch zu
bestätigen, denn es gelang ihnen, bei Tierversuchen in die Blutbabn
injizierte Bakterien kurze. Zeit nachher im Urin nachzuweisen; auch
in der Galle konnten sie aufgefunden werden. Doch wurde an einer
großen Reihe von experimentellen und histologischen Untersuchungen
der Nachweis geführt, daß eine „Ausscheidung“ von Bakterien durch
Niere und Leber erst nach Schädigung der Organzellen eintritt, daß
es sich also nicht um einen physiologischen Vorgang handeln kann.
Die Schädigung speziell der Nieren im Verlauf von Infektions-
krankheiten — Scharlach, Sepsis, Diphtherie.usw. — wird häufig
beobachtet. Gewöhnlich wird sie auf reine Toxinwirkung der In-
fektionserreger zurückgeführt. Hübschmann kommt aber auf Grund
ätiologischer und pathologisch-anatomischer Untersuchungen zu dem
Schluß, daß eine echte akute Glomerulonephritis nie durch echte
Bakterientoxine oder sonst irgendwie gelöste Gifte, sondern aus-
nahmslos durch endotoxische Bakterien hervorgerufen wird.
Um diese Verhältnisse besser zu verstehen, müssen wir etwas
weiter ausholen. Infolge der Entdeckung der bakteriziden Eigen-
schaften des Blutes nach dem Überstehen einer Infektionskrankheit
durch R. Pfeiffer wurde: die Vernichtung der Krankheitserreger
i)
Hierfür konnte einmal die bakterientötende Wirkung des
im genesenden Körper hauptsächlich auf die Wirkung der spezifischen
bakteriziden Immunstoffe zurückgeführt. Die Metschnikoffsche
Phagozytenlehre trat demgegenüber immer mehr in den Hintergrund.
Indessen hatte schon Wyssokowitsch, der als erster das
Schicksal der ins Blut gelangten Bakterien mit Hilfe der modernen
bakteriologischen Methoden verfolgte, feststellen können, daß sie in
den Organen, besonders in denen mit langsamer Blutströmung (Leber,
Knochenmark, Milz, Niere) abgelagert werden. Er fand sie bei der
histologischen Untersuchung kurz nach der Injektion in den Kapillaren
der Wand angelagert und später in den Endothelzellen. Eine Auf-
nahme der in die Blutbahn injizierten Bakterien in die weißen Blut-
körperchen hater, obwohl er deren Zunahme bald nach der Bakterien-
-injektion fast regelmäßig beobachten konnte, wie er besonders hervor-
hebt, nie konstatieren können. oe
Nach Wyssokowitsch „legt die Schutzvorrichtung des
Körpers in der Struktur der Gefäßwand und namentlich in den
Endothelzellen der letzteren. In oder zwischen den Endothelzellen
an der Wandung der Kapillaren, und am reichlichsten in den
Organen mit verlangsamter Blutströmung, haften die ins Blut ge-
langten Bakterien und werden festgehalten; und nun beginnt dort
jener Kampf zwischen Zellen und Bakterien, auf welchen schon von
vielen Seiten hingewiesen ist, über dessen Verlauf, Angriffs- und
Schutzmittel wir aber noch nichts näher wissen. Der Ausgang des
Kampfes ist dann entweder der, daß die Bakterien unterliegen und
zugrunde gehen, oder daß die Zellen dureh schädliche Einflüsse der
Bakterien zum Absterben gebracht werden und dann den Siegern
das: Substrat zur Vermehrung liefern. Diejenigen Bakterien, die
regelmäßig in dem Kampfe Sieger bleiben, haben wir als die
spezifisch pathogenen Bakterien der betreffenden . Tierart an-
zusehen.“ | n
Die Untersuchungen von Wyssokowitsch sind lange Zeit
nicht genügend gewürdigt worden. Erst W. Rosenthal hat diese
Versuche wieder aufgenommen und ebenso wie Wyssöokowitsch '
feststellen können, daß die Gefäßendothelien aller Organe zur Phago-
zytose befähigt, dieEndothelzellen der Leberkapillaren, als Kupffersche
Sternzellen, in dieser Beziehung aber am tätigsten sind. Bakterien-
beladene Leukozyten fand er nur in der ersten Stunde nach der
Injektion und auch dann nur in geringer Zahl in den Blut- und
Organausstrichen.
Nach Aschoff und Kiyono sind die im Blute auftretenden
großen Mononukleären, die sich besonders durch. ihre Phagozytose-
_ eigenschaft auszeichnen, nichts anderes als losgelöste Endothelzellen
und werden von ihnen daher auch als „Endotheliozyten‘ oder.
„Histiozyten‘‘ bezeichnet.
ON
“ Biatbabn hauptsäc
md nicht, wie es
. dam zu Blutaustritten aus den Gefäßen.
)
Wir haben es also bei der Phagozytose der Bakterien in der
I hlich mit Abkömmlingen des Blutgefäßsystems
Metschnikoff lehrte, und wie bisher all-
„mein angenommen wurde, mit den dem Lymphgefäßsystem
etstammenden Leukozyten zu tun. Diese scheinen dagegen in
aster Linie in Tätigkeit zu treten, wenn es sich um einen Ein-
\aċh der Infektionserreger in die Gewebe, bzw. die Lymphbahn
handelt. SARE ER i
Nach neueren Untersuchungen amerikanischer Autoren ist die
von Wrigt nachgewiesene und für das Zustandekommen der Phago-
se der Leukozyten notwendige Opsoninwirkung in gleicher Weise
auch für die Freßtätigkeit der Endothelphagozyten erforderlich, d. h.
eş bedarf zur Auslösung der Phagozytose gewisser Stoffe, die schon
normalerweise im frischen Serum vorhanden sind, die aber nach
dn Feststellungen von Neufeld durch Vorbehandlung mit der
betreffenden Bakterienart noch bedeutend gesteigert werden können.
` Diese spezifischen Reizstoffe, Bakteriotropine, können im Gegensatz
m den normalen Opsoninen, die wenig beständig sind, auch Tempe-
raturen von 56° und mehr ohne Schädigung, aushalten.
Infolge der verlangsamten Blutströmung werden die im Blute
kreisenden Bakterien am leichtesten von den Kapillarendothelien
aufgenommen. Durch die Aufnahme von .Bakterien schwellen diese
Zellen an, und es kann zu einer mehr oder minder starken Ver-
stopfung der feinen Kapillaren und zù lokalen.Hyperämien kommen.
Handelt es sich um sehr virulente Bakterien, so werden diese im
Kampfe mit den Endothelphagozyten siegreich bleiben, sich ver-
mehren und die Gefäßwand durchbrechen können. Es kommt als-
Diese Vorgänge sind am
besten an der Haut zu beobachten; hierauf sind die Roseolen bei
Typhus, Fleckfieber und Syphilis, ferner die Petechien bei septischen `
Erkrankungen und der Pest zurückzuführen. Aber nicht nur das
Blut, sondern auch die Krankheitserreger selbst können in .das be--
mehbarte Gewebe gelangen und hier mehr oder minder starke
Entündungserscheinungen oder Ahszesse hervorrufen.
. Inden inneren Organen bekommen wir diese Veränderungen
erst durch die Operation bzw. die Autopsie zu Gesicht, Hier haben
histologische und experimentelle Untersuchungen, die insbesondere
von J. Koch ausgeführt wurden, Klarheit geschaffen. Er injizierte
bei seinen Versuchen Staphylo- und Streptokokken, sowie Typhus-
bazillen Kaninchen in die Blutbahn. . Es ergab sich, daß der Tier-
körper einer geringen Menge eines wenig pathogenen Mikro-
organismus Herr werden kann, ohne daß es zu einem Auftreten der
Keime in der Galle oder dem Urin kommt. Erst wenn entweder
| die Dosis der injizierten Bakterien eine große, oder die Virulenz
‚ ine höhere ist, erfolgt eine „Ausscheidung“ durch Leber und Niere.
Die lokale Erkrankung der Gallenblase mit positivem Bakterien-
telund kann nach seinen Untersuchungen noch vorhanden sein,
ven die anderen krankhalten Prozesse im Körper schon abgeheilt
ud die Keime aus den anderen Herden schon längst verschwunden
m An der Hand histologischer Präparate, die von menschlichem
Leichen- sowie von Tiermaterial herrührten, konnte der Durchbruch
von Typhusbazillen aus nekrotischen Herden der Leber und Gallen-
enwand in die Gallengänge und. die Gallenblase nachgewiesen
werden. Dadurch ist ihr Auftreten in der Gallenflüssigkeit geklärt
ind dadurch die Ursache der jahrelangen Bazillenausscheidung nach
„plus oder Paratyphusinfektionen aufgedeckt. Staphylo- und
treptokokken zeigten das gleiche Verhalten. In der Niere liegen
die Verhältnisse analog. Der Durchtritt der Mikroorganismen aus
em Gefäßschlingennetz der Glomeruli wird durch Zerstörung der
fißwand infolge der nekrotisierenden Wirkung der virulenten
eme hervorgerufen. , Auch Orth bezeichnet gewisse Entzündungs-
erde in der Marksubstanz der Niere bei septischen Erkrankungen
3 »Ausscheidungsaffektionen“, denn. die Keime gelangen, nachdem
™ die Gefäße durchbrochen haben, in die Harnkanälchen und
werden mit dem Urin ausgeschieden.
Die Infektion der Leber und Niere ist aber keineswegs auf
| den Blutweg beschränkt. Wir haben auch mit einer Infektion ‚vom
am aus auf dem Lymphwege und aufsteigend durch Choledochus
und Urethra zu rechnen. Bisher hielt man sogar den letzteren Weg-
t den häufigeren und glaubte das Bact. coli als den Haupteireger
ser Erkrankungen ansprechen zu müssen. Der Grund für diese
ahme ist darin zu suchen, daß das Bact. coli, für das fast aus-
hieflich der aufsteigende Infektionsweg in Betracht kommt, am
„ lgsten bei den entzündlichen Prozessen in Gallen- und Harn-
egen nachgewiesen wurde.
der Erreger bei diesen Erkrankungen. _
2520 O 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
'standsfähigen Keime vermehren und dann aus den Gefäßen in das
Unsere Untersuchungen geben aber
die er anderes Bild über den vorherrschenden Infektionsweg und
a Ar i z |
Wie wir oben sahen sahen, haben die in die Blutbahn .ge- |
'langten Bakterien mit den Abwehrkräften des Körpers’ einen schweren
Kampf zu bestehen.
Ist der ‘Körper auf der Höhe seiner Wider-
standskraft, so kommt es meist zu einer Vernichtung der Eindring-
linge in den Endothelzellen. Andererseits können sich die wider-
Bindegewebe : gelangen. Sie werden hier sofort ihre pathogene
Wirksamkeit entfalten oder einen günstigen Augenblick für ihren
weiteren Angriff auf die Körperzellen abwarten können. Dies letztere
wird der Fall sein, wenn sie durch den überstandenen Kampf mit E
den’ Abwehrkräften des Körpers, denen sie längere Zeit ausgesetzt
waren, mehr oder minder schwer geschädigt sind. Diese Schädi-
gung zeigt sich häufig in einem Verlust bestimmter für die‘ be- .
treffende Bakterienart sonst typischer Eigenschaften, wie Beweg-
lichkeit, Fermentwirkung, Farbstoffbildung, vor allem aber in einer
geringeren Wachstumsenergie. Diese Wachstumshemmung ist der
Grund, weshalb sie bisher -so vielfach dem bakteriologischen Nach-
weise entgingen; andererseits wurden sie\infolge Fehlens der für
die pathogenen Arten sonst typischen Eigenschaften nicht als solche _
‚erkannt und für zufällige saprophytische Verunreinigungen gehalten.
Schon Scheidemantel hat die Beobachtung gemacht, daß
der nephritische Harn beim gewöhnlichen Plattenkulturverfahren
‚häufig steril bleibt, obwohl im Ausstrich mikroskopisch reichlich
schlecht an- _
Bakterien nachzuweisen sind, die die Farbe vielfac
nehmen. Ich kann diesen Befund. bestätigen, habe aber. gerade mit
aus diesem Grunde die von ihm verworfene Nährbouillon mit gutem
Erfolg zu unserem Züchtungsverfahren benutzt, da die in ihrem
. Wachstum gehemmten Keime sich viel leichter in flüssigen Medien-
entwickeln als auf festen Nährboden. Die Verwendung von flüssigen
Medien zum Nachweis von wenigen oder in ihrer Wachstumsenergie
geschwächten Keimen ist in der Bakteriologie nichts Neues, so ist
die Galleanreicherung nach CGonradi-Kayser zum Nachweis von
Typhusbazillen aus dem Blute zu einem wichtigen Bestandteil der
bakteriologischen. Technik geworden. Die Erfahrungen während des . |
Krieges haben gezeigt, daß besonders bei einer Typhuserkrankung
von Leuten, die gegen Typhus geimpft sind, mit einer besonders
starken Wachstumshemmung zu rechnen ist, und daß es nach
'mehrtägiger, oft siebentägiger Anreicherung erst. gelingt, die im
Blute kreisenden Typhuskeime zum Wachstum zu bringen.
Bei diesem Anreicherungsverfahren handelt es sich um den
Nachweis ganz bestimmter Keime die im oder am menschlichen
' Körper unter normalen Verhältnissen nicht vorkommen. Doch hat
das Blut-Galle-Anreicherungsverfahren, besonders in der Modifikation
von P. Schmidt, auch bei Staphylo- und Streptokokkensepsis gute _
.
Erfolge ergeben.
Die Beschaffung von einwandfreiem, steril entnommenem Aus-
gangsmaterial macht hier ebenso wie bei der Entnahme von Harn-
proben Schwierigkeit. Dagegen fällt diese bei den durch Chole-
zystektomie gewonnenen Proben fort. Wir konnten bei den bisher .
von uns nach dem Anreicherungsverfahren bearbeiteten 334 Fällen,
die in der hiesigen Chirurg. Universitätsklinik seit Oktober 1920’
operiert wurden, nur zweimal eine Verunreinigung feststellen. ` Sonst
war das bakteriologische Ergebnis bei den einzelnen Fällen meist
völlig eindeutig, indem in Galle, Gallenblasenwand und Leber, oder
nur in Gallenblasenwand: und Leber die gleiche Bakterienart auf-
gefunden wurde, denn die Gallenflüssigkeit, bei der eine Ver-
unreinigung wegen der schwierigen Entnahme am ehesten zu er-
warten war, blieb in einem großen Prozentsatze steril. Auch stimmte
die histologische Untersuchung (Gundermann), wo sie positiv
ausfiel, mit unserem Kulturverfahren überein. . Ebenso. bestätigte die
Untersuchung von Schnitipräparaten meine Ausführungen über den
Infektionsweg, denn Bact. coli konnte niemals innerhalb des Gewebes,
sondern nur in den Gallenwegen, in die es aufsteigend vom Darm
gelangen kann, nachgewiesen werden, während die Staphylokokken
- und andere Bakterienarten, die auf dem Blut- bzw. Lymphwege in
Leber und Gallenblasenwand gelangen, innerhalb des Gewebes lagen.
Auch Scheele konnte neuerdings in Schnitten durch die Gallen-
blasenwand und zwar in 14 von 20 Fällen Bäkterien nachweisen.
Seiner Annahme, daß in den meisten Fällen die Infektion der Wand
unserer Erfahrungen nicht beistimmen.
rials, das uns möglichst bald nach der Operation in sterilen Reagenz-
gläschen übersandt wurde, geschah folgendermaßen. Nachdem von
den einzelnen Proben ein Ausstrich auf Agar- und Endo-Agarplatte
angelegt war, wurde den Röhrchen etwa 3 ccm alkalischer Nähr-'
96°
- 2% Dy 2
. ‚
Dr mn mn nn mn nn nn e mn o $
e rm ur = 2 wi r Sa ALEEN AN - =
vom Inhalt aus ihren Ausgang nimmt, kann ich aber auf Grund -
Die Untersuchung des durch Operation gewonnenen Mate-
bouillon zugesetzt und bei 37° bebrütet. Nach 24- und 48stündiger”
Zen een nn -
a y T e eE e
. Nährböden nicht zum Wachstum gekommene Keime,, insbesondere
‚gesteigert haben; so konnte Gundermann in einzelnen Fällen,
. Gallenflüssigkeit..| 7 | 8 | 17 7 T9 = 58%,
"Untersuchungen, die ganz analog ausgefallen sind, häufig schon
ein positives Ergebnis zu erzielen’ gewesen. sein.
‚suchungen nicht festgestellt werden, obwohl das Anreicherungs-
962. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.28.
s
Anreicherung wurden weitere Ausstriche auf den festen Nährböden
gemacht und bei dieser Gelegenheit die Organstückchen mit einer
kräftigen Platinöse massiert. Nach weiteren 24 Stunden wurde von
dem .das Organstück enthaltenden Bouillonröhrehen noch ein ge-
färbtes Ausstrichpräparat angefertigt, um. etwaige auf den festen
verfahren für das anaerobe Wachstum sehr : günstige Verhält-
nisse bietet. | | | | | |
Haben wir es nun bei den aufgefundenen Bakterien mit den
Erregern der Cholangitis zu tun, oder handelt es sich nur um einen
zufälligen Befund bzw. eine Sekundärinfektion? — Nach der Ansicht
von Naunyn, der sich jetzt auch wohl die meisten Chirurgen an-
geschlossen haben, ist die Entzündung der Gallenblase nicht auf
die Bildung von’ Steinen, sondern auf eine Infektion zurückzuführen.
Die Steinbildung ist vielmehr das Sekundäre und kommt erst infolge
der Infektionswirkung zustande. Unsere Untersuchungen haben diese
Ansicht von neuem stützen können, denn wir müssen wohl die von
uns aufgefundenen Bakterien als die Ursache der Entzündung ansehen.
nur anaerob wachsende Bakterien festzustellen, und darauf das
Organstück zur Fixierung in Alkohol gelegt. Eine über 48 Stunden
hinaus ausgedehnte Anreicherung würde im Plattenverfahren die
positiven Befunde in der Leber vielleicht noch um einige Prozente
wo wir auch‘nach 48stündiger Anreicherung kein Wachstum auf
unseren festen Nährböden erzielen konnten, im. Schnittpräparat noch
Bakterien nachweisen. Eine Untersuchung der nicht angereicherten
Schnitte ist in die Wege geleitet, aber bei der Reichhaltigkeit des
Materials noch nicht beendet. o
An der Hand der ersten 150 von uns untersuchten Fälle, über
die an anderer Stelle schon genauer berichtet worden ist, möchte ich
hier noch einmal den Erfolg des Anreicherungsverfahrens darlegen.
Bei diesen 150 Fällen kamen 137 mal die Gallenflüssigkeit, 188 mal
die Blasenwand und 105mal die Leber zur Untersuchung.
BE: Tabelle I. |
Ergebnis des Anreicherungsverfahrens bei 150 Cholezystektomien
aus der chirurgischen Universitätsklinik in Gießen.
weit einfacher als bei den Harnuntersuchungen, wo infolge der
Schwierigkeit der sterilen Entnahme mit sekundären Verunreinigungen
einwandfreiem, steril entnommenem Ausgangsmaterial
muß das größte Gewicht gelegt werden, da nurso brauch-
bare Ergebnisse zu erzielen sind. Daß. die Entnahme unter
streng aseptischen Kautelen mit dem Katheter zu geschehen hat,
bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. Für den vielbeschäftigten
führbar. Doch lassen sich bei geeigneter Technik die Fehler auf
ein erträgliches Maß zurückschrauben.. a
Uns stand für unsere Untersuchungen das Material der Uni-
Die Kultur gelang | Ä
| nach | nach | Misch- | insgesamt
direkt | 24std. | Bei infektion| positiv
Anreicherung |
a nn ne
Wir konnten dabei immer wieder die Beobachtung machen, daß
neueintretende Assistenzärzte sich jedesmal in die Entnahmetechnik
erst einarbeiten mußten, bevor sie ein einwandfreies Untersuchungs-
- material lieferten. Zur Kontrollierung der sterilen Entnahme werden
mehrere nacheinander entnommene Portionen’ des gleichen Harns
Art des Materials
| | ie Unter j si r di ichts-
Gallenblasenwand . | 14 | 92 | 20 12 |188= 100%, ee Besteltat 210 Unter GISBan ENeNE
; == 0 . ; 3 , p
Laber ine PR E 9219. A BEN Vom Bodensatz des möglichst frischen, steril entnommenen
Insgesamt | 36 | 179 | 6 | 5 |
Harns wird ein 'gelärbtes Ausstrichpräparat angefertigt. und. je eine
große Öse auf Agar- und Endonährboden ausgestrichen. Beim
Fehlen eines Sedimentes ‚unterbleibt das mikroskopische Präparat,
dagegen werden in beiden Fällen 2 ccm des gut durchgemischten
Harns zu einer Gußagarplatte verarbeitet, ein Teil mit der gleichen
Menge Bouillon versetzt und ein Teil unverdünnt bebrütet. Der
Rest wird auf Neutralität und auf Eiweiß geprüft. Die 2 cem-Platte
ist deshalb besonders wichtig, weil sie uns neben der Kontrolle des
Anreicherungsverfahrens zugleich auch Aufschluß über die Zahl der
‚entwicklungsfähigen Keime in der Urinprobe gibt. Die Kulturen
kommen in den Brutschrank bei 37°, nach 24 und nach 48 Stunden
werden von den angereicherten Röhrchen weitere Ausstriche auf
festen Nährböden angelegt. Wurden von einem Harn mehrere
Portionen eingesandt, so wird jede auf diese Woise angereichert.
Die Ergebnisse der einzelnen Kulturversuche. müssen miteinander
übereinstimmen, sonst muß eine erneute Einsendung gefordert werden.
Über den Vorteil des Anreicherungsverfahrens gegenüber der
Das Bact. coli ließ-sich bei diesen, wie.auch unseren späteren
ohne Anreicherung beim ersten Ausstrich auf den festen Nährböden
nachweisen, und diesem Umstande verdankt es auch seinen Ruf als
der häufigste Erreger der Cholezystitis. Ganz anders wird aber
das Bild, wenn wir das Anreicherungsverfahren zur Hilfe nehmen.
Alsdann gewinnen die Staphylokokken das Übergewicht, insbesondere
wenn wir auch noch die Gallenblasenwand und die Leber in den
Bereich unserer Untersuchungen einbeziehen. Die Untersuchung der
Gallenblasenwand ist besonders wichtig, da sie in 100%, ein positives
Ergebnis erwarten läßt. |
| Über weitere 184 Fälle, die von uns seit Beginn des Jahres 1922 `
bearbeitet wurden, gibt Tabelle Il Auskunft. u
Tab elle IL.
Bakterienbefunde in den Gallenwegen mittels Anreicherung.
einfachen Plattenmethöde gibt die Tabelle II Auskunft, die sich auf
alej, " Is > | die ersten 600 von uns untersuchten Harnproben bezieht. |
aja ealag] „|,8|3> HEE
l a | e esjaeg]ag s2 885 aaga | Tabelle DI
Material 5 2 a| on jaa 5 |24|872| 8 o'djo 2 ; abolile U.
|3 S SS 2 RE > a5 22, Du Ze Ergebnis der Anreicherung bei 600 Harnproben.
Aae iai. gja 5
ur 2. ,, | Nach 24std. | Nach 48std.
Gallentlüssigkeit |16 | 5 |19] 4 |3 |3 |4 | sales] ı |18 Ergebnis Direkt ON E
Blasenwand...| 8| 3 |8213 |4 |—]|— |10| 1] 2 | 103 £
Leber ......1 2) 1 ]28|—]|2|—]2[/35|183|1 | 49 | |
Zystikus..... LEN Eee ee 6| — | — 6 Bact. coli. . . 140 - 25. 3.
| f | Staphylokokken. . | 35 84 22
Es gelang yermittels des Anreicherungsverfahrens auch hier Varia s o. - 41 33 3
wieder in der Blasenwand in fast allen Fällen, wo sie zur Unter- Insgesamt positiv . 216 12 28
suchung kam, Bakterien nachzuweisen. Zwei Fälle scheiden infolge I Kr TODE E 3 ? T =
Verunreinigung durch sporenbildende Bakterien aus. Bei dem ein- ee en os =
zigen negativen Ausfall würde, wenn die Anreicherung noch über
48 Stunden hinaus ausgedehnt worden wäre, vielleicht doch noch
Die in diesem
Falle mituntersuchte Galle blieb, wie nicht anders zu erwarten war,
auch steril. u
Auf die einzelnen Bakterienbefunde möchte ich hier nicht
näher eingehen, da es zu weit führen würde und Kliewe unsere
ersten 150 Fälle schon nach dieser Richtung hin bearbeitet hat.
Ein Vorkommen von Anaerobiern, auf das wir hesonders unser
Augenmerk gerichtet haben, konnte bei unseren weiteren Unter-
Das Bact. coli, das den Abwehrkräften des Körpers nicht in
dem Maße ausgesetzt ist, wie die auf dem Wege der Blutbahn in
. die Körperorgane gelangten Keime, wächst auch hier wie aus der
Gallenblase in hohem Prozentsatz beim direkten Ausstrich, während
die Staphylokokken hauptsächlich erst beim zweiten Ausstrich nach
2Astündiger oder beim dritten nach 48 stündiger Anreicherung auf
festen Nährböden zum Wachstum zu bringen sind. Eine länger als
43 Stunden fortgeführte Anreicherung hätte sicher noch mehr posi-
tive Resultate ergeben. Die Wachstumshemmung läßt sich auch gut
auf der 2 cem-Platte verfolgen, indem auch hier manchmal erst
nach 48 bzw. 72 Stunden kleine Kolonien auftreten, häufig bleibt
`
Das Anreicherungsverfahren bei diesen Untersuchungen ist-
‚des Materials gerechnet werden muß. Auf die Beschaffung von /
praktischen Arzt ist sie daher in den meisten Fällen nicht durch-
versitätskliniken sowie einiger Fachärzte in Gießen zur Verfügung.
| | a 18. Juli
RT
zz 32 2 un. mm mm åz S
“Nachweis gelingt erst durch die Anreicherung.
sagte aber auch das Anreicherungsverfahren, während die An-
Wesenheit der fraglichen Keime noch durch das gefärbte Ausstrich-
tie Gußplatte aber steril, während durch: die Anreicherung noch |
Wachstum zu erzielen ist. er
"Die geringe Zahl der Verunreinigungen beim ersten Ausstrich
ist dadurch zu erklären, daß die Verunreinigung in den meisten
Falldn nur sehr gering ist und nur aus wenigen Keimen besteht,
die beim Ausstrich von einer Öse nicht in Erscheinung treten, ihr
Bakterienbefunde im Harn mittels Anreicherung.
9 z Ganla
2:5 ea -E-E-E ' | 4158
= oO m m AB. '
hmas |5 | 2 |3535] Ew]| S4] 35| a |23|
: 153 |2s|3nN|30|#°|3>5 |i ae Ma
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o m a E ai o, u - ge A
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Blase, w|ı7ıs3 [5 lıs| 1a | 7 |16| 45 | 3%
User. .|8lıl2 I - | 58| 7 | 2 |183] 7 | 140
Insgesamt | 165 | 18 | 5 | 5 |2| 21| 9 | 29 | 52 | 515
r ET arei =
| Sig ja sel,
= 4 | 2 |] Z Ve
H Epail a | 3 |2u la4| 2 |385 488
‚Harn aus o |o5| 2 D w eUe AE EEO
| nn |\P3| © OD gO] on > |2% AKO
a. =| > 2 (222| o |S |an
a s| N w pee EIR rAr Ii
] i
Blase... . [113 | 22 | 18 | 5298| 7 | 11 8 | 18 | 15
Weter. . 260| 10 |18 | 428| 1 | 3147| 2| 2
Insgesamt |373 | 32 | 36 | 956| 8 | 14 | 55 |- 20 | 17
‚ Einige Male blieb aber auch das Anreicherungsverfahren er-
(delos, obwöhl sich mikroskopisch Keime feststellen ließen. Es
handelte sich hier meist um Bakterien, die schon an sich schwer
Am Wachstum zu bringen waren (Pneumokokken oder Streptokokken)
ud zu ihrem Nachweis häufig die Anwendung von Spezialnährböden
lut, Aszitesagar) erforderten. Bei einigen Fällen konnte auch das
“winden der Wachstumsenergie der‘Keime im Verlauf der Be-.
dung beobachtet werden, indem anfangs durch die Anreicherung
weh Wachstum zu erzielen war, mit fortschreitender Besserung
Präparat zu erbringen war. | | |
Mehrfach gelang es auch, mikroskopisch den Nachweis von
‚Uberkelbazillen zu führen, während die Kultur steril blieb, oder
‚8 wuchsen eine oder sogar mehrere andere Bakterienarten, so daß
es sich ‚um Mischinfektionen handelte. Gelang der mikroskopische
Ton der Tuberkelbazillen in einwàndfreier Weise, so konnte
om Tierversuch abgesehen werden. ‘In allen 55 Fällen, wo er an-
gestellt wurde, fiel er negativ aus. Mehrfach konnte der geforderte
d erversuch unterbleiben, da die kulturell nachgewiesenen Bakterien
‚ten klinischen Befund restlos klärten.
Ste Jedenfalls sollte der An-
ung des Tierversuches eine genaue kulturelle und mikroskopische
a ching vorausgehen, weil: sie, wie unsere Befunde zeigen,
eur häufig zum Ziele führen. ’ | l
gji z X > . l
ngehen. Ebenso wie in den Gallenwegen konnten wir im Urin
1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr, 28.
ausgezeichnet günstiges Objekt für die |
'wesenheit von Organismen im Körper darbiete“, nicht allgemein
zutrifft, so kann durch das. Anreicherungsverfahren in vielen Fällen
doch das Bestehen von „Ausscheidungsaffektionen“ schon aufgedeckt >
werden, bevor: es noch zu. größerer Einschmelzung des Nieren-
gewebes kommt, und dadurch einmal die Diagnose geklärt, anderer-
"seits aber auch die Heilung festgestellt werden. |
‚' Man’ wird die entzündlichen Erkrankungen der
Gallenwege aber auch günstig. beeinflussen können, wenn man ’all-
gemein die natürliche Widerstandskraft des. kranken Körpers stärkt.
Bei der allgemeinen Leistungssteigerung vermehren sich. auch die
normalen und spezifischen Abwehrmittel des "Körpers, denn die
letzteren sind bei der meist schon lange Zeit bestehenden Infek-
tion, wenn auch in geringem: Maße ‚vorhanden. Ein Erholungs-
bzw. Badeaufenthalt ‚wird daher in vielen Fällen günstig wirken .
können. en SE K. Sn
83, S. 229. — Kliewe, H., Zur Bakteriologie der entzün
Gallenwege, insbesondere der Cholezystitis,
Scheele, K, Der Keimgehalt der Gallenwege und seine Beziehu
der Cholezystektomie. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir. Bd. 76, S. 877.
Auf die einzelnen Bakterienbefunde möchte ich nur sehr kurz
REA
‚mehrfach Pneumokokken nachweisen, ein. Zeichen dafür, daß die ’
Pneumokokken viel häufiger, l men Wire,
durch die Blutbahn verschleppt- werden. Wir konnten sie, auch
als gewöhnlich angenommen wird,
. `
gerade in der letzten Zeit mehrfach: mittels des Anreiċherungsver-.-:
fahrens’aus Abszessen züchten, die an anderen Körperstellen operativ |
eröffnet waren. Auf den Befund von kurzen, grampositiven diphtherie-
verdächtigen Stäbchen ' habe ich. schon früher hingewiesen. Wir
konnten sie auch weiterhin, häufig in Begleitung anderer Bakterien,
als Mischinfektion, im Harn und in den Gallenwegen feststellen.
Der Nachweis ‚von virulenten Diphtheriebazillen im- Harn von
Diphtheriekranken ist ja mehrfach gelungen und nach der kürzlich
erschienenen Arbeit von E. Kirsch, die das Zustandekommen der .
Invasion von Diphtheriebazillen in den menschlichen Organismus
bei diphtherischer Affektion . der Luftwege beschreibt, auch nicht
anders zu erwarten. Daß sie lenz ı =
Aussehen vermissen ließen, ist, wie wir schon oben hervorhoben, `
darauf zurückzuführen, daß sie durch längeres Verweilen im Körper
atypisch geworden waren, ein Verhalten, das gerade für den Diphtherie-
‚bazillus in Tierversuchen festgestellt werden konnte. Jedenfalls
lehren diese sowie unsere schon ‘früher veröffentlichten ‘Befunde,
daß viel häufiger, als man bisher vermutete, mit. dem Einbruch von
Bakterien in das- Körperinnere gerechnet werden muß. | |
„daß der Harn ein _
ntersuchung auf die An-
i
in unseren Fällen Virulenz und typisches -
Wenn auch die, Annahme von Klebs,
Durch die Züchtung der Krankheitserreger werden wir aber
auch zugleich in den Stand gesetzt, durch eine Autovakzinetherapie
das Leiden spezifisch zu beeinflussen: Über die Erfolge dieser Be-
handlung bei der Erkrankung der Harnwege sowie zur Vermeidun
vòn Rezidiven nach der Cholezystektomie ‚soll später noch berichtet
werden. . _ Sr ae A e Ze en
‘ In Fällen, wo man sich nicht zu einer operativen Entfernung .
der Gallenblase entschließen kann, habe ich .eine ‘unspezifische
Proteinkörperbehandlung vorgeschlagen, auch hierüber liegen schon-
mehrere Beobachtungen mit günstigem Ergebnis vor. we
.
è
Lad
Aber Vorbeugen ist leichter als Heilen! — Wie wir oben
sahen, wird ein gesunder Körper, auf der Höhe seiner Widerstands-
‚kraft der eingedrungenen Infektionserreger Herr werden, bevor 'sie
noch in das Gewebe gelangen und hier ‘zu Entzündungen und Ab-
szessen führen können. Um derartigen Leiden vorzubeugen, müssen
wir‘ daher. durch eine. hygienische Lebensweise unseren“ Körper
stählen und abhärten, wie es A. Bier in seinem Aufsätze über „Die
Gymnastik als Vorbeugungs- und Heilmittel“ in so ausgezeichneter
Weise geschildert bat. ~ ' Ze 5; ae
Literatur: Gundermann, W., Beitrag zur Bakteriolögie und: Patho.
- logio der chirurgischen Erkrankung. der Gallenwege. Mitt. a. d. Grenzgeb, d. Med
u. Chir. 1923, 87, S. 248. — Huntemüller, O., Anreicherung in flüssigen Medien '
zum Nachweis von wenigen oder in ihrer 'Wachstumsenergie gehemmten Keimen
(vorl, Mittlg.) Zbl. £. inn. Med. 1921, Nr. 52. — Derselbe, Ein Anreicherungsverfahren
zum Nächweis von wenigen oder in ihrer Wachstumsenerg m]
im menschlichen 'Haro. M.m.W. 1922, Nr. 10. Mit Literatur
Über das Vorkommen von Mikroorganismen in.den Körperorganen und ihre „Aus-
scheidung“. durch Leber und Niere. Ebenda 1923, Nr.89. — Derselbe, Die er,
| zündlichen Erkrankungen der Gallenwege vom. Standpunkte des Bakt,
‘Klin. Wschr. 1924,. Nr.8. — Derselbe, Bakteriennachweis in Leber
wegen mittels Anreicherung. Zschr. f. Hyg. 1924, 102, 8.210: — Kirsch, Bug. Übe
das Zustandekommen der Invasion von Diphtheriebazillen in den menschlichen
Organismus bei diphtherischen Affektionen der. Luftwege. Zschr. f. Kindhik. 199.
angabe. — Ders elbe,
eriologen.
dlichen Veränderungen de
Zschr. f. Hyg. 1922, ' 98; S: 248,. =
ngen zur Technik
‚Harn- und
ie gehemmten ‚Keimen .
und Gallen- ..
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Bern E
964°
:. Zur Reizkörpertherapie des Ulcus ventriculi
-zu schaffen hat, oder in dem sie unabänderlich der Erkrankung
. nicht bloß streng umschrieben an die ulzerös veränderten Partien
sprechend der Vorstellung über die neürogene Ulkusentstehung.
' Ich rechne dazu auch alle die Partien der. Magen- und Darm-
. Erkrankung der Magennerven ausgelöst hat und deren Fortbestand `
= zweiter Linie (dies ist nicht weniger wichtig) auch gegen die Nerven-
`
-o dh
LA
l = - Aus der IL Medizinischen Universitätsklinik in Wien
baT ' (Vorstand: Hofrat Prof. Dr. N. Ortner). ~
et duodeni® © © 0
Von Dr. Gottiried. Holler, Assistenten der Klinik. © .
= Wohl ist heute die Symptomatologie des- Uleus. chronicum
Bambergers, jenes verbreiteten und quälenden Leidens, weit-
. gehend ausgebaut, so daß die Erkennung dieser Erkrankung 'be-
sonders auch seit der Nutzbarmachung der Röntgenstrahlen für die
Magen-Darmdiagnostik im allgemeinen keine Schwierigkeiten mehr
.. bereitet. ‘Was. aber die Therapie "anlangt (ich. sehe von den Er-
. folgen der Chirurgie vorderhand ab), so sind wir Internisten, wenn
. ich so sagen darf, über tastende Versuche kaum hinausgekommen.
Das,. was beim Ulkus. von internistischer Seite bisher. geschehen
‚ist, war. eine fast ausschließlich. symptomatische Therapie. Wir
‘ > schonen den Magen durch eine entsprechende Diät, weil er krank
ist, geben Antispasmodien gegen die Schmerzen, applizieren lokale
u. Wärme, verabfolgen Alkalien, wie wir uns vorstellen, zur Bindung-
der überschüssigen Magensäure usw. Einer Kausaltherapie kommt
eventuell die Anwendung der Atropin- und Papaverinpräparate am
k nächsten,- ohne aber in dieser Hinsicht weitgehend zu entsprechen.
Doch-hat uns eine bewußt ‘gegen die Krankheitsursache gerichtete
Behandlungsmethode beim Ulcus ventriculi et duodeni bislang noch
gefehlt. Den Anspruch auf. eine derart kausal-ätiologische Wirk-
- samkeit kann. nach meinem Dafürhalten auch das chirurgische Ein-
. greifen nicht erheben. Die Chirurgie, deren Eingreifen für den
- Ulkuskranken vielfach von den segensreichsten Folgen begleitet ist
. und deren Hilfe wir uns auch nach meiner im Anschluß zu be-
sprechenden Vorstellung über'die Ulkuspathogenese oftmals nicht
-© werden entraten können, spielt, wie ich mich schon andernorts
- ausgedrückt habe, vornehmlich oder: fast ausschließlich. die Rolle
‚der Orthopädie, indem sie bei bleibenden Funktionsstörungen, die
durch organische Veränderungen der Magen- und Darmwand ent-
standen sind, entweder neue Wege für den Durchgang der Speisen
'verfallene Magenpartien zu entfernen trachte. Wenn ich von
Ulkuserkrankung des Magens spreche, so` denke ich hierbei `
der Magenwand, sondern ich. fasse den Begriff weiter, ent-
wand, .deren abnorme Funktion. infolge der Erkrankung : der
sie versorgenden Nerven gelitten hat und so in den Ablauf der
normalen Lebensvorgänge daselbst dauernd nicht mehr hineinpaßt |
und die den Patienten. durch die gleichzeitig bestehende Schmerz- .
haftigkeit mit dem Fortbestand eines halbwegs erträglichen Lebens
nicht mehr vereinbare Qualen bereiten. Einzelne Autoren, z. B.
Stierlin, sind auch davon überzeugt, daß der chirurgische Eingriff
am Magen durch die hierbei stattfindenden vielen Nervendurch-
schneidungen vielfach korrigierend auf die abnorme Nervenver-
sorgung einwirkt und ihm’ so auch eine gegen die Erkrankung der |
Magenwand, die der Affektion der Nerven folgt, gerichtete, soweit
also kausale Wirkung gegen die Ulkusbildung zukommt. |
| Nach meinen klinischen : Erfahrungen und Untersuchungs-
_ ergebnissen beim Ulkus muß aber eine streng ätiologische Kausal- |
therapie. in erster Linie gegen die Noxe gerichtet sein, welche die.
und Wiederaufschießen vielfach. für die Chronizität und die Rück-
fälle des Ulkusprozesses verantwortlich zu machen ist; sie muß in
läsion selbst gerichtet sein. Das Ulkus ist nach dieser Vorstellung nur
die trophische Störung, welche im Erfolgsorgan aus der Erkrankung
‘der Nerven resultiert und die, falls sie durch eine interne Beein-
Aussung der funktionell oder organisch erkrankten Magennerven
nicht mehr reversibel ist, auch weiterhin wird chirurgisch ange-
gangen werden ‚müssen. Dies sind in kurz gedrängter Form die
‚Richtlinien, ‚denen nach meiner Meinung eine Behandlung des Ulcus
‘ ventriculi et duodeni zu folgen hat, wenn sie den Wert einer Kausal-
‘ therapie im: weitesten Sinne des Wortes beanspruchen soll. |
*) Sehr. erweiterte Wiedergabe eines am XXXVI. Kongreß “
der Deutschen, Gesellschaft für innere Medizin in Bad Kissingen ge-
haltenen Vortrags.
. Substantia reticularis lokalisiert.
‘aber ich bin auch der
_ aber für sich allein schon genügen, um im a
Wandveränderung, ein Ulkus, auszulösen, ist zumindest zweifelhaft,-
doch dürften sie vielfach den locus, minoris resistentiae für ein
-leichteres Haftenbleiben -der von mir bezeichneten viszeroneuro-
pathogenen Noxen abgeben. Nur in dementsprechend bescheidenem
._1924 — MEDIZINISCHE KLINIK: — 2 O 0 O 0 O asdi
2 ee, Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren. ae:
wenigstens die wohl schon än anderer Stelle publizierten, doch immerhin
‚nicht‘ genügend bekannten Untersuchungsergebnisse vorbringen, die
Aus- -
So ergaben vor allem, histo-anatomische Untersuchungen an Ge-
‘mich zu. meiner Auffassung über die Ulkuspathogenese und zur.
wahl einer darauf eingestellten Therapie veranlaßt haben.
X
hirn und Rückenmark von .Ulkuskranken, die auf meine. Veranlassung
‚hin im neurologischen Institut (Pröf. Dr. Marburg) von Dr. Pollak
vorgenommen wurden, bei einer Reihe von Fällen übereinstimmend.
enzephalitische ‘Veränderungen im verlängerten Mark, daselbst lokali-
siert in viszeralen Nervenbahnen. Die |
-an anderer Stelle ausführlich publizieren werden, betrafen vor allem
die Ganglienzellen des viszeralen Vaguskernes oder sie-waren in der
| Wir möchten uns daher weder au
Störungen im sympathischen noch im parasympathischen Nervengeflecht
als Ursache zur |
‚nischen, aber auch nach histologischen Beobachtungen letzteres aus-
giebiger und häufiger beteiligt zu sein scheint. Danach sind wir heute
geneigt, das neurogen entstandene Ulcus ventriculi et duodeni, das nach
unseren klinischen Beobachtungen sicher die Hauptmasse unter allen-
Ulkuskranken ausmacht, als trophische Störung und Endeffekt dieser
entzündlichen Nervenveränderungen in ihrem Erfolgsorgan anzusehen.
Be Klinische Studien an einem großen Krankenmaterial, deren Er-
ebnisse ich in umfangreichen Publikationen, so im Arch. f. Ver-
auungskrankh. niedergelegt habe, scheinen mir nun die. Ursache
_ anzugeben, welche zu diesen Nervenerkrankungen geführt haben dürften. er
Ich unterscheide danach: .
1. Ein Ulkus, welches bei infektiös-entzündlichen Erkrankungen
im Bereiche der .Viszeralorgane zustande ‚kommt. Rößle hat hierzu
die Vorstellung von einem nervösen Reflex vertreten, der auf Nerven-
hierbei zur Ulkusbildung führt. Es ist kein Zweifel, daß es Solche,
‚we
Relessonen und Quellgebiete zur Ulkusbildung für den Magen gibt,
einung, daß durch einen derartig anhaltenden
Reiz, eine derart anhaltende Nervenläsion, schließlich auch eine orga-
nische,Erkrankung der betroffenen Nervenbahnen resultieren kann, und
die histo-anatomischen Untersuchungsergebnisse von Pollak im vər-
|. längerten Mark bei Ulkuskranken scheinen meiner’ Vorstellung Recht
zu geben. Der häufigste Vertreter dieser Art des neurogenen Ulkus-
ist nách praktischen Erfahrungen hierbei -das mediastinale, bei dem
die zentripetal aufsteigende Sue ‘der Vorstellung
Reitters, G. Singers und von mir hauptsächlich durch eine tuber-
kulöse Drüsenaffektion im Mediastinum (hier lokalisiert an den Stamm.
‘der Lebensnerven) zustandekommt., |
2. Ein weiteres Beispiel, wie ein infektiös-toxisches .
v
| : Be den -
Nerven des Magens gefährlich werden kann, stellt uns die Lues dar.
Wir konnten uns überzeugen, daß tabische Krisen nur-zu häufig mit `
agen und Darm verlaufen. Ich verweise >` ` `
hierzu in der Literatur der letzten Jahre neben meinen. und Tselios
Publikationen aus unserer Klinik besonders auch auf die Arbeit von `
echter Ulkusbildung im
Full und Friedrich aus der Schule Bergmann. ^ ”’ 0
3. Unterscheide ich ein septisches Ulkus. Die Eintrittspforten,
bei den von mir hierzu beobachteten Fällen, gaben die Tonsillen und
| die Zähne ab. . |
4. Beobachtete ich bei einigen Fällen von Grippe-Enzephalitis
' Ulkusbildung im Magen und Duodenum. Erwähnenswert ‚scheint mir,
daß bei akuten Fällen dieser Art der Affektion im Magen häufig ein
' Herpes labialis oder nasalis koordiniert verläuft. `
ö. Betonte ich das Vorkommen eines endokrinen Ulkus, für das `
: E. Boenheim schon vor mir hauptsächlich. die Überfunktion der
'Schilddrüse verantwortlich gemacht hat und als dessen weiterer Ver-
treter uns schon lange die Ulkusbereitschaft und tatsächliche Ulkus-
‚bildung bei Chlorose bekannt ist. ne
Wir sehen daraus, wie es bei der Erforschung der‘ Ulkus-
pathogenese von Wichtigkeit ist, unseren Blick von der Magenwand
abzuwenden, mehr demGesamtorganismus und auch dem Stoffwechsel
und den. damit. eng verketteten Lebensnerven zuzuwenden. Daß .
diese Nerven durch eine erworbene krankhafte Konstitution : und .
auch durch psychische Belastung zu einer abnormen Funktion ihrer
Erfolgsorgane führen können, steht wohl fest, ob diese beiden Momente
Magen eine organische
Ausmaße mögen psychotherapeutische Maßnahmen Erfolg verheißend
sein, darüber hinaus müssen sie aber auf das Entschiedenste ab-
gelehnt werden, ER: T e
| Aufbauend auf diesen Beobachtungen bin ich seit einer Reihe
von Jahren bestrebt, eine Kausaltherapie. dieser Formen des neu-
rogenen Ulkus zu finden, und die Wege hierzu. schienen mir in der
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Bevor ich aber jetzt zu meinem eißentlichen ‘Thema „der Reiz-
körpertherapie des us" komme, muß ich Ihnen in aller Kürze `
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eränderungen, über die wir
sbildung einseitig festlegen, wiewohl nach kli-
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een 0.1924 — MEDIZINISCHET KLINIK — Nr. 28. > I
war, und ebenso auch nicht.bei Bestrahlung: anderer,- außerhalb des Ä
Magens. gelegener Körperregionen.: Bei einem ‘Falle. kam es nach
der Bestrahlung, die die Magenschmerzen dauernd besserte, zu einer .
Ausschwemmung des tüberkulösen. Prozesses in die ‚Lunge. Ich
muß Ihnen diesen vereinzelten unliebsamen Vorfall erwähnen, auch
‚weil er mir, worauf ich schon an’ anderer Stelle ausführlich hinge- '
wiesen habe, für die Beziehungen zwischen Mediastinalerkrankung
und: Ulkusbildung wichtig‘ erscheint. Es scheint so, als ob nach
der Entleerung des tuberkulösen Prozesses in die Lungen die schäd- |
liche Wirkung auf die Nerven im Mediastinum ‚wegfällt. Ich beob- >` `
achte die hier zitierte Kranke, die früher sechs Jahre. miit ihrem
. Magen laborierte, seit‘ der Bestrahlung jetzt zwei Jahre. Ulkus-
beschwerden treten bei ihr, trotzdem T keine 2 po a und -
i ihr l überfüttert, nicht mehr aui. er
uß erwähnen, daß Pribram, wenn er auch um ein Jahr später | sich nn ihres Lungenprozesses ALU: RER IRRE en
~“ isi publiziert hat, unabhängig und vor allem von anderen Gesichts- 2 u ra n nr ich mit Jodpräparaten. besonders |
- pikten gesehen, zur Anwendung der Reizkörpertherapie für das Ulkus | mit Mirion, einige Kriolge erzielt. . le u a ob
grkommen ist. Pribram sah die Wirkung in zellulären ‚Reizen äuf In letzter Zeit habe ich die Yatrenpräparate an einem großen
ein schlecht heilenwollendes Geschwür. Seiner Beobachtung lag’ zu- | Krankenmaterisle ausprobiert und glaube speziell in dem Lipatren E
nächst also. vielfach eine konstitutionelle Schwäche der Magenwand- | einen besonders wirksamen Reizkörper zur Ulkustherapie gefunden `.
zelle zugrunde, auf die sein therapeutischer Eingriff einwirkt. Das | zu haben. Dieses Mittel ist nach meinen Untersuchungen exquisit: `
schiet wohl ein grundsätzlicher Unterschied in unserer beiderseitigen neurotrop eingestellt, wirkt aber wahrscheinlich, da es sich be- “`
Ä Au H soi, aa ien selbst die pea Re Me and, i re | sonders auch beim endokrinen Ulkus bewährt hat, auf die nner-
echte Lädierbarkeit für digestive und mechanische Reize, von Haus | S oo . z ET: Ur eN ’
| ns in einem hauptsächlich. erworbenen Faktor begründet sah, in der in en: DaB d o re a. nn
Fr ihrer Nervenbahnen. Eine persönliche Aussprache mit immers entspricht. ‘ Daß das Yatren dabei nur TOM physikalisch
Ptibram hat nunmehr eine Einigung in der Weise zustande gebracht, | mit den Krankheitsherden in Beziehung tritt und als indifferenter
‘daß auch Pribram jetzt die Wirkung der Nerven zur Ulkusbildung | Fremdkörper, wie wir den ‘Untersuchungen Herzbergs aus dem
“nichtmehr. missen wi. “| Gildemeister-Institut entnehmen, rasch ausgeschieden wird und:
‚Ganz entsprechend meiner Vorstellung über die verschieden- | im Verlaufe der nächsten sechs Stunden quantitativ im Harn .er-
artige Entstehung des neurogenen Ulkus hatte ich mit dem Vakzi- | scheint, kann ich' nach eigenen, auch -tierexperimentellen Ergebnissen
nenrin bei den verschiedenen ätiologischen Ulkusformen ungleiche | für das Lipatren zumindest in diesem extremen Ausmaße nicht. be-
‚Bilolge. Vor allem war es das endokrine Ulkus, das sich gegen | stätigen. Wir konnten Jod im Gehirn von Kaninchen, denen wir
das Vakzineurin besonders refraktär verhielt. Ferner waren die | durch einige Tage intramuskulär und subkutan Lipatren A in
Brfolge mit Vakzineurin beim tabischen Ulkus schlechtere als beim | großen Dosen injiziert hatten, noch 24 Stunden ‚nach der letzten
medinstinalen. Für dieses letztere habe ich besonders die intravenöse.‘| stattgehabten Injektion im Gehirn nachweisen. Es ist klar, daß
Pinverleibung des Mittels empfohlen. Dabei kommt es aber zu wohl | dieses Minus von etwa 1/2% der mit dem. Lipatren. eingefühten > `
ugelährlichen, doch -immerhin unangenehmen, weil stürmischen | Jodmenge bei den Ausscheidungsbestimmungen im Harn in den .. — “
Reaktionen. Deshalb habe ich versucht, diè intramuskuläre In- | Bereich der Fehlergrenze fällt. Es. erscheint mir auch wichtig; © >:
jektion des Vakzineurins mit Röntgenbestrahlungen des Mediastinums | darauf hinzuweisen, daß andere untersuchte Organe dieser Tiere, „<
' Wi Fällen, die einen deutlichen mediastinalen Symptomenkomplex | deren Gehirn Jod gespeichert hatte, zur selben Zeit kein Jod ent-.: =":
boten, zu kombinieren. Derartige 'Bestrahlungen ‘hat mir Kollege | hielten. Das läßt uns an eine bekannte Tatsache. denken, mit der
Krieser vom Institut Holzknecht mit bestem Erfolge durchgeführt. | uns schon O. Loeb vertraut gemacht, daß nämlich die Art der Br
Die ersten Versuche wurden mit Bestrahlung allein vorgenommen | Einverleibung des Jods einen verändernden Einfluß auf seine physio- m
und möchte ich einige Untersuchungsergebnisse, auf die wir hierbei logische Verteilung im Organismus ‚nur. dann ausübt, wenn es in > `
- Meben und die mir besonders wichtig erscheinen, hier kurz anführen. | lipoidlöslicher Verbindung eingeführt wird, wodurch es lipo- und `
.- Interessant war vor allem das sekretorische Verhalten des | neurotrop wird. Nun ist‘ das Lipatren A aber eine 5%/,ige Yatren- ...
lösung mit 5°/,igem tierischem Lipoid aus Rinderhirn, also sozu-
Proteinkörpertherapie (besser Reizkörpertherapie nach Bier, da es
sch in dem speziellen Falle um Einwirkung, auf vornehmlich, lokale
. Gewebsprozesse handelt) gegeben. Es war mir von Haus aus klar,
adas therapeutische Ziel wohl einheitlich auf die Gesundung der |
Tiseralnerven ausgehen muß, deren abnormer Zustand sich beim,
| Tkuskranken außer in der Magenalffektion auch im sonstigen funk-
| tommelen Gehaben ausdrückt, daß aber zur Bekämpfüng der ver-
l phiedenen Ätiologie immerhin abweichende Maßnahmen von ‘der
| ‚internen Behandlung zu verlangen sein werden. | Š
l . Was bis jetzt in der Literatur hierüber bekannt ist, ist nicht
o viel. Es beschränkt sich im wesentlichen auf meine eigenen Erfolge
nit dem Vakzineurin und auf die verdienstvollen Publikationen
Pfibrams aus der Bierschen Klinik über die günstige Wirkung des
Novoprotins beim Ulkus und auf eine Reihe von Nachuntersuchungen.
r “o
ens auf Röntgenbestrahlungen bei derartigen mediastinalen Pro- sung em tierischen
wsen. In den ersten Stunden nach der Bestrahlung sahen wir ein | sagen nervenspezilischem Lipoid. | u =
‚Shrkes Ansteigen der Aziditätswerte, dann ein Absinken und häufig Ich glaube nach meinen Untersuchungsergebnissen mit dem.
anf die erste Bestrahlung vorübergehendes, auf. spätere Bestrahlungen | Lipatren, daß die vielumstrittene Wirkung der Yatrenpräparate wohl -
dauerndes Einstellen auf niedere Aziditätswerte. - | hauptsächlich, doch nicht ausschließlich auf einer physikalischen
Nachstehende Kurve 1 zeigt das Ergebnis von Sondenunter- | Beeinflussung . vornehmlich der ‚Krankheitsherde ‘und der 'inner-
Suehungen eines nüchternen Magens bei einem. mediastinalen Ulkus- | sekretorischen Drüsen beruht, weiter ist an seiner Wirksamkeit aber -
Die Pile T Anschluß an Röntgenbestrahlungen des Mediastinums. |
deuten die Verabfolgung der Bestrahlungen.
Kurve i.
1922 , 2,1928
23 2, 26 6 14 265 14 16 Y2 18` 22- 78 %* 7? 20 22
auch sein Jodgehalt beteiligt. Dies letztere scheint in einer be-
sonders geeigneten Form enthalten, so daß die. Yatrenpräparate -
uns gerade wegen ihres Jodgehaltes, wie auch andere Reizkörper-
präparate mit Jodzusatz, zur Behandlung entzündlicher Gewebs-
prozesse, zu welchen das Jod hohe Affinität hat, wertvoll erscheinen.
._Gildemeister umsehreibt, wie ich höre, diese Wirksamkeit ı
des Yatrens auf entzündliche Gewebsprozesse mit den Worten: Das
'Yatren wirkt auf das anomal arbeitende Mesenchym.. Ebenso ergaben `
die Versuche von Keining und Reutzer,. „daß der Reiz, den das: .
Yatren im 'unspezifischen Sinne ausübt, speziell im 'mesenchymalen
Gewebe. seinen zellulären Angrifispunkt findet“. Binen interessanten.
Hinweis darauf, daß das Yatren tatsächlich das Bindegewebe reizt.
‘bilden die Angaben von Mattausch, der nach Yatreninjektionen ein `
. Ansteigen der Monozytenkurve im Blute konstatieren konnte, Wir
fanden bei unseren Nachuntersuchungen die Richtigkeit der Angaben
‘des Autors bestätigt. In derselben Weise wirkt aber das Yatren nur
quantitativ und individuell verschieden, auch auf die: übrigen Blutzell-
bildungssysteme und innersekretorischen Drüsen ein. Ebenso sind auch
Gildemeister und Zimmer neuerdings der Ansicht, daß, das Yatren
sich an alle Zellen wendet, die sich in einem .anormalen Reizzustand
. befinden und. zwar in. regulativ wirkendem Sinne. Dies’ sei nebenbei.
von unseren Untersuchungsergebnissen mit dem Mittel bemerkt. Heute .
interessiert uns seine Wirkung auf den anormal funktionierenden Magen.
»etonen, daß ein. derartiges Verhalten. des Magen- |
=. Gesamtazidität
— Freje HCl
Ich möchte }
Í Bestrahlung
saltes auf gl
Ich möchte betonen, , daß’ wir Änderungen der motorischen
on nicht eich dosierte Röntgenbestrahlungen des Mediastinums .| und tonischen Funktion des Magens schon wenige Stunden nach Ver-
oder mmige astinalen Ulkuskranken entweder überhaupt nicht |
abfolgung von ein paar Zehntel Kubikzentimeter Li
esten niemals in diesem extremen Ausmaße zu erzielen
on V | patren am Röntgen-
schirm beobachten konnten. Vor allem. sehen ! Wk har
wir bei Mägen mit
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Levaditi und Navarro haben im. Frühjahr 1922 auf ein
neues Antiluetikum ` aufmerksam gemacht, das per os verabreicht
wird und sich nach ihren ‚Versuchen bei Kaninchen und: auch beim
Menschen als Heilmittel; besonders aber als Prophylaktikum, glänzend
bewährte. Dieses Mittel, „190“ genannt, ist nach seiner chemischen
Zusammensetzung die azetyloxyamino-phenylarsenige Säure, -ein
-
1994. — MEDIZINISCHE KLINIK — N.28... O 0000,18. Juli. _
‚schlechtem Tonus denselben nach der Injektion gebessert. Die © Was die therapeutische: Wirksamkeit des Mittels: bei Ulkus- a
Änderung des sekretorischen Verbaltens eines ,hyperaziden Magens kranken anlangt, so kann ich nur über momentane Erfolge be- . a
x 'nach wiederholten intramuskulären Lipatreninjektionen möchte ich | richten. Wie weit unsere erzielten Erfolge (und solche konnten :
Ihnen an der Kire eines speziellen Falles (hyperazider Ulkusmagen) | wir auch an dem raschen Verschwinden von. Ulkusnischen, an ‚dem 3
- kurz demonstrieren. ea a ee a, ‚| Abklingen der subjektiven Schmerzsymptome und Reflexphänomene ` ie
. .: "Der. Patient erhält in viertägigen Intervallen .intramuskulär | mit ‘Sicherheit erschließen) von Dauer sind, kann wohl. erst eine :
- "Lipatren A-Injektionen von 0,2—0,8 com. Wir sehen. in der Kurve 2, | länger durchgeführte Beobachtung entscheiden, hierzu reichen unsere H
wie vor allem die Sekretmenge des nüchternen Magens rasch abnimmt | derzeit zeitlich zu kurz gewonnenen: Erfahrungen noch. nicht aus. =
. und ebenso die Aziditätswerte (für. die Salzsäure bis- in éin Defizit) | Das, was ich heute vor allem vorführen wollte, ist die biologische 7
„fallen, Die nach Probefrühstück gewonnenen Werte in der unteren |. Auswertung des Mittels: bei Ulkuskranken, die uns viel Interessantes a
Kurve 2.versinnbildlichen dasselbe.. Auch hier geht es von einem hyper- Sen en T a Mer E a oi
un ne ne az | | "Ich. habe schon anderen Orts auf die Bedeutung. des Jod- a
BE . » Kurve 2% Ze A zusatzes zu Reizkörperpräparaten zwecks Verbesserung ihrer Bin- =
ner aa o h I is 20 2 23 3 + g | wirkung auf lokale Gewebsprozesse hingewiesen... Die Affinität des _ .n
ae A afee 2 2fı.'2.3 of jo eyer] L T-I] f 7. | gewählten Präparates zum Krankheitsherde ist.hier die Vorbedingung =
| ` 100cem BO —— 2 lahim einer günstigen. und möglichst milden Heilwirkung. : Die Zeit der 2
| N | „Schloß-Stemmeisensinwirkung“ kann nur eine vorübergehende Phase 4;
‚80° Goe in der Entwicklung: der Reizkörpertherapie ‘vorstellen. Ihr weiterer =
= ER | Ausbau muß zur Behandlung speziell von lokalen Entzündungs- 5 y
i 60" 40° |: prozessen auf dem Wege zur Organ- und Gewebsspezifität erfolgen. ...
7, Die hohe Affinität des Jods zu Entzündungsherden ist ' bekannt. - ,
eg. Sp Man könnte. mir einwenden, daß die in wenigen Zehnteln Kubik- ` `;
2 | zentimeter Lipatren enthaltene Jödmenge zu gering ist, um: die von - Sr
‚ REN: mir supponierte Wirkung zu entfalten.. Dem. gegenüber möchte ich FE
Ang = = darauf verweisen, .mit wie geringem: Jodgehalt das Sekret der Schild- =:
os ee Hie ae drüse beherrschend in: den ‚Stoffwechselmechanismus eingreift. — `.. =:
=. ” -20°%1- -—-:16asamtaeidirär- - SEHR nE l ne E E ware 7 TE
| A E D EASE A o] = en nn no seen BE 26, nn Fe y
sm | | | | | | |. 1 a oem a zuleariedieh L >
| == bk SR HEN Si EEE M.m.W. 192, Ne.34 — 5. Herzberg, Klin. Wschr. 1922, Nr. 87. — 6. Holler, . -,,
a | | W.klW. 1921, Nr. 19. — 7..Derselbe, Arch. f. Verdauungekrkh.. 1922, 29, H 8/4,
| 5A —— - | 1923, 31, H.8/1;. 1924, 32, H. 5/6; u.a: O; — 8. H oller und Pollak, W.m.W. 1923, Nr. 7. Ah
= v UN. 1% ReiningundKeutzer, W.kl.W. 1923, Nr. 20; — 10. Loeb, Arch.f.exper. Path m
j 1907, 56, 8.320, — 11. Loeb und Michaud, ‚Arch; f. exper. Path. 1907, 8, 8.807. — . 2
40° l ; =- | 12. Mattausch, M.KI. 1924, Nr.8/9. — 13. Pribram, M.Kl. 1922, Nr.30; u.a. 0°: =
x er, N | — 14 Reiter. W.kl.W. 1917,Nr.20. — 15. Singer, M. KI. 1916, Nr.28.—16.Derselbe; im
: ol ~ -. e S SrO i | "W.kIW. 1917, Nr.20. — 17..Derselbe, D.m.W. 1918, Nr.17. — 18. Stierlin, D.Zschr. ni
20" | =] _ 1 £ Chir. 1920, 162. — 19, Tselios,M.Kl. 1928, Nr.31. — 20.’ Zimmer, M. KI. 1921, Nr.18. 5 "sh
oo. 1.1 ` — 21. Derselbe, B.ELW. 1921, Nr.20, 48, 440.45. 00000. De: -
m Freie HOI oO a . a De oe ii Wr a o a o Eas qT
SE z ee E y C SEN Aus der Dermatologischen Universitätsklinik in Graz- ` - ee
| = Erwähnen möchte ich. ferner, daß Ulkuskranke auf die erst- wi | (Vors tand:. Prof. m R . Matzeia 200); on ao iah
-= verabfolgten Dosen des Mittels, schon von 0,102 ‚em Kopf: Erfahrungen mit Stovarso. a
schmerzen bekommen, die bei Gesunden in dieser Hinsicht gar nicht I N | Bene DIE TEE a a
wirken. Weiter kommt es als- Ausdruck einer Hordreskkion bi] 00° Von Dr., Hans Weitgasser, Assistent. E un}
.. Ulkuskranken auf die ersten Injektionen zu Magenschmerzen, die | . , Schon vor der Entdeckung der Übertragbarkeit der Syphilis. ~ ^}
- bald’ wenige Stunden nach der Injektion, häufig auch erst am | auf den Affen war das Problem der persönlichen Prophylaxe der - a
folgenden Tage einsetzen, sowie zu leichten subfebrilen Temperaturen. | Syphilis Gegenstand eingehender Untersuchungen. Doch haben al -y
Bei vielen unserer Kranken sahen wir nach Lipatren eine auffallende | diese Experimente erst durch die Entdeckung’Metschnikoffs und _ Pr
Gewichtszunahme. 0593933 a | Roux’ eine feste Basis bekommen. ~ SET a E,
BR Wichtig erscheint mir auch auf das Verhalten des Blutdruckes | ‚ Metschnikoff selbst war auch der erste, der mit Roux die 3
_ hinzuweisen, besonders weil sich dasselbe bei allen unseren Fällen | Syphilisprophylaxe in den Kreis seiner experimentellen Untersuchungen 5
ziemlich einheitlich zeigte. Es besteht in einer Neigung des ‚systo- | zog. Es gelang ihm auch, mit einem 50°/,igen Unguentum cinereum
lischen -Druckes zur Erhöhung, des ‚diastolischen Druckes zur Ver- | Juetisch infizierte Impfstellen bei einem Schimpansen und einem N
minderung, so daß schließlich eine höhere Druckamplitude resultiert. | Macacus cynomolgus zu desinfizieren. Er versuchte dann Salben sk
© Eine an einem Ulkuskranken gewonnene Blutdruckkurve 3 soll | mit - Hydrargyrum praeeipitatum album und salizylarsenigsaurem ‘
anschließend ein derartiges Resultat demonstrieren. u Er TOTEN een 3
Be = | a Sy | Quecksilber. Schließlich schien ihm die bekannte 330/,ige Kalomel- À
Me ERE S :° Kurve3. 0 ‘Lanolin-Vaseline-Salbe am geeignetsten, mit der er auch an. ;
Tyan tal RT 2 34 8,7 "2 -Maisonneuve den bekannten Versuch mit Erfolg machte. - nE
i a | u Te RAR | J A 3 Im Gegensatz zu den eine absolute Sicherheit verbürgenden :
"120 E A ————n > > "Empfehlungen Metschnikoifs, Roux’ und Maisonneuves bestritt i
JRENDU als erster Neißer die unbedingt sichere Wirkung dieser Salbe. Dann 4
110 | E BEE EN Ben | erschienen zahlreiche Publikationen aus der Praxis, die yon Ver- . :
| N I/II IMIN! A ‚sagern berichteten (Carle, Butte, Gaucher, Lewy-Bing u. a. m.). i
wo es : Nachdem nun weder die Amylum-Tragant-Gelatine-Salbe mitSublimat, ` `.
100 By THANA TR | noch die Chininsalbe ein ganz verläßliches prophylaktisches Mittel x
| Ka: | bilden, erregten natürlich um so mehr in letzter Zeit die Publikationen
= von Levaditi und Navarro-Martin das größte Interesse, da sie a
iN | im.Stovarsol ein. Mittel angeben, mit dem es nicht nur durch ein „
u ae | “| fache perorale Applikation möglich ist, die Lues in den verschiedensten .
u TEEN | CE | Stadien zu heilen, sondern auch noch mehrere Stunden nach der In- i
70 | — = BE . fektion sie zu kupieren. , ne EA T
dm ihnen 10—20 cem einer 10°/igen Lösung von 1% per os
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m Präparat; das schon Ehrlich kannte, das aber als zu giftig an-
ehen wurde. Levaditi und Nava rro | ‚haben -ihre Versuche
derart angestellt, daß sie syphilitische Kaninchen mit Erscheinungen’
ud positivem Spirochätenbefund zuerst 24 Stunden hungern ließen,
jerabreichten. ee N,
Experiment 1: Kaninchen, 2750 g schwer, Läsionen am Prä-
. ptim, die reichlich Treponemen aufwiesen, bekommt .2 g Stovarsol
a perds. Am. 2. Tag Schwúnd der Spirochäten. Neuerliche Eingabe
yon 2g vom selben Präparat, Heilung der Läsionen am 4.
-prò Kilogramm. EAA ee > s
- Experiment 2: Kaninchen, 3080 g schwer, hat 2 Knoten am
kotum und einen kleinen Schanker, reich an Treponemen (Virus
Fonrnier-Schwartz), man verabreicht ihm per os 2 g von 190, die
irchäten verschwinden vom 1. Tag an und ‘die Noduli: werden
Ki ‚Vollständige und delinitive Heilung. am 6. Tag. Gesamt-
dosis 2 g = 0,66 œ pro Kilogramm. ’ a
` ‚Experiment 3: Kaninchen, 3150 œ schwer, hat offene Stellen
an Präpntium und am After, reich an Spirochaeta cuniculi.. Es-be-
"kommt 1 g von 190; Verschwinden der Spirochäten am 2. Tag und
Heilung der Wunden am 3. Tag, Ausbleiben von Rezidiven, keine
` Gewichtsibnahme. 1 g = 0,33 g pro Kilogramm.
. `'. Experiment 4: Ein Macacus cynomolgus wurde an den Augen-
brauen geimpft mit einem menschlichen Syphilisstamm, 12 Tage nach
der Inpfung papulöse Effloreszenzen mit positivem Spirochätenbefund,
9Tage darauf, als die Erscheinungen zahlreiche Treponemen enthielten,
"ang von 15 ge’ von 190. Die Erscheinungen überhäuten ‚sich am
3. Tag; neuerliche Eingabe von 1 g.
. 8. und vollständige Heilung am 6. Tag. Ae F |
| ‚Diese Experimente bewiesen ihnen, daß Stovarsol, per .os ge-
` nommen, eine schnelle und vollständige Heilung beim Kaninchen
undAlfen erzielen kann. Das Medikament wirkt toxisch in der
-Dosis 0,66 g pro Kilogramm. | | =
` ` Angeregt durch diese Erfahrungen haben sie nun 2 Personen,
Aund B, mit großen multiplen luetischen Erscheinungen behandelt.
- Abekam 16, B 14 g. Das Medikament wurde immer nüchtern ge-
ammen und löste keine Störungen des Allgemeinbefindens. aus
auber einer vorübergehenden Temperaturstörung, deren Ursache aber
nicht klar war. Die Treponemen verschwanden bei A endgültig
nach. 1 g, nach dem 7. Tag bei B. Die Geschwüre heilten rasch.
Bei A wurden am 12. Tag nach Beginn der. Behandlung roseolen-
atige Flecken beobachtet, die aber sehr.schnell wieder verschwanden.
` bFournier, L.Guenot und Schwartz.haben in gleicher
Weise therapeutische Versuche nach angegebener Methode bei
‚Kranken verschiedener Stadien der Syphilis unternommen, wobei
Me ähnliche Resultate wie die erwähnten erzielten. Die Haut-
erscheinungen schwanden schnell, doch beobachteten sie auch einige
Fälle von bald eingetretenen Rezidiven. Nach diesen Versuchen
wurde zugleich auch zum Impfen bei einem Macacus cynomolgus Nr. 13
unter die Augenbrauenbögen verwendet. Der Mann bekam 2/2 Stunden
ud 16 Stunden nach der Impfung 2 g Stovarsol per os, im ganzen
35 Der Macacus zeigte am 10. Tag-papulöse Erscheinungen, : die
‚. @seheinungen innerhalb einer: 47 tägigen-- Beobachtungszeit be-
mdmngen im Pasteurschen Institut und im Hospital Cochin ge-
‚acht. Erwähnen wollen wir dabei einen Fall, den Marie eben-
mitbeohachtete. Ein 32 jähriger Mann, selbst nie geschlechts-
ak, ließ sich freiwillig an beiden Armen Syphilis einimpfen,
geimpft. 5 Stunden nachher bekam der Mann 2 g per os.. Resultat:
| nal blieb während einer Beobachtungszeit von 68 Tagen er-
Meinungsirei (am 51. Tag war die Wa.R. negativ), der Affe bekam
an 11. Tag ein syphilitisches Gesehwür. Re
Er: Fournier und Schwartz berichten ferner über eine Frau,
a ihrem Manne, der seit 8, Wochen an einem Geschwür mit
a en Spirochätenbefund am. Penis ‚litt, verkehrte. Bei
Untersuchung der Frau keine offene Stelle, Wa.R. negativ.
an gab ihr in 2 Serien von 3 Tagen 7 g von 190; keine Schädi-
sug aufgetreten. Wa.R. negativ. Ferner teilen oben genannte einen
ihn i P räputialschanker leidenden Manne „verkehrte. Sie bekam
anerhalb von 5 Tagen 6 g von 1%.
-
924 — MEDIZINISCHE KLINIK. Nr. 28.
len Tag und `
volkommener Schwund der Spirochäten. Gesamtdosis 4 g = 1,5 g-
Verschwinden der Spirochäten .
mm hat sich von ihnen ein Mann, 25.Jahre alt, mit syphilitischem
Vitus an den beiden Armen impfen lassen; ` dasselbe Impfmaterial
nmen. Wa.R. blieb stets negativ. (Diese Untersuchungen wurden .
wter Mitarbeit von Marie durchgeführt.) .Ferner wurden Unter-
` mgleich wurde mit demselben Virus: ein Affe an den Augenbrauen
n ische en Fall mit, wobei eine Frau mit ihrem an einem syphili-
In der Folge keine Er-
Die weiteren Versuche
chtungen -bei 21 Tieren ‘haben ergeben, ‚dab „190“, per os.
. Spirochätenbefund
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genommen; nach 2, 5, 6, 12,24 Stunden, 2 ja sogar nach 7 Tagen
. nach der Infektion mit’Spirochäten noch präventiy wirkte. (Die ver-
suchte Minimaldosis ist 0,1 g pro Kilogramm:) .
Von diesen Resultaten haben wir anfangs nùr durch Zeitungs“ E
notizen Kenntnis erhalten. ' Die Originalberiċhte sind uns. erst m .
letzter Zeit zugänglich geworden. _ Inzwischen sind, bereits Berichte u
über Versuche mit. Stovarsol von Gruß und Oppenheim er-
schienen. Unsere Versuche ergaben aber vön diesen einigermaßen . - -
verschiedene Resultate. - Deshalb sei es erlaubt, über dieselben kurz
zu berichten. u A A la r A ect ee
Falii. P.A.,28 Jahre alt, aufgenommen’ am 10. April 1924:mit
.
einem typischen Ulcus durum mit beiderseitiger Drüsenschwellung,
| Spirochätenbefund in dem vom Ulcus ge: -
wonnenen Sekret stark poii Wa.R.:. mittelstark positiv, wahrschein-.
rechts mehr als links.
liche Krankheitsdauer 6—7 Wochen.: — 11. April: Pat. bekam 4mal
.1 Tablette Stovarsol; abends Temperatur 39,20..— 12. April: fieberfrei, i ,
''Spirochäten negativ.. Pat. n
ahm ‘auch in der. Folge täglich 4 mal
1 Tablette. — 21, April: das Ulcus verheilt, aber ‘es restiert eine leder-
harte Narbe. WaR.:
etwas kleiner geworden,
der angegebenen Behandlungsdauer ist es also gelungen .den Primär-
affekt bis auf eine restierende Narbe zum Schwinden zu bringen, nicht
aber den Wassermann negativ zu bekommen. -
Fall 2 A., 27- Jahre alt, aufgenommen am 26. April 1924;
- Sklerose von Erbsengröße im Sulcus coronarius mit speckigem Belag.
Inguinaldrüse rechts kleinnußgroß. .. Im Sklerosensekret zahlreiche
en Wa.R. und D.M. .negativ, mutmaßliche Krankheitsdauer
4
Nochen. Körpergewicht: 68 kg. -— 28. April: 3:mal 0,25. Stovarsol,
abends leichter Temperaturanstieg, 87,50. — 29. April; -Spirochäten- .
befund im Sklerosensekret:. negativ. -4 Tabletten Stovarsol nun täg-... .-'
lich bis zum-28. Mai. — 30. April: Sklerose in Reinigung. — 5. Mai:
Ben wieder negativ, ebenso Wa.R. und D.M.: — 9. Mai:
a.R.: negativ, D.M.: schwach positiv mit Eigenhemmung. "Inguinal- ~
| Mai: Sklerose vollständig ‚bis. auf
drüse rechts wenig verändert: — 15.
stark positiv. — 26. April: Inguinaldrüsen zwar i
aR. blieb aber positiv. — Im. Verlaufe `
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einen derben Knoten an Stelle des: P.A.*ausgeheilt. — 19:Mai: WaR.: --
negativ; Meinicke mittelstark positiv. : Nach Angabe der französischen .
Autoren wird eine Behandlung von 16 g als ausreichend angesehen;
da aber an Stelle ‘der verheilten Sklerose noch eine’ lederharte Ver-
diekung sich findet, wird eine Probeexzision gemacht und das
exzidierte Stück ‘nach Levaditi ‚gefärbt; in diesem Präparat ‘konnten
nun noch Spirochäten nachgewiesen werden. — 23. Juni:
mittelstark' positiv. Wa.R.: negativ. Körpergewicht 61,5 kg. Ent-
lassung aus dem Spital. Für den 29. Juni aber zur Kontrollblutunter- ->
suchung bestimmt.. Diese ergab jetzt nicht nur positiven Meinicke,
29. April 194.
_Seleroses erosivae in lamina interna praeputii. 'Scleradenitis inguinalis `
sondern es fiel auch die Wa.R. positiv aus.
Fall 8. G. L-25 Jahre .alt,: Aufgenommen aın
permagna: Spirochätenbefund im Sklerosensekret stark" positiv. WaR.:
mittelstark positiv. Mutmaßliche Krankheitsdauer 7 Wochen: Körper- `
ewicht 66 kg: — 30. April: 4 mal täglich 1 Tablette Stovarsol; abends >
‚Temperatur 39%. Zugleich Abführen mit heftigen Magenkrämpfen. — - -7.
2. Mai: Spirochätenbefund des..Sklerosensekretes: negativ. — 5.Mai:, `
Wa.R. mittelstark positiv; Drüsenschwellung beiderseits etwas abge-
nommen. Spirochätenbefund des Drüsenpunktionssekretes negativ. —
' 8. Mai: Sklerose vollständig überhäutet. — 9. Mai: D.) engo
Wa.R.; derselbe Blutbefund am 19. Mai.
`
"Levaditi gefärbt. ` Es fanden sich auch da`noch Spirochäten. — 26: Mai: `
Koe 65,5 kg. Patient bekam. > '
Sklerosen
Wa.R. und D.M. positiv.
während der ganzen Tage 4mal 1 Tablette Stovarsol. Die
heilten zwar rasch, der. Blutbefund wurde aber nicht gebessert. ~
Fall 4 B: F., 30 Jahre: alt, aufgenommen. am 7. Mai 19%. Im `
Sulcus- coronarius ein großes’Ulcus mit Oedema indurativum.: Inguinal-
drüsen beiderseits vergrößert, indolent; am Bauch ein psoriäsiformes --
` syphilitisches Exanthem; Spirochätenbefund im Sklerosensekret positiv.
Wa.R.: positiv. Krankheitsdauer 10 Wochen. Körpergewicht 625 kg..
— 8. Mai: 4 mal Stoyarsol; abends Temperatur 88,4". — 9. M
‘frei’ Keine e mehr im Ulcus nachweisbar. — i2. Mai: Wunde
reinigt sich;
lich 4 Tabletten bekommen, heute damit ausgesetzt.
normal. — 2i. r
das in einigen Stunden wieder verschwunden: ist.
tragen hat. Blutproben am:'28. Mai. D.M. und WaR.: stark
Geschwür vollständig. überhäutet. —. 26. Mai: Drüsen etwas zurück-
egangen, Exanthem geschwunden. Gewicht 57 kg. Wir schen also,
daß bei der von den französischen Autoren als ausreichend bezeichneten
Stovarsolmenge zwar Heilung des Geschwüres und: Exanthems, nicht:
aber. Beeinflussung. des Blutbefündes, zu erzielen war.
Fall 5. St.J., 23 Jahre alt, aufgenommen am 5.Mai 1924; Sclerosis
erosiva in radice penis. . :Scleradenitis inguinalis dextra na
D.M. negativ. Krankheitsdauer 4 Wochen. Körpergewicht 65 kg. Amal
täglich 1 Tablette Stovarsol. — 8. Mai: Spirochäten negativ. — 9. Mai:
Meinicke:
| ai: D.M.: positiv ebenso
Ä ; An diesem Datum wurde auch -
ein Stück aus der. lederharten Sklerosennarbe exzidiert und nach >
Exanthem bedeutend zurückgegangen. — 19. Mai: Abends’
40.40 Fieber, Kopfschmerzen. — 20. Mai: Patient hatte bis gestern tig.
a Temperatur abends +
Mai:. Morgens ein klein makulopapulöses Exanthem,
le Qer vers 4 mal wieder täglich
Stovarsol, was Patient bis zu seiner Entlassung am 26. Mai gut ver-
positiv; .
es Sklerosensekretes: stark positiv. V End
‚Mai: fieber-
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handen.
27. Mai: Exzision der Narbe nach der Sklerose und Färbung nach
bedeutung des Stovarsols nicht so sehr für die. Behandlung der
sichtlich mit einer Salvarsankur zu erreichen gewesen wäre.
spezifische Wirkung der Salizylsäure auf die Staphylo-ete. Kokken
' ist seit langem bekannt und wird vor allem bei rheumatischen,
4
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.28.
Spirochätenbefund im Sklerosensekret wieder negativ. Geschwür reinigt ,
sich. — 21. Mai: on: Meinicke: stark positiv. Wa.R.: positiv. —
22. Mai: Sklerose vollständig überhäutet; Drüsenschwellung noch vor-
Das Drüsenpunktat ergab negativen Spirochätenbefund. —
Levaditi; es konnten auch da noch Spirochäten gefunden werden.
— 2. Juni: Pat. bekam bis 2. Juni täglich 4mal 1 Tablette: keine Er-
scheinungen mehr außer leichter Drüsenschwellung rechts, Wa.R. aber
mittelstark positiv. Körpergewicht 63 kg. l u
Fall 6. I. M., 21 Jahre alt, aufgenommen am 27. Mai 1924. Ulcus
durum im Suleus coronarius mit stark positivem Spirochätenbefund im
Sekret; Lymphstrang deutlich zu tasten, Inguinaldrüsen rechts mehr
als links vergrößert. Kraniheitedaner 5Wochen. Wa.R. positiv. Meinicke
Spur positiv. — 28. Mai: 4mal täglich 1 Tablette Stovarsol, abends
leichter Temperaturanstieg, 87,4%. — 29. Mai: nach 5 Tabletten Spiro-
chätenbefund positiv, entzündliche Schwellung und Vergrößerung des
Primäraffektes. Es zieht ein roter Streifen an der Haut vom Primär-
aliekt gegen den Mons pubis, wo sich eine sehr druckempfindliche
Stelle findet: die rechte Drüse ist größer geworden und schmerzhaft,
während sie tags vorher nußgroß, indolent war. Wa.R.: stark positiv.
(Lokaler Jarisch-Herxheimer.) — 30. Mai: Schwellung und Schmerz-
haftigkeit zurückgegangen, Spirochäten negativ. — 2. Juni: Geschwür
fast verheilt. — 4. Juni: Blutprobe positiv. — 6. Juni: Primäraffekt
vollständig überhäutet. 17. Juni: Wa.R. und D.M. mittelstark positiv.
Aus den mitgeteilten Krankengeschichten ist besonders her-
vorzuheben, daß bei Fall2 und 5, die mit einer negativen Wa.R.
und einer Krankheitsdauer von. 4 Wochen zur Stovarsolbehandlung
kamen, bei der von französischen Autoren als ausreichend bezeich- .
neten Behandlung die Primäraffekte zwar makroskopisch ausgeheilt
erschienen, jedoch die Blutprobe nicht negativ blieb, sondern positiv
wurde und es auch am Ende der Behandlung noch war. Im mikro-
skopischen Bilde wurde ferner das Vorhandensein von Spirochäten |
- in der Sklerosennarbe konstatiert:
die Spirochäten rasch aus der Geschwürsfläche zum Schwinden
bringen kann, nicht aber in 'den tieferen Geweben. Ferner zeigen
uns Fall 1, 3, 4, daß Stovarsol den positiven serologischen Befund,
trotz energischer Behandlung innerhalb der Kurdauer, nicht in eine
negative Reaktion umwandelte. Außerdem konnten wir bei fast allen
Fällen nach den ersten Tabletten eine vorübergehende Temperatur-
steigerung beobachten, die wohl analog wie bei einer ersten Salvarsan-
injektion als Endotoxinsturm durch reichlichen Spirochätenzerfall
erklärt werden mag.
Schon nach den französischen Autoren scheint die Haupt-
syphilitischen Krankheitserscheinungen, . als vielmehr für die Pro-
phylaxe in Betracht zu kommen. Nach unseren bisher noch geringen
Erfahrungen entfaltet Stovarsol zweifellos eine eklatante, namentlich
dermotrope Wirkung insofern, daß in. überraschend kurzer Zeit die
Spirochäten aus den Primäraffekten verschwinden, dieselben rasch
überhäuten. und die klinischen sichtbaren Erscheinungen der Lues
auf der Haut zum Schwinden gebracht werden. Nicht so sicher
scheint uns aber die von den französischen Autoren angegebene
prophylaktische Wirkung zu sein, zumal die oben angeführten 2 Fälle,
welche in der 4. resp. 5. Woche post infectionem zur Behandlung
kamen, doch geeignete Fälle für eine Abortivkur waren, die voraus-
i \
infiltraten mittels Esterdermasan.
Von Dr. Manfred Mayer-Zachart, Berlin.
Kritzler-Rüstringen!) empfahl bei im Entstehen begriffenen
Furunkeln möglichst frühzeitiges Auftragen von 15—20 %/,igem
Salizylkollodium. Mit dieser Methode habe ich in vielen Fällen ganz
ausgezeichnete Resultate erzielt, welche m. E. weniger . durch eine
Zur Abszeß -Therapie und Prophylaxe von Iniektions-
bedingt sind, als vielmehr durch den an der Stelle der Applikation
hervorgerufenen kräftigen. Hautreiz, der. zu einer lokalen Hyperämie
und damit zur Resorption des Furunkels führt. Ä
Die äußerliche Anwendung der Salizylsäure in Salbenform
gichtischen und neuralgischen Erkrankungen gern gebraucht.
Der Gedanke war naheliegend, derartige Präparate auch in
anderen Fällen zu versuchen, bei denen eine lokale Hyperämie
erstrebt wird. |
1) M. KL 1918, Nr.1.
| wirkte Hautreiz stärker auftreten,. als erwünscht ist.
‚Fällen dürfte das Rheumasan (Dr. R. Reiss), das weniger Salizyl
Es scheint, daß das Stovarsol |
sucher (F. Kraus,
\
Ich habe in geeigneten Fällen eine Anzahl in Frage kommender
Präparate versucht und habe die besten Resultate mit dem Ester-
Dermasan (Dr. R. Reiss) erzielt, das nach einem besonderen Ver -
fahren hergestellt wird und außer aktivierter Salizylsäure noch
Salizylester in Verbindung mit überfetteter Seife enthält.,
' So habe ich mit Ester-Dermasan im Entstehen begriffene
Abszesse mit bestem Erfolge beeinflußt. Die Schmerzen schwanden
. bald und das. Infiltrat bildete sich’ schnell zurück.
Besonders eklatant. war der Erfolg. dieser Behandlung bei .
' einem Morphinisten, der an beiden Oberschenkeln massenhaft
Injektionsabszesse hatte. _
Schmerzhafte Knoten, welche nach manchen subkutanen und
intramuskulären Injektionen auftreten, z. B. nach intraglutäalen Hg-
Injektionen, wurden schnell zur Resorption gebracht. o
Besonders gut war die Wirkung dieser Behandlung in Fällen,
bei denen nach intravenöser Injektion sich ein paravenöses Infiltrat
gebildet hatte. Sogar die überaus schmerzhaften Salvarsan-Infiltrate
wurden bestens beeinflußt. | 2.
Ich: glaube, daß diese Behandlungsweise sich in vielen anderen
Fällen besser und nachhaltiger bewähren dürfte, als andere hyper-
ämisierende Mittel, wie z. B. der Prießnitzsche Umschlag.
Die Technik ist sehr einfach: Auf eine Mullkompresse wird
das Ester-Dermasan dick aufgetragen und mittels einiger Binden-
touren über der betreffenden Stelle fixiert. Dies geschieht bis zu
dreimal täglich. | |
Bei Patienten mit sehr empfindlicher Haut kann der so be-
In diesen
enthält, zum Ziele führen..
Aus der I. Medizinischen Universitätsklinik in, Wien |
_ (Vorstand: Prof. Dr. Wenckebach).
Über den Gesamtstoffwechsel bei Kreislaufstörungen:
< Von Dr. Franz Kisch, Marienbad. -
Die bisher nur in spärlicher Zahl vorliegenden Literatur-
angaben über das Verhalten des Grundumsatzes bei Zuständen von
Kreislaufstörungen, welcher Frage sowohl von klinischer als auch
von patho-physiologischer Seite bislang nur wenig Aufmerksamkeit
geschenkt wurde, faßt E. Grafe in seiner „pathologischen Physio-
logie des Gesamt- und Kraftstoffwechsels* dahin zusammen, daß die
dyspnoischen Herzkranken berechtigt sein dürfte, bei welchen eine
Vermehrung der Atem- und. Herzarbeit vorauszusetzen ist. |
Die sinnfällige klinische Beobachtung, daß manche Kreislauf-
kranke, insbesondere Arterio- und Nepbrosklerotiker jenseits des
unter sogar hochgradige Gewichtsabnahme aufweisen, ohne daß das
in derartigen ausgesprochenen Fällen gebieterisch erscheinende
zubringen vermöchte, gab Anlaß, sich für den Gesamtstoffwechsel
solcher Patienten zu interessieren.’
Da nicht nur ein Moment allein, sondern eine ganze Reihe
von Faktoren imstande ist, bei Kreislaufkranken ein von der Norm
abweichendes Verhalten des Grundumsatzes zu erwirken, stößt auch
die Deutung der Stofiwechselbefunde hier auf Schwierigkeiten; des-
halb erscheint es zweckmäßig, die einzelnen diesbezüglich in Betracht
kommenden Ursächlichkeiten gleichzeitig mit den entsprechenden
Untersuchungsergebnissen in Diskussion zu ziehen.
Im Laufe unserer Untersuchungen kamen wir zur Überzeugung,
daß die Bestimmung des. respiratorischen Quotienten — soweit der-
selbe in kurzfristigen Versuchen überhaupt genau ermittelbar ist —
keine wesentliche Bedeutung habe, da aus demselben — insbesondere
bei dyspnoischen Zuständen — keine sicheren Schlüsse auf das tat-
sächlich bestehende Verhältnis: zwischen Sauerstolfverbrauch und
Kohlensäurebindung gezogen werden können. Eine “Anzahl. Unter-
x Grafe u. a) fanden bei Dyspnoe in „kurz-
fristigen“ Versuchen niedrige, sogar subnormale Werte für den respira-.
torischen Quotienten, wie wir solche (mittels der Douglas-Haldane-
_ schen Methode) gleichfalls festzustellen vermochten; bei „langdauernden“
Versuchen läßt sich dagegen — wie E. Grafe ermittelte — keine Ab-
weichung von der Norm beobachten! Wir nahmen demnach unsere
Untersuchungen zu einem guten Teil nur mit dem von A. Krogh
und nahmen bei der Berechnung der Kalorienwerte den kalorischen
Brennwert des Sauerstoffs mit 4,9 an; dieser Brennwert entspricht
einem respiratorischen Quotienten von 0,8; an dem der Untersuchung
13. Jui
Annahme einer Grundumsatzsteigerung eigentlich bloß bei jenen
mittleren Lebensalters, nicht selten eine fortschreitende und mit- -
Fahnden nach einem etwa verborgen sich abspielenden malignen
Prozeß dann irgendeinen in dieser Richtung positiven Befund bei-
konstruierten Apparate zur Bestimmung des Sauerstoffverbrauches vor
13: Jul . Br
"yorangeh
> pines respiratorischen
‚grichenden Normalwert von 912 gegenüber eine Steigerung um 450/0;
die interessante Beobachtung registrieren, daß die vorhandene
durchaus nicht parallel zu gehen braucht. In den beiden oben an-
pe men won -—- nn Ton
d .
= miskulatur geleistete Arbeit, offensichtlich in beträchtlichem Grade
' - gesteigert, doch entsprach die hier festgestellte Vergrößerung des
| y kapazität, mechanische Momente (Thoraxstarre u. dgl.).
- sich Solgendermaßen verhielt: die gewissermaßen „anfallsweise“ ein-
`. Memstillstand bis zu 3 Minuten Dauer!), dabei kommt es zu intensiver
wert 2017, bzw. 2096, bzw. 2039, bzw. 2106,
`
= `
enden Tage ließen wir dem Patienten eine eiweißarme Kost
en — entsprechend den Vorschriften Kroghs —, so daß unter
ler Verbrennungsverhältnisse die Zugrundelegung
Quotienten von 0,8 gerechtfertigt erscheint. Bei
einer Anzahl von Untersuchungen bedienten wir uns auch der Douglas-
verabiolg
Voraussetzung norma
_ "Haldaneschen Methode.
Gelegentlich der Grundumsatzbestimmung an 2 Fällen von
hronischm Lungenemphysem mit ausgesprochen hochgradiger
Dyspnoe konnten wir nebst der Feststellung einer Erhöhung des
| Gesantstoffwechsels:
Fall La., 57 Jahre, 80,4 Kilo Gewicht, 175 cm hoch; der Sauerstoff-
verbrauch beträgt 265 ccm per Min., der Kalorienwert 1870, d. i. dem ent-
sprechenden Normalwert von 1663 gegenüber eine Steigerung um 120/9;
‘ Fall Pez., 70 Jahre, 47 Kilo Gewicht, 148 cm hoch; der Sauerstoff-
verbrauch beträgt 235 ccm per Min., der Kalorienwert 1658, d. i. dem ent-
Steigerung des Grundumsatzes derVergrößerung des Minutenvolumens
seführten Fällen war die Atemanstrengung, d. i. die von der Atem-
Minutenrolumens in ihrem Ausmaße nicht der im Hinblick auf die
Maskelmehrleistung zu erwartenden Vermehrung desselben; das
Verhalten des Minutenvolumens scheint vielmehr noch von anderen
Umständen -abzuhängen: Atemtypus, Größe der Mittellage, Vital-
." In einem ganz eigenartigen Falle schwerster, mit apnoischen
Phasen einhergehender Dyspnoe unbekannter Ätiologie hatten wir
Gelegenheit, das Verhalten des Gesamtstoffwechsels zu untersuchen;
die außerordentliche Seltenheit der hier vorliegenden Erscheinungen
gibt uns wohl die Berechtigung, Näheres mitzuteilen: |
Bei dem 18jährigen Patienten stellte sich im Anschluß an eine
vor 2 Jahren durchgemachte Enzephalitis eine Atemstörung ein, welche
tretende Dyspnoe kündigt sich damit an,.daß der Kranke beim Atem-
schöpfen den Mund zu ölfnen gezwungen ist, anschließend nehmen die
Atemzüge immer mehr an Tiefe ab und werden langsamer, endlich
setzt eine vollkommene Atempause langer Dauer ein (wir beobachteten
Zyanose; nach der apnoischen Phase werden die Atemzüge tiefer und
irequenter, bis der vor dem Anfall bestandene Atemtypus wieder er-
scheint. Erwähnt sei, daß Sauerstoffinhalation — in analoger Weise,
wie dies bei „Cheyne-Stokes“ beobachtet werden kann — die Atem-
pasen hintanzuhalten imstande ist. Der Sauerstoffverbrauch dieses.
atienten Ge. (18 Jahre, 52 Kilo Gewicht, 162 cm hoch) betrug 'auf der
Höhe der Dyspnoe, d. i. vor Auftreten der apnoischen Prodrome,
9T cem pro Min., der Kalorienwert 1832, also dem entsprechenden
Normalwerte von 1380 gegenüber eine ‚Steigerung um 26%.
Während die Steigerung des Minufenvolumens in diesem Falle
sehr beträchtlich war (20,16 Liter Minutenvolumen), war die Steige-
ung des Grundumsatzes doch keine außerordentlich große.
, Unsere Untersuchungsergebnisse bei ' Aorteninsuffizienz
zeigen auf, daß sich hier — auch ohne Bestehen erheblicher.
Dyspnoe — sehr häufig beträchtliche Steigerungen des Grund-
umsatzes vorfinden: | | ee
| Fall Eh., 56 Jahre, 80 Kilo Gewicht, 183 cm hoch; der Sauerstoff-
verbrauch beträgt 280,8 ccm per Min., der Kalorienwert 1981, d. i. dem ent-
sprechenden Normalwert von 1704 gegenüber eine Steigerung um 18,1 °/o-
Fall PI, 41 Jahre, 57 Kilo Gewicht, 168 cm hoch; der mittels der
„Douglas-Haldaneschen“ Methode festgestellte Wert für den Sauer-
sollverbrauch betrug 262 ccm, für die Kohlensäurebindung 188,9, der
r pratorische Quotient somit 0,721. ,
hr iedenen Tagen bestimmte Sauerstoffverbrauch beträgt 286 ccm,
zw. 297 ccm, bzw. 289 ccm, bzw. 298,6 ccm pro Min., der Kalorien:
Normalwert von 1414 b S d. i. dem nr u
x on egenüber ej l m ZW.
8250, bzw. 30,10/, bo 32.80, Re Bi
Fall Du., Sauerstoffverbrauch 281 ccm, Kalorienwert 1986, d. i..
dem a menden Normalwert von 1510 gegenüber eine Steigerung
}) d* . , &
bau an Ce., Sauerstoffverbrauch an verschiedenen Tagen: 332 cem,
ei 9 L cem, bzw. 327 ccm per Min., Kalorienwerte von 2342, bzw. 2265,
" 2307, d. s. dem entsprechenden Normalwert von 1658 gegenüber
Ä “eigerungen um 29,20/,, bzw. 26,70%, bzw. 28,20/9. aeg
Li à all Eb., Sauerstoffverbrauch 309 ccm pro Min., Kalorienwert 2180, -
œ dem entsprechenden Normalwert von 1650 gegenüber eine Steige-
Tung um 24,80/,. | |
ins „schen wir aus den angeführten Fällen, daß bei Aorten-
Wlzienz ohne beträchtliche Grade von Dyspnoe Grundumsatz-
Steigerungen bis gegen 30%, nicht gar selten zu sein scheinen, so
. 19%4 — MEDIZINISÖHE KLINIK — Nr. 28. °
— Der nach Krogh an ver- .-
zeigen die folgenden Fälle von Aorteninsuflizienz mit ‚hochgradiger
Dyspnoe, daß. hier noch ausgiebigere Steigerungen des Grund- |
‚umsatzes gegenüber der Norm auftreten. können: T T
Fall Blu., 62 Jahre, 83 Kilo Gewicht, 164.cm hoch; der Sauer- ,
stoffverbrauch beträgt- an zwei verschiedenen Tagen 366,3. cem,, bzw. ;
870 ccm per Min., die Kalorienwerte 2584, bzw. 9610, d.i. dem ent-
Peman Normalwert von 1610 gegenüber eine Steigerung um
90, bzw. 38,8%.
"Fall Ki., 51 Jahre, 64 Kilo Gewicht; 170 cm hoch; der Sauerstoff-
verbrauch beträgt 298 ccm per Min., der, Kalorienwert: 2102, d.i. dem
Normalwert von 1023 gegenüber eine Steigerung um 13) 00: 1] >
"Fall Ze., 48 Jahre, 70 Kilo Gewicht, 168 cm hoch; der Sauer-
stoffverbrauch beträgt 849 ccm per Min., der Kalorienwert 2462, d. i
dem entsprechenden Normalwert von 1586 gegenüber eine Steigerung
um 35,600. ' , p7 . . ` >
‘Nach den bestehenden Beobachtungen und Berechnungen be-
| trägt der-Anteil eines normalen Herzens an dem 'Gesamtstoffwechsel e
.kreislaufgesunder,
in ruhendem Zustand befindlicher Menschen
nur 5°/,; diese Feststellung macht es erklärlich, daB die meisten
Autoren auch beim ‚Bestehen pathologischer Herz- und: Kreislauf-
verhältnisse dem Einfluß der Herzarbeit auf den Gesamtstoffwechsel -
‚keine sonderliche Bedeutung beimessen zu dürfen glauben. Unseres
Dafürhaltens kann unter Umständen die „Herzarbeit“ als solche
doch immerhin eine gewisse Rolle für den Gesamtstofiwechselwert
spielen; wir meinen, daß ‘bei ausgesprochener Hyperirophie des
Herzmuskels der Anteil des Herzens an dem Gesamtstoffwechsel E
zumindest in gleichem ‘Ausmaße bewertet. werden soll wie die-
‚Arbeitsleistung eines normalen Herzmuskels während schwerer
körperlicher Arbeit. Englische Untersucher (Evans, Lewis; er
Starling, Bainbridge) stellten fest, daß -sich der Herzmuskel
bei schwerer Körperarbeit konform der Skeletimuskulatur verhält;
nach ihren Berechnungen beträgt: ‘der Sauerstoffverbrauch eines
normalen. Herzens bei einem Minutenvolumen von 4 Litern und
bei einem arteriellen Blutdruck von 100 mm Hg ungefähr 12,5 ccm
per Minute; ‘durcli die Koronargefäße strömen etwa 140 ‘ccm Blut
fache der bei Ruhe .durchfließenden Menge. Der -Ausnützungs-
koeflizient, d. i. das Verhältnis der Sauerstoffsättigung des arteriellen.
also hervor, daß der Sauersioffverbrauch eines normalen Herzens
' unter Umständen bei starker'Körperarbeit üben 100 cem per Minute
das vom Herzen bewältigte Blutquantum hier de facto größer ist,
energischer Körperarbeit nicht ganz von der Hand zu weisen.
bypertrophischen Herzmuskels das ausschlaggebende Moment für
der Mehrleistung der Atemmuskulatur verwiesen, glauben wir doch
(noch unveröffentlichte Untersuchung).
Störungen verschiedener Art(hauptsächlich kommt da die Thyreoi
in Betracht) den Grundumsatz ganz wesentlich ne
969
per. Minute; bei schwerer Muskelarbeit kann der Sauerstoffverbrauch
des Herzens auf etwa däs Acht- bis Neunfache des.Ruhewertes an-
steigen; auch kommt es gleichzeitig zu einer Vermehrung des `
durch die Koronargefäße strömenden Blutes bis, auf das etwa Sechs-
zur Sauerstoffsättigung ‘des venösen Blutes (Sauerstoffsättigung des
arteriellen minus Sauerstofisättigung des venösen. Blutes), steigt
‚dabei — wie dies von Krogh und Lindhard gefunden wurde — `..
in ähnlicher Weise an (auf 0,7). Aus den angeführten. Daten geht
betragen kann. Halten wir uns nun vor Augen, daß beispielsweise. _
bei einer bereits lange Zeit bestehenden Aorteninsuffizienz das linke
Herz eine gänz mächtige Hypertrophie aufzuweisen vermag und daß. `
Ohne etwa. behaupten zu wollen, daß die. Mehrleistung des s
die Grundumsatzsteigerung bei đer. Aorteninsuffizienz. bildet, indem
wir sogar betont auf den ersichtlichen Einfluß der Dyspnoe, bzw. .
nicht fehlzugehen, wenn wir die Herzhypertrophie als ein hierbei >
"möglicherweise in Betracht kommendes Faktum ansehen. Daß die.
Steigerung des:Grundumsatzes hier nicht etwa auf periphere Muskel- a
anspannung oder Muskelaktion. (man kann ja häufig bei Kranken .
{. mit Aorteninsuflizienz synchron mit dem Puls erfolgende Bewegungen .
_ des Kopfes, der unteren Extremitäten usw. beobachten) zu beziehen `
ist, geht aus Versuchen von Heinr. Schwarz hervor, welcher an-
läßlich einer ‚aus anderen Gründen nach Darreichung von Morphium ` |
vorgenommenen Grundumsatzbestimmung ermittelte, daß. die Werte .
vor und nach der Morphindärreichung kaum um 10°/,. differierten
Nicht ‚außer acht darf. gelassen werden, daß’ endokrine .
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| als dies durch die Bestimmung des Minutenvolumens -ermittelbar. :
| ist, weil ja beträchtliche Blutmengen aus der Aorta durch die ` |
‚insuffiziente Aortenklappe in die linke Herzkammer rückströmen'
(das Minutenvolumen weicht bei Aorteninsuffizienz zumeist ‚nicht _ in
oder nur unwesentlich von der Norm ab), so erscheint uns der Ver- _ -
gleich des Anteiles eines hypertrophischen Herzmuskels an dem ``
‚Gesamtruhestoffwechsel mit jenem eines normalen Herzens zur Zeit.
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der. Sauerstoffverbrauch beträgt
1924 — MEDIZINISCHER KLINIK — Nr.28.
‘stande sind, weshalb die. Bemerkung nicht überflüssig erscheint, daß
‚bei den vorerwähnten Aortenvitien gleichwie bei den anderen von
' uns ausgewählten Fällen von Herzklappenfehlern und von arteriellem,
. Hochdruck durchaus keine manifeste klinische Symptome einer
Anomalie der Schilddrüsenfunktion auffindbar waren.
. In der weitaus überwiegenden Mehrzahl unserer: Fälle von
'arteriellem Hochdruck fanden wir weit über der Norm be-
findliche Grundumsatzwerte. u |
Fall Lu., systol. Blutdruck 195 mm Hg, diastol. Druck 90 mm Hg;
der Sauerstoffverbrauch beträgt 226,3 ccm per Min., der Kalorienwert
1596, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1420 gegenüber eine
Steigerung um 11°%,. | | Be |
Fall Ha., systol. Blutdruck 195 mm Hg, diastol. Druck 122 mm Hg;
. der Sauerstoffverbrauch beträgt 855,8 com per Min., der Kalorienwert
2510, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1777 gegenüber eine
Suelgerong um 41,25%. | ps
Fall Wa., systol. Blutdruck 210 mm Hg, diastol. Druck 120 mm Hg;
der Sauerstoffverbrauch beträgt 277 ccm per Min.,
1955, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1146 gegenüber eine
Steigerung um 42,5°
be eo |
‚Fall Bi., systol. Blutdruck 215 mm Hg, diastol. Druck 110 mm Hg;
..der Sauerstoffverbrauch beträgt 180 ccm per Min., der Kalorienwert
1336, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1123 gegenüber eine
‚Steigerung um 16°/,.
Fall 6
Tu., systol. Blutdruck 235 mm Hg, diastol. Druck 140 mm Hg;
der Sauerstoffverbrauch beträgt 221 ccm per Min., der Kalorienwert
'1580,. d. ij. dem entsprechenden Normalwert von 1374 gegenüber eine
Steigerung um 13%,,. | T | |
~- Fall Fr., systol. Blutdruck 220 mm Hg, diastol, Druck 140 mm Hg;
1201, d. i. dem 'entsprechenden Normalwert von 814 gegenüber eine
Steigerung um 36°/,. | E |
| Fall Er., systol. Blutdruck 198 mm Hg, diastol. Druck 100 mm Hg;
‚der Sauerstoffverbrauch beträgt 374 ccm per Min., der Kalorienwert
2639, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1880 gegenüber eine
DIeigSrunR um 28,8%,. rn |
. Fal Wi., systol. Blutdruck 190 mm Hg, diastol. Druck 95 mm Hg;
der Sauerstoffverbrauch beträgt 243,2 ccm per Min., der Kalorienwert
1715, d. i. dem entsprechenden Normalwert- von 1426 gegenüber cine
Steigerung um 16,8%. o SR Te
| Fall Sch., systol. Blutdruck 240 mm Hg, diastol. Druck 156 mm Hg;
der Saue olver brauch beträgt 240 ccm per Min., der Kalorienwert
‘1693, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1023 gegenüber eine
Steigerung um 390/,.
Fall Fri., systol. Blutdruck 190 mm Hg, diastol. Druck 100 mm Hg;
der Sauerstoffverbrauch beträgt 235 ccm per Min., der Kalorienwert
1658, d. i. dem entsprechenden Normalwert von 1204 gegenüber eine
‚Steigerung um 27,5%.
In den oben erwähnten Fällen, in denen es sich zum geringeren
Teil um „essentielle Hypertonien“, zum größeren Teil um Nephro-
sklerosen handelte, bestehen Steigerungen des Grundumsatzwertes
bis um mehr als 420/, gegenüber dem Normalwert, ohne daß sich
_ irgendeine Beziehung zwischen Größe der Grundumsatzsteigerung
und Höhe des Blutdruckes oder Größe der Eiweißausscheidung fest-
stellen lassen könnte; auch die Pulsfrequenzzahl läßt sich in keine ge- .
setzmäßige Relation zu der Höhe der Grundumsatzsteigerung bringen,
wobei erwähnt sein möge, daß wir Fälle mit ausgesprochen hoch-
gradiger Tachykardie hier nicht mitanführten.
Die bei Hochdruckfällen fast ausnahmslos vorhandene Steige-
rung des Grundumsatzes läßt sich nur.schwer auf einer einheit-
lichen und einfachen Grundlage erklären. Julius Mannaberg,
welchem das große Verdienst zugesprochen werden muß, als erster
in.systematischer Weise Grundumsatzbestimmungen an Hypertonikern
' , vorgenommen zu haben (die Bestimmungen wurden von P.Liebesny
ausgeführt), konnte in 14 Fällen von „Hochdrucktachykardie“ (haup-
sächlich Frauen im Klimakterium) Steigerungen des Grundumsatzes
bis über 50°), feststellen und vertritt die Ansicht, daß diese Umsatz-
erhöhung auf das Konto einer thyreoidären Überfunktion gesetzt
werden müsse; insbesondere die von ihm fast gesetzmäßig beob-
achtete Tachykardie bei derartigen Hypertonikern scheint ein be-
achtenswerter Hinweis auf die Mitbeteiligung der Schilddrüse.
. H. Eppinger, L. v. Pap und Heinrich Schwarz, welch letzterer
eine große Zahl von — bisher noch nicht veröffentlichten — Grund-
umsatzbestimmungen an Hypertonikern vornahm, fanden gleichfalls
beinahe ausnahmslos erhöhte Grundumsatzwerte bei arteriellem Hoch-
druck, ohne auf. eine nähere Erklärung dieser Tatsache ein-
zugehen. | o; | E
Überlegt man sich, welche Faktoren hier überhaupt eine Rolle
zu spielen vermöchten, so muß‘ erstens die „Herzarbeit“, zweitens
die ev. vorhandene Dyspnoe, drittens die Berücksichtigung „endo-
kriner Einflüsse“ in Betracht gezogen werden, welch letztere nicht
der Kalorienwert
170 ccm per Min., der Kalorienwert
13. Juli
unbedingt von: seiten der Schilddrüse, vielmehr. auch von anderer
: Seite, z. B. der Nebenniere, stammen könnten.
Wenn wir auf Grund unserer Berechnungen bei der Aorten-
insuflizienz die Meinung äußerten, daß dort die gesteigerte Herz-
muskelarbeit als ein immerhin zu berücksichtigender Faktor der
Grundumsatzsteigerung angesehen werden könnte, 'so stützten wir
uns dabei auf die Tatsache, daß ja in diesen Fällen. das vom Herzen
bewältigte Blutquantum gewiß erheblich über der Norm liegt, ohne ;
daß dies im. peripheren Kreislauf (Rückströmen eines nennenswerten
Teiles des aus dem linken Ventrikel herausbeförderten Blutquantums
in die linke Herzkammer) in Hinsicht auf das Minutenvölumen zum
Ausdruck käme. Bei den Hypertonien kommt dies letztere Moment
in Wegfall, so daß das Vorhandensein einer erheblich gesteigerten
Herzmuskelleistung (erhöhter Widerstand, Hypertrophie des linken
. Ventrikels) auch eine entsprechende Steigerung des Minutenvolumens .
im Gefolge haben müßte; die — allerdings nur spärlichen — Lite-
raturangaben besagen hierüber, daß keine Erhöhung des Minuten-
volumens feststellbar sei; unsere eigenen Untersuchungen (allerdings
auch nurin relativ geringer Zahl) ergeben gleichfalls keine Steigerung
des Minutenvolumens mit Ausnahme von 2 Fällen (Fall Wa. wies ein -
Minutenvolumen von 10,23, Fall Tu. ein solches von 11,20 Litern auf).
Im allgemeinen kann man also die Mehrleistung des Herzens. nicht
‚allein für die Steigerung des.Grundumsatzes verantwortlich. machen,
wiewohl diese Mehrleistung in manchen Fällen eine beachtliche Be-
“deutung haben kann. An dieser Stelle sei erwähnt, daß wir in
2 Fällen von chronischer Nephritis mit typischem Krankheitsbild
und hochgradiger Anämie (9,30 bzw. 9,92 Hämoglobin in 100 cem '
‚Blut, Blutgas-analytisch bestimmt) ganz erheblich über der Norm .
liegende Werte für das Minutenvolumen fanden (über 20 Liter!); in
dem einen dieser Fälle war der Grundumsatz um 33°/, gesteigert:
Herr Ar., 49 Jahre, 50 Kilo Gewicht, 160 cm hoch; Sauerstoff-
verbrauch 261.ccm per Min., Kalorienwert 1842 gegenüber. dem ent-
sprechenden Normalwert von 1229; | |
in dem anderen um 34%: ` | E
Herr St., Sauerstoffverbrauch 246, Kalorienwert 1751 gegenüber u
dem entsprechenden Normalwert von 1156.
Dyspnoe vermag sicherlich an sich schon eine Steigerung des
Grundumsatzes zu bewirken, und bei Hypertonikern mit Dyspnoe
dürfte wohl letztere Krankheitserscheinung in Kombination mit der
vorhandenen Herzhypertrophie ihren gemessenen Anteil än dem
Zustandekommen der Grundumsatzsteigerung haben; doch darf nicht
übersehen werden, daß viele Hypertoniker durchaus keine Dyspnoe,
wohl aber einen bemerkenswert gesteigerten Gesamtstoffwechsel auf-
' weisen, so daß die ursächliche Erklärung für die Erhöhung des
Grundumsatzes noch in anderen Momenten gesucht werden mub.
Die Anämie, welche sich im Verlaufe einer chronischen
Nephritis nicht selten etabliert, muß in Rücksicht auf den Gesamt--
stoffwechsel solcher Kranker als bedeutungsvoll angesehen werden,
da eine Reihe von Untersuchungen feststellen konnte, daß unter
einer dabei zustande kommenden Mehrbeansprucliung des Herzens.
eine bedeutende Erhöhung des Minutenvolumens eintritt (siehe zwei
oben angeführte Fälle eigener Beobachtung). So kann auch dieser
Faktor im Einzellalle mit zur Erklärung der vorhandenen Grund-
umsatzsteigerung. herangezogen . werden. - T
Ein endokriner Einfluß auf den Gesamtstoffwechsel der
Hypotoniker wird in jenen Fällen, wo keine außergewöhnlich große
Mehrbeanspruchung des Herzens, keine Dyspnoe und keine Anämie
besteht, nicht von der Hand zu weisen sein; einzelne Momente
lassen ja an eine Überfunktion der Schilddrüse denken, z. B. die
nicht selten bestehende Tachykardie (welche allerdings in den von
‘uns angeführten Fällen keineswegs hochgradigen Charakter auf-
wies), worauf ja J. Mannaberg besonders hinwies. Es darf aber
eben nicht außer Acht gelassen werden, daß eine ev. bestehende
Anämie eine Erhöhung der Blutströmungsgeschwindigkeit (zur Be-
friedigung des.Sauerstofibedürfnisses der Gewebe) im Gelolge haben
kann, wobei die Tachykardie auf letzteren Umstand und nicht etwa
‚auf thyreogene Momente bezogen werden müßte. Auch kann in dem
einen oder anderen Falle der Beginn der Herzdekompensation die
Ursache für eine frequentere Herzaktion abgeben, so daß die Tachy-
kardie nicht unbedingt und immer als einfache Folge hyperthyreoider
Vorgänge gewertet und auf diesem Wege zur Erklärung der be-
stehenden Grundumsatzsteigerung herangezogen werden kann. Die
Annahme einer: Hyperthyreose zur Erklärung der bei der. über-
wiegenden Mehrzahl der. Hypertoniker. gefundenen Steigerung des.
Gesamtstoffwechsels scheint schon aus dem Grunde nicht immer
zulässig, weil ja selbst bei ‚den Fällen mit ausgeprägtester Steige-
rung des Grundumsatzes nicht nur die Tachykardie, sondern auch
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‚bemerkenswerten Abweichungen des Grundumsatzes von der Norm
Dyspnoe besteht, zeigen Aorteninsuffizienzen fast ausnahmslos erheb-
| benhachtet werden; die bei der Wildbader Kur häufig auftretende
ischeinung, daß nach einer Anzahl von Kurtagen oft an krank-
alle 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.28: 1000 971
der Einspritzung von Eiweißkörpern und anderen Stoffen bezeichnet
wurde. T, | | |
.. Auch Prof. Aug. Bier!) gibt seiner Überzeugung Ausdruck,
daß der Erfolg gewisser Badekuren nicht auf chemischen Stoffen
als solchen, sondern auf Reizwirkung zu beziehen ist, daß also die
Wirkung derselben einzig und allein nur aus dem Reiz, den sie
des andere Symptom, welches klinisch das Bestehen eines Hyper-
thyreoidismus vermuten oder sichern ließe, zuweilen gänzlich ver-
ibt wird. | |
g E. Grafe, welcher die Frage des‘ Verhaltens des Grund-
wmsatzes bei Hypertonikern in Diskussion zog, vertritt die Meinung,
daß die bei verschiedenartigen Zuständen mit arteriellem Hochdruck
beobachtete Erhöhung des Gesamtstofiwechsels vielleicht mit einer
Übertunktion der Nebennieren in Beziehung gebracht werden könnte.
Sowohl tierexperimentelle Untersuchungen als auch Beobachtungen
am Menschen ergaben, daß das Adrenalin imstande sei, den Gesamt-
stoffwechsel wesentlich in die Höhe zu treiben. So haben Bern-
stein und W. Falta nach Injektion von Adrenalin Grundumsatz-
steigerungen erheblichen Grades beobachten können. Die Unter-
suchungen bezüglich einer Hyperadrenalinämie bei Hypertonikern
sind zwar in negativem Sinne ausgefallen, was bei der großen
Schwierigkeit der experimentellen Lösung dieser Frage jedoch vor-
fg nicht als unbedingt gültiger Beweis gegen das Bestehen einer
Überfunktion der Nebennieren angesehen werden darf.
Nach unseren bisherigen Beobachtungen läßt sich bezüglich
dr Mitralklappenfehler (soweit sie nicht mit Aortenvitien
kombiniert sind) aussagen, daß bei ihnen: im allgemeinen keine
Organismus zu erklären sei. |
Die Wesenseigenschaft des in Frage kommenden Reizes ist
sagt Schober, daß diese Berührungswirkung ihre Eigenart in der
bisher noch unbekannten besonderen molekularen Struktur des
natürlichen Thermal- oder Mineralwassers einerseits und anderer-
Schleimhaut hat. | |
So zusagend diese Annahme ist, so bleibt dieselbe doch
der eine außerhalb, der andere innerhalb des Körpers gelegen ist,
nicht näher präzisiert und experimentell nachgewiesen sind. |
mit den Erfahrungen, die ich an unserer Akratotherme in Jo-
hannisbad gemacht habe, erbringen zu können. S
Auch hier zeigen sich dieselben Wirkungen, die man als Herd-
reaktion bzw. als allgemeine Leistungssteigerung- der Körperzellen
definieren kann. N
Die folgenden Ausführungen sollen dartun, daß die Reiz-
bestehen, ausgenommen jene Fälle, bei welchen sich schwerste
Dyspnoe vorfindet; so fanden wir z. B. beim Fall G. (Mitralvitium
mit hochgradiger Dyspnoe) eine Grundumsatzsteigerung um mehr
als 30%, gegenüber der Norm, beim Fall Mu. (inkompensiertes
Mitralvitium) eine Grundumsatzsteigerung um 33°/,, in einem
späteren Zeitpunkte mit bereits wesentlich gebessertem Befinden
(geringere Dyspnoe) bloß eine Grundumsatzsteigerung um 26°/,
gegenüber der Norm.
- Schlußsätze: Bei Kreislaufstörungen weichen die Werte für
den Grundumsatz häufig erheblich von der Norm ab. Während die
Mitralklappenfehler im allgemeinen nur dann einen nennenswert
gesteigerten Gesamtstoffwechsel aufweisen, wenn eine hochgradige
Einfluß des Johannisbader Thermalwassers es zu einer Reizung
bzw. Hemmung der parasympathischen Okulomotoriusendigungen
kommt, die bei genügend starker Einwirkung am Auge als Pupillen-
erweiterung in Erscheinung tritt. o
Thermalbädern geschieht weder in der allgemeinen Literatur über
lich erhöhte Grundumsatzwerte; diese Stoffwechselsteigerung ist hier |
mm Teil auf eine Mehrleistung des hypertrophischen Herzmuskels
zurückzuführen (Vergleich der Arbeitsleistung des stark hyper-
trophischen Herzmuskels mit der Arbeit eines normalen Herzens
während schwerer Körperarbeit; Hinweis auf das. Minutenvolumen
hierbei). Bei arteriellem Hochdruck finden sich außerordentlich
häulig bedeutend gesteigerte Grundumsatzwerte, welche einzelfalls
auf verschiedene Ursachen (Steigerung der „Herzarbeit“, ev. vor-
handene Dyspnoe, ev. bestehende Anämie, ev. endokrine Einflüsse:
Schilddrüise, Nebennieren) oder auch auf deren Kombination zu
beziehen sind. _
zum Jahre 1665 zurückreicht, eine Erwähnung, so daß sie also
wohl auch nicht beobachtet wurde. Daß dies aber trotzdem der
Fall ist, lehrte mich folgendes Ereignis. Mein jugendlicher Assistent,
Herr Dr. D., der kurzsichtig war, klagte mir im Juni 1913, daß er
seit einigen Stunden außerordentlich schlecht sehe und einge-
sonders aber die eine, stark erweitert waren, weshalb ich ihn. fragte,
ob er sich Atropin in die Augen geträufelt habe. Dies verneinte
er, dagegen berichtete er mir, daß er mehrere Tage hindurch täg-
lich im Schwimmbassin der Johannisbader Therme gebadet habe
sei, bis plötzlich am 5. Tage die Sehstörung eingetreten sei. Die
Pupillenerweiterung ging in dem nächsten Tagen wieder zurück,
worauf er wieder das frühere Sehvermögen erlangte.
Angeregt durch dieses Vorkommnis stellte ich an mir und
anderen diesbezügliche Versuche an, die ergaben, daß diese Pu-
pillenerweiterung in der Tat als Folge foreierter Anwendung der
Beitrag zur Heilwirkung der Akratothermen im Lichte
der modernen Reiztherapie.
Von Dr. A. Klug, Freiheit-Johannisbad (Riesengebirge).
Die vieltausendfach bewährte Heilkraft der Akratothermen
— auch Wildbäder genannt — ließ sich bisher trotz vielfacher Er-
ätungsversuche nicht begründen. Die Erklärung auf Grund der
Memischen Zusammensetzung derselben war infolge des geringen
Gehaltes dieser Heilwässer an mineralischen Stoffen von vornherein
aussichtslos. Auch die Heranziehung der natürlichen Wärme als
Heilfaktor versagte ebenso wie der Hinweis auf die größere Leitungs-
fähigkeit für den elektrischen Strom und auf die in allen Wild-
bädern vorhandene Radiumemanation. ' |
In dieses geheimnisvolle Dunkel scheint die neue Lehre
von der Reizwirkung und der Reiztherapie einiges Licht
bringen zu können. Schober machte als Erster darauf aufmerksam,
af die Kur in Wildbad gleiche Wirkungen zeitigt, wie sie bei der
mspritzung von Reizstoffen (Eiweißkörpern und anderen Stoffen)
tägliche Bäder in der Dauer von etwa 30 Minuten, wobei man
durch : oftmaliges Tauchen das Thermalwasser .auf die geöffneten
Augen einwirken läßt. Gleichzeitig kommt es zu einer Rötung der
Augenbindehaut durch vermehrte Blutanfüllung der er-
weiterten Blutgefäße, auch besteht Kopfdruck und manchmal
auch ziemlich heftiger, von den Augenhöhlen gegen den Scheitel
ausstrahlender Kopfschmerz. Besteht Kurzsichtigkeit, so tritt der
Erfolg rascher und stärker ein als bei Normalsichtigkeit, außerdem
gleichheit der Pupillen resultiert und das Sehvermögen durch
Hinausrücken des Nahpunktes in verschieden weite Entfernung ge-
stört ist. En
Diese auffallend starke Pupillenerweiterung kommt, wie er-
wähnt, nur bei übertriebenen Badeprozeduren mit direkter
Bespülung des Augapfels vor- Mäßige oder schwache Pupillen-
erweiterung mit entsprechend geringer bald vorübergehender Hyper-
ämie tritt aber auch nach normaler, mehrtägiger Badekur ohne
haften Stellen des Patienten eine Verschlimmerung, etwa in Form
erhöhter Schmerzhaftigkeit und Anschwellung auftrete, sei identisch
mit der Herdreaktion bei der genannten Einspritzung von Reiz-
stoffen; die Bäderreaktion sei demnach als „unspezifische“ Herd-
reaktion zu qualifizieren; ebenso sei die „allgemeine Körperum-
nen 5“, wie die früheren Badeärzte den günstigen Einfluß der
alerkur auf das allgemeine Befinden nannten, gleichbedeutend
Y.: er „allgemeinen Leistungssteigerung“ des Körpers, die von |
!chhardt als omnizelluläre Protoplasmaaktivierung als Folge
gleiche ist, nur daß er in ersterem Falle kräftiger und rascher zur
Auswirkung kommt. í
1) M.m.W. 1923, Nr. 31.
bei der Berührung des Thermalwassers mit der Haut oder Schleim- .
haut setzen und aus der dadurch ausgelösten Gegenwirkung des
gegenwärtig noch unbekannt, doch müsse man wohl annehmen, .
seits in der darauf angepaßten Ansprechbarkeit der Haut oder
hypothetisch, solange die beiden unbekannten Faktoren, von denen.
In dieser Beziehung glaube ich einen klärenden Beitrag
wirkung am menschlichen Körper sich als Effekt einer Reizung
‚des autonomen Nervensystems dokumentiert, indem unter dem
Von einer auffallenden Pupillenerweiterung als Folge von
die Akratothermen, noch in derjenigen von Johannisbad, die bis
nommenen Kopf habe. Ich konstatierte, daß beide Pupillen, be-
und dabei oft unter Wasser bei geöffneten Augen geschwommen :
Bäder zustande kommt. Sie ist in 4—6 Tagen zu erreichen durch.
geht oft die Erweiterung nicht gleichmäßig vor sich, so daß Un-
Wassertauchen ein, wie ich mich mit Hilfe des Pupillometers über-
zeugen konnte. Daraus ergibt sich wohl die Annahme, ‘daß der
das Auge treffende Reiz sowohl mit als ohne direkte Bespülung der-
ed
wirkung anzunehmen.
'tummelt.
Derselbe war plötzlich in hochgradige Unruhe gekommen, zeigte
N
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
[no
13. Juli
Dieser reizauslösende Faktor kann demnach nur ein gas-
förmiger Stoff sein, der in jenem Gasgemenge enthalten sein
muß, das in sichtbaren großen Blasen an einer Stelle des Schwimm-
bassins aufsteigt und teils im Wasser gelöst ist, teils frei über dem
Wasserspiegel lagert. Dieses Gasgemenge, in dem früher bereits
Stickstoff, Spuren von Kohlensäure,. sowie Radiumemanation nach-
gewiesen wurde, dürlte wohl infolge der Anwesenheit des letzteren
auch noch Edelgase enthalten, denen ja Winkler eine besondere
Heilwirkung zuschreibt. | Fe
Die kräftigere und raschere Auswirkung des Reizes bei direkter
Bespülung des Auges läßt sich zwanglos dadurch erklären, daß das
Thermalwasser durch seine alkalische Beschaffenheit zunächst eine
Lösung des den Augapfel bedeckenden und schützenden Augen-
schleims bedingt, worauf der genannte gasförmige Stoff um so leichter
durch Diffusion die Hornhaut durchdringt und in das Kammerwaser
gelangt, so daß er direkt auf die Iris einzuwirken vermag und die
Erweiterung der Pupille bewerkstelligt.
Diese Pupillenerweiterung bietet eine frappante Ähnlich-
keit mit der durch Atropineinträufelung künstlich er-
zeugten Pupillenerweiterung. Die künstliche Atropinwirkung
vollzieht sich erwiesenermaßen nur zum geringsten Teile, oder gar
nicht infolge von Reizung des vom Nervus sympathieus innervierten,
erweiternden Radiärmuskels (des Muse. dilatat. iridis), sondern haupt-
sächlich infolge von Hemmung bzw. Lähmung der den ver-
engenden Schließmuskel innervierenden autonomen parasym-
pathischen Okulomotorusendigungen. Dieser Vorgang ist
meiner Ansicht nach-auch bei unserer Thermalwasser-
Ist dies richtig, dann müssen auch andere
wirkungen bei unserer Bäderkur nachweisbar sein, was in der
Tat der Fall ist. Wie nämlich einerseits bei der. Atropinwirkung
infolge Hemmung aller fördernden parasympathischen Nervenapparate,
z. B. Hautrötung durch Erweiterung der kleinsten Blutgefäße, Ver-
minderung der Drüsentätigkeit und Magen-Darmsekretion, frequenterer
Herzschlag. eintrifft, so werden andererseits alle diese Erschei-
. nungen bei bestimmter Anwendungsform auch bei der Thermalkur
beobachtet. Sogar die charakteristischen Symptome der akuten
Atropinvergiftung, wie sie nach dem Genuß von Tollkirschen
eintreten, sah ich voriges Jahr im Anschluß an ein Thermalbad
eintreten. Zwei Knaben im Alter von 12 Jahren hatten sich damals
gemeinsam durch etwa 1!/, Stunden im Schwimmbassin herumge-
Zwei Stunden danach wurde ich zu dem einen gerufen.
weite Pupillen, gerötete Haut, hatte Halluzinationen, delirierte,
schrie und lachte abwechselnd, wobei ab und zu heltige kon-
vulsivische Bewegungen den Körper durchzuckten. Diese Sym-
ptome, die einer Atropinvergiftung glichen, hielten etwa 3 Stunden
an. Der zweite, kräftigere Knabe blieb zwar, wie ich später erfuhr,
von einem derartigen Aufregungszustand verschont, doch fühlte er
sich im höchsten Grade durch mehrere Tage marod.
Endlich könnte zum Beweise der Atropinähnlichkeit der
Thermalwasserwirkung noch folgender Fall von grünem Star ange-
führt werden. Im Jahre 1913 gebrauchte ein an grünem Star
beiderseits total erblindeter Kurgast unsere Thermalbäder. Mit
Freuden erzählte er mir, daß er sich mit dem Thermalwasser auch
täglich die Augen ausgewaschen habe, und daß er nunmehr nach
15 Badetagen einen Lichtschein im rechten Auge bemerke. Seine
Freude nahm jedoch am 18. Tage ein schmerzliches Ende durch
Ausbruch eines Glaukomanfalles, der eine abermalige Operation
nötig machte. — Wer dächte da nicht an das Atropinverbot bei
Disposition zu grünem Star wegen Gefahr von durch Pupillen-
erweiterung bedingter Drucksteigerung im Auge? — Eine derartige
Disposition wird also in Zukunft eine Kontraindikation für den
Gebrauch unserer Thermalbäder bedeuten.
Durch obige Ausführungen glaube ich meine Ansicht hin-
reichend begründet zu haben, daß die Bäderwirkungen in Johannis-
bad ebenso wie bei Atropin in erster Linie auf eine Beein-
flussung der parasympathischen Nervenendapparate im
Sinne einer Hemmung zurückzuführen sind, während eine eigent-
liche Reizwirkung als Ergebnis einer Erregung sympathischer Nerven-
endigungen entweder gar nicht oder nur im geringsten Maße anzu-
nehmen wäre.
Die Bezeichnung der Bädeıreaktion als Reizwirkung ist dem-
nach streng genommen nicht entsprechend und wäre nur dann be-
rechtigt, wenn man den aktiven Vollzugsreiz und den antagonistischen,
passiven Hemmungsvorgang mit dem gemeinsamen Titel „Reiz“ be-
zeichnen wollte, was übrigens bewußt oder unbewußt ja schon geschieht.
Atropin-
i
In diesem Sinne ist denn auch unsere Bädertherapie eine
„Reiztherapie“. u | f
Ergänzend erwähne ich, daß der oben als gasförmig charakte-
risierte Reizfaktor natürlich niċht bloß am Auge zur Geltung kommt,
sondern bei der Trinkkur oder durch die Einatmungsluft auch
auf diesem Wege seine spezifischen Wirkungen auslösen wird,
ebenso wie es einleuchtend ist, daß derselbe Reizstoff beim Baden
auch auf bestimmte Nervenendapparate der ganzen Körper-
oberfläche einwirken wird; im letzteren Falle wird wohl die
Reizwirkung relativ am spätesten einsetzen, da die Ausscheidungen
der Talgdrüsen der Haut einen besonders energischen Schutz ver-
leihen, so daß erst nach dessen Auflösung durch das alkalische
Thermalwasser eine mehr weniger kräftige Reizreaktion ' be-
ginnen kann.
Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß als erstes
sicheres Symptom der Bäderwirkung eine Beeinflussung para-
sympathischer Nervenendapparate (Pupillenerweiterung nebst
Hyperämie) in Erscheinung trat. Ob schon damit eine Heilwirkung
erzielt wird oder erst indirekt, z. B. durch sekundäre Beeinflussung
der mit diesem autonomen Nervensystem in engster Beziehung
stehenden endokrinen Drüsen, also durch Hormone oder allgemein
durch einen veränderten Stoffwechsel, wird wohl die Zukunft ‚lehren,
Jedenfalls gibt uns die Bäderbehandlung als Reiztherapie
ein wertvolles Mittel an die Hand, den Reiz in jener
Stärke dosieren zu können, daß dadurch die beste Lei-
stungsfähigkeit der Körperzellen im Sinne einer Heilung
erreicht wird. =
Denn die normal zur Anwendung: kommenden Bäderreize sind
von geringer Stärke, die für sich allein als unterschwellige Reize
zu keiner sichtbaren Zellenreaktion führen, sondern erst bei der
Summation der in bestimmten Intervallen aufeinander folgenden
Reize eine Erregung der Zellen hervorrufen können, welche bei
einem gewissen Schwellenwerte die beste Leistungsfähig-
keit der Zellen, also den besten Heilerfolg erzielt, während
eine weitere Reizsteigerung eine Schädigung derselben
zur Folge hat. (Schwellenreiztherapie-Zimmer.)
Die Kenntnis dieser Bäderwirkungen und deren richtige An-
wendung ist Sache der badeärztlichen Erfahrung und macht die
Balneotherapie zur Heilkunst. Ä
Die wichtige Rolle, die das autonome Nervensystem bei der .
Heilwirkung unserer Akratotherme spielt, macht es verständlich,
. daß Johannisbad den Ruf eines Nervenheilbades genießt; anderer-
seits sind damit auch seine günstigen Heilwirkungen bei verschie-
denen Stoffwechselerkrankungen, bei Rheumatismus und Gicht er-
klärlich. a | | x
Zur Frage der Wenningerschen Inhalationskur
| bei Lungentuberkulose.”)
Von Prof. Dr. A. Moeller, Berlin.
Alle Versuche, spezifische Mittel zu finden, welche durch
Inhalation auf die Lungen direkt heilend einwirken sollen, sind
bisher fehlgeschlagen; ich erinnere an die Hoffnungen, welche man
auf Lignosulfit setzte; wir hatten zur Zeit meiner Tätigkeit an der
_ Brehmerschen Lungenheilanstalt in Görbersdorf große Lignosullit-
Kammern eingerichtet, in denen sich die Patienten stundenlang täg-
lich aufhielten; die Erfolge waren negativ. Später stellte ich in der
Heilstätte Belzig die gleichen Versuche an mit Igazol und Formozol,
die aber ebenfalls keine Erfolge brachten; sie alle sind als Inhalations-
mittel zur Heilung wertlos, hingegen symptomatisch bei Dyspnoe und
Husten werden sie von den Kranken wegen der Erleichterung, die
sie bringen, sehr geschätzt.
Daß mittels Inhalation ein tuberkulöser Herd nicht zu heilen ist,
ist aus folgendem ersichtlich. Bei der Inhalation wirken 2 Kräfte:
1. der Inhalationsstrom von der Inhalationsmaschine. aus, 2. der
Aspirationsstrom von den Lungen aus. Ist nun die eine Lunge teil-
weise krank, was ja in der Mehrzahl der Krankheitsfälle vorliegt, so
ist die Aspirationskraft der Lünge reduziert, folglich auch die
Stärke des Aspirationsstromes herabgesetzt. Ist die eine Lunge
total erkrankt, so ist der Aspirationsstrom in dem betreffenden
Bronchus gleich Null; der inhalierte Strom geht vom Mund zum
Rachen, Kehlkopf und Trachea und dann nur in die gesunde
Lunge; denn in dem zu der erkrankten Lunge gehörenden Bronchus
*) Vgl. dazu den Aufsatz in Nr. 30, 1923, von Dührssen, Die
Wenningersche Inhalationskur der Lungentuberkulose.
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18.Jdi
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28. n 973
ist ja kein Aspirationsstrom vorhanden und der von der Inhalations-
maschine ausgehende Inhalationsstrom hat hier seine Kraft ver-
loren, Das Wenningersche Inhalationsmittel gelangt somit auch
hei kräftigster Aspiration nur an die Abschnitte der Atmungs-
organe, welche noch funktionieren, bei erkrankten Lungen nicht
dorthin, wohin man es haben will, oder doch nur in Spuren, die
unwirksam sind; insbesondere ist das der Fall bei atelektatischen
und pneumonischen Herden. Alles dieses gilt von korpuskulären,
füssigen und flüchtigen Mitteln; man versuchte mit Sauerstoff-
Inhalation Heilung zu erzielen, docb ohne Erfolg; sodann nahm
. man umgekehrt sauerstoffarme Luft, man sperrte die Patienten in
Schweineställe und Kuhställe als besten Aufenthaltsort zur Heilung
der Tuberkulose ein; die Resultate waren negativ. Ich erinnere an
meine Publikation über Inhalation mit Methylenblau bei Versuchs-
tieren. ‚Als Ablagerungsstätte des Metbylenblaus fand ich Nase,
Rachen, Kehlkopf, Trachea und große Bronchien; aber nach einigen
Stunden war es auch von hier durch das Flimmerepithel und den
Sehleimstrom eliminiert. In den Alveolen selbst gesunder Tiere
fand ich kein Methylenblau, obwohl doch dort gerade das Ein-
dringen erleichtert ist wegen des Fehlens des Flimmerepithels in
. den Alveolen. Ich mußte daraus den Schluß ziehen, daß das
inhalierte.Mittel nicht in die tuberkulösen Lungenpartien mit seinen
atelektatischen und pneumonischen Herden hineingelangt. Es gelang
mir selbst dann nicht, wenn ich bei den Versuchstieren das Flimmer-
epithel durch ätzende Substanzen vorher schädigte. Im all-
gemeinen können bei gesunden Lungen Gas, Rauch und Dämpfe,
welche ihren Siedepunkt unterhalb der Bluttemperatur haben,
bis za den Alveolen’ vordringen, dagegen Dämpfe. welche ihren
Siedepunkt oberhalb der Bluttemperatur haben, werden schon in
den Bronchien wieder zu Flüssigkeiten kondensiert; das Gleiche
gilt-bei der sog. Nebel-Inhalation, die ja aus Rauch und Wasser-
damp! bzw. Wassertröpfchen besteht.
Bei der Wenningerschen Inhalation handelt es sich um ein
flüssiges Mittel, Ekloplasmin vom Autor benannt. Gerade die
flüssigen Mittel, die ja durchweg ihren Siedepunkt oberhalb der
Bluttemperatur haben, kommen, erst recht nicht zur Wirkung; sie
nehmen dls Dämpfe und Nebel schon im Larynx und Trachea
wieder flüssigen Aggregatzustand an und auch die feinsten zer-
stäubten Tröpfchen, soweit sie nicht von dem Flimmerepithel und
dem Schleimstrome zurückbefördert werden, ballen sich in der
Trachea und den Bronchien wieder zu großen Tropfen und kommen
gar nicht in die Alveolen; ganz bestimmt nicht bei kranken Lungen
wegen des mangelnden Aspirationsstromes. Nicht mal das Kochsche
Tuberkulin wirkt bei der Inhalation auf die Krankheitsherde. Ich
ließ dieses Mittel bei mehreren Patienten inbalieren; es trat dann
vohl infolge der Resorption von den Schleimbäuten der oberen
Iuftwege her oder von dem verschluckten und durch den Schluckakt
in den lymphatischen Ring des Rachens hineingepreßten Tuberkulin
die bekannte Allgemeinreaktion ein, aber keine objektiv nachweis-
tare Lokalreaktion an den erkrankten Herden, etwa durch ver-
mehrtes Auftreten von Rhonchi. | Ä
Ich hatte die Absicht, das Mittel bei meinen Patienten aus-
zprobieren und wandte mich. an den Entdecker des Mittels; ich
stie aber bei Herrn Wennin ger auf Widerstand, er sagte, „das
Mitte] sei noch unterwegs von Amerika nach hier“; ich warte
heute ‚noch darauf. Auch Herr Dahmer konnte es mir nicht geben,
4s, me er mir erklärte, Herr Wenninger das Mittel nicht abgäbe
m der Furcht, es könne analysiert werden; der Entdecker
überschätzt da meine chemischen Fähigkeiten bei weitem. Herr
Dahmer fügte hinzu, es sei jedoch, soviel er herausgehört habe,
m dem Mittel Kampfer als wichtiger Bestandteil enthalten. Es
eD mir somit nichts anderes übrig, als. Patienten zur Inhalation
Herren Dahmer und Dührssen zu überweisen und die Pa-
tenten zu kontrollieren. Ich überwies 4 Fälle zur Inhalation;
alle Patienten befanden sich im mittleren Stadium der Lungen-
erkulose; sie standen im mittleren Lebensalter und , waren
von relativ guter Konstitution; sie verfügten noch über hinreichende
Widerstandskraft, so daß ihr Zustand noch zur Behandlung ge-
eignet sein mußte.
kr a Fall 1 handelte es sich um einen etwa 30 jährigen lungen-
en Patienten, welcher an Fieber und Nachtschweißen litt. Er
Ar die Wenningersche Inhalationskur durch. Er kam nach
Peda ‚Zeit zur Kontrolluntersuchung zu mir. Die Temperatur war
ja; a ie vor über 880C, Nachtschweiße bestanden noch. Tuberkel-
noch en im Sputum waren in reichlicher engen gut färbbar,
N wle vorher vorhanden, nach der Gaffkyschen Skala Nr. VI. Das
i 'pergewicht war dasselbe geblieben; der Lungenbefund war status
m wie vor der Inhalation.
Fall 2 betraf eine etwa 20 jährige Patientin, welche durch kli-
matische Kuren vergebens Heilung: gesucht hatte. Leider brachte ihr
die Wenninger-Kur ebenfalls keinen Erfolg; das Sputum enthielt nach
wie vor reichliche, gut färbbare, Tuberkelbazillen: Galfky-Skala
Nr. VI. Objektiver Lungenbefund war der gleiche wie vorher.
Eine Zunahme des Körpergewichts war bei der Kranken wohl mehr
auf ein tägliches Liter Milch, welches ich ihr verordnet hatte, zurück-
zuführen, als auf die Wenninger-Inhalations-Kur. — Da Herr Dührssen
von einer Zunahme der Schutzstoffe bei der Inhalation gesprochen hatte, `
so prüfte ich die Agglutinationskraft des Serums der Patientin;
aber es war nur eine Agglutination von 1: 10000 festzustellen mit dem
von den Höchster Farbwerken gelieferten Agglutinationsstoff bei Zu-
satz von Karbolsäure und CINa-Lösung; wenn ich auch nicht auf dem
Standpunkt stehe, daß eine Zunahme der Agglutinine eine Zunahme
der Immunstoffe bedeutet, so halte ich doch an dem Grundsatze meines
Lehrers Robert Koch fest, daß die Zunahme der Agglutinine eine
vermehrte Fähigkeit des Körpers anzeigt, Immunstofle zu bilden; also
als Index der Schutzstoffbildung gelten kann.
Fall 3 war eine Patientin, welche bei größeren Anstrengungen
über Mattigkeit und Atembeschwerden klagte. Ich überwies sie zur
Inhalation, aber sie kam mit der Mitteilung zurück, daß ihr geraten
worden sei, sich verschiedene Teesorten in der Apotheke zu kaufen,
sie sei zu schwach zur Inhalation. | bog |
Fall 4 war ein Patient im II. Stadium; ich ‚schickte ihn zur In-
halation; er kehrte jedoch umgehend: zurück mit der Mitteilung, daß
er nach Feststellung des Körpergewichts und der Temperatur, welche
390C betragen hätte, zurückgewiesen worden sei mit der Begründung,
der Entdecker des Heilmittels habe kein Material mehr zur In-
halation; es sei überhaupt nur für 20 Patienten Inhalationsflüssigkeit
vorhanden gewesen. Hiernach mußte ich weitere Überweisungen zur
Inhalation einstellen.
Das Gesamtresultat war demnach ein durchaus negatives;
bei den überwiesenen Patienten war keine Heilung oder Besserung
zu konstatieren. Auf die subjektiven Angaben der Patienten,
daß sie sich bei einer Therapie wohler fühlen, darf man bei der
bekannten Euphorie gerade der Lungenkranken kein allzu großes
Gewicht legen, zumal wenn es sich um eine neue Behandlungs-
methode handelt. In dem Wenningerschen Inhalationsmittel soll
nach Angabe von Dahmer Kampier enthalten sein; somit läßt
sich die subjektive Besserung im Befinden seiner Patienten auf den
Kampfer mit seiner tonisierenden Wirkung zurückführen.
Ferner soll sich ein Stoff, Ektoplasmin genannt, bilden, welcher
die Wachshülle der Tuberkelbazillen sprengt. Ich habe auch hiervon
nichts bemerkt, denn dann hätten doch im mikroskopischen Bilde
spärlicher Tuberkelbazillen auftreten müssen wegen der jetzt mangeln-
den Säure- und Alkoholfestigkeit der Bazillen mit gesprengter Wachs-
hülle; denn das ist ja doch die Substanz, welche bei der Entfärbung
den Farbstoff zurückhält. Aber alle Bazillen blieben gut färbbar,
hatten also ihren Chitinpanzer noch unversehrt ad blieben auch
nach der Gaffkyschen Skala in gleicher Menge nachweisbar.
Herr Dahmer publiziert, daß durch die Einwirkung de® Mittels
die Tuberkelbazillen degenerieren. Er sagt wörtlich, die Tuberkel-
bazillen sind nicht mehr typische Stäbchen, sondern mehr oder weniger:
stark gekrümmt. Nun ist aber gerade das Typische der Tuberkel-
bazillen im Gegensatz zu vielen anderen Bazillen, daß sie nicht gerade,
sondern in der Mehrzahl gekrümmte Stäbchen sind. Was Dahmer
als Degenerationsform ansieht, ist also das durchaus normale; er be-
weist also ‘damit unbewußt, daß sein Mittel, weiches, wie er angibt,
„alle Tuberkulosen“ heilt, überhaupt keinen Einfluß auf die Tuberkel)-
bazillen ausübt. l
In der klassischen Arbeit von Robert Koch: Die Ätiologie der
Tuberkulose: Mitteilungen aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte 1884
S.17 beschreibt Koch selbst seine Bazillen mit den Worten: Die
Tuberkelbazillen sind indessen gewöhnlich nicht vollkommen gerade
Stäbchen, meistens findet man an ihnen leichte Knickungen oder
" Biegungen und oft auch eine ne Krümmung, welche an den
längsten Exemplaren selbst bis zu den ersten Andeutungen von schrauben-
förmiger Drehung gehen kann, Durch diese Abweichung von der
| gradlinigen Form unterscheiden sich die Tuberkelbazillen von’ anderen
akterien in bemerkenswerter Weise“, |
Dahmer sagt ferner, daß die Tuberkelbazillen durch die In-
halation schließlich in ihrer Virulenz hochgradig abgeschwächt würden, so
‚daß sie als harmlose Dean n der Lungenbakterienflora zu be-
zeichnen seien. Ich habe nun 2.Platinösen des Sputums von Fall i nach der
Inhalation mit 2 ccm physiologischer Kochsalzlösung verrieben einem
Meerschweinchen intraperitoneal injiziert; 1/,, ccm davon iniizierte ich
sub- und intrakutan in der en des Tieres. Nach 8 Tagen
fingen die Leistendrüsen an zu schwellen, nach 14 Tagen trat allge-
meiner Märasmus mit Unlust zum Fressen ein, das Tier magerte unter
Fiebererscheinungen ab und ging nach 4t/, Wochen ein. Die Sektion
ergab Miliartuberkulose aller inneren Organe, insbesondere waren
Milz und Leber mit zahlreichen Knötchen durchsetzt, dieneben Tuberkel-
bazillen typische Epithelioidzellnester mit Riesenzellen enthielten.
Zu bedauern sind bei diesen sogenannten Heilmitteln am
meisten die Lungenkranken, welche durch Zeitungsartikel auch über.
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1.19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
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dies neue Heilmittel in Aufregung versetzt wurden, obwohl die-
hiesigen Zeitungen sich anerkennender Weise sehr reserviert über
' das Wenninger-Verfahren geäußert hatten; zahlreiche schriftliche
und telephonische Anfragen seitens meiner Patienten kommen an
mich; so daß es vielleicht nicht unangebracht wäre, die Fülle der
jetzigen Gesetze durch ein Gesetz zum Schutze der Lungenkranken
vor neuen Heilmitteln zu ergänzen. | |
\
Aus der I. Inneren Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses
- (dirig. Arzt: Prof. Dr. K. Brandenburg).
Erfahrungen mit perkutaner Behandlung (Aurolapin)
bei Erkrankungen der Respirationsorgane.
Von Dr. Dau, Assistenzarzt der Abteilung.
Die meisten der bei Erkrankungen der Atmungsorgane an-
. gewandten Medikamente werden per os oder per injectionem ge-
geben. Dabei treten nicht selten ungünstige Einwirkungen ‚auf den
Magen-Darmkanal auf, Abnahme des Appetits, oder die subkutane
Applikation bereitet dem Patienten Schmerzen. Nun werden aber
die wirksamen Bestandteile eines Medikamentes nicht nur auf den
‚eben genannten Wegen resorbiert, sondern auch durch die Epidermis.
Auf diese perkutane Resorption hinzuweisen, scheint mir angebracht,
zumal da ich Gelegenheit hatte und es für mich von großem Interesse
war, bei verschiedenen Patienten mit Erkrankungen der Respirations-
organe diese Therapie anzuwenden. Zur Verfügung stand mir ein
Präparat, welches unter dem geschützten Namen Aurolapin, Lini-
mentum contra tussim, im Handel ist.*)
Das Aurolapin oder Dioxytolylstearopten verdankt ‚seine Ent-
stehung den Untersuchungen über den Wert des synthetisch herge-
stellten Suprarenins. Es stellt ein Kondensationsprodukt von Dioxytoluol-
derivat und Kampfer dar. Als Ausgangsherstellungsstoff wurde auf
der einen Seite ein Gemisch von Kreosol und Guajakol, auf der anderen
reines Stearopten verwendet, Das- entstehende Produkt stellt ein gut
kristallisiertes Salz dar, das in Wasser im Verhältnis 1:500 löslich ist.
In anderen Lösungsmitteln ist das Salz fast unlöslich. Bei den Ver-
suchen über die Lösungsmöglichkeiten wurde ermittelt, daß die Lös-
lichkeit durch allmähliches Zusetzen des einen Komponenten leicht
‚erreicht werden kann. Durch viele-Versuche konnte ein konstantes
Äquivalentgewicht herausgefunden werden, durch welches stets eine |
i me Verbindung hergestellt wurde. Somit handelt es sich bei
eser Verbindung um eine Doppelverbindung. Diese Doppelverbindung
bildet eine sirupähnliche stark nach Kreosot riechende Flüssigkeit vom
spezifischen Gewicht 1,032 und ist löslich in Alkohol, Fetten, Ölen,
Paraffin. liquid., Glyzerin und in sehr viel Wasser. | |
Angewandt habe ich das Präparat bei allen akuten und chro-
nischen. Erkrankungen der Respirationsorgane, so bei akuten, fötiden,
chronischen Bronchitiden mit Asthmaanfällen, sodann bei Lungen-
erkrankungen auf tuberkulöser Grundlage, soweit es sich nicht um
schwere kavernöse Phthisen handelte. Dazu’ möchte ich noch be-
merken, daß ich bei allen Patienten auf eine andere gleichzeitige
Beeinflussung verzichtet habe. Bei vielen Kranken trat in kurzer
Zeit eine Besserung des Allgemeinbefindens ein, der starke Husten,
der bestand, ließ nach, die Patienten atmeten freier. Auch sank
die Temperatur, das Sputum nahm an Menge ab, der Appetit
besserte sich. Die meisten Patienten konnten nach geraumer Zeit
das Bett verlassen und sich im Freien bewegen. |
- Ich nehme an, daß die Änderungen im Krankheitsbilde hervor-
gerufen sind durch den Einfluß des Guajakols, welches sich nach
der Resorption abspaltet. . Natürlich gab es auch Kranke, bei denen
auch die perkutane Behandlung nicht zum Ziele führte; vielmehr
war die Temperatur dauernd erhöht, das Allgemeinbefinden ver-
schlechterte sich zusehends, wenngleich‘ die Expektoration den
Kranken nicht mehr so sehr quälte.. Wie die Autopsie bestätigte,
waren es schwere progrediente Phthisen. |
Das Liniment wird rasch von der Haut resorbiert, dabei zer-
` fällt es in seine Komponenten, das Stearopten und Guajakol. Die
Resorption konnte durch das Auftreten von Guajakylschwefelsäure,
sowie von geringen Spuren freien Guajakols im Harn nachgewiesen
werden. Veranlassung. zu diesen Untersuchungen gab ein aus- .
gesprochener Guajakolgeruch, der im Laufe der Behandlung im
Urin auftrat. Schädigende Wirkungen auf die Organe‘ habe ich
nicht beobachtet. Die Hauptwirkungen des Liniments beruhen auf
der leichten Resorbierbarkeit und der Auslösung der Guajakolwirkung.
*) Hersteller: Chemische Fabrik Wesertal in Vlotho a.d.Weser.
Bezug in Berlin: Stephan-Apotheke,. Berlin NW 5, Stendaler Str. 11.
Tel. Moabit 1746. en u
Meine Ausführungen sollten dem Hinweis dienen, bei Er-
'krankungen der Respirationsorgane, wo die gewohnte Behandlung
nicht zum Ziel führt oder nicht vertragen wird, das Augenmerk
auf die perkutane Applikation eines Medikamentes zu richten. In
dieser Hinsicht scheint bei Erkrankungen der Respirationsorgane
das Aurolapin-Liniment recht wirksam zu sein. |
Abasin, ein neues Beruhigungsmittel.
Von Prof. Dr. Hans Gudden, München. |
Der Arzneischatz an Beruhigungsmitteln, die. rein sedativ und
nicht zugleich einschläfernd wirken, ist nicht allzugroß. Seit Mitte
des vorigen Jahrhunderts spielt das Brom als Grundsubstanz der-
artiger Mittel die Hauptrolle. Empirisch wurde gefunden, daß es
die Überregbarkeit des Zentralnervensystems herabsetzt. Ellinger
stellte experimentell fest, daß das Brom dabei nicht vorzugsweise im
‚Gehirn und an andere nervöse Anteile gebunden ist, sondern längere
Zeit im Blute kreist. Daß der Konzentration der im Blute kreisenden
Bromionen sowie dem Verhältnis des Brom zum Cl des Organismus
eine ausschlaggebende Bedeutung für die Wirkung zukommt, beweist
die wichtige Rolle der Salze bzw. ihrer Ionen als. „Milieufunktion“.
Der Wirkungsmechanismus vieler Mittel hat durch die Ionenforschung _ |
eine neue grundlegende Deutung erhalten. Beim Brom ist bekannt,
: daß seine Wirkung erst dann einsetzt, wenn es in einer Konzentration,
die 40%, des Ci-Gehalts darstellt, im Organismus vorhanden ist.
Die längere Verabreichung der üblichen Bromalkalien hat
bekanntlich mancherlei unangenehme Nebenerscheinungen im Gelolge. _
Die chemische Industrie ist daher seit langem bemüht, die Frage
der Brommedikation einer befriedigenden Lösung zuzuführen. . So
bewährte sich z. B. Adamon, eine Verbindung von Brom und Baldrian
als gutes Sedativum und das Adalin-Bromdiaethylacetylearbamid —
als leichtes Hypnotikum. | |
Es ist nun nicht das erste Mal, daß durch Azetylierung ein
bewährtes Mittel noch in irgend einer Hinsicht eine Vervollkommnung
‚bzw. Erweiterung seiner Anwendungsmöglichkeit erfuhr. Das ist -
auch bei dem von den Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co.
in Leverkusen hergestellten Abasin der Fall. Es ist Adalin, das
durch Einführung der Azetylgruppe leichter löslich und besser resor-
_bierbar geworden ist und bei kleinen Dosen (0;25 g) rein sedativ
wirkt. Es kann daher unbedenklich während des Tages genommen
werden. |
Dr. Koritschan!) erprobte das Abasin mit bestem a le
allen Typen von Neurasthenie und betont besonders, daß es sich bei tunk-
tionellen Störungen des Herzrhytbmus vorzüglich bewährte. Prof. Jehle
(ebenda) lobt es für die Behandlung von nervös belasteten, hysterischen
und bleichsüchtigen Kindern, sowie bei Kindern mit leichteren Krampf-
en choreatischen und spastischen Erscheinungen, bei Angst-
gefühlen, nächtlichem Aufschrecken und Tiks. Prof. Strasser (ebenda)
empfiehlt das Abasin bei Epilepsie als besten Ersatz für die notwendigen
Pausen in der Luminalbehandlung.
Bei einer größeren Anzahl von Neurasthenikern, Hypochondern,
Hysterischen und Manisch-Depressiven, die mir monatelang zur Ver-
fügung standen, hatte ich reichlich Gelegenheit, mich von der aus-
_ gezeichneten Wirkung des Abasins zu überzeugen. Unter den Kranken
reagierten Neurastheniker besonders günstig. Es handelte sich
meistens um neurasthenische Beschwerden des täglichen Lebens,
die auf körperliche und geistige Überanstrengung, Überlastung mit
_ Berufsgeschäften, Sorgen um die Existenz usw. zurückzuführen waren.
Die reizbare Schwäche, die aus überarbeiteten Menschen willenlose
und arbeitsunfähige Patienten gemacht hatte, ging sehr bald zurück;
die Patienten fühlten sich wieder besser, das subjektive Kraftgefühl
. kehrte zurück und nach kurzer Zeit waren die Kranken wieder .voll
| arbeits- und leistungsfähig. ` Auch die sensiblen Reizerscheinungen,
neuralgiforme Schmerzen, unbestimmte Gefühle, Parästhesien usW.,
Druckempfindlichkeit usw., die zum typischen Krankheitsbild der
Neurasthenie gehören, besserten sich nach kurzer Zeit, wenn regel-
mäßig Abasin genommen wurde. In einigen Fällen kamen auch
Patienten mit Tremor, der jahrelang bestanden hatte und von Zeit .
zu Zeit bei Aufregungen besonders lästig wurde, zur Behandlung.
Mit wenigen Ausnahmen erreichte, ich hierbei in leichteren Fällen
‘einen Rückgang der Erscheinungen; die Patienten verlernten ihre
krankhaft gesteigerte Selbstbeobachtung, ihre Willenskraft wurde
gestärkt und das bedeutet ja in den meisten Fällen schon Heilung.
Die besten Erfolge erzielte ich aber in der Behandlung .der rem
2) W.klL.W. 1924, Nr. 12.
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1 Jal : 25 |
psychopathischen Symptome; die leichte Ermüdbarkeit, bei der ge-
ringsten geistigen Anstrengung, Zerlahrenheit, Energielosigkeit waren
vie weggefegt, ebenso die reizbare Stimmung, die gelegentlich selbst
his zu Erregungszuständen gesteigert sein konnte. Auch bei Angst-
sffekten konnte ich die beruhigende Wirkung des Abasins beobachten.
fg handelte sich fast nur um weibliche Kranke, die an Platzangst
litten, nie allein über die Straße gehen mochten und in geschlossenen
Räumen stets ans der Zwangsvorstellung heraus „es könne etwas
passieren“ an Herzklopfen litten. Eine dieser Patientinnen kam eines
i Tages hocherfreut zu mir und erklärte, sie könne jetzt allein über
den Marienplatz gehen; für diese vorher so furchtsame Person
immerhin eine Leistung. — Bei funktionellen Herzbeschwerden hatte
ich bisher Brompräparate verordnet. Nach meinen Erfahrungen mit
Abasin habe ich diese ganz verlassen und verordne jetzt mit Adamon
abwechselnd Abasin. Während Abasin sich in den leichten und
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 28. 975
mittelschweren Fällen von Erregungen gut bewährt, versagt es. meist
in schweren Fällen. |
In einem Falle sah ich jedoch auch bei einer stark ee
manisch-depressiven Patientin noch einen beachtenswerten Erfolg. jose
Patientin, die auch in ihren gesunden Zeiten immer noch leicht erregbar
blieb, schilderte die Wirkung des Abasins dahin, daß (nach. 0,25 g) ihre
Stimmung „ganz pomadig“ werde. Dieselbe Dame, welche auch oft an
langdauernden Neuralgien litt, beobachtete, allerdings erst nach einigen
Stunden, eine entschiedene Schmerzlinderung. SH
Nebenwirkungen habeich trotz desgroßenUntersuchungsmaterials
nie beobachtet. Vor allen Dingen fehlte jede Schlafwirkung. Das
verdient ganz besonders unterstrichen zu werden, weil die meisten
Sedati.a nie ganz frei von hypnotischer Nebenwirkung sind. N ach
allen Erfahrungen halte ich Abasin für ein ganz besonders glücklich
gewähltes Sedativum und glaube, daß es sich bald als ein geschätztes
Beruhigungsmittel einbürgern wird. _ E
Li
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Jar Frage der Obiektgestaltung und Wahrnehmung.”)
Von Dr. Max Löwy, Marienbad,
Dozent für Psychiatrie und Neurologie an der Prager deutschen Universität.
Gewisse, für Lokalisationslehre, Hirnpathologie und Hirn-
physiologie bedeutsame Feststellungen O. Pötzls haben, wie die
ganze einschlägige Arbeitsrichtung Pötzls, auch grundlegende Be-
deutung für die Psychologie.
Unter dem Einfluß Max Wertheimers und der von ihm
methodisch inaugurierten Gestaltenpsychologie wurde das — durch
die Denkpsychologie uud Phänomenologie, durch die Erlebnis- und
Bezichungs-(Gemeinschafts-)psychologie und durch die Psycho-
paliologie usw. da und dort schon unterhöhlte — Fundament der
‚bislang herrschenden und gerade für den Psychopathologen höchst
unbeiriedigenden Elementar- und Assoziationspsychologie erschüttert:
Gerade in ihrer Grundlegung und Zusammensetzung des Psychi-
schen aus elementaren Empfindungen und anderen Akten elemen-
‘tarer Art — in „Und-Summenhaftigkeit“* und äußerlich bestimmter
‚Öummierung“, wie Max Wertheimer es charakterisiert.
Nach der Gestaltenpsychologie, ich folge der zusammenfassen-
den Darstellung von Prof. H. Dexler!) (Prag), treten unsere Wahr-
nehmungen vor unser Inneres: nicht als additive Empfindungs-
konfigurationen, sondern als spezifisch feste einheitliche
Ganzeindrücke, welche mehr als die Summe unserer Emp-
indungen sind, deren charakteristische Ganzeigenschaften
as den artgleichen Eigenschaften ihrer Teile nicht zusammen-
setzbar sind und die man als „Gestalten“ bezeichnete.
Diese Gestalten (psychische Zustände, phänomenale Ge-
schebensärten, intellektuelle Verbände wie z. B. der Sinn eines
Salzes) zerfallen bei Zerteilung und erstehen nicht wieder durch
additive Zusammensetzung ihrer Teile (Erweckung der Bedeutung
vu Einzelnwortes eines Satzes ergibt‘ nicht den Sinn des
„ Die Gestalten bestehen auch ohne genauere Erweckung der
Teile (Ablesen der Zeit von einer Turmuhr, deren Ziffern nicht
esbar sind), sie bleiben auch erhalten, wenn man die absoluten
gebenheiten, auf denen sie als Gestalten beruhen, bestimmien
„cticbungen unterwerlend, alle ihre Teile nach bestimmten Ge-
won verändert: eine Melodie transponiert, eine optische Raum-
ie von ihrem Orte wegverlegt oder-ihren Maßstab verändert
(Gestaltqualitäten nach Chr. v. Ehrenfels).
s+) ka Gestaltenpsychologie nun bedeuten die Gestalten: die
Bun eisgliederung an den psychischen Erscheinungen, bei primärer
in g lon des Gesamtkomplexes, dessen Glieder eben „einander
an anzen tragen“ und im gegebenen Falle nur in bezug auf das
ze „Sinn und Bedeutung“ haben. |
Rn, der solchen primären Gestaltgebilden mit ihrer Ganz-
an entsprechende physiologische Prozeß habe an dem
Charakter dieser Phänomene teil: auch in dem physiologi-
‚ Shen Prozeß des Gehirns bzw. der Sinnessphären oder somatischen
N „Phänomenalen“ Gestalten fänden also ihre Ent-
*) Als Diskussionsbemerkung zu O. Pötzls Vortrag und Georg
H
en Demonstration im Verein deutscher Ärzte in Prag, 7. De-
) “9, in den Grundzügen vorgebracht. Ä
1991: ia aee im „Lotos“ vom 15. November und 23. November
moderne Ti Köhler-Wertheimersche . Gestaltenprinzip und die
ierpsychologie.“ Zschr. „Lotos“ 1921, 69.
alive, die übergeometrisch-dynamische, die sinnvolle Ge-.
sprechung in hypothetischen „physiologischen“ Gestalten, und für
diese sei wohl charakteristisch und maßgebend ein „Quer- oder
Gesamtvorgang“, welcher aus der Erregung der einzelnen Stellen
als spezifische Gestaltung resultiert.
Für eine solche, mir wenigstens bis dahin recht dunkle Quer-
funktion, wie auch für die hirnphysiologische Grundlegung der Ge-
staltentheorie geben uns nun die einschlägigen Arbeiten Pötzls
die hirnpathologischen Belege. |
Vor Jahren schon zeigte Pötzl für das Zustandekommen der
bewußten optischen Wahrnehmung und der optischen Gestalten .
das Mitwirken gebremster spezifischer Augenbewegungsimpulse und
deren Lokalisation in der Nähe der Sehrinde an der Außenseite
des Hinterhauptslappens; und wies eine Aktivierung der Wahr-
nehmung durch die Bewegungsmelodie nach. (Z. B. „Über die
Rückbildung einer reinen Wortblindheit“. Zt. f. Neur. u. Psych. 1919.)
In einer weiteren Arbeit zeigte Pötzl: wie die Wahr-
nehmung der Lage einer Gliedmaße im Bewußtsein da-
durch zustande kommt, daß ein gerichteter, nach einer bestimmten
Muskelgruppe zielender motorischer Impuls gebremst und von
seinem Erfolgsorgan abgelenkt wird; und daß es sich beim Zu:
standekommen der bewußten Wahrnehmung der Lage um einen
aktivierenden Vorgang handelt, dessen Aktivator ein spezifisch ge-
richteter Bewegungsimpuls ist ..... Ein solcher Aktivator hätte
die Tendenz zur Aktivierung einer passiv erlittenen Veränderung;
die Wahrnehmung würde dann in ihrer Struktur den Trieb ent-
halten, sich einer erteilten Situation zu bemächtigen?).
Nunmehr zeigt Pötzl, daß bei der Orientierung im Raume und
bei der geometrisch-optischen Gnosis: abgelenkte und in eine
Querfunktion verwandelte motorische Impulse (Impulse zur Hinaus-
entwicklung der Bewegungen und des Körpers in die der betreffen-
den Hirnhemisphäre kontralaterale Raumhälite) wirksam werden.
Dies geschieht mittels Bremsung durch den Gyrus angularis der
impulsgebenden Hirnhälfte®). |
Endlich zeigt Pötzl am Falle Herrmanns und dem seinen
zusammen: die Zusammenfassung der beiden Raumhälften mittels
dem Gyrus angularis benachbarter Hirnstellen in Zusammenwirkung
mit diesem, zeigt die Entstehung eines einheitlichen Greifraums
durch die absaugende, ablenkende, verteilende Querfunktion dieser
Nachbargebiete des Gyrus angularis auf, bei deren dappelseitigem
Ausfall die jeweilige Bildung eines einheitlichen Greifraums aus-
bleibt, so daß die beim Gesunden bestehende Einheitlichkeit des
Greifraums ausfällt, der einheitliche Greifraum wieder in zwei Raum-
hälften und Richtungshälften zerfällt. ‚Vielleicht läßt sich der Normal-
vorgang etwa derart vorstellen: Wie Pötzl an seinem vorerwähnten
Falle von Zerstörung des linken Gyrus angularis zeigte, hat dieser
die Funktion der regulierten Hinausentwicklung der rechten Körper-
hälfte in den rechten Halbraum auf von dort kommende Reize zu
Bei der Aufgabe des Greifens mit der linken Hand nach rechts
' gelegenen Gegenständen wird eine ursprüngliche Rechtstendenz,
d. h. ein Greifen mit der rechten Hand in der wie üblich kontra-
lateralen, der linken Hemisphäre erweckt. Die in der linken Hemi-
sphäre erweckte Tendenz zur Hinausentwicklung in den. rechten
Halbraum geht aber unter der Einwirkung der Aufgabe und unter
2) „Störung des Lagegefühls mit paradoxer Kontraktion“, Zschr. l
f. Neur. u: Psych. 1923. x REG,
3) Demonstration im Verein deutscher Ärzte zu Prag am 10. N
vember 1922, cf. M. Kl. 1923, Nr. 1; und Vortrag mit Autonsiehef 0-
Ibidem, 7. Dezember 198. ag mi Autopsiebefund,
ET Tun un a Te
ableitende, ablenkende und verteilende Querfunktion erfolgt aber
. durch eine Querfunktion erzielt. Wenn diese Auffassung zu Recht
bestehen bleibt, wäre das Beschriebene gewiß ein schönes Beispiel
dieses Beispiel eingegangen bin.
‚farbiges Chaos sich durch Querfunktion und Gestaltsgliederung „auf-
` zentrum auf Erregungen, die der Außenwelt entstammen. Was
fische (bei der Wahrnehmung’ vielleicht der neuangeregten Bewegung
' rung, ein Wahrnehmungsgebiet.
t Eg
976 | | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28. | 13. Juli
en | {
der absaugenden Wirkung der Querfunktion auf die andere,. die
rechte Hemisphäre über. Es erfolgt eine Art Transfer, ein Über-
gehen eines Teiles der Rechtstendenz, d. i. der Hinausentwicklung
nach rechts von der linken Hemisphäre und rechten Hand auf die
rechte Hemisphäre und die linke Hand. Durch diese absaugende,
Wie unten noch gestreift‘ wird, ist es eine der primären, der
grundlegenden Funktionen der Motilität, sich unter Umwelt-
einflüssen zu deren Bewältigung auszugestalten,. und sich
selbst gestaltend, dabei die Umwelt zur Gegenwelt und Gegen-
standswelt (Objektwelt) im Sinne J. v. Uexkülls zu gestalten, eine
Außenwelt zu erschaffen; oder das Gleiche von der psychischen
Seite her betrachtet wie in der Wahrnehmungscharakteristik
Pötzls: „die Wahrnehmung würde dann in ‘ihrer Struktur den
Trieb enthalten, sich einer erteilten Situation zu bemächtigen;
-der Aktivator ist ein spezifisch gerichteter, aber gebremster Be-
wegungsimpuls. |
Ebenso bedeutsam wie für die hirnphysiologische Grundlegung
.der Gestaltentheorie werden mir auch Pötzls Lehren für meine
eigene biologisch-genetische Betrachtungsweise des Psychischen.
Diese hat sich mir bei der psychologischen Auswertung psychiatri-.
scher und psychopathologischer Befunde und Beobachtungen bruch-
stückweise ergeben (und wurde im Laufe der Jahre seit 1908
bei der. Bearbeitung dieser psychopathologischen Erfahrungen da
und dort niedergelegt). Sie geht dahiu: !
Leben und Erleben der Organismen sind fundiert in der Zu-
sammenwirkung zweier Chemismen: Des grundlegenden allgemeinen
Chemismus der lebenden Substanz in seinem rhythmischen Ablaufe -
und von lokalen physikalisch-chemischen Veränderungen des Orga-
nismus auf Umwelteinflüsse hin, d.i. durch Oberflächenreiz. Dem
allgemeinen Chemismus und seinem rhythmischen Ablaufe ent-
spräche (über den Weg seiner Psychisierung siehe im weiteren)
ein dumpfes Gemeinempfindungserleben mit ıhythmischen Ände-
rungen, zugleich die Basis der Triebe, Triebspannungen, Bedürfnis-
spannungen. Ein anderer Teil der Gemeinempfindungsänderungen
aber, unser Anderswerden beim Erleben, entspränge den Oberflächen-
reizen. Die „Exoprojektion“ dieser diskontinuierlichen Gemein-
empfindungsänderungen ergibt noch ungestaltete „Beeindruckungen
von außen“, die Impressionen. Gemeinempfindungsänderungen nun
werden meines Erachtens exoprojiziert mittels motorischer Zuwen-
dung auf Triebziele und Oberflächenreize zu. Der Gemeinempfin-
dungsablaufund die Gemeinempfindungsänderungen zusammen ergeben
ein noch recht verschwommenes ungestaltetes „Situationserleben“.
Die Impressionen aber werden im Wiedererleben weiter verarbeitet
und zwar mittels Aktion und Reaktion, eben wieder mittels der
motorischen Zuwendung auf sie, auf das Exoprojizierte zu, auf
Triebziele und Oberflächenreize zu: mittels Ergreifen, und Hantieren
(Spielen und Schaffen). Diese Weiterverarbeitung erfolgt unter
„Hemmungen“, d. i. durch Interferenz, Retardierung, sowie Regulie-
rung sowohl des Reizerlebens wie besonders der motorischen Reiz-
reaktionen. |
jetzt eine ganz besondere Leistung: der Formeharakter der Hinaus-
entwicklung‘ wird geändert, denn für die rechte Hemisphäre und
die linke Hand ist die nun mit der linken Hand intendierte Be-
wegung keine Hinausentwicklung, „vom Körper weg“ in den Raum,
sondern eine Umkehrung derselben. So wäre die Einbeitlichkeit
des Greifraums in Form einer Befreiung der Greiltendenz von der
Hinausrichtung, von der Tendenz „vom Körper weg“ — mittels
eines Transfers durch bremsende Querfunktion — erzielt. Es wäre
dies die Freiheit der Willkürbewegung im Greifraum und sie wäre
von einer „durch Bremsung Freiheit gebenden“ Wirkungsweise
der Querfunktion und von der Bedeutung einer Querfunktion für
das Eindrucksgesamt und dessen Gliederung in Objekte und
Raum, also für Sensorisches, weswegen ich hier ausführlicher auf
Und weiter: so wird aus einer bloßen Hinausentwicklungs-
richtung ein im „Raume“ „Greifbares“, gegen den entstandenen
Greifraum und den eigenen Körper Stehendes und Verschiebliches;
wie auch nach Pötzl ein verschwommenes, neblig diffuses, ev. diffus
hellt“ zum leeren Raum, gegen den Gestalten ev. farbig stehen;
oder wie endlich im „Orientierungsraum“ sowohl greifbar wie sicht-
bar gewordene „Dinge“ stehen, Dinge, behaftet mit verschiedenen
Merkmalen und mit verschiedenen Empfindungsqualitäten, welch’
letztere ich als die „anhaftenden Eierschalen“ der verschie-
denartigen Räume, aus welchen das Ding herausgesprungen ist,
als Muttermale des Greifraums, Berührungsraums, Sehraums, Hör-
raums, kurz verschiedenartiger Motilitätsiormen und Bewegungs-
melodien ansprechen möchte.
| Zusammenfassend ergibt sich Pötzls Standpunkt aus seiner
Formulierung: „Erfassen“ durch das Auge und „Begreifen“ ge-
schener Gestalten ergeben die Gestaltung unserer Wahrnehmungen.
Dies geschieht durch eine spezifische Gegenwirkung vom Rinden-
mittels einer Eigenleistung dieser Zentren von ihnen her dem Im-
pulse bremsend entgegenkommt (die Entladungsabfuhr der Erregung
in einen prompten Reaktionsimpuls also hemmt) und den Erregungs-
vorgang in der Rinde verteilt, ist der Abstammung nach eine spezi-
So also kommt es zuerst zu einem „Hingenommensein durch
die Impression“, zu einem Gerichtetsein auf „Etwas“ (noch Un-
gestaltetes); im Wiedererleben weiterhin zu dessen Konkretisierung
und Detaillierung, wie auch zur „Remanenz“ dieser Erwerbungen
(auf welche interessante Weise werden wir noch unten durch Pötzl
erfahren); wie nunmehr wieder zur Vereinfachung des Erlebens
durch die Gewinnung von Signalen, von handlichen Spielmarken
für die Gliederung im Erleben, d.h. von Merkmalen und „Gestalten“. .
Es kommt dadurch zur Erstellung von „Gegenüberstehendem”, so-
wohl Gegenüber- als Feststehendem, von „Gegenständen“ (sowohl
von Objekten der Wahrnehmung, ‘wie von Denkgegenständen,
sogenannten Vorstellungen); es kommt also auf diesem Wege end-
lich zur Wahrnehmung nicht nur des Erlebens, sondern auch des
Erlebten, d. h. nicht nur zur Gemeinempfindung und zum Situations-
erleben mit dem Erleben von Gemeinempfindungsänderungen als
exoprojizierte Impressionen, also zum Bemerken eines „Geschehens
von außen her“, von Vorgängen und von „etwas“: sondern end-
lich auch zur Objektgestaltung und gleichzeitig damit zur Ich-
| gestaltung und zu „Bewußtsein“, eben zur Gegenüberstellung von
Ich und Objekten. l
Objekte (und damit eine gegliederte Außenwelt), Ich und
Bewußtsein ergeben sich in ihrer Scheidung eben mittels der Be-
wußtheit „psychisch zu agieren“ (vgl. 1908 meine Aktionsgefühle des
psychisch Tätigseins, insbesondere das „Denkgefühl“) und der Ge-
richtetheit auf Objekte. Objekte, Ich und Bewußtsein sind in ihrer
Herkunft hinreichend weit zurückverlolgt: Abkömmlinge der „moto-
rischen Zuwendung mit Hingenommensein“, der Zuwendung oder
Flucht, kurz Abkömmlinge der einfachsten reizvernichtenden und
das Gleichgewicht des Organismus wieder herstellenden Umwelt-
reaktionen Uexkülls. Außenwelt, Ich und Bewußtsein sind zu-
gleich die differenziertesten Mittel der Orientierung in der Umwelt
mit der gleichen Aufgabe wie die einfachsten Reaktionen: durch
gleichgerichtete, bei gewissem Motorischem aber entgegengesetzte)
Bewegungsmelodie. Diese Bewegungsmelodie entstammt vielfach
früher angeregten, aber nicht entladenen (zum Teil weil nicht ge-
nügend starken oder zu flüchtigen, d. h. unterschwelligen) Impulsen $).
+ So sind, entscheidet Pötzl, die zentralen Vorgänge bei
der Wahrnehmung nicht einfach aus dem unbestimmten
Begriffe „der Aufnahme einer zentripetalen Reizleitung“
zu verstehen, sondern als „Gegenvorgang der Zentren“®).
Das ist gewiß eine biologischere Auffassung als
etwa der psychophysische Parallelismus, denn das Le-
bende beantwortet ja primär Umwelteinflüsse durch einen
Gegenvorgang und so erweist es sich lebendig. .
Nach W. Köhler hat nicht nur der Eindruck der Umwelt
Gestaltcharakter, sondern auch dem Ausdruck dieser Bewirkung
kommt der Charakter von phänomenalen Gestalten zu. Damit ist
wohl die Gestaltung der Motilität, der sogenannten Ausdrucksvor-
gänge Kretschmers, gemeint. Daß hierfür, also hier auf dem
Gebiete des Motoriums selber, ebenfalls eine verteilende und ge-
staltende Querfunktion wirksam ist, kann nicht schlagender belegt
werden als gerade an den Beispielen von Störungen des Richtungs-
raums und Greifraums in Pötzls und Herrmanns Fällen, wo eben
auf dem ureigenen Gebiete des Moforiums die Querfunktion die
gestaltete und gerichtete Bewegung schafft; damit aber zugleich er-
schafft: einen Sinnesraum, ein Eindruckgesamt und dessen Gliede-
4) Vgl. Pötzls Arbeit über experimentell erzeugte Traumbilder
und seine psychologische und morphologische Auswertung der experi-
mentellen Ergebnisse. Zschr. f. Neur. u. Psych. 1917.
. 5) Vgl. O. Pötzl, Störung des Lagegefühls mit parddoxer Kon-
traktion. Zschr. f. Neur. u. Psych. 1923,
erinnert
Passive und aktive
Be, EUR
Reizvernichtung, und darüber hinaus Reizverteilung, Reizverdauung
ötzl) und Reizbewältigung das Lebensgleichgewicht wieder her-
sustellen. Die Erstellung von Objekten, Ich und Bewußtsein dient
benfalls der Bewältigung der Umwelt (und zwar gerade, wie schon
Marc Aurel wußte, der spezifisch menschlichen Umwelt — der
Stier habe eine stierhalte —, denn auch wir bemerken ja nur, was
ws angeht, uns berührt und betrilft) mit Mitteln der Innenwelt,
und sie bedeutet die „Psychisierung* der die Umwelt bewältigenden
Innenweltsmittel.
Die so gewonnenen differenzierten Inhalte, Akte und Leistungen,
wie darunter eben Objektgestaltung, Ichgestaltung und Bewußtsein:
weiden vorbereitet und finden ihre unbemerkten, vorbewußten Grund-
lagen meiner Ansicht nach in einer gemeinsamen „intermediären
psychischen Schicht“, welche die verschiedenen, im Bewußtsein und
bewußtem Erleben ausinander tretenden psychischen Bereiche und
Leistungen zusammenhält, in einem unterkellert und gemeinsam
fundiert.
Diese gemeinsame intermediäre psychische Schicht des Un-
bemerkten ist die Schicht der Gemeinempfindung und ihres rhythmi-
schen Ablaufs; der Triebe und der Psychomotilität im Sinne von
Wernicke und Kleist, d. i. der Triebbewegungen, der Ausdrucks-
bewegungen, und der Einstellbewegungen (Kleists) auf Impressionen;
der Strebungen und der Vorstufe der Affekte (Gestimmtheiten nach
Kronfeld); auch der Vasomotilität;. sie ist eine Schicht, in der
Physisches und Psychisches innig durchschlungen ein noch unge-
trenntes und ungestaltetes Gemeinsames bilden; und welcher auch
angehört: W. James Fringe, der Fransensaum um die Lampe ober-
bewubter Gedanken, jene unbemerkten Gedankenatmosphären, die
einem meiner Kranken als den Denkfortschritt höchst störend be-
.. merkbar wurden, von anderen wieder in Ausnahmszuständen un-
bemerkt oder in chronischen Psychosen bewußt entäußert wurden,
oder bei einem wieder fehlten, nicht erweckbar waren, so daß das
Verstehen abstrakter Worte unmöglich wurde; diese Gedanken-
atmosphären bilden die apponierende Kondensdampfhüll&e und die
-` Mutterlauge oberbewußter Gedanken, aus welcher diese auskrystalli-
Sieren und woher sie ihre Denkrichtung und ihre Wirkungskraft, in
-~ beidem Sinne ihre Determination beziehen. Nahen Bezug zum Fringe .
haben, indem sie in ihn (und in die intermediäre psychische Schicht)
eingehen: die Nachwirkungen früheren Erlebens, die „Rema-
aenzen‘, über deren Wesenheit ich aber damals nichts auszu-
Sagen wußte®). Das Wesentliche an diesen meinen biologisch-gene-
‚ fischen Anschauungen in der Psychologie und das, was sich davon
mit der Gestaltenpsychologie berührt: eben die Rolle und Wirk-
samkeit der „motorischen Zuwendung mit Hingenommensein“ (wie
ich es bislang nannte) für die Wahrnehmung, läßt sich nunmehr besser
auf Grund von O. Pötzls Forschungen formulieren und verstehen:
Wir gelangen zur Objektgestaltung, zur Wahrnehmung von
Gestalt und Struktur in unserem Erleben, indem die motorische
Bntladungsabfuhr — welche von Triebsspannungen und Oberflächen-
tazen herkommend auf Triebziele und Impressionen zu gerichtet
I — gebremst wird, und indem die gebremsten Impulse einer Ver-
teilung, einer Dispersion unterliegen, während aber ihre Bewegungs-
melodie überlebt und gestaltend wirksam ist; ja indem vielleicht
die Bewegungsmelodie, wie oben angedeutet, selber bremsend
mrkt, wenn sie von früherem analogem Erleben her vorbesteht.
Nun auf einmal wissen wir durch Pötzl, was an der moto-
rischen Zuwendung wahrnehmungsgestaltend wirkt und was
die Gestalt ist: eben eine Bewegungsmelodie. Und wir
"issen wohl auch noch etwas darüber hinaus, nämlich. auch, was
“Aaramme und Remanenzen sein könnten: nämlich wieder Be-
vegungsmelodien als Reiz-, Erregungs- und Impulsrest.
Bewegungsmelodien also wären es, welche den Impressionen
| lio Gestaltung zu Objekten schaffen, welche die Gestalt der Im-
‚pressionen darstellen und vielleicht auch das darstellen, was als
‚Manenz (Ladungsrückstand) uns liefert: die „Erinnerung“, das
iedererleben von Situationen und die Wiederbelebung der zu-
‚gehörigen Gestalten und zwar, wie ich glaube, in jedem Wieder-
einfallen und bei jedem Reproduzieren‘ willkürlicher Art (sogen.
ieh Erinnerung) die Gestalten ‚aus sich, der über-
edenden Bewegungsmelodie, neu erschaffend. So beantwortet sich
Ws vielleicht doch endlich — wenn auch vorerst hypothetisch —
nn der großen Fragen der Psychologie, eben jene Frage, welche
en Fünfjähriger seinem Vater in folgender Form stellte: Wenn man
Schi ), Vgl. meinen Vortrag: „Über eine intermediäre psychische
chicht Im „Lotos“ zu Prag, 28. Februar 1922, und meine Monogr aphie
a praecox, intermediäre psychische Schicht und Kleinhirn-
ganglien-Stirnhirnsysteme“, Karger 1923, Abh., Nr. 20. Ä
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
N
977
träumt, schläft man doch; wenn man schläft, hat man’ die Augen
zu und sieht die Sachen doch. zA
Sehraum, Greifraum, Orientierungsraum und deren Gliederung
in Feldstrukturen (Vordergrundserlebnis und Hintergrund) erscheinen,
im Sinne Pötzls betrachtet, als Hinausentwicklungsraum, als
Richtungsraum gebremster und dispergierter motorischer Impulse,
die Gestaltung darin als Produkt überlebender Bewegungs-
melodien. Das Zeiterleben scheint zunächst anderen Ablaufs-
gesetzen zu folgen, denen des Gemeinempfindungsablaufs nämlich;
Gemein-
aber vielleicht ist dieser Ablauf selber wie die
empfindung in toto doch wieder zu denken: als Produkt
auch einer Bremsung, nämlich der Bremsung und Verteilung aus
dem allgemeinen Chemismus des Organismus entspringender Be-
dürfnisspannungen und der daraus sich ergebenden Aktionen, also
der Bremsung von Trieben und Triebhandlungen. Gegenüber dieser
sekundären Herleitung aber können wir. schon primär die Feld-
struktur im obigen ‚Sinne, die Gestaltfunktion, die Wahrnehmung
verstehen: als Produkt aus der Bremsung motorischer Impulse und
aus dem Überleben intendierter Bewegungsmelodien. . Davon empfängt
die Wahrnehmung ihre Struktur und Gestaltung.
Es ist im Sinne Pötzls der Vorklang und der Nachschall |
unserer Motilität, welche (unter der Einwirkung einer bremsenden,
absaugenden, ableitenden und verteilenden Querfunktion als Ganz-
heitsfunktion [Kurt Goldstein], als Gestaltfunktion [Wertheimer-
Köhler]) unsere Wahrnehmungen, unsere Außenwelt gestaltet.
Man vergleiche z.B. nur oben die Entstehung des einheitlichen
Greifraums, des Sehraums, des Orientierungsraums als: Ganzheits-
leistungen und als Entstehung von gestalteten Ganzen: durch diese.
Verarbeitung der Motilität. | |
Wir verstehen jetzt, wie und auf welchem Wege die motorische
Zuwendung ein Hingenommensein durch Impressionen, und im
weiteren unter Hemmungseinfluß und beim Ergreifen, und weiter
beim Hantieren, Spielen und Schaffen eine orientierende Objekt-
gestaltung liefert: eben durch Bremsen und Überleben der Be-
wegungsmelodien angeregter aber nicht entladener Impulse.
Daraus ergibt sich jetzt ein übersehbarer und gangbarer
biologischer und psychogenetischer Weg; ausgehend. von dem Hinein-
gepaßtsein der Organismen: gerade in ihre jedeigene Umwelt
nach Marc Aurel und J. v. Uexküll und von des letzteren Freß-,
Feind- und Fluchtreflexen bei Einzellern als deren Umweltreaktionen
und Reizvernichtungsmittel, bis endlich zur physischen und psychi-
schen Reizvernichtung und Wiederherstellung ihres Lebensgleich-
gewichtes bei den höchsten Organismen, zur Bewältigung der Umwelt
mit Mitteln der Innenwelt, wie ich biologisch das Psychische
definierte (Lotos 1922), und zur Psychisierung dieser Mittel
der Innenwelt selbst. T 2 |
Der Motilität haben wir diese zugleich biogenetische Funktion
und psychogenetische Funktion zugewiesen, also sowohl die primäre
und grundlegende Funktion der unmittelbaren: reflektorischen Reiz-
vernichtung und Wiederherstellung des Lebensgleichgewichtes, wie
die durch Hemmung der unmittelbaren Reaktionen sich ermög-
zur Bewältigung der Umwelt. | |
Die Aufzeigung der Bremsung der unmittelbaren motorischen
Reaktionen, wie des Überlebens der Bewegungsmelodie, wie
der absaugenden und verteilenden Querfunktion als Ganzheitsfunk-
tion .und Gestaltfunktioh durch O. Pötzl erscheint geeignet, den
bislang im Dünkeln liegenden biologischen Weg vom Reflex
zur Psychisierung, zur Wahrnehmung und zu den Re-
manenzen zu erhellen. |
Mit
heits- und Gestaltsfunktion auch eine morphogenetische Wirkung
für die Differenzierung des zentralen Nervensystems, speziell des
Gehirnes zu. Schlagen wir seinen Weg ein, so gelangen wir durch
Pötzls hirnpathologisch . erarbeitete hirnphysiologische Feststel-
lungen auch auf sichereren Boden für die experimentell erarbeiteten
Lehren der Gestaltenpsychologie und für meine biologisch-genetischen
psychologischen Anschauungen, welch’ letztere bislang nur aüf dem
unsicheren und gefährlichen Boden der psychologischen Auswertung
psychiatrischer und psychopathologischer. Erfahrungen stückweise
ertastet wurden, welche sich aber nunmehr auf die Wirksamkeit
der Pötzlschen Bewegungsmelodien für die Objektgestaltung und
Wahrnehmung, wie für die Psychisierung unserer Innenweltsmittel
berufen können. | | |
Auch einer parallelen Betrachtung unter Freudschen Gesichts-
‘punkten ist unser Problem. zugänglich und vielleicht dadurch noch
_
. lichende Entwicklung und Psychisierung von Mitteln der. Innenwelt
gutem Grund weist Pötzl dieser. Verarbeitung der Mo-
tilität neben ihrer Funktion als Wahrnehmungsbildner; Quer-, Ganz-
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' spannungen,. Innenreize (meiner Nome
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scheidet“, (Hierzu sei bemerkt:
' . Begleitung der Arbeit vor sich ging und dieser dabei sexuelle Lust
zugeführt wurde. E. Jones Zieht dis f oleemig, daß. die Sublimierung
` Prozesses sei!?). Wir sehen — fährt Melanie
‚— also die Vorstufe der Symbolik — fest, daß das Kind in einer frühen
'lich klingenden Töne. der Katzen in der Brunst; „ein Konzert, das
Säugling folgendermaßen gewonnen werden: ‘Durch den prompten
Effekt motorischer Aktionen gegenüber Unlustreizen von außen (meiner |
Nomenklatur nach: gegenüber Oberflächenreizen, welche Wiederher-
- stellung des Gemeinempfindungsgleichgewichts durch motorische Re-
des Wegzuckens, Weg- `
'schiebens des Körpers, des Flüchtens resp. der Vernichtung ‘des Reizes
aktionen anregen), also durch den Erfolg
mittels Wegstrampelns des Reizsenders; während Triebe, Bedürfnis-
r nklatur ‘nach: innere, nicht
exoprojizierte, Gemeinempfindungsänderungen) durch solche Aktionen
‚nicht prompt behebbar sind, sondern, wie. z. B. der Hunger, nur durch .
Triebstillung. Sonach würde auch hier die Motilität oder wenigstens _Ț
die motorische Zuwendung mit Erleben ihres Eifektes dienen: der
Unterscheidung zwischen Innen und Außen, der Bildung der Grund-
lagen von Ich und Außenwelt. a we | |
Weiter. führt?) Melanie Klein (Berlin) aus: "Wir wissen, daß
.Ichtriebe (sc. Selbsterhaltungstriebe) und Sexualtriebe im Stadium des
Narzißmus (sc. vor Übertragung der Libido, des Interesses, auf Objekte
der. Außenwelt, wir würden sagen vor Gestaltung von Objekten invari-
anter Art im Sinne’ Gelbs, vor einer solchen invarianten, d.h. fix
gestalteten, Objektwelt und Außenwelt) noch vereint sind und sich
die Sexualtriebe zunächst an die Selbsterhaltungstriebe anlehnen. Daß
sie sich nachher voneinander ablösen, als zweierlei Energie wirksam
sind, voneinander abweichende Entwicklungen durchmachen, ließ sich
aus dem Studium der Übertragungsneurosen erkennen ... Anderer-
seits bleibt ein Teil der Sexualtriebe zeitlebens den Ichtrieben gesellt
und stattet diese mit libidinösen Komponenten aus. Dieser libidinösen
-` -Komponente entspräche das, was Melanie Klein früher als die
sexual-symbolische Besetzung einer den Ichtrieben zugehörigen Strebung
oder Tätigkeit bezeichnet hat: „Wir sprechen den Vorgang dieser Be-
setzung mit Libido als Sublimierung an und können uns die Genese
‚dieses Vorganges so erklären, daß dabei überschüssiger nicht zu be:
friedigender Libido Abfuhrmöglichkeiten geboten werden — also da-
' durch die Libidostauung vermindert oder behoben wird“,
: Dieser Auffassung entspricht auch ‘Freuds Feststellung, daß
beim Prozeß der Sublimierung den überstarken Erregungen aus ein-
zelnen Sexualitätsquellen Abfluß und Verwendung auf andere ‘Gebiete
eröffnet wird, wodurch bei abnormer konstitutioneller Anlage außer
den möglichen Ausgängen in Perversion oder Neurose auch der in
Sublimierung in Betracht kommt®). Vorher schon 8.225 erwähnt M.
Klein nach Freuds „Die, Verdrängung"): „Wir -wissen aber, daß
Motiv und Absicht der Verdrängun
nichts anderes als die Vermeidung
von Unlust war. Daraus folgt,
aB das Schicksal des Affekt-
betrages der Repräsentanz (sc. des Vorstellungszieles einer libidin ösen :
Strebung) bei weitem wichtiger ist als das der Vorstellung,
und : daß dies über die ur des Verdrängungsvorganges ent-
as ist eine wichtige Parallele in
Freuds dynamischer und Verdrängungslehre zu. unserer Objekt-
wahrnehmungsgenese aus der Motilität und deren Bremsung in
einer Querfunktion.)
S. 257 führt die Autorin aus: Nach der Anlehnung der Sexual-
triebe an die Icherhaltungstriebe bei der Ernährung werden die Be-
wegungslust (sc. die das Ich :erhaltenden lustbetonten Aktionen und
Reaktionen des Körpers) und das an die nächsten Ichtätigkeiten;
‚an welche sich die Sexualtriebe anlehnen. S.243: Orale (nach S. Spiel-
‚rein), kannibalische; anale, sadistische Fixierangen kommen dabei zur
Sublimierung, die mehr oder weniger geglückt ist; je mehr die Fixie-
rungen der früheren Organisationsstufen unter dem Primat der geni-
talen ‚Fixierungen zusammengefaßt werden. Frühanalysen erwiesen
Melanie Klein die allgemeine Bedeutung libidinöser Besetzung‘ für
die Entwicklung der Kindersprache und von deren Eigentümlichkeiten
und für die Entwicklung der Sprache überhaupt.. |
Sperber führt in seinen Untersuchungen über den sexuellen
. Ursprung der Sprache!) aus, daß sexuelle Impulse eine wichtige Rolle
bei der Entwicklung der Sprache gespielt haben und daß die ersten
Sprachlaute die Lockrufe vor der Paarung waren!!). Weiter betont
Sperber, daß die Entwicklung dieger Sprachwurzeln als rhythmische
die ontogenetische Wiederholung dieses durch Sperber beschriebenen
lein fort — aber zu-
yleich in diesen Bedingungen der Sprachentwicklung die der Genese
er Symbolik. Ferenczi stellt als grundlegend für die. Identifikation
1) „Zur Frühanalyse“. Imago 1923, 9, H.2, S. 223, 232, 233, 284.
8) 3 Abhandlungen zur Sexualtheorie, S. 100, |
29) Kleine Schriften, 4. Folge, S. 288.
10) Imago 1, H.5. ` |
11) Vgl. die stark zur Einfühlung herausfordernden, ‚fast sprach-
Stein erweichen und Menschen rasend machen kann“.
12) Jones, „Die Theorie der Symbolik“, Internat. Zschr. V; s.
auch Rank und Sachs, Die Bedeutung der Psychoanalyse für die
Geisteswissenschaften. .: ; o o, er I Dr
' gleitet. Dadurch aber könnte wohl die Ingleichsetzun
Periode der Symbolik in jedem D
keiten wiederzufinden sucht. `
Ich hätte hierzu -zu. beme
sammen, also im Situationserleben, werden gewisse Gemeinempfin-
dungsänderungen exoprojiziert und „die motorische Zuwendung auf
„etwas“ mit -Hingenommensein“ erlebt: aber noch. ohne scharfe Schei-
dung zwischen Erlebendem und Erlebtem, weil. die Gestaltung des. Er-
lebten zu Objekten und des Erlebenden zum Ich mittels einer brem-
senden sowie verteilenden und gestaltenden Querfunktion noch nicht
vollzogen wird. |
ndem das Kind, fährt Ferenczi fort, eine solche In Teichnis-
setzung seiner Körperorgane vornimmt, findet es vielleicht für jeden a
affektiv wichtigen Teil der unteren Körperhälite ein Aquivalent an
der oberen. u |
Oberflächenreize zu ist ursprünglich der ganze Körper beteiligt, aber
beim ‘Menschen nun ist aus phylogenetischen Gründen die obere Körper- =
hälfte reicher mit „Zuwendungsorganen* (Kopf, Augen, Mund’ [auch
dieser ist ein wichtiges Zuwendungs- und ‚somit Agnosziefungsorgan
beim Säugling], und zugreifenden Händen), ausgestattet, als die untere
'Körperhäl
entwicklungsbetrag, den „Zuwendungsbetrag“, dagegen ist, vom oralen
` Lustgewinn abgesehen, die untere Körperhälite Erzeuger des Hauptteils,
des „Lustbetrags" überhaupt und in der Übertragung auch des Lustbetrags
an den Körperbewegungen. Auch möchte ich vermuten, daß das vielleicht
‘durch das Klima erzwungene Wickeln europäischer Säuglinge — es
ist erst in den letzten Jahren außer Mode gekommen —- nicht‘ nur
eine Erwärmung, sondern auch ‘durch Wickelkissen. und Wickelband .
eine Bewegungsbeschränkung der unteren Körperhälfte bewirkt, wäh-
rend es für Kopf, Augen, Mund immer und überwiegend auch für die’ E
Arme Bewegungsfreiheit läßt: somit würde das Wickeln diesem Prozeß,
der „Verlegung von unten nach oben“ und damit der Sublimierung,
"sowie zugleich der Entwicklung des Greifraums, Sehraums, Örientierungs-
raums, also der Objektgestaltung und Wahrnehmung, sei es auch nur
durch G
fördernd entgegenkommen.
Die frühe Orientierung am eigenen Körper, fährt Melanie Klein.
fort, ist nach Freud auch von der Entdeckung neuer Lustquellen be-
verschiedener
Organe und Körperstellen ermöglicht sein. Ihr schlösse sich dann
weiter die Identifizierung mit anderen Dingen an, wobei nach Jones
das Lustprinzip den Vergleich zweier ganz verschiedener Dinge auf
Grund einer lust- oder interessebetonten Ähnlichkeit ermöglicht). -
Wir können aber wohl annehmen, meint Melanie Klein, daß
andererseits diese Dinge und Tätigkeiten, die an sich nicht Lustquellen T
sind, es durch diese Identifizierung werden, . indem sexuelle Lust auf
sie abgesetzt wird; wie es Sperber auch für die Arbeit des Ur-
menschen annimmt. Wenn dann zufolge einsetzender Verdrängung
3
‘der Schritt von der Identifizierung zur Symbolbildung gemacht wir
erweist diese sich zugleich als die Möglichkeit, auf andere ursprüng-
lich nicht lustbetonte Dinge und Tätigkeiten der Ich-Erhältungstriebe
Libido abzusetzen: womit der Mechanismus der Sublimierung gegeben
wäre. Die Identifizierung erscheint aber dann nicht nur als Vorstufe
der Symbolbildung, sondern zugleich auch als die der S rachentwick-
lung und Sublimierung. Die Sublimierung findet über diese Symbol-
bildung statt, indem auf Dinge, Tätigkeiten und Interessen in sexual-
symbolischer Weise libidinöse Phantasien fixiert werden. _ ur
: Ohne die Bedeutung der hier zitierten „Freudschen“ Dyna-
mismen und Besetzungen der Ichtätigkeiten ‚und derer Ziele mit Libido,
mit Interesse, schmälern zu wollen, scheint mir das in einer frühen
Periode mn Wiederfinden der eigenen Organe und Tätig-
keiten in jedem Dinge kein Wiederfinden, sondern wie die Identifikation
dieser Phase, d. i. Jones’ Ermöglichung des Vergleichs zweier. sonst
interessebetonten Ähnlichkeit, nicht primär. Ichhalte dieseDynamismen
für die dynamische Weiterentwicklung eines primären Tatbestandes,
und-dieser wäre die im Vorangehenden hervorgehobene Hinausentwick-
lung des Körpers nach einer Seite, der Körperseite des Oberflächen:
hälfte) unter Situationserleben und unter Exoprojektion von Gemein-
empfindungsänderungen in dieser Richtung. Der primäre Tatbestan d.
wäre also nicht eine Besetzung samt Identifiziorung und Symbolbildung
als Vereinigungsmittel getrennter Erlebniskreise, sondern das noc
komplexe Erleben, das der Ausgestaltung harrt, und die primären
Aktionen und Reaktionen aus Gemeinempfindungsänderung, also die
Motilität. Es braucht ja nicht identifiziert zu werden, was. im Un-
entifizierung und Symbolisierung, wie die Objektgestaltung und
Wahrnehmung, wie die Darstellungsfunktion, Bedeutungsfunktion und
in der Sprachentwicklung Nennfunktion beziehen sich auf den
emeinsamen Boden der primären Hinausentwicklung des Körpers
aui Oberflächenreize und Triebziele zu) und der Bewegungs’
18) Jones, Die Theorie der Symbolik. Intern. Zschr. Bd: 5, H. 4.
20000001924. MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.28. 000000
einer gewissen Vertiefung : fähig. Freud laßt die erste Scheidung‘
„zwischen Ich-Subjekt einerseits und Außen:Objekt andererseits beim
13. Juli
ing seine Organe und deren Tätig-
5 rken, was einigen Parallelismus zeigt:
In der Reaktion - auf inneres Geschehen und atf Oberflächenreize zu-
Ich möchte hier hinzufügen: Bei der Hinausentwicklung auf
te, welche die Exkretionsorgane trägt. Ja man könnte.ver-
_ muten: die obere Körperhälfte leistet mehr den objektgerichteten' oder
| vorerst auf die Impression hin, d. i. situationsgerichteten Hinaus- |
ewinnung von Remanenzen, welche später wirksam werden, |
ganz verschiedener Dinge oder Tätigkeiten auf Grund einer lust- oder '
reizes, auf diesen zu (beim Menschen besonders mit der oberen Körper- ,
een noch ungeschieden ist: sondernLibidoabfuhr, Libidobesetzung,
z
\
,
|
` f] i
$ '
shio oo
melodie dieser motorischen Aktionen und Reaktionen. Diese ursprüng-
fiche Beziehung bleibt noch lange erhalten und besteht noch nach der
Gestaltung und Trennung von Objekten und Ich, d.h. nach der Ge-
winnung. eines in gestaltete Dinge und leeren Raum gegliederten
Greifraums, Sehraums und Örientierungsraums, sowie eines erlebenden
Ich und nach der Gewinnung von gestaltbaren DLadungsrückständen
früheren Erlebens, von Remanenzen, von Erinnerungen: das alles mittels
der Querfunktion, Gestaltfunktion. Auch „Verdrängung“, „Widerstand“,
Vermeidungen (Tabu)“ im Sinne Freuds, wie die motivlose Angst,
deren aller Motiv und Absicht eben ein Tabu, eine Vermeidung, eine
- Tyiebscheu, eine Art Unlustprophylaxe, kurz die Unlustscheu ist, haben
meines Erachtens ebenfalls einen primär motorischen (und wahr-
nehmungsfördernden) Tatbestand: im Fluchtreflex, dessen psychi-
siertem Überbau sie angehören. |
Zusammenfassung: Die entwickelten Anschauungen schließen
sieh nunmehr dahin zusammen: Der allgemeine Chemismus der
Organismen in seinem rhythmischen Ablauf und im Zusammenwirken
mit lokalen physikalisch-chemischen Veränderungen durch Umwelt-
- änflüsse (mit den Oberflächenreizen) und die auf Trieb-
` silung und Reizbewältigung gehenden Aktionen und Reaktionen
- der Organismen; bedeuten das Leben der Organismen. Dieses
1924 — MEDIZINISCHER .KLINIK — Nr. 28.
das
979.
alles und die Bremsung der Aktion und Reaktion (durch
. Interferenz usw.) erscheint als der Mutterboden des Psychischen
Deren Genese vollzieht sich _
überhaupt und speziell des Erlebens.
aus der Motilität mittels Verteilung durch eine Querfunktion des
Gehirns unter Überleben der angeregten aber nicht abgespielten
Bewegungsmelodien, wie uns Pötzl lehrte. So entsteht die Mutter-
lauge, aus welcher Erinnerung (Remanenz), Orientierung, Objekt-
gestaltung, Objekte und darauf gerichtetes Ich und das Bewußt-
sein: sich unter der erwähnten Umwandlung der Motilität heraus-
krystallisieren. Die Wahrnehmung mit oder besser durch Struktur
und Gestalt der Objekte, wie die Remanenzen, somit unsere Außen-
welt, wie auch unsere psychisierte Innenwelt, wie auch das „Um-
wegnehmen“ der Behavior-Psychologie und das einsichtige Verhalten
der Gestaltenpsychologie verdanken ihre Entstehung, ebenso wie auch
Gehirn — einen Teil wenigstens — seiner morphogenetischen
Entwicklung: ‘einer Differenzierung der Motilität, und zwar der
Bremsung motorischer Aktionen und Reaktionen unter Überleben.
der zugehörigen Bewegungsmelodien, sowie der Absaugung
heitsfunktion und. Gestaltfunktion im Sinne Pötzis.
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof, Dr.C. Adam, Berlin (Ausenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerh
artz,
Bonn a. Rb. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie) Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkränkheiten), Geh.-Rat
. Pre, Dr.Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, . Bonn (Voersicherungsrechtl, u. gericht!,
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
. Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R. Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S. Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank -
heiten), Prof. Dr. Riet
schel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und' Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Obərschöneweide.
Sammelreferat.
Fortschritte in der Neurologie.*)
Von Dr. Arthur Stern. :
MH! Wenn ich Ihnen im Rahmen eines ‚kurzen Referats
über die Fortschritte der letzten Jahre auf neurologischem Gebiet
berichte, so muß ich von vornherein nach 2 Richtungen um Ihre
Nachsicht bitten: Wenn ich erstens nicht allen von Ihnen und nicht
in jedem Punkte etwas Neues sage und zweitens über das eine oder
andere, was Sie zu hören hofften, hinweggehen muß. Das liegt aber
in der Natur des Stoffes und der mir zur Verfügung stehenden
leit. Es kann sich nur darum handeln, das ganze große Gebiet
mit ein paar Streiflichtern zu beleuchten.
. Inätiologischer Hinsicht haben unsere Anschauungen über
die multiple Sklerose in den letzten J alıren eine gewisse Wandlung
erfahren. Das Kennzeichen der Unklarheit, das über der Ent-
- Hehung dieser Krankheit lag, war das, daß man alle möglichen
tsachen in Erwägung zog, .von denen eben keine zutreffend war:
Die Erblichkeit, endogene Momente, das Trauma, Erkältung, Intoxi-
kationen mit chemischen Giften (CO) und schließlich bekannte In-
- fektionskrankheiten, wie Masern, Scharlach, Diphtherie,. Typhus,
miluenza usw. Aber es war doch einzelnen Autoren schon früher
aigefallen, insbesondere hat mein langjähriger Lehrer Oppenheim
| Gegensatz zu Strümpell immer auf die Ähnlichkeit mancher
klinischen Bilder der multiplen Sklerose mit einer akuten Infektions-
ankheit sui generis hingewiesen.
. „Im Jahre 1917 haben ‘dann Kuhn und Steiner durch Ver-
Impfung von Blut und Liquor Multiple Sklerose-Kranker auf Kaninchen
wd Meerschweinchen bei den Tieren lähmungsartige, rasch zum
ode führende Krankheiten erzeugen, in. mehreren Tierpassagen
erfolgen und beim lebenden wie auch beim toten Tiere eine Spi-
tochäte aulfinden zu können gemeint, die sie als den Krankheits-,
ser der multiplen Sklerose ansprachen; 1918 hat dann Siemer-
Ing an einer frischen Leiche bei der multiplen Sklerose 2 Stunden
post exitum
tinensis hat man sie bezeichnet.)
Als Zwischenträger hat Steiner die Zecke (Holzbock) ange-
und es ist in dieser Hinsicht interessant, daß einige Autoren
j i ; i
n der Tat das vorwiegende Befallensein von Holzarbeitern, Tisch-
Bo i i
sehen,
| *) Nach ei Mi : \ Ä vr i ż
haltenen e am 6. März im Charlottenburger Ärzteverein ge
eine lebende Spirochäte gefunden. (Spirochaeta argen-
lern usw. feststellen wollten. Das bedarf aber der Nachprüfung.
Seitdem ist die multiple Sklerose, obwohl die Befunde von Kuhn
und Steiner vielfach, besonders in letzter Zeit angefochten worden
sind, in ein änderes und interessantes Blickfeld .der Forschung ges
rückt; denn mit der Annahme der Infektionskrankheit würde sich
decken der positive Liquorbefund, ferner das Auftreten der Krank-
heit in Schüben und Remissionen und manches’ andere. Freilich
eine eigenartige Infektionskrankheit, denn weder hat man je Fieber;
noch eine Ansteckung von Mensch zu Mensch beobachtet, und über
die Eintrittspforte des Giftes ist überhaupt nichts bekannt.
| Obwohl der Beweis für eine Spirochätenerkrankung keines-
wegs sicher erbracht war, war klar, daß die Therapie hier einsetäen
und die bekannten antiinfektiösen Heilmittel verwenden würde.
Leider scheint es aber, als ob alle Versuche mit Salvarsan, Silber-
salvarsan, Staphylokokkenvakzine, auch Phlogetan, Tetrophan u. a.
trotz einzelner günstiger Berichte hier arg enttäuscht hätten. Ich
selbst habe von der Salvarsantherapie keinerlei Erfolg gesehen.
Ich wende mich nun zu demjenigen Gebiet der Neurologie,
das uns im letzten Jahrzehnt am stärksten beschäftigt hat, zu den
Psycho-
und Verteilung mittels einer Querfunktion des Gehirns, einer Ganz-
=
Erkrankungen des Linsenkerns und überhaupt den sogenannten.
extrapyramidalen Erkrankungen (Amyostatischer Symptomen-
komplex, striäre Erkrankungen, wie sie auch ‚benannt wurden).
Sie wissen ja, daß noch in garnicht allzualten Lehrbüchern der
Neurologie Erkrankungen, um die es sich hier handelt, die Paralysis
agitans, die verschiedenen Choreaformen, . unter den funktionellen
Erkrankungen, Muskelkrämpfen, Beschäftigungsneurosen, Tic usw.
gruppiert worden sind. Auf der anderen Seite hat man noch bis
in die jüngste Zeit mit den tiefen ‚Ganglien des Großhirns physio-
logisch: wenig anzufangen gewußt; heute sind wir der Deutung
dieser Dinge um ein Beträchtliches nähergerückt. Eine kurze ana-
tomische Erläuterung muß ich hier zum Verständnis einfügen.
Wenn man früher das ganze Corpus striatum in den Nucleus
caudatus und Nucleus lentiformis und den letzteren in Putamen
und Globus pallidus gliederte, ist man jetzt durch entwicklungs-
geschichtliche und histologische Feststellungen dazu gelangt, daß
Nucleus caudatus und Putamen des Linsenkerns zusammen gehören
und den phylogenetisch jüngeren Teil bilden, während der Globus
pallidus, das „Pallidum“, für sich den älteren Teil des Corpus -
striatum darstellt. So ist man dazu gekommen, von den älteren
irreführenden Bezeichnungen Corpus striatum und Linsenkern ab-
zusehen und Nucleus caudatus — Putamen als Neostriatum und
Globus pallidus als Palaeostriatum zu bezeichnen. |
Nun zeigte sich, daß die Paralysis agitans, die, wie man
wohl sagen kann, die Erforschung dieses Gebietes einleitete, sich -
980
nn 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK—Mı. 8. 00606038, Ali
als eine Ganglien-Zelldegeneration seniler Art vorwiegend in dem
oben gekennzeichneten Globus pallidus darstellte. Natürlich. sind
diese Dinge noch nicht bis ins letzte geklärt. Aber es gilt heute
als ziemlich feststehend, daß die Paralysis agitans als der klinische
Ausdruck dieser Zelldegeneration im Pallidum und angrenzenden Ge-
bieten (wahrscheinlich das. Ganze eine Systemerkrankung) aufzufassen
ist.
kommt. )
studierten der Paralysis agitans in mancher Hinsicht ähnlichen Krank-
heitsbilder der Pseudosklerose von Strümpell-Westpfahl
und der sogenannten Wilsonschen Krankheit (wahrscheinlich
identische Krankheitsbilder) von Interesse.
um eigenartige Störungen der Koordination, der Mimik, der Sprache,
mit Zittern, Bewegungsarmut, Muskelschwäche usw., Dinge, die der
Paralysis agitans sehr ähneln (anatomisch grobe gliöse Wucherungen
| im Pons, Großhirn, vorwiegend aber im Linsenkern). Dazu kommt
als Besonderheit ein eigentümlicher Pigmentring der Cornea und
Lebererkrankungen. Obwohl noch nichts über Art. des Zusammen-
hangs der Leber- und der Striatumschädigung sicher erwiesen ist,
hat man doch auch bei der Paralysis agitans nach dieser Richtung
geforscht und Leberschädigungen mit Hilfe der Widalschen Leber-
probe nachweisen wollen, die dann also den Ursprung dieser Er-
krankung etwa im Sinne einer Autointoxikation von der Leber her
deuten würden. Diese Dinge aber sind noch ganz im Fluß. Einen
ganz besonderen Anstoß erfuhren die Forschungen auf diesem Hirn-
gebiet durch die Epidemie von Encephalitis epidemica oder
lethargica, die uns die letzten Jahre im Zuge der Grippeepidemie
allerorten gebracht hat. Das Krankheitsbild ist Ihnen ja allen be-
kannt. Ich brauche also nur darauf hinzuweisen, daß das klinische
Bild sich insofern für uns etwas geändert hat, als nach den akuten
Formen, die sich durch die charakteristische Schlafsucht, Augen-
muskellähmungen (u. a. Pupillenstarre) .und motorische Reiz-
erscheinungen auszeichneten, uns jetzt mehr das chronische Bild
der Krankheit zu Gesicht kommt, das das Parkinsonsyndrom der
Paralysis agitans gewissermaßen kopiert: d. h. also die eigentümliche
Muskelstarre, Bewegungsarmut, Maskengesicht, dazu choreoatheto-
tische Bewegungen, psychische Störungen, Erscheinungen, die eben
auf Entzündungsherde in den subkortikalen Ganglien zurückzuführen. |
sind. Die Krankheit kann in einen chronischen, jahrelang dauernden
Prozeß übergehen, und diese Formen sind es, die uns heute noch
überwiegend beschäftigen.
‘ Ebenso wie die Paralysis agitans ein überraschendes ana-
tomisches Substrat im Linsenkern, vorwiegend im Pallidum, gefunden
‚ hat, so scheint auch allmählich das ganze Gebiet der Chorea und |'
. der verwandten Krankheitsbilder eine mehr und mehr gesicherte ana-
tomische Grundlage zu bekommen. Hier hat man Erkrankungsprozesse
vorwiegend im Neostriatum (also Nucleus caudatus +4 Putamen) als
Ursachen zu finden geglaubt, wo die kleinen Zellen einem Ent-
zündungs- bzw. Degenerationsprozeß unterliegen.
Die außerordentlich charakteristischen athetoseähnlichen Be-
wegungen des schreienden Säuglings, mit seinen oft stundenlang in
die Höhegehobenen Armen, erklären sich so ebenfalls als eine physiolo-
gische Funktion der tiefen Hirnteile, die noch durch keine übergeord-
neten Großhirnzentren gehemmt undreguliert sich frei entfaltenkönnen.
Noch andere Krankheiten gehören in dieses Gebiet, wie der
Torsionsspasmus, die Dystonia muscul. progress. von
Oppenheim-Ziehen, und auch manche schwere Tieformen hat
man neuerdings in diesem Gebiet lokalisiert. Alles in allem, es
bat sich gezeigt, daB außer der gewöhnlichen Motilität ein zweites
Bewegungssystem in den subkortikalen Ganglien existiert, das für
die Koordination der Bewegung, für den Gang, für die Haltung,
für die Sprache, für den Tonus von nicht geringerer Bedeutung als
das eigentlich motorische Pyramidensystem ist.
. So, sehen Sie, hat sich die moderne Forschungsrichtung (fast
scheint sie manchmal über das Ziel zu schießen und nun für alles
und jedes den Linsenkern verantwortlich zu machen) vom Kortex,
von der Großhirnrinde, wo die Grenzen der Erkenntnis, der Lokali-
sationslehre erschöpft schienen, losgelöst und mit überraschenden
Ergebnissen den tiefen Hirnteilen zugewandt. Es gibt eben, wie
das u. a. Kraus einmal ausgedrückt hat, außer dem kortikalen,
dem Rindenmenschen mit seiner Vernunft, mit seinen ausgebildeten
sensorischen und motorischen Fähigkeiten, eine Tiefenpersön-
i
lichkeit, die- einen tieferen Reflexmechanismus, speziell auf dem’
Gebiet des Muskeltonus, der vegetativen animalischen Funktionen
besitzt und die die phylogenetisch älteren und darum nicht weniger
wichtigen Funktionen verkörpert. Nach Kraus ist sogar die tiefe
= Person der Kern der Persönlichkeit! .
Ungeklärt freilich ist noch, wie es zu dieser Zelldegeneration
In dieser Hinsicht waren die in den letzten Jahren viel
Hier handelt es sich
In diese Reihe gehören auch die schönen Ergebnisse von
Magnus über die tiefen- Reflexe des Muskeltonus beim Tier, die
Bedeutung des roten Kerns für diese Reflexe usw., auf pathologisch-
klinischem Gebiet die Tonusveränderungen, die Simons beim
Hemiplegiker fand, und schließlich beim gesunden Normalen —
alles in derselben Richtung — die überraschenden, aber von
Suggestivwirkung noch nicht einwandfrei befreiten Versuche, die
| uns vor einiger Zeit Kurt Goldstein (Frankfurt) -hier vorführte:.
Wenn man einen Gesunden in einen bestimmten Entspannungs-
zustand versetzt, so kann man bei Veränderung der Lage gewisser
Gliedmaßen z. B. eines. Armes ungewöhnliche Reflexe und Mit-
bewegungen anderer Gliedmaßen z. B. im gleichseitigen Bein auf-
treten sehen, die wir bisher nicht kannten. Zweifellos ebensolche
Reaktionen eines noch nicht geklärten Tiefenmechanismus. Und
wenn ich zu den psychischen Dingen überleite, so brauche ich
Sie nur an die Ergebnisse der psychoanalytischen Schule, über
die ich heute nicht sprechen werde, zu erinnern, die sich wieder
in anderem Sinne auf der Analyse der Tiefenpersönlichkeit; des
Unterbewußten, Unbewußten, Verdrängten aufbaut und über deren
Ergebnisse, von Schlacken und Übertreibungen befreit, auch die
früheren Gegner dieser Lehre nicht mehr hinweggehen können.
Schließlich erscheint der modernen Lehre die Hysterie mehr und
mehr als eine mit einer gewissen Tendenz (Krankheitswillen, „Flucht
in die Krankheit“, „fehlendes Gesundheitsgewissen“ usw.) hervor-
|.gerufene Ingangsetzung tiefer entwickelungsgeschichtlich vorge-
bildeter Mechanismen.
„Der Apparat . geht in einer niederen
Schaltung“ ist ein schönes von Kretschmer hierfür geprägtes Wort.
Die Psychiater sind noch weiter geneigt, diese Forschungs-
richtung auszubauen, wenn sie den primitiven Denkformen, dem
sogenannten. prälogischen archaischen Denken z. B. bei der
Dementia praecox nachgehen und nachweisen wollen, daß die Denk-
formen des Schizophrenen mit denen des Primitiven und des
Kindes überraschende Ähnlichkeit haben.
daß das bekannte Häckelsche biogenetische Grundgesetz,
nach dem der Mensch in seiner eigenen Entwickelungsgeschichte
Immer mehr zeigt sich,
(Ontogenese) -noch einmal die Stammesgeschichte (Phylogenese)
wiederholt, auch auf die geistige Entwickelung anwendbar ist, und
daß wir hier und da Rückfälle in längst abgebaute oder überlagerte
atavistische Urmechanismen vor uns sehen.
Kehren wir nach dieser Absehweifung in psychiatrische Grenz-
gebiete zu den neurologischen Fortschritten zurück, so ist über die
Vagotonie ein paar Worte zu sagen. Seitdem dieser Begriff von
Eppinger und Heß geprägt und scharf präzisiert worden ist, ist
er aus Klinik und Literatur nicht mehr verschwunden. Eppinger
und Heß gingen von.der Vorstellung aus, daß Vagus und Sympa-
thikus, die wir ja auch sonst vom Herzen, von den Gefäßen, vom
Magendarmtraktus her als Antagonisten kennen, sich im Zustand
eines bestimmten dauernden Tonus befinden. Sie stehen normaler-
weise in einem Verbältnis wie die beiden Wiegeschalen an einem
Wagebalken und halten ein labiles Gleichgewicht. Ist dieses Gleich-
gewicht durch Überwiegen des Tonus in dem einen oder anderen
Nerven krankhaft gestört, so kommt es zu dem Krankheitsbild der
Vagotonie und Sympathikotonie.
Die vagotonischen Menschen zeichnen sich äus durch ver-
langsamten Puls, P. irregul. respiratorius, Extrasystolen, ferner
Pupillenenge, Salivation, Tränenfluß, Hyperidrosis; im Gebiete des
Lungenvagus: Bronchialasthma, im Gebiete des Darmtraktus Hyper-
azidität, mit Neigung zu Ulcus ventriculi, spastischer Obstipation,
ferner Urtikaria als Ausdruck einer Endothelsekretion der dilatierten
Kapillaren. Der Blutdruck sinkt durch Erschlaffung der Gefäße.
Der. Sympathikotone ist ausgezeichnet durch Tacbykardie,
Steigerung des Blutdrucks, Pupillenerweiterung, Hemmung der
sekretorischen Mechanismen, Glykosurie. Dazu kommt eine Reihe
pharmakologischer Prüfungsmethoden.
trennt wissen wollten. Es hat sich aber in der Folge gezeigt, daß
zwar ähnliche Bilder bei genauer Untersuchung des vegetativen
Systems. anzutreffen sind, daB aber von einer Gesetzmäßigkeit nicht
im entferntesten die Rede sein kann. Es ist ja auch von vornherein
unwahrscheinlich, daß die Natur, die kein Schema kennt, sich in
_ ein solches zwängen ließe. Man sah bald bei demselben Individuum
beide. Züge nebeneinander vereinigt, wenn auch unter Hervortreten
der einen Komponente, so z. B. beim Basedow, bei der klimakterischen
Neurose, und es handelt sich bei diesen Gruppierungen wahr-
scheinlich um nichts anderes, als um das klinische Bild einer all-
gemeinen vasomotorischen Neurose, bei der sich, offenbar unter dem
Einfluß innersekretorischer Vorgänge, die einen oder die anderen
| Das sind die beiden klini-
schen Bilder, wie sie Eppinger und Heß voneinander scharl ge-
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Symptome mehr in den Vordergrund schieben. Jedenfalls hat die
Jehre von der Vagotonie außergewöhnlich befruchtend gewirkt.
Sie hat uns in der Tat manche klinische Zusammenhänge wie die
häufiee Kombination von Hyperazidität, Asthma bronchiale, Urtikaria
hei dem gleichen Individuum und in der gleichen Familie. besser
verstehen lassen. Und die Therapie hat mit der Anwendung des
Adrenalins und Atropins und anderer Mittel, des Kalks, des Afenils
aus dieser Lehre Nutzen gezogen. | |
`- Auf einem anderen diagnostischen Gebiet bewegt sich die
Methode der Enzephalographie, die, 1918 von Dandy an-
gegeben und später von: Bingel weiter ausgebaut, immer mehr
Anwendung zu finden scheint. Es handelt sich hier um die
Siehfbarmachung der Subarachnoidealräume und speziell der Ven-
tikel auf dem Röntgenbilde durch die Methode der Lufteinblasung,
die Dandy mittelst der Ventrikelpunktion, Bingel dann mit der
Lambalpunktion ausgeführt hat (eine nicht ganz ungefährliche
und für den Kranken durchaus nicht etwa angenehme Metliode).
- ‚Han sieht dann auf dem Röntgenbilde in der Tat mit überraschender
Deutlichkeit insbesondere die typische Schmetterlingsfigur der nor-
malen Seitenventrikel, deren Konfigurationsveränderungen, Ver-
schiebungen, Verschlüsse usw., denn die Seitenventrikel sind ein
außerordentlich feines Reagens auf zahlreiche Gehirnveränderungen,
Tumoren. u. dergl., und in der Tat hat sich die Methode in der
Differentialdiagnose von allgemeinen Zerebralerscheinungen, Urämie,
‚Meningitis serosa und in der Lokalisation von ‘Tumoren und
‘anderen Herderkrankungen, auch bei spinalen Prozessen häufig
‚bewährt, Jedenfalls wird die Methode, die immerhin einen Ein-
git bedeutet, nur in unklaren Fällen zur ‘Unterstützung heran-
ziehen sein.
Begebe ich mich nun auf das therapeutische Gebiet, so
misen wir jedenfalls bescheiden und allen Neuerungen gegen-
über skeptisch und frei von Enthusiasmus sein. Ich muß davon
absehen, etwa einzelnen neuen Antipyreticis und Antineuralgiecis,
„die täglich auf den Markt geworfen werden, das Wort zu reden
(häufig ist das Gute nur alte Form in einer neuen Hülle), aber
an einem Mittel, das noch nicht überall ganz gewürdigt ist,. dürfen
‚wir nicht vorübergehen, das ist das von Hauptmann in die
Therapie der Epilepsie eingeführte Luminal. Man kann ruhig
sagen, daß dieses Mittel das alte Bromkali fast ganz aus der
‚ Bpilepsietherapie verdrängt hat. Es ist ihm zweifellos überlegen
und ohne die unangenehmen Nebenwirkungen des Bromismus. Ich
binde mich in Übereinstimmung mit Nonne u. a., wenn ich, sage,
daß ich in den letzten Jahren das Brom gegen die Epilepsie kaum
me nötig hatte, Freilich gehört auch hierzu eine gewisse Technik
und Erfahrung. Man braucht in einzelnen Fällen oft nicht mehr
als 2 X 0,05 = 1 Tablette von 0,1 pro die, die man ununterbrochen
monatelang geben kann, in schweren Fällen bis 0,45, 0,6 pro die,
die in kleinen Dosen auf den Tag verteilt, bei Epilepsia nocturna
us besonderer Verstärkung der Abenddosis zu geben sind. Bei
umotiviertem plötzlichen Aussetzen des Mittels setzt sich der Kranke
e Rezidivgefahr aus. Bekämpft werden ebensosehr die großen
epileptischen Krampfanfälle, wie die kleinen Absencen, das petit mal.
Als eine Nebenwirkung ist die zuweilen störende Müdigkeit
und Mattigkeit zu erwähnen, an die aber Gewöhnung erfolgt; selten
an dem bei Veronal ähnlicher Hautausschlag. Das Mittel ist ein
Abkömmling des Veronals und kann auch als Phenyläthylbarbitur-
sure verschrieben werden, dort, wo man den Namen kachieren
U. Das Luminal ist kein Heilmittel der Epilepsie, sondern ein
‚u symptomatisches Mittel, aber als solches unschädlich auch bei
gem Gebrauch, und zurzeit wohl das beste Antiepileptikum, das
mir besitzen. Das geht ja auch daraus hervor, daß all die anderen
' neuerer Zeit empfohlenen Mittel, wie die Nebennierenexstirpation,
2A ebennierenbestrahlung, die `Xifalmiloh usw. kaum nennens-
erten Anklang gefunden haben. i
Par nen ‚ägenartigen Weg hat die moderne Behandlung der
a ea) oe eingeschlagen. Die Geschichte der Paralysetherapie ist
bi WS Sie wissen, eine Kette von Mißerfolgen und Enttäuschungen.
ei a ‚meinen sollen, daß ein Leiden, das so bis fast in die
ii Einzelheiten als chronische Infektionskrankheit durch die
on isspitochäte enträtselt und bei dem die Mittel gegen die
i RS in dem Salvarsan, Quecksilber und neuerdings Wismuth
ahlreich vorhanden sind, man hätte, . sage ich, meinen sollen,
nicht Therapie hieraus Nutzen gezogen hätte. Das ist leider
Re: 3 all. Ich brauche hier nicht zu erwähnen, daß sowohl
itel ; aralyse als auch bei der Tabes unsere bekannten Syphilis-
e ganzen versagt haben. Das gleiche gilt wohl auch von
ndolumbalen Behandlung mit Salvarsan und salvarsanisiertem
g
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.28. E.
Serum, die von Gennerich mit großem Enthusiasmus empfohlen
wurde, wahrscheinlich aber auf falschen Voraussetzungen beruht,
denn sie ist auf starke Gegnerschaft gestoßen, und die Erfolge
haben im Stich gelassen. So ist man zu einer alten Methode, zu. `
der Fieberbehandlung der Paralyse zurückgekehrt, die .ja. schon
früher in dem Tuberkulin und der Nukleinsäure gegen diè Para-
lyse angewandt wurde. Im Jahre 1917 bat Wagner-Jauregg in
Wien durch die Malariabehandlung der Paralysetherapie
einen ganz neuen Anstoß. gegeben. Jedenfalls liegen die Dinge
heute so, daß diese Behandlung in fast allen großen Kliniken und
Irrenanstalten angewandt, und von günstigen Erfolgen berichtet wird.
Die Technik ist im allgemeinen so, daß man als Infektions-
quelle Kranke mit Tertiana, seltener tropischer Malaria verwendet,
deren Blut (1 ccm) mit der Pravaz-Spritze von einem Malaria-
kranken auf den Paralytiker intravenös überimpft wird. (Muß das
Blut konserviert oder transportiert werden, so bedarf es einer ge-
wissen Vorbehandlung.) Dann treten gewöhnlich 7—10 Tage nach
der Impfung die ersten Malariaanfälle auf; man läßt dann 8—12 .
solcher Fieberanfälle auf den Paralytiker einwirken (selbstredend
unter dauernder Blutkontrolle und unter Berücksichtigung des All-
gemeinbefindens, der inneren Organe usw., denn auch Todesfälle
sind bereits in der Behandlung vorgekommen) und cöupiert dann
durch die übliche Chinintherapie die künstliche Malaria, was ja
mühelos gelingt. |
Nun, die Erfolge dieser Behandlung lauten im allgemeinen
günstig, wenn man sich auch einem übertriebenen Enthusiasmus
durchaus .nicht hingeben darf, denn von einer Heilung der Para-
lyse kann auch mit dieser Behandlung nicht die Rede sein. Günstig
sind die initialen Fälle und die akuten Exazerbationen, die klassischen,
expansiven, erregten Formen. Sie sollen im allgemeinen rascher als
sonst abklingen. Körperliche Symptome werden wenig beeinflußt,
wenn man auch eine Wiederkehr der Pupillenreaktion einige Male, `-
vereinzelt ein Negativwerden des Wassermann gesehen haben will.
Sehr wichtig ist, daß Bielschowski in 7 Gehirnen von ver-
storbenen Malaria-geimpften Paralysekranken keine Syphilis-Spiro-
chäten gefunden hat, während man sie sonst in der Hälfte oder
&/, der Fälle zu finden gewohnt ist. Das macht doch sehr wahr- .
scheinlich, daß die Syphilis-Spirochäte durch die Malariabehand-:
lung abgetötet wird. |
Wichtig für die Beurteilung der Besserung mit dieser Para-
lysetherapie ist natürlich die Frage der Berufsfähigkeit. Die
Erfahrungen lauten fast übereinstimmend dahin, daß der Prozent-
satz der sogenannten Remissionen, auch der Vollremissionen bis
zu völliger Berufsfähigkeit, erheblich über das hinauszugehen scheint,
was man sonst bei der Paralyse zu sehen gewohnt ist. 50°/, und
mehr der geimpften Fälle bekommen langdauernde Remissionen,
die man schon bis zu 4jähriger Dauer gesehen hat. |
Freilich dürfen Sie das alles nicht zu hoch bewerten, denn
auch bei der sonst üblichen Salvarsantherapie in kleinen Dosen,
wie ich sie in der Poliklinik anwende, sieht man, daß die Kranken
mitunter lange Zeit berufsfähig bleiben, ob mit oder ohne Einfluß
des Salvarsans, muß ich dahingestellt lassen, denn wir müssen
eines bedenken: das Bild der Paralyse hat sich in den letzten
' Dezennien (ob unter Abschwächung des Giftes oder der Luestherapie)
zweifellos geändert; sie verläuft weniger stürmisch, im allgemeinen
protrahierter, und das klassische Bild z.B. der Strümpellschen
Darstellung mit der höchstens 2jährigen Lebensdauer entspricht
gewiß nicht mehr den Tatsachen. — Jedenfalls gilt heute die
Malariatherapie als die beste Form der Paralysebehandlung und
sollte in den initialen Fällen durchaus versucht werden (natürlich
der klinischen Behandlung vorbehalten). . rn
(Es gibt hierbei noch manch interessante Frage zu lösen, z. B.:
beruht vielleicht die eigentümliche Tatsache, daß manche Länder
wie Indien und Ostasien — trotz syphilitischer Durchseuchung his
zu 73°), der Bevölkerung — fast frei von Paralyse sind, auf einer
Immunität, die durch dort einheimische Malaria hervorgerufen: wird?)
In der chirurgischen Therapie der Nervenkrankheiten er-
_ wähne ich zunächst kurz die Fortschritte in der Heilung peripherer
und spinaler Lähmungen. Zu den älteren Methoden der Muskel-
‘und Sehnentransplantationen hat. jüngst Katzenstein eine neue .
Methode hinzugefügt für Fälle totaler Lähmung eines Gliedes, bei
denen wir bisber machtlos waren, weil eben weder Beuger noch
Strecker, oder bei totaler Beinlähmung, gar keine Kraftspender vor-
handen waren.” In solchen Fällen nun bildet sich K. z.B. bei totaler
Unterschenkellähmung (Tibialis und Peroneus) eine neue Sehne
aus dem Quadrizeps, führt sie unter der Haut an den Peroneus .
heran und läßt durch den Quadrizeps den Peroneus in Tätigkeit
/
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Sehne mit dem Quadrizeps, ähnlich bildet er aus dem Musculus
großen Gefäßen zum Zwecke der Heilung einer vasomotorisch-
die keine Heilungstendenz auch bei längerer Bettruhe zeigten.
. geführten Operation zu denken? Wir können uns erinnern, daß es
folg an die vasomotorisch-trophischen Neurosen (Raynaud, Sklero-
982 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
treten. Bei totaler Beinlähmung benutzt er sogar die Bauch- | Überzeugung, den Glauben beizubringen, daß etwas eintritt. Die
muskulatur als Kraftspender und verbindet eine dort gebildete | ganze Hypnose beruht letzten Endes auf der Autosuggestion des
'Hypnotisierten, und ich befinde mich ganz in Übereinstimmung mit
Schilder, der sagt: die Hypnose ist eine Leistung der betreffenden
Person, die in Hypnose kommt, und nicht des Hypnotiseurs. Es
tritt eben der Vorgang ein, den die Versuchsperson erwartet, es
tritt etwas Schlafähnliches ein, wenn die Person den Schlaf er-
temporalis, dem Kaumuskel, einen Ersatz für den irreparabel ge-
lähmten Fazialis. Seine Erfolge scheinen jedenfalls zu weiteren
Versuchen zu ermutigen. | |
Ich wende mich .nun noch zu derjenigen Nervenoperation, die
in der letzten Zeit die Chirurgen und Neurologen am stärksten
interessiert hat. Ich meine die von Higier angebahnte, von Le-
riche (eigentlich Jaboulay-Leriche) in die Therapie‘ eingeführte
der Hypnose, von denen der Kranke glaubt, daß sie eintreten
Sympathektomie, d.h. die Sympathikusdurchtrennung an den
müssen. Die ganze Kunst des Hypnotiseurs besteht darin, daß
trophischen Störung. Das Wesen und die physiologische Grundlage
der Operation kann ich am besten an Hand eines von Dr. Wolff-
sohn und mir gemeinsam beobachteten und von ersterem operierten
Falles klarlegen: 5 FRE, |
34jähriges Mädchen, vor 14 Jahren infolge von Erysipel operativ
behandelte Knochenvereiterung am rechten Talus. Seit der Operation
bestand durch die Knochennarbe am Talus eine komplette Tibialis-
lähmung mit totaler Anästhesie der Fußsohle, Lähmung der kleinen
Fußmuskeln mit fehlender elektr. Reaktion, Krallenstellung der Zehen,
vasomotorischen Störungen in Form von Hyperidrosis der Planta; seit
11/, Jahren erst ein dann ein zweites mal perforant der Fußsohle,
seur wünscht. Sind beide nicht identisch oder konträr, was eben
schon vorkommt, so gelingt entweder der hypnotische Vorgang
vorstellungen, krankhaften Hypnosen und was der Dinge mehr
sind. Die Hypnose unterscheidet sich nur quantitativ und nicht
qualitativ von der gewöhnlichen Wachsuggestion, die wir ärztlich
fortwährend, teils bewußt, teils unbewußt ausüben.
Es ist prinzi-
. Person anschaue oder nicht, ob ich die Stirn oder die linke Fuß-
sohle oder gar nichts berühre, ob ich mit oder uhne „Striche“
hypnotisiere, ob ich mich auf das Hypnotisieren intensiv konzen-
triere, oder, was schon vorkommen kann, an alltägliche Dinge denke,
immer ist nur das eine nötig, daß der zu Hypnotisierende an den
Daher entschlossen wir uns bei dem nach den Kriegrserfah-
a Eintritt der Hypnose und ihre Wirkung glaubt und sie sich einredet.
rungen mindestens sehr zweifelhaften Erfolg einer Neurolyse bzw.
Nervennaht des Tibialis zu einer Sympathikusdurchtrennung an der
Art. femoralis nach Leriche, die Dr. W. ausführte mit dem Erfolge,
daß nach 6 Wochen die trophischen Geschwüre völlig geheilt
waren; das eine ist später noch einmal aufgebrochen, inzwischen
aber wieder. in Heilung begriffen.
Wie ist nun der physiologische Vorgang dieser vielfach aus-
Ärztekreisen) und so viel Hang zur Mystik äußert, müssen solche
Dinge klargestellt werden.
Ich hoffe, Ihnen einen kleinen Überblick im Sinne des Vor-
tragsthemas gegeben zu haben, wenn ich mir auch bewußt bin,
daß das Thema an einem Abend nicht zu erschöpfen ist und von
mir nicht erschöpft werden konnte.
nach unseren jetzigen Anschauungen keine eigentlichen trophischen
Nerven gibt, sondern daß die.Trophik auf dem sog. sensibel-vaso-
motorischen Reflexbogen zustande kommt. Der Reiz läuft in den
sensiblen Hautnerven zentripetal' zum Rückenmark, springt vom
Rückenmark auf die vasomotorische Leitungsbahn über und verläuft
dann im Sympathikus, und zwar mit den großen Gefäßen zentri-
fugal. Auf dieser zentrifugalen Bahn im Sympathikusgeflecht der
großen Stammgefäße unterbricht die Lerichesche Operation den er-
höhten Nervenreizzustand, der von irgend einer Stelle, in unserem
Falle von der Knochennarbe am Talus bzw. N. tibialis post. aus-
gelöst wird, und führt so’ zur Heilung trophischer Veränderungen.
Speziell unter dem Einfluß von Neuromen als Reizquelle hat man
solche trophischen Störungen entstehen’ und durch die Sympathikus-
durchtrennung heilen sehen.
Das Indikationsgebiet dieser Operation ist inzwischen stark
erweitert worden. Man ist nicht stehen geblieben bei den. Schädi-
gungen durch Nervenläsion, man ist auch, wie es scheint, mit Er-
Aus den neuesten Zeitschriften.
' (Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Deuische medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 21.
Das Tebeprotin, ein aus Tuberkelbazillen gewonnener Eiweißkörper,
hat, wie E. Toeniessen (Erlangen) ausführt, infolge seiner Eiweißnatur
Antigencharakter, d. h. es wirkt wie alle artfremden Eiweißkörper bei
parenteraler Zufuhr spezifisch auf die Zellen und führt zur Bildung von
Antistoffen. Der Verfasser sieht aber die therapeutische Wirkung des
Mittels nicht etwa in einer „Immunisierung gegen Tuberkulose“. Die nach
Injektion abgetöteter Tuberkelbazillen im Blute der behandelten Tiere
nachweisbaren Antikörper zeigen keinerlei Schutzwirkung gegen eine
Infektion mit lebenden Tuberkelbazillen. Der Tierversuch zeigt, daß das
Tier nur dadurch gegen eine Infektion mit Tuberkelbazillen geschützt
werden kann, daß man es mit lebenden Tuberkelbazillen vorbehandelt,
und daß diese Schutzwirkung nur so lange anhält, als lebende Tuberkel-
bazillen im Tier vorhanden sind. Bei dem Menschen besteht eine „In-
fektionsimmunität“ darin, daß durch das Vorhandensein lebender
Tuberkelbazillen die Zellen des gesunden Gewebes in spezifischer Weise
„umgestimmt“ oder „allergisch“ werden: sie reagieren mit verstärkten
Abwehrerscheinungen gegen neu eindringende Bazillen. Aber eine bereits
bestehende Tuberkulose läßt sich durch abgetötetes Antigen auf dem Wege
der „Herdreaktion“ beeinflussen. Das tuberkulöse Gewebe reagiert auf
Tuberkuline mit einer Steigerung von Abwehrvorgängen (Entzündung), die
zu einer Begrenzung des Herdes und zur Vernarbung führen kann. Darüber
hinaus dürfte das Tebeprotin auch eine zelluläre Umstimmung des gesunden
Gewebes erzeugen. | | E
Im Zitronensaft ist neben der antiskorbutischen Komponente
(Vitamin C) nach B. Leichtentritt (Breslau) noch ein zweiter Faktor
enthalten, den man als Vitamin D oder fettansatzfördernden Faktor be-
. zeichnen kann. Der Zitronensaft wirkt auch günstig auf die Tuberkulose
des Meerschweinchens, indem er die zelluläre Abwehrerscheinung gegen den
_Tuberkelbazillus steigert (die Immunität bei der Tuberkulose beruht auf
einem an die Zelle gebundenen Vorgang, auf Allergie). Dagegen brachte
Lebertran wit seinem Vitamin A dem tuberkulösen Meerschweinchen
nicht nur keinen Nutzen, sondern vielmehr oft direkt Schaden.
Über das FPornetsche Tuberkulosediagnostikum (Aufschwemmung
entfetteter und zerstörter Tuberkelbazillen) berichtet Leon Kogan (Kowno
[Litauen]. Diese Aufschwemmung wird durch Serum Tuberkulöser, von
der Verdünnung auf 1:200 und höher, agglutiniert werden (die mit bloßem
Auge sichtbare Flockung besteht aus agglutinierten Tuberkelbazillen).
Dieser positive Ausfall der Probe macht die Diagnose der Tuberkulose
wahrscheinlich,
dermie, Akroparästhesien) schließlich auch an das intermittierende
Hinken herangegangen, alles Zustände, die ja auch einem irgend-
wie oder irgendwo entstandenen Reizzustand im vasomotorisch-
trophischen Reflexbogen ihre Entstehung verdanken. Die Erfolge
hierbei lauten in jedem Falle ermutigend. |
Brüning ist sogar dazu übergegangen, zur Beseitigung angio-
spastischer Zustände (Angina pect. vasomotoria, Hemikranie usw.),
ja sogar des Glaukoms, eine Exstirpation des Hals- und Brust-
sympathikus sowie Sympathikusdurchtrennung an der Karotis aus-
zuführen. Ich glaube, daß wir von dieser Operation noch manches
Nützliche erwarten dürfen. 5
Die Fortschritte in der Psychotherapie werde ich heute außer |
Betracht lassen. Sie würden allein einen Abend füllen. Ich möchte
nur zum Schluß, im Gegensatz zum Vortragsihema sagen, was ich
für keinen Fortschritt halte.
Es ist m. E. kein Fortschritt, wenn man in bezug auf die Hyp-
nose hier und da wieder Anschauungen liest, nach denen die Hypnose
auf irgendwelchen körperlichen Übertragungen, mesmerischen Strichen
alten Stils, auf einem uns unbekannten Fluidum beruhen soll, das
vom Hypnotiseur aul den Hypnotisierten, z. B. mit der sogenannten
„Stirnnackenhand“ (Haupt) übergehen soll. Es kann nach meiner
Meinung von diesen Dingen keine Rede sein. Wer häufig und mit
verschiedenen Methoden zu hypnotisieren gewohnt und geübt ist,
muß wissen, wie wenig es schließlich auf irgendeine spezielle
Technik, auf irgendeine Berührung, auf eine besondere Gedanken-
konzentration des Hypnotiseurs, sondern einzig und allein darauf
ankommt, daß man imstande ist; dem zu Hypnotisierenden die
| = | 13. Jali
. a
wartet, und es realisieren sich die Phänomene und Eingebungen in
eben die Autosuggestionen: die Richtung haben, die der Hypnoti- `
nicht, oder es kommt zu unbeabsichtigten Gegenwirkungen, Angst-
piell völlig gleichgültig, ob ich zur Erzielung der Hypnose die |
In einer Zeit, die so viel parapsychische Tendenzen (auch in '
ee Zr
` viel geringeren Zahl wirklicher Bazillenmassenausscheider.
eingesandt werden.
r
13: Joli
Die experimentelle Erzeugung von Disposition zur Tuberkulose
E Bleivergiftung ist Karl Kißkalt und Franz Schütz (Kiel) nicht
' gelungen.
Die erhöhte Erkrankungsziffer an Tuberkulose bei Arbeitern in
Bleiberufen dürfte daher nicht auf das Blei, sondern auf andere Ursachen
zurückzuführen sein. |
Über den Serumkalkspiegel bei Lungentuberkulose berichtet
W. Zimmermann (Görbersdorf). Die Kalkspiegelwerte sind unabhängig
von der Nahrungsaufnahme. Zuführung von Kalk hat-also keinen Einfluß
auf den Kalkspiegel. Selbst intravenöse Kalkzufuhr verändert den Kalk-
spiegel nur vorübergehend auf einige Stunden. Bei der chronischen Lungen-
' tuberkulose hat der Organismus ebenfalls das Bestreben, den Kalkspiegel
konstant zu erhalten. Ante exitum ändert sich der Kalkspiegel, die Werte
liegen teils oberhalb, teils unterhalb der normalen Schwankungsbreite. Es
ist dies ein Ausdruck des Verfalls.
; Aufdie große Bedeutung der Senkungsreaktion weist Rudolf
Wachter (Scheidegg) hin.
anderen Methoden sehr"wertvoll ergänzen, aber niemals ersetzen. Bei der
| ‚Therapie ist uns die Senkungszahl ein die klinische Beobachtung an Fein-
heit oft übertreffender Maßstab dafür, ob und wie stark der Körper reagiert.
Mit Hilfe der Senkungszahl kann man davor bewahrt bleiben, einen Fall
‚gerade in dem Augenblick günstig zu beurteilen, wo sich unmerklich schon
wieder ein neuer Krankheitsschub vorbereitet, oder einen Fall aufzugeben,
wo der Körper des Infekts Herr zu werden beginnt.
Kein Tuberkulosekranker darf, worauf J. E. Kayser-Petersen
(Jena) hinweist, das Sprechzimmer seines Arztes verlassen, ohne über
Namen und Art seiner Krankheit aufgeklärt zu sein. Ob jemand an
Krebs oder Arteriosklerose leidet, ist für seinen Mitmenschen vom rein
ärztlichen Standpunkt aus völlig belanglos. Diese Kranken sind als Einzel-
wesen anzusehen. Ein Tuberkulosekranker aber muß als Gesellschafs-
wesen behandelt werden; seine Krankheit ist für die Umgebung keineswegs
gleichgültig. -
Nach P. Schmidt (Halle a. S.) kommt es für uns in heutiger Zeit
. nicht sowohl auf die Einbeziehung aller klinisch feststellbaren Tuberkulose-
fälle einschließlich der „geschlossenen Formen“ in die prophylaktische
Fürsorge an, als vielmehr auf eine ganz besonders intensive Betreuung der
Diese hoch-
gefährlichen Infektionsquellen müssen herausgefunden und unschäd-
lich gemacht werden. Natürlich muß für eine öftere Wiederholung der
Sputumuntersuchungen Sorge getragen werden. Es muß aber nicht Nasen-
tachensekret, sondern wirkliches Bronchialsekret aus der Tiefe
F. Bruck.
Wiener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 20—22.
Nr. 20. Über psychiatrische Untersuchungen kindlicher Ungezogen-
heiten berichten J. Feldner und E:Laz ar(Wien). Sie stellten bei der Neigung
am Zerstören Beziehungen zu allen Formen der Psychosen und Psycho-
neurosen fest.. Es ist eine rein psychogene Erklärung dieses Phänomens
micht möglich, vielmehr sind die individuelle Konstitution bzw. konditionale
Veränderungen maßgebend.
‚ ZumVerständnis der Einschlafstörungen der Kinder führt J.K. Fried-
jung (Wien) Fälle an, die zeigen, daß es sich besonders bei kleineren
Kindern um absolute Verluste handeln kann (Entfernung einer Person aus
dem Schlafzimmer), In anderen Fällen liegt die Ursache neben dem Ver-
luste eines Liebesobjektes in einer frisch erregten Sexualneugierde (Wieder-
' heirat der verwitweten Mutter usw.),
Über idiopathische Anorexie äußert sich Fr. v. Gröer (Lemberg)
und versteht darunter einen chronisch auftretenden Zustand, bei dem sich
außer mehr oder minder großer Nervosität und neuropathischer Veranlagung
ji pathologischer Befund, insbesondere am Verdauungsapparat, zur Er-
er Appetitlosigkeit nicht finden läßt. Die Ursache ist sicher sehr
omplizierter Natur. Fohlerhafte Erziehung und nervöses Milieu spielen
neben irrationeller Nahrung eine Rolle. Die Therapie besteht in Milieu-
ve quantitativem Speisezettel mit strenger Einhaltung der Mahlzeiten.
neben wirken Bäder, Lichtbehandlung, ev. ein Stomachikum gut.
Zur Hutchinsonschen Zahnanomalie bemerkt K. Hochsinger (Wien),
° zwar in der großen Mehrzahl bei kongenital Luetischen angetroffen
Ned Na ‚mit anderweitigen Zeichen dieser Erkrankung. Das
aa iR treten ist für Lues nicht beweisend, da die Zahnanomalie in
genital KEA einer früh erworbenen Rachitis beruht, die gerade kon-
à ln stische Kinder fast immer und dann sehr früh befällt.
Rind: Beitrag zur Kontrolle der Wirksamkeit einiger gebräuchlicher
ne nskhoden des Keuchhustens liefert K. Kassowitz (Wien).
ung 2: awel Kinder unter gleichen Bedingungen mit und ohne Behand-
Stellen ne und konnte keins objektiv nachweisbare Wirkung fost-
Ätherth nsewandt wurde Luminal, kombiniert: mit Natr. bromat., die
rapie, Chinidin, Antipyrin und parenterale Proteinkörpertherapie.
ab si
vird,
| a 1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Ni. 28. .
Die Erythrozytensedimentierung kann die .
983
Über eine besondere Form des Erbrechens bei Neugeborenen be-
richtet R. Lederer. Es handelt sich um Fälle, wo das Erbrechen sofort
nach der Geburt in verschiedenem Grade einsetzte. In leichteren Fällen
wird nicht alles erbrochen und es tritt spontane Heilung ein, in schwereren
wurden die gesamten Erscheinungen durch eine Magenspülung behoben.
Verf. glaubt deshalb, daß die Ursache in epithelialen Verklebungen der
Schleimhaut des Magenausganges gelegen sei, die durch Spülung gelöst
werden.
Nr. 21. Isolierte Sehnervenatrophie im Kindesalter ist nach J. Zappert
auf eine überstandene Meningitis serosa zurückzuführen, da diese leichter
und häufiger zur Stauungspapille, deren Folge bei zu langer Dauer die
Atrophie ist, als die Meningitis cerebrospinalis führt. Verf. macht deshalb
auf die Wichtigkeit rechtzeitiger Lumbalpunktionen aufmerksam. Zu
Versuche mit der therapeutischen Anwendung des bakteriophagen
Lysins bei Kinderkrankheiten machte H. Lehndorff (Wien). Behandelt
wurden Fälle von Kolizystopyelitis, und zwar wurden die Bakteriophagen
intravesikal verabreicht. Lokale Beschwerden oder allgemeine Reaktionen
wurden nicht beobachtet. Verf. warnt vor subkutaner Verabfolgung, da
sich im Lysat auch Endotoxine befinden. Die Resultate waren sahr ver-
schieden, einige Fälle heilten, einige blieben unbeeinflußt. Verf. sieht die
Schwierigkeit in dem Resistentsein bzw. -werden der Erreger. Es müssen
deshalb diese lysinsensibel gemacht werden, ferner müssen polyvalente
Bakteriophagen hergestellt werden. | |
Zur Diagnostik des Wundscharlachs weist C. Leiner (Wien) auf
die Wichtigkeit des von Schulz-Charlton angegebenen Auslöschphänomens
hin. Dies besteht darin, daß Normal- oder Rekonvaleszentenserum (nach
d. 21 Tage) nach intrakutaner Einspritzung bei einem Scharlachkranken
das Exanthem nach 6—8 Stunden auslöscht, was Scharlachserum nicht tut.
Mit dieser Methode konnte Verf. nachweisen, daß es sich bei dem sog.
Wundscharlach um echten Soharlach handelt.
E. Nobl (Wien) macht auf das Auftreten von Bronchostenose in-
folge von Bronchialdrüsentuberkulose aufmerksam. Sie kann sich schnell
entwickeln und bedrohliche Erscheinungen machen. Das Röntgenbild zeigt
mitunter einen dattelförmigen Schatten im Hals des Mittelschattens an der
Trachea. Es besteht inspiratorischer Stridor, freie Stimme. Aus dem Ver-
halten des Pirquet läßt sich die Diagnose meist stellen, da dieser bei
ähnlichen Zuständen infolge von Fremdkörpern negativ ist.
Auf das gar nicht so seltene Bild der Pneumokokkenperitonitis
macht H. Salzer. (Wien) aufmerksam. Obwohl eine Abgrenzung gegen
die kryptogenetische Streptokokkenperitonitis nicht immer möglich ist, läßt
sich die Diagnose häufig doch stellen. Auffallend ist der geringe objektive
Befund im Verhältnis zu dem schweren Krankheitsbild. Die Therapie soll
eine abwartende sein, und der Eingriff darf erst unternommen werden,
wenn man Exsudat oder einen Abszeß nachweisen kann. Bis dahin wird
intravenöse systematische Strophanthintherapie zur Stützung des Herzens
empfohlen. Die Prognose der Frühoperation ist, besonders bei Mädchen, -
so schlecht, daß sie gegen diese spricht.
L. Moll (Wien) überzeugte sich davon, daß die laktierende Mamma
erhöhte Temperatur aufweist gegenüber der Achselhöhle, und zwar beträgt
der Unterschied etwa 0,5—0,8°%. Verf. empfiehlt die Messung zwischen
Thoraxwand und Mamma als Gradmesser der Funktion. (Die Temperaturen
betragen durchschnittlich: Achselhöhle 36,5—36,8°, Brustfalte 37— 37,80,
Rektum 36,8—37,2°.) |
Nr. 22. H.Winiberger (Wien) macht auf die Premdkörperpneumonie
im Kindesalter aufmerksam. Die Aspiration macht zuerst stürmische Sym-
ptome, solange der Fremdkörper beweglich ist. Mit der Fixierung tritt
eine Ruhepause ein, dann folgt entweder Abszedierung oder chronische
Bronchitis bzw. Pneumonie mit jahrelangem Siechtum. Bevorzugt ist der
rechte Unterlappen. Die Röntgenaufnahme bringt in sehr vielen Fällen
Klarheit und die Entfernung gelingt mit der Bronchoskopie. Differential-
diagnostisch kommt in chronischen Fällen Tuberkulose in Frage, in akuteren
Fällen Krupp, Pseudokrupp oder Kompression der Trachea durch Drüsen
oder Senkungsabszesase.
Zur Pathogenese der Angina pectoris und den physiologischen
Grundlagen ihrer chirurgischen Behandlung bemerkt Danielo polu
(Bukarest), daß man statt in der Sklerose der Koronargefäße in der un-
genügenden Durchblutung des Herzmuskels und der damit verbundenen
Intoxikatiom des Herzmuskels durch Ermüdungsstoffe die Ursache der Er-
krankung zu suchen habe. Die sensiblen Fasern des Thorakalmarkes yer-
mitteln den Schmerz, ihre Durchschneidung beseitigt zwar diesen, aber
nicht die Ursache. Dazu ist die Durchschneidung der pressorischen Nerven-
fasern zur besseren Durchblutung notwendig. Diese werden am yoll--
kommensten getroffen, wenn man die Nervenfasern oberhalb des Ganglion
cervicale inf. durchschneidet. Die Sympathectomia cervico-thoracalis lehnt
Verf. ab, da zuviel fördernde Nerven durchschnitten werden, was kranke
Herzen schwer schädigen kann. Muncke.
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‘haben. Vielmehr sind fest abschließende, komprimierende Verbände zur
Behandlung in den Vordergrund zu stellen, auch ohne Rücksicht auf die
; Eiterung.
-1924 — ME DI ZINISCHE_KLIN IR — Nr. 28.
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 19—21.
Nr. 19. Zum Problem des Fieberiypus teilt H. Schur- (Wien) Beob-
achtungen bei Impfmalaria mit. Er beobachtete, dauernd mannigfaltige
Blatbilder, wo eine Abhängigkeit zwischen Entwicklungsstadium der Erreger
und Fieberanfällen in der bekannten Weise nicht bestand. Verf. führt das
regelmäßige Auftreten der Anfälle. ohne gleiche regelmäßige Entwicklung
der Plasmodien usw. auf eine „refraktäre Phase“ des Organismus dem
' Infekt gegenüber zurück. Daher kann’ in frischen Fällen natürlich der
Ablauf der Entwicklung des Erregers den Fiebertypus bestimmen, schließlich
. kann bei zunehmender Streuung in der Entwicklung die Reaktionsart des
Organismus allein‘ maßgebend sein. Ähnliche ‘Verhältnisse möchte Verf.
auch für das intermittierende Fieber bei Sepsis, Tuberkulose usw. annehmen.
\
Bezüglich der Frage, ob eine syphilitische Mutter ihr gesundes
Kind stillen darf, erklärt M. Hesse, daß das Kind der Mutter nicht über-
lassen werden darf, wenn auch nur die ‚geringste Infektionsmöglichkeit be- |
‚steht. Denn eine Immunität solcher Kinder besteht, entgegen früheren
Annahmen, nicht. Ferner macht Verf. darauf aufmerksam, daß auch eine
>, Infektion durch die Milch selbst möglich ist.
Über den. Vagusdruckversuch berichtet D. Schert (Wien). Er
machte bei einem Patienten, dem infolge Operation wegen Angina pectoris
der Vagus an einer Seite. durchschnitten war, die Beobachtung, daß der '
- Versuch prompt gelang. Verf. hält dies für.einen Beweis- der Reflexnatur.
des Versuches, dessen genauen Weg man noch nicht kennt.
Zur Frage der Binttransfusion bemerkt B. Breitner zusammen:
- fassend, daß die Adrenalin-NaCl-Infusion. bei akuten Anämien in sehr vielen -
Fällen genügt und die Gefahren der Bluttransfusion vermeidet. Als letztes
Mittel ist jedoch diese auch bei akuten Anämien, indiziert, während sie zur
Therapie von Blutkrankheiten an erster Stelle steht. Die Methode von
Oehlecker mit serologischen Vorproben und biologischem Versuch wird
als bestes Verfahren empfohlen.
Nr. 20. K.Nather (Wien) empfiehlt auf Grund klinischer und experi-
menteller Studien die Anwendung eines exspiratorischen Ventiltroikarts zur
Behandlung des parietalen Ventilpneumothorax, wie er nach Trauma bzw.
bei Operationen auftreten kann. Allerdings darf keine stärkere Blutung |
aus dem Lungengewebe vorliegen. ‚In allen Fällen wird eine vollständige
Den Einfluß des Jods auf den Stoffwechsel prüfte P. Liebesny
(Wien) mit Hilfe der Grundumsatzbestimmung. Verabreicht wurden kleine
Eine Jod-
Dosen, wie sie zur Behandlung der Struma empfohlen wurden.
überempfindlichkeit zeigte sich sowohl bei gesunden, wie auch bei allen
‘Arten von Strumen in schnellem Anstieg des Grundamsatzes, während die
_ erfolgreiche Therapie im Sinken des Grundumsatzes ihren Ausdruck fand.
Bei solchen Strumen, die mit Hypofunktion einhergehen, tritt nach Jod- |
| gaben Stoffwechselsteigerung ein. Bei Hyperthyreosen und Basedow wirkt |
‚oft eine Kombination von Jod und Thymuspräparaten günstig.
- Erfahrungen über die Malariabehandlung der progressiven Paralyse
teilt R. Untersteiner (Innsbruck) mit. Die größere Zahl der behandelten
Fälle zeigte eine deutliche Besserung über längere Zeit. Eine Beeinflussung
der serologischen Proben wird gar nicht bzw. in geringem Maße festgestellt.
Nur Pleozytose und Phase I nahmen ab. Ein Einfluß der Fieberstunden
auf den Grad der Remission konnte nicht festgestellt werden.
Zur Psychologie und Klinik malariabehandeiter Paralysen berichtet |
P. Schilder, daß scheinbar für das Zustandekommen der: Delirien bei.
den Fieberattacken der Patienten neben dem Fieber und dem : infektiös-
toxischen Material auch die Sonderart des Gehirns eine Rolle spielt. In
einem Falle wurde ein paranoisches Zustandsbild bei einer vorher einfach
dementen Patientin nach Ablauf der Kur beobachtet, das Verf. aus der.
durch die Malariainfektion bedingten veränderten Arbeitsweise des Gehirns
und der Änderung des paralytischen Prozesses (Biologie der Spirochäten)
erklärt. Ferner beobachtete Verf., daß geheilte Patienten in den Erleb-
nissen ihrer Psychose nichts zu ihrer Persönlichkeit Gehöriges erblicken,
während remittierte Schizophrene ihr psychotisches Erleben meist als Teil
ihrer Persönlichkeit empfinden.
`- Untersuchungen über die Bakterienflora des Ulcus cruris von:
W. Löwenfeld (Wien). ergeben, daß sich die Bakterien verschiedenster
Art nur in den oberflächlichsten Schichten aufhalten, da die natürlichen
Abwehrkräfte des Granulationsgewebes sehr stark sind. Deshalb kommt -
weder der Art noch der Anzahl der Keime eine größere Bedeutung für den
Verlauf zu, weswegen desinfizierende Maßnahmen keine Aussicht auf Erfolg
Nr.21. Die, schon von Laewen aus differentigldiagnostischen Gründen,
angewandte paravertebrale Injektion (p. I.) benutztenF. Brunn und F. Mandl.
(Wien) zur Bekämpfung viszeraler Schmerzen. Injiziert wurden 10—15 com
einer 0,5°/,igen Novokainlösung, wodurch die Rami communicantes eines
verhältnismäßig günstige Prognose.
nicht ungünstige Dauerergebnisse.
. Eierstöcke sind nicht Absonderungs-, sondern ‚Speicherungsstoffe.
ist anzunehmen, daß der gelbe Körper eine hemmende Wirkung auf
Sinta und damit die Schmerzleitung von einem intraabdominellen
Organ unterbrochen werden. Bei Cholezystitis wurde in Höhe des IX. Dorn-
fortsatzes rechts eingespritzt.
Beschwerdefreiheit ein, die mehrere Monate anhielt.
Appendixschmerzen wurde die p. I. nicht angewandt, dagegen mit ziemlich
| gutem Erfolg bei Angina pectoris,
Nur bei Injektion in D. IV kam es zu länger dauernder Dyspnoe mit Fieber.
Verf. empfiehlt die p. I. bei solchen Fällen, wo die üblichen gefäßerweiternden -
internen Mittel versagen, und wo die operative Behandlung in Aussicht
‚genommen ist,
‚ Magensäurewerte vor und nach Eingriffen am Gallensystem unter- `
suchten P. Watzel-Wiesentreu und F. Starlinger (Wien). Sie fanden,
‘daß bei ungestörtem Gallenabfluß in den Darm eine Steigerung, jedenfalls
keine. Erniedrigung der Magensäurewerte eintritt,
der Galle nach außen diese Werte sinken.
'erkrankung an sich ist ohne nennenswerten Einfluß.
Hier wie auch bei Nierenkoliken . trat
. Bei Magen- und
Injiziert wurde im Dorsalsegment I—IV.
Die Art der Gallenblasen-
In einem teilweisen Ausbleiben eines Inetischen Exanthems nach
| Muncke,
- Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 21.
Zur: Biologie der „Narbe“ und ihrer Schicksale und über die
Wirkung der Pepsinbehandlung berichtet Payr (Leipzig). . Das Pepsin
verdaut weder reifes noch junges in Narbenbildung begriffenes Bindegewebe, 5
aber es verhilft dem, was aus der Narbe fortgehört, zu rascherem Abbau.
| Die Narbenerweichung wird durch die mechanisch dehnende Aufschwemmung .
eingeleitet und befördert durch die Steigerung . der natürlichen Ferment--
abbauvorgänge. Dabei genügt ein sehr geringer Gehalt an Pepsin. In die
Spritze werden 1—2 Teilstriche 1°/,iger Pepsin-Pregl-Lösung aufgesaugt
und der Rest der Spritze mit-1/,°/,iger Novokain-Adrenalinlösung gefüllt.
` Bei der Operation des Rektumkarzinoms ist nach Küttner (Breslau) `-
nicht in jedem Falle der Sphinkter zu opfern. Das hochsitzende -
Rektumkarzinom verhält sich im Gegensatz zu dem ungünstigeren tief-
sitzenden Rektumkarzinom wie ein echter Dickdarmkrebs und teilt dessen
Die konservative Sakraloperation hat |
An dem Resektionsmaterial der Bres-
lauer chirurgischen Klinik wurde bei 24°/, eine Dauerheilung von über
5 Jahren erzielt, und die -Hälfte dieser Kranken hat eine volle Fonuna
so daß -sie arbeitsfähig bleiben konnten.
Die plastische Operation abstehender Ohren nach Gersuny wird
von Biesenberger (Wien) in der Weise ausgeführt, daß an der hinteren
.Fläche der Ohrmuschel ein halbkreisförmiger Hautlappen ausgelöst wird.
‚Aus dem Knorpel werden einige schmale, dem Obrrande parallel laufende
Streifen ausgeschnitten und außerdem rechtwinklig dazu weitere
| schmale Streifen. Dadurch läßt sich die Ohrmuschei an den Schädel an!
legen, so daß der Knorpel an dem Periost des Felsenbeins angenäht werden
kann. Die Operation wird in Lokalanästhesie mit ausgiebiger Durchspritzung
des Knorpels und der Haut ausgeführt. K. Bg.
‚Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 21 und 22.
Nr. 21. Bau und Funktion des Corpus luteum bespricht Jaffe
(Frankfurt a. M.). Die höchste Entwicklung der Granulazellen und der
größte Gehalt an Lipoiden wird gefunden zu einem Zeitpunkt, an dem die
Menstruation längst abgelaufen ist. Der Lipoidgehalt hat also keine
Bedeutung für die Auslösung der Menstruation. Die Lipoide der
die Menstruation hat. Das menstruationsauslösende Moment ist die
Follikelflüssigkeit, welche auf dem Umweg über das Peritoneum re-
sorbiert wird. Follikelflüssigkeit und gelber Korpo wirken. also gegen-
sätzlich auf die Menstruation ein.
Dagegen
+
während bei Ableitung
Die Entstehung von Schokoladenzysten aus heterotopen Epithel-
wucherungen des Ovars bespricht Oettingen (Heidelberg).
Oberflächenepithel des Eierstocks ausgehend, bildet sich in der Tiefe eine
Gewebsinsel von dem Bau der Uterusschleimhaut. Diese Wucherung macht
die Menstruationsvorgänge mit und es kommt zu Blutaustritten und zur:
Bildung von Zysten. Wenn diese platzen, so werfen sie der Uterusschleim-
haut ähnliche Gewebsteile aus, welche zu sekundären Einpflanzungen in.
das Bauchfell führen.
ber den Einfluß der Aortenkompression auf die Spontanbewe-
gungen des Kaninchenuterus haben Mikulicz-Radecki und Lueg
Von dem .
u Su FR 18, Jdi
t
Thermophorapplikation ist, nach A. Perutz (Wien), kein partieller Heilungs-
vorgang zu erblicken, sondern die durch Thermophoryverbrennung geschädigte
Haut ist unterempfindlich gegen mechanische, thermische und toxische Reize,
Es liegen Störungen der Gefäßnerven und der Exsudationsvorgänge vor.
Aus diesen Gründen konnte die Veränderung durch die Spirochäten nicht `
eintreten.
4
-~ ‚derEihüllen hindurch war das Netz in die Gruben und Hohl-
gene A
En. (Sei Baar a Fi mr et an
Abderhaldenschen Reaktion ein praktisch brauchbares Verfahren ausge-
beitet hat. Es ist gelungen, das serologisch hochmolekulare Eiweiß,
des Kindes vorausgesagt werden.
- Prüchten berichten Scheid und Bukofzer aus der chirurgisch-gynäko-
"taschiebungen geben ungünstige Aussichten auf Heilung. Für die Be-
handlung ergab sich, daß das Yatren-Kasein die schweren Fälle von
‚Mr Abkreiber und Abtreiberin bestraft werden, die Mutter des werdenden
| wr, welche die Gefäße
‚ Modukten, Peptonen.
13. Joli i a 0.19%. MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
(Leipsig) experimentelle Untersuchungen angestellt. Die Bewegungen der
. Gebärmutter werden an den in Urethannarkose befindlichen Tieren auf-
gueichnet, Nach der Abklemmung der Aorta verschwinden die Bewegungen
limäblich vollständig. Die Aortenabklemmung hat also infolge der Blut--
sparo eine schädigende Wirkung auf die Tätigkeit der Gebärmutter.
"Darch die Aortenkompression wird beim Menschen die Gefahr hervorgerufen,
eins bereits bestehende Atonie der Gebärmutter noch zu verstärken.
Schwangerschaft und Karzinom bespricht Kok (Freiburg) nach
Versuchen am Mäusekrebs. Die Trächtigkeit verleiht den Mäusen einen
Sohutz gegenüber der Impfung mit Mäusekrebs, der sich in verschiedener
Stärke über die Schwangerschaft hinaus erhält. Einen ebensolchen Schutz
gegen spätere Geschwulstimpfung verleiht eine Bestrahlung der Mäuse
mit Röntgenstrahlen von ganz geringer Dosis. Man kann also durch
Strahlenwirkung und durch Schwangerschaft Mäuse gegen Krebs
schützen.
Zur serologischen Geschlechtsbestimmung des Kindes im Mutterleib
wicht Lüttge (Halle) die vorläufige. Mitteilung, daß er wit Hilfe der
quantitativ niederzuschlagen und die Spaltprodukte vollständig zu ®ex-
tnhieren. Durch den Nachweis von Stoffen des Hodens im mütter-
liehen Serum konnte während der Schwangerschaft das Geschlecht
Über das Verhalten des großen Netzes gegenüber ektopischen
logischen Abteilung des Krankenhauses Berlin-Lichtenberg. Nach Aus-
fäumung eines Aborts im dritten Monat wurde eine Kranke wegen links-
seitigen Adnextumors zur Operation eingeliefert. Nach Eröffnung des
Banches fand sich ein breiter Netzstrang mit der hinteren. Wand der
Gebärmutter fest verbacken. Nach Lösung des Netzes fand sich in dem
Konglomerattumor eine Frucht im dritten Monat und durch die Lücken
räume der Frucht eingedrungen, als Schutzorgan und als Resorptions-
ogan Die Frucht war durch ein Loch in der Gebärmatter in die Bauch-
fühle ausgetreten,
Die septischen Allgemeininfektionen, ihre Prognose und die Be-
örfellung medikamentöser Behandlung durch das Hämogramm bespricht
Sommer nach den Erfahrungen der gynäkologischen Abteilung des Rudolf
Vircbow-Krankenhauses (Berlin). Für die Auswertung des Blutbildes bei
Septischen Erkrankungen ist es wichtig, daß die Zählungen stets vom
gleichen Untersucher ausgeführt werden. Bei den Übergängen der
Myelayten zu den Jugendlichen, der reiferen Jugendlichen zu den Stab-
kemigen zählen verschiedene Auszähler verschiedene Werte. Links-
Sepsis Dicht beeinflußt und daß auch das Rivanol 0,5: 300,0 intravenös
eingespritzt versa gt. i
Zur Fortpflanzungsregulierung macht Eberhard (Baden-Baden) .
den Vorschlag, versuchsweise für 3-Jahre ein Gesetz einzuführen, wonach
des aber nicht,
Nr. 22. Zum Eklampsieproblem führt Hülse (Halle) aus, daß die
"enlichsten Erscheinungen der Eklampsie, insbesondere die Blutdruck-
Steigerung, auf dem Gehalt des eklamptischen Blutes an Pepton be-
üben, Der Blut |
Weder die Blut
a. können auf gefäßzusammenziehend wirkende Stoffe im Blute
egeführt werden, Dagegen kommen in diesen Fällen im Blute Stoffe
rregbarkeitsteigern. Diese Sensibilisierung
gemessen an der Stärke der Blutdrucksteigerung, welche
‚zung von Adrenalin eintritt. Es fanden sich bei Fällen von
ampele im Blutserum beträchtliche Mengen an höheren Eiweißspalt-
Danach handelt es sich sowohl bei der akuten
wie auch bei der Eklampsie um einen durch Pepton-
allgemeinen Gefäßkrampf. ZZ
8 Blutes wird
aaoh Einspritzun
Glomerulonephritis
Wirkung bedingten
klampsie und Epilepsie hat Rud. Stefan Hoffmann (Wien) bei |
mi hwangersch
No an Krämpfen
dung t
alten an einer Frau beobachtet. Die Frau hatte vorher
gelitten und machte teils vor, teils während der Ent-
ersetzt durch Anf älle
dig erste Eklampsie nr der Art der Epilepsie. Angenommen wird, daß
m Boden für a: as Gehirn in einen Reizzustand versetzt hat, welcher
Akute ER spätere Epilepsie vorbereitete.
(Königsberg) ransitorische Erblindung post partum berichtet Fink
Seracormin ei Wegen Blutung nach Auslösung der Nachgeburt war 1 com
eingespritzt worden. 5 Minuten später trat eine etwa 30 Minuten
dauernde yäll;
drucksteigerung liegt ein allgemeiner Gefäßkrampf zugrunde.
drucksteigerung bei Nephritis, noch die sogenannte essentielle -
Ypische Rklampsieanfälle durch. Diese Anfälle wurden später | | |
. Septojod, mit. Das Mittel enthält zehnmal mehr Jod als die.
8° Erblindung ein. Die doppelseitige Hemianopsie wurde
7};
gedeutet als Folge des akuten, starken Blutverlustes. Abgelehnt wird ‚als
Ursache eine Eklampsie und eine Vergiftung durch Secacornin.
nach den Erfahrungen des staatlichen Instituts für Geburtshilfe in Hamburg
an 2 Fällen beschrieben. Der eine Fall starb 2 Stunden nach plötzlichem
der Schnittentbindung. Beide Fälle wurden für Eklampsie gehalten und
als die Folge einer Vergiftung der Mutter durch den Kreislauf des Kindes.
Ererbter Milchmangel bei guter Ausbildung der Brust wird von
Volkmann (Halle) bei einem Fall beschrieben. Bemerkenswert ist die
‚Pseudohermaphroditismus femininus bei zwei Schwestern beschreibt
Gal (Budapest). Es wurde die zwischen den beiden Schamlippen befind-
liche Raphe gespalten, ein Scheideneingang gebildet und die äußerst stark
nach der Operation schwanger. | | -~ K Bg.
Therapeutische Notizen.
| Chirurgie. u
Die Behandlung der kalten Abszesse bespricht S. Romich., Bei
Herdes kapselt der Abszeß sich ab, auch hier wird punktiert oder der
Eiter durch Stichinzision mit folgender Naht entleert. Kalte Abszesse bei
Nr. 18.) Muncke.
welche das Glastropffläschohen hineingesteckt wird. Die Raschheit des
_ Tropfens wird durch Neigen oder Heben des Kopfes reguliert. Die Vor-
| richtung hat sich bei den Narkosen auf der Unfallstation bewährt. Her-
steller: Firma Odelga, Wien IX. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 20.) K. Be.
G. Holzknecht (Wien) weist auf die guten Resultate der Röntgen-
bestrahlung bei Schilddrüsenkarzinom, hin, womit natürlich nicht von
einer möglichst radikalen, operativen Behandlung abgeraten werden soll,
wenn sie möglich ist. (W.kl.W. 1924, Nr. 17.) | .‚ Muncke.
Nervenkrankheiten.
neuem. Es handelt sich dabei prinzipiell um eine Kombination von
Morphium, :Chloralhydrat und Chloroform. Dabei rechnet der Verfasser
hauptsächlich auf die Wirkung von Chloralhydrat und Chloroform
und nur minimal auf Morphium (nur 0,02—0,04 im Laufe von 24 Stunden).
(M.m.W. 1924, Nr. 14.) |
Das Paranovai (Bayer), ein durch Zusatz von Phosphation entbi tt ertes
Veronalnatrium, empfiehlt Otto Kaiser (München) als Hypnotikum
1,0Paranoval = 0,5 Veronalnatrium. Bei leichter Schlaflosigkeit hinterläßt es
außerordentlich bei motorisch sehr erregten, meist manisch Kranken. Diese
nehmen in der Regel freiwillig keine Medikamente, so daß man. zu wieder-
' holten Injektionen greifen muß. Paranoval dagegen, in wässeriger Lösung
nahezu geschmacklos, läßt sich leicht zu den Mahlzeiten in Suppe, Gemüse
oder Brei reichen. Man kann solchen Kranken 2—3 g pro die geben.
Das Phosphation wirkt antinarkotisch. (M.m.W. 1924, Nr. 20.) F. Bruck,
| Frauenkrankheiten und Geburtshilfe. u
Adrenalin zur manuellen Plazentarlösung empfiehlt R. J oachi movits
(Wien). Er verwendet einige Kubikzentimeter einer 1/,—1/50/wigen Adre-
nalinlösung, mit der die desinfizierte Hand benetzt wird unmittelbar vor.
dem Eingehen in den Uterus. Verf. glaubt dadurch infolge Gefäßkontraktion
die Infektionsgofahr zu vermindern. (W.kl.W. 1924, Nr. 19) |
A.Sautner (Graz) teilt gute Resultate der Behandlun
; puerperal-
septischer Prozesse mit der modifizierten Pregischen Jodie deren
lösung, dem
| erste Lösung.
Injiziert wurden 20—100 com auf einmal, ‘ohne wesentliche. Reaktion
Thrombosierung der Venen wurde nicht beobachtet. Die Temperatur fällt
lytisch oder kritisch. Da Nebenwirkungen fehlen, bilden
Organerkrankungen keine Kontraindikation. Auch von der prophylakt;
Anwendung hatte Verf. einen günstigen Eindruck. (W, W. 1994 Res
Munoke,
t
Akutes Lungenödem in der Schwangerschaft wird von Schröder
Eintritt des Trachealrasselns. Bei der zweiten Kranken verschwand das
plötzlich eingetretene Lungenödem. nach einem ausgiebigen Aderlaß und
mangelnde. Funktion trotz guten Baues und der Nachweis der Vererbung.
entwickelte Klitoris abgeschnitten. Die eino der beiden Schwestern wurde
produktiven Herden mit Abszessen wird wiederholt punktiert, jedoch ohne
Druck und unter Vermeidung einer Mischinfektion. Bei Rückbildung des
erloschenem Herd inzidiert Verf. breit, säubert die Höhle und wischt mit
Tinct. jodi aus. Dann Naht und Kompressionsverband. (W.kl.W. 1924,
Narkosebehelf zum händefreien Narkotisieren hat Eichelter (Wien)
angegeben. Das Ätherfläschchen wird an der Stirn befestigt in der Art
eines Stirnreflektors. An Stelle des Spiegels ist eine Hülse angebracht, in.
Sein Schema der Eklampsiebehandlung empfiehlt Stroganoff von
fast keino Nachwirkungen. Ferner bewährt sich das Mittel als Sedativam
anderweitige |
u o
meh
986
Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Erfahrungen mit Reargon teilen M. Hesse und H. Weitgasser
(Graz) mit. Sie konnten keine Reizlosigkeit und Schmerzfreiheit feststellen,
wie die Erfinder angegeben haben. Die bakterizide Kraft des Reargons
allein war in keinem Falle ausreichend, vielmehr wurde nach der Behandlung
ein Übergreifen auf den hinteren Teil der Harnröhre mitunter beobachtet.
Verf. sehen ferner in der hohen Silberkonzentration des Reargóns der
ätzenden und reizenden Wirkung wegen keinen Vorteil vor anderen Präpa-
raten. (W.kl.W. 1924, Nr. 17.) Muncke.
Über Wismutschmierkuren bei Syphilis berichtet. Oelze (Leipzig).
Angewendet wurde ein unlösliches Präparat Bismophan (Riedel) in Form
einer 10°/,igen Salbe. Es zeigte sich, daß der Wismutschmierkur tat-
sächlich eine spezifische Wirkung zukommt, vor allem werden auch Er-
scheinungen, die nicht direkt erreicht werden, wie Kondylome am After,
Papeln und Plaques im Munde zur Abheilung gebracht. Dagegen reicht
bei stark hypertrophierten Kondylomen die Wirkung zur völligen Beseiti-
gung in annehmbarer Zeit nicht aus. Eine deutliche serotherapeutische
Einwirkung ließ sich bis jetzt nicht erreichen, am ehesten wurde die S.G.R.
schwächer. (Klin. Wschr. 1924, Nr. 20.) Hans Dau.
Hals- und Nasenkrankheiten. |
E. Sucbanek (Wieden) empfiehlt das Tutocain als neues Lokal-
anästbetikum für die Laryngo-Rhinologie. Verwendet wurde eine 5°/,ige
Lösung zur Oberflächenanästhesie, und eine 1/,0/„ige zur Infiltration, beide
mit Zusatz von Adrenalin. Wirkung war durchweg gut, Nebenwirkungen
kamen nicht zur Beobachtung. (W.kl.W. 1924, Nr. 17.) Muncke.
Bücherbesprechungen.,
Raimann, Zur Psychoanalyse. 975. Berlin-Wien 1924, Urban & Schwarzen-
berg. 2,40 RtM. o g
Verf. hat die psychoanalytische Bewegung in Wien von Anfang an
beobachtet und ist vielfach mit den Vertretern derselben in Berührung
gekommen. Er gibt jetzt einen kritischen Überblick über die Entwicklung
der Psychoanalyse an der Hand der Literatur und der eigenen Erfahrung.
Die Darstellung ist außerordentlich anregend, klar und leicht faßlich.
Verf. verwirft die Psychoanalyse nicht in Bausch und Bogen, sondern er-
kennt die vielfachen Anregungen, die von. Freud ausgegangen. sind, und.
‘den heuristischen Wert der Methode an. Im ganzen lautet jedoch sein
Urteil sehr ungünstig. Er rät überhaupt ab, sie in der Praxis anzuwenden,
Das Buch Raimanns sollte jeder praktische Arzt lesen. In weiten
Kreisen ist die Psychoanalyse noch populär und man hört nicht so selten
von Mißgriffen kritikloser Psychoanalytiker. Aufklärend kann der Arzt
jedoch nur wirken, wenn er auf dem Gebiete ausreichend orientiert ist.
| Henneberg.
Abderhalden, Handbuch der biologischen Arbeitsmet
Teil 2, Heft 5. Tibor Pöterfi, Mikrurgische Methodik. Berlin und
Wien 1924, Urban & Schwarzenberg. RtM. 2,—.
Mikrurgie ist nach der Definition des Verf. die Methode, mit der
man winzige Objekte auf dem Mikroskoptische bei beliebig starken Ver-
größerungen unmittelbar anfassen und beeinflussen kann. Sie ermöglicht
gewissermaßen eine experimentelle Zellchirurgie. Wenn auch die Grund-
lagen der Methode schon vor einer Reihe von Jahren von bakteriologischer
Seite angegeben wurden, so blieb sie doch, offenbar wegen des Mangels
handlicher Apparate, auf enge Kreise beschränkt. Verf. hat nun zusammen
mit der Firma Zeiß einen sinnreich konstruierten Mikromanipulator aus-
gearbeitet, der die Ausführung der verschiedensten Operationen gestattet
und dessen Handhabung, wie Verf. meint, kein übergroßes Maß manueller
Geschicklichkeit erfordert. Das Arbeiten mit diesem Apparat, ferner die
Herstellung aller Hilfsmittel wie Nadeln, Pinzetten, Pipetten, Schneide-
instrumente von mikroskopischen Dimensionen werden eingehend beschrieben,
so daß jeder, der sich in diese Methodik einarbeiten will, eine ausreichende
Anleitung findet. Wie jeder Fortschritt der Methodik wird zweifellos auch |
die Mikrurgie der biologischen Forschung zu neuen wichtigen Aufschlüssen
verhelfen. | Kurt Meyer (Berlin).
Garrd-Kütiner-Lexer, Handbuch der praktischen Chirurgie. 6 Bände.
3. Bd., 5. Aufl.: Chirurgie des Bauches. 1048 S. mit 166 teils farbigen
Textabb. Stuttgart 1923, Fərd. Enke. Geh. 35,—, geb. 40,—.
Von dem weitverbreiteten Handbuch liegt in neuer Bearbeitung der
3. Band vor, der die Chirurgie des Bauches enthält. Die einzelnen Kapitel
sind entsprechend dem modernen Stande der Chirurgie umgearbeitet und
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
‘des Peritoneums und Allgemeines über Bauchoperationen hat Körte, die
hervorgehoben worden sind, treffen auch für den vorliegenden Band zu.
Die Ausstattung ist in jeder Weise vorzüglich. Von dem gesamten Werke
Truttwin, Handbuch der kosmetischen Chemie. 2. Aufl. 769 S.
hoden. Abt. V.
13., Juli
ergänzt. Die Chirurgie der Bauchdecken hat Steinthal, die Chirurgie
Chirurgie des Magens und Darms hat Kausch, den Darmverschluß Garr&
und Dorn, die Appendizitis hat Capelle, die Hernien Graser, die
Chirurgie der Leber Garrd, die Chirurgie der Gallenwege Capelle, die.
Chirurgie der Milz hat Heinecke, die Chirurgie des Pankreas Körte, die
Chirurgie des Mastdarms August Borohard bearbeitet. Alle die be-
kannten Vorzüge dieses Werkes, die in dieser Wochenschrift wiederholt
fehlt nur noch der 2. Band, dessen Erscheinen hoffentlich nicht mehr lange
auf sich warten läßt. | | 0. Nordmann (Berlin).
Mit 35 Abb. Leipzig 1924, Joh. Ambros. Barth, GM.87,—, geb. 40,—,
| In 33 Kapiteln werden die Rohstoffe für Kosmetika, ihre. Verwendung,
ihre Beurteilungsunterlagen (Anatomie, Physiologie und Chemie der Haut),
ihre Schadenmöglichkeiten beim Gebrauch (Bachem-Bonn, Gifte in der
Kosmetik), die Grenzgebiete (Desinfektion und Hygiene, Patent- und Wert-
zeiehenschutz) und wissenschaftliche Fragen (Henning-Danzig, Beziehungen _
| zwischen chemischer Konstitution und Geruch) erörtert. Besonders genannt
. seien die Abschnitte über ätherische Öle (Reclaire-Hilversum), kosmetische .
Bäder (Marcuse-Ebenhausen), Haarfärbe- und -bleichmittel (Saalfeld-
Berlin) und Alkohol (Ford und Nouberg-Berlin). Von kaliumchlorat-
haltigen Zahnpasten schreibt Bachem, daß ein 1 cm langer Strang Pebeco
rund 0,4 g KCI0, enthält, von dem etwa 0,02 g im Munde zurückbleiben
kann. Schädigungen sind selbst beim Verschlucken solcher Mengen nicht
zu befürchten; wohl aber ist bei der Verwendung von Kaliumchlorat als
Gurgelwasser besonders bei Kindern infolge Verschluckens Vorsicht geboten.
Die einschlägige Literatur ist zitiert; umfangreiche Autoren- und Sach-
register erleichtern den Gebrauch des innerhalb 4 Jahren in zweiter Auflage
erschienenen Handbuches, das die einzige „kosmetische Chemie“ darstellt.
| | E. Rost (Berlin).
E. Mercks Jahresberichte: Über Neuerungen auf dem Gebiete der
Pharmakotherapie und Pharmazio. 488 Seiten. Darmstadt 1923,
E. Merck. - | |
In den bekannten Merckschen Jahresberichten erfährt der Arzt
dieses Mal viel Wissenswertes über arzneiliche Arsen-, Antimon-, Jod-,
Quecksilber- und Wismutpräparate, das als Allgemeinanästhetikum nicht
ungefährliche Äthylchlorid, Chinidin bei Arhythmia perpetua, das Spasmo-
lytikum Papaverin, das Kodein, das im Kindesalter unbedenklich in größeren
Dosen als bisher empfohlen, angewendet werden dürfe (nachts; Säuglinge
dreistündlich 1—3 mg, 2. Halbjahr 4—6 mg; 2. Lebensjahr 6, steigend -
bis 10 mg, 3. Lebensjahr 10—18 mg, 4. bis 6. Lebensjahr 13—15 mg,
6. bis 10. Lebensjahr 15—20 mg), über das lokalanästhetisch wirkende
Saligenin und über Tetrachlorkohlenstoff (3 com übliche, 5 ccm maximale
Dosis, mit darauffolgendem Abführmittel; für Kinder von 1 Jahr: 0,65 bis
1 ccm) als Mittel gegen Ankylostomum, das in England bei zum Tode
verurteilten Verbrechern versuchsweise angewendet worden ist.
E. Rost (Berlin).
Schwalbe, Diagnostische und therapeutische Irrtümer. Kinder-
heilkunde. 3.Heft: Engel, Konstitutionsanomalien. 79 S. mit
. 14 Textabb. Leipzig 1924, Georg Thieme. 2,25 GM.
Recht gute klinische Darstellung, die allerdings nicht systematisch
durchgeführt, sondern nur aus dem Streben heraus entwickelt ist, auf die
Irrtümer der Diagnostik und Therapie hinzuweisen. Es wird die exsudative
Diathese besprochen, der Lymphatismus, die Neuropathie, die Skrofulose, der
Diabetes, die Adipositas und die Wachstumskrankheiten (Rachitis, Chondro-
dystrophia usw.). In einem zweiten Teil werden die Erkrankungen des
‚Blutes und der blutbereitenden Organe besprochen und endlich die Ver-
dauungskrankheiten der älteren Kinder. Dem Verfasser steht eine reiche
klinische Erfahrung zu Gebote und er hat sie gut für den Praktiker in
diesem Büchlein verwertet. Rietschel (Würzburg).
Gerstmann, Die Therapie der progressiven Paralyse. 28 S. Wien-
Leipzig 1924, Moritz Perles. 0,60 GM.
' Über die Behandlung der progressiven Paraiyse — Ref. hat dem
Thema in dieser Zeitschrift jüngst ein Übersichtsreferat gewidmet — spricht
bier ein Assistent Wagner-Jaureggs, der die Malariatherapie inauguriert
hat. Gerstmanns Erfahrungen sind relativ groß. Seine zuversichtliche
Hoffnung, durch die neue Methode Dauerremissionen zu erzielen, wird durch
wissenschaftliche Vorsicht in Schach gehalten. Die spezifischen Behandlungs-
methoden sowie die Tuberkulinbehandlung werden kritisch besprochen.
Kurt Singer.
4 .
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28. o 98
- Kongreß- und Vereins-Berichte.
4, Versammlung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft
— in Heidelberg vom 12. bis 14. Juni 1924.
Berichterstatter: Dr. Paderstein, Berlia. *)
i En eindrucksvoller, der Tragik nicht entbehrender Vorgang eröffnete
den diesjährigen Ophtbalmologenkongreß: die Überreichung der Graefe-
Medaille an die Wittwe von C. v. Heß. Die höchste Ehrung wird alle
10 Jahre dem Forscher verliehen, der, ohne Rücksicht auf die Nationalität,
nach dem Urteil der hervorragendsten Fachgenossen, die ophthalmologische
Wissenschaft am meisten gefördert hat. H elmholtz, Donders, Th. Leber,
Hering waren die früheren Empfänger. Ein tückisches Leiden hat C. v. Heß
üabingeraft, so daß er die Medaille nicht mehr selbst aus den Händen von
= Ihthoff, dem Vorsitzenden der Gesellschaft, entgegennehmen konnte, der |
ein Jebendiges Bild des Lebenswerkes von C. v. Heß gab, nachdem er,
sstzungsgemäß, der unsterblichen Verdienste yon A. v. Graefe gedacht
hatte, —
` Esist ein Zeichen für die Wunden, welche der Krieg. und der durch
ihn verursachte Staatsbankerott auch der deutschen Wissenschaft ge-
‚schlagen hat, daß bis auf weiteres die Graefe-Medaille nicht verliehen
yerden kann, weil das Stiftungskapital verloren ist. Wenn trotz der Not
der Kongreß eine reiche Fülle wertvoller wissenschaftlicher Arbeiten bot,
‚ wistdas zum Teil der „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft“
ud anderen freundlichen Stiftern zu verdanken, die Mittel zur Verfügung
stellten; wofür ihnen durch Axenfeld (Freiburg) öffentlich gedankt wurde.
. Eshann hier nur kurz über solche Arbeiten berichtet werden, die von
allgemeinem Interesse sind. | Ä
. Fragen der allgemeinen Entzündungsiehre versuchte Löhlein
(Greifswald) zu klären, indem er seine Versuchstiere mit Trypan-
blau vorfärbte, um die Histiozyten zu kennzeichnen, die Hälfte der
„Tero durch Mesothorium leukozytenfrei machte, und nach 20 bis
4 Stunden histologisch untersuchte. Er kommt zu dem Schluß, daß bei
aperimenteller Entzündung der Hornhaut die zu beobachtende Zellver-
merong zum mindesten in den ersten Tagen im wesentlichen auf einer
Binvanderung weißer Blutzellen beruht (Marchand), dagegen die Ver-
“ mehrung bodenständiger Bindegewebszellen (Grawitz) in diesem Stadium
keine wesentliche Rolle spielt. |
‚Grüter (Bonn) gelang die Feststellung, daß das von ihm entdeckte
Herpesvirus in zwei Modifikationen, einer stärkeren und einer schwächeren,
auftritt, von denen die erstere die Keratitis dendritica des Menschen, die
Iststers die Keratitis vesiculosa, superlicialis “punctata, und die aus zer-
plataten Bläschen bestehende rezidivierende Hornhauterosion "hervorrufen.
Auch die Keratitis diseiformis und profunda werden, abgesehen von Vakzine-
infektion, durch schwaches Herpesvirus bedingt. Auch beim Hautherpes
, Wurde das Virus in den beiden Modifikationen, das stärkere vorwiegend
teim Lippenherpes, das schwächere beim Zoster gefunden. Die Impetigo
contagiosa entsteht durch Mischinfektion von Herpesvirus und den ver-
stiedensten Hautkokken. Hautimpfungen mit hochpathogenem Virus er-
wogen bei Mensch und Tier vakzineähnliche Pusteln.
v. Szily (Freiburg) hat bei Kaninchen Herpesvirus in eine Tasche
-an der Iriswurzel eingepflanzt und außer Herpes corneae eine Entzündung
ar Auges erhalten, die nach den anatomischen Befunden durch die
an übertragen wurde. Die Bedeutung dieser Befunde für die sym-
Parthische Ophthalmie des Menschen wurde von Axenfeld und Krück-
Mann hervorgehoben. l
TA: Fortsetzung früherer Untersuchungen über photodynamische
wi gen hat A. Passow (München) eine große Reihe von Farbstoffen
| verschiedenen Verdünnungsgraden geprüft, und dabei wichtige neue
T
sachen gefunden. Als wirksamster Farbstoff erwies sich Rose bengale
Di X 3 e. è ’
letetrajodfluoresain), womit auch praktisch gute Ergebnisse bei in-
a; Erkrankungen der Lider und der Hornhaut, auch bei Ulcus
tpens, erzielt wurden. |
Re; Einbringen von Stäbchen, die mit Emanafion von Thorium X
bei ai in den Glaskörper von Kaninchen konnte Meisner (Berlin)
- größeren Dosen Degenerationen der Netzhaut und des Sehnörven,
Mei Eon: — Heßberg (Essen) empfiehlt Röntgentiefenbestrah.
$ l schleichender Iridozyklitis,, wo die Erhaltung eines schwer ent-
znd e
u erwünscht ist. — Über günstige Ergebnisse der Behand-
ieh. (öser Hornhauterkrankungen mit kurzwelligem Licht berichtete
Hirschfeld (Königsberg).
Ton M gater Mitbenutzung von Autoreferaten, die dankenswerterweise
wurden, eitung der Klin. Mbl. f. Aughlk. zur‘ Verfügung gestellt
è
hintere schalenförmige Katarakt,' bei geringeren Dosen nur Linsen-
. — Waetzold (Berlin) hat bei der Untersuchung von 1095 jungen L
Auf dem Gebiet der Farbenlehre hat Engelking (Freiburg) dio
verschiedenen Farbenanomalen mit Hilfe einer von ihm und Poos ange-
gebenen Methode, unter Anwendung des Pulfrichschen Phänomens (Be- . .
einflussung des stereoskopischen Sehens durch Vorsetzen verschiedenfarbiger
Gläser) untersucht und für die verschiedenen Formen der Farbenanomalien
verschiedene Stereowerte gefunden. — Zum Nachweis von Farbenüber-
empfindlichkeit hat Wölfflin (Basel) sich der sogen. Umschlagsfarben
bedient, die bei verschiedener chemischer Zusammensetzung bei Tageslicht
gleich erscheinen, bei künstlichem Licht dagegen verschieden, indem die
eine der beiden Farben eine rötliche oder grünliche Beimischung erhält.
Wölfflin beabsichtigt Pseudo-Stillingsche Tafeln herzustellen, die bei
Tageslicht nur der Überempfindliche entziffern kann.
Um eins konstante Lichtstärke der Prüfungsmarken zu erzielen,
hat Härtel (Leipzig) ein Perimeter mit transparenten, künstlich
beleuchteten Proben konstruiert, die durch Blenden in ihrer Größe `
verstellbar, und durch einen Goldbergkeil in der Helligkeit variabel
sind [Zeiß (Jena)]. — Da bei Eintritt eines weißen Objekts in das Ge-
sichtsfeld unter gewissen Bedingungen zuerst die Empfindung des bewegten
Objekts, erst später die Weißempfindung auftritt, und das Verhältnis dieser
‘beiden Grenzen von klinischer Bedeutung sein kann, so fordert Kesten-
baum (Wien) stets gesonderte Prüfung und Aufzeichnung der „Bewegungs-
grenze“ und der „Weißgrenze“. — Zur Prüfung auf Bierrum-Skotome
empfiehlt 'Salzer (München) seine vereinfachte Gesichtsfeldauf-
nahme, bei der er sich auf die innersten 20—25 Grad beschränkt, ohne
- Benutzung zu kleiner Objekte. Er hat Bjerrum-Skotome auch bei
Stauungspapille, Neuritis optica, Papillen- und Netzhautblutungen, Neuro- `
Rezidiven, Myopie mit Chorioiditis, Glaukom am anderen Auge, vor allem
auch bei einfacher Arteriosklerose gefunden, so daß sie keinesfalls ohne
weiteres als Indikation für druckherabsetzende Operationen oder Eröffnung
der Nebenhöhlen gelten können. — | 2
Clausen (Halle) kommt auf Grund von experimentellen und klini-
schen Versuchen mit Rivanol zu dem Schlusse, daß seine Wirkung keine
rein bakterizide ist, sondern z. T. eine solche im Sinne einer „Heilent-
zündung“, da sowohl nach Einträufelung wie nach Injektion eine ausge-
sprochene ‚Hyperämie sich einstellt. — Fleischer (Erlangen) hat das
Tebeprotin Toennissen an 35 Fällen von Augentuberkulose geprüft. Es .
scheint als Diagnostikum dem Alttuberkulin überlegen zu sein und zeichnet
sich besonders durch das Fehlen der Tuberkulintoxine aus.
Über die Bedeutung der Insulintherapie des Diabetes fr die Oph-
thalmologie berichtet Grafe (Frankfurt a. M.). Das Insulin wirkt auch
am Auge als Antagonist des Adrenalins (Tension, Pupille). Am eindrucks-
vollsten ist die schnelle Wirkung auf die Hypotonie im Koma, wo auf
Insulin der Druck in 1—2 Tagen zu normaler Höhe steigt. Auch die
Lipämie der Netzhaut geht schneller zurück, Refraktions- und Akkommo- '
dationsstörungen werden abgekürzt und rezidivieren weniger. Linsen-
trübungen können zurückgehen, wenn ós sich um echte Catar. diabet. in
frischem Zustand handelt. Zuckerstare können mit besserem Erfolg als früher
operiert werden. Dagegen ist die Retinitis diab. bisher durch Insulin
nicht beeinflußbar gewesen. Ein abschließendes Urteil ist noch nicht
möglich. — Nach Krückmann (Berlin) kommt die Insulintherapie vor
Augenoperationen für schwere Fälle von Azidose in Betracht, 'die von -`
Koma bedroht sind. — Nach Hamburger (Berlin) enthält das Insulin
zwei Komponenten, von denen eines die Entzuckerung des Blutes, das
andere die Wasseranreicherung der Organe hervorruft. Es sind Gewichts-
zunahmen bis zu 8 Pfund in 24 Stunden sichergestellt. Das weiche Koma-
auge gewinnt seine Spannung durch Wasserzunahme wieder. — Ask
(Lund) erwähnt, daß bei gesunden Ratten durch Insulin ein Basedow-
ähnlicher Exophthalmus erzeugt werden kann. — Wirth (Breslau) beob-
achtete bei einem Mädchen von 14 Jahren mit schwerem Diabetes und
Katarakt während der Insulinbehandlung eine erhebliche Besserung der
Sehschärfe im Verlauf eines Jahres. |
Wenn auch die Erblichkeit der Myopie. heute allgemein anerkannt `
ist, so ist damit noch nicht die anatomische Ursache, die Dehnung des
hinteren Augenabschnitts, erklärt. Muskeldruck oder eine „vererbte Wider-
standslosigkeit der hinteren Sklera“ können die Ursache nicht sein, weil
?
erhöhter Druck im wachsenden Auge 'nicht Myopie, sondern Hydroph- -
thalmus, und weil Glaukom keine Myopie hervorruft. Vogt (Zürich)
kommt auf Grund der experimentellen, und von ihm auch klinisch beob-
achteten Tatsache, daß Durchschneidung des Optikus in der Jugend zur |
Verkürzung der Längsachse führt, zu der Annahme, daß das Wachstum
der Augenhüllen abhängig ist von derGröße der Netzhautanlage
mit Refraktionsfehlern, besonders bei den Myopen, eine überwiegend TANA
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Leistungsfähigkeit des linken Auges gefunden. — Ein günstiger Einfluß
der Vollkorrektion -auf die Entwicklung der Myopie war nicht. er-
kennbar. — Greeff (Berlin) ` betont, daß schon'im Keimplasma bestimmt
Bei, welche Refraktion und welchen Grad davon ein Mensch bekommt. —
_ von Hippel (Göttingen) bestreitet,. daß eine spontane Rückbildung der
Myopie vorkommt. — Clausen (Halle) konnte fast ausnahmslos bei Myopen
in der Aszendenz oder Deszendenz Myopie nachweisen.
Die Ernährungsverhältnisse des Auges zu klären, hat sich Seidel
(Heidelberg) als besondere Aufgabe gewählt. Es ist ihm durch einfache und
sinnreiche Vorrichtungen gelungen, den Blutdruck in den vorderen Ziliarar-
terien vor ihrem Eintritt in die Sklera und in den Ziliar- bzw. Vortexvenen nach
ihrem Austritte aus dem Auge zu messen. Es ergab sich ein physiologisches®
Druckgefälle von 50—60 mm Hg. — Bei Hypertonikern ist der Ziliar-
arteriendruck erhöht, während ‘der Druck in den Venen konstant bei 11 bis
15 mm Hg gefunden wird. Bei Arteriosklerotikern sind die arteriellen
Schwankungen höber als in der Norm. Direkte Beziehungen zwischen
Ziliararteriendruck und intraokularem Druck bestehen nicht. — Nach
retrobulbären Novokain-Adrenalin-Injektionen, die zur Erweichung des
Auges führen, tritt eine Drucksenkung in den Ziliararterien auf etwa die
Hälfte der Norm ein, woraus sich die Wirkung solcher Injektionen auf den
Augendruck erklärt. — Meesmann (Berlin) kommt auf Grund von Unter-
suchungen über das Bestehen eines Donnangleiohgewichts zwischen
' Blut und Kammerwasser zu dem Ergebnis, daß die Zusammensetzung des
Kammerwassers, auch bei pathologischen Zuständen, aus einem rein physi-
kalich-chemisehen Vorgang erklärt wird. — Serr (Heidelberg) hat festge-
stellt, daß das Blut Glaukomkranker sich bezüglich seines osmotischen
Druckes der Serumkolloide in keiner Weise vom normalen Serum unter-
scheidet, so daß für die Ätiologie des chronischen Glaukoms osmotische
Kräfte nicht in Frage kommen. — Bei Untersuchungen über „die
medikamentöse Beeinflussung des Augendruokes“
Thiel(Jena) des Nachweises des Übergangs von Fluoreszin-Natrium (Fl. Na.)
in kleiner Menge in das Kammerwasser mit Hilfe des ultravioletten Lichtes,
Es ließ sich nicht im gesunden, wohl aber in glaukomatösen oder zum Glaukom
disponierten Augen nachweisen. Nach Adrenalin, Pilokarpin undEserin ist
ein verzögerter Austritt von Fl. Na. zu erkennen. Adrenalin bewirkt durch
Sympathikusreiz eine Kontraktion der im Glaukomauge gestauten Uveagefäße,
so daß das an Serumeiweiß gebundene FI. Na. nicht durch die Endothelporen
hindurchtreten kann. — Über weitere günstige Erfolge mit dëm von ihm
zuerst systematisch angewandten subkoniunktivalen Suprarenininiektionen
bei Glaukom berichtet Hamburger (Berlin). Vorher unwirksames Eserin
wird nach Suprarenininjektionen wirksam. Zur Vermeidung akuter Glaukom-
anfälle wird empfohlen, 2 Stunden post injectionem Eserin zu geben. Die
. Behandlung kommt vor allem bei chronischem Glaukom in Frage, wenn
Miotika nicht wirken. Die Gefahr. des Kollapses wird sich vermeiden lässen
bei Anwendung von Präparaten, die den Blutdruck nicht oder kaum ver-
ändern, und doch lokal, d. h. am Auge, wirksam sind. Versager kommen
vor.
vermeidbar wird, ist noch nicht zu beantworten. — In der Aussprache
zeigte sich, daß. die Anschauungen und Erfahrungen mit der Behandlung
des Glaukoms nach Hamburger noch sehr. weit auseinandergehen.
Für Staroperafionen, die durch umfangreiche Synechien nach
Iridozyklitis, besonders tuberkulöser Natur, erschwert sind, empfiehlt
Axenield (Freiburg), die Synechien nach dem Schnitt mit „Synechotomen“
zu durchschneiden und dann die Linse in der Kapsel zu extrahieren. —
‘Bei Glaucoma simplex bei hochgradiger Myopie kommt man nicht
immer mit der früher empfohlenen Zyklodialyse aus. : Es gibt Fälle, wo
allein ein trepanierendes Verfahren rettend wirkt. — Elschnig (Prag)
hat die Aussaugung des Stars in der Kapsel nach Barraquer an
44 Fällen erprobt und hält sie für unreife Stare der Extraktion aus der
Kapsel für überlegen. — Für die Zyklodialyse, besonders bei Glaukom
nach Linsenluxation tritt von Grósz (Budapest) ein. — Sattler
(Königsberg) empfiehlt die Dakryozysto-rhinostomie (Toti, Ohm) nicht
nur bei erweiterten oder fistelnden, sondern auch bei geschrumpften Säcken.
Bei 66 so Operierten wurde spontane Tränenabfuhr in 97°/, der Fälle
erzielt. — Bei der Bindehautplastik bei schweren Verätzungen hat Thies
(Dessau) die besten Erfolge mit der Einpflanzung von Lippenschleim-
haut gehabt, wobei er bis zwei fingergliedgroße Lappen mit Dauererfolg
eingepflanzt bat. Sämtliche Operierte sind voll erwerbsfähig geworden.
Eine anschauliche plastische Darstellung des kortikalen Abschnittes
der Sehleitung gab Pfeifer (Leipzig). Die Verhältnisse liegen nicht ein-
fach, die kortikale Sehsphäre variiert stark. — Untersuchungen über das
Kerngebiet des Okulomotorius hat Lenz (Breslau) angestellt, indem er
in je einem Falle von Botulismus, Diabetes, Lues und Arteriosklerose das. |
Kerngebiet in vollständiger Serie durchsah. Danach ist die Akkommodation
an den großzelligen Mediankern gebunden, während der Sphincter pupillae
im kleinzelligen Mediankern seine Vertretung hat. Die Lichtreaktion wird
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28
| ‚A De" 0 138. Juli
bediente sich
. nebst Spina bifida occulta..
Wie oft oder wie selten durch die neue Behandlung die Operation
nn
durch den proximalen,. die Konvergenz- und Akkommodationsreaktion durch
. den distalen Abschnitt dieses Kerns vermittelt. — Igersheimer (Göttingen)
‚bat an einem großen Material die periphere Sehbahn bei Tabes und Para-
lyse auf anatomische Veränderungen und. Spirochätengehalt untersucht.
Zellvermebrung fand sich häufig, gleichgültig, ob Atrophie bestand oder
‚nicht. Die atrophischen Prozesse nehmen ihren Ausgang stets vom Rand
des Optikus. — Bei 16 Fällen mit normalem anatomischem Befund konnten
keine Spirochäten gefunden werden, bei einer zweiten Gruppe mit ent-
schiedener Zellvermehrung, aber ohne Atrophie, waren 6 Befunde negativ,
3 positiv, bei der dritten Gruppe mit Atrophie und Zellinfiltration fanden
sich unter 21 Fällen 7mal Spirochäten, Die Feststellungen machen es
wahrscheinlich, daß der Degenerationsprozeß von Spirochätenherden aus-
geht, die in den Scheiden oder in der Umgebung der Sehbahn sitzen, aber
nicht in ‘die Sehbahnsubstanz selbst eindringen: —
Horniker (Triest) zeigt an Röntgenbildern, daß die basalen
Hirngefäße in Fällen von Verkalkung darzustellen sind, was für ätiologisch
unklare Fälle von Sehnervenerkrankungen oder Zirkulationsstörungen von
Nutzen sein kann. —
Meisner (Berlin) zeigt die Photographien von zwei eineiigen
Tjährigen männlichen Zwillingen mit Strabismus convergens bei Hyper-
metropie von 3 D. Während aber der eine alternierend schielt, mit vollem
Sehvermögen beider Augen, schielt der zweite nur links, und dieses Auge
ist sehschwach. Aus diesem Befund folgt, daß Strabismus alternans und:
monolateralis erbphysiologisch nicht als verschiedene Wesenheiten zu be-
trachten sind und daß die Schielamblyopie sekundär bedingt und als
Amblyopia ex anopsia anzusehen ist. — Scheerer (Tübingen) hat die
klinische Verwertbarkeit der entoptischen Beobachtung der Netzhautblut-
bewegung in kurzwelligem Licht an 300 Untersuchten festgestellt. — `
Weve (Rotterdam) fand in einigen hartnäckigen, ätiologisch dunklen und.
der Behandlung bisher unzugänglichen Fällen von Keratitis mit dichten
Trübungen als Ursache .Gicht, was er durch Nachweis von Harasäure-
kristallen in abgeschabten Teilchen der getrübten Hornhaut feststellen
konnte, — Die Frage, ob einseitige Stauungspapille lokaldiagnostisch
verwertbar sei, verneint Oloff (Kiel)... Nur bei Verdacht auf Sitz des
Tumors in den vorderen Gehirnpartien entspricht die einseitige Stauungs-
papille fast stets dieser Seite.
Leipzig.
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 6. Juni 1924.
Sonntag: Angeborener Mischtumor der Lenden-Krenzbeingegend
Bei viermonatigem Knaben Tumor mit Haut-
teleangiektasie i in Kreuzbeingegend. Exstirpation, wobei ein Fortsatz durch
eine Lücke von Faszie, Muskel und Rückgrat in die Rückenmarkshöhle
sich erstreckte und bei Durchtrennung des Stiels Liquor abfloß. Faszien-
und Muskelplastik nach Bayer. Keine nervösen Symptome, nach 1/, Jahr
Wohlbefinden. : Histologisch Fibrolipom mit einer Knochenspange im Innern.
Mit Rücksicht auf die Möglichkeit späterer Störungen wird die Operation
solcher Fälle in frühester Kindheit empfohlen.
Rosenthal teilt seine Erfahrungen mit einer von ihm seit 1916
gepflegten Staphylo-Pharyngoplastik mit. Es handelt sich um die Bildung
eines Schleimhautmuskellappens aus der Mitte der hinteren Rachenwand
?
| der mit dem nach Langenbeck mobilisierten und genähten Gaumen in
Verbindung gebracht wird. Es entsteht also ein Velum aus 3 Stücken,
den Gaumensegelhälfter und einem Pharynxstiellappen an Stelle der Uvula.
Der Eingriff ist von entscheidender Wirkung auf die Lautbildung: Durch
die muskuläre Verbindung mit der hinteren Rachenwand wird das Gaumen-
segel leicht zum Abschluß zwischen Nase und Mund bei der Phonation
gebracht; die Sprache der Operierten wurde in allen Fällen normal. Die
Idee dieser Gaumenplastik, laut mündlicher Mitteilung von Trendelen-
burg stammend, ist 1876 schon einmal von Schoenborn verwertet, geit-
dem aber augenscheinlich nicht weiter in Anwendung gebracht worden.
Aussprache: Sick begrüßt die sehr einleuchtende Operations-
methode. Der berechtigte Wunsch, die Kinder noch vor Schulbeginn in
Ordnung zu bringen, läßt sich vielleicht dadurch erfüllen, daß nach der
Operation vom Zahnarzt das weitere Wachstum des Oberkiefers beobachtet
und daß, falls das Wachstum zurückbleibt, durch eine Distraktionsvorrichtung
dem Narbenzug entgegengewirkt wird. Dazu genügt wohl die Korrektion
erst ein Jahr nach der Operation. An ganz kleinen Kindern ist. das natür-
lich nicht möglich.,
Warsow: Über Erysipeloid. Beobachtungen über ein epidemie-
artiges Auftreten an 30 Fällen. Infektion erfolgte nur bei einem kleineren
Teil der Fälle an rotlaufkranken Schweinen, 7mal an’ Fischen, 3mal ‚beim
Hasenabzieben, 2mal bei Rehfleisch, Imal an Pferdeknochen; bei den
übrigen Fällen war die Infektionsquelle nicht festzustellen.. Ditferential-
diagnose. gegen Erysipel und Panaritium ist meist leicht. Bei der Therapie
ist oberster grundeatar Ruhestellung, bis die letzten Infiltrate verschwunden
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a e ln ne nn ee Te EI ot D -
.
13. Joli <
sind, da sonst Rezidive auftreten; daneben Ichthyolsalbe, Karbolöl, 1/,0/,iger
Sublimatspiritus. Serumtherspie hat nur in einem kleineren Teil der Fälle
prompten Erfolg. Höhensonne ist bei hartnäckigen Fällen zu versuchen.
Prognose: günstig, nur bisweilen lange Dauer, besonders wenn. nicht,
energisch. und lange genug fixiert wird. Öfters bleiben hartnäckige Weich-
teilverdiokungen; besonders an den Interphalangealgelenken, zurück.
Aussprache: Sonntag. weist auf die gelegentlich langwierige
Krankheitsdauer hin und auf die anscheinend besonders bei verschleppten
Fällen vorkommenden Gelenkaffektionen. . Therapeutisch möchte S. das
Schweinerotlaufserum noch’ mehr betont wissen. |
~ Hempel berichtet über Erfahrungen in der Behandlung der Varizen
mit Sublimatinjektionen an Hand von über’ 50 Fällen. Überblick über
die Entwicklung der verschiedenen konservativen Methoden der Varizen-
beiiandlung. Nach Erwähnung der Technik der Linserschen Methode
folgen Angaben über Art und Entstehung der Thromben, ferner über deren
Ausbleiben bei technischen. Fehlern. Hinsichtlich der Emboliegefahr wird
darauf hingewiesen, daß bei der Sublimatinjektionsmethode bisher noch
kein Fall von Embolie beschrieben wurde. Die ‚Intoxikationsgefahr darf
nicht vernachlässigt werden. ER | |
- Aussprache: Hohlbaum. betont die Emboliegefahr, die. immer
vorhanden ist, wenn eine Thrombose besteht, wenn sie auch bei Sublimat-
injektionen geringer sein mag als: bei Pregischer Lösung. Gleichzeitig
teilt er eine Beobachtung mit (Witteck-Graz), bei der es auch nach
Ligatur der V. saphena in einem Falle zu tödlicher Embolie kam, was sich
wohl nur dadurch erklären läßt, daß entweder größere Anastomosen der
Y. femoralis mit dem oberflächlichen Venennetz auch an anderer Stelle
. bestanden oder noch eine zweite V. saphena vorlag, aus der direkt oder
indirekt der Thrombuüs in die V. femoralis und somit in den Kreislauf kam. —
Sonntag erwidert Hohlbaum, daß bei Injektionen mit Sublimat eine
- Eimbolie wohl möglich, aber erfahrungsgemäß nicht zu befürchten ist. Der
"Vorsicht halber wurde zunächst einige Male vor der Injektion die V. saphena
magna unterbunden, später aber nicht mehr, da es weder nötig noch sicher
erschien. Hauptsache ist die Wahl eines geeigneten Injektionsmittels. Die
` Preglsche Lösung, bei welcher tödliche Embolien beobachtet sind, ist offenbar
ungeeignet, da sie keinen soliden Thrombus bildet. — Sick erinnert daran,
daß auch mehr oder weniger unabhängig von dem Eingriffe im Saphena-
gebiet eine Thrombose der V. femoralis oder poplitea eintreten kann, was
sbensowenig eine Kontraindikation gegen die Einspritzungen ist wie die
Möglichkeit; daß nach einer anderen Bauch- oder Hernienoperation jene
gefährliche Komplikation in einem Bruchteil von Prozenten. der Fälle
beobachtet wird. — Hoffmann, Gurnemanz: Mitteilung eines Falles,
bei dem am inneren und äußeren Malleolus je 5 com einer 20°/,igen Koch-
salzlösung eingespritzt wurden. Die Injektionen waren schmerzlos, doch
traten auf dem Heimwege der ambulant; behandelten Pat. außerordentlich
heftige Schmerzen auf sowie am folgenden Tage ein enormes Ödem. Noch
heute auf Druck starke Schmerzen, namentlich an der Innenseite der Wade
im Bereich eines langen, völlig thrombosierten Venenstranges. Gefahr der
Embolie scheint bei dieser Methode wegen der Größe der Thrombenbildung
nicht zu bestehen, dagegen diene die außerordentliche Schmerzbaftigkeit
als Mahnung, wenigstens bei empfindlichen Patienten von ihr abzusehen.
Mensch berichtet über Solästhinrausch an Hand von'200 Fällen.
Slästbin-Methylenchlorid, geliefert von Meister Lucius&Brüning, Höchst a. M.,
ist zu Narkosen bis zum völligen Toleranzstadium ungeeignet, ‚dagegen gut
in dor Anwendung zur Einleitung von Athylvollnarkosen sowie vor allem
m kurzem und proträhiertem Rausch. Leichte Handhabung, keine Ver-
sung der Maske, gute Dosierbarkeit bei geringem Verbrauch, relative
Ungefährlichkeit. Einschlafen meist ohne Zeichen der Abwehr und des
Widerwillens. Verhalten der Patienten während des Rausches ruhig, Er-
wachen meist schnell, keine Schmerzempfindung während des Rausches,
Erbrechen, Kopfschmerz, Schwindelgefühl nur selten und von kurzer Dauer.
Niemals wurden nachträgliche Schädigungen beobachtet. Kinder vertragen
Sılästhin gut. Kein ‘Versager bei richtiger Dosierung. Solästhin ist ganz
besonders geeignet zum -protrahierten Rausch. | Weigeldt.
wen ‚Wien.
Gesellschaft der Ärzte. Sitzung vom 30. Mai 1924.
R. Kienböck stellt eine 31 jährige Frau mit Knochenechinokokkus
"or. Vortr. kennt Pat. seit 14 Jahren und verfolgt die Entwicklung ihres
Iaidens seit dieser Zeit, Pat. ist jetzt auf der Klinik Kermauner unter-
gebracht, weil sie schwanger ist: Die Beine der Pat. erscheinen verkürzt
und nbrauchbar;. es handelt sich aber um keine Paraplegie. Pat. kann
= Beine nicht nach außen oder innen rotieren; es-liegt aber kein doppel-
iger Schenkelhalsbruch - vor. Wie: die Röntgenuntersuchung und die
„alpation ergibt, ist das 1. Bein stärker betroffen als das rechte. Links
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
ist sehr selten und heilt auch spontan aus.
n blog ‚das untere Ende des Femur zu tasten, rechts scheint das obere | zuführen sein.
Ende zu fehlen; es handelt sich also um eine Erkrankung der Oberschenkel,
deren Muskulatur atrophisch, deren Fettpolster übermäßig dick erscheint.
Die Haut ist frei von Narben nach Fisteln sowie von jeder Veränderung.
Bei der Funktionsprüfung des Hüftgelenkes stellt sich heraus, daß im
989
Hüftgelenk passive groteske Bewegungen möglich sind: Drehen um fast 360°,
Verkürzen und Verlängern usw. (Demonstration.) Die Röntgenuntersuchung
ergibt, daß die Beckenknochen, das Kreuzbein fehlen, der letzte Lenden-
wirbel fast fehlt. Dem Tastbefund entsprechend ist wahrzunehmen, daß
vom linken Oberschenkel nur etwa das untere Drittel, vom rechten das
mittlere und untere Drittel vorhanden ist (Demonstration). Die Knochen
sind nicht erweicht, sondern. entkalkt, ja mehr, sie-sind. geradezu ver-
schwunden. Nur derbe oder weiche Stränge sind noch vorhanden. Das
rechte-Bein ist zum Teil verwendbar: die reche Sohle berührt den Boden.
Die Sphinkterenfunktion und die Reflexe sind nicht gestört. Auch in der
Unterbauchgegend ist eine Vermehrung des Fettpolsters zu tasten, mehr
schaft erschwert. Die gynäkologische Untersuchung hat ergeben, daß das
Promontorium stark vorspringt, das Kreuzbein deformiert ist, die Becken-
wände seitlich herangerückt und verschiebbar sind. Auch die Unterschenkel-
muskulatur ist atrophisch. Der übrige Befund ist normal. Die Erkrankung
begann im Jahre 1908 mit einem Nachziehen der linken Hüfte. Pat.
wurde kurze Zeit nachher in ein Gipsbett gebracht. 1910 wurde Pat. von
H. Salzer vorgestellt, 1913 griff die Erkrankung auf die rechte Seite über,
so daß Pat. nunmehr genötigt war, Achselkrücken zu gebrauchen. 1920 war
derselbe Befund wie heute zu erheben.
seit Dezember 1923 gravid. Die Diagnosen, soweit solche gestellt wurden,
lauteten Tuberkulose des Hüftgelenkes, Gicht, Perthessche Krankheit,
Halisterese; H. Salzer faßte sie als Trophoneürose auf. “Viele Kollegen
enthielten sich jeder Diagnose. Es handelt sich. um ausgedehnten Knochen-
schwund in einem zusammenhängenden Gebiet. Entzündungserscheinungen
fehlen und haben immer gefehlt. Schmerzen sind nicht vorhanden und
waren nie vorhanden, Fieber ist‘ nicht festzustellen und war nie festzu-
stellen. Die Krankheit hat einen exquisit chronischen Charakter. Alle
diese Einzelheiten veranlassen den Vortr., die Diagnose Knochenechino-
kokkus zu stellen. Vielleicht wird es gelegentlich des Partus zur Sectio
caesarea kommen; es wird möglich sein, durch Exzision eines Stückes aus
der Symphyse die Diagnose des Vortr. zu verifizieren. Diese Erkrankung
Die exakte Diagnose ist bisher
ohne den Nachweis der Haken nicht gemacht worden. Fälle von dieser
Erkrankung sind von Rokitansky, Schnitzler und Kirchmayr be:
obachtet worden. |
F. Kaspar stellt eine 54jährige Frau vor, die zweimal au der
Klinik Hochenegg operiert worden ist. Aus der Vorgeschichte erwähnt
Vortr., daß Pat. vor etwa. 30 Jahren ein Geschwür am Zungengrund hatte;
einige Ärzte hielten es für luetisch, andere waren anderer Meinung, Durch
Quecksilberbehandlung wurde angeblich Heilung erzielt. Ende 1921 traten
Schmerzen in den Beinen auf; es wurde in der Heimat eine Neuritis
‚diagnostiziert. Es trat jedoch keine Besserung ein, sondern. Kopfschmerzen,
Schlaflosigkeit, psychische Depression, Diarrhöen, Haarausfall und Ab-
magerung traten hinzu, dabei abendliche Temperatursteigerungen. Im
September. 1922 suchte Pat. die Klinik Chvostek auf, wo man auf die
Möglichkeit hinwies, daß vielleicht eine 'Strumektomie unvermeidlich sein
werde. Liegekur und Arsenbehandlung waren erfolglos und so wurde
Pat. auf die Klinik Hochenegg transferiert. Sie. war damals 35 kg schwer,
war dementsprechend stark abgemagert, hatte 160 Pulse und wies starke
Tremores auf. Gegen die Diagnose M. Basedowii sprach, daß Graefe,
Stellvag und Möbius negativ waren; außerdem .war keine Struma vas-
culosa vorhanden.
schenkel um 2 cm weniger im Umfange maß als der linke. Im November
1922 wurde Pat. operiert. Es lag eine Kolloidstruma mit Knoten vor.
Nach vorübergehender Besserung traten wieder Symptome des Hyperthyreoi-
dismus auf: die Operation war erfolglos gemacht worden. Hinterher gab
nun Pat. an, seit 1921 eine Geschwulst am Oberschenkel zu baben. Pat.
hatte diese Bildung immer verheimlicht. Die-Untersuchung ergab einen
faustgroßen Tumor, der im Dezember 1922 operativ entfernt wurde. Er
war mit dem Ischiadikus verwachsen und konnte nur unter Resektion: von
17 cm des Nerven entfernt werden. Der Nervendefekt wurde durch eine
Nervenplastik gedeckt. Nach der Operation waren alle Beschwerden (Tre-
mores, Schwitzen, Angst) verschwunden und kehrten seither nicht wieder.
Pat. wurde als geheilt entlassen und hat seither mehr als 30 kg zuge-
nommen. Die histologische Untersuchung des mit dem N. ischiadicus in
Verbindung stehenden Tumors ergab ein unausgereiftes Neuroblastom
wahrscheinlich maliguer Natur. Es handelt sich um keinen M. Base-
dowii; die Symptome dürften auf eine Resorption toxisch wirkender Sub-
stanzen aus dem ausgedehnte Nekroseherde aufweisenden Tumor zurück-
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1921 hat Pat. geheiratet und ist
Außerdem wäre zu erwähnen, daß der rechte Ober-
. läßt sich nicht feststellen. Die Untersuchung ist auch durch die Schwanger- ;
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man dieses angestrebte Ziel noch bei der Querresektion.
' oder mehr als 0,1°/, Kokain enthalten, als innerliche Arzneien Augen-
die von dem Arzneiempfänger zu entrichten ist. |
“soll, verboten wurde, war die Hoffnung ausgesprochen, daß unvergällter
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= H..Söhur: Erfahrungen über die Resektion des parapylorischen
Magenanteiles. Vortr. hat-1915 beobachtet, daß nach Resektion des An;
- trum die Sekretion des Magens herabgesetzt wird, und hat damals diese
Resektion. aus diesem Grunde "empfohlen. Diese Tatsache ist heute all-
gemein anerkannt. - Nach dieser Operation sollten sich wegen der Aus-
schaltung der Magensekretion keine Ulcera peptica jejuni bilden. Indessen
‘haben sich in letzter Zeit Unannehmlichkeiten ergeben, die eine Ver-
besserung der Operationsmethodik "erfordern. Die von Schnitzler emp-
.fohlenen totalen oder subtotalen Resektionen können nur schwer gemacht
werden; sie würden, allerdings, dä die Sekretion hauptsächlich im Fundus-
teil 'stattfindet, von der sezernierenden Fläche sehr wenig übrig lassen.
So aber bleibt von der sezernierenden Fläche viel übrig. Eher erreicht
daß die. großen Resektionen durch die Untersuchungen Pawloffs gestützt
sind, ist falsch. Trotz der vielen Untersuchungen sind die Verhältnisse
- noch immer unklar. Mißerfolge kommen bei den Antrumresektionen auch
vor.. In den. Pawloffschen Untersuchungen findet sich kein Anhalts-
punkt für Schlüsse bezüglich der Wirkung der Antrumresektion. Die
Phase.I der Sekretion fällt aus, weil der vom Antrum ausgehende dauernde
Reiz fehlt. Da diese Wirkung sich erst ‚allmählich nach der Operation
‘geltend macht, beobachtete man in einer Anzahl von Fällen nach der Re-
_ sektion eine Zeitlang Subazidität; vielleicht wurde auch zu wenig reseziert.
Heute reseziertt man den halben Magen und bezieht das Abflauen der.
Phase I auf den Ausfall des Antrum. Die Frage ist noch immer ungelöst,
ob die Magensaftsekretion ein vom Antrum ausgelöster chemischer Reflex
oder vom Gehirn aus bedingt ist. Die hochgradige Herabsetzung der
'Azidität ist keine Panazee gegen die Ulcera peptica jejuni. Solche Ge-
schwüre kommen auch nach Äntrumresektion im Ösophagus vor. Trypsin
erzeugt die Ulcera peptica jejuni nicht. Auch die Magenfunktion wird, be-
einträchtigt, indem es oft zur Atonie und zur Ptosis kommt. Vortr.. hält
es für gerechtfertigt, die I. Methode Billroths anzuwenden, und emp-
fiehlt die weitgehende Restriktion von Flüssigkeit und Verabreichung fester
Nahrung. Auch eine solche Veränderung der Operationstechnik ist anzu-
streben, daß die Sturzenfleerung ins Jejunum vermieden wird. Vielleicht
: wird überhaupt eine Restriktion der Operationen bei Ulous ventriculi not-
- wendig werden. = er E
| Tagesgeschichtliche Notizen.
(Naehdruek der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellen-
= | | angabe gestattet.)
Berlin. Die mit dem 1. Juli in Kraft getretenen Ausführungs-
bestimmungen zum Opiumgesetze, die bekanntlich den Apothekern
vorschreiben, ärztliche und zahnärztliche Verordnungen von Opiaten zurück-
‚zubehalten und aufzubewahren, beziehen sich im einzelnen -auf Ver-
- schreibungen, „auf denen Opium, Morphium oder seine Salze, Diazetylmorphin
- (Heroin) oder- seine Salze, Kokain oder seine Salze sowie Zubereitungen, die
mehr als 0,2°/, Morphin oder mehr als 0,1°/o Diazetylmorphin (Heroin)
wässer, Einatmungen, Einspritzungen unter die Haut, Klistiere oder Suppo-
sitorien für Menschen“ verordnet sind. Außerdem sind zurückzubehalten
Verordnungen von Arzneien zum äußeren Gebrauch, die mehr als 0,03 g
an Kokain oder dessen Salzen oder mehr als 0,015 g an Heroin oder dessen
Salzen enthalten, sofern diese Arzneien zur Einführung in die Nase be-
stimmt: sind oder der Verwendungszweck nicht angegeben ist.
Für die dem Apotheker. hierdurch entstehende Mühewaltung ist ihm
eine Gebühr von 10 Pf. für jedes diesbezügliche Rezept zugebilligt worden,
"Berlin. Nachdem die Verwendung von Phthalsäureester als Zusatz
für Branntwein, der zur Herstellung von Medikamenten benutzt werden
Branntwein für medizinische Zwecke zu billigerem Preise bald frei-
gegeben werden: würde. Diese Hofinung ist durch eine Bekanntmachung
der Reichsmonopolverwaltung für Branntwein vom 27..Juni zunichte ge-
‘worden, nach der der ermäßigte Verkaufspreis für Branntwein zur Herstellung
von Heilmitteln vorläufig 200 GM. für 1 hl Weingeist beträgt, wodurch der
bisher geltende Großhandelspreis von 100 GM. verdoppelt worden ist!
Berlin. Der Ausschuß der preußischen Ärztekammer hat, um dem
Ziel einer allgemeinen Versicherungspflicht der Ärzte gegen Krankheit,
Invalidität und für den Todesfall näher zu kommen, beim Minister für
Volkswohlfahrt ‘eine. Gesetzesvorlage an den preußischen Landtag angeregt,
durch die den Ärztekammern das Recht verliehen werden soll, eine Zwangs-
versicherung aller wahlberechtigten Ärzte des Kammerbezirks
in die Wege zu leiten. Die Kammern sollen ferner berechtigt sein, die
Kosten dieser Versicherung nach dem Einkommen der Ärzte umzulegen.
Die Höhe der Beiträge soll aber 1/, des steuerpflichtigen Gesamteinkommens
0
nicht überschreiten dürfen,
Die Ansicht, .
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 28.
: Über das sogenannte A Allheile nde Wunderwasser “ der Venecin
A.-G., das’ von Generaloberarzt Dr. Leu empfohlen wird, sind Anfragen. an
‘uns ergangen. Nach Erkundigungen an zuständiger Stelle und in der wissen: _
schaftlichen Fachliteratur ist nichts Sicheres über die Art der Herstellung
und über die angebliche Heilwirkung gesagt. Dem Vernehmen nach soll
das Wunderwasser Gips und Kalziumsulfit entbalten. Die ernste ärztliche
Fachliteratur hat sich mit diesem Erzeugnis noch nicht beschäftigt. Nach
allem, was uns hierüber bekannt geworden ist, empfehlen wir unseren
Lesern dringend, dieses „Allheilende Wunderwasser“ nicht eher anzuwenden,
bis die ernsthafte medizinische Fachliteratur sich damit befaßt hat.
In der „Volkswohlfabrt* wird im Hinblick auf die wiederholt beob-
achteten Vergiftungen an „Morcheln*
esculenta), an denen im vergangenen Jahre eine größere. Anzahl von 'Per-
sonen gestorben ist, darauf hingewiesen, daß der -Pilz nur dann ohne
Schaden genießbar ist, wenn er abgekocht und das Kochwasser weggegossen
wird oder wenn er nach dem Trocknen ' zubereitet wird. Einfaches Ab-
brühen genügt nicht, das Kochwasser darf keinesfalls zu Kochzwecken.
verwendet werden. —— =
(Gyromitra oder Helvella
ee =
Nachdem die sächsische Regierung die vom preußischen Wohlfahrts-
zulehnen und die erhöhte preußische Gebührenordnung den Honorarforde- .
rungen zugrunde zu legen.
“Statistische Angaben über Zahl der Medizin-Studenten an
den deutschen Universitäten bringen die „Mitteilungen der Gesell-
schaft deutscher Naturfreunde und Ärzte“.. Für das Wintersemester 1923
bis 1324 steht danach Wien mit 2943 Medizinern ‘bei weitem an erster
Stelle, Berlin folgt mit nur 1967, dann kommen München mit 1394, Prag
(Deutsche Universität) mit 1136 und Graz mit 1105. Überall ist das
medizinische Studium im Rückgang begriffen, wie die Zahlen dar Studenten
im ersten Semester beweisen. Auch hier führt Wien mit 623; aber Prag.
mit 131 und Graz 99 kommen hier noch vor Berlin mit 96 Studenten der
Medizin;' in Kiel, Marburg und Rostock haben nur je 4 Studenten das
. Studium der Medizin neu begonnen, in Leipzig und Greifswald je 5, in
Königsberg, Gießen und Freiburg je 6, während. in Erlangen nur ein ein-
ziger ‘Mediziner im ersten Semester studierte. i
Breslau. Vor 100 Jahren, am 3. Juli. 1824, wurde Albrecht
Theodor Middeldorpf in Breslau geboren, der von 1856 bis er on j
| 1854 er-
narius der Chirurgie an der Universität seiner Vaterstadt war.
schien seine hochbedeutsame Arbeit über die Galvanokaustik, durch deren
wissenschaftliche und technische Begründung der allzu früh verstorbene
geniale Chirurg sich einen dauernden Namen in der Geschichte der Medizin
gesichert hat. | —
Die vierte Tagung für Verdauungs- und Stoffwechsel-
krankheiten findet vom 23. bis 25. Oktober in Berlin, ‚Kaiserin-Friedrich-
Haus, unter dem Vorsitz von Geh.-Rat Prof. Dr. G. Rosenfeld (Breslau)
statt. - In Aussicht genommen ist folgendes Programm: 23. Oktober:
Karzinomdiagnose auf dem Gebiete des Magendarmtraktes (von Wasser-.
mann, Blumenthal); Proteinkörpertherapie (R. Schmidt); 24. Oktober:
Pankreaserkrankungen (Ref.: Ceelen, Katsch, Guleke); Zentrale:
Regulation des Stoffwechsels (Th. Brugsch); 25. Oktober: Nachkrankheiten.
nach Magenoperationen (Ref.: Zweig, von Haberer). Anfragen an Prof.
. E. Fuld, Berlin W.15, Uhlandstraße 157. . |
Dozenten Vorlesungen über die Grundlagen und Anwendung der
Röntgenstrahlen in der Medizin gehalten.
Diagnostik und Therapie sind getrennt; an den ersten drei Tagen wird die
Diagnostik behandelt, an den letzten die Therapie. Beitrag 20 M., für den
Diagnostikkurs allein 15 M. Anmeldungen bis spätestens 15. Juli 1924
kurs. Wohnungen werden gleichfalls unter dieser Anschrift vermittelt.
R
Die Zeitschrift für Gesundheitsfürsorge und Schulgesundheitspflege
: ist mit der Zeitschrift für soziale und Gewerbe-Hygiene verschmolzen worden,
und erscheint als Zeitschrift für Schulgesundheitspflege und
soziale Hygiene unter der Redaktion von 'Med.-Rat Dr. P. Stephani
Voß, Leipzig | a
Hochschulnachrichten. Göttingen: Dem Priv.-Doz. Dr. Hans
Handovsky ein Lehrauftrag für theoretische Grundlagen der Pharma-.
kologie und allgemeinen Therapie erteilt. — Kiel: Dr. Alfred Benning--
‚hoff, bisher Priv.-Doz. in Marburg, als Priv.-Doz. der Anatomie über
nommen. — Köln: Geheimrat Prof. Dr. O. Tilmann zum Rektor der
Universität, Prof. Dr. Franz Külbs zum Dekan der medizinischen Fakultät
gewählt. — München: Prof. Paul Mulzer erhielt einen Ruf als Ordi-
narius für Dermatologie nach Hamburg. — Münster: Auf den neuerrichteten.
berufen.
Lehrstubl der Psychiatrie wurde Prof. Martin Reichardt aus Würzburg
t 5
Druck von L. Bahumacher in Berlin N 4
unter der Anschrift: Chirurgische Klinik, Göttingen, Goßlerstr. 10, Röntgen-
(Mannheim) und Prof. Dr. B. Chajes (Berlin) im Verlage von Leopold -
ministerium . verfügte Erhöhung der ärztlichen Gebührenordnung 5
nicht mitgemacht hat, hat der ärztliche Landesverband Sachsens einstimmig
beschlossen, die sächsische Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte ab- ` `
Vom 2. bis 7. August werden in Göttingen von Professoren und .
Die Vorlesungen über
ee RENT N a a 5 ne le A i a = 4 u N 0 `
5, a =a = i Srn . Ki f l ` oi - Er, l . i | ` Bia : l ; E | 2 A =
. nS 5 i a 5 ~ í E ` . £ A ; i , i i '
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%“
Wochenschrift für praktische Ärzte
geleitet von
Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft
Geh; San.-Rat Professor Dr.Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzen
Verlag von
berg, Berlin, Friedrichstr. 105b
Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
Nr.29 (1023)
Berlin, Prag u. Wien, 20. Juli 1924
XX. Jahrgang
: = Klinische Vorträge.
r
'
Antitoxinbildung und Antitoxintherapie.
Von Thorvald Madsen, Kopenhagen.
= “Mein heutiger Vortrag”) hat zum Thema die Antitoxinbildung
und Antitoxintherapie; dabei will ich in erster Linie nur derjenigen
Arbeiten Erwähnung tun, die in Statens Serum Institut in Kopen-
‘hagen ausgeführt wurden. Sie knüpfen an die Arbeiten von Behring
wdğhrlich an, deren 70. Geburtstag gerade jetzt in der wissen-
schafllichen Welt gefeiert wurde.
‘Was zunächst die Antitoxinbildung anbetrifft, so ‚hatten
schon Salomonsen und Madsen im Anschluß an die Arbeiten
von Brieger und Ehrlich nachgewiesen, daß -auch die Diphtherie-
_ Antitoexinkurve im Blute eines diphtherieimmunisierten Pferdes einen
wellenförmigen Verlauf zeigt. Bei späteren Arbeiten im Kopen-
hagener Institut zeigte sich ein ähnliches Verhalten bei den meisten
Antikörpern gegen Antigene sowohl pflanzlicher wie tierischer Her-
kunft. Doch kommen auch wichtige Verschiedenheiten vor. Mörch
hat bei der Meningokokken-Immunisierung gezeigt, daß die komple-
menthindenden und agglutinierenden Antikörper ein Maximum am
5-7. Tage haben, während die Bakteriotropine (Opsonine) schon
nach 2 Tagen ihren Höhepunkt erreichen. Dies ist für die Praxis
der Serumgewinnung wichtig; denn- einerseits muß man danach den
- Aderlaß am-5.—6. Tage und nicht am 9.—10. Tage nach der letzten
Anfigeninjektion, wie es häufig geschieht, vornehmen, wenn man eın
Serum mit hohem Gehalt an komplementbindenden und aggluti-
mierenden Antikörpern haben will, andererseits dagegen schon am
‚Tage, wenn man mehr Wert auf den Gehalt an Bakteriotropinen legt.
könnte auch, um bessere Resultate als bisher bei der Serum-
behandlung zu erzielen, den Versuch machen, eine Mischung der
era vom 2. und 5. Tage anzuwenden.
‚ Vergleicht man das Verschwinden der Antikörper nach
aktiver Immunisierung und nach passiver Immunisierung, SO er-
gibt sich ein paralleles, konstantes Verschwinden der Antikörper
ans dem Blute. Wenn die antikörperbildenden Kräfte ihre Wirksam-
et einbüßen, verschwindet das Antitoxin und die dabei resultierende
Kurve folgt dem gleichen Gesetze, das für die passive Immunisierung
glt, Einzelheiten der aktiven Kurve, z. B. die erste „negative Phase“,
snd noch nicht genügend geklärt. Die Anschauung, welche schon
Salomonsen und Madsen 1896 gehabt haben, ist die, daß der
1ganismus während des Immunisierungsprozesses eine neue Funktion
erhält, Antikörper zu produzieren wie eine Art Sekretion, d. h. die
atikörper werden stets produziert und stets ausge-
‚schieden. Man kann nämlich beobachten, daß Tiere, denen man
durch Aderlaß eine größere Menge Antitoxin entnommen hat, trotz-
dem-im Laufe weniger Tage die alte. Antitoxinkonzentration wieder-
erhalten, ja es wurde sogar von Salomonsen-und Madsen gezeigt,
al Man nach sukzessivem Aderlaß und Transfusion die gesamte
ana nziche Blutmenge im Laufe weniger Tage entfernen und da-
pa kann last vollständige Reproduktion der ursprünglichen Anti-
m onzentration beobachten konnte. o al
Von dieser Beobachtung ausgehend, komme ich zu der wichtigen
In: einer Stimulation der Antikörperproduktion durch
aaa ische Mittel. Schon Salomonsen und Madsen hatten
. Antit ei daß eine Pilokarpininjektion eine sofortige Steigerung des
ea hervorruft. Madsen und Tallquist konnten as
a auch Pyrogallol eine deutliche aktivierende Wirkung
um. ee einem in der Medizinischen Gesellschaft zu Berlin am
Vorträge e Sa jenen und im Auuese der Schriftleitung gekürzten
Auslührliche Darstellung in d. Zschr. f. Hyg. u.Infektionskrankh.
z. B. auf die Produktion von Antivibrionen-Lysinen ausübt. ‚In den
letzten Jahren haben besonders Walbum und seine Mitarbeiter im
Kopenhagener Seruminstitut wichtige Arbeiten über die Steigerung
der Antitoxinproduktion durch Stoffe von katalytischem Eifekt, z. B.
Metallsalzen, geliefert. Der größte Teil dieser Versuche wurde mit
Mangansalzen, besonders mit Manganchlorid angestellt, da ja Mangan
als ein kräftiger Katalysator bekannt ist.
An dem Verhalten der Agglutinine bei einer Ziege, die mit
Kolibazillen behandelt war, konnte festgestellt werden, wie auf eine
intravenöse Injektion von 0,05 g Manganchlorid die Agglutinations-
konzentration von 14 auf 250 Einheiten steigt, und daß diese Steige-
rung bei täglich fortgesetzten Injektionen sogar noch etwas zunimmt,
Eine ganz entsprechende Wirkung hatte eine Reihe von anderen
Metallsalzen, wie z. B. Nickel-, Kobalt- und Zink-Chlorid, und be-
sonders Beryllium-Chlorid, dessen ausgezeichnete Wirkung sich deut-
lich nachweisen läßt. Größeres Interesse beansprucht indessen die
Wirkung der Metallsalze bei der Antitoxinbildung, speziell dem
Diphtherie-Antitoxin. Selbst bei Ziegen, deren Immunisierung gegen
Diphtherie bekanntlich schwierig ist, war es möglich, durch Be-
handlung mit Mangan- und Kobalt-Chlorid die Antitoxinkonzentration
“bis auf 200 1.-E. pro Kubikzentimeter zu steigern.
Von größerer praktischer Bedeutung ist es aber, daß die Be-
handlung mit Metallsalzen sich auch bei diphtherieimmunisierten
Pferden bewährt hat, selbst bei solchen Tieren, bei denen die vorher
vorhandene Toxinwirkung bereits nachgelassen hatte. Bei fortgesetzter
Injektion von Mangansalzen kann die Kurve, nachdem sie ein Maximum
erreicht hat, absinken, eine Tatsache, die durchaus in Überein-
stimmung steht mit ‘den. früheren Befunden von Madsen und
Jörgensen bei der Immunisierung mit täglich wiederholten In-
jektionen von Cholerakulturen.
Diesen im Laboratorium gewonnenen Resultaten kommt nun
auch eine große praktische Bedeutung zu. Zunächst gelingt es auf
diese Weise bei vielen Pferden, die nicht zu ausreichender Anti-
toxinproduktion zu bringen sind, hochwertige Sera zu erhalten.
Durch Einführung der Manganapplikation ließ sich sogar der Ge-
samtdurchschnitt des Antitoxingehaltes bei den behandelten Pferden
im Kopenhagener Seruminstitut nicht unerheblich steigern. Die
Manganbehandlung gehört seitdem zur dauernden Methode bei der
Antitoxingewinnung im Kopenhagener Seruminstitut.
Die Manganbehandlung hat sich auch bei der Herstellung des
Tetanus- und Meningokokkenserums, nach den Untersuchungen von
Walbum und Schmidt auch bei der Ambozeptorgewinnung be-
währt, so daß es sich hier um ein gesetzmäßiges Verhalten gegen-
- iiber allen untersuchten Antikörpern zu handeln scheint, wenngleich
nicht alle Tiere in der gleichen Weise reagieren. Die Verwendung
von Metallsalzen ist allerdings insofern ein zweischneidiges Schwert,
als sowohl zu kleine als zu große Dosen schädlich wirken können.
Man muß in allen Fällen das Optimum zu finden suchen.
Diese Beobachtungen haben dazu geführt, auch bei infizierten
Tieren die Metallsalzwirkung zu prüfen. Walbum hat Kaninchen, : .
die mit Tuberkelbazillen infiziert waren, täglich mit Manganlösun
behandelt und gefunden, daß die meisten der behandelten Tiere am
Leben blieben, während die Kontrolltiere nach 5—6 Wochen starben.
Definitive Schlüsse erlauben diese Versuche allerdings noch nicht.
Versuche von Walbum und Morch, die intravenöse Injektion
durch die Applikation per os zu ersetzen, hatten bei Pferden keinen
Erfolg. Untersuchungen über die Schnelligkeit, mit der das Anti-
lysin nach der Manganinjektion auftritt, ergaben die überraschende
Tatsache, daß das Maximum schon nach einer Stunde erreicht wird
und sich im Gegensatz zu der Wirkung nach Pilokarpin verhältnis-
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‘gift. Wir müssen allerdings bei der Reaktion zwischen Toxin und
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
20: Juli
mäßig lange auf gleicher Höhe hält.. Gleichzeitig mit der Steigerung
des Antitoxins sinkt die Manganmenge im Blut sehr schnell. Wie
Walbum und Morch an einer Reihe von Organen festgestellt haben,
findet es sich in den verschiedensten Organen. Interessant ist, daß
der in der Leber gefundene Mangangehalt in einem gewissen
Verhältnis zu der antitoxinproduzierenden Fähigkeit
des Tieresstand. Auffällig war der große Mangangehalt der Lunge.
.:" "Besonders interessant ist die Feststellung von Walbum und
seinen Mitarbeitern, daß die Wirkung der Metalle eine gewisse
Übereinstimmung zeigt, wenn sie nach dem periodischen System
geordnet werden. Besonders interessant sind die Verhältnisse in
der Magnesiumgruppe. Man sieht ein deutliches Sinken vom
Beryllium, das 'am stärksten wirkt, bis zum Kadmium, besonders
für Agglutinine, aber auch für Ambozeptoren und für bakterizide
Stoffe, ganz entsprechend der Atomzahl. In. der Kalziumgruppe
findet sich eine andere Regelmäßigkeit. Hier nimmt die Koli-
agglutininbildung mit steigender Atomzahl .zu,. während . die Ver-
hältnisse für die bakteriziden Stoffe umgekehrt liegen. Eine ge- |
wisse Regelmäßigkeit ist unzweifelhaft vorhanden, ein allgemeines
Gesetz läßt sich vorläufig in den einzelnen. Gruppen noch nicht
aufstellen. | |
‚Jedenfalls brachten
antigene Produktion - eine Art „sekretorischen“ Prozesses sei, der
durch katalytische Agentien beeinflußt wird.
‘ Zur Antitoxintherapie übergehend, möchte ich’ zunächst
darauf hinweisen, daß im Kopenhagener „Blegdams“ Hospital bei-
nahe alle Diphtheriekranken einer Stadt von 600000 Einwohnern
gesammelt werden, und daß dadurch eine günstige Gelegenheit ge-
geben ist, nicht nur den Verlauf der Infektionskrankheiten von Jahr
zu Jahr zu verfolgen, sondern auch die Erfolge der verschiedenen
therapeutischen Mittel zu beurteilen. X |
| . In Dänemark, wo der Staat das Serum selbst herstellt und
unentgeltlich abgibt, ist die Diphtherieserum-Behandlung sehr. früh.
eingeführt worden. Anfangs gab man 4000 I-E., später bis zu 20000.
In den letzten Jahren ist anscheinend der Charakter der Epidemie
schwerer geworden. Infolgedessen hat der Chefarzt des Kranken-
hauses, Prof. Bie, die Antitoxindosis noch erhöht und Resultate
gewonnen, die mit den von Friedemann neuerdings veröffentlichten
Berliner Befunden übereinstimmen. Nachdem man in dem genannten
Krankenhause zur Verwendung sehr hoher Dosen, in schweren Fällen
teilweise bis zu 200000 L-E. intravenös übergegangen war, ist es
gelungen die Letalität auf durchschnittlich 1,2%, herabzudrücken;
im Jahre 1920 ging im Blegdams Hospital die Diphtherieletalität
sogar auf 0,9°/ herunter, während'sie im Krankenhause Amtssyge-
huset und in einer Reihe anderer Krankenhäuser außerhalb Kopen-
hagens, in denen nicht diese sehr hohen Serumdosen gegeben wurden, -
1,3 bzw. 2,6°/, betrug.
Hierbei möchte ich darauf hinweisen, daß häufig nicht genügend
berücksichtigt wird, daß es nicht gleichgültig ist, wie das Antitoxin
eingeführt wird. Henderson Smith, der wohl als erster hierüber
systematische Versuche am -Kopenhagener Institut ausgeführt hat,
fand, daß bei intravenöser Injektion das Maximum der Antitoxin-
konzentration sofort erreicht wurde, bei intraperitonealer nach 24
bis 48 Stunden und bei subkutaner erst nach 3 Tagen. Außerdem
betrug die größte Antitoxinkonzentration nach der intraperitonealen
Injektion nur die Hälfte, nach der subkutanen nur !/; der bei
. der intravenösen Injektion erzielten. Auch die kurz vorher von
Morgenroth und Levy nachgewiesene Bedeutung der intramusku-
lären Injektion wurde im Kopenhagener Institut festgestellt.
Die Hauptsache ist, so schnell wie möglich einen Überschuß
von Antitoxin ins Blut zu bringen, um jede weitere Absorption von
Toxin durch die Körperzellen und Gewebe‘ hintanzuhalten. Man
'muß streng zwischen Immunisierung und tatsächlicher Heilung unter-
scheiden. Es ist niemals gelungen, größere Mengen Toxin im Blut
bei schwerkranken Patienten nachzuweisen, jedenfalls enthielt niemals
1 cem Krankenblut eine für Meerschweinchen tödliche DosisDiphtherie-
Antitoxin in vivo mit einer Anzahl noch unbekannter Faktoren
rechnen.. Alle diese Versuche an einem großen Material haben die
Richtigkeit der von Arrhenius und mir geäußerten Ansicht be-
stätigt, nämlich der, daß das Diphtherietoxin und -antitoxin sich
miteinander in ähnlicher Weise verbinden, wie 2 Substanzen, die
schwache Affinitäten zueinander besitzen und deren Verbindung in
ihrem Anfangsstadium wieder gespalten werden kann.
Ein solches Übermaß von Antikörpern ist theoretisch schon
mit kleinen Dosen von Antitoxin zu erreichen, die in den Anfangs-
und seinen Mitarbeitern).
diese Untersuchungsergebnisse eine Stütze
für die alte Auffassung von Salomonsen und Madsen, daß die
stadien der Serumtlrerapie angewandt wurden. Tatsächlich hat man
auch damals mit verhältnismäßig kleinen Dosen Erfolge gehabt,
wobei es sich allerdings wohl nicht um Heilwirkung, sondern um
Immunisierungserfolge gehandelt hat, jedoch die oben erwähnten
verbesserten Resultate wurden erst erhalten, als man eine sehr
starke Erhöhung der-Serumdosen anwendete. Das scheint dafür zu
sprechen, daß es sich um einen tatsächlichen Heilungsprozeß, das
heißt, um eine Neutraälisation schon im Organismus gebundenen
Toxins handelt. Die große Menge des hierzu benötigten Antitoxins
stimmt gut mit den Ergebnissen der experimentellen Studien überein
(Heilungsversuch im Reagenzglas von. mit Tetanuslysin vergifteten
roten Blutkörperchen durch Antilysin von Madsen, bei Schlangen-
gift und 'spezifischem Serum von Noguchi, ferner Diphtherieheil- .
versuche von Dönitz, sowie später von Baecher und von Kolle
Im Blegdamskrankenhaus wurde übrigens festgestellt, daß
große Serumdosen kaum mehr Serumkrankheit hervorrufen als kleine
dies tun. Die Behandlung mit großen Dosen: ist nur sehr teuer,
‚und die Zahl der geretteten Kranken ist nur eine relativ kleine.
Genaue Untersuchungen über das Verhältnis zwischen intra-
venös injizierten Antitoxineinheiten und der danach im Blut fest-
gestellten Antitoxinkonzentration ergaben, daß durchschnittlich mit
etwa 73 L-E. pro kg eine Konzentration von 1 A.-E. pro cem Blut
erreicht wurde. Wenn man also 100 I.-E. pro kg injiziert, so ist
man in allen Fällen sicher, diese Konzentration zu erreichen. Bei
subkutaner und intramuskulärer Applikation muß man in der Regel .
mit höheren Zahlen rechnen. Henderson Smith fand mehr als
1 A.-E. pro com nach der Injektion von 125 L-E. pro kg Körper-
gewicht. Bei einem Patienten von 23,8 kg Gewicht wurden-
2900 A.-E. pro kg intramuskulär injiziert und man erhielt 9 A.-E.
im ccm Blut. Es wurden also ungefähr 325 A.-E. zur Injektion
benötigt, um 1 A.-E. pro cem Blut zu erzielen. Bei 3 anderen
Patienten, welche 100 bzw. 200 und 300 A.-E. pro kg intranius-
kulär erhielten, wurde eine Antitoxinkonzentration von 0,5, 0,7 und
1,0 A.-E. pro cem erzielt. Für die praktische Serumbehandlung
ergibt sich hieraus, daß man, um bei einem Kinde von 25 kg Ge-
wicht einen Antitoxingehalt von 100—300 A.-E. pro kg Körper-
gewicht zu erreichen und 5—6 Tage zu erhalten, eine Dosis von
5000 A-E. injizieren müßte. Wenn es sich nun um einen schwer-
kranken Patienten handelt, bei dem voraussichtslos schon eine Menge
Toxin gebunden ist, so wäre zur Erzielung der Heilung eine höhere
Antitoxinkonzentration zu erstreben, die durch die intravenöse In-
jektion möglichst großer Dosen zu bewirken wäre, und zwar muß |
diese Antitoxinmenge möglichst gleich im Laufe des ersten Be-
handlungstages appliziert werden. In der folgenden Zeit wird ein
kleines Übermaß von Antitoxin genügen, um. noch das im Laufe
der Zeit entstehende Toxin zu neutralisieren. Es scheint daher
unrationell zu sein, die Injektion in den folgenden Tagen fortzu-
setzen, wenn sofort 100000—200000 A.-E. bei kombinierter Appli-
kation intravenös uyd intramuskulär verabreicht wurde.
Diese Betrachtungen gelten nur für die -reine antitoxische
Serumwirkung. Ob mit anderen Körpern, die möglicherweise noch
im Serum vorhanden sind, vielleicht bei fortgesetzter Injektion noch
eine weitere Wirkung erzielt wird, muß offenbleiben. |
Die mit großen Serumdosen erzielten günstigen Resultate
müssen jedenfalls dazu ermuntern, eine intensivere Serumbehandlung
auch in den Anfangsstadien anderer Krankheiten zu versuchen.
Die Pupillenstörungen bei Hirnlues und ihre Bedeutung
für die Prophylaxe.) —— `
Von Prof. Dr. Max Kastan. |
Gerade vor etwa Jahresfrist wurde von dem damaligen Reichs-
tag das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten an-
genommen, das aber durch einen Einspruch des Reichsrats keine
Rechtskraft erhalten hatte, nach Berichten der Tageszeitungen nun-
mehr aber wieder dem Reichstag vorgelegt werden soll, hoffentlich
ohne den seinerzeit beanstandeten Passus im § 6, wonach auch
unter der verantwortlichen Leitung von Ärzten stehende Personen
die Behandlung Geschlechtskranker hätten ausüben können. Unter
dieser Voraussetzung wäre das Gesetz eine Maßnahme. zur Ver-
schleppung oder zur Verbreitung und nicht zur Bekämpfung der
Geschlechtskrankheiten geworden.
*) Vortrag, gehalten auf der Versammlung des Nordostdeutschen
Vereins für Psychiatrie und Neurologie am 14. Juni 1924,
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90. Joli
Tn früheren Zeiten hätte man äuch ohne die aktuellen ` poli-
tischen Vorgänge keinen Anlaß gesehen, einen Kranken mit Pupillen-
S
veränderungen, die für syphilitischen Ursprung sprachen, zur An-
ige zu bringen. Indessen haben die letzten Jahre unsere An-
_ schauungen hierüber doch im wesentlichen modifizieren müssen;
"so scheint die Frage der Anzeigepflicht jetzt erörterungsbedürftig.
. nächst ist von verschiedenen Seiten auf die Bedeutung der Augen-
symptome überhaupt aufmerksam gemacht worden. So hat Memmes-
heimer!) Nachuntersuchungen angestellt über die Häufigkeit und
Wichtigkeit des Haenelschen Symptoms, das für Lues sprechen
sollte (Druckschmerzhaftigkeit bei Druck von: oben auf den Aug-
apfel). Er fand auch, was nun zweitens wichtig ist und von neuro-
logischer Seite jetzt öfters beschrieben wurde, frühzeitig auftretende
` Erkrankungen des Nervenapparats, insbesondere des nervösen Seh-
apparats, (Stauungspapille, Krämpfe und hirnluetische Erscheinungen
wurden von Seelert, Klieneberger u. a. beschrieben.)
‘ Drittens fand der gleiche Autor Veränderungen des Liquors,
idie sogenannte Liquorlues, z. T. wenn auch noch gar keine ‚Er-
‘scheinungen an der Haut festzustellen waren. Mit Rücksicht auf
diese Befunde erscheint es vielleicht an der Zeit, sich darüber klar
zu werden, ob derartige Augenerscheinungen, in erster Linie Pupillen-
störungen, zur Anzeige verpflichten können. Insbesondere ist darauf
- ‚hinzuweisen, daß zahlreiche Spirochäten bei Frauen ohne sichtbaren
Primäraffekt in den inneren Genitalien nachgewiesen werden konnten
(Zieler). Den Anlaß zu diesen Erörterungen gab folgende Beobachtung.
Ein 56 Jahre alter Eisenbahnobersekretär trat im Juli 1923 in
|
|
‘meine Behandlung. Eine Schwester erkrankte im Wochenbett an
- Tabheit, ein Bruder war gesund, der Vater war an Magenca,, die
Mutter an Altersschwäche gestorben. Im 20. Lebensjahre Lues. Mit
- Hg behandelt. Vor 29 Jahren Abort der Frau, Im Jahre 1918 (nach
‚einem Ag ch eingegangenen (Gutachten)
ensioniert. Damals
matt, klagte über Steifheitsgefühl in den Gelenken, Kopfschmerzen,
' Ermüdbarkeit, Schlafmangel und Erregtheit. Die Stimmung war trübe,
der Gesichtsausdruck ernst, der Kräftezustand schlecht. Außerdem
fanden sich eine Menge Symptome nervöser Übererregbarkeit und sehr
ige Pupillenreaktion auf Licht und Einstellung. Behandlung mit
Jod, Salvarsan, Quecksilber, sehr gründlich, aber erfolglos. Als J. zu-
nächst von mir untersucht wurde, gab er an, unterdes wegen starker
Histerkopfschmerzen und schlechten Schlafes in der medizinischen Klinik
behandelt worden zu sein?2). Nach mündlicher Rücksprache dachte man
~ ` ach dort an Lues, überwies ihn aber zur Behandlung (Exzision einer
- Drüse) in die chirurgische Klinik. Bei der Untersuchung ergab sich:
Pupillen exzentrisch, entrundet (als eng schon früher der Frau auf-
gelallen). LR fast — CR —. Leichte Ptosis beiderseits, Sprache nasal,
linker Mundwinkel hängt, linke Nasenlippenfalte verstrichen. Rechtes
Gaunensegel wird nicht gehoben. Rechter Kornealreflex schwächer
als links, Zunge nach rechts abweichend, Stirnrunzeln rechts etwas
weniger als links. Kniereflex rechts stärker als links, Bauchreflex
rechts fast —, links +. Sonstige Sehnen- und Hautreflexe o. B. Ebenso
D
1) D. m. W. 1923, | ni
?) Krankengeschichte dort angeblich nicht auffindbar.
i Sensibilität und Tonus normal, keine Ataxie, kein Romberg, Schläfen-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.29. 0 99
arterien geschlängelt. Bei Untersuchung Erbrechen, steife. Kopfhaltung.
Im Liquor Wa. R. —, Nonne—, eine Zelle, Silbersalvarsanbehandlung
wurde eingeleitet. Zuerst traurig und weinerlich, dann plötzlich sehr
empfindlich gegen jede Berührung, äußerst mißtrauisch. Schläft'wenig,
‚ist zeitlich nicht orientiert, fürchtet sich vor allen ihm doch bekannten
Eingriffen, glaubt z. B., es werde keine Einspritzung, sondern etwas
Besonderes mit ihm gemacht, meinte, der Arzt stände merkwürdig schief
vor ihm am Bett, was ihm verdächtig erschien. |
Da ich das erwähnte Gutachten erst später bekam, die Liquor-
untersuchung völlig negativ war, so stellte ich meine Diagnose
zum großen Teil mit Unterstützung des Befundes bei der Ehefrau,
die mir angab, nach ihrem Abort mit Salvarsan behandelt worden |
zu sein und welche eine normal und eine maximal weite Pupille
hatte. Nach dem weiteren Verhalten (typisch paranoische Er-
scheinungen bei Hirnsyphilis nach Kraepelin) war ja an der Dia-
gnose Lues kein Zweifel. BE ee, |
In diesem Falle war ja die Ehefrau mit-ihren charakteristischen
Pupillen nicht meine Patientin, sondern gewissermaßen nur ein
lebendes diagnostisches Hilfsmittel. lch wäre also auf keinen Fall
in die Verlegenheit gekommen, der Anzeigepflicht nachkommen zu
müssen. Daß man tatsächlich in dieser Beziehung sehr vorsichtig
sein muß, namentlich was die Rolle der Pupillenstörungen für eine
bestehende Lues betrifft, zeigt folgender zweite Fall: |
Ein Auktionator von 54 Jahren, dessen Vater an Lungenleiden,
dessen Mutter an Altersschwäche gestorben ist, hat sich zweimal luetisch.
infiziert. Einmal als Soldat und dann im Jahre 1917. Er wurde nach
der ersten Infektion mit Hg, nach der zweiten mit Salvarsan behandelt.
Trank früher 20 Glas Bier und 10 Schnäpse täglich, jetzt eine halbe
Flasche Rotwein, weil danach die Nerven etwas gemütlicher wurden,
nach mehr Alkohol aber Kopfschmerz auftrete. Ta 25. Lebensjahre
fühlte er Kribbeln und Schwäche im rechten Bein und -rechten Arm,
nahm seither vielfache Kuren (Aachen, Tölz und ähnliche Bäder). Im
Jahre 1915 wurde folgender Befund erhoben: Pupillen träge auf Licht
reagierend, eng; rechter Fazialis etwas schwächer, sonst keine Be-
sonderheiten. Im Jahre 1916 rechtes Bein und rechter Arm schwächer,
körperlich unverändert wje vorher. Klagte trotzdem noch immer über
Erregtheit, Vergeßlichkeit, Schwächegefühl nach sexuellem Verkehr,
sehr fettleibig, viel Entartungszeichen. Kniereflexe rechts ++, links +,
Achillesreflex beiderseits +. Kremasterreflex rechts stärker als links,
Bauchreflex oberer rechts stärker als. links, unterer beiderseits —.
Rechte Pupille entrundet, reagieren auf Licht und Konvergenz.
Wenn man den Angaben des Patienten Glauben schenkt, so
muß, da er sich zweimal infiziert hat, die erste Lues als abgeheilt
zu betrachten sein. Trotzdem wurden von einer Reihe von Auto-
ritäten, die Pat. selbst anführt, die Pupillenveränderungen gefunden.
Man sieht also, daß die Pupillenveränderungen allein keinen sicheren
Anhalt dafür geben, daß überhaupt eine luetische Krankheit noch
besteht, daß also von einer Übertragbarkeit dann auch nicht die
Rede sein kann. Allerdings kann bei unserm. Fall 2 der langgeübte
Alkoholmißbrauch die Pupillenveränderungen hervorgerufen haben.
Für die Frage der Anzeigepflicht erscheint die Beachtung der Länge
des Zeitraums wichtig, der zwischen Infektion und Beginn der
Pupillenveränderung liegt. Ä en
Abhandlungen.
(ne
Aus der Chirurgischen Klinik Jena (Direktor: Prof. Dr. Guleke).-
Der spontane Verschluß des verletzten Gefäßes.
Von Prof. Dr. Georg Magnus, Oberarzt der Klinik.
4 Der Blutungsstillstand wird vorwiegend aufgefaßt als Resultat
einer Thrombose, einer Gerinnung des Geläßinhaltes. Die Stagnation
. der Blutsäule zusammen mit der Verletzung der Intima gelten als
‚elngungen für das Zustandekommen dieses höchst verwickelten
„"ügischen Vorganges. Auf dessen Einzelheiten soll hier nicht
an werden, da die vorliegenden Beobachtungen und Ver-
re easa geeignet sind, die.Bedeutung dieses Prozesses für die
erg ung geringer erscheinen zu lassen, als man bisher im all-
Fe annahm. Schon theoretische. Erwägungen müssen Be-
verletzt a ecken gegen die Vorstellung, daß der Verschluß eines
ar en Geläßes durch Thrombose erfolgen muß; würde doch jede
nung wie auch jede Ligatur einer Vene oder Arterie die
Gefahr der Embolie bedeuten. Die Unterbindung der Carotis ext.
sen an der Teilungsstelle würde, wenn der endgültige Ver-
denn ee piia voraussetzte, kaum gewagt werden können;
tröckel i eilließende Blutstrom würde leicht von diesem Thrombus
reißen
Nberhan nis anz extrem selten, so selten, daß mit dieser Gefahr
Pt nicht gerechnet wird. Auch sonst hören wir sehr wenig
und ins Gehirn verschleppen. Tatsächlich ist |
von Embolien im großen oder kleinen Kreislauf nach einfachen
Gefäßverletzungen, soweit sie nur aseptisch zum Verschluß gekommen
sind; und die postoperative Thrombose und Embolie sind Katastrophen,
über deren letzte Ursachen wir wenig wissen, die doch aber keines- `
falls als lediglich pathologische Steigerungen einer an sich normalen
und notwendigen Folge der Gefäßverletzung aufgefaßt werden dürfen.
Wichtiger als diese klinischen Bedenken sind die Resultate
experimenteller und anatomischer Studien, durch welche der Nach-
weis erbracht werden sollte, daß die Heilung der Gefäßwunde
durch Vermittlung eines Thrombus erfolgt. Die Lehre von Petit
auf den der Gedanke vom Thrombus zurückgeht, war von Virch ow
dahin erweitert worden, daß das. stagnierende Blut gerinne. Diese
Vorstellung wurde von Baumgarten revidiert; er stellte solche
Stagnationen her, indem er am Tier große Gefäße unterband. ein-
fach und doppelt.. Niemals trat eine Thrombose auf. Die zwischen
beiden Ligaturen eingeschlossene Blutmenge war auch nach Wochen
‚und Monaten noch flüssig. . Und dieser negative Befund ist überall
erhoben worden, wo die Frage experimentell geprüft wurd Ä
aseptischen Verhältnissen tritt ein Ihrombotischer
gar nicht oder nur andeutungsweise ein. Ä
Es müssen also andere Momente sein, welche di |
schluß bewerkstelligen, und es liegt nahe, die Gefäß a ber
diese Möglichkeiten zu betrachten; vielleicht ‘kommt dieser die
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Blut. Auch die Konstruktion der Wand spricht dafür, daß ihr
„besouidere Funktionen vorbehalten sind. Es ist nicht einleuchtend,
-` daß eine so mächtige Muskelmasse, wie wir sie an den großen Gefäßen,
finden, nur dazu da ist, den Spannungszustand, den Tonus, zu erhalten.
Zur Untersuchung der Frage, wieweit die Gefäßwand im-
- stande ist, durch Kontraktion ihrer Muskulatur das Lumen zu ver-
.engern und vielleicht eine Blutung zum Stehen. zu bringen, wurde -|
. bei Amputationen. von. Extremitäten die betreffende Schlagader in-
‚möglichst großer Länge herauspräpariert. Das Bild war schließlich
so, daß die ‚endständig ligierte Arterie nach sorgfältiger Unter-
. bindung aller abgehenden Äste als 15 bis 25 cm langer, blinder
Schlauch aus der Amputationswunde heraushing. In dieser Situation
. pulsierte sie ruhig weiter; die -Wellenbewegung - der Wand also
‚dauerte fort,. während der Inhalt bereits Stagnierte. Allmählich
jedoch, und zwar vom blinden Ende her fortschreitend, hörte diese
Pulsation auf, indem der Schlauch: sich langsam zu einem harten,
runden Strang zusammenzog, Dann wurde die endständige Ligatur
gelöst: es entleerte sich kein Tropfen Blut. Die durch die Unter-
bindung zusammengezogene Partie des Gefäßes wurde mit einem
scharfen Skalpell abgeschnitten: dasselbe Resultat, es blutete nicht.
durch Ligaturen in 2 cm lange Segmente geteilt, dann das Ganze
abgetrennt und sofort gehärtet. Die einzelnen Abschnitte wurden
nach der Härtung. einzeln auf ihren Inhalt untersucht und erwiesen
sich bis hoch hinauf als leer. So enthielt eine A. femoralis bis
offene Bauchhöhle sowie die Berührung von Bauchinhalt mit der Außen-
welt viel’ zu stark pathologische Verhältnisse. Es wurde deshalb auf
' - das durchfallende Licht verzichtet, und es wurde ausschließlich von. der
Fläche aus mikroskopiert. Das mittels einer Sammellinse konzentrierte
Licht einer 5 amp. Bogenlampe wurde durch Passage einer Küvette mit
einer 20°/,igen Lösung von Ferro-Ammon.-Sulfat vollständig gekühlt,
so daß Wärmestörungen an den beobachteten Gefäßen ausgeschlossen
werden konnten. Ein Grünfilter. gestattet.die Untersuchung im rotfreien
Licht.. Eine wesentliche Erleichterung bedeutete die Möglichkeit, die
Vorgänge in irgend einem Zustand. photographisch zu fixieren. Das
„Phoku“ von Siedentopf ist eine kleine Kamera, die auf das Mikroskop
aufgeschraubt wird, Ein seitlich angebrachtes Okular läßt einen Teil -
ptrölle bei dem Vorgang zu.und nicht dem Gefäßinhalt, dem
Zeit- und Momentaufnahmen.. A R
Mit dieser Versuchsanordnung, die sich als außerordentlich `
. brauchbar erwies, wurden die Experimente unternommen. Als Ob-
jekt wurde zunächst der Frosch gewählt. Ein möglichst pigment-
armes ‚Tier wurde in Urethan-Narkose versetzt und so äufgespannt,
hatte die Untersuchung ermöglicht.
Anbringung einer Strichplatte im Okular und die optische Konjugierung
dieser Bildebene mit der Bon:
und Dunkeltuch überflüssig, die Einstellung erfolgt am Okular mit Hilfe
dieser Strichplatte. Das Format ist 41/,X6 cm, der Verschluß erlaubt `
aphischen Platte macht Mattscheibe,
daß die Haut einer Hinterflosse gut betrachtet werden konnte. Die
Orientierung über einzelne Gefäßstämmchen ist. sehr ‚erleichtert
durch die Pigmentflecke. Eine Stelle. wurde 'photograpbisch fest- -
‚gelegt, und dann ein besonders gut sichtbares Gefäß mit dem ..
| Messerchen des Mikromanipulators sehr leicht gereizt; das Resultat
wurde sofort photographiert. Es zeigte sich, daß das berührte Ge- `
fäß in mehr oder weniger größerer Ausdehnung, je nach der Stärke
des ausgeübten- Reizes, sich bis zum Verschwinden kontrahiert.
‘Der „traumatische segmentäre Gefäßkrampf“* tritt mit großer Sicher-
heit ein, die Kontraktion bleibt minutenlang bestehen. Das Blut
wird dabei um die-blockierte Stelle herumgeleitet, die Stromrichtung _
‘kehrt’ häufig’um,: in der Umgebung treten Erweiterungen oder Ver- -
'ehgefungen der Strombahn ein. Die enge Nachbarschaft dilatierter
| und kontrahierter Bezirke, die Fähigkeit des Gefäßes, hart neben-
einander in diametral entgegengesetzter Weise anf denselben Reiz zurea-
gieren, ist sehr eindrucksvoll und erscheint von prinzipieller Bedeutung.
Die blutige Verletzung des Gefäßes ist nur die quantitative
Wird nämlich eine Extremität
mit ihrer Zirkulation vom Herzen abgekoppelt, so strömt das Blut
noch lange von den Arterien venenwärts; sogar die Kapillaren
.bluten sich schließlich völlig leer und werden unsichtbar. Während
dieses Vorganges nun, während die im Arm eingeschlossene Blut-
menge ihren Weg aus den Arterien nach. den Venen zurücklegt, wurden
auf die Kapillarschlingen Reize ausgeübt und die Wirkung beobachtet.
Es zeigt sich nun, daß bei dieser Versuchsanordnung .ein
Stich mit einer feinen Nadel in den Limbus dort einen anämischen
Bezirk von Halbkreis- bis Dreieckform erscheinen läßt. Die, em-
zelnen Kapillaren entledigen sich sehr schnell völlig ihres Inhalts’
ii zum Zentimeter. 7 keine Spur. von Blut, die Lichtung war in einen | Steigerung desselben Vorgangs, und der Ablauf der Reaktion ist - ~.
gii völlig leeren, schlitzförmigen Spalt verwandelt. Erst oberhalb ent- | ebenfalls völlig analog. Wird ein kleines Gefäß der Froschschwimm- ea
in ‚hält das Rohr eine runde Blutsäule. Das Gefäß ist also ‚von der | haut mit dem Messerchen des Mikromanipulators durchtrennt, so a
a | _ Unterbindungsstelle an kontrahiert bis zum Verschwinden des | tritt zunächst ein Hämatom auf, das, Blut ergießt sich aus dm ‚sit
ai Lumens, für einen Thrombus ist gar kein Platz, der Verschluß ist | offenen Lumen. Dann aber, und zwar meist plötzlich, kuntrabiert - 2
en durch: aktive Arbeit der Wand erfolgt. Daß es nicht die elastischen, | sich das verletzte Gefäß, der zuführende wie der. abführende Ast Bi
IBAN: sondern die kontraktilen Elemente sind, ergibt sich aus dem lang- | verschwinden, man sieht häufig sehr deutlich die letzten Erythrozyten
ul samen Ablauf des Prozesses. Im übrigen besteht gar keine Ver- | passieren. Dabei kommt es vor, daß bei der allgemeinen Kontraktion’ u.
pit anlassung, daß die’ elastischen Kräfte bei blindem Verschluß des |. des Gefäßes einige rote Blutkörperchen abgefangen und später durch ` 2)
at =- Rohres stärker zur Wirkung kämen als bei offener Strombahn, wohl | eine neue Welle ausgestoßen werden, wobei man sich des Eindruċks ` >k
iod -eher umgekehrt. Wodurch die Muskulatur zu dieser heftigen und | einer Peristaltik nicht erwehren kann. Das Photogramm 30 Sekunden . el
iA © andauernden. Kontraktion angeregt wird, ist zunächst noch unsicher; | nach der Verletzung zeigt den klaffenden Schnitt in der Haut, das Ah
pa o es könnte der mechanische. Reiz der Unterbindung und Durch- fleckige Hämatom, und dort, wo das í Gefäß durch das Gesichtsfeld iù
iia `. trennung sein, und es ist' sehr wahrscheinlich, daß. dieses Moment | lief; eine Lücke; das verletzte Gefäß ist von seinem Abgang aus ‘ix
icii . eine wesentliche Rolle spielt nach dem, was wir neuerdings (Küttner | einem größeren Stamm an verschwunden. Dieser selbst strömt sehr al
A u. Baruch, Kroh, Reichle) über den „traumatischen segmentären | rasch, zeigt aber auch eine starke Irritation; sein Kaliber ist im. zi
wth, Gefäßkrampf“ wissen. Aber auch die Verarmung des im blinden | Ganzen verschmälert und ungleichmäßig geworden. u
lo Ende stagnierenden Blutes an Sauerstoff könnte sehr wohl eine |. Die Versuche an der Schwimmhaut des Frosches verliefen h
a ‚solche Kontraktion: verursachen. _Sicher ist, daß die Arbeit der | streng gesetzmäßig: die Gefäße reagieren auf. Berührung wie auf X
st. kontraktilen Wandelemente den Verschluß eines Gefäßes, und damit | Verletzung mit Kontraktion ihrer Wand, der Vorgang des Blutungs- im
N den spontanen Stillstand der Blutung, auch aus einer'großen Arterie, | stillstandes deckt sich mit dem des ‚traumatischen segmentären, N
ll bewirken’kann, und die Annahme von momentaner Verklebung oder Ein- | Geläßkrampfes; von einer Thrombose, einer Gerinnung des Inhalts ;y
= rollung der Intima, oder von einer „Verfilzung“ der Wand erübrigt sich. | eines verletzten Gefäßes wurde nie etwas beobachtet. ` | 2i
DE pioi Es bleibt zu prüfen, wie der gleiche Versuch am kleinen An der Hand dieser beiden Ergebnisse: des spontanen Ex
el Gefäß und an derKapillare abläuft. Dazu mußte zunächst die Frage des | Blutungsstillstandes an der großen menschlichen Arterie durch x
nii segmentären Gefäßkrampfes noch einmal experimentell angegangen | Kontraktion der Wand und am. kleinen Gefäß der Froschschwimm- NN
ae ‘werden, die Frage, wie Gefäße kleinster Ordnung auf mechanischen | haut durch denselben Vorgang, mußte das Verhalten der mensch- al
ERA Reiz ansprechen. Die Untersuchungen wurden ermöglicht durch | lichen Kapillare bei blutiger Verletzung geprüft werden. I a
Ne .. zwei neue Instrumente von Zeiss, den Mikromanipulator (Peterfi) Die Methode: von O. Müller, der direkten. Kapillarbeob- >
H ` „Mipu“, und das Photographische Okular (Siedentopf) „Phoku“. | achtung durch die intakte Haut des Nagelfalzes bei starker seit- A
er _ Der Mipu besteht im wesentlichen aus dem Üperationsstativ, | licher Beleuchtung -und 5Ofacher Vergrößerung, ließ Resultate 3
Er Ä einem Apparat, der vermittels einer ganzen Reihe grober und feiner | erwarten, besonders wenn man -sie durch die beiden neuen Appa- ` 3
le; Triebe außerordentlich kleine Verschiebungen eines Instruments gegen rate, Mikromanipulator und Photo graphisches Okular, ergänzte. n
cal das: Objekt gestattet. So ist es möglich, mit dieser „mikrurgischen | ; Frühere V hi 7 Finger hatt b zweckt, die N
al ‚ Technik“. unter dem Mikroskop einen Erythrozyten durchzüschneiden ‚ ,„ „xuhere Yelsuche am eigenen Pinger AALEN: De D bei n
“ “1 | oder in einen Leukozyten hinein eine Injektion zu machen. Es gelingt | Reaktion der Kapillarschlinge auf Berührung zu prüfen. Dabei. `
il umso. eher bei einiger Übung, ein kleines Gefäß mit einem Instrument | hatte sich die Schwierigkeit ergeben, daß die sofort einsetzende
Bu zu berühren oder zu verletzen. Sämtliche Untersuchungen wurden mit | Hyperämie das Bild sehr verschleiert und die Beobachtung. erschwert
ann | auffallendem Licht gemacht. Das Froschmesenterium ist ja immer ein |. oder verhindert. Erst die Anlegung einer Esmarchschen Binde N
an | sehr verlockendes Objekt; doch setzt bereits die Laparotomie und die |
nr
des Lichtes, welches den Tubus passiert hat, ins Auge des Beobachters
_ gelangen, so daß man im Moment der Aufnabme das Objekt sieht. Die
und bleiben zunächst leer. In den folgenden Minuten füllen sich
| die Schlingen, welche dieser Partie benachbart sind, strotzend mit
| - 90. Joli |
- puten ändert sich das Bild;
ebenso hyperämisch wie die Randzone.
Blut, so daß eine hyperämische Randzone antti Nach 4—8 Mi-
Keil eine Schlinge nach der andern und beginnt wieder rasch und
lebhaft zu zirkulieren. Die Füllung wird allmählich stärker als
vorher und schließlich ist der ganze noch soeben blutleere Bezirk
Dieser erhöhte Füllungs-
zustand bleibt sogar noch bestehen, wenn die gesamte Nachbar-
schaft sich baraits leer geblutet hat, wenn rechts und links von.
dem Keil alle Kapillaren verschwunden sind.
Die Versuche sind mit gewisser Einschränkung zu verwerten,
da die Drosselung der Arterie und Vene und die so bewirkte Ab: :
koppelung der Extremität vom Gesamtkreislauf besondere Verhält-
nisse setzt. Immerhin zeigen sie, daß die Kapillaren des Nagelfalzes
zeizbar sind, daß sie sich auf ein Trauma hin kontrahieren und
später nach Abklingen des Kontraktionszustandes erweitern können.
Diese Befunde wurden noch unterstrichen durch Untersuchungen
an überlebenden Geweben. Bruchsäcke, Wurmfortsätze, Gallenblasen
‚wurden sofort nach der Entfernung aus dem Körper in eine Wanne
mit warmer Kochsalzlösung gebracht und vermittels eines Tauch-
mikroskops beobachtet.. Es zeigte sich dabei, daß auch hier die
Geläße noch lange fortströmen, daß Arterien und Kapillaren sich
‚suchen,
‚Verschlusses.
‚gehabten Operation ist,
in die Venen hinein leerbluten, und daß bei diesem Vorgang
Peristaltik und rhytbmische Strömung, eine Art Pulsation, unverkennbar
ist. Wird auf die Gefäße in diesem Stadium ein mechanischer Reiz
‚ausgeübt, so erfolgt die Reaktion genau so wie am Nagelfalz: auf
‚eine scharfe Berührung des Gefäßes zieht sich seine Wand in mehr
` oder weniger großer Ausdehnung bis zum Verschwinden der Lichtung
zusammen, um nach einiger Zeit einer Aufbauchung Platz zu
‚machen. Ist der Reiz sehr geringfügig, so kann das Stadium der
Hyperämie direkt eintreten, es füllen sich sogar in diesem Falle
Gefäße, die vorher leer waren. Besonders schöne Resultate ergaben
dieBeobachtungen am exstirpierten Sack einerMeningocele(A.Stübel)..
Es hatte sich also als Resultat dieser Untersuchungen ergeben,
dab in einem völlig vom Körper ‚getrennten Gewebe die Gefäße
‚noch längere Zeit — es wurden verschiedentlich 15 Min. und mehr
beobachtet — weiterströmen und ihre Reizbarkeit behalten. Waren
diese Gewebe in Lokal-Anästhesie gewonnen, so machte das keinen
Unterschied für die Reaktion.
Die Feststellung einerseits, daß große Gefäße durch Kon-
traktion ihrer Wand allein den Blutungsstillstand bewirken können,
andererseits die Beobachtung, daß kleine Gefäße und Kapillaren
auf mechanischen Reiz sehr ausgiebig mit Kontraktion reagieren,
legten den Gedanken nahe, auch an der menschlichen Kapillare
den Vorgang des Blutungsstillstandes nach Verletzung zu ünter-
Es wurde für Hand und Unterarm eine Gipslade angefertigt,
um die absolute Ruhigstellung des Objekts für die mikrurgische
Technik und die photographische Aufnahme zu erzwingen. Die
Lichtquelle, der Mikromanipulator und das photographische Okular
wurden eingestellt, der Nagelfalz mit einem Tropfen Cedernöl En
‚deckt und dann begann die Untersuchun
Zunächst wurden an der eigenen Tinken Hand und bei ver-
schiedenen Versuchspersonen die anatomischen Verhältnisse der
Rapillaren am Nagelfalz genau durch Zeichnungen und Photo-
samme festgelegt. Waren die. einzelnen Bezirke so weit bekannt,
die rientierung gesichert erschien, dann wurde zum eigent-
ichen Versuch geschritten. Eine durch Größe und Lage besonders
geeignete Schlinge wurde ausgesucht, im Gesichtsfeld bequem. ein-
gestellt und durch Senken der Messerspitze an der Kehre, am
bergang des arteriellen Schenkels in den venösen, verletzt. Der
Ablauf war nun durchaus er en Su. Zunächst entleert nich ein | _ 3 Oir Kongr MA o o aa a nn Zunächst entleert sich ein
ganz langsam füllt sich in dem anämischen
: | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29. a u
J
Blutstropfen, der im Cedernöl gewöhnlich eine sehr schöne Kiigel-
form annimmt, die Erythrozyten passieren einzeln oder massiert
die Kapillarwunde. Dann versiegt die Blutung, allmählich oder
plötzlich, und gleighzeitig ist auch die Verbindung ‘des Tropfens
mit der Schlinge abgerissen. Manchmal liegen dort, wo diese vorher
verlief, einige rote Blutkörperchen still.
Bewegung, sie werden sehr rasch hin und her geschoben und dann
ausgestoßen, meist in den Blutstropfen hinein, manchmal in ver-
| kehrter Richtung. Und dann ist. die Schlinge völlig verschwunden.
In anderen Fällen wird die verletzte Kapillare immer enger, es
zirkuliert nur noch ein ganz dünner Faden der Erythrozyten, meist
sehr schnell, dann reißt dieser Faden ab, und man kann die letzfen
roten Blutkörperchen in den Tropfen einmünden sehen. Daß es eine
Kontraktion der Schlinge ist, die den ganzen Vorgang. verursacht,
daran läßt eine wiederholte aufmerksame Beobachtung keinen Zweifel.
Nach dem Stillstand der Blutung ist also dieKapillare nicht throm-
bosiert, sondern sie ist bis zum Verschwinden der Lichtung kontrahiert.
Jedenfalls enthält sie keine Erythrozyten mehr, und sie nimmt auch -`
keine wieder auf, sie bleibt verschwunden. Lange Serien von Photo-
grammen zeigen, wie die Lücke zunächst weiterbesteht, wie die an-
grenzenden Schlingen, offenbar als Ersatz für den Ausfall, sehr stark
hyperämisch werden, wie die Nachbarn sogar Größe und Gestalt ver-
ändern, um die Lücke zu verkleinern, und wie schließlich in derselben,
etwa vom 8. Tage an, Ersatzschlingen auftauchen.
irgendwie verheilten alten Kapillaren sind, oder ob es sich um wahre
Regenerate handelt, ist vor der Hand noch nicht zu entscheiden. .
Als gesichertes Resultat der vorliegenden Beobachtungen darf
gelten, daß bei bestimmter Versuchsanordnung der Blutungsstillstand
aus der großen Arterie wie aus der Kapillare keine Gerinnung des.
Inhaltes, sondern eine Kontraktion der Wand bedeutet, daß Blut-
stillung durchaus nicht nur eine Angelegenheit des Blutes, sondern
auch, und vielleicht sogar vorwiegend, Sache des Gefäßes ist. Wenn
die Anatomie in der Kapillare keine Muskeln findet, die sich kon-
trahieren können, keine Nerven, welche Reizaufnahme und Reiz-
leitung besorgen, so bedeutet das lediglich, daß dann die Wand-
Ob das die
995.
Plötzlich geraten sie in
t
zelle selbst reizbar und kontraktil sein muß; dafür sprechen ganz .
besonders die Versuche am überlebenden Gewebsstück. Die Vor-
stellung von der biologischen Einheit des Blutes und der Gefäß-
wand und der Wechselwirkung beider auf einander lassen. den |
Prozeß der Blutstillung in verändertem Licht erscheinen.
Die Hämophilie bei normaler Gerinnungszeit könnte so ihre `
Erklärung finden. Untersuchungen darüber sind im Gange; und
die bisherigen Befunde sprechen für die Auffassung, daß in diesem
Falle eine Insuffizienz des Gefäßsystems vorliegt. Auch für die
Erklärung der blutstillenden Wirkung von Medikamenten liegen hier
Möglichkeiten. Reinewald!) fand, daß Koagulen und Klauden die
Blutgerinnung nicht beschleunigen, sondern verzögern, und daß
die klinisch “sichergestellte . Tatsache ihrer therapeutischen Brauch-
barkeit auf Gefäßwirkung beruht, und Stegemann, der einem Tier
bei offener Bauchhöhle Klauden intravenös verabreichte, sah daraufhin
| heftige Kontraktionen am Uterus, Blase und Darm. Bier?) erwähnt,
daß während der Bluttransfusion nicht selten heftige Peristaltik ein-
setzt, die auf dem Öperationstisch Stuhlentleerung herbeiführen
kann. Auch hier also die Wirkung auf glatte Muskulatur — gedacht
als Folge des Zerfalls einer auch kleinen Blutmenge —, und damit
die Möglichkeit, auch die kontraktile Substanz des Geläßsystems zu
beeinflussen. So wäre die blutstillende Wirkung einer Bluttransfusion
ohne Schwierigkeit ebenfalls vom Gefäß aus zu erklären.
1) Diss. Marburg. 1922,
2) Chir.-Kongr. 1924.
Berichte über Krankheitsfälle und Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren. —— |
Der unklare Darmverschluß
infolge nicht diagnostizierbarer Appendizitis.
Von Dr. Bruno Cohn, Chirurg in Charlottenburg.
ke Bei jedem entzündlichen oder mechanischen Prozeß am Bauch-
ell besteht theoretisch die Möglichkeit der Entstehung eines Darm-
Wenn bei der an sich sehr häufigen Appendizitis
immerhin nicht allzu oft koinzident ein Ileus vorkommt, der un-
mittelbar durch die Entzündung des Wurmfortsätzes hervor-
gerufen und nicht etwa die Folgeerscheinung einer statt-
Fähigkeit des Bauchfells,
entzündliche Prozesse und Eiterungen
Schnell abzukapseln. l
so hat das wohl seine Ursache in der.
Glücklicherweise geht die Abkapselung, insofern Darmieile
daran beteiligt sind, in der weitaus größten Zahl der Fälle in einer
Weise vor sich, daß die Darmtätigkeit nicht gleichzeitig völlig auf-
gehoben wird. Doch weist die Literatur der letzten -30 Jahre eine
Reihe von Arbeiten auf, die sich mit der Frage beschäftigen, welche
unangenehmen Konsequenzen entstehen, wenn es durch Einbeziehung
von Darmschlingen in ungünstiger Weise zu einem Darmverschluß
kommt. Diese Arbeiten sind nun der Art nach zu teilen, nämlich
erstens in eine größere Gruppe, die die Frage des Deus bei gleich-
zeitig diagnostizierter Appendizitis abbandelt und zweitens eine
kleinere Gruppe, die den Ileus bei nicht diagnostizierbarer, sym-
' ptomenloser Appendizitis beschreibt.
Powell ist der Ansicht, daß ein Darmverschluß bei oder in-'
folge von Appendizitis zu den relativ seltenen Vorkommnissen gehört,
.
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weil sie nicht frühzeitig E
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 29.
20. Juli .
. Er hat sie unter 350 Appendektomien zweimal beobachtet. Lövin-
sohn veröffentlicht das. v. Mikuliczsche A
a ma arini; bei dem .
unter 500 Perityphlitisoperationen sechsma
| ein Adhäsionsileus vor-
ekommen ist. Haeckel hatte unter 380 Appendizitisoperationen vier
älle. von Darmverschluß. Eklund beschreibt 20 Fälle von Darm-
verschluß unter 985 operierten Fällen, 10 davon kamen ad exitum,
enug zur Operation Ben.
Ruge kann
aterial über 44 Fälle von
aus dem Körteschen armverschluß bei
. und nach Appendizitis berichten. Partsch beschreibt einen Fall, bei
dem ein i4jähriger Knabe infolge von 'Darmverklebungen um den
gangränösen Wurmfortsatz einen Jleus bekam. Der Wurm lag im
Bruchsack einer angeborenen Leistenhernie. Monod beobachtete eine
Abklemmung des Ileums durch den adhärenten Wurmfortsatz bei einer
Frau von 29 Jahren, die seit zwei Monaten konservativ behandelte
Krisen in der Ileo-Zökalgegend hatte und wegen eines seit fünf Tagen
bestehenden Ileus zur Operation kam. M’Ardle beschreibt acht Fälle
von Ileus durch Appendizitis in einer Arbeit, die sich mit der. Ent-
stehung des Ileus beschäftigt. Borchard hatte zwei Fälle einer
Kombination von akuter Blinddarmentzündung mit akutem Ileus. Er
bezeichnet folgende Symptome als klinisch wichtig: Darmsteifungen
sprechen gegen einfache Appendizitis. Fieber spricht gegen einfachen
Ileus. Bei einem Falle von Baer war der Wurmfortsatz physiologisch
so gelagert, daß eine akute Entzündung nnd Abszeßbildung ihn auf
das Ileum fixierte. Es ‘entstand ein Darmverschluß, der nach Ent-
nr des Wurmes und Abszeßeröffuung heilte.
s folgen nun die wenigen Arbeiten, die der kleineren Gruppe
zuzurechnen sind. Bougle operierte ein siebzehnjähriges Mädchen
mit einem ätiologisch unklaren Darmverschluß. Erst die Operation
schaffte Klarheit, indem sie einen fest in Verwachsungen eingebetteten
Wurmfortsatz mit. stark geblähten und mit Pseudomembranen bedeckten
Dünndarmschlingen zu Tage förderte. Es bestanden Residuen einer
chronischen Peritonitis.
mechanische Hindernis infolge der Verwachsungen angesehen. Patientin |
ls Ursache für den Darmverschluß wird das
starb trotz freigemachter Passage. Hein teilt einen Fall von un-
klarem Ileus mit, der infolge des elenden Zustandes, in dem er sich
befand, nicht mehr zur Operation kommen konnte. Es handelte sich
"um einen 6jährigen Knaben, dessen Darmverschluß mangels sämtlicher |}
Anhaltepunkte bei untersuchbarem Leib als paralytischer infolge Peri-
` tonitis angesehen wurde. Appendizitis war nicht einwandfrei nach-
weisbar. Die Autopsie ergab etwa 1 Liter hämorrhagisches Exsudat
in der Bauchhöhle, der sehr lange Wurmfortsatz schnürte, entzündlich
ist in den abhängigen Partien unbestimmt eine geringe Dämpfung fest-
~
decken ist keine Darmsteifung wahrzunehmen. Auskultatorisch keine
verändert, Darmschlingen bukettartig ab. Verfasser glaubt, daß die
durch äußere Mittel angeregte Peristaltik die Darmschlingen erst recht
in den vorhandenen schmalen Schlitz hineingepreßt hat. De Quervain
teilt dann noch einen Fall mit, bei dem infolge Verwachsung zweier
Darmschlingen ein Ileus entstanden war. Erst die Operation dieses
Darmverschlusses ergab eine mild verlaufende, akute Appendizitis als
Ursache, ohne daß sich vor der Operation irgend welche Anhalts-
punkte für dieselbe hätten gewinnen lassen. Es bestand keine Druck-
empfindlichkeit der, Blinddarmgegend. | i
Ich bin in der Lage, einen von mir operierten Fall mitteilen
zu können. | |
Fünf Tage, bevor ich zu dem Fall. gerufen wurde, erkrankte die
Patientin unter bestimmten Magen-Darmerscheinungen, vermutlich mit
Beteiligung des Peritoneums. Der Zustand ließ eine abwartende Hal-
tung für richtig erscheinen. Es bestand keine lokalisierte Schmerz-
haftigkeit des Leibes.an irgend einer Stelle, auch der gynäkologische
Befund ergab keine krankhaften Veränderungen. Vom selben Tage
an hörte indes die Darmfunktion auf und es war weder auf Abführ-
mittel, noch durch Einlauf, noch durch eine intravenöse Injektion von
40 ccm Neo-Hormonal Stuhlgang zu erzielen. Nach weiteren zwei
Tagen begann sich der Leib zu wölben und schien meteoristisch ge-
bläht, Dieser Zustand nahm ständig zu und es trat Erbrechen. ein,
bei dem ein Askaris ‘entleert wurde. Während der ganzen Zeit sind
Puls und Temperatur normal geblieben. Am fünften Tage wurde der
Puls unter Schweißausbruch rapide schlechter und das Allgemeinbe-
‘ finden änderte sich derart, daß sich die Patientin, die sich wegen '
subjektiven Wohlbefindens bis dahin gesträubt hatte, nunmehr lieber
in die Klinik aufnehmen ließ. Mangels sämtlicher anderen Symptome
bestand die unsichere Vermutung, daß es sich um einen im Dünndarm
lokalisierten Askariden-Ileus handeln würde. Der konsultierende Inter-
nist erklärte die sofortige Operation für notwendig, zu der ich dann
hiuzugezogen worden bin. Befund: 32jährige Frau in gutem Er-
nährungszustande. Der Leib ist stark auigetrieben und meteoristisch
ebläht, der Nabel zur Hälfte verstrichen. Tympanie. Infolge der
Sanna der Bauchdecken ist es nicht möglich, die inneren Örgane
palpatorisch zu untersuchen. Bei plötzlichem Anklopfen der Bauch-
Anzeichen für die Lokalisation der Stenose im Darm. Puls klein und
weich, 110 Schläge in der Minute. Facies abdominalis. Rechtsseitig
zustellen. Linksseitig nicht.
Operation in Athernarkose. 1. Akt: Mediane obere Probelapa-
rotomie. Vorliegender Teil nach Eröffnung des Bauchfells ist das Colon.
ebläht mit entzündlich verändertem Peri-
transversum, ad maximum
toneum viscerale. Die Bauchhöhle ist durch die stark geblähten Därme
N .
derart ausgefüllt, daß man nur schwer mit der flachen Hand eingehen
ünd nach dem Hindernis suchen kann. Es zeigt sich hierbei, daß der
Dünndarm kollabiert ist. Gallenblase o. B. Geringes trübseröses,
peritonitisches Exsudat, Schluß der Bauchwunde. 2. Akt: Blinddarm-
schnitt zur Anlegung eines vorübergehenden Anus praeternaturalis
coecalis. Sofort bei Eröffnung des Bauchfells profuse, fäkulent stin-
kende Eiterentleerung. Dicke Pseudomembranen fixieren das Zökum
an der parietalen Bauchseite. Nach Lösung der Pseudomembranen |
ist. der Wurmfortsatz kleinfingerdick fühlbar. Er ist durch starke
Verklebungen in der Lage fixiert und hängt, perforiert, ins kleine
Becken hinab. Massige Eiteransammlung im. kleinen Becken, die
bereits unter Fibrinausscheidung die kollabierten Dünndarmschlingen
in der Lage leicht fixiert erhält, zum Teil aber auch den Dickdarm
zusammendrückt. Diese Verklebungen lassen sich mit Leichtigkeit
lösen. Drainage des Exsudates, Einführung eines Tampons, Schluß
der Wunde, soweit möglich. Während der Operation traten starke
Pulsschwankungen ein, so daß Kampfer, Koffein und Digitalis verab-
folgt werden mußten. In der Nacht darauf Exitus wegen Herzschwäche.
Wir haben somit einen weiteren Fall vor uns, bei dem sich
trotz eingehender Beobachtung die Appendizitis unserer Aufmerk-
samkeit entzogen hat.. Erst der Darmverschluß zwang gebieterisch
zum chirurgischen Eingreifen.. Leider war es aus äußeren Gründen
' nicht möglich, die vorliegenden Verhältnisse durch eine Sektion
noch genauer klarzulegen, aber die Operation ermöglichte eine so
ausreichende Erklärung des Zusammenhanges, daß wir auf eine
Autopsie verzichten können. Es handelte sich bei diesem Falle
einwandfrei um die Entstehung eines Darmverschlusses auf dem
Boden einer .nicht diagnostizierbaren Appendizitis aus zweierlei
Ursachen: In erster Linie- hat die Peritonitis zu einem paralytischen
Ileus geführt, der dann durch die mechanische Fixation. der Darm-
schlingen infolge fibrinöser Verklebungen noch aggraviert worden ist.
ber die verschiedenen Entstehungsarten dieser lleusformen
geben die umfassenden Arbeiten von van Zwalenburg, Marion,
Häckel, Turner und Ruge näheren Aufschluß, über das Vor-
kommen des Ileus in dieser eigenartigen Verquickung mit Appen-
dizitis überhaupt äußert sich Sonnenburg. Er meint, daß der
Ileus zu jeder Zeit und in jeder Phase des akuten Appendizitis-
anfalles eintreten kann und zwar entweder als direkte Folge der
Peritonitis oder durch Verwachsungen und durch Ansammlung von
Exsudat in und zwischen den Eingeweiden und dadurch entstehende
Verlötung und Abknickung von Darmschlingen. Das hat sicherlich
seine Berechtigung, aber im vorliegenden Falle waren eben während
der fünf der Operation vorausgehenden Tage der Beobachtung
keinerlei Anzeichen für eine Appendizitis wahrzunehmen, genau
ebenso, wie in den vorher. zitierten Fällen von Bougle, Hein und
de Quervain. Deshalb muß man diesen Fällen eine Sonder-
stellung einräumen. | ' |
Der hier entstandene Ileus hat sich herausgebildet, wie jeder
andere Darmverschluß, bei dem oft erst die Probelaparötomie mit
Sicherheit das Hindernis klarlegt. Darum ist die Operation auch .
nur des. Darmverschlusses wegen vorgenommen worden, da ohne
diesen keinerlei Anlaß zu einem chirurgischen Eingreifen vorlag:
Daraus ‘geht hervor, daß man bei Ileus unbekannter Ätiologie .
stets auch an das Vorhandensein einer Appendizitis denken soll.
Aus diesem Grunde bringe ich hiermit den Fall zur allgemeinen
Kenntnis, da selbst in der ausgezeichneten Monographie Sprengels
über Appendizitis, der alle Eventualitäten streift, nicht diese Fälle
erwähnt werden, bei denen absolut der Ileus im Vordergrund steht,
während die Appendizitis, sowohl was lokale Symptome, als auch
was Temperaturveränderung anlangt, ohne wahrnehmbare Anhalte-
punkte verläuft. |
Was schließlich noch den ungünstigen Ausgang der Operation
anlangt, so kann man nicht umhin, darauf hinzuweisen, daß die
Fälle von Ileus leider sehr oft zu spät zur Operation gelangen.
Kocher macht das lange Zögern mit der Operation für die schlechte
Prognose der operativen Ileusbehandlung verantwortlich. Marion
ermahnt daran, alle Fälle von Adhäsionsileus unverzüglich zu
operieren. Naunyn weist betrefis der Resultate der Frühoperation ,
des Darmverschlusses an Hand von 288 Fällen nach, daß die aller-
besten Erfolge bei Operationen am ersten und zweiten Tage erzielt
werden, Bereits vom dritten Tage an sinkt die Heilungsziffer von
70 auf 34%/,. Auch Ruge erklärt als wichtigstes -Ergebnis seiner
Untersuchungen, daß allein die Frühoperation vor Komplikationen
schütze und die geringere Mortalität aufweise. Wenn diese Leit-
sätze also für die lleusfälle klarer Ätiologie gelten, so sollte man
erst recht die unklaren Fälle so frühzeitig als möglich zur Operation
bringen. Denn der Shock, den die eingreifende Operation setzt,
ist zu groß, als daß ihn das in seiner Widerstandsfähigkeit stark
beeinträchtigte Herz überstehen könnte, Su
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| ie ‚der IM. Medizinischen Klinik der kgl. ung. Pázmány Peter- | Die hervorgerufene Wirkung war aber dieselbe, wie beim Trinken.
`- Universität in Budapest (Direktor: Prof. Dr. Baron A. v. Korányi). | In einigen Fällen gab ich statt Essigsäure auch Zitronensäure. De
0 r PER ES ad au d | Resultat, war dasselbe; man muß aber von. dieser Säure. eine kon-
Über die Wirkung von Essigsäure auf die Salz- Si ab ‚aber Yon: Glaser DIES =
eo ; se | l -| zentriertere Lösung, nehmen, die. Sekretion - terdrücken.
Auresekretion des Magens. Eine neue Methode | Die Essigsäu an 0
y s au. Die Essigsäurekonzentration, mit welcher‘ man die Sekretion
der funktionellen Magenuntersuchung. unterdrücken: kann, ist bei ‘verschiedenen Leuten gemäß der Sekre-
e a” Von Dr. J. Vändry. .
-tionsintensität verschieden. Normalerweise genügt eine Essigsäure-
Bi RT, lösung von 100 -Phenolphthaleinazidität. BE < —
Bei den Belastungsproben, die ich zur Feststellung der |
o. Sekrelionstüchtigkeit des Magens ausführte (1), .(2), (8), bin ich zu
dem Ergebnis gekommen, daß die Aziditätskonzentration des Magen-
Erz Fall 7. Frau I. K.. Ptosis, “Atonia. "Seit fünf Jahren zeitweise 5)
auftretende dumpfe Schmerzen in der Magengegend, Appetitlosigkeit. Bann
= inhältes bei dem Magenfunktionsmechanismus eine wichtige Rolle.
spielt: Bei der Betrachtung der Magenfunktion während der Ver-
Abinagerung. P. F.: 125 ccm, gut verdaut, Sch. qu. 125/40; freie HC]:
23; G: A.: i. P. F. (wiederholt) 110 cem, Sch. qu. 110/45; freie HCl: 36;
“G. A.: 55. Röntgen: Ptose (große Kurvatur handbreit unter. der Crist
dannngsperiode kommt man nämlich zu folgendem Resultate: Nach ilei), Atonia; Duodenum schwer zu füllen, verlangsamte Entleerung.
O de- Einführung der Nahrung in den Magen kommt zuerst die:
` Sekretion des spezifischen Magensaftes zustande, dessen Azidität
'nach den Untersuchungen von Pawlow u. a. ziemlich konstant: ist
Ä i. Eingegeben Essigsäurelösung von 43 G. A. ‚Ausgehebert:
200 cem, gut verdaut, Sch. qu. 200/75. T. A.:12, G. A.:47..G. R.: positiv.
| =- (6—50 HCI). Diese Sekretion erhöht die Azidität- des ge- .
samten Mageninhaltes, bis sie eine gewisse Höhe (normalerweise
2, Eingegeben Essigsäurelösung von 89 G.A. Ausgehebert: 185 cem,
ne verdaut, Sch. qu. 185/70.T. A.: 9, G. A.: 60.G. R.: negativ.
8 Bi
429 HCl) erreicht. Eine weitere Erhöhung kann nicht mehr
‚sistande kommen, weil die kompensatorischen Faktoren des Magen-
ngegeben Essigsäurelösung von 103 G. A. Ausgehebert:
230 cem, schlecht verdaut, Sch.:qu. 230/100, enthält Galle. T. A.: 14,
=. fmktionsmechanismus es nicht mehr gestatten. . Von diesen, Fak-
~ ten sind die wichtigsten 1. die Verminderung der spezifischen
Q.A.: 75. G.R.: negativ. ! x ee a ENAT
, Wenn eine Hyposekretion - vorhanden ist, braucht man` eme
Sekretion, 2. die Verlangsamung der Motilität, 3. das Erscheinen
‚‚der Regurgitation und 4. die Verdünnungssekretion. Die Unter-
weniger azide .Essigsäùrelösung zu geben., Z.B. — — — ov
Fall 20. Frau Gy. J. Seit’! Jahre- zeitweise auftretende dumpfie
Schmerzen in der Magengegiend gleich nach dem Essen. Appetitlosig-
suchungen, die Jarno (4), Hetényi (5) und ich, betreffs der
. Regurgitation ausführten, haben gezeigt, daß dieselbe normaler-
-` räse.immer zustande kommt, sobald die Aziditätskonzentration des |
keit. Stuhl in Ordnung. P!F.: 60 ccm, mittelmäßig ‘verdaut, Sch. qu.
60/20, freie HCl: 11, G. rc Pr: 2—2,5, Pepsin: ++. P. F. (wieder-
holt): 45 cem, Sch. qu. 45/15, treie HCL: 18, G.A.: 35, Pu: 2, Pepsin: ++.
Röntgen: Normaler Befund, Entleerung: normal. Be
- ‚Mageninhaltes eine gewisse Höhe erreicht. Zu demselben Ergebnisse
.:sind auch Bolton und Goodhart (6) mit der Rehfußschen
-Methode gekommen. Daß die Erhöhung der Azidität des Magen-
‚ inbaltes eine Verlangsamung der Entleerung nach sich zieht, haben.
schon viele Experimente gezeigt. Die Rolle der spezifischen Sekretion
1. 'Eingegeben: Essigsäurelösung von 52 G. A. (PH: 3,5). Aus-
ehebert: 100 ccm, mittelmäßig verdaut, Sch. qu. 100,20. T. A.:0, G.A: 55;
- _ mdder Verdünnungssekretion war aber bisher noch nicht klargelegt.
>. ‚In den vorliegenden Untersuchungen wählte ich einen an-
'Salzsäuredefizit: 10, Pr: 3—8,5, Pepsin: ++. Nach HCl-Zusatz Pep-
‚deren Weg. Ich habe nämlich vor Beginn der Sekretion ein be-
sin: ++. G. R.: negativ.
. 'siimmtes Aziditätsniveau im Magen hergestellt, derart, daß ich |
' gehebert: 210 cem, schlecht verdaut, Sch. qu. 210/60; T.A.: 0, G.A.: 57,
Salzsäuredofizit: 12, Pi: 4, Pepsin: negativ, 'nach HOCI-Zusatz: Spuren.
G.R.: negativ. nn an NE BR N,
| Bei Hypersekretion muB man manchmal: die Azidität der.
‚Essigsäurelösung bis 200 und. mehr erhöhen. Z. Ba n tanz
| Fall 18. K.Sz. Ulcus duodeni. Seit sieben Jahren, besonders
im Frühling und Herbst, auftretende dumpfe Schmerzen in der Magen-
gegend 11/, Stunden nach dem Essen. Obstipation. P. F.: 160 ccm,
gut verdaut, Sch.qu. 160/30, freie HCl: 40, G. A.: 52, Px:-1,5, Pepsin:
++. P.F. (wiederholt): 145 ccm, Sch. qu. 145/25, freie HCI: 50,
G. A.: 60, Pu: 1,5, Pepsin: +++. Röntgen: 'Ptotischer Magen; an der
lateralen Seite des Duodenum ein Defekt nach Cole, gegenüber eine
2. Eingegeben: Bisigeäurolösung von 97, G.A. (PR: 2,53). Aus-
‚ Säurelösungen in den Magen einbrachte. |
a ‚Die Methode war dabei folgende: Nach zwei wiederholten ‚Probe-
frühstücken von Ewald-Boas gab ich am dritten Tage dem Patienten
dieselbe Menge von Brot (30 g) und Flüssigkeit‘ (400 ccm), aber nicht
als Tee, sondern als eine Essigsäurelösung von bestimmter Azidität.
Nach.%, Stunden heberte ich den Mageninhält aus, so wie bei einem
2 ~ Frobefrühstück. An den nächsten Tagen wiederholte ich den V ersuch, Ulkusnische. Entleerung normal. ee ER
er mit immer- konzentrierteren Essigsäurelösungen. — In dem aus- | .. ‘1, Eingegeben: Essigsäure von 84 G. A. (PH: 2,5—8). Ausge-
eheberten Mageninhalt bestimmte ich, nach der Feststellung der | hebert:.200 ccm, gut verdaut, ‚Sch. qu: 200/40; T, A.: 35, G. A.: 81, PH: S
: np: desselben und des Schichtungsqüuotienten von Strauß, die 1,5—2, P i Hap ++, G.R.: positiv. p An EN e F i
' , Anäitätszahl mit Töpfers Reagens (T. A) und Phenolphthalein (G. A), 2. Eingegeben:- Essigsäurelösung von 196. G.A. (Pu: 2,5). Aus- i
aia = eventuell das Salzsäuredefizit, wie beim Probefrühstück; ich führte ehebert: 310 ccm, mittelmäßig verdaut, Sch: qu. 310/100; T.A.: 16, Rn
F erner die Günzburgsche Reaktion (G.R.) aus, ob Salzsäure noch vor- | G.A.: 121, Pu: 2,5—3, Pepsin: +, G. R.: schwach positiv. . Shan!
et den Ist; in einigen Fällen bestimmte ich die Hydro enionenkonzen-. 3. Eingegeben: Essigsäurelösung von 228 G. A. (PH: 2,5). Aus- yo
- kation mit der Methode von Michaelis und der Verdauungskraft des shebert: 360 ccm, schlecht verdaut, Sch. qu. 360/75; T.A.: 19, @.A:135, Eh
re Mageninhaltes mit dem Mettschen Verfahren. =: |. Pa: 3—4, Pepsin: negativ, nach HCl-Zusatz Pepsin: ++, G. R.: negativ. En
25... Mit dieser Methode kam ich zu folgendem Resultate. Bei sehr | Eine eventuelle praktische Verwertung der geschilderten Unter- Baar
j Verdfinnten Essigsäurelösungen kann man eine ausgesprochene Wir- suchungen könnte aus dem Gedanken abgeleitet werden, daß die Be: le
: “pug nicht beobachten; wenn man aber die Azidität der Essigsäure- funktionelle Energie eines Organs an der Stärke eines hemmenden \ TR,
a: erhöht, wird die spezifische Sekretion immer mehr vermindert Reizes gemessen werden kann, die gerade genügt, um die Funktion Ka NT RI RR ER UT
SE ; FREE ii : tst ainar Tai RS: i SRRA AEE
. a endlich ganz unterdrückt, so daß keine Sekretion mehr zustande | ZU unterdrücken oder an der Intensität. einer Leistung, welche trotz PERETE El i.
Ta Pi Nach der weiteren Erhöhung der Essigsäureazidität wird | einer Hemmung bekannter Größe zustände kommt. Ba | EAN. cha
À: < Me Motilität bedeutend vermindert, es kommt eine . Regurgitation -| . Wenn man die Methode praktisch verwenden will, ist- es am Ra ANETTE EN
en veal und der ausgeheberte Mageninhalt zeigt eine bedeutende besten, zuerst eine Essigsäurelösung von 100.G.A. 'einzugeben, . Ist Bart A RL
j m aa Meran der Azidität der eingeführten Flüssigkeit, die man die Sekretion damit unterdrückt, so besteht eine normale oder eine SE VEERDR ah sas DIE
i R Regurgitation allein nicht, sondern nur mit einer Verdünnungs- verminderte a | Zur Unterscheidung gibt man eine Essig- HR ST DERA EA
iie eton erklären kann. Bei einigen Fällen konnte ich manchmal säurelösung von 0 G.A. Ist aber eine Sekretion noch vorhanden, SR Es lfhur
, qo erlangsamung der Motilität bereits dann feststellen, wenn die | so besteht eine Hypersekretion, deren Intensität mit- der. Erhöhung ai ER
. ekretion noch nicht gänzlich unterdrückt war. Regurgitation be- | der Essigsäureazidität festzustellen ist. . DE FN i NIA: FERNEN
u f achtete ich nur in einzelnen Fällen. Die H--Konzentration der'| ‘Weitere Untersuchungen werden zeigen, wie die Methode bei Mea a E eike
-a ‚unsegebenen lösung und des Mageninhaltes verhält sich derart zu- ‚den einzelnen Erkrankungen des Magens diagnostisch zu’verwenden $ Ins.‘ REEL
en daß die aktuelle Azidität des Mageninhaltes mit der Ver- ist. Aus den. bisherigen Erfahrungen soll nur hervorgehoben werden, sesir
‚metrung der H'-Konzentration der eingegebenen Lösung immer daß die Aziditätskonzentration des Mageninhaltes nach. einem P.F. RR an
iner wird, die Werte kreuzen sich und nach der Unterdrückung der | nicht immer parallel mit der Sekretionsintensität des.Magens ein- Sat z
ER ist der Mageninhalt immer von einer kleineren aktuellen hergeht. Auch die therapeutische Anwendung’ der obigen Befunde ANES rpe
| Be als die eingegebene Lösung. — Die Pepsinverdauung ist en bei len Sod in EUBEUng gemogen worden. ROSEN See nl
f nterdrü 4 NE EE ; SE EN, ‘Literatur: 1. Våndoriy, Eine Belastungsprob ` Sa au! KEETE EE:
er: gedeutet en der Sekretion. entweder aufgehoben oder nur an des Magens. Klin.Wschr. 1922, Nr. 2. — 2D oreelbe Debastunge ron a AN DA E KERNU HS ji K id
Säure ibt enn man aber zu der ausgeheberten Flüssigkeit Salz- oan Miniere onne des ER EN E E — 8, Derselbe Maeen- | & Zee:
-pl : ; e : Ae ` elastungsprobe bei Hyperaziditätsfällen, Zschrs£.klin.M. — 4.Jarno EDEL IRIE ESA Sepie
> PA Ps kann man in derselben Pepsin nachweisen. — Um Über das Hegurgitioren von naaal amin se aVándorty, IE RE BER
'k : eiden, ob eine zentrale Wirkung (Geschmack der Flüssig- 6. Hetönyi u. Vändorfy, Experimentelle Untersuchungen über den Mechanismus Het, I CHE INH
a eit usw.) beim Erhal : j ine Roll jelt der Regurgitation beim Menschen. W. Arch. f, klin. M.. 1922, 8, H. 8. — I; M DL E10 CENERE H LECHE,
- lührte ich die T3 rhalten dieser Resultate nicht eine ote spielt, | and Goodhart, Duodenalregurgitation into the stomach during ARE Aa Mare) Nelken ig Hd
AS die Lösung bei einigen Patienten durch die Sonde ein. | Lancet 1922, Nr. 9. De ee We a Ehen ah
| ER l | E f en np,
Bye: APETA Mlha: z ji
Pr. N NAGA a au! $ Sas P
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| häufig erblich ist.
und die Erwerbsfähigkeit sehr beschränkt, stempelt das Asthma
=: geradezu zu einer Volkskrankheit, deren Bedeutung nicht
. verkannt, deren Erforschung und Bekämpfung mit allen Mitteln
angestrebt werden muß. — |
Listen über Asthmatiker.
- großen Zahl der Landesversicherungsanstalten (L. V.A.) und von |
"Homburg v. d. H.
AR T u “ Se jä
> ial er % 2 s
vo,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIR-— Nr. 29.
FE Bedeutung. ‘
en Von Dr. Isserlin, Bad Soden a. T. Mu
In einen Kurorte praktizierend, in welchem eine große Zahl
‚2°, Das Asthma in seiner volkswirtschaftlichen -
x
"von Asthmatikern’ alljährlich "Linderung -oder Heilung ihres Leidens
‚sucht, habe-ich schon seit Jahren den Eindruck, ‚daß allgemein die
` Zahl der Asthmakranken. und die- durch dieses Leiden bedingte
> Erwerbsbeschränkung unterschätzt werden. Sprach ich gelegentlich
. 'ı mit vielbeschäftigten Kollegen über diese Eindrücke, so erhielt ich
‘von’ denselben, zumal von solchen mit reichlicher Kassenpraxis, zur
‚Antwort, daß unter ihrer Klientel die Zahl der Asttimatiker nicht
sehr: groß sei.-. Und doch- argumentiert Morawitz richtig, wenn er
=- das Asthma für eine recht häufige Krankheit hält, weil'fast jeder |
in seinem Bekannten- oder Verwandtenkreise Asthmatiker kennt. |
Auch ‚er. beklagt das Fehlen einer Statistik, welche durch greifbare
"Zahlen diese seine Ansicht belegen könnte. Wenn er:auch betont,
"daß. Asthmatiker in der Sprechstunde nicht gerade selten: sind, so
. muß. doch. gesagt werden, daß nur ein kleiner ‘Bruchteil. dieser Pa-
. tienten, wie die Nachfrage unter meiner Klientel ergab —. und in | .
Badepraxis handelt es sich doch. immerhin um ein besseres, mit |
` dem Arzt nicht. zu sehr 'sparendes Publikum — ärztlichen Rat
öfters einholt. Daran ist einerseits schuld, daß ein großer Teil der
Ärzte über eine. günstige Beeinflussung des Asthmas sehr pessi-
:.* mistisch. denkt und dieses auch den ‘Patienten zu verstehen. gibt, |
` : so daß eine Konsultation des Arztes nutzlos erscheint, andererseits |
©; aber die Tatsache, daß fast jeder Asthmatiker symptomatisch für,
Ihn günstige wirkende Mittel kennt, sei es, daß er zu Inhalationen, -
` "Räucherungen oder Jod, zum Suprarenin oder Asthmolysin seine
. Zuflucht nimmt, sei es, daß er, was leider.auch noch häufig genug
vorkommt, der Morphiumspritze verfallen ist. I
Einen kleinen Überblick über die Verbreitung des Asthmas er-
: hält man aber, wenn man eine der in den Zeitungen von approbierten
und nicht approbierten Kürpfuschern angekündigten Sprechstunden
besucht; da findet man ein Heer von diesen Kranken, welches die
ibm versprochene Heilung sucht. Ebenso könnten die Tücker- und
Vixölkompagnie. in jeder Stadt mit einer ganzen Zahl von Adressen
"dieser Kranken aufwarten. ` ns pots
= Auch.die Beschränkung der Erwerbsfähigkeit durch das Asthma
‘wird selten richtig eingeschätzt. Selten kommt es- bei Kassén-.
"pätienten zur Krankmeldung, da ja der Anfall meistens nur einen |
Tag Arbeitsunfähigkeit bedingt und nur bei Häufung der Anfälle
ein Aussetzen der. Arbeit, für mehrere Tage nötig ist. Im Verlauf
: eines Jahres aber wird es doch eine ganze Reihe von Tagen, an
welchen das Asthma den- Patienten zur Arbeitseinstellung zwang.
\ ‘
Gegenstand einer dauernden ärztlichen Behandlung und der
Unterstützung durch soziale Fürsorgeeinrichtungen wird der Asthma-
= tiker erst, wenn sehr gehäufte Anfälle ihm das Leben zur Qual.
‚machen, oder wenn das allmählich aufgetretene und stärker ge-
` wordena Emphysem ihm dauernde Atemnot macht, die durch die
. ` Anfälle in schwerster Weise verstärkt wird, oder, wenn schließlich
gar das rechte Herz der allmählich in den Lungen aufgetretenen
. Jirkulationsstörungen nicht mehr Herr wird. Gerade diese letzteren
- Fälle sind in Kurorten recht häufig. en ae
EA Ergeben also diese Betrachtungen schon, daß die. Einbuße an -
- Arbeitskraft durch das Asthma nicht zu gering -bewertet werden
darf, so muß man andererseits auch noch betonen, daß das Asthma
hinaus zumeist mit seinen Folgeerscheinungen ‚den Lebensgenuß
Um nun auch zahlenmäßig einen Überblick über die Verbreitung
des- Asthmas zu. gewinnen, habe ich mich bemüht, geeignetes‘
‚Material zusammenzutragen: . Der Weg, den ich ging, war recht |
dornenvoll, denn fast keine der sozialen Institutionen führte genaue
Nichtsdestoweniger habe ich von einer
o) Vortreg, gehalten auf dem: 39. Balneologenkongreß zu Bad
Mitgliederbestandes.
| | Berechnet doch Berkart die Erblichkeit auf
.16°/» Salter sogar auf-40%/, seiner Fälle. Da8 das Asthma kein
- Lebensalter. verschont, nach Berkart sogar in !/; der Fälle schon
- in den ersten 10 Lebensjahren. auftritt, .daß es gerade in der Blüte
- der Jahre recht quälend ist und im späteren Alter über die 50 Jahre
der ‚allzemeinen 0.K.K. Berlin!) eine Reihe von Zahlen erhalten,
die immerhin zu einem "brauchbaren Überblick verwandt werden
: können und.in untenstehenden Tabellen aufgeführt sind. Ich habe
in denselben die Zahlen für Asthmatiker. verglichen mit denen der -
Lungentuberkulose derselben Jahre, weil. ja die: Verbreitung der
Tuberkulose annähernd bekannt ist und mithin dadurch die Zahl
der Asihmatiker errechnet werden kann.
Tabellei.: Allgemeine Ortskrankenkasse Berlin 1922.
Erkrankungsfälle an Tuberkulose
. Asthmaleidende
- Alter — | männlich | weiblich |. Alter | männlich | weiblich.
Jahre ' 9, fy |. Jahre 79: Ofl-
bis 1a | 60,32 ` bisi | zoll o mo.
von 15—16 | 29—018 von 15—16 | 17—011 | 11—0,06
-n 17—20 | 183—044 „17-20 | 50—016 |. 39—008
” 21—25 |150--0,52 "21-25 | 36—042 | 570,11
"96-30 | 130--0,59 ” - 26—30. | 36—016 | 66—015
> 81—35 |107—0,54 ” 8i—35 | 31—016 | 79—021
” 86—40 | 880,49 ” 36—40 | 46--0.26 | 1030,85 '
” 4-45 | 72—044 "4145 | 78-048 | 127—053 ©
” 46—50 | 59-039 ” 46—50 | 920,60 | 125—065
7 5155 | 26—022 "5155 | 750,63 | 1020,68 .
55680 | 17—017 " 56-60 | 106—104 | 1190,98
© > 61—65 | 120,18 ” 61-65 |105—1,56 | 983—110
7 66—70 | 9—021 68—70 | 67—157 | 76—152
über 70 3—0,10 . über 70 | 47—1,64 |: 32110
Zusammen: |841—0,41 |1321—0,41
vorübergehende Erwerbsbeschränkung, so gibt uns die Tabelle 1 der
Allgemeinen Ortskrankenkasse Berlin, .mit ihrer Mitgliederzahl: von
„über 1/, Million einen recht guten‘ Überblick.. Wir‘. sehen dort, -.
daß im Jahre 1922 an Tuberkulose erwerbsunfähig krank waren
841 Männer und 1321 Frauen, also 2162’ Mitglieder = 0,41 °/, des
sind — ein Mißbrauch, der schon im Interesse eines statistischen
Überblickes über die Verbreitung bestimmter. Krankheiten aufhören.
müßte — ich will zugeben, daß eine große Zahl von Kranken mit `
Atemnot infolge Herz-, Nierenkrankheiten oder Eniphysem unter die
Rubrik Asthma geraten ist, aber wenn auch nur die Hälfte der in
der Tabelle aufgeführten Fälle wirkliches Asthma ‚betrifft, so muB
gesagt werden, daß diese Zahl erschreckend groß ist und für ganz.
Deutschland berechnet (218280 bezw. 109140 erwerbsunfähige
Asthmatiker) ein ungeheures Heer von zeitig. erwerbsunfähigen: .
Asthmatikern ‚ergibt, die einerseits gewaltige Krankengelder ver-
zehren, andererseits durch ihren Arbeitsausfall ein enormes Defizit
‘an Arbeit bedeuten. Dabei ist, wie oben gesagt, noch in Rechnung
zu ziehen, daß daneben noch jene große Zahl von Asthmatikern -|
läuft, welche sich nicht krank meldet, so daß die wirklichen Zahlen
der an Asthma zeitig Erwerbsunfähigen jene supponierte Hälfte der
Tuberkulösen wesentlich übertreffen dürfte. — Einen Einwand möchte
ich vorwegnehmen, daß nämlich vielleicht die allgemein angenommene, .
‘verschiedene Verbreitung des Asthmas in verschiedenen Länder-
'strichen gerade für Berlin sehr ungünstige Zahlen ergeben könnte.
Dem ist nicht, so. Sehen wir doch in Tabelle 3 bei der L.V.A.
Brandenburg, daß dort die Invalidität durch Asthma mit die nie- `
drigsten Zahlen aufweist, >
Betrachten wir nun einmal, welche Rolle das Asthma im
Vergleich zur Lungentuberkulose in Bezug auf die
werbsunfähigkeit, also auf die Invalidität, spielt.
erhalten, und diese in Tabelle 2 aufgeführt. Bei einer Gesamtzahl
von 24901 Invaliden waren 1608 = 6,48 °/, durch Tuberkulose und.
1018 = 4,08..%/,, also. fast ?/; der Zahl der Tuberkulose, durch
Asthma invalide, eine Zahl deren Bedeutung sich niemand. ver-
schließen dürfte. Dabei ist zu bemerken, daß bei diesen Kranken
Fehldiagnosen recht selten sein dürften, weil über alle ausführliche
Befunde und Akten vorliegen.
1) Ich verdanke diese Statistik dem durch die Wohnungsaufnahme |
in Berlin in wissenschaftlichen Kreisen bekannten Direktor der All-
emeinen Ortskrankenkasse Herrn Albert Cohn, dem ich an dieser
„Stelle hierfür danke, wie ich auch den L, V. A, herzlichen Dank schulde.
r
t
a a A
00.
a
(Zusammen: |790—0,89 |1029—0,82 .
Betrachten wir zunächst ‚einmal die durch "Asthma bedingte |
Wegen Asthmas waren im gleichen Jahre,
'erwerbsunfähbig 790 Männer und 1029 Frauen, also 1819 Mitglieder -
| = 0,35 %/,. Die Zahl der erwerbsunfähigen Asthmatiker erreicht also `>
nahezu die.der Tuberkulösen. Nun willich ohne weiteres zugeben, daß
bisher leider die den Kassen zugehenden Diagnosen nicht immer exakt:
dauernde Er-
Ä Ich..habe von
4L.V.A. strikte Zahlen über die durch beide Krankheiten Invaliden
er; De a is
-tuberkulose und 16.444 = 9,1 °/, zur Gruppe
Sichlich durch Emphysem und Asthma invalide waren. Rechnen
| Wa übrig.
= 1924 < MEDIZINISCHE. KLINIK = Nr. 29: 999:
| —,———— Rn
: PS Tabelle 2.
Co Ha S _ |. Heilverfahren
gie ala. © |s8l S I|TTST Tu
We aa aa) © al 3 la.| Ss lasıs
"stammt von ED oa, A SE O elle = A =
-IVA Jasia on 54 on A nE
"nee tee > ni B r a ren akt
- i 2 lo 0/9 g g
amotar.. |1922] 6761| 626 | 9,27| 434 | 6,42 |1891 1180| 31 | 30
f. d-Pialz . . . . 11921112967 | 337 | 2,601 97| 0,74| 438| 285| 24 | 21
Niederbayern. . [1922] 1486 | 126 | 8,40| 86| 572| 61
55
- Mitelfanken . - | 1921| 8767 | 519 |13,76| 401 110,91 | 908| 843| 4| 4
2 j Summe: | — |2490i |1608 | 6,48|1018 | 4,08 |2798 |2383 | 59 | 55
Eiwas mehr ‚Schwierigkeiten macht die Verwendung der mir
jugegangenen Zahlen über 17 Berichtsjahre von. 14 L.V.A. Die
‚Statistik dieser Jahre hält sich streng: an das vom Reichsver-
sicherdngsamt ausgegebene Schema, das unter Nr. 4 Lungentuber-
kuloseraufführt, unter Nr. 15 die Erkrankungen der oberen Luftwege
einschließlich der. Bronchien, unter Nr. 16 die Krankheiten des
ä i Brastfells, unter Nr. 17 die übrigen Lungenkrankheiten einschließlich
Emphysem und Asthma. Da alle bösartigen Geschwülste unter
Nr. 6 aufgeführt sind, blieben unter 17 außer Emphysem und Asthma
wohl pur noch die Koniosen, Abszesse und Gangrän der Lungen.
. - Nun dürften Abszesse und Gangrän als Invaliditätsursache wegen
ihres doch mehr akuten Verlaufes wohl kaum eine Bedeutung haben,
ud die Zahl der Koniosen ist nach meinen Erfahrungen ziemlich
merheblich... Ich glaube, daß diese Erkrankungen mit 5 %/, der‘
Gesamtsumme reichlich hoch bemessen sind.
- "Doch gehen wir einmal auf diese Zahlen etwas näher ein
(val Tabelle: 3). In den 17 Berichtsjahren betrug die Gesamtzahl
der Invaliden 176 183, von denen 21 248 = 12,05°/, wegen Lungen-
17 gehörig, also haupt-
wir also 5°%/, für Koniosen usw. ab, so blieben 8,65°/, für Emphysem.
Tabelle 3..
— : z N
Ve
|
ie
u Es ergibt
tiket- und S
gewinnen, h
Mr -geleitete
ese. Ansta
ndelt, ni
sich nun die Schwierigkeit, die Zahl. der Emphysema-
Asthmatiker zu trennen. Um hierfür einen Anhalt zu
abe ich zunächst einmal das Zahlenmaterial der von
n Israelitischen Kuranstalt in Bad Soden herangezogen.
lt, die in der Hauptsache geschlossene Tuberkulose be-
| Organe Een gelegentlich auch andere Erkrankungen der Atmungs-:
Ihma dort
Es ist also wohl anzunehmen, daß Emphysem und
In ihrem natürlichen Verhältnis zu einander zur Be-
' bucht wurde. ‘Auch hier scheint Pessimismus daran schuld
handlung kamen, daß aber der Bestimmung der Anstalt entsprechend
Tuberkulose in weit höherem Maße vertreten war. Es wurden nun
in insgesamt 18 Sommern 3344. an den Atmungsorganen Erkrankte
behandelt (vgl. Tabelle 4), .darunter 2667 =’ 80°, Tuberkulose.
Die Zahl der Emphysematiker betrug 254 = 7,59°/;, die der Asthma-
tiker 91 = 272°), (sonstige. Erkrankungen der Luftwege 332 —
9,69%). Das Verhältnis von Asthma zu: Emphysem war'also 1:3.
Ich habe des‘ weiteren: durch die Liebenswürdigkeit des Herrn
Prof. Strasburger 2 Jahre des poliklinischen ‚Journals der: Uni-
' versitäts-Poliklinik Frankfurt, und- durch die der Herren Dr. Günz-
berg und Deutsch.:2 Jahre. des poliklinischen Journals des isra-
elitischen Gemeindehospitals in Frankfurt -durchsehen können. Sie
finden die Resultate ‚gleichfalls in Tabelle 4 zusammengestellt; die
en erhalten durch die - Exaktheit' der Diagnosen besonderes
ewicht. | Ren ee) ee 5
Zunächst- einmal sind` die Zahlen der medizinischen Uni-
versitäts-Poliklinik sehr bemerkenswert., Das Material ist, weil die
Poliklinik die Nachuntersuchung für Gewährung von Milchattesten
‚hatte, sehr stark mit Lungentubėrkulose` belastet, so .daß ein Er-
rechnen des. Verhältnisses von' Asthma zu Tuberkulose zu schiefen
Zahlen geführt hätte. _ Aber gerade darum ist anzunehmen, daß
auch hier Asthma und Emphysem in ihrem natürlichen Verhältnis
beobachtet wurden und daher als bemerkenswert festzuhalten, daß
die Zahl der .Asthmatiker '?/,, die der Emphysematiker */, der Ge-
samtsumme beider ergibt, bemerkenswert darum, weil ein Zweifel
über die Häufigkeit des. Emphysems kaum besteht. : Var
Berechnet man unter Hinzunahme des Materials des Gemeinde-
hospitals aus den in Tabelle 4 angegebenen Zahlen, . welche . sich
auf 11564 Zugänge. darunter 2088 ‚Erkrankungen. der Atmungs-
-organe beziehen, das Verhältnis von Asthma zu Emphysem, so ergibt .
\ i CAN
Kuranstalt würde das Verhältnis 2:5 betragen,
sich etwa 1:2. Unter Einbeziehung. der Zahlen der Israelitischen
Legen wir also diese Verhältniszahl, .di6 aus über 5400 Fällen |
von Erkrankungen. der Atmüngsorgane berechnet ist; zu Grunde,
so würde sich für die Statistik der 14 L.V.A.. ergeben, daß etwa |
2,480, aller Invaliden durch Asthma
= dauernd erwerbsunfähig sind, 'd. h.
E uses VA EF = Heilverfahren _ ‚daß diese Invalidität mehr als !/;
' ptatistik AiG Su: R g| © = 3° E P = ee aa o aua der ‚durch ‘Tuberkulose beträgt.
ot mmtvon | Sa 8else lese 5 | Bs |8 BEG 5] Anmerkungen — . Ich weiß.hicht, wie weit es erlaubt
C.o EIEECIKIS Sg: en EN a a i = ~ işt aus dieser Berechnung Schlüsse
| Ale | Er a z eE E | ‘auf die Zahl der in Deutschland an
Zu 1899 TE Fr Bee ‚Erkrankten ` zu ziehen, mir
LYA; Hansestädt sau = TE e Pe .. -Scheint es aber-nicht unberechtigt, aus
an ädte . his 43808| 6116|13,96| 2728| 6,22 i `. der annähernd bekannten Zahl der
Pe 22 1921| — | — | —| — | — | 1780 |— | 90 | — [insgesamt Heilvert2745 ` Tuberkulosen die Zahl der Asthmatiker _
a. Brandenburg. | 1921 | 6284| 476| 7,54) 188| 3,00] 1800 11065 — |—|. +... zu berechnen, : Hetsch schätzt die.
n 1991 858 11| 1,28 26| 3,00 "n AA — | — |Witwen-Rentner _ Zahl. der: 1n Deutschland lebenden,
a 'Rheinprov. . „|1920 | 15122| 2177|14,39| 1474| 9,74 | 5482 |4569| 878 [797| `. 14244, Lungentuberkulösen ` auf. 600000,
nn 1920 | 2726| 186| 6,82] 162| 5,93] — | — | — |... |WwRatn) EREAS Cornet ‚sogar auf 1,4%, also
"000 [1921 | 18683] 1420110,37| 1085| 7,92| 4207 139861 984 |895] das 840000: wir würden dona
T 9 V,0 ; | CEECEE 0; wir würden demgemäß zu
"o: 1) 1921 8097 1.70 5,50 184 5.94 Ge Sg, casa a Ww.-Rntn. Ad: Dan r K) 2 g sepi S \.
Be; J , | 9,9 | =. . einer: Krankheitsziffer ` von 120000
n:Hessen.......|1922 | 2772| 366|13,20| 29711071] 888 | 843 17 |17|. 5°. bie 168000 ‘ Asthmatikern
n «Schlesien... .|1921 | 11980] 1402111.70| 696| 580| 2945 | — | 126 | — „bis 16000 Asthmatikern kommen.
n “Westfalen . .|1919 | 5590| 1069|19,12) 61410,89| 2561 | — | 132 | — Meiner: Überzeugung nach ist aber‘.
o : f (= 54,089/,) (=2,790]0) | ' die Summe der. in Deutschland leben-
een 1920 | 5250| 870116,57| 565110.70 ER Fl >o o. den : Asthmatiker ` noch wesentlich
© 1921 | 5756| 89211550) 625l10,86| 3613 | — 5 | — ‚größer. Die aus. der Tabelle 2 sich
k | (= 599%, (=5,63°/o) ergebende Zahl von- etwa: 1/3. Million
EE ‚herbayern .[1921 | 4200) 558113,30| 165 3,93 869 | 788| 58 | Asthmatiker dürfte den tatsächlichen
. n „Dehwaben |1921 | 2105| 275113,09| 125| 5,95| 310 | 258 — | — 00. Verhältnissen sehr‘ nahe kommen:
» ‚Unterfranken |1921 | 1554 26411700) 108| 700| 234 |153) — | — "Diese Zahl ist ` è '
‚» „Oberfranken |1921 | 1558] 220/1412| 162/1040] 219 |182| — ee Aaa ast, erschreckend hoch,
~» : Hess.-Nassau |1922 | 39552 3563110.00| 6484116,39| 1342 [11281 161 |154 | | non ‚es noch, wenn sie nur zur
=a lüringen ..|1921 | 4087| 527112,901 376| 9,20| 1056 | 79] — ' > > |: Hälfte die, Wahrheit, träfe und sie
a. 1921 | 633| 28| 440) 661040] — |— | — | —|Witwen-Rentner > ` muß entschieden dahin führen, daß
n Schlesw.-Holst,|1921 | 4608| 315| 6,85| 274| 595| 843 |744| 36 | — |insgesamtHeilvert1986: man den Standpunkt des laisser
=» Oldenburg . |1921 843| 149117,67| 40| 4,74] 253 |226 34 |33|., _ aller. gegenüber dem Asthma
n 1921 | 117| 4| 840) 2170| — |< | — | — |Witwen-Rentner . verläßt 000 4i
-= Summe:| — |176183l21248|19,05116444| 910) — I—| — |- | Man vergleiche doch hierzu
I ee a die geringe Zahl von Heilverfahr
(Tabelle 2 u. 3), die von den L.V.A. bei Asthma er
wurden, trotzdem der Erfolg bei den bewilligten meist als gut A
| ; iliis u | zu sein,
daß so selten Heilverfahren bewilligt werden, ein. Pessimismus, der
sicherlich ` nieht berechtigt ist, und. der die Quote der heilbaren
Fälle ohne weiteres einem dauernden; sich stets verstärkenden
Kranksein verfallen läßt, Hier muß entschieden Wandel geschaffen.
werden und ich zweifle nicht, daß.es deutschem Fleiß und Gründ-
bewilligt
ER ar ,
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_ heblich schädigende Krankheit.
- Invaliden beträgt zum mindesten. Us
'hat beim Betrachten das Gefühl, daß sich der Eindruck des Gesichtes
Tabelle 4.
lichkeit gelingen wird, zu den alten auch neue Wege zur Be-
kämpfung dieses Leidens zu finden. j
M.H. Ich bin. mir dessen sehr wohl bewußt, daß mein
Zahlenmaterial lückenhaft ist, daß es nur einen groben Überblick
über die tatsächlichen Verhältnisse’ bringt. Aber ich hoffe, daß es
die Anregung geben wird, besseres, beweiskräftigeres heranzuholen,
daß es den Anstoß geben wird, das leider eingeschlafene Interesse
am Asthma zu erwecken, und ‘daß es so vielleicht den Auftakt
bilden wird zu einem großzügigen Kampfe auch gegen diesen
qualvollen Schädling an der Gesundheit und an der uns jetzt mehr
'als je nötigen Arbeitskraft unseres Volkes.
' Zusammenfassung. 3
1. Das Asthma ist eine häufige und die Erwerbfähigkeit er-
Ə. Die Zahl der in Deutschland in einem Jahre zeitig r-
werbsunfähigen Astbmatiker- darf auf etwa 110000 geschätzt werden.
3. Die Zahl der in Deutschland ' durch Asthma dauernd
tuberkulose, wahrscheinlich aber (vgl.
=~ 4. Die Zahl aller in Deutschland lebenden Asthmatiker dürfte
etwa !/, Million betragen.
zügiger Kampf ‘gegen dasselbe ist aus volkswirtschaftlichben
Gründen dringend notwendig. |
Literatur: Berkart, On bronchial asthma, its pathology and treatment.
London 1889 (zit. nach Fränkel). — 2. Cornet, Die Tuberkulose. — 3. Albert
Fränkel, Spez. Path. u. Ther. der Lungenkrkh. Berlin 1904. — 4. Hets ch, Tu-
berkulose in Kraus und Brugsch,
8.849. — 5. Morawitz, Asthma,
Spez. Path. u. Ther. ion. Krankh. Ba. 2, 1 T,
in Kraus und Brugsch, Bd. 8, S.38. — 6. Hyde
Salter, On asthma.
‚Über Korrektur niederer Nasenformen.
Von Dr. Ernst Eitoer, Wien.
Unter Höhe der Nase soll im Folgenden die Distanz verstanden
werden, mit der die Nase über die Fıontalebene des Gesichtes her-
vorragt. Es handelt sich hierbei weniger um die
als um das Verhältnis zu den Proportionen der übrigen Gesichtsteile
und um den Eindruck, den dieses hervorruft. Es gibt zweilellos
Nasenformen, die deshalb ungünstig wirken, weil sie im ganzen oder
in einem Teil zu wenig über die Gesichtsebene vorspringen. Man
sofort ändern würde, wenn man das Gerüst dieser Nase entsprechend
heben könnte. Die Depression erstreckt sich entweder auf den oberen,
evenituell mittleren Teil des Nasenrückens, dann spricht man von
Sattelnasen, oder auch auf die untere Partie samt der Spitze, was man
als Plattnase bezeichnen könnte. Es kann auch bei verhältnismäßig
hohem oder normalem Nasenrücken der Spitze die entsprechend
hohe Stützung fehlen, wodurch eine zurückfliehende odeı herab-
hängende Spitze zustande kommt. Auch breite, ausladende Nasen-
flügel, breite oder kolbige Nasenspitzen können unter Umständen
durch Hebung des Nasenrückens in einfacher Weise korrigiert
werden. Die stark ausgeprägten Typen dieser Nasenformen sind
gewöhnlich durch pathologische Prozesse oder Trauma entstanden,
seltener -angeboren. Die große Menge der Nasenformen dieser
Art aber, die der Kosmetiker zu Ansicht und Korrektur bekommt,
der Invaliden durch Lungen-
Tabelle 2) sehr erheblich mehr.
5. Eine weitere. Erforschung . des Asthmas und ein groß-
London 1850 (zit. nach Fränkel). — 7. Sänger, Über Asthma `
und seine Behandlung. Berlin 1904 (zit. nach Morawitz). | |
absolute Ziffer .
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
| schiedenen
‚ sichtigt werden soll,
'reichliches Material zu gewinnen,
aller Grundelemente als konserviertes totes
t
repräsentieren leichtere Grade dieser-
Typen und sind öfter angeboren als
Alveolarfortsatz. des Unterkiefers her mit Benützung des häufigen
Septums der Nasenscheidewand. Über die Technik’ dieser
Operationen ist in den letzten Jahren genügend publiziert worden.
Wenn man von : der Paraffintechnik, die hier nicht berück-
Fall vom Mund aus vorzunehmen, weil bei Inzision. in der Nase
20. Juli
= wr
-æ
l 4 oD 2 s |585 S S AA 5 Asthma erworben. Gerade in diesen Fällen
"Material der Statistik stammt von’ Jahr | 33 |2 a YPI ETR © | Emphy- İst es oft staunenwert, wieviel ein Ge- `
| | Dn 85 Aal ao Se 528| sem sicht durch eine ganz geringfügige. —
l ein | 3 O S r Änderung gewinnen kann. Es seien
Univ.-Poliklin. Frankfurt aM. .. | 1922 8780| | 29 [0,76 |3,12| 19 1031 | 2,04 | etwa 2⁄ als Beispiel nur die so häufigenNasen-
i i a ersulfaike 1923 | 3400| 592| 23 |0,7013,80| 20 |0,60|3,40| _„__®ho a nn ie en die u
= : roter e Spitzenflügelpartie allzu groß zu
| Summe 7180 pr 52 |0,72|3,40| 39 k 257| etwas, Sein scheint, ee R ER
f | | April | u - kommen proportionierten Eindruck .
Polik). d. Isr. Gmde.-Hosp. Frankfurt a. M. 1a ei 241 | 20 [0,70 - 4 Be 1,60| etwa Ys machen, w Tan ee
Te E 1915 | 1561| 326| 28 |1,80|8,60| 81050240] „ ‘%2 hebt, oder die vielen vorspringenden
_ Summe:| — .|11564 2088 100 [0,9014,80| 51 [0,44 [2,30 | etway, Nasenspitzen, die in ähnlicher Weise
| i | korrigiert werden. Für die Korrektur
| l NE 1 | Pa: | | | dieser Nasenformen ergeben sich
Ger. Kur-Anst. Bad Soden aT. ......| i894 )| — 188441254 | — 17,59] 91 | — |272| etwa t/s naturgemäß zwei Methoden. Dis
Tas i | bis | ne. a 13 eine hebt den Nasenrücken durch
~ į 4910 } PE | | Einheilen einer Unterlage unter
Summe:| — | — l5482]854 | — |6,501142 | — |%,60| etwa 2} der Haut desselben, die andere
| die Spitze durch Stützung vom
absieht, so wird die Einlage meist von einer..
Inzision im Naseneingang her eingeführt. Nur bei Özänanasen pflege
‘ich dieselbe aus einem Augenbrauenwinkel her oder im zweiten
eine Infektion des Operationsfeldes auch bei großer Vorsicht schwer
zu vermeiden ist. Eine offene Frage ist nur das Material, das man
zur Einführung bringen soll. Modernen chirurgischen Prinzipien
entsprechend verwenden die meisten Operateure eigenes Körper-
material zur Übertragung.
dem
wird, ferner. Stücke aus knorpeligen Septum oder dem Stirn-
fortsatz und anderes. Auch ich habe, als ich mich vor etwa 15 Jahren
mit diesen Problemen zu beschäftigen begann, zunächst den Rippen-
knorpel gewählt. Die Möglichkeit, |
die relativ leichte Formbarkeit
desselben bewogen mich. dazu. Schon damals beschränkte ich mich
nicht darauf, die Methode nur zur Korrektur schwerer Sattelnasen
zu verwenden, sondern das reiche
ohne Schwierigkeiten immer
Material meiner kosmetischen
| Beliebt ist der Tibiaspan, dann Rippen-
| knorpel, der in den letzten Jahren besonders in Amerika favorisiert
Praxis erlaubte es mir, die verschiedensten Nasenformen auf diese A
Weise anzugehen. Daher konnte ich schon 1913 über eine verhältnis-
mäßig große Zahl von Fällen berichten, die durch Rippenknorpel-
transplantation korrigiert worden waren (1). Die Resultate erschienen
anfangs recht befriedigend, aber schon nach einigen Jahren mußte
ich mich überzeugen, daß sie nicht haltbar waren. Obwohl ich nur
einen geringen Teil der damals operierten Fälle dauernd im Auge
behalten konnte, hatte ich doch eine Anzahl 10—12 Jahre unter
Kontrolle. Diese verschafften mir die Überzeugung, daß man, auch
wenn das Perichondrium sorgfältig
Resorption bis auf ein Drittel des ursprünglichen Volumens zu rechnen
Auch nachträgliche Krümmung des eingelegten Korpelstückes wurde
beobachtet. Wiederholt hatte ich Gelegenheit, solche Knorpelstücke
Jahre später zu entfernen und durch ‘anderes Material zu ersetzen.
Darunter war ein Stück, das 10 Jahre eingeheilt war. Die histologische’
Untersuchung ergab jedesmal, daß das Gewebe bei Erhaltensein
Gewebe anzusehen sei.
Diese Erfahrung, sowie die Erwägung, daß man dem Patienten den
schweteren und in seinen Folgen unangenehmeren (Narbe) Teil der
Operation ersparen könnte, drängten mich,
zugehen. Ich tat
Versuchen als Material Elfenbein, das mir in Bezug auf
Widerstandsfähigkeit, Bearbeitung, Sterilisierung usw. die günstigsten
Verhältnisse zu bieten schien.
bin ich auch heute, wo ich Beobachtungen bis zu zehn Jahren zur
Verfügung habe,
Material erwies. sich als vollkommen widerstandslähig. Ich konnte
mich überzeugen, daß die eingelegten Stücke auch nach Jahren
meist gar keine Zeichen von Resorption zeigen, manchmal sieht man
oberflächliche Erosionen,; die aber weder Form noch Größe der
"Einlage beeinträchtigen. Das Elfenbein wird im allgemeinen, sterile
Einführung vorausgesetzt, reaktionslos vertragen. Die sehr seltenen
hat, was den kosmetischen Dauereffekt natürlich sehr in Frage stellt. -
zufrieden und verwende sie daher häufig. Das
mit übertragen wird, mit einer-
zur Alloplastik über-
dies schon vor 10 Jahren und wählte nach ver-
Über die Details habe ich schon
_ seinerzeit ausführlich berichtet (2). Mit den Resultaten dieser Tec.
ua VIE er IR
|
\ Falle wo dies nicht der Fall ist, lassen sich durch technische Fehler,
werden keine verursacht. Es sollen aber auch die Schattenseiten .
Einlagen kommen diese Nachteile nicht zur Geltung. Reicht aber |
“eine solche z.B. von der Nasenwurzel bis zur .Spitze, so wird bei
- . “Rindern oder Pferden, die sehr frühzeitig verknöchert sind, werden
4 Stunden in Alkohol gelegt und ohne weitere Vorbereitung ein-
- gelührt. Die Einheilung erfolgt ebenso prompt und reaktionslos,
. wie beim Elfenbein. In einigen Wochen ist die Einlage vollkommen
. Kurze Bemerkungen zu dem Aufsatze von Herrn
mittel (Santonin, Santonin plus Naphthalin, Gelonida Alum. subacet.,
band
“ dies unangenehm, da sie ein eventuelles Perforieren eines Endes
‚ich auch ein Zerbrechen der Einlage bei solchen Gelegenheiten
düne Stäbchen sein können, kommt dies leicht vor. Es war daher
schon seit längerer Zeit mein Bestreben, wenigstens für gewisse
Fälle ein elastischeres Einlagenmaterial zu verwenden. ‘Nach ver-
schiedenen Versuchen verfiel ich, basierend auf der bei anderer
‚ Gelegenheit gemachten Erfahrung, daß durch längere Zeit kon-
- sseryiertes tierisches Gewebe gegen Resorption ziemlich widerstands-
Talig ist (8), zu folgendem- Verfahren. Rippenknorpel von jungen
‘Hierauf kommen sie auf einige Wochen in eine Lösung von 10°,
überein, daß sie auch beim Palpieren kaum bemerkt wird. Soweit |
. es meine %/,jährige Beobachtung zu beurteilen erlaubt, scheint das
„Material gegen Resorption entsprechend widerstandsfähig. Allerdings
k herangezogen, und zwar verwandte er es in Form von Darmeinläufen
-neben der Darreichung von Brustpulver als Abführmittel, mit dem
| Ergebnis, daß bei 13 Fällen (Kindern und Erwachsenen) die in den
Darm eingegossene Lösung „anfangs sehr stark reizt“, so daß „der
. Einlauf zunächst nur etwa 2 Minuten gehalten werden kann“, daß
` üblichen Maßnahmen in bekannter Weise noch mitgebraucht (Nägel-
| oa schon die hier anscheinend keineswegs harmlosen und für den
. “auenten wohl in allen Fällen unsympathischen Darmeinläufe nicht
mi 51924 — MEDIZINISCHE KLINIK — N... 1001
kaum gewagt haben, zu beliaupten, daß nach einer kaum drei-
wöchigen Behandlungsdauer die Oxyuren dauernd verschwunden
gewesen sind. Der Verfässer ist aber anscheinend der Meinung,
daß eine noch viel kürzere Frist zu ihrer endgültigen Abtreibung
meist ungeeignete Form des Stückes erklären. Auch Beschwerden
des Elfenbeins nicht verschwiegen werden, das sind seine Starrheit
und bei dünnen Stücken auch die Gebrechlichkeit. Bei kleineren
4.—5. Tage an „dauernd“ verschwunden seien, wenn keine Neu- ,
infektion durch unbehandelte Geschwister erfolge. Offenbar hat er.
also doch nach 5 Tagen noch Oxyuren bei seinen Patienten be-
merkt! Von Interesse war mir ferner in dem W.schen Aufsatze die
Behauptung, daß „die mikroskopische Untersuchung des After-
‚schäbsels auf Oxyureneier allgemein bekannt ist“. Nach meinen
langjährigen Erfahrungen ist gerade das Gegenteil der Fall. Die
Ärzte können vielfach nicht einmal die verschiedenen Arten der Ein-
geweidewürmer unterscheideh, geschweige denn deren Nachweis mit
passiver Bewegung der Nase ein Ende sichtbar werden, wenn man auf
‘das andere drückt. Manche Leute, besonders Sportsleute empfinden
bei unvorhergesehener Gewalteinwirkung befürchten. Manchmal habe
gesehen. Insbesondere bei den Nasenspitzenstützen, die ja nur
Darmparasiten nur allzuoft völlig unnötig, wenn nicht gar direkt
falsch durchgeführt wird. Die in der Überschrift des W.schen Auf-
satzes von ihm gebrauchten beiden Eigenschaftswörter für die von.
streichen, . und damit ist, wenn nicht durch’ weitere einwandfreie
frisch entnommen und auf 14 Tage in 1°/,ige Jod-Jodkalilösung gelegt.
unerwünscht, wenn ärztlich empfohlene Wurmmittel mehr als bisher
‘Formalin und 5°/, Salpetersäure, bis sie die entsprechende Bieg-
samkeit erreicht haben. Nach kurzer Auswässerung folgt. längere,
“mindestens halbjährige Aufbewahrung in Alkohol. Vor dem Gebrauch
‚wird das Stück zugeschnitten, zur Sterilisierung noch einmal auf
wäre dann die absolute Garantie ‘geboten, daß nicht allwöchentlich
neue Anthelminthika angepriesen werden und daß völlig unzulängliche
Berichte über ihre „Einfachheit“ und .„Zuverlässigkeit‘“ in
ihrer Anwendung in der Fachpresse erscheinen. |
Erwiderung auf vorstehenden Artikel.
Von Dr. Weinberger, Heidelberg.
Trotz des ungewohnt heitigen Tones vorstehenden Artikels
muß ich erklären, daß mir Kritik (zumal ich .sie ja auch selbst ge-
übt habe) jederzeit erwünscht und berechtigt scheint, besonders
wenn sie von solch kompetenter Seite kommt. Im übrigen habe
ich nur wenig zu erwidern: z en en
Einfach ist natürlich ein relativer Begriff, und mir schien die
angegebene Behandlung einfach, weil das Reinigungsklistier, das
-fixiert und stimmt in ihrer Konsistenz derart mit ihrer Umgebung
‚sind mehrere Jahre nötig, um diesen Eindruck zu erhärten.
Literatur: 1. W.m.W. 1913, Nr.28. — 2. D.m.W.1915, Nr.31. — 3. M.K1.1920, Nr. 4.
Dr. Weinberger über „Eine einfache und zuverlässige
Oxyurenbehandlung‘“ (Nr. 22 dieser Wochenschrift).*
Von Prof. Dr. H. Brüning, Rostock. |
~ Der Verfasser der vorstehenden Arbeit schreibt in ihrer Ein-
leitung, daß er mit einer ganzen Reihe der gebräuchlichen Wurm-
zunehmen braucht, weil dieses Medikament kein ängstlich ge-
naues Dosieren erfordert, und weil die anderen Behandlungsmethoden
in den eben genannten Punkten komplizierter sind.
"fertigt, wird eine Kontrolle ja leicht erweisen. Ich schließe deshalb
mit der Bitte an Herrn Prof. Dr. Brüning, diese Nachprüfung in
seiner Klinik anzuordnen und. an der gleichen Stelle wieder über
das Resultat zu berichten. Größeres Material, bessere Kenntnis und
die Hilfsmittel eines Laboratoriums werden alsbald ein sicheres
Urteil gestatten.
Osymors, Chenoposan, Oxural und Santoperonin) Versuche angestellt
habe, aber über ihre Wirkung enttäuscht gewesen sei. Er hat des-
halb das Chloramin (Heyden) zur Abtreibung von Springwürmern
Aus der II. Medizinischen Klinik der kgl. ung. Pázmány Péter-
Universität in Budapest (Direktor: Prof. Dr. Baron A. v. Korányi).
Der plötzliche Tod eines mit Neosalvarsan be-
handelten Malariakranken unter Addisonschen
Symptomen.
Von Dr. Ladislaus Detre.
Nicht lange nach Einführung des Salvarsans in die Therapie
„eiwa in der Hälfte der Fälle sich naeh einiger Zeit in den Ent-
leerungen etwas mehr Schleim als gewöhnlich fand“, daß „das |
qälende Afterjucken meist schon in der ersten Nacht fehlte“ und
„daß vom 4—0. Tage ab die Würmer dauernd verschwanden, wenn
keine Neuinfektion von unbehandelten Geschwistern erfolgt“. Die
Kur wurde zweimal 5—6 Tage hintereinander durchgeführt mit
8—9 tägiger Zwischenpause. Während der Kuren „wurden die sonst
kurzhalten, Händewaschen vor den Mahlzeiten, Aftersalbe und Tragen
Per Badehose während der Nacht“). Diese Art der Oxyuren-
penandlung nennt der Verfasser „einfach“ und „zuverlässig“.
agt man. sich zunächst, ob sie „einfach“ ist, so ist mir gänzlich
“verständlich, wie man sie als solche bezeichnen kann. Lassen
präparate auszudehnen. Im Jahre 1912 empfiehlt zuerst Werner
wirkungen sieht, betont er, daß das Salvarsan gegen chininfeste
Tertianastämme unbedingt versucht werden sollte, Den gleichen Stand-
punkt vertritt Nocht, hingegen warnen Fischer, Friedemann
ebenso Fernbach, Sklarz, Isaac-Krieger und Löwenberg und
Wollenberg vor der Anwendung der Salvarsanpräparate als Malaria-
provokationsmittel. |
en, die während einer Reihe von Tagen durchgeführt werden
ies a fehlt auch nicht eine der sonst üblichen Methoden,
hins „amspülungen zum Erfolg. zu verhelfen, wie aus dem Vor-
sesagten zur Genüge ' hervorgeht. Auch die von W. gerühmte
ul ässigkeit“ seiner neuen Oxyurentherapie geht aus der
Fragegeiche keineswegs hervor und, ist deshalb mit einem großen
näckieen 10, u versehen. Wer die Biologie dieser überaus hart-
sen kleinen Darmschmarotzer genauer kennt, würde es wohl
+
wegen einer chronischen. Malariaerkrankung die Salvarsantheranj
eingeleitet wurde und bei welcher der Kranke im Anschluß iome
Salvarsaninjektion plötzlich starb. |
genügt, denn er schreibt ausdrücklich, daß die Oxyuren schon vom‘ `
Sicherheit erbringen. So kommt es denn, daß die Abtreibung von |
ihm empfohlene Chloramintherapie der Oxyuriasis sind also zu .'
Untersuchungen die Brauchbarkeit der Methode dargetan werden.
sollte, ihre Berechtigung hinfällig.. Im übrigen erscheint es mir nicht
von wurmkranken Ärzten am eigenen Körper geprüft würden. Es
man soust dem Tonerde- oder Knoblauchklistier vorausschickt, weg-
fällt, weil der Patient nur ein Mal im Tage ein Medikament ein- :
Ob die Chloraminbehandlung das Prädikat „zuverlässig“ recht- `
der Lues durch Paul Ehrlich (1909) wurden vielseitige Versuche -
in Angriff genommen, um das Indikationsgebiet der Salvarsan- .
die Anwendung des Neosalvarsans bei Malaria und weil er neben
sonst erfolgreichen therapeutischen Resultaten nur geringe Neben- .
Wir möchten im folgenden einen Fall beschreiben, bei dem
1002..
' nachweisen. Temperaturgang intermittierend, 38,50
tend, Sein Zustand bessert sich bald, er verläßt die Klinik, kommt
Die Befunde dieses Falles. lassen sich im folgenden zusammen-
' fassen: Ein 24jähriger männlicher Kranker, mit Symptomen des Nerven-
systems, bittet um Aufnahme in der Klinik. Die Anamnese bietet keine
bemerkenswerten Daten. Bei objektiver Untersuchung läßt sich
neben Symptomen des Nervensystems eine mäßige Spitzenveränderung
aber nach einigen Wochen mit viel schwereren Krankheitssymptomen
zurück. Das Krankheitsbild beherrschen gastrointestinale Symptome:
Diarrhoe, heftiges Erbrechen, Subikterus, Schwindel, Appetitlosigkeit,
Entkräftung und Ohnmachtsanfälle.e Im Urin Urobilinogen. Liquor
normal. Augenbefund: Neuritis optica (Dr. Jänö). — Fieber bis zu
400 C erhöhend, Seen intermittierend, manchmal mit Schüttel-
frost beginnend. Nach einigen Tagen bei einem Höhepunkt des Fieber-
anfalles gelingt es im Blute Tertianaplasmodien nachzuweisen.
Die gemäß Ochsner vorgenommene und nach einer Woche wieder- -
holte Chinindosierung ergibt ein ausgezeichnetes Allgemeinbefinden
des Kranken, die Fiebererscheinungen verschwinden ganz, er fühlt
sich gesund. Nachdem aber im Blute — wenn zwar in geringerem
Maße — die Plasmodien noch immer nachweisbar sind, gaben wir dem
Kranken intravenös 0,15 g Neosalvarsan. Nach wenigen Stunden trat
im Gefolge von heftigem Schüttelfrost eine Temperatur von 38°C ein,
welche nächsten Tag zurückfiel. Im Blute waren noch immer die
Plasmodien nachweisbar und so gaben wir nach 120 Stunden nochmals
und zwar 0,30 g Neosalvarsan. — Kurz darauf zeigten sich bedenk-
liche Erscheinungen: das Fieber stieg bei Schüttelfrost bis 40° C und
bei diesem Niveau verblieb es; der Kranke ist soporos, adynamisch,
klagt über starkes Unwohlsein, es quält ihn unstillbares Erbrechen
nt Diarrhoe, die Extremitäten sind kalt, der Puls ist stark beschleu-
nigt, filiform, von embryokardialem TYP; auf seinem Gesichte tritt
bräunliche, diffuse Pigmentation auf, welche sich Tag für Tag verstärkt,
dieselbe auch auf der Regio perianalis, am Skrotum und an den den
Kleidern ausgesetzten Druckstellen. Am dritten Tage Kollaps, welcher mit
Kardiotonika kupierbar ist; am fünften Tag ein neuer Kollaps und Exitus.
Aus dem bei der Sektion zur Beobachtung gelangten patho-
logisch-anatomischen Befunde teile ich im folgenden die wesentlicheren
mit: In der rechten Lungenspitze einige teilweise verkalkte Herde.
Linksseitig ausgebreitete Pleuritis adhaesiva. Der Umfang der Aorta
“viel enger, als in der Regel. Das Herz kaum größer als das normale 1).
Die Milz.dreifach vergrößert, die Foollikel hypertrophisiert. Im Duo- .
denum die Lymphfollikel gruppenweise hügelmäßig hervortretend.
Die Dimensionen des Thymus: 4,5x15xX05 cm. Beide, beson-
ders die rechte Nebenniere stark vergrößert, in den Schnitt-
oberflächen die Mark- und Rindensubstanz vollständig
destruierend, bohnengroße zusammenfließende käsige Herde.
Nach der Autopsie können wir keinen Zweifel hinsichtlich
des Krankheitsbildes haben. Ob die Malariainfektion eine temporäre
oder kausale Vorbedingung der Destruierung der Nebennieren war,
ist wahrscheinlich, doch nicht sicher. Die Tatsache, daß die Sym-
ptome des Morbus Addisoni nur in einer späteren Phase der Malaria
prävalierten, hat in keiner Richtung Beweiskraft.
Die Tatsache, daß die Salvarsanpräparate eine gewisse Affinität
zu den Nebennieren und zwar in graduiertem Maße zu den anatomisch
oder funktionell lädierten Nebennieren haben, wird durch zahlreiche
Beobachtungen bewiesen. |
Colmer und Lucke haben an den Eingeweiden von Meer-
schweinchen nach Dosierung von S. und N.S.-Untersuchungen gemacht.
‘Die Autoren heben neben den Veränderungen anderer Organe die
schweren pathobistologischen Veränderungen der Nebennieren her-
vor u. zw. Thrombose, Zellendegeneration und Reduktion der Chromallin-
- und Lipoidsubstanz, Schamber g bestätigtdiesen Befund; die schwersten
Veränderungen nebst der Leber fand auch er an den Nebennieren.
Daß die Nebennieren überhaupt gewisse — sowohl direkte, als hormo-
nale — giftbindende Wirkung haben, weisen die Untersuchungen
Lewis nach; Lewis beobachtete die Toleranz der ihrer Neben-
nieren beraubten Meerschweinchen gegen verschiedene Gifte und fand,
daß bei solchen Tieren viel kleinere Dosen sich giftwirkend resp. tod-
bringend erweisen. Bemerkenswert ist der durch Monsiols und
. Collignon mitgeteilte Fall, welche Forscher nach gegen Febris re-
currens ee Novarsenobenzol die Entwicklung der typischen
Symptome der Nebenniereninsuffizienz beobachteten. In diesem Falle
bewies die richtige Annahme des Hyposuprarenalismus die wirkungs-
volle Anwendung der Adrenalintherapie. Bei einem Kranken Sergents
trat nach einer intravenösen Dosierung von N.S. Diarrhoe, Fußkrämpfe,
Kälte der Extremitäten, Hypotbermie, niedriger Blutdruck, As-
phyxie — typische Nebenniereninsuffizienz auf, welche Erscheinungen
auf Adrenalin schnell zur Rückentwicklung Be eneten Sergent glaubt
den Grund dafür in der durch andere kausale Faktoren (Tbec., Lues)
hervorgerufenen verringerten leere der Nebennieren zu
finden; unter physiologischen Umständen sind diese in ihrer Leistungs-
1) Schridde betont in seiner Monographie über den Status
thymicolymphaticus, daß bei solchen Individuen das Herz fast in allen
Fällen vergrößert ist. Ausnahmen nahm er nur in solchen Fällen
wahr, in welchen der Kranke mit Status thymicolymphaticus an Bronze- -
krankheit litt.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
nicht überschrei- |
.— der Thymus und das Iymphatische
Nebennierenextraktherapie eine bedeutende Besserung.
Nebennierenveränderungen.
fähigkeit verringerten Nebennieren in ihrer giftbindenden Tätigkeit
. suffizient; im Falle ihrer übermäßigen Inanspruchnahme aber — und
hierzu sind die hinsichtlich der Nebennieren eine besondere Affinität be-
sitzenden Salvarsanpräparate zu rechnen — zeigen sie eine relative
Insuffizienz. Vielleicht erhält der Plexus solaris und Plexus perisu-
prarenalis so viel chromaffine Substanz, daß sie das Fehlen der Funk-
tion der absolut insuffizient gewordenen Nebennieren bei einer mäßigen
Belastung kompensieren können. 3
Ein indirekter Beweis, daß die Salvarsanwirkung mit dem Chrom-
affinsystem in Zusammenhang steht, bietet jene Erfahrungstatsache, .
daß ein großer Prozentsatz der Salvarsantodesfälle auf Individuen mit
Status thymicolymphaticus kommt. An diesen Umstand erinnert be-
sonders Schridde in seinem an früherer Stelle erwähnten Werke.
Daß der Thymus und die Nebennieren mit einander. in engem Zusammen-
hange stehen, beweist u. a. diese zuerst von Hedinger mitgeteilte
Erscheinung, daß bei Addisonkrankheit öfters als pathologisch-anato-
mischer Nebenbefund Hyperplasie des Thymus sich zeigt. Infolge der
Minderfunktion der Nebennieren hypertrophieren — nach Pulawsky
ewebe. Hornowsky teilt
diese Meinung mit der Erweiterung, daß der Thymus und das chrom-
alfine System in gewisser Hinsicht entgegengesetzte Funktionen ausüben,
Was für biochemische Prozesse auf die Nebenniere und auf die
gegen Gifte, besonders gegen S. sich manifestierende Toleranz des Or-
en einwirken, darauf werfen die durch Zondek an isolierten
roschherzen gemachten Experimente einiges Licht. Er fand, daß,
wenn das Gleichgewicht der antagonistischen Ca- und K-Ionen in der
das Froschherz umgebenden Ringerlösung sich ändere, auch die Gift-
wirkung einer kardinalen Veränderung unterworfen ist, so daß, wenn
wir die Konzentration des parasympathikotropen K vergrößern, die sonst
ungefährlichen Dosen von As Sal Chinin wie ‘doses toxicae wirken,
demnach die Wirkungen des As und K summiert werden, dagegen
das sympathikusreizende Ca in entgegengesetzter Richtung wirkt. Dei
Grund der durch diese verschiedenen Gruppen angehörenden Gifte er-
zeugten synergistischen pharmakodynamischen Wirkungen geben die
durch diese Gifte hervorgerufenen biochemischen Prozesse. Und wenn
bei den unter diesen Umständen vorausgesetzten Salvarsanaffektionen
die Berechtigung der Ca-Therapie besteht, dann sind die Meinungen
von Jakobson und Sklarz begründet, daß das mit Ca synergistisch
wirkende Adrenalin gleiche Wirkungen auslösen kann. Also können
wir auf Grundlage der Biochemie zu demselben Standpunkte gelangen,
zu welchem uns praktisch die als Salvarsanfolgerungen auftretenden
sogenannten angioneurotischen Symptomenkomplexe in ihren klinischen .
Erscheinungen zwingen: d.i. zur Adrenalintherapie.
Der von uns beobachtete Fall lehrt, daß die Nebenniere
und die Malaria untereinander in einer direkten Beziehung
standen. In der neueren Literatur habe ich zwei ähnliche Fälle
gefunden. Der eine ist der von Furno, der an seinem an tropischer
Malaria leidenden Kranken — sechs Monate nach vollkommenem
Erlöschen der malarischen Symptome — typische Addisonsche
Symptome sich entwickeln sah; der Kranke zeigte auf Chinin- und
Furno sah
außerdem ölters bei Sektionen der an Malaria Verstorbenen größere
Er lenkt die Aufmerksamkeit darauf,
daß ein großer Teil der klinischen Symptome der Malaria —
Adynamie, Ohnmacht, choleriformer Zustand — dem :Hyposupra-
renalismus entspricht.
Addisonkrankheit als direkte Folge der Malaria hält, betont, daß
bei den verschiedenen Malariaformen bloß der tropische in Be-
ziehung zur Nebenniere steht. Der zweite Fall ist ebenfalls ein
tropischer; der Mitteiler dieses Falles, Rusca, erinnert daran, daß
die im Gefolge der Malaria auftretende Bronzekrankheit nicht immer
ein einfacher sekundärer Hyposuprarenalismus ist, sondern daß wir
an die tuberkulöse Verkäsung der Nebennieren .denken müssen.
In meinem Falle besitzt die Annahme eine gewisse Berechtigung,
daß das angewendete Neosalvarsan auf die schon früher durch die
Malaria lädierten, oder von dieser Krankheit unabhängig durch
sekundären tuberkulösen Prozeß zerstörten Nebennieren als eine
solche große Belastung wirkte, gegen welche deren Funktion sich
als ungenügend zeigte, und der Exitus als Folge des Hyposuprar-
enalismus eintrat.
Auf Grund obiger Erörterungen erfordert nach meiner Ansicht
die Aufstellung der Indikation der Neosalvarsantherapie der Malaria
in jedem Falle eine gründliche Erwägung, besonders dann, wenn
neben’ oder außer der Malaria zugleich der Verdacht einer durch welche
Wirkung auch immer eingetretenen Läsion der Nebennieren besteht.
Literatur: Fernbach, M.Ki. 1922, 10. — Fischer, Derm.Wschr. 1921, 31.
— Friedemann, Klin.Wschr. 1922, 3. — Furno, Policlin. sez. prat. 1920, zit. n.
Kongr.-Zbl. — Hedinger, Frankf. Zschr. f. Path. 1907, 1, zit. n. Pulawsky. — Hor-
nowsky, Noviny Lekarskie, 1912, 23, zit. n. Kongr.-Zbl. — Isaac-Krieger und
Löwenberg, M.K1.1922, 32. — Jacobson und Sklarz, M.K1.1921,44. — Kraus,
D.m.W, 1920,8. — Nocht und Werner, D.m.W, 1910, 34. — Pulawsky, W.kl.W.
1912, 20. — Rusca, Policlin. sez. med. 1920, 7, zit. n. Kongr.-Zbl. — Sklarz,
Klin.Wschr. 1922, 28. — Schridde, M.m.W. 1912, 48. — Werner, D.m.W. 1910, 39
u. 1912, 39, — Wollenberg, D. m.W. 1922, 31. — G.Zondek, B.kl.W. 1919, 21.
20. Juli
Furno, der,in dem mitgeteilten Falle die
„betrachten sind. | |
"Immer wieder wird man an diese Worte, mit welchen A. Strasser |
à
iia Dermatologischen Abteilung des Wilhelminenspitalös in Wien
(Vorstand: Prof. Dr. M. Oppenheim). a
Zur Behandlung des Erysipels mit ultraviolettem Licht.
Yon Dr. Stefan Robert Brünauer, Abteilungsassistenten.
„Bei der Therapie. des Erysipels bestätigt sich wieder der
alte Erlahrungssatz, daß Krankheiten, gegen die sehr viele Mittel
-` vorhanden sind, eigentlich mehr ‚als selbstheilende Krankheiten zu
u s
den Abschnitt über Therapie seiner ausgezeichneten Darstellung des
Erysipels einleitet, erinnert, wenn man die Literatur der letzten Jahre
über Rotlaufbehandlung durchmustert und sieht, wie viele und mannig-
<. fiche Methoden zur Bekämpfung des Erysipels von den verschiedenen
Autoren angegeben wurden und wic differente, zum Teil widersprechende
` Resultate dabei erzielt wurden. So empfehlen, um nur eine kurze
"Darstellung in dieser Hinsicht zu geben, Januschke und Satze das
- : Pyramidon, das, wie insbesondere Januschke hervorhebt, eine Ver-
- ‚lindungsvorganges und insbesondere eine rasche Senkung der Tempe-
raturkurve herbeizuführen imstande ist; Kren berichtete, daß Erysipel,
sogar Fülle von Erysipelas migrans. im Wasserbett rasch und unend-
v lch viel leichter abheilen — auf die Bedeutung des Wasserbettes hat
fingsb erst wieder Arzt nachdrücklich verwiesen —, die Anwendung
. „des Thermokauters rühmt Kumaris, die Behandlung mit Karbol-
.. .. Kampferverbindungen nennt Uhlumsky geradezu spezifisch. Weh-
-her und Meyer hatten seinerzeit zur Beeinflussung des Erysipels
> - Inektionen mit Novokain-Suprarenin angeraten,, Nikolas dagegen
komte bei seinen Fällen damit keine sicheren Erfolge erzielen. Daß
man bei einer Infektionskrankheit, wie sie das Erysipel darstellt, auch
die Chemotherapie zu Heilzwecken heranzuziehen sucht, ist nur selbst-
‚ yerständlich und so empfehlen denn Schiller das Magnol, dessen
Wirkung auf das freiwerdende Chlor zurückzuführen sein soll, anderer- `
' seits Rosenstein das Rivanol, das in Form von Umspritzungen mit
einer 2/,igen frisch zubereiteten Lösung nach Angabe des Autors.
gute Dienste leisten soll. Bepinselungen mit höheren Konzenträtionen
. / von Argentum nitricum waren seinerzeit von Wernher in die Therapie
des Erysipels aufgenommen worden, Fränkel, Gaugele, Hirsch,
-> Stauber, Veyrieres-Ferreyrolles- rühmen neuerdings wiederum
‚diese unter den verschiedenen therapeutischen Methoden, von, welchen
namentlich die Behandlung mit Jod einerseits, mit Ichthyol anderer-
seits stets im Vordergrund gestanden ist. Das Jod wurde in der Rot-
Juftherapie schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit Eriolg
angewendet und zählt auch heute noch außerordentlich viele Anhänger,
ob es nun als Jodtinkturanstrich (Benassi, Gelinsky, Hamburger,
. Kiler, Lämmerhirt), als Jodphenol (Husik) oder in Form der
Jod-lontophorese (K. F. Be ck) verwendet wird; dem Ichthyol wiederum,
das von Nußbaum zuerst gegen Erysipel verwendet und geradezu mit
Begeisterung gepriesen wurde, wird einerseits eine gewisse Wirkung
'aul die Erreger, andererseits aber eine 'energische Beeinflussung des
Krankheitsprozesses nachgerühmt, der dann wesentlich abgekürzt und
milder verläuft;
- denn auch Ichthyol auf das wärmste, Perutz hebt die ausgezeichneten
Erfolge der
‚Aeben interner Chinindarreichung verabfolgt werden. Das von Lusk
> empfohlene Chinosol bewirkt vor allem eine Förderung der Phago-
zyose, wirkt also, wenn auch indirekt, auf die Erreger ein, wie dies
ach, allerdings in anderer Weise, durch Kollargol (Schilinski,
crutz) und Dispargen (Cholewa) geschieht. Zur unspezifischen
handlung des Krysipels zählen auch die Verwendung von Terpentin,
as hier schon von Lücke mit gutem Erfolge verwendet worden war,
‚die Anwendung von Milchinjektionen (Kraus) und die Autohämo-
therapie (Torday). Verschieden sind die Erfahrungen mit spezi-
fischen Mitteln; die von Marmorek angegebene Behandlung mit
Antistreptokokkenserum ist von manchen Autoren, so namentlich von
antemesse, als ausgezeichnet gerühmt, von anderen wiederum
wegen gelegentlich post injectionem auftretender schwerer Erscheinun-
gen abgelehnt worden, Boisserie-Lacroix empfehlen sie neuerdings
wiederum, Wernic konnte keine Erfolge beobachten. Ganz ähnlich
sind auch die Anschauungen über die Verwendbarkeit der Strepto-
okkenvakzine geteilt, Boidin und seine Mitarbeiter Tierny und
elafontaine, sowie Sill treten für sie ein, Erdmann wiederum
‚Spricht sich gegen sie aus. So
anderer Sera, 30 zum Antidiphtherieserum (Koller, Polák, Aposto-
teanu), zum Schweinerotlaufserum (Goldschmidt); aber auch diese
a pezilische* Behandlungsmetliode versagt vielfach (Kraus),
© Anwendung von Pierdeserum führt nach Meinold überhaupt nicht
Zu einem Erfolg.
Mit der fortschreitenden Entwicklung der einzelnen Zweige
der Strahlentherapie wurden natürlich auch die verschiedenen
wi der Strahlenbehandlung beim Erysipel in Anwendung ge-
Wacht, so das Rotlicht von Thedering und O. Müller, die Rönt-
grnstrahlen von Hesse und von Magelhaes; Schrader empfiehlt
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29:
'minderung der Schmerzen, eine wesentliche Abschwächung des Ent- -
Eisler, Kasseroller, Lüth, Oksenow empfehlen ,
o. er auf der Abteilung Ehrmann. geübten Erysipeltherapie `
kervor, bei welcher Ichthiyolalkohol-Umschläge undKollargol-Pinselungen
griff man denn zur Verwendung,
ebenfalls die Röntgenbehandlung des Erysipels, und zwar mit Reiz-
dosen, Czepa zieht wiederum. der Röntgenbestrahlung die weitaus
1003.
einfachere, mühelosere und einem größeren Kreise zugängliche .
“Quarzliehtbehandlung vor, mit welcher gute Erfolge beim Erysipel
vielfach, so von Beck, Budde, Capelle, Carl, Peteny, Schenk- -
Popp und Sjövall erzielt wurden. König wieder beurteilt die
mit der Quarzlampe erzielten Erfolge ‚durchaus nicht so günstig, da
nach seiner Beobachtungen eine größere Zahl von Fällen durch die
Bestrahlung nicht . beeinflußt wurden und weiterschritten, und
Nonnenbruch weist an der Hand einer Statistik nach, daß die
einfache Behandlung des Rotlaufs mit Umschlägen von essigsaurer É
‚Tonerde den anderen Behandlungsmethoden nicht nachstehe, daß
vielfach Temperaturabfall und Rückgang. der Erscheinungen spontan _
eintritt, so daß man also bei der Beurteilung eines bestimmten
therapeutischen Erfolges sehr vorsichtig sein muß. ' IE:
Bevor nun auf die Resultate der Quarzlichtbehandlung, die wir
an unserer Abteilung bei einer Reihe von Erysipelfällen erzielten, näher:
eingegangen werden soll, muß noch Einiges vorausgeschickt werden; .
‚bei der Durchsicht der letztangeführten Arbeiten über Behandlung des
Erysipels mit Quarzlicht fällt nämlich auf, daß die verschiedenen Autoren
auch in ganz verschiedener Weise die Bestrahlung durchgeführt haben.
So bestrahlt Beck in einer Entfernung von 70—100cm durch 10 Minuten
und steigt dann um 1—5 Minuten an.. Gapelle wieder bestrahlt in
einem Abstand von i m durch 5 Minuten, u. zw. auch die Randpartien
des erkrankten Hautbezirkes, Carl setzt die erkrankte Hautpartie in |
einer Distanz von 100 cm durch 10—15 Minuten der künstlichen Höhen-
sonne aus, Ozepa bestrahlt durch 10—15 Minuten in einem Abstand
von 80cm, -König wiederum durch 5--10 Minuten bei Entfernungen
von 30—50 cm. Die Distanz von 50cm wählen auch Peteny
d
und `
Schenk-Popp, welche durch 2—3, bzw. 1 Minute belichten, wobei _
ersterer dann um1—1!/, Minuten ansteigt. Sjövall endlich sah günstige
Erfolge bei einmaliger Bestrahlung des Rotlaufs durch 5 Minuten. Wenn
nun auch im allgemeinen die Dosierung des ultravioletten Lichtes für
überflüssig gehalten und darauf hingewiesen wird, daß die individuelle
Verschiedenheit der Lichtempfindlichkeit jede Dosierung unmöglich.
macht, .so hat doch eine große Reihe von Autoren, Bering und Meyer,
'Rost,; Hackradt, Keller u. A., eine solche Dosierung für unerläßlich
gehalten und insbesondere der Letztgenannte hat in Anlehnung an die
Jodmethode von Bering und Meyer eine Methode ausgearbeitet, die
‚sich ausgezeichnet zur Messung der Lampen eignet, u. zw. insbesondere
deshalb, weil sie im Vergleich zu anderen Meßmethoden (Aktinimeter von
Fürstenau, Graukeilphotometer von Eder-Hecht) mit biologischen
Prüfungen an, derHaut desMenschen am meisten übereinstimmt (Keller).
Ein Becherglas von 5 cm Durchmesser und 100 ccm Inhalt, ge-
säurelösung, 6—8 Tropfen 1°/,iger Stärkelösung und 1 ccm 1i n-Na-
triumthiosulfatlösung werden im halben Abstand im mittleren Strahlen-
kegel der Höhensonne bestrahlt, bis eben Bläuung eintritt; die hier-
füllt mit je 25 ccm 1P/,iger Jodkalilösung und 5,8%,iger Schwefel- .
für notwendige Zeit ist die Höhensonneneinheit (HSE), sie -
stellt die mittlere Erythemdosis dar, jene Menge also, die bei
den meisten Menschen genügt, ein Erstlingserythem her-
vorzurufen. | | EN: |
In der eben geschilderten Weise wurde nun unser Brenner
geeicht und entsprechend der damals ermittelten Höhensonneneinheit
von 1 Min. 20 Sek. für die Distanz von 50 cm als Anfangsdosis eine
Menge biologisch wirksamen Lichtes gewählt, die etwas unter der
mittleren Erythemdosis lag, einer Bestrahlungszeit von .einer Minute
entsprach. | l |
Die Höhensonnenbestrahlungen unserer Erysipelfälle — im .
folgenden . soll nur von einer Gruppe von 15 klinisch genügend be-
obachteten Fällen die Rede sein — gestalteten sich nun derart, daß
die befallenen Partien den Strahlen des Quarzlichtes ausgesetzt
‚ wurden, jedoch nicht in toto, sondern hauptsächlich die
Randpartien und das angrenzende Gebiet normaler Haut,
übrige gesunde Haut mit Kompressen abgedeckt wurde.
Diese Methode wurde
die Arbeit Fehleisens, der festgestellt hatte, daß die Strepto-
kokken: hauptsächlich in -den Lymphgefäßen der oberflächlichsten
Koriumschichten vorkommen und zwar nicht etwa des geröteten
Hautbezirkes, sondern in der schmalen Zone, welche dem geröteten
während die zentralen Anteile mit schwarzem Papier, die
gewählt nicht zummindesten in Anlehnung an
Rand des fortschreitenden Prozesses entspricht, Lusk konnte später
dann zeigen, daß die Erreger auch noch in einem etwa 2—3 cm
breiten Streifen außerhalb des progredienten Randes im scheinbar.
gesunden Gewebe vorhanden sind — auch manche andere thera-
peutische Methoden wurden auf diese Tatsache basiert, so die Ver-
wendung des Heftpflasterstreifens gegen das Fortschreiten des Rot-
laufes (Wölffler), der Jodgrenzanstrich (Lämmerhirt u.a). War
das Erysipel auf beiden. Gesichtshälften oder auch auf dem Kopfe,
überhaupt an mehreren Stellen vorhanden, die nicht zugleich be-
strahlt werden konnten, só wurde jede Stelle für. sich bestrahlt.
Die Augen wurden hierbei geschlossen ‚gehalten, eventuell durch
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Auflegen von Wattebäuschchen geschützt. Die Distanz betrug 50 cm,
die Bestrahlungszeit war eine Minute, doch wurde sie bei den fol-
genden Bestrahlungen, die an einanderfolgenden Tagen vorgenommen
wurden, um eine halbe Minute verlängert. Zur Linderung des
‚durch die Belichtung erzielten Erytbems wurden mit Vorteil kalte
Umschläge von stark verdünnter essigsaurer Tonerde, Aqua plumbi
oder Borwasserlösung verwendet. Die Behandlungsresultate werden
nun, da eine Wiedergabe aller Krankengeschichten wohl kaum
möglich ist, am besten durch folgende einfache Tabelle illustriert:
Zahl der Bestrablungen |
ılelslelöle we
mehr
‚ala 6
Fieberabfall >22..716[6 i=: i
Rückgang der Erscheinungen. | 4 | 7 21—|1| — 15
"Vollständige Heilung . ; —|4|/5|3 |2| i f- 8
Es zeigt sich demnach, daß bei unserem Material, das 14 Fälle
von Gesichtserysipel, darunter zwei Fälle, die schon zum zweiten
2
1
Male an einer Gesichtsrose erkrankten, sowie einen Fall von Erysipel -
_ der Unterschenkel umfaßte, nach ein oder zwei Bestrahlungen ein
` Abfall der Temperatur eintrat, 12 unter 15 Fällen, d. i. also 80%,
wiesen dieses Verhalten auf. Ein Rückgang der Erscheinungen war
bei 4 Fällen nach einer einmaligen, bei 7 Fällen nach der zweiten
Bestrahlung zu konstatieren, so daß man im allgemeinen sagen
kann, daß in etwa ®/, der Fälle ein bis zwei Bestrahlungen genügten,
um den Rückgang der Erscheinungen zu erzielen. Nichtsdestoweniger
haben wir ebenso wie Czepa die Bestrahlungen auch dann noch
fortgesetzt, und. zwar mit der gleichen Dosis oder sogar auch mit
einer erhöhten, und konnten feststellen, daß 4 Fälle nach der
dritten, 5 Fälle nach der vierten, 3 Fälle nach der fünften und
2 Fälle nach der sechsten Bestrahlung vollständig zur Abheilung
gelangt waren, daß also 60 °/, der von uns beobachteten Fälle nach
der vierten bzw. fünften Bestrahlung .als geheilt entlassen werden
konnten. |
strahlungen, eine Frau, die gleichzeitig an einer impetigoähnlichen
Erkrankung der Nasen- und Mundwinkelgegend litt und bei welcher
eine gleichzeitige, unter ‚leichterem Fieber einhergehende Rippenfell-
reizung die rechtzeitige und regelmäßige Bestrahlung verhindert hatte.
Fragt man sich nun, wie etwa die Wirkung des Höhensonnen-
lichtes auf den erysipelatösen Prozeß zu erklären wäre, so können
verschiedene Annahmen vorgebracht werden; was zunächst die
bakterizide Wirkung der ultravioletten Strahlen betrifft, so wurde
eine solche vielfach angenommen, und zwar sowohl für Tuberkel-
bazillen wie auch für andere Bakterien, allein eine Reihe von Autoren
wie Rost negieren eine derartige Wirkung auf die im Gewebe be-
findlichen Mikroorganismen, und auch wir möchten namentlich im
Hinblick auf die Versuche Königs eine solche bakterizide Beein- |
‚Aussung in unseren Fällen ablehnen. Und ebenso wenig konnte
eine Wirkung auf die beim erysipelatösen Entzündungsprozeß- ent-
stehenden toxischen Stoffe vorliegen, da die bei intensiver Be-
lichtung beobachtete Abschwächung von Toxinen hauptsächlich auf
die Wärmewirkung der langwelligen Strahlen zurückzuführen ist
(C.Sonne). Hier wäre noch daran zu denken, daß es sich in unseren
Fällen um eine günstige Allgemeinwirkung handelt, um günstige
Beeinflussung des Gesamtstoffwechsels, möglicherweise auch um
Schutzstoffbildung in der Haut (Esophylaxie Hoffmanns). Auch
eine Wirkung auf die Kapillaren des Papillarkörpers wurde an-
_ genommen, so von Carl, der das Wesentliche der günstigen Wirkung |
von Höhensonnenlicht auf den Rotlaufin der arteriellen Hyperämie
erblickt; man hat dann diese Wirkung auf die Kapillaren des Papillar- -
körpers als eine Beeinflussung ihrer Endothelien erklärt, man hat
ferner den nach Höhensonnenbestrahlung eintretenden Leukozytosen
besondere Aufmerksamkeit geschenkt und auch angenommen, daß
nach Belichtung mit künstlicher Höhensonne analoge Prozesse wie
bei parenteraler Eiweißeinverleibung sich abspielen. Vielleicht sind
jedoch die Wirkungen der Höhensonnenbestrahlung auf das Erysipel
kolloidehemischer Natur; einerseits wissen wir ja seit Verworn,
daß das Zellprotoplasma als ein Gemisch aus kolloiden und echten
Lösungen anzusehen ist, andererseits sind bereits Untersuchungen
über die Wirkung der ultravioletten Strahlen gerade in koloid-
‚chemischer Hinsicht angestellt worden; so können unter dem Einfluß
von Ultraviolettstrahlen aus feindispersen gröber disperse kolloidale
Lösungen entstehen, Albumine vermindert und Globuline vermehrt
werden, und von den kolloidalen Körpern, die sonst im Stoffwechsel
eine Rolle spielen, unterliegen insbesondere die Fermente, „die Haupt-
handwerkszeuge der Zelle“, der Wirkung dieser Strahlen. So konnte
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29:
Ein einziger Fall beanspruchte mehr als sechs Be-
| re Vater angeblich an Ma
20. Juli
zuletzt Keller experimentell nachweisen, daß bei den üblichen
Dosen. ultravioletten Lichtes die Fermente in den Zellen primär
geschädigt, abgeschwächt oder sogar aufgehoben werden. Es wäre
nun immerhin denkbar, daß beim Erysipel die in den Zellen des
erkrankten Areals sich abspielenden, durch den Entzündungsprozeß
gesteigerten biologischen Vorgänge, die ihrerseits ein Optimum für
die im Gewebe vorhandenen Erreger schäffen, unter dem Einfluß
der Höhensonnenbestrahlung gehemmt, abgeschwächt werden, woraus
dann wieder weniger günstige Lebensbedingungen für die Strepto-
kokken resultieren. Eine solche Erklärung würde auch damit im
Einklang stehen, daß gerade die Bestrahlung des progressiven Randes
e
anscheinend günstige Resultate zeitigt, sie würde andererseits ein
Analogon zu jener von Hesse darstellen, welcher derart die Wirkungen
der Röntgenbestrahlung beim Rotlauf zu erklären versucht, und tat-
sächlich besteht ja hinsichtlich der Beeinflußbarkeit des Erysipels
ein gewisser Parallelismus zwischen der Röntgen- und der weitaus
einfacheren und allgemein zugänglicheren Höhensonnenbestrahlung.
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S. 515. — Schiller, rəf, Zbl. f. H. u. G. I, S.349. — Schrader, Ther. Halbmonh.
35, 5.600. — Sill, ref. Arch. f. D. u. S. 117, 8.559. — Sjövall, ref. Zbl f. EL u. G.
II, S. 516. — Stauber, M. K1. 1918, 8.1055. — Strasser, Spez. Path. u. Ther. inn.
Krankh. v.Kraus u. Brugsch. II, 2, 8.715. — Szecsy, W.m.W. 1916, S. 168. —
Thedering, M.m.W. 1919, S. 72. — Torday, W.kl.W. 1923, S. 762. — Veyridres-
Ferreyrolles, ref. Zbl. f H. u. G. IT, 8.80. — Wernic, ref. Arcb. f. D. u. S.
S. 435. — Wirz, Derm.Wschr. 74, S. 321.
Aus dem Städtischen Krankenhause zu Guben
(Direktor: Prof. Dr. Adolph Hoffmann).
Zweimaliger Ileus
bei Mesenterium ileo-colicum commune.
Von Dr. 0. Steinke, Assistenzarzt. |
Überall verstreut finden sich in der Literatur Berichte über
das Vorkommen eines sog. Mesenterium ileo-colicum commune.
Sämtliche Autoren sind sich darüber einig, daß diese Abnormität
zum Volvulus in der Zökalgegend prädisponiert. Im folgenden sei
ein Fall veröffentlicht, bei dem es nach gelungener operativer Be-
seitigung eines Volvulus zu einem Ileus infolge der besonderen, .
durch die Entwicklungsanomalie bedingten Verhältnisse kam.
27 y landw. Arbeiter K. L., am 13. November 1923 in das Haus
mit der Diagnose Ileus eingeliefert. |
Vorgeschichte: Als L. heute Nacht gegen 2 Uhr das Bett ver-
ließ, um Wasser zu lassen, plötzlich heftige Schmerzen in der linken
Unterbauchgegend, die sich allmählich über den ganzen Leib aus-
dehnten. Um 4 Uhr morgens etwas Stuhl, gleichzeitig Erbrechen.
an kein Stuhl, auch keine Winde. Erbrechen "kleiner Mengen
ge
g "üner gallebitterer Flüssigkeit hielt an, Schmerzen immer heftiger.
‘Der
eib blähte sich auf. Nachmittags wird L. eingeliefert. Seit 1917
anfallsweise Magenschmerzen, mehrere Stunden nach dem Essen auf-
tretend, etwa 15 Minuten anhaltend. Desweg
en schon in ärztlicher
Behandlung, hat aber den Schmerzen wenig Bedeutung beigelegt, da
sie lange Zeit ausgesetzt haben. Vor 1917, wo im Felde Gasvergiftung,
genkarzinom gestorben, Mutter an
assersucht. |
Befund: Mittelgroßer, sehr kräftig gebauter Mann in gutem
Ernährungszustande mit athletischer Muskulatur. Von sonstigem Befunde
seien nur. erwähnt: keine Facies abdominalis. Zunge belegt, feucht.
Untere Lungengrenzen hochstehend, Herzaktion beschleunigt, aber regel-
mäßig. Leib meteoristisch aufgetrieben, besonders linke Unterbauch-
116,
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z gend, die gespannt ist. Während in den übrigen Teilen der Leib Entwicklungsgeschichtlich: sehen wir, daß im. vierten Fötal-
b. 4 ei na A e monat der Anfangsteil des. Diekdarmes über’ den Dünn darm N
© echts auslösbar, links nicht nachweisbar (9). ` der vorgetriebenen | nach der r Tarnamgaite tritt in seinem weiteren Verlaufe
">: iken Unterbauchgegend hohe Tympanie. Bruchpforten frei. Genitale: aA reehten Eor peri oo Iiii nn >
o. B; ‘Per rectum: o. B. Extremitäten und Nervensystem ohne Be- zieht ‚der Dickdarm nach links, um unter der Milz in ziemlich
7° sonderheiten. Indikan im Harn nicht vermehrt. ` Leukozyten: 9400.
3... zBofortige Ban toni in Athernarkose (Prof. Hoffmann).
“7 ‚Schmitt in der Mittellinie zwischen Nabel und Symphyse, später ‚der -
"besseren Übersicht wegen um 5cm nach oben verlängert. ` In der
°— Bauchhöhle reichliche Mengen serös-trüber Flüssigkeit. Aus dem Schnitt
, gilltidas stark geblähte Zökum, das vorsichtig. vorgewälzt wird. Es
-~ besteht ein Mesenterium ileo -colicum commune. Zökum,
sowie. Anfangsteil des Colon ascendens und‘ das Endstück des Ileum |
' sind üm- ihren Mesenterialansatz um 1800 nach rechts, im Sinne
des Uhrzeigers, gedreht. Der Volvulus wird rückgängig gemacht.
* Im Mesenterium einige Blutsugillationen, besonders .an der Stelle der
Torquierung. Eine unbedentende Blutsugillation außerdem unter der
- Serosa des Zökum an der freien Tänie. Der geblähte Darmabschnitt
Mt die Stärke von etwa drei Frauenfüusten. Darmserosa leicht gerötet,
sonst frei von entzündlichen Erscheinungen, glatt und spiegelnd, ‚ebenso
die etwa 12 cm lange Appendix. Einrisse in die Darmserosa bestehen
nicht Nach Zurückdrehen des Volvulus läßt sich der’ Inhalt des
-` terquierten Darmes leicht in den übrigen Diekdarm auspressen. Zwischen
Magen und Querkolon keine Verbindung (fehlendes Lig. gastrocolicum).
-Eingeweide werden wieder in die Bauchhöhle zurückgebracht, ‘und
- zwar $0, daß der Dünndarm links, Colon ascendens und Zökum rechts
- in der Bauchhöhle liegen. Schluß der Bauchwunde in drei Etagen.
> Am Morgen des folgenden , Tages spontan reichlich breiiger
Sth; am Abend mehrfaches Erbrechen bei starkem Übelsein. Leib
“weich, in Seinen mittleren Partien etwas aufgetrieben, nicht druck-
empfindlich. Winde gelien ab. Oo. | | a
0 Am 15. November erbricht Pat. im Laufe des Vormittags wieder,
‚ -whud Winde sistieren. Eine anfängliche Temperatursteigerung
': mf 38l am Abend des 14. geht am 15. gegen Mittag wieder’ auf 36,8°
scharfem Winkel kaudalwärts abzubiegen und so. schon jetzt: deutlich
das :Colon descendens von dem übrigen Dickdarm abzugfenzen. Die
‘Unterscheidung von Colon transversum und Colon:äscendens erfolgt
‚etwas später dadurch, daß das. unter: der, Leber liegende: Zökum
herabrückt und dabei das zwischen Zökum und dem quer ver-
laufenden Teile.des Dickdarmes. befindliche Darmstück in die Länge
‚zieht. Schon vorher im dritten Monat ist der-physiologische Nabel-
bruch in die Bauchhöhle zurückgewandert. Das bei der Wanderung
des Dickdarmanfängsteiles 'nach. rechts herübergezogene Mesokolon
legt sich mit seiner Hinterwand (die ursprünglich rechte Oberfläche)
‘an die Rückwand der Bauchhöhle und verwächst mit ihr, ‚so dab
hier scheinbar der Dickdarm nie ein freies Mesenterium besessen
‘hat. Beim absteigenden Teil des Diekdarmes verwächst ebenlalls
die Hinterfläche ‘(ursprünglich linke Oberfläche) -des nach links
herübergezogenen Mesenteriums mit der Hinterwand der:Bauchhöhle
‘und verliert so der absteigende Teil sein freies Gekröse, wobei
‚allerdings an der Sigmoideumsschleife ein solches -erhalten bleibt.
Beim quer verlaufenden Teile ‘des Diekdarmes verwächst nur die
Hinterwand des Netzbeutels ‘mit dem Mesocolon transversum.
| Bei unserem Falle hatte die unbekannte Entwicklungshemmung
schon früh, spätestens im dritten Fötalmonat, ‚eingesetzt, da wir
bei ihm einen Zustand finden, der an das entwicklungsgeschicht-
liche Stadium der Nabelschleife erinnert. .Die Flexura duodenalis
(s..0.) liegt auf, der rechten Seite der: Wirbelsäule — ob das
Duodenum 'etwa noch ein freies Mesoduodenum hatte, wie in dem
Graserschen ` Falle, darüber findet sich im Krankenblatt keine
a: à a e~ ES a, r D wa A ee >
ee nt ee ae DE a us =
°-.mück. Puls leidlich gefüllt, 114 in der Minute. Auf hohen Wasser- | Notiz —. Die Radix mesenterii ist kurz und fast senkröcht gestellt, Ra ET ES SEN on
C - ‚eulauf kein Stuhl. Das Wasser läuft otwas gefärbt wieder ab. Am: | die Drehung des Dickdarmes .war so gút wie vollzogen, aber die TSG an NE
“Nachmittag Leib wieder meteoristisch, besonders in der rechten | Überkreuzung des.Dünndarmes durch das Kolön und dessen An- BE e SAna HE RTI e
. Unterbauchgegend, deutliche Darmsteifungen sichtbar. Über den go- | heftung, an der hinteren Bauchwand ausgeblieben. So resultiert BES RE RE RG) Ei
. „blābten Teilen des Leibes Klopfschall hochtympanitisch. Vereinzelte
TE Winde gehen ab, wieder Erbrechen. / En En E
E Am 15. November 3 Uhr nachmittags Operation in Ather-
' a - Marköse (Prof. Hoffmann). Zunächst in Höhe der rechten Spina
= iliaca ant. sup. Wechselschnitt, um ev. Enterostomie vorzunehmen.
= Nach Eröffnung des Peritoneum quillt reichlich sanguinolentes Exsudat -
P aus- der Bauchhöhle. Es ist nicht möglich, sich den ewünschten
| berblick zu verschaffen; Dickdarm liegt vor, jedoch kann die Appendix
l nicht zu Gesicht gebracht werden. Daher Eröffnung des Leibes in der
Mittellinie unterhalb des Nabels nach Entfernung der alten Nähte durch
Stumpfes Auseinanderdrängen der Wundränder. Situs: Plica duodenalis?)
rechts von der Mittellinie im Oberbauch oberhalb. des Colon trans- -
versum. In der rechten Oberbauchgegend eine Reihe kollabierter
Dündarmschlingen, der übrige Dünndarm, über das Colon transversum
l herübergeschlagen, füllt die linke Hälfte der Bauchhöhle und das kleine
. Decken aus. Es ist zum größten Teil mit wäßrig-gasigem Inhalt erfüllt,
. de Sichel seines Mesenteriums komprimiert das ‚Colon transversum;
Zükum und anschließender Dickdarm außerordentlich gebläht, haben
. eiwa die Dicke eines Oberarmes eines kräftigen Mannes. Darmserosa
p ea ztadi gerötet, zeigt starke Injektion der Gefäße, ebenso Serosa
i py 2erübergeschlagenon Dünndarmschlingen. 40 cm oberhalb. der
2 : yihischen Klappe Divertikelbildung im Tleum von der Größe eines
Dirrikel mit gut entwickelter Gefäßversorgung (Meckelsches
es - Der Dünndarm wird über das Colon transversum in die rechte
Hilfte des Bauches zurückgeschlagen. Es zeigt sich danach, daß die
ormale Lage des Zökum und Colon: ascendens (das spätere Trans-
versum) etwa in der Mitte des Bauches ist. Beide liegen unter sehr |
| ine Winkel zueinander. Das Zökum wird mit Serosanähten in das
erikoneum des unteren Wundwinkels 'eingenäht, um es jederzeit‘ er-
das Bild, daß das auf der rechten Seite der Wirbelsäule liegende
‚Mesenterium des Dünndarmes - sich .in das links von ihm liegende
Mesokolon des Zökum.und Colon ascendens fortsetzt und die natür-
' liche Lage eines großen Teils des Dünndarmes in der rechten Seite
der Bauchhöhle ist, während der gesamte Dickdarm links liegt.
‚Während das Zökum durch seine — obenerwähnte, — scharfe Ab-
knickung von dem Colon ascendens gut abgrenzbar' ist, ist eine
Abtrennung des Colon ascendens: vom Colon transversum "nicht
möglich, da das Kolon ungefähr‘ von der Mitte des Bauchraumes
aus von unten schräg nach links. oben steigt, um, dann unter der
Milz in außerordentlich spitzem -Winkel in das Colon descendens
überzugehen. Es liegen also Colon ascendens ‘bzw. Colon trans- `
versum dicht neben dem Colon descendens. Dieses Bild ist eine
präzise Wiedergabe des Entwicklungszustandes des Darmtraktus im
dritten bis vierten Fötalmonat und ist somit als Entwicklungs-
hemmung dieser: Zeit aufzufassen. en ee
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eg TU nn —e— in nr nm
L Eei
i Fe ` é x E ii
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* Das Zustandekommen des Volvulus im vorliegenden Falle
‘erklärt sich vielleicht folgendermaßen: Nach der Operation, als der
Dünndarm in die rechte Seite ‚reponiert‘ wurde, bemerkte man,
daß ein Teil’ des Dünndarmes (Deum), dessen Mesenteriumlänge es
gestattete, in das.Becken hineinfiel; nachdem er. rechts.am Zökum
‚vorbeigeschlüpft war. Möglicherweise ist durch Zurücksiaken ge-
' wisser Schlingen beim ‘Schlaf. (linke Seitenlage). ein Heraufgleiten
dieser erfolgt, so daß es dann beim plötzlichen‘ Aufstehen . und Eier
Pressen zu einem Volvulus gekommen: ist, indem .die Schlingen REANA
nicht rechts vom Zökum hinuntergleiten "konnten, ‘sondern ‘durch CH RR
Be P E Y
ET EEE $
3 aa A ON, Durchlegen von Fasziennähten über dem eingenähten | nn an ne a a ri VER ta
In ı N DEORLURH werden. Verschluß der übrigen Banchwunde S: nem: Entwieklün din dem der ibri z H 1 en spricht U Sf; E tah wi
"drei Er. n der rechten unteren Bauchgegend angelegten Wunde in | In seinem Enbwickiu gsstadium dem gen lemmung. - IRRE REDE
“a Eee nk Die Erscheinungen des Volvulus waren die bekannten und NA ANTEE HE ERI
le e EL Tage ist der Leib weich, auf Heizen und Glyzerin- | die Therapie des Darmverschlusses nach Eröffnung. der Bauchhöhle EEE EEE
Be er und Stuhl ab. > MEER ae Dami bei dem relativ wenig geschädigten Darme einfach und: sinnfällie. BIN IHRER SEEN GEAT
-geknüpft und die ee se En ne a Br Die Ursache des zweiten postoperativen Darmverschlusses a iani i o ʻi
aeh Am 26. Nähte entfernt, Wunden p. p. geheilt. Allgemeinbefinden liegt offenbar ee nn der ersten Laparotomie gemachten EHEN Se Bi HE
S Sy Pa x | Fehler: es wurde der Dünndarm in die linke Seite`des Bauches OEL parieta
IE mi 6. Dezember Entlassung mit elastischer Leibbinde. gepackt, Jinks „on: Colon ‚ascendens. Die notwendig gewordene SA ae S IE a
Sieht ge min 1924 stellt sich Pat. vor, hat keinerlei Beschwerden, Relaparotomie klärte den Situs (oben beschrieben). und mit der ENG. A he
ei SE Und frisch aus, hat guten Appetit und normalen Stuhlgang. N Ursache des Darmverschlusses ‚auch den begangenen Fehler. Damit j . o N
an: N) baw.di Stelle, w oo denn fdenM fol andon ‚war die, Therapie bestimmt und die Fixierung des Zökum und Colon HERR. uhr: i
Dimis han e das freie Gekröse des au a ee > b; chon | ascendens. in der Mitte der Bauchhöhle durch Einnähen in die ae lich,
Darme noch eginnt. Wieviel von dem folgenden, : ei ae | Wunde an der vorderen. Bauchwand. dürfte eine weitere ‚ähnliche EHRE ee
autoptischen a Duodenum gehörte, darüber läßt sic Talb - | Komplikation verhindern. Von einer Beseitigung des vorgefund: ee BR
schrieben 1. „undes nichts aussagen. Graser, hatte einen ~% uo | Meckelschen Divertikels wurde abgesehen, da sich an j a köineitet EL hat
. n, bei dem das gesamte Duodenum ein freies Mesenterium hatte. eckeischen | e abgesehen, da sich an ihm keinerlei BERN a Fa E i i.
ZZ Ä | en COMERTE Ns ai
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. bestehende schwerere.
tage.
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Erscheinungen fanden; die: es ‚als Ursache einer - späteren Störung |
‚, hätten verdächtigen können.
Es sei hier noch darauf hingewiesen, wie , wichtig und. nott
= wendig die weitestmögliche Klärung des, Situs nach Eröffnung des
` Bauches bei Ileus bei Mesenterium ileocolicum commune ist.
' mindesten ‚erscheint es notwendig, hierbei die Läge der Plica duo-
'denojejunalis zu bestimmeń, um nicht eine: au Komplikation 1
„ wie in unserem Falle zu‘ ‚schaffen. |
Literatur. 74. Versammlung‘ deutscher Naturforscher und Arzte in Karls- |
bad 1902. Abt. £ Chir. 4. Sitzung. - Graser, TERIERA Upar Anomalien der Mesen-.
es Ref. M. m. W. 1902, Nr: 42,
Zu
Linifect.
Ein Mittel zur Regelung der Darmfunktion.
"Von Prof. Dr. Alfred Lewandowski, Berlin.
Zufällige Beobachtungen über günstige Beeinflussung der Darm
tätigkeit durch Einnehmen von rohem Leinsamen gaben mir Veran-
` .lassung, an. einem großen Material von geeigneten Kranken weitere |
Erfahrungen zu sammeln, die mitteilungswert erscheinen. |
O o Semen lini ist in der ärztlichen Praxis allgemein bekannt und
Ä belièbt als reizmildernd und einhüllend bei äußerlicher Anwendung.
` Die innerliche Anwendung ist nach den therapeutischen Handbüchern
` eine seltene. |
-Erwähnung getan. Die zerkleinerten Samen bilden einen Bestandteil |
. der offizinellen, erweichenden Species emollientes.
Einer Wirkung auf die Darmtätigkeit wird keinerlei
Samen gepreßte fette Öl, Leinöl. wird manchmal innerlich gegeben
bei Reizzuständen des Verdauungskanals, Übersäure, bei geschwürigen
Prozessen, bei Erkrankung des Gallensystems. Gelegentlich kann
man da ein leichte .anregende Wirkung auf die Darmtätigkeit fest-
‚stellen.‘ Die Epithelzellen der Samenschalen führen Schleim, weshalb .|
sich die Samen in Flüssigkeiten mit einer Schleimhülle umgeben. |
Bei genauer Nachforschung ergab sich, daß in Deutschland — wie
es scheint traditionell — in bestimmten Landgegenden Leinsamen
.. . zur Anregung der Darmtätigkeit hier und da als Heilmittel ango-
- wendet wird. In Frankreich ist es. unter dem Namen „grain de
Lin“ bekannt. Um die Samen in eine für den Kranken angenehmere |
‘ „Form zu bringen, hat die Fabrik chem.-pharmazeütischer Präparate |
‚Dr. Laboschin A.-G.!) dieselben. mit einem angenehm schmeckenden
. Überzug versehen, der: gleichzeitig durch Abschluß der Luft ‚ihre |
. Haltbarkeit wesentlich steigert.
stützt (Saccharum lactis). Diese-verhältnismäßig gut ausgenützte
Zuckerart ermöglicht auch Diabetikern den Gebrauch des Mittels.
Die Fabrik hat mir das Präparat, welches von ihr unter dem Namen
-Linifeet in den Handel. gebracht wird, zu meinen Versuchen zur
Verfügung gestellt. |
Meine über ein J ahr sich erstreckenden Beobachtungen bes
ziehen sich nun auf alle so mannigfachen Fälle von Stuhlträgheit,
chronische und akute, sowohl auf. leichte Fälle, als auch auf länger
achtet, dagegen trat die erwartete Förderung der Darmarbeit zu-
und- schmerzloses Anregungsmittel der Darmfunktion.
ist schwer zu entscheiden: 33%/, Zellulosegehalt, ev. Freiwerden von
Öl beim Sprengen der. Samen!
‘Die Art der Verabreichung ist denkbar einfach. Das Mittel
‘wird mit irgend einer Flüssigkeit unzerkaut ‚heruntergespült, Wasser,
Milch, Suppen usw.
‚Die Menge des zu veroränenden Linifect ist je nach der:
Im allgemeinen I
reicht ein Teelöffel pro dosi aus; mehrfach. am Tage in der eben.
_ beschriebenen Weise genommen. Da. das Mittel unschädlich ist, :
Ich habe im :
Selbstversuch erheblich größere ‚Mengen genommen; auch Andere : "u: Pharm. 1929, 92, H.4/6, 'S. 195—280; ferner Rominger,
Reaktion des betreffenden Menschen verschieden.
'kommt es auf eine ganz exakte Dosierung nicht an.
'ı) Berlin NW 21.
i 194 _ MEDIZINISOHR RLINIK = Nri 29.
nehmien ER ohne Fonda eine Schädigung. |
aber auch hier versuchen, mit den kleinsten Mengen den gewünschten `
Die Anwendung des Mittels-ist zu empfehlen. `
bei allen zur. Stuhlträgheit ‚neigenden . Menschen, ‚besonders bei
Erfolg zu erreichen.
~
Das aus`. den
' Luftröhre frei.
-Emser Salz.
Nahrungsaufnahme minimal. Da bis zum Nachmittag des 19. No: 3
vember keine wesentliche Besserung eingetreten ist, nochmals 6000'L.-E.
Zögernd ging ich dann heran, es auch
Kranken mit Erkrankung des Blinddarms und mit erosiven Prozessen
- des Verdauungskanals (Ulcus ventriculi) zu geben. Schädigungen,
‘an die man theoretisch hätte denken können, wurden nicht beob-
Im Prinzip muß der Praktiker sich darüber klar sein, daß
‘er im Linifect durchaus kein Abführmittel im gewöhnlichen Sinne
vor sich hat, sondern ein etwa dem Regulin vergleichbares sanit
Wer also -
Linifeet anwendet, um zu irgend einem- therapeutischen Zwecke
“eine rasche Entleerung zu erzielen, kann enttäuscht werden. Linifeet
ist frei von irgend -einer pharmakologisch wirkenden darmreizenden -
. Substanz, wie es z. B. Cascara im Regulin ist. Die Wirkung ist
` wohl im wesentlichen eine mechanische, durch die Quellung be-
: dingte. Ob 'noch andere Faktoren auf die Darmschleimhaut wirken,
r
alten Leuten. Dann bei allen Kranken, die durch irgend "eine
| innere oder äußere Erkrankung vorübergehend zur Beitruhe ver-
"urteilt: sind. Schwangere, Wöchnerinnen und Operierte werden |
| davon Vorteil haben. Es kommt‘ vor, daß die. Wirkung ein: bis-
Dann sieht man wieder Fälle, bi.
denen der Erfolg nach mehrtägigem Gebrauche nachwirkt, so daB
zwei Tage auf sich warten läßt.
man die Gaben aussetzen kann. Kurz die Maunigfaltigkeit. der
‚| Reaktion ist groß und gibt dem behandelnden und beobachtenden -
| Arzte mancherlei Anregung zum Individualisieren. Es braucht vor _- -
| einem- Sachverständigen Kreise kaum ausgesprochen zu werden, daß
| natürlich die Regelung der Lebensweise. und Ermährung die be-
| währten Erfahrungen bei- der Behandlung der Stuhlträgheit zu pi
berücksichtigen ‘hat.
| Ein m. hierauf erübrigt. sich. an dieser Stelle e
r
| Lobelin bei Kehikoptdiphtherie.
Von Dr. Kurt Ochsenius, Chemnitz,
' Facharzt für Bengerkrank beiten: 7 `
Lobelia. inflata — Kraut und Samen, in Form.von ı Aufgüiösen
und älkoholischen Extrakten — ist von der Medizin als „entbehrlich“ ~
‚verlassen worden). Dagegen ist das kristallisierte Lobelin (Ingel-
heim) = Lobelin. minus Nebenalkaloiden aus dem Pharmakologischen .
Institut und der Kinderklinik in Freiburg von Eckstein, Rominger
und Wieland empfohlen worden?).
Das Lobelin stellt nach den genannten Autoren ein spezifisches
Erregungsmittel- des Atemzentrums bei Störungen zentralen Ursprungs `
dar, zur Behebung. akuter Atmungskollapse (z. B. bei Pneumonie,
E Chloralhydratvergiftung, CO,-Vergiftung, Narkoseschäden).
Als weiteres gleichsinniges Indikationsgebiet. möchte ich die‘
| Kehlkopfdiphtherie anführen und dies mit einer Erfahrung belegen.
TIn der Nacht vom 18. bis 19. November 1923 wurde. ich zu einem - AR
Ödmonatigen Säugling gerufen, der seit 3 Wochen in ällmählich zu-
|. nehmendem ‘Maße. an Atemnot litt. In dieser Nacht mehrere schwere .
| Erstickungsanfälle. ,
Durch die Natur der. einhüllenden |
. Substanz wird die. abführende Wirkung außerdem noch leicht unter-
Das gut genährte, leicht pastöse Kind im -Zustand
hochgradiger Dyspnoe. ‚Mäßige Zyanose, Stridor. Starke Einziehungen
im Jugulum und Epigastrium. AÄtemfrequenz 60, Puls 160. Lungen,
Bei -Auskultation des :ehlkoptes charakteristisches
rauhes Atemgeräusch®). Entsprechende Lagerung bringt’ etwas Er-
leichterung.
Sauerstoff.
Dip en ‚Abends nach. schwerem asphyktischem Anfall Puls
labil: Kam
in. Kaffee, Koffein... Am 20. November wechselnder Verlauf; Kind trinkt
aber (Buttermehlbrei). Am 21. November früh 6.Uhr Verfall, Puls 200, `
rfolg. EN
-Subkütane Injektion von. 0,003 œ Lobelin (Ingelheim), Atmung ‚erholt `
er
zwei. weitere schwere Anfälle von Atemnot. hilft je eine Lobelin-
injektion’ jedesmal schnell hinweg. Kampfer tägl. Amal 2 cem. Da
Stridor noch am 24. November sehr: stark ist, nochmalige Injektion `
auf ganzer ‚Lunge starkes Trachealrasseln, Kampfer . ohne ` E
sich außerordentlich; Zahl geht auf 48 zurück. Kind munterer. -Üb
von 20000 1.-E. Diphtherieserum. Zur Exs iration Jodkali am 25; No-
vember. Vom 26. bis 28. November ‚leichtes Serumexanthem. Am
26. November Atmung freier, zum. letzten Male Kampfer.
liche an
ptome von Atemnot ervorrief.
| In mancher Hinsicht ist der Fall ERR und bemerkens-
‚wert. Zunächst die außerordentliche Schwere, die sich schon in
denn wenn Narbenstrikturen zurückbleiben — ein relativ seltenes
Ereignis —, muß es sich um sehr tiefgehende Ulzerationen gehandelt
haben. Daher auch Ausbleiben des bei genügender Serummenge
2) Vgl.Lewandowski, Einiges über Verstopfung. Ther. d. Gegenv.
Juli 1907.
:2) Zschr. f: Kinderheilk. 19%1, 28, S. 218—242; Arch. f. e
Pherap
Halbmonatsh. 1921, '35, H. 12,85. 367—369. |
3) Vgl. Walter Hesse, -M.m.W. 1919, Nr. 33, S. 928.
meh: sol man |
Injektion von 8000 L-E. Diphtherieserum, Spray mit.
feröl (20%/,). 2 ccm intramuskulär, ae Astündl. 8 Tropfen x
' Das Kind genas, jedoch blieb eine Stenose des Lar Tynz, ‚zurück,
die bei- einer Laryngitis Ende. Januar 1924 wieder bedro |
seinen Residuen, dem Bestehenbleiben' einer Kehikopfstenose zeigt;
stets nach 6 Stunden zu konstatierenden Erfolges in Gestalt freierer
| Atmung. -Man soll bei Kehlkopfdiphtherie stets mit höheren Serum-
| dosen beginnen als bei Rachendiphtherie (nie unter: 10000 L-E.).
1) Zum Beis iel Penzoldt, Klinische Arna bebandhinë. 1015 |
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lo 1924 MEDIŻINISOHE. KLINIK = Nr. 29...
H at eine durchgreifende Änderung erst nach insgesamt 34000 L-E;
sin. Dabei nur ein ganz leichtes Serumexanthem. Man sieht, die
S “Seramfureht ist unbegründet. Dafür gelang es aber, das Kind vor
“ter Tracheotomie zu bewahren — einer Palliativmaßnahme, keiner
E ırsächlichen! —, die speziell für Säuglinge eine traurige Mortalitäts-
- . ge- auch heute. noch in sich birgt, nach Schick). = 95%,
Mortalität, zumal dann, wenn nicht -genügend ursächlich. mit
` Gerum- gearbeitet wird. Wichtig auch die Pflege: gute individuali-
sierende Hauspflege ist besser als Anstaltspflege. Lobelin wirkte
augenblicklich lebensrettend. Sa `- :
o Yom Lobelin (Ingelheim) sah auch ich- besonders Günstiges
_ bäi-verübergehenden Atmungskollapsen . (z. B. Morphinvergiftung)
. ud. vorübergehend auch bei schweren Grippepneumonien. Ein
-Sigling von 7 Monaten mit schwerster grippöser Pneumonie und
“Hersschwäche, bei dem ich O, und Kampfer als zwecklos schon
weließ, kam nach einer einmaligen Injektion von 0,003 g Lobelin
-wiedza sich, blieb unter Lobelinwirkung auch 28 Stunden noch
-am Leben, ging aber dann zugrunde. Die Wirkung des Lobelins -
-it eben flüchtig und keine ursächliche auf das primäre Leiden,
. außer, bei Schäden, die direkt das Atemzentrum angreifen; . sie ist |.
“ vergleichbar mit der Kamplerwirkung bei Pneumonie. . Das Lobelin
hilft über schwere Augenblicke, ja Stunden der: Asphyxie hinweg,
sie muß aber verpuffen, wenn wir die Ursache nicht beseitigen
Kme Bei Kehlkopfdiphtherie, wenn genügend Serum gegeben
-< wird; kann Lobelin, wie oben gezeigt, lebensrettend wirken.
T Aus dem Krankenhause St. Dominikus in Hermsdorf.
= (Chefarzt: Prof. D..: Ohm). > >
Über Jodelarson.
De -Von Dr. B. Gebhardt, Assistenzarzt am Krankenhause. i
‚Bei dem Umfang, den die Arsentherapie in Deutschland. an-
genommen hat, ist es auffällig, daß man zwar oft Arsen mit. Eisen,
| > caber bisher kaum Arsen mit Jod kombiniert hat. ‘Im Ausland da-
“A
“gegen hat man, schon lange von der Zweckmäßigkeit einer der-
| 3 Peld’eingeräumt.
‚... - aigen Verbindung überzeugt, dieser Kombination bereits ein weites |
Sr „Seit einiger Zeit haben wir im Jodelarson, der Farbenfabriken
: ` oam. Friedr. Bayer & Co. ein sehr zweckmäßiges Präparat, das ge- -
' = egnet ist, auch in Deutschland der Jodarsen-Therapie neue An- '
Wg
AA
a f In Pfaundler-Schloßmann. 3: Aufl: 1928.
der städt. Krankenanstalten in Hannover.
Ais dem Stadtkrankenhaus II und dem ‚Chemischen. Laboratoriüm
es Biochemische Untersuchungen bei Hautkrankheiten. —
Ein Beitrag zur Frage der Beziehungen
5 „rischen Stolfwechselstörungen und’ Hautkrankheiten. i
a A RT
`
Von '
<. Prof. Dr. Stümpke und Dr.-Ing. Gg: Soika.. :
Für. dinem Säugling sind 8000 I-E. schon- eiie Menge, trotzdem
feststellen.
= bereits die Luftmenge von 15—20'cem.
-: Der Übergang von der spekulativen, phi yphisch
Br pekulativen, philosophischen
a In der Medizin zur exakt biologischen Denkungsart
t sairon gekennzeichnet, daß man sich: bemühte, an die Stelle
a Yermutungen, theoretischen Ableitungen, überlieferten Axiomen
"isgenschaftliche Tat
eichbare positive E
sachen, mit Hilfe moderne
rgebnisse zu erzielen. a
r Forschungsmittel .|
“ "Dieser große Aufschwung in: der Medizin, der. weit vor der,
Alte des vorigen Jahrhunderts einsetzte, : erhielt sein Gepräge durch
ochkommen der modernen "Pathologie: bzw. pathologischen
“nicht
ür die -einzelnen Er
uatomie, die das Bestreben hatte, die einzelnen erkrankten Organe .
ka Aa makroskopisch, sondern auch mikroskopisch genau zu
‚ Nlörschen und damit f
i krankungen sichere
biologische Grundlagen zu = 5 an
find ‚ Diese Tendenz, vertreten hauptsächlich durch die großen Pfad-
r Rokitansky und Virchow, führte zu. einer bis dahin nicht |
o i j 1 . .. Ld bod -» “ i
| T nten Klarheit in der Auffassung: medizinischer Dinge, zu emer
artigen Systematisi
iaflß aut Ao Kairo
Jeder Fortschritt auf
smethoden in den Spezial aber `
dem Gebiete der. Wissenschaft . natürlich auch |
g des Riesenstoffes,: gewann sehr bald: auch |!
Baira, hatte aber wie.
r
hänger zu. erweiben: i; Mir hat sich i das J odelarson dank 'seiner Be-
kömmlichkeit, die sich. durch das Fehlen von Reizerscheinungen
|- seitens des Magens und .Darms kund. tut, seiner. bequemen Dosier-
barkeit und .seiner Haltbarkeit sehr bewährt. . : 0°,
-Seit etwa: 6 Monaten wende ich das Präparat sowohl im
Krankenhaus, wie auch in der Privatpraxis an. : Indiziert ist es
besonders in Fällen. von. Präsklerose. So hatte ich z. B. sehr gute
Erfolge bei mehreren Patienten, die eine ‚leichte‘ Apoplexie durch-
gemacht hatten... Sie erhielten das Jodelarson von einer Tablette
bis zu 5 Tabletten, täglich um eine halbe steigend: , ‚Die Patienten
fühlten sich bald wohler; .objektiv konnte man nach etwa 4wöchigem
Gebrauch dieses Präparates: eine geringe Blutdruckverminderung
`,
Gern verwende ich das Jodelarson auch in der Kinderpraxis
bei schwächlichen und anämischen Kindern, besonders mit Drüsen-
‘schwellungen (Skrofulose, Hilus-Tuberkulose). Die meisten Jod-
'eisenpräparate rufen- bei den Kindern. wegen ihres schlechten Ge-
schmackes Widerstand hervor. . Dagegen eignen sich besonders. die
'gut dosierbaren Jodelarsontabletten in Mengen ‘von 1—3 Stück am
Tage gepulvert in’ Milch gegeben, je nach dem. Alter des Kindes.
Die Wirkung der kombinierten Jod-Arsenmedikation ist meist
unverkennbar. Das Allgemeinbefinden, Gewicht, Knochenbildung :
‘und Blutbild bessern. sich sichtlich. . Auffallend: ist.-bei vielen
Kindern die Verkleinerung der Drüsen: ee ee
Aus dem Karolinen-Kinderspital "Wien. . re
BE p (Direktor: Prof. Dr. Knöpfelmacher). ::
© Plätschergeräüsch bei Enzephalographie...
nn : Von Dr. Hermann Moro. ` ee
rd
- Die von Peavy und Bingel angegebene Enzephalographie-
wurde auch in unserem Spitale’ bei Hydrozephalus im Säuglingsalter.
wiederholt ‚ausgeführt. Bisweilen . wurden : 50—60. cem ‘Flüssigkeit
abgelassen und ebensoviel Luft eingeblasen. Analog der ‚succussio.
Hippocratis, welches Phänomen bei Lufteintritt in einen Seropneumo-
thorax auftritt, konnten wir dieselbe Erscheinung auch “bei der -
|.Lufteinblasung in -einen mit Flüssigkeit gefüllten Gehirnventrikel
erwarten. In der. Tat hat sich auch gezeigt, daß bei:Lufteintritt in
einen größeren Hydrozephalus ein auf Distanz hörbares metallisch
klingendes : Plätschergeräusch zu erzeugen ist, ‘sobald man den
Schädel schüttelt. Auch der Klopfschall über dem mit. Flüssigkeit
und ‚Luft gefüllten Ventrikel nimmt einen tympanitischen, leicht
'
metallischen Charakter an. Zur Erzeugung dieses Phänomens genügt -
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft., = = < 7 =
seine Einseitigkeiten: ‚Offenbar vor allem darin bestehend; daß die rein
anatomische Einstellung andere Gesichtspunkte ‚oft nicht voll.zur'Ge] tung
kommen ließ, so die humoralen Vorgänge im Organismus zuweilen
etwas zu gering einschätzte, .oder'.auch' beispielsweise der in den
80er Jahren anik A |
System passend, ‚vielfach Hemmungen bereitete.
- - Wie im großen, bei der allgemeinen Medizin, so, im- kleinen
auch bei: unserem. Spezialfach, der Dermatologie.. Auch hier ist
die Histopathologie, die sich -an: den Namen Unnas knüpft,-
lange Zeit Richtung gebend gewesen. Die „histologischen, Bilder
wurden neben der Klinik maßgeblich für die Einschätzung der be-.
‚treffenden Dermatose, sie gaben oft. differentialdiagnostisch den
_ Ausschlag, ‘wurden oft als spezifisch angesehen. Darin ist man nun
zweifellos zu weit gegangen: Es sei daran erinnert, .daß‘.die Histo-
logie der Hauttuberkulose nicht'so charakterstisch ‚für. diese ist,
wie man .ursprünglich annahm, daß man ganz ähnliche ‘oder die
gleichen Bilder auch bei manchen Formen der, tertiären Lues
‘oder auch bei anderen Typen der infektiösen Grannlome antrifft.
=“ - Es sei in diesem Zusammenhang. weiter darauf aufmerksam
gemacht, daß beispielsweise die Beurteilung des Lupus -erythe-
matodes weitgehend durch seinen histologischen Befund beeinflußt
wurde. Weil das, was man, bei ‘dieser Affektion unter dem Mikroskop. '
zu sehen bekam, nicht mit dem. übereinstimmte, was die Haut-
tuberkulose im_-allgemeinen erkennen ließ, lehnte man von
deutscher Seite bis vor ganz kurzer Zeit irgendwelche Beziehungen
zu letzterer ab, obwohl manche Gründe für-einen solchen Zusammen-
hang sprachen. Erst neuerdings wird auch von deutschen Autoren
immermehr die Einseitigkeit einer derartigen Auffassung. anerkannt
und für den Lupus erythomato.des:neben anderen Entstehungs-
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ommenden Bakteriologie, als nicht so. recht in das.
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1008
möglichkeiten’ an Drüsenerkrankungen (Gennerich) — auch die.
Möglichkeit einer tuberkulösen Ätiologie zugegeben.
Daß für die Dermatologie außer der rein pathologisch-anatomi-
nn Festlegung der Krankheitsbilder auch die Bakteriologie große .
Bedeutung gewann, brauchen wir in diesem Zusammenhang nicht aus-
. führlicher zu erwähnen: Die S
en ‚die Tuberkulose bezeugen das;
ferner sei erinnert an die große Gruppe der Staphylokokkenerkrankungen
der Haut (Impetigines, Furunkel,
yodermie), an die große Gruppe der
Pilzerkrankungen -(Trichophytie, Mikrosporie, Favus, Pityriasis
versicolor). a
Da aber weder die pathologische Anatomie, noch die
Bakteriologie nebst verwandten Gebieten (Serologie) für eine
große Anzahl von Hauterkrankungen, ja man kann ruhig sagen, für
die Mehrzahl der Dermatosen, eine befriedigende Aufklärung auf
‚dem Gebiete der Pathogenese und Ätiologie zu schaffen vermochte,
so war es verständlich, daß gerade unsere Disziplin schon seit ge-
raumer Zeit Beziehungen zur inneren Medizin suchte und damit
=- Verbindungen wieder aufnahm, die unter dem Eindruck der großen
pathologisch-anatomischen Ergebnisse und bakteriologischen Ent-
deckungen, im Banne der Wiener Schule und Unnas, glück- -
- lieberweise nur vorübergehend gelockert waren. Gerade unser Gebiet
brachte ja eine Unmenge fast tagtäglicher Beobachtungen, die den
Blick in diese Richtlinie zwangen und nahelegten, dem bisher zer-
streut liegenden Material dadurch eine breitere Grundlage zu geben, |
daß man an die Stelle einzelner Kasuistik größere Beobachtungs-
reihen auf exakten, wissenschaftlichen Forschungsmethoden be-
ruhend, setzte. | | 5 | l
Die Zahl derartiger Beobachtungen in der Dermatologie
ist Legion. Einige wenige genügen: Wir alle kennen die Ekzeme
des Kindesalters, die bei fehlerhafter Ernährung, bei ganz be-
stimmten inneren Störungen aultreten und oft bei Ausschaltung der
Causa peccans zur Abheilung gelangen. Wir wissen, daß auch
Ekzeme im späteren Lebensalter durch Erkrankungen des’
Verdauungskanals, uratische Diathese, bedingt sein können,
' oder wenigstens eine Beeinil
ussung durch derartige Zustände er-
kennen lassen. | i |
"Ehrmann (1) erwähnt Ekzematisation bei Kranken mit Ausfall
der Pankreasverdauung, die zurückging nach Einführung von
Pankreassubstanz. Auch Diabetes und Nephritis seien an dieser
Stelle erwähnt. | |
Bei der Psoriasis sei auf die Beziehungen dieser Affektion
zum sogenannten Arthritismus hingewiesen, ferner auf das Krank-
heitsbild der Arthropathia psoriatica, darin bestehend, daß oft
bei diesem Krankheitsbild schwere Gelenkstörungen beobachtet
werden, vielfach Prozesse, die der Arthritis deformans nahe-
stehen, denen der eigentliche Psoriasisschub dann folgt, ev. auch
vorangeht, obwohl gerade diese letzteren Beziehungen noch keines-
falls restlos geklärt sind. Bekanntlich sind gerade die Franzosen
für die Einbeziehung der Psoriasis in den Rahmen: allgemeiner Stoff-
wechselvorgänge stets warm eingetreten.
Über den Pemphigus bzw. blasenartige Erkrankungen über-
| haupt hat der Eine (2) von uns ja bereits vor Jahresfrist auch in dieser
Zeitschrift ausführlich berichtet, und es wurde damals bereits erwähnt,
daß auch bei diesem Krankheitsbild mannigfache Störungen des Stoff-
wechsels beschrieben wurden, so beispielsweise von Stüve (8) abnorm
esteigerter Eiweißzerfall, von Pini (4) Abnahme der Harnsäure, von
Baum (5) und mir (6) Kochsalzretentionen, letztere in meinem Fall
dadurch besonders interessant, daß dieses Phänomen einsetzte bei Auf-
treten einer erneuten Pemphigus-Eruption, während in der inter-
vallfreien Zeit der Kochsalzstoffwechsel anscheinend nicht gestört war.
Wenn wir endlich noch erwähnen, daß die große Sammel-
gruppe des Pruritus mancherlei Beziehungen zum pathologischen
Stoffwechsel erkennen läßt (Diabetes, Leberaffektionen, chronische
Nephritis, Gicht, Leukämie), daß ferner auch die Rosacea viel
weniger als bisher als rein örtliche Veränderung aufgefaßt werden
dürfte (Obstipation, Genitalstörungen), so ist an der Hand dieser
wenigen Beispiele gezeigt, wie in der Tat einige Stoffwechsel-
beziehungen zwischen Dermatologie und innerer Medizin vor-
handen sind.
Schwierig ist bei Deutung aller dieser Probleme offenbar
zweierlei: Binmal finden sich derartige Stoffwechselanomalien
keineswegs regelmäßig, und dann sind sie keineswegs auf eine
Dermatose beschränkt, sondern sie finden sich zuweilen bei einer
großen Anzahl von Affektionen. Es Bi also eine ganz außer-
ordentliche Mühewaltung dazu, diese z.T.
divergierenden Befunde in
ein System zu bringen. Wir sehen uns also einer ähnlichen, ja noch
schwierigeren Lage gegenüber als der, wie wir sie vorhin geschildert,
als wir von der Einseitigkeit.der pathologisch-anatomischen Forschungs-
richtung Unnas sprachen. Und dazu kommt noch ein weiteres:
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
dem weiblichen
wechselstörungen beruhen;
20. Juli
In diese Stoffwechselveränderungen, wie sie offenbar bei
einer Reihe von Dermatosen vorliegen,
pi auch die Möglichkeit,
ja Wahrscheinlichkeit der Beteiligung der Drüsen mit sog. innerer
Sekretion hinein, oder, da diese ihre Steuerun
rößtenteils vom -
vegetativen Nervensystem erhalten, die Frage der
itaffektion des
letzteren. Gewiß sind auch diese Dinge z. T. bekannt: So wissen, wir
alle, daß die Pigmentierungen beim Morbus Addison auf einer Er-
krankung der Neheantaren beruhen; die Rolle der Thyreoidea
beim Basedow mit seinen Hauterscheinungen, beim Myxödem und
vielleicht auch bei andern Dermatosen, wie der Sklerodermie, ist
seit langem einigermaßen geklärt; manche Hauterkrankungen, die mit
Seall oon in Verbindung stehen, wie die Dermatitis
dysmenorrhoica, der Herpes gestationis, die Impetigo
herpetiformis, dürften auf von den Genitalorganen ausgehenden Stoff-
dahin. gehören offenbar auch allerhand
Erkrankungen am Hautorgan ‘der Frau, die wir gelegentlich im
Klimakterium zu sehen bekommen. Und wenn es auch im einzelnen
in der Mehrzahl der Fälle schwierig sein dürite, stets ein ganz be-
stimmtes derartiges Organ für die zur Diskussion stehende Stoff-
wechselstörung verantwortlich zu machen, so haben wir immerhin die
weitere Möglichkeit, in dem Nebeneinander, Ineinandergreifen solcher |
Organerkrankungen, dersogenannten pluriglandulärenInsuffizienz,
gewisse Erklärungen für manche Irregularitäten’ im Chemismus des
menschlichen Körpers zu suchen.
Also wir wollen rekapitulieren: Viel von Stoffwechsel-
'störungen bei Dermatosen ist bekannt, manches auch über
gleichzeitige Beteiligung der endokrinen Drüsen, aber es fehlt
bisher die großzügige Systematisierung des gesamten Stoffes, das
Bringen des bisher Bekannten auf einen Generalnenner, und es
wird noch große, alle Details berücksichtigende Forscherarbeit nötig
sein, um dieses große Ziel zu erreichen.
Nun hat in letzter Zeit Pulay (Wien) den Versuch gemacht,
systematisch die Stoffwechselpathologie zahlreicher Dermatosen zu
erforschen.
Er hat darüber schon seit 1921 (7) berichtet, im vorigen Jahre (8)
auch eine größere Monographie über „Stoffwechsel und Haut“)
erscheinen lassen. Pulays Arbeit besteht aus 2 getrennten Abschnitten,
von denen der erste — allgemeine Teil — den Stoffwechsel in seiner
Gesamtheit schildert, der zweite — spezielle Teil — den Stoffwechsel
einzelner Hautkrankheiten zu ergründen sucht. Leider ist diese Zu-
sammenstellung in der Hauptsache aus Gründen, die noch angegeben
werden, so verhältnismäßig unkritisch abgefaßt, daß die außerordentlich
zahlreichen Ergebnisse nicht als grundlegend angesehen werden
können. |
Es ist uns daher auch nicht möglich, im einzelnen auf die dabei
AS Resultate einzugehen, wir möchten nur ganz kurz erwähnen,
aß Pulay seine Untersuchungen vornehmlich erstreckte auf: 1. Ekzem,
2. Urticaria, 3. Psoriasis, 4. Pruritus, 5. Prurigo, 6. Xanthom, 7. Morbus
Raynaud, 8. Sklerodermie.
= Dazu kommen noch einige andere Gebiete, die aber teils wesentlich
kürzer abgehandelt werden, teils aus anderen Gründen hier ausscheiden
können. Fü
längerer Zeitsich mit den Wechselbeziehungen der Haut und des Stoff-
wechsels bereits beschäftigte, und zweitens weil wir Beide im Momente
der Veröffentlichung der Monographie Pulays bereits mit unseren
blutanalytischen Arbeiten im Gange waren. _ Ä |
Unseren eigenen Arbeiten legten wir den Gesamtplan zugrunde,
durch systematische chemische Untersuchungen des Blutes, des
Harns und ev. der Haut die Ergebnisse der Untersuchungen von
Pulay einer Nachprüfung zu unterziehen und festzustellen, ob Be-
ziehungen zwischen anormalen Werten wichtiger Blut- und Harn-
bestandteile einerseits, sowie Hautkrankheiten andererseits in Wirk-
lichkeit bestehen.
l
Denn wie wir beim Studium der hier in Frage kommenden Ar-
beiten Pulays feststellen konnten, geht Pulay sehr häufig von ganz
falschen, bisher von keiner sachverständigen Seite. auigefundenen
Normalwerten aus, und seine auf diesem Gebiete über- bzw. unter-
normalen Werte sind in Wirklichkeit eben- garnicht vorhanden; auf
diese Unstimmigkeiten hat nach dem Herauskommen der Pulayschen
Monographie auch Urbach (9) hingewiesen.
Bei unseren Untersuchungen bestimmten wir zunächst in
systematischer Weise im Blut: Blutzucker, Harnsäure, Chloride,
berechnet als Natriumchlorid, Gesamtcholesterin und in wenigen
Fällen Reststickstoff.’
Im Harn wurden gleichzeitig quantitative Bestimmungen der
Chloride (berechnet als NaCl) und der Harnsäure ausgeführt.
Bei der Auswahl der in den Kreis unserer Untersuchungen
zunächst einzubeziehenden Substanzen war die Überlegung maf-
gebend, daß wir durch Bestimmung der genannten Stoffe, die zum
1) Verlag von Urban & Schwarzenberg.
ür uns kam die Nachprüfung der Pulayschen Angaben
hauptsächlich deswegen in Frage, weil der Eine von uns (St.) seit
= md
F wähnten Art durchuntersucht worden. ^ ` |
| -Urticaria i mal, Morbus Addisonii 1 mal; Lupus 3 mal, Lichen 'ruber
- (amminatus) 1 mal, Pseudoleukämie 1 mal, S,
- Pruritus 2 mal.
z neten Ergebnisse heraus, so sehen wir in Tabelle 1 beim Krankheits-..
bilde des Ekzems, daß der Blutharnsäuregehalt 3 mal beträchtlich
“ erhöht ist (Fri., Battm., Wiechm.). In einem dieser Fälle ist die
‚ Btandarddiät, wie nach purinfreier Diät (Wiechm.). Der Gehalt an
ee Natriumchlorid im Blutserum bewegte sich in normalen Grenzen,
desgleichen, außer 1 mal (Ern.), der Cholesteringehalt.: Dagegen
z - ewir in einem Falle einen niedrigen Harnsäurewert, sowohl im:
‚All war auch der Natriumchloridgehalt im Harn sehr niedrig.
, 5
i + ST = Fr 4,3 x Si
Wiechm. 1840| 0,7511] 0,0239| — | 4,26|611,4|178,0| nach Standarddiät
4 o
ig a Ə mal erniedrigte Natriumchloridwerte (Klei., A. Künn.
die Ka Blutserum fanden wir den Blutzucker stets erniedrigt,
.
r
š B `a
B -à BR g 2 B f , aa erh f L3 Á > it ia i
5 x i ` ` 5 ee A u; = . ne N
we` TO y . oo. . 28 ce $ k
n
ut
Teil anch bei besonders wichtigen inneren Erkranküngen eine:
Tabelle 2. | (Psoriasis.)
zroße Rolle spielen (Diabetes, Gicht usw.), in großen Umrissen erst
- unser Untersuchungsfeld abstecken wollten, in welchem die erhaltenen | ' I Bari Blutserum =
Befunde uns dann weitere Wege weisen sollten. : rn tr ie la E BSE E0
‘Es liegt ferner in der Natur blutchemischer Untersuchungen, ame: 22 25a ES|3 o| 32|8|28 3 3
di is KUARE Blutprobe, von der jedes Mal nur eine gewisse Hö chst- Nam ° (ER Sa BA EAEN >= SS =
menge erhalten werden kann, nur eine ‚bestimmte Anzahl von | METIEN EHE FEE: z
chemischen Untersuchungen in exakter Weise ausführbar ist, -. = onj z anwe aa Is 1,5 AA. A
. ; Um gut vergleichbare Resultate erzielen zu können, haben wir | - = | = 5»wle
mser Patienten vor Vornahme der chemischen Untersuchungen stets | _ .. | 2 i s. syi
3 Tage lang eine Standarddiät verordnet, die wie folgt. zusammen- | Klei. 0,0446 | 90,6 | 3,92 |646,5/194,0| —.
gesetzt war: | ee er 23 Be
‘Schwarzbrot i, a. ooa -. 300 g Getränk von eaan i Lam | 0,0678 | 74,5 | 2,52 1637,51200,0| —
Marmelade 2... - 50 g bereitet aus- 10g Subst. 1200 cm3 TTA | AN
Tisch(mitelle) .. . 808 | Zucker... 234004. 208 nn. Pa .— [292 684,4 164,0]
‚Kartoffeln hälte) .. laggiwürze flüss. .... nn., Alb. “Al. '
| rm a Ks 105 Kochsale, OEE a a 88 18:7. 1924 weh e ae
‘ "Palmin:bzw. Kokosfett . 25 g Reis u ssk t> e e o: 100g p ar ; EAT aS,
„Kondensierte Milch ... 30 g Trockengemüse `. ....: 30g 23. I. 1924 0,0379 | — 12,90 | — | — 7: un:
. Abweichend von dieser Standarddiät haben wir in einigen Fällen 28.1.1994 | = er iadh |
` noch folgende Kostformen angewandt. Eine purinfreie Kost, bestehend en a - Iriphan
ausKaffeersatz, Brot mit Käse (morgens); Salzkartoffeln, Gemüse, Braten 1,11.19%4 —)392| — | — |, — [nach Purin-
oder Pfannkuchen (mittags); Kaffeersatz, 1.Brötchen (nachmittags); | . = l | ; belastg. 1 |
. CGriessuppe, Reissuppe oder Brei, Brot mit Käse (abends); eine Be- | 2, II. 1924 | — 4,04]. — | °— | > [nach Parin-
Ca astoikikost, bei welcher morgens 200 g Brot mit eN pe I Norda: Zu d belastg. 2. :
akao, mittags gewöhnliches Essen (IM. Form) und 100g Leber | : a a MEN
Im mus, nachmittags Kakao und Brötchen und abends ee 18. 11.1924 ‚1888 | 4,42 [637,61220,0| 37,3 BREIT q p
. him, Leber oder Thymus, Bratkartoffeln, 200 g Brot mit Butter‘ un | AR: A E ENE aE DON pi
j Kise und Kakao gereicht wurden; endlich die gewöhnliche Il. Form | 25.11.1924 | | 3,14 | in
| der Krankenkost (in Verbindung mit der Atophanmedikation). |. 7.10.1994 | SN Nr H ces; or
In Ganzen sind von uns bisher 36 Fälle in der eingangs er- | Eu Ka ', | Triphan..
. Von diesen war die klinische Diagnose gestellt auf: Ekzem 7mal,
Deimafitisherpetiformis 4mal, Ichthyosis 1mal, Pemphigus 8 mal, Erythro- a
dermiedmal, Prurigo Hebrae imal, Akne vulgaris Qmal, Psoriasisömal, | Blutserum war einmal etwas erhöht (Rich.). =
ykosis coccogenes imal, | wegten sich etwa in normalen Grenzen.
3% Greifen wir zunächst die auf den folgenden Tabellen verzeich- | herpetif. wiederum niedrige Blutzuckerwerte und dreimal, ‘und
in einem Kontrollfall, erhöhte Blutharnsäure. ‘Wenn hier auch
kost bestimmt. werden konnte, so sind die erhaltenen Werte doch
wohl eindeutig, da. sie zumeist mindestens zweimal bei jedem Fall
gefunden wurden (nach Standardkost und, vor 'Atophan). Das
"Natriumchlorid im Blutserum war zweimal erhöht (W. Künn. 4. Ok-
tober 1923, Stro. 30. Oktober 1923). ee |
Tabelle 3. (Dermatitis herpetiformis.) |
Hamsäure im Harn vermindert gefunden worden, sowohl 'nach
Iulserum, als besonders auch im Harn gefunden (Ern.); im gleichen.
> | Hiat i Blutserum
2 Tabelle 1. (Ekzem.) „ = 3 A = 5.419: 1:88
DD SER „ses 3 Re a N li
wur Harn Blutserum © Name IE CI Kia A T 3218 A | Bemerkungen
Ba) T a u 5 L e on gn EEEE ao; sa A &0 ~ b gg `i N
ala | de ee ee Pe E E ce EEE NH i |
Name | %4 za E82] 22285 8%]. Bemerkungen Zi Zu, pedalan a R7 ee
er sgue oala SAR 5| 0. i Ma. ‚1160| 0,7592 |0,0274| — | 4,84 1591,01196,0 |
“MR I ae os ‚4: %,1923 | 2000| 0,7804 | 0,035 | 73,7 | 4,14 |719,61162,0 | nach Standara-
su |Z| | — | |454)623,0'204,0 | p a | (45,61)| (0,70) | a RE Me |
a |-| = | — | = [2,09603,91184,0 - 15, XL 1923 | 1250|: 0,9968 [0,0376] —.| 4,16 |585,0|156,0 | vor Atophan -
we I—|<_| — | |3,38|631,81178,0 į 1° 1- d2,46) 10,469 ie ee
1... | 355|1,1887| 0,0498|° — | 1,921540.8 156,0 | 19. XI. 1923 | 1100, 1,0459 |0,0579| —: | 3,06 [625,91152,0 [nach Atophan
Tei -| (4,22) (0,177) | u EN (11,50) (0,657) 1... RAEI
IW, -| 1650] 0,8015] 0,0352] 74,4 | 3,12549,9|180,0 | '22.X11.1923| 1850| 0,8038 10,0468| — |4,14| — | — | nach Porin-
\ (12,46) |(0,725)
23.X11.1923 | 1150| 1,1466 |0,0851| .— |3,86| — | — [nach Purin-
Ä | (13,19) [(0,979) | belastg, 4 Tage,
Stroo | | Ä
30. X. 1928| — | — | =, [705 | 4,26 1743,01178,0| nach Standard-
Batta. (13,22) (0,581). =.
Te ee 599,0/210,0| nach Standarddiät -
nach purinfreier Diät
i
10,07)! (0,32
ao )| (0,32)
— 0,0214] — 14,181 — | — | nacti purintreier Dat | 99. XT, 1928 | 1700| 0,9746 [0,0218] — | 3,90 |608,41170,0.| vor Atophan
(0,278) : | | a Ba. (16,57) |(0,371) RER i ae 2
l 5 —: 1100 7 il nach 'Atophan
) = in der Tagesmenge. | I
„ „© Tabelle 2 beim Krankheitsbild der Psoriasis sehen wir
3. KIL. 1923 | 1250| 0,9348 |0,0452| .— | 1,44 |637,61184,0 | nach Atophan
Á ~ o |(14,685). (0,565) ) AEEA
13.11. 1924 | 850| 1,1700 |0,0642| 79,1 | 4,64 |571,01120,0 |. nach Standara-
E E T A? 0A: E E
` -Der Gesamtcholesteringehalt war einmal etwas erniedrigt
(Künn., W.) und erreichte einmal'im Verlaufe der Erkrankung. einen
sehr tiefen Wert (Stro. 13. Februar 1924). Im Harn wurden. zweimal
besonders stark vermehrte Natriumchlorid- und: zweimal erniedrigte
Reis A Kun.) Lam.) und 2 mal erniedrigte Harnsäurewerte ,
nsäure einmal, allerdings nach Standarddiät, und einmal nach
"Die Werte des Gesamtcholesterins und des Reststickstoftfes be-
Tabelle 3 zeigt uns im Krankheitsbild dèr Dermatitis
‘die Blutharnsäure aus äußeren Gründen stets nur nach Standard- `
belastg. 8 Tage `
. diät (Kontrolle) `
n Br
`
moal 5
pi Be .- WW)
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1010
a
hämatogenen, diffusen Lupus, in einem zweiten um einen aus-
pn
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
0. Juli,
Harnsäureausscheidung festgestellt (Künn. W., 4. Oktober 1923, Stro. | a) Ichthyosis, b) Prurigo Hebrae, c) Akne vulgaris, d) Urticaria,
29. November 1923; Mü. und Stro. 29. November 1923). e) Sycosis coccogenes. |
In Tabelle 4 konnten wir bei unseren Lupusiällen zweimal
wiederum mäßig bis stark erhöhte Werte der Blutharnsäure fest-
stellen und einmal einen etwas niedrigen Chlolesterinwert; ferner
Vergleich hier daneben gestellt:
Für Blutzucker (li) . . . v
im Harn einen sehr tiefen Natriumchloridwert (Bart.) und zweimal
150—180 mg/?o
=n» Harnsäure (12) . . bis 3,5
erniedrigte Harnsäurewerte (Bart., Reml. 4. Februar 1924). „ Natriumehlorid (11) . 500—650
| ‚Tabelle & (Lupus.)
=a Gesamtcholesterin (12). . . 170—220 „
34
Bezüglich der von uns soeben mitgeteilten Normalwerte für
> | | das Gesamtcholesterin ist zu bemerken, daß diese höher liegen als die
Harn Blutserum g in der Literatur angegebenen Werte (180—160—170 mg;/P/,) (13). Die
3 5 4 a |®% o|, a Werte sind jedoch mit besonders für diese Untersuchungen von uns‘
e S Ba jh ES 4.8.2.9. 8 neu geeichten Instrumenten vorgenommen und erklären sich evtl.
Name 0525er eaene, € daraus, daß die gereichte Standardkost, z. B. gegenüber der Kriegs- _
| I © a | Een Sg E-i £ a 32% =] k- kost, verhältnismäßig fettreich war. | i :
as Sn EEL = u Is asiz | a Bei unseren Untersuchungen haben wir folgende Methoden an-
| 1 qm o a |o®Io |. gewandt: Für Blutzucker die Methode nach Lehmann-Maquenne (i4);
ee T AAAA T A A TAATAAN TTT | für Harnsäure im Blutserum die etwas modifizierte kolorimetrische
- Bart. | 484| 0,8144 |0,0569| — | 2,38 |661,01190,0| — Phosphorwolframsäuremethode; für Natriumchlorid im Blutserum und
Rem] | @,94) |(0,275) |
30.1. 1924 | 1430| 0,8570 |0,0287| 74,4 | 6,40 |508,9l158;0
— InachStand- | von uns (S.) (15) bereits bei früheren Arbeiten mit bestem Erfolge
(12,255) 1(0,410) | arddiät . angewandt hatte; für Gesamtcholesterin die kolorimetrische Bestim-
4. TL 1994 l 1350 — 10.0691 — |544| — | — | — Inach purin- mungsmethode nach Authenrieth und Funk (16); für Harnsäure im
zz (0,363) | / freier Diät | Harn .endlich ‘die Methode von Wörner (17).
11. I1. 1924 | i500) — 10,0827} — 1640| — | — | — [pachPwin- | 0 Die Bestimmungen des Blutzuckers haben wir hauptsäch-
Käg |: 10,4911 - | | PSIBeB: lich aus dem Grunde ausgeführt, um ev. Zusammenhänge zwischen
. 18.11. 1924| 750| 1,4010 |0,0601] — |4,94 |569,7]182,0| 36,2 [pack Stand- | Hauterkrankungen und larviertem Diabetes bzw. einer diabeti- .
Ä Ä (10,508) (0,451) arddiat schen Konstitution aufzufinden. Bisher sind wir bei diesen Unter-
18. II. 1924 | 1020| — 10,04021 — 13,86] — | — | — [nach parin- |
(0,410) | | | freier Diät
suchungen jedoch zu negativen Resultaten gekommen. Die er-
| ‚| haltenen niedrigen Blutzuckerwerte lassen zurzeit eine Deutung
In dem einen Fall von Lupus handelte es sich um einen schweren
gedehnten Gesichtslupus mit der Möglichkeit gleichzeitiger rheuma-
tischer Affektion. Ä |
Von den übrigen von uns durchuntersuchten. Fällen sind-
ferner hervorzuheben zwei im Verlauf einer Pemphiguserkrankung
und bei einer Erythrodermie mit zweifelhafter Atiologie fest-
gestellte abnorm niedrige Gesamtcholesterinwerte (Zillm.
98 mg/h, Berg. 122 mg/P/o); es mag hier angeführt werden, daß
der niedrige Cholesterinwert bei der Erythrodermie und bei dem
Pemphigusfall eine schlechte Prognose für den weiteren Verlauf
der -Erkrankung ergäb, wie wir bei der Diskussion der späterhin
auch noch gefundenen niedrigen Cholesterinwerte gleichfalls sehen
werden; der Pemphigusfall ist inzwischen zum Exitus gekommen.
Bei der Erythrodermie wurden auch stark erhöhte Blutharn-
säurewerte gefunden: nach Standarddiät 3,64 und nach purin-
freier Kost 4,80 mg/°/ọ Auch letzterer Befund deutet auf eine
fortschreitende infektiöse Erkrankung hin. | |
Ein eingehend durchgeprüfter unreiner Morbus Addisonii
zeigte eine Viskosität des Blutserums von 1,63 bei 19° C, eine Ge- `
samteiweißmenge im Serum von 7,613 g/P/,, woraus sich ein Vis-
kositätsfaktor von 0,93 berechnen läßt, ein. Befund, der ev. auf
eine Hyperfunktion der Schilddrüse zu schließen gestattet [Hellwig
und Neuschlosz (i0)]. | |
Es sei erwähnt, daß dieser Fall schon vor längeren Jahren in
der Göttinger medizinischen Klinik ausführlich beobachtet und auch
behandelt wurde; die Diagnose war dort zweifelhaft gelassen, klassi-
allen Taleln sehr oft festgestellten anormalen Harnsäurewerte im
Blut folgendes anführen. : Ä
Ä Die Harnsäure stellt beim Menschen und den Anthropoiden das
‚hauptsächlichste Endprodukt des Purinstoffwechsels dar. Sie stammt
teiden. Diese spalten bei der Hydrolyse Eiweiß und Nukleinsäuren
ab, welch letztere bis zu Purin- und Pyrimidinderivaten, Kohlenhydraten
und Phosphorsäure abgebaut werden. können.
- — Durch vorsichtige Hydrolyse gewisser Nukleinsäuren ist es u. a.
Levene und Jacobs (18) gelungen, die Spaltung so zu leiten, daß
diese bei Verbindungen von Purin- oder.Pyrimidinderivaten + Kohlen-
hydraten bzw. bei noch größeren Komplexen, die außerdem noch Phos-
phorsäure enthalten, zum Stillstand kommt. Diese Verbindungen
wurden mit dem Namen der Nukleoside bzw. der Nukleotide belegt.
. Durch Zusammentreten mehrerer Mononukleotide entstehen die Nuklein-
. Säuren, welche demnach als Polynukleotide aufzufassen sind.
| Die Nukleinsäuren werden nun im Darm bis zu den Nukleotiden,
vielleicht auch bis zu den Nukleosiden aufgespalten und gelangen so
auf dem Blutwege in den Körper.
In den Körperzellen erfolgt e
der bei den uns hier besonders interessierenden Purinkörpern durch
desamidierende und oxydierende Fermente über das Guanin, Xanthin
bzw. Adenin, Hypoxanthin, Xanthin bis zur Harnsäure führt. Die
‚Harnsäure soll durch ein urikolytisches Ferment noch weiter abgebaut
werden können. Der gleiche Abbau vollzieht sich auch an den Nukleo-
siden, besonders dem Adenosin und dem Guanosin.
Einen Überblick über diese Verhältnisse gibt folgendes
Schema
und nebenstehende Tabelle 5: l
scher Morbus Addisonii indes ausgeschlossen. Nukleoproteid ` |
Ein Versuch mit einer Suprarenininjektion Ben Joe
| ergab etwa
3 Stunden nach der Injektion das Auftreten von Glukose im Harn,
die bis dahin völlig fehlte; 4 Stunden nach der Injektion war die Osa-
zonprobe auf Glukose am stärksten, nach der
| |.
Eiweiß Nuklein
d. Stunde klang sie | |
etwas ab. Ä
: Bikeis Nukleino
Bei dem einzigen zur Untersuchung gelangten Fall von i
Lichen ruber acuminatus wurde ein stark erhöhter Blutharn-
säurewert (4,12 mg/°/,) und ein sehr verminderter Gehalt an |
Gesamtcholesterin (126 mg;//,) festgestellt. |
Eine Pseudoleukämie ergab überaus hohe Harnsäurewerte
im Blut (6,08 mg/°/,) und im Harn (0,976 g in der Tagesmenge).
Blutbefund der Pseudoleukämie: Hämoglobin 740/,, Ery-
throzyten 6590000, Leukozyten 6600, Neutrophile 67°/,, große mono-
nukleäre Leukozyten 11°/o, Lymph? fen 170o, basophile Leuk., Über-
gangszellen je 1°/,, eosin e L. 30
ophil :
Histologisches Bild der Haut: Diffuse Durchsetzung der
Kutis mit Lymphozytentumoren. Sektion fand nicht statt.
Bei einem Schwangerschaftspruritus wurde der sehr
hohe Gesamtcholesterinwert von 312 mg/®/, gefunden.
Diejenigen von den oben angeführten Dermatosen, bei denen
keine wesentlichen anormalen Werte festgestellt wurden,
sind bei dieser Aufführung nicht besonders erwähnt; es sind das:
we ee da,
Purinderivat Pyrimidinderivat Kohlenhydrat Phosphorsäure
Nukleosid i |
—
Purin- bzw. Pyrimidinderivat Kohlenhydrat Phosphorsäure
EEEE EERE
|
Nukleotid
Bei den neueren Arbeiten über den Purinkörperstoffwechsel
Guanosin angewandt, welch letztere Thannhauser, Brugsch und
Rother injizierten mit dem Erfolge, daß nach dieser parenteralen
Purinkörperzufuhr ein Teil gesunder Individuen eine sehr geringe, ein
anderer leil eine außerordentlich große Harnsäureausscheidung zeigte.
Endlich wurden in einigen Fällen sogar Harnsäuremengen aus-
geschieden, welche über denjenigen der injizierten Nukleoside lagen.
qae
an
im Harn die Methode von v. Koränyi und Snapper, die der eine
——
5
noch nicht zu. Dagegen läßt sich über die Bedeutung der auf
aus den in den Zellkernen enthaltenen .Eiweißstoffen, den Nukleopro-
in weiterer fermentativer Abbau,
wurden neben der Harnsäure besonders die Nukleoside Adenosin und
—
L
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———— 157 1
TR =
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Tabelle 5.
| 6H
ae E | Ya
Fan P Xambhin-. hi. p TETI
Sumin. Mattos E Adenin
3 re p == t0
i EAR TA TA
7 | |
F CLI
T I ® r TE r
r —— N
==
eğ
1
8 60H
le ui
Harnsäure (Laktimform).
Aus diesen und weiteren hier nicht näher zu behandelnden Ver-
HE2 5
suchen zieht Brugsch den Schluß, daß der fermentative Abbau der-
- Harnsäure durch ein urikolytisches Ferment, nicht das Wesentliche
darstelle, sondern daß der Harnsäurestoffwechsel vor allem vom vege-
tativen Nervensystem reguliert werde. Brugsch hat dann den
Begriff der Reizharnsäure (19) geprägt, d. i. eine auf nervöse Reize
hin ausscheidbare Harnsäure. f
Daß die Harnsäure als Purinderivat, nämlich 2-, 6-, un
zum Purinstoffwechsel in Beziehung steht, hat Horbaczewski (20)
zuerst experimentell dargetan, der aus nukleinreicher Milzpulpa und
aus Nukleinen durch Oxydation außerhalb des Organismus Harnsäure
erhielt und nach Einverleibung von Nukleinen in den Tierkörper eine
vermehrte Harnsäureausscheidung bewirkte. Für die Stoffwechsel-
pathologie ist ferner die Unterscheidung zwischen end ogener und
exogener Harnsäure außerordentlich wic E Während
man unter endogen entstandener Harnsäure diejenige Menge von Harn-
skure versteht, welche normalerweise von jedem gesunden Menschen
bei Ausschluß von Harnsäurebildnern (purinfreie Kost) in der Nahrung
gebildet bzw. ausgeschieden wird, stammt die exogene Harnsäure
lediglich aus der zugeführten Nahrung. Der endogene Harnsäure-
wert im Urin stellt ferner für jedes Individuum eine Konstante
dar, und liegt z. B. bei gesunden Männern zwischen 0,4—0,6 g (22) pro
ag, Ebenso ist die Schwankungsbreite der endogenen Blutharnsäure
sehr klein; sie beträgt nach der von uns angewandten Methode 2,5 bis
dö mg in 100 cm? Blutserum bei purinfreier Kost.
‚ Bei der bisher am besten durchuntersuchten Störung des
unnstoffwechsels, der Stoffwechselgicht, sehen wir eine ver-
Iangsamte und verminderte Ausscheidung der endogenen Harnsäure
im Harn, während die endogene Blutharnsäure erhöht ist (in der
aufalsfreien Zeit). Um die genannten Verhältnisse bei unseren
Mersuchungen genau verfolgen zu können, waren die von uns
angewandten weiteren Diätformen nötig. Denn nur die nach
Priniteier Kost erhaltenen Harnsäurewerte können die richtigen
E ei Harnsäurewerte darstellen. Die ferner angewandte
owal 1 bzw. Iriphanmedikation bei gleichzeitig gereichter
Ob hei Icher Krankenkost sollte uns darüber Aufklärung bringen,
oft emon Fällen die Verhältnisse ähnlich lägen wie bei der
aii selgicht. Denn bei dieser sehen wir nach Atophan bzw.
undoft vermehrte Ausscheidung der Harnsäure durch den Harn
Waren is eine Verminderung der Blutharnsäure. Bei unseren Fällen
te Verhältnisse die gleichen wie bei der Stoffwechselgicht.
miđig ainia ie angeführt werden, daß das Atophan, ein verhältnis-
li arbonsänre gebauter chemischer Körper, nämlich 2-Phenyl-, 4-Chino-
| von der Formel: /\Y\coom und das Iriphan, das
N CH;
N
Stronti ; |
eide rare dieser Säure, pharmakologisch in der Weise wirken, daß
anzen eine Ausschwemmung der vorhandenen Harnsäure-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
v
1011
\
mengen aus dem Organismus auslösen, selbst bei purinfreier Kost. Ob
diese Wirkung auf einer Stoffwechselwirkung oder nur auf einer ge-
steigerten Ausscheidung (Nierenwirkung) beruht, ist noch unent-
schieden (23). | u | | | |
Die Verwendung des Atophans bzw. Iriphans in unseren
Fällen bezweckte auch die Feststellung, ob wir durch diese Medikation
unsere Fälle in ähnlicher Weise wie die giehtischen Anfälle thera-
peutisch beeinflussen könnten. Eine gewisse subjektive und ob-
jektive Besserung nach. dieser Medikation war in unseren Fällen
wohl festzustellen, ein endgültiges Urteil möchten wir aber zurzeit
noch nicht abgeben: Ä
Des Weiteren sollten die chemischen Untersuchungen der
Harnsäure im Blut und Urin nach der Purinbelastung Auf- -
schluß darüber bringen, ob die in unseren Fällen konstatierte
Störung des Purinstoffwechsels in ähnlicher Weise sich vollziehe
wie bei der Stolfwechselgicht. Dies war jedoch nicht der Fall.
` Denn bei der Stoffwechselgicht sehen wir.nach einer Purinbelastungs-
probe eine starke Verzögerung der Ausscheidung der exogenen
Harnsäure im Urin und. ein Ansteigen des Blutharnsäurewertes.
Bei unseren Patienten dagegen stiegen die Harnsäurewerte nach
der Purinbelastung sowohl im Harn wie im Blut in prompter Weise
“meist erheblich an.
Suchen wir nach diesen Erörterungen nun an eine Deutung
der bei den von uns untersuchten Fällen festgestellten Störung im.
_ Harnsäurestoffwechsel heranzugehen, so sehen wir als sehr wahr-
scheinlich: keinen Zusammenhang mit der Stoffwechsel- .
gicht. Jedoch ließen sich unsere Befunde vielleicht. unter dem
Gesichtspunkte des in neuerer Zeit von Brugsch aufgestellten Be-
griffes der sog. Reizharnsäure einreihen. Ki
Was die andern von uns aufgefundenen abnormen Werte des
Natriumchlorids betrifft, so könnten diese auf eine Nieren-
funktionsstörung binweisen.
Endlich ist über unsere Cholesterinbefunde folgendes an-
zuführen. Das Cholesterin steht in Beziehung zu den vielfach er-
wähnten Lipoiden, jenen Stoffen, welche hinsichtlich ihrer Lös-
lichkeit und Lösungsfähigkeit für gewisse Substanzen den Fettarten .
mehr oder weniger ähnlich sind. |
Es muß aber bötont werden, daß vom chemischen Stand unkte .
der Name „Lipoide“ nicht berechtigt ist. Das Cholesterin z. B., zur
chemischen Gruppe der Sterine gehörig, stellt seinem chemischen Auf-
bau nach keinen Fettkörper, sondern einen einwertigen, ungesättigten,
sekundären Alkohol mit vier hydrierten Ringen dar, dessen Konstitu-
tionsformel zurzeit noch nicht ganz sichergestellt ist.
Das Cholesterin kommt teils frei, teils mit höheren Fettsäuren
verestert fast in allen Organen vor. Sein Nachweis gründet sich u.a.
auf die Liebermann-Burchardsche Reäktion, bei der eine Lösung
von Cholesterin in Chloroform unter Zusatz von Essigsäureanhydrid
und konzentrierter Schwefelsäure eine grüne Färbung erzeugt. Auch
mit gewissen pflanzlichen Glykosiden, den Saponinen, besonders dem
Digitonin, bildet Cholesterin charakteristische Verbindungen, die selbst
zu einer quantitativen Bestimmung verwertet werden können.
Der von uns bei einem, Schwangerschaftspruritus fest-
gestellte sehr hohe Oholesterinwert ist ein physiologisch be-
gründeter, indem bei Graviden auch von anderer Seite hohe Blut-
cholesterinwerte gefunden wurden (24). 5
Dagegen haben die vier von uns gefundenen sehr tiefen
Cholesterinwerte folgende Bedeutung. Nach den neuesten Ar-
beiten hat das Cholesterin im Blute auch die Aufgabe etwa
eines Schutzkörpers (25). Die Bakterientoxine gehen mit dem
Cholesterin des Blutes Verbindungen ein, wodurch die Toxine un-
schädlich gemacht werden. Zugleich findet auf diese Weise eine
Abnahme der Blutcholesterinmenge statt. In zwei von unseren Fällen
(Pemphigus und Erythrodermie mit zweifelhafter Ätiologie) hat
demnach möglicherweise neben der Hauterkrankung eine bakterien-
toxische Erkrankung bestanden, oder wenn man so will: die ver-
minderte Cholesterinämie läßt auf eine bakterielle bzw. bakterien-
toxische Allgemeinerkrankung schließen, die ihrerseits vielleicht zur
Entstehung der in ihrer Art verschiedenen Hautaffektion(Pemph igus
Erythrodermie) führte. In unserem 3. Fall, einem Lichen rub er
acuminatus, läßt der sehr niedrige Blutcholesterinwert ev. auch
eine bakterientoxische Deutung zu, wobei man zu berücksichtigen
hat, daß ja gerade über den Lichen ruber acuminatus die Akten
noch keineswegs geschlossen sind, daß sich vielmehr hier noch
immer die verschiedensten Anschauungen bezüglich der Ätiologie
gegenüberstehen. Beim 4. Fall einer Dermatitis herpetiformis
(Stro. 13. Februar 1924) fällt der sehr niedrige Blutcholesterinwert
auch miteiner Verschlechterung des Gesamtkrankheitsbildeszusammen
Das Hauptergebnis unserer Arbeiten ist: einmal unsere
Befunde bezüglich des Cholesterins; dann aber die von uns in
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1012
| vielen Fällen von Hautkrankheiten nn festgestellte Störung
im Harnsäure- und Kochsalzstoffwechsel, die offenbar den
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betrachtet, kaum größere Wesensverwandtschaft zu bieten scheinen
_ Methoden unterschieden, die Dermatologie auszugestalten bzw. zu
Nährboden darstellen kann, auf dem sich die von uns untersuchten
und manche andere in Zukunft noch durchzuprüfende Dermatosen
entwickeln können.
Charakteristisch ist, daß die von uns festgestellten Werk:
änderungen, so beispielsweise die Störung des Harmsäure- bzw.
Kochsalzstoflwechsels, bei einer ganzen Reihe von Dermatosen
vorkommen,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
+
j »
zu bringen. Wir sprachen in diesem Sinne eben vorsichtig von
einem „Nährboden“ für das betreffende Leiden. Aber selbst ein
solcher Modus braucht nicht. vorzuliegen; ein völliges Nebeneinander
ist im einzelnen Falle zurzeit durchaus diskutabel; genau wie ein
positiver Wassermann eine vorliegende Dermatose — Psoriasis,
Lupus — nicht ohne weiteres als luetisch auffassen läßt, so ist
auch hier der Kausalnexus zwischen Klinik und Stoffwechselbehund
die zunächst klinisch, histologisch, pathogenetisch |
nicht unter allen Umständen gegeben.
2 Juli.
I Wenn man aber von solchen Selbstverständlichkeiten absieht,
‚| so ist ein gewisser Fortschritt nicht zu verkennen.
(Psoriasis, Ekzem, Dermatitis herpetiformis, Lupus vul-
garis); es scheint uns dieses Bild für die neue Forschungsrichtung
wichtig zu sein. Während -es in den letzten 30—40 Jahren üblich
war, durch immer neu aufgestellte Krankheitstypen, meistens
histologisch begründet, aber’auch durch bakterielld bzw. kulturelle
werden hoffentlich noch weiteres Material zur- Klärung der Be-
Tage fördern.
Literatur: 1. Riecke, Lehrb. d. Hark Geschlechtakrankh,. 1920. Jena,
verfeinern, ein Bestreben, das gèlegentlich des Guten zu viel tat, -
Verwirrung bezüglich der Nomenklatur stiftete, so daß selbst-
Kenner der Materie zuweilen sich nicht zurecht fanden, sehen wir
bier ein zusammenfassendes, ordnendes Moment. -
Das wird und darf gewiß nicht dazu führen, wohl charak-
.terisierte .Dermatosen zusammenzuwerfen, sichtbare Grenzen zu ver-
wischen; aber es ist gut, die Dinge auch mal von. einem anderen
Gesichtswinkel aus zu sehen. Wir werden auf diese Weise vor
Einseitigkeiten bewahrt, die jede lange Zeit hindurch in der Wissen-
schaft getätigte Arbeitsmethode in sich birgt.
Es ist selbstverständlich nicht erforderlich, jede in unserer
Arbeit gefundene Stoffwechselanomalie unbedingt ätiologisch in
einen gewissen Zusammenhang mit der an Hauterkrankung
prakt. Derm. Bd.28, S. 274. — 4: Pini, Ebenda Bd. 28, S., 143. — b. Baum, Arch, i
Derm. u. Syph. Bd. 100. S. 105. — 6. Stümpke, Ebenda. Bd. 108, 8.164. — 7. Pulay,
Derm.Wschr.1921.-8 Derseibe, Stoffwechsel und Haut, Verlag Urban & Schwarzen“
berg, Berlin -Wien. 1923. — 9. Urb ach, Klin. Wschr. 1928, Nr.17. — 10. Klin.Wschr.
1922, „S, 1988. — 11. Nach gütiger Auskuntt von Herrn Prof. Rona, Berlin. —
Funk, Ebenda. 1918. S. 1247. — 14. Lehmannu. Maguenne, Zschr. f. physiol. Chom.
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chem. Gesellschaft, Ba. 42ft. — 19. Brugs ch, M. Kl. 1922, S. 655. —%0.Hammarsten,-
Lehrb. d. physiol. Chem. 9. Aufl, "S. 556. — 21. Burian u: Scehur, Pflüg. Arch.
Bd. 80, 87, 94; zit. nach Hammarsten, Lehrb. d. physiol. Chem. 9 Aufl. 8.657. —
22, Brugsch u..Schittenhelm, Lehrb. d. klin. Diaßnostik, 5. Aufl, 8.576, —
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Papp. dig. 1912, zit. nach Bürgeru. Beumer, B.kl.W. 1918, S. 113. — 25. Leupolä
u. Bogendörtfer, D. Arch. t. klin. M. Ba. 140.- S. 28.
_ Reteratenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. ©, Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prot Dr. m. Rasns, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Ge rhartz;
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie) Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Obrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof. Dr.Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u, Geburtshilfe), Prof. Dr.0.Nordmann, Berlin
- schnitt offen gelassen. Mit bloßer Bedeckung der Wunde ohne Docht
_ Erwachsene.
- Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R. Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S, Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
l geleitet von Dr. Walter Wolii, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide. Ber
Sammelrefierate. |
vorhanden. Bei allen sicher einseitig Tauben änderte sich der Ton
‘| der Stimmgabel vor dem hörenden Ohr oder im Kopfe nicht, wenn
Neuere otologische Literatur.
Von Oberstabsarzt a. D. Dr. Haenlein.
Kontraindikationen gegen primäre Wundnaht bei der
Operation der akuten Mittelohreiterung sieht Georg. Karl
Müller (1) nach den Beobachtungen an der Erlanger Klinik in
sicheren , oder auch nur vermuteten endokraniellen oder innerohr-
lichen Komplikationen, Bezoldscher Mastoiditis, erschwerten Ab-
flußverhältnissen infolge weiten Herunterreichens des Operations-
trichters, ausgedehnten subperiostalen Abszessen. Die Naht wird
' bis etwa 3/, bis 4/5 des Hautschnitts vorgenommen, der untere Ab-'
"änderte, wenn anstatt dessen ein zweiter Ton durch Aufsetzen der
fach unterbrochen, durch den Knochen zugeführt wurde. Für die
daß der kranke ursächliche Zahn völlig schmerzlos ist. Der Grund.
liegt in der Irradiation, darin ‚bestehend, daß die Schmerzen weit
über den Bezirk des Reizungsherdes ausstrahlen und daß der ir-
radiierte Schmerz intensiver ist als der ursprünglich im Reizungs-
herd lokalisierte, weil die Erregbarkeit der primär affizierten Nerven-
fasern sieh abstumpft. Die Diagnose kann dadurch sehr erschwert
oder Drain wurden gute Erfahrungen gemacht. Die Naht kürzte die
Heilungsdauer auf 2—3 Wochen ab. Für Säuglinge und kleine
Kinder sieht Verf. keinen so großen Vorteil in der Naht wie für | werden.
' Unsere Untersuchungen, welche fortgeführt werden solar |
ziehungen zwischen i i und Hautkrankheiten z mo
Verlag von Gustav Fischer. — 2. Stümpke, M KI. 1923, Nr. 30. — 8. Stüve, Mh: t.
12. Nach eigenen Versuchen. — 13. Stepp, M.m.W. 1918, 6.782; Authenriethu.
Bd. 88. 8.207. — 15. Heubner u; Soika, Zschr. f. d. ges. exper. Med. Bd.13. 8.48. -
dem tauben Ohr ein mehrfach unterbrochener Ton der Stimmgabel PE
mittels Schlauch zugeführt wurde, während dər Ton sich sofort
Stimmgabel auf den Scheitel und öfteres Abheben derselben mehr-
‚Diagnose der totalen Labyrinthausschältung hat die Feststellung, ob
Hörreste vorhanden sind oder nicht, große Bedeutung. — Nach. >
Hanna Krütgen (4) kommt es bei der dentalen Otalgie vor,
{=
Mit der reinen Eröffnung dès Empyems ohne prin-
zipielle Freilegung des Antrums und der übrigen erreichbaren Zellen
Die häufigste Ursache der dentalen Otalgie ist die Er-
krankung der unteren Molaren, —
‘chronische pulpitische Reizungen,
die durch kariöse Prozesse des Zahnbeins eingeleitet werden. Seltener:
rufen Gangrän der Pulpa, Wurzelreste die dentale Otalgie hervor.
— Specht (5) wendet sich dagegen, daß aus der geringen Tiefen-
hat die Erlanger Klinik beste Erfahrungen ‘gemacht. — Boß (2)
untersuchte experimentell, inwieweit der wirksame Bestandteil des
_Urotropins, der Formalaldehyd, als Desinfiziens des Lumbal-
kanals bei Meningitis eine Rolle spielt. Urotropin wurde intra-
venös einverleibt; Formaldehyd war regelmäßig im Urin und Blut,
nie im Liquor nachweisbar. Dies spricht nicht gegen die Wirkung,
da der Formaldehyd in statu nascendi bakterizid wirken kann und
sich bald darauf zu Ameisensäure oxydiert, teils mit den Eiweiß-
körpern polymerisiert, teils. durch den Urin ausgeschieden wird,
wodurch es sich dem Nachweis entzieht. Als geeignetste Applikations-
weise des Urotropins ist die intravenöse anzusehen. — Ruttin (3) be-
nutzte die Schwebungen der Stimmgabel, um bei 8 auf.einem Ohr
Gehörlosen und 4 mit Hörresten zu untersuchen, ob die Betreffenden
Änderungen im Stimmgabelton wahrnehmen konnten. Gibt
der Untersuchte an, der Ton verstärkt sich oder schwächt sich ab,
so sind noch Hörreste für mittlere Töne in dem pathol i Ohr
auf eine analoge Begrenzung der Gewebsverschorfung bei der An-
wendung im Ohr geschlossen wird. In dem veröffentlichten zum
Exitus gekommenen Falle hatte ein Arzt (nicht Facharzt) Ohr-
polypen entfernt und darauf mit Trichloressigsäure geätzt, wobei
Säure auf den Boden der Pauke floß, die Mukosa zerstörte. Es
wurde Bulbusvereiterung, zerstörte Wand gefunden. Ätzungen mit
Trichloressigsäure zwecks Schließung von Perforationen dürfen nur
strengstens lokalisiert stattfinden, Promontorium, Paukenboden dürfen
nicht mit der Säure in Berührung gebracht werden. Granulationen,
Polypen im Ohr sind, wenn überhaupt, mit weniger intensiv wirkenden
fisteln als Spätfolge von Warzenfortsatzoperationen. Um
derartige Nebenverletzungen zu vermeiden, soll man bei tief nach
e
wirkung der Trichloressigsäureätzung an einer Nasenmuschel
Adstringentien anzugehen. — Bertog (6) berichtet über Parotis- |
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unten reichender Eiterung den Schnitt im unteren Teil nicht bogen-
"förmig nach vorne bis unter die Spitze des Warzenfortsatzes ziehen,
sondern ihn mitten über die Spitze nach unten verlaufen lassen. Verf.
exiidiert die Fistel und schließt primären Verschluß der Drüsenkapsel
und der darüber liegenden Weichteile durch Etagennähte an. —
- ‚Eingehend beobachtete Kelemen (7) eine otogene Osteomye-
litis der Schädelbasisknochen. Diese Erkrankung — bis 1908 .
waren nur 3 Fälle publiziert — ist jetzt als selbständiger Sym-
ptomenkomplex gut diagnostizierbar. In Kelemens Fall exazer-
bierte eine Mittelohreiterung nach 3 Jahren und machte Radikal-
operation nötig. Am 9. Tage nach der Operation entwickelte sich
unter Auftreten von Schüttelfrösten ein eitriger, Iymphangoitischer,
nekrotisierender Prozeß, wodurch Knochen: und Weichteile von der
Gegend der rechten Pyramide bis in den Epistropheus, die Muskeln
der Umgebung in Mitleidenschaft ziehend, zu einem großen Krank-
heitsherd umgewandelt wurden. Nach und nach wurde die knöcherne
‚Siguswand entfernt, die Jugularis unterbunden, durch Inzisionen
‚über den Muskelansätzen Eiterherde freigelegt. Am 14. Tage starb
„der Patient, — die Prognose dieser. Osteomyelitis ist ja trostlos.
-Die zu verschiedenen Zeiten entnommenen Blutproben blieben immer
steril. Es handelte sich hier um einen sekundären Knochenvor-
gang im Anschluß an ein Mittelohrrezidiv. Bei der Operation bot
= der Knochen nirgends verdächtige Stellen. — 3 an der Frankfurter
Klinik beobachtete Fälle von abnormer Stellung des Unter-
kielers bei entzündlichen OÖhrerkrankungen veröffentlicht
. Vólger (8). Gemeinsam war, daß es sich um Übergreifen einer
aizindlichen Aflektion des Ohres auf das periartikuläre Gewebe
3B- ma S 5
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des Kiefergelenks, bzw. auf die Gelenkkapsel und den Gelenkknorpel
handelte. Die immerhin seltene seitliche Verschiebung des Unter-
kielers bei entzündlichen Ohrerkrankungen, wie sie hier beobachtet
wurde, sind keine direkten Erkrankungen des Kiefergelenks, sofern
man das periartikuläre Gewebe nicht unmittelbar zum Kiefergelenk
hinzurechnet, sondern eine Schutzvorrichtung des Organismus zur
Vermeidung von. Schmerzen, ohne daß dadurch das Kiefergelenk
ganz außer Funktion gesetzt werden mußte. — Lampert (9) be-
spricht die Mängel der bisherigen Hörprüfung mit der Sprache.
Ausgedehnte Verwendung der Zahlwörter als Gehörprüfungswörter
‚sei nicht gerechtfertigt. Lampert gibt in Tabellen für deutsche
und englische Sprache konsonantische und vokalische Reihen, wo-
bei der Wechsellaut Anlaut, Inlaut oder Auslaut ist. — Bruck (10)
weist erneut darauf hin, daß es Fälle von Schwerhörigkeit gibt,
wo die Flüstersprache weiter gehört wird als gewöhnliche Um-
sängssprache, wenn, wie bei Erkrankungen des Schalleitungsappa-
rates, die tiefen Töne schlechter perzipiert werden als die ‘hohen,
da die Tonhöhe der gewöhnlichen Umgangssprache viel tiefer liegt
als die der Flüstersprache. — Histologische Untersuchungen. über
hämangiektatische Tumoren des Trommelfells fehlen.
Fischer (11) beschreibt einen solchen Tumor, bei dem es sich um
eme Mißbildung im Sinne eines fehlerhaften Überschusses an Blut-
selißen, also um ein Hamartom nach der Definition .der patholo-
gischen Anatomen handelt. Es wäre dann dieser Gefäßtumor im
Trommelfell eine Mißbildung per excessum analog den präauriku-
‚ ren Anhängen am äußeren Ohr, entstanden durch Verlagerung und
Weitersprossung (Wittmaack hält den Tumor für Residuum eines
früheren Schleimhautprolapses). — Bigler (12) beobachtete eine
Progressive Otosklerose mit Stapesankylose bei einem 13jäh-
rigen Jungen, der infantile Osteopsathyrose zeigte. Seit 5 Jahren
zunehmende Schwerhörigkeit mit heftigem Ohrensausen; seit 3 Jahren
bläuliche Verfärbung der Augen ohne Abnahme der Sehkraft. Das
orkommen von Otosklerose bei einem so ausgesprochen konsti-
tutionellen Leiden wie infantiler Form der Osteopsathyrose wirft auf
die konstitutionelle Natur der Otosklerose ein deutliches Licht. —
lè von einer Mittelohreiterung direkt oder indirekt ausgehende
akute diffuse eitrige Leptomeningitis ist mitunter, wie My-
gind (18) ausführt, klinisch, aber auch bei der Sektion schwierig
m diagnostizieren, Lumbalpunktion vermag sicherere ‚Resultate zu
liefern wie makroskopische Untersuchung post mortem. Bei nicht,
We Fällen von otogener Meningitis büßt das Lumbalpunktat
er klares Aussehen nicht ein. Dann ist die mikroskopisch nach-
sch a Pleozytose der Hirnflüssigkeit für die Diagnose ent-
eidend. Geringe oder mittlere Pleozytose rubriziert Mygind als
otogene kollaterale Meningitis. Verf. unterscheidet 1. Meningismus,
2 N l use meningitische Symptome und normales Lumbalpunktat;
und en circumscripta, d. h. lokale meningitische Symptome
terali slone Pleozytose des Lumbalpunktats; 3. Meningitis colla-
raas, d. h, diffuse meningitische Symptome und leichte oder mittlere
` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.29 `
Pleozytose (klares Lumbalpunktat); 4. Meningitis diffusa purulenta
' benigna, d. h. diffuse. meningitische Symptome und unklares Lum-
balpunktat (Heilung); 5. Meningitis diffusa purulenta maligna (Ex-
itus). Prognostisch gibt es 2 Meningitisformen. Bei der einen ver-
breitet sich der entzündliche Prozeß in den Leptomeningen wie die
Explosion in einem Pulverfaß und keine Operation vermag zu helfen ;
in der Minorität der Fälle sind die entzündlichen Produkte vom
primären Herd nicht imstande, den Prozeß in den Leptomeningen
recht anzufachen. Beseitigung des primären Herdes, so schnell als
möglich, ist bei der operativen Behandlung Hauptsache. — Runge (14)
gibt einen neuen Versuch zum Ausbau der Knochenleitungs-
lehre bekannt. Das Ohr des zu Prüfenden wird mit Wasser ge-
füllt und dann die. Knochenleitung geprüft. Als grundlegender
Faktor bei der Wasserfüllung ergibt sich die bessere Überleitung,
während der verhinderte Schallabfluß nur unterstützend mitwirkt.
Runge schließt sich der Lehre von der kranio-tympanalen und kra-
niellen Leitung des Knochenschalls an, wöbei die kranio-tympanale
Leitung der kraniellen überlegen ist. Die molekulare Überleitung
über die Gehörknöchelchen lehnt Verf. ab, da man sich durch sie
- die Fälle mit maximaler Verlängerung der Knochenleitung nicht
erklären kann. — Chilow (15) stellte durch Versuche fest, daß ein
Hindernis für die freie Kommunikation des Labyrinths
mit der Schädelhöhle vorhanden ist, welches erst bei.starker
Druckerhöhung (130—200 mm Hg) überwunden wird. Es gelang
nicht, Abnahme des Drucks innerhalb des Labyrinths bei lange
dauerndem Druck von seiten des äußeren Gehörgangs zu bemerken.
Der anatomische Bau des Aquaeductus cochleae stellt die, Ursache >
der Schwierigkeit des Abflusses der Perilymphe aus dem Labyrinth
dar. — Auch Vogel (16) hat mit Panitrin keine günstigen Re-
sultate erzielt. Sein Material bestand aus 32 Fällen von Nerven-
schwerhörigkeit, 16 Fällen von teils frischer, teils älterer Otosklerose
und 2 Fällen von Ohrensausen ohne Hörstörung. — Engelhardt (17)
bringt die Krankengeschichte eines an Hirnabszeß Verstorbenen.
Eine keine Besonderheiten zeigende chronische Mittelohreiterung mit
zentraler hinten unten gelegener Perforation war Ausgangspunkt.
. Cholesteatom bestand nicht, die Mechanik der Infektion des Ge-
hirns blieb ungeklärt, — Hellmann (18) schließt aus 5 histo-
logisch untersuchten Fällen, daß die von Manasse gegebene
Einteilung der Knochenneubildung in den Labyrinth-
hohlräumen zu Recht besteht. Es gibt eine Knochenneubildung
in den Innenohrräumen, welche ein pathologisch-anatomisches Bild
für sich darstellt — Periostitis interna fibrosa et ossificans. Im
Verlauf eitriger Labyrinthentzündung bildet sich da, wo alter La-
byrinthknochen abgebaut. wurde, wo also das Endost zerstört wurde,
Knochen auf ganz andere Weise als im allgemeinen bei der Perio-
stitis fibrosa et ossificans. Entstehungsart, Beziehungen zu den
Knochen der Labyrinthkapsel und zu dessen Gefäßsystemen sind
wesentlich andere, ebenso wie die Rolle dieser Gefäßsysteme bei
der Neubildung des Knochens. — Es kann, wie Ohnacker (19)
zeigt, schwierig sein, wenn Mittelohreiterung und Hirnerscheinungen
vorliegen, nachzuweisen, ob ein ursächlicher Zusammenhang
.zwischen Ohr und Hirn besteht, oder ob es sich um 2 von. ein- -
ander unabhängige Vorgänge handelt. In Verfs. Fall fand sich bei
einem radikal Operierten Pachymeningitis haemorrhagica interna,
die zu subduralem Hämatom und zu einem Erweichungsherd im
Schläfenlappen geführt hatte.
seitigen Schläfenlappenabszeß gedacht.. Ist die Möglichkeit der Ent-
wicklung einer Pachymeningitis haemorrhagica in mehr oder weniger-
engem Zusammenhang mit einer Otitis media zu bejahen, so dürfte
doch die Zahl der Fälle, wo ein solcher Zusammenhang bewiesen
werden kann, gering sein. — Marx (20) weist auf ein von ihm in
seinen Fällen stets beobachtetes Symptom bei Extraduralab-
szessen hin: Auffallend deutliche Pulsation des Eiters, fortgesetzte
Hirnpulsation, die so otoskopisch sichtbar wird. Naturgemäß kann
sie nur bei offenem Extraduralabszeß auftreten. Als Frühsymptom
beweist die Pulsation nichts, da sie bei den meisten akuten Otitiden
sich findet; wenn die Pulsation bei einer schon mehrere Wochen be-
stehenden Eiterung nachweisbar ist, wird man mit großer Wahrschein-
lichkeit fortgesetzte' Hiropulsation annehmen können. — Einen Bei-
trag zur Kenntnis.der Scharläch-Mastoiditis bringt Rohden (21)..
Eine doppelseitige Mittelohrentzündung entwickelte sich zur Mastoi-
ditis; beiderseits Operation. 8 Tage nach der Operation Erschei-
nungen, die an intrakranielle Komplikation denken lassen (Hirn-
abszeß). In der Familie war ein Scharlachfall vorgekommen; trotz.
steter Beobachtung auf Scharlach war- bei dem Ohrenkranken nichts
zu finden gewesen. Als schon eine Explorativoperation erwogen
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In erster Linie hatte man an links- -
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wurde, trat deutliche Abschuppung: der Haut ‘auf, und wies darauf
nungen einschließlich) nehmen ihren Ausgangspunkt von den’ Me- |
ningen und greifen bei den sekundär- und tertiär-luetischen Fällen
von hier aus, auf dem Wege des Nervus acusticus auf die Labyrinth-
.. lues des Ohres betrifft hauptsächlich den Nervenstamm und ‚die
‚im frühen Sekundärstadium, so lange wir dem praktischen Arzt kein
"therapie. — Die von Günther (24) in 5 hirnpathologischen
= rinthes bei den beobachteten Erscheinungen muß in Frage gestellt
U
hin, daß es sich um ein II. Kranksein im Sinne Pospischills
handelte. — Als Ergebnis seiner Untersuchungen gibt Kraßnig (22)
folgende auf die pathologische Anatomie der Lues des Gehör-
organs. bezügliche Wahrscheinlichkeitsschlüsse: 1. die luetischen
Erkrankungen des Innenohres (meta- und heredoluetische Erschei-
teile über, die sie in erster Linie schädigen; 2. die‘ Tatsache, daß
besonders bei der hereditären Labyrinthlües die Funktionsprüfung
sehr häufig ein Schalleitungshindernis anzeigt; hängt‘ vermutlich
mit perilabyrinthären zelligen Infiltrationen zusammen; 3. die Meta-
Ganglienzellen im Rosenthalschen Kanal. Salvarsan möge in
jenen Fällen verwendet werden, wo man mit großer Wahrscheinlich-
‘keit noch auf eine Abortivkur rechnen kann. Salvarsan kann ver-
. wendet werden in Fällen von Gummen und älteren syphilitischen |
Krankheitserscheinungen überhaupt. Salvarsan erscheint bedenklich
sicheres Mittel für richtige Dosierung an die Hand geben können,
weil Salvarsan in diesem Stadium im Körper die Bildung der Rea-
gine verhindert und die Auikeimung der Nervenlues besonders be-
günstigt. — Die einzige theoretisch und praktisch begründete In-
dikation für Panitrin am Ohr sind nach Birkholz (28) außer
örtlichen Gefäßkrisen im Sinne Kobraks, die Präsklerose der Ohr-
gefäße im funktionellen Sinne. Die Indikation bei Otosklerose ist
sehr unsicher; sie deckt sich mit jeder künstlichen Entzündungs-
Fällen beobachteten tonischen Reilexe auf die Extremitäten
lassen sich in weitgehender Analogie auf tonische Halsreflexe zurück-
führen, Als gemeinsame pathologische Grundlage, die diese Phä-
nomene in den Fällen in Erscheinung treten ließen, kann in An-
lehnung an die von Simons geäußerte Ansicht eine Verschiebung
` der sehr komplizierten und empfindlichen tonischen Apparate durch
zerebrale Prozesse angesehen werden. -Die Beteiligung des Laby-
bleiben. — Bilancioni und Silvagni (25) untersuchten tierexperi-
mentell die mit der Tuba Eustachii in Verbindung stehenden
Muskeln aufGanglien. Diese finden sich in allen Tubenmuskeln,
sind verschieden groß (Birnenform), stehen mit markhaltigen Ästen
in Verbindung, die in Muskelfasern enden. Diese Ganglien wirken
neben der direkten Inneryation. — Über Wechselwirkungen seitens
des Gehörorgans und über, die anatomischen und physiologischen Be-
ziehungen zwischen Gehörorgan und Zähnen schreibt Christ (26):
Eine 17jährige Dame bekam beim Üben auf der Violine, sobald hohe
Töne erklangen, ziemlich heftigen Schmerz in den Zähnen (Ober-
kiefer). Hysteriesymptome außer Hyperästhesie des Nervus cochlearis
‘ sind nicht gefunden worden. Der N. palatinus anterior, welcher di-
rekt aus dem Ganglion sphenopalatinum kommt, kann bei psychogen -
entstandenen Zahnschmerzen infolge musikalischer Reize eine wesent-
"liche Rolle spielen. — 26 Tage nach Mastoidoperation traten-
bei 6jährigem Kind klassische Meningitissymptome, Fieber
von 890 auf.
wie Caldera (27) berichtet, die Symptome. |
Literatur: 1. @. K. Müller, Arch. f. Obrenhik. Bd.11l, H.1. — 2. Boß,
Ebenda. Bd. 111, H. 2. — 3. Ruttin, Ebenda. — 4. Haima Krütgen, Ebenda. — 5. Specht,
Ebenda. Bd.111, H.3. — 6. Bertog, Ebenda. — 7. Kelemen, Zschr. f. Hals-, Nasen-,
Ohrenhik. Bd. 5, H.1. — 8. Völger, Ebenda. — 9. Lampert, Hbenda. — 10. Bruck,
Ebenda. — 11. Fischer, Ebenda. Bd.5, H.3 u 4. — 12. Bigler, Ebenda. — 13, Mygind,
Ebenda, — 14. Runge, Ebenda. — 15. Chilow, Ebenda. — 16. Vogel, Ebenda. _
17. Engelhardt, Ebenda. — 18. Hellmann, Ebenda. Bd. 7, H. 1. — 19. Ohnacker, Ebenda.
. — 2%. Marx, Ebenda. — 21. Rohden, Ebenda. Bd.7, H.2. — 22, Kraßnig, Ebenda. —
. 23. Birkholz, Ebenda. Bd.7, H.3. — 24. Güntlier, Ebenda. — 25. Bilancioni u. Sil- .
vagni, Arch. ital. diotol. Vol. 85, F.1. — 26. Christ, Zschr. f. Laryng. Bd. 12, H. 1. —
27. Caldera, Bollet. delle malattie dell’orecchio. Bd, 40, H.7. Int. ZbL f. Ohrenhlk.
Bd. 22, E 10—12, \ . Mei a `
Aus pathologisch -anatomischen Zeitschriften.
Von Prof. Dr. S. Gräff (zur Zeit Niigata).
VonRheindorf wird die Anschauung vertreten, daß die Appen-
dizitis allgemein von einer primären Infektion mit Oxyuren her-
zuleiten sei; die Würmer verursachen Schleimhautdefekte, woran sich
sekundär eine bakterielle Infektion anschließt; auch können die
Oxyuren bei unversehrter Schleimhaut auf chemisch-toxischem Wege
"histologische Veränderungen und klinische Erscheinungen auslösen.
Brauch (1) tritt dieser Auffassung entgegen. Die echte Wurm-
fortsatzentzündung — weitaus die größte Zahl aller Erkrankungen
| | -1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29. u : 20. Jali
Nach Entleerung von 4 Askariden verschwanden,
prë
des Wurmfortsatzes — nimmt ihren Ausgang von einer rein bakte-
riell-endogenen Infektion der unlädierten Schleimhaut. Oxyuren,
welche sich im Wurmfortsatz finden, sind in der überwiegenden
Zahl der Fälle ein Nebenbefund; die Häufigkeit. des Vorkommens
von Oxyuren im operativ entfernten Wurmfortsatz ist abhängig von.
der Höhe der örtlichen -Oxyureninfektion. In den. meisten Fällen,
welche unter der klinischen Diagnose Appendizitis operiert werden, .
und sich nach der Operation als mit ÖOxyuren infiziert erweisen,
finden sich, — wenn diese Wurmfortsätze auch makroskopisch nor-
mal erscheinen, — bei sorgfältigem histologischem Studium krank-
hafte Veränderungen, welche. auf eine überstandene, alte, echte
Appendizitis zurückzuführen sind und somit mit Oxyuren gar nichis
zu tun haben; die Ursache der klinischen Beschwerden haben wir
bei diesen Fällen ig den Residuen der alten überstandenen echten
"Wurmfortsatzentzündung zu suchen und nicht in der Anwesenheit
der Oxyuren. | | | |
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Es gibt eine
appendizitiden fällt; die Oxyuren-Pseudo-Appendizitis hat mit der-
echten Wurmfortsatzentzündung nichts zu tun. Die klinischen Sym-
ptome der Oxyuren-Pseudo-Appendizitis finden pathologisch-ana-
tomisch ihre Erklärung im aktiven Einbohren der Parasiten in die
Schleimhaut sowie in dem örtlichen intramuralen Entzündungsherd,
welcher sich um einen eingebohrten, absterbenden Parasiten bildet;
ferner ist es sehr wohl möglich, daß die Bewegungen der Parasiten
in und auf der: Schleimhaut einen adäquaten Reiz bilden, welcher
den Wurmfortsatz zur schmerzhaften, toxischen Kontraktion bringt;
in. ganz seltenen Fällen kann im Anschluß an -das Einbohren einer
Oxyuris in die Schleimhaut eine eitrige Entzündung des Organs ent-
stehen. Die „Oxyurendefekte* und „Wurmkanäle“ Rheindorlis
verdanken .der technischen Behandlung ihre Entstehung. =
Die Theorie Rheindorfs von der ausschließlichen Beteiligung
der Oxyuren bei der Genese der Wurmioörtsatzentzündung wird des-
halb als unbewiesen und völlig haltlos zurückgewiesen.
Gerlach (2) teilt Studien über. hyperergische- Entzün-
dungen mit. Die bisherige Behandlung des Allergieproblems fußt
auf der Beobachtung und Untersuchung von krankbaften Erschei-
| nungen, die sich in Form abnormer Reaktionen bei klinischer
Beobachtung von Tier und Mensch unter dem Einfluß wiederholter
Antigengaben abspielen; das Arthus’sche Phänomen ermöglicht die
Erforschung morphologischer allergischer Reaktionen an umschriebener
‚Stelle, d. h. es gestattet die histologische Auflösung örtlicher Re-
aktionen, deren besonderer Ablauf in ursächliche Beziehung gebracht
wird zu dem Zustand der Allergie des Organismus. €
Bei mehrfach mit gewissen Dosen eines Normalserums vor-
behandeltem Kaninchen kommt es nach einer bestimmten Anzahl
von Injektionen bei einer letzten subkutanen Injektion (Erfolgs _
injektion) -zu schweren lokalen Hauterscheinungen. Die Umgebung
von der Blutbahn, Stase und Ödem mit beginnender Emigration von
Leukozyten; schon innerhalb einer Stunde entwickelt sich eine
hochgradige. Verquellung des Bindegewebes und eine Ischämie des
führt und von Blutungen begleitet ist. In der Umgebung findet
‚sich Ödem, Fibrinausscheidung und starke Anwanderung und Zer-
fall von Leukozyten. Der zentrale nekrotische Herd wird in toto
ausgestoßen, das Geschwür kommt auffallend rasch zur völligen
narbigen Verheilung. Unter gleichen Versuchsbedingungen sind die
histologischen Veränderungen bei ‘der Ratte die gleichen wie beim
Kaninchen, nur bleibt — wie bei diesem nur am Ohr, so bei jener
allgemein — die Haut- und Subkutisnekrose,. sowie die Geschwürs-
bildung aus; der Unterschied der Reaktion ist nur graduell. Der
gleiche allgemeine Reaktionsvorgang gilt für Hund, Meerschwein,
Mensch. Allgemein von Bedeutung ist die Stärke und der schnelle
die Größe der Dosis der Erfolgsinjektion ist bei den verschiedenen
Tierrassen verschieden. Der Einfluß humoraler und nervöser Vor-
gänge konnte im Rahmen der angewandten Untersuchungsweise nicht
in Betracht gezogen werden. u
Experimentelle Untersuchungen über die entzünd-
liche Reaktion der Subkutisin Beziehung zum individuėllen
Immunitätszustand veröffentlicht S. Tsuda (8). Die Reaktion
der Subkutis auf den Reiz einerseits verschieden virulenter Keime
| n durch Oxyuren hervorgerufenen klinischen Sym-
ptomenkomplex, welcher unter die große Kategorie der Pseudo-
der Stelle der Erfolgsinjektion zeigt zu Beginn völlige Absperrung
zentralen verquollenen Gebietes, die tagelang anhält, zur Nekrose
Ablauf der histologischen Reaktion bis zur Narbenbildung bei sen-
sibilisierten Tieren, ohne daß die zellulären Veränderungen eine `
wesentliche Eigenart aufweisen. Die Empfindlichkeit in bezug. auf
der Pneumo-Streptokokkengruppe, andererseits gleich virulenter Keime
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| nl Bostritt also allgemein die Abhängigkeit der Reaktion
-Organo wurde von W. H. Stefko (4) beobachtet. |
Hunger Verstorbenen zeigen die blutbildenden Organe histologische
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en Zustandsänderungen (Schaffung eines allergischen Zustandes)
- des rengierenden Organismus wird histologisch untersucht. Bei der
Triektion.schwach virulenter Keime bleiben die Kokken an der
- Tnjektionsstelle (Bauchwand), frübzeitig setzt sowohl eine lebhafte
Phagözytose von seiten der Leukozyten und Bindegewebszellen als
- zuch das Eindringen der Leukozyten in den Kokkenhaufen ein; der
Herd wird durch Bindegewebe scharf abgekapselt, die Reaktion der
Umgebung klingt schnell ab, die Keime verbreiten sich nicht.. Im
schärien -Gegensatz hierzu kommt es bei hochvirulenten Keimen
zu einer sehr geringfügigen, oft erst auf die Gewebsschädigung hin
einsetzenden örtlichen Reaktion. Die Phagozytose kann fast völlig
fehlen, die Keime durcheilen in wenigen Stunden die Subkutis und
Niskelsehicht und dringen in die Subperitonealschicht ein. Bei
Keimen mittlerer Virulenz beobachtet man an der Injektionsstelle
— mch noch teilweise nach wenigen Stunden — die Reste: des
- Kokkenhäufens, der von infiltrierenden Leukozyten durchsetzt und
schlossen ist; die Phagozytose ist mittelmäßig. Die Keime haben
aber die Neigung, sich von der Injektionsstelle aus zu verbreiten;
die Reaktion nimmt infolgedessen allmählich einen mehr diffusen.
.(herakter an, d. h. sie bleibt nicht so- herdförmig umschrieben
wie bei ganz apathogenen Keimen; Abkapselung des Injektions-
herdes,- Abklingen der Reaktion in der Umgebung treten später
“vonder.Stärke der einwirkenden Noxe deutlich zutage.
-~ . Wird das Tier vor der Injektion: immunisiert, so zeigt sich
‘ene Beschleunigung des Reaktionsablaufs,. starke humorale
.Ablöling auch virulenter Keime, starke Phagozytose von seiten der
Leuköryten, der Bindegewebs-Adventitiazellen und Wucherung der
. letzteren in der Subkutis.
Der Binfluß des Hungerns auf Blut und blutbildende
Bei durch.
Verändermgen. Das Knochenmark Erwachsener zeigt schon makro-
skopisch eine grellrote Farbe und mikroskopisch bedeutende Mengen
von Erythrozyten; bei älteren Menschen überwiegen die leukozytären
Pormelemente. Im Gegensatz zum normalen Mark besitzt das Mark
der Erwachsenen beim Hungernden die Fähigkeit der Fettver-
verlüssigung; die Lipase wird bei dem Fehlen ausreichender Mengen
‘ von Lymphozyten in die stark angehäuften Mastleukozyten verlegt..
- ‚Der Hunger befördert also die Bildung der Zellelemente
` desEnochenmarks. In der Leber von-Kindern der ersten Lebens-
-jahre ist das Auftreten der extramedullären Blutbildung bemerkens-
„Web; in der Milz findet man eine Verminderung der Follikel. All-
gemein fällt die Ähnlichkeit der Veränderungen beim Hunger mit
nen bei. angeborener Ödemkrankheit auf. E Sin 4
< Das Blut kann Verdünnung oder Verdickung aufweisen. In
‚uierem- Falle ist die Menge der Aschensubstanz im Blute ver-
tindert,.das spezifische Gewicht niedrig, die Erythrozytenzahl relativ
‚Wrmindert, der morphologische Blutbestand annähernd normal; in
letzterem Falle besteht das umgekehrte Verhältnis, dabei ist der
‚ ‚ante morphologische Blutbestand stark verändert.
Der häufig festgestellten hämorrhagischen Diathese. ‚liegen
Sörugen in dem salzigen, organischen, fermentativen Blutbestande
“m Hunger zugrunde, deren Folge Änderungen in dem Aufbau
‚der Geäßwandungen sind; diese Gefäßveränderungen, welche das
d der hämorrhagischen Diathese klarstellen, können sich auf
arand des Hungerns Schwangerer auch beim Fötus finden.
. ‚Unter dem Einfluß des Hungerns besonders im Kindesalter _
‚stehen Individuen mit neuen konditionellen Eigenschaften, mit
analagung zu besonderen pathologischen ‚Prozessen (hämor-
ann Diathese) und sogar zu-Änderungen der anthropologischen
iust Zur Morphologie der lipoiden Substanzen im Hunger-
Sande teilt N. Okuneff (5) mit: Kaninchen, in langdauernden
KA zustand versetzt, zeigen keine Veränderung des Gehalts an
‚m esierinestern der Nebenniere, eher eine Vermehrung; in den
Hi ferschen Sternzellen der Leber und in den Epithelzellen der
i Me Gallengänge treten Cholesterinester. auf, ebenso: in den
fi "endothelialen Zellen der Milz und in den Wänden der
„eren Milzarterien, was unter normalen Bedingungen niemals
al i ne. & i
Armen, denn totale Hunger bleibt sogar in seinen fortge
lichen Einfluß i
Ra een auf d Quantitä itä ° Lipoi tanzen
‚der endokrinen Dri y | antität und Qualität der Lipoidsubsta
d Biarea erimentelle Untersuchungen über intestinale
I:
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29,
m Tode des Tieres vorangehenden Stadien: ohne jeg-,
v5 werden von H. Kawashima (6) veröffentlicht, Bei nor-
2 > .
or
maler ‚Fütterung der Maus bewirkt Eisenmast nur eine sehr gering-
fügige Siderosis im Darm; . bei Speckdiät und gleichzeitiger Bisen-
fütterung ist die Eisenspeicherung mäßig gesteigert, während sich
bei Eigelb-Milchdiät eine sehr -beträchtliche. großtropfige Eisen-
speicherung ‘in den Retikulumzellen der Propria und ‘Submukosa
sowie feinkörnige Speicherung in der Muskularis "findet. Dieses
durch die Ernährung . beeinflußte Verhalten wird folgendermaßen
erklärt: Die. dem Tier besonders inadäquate Ei-Milchmast ändert
durch Durchtritt: von Teilen ‚dieser Nahrung durch das Epithel die
Lebensbedingungen.. der retikulären Darmwandzellen. Das gleich-
zeitig: mitresorbierte Eisen trifft nun 'eine Zelle, die sich wesentlich
anders verhält als die normale Retikulumzelle; sie nimmt das Eisen
auf. Diese Feststellungen mahnen zur 'Vorsicht, entsprechende Be-
funde histologischer Art im Darm jeweils einem Zerfall von roten
Blutkörperchen zuzuschreiben. BIN E. |
Literatur: M. Brauch, 'Ziezlers Beitr, TL m W. Gerlach, Virch. Arch..,247.
— S. Tsuda, Hbenda 247. — W. H. Stefko, Ebenda 247. — N. Okuneff, Zieglers Beitr. 71.
— H, Kawashima, Virch. Arch, 247.
| . Aus ‘den neuesten Zeitschriften. _
u Pu | (Siche auch Therapeutische Notizen.) Zr
| Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 22. Be
Atypische Formen der funikulären Myelitis beschreibt Henneberg
(Berlin). Das_vollentwickelte Krankheitsbild der funikulären Myelitis ist
charakterisiert durch ein für die Krankheit typisches Gemisch von Hinter- `
und Seitenstrangsymptomen: mehr oder minder hochgradige Anämie, all-
. gemeine Schwäche, . Parese der Beine, Hypotonie oder Fehlen der Sehnen-
reflèxe bzw. leichte Spasmen und Reflexsteigerung, Babinski, paretisch- bzw.
spastisch-ataktischer Gang; Parästhesien in den Händen und Beinen, distal
zunehmende Abstumpfung der Hautsensibilität in den Beinen, ‘Herabsetzung
des Lagegefühls in den’ Zehen, leichte Ataxie in den Armen, Fehlen der
Bauchdeckenreflexe, Blasen- und Mastdarmschwäche. Als atypische Formen
-sind solche Fälle-anzusprechen, bei’ denen zunächst entweder die Hinter-
strangerkrankung oder die Seitenstrangerkrankung am deutlichsten hervor-
tritt, jedöch ist es sehr selten, daß bis zum Lebensende ein reiner oder .
fast reiner Hinter- bzw. 'Seitenstrangtypus bestehen bleibt. Fälle von
reiner Hinterstrangerkrankung sind mehr beschrieben worden, anatomisch
fand Henneberg in einem klinisch reinen Fall lediglich ein beginnendes
` Lückenfeld am vorderen Septum; bemerkenswert ist, daß die Hinterstrangs-
degeneration bei funikulärer Myelitis niemals tabiform ist. Ob Fälle vor-
‘gekommen, bei denen sich die Degeneration auf: die Seitenstränge beschränkt,
ist zweifelhaft. Sind die Pyramidenseitenstrangbahnen ergriffen,. so -stellt
sich klinisch das Bild einer spastischen Spinalparalyss dar, in einem solchen
beobachteten Fall fand sich jedoch anatomisch auch Hinterstrangsdegene- -
ration. Zuweilen kann durch Auftreten von Kontrakturen in den Beinen,
. durch das Vorhandensein von einer mehr oder weniger deutlich segmental
abgegrenzten Sensibilitätsstörung an Brust oder Rumpf das Bild. der funi-
kulären Myelose dem einer Querschnittsläsion des Rückenmarks’ sehr ähnlich
werden. Henneberg beschreibt einen.solchen von ihm beobachteten Fall,
dieser klinische Typus der Krankheit ist selten. Anstatt der bisherigen |
Bezeichnung der Krankheit als „funikuläre Myelitis“ schlägt Henneberg
die Bezeichnung „funiküläre Myelose* vor in’Analogie von Nephrose.
Einen Beitrag zur Frage der Entstehung. der Blutdrucksteigerung
und Pulsverlangsamung bei Kompression. arterlovenöser Aneurysmen
bringen Gerlach und Harke (Hannover). . Sie "hatten . Gelegenheit, ein
faustgroßes, durch Schußverletzung entstandenes arteriovenöses Aneurysina
in der. Kniekehle operativ zu behandeln. Blutdruckmessungen' vor. der
Operation zeigten, daß bei Kompression des Aneurysmas der Blutdruck’
um 10 mm: Hg anstieg bei gleichzeitigem Absinken der Pülszahl um
28 Schläge. Nach ausgeführter Lumbalanästhesie rief Kompression des
Aneurysmas Blutdrucksteigerung um 20 mm Hg hervor bei gleichzeitigem
Absinken der Pulszahl um 82 Schläge; Ausschaltung des periarieriellen
Sympathikusgeflechts war ohne Einfluß. Nach Wiederherstellung normaler
_ Gefäßverhältnisse bleibt Kompression der großen Körperschlagadern ‘ohne
wesentlichen Einfluß auf Blutdruck und Puls. , Auf Grund ihrer Beob-
achtung lehnen Gerlach und Harke die ‚Ansicht von Frey, daß die
Blutdrucksteigerung bei Kompression arteriovenöser Aneurysmen suf reflek-
torischem Wege zustande komme,. ab. | K =
Kochsalzbrei und Jodoformglyzerintannin in ‚der Behandlung der t
-Hauttuberkulose und. der kalten Abszesse im Kindesalter ‚empfiehlt Keil- |
mann (Berlin). Auf Grund der von Martenstein angegebenen Methode
wurden 16 Fälle von Skrofulodermen, Lupus vulgaris und tuberkulöser
Ulzera mit Kochsalzbrei behandelt und stets eine verhältnismäßig rasche
Heilung erzielt unter Bildung einer glatten Narbe. Grundbedingung- ist
genügende Zerstörung des kranken Gewebes, deren Gradmesser die genügend
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.kationen.
: Mageninhaltes in die Spritze.
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tiefe Ulzeration ist. Mit der von Wederhake angegebenen neuen Mathode
der Behandlung kalter Abszesse mit Jodoformglyzerin und anschließender
Tannininjektion wurden bei nicht zu großen kalten Abszessen ‚gute Erfolge
‚ erzielt. Für sehr große Abszesse scheint jedoch diese Methode nicht ge-
eignet zu sein. H. Dau,
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 21.
Es gibt, worauf Rudolf Th. Jaschke (Gießen) von neuem hinweist
keinerlei örtliche oder allgemeine Symptome der Retroilexio' uteri
Alle im einzelnen feststellbaren Symptome finden sich genau s0 bei ante-
fiektiertem Uterus und sind fast ausschließlich abhängig von Kompli-
Die Retroflexio verdankt oft derselben Grundursache ihre
Entstehung wie diese Komplikationen.
Zur Ätiologie der Metropathia uteri äußert sich W. issmans
(Berlin). Psychische Einflüsse sind imstande, Blutversorgung, Motilität und
Sekretion eines Organes zu stören. Unlustbetonte Affekte wirken auf die
Blutverteilung des Körperstammes in dem Sinne, daß die Bauchorgane mit
mehr Blut durchströmt werden. Durch diese im Ablauf von 28 Tagen im
normalen Frauenleben unlustbetonten Affekte wird eine vasomotorisch
lokale höhere Erregung erzeugt. Es kommt zu erhöhter Durchblutung des
Organs, zu einer auf mangelhafter Motilität der glatten Muskulatur be-
rubenden. Stase. Sehr oft ist diese Insuffizienz des Uterus eine Folge der
Insuffizienz gynäkologischen Handelns. Demgegenüber werden Frauen, die
man durch Persuasion von der Gesundheit ihres Körpers überzeugt, von
. ihrer Insuffizienz geheilt werden.
Der sog. Leukozytensturz ist nach Ernst Friedrich Müller
(Hamburg) als eine Verschiebung von Leukozyten aus Peripherie und
Herz in das Gebiet der Lebergefäße aufzufassen. Die beim Leukozyten-
sturz aus der Peripherie verschwindenden Leukozyten reichern sich in der
Leber an,
Der Tonuszustand des vegetafiven Nervensystems ändert sich nach
F. Glaser (Berlin-Schöneberg) an verschiedenen Tagen:
an einem Tage
nach Milchaufnahme vagotonische Leukopenie, an einem anderen sym-
pathikotonische Leukozytose. Leukozytensturz tritt ebenso wie Leuko-
zytenanstiog rein reflektorisch auf. Die durch „psychische“ Mahl-
zeiten erzeugten Leukozytosen und Leukopenien. finden ihre Erklärung
durch vasomotorische Reflexe, die durch die suggestive Magensaft-
sekretion entstehen.
Nach C. Bachem (Bonn) verbinden die Wundantiseptika Chlor-
und Bromalbertan mit ihrer geringen Giftigkeit eine starke anti-
septische Kraft, Sie sind. ferner geruchlos. Ihre sekretions-
hemmende Wirkung ist deutlich ausgespröchen. Die beiden Mittel
verdienen daher in der Chirurgie, Gynäkologie, Dermatologie usw. nach-
geprüft zu werden.
- Als Magenschlauch empfiehlt G anter (Würzburg) einen halbstarren
dünnen Gummischlauch. Die Einführung erfolgt leichter als die des
üblichen dicken Magenschlauches. Infolge der geringen Dicke und Starre
des Schlauches läßt‘ sich eine Läsion der Magenschleimhaut vermeiden,
Auch bei vorhandenem Aneurysma ist daher die Gefahr der Ausheberung
wesentlich geringer. Wird nach Einführung des Schlauches mit Hilfe einer
Spritze aspiriert, so bekommt man fast momentan den flüssigen Teil des
Durch diese Aspiration wird vermieden, daß
der Kranke zur. Herausbeförderung des Mageninhalts den Brechakt an-
wenden muß, Es wird viel seltener Mageninhalt neben dem Schlauch |
in den Pharynx gelangen und Hustenreiz auslösen. Der Durchmesser des
Schlauches beträgt 6 mm (an Stelle der 12—15 mm des gewöhnlichen
Magenschlauches). Die Dicke der Wand mißt etwa 11/,mm, so daß für
das Lumen 31/, mm übrig bleiben. Der Durchmesser eines Auges beträgt
2—83 mm, die Länge des Schlauches 80 cm. F. Bruck.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 22 bis 24.
Nr. 22. Lumbalanästhesie, Blutdrucksenkung und Vasomotoren
besprieht Ziegner (Küstrin) nach klinischen Beobachtungen und Experi-
Bepinseln des Rückenmarks mit Kokainlösung ver-
ursacht beim Hunde Lähmung und Senkung des Blutdrucks. Die Blut-
drucksenkung wird verursacht durch die Lähmung der Vasomotoren-
zentren in dem kokainisierten Rückenmarksabschnitt. Die Lähmung der
Vasomotoren des Splanohnikusgebietes verursacht ein Abströmen des
Blutes in die Bauchgefäße und senkt dadurch den Blutdruck.
Die Segmentierung nach Springer am Oberschenkel empfiehlt
Rudolf (Sternberg). An dem hochgradig verkrümmten Oberschenkel eines
2i/,jährigen Kindes wurde ein um 180° gedrehtes keilförmiges Stück des
Knochens in den Knochenhautschlauch wieder eingefügt. Durch Draht-
extension hinter der Achillessehne wurde das Bein senkrecht nach oben
gezogen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
u ‚29 20. Juli
Stück ab. Auch bei kleineren Steinen ist bei Durchschneidung die Bil-
Palpieren, ebenso sind zu vermeiden mit Ziehen und Zorren verbundene
Bauchoperationen mit Vagusblockierung empfiehlt Ahrens (Rem-
scheid). Der Magen wurde mit 20 ccm 1/,°/iger Novokain-Supra-
reninlösung umspritzt. Danach verursacht Zug am Magen nicht mehr
Verlangsamung des Pulses. Es traten keine Lungenentzündungen. mehr auf
die Narkose verlief ruhiger als sonst und die Kranken zeigten nach dem
Erwachen Wohlbefinden.
Zur Pneumoradiographie der Blase teilt Rosenstein (Berlin) mit,
daß 'sich durch Einspritzung von Sauerstoff in das Cavum Retzii und-
gleichzeitige Anfüllung des Blaseninnern mit Sauerstoff die . Wand. der
Harnblase zur Anschauung. bringen läßt. Dadurch lassen sich - Blasen-
tumor, Biasendivertikel und -steine gut darstellen.
Nr. 23. Zur Frage der Gallensteinbildung bemerkt Au Krogius
(Helsingfors), daß die Selbstsprengung der Gallensteine in der Blase unter
Bildung von vielgestaltigen Bruchstücken, die sich dann mit einer ge-
schichteten Schale umgeben, und so zu scheinbar selbständig entstandenen
Steinen werden, eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist. An der Ober-
fläche größerer Steine sieht man zuweilen verschiedene weiße Linien
und beim Anfassen der Steine spaltet sich in diesen Trennungslinien ein
dung aus einem Fragment erkennbar. Durch Selbstsprengung der Gallen-
steine in der Blase entstehen die multiplen, faszettierten Steine.
Zur Blutung und Perforationsgefahr nach konservativen Magen-
operationen wegen Ulkus weist Wagner (Lübeck) darauf bin, daß nicht
dringend genug gewarnt werden kann, vor unnötig langem und kräftigem-
Demonstrationsversuche des Ulkus, besonders bei verstecktem Sitz und ge-
waltsamer Zug an dem sitzengebliebenen Geschwür bei ‚Austührung der
konservativen Operation.
Das Enzephaloskop, das von Volkmann (Halle) smpi wird,
gestattet gleichzeitig durch den Schaft Liquor abzulassen, die Kammern
zu spülen und dabei Beobachtungen zu machen. Es ist bequem zu sterili-
sieren. (Hergestellt von C. G. Heynemann, Leipzig.)
Eine praktische Modifikation der Phimosenoperation nach Rosner
wird von Falb (Schwerin) empfohlen. Das innere Blatt der Vorhaut wird
durch Schrägschnitte von dem Mittelschnitt aus gespalten, so daß zwei
dreieckige Lappen entstehen, welche durch Uimlegen in den Längsschnitt
des äußeren Lappens eingenäht werden.
Nr. 24. Urotropin oder Katheterismus bei der postoperativen Harn-
verhaltung bespricht Starlinger nach den Erfahrungen der I. Chirurgi-
schen Universitätsklinik Wien. Bei dem seltenen Auftreten einer post-
operativen Harnverhaltung ist es unnötig, regelmäßig im Anschluß an
die Operation 5—10 cem 40 %/,iger Urotropinlösung einzuspritzen. Die Ein-
spritzung ist vermutlich unschädlich, aber ihre Wirkung ist unsicher.
Daher ist im Interesse der Kranken der zuverlässige sterile Kathe-
terismus in der Regel vorzuziehen.
Zur Entstehung des Knickplattiußes erklärt Brandt (Halle), daß
das wesentliche prädisponierende Moment nicht im Rückfuß, sondern im.
Vorfuß zu suchen ist. Therapeutisch ist in erster Linie die supina-
torische Aufbiegung des Vorfußes zu beseitigen und eine stärkere
Senkung des ersten Mittelfußköpfchens zu erstreben. Bei der Keil-
osteotomie aus dem Tarsus ist das Hauptaugenmerk bei der Bestimmung
des Keiles auf. das Tiefertreten des ersten Mittelfußköpfchens zu richten.
K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 23.
Die Vakzinebehandlung der gonorrhoischen Adnextumoren ist nach
den Erfahrungen von Weinzierl an der deutschen Universitätsklinik Prag
nicht nur als Proteinkörpertherapie aufzufassen. Verglichen wurden die
Behandlungserfolge nach Einspritzungen von Arthigon intravenös 0,2—2,0 com,
Kaseosan ebenfalls intravenös und Kuhmilch 5,0—10,0 cem intraglutäal.
Nach Arthigon zeigten nur diejenigen entzündlichen Genitalleiden eine
Herdreaktion, welche durch Gonorrhoe verursacht waren. Die Gono-
kokkenvakzine ist für die Diagnose und Behandlung am besten geeignet.
Die Einspritzungen von Kuhmilch und. Kaseosan eignen sich zur Behand-
lung der übrigen entzündlichen Genitalleiden. Die Vakzinebehandlung ist
nur zum geringen Teil eine Proteinkörperbehandlung. Die Hauptursache
ihrer Wirksamkeit ist ein spezifischer Faktor
Icterus neonatorum und Widalsche Reaktion haben Simon und
Swetana Wellewa an der Universitäts-Frauenklinik München untersucht.
Auffallend ist das häufige Zusammentreffen von alimentärer Leukopenie
und später auftretendem Ikterus. Legt man der alimentären Leuko-
penie eine Störung im Vagustonus zugrunde, so würde dieser positive
Ausfall der Widalschen Reaktion bei Neugeborenen dafür sprechen, daß
die Tätigkeit der Verdauung eine Gefäßerweiterung im peripheren Kapillar-
gebiet bewirkt. Danach sind die Neugeborenen im allgemeinen als
Vagotoniker aufzufassen.
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Alle diese Behandlungsmethoden beziehen ‚sich auf die Veränderung‘
des asthmatischen Zustandes. Die Behandlung des akuten, Anfalles wird
nach den bisherigen erprobten Methoden durchgeführt, von denen die In-
' jektion von 0,2—0,6 ocm Adrenalin ‚möglichst im Anfang des Anfalles sich
dem Verf. als die bei weitem beste erwiesen hat. © © ; A
‚Das zahlreiche Vorkommen von ‘Hypertonien veranlaßte Lepehne
(Königsberg) nach anfänglichen Versuchen mit intravenösen Kieselsäure-
spritzen, die aber nur Unvollkommenes leisteten, intravenöse ‚Natrium
nitrosum-Injektionen bei Hypertonie vorzunehmen. Er ging dabei von
‘ dem Grundsatz aus, daß Spasmen oder erhöhter Tonus der Gefäße an der
Blutdrucksteigerung und. den Beschwerden der Kranken weitgehend be-
teiligt sind, mag es sich nun um eine Arteriosklerose, Nephrozirrhose oder
genuine Hypertonie handeln. Der. peroralen Darreichung der Romberg-
schen Zusammenstellung (Natr. nitros. 0,03, Kal. nitr. 0,2, Natr. bicarb.
1,8; S. morgens nüchtern 1. Pulv. in !/, Liter Wasser) bleibt öfters der
Erfolg versagt, wo subkutane oder intravenöse Injektionen des reinen Natr.
nitros. noch ‚Erfolge zeigten. In allmählich steigenden Dosen ‘wurden.
12—15 Injektionen einer 1—2°/,igen sterilen Lösung ohne nennenswerte: |
Nebenerscheinungen ausgeführt. Von 40 bisher behandelten Patienten zeigten hai Er CR
22 = 55 0/, eine erhebliche Besserung ihres Zustandes. Die Beschwerden: Mar
Schwindelgefühl, Ohrensausen, . Beklemmungsgefühl, Herzklopfen, 'rheuma-
toide Schmerzen, Atemnot, schlechter Schlaf usw. ließen mehr oder weniger
nach, um in einzelnen. Fällen ganz zu verschwinden, * Beginn der Besse-
rung meist nach der 4.6. Injektion. Gewöhnung: wurde nicht beobachtet.
Die Besserung trat öfters unabhängig vom Blutdruck ein. Bei Anfällen
Unfertemperaturen bei gesunden Neugeborenen’'hat von den Steinen
an der ‘gebürtshilflichen Abteilung des Landeskrankenhauses in Braun- |
schweig festgestellt: Häufiger, als bisher beobachtet worden war, bewegen
sch die Temperaturen Neugeborener zwischen 84—836% r
Vorzeitige Ablösung der Plazenta durch die Kiellandzange hat
' Greenhill (Chicago) an einem Fall beobachtet bei einem tief im Becken.
in rechter. Binterhauptslage eingetretenen Kopf. Sobald die Zange ge-
schlossen wurde, trat eine Blutung ein. Infolgedessen Beendigung der
Geburt. mit der Wiener Schulzange. Die Besichtigung der Nachgeburt
zeigte, daß.sich an der einen Seite der Plazenta durch die Wirkung der-
Zange die Chorionschicht abgelöst hatte. Ä |
. Sectio caesarea bei Atresia vaginae congenita hat Broßmann
(Jágerndorf) ausgeführt. Zwischen den kleinen Schamlippen befand sich.
eine derbe Gewebsbrücke; beiderseits von ihr gelangte man in eine zwei-
fogergliedtiefe Tasche, in deren Tiefe man hinter einer derben Gewebs-
platte: den kindlichen Schädel fühlte. Da eine Entbindung auf natürlichem
Wege unmöglich war, wurde der Kaiserschnitt gemacht und eine Entfernung
des Uterus angeschlossen. | we Zu Ä
Zum transperitonealen Kaiserschnitt bei Eklampsie erklärt Wagner.
(Lübeck), daß zur Erreichung guter Ergebnisse zu beachten ist vorsichtige
- Anstführung der Narkose mit Vermeidung von Abkühlung. Ferner ist
- die Wunde der Gebärmutter durch zwei fortlaufende Katgutnähte und
eins-Serosanaht aus Seide zu sichern und .die Uterusserosa durch eine
vieto Naht am Bauchfell zu verankern. Der schnell und exakt ausgeführte
fransperitöngale zervikale Kaiserschnitt ist das beste ‚Entbindungsverfähren
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‚hei Rilampsie, K.. Bg. von Angina pectoris war kein Erfolg zu beobachten.: Wiederholte Kuren f
Fe p in Abständen von einigen Wochen sind zu empfehlen. Beim Vórbeispritzen i
. Therapie der Gegenwart, 3. Heft, März 1924. ya entstehen keine schmerzhaften Infiltrate, wie bei der Kieselsäure. i
. ` Bei einer statistischen Zusammenstellung aús'den Jahren 1910 bis
1923 über die Erfolge der üblichen Choreatherapie kommt Schnur-
mann (Berlin) zu einem ziemlich resignierenden Fazit. Die relativ gün-
stigsten Aussichten für den. Praktiker, besonders bei Fällen mit starker
Unruhe, bieten laue Ganzpackungen und die Anwendung von Hypnotieis
(Luminal, Veronal, Chloralbydrat, Morphium und Skopolamin). Andere
Mittel, die"versucht werden können, sind Sol. Fowleri, 8mal täglich 4 bis
12 Tropfen, an- und absteigend, Neosalyarsan 1—3 mal 0,3 intramnskulär
in Abständen von 6—9 Tagen, Melubrin 3—4mal täglich 0,5, diese Mittel in (s
Kombination mit Bettruhe und Isosierung. Schließlich die. beiden letzteren | AA
Die modernen Anschauungen über die antiallergische Therapie des
‚Asthma bronchiale erörtert Storm van Leeuwen (Holland) in eingehen-
den Darlegungen. Er teilt zunächst das Asthma im großen und ganzen
in zwei Gruppen ein, eine solche, für die das Klima den bestimmenden Faktor
- ‚dantellt, und solche, bei denen eine einzige spezifische Substanz (per os
oder per inhalationem) die Anfälle verursacht. Die erste große Gruppe
(00-909, aller Fälle) verdankt ihre Entstehung der Inhalation von
g, „Missmen“, deren eigentliche Natur zwar unbekannt ist, aber doch.
den toxischen Stoiwechselprodukten gewisser Getreidearten zu suchen
it die mit Milben oder Schimmelpilz infiziert sind. Asthmakranke mit.
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diser Ätiologie wären durch Überführung in miasmenarme oder miasmen- | Maßnahmen ohne Medikation _- . Tarnogrocki (Pölitz),
dreio Gegenden (z. B. Meeresküste, Gebirge) zu. bessern bzw. zu heilen. | ae in : erh o O EIR Kurt, IRRE I RaT
Dabei soll’ aber individualisierend der Gesichtspunkt der .„allmählichen ‚Aus. der. neuesten tschechischen Literatur. ; det, NE NIE AE E
Desensibilierung“ beachtet werden, d. h. der Ort muß so gewählt sein, daß Der Nachweis des antitryptischen und diastatischen Fermetts im en a ie SR
| a ihm dem Kranken noch kleinste Mengen von Miasmen zugeführt werden, | Blut läßt sich, wie Kafka und Hlava gefunden haben, in der Psychiatrie 2, REN
die einen fortwährenden Reiz auf seinen Abwehrorganismus ausüben und | differentialdiagnostisch verwerten. ‘Bei Karzinom, seniler Demenz, Gehirn- ` la TER
dadurch die Sensibilisierung nicht erlahmen lassen. Praktisch bedeutet | arteriosklerose und. Schizophrenie, also durchweg somatischen Störungen | ea iy i
das, den Kranken an solchen Ort zu schicken, wo er gerade noch imstande | progredienten Charakters, besteht eine reaktive Röziprozität, indem die Ä WAR Bi
st, ordentlich und ohne große Beschwerden zu leben. Läßt sich aus | antitryptischen Titer stets ein Maximum aufwiesen, wenn die ‚diastatischen | BE en
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wialen oder anderen Gründen diese Behandlung nicht durchführen, so ist
Se nicht spezifische, antiallergische Therapie anzuraten, deren Grundlagen
af der Erkenntnis beruhen, daß durch interkurrente Krankheiten, bei
denen artfrernde Eiweißprodukte in den Körper eindringen, das Asthma
Ar häufig beeinflußt wird, Verf. empfiehlt hierfür das Alttuberkulin -
ALOA, Koch). Einzelheiten über die Dosierung sind im Original nacb-
alesen, Bei Versagern oder für den Fall, daß diese Therapie nicht schnell
. Bang zum Ziele führt, sind 1 O/pige bis 1 °/,ige Schwefelöle, Milch, Vakzine .
or Pepkon-Witte (letzteres genau ®/, Stunden vor jeder Mahlzeit 0,5 g)
au versuchen. | a
; Die zweite kleine Gruppe beruht auf Überempfindlichkeit gegen
' Ingendeine, - meistens kolloidale Substanz, die entweder auch mit der Luft
"ngtalmet; wird oder mit der Nahrung im Magen-Darmkanal resorbiert
Kr Die hierbei in Betracht kommenden „Allergene“ können Tierhaare,
ern, Pferdehautschuppen, Ipekakuanahbpulver, Nährstoffe (Bier, Milch, -
Titer minimal waren; bei allen wurden auffallend ähnliche Titer beobachtet.
‚Bei Epilepsie sind die Schlüsse unsicher. (Cas. lék. česk. 1923, Nr. '45.)
| Bei einem Fall von Hämophilie,' die sich durch drei Generationen.
in der männlichen Nachkommenschaft vererbte — der Großvater
väterlicherseits, der Vater, ein Bruder und ein Vetter (Sohn einer Schwester
des Vaters) waren Bluter — erzielte B. Vesely einen glänzenden ‘Erfolg,
der ein dauernder blieb, mit einer einzigen subkutanen ‘Injektion von
20 ccm normalen Pferdeserums. (Čas. lék. česk. 1923, Nr. 46):
Auf Grund experimenteller und . klinischer . Erfahrungen (Klinik
Kostlivý, Bratislava) plädiert K. Koch für den’primären Verschluß der GER
. Bauchhöhle auch bei eitriger Peritonitis, wenn die Infektionsquelie be- | Je
seitigt und die Bauchhöhle gründlich gereinigt wurde. Die Drainage
des Peritoneums stört die Schutzvorrichtungen des Bauchfells, Nach guten > ÄRGERT OR
‚ Erfabrungen der vorangehenden Jahre wurden im Jahre 1923 von 27 Fällen | | IA)
mit eitriger Peritonitis 19 primär geschlossen und 8 drainiert; von den. KE
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Asch), Arzneimittel (Antipyrin, Salizyl usw.) sein. ` Die spezifische Dia- |: ersteren, starb ein einziger 8 Stunden nach der Operation, die sehr spät yet 1
e dei Feststellung eines der ursächlichen Allergene ist möglich: 1, durch | vorgenommen worden War, Vol: den letzteren aber 2. (Čas. lék. Česk. \ pi iaag P
9 Fee Probieren, ob eine verdächtige Substanz einen Anfall hervorruft, |. 1923, Nr. 46.) > z Er Ä M eue O Rri a
‚ rch Hautreaktion, bei der man auf eine skarifizierte Stelle eine kleine Lipolytische Fermente im Blute lassen nach Ù. Felklovä dia- Mt
Ange des -Allergens bringt und in positiven Fällen eine große, weiße, | gnostische Schlüsse zu; Leber- oder Pankreaslipase im Serum deuten "auf RT
Wekargähnliche Quaddel erhält. Nach dieser spezifischen Diagnose ist | eine Läsion der Leber bzw: des Pankreas hin. Leberlipase bei Tuber- ; ERSTE w
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m die -spezifische Therapie“ durch Injektionen mit kleinen steigenden | kulose spricht frühzeitig für eine parenchymatöse öder- fettige Veränderung N NT AEREE EDDIE TI l
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in gae Allergens möglich, über deren Ausführung Verf. einige Beispiele | der Leber. Bei Diabetes fand der Autor regelmäßig Leberlipase bei’ älteren IK IC ao | DEE:
l ae gibt, Selbstverständlich kommt bei diesen auf’ einer spezi- | und Pankreaslipase bei jüngeren Kranken; es scheint also, daß. bei älteren ape rai len, |
< en Überempfindlichkeit beruhenden Asthmakranken auch die völlige Diabetikern ‚vorwiegend diè ‚Leber, bei. Jüngeren vorwiegend das Pankreas. REN FREIE
Be meidung des als kausales Agens erkannten Allergens als Heilfaktor 20 erkrankt. (Cas. lék. česk. 1924, Nr. 4.) ee : l a po A - E
‚acht, ferner als wertvolle Unterstützung eventuell auch die unspezi- K. Henner beobachtete einen Fall von atrophischer Myotonie mit o
ai Tuberkulintherapie, Bei der Diät ist in beiden Gruppen nach | ausgesprochen neuropatbischen Atrophien, Bulbärsymptomen ‘und Zeichen Nan mare chal A i
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‘aeren Erfahrungen auf eine purinfreie Nahrung zu achten. | einer Läsion auch des. zentralen Neurons. Der Fall weist das "höchste like 2a |
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1018 | ` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.29. 20. Juli
68 Jahre) bisher beobachtete Alter auf, es fehlen alle extramuskulären
Erscheinungen; es bestehen ausgebreitete fibrilläre Zuckungen der -Zunge,
. diese ist exzessiv atrophisch; ‘die Sebnenreflexe der unteren Extremitäten .
sind erhalten. Es bestehen keine myopatbischen Symptome, es fehlen
-= dystrophische Zeichen. (Čas. lék. česk. 1924, Nr. 3) |
| K. Neuwirt beschreibt einen interessanten Fall von Nierentumor
(atypisches Osteocystadenoma sarcomatodes oder l’Epithelioma vegstant)
und bemerkt zur Diagnose der Nebennierentumoren: Zu verwerten 'sind die
Gürtelschmerzen, besonders wenn sie bald, noch bevor man einen Tumor
tastet, auftreten; leicht ist die Diagnose, wenn man neben dem Tumor die
Niere findet, schwerer, wenn er mit der Niere verwachsen ist; der Neben-
- nierentumor wächst gegen die Zwerchfellkuppe, er wächst mehr. in die
Breite als in die Länge und verdrängt den Magen nach rechts und den
‚Dickdarm nach unten und innen; normaler Harnbefund und normale Nieren-
funktion genügen nicht zur Diagnose. Nebennierentumoren verursachen
keine Symptome, die auf eine Störung der Nebennierenfunktion hindeuten;
Fieber, das nicht anders zu erklären ist, spricht für den Nebennierentumor.
(Rozhledy v chir. a gyn. 1923, Nr. 5/6.)
Mit der Milchtherapie erzielte O. Bittmann bei entzündlichen
Adnextumoren ausgezeichnete subjektive und objektive Erfolge. Von
193 Fällen wurden 131 klinisch geheilt, 54 gebessert und nur 8 blieben
ungeheilt. Er injizierte abgekochte Kuhmilch in Dosen von 14 ccm jeden
zweiten Tag intramuskulär oder subperiostal, ohne jemals eine Schädigung
der Patientinnen gesehen zu haben. (Bratislavské lék. listy 1923, Nr. 45.).
Die ungestörte Entwicklung der Sprache ist, wie M. Soemann
behauptet, von der intakten Funktion des Kleinhirns: abhängig. Wenn
dessen regulierender Einfluß auf die Komplexe der koordinierten verbo-
artikulären Bewegungen entfällt, dann entwickelt sich die Sprache ver-
spätet. (Čas. lék. &sk. 1928, Nr. 51.)
Daß der negative Ausfall der Schickschen Reaktion Diphtherie mit
Wahrscheinlichkeit ausschließt, kann A. Doskočil nicht bestätigen. Nach
seinen Erfahrungen besteht. zwischen dieser Reaktion in ihrer heutigen
Form und der Menge des Antitoxins im Blute.des untersuchten Menschen
in der Mehrzahl der Fälle kein ziffernmäßiges Verhältnis. Die positive
Reaktion bei Menschen 'mit genügender Menge von Antitoxin ist nur zum
Teil durch die koktostabile Kom pononig des. Präparates a (Čas. lék.
česk. “1928, Nr. 51.) :
L. Liebich teilt einen Fall mi in welchem ein Fremdkörper —.
Zweihellerstück — 11 Jahre in einem Bronchus verweilte. Der Fremd-
körper hatte die Stimmritze passiert, ohne daß Patient etwas merkte, ver-
ursachte die ganze Zeit nur anfallsweise auftretenden Husten und wurde
eines Tages expektoriert. (Čas. lék. česk. 1923, Nr. 51.)
Die subkutane Symphysiotomie hat nach A. Ostr&il den Behand-
lungsplan bei der Leitung der Geburt beim engen Becken gänzlich ge-
ändert, denn bei Multiparen mit mittleren Graden des engen Beckens, bei
protrahierter Geburt, vorzeitigem Abfluß des Fruchtwassers und infiziertem
4 Fällen bewährt, obwohl nur 5 g des Extraktes verwendet wurden. Den-
selben Vorgang empfiehlt der Autor aber auch für die Behandlung der
Oxyuriasis. (Bratislavské. lék. listy 1923, Nr. 4.) | = a
Tetramethylammoniumchlorid bewirkt, wie Pechäü und Tröger
zeigen, in Dosen von 0,001 mg am isolierten Froschherzen eine Herab-
setzung der Kontraktilität des Herzens bis zum Stillstand in Diastole,
Größere Dosen steigern die Kontraktilität des Kammermuskels, die rasch
zur Dauerkontraktur übergeht. (Bratislavské lék. listy 1923, Nr. 4.)
Zur Therapie des Kindbettfiebers empfiehlt W. Rubeška prophy-
laktisch 20 Tage vor der Geburt und 10 Tage später je eine Injektion von
Streptokokkenvakzine (150 bzw. 500 Millionen). Wenn die erste Injektion
‚nieht gegeben wurde, gebe man die zweite bei Beginn der Geburt. Wenn
auch diese nicht möglich war, gebe man sub partu 50—100 ccm eines
Ä polyvalenten Streptokokkenserums und 500 Millionen abgetöteter Strepto-
kokken. Bei ausgebrochener Sepsis ist eine Lokalbehandlung nur selten
und nur ausnahmsweise indiziert oder möglich und ihre Erfolge sind sehr
zweifelhaft, Im übrigen sieht man gute Erfolge von Streptokokkenvakzine
(66,9°/, der Fälle), dann folgt Dispargen, Milch, Kaseosan und Elektrargol.
In schweren Fällen versagten alle. (Öas. lék. česk. 1924, Nr. 1.)
Von allen spezifischen antituberkulösen Mitteln bat sich nach.
Vl. Sichan im Albertinum (Senftenberg) das Tuberculomucin Weleminsky
am besten bewährt; der Autor beginnt mit 0,2 mg intradermal, steigt jede
Woche um 0,2, bei sehr abgeschwächter Reaktivität um 0,4—0, 6 mg, bei
fieberhaften Fällen um 1,0—2,0 mg. Er vermutet, daß es sich hier um einen -
Bakteriophagen bei einer chronischen Erkrankung handelt und daß die.
Bildung des Muzins auf dem Abwehrkampf der Mikroben gegen den Bakterio- |
phagen beruht. (Čas. lék. česk. 1924, Nr. 4.)
Gegen Schlaflosigkeit infolge Hypertension empfiehlt M. Wasser-
mann die Galvanisation der Herzgegend mit dem aufsteigenden Strom, die
durch 2—4 Wochen durchgeführt die Schlaflosigkeit für lange Zeit beseitigt.
(Čas. lék. česk. 1924, S. 273.)
V. Jedlička publiziert 3 Fälle von Lues der Hypophyse. Die- Er-
krankung war nur ein Teilsymptom der multiplen Lokalisation der Lues
und im klinischen Bilde fanden siċh keine Erscheinungen, die direkt auf
eine Läsion der Hypophyse hingewiesen bätten. In einem vierten Falle
fand J. als erster blutbildende Inseln von typischer Form und Lagerung.
Der Autor widerspricht der Ansicht Simmonds, daß die Erkrankung der
Hypophyse bei kongenitaler Lues häufig vorkommt. Er fand unter 8 Fällen.
bei Neugeborenen und Föten nur noch in einem zweiten Falle Spirochäten;
sonst bot sich histologisch stets das normale Bild dar. (Čas. lek. česk.
1924, Nr. 7—9.)
Oh
G. Müller operierte 8 Fälle von Pseudomuzinkystom des Ovarlums. | >
Zwei derselben waren mit einer Mukozele des Wurmfortsatzes . kombiniert, |
und bei-einem dieser Fälle fand sich an der Spitze der Appendix ein |
solider, maligner Tumor (Fibromyxosarkom). Bei den beiden ersten Fällen l
fanden sich gelatinöse Massen auch am Peritoneum. Der Autor glaubt, |
|
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Uterusinhalt verdrängt sie den Kaiserschnitt und die Perforation des | daß die Affektionen des Eierstocks und des Wurmfortsatzes keinen histo- |=
lebenden Kindes und bei aseptischem Uterusinhalt konkurriert sie mit dem | genetischen Zusammenhang. besitzen und daß die einzige Ursache dieser 2
suprapubischen Kaiserschnitt. Sowohl die subkutane Symphysiotomie als | Kombination eine gemeinsame kongenitale, teratoide Grundlage sein dürfte. |
auch der suprapubische Kaiserschnitt schränken die Perforation des lebenden | (Bratislavské lék. listy, 1924, Nr. 4.) |>
Kindes auf bestimmte Fälle bei Primiparen ein und verdrängen fast voll-
ständig die künstliche Frühgeburt, die eine viel schlechtere Prognose gibt.
(Čas. lék. česk. 1923, Nr. 47/48.)
Per os eingenommene Azetylsalizylsäure wird nach J. Sil selbst
bei intensiver Ausscheidung, z. B. beim Verdünnungsversuch, durch den
Harn teils als Salizylsäure, teils als Salizylursäure ausgeschieden. Setzt
man sie dem Harn zu, wird sie in vitro gespalten. Zur Bestimmung von
Mengen über 0,005 g empfiehlt der Autor die jodometrische Methode, bei
kleineren Mengen die Kolorimetrie. (Čas. lék. česk. 1923, Nr. 49.)
Bei 2 von 3 Fällen von appendikogener Pseudokozalgie fand
V. Novák, obzwar die Operation die Diagnose bestätigte und Dauerheilung
herbeiführte, keine anatomischen Veränderungen, die die Schmerzen in der
rechten Hüfte durch direkte Reizung der sensitiven Nerven für das Hüft-
'gelonk und seine Umgebung erklären würden. Er denkt an einen viszero-
` sensitiven Reflex, ausgehend von der entzündeten Appendix oder deren
Mesenteriolum. (Čas. lék. česk. 1923, Nr. 50.)
Von 35 Fällen von Lungentuberkulose, die B. Kuklová mit Blektro-
cuprol behandelte, zeigten 13 eine wenigstens einen Monat dauernde
Temperatursenkung, bei 9 Fällen dauerte die letztere nur einige Tage,
der Rest reagierte überhaupt nicht, Elektrargol erzielte nur in einem
einzigen Falle einen günstigen Erfolg. Auch Stannoxyl hat vollkommen
versagt. (Bratislavské lék. listy 1923, Nr. 4.)
Das beste Mittel zur Abtreibung der Tänie ist nach L. Roháček
das Extractum filicis maris, das der Autor zur Verminderung von Er-
brechen und Vergiftungserscheinungen mit der Duodenalsonde direkt in
den Dünndarm einzuführen empfiehlt. Diese Behandlung hat sich ihm in
Die Untersuchungen K. Gawalowskis mit Röntgenbestrahlung des
Thymus bei Psoriasis bestätigen die Behauptungen Sambergers und |
Brocks, daß die durch die Bestrahlung gesteigerte Funktion des Thymus |
' die parakeratotische Diathese vermindern und die Psoriasis bessern kann.
Ferner sah G. nach der Bestrahlung eine Steigerung der pigmentbildenden |.
Fähigkeit der Haut, doch läßt sich diese Erscheinung nicht mit Bestimmt- |
heit aus einer direkten Beeinflussung durch das Thymushormon erklären.
(Česká derm. V, Nr. 1.) i
Histologische und bakteriologische Untersuchungen an den Sekun-
dinen von 12 luetischen Föten führen O. Bittmann zu dem Schluß, daß |
die Infektion von der Frucht auf die Plazenta erfolgt, daß also nicht die
Mutter das befruchtete Ei sekundär infiziert, sondern daß dasselbe schon
zur Zeit der Nidation luetisch infiziert war. (Česká derm. V, Nr. 2.)
Bei einer Frau, die lange Zeit klinisch gesund war und auch während
der Schwangerschaft keine Gonokokken im Scheidensekret hatte, beob-
achtete V. Rubeska (junior) wenige Stunden nach der Geburt das Auf-
treten einer gonorrhoischen Tendovaginitis an den Fingerstreckern beider
Hände und Füße. Nach Ausheilung dieser Komplikation mit Arthigon-
injektionen fanden sich in dem reichlichen, schleimig-eitrigen Ausfluß selbst
nach Beendigung des Wochenbettes zahlreiche Gonokokken. (Česká derm.
V, Nr. 2.)
A. Neumann berichtet über gute Erfahrungen mit dem neuen
französischen Wismutpräparat Tarbisol_bei etwa 30 Fällen von Lues. Es
hat eine mächtige Wirkung, verursacht keine Schmerzen, wenn es sicher
in die Muskulatur appliziert wird, und macht zum Unterschied von Tröpol
| keinen Wismutsaum. (Česká derm. V, Nr. 2.)
aai 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.29 109
St. Šmelhans berichtet über Beziehungen zwischen Zahnerkran- Nach E. Baeuchlen (Schömberg) hat sich die von ihm beschriebene
kungen und Akne und teilt mehrere Fälle mit, bei denen nach Ausheilung | Methode der Röntgentiefentherapie der Lungentuberkulose, die Fernfeld-
der Zahnaffektion die Gesichtsakne verschwand; allerdings nur, wenn es | bestrahlung des ganzen Thorax in einem Feld mit Stephanschen Reizdosen
sich nicht.um einfache Karies des Zahns, sondern um Gangrän der Zahn- | und großen zeitlichen Intervallen, bewährt, auch in Kombination mit
pulpa handelte. (Česká derm. 1924, Nr. 5.) ~ spezifischer Reiziherapie und Pneumothorax artifieialis. (D.m.W. 1924, Nr. 21.)
“Versuche P. Trumiös an Meerschweinchen über die Wirkung g F . Br nok,
vitaminarmer Kost auf die Komplementmenge lehren, daß nach einseitiger Arloing und seine Mitarbeiter haben bei einem 13jährigen Mädchen
Emährung mit Brot, Reis und Kukurruz sowie während des trächtigen | eine typische Kolibazillenpyelonephritis beobachtet, bei der Autovakzine
Zustandes die Komplementmenge abnimmt, manchmal sogar vollständig ver- | vollkommen versagte: Heilung mit dem Bakteriophagen nach vorherigem
schwindet, um bei einsetzender Grünfütterung (nach dem Wurf) nach | Versuch in vitro in 4 Tagen: täglich 2 com subkutan, 2 ccm per 08.
mehreren Wochen (bzw. rasch) wieder zuzunehmen. Die einseitige Fütterung | (Pr. méd. 1924, 42.) b à i
beschleunigt die normalerweise im Herbst eintretende Abnahme und geht Troisier und Ravina berichten von einem Fall von Thrombo-
olt mit einer Gewichtsabnahme parallel. (Ceská derm. 1924, Nr. 5.) arteriitis obliterans mit Gangrän am Fuß, die sie mit täglichen Injektionen
~. J. Crha erzielte in einem Falle von Psoriasis mit Injektionen von | yon Natriumzitrat erst 4, dann 6.g während 28 Tagen unter Rückgang
` Thymusextrakt eine derartige Besserung der Vitalität der epidermalen | der Gangrän völlig zur Heilung brachten. (Pr. med. 1924, 39.) v. Schnizer.
Zellen, daß nach einer Staphylokokkeninjektion typische pustuldse, für Hatoher gibt Digitalis per rectum, “entweder 6 em in 100 cem
Impetigo. charakteristische Effloreszenzen auftraten, ein Beweis für die à
Theorie Šambergers, daß das Wesen der Psoriasis in einer verminderten
| ER 2 oder. dreimal täglich in derselben Form 2—2,5 com derselben Tinktur in
Vitalität der epidermalen Zellen bestehe, die sich in einer ungenügenden
r
Verhornung äußere. (Česká derm. 1924, Nr. 7.)
l i V. Vyšín teilt einen Fall von Pneumonie und 2 Fälle von Skar- 1924, 23.) m Sehnizer.
lalina mit, die unter dem Bilde der Appendizitis begannen; bei den |,
Seharlachfällen wurde der Irrtum erst nach der Operation entdeckt. Ein
4. Fall begann als Appendizitis, am 3. Tage kam ein Masernexanthem
heraus, aber am 8. Tage war doch ein appendizitischer Abzseß da; nach
Operation Heilung. (Cas. lék. česk. 1924, Nr. 10.) i
Die Erfahrungen A. Doskočils mit der aktiven Immunisation nach
Behring lehren, daß das Gemisch TA .VII unbedenklich und TA VI nach
Der Mastix (Pistacia lentiscus) ist nach Leclerc ein altes, fast
vergessenes Mittel zu innerem Gebrauch, namentlich als Stimulans des
Darmtraktus, gegen Anorexie, Meteorismus und Flatulenz, von angenehmem
Geschmack, wirksamer und besser als die neueren Aperitiva. Beste Formel:
Tinktur der Ignaziusbohne 5,0; Tinctura Mastix 3,0; Tinktur des grünen
vorangehender Impfung mit ersterem ohne Befürchtungen appliziert werden (Pee mod, 192486) | = BODu zer
kann bei Masern, Scharlach, Keuchhusten und Diphtherie. Die Methode f Allgemeine Therapie.
ist technisch leicht durchführbar und in vielen Fällen recht wirksam. | E eÁ ,
Anaphylaxie hat D. nie beobachtet. (Čas. lék. česk. 1924, Nr. 11.) Über die Verwendung der Nüsse in der Heitkunde schreibt Leclerc:
Auf Grund von Erfabrungen bei 24 Fällen von Hyperemesis Von altersher werden sie wegen ihres Tanningehalts zur Tanninbehand-
und Schwangerschaftstoxikosen wird die Darreichung von Corpus luteum lung der Tuberkulose ausgenützt. Die wirksamste Lösung 2 Walnußblätter-
und zwar in Tabletten bei leichten Formen und von Injektionen bei | extrakt 60,0; Glyzerin 120,0; Agua q. s. ad 300,0. 1—4 Kaffeelöffel täg-
schweren Fällen von F. Horálek warm empfohlen. (Čas. lék. česk. 1924, | lich. Dieser Extrakt, 50 g Blätter auf 1 Liter Wasser, ist auch ein altes
Nr. 13.) | | wirksames Volksmittel bei Metritiden und weißem Fluß in der Form von
Die Radiumbehandlung der perniziösen Anämie erzielt nach Spülungen. Das Nußöl ist nach den neueren Bestätigungen von Surel .
F. Tománek die besten Erfolge im Beginne der Krankheit oder im ersten | iR gutes Tänifugum: 60 g in Kartoffelsalat abends wirkt bis zum andern
Rezidiv, weniger gute im zweiten Rezidiv. Sie’ist noch dort wirksam, wo | Morgen. Hin vorzügliches Stomachikum ist folgender Likör: 60 Nüsse,
andere Methoden versagen. Vor der Splenektomie ist ein Versuch mit bevor der Kern hart ist, werden in einem Mörser zerstoßen, darüber werden
Radium angezeigt, da die Operation erfolglos bleiben muß, wenn das Radium 2 Liter Branntwein gegossen, dazu 360 g Zucker, je 4 g Muskat, Zimmt,
keinen Erfolg erzielt hat. (Čas. lék. česk. 1924, Nr. 14.) Nelken; 48 Stunden mazerieren lassen, dann filtrieren. (Pr. méd. 1924, 85.)
Beim Rhinosklerom erzielte Jindra Vratislav mit Trepol günstige ‚Nach Egg BO bergerist cas aod Tomt nur ein Medikament, sondern
Resultate. Frische Herde verschwinden‘ nach 6—7 Injektionen spurlos, auch in täglichen Dosen von 0,00004 g ein Nahrungsmittel. Es ist ein
ältere werden in derselben Zeit flach, verschwinden aber erst nach I1 bis | wesentlicher Bestandteil der Thyreoideasekretion, die von vitaler Bedeutung
12 Injektionen, zur vollstän digen Heilung sind 15—17 Injektionen not- ohne es ihre Wirkung verliert. Es ist denselben Gesetzen des Stoffwechsels
wendig. (Čas. lék. česk. 199 4, Nr. 14—15.) ner unterworfen wie das Chlor. Ungenügende Zufuhr hat Störungen zur Folge,
Eine Nachprüfung der Bedeutung des Wasserversuchs für die Dia- deren erstes Symptom Hypertrophie des Rezeptionsapparates in der Schild-
guostik der Magenkrankheiten durch J. Sil ergab, daß. man aus den Re- | drüse ist. In Kropfgegenden haben die Bewohner eine ungenügende Zufuhr.
sultaten des Wasserversuchs allein keine differentialdiagnostischen Schlüsse (Ber. méd. Suisse rom. 1924, 3.) v. Sohnizer.
ziehen dürfe. (Sborník lék. 1923, XXIV, S: 99, Festschrift f. Thomayer.) Diphtheriebazillenträger behandelt A. H. Kettner (Charlottenburg)
K. Svehla gelang es, Milch durch Kefirgärung mehr als 6 Jahre | erfolgreich mit Diphtosan (ein mit Süßstoff versetztər gelber Farbstoff aus
ganublähig zu konservieren. (Sbornik 16%, 1928, XXIV, S. 121.) der Akridiniumreihe, hergestellt von der Aktiengesellschaft- für Anilin-
Einen Fall von Diabetes insipidus, der sich erst 15 Monate nach fabrikation zu Berlin). Das Verfahren besteht in Berieselung des
Ablauf des akuten Stadiums einer Encephalitis lethargica entwickelte, teilt | Nasenrachens von der Nase aus, da gerade in den feinen verborgenen
J. Platný aus der Klinik Vanysek in Brünn mit. (Sborník lék. 1923, | Falten und Buchten die Diphtheriebazillen mit Vorliebe verweilen, selbst
XXIV, Festschrift für Thomayer.) | G. Mühlstein (Prag). ’ | wenn sie aus dem eigentlichen Schlundring verschwunden sind. Die Be-
. rieselungen werden dreistündlich vorgenommen. Zu Schädigungen kam es
ee nicht, trotzdem bei = E nicht unbeträchtliche Mengen des Mittels
l P | verschluckt wurden. Die Gelbfärbung der Wäsche und Kleidung läßt si
Ä Therapeutische Notizen. ‚an der Hand des von der Fabrik mitgegebenen Merkblattes E E o
| seitigen. (M.m.W. 1924, Nr. 21.) F. Bruck.
Innere Medizin. | Lebensrettende Wirkung durch Lobelin. hydrochlor. crist. bei
Über Einreibungen nach Petruschky berichtet Gabriele Pohl- | Schwerer Oligopnoe in Pantopon-Skopolamin-Athernarkose hat Hellen-
Drasch (Geesthacht), Die Einreibungen mit dem Linimentum Petruschky dall (Düsseldorf) beobachtet. Es waren 6 Teilstriche Skopolamin inner-
stellen eine milde Tuberkulintherapie dar und können als solche All- | halb 1!/2 Stunden eingespritzt worden. Der danach eintretende Atemstillstand _
gemein-, Fieber- und Herdreaktionen auslösen und somit Nutzen | wurde nach Versagen aller übrigen Mittel aufgehoben durch Lobelin, das
he Schaden stiften. Die Reaktionen sind im allgemeinen milder, 3 mal 0,01 g subkutan in kurzen Pausen eingespritzt wurde, (Zbl. f, Gyn.
nie p agsamer und schwächer auf als nach Tuberkulininjektionen 1924, Nr. 21.) l i P K. Bg.
itni onndorfimpfungen; daher kommen Tuberkulinschäden seltener ‚zu- ~ _ Renaud hält gegenwärtig intravenöse Natriumzitratinjektionen für
ni Ai aber nicht ausgeschlossen. Die Einreibungen wirken in erster die sicherste und wirksamste hämostatische Medikation. 10—30 ccm einer
' Bei eber Eee, Allgemeinbefinden und Gewicht günstig ein. 3800 igen Lösung haben bei Kanzer und kavernöser Tuberkulose prompten
May nden Kranken können sie Entfieberung bewirken oder beschleunigen. | und nachhaltigen Erfolg. Wirkung auf die Nerven der kleinen Gefäße und
| m. W. 1924, Nr. 21.) F. Bruck. Kapillaren: (Pr. méd. 1924, 41.) v. Schnizer,
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physiologischer CINa-Lösung als Tropfklistier nach einem Reinigungsklistier .
60 cem CINa so lange, bis der gewünschte Erfolg erreicht ist, im ersteren.
Falle nach 1—2, im letzteren nach 3—5 Tagen. (Northw. Med. Seattle
Anis, von Angelika za 6,0; vor jeder der Hauptmahlzeiten 20—40 Tropfen.
.
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nach den Erfahrungen der Tübinger Universitäts-Frauenklinik ein wert-
` wird in zuverlässiger Weise bewirkt durch Einblasung von Sauerstoff
l geleiteten Gummikatheters.
und die Atmung. (Zbl. f. Gyn.. 1924, Nr. 23.)
sich Walter Marle als ein Kollege, der über ein außergewöhnliches Wissen
an die Studierenden, die nach eben bestandenem Physikum vieles hören
methodik und D
1090 700.192 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
— Nr. 29. a 20. Juli
Erfahrungen mit „Dicodid“, einem der Morphin- und Kodeingruppe
nahestehenden neuzeitlichen Präparate, berichtet Lunz nach den Erfabrungen
an der II. Universitätsklinik für Frauenkrankheiten in München. Am
weiche ja das Verständnis für die Funktionen des vegetativen Nervensystems
in hohem Maße gefördert haben. Der pharmakologische Anteil des Buches
stellt einen wertvollen Ausbau der Arbeitsrichtung dar, welche erstmals
besten bewährt hat. sich die subkutane Einspritzung in einer Menge von | 1910 H. H. Meyer und R. Gottlieb in ihrer experimentellen Pharmako-
0,01. Bei diesen geringeren Gaben wirkt es schmerzstilland, ohne Übel- -| logie als Grundlage der Arzneibehandlung niedergelegt haben.
keitsgefühl zu verursachen. Die Einspritzungen sind nicht schmerzhaft, |
die Schmerzstillung tritt nach einer ‚Viertelstunde ein. (Zbl. £. Gyn. 1924,
hat Platz zusammenfassend dargestellt.
Nr. 22.) E. Bg.
Edens hat es unternommen, die
Frauenkrankheiten.
Zur Kritik der Uterus-Scheidentamponade führt Vogt aus, daß sie | Herzinnervation hier Aufnahme gefunden bat.
Die pathologisch-physiologischen Abschnitte stellen in Zusammen-
hang der Fragestellung der vorliegenden Werke eine große Bereicherung
dar, wobei man natürlich berücksichtigen muß, daß eine einseitige Be-
volles und wirksames Hilfsmittel zur Bekämpfung der post-
partalen Blutungen darstellt. Zur schnellen Desinfektion vor der
Tamponade wird 5%/,ige Jodtinktur empfohlen. . Nach Einstellen und
Herunterziehen des Muttermundes wird die Xeroformgaze in die Höhle
der Gebärmutter und in dig Scheide fest hineingestopft. Die Tamponade
wird frühestens nach 24 Stunden entfernt mit Hilfe einer Spülung von
Wasserstoffsuperoxyd. (Zbl, f. Gyn. 1924, Nr. 22.)
Die Wiederbelebung aspbyktischer Neugeborener mit Sauerstoff
beiten schlechtbin — von dieser einen Seite her nicht ohne Gefahren ist.
Richtung dieser Anteil des Müllerschen Buches einen weiteren Ausbau
erfahren, vor allem auch in seinen Beziehungen zur Klinik. Ohne auf die
in die Lungen mit Hilfe eines in ein Nasenloch des Kindes ein-
Der Sauerstoff strömt aus dem Zylinder
durch. eine mit Wasser gefüllte Flasche, gleichzeitig werden leichte
rbythmische Thoraxkompressionen oder auch einfache Herzmassage
vorgenommen. ' Schon nach. wenigen Sekunden belebt sich der Herzschlag
K. Bg.
die Übersichtlichkeit der Darstellung in hohem Maße — hervorgehoben, daß
immer wieder systematisch für jedes Organsystem anatomisch, physiologisch,
pharmakologisch und endlich pathologisch bzw. klinisch ein Gesamtgrund-
riß gegeben wird. Als Beispiele erwähne ich nur die Innervation des Magens,
‘des Darmes, die Abhandlung Grevings über die Innervation der Leber,
flussung des Eiweißstoffes in der Leber. In den Kapiteln über den Ein-
Ä fluß des Lebensnervensystems auf die Haut nehmen in dankenswerter
° Weise die klinischen Beobachtungen einen größeren Raum ein.’ Das gleiche
gilt bei der Darstellung über den Einfluß dieses Nervensystems auf Knochen
| Bücherbesprechungen. und Gelenke,
Marle, Einführung in die klinische Medizin. Mit 379 Abbildungen.
Bd. I. Berlin und Wien 1924, Urban & Schwarzenberg. Geh. 5,40, geb. 6,60.
Wärmeregulation und den Stoffwechsel außerordentlich prägnant zusammen-
Auch in diesem neuen und neue Zwecke verfolgenden Werke erweist
gefaßt. Die Empfindungen in unseren inneren Organen werden, wie in der
1. Auflage, von L. R, Müller kritisch behandelt. Im Anschluß an die
Abhandlung der Hunger- und Durstempfindung folgt nunmehr in der
2. Auflage ein wertvoller Ausbau durch die Kapitel der allgemeinen Er-
'krankungen des vegetativen Nervensystems und der histologischen: Ver-
änderungen bei den verschiedensten Erkrankungen dieser Apparate. End-
lich folgt eine Therapie. |
‘auf Einzelheiten dieses einzigartigen Werkes einzugehen.
ganz besonders auf das Schlußwort des Herausgebers hinweisen.
Das mit 352 zum Teil farbigen Abbildungen und 4 farbigen Tafeln
verfügt und eine seltene Gabe besitzt, diese seine Kenntnisse in geeigneter
Form und Auswahl weiteren Kreisen zu vermitteln. Er wendet sich diesmal
und sehen, aus dem sie sich. keinen rechten Vers zu machen wissen.
Ihnen will das Buch, das keineswegs mit den vielen schon vorhandenen
Kompendien, Repetitorien, Examinatorien usw. vergleichbar ist, über die
wichtigsten Tatsachen und Begrifio der klinischen Medizin, soweit.sie einer
Erklärung bedürfen, Aufschluß geben. Dieses Führers kann und wird sich,
wie wir mit Sicherheit prophezeien können, aber auch so mancher. Prak-
tiker gern bedienen. Belehrungen und Anregungen zu weiteren Studien.
sind aus allen 4 Teilen dieses Bandes, der die allgemeine Pathologie,
klinische Mikrobiologie und Immunitätslehre, allgemeine Untersuchungs-
Buchkunst dar, das den Autoren wie dem Verlag zum größten Ruhme
gereicht. Man kann L. R. Müller nur zustimmen, daß dieses Werk der
Wissenschaft .zu zeigen imstande ist.
iagnostik sowie die allgemeine Therapie in meisterhafter
Gliederung umfaßt, reichlichst zu schöpfen. 3 weitere Bände sollen dem
ee der 379 vorzügliche Abbildungen enthält, folgen.
Emil Neißer (Breslau),
L. R. Müller, Die anne ihr Aufbau,ihre Leistungen, ihre
Erkrankungen, 2. Aufl. m. 352 Abb. und 4 farb. Tafeln. Berlin 1924,
Julius Springer, Geh. 35.—, geb. 36.50.
Das erstmals 1920 erschienene Werk L. R. Müllers liegt jetzt in
der 2. Auflage vor. Aus einer Monographie über das vegetative Nerven-
system ist ein Handbuch entstanden, wie wir ein ähnliches nicht besitzen.
Wenn man auch die Begründung des Autors für den neuen Namen dieser
2. Auflage anerkennen muß, so erscheint doch der neue Titel „Die Lebens-
nerven“ eine etwas zwangsweise Verdeutschung eines Begrifisinhaltes, der
unserem Sprachempfinden entsprechend durch die frühere Bezeichnung „das
vegetative Nervensystem“ besser gekennzeichnet wurde. Die 2. Auflage hat
nunmehr durchaus den Charakter eines Handbuches. In Gemeinschaft mit
16 Mitarbeitern ist die Gesamtheit aller Nervenapparate des vegetativen
Nervensystems behandelt, gleichgültig, ob diese innerhalb oder außerhalb
der zerebrospinalen Apparate gelegen sind, sowie alle Nervenfasern, welche
die glatte Muskulatur, das Herz und ‘die Drüsen innervieren., Für die Ge-
samtheit dieser Nervenapparate ist die Bezeichnung „Lebensnervensystem“
gewählt. Nach einer einführenden Entwicklungsgeschichte des vegetativen
und parasympathischen Systems folgt eine sehr interessante Darstellung
über die Anatomie und Physiologie der vegetativen Zentren im Zwischen-
hirn. Besonders dankenswert ist die Abhandlung Regelsbergers über | aber werden Gewürze (Estragon, Dill, Bohnenkraut), Tomaten (Suppe, Saucen,
die elektrischen Vorgänge im Bereich ‘der vegetativen Nerven. Jedem Ka- | Salat, gedünstet, gefüllt, Auflauf), Zitronen und Gallerten (Gelatine) viel-
pitel sind die Ergebnisse der pharmakologischen Forschung angegliedert, | fach vorgeschrieben.
| E. Rost (Berlin).
= Eu —— b
K. Fahrenkamp (Stuttgart).
Fabritius, Zur Klinik der nichtparalytischen Luespsychosen (aus
Abhandlungen aus der Neurologie, ne usw., Heft du 103 S,
. Berlin 1924, S. Karger. M. 4,—.
Der Arbeit liegt eine Kasuistik von 23.Fällen he Die nicht-
paralytischen Luespsychosen zerfallen in 1. exogene Reaktionstypen, 2. Hallu-
zinose und halluzinatorisch-par&noide Typen und 3. chronische Defekt-
zustände. Zur ersten Gruppe gehören Verwirrtheitszustände, Amentiabilder,
Dämmerzustände und Korsakoffsches Syndrom. Der Verlauf ist akut oder
subakuf. Die halluzinatorischen Formen (2) können akut und chronisch
verlaufen. Am häufigsten sind die Defektzustände, zu denen die. Pseudo-
paralyse und die postsyphilitische Demenz gehören. Treten bei Lues
manisch-depressive oder katatone Zustandsbilder in Erscheinung, so handelt
‘es sich nicht um selbständige Psychosen, sondern um Phasen bzw. Schübe
eines chronischen, zu Defektzuständen führenden Leidens. Henneberg.
A. Bofinger, Die Diätbehandlung der ZUSEOTELERF EEE 55 Seiten.
Bad Mergentheim 1924, Hans Kling.
Das gemeinverständlich dargestellte Büchlein geht von den Voraus-
setzungen aus, daß jeder Zuckerkranke ein Fall für sich sei, jeder regel-
mäßig zum mindesten einmal im Jahr eine ärztlich geleitete Anstalt auf-
suchen sollte, um seinen Stoffwechsel erneut feststellen und seine Kost-
verordnungen danach abändern zu lassen; es ist praktisch angelegt und
mit Kostzetteln und einem Kochbuch von Frau Elise Bofinger versehen.
In’den eingehenden Kochanweisungen wird wenig Salz angewendet, wohl
, Den Anteil des vegetativen Nervensystems an der Kopfinnervation
Innervation des Herzens einschließlich der Störungen der Funktionen des
Herznervensystems zu bearbeiten. Es ist für die Einheitlichkeit des Buches .
besonders wertvoll, daß dieses so schwierige Kapite: der Pathologie der
leuchtung der pathologisch-physiologischen Probleme — also der Krank- .
Obne Zweifel wird ja mit der Zunahme unserer Kenntnisse in dieser.
"einzelnen Kapitel hier eingehen zu können, sei nur — und das fördert
den Einfluß des Nervensystems auf die Zuckerbildung, die nervöse Beein-
E. Töniessen hat die Bedeutung des vegetativen Systems für die
Es ist unmöglich, in einer kurzen Besprechung
Ich möchte
. ausgestattete Werk stellt ein Stück deutscher Wissenschaft und deutscher
ganzen Welt den unbeugsamen Lebenswillen und die Größe deutscher.
24
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fea
Tine + TN.
dausender Blutkontrolle notwendig.
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70001996 — MÉDIZINISCHE. KLINIK — N.29. = [B
SOn Kongreß-
“oe Berlin. ° FR
Verein für innere Medizin. Sitzung vom 18. Juni 1924.
Halberstädter: Röntgentherapie in der inneren Medizin. H. ver-
> sucht, .die ‘bei verschiedenen ‚Erkrankungen mit Röntgenstrahlen erzielten
Resultate ‚unter Zugrundelegung der biologischen Strahlenwirkungen im
Körper in 7 Gruppen einzuteilen. SE
' J Ein pathologisch verändertes, hypertrophisches Organ: mit Hyper-
funktion oder im Zustand maligner Degeneration wird durch direkte
Schädigung der pathologischen Zellen oder Herabsetzung der Zellfunktion
beeinflußt: Günstige Wirkung bei myeloischer und Jymphatischer Leukämie,
vobei die. außerordentlich gesteigerte Radiosensibilität pathologischer Ge-
vebo. gegenüber den entsprechenden normalen eine Rolle spielt. Vor-
sehlige Dosierung unter Berücksichtigung des Allgemeinbefindens und
Starke Leukozytenstürze vermeiden.
Stets Rezidive, die immer strahlenresistenter werden, aber häufig große
Intervallo; Bei Lymphogränulomatose gute Erfolge der erstmaligen
“ Iainiduslle Dosierung auch hier erforderlich, besonders bei inthratborakalen
übrigen Versuche
‚handelt werden.
Iokalisationen. Gefahr der akuten Schwellung bei massiven Dosen. Bei
“ Hypeglobulie werden weitgehende Besserungen durch Hemmung der über-
Meist keine Dauerresultate. Bei '
mäßigen Knochenmarksfunktion erzielt.
‚peruisiöser Anämie Versuch der Milzschädigung, statt Splenektomie. Keine
anhaltenden Resultate. Die Strahlenempfindlichkeit des Iymphatischen
and Vereins-Berichte.
-- Bestrahlung, auch hier fast immer Rezidive, die strahlenresistenter werden, -
‚Gewebes ermöglicht es, sehr erfolgreich ‘die Tonsillitis chronisch. zu be-
handeln. Thyreoidea normalerweise nicht sehr empfindlich. Struma nur
bei zein-parenchymatösen Formen geeignet. Empfindlicher ist die Hyper-
. funktion der Basedowstruma. Erfolge hierbei gut, Struma und Exophtbalmus
hartnäckig.“ Myxödem und stärkere Verwachsungen lassen sich durch ge-
‚&gmele Technik weitgehend vermeiden. Sehr günstiges Objekt ist die
maligno Struma. Thymus stark radiosensibel, daher gut bei Thymus-
- hyperplasie 'zu behandeln. Hypophysentumoren nicht gleichartig in ihrer
Beeinfüßbarkeit, Augensymptome meist gebessert; Kombination mit Radium-
‚ünlagen in die Keilbeinhöhle empfehlenswert. Prostalabypertrophie (drüsige
| Pora) gut beeinflußbar.
2 Ein an sich normales oder nicht nachweisbar erkranktes Organ
` wird im Sinne einer Schädigung oder Funktionsverminderung beeinflußt,
Fin Zweck einer Allgemeinwirkung oder der Wirkung auf ein anderes
gm. Das typische Beispiel ist die Bestrahlung der Ovarien bei Myomen
ind Blutungen. Biologisch und technisch am besten begründet. Die
"lite Bedeutung, z, B. Nebennierenbestrahlungen bei Diabetes und Hyper-
| tonis, hypophysäre Kastration. |
N 8, Beeinflussung bestimmter pathologischer Prozesse in beliebigen
In. mO eine direkte Beeinflussung der entzündlichen Infiltrate,
tanulationsgewebe usw. stattfindet, aber auch | |
teilweise theoretisch interessant, praktisch ohne wesent-
' & eine gleichzeitige Resistenzerhöhung des normalen Gewebes und
nehrte Bindegewebsreaktion angenommen werden kann. Hierher gehören
ale Entzündungen, die seit Beginn der Röntgentherapie erfolgreich be-
Neuerdings auf akute, sonst chirurgisch behandelte
Alerungen, auf postoperative Pneumonien usw. ausgedehnt. Bekannt gute
. Sesultate bei verschiedenen tuberkulösen Affektionen, gute Erfahrungen
Mi Larynrtuberkulose,
gommen wird,
üi 6. Jede örtliche Röntgenbestrahlung: kann zu allgemeinen Ver-
Aktinomykose weniger günstig, als allgemein an-
eukozytenkurve, Gerinnungsfähigkeit, allgemeine Resistenzerhöhung; diese
Vernderungen sind Gegenstand der Forschung, therapeutisch exakt beim
enschen noch nicht greifbar. 5
6, Die lveti : TER st 5 l
vorhanden, analgetische Wirkung der Röntgenstrahlen ist zweifellos
üngen. führen, die denen nach Proteinkörperinjektionen ähneln —
‚wenn auch der Mechanismus unbekannt ist, Anwendung bei
Neiralgien. vielfach versucht, schwere. Trigeminusfälle nicht: beeinflußt.
ulls ER Die Möglichkeit der funktionssteigernden Wirkung von nicht
W Mdigenden Strahlenmengen ist vielfach versucht, beim Menschen aber
“ Dicht mit Sicherheit geklärt,
physe zur Wachstumsanregung sind
' ‘Fritz Fleischer.
j Frankfurt a. M. Fe
Arztlicher Verein. Sitzung vom 2. Juni 1924.
~- ‚Oüno: Dystrophia muscularis progressiva und ihre Behandlung. |
C. hat zy
ji hintereinander schwere Erscheinungen von Muskelatrophie auftraten,
. Ey,
iabet Bestrahlungen von Pankreas bei
ttes, Knochenmark bei perniziöser- Anämie, Nieren bei Anurie, Hypo-
Beispiele hierfür. (Selbstbericht.),
!
„> 3At zwei Brüder im Alter von 11 und 14 Jahren beobachtet, bei denen“
Muskelschwund, Schwäche, leichte Ermüdbarkeit. Die Arme kon
'Zuckúngen. Die Behandlung‘ war bei der progressiven
rc.
._
vom Rumpf. abgehoben werden, es bestanden watschelnder Gang, fibrilläre
Muskelatrophie
bisher ausgichtslos. O. erinnerte sich der Versuche. von Abderhalden
>
URAREN P
mit Tauben, die bei vitaminfreier. Ernährung nicht mehr fliegen konnten
. und sich dann bei vitaminreichem Futter wieder erholten. Er gab, den
beiden. Knaben deshalb versuchsweise besonders vitaminreiche Nahrung In
Gestalt von Hefe mit dem Erfolg, daß sehr bald: eine Besserung eintrat in
"Gestalt von Besserung des Allgemeinbefindens, Hebung des Kraftgefühls.
Die Knaben. können wieder ganz gut’ und längere Zeit gehen, die- Arme
können wieder über die Wagrechte erhoben werden. Bei der Aussichts-
losigkeit sonstiger Behandlung empfiehlt C. die Anwendung von vitamin-
reicher Ernährung: bei dem Leiden zur Nachprüfung. © = =. |
_Heupke: Über die Einwirkung einiger Medikamente auf. die Hirn-
gefäß: des Menschen. An zwei Hirnverletzten mit pulsierendem Schädel-
defekt wurde nach sorgfältiger Fixation ‚des Kopfes ' mittels eines Hirn-
plethysmographen und eines, Strasburgerschen- Volumschreibers die Kurve
des Hirnvolums auf einem Kymographion aufgezeichnet, Zur Ausschaltung
der Fehlerquellen, die. sich durch Veränderung der Atemtiefo ergeben
konnten, wurde eine 'Atemkurve mit aufgenommen, 'In 5, Versuchen wurde
nach Einatmung von Amylnitrit stets ein starkes Ansteigen der Hirn-
' kurve unter Pulsbeschleunigung beobachtet. Nach 1—11/, Minuten: fiel
die Kurve unter das Ausgangsniveau und. hielt sich für längere Zeit. auf
dieser Höhe. Da eine schnelle Zunahme und eine’ schnelle Abnahme des
Hirnvolums nur auf Veränderung der Blutfülle des Hirns und nicht auf
Schwankungen ‘der Liquor- und Lymphmenge bezogen werden. darf, wie
‚frühere Untersuchungen von Mosso und Cappie lehren, würde in diesen
‚ Versuchen eine kurzdauernde starke Erweiterung und eine länger anhaltende
Verengerung der zerebralen Gefäße auf Amylnitrit sich ergeben.
. Nitroglyzerin zeigte erst in einer Dosis von 4—5 mg eine Ein-
wirkung. Die Hirnkurve stieg: sehr - stark an und. hielt sich lange auf
dieser Höhe, > nn De o a
Alkohol bewirkte bei einem. Patienten ein starkes Schwanken der
Hirnkurve in 8 Versuchen, während er bei dem -anderen Patienten ohne
nicht ein. | S E > yi i
‚ Coffein, natriobenzoic. senkte in 5 Versuchen nach intramusku-
Einfluß war. Ein Steigen oder Fallen des Gesamtniveaus der-Kurve trat.
lärer und intravenöser Dosierung bis 0,1 stets die Kurve nach einem kurz-
dauernden Ansteigen, wobei es ungewiß ist, .ob die. geringe Volumzunahme
‘auf das Koffein oder den Reiz der, Injektion bezogen werden muß;
Adrenalin bewirkte keine Volumsbnahme in :4 Versuchen; bei
einem Patienten trat aber, starke -Pulsbeschleunigung nach 1 mg intra-
muskulär und eine Verdoppelung der Höhe des Einzelpulses auf. Da
Adrenalin aber den Gefäßtonus steigert und infolgedessen. den Blutdruck
erböht, so muß, wie näher ausgeführt wurde, ein annähernd gleich starkes
y
Ansteigen des Tonus in allen Gefäßzebieten erfolgen.
' Kampfer 02, Strychnin 0,005 intramuskulär, Luminal 0,1 und Pyra- $
midon bis 1,0 per os beeinflußten die Hirnkurve nicht. `
Pie Ergebnisse ‘dieser Versuche beziehen sich auf den gesunden.
Kreislauf. Daß die Verhältnisse bei Kreislauferkrankungen zum Teil wahr-
~
scheinlich anders sind, wurde. näher ausgeführt. ° .
1
Eas ...: Jena. et !
~ . Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 4. Juni. 1924.
Du Mont-Eisenach (als Gast): Zur Behandlung ‘der Pneumonie.
‘Vortr. hatte während des Krieges im ‘Osten die Erfahrung gemacht, dag
‚große Dosen Natron salicylicum, etwa 6,0 ‚bei Erwachsenen, per os ‚oder
‚per. rectum eine Stunde 'vor dem erwarteten Fieberanfall gegeben, das
Fünftagefieber dauernd zum Verschwinden brachten. Er versuchte nun bei ©
_ Fällen von kruppöser, aber auch Broncho-Pneumonie- und ‘einigen Grippe-
' erkrankungen ebenfalls diese großen Salizyldosen und konnte häufig kritischen
Abfall: der. Temperatur und rasche Besserung beobachten. Er empfiehlt.
‚dieses Verfahren zur weiteren Nachprüfung um. so mehr, als ‚schädliche
' Folgen durch die großen Salizyldosen nicht vorkamen. _ |
Brinkmann: Klinische Untersuchungen zur typhösen Infektion
der Gallenblase, nach gemeinschaftlichen Untersuchungen mit Dr. Hage.
'Die Galle wurde mit Hilfe der Duodenalsondierung gewonnen, eine Methode,
| die hinsichtlich der bakteriolögischen Untersuchung "der. Magensaftunter-.
‚suchung nach Volhard-Bolditefischem Ölfrühstück. überlegen ist. Es wurden
96 Sondierungen an 61 Einzelpersonen vorgenommen, besonders bei Typhus-
kranken.. Bereits in der ersten Krankheitswoche waren Typhusbazillen in
der Blasengalle nachweisbar, so daß für diesen Zeitpunkt hämatogene
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- reger regelmäßig, in der dritten und vierten ‘Woche noch überwiegend.
Starker. Bazillengehalt der Lebergalle deutet auf hepatogene Infektion.
< ist der Befund der Blasengalle beim Rezidiv, ist er ' kurzdauernd, ist er
. meist negativ, ist er langdauernd, positiv, je nach dem Immunitätszustand
des Kranken. -
E uncharakteristischer Fieberfälle wie Paratyphus B, zur Diagnostik eines
.- , Typhus ambulatorius, zur Erkennung. von Bazillenträgern, - Bakteriologische
und des rechten Mittellappens sowie Pleuritis tuberc, dextr. große dia-
- lappen, das Fehlen katarrbalischer ‚Lungenerscheinungen, Himbeergelee-
“ sputum ohne Tuberkelbazillen, Fehlen einer nachweisbaren Struma machten
. die Diagnose maligner Tumor’ mit Iympbangitischer Ausbreitung im rechten
| randige halbmondförmige kompakte Verschattungen unmittelbar oberbalb
'. schwerden gingen spontan zurück, die Schatten schwanden nach 4—8 Wochen
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10 — MEDIZINISCHE KLINIK — N-29 Re,
Infektion wahrscheinlich BE In der zweiten Woche. fanden sich die- Er- Spontan stellte sich: starker Schwindel regelmäßig beim Ubergang in die
horizontale Lage. ein, wenn Patient sich zu Bette legte und sich auf. die
-inke- Seito drehte. ‚Bei den ersten vehementesten Anfällen dieser Art sah
Aszendenz der Infektion vom Darm aus möchte Vortr. ausschließen. Wechselnd’
Plafond“. Wenn er die Augen schloß, hatte er das Gefühl, als wenn sich.
sein Körper und sein Bett zusammen drehen würden, ohne daß er die Dreh-
richtung angeben konnte,
anfälle. am konstantesten dadurch . zu provozieren waren, daß man dem
Patienten den Kopf. nach links neigte; weniger intensiv und weniger kon-
stant kamen sie, wenn man den Kopt nach links drehte. In beiden Fällen
' waren ‘auch objektiv Spannungen in den zugehörigen Muskelgruppen des
Nackens zu bemerken. Auch Drehen und Neigen des Kopfes nach rechts
verlief nicht ganz ohne‘ Spannung und Schwindel; doch waren hier die
_ Störungen nur episodisch und. angedeutet. Der charakteristische Schwindel
Vortr. tritt, wie schon, früher, . für die Frühoperation der
Dauerausscheider ein und. betont, daß gelegentliches Vorkommen . von
Typhusbazillen in der Lebergalle nicht unbedingt eine Kontraindikation gegen
‚die Cholezystektomie zu sein braucht, da ev. Gallenrückstauung durch
Stein oder Sphinkterkrampf das bakteriologische Resultat beeinflußt. Jeden-
falls ist die Duodenalsondierung ein wichtiges Hilfsmittel zur Aufklärung
‚Ausheilung des Typhus sollte erst nach je 3 ‚negativen. Stuhl- und Urin-
proben und einer negativen Gallenprobe erklärt werden.’
- Gutzeit: Zur Diagnostik reirosternaler Tumoren. Im Fall 1
machte das Zusammentreffen einer retrosternalen' knotigen Kolloidstruma
mit exsudativ zirrbotischer und proliforierender Tuberkulose beider Ober-
| recht stellte auf die ‚schräge. Trennungslinie der Hemianopsie. . Außerdem
gnostische Schwierigkeiten. Der 13jährige Mann zeigte klinisch Dyspnoe
raschen Verfall, kein-wesentliches Fieber. Eine exsudativ hämorrhagische
Pleuritis rechts, die Entwicklung dichter Dämpfungen über beiden Ober-
diesen Fällen nach Bruno Fischer mit der linken Hand nach links vorbei-
zeigen würde). Spontaner Ny stagmus bestand nicht, ebensowenig sonstige
Motilitätsstörungen des Auges; die vestibulare Untersuchung (B. Fischer
und Ref.) ergab starke, allgemeine Übererregbarkeit, besonders aber eine
Dreherregungen. Bis zur Gegenwart haben sich alle diese Beschwerden
ohne Behandlung fast ganz verloren; auch das Areal der Hemianopsie hat.
sich weiter verkleinert; der Patient ist in einer durchaus. günstigen körper-
lichen und. psychischen Verfassung. Angesichts dessen glaubt Ref., daß
die von ihm schon ‘früher vermptete Beziehung des Schwindels zu der
sagittalen Galvanisation des Kopfes sehr wahrscheinlich geworden ist. Es
scheint, daß diese die eigentümliche vestibuläre Reizerscheinung provoziert
Ober- und Mittellappen und rechten Pleura wahrscheinlich, besonders auch
der Röntgenbefund: Verbreiterung des Mediastialschattens in .Höhe . der
ersten und zweiten Rippe nach rechts ohne scharfe Schattengrenzen, |
_ streifige Trübung des rechten Ober- und Mittelfeldes 'der Lungen. Das.
rechte Spitzenfeld war frei, "das linke feinfleckig verschattet. Die tracheale
Aufhelung war ' treppenförmig. -nach links verlagert mit mehreren Er-
weiterungen . und Verengerungen. Holzknechtscher Raum von vorn her
in Höhe des verbreiterten. Mediastinalschattens eingeengt.
schaft zu diesen Reizerscheinungen geschaffen hat. Es ist bemerkenswert, -
Im zweiten. und dritten. Falle zeigten sich röntgenologisch scharf-
deren sagittale Richtungsebene senkrecht stand ‘auf. der Grenzlinie der
des linken Hilusschattens, diesen zum Teil überdeckend, im Zusammenhang ‘Hemianopsie. Diese gegenseitige Lage erinnert an die gegenseitige Orien-
. mit dem Mediastinalschatten. Holzknechtscher Raum frei. Klinisch: ältere
Männer mit. geringgradiger Tracheitis, die akute Verschlimmerung in der
‚kanntlich in der Norm beim Menschen stark gedämpft ist. Der Befund
Grippezeit erfahren hatte, Schmerzen in Brust und Rücken. Die Be-.
‚gestattet die Annahme, daß das Okzipitalhirn beim Vorgang der Gesichts-
feldbildung überschüssige Erregungen der vestibulären Systeme in einer
unter Wärmebehandlung, so daß eine akute infektiöse Lymphdrüsen-
schwellung infolge grippöser Tracheobronehitis, nicht ein Tumor die Schatten-
diese Erregungen Kopfneigung bzw. Kopfdrehung ‘und gegensinnige laby-
bildung verursacht haben dürfte. N
„erobellare, die Statik des aufrechten Ganges bedrohenden Einflüsse hat
sich ja bereits für das Stirnhirn ergeben.
die Spannungserscheinungen in den Nackenmuskeln’ verstehen, deren Ver-
| Prag.
Verein. deutscher Ärzte. Sitzung vom 23. Mai 1924.
0. Pötzl: Vestibulare Reizerscheinungen bei Herderkrankung des
linken Okzipitalhirns. 58jähriger intelligenter und gebildeter Patient, guter
‚Klavierspieler, Rechtshänder. Am 24. Mai 1923 kam ohne Vorboten ein
Insult, bei dem Patient das Bewußtsein nicht verlor und selbst beob-
achtete, wie sich ihm ein Nebel vor den rechten Lidwinkel legte. Seither
besteht auch gegenwärtig .noch eine rechtsseitige Hemianopsie mit der-
` Eigentümlichkeit, daß die Trennungslinie des sehenden und nichtsehenden
Teiles des Gesichtsfeldes eine schräge ist diagonal von rechts oben gegen
links unten hin. Ref. verdankt Elschnig die Möglichkeit, den Fall ge-
` nauer neurologisch. verarbeiten zu können. Nach dem Insult sind vorüber-
gehende Delirien mit lebhaften, als „wunderschön“ bezeichneten optischen
Halluzinationen (Gemälde, Säulengänge usw.) aufgetreten. Agnostische
Störungen, Störung der Orientierung im Raum usw. hatten niemals be-
standen; dagegen war u. a. auffällig, daß Patient von Anfang an bei dem
- Versuch, den Kopf nach links oder nach rechts zu bowegen,. starke.
Spannungen im Nacken fühlte. Gerade diese Spannungen überdauerten _
zusammen mit der schräg abgegrenzten rechten Hemianopsie alle übrigen
Beschwerden. Fast bis zur Gegenwart bestand links ein Schmerzpunkt
zwischen hinterem Rand des Proc. mastoideus und dem Ansatz des Musc.
trapezius, sowie ein Spannungsgefühl, das längs der Randkontur des Musc.
trapezius bis in die linke Schulter hinein empfunden wurde. Dieser Be-
` schwerden wegen ‘wurde Patient anfangs Janúar 1924 in einem Ambu-
latorium zweimal in sagittaler Richtung durch das Kranium galvanisiert.
‘Ref. konnte nur ermitteln, daß eine Elektrode auf die Stirn, die andere
auf den Nacken gelegt worden war, sonst nichts Genaueres; beim Elektri-
sieren selbst habe Patient nichts gespürt als ein Prickeln auf der Stirn.
Bald nach diesen Galvanisationen.. aber traten Schwindelanfälle auf.. Der
oerste kam schon in der Nacht nach der ersten elektrischen Behandlung.
‚Stirnhirnmechanismen. Auch diese Spannungen der Nackenmuskulatur
werden offenbar in der Norm durch die Gegenwirkung der okzipitalen
Zentren abgedämpft und bei der Bildung des. binokulären Scheine
in ein neues Gleichgewicht umgewandelt und verarbeitet.
durch seine Häufigkeit, seino Krankheitserscheinungen und. seine thera-
traktus. Die alte Auffassung, daß das Leiden ein lokales sei, führte natur-
gemäß zur chirurgischen Behandlung des Ulkus;
der Unzulänglichkeit der vorgenommenen Eingriffe wuchs ibre Größe und
Gefahr; gleichzeitig trat eine Wandlung in der Erkennung der Ursachen
Nervensystems, Veränderungen am Kapillarsystem uni endo wurden als
"Ursachen des Ulkus erkannt; ich selbst messe dem’ aufrechten Gang und.
dem raschen Längenwachstum eine große Rolle bei, wofür das seltene Vor-
kommen des spontanen Ulkus bei Vierfüßlern und Säuglingen, sein häufiges
Eintreten zur Zeit. des größten Längenwachstums und bei rasch wachsenden
Personen seine Heilbarkeit durch die bloße dauernde Horizontallage sprechen;
gleichzeitig trat die interne Behandlung des Magengeschwürs in den Vorder-
grund; neben verschiedenen diätetischen Methoden wurde die systematische
- Alkalisierung des Magens, die Röntgenbehandlung und die Proteintherapi®
angewendet; steht man auch allen diesen Bestrebungen mit großer! Skepsis
gegenüber, so mußten doch die Heilerfolge Přibrams an 200 durch 3 Jahre
beobachteten Ulkuskranken mit Injektionen von Novoprotin zur Nachprüfung
auffordern, zumal sie von chirurgischer Seite stammten, Novoprotin, ein
weit abgebautes Pflanzeneiweiß, wurde vom Vortr. an 20 Ulkusfällen an-
gewendet; es wurde nur bei solchen Patienten gebraucht, bei denen alle
er das zweite Bett (das links vom seinem eigenen Bette steht) „auf dem .
‘Die Untersuchung ergab, daß die Schwindel- .
wurde als optimal ausgelöst, wenn man die Sagittalebene des Kopfes senk-.
bestand ein Vorbeizeigen im linken Schultergelenk nach außen; bei Kopf-
drehung nach links (im: Sinne der Reaktion von Bruno Fischer) wär
kein Vorbeizeigen nach rechts zu erzielen, bei Kopfneigung nach links
zeigte er richtig (während die Mehrzahl der gesunden Versuchspersonen in `
starke Abweichreaktion nach links bei den entsprechenden kalorischen und `
hat; während der Herd im linken Okzipitallappen nur die latente Bereit-
' daß die Sohwindelerscheinungen ihr Maximum bei einer Kopflage erreichen,
'tierung von Kopf und Auge bei der labyrinthären Gegenrollung, die be- `
spezifischen Weise absaugt und verarbeitet; ohne diese Gegenwirkung würden
| rinthäre Augenrollungen bewirken. Ein ähnliches Verhalten in bezug auf
Auf diese Weise lassen sich
teilung einen ähnlichen halbgekreuzten Typus zeigt, wie die hier erwähnten _
‚ _ Leopold Fischl: Zur Ulkustherapie. Das Ulcus ventriculi gehört |
‘ der Krankheit ein; konstitutionelle Momente, Erkrankungen des vegetativen
-l üblichen Behandlungsmethoden erfolglos gewesen waren, 6 Patienten waren
peutische Beeinflußbarkeit zu den wichtigsten Erkrankungen des Verdauungs `’
mit ‘der Erkenntnis von =
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on Erfolg gastroenterostomiert worden: bei 2 Fällen war die Behandlung
erfolglos; „bei 18 Fällen trat nach der ersten oder zweiten Injektion voll- .
ständiges Nachlassen der Schmerzen ein, bei allen Fällen Gewichtszunahme,
"hei 5 Fällen mit 24 Stunden-Rest deutliche Besserung der Motilität, bei
dnem Patienten eine mehrstündige Absenz, die ohne sonstige Nachteile
abklang; der Vortr. stellt eine der Patientinnen vor mit Röntgenbild einer
mandelgroßen Nische, die vor 2 Jahren vergeblich gastroenterostomiert
worden. ist; die Nische ist bis auf eine stecknadelkopfgroße Vorwölbung
: an der kleinen Kurvatur geschwunden, Pat. ist schmerzfrei, hat 12 kg zu-
genommen, alles ohne Liegekur, nur bei Sehonungsdiät. YVortr. empfiehlt
die Methode für Fälle, die vor der Operation: stehen oder vergeblich ope-
niert warden. i
und des: Levator palp. sup. Eine 23jährige, seit Geburt an exteriorer
Ophthalmoplegie rechts erkrankte, sonst gesunde. Patientin zeigt seit
"3 Jahren eine zyklische Okulomotoriuslähmung (Axenfeld) (Okulomotorius-
lähmang. mit. zyklischer Innervation der inneren Äste und des Levator
- palp.sup.). Das für gewöhnlich leicht ptotische Oberlid des rechten Auges.
hebt sich, beginnend mit unregelmäßigen Zuckungen, maximal, während
gleichzeitig mit der Lidhebung die fast maximal- erweiterte Pupille sich
verengt, Diese Lidhebung und Pupillenverengerung hält nur wenige Se-
kuden an, um dann wieder der Ptosis und Pupillenerweiterung Platz zu
machen. Das Intervall von der einen Hebung (Pupillenverengerung) bis
sur nächsten beträgt ziemlich genau eine Minute und ist durch Änderung.
der Angenstellung nicht zu beeinflussen, während das- Ausmaß ’der Hebung
(Popillenverengerung) in allen Stellungen, in welchen ein Okulomotoriusast
des rechten Auges beteiligt ist, ausgiebiger ist. Licht- und Konvergenz-
aktion ist in jeder Phase auslösbar. Außer dieser zyklischen, weitgehend
wabhängigen Innervation besteht eine deutliche Mitbewegung der Pupille
in jeder Phase auf Innervation der äußeren Okulomotoriusäste, ebenso eine
deptliche Hitbewegung des Levators bei jeder intendierten Augenbewegung,
"bei welcher einer der übrigen äußeren Okulomotoriusäste innerviert wird.
für die Erklärung der Mitbewegung wird eine Leitungsunterbrechung im
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Okulomotoriusstamme mit teilweisem Einwachsen von äußeren Okulomotorius-
issen indie interioren angenommen, für die Erklärung der Rhythmik der
Imerration eine Blockade im Okulomotoriusstamme an gleicher Stelle
herangezogen, die durch Summation von im einzelnen unwirksamen Reizen
schließlich zu einem Überfließen der Innervation, einer Art explosiver Ent-
ladung führt (Elschnig).
0.Klein: Zur Frage der Nierenfunktion beim arteriosklerotischen
Hochdruck, Im ersten Stadium des arteriosklerotischen Hochdrucks finden
sich vorübergehend Nierenfunktionsstörungen, welche in einer mäßiggradigen
Erhöhung des Reststickstoffspiegels (Nüchternwert oder nach eiweißarmem
Frühstück), ferner in einer leichten Einschränkung des Konzentrations-
"ermögens, einer Erhöhung der Ambardschen Konstante u. a. ihren Aus-
druck finden. Die Funktionsstörungen der Niere im zweiten Stadium der
Arteriosklerose (maligne Sklerosen mit Retinitis albuminurica) zeigen im
Gegensatz dazu, abgesehen von dem höheren Grade derselben ein konstantes
m Die Störungen transitorischen ‚Charakters im ersten ‚Stadium
t Arteriosklerose können durch Sinken der Herzkraft'herbeigeführt werden,
1 der Regel werden sie aber durch eine vorübergehend eintretende Herab-
setzung der Zirkulationsgröße in den Nierenarteriolen (Arteriolenkontraktion)
ee Sie zeigen somit die gleiche Genese wie die -transitorischen
t ausführlich an anderer Stelle.)
Wien. u
‚ „Gesellschaft der Ärzte, Sitzung vom 6. Juni 1924.
‘L, Arzt stellt zwei Männer mit Hautveränderungen an den Händen
Er die sie infolge ihres Berufes als Melker akquiriert haben. Die
erulichon Erkrankungen der Haut sind in der Landwirtschaft seltener .
| ih der Industrie; sie finden sich vor allem bei Melkern. 1. Der :
ir ge Pat, hat das Melkergewerbe 3 Jahre lang in der Schweiz aus-
uoi Dabei haben sich symmetrische Schwielen an den Endphalangen
er Finger beider Seiten, besonders an den Daumen, gebildet. Die Zitzen
Nähe werden nach der schweizerischen Melkmethode zwischen den
Aare Daumen und Fingern ausgestrichen. Dabei wird das Maximum |
ch ausgepreßt. Die in Österreich übliche Melkmethode unterscheidet
Ach von dieser Melktechnik. Die Melkerschwielen bilden sich bei An- .
wendung der in Österreich üblichen Melkmethode nicht. Die Literatur
YE diese Melkersch wielen noch nicht. 2. Ein Pat. mit derselben Vor-
a, 3. Vortr. demonstriert Diapositive von Melkerknoten, aus..
an an aeewebe bestehend, mit erodierter Oberfläche an der Lippe und .
an ; | |
den Händen. Vortr. denkt an die Übertragung von Kuhpocken.
> J. Kubik (deutsche Augenklinik, Prag): Kongenitale Okulomotorius-
“ Yhmung. mit spät entstandener zyklischer Innervation der inneren Aste
ionsstörungen anderer Organe 'bei allgemeiner Arteriosklerose. (Er- -
1924 — MEDIZINISÖHE KLINIK —
-Angst vor der Wiederholung.
sein pflegt. Emplastrum cinereum führte zu- einiger Besserung,
wurde Jod und Hydrargyrum suceinimidatum (letzteres intramuskulär)
u‘
Ni. 29.
G. Nobl hat schon mebrfach die Melkerknoten gesehen; sie sind
gelögentlich in großen Betrieben zu beobachten. Es. handelt sich um
'Vakzineübertragung, aber nur in einem Teil der Fälle. In anderen Fällen
liegt eine tiefe-Form der. Impetigo staphylogenes vor. ‚Die Korneaimpfung
war also begreiflicherweise in einem Teil der Fälle negativ. . -° °
W. Kerl weist auch. auf die. Möglichkeit der Übertragung der Kuh-
pocken von Mensch zu Mensch hin. Redner. demonstriert ein ‘Kind mit
Pusteln an den großen und kleinen Labien; die Pusteln sind. im Zentrum
gedellt. Das 6 Monate alte Brüderchen des Kindes war. frisch geimpft
worden. Redner nimmt an, daß es sich um Übertragung mittels des
Fingers handelt. EEE PR
S. Ehrmann führt aus, daß die Pockenübertragung von Mensch zu
Mensch auch bei Erwachsenen stattfindet und verweist auf: seine Beob-
‚achtungen im Jahre 1907. Redner hat typische Vakzinepusteln bei Per-
sonen beobachtet, die sich an- Bettfedern aus Galizien infiziert hatten-
Der Kaninchenversuch ergab positive Resultate. 0.00.
' J. P. Karplus demonstriert eine 48jährige Frau. mit einer Krücken-
lähmung. Pat. bat seit mehreren Jahren einen Fungus des: linken. Knie-
gelenkes und trägt deshalb seit Ostern 1922 Krücken. ‘Im Winter 1922/23
verließ die Pat. wegen ihrer Kniegelenksaffektion ` die Wohnung nicht. ` Im
' Frübjabr 1923 trat eine Lähmung des rechten. Armes auf und Vortr.'stellte.
bei ihr eine Krückenlähmung von mäßiger Intensität fest; am. stärksten
war sie im Radialisgebiet. Die Lähmung. ging zurück. Im Frühjahr 1924
“trat ein „pamstiges Gefühl“ in der linken Hand auf, später Schwäche im
linken Arm, die sich nachher zur Lähmung steigerte. Die Lähmung war
stärker als im Vorjahre. Die Pat. war jetzt im Gegensatz zu ihrem Ver-
halten im vorigen Jahre weinerlich, deprimiert, übererregbar. - Es ist die
Frage, ob es sich um eine hysterische Nachahmung der Plexuslähmung!
vom vorigen Jahre handelt. Sie hatte, wie aus ihren Reden hervorging;
Zunächst war kein Anhaltspunkt: für
Hysterie zu finden. Die elektrische Erregbarkeit war nach 3 Wochen Janger
Dauer der Lähmung normal, was immerhin auffallend war. Auch der
Blockierungsversuch ergab kein entscheidendes: Resultat, d. h. die Reizung
zentral von dem Punkt der Läsion. ‘Bei peripheren Lähmungen gibt näm-
lich in einer großen Anzahl von Fällen die Reizung: zentral vom Punkt der
. Läsion andere Resultate als die Reizung peripher vom Punkt der Läsion:
Nun ist es mißlich, daß der Sitz der Läsion ‚gerade in diesem ‚Falle die-
Axilla ist und daß es darum schwer ist,- zentral von diesem Punkte zu `
reizen, außer in der Fossa supraclavicularis, speziell am sogenannten Erb-
schen Punkt. Eine isolierte Reizung der am stärksten betroffenen Fasern
ist freilich in der Fossa supraclavicularis nicht möglich. ‘Außerdem sind
viele Autoren der Meinung, daß die Krückenlähmung eine Wurzelläsion ist.
Es ist also auch dieses Symptom zur Entscheidung, ob eine funktionelle
oder organische Störung vorliegt, uicht verwendbar. Bef elektrischer
Reizung der geschädigten Nervenstämme sollte im Moment der Unter-:
brechung des Stromes die Hand hinunterfallen, aber bei abgelenkter Auf-
merksamkeit der Pat. bleibt die Hand sekundenlang in Streckstellung.
Das Vorhandensein eines psychogenen Faktors ist aber nicht zu bezweifeln.
Außerdem -sprechen die besonders zu "beobachtenden vasomotorischen
Phänomene gegen das Vorhandensein einer organischen Störung. Nun ist
"aber plötzlich im Laufe der letzten Wochen. eine Atrophie der. kleinen
Handmuskeln eingetreten. Es ergibt sich also, daß auf’ eine organische
Störung eine funktionelle aufgepfropft ist. Vielleicht handelt es sich bei
der Pat. um eing Herabsetzung der Widerstandskraft infolge der Erkrankung
des Kniegelenks. aa E Ya
H. Schlesinger stellt 2 Pat. mit spätluetischen Gelenkverände-
rungen vor. Diese Erkrankungen sind häufiger, als'man ‚vielfach. meint. `
Vortr. hat ständig mehrere Pat. mit diesen’ Erkrankungen auf seiner Ab-
teilung. I. Die Erkrankung begann vor 6 Jahren mit Schmerzen in der
| Hüfte, später erkrankten die anderen Gelenke, vor 3 Monaten wurde Pat.
schließlich ganz hilflos, so daß er gefüttert werden mußte, Die- Tatsache
daß die Schmerzen in der Nacht immer besonders heftig waren, führte zur
richtigen Diagnose. Im Röntgenbild waren periostale Veränderungen
wahrnehmbar; die Wa.R. war negativ, wie das bei diesen Fällen oft
später
gegeben, schließlich Neosalvarsan. Im Anschluß an die Neosalvarsaninjektion Ä
trat eine Anschwellung des Sternoklavikulargelenkes auf, die bald wieder
zurückging. Schließlich gab Vortr. Jodnatrium in zehnprozentiger: Lösung.
intravenös, wodurch einige Gelenke mobilisiert wurden. Doch. hatte auch
die Wiederholung dieser Behandlung beim Handgelenk keinen Effekt. Nun
injizierte Vortr. das Jodnatrium intraartikulär. - Der Erfolg war verblüffend:
3 Injektionen, die nicht als schmerzhaft bezeichnet wurden, bewirkten die
befriedigende Mobilisierung des anscheinend ankylosierten Handgelenkes:
Auch die Kniegelenke sind beweglich geworden, so daß Pat. wieder gehen
kann, .— Il. Pat.. wurde ‚hochfiebernd eingeliefert. Mehrere Gelenke’ waren
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‚Mobilisierung der Finger
retikulo-endothelialem System.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 29.
Ka 0.20. Juli
seit Monaten geschwollen, so daß er wie ein. Mann mit Polyarthritis
rheumatica aussah. Auf die antirheumatische Behandlung ging die Schwellung
einiger Gelenke zurück, einige blieben geschwollen: auch das Fieber dauerte
fort. Die Schmerzen waren nicht intensiv, der Hydrops der Gelenke stark.
Die Wa.R. im Blute war negativ, im Punktat positiv. Vortr. leitete nun
die antiluetische Kur ein, die alsbald zur Entfieberung führte. Pat. ist
anhaltend fieberfrei. Die Kniegelenke sind seither normal, die Hand- und
Fingergelenke zeigten keinen Rückgang der Erscheinungen. Die intravenösen
Jodnatriuminjektionen führten zu einer Besserung. Die vollkommene
gelenke wurde durch intraartikuläre Jodlösung
erreicht. | po RE .
P. Saxl und F. Donath: Intravenöse Injektion bei blockierteom
Die große Häufigkeit der intravenösen
Injektionen legt die Frage nach dem Schicksal der injizierten Substanzen nahe.
Man macht dabei zweckmäßig eine Unterscheidung zwischen korpuskulären
Elementen, Suspensionen usw. einerseits, gelösten Substanzen andrerseits.
Die Suspensionen usw. verschwinden rasch im retikulo-endothelialen System
(kolloides Silber, kolloides, Eisen usw.), ebenso .Lezithin, Cholesterin,
‚Bakterien, in den Kupfferschen Sternzellen der Leber, in der Milz, im
Knochenmark, in der Lunge. Die injizierten Substanzen werden immer
abgefangen. Die Bakteriämie und Lipämie scheinen Ausnahmen zu bilden.
Die Bakteriämie beruht auf einer Nachspeisung,. des Blutes aus den In-
fektionsherden: präagonal, das ist ja allgemein bekannt, steigt die Bakterien-
zahl im Blute an, offenbar infolge des Versagens der Funktionen des retikulo-
endothelialen Systems; auch die Lipämie beruht nach den Untersuchungen
von Bondi auf der Nachspeisung. Die gelösten Substanzen sind wieder
in bluteigene und blutfremde zu teilen. Die bluteigenen werden rasch
‚aus dem Kreislauf hinweggeschafft, ebenso viele Farbstoffe; eine Ausnahme
scheint das Kongorot zu bilden, das längere Zeit im Blute kreisen kann,
‘ohne ausgeschieden zu werden. Unter die körperfremden Substanzen ge-
hören auch die Medikamente, von denen z. B. beim Chinin nachgewiesen .
wurde, daß sie zum größten Teil rasch aus dem Blut verschwinden (Unter-
suchungen aus dem Institut Meyer), ohne ausgeschieden zu werden. Die
Frage: ist, wohin die Medikamente kommen. Die ..oit leichthin gegebene
“Antwort, daß sie ausgeschieden werden, befriedigt Vortr. nicht. So haben
Versuche von Falta und Bernstein ergeben, daß injizierter Trauben-
. zucker rasch aus dem Blut verschwindet, daß aber der respiratorische
Quotient erst nach geraumer Zeit steigt. Für die Zuckerarten ist wahr-
scheinlich gemacht worden, daß sie zuerst deponiert und dann, eventuell
umgewandelt, ins Blut abgegeben werden. Nicht die. Ausscheidung bedingt
das Verschwinden der injizierten Substanzen, -sondern die Deponierung.
einer funktionellen.
Die Frage ist nun: Welche Organe- nehmen die. injizierten Lösungen zu-
nächst auf? Es sind immer dieselben Organe, die auch bei der Aufnahme
korpuskulärer Elemente beteiligt sind. Die Beteiligung der Leber am
Wasserhaushalt ist durch E. P. Pick und seine Mitarbeiter erwiesen:
Untersuchungen an der Müllerschen Klinik haben ergeben, daß bei Leber-
gesunden der injizierte Traubenzucker rasch aus der Blutbahn verschwindet,
bei Leberkranken nicht. Ähnliche Resultate ergeben- die Untersuchungen
über das Verhalten injizierter Chlorverbindungen und anderer Substanzen.
Auch nach Milzexstirpation verschwindet der Zucker nur langsam. Der
Gedanke liegt da nahe, daß auch bei diesen Substanzen das retikulo-
endotheliale System eine wichtige Rolle spielt, wenn es nicht gar der
Apparat ist, der die gelösten Substanzen aus: dem Blut entfernt. Man
kann sich nun die Frage vorlegen, ob die abfangenden Organe nicht in dem
Sinne beeinflußt werden können, daß sie gesperrt werden, so daß die
injizierten Substanzen länger im Blute zirkulieren. Manche Beobachtungen .
bei Hämolyse (Eppinger, Lepehne) sprechen dafür, daß unter bestimmten
Umständen die Funktion des retikulo-endothelialen Systems nachläßt.
Pfeiffer in Innsbruck hat mit Erfolg durch Injektion von Kohle die
Trypsinvergiftung verhindert. Kürzlich hat Holler bemerkt, daß man
vor Bluttransfusionen zur Herabsetzung der Hämolyse Elektrokollargol
injizieren solle. Vortr. haben sich die Frage vorgelegt, ob das System
blockiert werden könne. Durch Vorbehandlung mit kolloidalem Silber und
Eisensaccharat suchten Vortr. die Blockade des retikulo-endothelialen
Systems zu erreichen. Solange aber die zeitlichen Abstände zwischen Vor-
behandlung und Prüfung, ob die Blockade erfolgt sei, groß waren, war kein
Einfluß festzustellen. Wurde aber die zweite Injektion nur 10 oder 15 Minuten
nach der ersten gemacht, war der Einfluß der Vorbehandlung deutlich.
Von einer anatomischen Ausschaltung kann nicht die Rede sein, nur von
endotheliale System ganz oder teilweise. Die Versuche, die an Kaninchen
gemacht wurden, bestanden in Injektionen von physiologischer Kochsalz-
lösung in der Menge der Hälfte des Biutes der Tiere, in Injektion yon
Wasser, von Methylenblau, von Tetrachlorsulfophenolphthalein, von Adrenalin.
. Argochrominjektion nach vorausgegangener Injektion von kolloidalem Silber
macht eine verstärkte antiseptische Wirkung. Es wurden auf diese Weise
günstige Resultate bei mebreren Fällen von Sepsis und in einem Fall von
Tuberkulose erzielt. Auf die Tatsache: der funktionellen Blockade, die
auch die vorhin erwähnte Bemerkung von Holler ins rechte Licht rückt,
-soll eine „Blöckadetherapie“ gegründet werden. Über die einschlägigen,
bereits begonnenen Untersuchungen wird nach Abschluß derselben be-
richtet werden.
`
Rundschau.
Bruchstücke zur Geschichte der antiken Heilkunde.
Von Julius Hirschberg.
Seit länger als einem Menschenalter habe ich mich mit den
Schriften der alten Arzte beschäftigt und bin dabei auf einige Text-
Änderungen und Feststellungen gekommen, die ich hier mitzuteilen
mir erlauben möchte. | |
I. ‚Schriften der Hippokratischen Sammlung.
1. Von der Luft und den Wassern, c. 18. (I, 70 Littré; I, 61,
Z. 12, Kuehlewein).
Ich möchte annehmen, daß nach örs 7Aıog das Wort ôte aus-
. gefallen ist, was einem Abschreiber ja leicht passiren konnte. Durch
. Wieder-Einschieben dieses Wortes, das wohl auch durch das als-
bald folgende xæè zors gefordert wird, scheint mir der Satz viel
klarer zu werden: un | |
u ÖTE NAuoc LoTEy 1EhevIav Eyyvıara yiveroı, ... xa} 10TE
öliyov xodvov Jegueivaı za ob ayodge. (Vgl. meine Vorles.
über Hippokr. Heilk. Leipzig, G. Thieme, 1922, S. 59.)
9. Von der Kunst, c.:10. (Littré VI, S.17, u. Gomperz,
1910, S. 50). | ae yi 2
N&v yo 10 docugyvrorv, ğv te deguen, mv TE Oxor zakó-
nısıaı, Xoïlóv ou. | u
Ich lese &öugyvzov, nicht blos wegen der grammatischen
Autorität des Erotianos, sondern auch aus sachlichen Gründen.
Daß jeder nicht zusammengewachsene Theil (£ovupvrov) hohl ist,
-= wäre Tautologie. Daß aber jeder solide Theil Hohlräume besitzt,
das ist die Entdeckung, die der Vf. selbstgefällig uns vorträgt.
ippokr. Heilk., S. 91.) u
(Hipp 3. Von den Krankheiten II, c. 15 (Littré VII, S. 28): xæè tas
yógas tv oüpdaluav &hrés. Littré’s Übersetzung „la region
\
ist ywa toù ðp’akuoù.
des yeux est douloureuse“ ist ungenau. Der eigentliche. Name für.
Augenhöhle, d. L. für den Raum, in welchem der Augapfel liegt,
/ So schon in der 9. der wunderbaren
Heilungs-Geschichten aus dem Asklepieion zu Epidaurus. So auch
bei den gelehrten Ärzten, z. B. Galen, vom Nutzen der Theile,
VIII, 5 (p. 642, 643; I, S. 466 Ausg. v. G. Helmreich). (Vgl. m. Ge-
schichte der Augenheilk. § 112, 1899, Bd. XII des Handbuches der
Augenh. v. Graefe-Saemisch und „Über den Namen Orbita,“
Register-Band zur Gesch. d. Augenh. 1918, S. 101.).
Diese Bedeutung von xæoœ Tod öyYaAuod fehlt in allen
unsren Wörterbüchern. | |
II. 4. Ebenso feblt in allen griechischen Wörterbüchern, auch
im Thesaurus ling. gr., in META AES. 1901, sowie im Lex. Graec.
Suppl. 1910, das Wort dıxopiacıc, Doppel-Pupille!).
Beschrieben hat diesen Zustand derHerophileerDemosthenes,
der unter Nero wirkte und den griechischen Kanon der Augen-
heilkunde, aus dem alle Späteren schöpften, natürlich nicht ge-
schaffen, wohl aber gebucht hat. (OpY$aluıxoc dürfte der Titel. ge
wesen sein.) |
Aëtius, im 6. Jahrh., hat noch zahlreiche Kapitel von ihm
wörtlich ausgeschrieben. | se |
Im 9. Jahrh. dürfte der griechische Text des Demosthenes
bereits verloren gewesen sein. Wenigstens haben die Araber, die
so gierig nach Texten über Augenheilkunde waren, den Demo-
sthenes nirgends erwähnt. i |
Aber es gab eine alte lateinische Übersetzung des Ophthal-
micus, wohl aus der 2. Hälfte des 4. Jahrh. n. Chr. Diese war
~ 1) Das Beiwort kopos kommt ja bei sehr späten Schriftstellern
vor (Photios, Zonaras); bedeutet jedoch bei diesen das, was bei Ari-
stoteles &repdyAauxog und bei den heutigen Ärzten Heterophthalmus
nämlich daß die eine Regenbogenhaut hell (blau), die andre dunke
(braun) gefärbt ist. | ; Ze
Die Elektrokollargolinjektion blockiert das retikulo-
U N z a Yo
Sia a \
TA Ei tal eo
ern
Je Schnake herausscharren.
u seinir Mnemosyne, 1913) meine Erklärung angenommen; . . . . sed
pumo jure Hirschberg observat sic non posse intelligi effo-
peer Besitz von Gerbert (von 999—1003 Papst Silvester II)
er -im Anfang des 14. dem Simon Januensis vorgelegen;
u gleichfalls verloren gegangen. ‚Vergeblich habe ich 1903
Rom. bei Pater Ehrle, dem Vorsteher der Vatikanischen Biblio-
hek, nach dieser Handschrift geforscht. u a
"Warum die Dikoriasis des Demosthenes von allen den späteren
Auszüglern (Oribasius, Aëtius, Paulus), auch in der Liste der
118- Augenkrankheiten, die uns „die Einführung“ (Galen, XIV, 768)
überliefert, ausgelassen worden, ist schwer zu sagen. Die Selten-
heit des Zustandes kann man nicht allein anschuldigen, da der-
silbe doch immerhin Laien, wie Cicero ü. Plinius bekannt ge-
worden. (C. Plinii Secundi nat. hist. VIH, 16: quod. pupillas
binas in‘ singulis babent oculis . . .) a |
“: Tatsächlich erfahren wir nichts über Dikoriasis in- der
pmen uns erhaltenen griechischen Literatur. Wir würden über-
haupt nichts davon wissen, wenn nicht Simon Januensis in seinen
. Synonyma medicinae, vom Anfang des 14. Jahrh., aus der alten
„Isteinischen Übersetzung des Ophihalmieus uns das folgende Bruch-
stück erhalten hätte: Dicoriasis Demo. Est duae pupillae in eodem
olo constitutae ... (Vgl. Die Bruchstücke der Augenheilk.
des Demosthenes von J. H., Arch. f. Gesch. d. Med. XI, 3 u. 4,
199. Ferner Dikoriasis, von J. H., C. Bl. f. Augenh., Nov.-Dez.
Heft 1918.) | a p?
15. Aus dieser Augenheilkunde des Demosthenes hat
w Åëtius, im 7. Buch seiner Aıßlia lærgixa Exzaidexe, das von
der Augenheilkunde handelt2), ein kleines Kapitel aufbewahrt, „über
de in das Auge hineinfallenden Thierchen (Swöyiov) oder Hülsen
-oder Sandkörner“. | BE
: ` Darin heißt es: &i de Zunelvn, aztuta Sehe. '
.. Die beiden letztgenannten Worte hat der gelehrte Janus Cor-
narius 1541 übersetzt mit digito exime: er hat also daxıvio
‚gelesen. (Vgl. Med. artis principes, 1546 excud. Henricus Stephanus.
èt. têtrabibl., S. 306, E.). |
_ Durch die Autorität des Janus Cornarius habe ich mich
leider verblüffen lassen, 1899 in meiner Augenheilkunde des:
Aëtius (1899, S. 40) gleichfalls dazı'Ao zu setzen und in m. Gesch.
der Augenh. (1899, $ 248, Graefe-Saemisch XII, S. 399) ent-
‚sprechend zu übersetzen. |
‚Aber einige Jahre später habe ich von den Arabern gelernt,
daß sie den unter der Lidhaut befindlichen [Faden]-Wurm mit
‚einem Ring einschließen, um dann die Haut zu spalten und den
Warm herauszuziehen. (B. XIII, S. 187, 1905, bzw. 1908.) |
„So schien es mir gerathen, den überlieferten Text des Aëtius
der Änderung von Janus Cornarius vorzuziehen.
Übrigens. hätte ich das richtige schon von den Griechen
lernen können.
ndes Aristophanes Lysistrate (V. 1027, 1028) heißt es:
Inrröhos obroci, èxozúlevoov ató ... „Da hast. du meinen Ring:
Scharre es heraus [das Ungethüm von Schnake].“ Ganz richtig be-
merkt der alte Scholiast: didwoiv «òr dazıvlıov, iva ELeveya
Ww-unida 100 Oyp9aluod. Gewiß war ihm dieser Handgriff aus
der Volksheilkunde ganz geläufig. ‘Aber er hat nicht immer Gnade
wr den Augen der modernen Philologen gefunden. Blaydes sagt
(sistr, Halle 1880, S. 281), daß: nur Dindorf u. Enger die
„en Erklärung des Scholiasten anerkennen, Brunck dagegen
Jerökios obroci richtig mit mordaculus iste übersetzt habe, u.
hier mur eine Anspielung auf das Wort dáxvsrv (V. 1028) vorliege.
en übersetzt „solch’ ein`kleiner Beißerich“. Leipzig 1881,
DR Allerdings, die neueste und ganz vortreffliche Ausgabe der Lysi-
T von J. van Leeuwen (Leyden 1908, S. 141) bringt richtig:
nanulus, und fügt hinzu: ad invertendam oredo palpebram.
‚Doch ist hier von kunstgerechtem Umdrehen der Lider nicht
de Rede, sondern nur von der‘ Pfuscherei der alten Weiber, die
mt d
it dem dünnen Ring zwischen Lid. u. Augapfel fahren u. die
Hr. v. Leeuwen hat (in dem April-
9) D
anzen, 1534 zu Venedig (bei Aldus Minutius u. Andreas
i E chi an) gedruckt worden. Ferner neuerdings das 9. Buch von Musta-
. das ans, an, 1816; das 12. von Kostomoiris,. Paris 1912;
| u. 16. 7 inzi 1906 u. 1909. (Alle
4 Herausgeber Te a. 16 ; Leipag 1901, Athen 1906 u. 1909. (
| 1924 — MEDIZINISC HE KLINIK Nr.
diendi verbum &0x«Asveiv, addit autem veram`interpretationem °x
Aötio medico IS § 18... l | |
meiner Gesch., S. 112, 1918.)
‚gedruckt vorliegt; u.
beute liefern.
'asperitates diligenter fricabis.
Häle es Werk ist griechisch nur einmal, und zwar nur die erste
t
29,
er
A
eb
' (Vgl, Centralbl. f. pr. Augenh. Jan: 1918, u. ‚Register-Band
- I.6. Galen, von den örtlichen Mitteln (IV, c- 8," B. XH.
S. 793) bringt den folgenden Satz: Ep ðv dE xnuwors logge
yévorto, Aaßav won Akzıdov odoxza mulas moocexAEavov ne
Das Fliegen-Fleisch erregt solort unser Mißtrauen. In der
That fand ich in Razi’s Encyklopädie, wo dieser Satz citirt wird,
Bären-Fett (pinguedo ursi, im Continens). Nun d&gxwv oréxo
cist uns aus Gälen (B. XII, S. 331) bekannt. Wie aber die Ver-
derbnis gekommen, vermag ich nicht gleich‘ genau anzugeben.
Diese arabischen Übersetzungen stammen ja hauptsächlich aus
dem IX. Jahrh. u. Z., mithin aus weit älteren griechischen .Hand-
schriften, als uns heute zur Verfügung stehen. Ich habe auch Sonst
noch einige. kleine Verbesserungen : griechischer ‚Texte aus den
arabischen Übersetzungen, bzw. auch aus den 'Rückübersetzungen
in mittelalterliches Latein, gewonnen. Aber man muß. sich mit'ge-
legentlichen Funden begnügen. Eine planmäßige Untersuchung
würde außerordentlich langwierig und beschwerlich sein, zumal von
den. arabischen Schriften über- Heilkunde bisher. -nur ‚sehr. wenig
‘doch vielleicht nur eine sehr. mäßige Aus-
IV. 7. Das 7. Buch von Aëtius Sammelwerk behandelt die
"Augenheilkunde®), die beste’ und vollständigste Darstellung aus dem
Alterthum. Ich. habe den Text lesbarer zu. machen gesucht: in
meinem Buche Die Augenheilk. des Aëtius aus Amida, griech. u.
deutsch h. von J. H., Leipzig 1899. (204 S.) (Als „mendorum omnis.
generis foeda colluvies“* hatte Henricus. Stephanus 1567 den
einzigen Druck des Aëtius, Venedig 1534, bezeichnet) ——
V.8. ‘Die einzige griechisch‘ geschriebene Sonderschrift
über Augenheilkunde, die wir, wenn auch nicht vollständig,
besitzen. ist ‚die regt öyJaduor, welche: Prof. Puschmann in
seiner Handschrift der Heilkunde des Alexander aus Tralles,
und zwar zwischen dem:2. u. dem 8. Buche derselben, gefunden u,
herausgegeben: Nachträge zu Alex. Trall, Berlin 1886, S. 180—188.
Puschmann neigt. der Ansicht zu, daß dies die: verlorene
Augenheilkunde des Alexander sei. Ich kann. dem ‚nicht bei-
stimmen. Es dürfte die Arbeit .eines Anfängers aus sehr später
Zeit sein. Der durch zahlreiche Schreibfehler .entstellte, Text der
einzigen Handschrift ist, mit Hilfe von G. Helmreich, verbessert
worden. Es sind aber doch noch zahlreiche Fehler stehen geblieben;
von denen einige, durch Kenntniß der Augenheilkunde u. der an-
tiken Texte über. dieselbe, wohl berichtigt , werden können. Ich
bringe zwei Beispiele. >00. |
I, S. 144. uo uèv dia Tod pvoxoù Tolumaroc sic toùc
uvzınoas Ovbbei tò röov. — Zu lesen ist.zonuaroc. Gemeint ist
der so leicht sichtbare. Thränen-Punkt am Rande des Unterlides,
nahe dem Nasenrücken, der Anfäng des Thränen-Röhrchens.-- Vgl.
Galen, B. 11, 8.809. | Be
U, S. 154, 2.3. öovoißeı (Handschrift orige).
r
Zu lesen ist
@egikeı. Die luftblaue Farbe einer Star-Form ‚ist ja bekannt aus
Demosthenes, bei Aöt. VII, c..53, S. 188 m. Ausg. (Vgl. m. G.
d. Aug. $ 226--228, Band XII des Graefe-Saemisch, $. 357 fgd.).:
| VI. Lateiner. ee nie BE o a en N
7. Celsus bringt (VI, 6,1, A. v. Daremberg, $..296:
A. von Marx, S. 259): votumque est ut tantum exulceretur.
Das soll die Übersetzung sein ‚von Amic dè xa deyfvaı to
zorodcov. (Prorrhet. II, 18, Littré IX; S. 46; Foes. I, 100; Kühn
1, 2i1lfgd.). - o a Zu ne RR Tunes '
- = Die Übersetzung: von Celsus ist unrichtig: dric bedeutet
AE
hier Befürchtung.
8. Cassius Felix (Ausgabe von V, Rose, Leipzig 1879,
. S. 55.) Ad trachomata ...: pumice. aut osso sepiae molli hoc est
detracto cortice, et diligenter formato, versatoque palpebro, easdem
Der Satz Scheint nicht recht verständlich. Er wird aber er i
verständlich, wenn man erstlich nach. formato .ein Wort einschiebt,
"wie uteris*) (gebrauche),, und wenn man ferner berücksichtigt, daß
9) Vgl. „Die griech. Sonderschriften über Augenheilk. van T.
Arch. f. Augenheilk, B. a u, en za ag VON JH,
4) Dieses Wort kommt im nächstfolgenden Satz.
solcher Anordnung, daß man es auch für den varlie gondon orsa
möchte: post haec et collyrio trachomatico uteris, © ` > +”
'
. =a
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| Register-Band, S. 98, 1918.)
- haben.
- vielleicht nachgetragen werden könnte. (Vgl. Die Augen
1026
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.29,
o o | u | 20. Juli.
formato auf osso sepiae sich bezieht u. bedeutet „zu einem Zäpfchen
(Stift) ausgearbeitet“. Vgl. Dioscur. Mat. med. II, c. 23: Tò de
edrö ans onniag Öcrowxov, oxruarodv sic zoAAveıe... Ferner
Galen, v. d. einfachen Mitteln (XI, c. 27, B. XI, S. 347): Meo
onriasg .. . dayiúgpovies è adro nmaæparniýoióv u zoAAvgin.
Somit heißt unser Satz: pumice aut osso sepiae molli, hoc est de-
tracto cortice, et diligenter formato [uteris], versatoque palpebro
easdem asperitates sufficienter fricabis. .. (Vgl. m. Gesch. d. Augenh.
9. In Claudii Hermeri mulomedicina Chironis ed. Eugenius
Oder (Lips. MOMI 1. II, c. 4, p. 28) beißt es: Quodcumque jumen-
tum in oculis trichiasin patietur, id est, ut palpebra ejus superiora
ulterius cilia infertent, sic eum curato. D
| Der Herausgeber setzt unter den Text infestent mit Frage-
zeichen und fügt im Index (S. 382) inferciantur (?) hinzu.
Ich glaube, die verdorbene Stelle läßt sich leicht verbessern,
wenn man insertent?) vorzieht und folgendermaßen übersetzt:
„Wenn ein Stück Vieh an der Haarkrankheit leidet, d. h. seine
oberen Lider zu weit [gegen den Augapfel hin] Wimpern eingefügt
| .... Hr. Prof. Oder hat meiner Verbesserung zugestimmt.
Thes. ling. lat. (II S. 1057, 1906—1912) bringt die Lesart in-
fertent und hat nicht hervorgehoben, daß, wenn auch nicht in der
Schrift-Sprache, so doch in der der Hufschmiede um 400 n. Chr.,
cilium die Wimper bedeutet: was bei passender Gelegenheit doch
von J. H., C.Bl. f. Augenh., Nov.-Dez. 1918.)
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellen-
angabe gestattet.) f i K
Berlin. In der Sitzung der Berliner medizinischen Gesell-
schaft vom 16. Juli 1924 sprach vor der Tagesordnung Herr Tervy über:
Mikroskopische Schnelldiagnose von Karzinomen. Tagesordnung: 1. Herr.
London (Petersburg): Die Methode der Angiostomie und deren Resultate;
2. Herr Viktor Schilling: Blutlehre in der Praxis.
Berlin. ` Die Reichsregierung hat dem Reichsrat den Entwurf einer
neuen Prüfungsordnung für Ärzte zugehen lassen. An diesem Ent-
wurf hat der Reichsrat kleine Änderungen. vorgenommen, indem er eine
stärkere Berücksichtigung der Versicherungsmedizin und bei der Prüfung
in Pharmakologie der wirtschaftlichen Behandlungsweise empfohlen . hat.
| Wien. Das am 8. April d. J. ‚beschlossene, in der Kammer-Haupt-
versammlung der Wiener Ärztekammer vom 9. Mai verkündete Erkenntnis,
welches der Kammervorstand als Ehrenrat gegen Hofrat Prof. Hochenegg
gefällt hat, wurde von der Rekursinstanz, dem Wiener Magistrat, „wegen |
mangelhaften Verfahrens“, also aus formalen Gründen, aufgehoben. Dieser
Vorfall illustriert wieder einmal die Berechtigung des.seinerzeit zum Aus-
druck gebrachten Verlangens nach Mitwirkung eines Juristen — etwa
. eines juristisch ausgebildeten Kammerseokretärs — bei der forensischen
Tätigkeit des Kammervorstandes, um auch der juristischen Form strikte
zu entsprechen. Gleichzeitig aber zeigt diese Entscheidung die Notwendig-
‚keit. einer Novellierung des Gesetzes vom 21. Dezember 1891, betreffend
die Errichtung von Ärztekammern, zumal seines $ 12, welcher die Tätigkeit
‚des Ehrenrates und das Rekursrecht regelt.
Wien. Das Zentralhilfskomitee der Ärzte Österreichs,
ursprünglich als Notstandsaktion geschaffen, muß weiter aufrecht erhalten
werden, um den an Zahl zunehmenden hilfsbedürftigen, erwerbsunfähigen
Ärzten und deren Familienmitgliedern beizustehen. Außer 860 Geldunter-
stützungen wurden im vergangenen Jahre zahlreiche Bekleidungsgegenstände
und Lebensmittel ausgegeben: Die nötigen Mittel flossen hauptsächlich aus
dem Ergebnis des Notopfertages (fast 230 Millionen Kronen) sowie Sonder-
spenden der österreichischen Kollegenschaft, von Amerikanern, namentlich |
Quäkern, und Schweden. Der gegenwärtige Monatsbedarf beträgt 22 Millionen
Kronen. | —
Die Häufigkeit des Auftretens der epidemischen Enzephalitis
in England hat das Gesundheitsministerium veranlaßt, ein Memorandum
über diese Krankheit auszuarbeiten. Die Enzephalitis ist in den meisten
Ländern Europas, Asiens, Amerikas und Australiens beobachtet worden.
In England und Wales, wo die genauesten Zahlen über die Verbreitung
des Leidens erhoben wurden, wurden in den Jahren 1919—1923 538, 914,
1470, 454 und 1025 Fälle gemeldet. In dem ersten (bei Ausgabe des |
Memorandums noch nicht beendeten) Halbjahr 1924 wurden schon 2468 Er-
krankungen festgestellt. . Im Juni scheint die Morbidität erheblich ab-
zufallen. Wahrscheinlich ist diese Verminderung noch größer, als es den
5) s und £ konnten ja leicht vom Abschreiber verwechselt werden.
Druck von L. Schumacher in Berlin N4
wimper
Anschein hat, da die große Aufmerksamkeit, die die Arzte und das Publikum
der Krankheit widmen, die schnelle Erkennung auch leichterer Fälle fördert. .
Die Mortalität der Encephalitis lethargica schwankt seit 1917 zwischen 20
und 50°/,, in der gegenwärtigen Epidemie zwischen 12 und 21°/,. Eine
exakte Identifizierung des Erregers ist bekanntlich noch nicht gelungen.
Die Ansteckungsgefahr von Mensch zu Mensch scheint sehr gering zu sein.
Immerhin wurden mehrere Fälle in demselben Haushalt oder in derselben
Anstalt beobachtet. i
Einen sehr viel harmloseren Charakter trägt eine kleine Epidemie
von Nahrungsmittelvergiftungen, die auf der großen Ausstellung in
Wembley ausbrach. 87 Fälle von akuten, mehr oder minder heftigen
Magen- oder Darmstörungen wurden am 9. Juni zwischen 1 und 8 Uhr
nachmittags in der Hauptsanitätswache der Ausstellung eingeliefert. Alle
Erkrankungen waren 1—3 Stunden nach Einnahme der Mittagsmahlzeit
in dem Restaurant der Ausstellung aufgetreten. Sämtliche Erkrankte hatten
eine Pastete aus Kalbfleisch und Schinken gegessen. |
Ministerialdirektor a.D. Prof.Dr. Martin Kirchner feierte am 15. Juli
seinen 70. Geburtstag. Aus der militärärztlichen Laufbahn hervorgegangen,
wandte er sich unter Robert Koch wissenschaftlichen Untersuchungen,
insbesondere der bakteriologischer Methoden zu und widmete sich dann der
öffentlichen Gesundheitspfiege, zuerst als Dozent an der Technischen Hoch-
schule in Hannover, dann als vortragender Rat der- Medizinalabteilung des
Kultusministeriums, die später vom Ministerium des Innern übernommen
wurde. Kirchner wurde als erster Arzt Direktor dieser- Ministerial-
abteilung. Die Seuchengesetzgebung sowie die Durchführung der Zwangs-
impfung sind im wesentlichen ihm zu verdanken. Besondere Verdienste
hat er sich um die Vorbildung der Medizinalbeamten und um die Schaffung
der Medizinaluntersuchungsämter erworben, Nach dem Ausscheiden aus
dem Amte im Jahre 1919 widmete er als Stadtverordneter seine Kraft und
Erfahrungen weiter der Volkshygiene. |
Ä Berlin. Die sportärztliche Vereinigung tagte zum erstenmal am
12. J
uli. Es konstituierte sich auf Anregung von Geheimrat Bier ein
neuer Verein unter dem Namen „Ärztebund zur Förderung der
Leibesübungen“. . Zum Vorsitzenden wurde Prof. Schmidt (Bonn), zum
Ehrenmitglied der Hygieniker Prof. Hueppe gewählt. Es hielten ‘Vorträge
die Professoren Bier: Über die Notwendigkeit der ärztlichen Mitarbeit bei
den Leibesübungen; Hueppe: Über Wärmebilanz und Erkältungsfragen im
.Sport; Prof. Klapp setzte sich für die tägliche Turnstunde in der Schule
ein und Priv.-Doz. Halden sprach über das Auge im Sport.
In Jena findet vom 27. Oktober bis 1. November ein ärztlicher
Fortbildungskurs in sämtlichen klinischen Fächern, der pathologischen
Anatomie, der Hygiene, gerichtlichen und sozialen Medizin statt, Ein-
schreibegebühr 15 M. Bei rechtzeitiger Anmeldung billige’ Wohnung. An-
fragen und Meldungen an den Vorsitzenden des Thüringischen Landes-
ausschusses für das ärztliche Fortbildungswesen, Prof. Dr. Guleke in Jena,
oder an den Schriftführer Sanitätsrat Dr. Schrader in Gera.
| Dresden. Vom Ministerium des Innern und dem Rat zu Dresden -
ist der Direktor der I. inneren Abteilung des Friedrichstädter Kranken-
hauses, Prof. Dr. Päßler, als Vorsitzender, der Präsident des Landes-
gesundheitsamtes, Geheimer Regierungsrat Dr. Weber, als stellvertretender
Vorsitzender der Akademie für ärztliche Fortbildung bestätigt worden.
i Die medizinische Fakultät der Universität Köln ver-
anstaltet vom 20.—31. Oktober
praktische Ärzte. Stundenplan und nähere Auskunft über Unter-
kunft usw. durch den Pedell Simons, Krankenanstalt Lindenburg, Pav. VIII.
' Erlangen. In der medizinischen Universitätsklinik findet vom
28. Juli bis 2. August ein Kursus über Röntgendiagnostik und
Therapie innerer Krankheiten statt. Anmeldungen sind an Dr. Kohl-
mann, med. Klinik Erlangen, zu richten. |
| Der VI. Karisbader internationale ärztliche Fortbildungs-
kursus mit besonderer Berücksichtigung der Balneologie und Balneo-
therapie findet vom 7. bis 13. September d. J. statt. Dem Programm, das
demnächst unserer Gesamtauflage beigelegt werden wird, entnehmen wir,
daß 24 Vorträge aus fast allen Gebieten der Medizin gehalten werden.
Die Vortragenden, durchweg bekannte Kliniker und Theoretiker, rekrutieren
sich. aus den Universitäten von Brasilien, Deutschland, Italien, Japan,
Nordamerika, Norwegen, Österreich, Schweden, der Schweiz, der Tschecho-
slowakei und Ungarns. Die ausländischen Teilnehmer erhalten durch Ver-
mittlung des Kuramtes Karlsbad für sich und ihre Begleitpersonen ein
unentgeltliches tschechoslowakisches Einreisevisum sowie eine 33°/,ige
Fahrpreisermäßigung auf den tschechoslowakischen Staatsbahnen. Auskunft
erteilt der Geschäftsführer Dr. Edgar Ganz (Karlsbad). |
Hochschulnachrichten. Düsseldorf: Der ao. Professor der
Zahnheilkunde Christian Bruhn zum Ordinarius an. der ' medizinischen
Akademie ernannt. — Kiel: Dr. Alfred Beck als Privatdozent für Chirurgie
und Röntgenologie habilitiert. — Tübingen: Dem Privatdozenten für
Pharmakologie Hormann Walbaum die Bezeichnung eines ao. Professors
verliehen. — Wien: Der Ordinarius der Pharmakologie Prof. Hans Horst
| Meyer tritt nach Absolvierung eines Ehrenjahres in den Ruhestand.
[oe nn nn ST nn
1924 einen Fortbildungskurs für
| Die Behandlung der epidemischen Enzephalitis.)
‚Virulenzkraft des Seuchenerregers endlich nachläßt, daß wir also
Euzephalitisschüben reichlich zu beschäftigen. Sie werden von mir
warten, zumal viele bisherige Behandlungsvorschläge wenig me-
akuten Krankheitszustände therapeutisch zu erörtern, da wir in
agr im Gehirn abspielt, aber doch nicht nur im Gehirn.
Manowsky-Zylberlast und Zand behaupten sogar, den Er-
rn. Sae G a ig a
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geleitet von
Nr. 30 (1024)
zinis
Berlin, Prag u. Wien, 27. Juli 1924
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Wochenschrift für praktische Arzte
Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft y |
Geh. San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
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BT 1177171
Der Verlag behält sich das ausschließliche Becht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeibräge vor
i i i PRUPTYıtır: ]
GUEESLLILILIENLDRESBEBSBESBBHSESBERNERRGSEREGBARRBADERUGENGEE UBRERRZGSABAENEBRRONSERSERERAUNULLEERERBEESOOHEOSERNAANRGORSAOREUULERNEOREERDETURLALANEBDERENEERDEREETORERERTERKENE BUOGBSORLAURSOGELSGLASSTEEEOSSANERNRDEUNLAEANGER BESRRAORAnnE ERSOSSERERONEBGAREDATUGE
Verlag von
XX. Jahrgang
Klinische Vorträge.
Aus der Universitäts-Nervenklinik zu Göttingen
(Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. E. Schultze).
Von Prof. Dr. F. Stern.
M.H.! Wenn ich es heute unternehme, über die Frage der
Behandlung der epidemischen Enzephalitis zu reden, so werde ich
dam weniger durch die zahllosen Opfer der chronischen Enzephalitis,
die Ihnen alle bekannt sind, sondern vor allem durch die Tatsache
geleitet, daß wir immer von neuem in jedem Winter frische Epidemie-
schübe von dem nun wirklich endemisch gewordenen Virus sehen
und vorläufig noch nicht in der Zuversicht leben dürfen, daß die
auch in kommenden Jahren noch befürchten müssen, uns mit akuten
nicht ein restloses Referat der bisherigen unzähligen Literatur er-
hodisch und theoretisch wenig begründet ‘sind. Im Gegenteil
sollen meine heutigen Ausführungen in der Hauptsache den Extrakt
eigener Erfahrungen auf Grund der in Göttingen beobachteten etwas
über 300 Fälle darstellen, von denen ich allerdings nicht alle weiter
verfolgen konnte. Ich verzichte deshalb auch auf größere statistische
Zusammenstellungen, zumal meine katamnestischen Erhebungen trotz
maner Bemühungen noch unvollkommen sind. Immerhin sind die-
selben genügend, um über den Wert von Behandlungsmaßnahmen
namentlich im akuten Krankheitsstadium ein Urteil abzugeben.
Ein sehr großer Teil der von mir beobachteten Enzephalitis-
kranken kam erst im Zustande des chronischen Parkinsonismus
m unsere Behandlung. Dennoch erscheint es mir wichtiger, die
diesen allein aktiv die Möglichkeit und, wie ich meine, auch die
Plicht haben, in den Krankheitsprozeß einzugreifen. |
Ich gehe bei der Besprechung von meiner schematischen Ein-
teilung der Enzephalitis in 3 Stadien aus: .1. Das akut-infektiöse,
2, postenzephalitische, pseudoneurasthenische und das 3. Stadium
der chronischen Enzephalitis mit vorwiegend. amyostatischen Er-
sheinungen durch Erkrankung der Substantia nigra. Ich brauche
m Ihrem Kreise nicht zu wiederholen, daß. die chronische En-
zephalitis direkt aus der akuten hervorgehen kann, aber in sehr
vielen Fällen erst im Anschluß an ein Intervallstadium erfolgt, das
n Pseudo-neurasthenischen Erscheinungen erfüllt ist. Die pseudo-
Reurasthenischen Erscheinungen können, wie namentlich Nonne im
gen Jahre in Wien betont hat, ja auch fehlen, aber in der
He Mehrheit meiner Fälle waren sie doch ausgesprochen, so
dab ich auf die Beobachtung dieses Stadiums Wert lege und stets
N emer gewissen Besorgnis um meine Kranken bin, solange sie
ie nervösen Erscheinungen noch nicht überwunden haben, wenn
ve auch ein sicheres Kriterium dafür, daß sie nach Überwindung
es Stadiums nicht doch noch einmal amyostatisch werden, nicht
an Die Zahl der Kranken, welche unmittelbar im Anschluß
en akuten Schub sich schnell restlos wieder erholen, mit oder
: e klinische Narben, ist eine relativ geringe, namentlich dam,
em im akuten Stadium keine Behandlung erfolgt ist.
, „m akuten Stadium herrscht, wie wir ohne Zweifel wissen,
on aktiv entzündlicher infektiöser Prozeß vor, der im wesentlichen
.) Vortrag, gehalten auf der Versammlung niedersächsisch-
Westiälischer Neurologen und Psychiater in Hannover am 3. Mai 1924.
-
reger während des akuten Stadiums außer im Gehirn auch in der
Leber gefunden zu haben. Dies ist aus verschiedenen Gründen sehr
interessant, erscheint mir aber noch nicht restlos gesichert, da uns
in Wirklichkeit der Erreger mit Sicherheit noch nicht bekannt ist.
In Analogie zur Poliomyelitis können wir sogar annehmen, daß
wenigstens aus der Blutbahn der Erreger sehr rasch verschwindet. .
Toxische Bestandteile sind aber sicher in der Blutbahn enthalten,
in größerer Menge in manchen Teilepidemien mit besonderem Hervor-
treten starker hyperkinetischer Erscheinungen, bei denen die ver-
schiedensten Allgemeinsymptome, wie toxische Erytheme, Ikterus,
Beschleunigung der Blutgerinnung, hämolytische Erscheinungen,
rasche Prostration und erhebliche Vermehrung des Reststickstoffs
im Blut beobachtet wurden. In der Hauptsache wird es aber doch
darauf ankommen das Virus selbst therapeutisch zu fassen, und es
ist selbstverständlich, daß unsere Bemühungen auf eine spezifische
Behandlung durch Gewinnung eines antitoxischen oder antibakteriellen
Immunkörpers oder auch aktive Immunisierung durch eine spezifische
Vakzine' gerichtet sein müssen. Diese Bestrebungen sind leider
bisher noch zu keinem Ergebnis gelangt und können auch so lange
Zeit nicht zu einem sicheren Ergebnis führen, als wir das Virus der
Enzephalitis nicht kennen, danach natürlich auch nicht für Immu-
nisierungszwecke eine Vakzine herstellen können. Gerade der gegen-
wärtige Standpunkt der ätiologischen Enzephalitisforschung zwingt
uns nämlich zu einem resignierteren Standpunkt, als wir noch vor
wenigen Monaten haben konnten. Die bisherigen Forschungsresultate
hatten uns ja zu der Überzeugung führen müssen, daß ein bestimmtes
iiltrierbares invisibles Virus, das in enger Verwandtschaft mit dem
Herpesvirus steht, den Erreger der Enzephalitis darstellt. : Es ist
aber höchstwahrscheinlich, daß ein Teil dieser Virusfiormen in Wirk-
lichkeit einen ganz unspezifischen Erreger einer spontanen Kaninchen-
enzephalitis (Encephalitozoon cuniculi Levaditi) darstellt und nun-
mehr wird von Bastai an der Hand von merkwürdigen Unter-
suchungen behauptet, daß die noch als spezifisch geltenden mit dem
Herpesvirus identischen Virusstämme von Dörr und Schnabel,
von Levaditi gar kein Enzephalitisvirus darstellen, sondern ein
einfaches Herpesvirus, das sich nur zufällig im Liquor derjenigen
Patienten, von denen die vorgenannten Autoren den Enzephalitis-
stamm gewannen, fand. Die experimentelle Enzephalitis von Dörr
und Levaditi soll danach keine humane epidemische Enzephalitis,
sondern eine gewöhnliche Herpesenzephalitis sein. Zum Beweis hat
Bastai Experimente gemacht, die unserem Geschmack mehr als
mutig erschienen. Er hat sich von Schnabel dessen Enzephalitis-
virus schicken lassen und in dem Gedanken, daß es sich hier um
Herpesvirus handelt, das beim Menschen keine Enzephalitis hervorruft,
sondern nur beim Tier, das Virus bei nicht enzephalitiskranken
Menschen endolumbal verimpft: und dabei festgestellt, daß die so
infizierten Menschen allerdings nicht selbst erkraukten, obwohl sie
das Herpesvirus monatelang in ihrem Liquor beherbergen. Es sind
nun zwar von einigen Autoren auch einige andere nicht filtrierbare
Virusstämme als Enzephalitisstämme bezeichnet worden, doch werden
wir auch diesen skeptisch gegenüber stehen müssen. Neuerdings
sind negative Impfresultate auch von Ford und Amoss veröffent-
licht worden; zahlreiche eigene negative Resultate bei intrazere-
braler und subokzipitaler Injektion sind von mir.gerade wegen ihrer
Negativität bisher unveröffentlicht geblieben, während die Herpes-
enzephalitis auch in eigenen Versuchen prompt angeht. Wenn auch
die Angaben Bastais noch keineswegs endgültig die bisherigen Ergeb-
nisse der ätiologischen Enzephalitisforschung vernichten, so ist doch
der Nachweis des Enzephalitiserregers noch nicht sicher erbracht, Unter
diesen Umständen ist es auch fraglich, ob der Versuch Levaditis,
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kranken Menschen selbst erzeugten Abwehrkörpern, d. h. der Be-
. wehrkräfte im Rekonvaleszentenserum des Enze
1028. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30
die chronische Enzephalitis mit ‚dem Virus der für Menschen un-
schädlichen Passageenzephalitis von Kaninchen subdural zu behandeln,
eine spezifische Behandlungsmethode ist. | | |
Solange wir nun auf einen experimentell gewinnbaren Immun-
behandlungskörper verzichten müssen, bleibt uns als einzige Möglich- |
keit spezifischer Therapieversuche die Behandlung mit den von
wöhnlich nur durch die Foramina Magendii und Luschka in den
Subarachnoidealraum übertritt und von dort resorbiert wird; und
nur unter ganz pathologischen Bedingungen, wenn man nämlich
eine hypertonische Kochsalzlösung intravenös einspritzt, die zu einer
starken Entwässerung des Gehirns und Liquorrückströmung in die
Kapillaren führt, kommt es, wie Weed gezeigt hat, zu einer rück-
läufigen Strömung des Liquor aus dem Subarachnoidealraum in die
Lymphspalten des Gehirns. Ich meine, daß vor allem die akut
entzündlichen Erscheinungen an den Kapillaren und kleinsten Venen
an den Entzündungsherden bei Enzephalitis dieses Durchtreten. von
Antikörpern, die normaler Weise in der Blutbahn eingesperrt
bleiben, erlauben, daß wir deshalb überhaupt nur bei noch vor-
handenen entzündlichen Veränderungen im Gehirn eine Wirkung
des Rekonvaleszentenserums- erwarten können. Daß diese Ansicht
‚erlaubt ist, ergibt sich daraus. daß auch rote Blutkörperchen und
der Immunkörper experimentell zu führen und dann auch festzu- | allerdings meist nur geringe seröse Exsudate aus den: Kapillaren
stellen, daß die Immunkörper viele Monate im Serum des Rekon- | austreten; wir sehen auch, daß Mesenchymalbestandteile wie Plasma-
valeszenten bleiben. Diese Versuche sind in größtem Maßstabe | zellen ebenfalls, freilich nur in geringem Maße, die Membrana limitans
namentlich in Amerika geführt worden, wo die reichen Geldmittel, gliae überschreiten und ins ektodermale Gewebe übertreten können s
die dort zur Verfügung stehen, Versuche an Hunderten von Affen | wir dürfen jedenfalls wohl voraussetzen, daß im Bereich der Ent-
gestatteten. Auf Affen läßt sich das Poliomyelitisvirus ziemlich leicht
übertragen und in seiner Tiervirulenz so steigern, daß die Infektiosität
des im Rückenmark des verstorbenen Menschen befindlichen Virus
in mindestens 50°/, gesichert wird. Tatsächlich läßt sich die
Virulenzkraft des Erregers, d. bh. des infektiösen Rückenmarksbreies,
durch Behandlung mit spezifischem Rekonvaleszentenserum im
Reagenzglas, und zwar nur mit Rekonvaleszentenserum, nicht mit
‚gewöhnlichem Serum praktisch vernichten. Ähnliche experimentelle
Versuche sind nun in der Tat auch mit Enzephalitis-Rekonvales-
zentenserum von Kling ausgeführt worden mit dem gleichen Erfolg.
Leider aber, wie ich jetzt sägen muß, nicht mit derselben Beweis-
kraft, da das Klingsche Virus an sich dubiös ist. Aus den Er-
folgen der Behandlung schließen wir trotzdem, daß spezifische Ab-
handlungsversuche mit menschlichem Rekonvaleszenten-
serum. Ein Versuch mit derartiger Behandlung erscheint a priori
gerechtfertigt, wenn wir bedenken, daß nicht nur bei Grippe und
Scharlach, sondern vor allem auch bei der, der epidemischen En-
zephalitis so nahe verwandten epidemischen Poliomyelitis Erfolge
mit Rekonvaleszentenserumtherapie erzielt worden sind, wie Amoss,
Neustätter und andere berichten, obwohl auch bei der epidemischen
Poliomyelitis das Virus aus dem Blut schnell verschwindet. Frei-
lich gelingt es uns, bei der Poliomyelitis mühelos den. Nachweis
einen lokalen Durchtritt von Antikörpern auch bei nicht endolumbaler
Zufubr gestattet. Sicher gebe ich aber zu, daß theoretisch noch
Was nun unsere praktischen Erfahrungen mit Rekonvaleszenten-
serum anbetrifit, so verfüge ich über mehr als 40 Fälle, bei denen
betreffen, einige Fälle, in denen die Behandlung nicht abgeschlossen
ist, bleiben hier unerörtert. Es handelt sich naturgemäß um die ver-
schiedensten Formen und Stärkegrade der enzephalitischen Erkrankung.
Einige Fälle sind leichter Natur, so daß man eine spontane Besserung,
auch.ohne Serumbehandlung. erwarten könnte. Mindestens 8 Fälle
| mußten aber auch als sehr schwer mit unmittelbar lebensbedrohlichen
Erscheinungen bezeichnet werden. Der Rest verteilt sich auf mittel-
schwere Fälle mit ausgesprochenen Allgemeinerscheinungen, mit
Hinfälligkeit, mit Schlafsucht, mit myoklonischen oder choreatischen
Zuekungen, mit Augenmuskellähmungen usw. Ein Teil der Fälle
phalitikers genau wie
bei der Poliomyelitis sich finden. . nn
Diese Behandlung ist bisher erst von. wenigen Autoren, z. B.
Giugni in Italien, von Grünewald in Freiburg ausgeführt
worden und in besonders systematischer Weise dann von uns. So
viel ich weiß, sind ähnliche systematische Untersuchungen von
anderer Seite nicht ausgeführt, jedenfalls nicht veröffentlicht worden.
Hier und da wird einmal ein Fall in positivem oder negativem
Sinne veröffentlicht, was natürlich wenig Wert hat. |
Der Wirksamkeit des Serums stehen einige theoretische Be-
denken gegenüber. Wir wenden das Mittel bisher nicht endolumbal,
‚sondern intramuskulär oder höchstens intravenös an und fragen
uns dann, ob bei dieser Methode das Serum überhaupt auf den
Entzündungsprozeß im Gehirn wirken kann. Es ist uns ja bekannt,
daß ein sehr großer Teil der im Blut gelösten Stoffe die anatomisch
noch, näher zu bestimmende Barriere zwischen Blut und Liquor bzw.
der Lymphflüssigkeit, die außerhalb der Gefäßwände in den ekto-
dermalen Saftspalten des Hirns sich findet und schließlich auch
wieder im Liquor zum Vorschein kommt, nicht überschreitet, und
wir wissen weiterhin, daß zu diesen, das Kapillarfilter nicht
passierenden Stoffen auch verschiedenartige spezifische Blutkolloide,
wie z. B. die im normalen Blutplasma enthaltenen Hämolysine.
Komplementstoffe usw. gehören. Stoffe aber, die nicht in die
'ektodermalen Gewebe bzw. Gewebsflüssigkeiten bzw. den Liquor
geraten, können auf die nervöse Substanz keine Wirkung ausüben.
Allerdings ist es uns auch bekannt, daß bei verschiedenen menin-
gitischen Erkrankungen die Blutliquorbarriere gelockert wird und
die erwähnten Blutkolloide, Antikörper, Hämolysine usw. in den
Liquor übertreten, was wir z. B. mittels der Weil-Kafkaschen
Hämolysinreaktion feststellen können.
Auch bei der Enzephalitis bestehen bekanntlich häufig ent-
zündliche Veränderungen der Meningen, die an sich die Möglich-
keit einer gesteigerten Permeabilität gewährten. Ich habe leider,
da wir in den Liquorentnahmen bei akuten Enzephalitiden immer
etwas vorsichtig sind, noch nicht Gelegenheit gehabt, die Hämolysin-
reaktion bei unseren akuten Fällen epidemischer Enzephalitis an-
zustellen, und glaube auch nicht, daß der Ausfall der Reaktion
uns sehr viel Wichtiges sagen würde. Vorläufig bleibt uns ja über-
haupt noch unklar, ob die durch die Plexusepithelien in den
Ventrikelliguor ausgeschiedenen Substanzen normaler Weise durch
die Lymphwege des Hirns abfließen und so in Kontakt mit der
nervösen Substanz treten. Dies wird zwar von einigen Autoren
wie v. Monakow und Lina Stern angenommen, andererseits wird
und besonders bemerkenswert ist, daß zwei von den Fällen, die
ich in diese Gruppe rechnen möchte, an schweren allgemeinen amyo-
statischen Erscheinungen litteh, die sich in Parkinsonismus bzw.
schweren pseudokatatonischen kataleptischen Erscheinungen äußerten
und in dem einen Fall bereits 3 Monate anhielten. _ |
Die Wirkung des Serums ist in dem günstigsten Falle eine
derartige, daß unmittelbar wenige Stunden nach der Serumanwendung
die hohe Temperatur schlagartig abfällt und eine völlige Um-
wandlung des Allgemeinbefindens eintritt, Diese schlagartige Wirkung
des Serums beobachteten wir bei dem ersten Fall im Januar 1921,
eine Zufallswirkung handelt, geht daraus hervor, daß, als nach
einigen Tagen die Temperatur erneut anstieg und erneut Serum ge-
geben wurde, die gleiche Wirkung beobachtet wurde.
durchzuführen. Wir haben abfallende Temperatur auch an anderen
Fällen beobachtet; immerhin tritt sie, vielleicht aus Dosierungs-
gründen, nicht immer deutlich ein; aber ich verfüge noch über
‘9 weitere Fälle, in denen unmittelbar nach der Seruminjektion,
sicher jedenfalls am nächsten Tage, eine frappante Besserung der
Krankheitserscheinungen, die längere Zeit vorher mit ziemlicher
Konstanz bestanden hatten, beobachtet wurden, und zwar gehören
zu diesen Krankheitserscheinungen Augenmuskellähmungen sowohl,
wie namentlich die Schlafsucht, aber auch in Einzelfällen myoklo-
nische Zuckungen; ohne jede Suggestivirage geben die Kranken
selbst an, daß sie.sich subjektiv besser, frischer fühlen, und weiterhin
bemerkt man nach wenigen Seruminjektionen, ev. schon nach einer
Seruminjektion eine unmittelbare Änderung des ganzen Krankheits-
verlaufes, eine gradlinige und ungestörte Rekonvaleszenz in Fällen,
die bis dahin einen stationären oder krankheitsprogredienten Verlauf
genommen hatten. Vor allem erscheint es mir besonders wichtig,
daß wir auch akute schwere Amyostasen zur Heilung gebracht
haben. Daß die akute parkinsonistische Starre und die chronische
lokalisatorisch eine ähnliche oder gleiche Entstehung haben, ist
eine Vermutung, welche wir darum unterstützen dürfen, weil wir
auch in den akuten Fällen die Substantia nigra oft schwer erkrankt
finden. Daß sie genetisch ganz gleichwertig sind, möchte ich aller-
1) Jetzt 31.
097. Jdi.
aber auch neuerdings wieder betont, daß der Ventrikelliquor ge-
zündungsherde eine Lockerung der Blut-Liquorsperre besteht, die
manches in der Wertung derRekonvaleszentenserumwirkung unklar ist.
es angewandt wurde, von denen 271) die akuten entzündlichen Stadien
hatte bei der Behandlung hohes Fieber, andere sind bereits fieberfrei, |
den wir mit Serum behandelten; und daß es sich hier nicht um
| Dieser ver-
blüffende Erfolg hat uns erst so richtig ermutigt, die Serumbehandlung -
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. `
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| dinge nich behaupten. Jedenfalls beruht die ‚akute Amyostase: in.
den. meisten Fällen auf einem schweren Entzündungsvorgang, den.
-wii therapeutisch noch angehen können, während bei den chronischen
= Vorgängen die Entzündungen entweder zurücktreten oder fehlen-
ind das therapeutische Agens nicht mehr wirksam ist, entweder,
weit das Virus sich dem Organismus angepaßt hat oder weil'noch
“andere toxische Vorgänge wirksam sind. Hierzu kommt die Unwirk-
samkeit der Behandlung infolge der bestehenden Hirnnarben. Jeden--
falls gebe ich ohne weiteres zu, daß, wir wir ja auch von früher her‘
schon wissen, die im akuten Stadium einsetzende parkinsonistische /
Starre durchaus nicht immer prognostisch völlig ungünstig ist,
sondern auch ohne spezifische Behandlung zurückgehen kann.
Dennoch habe ich bisher noch keinen Fall gesehen, auch von
noch keinem anderen Fall in der Literatur gehört, in dem eine so un-
erwartete und prompte Besserung eintrat, wie in einem von mir in der
Stadt behandelten Falle, wo ein Patient, - der. 3 Monate lang bereits
krank war und in einem schweren akinetischen Zustand mit Salben-
gesicht, Katalepsie und psychomotorischer Akinese im Bett lag, prompt
nach’ der ersten Injektion von Serum die Starreerscheinungen weit-
gehend verlor und nach einer zweiten Injektion sich ebenso schnell
weitergehend erholte, und zwar ging diese Erholung bis zur völligen
. Gesundheit. Der Mann ist seit 2 Jahren wieder‘ gesund und versieht
seinen Dienst als Eisenbahnschlosser in vollem Maße. In einem zweiten
Fall mit'allgemeinem Parkinsonismus, Speichelfluß und -Salbengesicht,
wo wir die Behandlung etwa 6 Wochen nach Krankheitsbeginn “ ein-
‚leitetan, "war eine solche schlagartige Besserung nicht feststellbar, aber
- mählich stellte sich auch bei dieser Patientin die Besserung ein.
.. Auch diese Kranke ist, wie ich katamnestisch festgestellt habe, jetzt
- sit etwa 3 Jahren gesund, beschwerdefrei und steht ihrem Haushalt
ud der Landwirtschaft vor. Endlich in. einem 3. Fall, in welchem
‘sich im Anschluß an eine leichte akute Enzephalitis eine schwere
Iokalisierte Starre der Beine bei allgemeiner ‘Asthenie und Kopi-
‘schmerzen entwickelt hatte, gingen nach der ersten Injektion Kopi-
. schmerzen und Asthenieerscheinungen zurück, die Starre besserte sich
rasch nach Zuführung von 80 ccm des Serums. .Auch diese Kranke
ein sehr befriedigender. Natürlich-ist in einem N Ir
/ y
der Fälle die Beob-
achtung erst kurz, aber betonen darf ich doch,:daß kein einziger von
den Fällen bisher in den Zustand der chronisch-progressiven
'Enzephalitis übergegangen ist. Bei 9 Fällen können wir die Hei-
lung über2 Jahre hindurch verfolgen, in den übrigen Fällen kürzere Zeit.
Der Begriff Heilung ist gewiß nur’relativ zu nehmen. Narben, die,
sei es vor der Behandlung oder bevor diese völlig wirksam war,
‚bereits im Gehirn gesetzt waren, können wir auch durch die Serum-
' behandlung natürlich nicht bessern, und so habe ich unter meinen
‘Fällen einen mit restierenden aphasischen Störungen, einen, den
bedauerlichsten von diesen Fällen, mit einer restierenden Dystrophia
adiposogenitalis, die ja auf. eine Narbe und nicht auf eine chro-
nische Erkrankung zurückzuführen ist, und einen Fall mit restierenden
‚relativ leichten spinalen Lähmungserscheinungen, sowie einen Fall
mit einer restierenden Serratuslähmung, einseitiger Pupillenstarre
und einem Tic im Gesicht. Aber auch dieser Fall ist beruisfähig
-wie die meisten anderen Fälle, von denen ich Ihnen berichtet habe.
Bei. zahlreichen Fällen habe ich: von ihrer Heilung und ihrem
blühenden Aussehen mich noch in der letzten Zeit- überzeugen
können. Besonders die Vermeidung der chronisch-progressiven
Enzephalitis erscheint mir doch sehr bemerkenswert. Hier kann es
sich doch wohl unmöglich um einen’ Zufall handeln, wenn. wir þe-
denken, daß über 40.%/, der Patienten mit ausgesprochener Enze-
phalitis dem chronisch - amyostalischen Siechtum _ anheimfallen.
Wenn ich zum Vergleich wenige Zahlen aus dem eigenen Material
Ihnen. liefern will, so werde ich natürlich nicht eine vergleichende
Statistik aller derjenigen Fälle geben, welche auch erst im. chro-
nischen Erkrankungsstadium selbst ‘uns zugeführt würden, da. Sie
mir vorwerfen könnten, daß eine derartige-Statistik mit. ausgesucht
prognostisch schlechtem Material den Sachverhalt verschleiern. würde. -.
Aber wenn ich zum Vergleich Ihnen das jetzige Resultat nur der-
jenigen Fälle mitteile, die im akuten Zustande. zu uns gebracht
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wurden, mit ebenso leichten oder schweren Erscheinungen wie die
mit Serum behandelten, und wenn‘ ich nur diejenigen Fälle zum
Vergleich heranführe, die garnicht irgendwie spezifisch oder halb-
spezifisch oder kausal behandelt. wurden, so werden Ihnen die
Differenzen der Serumbehandlung gegenüber auffallen, wenn auch - RB RENATE
das Material kein sehr großes ist. Denn ich erwähne ausdrücklich Eh NE EEE SE
‚nur diejenigen Fälle, bei denen ich den Verlauf bis zum Ende ver- en VU
folgen konnte bzw. katamestische Berichte oder Eigenuntersuchungen piwajtis t Kae LIEST NG
aus der letzten Zeit habe. Dies sind 24:Fälle namentlich aus den a ag E RI ST 2
Jahren 1920 und 1921. Von diesen sind 4 im akuten Stadium Na ETEN
gestorben, 13 befinden sich im Stadium. der chronischen unheil-
baren Erkrankung, 3 Fälle haben erhebliche Resterscheinungen
oder befinden sich noch im pseudo-neurasthenischen Krankheits-
stadium und nur bei 4 Fällen kann man von einer relativen
Heilung sprechen, die. übrigens auch in einem Fall, insofern nicht
total ist, als bei diesem Fall in der letzten Zeit wieder ein erheb-
"licher neurasthenieartiger Zustand, allerdings im Anschluß an eine
ist organisch gesund geworden, insbesondere frei von allen Allgemein-
erscheinüngen und versieht, wenn auch mit-Schonung, einen schweren
Posten; nur treten nach Überanstrengung immer Schwächeerschei-
tungen eines Beines auf, die nicht von ABertonie oder Reflexstörungen.
‚begleitet und wahrscheinlich rein psychogener Natur sind, ausgelöst
Qurch die, bei dieser gebildeten Patientin besonders verständliche Furcht,
doch noch einmal an Folgeerscheinungen der Enzephalitis zu erkranken.
- ` Nieht in allen Fällen ist nun das Heilresultat ein so.promptes,
sibstverständlich haben wir auch Fälle,.in denen nach einer ein-
maligeń oder wiederholten Seruminjektion eine manifeste Besserung
objektiver Symptome nicht feststellbar ist, und in denen wir' nur
‚ s dem späteren Heilverlauf mit größter Reserve den Schluß ziehen,
daß-das Serum doch wohl eine gewisse Wirkung gehabt hat, aus
Gründen, dieich gleich nachher noch etwas beweiskräftiger demon-
: teren kann. Aber auch in schweren Fällen, in denen nicht un-
i- Mtelbar nach den Seruminjektionen die Krankheitsprogredienz
| abgebrochen wird, haben wir wiederholt feststellen können, daß in
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umittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Seruminjektion
mmer, wenigstens vorübergehend etwa die Lethargie gebessert wurde.
Das Gesamtresultat meiner 27 akuten Fälle ist folgendes: |
_ Nur ein Fall kam zum Exitus; hier handelte es sich um eine
sonders schwere Enzephalitis_mit meningitischen Erscheinungen,
die erst 11 Wochen nach Beginn der Krankheit der Behandlung
Melührt werden konnte, 110 ccm Serum blieben völlig wirkungs-
leichte Sepsis, eingetreten ist. Man kann auch nicht einwenden,
‚daß die von uns mit Serum behandelten Fälle aus Epidemien $
stammen, in denen die Prognose ‘der Krankheit namentlich hin-
sichtlich der chronischen Erkrankungsform eine unverhältnismäßig
viel günstigere war. Zunächst stammt eine Reihe von: Fällen aus
- der Epidemie des Jahres 1921 und.. der Winterepidemie 1921/22
und von diesen Epidemien kann ich wenigstens nach meinen: bis-
28° 270
herigen epidemiologischen Untersuchungen und Erfahrungen, die
08; das ist ein Fall von 8 Fällen, die, wie ich vorhin sagte, in. Are >
ich zum Teil ja der Liebenswürdigkeit der Ärzte der Provinz
lebensbedrohlichem Zustande bei Behandlungsbeginn standen.
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„Demem Fall, in dem nur einmal eine Seruminjektion von 30 cem. | Hannover verdanke, sagen, daß die Prognose quoad. chronischer Er- j | Beh, y
| gegeben wurde bei einer akuten choreatischen Enzephalitis, blieb | krankungen nicht günstiger war, als die Prognose der schweren < K RR |
&e einmalige Wirkung erfolglos. Ich habe über diesen Fall bis- | Epidemie des Frühjahrs 1920, bei der nur (die Masse, der Er- Moat a n w
e katamnestisch nichts feststellen können. In einem Fall war | krankungsfälle eine viel größere war. . Da8. die Prognose der REKEN)
é Besserung bereits zu weit vorgeschritten, um den Fall mit zu. | Epidemien der letzten Zeit eine an.sich günstigere ist, halte ich f i i
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werten. Allerdings besserten sich Augenmuskelparesen auch hier | für ‚möglich, zumal ich selbst auf dem Standpunkt stehe, daß die
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| nach den Seruminjektionen schnell.. In drei Fällen war die Serum- . Tendenz ‚zum. Parkinsonismus in einzelnen Epidemien wechselt. | 4 f
N maß nicht evident, diese Fälle gingen auch in Heilung über, | Erwiesen ist diese Vermutung allerdings bisher noch nicht. Jeden- INSEL:
| ch ss wurden auch andere Mittel gegeben. In 4 weiteren Fällen, | falls aber sind mir auch aus eigener ‘Beobachtung genügend Fälle. Marla
ii Den der Krankheitsprozeß auch beseitigt wurde, wurden eben- | aus den Jahren 1922 und 1923 bekannt, die unspezifisch behandelt, BR:
„S andere Medikamente, von denen wir eine Kausalwirkung er- | später in. verhängnisvoller. Weise „in den Parkinsonismus übe Nee
') warten, gereh np To mie wir. di J| gi d in diesem Zustande zu uns gebracht | x HL
13 theese geben. In 17 Fällen endlich müssen wir die Besserung, | gingen und in ‚u uns gebracht wurden. 12 der- ' u:
nahmen d von den selbstverständlichen natürlichen. Heilmaß- | artige Fälle habe ich bisher in Göttingen beobachten können. EU TE i B BE
und deg hi Organismus, im wesentlichen dem Serum zuschreiben; | Wenn die Mehrzahl unserer parkinsonistischen Fälle aus dem Jahre iin
| mdo nat auch wirklich therapeutische Heilwirkung erzielt | 1920; zum geringeren. Teil aus dem Jahre 1921 und aus früheren |... EPen,
I ea k nicht die Abwehrkräfte des Organismus allein wirksam | Jahren stammt, so liegt das vor allem an der Massenhaftigkeit der SEANN Er i
a ie ich, oben gezeigt zu haben. ‘Und nun der ‚Dauererlolg: | Erkrankungen des Jahres 1920. Es liegt mir natürlich fern, zu promig MUE LE
dio g gesehen von dem einen verstorbenen Patienten, bei dem | behaupten, daß die Serumbehandlung. nun, sicher vor chronisch- EINE BER OU ESRA RA ee
er erumwirkung zu spät eingeleitet wurde, ist der Dauererfolg | progressiven Erkrankungen schützt, aber ' meine bisherigen Er- Ki RN SE i
5 | l 4 | | , | Ä BRITAIN, Hiroa
RE e . | | Ä | u E aik peony meag emaga mgyi his o
Zu VORREN E SHAE
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ERT FE
1030 E 27. Juli
bei vergleichenden Pferdeseruminjektionen nicht die gleiche Heil-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
hebungen berechtigen mich doch, mit Nachdruck auf das bis jetzt
feststellbare Resultat hinzuweisen. .
Es ist nun noch die allerdings sehr schwierige Frage zu be-
handeln, ob unsere Serumbehandlung als eine spezifische anzusehen
ist, Schon Grünewald hat seinerzeit daran gedacht, daß haupt-
sächlich durch den Reiz des parenteral eingespritzten Serums der
Körper von neuem zur Schutzwirkung angeregt würde, allerdings
unseren bisherigen Erfahrungen müssen Rekonvaleszenten ausge-
sprochener Erkrankung angewandt werden. Abwehrkräfte halten
sich mehrere Monate im Serum, scheinen aber etwa nach einem
Jahr abzunehmen; die besten Erfolge. sehen wir aber doch wohl
dann, wenn die Rekonvaleszenz kurze Zeit zurückliegt. Daß Lues
und aktive Tuberkulose vor der Anwendung ausgeschlossen werden
müssen, ist selbstverständlich. Ebenso verwenden wir nicht das
Blut von Kranken, die sich in einem, wenn auch nur leichten
‚amyostatischen Zustand befinden, wenn auch Gefahren für die akut.
wirkung gesehen. Es sind dann auch von verschiedenen Seiten ver-
einzelte Heilerfolge bei intramuskulärer oder endolumbaler Injektion
verschiedenartiger unspezifischer Sera, Pferdeserum, Diphtherieserum,
Tetanusserum usw. mitgeteilt worden, Heilwirkungen, die wir ja
sicher wohl bloß im Sinne der Wirkung der unspezifischen Reizkörper-
therapie, oder, um den Ausdruck von Luithlen und H. H. Meyer
zu gebrauchen, der Kolloidtherapie deuten können. Sie wissen,
daß die theoretischen Grundlagen dieser Therapie uns noch sehr
unklar sind, daß andererseits aber an den Erfolgen dieser Reiz-
körpertherapie bei verschiedenen Krankheiten nicht gezweifelt werden
kann. Es unterliegt deshalb wohl keinem Bedenken, daß die ge-
legentlich beobachtete rasche Besserung nach Injektion eines un-
spezifischen Serums nicht auf einem zufälligen Zusammentreffen von
sultieren. Vor einer endolumbalen Behandlung haben wir uns bisher
darum gescheut, weil wir, obwohl wir natürlich so steril wie möglich
arbeiten, doch uns nicht die Sterilität bei der Serumgewinnung zu-
trauten, wie sie in Anstalten für Serumgewinnung üblich ist.
Immerhin werden wir uns in der Folgezeit auch vor intralumbalen
logisch uns die Sterilität des Serums haben feststellen lassen. Die
Liquorsperre, die ich vorhin erwähnte, fürchten wir wegen der: ent-
zündlichen Beschaffenheit der Hirngefäße nicht übermäßig, man wird
aber trotzdem ‘daran denken können, die Liquorsperre wenigstens
für die Plexus noch zu vermindern. Roch hat dies versucht, indem
enzephalitischen Empfänger wohl kaum aus der Seruminjektion re-
Injektionen nicht scheuen, wenn wir im entsprechenden Fall bakterio-
Injektion und spontaner Heilung zu beruhen braucht, sondern im
Sinne eines Heilerfolgs gebucht werden kann, wenn die Wirkung
wie in einzelnen dieser Fälle, z. B. einem von Bingel mitgeteilten
Fall, eine auffallend prompte ist. Auch wir scheuen uns nicht,
falls uns kein Rekonvaleszentenserum zur Verfügung steht, derartige
unspezifische Sera einzuspritzen und werden dies auch weiter tun,
wenn wir auch bisher noch keine sichere Heilwirkung beobachtet
haben. Dennoch meine ich nicht, daß die Wirkung des Rekon- |
: valeszentenserums rein in die Gruppe der Reizmitteltherapie gehört.
Es ist zunächst doch ein großer Unterschied, ob ein artiremdes
Serum, wie das Pferdeserum oder ein arteigenes Serum, das für
gewöhnlich nicht diese Reizwirkung ausübt, parenteral zugeführt
wird. Ich habe schon erwähnt, daß einige Vergleichsuntersuchungen
zugunsten des menschlichen Rekonvaleszentenserums ausgefallen sind.
In größerem Maßstabe können wir Vergleichsuntersuchungen dadurch
gewinnen, daß Rosenow in Amerika zahlreiche Fälle mit einem
Antienzephalitisserum injiziert hat, bezw. behandeln ließ, das er
durch Immunisierung von Pferden mit Streptokokkenstämmen, die
er für die Erreger der Enzephalitis wahrscheinlich mit Unrecht
hält, gewonnen hat. Rosenow hält seine Heilerfolge für recht
befriedigend; aber es ist sehr bemerkenswert, daß niemals, wie aus
seinen Krankengeschichten hervorgeht, solche schlagartigen Besse- |
rungen beobachtet wurden, wie wir sie doch wenigstens bei einer
Reihe von Fällen. mit Rekonvaleszentenserum sehen: und ich glaube
eher, daß die Erfahrungen Rosenows einen gewissen Vergleich
zulassen zwischen den therapeutischen Wirkungen eines unspezifisch
als Reizmittel wirkenden Pferdeserums und denen eines spezifische
Immunkörper enthaltenden Rekonvaleszentenserums. Bessere Wir-
kungen scheint ein neuerdings von Neustätter propagierter Versuch `
der Behandlung mit intravenöser Injektion eines ebenfalls vom
Pferde stammenden Poliomyelitisantiserums zu haben. Dies ist darum
interessant, weil Poliomyelitis und Enzephalitis zweifellos miteinander
verwandte Krankheiten darstellen, wenn mir auch der Schluß Neu-
stätters, daß aus diesen Heilversuchen, wie auch bestimmten
Komplementreaktionen von Poliomyelitisvirus und Enzephalitiker-
serum die Identität der Erreger beider Erkrankungen hervorgehen
soll, zu weit zu gehen scheint.
Daß die Rekonvaleszentenserumbehandlung der akuten Enze-
phalitis uns restlos befriedigt oder als definitive Heilmethode an-
gesehen werden soll, wird von mir selbst nicht behauptet. Hin-
sichtlich der Dosierungsfirage sowohl, wie hinsichtlich der Frage der
Verweildauer der Abwehrkräfte im menschlichen Serum tappen wir
noch viel zu sehr im Dunkeln. Im allgemeinen muß man große
Dosen anwenden, 50—80 cem, ev. mehrfach wiederholt, wenn wir
auch bisweilen merkwürdige Erfolge nach Injektionen von 20 cem
gesehen haben. Wir sind bisher im ganzen bis zu 230 ccm im ein-
zelnen Fall gegangen, und würden schnellere und charakteristischere
Erfolge in manchen Fällen vielleicht auch dann erfahren haben,
wenn wir statt 30 oder 40 cem gleich die Möglichkeit gehabt hätten,
100 cem auf einmal einzuspritzen.
einzelnen Fällen auch Zitratblut eingespritzt; doch müßte, wenn
dies intravenös angewandt wird, vorher unter dem Deckglas oder
im Reagenzglas festgestellt werden, ob Spenderblut und Empfänger-
blut nicht miteinander agglutinieren. Unerfreulich ist es, daß wir
nie im Voraus wissen, ob das Spenderblut Immunkraft besitzt und
daß wir höchstens aus dem Erfolg die Wirkung feststellen; nach
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regelmäßig eine Bewußtseinsaufhellung eintrat.
Statt des Serums haben wir in
er endolumbale Kaseininjektionen machte, um damit die spontan
entwickelten Blutabwehrstofie dem Hirn zugänglich zu machen. Auf
einfachere Weise wird es möglich sein, eine aseptische Entzündung
durch Lumbalpunktion und Lufteinblasung einige Stunden vor einer
intravenösen Seruminjektion zu erzeugen. Sehr bedauerlich ist die
Abhängigkeit unserer therapeutischen Maßnahmen von dem zur Ver-
fügung stehenden Rekonvaleszentenmaterial. Wir haben weder die
Berechtigung, unseren Rekonvaleszenten durch häufige Blutentnahme
so viel Blut zu entziehen, daß der Gesundheitszustand darunter leiden
könnte, noch lassen sich unsere Patienten eine zu häufig wieder-
holte Blutentnahme gefallen, und gerade im entscheidenden Fall,
wo man viel Serum nötig hätte, stehen einem die Patienten nicht
zur Verfügung. Diese praktischen Nachteile werden wir etwas da-
durch zu bekämpfen suchen, daß wir Rekonvaleszentenserum auf
Vorrat in Trockenform nach dem Vorgehen von Degkwitz zu kon-
_ servieren gedenken, können aber nicht versprechen, nun auch Serum
außerhalb der Klinik zur Verfügung zu stellen. -
Solange die Serumbehandlung an die Gebundenheit des
Materials geknüpft ist, wird es natürlich erlaubt und häufig not-
wendig sein, mit unspezifischen bakteriziden Behandlungsmethoden
gegen die Erkrankung vorzugehen. Sie wissen, daß die ver-
schiedensten Behandlungsversuche mit kolloiden Silbersalzen, mit
Trypaflavin, mit Eukupin, verschiedenen Vakzinen (Hoff) usw. vor-
genommen worden sind. Einzelfälle, in denen kolloide. Silbersalze,
Dispargen sowohl, wie Elektrokollargol Besserung brachten, haben
wir auch gesehen, ebenso einen Fall mit rascher Besserung nach
Trypaflavin, aber auch einen anderen Fall, in dem Trypaflavin
wirkungslos war, während nach den Seruminjektionen jedesmal
Jedenfalls meine
ich, daß alle diese Behandlungsmaßnahmen, wenn ich ihre Wirkung
im Einzelfall auch nicht bestreiten will, zurücktreten sollen gegen-
über der einzigen bisher uns möglichen spezifischen Behandlungs-
methode, die wir nur mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften
auszubauen versuchen müssen. Vor allem aber empfehle ich dringend,
bei den akuten Enzephalitisfällen jede an sich berechtigte Skepsis
hintanzustellen und eine rein symptomatische Behandlung zurück-
treten zu lassen gegenüber einem aktiven Vorgehen, das wir unseren
Kranken schuldig sind, und das auch Erfolge .zeitigt.
Ja ich gehe noch weiter und möchte behaupten, daß wir auch |
im pseudo-neurasthenischen Stadium aktiv vorgehen sollen. Gewiß sind
die theoretischen Grundlagen dieses pseudo-neurasthenischen Stadiums
‘mangels genauer autoptischer Befunde noch zweifelhaft, aber ich
betone, daß es sich in diesem Stadium nicht einfach um nervöse
Folgeerscheinungen handelt, wie sie etwa auch bei anderen In-
fektionskrankheiten beobachtet werden, sondern daß noch ein aktiver
Krankheitsvorgang wenigstens in vielen dieser Fälle vorliegt. Seien
dungsvorgänge, seien es Stoffwechselstörungen, die wir aus dem
häufigen Vorkommen von Leberfunktionsstörungen in diesen Stadien
schließen. Gewiß ist auch in diesen Stadien noch der Versuch einer
Serumbehandlung angezeigt, wenn auch die Erfolge nicht mehr in
demselben Maße zu erwarten sind, wie in akuten Fällen. In mehreren
derartigen Fällen haben wir nach großen Seruminjektionen doch noch
Besserungen gesehen, die teilweise nur transitorisch waren, teilweise
auch dauernde Erfolge hatten. Bemerkenswert war ein ungünstiger
Fall, der ein Jahr nach Krankheitsbeginn zu uns mit leichten
es noch aktive, wenn auch klinisch halb latent bleibende Entzün-
Parkinsonerscheinungen und ‚starken Kopfschmerzen kam. Hier
handelte es sich um einen leicht. .rezidivierenden Fall, der mehr-
fach neue Fieberschibe mit einem traurigen Fortschritt der Er-
krankung zeigte. Zweimal wurden die fieberhaften Rezidive durch
Seruminjektionen prompt kupiert, aber der Gesamtverlauf.der Krank-
heit, die immer mehr zum chronischen Parkinsonismus hinlief,
konnte leider nicht gebessert werden.
| Dort, wo Serum nicht zur Verfügung steht, sind hohe Arsen-
dosen und Milchinjektionen oder ‘andere unspezifische Reizmittel
dringend angezeigt. Wir haben mehrfach ausgesprochene Besserung
in diesem Stadium erzielt; und wenn ich auch größere Statistiken
‘Ihnen, wie ich anfangs mitteilte,. nicht geben kann, da gerade in
den, nicht akut von mir behandelten Fällen meine Katamnesen leider
bisher unvollkommen geblieben sind, so möchte ich doch hinweisen
auf einen Fall, der im Jahre 1918 seine Enzephalitis durchmachte,
"dauernd seitdem kränkelte, an Schlafstörung, mangelhafter Konzen-
trationslähigkeit, Doppelsehen bei längerem Arbeiten litt, der typische
psendo-neurasthenische psycho-motorische Unruhe und auch schon
ene leichte Rigidität des linken Armes zeigte, der dann im Jahre 1922
von uns einer intensiven Kakodyl-Milchkur unterzogen wurde, und
jebzt in einem so guten Stadium sich findet, daß er, an einer Bank
beschäftigt, seiner Arbeit voll nachgehen und sich und seine Mutter
ernähren kann. |
= Und nun zu den eigentlichen chronisch-progressiven Erkran-
kigen. Wir sind über die Prognose dieser Fälle insofern noch
schrunvollkommen unterrichtet, als wir noch nicht genau bestimmen
- könen, welche Typen besonders verhängnisvoll sind. Wir wissen
wohl, daß diejenigen Patienten, die nach einem längeren Intervall
nach Ablauf der akuten Erkrankung langsam und schleichend an
dem Parkinsonismus erkrankten, eine durchschnittlich schlechte
Prognose ergeben, aber es ist uns unmöglich, in diesem Stadium
von vornherein Gesetzmäßigkeiten, dafür anzugeben, ob ein Still-
stand in der Krankheitsentwicklung eintreten oder die Krankheit
weiter progressiv verlaufen wird. Wir haben massenhaft schmerz-
liche Erfahrungen darüber machen müssen, daß Fälle mit anfangs
leicht erscheinendem Parkinsonismus, der während der Behandlung
in der Klinik keine Fortschrittstendenzen zeigte, sogar sich besserte,
später, nachdem sie aus der Behandlung entlassen waren, nach Jahren
auf einmal enorm sich verschlimmerten und berufsunfähig und siech
wieder zu uns kamen. Aber wir wissen noch nicht so viel, daß wir
berechtigt wären, im Einzelfall etwa den Stillstand der Krankheits-
ascheinungen, auch nach aussetzender Behandlung, als einen Be-
handlungserfolg buchen zu dürfen. Daher kann man mit voller
Sicherheit nur das Eine behaupten, daß wir nach Atropin- oder
Skopolaminzufuhr die uns allen bekannte Palliatiyremission hervor-
mfen. können, und wir sind selbstverständlich verpflichtet, diese
Behandlung zu versuchen, da sie den Patienten, namentlich in
leichteren Fällen zu einer bedeutenden subjektiven Erleichterung
und wenigstens teilweise Rückkehr ‘der Berufsfähigkeit bringen
Omen. Dennoch scheint es uns wenigstens in leichteren Fällen
auch hier notwendig zu sein, aktiver vorzugehen. Die Behandlung
mit großen intravenösen Kakodyldosen einer 50%/,igen Lösung wird
von französischen Autoren schon seit längerer Zeit propagiert und
auch deutsche Autoren, z. B. Runge, berichten Günstiges darüber.
Ub es direkt auf den chronischen enzephalitischen Krankheitsprozeß
m irgendeiner Weise wirkt, erscheint mir mehr als zweifelhaft, das
en ist- aber ein so vortreffliches Tonikum, daß man es versteht,
He die Kranken, wie auch wir mehrfach gesehen haben, nach
Angerer Arsenbehandlung eine auffallende subjektive Besserung und
ruh Verminderung der Bradypsychie zeigen. Wie das Beispiel der
ohen Kakodyldosen lehrt; müssen wir wahrscheinlich Arsen in
eleren Dosen geben, als wir früher wohl getan haben. Ich ver-
‚ "else auch auf die Behandlung mit den großen Arsenstößen, wie
nn l
Aus der Chirurgischen Abteilung des Stadtkrankenhauses I Hannover
(Prof. Dr. Kappis).
Untersuchungen zu einigen neueren Leukozyteniragen
(kutane Reizmultiplikation, Widals hämoklasische
Krise u. a.m.).
Von Prof. Dr. Max Kappis und Dr. Friedrich Gerlach.
dene Im Jahre 1921 teilte E. F. Müller Beobachtungen mit, nach
à y intrakutane Injektion verschiedener Stoffe, wie Eiweiß-
er, Vakzinen, auch isotonischer Kochsalzlösung u. a. zu wesent-
on Jli © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 80. | o
sie neuerdings bei Behandlung. der perniziösen Anämie angewandt
| Parkinsonismus mäßige sind.
1031
werden, über deren Wirkung bei chronischer Enzephalitis meine
bisherigen Erfahrungen zu gering sind. | ne
Daneben möchte ich entschieden empfehlen, wenigstens In
leichteren Fällen, die unspezifische Reizmitteltherapie zu versuchen.
Wir haben doch mehrere Fälle gesehen, in denen im Anschluß
danach eine merkwürdige, nicht nur subjektive, sondern auch ob-
jektive Besserung von Erscheinungen eintrat, die auch nach Absetzen
der Skopolaminwirkung anhielt. Ob die Wirkung eine dauernde
ist. weiß ich nicht, aber auch vorübergehende Remissionen müssen
wir bei unseren Kranken zu erzielen suchen. Wir dürfen unsere
Kranken, namentlich solange der Parkinsonismus nicht zu stark
ist, überhaupt nicht aus der Behandlung verlieren. Es ist zu auf-
fallend, wie Kranke, die während ihrer Behandlung sich leidlich
halten und leidlich fühlen, sich selbst überlassen oder bei unregel-
mäßiger Behandlung in der Praxis rapid sich verschlimmern, und
wir halten die Behandlung rein ärztlich nicht nur darum für not-
wendig, weil wir sieche und invalide Menschen dadurch vielleicht
etwas länger am Leben erhalten, sondern weil wir auch diesen
siechen Leuten ihr Los erleichtern und dazu noch partial berufs-
fähige längere Zeit in ihrem Berufe halten können, Und darum
empfehle ich auchneben dersymptomatischen Behandlung in leichteren
Fällen wenigstens eine systematisch sehr ausgedehnte Reizkörper-
und Arsentherapie, die nicht ganz nutzlos ist, zu versuchen. Von
der Hg-Therapie, die Billigheimer empfohlen hat, habe ich bisher
nichts gesehen. Was für ein Reizmittel wir anwenden, ist wahr-
scheinlich wenig belangreich. Wir sahen die besten Erfolge
vielleicht von den gewöhnlichen langsam gesteigerten Milchinjek-
tionen. Auf die Technik der Skopolamin-Atropinbehandlung
brauche ich hier wohl nicht einzugehen, da sie bekannt sein
dürfte. Pausen in der Behandlung sind zu empfehlen, wenn wir
bisher auch noch nicht die aus der Nonneschen Klinik berich-
teten Abstinenzerscheinungen zu sehen Gelegenheit hatten. Die
Verträglichkeit des Mittels wird im einzelnen auszuprobieren
‘sein, auf der einen Seite ist es merkwürdig und interessant, wie
wenig Skopolamin auf manche parasympathischen Funktionen im
Vergleich zu Normalkontrollpersonen wirkt;. auch tägliche Atropin-
dosen von dmg intern werden im allgemeinen anstandslos vor-
tragen. Andererseits haben wir auch gelegentlich nach relativ
kleinen Skopolamindosen delirante Unruhezustände gesehen. Daß
die Übungsbehandlung bei unseren leicht parkinsonistischen Fällen
den größten Wert hat und dauernd gehandhabt werden muß, hat
Heß inKöln mitRecht betont. Andererseitswirken Überanstrengungen,
wie z. B. auch die Gravidität bekanntlich oft ungünstig. Endlich
ist ein selbstverständliches Erfordernis die Psychotherapie, wenn
auch die Erfolge einer Hypnotherapie usw. bei ausgesprochenem
scheinungen des chronischen Stadiums, die in der Hypnose prompt zu
schwinden pflegen, lassen sich in diesen Fällen auf die Dauer nicht
beeinflussen. In den trostlos fortgeschrittenen Siechtumszuständen
des Parkinsonismus erschien bisher jede Therapie umsonst, schon
mit Rücksicht auf die schweren Verödungen der Substantia nigra
und anderer Hirngebiete. Ob diese Annahme durch ‘die von
Levaditi inaugurierte Vakzinebehandlung (s. ob.) oder andere
neuerdings empfohlene Maßnahmen modifiziert werden darf, wage
ich heut noch nicht zu entscheiden.
Aus Zeitmangel war es mir nicht möglich, auf manche
wichtigen Behandlungsfragen, z.B. auch die sozial so wichtige Be-
handlung der Charakterveränderungen des Kindesalters, einzugehen.
Jedenfalls hoffe ich, daß meine Ausführungen etwas dazu anregen,
bei dieser furchtbaren Krankheit Aktivität, zum mindesten in den
akuten Stadien zu zeigen, aber auch in späteren Stadien den Mut
zu therapeutischen Versuchen nicht sinken zu lassen.
Abhandlungen.
lich höherer Wirkung führe als als ihre subkutane, intramusku-
läre oder intravenöse Zuführung.
Er sah bei intrakutaner Einspritzung, im Gegensatz zu
den letzteren Formen der Einverleibung, sehr rasch eine Leukozyten-
-ansammlung in den Gefäßen der darunter liegenden Subkutis und
eine Leukozytenauswanderung aus diesen Gefäßen in den In-
jektionsherd der Lederhaut eintreten; diese Vorgänge waren bis zu
94 Stunden und länger nachweisbar.
Schon früher hatte Müller gefunden, daß durch intrakutane
Injektion unspezifischer Stoffe Wirkungen (z. B. bei subakuter oder
chronischer Harnröhrengonorrhoe vermehrter Ausfluß und vermehrtes
Auftreten von frischen, gut färbbaren Leukozyten) erzielt wurden, welche |
Auch die hyperkinetischen Er-
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bei subkutaner "Einspritzung erst mit. der 50—100 fachen Menge ‚des: |
selben Stoffes erreicht wurden, = > = ? u
. Beobachtung. nachweisen zu können, daß nach intrakutaner Ein-
©. ` spritzung von Aolan, Kochsalz u. a. m. eine Senkung der Zahlen
‘eintrat. Die Senkung begann unmittelbar nach der. Einspritzung
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* Preumonie von 29 800 .auf 16400, bei einem Empyem von 21.000 auf
Injektion der gleichen Stoffe und Mengen ein negatives Resultat. Da-
. gegen wurde bei einer größeren intrakutanen Quaddelzahl auch keine
-stärkere Wirkung erzielt. 2 | |
zyten in die Eingeweidegefäße bedingt sei, die ihrerseits durch
‚einen Reiz auf das vegetative Nervensystem oder einen Reflex-
` reizung (subkutan !/, com der Suprareninlösung 1/1000). oder Vagus-
schiebungsreflex als eine Vagusreizung auf, die zur Erweite-
2 schiebung der Leukozyten aus den Hautgefäßen in dieses Gebiet fübrte. |
| verschiedensten Richtungen und unter. den verschiedensten Bedin-
handeln, wie ihn Cobnstein und Zuntz schon im Jahre 1888 glaubten
. unbeeinflußt blieben.
>` Linie mit der Erklärung der Hämoklasenkrise befaßten, bei den dort
teils eng teils Senkungen der
p an 1 Tag
90%% der
“e
= aze, A Ne t =
ET A | ea RE mw
PERS Ee et Meia RR P
aten in Venen und Kapillaren ging meist nicht parallel. (Unsere
Sr n Ri
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
a g
Durch heiße Bäder und durch Pilokarpineinspritzung er-
| zielte Glaser Kapillarerweiterung und Leukoz AA urch
kalte Bäder und durch Adrenalininjektion Kapillarverengerung
und Leukozytensteigerung. Nach Pilokarpininjektion sahen Hoff-
Waller jedoch außer Senkungen auch einmal einen einwandfreien
Leukozytenanstieg. Eine ähnliche Ausnahme fand auch W. Müller
= ` Müller sah in diesen Vorgängen eine wirkungssteigernde,
spezifische Tätigkeit der Haut, die er als „kutane Reiz-
multiplikation“ bezeichnete. —— RE a E
Diese kutane Reizmultiplikation glaubte Müller auch in der
; | Steigerungen der Leukozyten, sondern oft „falsche“ Reaktionen er- `
der Leukozyten, sowohl im Kapillargebiet der gesamten Körper-
oberfläche wie auch in den großen Venen und Arterien der Glieder, | nach kalten Bädern durchaus kein regelmäßiges Verhalten zeigten,
' Glaser erklärt die von ihm gefundenen Vorgänge so, daß
und glich sich im Laufe einer Stunde wieder aus.
Als Beispiele führt‘ M. an Leukozytensenkungen bei einer | und daß der Leukozytengehalt der Hautkapillaren durch ihre Weite
| 3 ‚BI l bestimmt werde, die wiederum vom vegetativen Nervensystem
13 200, bei: Anämien von 5000 auf 1600, 2100 auf 1400, 3800 auf 1800.
‘Er fand diesen Vorgang bei etwa 60 Kranken, auch unter Kontrolle
an ‘mehreren Körperstellen, regelmäßig, mit der einzigen Ausnahme
einer Iymphatischen Leukämie. Bei sämtlichen Fällen ergaben Kontroll-
untersuchungen nach subkutaner, intramuskulärer oder intravenöser
-zytensteigernd, der Vagus erweiternd, leukozytensenkend
(nach Müller sollte die vagotonische -Gefäßerweiterung (!) des
Splanchnikusgebietes zur Leukozytenvermehrung (!) in diesem Ge-
Glaser die Leukozytensenkung gleich mit Vagotonus, die
Müller glaubt, daß diese Leukozytens enkung in der sprechenden Ergebnissen der Leukozytenzählungen im einzelnen
'Körperperipherie durch eine Verschiebung der Leuko- Ä
Fall gleich krankhafte Funktionen ableiten zu wollen.
‘An anderer Stelle2) weist Glaser darauf hin, daß die Strömungs-
bedingungen des Blutes einen Einfluß auf seine Leukozytenmengehätten.
vorgang im vegetativen Nervensystem herbeigeführt werde. | Dieser Ansicht ist auch Hopmann; er erwartet jedoch, wie E. F.
RD b, flex ki È Symvathikus-
Diesen Verschiebungsreflex konnte er aufheben durch Sympathikus eina Torkorrenseige ug keino e Dekang
lähmung. (subkutan 1/, mg Atropin), konnte ihn dagegen besonders
rasch und -deutlich auslösen durch subkutane Einspritzung des para-
sympathisch fördernden Pilokarpins: in 5 Min. Abfall von 11 000 auf
4800 Leukozyten... u =
Aus diesen Gründen faßt Müller den leukozytären Ver-
zu eigenen Untersuchungen an. Für uns Chirurgen wichtig ist
‚ja die Frage der Proteinkörperwirkung, der Leberfünktionsprüfung,
und insbesondere hat man als Chirurg die Möglichkeit, die Müller-
| Re | 'iäßen des Splanchnikusgebietes Zählungen vornehmen kann.
rung der Gefäße des Splanchnikusgebietes und dadurch. zur Ver- | Bei unseren Untersuchungen, die an rund 100 Menschen nach den
Es würde. sich demnach dabei um einen ähnlichen Vorgang | gungen vorgenommen wurden, sind wir nun zu Ergebnissen ge-
kommen, die manche der bisher angeführten Hypothesen in wesentlich
anderem Lichte erscheinen lassen. Ä oz
Zunächst fanden wir, daß die Leukozytensenkung im
beobachten zu können, indem sie durch Pen E eine Ver-
schiebung der a), aus den kontrahierten Gefäßen des Splanch-
nikusgebietes in die großen Gefäße und in die Körperperipherie auslösten.
In einer der letzten Veröffentlichungen!) führt Müller noch aus,
daß diese Verschiebungsleukopenie im wesentlichen durch eine Ver-
minderung der polynukleären Neutrophilen bedingt sei, und
zwar in erster Linie der vollausgebildeten Segmentkernigen,
‚während die Lymphozyten und die neutrophilen Jugendformen im ganzen |
. kutan oder intravenös einspritzten, und einerlei, welche Stoffe
wir einspritzien. Dies mögen die folgenden Beispiele zeigen:
| NR | = Kurve 1. ` |
. Intrakutane Injektion von 0,3 ccm physiologischer Kochsalzlösung.
Während der Injektion 10600 | 20 Min. nach der Injektion 12 800
2 Min. nach der Injektion aah DD, ai e ai t me 1 2
Dagegen fand Glaser bei etwa 50 Zählungen, die sich in erster:
beobachteten Leukozytensenkungen keins Änderung der Leuko- | Shen nn m A 8700 | 30 „ u
zytenformel. Auch Hoff und Waller, die wie Müller intrakutan | 10 8000 | 45 |
einspritzten, fanden bei 2/, ihrer Untersuchten die Leukozyteniormel
1 „ „ OA „ „ n „ 8 900
A 15 „ ne n = 10 200 u
der Ausgangs- und der Senkungszahl gleich; im andern Drittel fanden S i Kurve 2
sie Schwankungen mit einem Plus zugunsten teils der polynukleären ı
Subkutane Injektion von 1,0 ccm Olobintin,
Während der Injektion
2 Min. nach der Injektion 11900 | 40 p nm z
8 : 11900 | 45 7 700
Leukozyten, ‘teils der Lymphozyten. Unsere Auszählungsergebnisse
entsprachen auch am ehesten denen von Hoff und Waller.
Glaser und Hoff haben auch zu anderen hier angeschnittenen .
Fragen in bemerkenswerter Weise Stellung genommen. Ä
| Glaser: stellte zunächst bei 333 Kranken, die nüchtern unter
Bettruhe gehalten wurden, fest, daß bei Zählungen von 20 zu 20 Min,
eukozytenzahlen,
bei 53°/,, an 2 Tagen bei 76°/,, an 3 Tagen bei
ezählten, eintraten. A O
Bei 36 Fällen mit gleichzeitiger Leukozytenzählung in
Venen und Kapillaren, welch letztere durchschnittlich 2008 Leuko-
zyten mehr entbielten als die Venen, schwankten in den Kapillaren die
ablen in 70°/,, in den Venen nur in 25°/,; das Verhalten der Leuko-
6400 60 on mon | l ” 9 800
) SEE E Kurve 3. |
‘bei Zählun Intravenöse Injektion von 1,0 ccm physiologischer Kochsalzlösung.
Während der Injektion 11400 | 20 Min. nach der Injektion 6.200
5 Min. .nach. der Injektion 10900 | 30 8 100
7300
EL N ” %9
40 h noo 9 n 9 100
” 9 ” N
gebnisse gingen nach derselbe chtung.) Das von Müller an-
gegebene Parallelgehen der Leukozytenschwankungen in den Venen
und Kapillaren ist demnach nicht allgemein richtig. | |
DE: agegen wechselten, nach Glaser, bei 90 EE EP ent-
sprechend der Steigerung und Senkung der Leukozyten, bei 80°/, der
ählungen stets auch die Erythrozyten. Das Parallelgehen von
Leukozyten- und Erythrozytenzahlen war für die Ergebnisse.
der Widalschen Probe (nach Engelmann) auch schon von Schil- |
Leukozytenzählun
ling, Worms und Schreiber, Schiff und Stransky festgestellt
| Bei Beginn ...... 11 500 Nach 30 Min... ».. 10 200
worden. Hofi-Sievers fanden dagegen, daß rote und weiße Blut- Nach 5 Min... .... 10 600 . o 8b ae 8 000
körperchen teils in analogen Kurven schwankten; teils blieben die. roten a II een 9 700 m U ee 9 600
unbeeinflußt, teils verhielten sich rote und weiße Blutkörperchen ent- m AO wre 3100 n 45 i 9 600
gegengesetzt, in DD ae 8 200 P
1) M.m.W. 1924, Nr. 7, S. 202. "3 M. KI. 1923, S. 1145,
nach Pikrotoxininjektion.e Auch Glaser hatte bei den Warm- und
Kaltwasserversuchen nicht immer die erwarteten Senkungen oder
| balten. Schon Becher hatte übrigens berichtet, daß die Leukozyten -
| die Kapillaren die Fähigkeit hätten, die Leukozyten festzuhalten,
abhänge; und zwar wirke der Sympathikus verengernd, leuko-
biet und damit zur Leukopenie in der Peripherie führen). So setzt |
Leukozytensteigerung mit Sympathikotonus, ohne aus ent-
Müller, von einer Hyperämisierung, demnach einer Gefäßerweiterung, . .
Die verschiedenen hier angezogenen Fragen regten auch uns .
sche Erklärung nachzukontrollieren, da man ja auch aus den Ge-
Ohr-Hautblut eintritt, einerlei. ob wir intrakutan oder sub--
10800 | 32 Min. nach der Injektion nn |
en 9000.
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Kurve 5.
Leukozytenzählung unter denselben Bedingungen wie bei Kurve 4.
Bei Beginn ...... 18 000 Nach 21 Min. ...... 9200
Nach 5 Min... . . . . 10 800 a A en 6600
; ER 6500 a 9 600
EI ea Sun 7000 ` n 40 nee... 6400
"Wir haben demnach gefunden, daß unter Ausschaltung
jedes möglichen Reizes, bei einer wiederholten Leuko--
‚ytenzählung fast regelmäßig, zuweilen nach einer kurzen’
Steigerung, eine zum Teil sehr erhebliche Senkung der
Leukozytenzahl im Hautblut festgestellt werden kann, der dann
meist eine Steigerung, oft wieder eine Senkung und schließlich
wieder eine Steigerung folgen. Um diese zeitlich nicht immer
gleichartig verlaufende Kurve festzustellen, genügen aber nicht
Jählungen von 20 zu 20 Minuten, sondern es muß in möglichst
kurzen Zeitabschnitten gezählt werden. |
Diese von uns gemachte, zunächst vielleicht auffallende Beob-
achtung ist auch schon in verschiedenen Mitteilungen der Literatur
zu finden, wenn sie auch nicht in ihrer Eigenart erkannt und her-
vorgehoben worden ist.
= Jnerster Linie sind bisher künstlich erzielte Leukozytosen
besprochen worden, die man, im Gegensatz zur myelogenen Leukozytose,
im allgemeinen als Verteilungs- oder Verschiebungs-Leuko-
‘ıytosen auffaßte, so die Verdauungsleukozytose, die Leukozytose
nach Muskelarbeit, beim Übergang vom Liegen zum Stehen, beim
Schreien der Kinder, unter psychischen Einflüssen u. a. m.
‘Aber es wird da und dort auch über Leukozytensenkungen
berichtet, von der Widalschen Hämoklasieprobe ganz abgesehen.
$o teilt O. Stahl mit, daß er die Leukozytenzahl bei einer zweiten
Entnahme oft gesunken gefunden habe, besonders bei nervösen
Kranken. Auch Storm van. Leeuwen, Bien und Varekamp
hatten schon 1922 berichtet, daß auf alimentäre Reize hin die
Leukozyten schon oft nach 1—2 Min. einen tiefen Sturz zeigten,
dem zunächst eine Steigerung, dann ein Sturz, dann wieder eine
Steigerung folgten. Ähnliche Schwankungen mit teilweise tiefen
Stürzen fanden auch Hoff und Sievers nach alimentären Reizen.
— Auch Dahl berichtet, daß, auch bei jastenden Menschen, die
Leukozytenzahl nicht von Minute zu Minute konstant sei, sondern
Stunden- und Tagesschwankungen aufweise. Diese Mitteilungen
sind uns jetzt wohl verständlich.
__ Betrachten wir von unseren Ergebnissen aus die Mitteilungen
Glasers, der von 20 zu 20 Min. zählte, so kann man sich wohl vor-
stellen, daß Glaser bei. gleichartiger, zeitlich aber verschiedener
Schwankung von 20 zu 20 Min. Senkungen oder Steigerungen der
Leukozyten fand, je nach dem Punkt, in dem er die unregelmäßig
schwankende Kurve der Leukozytenzablen traf. Jetzt werden auch
die Leukozytenkurven, die Hoft-Sievers geben, und die sich in
keine bisher bekannte Regel unterbringen ließen, wohl verständlich.
Diese eben kurz angeführten Ergebnisse anderer Autoren sind
ms ein Beweis für die allgemeine Giltigkeit der Ergebnisse unserer
Untersuchungen, die im übrigen mit möglichst großer Sorgfalt und
Genauigkeit ausgeführt wurden. | |
Fragen wir nun nach dem Grund dieser Leukozyten-
sahlsenkung, so ist zunächst zu überlegen, ob dieser Vorgang
überhaupt mit dem Eingriff des Zählens etwas zu tun hat, oder ob
mr nur in Leukozytenzahlen-Schwankungen einen Einblick taten,
die, völlig unabhängig von äußeren Einwirkungen, dauernd im
Körper vor sich gehen. © Wegen der Regelmäßigkeit, mit der die.
Senkung eintritt, glauben wir, daß wir es doch mit einem propter,
nicht bloß mit einem post hoc zu tun habem, daß demnach die
Senkung durch die Leukozytenzählung bzw. die zu diesem Zweck
nötige Verletzung und Blutentnahme ausgelöst oder zum mindesten
beeinflußt wurde. Ob danebenher noch Spontanschwankungen
laufen, muß offen bleiben. | | |
Auf der Suche nach dem inneren Grund müssen wir zu-
Fr feststellen, daß auch wir bei gleichzeitiger Zählung
vn Leukozyten im Blut aus Ohrhaut und Vene bei deutlicher
verschiebung der Leukozytenzahl in der Ohrhaut in der Kubitalvene
eränderung der Leukozytenzahl fanden. Nur zuweilen fanden wir
RR In den Venen eine Senkung, die allerdings meist nicht so
a war wie die im Hautblut. Ähnliche Ergebnisse teilten Ja
a: a Glaser und Hoff mit. Damit können die Befunde
ee F. Müller, der die Leukozyten in allen Blutgefäßen der
"päerie abnehmen sah, keine allgemeine Giltigkeit beanspruchen.
scheinend ist das Verhältnis der Leukozytenzahlen in den Venen .
zu P in den Kapillaren ein wechselndes.
Stell ber nicht einmal im Hautblut, das an verschiedenen
en entnommen wurde, ist die Verschiebung gleich. So zeigt
meist keine oder eine der Hautleukozyten-Kurve nicht entsprechende.
RT 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Mm. 90. 0000 1033
z. B. die folgende Kurve, beim tiefsten Stand der‘Leukozyten am
rechten Ohr, am linken Ohr eine Zahl, die höher ist als der
rechtsseitige Ausgangswert, dann rechts Steigen, links nach kurzer
Steigerung Senkung der Leukozyten. Ä | |
| l Kurve 6, a
Bei Beginn Einstich in das rechte Ohr, nach 15 Min. Einstich
in das linke Ohr. Sonst kein Hautreiz. Es wurde stets die gleiche
Zählkammer und. Pipette für beide Ohren benutzt.
E recht. Ohr link. Ohr | recht. Obr link. Ohr |
Bei Beginn 6000 — Nach 24 Min. 5800 = —
Nach 7 Min. 4800 — „ 26 poo o — 7600
e ie y 6200 — „ 30, 7000 —
= 40: 5 = ` 8000 „ 35 „ — 380
a ol y 4400 .— „38 „ 6800 © —
„ 2 %3 8600 | „ 40 , — 6600
?
Auch andere Kurven von beiden Ohren, bei denen die
Zählungen zu verschiedener Zeit begannen, verliefen nicht parallel,
wenn auch meist der Anfangswert am zweitgezählten Ohr niedriger
war als der Anfangswert am erstgezählten. Ä l
Fünfmal zählten wir die Leukozyten gleichzeitig, nach
intrakutaner Einspritzung von 1 ccm Kochsalz, an beiden Beinen,
von denen eines’ein Ulcus cruris aufwies. Das Geschwürsbein hatte
bei einer Kranken bei Zählung an zwei verschiedenen Tagen jedesmal
niedrigere Ausgangswerte, am ersten Tag nur die Hälfte (5400 zu 2700).
Eine Schwankung am Geschwürsbein trat bei deutlicher Schwankung
am gesunden Bein am ersten Tage nicht ein. Am zweiten Tag war der
Anfangswert am gesunden Bein 8800, Senkung bis 7500, am kranken
7400, Senkung bis 3500. Bei den andern Kranken waren die Ausgangs-
werte ziemlich gleich, die Schwankungen nach Zeit und Schwankungs-
ausschlag durchaus verschieden. Ä
Daraus muß. geschlossen werden, daß die Leukozyten-
verschiebung in Beziehung auf die Gefäßgebiete, die sie
ergreift, nicht immer gleich ausgedehnt ist. Ein Teil der
Verschiebungen scheint nur örtlich zu sein und. hängt zum
Teil wahrscheinlich. mit der Entnahme aus demselben Ohrschnitt
zusammen, wie sie bei wiederholten Untersuchungen aus Bequem-
lichkeitsgründen wohl von den meisten Untersuchern vorgenommen
wird. Ein anderer Teil der Verschiebungen ist, aber nicht
regel- noch gleichmäßig, im ganzen Hautblut festzustellen; nur
ein ganz geringer Teil betrifft vielleicht auch das Blut der Venen,
und zwar, ohne daß sich dafür bestimmte Gesetze aufstellen lassen.
Mit diesen Feststellungen können die Tatsachen, dieE.F.Müller
mit seiner Hypothese der Leukozytenverschiebung aus der Peri-
pherie ins Splanchnikusgebiet beweisen. wollte, nicht mehr als all-
gemeingültige Tatsachen angesehen werden.
| Aber auch die Beweishypothese Müllers ist nicht haltbar.
Wie schon oben ausgeführt wurde, widersprechen sich die Er-
klärungen von Müller und Glaser:
Nach Müller führt die Splanchnikusgefäßerweiterung in diesen
' Gefäßen zur Leukozytose, dadurch Leukopenie in der Periphe
rie; nach
Glaser führt die Erweiterung der Hautgefäße zur Leukopenie, ihre
Verengerung zur Leukozytose.
üller stützt sich auf pharmakologische Versuche und den
Cohnheim’schen Entzündungsversuch, nach dem in erweiterten Gefäßen
infolge Verlangsamung des Außenstroms die Leukozyten den Axial-
strom verlassen und der Wand anhaften, was Müller dann mit Leuko-
zytenanreicherung gleichsetzt.
Diese Anschauung von Müller, die auch Hopmann teilt, ist hin-
sichtlich der Leukozytenzahlen nicht aufrecht zu halten. Ihr wider-
spricht zunächst die Leukozytose des Hautblutes nach Supra-
renineinspritzung,die nach unserem Einblick zur Zeit als die einzige,
regelmäßig eintretende und allgemein anerkannte (nur Kägi wider-
spricht) Verteilungs-Leukozytose angesehen werden kann; sie wird
teils auf eine Verengerung der Hautgefäße mit entsprechender Ein-
wirkung auf die Strömungsgeschwindigkeit, teils auf eine Auspressung
von Serum und eine dadurch bedingte Bluteindickung (?) zurückgeführt.
Andererseits wurde bei künstlicher Gefäßerweiterung keine Leukozyten-
steigerung gefunden. So konnte Hoff mit Waller und Sievers bei
der: Gefäßerweiterung durch Stauung (venöse Hyperämie) und bei der
Gefäßerweiterung, die der künstlichen Blutleere tolgt (arterielle Hy-
erämie), keine Leukozytensteigerung feststellen. Bei der Gesichts-
R erämie, die der Einatmung von Amylnitrit folgt, fanden diese
ntersucher teils Leukozytensenkung, teils -steigerung, was wieder gegen
die Glasersche Erklärung der Leukozytenzahl-Verschiebungen spricht,
Gegen die Müllersche Verschiebungshypothese sprechen
zudem zahlreiche Leukozytenzählungen an den Gefäßen des
Splanchnikusgebietes, die wir selbst ausführten.
An Leichen hatte ja Gräff schon mehrmals bei peripherer
Leukopenie eine Retention der Leukozyten in den inneren Organen
und umgekehrt feststellen können, allerdings nicht regelmäßig.
Die Beurteilung. der Leukozytenzahlen in den Ge-
fäßen des Splanchnikusgebietes am Lebenden ist bekannt-
lich etwas kompliziert dadurch, daß die Narkose an sich eine
l
J
. fand im Kapillarblut 7100 gegen 5000 Leukozyten in der Arteria radialis.
aus Beinarterie und -Vene in der Arterie meist etwas 'me
‚ geben. Ferner müßte bei dem raschen Wechsel in den Leuko-
1034
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
27. Juli
`
i
Leukozytose auszulösen scheint, was Schwenkenbecher und
Siegel in erster Linie festgestellt haben;, jedenfalls fanden auch
wir in Narkose, auch im Hautblut, nicht die sonst normale Leuko-
zytensenkung, sondern oft Leukozytensteigerungen. Operiert. man
in örtlicher Betäubung, so stört das beigemengte Suprarenin.
Zudem sind bei jeder Operation, einerlei, ob sie in Narkose oder
örtlicher Betäubung ausgeführt wird, fast stets schon andere Maß-
nahmen (Injektionen o. a.) vorausgegangen, die an sich schon
Leukozytenverschiebungen herbeiführen können. So darf man bei Ope-
rationen keine so regelmäßigen Leukozytenverschiebungen erwarten,
wie sie bei Fernhaltung aller äußeren Reize einzutreten scheinen.
Tritt aber eine Verschiebung in der Haut ein, so müßte man
nach Müller im Splanchnikusgebiet eine entgegengesetzte Ver-
schiebung erwarten. Dies kann vorkommen, wie auch Gräff fand.
Aber häufiger sahen wir, daß bei Leukozytenverschiebungen
in der Haut die Leukozyten im Splanchnikusgebiet, so-
wohl in den Gefäßen wie in Organen, sich parallel verschoben.
So erlebten wir z. B. bei einem Mann, dessen Operation in ört-
licher Betäubung begonnen, dann in Narkose zu Ende geführt wurde,
25 Minuten nach Narkosenbeginn eine Steigerung der Leuközyten im
Ohrblut von 11300 auf 41 500, im Netzvenenblut von 16700 auf 19000.
Nach unseren Ergebnissen kann jedenfalls die Leukozytensenkung
im Hautblut nicht durch eine‘’Anreicherung im Splanch-
nikusgebiet erklärt werden, wenigstens nicht regelmäßig. -
Im übrigen fanden wir auch die allgemein anerkannte Tatsache,
daß in den Organen des Splanchnikusgebietes sich wesent-
lich mehr Leukozyten finden als in Venen und Arterien desselben
Gebietes und als in den Gefäßen und Kapillaren des übrigen Körpers.
Einen höheren Leukozytengehalt fanden wir ferner in den Hoden und
im Knochenmark, die anscheinend hinsichtlich des Leukozytengehalts
den intraperitonalen Organen (Leber, Milz, Niere u. a.) zu entsprechen
scheinen. Von den. Gefäßen des Splanchnikusgebietes enthielten die
Arterien meist etwas mehr Leukozyten als die Venen; jedoch kam auch
das umgekehrte Verhältnis vor. i
Somit kann die Müllersche Hypothese von der Ent-
stehung der Leukopenie im peripheren, Gebiet infolge einer Leuko-
zytenanreicherung im Splanchnikusgebiet aus den verschiedensten
Gründen nichtals allgemeingültigesGesetzanerkanntwerden.
Den hier vorgebrachten Gründen gegenüber können die neuerdings mit- |
geteilten Tierversuche von E. F. Müller die Lage auch nicht ändern.
Glaubhafter erscheint, nach den Befunden des Verfassers,
zunächst die Glasersche Hypothese, daß Gefäßverengerung zu
Leukozytose, Gefäßerweiterung zuLeukopenie führe. Aber dem wider-
sprechen schon die Mitteilungen von Hoff über die Zählungen bei‘
künstlicher Hyperämie und insbesondere auch allgemeine Gründe.
(Auch Hopmann erwartet von der Geläßerweiterung durch ein
‚künstliches Handbad eine Leukozytose.)
“ Würden für die Leukozytenzahlen (der Blutdruck spielt ja
sicher keine wesentliche Rolle) in den einzelnen Gefäßen Gefäßquer-
schnitt und Strömungsgeschwindigkeit maßgebend sein (im
Sinne von Glaser: Verengerung — Leukozytose, Erweiterung —
Leukopenie), so müßten wohl auch normalerweise die Arterien am
meisten, die Venen weniger, die Kapillaren am wenigsten Leukozyten
enthalten, obwohl natürlich der in großen und kleinen Gefäßen ver-
schiedene Reibungswiderstand u. a. auch eine erhebliche Rolle spielen
müßte. Dem ist aber nicht so.
Nach den Untersuchungen von Bürker sind die Erythrozyten-
zahlen in den verschiedenen Gefäßgebieten bei Körperruhe
gleich. Hess fand durchschnittlich an Erythrozyten im Kapillarblut
(Fingerbeere) 4,32, Vena mediana 4,33, ‘Arteria radialis 4,75 Millionen,
Hopmann in den gleichen Gefäßen 4,924, 4,821, 5,076.
Hinsichtlich der Leukozyten gilt ja allgemein, daß das Kapil-
larblut leukozytenreicher ist. So fand Hess im Kapillarblut 7160,
in Vena mediana 6350, in Arteria radialis 6990 Leukozyten; Hopmann
Glaser fand in den Kapillaren durchschnittlich 2008 Leukozyten mehr
als in den Arterien und Venen. Weitere Literaturangaben siehe bei
Hopmann und:bei Stahl. Wir fanden bei gleichzeitigen Zählungen
Leukozyten,
zweimal aber auch das umgekehrte Verhältnis.
Dazu. kommt, daß die Leukozytenzahlen nach unseren
Untersuchungen durchaus nicht an allen Hautstellen gleich
sind, sondern große Schwankungen und Verschiedenheiten vor-
kommen. Es müßte also örtlichen Vago- oder Sympathikotonus
zytenzahlen beim selben Menschen ein dauernder Wechsel zwischen
Vago- und Sympathikotonus angenommen werden. Von den weiteren
Gründen gegen die scharfe Trennung der Vago- und Sympathiko-
tonie sehen wir überhaupt ab. |
Somit kann auch die Glasersche Hypothese ‚höchstens
teilweise das Richtige treffen.
Wir wollen nicht bestreiten, daß durch Wechsel in der Gefäß-
weite Änderungen der Leukozytenzablen möglich sind; dafür
maßgebend sind dann wohl Strömungsgeschwindiskeit, Rei-
bungswiderstand, Auspressungvon Serumu.a.m. Und sicher
sind. diese Veränderungen der Weite der Hautgefäße teilweise von
psychischen Einflüssen, teilweise vom vegetativen Nerven-
system, dessen Reaktion in der verschiedensten Weise ausgelöst
‚sein kann, abhängig. Aber sehr maßgebend für die Reaktionsweise
der Haut muß auch der Zustand der Haut selbst sein, z. B: ob
die Haut welk oder erkrankt ist o.a.m. Auf diese Hautverhält-
nisse hat insbesondere W. Müller hingewiesen. Aber außer diesen
Verhältnissen der Nerven, der Hautgefäße und der Haut selbst sind
für die Leukozytenverhältnisse in den Hautgefäßen sicherlich auch
noch andere physikalisch-chemische Bedingungen und Vor-
gänge maßgebend, die wir im einzelnen noch gar nicht übersehen
können. Dadurch, daß ein derartiger Komplex von Ursachen-
möglichkeiten für die Leukozytenschwankungen vorliegt,
ist wohl der Ausschlag nicht immer gleichartig noch gleich-
stark, und ebendeshalb ist das Urteil über die Ursache im
einzelnen Fall außerordentlich erschwert.
So ist das praktische Ergebnis unserer Untersuchungen.
eigentlich ein negatives, aber doch nicht unwichtiges:
Die Widalsche Krisenprobe ist, soweit sie vom Symptom
. der Leukopenie als Beweismittel Gebrauch macht, auf ganz
falschen Voraussetzungen aufgebaut. Auch als: Beweis für
die kutane Reizmultiplikation im Sinne E. F. Müllers kann
eine eintretende Leukopenie. nicht verwandt werden. Auch
die Schlüsse Glasers über die Vago- und Sympathikotonie,
für die die eintretende Leukopenie oder Leukozytose sprechen
sollten, werden sich höchstens ganz beschränkt aufrecht er- - `
halten lassen. | u
berhaupt werden wir einen großen Teil der zurzeit herrschen-
den Ansichten über die sogenannten Verschiebungs- oder
Verteilungsleukozytosen und -leukopenien einer gründ-'
lichen Nachbearbeitung unterziehen müssen.
Literatur: Becher, Untersuchungen über das Zustandekommen. der.
Leukozytose nach Muskelanstrengungen. Mitt. Grenzgeb. 1919, 31. S. 253. —
Cohnstein u. Zuntz, Untersuchung über den Flüssigkeitsaustausch zwischen
Blut und Geweben unter verschiedenen physiologischen und pathologischen Be-
dingungen. Pflüg. Arch. 1888, 42. — Dahl, (Norwegische Arbeit.) Ref. M.m.W.
1923. Nr. 22, S.720. — Engelmann, Die hämoklasische Krise als Leberfunktions-
probe. M. Kl. 1928, Nr. 10, S. 308. — Framm, Über den Wert der Widalschen Hå-
moklasieprobe als Leberfunktionsprüfung. M.m.W.1923, Nr. 22, S. 697. — Frey u.
Hagemann, Die Brauchbarkeit der Adrenalinlymphozytose zur Funktions-
prüfung der Milz. Klinisches und experimentelles Beweismaterial. Zschr. f, klin.
Med. Bd. 92, S. 450. — Glaser, Zur Frage der Abhängigkeit der Blutbildverände-
rungen vom vegetativen Nervensystem und über den Wert der Leberfunktions-
prüfung Widals. M.m.W, 1924, Nr.21, S.674. — Derselbe, Über den klinischen
Nachweis psycho-physischer Reaktionen. M. K1. 1924, Nr.16, 5.5635. — Glaser u.
Buschmann, Die vagotonische Leukopenie bei funktionellen Neurosen. D.m.
W.1923, Nr.’8, S. 2438. — Derselbe, Die Bedeutung der Spontanschwankungen der
Leukozyten (bes. für die hämoklasische Krise und die Verdauungsleukozytose).
M. Kl. 1928, Nr. 33/34, S.1l4. — Gräff, Leukozytenbewegung im Blut. B. kl. W.
1921, Nr. 4, S. 84 —H oss, Arch. f klin. Med. 1921, Bd. 137, S.200.— Hoff u. Siovers,
Zur Frage der Abhängigkeit der Blutbildveränderungen vom vegetativen Nerven-
system und über den Wert der Leberfunktionsprüfung Widals. M.m.W. 1924, Nr.10.
S. 298. — Hoff u. Waller, Untersuchungen über das weiße Blutbild bei Intra-
kutaninjektion und bei der Hämoklasenkrise Widals. Ebenda, 1923, Nr. 22, S. 698.
— Hopmann, Die numerische Verteilung der weißen und roten Blutkörperchen
innerhlab der Blutbahn. M.m.W. 1923, Nr. 9, S.261. — Kägi nach Schenk, M.
Kl. 1920, Nr. 32, S. 833. — Mietling, Kritik zur sogen, „Hämoklasischen Krise“
Widals als Leberfunktionsprüfung. M.m.W. 1928, Nr. 33, S. 1085. — E.F. Müller,
Die Haut als immunisierendes Organ. Ebenda, 1921, Nr. 29, S.913. — Deorselbe,
Leukozytensturz infolge unspezifischer Intrakutanimpfung. Ebenda, 1922, Nr. 48,
S. 1506. — Derselbe, Der Leukozytensturz nach Intrakutaninjektion und bei der
Widalschen Hämoklasenkrise — eine Reflexwirkung des autonomen Systems.
Ebenda, 1922, Nr. 51, S. 1763. — Derselbe, Neue Einblicke in die Regulation und
die Bedeutung des Gefäßtonus, M. KI, 1923, Nr. 17, S.569. — Derselbe, Über die
Beziehungen der Haut und des autonomen Nervensystems zum qualitativen Blur-
bild. M.m.W. 1924, Nr. 7, S. 202. — Derselbe, Der periphere Leukozytensturz —
die Folge einer Leukozytenanreicherung in der Leber. Ebenda, 1924, Nr. 21, S. 672.
— W.Müller, Beobachtungen zur Frage des Leukozytensturzes nach Intrakutan-
impfungen, bes. bei allgem. Dermatosen. Ebenda, 1928, Nr. 36, S.1149. — Rösler,
Das periphere Blutbild unter dem Binfluß von Tuschestapelung. Kl. Wscbr. 1928,
Nr. 9, S. 401. — Ruef, Über die Frage der Verschiebung des weißen Blutbildes Im
_ Organismus. Mitt. Grenzgeb. 1922, 34, S.601. — Schenk, Die Adrenalinwirkung
auf das Blut des Menschen und ihre Beziehung zur Milzfunktion. M. KL 1920, Nr. u,
S. 279 und Nr.12, S. 309. Ebenda, 1920, Nr.32, S.863. — Schiff u. Stransky;
Zur Frage der Verdauungsleukozytose und über die Funktionsprüfung der Leber
beim Säugling mit der Widalschen Methode. D.m.W. 1921, Nr. 42. — Schilling»
Viktor, „Verschiebungsleukozytose“ besser „Verteilungsleukozytose‘. B. kL W.
1921, Nr. 8, S.181. — Schwenkenbecher u. Siegel, Über die Verteilung der
Leukozyten in der Blutbahn. Arch. f. klin. Med. 1908, Bd. 92, S. 303. — Simon,
Die alimentäre Leukopenie im Bilde der Schwangerschaftstoxikosen. M.m.W. 1924,
. Nr. 4, 8.96. — O. Stahl, Über die Leukozytenverteilung in der Blutbahn. D.m.W.
1922, Nr. 10, S. 814. — R. Stahl, Über Fernwirkung im Organismus, Herdreaktionen
und vegetatives System. Klin. Wschr. 1923, Nr, 22, S. 1024, — Storm van Leeuwen,
Bien u. Varekamp, The journ. of experim. med. 1922, Okt.1 (nach Hoff-Sievers). —
Worms u. Schreiber, Zschr. f. klin, Med. 1922, Bd.98. S. 828,
97. Joli”
Aus der Kinderklinik der Städtischen Krankenanstalten und dem
Säuglingsheim in Dortmund (Prof. Dr. Engel).
Beitrag zur Diagnostik der okkulten Tuberkulose im
| - Kindesalter. |
Von Dr. Kurt Schroeder.
Tuberkuliureaktionen der Haut sind bekanntlich sowohl vom
_ Zustande des Geprülten wie von Art, Menge des Tuberkulins und
der Methode der Anwendung in der Stärke des Ausfalles abhängig.
im Laufe unserer Untersuchungen!) sind wir jedoch auf eine so
‚große Zahl besonders träg reagierender Kinder gestoßen, daß man
diesem Umstande größere Aufmerksamkeit schenken muß. Wir
führen hier nur zunächst die Tatsachen an, ohne auf die Möglich-
keiten der Zusammenhänge vorerst näher einzugehen. |
~ Das untersuchte Material besteht ausschließlich aus Patienten
der Klinik, die in den Jahren 1922/23 Aufnahme fanden. Sämt-
lichen Patienten wurde zunächst 1/1ọ cem einer Lösung 1: 1000 Alt-
tuberkulin in die Haut der Dorsalseite des Unterarms_ injiziert;
reagierten sie negativ, so wurden sie in der gleichen Weise mit
I cem einer Lösung 1:100 Alttuberkulin weiter geprült, und bei
pochmalig negativem Ausfall wurden die Fälle mit verdächtiger
Familienanamnese noch mit dem gleichen Volumen einer Lösung
1:10 Alttuberkulin weiter geprüft. Ausgeschaltet aus der
Statistik wurden von vornherein. alle Fälle mit klinisch mani-
fester Tuberkulose, insbesondere auch Meningitis, ferner alle fieber-
halten Erkrankungen, besonders Masern, Pneumonie usw., von denen
bekannt ist, daß sie erst auf höhere Tuberkulindosen schwach bzw. .
garnicht reagieren.
geprüft. |
Zahl der geprüften Fälle 1000.
Ohne klinisch feststellbare Tuberkulose reagierten positiv 235 Fälle.
Davon reagierten auf 1:1000 . 188 Fälle = 80 |,
1:10 . . 8 „ = 16,20%
” ” ” Zr | 9 s = 3,8 %o
~, Von den erst auf 1:100 reagierenden 38 Kindern befanden sich
im 1.—2. Lebensjahr 5, im 3.—6. Lebensjahr 7, im 7.—12. Lebens-
jahr 17, im 12.—15. Lebensjahr 9.
~ | Von den erst auf 1:10 reagierenden 9 Kindern befanden sich
in 1.2. Lebensjahr 2, im 8.—6. Lebensjahr 2, im 7.—12. Lebens-
jahr 3, im 13.—15. Lebensjahr 2. |
= Es ergibt sich also die überraschende Tatsache, daß ein
nicht unerheblicher Prozentsatz der überhaupt reagierenden Kinder
erst auf 1:100 bzw. 1:10 Alttuberkulin positive Reaktion zeigte.
Gesetzmäßigkeiten zwischen Allgemeinbefinden, Ernährungs-
zustand und Konstitution der Kinder einerseits und geringer
Itrakutanempfindlichkeit andererseits waren bei unserem Kranken-
Material nicht aufzufinden. Es fanden sich sowohl unter den auf
1:1000 reagierenden Fällen Kinder in sehr schlechtem Ernährungs-
zustand und von schwächlichem Körperbau wie auch unter den erst
auf 1:100 bzw. 1:10 reagierenden Fällen Kinder in sehr gutem
Allgemeinzustand. Unsere Beobachtungen über eventuelle Zu-
fanmenhänge zwischen geringer Intrakutanempfindlichkeit und ge-
ninger Subkutanempfindlichkeit bzw.. größerer Tuberkulinfestigkeit
snd noch nicht abgeschlossen. Gesagt werden kann vorläufig nur,
daB die erst auf 1:100 bzw. 1:10 reagierenden Fälle, die: einer
Prüfung mit subkutanen steigenden Tuberkulindosen unterworfen
werden, auch sehr geringe subkutane Tuberkulinempfindlichkeit
m zeigen scheinen. Aber die Zahl der Fälle ist noch zu gering,
um in dieser Richtung ein abschließendes Urteil zu erlauben.
‚Als praktisch bzw. theoretisch wichtige Tatsache
ergibt sich aus unserer Aufstellung, daß 20%, aller
okkulten Tuberkulosen der Feststellung entgangen wären,
wenn dieTuberkulinprüfung höchstens mit der Intrakutan-
Methode 1:1000 angestellt worden wäre.
In Zweilelsfällen wurde auch subkutan (Fieber)
N kk 1
Schon seit langer Zeit wurde an der hiesigen Klinik die
Original-Pirquet-Methode zu Gunsten der Intrakutanreaktion ganz
aufgegeben, aber auch hier war es bisher üblich, nur in Aus-
mahmefällen die Konzentration 1:100 oder gar 1:10 anzuwenden.
tst jetzt gehen wir auf Grund des vorliegenden Materials dazu
über, alle Fälle systematisch bis zur Konzentration 1:10 durch-
auprüfen. Für Wesen und Auswirkung der tuberkulösen Erstin-
fektion könnten sich daraus bemerkenswerte Schlüsse ergeben.
a re
) Engel, Die okkulte Tuberkulose im Kindesalter. Verlag
Joh, Ambros. Barth 1998, D. m. W. 1911, Nr. 36.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
1035
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
* Aus der Chirurgischen Abteilung des Kaiserin-Elisabeth-Spitals |
in Wien (Vorstand: Prof. Dr. Albrecht).
Zwei Fälle von Halsrippen.
Von Dr. Werner Seyfert.
Im Jahre 1913 hat Streißler in seiner zusammenfassenden
Arbeit über die Halsrippen, in der die Anatomie, ätiologische Be-
deutung, Pathogenese, Klinik und Therapie dieser Skelettanomalie
auf Grund der in der Literatur niedergelegten und eigener Beob-
achtungen eingehend abgehandelt werden, eine Tabelle von 87 Hals- .
rippenfällen zusammengestellt, bei denen eine Resektion vor-
genommen wurde. In der mir bekannten Literatur der seither ver-
flossenen Jahre wird über eine Reihe von weiteren Halsrippen-
operationen berichtet. Von ‚den diesbezüglichen Publikationen
erwäbne ich vor allem die Arbeiten von Sven Johannson (1915),
Thorkild Rovsing, (1919), die beide, dem Vorbilde Streißlers
folgend, die Exstirpation der Halsrippe von einem dorsalen Schnitt
aus durchführten, weiter die Mitteilungen von Henderson (1914),
E. Hesse (1920), Eden (1919) und Umberto Pasini (1920)
über insgesamt 11 Halsrippenresektionen, die mittels vorderen
Schnittes unternommen wurden. Besonders Hesse und Eden
halten den Zugang von vorne her für den besten, da er genügend
groß und übersichtlich sei. | EOR 3
Auf ‘der Chirurgischen Abteilung des Prof. Albrecht im
Kaiserin-Elisabeth-Spital in Wien wurden in diesem Jahre zwei .
Fälle von Halsrippen beobachtet, ein Fall von doppelseitiger und
ein Fall von nur rechtsseitiger Halsrippe. Bei den durchgeführten
drei Operationen wurde der Weg von vorne gewählt. Der eine
Fall ist überdies pathogenetisch von Interesse, beide zeigen ana-
tomische Besonderheiten. |
Die wesentlichen Daten der Krankengeschichten sind folgende:
Fall i. Frau A. F., 43 Jahre alt, verheiratet, Kleidermacher-
meisterin. Aufnahme 10. Mai 1921. Kinderkrankheiten weiß Pat. nicht
anzugeben. Mit 16 Jahren Re Seit dem 14. Jahre gewöhnlich
zur Zeit der Menses Magenbeschwerden, und Kopfschmerzen. 1918
wurde Pat. hier wegen Struma operiert, zwei Wochen später wegen
eines im Bereich der Narbe aufgetretenen Abszesses indiziert. 1920
hatte Pat. einen Lungenspitzenkatarrh. Seit ihrem 16. Lebensjahre
ungefähr hat Pat. zeitweise Schmerzen im rechten Arm, die für
Rheumatismus gehalten wurden. Seit 1918 bemerkt sie zunehmende
Schwäche und „ungeschicktes“ Gefühl in der rechten Hand, welche
auffallend mager wurde, die Schmerzen im rechten Arm steigern sich.
. Status chirurg.: Am Halse eine etwa 20 cm lange, reizlose,
in der Mitte eine zweihellerstückgroße Erweiterung zeigende lineare
Quernarbe, gut verschieblich. In der Fossa supraclavicularis nahe dem
vorderen Trapeziusrande ist beiderseits eine platte, knochenharte
Resistenz zu tasten, die sich ein Stück weit nach rückwärts verfolgen
. läßt, links weiter nach vorne sich erstreckend als rechts. Rechterseits
starke Atrophie der Interossei, des Thenar und Antithenar. Die Sen-
sibilitätsprüfung ergibt keine Störung der Berührungs- und Schmerz-
empfindung, während Wärme an der palmaren und dorsalen Seite der
rechten Hand schlecht empfunden wird. Entartungsreaktion im
Medianus- und Ulnarisgebiet. Die motorische Kraft der Hand bedeutend
herabgesetzt, vor allem im Fingerspreizen. Daumen und kleiner Finger.
können nicht im gestreckten Zustand sich mit den Fingerkuppen be-
rühren. 1 |
PE E ergibt rechts eine kleinere, links eine größere
Halsrippe am 7. Halswirbel. | ns |
| TA Spitzenstoß im 5. L-R. etwas außerhalb der Mamillarlinie,
Töne rein. Pulmones: Über den Lungenspitzen verschärftes Exspirium,
zeitweise Knacken, leises Giemen. Harn: Negativer Befund. >
18. Mai 1921. Operation (Prof. Albrecht): Allgemeinnarkose.
Schnitt 1 cm oberhalb des rechten Schlüsselbeines parallel zu diesem,
etwa 10 cm lang, vorne bis über die Pars clavicularis m. sterno-
cleidomast. reichend, unter Durchtrennung der Haut und des Platysma.
Durchtrennung des oberflächlichen Blattes der Halsfaszie, Darstellung
des hinteren Sternokleidomastoideusrandes und des vorderen Trapezius-
randes. Nun wird der untere Bauch des Omohyoideus dargestellt, in
dem Dreieck medial von demselben wird in der Tiefe der Bogen der
A. subclavia und der Bulbus inferior v. jean mit seinem lateralen
Anteil sichtbar. Der Omohyoideus wird lateral, die Gefäße medialwärts
verzogen, worauf der Plexus brachialis erscheint. Das Gewebe in
diesem Bereich ist narbig verändert; unter kräftiger Lateral- und Auf-
wärtsziebung ‚des Omohyoideus wird der Scalenus anticus mühsam in
seinem unteren Anteil präpariert. Am hinteren Rande desselben stößt
man auf die Spitze der rechten Halsrippe, von der ein straffer
1) Dieser sowie die folgenden neurologischen Befunde wurden
von Herrn Frof. Redlich kontrolliert.
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ee an ec rn TE Eee ne nn en rn E mr ie een t BRIEF TE ie i
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1036
` Gewebszug' zur ersten Brustrippe zieht. Der besseren Über-
sicht halber wird in der Mitte des Öperaätionsschnittes ein zu diesem
senkrechter Hilfsschnitt nach oben angelegt. Unter kräftiger Verziehung
“des Sternokleidomastoideus medialwärts wird nun der Scalenus anticus,-
- eingebettet in as ne in größerer Ausdehnung sichtbar...
. Bei vorsichtiger Einkerbung des Scalehus anticus, der den Tein Zu-
| gang. zur Halsrippe noch hindert, an seinem. Übergang vom mittleren
in das untere Drittel reißt an einer ‚kleinen Stelle die Pleurakuppe
= ein Tamponade mittels Gazestreifens. Es zeigt sich nun, daß die
nach medial und unten gekrümmte Halsrippve den Plexus
- brachialis mit ihrer Spitze durchdringt, ihn in zwei ungefähr
` gleiche Hälften teilend. Die Halsrippe rd sorgfältig freipräpariert,
ihr oberer und unterer Rand mit Schere und Elevatorium deutlich
-.. von etwa 21/,cm reseziert, so daß der Plexus vollständig frei am -
vorderen Rand des Scalenus medius verläuft. Die Ränder des Rippen-
restes werden abgerundet und geglättet. Die Vernähung des Pleura-.
schlitzes erweist sich infolge der narbigen Gewebsbeschaffenheit als
nicht möglich. Entfernung des Gazestreifens. Fasziennaht. Voll-
ständige Hautnaht, , | | ER u
. Am 28. Mai 38,50 Fieber, Stechen in. der rechten Brust, r. h. u.
‚ Bronchialatmen. — Am 25. Mai Entfernung der Nähte, Heilung per:
- primam, r.h. u. noch etwas rauhes Atmen. — Am 27: Mai nur noch
geringe Temperatur, die Schmerzen im Arm fast völlig geschwunden. —
Am 2, Juni geheilt entlassen. u g ee
3 =- Fünf Monate später war Pat. vollkommen beschwerdefrei. Die
a: motorische Kraft war allmählich wiedergekehrt, Sensibilität normal.
: Spitzenkatärrh war völlig ausgeheilt. Damals klagte Pat. zum ersten-
mal über ganz- leichte, zeitweise auftretende Schmerzen im linken
Arm. Seit Februar 1922, nach einer überstandenen Grippe, traten
diese Schmerzen immer stärker und häufiger auf, leichte Frmüdbar-
‘ keit, allmählich zunehmende Schwäche gesellten sich dazu, weiters
heftige beklemmende Schmerzen in der linken Hals- und Brustseite,
Anfälle von, Atemnot und ausstrahlendes Taubheitsgefühl in der linken
Gesichts- und Rückenhälfte. Die Pat. bot jetzt folgenden neurologischen .
Befund: Rechts Supraspinatus leicht atrophisch, ebenso Thenar, Hypo-
thenar und Interossei. Kraft bei allen
` Rechts fehlen Bizeps-, Trizeps- und Periostreflexe, die links vorhanden
. sind. Leichte Hypalgesie und Hypästhesie der ulnaren Handhälfte
-~ (volar und dorsal) Iines < rechts. In der. kleinen Hand- und Finger-
muskulatur rechts noch deutliche Entartungsreaktion, links Andeutung'
von Entartungsreaktion im ne und im Bereiche der Interossei.
„2% Operation am 31. Mai 1922. ‘Schnitt parallel dem linken.
= AE etwa fingerbreit oberhalb desselben, ungefähr 10 cm
ang, der
ur er B poa
te an Ien Te ner
en eg stein Anne
rt sbat amn
des Sternokleidömastoideus. Unter medialer Verziehung desselben wird
in dem une veränderten Gewebe der Bulbus venae jugularis darge-
‚stellt und medialwärts verzogen, die kräftig ausgebildete V,
-superficialis wird der Übersicht halber nach doppelter Ligierung durch-
trennt. Stumpf wird nun der schwach ausgebildete untere Bauch des
M. omohyoideus dargestellt und durchtrennt, ‘In der Tiefe der oberen
Schlüsselbeingrube erscheinen jetzt die Art. subclavia und der Plexus
brachialis. Diese verlaufen in einem deutlich nach vorn lateralwärts
konvexen Bogen. Derselbe ist bedingt durch die Halsrippe, die in
einem spitzen Winkel unter dem Plexus und der Art. subelavia hinweg-
‘ziehend im unteren Wunddrittel, medial neben der letzteren erscheint.
Hier ‚setzt der Scalenus anticus mit seinen lateralen Fasern an der
te.
an le
»-
Pz yarn”
nl Fee
Zu n-
Poy
ihnen liegenden Gewebe De und lateralwärts gezogen. Nun wird
‘mit einem größeren Anteil die Halsrippe sichtbar, die hier eine dünne
ansetzen, die als von der 1. Rippe heraufziehende Interkostalmuskulatur
ei zum Angulus costae cervicalis vorzuarbeiten, denn eine weitere Auf-
-wärts- und Lateralwärtsziehung der genannten Gebilde wird verhindert
Fasern. des M. scalenus. medius. Es wird nun versucht, lateral vom
‚Plexus die Halsrippe nach oben zu freizumachen. Art. subclavia und
elo _ Plexus werden stark nach medial zu verzogen. Ein Hilfsschnitt nach
ti :oßen erleichtert die Präparation. Es erscheint nun der ganze Ansatz
ig | =, des Scalenus med, und Se an der Halsrippe, lateral und nach hinten .
ak zu. verschwindet -die Halsrippe hinter dem Levator scapulae. Dieser
ovp wird lateral kräftig verzogen, der Ansatz, des Scalenus med. an der
T 'Halsrippe durchtrennt. Jetzt gelingt es, die Halsrippe freizupräparieren
PERA bis zum Angulus; hier erfährt sie eine beträchtliche Verdickung; inner-
mens halb dieser biegt sie ziemlich scharf nach medial und hinten ab. In
ae weiterer, mühevoller Verfolgung und Darstellung. des Rippenhölschens
gelangt man an eine Teilungsstelle desselben; der eine Ast verläuft
-fast in gerader Fortsetzung des: Hälschens gegi
oy : der andere eg nach vorne und aufwärts ab. Bei der Präparation
MEt ‘dieses Anteiles der Halsrippe kommt es zu einer starken venösen Blu-
` tung, die durch Tamponade beherrscht wird, Es wird davon abgesehen,
aA "das Rippenhälschen in seiner Gänze freizulegen. Unmittelbar distal vom
rt. . Angulus wird die Halsrippe mit der Knochenkneipzange durchtrennt
ne ET BT Arad EET FR
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- 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
' dargestellt und dann die Halsrippe mit ihrem Periost in einer Länge |.
zum 10. Juni waren die
entlassen.
Die Atrophien sind nur wenig, jedoch deutlich zurückgegangen. Der .
ewegungen links < rechts.
die Haut und das Platysma durchtrennt. : Durchtrennung des
oberflächlichen Blattes der Halsfaszie, Darstellung des lateralen Randes _
= P Halsrippe an. Stumpf werden Plexus und Art. subclavia von dem unter '
‘Spange darstellt und an deren lateralem .unterom Rand Muskelfasern f `
m BER ‘angesprochen werden. Trotz starker Verziehung der Art. subclavia
und des Plexus lateralwärts gelingt es jedoch nicht, .sich stumpf bis -
; + durch die unmittelbar hinter dem Plexus an der Halsrippe ansetzenden
en die Wirbelsäule zu,
97: Jali
und unter der Art. subclavia. und dem Plexus mit einiger Mühe nach :
vorne durchgezogen. Nach vorne zu endet die Halsrippe unmittelbar
oberhalb des unteren Wundrandes in :der T |
artigen Verdickung. Von dieser führt ein etwa 1—2 cm langer, un-
gelähr 1, cm breiter, fibröser Strang zur 1. Rippe, der durchtrennt. .
wird, womit die Exstirpation des abgetrennten Ri
. wird. Glasdrain in den lateralen Wundwinkel, Hautnaht. 5
ce Diesmal traten in der ersten Woche post operationem allabend- . -
lich heftige Schmerzen von reißendem Charakter im Bereiche des-linken .
Armes und des linken Schulterblattes auf, während die vor der Opera-
tion häufig auftretenden Atembeklemmungen, das starke- Druckgefühl
im Bereic ge-
schwunden waren.
iefe mit einer kölbchen-
ppenstückes beendet
der linken Schulter und des linken Halses günzlic
7. Juni. Entfernung der Nähte, Heilung p. pr. intent. — Bis
chmerzen abgeklungen.
Fall 2. Aufnahme’ am 2. August 1921. Frau F. W., 29 Jahre alt,
verheiratet. Familienanamnese o. B. Als Kind Masern, vor zwei Jahren
Grippe. Wiederholt Halsschmerzen, sonst gesund. Vor 2—3 Jahren
öfters angeblich Schwellung in der Gegend der Volarseite des Hand-
elenkes. Beginn der Erkrankung angeblich vor drei Wochen mit
chwellung der rechten Hand und Schmerzen. vom rechten Ellbogen-
| gelenk bis gegen die -Finger ausstrahlend. Dabei waren alle Gelenke .
| frei. Die Hand wurde allmählich schwächer und bleischwer. Gefühl:
von Ameisenlaufen in den Fingern und livide Verfärbung der Hand.
Nach heißen Bädern für kurze
regelmäßig. Ein Abortus, kein Partus.
eit vorübergehende Besserung. Menses
Status praesens: ‚Pat. mittelgroß, blaß. Gesicht pigmentiert.
.Haarwuchs schütter. Siehtbare Schleimhäute blaß. Temperatur afebril.
Pulsfrequenz 80, Puls der linken Hand mittelhoch, gut gefüllt und ge-
spannt, regelmäßig. Gefäße zart. Zähne schadhaft (
reagieren prompt. Weiche Struma. Thorax lang und schmal. L
Herz, Abdomen o. B. Harn frei. Nervenbefund o. B. Rechte Hand
ist etwas aufgedunsen. Vom Ellbogengelenk distalwärts livide Ver-
färbung. Man tastet rechts weder an der Axillaris noch an der Brachi-
ungen,
alis und der Radialis einen Puls. Gelenke sind frei. Die Kraft ist
bedeutend herabgesetzt. Die rechte Hand fühlt sich etwas feuchter
und kühler an als die linke. Trophische Störungen an den Finger-
nägeln und Rhagaden an den Fingerkuppen. Wa.R. negativ. In der
Tiefe der rechten Fossa supraclavicularis ist deutlich eine. schmale,
knochenharte Resistenz zu tasten, welche als Halsrippe angesprochen
. wird; die Röntgenaufnahme bestätigt die DEROS
19. August 1921. Operation (Prof. Albrecht): Schnitt über
-die Fossa supraclavicularis knapp oberhalb des Schlüsselbeins, parallel
. zu. diesem, etwa 10 cm lang.
| urchtrennung von Haut und Platysma.
Die auf der Fascia superficialis sichtbare Vena jugularis externa wird
zwischen doppelter Ligatur durchtrennt. Nun wird durch die Fasċia
colli superficialis - ee ech und der hintere Rand des Sterno-
'kleidomastoideus, sowie der untere Bauch des Omohyoideus dargestellt. -
ena cervicalis |
| gespannte mittlere Halsfaszie tastet man bereits die Halsrippe deutlich
durch. Es wird nun teils:scharf; teils stumpf auf sie eingegangen und
Der letztere wird lateralwärts verzogen. Durch die auf diese Weise
bald der am stärksten vorspringende Anteil derselben, der einer kolbig-
‚höckrigen Verdickung der Halsrippe entspricht, erreicht. Nach avi-
wärts läßt sie sich leicht verfolgen und von bindegewebigen, an ihr
ansetzenden Strängen isolieren, bis man etwa 11/, cm kranial von oben.
erwähnter Prominenz der Costa colli auf einen an ihrer vorderen und
oberen Fläche sehnig ansetzenden, schmalen Muskel trifft, der als
‚Musculus scalenus anticus ‘angesprochen wird. Die Inspektion ergibt .
nun, daß über die Halsrippe hinweg die Arteria subclavia zieht, unc
zwar über die erwähnte kolbige Verdiekung. Sie erscheint’ durch die
Appo von unten her bandartig flachgedrückt, so daß eine erhebliche
Behinderung der Blutzirkulation ohne weiteres klar wird. Die Arterie
ist wenig über gänsekieldick. Knapp oberhalb des Ansatzes des als
Scalenus anticus angesprochenen Muskels an der Halsrippe zieht über
diese hinweg der Plexus brachialis, der durch die Halsrippe nur wenig
aus seiner geraden Verlaufsrichtung abgedrängt erscheint. Unter
Durchtrennung des Skalenusansatzes an der Halsrippe gelingt es, das
vertebrale Ende derselben deutlich darzustellen. Man sieht, wie der
ne mit einem gut ausgebildeten Tuberkulum nach rückwärts
und medial um und in ein schlankes Hälschen übergeht. Dort-
selbst wird die Halsrippe mit der Knochenkneipzange durchtrennt.
Behufs Isolierung des medialen, vorderen Anteiles der Halsrippe wird
der Sternokleidomastoideus. etwa 11/, cm weit an seinem hinteren Rand
eingekerbt. Die Präparation der nun, vorliegenden, knöchernen Ele-
mente läßt deutlich eine straffe Verbindung zwischen Halsrippe und
erster Rippe oberhalb der Articulatio sternocostalis prima erkennen;
aus dem Wundbett nach vorne gezogen. Trotzdem reißt knapp unter-
halb der kolbigen :Verdiekung das angezogene Rippenstück ab. Bei
Inspektion der Abbruchfläche ergibt sich, daß es sich um eine ge-
lenkige Verbindung des vorderen Endes der Halsrippe mit einem
knöchernen Vorsprung der ersten Rippe handelt. Dieser wird, so weit
erreichbar, mittels Knochenkneipzange entfernt. Nach Entfernung der
| Rippe sieht man medial vom Plexus eine von oben nach unten ver-
laufende, etwa bleistiftdicke Vene unter der Arteria subclavia gegen
den Angulus venosus zu verlaufen. Um die anatomischen Verbält-
rm nn en nn im EBENE BERE EEES "BE. A
at. wurde geheilt
rothese). Pupillen
dio abgetrennte Halsrippe wird mit dem Knochenhacken vorsichtig
ri
iz
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i Verbindungsstelle der Halsrippe mit der ersten Rippe
m m ldko zu können, wird der vordere Winkel der Operations:
de mit Haken auseinandergezogen. ‘Dabei wird an einer kleinen
. Stelle die Wand der Vena subclavia verletzt. Anlegung einer wand-
ständigen Ligatur. Da es aber neuerdings zu einer Blutung aus der
Vena subclavia kommt, wird ein Gazetampon auf dieselbe gelegt und
darüber‘ die Wunde geschlossen. Kompressivverband. Das resezierte
‚Rippenstück hat eine Länge von 21‘, cm; die kolbige Verdickung ist
etwa 11), cm breit, 3/4 em dick. arf = A: ZN
-= _ 28. August. Tampon wird vorsichtig entfernt, ein kurzer Streifen
eingeführt. Keine Nachblutung. Noch kein Radialispuls oder Brachi-
alispuls ‚zu tasten. Geringe Schwellung der Hand, leichte 'Zyanose
-der Fingerspitzen. a a | |
en rn) August. Entfernung des Streifens und der Nähte. Kurzer
- Docht. In deren Bereich prima intentio. Im ganzen Verlauf der Arm-
arterie kein Puls zu tasten. Finger noch kühler als bei der anderen
Hand, etwas zyanotisch, teilweise auffallend rot. Pat. gibt an, seit
-der Operation keine Schmerzen mehr, dagegen seit zwei Tagen Gefühl
des Prickelns in den Fingern zu haben.
- .d, September. Operationswunde bis auf eine etwa 1 cm lange,
N, em tiefe Wunde verheilt. Beschwerdefrei entlassen.
-Die im Beginn des Dezember 1921 vorgenommene Nachunter-
suchung ergab subjektiv vollkommene Beschwördefreiheit. Narbe
rizlos, mäßig verschieblich, Venen am Oberarm sichtbar, die Hand
noch .Jeicht livid verfärbt. Rhagaden an den Fingerkuppen verschwun-
n, Raciti schwach, aber deutlich: fühlbar. Motorische Kraft
ast normal. l l
Nach der Einteilung von Gruber, welche auch Streißler
md Moreau beibehalten, sind die, beiden Halsrippen im Falle 1
cin die Gruppe II einzureihen, d. h. es handelt sich um überzählige,
ga ausgebildete, frei endigende Rippen, die mit der ersten Brust-
rippe durch einen straffen, bindegewebigen Strang verbunden sind.
Als Seltenheit verdient die Beschaffenheit des hinteren Endes der
. linken Halsrippe hervorgehoben zu werden. Das Rippenhälschen
mei verschiedenen Wirbelkörpern entspringen. |
‚Topographisch-anatomisch treffen wir im Falle 1 bei beiden
Halsippen durchaus verschiedene Verhältnisse an. Diese Ver- -
sthiedenheit ist in erster Linie zurückzuführen auf die ungleiche
Länge ‘und Verlaufsrichtung beider Halsrippen, in zweiter Linie
‚anf die verschiedene Ausdehnung von' Entzündungs- und Heilungs-
vrgängen, die sich nach der vorangegangenen Strumaoperation in
der Umgebung beider Halsrippen abspielten. |
Vorderes Ende fast die erste Brustrippe erreicht, unter der Art. sub-
cavia sowie dem Plexus hinwegzieht, sie nur ‚ein wenig nach außen
und vorn verdrängend, und der Plexus an die Halsrippe nur binde-
ewebig fixiert erscheint, sehen wir die kürzere, rechte Halsrippe
m wesentlich komplizierterem Verhältnis zu ihrer Umgebung stehen.
Da ihr Verlauf mehr horizontal gerichtet ist und sie mit ihrer
Spitze die Kreuzungsstelle zwischen Art. subclavia und erster Brust-
pe nicht erreicht, verläuft die Subclavia rechts frei unter dem
mdegewebigen Strang zwischen Halsrippe und erster Brustrippe.
alenus anticus, Pleura und Plexus sind mit der Spitze. der Halsrippe
emgebettet in narbiges Bindegewebe. Während, wie geschildert, von
et Muskulatur rechts nur der Scalenus anticus teilweise an der
ie ne anzusetzen scheint, inserieren an der linken Halsrippe
i ‚wenus anticus, medius, sowie überzählige Interkostalmuskulatur,
è sie mit der ersten Brustrippe ‚verbindet.
einer Störung in der Entwicklung des mittleren Keimblattes. Andere
Ag wurden, konnten wir in diesem Falle nicht feststellen. Wohl
aa lan wir bei unserer Patientin ‚allgemeine Schwächlichkeit
‚eurasthenie konstatieren, Zustände, welche Rosenhaupt bei
Appenträgern häufig beobachtete. re
rpp genetisch bietet unser Fall, besonders bezüglich der
Eee Halsrippenerkrankung, zwei Perioden des sogenannten
a stwerdens der Halsrippe dar, die sich deutlich voneinander
Arai Sie unterscheiden sich erstens durch den Intensitätsgrad
m Don, zweitens durch die sie.erzeugenden Ursachen. Seit
Ki “ür ihrem 15. Lebensjahre‘ leidet Pat., wie sie angibt, an
i l Im rechten Arm, die wechselnd mehr oder weniger stark
an ni zeitweise verschwanden, um. sich dann wieder bemerkbar
bis aC = Dieser Zustand erhält sich im wesentlichen unverändert
lindet aa 40. Lebensjahr. Sie hält sich für rheumatisch und
det sich
wegen eine
Mlassung
mit ihrem Zustand ab. Am 20. Juli 1918 ließ sie sich
r Struma operieren; am 8. August, 10 Tage nach ihrer
‚ abermals Aufnahme wegen eines Abszesses in der Ope-
© 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
gabelt sich hier in zwei Äste, die nach ihrer Verlaufsrichtung von
| Während die bei weitem längere linksseitige Halsrippe, deren
ung verwachsen; der Plexus wird von ihr durchbohrt und liegt
‚' Nach Fischel ist die Bildung von Hälsrippen ein Ausdruck:
kongenitale Anomalien, die häufig bei Trägern von Halsrippen ge-
ld
rationsnarbe.. Inzision im Narbenbereiċh an. der rechtén ` Halsseite,
Drainage. - Seit 1918 nun, berichtet Pat., entwickelt sich eine auf-
fallende Schwäche und zunehmendes Taubheitsgefühl der rechten
Hand; namentlich im Winter kommt ihr die Hand fast gefühllos
vor. Im Gebrauch der rechten Hand fühlt Pat. eine wachsende
Ungeschicklichkeit. Besonders fällt ihr- ein rapides Magerwerden
der rechten Hand auf; ‚Schmerzen bestehen jetzt ständig und nehmen
an Stärke zu; ihren Beruf als Schneiderin auszuüben, wird gänzlich
unmöglich, Schwermut und Lebensüberdruß bringen sie dazu,.:in
jegliche Operation einzuwilligen, die sie von ihrem ‚Leiden befreit;
nur ein solches Leben wolle sie nicht weiter führen.
Es ist aus dieser Darlegung ohne weiteres ersichtlich,. daß
wir‘ die erste. Periode des Krankheitsbildes vom 15. bis zum
40. Lebensjahr datieren müssen; sie.ist charakterisiert durch mehr
oder weniger starke,- zeitweise ‘auftretende Schmerzen. Als 'aus-
lösende Ursache dürften wir wohl kleine, teils. durch Wachstums-,
teils durch Bewegungsmomente des täglichen Lebens .bedingte ana-
tomische Lageveränderungen der Halsrippe gegenüber ihrer Um-
gebung, besonders dem Plexus, annehmen. . 0...
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trophische Störungen von seiten der den Arm versorgenden Nerven,
verbunden mit ununterbrochenen heftigen Schmerzen. Als ursäch-
lich auslösendes Moment für diese zweite Krankheitsphase dürfen
wir, gestützt auf die Anamnese und auf das bei der Operation ge-
‚wonnene Situationsbild, die 'Strumektomie mit der nachfolgenden
Eiterung und deren durch die Narbenbildung: bedingten anatomischen
Folgen auffassen. Demnach stellen wir uns vor, daß in: der ersten
Periode der Krankheit der Plexus brachialis unmittelbar. vor der.
Halsrippenspitze. verlief. Dementsprechend kam es zur Zeit der
Pubertät infolge des Wachstums. der Halsrippe und später. infolge
der kleinen Traumen: des täglichen Lebens selten und in geringem
Ausmaße zu Schädigungen des Nervengewebes im Plexus. Auf
diese sind die „rheumatoiden“ Schmerzen, von denen die Anamnese
berichtet, zurückzuführen. Dieses Symptomenbild bleibt bis zum
Zeitpunkt der am Hals. durchgeführten chirurgischen Eingriffe un-
gefähr gleich. Erst diese Eingriffe nun führen zum Einsetzen der zweiten
Krankheitsphase. Es kommt infolge der postoperativen. Heilungs-
vorgänge Zu ausgedehnten. Narbenbildungen und. Schrumpfungs-
prozessen im Bereiche des vorderen und: seitlichen Halsdreiecks
rechts. Durch diese wird nicht nur der Plexus, sondern auch der
Scalenus anticus und die Pleurakuppe aufwärts gegen die Hals-
rippe gezogen; an ihrer Spitze macht der Narbenzug noch nicht halt,
der Plexus wird weiter hinaufgezogen, so daß die Halsrippenspitze
durch ihn hindurchgedrängt wird, ihn in ungefähr gleiche Hälften.
teilend. Zerrung und Kompression wirken in höchstem Maße auf
den Plexus ein. Daß diese Schädigung des Nervengewebes. schwere
Symptome erzeugt, wie sie die zweite Periode in ‘der Erkrankun
‚unserer Patientin aufweist, erscheint uns ohne weiteres verständlich.
Pathogenetisch ist noch. zu erwähnen, daß bei unserer Pa
tientin innerhalb der zweiten Krankheitsperiode ein rechtsseitiger
Lungenspitzenkatarrh auftrat, für dessen Entwicklung eine günstige
Basis zweifellos durch jene oben geschilderten, die Pleurakuppe
einbeziehenden Schrumpfungsvorgänge geschaffen war. Doch müssen
wir uns auch hier der Beobachtung erinnern, ‚die Clairmont und
Suchanek 1921 mitteilen, wonach die durch Strumektomie g6- x
schaffenen Veränderungen der Blutzirkulation und Lungenventilation
bei gleichzeitig bestehender Lungenspitzentuberkulose mitunter zu
rascher Progredienz der tuberkulösen Veränderungen führen können.
Das Bestehen eines alten latenten .Herdes bereits vor. der Strum-
‚ektomie läßt sich bei unserer Patientin nicht miit Sicherheit aus-
schließen. Im übrigen ist die häufige Vergesellschaftung und gegen-
seitige Beeinflussung von Halsrippe und Spitzentuberkulose bekannt.
‚ Bezüglich des so. späten Manifestwerdens der linken Hals-
rippe sind wohl die oben erwähnten narbigen Schrumpfungsvorgänge
nach der Strumektomie. gleichfalls von großer Wichtigkeit. Doch
ist sehr wahrscheinlich, daß hier ‚außerdem die- nach. der rechts-
seitigen Halsrippenoperation in der Tiefe stattfindenden Heilungs-
vorgänge eine Rolle spielen und den letzten Anstoß zum Auftreten
der. linksseitigen Halsrippensymptome gegeben haben, indem durch.
Narbenschrumpfung im Bereich der rechten Schlüsselbeingrube ein
Zug an der linken Hälfte der Strumektomienarbe ausgeübt wurde,
Aus der bekannten Symptomentrias der Halsrippenerkrankun
weist unser Fall nur zwei auf: Einen sicht- und fühlbaren Tumor.
in. der Oberschlüsselbeingrube und den Symptomenkomplex von
seiten. des Plexus brachialis. Beschwerden von seiten der Gefäße
fehlten. Die nervösen. Störungen bestanden rechterseits. in Par-
Die zweite Periode zeigt rasch einsetzende, ‚ernstere :Sym- |
ptome; schnell zunehmende motorische, sensible und , vor allem
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sich dieselben Störungen, nur in geringerem Ausmaße. Hier traten
keine Schwierigkeiten.
Arme und das Röntgenbild sicherten in Anbetracht eines sonst
der Atropbien zu verhindern, denn diese gehen auch nach der
' schrittene Weg von vorne eingeschlagen.
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(Thomas, Cushing, Streißler).
. Arm auf, die man wohl auf die Alteration zurückführen muß, welche
Anatomisch ist auch diese Halsrippe nach der Gruberschen Ein-
- Brustrippe nicht wie in dem vorigen Fall eine fibröse, sondern er-
‚rippenresektion beobachtet wurde. Weiter war interessant das Vor-
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1038 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
27. Juli
Ziemlich negativ verläuft, auch die Betrachtung der Patho-
genese unseres Falles. Ob und in welcher Weise die Angabe der
Patientin, vor 2—3 Jahren öfters eine Schwellung in der Gegend
des Handgelenkes gehabt zu haben, verwertet werden kann, läßt
sich bei der Ungenauigkeit der Angaben nicht entscheiden. Zweifellos
ist, daß sie, abgesehen von dieser „Schwellung“, niemals Beschwerden
hatte, daß also etwa 3 Wochen vor ihrer Aufnahme ins Spital die
Halsrippe ziemlich akut manifest wurde mit Schmerzen im Arm und
Unterarm, zyanotischer Verfärbung und Schwellung der Hand. In
der Folge traten Schwächegefühl und Ernährungsstörungen ein.
Dieses akute Auftreten von Halsrippensymptomen, das dem objek-
tiven Befunde nach durch .eine Zirkulationsstörung hervorgerufen
wurde, in einem Alter von 29 Jahren läßt sich unseres Erachtens
nicht durch Wachstumsvorgänge erklären. Von den bisher beob-
achteten, in der mir bekannten Literatur erwähnten speziellen aus-
lösenden Ursachen, die Streißler in seiner Arbeit zusammengestellt
hat, kann nach Anamnese und Befund und angesichts der plötz-
lichen Entstehung des Krankheitsbildes nur ein der Patientin nicht
bewußtes Trauma angenommen werden, welches nicht nur die Art.
subclavia, sondern auch, wie der Operationserfolg lehrte und worauf
wir unten noch zu sprechen kommen, den Nervenplexus traf.
ästhesien im ganzen Arm, leichten Störungen der Wärmeempfindung
im -Bereich des Dorsum und der Vola manus, Herabsetzung der,
motorischen Kraft und trophischen Störungen, Atrophien im Medianus-
und Ulnarisgebiet und Entartungsreaktion daselbst. Links fanden
überdies beklemmende Schmerzen in der linken Hals- und Brustseite
dazu mit Anfällen von Atemnot, |
Differential-diagnostisch boten sich in diesem unseren Falle
| Der fühlbare, knochenharte Tumor, das
Vorherrschen von Nervensymptomen vorzüglich im Bereiche der
normalen Nervenstatüs die Diagnose.
_ Therapeutisch bestand bei der Schwere der nervösen Er-
scheinungen und der raschen Zunahme derselben eine absolute In-
dikation für die Operation, um vor allem ein weiteres: Fortschreiten
Operation bekanntlich nur schwer zurück (Thomas, Cushing).
Für den operativen Eingriff wurde der bisher meistens be-
Zu dem knapp oberhalb
und parallel der Klavikula geführten Querschnitt wurde ein Längs-
schnitt hinzugefügt, entlang dem hinteren Rand des Kopfnickers \
verlaufend, um ‚besseren Zugang zur Halsrippe zu erlangen. Die Hinzu kommt nun noch die Frage, ob der vollständige Ver-
Verletzung der Pleura, die sich. nicht selten bei der Isolierung und | schluß der Armarterie, dokumentiert durch das Verschwinden des
Resektion der Halsrippe ereignete (Nasse, de Quervain, Til- | Pulses im peripheren Verlauf derselben, plötzlich erfolgte mit dem
mann, Perier u. a. berichten darüber),. erfolgte in unserem Falle | Auftreten der ersten Schmerzen oder sich allmählich entwickelte
bei der Einkerbung des Scalenus anticus noch unterhalb der Hals-. | im Laufe der 3 Wochen, bevor Patientin in unsgre Behandlung
rippenspitze infolge narbig-bindegewebiger Verwachsung desselben | kam. Das klinische Bild spricht unseres Erachtens mehr für ersteren
mit der Pleura; sie hatte jedoch keine üblen Folgen. Beide Hals- | Vorgang, als dessen Folgen jene akut auftretende Schwellung im
Eu wurden samt dem Periost reseziert (de Quervain und | Bereich des Unterarmes begreiflich erscheint.
eck). | |
| Ä i Bezüglich der Entstehung und des pathologisch-anatomischen
~ Was den Erfolg anlangt, so waren nach der rechtsseitigen | Vorganges müßte man sich demnach denken, daß infolge eines der
Halsrippenresektion die Schmerzen bereits zur Zeit der Entlassung | Patientin nicht erinnerlichen Traumas eine Schädigung der Arterien-
der Patientin aus dem Spital, 14 Tage post operationem, fast völlig | wand erfolgte; diese führte zur Bildung eines Thrombus, der ent-
geschwunden. Fünf Monate später waren keinerlei subjektive Be- | weder wandständig das ohnehin ungewöhnlich enge Lumen der
schwerden mehr vorhanden, die motorische Kraft im Bereich des | Art.subclavia verlegte oder, was der Lokalisation der ersten Schnierzen
rechten Armes nur noch unwesentlich herabgesetzt; der Allgemein- | in der Ellbogengegend mehr entspräche, vom Blutstrom fortgerissen
zustand der Patientin war ein ausgezeichneter, der Spitzenkatarrh | in der Art. cubitalis stecken blieb und später dann durch‘ Stag-
ausgeheilt. Patientin hat an Körpergewicht beträchtlich zugenommen. | nationsthrombose bis in die Art. axillaris hinauf sich fortsetzte.
Die Atrophien im Bereiche der Interossei und des Antithenar haben | Derartige Beobachtungen sind in der Literatur mehrfach nieder-
sich merklich gebessert, die Atrophie des Thenar dagegen bestand | gelegt (Cooper, Coote, Hodgson, Madelung). Ob auch in
fast noch unverändert. Für die Atrophien ist die Zeit noch zu | unserem Falle Nerveneinflüsse eine Rolle spielten, ob wir, wie dies
kurz zur Reparation; sie widerstehen der Restitution am hart- | Gordon getan hat, eine Neurose der Vasomotoren mit zur Er-
näckigsten, können aber schließlich doch gänzlich schwinden | klärung der Zirkulationsstörung heranziehen können, bleibe dahin-
| | gestellt. - | |
Bei der Diagnose und Wahl der Therapie mußte an die Mög-
lichkeit gedacht werden, ob trotz des ausgesprochenen Vorherrschens
objektiv nachweisbarer Gefäßsymptome die heftigen Schmerzen nicht
auch durch eine neben dem Gefäßirauma erfolgte Schädigung. des
Plexus brachialis mit oder vorwiegend bedingt sein könnten. Diese
Überlegung zugleich mit der Absicht, zur Klärung jener Frage nicht
erst das Eintreten von Motilitätsstörungen oder gar die Entwicklung
von Atrophien abzuwarten, die bekanntlich häufig so überaus hart-
näckig der Reparation trotzen, ließen uns die Indikation zur opera-
tiven Therapie stellen. :
Auch in diesem Falle wurde die Exstirpation der Halsrippe
von vorneher in Angriff genommen. Der typische Querschnitt
machte das Operationsgebiet genügend zugänglich. Wie Beck
sahen auch wir nach Resektion der Halsrippe die Art. subclavia
gleich einem entspannten Gummiband zurücksinken. Pulsation war
in derselben nicht wahrzunehmen.
Der Eriolg der Operation war subjektiv ein sehr guter; bereits
am zweiten Tage post operationem waren kaum mehr Schmerzen yor-
handen; in einigen Tagen waren dieselben vollkommen geschwunden.
Daß bei der bestehenden Thrombose der fehlende Radialpuls bald
wiederkehren würde, war nicht zu erwarten. Es mußte die Aus-
bildung von Kollateralen abgewartet werden; tatsächlich konnte
21/ Monate post operationem ein schwacher Radialispuls festgestellt
werden; zu diesem Zeitpunkte waren auch die Ernährungsstörungen
an. den Fingerkuppen und Nägeln völlig geschwunden. Diese die
Gefäßversorgung betreffenden Reparationsvorgänge können natürlich
nicht oder nur teilweise als Erfolg der Operation gewertet werden.
Wohl aber die Beseitigung der Schmerzen, die angesichts ihres
prompten Verschwindens unmittelbar nach der Operation größten-
teils als Drucksymptome der Halsrippe auf den Plexus angesprochen
werden müssen. Denn ischämische Schmerzen, wie sie ausschließ-.
lich als Folgen einer Thrombose auftreten, sind selbstverständlich
gleich wie ihre direkte Ursache operativ nicht zu beeinflussen.
Nach der Resektion der linken Halsrippe traten in der ersten
Woche danach starke neuralgische Schmerzen im ganzen linken
der Plexus erfuhr, sowohl bei der Loslösung von der Halsrippe
als auch durch die bei der Luxation der durchtrennten Rippe not-
wendige Verziehung des Plexus. Nach einer Woche waren diese
Schmerzen geschwunden. Und seither ist die Frau völlig be-
schwerdefrei.: Die bei der Patientin durchgeführten Operationen
haben ihr aus einem. unerträglichen, zu einem beschwerdefreien,
lebenswerten Zustand verholfen.
Zu Fall 2 ist Folgendes zusammenfassend zu bemerken.
teilung als eine Halsrippe zweiten Grades zu bezeichnen; nur ist
hier die Verbindung der Halsrippe mit dem Knochen der ersten
folgt vermittels einer Diarthrose. Anatomisch bietet unser Fall
zwei bemerkenswerte Tatsachen: Gewöhnlich verläuft die Art. sub-
clavia bei einer Halsrippe, die über die normale Kreuzungsstelle
der Subklavia mit der ersten Brustrippe "hinausreicht, zwischen
Scalenus anticus und medius über die Halsrippe. Bei unserer
Patientin nun zieht die Subklavia vor dem am Mittelstück ' des
Halsrippenkörpers inserierenden Scalenus anticus über die Hals-
rippe hinweg, was bisher nur in einem Falle (Pilling) von Hals-
handensein einer atypischen starken Vene medial vom Plexus,
deren Verlauf, soweit derselbe zu überblicken war, oben bereits
geschildert wurde. | |
Was die ontogenetische Bedeutung der Halsrippe betriflt, so
handelt es sich in diesem Falle um eine sonst vollkommen normal
entwickelte, nervengesunde Person; es lassen sich bei ibr keinerlei
andere Anzeichen finden, die auf eine Störung der Entwicklung des
mittleren Keimblattes schließen ließen. Auch fehlen jegliche Stigmata
der Degeneration. |
Ká
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. Bei allen .drei Operationen konnten wir feststellen, daß die
“anatomische Übersicht und die Zugänglichkeit zu den Halsrippen
‚sing vollkommen befriedigende war, besonders wenn der Hilfsschnitt
nach oben den Querschnitt über die Fossa supraclavicularis. zuge-
fügt worden war. Wie aus den Operationsberichten ersichtlich,
waren die anatomischen Verhältnisse in unseren Fällen so kom-
pliziert, besonders was das vordere Ende der Halsrippen anlangt,
daß breite Zugänglichkeit als notwendige Voraussetzung für das
Gelingen der Operation bezeichnet werden mW. |
Es sei dies besonders hervorgehoben, da in den letzten Jahren
von-mehreren Seiten der Vorschlag gemacht worden ist, die Halsri Ben;
‚von einem rückwärtigen Schnitt aus operativ anzugehen. Streiß er
it dabei so vorgegangen, daß er mittels eines parallel den Wirbel-
` dèmen geführten Schnittes etwa 2cm seitlich von ihnen durch die
"Niskulätur bis zu den Querfortsätzen der beiden untersten Hals- und.
gbersten.Brustwirbel vordringt. Der Processus transversus des 7. Hals-
. wirbéls wird weggemeißelt und das Hälschen der Halsrippe freigelegt.
-Nach Dürchmeißelung desselben wird der 'distale Rippenanteil mög-
liebst weit nach vorne freigemacht. Streißler betont, daß die Me-
t thode nicht ausreicht, wenn die Rippe zu lang ist oder vorne zu fest
” hite Dann muß zur Exstirpation der Halsrippe noch der Schnitt
yon vorne über die Fossa supraclavicularis hinzugefügt werden. ` Wilms
"hat vorgeschlagen, den Schnitt, den er. für die hintere Pfeilerresektion
der Rippen bei Phthise empfohlen hat, auch zur Operation der Hals-
Kippe EU DER DER. Henschen hat zum ersten Mal auf. diesem Wege
ippen mit Erfolg entfernt. Wilms selbst jedoch sieht die Mög-
‚ Jichkeit voraus, daß die Entfernung der Halsrippe auf diesem Wege
- bei komplizierten Verhältnissen nicht gelingen könnte. Für diese Fälle
= erden Rat, Stücke der Rippe neben der Wirbelsäule zu entfernen.
‘ Er meint, daß dann in gleicher Weise wie bei der Pfeilerresektion.
der. mittlere Teil der Rippe nach abwärts sinkt und dadurch die Nerven
: vom Druck befreit werden. Um das Herabsinken der Rippen zu ver-
stärken, könne auch noch von der 1. Thoraxrippe paravertebral ein
Stück entfernt werden. Ob das Herabsinken der Halsrippe nach
paravertebraler Resektion eines Stückes genügt, um die Halsrippen-
upiome zu beseitigen, erscheint uns für manche Fälle zweifelhaft.
‚man sicher gehen und den vorderen Anteil der Halsrippe ent-
lernen, wird man in vielen Fällen mit der Methode von rückwärts das
Auslangen nicht finden. Aus diesen Erwägungen und auf Grund der.
rlahrungen bei unseren Operationen möchten wir auch heute noch .
den Weg von vorne zur Entiernung einer Halsrippe als den sichersten.
bezeichnen und den Schnitt quer über die Fossa supraclavicularis mit
nem eventuell nötigen darauf senkrechten’ Hilfsschnitt die Methode
der Wahl nennen. Dieser Ansicht hat Albrecht gelegentlich der
‚ Demonstration der mitgeteilten Fälle in der Freien Vereinigung der
gen Wiens Ausdruck verliehen). er
Zusammenfassend sei hervorgehoben: l
‚ 1, Eine Halsrippe kann nach Strumektomie infolge Narben- .
schrampfung manifest werden, besonders dann, wenn sich an die
Strumektomie entzündliche Prozesse im Wundbereich anschließen.
‚2% Auch bei ausgesprochenem Vorherrschen objektiv nach-
weisbarer Gefäßsymptome einer Halsrippe ist eine Operation indi-
' Net, wenn starke Schmerzen bestehen. Dieselben müssen nicht
Far
| |
1er Halsrippe auf den Plexus brachialis muß immer als mögliche
. Ursache der Schmerzen in Rechnung gezogen: werden. u
i 3. Die Methode der Exstirpation der Halsrippe von vorne hat
Uns sehr bewährt, Zugänglichkeit und Übersichtlichkeit sind
< aigezeichnet, besonders wenn dem horizontalen Schnitt über die
F 7 Supraclavieularis noch ein zu diesem senkrechter Hilfsschnitt
nacügt wird. Nach den bei den drei Operationen gewonnenen
p „ungen können wir nicht annehmen, daß die Methode der
teile allon. von rückwärts (Streißler, Wilms) technische Vor-
= ieten würde, müssen vielmehr die Exstirpation der Halsrippe
vorne als die Methode der Wahl bezeichnen. zz
u Aus der Kinderklinik der Königl. ung. Elisabeth-Universität,
~ „derzeit in Budapest (Direktor: Prof. Dr. Paul Heim),
Eine Modifikation der Buttermehlvollmilch Moros.
| Von Dr. Oskar Göttche. i
ist da le hen. nach hd yepepnaeh wirkenden Nährgemischen
ru dr Dura, I anann Ga ngana
‘gingen erblickten, | Ä |
der Pr mit ihrer gärungshemmenden Wirkung, nämlich mit
| ieh auch ihre Folgeerscheinung, den Durchfall, beseitigen soll.
9 WELW, 1928, Nr. 30, 8.545.
1 L E E E e m g E e n ee a e pa S S RI 200007070 Den ER E E A Ehe ae 2 en A EEE EA SETAS,
. A i & i 4 u f : 2
<o > 7 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. 5 7 |
Awendigerweise nur ischämischer Natur sein, sondern der Druck
suchten in erster Reihe nach einer solchen
en Fäulnis, die pathologische Gärung paralysieren und -
1 4i s
A y . « IN ne
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nige aber, die gegen die pathologische Koliaszension kämpfen
ollen, legen das. Gewicht auf den sauren Charakter der antidys-
t
peptischen Nahrung. So soll z. B. die sui generis antidyspeptisch
wirkende Eiweißmilch diese Eigenschaft nach der einen Meinung
ihrem fäulnisfördernden hohen Eiweißgehalt, nach :der anderen An-
‚schauung ihrem Säuregehalt verdanken. Wie immer wir auch den
Wirkungsmechanismus einer Heilnahrung: uns vorstellen, das sicherste
Kriterium ihrer Benutzbarkeit . bleibt doch schließlich die Empirie.
Im folgenden soll ein neues Nahrungsgemisch beschrieben
werden, das erfahrungsgemäß eine recht wirkungsvolle .antidyspep-
tische Eigenschaft besitzt. er > di
Moro hatim Jahre 1920 zwei konzentrierte Säuglingsnahrungen
empfohlen: die Buttermehlvollmilch und den Buttermehlbrei. Die
bekannte Zusammensetzung der ersteren: ist: Vollmilch +- 3°, Mehl
-+ 5°/, Butter -+ 7°/, Zucker; der letzteren: Vollmilch -+ 7°%/,.Mehl
-- 5°), Butter + 5°, Zucker. Er hat die Nährgemische während
einer Dysenterieepidemie angewendet, und auch ihm fiel schon deren
antidyspeptische Wirkung auf. Lust hat den Zuckergehalt der
Buttermehlvollmilch. auf 2°, reduziert, auch gänzlich zuckerlos das.
Nährgemisch gereicht, da nach seiner Ansicht der hohe. Zucker-.
gehalt ‘die antidyspeptische Wirkung der Nahrung sehr schädigt. .
Zur selben Zeit, als die Publikation von Lust erschien,
machten wir ebenfalls die gleiche Erfahrung, und deshalb wurden
von Prof. Heim folgende zwei Änderungen an der Buttermehlvoll-
milch vorgenommen.. ns WER a
1. aus der Butter und dem Mehl des Nährgemisches wurde :nach
_ Art der Buttermehlnahrung von Czerny und Kleinschmidt
eine Schwitze zubereitet, | De PE
2. die Nahrung würde gänzlich ohne: Zuckerbeigaäbe gereicht.
Die so modifizierte Nahrung nannten wir zuckerlose Butter-
_ mehlvollmilch. Sie besteht aus Vollmilch -+ 3°, Mehl + 50/, Buiter
und repräsentiert ein Eiweiß-Kalzium-: und fettreiches Nahrungs-
gemisch mit geringem Kohlenhydratgehalt. _ — |
Die antidyspeptische Wirkung dieser Nahrung: kann vielleicht
darin erblickt werden, daß ihr hoher Eiweiß- und Kalziumgehalt die
Fäulnis im Darm befördert, und daß der am leichtesten gärende
Nahrungskoniponent, : der Zucker, sehr gering ist (nur der Milch-
zucker der Vollmilch). Der Fettreichtum. soll diese Wirksamkeit
gleichfalls befördern: das Fett steigert die Sekretion der. Darmsäfte
und erhöht dadurch die Alkalität, außerdem steigert es durch seine‘
doppelsinnige Wirkung in einem Milieu von Fäulnis die gärungs-
widrige Fäulnis (Bessau). u ee
100 g zuckerlose Buttermehlvollmilch hat einen Kaloriengehalt
von 120 Kalorien. Nach unserer Erfahrung wirkt :'sie am erfolg-
reichsten, wenn wir 120 g pro Kilogramm Körpergewicht. rechnen.
Wir haben die Nahrung in’ 70. Fällen, angewendet.. Unsere
sämtlichen damit ernährten Säuglinge waren krank, und selır ‘oft
gingen wir auf unser Nährgemisch erst dann über, als wir mit den
‚übrigen üblichen Heilnahrungen kein Resultat erreichen : konnten.
‘Wir wandten die Nahrung mit gutem Erfolg an bei Atrophie _
(von 26 Fällen 17 erfolgreiche, 8 unveränderte, 1 Versager). Bei.
chronischer Dyspepsie,: die zwar noch zu keiner Atrophie geführt
hat, aber der Säugling‘ nicht weit von ‚diesem Stadium entfernt war,
1 unverändert, 1 Versager). _
r
waren die Resultate noch besser (von 18 Fällen 11 erfolgreiche, .
Der Erfolg zeigt sich. in den ersten 2—3 Tagen: die Stühle
werden gelb und dickbreiig und ihre Zahl reduziert sich auf täglich
1—2 Entleeruigen und die Gewichtskurve. steigt an. Rapiden Ge-
wichtsanstieg. sahen wir selten.. Charakteristisch. ist eine solide, .
zackenfreie Gewichtszunahme. Bei parenteralen Infektionen wurde,
ebenfalls recht erfolgreich, die zuckerlöse Buttermehlvollmilch ge-
f geben (von 15 Fällen 14 erfolgreiche, 1 Versager). “Bei solchen
wirkt nicht nur der antidyspeptische Charakter der Nahrung günstig
sondern ihre: Konzentriertheit und ihr großer Kalsrienreichtum ist
auch bei der stets vorhandenen Anorexie von wichtiger Bedeutung.
Unsere Fälle waren Furunkulose, 'Phlegmone, Sepsis, Broncho-
| pneumonie, Pyelitis, Otitis. Obzwar bei Infektionen die Virulenz,
des Erregers und die Widerstandsfähigkeit des Organismus die zwei
wichtigsten Faktoren darstellen, sind doch die Nahrung und Medi-
kation oft von ausschlaggebender Bedeutung. Der Zustand unserer
zwei Säuglinge mit spastischem ‘Erbrechen, bei denen Atropin und-
der von Epstein empfohlene Brei erfolglos blieben, bes; |
prompt an und’das Erbrechen verschwand. Bei 4 Fällen mit Taa
cong. sahen wir während der.energischen Quecksilber- Rn
' kur einen. stetigen‘ Gewichtsanstieg bei unserer: Nahrung.. Von
unseren tuberkulösen Säuglingen sahen wir bei den leichteren
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rasch bei zuckerloser Buttermehlvollmilch: die Gewichtskurve stieg:
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1000. 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 30. 27. Joli.
Fällen einen recht günstigen Einfluß der Nahrung, bei schweren |
Fällen kann natürlich die Progression der Krankheit nicht auf-
‚gehalten werden. = = SE ERBE
=.. Eine recht begründete Indikation findet unser Nährgemisch
bei Tuberkulose durch seinen Fett- und Kalorienreichtum.
Bei mit Fieber verlaufender Dysenterie beeinflußte die Nahrung
den Verlauf der Krankheit sehr ungünstig: bei zweien unserer Fälle
kam es sogar zur Intoxikation. | I: | |
Bei fieberlosen Dysenteriefällen, bei denen jedes toxische
. Symptom fehlte, und: bei chronischen, hartnäckigen Dickdarm-
katarrhen ‚post dysent. sahen wir in zahlreichen Fällen einen außer-. | Aus der II. Medizinischen Universitätspoliklinik der Charité in Berlin -
ordentlich guten Erfolg. BEE p
u Außer den 2 Fällen mit fieberhafter Dysenterie entwickelten
sich die Symptome der Intoxikation noch bei 3 anderen mit unserem
Nährgemisch ernährten Säuglingen: 2 Säuglings waren im Alter
unter 6 Wochen, einer 6 Monate alt — alle 3 mit schwerer Atrophie. |
. Ein Einfluß des Alters auf die Anwendbarkeit unserer Nahrung
konnte nicht beobachtet werden. Selbstredend benötigt der Säugling, Fa
je jünger er ist, um so mehr Sorgfalt bei seiner Ernährung. Es
wurde ein Säugling mit Faux lupina und Labium leporinum von
> der ersten Woche an mit zuckerloser Buttermehlvollmilch erfolg- |
reich ernährt. |
: Unser Nährgemisch ist stark konzentriert. Es ist eine be-
- kannte Tatsache, daß Säuglinge mehr Flüssigkeit benötigen als
Erwachsene. Der Säuglingsorganismus enthält. 70%/, Wasser, und
‘ der Säugling braucht zu seinem Wachstum gleichfalls Wasser. Mit
der Frauenmilch bekommt der Säugling 125 cem Wasser pro Kilo-
' gramm. Dies kann als das physiologische Maß seines Wasser-
bedarfes angesehen werden. Früher hielt man bei künstlicher Er-
- nährung ein noch höheres Wasserguantum für nötig: 160—140 com
pro Kilogramm. .Seit der Einführung konzentrierter Nährgemische
in die Säuglingsernährung (die Schule von Pirquet) wurde: es
` augenscheinlich, daß der Säugling. bei einem viel geringeren Flüssig-.
'keitsguantum sich ebenfalls ganz befriedigend entwickelt.
` Unsere zuckerlose Buttermehlvollmilch enthält in 100 ccm
70 cem Wasser. Wenn wir von unserem Nährgemisch 120 g pro
Kilogramm Körpergewicht reichen, so-bekommt der Säugling S0 cem
Wasser pro Kilogramm; also 40 com weniger als bei Frauenmilch-
ernährung. Trotzdem kann man Säuglinge damit recht lange Zeit
hindurch ernähren, ohne daß die Symptome des Wassermangels an
ihnen bemerkbar wären. `. |
Wir reichten bei 70%/, unserer Fälle die Nahrung TA Jahr, -
bei 250/3 Ya Jahr, bei 50%/, 3/4 Jahr hindurch. .
` Es wird mehrfach erwähnt, daß man bei konzentrierten Nähr-
gemischen Übertemperaturen und Unruhe beobachtete. Wir reichten
bei fast allen Temperaturerhöhungen — die sich bei manchen, mit
der zuckerlosen Buttermehlvollmilch ernährten Säuglingen ein-
stellten — sofort reichlich Tee, ohne daß wir einen Einfluß dieses
Pius an Flüssigkeit auf die Temperaturerhöhung beobachten konnten.
= . Wenn sich bei zuckerloser Buttermeblvollmich alimentäres
Fieber einstellt, genügt es nicht bloß, mehr Flüssigkeit zu geben,
sondern man muß die Nahrung ausschalten, weil nicht der Flüssig-
keitsmangel die Ursache des Fiebers ist, sondern die toxische
Wirkung der Nahrung. Das Fieber schwindet auch nur dann,
. wenn die Nahrung gänzlich ausgesetzt wird. Daß die Zugabe von
Tee bei keinem Nährgemisch irgendwelche Einwirkung auf den
Gewichtsanstieg hat, darin sind alle Autoren gleicher Meinung.
Unsere Erfahrungen bekräftigen gleichfalls diese Anschauung. Es
ist jedenfalls ratsam, daß man im Hochsommer bei einem kon-
. untersuchungsergebnisse.
etwas eingehender mit dem Problem beschäftigt. .
- auf Kosten der
Ulcera peptica,
kein charakteristisches Merkmal darstelle und folglich auch keine
Ferment.
lichen Haushalt recht :viel Schwierigkeiten bereitet. Es ist, also
selbstredend, daß wir unsere Nahrung auch von diesem Standpunkt
aus als wertvoll einschätzen. Wenn die Säuglinge zeitweise zur ärzt-
lichen Kontrolle vorgestellt werden, hat die ambulante Anwendung
‚der Nahrung überhaupt keinen Nachteil. | |
Literatur: Moro, Mschr.f. Kindblk. 1920,18. — Heller, Ebenda 1921, 19, —
Kleinschmidt, Ebenda. — Lust, Klin. Wschr. 1922, Nr.32 — Schick und
Helmreich, Zschr. £ Kindhlk. 1921, 30. — Davidsohn, Ebenda 1922, 81. —
Meyer, Ebenda 1913, 5 — Heubner, Jb. t. Kindhlk. 1910, 72. — Flesch und
Torday, Ebenda 1923, 97. | | 7
(Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. Kraus...
Über die Bedeutung der Leukozytenformelbestimmung
beim Magengeschwür. —
Von Dr. Gaetano Martino, Rom. EEE
Beim Ulcus ventriculi chronicum fehlen abschließende Blut-
Kaufmann und Rencki haben sich
Kaufmann weist darauf hin, daß „verschiedene Punkte im Bilde
der Magen- und Darmkranken, die Störungen im vegetativen Nerven- |
system zeigen, oft beweisen, daß diese Störungen in Beziehung zu den
Sekretionsveränderungen der inneren Sekretionsdrüsen und besonders
der Schilddrüse stehen“. Wegen der Wichtigkeit, die man der An-
wesenbeit einer Lymphozytose für die Diagnose der Schilddrüsen-
sekretionsstörungen beimißt, hat er in 140 Fällen von verschiedenen
Magen- und Darmkrankheiten, von der chronischen Verstopfung bis
zum Ulcus ventriculi chronicum, das Blutbild beobachtet. Er hat bei .
60°%/, seiner Beobachtungen, in | |
. absolute Lympliozytose festgestellt, mit einer wechselnden Zahl von
Lymphozyten von einem Minimum von 35°); bis zu einem Maximum
von 620%,. Seine Beobachtungen aber erstreckten sich nur auf solche
Fälle, bei denen die Vago- oder Sympathikotonie in Verbindung, zu
bringen ' war mit eventuellen Veränderungen der Schilddrüse.. Über
-die Zahl der Fälle, die zu dieser oder jener Magen- oder Darmkrank-
heit.gehören, fehlen nähere Angaben. Ba
enau 90 Fällen, eine relative oder
Rencki beschäftigte sich mit dem hämatologischen Studium
‘der Magenkrebs- und Ulkuskranken, unter besonderer Berücksichtigung
‘der Veränderungen der digestiven Leukozytose. Während er fest-
stellte, daß bei Krebskranken eine geringe Zunahme der Lymphozyten
olynukleären Zellen *tattfand, behauptet er für die
aß das Prozentverhältnis der weißen Blutkörperchen
diagnostische Bedeutung: haben könne. 2 ER u
In den letzten Jahren ist dem Ulcus ventriculi chronicum eine-
besondere Stellung zuerkannt worden und man hat angenommen, daß
das -Magengeschwür den Ausdruck oder ein an einer konsti-
tutionellen Harmoniestörung darstellen könne. Katzenstein z. B.
sieht die Ursache des Ulcus ventriculi in dem Mangel an antipeptischem
In der Folge wurden die Ulcera gastrica als Folge von Störungen
im vegetativen Nervensystem betrachtet und v. B a ann und seine
Schule schreiben die Schuld am Entstehen und an der langen. Dauer
| der Krankheit dem Übergewicht des Vagus über den Sympathikus zu,
ein Vorkommen, das schon Eppinger und andere als tatsächlich
'hingestellt hatten.
Die Vagotonie stellt demzufolge die körperliche Veranlagung
dar, äuf der ein äuslösendes Moment die Ulcera gastrica entstehen
läßt, ein Gelegenheitsmoment, das ganz verschiedenartig sein kann.
Die Kenntnis der Natur des vegetativen Nervensystems hat große
Fortschritte gemacht. Dresel behauptet, daß die Erregung eines
Nerven dieses Systems die Erregung durch Induktion in dem anderen
Fun eu
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zentrierten Nährgemisch auch wenig Tee dem Säugling reicht — und
er wird auch dann von ihm gerne genommen, während die Säug-
- linge im Winter gar keinen Tee wünschen. . |
Die Herstellung der zuckerlosen Buttermehlvollmilch ist sehr
einfach. Sie ist in jedem Haushalt ohne Schwierigkeit durchführbar.
- Moro selbst und alle übrigen Autoren, die über seine konzentrierten
Nährgemische berichtet haben, betonen, daß dieselben nur in An-
stalten Verwendung finden können. Unsere Erfahrungen mit unserer
Nahrung widersprechen dieser Auffassung. Wir ernährten sehr zahl-
reiche Säuglinge unserer Ambulanz, unserer Beratungsstellen- und
_ private Kranke mit zuckerloser Buttermehlvollmilch, und das Er-
=t] © nährungsresultat war mindestens ebenso gut bei diesen als in
U der Anstalt. | ae
1% Es ist bemerkenswert, daß die neue Nahrung ebenso in der
Anstalt wie in. der ambulanten Praxis die Eiweißmilch gänzlich
. überflüssig machte. | Ä E
a . Es ist ein großer Nachteil der Eiweißmilch, daß ihre Her-
S stellung verhältnismäßig kompliziert ist und besonders im gewöhn- ``
_ auslöse und zwar in dem Sinne, daß eine Vagotonie zwar eine erhöhte
Reizbarkeit, eine leichtere Ansprechbarkeit dieses Nerven bedeute,
nicht aber sein ständiges Überwiegen im vegetativen Nervensystem.
| Kuttner und andere glaubten eher auf eine Dysfunktion im viszeralen `
Nervensystem schließen zu sollen. SRON SER
Peritz und Fleischer haben Reaktionen gefunden, welche
gestatten die Magengeschwürskranken in die Kategorie der Kranken
mit spasmophilen Reaktionen unterzubringen. In mehr als 40 Fällen
haben sie regelmäßig spasmodische Reaktionen festgestellt (elektrische
Übererregbarkeit, Umkehr der Zuckungsformel, erhöhte Spannung der
Arterienwände usw.). Sie-haben auch nach der Dreselschen Methode
die Adrenalinprobe gemacht, mit der sich bei vagotonischen Individuen
eine lebhaftere und intensivere allgemeine Reaktion ergibt, die bis
zum Kollaps führen kann, und unter welcher der Blutdruck zuerst
eine Senkung, dann eine Steigerung zeigt. Mit dieser Probe fanden
sie bei einigen Ulkuskranken ein Bild, das mit dem des normalen
Individuums identisch. war, bei anderen wieder eine Erhöhung des
Blutdrücks, bei anderen schließlich wieder ein Bild, ähnlich dem. von
| vagotonischen Individuen. — Auf Grund derartiger Resultate. läßt sich
also mit absoluter Sicherheit nicht von einer Vagotonie oder Sympathi-
kotonie bei Geschwürskranken sprechen. ER con
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- 810000--3700000) mit 60—800 Hämoglobin. In
„sich folgendes:
Auf. jeden Fall. — ob Vagotonie oder Dysfunktion — be-
stehen þeim Magengeschwür gewisse Relationen zwischen dieser
“ Erkrankung und.dem viszeralen Nervensystem.
= Das hämatologische Bild der Krankheiten des vegetativen
Nervensystems ist heute hinlänglich genau’ bekannt, und durch die
Untersuchungen von Eppinger und Heß, Neubauer und Stäubli,
md neulich von v. Dziembowski, ist in sicherer Weise die An-
wesenheit einer fast konstanten Eosinophilie ‚bei der Vagotonie
‚festgestellt.
v, Dziembowski hat ferner eine neutrophile Leukopenie
- ud eine Vermehrung der Lymphozyten. gefunden, ein hämato-
logisches Bild (Eosinophilie einschließlich), welches er als das kon- -
stanteste Symptom der Vagotonie anspricht. Dies stimmt auch mit
dem Ergebnis der Untersuchungen Bertellis berein, daß -nämlich
eine Reizung des Vagus die Erscheinung einer Mononukleose im
Blute auslöst. Bei der Sympathikotonie hat Falta eine Vermehrung
derPolynukleären und eine Verminderung der Eosinophilen festgestellt.
Bei dieser Sachlage habe ich gern von Herrn Dr. F. Fleischer
den Rat angenommen, Blutuntersuchungen ‚bei Ulcus ventriculi
chronieum erneut vorzunehmen. = |
- Es folgen hier die Ergebnisse von 44 Fällen aus der Männer-
abteilung der II. Medizinischen Poliklinik. _ |
Bei 29 Fällen fanden sich polymorphkernige in einem Prozent-
satz von 65—77 Verminderungen in 14 Fällen (44--61%,), Ver-
mehrungen in einem Falle (83°/,). Die Lymphozyten hatten den Pro-
zenlsatz von 18—29%/, in 26 Fällen, Verminderungen in 5 Fällen
(Th), Vermehrungen in 13 Fällen (31—44°/,). Die Eosinophilen
fanden sich in einem Prozentsatz von 1—4%, in 28 Fällen, sie fehlten
in 6 Fällen, Vermehrungen in 10 Fällen (&—17%).
- “Die Anzahl der Erythrozyten und des Hämoglobins waren. in
3 Fällen regelrecht (4000000--5000000); Verminderungen in 9 Fällen
| iesen .9 Fällen
war das Prozentverhältnis der weißen Blutkörperchen regelrecht, außer
in 4 Fällen, wo eine Vermehrung der Lymphozyten bestand.
Beim Vergleich des Lebensalters mit dem Leukozytenbefund ergab
a Bei dem einzigen Kranken unter 15 Jahren Eosino-
A osinophilie bestand auch bei den beiden Fällen von 15 bis
O Jahren. In den 25 Fällen von 30—50 Jahren hatten 13 normalen
Befund, 7 Lymphozytose, 1 Eosinophilie, 2 Lymphozytose -++ Eosino-
& 3 zeigten keine Eosinophilen und bei allen Kranken über 50 Jahre
. rmaler Befund in 9 Fällen, Lymphozytose in. einem Falle, Eosino-
— |. -.
bilie + Lymphozytose in 2, Neutrophilie in 1, völliges Fehlen der
Wsinophilen in 2 Fällen. ` o
In bezug auf den Beginn der Krankheitssymptome bzw. die
Dauer der Krankheit in Fällen mit veränderter. Leukozytenformel,
valeren diese in Füllen mit Lymphozytose ‚von einem Minimum von
4 Tagen bis zu einem Maximum von 12 J ahren, wobei Unterbrechungen
er jO e pa re bis zu mehreren Jahren vorkamen. In
enem Falle begann die Krankheit mit Blutung. In den Fällen von
Eosinophilie läuft die Dauer von einem Minimum von 2 Wochen bis
m einem Maximum von 3 Jahren, fast immer mit Unterbrechungen
un verschiedener Dauer. In einem Falle war der Beginn der Krank-
et von Blutung begleitet. Von 10 Fällen, die operativ mit Gastro-
alerostomie behandelt wurden, hatten 5 einen regelrechten Leuko-
ıytenbefund, 3 Lymphozytose, 2 Fehlen Eon Kosinophilen: Ä |
Was schließlich die Kombinationen und Komplikationen. betrifft,
‚© fanden sich unter 10 Fällen von Ulcera gastrica, verbunden mit
. ungentuberkulose, zweimal normale Leukozytenformel, dreimalLympho-
zytose, einmal Eosinophilie, zweimal Lymphozytose -+ Eosinophilie,
an Fehlen von Eosinophilen. Bei 2 Ye ilisfällen war der Leuko-
zytenbefund einmal regelrecht, im anderen fehlten die Eosinophilen.
mi ällen von Stenose des Pylorus als Komplikation des Ulkus war
ir m ein regelrechter Befund, in 2 bestand Eosinophilie,. in
Ada? dzytose, in 2 Lymphozytose + Eosinophilie. In 4 Fällen von
läsionen und perigastritischen Verwächsungen war die Leukozyten-
a egelrecht in einem derartigen Falle ließ sich Lymphozytose
i Prozentsatz von 470%, es war verändert in 23 Fällen (58°/%)
ind ar in õ Fällen Eosinophilie, in 9 Lymphozytose, in 4 Ver-
hilen S von Eosinophilie mit Lymphozytose, in 4 fehlten die Eosino-
‚plen,:in einem. Ne 1: Re : der
re. Neutrophilie ohne Eosinophile und Verminderung de
Die Bosinophilie fand sich also insgesamt “in 10 Fällen, das ist‘
enau in 22%, die L . j o: di
See: ‚ die Lymphozytose in 13 Fällen, d. h. in 29°%; die
sinophilen fehlten in 5 Füllen (110%), die Lymphozytose und die
der Anzahl der Neutrophilen. |
han sucht man diese Ergebnisse unter die theoretischen An-
nächst ‚sen über das Ulcus ventriculi einzureihen, so wird man zu-
nach den für Vagotonie oder Sympathikotonie charakteristischen
0SInd 1 . N D e . S ”
nophilie fanden sich fast immer zusammen mit einer Verminderung
en fahnden, In einer Differenz, die zwischen 47./, (regelrechte
Pa a
Nle) und 030 (regelwidrige Fälle) liegt, kann ein integrierendes
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK— Nr.30. 0°.
Das Gesamtbluthild war in 21 Fällen ohne Änderung, also in
Moment nicht erblickt werden. Es mag die Anzahl von 44 Kranken
nicht groß genug sein, um endgültig die Frage der Leukozytenformel
beim Ulcus ventriculi chronicum zu entscheiden, aber'immerhin ge-
stattet sie doch eine gewisse berechtigte Beurteilung, wenn man einmal
"berücksichtigt, daß das Material nur sichere und dabei wahllos heraus-
gegriffene Krankheitsfälle umfaßt und, wenn man sodann: daran denkt,
‘daß der Störung im vegetativen Nervensystem die überragende Be-
deutung bei dem Ulcus ventriculi zuerkannt wird. Würde tatsächlich
eine Vagotonie im Sinne von v. Bergmann.in jedem-Falle von mani-
festem Ulcus ventrieuli bestehen, so müßte das immerhin charakte-
ristische vagische Blutbild einen regelmäßigen Befund darstellen.
Davon kann aber keine Rede sein. Eosinophilie und Lymphozytose
vergesellschaftet begegnen wir nur viermal. Zwei Fälle davon. sind
überdies vereinigt mit Lungentuberkulose und die anderen zwei finden
‚sich bei gutartiger Pylorusstenose. Ein reiner Fall von Ulcus ventri-
culi.zeigt das vagische Blutbild überhaupt nicht: Man wird somit das
Bestehen einer Vagotonie als regelmäßigen Befund beim Ulcus ventri-
culi aus dem Blutbild nicht folgern können. Betrachtet man die Leuko-
zytenformel unter den Gedankengängen, die .Dresel formuliert hat,
d. h. in der Weise, daß die erhöhte Ansprechbarkeit des Vagus eine
Erregung. auch im Sympathikus nach der Art der Sherringtonschen
konsekutiven Induktion zeitigt, so müßte das Bild unspezifisch werden.
Dieser Begriff der Unspezifität des weißen Blutbildes. ist aber schwer
zu fassen. Es kann sich dabei.um die Entstehung regelrechter Blut-
bilder handeln, oder um Leukozytenformeln, die sehr weit von
Standardzahlen abweichen. Nahezu die Hälfte der von ‚mir unter-
suchten Kranken .(47°/,) haben ein regelrechtes Blutbild, bei der
anderen Hälfte (53°/,) können besonders auffallende Abweichungen
nicht festgestellt werden. Wie erwähnt, war viermal ein vagisches
Blutbild, fünfmal bestand außerdem eine Eosinophilie, neunmal eine
Lymphozytose, fünfmal fehlten die Eosinophilen und einmal fand sich
eine relative Lymphopenie bei Fehlen der. Eosinophilen. Dabei be-
trafen die Abweichungen Fälle, bei denen keineswegs die Magen-
erkrankung an sich in irgendwelcher Beziehung zum Blutbilde zu
stehen brauchte. Bei den 9 Fällen. von Lymphozytose:z. B. fanden sich
u.a. Komplikationen mit Tuberkulose, deren Beziehungen zur Lympho-
zytose sicher gestellt sind. Die Lymphozytose fand sich’ ferner in
3 Fällen, bei denen eine. Gastroenterostomie erfolgt war, dann bei
' noch bestehender Pylorusstenose, so daß eher an Beziehungen der.
Lymphozytose zu stenotischen Prozessen am Magenausgang, also an
Folgezustände des Ulkus, als an dieses selbst zu denken wäre. Einer
einzelnen Beobachtung, wie es der Fall von relativer Lymphopenie
darstellt, der kompliziert ist durch eine Leukozytose von 11200, kann
eine wesentliche diagnostische Bedeutung: nicht zuerkannt werden,
und ähnlich liegen die Verhältnisse bei den übrigen regelwidrigen
Leukozytenformeln, deren Prozentzahlen nach. keiner Richtung hin
eine. beweisende Bedeutung zuerkannt werden kann. ee,
Damit entfällt aber auch die Möglichkeit, die ausgleichenden
Relationen der Vagus- und Sympathikuswirkung auf das Blutbild
greifbar zu machen. Es muß vielmehr geschlossen werden, daß das
Blutbild bei Ulcus ventriculi. chronicum für meine Fälle nichts er-
geben hat, wonach mit einiger Sicherheit auf eine Abhängigkeit der
Leukozytenformel vom vegetativen Nervensystem gefolgert werden darf.
= Ein Moment verdient eine besondere Berücksichtigung. Es
ließen sich unter meinen Krankheitsfällen mehr als 20%, Eosino-
philie finden. Diese Zahl ist immerhin auffällig. Man hat in der
Eosinophilie ein Zeichen der Vagotonie finden wollen (Eppinger
und Heß, Neubauer und Stäubli usw.). Nägeli wendet da-
gegen ein, daß es eine Eosinophiliediathese und eine konstitutionelle
Eosinophilie nicht gibt. Die Vermehrung der Eosinophilen sei eine .
Reaktion, die einen besonderen Reiz-auf das Knochenmark voraus-
setzt. Und Ferrata vertritt die Ansicht, daß bei der ‚Exitstehung
der eosinophilen Zellen nicht nur das Knochenmark, sondern auch.
das Bindegewebe beteiligt sei. Um in meinen Fällen ‘die Eosino-
philie- als Reizfolge auszuschalten — die Herkunft aus dem Knochen-
mark oder dem Bindegewebe kann für die vorliegende Frage außer-
acht gelassen werden —, wären wiederholte Untersuchungen der-
‘selben Kranken erforderlich, eine Aufgabe, die nachgeholt werden
muß, Immerhin wäre es recht eigenartig, wenn 20 %, der von mir
untersuchten Kranken unter einer besonderen Reizwirkung gestanden
hätten, die zur Eosinophilie führt. Ich nehme vielmehr an, daß
cus ven-
die Eosinopbilie als mindestens häufiger Befund. beim Ul
triculi aufzufassen ist, wenngleich ich auch’ nicht übersehe, daß
eosinophile Zellen gänzlich fehlen können (4 Fälle meiner Statistik). -
Ob in der Eosinophilie ein Vagussymptom sich allerdings äußert
muß zunächst. dahingestellt, sein. Somit komme ich żur. folgenden
Zusammenfassung: . u a e e a a
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‚ : Zustand wieder eine Verschlechterung und zwar wies es 1750
tbrozyten, 62°/, Hämoglobin, 1,8 Färbeindex, Leukopenie, mit relativer
' aufsuchen mußte. Wir versuchten von neuem die Kaseosantherapie,
1042
Bei 44 Kranken mit sicherem Ulcus ventriculi chronicum war
die Leukozytenformel in 47°/, der Fälle regelrecht, in 53°/, zeigten
sich Veränderungen in dieser Formel, insgesamt 4 Fälle boten. die
für Vagotonie als charakteristisch angesehene (v. Dziembowski)
a -+ Lymphozytose, 10 Fälle, also 22°/,, hatten’ Eosino-
pbilie.
Sonst aber kann bei meinem Untersuchungsmaterial von einem für
das Ulcus ventriculi eindeutigen weißen Blutbild nicht die Rede sein.
Literatur: Rencki, Arch. f. Verd. Bd.7. — Kaufmann, Mitt. a. d. Geb.
d. Med. u. Chir. Bd. 28. — G. Peritz u. F. Fleischer, Arch. f,Verd. Bd. 32, H. 5/6.
— C. v, Dziembowski, B.kl.W. 1917, S.12. — Nägeli, Blutkrankhbeiten und
Blutdiagnostik. — Ferrata, Le Emopatie. Soc. Ed. Libr. Milano. — Dresel,
‚Erkrankungen des vegetativen Nervensystems. Kraus-Brugsch, Spez. Pathol. u. Ther.
inn. Kranukh. (Umfassendes Literaturverzeichnis).
Aus der II. Medizinischen Klinik der kgl. ung. Pázmány . Péter- | krankt an perniziöser Anämie; bei der Aufnabme 1 Million Erythro-
Universität in Budapest (Direktor: Prof. Dr. Baron A. v. Koränyi):
Über die Heteroproteintherapie der perniziösen
on =o Anämie. o a
Von Dr. Zoltán Rausch.
In der M. Kl. 1928, Nr. i7 berichtete Hecht über einen Fall
von perniziöser Anämie, in welchem ein dem letalen Ende nahe
stehender Patient durch Kaseosaninjektionen gerettet, sogar wieder
arbeitsfähig geworden ist. Da es heutzutage noch immer kein
kausales Heilmittel der perniziösen Anämie gibt, so verdient jedes -
Verfahren, wenn es auch nur eine Art symptomatischer Therapie
darstellt, überprüft zu werden. Der von dem genannten Verfasser
veröffentlichte Fall ist, wie er selber sagt, wirklich verblüffend, und
‘da er in der Literatur allein steht, benötigt er unbedingt eine
weitgehende Kritik, um einen wirklich guten Effekt der Hetero-
proteintherapie bei Perniziosa klarlegen zu können. In der Klinik
versuchten wir an 5 Fällen von echter Biermerscher Anämie die
Kaseosanbehandlung, teils ohne, teils mit Arsenmedikation bzw.
- Kollargolinjektionen, in Fällen mit Milchinjektionen abwechselnd.
Fall 1. Witwe J. B., 60 Jahre alt, vor 1!/, Jahren erkrankt, auf-
genommen am 18. März 1923. Patientin ist auffallend blaß, die sicht-
baren Schleimhäute blutleer, fühlt sich sehr matt, in letzterer Zeit oft
Schwindelgefühl, öfters Erbrechen, klagt über Be und
Zungenschmerz. Herz, Lungen, Lieber, Milz normal, funktionelle Magen-
untersuchung zeigt Anazidität, im Urin kein Eiweiß und Zucker, kein
Urobilinogen und Bilirubin. Im Blut: Hämoglobin 45°), (Sahli), Ery-
throzyten 2470000, Leukozyten 7000 im Kubikmillimeter, Färbeindex >1.
Qualitatives Blutbild: Aniso- und Poikilozytose, viele Makrozyten,
Polychromasie, keine kernhaltigen roten Blutkörperchen; Blutkörperchen-
resistenz etwas erhöht; Serumbilirubin 2,20 mg?/, (indirekt), Im Duo-
denalsaft Bilirubin 52,8 mg */o ; |
Der Verlauf war fo
3—4 mal täglich Duodenumspülungen mit je 100—200 ccm 10°/,iger Mag-
nesiumsulfatlösung. Während der Zeit tritt sowohl subjektiv, als auch
objektiv eine Verschlechterung ein, indem die Zahl der Erythrozyten
bis auf 1500000 fällt, der Färbeindex auf 1,4 steigt. Vom 22. April
bis 25. April versuchen wir zweimal je 10 ccm defibriniertes Blut von
einer an Polyzythämie leidenden Kranken, aber ohne Erfolg. Vom
26. April bis 12. Mai geben wir 2—3mal täglich je 2 cem Elektrargol-
bzw. Kollargolininjektionen. Nach einigen Injektionen stiegen die roten
Blutkörperchen von 1150000 auf 1650000, blieben aber trotz den
, weiteren Injektionen auf. demselben Niveau. Vom 13. Mai an bekam
Patientin 1 com bis 3 com und 5 ccm Kaseosan in Zwischenräumen
von 2—5 Tagen bis zum 10. Juni. Es traten während der Kaseosan-
re etwa 2-80), Normozyten in dem Blute auf. Am 11. Juni:
H
Klinik in einem bedeutend verbesserten Zustand verließ und während
des ganzen Sommers sich sehr wohl fühlte, obwohl sie seit Verlassen _
der Klinik keine Medikamente zu sich nahm.
Am 27. Oktober zeigte das Blutbild bei. demselben a e
00 Ery-
Lymphozytose auf. Von-nun an verschlechterte sich auch der All-
gemeinzustand, Patientin klagte. wieder über Mattigkeit, Schwindel-
gefühl, Appetitlosigkeit, so daß sie im November die Klinik wieder
daneben auch Arsen, jetzt. aber ohne Erfolg, so daß sie, da sie sich
der Splenektomie nicht unterwerfen wollte, am 19. Januar in unver-
ändertem Zustande die Klinik verließ.
Fall 2. J. A., 48 Jahre alt, seit April mit typischer Biermer-
schen Anämie in Behandlung. Am 1. März 1922 wegen erfolgloser
Therapie Splenektomie; nach der Operation Besserung, am 1. März
1923 verschlechtert sich aber wieder sein Zustand. Kombinierte
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
Schwäche; bisher nicht behandelt. Die klinische Untersuchun
Die Eosinophilie ist somit relativ häufig und sie ist vielleicht
imstande, zweifelhafte Diagnosen richtunggebend zu: beeinflussen.
| gender: Vom 18. März bis 21. April bekam
Patientin von 3X0,10 bis 10X 0,10 steigend Arsazetin-Pillen und
.80°/,, Erythroz. 2480000, F. I. 1,5. Außer dieser objektiven Besserung `:
erholte sich Patientin auch subjektiv rasch, so daß sie am 13. Juni die
ee
Kaseosan-Kollargolbehandlung:. innerhalb eines Monats stieg die Zahl
der Erythrozyten von 1040000 auf 1500000 und auch das subjektive
Befinden verbessert sich erwähnenswert. ->
Fall 3. Witwe K. R., 57 Jahre alt, seit 6 Jahren zunehmende
und
die Blutanalyse ergeben eine typische Biermersche Anämie. Zuerst
wird ausschließlich mit Kaseosan behandelt; nach 6 Einspritzungen-
‚sinkt die zuerst um 400000 erhöhte Erythrozytenzahl wieder auf den
Ausgangswert:: 1400000 ab. Jetzt versuchten wir Milchinjektionen:
nach 5 ccm Milch stiegen die Erythrozyten nach ‘starker Allgemein-
reaktion auf 2000000, fielen aber nach 24 Stunden wieder ab; die
nächste Injektion zeigt denselben Effekt. Während der Behandlung
kam auch hier ein Ausschub kernhaltiger Zellen zur Beobachtung.
Weitere Kaseosaninjektionen riefen keine Besserung hervor, so daß
‚wir damit aufhörten und eine chronische Arsentherapie einführten.
Die Behandlungszeit fiel in den Herbst.
Fall 4. Witwe L. G., 67 Jahre alt, seit einem halben Jahre er-
zyten. Kaseosanbehandlung erfolglos, kernhaltige Zellen treten im
Blut keine auf. Wegen interkurrenter Bronchopneumonie ‚wird mit
den Injektionen aufgehört. Auch diese Behandlung wurde im Herbst
ausgeführt. |
Fall
elenden Zustande. Zwei Kaseosaninjektionen ohne Erfolg. Splenek-
tomie bringt eine rasche Besserung. ; Ä
Unsere Erfahrungen können wir, wie folgt, zusammenfassen:
Im Fall 1 erreichten wir zum erstenmal eine befriedigende Besse-
rung; zum zweitenmal aber (im Herbst) erlebten wir ein’ Versagen
der Injektionen; im Fall 2 war zwar auch ein geringerer Erfolg
den Kaseosaninjektionen zuzuschreiben, aber in den’ anderen drei
Fällen versagten sie vollkommen. Bemerkenswert ist, daß in diesen
3 Fällen die Einspritzungen im Herbst verabfolgt waren und auch.
im Fall 1 die zweite Injektionsperiode in dieses Jahresviertel fiel.
Die Frage ist nun, ob wir die zwei guten Erfolge unter
den 6 Behandelten tatsächlich dem Kaseosan zuschreiben
sollen, oder aber darauf Bedacht nehmen,
Besserungen mit den Hunterschen Frühjahrsremissionen
zusammenfallen? Hecht nimmt als wahrscheinlich an, daß der Er-
folg bei den Kaseosaninjektionen mit der Stimulation des Knochen-
marksapparates zu tun habe und so eine Umstimmung der Blut- _
zellen hervorrufen könne. Diese Annahme wurde aber bisher durch
kein Experiment unterstützt. Meine Blutuntersuchungen scheinen
-aber vielleicht einen Anhaltspunkt dafür zu liefern, da ich in einigen
Fällen während der Kaseosanbehandlung in dem Blutausstrich-
präparate kernhaltige Zellen auftreten sah, auch in Fällen, wo
vorher keine solche zu finden waren. Aber sie traten auch dort
auf, wo die Kaseosaninjektionen doch erfolglos blieben. Es hängt
also Wert bzw. Unwertigkeit der Behandlung nicht mit
der bestehenden Aplasie des Knochenmarkes zusammen,
sondern viel eher mit der Remissionsfähigkeit desselben,
denn wo dieses noch besteht, kann vielleicht Kaseosan
wie auch andere parenterale Reize sie zur Geltung bringen
und so das Bild einer Verbesserung hervorrufen. Ich will
damit nicht sagen, daß die Heteroproteintherapie in der Behandlung
der perniziösen Anämie ganz und gar wertlos ist, aber ich glaube
ihr nach unseren Beobachtungen kaum mehr Wert zusagen zu
können, als den anderen bisher verwendeten symptomatischen
Heilmitteln.
Ä Zur korrektiven Nasen- und Ohrenplastik.”)
Von Dr. Ernst Wodak,
Ohren-, Nasen- und Halsarzt in Prag.
Im folgenden sollen die Erfahrungen niedergelegt werden, die
ich in einer fast fünfjährigen Tätigkeit auf dem Gebiete der Nasen-
und Ohrenkorrekturen machen konnte. Erwarten Sie von mir keine
ausführliche Darstellung dieses heute so umfangreichen Teiles der
Medizin, sondern gestatten Sie mir, Ihnen einzelne, praktisch be-
ineiner persönlichen Erfahrungen zu beleuchten. Ich bediente mich
in der Hauptsache der Methoden J. Josephs, wenngleich ich ge-
legentlich auch andere Verfahren anwendete und manchmal zu eigenen
Modifikationen greifen mußte.
stellung. Diese Frage hat seinerzeit, in den Kindheitstagen unserer
Disziplin, eine große Rolle gespielt, da man in erster Linie das
'Ärzteverein.
+) Vortrag, gehalten am 9. Mai 1924 im Prager Deutschen
27. Juli Í
| . Frau L. K., 48 Jahre alt, seit einigen Jahren krank.
Klinische Diagnose: Biermersche Anämie. Patientin ist in einem sehr
daß diese
sonders wichtige Kapitel herauszugreifen und kurz nach der Seite `
Zunächst ein paar Worte über die Frage der Indikations-
wc EC —g
!
2
N C
| ‚ist (Schauspieler, Angestellte u. s. f).
‚gmigend abgetragen hat.
‚guscht. Schwellung der Weichteile, Hämatome usw. bewirken,
ö Ent nach Wochen,
Operation
«verkürzt w
dem Septumknorpel
lichen N
chwellung, die nach der Verschmälerung ziemlich hochgradig sein
kosmetische Moment im Auge hatte. und Operationen aus dieser
Indikation heraus nicht als vollwertig ansah.. Heute haben wir aber
elent, im Individuum, das an einer Deformität seines Exterieurs
psychisch schwer leidet, einen Kranken zu erblicken, dem zu helfen
unsere ärztliche Pflicht ist. Dabei spielt der Grad der Defomität
keine so große Rolle wie die Intensität der psychischen Alteration
des Patienten. Menschen mit hochgradiger Entstellung ertragen
diese manchmal ohne.alle psychischen Beschwerden, während andere
wieder-durch geringfügige Abweichungen ihres Exterieurs von der
- Norm völlig aus dem psychischen Gleichgewichte gebracht werden.
Jöseph’hat für diesen Krankheitszustand den Begriff Antidysplasie
geprägt und er allein muß für unser therapeutisches Handeln be-
stimmend sein. — In anderen Fällen müssen wir deswegen dem
Patienten zu helfen versuchen, weil er durch seine Abnormität (auf-
fallende. Nase, abstehende Ohren u. dgl.) zu seinem Berufe unfähig
-Kurz streifen möchte ich die Frage: Gehören diese Operationen
in die allgemeine Chirurgie oder soll sie der Rhinologe ausführen?
Ih‘glaube, daß sie in die Rhinologie gehören u. zw. deswegen, weil
viele solcher Deformitäten mit rhinologischen Veränderungen ver-
‚binden sind (z. B. Schiefnasen und Septumdeviation) und zu ihrer
richtigen — kosmetisch und funktionell ausreichenden — Beseitigung
üe Beherrschung der endonasalen Operationsmethoden unerläßlich ist.
Die Operationen selbst werden in lokaler Anästhesie (Infiltration -
...m60,5%%,iger Novokain-Adrenalinlösung) vorgenommen und erfolgen
in der Regel — speziell die Nasenkorrekturen — ohne Hinterlassung
äußerlich sichtbarer Narben. Bei besonders empfindlichen Patienten
gebe ich außerdem noch vor der Operation eine Morphiuminjektion.
Zur Narkose zu greifen, war ich in keinem Falle genötigt, selbst
Rinder im Alter von etwa 7 Jahren aufwärts ließen sich in lokaler
Anästhesie operieren.
Es wird sich für den Arzt, der plastische Operationen vor-
nimmt, empfehlen, in allen Äußerungen dem Patienten gegenüber, `
die. die- Prognose der Operation betreffen, sich einer möglichst
großen Zurückhaltung zu befleißigen. Daß man keine Garantie für
% das Gelingen der Operation übernehmen kann, ist ja selbstverständ-
ich und gilt bei plastischen Operationen mehr als sonst.
Die häufigste und vielleicht auch dankbarste Korrektur ist die
Operation von Hö cker-(Adler-)Nasen. ‘Hier heißt es zunächst, 'den
. Höcker und zwar sowohl in seinem knöchernen als auch knorpeligen
Anteil abzutragen. Ersterer wird endonasal mittels der Joseph-
when Säge, letzterer mit einem eigens geformten Sichelmesser
entfernt, Von besonderer Wichtigkeit und Schwierigkeit ist die
Beurteilung des erzielten Resultates, d. h. zu wissen,. ob man
Darüber wird man nämlich allzu leicht
da Niveaudifferenzen ausgeglichen .erscheinen, und man begnügt
äich.mit dem — wie man glaubt — ausgezeichneten Resultate.
wenn die Schwellung der Weichteile vorüber
S, wird man unangenehm überrascht, wenn neuerlich ein Höcker
altaucht. An diese Dinge muß ‘man stets denken und bei der
ranon peinlichst kontrollieren, ob tatsächlich. der Höcker zur
uenige entfernt ist. ] Zu
Ist der Höcker abgetragen, so muß die meist zu lange Nase
erden, was durch Exzision eines dreieckigei Keiles aus
Sept geschieht. Auch hier ist es von höchster
ichtigkeit, daß man weder zu viel noch zu wenig entfernt. In
a ersten Fällen entfernte ich so viel, daß ich unmittelbar
form i den meisen Patienten gilt. Einige Monate später jedoch
. war die Nase sehr verändert, da die Nasenspitze infolge des Narben-
186 retrahiert worden war. Um diesem sekundären Narbenzuge
vorzubeugen, empfiehlt es sich, eine leichte Prominenz der Nasen-
spitze zu belassen, da durch den Narbenzug die Nasenspitze später
i die rechte Lage gebracht wird. Seit ich so vorgehe, sind meine
tate dauernd gut geworden. | | |
Die letzte Phase der Höckernasenoperation besteht in der
erschmälerung der knöchernen und knorpeligen Nase: Joseph
an E in allen Fällen vor, ich glaube aber, ‚daß man in Fällen
schm ener und schmaler: Nase ausnahmsweise von der Ver-
\ älerung des knöchernen Anteiles der Nase Abstand nehmen
au Man erspart dadurch dem Patienten das Einsägen der seit-
asenpartien und verkürzt auch durch den Wegfall der
ku, die Heilungsdauer ganz beträchtlich. Insbesondere kann man
> vorgehen, wenn die Nase nicht oder nur unwesentlich verkürzt
"erden mußte. Die knorpelige Verschmälerung in Form der.
‚dem Eingriff eine Stumpfnase erhielt; was als ideale Nasen-
ll: a 4924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 80... ..2 0002 1043 1
Streifenexzision aus der Nasenspitze nach Joseph wird sich aber
kaum je umgehen lassen, es sei denn, daß die Nasenspitze von
Hause aus überaus zart und grazil gebaut war. Bei dieser Operation
ist besondere Vorsicht geboten, da man gelegentlich, wenn man nicht
streng parallele Streifen exzidiert, unschöne narbige Verziehungen des
freien Randes des Nasenflügels bekommen kann, die dann überaus,
schwer wieder zu‘ korrigieren sind. un BER,
Die Resultate der so vorgenommenen Operationen der Höcker-
nasen sind als recht gute zu bezeichnen. (Demonstration.) Bemerkens-
Abbildung L.
Das Bild der korrigierten Nase ist 11/, Jähre nach erfolgter Operation aufgenommen. <
wert ist, wie Sie aus den Bildern ersehen, daß die Physiognomie
der Patienten durch: die Operation eine ganz außerordentliche -
Änderung erfährt. Diese kann so weit gehen, daß die Patienten
nachher auch von guten Bekannten kaum ‚erkannt werden. ‘Es ist
dies ein Beweis dafür, daß die Nase m.E. auf den Gesichtsausdruck
einen dominierenden Einfluß ausübt. Es wird sich daher empfehlen,
auf diesen Punkt den Patienten vor der Operation ausdrücklich
aufmerksam zu machen. A
Die Beseitigung von knöchernen und knorpeligen Schief--
nasen, eine Aufgabe, vor die man oft gestellt wird, ist deswegen
ziemlich schwierig, weil zwischen beiden Seiten der Nase. große-
Unterschiede vorhanden sind. Man muß dann bemüht sein, die
Asymmetrie möglichst in eine Symmetrie zu verwandeln. `.
Die Korrektur der knorpeligen Schiefnase geschieht in
der Regel durch submuköse Resektion des fast stets ebenfalls devi-
ierten. Septums und: nachfolgender Verlagerung der Nasenspitze
gegen die Mitte. In dieser Lage soll die Nase einheilen, was mit
Hilfe eines Schieinasenapparates nach Joseph erzielt wird. Dabei
empfiehlt es sich, zur Erzielung eines guten Resultates die Nasen- “`
spitze etwas nach der anderen Seite zu drängen, also zu über-
korrigieren. Dieser Apparat wird einige Zeit nach ‘der Operation
getragen und verhindert ein Zurückschnellen der Nasenspitze in die
alte Lage. Es wird sich zur Verhinderung dieses Zurückschnellens
auch noch empfehlen, die Verbindung des knorpeligen mit dem
knöchernen Septum möglichst bis- ans Nasendach zu lösen. Dies `
geschieht‘am. besten, indem man mit einem Skalpell unter sägenden
Schnitten an dieser Stelle hoch ‘hinauf einschneidet. Man muß hier
darauf achten, daß wenigstens eine Spange des knorpeligen Septums
in ihrem Zusammenhang mit dem knöchernen Septum belassen
wird. Ansonst könnte am Nasenrücken ev. eine Stufenbildung ent-
stehen. Die Einheilung der verlagerten Nase wird dann: durch den
' Schiefnasenapparat erleichtert.
i
Die knöcherne Schiefnase wird nach Joseph dadhrep
korrigiert, daß man ‘auf der breiteren Seite einen Keil aus dem
Proc. nasalis des Stirnbeines und Proc. frontalis der Maxilla
reseziert, dann auf beiden Seiten die Nase einsägt wie bei der Ver-
schmälerung der knöchernen Nase, und die eingesägten Teile medial
zeigt (s. Abb. 2). .
verlagert. Die Resultate sind. günstig, wie der hier vorgestellte Fall |
Abbildung 2.
Praktisch wichtig sind die Korrekturen der Sattelnasen.
Am besten hat sich hier die Einpflanzung eines Stückes Elfenbein
bewährt, das genauestens dem. zu deckenden Defekte angepaßt- zu- `
bereitet wird. Sehr ratsam ist es, von dem Defekt vorher einen
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0104.00 o oo 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 27. EI 27.
oc Wachsabguß zu machen. Die Einpflanzung nehme ich — abweichend: Seltener handelt es sich um andere Deformitäten der Ohren . jo
Yo. . von Joseph, der in. der Nasenflügelfurche. einschneidet — vom freien | wie Katzenohren, Makrotie, vergrößerte Tubercula Darwini usw... 28
a) .Rande.des Nasenflügels vor. Sonst verfahre ich genau so wie Joseph. | Hier muß die- Operation dem Falle angepaßt werden. Be Aa
ei Luetische Sattelnasen werden in derselben Weise korrigiert wie - Zum Schluß möchte ich noch auf eins besonders hinweisen: st
u, die nicht luetischen Formen, nur empfiehlt Joseph auf Grund seiner | Das Laienpublikum ist geneigt, vom Arzte, der sich mit Nasen- Ber
| "Erfahrungen, beiluetischen Sattelnasen daseinzupflanzende Stück Elfen- | plastiken befaßt, zu verlangen, daß er imstande sein müsse, aus `` Ich
bein lieber etwas kleiner zu wählen.als sonst. Der an der tiefsten Partie. | jeder beliebigen Nase "eine ideal schöne griechische zu machen. Be)
I des Sattels bestehende Narbenzug kann: gelegentlich nach Joseph das | Daß dem leider nicht so ist, ist Ihnen ja bekannt. Unserem Können ei
i Elfenbein herauspressen, falls es zu groß genommen wurde. - | sind wie überall sò auch hier enge Grenzen gesteckt. Wir müssen ° i
7 -Die Operationen können ambulatorisch ausgeführt- werden; | uns damit begnügen, wenn es uns gelingt, -die Nase eines Patienten, ` . ih
Li. ihre Heilungsdauer beträgt etwa 4—5 Tage (Demonstration). . | die ihren Träger auffallend machte, unauffällig zu gestalten, mit. ch
A a Sehr häufig kommt man in die Lage, kleinere Formfehler | anderen Worten, seine Nase in eine normale Durchschnittsnase zu © ii
AE und Anomalien der Nasenspitze zu korrigieren. Hier. ist eine | verwandeln.. Darüber hinaus ein ideales Resultat zu erzielen, soll ok
gt gut- sichtbare Verbesserung meist sehr ‘schwierig, da — bei der | stets unser. Streben sein, doch. wird dieses Bestreben für einen.. ta
HE . Geringfügigkeit der Veränderungen — das Resultat nicht so auf- | großen Teil der Fälle ein unerfüllbares Postulat bleiben. In Kon- gli
S ‚ fallend ist. wie bei den eben besprochenen Formfehlern (s. Abb, 3):, |: sequenz dessen ist es notwendig, sich vor jeder Operation zu fragen: ',.,
a SE 7 u A Konas S a | | Was für ein Resultat kann ich in diesem Falle erwarten? Das Er-` ‘hh
t ; g a. R . ; e i . E aat Ha è
aie ' "E gebnis unserer Überlegungen sollen wir vorher. dem Patienten mit- So
MAN EE teilen und ihn vor allem darauf aufmerksam machen, wenn, wie es Sal
‘manchmal der Fall. ist, eine zweite Operation nötig erscheint. Nur 39
so werden wir dem Patienten und- uns selbst unangenehme Ent- nn
o täuschungen ersparen. . Eee | re ar
tad a P POREEHGERENEN N zit
i i BER i B y bog EE
iy - Zor Injektionsbehandlung der Hydrozele. i
a Von Geh. San.-Rat Dr. Rheins, Neuß. a
nieh In Nr-i2 der M.Kl. wird 8.399 aus dem Wiener med. Doktor- Sn
A kollegium über dieses Thema folgendes gesagt: „Ich glaube nicht, dß. %3:
PER ‘ein Chirurg eine Hydrozele heutzutage mit Injeklion behandeln werde. =
iR! ý Wir sind. von der Injektionsbehandlung wegen ihrer Unzuverlässigkeit - a
n a abgekommen' und verwenden: die Volkmannsche Methode, bei deren . i:i
ah N inkorrekter Ausführung häufig Rezidive beobachtet werden. Behuiss u
MN: EN a A Vermeidung der letzteren muß man den Hydrozelensack: ordentlich ii
Steh, p | | ‚exzidieren, die Serosaflächen mit Jodtinktur bestreichen, dann richtig A)
BORE So werden prominente Nasenspitzen durch Exzision eines | tamponieren. Sobald dieser Tampon 8—9 Tage liegen bleibt, sieht . En
u Stückes des membranösen Septums korrigiert. Retrahierte Nasen- | man allenthalben Granulationen und wachsen die granulierenden Flächen Mi
RAN . spitzen werden nach vorne genäht, ev. kann man Knorpel oder | zusammen —— Ke SEM -o
en - Elfenbein zur Hebung der Nasenspitze einpflanzen. SP: ‚Ich kann empfehlen, die einfache Injektionsmethode nach Ba
AEE n Auch die Naseneingangsplastik gehört hierher. Darunter | weiland Prof. Franz König, die er in den verschiedenen Auflagen F
sel) O. -~ verstehen wir. die Korrektur. stark hervorspringender Subluxationen | seines Lehrbuches: empfahl, anzuwenden: Einspritzung von frisch z
alet, des. Septums, starker Verbreiterungen der Pars medialis cartilaginis | bereiteter Jodtinktur, 5—12 g, je nach der Größe der Hydrozele, Mu
Ba alaris usw. ‚Diese Formfehler bedingen nicht bloß eine gewisse Ent- | ein nur kleiner ungefährlicher Eingriff bei aseptischen Maßregeln, Mi
el stellung, . sondern oft auch : hochgradige Behinderung der Nasen- | der mir in langjähriger Tätigkeit stets vorzügliche Dienste getan. a
HUUSI C .- atmung, weshalb sie unbedingt zu entfernen sind (Demonstration | Einmal -nur handelte es sich um einen Rückfall, der 27 Jahre zu- N
oe eines einschlägigen Falles). 000°", [rüeklag, und der im vorigen Herbst die zweite derartige Injektion N
Be ; Von Ohrkorrekturen kommt in erster Linie die Aulegung nötig machte. Vor meiner ersten hatte eine Schnittoperation ein H
Dr abstehender Ohren in Betracht. Diese geschieht in der Weise, | baldiges Rezidiv auftreten lassen. Ä a 5;
: daß an der Hinterseite.der Ohrmuschel zunächst ein spindelförmiges Eine Morphiuminjektion zur Beseitigung der Reizschmerzen a
Stück der Haut exzidiert. wird. Sodann wird. auch ein. Teil des | ist bei empfindlichen Personen angebracht.. Auch bei ‚Schnitt .:=
-Ohrknorpels weggenommen. Hier wie bei der Haut muß: das ent- | operationen mit aseptischen Kautelen kommen nach König ab und 2
fernte Stück peinlichst dem Fall bezüglich Größe und Ausdehnung | zu noch Todesfälle vor, die in der voraseptischen Zeit nach solchen X
angepaßt. sein. Wieviel abzutragen ist und: wie weit man ‘gehen | Eingriffen häufig waren. E EN e
darf, ohne das Resultat zu gefährden, ist ausschließlich Sache der |. ee | | ER PR z
~ persönlichen Erfahrung... Nach Abtragung eines Teiles des Ohr- Kombinierte Arsen-Strychnin-Phosphortherapie. -2
. knorpels pflegt in der Koncha eine mehr oder minder starke Falten- | l Von Dr. B y e EN Š
. bildung aufzutreten, die unschön wirkt. Um dem vorzubeugen, TON NEE DSLNER Nervenarzt, Stuttgart. i
‘mache ich je nach der Größe des entfernten Ohrknorpels die Exzision ‘ Mehr denn je sieht man in der: Sprechstunde Leute mit Unter- $
eines spindelförmigen Stückes der Haut in der Koncha mit exakter | ernährung und deren Folgen, mit Erschöpfungszuständen auf körper- N
Naht. Die Resultate der Ohrenanlegung sind recht günstige und | lichem, geistigem und seelischem Gebiete. Besonders hat auch die >~
dauernde, wie sie an den vorgestellten Patienten sehen können | Gruppe der Neurastheniker eine beträchtliche Verstärkung erfahren. ~
(s. Abb. 4). er E E E | Meist handelt es sich bei diesen Patienten nicht um einen einzelnen, *
po l 2 Abouding u ne krankhaften Prozeß, um die Disfunktion eines einzelnen Organes, 7
sondern es gehen mehrere verschiedenartige Störungen gleichzeitig
nebeneinander her. Es liegt auf der Hand, daß man hier mit
einer Kombinationstherapie, die mit verschiedenen Mitteln zu gleicher
Zeit an verschiedenen Orten den Angriff einleitet, mehr erreicht, als
mit einem einzelnen Medikament. Es ist.daher angebracht, auf eine :
Therapie ‚hinzuweisen, die bei den genannten Indikationen nicht
nur symptomatisch, sondern auch ätiologisch wirkt und die in den
romanischen Ländern, ferner vor allem in den südamerikanischen
Staaten usw. schon seit langem mit gutem Erfolg gehandhabt wird.
Dort läßt sich jeder, ‘der sich nicht voll leistungsfähig: fühlt, vor
Beginn der heißen Jahreszeit, die an seinen Organismus besonders,
große Anforderungen stellt, eine Serie von Arsen-Phosphor- oder
Arsen-Strychnos-Phosphorinjektionen machen. Br
Vor dem Krieg waren Präparate, welche diese Komponenten
enthielten, im Auslande schon allgemein in. Anwendung; wo M..
Deutschland von ihnen Gebrauch gemacht wurde, war man im wesent.
fe
Anlegung eines abstehenden Ohres.
’
en
N. li.
lichen. auf fremdländische Erzeugnisse angewiesen. Seit 1915 stehen
uns‘aber’ auch gute einheimische Mittel zur Verfügung, von denen
ich wegen der raschen Wirkung, des Fehlens von Nebenerscheinungen
und vor allem wegen des erschwinglichen Preises dem Astonin,
besonders dem Astonin „stark“ der Firmen Merck-Böhringer-Knoll,
den Vorzug gebe. | |
Astonin enthält Natrium &lycerinophosphoricum 0,1, Natr.
monomethyl. arsenicic. 0,05 und Strychnin. nitric. 0,0005 pro Ampulle
: m Í com, Astonin „stark“ hat einen um 50 %/, höheren Anteil an
`
s
pana a aaar Fir
'
Arsen und Strychnin, als das einfache Astonin. Die subkutane
Einverleibung der drei Komponenten hat vor der oralen Darreichung
ähnlicher Zubereitungen ganz wesentliche Vorteile: Einerseits erzielt
man eine viel bessere und schnellere Wirkung, andererseits ver-
meidet man jede Belästigung des Magen- und Darmtraktus, und
was das wesentlichste ist — besonders. bei Neurasthenikern und
Bysterischen —, man hat die Patienten unter ständiger Kontrolle.
Von den Kuren mit dem einfachen Astonin ‘bin ich seit
Jahresfrist aus wirtschaftlichen Momenten vollständig abgekommen
ud führe die Behandlung grundsätzlich nur noch mit Astonin
„stark“ durch. Prinzipiell werden für alle Fälle 20 Einspritzungen
wirgesehen, um von vornherein jedem Rückfall vorzubeugen. Nach
den ersten 10 Einspritzungen, die in 2-tägigen Zwischenräumen
allg, wird eine 14-tägige Pause eingeschaltet. Dann folgen
weitere 5 Injektionen wieder in 2-tägigem Abstand und die rest-
lichen 5 Amphiolen werden jeweils in 3-tägigen Pausen verabreicht.
Die Einverleibung des Astonins erfolgte subkutan, sie war abgesehen
von einigen wenigen Fällen stets vollständig schmerzlos; wo ganz
anmahmsweise über leichte Sehmerzen an der Injektionsstelle ge-
‚klagt wurde, verschwanden sie immer nach einigen Stunden ohne thera-
pentisches Zutun. Besonders angenehm wurde von den Patienten,
welche früher andere Arsenpräparate bekommen hatten,bei Astonin das
Fehlen des üblen Knoblauch-Geruches aus dem Munde empfunden.
Für die Behandlung kamen in Betracht Neurasthenien, haupt-
sichlich solche mit körperlichen Beschwerden — Kopfschmerzen,
Schwindel, Schlaflosigkeit, sekretorischen Anomalien, — seelische
Erschöpfungszustände, leichte Depressionen, Anämien, Asthenien,
Neurosen usw. Der Erfolg der Astonin-Kur ist in leichten Fällen
manchmal geradezu überraschend, aber auch in schweren ist schon
schr bald subjektiv und objektiv eine deutliche, Besserung nach-
weisbar. Das Aussehen ändert und bessert sich, die vorher schlaffe,
able und welke Haut bekommt recht bald ihren natürlichen Turgor
wieder. Die körperliche und geistige Erschöpfbarkeit und die
izbaro Schwäche schwinden. Am. schnellsten sichtbar ist die
Wirkung in der Hebung des Appetits. So ist es nicht verwunder-
Ich, daß innerhalb der wenigen Behandlungswochen mitunter recht
bedeutende Gewichtszunahmen erzielt werden, und es sind gerade
de am meisten darniederliegenden Fälle, die einem hierbei die
penehmsten Überraschungen bereiten. Gewichtszunahmen bis zu
8 Pfund innerhalb der 2 Monate -umfassenden Astonin-Kur zählen
bei den. von mir behandelten Kranken nicht zu den Ausnahmen, im
Darchschnitt rechne ich mit einer Zunahme von 4—5 Pfund. Einige
Patienten zeigten bezüglich der Gewichtszunahme eine ganz paradoxe
pscheinung, indem sie während der ganzen Astonin-Kur keinerlei
„sum betrefis der Gewichtszunahme aufwiesen, im Gegenteil
ne a langsame Gewichtsabnahme auch noch während der
“andlung an. Bei diesen Fällen stellte sich erst mehrere Wochen
nach Beendigung der Kur ohne weitere therapeutische Maßnahmen :
2 ohne jegliche Änderung der Lebensweise auch auf diesem Ge-
e. em solch guter Erfolg ein, daß die Leute spontan zur Bericht-
tstaltung erschienen. pa | Zu
ee ‚Besondere möchte ich ferner hervorheben, daß seelische Er-
a unsszustände schnell und sehr günstig beeinflußt wurden, die
che ae, der Energiemangel, die Entschlußunfähigkeit und die
"trauen und wiedererwachender Lebensfreude Platz.
Auehbe) a eine große Seltenheit, daß bei einem mit Astonin voll
it Be elten Patienten eine Wiederholung der Kur nach einiger
ersone 5 Ist. Andererseits habe ich in vereinzelten: Fällen bei
n in sehr verantwortungsvoller und aufreibender Stellung
-
‚gedrückte Stimmung machten bald einem normalen Selbst-
nach. éj i
ch- einer genau durchgeführten Kur sehr günstige Erfahrung mit
an kan einzelten Injektionen vor besonders großen. Anforderungen
Richter an Geist gesehen. Es handelte sich hier meist ‚um
wele Ar vor langen und aufreibenden Prozessen, Schauspieler,
reisen, und i ‚schwierigen Rollen und anstrengenden Gastspiel-
Inngen sich ee die vor schwerwiegenden Unterhand-
m ige lage
| achen ließen und dann nach ihrer Angabe den oft Wochen hin-
vorher 1, höchstens 2 Injektionen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — N... 00.000000
durch andauernden sehr starken Mehranforderungen an ihre Leistungs-
fähigkeit in jeder Weise vollauf gewachsen waren.
KI]
Bei einem Patienten, welcher arsenüberempfindlich war und
selbst auf die im Astonin enthaltenen: geringen Arsenmengen mit
Intoxikationserscheinungen reagierte, habe ich Amphiolen mit
Natrium glycerinophosphoricum mit Strychnin mit anscheinend recht
gutem Erfolg verwandt. Ebenso habe ich diese Kombination wieder-
holt als Tonikum und Roborans bei Fettleibigen anstelle des. Astonins
“gespritzt, bei denen ein Gewichts- und Fettansatz unerwünscht war.
Aus dem Bakteriologischen- Laboratorium Dr. Piorkowski, Berlin.
| Über Sapalcol. ie
Von Dr. Piorkowski. _.
_ Wenn man unter Händedesinfektion die Erreichung einer
absoluten Sterilität im Sinne des Bakteriologen versteht, so. ist þe-
greiflich, daß bei der außerordentlichen Schwierigkeit. der Lösung .
dieses Problems immer wieder die 'verschiedenartigsten‘ Versuche
angestellt. werden, um diesem erstrebenswerten. Ziele ‚näher zu
kommen. ' Besonders ‘die Chirurgen stellen ein zahlreiches Kon-
tingent von Bearbeitern . dieses Gebietes neben Bakteriologen und
Ärzten. Wegen der Unebenheit der Hautoberfläche,. der zahllosen
Rinnen, der steten Anwesenheit von Staphylokokken, die an:und
für sich zu den widerstandsfähigsten Mikroorganismen gehören und
die zum Teil tief in den Schweißdrüsen eingebettet liegen, kom-
pliziert sich die Anstellung der Versuche bzw. die Entfernung aller
Unreinigkeiten außerordentlich. Allerdings gibt es. eine Anzahl
Methoden, die eine fast vollkommene Sterilisation erreichen. ‘Vom.
Standpunkt des Bakteriologen’ aber müßte jede‘ Möglichkeit des
Aufkeimens auch nur eines: Mikroben ‘ausgeschlossen sein, wenn-'
gleich eine’ solche starke Desinfektion vielleicht unerreichbar, für.
die Chirurgen wohl auch nicht durchaus wichtig ist. Die ev. noch,
vorhandenen Restkeime dürften schwerlich noch infektionstüchtig
genug sein, schädigend zu wirken.
Die bekanntesten Arbeiten rühren von Forschern . wie Paul
und Sarwey, Fürbringer, Ahlfeld, Krönig, Blumberg,
Schleich, Mikulicz, Kocher, Nagelschmidt u. a. her. Von
der rein mechanischen Reinigung ausgehend ist man auf die Kom-
bination der. mechanischen Reinigung mit chemischen Desinfektions-
mitteln gekommen und diese ist — abgesehen von der wohl am.
häufigsten ausgeübten Asepsis — noch heute stark im Gebrauch. °
Jedenfalls bedeuten sie einen wesentlichen Fortschritt gegenüber `
den rein mechanischen Desinfizierungsmethoden. Das Ideal einer
ausreichenden 'Antisepsis wird freilich immer die Auswahl einer
Methodik bleiben, die -die innige Vereinigung, eines stark wirkenden
bakteriziden Mittels mit dem Waschmedium selbst bildet und dabei `
keine Reizerscheinungen, kein Ekzem aufkommen, die Hände selbst
weich und unbeschädigt läßt. TERN 5
Bis ein solches Ziel erreicht ist, wird man neu auftauchende
Mittel daraufhin prüfen müssen, ‚inwieweit sie den an ein solches
zu stellenden Anforderungen genügen. o |
Von der Sapalcol A.-G. ist .mir vor einiger Zeit das unter
dem Namen „Sapalcolseife*“ bekanntgewordene Präparat mit dem
Ersuchen. um Prüfung ihrer Desinfektionstüchtigkeit, insbesondere
der Händedesinfektion überreicht worden. > i |
Die Sapaleolseile ist eine salbenförmige Spiritusseife, die nach.
einer Vorschrift von Prof. Blaschko für die Zwecke rascher Hand-
reinigung und Desinfektion mit den verschiedensten Zusätzen- ver-
sehen, angewendet wird. | p a.
Entsprechend den Ansprüchen an ein D esinfektionsmittel als sol-
ches habe ich nun zunächst die Desinfektionsstärke der „Sapalcolseife“
in verschieden abgestuften Konzentrationen gegenüber Streptokokkön-
‚und Staplıylokokkenkulturen, den exquisiten Eitererregern, versucht.
Ich ging hierbei so vor, daß ich ‘die Seife, die stärken Alkohol-
geruch von sich gibt, in 10 und 15°%/Jiger Lösung; später "ih 25
und 30° iger Lösung ` auf die Kulturen‘ einwirken ließ,‘ indem ich
zu je 10 ccm der verschiedenen Proben, je ,3 Tropfen von mit-physio-
logischer Kochsalzlösung abgeschwemmten 24 stündigen Agärkulturen
zutropfen ließ.: Nach verschiedenen Zeiträumen von 5, .10,..20. 30
und 60 Minuten entnahm ich steril je'1 Tropfen und übertrug diesen
auf Agarnährböden, die ich 8 Tage bei 370 beobachtete. Natürlich
wurden regelmäßig Kontrollen angesetzt. Als Resultate waren u
buchen auf: Staphylokokken: starke Entwickluneshemm 1R
20 Minuten mit tigen, Abtötung nach 60 Minuten nach S2) igor
und: Vernichtung nach 5 Minuten mit 50°%%,iger Lösung. Auf Y |
kokken: Abtötung, nach 5—10 Minuten = g. Auf Strepto-
10°/,igen . Lösungen.
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ee Da von der desinfizierenden Kraft der Seife in reinen Lösungen
.. auf die Wirkung an der Hautoberfläche Rückschlüsse nicht ohne
Fa weiteres zulässig sind, ging ich dazu über, bei einer Anzahl Ver-
TE suchspersonen Untersuchungen nach der Richtung hin vorzunehmen,
die Hände derselben mit Sapalcol waschen zu lassen und die Er-
gebnisse zu studieren. | Ä Ä
Hierzu: wurden die Hände jedesmal zuerst 5—7 Minuten lang
mit der Seile und wenigen Tropfen (worauf großes Gewicht zu
legen ist) Wasser gereinigt, allmählich mehr Wasser hinzugenommen,
wobei der Schaum sehr ergiebig auftrat, auch gebürstet. (Wasch-
becken, Bürste, Wasser wurden sterilisiert.) Dann wurde der Seifen-
: schaum mit sterilem Wasser gründlich abgespült, häufig. auch mit
sterilen Mulltupfern. abgerieben, um jeden etwaigen Rückstand der
nl Seife, der schädigend auf die Kulturen hätte wirken können, nach
an Möglichkeit zu entfernen. Handteller sowohl wie die Dorsalseite
ei der Hände und die Flächen zwischen den Fingern wurden mit
ee
Bee ‚oberllächen in Petrischalen abgeimpft, ebenso in verllüssigten Agar-
Wat nährboden eingebettet und bei 37% 8 Tage lang beobachtet.
- Die Endresultate lassen sich kurż dahin zusammenfassen, daß Sa-
zo palcol eine starke Entwicklungshemmung der Eitererreger bzw. der auf
-E der Handoberfläche befindlichen Keime erkennen ließ, daß die Keime
TiD ~ unter anderem von 340 bis auf 60 nach der Waschung zurückgingen.
Da sich demnach, durch’die Versuche mit der Sapalcolseife
allein auszukommen, keine völlige Asepsis der Hände erzielen ließ,
f
Sublimatlösung angeschlossen. Nun işt allerdings vom Sublimat
a bekannt, daß es bei längerer Anwendung leicht reizend wirken
ee kann, gelegentlich schuppende Ekzeme erzeugt und Intoxikationen
hervorrufen kann. Gewöhnlich wird aber nach’ den bisherigen
Vorschriften eine Sublimatbeeinflussung auf 3—5 Minuten ausge-
Se dehnt. Es kam mir darauf an, die kürzeste Zeitdauer zu bestimmen,
en welche für die Desinfektion nach vorhergegangener Seifenwaschung
oe zur Erreichung der Keimlosigkeit ausreichte, und die dahin zielenden
Versuche ergaben für die Sapalcolseife eine Begrenzung auf !/, Minute.
on Ein Versuch z. B. gestaltete sich dermaßen, daß die Hände zunächst
Wi. etwa 420 Keime aufwiesen. Nach 7 Minuten langer Waschung mit
| Sapalcol blieben noch 11 Keime übrig. Die Hände wurden dann
mit einer 1°/,„igen Sublimatlösung übergossen, !/2 Minute lang leicht
‚verrieben und mit sterilem Wasser abgespült. Hiernach waren keine
es . Keime mehr nachzuweisen. F |
A Der Erfolg besteht also darin, daß die Anzahl der Keime
durch die .Sapalcolwaschung wesentlich‘ beeinflußt wird, so, daß
keimfrei zu machen. Das wäre in der Tat ein Fortschritt gegen-
über der heutigen, noch vielfach geübten Händesterilisation, denn
| innerhalb der rasch ausgeführten Sublimatspülung wird ein Angriff
el auf die Hautoberfläche nicht stattfinden. |
| Aus der Poliklinik Geh.
A o . u Mamroth, Berlin.
ee Erfahrungen mit Chlorylen.
Von Dr. Georg Perlmann.
Angeregt durch die Arbeiten von Plessner, Seelert und
Kramer über Chlorylen (Trichloräthylen puriss.), das von der
o Firma C. A.F.Kahlbaum Chemische Fabrik G. m. b. H., Berlin-Adlershof,
rE in den Verkehr gebracht wird, möchte ich über eine von mir an-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
sterilem Skalpell scharf. abgekratzt und die Abschabsel auf Agar-
I Auch
ie ' Tierversuche wurden angeschlossen, wobei Meerschweinchen an ra-
a sierten Stellen mit Infektionserregern (Staphylokokken) infiziert, mit
en i Dapalcolseife gewaschen und dann auf Sterilität bzw. Abwesenheit
rd von Bakterien untersucht wurden. |
w 1
wurde eine nachfolgende Behandlung der Hände mit 1P/yoiger
eine kurze Überspülung der Hände mit Sublimat genügt, um sie
-Rat Prof. Dr. Rosin und Dr. Paul Hirsch-
97. Juli
gestellte Versuchsreibe reiner Trigeminusneuralgien berichten, die
zu beobachten ich 2 Jahre lang Gelegenheit hatte. Ich möchte
hierbei bemerken, daß sich Trigeminusneuralgien symptomatischer
Natur, wie bei Diabetes, Tuberkulose und Lues, unter diesen Fällen
nicht befanden, obwohl auch solche Patienten von mir behandelt
worden sind. Die Behandlung bestand in genauer Übereinstimmung
mit Plessner und Kramer darin, daß ich das Mittel auf Watte
tropfen ließ und es dem Patienten so lange zum Einatmen gab, bis
ein Geruch nicht mehr zu spüren war. In Fällen, wo eine leichte
Benommenheit oder Rausch eintrat, gab ich das Chlorylen intern
nach der von Seelert beschriebenen Form. Ich habe, im Gegen-
satz zu Blumenthal, dabei eine gute Wirkung. der Chlorylenperlen
beobachten können. Um das Resultat meiner Untersuchung vorweg-
zunehmen, kann ich von meinem Material 60°/, als völlig geheilt,
250%, als weitgehendst gebessert und 15°/, als Versager ansehen.
Die besten. Erfolge hatte ich bei frischen Neuralgien, die noch nicht
durch operative oder röntgenologische Eingriffe beeinflußt waren.
Schon nach 8 Tagen zeigte sich eine wesentliche Besserung, die
gewöhnlich nach weiteren 3 Wochen einer völligen Heilung Platz
machte. Vereinzelt wieder auftretende Rezidive wurden wiederum
mit Chlorylen behandelt, der Erfolg war der gleiche wie bei der
ersten Behandlung. In den 25°/, meiner Fälle,. wo ich mit Chlorylen
eine weitgehende Besserung erzielen konnte, lagen die ersten Anfälle
gewöhnlich Jahre zurück. Es gelang durch die Darreichung des
Medikamentes, den Patienten, die gewöhnlich alle Antipyretika und
Morphium zu nehmen gezwungen waren, bei ihren Anfällen eine so
weitgehende Erleichterung zu schaffen, daß sie imstande waren,
ihren Beruf wieder auszuüben. Der Rest meiner Fälle, etwa 15°/,,
versagte auf Chlorylen.
Es würde über den Rahmen meiner Arbeit hinausgehen, alle
Krankengeschichten anzuführen. Einige der markantesten Fälle meines
Materials möchte ich jedoch ganz kurz skizzieren: .
1. J.L. Kommt am 22. Februar 1922 in meine Behandlung. Seit
12 Jahren tagelange Attacken. Schon nach einer Woche täglichen Ein-
atmens von 80 Tropfen Chlorylen bedeutende Besserung. Nach. vier
Wochen frei. Weiter ließ ich 1/, Jahr lang wöchentlich imal einatmen.
Dezember 1922 Rezidiv, jedoch bedeutend schwächer als sonst. Er-
neute Kur, frei bis, heute.
2. W. K. Seit einem Jahre Schmerzen. Behandlungsbeginn mit
Chlorylen 1. Juni 1922. Nach 5 Wochen schmerzfrei. Bis heute kein Anfall.
3
. K.Z. Behandlungsbeginn mit Chlorylen Juni 1922, Schmerzen
seit 9 Monaten. Nach 3 Wochen frei bis heute.
| 4. W. Sch. Juni 1922. Beginn vor 3 Wochen. Da das Einatmen
von Chlorylen Benommenheit verursacht, interne Verabreichung von
Chlorylenperlen, die bis auf leises Brennen im Magen gut vertragen
wurden. Nach 14 Tagen völlig frei von Schmerzen. Bis heutekein Rezidiv.
5. F.W. Juni 1922 Behandlungsbeginn mit Chlorylen. Seit
3 Jahren fast tägliche, äußerst schmerzhafte Anfälle. Auf Chlorylen
so bedeutende Besserung, daß Patientin ihren Beruf als Telephonistin
ausüben kann. Patientin nimmt alle 4 Monate i Monat lang inner-
lich Chlorylen, da das Einatmen Schwindel verursacht. Im Januar 19
stellt sich die Patientin erneut vor; wenn sie auch nicht ganz schmerz-
frei ist, so geht es ihr doch so gut wie seit langem nicht. l
6. F. J. Januar 1923 erste Konsultation. Schmerzen bestehen
seit Š Jahren. Patient ist lange Zeit hindurch mit Röntgenstrahlen
behandelt worden. In diesem Falle erwies sich Chlorylen als erfolglos.
Ich glaube, dieses Versagen auf die wahrscheinlich bestehende Narben-
umhüllung zurückführen zu können. .
Zusammenfassend kann ich also sagen, daß das Chlorylen
sowohl in der Substanz als in der Perlenform sich als ein Mittel
erwiesen hat, das eine wertvolle Bereicherung der Auswahl unserer
Antineuralgika darstellt.
Literatur: 1. Plessner, Berl. Ges. £ Psych. u. Neur, Sitzung vom
8. ner 1915. Neur. Zbl. Bd. 39, 5, 916 u. Mschr. f. Psych. u. Neur.
d. %9,
8.129. — 2. Kramer, Franz, B.kLW. 1921, Nr. 7. — 3. Seelert, Klin. Wschr. 1922,
Nr. 45. — 4. Thielemann, M. B
M. B.. Passow-Schaefersche Mh. Bd. 20, H. 3/4. —
5. Blumenthal, Fritz, D.m.W. 1924, Nr. 5. l
Aus dem Institut für Allgemeine Biologie der Universität Lemberg.
Über aktive Fleckfieberimmunität.
| Vorläufige Mitteilung.
a | Von Prof. Dr. R, Weigl.
ei Die Umschau in der bereits umfangreichen Literatur über
Dr das Fleckfieber der Versuchstiere, insbesondere des Meerschwein-
chens, zeigt uns, daß da kaum ein anderes Problem so einstimmig
a beantwortet wurde, wie das Problem. der Immunität des Meer-
el
schweinchens nach einmal: überstandenem Fleckfieber gegen eine
ee neuerliche derartige Infektion.
RE |
DE EN Segen MIENE u Er,
u ee ET T e a
—— u —UTZ
EEE
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschatft.
Darüber sind sich nämlich alle Autoren einig, daß das Über-
stehen einer typischen Erkrankung, ungeachtet dessen, ob sie durch
Meerschweinchenfleckfieber-Passagevirus oder Blut des fleckfieber-
kranken Menschen hervorgerufen wurde, in jedem Falle eine feste,
dauernde, jahrelang sich erhaltende Immunität gegen eine neuer-
liche ähnliche Infektion hinterläßt. In dieser Hinsicht scheinen
nicht einmal Ausnahmen geduldet zu werden. Nur Rocha-Lima
gesteht, daß er tatsächlich eine Ausnahme fand.
Angesichts der so einstimmig’lautenden Aussagen der bestbe-
währten Fleckfieberforscher war esfürmich höchst befremdend, alsich bei
meinen Immunitätsversuchen ganz entgegengesetzte Resultate erzielte.
s- ho L3
A a (Im a E T a
z .
.
‘ ziehen Tiermaterial, die mir durch eine
= Prowazek, wie auch die mit Rickettsia-Meerschweinchenpassagevirus
"Die Ergebnisse meiner ersten Versuchsreihen über aktive Fleck-
fieberimmunität beim Meerschweinchen, ausgeführt im Jahre 1917, be-
‚stätigten zwar die Angaben Roch a-L imas und anderer. Diese Ver-
suche, die angestellt wurden zwecks Klärung der Frage, ob das durch
Rickettsia Prowazeki beim Meerschweinchen 'hervorgerufene Fieber
tatsächlich dem durch das Blut des fleckfieberkranken Menschen her-
vorgerufenen entspricht, zeigten nämlich, daß die mit reinen Rickettsia
` geimpiten Tiere sich nach überstandenem Fieber tatsächlich gegen eine:
nachträgliche Infektion mit Krankenblut, wie auch Krankenblut-Meer-
schweinchenpassagevirus als immun erweisen und vice versa. _
Die an einem reichlicheren Tiermaterial anderer Herkunft ein
Jahr später unternommene Wiederholung dieser Immunitätsversuche
gab mir- dagegen ganz entgegengesetzte Resultate. Es zeigte sich
nämlich, daß ein ver ältnismäßig großer Prozentsatz der bereits einmal
‚geimpften und auch typisch erkrankten Meerschweinchen, und zwar
ungeschtet dessen auf welche Weise die Infektion erfolgte, auf Re-
infektion mit Krankenblut, : sowie Passagevirus und Rickettsia Prowa-
ki mit einer für das Meerschweinchenfleckfieber typischen Tempe-
ratursteigerung, verbunden mit starker Gewichtsabnahme und Kräfte-
verlall reagierte. Die Prüfung in weiteren Meerschweinchenpassagen,
wie aach die mikroskopische Untersuchung von Gehirnschnitten dieser
Tiere, beseitigte jeden Zweifel und ließ es als erwiesen erscheinen,
daß wir es hier tatsächlich mit einer zweiten Fleckfiebererkrankung
m.t hatten. Der Prozentsatz der ositiven Reinfektionen wuchs
zwar in der Regel zusehends mit der Zeit, die zwischen der ersten
und zweiten Infektion verstrich!). Aber auch da gab es Ausnahmen,
so daß keine alleemeingültige Regel auf estellt werden konnte. Auch
die Art und Weise, in welcher die erste 4 fektion vorgenommen wurde,
ob mit Rickettsien, Meerschweinchenpassagevirus, O er mit Kranken-
bhit, wie auch die Stärke der überstandenen ersten Infektion, ließ in
der Regel einen gewissen Einfluß im Prozentsatz der positiven Re-
-infektionen erkennen und war auch, in einem bestimmten Grad, für
die Stärke der zweiten Erkrankung maßgebend. Da diese Unter-
suchungen wegen Mangels an Meerschweinchen abermals unterbrochen
werden mußten, so konnte ich auch damals noch keine Erklärung
meiner Ergebnisse, die in schroffem Gegensatz zu denen aller anderen
Autoren. standen, geben. | |
. [n einer meiner Publikationen aus dem Jahre 1919 äußerte ich
mich also dahin, daß die Verschiedenheit der durch mich und alle,
- anderen. Autoren erlangten Resultate ihre Erklärung vielleicht in der
Verwendung einer anderen Meerschweinchenrasse, die eben auf Fleck-
feber anders reagiert, zu suchen sei,
Bigenschaften verändertes Virus zurückzuführen wäre.
“Bei Wiederaufnahme dieser Untersuchungen an einem zahl-
größere Subvention von
siten der Genfer Liga ermöglicht wurde, konnten bisher bereits
ilgende Tatsachen konstatiert werden. E
1. Bei Reinfektion von Meerschweinchen mit virulentem fleck-
feberrirushaltigem Material — Krankenblut, Meerschweinchenpassage-
virus, Rickettsia-Prowazeki — wird das in den fleckfieberimmunen
Organismus eingebrachte Virus nicht immer vernichtet, wie es’an-
' smehmen wäre, aber bewahrt öfters nicht nur seine Lebens-, sondern
auch Entwicklungsfähigkeit, und zwar oft so lange, wie im Orga-
usmus des erstmal geimpften Tieres. | Ä
2.Das sich lebensfähig erhaltende Virus vermehrt sich dann
such im’ reinfizierten Meerschweinchenorganismus und zwar je nach
in Grad der erworbenen Immunität, entweder nur schwach, oder
aber gerade so stark wie im erstmal geimpften Tiere. |
8. Je nach dem Grad der durch die erstmalige Erkrankung
mangen Immunität ist auch der Verlauf der neuerlichen Infektion,
dh klinische Bild, verschieden. In den extremen Fällen gelangt
ni Infektion entweder überhaupt nicht zum Durchbruch, ‚oder sie
To zu einer ausgesprochenen typischen Fleckfiebererkrankung des
= ya an diesen zwei extremen Formen finden wir dann
ine 1a bergänge, also Infektionen, die zwar gänzlich symptomlos,
me. jede sichtbare Erkrankung des Tieres verlaufen, auf andere
Ile) aber übertragbar bleiben — also Fälle typischer. inapparenter
ekionen. Weiters Infektionen, die zwar eine starke Gewichts-
Abnahme und Kräfteverlall, aber keine Temperaturerhöhung des
ierten Tieres zur Folge haben. Schließlich Infektionen ver-
` bunden mit Kräfteverfall und schwacher kurzdauernder Temperatur-
erhöhung usw.
der e Ergebnisse dieser Versuchsreihen stellen nun das Problem
ie ei: das Meerschweinchen nach einmal überstandenem Fleck-
eder erworbenen Immunität in ein ganz anderes Licht, als es die
isheri ) ,
a ariei „afersuchungen taten. Sie beweisen eben im Gegensatz
isher geltenden Ansicht, daß da von einer vollständigen,
absol E ENY i r i
eo wen Immunität überhaupt nicht die Rede sein kann.
0
mali ? w Reinfektionen wurden 3 bis 15 Monate nach der erst-
,
rkrankung vorgenommen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. =
‘ähnliche Infektion hinterläßt.
oder aber auf ein in seinen
. dieser Bevölkerung bedingt. _
. $ le + ` N f
r ' TE š Ra & oe l
' B
. e . v ar N à k we . je ,
s ; . 3 . f ;
Die nach einmal iberstäandenem Fleckfieber durch das Meer--
schweinchen. erworbene Immunität ist vielmehr eine bloß bedingte
und. begrenzte, die auch: jederzeit gebrochen werden kann?).
Es ist selbstverständlich, daß die an ‚Meerschweinchen er-
langten Resultate nicht ohne weiteres auch auf den Menschen. über-
tragen werden können.: eN = D n
In Verband mit den beim Fleckfieber des Menschen bereits
gesammelten Erfahrungen können sie uns jedoch gewisse Anhalts-
punkte bieten — also in dieser Hinsicht als Wegweiser dienen. .
Es gilt unter den: praktizierenden Ärzten der fleckfieber-
verseuchten Gegenden als eine bereits alte Erfahrungstatsache, daß .
beim Menschen das Überstehen .einer auch ganz typischen Fleck-
fiebererkrankung keine absolute Immunität gegen eine neuerliche
t. Beinahe jeder Arzt Rußlands, wie
auch die Ärzte der an Rußland grenzenden Gebiete Polens, darunter.
die besten Fleckfieberkenner, wissen aus eigener Praxis von: Fällen
zu berichten, wo ihren Angaben gemäß tatsächlich eine zweite
typische Fleckfiebererkrankung vorlag. Unter diesen Fällen finden
sich auch viele Ärzte selbst. 00 EPE
Die epidemiologischen Erfahrungen lassen es ‘weiter ebenfalls
als sebr wahrscheinlich erscheinen, daß erstens das Fleckfieber
auch beim Erwachsenen nicht nur in einer leichten, uncharakteristi-
schen, öfters duch abortiven Form vorkommen kann, sondern. sogar
ganz symptomlos, also ohne konstatierbare Krankheitserscheinungen,
‘verlaufen kani.
Zweitens lehrt uns ‘die Erfahrung, daß das Fleckfieber eben
‚unter der Bevölkerüng endemischer'Fleckfieberherde.in einem großen |
Prozentsatz der Fälle in einer bedeutend gelinderen Form, verläuft
und auch eine bedeutend geringere Mortalität aufweist ‚als unter
der Bevölkerung nichtverseuchter Gegenden. ` : S SB:
Auf Grund ursächlicher Verknüpfung all dieser eben vorge-
brachten Tatsachen und Annahmen sprachen bereits einige Autoren’
_ die Vermutung: aus, daß die erhöhte Resistenz der Bevölkerung von
Fleckfiebergegenden eben darauf zurückzuführen sei, daß ein großer
Teil dieser Bevölkerung bereits einmal, und zwar höchstwahrschein-
lich im Kindesalter, eine schwache, oft’ gar abortive Flecklieber-
infektion überstanden hat, die ‚dann eine ‚bloß angedeutete Im-
munität hinterläßt, welche eine zweimalige Erkrankung an Fleck-
Hieber zwar nicht ausschließt, aber die leichtere Form des Fleckfiebers
Da die Wissenschaft sich jedoch von derlei, durch sero-
logische und bakteriologische Befunde, wie auch das Tierexperi-
ment nicht gestützte Angaben nicht leiten läßt, gilt das Fleck-
fieber, all dessen ungeachtet noch immer, wenigstens in allen, auch
den neuesten Publikationen wie auch Lehr- und Handbüchern, als
eine Krankheit, deren Überstehen so gut wie immer eine vollständi =
Immunität hinterläßt.
Zwei -Laboratoriumsinfektionen, die sich dieses Jahr in meinem
Institut ereigneten, zeigen : nun, daß eine zweitmalige Erkrankung
ausgeschlossen ist. ya taa
Der erste Fall bezieht sich auf einen unserer Mitarbeiter
Dr. Krukowski. Er überstand ein schweres Fleckfieber zum erstenmal
des zu seinen Arbeiten nötigen Rickettsienmaterials ernährt er .an sich
1000, mit Rickettsia Prowazeki infizierter Läuse. Teils.waren es Läuse
die sich direkt am Kranken durch zweitägiges Blutsaugen infiziert
'|'haben, teils waren es Bu E in der 1. bis i{. Passage;
vom 18. Mai an aber ausschließlich Passagestämme. Bis 7. Juli 1922,
also gleichzeitig in demselben Käfig mit den "infizierten Läusen ge-
halten und gefüttert wurden, erwiesen sich stets als ol ee 89
Den 7. Juli 1922 stellt sich Unwohlsein und starker. Kopfschmerz
den 8. hohes Fieber ein. Den ii. Juli konstatiert: der untersuchende
Arzt, Dr. Arnold, einer der besten Fleckfisberkenner, Fleckfieber..
Die am 19., also am 11. Krankheitstag angestellte Weil-Felix-] DE
ist 1 : 500 positiv. Den 25. Juli Krisis, aa all a
— Ende September zeigt die Weil-Felix-Reaktion noch einen’ Titer
1:500 positiv. | ur IM
fieber überstanden vor 3 Jahren im Jahre. 1919. Vom 10. Juni 1922
2) Über die Bedingungen, die in jedem Falle. zur oie dei
konnten unsere Untersuchungen bisher noch kei efriedio
Aufschluß bringen, . = Fr nn befriedigenden
1 4
an Fleckfieber auch. beim erwachsenen Menschen tatsächlich nicht >`
bereits vor 5 Jahren im Jahre 1917 in Rumänien. Zwecks Erlangung
selbst- seit dem 2. Mai 1922 täglich eine große Anzahl, oft weit- über
also über 2 Monate, blieb er gänzlich gesund. Alle Kontrolläuse, die
Den 13. tritt dann ein starkes Exanthem in charakteristischer Aus-
bildung auf. Der weitere Verlauf der Krankheit ist ein et “
Der zweite Fäll betrifft Frl, Z, 18 J ahre alt. . Erstes Mal Fleck- ;
an ernährt sie ebenfalls täglich hunderte von Fleckfieberläusen ähn- :
erworbenen aktiven Fleckfieberimmunität des Meerschweinchens führen, -
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1048 o 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. O AJl o
licher Herkunft wie beim ersten Fall, aber andere Stämme. Nach der | hat, daß es in dieser neuen Form jede erworbene Immunität leicht
Erkrankung Dr. Krukowskis, und zwar den 10. Juli. übernimmt sie | brechen und eine neue Infektion schaffen konnte. |
alle von Dr. Krukowski bis zu dieser Zeit genährten Rickettsien- Die Prüfung aller, während der Zeit, in der sich
Lausstämme. Am 7. September stellt sich Unwoblsein, heftiger Kopf-
i i det ickettsienstämme auf ihr Verhalte
schmerz und Temperaturerhöhung, am 11. dann hohes anhaltendes tionen ereigneten, verwendeten Rickettsienstă n
Fieber ein (390°-41° C). Der Verlauf der Krankheit ist aber ein äußerst
ild
bei Reinfektion des Meerschweinchens wird da a Klärung
inge j j i Tj ie zur Klärung dieser
milder. — Die erste Diagnose lautet auf Grippe, dann Verdacht auf bringen. Die zahlreichen Tierexperimente, die zur 8
T.abdominalis. Nach OTE ins Eoidemiepital- am 18.September | Frage sich als nötig erwiesen, sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
‘ — also am 11. Krankheitstag, läßt sich jedoch noch ein schwa
die Infek-
sicht- Aus den eben dargebrachten Tatsachen müssen wir jedenfalls u
bares spärlich ausgebildetes Exanthem nachweisen, das am 2. Tag ver- | die Lehre ziehen, daß das Füttern von Fleckfieberläusen auch für
schwindet. Die am 12. Krankheitstag angestellte Blutuntersuchung
den bereits Fleckfieberimmunen ein äußerst riskantes Unternehmen
— (Weil-Felix Reaktion 1:1500 komplett Widal, Ty., P.Ty. B negativ) — | pedeutet#). | | | i
beseitigt jeden Zweifel und sichert die Diagnose Fieckfieber. Am Dadurch wird aber leider das an und für sich äußerst um- o]
21. September, am 14 Krankheitstag, Temporaturabfall zur Norm =- | ständliche und kostspielige Arbeiten mit Fleckfieberläusen gar arg |
1:250 positiv. l |
kompliziert und erschwert. |
=. v a. 3 Der erbrachte Beweis, daß das Fleckfieber beim Menschen
BER ai zo ganz Klaren Palea gesold Bichi; ovchi eiu deilat keine absolute, sondern bloß eine relative Immunität hinterläßt,
"Ich selbst überstand erstes Mal Fleckfieber vor 4 Jahren im | läßt es nun im Verband mit den im Tierexperiment erbrachten
Jahre 1918. (Laaboratoriuminfektion mit einer Rickettsienkultur der Tatsachen als höchst wahrscheinlich erscheinen, daß die ın fleck-
6. Lauspassage.) Seit Mai 1922 ernährte ich ebenfalls täglich eine | fieberverseuchten Gegenden, auch an der Höhe der Epidemie, kon-
oße Anzahl, oft über 1000 Fleckfieberläuse, derselben Herkunft, also | .statierbaren abortiven Fleckfieberfälle uns in den meisten Fällen
an une = 10. ai also nn ee eine zweitmalige Fleckfiebererkrankung darstellen. Weiter geben
mit Fa stellte sich heitiges Unwohlsein, verbunden mit Gelenk- | di bni ; türliche Erklä der
schmerz, den nächsten Tag hohes Fieber ein (bis 4106). Das Fieber un
bisher rätselhaft vorkommenden Erscheinung, daß nämlich die Zahl
bleibt auch den 2. Tag auf derselben Höhe, den 3. Tag Temperatur- TE À ws
abrli zur Norm Trotz der kurzon Daner das Wieberstsdiums ist die der Fleckfieberfälle in einigen bereits seit Jahren stark verseuchten
.Rekonvaleszenz eine äußerst langsame. Der konsultierende Arzt, eben-
Gegenden Rußlands von Jahr zu Jahr nicht merklich abnimmt,
falls einer der bestbewährten Fleckfieberkenner, ‚schließt Fleckfieber | sondern sich beinahe konstant erhält oder eher wächst. Da die
aus. Weil-Felix-Reaktion konnte während der Krankheit und Rekon- nach einmal überstandenem Fleckfieber erworbene Immunität keine
valeszenz nicht angestellt werden. — Die zwei Monate nach der Er- | absolute ist, ist es also anzunehmen, daß die Verwahrlosung, ins-
krankung entnommene Blutprobe ergab eine Weil-Felix-Reaktion 1:50 | besondere die ‚schlechten Ernährungsverhältnisse des jetzigen Ruß-
komplett — 1:100 in Spuren; früher, auch während der Zeit inten- | lands, den Grad der durch einmal überstandenes Fleckfieber er-
sivster Rickettsienläusefütterung stets 1:5 negativ. langten Immunität der Bevölkerung so weit herabsetzen, daß eine
Diese 3 Fälle konnten wegen meiner Abwesenheit im Tier- | zweite Infektion desto leichter haftet. Diese Infektion ruft dann je
experiment, also Laus- und Meerschweinchenversuch, leider nicht | nach dem Grad der erworbenen Immunität ein in seiner Form ver-
ausgenützt werden. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß in den | schiedenes Fleckfieber hervor. Die Ergebnisse des Meerschwein-
2 Fällen echtes, im ersten Fall ein typisches, äußerst schweres, im | chenexperiments im Verband mit unseren epidemiologischen Erfah-
zweiten ein leichtes Fleckfieber vorlag. | rungen lassen es nämlich als sehr wahrscheinlich erscheinen, daß
Bei der Diagnose des zweiten Falles war besonders die posi- | auch beim Menschen, gerade so wie beim Meerschweinchen, eine
tive Weil-Felix-Reaktion maßgebend. Daß es sich da nicht bloß | neuerliche Fleckfieberinfektion ‚nicht nur ein typisches Fleckfieber,
um Reaktivierung der X-Agglutinine durch andere Infektion handelte, | eine leichte, bloß abortive und schließlich bloß rudimentäre Er-
braucht nicht erst betont zu werden. Wie bekannt wird nämlich | krankung, sondern auch eine ganz symptomlos verlaufende, also
die X-Agglutination nach ihrem gänzlichen Schwund durch ander- | eine typische inapparente Infektion hervorrufen kann.
weitige Infektionen nicht geweckt. 8 Diese Möglichkeiten zwingen uns nun zür Änderung unserer
Dieser Umstand Iäßt es eben als sehr wahrscheinlich er- | bisherigen Ansichten über die Epidemiologie des Fleckfiebers in
scheinen, daß der dritte Fall ebenfalls als abortives Fleckfieber | einigen Punkten.
anzusehen ist. Da es trotz allen eben angeführten Tatsachen doch Von einem ganz anderen Gesichtspunkt aus muß also vor
als erwiesen anzusehen ist, daß das einmalige Überstehen von allem die Rolle des sogenannten Fleckfieberimmunen bei der Ver-
Fleckfieber beim Menschen, wenn auch keine absolute, so doch | breitung des Fleckfiebers betrachtet werden.
tatsächlich eine starke Immunität hinterläßt, so ist es klar, daß bei Auf Grund der ganz eindeutigen Ergebnisse der Untersuchungen
der Brechung dieser Immunität in jedem Falle gewisse, die zweit- | aller Autoren über die Infektiosität des Blutes des bereits entlieberten
malige Infektion begünstigende Umstände mitspielen müssen. fleckfieberkranken Menschen wissen wir, daß das Virus bereits mit
Welche Umstände nun bei den 2 ev. 3 in Rede stehenden, der Entfieberung, jedenfalls aber bald nach der Entfieberung aus
beinahe gleichzeitig auftretenden Laboratoriumsinfektionen das Zu- dem kreisenden Blut verschwindet; wenigstens ist es weder im
standekommen der zweiten Infektion bedingten und erleichterten, Menschen, Affen und Meerschweinchen, noch im Lausexperiment
die Disposition schufen, diese Frage konnte bisher noch nicht ganz nachweisbar. Auf Grund dieser Erfahrungen kam der bereits Ent-
befriedigend gelöst werden. Daß besonders in diesen Fällen ge- | fieberte als: Infektionsüberträger nicht mehr in Betracht.
wisse begünstigende Umstände eine entscheidende Rolle spielen | . „Beim Fleckfieber gibt es keine Virusträger“. Dies galt als
mußten, unterliegt nämlich keinem Zweifel. Alle hier in Betracht | ine der bestbegründeten Tatsachen, und hatte insbesondere auch
kommenden Personen waren nämlich über 2 Monate unausgesetzt | für den Fleckfieberimmunen Gültigkeit.
Tag für Tag nicht nur der Infektion ausgesetzt, sondern wurden Da wir es nun als höchst wahrscheinlich betrachten können,
auch täglich tatsächlich mit verhältnismäßig starker Dosis infiziert). daß beim immunen Menschen eine inapparente Fleckfieberinfektion
Es wäre also auf Grund unserer Immunisierungserfahrungen eher möglich ist, während welcher der sich im Organismus vermehrende
anzunehmen, daß dadurch ihre erwarbene Immunität gegen Fleck- Infektionserr eger dann längere Zeit auch im kreisenden Blut vor-
fieber gesteigert als herabgesetzt wurde. Der erste Fall könnte | handen ist, so müssen wir auch annehmen, daß dies Blut sich
zwar seine Erklärung in diesem Umstand finden, daß Dr. Kru- während dieser Zeit für die Laus als infektionstüchtig erweist.
kowski sich 10 Tage vor seiner Erkrankung bei der künstlichen Auf diese Weise kann also jeder Fleckfieberimmune zum
Infizierung von Läusen zufällig mit der dazu verwendeten Kapillare, | temporären Virusträger werden.
die mit stark konzentrierter hoch virulenter Rickettsienaufischwem-
mung gefüllt war, in den Finger stach, dadurch also eine verhältnis-
mäßig sehr große Rickettsienmenge in seinen Organismus einführte.
Beim zweiten und dritten Fall spielten jedoch ähnliche Infektions-
möglichkeiten höchstwahrscheinlich keine Rolle. Am nächsten lag
natürlich der Gedanke, daß sich das in langer Lauspassage ge-
züchtete Fleckfiebervirus eines bestimmten Stammes derart verändert
\
4) Obwohl in unserem Institut bereits seit 4 Jahren immer eine
größere Anzahl fleckfieberimmuner Leute, oft über 15, die auch öfters
ausgewechselt wurden, Fleckfieberläuse durch Ansetzen an ihren
Körper ernährten, wurde bisher bei keinem dieser Leute eine zweit-
malige ausgesprochene Fleckfiebererkrankung konstatiert. Nur ist es
uns aufgefallen, daß sich bei vielen der zur Lausfütterung neu enga-
ierten Leuten nach einer gewissen Zeit eine immer undiagnostizierbare
rkrankung einstellte, die stets mit einem höchstens 3 Tage dauernden
hohen Fieber verbunden war. Trotzdem wir diese Erkrankungen mit
der Ernährung großer Mengen ricketisieninfizierter Läuse in ursäch-
liche Verbindung brachten,
wurde ihnen jedoch leider keine weitere
Aufmerksamkeit geschenkt, |
3) Wie bekannt, genügt zur Infektion des Menschen der einmalige
Stich einer infizierten Laus. Die in Rede stehenden Personen wurden
aber täglich von 1000 stark infizierten Fleckfieberläusen gestochen.
27. Juli
Das ist auch ganz klar, daß eine solche inapparente Infektion;
weil eben unerkannt, eine desto sicherere Basis. weiterer Infektions-
möglichkeiten schafft. |
Von diesem Gesichtspunkt aus wird auch das Problem des
Überdauerns des Fleckfiebers über die nichtepidemische Periode
hinaus einer leichteren Erklärung zugänglich.
| Die größte Bedeutung können jedoch diese Ergebnisse für
das Problem der erfolgreichen Bekämpfung des Fleckfiebers haben.
Bei der Fleckfieberübertragung galt nämlich bis jetzt der
‚ Fleckfieberimmune als der harmloseste Mensch. Dies war eben der
einzige, der, wenn auch in stetem Kontakt mit stark verlausten
Fleckfieberkranken nach gründlicher Entlausung als Fleckfieber- .
überträger überhaupt nicht in Betracht kam. Von nun an muß
dagegen eben der Fleckfieberimmune, entgegen den Kranken und
nicht Immunen, als der in gewisser Hinsicht gefährlichere, weil
Ä 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK _ Nr. 30. | |
—e enter
1049
nicht zu erkennende Fleckfieberträger, in Betracht gezogen werden.
Also bei der Entlausung der Umgebung des Kranken muß der
Fleckfieberimmune insbesondere berücksichtigt werden, da er nicht
nur infizierte Läuse beherbergen, sondern sogar selbst Läuse infi-
zieren kann. |
Auch von der Kontumation sollte der Fleckfieberimmune
deshalb nicht nur nicht befreit bleiben, sondern im Gegenteil sollte
die Zeit seiner Kontumation erheblich über die Inkubationszeit des
Fleckfiebers, und zwar wenigstens um 14 Tage (die Dauer der
eventuellen inapparenten Fleckfieberinfektion). verlängert werden.
Abgeschlossen Ende Dezember 19225).
| 5 Der Redaktion der Med. Klinik erst im Januar 1924. einge-
sandt, da durch ein Mißverständnis das Manuskript ein Jahr ander-
wärts aufgehalten wurde.
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), . Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankhei: en), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (V ersicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, B:rlin (Phy:ikal. Therap:e). Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
. Sehöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R. Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietsch el, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr.K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, airig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Diagnostische Fortschritte auf dem Gebiete
der Röntgenstrahlen.
Sammelreferat (Bd. 31).
Von Prof. Dr. Leopold Freund, Wien.
Anatomie. Varietäten.
Das genaue Studium der Topographie der inneren Gefäße par-
enchymatöser Organe ist nach Alexander Melnikoff am besten
möglich in situ an vorher durch Injektion von Gips mit Mennige
in starker Formollösung (bis 30 0/6) gehärteten Objekten mit nach-
iolgender stereoskopischer Röntgenaufnahme (H. 5/6). — Schinz be-
schreibt einige der wichtigsten Variationen der Halswirbelsäule; die
Assimilation des Atlas, die Manifestation des Okzipitalwirbels, das
Ofenbleiben des hinteren Atlasbogens, das Os odontoideum, echte
und unechte Halsrippen, rudimentäre Thorakalrippen, den. Hiatus
cervicalis persistens (H. 5/6). — Einen Fall von kongenitalem
Femurdefekt mit postnataler Entwicklung des Knochens
teilt G. Engelmann mit (H. 2/3). — Die röntgenographische
Untersuchung des Schädels ermöglicht nach Yoshihide Nishi-
kawa die Darstellung des komplizierten, mancherlei Varietäten unter-
liegenden Verlaufes der venösen, die Sinus durae matris, Emissarien
und Diploevenen führenden Furchen und Kanäle des Schädels, ihrer
Kaliber- und Verzweigungsverhältnisse, sowie die bei pathologischen
Veränderungen des Schädels und seiner Inhaltsorgane auftretenden
änderungen der venösen Gefäßkanäle des Schädels. Von Inter-
esse sind die durch Knochensyphilis erzeugten Veränderungen der di-
Ploetischen Venenkanäle sowie die bei Sinus pericranii erhobenen
Röntgenbefunde (H. 5/6).
Knochenpathologie.
H. Schranz veröffentlicht die Krankengeschichte und die
Röntgenbilder von einem geheilten Falle von Luxationsfraktur
des I. u. ‚N. Halswirbels mit Abbruch des Dens epistropheus
und Lusationsverschiebung des Atlas nach hinten (H. 5/6). — Der
| Tuch eines oder mehrerer Dornfortsätze der unteren Hals-
und oberen Brustwirbelsäule ist nach F. Zollinger ziemlich
Aufig und eine relativ harmlose Frakturform der Wirbelsäule. Sie
entsteht infolge einer unkoordinierten Aktion der einzelnen Portionen
#8 einen Trapezius. Stets ist der frakturierte Dornfortsatz stark
nekempfindlich, oft deviiert und unter Krepitation beweglich. Das
ntgenbild zeigt in der Mehrzahl der Fälle den dislozierten Dorn-
satz sowie die Abbruchfläche (H. 2). — Die sehr seltene isolierte
a Querfraktur des basalen Epiphysenkerns des 4. Finger-
: 3 gliedes konnte Fr. Kantz röntgenographisch bei einem Mädchen
aelweisen (H, 1). — Die röntgenologische Lateralverschiebung der
Oberen Humerusepiphyse bei der angeborenen Schulterlähmung.
"Betracht.
beruht nach C. Mau nicht auf einer während der Geburt entstehenden
traumatischen Epiphysenlösung, sondern ist lediglich als Projektions-
täuschung infolge der starken Innenrotation aufzufassen. Die rönt-
genologischen Veränderungen im und am Schultergelenk insgesamt
sind vielmehr als der Ausdruck einer neurotischen Atrophie zu
deuten (H. 2). — Bei einer Tabikerin ergab Oberndorfer die
Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule: Hochgradige Verdünnung
der Wirbelkörper, Deformationen der Gelenkflächen, Auflockerung
der Spongiosa, Bildung größerer Spalträume, die Zwischenwirbel.
scheiben zwischen den erkrankten: Wirbeln waren zum Teil ver-
schwunden, es fanden sich neben Knochenbrücken auch dichtstehende
inselartige Einlagerungen hyalinen Knorpels, an .den Außenseiten
mancher Wirbel fanden sich Exostosen (Spondylitis tabica) (H.5/6).
— Franz Wohlauer bespricht einen Fall seiner Beobachtung, bei dem
eine doppelseitige Erkrankung des Os lJunatum und eine
Zyste in einem Os naviculare manus nach einem vor vielen .
Jahren stattgefundenen geringen Trauma nachgewiesen wurden.
W. sieht die Grundlage des Leidens, das ihm eine Analogie mit der
Köhlerschen Krankheit des Os naviculare pedis zu bieten scheint,
in einer fehlerhaften Anlage bzw. einem Fehler im Verknöcherungs-
mechanismus. Das leichte Trauma treffe auf einen primär wenig wider-
standsfähigen Knochen und die Auswirkungen seien groß (H. 4). —
Eine isolierte Malazie des Os naviculare carpi dextri, die seit
7 Jahren bestehend und fortlaufend untersucht wurde, ergab Fried-
rich Kautz als Röntgenbefund: In der Mitte des Os naviculare
eine linsenlörmige unregelmäßige Auflockerung der Struktur, die
Kortikalis anfangs normal, erschien später an zirkumskripter Stelle
unterbrochen (H. 2/3). — Bei einem 14jährigen Mädchen beobachtete
F. Fleischner multiple, symmetrisch angeordnete Epiphysenver-
änderungen (Verbiegungen, unregelmäßige Form und Konturen, Re-
duktion der Größe, ungeordnete Struktur, Aufhellungsherde, ver-
änderte Gelenkspalte) an den Mittelphalangen beider Hände, Das
Krankheitsbild wird der Osteochondropathia juvenilis zuge-
zählt. Ein zweiter Fall von einseitiger Patella bipartita, bei
dem am anderen Knie ein Morbus Schlatteri bestand, wird von
Fleischner demselben Krankheitsbilde zugezählt (H. 2). — Im An-
schlusse an die Beschreibung von 4 Fällen der Perthesschen Krank-
heit, die röntgenologisch mit den charakteristischen Symptomen der
sehr stark abgeflachten, stellenweise aufgehellten, aufgelockerten. teil-
weise in einzelne Stücke zerfallenen, außerdem etwas abgerutschten
Kopfkappe des Femur, bei verbreitertem Gelenkspalte und oft vor-
handener Coxa vara in Erscheinung traten, erörtert Max Rehbein
die. Ätiologie dieser Krankheit, die nach seiner Auffassung keine
einheitliche ist. Als Ursachen kommen sowohl kongenitale und er-
worbene Entwicklungsstörungen als auch Trauma und Infektion in
Ersteren kommt die Rolle der Disposition, letzteren jene
der auslösenden Ursache zu. Trauma und Infektion können aber
auch gelegentlich die alleinige Ursache darstellen (H, 2/8). — Die
röntgenologischen Befunde von der Spina ventosa haben. nach
>
ET Un DE E E E E E A E V O
a Er N E
F re ke ee 4 T e
Re u aaa
Es aiina S
nokoniosis folgende differential- diagnostisch wichtige Symptome
1050
Eugen Fraenkel manche gemeinsame Züge mit den von F. und
Jüngling beschriebenen Fällen von multipler Knochentuberkulose,
doch unterscheiden beide mancherlei Merkmale z. B. die bei der
Spina ventosa häufigen periostalen Knochenauflagerungen, die bei
der anderen Affektion gemeinhin fehlen. Prinzipiell ist jedoch eine
Trennung beider Erkrankungen weder vom anatomischen noch ätio-
logischen Standpunkte aus berechtigt (H. 5/6). — Die scharf um-
schriebenen Aufhellungen der Knochensubstanz und Knochendeiekte,
die nach der herrschenden Auffassung angeblich Gicht beweisen
sollen, sind nach W. Amelung kein Beweis für echte Arthritis
urica, sondern kommen auch bei der chronischen Polyarthritis und
bei der Arthritis deformans vor (H. 1). — Einen tödlich verlaufenen
Fall von allgemeiner Ostitis fibrosa mit innersekretorischen Stö-
rungen (schwächerer Tonus des parasympathischen Systems), wobei
eine fortschreitende fibröse Umwandlung des ganzen Knochensystems
mit Zystenbildung stattfand, teilt E. Nägelsbach mit (H. 1). —
Ein von Ludwig Fedder beschriebener Fall von Ostitis fibrosa
zeigte an vielen Stellen Geschwulstbildungen, die sich bei der Autopsie
als Rundzellensarkome erwiesen. Die von Ostitis fibrosa freien
Knochen zeigten nirgends Tumoren. Hierdurch ist ein Zusammen-
"hang beider Erkrankungen nahegelegt (H. 4). — Auf die gelegent-
liche Unmöglichkeit der Dilferentialdiagnose zwischen Osteo-
sarkom und Karies weist der Fall Leo Reichs hin, bei dem
der Kalkgehalt des Käses einer kariösen Symphyse wolkige Schatten
vortäuschte und die reaktive Knochenneubildung in der Nachbar-
schaft verdeckte (H. 5/6). — Eine angeborene Dermoidzyste, welche
den Zusammenschluß der Ossa nasalia in frühester embryonaler Zeit
verhinderte und sich nach oben in das Stirnbein weiter entwickelte,
bechreibt Esau (H. 2/3. — Einen seltenen Fall einer periostalen
Geschwulst, vermutlich Chondrom des Femur teilt A. Kautzky-
Bey mit (H. 5/6). — Konrad Weiß bringt die Krankengeschichte
und die Röntgenbilder eines Falles von multiplen Chondromen,
der durch die strenge Einhaltung der halbseitigen Erscheinungs-
form besonderes Interesse verdient (H. 5/6). |
Pleura. Lungen.
Kostomediastinale Schwarten erscheinen radioskopisch
nach Herrnheiser bei sagittaler Strahlenrichtung als homogene
paramediastinale, paravertebrale oder intrakardiale Schatten mit
meist scharfem Lateralkontur.. Im Gegensatz zu rein mediastinalen
Verwachsungen können sie den Mediastinalrand wesentlich über-
ragen und in jeder Thoraxhöhe sich flächenhaft abbilden. Sie be-
sitzen in der Regel Dreiecks- oder Bandform. Untere kostomediasti-
nale Schwarten zeigen starke respiratorische Verschieblichkeit; die’
Herz- und Gefäßpulsation ist bei rein kostomediastinalen Schwarten
nicht beeinträchtigt (H. 2). — M. v. Falkenhausens radiographische
Untersuchungen bestätigten die klinische Brauchbarkeit der Bestim-
mung der Lungenspitzenfelder nach Krönig und Goldscheider
(H. 2/3). — Zur Beseitigung des störenden und irreführenden Schattens
vom M. sternocleidomastoideus bei der Lungenspitzendurch-
leuchtung empfiehlt Georg Reimann eine am Halse anzulegende
entsprechend konstruierte Metallklammer (H. 2/3). — An der Hand
klinischer, röntgenologischer und pathologisch-anatomischer Unter-
suchungen prüfte H. Wernscheid den Zusammenhang zwischen
Lungentuberkulose und klinisch bestehendem Asthma
bronchiale. Bei 38 Fällen ergab das Röntgenbild ohne Ausnahme
tuberkulöse Lungenveränderungen. Bei 8 von 11 Sektionen fanden
sich chronisch adhäsive Prozesse. Bei 38 röntgenologischen und
11 Sektionsbefunden von Emphysem bestanden teutliche Zeichen
von Lungentuberkulose. W. faßt das Emphysem als metatuberkulöse
Erkrankung auf (H.4). — Als charakteristisches radioskopisches
Merkmal des mediastinalen Emphysems im Kindesalter wird.
von H. Wimberger eine hellfleckige Zeichnung des Mittelschattens
angegeben, wobei zwischen dem rechten Hilus und der Wirbelsäule
ein Lichtstreifen auftritt, durch den der Lungenstiel ohne zentrale
Verbindung gleichsam frei im rechten Lungenfelde schwebend er-
scheint. Ferner treten Verdrängungserscheinungen an der Lunge und
am Herzen auf. Ein vereinzelter, größerer, wohl umschriebener
Luftraum im Mittelfellgewebe (Pneumomediastinum) erscheint als
paravertebrale, wohl abgegrenzte, strukturlose Aufhellung mit seit-
lichen Verdrängungserscheinungen (H. 1). — LillyPokorny-Weil
gibt an der Hand der Krankengeschichte eines Falles von Pneumo-
an: 1. das gleichmäßige Befallensein beider Lungenhälften; 2. das
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
inaa aa
27. Juli
hirsekorn- bis linsengroße, ziemlich intensive und scharf begrenzte
Schattenfleckchen in beiden Lungenfeldern, außerdem an mehreren
Stellen größere, mehr weniger scharf begrenzte Schatten ergab (H. 1): —
Nach Georg Schmoller kann das Röntgenverfahren wohl nur in
den seltensten Fällen im Frühstadium einen Lungentumor selbst
zeigen, wie etwa die Bronchoskopie, sondern nur die Folgeerschei-
nungen. Wohl aber-zeigt es in gewissen Grenzen die Ausdehnung
der durch den Tumor hervorgerufenen Erscheinungen. Das Röntgen-
verfahren nützt bei der Diagnose dieser Krankheit nur in engster
Verbindung mit allen anderen Untersuchungsmethoden (H. 4)... —
Bedeutende diagnostische Schwierigkeiten erwachsen nicht selten,
wenn bei einem zu Beginn der Erkrankung diagnostizierten Lungen-
tumor sekundäre Aftektionen, ausgedehnte Einschmelzungs-
prozesse, Platz greifen, die nunmehr das Krankheitsbild beherrschen.
W. Goldstein bespricht derartige 10 Fälle, darunter Z eigener
| Beobachtung und gibt Anhaltspunkte für die Differentialdiagnose
(H. 5/6). — Einlaufen von Baryumbrei in denBronchialbaum
als Zufallsbefund konnte von W. Landau auf neurogene Schluck-
störung — vermutlich Vagusläsion auf luetischer Basis — zurück-
geführt werden. Da hierbei die gewohnte Hiluszeichnung neben den
breigefüllten Bronchien sichtbar war, erschien damit der Anteil der.
Gefäße an der Lungenzeichnung erwiesen (H. 2).
Zirkulationsapparat.
Nach E. Attinger kommt dem linken Vorhofe nicht die ihm
seinerzeit zugeschriebene prominierende Rolle in der Formbestimmung
des hinteren Herzrandes zu. Bei frontaler Durchleuchtungs-
richtung baut sich der hintere Umriß der Herzfigur in der schwachen
unteren Hälfte vom linken Ventrikel, das gute oberste Viertel von
einem Gefäßbindegewebspaket auf, und nur was dazwischen noch `
vom hinteren Herzrande übrigbleibt, wird vom hinteren Umriß des
linken Ventrikels selbst gebildet. Es ist nicht die Größe des linken
Vorhofes, sondern der Durchmesser der Ventrikelmasse, der die Stärke
der Wölbung des hinteren Herzrandes bedingt (H. 1). — Nach
Werner Teschendorf ist bei starker venöser Stauung (Pulmonal-
‘ stenose mit Septumdefekt) nur im Jugendalter ein Hervortreten des
Schattens der Vena cava im Röntgenbilde zu erwarten, während im
höheren Lebensalter (Fälle mit Trikuspidalstenose) die Dilatation
hauptsächlich auf den rechten Vorhof beschränkt bleibt. Bei starker
Vorhofsdehnung wird der rechte Herzbogen vom linken Vorhof ge-
bildet, während der nach links verdrängte rechte Ventrikel unter-
halb des Pulmonalschattens randbildend wird und nur eine kleine
Partie des linken Herzrandes vom linken Ventrikel gebildet wird.
Die Diagnose eines offenen Ductus Botalli ist bei Erwachsenen be-
sonders dann zu stellen, wenn bei charakteristischem Röntgenbilde
und einer auf kongenitales Vitium deutenden Anamnese noch be-
trächtliche Belastungen des Kreislaufes ertragen werden. In einem
Falle von enormem Aneurysma der Aorta descendens waren klinisch
sämtliche Zeichen eines linksseitigen Pleuraergusses nachweisbar.
Der Fall bewies, daß das Groeco-Rauchfußsche Dreieck nicht durch
Verdrängung des unteren Mediastinums zustande zu kommen braucht
(H. 4). — Der Zufalisbefund eines ausgedehnten, sämtliche, Herz-
höhlen betreffenden Panzerherzens, bei dem die Einlagerungen
sich außer zwischen den perikardialen Adhäsionen auch im Peri-
kard vorfanden und das nicht die geringsten subjektiven und ob-
jektiven Störungen von seiten des Herzens verursachte, wird von
H. v. Hecker mitgeteilt (H. 2/3). — Ein Aneurysma.der Aorta
descendens mit pulsierender Vorwölbung unterhalb der linken
Skapula wird von H. Sachs beschrieben (H. 2/3). — Durch lang-
same Injektion von 20—150 ccm. einer 10—15 °/,igen Jodnatrium-
lösung in die Kubitalvene und sofort folgende oder gleichzeitige
Röntgenaufnahme gelang es Lasar Dünner und Adolf Calm die
Armvenen und auch die Lungengefäße bis zum Eintritt ins Herz
gut darzustellen (H. 5/6). Von der Ausbildung dieser neuen Me-
thode lassen sich neue Erkenntnisse erwarten. — Durch eine sinn-
reiche Umkonstruktion des Kymographen von Gött und Rosen-
thal gelang es Karl Hitzenberger und Leo Reich Pulsationen
von tief im Körperinneren gelegenen Organen, deren Pulsationen
nach verschiedenen Richtungen zu registrieren (H. 1). —
Digestionstrakt. |
Weiche, poröse, nicht schattengebende Fremdkörper im Öso-
| phagus (Fleischbissen) können nach Robert Lenk durch Imbibition
Freibleiben der Spitzen; 3. Hämoptysen; 4. das Mißverhältnis vom | mit Kontrastmitteln direkt dargestellt werden (H. 5/6). — Ein mit
klinischen und röntgenologischen Befund, welch letzteres zahllose
stielartiger Basis der vorderen Wand in der Gegend der Bifurkation
man nur bei der Schirmdurchleuchtung wahrnehmen kann, graphisch |
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. 1051
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der Trachea aufsitzender 5 cm langer, 3 cm dicker Ösophagealtumor
(Karzinosarkom) ergab J. Sommer als typischen radioskopischen
Befund, den ins Lumen vorspringenden, fast allseitig von Kontrast-
mitteln abgegrenzten Schattendefekt (H. 1). — In einem Falle von
sekundärem Lymphosarkom des Mediastinums fand M. Haudek den
oberen Brustteil des Ösophagus in ein spindelig starres Rohr ver-
wandelt, dessen Ausgußschatten unregelmäßig getüpfelt und gefeldert
war und an den Rändern taschenartige und grobzackige Ausbuch-
tungen aufwies, Eine Stenose bestand nicht. Die Kontrastmasse
blieb kurze Zeit in den Taschen und Furchen des Tumors liegen.
Bei einem Falle von Lymphogranulomatosis des Mediastinums be-
‚wirkte der Tumor außer einer Verdrängung der Speiseröhre mit
mäßiger Kompression eine einseitige unregelmäßige Konturierung
des Kontrastschattens, der nahe dieser Wand auch stellenweise ein
getüpfeltes Aussehen hatte (H. 4). — Die Toxikologie des Baryum
sulfuricum behandelt .eine Arbeit von :P. Krause und Kurt
Köding. Chemisch reines Baryumsulfat (Baryum sulfuricum purissi-
: mum) ist ungefährlich. Die Vergiftungen in der Röntgenologie sind
auf Verwechslungen, Verunreinigungen und auf fahrlässige Abkür-
zungen in der Rezeptur zurückzuführen. — Nach O. Bilfinger be-
ruht die Veränderung der Magenform nicht immer auf seiner patho-
. logisch veränderten Funktion. Sie kann auch abhängig sein von der
Beschaffenheit der tragenden Eingeweide. Als Urform des Magens
sei die Stierform anzusehen. B. erörtert auch die Mannigfaltigkeit
der Befunde, die sich bei der Durchleuchtung des Duodenums aus `
seiner verschiedenen Lage und aus dem verschiedenen Verhalten
der Ingesten in demselben ergeben (H. 4). — Durch einen mittel-
starken Druck der rechten Hand in der Gegend der Incisura angu-
laris, oberhalb der Stelle, wo das Magenkorpus endigt, in der Rich-
tung nach dem Antrum zu, kann nach J. Schütze die Eröffnung
des Pylorus beschleunigt werden (H. 4). — Bei hinfälligen
alten Leuten fand Max Levy-Dorn häufig verlangsamte Ent-
. leerung des Magens, Ptosis, Impressionen der großen Kurvatur bis zur
Sanduhrform, winkelige Abknickung und Verdrängung des Magens
nach rechts, sowie eine bis handbreite Intermediärschicht (H. 5/6). —
Die Antiperistaltik des Magens kommt nach Haas nur bei
organischen Veränderungen zumeist des Magens und auch ohne
Passagestörung vor. Gelegentlich ist sie ein radiologisches Früh-
symptom des Karzinoms. Sie kommt wahrscheinlich auf reflekto-
rischem Wege zustande (H. 5/6). — Altschul konnte am Materiale
der Schlofferschen Klinik feststellen, daß bei alleiniger Berück-
sichtigung der indirekten Symptome der Geschwüre des Magen-
ausganges die Fehlerprozente nur um ein Geringes höher waren,
als bei bloßer Berücksichtigung deren morphologischer Verände-
rungen. Hingegen boten ihm die indirekten Symptome die Möglich-
keit, die Floridität des Prozesses zu beurteilen und die Indikation
fir einen chirurgischen Eingriff zu stellen (H: 5/6). — Der Lieb-
lingssitz der Magengeschwüre ist bekanntlich die kleine Kurvatur.
Sehr selten kommen sölche an der großen Kurvatur vor. Fritz
Walter beschreibt einen solchen Fall, bei dem die radiographisch
diagnostizierte Ulkusnische an der großen Kurvatur bei der Obduk-
ton nachgewiesen werden konnte (H. 1). — Hanns Wernscheid
interzog 4600 Obduktionsbefunde in bezug auf das gemeinsame
Vorkommen von Lungentuberkulose und Ulcus pepticum
amer Durchsicht. Es ergab sich, daß bei den autoptischen Befunden
mit Ulcus ventriculi bei 9,8 %/, (bis 22,6.%/,), bei Ulcus duodeni bei
6,2 0), (bis 26,8 0%) sichere tuberkulöse Lungenveränderungen mehr
festgestellt wurden, als bei der Gesamtzahl. 2 Magenulzera zeigten
mikroskopisch Tuberkulose (H. 4). — Die Beobachtung von K. E. Neu-
ann, daß eine nach rechts geknickt verlaufende Pars descendens
duodeni auf Strangbildung daselbst beruht, wird auf Grund autoptisch
Sichergestellter Fälle von Siegfried Weinstein bestätigt. Die
Aliologie der Stränge kann eine manifeste oder abgeklungene Ent-
zündung oder eine nicht entzündliche Bildungsanomalie sein (H. 4). —
Eine Stenose des Duodenums oberhalb der Papilla Vateri und
ene Stenose des unteren Ileum, veranlaßt durch von einem tuber-
kulösen Geschwür des Colon transversum ausgehende schrumpfende
rerwachsungen teilt Heinz Beck mit. Der Bulbus duodeni war
Inst ebenso stark erweitert wie der dilatierte Magen (H. 5/6. — Für
le Diagnose einer Invaginatio ileocoecalis gibt Regnier fol-
gende Symptome an: Bei Füllung per os: Stenose oral der Invagi-
nation, Fehlen des Zökums eventuell auch Colon ascendens, Bildung
ei Schattenbandes im rechten Hypochondrium ohne Zeichnung,
l e Peristaltik und von geringer Schattendichte, dessen Breite von
em Kontraktionszustand des Darmes abhängt. Bei Füllung per
rectum; 1, Zweiteilung der Kontrastmittelsäule entsprechend der
Umschlagstelle des Invaginatum auf das Invaginans; 2. eigentüm-
liche um die Zirkumferenz des Kolons herumlaufende Streifen als
Ausdruck der Zusammenfaltung infolge Mesenterialzuges, wobei das
Kolon eine glasige Farbe aufweist; 3. ein bandartiger heller Streifen
im Kolon, der von ihm wie von einem Mantel umgeben ist und
dem mangelhaft oder gar nicht gefüllten Invaginatum entspricht;
4. Unterschied im Kaliber des Invaginatums und des Invaginans,
wobei an der Übergangststelle die Kolonzeichnung plötzlich aufhört
(H. 5/6). — Als charakteristische röntgenologische Befunde des
Coecum mobile werden von Fritz Herzog die verzögerte Ent-
leerung und die mangelhafte Durchmischung angegeben. Die Lage-
anomalien haben eine geringere Bedeutung. Beachtenswert ist die
Erweiterung des Coecum ascendens (H.1). — Nach Rotky und
Herrnheiser fehlen noch sichere Beweise, welche zur ursächlichen
Beziehung mehr minder unklarer Darmbeschwerden auf „Kolon-
senkung“ berechtigen, sobald wir die gleichen Lageverhältnisse
oft völlig beschwerdelos bestehen sehen (H. 5/6). — Otto Fritz
beweist an einem weiteren Fall, daß nach Darreichung der gebräuch-
lichen Kontrastmitiel Askariden im Magendarmtrakt sichtbar
werden (entweder als Aussparungsbild im gefüllten Darm, oder po-
sitiv im leeren Darm, wenn sie selbst das Kontrastmittel in den
eigenen Körper aufgenommen haben) (H. 5/6.) — In einer Reihe inter-
essanter Beobachtungen hat Frau Dr. Lilly Pokorny die günstige
Beeinflussung des Meteorismus durch die adsorbierende Fähigkeit
der Tierkohle radioskopisch feststellen können. Es wird nicht das
Gas selbst, sondern die Ursache seiner Entstehung adsorbiert (H. 2).
Urogenitalapparat. | m
Die Harnblase beweist nach E. Vogt ihre große Anpassungs-
fähigkeit nicht nur bei der vorübergehenden. Verlagerung in der
Schwangerschaft und unter der Geburt, sondern auch bei der künst-
lichen dauernden Ausschaltung der Entwicklung der Harnblase in
die freie Bauchhöhle nach der ventralen Fixation des Uterus, nach
der Kollifixur und nach der Vaginalfixur. Die Harnblase paßt sich
ohne-Schwierigkeiten bald den neuen Raumverhältnissen an; ebenso
wie bei der Geburt verschafft sich die Harnblase vorwiegend nach
der rechten Seite zu Platz. Die Harnblase wandert nicht nach
oben zu, sondern nach den beiden Seiten zu. Bei Totalprolaps läßt
sich das Wandern der Blase durch vergleichende .Röntgenunter-
suchungen im Liegen und Stehen unmittelbar beobachten (H. 5/6.) —
Die Lage und Größe von Blasenausstülpungen (Divertikeln)
lassen sich nach Fr. Kraft durch die Methode der partiellen Blasen-
füllung in sehr befriedigender Weise und einfach feststellen. Die
Blase wird zuerst wie gewöhnlich mit der Kontrastflüssigkeit an-
gefüllt, dann massiert, eine Aufnahme gemacht, dann wird ein Teil -
der Kontrastflüssigkeit entweder vom Patienten spontan oder mittels
Katheters entleert und die zweite Aufnahme angeschlossen. Bei der
Miktion ist nach den herrschenden Auffassungen eine Entleerung
des Divertikels nicht möglich; es muß sich im Gegenteil stärker
anfüllen. Durch die teilweise Entleerung zieht sich die sonst ver-
deckende Kontrastschicht kulissenartig von dem Divertikel ab und
dasselbe erscheint nunmehr auf der Platte zur Differenzierung von
zwei größeren Divertikeln, auf derselben Blasenseite ist die Ein-
führung eines schattengebenden Katlıeters in ein Divertikel unerläß-
lich. Die nachträgliche Gasfüllung desselben ermöglicht die ge-
naue Feststellung seiner Lage (H. 1).
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.) i
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 23.
Über die Beziehungen der spezifischen Viskosität des Blutserums
zur Höhe des Grundumsatzes bei Funktionsstörungen der Schilddrüse
berichtet Neuschlosz auf Grund seiner Untersuchungen. Wenn auch ein
strenger Parallelismus zwischen der Erhöhung des Grundumsatzes und der
Herabsetzung der spezifischen Serumviskosität nicht hervortritt, so läßt
. sich doch ein deutlicher Zusammenhang beider Größen erkennen. Hyper-
thyreosen gehen mit einer Herabsetzung, Hypotbyreosen mit einer spezifischen
Erhöhung der Serumviskosität einher, ferner zeigt es sich, daß eine Er-
höhung des Grundumsatzes im allgemeinen mit niedrigen Werten, eine
Herabsetzung des Grundumsatzes mit hohen Werten für die spezifische
Serumviskesität verbunden sind. Neuschlosz hält daher die Bestimmung
der spezifischen Viskosität des Serums für eine brauchbare — wenn auch
nur approximative — Methode zur funktionellen Schilddrüsendiagnostik, be-
sonders zur schnellen vorläufigen Orientierung über die Richtung der
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1052.
1924-— MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30.
i 27. Juli
Schilddrüsenfunktionsstörung. Zur quantitativen Bestimmung des Grades
der Funktionsstörungen ist sie jedoch nicht geeignet, dazu dient nur die
Bestimmung des Grundumsatzes. _
Weitere Untersuchungen über die Atiologie der Encephalitis epi-
demica (lethargica) gibt Schnabel (Berlin) bekannt. Es wurden neben
den Kulturen des Basler Stammes und des in Berlin gewonnenen Virus,
die Kulturen von Bastai (Italien), Levaditi (Paris) und Kling (Stock-
holm) experimentell geprüft. Danach kann dem Bastaischen Virus keine
ursächliche Bedeutung als Enzephalitiserreger zuerkannt werden. Der
Stamm von Levaditi verhielt sich in jeder Beziehung wie das Herpesvirus,
es rief außer der typischen herpetischen Keratitis schwere charakteristische
nervöse Allgemeinerscheinungen hervor, Die Nachprüfung des Klingschen
Virus ergab, daß es bei einem Teil der damit geimpften Tiere bestimmte
histologische, als „enzephalitische“ im weiteren Sinne anzusehende Ver-
änderungen des Gehirns ohne klinisch wahrnehmbare Begleiterscheinungen.
hervorzurufen imstande ist. Zu dem Herpesvirus steht es weder in klinischer,
noch pathologisch-histologischer, noch auch immunologischer Hinsicht in
irgendeiner nachweisbaren Beziehung; eine größere Bedeutung für die
Ätiologie der Enzephalitis kann deshalb dem Klingschen Virus nicht zu-
erkannt worden.
Über den serologischen Luesnachweis mittels Meinickes Trübungs-
reaktion berichten Klopstock und Dölber (Heidelberg). Aus ihren Er-
fahrungen ergibt sich, daß die neue M.T.R. mit aktivem Serum bei Zimmer-
temperatur zweifellos einen Fortschritt gegenüber den bisherigen Trübungs-
reaktionen darstellt. Die Empfindlichkeit ist hinreichend, ob sie aber in
bezug auf charakteristisches Gepräge in der bisherigen Form eine aus-
reichende Gewähr bietet, scheint den Autoren zweifelhaft; als alleinige
Untersuchungsmethode zum serologischen Luesnachweis ist sie nicht ge-
eignet, sondern vorläufig nur in Verbindung mit der Wa.R.
Über die Bakterienflora des Darms gibt van der Reis (Greifswald)
in einer V. Mitteilung seine Untersuohungsergebnisse über die endogene
Infektion des Dünndarms beim Erwachsenen bekannt. Es zeigte sich bei
Gärungs- und Fäulnisdyspepsie eine reichliche Besiedelung des Dünndarms
mit Kolibakterien. Es handelt sich dabei nicht um eine Ohymus-, sondern
um eine Wandinfektion; die pathologische Besiedelung ist vorläufig als
Folge einer Störung in der Darmsekretion aufzufassen, bei Gärungsstuhl
im Sinne einer Sekretionshemmung, bei Fäulnisstuhl einer Sekretions-
vermehrung. Gärung und Fäulnisdyspepsie sind demgemäß als Teil-
erscheinung der Koliinfektion aufzufassen, die je nach den Reaktions-
verhältnissen im Darm Gärung oder Fäulnis hervorruft. "ÉH. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 22.
Zur Pathologie der Endocarditis. lenta äußert sich Paul Ormos
(Hödmezöväsärhely, Ungarn). Sie gleicht in ihrem Bilde mehr der benignen
Endocarditis verrucosa, aber ihr schwerer Verlauf und meist tödlicher
Ausgang machen sie der Endocarditis ulcerosa ähnlicher (Milzdämpfung,
Bakteriämie, Embolien, Metastasen). In dem mitgeteilten Falle kam es
zu einer Embolie der Art. iliaca ext., wodurch die Arterienwand verletzt
wurde.: Die mitgebrachten Bakterien führten zur Zerstörung der Wand
und zur Entwicklung eines faustgroßen Aneurysmas. Dessen Zer-
reißung hatte den Verblutungstod zur Folge. Trotz positiver Wa.R. handelte
es sich nicht um ein syphilitisches Aneurysma. Bei Endocarditis lenta
kann auch ohne syphilitische Infektion eine positive Wa.R. vor-
kommen.
H. Grau (Honnef) berichtet über einen Fall von fraumatischer ört-
licher (Finger-) Infektion mit tuberkulösem Auswurf (beim Aufheben von
Scherben einer zu Boden gefallenen Spuckflasche),. Es kam zu einer Er-
krankung des Knochens (Periostes). Röntgenbestrahlung und syste-
mätische Hitzebehandlung (die Hand wurde täglich 4 Stunden
lang auf die Dampfheizung gelegt) führten zu einem bemerkenswerten Erfolg.
In einem Falle von Appendizitis fand Niedermeyer (Schönberg
[0.-L.]) in dem exstirpierten Wurmfortsatz, dessen Mukosa eine be-
ginnende eitrige Einschmelzung erkennen ließ, ziemlich fest eingebohrt ein
1,5 om langes Stück einer Roggengranne. Vermutlich war der Fremd-
körper gelegentlich des Dreschens von Getreide in den Mund geraten.
Schneidende Instrumente verlieren bekanntlich durch das Aus-
kochen beträchtlich an Schärfe selbst dann, wenn man die Schneide
des Messers durch Umwickeln mit Watte oder Gaze schützt (die Verände-
rungen, die beim Erkalten des Metalls auftreten, genügen, der Schneide
ihre Feinheit zu nehmen). Verziehtet, man daher aus diesem Grunde auf
das Auskochen, so darf man sich nach Fritz Brüning (Berlin) nicht
des Alkohols zur Desinfektion bedienen; denn selbst die keimtötende
Wirkung des 60—70°/,igen Alkohols, die größer ist als die konzentrierteren
und absoluten Alkohols, ist sehr gering gegenüber der dann nur in Betracht
kommenden Sublamin-, Karbol-, Lysol- oder Sagrotanlösung. (Die aus-
gezeichnete Wirkung, die der Alkohol bei der Händedesinfektion zeigt,
beruht im wesentlichen auf einer Arretierung und Fixierung der
Hautkeime, also auf einer Herabsetzung der Keimabgabefähig-
keit. der Haut.) l F. Bruck.
Schweizer medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 20 bis 22.
Nr. 20. D. Bloom (Bern) untersuchte die Wirkung des Jodkalis
auf die Zirkulation. Mehr als die Hälfte’der Fälle zeigte eine Abnahme
des Maximalblutdruckes bei etwa 1,0 JK pro die. Sie tritt erst nach einigen
Tagen ein und schwankt zwischen 10 und 40 mm Hg. Bei manchmal
schon, geringen Dosen nahm das Pulsvolumen in 50°/, zu. Bei Vergrößerung
der Dosis nahm auch das Pulsvolumen zu, doch fand sich keine prozentuale
Steigerung. In 75°/, nahm die Pulsfrequenz um 3—33 Schläge pro Minute
zu. Die drei geschilderten Folgen der Jodmedikation traten in 50°/ gleich-
zeitig bei demselben Patienten auf. Es geht aus den Untersuchungen ein
deutlicher Einfluß des JK auf die Zirkulation hervor, der sich besonders
in einer Vergrößerung des Minutenvolumens zeigt.
Über die Herkunft des Fruchtwassers äußert sich O. Häuptli
(Aarau), der einen Fall beobachtete, in dem eine Atresia ani et urethrae
bestand, so daß sich dem Fruchtwasser kein fötaler Urin beigemengt haben
kann. Da die Blase nicht dilatiert war, ließ sich auf eine sehr geringe
intrauterine Nierensekretion schließen. Verf. hält diesen Befund der Theorie
entgegen, die die Entstehungsursache des Fruchtwassers im fötalen Urin sieht,
und glaubt, daß das Fruchtwasser ein Sekretionsprodukt des Amnions ist.
Nr. 21. Der Arzt als therapeutischer Faktor in der Psychotherapie
wird, wie A, Maeder (Zürich) ausführt, heutzutage viel zu sehr vernach-
lässigt. Man legt bei der Erziehung den Wert auf die Objektivität, worunter
das Subjektive leidet. Man kommt zu sehr zur Einseitigkeit und ver-
nachlässigt den Menschen als Ganzes. Den Prozeß, der sich im Arzt ab-
spielt, wenn er als therapeutischer Faktor wirkt, teilt Verf. in 3 Phasen:
eine zentripetal gerichtete, bei der der Arzt sich in die Lage des Patienten
_ einfühlt, eine zentrale (die „Umwandlung“*), die sich in der Tiefe seiner
Seele abspielt, und eine zentrifugale (die „Auswirkung“). Zu allem ist
eine spezifische Eignung zum Ärzteberuf Voraussetzung.
Über die hemmende Wirkung von Zucker und Kochsalz auf ver-
schiedene Krankheitserreger in „vitro“ und in „vivo“ berichtet A. Meier
(Zürich). Bei Versuchen in vitro erwiesen sich Zucker. und Kochsalz in
konzentrierten Lösungen als bakterizid, doch war die Wirkung des Koch-
salzes durchweg stärker als die des Zuckers. Verschiedene Bakterienarten
verhielten sich ganz verschieden, am widerstandsfähigsten waren Strepto-
| kokken und Milzbrandbazillen. In vivo waren die Ergebnisse mit Zucker
negativ, während durch Kochsalz in jedem Falle ein Einfluß auf die Erreger
ausgeübt wurde. Verf. glaubt, daß die Wirkungen in praxi- besser sein
würden, da dort nicht so große Mengen virulenter Bakterien in Frage
kommen wie in seinen Versuchen. Auch ist vielleicht von einer mehr-
maligen Wundbehandlung mit Zucker oder Kochsalz ein günstigeres Resultat
zu erwarten.
Nr. 22. A. Loevy (Davos) gibt eino Übersicht über die physio-
logischen Anpassungsvorgänge an das Höhenklima. Die mitunter gleich
nach der Ankunft aus dem Tiefland beobachtete Frequenzsteigerung von
Puls und Atmung ist nicht als Anpassungsvorgang, sondern als Wirkung
eines ungewohnten Klimareizes aufzufassen. Durch Zunahme sowohl der
Erythrozyten und des Hb-Gehaltes als auch der Gesamtblutmenge paßt
der Organismus sich dem Höhenklima an. Ferner findet eine gesteigerte
Sauerstoffbindung an das Hb statt. Auch das Atemvolumen bzw. der
Thoraxumfang nehmen zu, wie auch bei Abnahme der Pulsfrequenz das
Herzschlagvolumen steigt. Schließlich betont Verf. die Anpassung des
Hautorganes in Gestalt der Pigmentbildung. Sie dient zum Fernhalten
der ultravioletten Strahlen, zur Absorption der Wärmestrahlen, mithin als
„Wärmeakkumulator“, so daß die Wärmeregelung des Körpers verbessert wird.
Über den Einfluß verschieden visköser Muzilaginosa auf die
korneale Novokain- und Kokainanästhesie berichtet H. Graf (Zürich).
Die Anästhesie wird durch isovisköse tierische Kolloide, insbesondere
Rinderserum, derart beeinflußt, daß Verkürzung der Latenzzeit, Erhöhung
der Intensität und Verlängerung der Dauer eintritt. Demgegenüber setzen
pflanzliche Kolloide alle diese Funktionen herab; auch Lipoidemulsionen
wirken in gleicher Weise ungünstig. Zur Erklärung dieser Unterschiede
zieht der Verf. die verschiedenen Dispersitätsgrade und die spezifische
Wirkung tierischer Kolloide tierischem Gewebe gegenüber heran. Die
kolloidalen Stoffe der Tränenflüssigkeit wirken wahrscheinlich ebenso.
St. Wieser (Zug) teilt zwei Fälle von Vergiftung mit Amanita
verna (Knollenblätterschwamm) mit. Der Pilz wird meist mit Champignons
verwechselt und sein Genuß führt meist zum Tode. Nach 9—12 Stunden
Inkubation setzt die Vergiftung ganz akut mit Durchfällen und Erbrechen
ein. Unter choleraäbnlichen Erscheinungen tritt der Tod ein. Das Sen-
sorium bleibt meist bis kurz vor dem Tode frei, Blutungen infolge der
toxischen Schädigungen treten ebenfalls ein. Muncke.
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27. Juli
| | | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. | 1053
Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr. 25 und 27.
Nr. 25. 0. Klein beschreibt einen in der Jakschschen Klinik in
Prag beobachteten Fall von Leuchtgasvergiitung bei einem 18jährigen
Mädchen, der durch seine hochgradigen motorischen Reizsymptome,
klonisch-tonische Krämpfe, Trismus, Deviation der Augen und des Kopfes
nach links während der Anfälle und spastische Reflexe an das Bild der
Strychninvergiftung erinnerte. Charakteristisch war der rasche Wechsel
und die Flüchtigkeit der Symptome, ebenso schnell verschwanden nach
Abklingen der Giftwirkung auch Herzschwäche und Lungenödem sowie eine
Störung des Koblehydratstoffwechsels: während zuerst erhöhter Nüchtern- .
wert des Blutzuckers und Glykosurie bestanden hatten, war schon am
dritten Tage die Glykosurie verschwunden und auch durch Belastung mit
100 g Glukose nicht mehr hervorzürufen, dabei war der Blutzuckerspiegel
noch deutlich erhöht. i
Nr. 27. Paul Engelen (Düsseldorf) hat die Martinetsche Funk-
tionsdiagnostik des Zirkulationssystems zur Erprobung von Medikamenten
angewandt. Das Martinetsche Verfahren besteht in einer Prüfung der
‚ Pulsfreguenz sowie des systolischen und diastolischen Blutdrucks in der
Ruhe, in der Aufrechtstellung und nach 20 tiefen Kniebeugen. Beim
Gesunden wird die Pulsfrequenz in aufrechter Stellung um 4—8 Schläge,
nach 20 Kniebeugen um 16—21 Schläge erhöht und kehrt bei Ruhe in
weniger als 3 Minuten zur Norm zurück. Der Blutdruck (maximal und
minimal) steigert sich in aufrechter Stellung um 5 mm, nach den Kniebeugen
steigt der Maximaldruck um etwa 40, der Minimaldruck um etwa 10 mm
an, auch hier Rückkehr zur Norm bei Ruhe in weniger als 3 Minuten. —
Bei Zirkulationsschwäche ist die Steigerung der Pulsfrequenz erheblicher,
die Rückkehr zur Norm dauert länger. Der systolische Blutdruck erhebt
sich beim Übergang zur vertikalen Körperhaltung nicht, der diastolische
dagegen um mindestens 10 mm. Diese Steigerung des Minimaldrucks, beim
. Fehlen der Steigerung des Maximaldrucks ist noch deutlicher nach 20 Knie-
beugen und auch hier die Rückkehr zur Norm verzögert. — Alkohol
(20 ccm in Verdünnung mit indifferenten Geschmackskorrigentien) beeinflußte,
wie an 3 Beispielen gezeigt wurde, Zirkulationsschwäche günstig und zwar
Herzen mit ungenügender Reservekraft, gestörte vasomotorische Reaktion
und insuffiziente Kreislaufsfunktion bei Klappenfehler. — Digitalisdispert,
das wegen seines geringen Gehalts an Digitoxin keine kumulative Nach-
wirkung zeigt, führte von Tag zu Tag die statische und dynamische Reaktion
der Pulszahl immer mehr der Norm zu. W.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 25.
Ermüdungshypotonie und Ermüdungsatonie ist nach der Auffassung
von F. J. Kaiser (Soest) die Ursache des Ulcus ventriculi (et duodeni).
Das im Dehnungsgebiet des Magens liegende Gefäß, z. B. die Arteria
gastrica dextra, wird nach Erschöpfung ihrer Beweglichkeit in die Länge
gezogen und überdehnt. Dadurch wird die Lichtung des Gefäßes ver-
kleinert. Die Folge des mangelhaften Blutzuflusses ist eine Er-
nährungsstörung des Gewebes in dem am ungünstigen versorgten Ab-
schnitte. Dauert die Blutsperre längere Zeit, so entsteht ein Ulcus.
Damit aber geht die Hypotonie in einen Reizzustand, in die Hyper-
tonie, über.
Zur Kasuistik der Magenmyome teilt N. Kleiber (Berlin) den
Fall einer 62jährigen Frau mit, bei der sich innerhalb eines Jahres eine
kindskopfgroße Geschwulst, vorwiegend im rechten Bypochondrium,
entwickelt hatte, bei geringer Störung des Allgemeinbefindens. Bei der
Operation fand sich ein knolliges, mit einem Stiel von der großen Kur-
‘vatur des Magens ausgehendes Myom. Abtrennung und Vernähung. des
Magenloches.
Die Verwertung des Weichteilmantels funktionell störender Finger
. Zur Beseitigung angrenzender Mittelhandnarben empfiehlt Porzelt (Würz-
burg). Der infolge Metakarpaldefektes seines Haltes beraubte, in Beuge-
stellung stehende Finger wurde aus seinem Haut-Weichteilschlauch aus-
gelöst und der Weichteillappen zur Ausfüllung des nach Ausschneiden
der Mittelhandnarbe entstandenen Hautverlustes verwendet,
Das gleichzeitige Operieren zweier Chirurgen an einem Patienten
empfehlt Kirchmayr (Wien) bei der Varizenoperation älterer Leute.
An beiden Oberschenkeln wird gleichzeitig der Venenstamm von drei
Schnitten aus freigemacht und herausgezogen und am Unterschenkel die
variköse Vene entfernt. Die bei diesem langwierigen Eingriffe notwendige
Allgemeinnarkose wird dadurch um die Hälfte verkürzt. — Bei
der Henle-Albéeschen Operation versorgt ein Assistent nach der Ent-
nahme des Knochenspans den Oberschenkel, während der Operateur das
Transplantat einpflanzt, ' K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 24 und 25.
Nr. 24. Über Alter und erste Konzeption der Frau hat Schwarz
nach den Erfahrungen an der Universitäts-Frauenklinik zu Marburg statisti-
sche Zusammenstellungen gemacht. Eheschließungen waren zwischen dem
22. bis 26. Lebensjahre am häufigsten. Für die berichteten Fälle wurde
eine Sterilität von 8%, berechnet. Ist es bei einer Ehefrau 2 Jahre nach _
der Hochzeit noch nicht zur Konzeption gekommen, so ist die Aussicht auf
ein Kind geringer als die Aussicht auf dauernde Unfruchtbarkeit.: Die
Konzeptionshäufigkeit ist am größten in den ersten drei Monaten. Die
Anzahl der Ehen, bei denen das erste Kind erst nach dem ersten Ehe-
jahre kommt, ist größer als die Zahl derer, in denen die Geburt im
ersten Jahre erfolgt. Mit zunehmendem Alter wird der Zwischenraum
zwischen Hochzeit und erster Konzeption länger. |
Der Einfluß der Schwangerschaft auf das Wachsen und Rezidi-
vieren maligner Geschwülste wird von Lederer (Prag) besprochen. In
dem mitgeteilten Falle handelte es sich um ein Sarkom der rechten Schläfen-
gegend, das bereits, vor 2 Jahren inoperabel war und nach einer Palliativ-
operation und Radiumbestrahlung geheilt schien. Am Ende der Schwanger-
schaft, nach fast 30 Monate dauernder Rezidivfreiheit, trat ein Rezidiv auf,
das ungemein rasch zum Tode führte infolge der Entwicklung des Sarkoms
in der mittleren Schädelgrube. Die Schwangerschaft hat also das
Rezidiv ausgelöst. Als Schlußfolgerung ergibt sich die Forderung, bei
Schwangeren, die wegen einer bösartigen Gesehwulst operiert worden sind,
die Schwangerschaft zu unterbrechen. | | .
‘Einen Beitrag zur Frage der Spontanamputation der Adnexe bringt
Küstner aus der Universitäts-Frauenklinik Halle. Bei einem faustgroßen,
hinter dem Uterus liegenden Tumor, der für ein vollkommen aus dem ur-
sprünglichen Zusammenhang losgelöstes Dermoid des Eierstocks erkannt
wurde, fehlte die dazugehörige Tube. Der Eileiter ist ‘bei der Stieldrehung
des Ovarialtumors amputiert worden. Von der Tube war nur ein frei
endendes 1 cm langes Stück am Uteruswinkel erhalten. |
Lebensbedrohliche Ovarialblutungen bespricht Lüttge (Halle). | Die
Laparotomie ergab als Ursache für die innere Blutung eine geplatzte
Corpus luteum-Zyste. Der Grund für die starke Blutung war eine
stark herabgesetzte Gerinnungsfähigkeit des Blutes, welche
9 Minuten betrug, statt der üblichen Zeit von 4—5 Minuten.
Sub partu perforiertes Pyovarium wird von Schwarzkopf (Leipzig)
beschrieben. Kurz nach einer Zangenentbindung- hatte sich schwerer Ver-
fall und eine faustgroße Geschwulst neben dem Uterus entwickelt. Es
handelte sich um ein in die Bauchhöhle geplatztes Pyovarium. Trotz Ab-
setzung des Uterus und der Adnexe Exitus. |
Ein Fall von Üterusstein wird von Hoffmann (Wien) beschrieben.
Bei einer 69jährigen Frau wurde aus der Scheide ein verkalkter stein-
artiger Körper von Eiform von 5 cm Durchmesser entfernt. Die mikro-
skopische Untersuchung ergab ein verkalktes nekrotisches Fibromyom.
Angenommen wurde, daß ein Uterusmyom in die Scheide geboren war und
hier längere Zeit verweilt hatte. |
Die Rolle des Koitus beim vorzeitigen Blasensprung und bei Er-
krankungen des Kindbettes wird von v. Büben (Budapest) besprochen
und an der Hand von tabellarischen Übersichten der schädliche Einfluß
nachgewiesen. Ä
Nr. 25. Serumeiweiß- und Erythrozytenbestimmungen an gesunden
und hydropischen Schwangeren hat Bergmann an der Marburger Frauen-
klinik angestellt. Das Blutserum des aus dem Ohrläppchen entnommenen
Blutes wurde mit dem Refraktometer bestimmt. ‘Während die Zahl
der roten Blutkörperchen nicht wesentlich verändert war, veränderte sich
in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft das Serumeiweiß um 10/0.
Bei Hydropischen und Nephropathischen ist die Verminderung des
Serumeiweißes noch etwas größer. Im Wochenbett gleicht sich die Hyp-
albuminose rasch wieder aus.
Zur Behandlung der Asphyxia pallida. neonatorum empfiehlt Spitzer
(Wien) das unmittelbare Einblasen von Luft mit dem Munde.
Auf den Mund des scheintoten Kindes wird eine vierfach zusammengelegte
Gazekompresse gelegt als Schutz für das Kind und für den Arzt. Ein-
geblasen wird die in den Mund eingenommene Luft, nicht die Ausatmungs-
luft des Arztes.
Grundsätzliches zur Behandlung gonorrhoischer Adnextumoren
bespricht Pinesohn (Breslau). Durch örtliche und allgemeine Behandlung
ist die Rückbildung in den entzündeten Anhängen und die Ausheilung der
Gonorrhoe anzustreben. Nach dem Versagen der konservativen Behandlung
ist das einzige wirksame Verfahren die tiefe supravaginale Amputation des
Uterus mit sämtlichen Adnexen. Je später man operiert, um so schonender
kann man vorgehen. |
Zur Prage: Uterusperioration oder Uteruserschlaffung berichtet
Kritzler (Erbach) den Fall einer 49jährigen Frau, bei welcher nach Ent-
fernung von Zervixpolypen die Kürette tief in die Gebärmutter versank.
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gesetzliche Genehmigung des künstliches Abortes hat an der außer-
der Bevölkerung 34—36 lebende Kinder. .K. Bg.
1054. E 1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. hi
be 4 `
Die Laparotomie zeigte, daß keine Perforation eingetreten war und
der Uterus eine schlaffe Muskulatur hatte. Die Beobachtung zeigt, daß
plötzliche erhebliche Erschlaffungen auch des nicht graviden
Uterus vorkommen.
Zum Kampie gegen die Fruchtabtreibung bemerkt Lönne (Gelsen-
kirchen), daß der Vorschlag, die Abtreibende straffrei zu lassen und
nur die Beihilfe zur Abtreibung zum Verbrechen zu bestrafen, un-
zweckmäßig ist. Die Folge würde sein, daß die gewerbsmäßigen Ab-
treiber lediglich durch Beratung die nötigen Anweisungen geben
werden. Ferner wird von mehrgebärenden Frauen die Selbstabtreib ung
in der Weise vielfach geübt, daß in Hockstellung Seifenlösung mit einer
Spritze in den Muttermund eingespritzt wird.
Zum Kampfe gegen die Pruchtabtreibung weist Poljak (Minsk)
auf das Dekret der Sowjetregierung in Rußland hin, welches die künst-
liche Unterbrechung der Schwangerschaft durch den Arzt im
Krankenhause oder in Privatanstalten gestattet. Die Genehmigung
erteilt im einzelnen Falle eine „Mutterschaftskommission“.
ber die Abortfrequenz' in Rußland während des Krieges und der
Revolution berichtet Karlin (Petersburg), daß 92°), sämtlicher Aborte
als künstlich herbeigeführt anzunehmen sind. Die Frauen erkranken etwa
dreimal häufiger an Sepsis im Anschluß an-Abort als nach reifen Geburten.
Die als zeitweilige Maßnahme infolge des wirtschaftlichen Elends gedachte
Oxydierung des Blutes durch Verringerung des CO,-Gehaltes — sogen.
Alkalosis —, durch endokrine Störungen bedingte vermehrte Autointoxi-
kation infolge der sich bildenden „Krampfgifte“ (wahrscheinlich der
Guanidingruppe angehörend), ferner Einfluß der Jahreszeit („Frühjahrs-
gipfel*), der Gravidität, der Laktation, der chronischen Ernährungsstörung
in der Kriegs- und Nachkriegszeit — alles dies ist bei den therapeutischen
Maßnahmen zu berücksichtigen. Praktisch kennzeichnet sich freilich die
klassische parathyreoprive Form durch den stürmischen und längeren Ver-
lauf. Während die andern häufig latent verlaufen nach Art einer tetani-
schen Umstimmung“, Neben der oft schwer durchführbaren rein operativ-
technischen Prophylaxe durch möglichste Schonung der EK. rät Verfasser
schon bei geringstem Verdacht auf beginnende Tetanie die medikamentöse
Darreichung von Kalzium und Paratbyreoidintabletten. Bei manifesten
Symptomen (Krämpfen usw.) steht ebenfalls Kalzium an erster Stelle,
10 %/,iges Afenil 10—25 com mehrmals intravenös (cave Infiltrate!) und
Calc. lact. innerlich in Wasser 30 g pro die. Die Wirkung beruht wahr-
scheinlich auf einer durch Alkalibeschlagnahme vermehrten Säuerung des
Blutes. In schweren Fällen versagt die Methode. Die Organtherapie in
Form der Parathyreoidintabletten ist noeb sehr umstritten, hat aber doch
| schon mehrfach, besonders mit Kalzium kombiniert, Erfolge gehabt. Eine
‚weitere wirksame Beeinflussung ist durch Verwandlung der tetanigenen
Alkalosis des Blutes in eine Azidosis zu erreichen. Gaben. von saurem
Ammoniumphosphat (NH,H>PO,) etwa 18 g pro die in 1 Liter Zuckerwasser
‘bieten gute Heilaussichten. Narkotika bei Spasmen, die mit Schmerzen
verbunden sind, Opiate, und besonders das Bromkalzium in Form des
Ureabromins, sind ebenfalls nicht zu entbehren. Die wirkliche kausale
Therapie durch Transplantation der EK. von Pferden oder frischen Leichen
ist bis jetzt ziemlich fehlgeschlagen, soll aber trotzdem bei Versagen der
konservativen Maßnahmen versucht werden. Im allgemeinen sind die Hei-
lungsaussichten im wesentlichen abhängig von der Reduktion der EK. und
dem dadurch bedingten Störungsgrad des neurotonischen Gleichgewichtes. `
Die Degkwitzsche Maseroprophylaxe beansprucht nach de Rudder
(München) in letzerer Zeit ein zunehmendes Interesse, da sie bei richtiger
Anwendung ein sicheres Mittel gegen den Ausbruch der Masern darstellt.
Die Notwendigkeit einer ausgedehnten Masernbekämpfung ergibt die
statistische Tatsache, daß pro Jahr 40—50 000 Todesfälle an Masern zu
berechnen sind. Und zwar kommen 90°/, aller Fälle auf Kinder in den
ordentlich hohen Geburtenzahl in Rußland nichts geändert, auf 1000
Therapie der Gegenwart, 4. Heit, April 1924.
Die Grundregeln über das Verhalten des Arztes bei Nierenschädi-
gungen und Odemen der Schwangeren sind nach Zangemeister (Mar-
burg) wesentlich besser fundiert worden durch die fortschreitende Er-
kenntnis der Genese und der Komplikationen des Hydrops, der Nephro-
pathie und Eklampsie. Eine aussichtsreiche Prophylaxe ist dadurch erst
ermöglicht worden. Die Symptome, auf die der Arzt in der Sprechstunde
zu achten hat, sind die Schwellungen, häufig auch nur Prallheit der unteren
. Extremitäten und abhängigen Bauchpartien. Fernerbin die abnorme. Zu-
nahme das Körpergewichts, die bei normalen Schwangeren durchschnittlich
nicht mehr als 350g in der Woche betragen darf. Die Ursache des
Hydrops beruht wahrscheinlich auf abnormer Durchlässigkeit der Kapillar-
wände, dadurch bedingt der Austritt eiweißreichen Blutprotoplasmas in
die Gewebe. Offenbar entsteht die komplizierende Nephropathie lediglich
auf der Basis dieses allgemeinen Hydrops. Außer der hierbei vorhandenen
Albuminurie tritt noch ein Sinken der Harnmenge, und damit auch häufig
als zweite Komplikation die Eklampsie hinzu. Letztere ist auf ödematöse
Hirnschwellung zurückzuführen. Pathognostisch sehr wichtig besonders
für das präeklamptische Prodromalstadium der Hirmödeme ist die Blut-
drucksteigerung über etwa 35 mm Hg. Letztere pflegt stets der Eklampsie
vorauszugehen. In der Geburt selbst muß zur Messung des Druckes eine
Wehenpause gewählt werden. . Eiweißkontrolle des Urins und tägliche,
während der Geburt eventuell 1—2stündliche Blutdruckmessungen, sind
die Vorbedingungen zur Prophylaxe des Hydrops und seiner Komplika-
tionen. Diese selbst besteht in Bettruhe (I), Beschränkung der flüssigen
und festen Nahrung (cave Kochsalz!). Bei Rezidiven eventuell 20 cm
15 0/,iger Ringerlösung intramuskulär etwa alle 2—3 Tage, intra partum
alle 2—3 Stunden. Bei der Nephropathie selbst außer diesen Maßnahmen
noch leichte Schwitzprozeduren, soweit noch kein erhöhter Blutdruck be-
steht und so lange, als er normal bleibt. Nimmt trotzdem die Albuminurie
zu, dann ist der Uterus baldigst wehenlos zu entleeren. In der Geburt
selbst sind dieselben Grundsätze maßgebend, nur noch strengeres Verbot
von Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme. Am besten garnichts geben.
Bei präeklamptischen Symptomen (Sehstörungen, Kopfschmerzen,
Erbrechen, Magensohmerzen) mit gleichzeitiger Blutdrucksteigerung, aber
ohne Nephropathie, sind ähnliche scharfe Vorsichtsmaßregeln anzuwenden.
Bei schnell steigendem Blutdruck und bestehender Albuminurie am besten
sofortige Krankenhausüberweisung. Hier Kaiserschnitt‘ oder in späteren
Stadien Zange usw. Bedrohliche Blutdrucksteigerungen vor oder nach der
Schwangerschaft werden nach wie vor mit Aderlaß oder mehrfach wieder-
holten Lumbalpunktionen behandelt.
Die Behandlung der chirurgischen Tetanie hat nach Melchior
(Breslau) neuerdings mit einem wesentlich erweiterten Begriff der Tetanie
zu rechnen. Es handelt sich nicht nur, wie bisher herkömmlicher weise
angenommen wurde, um eine postoperative Krampfform, die gelegentlich
eine ernste Komplikation nach Eingriffen an der Schilddrüse bildet und
auf einer Schädigung bzw. Reduktion der Epithelkörper (EK.) beruht.
Auch „schilddrüsenferne“ Operationen (z. B. Laparotomie bei Peritonitis),
Aufschiebung des Erkrankungsalters. Sie kann geschehen: 1. durch Ver-
hinderung der Ansteckung, 2. durch immunisatorische Maßnahmen an dem
‘ des kranken Kindes, kommt aber fast regelmäßig zu spät, weil der Arzt
meist erst am „Exanthemtag“ zum masernkranken Kinde gerufen wird,
wo es bereits 4 Tage infektiös ist und die Geschwister schon angesteckt
hat. Diese wünden sich also im 4. Tag der Inkubation befinden. Gerade
in diesen Fällen gibt aber die intramuskuläre Injektion von Masern-
rekonvaleszentenserum nach Degkwitz sicheren Schutz vor dem Ausbruch.
Die theoretischen Grundlagen der Immunisierungsvorgänge haben zu der
Erkenntnis geführt, daß je zeitiger im Inkubationsstadium. gespritzt wird,
um so sicherer der Erfolg ist. Bei einer bereits ausgedehnten Über-
schwemmung des Körpers mit Masernerregern nützen auch größte Serum-
am 5. oder 6. Tage die doppelte Menge, am 7. Inkubationstage läßt sich
in 2/; der Fälle mit drei Schutzdosen noch Erfolg erzielen. Darüber
hinaus ist die Behandlung aussichtslos. Besonders gefährdet und deshalb
masernschutzbedürftig sind Kinder mit Rachitis, Tuberkulose, Keuchhusten
und Ernährungsstörungen. Tarnogrocki (Pölitz).
Aus der neuesten französischen Literatur.
Über Krankheitserscheinungen und Komplikationen der sogenannten
geheilten Nierentuberkulosen sagt Levy: Die gelbbraune Niere kann Mani-
festation einer von vornherein geschlossenen oder auch einer primären
offenen Tuberkulose sein; im ersteren Falle muß der Ureter keineswegs
undurchgängig sein. Wichtig: offene renale Tuberkulose in der Anamnese.
Weder die massive Degeneration einer tuberkulösen Niere, noch ihre Aus-
schaltung durch Ureterobliterätion schützen vor oft recht schwören
Erscheinungen. Sie können interpretiert werden als Manifestationen einer
pyonephrotischer oder perinephritischer Art mit Fieber und bilateralen
Schmerzen). Oder akute, chronische Zustände auch der anderen Niere in
Form einer toxischen Nephritis mit Albuminurie, Pyurie und funktionellen
‚Störungen. Endlich Übergang auf die unteren Harnwege, besonders die
Blase. Dann einfache refiektorische Reizung bis zur ausgedehntesten klini-
schen Bazillose. Sodann können solche Nieren alle charakteristischen Zu-
stände einer offenen Nierentuberkulose hervorrufen außer Hämaturie. Die
Eingriffe am sonstigen endokrinen System (Hodenverlust), hochgetriebene
ersten fünf Lebensjahren. Erstes Ziel der Prophylaxe ist deshalb die `
bedrohten Kinde (Degkwitz). Die erstere Maßnahme besteht in Isolierung .
dosen nichts mehr. Bis zum 4. Inkubationstage genügt eine Schutzdosis, -
persistierenden aktiven Tuberkulose (schwere septische Erscheinungen
ganzen Erscheinungen schwinden sofort mit der Exstirpation. Endlich
E 1924 — MEDIZIN
f
| kam: man alle diese Erscheinungen als Formen der Heilung auffassen.
Also in allen Fällen baldigste Entfernung. (Journ. urolog. 1923, 3.)
-Marfan beschreibt eine Angina pustulosa, die meist jenseits des
4, Jahres vorkommt, keine Winterangina, mit richtigen Pusteln auf der
Pharynischleimhaut, die sich u. U. auf den Laryng ausbreiten können,
inen.Croup vortäuschen und zu entsprechenden Hauterscheinungen führen’
können. Virus: unbekannt, hat eine gewisse Neigung zum Nervensystem,
meudotetanische Anfälle und Lähmungen, die besonders das Gaumensegel
und die Dilatatoren der Glottis befallen, letztere spät. Trotzdem gewöhnlich.
Heilung, - Mit der herpetischen Form hat sie nichts zu tun, auch mit der
aphthösen nicht. Behandlung die der akuten Infektionen, 2 mal täglich
Pinseln -mit 10/yiger wässeriger Methylenblaulösung. (Arch. méd. enfants
Paris 1924, 2.) |
- Man kann nach Claude und seinen Mitarbeitern bei Dysharmonikern
nit ayklothymen Erscheinungen im Exzitationsstadium besondere instinktive
' Perversìonen beobachten, wie unsoziales Verhalten, Onanie, Fetischismus,
eholerische Reaktionen, Äthersucht. Dies entspringt einer gleichzeitig sich
entwickelnden intensiven imaginären Tätigkeit, die zu einem Traumzustand
- ineine reelle überzuführen sucht. Dies erklärt den psychologischen Mecha-
führt mit: lebhaften Vorstellungen namentlich erotischen Charakters; in
dem Moment wird der Kranke wirklich schizoid, er sucht der wirklichen
Welt zu entgehen, gefällt sich in seiner imaginären Welt, die er im Notfall
nsmus, die verschiedenen nicht pathologischen Tendenzen des Traum-
sostandes, die verschiedenen Toxikomanien, namentlich auch in gerichtlicher
Hinsicht. Immer hängen diese Zustände mit dem intermittierenden Exzi-
. takionszusfand zusammen, mit der vagosympathischen Gleichgewichtsstörung,
E was einen prophylaktischen Erfolg im Ruhestadium erhoffen läßt.
méd. 1924, 28.)
(Pr.
` Die verschiedenen Arten der Herzhypertrophien diagnostiziert Bard
mittels Palpation. Sie beruht einmal auf ‘der Erschütterung der Thorax-
wadung durch die Vibrationen beim Klappenschluß, dann auf den Vor-
. vülbongen der Thoraxwandungen durch das Anschlagen der Herzwandungen,
ao im wesentlichen auf Vibrationen und Vorwölbungen. Man beobachtet
wntens die lokalisierte Vorwölbung der Herzspitze, gefühlt bei Auflegen
der Palma auf die Spitzengegend, umschrieben, wie eine Kuppel, choc en
done, eigentümlich der Insuffizienz der Aortenklappen. Dann die lokale
„ Butzen, ‘besonders bei Myokarditiden.
I, 1)
frang, 1994, 1.)
mt 3
Vorwölbung der Mittelgegend, brüsk bei den hyperkinetischen, nervösen
Berzen, ruhig und langsam bei den renalen Herzen. Im ersteren Falle
ot systolisches, anorganisches Geräusch, im letzteren Verstärkung des
zweiten Tones und Abschwächung und Verlängerung des ersten. Ein gutes
Zeichen für die Hypertrophie des rechten Herzens, besonders renalen Ur-
sprungs. Die lokale epigastrische Vorwölbung: Hypertropbie des rechten
Herzens, pulmonären Ursprungs. Endlich die kugelförmige Vorwölbung im
gazen, mehr in der Mitte, weniger an. der Spitze, bei Hypertropie beider
(Arch. mal. coeur, vaiss., sang.
Über die Dilatation der Bronchien' beim Erwachsenen sagen Jong
ud Antinel: Die klassische Beschreibung ist in Wirklichkeit das letzte
Stadium; es gibt aber eine lange Periode, wo sie beim Erwachsenen wie
Wim Kind eine chronische Krankheit mit vielen akuten Sohüben darstelit.
Bein Kind in den Pausen keine Erscheinungen; beim Erwachsenen, nament-
ieh beim älteren, lokale, pulmonäre oder pleurale Sklerose mit chronischer
Bronchitis; nach einem besonders schweren Schub dauernde Dilatation.
Diese akuten Schübe können verschieden auftreten: als Poeumonie, Hämo-
‚Piyse, fötide Bronchitis, Gangrän. Sie enthüllen die Dilatation oft. Röntgen,
Mmentlich mit Lipiodol, gibt deutlichen Aufschluß, Man darf nie ver-
essen, nach Tuberkelkeimen zu suchen. Vergleich der Quantität des
Sputums mit der Temperatur: wenig Sputum bei steigendem Fieber läßt
an- eins eiternde Tasche, einen Abszeß, oder an eine Interlobärpleuritis.
denken, Steigt Sputum mit dem Fieber: Entwicklung eines neuen Schubes.
Diese Erscheinungen können verglichen ‘werden mit den zystischen Krank-
eitn anderer Organe, bei gewissen Hereditärsyphilitikern z. B., und es
8% sich, ob man hier nicht kongenitale Zustände mit langsamer pro-
Bessivor Entwicklung vor sich hat. Behandlung: in manchen Fällen gibt
fio spezifische gute Aussichten;
S a kavernendrainierende Bronchus stellt, sich auf dem Schirm
„ eines, klares Band dar, begrenzt von zwei dunklen, parallelen Linien-
igon, nach dem Hilus zustrebend. In ihm findet das .großblasige Rasseln
en 7 man oft in der Nähe von Kavernen hört, und ‘dann kann man
tte, (Journ. méd, franç, 1924, 1) 0
X El legt an der Hand eines Falles die Folgen von Gefäßspasmen
e &8 handelt sich um einen Kranken, der neben anscheinend gutartigen
p Meioris-Anfällen häufig lokale Asphyxien an den Fingern aufwies,
‚Jahren durch Embolie der Arteria oentralis das Augenlicht auf
i
ee. ISCHE KLINIK — Nr. 30. K,
im ganzen problematisch. (Journ. méd.
leicht Kayernen diagnostizieren, die man sonst nicht vermutet
` iR KA
gi ES )
. 1055.
einer Seite verlor und plötzlich beim Bücken vom Tode 'ereilt: wurde.
Daraus, daß noch etwas Lichtempfindung auf dem embolisierten Auge vor-
handen war, wird geschlossen, daß es sich erst um einen Spasmus der
‚Arteria centralis gehandelt hat und daß die Angina pectoris-Anfälle eben-
falls nur als Spasmen der Arteria coronaria aufzufassen sind. Nun. gibt
es noch mehr solcher Zustände, die mit einem Gefäßspasmus beginnen und.
. unter diesem Gesichtspunkt zusammengefaßt werden können. Hierher ge-
hören die verschiedenen Formen: der Hautasphyxien, mal perforant, Haut-
geschwüre, manche früher als essentiell. angesehenen Optikusatrophien,
wahrscheinlich auch die Kausalgien, gewisse Stumpfschmerzen und Ge-
schwüre, Raynaud, kurz manche Zustände, bei denen man heute mit Erfolg
die Sympathektomie ausführt. Die Diagnose dieser Zustände, namentlich
im Beginn, ist oft recht schwer und.gerade hier gibt das Atropin wertvolle
‚ Aufschlüsse. Abadie injiziert auf den Boden der Orbita lmg Atropin
in 10 Tropfen ' sterilisierten Wassers: ist die betreffende Atrophie spas-
modisch, so wird sich nach 1/, Stunde das Gesichtsfeld vergrößern, der.
Blick besser werden. . Bei jeder anderen Ursache ist der Effekt der Injektion
= 0. Andererseits findet man in solchen Zuständen eine Verschlimmerung,
wenn man Adrenalin oder Pilokarpin injiziert.. (Pr. méd. 1924, 32.)
| T ` | m. Schnizer.- :
’
- Therapeutische Notizen.
i , Chirurgie. | | =
Die Pikrinsäure als bewährtes Mittel zur Desinfektion: des Ope-
rationsfeldes wird von Türschmid (Polen) empfohlen. Nach Abwaschung
der Haut mit Benzin wird das Operationsgebiet mit 5°%/,iger alkoholi-
scher Pikrinsäurelösung durch 10 bis 20 Sekunden bestrichen.-
Die Asepsis ist vollkommen und auch bei reizbarer Haut entstehen keine
Entzündungen. Die Pikrinsäure ist billiger als Jodtinktur. Die Verfärbung
der Haut ist mit 25°/,iger ‚alkoholischer Salmiaklösung zu entfernen. (Zbl.
f. Chir. 1924, Nr. 21.) SE erg
Händedesinfektion mit wäßrigen Tanninlösungen empfiehlt Kora-
belnikoff (Odessa). Bakteriologische . Untersuchungen der Hände nach
Bearbeitung derselben ‚während 3 Minuten mit 50/,iger wäßriger-
Tanninlösung gaben befriedigende Ergebnisse. Sie wird als zuverlässiges
und billiges Händedesinfektionsmittel empfohlen. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 28.)
Die Behebung der postoperativen. Haruverhaltung ‚durch Kalium _
empfiehlt Reimer nach den Erfahrungen der II. chirurgischen Abteilung.
dès Krankenhauses Oharlottenburg-Westend. Untersuchungen im Wiener.
pharmakologischen Institut hatten gezeigt, daß die Morphinwirkung auf die”
Blase darin besteht, daß Morphium den Detrusor erschlafft,, wodurch reflek-
torisch der Sphinkter in kräftige Kontraktion verfällt. Kaliumsalze spannen
den erschlafften Detrusor an und lösen dadurch reflektorisch die Harnsperre. ,
Bei den Operierten wurde das Kalium gegeben als Liquor Kal. acet. in
einer Lösung von 20—40 auf 300. Davon halbstündlich einen Eßlöffel.
In: der größten Zahl der Fälle konnte in der nächsten halben Stunde Urin
entleert werden. Das Medikament wird gut vertragen. Es gelingt, die’ >
durch Morphin und durch lokale Reize allein hervorgerufene postoperative
Harnverhaltung zu beseitigen und dadurch den Katheterismus überflüssig
zu machen. (Zbl. f. Ohir. 1924, Nr. 21.) ! Ke Bgu.,
Die Reiztherapie bei chirurgischer Tuberkulose empfiehlt B.Rüscher.
(Bad Rappenau). Er benutzt das Yatren, um das Bindegewebe: speziell
zu reizen, ‚also aus einem Schlummerzustande aufzuwecken oder zu ver-
mehrter Arbeit anzuspannen. Nur muß überhaupt ein reaktions- und
funktionsfähiges Mesenchym vorhanden sein. Sonst nützt es so wenig wie
eine Peitsche bei lahmen Pferden. Unter der Yatrenwirkung läßt die
Vernarbung einen merklichen Fortschritt und schnelleres Tepa: ar
‚kennen. Das Yatren wird lokal, d. h. am Krankheitsherd, : appliziert
(Infiltration des Fungus, Ein- und Umspritzung bei tuberkulösen Drüsen .
und Abszessen, Gelenkinjektionen). Es trifft so das den Herd umgebende
gesunde, Bindegewebe ein. ungleich mächtigerer Beiz,' als dies -bei
einer herdfernen intramuskulären oder intravenösen Anwendung: möglich
wäre. Benutzt wird eine 5°/%ige Yatrenlösung. Neben der lokalen Appli-
kation geht aber .eine intramuskuläre Injektionstherapie einher. (Für diese.
kommt das ‚von den Behringwerken hergestellte Lipatren A und B in.
Betracht,. eine Mischung von Yatren und Lipoid; das Lipatren B' enthält
noch Strepto- und Staphylokokkenvakzine für Fälle mit Mischinfektion.)
(D.m.W. 1924, Nr. 21) . PR a | ee
' Sonnenbehandlung, kombiniert mit Stauung, Jod und künstlichen
Bestrablungsapparaten führt nach Eugen Kisch (Berlin) auch in: der
Tiefebene — Hoheniychen — zu Erfolgen bei der Knochen- und Gelenk-
tuberkulose. Hier kann man, mit verschwindend geringen Ausnahmen —
‘schwerste Formen fistelnder Gelenktuberkulosen: ohne ` yer-
stümmelnde Maßnahmen zur dauernden Ausheilung bringen. Die Ver-
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1924, 40.)
1056
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK —. Nr. 30
| | | ‚Nr.30. 00000 | 27. Juli
mutung, daß die Durchführung der Sonnen- und Freiluftbehandlung im
Hochgebirge wegen der veränderten klimatischen Verhältnisse einen be-
sonders günstigen Einfluß auf die Tuberkulose ausüben müsse, hält der
Verfasser für durchaus‘ irrig. Im Gegenteil. Da die Kranken nach ihrer
Genesung wieder in die Tiefebene zurückkehren müssen, d. h. in diejenigen
klimatischen Verhältnisse, in denen sie ursprünglich erkrankten, so sind
sie besonders leicht der Rezidivbildung ausgesetzt. Man muß daher danach
streben, den Tuberkulösen dort an Ort und Stelle, wo er erkrankt
ist, auch wieder zu heilen. Die innerliche Verabreichung von Jod
geschieht in ziemlich hohen Dosen (Erwachsene 3 g, Halberwachsene
2 g, Kinder 1,—1g pro die, in Dritteldosen 10 Minuten vor jedesmaligem
Umlegen der Stauungsbinde). Das Jod empfiehlt sich nach Bier unter
anderm, weil das bei Stauungsbehandlung oft beobachtete Auftreten von
sekundären Abszessen durch die gleichzeitige Verabreichung von J od ganz |
wesentlich herabgesetzt wird. (D.m.W. 1924, Nr. 21.) F. Bruck.
Der Stockverband bei Klavikulafraktur wird von Wildbolz (Bern)
empfohlen. Dem Kranken wird zwischen Rücken und spitzwinklig
gebeugten Ellenbogen ein umpolsterter Stock durchgeschoben
und die Ellenbogen auf dem Stab durch einige Bindenzüge festgehalten.
Die starke Supination der beiden Schulterblätter erzwingt eine dauernd
gute Lage der Knochenbruchstücke. Allerdings muß der Kranke im Bett
beim Schlafen eine halbsitzende Stellung einnehmen. Nach 10 Tagen ist
der Stockverband durch einen einfachen Mitellaverband zu ersetzen. (Zbl.
f. Chir. 1924, Nr. 21.) K. BE:
Nervenkrankheiten.
Tetrophan (J. D. Riedel, Berlin), das bei multipler Sklerose an-
_ gewendet wird, empfiehlt J. Elsner (Dresden) bei der spinalen Kinder-
lähmung im reparativen Stadium, Die Wirkung soll auf „Erhöhung der
Erregbarkeit“ der spinalen Ganglien beruhen. Es kommt daher zur Hebung
des Muskeltonus. Ferner zeigt sich bei Quadrizepslähmung wieder der
Patellarreflex. Bei Überdosierung treten Reizerscheinungen auf (z. B. Finger-
krampf; ferner eine Art Dauer-Babinski). Im allgemeinen beginnt man mit
täglich 1/2 Tablette (1 Tablette = 0,25) und steigt bis auf 3—4 Tabletten,
bis Reizerscheinungen oder ein sichtlicher Erfolg eintreten. (M.m.W.
1924, Nr. 21.) I F. Bruck. -
Mit der Xifalmilchbehandlung der Epilepsie konnte M. Tramer
(Zürich) keine Erfolge erzielen. Es handelte sich allerdings um chronisch
bromisierte, schwere und mittelschwere Fälle, so daß Verf. das negative
Resultat nicht auf leichte und nicht bromisierte Fälle verallgemeinern
möchte. Auch bei Folgezuständen der Encephalitis Jethargica sah Verf.
keinen Erfolg. Nebenerscheinungen stärkeren Grades fehlten allgemein.
(Schweiz. med. Wschr. 1924, Nr. 23.) Muncke.
Leredde empfiehlt an der Hand von 3 Fällen von Epilepsie bei
Kindern von 10 und 14 Jahren und einem 28 Jährigen Neosalvarsanı,
In allen $ Fällen Heilung. Er nimmt hereditäre Lues in allen Fällen als
Ursache an,.die. sich sonst Bag nicht unterbringen lassen. (Pr. med.
v. Schnizer.
_ Büicherbesprechungen.
Marle, Lexikon der gesamten Therapie. 2. umgearb. Aufl. Lief. 8
bis 12. Berlin und Wien 1924, Urban & Schwarzenberg. GZ. 4,50.
Das ausgezeichnete Marlesche Werk nähert sich dem Absehlusse.
Es ist kein Nachlassen zu konstatieren. Mag, um nur einiges herauszu-
greifen, von Nierenkrankheiten, Säuglingsnahrung, Serumtherapie, Sport,
Stottern, Syphilis, Tuberkulinbehandlung, Vergiftungen, Wiederherstellungs-
chirurgie oder schließlich den Zähnen, und alledem, was damit zusammen-
hängt, die Rede sein, Text und Abbildungen erfüllen jeglichen Wunsch,
den man an ein Nachschlagewerk stellen kann, in vollstem Maße.
| Emil Neißer (Breslau).
Wossidlo, Kystoskopischer Atlas, . 3. Auflage mit 53 Abbild. im Text
nd 48 farbigen Tafeln mit Erklärungen. 111 Textseiten. Leipzig 1924
W. Engelmann. geh. M. 55,—, geb. in Leinen M. 39,—
Das dem Ref., wenn auch nicht in dieser Eigenschaft, sondern als
?
Fachkollege bekannte Buch hat in kurzer Zeit seine dritte Auflage erlebt
W
elcher Umstand allein das Bedürfnis nach einem solchen Buch beweist.
Der Text, der nach dem Vorworte „eingehend revidiert und erweitert“
wurde, soll, wie gleichfalls im Vorwort bemerkt, nicht als Lehrbuch dienen,
muß aber doch, allerdings nur vom Praktiker, als solches gebraucht werden,
während der Facharzt, bei aller Anerkennung der subjektiven Ansichten
des Verf., sich doch mit manchen Darstellungen nicht einverstanden erklären
kann, die hier zu besprechen, den Rahmen eines Referates zu weit über-
schreiten würde. Es mag sein, daß bei einer wirklich genauen Textdurch-
sicht manches vom Verf. selbst als mißverständlich aufzufassen erkannt
und danach richtiggestellt würde.
Technik der Kystoskopie und das Instrumentarium bezüglichen Abbildungen
sind recht gut. Der Atlas als solcher, sowohl in der Auswahl, der Dar-
stellung und der Reproduktion der Bilder ist im ganzen Großen vor-
züglich; aber auch hier können Bezeichnungen wie Tafel V, Abb. 3:
Hernie in die Blase“, zu Irrtümern führen, desgleichen ist die Darstellung
der Leukoplakie (die ein andermal wieder Leukoplaquie heißt) nicht sehr
charakteristisch und die Behauptung, daß sie besonders im Verlaufe der
Blasentuberkulose aufzutreten pflege, sicher nicht allgemein anerkannt,
Trotz dieser Mängel ist aber der Atlas ganz ausgezeichnet und erfreut sich
auch im Ausland großer Beliebtheit.
Papier, -Druck, Abbildungen sind
ausgezeichnet. _
R. Paschkis,
Trendelenburg, Aus heiteren Jugendtagen, Mit-2 Bilänissen, 296 5.
Berlin 1924, Julius Springer. M. 9,60.
Es bleibt immer ein großer Reiz für den Jüngeren, A Wachsen
und Werden eines Meisters zu betrachten, zumal wenn es in so liebens-
würdiger Form dargestellt wird wie hier. Manchem von uns wird es Zeiten
zurückrufen, von dənen er heute unter den viel schwereren Verhältnissen
nur hier und da zu träumen wagt. Das Buch ist aber weit über den
Kreis der Ärzte binaus von Bedeutung; denn die Art, wie Fr. Trendelen-
burg erzogen wurde, wie ihm die Weite des Blicks, auch über fremde
Länder, schon in jungen Jahren von einsichtigen Eltern gegeben und ver-
| schafft und wie ihm damit der Blick für die Vorzüge der einheimischen
Verhältnisse wie für ihre Schwächen geschärft ward, ist vorbildlich für
das, was wir an unseren jungen Leuten fördern sollten. Den Historiker
der Medizin werden die Berichte über die Art des Unterrichts in seinen
Studienjahren lebhaft interessieren, und der Erblichkeitsforscher findet
mancherlei interessante Einzelheiten aus der auch im biologischen Sinne
nicht unwichtigen Familiengeschichte, die der Verf. mit Recht seinem
eigenen Werdegang vorausschickt. Hier haben wir die bürgerliche ‚Schicht,
aus der das künftige Deutschland geschnitzt werden muß, die Männer und
Frauen, die das wertvollste Erbgut für die künftigen Führer liefern müssen,
einmal deutlich vor Augen. - Grober (Jena).
S. Isdac, Über Wesen und Behandlung der Fettsucht. Aus: Würz-
burger Abhandlungen, Bd. I, Heft 6. (Bd. 21.) 33 Seiten. Leipzig 1924.
Curt Kabitzsch. 1,50 GM.
Es ist dem Verfasser gelungen, in einer kurzen Darstellung auf
33 Seiten über das Wesen und die Behandlung der Fettsucht eine
besonders klare Abhandlung zu schreiben, die vor allem für den Arzt in
der Praxis wertvoll ist, weil er sich hier in einfacher Weise über theo-
retische und praktische Punkte dieser so wichtigen Frage orientieren kann.
Bei den Ursachen der Fettsucht wird vor allem die endogene Fettsucht
behandelt. Die Darlegungen über die Stoffwechselstörung bei der Fettsucht
zeigen in gedrängtester Form auch dem Arzt, der sich weniger mit der
theoretischen Seite dieses Problems beschäftigt, die Fülle wissenschaftlicher
der Fettsucht aufgebaut werden konnte.
Auch die Rolle der ondokrinen
Drüsen wird kurz behandelt.
Kostbeispielen kurz auf besondere Formen der Entfettungskuren eingegangen.
Die Ausführungen des Verf. stützen sich auf die Erfahrungen, die er bei
von Noorden sammeln konnte.
Der Verfasser hat diese für die Praxis komplizierte, aber überaus
wichtige Fragestellung mit exakten wissenschaftlichen Unterlagen trotz der
Kürze so verständlich darzustellen gewußt, daß sich jeder Arzt die wichtigsten
Grundzüge dieser Frage klar machen kann, ohne beim Studium der vor-
liegenden Abhandlung die theoretische und praktische Schwierigkeit des
Problems zu vergessen. K. Fahrenkamp (Stuttgart).
Radmaon,: Die Verletzungen der Bergleute. Sondershausen 1924,
Verlag Aug. Eupel.
Der Verfasser behauptet in der Einleitung seines Buches, daß die
Verletzungen der Bergleute in vieler Beziehung eigenartig und bisher noch
nicht zusammenhängend beschrieben seien. Nach einem Studium seines
Buches kann ich die Notwendigkeit einer derartigen Darstellung nicht an-
erkennen. Es wird in dem vorliegenden Buche die gesamte spezielle Unfall-
chirurgie kursorisch abgehandelt, ohne daß immer der Stand der modernen
Chirurgie berücksichtigt wäre. Ein Nachteil des Buches besteht ferner
darin, daß alle Abbildungen fehlen. Ich glaube, daß die Knappschaftsärzte
in den Lehrbüchern der Chirurgie oder der Unfallheilkunde alles das finden
können, was das vorliegende Buch enthält, daß aber die ausgebildeten
Chirurgen, die auch große Eingriffe an Verletzten zu erledigen haben, nicht
mit allem übereinstimmen, was der Verfasser empfiehlt
| 0. Nordmann (Berlin).
RER EEE BENENNEN
Die in den Text eingefügten, auf die
Forschungsergebnisse, auf deren Grundlage erst eine rationelle Therapie
Bei der Therapie der Fettsucht wird an sehr guten Tabellen und
BE
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— = = ~
- gemäß
_ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30. 1057
Berlin.
Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 2. Juli 1924.
Offizielles Protokoll.
Vorsitzender: Kraus. Schriftführer: M. Borchardt.
Zur Aufnahme vorgeschlagen: Herr Dr. Arnold Fiegel, Neue
Winterfeldstr. 7, von Herrn Dr. Fritz Fleischer.
Eine Einladung liegt vor zur Tagung für Verdauungs- und Stoff-
- wechselkrankheiten vom 23. bis 25. Oktober d. J. im Kaiserin-Friedrich-Haus.
Vor der Tagesordnung.
1. Rotber: Filmdemonstration von Balantidien eines Falles von
Balantidienruhr. |
2. A. Israel: Fall von Karotisnaht bei einem Yijährigen Knaben,
Tagesordnung. | Ä |
1. Walterhöfer und Schramm: Die Behandlung der perniziösen
Anämie durch Entmarkung von Röhrenknochen. (Erscheint unter den
Originalien dieser Wochenschrift.) |
Aussprache: Schramm: Durch subkutane Umspritzung an der
'Vorderfläche der Tibia dicht unterhalb der Tuberositas tibiae bzw. oberhalb
der Malleolen wird ein kleiner Bezirk anästhesiert. Hier wird oben wie
unten ein Knopflochschnitt durch Haut und Periost bis auf den Knochen
angelegt, das Periost beiderseits etwas zurückgeschoben und oben ein Loch
von etwa 4 mm, unten von etwa 8—9 mm mit Kugelfräse angelegt. Am
unteren Rande dieses Loches wird mit Luerscher Zange eine kleine Rinne
` in der Tibiafläche angebracht. Im Chloräthylrausch wird mit einer kräftigen
Spritze von 100—150 cem, deren Konus exakt auf das obere Bohrloch auf-
gepaßt sein muß, Normosal in die Markhöhle eingepreßt. Sie sehen das
Mark sodann wurstförmig aus dem unteren Bohrloch herausquellen. Durch
Einführen einer Babcocsonde in das untere Bohrloch Zerstörung stehen-
gebliebener Knochenmarksreste und Spongiosateile. Um eine glatte Ein-
führung der Sonde zu ermöglichen, ist die vorher erwähnte Knochenrinne
angelegt, da ohne diese die Sonde bei der Einführung abknickt. Nach
weiterem zwei- bis dreimaligem Spülen kommt die Spülflüssigkeit klar und
ohne Fettbeimengung heraus. Wasserdichte Hautnaht.
Zadek: Prüft man die Blutbildung (mit der von Morawitz an-
gegebenen Methode der Sauerstoffzehrung der Erythrozyten) und den Blut-
üntergang (am sichersten durch Feststellung der Urobilinausscheidung
im Stuhl) in den einzelnen Krankheitsstadien des Morbus Biermer, läßt
sich mit großer Genauigkeit die Periode der beginnenden Besserung
(kenntlich an der plötzlich nicht mehr gesteigerten Blutatmung, d. h. physio-
logischer Sauerstoffzehrung der Roten und nachlassender Hämolyse bei
noch niedrigen Blut- und Hämoglobinwerten) und der Zeitpunkt des be-
einnenden Rezidivs (kenntlich an der plötzlich wieder erhöhten Hämolyse
bei noch hohen Blut- und Hämoglobinwerten) abgrenzen. Es gelingt also
mit diesen biologischen Methoden, die von -jeher bekannten spontanen
Remissionen im Verlaufe der perniziösen Anämie, die durch ein Nachlassen
bzw. Aufhören der Giftwirkung zustande kommen, exakt zu bestimmen.
In dieser Periode der Besserung ist eine Therapie überflüssig. Alle Behand- .
Iungsmethoden der Perniziosa müssen dieses Stadium der Nichtbehandlungs-
bedürftigkeit berücksichtigen und ihre Wirksamkeit nachweisen in den
Perioden des Vollstadiums, d. h. der Erreichung der beginnenden Re-
mission, und in der Verhütung des beginnenden Rezidivs. In zahl-
reichen Fällen ist danach verfahren worden, so daß bei niedrigen Blut-
, md Hämoglobinwerten nicht behandelt wurde, wenn die Sauerstoffzehrung
niedrig wurde und die Hämolyse nachließ. Bei den von Walterhöfer
und Schramm gezeigten Fällen hat sich mindestens die Hälfte in diesem
Stadium der spontanen Remission zur Zeit der Entmarkung des Röhren-
knochenmarkes befunden, da ausdrücklich angegeben wird, daß das Mark
gelb war. Gelbes Fettmark in der ganzen Tibia findet sich aber im Voll-
stadium oder Rezidiv des Morbus Biermer nicht, wohl aber nach zahlreichen
hochenmarkspunktionen bereits in der beginnenden Remission, wo —
a plötzlich erniedrigten Sauerstoffzehrung — keine überstürzte
udung seitens des Markes bei nachlassender Hämolyse statthat!).
Pes Herr Walterhöf er verlegt den Sitz der Erkrankung in das Knochen-
(„megaloblastische Regeneration“) und mißt der Hämolyse eine
ee Rolle zu. Dazu ist zu sagen, daß die gesteigerte Hämolyse
eim Morbus Biermer si
der Toxinwirkung in den
ee
N
u ) Näheros m den im Druck befindlichen Arbeiten: Zur Therapie
us Biermer, D.m.W. 1924; Zur Prognose des Morbus Biermer,
M.mW. a 5 j
in, Wa a Biologie des Knochenmarkes beim Morbus Biermer,
Vollstadien und Rezidiven der Krankheit stets vor-
cher sekundär ist, aber als sinnfälligster Ausdruck
Kongreß- und Vereins-Berichte. i
handen ist, in den Remissionsperioden ebenso regelmäßig verschwindet.
Eigentlich hat Herr Walterhöfer selbst an seinen Fällen den besten Beweis
gegen seine Auffassung geliefert, da ja in einem großen Teil seiner Fälle
der Befund gelben Knochenmarkes gegen die primäre Markaffektion spricht,
vielmehr die Rückbildung des megaloblastischen Markes in Fettmark in
der Remission beweist, die keiner so eingreifenden Behandlung bedarf, wie
sie die Entmarkung darstellt. ne |
Paul Lazarus: Die strahlende Materie ermöglicht einen Einblick
in die funktionelle Leistungsfähigkeit des Knochenmarks; sie ermöglicht
ferner eine Verkleinerung von Milztumoren verschiedener Ursache. An. |
3 Diapositiven wird erläutert: . |
1. die Verankerung von intravenös eingespritztem Aktinium X im
ganzen Skelettsystem einer Maus. Selbstphotogramm. Diese Organo-
tropie erklärt die energische Reaktion des hämatopostischen Systems auf,
Strahlenreize;
2. das Autoradiogramm des rechten Schienbeins einer Patientin
mit Anaemia perniciosa; mit Aktinium X behandelt. Rasche Besserung
des Allgemeinbefindens und des Blutbildes (Hämoglobin von 32°/, auf 529/9,
Rote Blutkörperchen von 1 300 000 auf 2 500 000)2). Noch intensiver wirken
. intravenöse Injektionen von Radiothor®). Bericht über eine 50jährige
Frau, Anaemia perniciosa. April 1923 in schlechtem Zustande, mit starken
Ödemen, Herzdilgtation, 35°/, Hämoglobin, 810 000 roten Blutkörperchen,
Index 2,1, kernhaltigen Normo- und Megaloblasten eingeliefert. Nach einer
Radiothorinjektion (25E.S.E.} und Radiumbestrahlungen der Tibien Besserung.
Heute, nach über einem Jahre, noch voll arbeitsfähig, 89°/, Hämoglobin,
3,6 Millionen rote Blutkörperchen. Keine kernhaltigen Blutkörperchen. —
Wo auf Injektion radioaktiver Stoffe oder auf Knochenbestrahlungen keine
Reaktion erfolgt, dürfte das Knochenmark kaum noch reizansprechbar sein;
3. weitgehende Verkleinerung von Milztumoren verschiedener Genese,
einschließlich der Bantischen Krankheit, auf Außenbestrahlurigen mit
Radium). | 2 oc.
H. Hirschfeld fragt nach der Mortalität der Operation und der
Dauer der erzielten Remissionen. | |
Walterhöfer (Schlußwort): Unser ganzes Bestreben ging natürlich
darauf hinaus, ein Mark zu treffen, das noch erregbar war. Aus der Farbe
des Knochenmarkes irgendwelche Schlüsse auf die Remissionsbereitschaft
' zu ziehen, hat sich als irrig erwiesen. Sie haben oft genug gesehen, daß
Fälle, deren Zustand und Verlauf alles andere als den Beginn einer Re-
mission darboten, gelbes Knochenmark in der Tibia zeigten.
Ich kann nicht anerkennen, daß die Untersuchungen auf Abbau-
produkte des Hämoglobinmoleküls zur Bestimmung des Zeitpunktes des
Eintritts eines Anfalls herangezogen werden können. Ein viel feinerer
Maßstab dafür ist das Verhalten von Erythrozyten und Hämoglobin. Ich
verfüge über Beobachtungen, in denen diese Zahlen neben klinischen Er-
scheinungen zeigten, daß ein Anfall in hohem Grade vorhanden war, während
das Bilirubin im Blute keine Erhöhung zeigte und erst dann plötzlich an-
stieg, als Erythrozyten- und Hämoglobinkurven die beginnende Erschöpfung
des Markes anzeigten. |
Der Eingriff ist durch seine Geringfügigkeit mit keinerlei Gefahr
verbunden. Von 42 Operierten leben heute noch 19, davon 2 aus dem
Jahre 1921, 1 aus dem Jahre 1922, 14 aus dem Jahre 1923 und 2 aus
1924. Die längste Dauer eines Intervalls nach der Operation betrug über
3 Jahre. |
2. Weinert (Magdeburg): Die Indikationen zur Entmilzung, Erfolge |
und Mißerfolge. (Erscheint unter den Originalien dieser Wochenschrift.)
‚ Aussprache: H. Hirschfeld: Ich möchte nur auf eine Ursache
der Mißerfolge der Splenektomie bei einigen Krankheiten noch einmal hin-
‚weisen, die der Herr Vortragende nur kurz gestreift hat, nämlich auf die
Hyperfunktion des retikuloendothelialen Apparates, die bei perniziöser
Anämie immer, beim hämolytischen Ikterus nur seiten nach der Splenek-
tomie eintritt. Wenn trotz Entfernung der Milz als Blutzerstörungsorgan
nach kürzerer oder längerer Zeit alle Zeichen des pathologisch gesteigerten
‚Blutzerfalles wieder einsetzen, so ist das zum größten Teil darauf zurück-
zuführen, daß der retikuloendotheliale Apparat der Leber, -der Lymph-
knoten und des Knochenmarkes imstande ist, die blutzerstörende Funktion
der entfernten Milz im früheren Umfange wieder zu übernehmen, was er
in günstig verlaufenen Fällen offenbar nicht kann. In solchen Fällen ist
also an Stelle der Hyperfunktion der Milz eine. Hyperfunktion des retikulo-
endothelialen Apparates getreten. Auf das in solchen Fällen zu berück-
i
2) B.kl.W. 1912, Nr. 48.
8) D.m.W. 1922, Nr. 14/15.
4) Verhandl. d.. Kongr. f. ion. Med. 1914.
er zu 2a Zul mil at MD DS ne zn ze ar e Sei ze
a a a . ->
Ba - N et nahe
nn ee x a
.hämolytischen Ikterus bei einem Kind, keine Erythrophagozyten.
1058
sichtigende Verhalten des Knochenmarkes unter dem Einfluß eines hyper-
funktionierenden Retikuloendothels will ich bier nicht eingehen.
Wie weit der Ersatz der blutzerstörenden Funktionen der Milz nach
ihrer. Entfernung geben kann, zeigen Versuche, die ich gemeinsam mit
einem japanischen Kollegen, Herrn Dr. Sumi, ausgeführt habe. Wir
konnten feststellen, daß bei Ratten, Mäusen und Meerschweinchen. einige
Tage nach Entfernung der Milz im ‚peripheren Kreislauf blutkörperchen-
haltige Zellen auftreten, deren Menge erst zu-, später aber wieder ab-
nimmt. Doch konnten wir vereinzelte Exemplare noch nach drei Monaten
im Blute nachweisen. Inzwischen hat auch Domagk in einer im letzten
Bande von Virchows Archiv erschienenen Arbeit über den gleichen Befund
berichtet, doch gibt er an, daß diese Erythrophagozyten nur bei Ratten,
nicht bei Mäusen auftreten, während wir sie ausnahmslos bei Ratten,
Mäusen und Meerschweinchen gefunden haben.
erst einmal Gelegenheit beim Menschen nach Splenektomie das Blut
auf diese Zellen zu untersuchen, fanden aber in diesem einen Falle, einem
i Bei
zahlreichen Personen, denen die Milz wegen verschiedener Leiden vor
Jahren herausgenommen worden war, war unser Suchen nach diesen Zell-
formen‘ gleichfalls vergeblich. Erst weitere Untersuchungen an frisch ent-
.. milzten Menschen müssen zeigen, ob sich der menschliche Organismus in
!
dieser Beziehung anders verhält, als der der untersuchten Tiere. Domagk
hat allerdings einmal auch bei einem vor ®/, Jahren entmilzten Mann `
während einer fieberhaften Erkrankung Erythrophagozytose im Blute gė-
sehen, die aber mit Aufhören des Fiebers wieder verschwand. Während
-= Domagk die Erythrophagozten, die er bei Ratten nach der. Entmilzung
fand, für Retikuloendothelien hält, können wir zeigen, daß drei verschiedene
Zellarten im Blute Erythrophagozytose ausüben. Auch wir sahen Zellen,
die wir für Retikuloendothelien ansprechen, von denen ein Exemplar unter
dem einen der aufgestellten Mikroskope zu sehen ist. Diese Zellen er-
innern sehr an die Endothelien. die in letzter Zeit wiederholt bei Endo-
carditis lenta beschrieben wurden. Hin und wieder sahen wir gewöhnliche
neutrophile Leukozyten, die rote Zellen in sich aufgenommen hatten, am
häufigsten aber sind es Monozyten, welche die Erythrozyten gefressen
haben. Wir haben also Erythrophagozytose im strömenden Blute bei
unseren Versuchstieren nachgewiesen.
welche Leukozyten gefressen hatten.
Diese Beobachtungen über Erythrophagozytoseim strömenden
Blute nach Milzexstirpation im Verein mit dem schon bekannten Auf-
treten zahlreicher Erytbrophagen im Retikuloendothel der Leber, der Lymph-
drüsen und des Knochenmarkes zeigen, welche wichtige Rolle der retikulo-
endotheliale Apparat, zu dem ja auch die Monozyten des Blutes in engen
Beziehungen stehen, nach der Milzexstirpation spielt. Eine besonders gute
Funktion desselben ist also keineswegs für die klinischen Erfolge der Ent-
' milzung günstig, denn die Rezidive, die man stets bei der perniziösen
Anämie, in seltenen Fällen aber auch beim hämolytischen Ikterus und
der Thrombopenie beobachtet hat, beruhen ja darauf, daß der retikulo-
endotheliale Apparat auch die für den Organismus unter bestimmten Be-
dingungen schädliche Funktion der Milz bei den genannten Krankheiten
mit übernebmen und somit die erwartete günstige Einwirkung der Splen-
ektomie illusorisch machen kann. Leider sind die von verschiedenen Seiten
versuchten Bemühungen zur Verhütung der so bedingten Rezidive den
retikuloendothelialen Apparat zu blockieren, z. B. durch Kollargolbehand-
lung, bisher nicht geglückt.
Meyerstein: Bei l5jährigem Mädchen mit typischer Morbus
maculosus Werlhofi trotz Milzexstirpation Tod. Sektionsbefund (klein-
zystische Degeneration beider Ovarien). deutet vielleicht auf einen anderen
therapeutischen Weg. 77%, der Werlhofkranken sind weiblich. In der.
Chlorose gibt es noch eine andere, ebenfalls chronisch-intermittierende
Blutkrankheit, für die eine exquisit ovarielle Genese angenommen wird
Nach Pfeiffer und Hoff sinkt die Blutplättchenzahl beim Einsetzen der |
Menstruation ab und nach Schrader und Heinrich Hoffmann wird in
dieser Zeit. das Rumpel-Leedesche Phänomen positiv. Die kleinzystische
Degeneration der Ovarien ist der Ausdruck überstürzter Follikelreifung,
verbunden mit vorzeitigem Zugrundegehen nicht vollreifer Follikel. In der
Gynäkologie wird sie als Ursache der „essentiellen“ Genitalblutungen an-
gesehen, die nach Ehrenberg mit allgemeiner hämorrhagischer Diathese
einhergehen können. Sollte wirklich die Eireifung mit allgemein erhöhter
Blutungsbereitschaft einhergehen, so könnte man sich vorstellen, daß durch
sie dem Kreislauf gewisse Stoffe entzogen werden, deren Fehlen eben die
Blutungsneigung zur Folge ‚hat.
Eireifung stehen dem normalen weiblichen Organismus genügende Mengen
dieser Stoffe zur Verfügung, dem bei der multiplen Degeneration der
Follikel gesteigerten Bedarf gegenüber versagt er.. Das seltene Befallensein
des männlichen Geschlechts an der Werlhofschen Erkrankung könnte sich
daraus erklären, daß der männliche Organismus eben nicht der Belastung -
1994 LT KLINIK — Nr. 30
durch die Fireifung ausgesetzt ist.
Wir hatten bisber leider
Gelegentlich sahen wir auch Zellen,
wirkung entzogen wird;
Bei der nur alle 4 Wochen eintretenden `
97. Juli
Bei ihm muß aus anderen Gründen
ein Mangel an den in Frage stehenden Stoffen, über deren Natur mau
sich gewisse Vorstellungen machen kann, entstehen, damit es zu den Blu-
tungen kommt. Therapeutisch käme bei geeigneten Werlhoffällen zeit-
weise Röntgenkastration in Frage, nach der Kiehne ein Ansteigen der
Thrombozytenzahlen beobachtet bat. Ausführliche A OEE in der
Zschr. f. Kindhlk. 1924; Bd. 38, S. 11.
Victor Schilling: Folgender seltene Fall beweist die Bedeutung
des Befundes von Jollykörpern oder Kernkugeln für die Milzfunktion. In
einem Blutausstrich in der Poliklinik wurden zahlreiche Kernkugeln fest-
gestellt; die Nachforschung ergab eine 33jährige Patientin, die. wegen
. Tetanie in der Nervenklinik lag. Innere Untersuchung ergab weitere
Anhaltspunkte für Ausfallserscheinungen wichtiger Organe: Aufhören der
Regel mit 32 Jahren, Haarausfall, gestörte Pankreasfunktion mit Fett-
stühlen und Durchfällen. Die Milz war palpatorisch und perkutorisch
nicht feststellbar. Auf Grund des Kernkugelbefundes, der monatelang ver-
folgt wurde, wurde die Diagnose: Hyposplenie bzw. Milzatrophie gestellt.
Vier Monate später ‚erfolgte Tod durch Tuberkulose (Komplikation); bei
der Sektion wurde eine sehr kleine Milz von 35 g Gewicht gefunden. Diese
Milzatrophie erscheint hier als Teilbefund einer allgemeinen pluriglandu-
lären Insuffizienz mit Atrophie anderer Organe, z. B. des Uterus.
Benda: Herr Hirschfeld bat sogar meiner Meinung nach den
igenbönois erbracht, daß nicht der retikuloendotheliale Apparat der
Schuldige ist, indem er die Beobachtung mitteilte, daß auch die Leuko-
zyten fressen, wenn eben die minderwertigen geschädigten Blutzellen vor-
handen sind.
Verein für innere Medizin. Sitzung vom 9. Juli 1924.
J. Rother: I
Über den Einfluß der Röntgenstrahlen auf das vege-
tative System. In einer gemeinsam mit O. Strauß durchgeführten größeren .
Experimentalarbeit wurde an Hand von Blutdruck- und Blutzuckerbestim-
mungen der Frage nachgegangen, an welcher Stelle im Organismus sich
mit Bezug auf diese Funktionen die Energie der Röntgenstrahlen zunächst
einmal in biologisches Geschehen umsetzt und welcher Art die Kette
reflektorischer Vorgänge ist, die von jenem Perzeptionsorgan überleitet zu
den Erfolgsorganen, an welchen die Endefiekte (in unserem Falle Blutdruck-
und Bilutzuckerveränderung) beobachtet werden. Bezüglich der Haut wurde
an Kaninchen ermittelt, daß sie als ein derartiges Perzeptionsorgan für
den zur Blutdrucksenkung. führenden Strahlenreiz hervorragend beteiligt
ist. Es wurde nämlich folgendes gefunden: Bei Verabfolgung von !/ HED
harter Strahlen auf ‘die Oberbauchgegend sinkt der Blutdruck innerhalb
von zwei Sunden gewaltig ab. Diese Senkung bleibt aus, wenn die Bauch-
haut durch Spaltung und Wegziehung aus dem Einfallsfeld der Strahlen-
sie ist indessen vorhanden, wenn nur eine Haut-
brücke mit darunter geschobener Bieiplatte isoliert bestrahlt wird. —
Atropinisierung hob den Strahleneinfluß auf den Blutdruck auf. Die Blut-
zuckeruntersuchungen ergaben am Menschen, daß unmittelbar auf die Be-
strablung der Oberbauchgegend ein geringgradiger Abfall des Biutzuckers
folgt, daß dagegen am folgenden Tage stets ein kompensatorischer Anstieg
zu beobachten ist. Aus zahlreichen Tierversuchen am Kaninchen und am
Hunde ging. dann noch folgendes hervor: Stets erfolgt bei diesen Tieren
(besonders beim Kaninchen) auf die Bestrahlung ein gewaltiger Blutzucker-
| anstieg. Dabei ist es gleichgültig, ob die Oberbauchgegend im allge-
meinen oder die operativ .vorgelagerte Leber bzw. die operativ vorgelagerte
Bauchspeicheldrüse isoliert bestrahlt wird. Auch bei einem pankreaslosen
Hunde wird der an sich schon hohe pankreasdiabetische Wert durch die
Bestrahlung noch erheblich gesteigert. Dagegen blieb jede Blutzucker- :
steigerung aus, wenn beide Nebennieren exstirpiert waren. Die isolierte
Bestrahlung einer Nebenniere nach. vorheriger Herausnahme der anderen
war von einer erst nach Tagen einsetzenden Blutzuckersenkung gefolgt.
Hierbei handelt es sich um direkte Zellschädigung. Die geschilderten
momentanen Beeinflussungen von Blutdruck und Blutzucker werden zurück-
geführt auf die Fähigkeit der Röntgenstrahlen, eine Reaktion auszulösen,
falls die Bereitschaft zum Ablauf derselben vorher besteht. In diesem
Sinne (Reaktionsauslösung) darf von einer Reizwirkung‘ der Strahlen ge-
sprochen werden. (Selbstbericht.)
Aussprache: Halberstädter: Wir müssen unterscheiden zwischen
einem Reizeffekt und einer direkten Reizwirkung der Röntgenstrählen. Von
. einem Reizeffekt können wir sprechen, wenn auf die Bestrahlung hin eine
Funktionssteigerung erfolgt.
Es ist schwer zu entscheiden, woher sie
kommt.
Daher ist unter den Biologen, die eine Reizwirkung leugnen und
denen, die eine Reizwirkung beinahe immer annehmen, eine Verständigung
nicht vorhanden. Als geeignetes Studienobjekt zur Klärung der Frage ist
am besten die einfache Zelle geeignet. Unter gewissen Bedingungen be-
wirkt die Bestrahlung eine Beschleunigung der Kernteilung. Es ist das
. ia pa D a Be Er
ru Ten u T
(7 ran en Ten
93
u A Br E ae
97.Juli `
Kranken litten an offener Tuberkulose.
Lungentuberkulose bessere Ergebnisse zeitigte, so waren die Heilerfolge
- bei offener Tuberkulose doch ebenfalls gute und oft ließ sich nahezu eine
Heilung erzielen trotz Verschlechterung des Lungenbefundes. Die pro-
sich nach der Dosierung richten.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 30.
ein Reizeffekt. Man hat dann an Pflanzen Versuche gemacht, die zeigten,
daß unter gewissen Bedingungen das Längenwachstum zunimmt. Liegt
aber nicht doch eine 'schädigende Wirkung auch hierin vor? Welche Dosen
machen sie, gehören hierzu nur schwache Dosen? Begünstigen' kleine
Dosen das Wachstum? Bei den Pflanzen liegen die Dinge so, 'daß es sich
` um ein vorübergehendes Längenwachstum handelt, und daß später eine
Schädigung nachzuweisen war. Winterknospen z. B. blühten nach der
Bestrahlung frühzeitig, aber sie zeigten nach dem Abblühen eine Nekrose.
- Hierfür waren große Dosen erforderlich, so daß also auch außerordentlich
große Strahlenmengen einen vorübergehenden Reiz ausüben können. Wenn
man von einer Tumorreizung durch Strahlen sprechen will, so kann sie
auch von einer großen Dosis kommen.
läßt sich somit schwer sagen, ob es sich um einen Reizeffekt oder die
Schädigung eines Organs gehandelt hat. Es kann irgend eine Protein-
körperwirkung vorhanden sein.
| Aussprache zu dem Vortrage von Halberstädter: Röntgentherapie
in der inneren Medizin. |
' Anthon hat gemeinsam mit Halberstädter 52 Kranke mit Kehl-
kopftuberkulose behandelt und sie nach der Bestrahlung fortlaufend unter-
sucht. Stets handelte es sich um sekundäre Tuberkulose. Die meisten
Wenn auch die geschlossene
duktiven Formen der Kehlkopftuberkulose sind für die Strahlenbehandlung
geeigneter als die exsudativen. _Besserungen kann man erst nach 1 bis
3 Monaten feststellen.
Paul Lazarus: Ist es wahr, daß unterschwellige Bestrahlungen
die Geschwülste aufpeitschen, oder pathologische Prozesse zum Wuchern
bringen können? Ist es richtig von einer Ovarial-Reizdosis, einer Krebs-
dosis usw. zu sprechen? Sind die Apparatgiganten berechtigt oder nicht?
Wir haben weder von der experimentellen Biologie noch durch die patho-
logische Anatomie einen sicheren Beweis von der Reizwirkung der Röntgen-
‘ strahlen. Auch die Strahlenphysik gibt keine Erklärung für die Möglich-
keit einer Reizwirkung durch Röntgenstrahlen. Wir müssen die strahlende
Energie von einem einheitlichen Gesichtspunkte auffassen und können drei
Energiequellen unterscheiden. Die freie Emanation. Damit erzielen wir
richtige Reizwirkung. Daran schließen sich die strahlenden Materien. Mit
ihnen erzielen wir ebenso wie mit dem natürlichen Licht Wirkungen, die
| Ganz anders ist der Röntgenstrahl, der
Strahl der modernen Apparate. Bei ihm ist auf eine kleine Zeitdistanz
ein Intensitätsmaximum konzentriert, im Gegensatz zu anderen strahlenden
Energien, bei denen die Intensität klein, aber dió Zeitdauer groß ist. Beim
Röntgenstrahl ist also ein Intensitätsmaximum auf einem Zeitminimum.
Deswegen kann auch der schwach dosierte Röntgenstrahl eine Reizwirkung
entfalten. Bei Radium kann man zwei Stadien unterscheiden. In dem-
ersten wirkt er infolge seiner geringen Intensität als Reiz. Erst später
infolge der Summation kommt es zur lähmenden Wirkuhg. Es besteht
also ein fundanıentaler Unterschied gegenüber dem Röntgenstrahl, bei dem
die Spanne zwischen unterschwelligem und überschwelligem Reiz eine un-
gemein geringe ist. Deshalb muß man bei der Anwendung der Röntgen-
therapie sehr vorsichtig sein da, wo es sich um radiosensible Organe handelt.
Erst wenn es sich um Hyperfunktionen handelt, kommt der Röntgenstrahl
in Betracht. Versuche ‚von ‚Hertwig zeigten, daß z. B. die Schädigung
von Spermatozoen sich proportional der Bestrahlungszeit vollzieht. Schwach
und lange Zeit bestrahlte Samenfäden sind weit intensiver geschädigt. Die
Zellen befinden sich in verschiedenen ‚Stadien. Die Zelle in Strahlenruhe
| ist strahlenfester. Die Zelle in Teilung ist fallreif. Bei Bestrahlungen,
die sich auf Tage und Wochen hinziehen, ist es wahrscheinlich, daß man
die Zelle in ihrer schwachen Stunde trifft. So ist es zu erklären, daß wir
durch überstarke Dosierung gewisse Krankheiten, wie die Leukämie, gegen
Röntgenstrahlen refraktär machen, die aber auf Radium doch noch reagieren.
- Die Erscheinungen von Strahlenvergiftung sind bei Radium viel geringer.
Von allergrößter Bedeutung ist es, den Körper unter antikachektische
Mittel zu setzen, wenn man mit Strahlen behandelt. Man soll nicht von
Reizdosen, sondern von optimalen Dosen Gebrauch machen und sprechen.
‚ Hans Hirschfeld: Bei der Leukämie hat sich die Röntgentherapie
von jeher bestens bewährt. Es kommt darauf an, die Krankheit im rechten
Moment zu behandeln, d. h. im Beginne des Rezidivs. Hierfür ist eine
mindestens alle vier Wochen erfolgendo Blutuntersuchung erforderlich.
H. verfügt über zwei so beobachtete Kranke, die seit 5 bzw. 10 Jahren
erfolgreich behandelt werden. Man darf nicht verkennen, daß konstitutionelle
Momente bei derartigen Erfolgen mitwirken. Man begegnet Kranken, die
ohne jede Behandlung eine vanze Reihe von Jahren sich halten. H. kennt
einen Kranken, der S Jahre öhne- Strahlenbehandlung seine Krankheit
errug. Bei der akuten Leukämie sind die Erfolge schlecht, aber man soll
Über die Versuche von Rother
ein Röntgenbild demonstriert.
doch den Versuch der. Strahlenbehaudlung machen; Erfolge kann man
event. in Krankheitsfällen sehen, bei denen Milz- und Drüsenschwellungen
bestehen. In Fällen von Polyzythämie mit Anämie ist die Bestrahlung --
nicht angezeigt. Hier empfiehit sich mehr Arsen. Ä
Kretschmar hat günstige Erfolge bei der Bestrahlung von Kindern |
mit Lungentuberkulose gesehen. Das Gewicht der Kinder hob sich, ehe <
noch Änderungen an der Lunge oder im Hilus auftraten.
W. Alexander wendet sich gegen die Behauptung von der anal-
'getischen Wirkung der Röntgenstrallen bei echten ‚Neuralgien. . Die Fälle
von chronischer genuiner Neuralgie heilen mit Röntgenbestrahlungen nicht..
Vielleicht kommt es gelegentlich einmal zu einer Besserung, aber von einer -
Regelmäßigkeit des Erfolges kann nicht die Rede sein. - à
Cramer empfiehlt die Röntgenbestrahlung der Hilusgegend bei .
Kindern, die in der Ernährung und im Wachstum zurückgeblieben sind.
Es handelt sich um eine Allgemeinwirkung. Die Bestrahlung der Lungen-
. tuberkulose darf nur bei den produktiven Formen erfolgen. Beim Asthma
sieht man gute Erfolge durch die Bestrahlung. Auch hierbei handelt es.
-sich um eine Allgemeinwirkung. Die Bestrahlung der Struma ist heute
noch Geschmacksache. Die komprimierenden: Strumen werden aber besser
chirurgisch behandelt.
soll man von der Bestrablung Gebrauch machen. Pruritus wird immer
da, wo er mit leichten Hauterscheinungen verbunden ist, erfolgreich be-
handelt, sonst nicht. a
Tugendreich sieht ‘die Röntgenbehandlung des Ulcus ventriculi
und Ulcus duodeni für sehr aussichtsreich an. In manchen Fällen hält der .
Erfolg jahrelang an. Die Magensekretion ändert sich kurze Zeit nach der
Bestrahlung nicht, man kann sie’ erst nach mehreren Monaten geändert
sehen.
Ulkus mit Röntgenstrahlen zum Verschwinden zu bringen. Hierfür wird
Fritz Fleischer.
| Heidelberg. |
Naturhistorisch-Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 24. Juni 1924.
H. Sachs berichtet über neuere Erfahrungen anf dem Gebiete E
der Serodiagnostik der Syphilis. Da das Wesen der Syphilisreaktion.
noch nicht geklärt ist, muß die Einstellung der Reaktionen, so daß sie mög-
liċhst empfindlich für Syphilis und zugleich möglichst charakteristisch für.
diese Erkrankung sind, der Empirie überlassen bleiben. Während die einen
Untersucher eine große Empfindlichkeit zu erreichen suchen und dabei
unspezifische Reaktionen mit in den Kauf nehmen, legen andere, darunter
auch Sachs selbst, mehr Wert auf Spezifität, die sich aber als eine ab-
solute nicht erreichen läßt. Was die Wahl der auszuführenden Reaktionen .
betrifft, so soll man stets die Wa.R. und eine Flockungs-, bzw. Trü-
bungsreaktion ausführen, da die Reaktionsbreiten sich nicht decken,
Im hiesigen Laboratorium werden die Wa.R. nach der Reichsvorschrift, die
SGR. und neuerdings auch MTR. nebeneinander ausgeführt. Letztere ist
zwar sehr empfindlich, scheint aber häufiger unspezifische Ausschläge zu
geben als die Wa.R. und die SGR. Die MTR. wird demonstriert.
A. Klopstock demonstriert ein nenes Verfahren zur Flockungs-
reaktion für die Serodiagnose der Syphilis, das von Sachs und Klop-
stock in Gemeinschaft‘ mit Ohashi ausgearbeitet worden ist. Zu der
Ausarbeitung hat das Bestreben geführt, die bewährte SGR. rascher ab-
lesbar zu machen. Die Extrakte bestehen aus einem ctholesterinierten
Rinderherzextrakt nàch Sachs. und Georgi und Benzoeharz als Ver.
stärker. Die Reaktion wird angestellt, indem zu 0,l com inaktiriertem
Patientenserum 0,5 com der Extraktverdünnung gegeben werden. Die Ver-
dünnung wird bereitet, indem 1 Teil alkoholischer Extraktlösung in 19 Teile
0,85 %/niger Kochsalzlösung geblasen werden. Durch Schütteln wird der
Es gelingt auch, das anatomische: Substrat für ein perforierendes
1059 `
Beim Basedow hat die Bestrahlung gute Erfolge. -
In einem Fall von Bechterew -hatten harte Strahlen iu hoher Dosierung '
ein gutes Ergebnis. Bei Neuralgien, deren innere Therapie erschöpft ist,-
Ablauf so beschleunigt, daß nach wenigen Minuten das Resultat deutlich:
sichtbar ist und nach 1/„—1 Stunde Brutschrankaüufenthalt endgültig ab-
gelesen wird. Die Ablesung erfolgt makroskopisch, die massive Flockung
in den positiven Seren sedimentiert rasch. Zur Anstellung der Flockungs-
reaktion werden zwei Extrakte benutzt, von denen der eine außer den
erwähnten Bestandteilen noch Lezithin enthält, durch das das Benzoeharz
besser in Lösung gehalten wird, so daß die negativen Sera noch klarer
erscheinen bei nur geringer Abschwächung der Reaktion in den positiven.
Eokstein: Über inkomplette Hämolyse. Bettet man lackfarbenes.
Blut in Agar ein, oder bringt man normales Blut nach Agareinbettung
zu kompletter Hämolyse, so läßt sich mikroskopisch gegenüber nicht
. bämolysiertem Blut ein zweifacher Unterschied feststellen:
1. Das gesamte Hämoglobin ist aus den Zellen ausgetreten:
2. Das Hämoglobin hat. seine Färbbarkeit geändert: während in-
takte Erythrozyten sich nach Alzheimer rot färben, färbt der ausge-
tretene Blutfarbstoff sich bei der gleichen Färbung blau.
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in größeren Werken das Antimon als Heilmittel gegen Bilharzia nicht an-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30
| Ze U. | 27: Juli
m | | 2 | T. 3Y. | l
!
Bei inkompletter Hämolyse verläßt. nur ein. ‚Teil des- Hämoglobins
‚die Zellen. Am. Beispiel. zweier in ihrer. Intensität leicht abstufbarer
Arten von Hämolyse wird nun das färberische Verhalten des Blutfarbstoffes
Blutagarblöcke.
„zeigen bereits beim Einlegen in eine konzentrierte Sublimat-Ringerlösung
Das Sublimat verliert beim Eindiffundieren
"in den Agarblock an Konzentration; in einer gewissen Blocktiefe wird die |
‚hämolysierende Konzentration erreicht. Die nun einsetzende Hämolyse
. wird jedoch, da weiteres Sublimat nachdringt, bald durch eine Fixierung
`- unterbrochen.. Durch Wechseln. der Sublimatkonzentration läßt sich In-
` tensität und topographische Ausdehnung der Hämolyse willkürlich variieren.
' bei nur partiellem Austritt aus. den Zellen demonstriert.
“eine leichte zentrale Hämolyse.
Eine weitere an eingebettetem Blut bequem abstufbare Art von
‚ Hämolyse ist die durch Gefrieren und Wiederauftauen.
auf dem Göfriermikrotom geschnittenen Blutblock finden wir vollständige
` Hämolyse.
kung. Läßt man den Block jedoch kürzere Zeit als. zur Fixierung. nötig
. in Formol, so hat Gefrierschneiden eine inkomplette Hämolyse zur. Folge,
‚indem je nach der Dauer der, Formolwirkung mehr oder weniger Farbstoff
< die Zellen verläßt und diese selbst entsprechend mehr oder weniger aus-
‚ gelaugt werden.
. Färbung nach Alzheimer zeigt nun: während "bei aknea
| Hämolyse ein Teil des 'Hämoglobins aus den Zellen ausgetreten ist, hat
nicht nur das ausgetretene (extrazelluläre), sondern auch das nicht aus-
‚getrötene (intrazelluläre) Hämoglobin seine Tar pDgrker geändert: Agar
und Erythrozyten färben sich blau.
Das mikroskopische Bild der inkompletten Hämolyse ist also: Orts-
wechsel eines. Teiles, Färbbarkeitswechsel des gesamten Hanse! ohink;
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 25. Juni 1924.
"Simmel: Biutkrankheiten und Konstitution. Die Hämatologie be-
deutet einen wesentlichen Faktor in der Konstitutionsforschung. Die Ver-
schiedenbeit der Zahl der roten Blutkörperchen bei beiden Geschlechtern
und die Vererbung der „Blutgruppen“ weisen darauf hin, daß die Kon-
stitution schon normalerweise Einfluß auf das rote Blutbild hat. Die Ent-
wicklung der Chlorose im Pubertätsalter wird dadurch verständlich, daß
häufig erst in der Zeit geschlechtlicher Reifung die individuelle Konstitution
in allen Einzelheiten sich offenbart. Bei der perniziösen Anämie erklären
die verschiedenen, das Leiden toxisch bedingt ansehenden Theorien. (Gift-
Tesorption vom Darm aus, pölyvalente Toxinwirkung) nicht alles.
hier muß ein konstitutioneller Faktor in Rechnung gestellt werden. Die
. aplastischen Anämien des Kindesalters dürften zur Hauptsache auf endogene
“Ursachen zurückzuführen sein. Unklar liegen die Verhältnisse bei der
hämolytischen Anämie. Es ist aber die Tatsache bedeutungsvoll, daß
scheinbar gesunde Aszendenten der Kranken eine Resistenzverminderung
der roten Blutkörperchen aufzuweisen hatten.
“Die Sichelzellenanämie der nordamerikanischen Neger ist wohl im
p konstitutionell bedingt, sie ist rassegebunden und tritt aus-
'ausgesprochen familiär auf. Wie bei der hämolytischen Anämie finden
sich. auch hier scheinbar gesunde Familienangehörige, deren Blut unter
gewissen Versuchsbedingungen die latente Minderwertigkeit offenbart (Sichel-
zeilbildung bei Konservierung des Blutes in vitro). Bei diesen beiden
'Anämien : sowohl wie bei der Chlorose und perniziösen Anämie spielt der
‚physikalisch-chemische Zustand der Erythrozyten eine erhebliche Rolle.
Seine Abhängigkeit von der Ionenkonzentration des Plasmas und damit
vom Tonus des vegetativen Nervensystems läßt wiederum an konstitutionelle
Einflüsse denken.
Lommel: a) Behandlung der Bilharzia. Bei einem jungen Ägypter,
der die charakteristischen Merkmale der ‚Krankheit aufwies (Hämaturie,
Tenesmen, Entleerung der typischen Wurmeier) konnte L. die vorzügliche
- Wirkung des Antimons beobachten. Die Kur, ambulant und ohne Neben-
erscheinungen durchgeführt, bestand in intravenösen Injektionen: von 0,1
bis 0,15 Tartarus stibiatus in 1°/oiger‘ Lösung, alle 2—3 Tage, bis zur
Gesamtmenge von 1,8 im Verlauf eines Monats. Schon nach wenigen Ein-
spritzungen Besserung, schließlich völlige klinische Heilung und Beschwerde-
freiheit des Patienten. "Dieser Erfolg ist deshalb erwähnenswert, weil auch
geführt.wird. In Ägypten kommt es häufig zur Anwendung.
b) Strongylus intestinalis im Magen. 47 jähriger Bahnarbeiter aus
dem Saartal erkrankt nach einmaligem Bluthusten und Atemnot mit Magen-
schmerzen, namentlich nachts, Gewichtsabnahme. Die Untersuchung ergibt
das Fehlen der freien Salzsäure im Magensaft, sehr niedrige' Gesamtsäure-
werte, positiven Milchsäurebefund. Mehrfach ließen sich Würmchen im
Ausgeheberten nachweisen, die als Larven des Strongylus intestinalis er-
kannt wurden. Der Kranke hat nie in den Tropen gelebt, vielleicht ist
' sich lange Jahre in China aufgehalten hat.
Gefrierschneiden nach vollendeter Fixierung bleibt ohne Wir-
Auch,
‚Arzt diagnostizierte ein Unterleibsleiden und verordnete Dunstumschläge.
'zytenzablen.
sein Zusammenleben mit. dem Bruder an der Infektion: schuld, ‘da dieser
‘Der Wurm ist aber in Italien
wie in Deutschland als einheimisch erkannt. Klinisch ist eigentümlich,
‘daß das Leben der Würmer im Magen karzinomähnliche Zustände hervor-
Der Kranke wurde. AuSWAKIS als Fee ohne
. Befund -probelaparotomiert.
gerufen hat.
c) Paroxysmale Oxzalurie. Die Kranken TR unter der Nieren-
kolik {durchaus äbnlichen Erscheinungen, selbst Hämaturie. Im frisch
gelassenen Harn finden sich neben den roten Blutkörperchen zahlreich
Kalziumoxalatkristalle. Zwischen den Anfällen völlige Gesundheit. Auf-
fallend ist, daß.es sich häufig um sehr nervöse Menschen handelt, so daß
auch in diesem Punkte ein Vergleich mit der Phosphaturie naheliegt. Die
In einem unfixiert |
Genese des Leidens ist unklar, vielleicht beruht es auf einer Veränderung
der Schutzkolloide des Harnes unter nervösen Einflüssen. Therapeutisch
kommt die Einschränkung von Gemüse und leimgebenden Nahrungsmitteln
in Frage; manchmal hat eine völlig veränderte Lebensweise Sistieren des
Leidens zur Folge. Ein Versuch mit Nierenmitteln wie Theocin ist angezeigt.
Grober: Über die Entstehung endoarterieller Geräusche beim
Korotkofischen Versuch. Mit Unterstützung des Physikalischen Instituts
ausgeführte Untersuchungen über die Art der Töne, wie sie bei Korotkoffs
Methode der Blutdruckbestimmung hörbar werden, ergaben, daß sie als
akustischer. Ausdruck der Loslösung der aneinanderliegenden Gefäßwände
(P- Stellung und P-Aussprache der Lippen) zu: gelten haben 'und. nicht
hervorgerufen sind durch Schwingungen der unter beiderseitig geringerer
Spannung als vorher stehenden Gefäßwand. Die gelegentlich zu hörenden,
von den Tönen eingerahmten Geräusche sind Stenosenerscheinungen. Sie
werden durch Unebenheiten oder höhere Spannung der Wand erzeugt,
. daher sind sie bei zunehmendem Alter vermehrt anzutreffen, stets bei
Kommen sie bei jüngeren `
nachweisbarer Sklerose der Art. brachialis.
Menschen vor, dann liegt ein erhöhter Gefäßtonus vor. Diese Untersuchungs-
ergebnisse sind somit von differentialdiagnostischer Bedeutung. N.
ii.
Prag.
Verein deutscher Ärzte. Sitzung vom 30. Mai 1924.
G. A. Wagner stellt eine 33jährige Patientin vor, bei der. es sich
um Kombination von intra- und extrauteriner Schwangerschaft handelt
und die Möglichkeit einer echten Superfötation besteht. Erste Geburt vor
3 Jahren, normal, Kind bei der Geburt abgestorben, dann normale Men-
struation bis Sommer 1923. Letzte normale Menses (3 Tage) Mitte Juli.
August, September und Oktober je eine leichte, dem Menstruationstermin
entsprechende Blutung. Im Oktober plötzliche Erkrankung mit Schmerzen
im Unterbauch und Ohnmacht. Beginn einer Blutung, die mit kurzer
Unterbrechung bis 23. November (6 Wochen) dauerte.
Kein Fieber. Der
Die Frau vermeinte, schwanger zu sein, der Arzt negierte dies nach An-
stellung der Phloridzinreaktion. Anfang Januar 1924 Aufnahme in die
Klinik. Status praesens: Kolostrum positiv. Livide Verfärbung. Portio
_ weich. Kollum scheint überzugehen in einen aus. zwei Teilen bestehenden
Tumor; ein faustgroßer Teil links unten (zunächst als etwas vergrößertes
Oorpus uteri gedeutet), rechts in breiter Verbindung mit ihm ein bis in
die Nabelhöhe reichender, weicher Tumor. Im Douglas ein orangengroßer
elastischer, empfindlicher Tumor. Subfebrile Temperatur, normale Leuko-
Diagnose: Vorgeschrittene Extrauteringravidität oder Myom
bei junger Intrauteringravidität oder Gravidität und Ovarialtumoren. La-
parotomie 22. Januar 1924: In der freien Bauchhöhle kein Blut. Der
große Tumor rechts das gravide rechte Horn eines Uterus bicornis, links
das nicht gravide Horn. Der im Douglas getastete Tumor nicht zu sehen,
da das Rektum mit Appendices epiploicae an der Hinterwand des Uterus
fest adhärent ist. Man tastet durch das Rektum hindurch den Tumor.
Nach Abpräparieren quillt altes Blut vor: Es handelt sich um eine orangen-
große Haematocele retro-uterina. Die rechten Adnexe’ ziehen gestreckt an
der Uteruskante hinab zur Hämatozele, die Tube im mittleren Anteile ver-
dickt, steht mit diesem Teil, der ein festhaftendes Koagulum trägt, `i
Verbindung mit der Hämatozele, an deren Begrenzung sich außer der
linke Ovar beteiligt. Das Fimbrieneude der in der Mitte spindelig aufge-.
triebenen Tube ist offen. Exstirpation der rechten Tube. Beide Orarien
groß. Spaltung des rechten Ovars zeigt trotz Suchens nur ein Oorpus
luteum (1 cm Durchmesser). Exzision einer Scheibe. .Nun das linke Ovar
gespalten, es enthält ein ebenso großes Corpus luteum wie das rechte.
Auch hier Exzision eines Stückes zur Untersuchung. Bauchnaht. Unge-
störter Verlauf, am 10. Tag entlassen. Schwangerschaft ungestört weiter
verlaufen. Am 19. Mai 16 Uhr Wehen, die bald wieder aufhören.. Am
nächsten Vormittag 10 Uhr gute Wehen, nach 11/, Stunden Blasensprung,
3/4 Stunden später Spontangeburt eines 46 cm langen, 2680 g schweren
hinteren Uteruswand und vorderen Rektalwand auch das herangezogene
N
nehmen haben,
der Beanspruchung durch die Mitglieder. in eine Bedrängnis- geraten, die
frächtlichen Bei
abi der sonst, keine Zeichen mangelnder Reife. aufweist. Geburts-
demin war für den 15. Mai berechnet. Glattes Wochenbett. War es
‚schon nach dem Operationsbefund wahrscheinlich, daß es sich um gleich-
zeitigo. Extra- und Intrauteringravidität handelte, so wurde dies durch die
histologische Untersuchung bestätigt: In der Hämatozele fanden sich keine
Fireste mehr, wohl aber in dem kleinen Koagulum (1 cm Durchmesser),
"das’die’ rechte Tube spindelig auftrieb und durch eine kleine Lücke durch
` die Tabenwand mit der Hämatozele in Verbindung. stand. Die Zotten
wiesen fast durchwegs kein Epithel mehr auf, nur eine, allerdings‘ schon
dagenerierte Zotte ließ noch den deutlichen Epithelbelag des: jungen Eies :
erkennen. Dasselbe war an der lateralen Wand der nach hinten ge-
schlagenen Tube inseriert, hatte die Tubenkapsularis durchbrochen, ` die
“gegenüberliegende Tubenwand (parietalis) arrodiert und so zur Perforation
der Tube gegen die Mittellinie geführt. Das Fimbrienende war vollkommen
. freiund stand in keinerlei Beziehung zur Hämatozele. |
` Es wird kurz auf die in der Literatur .niedergelegten Fälle von
gleichzeitiger Extra- und Intrauterinschwangerschaft hingewiesen.. Nun be-
“stand im vorliegenden Falle die Gravidität seit Ende Juli. ‘Bei der Ope-
-“ ration. im Januar wurde der Uterus entsprechend einer Gravidität vom
` "Ende des 6. Lunarmonates gefunden. "Die rechte Tube dagegen wies nur
eine ganz kleine spindelige Auftreibung. auf,. die Hämatozele war kaum
.orangengroß. Es ist daher nicht anzunehmen, daß, als es Ende Oktober
‘zar atypischen Tubenruptur kam, auch hier schon die Schwangerschaft -
seit Juli bestanden habe, denn bei einer Tubenschwangerschaft von mehr
. _` alg drei Monaten wäre die Ruptur nicht so ausgegangen und die Verände-
‚rungen ’an der Tube hätten ganz andere sein müssen. Deswegen lag der
Gedanke nahe, daß es sich hier vielleicht um einen Fall von Superfötation
‚und Nidation des später befruchteten Eies. in der Tube handle. Es werden
die Momente angeführt, die für die bisher veröffentlichten Fälle von Super-
fölation im Sinne einer solchen Möglichkeit sprechen; sie alle sind nicht
vollkommen beweisend, wenn auch in mehreren solcher Fälle die Erklärung
der Eigentümlichkeiten der Fälle durch Annahme einer Superfötation am
swanglosesten gegeben werden kann. Die Gründe, die für die Unmöglich-
keit einer Superfötation von Autoren ‘angeführt: werden (Verschluß des
Üteruskavums, Ausbleiben der Ovulation in der Schwangerschaft), werden
besprochen, Im vorliegenden Falle war, als die angenommene Über-
sehwängerung erfolgte, die Kapsularis mit der Parietalis noch nicht‘ ver-
= lte. Und wenn auch das Sistieren der Ovulation den Eintritt der Gra-
vidität infolge Hemmung weiterer Follikelreifung durch Hormone des Corpus
luteum und des Chorion die Regel ist, so sind, wenn auch seltene, Aus-
nahmen von dieser Regel nicht auszuschließen. So läßt auch. Fränkel
(Handbuch Halban-Seitz) die Möglichkeit einer späteren. Ovulation, offen.
Die dicht so seltenen Fälle, in denen Frauen nach eingetretener Gravidität
noch zum Menstruationstermin eine oder mehrere Blutungen aus dem
Uterus ‘haben, könnten vielleicht auf solche Ovulation zurückgeführt
werden, die durch mangelhafte Hemmung der Follikelreifung zustande
kommen kann. Nun bestanden in unserem Falle, nachdem die letzte.
Menstruation im Juli gewesen war, noch durch’ 3 Monate hindurch all-
monatlich genau am Menstruationstermin schwache Genitalblutungen.
~ Endo Oktober kam es zu den Erscheinungen der Tubenrüptur. Die beiden
í Corpora lutea wiesen keine wesentliche Differenz auf, nur in dem dem
‚Infrauterinen Ei entsprechenden Corpus luteum war die Ausbildung binde-
gewebiger Septen weiter vorgeschritten. Bei Annahme einer Superfötation
besteht; das Corpus luteum links seit 6 Monaten, das rechte ist bei. der
Ruptur wenige Wochen alt gewesen.‘ Die Rückbildungsvorgänge haben
‚links nach den Untersuchungen von Miller, Walthard jun. bereits vor
RE
ER `
Monaten ‚begonnen. Rechts müßte man, wenn man das Corpus luteum nur
dem Einfluß seines Eies ausgesetzt annehmen würde, nach Zerstörung des-
. selben, d. i. 3 Monate vor der Operation, eine raschere Rückbildung an-
nehmen, da es ein. puerperales ist, während sich links die: langsame
Schwangerschaftsdegeneration abspielt, so könnten Unterschiede leicht ein-
geholt werden. ` Nach unserer Ansicht ‚aber hängt die allmähliche Invo-
lution. des Corpus luteum graviditatis ganz von der hormonalen Tätigkeit
‘des Chorions ab und diese muß infolgedessen beide Corpora lutea gleich-
mäßig beeinflussen. Über Rückbildungsvorgängs des Corpus luteum nach
Schwangerschaftsunterbrechung in frühen Monaten liegen noch’ keine Beob-
achtungen vor. Die Prager Frauenklinik ist 'mit solchen seit. Jahren bo-
schäftigt. Bu a g = u |
| A. Wolff-Eisner-Berlin (als Gast): -Die Bedeutung der neueren
Forschungen über Tuberkuloseimmunität für die Tuberkuloseiherapie..
Es ist irreführend, die Bedeutung des Immunitätszustandes für den Ablauf
der tuberkulösen Erkrankung zu leugnen.: Eine Immunisierung ohne Er-
krankung ist allerdings bisher nicht zu erzielen gewesen, ‚aber in Ehrlichs
` Diphtherieversuchen war. eine Immunisierung mit reinen Toxoiden, also
ohne Schädigung (Erkrankung) der Zellen ebenfalls nicht möglich. Der
Begriff „Immunität“ darf bei der Tuberkulose wie auch'.sonst nicht mehr.
im ursprünglichen Sinne angewandt werden. Da jede Immunität durch-
brochen werden kann, gibt es eine. absolute Immunität überhaupt nicht.
‘Da das Zusammentrefien von Antikörpern (Immunstoffen) und Bakterien
Krankheitserscheinungen und auch Tod bedingen kann, so sind die wechseln- -
den Symptome im Verlaufe der Tuberkulose als Äußerungen. immunbiologi-
scher Vorgänge aufzufassen. Die Tuberkulinbehandlung kann. natürlich
' nicht mehr tun, als. vorhandene Heilungstendenz -unterstützen, .schon aus.
dem Grunde, weil im Verlauf der Tuberkulose ja stets Tuberkulin in den
Kreislauf gelangt. Da bei der Mehrzahl der Tuberkulosefälle Heilungs-
tendenz besteht, wird die praktische Bedeutung der Tuberkulinbehandlung
nicht eingeengt. Vortr. -hat in l5jähriger spezifischer Behandlung zahl-
reiche Tuberkulöse gebessert und arbeitsfähig erhalten und schreibt. es der
Therapie zu, wenn vor allem ein Fortschreiten. relativ gutartiger Prozesse
‚sich verhindern ließ. Doch ist jahrelange Tuberkulinanwendung notwendig,
um diese Erfolge zu erzielen. Das Endurteil über die Tuberkulin-
behandlung kann daher nicht die Klinik und nicht die Heil-
stätte, sondern ‘nur der praktische Arzt fällen. Herdreaktionen
am Krankheitsherd bedingen immer Risiken. Das Wesen der richtig .ge-
leiteten Tuberkulintherapie sieht Vortr. in ‘der Heranziehung von Zellen
fern vom Krankheitsherd: zur Bildung der Antikörper, besonders des Haut-
bindegewebes und des retikulo-endothelialen Apparates. Diesen Standpunkt
hat Vortr. schon vor 15 Jahren vertreten und die entsprechenden: thera-
peutischen Folgerungen daraus gezogen und dementsprechend sind die
verschiedenen Konkurrenzmethoden, welche mit industrieller Propaganda
den Markt zu.erobern suchen, zu bewerten. Welche Methode — Ponn-
dorf, Petruschky, Moro — man wählt, ist vollkommen gleich-
‚gültig, umsomehr, da der Wahl der Präparate nur sekundäre Bedeutung
zukommt, es kommt in erster Linie auf die Dosierung an, also darauf,
auch bei. der Tuberkulinzufuhr von der Haut aus das Filter, das die Haut
und das Hautbindegewebe durch ihren Rezeptorenapparat darstellt, nicht
zu überlasten und somit Herdreaktionen ` am. Krankheitsherd mit ihren
Folgen zu ‘vermeiden. Als Präparat empfehle ich am meisten ein Tuber: .
kulin, das die gesamten Antigene in polyvalenter Form enthält, die thermo-
labilen und thermostabilen Komponenten ' nebeneinander, das sog. panti-
. gene Tuberkulin, das die Behringwerke. nach ‘meinen Angaben - herge-
stellt haben.
= Versicherung und Ticketsystem in der Schweiz.
BR Die Erscheinungen, welche mit der Entwicklung des Versicherungs-
wesens als unliebsame Kehrseite auftreten, sind. fast überall dieselben.
e Wandlungen der letzten Jahre haben auch in der Schweiz eine Men-
- talität der Massen herbeigeführt, nach der es selbstverständlich ist, daß
der Staat und die Allgemeinheit die Sorge für den Einzelnen zu- über-
und so sind speziell die Krankenkassen infolge zunehmen-
nach möglichst baldiger Abhilfe ruft und diese auch 'schon in recht be-
Moherung. Wir stehen unmittelbar vor der dahinstrebenden Revision des
ee und: die Beratungen über die Alters- und Invalidenversicherung |
‚der Kan
-twag 2
alcht n
tone vermag noch das Tempo. der Entwicklung in dieser Richtung
dabe mid; trägen des Bundes gefunden haben. Die Tendenz zielt
„mit immer größerer Bestimmtheit auf das Obligatorium der Ver-
Im Gange und nur die. prekäre.Finanzlage des Bundes und .
hr hemmen, Was das für die Ärzteschaft zu bedeuten hat, braucht | SR en x
äher erörtert zu werden. Die Ärzte werden sich trotz aller Gegen- ' für uns keineswegs eine ideale Lösung. i Nach aller übrigen Bescherungen,
> - 000,0 Bandschau 00.0
: wehr — nicht gegen. den Versicherungsgedanken, sondern gegen das immer
mehr zunehmende Schablonenwesen und die Proletarisierung — den neuen
Verhältnissen mit den 'besten Mitteln anpassen müssen,
Bereits haben einzelne Gemeinden das . Obligatorium eingeführt
z. B. Basel, Appenzell, Graubünden, Solothurn. In Basel sind 75.0/, dor
Einwohner obligatorisch versichert, in Zürich stehen wir vor der Einführung
des entsprechenden Gesetzes. Es sollen Familien mit. jährlichem Gesamt.
einkommen von nicht über Fr. 4200 und Einzelpersonen mit J ahresverdienst
von nicht über Fr. 3000 obligatorisch versichert werden. ‚Und der Gesetz-
entwurf sieht eine Möglichkeit, der Ausdehnung dieser Versicherung auf
Personen mit größerem Erwerb vor. Aber mit der Erweiterung der Ver- -
sicherung soll’ auch der allbekannten ungebührliehen Ausnützung des Ver-
sicherungsrechtes durch die Versicherten gleichzeitig der Riegel geschoben
werden. Und zwar durch Einführung des sogen. Ticketsystemes.' Daß. dies
nicht zur Freude der. Ärzte geschieht, braucht nicht betont zu ‚werden
Denn das unseres Wissens zuerst in Lyon eingeführte- Ticketsystem ist
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1924--- MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 30
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welche das Unisichgreifen der Mechanisierung unseres Berufes und ganz Į
besonders die immer. allgemeinere Entwertung der Persönlichkeit mit sich
gebracht haben, möchten wir nicht auch noch die Funktionen der Tram-
kondukteure übernehmen. ‘Auf der andern Seite ist bei der rapid steigen-
den Inanspruchnahme der Kassen durch die Mitglieder der Gedanke der
Mitbeteiligung der Versicherten an den Heilungskosten ein unabweisbarer
geworden. Nun hat der Kanton Solothurn als erstes Gemeinwesen in der
Schweiz seit ungefähr 11/, Jahren ein Ticketsystem eingeführt, das auch
die Zustimmung der Ärzteschrft gefunden hat und mit dem gewisse Er-
fahrungen bereits gemacht werden konnten, die auch die deutschen Kol-
legen interessieren dürften.
Das für uns Wesentlichste dieses Tioketsystem ist dies: die Ärzte
'haben mit den Tickets nichts zu tun, vor allem: sie haben sie nicht ein-
zusammeln und abzugeben, wie beim französischen System. Die Tickets
werden vom Patienten vor der Inanspruchnahme des Arztes bzw. der
Apotheke an den Verkaufsstellen abgeholt. Es gibt zwei Wertzeichen.
Das eine von 20 Rappen, das andere von 30 Rappen. Diese Wertzeichen
werden in einer der ärztlichen Leistung entsprechenden Anzahl in-die
Krankenscheine geklebt, welche 55 Felder für den Arzt und 22 Felder für
die Apotheke enthalten. Diese Zahl soll sich fast ausnahmslos als ge-
nügend erwiesen haben.
Die Ergebnisse des Ticketsystems in der Stadt Kein sind für
' das Jahr 1923 laut Schweizerischer Krankenkassenzeitung vom 1. Juli
1924 folgende: Die Einsparung pro Mitglied und Jahr betrug bei 1435
versicherten Kindern Fr. 3,83 = 23,4°/,, wobei der der Kasse zufallende
Erlös aus dem Ticketverkauf mitgerechnet ist. Ohne die Tickets beträgt
die Minderbelastung der Kasse 17,27 0/,. Bei der Erwachsenenversicherung
soll sich eine reine Minderbelastung pro Mitglied für das Jahr 1923 von
Fr. 10,34 = 26,97 %/, ergeben haben. Bei einer Sektion der KK., dor-
jenigen von Leuzingen, wurde der Versuch gemacht, die Tickets nicht vor
der Inanspruchnahme des Arztes einlösen zu lassen, sondern nachträglich
10 0/ der- Heilungskosten bei Abgabe des Scheines vom Versicherten ein-
zuzieben, was auf dieselbe Mitbeteiligung desselben hinauslief. Inter-
essanterweise mißlang dieser Versuch insofern, als bei dieser Kasse die
durchschnittlichen Jabreskosten pro Patient nicht abnahmen, sondern von
Fr. 20,76 im Jahre 1922 auf Fr. 21,55 im Jahre 1923 stiegen. Aus dieser
Erfahrung schließt man auf die erzieherische Wirkung des vorgenannten
Modus. Es ist im übrigen dem Arzte überlassen, ob er Erxtraleistungen
Daß dieses hier kurz skizzierte System den Beifall der Kassen-
vorstände findet, solange es das finanzielle Ergebnis der Kasse in günstigem
Sinne ‚beeinflußt, ist selbstverständlich, denn diese haben hauptsächlich die
finanzielle Seite im Auge. Man wird nun das Urteil der Ärzte abwarten
müssen, das nach der kurzen Zeit der Wirksamkeit wohl noch etwas
zurückhaltend lauten wird. Immerhin scheint sich hier ein Weg zu
zeigen, der gangbar ist und auf dem sich Ärzte und Kassen begegnen
Hediger,
können.
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quelen-
angabe gestattet.)
Berlin. Durch einen Erlaß des preußischen Ministers für Volkswohl-
fahrt wird verfügt, daß die Kreisassistenzärzte von jetzt ab die Amts-
bezeichnung „Medizinalassessor“ zu führen haben.
Berlin. Der 9. Ausschuß des Reichstages für soziale Angelegen-
heiten nahm am 10. d. M. einen Antrag an, nach dem die Sätze der
Erwerbslosenfürsorge für kranke Erwerbslose verdoppelt
werden. — Bezüglich der Wochenhilfe soll nach dem im 9. Ausschuß
angenommenen Antrag der Reichsarbeitsminister ermächtigt werden, mit
Wirkung vom 1. August d. J. ab eine Vorordnung bekanntzumachen, nach
der die einmaligen Beiträge zu den sonstigen Kosten der Entbindung und
bei Schwangerschaftsbeschwerden 20 GM., das Wochengeld in der Familien-
Wochenhilfe 30 und das tägliche Stillgeld 0,25 GM. betragen sollen. Ein
Antrag, die Lasten der Wochenhilfe als einer. bevölkerungspolitischen Maß-
nahme auf das Reich zu übernehmen, wurde der Regierung überwiesen.
Berlin. Der preußische Landtag hat das Gesetz, betreffend die
Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in bezug auf die über-
tragbare Genickstarre und die epidemische Kinderlähmung abgeändert. Die
epidemische Kinderlähmung wird hinsichtlich der Anzeigepflicht bei Er-
krankungen und Todesfällen den anderen übertragbaren Krankheiten gleich-
gestellt. Sowohl auf die Kinderlähmung wie auf die Genickstarre werden
die Bestimmungen ausgedehnt, die hinsichtlich der Ermittlung bei Verdacht
der Erkrankung gelten, so daß also kranke, krankheitsverdächtige und an-
‘steckungsverdächtige Personen beobachtet sowie abgesondert werden sollen,
bei der Kinderlähmung jedoch „mit der Maßgabe, daß die Überführung von
Nur er hat über diese zu entscheiden und der
' Kindern in ein askenhäne oder in einen anderen geeigneten Unterkunfts-
raum ‘gegen den Widerspruch der Eltern nicht angeordnet werden darf,
wenn nach der Ansicht des beamteten Arztes oder des behandelnden Arztes
‚eine ausreichende Absonderung in der Wohnung sichergestellt ist“.
Auch in der Schweiz hat das gehäufte Auftreten der Poliomyelitis
Besorgnis erregt. Gegenüber sonst jährlich etwa 30—50 Erkrankungen
traten schon 1920 104 Fälle auf, und nach einer leichten Verminderung
in den folgenden Jahren stieg die Zahl im Jahre 1923 auf 257. Das eid-
. genössische Gesundheitsamt berief deshalb in diesem Frübjahr eine Sach-
verständigenkonferenz, in der Prof. Stooß referierte. Der Referent kam
‚zu dem Schluß, daß aus dem Auftreten von zwei lokalen Seuchenberden,
im Kanton Schwyz und in der Stadt" Luzern, nicht die Gefahr einer aus-
gedehnten Epidemie abzuleiten sei. Man beschloß, ein Merkblatt für Ärzte
und ein solches für das Publikum herauszugeben mit den folgenden Forde-
rungen: 1. Isolierung der Kranken für 4 Wochen; 2. Ausschluß der mit
Kranken in Berührung gekommenen Schüler vom: Schulbesuch auf 4 Wochen
dem Auftreten eines Falles von Poliomyelitis.
'
Die epidemischen Krankheiten haben sich nach der „Volks-
wohlfahrt“ i | |
vermindert. In der zweiten Hälfte dieses Jahres haben jedoch Typhus
und Ruhr eine beträchtliche Zunahme erfahren. Mit dem Anwachsen der
Erkrankungszahlen an Ruhr ging auch eine solche der Sterbefälle parallel.
Hingegen ist die Zahl der Sterbefälle an Typhus (für die statistische An-
gestiegen, sondern mit 0,3 auf 10000 der Bevölkerung stehengeblieben.
sächlich in den kleinen Orten eingetreten ist, deren Mittellosigkeit die
Seuchenbekämpfung‘ erschwert. Die Ausbreitung des Typhus erstreckte
sich vor allen Dingen auf Norddeutschland, besonders Mecklenburg-Schwerin
mit 11,51, Lübeck mit 7,66 Erkrankungen auf 10000 Einwohner, während
in Preußen nur 2,69, in Hessen, Baden, Württemberg und Bayern noch
nicht einmal 1 Erkrankung auf 10 000 Einwohner vorkamen. Außer Typhus
und Ruhr hat nur noch die Tollwut im Jahre 1923 gegenüber dem Vorjahre
zugenommen. —
Wie die Pharmazeutische Zeitung mitteilt, hat am 1. Juli eine Aus-
‘sprache zwischen den Kassenhauptverbänden ‚und den ärztlichen Organi-
Verordnung erscheinen wird, in der für Versicherungsträger die Mindest-
sätze der ärztlichen Gebühren ordnung (Abschnitt2) um 20°% herab-
gesetzt werden sollen.
bisher als Höchstsätze gegenüber den Krankenkassen. |
Die Vereinigung deutscher Kommunal-, Schul- und Für-
dem Heuberg veranstalten, die dem Thema „Erholung und Erholungs-
fürsorge“ gewidmet ist.
zum Preise von insgesamt 15 M., Teilnahmegebühr am Kurs 12 M. An-
meldungen bis zum 1. September an: Kindererholungsfürsorge Heuberg e. V.,
Stetten a. k. M. TERES
DieÜb erhandnahme derTuberkulose, auch unter den Studenten,
.torium zu gründen. Unter der Mitwirkung und dem Protektorat bekannter
Petites-Roches in 1100 m Meereshöhe in Verbindung mit zwei anderen
Heilstätten dieses Tuberkulosesanatorium schaffen will. Zahlungsfähige
Studenten sollen dort die Kosten ihres Aufenthaltes selber tragen; Medi-
ziner, welche im Krankenhausdienst Tuberkulose erworben haben, werden
von den Versicherungsbehörden dort untergebracht werden. Für die mittel-
losen Studenten wird aus Wohltätigkeitsfonds und von den Universitäts-
behörden gesorgt werden. _—
Vom 26. Oktober bis 1. November 1924 veranstaltet die Bonner
Röntgenvereinigung einen Fortbildungskursus für Röntgentherapie und
Röntgendiagnostik. Der Stundenplan usw. wird durch die Deutsche Röntgen-
gesellschuft bekanntgegeben.
Martius, Bonn, Universitäts-Frauenklinik, Theaterstr. 5.
Hochschulnachrichten. Berlin: Die Privatdozentin und Ab-
teilungsleiterin im Institut für Krebsforschung in der Charité Dr. Roda
Erdmann zum nichtbeamteten ao. Professor ernannt. — Greifswald: Der
o. Professor der Kinderheilkunde Geheimrat Erich Peiper zum 1. Oktober
von den amtlichen Verpflichtungen entbunden. — Köln: Dr. Walther
Haupt als Privatdozent für Gynäkologie und Geburtshilfe niedergelassen. —
München: Als Privatdozenten habilitierten sich: Dr. Eugen Kahn für
Psychiatrie, Dr. Waldemar Mobitz für Innere Medizin, Dr. August
Bostroem für Psychiatrie, Dr. Emil Karl F rey für Chirurgie und Dr.
Rudolf Degkwitz für Kinderheilkunde.
Auf Seite 12 des Anzeigenteils findet der Leser einen zum Ausschneiden
und Sammeln geeigneten „kurzen Abriß von Krankheitsbildern
mit therapeutischen Anmerkungen“. In dieser Nummer sind
diagnostische Probleme der Pneumonie kurz umrissen worden unter
Fortlassung alles Entbehrlichen und unter Hervorhebung einiger wesent-
licher Gesichtspunkte.
Druck von L. Schumacher in Berlin N4
N. 0002.)
und Schließung von Schulklassen, Kindergärten u. dgl. für 14 = nach
in der ersten Hälfte des Jahres 1923 sämtlich erheblich
gaben nur von-den Orten über 15 000 Einwohnern veröffentlicht sind) nicht
Daraus läßt sich schließen, ‚daß. die Vermebrung der Typhusfälle haupt-
sationen im Wohlfahrtsministerium stattgefunden, an welche im Anschluß eine i
Diese Mindestsätze der Gebührenordnung galten -
sorgeärzte wird vom 10. bis 12. September eine Herbsttagung auf
Unterbringung und Verpflegung im. Kinderheim
hat in Frankreich zu dem Entschluß geführt, ein Universitäts-Sana- |
Politiker hat sich ein Ausschuß konstituiert, der auf dem Plateau der |
Anmeldungen und Anfragen erbeten an Prof.
1
oS o Klinische Vorträge.
geleitet von
Nr.31 (1025)
Geh. San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg.. Berlin, Fri
PT TRRLTTT t0e, 733 Tı9 LULITLLELLLTTLTIRLTTATITTITTTITETTETTTTEEITSTITEITETTTIETSTTETTTETTIITLETTELLTILLIITTTITTTILITEITTLLITITIIITTITSITTITTITTTTITTTTTSTLTITTETTITTITIITTLTTTTTTTITTITTTIITLITTITETITTITTITTITTTTTITTITTEITTE
`
Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden
BRRRSASEEEERSNEREEBAHZUNGESREERGRBGESEUEURSSARBELURERGHULEUDBUSESSEARGGLEDESCHHUNEESDERSRUNERGERERDERULUAUNGDREBERRRERSERERERSESCHFHURENNERSRRERERAUUEDERNEBNUEEEAENENE
Berlin, Prag u. Wien, 3. August 1924
Verlag von
XX. Jahrgang
us dem Hygienischen Institut der Universität Freiburg
| (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Uhlenhuth).
Zur Einführung in die Ernährungslehre.*)
Von Dr. E. Remy.
. ; : Die Existenz, die geistige und körperliche Entwicklung eines -
jeden Volkes, einer jeden Nation, stehen -in unmittelbarem Zu-
sammenhange mit ihrer Ernährung. ‚Erfahrung und Tatsache haben
im Laufe der Zeiten gezeigt, daß jene Völker und Nationen, deren
‚ Emährang auf ungenügender Grundlage aufgebaut war, hinter denen
mittel, sowohl hinsichtlich Qualität, wie Quantität für ihren Lebens-
mrückstehen mußten, die die zum Leben notwendigen. Nahrungs-
uterhalt besaßen. Besonders aber. ist jede richtige Ernährung von `
- fmdamentalem ‚Einfluß auf die Gesundheit des einzelnen Indi-
einige
sthwächter Form, bestehen blieb, sowie der vollkommen unge-
ge erzielen. Dadurch
der
vidaus, denn jeder normal ernährte Körper leistet dem Eindringen
gesundheitsschädlicher Stoffe und Organismen bedeutend intensiveren
Widerstand, vermag im allgemeinen Krankheit besser zu über-
stehen, als ein unterernährter. Ein Beispiel hierfür bietet unsere
ägene- Nation. wor | l
Infolge der mit dem Kriege verbundenen Blockade, die noch
‚Zeit nach Beendigung des Völkerringens, wenn auch in ge-
nügenden Geldmittel, die dem Reiche zum Ankauf der notwendigsten
Lebensmittel vom Auslande her zur Verfügung standen, war die Er-
- tährungslage . des deutschen Volkes äußerst gefährdet, wodurch
- manche Schichten des Volkes einer Unterernährung anheim fielen.
Die Folge dieser Tatsache war eine erhebliche Steigerung .zahl-
icher Krankheiten, wie: Tuberkulose, Rachitis, vor allem aber eine
gesse Entnervung zahlreicher Bevölkerungsschichten, die in den
eschiedensten Symptomen sich manifestierte. Wie eine Erlösung
- mbte es daher über das deutsche Volk kommen, als die vor kurzem
igelretene stabile Währung einen Umschwung in der Ernährung.
ul sich brachte. - Ist es doch nunmehr möglich, einen großen Teil.
s Volkes auf eine bessere Grundlage der Ernährung zu stellen,
18 wie solches in den vergangenen 8 Jahren der Fall war. Wenn
üch die Menge und Auswahl der derzeitigen Nahrungsmittel nicht
Mi denen der Vorkriegszeit auf gleicher Höhe steht, so läßt sich
nu ergicbigster Auswertung aller uns zur Verfügung- stehenden
“rprodukte eine erhebliche Besserung der gesamten Ernährungs-
werden unserem Volke jene Kräfte zurück-
gegeben, die es zu dem machen soll, was es einst war: der Träger
7 geistigen und kulturellen Entwicklung der Menschheit.
iii as Prinzip der Ernährung beruht im wesentlichen auf der
nn endigen ‚Zufuhr jener Nahrungsstolfe, die ‘zur Erhaltung der
lieh en Funktionen eines lebendigen Organismus unbedingt erforder-
snd. Durch die dauernde Tätigkeit der Zelle, bzw. Zellkom-
plexe, die h
H „n ihnen wohnenden Energieformen beruht, werden die die
6 zusammensetzenden Stoffe verbraucht und bedürfen daher einer
„oeneration. Es müssen daher der Zelle vermittels der Nahrung
, lne Stoffe zugeführt werden, die sie zu ihrem Aufbau unbedingt
atidi hat, wie: Eiweißstoffe, Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe
„u Wasser, Diese Nahrungsstoffe werden uns in den Nahrungs-
rm geboten, die entweder in rohem Zustande oder in zubereiteter,
ar wi ierbarer Form vom Organismus aufgenommen werden.
dia % T wie diese Nahrungsstoffe in den Nahrungsmitteln ent-
alten sin P . hi
„714, werden sie ohne weiteres vom Körper nicht resorbiert,
nd, orte h ri j ienischen Institut
Universität ee im Februar 1924 im EN e
auptsächlich auf einer stetigen Umwandlung der in ihr.
sondern sie erleiden teilweise einen Abbau zu Verbindungen 'niederer
Stufe, die dann von den Zellen der Darmwand aufgenommen und `
mit Hilfe der Blutbahn den. Körperzellen zugeführt werden. Der
unmittelbare Austausch der von der Blutbahn mitgeführten unver-
änderten Nahrungs- sowie Abbaustoffe wird durch die Lymphe ver-
‚mittelt. Eine bedeutende Rolle in der Resorption spielen ohne
Zweifel die Leberzellen; denn, ehe die Nährstoffe in die Körper-
zellen gelangen, werden sie von dem Blute an der Leber“ vorbei-
geführt, wo sie eine Verwandlung erleiden können -oder daselbst
aufgespeichert werden. Auf alle Fälle bietet die Nahrungsaufnahme “
ein Bild kompliziertester chemischer und ‚physikalischer Vorgänge,
deren Wesen noch zum Teil unerforscht ist. Wie außerordentlich
wichtig die richtige Zufuhr der Nahrungsstoffe sein muß geht daraus
hervor, daß jede Veränderung des Protoplasmas der Zelle, die durch.
ein kürzeres oder längeres Fehlen dieses oder jenes Zellbausteins
bedingt ist, von ausschlaggebender Bedeutung für die funktionelle
Tätigkeit der Zelle bzw. Zellkomplexe sein kann. Damit’steht ohne
weiteres in innigem Zusammenhange Sein oder Nichtsein eines jeden-
lebendigen Organismus.‘ Denn der Begriff des Lebens. stellt nach `
M. Verworn den Ausdruck für einen bestimmten Komplex von Be-.
dingungen dar, und es ist da, sobald dieser Komplex von Bedin- ar
gungen gegeben ist!). Und was das Gemenge von: Stoffen in der.
Zelle das Wesen des Lebens -als solches erscheinen läßt, ist die
‘Summe der chemischen Umsetzungen, die sich in seinen Bestand-
teilen abspielen. Die lebendige Substanz der Zelle zersetzt sich,
solange sie lebt, und bildet sich fortwährend neu. Die bei diesem .
Umwandlungsprozeß entstehenden Produkte, die: keine weitere Ver-
wendung mehr finden, werden von der Zelle nach außen. hin'ab-
gegeben. Die Regeneration des so ausgeschiedenen Zellmaterials
erfolgt durch die Nahrung. Abgabe und Aufnahme -der Zellstoff-
bestandteile repräsentieren den Stoffwechsel der Zelle, das Funda-
ment aller lebender Materie. In treifender Weise spricht sich über
das Wesen. des Lebens Charles S. Minot in seinen Abhandlungen:
„Moderne Probleme der. Biologie“, wie folgt aus: Das Leben ist
uns nur als an die Materie gebunden bekannt, nur dürch die
Materie kann sich das Leben äußern, nur durch. die Materie auf
die Welt wirken, nur durch die Materie von «der Welt beeinflußt
' werden?). Und.O. Hertwig bezeichnet als die fundamentalen Eigen-
schaften jeder lebenden Substanz: a) sich zu ernähren, b) zu wachsen
c) sich fortzupflanzen®). Man kann mit vollem Recht sagen, daß.
mit der spezifischen ‘Art der chemischen Zusammensetzung jeder
Zelle bzw. eines jeden Zellkomplexes die Spezifität der Zellfunktion:
Hand in Hand geht. k4 2 a
Br
Als den wichtigsten Bestandteil der Zellenmaterie -eines jeden
lebenden Organismus müssen die Eiweißstoffe angesprochen
werden. Sie beherrschen das gesamte Protoplasma der Zellen und:
ihre molare Veränderung ist von einschneidender Bedeutung für
den vitalen Charakter: derselben. Sie: besitzen keine einheitliche
chemische Zusammensetzung, sondern ihr Gehalt an Kohlenstoff
Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel schwankt. innerhalb. Fs
wisser Grenzen, wie nachstehende Tabelle zeigt: ; 5 N
; Tabelle i. | |
C- 50,0—55,0 9/9 Kristallisiertes Eiweiß 51.480
H gp 1,3° m eK 1 ETa
N 15,0—19,0° 0 5.29% 35 18,140),
Ö 19,0—24,0 0/5 E 9% n au 22,66 JA
S 0,3— 2,40], Be » j ‚0,960, $
'1) M. Verworn, Die Erforschung” des Lebens. Jena 1911.
2) Charles S. Minot, Moderne Probleme der Bio
l on. ;
8) Oskar Hertwig, Das Werden der Organis ogie.. Jena 1913,
men. : Jena 19292,
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. 1064
l Konstitution bzw. die Struktur der im Pflanzen- und Tierreich auf-
bieten die reichliche Zufuhr von Stickstofiverbindungen durch den
der Eiweißstofie sowie die der Glykoproteide benötigt, nicht der
keit der Pflanzen in ähnlicher Weise miteinander verkettet, wie
| ZZ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
3. August
Außerdem kennen wir Eiweißstofie, die das Element Phosphor
enthalten, wie die Nukleine und Para- oder Pseudo-Nukleine. . Von
diesen Verbindungen ist das bekannteste das Kasein, welches sich
in der Milch vorfindet. Ferner gibt 'es noch Verbindungen, die
neben Eiweißstoffen Zucker oder aminierte Kohlenhydrate. in fester
Form aneinandergekettet besitzen; Es sind dieses die sog. Glyko-
proteide, die im Haushalte der Natur eine nicht unwesentliche
Rolle bei der Synthese der Zellbausteine spielen. Da die chemische
erfahren. Dies geschieht mit Hilfe der im Magen-, sowie im Darm-
Pepsin, Trypsin, Erepsin, Arginase, sowie zum Teil uns noch un-
bekannte Fermente. An und für sich stellen die Fermente Pro-
dukte der Zelltätigkeit dar, über deren chemischen Charakter wir
noch keineswegs genau unterrichtet sind. Sie sind kolloidale,
eiweißartige Stoffe, gegen höhere Temperaturen mehr oder weniger
beständig und spezifisch auf bestimmte Zellfunktionen eingestellt.
Auf Grund der Untersuchungen von E. Herzfeld erscheinen die
proteolytischen Fermente, zu. denen Pepsin und Trypsin gehören,
als typische Katalysatoren, indem sie die langsam verlaufenden
Eiweißhydrolysen beschleunigen und sie bis zu demjenigen Stadium
führen, worin sie sich selbst befinden. Ferner fand dieser Forscher,
daß die proteolytischen Fermente Gemische von Aminosäuren dar-
stellen und in ihrer Wirkung durch synthetisch bereitete Gemische
von Aminosäuren der Polypeptide ersetzt werden können!!). Ohne
Mitwirkung dieser Fermente ist eine Umwandlung der Eiweißstofte
tretenden hochmolekularen Eiweißverbindungen bisher mit Sicher-
heit nicht ermittelt ist, Sabanejeff hat u. a. für gereinigtes Eier-
albumin das Molekulargewicht zu 15000 gefunden, so läßt sich eine
Einteilung der Eiweißstofie auf exakter chemischer Grundlage zurzeit
nicht geben. Diesbezüglich sei u. a. auf die Systeme von Conheim‘),
Richter-Anschütz?) und Abderhalden®) hingewiesen.
Die Eiweißstoffe, die wir in den verschiedenartigsten Nahrungs”
mitteln zu uns nehmen, können wir bezüglich ihrer Herkunft in
pflanzliche und tierische unterscheiden. Jedoch auch die tierischen
Eiweißstoffe entstammen schließlich den Pflanzen, denn weder der
menschliche noch tierische Organismus sind imstande, von selbst,
aus den die Eiweißstoffe kombinierenden Elementen, solche auf-
zubauen, und betrachtet man die reinen Karnivoren, so ernähren
sich diese wiederum von Tieren, die auf pflanzliche Ernährung
mebr oder weniger angewiesen sind. Die Synthese der Eiweiß-
stoffe, die wir für unsere Nahrung benötigen, vollzieht sich somit
ausschließlich in den Pflanzen und zwar in den chlorophylihaltigen
Zellen. Schon der bekannte Botaniker Sachs hat bereits in dem
Jahre 1862 darauf hingewiesen, daß bei den höheren Pflanzen die
reichlichste Bildung von Eiweißstoffen in den assimilierenden Laub-
blättern stattfinden dürfte. Gerade in diesen Organen der Pflanzen
Wie später erläutert wird, besitzen die Eiweißstoffe den höchsten
Ausnutzungswert aller Nahrungsstoffe. | |
Den Eiweißkörpern als Nahrungsstoffe gleichstehend sind die
Kohlenhydrate, von denen bereits gesagt wurde, daß sie als Bausteine
für- die Eiweißstoffe dienen. Deshalb ist es von allergrößter Wichtigkeit,
über die Bildung dieser Stoffe, die fast ausschließlich durch die uns
bestehen aus den Elementen: Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff,
wobei die beiden letztgenannten Elemente im allgemeinen im Ver-
hältnis von 2:1, also gerade wie beim Wasser (H,O) auftreten. Dieses
chemische Charakteristikum war auch der Grund, weshalb man der-
artigen Verbindungen den Namen: Kohlenhydrate gab. Will man sie
aber chemisch genauer definieren, so lassen sich die Kohlenhydrate
als Aldehyde oder Ketone mehrwertiger hydroxylhaltigerVerbindungen
auffassen, also Stoffe, die außer Hydroxylgruppen (—OH) noch ent-
weder die Ketogruppe Co oder die Aldehydgrüppe be besitzen.
Je nach der im Molekül vorhandenen Anzahl von Kohlenstoffatomen
werden die Kohlenhydrate wie folgt eingeteilt: Biosen, Triosen,
Tetrosen, Pentosen, Hexosen, Heptosen, Oktosen, Nonosen, Dekosen.
Einzelne Repräsentant
en dieser Gruppen finden wir in nachstehen-
der Tabelle: |
Tabelle U,
1. Biosen: Gilykolaldehyd.
2. Triosen: Gilyzerinaldehyd, Dioxyazeton.
3. Tetrosen: Erythrose, Threose, Erythrulose.,
4. Pentosen: Arabinose, Xylose, Rhamnose, Rhodeose, Fukose,.
5. Hexosen: Mannose, Glukose, Fruktose, Sorbose,
Die angeführten sieben und höherwertigen Zuckerarten bis zu den
Transpirationsstrom, sowie die reichliche Versorgung der synthetisch
wirksamen Zellen mit Zucker und Kohlenhydraten die besten Be-
dingungen für die Eiweißsynthese”),. Es mag vorweggenommen
werden, daß die Pilanze den Stickstoff, den sie für die Synthese
Luft entnimmt, sondern lediglich dem Boden. Die bisherigen
Forschungen über die: Entstehung der Pflanzeneiweißstoffe führen
zu dem Ergebnis, daß wir alle Berechtigung haben, anzunehmen,
daß Ammoniak bzw. seine Derivate jene Verbindungsformen sind,
unter welchen der Stickstoff in die zur Bildung von Eiweißstofien
prädestinierten Komplexe eintritt. Vereinigen sich nun die ge- |
nannten Stickstoffabkömmlinge mit einer Hydroxylverbindung, z. B.
Alkohol, welche Stoffe in einfacher oder komplizierter Form im
Pflanzenorganismus auftreten, unter Abspaltung von Wasser, so ist
damit die Bedingung für diesen oder jenen Baustein der Eiweiß-
stoffe gegeben €). Nachstehendes Schema veranschaulicht die Synthese
eines einfachen Bausteines der Eiweißstoffe, des Glykokolls.
CH,OH CH, — NH,
| Dekosen hinauf sind für den Stoffwechselprozeß nicht von Bedeutung,
pP Mol.. | + NH, 2MolL, CH— NE, CM—NH, | dagegen aber spielen eine eminente Rolle im tierischen und pflanz-
a en g Zao 4/" ee os lichen Haushalt die zusammengesetzten Zuckerarten, wie: Rohrzucker,
| „So N f Milchzucker, Maltose, Glykogen und Stärke. Man bezeichnet diese
Formaldehyd Glykolaldehyä Aminoazet- Aminošthyl- Glykokoll |
| 3 aldehyd alkohol
Zuckerarten im allgemeinen mit dem Namen Polysaccharide, da,
wie die chemischen Ab- und Aufbauprozesse dieser Verbindungen
bewiesen haben, sie sich aus zwei oder mehreren Molekülen ein-
facher Zuckerarten zusammensetzen. So läßt sich z.B. der uns
bekannte Rohrzucker durch Behandeln mit verdünnten Säuren in
zwei Hexosenmoleküle zerlegen, nämlich in ein Molekül Glukose
und ein Molekül Fruktose, welchen Prozeß man die Inversion des
Rohrzuckers nennt. Ferner kann in analoger Weise die Stärke zu
Glukose oder Traubenzucker abgebaut werden, wobei als inter-
mediäres Produkt Dextrin auftritt. Da die Stärke uns in den
Nahrungsmitteln in so überaus reichem Maße geboten wird, es sei
bier nur an die verschiedenen Mehlarten, wie: Weizen-, Roggen-,
Gersten- und Maismehl erinnert, ferner an die Hülsenfrüchte, Erbsen,
Linsen, Bohnen, außerdem Kartoffel, Reis, Tapioka, so dürfte der
Bildungsgang dieser Polysaccharide in den Pflanzen von größtem
Interesse sein. Ä
Und denken wir uns nun diese Bausteine durch die Zelltätig-
dieses Emil Fischer in meisterhalter Weise bei der Synthese
seiner künstlichen Eiweißstoffe bewerkstelligte, so haben wir uns
damit ein klares Bild, über die Entstehung der Eiweißstoffe in den
Pfilanzen entworfen®). Ferner. ergaben Versuche von Godlewski,
daß bei Tageslicht die dreifache Menge an Eiweißstoffen entsteht,
wie in der Dunkelheit, und daß die Eiweißbildung als ein rein
photosynthetischer Prozeß anzusehen ist1P).
Wie bereits erwähnt, ist der menschliche Organismus nicht
imstande, die Eiweißstoffe in der Form, wie sie uns in den
tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln geboten werden, zu
resorbieren; sie müssen vorher eine durchgreifende Umwandlung
4) Gonheim, Chemie der Eiweißkörper. Braunschweig 1904.
5) V. v. Richter, Chemie derKohlenstofiverbindungen. Bonn 1909.
:&% Abderhalden, Lehrbuch der physiolog. Chemie. Berlin 1915.
7) F. Czapek, Biochemie der Pflanzen. ‚Jena 1920.
8) G. Trier, Über einfache Pflanzenbasen und ihre Beziehungen
zum Aufbau der Eiweißstoffe und Lezithine.. Berlin 1912.
8) E. Fischer, Untersuchungen über Aminosäuren, Polypeptide
und Proteide. Berlin 1906. :
10) E. Remy, Photosynthese. Apotheker-Ztg. 1913, Nr. 30.
Wie bekannt, spielen bei jedem pflanzlichen Organismus zwei
wichtige Lebensprozesse eine fundamentale Rolle: der Assimilations-
prozeß und der der Atmung. Während sich der erste Prozeß ledig-
lich nur in den grünen Teilen der Pflanzen, also dort, wo die
Stätten des Chlorophylis sind und nur bei Tage, also bei Licht-
zutritt, abspielt, verläuft der Atmungsprozeß in allen Geweben, bei
11) E. Herzfeld, Beiträge zur Chemie der ne Fer-
mente. Zschr. f. Biol. 1914, 64, S. 103 u. 1915, 68, S. 102.
saft für die Eiweißspaltung vorhandenen spezifischen Fermente, wie:
als Bausteine für verloren gegangene Zellelemente nicht möglich.
bekannten Zuckerarten repräsentiert werden, sowie über ihr Verhalten.
im tierischen Organismus, Näheres zu erfahren. Die Kohlenhydrate
| | Be
P
| 3. August z
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 31.
1065
E der Assimilationsprozeß in Betracht, dessen Wesen darin besteht,
aus der Luft Kohlensäure aufzunehmen und aus dieser organische,
_ kohlenstoffhaltige Substanz zu bilden 1°). Ehe jedoch das Endprodukt
der Assimilation, die Stärke, erreicht ist, geht ihrem Werden ein
“ jaßerst komplizierter, chemischer Prozeß voraus, dessen Weg in
seinen Grundzügen bereits klar gelegt ist, dessen absolut genauen
Reaktionsverlauf wir aber in seinem vollen Umfange noch nicht.
kennen. In letzter Zeit haben vornehmlich die genialen Arbeiten
Willstätters ung einen Einblick in die allerersten Phasen dieses
Prozesses gegeben. Vor allem „spielt hierbei das Chlorophyll die
Hauptrolle, das sich mit Kohlensäure bei Anwesenheit von Wasser
. m der dissoziierten Verbindung Chlorophylikohlensäurehydrat ver-
bindet. Die Anlagerung der Kohlensäure erfolgt hierbei an dem
im Chlorophyll enthaltenden Magnesiumkomplex. Unter dem Ein-
_finsse des Lichtes lagert sich nun dieser Komplex zu Chlorophyll-
‘ formaldehydperoxyd um, welche Verbindung nun ihrerseits durch
Einwirkung eines Enzyms Sauerstoff. abgibt und gleichzeitig Form-
aldehyd in Freiheit setzt. Mit dem Formaldehyd ist die Grund-
- substanz für den Aufbau der hochmolekularen Zuckerarten bzw.
Polysaccharide gegeben. Die Bildung dieser Stoffe geschieht nun
auf dem Wege der Kondensation. Welche intermediären Produkte
hierbei entstehen, ehe die Endsubstanz, — die Stärke, — erreicht.
wird, ist mit` Sicherheit noch nicht festgestellt. Vielleicht dürfte
sioh die Kondensation vom Formaldehyd aus über Glyzerinaldehyd,
‚Glukose, Disaccharid zu dem Polysaccharid Stärke vollziehen, so daß .
sich der gesamte Entwickelungsgang durch nachstehendes Schema
veranschaulichen läßt:
ui l N A
ee > ey
N N N
| | 0 | | o
00/7 —— > Mg — 0-0 \ ——p MH+H-cof +40
H |
N | : N N
-0 c= y ae. 0S -€ C-
S E A Io A
Chlorophyllkohlen- Chlorophyliformaldehyd- Chlorophyll + Formaldehyd
säurehydrat ; peroxyd -}- Sauerstoff
OHOH © . CH,OH
gÔ CHOH fonom)
3u- ; 2 Mol. 42 Mo). n
| NE | ! = 0 Feen > tao = H, or C2H0 == H,0 > n (CoH4005)2
| BE Na
F ormaldehyd Glyzerinaldehy Glukose Disaccharid Polysaccharid
Die Stärke kann nun entweder zum Aufbau . anderweitiger
Stoffe, die für die Lebenstätigkeit der Pflanzen unbedingt erforder- di UNE
darf der Fette, sie bilden Fundamente für ihren Bau. Es mag noch -
lio sind, verwandt werden, wobei sie selbst einen Abbau erleidet,
oder sie wird als Reservestoff in bestimmten Gewebsteilen abgelagert.
Die bei unserer Ernährung aufgenommene pflanzliche Stärke wird
nicht als solche resorbiert, sondern sie muß erst in eine für die
Kömperzellen aufnehmbare Form umgewandelt werden. Dieses ge-
et zum größten Teile durch das im Mundspeichel und Dünn-
am enthaltene Ferment Diastase. Dieses Ferment hat die Eigen-
: aft, nicht allein Pflanzenstärke, sondern auch das Glykogen, eine
Im tierischen Organismus- vorhandene Substanz, die ein Stoffwechsel-
produkt der Leberzellen darstellt, abzubauen, wobei als Endprodukt
= aubenzmcker resultiert. Diese Zuckerart unterliegt nun keinem
n eren Abbau, sondern kann direkt von den Geweben aufgenommen
erden, vorausgesetzt, daß selbige vorher nicht durch die Einwirkung
èr Darmbakterien in-andere Stoffe verwandelt wird. Der Trauben-
zucker ist es, der im tierischen Organismus, sowohl als Transport-
zucker, ‚wie auch als Zeilbildungsmaterial die Hauptrolle spielt.
Ba der Traubenzucker bei den vitalen Funktionen der Zellen
li kt und welchen tiefgreifenden Umwandlungen er dabei unter-
legt, ist bisher nicht aufgeklärt. | |
Ein der Stärke isomerer Körper ist die Zellulose, die das
| Zellhautgerüst der Pflanzen bildet. Sie unterscheidet sich von der.
as Säuren und F ermente leicht spaltbaren Stärke dadurch, daß
a men Abbau, sei es auf chemischem oder fermentativem Wege,
rn zugänglich ist. Bei der Einwirkung von Säuren kann unter
ar = Traubenzucker erhalten werden; Fermente haben so gut wie
8T “einen Einfluß, Im Darme dagegen erleidet sie einen teilweisen
Botanik: Strasburger, Noll, Schenk, Schimper, Lehrbuch der
Jena 1921,
und Nacht. Für die Entstehung der Stärke kommt ausschließ-
Abbau durch die daselbst vorhandenen Mikroorganismen, doch ist
die Summe der resultierenden Abbauprodukte, die resorptionsfähig
sind, verhältnismäßig nur gering. Ihr kalorischer Nähreffekt steht
weit hinter dem der anderen Nahrungsstoffe zurück. Die Zellulose
wird zum größten Teile vom menschlichen Organismus unverändert
ausgeschieden. | |
Die Fettstoffe, die wir zu unserer Nahrung benötigen, können
dem Tier- oder Pflanzenreich entstammen und sind bezüglich ihrer
Herkunft in ihrer chemischen Zusammensetzung oft recht verschieden.
Sie finden sich sowohl bei Pflanzen wie auch den Tieren, entweder
für sich allein in den Zellen, den sogenannten Fettzellen, vor, oder
in Verbindung mit andern Stoffen. Die reinen Fettzellen, wenn sie
nicht gerade isoliert auftreten, sind alsdann zu den sogenannten
Fettgeweben vereinigt. Nach den bisherigen Forschungen über die
Entstehung der Fettstoffe im pflanzlichen und tierischen Organismus
darf mit Sicherheit angenommen werden, daß der Traubenzucker
hierbei eine Hauptrolle spielt. Wahrscheinlich findet ein Abbau
desselben zu Azetaldehyd statt, einem Oxydationsprodukt: des Äthyl-
alkohols, der auf dem Wege der Aldolisierung sich zu Fettsäuren
kondensieren läßt. In dieser Richtung hin haben gerade in letzter
Zeit die experimentellen Arbeiten von Neuberg und Hirschfeld?®)
sehr aufklärend gewirkt. Nach Ansicht dieser Forscher läßt sich die
Synthese der Fette durch nachstehendes Schema veranschaulichen:
0 O Sa n
c of 5
| `H I SH |
CH, m
0 OH | | ai
l
Oh 0k > Cm-0EC y ol O Oe m E a ettare
; ek CHOH CH ——
OR, CH
l
u CH,OH CH;
Azetaldebyd Aldol-Oxybuttersäure- Y Dioxy- Sorbin-
‚ „ldehyd € hexansäure- Säure-
aldehyd Aldehyd
Fettsäure + Glyzerin = Fett
Die mit der Nahrung aufgenommenen Fette werden in der Mund-
höhle nicht verändert, sondern erst im Magen, vornehmlich aber
im Darm, zunächst in eine Emulsion umgewandelt. Alsdann erleiden
. sie eine Spaltung in ihre grundlegenden Bestandteile: Fettsäure und
Glyzerin, welchen Prozeß man Verseifung nennt. Bewirkt wird diese
chemische Spaltung durch das im Magen und Darm vorhandene
Ferment Lipase. Diese Spaltung der Fette schreitet aber nicht
‚unbegrenzt fort, sondern ein, Teil bleibt in unveränderter Form
bestehen, so daß dadurch ein Gleichgewichtszustand zwischen Fett-
säuren, Glyzerin und unveränderten Fetten hervorgerufen wird.
Nach Spaltung erfolgt sodann die Resorption, wodurch erst die Fette
em Organismus zugeführt werden. Jede einzelne Körperzelle be-
erwähnt werden, daß der menschliche Organismus auch imstande
ist, aus Fettsäuren und Glyzerin Fette wieder aufzubauen, wodurch '
ein-dem Abbau reversibler Prozeß entsteht. Allgemein hat sich
erwiesen, daß jene Fette vom Organismus am leichtesten resorbiert
werden, deren Fettsäuren eine möglichst niedere Anzahl von
Kohlenstoffatomen besitzen, wie dieses besonders beim Butterfett der
Fall ist. |
Ebenso unentbehrlich wie Eiweißstoffe, Kohlenhydrate und Fette
sind die anorganischen Stoffe oder Mineralbestandteile für den Stoff-
wechsel der Zellen. Die Aufnahme eines sehr großen Teiles dieser
Stoffe, soweit sie als unbedingte Nährelemente in Betracht kommen,
erfolgt durch die tierische oder pflanzliche Nahrung, worin sie zum
Teil fertig vorgebildet sind. Welche Elemente der anorganischen
Materie für den vitalen Charakter ‘der tierischen oder pflanzlichen
Individuen erforderlich sind, läßt sich mit Hilfe der chemischen
Analyse leicht feststellen. Dabei hat es sich gezeigt, daß für das
Wachstum der Pflanzen nachstehende 10 Elemente unbedingt vor-
handen sein müssen: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff,
Schwefel, Phosphor, Kalzium, Kalium, Magnesium und Eisen. Außer
den genannten Elementen können noch auftreten: Natrium, Chlor
Silizium, Aluminium und Jod. In der tierischen Asche wurden
außer den genannten Stoffen noch ständig vorgefunden: Jod, Fluor
Lithium, Bor und Mangan; nicht dagegen wurden in der tierischen
Zelle als beständige Begleiter: Silizium und Aluminium 'nachgewiesen.
Alle genannten Elemente, die zur Erhaltung des Stoffwechselprozesses
183) Ad. Grün, Die Fettchemia und Fettindustrie i
1919—1922. Chem. Ztg. 1928, Nr. 148/144, S. 857. ustrie in den Jahren
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© 192% — MEDIZINISCHE KLINIK — N.31. 3. August
unbedingt erforderlich sind, können nun nicht in ihrer elementaren
Form ohne weiteres resorbiert werden, sondern bedürfen hierzu vor-
erst der Umwandlung in bestimmte Verbindungen, die mehr oder
weniger einen gut ausgeprägten ionisationsfähigen Charakter tragen.
Nur Sauerstoff kann in gewisser Beziehung als unmittelbarer elemen-
tarer Faktor in die Lebenstätigkeit der Zelle eingreifen. Jedem
einzelnen Mineralbestandteil der Zelle kommt eine spezifische Be-
deutung zu, und das Fehlen dieses oder jenes Mineralstoffes bedingt
eine Funktionsänderung der Zelle. Immer mehr und mehr: hat sich
im Laufe der wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiete der
Physiologie der Pflanzen und Tiere ergeben, daß die Mineralstoffe
im Haushalt der.Natur eine eminent wichtige Rolle spielen und
daß wir unter allen Umständen mit unserer Nahrung diese Stoffe
aufnehmen müssen, nicht allein in qualitativer, sondern auch in
quantitativer Beziehung, um den gesamten Stoflwechselprozeß im
Gleichgewicht zu .halten.
Während man bisher die Eiweißstoffe, Kohlenhydrate, Fette
und Mineralbestandteile als die alleinigen Faktoren für die Auf-
rechterhaltung des Stoffwechsels betrachtete, verdichteten sich die
experimentellen Ergebnisse der Ernährungslehre in den beiden
letzten Jahrzehnten zu der unumstrittenen Tatsache, daß es außer
den genannten Nährstoffen noch andere geben müßte, ohne deren
Vorhandensein die Nahrung niemals als vollständig angesprochen
werden kann. Es hat sich weiterhin gezeigt, daß durch das Fehlen
dieses. oder jenes Stoffes auf längere Zeit hin bestimmte Krankheiten
auftreten, die sich ihrerseits nur dadurch beheben lassen, daß wir
mit der Nahrung den fehlenden Stoff dem Organismus wieder zu-
führen. Man bezeichnet daher diese Stoffe, die die Nahrung. erst
eigentlich vervollständigen, als Ergänzungsstoffe, Komplettine,
Vitamine, Nutramine oder akzessorische Nährstoffe!*). Eine überaus
große Anzahl von Forschern haben sich mit dem Wesen der Kom-
plettine beschäftigt, und faßt man die Resultate aller dieser Arbeiten
zusammen, so ergibt sich, daß wir auf Grund des physiologischen
Verhaltens zurzeit vier Komplettine unterscheiden können, die all-
gemein mit den Buchstaben A, B, C, D bezeichnet werden. Be-
züglich ihres chemischen Aufbaues bzw. ihrer chemischen Konsti-
tution sind wir noch vollkommen im Unklaren über diese Stoffe,
wir wissen weder ihre empirische noch Konstitutionsformel. Alle
Versuche, irgendeines der vier Vitamine rein zu isolieren, sind
bisher fehlgeschlagen; auf alle Fälle sind es äußert labile Verbin-
dungen, von denen nicht mit Bestimmtheit gesagt werden kann,
ob sie einen ausgesprochenen fermentativen bzw. katalytischen
Charakter tragen. Es fragt sich überhaupt, ob wir bei jedem: der
Komplettine eine in sich bestehende Verbindung haben oder ob
nicht mehrere Verbindungen in bestimmter qualitativer und quanti-
tativer Zusammensetzung dieses oder jedes Komplettin aufbauen
mit der ihm eigenen spezifischen Funktionsauslösung.
Das Vitamin A, sogenanntes fettlösliches Komplettin, lipoider
Faktor, antirachitisches Prinzip der Engländer, findet sich in
allen tierischen und pflanzlichen Fetten, sowie in Ölen vor, ferner
in grünen Gemüsen. Die Erfahrung hat allgemein bewiesen, daß,
je gelber die Farbe des Fettes oder Öles ist, je größer der Gehalt
an Vitaminen. Fehlt dieser Ergänzungsstoff in der Nahrung, so
wird dadurch vor allem das Wachstum beeinflußt, sowie die Er-
haltung des Knochensystems. Das Komplettin A kann nach den
bisherigen Untersuchungen im tierischen Organismus nicht syntheti-
siert werden, sondern wird von der Pflanze fertiggebildet über-
nommen. Wahrscheinlich vollzieht sich seine Entstehung in den
grünen Teilen der Pflanze. Es ist verhältnismäßig thermostabil,
wird aber bei längerem Erhitzen, besonders auf höhere Tempera-
turen, wenn nicht ganz, so doch zum größten Teile zerstört.
Das von Kasimir Funk entdeckte Vitamin B, auch wasser-
]öslicher Faktor B, wasserlösliches Vitamin B, antineuritisches Prinzip,
Antineuritin oder Beriberischutzstoff genannt, ist wasserlöslich
und wachstumsfördernd. Es kommt vor allen Dingen in der Milch,
in Mohrrüben, Hafer, Mais, Weizen, Gerste, Reis, Malz, überhaupt
in allen Meblarten,. sowie sehr reichlich in Hefe vor. Ferner wird
es, wenn auch nicht so reichlich, in Kartoffeln angetroffen, in
größeren Mengen in Gemüsen, besonders im Spinat; ferner in Bohnen,
Erbsen, Orangen, Zitronen und Tomaten. Von wesentlicher Bedeu-
tung ist die Tatsache, daß bei den Getreidearten das Vitamin B fast
ausschließlich in den unteren Teilen des Endosperms gelagert ist,
weniger in den stärkehaltigen Schichten, so daß 'ein gut aus-
14) R. oo ar Berg, Die Vitamine. Leipzig 1922. — C. Funk,
Die Vitamine. Berlin 1922. — B. Sjollema, Ergebnisse und Probleme
der modernen Ernährungslehre. München 1922.
und Salzen nicht ‚zu bilden vermag 18),
gemahltes Mebl, was fast nur reine Stärke enthält, weniger nahrhaft
ist als ein solches, dem Kleiebestandteile in gewisser Menge bei-
gemischt sind. Gegen Hitze und Druck scheint dieses Komplettin
ziemlich beständig zu sein; längeres Erhitzen zerstört es jedoch 5),
Beim Fehlen des Vitamins B geht vor allem der Appetit zurück und
damit die Nahrungsaufnahme. Durch Brühen wird das Komplettin B
nahezu vollständig aus den Gemüsen entfernt, was für die richtige
Zubereitung der Gemüse von großer Bedeutung sein dürfte1®).
Das Komplettin C, auch antiskorbutischer Faktor, Anti-
skorbutin, genannt, trifft man vornehmlich in frischen Vegetabilien
an; es ist wie das Vitamin B wasserlöslich und tritt neben dem-
selben in der Kartoffel auf. Dadurch erhält die Kartoffel, eines
| unserer Hauptnährmittel, eine noch größere Bedeutung wie bisher 17).
Das -Vitamin C ist den Vitaminen A und B gegenüber wenig
| hitzebeständig und scheint durch längeres Erhitzen vollkommen
zerstört zu werden. Wie gesagt, so wenig wir über das Wesen der
Vitamine aufgeklärt sind, wir erkennen sie ja nur an ihren physio-
logischen Funktionen, eine um so bedeutendere Rolle kommt ihnen
als wesentliche Bestandteile der Nahrung zu. Der Kernpunkt der
Vitaminlehre liegt darin, daß der Organismus unter allen Umständen
auf die Zufuhr dieser Komplettine angewiesen ist, die er auch bei
der Ernährung mit vollständigen Eiweißstoffen, Fetten, Kohlenhydraten
Nachdem wir in großen Zügen die einzelnen Nahrungsstoffe
ihre Entstehung, ihre Umwandlung im pflanzlichen und tierischen .
| Organismus kennen gelernt haben, läßt sich nunmehr ein Bild ent-
werfen, wie sich unsere Nahrung für den täglichen Bedarf gestalten
muß. Vor allen Dingen muß die einseitige Ernährung, wie die
karnivore oder vegetabilische, verworfen werden; die gemischte
Kost ist die einzig wahre, die dazu prädestiniert ist, darauf weist
unter anderem die anatomische Struktur des menschlichen Gebisses
hin, die Lebenskraft des menschlichen Organismus auf die Dauer
zu erhalten. Die Auswahl der Nahrungsmittel richtet sich in erster
Linie nach den hauptsächlichsten Erträgnissen des Landes, was
auch Rubner in seinem bekannten Werke „Volksernährungsiragen“
deutlich zum Ausdrucke bringt!?).. Von den uns zur Verfügung
stehenden Nahrungsmitteln wird ein verhältnismäßig nur geringer
Teil in rohem Zustande genossen, die meisten dieser Stoffe müssen
erst in der richtigen Weise zubereitet werden, um sie für den
Organismus aufnehmbar zu machen??). Und gerade in der richtigen
Art der Zubereitung liegt einer der Kardinalpunkte unserer ganzen
Ernährung. . Was nützt es uns, wenn uns die wertvollsten Nahrungs-
mittel dargeboten werden und wir verstehen es nicht, sie in der
richtigen Weise auszunützen. Immer wieder ‘und wieder treten die
"Erscheinungen auf, daß trotz reichlicher Zufuhr von Fleisch, Ge-
müsen und Kartoffeln usw. doch nicht der Nähreffekt erreicht wird,
‚der bei richtiger Zubereitung erzielt werden müßte. Es ist daher
nicht von unwesentlicher Bedeutung, daß alle diejenigen Personen,
die mit der Zubereitung von Speisen betraut sind, sich eingehend
mit der Kochkunst beschäftigen. Es wäre von sehr großem Vorteil,
vielmehr hat es sich als ein dringendes Bedürfnis unserer Zeit
herausgestellt, daß alle diejenigen, die später dazu berufen sind
einem Haushalt oder einer öffentlichen Speiseanstalt vorzustehen
oder in solchen Betrieben mitzuwirken, eine Kochschule besuchen,
wenn ihnen nicht die Gelegenheit geboten wird,
Haushalt gründlich zu erlernen.
Da aber die geistige wie die körperliche Entwickelung und
Leistungsfähigkeit in geradem Verhältnis zu der Art der Ernährung
steht, so ist es von großer Wichtigkeit sich über die Menge der
solches im eigenen
Nährstoffe und deren Verhältnis zueinander in der Nahrung Rechen-
schaft zu geben, ebenso aber auch über ihre Auswahl. Man kann
den täglichen Bedarf an Nährstoffen einerseits dadurch zum Aus-
druck bringen, daß man die notwendigen Mengen an Eiweiß, Fetten
und Kohlenhydraten unter Berücksichtigung des Alters, des körper-
15) W. Stepp, Über den derzeitigen Stand der Vitaminlehre mit
besonderer Berücksichtigun
g ihrer Bedeutung für die klinische Medizin.
Klin, Wschr. 1922, 5. 607. ` |
16) A. Juckenack, Unsere Lebensmittel vom Standpunkte der
Vitaminforschung. Berlin 1923. |
ı) H.:Wieland, Welche Vitaminiormen sind in den Kartoffeln
vorhanden? Klin. Wschr. 1922, I, S. 607.
18) F, Röhmann, Über künstliche Ernährung und Vitamine.
Berlin 1916.
19) M. Rubner, Volksernährungsfragen.
20) E, Abderhalden
Leipzig 1908.
Berlin 1922..
, Nahrungsstoffe mit besonderen Wirkungen.
3. August o4
| | lichen Zustandes und der Arbeitsleistung nach Grammen berechnet,
` wie nachstehende Tabelle zeigt?}): |
— —
‘ Person von 70 kg Körper- ee | | Kohlen- :
| E Eiweiß Fett hydrate Kalorien
- bei leichter Arbeit ....| 107g 46 g 440 g 2700
sp) bei mittlerer Arbeit ... | 118g | 56g | 500g | 3087
` e) bei schwerer Arbeit ... | 124g | 68g 550 g 8428
$ d) Altersversorgter . . . ... 9i g 45g | 82g 2133
e) Gefangener bei mittlerer
AEREE EOE. 105g | 56g 500 g 3025
| Andererseits aber läßt sich der tägliche Bedarf an Nahrungs-
-stoffen mit Hilfe von Wärme- bzw. Energiewerten bestimmen, wobei
als Wärmeeinheit die große Kalorie zugrunde gelegt wird, jene
‘ Wärmemenge, die notwendig ist, um 1kg Wasser um 1°C zu er-
höhen. Auf Grund zahlreicher Untersuchungen wurde festgestellt,
daß der Wärmewert für 1g Eiweiß 41 der für ig Kohlen-
hydrate 4,1 und der für 1 g Fett 9. Kalorien beträgt. Kennen wir
: mun die Mengen Eiweißstoffe, Fette und Kohlenhydrate in Grammen
; ausgedrückt, die wir täglich zu uns nehmen, so läßt sich unter
‘ Einsetzung der vorgenannten Kalorienwerte leicht der gesamte
. kalorische Effekt der angewandten Nahrungsstoffe ermitteln. Die
‚so erhaltene Kalorienzahl gibt uns nur ein Bild des Rohenergie-
` wertes der aufgenommenen Nahrung. Da aber, wie bekannt, nur
` ein bestimmter Teil der Nahrungsstoffe für den Stoffwechsel ver-
braucht werden, so wäre mit der Kalorienzahl des Rohenergiewertes
~ die tatsächlich vom Organismus ausgenützte Kalorienzahl nicht ge-
geben. Um nun den wirklichen Nährwert zum Ausdruck zu bringen,
müßte die Ausnutzungsgröße der einzelnen Nahrungsstoffe bestimmt
werden. Auf Grund praktischer Ermittelungen und theoretischer
Erwägungen ist man zu dem Ergebnis gekommen, daß man den
absoluten Nährwert eines Nahrungsmittels an Kalorien erhält, wenn
man die Menge der Eiweißstoffe mit 5, die der Fette mit 3 und
. die der Kohlenhydrate mit 1 multipliziert und die so erhaltenen
Produkte addiert22). Als Maßstab für die für jeden Menschen
täglich notwendige Menge Wärmeeinheiten gilt allgemein das Gesetz,
daß für jeden qm Körperoberfläche täglich 1400 Wärmeeinheiten
notwendig sind. Kennt man daher die gesamte Fläche des ein-
zelnen Individuums, so läßt sich daraus leicht die Menge der not-
vendigen Kalorien bzw. der Nahrungsstoffe errechnen??). Jedoch
darf diese Regel unter keinen Umständen verallgemeinert werden.
Vor allen Dingen sind bei jeder Ernährung der körperliche Zustand
und die Arbeitsleistung in Betracht zu ziehen. Geistige Arbeit ist
hierbei von rein körperlicher streng zu spezifizieren. Jede richtige
Ernährung muß so geleitet werden, daß Quantität und Qualität der
Nahrungsmittel bei ihrer Aufnahme durch den Organismus mehr als
Wohltat, nicht als Zwang, der unbedingten Selbsterhaltung emp-
luden werden. Dieses muß von den ersten Tagen der Kindheit
an geschehen. Die Natur selbst bietet uns hierzu die besten Mittel
und Wege. Für den Säugling ist die Muttermilch das Nahrhafteste
| n Beste, und jede Mutter hat daher die heilige Pflicht, falls ihr
‚ “rperlicher Zustand es. erlaubt, das Kind vom ersten Tage der
eburt an so lange zu stillen, wie es in ihren Kräften steht. Denn
die chemische Zusammensetzung einer guten Muttermilch kann nicht
durch künstliche N ahrung erreicht werden.
Ind co onders spielen bei ihr die Quantität der Vitamine A, B
Kay eine bedeutende Rolle, wodurch sie sich von den sonst be-
A ASN Milcharten wesentlich unterscheidet. Vor allen Dingen ist
ilira stoßer Wichtigkeit, daß die stillende Mutter ihre eigene Er-
vor ale dabei nach den richtigen Gesichtspunkten regelt, daß sie
an reichlich mit Milch und Butter versorgt wird. In treffender
A ist das Prinzip der Ernährung und der Pflege des Säuglings
mie a okannten 10 Geboten für die Mutter zusammengefaßt?*). Es
lean m weres Verbrechen an der kommenden Generation, wenn
ihr Mi ütter infolge schlechter, sozialwirtschaftlicher Stellung von
en Mitmenschen bezüglich einer besseren Ernährung nicht ge-
u) Handb. der Hyoie ;
Leipzig 1911 i ger Hygiene von Rubner, v. Gruber, M. Ficker
29 K. v. Buchka, Das Lebensmittelgewerbe. Bd. 1, S. 3.
Mi K. Thomas, Nahrung und Ernährung. Leipzig-Berlin 1920.
“) Verlag Mandruck A.-G., München 1921.
WERE
a o = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31. © 1067
` Zusammensetzung verschiedener Milcharten2).
A E: AT S= Trocken- 5
E 2 rar 3 E pF Te er:
A ohproteine)ļ 55| Pro-| 7 p
2 z p A teine Fett a
un 0/0 ofo | % 1% | % %% [Kal
Kasein Albomin
| 0,80 1,21 UA
Frauenmilch | 1,0298|87,58 an 3,74] 6,37 |0,30| 16,22 30,11 68
? ' E
288 051 I i | H.
Kuhmilch . . 11,0813 87,7] — 3,68] 4,94 10,724 26,60|28,94 | 69
Ziegenmilch . | 1,0320 86,88 3,76
Schafmilch. .|1,0855/83,57| 22- 228
6,18| 4,17 [0,98] 31,33137,60 | 97
5,15 | |
nügend unterstützt würden. Aber auch die heranreifende Jugend’
muß stets in ihrer Ernährung beaufsichtigt werden, und da ist es
vor allem Pilicht der Lehrer bzw. der mit der Erziehung beauftragten
Personen, sich von dem körperlichen Zustand derselben zu über-
zeugen und besonders dort helfend einzugreifen, wo Gefahr einer
Unterernährung im Anzuge ist. Dort, wo die Eltern nicht in der
Lage sein sollten, den Kindern eine ausreichende Nahrung zu geben,
müssen‘ Unterstützungen in irgendwelcher Form, sei es auf dem
Wege der Wohltätigkeit, sei es durch Sicherstellung von Mitteln
seitens des Staates, der Städte oder der Gemeinden gewährt werden.
_ Denn nur eine körperlich gesunde, in allem gekräftigte Jugend vermag
sowohl während ihrer Entwicklungszeit, wie auch im späteren Leben
Gefahren durch Krankheiten besser zu überwinden und leichter den.
an sie gestellten körperlichen und geistigen Anforderungen gerecht zu
werden. Eine gesunde, kräftige Ernährung ist eines der heiligsten
‚ Güter, die wir unserer Jugend mitzugeben verpflichtet sind, denn
sie ist dereinst dazu berufen, die verloren gegangene Größe unserer
Nation auf geistigem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete wieder
herzustellen.
Ein besonderes Augenmerk in der heutigen Zeit muß man auf
diejenigen Stätten der allgemeinen Volkswohlfahrt richten, die dazu
bestimmt sind, minder bemittelten Schichten der Bevölkerung für ein
verhältnismäßig geringes Entgelt eine ausreichende Nahrung zu bieten.
Untersuchungen bezüglich der Nährwertzusammensetzung verschie-
dener öffentlicher Speiseanstalten haben deutlich den Beweis erbracht,
daß eine Beaufsichtigung dieser Anstalten bezüglich der Güte der
Speiseanstalten unerläßlich erscheint. Vor allen Dingen müssen-
diese Anstalten so gestellt sein, daß sie ihren Besuchern zum
mindesten eine ausreichende Nahrung als Hauptmahilzeit darbieten, _
d. h. die Kalorienzahl muß diesseitigen Erachtens mindestens
1200 Kalorien betragen und darf diese unter keinen Umständen fast
ausnahmslos aus der Menge der verabfolgten Kohlenhydrate sich
ergeben. Derartige Wohlfahrtseinrichtungen besuchende Personen
gelten bezüglich ihres Alters als vollkommen ausgewachsen und sind
meistenteils auf Erwerb durch mehr oder weniger schwere Arbeit
angewiesen.‘ Gerade in den arbeitenden Klassen des deutschen
Volkes bieten sich bei der heutigen wirtschaftlichen Lage in bezug
auf ihre Ernährung ungeheure Schwierigkeiten und sobald dieses
Fundament, das die Triebfeder aller Lebensfunktionen in sich birgt,
auch nur einigermaßen erschüttert wird, so würde dadurch die Volks-
kraft untergraben, die dem deutschen Volke zu seiner Erhaltung so
unbedingt notwendig ist. |
Aber auch an jene Mitmenschen muß in der Wohlfahrtspflege
gedacht werden, die ein arbeitsreiches, oft sorgenvolles Leben hinter
sich haben und infolge besonderer Umstände in den Armenhäusern
sowie Pfründnerheimen Aufnahme finden. Gewiß bedürfen: diese p
Personen nicht der kräftigen und ausgiebigen Ernährung, wie dieses
für die heranwachsende Jugend sowie die arbeitenden Schichten
der Bevölkerung zutrifft. Immerhin muß auch ihnen eine aus-
kömmliche Nahrung geboten werden. Nicht oft genug kann darauf
hingewiesen werden, daß der Wert der richtigen Ernährung einer
der Hauptfaktoren der Selbsterhaltung eines jeden Volkes ist, denn
mit ihr steht und fällt das Geschick der Nation. |
25) König, Chemie der menschlichen Nahrungs- und Genußmitt
Berlin 1903, 1. g mittel.
4,07| 4,44 [0,85] 28,66131,05 | 74
.
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; x
Ri
ur
er retipa
m 1068 ee
; gnomonisch ‘bezeichnet werden können. +
‚Abgeschlossen ‘sind. die Untersuchungen - über die Röntgen- Ä
- nicht.
bei ungefähr 2000 Patienten die Magenuntersuchung durchgeführt.
‘Von diesen Patienten kam ein Teil auf der chirurgischen Abteilung
t
Be MED 12 INISO HR KLINIK — Nr. öl.
Abhandlungen. |
‚Aus dem Röntgeninstitute des Kais. Elisabethspitales in Wien .
| (Vorstand: Doz: Dr. G. Schwarz). | z
- Das Röntgenbild des Ulcus ventriculi und duodeni
in der Kontrolle durch den Operationsbefund.
Von Dr. Alois > ‘Czepa, Assistenten `. des Institutes.
| Die Röntgendiagnostik Kat durch den Vergleich ihrer Befunde
mit dem Operationsbefund im Zusammenarbeiten mit den Chirurgen
. Gelegenheit gehabt, die verschiedenen Bilder, die der Magen und |.
das Duodenum aufwies, zu ordnen und auf. ihre Wertigkeit bezüg-. |
-lich ihres Zusämmenhanges mit dem gesuchten bezw. gefundenen í
Ulkus -zu prüfen, so. daß wir heute. über eine große. Zahl von
Symptomen verfügen, die zum Teil als für ein Ulkus direkt patho-
diagnostik. des Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüres aber 'noch
‚Es sind noch eine. Menge. Fragen zu-lösen. ‚Und :wenn wir |
heute wohl mit ziemlicher Sicherheit sagen können, ob. ulzeröse
Veränderungen vorliegen oder nicht, so können wir die Frage nach
dem ganz genauen Sitz und der Ausdehnung dieser Ver anderingen
nur in einem Teil der Fälle beantworten.
In unserem Röntgeninstitute wurde in den letzten 3 Jahren“
unseres Spitales (Prof. Albrecht). zur Operation. Dank des Ent-
gegenkommens des Vorstandes dieser Abteilung konnten wir uns
durch den persönlichen: Augenschein bei der Operation von dem
‚anatomischen ` Befunde überzeugen. Die: Ergebnisse dieses Ver-
gleiches des röntgenologischen 'und anatomischen Befundes sollen
im. Folgenden kurz besprochen werden.
I. Das Uleus ventrieuli,
E Entspr echend dem häufigsten Sitz des E TE an
- der Mitte ‘der kleinen Kurvatur und im pylorischen Abschnitt des
Magens wollen wir hier eine Zweiteilung treffen und von einem
Ulkus der Magenmitte und einem Ulkus am Pylorus sprechen. Von
einer detaillierteren Einteilung der Ulzera hinsichtlich ihres Sitzes |
wollen. wir hier absehen.
A. Das Ulkus der Magsnmitte.
Der weitaus häufigste Sitz dieses Ulkus ist die kleine ` Kurvatur |
in Taillenhöhe, seltener die Hinterfläche und in ganz. seltenen Fällen
: die Vorderfläche und die. große Kurvatur..
O Zur ‚Röntgendiagnose: eines Ulkus. der Magenmitte fordern. wir
‚heute die Sichtbarkeit einer Ulkusnische (Haudek); alle übrigen
Zeichen, wie Einkerbung‘ und Zähnelung der großen Kurvatur,
lokalisierter Druckpunkt an der kleinen Kurvatur, 6-Stundenrest usw:
berechtigen uns 'bei nicht sichtbarer Nische nur einen Verdacht
suchen. Oft kommt es vor, daß selbst sehr große Nischen bei der
ersten Untersuchung trotz genauesten Absuchens der Magenwand
in allen Durchleuchtungsriebtungen nicht zur Darstellung kommen,
besonders: wenn der Magen mit großen Sekretmengen. stark über-
lader ist, und erscheinen dann mit größter Deutlichkeit, wenn eine
gründliche Magenentleerung durch Ausheberung oder Spülung der
Röntgenuntersuchung vorausgeschickt wurde.
Abb. 1 und 2 zeigt einen’ solchen: keineswegs vereinzelten Fall,
bei dem eine überwalnußgroße Nische bei der ersten Untersuchung in
dem dilatierten und mit Sekretmengen und alten Speiseresten über-
eine über unseren Antrag vorgenommene, gründliche Magenr ae
vorhergegangen war, auch von dem ungeübtesten Untersucher hätte
gnose „Pylorusstenose“ zufrieden zu geben, wäre ein grober Fehler;
hiermit würde sich die Röntgendiagnostik des Vorsprunges, ‘den sie
nächst mittels Verabfolgung des Rieder-Breies vorgenommen, weil
Sekret- und Motilitätsverhältnisse gestattet als die ausschließliche
ae der Magenschleimhaut und des mn en
übrigen 3 Fällen hatten wir bei einem bei wiederholter Untersuchung
auf Ulkus auszusprechen und zwingen uns,:nach der Nische zu
ladenen Magen unsichtbar. blieb, bei der zweiten Untersuchung, der- |'
| æ |
entdeckt werden können. In einem solchen Falle sich .mit der Dia-
vor den übrigen klinischen Untersuchungsmethoden voraus hat, begeben.
| In. unserem Institute werden die Magenuntersuchungen zu- |
diese Art der Magenuntersuchung eine bessere Beurteilung der
Verwendung der Ba-Flüssigkeit; doch führen wir auch eine zweite |
Untersuchung mit Ba-Flüssigkeit durch, da diese unstreitig eine
leichtere Füllung und Darstellbarkeit der Nischen, des Faltenver-
In. den letzten g J ahren : konnten wir bei 80 Patienten auf |
Grund von bei wiederholter Untersuchung gefundenen Ulkusnischen
' | mit Sicherheit ein Ulkus. diagnostizieren. Die Ulzera. saßen fast
| durchaus an. der kleinen 'Kurvatur in Taillenhöhe (G. Schwarz),
in wenigen Fällen mehr. an der rege des m und -
a Fällen an ‚der BAr Kurvatur.
t . = ee ` - , . > a .
Abbildung 1 o
u "Abbildung 8
Ta dani einen. Falle saß das Ulkus ziemlich hoch an der großen
Kurvatur (Abb. 3), so daß. es bei dorsoventraler Durchleuchtung gut” |
zu erkennen war, und zeigte 4 Stunden nach der Nahrungseinnahme, -
zu welcher Zeit der Magen bis auf einen geri Tr Rest entleert war,.
noch eine deutliche. Füllung mit Schichtung und. Luftblase; 5 Monate -
a T konnte an dem Pationten der gleiche Befund erhoben werden:
tient stand hierauf auf einer internen. Abteilung 6 Wochen in Be-
“handlung. Die darauffolgende Untersuchung ergab,. daß die Nische
verschwunden war, nur ein kleiner Schattenvorsprung bezeichnete den
Ort. der früheren. Veränderung. In dem zweiten Falle saß das Ulkus
| etwas tiefer. und mehr an der Hinterwand des Magens, aber doch noch
so, daß die Nische bei ganz geringer Drehung von der großen Kur-
vatur her zu sehen war. Die beiden Fälle kamen nicht zur Operation.
Von den genannten 80 Fällen wurden 29 Fälle operiert.. In.
.26 Fällen fand sich bei der Operation entsprechend unserer Diagnose
ein mehr oder: weniger großes Ulkus der kleinen Kurvatur;, von den
eine kleine Zacke der kleinen Kurvatur, die mit dem Magen deut-
lich: verschieblich war, als kleine Nische gedeutet; die Operation
fand aber nur an der betreffenden Stelle die Magenwand und das.
dazugehörige Netz etwas verdickt, ein. deutliches Zeichen eines Ulkus
war nicht vorhanden. Da die Resektion in diesem Falle unterblieb,
läßt es sich nicht sagen, ob sich hinter der tastbaren Verdickung
N arbe die Ursache des Röntgenbefundes gewesen ist.
perihepatitischen Verwachsungen keine für Ulkus sprechenden Ver-
änderungen. am Magen zu konstatieren.‘ Beide Fälle hatten eine
deutliche Ulkusanamnese (einer mit Hämatemesis), beide ließen bei
der ersten Untersuchung nur große Druckschmerzhaftigkeit der kleinen
Kurvatur und vermehrte Sekretschicht erkennen und. zeigten erst
' bei neuerlicher Untersuchung nach 1 bzw. 3 Monaten eine deutliche
.Nische, so daß wir der Ansicht sind, daß auch in diesen Fällen ein
Ulkus vorhanden war, das aber noch. nicht zu solchen Veränderungen
Geschwürs durch den nicht eröffneten: Magen ‚ermöglichten.
» Wenn man früher der Meinung war, daß nur -penetrierende
"Ulzera das ausgebildete Nischensymptom zeigen, so wissen wir seit
“der Mitteilung von P&tren und Edling, daß auch Geschwüre, die.
‚weder zu einer Verdickung der Serosa noch zu irgendwelchen Ver-
‚ erzeugen können. Der lokale Spasmus kann selbst kleine Geschwüre
röntgenologisch unverhältnismäßig groß und deutlich machen
(Cramer). Oft genug zeigt das genaue Studium 'des Resektions-
den Veränderungen der Magenwand bei der Inspektion des Magens
' folgte, noch- ein oder mehrere andere Ulzera vorhanden sind, die
keine von’ außen sichtbaren Veränderungen der Magenwand gesetzt
‘Hatten. Dem Operateur können also bei der Inspektion ' des Magens
von außen Ulzera entgehen, worauf erst kürzlich wieder Haudek
hingewiesen hat,
Gewiß ist damit nicht bewiesen, daß i in unseren beiden Fällen
tatsächlich Ulzera bestanden haben; nur die Untersuchung der
(j
nicht doch ein kleines Ulkus verborgen hatte oder ob nur. eine
Bei den 2 anderen Fällen waren außer aeara und,
. der Magenwand geführt hatte, die dem Chirurgen. die Ertastung des
änderungen der Magenwand in der Umgebung führten, große. Nischen _
präparates, daß neben dem Ulkus, das während der Operation an
‚von außen zu erkennen war und dessenthalben die Resektion er: .
wu Ua ——' u
8: August
‚ ergab ein in das Pankreas penetrierendes Ulkus. Ob in
' kleinen Kurvatur feststellen konnten, die 8
aulzulinden war; nur eine kleine Vorwölbung der Magenwand verriet
©
‘s
þnnenwand des Magens hätte hier den Beweis erbringen können.
. Aber gerade dieser Beweis wird in solchen Fällen nur selten er-
' pracht werden können, da die meisten’ Operateure sich mit Recht
` weigern werden, bei solchen anatomischen Befunden die Eröffnung
« des Magens oder gar die Resektion vorzunehmen. Die bei wieder-
holter-Untersuchung röntgenologisch dargestellte Nische ist aber ein
‘derartig eindeutiges und sicheres Symptom (Verwechslungen. mit
-Divertikel [Akerlund] oder anderen Gebilden wie etwa in dem
Falle Altschul kommen bei unseren beiden Fällen nicht in Be-
* tracht), daß wir hier auf unserem Befunde bestehen müssen: und
. überzeugt sind, daß bei diesen Fällen ein Schleimhautulkus vor-
. handen war, das durch Spasmus zu einer Nische ohne anatomische
Veränderungen der äußeren Magenwand geführt hatte. Auch Schinz
berichtet in seinem Buche über solche Fälle. i
Daß die Nische, wenn es sich nicht um ein Ulcus penetrans
handelt, einem lokalen Spasmus ihre Entstehung verdankt, kann
“wohl heute als erwiesen gelten. Dafür spricht das Verschwinden
‚von Nischen, wie es erstmalig von G. Schwarz, später dann von
: Ohnell-Rosenthal, Haudek, Akerlund u.a. und jüngst von
- Bernheim beschrieben wurde. Da wir dieses Verschwinden oft
: schon nach ganz kurzer internistischer Behandlung sehen, dürfen
‚ wir wohl nicht immer eine Heilung des Geschwüres dafür verant-
' wortlieh machen. Wir haben .dieses' Verschwinden von. Nischen
‚ wiederholt beobachten können.
Ein Fall sei hier eingehender erwähnt, der bei der ersten Unter-
“suchung eine deutliche große Ulkusnische zeigte, die nach 2monatiger
‘ Spitalsbehandlung im Röntgenbilde vollständig verschwunden war;
- Patient kam ein Jahr später mit seinen alten Beschwerden neuerdings
in das Spital, die Röntgenuntersuchung ließ neuerlich eine große Nische
an der alten Stelle erkennen und die kurz darauf deta Operation
: er Zwischen-
zeit das Ulkus geheilt war, und das bei der Operation gefundene Ulkus
einem Rezidiv entsprach oder ob das alte Ulkus durch die Behandlung
‚ murin einen reaktionslosen Zustand versetzt wurde, läßt sich natür-
“lich nicht entscheiden. |
P2
Ähnlich verhielt es sich in einem zweiten Falle, bei dem: wir
bei der ersten Untersuchung eine a Ulkusnische an der
ochen später nicht mehr
den früheren Sitz der Nische. 3 Monate später wegen neuerlicher Be-
schwerden neuerliche Untersuchung und abermaliger Nachweis einer
großen Nische. Die 3 Wochen später vorgenommene Operation ergab
ein Ulkus an der kleinen Kurvatur. |
Von den zur Operation gelangten Magen verdienen einige
noch eine etwas eingehendere Beachtung.
‚ Bei einem Patienten fanden wir bei wiederholten Untersuchungen,
die zum Teil auseinander lagen, einen etwas erweiterten, weit nach
rechts reichenden und anscheinend dort fixierten Magen mit exzitierter
Peristaltik. Zwischen Bulbus duodeni und kleiner Kurvatur, von beiden
etwa gleichweit entfernt, war ein etwa haselnußgroßes, ovales Barium-
epot zu erkennen, das auch bei wiederholten Aufnahmen keinen Ver-
bindungskanal zum Magen, Duodenum oder Jejunum erkennen ließ und
ausgesprochen druckschmerzhaft war (Abb. 4). Wir konstatierten ein
ms Pankreas penetriertes Ulkus, ließen aber wegen der abnormen Lage
n großer Reserve die Möglichkeit offen, daß es sich um den seltenen
all eines vom Duodenum ausgehenden Ulkus handeln könnte. Die
peration ergab ein kronenstückgroßes Ulkus der kleinen Kurvatur,
as Ins Pankreas penetriert war, mit zahlreichen Verwachsungen de
uodenums mit Pankreas und Netz. |
Ulkusnischen der kleinen Kurvatur mit gleichzeitiger Verän-
zung des Bulbus duodeni wurden von uns im ganzen 9mal be-
sage 4 Patienten wurden operiert. Außer dem durch die
Nische erwiesenen Ulkus an der kleinen Kurvatur fand sich bei
Abbildung 4. einem eine Ulkusnarbe im Duode-
num, in einem zweiten Falle eine
Abbildung 5, Ulkusnarbe nahe dem Pylorus im
Magen, im dritten Falle starke
Verwachsungen des Pylorus mit
Leber; im vierten Falle, der einen
hochgradig erweiterten Magen
mit typischer Stenosenperistaltik,
enormer Sekretschichtvermehrung,
Rurvatur - “Er großer Nische an der kleinen
b. 5) pr starker Deformierung des Bulbus duodeni
finned a Patto, land sich ein fast die ganze kleine Kurvatur
ankreas y T lkus, das im pylorischen Magenanteile mit dem
ch des erwachsen war, der Bulbus duodeni selbst aber erwies
x der Operation als frei. a |
ulzerös Spi Befund ist auffällig, weil der Röntgenbefund auch ‚einen
tozeb am Pylorus und Duodenum vermuten ließ, wäh-
_ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 81.
- 1069
rend die. Operation den Duodenalbulbus als vollständig frei fand.
Wir machen auf diesen Befund, an dieser Stelle besonders aufmerk-
sam: und werden später noch auf ihn zurückkommen.
In zwei Fällen, bei denen wir bei der Untersuchung nur eine
-Ulkusnische an der kleinen Kurvatur feststellen konnten, fand sich
außerdem bei der Operation noch ein Ulkus, bzw. mehrere Narben
nahe dem Pylorus. ‘Sie waren bei der Untersuchung unentdeckt
geblieben. |
Ein Fall mit einer großen Einziehung an der großen Kurvatur,
einer deutlichen Nische an der kleinen Kurvatur und sehr druck-
schmerzhaftem Bulbus duodeni erwies sich bei der Operation als '
inoperables Karzinom der kleinen Kurvatur mit einem deutlichen
Krater gegen das Magenlumen.
Die Röntgendiagnostik des Ulkus der kleinen Kurvatur ist
also 27mal (das Karzinom kann ebensowenig als Fehldiagnose ge-
rechnet werden wie die kleine oben erwähnte Nische) durch die Ope-
ration bestätigt worden. Wenn wir schon die beiden Fälle, bei
denen trotz des röntgenologischen Nischensymptoms die Operation
kein Ulkus finden konnte, auf die Fehlseite der Röntgendiagnostik
setzen, so ergäbe sich äls Fehlresultat bei 29 Operationen nur die
Ziffer 2, was etwa einem Prozentsatz von 6 entspricht. Lassen wir
aber die oben gemachten Einwände gelten, so haben wir überhaupt
keinen negativen Fall. |
B. Das pylorusnahe Ulkus.
Ist zu einer verläßlichen Diagnose eines Ulkus der Magenmitte
der Nachweis der Nische notwendig, so können wir uns bei der -
Diagnose des pylorusnahen Ulkus nur selten auf direkte Symptome
stützen. Ulkusnischen müssen in der Pars pylorica zum größten
Teil unerkannt bleiben. Sitzen sie an der kleinen Kurvatur, so ist
ihr Krater nach abwärts gerichtet und verhindert so die Bildung
eines Dauerdepots. (Untersuchung des Patienten in rechter Seiten-
lage würde diese Verhältnisse bessern, ergibt aber auch nur in
seltenen Fällen ein befriedigendes Ergebnis.) Liegen die Nischen
an der Vorder- oder Hinterfläche der Magenwand, so müssen sie
ebenfalls, da die Lage der Pars pylorica eine genaue Betrachtung
‘von allen Seiten unmöglich macht, meist dem suchenden Auge. ent-
gehen. Dazu kommt noch, daß gerade an dieser Partie des Magens
die stärksten Bewegungen ablaufen.. Wir müssen daher bei der
Diagnostik des pylorusnahen Ulkus auf das Nischensymptom in den
meisten Fällen verzichten und hierzu andere Veränderungen der
Magenwand und vor allem die indirekten Symptonie,. wie Anomalien
der Peristaltik, Motilität, Sekretschichte usw. heranziehen. Allerdings
nehmen die indirekten Symptome in manchen Fällen solche Grade
an, daß sie fast den Charakter von direkten Symptomen erlangen.
Ist also durch das Fehlen von typischen Symptomen die
Diagnose des pylorusnahen Ulkus erschwert, so.ist die Frage nach
dem Sitz des Ulkus oft unbeantwortbar. Das .pylorusnahe Ulkus
kann präpylorisch, im Antrum oder knapp vor, am oder knapp
hinter dem Pylorus sitzen. |
Strauß hat seinerzeit die präpylorischen und postpylorischen
Ulzera vom klinischen Standpunkte aus als parapylorische Ulzera, vor
ihm Soupault und auch Faber als Itanslorische Ulzera zusammen-
gefaßt, weil diese Ulzera ein ziemlich einheitliches Symptomenbild
geben sollten. Diese Autoren rechnen aber auch die Duodenal-
geschwüre hinzu; da wir aber diese Geschwüre aus direkten Sym-
ptomen zu diagnostizieren gelernt haben, so können wir heute mit
einer solchen Einteilung nicht zufrieden sein. Schinz teilt die pylorus-
nahen Ulzera in präpylorische und parapylorische ein, wobei er unter
den letzteren die am Pylorus und die knapp vor und hinter dem Pylorus
sitzenden Geschwüre versteht. Seine Einteilung ist vom anatomischen
Standpunkte aus sicher gerechtfertigt, wenn auch ‘die Zuweisung so
manchen Geschwüres in' die eine oder andere Gruppe sicher etwas
willkürlich erfolgen muß. Auch vom Standpunkte des Chirurgen ist
gegen eine solche Einteilung nichts einzuwenden, obwohl der Operatenr
intra operationem bei der Inspektion des Magens von außen oft genug
keine genauen Angaben über den Sitz des Ulkus machen kann.. Vom
Standpunkte des Röntgenologen ist aber eine solche Einteilung gewiß
schwer zu.trefien, da sie die Möglichkeit zur Voraussetzung haben müßte
für jede der beiden Gruppen eigene bestimmte Gruppen angeben zu
können. Eine solche Möglichkeit besteht aber nur selten. Wir sind.
nur bei einem Bruchteile der Fälle in der Lage, bei der Röntgenunter-
suchung auch den Sitz des Ulkus angeben zu können, und auch bier
deckt der Operationsbefund noch manchmal Differenzen auf. So setzen
Bein orneho Ulzera oft Veränderungen der Magenwand, die sich bis
zum Pylorus und über diesen hinaus bis ins Duodenum erstrecken und
auf diese Weise zur Deformierung des Bulbus führen, so daß ein solcher
Fall bei der Röntgenuntersuchung als Duodenalulkus imponieren kann
Behält. bei einem solchen Öperationsbefunde der Röntgenologe noch
Recht, da ja tatsächlich am Duodenum ulzeröse Veränderungen be-
. f: . z AE.: ` i Jr tiori
; Š ». 4 ; r f E ! 3 a ` -e ia a z :
e S r a \ . { gi kg en l
3 D i ' ' l i n 2 ` f
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f $ n X ` à i
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31. 3, August
|
| z
SE standen haben, so kann man dasselbe schon nicht mehr bei den Fällen | änderungen wird leicht erklärlich, wenn wir an das von. Forsell a
en behaupten, bei denen die Röntgenuntersuchung nur Veränderungen am | nachgewiesene und von Akerlund besonders hervorgehobene Längs- 2:
TI _Pylorus und Duodenum finden konnte und die Operation ein prä- | muskelbündel denken, das a kleinen Kurvatur bis in das Ks
we ee 'Geschwür ergab, Pylorus und Duodenum aber frei fand. | Duodenum zieht und das bei Verkürzung zu einem Heranrücken der - 2
chinz erwähnt in seinem Buche einen solchen Fall, bei dem infolge | ganzen Pars pylorica an die kleine Kurvatur führen muß. Hierbei > +i
der Veränderungen am Bulbus ein Duodenalulkus angenommen werden | kommt es zu einer Verschmälerung dieser Magenpartie, der Pylorus- A
a, mußte und bei dem die Operation ein großes präpylorisches Ulkus | kanal rückt aus seiner zentrischen Lage gegen die Seite der kleinen y
Su nachgewiesen hatte. In unserem Material sind solche Fälle ziemlich | Kurvatur und der mediale Rezessus des Bulbus duodeni (Akerlund) a
E zahlreich. per S kann verstreichen. Dabei kann der Pyloruskanal erweitert oder ver- >
EA ap Da eS vom praktischen Standpunkte aus ziemlich gleichgültig | og aeiio Bylorospasmus stärker oder schwächer ist als die durch 22
r E re a y a Para i N A, yomi a. d | de Raffung der kleinen Kurvatur hervorgerufene Erweiterung des 2
a I ar SSRUNIETBUSONDE CEN DIZ ERS S nur m wenigen Fällen | Pyloruskanales. Es ist leicht.einzusehen, daß zu derartigen Verände- Be
mit einiger Bestimmtheit angeben kann, so ist es zweckmäßiger, | rungen pylorusnahe, aber gelegentlich auch pylorusferne Ulzera führen s
Me auf eine mehr oder weniger willkürliche ‚Einteilung zu verzichten | können, letzteres in der Regel dann, wenn sie sehr groß sind undsich - ,
a und bloß von einem para- oder juxtapylorischen oder einem Ulcus | weit gegen den Pylorus, hin erstrecken. Bei dem eben erwähnten z
trii. ad pylorum zu sprechen. S | Falle handelte es sich um ein solches ausgedehntes Ulkus, das außer- a
N Direkte Veränderungen der Pars pylorica im Röntgenbilde | dem noch zu starken Verwachsungen der Pars pylorica mit dm #-
a "bei prä- und parapylorischem Ulkus sind nieht häufig und zum Teil | Pankreas geführt hatte. In unserem Materiale finden sich noch 4 Fälle, .
E tür Ukas Auch nicht charakteristisch... die mehr oder weniger starke Raffung der kleinen Kurvatur mit ex- O
w o Ei anvlonsche: Binzah . klei x . (Abb. 6 zentrischer Einmündung des Pyloruskanales (Abb. 11) zeigten und von =
en . ine präpylorische Einziehung der sen Kurvatur ( al 5) | denen 2 auch noch andere Deformationen des Bulbus duodeni erkennen R
a = ist, wenn sie als einzige sichtbare Veränderung auftritt, für die | ließen. In allen diesen 4 Fällen handelte es sich um präpylorische A
ee Diagnose eines Ulkus nicht verwertbar. Wir sahen sie bei unserem | Ulzera, die sich bei den letzteren 2 Fällen bis in das Duodenum -
e ne Materiale im sen nur dreimal. Zu | erstreckten. | = a;
2 Ein solcher Fall, bei dem diese Einziehung gleichzeitig mit einer | Veränderungen des Pyloruskanales im Sinne einer Verlängerung- |
u l großen Sekretschicht wiederholt gefunden wurde und bei dem wir die | und Verbreiterung. also Verindarinsän. vie. sie Bier und. nach
ee, Diagnose „Ulkus nicht ausgeschlossen“ 'abgegeben hatten, kam‘ zur . ihm Stierli P Ch \ als P 16 i fen. f Hander) Zu.
oe Operation. Der Operateur fand den Pylorus etwas enger, aber keinen | MM Stıerlın und Jhaou! als I yroruszapien, terner Haudei De =
a Anhaltspunkt für Ulkus. schrieben und als Symptom für ein dem Pylorus nahes Duodenal- A
lt = Schlechte Entfaltbarkeit und Verschmälerung der Pars pylorica, | Wkus angegeben haben, sahen wir im ganzen dreimal Dee 3, p
oD = sowie unscharfe Wandbegrenzung kann durch ein präpylorisches Der erste Fall wies am Kanal eine kleine Nische auf (Abb. 12) 2
a Ulkus hervorgerufen werden; aber auch ein beginnendes Neoplasma und ergab bei der Operation einen dem Pylorus und Duodenum an- |
kann die gleichen Veränderungen machen. _
e | Verschmälerung der Pars pylorica fanden wir bei 4 Füllen; von
n S diesen wurde ein Fall operiert und ein Ulcus ad pylorum gefunden.
eg Ein Fall, der neben hochgradiger Verschmälerung der Pars pylorica
: (sie war in einen etwa fingerdicken starren Kanaltumozewendelt) auch
noch eine unscharfe Wandbegrenzung zeigte (Abb.7), und bei dem wir
die Diagnose auf kallöses Ulkus oder Neoplasma gestellt hatten, erwies
sich bei der Operation als ein kallöses Geschwür am Pylorus. Von
Der zwei weiteren Fällen mit schlecht füllbarem Antrum und unscharfer
I d Wandbegrenzung an der kleinen Kurvatur ergab die Operation bei
or dem einen ein .kleines Ulkus am Pylorus, bei dem anderen einen.
et | derben, flachen Tumor der Hinterwand der Pars pylorica, der erst
eo durch die ee Untersuchung als ein chronisches Ulkus er-
an wiesen wurde (Abb. 8). In einem Fall aber, der einen unregelmäßig kon-
turierten und an der kleinen Kurvatur unscharf begrenzten pylorischen
I. Magenanteil und Bulbus zeigte, fand sich ein präpylorisch sitzender
ee i Skirrhus (Abb. 9).
See Tumor, der sich bei der histologischen Untersuchung als ein Bu
kirrhus auf Ulkusbasis herausstellte. Bei dem zweiten Falle fand die K
u außer dem verlängerten Pyloruskanal einen nur
unvollständig füllbaren, nicht normal konturierten Bulbus (Abb. 13) ,
und die Operation einen kleinapfelgroßen Ulkustumor, dem Pylorus, i
Duodenum, Gallenblase, großes und kleines Netz angehörten. Der
dritte Fall (Abb. 14) zeigte außer Verbreiterung und Verlagerung des S
Pyloruskanals einen wenig und nicht charakteristisch deformierten Si
Bulbus; wir gaben mit großer Reserve die Diagnose auf ein juxta-
pylorisches Ulkus ab. Die Operation fand nun einen erweiterten, mit
Abb. 11. Abb. 14. Ä
Abb. 12. - Abb. 15, u -
Litia
der Gallenblase breit verwachsenen Bulbus (altes Ulkus?). Zwei Jahre
später kam der Patient neuerlich wegen großer Beschwerden zur Unter- 7
suchung, die hochgradige Antrumspasmen und ein unregelmäßiges 3
Füllungsbild des Bulbus (Abb. i5) ergab. Unsere Diagnose lautete auf D
Adhäsionen und wurde durch die neuerlich vorgenommene Operation
vollaut bestätigt.
Wir haben bereits oben Fälle erwähnt, bei denen prä- bzw. para- I:
pylorische Ulzera deutliche Deformationen des Bulbus gemacht hatten. N
` Nw ist es auffällig, daß in unserem Material nicht weniger t
als t4 weitere Fälle, die infolge ihrer Veränderungen am Bulbus als
Duodenalulzera gedeutet werden mußten, bei der Operation als prä- i
oder parapylorische Ulzera erkannt wurden, die nur in 3 Fällen auf j
das Duodenum übergegriffen hatten. |
Von diesen 3 Füllen bot der eine Fall bei der Röntgenuntersuchung
bezüglich des Bulbus das gleiche Bild wie Abb. 5, dem, wie früher be-
schrieben, ein bis zum Pylorus reichendes Ulkus der Magenmitte zu-
Bun lag; auch bei ihm reichten die Veränderungen des knapp am
ylorus im Magen sitzenden Ulkus teils in das Duodenum, teils hoch
an die kleine Kurvatur hinauf. Der zweite Fall zeigte eine Einziehung
der Vorderwand des Bulbus und eine nischenförmige Ausstülpung der
Hinterwand, die Operation aber ein Ulkus der Pars pylorica mit .ber-
Abb. 13,
|
Abb. 16. |
Hi
Abbildung 8
Abbildung 9.
ie | Abbildung 7.
>
we | Abbildung ‚6.
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Foa Ebensowenig typisch für Ulkus ist jene Veränderung der Pars
ee pylorica, die darin besteht, daß bei ganz leichtem Druck ein un-
regelmäßig begrenzter Füllungsdefekt. zustandekommt. Wir haben
dieses bekannte Symptom so wie andere Autoren des öfteren beim
ee | Karzinom des Pankreaskopfes. und bei neoplasti-
Bir Abbildung 10. Scher Veränderung der Magenwand gefunden.
N | Aber in einem Falle, bei dem wir auf Grund
‚dieser Veränderung die Diagnose auf Tumor gestellt
hatten (Abb. 10), ergab die Obduktion des wenige
Tage nach der Untersuchung gestorbenen Patienten
5Ulzera der Hinterwand der Pars pylorica, die gegen
das Pänkreas perforiert waren und zur Bildung
einer apfelgroßen, mit Speiseresten gefüllten Höhle
geführt hatten. |
a Betrachten wir nun die Veränderungen am Pyloruskanal selbst.
Eine exzentrische Einmündung des Pyloruskanals weist nicht auf
ein am Pylorus sitzendes Geschwür hin. Das Geschwür kann auch
vor und nach dem Pylorus sitzen und selbst Ulzera der Magenmitte
können zu einer Verziehung des Pyloruskanales gegen die kleine
Kurvatur hin führen. |
Ich verweise hier auf den beim Ulkus der Pars media erwähnten
Ulkus mit großer Nische sogar zu Veränderungen
des Bulbus duodeni geführt hatte. Das Zustandekommen solcher Ver-
Fall, bei dem ein
un auf die Pars horizontalis superior duodeni und Verwachsungen
es letzteren mit dem Pankreas. Der dritte Fall (Abb. 16) ließ bei
Fleck, also eine Art zweigeteilten Bulbus erkennen; dabei bestand an
1) Der Pyloruszapfen ist nach den genannten Autoren ein Sn
ptom eines pylorusnahen Duodenalgeschwüres. Ich habe diese älle
aber hier eingereiht, da bei unseren Fällen eine starke Beteiligung des
Pylorus nachgewiesen wurde. |
hochgradiger Gastroduodenoptose einen flachen Bulbus und darüber
durch eine ziemliche Distanz getrennt konstant einen lünglichen kleinen
3; August |
manchen Tagen hochgradige Retention (24 Stunden). Der Operations-
befund ergab einen kleinapielgroßen Ulkustumor der Vorderseite des
Pylorus und Duodenums. Leider wurde bei der Resektion das Präparat
zerstört, so daß eine genaue Analyse des Bildes unmöglich war.
In den übrigen 10 Fällen, die im Röntgenbilde die
verschiedenen als für Ulcus duodeni typischen Bulbus-
deformitäten zeigten, wurde bei der Operation das Duo-
denum frei gefunden. Wie soll’ man sich nun das Zustande-
kommen dieser Veränderungen erklären? Nach Akerlund ist die
Einziehung der großen Kurvatur des Bülbus i. e. der Cole-Defekt
in sehr vielen Fällen durch einen Spasmus bedingt; diese Auf-
fassung, die mit unseren später zu besprechenden Operationsbefunden
nicht ganz übereinstimmt, würde ohne sonderlichen Zwang das Zu-
standekommen des Cole-Defektes am anatomisch freien Bulbus bei
einem präpylorischen Magenulkus erklären. Anders steht es aber.
mit der Erklärung der übrigen Bulbusveränderungen. Freilich könnte
man sagen, daß die bei der Untersuchung am Bulbus gesehenen
und für Ulkus typischen Veränderungen doch durch ein Duodenal-
ukus verursacht waren, das dem Operateur bei der Inspektion des
Magens und Duodenums von außen entgangen war. Die nachträg-
liche Untersuchung des Resektionspräparates führte in vielen Fällen
zu keinem befriedigenden Ergebnis, weil die Schleimhaut des Duo-
denums oft durch die Abklemmung stark beschädigt war, und war
“in allen den Fällen unmöglich, in’ denen nur eine Pylorusausschaltung
gemacht werden konnte, das Ulkus also im Körper verblieb. Außerdem
war es in vielen Fällen für den Operateur während der Operation
unmöglich, zu sagen,. ob das Ulkus noch vor oder hinter dem
Pylorus saß, da die Orientierung mit Hilfe der Pylorusvene nicht
immer leicht und zuverlässig ist, besonders dann, wenn Pylorus
und Duodenum von einem Ulkustumor umfaßt werden. Es dürften
also in unserem Materiale gewiß Fälle vorhanden sein, die von uns
zu den parapylorischen Geschwüren gerechnet werden und doch
Duodenalulzera waren, aber es sind auch solche dabei, die ohne
Zweilel ein ulkusfreies Duodenum bei der Autopsie aufwiesen, da-
gegen bei der Röntgenuntersuchung als Duodenalulzera imponierten.
Ich erwähne hier nur die Tatsache und will mich aller weiteren
Schlüsse enthalten.
Anomalien der Peristaltik sind oft Begleiterscheinungen des '
Ulkus, ob es nun an der Magenmitte, am Pylorus oder im Duodenum
sitzt. Sie sind für keines dieser Ulzera in besonderem Maße
typisch. Das gilt auch für die Antiperistaltik. Ob dabei in den
abführenden Wegen immer ein Verengerung, die ja nicht organisch
zu sein braucht, sitzen muß, ‘kann man nicht sagen. Aber immer
ist nach Haudek die Antiperistaltik ein Zeichen einer organischen
Veränderung des Magens und Duodenums, wenn sie auch keinen
Schluß auf den Sitz dieser Veränderungen zuläßt. Denn alle Ulzera
des Magens und des Duodenums können mit Antiperistaltik einher-
gehen, wenn auch die Ulzera des Magenausganges diese Anomalie
besonders häufig zeigen, vor allem wenn sie stenosierend wirken,
wobei es allerdings nicht immer zu besonderer Verlängerung der
Austreibungszeit kommen muß. Antiperistaltik weist also nicht auf
ein pylorusnahes Ulkus hin. Läßt aber die Röntgenuntersuchung
bei deutlicher Antiperistaltik die kleine Kurvatur des Magens und
den Bulbus duodeni frei erscheinen, so können wir wohl mit einiger
Sicherheit die Veränderung in die Pylorusnähe verlegen.
Ahnlich liegen die Verhältnisse bei dem klinisch und röntgeno-
logisch leicht erkennbaren Bild der Pylorusstenose. Durch die
Untersuchungen von Schmieden und Haertlein und Haudek
wissen wir, daß Ulzera der kleinen Kurvatur durch Schrumpfung der
mgebung zu einer schneckenförmigen Einrollung des ‚pylorischen
Magenteils und zur Pylorusstenose führen können. Und Clairmont
hat gezeigt, daß einem großen Teile der Fälle mit gutartiger Pylorus-
stenose offene, chronische, stenosierende Duodenalulzera zugrunde-
ligen, die oft weit vom Pylorus entfernt sind. Nach diesem Autor
sind Geschwüre am Pylorus selbst eine Seltenheit.
HL Die Röntenuntersuchung: darf sich nun mit der auf den ersten
Ay zu stellenden Diagnose: „Pylorusstenose“ nicht zufrieden geben,
ei ua muß nach den Ursachen dieser Stenose suchen, was in
Ba ällen gut gelingt. Dazu ist vor allem notwendig, daß der
2 senuntersuchung eine gründliche Magenentleerungvorausgeschickt
n Man kann selbst bei ziemlich hochgradigen Stenosen den
eaha durch geeignete Manöver füllen und dessen Form deutlich
N lung bringen. Erweist sich dann bei der Untersuchung
vefor agenmitte als nischenfrei und der Bulbus duodeni normal
Tent so kann man mit ziemlicher Sicherheit die pathologische
i: RR erung an den Pylorus lokalisieren. Ist der Bulbus aber nicht
normaler Form oder gelingt seine Füllung trotz aller wirksamen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
1071
Manöver nicht, dann muß die Diagnose Ulcus parapylorieum oder
duodeni offen gelassen werden, ‘da beide Ulzera solche Verände-
rungen machen können, ob sich nun die ulzerösen Veränderungen _
“auf die Pars pylorica und das Duodenum erstrecken oder auf das
Duodenum oder die Pars pylorica allein beschränkt sind.
Hochgradige Pylorusstenosen mit allen klassischen Symptomen
dieses Bildes (ektatischer Magen, Rechtsdistanz, große Sekretschichte, _
Stenosenperistaltik, 24 Stunden-Rest usw.) und dabei normal ge-
formtem Bulbus duodeni, die von uns als auf Ulkusbasis bestehend
diagnostiziert wurden, wurden nur 6 operiert. Bei einem dieser
Fälle findet sich der Vermerk: „Ulkus wahrscheinlicher als Kar-
zinom“; die Operation ergab einen kleinapfelgroßen Karzinomtumor
am Pylorus:. Ä |
+
‚. Fälle mit bloßer Druckempfindlichkeit der ` Pylorusgegend,
vertiefter Peristaltik bei zeitweiser Antiperistaltik, aber normaler
oder nur wenig verzögerter Austreibungszeit, Sekretschichtvermehrung
und ohne sichtbare Wandveränderungen am Magen und Duodenum
kamen nur 5 zur Operation.
Ulkus am oder knapp am -Pylorus nachgewiesen. | |
In einem Falle sahen wir im -Antrum unregelmäßige Peristaltik
in Form von kleinen Wellen, zeitweilig auch starke Spasmen und wir.
sprachen den Verdacht auf ein parapylorisches Ulkus aus. Die Ope-
ration fand am Pylorus ein kleines Geschwür. |
Hierzu sei bemerkt, daß Anomalien der Peristaltik oder gar.
Spasmen, wenn sie allein beobachtet werden, für -diẹ Diagnose
eines Ulkus nicht genügen. Sie gestatten höchstens, den Verdacht
auf ein Ulkus auszusprechen. Selbst hochgradige Spasmen können
an einem anatomisch normalen Magen auftreten.
"So kam kürzlich ein Patient ad'exitum, bei dem wir wiederholt,
auch noch knapp vor seinem Tode, -enorm starke Spasmen beobachten
konnten, so daß sie grobe Füllungsdefekte der Magenwand vortäuschen
konnten (regionärer Gastrospasmus). Da sich bei der Untersuchung
irgend ein Anhaltspunkt für Ulkus oder neoplastischen Prozeß
nicht finden ließ, haben wir uns mit der Registrierung der Tatsache
begnügt. Die Obduktion des Patienten ergab auch einen durchaus
normalen Magen und Zwölffingerdarm. Br
Wenn wir uns vor Augen halten, wie wenig typisch eigentlich
die Zeichen des parapylorischen Ulkus sind, so werden wir uns
:nicht wundern, daß Fehldiagnosen vorkommen müssen, allerdings
nur insofern, daß der Röntgenbefund ein Ulkus falsch, das heißt
mehr oder weniger weit vom Pylorus lokalisiert, oder daß eine als
Ulkus bezeichnete Veränderung bei der Operation als Karzinom
oder eine als Karzinom aufgefaßte Veränderung als Ulkus erkannt
wird. Für die Praxis ist die erstgenannte Tatsache ziemlich gleich- -
gültig, da es hier in erster Linie auf die ulzeröse Veränderung
überhaupt ankommt und in nicht ganz sicheren Fällen die vor-
sichtige Bezeichnung „Ulkus ad pylorum“ eine nachträgliche
Desavouierung durch den Operationsbefund vermeidet. Und um
die zweitgenannte Fehldiagnose zu umgehen, haben wir nur den
einen Weg, in entsprechenden Fällen die Möglichkeit des Bestehens
eines eventuellen Neoplasmas im Röntgenbefund deutlich hervor-
zuheben.
ration aber einen negativen Befund erhoben hat, sind in unserem
Material nicht vorhanden. Dagegen haben wir in zwei Fällen
Magen und Duodenum normal befunden, bei dem die Operation ein
präpylorisches Ulkus aufgedeckt hat. Das ist bei einer Zahl von
42 eperierten Fällen nicht einmal 5°/,. |
II. Das Ulcus duodeni.,
So wie das Ulkus der Magenmitte diagnostizieren wir heute
das Ulcus duodeni vorwiegend aus direkten Symptomen, das ist
aus den Veränderungen, die das Ulkus an der Bulbuswand_ setzt
und die sich fast durchwegs in mehr oder minder hochgradigen
Formveränderungen des Bulbus dokumentieren. Die überaus große
"Mannigfaltigkeit der Bulbusbilder läßt sich unschwer auf wenige
typische Grundformen zurückführen, die detailliert zu beschreiben
ich mir hier ersparen kann, da der durch das Ulkus deformierte
Bulbus duodeni in den letzten Jahren im Vordergrunde des rönt-
: genologischen Interesses steht und ausgezeichnete Darstellungen’ der
‚jüngsten Zeit darüber vorliegen. u 2
Daß zur Diagnosenstellung des Duodenalbulbus vor allem ein
deutliches Bild des gefüllten Bulbus notwendig ist und der Unter-
. sucher nicht eher die Untersuchung abschließen darf, bevor er
durch ein wirksames Hilfsmittel (wie Effleurage, Rechtsneigen oder
rechte Seitenlage des Patienten, eventuell auch eine andere Lage,
'Abklemmen der Pars inferior duodeni usw.) eine genügende Füllung
des Duodenums erzielt hat, ist wohl selbstverständlich. Wer bei
In allen diesen Fällen wurde ein
Fälle, bei denen der Röntgenbeiund positiv gelautet, die Ope- |
~ ram eare REREEISE TE TUERVERERRIER: EBEN
man. Be $ m m m m s
~ veränderung am Duodenum in manchen: Fällen imstande ist, mit
Ihm widersprechen. Das geübte und durch die wiederholte Platten-
. kontrolle geschärfte- Auge sieht am ‚Bulbus — gutes Durchleuch- '
‚. tungslicht vorausgesetzt — auch geringfügige Veränderungen.
. Nischen von Linsengröße, kleine parabulbäre Flecke können bei
=- werden, umso leichter, da sie fast immer.dichter als der Schatten
l a ist selbstverständlich die’ Röntgenaufnahme unentbehrlich.
. - Fällen, meist aber. nur zur Kontrolle des Durchleuchtungsbildes. und‘ |
Patienten bei der Durchleuchtung ist. bei uns die aufrechte. Wir
Aufnahmenkässette, die der Kassette von Akerlund. nachgebildet ist.
=
‚ sondern nur vermehrte Sekretschichte und mehr oder minder aus-
gesprochene Druckempfindlichkeit des Bulbus aufwiesen und die wir.
‘den: beiden anderen durchaus normaler Befund. Die anatomischen
' ` Befunde der beiden ersten Fälle waren ebenfalls so geringfügig, daß |
kein weiterer Eingriff vorgenommen wurde. Wir haben also keine
` Veranlassung, diese beiden Fälle auf. die Fehlseite der Röntgen-
. diagnostik zu setzen. . . | | Zu.
_ einigen die-Differentialdiagnose Duodenalulkus oder Cholelithiasis zu
lösen war. In allen diesen Fällen wurde Magen und Duodenum-
Si sowohl bei der Röntgenuntersuchung als auch bei der Operation normal
El os gefunden. © 0 = a &
. „eingehender besprochen werden sollen. |
Rippenbogen fixiert war. Der Bulbus war hochgradig erweitert und
-nur teilweise fühlbar. (Abb. 17.) Dabei bestand
“ der Untersuchung nur den sich- spontan füllenden Bulbus ‚genauer
: beobachtet, den nicht spontan gefüllten Bulbus aber als nicht dar-
- stellbar bezeichnet, der wird einerseits die wirklich veränderten
.. Bulbi fast nie zu Gesicht, bekommen und andererseits vollkommen
‘ normale Bulbi. als .deformiert bezeichnen. Viele Bulbi werden erst
. “nach längeren wirksamen Manövern gut gefüllt, obwohl sie ana-
` tomisch durchaus normal bezeichnet werden müssen:
am Bulbus duodeni operiert; bei allen hat der po
-befund die Diagnose bestätigt.
"Diagnose an Gallensteinen litt und mäßigen Druckschmerz in dem.
rechten Hypochondrium bot, zeigte bei der Röntgenuntersuchun
‚enorm gedehnten Magen, der mit dem kaudalen Pol fast.
| hervorragte, so daß die beiden Magensche
getrieben wurden. Nach Reposition .der Darmschlingen wurde am
Duodenums dilatiert und von wurstförmiger Gestalt; große Gasblase
ge `
‘
a
X D
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4 š
Diagnose war: Verwachsungen und, Abklemmung der ‘Pars déscendens.
eine bohnengroße sich derb anfühlende Verdickung nahe dem Pylorus.
©. Um Beziehungspunkte zwischen den röntgenologisch sichtbaren
| | Veränderungen des .Bulbus duodeni und dem bei der’ Operation
‘Wir verwenden zur Untersuchung‘ in erster Linie die Durch-
leuchtung. Wenn Chaoul sagt, daß man nur bei grober Wand- der Mehrzahl :der operierten Fälle sowohl in Operationen als auch
der‘ Durchleuchtung eine richtige Diagnose zu stellen, so muß ich
konnten .aber -zu keinem klaren Ergebnis kommen. Naur. so viel
nicht zu dicken Patienten sehr gut bei der Durchleuchtung erkannt entsprach, :was auch bereits Barsony angegeben hat, find daß die
des übrigen Bulbus sind. Zum Nachweis ‘der feinen Einzelheiten
| lage hatten, das breit mit dem Pankreas verwachsen war. -
Deshalb verwenden auch wir_die Aufnahme des Bulbus in vielen |-
Pylorus und an der Pars pylorica sind. aber mehr oder weniger
starke Verwachsungen der erkrankten und der ‚anschließenden
Partien mit der nächsten. Umgebung, wie Leber,. Gallenblase, Netz,
Pankreas, Kolon usw. in Form von mehr oder weniger. breiten
zu dessen Fixierung. In welcher Lage' der Patient untersucht wird, '
hängt ganz’ von dem jeweiligen Falle ab, die: normale Stellung des
machen die: Aufnahmen während der Durchleuchtung bei kürzester
Exposition, oft'mit der von Schwarz und Czepa angegebenen Serien- | <o daß es schwer hält, zu sagen, was und wieviel der röntgenologisch
Im: ganzen wurden 35 Fälle mit deutlichen Veränderungen | was dem Ulkus bzw. der entzündlich veränderten Wand allein auf
sitive Operations- | die Rechnung zu schreiben ist.
a wichtig, da Verwachsungen des Duodenums mit der Umgebung auch
‘ohne Ulkus, zumindest ohne ehirurgisches Ulkus vorkommen können
und auch entzündliche Veränderungen der Umgebung zur Adhäsions-
‚bildung Anlaß geben. In der größten Mehrzahl der Fälle sind wohl
. Einmal befanden sich zweiGeschwüre. im Duodenum, ein anderes <
Mal ein kallöses Geschwür des Duodenums und ein Geschwür der
‘Pars pylorica. | RES : E | |
Von den Fällen, die keine Deformation des Bulbus zeigten,
Gallenblase. hervorgerufen werden, anderer Art als die, welche ein:
| 1Y. | Duodenal- oder parapylorisches Ulkus setzt. Das,
auch nicht als Ulcera duodeni bezeichnet hatten, kamen wegen starker |' ` pa SPI i
Beschwerden 4 zur Operation. Bei einem ergab sich eine kleine Närbe | wir auf Grund
am Pylorus, bei einem zweiten geringe Adhäsionen im Duodenum, bei |
Bulbus mit'großer Reserve den Verdacht auf ein parapylorisches Ulkus
‚eben hatte. Chaoul gibt als’ Symptom der :Periduodenitis zacken-
örmige, stark unregelmäßige Konturen von konstantem ‚Charakter am
unverschieblichen Bulbus an. Das Bild, das dieser Fall vor der zweiten
Außerdem kamen 7 weitere Fälle zur Operation, von denen bei
diese Bulbusbilder nicht. gezeigt.
Es ist dies der normalgefornite, aber auffallend große Bulbus, den
Außer diesen Fällen wurden 2 Patienten operiert, die etwas | wir. 13 mal. beobachten konnten. - Drei solcher Fälle kamen zur
Ä | RR hl ie vielleicht iner mäßigen Verengeruni
Eine 87jährige Patientin, die seit 5 Jahren nach der klinischen eine Narbe nach Ulkus, die vielleicht zu einer mäßig gerung
3 einen
bió zur
stenosiert, in dem dritten Falle war das ganze Duodenum vollständig
Symphyse reichte und dessen pylorisches Ende weit rechts unter dem
so können wir. sagen, daß ein „Megalo“-Bulbus manchmal durch
eine geringe Stenose im Verlaufe des Duodenums verursacht sein
mag, daß er aber sicher auch als nicht pathologische Varietät vor--
kommt, sein Nachweis also zu keinem sicheren Schlusse auf krank-
hafte Veränderung berechtigt. TE
ochgradige Pylorus- 4}
l Sos stenose mit großem 24Stunden-
Abbildung 17. Mot nal un un
1 OTN © Abbildung 18. & eriduodenale äsion
Ä CS» ‚auf sbasis. Die Operation
TE O Paz SE ergab, daß das Colon trans-
| ‚ versum und ascendens samt
dem entsprechenden Mesente-.
.. rium nach oben hinter den.
. Magen geschlagen war und
-` dort durch einen kleinhand-
tellergroßen Defekt des kleinen
Netzes über der kleinen Kur-
vatur des Magens nach vorne
nkel dadurch weit auseinander
`
Gesamtüberblick.
mitte und des Duodenums. Haudek gibt für die Geschwüre des-
mittleren Magenteiles die Ziffer 385°/,, ‚für die präpylorischen und
stenosierenden Geschwüre des Pylorus je 5, zusammen, also 10%,
und für das Duodenalulkus 58 °/, an.. Unser Prozentsatz der para-
Pylorus ein kleinapfelgroßes Karzinom entdeckt, das mit dem Pankreas
verwachsen war. | |
. Der zweite Fall war ein halbes Jahr vor der Röntgenunter-
suchung cholezystektomiert worden. Derzeit, ein- bis zweimal des
Tages Erbrechen. Die Durchleuchtung zeigte den Anfangsteil des
Materiale die Berechnung kompliziert, weil so viele Ulzera, die nur
‚röntgenologische Duodenalsymptome gemacht hatten, auf Grund des
‚hinter dem Pylorus, saß, in einigen. Fällen nicht möglich war.
Außerdem kann diese Ziffer dadurch zustandegekommen sein, daß
zufällig bei uns mehr juxtapylorische Ulzera operiert wurden, weil
sie vielleicht gerade stärkere Beschwerden machten. Aus diesen
an der Kuppe, starke peristaltische und antiperistaltische Bewegungen
in dem 'dilatierten Abschnitt. Der übrige Teil des Duodenums nur
| - i 2 5 E l l F S . o Er i } l | . 2 EM Te
HOT e a EEE 3: August |
anz wenig: gefüllt. (Abb; 18.) Keine komplette Stenose. Unsere |
Die Autopsie bei der neuerlichen ‚Operation ergab Stenosierung des-
Duodenums in der Pars descendens durch Adhäsionen und außerdem '
gefundenen anatomischen Befund zu gewinnen, haben wir uns bei
‚durch das Studium des Resektionspräparates von dem Sitze, der
‘ Größe, der Form usw. des Ulkus genau zu überzeugen versucht, .
‚können wir sagen, daß die ‚große Einziehung der großen Bulbus--
kurvatur in den meisten Fällen einem kleinen, seltener einem ,.
- größeren Ulkus, oft nur einer Narbe an der Vorderwand des Bulbus -
schweren Veränderungen des Bulbus weitaus in der Mehrzahl der A
Fälle ein großes. Ulkus der Hinterwand des.Duodenums zur Grund- .
Bei den ulzerösen Veränderungen am Bulbus duodeni, am
Strängen, sowie von Duodenum und Magen untereinander vorhanden, d
gesehenen Veränderungen des Bulbus diesen Verwachsungen und
Diese Frage zu entscheiden ist‘
die Veränderungen des Bulbus, die z. B. durch Prozesse an der Í
Im vorigen Abschnitte haben wir eineù Fall erwähnt, bei dem
Gr einer gewissen Verbreiterung und Verlängerung des. - -
Pyloruskanals bei nur wenig und nicht charakteristisch verändertem >-
ausgesprochen hatten und bei dem die Operation einen erweiterten .
. mit der Gallenbläse breit verwachsenen Bulbus aber kein Ulkus , er-
Operation bot, würde seine Angabe bestätigen. Andere Fälle haben |
Und noch ein Wort über eine keineswegs seltene Bulbusform. -
Operation. Bei einem fand sich hoch in der Pars superior duodeni
des Lumens geführt haben-mochte. In dem zweiten Falle war das `
Duodenum durch einen Karzinomtumor des Pankreaskopfes teilweise
frei. Wenn wir aus diesen drei Fällen einen Schluß ziehen dürfen, `
Auffallend ist in unserem Materiale die große Zahl der para `
_pylorischen Geschwüre im Verhältnis zu den Geschwüren der Magen- .-
pylorischen Ulzera ist wesentlich höher, allerdings ist bei hen |
Operationsbefundes zu den. parapylorischen Geschwüren gerechnet .
wurden, weil die Entscheidung, ob: das Ulkus noch vor, am. oder
3. August | | |
Gründen müssen wir darauf verzichten, aus unseren Daten irgend-
einen weitgehenderen Schluß zu ziehen.
Nur vom praktischen Standpunkte aus, vor allem bezüglich
der Frage, ob der Röntgenbefund verläßlich ist, das heißt, ob der
positive Befund mit Sicherheit für ein Ulkus spricht, der negative.
ein Ulkus ausschließt, ist unser Material sicher geeignet und auch
groß genug, eine diesbezügliche Antwort zu geben.
Ein positiver Befund bei Ulcus ventriculi, der durch die |
Operation nicht bestätigt werden konnte, war im ganzen zweimal
abgegeben worden. Ich habe bereits früher eingehend erklärt, daß
auch bei diesen Fällen höchstwahrscheinlich ein Schleimhautulkus
vorhanden war. Da aber ein Beweis für diese Behauptung infolge
Nichteröffnung des Magens nicht erbracht werden konnte, die In- |
dikation zu einem Eingriff jedenfalls nicht gegeben war, so rechne
ich diese beiden Fälle zu den Fehldiagnosen und erhalte somit ein
Fehlresultat von 6 %. D f
Bei den juxtapylorischen und Duodenalgeschwüren ist es nicht
ein einziges Mal vorgekommen, daß ein positiver Röntgenbefund
durch die Operation nicht bestätigt worden wäre. Also ein Er-
gebnis von 100 °/, bei 77 Fällen. |
Berichte über Krankheitsfäll
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
ij
Ein negativer Röntgenbefund, der durch die Operation. des- `
avouiert wurde, kam beim Ulkus der Magenmitte niemals vor; beim
juxtapylorischen Ulkus zweimal, was einem Prozentsatz von 5 ent-
‘spricht. Auch beim Duodenalulkus ist. kein einziges Mal bei nega-
tivem Röntgenbefund ein positiver Operationsbefund erhoben worden,
obwohl gerade hier wegen starker Beschwerden der Patienten dieLapa- .
rotomie vorgenommen wurde, die aber den Röntgenbefund bestätigte.
Mit Recht können wir deshalb sagen, daß die Röntgendiagnostik
des Magen- und Duodenalgeschwüres heute bereits auf einer solchen
Stufe steht, daß sie mit weniger als 5°/, Fehlern rechnen kann,
worin mit ihre keine andere Untersuchungsmethode zu konkurrieren
vermag. Angaben. von anderer Seite, die mit höheren Fehlersätzen
rechnen, können nur durch mangelhafte‘ Technik erklärt werden.
Literatur: Barsony, Arch. f. Verdauungskrkh. 1921, 28, 8.275. —
Chaoul, M.m.W. 1923, H.9,10. — Cramer, Fortschritte. 1921, S. 265. — Alt-
schul, Ebenda. 1922, S.274. — Haudek, W.klW. 1922; W.m.W. 1910, 1912; -
M.m.W, 1910, 1918. — Olairmont, W.kl.W. 1918. — Strauß, Jahreskurse für
ärzt). Fortbild. 1919, Märzheft S.1. — Petrén u. Hdling, Fortschritte, 1914, 21. —
Soupult, Traité des maladies de l'estomac. Paris 1906. — Schmieden und
Härtlein, B.kl.W. 1902. — G.Schwarz, Bruns’ Beitr. z. Chir. 1910. — Aker-
lund, ‚Fortschritte. 1919, 27. — Oehbnell, Arch. f. Verdauungskrkh,. 1917, 28. —
Schinz, Das Ulkusleiden im Röntgenbild, Hamburg 1921. ze
e und Behandlungsverfahren.
Aus der I. Med. Abteilung (Vorstand: Prim. Doz. Dr. Karl Reitter)
und der Prosektur (derzeitiger Leiter: Dozent Dr. Anton Priesel)
des Krankenhauses der Stadt Wien.
Über einen Fall von Sepsis mit schwerer Funktions-
störung des hämatopoetischen Apparates.
Von Dr. Eduard Gimplinger, Sek.-Arzt.
Die Arbeiten der letzten Jahre haben uns für die diagnostische
Auswertung der Erscheinungen jener, unter dem Bilde einer akuten
Infektionskrankheit verlaufenden Krankheitsfälle, in denen im
dilferenziellen Blutbilde eine auffallende Verschiebung der Ver-
hältniszahlen zu Gunsten der Lymphozyten vorliegt. und infolge-
dessen an eine Systemaffektion des lymphatischen Apparates ge-
dacht werden kann, wertvolles Material geliefert.
Von der oft naheliegenden Diagnose der akuten sub- oder '
aleukämischen Lymphadenose muß in vielen Fällen abgegangen
und der sich darbietende Symptomenkomplex nicht als die Folge
einer Systemaffektion, sondern einerseits als Ausdruck einer ab-
normen Reaktion des lymphatischen, andererseits als eine schwere
Schädigung des granulozytenbildenden Apparates aufgefaßt werden.
Die Begriffe der „Iymphatischen. Reaktion“, des „septischen Granu-
loytenschwundes“, der „akuten Aleukie“ und der „Angina agranu-
locytotica“ sind Ergebnisse unserer ausgebauten diagnostischen Er-
kenntnisse.
= _ Diese Fortschritte schränken die Diagnose der akuten aleu-
kämischen Lymphadenose auf ein enges Gebiet ein und’ immer
häufiger werden die Stimmen, die die Auffassung des Symptomen-
komplexes als Krankheit sui generis überhaupt ablehnen.. Doch
wird auch bei dieser Einstellung mit mehr oder minder starker
Betonung die Schwierigkeit der. Abgrenzung dieser, fließende Über-
sange aufweisenden Krankheitsbilder intra vitam hervorgehoben.
Von einem Falle, der weitgehenden diagnostischen Über-
legungen oben geschilderter Art Raum gibt, möge im Folgenden
erichtet werden:
Beruf Am 2). Oktober 1923 wurde die Pat. H. P., 19 Jahre alt, ohne
die T m die Abteilung eingeliefert. In gekürzter Darstellung ergab
ih ntersuchung: Hochgradige Blässe der Haut und sichtbaren Schleim-
iute, Vitiligo an der Stirn-Iaargrenze, Haupthaar diffus ergraut. Hirn-
nerven frei. Pupillenreaktion prompt und ausgiebig. Rachen blab.
Kat ‚er, linken Supraklaviknlargrube und an derselben Halsseite eine
To a verschieblicher, indolenter Drüsen. Asthenischer
Aa ber der ganzen Lunge verschärftes In- aber weiches Ex-
d un, Non male Herzgrenzen, der 1. Ton an der Spitze lauter, über-
ee systolisches Geräusch, über dem untern Sternum ein
An sto isch-diastolisches Reiben. Stark undulierende Halsvenen.
lorisan] weich, Hepar derb, leicht druckempfindlich, bis in die Nabel-
Be 23 2 eichend, Lien 2 Querfinger breit den Rippenbogen über-
en a empfindlich. Schlaffe Parapareso der unteren Extremi-
ne Rn Se positivem Babinskischen Zehenphänomen: Achilles-
eine Ata rsehnenrellexe etwas lebhafter. Bauchdeckenreflexe fehlend.
ia xie. Sensibilität ungestört. Geringe. Atrophie der unteren Ex-
aten. Subfebrile T emperaturen, Pulsfrequenz 96, rhythmisch.
1918 Anamnestisch erfahren wir: Die Patientin bekam im Spätherbst
(mit 14 Jahren) im Anschlusse an eine angebliche „Grippe“ (Hals-
weh, Schluckbeschwerden, Fieber) und eine etwas später auftretende
Periostitis am rechten Unterkiefer, einen schwerfälligen, stampfenden,
breitspurigen Gang. Anfangs 1919 wurden die Haare grau und erschien
die oben verzeichnete Vitiligo. Wegen zunehmender Verschlechterung-
des Gehvermögens erfolgte im April 1919 die Aufnahme auf die in-
terne Abteilung eines Wiener Krankenhauses. .Dort wurde eine be-
eichter Besserung verschlechterte sich der Zustand wesentlich und die
Patientin kam an die psych.-neurol. Klinik. Da wurden therapeutische
a OAN gemacht und die Pat. nachher einer l4tägigen
a
ariakur unterzogen. Im Februar 1922 erfolgte angeblich nur mit
geringer Besserung die Entlassung. Im Juni 1923 traten bei geringster
Bewegung heftige Kopfschmerzen, „krampfartige“ Beschwerden im
Hals und eine auffallende Blässe des Gesichtes auf. Kurz vor der
Spitälsaufnahme waren leichte abendliche Temperatursteigerungen und
große Schwäche vorhanden. | | |
Die weitere Untersuchung ergab: Blutdruck R.R. 130, Wa.R.
negativ, im Harn leichte Vermehrung von Urobilin und Urobilinogen,
im übrigen keine nennenswerten Betunde. Um so auffallender waren
die wiederholten Blutuntersuchungen, deren Ergebnisse zusammen-
1078.
ERE multiple zerebrospinale Sklerose festgestellt. Nach einer Zeit
gestellt hier folgen (Färbung der Ausstriche mit Leishman-Giemsa):
Am 30. Oktober: Rote Blk. 1240000; Hb. Sahli 20; F.-I. 0,9;
Leukozyten 11840; neutr. polyn. Leuk. 10°/,, abs. Zahl 1184; basoph.
„L. t/2"/o, abs. Zahl 59; Myclozyten0; Lymphozyten 89/,, abs. Zahl 10537;
ymphoblasten 0; Monozyten 4, °/,, abs.Zahl 59. — Am 13. November
dieselbe Reihenfolge: 960000; 20; 1,17; 5280; 10°, 528; 0;
890%/,, 4699; 0; 0. — Am 18. November: 0; 0; 0; 4650; 20%, 930; 0;
0; 80%, 3720; 0; 0. — Am 29. November: 1150000; 15; 0,73; 4080;
291/,%0; 1195; 0; 0; 69%,, 2815; 1%, 40; 0. — Am 7. Dezember:
900000; ‚15; 0,8; 7040; 117,0, 91; 0; 0; 981/,%/,, 6920; Y/,%/, 28; 0.
Die Durchschnittszahl der Thrombozyten war 265000. Die Erythro-
zyten zeigten mäßige Größenunterschiede, Polychromasie, basophile
rote und blaue Punktierung. Erythroblasten sind in mäßiger Anzahl
vorhanden. Die neutrophilen pölymorphkernigen Leukozyten zeigen
meist einen wenig ee Kern, vereinzelt finden sich Metamyelo-.
r
zyten. Die neutrophile Granulation ist spärlich und sehr zart.
Die Lymphozyten sind fast durchwegs. größer als normal, über-
wiegend sogenannte „nacktkernige“ Formen, mit nicht oder kaum in
der häufig wiederkehrenden scharfen, kurzen Kernkerbe sichtbarem
Protoplasma. Im breiteren Protoplasmaleib ganz vereinzelter Individuen
findet sich feinste Azurkörnelung. Der Kern füllt die Zelle fast aus,
ist heller gefärbt als der der normalen Lymphozyten und zeigt ein
feineres Chromatinnetz mit manchmal deutlich sichtbaren Nukleolen.
Die Kernpolymorphie ist in geringem Grade durch einzelne Rieder-
formen feststellbar. | |
Die Schultze-Winklersche Oxydasereaktion fällt. bei den ein-
kernigen Zellen ausnahmslos negativ aus. Unter allmählich staffel-
förmig ansteigenden Temperaturen ohne Schüttelfröste, mit immer
geringeren, meist morgendlichen Remissionen verschlechtert sich das
Krankheitsbild.
Die auf der Höhe des Fiebers entnommene Blutprobo ergab: bei
der Kultur das erstemal Staphylococcus pyogenes aureus non haemo-
Iyticus (wahrscheinlich Verunreinigung), das zweitemal grampositive
Streptokokken. Im leichtgetrübten Harn wurden ebenfalls kulturell
Streptokokken festgestellt.
Eine am 9. November aus der linken Axilla exzidierte Drüse, die
leider zum Teil durch Autolyse geschädigt war, zeigte histologisch in
1%, 52;
den gut erhaltenen Partien deutlich die Tendenz, die Kapsel zu durch- .
brechen und das periglanduläre Fettgewebe Iymphozytär zu infil-
trieren. | |
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1074
Da das klinische Bild die Entscheidung der differentialdiagnosti-
schen Möglichkeiten einer Sepsis mit abnormer Reaktion und einer
aleukämischen Lymphadenose vorläufig noch nicht gestattete, wurde
neben der intravenösen Verabreichung von Argochrom und Argoflavin
noch der Versuch mit Röntgenbestrahlung gemacht, zumal die oben
beschriebenen Drüsen .sich vergrößerten und solche auch in der linken
Axilla palpabel wurden. Trotz’ der negativen Ergebnisse, von denen
mit der Bestrahlung Herz, Naegeli, Wetterer, Klieneberger,
Beclere u.a. bei der akuten Iymphatischen Leukämie berichten, er-
schien uns der Versuch im Hinblick auf die sonst völlig infauste Pro-
gnose gerechtfertigt. Neidhardt hat erst in einer in jüngster Zeit
erschienenen Arbeit auf die Möglichkeit der therapeutischen Beein-
flussung der akuten Lymphadenose durch Röntgenstrahlen unter be-
stimmten Modalitäten hingewiesen. Auffallend war auch in unserem
Falle, daß einige Tage nach der Bestrahlung der Drüsen die
höchste absolute und relative Zahl der polymorphkernigen
neutrophilen Leukozyten festzustellen war. | |
Nach der Milzbestrahlung entwickelte sich eirie Kontinua bis 409,
acht Tage später war die Milz nicht mehr palpabel.
Außer einem einmaligen Nasenbluten bestanden nie Anzeichen
einer hämorrhagischen Diathese. — Unter zunehmendem Krüfteverfall
erfolgte am 15, Dezember 1923 der Exitus letalis. |
Die Abteilungsdiagnose lautete: Sclerosis multiplex cere-
brospinalis — Lymphadenosis aleucaemica acuta — wobei
die Möglichkeit einer Sepsis mit Granulozytenschwund und
kompensatorischem Eintreten der Lymphozyten offen ge- '
lassen wurde.
Aus dem Protokoll der Sektion (am 16. Dezember 1923, aus-
geführt von Dr. I. Knoflach) sei hervorgehoben: Die Haut der etwas
abgemagerten Frauenleiche wachsartig-gelblich, in den abhängigen
Körperpartien nur schr spärliche, blaß-violette Hypostasen, Schleim-
häute blaß. Das Blut von eigentümlich wässeriger eschaffenheit, fast
durchgehend flüssig, von gelblich-rötlicher Färbung. Im Gehirn und
Rückenmark der typische Befund der multiplen Sklerose, die Herde
zum Teil sehr ausgedehnt, so namentlich in den hinteren Abschnitten
der Seitenkammern, woselbst sie sich bis zu 1 cm in die Tiefe unter
das Ependym erstrecken. Sekundäre Degeneration der Hinterstränge
im unteren Dorsal- und Lumbalmark. — linken Pleuraraum etwa
150 ccm klar-seröser Flüssigkeit, der Lungenunterlappen teilweise luft-
leer, der pleurale Überzug mit zarten librösen Auflagerungen bedeckt.
Die peribronchialen Drüsen klein, anthrakotisch. — Im Herzbeutel etwa
30 com klar-seröse Flüssigkeit, Herzklappen intakt. — ÜÖdematöse
Schwellung der aryepiglottischen Falten, von der linken Falte bis
hinab an das Taschenband eine blutige Suffusion der Schleimhaut mit
kleinem zentralen Substanzverlust. Reichlicher Soorbelag des Zungen-
grundes, der Trachealhinterwand und des oberen Abschnittes der Speise-
röhre. Zervikale Lymphdrüsen bis kleinkirschengroß, am Durchschnitt
graurötlich, dabei ziemlich fest. — Leber gewöhnlich groß, blutarm,
hellgelblich-braun, mit deutlicher Azinuszeichnung. — Milz etwa auf das
Dreifache vergrößert, Kapsel an einer umschrjebenen Stelle mit .dem
Zwerchfell verwachsen, sonst zart, Konsistenz etwas erhöht, Schnitt-
fläche blutarm, rötlichbraun, Follikel nicht vergrößert, Milzsaft nicht
abstreifbar. ne Drüsen bis haselnußgroß, blaß-graurötlich. —
Nieren blaß-gelblich, an mehreren Stellen der Oberfläche stecknadel-
ad zum Teil leicht erhabene Abszeßchen mit hyerämischem Hof.
Nebennierenrinde lipoidarm. In der Harnblase ungefähr 30 ccm leicht
eitrig-getrübten Harns, die Schleimhaut etwas ödematös, innerhalb
des Trigonums blutreicher. In den a Röhrenknochen teils Fett-
mark, teils (so in der Femurdiaphyse) blaßgrau-rötliches, leicht trans-
parentes Mark. '
Die vom Sektionsmaterial ausgeführten bakteriologischen Unter-
suchungen hatten folgendes Ergebnis; Im Eiter der Nierenabszeßchen
grampositive Kokken, vorwiegend zu zweien angeordnet. Kulturell
aus der Milz nach Anreicherung auf Schottmüllerplatten Staphylococcus
pyogenes aureus, daneben kleinehämolysierende Streptokokken-
kolonien. Von der Galle angelegte Kulturen blieben steril.
Von dem Ergebnis der histologischen Untersuchung des Leichen-
materials (Färbung der Schnitte mit Hämatoxylin-Eosin) ist zu er-
wähnen, daß die Veränderungen im großen und ganzen nicht sehr
hochgradig waren, immerhin jedoch für eine Erkrankung des hämato-
poetischen Apparats sprachen.
O Das Gefüge der Milz erscheint verhältnismäßig locker, die Venen
sind strotzend blutgefüllt, die endothelialen Elemente zeigen, nament-
lich in der Nachbarschaft kleiner follikulärer Arterien, oft Speicherung
eines scholligen, bräunlichen Pigments. Das Iymphatische' Follikular-
gewebe hat auch histologisch keine wesentlichere Ausdehnung als ge-
wöhnlich. Hingegen fallen im Bereiche der Pulpa neben lympho-
zytären Elementen reichliche Plasmazellen, oft auch mehrkernige, auf.
Überdies sind noch zahlreiche Riesenzellen, wohl retikuloendothelialer
Herkunft, zu sehen, die Megakaryozyten gleichen. Damit ist aber das
Bild der Zellformen im Pulpabereiche nicht erschöpft. Vielmehr finden
sich auch Elemente unzweifelhaft myeloischen Charakters, große oval-
kernige Zellen mit reichlichem, eosinophil oder ‘basophil gekörntem
Protoplasma. Diese stellen jedoch nur einen Bruchteil der Pulpa-
zellen dar und namentlich die basophilen Elemente sind nur sehr
spärlich vertreten,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
i S a a 2 Sa j
or.
In der Leber finden sich innerhalb der periportalen Felder
wechselnd reichlich zellige Infiltrate. Sie bestehen aus großen, blaß-
kernigen, .retikuloendothelialen Elementen und dazwischen gelagerten
Iymphoiden Zellen, die oft große, zum Teil leicht Pe erne
aufweisen. | | |
In Schnitten von dem roten zelligen Knochenmark der Femur-
diaphyse treten im ganzen die myeloischen Elemente stark in den
Hintergrund. Man sieht überwiegend Zellen vom Iymphoiden Typus,
meist vom Aussehen großer Lymphozyten, vielfach auch mit typischer
Radspeichenstruktur der Kerne und großem Protoplasmaleib. Daneben
finden sich außer Retikulumzellen reichlich Megakaryozyten und ver-
hältnismäßig spärliche kernhaltige, rote Blutkörperchen. Einen besseren
Überblick über die zellige Zusammensetzung geben Klatschpräparate
des Knochenmarks, die mit Leishman-Giemsa gefärbt wurden. Hier
tritt das Überwiegen der rundkernigen plasmaarmen Lymphoidzellen
besonders deutlich hervor. Sie imponieren auch hier wie in den Blut-
ausstrichen oft als „nackt-kernig“. Der Kern selbst ist rund, heller gc-
färbt als bei normalen Lymphozyten, feiner strukturiert, weist häulig
1—2 Nukleolen und eine scharfe Kerbe auf. Diese durchschneidet ihn
manchmal wie in amitotischer Teilung. In der Kerbe erscheint ein hell-
blauer Protoplasmastreifen. Zwischen diesen Zellen liegen einzeln oder
zu zweien und dreien größere mit sattblauem Protoplasma, feinnetz-
förmig gebautem Kern mit kleinen blauen Nukleolen (Myeloblasten)
und solche mit neutrophilem oder schwach basophilem Brolop ERA
und feinster diffuser oder herdförmiger roter Granulierung (Myelozyten),
dann ziemlich reichlich Zellen mit grobbalkigem Kern, der exzentrisch
in einem tiefblauen, elliptisech geformten Protoplasma liegt (Plasma-
zellen).: Eosinophile Elemente sind feststellbar, ausgereifte neutrophile
ne Leukozyten so gut wie nicht. Im Vergleich zu den
chnitten findet sich eine größere Zahl oxy- und basophiler, manchmal
unktierter Erythrozyten und Erythroblasten. In ziemlicher Anzahl
{nochenmarksriesenzellen.
Die mit den Strichen ausgeführte Indophenolblausynthese ergibt
nur in den als myelogen angesprochenen Zellen schöne blaue Körnelung.
Die nach der Vorschrift von Helly durchgeführte panoptische
Färbung der Paraffinschnitte mit May-Grünwald-Giemsa-Farbstofl
zeigt durchgehend rundzellige Elemente mit wenig Protoplasma, da-
zwischenliegende Erythrozytenhaufen und nur wenig eosinophil und
ln granulierte Zellen und Megakaryozyten. |
ie Nieren weisen nur geringe Veränderungen auf, wenn man
von den leukozytären (den oben angeführten Abszeßchen entsprechenden)
Infiltraten absieht. In relativ geringer Zahl und Ausdehnung sind zwischen |
den Kanälchen des Rindenlabyrinths, hier und da auch in der Mark-
substanz verwaschen begrenzte Anhäufungen Iymphozytenäbnlicher
Zellen. Die größte Ausdehnung besitzen sie in der Nachbarschaft der
Gefäße, an der Rinden-Markgrenze. Auch hier überwiegen kleine
Rundzellen mit dunklem Kern und spärlichem Protoplasma; neben ihnen
kommen gelegentlich noch Plasmazellen vor.
Der Befund an den Lymphdrüsen ist durchaus kein einheitlicher.
Nur stellenweise zeigen die. Drüsen einen kompakteren Aufbau, nament-
lich im Bereiche des Marks, gleichmäßige tration der Rinde mit
Verschwinden der Follikel und Randsinus; die lymphozytären Zellen
durchsetzen dann vielfach auch in dichter Lagerung die Kapsel und
das angrenzende Fettgewebe. In anderen Bezirken sind die Rinden-
knötchen noch deutlich zu erkennen und haben „helle“ Keimzentren.
Die perifollikulären Sinus enthalten verschieden reichlich kleine Rund-
zellen. Solche Differenzen im geweblichen Aufbau sind oft in ein und
derselben Drüse feststellbar. Eine der untersuchten Zervikaldrüsen
weist frischere entzündliche Veränderungen auf, Erweiterung des Sinus.
mit Desquamation der Endothelien, die vielfach Kerntrümmer phago-
zytiert haben. Oft sieht man auch in allen untersuchten Drüsen mehr-
kernige Zellen endothelialer Herkunft. |
Die Ergebnisse der anatomischen Untersuchung zusammen-
fassend, ist festzustellen, daß neben den für die multiple Sklerose
typischen Befunden sich unzweifelhaft Anhaltspunkte für das Be-
stehen einer Erkrankung des hämatopoetischen Apparates
finden. Es sind die Zeichen einer schweren Anämie vorhanden
und als augenfällige Befunde eine Iymphatische Metaplasie
des Knochenmarks, lymphatische Herde in Leber und
Niere in geringerem Grade ausgesprochen, doch immerhin auch
feststellbar, Veränderungen in den Lymphdrüsen und in
der Milz. Die Drüse zeigt nur zum Teil eine diffuse Durchsetzung
mit kleinen Rüundzellen, das Iymphatische Gewebe der Milz ist nicht
hyperplastisch, doch treten in deren Pulpa neben kleinen Lympho-
zyten zahlreiche Plasmazellen besonders auffällig hervor. Diese Zell-
gattung ist auch in großer Zahl im Knochenmark vertreten.
Angebracht erscheint uns da der Hinweis auf die Befunde
bei Plasmazellenleukämie, die nach Naegeli mit der Lymph-
adenose im engen Zusammenhange steht. Wenn auch in unserem
Falle keine Plasmazellen im strömenden Blute festzustellen waren,
so treten sie nach den dargestellten histologischen Untersuchungen
um so auffallender in den Organen hervor. Besonderes Interesse
beansprucht dieses Vorkommen, wenn man erwägt, daß die von
Glizinski und Reichenstein, dann von Ghon und Roman
3. August-
mitgeteilten Fälle von Plasmazellenleukämie sub- oder aleukämisch
verliefen. | ae
; Für die chronisch-septische Erkrankung im vorliegen-
` den Falle sprechen die verschiedenen mitgeteilten bakteriologischen
` Befunde, die überall Streptokokken erkennen lassen, die Nieren-
` abszesse und die frischen entündlichen Herde in der untersuchten
` Zervikaldrüse. Zu a
| Überblicken wir die gesamten Befunde des dargelegten Falles,
-so ergibt sich, daß im Winter 1918 zum ersten Mal die Erschei-
nungen einer multiplen Sklerose auftraten. Diese bestand mit den
ihr eigenen Remissionen bis zum Exitus. Dazu kam eine zeitlich
- nicht sicher feststellbare, vermutlich infektiös-toxische Schädigung
“des Organismus, als deren erste erkennbare Folge die anamnestisch
. angegebene Blässe zu werten ist. Diese Schädigung wird aber
. wohl weiterhin die zum letalen Ende führenden Krankheitserschei-
nungen ausgelöst haben. Als uns die Patientin übergeben wurde,
las es nahe, die Krankheitssymptome als die Folge einer Erkran-
: kung des Iymphatischen Apparates und zwar einer aleukämischen
. akuten Lymphadenose zu werten. Auf die lange vorher bestehende
Anämie weist Naegeli in seinem Lehrbuche hin. Mit dieser Er-
. scheinung soll nach demselben Autor eine gering entwickelte Ver-
` gröberung der Drüsen parallel gehen. Das Fehlen der hämorrhagi-
: schen Diathese ist mit den klinischen Erfahrungen vereinbar. Der
Blutbefund spricht entschieden für die Diagnose, besonders in den
- auffallenden Zahlenverhältnissen und in der Atypie der Lympho-
- ıyten, die weitgehende Unterschiede gegenüber der Norm auf-
weisen. Ihre absolute Zahl, auf deren Wichtigkeit Domarus bei
‘der Beurteilung von Lymphozytosen hinweist, da sie ja auch ein Er-
gebnis des Fehlens der Granulozyten sein können, ist bei weit-
gehender Verminderung der granulierten Elemente auf das 2- bis
‚ lache erhöht, wenn als Normalzahl 2000 angenommen wird. Die,
exorbitante Verminderung der Granulozyten wäre mit einer Ver-
- drängung des myeloischen Apparates durch. mächtig wucherndes
Iymphatisches Gewebe klinisch in Einklang zu bringen. Patho-
logisch-anatomisch findet sich eine vergrößerte Milz, mäßig ver-
größerte Lymphdrüsen, seröse Ergüsse in Pleurahöhle und Herz-
beutel und teilweise rotes Knochenmark. Die histologische Unter-
suchung ergibt in Leber, Milz und teilweise in den Drüsen Infiltrate,
die für die lymphatische Leukämie als charakteristisch gelten können.
Ihre mäßige Ausdehnung wäre auf die Akuität des Prozesses zu
beziehen (Naegeli). Der auffallendste Befund ist das fast völlige
Verschwinden der myeloischen Elemente, ohne entsprechende Meta-
plasierung in anderen Organen und das Auftreten fast rein lympha-
tischen Gewebes im Knochenmark, das in wechselnder Ausdehnung
‚geradezu zu einem Iymphatischen Organ umgewandelt erscheint. -
‚ In der zur Verfügung gestandenen Literatur finden sich nur
wenige Fälle, die als akute aleukämische Lymphadenosen angesprochen
werden. Als solche erscheint der von Herzog publizierte. Die
klinischen, hämatologischen und anatomischen Befunde . weisen weit-
gehende Ähnlichkeiten auf. Nur war bei uns keine Thrombopenie vor-
handen, die res veranlaßte, Beziehungen zwischen der akuten
Aleukie Franks und der akuten Leukämie herzustellen. Auf einen
für uns später wichtigen Befund im zitierten Falle, nämlich den
Bakteriennachweis in Leber und Niere, sei hier hingewiesen.
Marchand beschreibt einen Fall von. ungewöhnlich starker
Lymphozytose im Anschlusse an eine Infektion, bei dem die klinische
lagnose „akute lymphatische Leukämie“ gestellt wurde. Bei 2100 Leu-
ozyten waren 85,50%, Lymphozyten. Es wurden die starke hämor-
rhagische Diathese, der ei enartige Blutbefund und die se ptikämische
atur des Prozesses korear hoben.
„Der von J. ©. Schippers unter der in Frage stehenden Diagnose
veröffentlichte Fall unterscheidet sich bei fast völliger Übereinstimmung
1 den übrigen Befunden nur durch die graduell etwas intensivere
Yperplasie in den einzelnen Organen. Auch der Autor hebt cie Ge-
Önksschwellung und die Tatsache hervor, daß die Krankheit
als akute Infektion imponierte,
, Nur Ähnlichkeiten im Blutbilde weist der dargestellte Fall mit
Tag auf, die Bantz und Leon beschrieben, und die Friedmann
ne Gruppe unter dem Namen Angina agranulocytotica heraus-
Rn Mh hat. Dieser Autor weist auf die dfierentia diagnostischen
A eaungen zu leukämischen Prozessen hin und un führt von
cn Sicher septischen Erkrankungen die klinische Erfahrung bin-
er zu jenen schweren, akuten Infektionen, bei denen ein völliges
„arniederliegen der Funktionen des myeloischen Apparates und ein
rer vikariierendes Eintreten der Lymphozyten zu beobachten ist,
mische Pr klinische Bild jene frappante lichkeit mit akut leukä-
Ar eit h ozessen bekommt. Jagic und Schiffner betonen in ihrer
zwischen k die lymphatische Reaktion die fließenden Übergänge
manon ter Leukämie, lymphatischer Reaktion und se tischem
zytenschwund bei schweren Infektionen und Intoxikationen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr 31. 21075
Hält man sich nun vor Augen, daß das ganze Krankheitsbild
‚klinisch den Aspekt einer akuten Infektion bot, daß es gelungen
ist, sowohl im strömenden Blute, als auch im Harne und bei der
Sektion in Milz und Niere Streptokokken nachzuweisen, daB
die anatomisch-histologische Untersuchung nicht eindeutig für
eine Lymphadenose spricht, daß die zitierten Autoren einer-
seits ebenfalls Bakterienbefunde beschrieben, anderseits die :
klinischen Erscheinungen, die auf die septische Natur des Pro-
zesses hinweisen, hervorheben, so werden die diagnostischen
Überlegungen trotz der hämatologischen und der teilweise auffallenden
histologischen Befunde, doch dahin führen, in unserem Falle nicht
eine primäre Systemerkrankung der lymphatischen Or-
gane, sondern eher eine schwere Funktionsschwäche des.
myelo-erythropoetischen mit vikariierendem Eintreten
des Iymphatischen Apparates bei einer schweren akuten
Infektion anzunehmen. N 4
Wenn Nägeli auf die günstigen Bedingungen für das Auf-
treten von Infektionen bei der akuten Iymphatischen Leukämie hin-
weist und deren sekundären Charakter betont, so vertritt Sternberg
ganz entschieden die primär septische Natur dieser sicher schwer
abzugrenzenden Prozesse und die meisten Autoren folgen ihm da-
bei weitgehend. Herz betont aber in seiner Monographie „Die
akute Leukämie“ einschränkend, daß zu dem an sich unspezifischen
Erreger noch eine bestimmte Disposition kommen muß, um diese
abnorme und nicht gerade häufige Reaktion in Erscheinung treten
zu lassen. a l
Welche Faktoren diese Disposition schaffen, ist heute
.noch unklar.
Anzeichen von 'Status thymico-lymphaticus, auf dessen
nahe Beziehungen zur akuten Leukämie von Neußer, Herz und
Bartel hinweisen, konnten, wie aus den klinischen und den Ob-
duktionsbefunden zu ersehen ist, nicht. festgestellt werden.
Es möge gestattet sein, für unseren speziellen Fall zur Er-
klärung des disponierenden Momentes einer vielleicht etwas speku-
lativ anmutenden Überlegung Raum zu geben, der aber bei kritische
Würdigung nicht jede Berechtigung abzusprechen ist.
Lüdke ist es gelungen, bei Tieren durch Schädigung des Knochen-
marks mit Pyrodin und in der Rekonvaleszenz gesetzten Staphylo-Strep-
tokokkeninfektionen leukämieähnliche Blutbilder zu erzeugen.
un kam bei ähnlicher Versuchsanordnung zu über-
einstimmenden Ergebnissen.
Ziegler hatineiner Arbeitausgeführt, daß durch Reize, gleichgültig
welcher Art, die schädigend auf dieMilzfunktion einwirken, Änderungen im
Blutbild und in der Funktion des Knochenmarks sich abspielen können.
Bei unserer Patientin wurden nun therapeutisch Typhus-
vakzineinjektionen gemacht. Wenn man den stark hemmenden
Einfluß. der Typhustoxine auf die Funktion des ganulozytenbildenden
'Apparates erwägt, wäre eine Alteration der Knochenmarksfunktion
im Bereiche der Möglichkeit. Kommt dazu noch die Milzschädigung
durch eine Infektion mit Malariaplasmodien, — auffallend war schon
bei der 1. Untersuchung die zum Bilde einer Sepsis nicht passende
derbe große Milz, die sich auch nicht gut in den Komplex der
akut-leukämischen Erscheinungen einfügen ließ, — so sind mit
unserer gegenwärtigen Kenntnis vom pathologischen Geschehen die
Möglichkeiten, daß ein derart geschädigtes Organsystem bei einem.
auf es einstürmenden virulenten Infekt 1. abnorm reagiert,
daß aber auch 2. eine baldige Insuffizienz des durch eine
andere Zellartnurungenügend funktionierenden Abwehr-
mechanismus statt hat, gut vereinbart. Be
Es wird wohl nicht zum geringsten von der persönlichen Ein-
stellung zu den in Erörterung gezogenen Problemen abhängen, in
welche Gruppe Fälle, wie der geschilderte, bei der diagnostischen
Beurteilung eingereiht werden, denn es stehen uns derzeit absolut
verläßliche Kriterien zur Wertung des dargelegten Symptomenkom-
plexes noch nicht zur Verfügung. .
Von entscheidender Bedeutung ist in einem solchen Falle die
Klarstellung der Frage, ob dem außergewöhnlichen Blutbilde die
Rolle eines essentiellen oder akzidentellen Faktors zuzuschreiben ist.
Vielleicht wäre hier der Hinweis auf zwei Aussprüche Türks
am Platze: „Nicht ein so wertvolles Symptom allein, sondern das
klinische Gesamtbild ist entscheidend für die Diagnose“, und „das
Leukozytenbild im Blute von Infektionskrankheiten ist die Resultante
aus dem Zusammenwirken von Art und Stärke der Infektion auf
der einen und individueller, bzw. augenblicklicher Reaktionsfähig-
keit des erkrankten Organismus auf der anderen Seite“.
Uns lassen die bisherigen Darlegungen eher der Ansicht zu-
neigen, den gesamten Symptomenkomplex als eine Sepsis mit ab-
normer Reaktion der geschädigten Abwehrorgane aufanfassen, die
„ ah
EA '
-
=e e e 1
u
von. einer unbekannten .Infektionsquelle'‘, dur
. Billigkeit des Präparates; vor allem aber ein guter, scharf, zeich-
o Mo MEDIZINISCHE KLINIK — 0 ee
ch‘ sichergestellte Er-
f ER - Abbildung 1- Ba
"i reger hervorgerufen wurde: ‚Das ‚Blutbild wäre demgemäß nicht der | ‚Unmittelbar nach Anrühren des Breies.
ol. Ausdruck einer bestimmten Systemaffektion, sondern nur 'die.Folge |
We. einer augenblicklichen, individuellen Reaktion der hämatopoetischen | |
F ai | Organe, für deren Auftreten der Versuch einer Erklärung‘ auf Grund || : -
hard von Beobachtungen ernster Autoren gemacht wurde. 2 -
a >= Be jur Io en ; '
Ain 5 Literatur:1,Bantz,M.Kl. 1922. — 2. Friedmann, M. KL 1923. — 8.Herz, ,
ma, Monogr. Die akute Leukämie, W:kl.W. 1909, — 4. Herzog, Virch.Arch, 192. — |`
Et 5. Jagic und Schiffner, M.m.W. 1920. — 6. Laon, D. Arch. £f kì. Med. 18. .— |
N . 7.’Lüdke, Ebenda.100. — 8. Maärchandt,.Ebenda 110. — 9. Naegeli, Lehrbuch, | '
Sl ea | | — 9. Naegeli, ;
Pe Blütkrankheiten. — 10. Neidhardt, Strahlenther. 1924. — 11. Pappenheim, |. i
e ‘zitiert nach, Lüdke. — 12, Schippers, B.kl.W. 1918. — 18..Sternberg, W.kl.W. |: R
Lejh = I9, — 14 Türk, Vorlesungen über kl, Hämatol. W.m.W. 1907. — 15. Ziegler, |: \
A | ‚zitiert nach Lüdke. | i | a ao
e N Er |
Ta i . i me : E l , : Een —
A > Aus der Röntgenabteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses zu Berlin,
i A -> | < (Leitender Arzt: Prof. Dr. Levy-Dorn). ng
N Vergleichende Prüfung ee 2 ol
RARA ergleichende Prüfung verschiedener Baryum- |: T
ol De ae A Se De ì > 5 8 r -
Ya Mer 5 e ' |
eh N „.präparate. Ä
a ll n . A N x 7 a . -o ` , f l a M l -
WER 0... „Von Dr. Curt Wittkowsky, Volontärassistent. ` |
FIR '" Das Baryum sulfuricum hat sich wegen seiner Billigkeit als 3
A Kontrastmittel in der röntgenologischen Diagnostik des Verdauungs- | 2
pA ` traktus allgemein bewährt. Die chemischen Fabriken. bemühen sich -| :
uch ' daher, ein Präparat herzustellen, das allen Ansprüchen des Arztes | |
ba © genügt; es sind infolgedessen eine Reihe recht brauchbarer Präparate | | Eo ER Re Sn |
Sera im Handel, deren Eigenschaften in einer Anzahl von.Versuchen |, SONi mn. N De. ah
N "von uns geprüft wurden. Bei Anstellung derartiger Versuche muß ‘| | Eubaryt ‚Idrabaryum Röntyum - Roebaryt . Citobaryum . „Baryam
or Be ‚man sich zunächst darüber klar werden, welche Anforderungen |: | su | a
en wir- an ein. Präparat stellen müssen, um es für unsere Durch- $ a. Abbildung 2, .
RRES leuchtungszwecke`als brauchbar zu bezeichnen und andererseits, um. | £; DES | Nach 2 Stunden,
takal - von vornherein gegen Fehlerquellen, die auf | einer Unzulänglichkeit 5 i i
AEEA des Kontrastmittels beruhen, geschützt. zu ‚sein. Notwendig. sind | ;
R danach: einfache Herstellungsweise, Wohlgeschmack und möglichste
ji |
i EN
u, nender und intensiver Kontrastschatten, sowie eine ‚genügend lange z
En i anhaltende, ` gleichmäßige Suspension. Frühzeitiges Sedimentieren i ES
umask des Kontrastbreies kaiın bei Magenuntersuchungen zu Fehlschlüssen | |
Insofern“ Veranlassung geben, als dadurch eine Intermediärschicht. k
AN und somit ein pathologischer Magenzustand vorgetäuscht wird. |
N, -oœ . Unsere Versuche erstrecken sich auf folgende Präparate (welche :
Sat sämtlich von den Patienten gern genommen. wurden): | |
WIRT o a 1. „Bubaryt® r = Tan: is =
al ©. 2. „ldrabaryum“ (I. D. Riedel, Berlin-Britz), ° .. E
ne 3 Rntyum: en
Be x. .& „Roebaryt“ (Saccharinfabrik, Magdeburg), l E
Si 5. „Citobaryum“ (Merck, Darmstad), |.
ne 6. „Baryum sulfuricum purissimum“ (letzteres als ge- | !
o . kochter Brei a Zusatz ..von' Mehl und Zucker. Her-.| :
SR a ‚stellungsart s. u.). en we
a si| Es wurden ‘zunächst Verdünnungen hergestellt entsprechend | :
N den in-.den Gebrauchsanweisunigen der verschiedenen Firmen an- | |
I w Wa gegebenen Mengen; wo die zuzusetzende Wassermenge auf 200 bis} | ee
all Si 400, ccm: ‘freigelassen wurde, ' wurde. jedesmal die mittlere Menge | ?
a o von”300. cem‘genommen: Die jeweils notwendige Menge .des Kon- |- 5 BER...
Kane: ‚trastmittels wurde mit der Wage genau abgewogen. Diese Kon- ' ERS
N trastilüssigkeiten wurden in: Reagenzgläser gefüllt, : unmittelbar vor
‚der ‘Aufnälime noch einmal ‘durchgerührt und mit Röntgenstrahlen
phötographiert. Alsdann blieben die Gläser. unberührt im’ Ständer
2 Stunden stehen, ‚nach dieser Zeit wurde eine zweite”Aufnähme _
gemacht. Dieser Versuch wurde,. um Fehlerquellen oder Zufällig-
"keiten ‘bei der Herstellung des Breies nach Möglichkeit ausschließen
zu können, im ganzen dreimal wiederholt und zwar jedesmal mit
Y neu -angerührtem -Brei unter genau den gleichen Bedingungen.
. Hierbei ergaben nun die größte Schattentiefe das Präparat „Röntyum“
P (Nt: 3) und danach das „Roebaryt“ (Nr. 4) :[s., Abb. 1]. T
M © Die Aufnahmen ‚nach 2 Stunden zeigten,. daß die Sedimen-
A tierung bei einem Teil der Präparate schon ziemlich stark einge,
pinte k treten war, während die meisten garnicht oder. .nur wenig sedi-
lan ‚menfiert”ivaren (s: Abb! 2). men. a,
LERNTEN `. Wir ließen die Präparate dann unberührt im Ständer stehen
| und machten .
PET
ne
- To
en =
en 2
eine weitere Aufnahme nach 24’ Stunden (s. Abb, 3).
. Nach, diesen Sedimentierversuchen zeigte das Präparat „Rön-
tyum“ Nr, 3) das, beste Ergebnis, da es ‚auch nach 24. Stunden.
garnicht sedimentiert war; aber auch das -einfache Baryum sulf. pur.
.
Pa
"nen
`
=
— Ta 73
— |
= a a ’
` A
| ebenfalls kurz aufkochen zu.lassen.
Nr.8
i Nri > Nr Nrd ° Nr6. . ._Nr6
ı Eobaryt lIdrabaryum Röntyum Roebaryt Citobaryum ' Baryam
.. . sulf, pur.
(Nr. 6) war. ziemlich unverändert geblieben. Letzteres wurde bei `
uns bis: vor kurzem ausschließlich verwandt; unsere Herstellungs- _
weise war'so, daß wir 2 Eßlöffel Baryumpülver mit 1 EBlöffel Zucker
yermischten und dieses in einen aus’ 1 Eßlöffel Mehl und ca. 400 cem `
Wasser bestehenden Brei einrührten und das Ganze einige Minuten.
aufkochten. Das günstige Resultat dieses Breies hinsichtlich der _
Sedimentierung brachte 'uns nun auf den Gedanken, alle Präparate»
nach (dem vorgeschriebenen Anrühren mit heißem oder kaltem Wasser
Hierbei. ergab sich nun, daß °
ast alle. Präparate hinsichtlich :ihrer Konsistenz zunahmen und
dementsprechend nicht oder nur wenig mehr sedimentierten: Speziell
war.es-bei den Präparaten der Fall,:die vorher eine relativ ‚schnelle
Sedimentierung gezeigt hatten, so daß hiernach der Schluß’ erlaubt
ist, den Fabriken eine entsprechende Nachprüfung ihrer Gebrauchs- .
vorschriften zu empfehlen. So sahen wirz. B. eine. wesentliche Ver-
‚besserung bei’ dem Präparat „Idrabaryum“, das vor dem Aufkpchen
Abbildung 3.
; g ner Du we BR; 7 Er A E ee A E N aa e g N a o T “i i e T ES an e ar a a a a Ag A
; A | os > = | g | | i ; 5 3 i ; x we $ | 3 an g , y \ E in o :
a ` , . l j EEN o ʻi i | 2 š 2; j 3 | ! $ l A 1! j ERREN
3, August i: 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31. > TOTT a a
pAg — l = MENESES ; o BEE EEE EEE Bia aoh iga E
Te Dr a aaa aaa pR
à > f n aa ah
; ; - , i f woe A
j ` Dieses Mißverhältnis veranschaulicht folgendes Schema: nE Ei
Nach 24 Stunden.
Le
EEE rg ÁÁ
-
BE 29° Due Br Ze
n-
- t ; ee
. Giftigkeit a
Anästhesierungskraft Giltigkeit bei gleicher : Se
bei gleicher Dosis bei gleicher Dosis = Anästhesie- a
B rungskraft a
a
Kokain ist Kokain ist Kokain ist Dr ie x
Kokain : = 100 wirksamer] Kokain =100| giftiger giftiger als fe
Stovain = 50| 2 mal |[Alypin = 30| 3,3mal | Alypin 0,6 mal Se
i Eukain = 40| 25 „ I|Stovan = 15| 66 „ |Novokain31 „ Do
Novokain = 25| 4 „ Bukain: = 10| I0 „ Stovain 3,3 1) i ! E n
Alypin = 20| 5 „ Novokain= 8 12,5 1 Eukain 4 „ - y ai ii
CNT ER REA ug N er; gleich zu Kokain wäre Tutokain 6,25mal ungiftiger, dabei aber. ne
-Ne Iri Ts A j3 , T. ) x ° a BT . a + D rs er
Boberyt Idrabaryum Röntyum Hopbarsı- (ltcharyinn Barren doppelt so wirksam. Wir hätten somit im Tutokain ein Anästhe- a
i Ale: - sul. pur. tikum, das bei derselben anästhesierenden Kraft wie das Kokain Begi
sedimeitierte; die scheinbar anderen Ergebnisse von Fedder!) er-
klären sich hiermit. Auch beim „Roebaryt“ ist ein Aufkochen zu
empfehlen. „Eubaryt“ dagegen wird beim Kochen leicht flockig und
sedimentiert trotzdem; doch wird uns mitgeteilt, daß die Fabrik im
Begriff äst, dem Übelstande abzuhelfen. |
Vir selbst benutzten in der letzten Zeit bei unseren Durchleuch-
Kir zutrifft, wurde zunächst eine Tutokainlösung folgender Zusammen- | ne Bat
imgen-meist das Präparat „Röntyum“-Kahlbaum; es hat den Vorteil, setzung verwandt: | 47 u reagi
es:nicht aufgekocht zu werden braucht, um eine Sedimentierung I. Tutokain i.. . . 0,5 | H or
m verhüten, sondern nur mit Wasser angerührt wird und dann ge- Suprareniin . . .. 0,0025 RER
brauchsfertig ist. Es zeichnet einen. scharfen Kontrast únd gibt auch Natr. chlor. . . . 0,9 jei A
m sehr: starker Verdünnung noch einen brauchbaren Schatten, ` ver- Aq. dest. . ad 100. | ri l e Ep
ändert keine Suspension weder in saurer noch in alkalischer Flüssig- Mit dieser Lösung wurden in 100 Fällen (42 männlich, 48 weib- IN
et und wird von den Kranken anstandslos getrunken. Dagegen liegt | lich im Alter von 5 bis 71 Jahren) 202 Extraktionen (im Ober- eanit
ex gewisser Nachteil darin, daß es — wenn nach Vorschrift herge- | kiefer 133, im Unterkiefer 69). und 11 größere Eingriffe, wie Zysten- HER e
stelt — ziemlich dickflüssig ist und daher bei Einläufen in den Darm | operationen, Meißelungen, Wurzelspitzenresektionen (im Oberkiefer 9, lu, an E
weh engere Schläuche Schwierigkeiten verursacht. im Unterkiefer 5) ausgeführt, und zwar kam dabei die rein termi- Be.
Nach alledem müssen wir sagen, daß fast alle geprüften Präpa- | nale Anästhesie im Oberkiefer 62mal und im Unterkiefer 22mal zur: je
tate brauchbare Kontraste geben und, besonders wenn bei einigen die Anwendung. : Mandibularisleitungsanästhesie wurde in 16 Fällen an- o
entellungsweise durch Aufkochen o. ä. entsprechend geschieht, auch, gewandt. Die Injektionstechnik war im allgemeinen die von Guido u
ünsichtlich der Sedimentierung die Anforderungen bei den meisten
m wesentlichen erfüllt werden.
, Letzten Endes spricht unter den wesentlich gleichen Präparaten
e Preisfrage das entscheidende Wort.
Aus der operativen Abteilung des Zahnärztlichen Institutes der
Universität Leipzig (Direktor: Prof. Dr. O. Römer).
Tutokain.
Ein neues Lokalanästhetikum.
Von Dr. Heinz Hirschberg, Assistent am Institut.
in u großen Vorzüge, die die Lokalanästhesie vor der Narkose
‚ meen Fällen größerer und kleinerer Eingriffe vor allem im
elergehiet besitzt, sind bekannt und unbestritten. Das anfänglich
ur lokalen Anästhesie verwandte Kokain, das zum ersten Male in
„Alte des vorigen Jahrhunderts Anwendung fand, mußte seiner
u tigkeit wegen (Maximaldosis 0,05!) den weniger giftigen
ä
Tutokain = 200| 0,5 mal | Tutokain = 16| 6,5mal
paraten wie Eukain, Stovain, Alypin und vor allem dem
Tutokain12,5 mal
Hieraus geht hervor, daß z. B. Novokain wohl 12,5mal un-
giftiger ist, als Kokain, daß es aber auch nur ein Viertel von dessen
Anästhesierungskraft besitzt. Um also eine gleich tiefe Anästhesie
wie mit Kokain zu erreichen, müßte man das vierfache Quantum
‚Novokain verwenden, so daß Kokain in bezug auf seine anästhesi-
rende Wirkung also nur 3,125mal giftiger ist, als Novokain.
| Nach den von den Farbenfabriken vorm. Bayer mitgeteilten
Tierversuchen besäße, wie in der letzten Zeile des Schemas an-
gegeben, Tutokain im Verhältnis zu Novokain bei doppelter Giftig-
keit eine 8mal größere anästhesierende Kraft. D. h. eine Tutokain-
lösung von derselben Toxizität wie eine Novokainlösung besäße das
vierfache Anästhesierungsvermögen der. Novokainlösung. Im Ver-
nur knapp, ein Zwölltel seiner Giltigkeit besäße. ‘Einer 2%/,igen
Novokainlösung entspricht beim Tier (Kaninchen und’Maus) an
Toxizität eine 1°/,ige Tutokainlösung. Um die gleiche Anästhesie
hervorzurufen, genügt aber eine nur 0,25 %/sige Tutokainlösung.
Um zu prüfen, inwieweit dieses Verhältnis’ vou Tutokain zu
Novokain bezüglich seiner anästhesierenden Wirkung für den Menschen
Fischer!) angegebene. Injiziert wurden bei terminaler Anästhesie-
rung durchschnittlich 0,5 bis 2 cem, bei größeren Eingriffen bis zu
7 ccm. Zur Mandibularisleitung genügten 4 cem oberhalb des Tri-
gonum retromolare und 0,5 bis 2 ccm bukkal zur Anästhesierung
des N. buceinatorius. Bei diesen. 100 Fällen: war die Anästhesie |
64mal sehr gut, 30mal gut und in 6 Fällen zweifelhaft. Hierbei
sind mit gut die Fälle bezeichnet, in denen mit der 0,5°%/sigen Tuto-
kainlösung eine Anästhesie erzielt wurde, wie mit demselben Quan-
tum einer 2°/,igen Novokainlösung. l
Mit einer Lösung von:
II. Tutokain ... . . 0,25
Suprarenin . .. . 0,0095 .
Natr. chlor.. . .. . 09
Ag: dest... + ad 100. | $
wurden in weiteren 40 Fällen (24 männlich, 16 weiblich im Alter
von 16 bis 70 Jahren) 67 Extraktionen (im Oberkiefer 37, im Unter-
kiefer 80) und 4 größere Eingriffe ausgeführt, und zwar unter ter-
minaler Anästhesie im Oberkiefer 19mal, im Unterkiefer 14mal und
unter Mandibularisleitung mal. Von dieser 0,25 %/,igen Lösung
wurden bei terminaler Injektion 1 bis 3 cem verwandt, zur Leitungs-
anästhesie dieselben Mengen wie von der 0,5 %/sigen Lösung. Der
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en Novokain weichen. Alle diese Ersatzpräparate des Kokains | Erfolg war 9mal sehr gut, 26mal gut und 5mal zweifelhaft. i > i;
„en aber neben dem Vorteil der geringeren Giftigkeit' den Nach- Um zu vergleichen, ob auch bei Tutokain ein Zusatz von Ka- ne
mögen b auch ein bei weitem geringeres Anästhesierungsver- | lium sulfuricum die Anästhesie verstärkt, wie dies beim Novokain f
‚besitzen. | S-i ae | Be “ ;
~ | | | | 1) Fischer, Die örtliche Betäubung in der Zahnheilkunde’ |; $ i
') Siehe Fedder, M.KI. 1923, No.9; ~! 1 H. Meußer, Berlin 1920 ib Vena
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í der Fall ist, wurden noch Versuche mit folgenden beiden Lösungen ‘|
` 40 Fällen (14 männlich, 26 weiblich im Alter von 14 bis 63 Jahren)
terminalen Anästhesie durchschnittlich 2 bis 4 cem injiziert wurden:
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en = 2 r mer-
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dieselben guten Resultate erzielt, wie mit der 0,5 °/œìġen Lösung.
:0,25 %/,ige Tutokainlösung steht einer 2 °/,igen Novokainlösung in
Fällen ist es natürlich oft sehr schwer, ja zum Teil unmöglich, zu
.. .algesie vorhanden ist oder nicht.
Anästhesierungsfähigkeit des Tutokains -gegenüber der des Novo-
19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
einführen und damit Heilung erzielen können, ohne auf der Haut‘
angestellt: = | Ra es | eine. wesentliche physikalische Veränderung zu verursachen.
II. Tutokain 05 IV. Tutokain . . . 08 | .. Beim.Anwenden der Iontophorese waren wir von zwei. Gesichts-
Suprarenin 0,0025 ... Suprarenin . . 0,0025 ... |, punkten geleitet. Dem einen: daß wir bei verschiedenen Krankheiten -
Naa: e ri | u ra 0 der Haut das wirkende Arzneimittel in die Haut einführen, wo die -
al. suli. . | al. sul. . . R ti i inmäl-i iefet isatio: 5
A deil. 100 Aa. dest, oo: esorption der Mittel einmal infolge der tiefen Lokalisation der Läsion,
| mittel haben wir in solchen Fällen in erster Reihe die verschiedenen
parasitiziden Mittel, wie Jod, Chlorzink und- Ichthyol angewendet.
=. : Den- anderen Gesichtspunkt erklärt; daß wir mit der Tonto-
| phorese teils einen Zustand (Anästhesjerung, Anämisierung der Haut) -
| erreichen Können, der kosmetische Eingriffe erleichtert, weiter, daß
-wir derart in die Lage kommen, diese Eingriffe’so auszuführen, daß
_ ein fast spurloses Beseitigen der Läsion erreicht werden kann.
Diese Ziele erstrebte in neuerer Zeit: auch Wirz (8). Wir
‚rechnen ihm als Verdienst an, die. von ‘dermatologischer Seite ver-
zweifelhaft., 0.0.0 ur i uk,
Ä Mit 0,25 %/,iger Tutokainlösung + Kal. sulfuricum wurde in
anästhesiert und 67 Extraktionen sowie 5 größere Eingriffe vorge- | weitert zu haben. NR E u |
‚nommen. Hierbei war die Anästhesie 33mal sehr gut, 7mal gt | In der technischen Ausführung der Methode haben wir. uns
und in keinem Falle zweifelhaft. Dieses besonders günstige Er- | anfangs ganz an die Wirzsche Vorschrift gehalten, .die im großen
gebnis ist wohl aber zum Teil mit darauf zurückzuführen, .daß bei der | folgende ist: Als Elektrode dienen 1 und 2 mm dicke Bleiplatten.. Die
Zur Mandibularisleitung wurden aber auch nur 4 com verwandt und '| licher Mullbinde überzogen und wird befeuchtet manschettenartig an
einer beliebigen Stelle des Unterarms angelegt. .Die Größe der
aktiven (d. h. mit dem Medikament in Berührung tretenden) Elek- _
trode entspricht immer der Größe der zu behandelnden Hantstelle,
. bzw. überfagt sie um 1—2 cm. Ein zwei- bis dreiblätteriges Lösch-
papier oder sterile, hydropbile Gaze wird in die Lösung des zur An-
wendung kommenden Arzneimittels getaucht oder mit der Lösung
, benetzt und auf die aktive Elektrode gelegt, wobei wir darauf achten
"müssen, daß es etwa 1/3 cm über den Rand der Elektrode reicht. Die
aktive Elektrode wird nun auf die zu behandelnde Stelle gedrückt,
damit sie in möglichst engen Kontakt mit der Haut trete. Dann wird
Diese klinischen Versuche ergeben, daß sich Tutokain als An-
ästhetikum: für zahnärztlich-chirurgische Zwecke gut eignet. . Eine
ihrer anästhesierenden Wirkung etwas nach.. Dagegen ist die 0,5.0/oige
Tutokainlösung. der. 2 °/,igen Novokainlösung- an anäsihesierender
Kraft zum mindesten gleichwertig, . wenn nicht sogar überlegen.
Durch einen Zusatz von Kal. sulfuricum wird die Wirkung des Tuto- -
kains- erhöht, wenn, auch nicht in dem Maße, wie die des Novokains.
Unangenehme Nebenerscheinungen oder Nachwirkungen. wurden in
keinem der 205 Fälle beobachtet. Daß in’ 12 Fällen die Wirkung
zweifelhaft war, ist wohl nicht allein dem Anästhetikum zuzuschreiben,
sondern wohl auch zum Teil auf Überängstlichkeit und Nervosität
der Patienten: zurückzuführen. Denn oft ist:die Angst des Patienten
vor einem chirurgischen Eingriff so groß, daß der. geringste- Druck
schon Schmerzäußerungen und Stöhnen hervorruft, und solche Pa- .
tienten sich benehmen, als hätten: sie die schlimmsten Schmerzen,
nur aus Angst, daß wirklich Schmerzen eintreten könnten.. In solchen
“auf 5—10 oder 20 M.-A. steigern. Bei Anwendung von Jod, Ichthyol,
Pepsin ist die negative Elektrode die aktive, bei Adrenalin, Novokain usw.
(bei Alkaloiden) ist die’ positive Elektrode die aktive. Daher müssen
5—10 Minuten. S | we
| Im Laufe der Behandlung haben wir später das Verfahren
| etwas modifiziert und vereinfacht und haben seine Fehler zu elimi-
nieren getrachtet. 2 | EEE N
. Vor allem haben wir bei der Auswahl der Elektroden !/, mm
oder noch dünnere Bleiplatten gebraucht, die den Vorteil besitzen,
daß, sie sich gerade wegen ihrer Dünne der Haut anschmiegen, was
bei den Behandlungen im Gesicht besonders wichtig ist. Dann haben
wir dèr ursprünglichen Vorschrift Leduc’ gemäß 8- bis 10- oder noch
mehrschichtige (16- bis 32-) hydrophile Gaze zum Eintauchen in das
| Heilmittel angewendet. Wie schon gesagt, benützte Wirz einen 15-,
beurteilen, inwieweit überhaupt eine Anästhesie oder wenigstens An-
~ N
Genaue. systematisch vergleichende Untersuchungen über die
'kains sind noch nicht abgeschlossen, doch kann immerhin schon so-
viel gesagt werden, daß Tutokain ein Anästhetikum ist, das bei
bedeutend geringerer Konzentration und damit auch Toxizität dem
Novokain an Tiefe der Anästhesie zum mindesten gleichsteht.
3. August u
2. B. bei Trichophytiasis profunda, dann wieder aber wegen der um- 5,
ständlichen Behandlung (verschiedene Salbenverbände auf dem Gesicht
oder, auf der Kopfhaut) nur schwer durchführbar ist. Als Arznej-.
nachlässigte Methode wieder zu Ehren gebracht und praktisch er- -
indifferente Elektrode ist 8—10 cm mit 1—2 Schichten gewöhn-
‚mit Vorsicht der elektrische Strom eingeschaltet, den wir langsam bis `
. die zur Anwendung gelangenden Mittel erst genau untersucht werden, -
. ob sie als Kat- oder als Anionen in Wirkung treten. Behandlungsdauer: .
Aus der Abteilung für Hautkrankheiten der Charité- Poliklinik |
In Budapest (Vorstand: Kgl. Rat Dr. Joseph Sellei).
Die Anwendung der lontophorese in der Dermatologie.
Von Dr. Joseph'Sellei und Dr. Johann Fenyö.
=> Der elektrische Strom wird zwecks Iontophorese schon seit
‚langem in der Dermatologie angewendet. Reynold (1) behandelte
Favus, Trichophytiasis und Pityriasis versicolor mit Sublimat,
Ehrmann Dermatitis seleroticans nuchae mit. Ichthyol, Sudnik
Hauttuberkulose mit Chlorzink-Elektrolyse usw. Später wurde ‘die
»Iontophorese auch unter dem Namen, „Kataphorese“ angewendet,
kam jedoch. bald in die Hände von Charlatanen. Dadurch dis-
'kreditiert, wurde sie von Fachleuten immer weniger benützt — was
wir zum großen Schaden. unseres therapeutischen Handels nur be-
dauern können.
Auch die gründlichen wissenschaftlichen Untersuchungen des
älteren und jüngeren Leduc (2) über das Heilverfahren haben
lange Zeit größeres Interesse nicht wecken können, woran vielleicht
auch der überschwengliche Optimismus dieser Autoren schuld war,
die nun alles mögliche mittels Iontophorese heilen wollten. Bei
strenger, sachlicher Kritik dieser Behandlungsmethode können wir
auf Grund unserer Erfahrung sagen, daß wir in der Iontophorese
über ein Verfahren verfügen, mit dem wir Arzneimittel in die Haut
ja auch 20 M.-A. starken Strom. Dies haben wir für zu stark gefunden.
Patienten mit schwächerer Willenskraft (solchen Fällen begegnen wir
oft) können die Stromstärke nicht vertragen, sie klagen über starkes
. Brennen. Dem haben wir so.abgeholfen, daß wir nur 4—5 M.-A. Strom-
stärke anwendeten und nie über 5 M.-A. gingen. Dafür ließen wir
| den Strom statt 5 Minuten auch 10—15 Minuten einwirken. Das Er-
gebnis war das gleiche, die Kranken aber ertrugen das Verfahren
besser. Außer den schon angeführten Mitteln benützten wir später in
einigen Fällen auch eine 10°/,ige Argent. nitricum-Lösung und die
300/,ige alkoholische Lösung von Ammonia pura liquida. Bald jedoch
vergrößerte sich die Zahl der angewendeten Medikamente nach Er-
weiterung des Indikationskreises des Verfahrens. Die Iontophorese
wendeten wir bei einem größeren Krankenmaterial (bei 150 ver-
schiedenen Hautkranken) an, und zwar bei Trichophytiasis superT-
ficialis und profunda, 'Mikropsoriasis, Eczema chron.,
Neurodermie, Alopecia areata, Pseudopelade Brocq, Sy-
cosis staphylogenes und Seborrhoea pityrodes. Wir glauben
auch, daß‘ das Verfahren .bei der Behandlung von Narben, bei `
Lupus vulgaris, Uleus venereum und bei anderen Hautkrank-
heiten gut anwendbar ist, können über letztere mangels genügenden
Materials aber vorläufig nicht berichten. Auch können wir wegen
Raummangels unsere Fälle hier nicht anführen und beschränken uns
auf den Endbericht der Behandlung. | u =
1. Bei yes superficialis wendeten wir eine
Jod-Jodkalilösung (1:2:300) an und benutzten eine Stromstärke von
gT beares e —
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| FRE TEE S Dh DE RUN:
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Ri 1 rm rn y J. . id PTE d i . . ~ i 4 í ` : as - < Dir Er, a HEM H 2 qit a u
5M-A. Die Behandlungszeit haben wir nicht ganau gemessen, da wir | lingt es nämlich, sofern wir eine Tonogėn-Novokainlö Aiie N gr I | ei . R
dio Behandlung für beendigt P gen N wh der Jodlösung | 4—5 M.-A. anwenden, die feinsten Hautblutgefäße völlig un N SS AE ARa a
vebräante Gaze ihre ET eu Ar ON T ei re zu machen, wobei jedoch die größeren Hautgefäße in ihren WY L | EBEN
rei den, was etwa ò— nspru = . FR = “ ur EAN I VERTS RD
dh Bellen gen Auge den slan an Konturen sichtbar bleiben und daher leicht mit der von uns anges | poii "ln,
Tiare A nach in 1014 Tagen. Rz ne > wendeten Wirzschen Glühnadelelektrode zerstört werden können, MEER FENE N
; $ ; TE. i i ; PR in | Ä a Ir Nr Harn
ay AH die Ergebnisse bei Trichophytiasis profunda be- die wir einem weiteren Fachkollegenkreis wärmstens ‚empfehlen. INN ki han
fiedigten. Wir benutzten ähnlich abschwächend eine Jod-Jodkali- Der Naevus flammeus und die Rosacea sind die dank- | TEE P AAREENNN
m i hyol a 30% Natürlich k | barsten Gebiete für solche Eingriffe. Besonders bei’R haben Ikentichie
lösung und verdünntes Ichthyol (etwa 30%,ig). Natürlich kamen nur arsten Gebiete tür solche Kingrilfe. Besonders bei’hosacea habe koe bE Pepi
Falle -in Betracht, wo wir außer Iontophorese keine andere Behandlung | wir in. einigen Fällen, in denen wir mit den. üblichen Methoden hun
wie Pflaster, Salbe oder heiße Umschläge usf. durchführen ließen. Die
ziemlich zirkumskripten Fälle heilten mit 5 M.-A. starkem: Strom be-
“handelt in 8—10—12 Sitzungen, d. h. in 3—4 Wochen.
. $, In einigen Fällen von Sycosis staphylogenes war das
Verfahren ebenfalls günstig. Ein Fall z. B., der monatelang mit Salben,
‘"Jodtinktur, Vakzine, Terpichin behandelt wurde, ohne endgültig zu
heilen, konnte mit Ichthyol-Iontophorese in 6 Sitzungen völlig in Ord-
zung gebracht werden. ;
. & Weniger befriedigten die Ergebnisse bei den verschiedenen,
meist: plaqueartigen chronischen Ekzemen, wo wir Ichthyol (50°), ig)
und 1f ige Argentum nitricum-Lösungen - benutzten. In dem einen
oder anderen Fall sahen wir zwar etwas eo doch kann von
einer endgültigen Heilung nicht berichtet werden. Bei Neurodermie
- habenwir Ichthyol so wie 10%/,ige Argentum nitricum-Lösung gebraucht.
Als aktive Elektrode benutzten wir in diesen Fällen Zinkplatten. (wobei
sieh ein Niederschlag von Zink-Silber bildet). Für kurze Zeit besserte
sich zwar das Leiden, doch war dann wieder das Jucken aufgetreten
wd die Sache begann von neuem. |
..„.d Befriedigend waren die Ergebnisse bei Alopecia areata.
Als Medikament benutzten wir eine 300/,ige alkoholische Lösung von
Ammoniak pura liqu. bei 5 M.-A. 10 Minuten lang. Die negative
. Elektrode. dient in diesen Fällen als die aktive.
. Unbefriedigt waren wir bei Seborrhoea pityrodes, wo weder
die früher angegebene Lösung noch‘ eine Hümagsolanemulsion usw.
- trotz wochenlanger Behandlung von Erfolg begleitet war.
“ Die Iontophorese ist für den Kranken ein unbedingt sehr
- bequemes Verfahren, da es die Behandlung mit Salben fast ganz
entbehrlich macht, was bei Lokalisation der Hautkrankheit im Ge-
‚sicht und auf der behaarten Kopfhaut von Wichtigkeit ist, außerdem
verkürzt es wesentlich die Behandlungsdauer. In einigen Fällen
haben wir zwar erfahren, daß die Methode allein nicht ganz aus-
reichte und mußten wir noch zur Salbenbehandlung zurückgreifen.
Besonders die Trichophytiasis profunda, auch die Sycosis ‚staphylo-
, Ses war nicht immer gänzlich mittels Jod- oder Ichthyol-Ionto-
| Phörese zum Schwinden zu bringen und mußte dann noch nach-
| täglich Mercur praeeip. alb. + Ichthyol-Salbe (Selleische Salbe:
9% Mercur pp. alb. + 10°/, Ichthyol, dann 10°, Mercur pp.
alb. + 159, Ichthyol und noch steigend) angewendet werden. Wir
ten Jedoch wieder mit der Iontophorese vollständigen Erfolg dort
erzielen können, wo zuerst die vordem angegebene Salbe (Sellei)
angewendet wurde, die Behandlung sich aber in die Länge zog,
| und wo der Rest der Krankheit eben mittels Iontophorese ganz zum
. Mäwinden gebracht werden konnte. Es ergänzen sich demzufolge
‚manchmal Salben- und iontophoretische Behandlung. E
. Der längere Zeit hindurch und etwas stärker angewendete
-elektrische Strom wirkt bekanntlich hyperämisierend auf die Haut; .
e wir die mit gewöhnlichem Leitungswasser befeuchtete hydro-
phle: Gaze der negativen Elektrode auf die Haut, so wird diese
schon nach 5 Minuten bei 5 M.-A. Stromstärke stark hyperämisch,
Fe die hyperämische Wirkung die Folge der H-Ionenwirkung.
le z, B. bei Alo pecia arcata erreichten Resultate waren jedoch
(Salbenbehandlung, innere Behandlung, Ovariumextrakte usw.)
nichts erreichen konnten, doch ganz annehmbare Erfolge erzielen
können. Wir glauben, daß die Behandlung mit Iontophorese, dessen
Indikationskreis zu erweitern auch wir noch weiter bestrebt sind,
in der dermatologischen Praxis nicht mehr . entbehrt werden kann
und zum ständigen Arzneischatz dieses Faches gezählt werden muß.
` Literatur: 1. Zitierb bei Leduc. — 2. Leduc, Die elektrolytische oder
iontophoretische Behandlung (übersetzt aus dem Französischen). — 8.. Wirz,
Derm. Wschr. 1922, 14 u. 32. . f . .
Die Vakzinationsbehandlung der Gonorrhoe.
-Von Dr. Orlowski, Berlin. ar
Man kann zwei grundsätzlich verschiedene Anwendungs-
formen anwenden. Die Einverleibung einiger weniger. großen Dosen,
‘am besten intravenös, mity der Absicht fieberhafter _ Ausschläge
über 38,5, und die häufig wiederholte intramuskuläre Einspritzung
langsam einschleichender kleiner Dosen nach Wrightschem Vor-
bild. Beim ersten Behandlungsmodus wird man drei Reaktionstypen
‚unterscheiden können. Eine Gruppe reagiert überhaupt nicht, sie
wird auf massive Dosen über 100 Mill. Keime leichtes aspezifisches
Fieber bekommen; besonders charakteristisch sind da die Fälle, bei
denen z. B. der eine Ehepartner oder der eine Teil des Verhältnisses BADEN. Mir MEER
mit bedrohlichem Fieber und örtlichen Reizerscheinungen antwortet, Se ehe
und: der andere Teil überhaupt nicht trotz desselben Gonokokken- a; VERAN
Stammes. Wechselt man nun die Vakzine oder benutzt eine Eigen-
vakzine, so reagiert er ebensowenig. Die zweite Gruppe, die die, RN En A
numerisch größte ist, reagiert auf jede Injektion, aber auf. jede ae
weitere, gleich große- mit schwächeren Ausschlägen. Die. dritte ia
reagiert bei der ersten Vakzinebehandlung, die nicht. beim ersten
Tripper zu geschehen braucht, ebenso wie die vorige, bei einer
Neuinfektion dann aber nicht mehr; steigert man nun: die Dosen
oder wechselt die Vakzine, so erzielt man geringe Ausschläge, die
aspezifisch und therapeutisch wertlos ‚sind. Zur Erklärung muß
man annehmen, daß gewisse Menschen zur Bildung von spezifischen
Antistoffen gegen das gonorrhoische Antigen nicht befähigt, sind,
eine Fähigkeit, die durch andere Gonokokkenstämme ebensowenig
geweckt werden kann, weshalb auch die Anwendung von Eigen-
vakzinen prinzipielle Vorteile nicht verspricht. Bei zwei besteht. die
Fähigkeit, nimmt aber allmählich ab,. so daß lange fortgesetzte In:
jektionen ` keinen Zweck haben, mehr als drei sind niemals nötig.
Schließlich muß man annehmen zur. Erklärung von Gruppe 3, daß - tibie
die Fähigkeit zur Antikörperbildung so erschöpft werden kann, daß KSA
sie auch nach längerem Intervall nicht mehr geweckt wird. Wahr- -
scheinlicher ist mir die Annahme, daß die Antikörper im Blute
zurückbleiben und nicht, wie üblich, ausgeschieden werden. . Jeden-
falls verlaufen die Fälle der dritten ausgesprochen schlecht, was
sich bei der ersten: Annahme: ohne weiteres verstände, 'bei der
are
m earr
+
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EEFE OE ET E S SE EEE Aid Tas ~ p & x IM E "s 3 ESTER ERES eae tea en in Be 5 es
a = en Far en re warn ne T sn Y ” RE R aae e er a iE a E a RER a Pia. en T LUTZ -F 1. -z
amman nn RE SEPP r ara CHE EE ESCHE SE ar, te rn u TER RETTEN, Bt Ne En E re e. ẹ a- a EEE a e E e RR
armee m nen iriri =
ticht bloß der hyperämisierenden Wirkung des Stromes zuzuschreiben, | letzteren -muß man zu einer Hypothese greifen, die gekünstelt ist, ` Ei N:
sondern auch der angewendeten 80°%/yigen Ammoniaklösung. Wir | aber den Verlauf solcher Fälle befriedigend erklärt. Die günstigere Kuh i
= ma
. Prognose, die jede. weitere Infektion bietet, hängt fraglos nicht nur
mit der fortschreitenden Metaplasie aus weichem Zylinderepithel zu
immer fester gefügtem Plattenepithel zusammen, sondern auch mit
einer humoralen Durchtränkung und .der Verankerung spezifischer:
Antistoffe am lokalen Entzündungsherd.. Eine neu . einsetzende
Vakzinationsbehandlung. unterbricht und stört nun das Gleichgewicht;
meen, daß in diesem Fall, worauf man ‘auch von anderer Seite
, sehon hingewiesen hat, zulolee der keratinlösenden Wirkung des
a moniaks das durch die Iontophorese eingeführte geringe Keratin-
fa am wirkt, So ist es auch in den andern Fällen: nicht gerade
. tatsächlich eintretende Hyperämie, sondern das eingeführie
el bewirkt die günstigen Ergebnisse. Auf Grund unserer bis-
= m a
en ar a r E
engen Erfahrungen sehen wir daher die Indikation für die ionto- | sie vermehrt die allgemeinen Antistoffe des Blutes und der Lymphe | N: 2
Düorefische Behandlung 1. bei zirkumskripten, parasitären zuungunsten der örtlichen und so erleben: wir nun, daß nach wieder- | H li ih Bt
Saphylogenen) Hauterkrankungen, 2. besonders im Gesicht | holtem günstigen Gonorrhoeverlauf, sagen wir, die vierte Infektion ps | en
auf der behaarten Kopfh aut, wo sie a) eine Salben- | mit Vakzine behandelt wird, sie verläuft nicht schlecht, die fünfte HE uns gr $
“andlung meist enthehrlich macht, dabei b) die Behandlungs- | wird nun wieder mit Vakzine behandelt, reagiert gar nicht, verläuft If male ER a t
"er wesentlich verkürzt oder c) diese (so auch die Strahlen- |' außerordentlich ungünstig. ‘Die näher liegende Annahme, daß es ORSA eat jid
erapie) ergänzt. Außerdem ist sie besonders. wirkungsvoll bei | sich um einen besonders virulenten Gonokokkenstamm handele, eine fagat i
„Metischen Behandlungen, da wir mit ihr in den Besitz | Erklärung, die für die meisten Fälle anderen Verlaufs sicher zu- EEE ef jE
Sa Verfahrens gelangen, mit dem wir bei vollständiger Anämi- | treien wird, ist damit abzuweisen, daß gerade diese Fälle der gary si. i
ee, zu behandelnden Terrains auch eine- vollständige ae ne Bl len nn beginnen, schnell Beat Hark ni
gefäße nn erreichen, was z. B. bei der Zerstörung der Hautblut- zum Aufl in es AUS Se ühren. Damit ist schon ein Einwand ji tt
6 von besonderer Wichtigkeit ist; Mit diesem Verfahrenzge- gegen _die berschätzung der Vakzinationstherapie erhoben. Unter & | EE ;
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1080
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
2 oa nn.
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N
3. August
Vakzination verstehen wir 1. eine Bildung des spezifischen Anti-
körpers, die mit Fieber einsetzt und langsam abklingt; 2. reaktive
Einwirkung auf den .Gonokokkus .und seine Toxine, vorausgesetzt,
daß diese Verbindung in einem abgeschlossenen Herde möglich ist.
Daß das Fieber nicht durch Gonokokkenvernichtung, humorale
Überschwemmung mit Zerfallsprodukten analog der Herxheimerschen
Reaktion erzeugt wird, ‘geht schon daraus bervor, daß eine solche
örtliche Reaktion, z. B. in den Hoden, in der Prostata, in den Ge-
lenken, sowohl objektiv als subjektiv fast stets vermißt wird. Tritt
sie auf, wie beispielsweise am deutlichsten bei der Hodenentzündung
mit gesteigerten Schmerzen, erhöhter Schwellung, sichtbarer Ver-
schlechterung im Gegensatz zu den gut gewählten Fällen, bei denen
man am anderen Tage Abschwellung, Schmerzlosigkeit konstatiert,
so hät hier sicher nicht eine Reaktion der gebildeten Antistoffe mit
den Gonokokken im abgekapselten Herd stattgefunden, sondern die
spezifischen Antistoffe haben als allgemeiner und ‚schlecht ge-
wählter und zu groß dosierter Reiz eine lokale Herdreaktion ge-
macht mit erhöhter Hyperämie, vermehrter seröser Transsudation
und Gonokokkenvirulenzsteigerung. Daraus ergibt sich die zweite
= allgemeine Indikationseinschränkung. Bei allen akuten und örtlich
abgekapselten Prozessen ist die Dosierung und Anwendung stets
zweifelhaft, wenn auch manchmal sehr deutlich wirksam.. Die dritte
und wichtigste Einschränkung gebielet die Resistenzverminderung
des Körpers gegen die Gonokokken vom 2.—5. Tage nach der Ein-
spritzung, die negative Phase Wrights. Sie ist besonders dann zu
beachten, wenn, wie. meist üblich, noch örtliche Behandlungs-
methoden zur Anwendung kommen, selbst sachgemäße Janetsche
Spülungen können da gefährlich werden und eine Komplikation
herbeiführen. Besonders bedenklich sind aber Dilatationen, obwohl
sie naturgemäß mehr in subakuten oder chronischen Fällen an-
gewendet werden; daher ist die gleichzeitige Behandlung mit Vakzi-
nation und Dilatation auf jeden Fall abzulelinen. Es ist auch durchaus
wahrscheinlich, daß, wie Dorner neulich betonte, gerade eine all-
gemeine Generalisierung des Gonokokkus, eine gonorrhoische Sepsis
ihren Anfang in der negativen Phase nach einer Impfung nimmt.
Im speziellen sind für diese Technik, also 50,75, 100 Mill.
Keime in 3—Ö5tägigen Intervallen, 3mal, folgende Indikationen
aufzustellen: |
t
1. Am günstigsten bei akuter parenchymatöser Prostatitis.
Die Gefahr einer Überdosierung ist hier gering, ebenso in sub-
akuten Fällen. Jede örtliche Behandlung spez. die Prostatamassage
hat zu unterbleiben. | he Sin '
2. Arthritis acuta. Hier wie bei der Prostatitis hat Über-
dosierung geringe Gefahr. Bei chronischen Fällen ist die aspezi-
fische Reizbehandlung (Kaseosan, Yatren) leichter dosierbar und
auch wirksamer. s
3. In einigen Fällen von Urethritis anterior, bei denen nach
dem Verlauf: prompte Rezidive am 3. oder 4. Tage nach Aus-
' setzen der Behandlung und schnelle Besserung durch Spülung,
oder durch die Urethroscopia anterior eine Infektion der prä-
formierten Hohladnexe sichergestellt ist. Zuerst von mir!) emp-
1) Über Arthigon bei Urethritis anterior. Zschr. f. Urol. 1918, 11.
fohlen. Die örtliche Behandlung hat. in der Zeit zu unterbleiben,
muß aber nachher wieder. aufgenommen werden; und dann unter
| günstigeren Auspizien. Eine völlige Heilung der Urethritis durch
Vakzination allein, wie sie Janet unter 9 Fällen neuerdings
dreimal gelungen ist, ist mir nicht geglückt. Damit ist die
Anwendungsmöglichkeit. erschöpft. Bei akuter Epididymitis kann
man gelegentlich einen erstaunlichen Erfolg buchen. Das Gegen-
teil. ist häufiger. Da ist aspezifische Therapie mit intravenösen
Elekrokollargol- und intramuskulären Terpichininjektionen wesent-
lich dankbarer. _ |
Die 2. Technik: häufig wiederholte intramuskuläre oder
subkutane Injektionen von 5—50 Millionen Keimen steigend,
bei Auftreten von Fieber und örtlichen Stichreaktionen sofort
Zurückgehen auf die Hälfte der Dosis kann ihre Erfolge
durch Bildung spezifischer Antistoffe haben. Wahrscheinlicher ist
sie nur eine Abart der Protoplasma aktivierenden Reizmethoden.
Mehr wie einen allgemeinen Eindruck wird man darüber nicht be-
kommen. Sie hat keine deutlichen Erfolge, ihre Gefahren sind.
dafür auch um so geringer. Ihre spezifischen Indikationen sind.
1. Fälle, die auf Grund eines Glaubensstandpunktes (Homöo-
pathie, Naturheilmedizin) eine örtliche Behandlung überhaupt ab-
lehnen. Sie ist da eine wirksame Hilfe der konservativen anti-
phlogistischen Methode mit täglichen heißen Sitzbädern von 42 bis
45° C. und allgemeinem Regime. Die Methode, die der Harnröhre
zur Entfaltung ihrer Schutzmaßregeln ungestört Zeit läßt und als
die beste akute Tripperbehandlungsmethode überhaupt zu bezeichnen
ist. Nur muß betont werden, daß damit allein — wenigstens mir
nicht — eine völlige Heilung gelingt. Nach 8—10 Wochen ist der
Zeitpunkt gekommen, örtlich am besten durch Spülungen einzu-
greifen, die dann allerdings in kürzester Zeit ohne Komplikationen
und bei größter Schonung des anatomischen Baues der Urethra zur
Heilung führen. Dann muß bestritten werden, daß diese Methode
stets komplikationslos verläuft, wie das die Naturärzte usw. behaupten.
Ich habe wiederholt Fälle von Prostatitis und Urethritis posterior
sogar mit schwerster Retentio urinae, die von solcher Seite behan-
delt wurden, gesehen.. Die Epididymitis ist allerdings bei dieser
Methode scheinbar nicht zu befürchten. Ä
2. Fälle, die bei der vorhergehenden Infektion an Arthritis
erkrankt waren, sollen stets grundsätzlich wegen der Gefahr des
Rezidivs exspektativ ohne örtliche Methoden und aktiv immunisa-
torisch nach der zweiten einschleichenden Technik behandelt werden.
8, Fälle, die schon monatelang ohne Erfolg behandelt wurden,
immer wieder zu Komplikationen und Rezidiven neigen. Es be-
steht da die Wahrscheinlichkeit, daß in der Samenblase, der Am-
pulle des Ductus deferens oder einem zentralen Prostata acinus
Gonokokkenherde sind, an die man nicht herankommt. Zusammen-
fassend wäre zu sagen, daß die einschleichende Vakzinationsbehand- .
lung der Gonorrhoe deutliche und zweifelsfreie Erfolge nicht er-
gibt, die bei einer reaktiven Technik sicher. vorkommen. Die da-
mit aber verbundenen Gefahren lassen es im allgemeinen ratsam
erscheinen, sich der aspezifischen, protoplasmaaktivierenden Me-
thoden mehr zu bedienen.
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus dem Hygienischen Institut (Prof. Dr. v. Wasielewski) und der
Medizinischen Poliklinik (Prof. Dr. Grafe) der Universität Rostock.
Wie weit sind die Reaktionen von Bonacorsi, -
v. Wassermann und Mátéfy zur Serodiagnostik der
aktiven Tuberkulose praktisch verwendbar ?
Von Priv.-Doz. Dr. W. F. Winkler und Med.-Prakt. H. Gerth.
Den Fortschritten der physikalischen Chemie dankt die Sero-
logie in den letzen Jahren neue Betrachtungsweisen und praktische
Erfolge. Bisher lagen diese in der Hauptsache auf dem Gebiete
der Luesdiagnostik, jetzt scheinen solche auch in der Serologie der
Tuberkulose zu folgen. Seit langem erstrebt man hier eine zu-
verlässige diagnostische Methode. Dabei handelt es sich weniger
darum, eine Reaktion zu finden, die eine einmal statigefundene
Tuberkuloseinfektion anzeigt — diese besitzen wir bereits in den
‚verschiedenen Methoden kutaner Impfung —, als darum, auf sero-
logischem Wege feststellen zu können, ob eine vorliegende Er-
krankung tuberkulösen Ursprungs ist, oder, die Aufgabe noch enger
umschrieben, ob eine klinisch sichere Tuberkulose aktiv ist.
Es ist eine große Zahl neuer Reaktionen zur Serodiagnostik
der Tuberkulose in den letzten Jahren angegeben worden, aus der
wir drei zur praktischen Erprobung herausgriffen: die von Bona-
corsi(1), v. Wassermann (2) und Mät&fy (3). Ihre theoretischen
Grundlagen, Methoden und Ziele sind verschieden. Lina Bona-
corsi will mit ihrer Reaktion schlechthin die Diagnose Tuberkulose -
stellen. Die theoretischen Grundlagen erscheinen in ihrer kurzen
Darstellung unklar; sie benutzt die Methode der Trübungs- und
Flockungsreaktionen. A. v. Wassermann setzte sich eine Re-
aktion (W.-Tu.-R.) als Ziel, mit der man jede aktive Tuberkulose
nachweisen könne. Er ging von der Vorstellung einer spezifischen
lipophilen Veränderung der Tuberkuloseseren aus und benutzte die
Komplementablenkung als Indikator der Reaktion zwischen Serum
und Antigen. Mätöly dagegen wollte mit seiner Reaktion (Mät.-R.)
nur die Frage nach der Aktivität einer bereits sicher erkannten
Tuberkulose beantworten; mittels Fällung durch eine Aluminium- -
sulfatlösung weist er eine Globulinvermehrung nach. Im einzelnen
a wir bezüglich der Theorie und Technik auf die Original-
artikel.
Die Schwierigkeit einer Kritik der serodiagnostischen Ergeb-
| nisse bej aktiver Tuberkulose liegt in der Unklarheit des Begriffes
Y
aktive, Zunächst sind sicher inaktiv vom allgemein-biölogischen
ie praktisch-medizinischen Standpunkte aus alle ausgeheilten Fälle.
Diese müßten nach allen drei Reaktionen negativ sein. Unter
Aktivität aber wird sehr verschiedenes verstanden; Wir gingen
hier zunächst von rein praktischen Gesichtspunkten aus und faßten
deshalb-in dieser ‘Arbeit als aktiv nur jene Krankheitsfälle auf, die
piysikalisch und röntgenologisch als Tuberkulosen sichergestellt
waren, und bei denen in fast allen Fällen auch Tuberkelbazillen
im Auswurf gefunden wurden. Zeigten sie Gewichtsabnahme und
- Fieber, s0 galten sie als progredient-, sonst als stationär:aktiv.
kolöges:Material. Mit ihm mußten alle drei Reaktionen positiv aus-
fallen. Ím Gegensatz dazu durften sie: mit den Seren Gesunder
nar iegätiv sein, während sie sich verschieden verhalten mußten,
x wirden sie angestellt mit Seren, die von anderen als tuberkulös
. Bekrankfen stammten. Nach den Angaben ihrer Erfinder darf die
W-TuR. hier nie, die Bonacorsi-Reaktion nur schwach und aus-
mhmsveise positiv sein, während der positive Ausfall der Mät.-R.
‚such. hier den Prozeß nur als einen aktiven. anzeigt.
-. Bei Anstellung der Reaktion von Bonacorsi hielten wir uns
strang-än die technischen Anweisungen, .nur daß wir nicht nur
nen öholesterinisierten Alkoholextrakt aus -Tuberkelbazillen be-
‚autsten, sondern dreiExtrakte, die aus zwei humanen (M. 49 und Mäder)
1924. MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31. .
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Extrakten), deren hemmende Wirkung durch Nörmalseren zum Teil.
‚aufgehoben wird. (Vergl. auch Blumenthal.) De re
8. Wir ließen Patientenserum,. Antigen und: Komplement nicht
nur.®/, Stunde im Brutschrank, sondern auch noch ®/, Stunde bei
waren folgende:
'Untersuchern die. klinischen Diagnosen bekannt.
‚Zimmertemperatur. binden.
jiz
Tuberkulose, zu allermeist Lungentuberkulose, litt. ‘Die Ergebnisse
Positive Reaktionen nach: v. Wassermann:
>. Dabei sind wir uns wohl bewußt, daß: es auch aktive Lungen- nz | me ne
tuberkulösen, besonders im Frühstadium gibt, die klinisch nicht ae oe ea = age
sicher. erkennbar sind. Wir bezeichneten diese deshalb nur als k seropositiver Lues . De A j 35 3 90),
Verdachtsfälle, denn zurNachprüfung der serodiagnostischen Methoden = „ anderen Erkrankungen . . `. . . „ 16 = 0=0
bräuchten wir zunächst einmal ein klinisch ganz sicher aktiv tuber- „ Gesunden . . 2.22.22. n 8T 0=0
- Wir haben also. mit unserer Methodik doch‘ noch in Ia. der.
Fälle: von aktiver Tuberkulose ein Versagen der W.-Tu.-R. gehabt,
das sich, das sei ausdrücklich erwähnt, nicht auf negative Anergie
der untersuchten Kranken zurückführen läßt. Unsere Ergebnisse
sind nicht so gut, wie die ersten von Wassermann veröffent-
lichten, und wie die von Richters (7) an Rindern gewonnenen,
aber doch besser als die Resultate von Mylius und Silberstein.
‚ Auch Janssens (8) Erfahrungen mit dieser Reaktion. sind nicht so
günstig. Er sandte zwei Gruppen von Blutproben ' dem Wasser:
mannschen Institute zur Diagnostik ein. Bei der ersten waren den
Mit dieser 'abgeänderten Methodik wurde das Blut von ‘etwa `
190 Personen untersucht, von denen nicht ganz die Hälfte an aktiver -
Hier reagierten .
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4, der Tuberkulosefälle positiv, von der zweiten Serie, bei der dem `
Institute die Krankheitsbilder unbekannt blieben, war unter den
sicher tuberkulösen Seren nur reichlich die Hälfte positiv.. Unspezifisch
nn ı mu Ar war keine Reaktion. Unter den negativen-überwogen die zirrhoti-
merielen war. Ob der Grund dafür in ihrer Unspezifität oder | schen, unter den positiven die knotigen Formen. Wir beobachteten
>. den Umistande, daß diese Stämme auf.lipoidarmen Nährboden ge- | ähnliches, denn es reagierten. stationär-aktive Formen in 480/4,
Mn wachsen. waren, zu suchen war, ließen ‘wir im Hinblick auf die progredient-aktive in 78°/,, ‚chirurgische. Formen in: 850/ positiv.
~. Mligen Ergebnisse mit dieser Reaktion zunächst ununtersucht. Wegen der Kleinheit der Zahl der Fälle möchten wir aber nochi
Mit ewa 150 Seren Kranker und Gesunder stellten wir die Bona- | keinen Wert auf diese Beobachtungen legen. > ....
unireaktion an. Über die Ergebnisse gibt die Tabelle Auskunft. Unter den Blutproben seropositiver Luetiker fanden wir auch
Prozentsatz der positiven Ergebnisse nach Bonacorsi: einige wenige, deren Untersuchung mit der W.-Tu.-R. positiv ausfiel. .
Ob unspezifische Bindungen hier vorlagen, konnten- wir nicht mit‘.
_ ‚ind einem bovinen Tuberkelbazillenstamm gewonnen waren. Schild-
kröteutnberkelbazillen und -Smegmabakterienextrakte erwiesen sich
us alsünbrauchbar insofern, als mit ihnen nur selten eine Flockung
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| mit mit mit — | Sicherheit sagen, da uns nicht bekannt wurde, ob neben der Lues
rn e Extr. M. 49 | Extr. Mäder | Extr. bov. | eine Tuberkulose vorlag. Sollte es sich zeigen, daß bei sicherem
| : - bei: aktiver Tuberkul | 80 6i Ausschluß einer Tuberkulose seropositive Luesfälle, auch mit der .
"my Aiberkulose-Verdacht . | 50 O 44 W.-Tu.-R.. positiv sein können, so müßte man immer neben der .
de ee N a 6T. W.-Tu.-R. auch. die Wa.R. ansetzen und sich auf ein Versagen dieser .
| „Gesunden ..... a "a | 80 20 40 Untersuchungsmethode hier ebenso einstellen, wie ‚man es von
PR -Es erübrigt sich, auf die Ergebnisse im einzelnen einzugehen.
Die Bonacorsi-Reaktion ist nach unserer Erfahrung gänz-
ioh unspezifisch und deshalb für Tuberkulose dia-
süoslisch in keiner Weise verwendbar. Nachprüfungen von
Anderer’ Seite scheinen noch nicht vorzuliegen.
“ Technisch schwieriger ist die Reaktion von Wassermann.
‘ Ab’Antigen verwendet er einen Extrakt, der durch Kochsalzlösung
und dem. er.
Sie ist
a enifetteten Tuberkelbazillen gewonnen- wird, und
$ thin zusetzt, Die Entfettung geschieht mittels Tetralin. |
änscheinend nicht immer vollständig, wenigstens fanden Blumen-
3 a () und Silberstein (5) noch säurefeste Reste, während wir
| Ei in verschiedenen Antigenproben vergebens suchten.
Neinalmethode, die zu verbessern auch Wassermann für er-
Mit der
ebenswert hält, und mit dem Originalantigen kamen wir ebenso-,
"Mg zu brauchbaren Ergebnissen wie Mylius (6) und Silber-
ui ir variieren vergebens Antigen-, Komplement 1)-Serum
„Ambozeptordosis und setzten ohne Erfolg Cholesterin dem
Sein W
p o 2u, wie v. Wassermann zur Verstärkung rät. Verwert-
tat erzielten wir erst, als wir die Technik in drei Punkten
4 [ra ließen die mit Lezithin beladenen Bakterien mehrere
-Aage stehen.
AN ‚arbeiteten mit mehreren AÄntigendosen, indem wir
a. cn die Hälfte der im Extraktvorversuch komplette Lösung
N sondern sie selbst, ja sogar die doppelte, im Vorversuch
an, ende Dosis verwendeten. : Wir sind dazu durch die Er-
r . +
—erkuloseseren (genau wie bei: den zur Wa.R. verwendeten
0
NND. .:
Lygi einem großen Teil der Versuche’ benutzten wir das von
l glichm gip p Derursel, hergestellte Trockenkomplement, das sich als‘
hig ochwirksam und im Gebrauch als praktisch erwies.
geben dürfen. ` — = ee T
| Grafe und Reinwein (9) erhöhten den diagnostischen. Wert
der ‚Blutkörperchensenkungs-Reaktion dadurch, daß sie. bei Ver-
Buß ` |
schreit estattenden Menge nahmen, wie es v. Wassermann vor-
ul rd daß bei Austitrieren der Antigene an normalen
anderen seit, langem gewohnt ist.
Wir setzten die Reaktion weiter mit’ einer 'Reihe von Seren `
an, die von Personen stammten, die an Typhus, ‚perniziöser ' Anämie,
negativ. Auch alle Gesunden reagierten negativ. `-
Von den Seren Tuberkuloseverdächtiger waren 40%), positiv.
multipler Sklerose, Tumoren u. ä. erkrankt waren. Stets’ war sie
Erst eine weitere Beobachtung kann entscheiden, ob hier unspezi-
fische Reaktionen vorgelegen haben oder. nicht, und ob wir uns in
zweifelhaften Fällen bei Stellung der Diagnose dem‘. Serologen . an-
vertrauen dürfen, wie es Wassermann will. ` Bei unseren: Tuber-
. kuloseverdächtigen handelt es sich um Patienten, ‘die durch ihre
Umgebung gefährdet waren oder noch sind, und bei “denen Ana- :
mnese und subjektive Beschwerden zu dem Verdachte führten. Wir
verfolgen diese Fälle weiter und werden später über sie berichten,
denn erst nach dem Ausfall: weiterer klinischer und -serologischer
Untersuchungen dieser Verdächtigen wird man “über den praktischen.
D
Wert der neuen Reaktion. | auf aktive Tuberkulose ein Urteil ab-
dachtsfällen vor und nach einer Injektion von 1/19 mg Alttuberkulin -
die Sedimentierzeit bestimmten. Bei Tuberkulose war sie danach
meist verkürzt. Wir 'übertrugen dieses Prinzip’ auf ‘die W.-Tu.-R.
‘und erzielten dadurch : wiederholt bei zunächst ‚seronegativer,
‘klinisch aber sicher‘ aktiver "Tuberkulose am Tage nach der Tu-
‚berkulingabe positive Resultate. Sera ebenso behandelter Gesunder
wurden nie positiv. ` So scheint. es.uns auf Gründ unserer Beob-
achtungen möglich, den diagnostischen Wert der W.-Tu.-R. durch
Tuberkulingaben zu erhöhen. , .: ` e |
Die bei den Reaktionen. nach Bonacorsi und v. Wasser- :
mann verwendeten Sera untersuchten: wir schließlich auch noch `
mit der von Mätöfy angegebenen und von uns genau befolgten
‘Methode der Eiweißfällung durch 1/3 go Aluminiumsulfat. wir
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1082
‚einfach, die Ablesung meist leicht.
‚progredient- und stationär-aktive Fälle.
‚uns erprohten Reaktionen, so müssen wir sagen, daß sie nach
1924 = MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.31.
Flockung, sondern der Zeit, nach der sie auftrat. Die Technik ist
Prozentsatz der positiven Reaktionen nach Mätöfy
bei aktiver Tuberkulose . . . ....%
„ Tuüberkulose-Verdacht . . ... .. 28
„ anderen Erkrankungen . . .,. . 50
„ Gesunden . . . Re |
Die Erfahrungen anderer Untersucher mit der Mät.-R. sind
sehr verschieden, z. B. tritt Krömeke (10) für sie ein, während
Basch (11) sie verwirlt. Nach unseren Erfahrungen zeigt auch
diese Reaktion nicht sicher die Aktivität eines tuberkulösen Pro-
zesses an. Die 10°), Versager verteilen sich fast gleich auf.
Stärke der Reaktion und Schwere .des Krankheitsbildes war nicht
zu erkennen. Da die Reaktion auch bei völlig Gesunden positiv
sein kann, scheint uns ihr praktischer Wert nicht allzu groß. -
-` Kommen wir zurück auf die Ziele der Erfinder der drei von
unseren Erfahrungen noch von keinem erreicht sind. Die Reaktion
von Bonacorsi ist wahllos positiv bei Gesunden wie bei Kranken.
Unmöglich können wir in ihr eine brauchbare Methode zur Sero-
Br ae | KR 08. August
lasen die Reaktion nach 1/4, 1/2, 1 und it Stunden ab und be-
zeichneten graduelle Unterschiede nicht nach der Stärke der
Eine Beziehung zwischen |
Reaktion die Aktivität u. U. jeder Infektionskrankheit nachweisen,
Bei der Tuberkulose gelang uns das mit ihr aber nicht immer.
Da wir andererseits positive Resultate zum Teil auch bei Gesunden
| hatten, scheint sie uns praktisch nur bedingt brauchbar. — Die
Wassermannsche Komplementbindungs-Reaktion soll nur bei
aktiver Tuberkulose positiv sein. — Wir fanden sie bei Gesunden
nie, von Kranken vielleicht nur vereinzelt: bei seropositiven Luetikern
positiv. Die Gefahr unspezifischer Reaktionen scheint bei ihr also
nach unseren Erfahrungen kaum zu bestehen. Die Brauchbarkeit
| der neuen diagnostischen Methode ist also nur noch abhängig von
den. Ergebnissen der Tuberkulose. - Hier versagte sie aber noch bei
ı/, der sicheren Tbe.-Fälle. So spricht ein negativer Ausfall zu-
nächst nie gegen Tuberkulose, ein positiver allerdings. mit größter
Wahrscheinlichkeit dafür. Über ihren Wert als diagnostisches Hilfs- .
mittel bei Tuberkuloseverdacht werden wir erst im Laufe. der Jahre
nach genauer klinischer und serologischer Beobachtung und u. U.
pathologisch-anatomischer Verarbeitung der Fälle ein Urteil ab-
geben dürfen. | | | d
Literatur: 1. Bonacorsi, Zschr. f. Immun.-Forsch: 1923, 36,-8.531. —
2. v. Wassermann, D.m.W. 1923, Nr.10 und ZbL f. Bakt. Ref. 1924, 76, S. 94. —
3. Mätöfy, M.KlI. 1928, Nr. 21. — 4. Blumenthal, D.m.W. 1924, S. 673. — 5. Silber-
stein, Ebenda. 1924, S.675, — 6. Mylius, Ref. Ebenda, 1924, S.624. — 7. Richters,
Ref. Zbl. £ Bakt. 1924, 76, S.92 — 8. Janssen, Zschr. f. Tbe. 1923, 38, S. 423. —
. oO. | ` | ` us x 9, Grafe und Reinwein, Beitr. z. Klin, d. Tbe. 1923, 54. — 10. Krömeke, D.m.W. .
diagnostik der Tuberkulose erblicken. — Mátéfy will. mit seiner |.1924. S. 281. — 11. Basch, M.KL 1924, S. 384 — 12. Gerth, Inaug.-Diss. Rostock 1924,
0 Aug der Praxis für die Praxis.
= Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
Allgemeiner Teil.
Asepsis und Antisepsis in der Geburtshilfe. Die Genitalbakterien
rufen im allgemeinen keine puerperalen Wundkrankheiten hervor
und die Lehre von der „Selbstinfektion“ — man spricht jetzt besser |
von endogener Infektion — hat nicht mehr die Bedeutung, die man
ihr zeitweise zuschrieb. Vereinzelt sind aber durch gewissenliaite
. und einwandfreie Beobachter doch Fälle vorgekommen, die zum .
Tode der Wöchnerin geführt haben.
Bei normalen. Geburten
ist daher eine innere Desinfektion der Kreißenden nicht
nötig. Hofmeier hat seiner Zeit. den Ausspruch getan, daß der
Arzt, der die Kreißende bei .operativen Eingriffen nicht intra-
vaginal . desinfiziert, sich einen Verstoß gegen $ 222 des RStG.
schuldig machen kann. Wer so glänzende Erfolge aufzuweisen
hatte, hat auch die Berechtigung zu einem derartigen Ausspruch
gehabt. . Kaltenbach war derselben Ansicht. Olshausen hat
ebenfalls gesagt, daß er bei der Lösung der Placenta die
prophylaktische Scheidendesinfektion für eine nicht zu
unterlassende Sicherheitsmaßregel hielt. Bei der Wendung
und der Zangenapplikation, wo man im Eisack selbst manipuliert, `
schadet das Einführen von Keimen weniger; nehmen wir aber eine
Placentarlösung vor, die vielleicht noch längere Zeit dauert, bringen
wir die Keime leichter in die offenen Gefäßlumina. In der Hallenser
Frauenklinik wurde daher unter dem Direktoriat Kaltenbach nach
der Placentarlösung noch eine intrauterine Spülung gemacht. In
der Klinik wurde dazu das Chlorwasser benutzt, welches bei
Atonia uteri auch noch zugleich eine muskelzusammenziehende
Wirkung hervorruft. Hatte man Chlor nicht zur Hand, z. B. in |
der Poliklinik, wurde alkoholische Salizylsäurelösung 3,8 : 1000
© Wasser oder Kal. permanganat 1:: 1000 genommen.
Ich ver-
wandte später ausschließlich 1„—1°/,ige Lysollösung, die
ich auch stets vorzog bei vaginalen Spülungen vor opera-
tiven Eingriffen, weil Lysol die Scheide schlüpfrig macht. Das
'Solveol enthält zwar mehr Kresol als das Lysol, entbehrt aber der
seifigen Wirkung, die das Lysol in hohem Grade besitzt Von
Kaltenbach wurde stets auf das Gefährliche aller intra-
uterinen Einspritzungen hingewiesen, er verwarf Karbolsäure
(Karbolzufall!) und besonders Sublimat zur intrauterinen Spülung.
Döderlein erklärt, welcher Ansicht auch Menge ist, daß
eine Infektion bei der Geburt durch normales Scheidensekret nicht
möglich sei, somit auch eine Ausspülung einer solchen Kreißenden
nicht nötig, einerlei, ob untersucht oder nicht; Menge glaubt, daß
die Ausspülung bei gesunder Scheide schädlich sei, bei der gonor-
rhoisch entzündeten unmöglich wirksam sein könne. Döderlein
bemerkt ferner, wird eine Schwangere mit pathologischem Scheiden-
sekret untersucht, so kann der untersuchende Finger die Keime
.
nach oben bringen. Wird ausgespült, so ist die Gefahr geringer
| eventuell ganz beseitigt. Vieles Tuschieren birgt große Gefahren.
Für den praktischen Arzt ist es unmöglich, die in der Klinik leicht
zu machende Untersuchung des Scheidensekrets auszuführen, und
da der Arzt meistens zu Geburten gerufen wird, wo schon vorher
durch eine Hebamme untersucht worden ist und er nie ' wissen
kann, ob mit reinem Finger untersucht wurde, so ist meiner An-
sicht nach am richtigsten, in diesen Fällen eine vaginale Spülung.
vor der erneuten Untersuchung zu machen. Kaltenbach ließ
sowohl in Gießen als auch später in Halle im klinischen Betriebe
stets vaginale Spülungen machen mit Sublimat 1: 3000. Die Re-
sultate sind die denkbar günstigsten gewesen, trotzdem die Kreißende
beim Unterricht manchmal von 10—12 Studierenden, der Hebamme
und dem Assistenzarzt 1—2 Mal untersucht wurde. Daß dabei
natürlich auf die peinlichste subjektive Antisepsis. gesehen ` wurde,
brauche ich wohl kaum zu erwähnen. Gummihandschuhe gebrauchte
man damals noch nicht. Selbstverständlich wurden im nor-
malen Wochenbett keinerlei Ausspülungen gemacht. Bei
diesem Verfahren erzielte ich auch in Köln die. glänzendsten Re-
sultate, zumal Lysolspülungen auch niemals schadeten bei hoch-
gradiger Anämie ‚und Nephritis. Ich habe in meiner Praxis stets
vaginale Spülungen verordnet: 1. Bei gonorrhoischen Ausflüssen
(hier nahm ich anstatt Lysol, ‚Sublimat 1: 3000 oder Argent. nitric.
1 : 2000). 2. Bei sonstigen reichlichen Ausflüssen: 3. Wenn die
Vaginalsekrete übel. rochen. 4. Wenn Temperatur über 38° bei der
Geburt eintrat. 5. Wenn ein operativer Eingriff, namentlich ein
intrauteriner, vorgenommen werden sollte, ganz besonders aber vor
der Placentarlösung. Daß man natürlich diese Ausspülung der
Scheide mit ausgekochtem Irrigator, Gummischlauch und Mutterrohr -
machen muß, ist natürlich, Man lasse die Luftblasen heraus und
mache die Ausspülungen unter niederem Druck, so daß die
Flüssigkeit langsam einläuft. Ausspülungen mit Sublimat-
_ lösung unterbleiben besser während der Schwangerschaft; wenn man
bei eitrigem oder schleimig-eitrigem Ausfluß Ausspülungen machen `
muß, nehme man Chlorzinklösung (Rp. Zinei chlorati 50,0, Aq.
dest. 100,0, davon 5—10 g auf ein Liter lauwarmes Wasser).
Zweifel empfahl zur Herstellung eines normalen Scheidensekrets
Milchsäureausspülungen (Rp. Acid. lact. Aq. dest. ana 100,0,
_ davon 10 g auf ein Liter Wasser): Mit dieser Lösung soll 14 Tage
vor der Entbindung täglich gespült werden. Die Hauptgefahr für
die Kreißende droht „von Außen“, deshalb muß die subjektive
Antisepsis die weitgehendste sein. Dieses wird am besten erreicht,
indem man seine Hände möglichst frei von Bakterien hält: Non-
infektion. Was mit Instrumenten angefaßt werden kann, fasse man
unbedingt nur mit diesen an. Wer Gummihandschuhe zur
Verfügung hat, bediene sich dieser stets. Man pflege immer
seine Hände sorgfältigst, damit man eine schrundenfreie Haut hat.
Selbst wenn mit Gummihandschuhen untersucht wird, muß man
seine Hände so desinfizieren, als ob ohne Handschuhe untersucht
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; RA e í l ; 1924 - M E | \ i ; ' m à o a i 2. 7 MH USEN pi ' i t EN 3 B
ë x r r 7 D a ee .. r 0 E t ii K y A $ m * i $ k 3 , " ' oi ME E TA ; r aa KRE
3 Au st ii Dan ae - ' ISCHE KLINIK — Nr 31 i 2 a 1083 er Da ee le et IE in
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s En p s z et z ; . Be E aa TEL ' a i n
: 4 gia N OURO Eee Es 2
1—2stündlich z. B. Rivanol 2:1000 oder Wasserstoffsuperoxyd in `-
2—30/,iger Lösung (Perhydrol; chemisch reines Wasserstoffsuperoxyd,
ist 30 %/,ig) oder sonst ein Desinfiziens. Nach der Entbindung ist . -
eine uterine Spülung mit demselben Mittel oder von 70 %/,igem Al- `
'kohol zu machen. Bei rasch höher steigendem Fieber entbinde man `
‚so schnell als möglich, . das schonendste Verfahren ist bei noch nicht
genügend geöffnetem Muttermund die Metreuryse. Schwere Zange _
unterbleibt besser, um größere Eingriffe zu vermeiden, oft bleibt .
nur die Perforation: übrig. Die Beschaffenheit des Pulses ist
hier von hoher Bedeutung, je schneller derselbe ist, um
so eher muß die Geburt beendigt werden, zumal wenn auch -
das Fieber noch höher steigt. Der wenig Erfahrene hole sich spe-
zialistische Hilfe, denn :oft .muß rasch eingegriffen werden, sonst:
greift die Infektion auf die Blutbahn über und es kann der Tod
durch allgemeine Sepsis erfolgen; das Kind stirbt dann meist vor `-
dem Tode der Mutter ab. Da das Fruchtwasser zersetzt: ist und
stinkt, achte man auch auf sich, sonst infiziert man sich selbst; `
darum. schütze man sich durch Gummibandschuhe. : In einem solehen :
Falle von Physometra muß auch nach der Entbindung der Uterus
tüchtig ausgespült werden — ich habe da schon bis zu. 10:Liter .
genommen — mit 1/,—1 °/,iger. Lysollösung oder eineni anderen ``
Desinfiziens z. B. Rivanol: 2:1000. Zum Schluß nahm ich dann’
noch 1/,—1 Liter 70°/,igen. Alkohol. Sollte das Fieber in’ den
nächsten 24 Stunden nicht herabgegangen sein, kann man nochmals `.
intrauterin ausspülen. Dabei gebe man Ergotin subkutan. -Fieber-
‚mittel sind zwecklos. ee ee Seen
`. Schmerzstillung.. Der richtige Dämmerschlaf nach Krönig-. _
‚Gauß ist aus verschiedenen Gründen nur in einer Klinik durchzu-:
` ird; dennes kann ein nicht sichtbares unmerkliches Rißchen oder.
Jichslchen im Handschuh sein, wodurch der sich bald ansammelnde
Schweiß. mit Bakterien. durchdringen kann.‘ Die Handpflege ge-
schieht‘ am besten jeden Abend vor dem Zubettegehen nach
Wırmwasserseifenwaschung und darauf folgendem Einreiben der
Jinde mit Alkohol, Glyzerin ana oder Boroglyzerinlanolinsalbe oder‘
vier Rp.:Borvaselin, Lanolin, Ol. ricini, Glyzerin ana 25, Nitro- .
: bol gi T: Zur subjektiven Desinfektion der Hände habe ich
meist die Fürbringersche Methode angewandt: Die in. warmem
Sıilenwasser mit steriler Bürste mehrere Minuten gereinigte Hand.
wird ebenso lange mit 50 °/,igem Alkohol abgerieben und dann
- mh 2—3 Minuten in Sublimatlösung 1:1000, ständig reibend,
gehalten. Ich habe Hydrargyrum oxycyanatum in derselben Kon-
gentration vorgezogen. Ahlfeld empfahl, die gereinigte Hand mit
nichts -anderem als 80—90°/,igem Alkohol 3—5 Minuten lang zu
desinfzieren. Man muß stets beide Hände gleich lange bürsten
`` mdmb der ganze Vorderarm bis zu dem Ellenbogen desinfiziert
“werden. Zum. Schluß werden die Gummihandschuhe mit Hilfe
steriler Gaze oder eines sterilen Tuches angezogen. - Der Arzt unter-
hass nio vor dem Waschen seinen Rock abzulegen und die Hemd-
imel über seine Ellbogen zurückzustreifen.. Das Hemd des Ge-
burishelfers soll an Ort und Stelle, wenn eben möglich, frisch
gewechselt werden. Dann erst wird ein steriler Leinwandkittel an-
serogen. ‚Hat man diesen einmal nicht zur Verfügung, kann man
-awh eino Schürze aus Billrothbattist, die-in Sublimatlösung L: 1000
gelegen und darin abgewaschen, anziehen. ; E h
< Vonder rektalen Untersuchung!) bin ich nie ein Anhänger ge-
wesen, dà man, wenn man später zu einer vaginalen Untersuchung noch
v
t
germungen ist oder zu einem operativen Eingriffe, das Bacterium | führen und für den Praktiker außerhalb ein nicht‘ geeignetes Ver- ar
-eli nicht so rasch und leicht von der Hand entfernen. kann. Man | fahren. Narkotika soll man prinzipiell nicht im Beginn der Geburt: . nl"
wll natürlich auch vaginal so wenig wie möglich, am | geben, da sie bestimmt die Geburtszeit verlängern. ‚Sind die Schmerzen ` A pr Ri sta
- besten aur mit Gummihandschuh, untersuchen. Kürzen der | zu stark, ‚so leistet eine Morphiuminjektion von 0,015—0,02. aus- BUNT, / tr E
| Schamhaare, besser abrasieren derselben geschieht vor jedem opera- | gezeichnete Dienste, oft hat sie auch: bei großer Erschöpfung der | | Bea.
tiven Eingriff, darauf tüchtiges Abwaschen mit warmen Wasser und | Kreißenden und Wehenschwäche . wunderbaren Erfolg, indem die. he,
- Xile. Außer Sublimatwaschung 1:1000 empfiehlt sich, | Wehen nach einem kürzeren oder längeren Schlaf kräftiger werden. DOREEN:
ut weitesten Sicherheit noch einen Anstrich mit Jod- | Ist ein größerer Eingriff nötig, rate ich dringend -zur Narkose, un- De
- tinktur zu machen. Wenn man keine Gummihandschuhe zur Ver- | vollkommene Narkose ist zu widerraten. Die Gebärende braucht ja ERRENA
- . Ägmg hat und eine Luetische mit Papeln untersuchen muß, fettet | so wie'so nur wenig Chloroform und die Eingriffe dauern auch ee
-ma am eigenen Schutz die Hand und den Vorderarm mit Sublimat- | selten lange. Dagegen ist es nicht ratsam die ganze Geburtszeit RETTEN
> vaselin ein (1:500). Sonst genügt Boröglyzerinlanolin. Zum Schluß | über zu chloroformieren, Kaltenbach riet dringend davon. ab,'.da I
: ° mhe'man stets darauf, daß die Hebamme reinlich ist und sich gut | hierdurch ‚sehr leicht atonische Nachblutungen entständen: Nach PE pi
desinfiziert; sehe nach ihren Fingern, ob'sie kein Panaritium usw. | den neuesten Forschungen sei man auch besonders vorsichtig mit i n
- bat, erkundige sich auch nach den .Wöchnerinnen, die sie sonst in | der Chloroformnarkose bei dem Status thymico-lymphaticus. und else"
Pige hat (Gefahren des Scharlach, Rose usw.). Das ist. man jeder | Status hypoplasticus, da hierbei‘ schon ein geringer Blutverlust in EAR
S Wöchterin schuldig. y . u Ea der Nachgeburtsperiode hinreicht, um den Tod der Mutter herbei- Rare
Meer bei der Geburt. Tympania uter = Physometra. Wenn | zuführen. Ich habe nie einen schmerzhaften operativen Eingriff ohne Ne ie
, ausnahmsweise Fieber bei einer Geburt entsteht, so suche man | Narkose gemacht und hierfür sind einem die Patientinnen unend- Eon N
| ‚mach siner Ursache, ob z. B. extragenitale Erkrankungen, wie Oti- | lich dankbar. Es schadet auch nie, wenn man zum Schluß der - jet I
2 N media oder sonstige Infektionskrankheiten, es veranlassen. Wir | Geburt bei sehr schmerzhaften Preßwehen etwas Chloroform inha- pran thag
;, wolle bier nur das Fieber als Folge und Komplikation der Geburt | lieren läßt oder einen Ätherrausch macht (cave Äther nachts wegen ya Baer
betrachfen, Es handelt sich dabei meist um ein Resorptions- | Feuergefährlichkeit). Über Hypnosegeburten habe: ich: keine per- DEA is
5 oder ein Infektionsfieber. Es fragt sich, ob die Fruchtblase | sönlichen Erfahrungen, dieselben eignen sich auch mehr für den An- MENEE pa
Mh steht oder ob und wie lange das Fruchtwasser schon abge- | staltsbetrieb, zumal auch die Betreffenden. vorher „hypnotisch er- a |
‚, sa ist. Fieber bei noch stehender Fruchtblase ist selten und | zogen“ werden müssen. `- : ee E EE Da
gewöhnlich ohne Bedeutung, meist fällt es nach Sprengen' der | re ee ee WEHEN)
‚Fruchtblase allmählich ab. Hier handelt es sich dann um ein In- Komplikationen der Schwangerschaft.‘ ° > o; a9 WANN
torikationsfieber, das durch Resorption ‘von Stoffwechselprodukten 1. In mit Myomen durchsetzten Uteri kann sich eine Schw angor- ai ; e
Jamloser Saprophyten entstanden ist. Bedenklicher liegt der Fall, | schaft entwickeln, es wird für den weiteren Verlauf der Schwanger .: Ai a H
. „wa Fieber entsteht, nachdem die Fruchtblase schon längere Zeit | schaft darauf ankommen, wo. die Myome sitzen und sich danach- ee, HIERHER
.. 5 pfungen ist. Haben öftere Untersuchungen stattgefunden — in | das Verhalten richten. Man sei so konservativ wie möglich. In a E CEE
' Sllenen Fällen faßt auch einmal eine Frau mit unreinen ‘Fingern der Schwangerschaft werden meistens nur Kompressions- . N | g
‚ Wbst in ihre Scheide — ist am wabrscheinlichsten, daß Bakterien | erseheinungen eine Indikation zur Operation geben.. Wehen- Ian
; Aügebracht worden sind, die eine Zersetzung des Fruchtwassers und | schwäche kann in jedem Stadium der Geburt auftreten, man treffe SET
, ie die Tympania uteri hervorrufen. Ausnahmsweise kann | deshalb: stets : Vorkehrungen, um eine atonische NachBlutung a | i i
tet site „Selbstinfektion“ in Frage kommen, ohne daß eine Unter- | Anfang an energisch zu bekämpfen. Oft werden Myome ' während. IR
Ang stattgefunden hat. Weiland Gebhardt hatte seinerzeit ge-
man, da8 die Fäulnisgase durch virulente Colibakterien hervor-
he werden. Krönig fand die verschiedensten Mikroorganismen
M infizierten Fruchtwasser. Dringen die Gasmengen durch einen
bis unter das Peritoneum, entsteht das Emphysema uteri par
als Bei geringer Temperatursteigerung bis einige ‚Zehntel
88 mache man zunächst desinfizierende Scheidenspülungen
der Schwangerschaft größer, im Wochenbett dagegen kleiner;'kleinere :
‘können ganz. verschwinden. Muß in der Schwangerschaft einge
' griffen werden, soll nieht die Schwangerschaft unterbrochen, ‚sondern. ,
die Myomknoten sollen' entfernt werden, wenn möglich durch
'Enukleation. , Bei intramuralen und breitbasigen, subserösen Myomen
wird man zùr supravaginalen Amputation des Uterus gezwungen
werden können. Gestielte werden. bei der Geburt abgetragen, wenn
| sie nicht reponiert werden können, sonst ist Schnittentbindung am
Platze. Die größten Hindernisse gehen meist von der hinteren Wand der
„Cervix aus. Während der Geburt stark gequetschte Myome können `
‚später gangränös werden. . Submuköse Uervikalmyome schäle man `.
|
Bord ) Wer aber rektal untersuchen will, muß sich an dieStö ckelsche
. u halten, nur mit dem Gummihandschuh ‘zu untersuchen, der
Gegen Berling allein genügt nichtin dieser gefährlichen
i € ty -
`
-
1084
1924 — MEDIŻINISOHE KLINIK — Nr.31. `
| = Bd, August”.
am besten möglichst bald aus, um die: Geburtswege frei zu
machen und spätere Nekrose zu vermeiden. Man denke auch an
die Möglichkeit einer Uterusru
Querlage.
2. Ist eine Schwangerschaft durch Ovarialtumor kompliziert,
so empfiehlt es sich möglichst früh den Tumor zu entfernen. Die
Gefahr der Unterbrechung der Schwangerschaft nach der Operation
ist nicht so groß als man früher annahm. In 20—25 °/, der Fälle
‚ ‚soll Frühgeburt eintreten.. Von 5 Fällen, die ich operierte (4 Der-
moide, 1 Kystom), hat keiner abortiert, das Kystom war insofern
verhängnisvoll 'als ein Jahr nach der Operation sich ein Adeno-
karzinom der Bauchwunde bildete. In einem sechsten Fall von
‚Schwangerschaft mit doppeltem Ovarialtumor bei einer Erstgebären-
rasche Ausdehnung des Leibes und gleichzeitiges Aus-
bleiben der Regel muß bei schon länger bestehenden
Da sie über den Rahmen der Klinik hinaus noch nicht Allgemein-
den riet ich ausnahmsweise abzuwarten, damit die Schwangere die
Chance hätte wenigstens ein Kind zu bekommen.
Fehlgeburt ein (mens. 6) bei einem nicht lebensfähigen Kinde. Wie
ich. später hörte, waren die Tumoren gutartig, und darf auch
nur in dem Falle, daß man von der Gutartigkeit des Tumors über-
zeugt ist, ausnahmsweise bei einer solchen Kombination gewartet
werden, um dann später die Schnittentbindung mit Entfernung. der t
Tumoren zu machen. Die natürliche Entbindung bei noch. bestehen- .
dem kleinerem Tumor birgt mehr Gefahren durch Bersten desselben
bei der Reposition, außerdem wird dieselbe ja nur in den seltensten
Fällen möglich sein. Eine Reposition wird am besten nur in einer
Klinik versucht, wo bei Verdacht der Ruptur gleich die Laparo-
tomie gemacht werden ‚kann; der alleinstehende Arzt sei besonders }
vorsichtig und unterlasse lieber die Reposition. Die Diagnose wird
im Beginn der Schwangerschaft bei kleineren Tumoren meist leicht
sein, wenn derselbe noch neben oder hinter dem Uterus liegt.. Sehr
Ovarialgeschwülsten stets den Verdacht auf Gravidität
erwecken. Ovarialzysten sind viel praller gespannt als
der Uterus. Wächst der. Uterus, so liegt ein kleiner Tumor
meist vom Uterus gedeckt. Schwierigkeiten der Diagnose entstehen
gewöhnlich nur bei Kolossaltumoren, wenn keine kombinierte Unter-
ptur bei abnormer Kinds-, speziell
| ist nur ganz ausnahmsweise. berechtigt.
Sie folgte aber
- nicht meinem Rat, sondern ließ anderswo gleich operieren. Es trat
ebenso wie in der Schwangerschaft bestehen.
1
suchung mehr möglich, hier bilft man sich nach Hegar durch
Herabziehen der Portio und durch Untersuchung vom Rektum aus,
bei welcher man das seitliche Auseinanderweichen des supravagi- E
nalen Collums nach dem weichen Uteruskörper deutlich erkennt.
Die Punktion der Cyste birgt große Gefahren in sich und
Bei .der Geburt kann aber
auch einmal punktiert werden, wenn die Reposition nicht gelingt.
Bei schwerem Geburtshindernis, speziell im Douglas fixiertem Tumor,
kann die Sectio caesarea in Frage kommen. Fine normale Ent-
bindung wird nur bei ganz kleinen Tumoren stattfinden können,
Ist eine Geburt mit Ovarialtumor gut verlaufen, emp-
fiehlt es sich trotzdem baldigst denselben zu entfernen
wegen der Möglichkeit einer Stieldrehung und Infektion.
Kaltenbach glaubte, daß sogar die Schwangerschaft eine maligne
' Degeneration des Ovarialtumors begünstigen könnte.
3. Die Komplikation einer Schwangerschaft mit
Krebs, speziell Collumkrebs, kann keine so häufige sein, kommt
aber vor. Meist wird ein rasches Wachstum des Carcinoms èin-
treten, denn nur im Frühstadium. wird. eine Konzeption möglich
sein. Die krebsigen Infiltrationen werden durch ihre Härte ein Ge-
burtshindernis oder mindestens eine Verzögerung_ abgeben; besonders
ungünstig -wird der Verlauf sein, wenn das Carcinom auf das Para-
-metrium übergegangen ist. Die Diagnose ist meist. leicht, kann
aber auch bei Cervixkrebs, der den äußeren Muttermund freiläßt,
einzelnen Knotens vorkommen. Die. operative Behandlung darf nie-
mals durch die Rücksicht auf Erhaltung der Frucht verzögert werden.
‚Wird das Carcinom erst, bei der Geburt erkannt, so kann -diè
Therapie nur in der baldmöglichsten totalen Entfernung des Uterus,
Einen solchen Fall
überweise man am besten der Klinik. Ist dies nicht mehr möglich
| und muß man im Hause entbinden, so wird man eventuell tiefe
.Inzisionen zu Hilfe nehmen müssen wegen Rigidität des Gewebes.
Diese Einschnitte bluten aber oft sehr stark, auch besteht die Ge-
fahr der Infektion im Wochenbett. Ist die Geburt vorbei, so zögere
man nicht zu lange, sondern überweise baldigst die Wöchnerin der
Klinik zur Operation oder Strahlenbehandlung.
= Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C: Adam, Berlin (Augenkrankbeiten), Prof. Dr. E. Edens,
St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerh artz,
Bonn a. Rb. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haen! ein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rat
‚Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann. Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. ©. N ordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel; Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychothera
pie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), eo l
| . geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Rlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Aus der Universitäts-Kinderklinik Würzburg |
(Vorstand: Prof. Dr. Rietschel).
Neuere Milchgemische in der Diätetik des Säuglings.
| Von Walther Schmitt, Assistent der Klinik. |
In den letzten Jahren sind mehrere gute Nahrungsgemische |
in der Säuglingsheilkunde angegeben worden, die teils als Dauer-
nahrung verwendet, teils aus besonderen Indikationen gegeben werden.
gut der Ärzte geworden sind, dürfte eine, wenn auch unvollständige,
Übersicht der einschlägigen Arbeiten von Interesse sein.
Dabei muß zuerst über den wichtigsten Bestandteil jeder
‚Säuglingsnahrung, die Milch, einiges gesagt werden.
'Daß es tatsächlich gelingt, Säuglinge über Monate hinweg
ohne nachweisbaren Schaden milchlos zu ernähren, sei hier nur als
Kuriosum erwähnt. Hamburger (47) gab Säuglingen über Wochen
bis mehrere Monate eine Kost, die die Grundstoffe der Milch in
anderen Nahrungsmitteln bot. (Leberbrei als Eiweißträger, Eisen-
und Vitaminquelle, Lebertran, Gemüse- und Fruchtsaft, Einbrenn-
suppe aus Pflanzenöl und Weizenmehl, Reissuppe, Salzgemische.)
Vorläufig haben jedoch solche Experimente nür theoretisches Inter-
esse und, ob nicht auch bei den anscheinend gesund gebliebenen
Kindern doch Schäden aufgetreten sind, die nur bisher nicht er-
kannt werden konnten, steht noch dahin,
Das souveräne Mittel der künstlichen Säuglingsernährung ist
und bleibt die Milch. - |
Während in romanischen Ländern der Eselinnenmilch in
manchen Fällen der Vorzug, sogar vor der Frauenmilch, gegeben wird,
so, bei debilen, lebensschwachen Frühgeburten und bei Athreptikern
unter 4 Monaten [Ribadeau-Dumas et Fouet (100), Marfan (79),
Barbier (6)] haben wir in Deutschland neben der. Kuhmilch praktisch
nur noch Ziegenmilch zur Verfügung. =
Ziegenmilch gilt nun von jeher im Volk als besonders ge-
eignet für die Säuglingsernährung. Ein gewisser äußerer Vorzug
ist ihr ja auch in der Tat dort nicht abzusprechen, wo sie direkt
vom Erzeuger bezogen werden kann, während Kuhmilch nur als
Marktmilch aus der Sammelstelle zu haben ist. Was aber ihre be-
sondere Eignung als Säuglingsnahrung betrifft, so mehren sich in
. den letzten Jahren die Stimmen, die sich dagegen aussprechen. Als
erster dürfte Scheltema (110) schon 1916 darauf hingewiesen
haben, daß bei Ziegenmilchernährung viel öfter Anämie beobachtet
werden kann, als bei Kuhmilchernährung. Seitdem kamen aus einer
Reihe von Kliniken [Aron (8), Blühdorn (12), Brouwer (15),
Dettweiler (26), de Rudder (108), Stöltzner (123), Stuben-
rauch (124)] Arbeiten und Beobachtungen, die erkennen lassen, daß
‘es bei Ziegenmwilchernährung ganz auffallend häufig gegenüber der
Kuhmilch zu chronischen Schäden kommt, die zu einer hochgradigen
Anämie (Hayem-Jaksch) führen. Auch wir konnten in unserer
schwierig werden. Das Careinom kann auch in der Form eines.
_ (Fortsetzung folgt) .
Klinik im Laufe der letzten Jahre mehrere Fälle von typischer
. Ziegenmilchanämie beobachten, deren Heilung bei Umstellung der
| Kost in den meisten, nicht allzu fortgeschrittenen Fällen- gelang.
- “ Erklärungsversuche zu dieser Beobachtung liegen bis jetzt nur
re vor. Stöltzner (123) ‚denkt an Hämolyse durch die lös-
jiehen Fettsäuren, die’in der Ziegenmilch in 8fach größerer Menge
is in der Frauenmilch enthalten sind. Dettweiler (26) wendet
sich gegen diesen Erklärungsversuch. Wenn Anämie bei Ziegenmilch-
andhong beobachtet. wurde, so sei dies kein. Erfolg der Ziegenmilch
an. sich, sondern es- komme nur bei vitaminarm ernährten Tieren
yon. de Rudder (108) ist geneigt sich Stöltzner anzuschließen
' md'wendet sich gegen Dettweiler. Blühdorn (12) wiederum.
piht: sich sowohl gegen die Fettsäurehypothese wie gegen die
Avitaminösentheorie aus. Nach ihm wirken mannigfache Bedin-
-` gingen zusammen, wie die schlechtere Ausnutzung des Eisens, eiņe-
- ‚erhöhte Neigung zu Seifenstuhlbildung usw. Gött (41) schließlich
"denkt an gewisse hämolytische Gifte (Saponine); die den von den
Ziegen bevorzugten Blättern eigen sind, und dort, wo solche Blätter
` den Tieren vorzugsweise verfüttert werden, zu einer Vergiftung der
. Milch führen mögen. $ i Zen
- Jedenfalls ist dieser Frage ein erhöhtes Interesse .zuzuwenden
` ud wir räfen immer, der Kuhmilch den Vorzug zu geben, wenn
beide Mileharten in einwandfreier Qualität zur Verfügung stehen.
-Um etwaige Schäden von Frischmilch nicht einwandfreier Her-
kukt auszuschalten, macht man aber auch neuerdings von 'fabrik-
mäßig hergestellten Milchdauerpräparaten wieder mehr Gebrauch.
In Zeiten der Milchnot bzw. an manchen Orten (z. B. Tropen-
gegenden) kann man ja unter Umständen auch ganz dringend auf
‚So angewiesen sein. o |
=, „Kondensmilch wurde schon früher vielfach verwendet. Seit
- Am Errungenschaften der modernen Vitaminlehre ist man davon
Jedoch wieder mehr abgekommen. Doch haben neuerdings monate-
° IngeEmährungsversuche der Amerikaner Wolf und Sherwin (132)
- gaeigt, daB bei Zugabe von Orangensaft, Kondensmilch der Roh-
, miht der pasteurisierten Milch im Erfolg nicht nachsteht und
dib besonders keine‘ gastrointestinalen Störungen auftreten. Und
. ‚Yariot (127) wies nach, daß die gezuckerten, bei 50° eingedampften
- Imdenmilchen eine normale Entwicklung des Säuglings gewähr-
- dest Rachitis beobachtete er dabei nür selten, Skorbut trat nie
al Er meint deshalb, daß Fermente und Vitamine erhalten bleiben.
Im Gegensatz hierzu stehen nach ihm die nichtgezuckerten Kondens-
hilchen, „welche unter starker Hitze (meist 110—120°) eingeengt‘ |
med (z. B. Nestles Kondensmilch). Dabei sah er’ regelmäßig
Slowerscheinungen auftreten. Comby meint dazu, daß zwar die
gesicherten Kondensmilchen wohl weniger skorbutigen wirken, hält
“ Me aber doch nicht für absolut unschädlich. Jedenfalls ist bei Ver-
Wadung von Kondensmilchen unter ‘allen Umständen die regel-
> mifigo Zugabe von Orangen-, Zitronensaft oder anderen Vitamin-
p äger angezeigt, | E ae
< „ Zählreiche Arbeiten im In- und Ausland untersuchen die Brauch-
or es der verschiedensten Trockenmilchpräparate [de Angelis (2),
a et Dorlencourt (5), Blackham (10), Bosworth (18),
aid), Clark und Collins (21), Comby (22), Cavonaugh
ke and Hall (20), Czerny (23), Dubost et Frangois (27),
Der) Helmreich und Schick (50), Heß (58), Lang-
`, Mil e} Leary (12), Méry, Aviragnet, Lesné, Lereboullet,
Dat Halle, Dorlencourt et Schreiber (82), Neuland und
dr, 88), Nobel und Wagner (92), Scurfield (116, 117),
„pp (121), Suppl&e (125), Washburn (131)]. Die Trocken-
alle verspricht schon deshalb von vornherein für die Säuglings- `
a Enel zu sein, da neuere Verfahren es ermöglichen,
ai Temperaturgraden herzustellen, die eine Erhaltung der natür-
3 Ran chemischen Eigenschaften und. vor allem des Vitamingehaltes
po Aschmilch gewährleisten. In. der: Tat lauten auch die Urteile
Ale urchweg zustimmend, ja teilweise begeistert. Czerny stellt |
= gendo Forderung für eine gute Trockenmilch auf: Sie muß’sich
hl Wasser ohne Bodensatz suspendieren lassen; 2. monatelang
: nali sean; 3. weder an Geschmack noch an chemischen Eigen-
Matten einbüßen, |
An Deutschland liefert das. bei uns ‚gebräuchliche Krause-
mm ngsverfahren ausgezeichnete Präparate, die diesen Anforde-
| Klar entsprechen [Czerny(28),HelmreichundSchick (60),
| Bl ‚und Peiper (87, 88), Nobel und Wagner (92)]. Be-
Ali s Minimen kommen, wie üblich, aus Amerika, wo. viele
4 uhr üle Trockenmilch als der Frischmilch geradezu überlegen
wein Ihnen schließen sich vor allem die Franzosen an. Auch
ae und Italien sind mit günstigen Urteilen vertreten. Alle
rer die Brauchbarkeit der Trockenmilch bei der Ernährung des.
5 M wie des kranken Säuglings und loben vor allem -ihre
= Be mae
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können heute wohl nicht mehr aufrecht erhalten werden. Wir ver-.
wenden in unserer Klinik seit geraumer Zeit die Trockenmilch der
dahin zusammenfassen, daß die Trockenmilch im Erfolge der Frisch-
„milch anscheinend nicht nachsteht.... . ie
. undMehl stets gleich erhalten bleiben. Beis
Feuer (Asbestplatte) unter starkem Umrühren. so lange gekocht. bis. :\. Me ei
-die Masse. nie dünnflüssig und bräunlich erde u DIS.
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‚hygienischen Vorzüge (Keimarmut, - Haltbarkeit, Sauberkeit. in der. Ä Te
Verarbeitung, Vermeidung schädlicher Nahrungsreste . usw.).. ` Nur SER Pe Bin
vereinzelt wird über Vitaminarmut, von anderen über geringere PER HN
Bekömmlichkeit gegenüber der Frischmilch geklagt, was mit an.dem BE)
verwendeten Präparat liegen mag. © © E SO en IA N
| Es ist sicher zu weit gegangen, wenn man die: Troekenmilch ze, Ä n sie i
als auch einwandfreier Frischmilch überlegen ansehen will.. Wir.- Se
a 1 . ; z ET Ei a ; : á Se DE N:
schließen uns hier Czerny (28), Langstein (69) und Rietschel” ` Bun
an, wenn sie die Trockenmilch eben immer nur als Ersatz. der dt
'Frischmilch ‚verwendet wissen. wollen. Freilich die Befürchtungen. me
Langsteins hinsichtlich der chemischen Veränderung und der Vitamin- `;
‘armut und ihre Gefahren, die Rietschel früher: ebenfalls. teilte,
Edelweißwerke Schlachters (Kempten, Allgäu), die’unter Kontrolle
der Berliner Kinderklinik. steht, sowohl bei gesunden, ‚wie kranken - .
Kindern.. .Es werden. daraus . alle gebräuchlichen Milchmischungen- ’-
der. Klinik ‘hergestellt, und wir ‚können unser vorläufiges Urteil -
- Es verdient noch Erwähnung, daß aus Amerika auch bereits
über . günstige Erfolge mit Eiweißtrockenmilch .berichtet : wird .
(Sauer (109). Die Franzosen [M&ry, Aviragnet (82) uw]
finden sogar eine Eiweißmilch, die sie aus einem Präparat von:
halb entrahmter Milch herstellen (mit 6 %/, Eiweiß‘ und 1°/, Salzen) `
der Finkelsteinschen Originaleiweißmilch. überlegen. Ein’ ähn- `
liches deutsches Präparat wird- wohl nicht‘ mehr lange: auf sich.
warten lassen. — Et ER er Bee Ve
| Um welche Milchmischungen ist nun. in den letzten. Jahren `-
die Diätetik des gesunden 'und des kranken Säuglings bereichert
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worden und welche Erfahrungen 'liegen darüber vor? © i
. Ich möchte mich hier auf diè Besprechung der bekanntesten: -
Milchmischungen beschränken und zwar. der Buttermehlnahrung
nach Czerny-Kleinschmidt,. des Buttermehlbreis und 'der
Buttermehlvollmilch nach Moro, der Dubonahrung nach -
Schick, der peptisch vorverdauten Milch nach Bessau und `
der Sauermilchen. | ee ON Br
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1: Buttermehlnahrung nach Ozerny-Kleinschmidt, we j
Im Jahre. 1918 gaben Czerny. und Kleinschmidt (24)
eine „Buttermehlnahrung für schwache Säuglinge“ an. Sie schloß sich © ~.
an andere fettreiche Gemische, wie die Sahnenmilchen, mit dem Unter-.. |
schiede an, daß bei ihr das Fett und die polyvalenten Kohlehydrate _,
als Buttermehlschwitze zugeführt wurden!) I
Nach Angabe der Autoren ist diese Art, der Fettanreicherung - . <
den sonstigen Methoden im klinischen Erfolg ganz entschieden - -7
überlegen. Sie benützten die Nahrung vor allem bei Kindern im ©
1. Lebenstrimenon unter 3000 g Gewicht und zwar begannen sie bei
Kindern, die weit unter 3000 g schwer waren, die Ernährung. mit BR
'1/ Milch und ?2/, Buttermehlabkochung, bei den Kindern, die sich `
dem Gewicht von 3000 g` :näherten oder dasselbe ‘überschritten, ` '
wurde :?/, Milch mit 3/s Buttermehlabkochung “verdünnt. . Die Ge-
| 1) Das Originalrezept lautet! Die Butter, die Verwendung. findet,
bedarf keiner besonderen Prüfung, da auch jede Butter minderer
Qualität brauchbar ist.‘ Auch das Weizenmehl braucht -nicht die feinste -
Qualität aufzuweisen, immerhin möchten wir, wenn uns die Wahl. frei .
steht, den feineren kleiearmen Sorten den Vorzug geben.‘ Die.Mischune _
mit Kuhmilch, besonders. wenn sie noch mit etwas Zucker. gesüßt ist. .
hat einen angenehmen Geschmack, so: daß sie die Säuglinge im allge- p EEEN
meinen: gern nehmen. Die Relation von Butter, Mehl, Wasser und A ehr
Zucker, die wir empirisch als zweckmäßig festgestellt: haben; ist ` | aqa
folgende: Auf. je 100 g Verdünnungsilüssigkeit kommen. 7 æ- Butter.
7 g Mehl, 5g Kochzucker, wobei es erlaubt ist, ein wenig’nach-oben .
oder unten abzurunden. Doch muß das Verhältnis zwischen Butter :
ielsweise bringt man `
| ocht diese über ge- > ; al A
m Feuer unter starkem Umrühren mit einem Holzlöffel, bis sie. > RA i
schäumt und der Geruch nach Fettsäuren verschwindet (3—5 Minuten), | aiet
Dann fügt man 20 g Weizenmehl (Feinmehl). hinzu und. vermengt dieses. nA jii Me. |
mit'der zerlassenen Butter. Beides zusammen wird. nun auf gelinden . 2 N
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‚20 & Butter (statt 21) in einen Kochtopf und .
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4—5 Minuten): Jetzt werden 300 & warmes Wasser und 15 g Koch- KIN N
zucker zugegeben, ‚nochmals aufgekocht, durch ein. Haarsieb - egeben
und Schließlich das ganze noch warm der abgekochten und erkalteten
Kuhmilch zugesetzt. ‚Ein Hinzufügen von Salz erübrigt sich bei dm “`
Salzgehalt : der Butter, ebenso ist eine. nochmalige Sterilisation der
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fertigen Milch nicht zu empfehlen, ‚dauernde Kühlhaltung aber unbe: > Be iin Ri 4 EN
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1086
samtmenge- der Nahrung wurde so dosiert, daß sie 200 cem pro
Kilogramm Körpergewicht nicht überschritt. Meist wurde jedoch
erheblich darunter gegeben. z
Was den Erfolg betrifft, so rühmten sie in erster Linie, daß
die Gewichtskurven stetige Zunahme, ähnlich wie Frauenmilch-
kurven, zeigten. Auch das Längenwachstum der Kinder war dabei
sehr befriedigend. Das Aussehen und der Turgor der Kinder wurden
ganz auffallend gut und die Säuglinge zeigten guten Fettansatz.
Ein weiterer Vorteil der Nahrung schien eine Resistenzerhöhung
gegenüber akzidentellen Infekten zu sein. Diese Erfolge konnten
in erster Linie bei zwar schwächlichen, aber sonst nur wenig ge-
störten Kindern beobachtet werden. Mißeriolge dagegen traten auf
bei akuten Dyspepsien, auch wenn sie schon in der Reparation be-
griffen waren, weiter bei Erythrodermia desquamativa. Kinder mit |
exsudativer Diathese zeigten keine Verschlimmerung
. Kraniotabes
' trat auch unter Buttermehlnahrung auf. | |
\
Um nun ihre guten Erfolge bei der Butiermehlnahrung zu
erklären, denken Czerny und Kleinschmidt einmal daran, daß
die durch die Erhitzung der Butter bedingte Entfernung der niederen
Fettsäuren von großer Wichtigkeit sei.
dem vermuten sie auch in der chemischen Veränderung des ge-
rösteten Mehles einen Vorteil. Auch der relativ geringe Eiweiß-
gehalt erscheint ihnen besonders notwendig für die Ernährung
debiler Kinder. |
Diese Buttermehlnahrung fand rasch allenthalben Nachprüfer,
die teils mit ‘dem Öriginalrezept, teils mit Modifikationen ver-
schiedenster Art arbeiteten [Brinckmann (14), Brown, Curtney
and MacLachlan (16), Brückner (18), Brunnthaler (19),
Elizalde (28), Epstein (29), Ernberg (80), Exchaquet (31),
Flesch und Torday (34), Friedberg (36), Frontali (87),
Gauthier (38), Gismondi (89), Griffith and Crozer (44),
Griffith, Crozer and Mitchell (45), Hamburger (46),
Kaczke (56), Kasteele (59), Kleinschmidt (61), Klerker (63), |
Klotz (64), Krasemann (66), Lange (68), Löwenburg (75),
Mendelsohn (81), Mitchell (83), Neuland und Peiper (87),
Niemann und Foth (89), Noack (90), Poulsen (95), Plan-
tenga (94), Reiche (97), Resch (98), Rietschel.(101, 102, 105),
Rhonheimer(99),Schloßmann(114),Schoedel (115), Wolff(133),
Zielaskowski (134)]. |
Im allgemeinen schließen sich die Urteile den schon von
Czerny-Kleinschmidt gemachten Erfahrungen an. Die Indi-
kationen werden erweitert und schärfer umrissen. Immer wieder
kehrt die Empfehlung bei Frühgeburten, Hypotrophikern, Rekon-
valeszenten ohne Dyspepsie, kurzum bei Kindern, die. hinter der
Entwicklung gleichalteriger ohne schwerere Störungen zurück-
geblieben sind und nicht recht gedeihen wollen. Bei Frühgeburten
besonders wird die Buttermehlnahrung als ganz besonders erfolg-
reich bei Zwiemilchernährung mit Frauenmilch gerühmt.
Immer wieder aber auch wird gewarnt vor Anwendung .der
Nahrung bei akuten und chronischen Durchfällen, bei parenteralen
Infekten und vor allem bei dekomponierten Kindern. Sie sind
meistens in ihrer Toleranzbreite für Fett dermaßen geschädigt, daß
die Fettzulage der Buttermehlnahrung, wenigstens in ihrer Original-
form, zur Katastrophe führen kann. Was die Rachitis betrifft, so
sahen die meisten Autoren keine günstige Beeinflussung durch die
Nahrung, wie auch schon Gzerny-Kleinschmidt bei Fütterung
mit Buttermehlnahrung Kraniotabes auftreten sahen. Eine Hebung
der Resistenz gegenüber parenteralen Infekten aller Art konnte nur
von einem Teil der Nachprüfer bestätigt werden. Immerhin steht
Klotz (64) vereinzelt da, wenn er eine ausgesprochene Neigung
zu parenteralen Infekten bei Buttermehlnahrung feststellen will.
Unsere Erfahrungen gehen doch im aligemeinen dahin, daß die
Buttermehlkinder weniger zu parenteralen Infekten neigen bzw. sie
leichter überstehen als bei nicht fettangereicherten Nahrungen. Bei
den Erscheinungen der exsudativen Diathese stehen den Urteilen,
die Besserung beobachteten, wohl ebenso viele gegenüber, die Ver-
schlechterungen sahen, so daß man hier den Eindruck gewinnt,
daß die exsudative Diathese von der Buttermehlnahrung nicht beein-
flußt wird. Wir können diese Beobchtung, . die auch für sonstige
fettreiche Gemische Gültigkeit hat, aus der Erfahrung unserer Klinik
voll und ganz bestätigen. Erythrodermia desquamativa dagegen
scheint schlecht von Buttermehlnahrung beeinflußt zu werden, was
ebenfalls Czerny-Kleinschmidt in ihrer ersten Arbeit schon fest-
stellen konnten. Viele Autoren haben die Nahrung auch beim ge-
sunden Kinde mit ausgezeichnetem Erfolge erprobt und empfehlen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
Dann aber messen sie der
Korrelation von Fett und Mehl eine wesentliche Rolle bei; außer-
| Buttermehlnahrung geführt.
3. August
sie daher als Normalnahrung; andere dagegen wollen sie nur als
Heilnahrung in der Hand des Arztes angesehen wissen und warnen
davor, das Rezept dem Laien in die Hand zu geben. 28
Was die theoretische Grundlage der Nahrung betrifft, so be-
stätigt Löwenberg (75), daß bei einem Röstprozeß von nur 5 Mi-
nuten aus der Butter im Gegensatz zur Sahne 50 °/, der flüchtigen
Fettsäuren verschwinden. Rietschel dagegen konnte kaum eine
Abnahme der Fettsäuren feststellen. Er findet überhaupt auch in
Buttermeblnahrung obne Einbrenne, sowohl in der frischen als bei
Magenausheberung nach 2 Stunden so wenig Fettsäuren, daß er
ihrer Anwesenheit keinen Wert beilegt. Er weist darauf hin, daß
auch in der sauren Milch, die unbedenklich mit ausgezeichnetem
Erfolg verfüttert werden kann, sehr viel mehr flüchtige Fettsäuren
. durch Milchsäuregärung vorhanden sind. Klinisch konnte er denn
auch von einer Buttermehlsuppe, in der das Fett nur durch Schlagen
mit dem Schneebesen fein verteilt war, die gleichen Erfolge sehen
wie von der Einbrennenahruug. Nach ihm beruhen deshalb die
Erfolge nicht auf dem Einbrenneprozeß, sondern auf der Fettanreiche-
rung, der Korrelation der 3 Nahrungsstoffe und dem Kalorienreichtum.
Die dadurch ermöglichte geringe Nahrungsmenge und geringe Wasser-
zufuhr scheinen für die Aufzucht debiler Kinder besonders günstig.
zu sein. Auch Moro (84) hält die Entfernung der niederen Fett-
säuren für ganz unwesentlich. Noack (90) fand, daß sich Butter-
mehlnahrung und Sahnemilch weder in der Ammoniakausscheidung
noch in der Fettausnützung unterscheiden. Er hält deshalb die
Entfernung der niederen Fettsäuren durch, Einbrenne ebenfalls für
bedeutungslos. Auch Klercker (63) meint, daß die Buttermehl-
röstung die Fettsäuren nicht entferne, wohl aber deshalb zweck-
mäßig sei, weil sie den richtigen Hitzegrad zur Dextrinisierung des
Mehles anzeige. Dieser Röstprozeß des Mehles scheint doch mit
einen wesentlichen Faktor des Erfolges zu bilden, wie Klein-
schmidt (61) selbst in einer späteren Arbeit durch Austausch-
versuche nachweisen : konnte. Es wird dadurch eine langsamere,
auf einen größeren Darmabschnitt verteilte Resorption des Mehles
erzielt. Wir wissen dies auch aus neueren Arbeiten [Grafe und
v. Schröder 42)] der Diabetesliteratur und wir selbst haben auch
_ von der Anwendung eines trocken auf der heißen Pfanne leicht ge- -
bräunten Mehles recht Gutes ‘gesehen.
Was die Ausnutzung der Nahrungsstoffe bei Buttermehlnahrung
anlangt, so sind die Stoffwechselversuche von Stolte (122) und von
Zielaskowski (134) bedeutsam, die eine sehr gute Kohlehydrat-
und Fettresorption und ebenso eine ausreichende Stickstoffretention
nachweisen konnten. u
Durch die Praxis wurden viele Autoren zu Modifikationen der
Ich möchte mich hier auf die von
Rietschel angegebene beschränken. Einmal ist das Czerny-
Kleinschmidtsche Originalrezept leicht mißverständlich, wovon
wir uns immer wieder überzeugen müssen. Zum zweiten sind die
von den Autoren gerade für die kleinsten Kinder angegebenen Fett-
mengen, die sich bei einer 1/, Milch-Buttermehlsuppe auf 5—6 °/o
belaufen, nach den Erfahrungen unserer Klinik entschieden zu hoch.
Auf demselben Standpunkt steht auch Epstein (29) und Finkel-
stein (Lehrbuch 3. Aufl), Auch Hamburger (46), als Schüler
Czernys, wendet nach jahrelangen Erfahrungen heute viel geringere
Mengen Fett an, indem er variable Mengen der Mehlabkochung in der
gewöhnlichen Halbmilchmischung durch Buttermehlabkochung ersetzt.
Wir verwenden daher in unserer Klinik seit Jahren eine Butter-
mehlnahrung mit 2/, bis 2/ Milch (Normal: Halbmilch; für Neu-
geborene, Frühgeborene und ganz junge Kinder: 2/, Milch; vom 5. '
bis 6. Monat ab 2/, Milch). Dazu kommen 3 °/, Butter, 3 °/, Mehl
und 5 °/, Zucker. Dabei fangen wir bei unsicheren, noch in der
Reparation stehenden Kindern, aber auch bei Atrophikern leichteren
Grades ohne Dyspepsie, kurzum bei Kindern, bei denen wir eine
Schädigung der Fett- und Kohlehydrattoleranz befürchten müssen,
mit einer 1°/,igen Buttermehlschwitze an, um bei Erfolg langsam
auf eine 3°/,ige Einbrenne hinaufzugehen. Dadurch können die
Indikationen für diese ausgezeichnete Nahrung wesentlich erweitert
werden. |
In den letzten Jahren sind nun auch hier in Würzburg unter
dem Material der Klinik, Poliklinik und namentlich auch der von
uns versorgten Mütterberatung der Säuglingsfürsorge Hunderte von
Kindern, zum großen Teil normaler Entwicklung, mit Buttermehl-
` nahrung groß gezogen worden und es macht immer wieder Freude,
wenn man erfährt, daß ein Kind, das man nach seinem Entwick-
lungszustand, seiner gesunden bräunlichen Hautfarbe, seinem guten
Turgor, seinem festen kernigen Fettpolster für ein Brustkind halten
3. August
möchte, seit Monaten ausschließlich mit Buttermehlnahrung ernährt
wird. Nur selten trifft man bei. anderer Ernährung Kinder, die sich
so sehr dem Typ des gesunden Brustkindes nähern. Wir stehen
daher nicht an, die Buttermehlnahrung neben ihrer Anwendung als
Heilnahrung bei debilen Kindern, auch als normale Winternahrung
für das gesunde, unnatürlich ernährte Kind zu empfehlen.
_ Nicht mehr als Modifikation, sondern schon als eigene Heil-
nahrung kann man die von Kleinschmidt (61) angegebene Butter-
milch-Buttermehlnahrung bezeichnen. Sie vermag auch bei akuter
Dyspepsie ganz Ausgezeichnetes zu leisten. Kleinschmidt geht
dabei so vor, daß er zuerst nach Teepause Buttermilch ~- 3 °/, Maizena
‚ohne Zucker gibt, dann nach 2 Tagen mit einer 2 %/,igen Einbrenne
anfängt und bis 4 %/, steigert, schließlich bis zu 5°/, Nährzucker
zulegt, den er später durch Rohrzucker ersetzt. Diese Nahrung hat
vor der Eiweißmilch den Vorzug, daß sie nicht nur als Heil-, sondern
auch als Dauernahrung zu verwenden ist. Als solche ist sie auch
moh Kleinschmidt besser, als holländische Säuglingsnahrung:
_ Kaozke (56) bestätigt voll und ganz Kleinschmidts Er-
folge mit Buttermilch-Buttermehlnahrung. Auch er sah sehr gute
Emährungserfolge bei frischer und chronischer Dyspepsie und Dys-
trophie. Die Stühle besserten sich rasch, die Reparation trat bald
ein und die Kinder gediehen weiterhin recht gut. Er zerlegt die anti-
dyspeptische Wirkung der Nahrung in 2 Komponenten: die Butter-
_ milch hemme das Koliwachstum und sterilisiere so die kolibesiedelten
oberen Dünndarmabschnitte; das Fett der zugesetzten Einbrenne wirke
gärungshemmend und fäulnisfördernd durch Anregung der Darmsaft-
sekretion, das geröstete Mehl sei-schwerer resorbierbar und gelange
so in die unteren Darmabschnitte, wo es die physiologische bakte-
rielle Gärung fördere. Rietschel hat schon seinerzeit bei seinen
Versuchen mit süßer und saurer Buttermehlnahrung gefunden, daß
die sauergewördene Buttermehlnahrung der süßen im Erfolg viel- .
fach überlegen war. Seitdem verwenden auch wir eine Buttermilch-
Buttermehlnahrung und können uns den guten Erfahrungen vor-
genannter Autoren voll anschließen.
j Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siohe auch Therapeutische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 23 u. 24.
Nr. 23. Über die primäre, autochthone oder maranlische Hirnsinus-
thrombose berichtet 0. Klein (Prag), Sie tritt zu allen jenen Grundleiden
hinzu, bei denen die die Thrombenbildung begünstigenden Bedingungen:
Verlangsamung des Blutstroms, veränderte Blutbeschaffenheit und ana-
„komische Läsion des Endothels der Venenwand gegeben sind. (Davon zu
unterscheiden ist die infektiöse oder sekundäre Hirnsinusthrombose, die
sich entweder per continuitatem oder metastatisch an infektiöse Prozesse.
des Schädels, Gesichtes, «wie Erysipel, Furunkulose, Otitis media, an-
schließt.) ‚In Symptomatologischer Hinsicht ist das Bild der Sinusthrombose
‚va dem der Meningitis meist kaum zu unterscheiden. Beschrieben
| vird ein Fall, wo ein Magenkarzinom, das symptomlos verlief, zur
Sinusthrombose führte. Auch hier glich das Bild dem einer Basilar-
meningitis, An eine marantische Hirnsinusthrombose konnte nicht ge-
dacht werden,.da kein mit Kachexie einhergehendes Grundleiden gefunden
wurde. Anamnestisch fehlte jeder Anhaltspunkt für das Bestehen eines
‘Schweren Magenleidens. Das Erbrechen konnte als Begleitsymptom des
erhöhten Hirndrucks mit dem übrigen klinischen Bilde sebr wohl in Ein-
klang gebracht werden.
i Die Biutkörperchensenkungsreaktion bei Encephalitis epidemica
“orlem H. B. Lorenz und A. Berger (Breslau). Gesetzmäßigkeiten im
Ablauf‘ der Blutkörperchensenkung bei Enzephalitikern ließen sich weder
beim unbeeinflußten" noch bei dem mit Kaseosan vorbehandelten Patienten
feststellen. Daher ist dieser Reaktion auch kein differentialdiagnostischer
Wort beizumessen, Nicht nur pathologische Beschleunigung, sondern auch
krankhafte Hemmung der Senkungsgeschwindigkeit konnte nachgewiesen .
worden.
vo En die isolierte Erkrankung des Otolithenapparates weist Theodor
= ehormann (Budapest) hin. (Die Otolithen wachen über das
en des Ruhezustandes, während die Bogengän ge hauptsäch-
si ` Boweg ungen ihre Rolle zu spielen haben.) Die Diagnose der
rong isolierten Otolithenerkrankung ist nur berechtigt, wenn kein
à Eh besteht. Dessen Gegenwart muß als Zeichen der Miterkran-
Sym ia Bogengänge betrachtet werden. Beschrieben wird ein neues
ir aF isolierten Erkrankung des Otolithenapparates, das darin þe-
veger as der Otolithenschwindelanfall durch kurzes, ruckweises Be-
gon, Schütteln des Kopfes, unterbrochen werden kann. (Auch bei
(Schluß folgt.)
: er 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31. = -1087
der auf einer Ermüdung des statischen Organs beruhenden Seekrank-
heit beseitigt ruckweise Bewegung des Kopfes den Schwindel. Das go-
schieht in dem „Zitterstuhl“, einem Armstuhl, den ein kleiner Elektro-
motor in beständigem Zittern erhält. Es ist wahrscheinlich, daß das
Zittern auf die Otolithen wirkt.) _
Über die Pneumokokkenperitonitis der Kinder berichtet Strauß.
(Biebrich a. Rh.). Erkrankt ein Mädchen im mittleren Kindesalter u
Pneumokokkenperitonitis kommt fast ausschließlich bei Mädchen von 3 bis
10 Jahren vor — plötzlich mit heftigen Leibschmerzen, starkem Erbrechen,
hohem Fieber und Durchfällen, so soll man an Pneumokokkenperitonitis
denken. Durchfälle sind fast die Regel bei dieser Erkrankung, bei Appen-
dizitis selten. Ausschlaggebend ist. aber der palpatorische Befund. .
Zeigt sich bei sorgfältigster Untersuchung dann noch der Leib rechts nicht
schmerzhafter als links, auch die Muskelspannuug rechts nicht mehr als
links, so kann man eine von der Appendix ausgehende Erkrankung aus-
schließen und die Diagnose Pneumokokkenperitonitis stellen. Dann warte
man den für die Operation günstigen Moment ruhig ab. Denn hier ist die
Spätoperation das Richtige (Sicherheit der Diagnose vorausgesetzt).
Zwei Fälle von Leuchtgasvergiftung hat F. Rosenberger (München)
beobachtet. In dem einen Falle trat lautes Schreien nach plötzlicher
Einatmung großer Gasmengen auf, in dem andern kam es plötzlich zu
starker Bewußtseinstrübung. Als Gifte kommen unter Umständen auch
unvollständige Verbrennungsprodukte noch in Frage. |
Ein neues Okklusivpessar empfiehlt K, Bergl (Prag). Die üblichen
geschlossenen Schutzkappen führen zu Sekretstauungen. Das vom Ver-
fasser konstruierte Pessar kann nach Belieben bei unverändertem Sitz zum
Sekretabfluß geöffnet werden. Es wird daher meist in Offenstellung ge-
tragen. Nur vor der Kohabitation muß die Frau das Ventil schließen, um
es nachher, allerdings erst nach einer desinfizierenden Scheidenspülung,
wieder zu öffnen. Vor der Menstruation entfernt die Frau das Pessar
selbst; das Wiedereinsetzen geschieht durch den Arzt. Das Liegenlassen
der Schutzkappe zwischen zwei Regeln verstößt also nicht gegen die Vor-
schriften der Hygiene. (Das. „Salus-Pessar“ ist in 10 Größen erhältlich
bei Berthold Schroll, Berlin S., Prinzessinnensir. 16.)
Nr.24 DieÖdemkrankheitkommt nach H. G erhartz(Bonn) auch ohne
nachweisbare Herzinsaffizienz vor. Diese gehört also nicht zum typischen
Bilde der essentiellen bradykardischen Ödemkrankbeit. .
Chronische Durchfälle bei neuropathischen Kindern jenseits des
Säuglingsalters führen nach B. Leichtentritt (Breslau) oft eine Ver-
armung des Organismus an lebenswichtigen Stoffen herbei (Avita-
minosen). Diese'Zustände sind mit gemischter Kost, unter Umständen
auch mit gesteigerter Vitaminzufuhr zu bekämpfen (z. B. mit Metagen,
das die drei bekannten Vitamine in konzentrierter Form enthält).
Die kongenitale Tuberkulose erörtert W. Kuhle (Greifswald). Eine
bazilläre Vererbung, d. h. eine Übertragung durch Ovulum oder Sperma
kommt nicht vor. Dagegen kann die Infektion intra partum erfolgen, wo
durch die Eröffnung der Bluträume den in der Plazenta befindlichen
Tuberkelbazillen Gelegenheit geboten wird, in das Gefäßsystem der Frucht
zu gelangen. Die Infektion intra partum fällt zeitlich beinahe mit einer
extrauterinen Infektion zusammen. (Mancher Fall, der bei der Mutter ver-
blieb und als extrauterin infiziert angesprochen wurde, ist vielleicht äls
eine Infektion intra partum zu deuten.) |
| Über halbseitige Rachenlähmung (Lähmung des von den Kon-
striktoren des Rachens eingeschlossenen Schlundrohres; zu unterscheiden
von der Gaumensegellähmung) nach Grippeenzephalitis berichtet Bo enning-
haus (Breslau). Die Diagnose der halbseitigen Rachenlähmung durch
Würgen festzustellen, ist nicht in allen Fällen möglich. (Bei Berührung
der hinteren Rachenwand mit der Sonde wird mitunter nicht wie gewöhn-
lich die hintere Rachenwand nach der gesunden Seite verzogen, vielmehr
kann bei Übererregbarkeit des Rachens der Würgereflex so stark sein, daß
die kontrahierenden Gaumenbögen die hintere Rachenwand verdecken; oder
bei starker Untererregbarkeit tritt überhaupt kein Reflex ein.) Dagegen
gelingt der Nachweis dieser Lähmung immer durch die Phonation, wobei
sich auch die hintere Rachenwand kontrahiert (energische Verziehung .nach
der gesunden Seite hin). F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 19 u. 22.
Nr. 19. Über die Bestimmung des Wismuts in Organen, Biot, Harn und
Stahl sowie über seine Ausscheidung berichten W. Autenrieth und
Armand Meyer (Freiburg i. Br.). Kleinste Mengen Wismut lassen sich
durch Überführung in das Kaliumwismutjodiddoppelsalz mit hinreichender
Genauigkeit auf kolorimetrischem Wege bestimmen. Etwa beigemengtes
freies Jod kann mit Chloroform ausgeschüttelt werden. Vorhandenes Queck-
silber stört die Wismutbestimmung nicht, denn es bleibt als farbloses
komplexes Mercurikaliumjodid K(HgJ,) in Lösung. Organe, Blut usw.
werden mit Salzsäure und Kaliumcblorat aufgeschlossen.
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1088
gut vertragen worden.
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'E. K. Frey (München) weist auf die Erfolge hin, die bei schwerem
Asthma bronchiale sowohl mit der Exstirpation sympatbischer Ganglien
. Er betont, daß
Vagus und sympathisches Ganglion Bestandteile des regulierenden
nervösen Apparates des Herzens sind ‘und daß für ein schon geschädigtes
Herz die Ausschaltung auch nur eines Teils seiner regulierenden Nerven
. von schwerwiegendster Bedeutung ist.
als mit der Durchschneidung des Vagus erzielt wurden.
schädigung bildet also eine Gegenanzeige gegen die genannten Operationen
Zur Punktion der Cisterna magna (cerebello-medullaris) äußert
imi In 5 Fällen von Syphilis des Zentralnerven-
systems mit vorwiegenden Hirnnervensymptomen, die der Verfasser mit
Neosalvarsan per ceisternam behandelte, ist das Mittel von allen Kranken
Mit dieser neuen Anwendungsweise ist man viel-
leicht besser imstande, besonders auf die frischen basalen syphilitischen
Prozesse günstig einzuwirken, als es bei der bisherigen Salvarsanbehandlung
Ö Bei den akuten Formen der Meningitis wird die Zisternen-
punktion und Spülbehandlung wegen der Nackensteifigkeit und Unrühe der
- Kranken wohl meist nur in. Narkose möglich sein. Durch die Nähe der
lebenswichtigen Zentren bedeutet die Zisternenpunktion einen erheblich
sich Maximilian Pfister.
möglich war.
gefährlicheren ‚Eingriff als die Lumbalpunktion.
Den Tubertraggurt als Hilfsmittel bei Entlastungsverbänden, Zug-
verbänden, Beckengipsen usw. empfiehlt H. Knorr (Heidelberg). Der gut
gepolsterte Traggurt für den Sitzknorren ist so an dem Verbande befestigt,
daß man ihn abnehmen und in seiner Länge verstellen kann.
Eine für Lues congenita charakteristische PRormveränderung (Knospen-
form) an den ersten Molares beschreibt H. Pflüger (Hamburg). Es handelt
sich bei diesen Veränderungen nicht um Schmelzhypoplasien, sondern der
| Es macht den Eindruck,
als habe sich die Krone des Zahnes nicht zu ihrer vollen Größe entfaltet
Während der Querschnitt des normalen Molars ein
schiefwinkliges Viereck darstellt, nähert sich der Querschnitt eines syphi-
Während ferner der normale
Molaris seinen kleinsten Durchmesser am Zahühals und seinen größten im
Zahn ist in seiner ganzen Zahnform verändert.
(„Knospenform“).
litisch veränderten Molars einem Kreise. `
Bereich der Kauhöcker hat, ist es bei der Knospenform gerade umgekehrt
Nicht nur die mittleren Schneidezähne,
sollten auf syphilitische Zahnveränderungen untersucht werden.
Hinsichtlich der Konstitution ist es nach Lehmann (Düsseldorf)
klar, daß die durch ‚funktionelle Reizwirkung verbesserte Zellqualität
und -quantität (also eine erworbene Eigenschaft) als Anlage vorerbbar
ist, aber der Entwicklung und Erhaltung durch rationelle Körperzucht
Rationelle Körperzucht ist bei allen, auch den zunächst
minderwertigen Kindern von frühester Kindheit an notwendig (z. B. auch
dringend bedarf.
Säuglingsturnen!), weil wir gar nicht wissen können, wieviel gutes, älteres
Ahnenerbe als Anlage überkommen und nur bei den Erzeugern oder durch
ungünstige Momente beim Kinde selbst, vor oder nach der ‚Geburt, nicht
zur Entwicklung oder Entfaltung gelangt ist.
In einem von Schwartz (Altscherbitz) ‚mitgeteilten Falle erkrankte
ein Syphilitiker (latente Syphilis) an schwerer Malaria tertiana. Nach
Heilung der Malaria durch Chinin kam es trotzdem zur Paralyse.
Nr. 22. Auf den Sinus caroticus an der Ürsprungsstelle der Carotisinterna
als Ausgangsort eines hemmenden Herzreflexes und eines depressorischen
‘ Gefäßreflexes weist H. E. Hering (Köln a. Rh.) hin. Kompression der
Carotis communis, der Carotis externa oder interna löst an anderer Stelle
als in der Sinusgegend die Reflexe nicht aus, wofern man nicht bei Druck
auf diese Stellen andere Gefäße zerrt. Es kann daher besonders gefähr-
lich sein, die Karotis in der Sinusgegend zu unterbinden.
Über den depressorischen Gefäßreflex beim Karotisdruckversuch
am Menschen berichtet Eberhard Koch (Köln). Das Ausmaß der Blut-
drucksenkung ist dabei im allgemeinen um so größer, je höher der Blut-
druck ist. Ein negativer Ausfall dieses Reflexes kann einerseits darauf
beruhen, daß der ausgeübte Druck gar nicht die Teilungsstelle der Karotis
trifft; anderseits darauf, daß die Blutdrucksenkung durch drucksteigernde
Umstände ausgeglichen oder gar überkompensiert wird.
` Die Diphtherieschutzimpfung erörtert Rudolf Degkwitz (München).
Die. Lösung des Problems, einen Impfstoff herzustellen, mit dem man
Menschen aktiv gegen Diphtherie immunisieren kann, war Behring prinzipiell
gelungen. Fertig zu einer Massenimpfung und zu einem Kampfe gegen die
Diphtherie nach dem Muster der Pockenschutzimpfung war die Methode
aber noch nicht. ; In dieser Beziehung bedeutet die von Schick angegebene
Hautprobe am Menschen zur Erkennung seiner Diphtherieempfänglichkeit
und seiner Diphtherieimmunität einen Fortschritt. Ob einem Menschen
Diphtherietoxin gefährlich werden kann, sieht man, wenn man Spuren des
Giftes in seine Haut appliziert. Verträgt er das Gift reaktionslos, so muß
in seinen Körpersäften das Gegengift in einer Konzentration bereitstehen,
die jede Giftwirkung von vornherein unterbindet. Kann das Diphtheriegift
in seiner Haut eine Entzündung verursachen, so zeigt das Schutzlosigkeit
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
. größer als im Schulalter.
Eine bereits bestehende Herz-
Kurellaschem Brustpulver hat O. Voigt (Kiel). beobachtet.
eignet sich für die An und besonders für den Massenbetrieb.
sondern auch die ersten Molares
3. August
und Diphtherieempfänglichkeit an. Die Empfänglichkeit für Diphtherie, an
der Schickschen Probe gemessen, ist bis zum 3. Lebensjahre 3—4 mal
ö Wichtig ist daher, einem Kinde während seiner
6 ersten kritischen Lebensjahre eine Diphtherieimmunität zu verschaffen.
Denn das Gros. der Menschen wird mit fortschreitendem Lebensalter
diphtherieimmun, ohne die Krankheit durchmachen zu müssen (spontane
Immunität). Wir können jetzt Gesunde auf Jahre hinaus gegen Diphtherie
schützen und akut Bedrohten mit seinem Serum auf kurze Zeit sicheren
Schutz verleihen. |
Auf die Häufigkeit eines positiven Blut-Wassermann bzw. ind
Aortitis sypbilitica bei älteren Leuten weist Friedrioh Port (Augsburg)
hin. Findet man bei Leuten über 50 Jahre einen positiven Blut-Wassermann,
:so kann man auch beim Fehlen jeglichen Herzbefundes in der Mehrzahl
der Fälle mit dem Bestehen einer Aortitis syphilitica rechnen. Übrigens
scheint diese Aortitis die Lebensdauer ihrer Träger nicht so wesentlich zu
reduzieren, wie dies nach allgemeiner Ansicht der Fall sein soll.
Über Verätzung der Mundhöhle und der oberen Luitwege durch
Lötwasserdämpfe berichtet F. Koelsch, Zur Prophylaxe ist zu fordern,
die in Frage kommenden Arbeiten nur unter gut wirkender Ventilation,
ev. im Freien vorzunehmen. Auch kann durch sofortiges Spülen des
Mundes mit Alkalien der Ätzwirkung vorgebeugt werden.
Den Tod eines Neugeborenen infolge einer übergroßen Dosis von
Das Mittel
führt durch die darin enthaltenen Fol. Sennae zu einer lebhaften Steigerung
der Peristaltik des Diekdarms. Während im allgemeinen in der Kinder-
praxis das Pulver meist mess erspitzenw eise verordnet wird, erhielt ein
8 Tage alter Knabe mehrmals einen Teelöffel Brustpulver. Dadurch
wurde die Diekdarmschleimhaut so stark gereizt, daß es statt einer ver-
mehrten Peristaltik, zu einom Spasmus kam (spastischer Ileus). Bei der
Sektion fand sich im Kot reines Brustpulver.
Die Kerssenboomsche Tuberkelbazillenfärbung ist nach Frie dri ch
Wilhelm Knipping (Morsbach, Kr. Waldbröl) die beste Methode. Sie
F. BEUOK
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 22 bis 24. |
Nr. 22. Adynamie und Hypodynamie der Muskeln und ihre thera-
peutischen Probleme bespricht J. Pal (Wien). Unter Adynamie wird der
Mangel an energetischer Leistungsfähigkeit bei erhaltener aktiver Beweg-
lichkeit, unter Hypodynamie eine der Muskelbeschaffenheit nicht ent-
sprechende Leistungsmöglichkeit verstanden. Erstere beruht auf einer
Störung der tonischen Funktion des Muskels, wobei Tonus die Ansprech-
barkeit und Leistungsfähigkeit der Muskelzelle ausdrückt, die an das Vor-
bandensein des Betriebsstoffes gebunden ist. Es kann die Adynamie
hämatogen und neurogen bedingt sein. Auch am Herzmuskel ist eine
Störung der tonischen von der kinetischen scharf zu trennen. Erstere
findet sich bei degenerativen Vorgängen im Herzmuskel. Adynamien häma-
togenen Ursprungs finden sich bei Störungen der inneren Sekretion, ferner
bei toxischen Zuständen, solche neurogenen Ursprungs bei zerebralen Kreis-
laufstörungen,. auch bei Gelenkerkrankungen. Therapeutisch ist wenig zu
erreichen. Am Herzen wirkt Koffein und Kampfer besser als Digitalis.
Eine gewisse Steigerung -der Assimilation läßt sich indirekt durch Be-
‚ wegungsübungen mit Steigerung der Dissimilation erzielen. Die -regionären
neurogenen Adynamien führen meist neben Störung der Bildung des Tonus-
substrates auch zur Atrophie, die nach Schwund der Ursache (Neuritis,
Gelenkerkrankung) ausheilen kann.
Zur Symptomatologie der Uterusruptur teilt H. Heidler (Wien)
einen Fall mit, in dem das markanteste Symptom ein sich mit jeder Wehe
verstärkender Schmerz in der rechten unteren Extremität.war, kombiniert
mit Ödem und Zyanose desselben Beines. Es fand sich‘ als Ursache dafür
das nach der Ruptur aufgetretene retroperitoneale Hämatom. Nach Ent-
leerung desselben schwanden diese Symptome nicht sofort, was Verfasser
mit einer traumatischen Neuritis erklärt. Das Fehlen einer Shockwirkung
bei der Ruptur wird beobachtet, wenn das Kind nicht in die Bauchhöhle
austritt. Deshalb kommen Fehldiagnosen, wie Vitium cordis oder Peri-
tonitis, vor.
Erfahrungen mit der Blutkörpersenkungsprobe in der gynäkologl-
schen Diagnostik stellt F. Bocker-Rüdenhof (Wien) zusammen. Verf.
fand die Probe als gutes Zeichen zur Unterscheidung von entzündlichen
und andersartigen Adnexprozessen, wobei sie der Leukozyten- oder Fieber-
kurve mitunter überlegen ist. Ferner ist die Erkennung postoperativer
Komplikationen damit gut möglich. Nachteile sind das sehr langsame
Zurückgehen zur Norm und die sehr große Empfindlichkeit.
Nr. 23. F. Kermauner (Wien) macht auf einen Reflex bei der
gynäkologischen Untersuchung aufmerksam, der in einem Zusammen-
‚ zucken und event. dem Ausstoßen eines unartikulierten Lautes ‚bei der
3. August
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK = Nr. 31: `
1089
Berührung der großen Labien bzw. der Schamhaare besteht. Es ist dies
ein dem Willen nicht unterworfener Reflex, so daß irgend welches mehr
‘oder weniger energisches Zureden unter Umständen erst recht Widerstand
auslöst.
| Eine neue Methode der Leberfunktionsprüfung mit Phenolphthalein
gibt S. M. Rosenthal (Baltimore) an. Er bestimmt den Gehalt des
Yarbstoffes im Blute verschiedene Zeit nach der intravenösen Injektion.
Während der Farbstoff in der Norm kontinuierlich das Blut verläßt, steigt
der Farbstofigehalt bei Leberkranken für viele Stunden zu hohen Konzen-
trationen an, die den Grad der Leberschädigung anzeigen. Auch differential-
diagnostisch soll die Methode bei Zirrhose, Karzinom und Icterus catarrh.
‚von Wert sein. Bei letzterem spricht die Schwere der Funktionsstörung -
‘für eine Hepatitis als Ursache. gi
i Über Ziegenmilchanämie im Säuglingsalter berichten E. Kirsch-
Hoffer und 0. Kirsch (Wien). Sie beobachteten zwei Fälle von hoch-
- gradiger Anämie, die sich auf große Gaben von Kuhmilch sofort besserten.
Das Aussehen und Blutbild ähnelten dem der perniziösen Anämie. Der
Verlauf ist rascher als bei anderen alimentären Anämien, andererseits ist bei
'- ‚entsprechender Kost rasche Heilung zu erzielen. Eine besondere Konsti-
tution oder Kombination mit Rachitis, wie es für andere Anämien eben-
falls die Regel, sind nicht beobachtet worden. |
_ Anämie vom Typ Jaksch-Hayem erst gegen Ende des ersten Lebensjahres
Schließlich wird eine
‚beobachtet; während die Ziegenmilchanämie schon im 1. Lebenshalbjahre
‚auftritt. Ferner wurden Hautblutungen und umschriebene Hautödeme
` meist ganz geringfügig war.
‚
beobachtet. Verf. nehmen deshalb für die beschriebene Anämie eine
‘Sonderstellung an, deren Kenntnis für den praktischen Arzt von Wichtig-
keit ist. Ä
E Den Einfluß von Saponindrogen auf die Diurese untersuchten
V. Kollert, L. Kofler und W. Hauptmann (Wien).
| Sie fanden bei
Gesunden mit Dekokten von Herb. Herniariae, Rad. Ononidis und Rad.
Primulae eine Steigerung der Diurese, die nur kurze Zeit dauerte und
An Kranken mit Störung des Wasserhaus-
haltes verschiedener Ursache und verschiedenen Grades wurde nur zweimal
ein Erfolg beobachtet, bei schweren hydropischen Fällen fehlte jeder Effekt.
schädliche Nebenwirkungen kamen nicht zur Beobachtung, auch bilden
Nierenkrankheiten keine Kontraindikation gegen die Anwendung, z. B. als
Expektorans. Im Harne wurde kein Saponin nachgewiesen. Der Wirkungs-
mechanismus der beobachteten Wirkungen ist unbekannt.
Nr. 24. Beiträge zur Ätiologie der anaphylaktischen Erkrankungen
liefert K. Hajós (Budapest). Er untersuchte Fälle von Asthma bronch,,
Migräne und Urtikaria, bei denen, wie schon bekannt, sich eine kutane
bzy, intrakutane Überempfindlichkeit gegen gewisse Eiweißkörper fand,
während orale oder rektale Applikation nur selten anaphylaktische Er-
seheinungen hervorbringt. Es sind dazu- noch gewisse Veränderungen der
Darmschleimhaut oder der Leber notwendig, die durch Alkohol, Galle oder
Röntgenbestrahlung hervorgerufen werden können. Verf. teilt einige Fälle
mit, wo er die Richtigkeit dieser hier experimentell gemachten Ansicht
bestätigt fand. Therapeutisch sah er, bei Urtikaria besonders, mit Tier-
kohle gute Resultate. u
Die Röntgenstrahlenbehandlung der akuten Eiterungsprozesse hat
L. Freund (Wien) schon längere Zeit mit gutem Erfolge verwendet. Es gibt
aber auch Fälle, die sich ungünstig verhalten oder nach anfänglich guter
Reaktion Rückfälle erleiden. Allerdings ist die Methode nicht imstande, die
jetzt geltenden klinischen Prinzipien umzustoßen. Bezüglich der Wirkung
wendet Verf. sich gegen die Ansicht von Holzknecht, der nur eine zer-
störende Wirkung der Strahlen annimmt, und führt Beispiele für eine
dualistische Theorie der Strahlenwirkung an. | Muncke.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 26.
di Zur Entfernung von Ösophagusfremdkörpern vom eröffneten Magen
S bemerkt Hacker (Graz), daß es vorteilhafter ist, den breit eröffneten
u en den Wundrändern vorgezogen zu halten und mit der ganzen
“and einzugehen, statt den Magen in die Bauchwand einzunähen. Es
empfiehlt sich,
10a ekörperendes und den Hiatus der Speiseröhre zu bestimmen. — In
R $ Er Fremdkörper handelt es sich um verschluckte Gebisse. Häufig
inab 0 bei der Ösophagoskopie extrahieren oder durch vorsichtiges
"abschieben in den Magen leiten. | |
lien gti der Hüftgelenksveränderungen bei veralteten, sub-
Yon tabi r enkelhalsfrakturen beschreibt Heine (Dresden) einen Fall
kenn or Spontanfraktur an der Kopf-Halsgrenze mit Neubildung von
F spongiosa über dem alten Gelenkknorpel und einer zweiten über-
agerten Knorpelschicht. |
en ‚Entzändungsfrage teilt Schück (Berlin) mit, daß nach Durch-
SER $ = Nervenstammes oder der hinteren Wurzeln der anästhetische
© Fähigkeit verliert, auf entzündliche Reize mit aktiver Hyper-
röntgenologisch die Wirbelkörperhöhe des unteren
‚ämie zu reagieren. ‘Auch die Lokalanästhesie hemmt die Entzündung
‚und hindert die aktive Gefäßerweiterung.
Dagegen findet die
Eiterung auch in der nicht innervierten Entzündung statt. Der Schmerz
‘bei der Entzündung berubt auf der Gewebsspannung. — Bei den
meisten akuten Entzündungen gilt es, therapeutisch die entzündliche
Reaktion zu verstärken.
Ber vielen chronischen Entzündungen ist die Ent-
zündung schädlich und durch Anästhetika zu bekämpfen.
Einen Fall von Heroia Spigelii bei einer 22jährigen Arbeiterin be-
‚richtet Drescher (Reichenbach). Die Patientin war beschwerdefrei außer
bei der Inkarzeration, wobei eine apfelgroße Geschwulst in der rechten
Unterbauchgegend heraustrat. Eine Bruchpforte war nicht zu fühlen. Nach
: Spaltung der Aponeurose des äußeren schrägen Bauchmuskels fühlte man
neben dem Rektus einen markstückgroßen Bruchring, der durch Faszien-
doppelung verschlossen wurde. |
Piastischen Verschluß der vom Rezidiv bedrohten Hernien empfiehlt
"Gussew (Littauen) mit Hilfe eines frei’ transplantierten Faszienlappens aus
„vernäht wird.
dem entsprechenden Oberschenkel, der als „Faszienflick“ aufgenäht. wird.
Zur Nabelplastik bei Umbilikalhernien schneidet Kirschmayr
(Wien) aus dem konvexen Schnitt in der Mitte einen rautenförmigen Lappen
aus, dessen Zipfel zu einem schrägen Hauttrichter in der Form eines Nabels
Akute hochgradige Hyperglykämie: als Frühsymptom bei experi-
‚menteller Pankreasnekrose beschreibt Calzavara (Padua). . Dabei. findet
sich im Urin kein Zucker. Die Vermehrung des Zuckers im Blute ist
vielleicht klinisch als Zeichen für Pankreasnekrose zu verwerten.
Postoperative Harnverhaltung hat Boenninghaus (Halle) bei einem
'7jährigen Kinde mit Hoden- und Bauchfelltuberkulose mit dem Chlor-
äthylrausch behandelt. Nach dreitägiger Harnverhaltung ging die Ent-
leerung im Toleranzstadium des Rausches reggmäßig vor sich. — Die
Harnverhaltung ist das Zeichen für eine Störuß@gin der Zusammenarbeit
zwischen Organautomatismus. und zentraler willkürlicher Inner-
vation, also eine Teilerscheinung einer allgemeinen Störung des Nerven-
: systems.
K. Bg.
` Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 26.
Adrenalinwirkung auf den Blutdruck bei Schwangeren, Wöchne:
rinnen und Eklamptischen hat Vowinckel auf der geburtshilflichen Ab-
teilung des Virchow-Krankenhauses Berlin untersucht. Nach subkutaner.
Einspritzung von Adrenalin blieb in den meisten Fällen die erwartete
Biutdrucksteigerung aus und häufig senkte sich der Blutdruck.. Dagegen
trat bei denselben Fällen nach intravenöser Einspritzung von 0,01 mg
Adrenalin eine regelrechte und zum Teil erhöhte Blutdrucksteigerung auf.
Daraus folgt, daß bei Schwangeren die Aufsaugung des Adrenalins von der:
Haut aus behindort ist. Die subkutane. Einspritzung von Adrenalin
ist bei Schwangeren unzulänglich wegen der Ödemneigung der Haut:
und wegen der Neigung::zu Gefäßspasmen. l
Ein Myom des Darmkanals bei einer 62jährigen Frau beschreibt
Apel (Universitäts-Frauenklinik Rostock), Die Bauchhöhle war ausgefüllt
durch eine unregelmäßig gelappte Geschwulst, die extraperitoneal in das
Mesokolon des Sigmoideums hineingewachsen war, ausgehend von der
'Muskularis dieses Darmabschnittes. Nach mühsamer Ausschälung der
‘als eine Stunde dauerte, der Operation nach Baldy-Franke unter--
Geschwulst aus dem kleinen Becken Exitus.
Die operative Behandlung der Lageveränderungen von Uterus und
Scheide bespricht Stoeckel (Leipzig) nach statistischen Feststellungen an
2000 von 1910 bis 1920 an der Kieler Frauenklinik ausgeführten Operationen.
Die Rotroflexionsoperation nach Alexander-Adams durch Ver-
kürzung der Ligamenta rotunda gab 9,5°%/, Rezidive. — Die Retroflexio;
uteri fixati,alsTeilerscheinung einer Infektion stetsmit Adnexveränderungen
vergesellschaftet, wurde, wenn die Blutkörperchensenkung auf 18 mm länger
zogen, wobei zur intraperitonealen Korrektur der Lage die Ligg. rotunda
' benutzt werden. Ein Rezidiv post partum ist nicht zur Kenntnis ge-
‚kommen. — Für die vaginale Plastik gilt der Grundsatz, . breite, gut
durchblutete Gewebsflächen rasch und spannungslos mit Knopfnähten an-
einanderzubringen. Rezidivzahl: 5,50%/,. — Unter den Prola psoperationen
wurde die Interposition nach Schauta- Wertheim bevorzugt, wobei
' das Interpositionsbett völlig bluttrocken sein muß. Rezidivzahl: 3,7 O.
Die vaginale Totalexstirpation wurde bei Frauen jenseits der Meno-
pause ausgeführt in Verbindung mit Scheidenresektion und Dammplastik
und gab gute Dauerergebnisse mit 2,3°/, Rezidiven. — Bei der Pro-
montorifixur wurde versucht, die Ileusgefahr durch Verschluß der Bucht
oder durch weite Öffnung der Bucht auszuschalten. Sie wurde bei den
‚großen Totalprolapsen jüngerer Frauen ausgeführt, |
Franke (Braunschweig). Die von ihm zuerst in Deutschland eingeführte
‘Die Operation der Retroflexio und des Prolapsus uteri besprich
Behandlung der Retroflexio mittels der retrouterinen Anheftung der
Euren tan t
HERE 7% e ui E E Ee, FiA
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Tumor hatte auf die mediale Wand der Orbita übergegriffen.
nasi entfernt. Starke Blutung macht Bellocg-Tamponade nötig.
1090 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
runden, durch das Lig. latum nach hinten durchgezogenen Mutter-
bänder gibt keine Versager. Nach der Operation wird ein Pessar für
14 Tage eingelegt. — Bei älteren Frauen mit hochgradigem Prolaps wird
der Uterus an der vorderen Bauchwand mit Hilfe der Faszie des Rektus
aufgehängt. Dabei wird ein Faszienstreifen durch die Bauchfellduplikatur
unterhalb des Ligaiments durchgezogen und wieder an seiner alten Stelle
befestigt, nachdem die runden Mutterbänder durch den Rektus durch-
gezogen worden sind.
Die chirurgische Behandlung der angeborenen Bilduugsfehler des
Uterus empfiehlt Kakuschkin (Saratow). Er hat bei einem durch eine
Scheidewand geteilten Uterus ein keilförmiges Stück aus dem Fundus
herausgeschnitten, Ein Jahr nach der Operation wurde ein ausgetragenes
Kind geboren.
Den Einiluß der Totalexstirpation des Uterus und der Adnexe auf
‚die fortschreitende Lungentuberkulose Schwangerer hat Misgeld nach
den Erfahrungen der Universitäts-Frauenklinik Berlin untersucht. Die
Erfolge werden als günstig bezeichnet, denn von 56 seit 1908 bis 1923
der Körpertemperatur und Temperaturwechsel, Ermüdung, Schlaf-, Nahrungs-
mangel, rapides Wachstum, Einflüsse der Jahreszeiten, des Luftdrucks, die
Windrichtung. Von patholögischen Einflüssen sind zu erwähnen: Indigestion,
Enteritis, besonders Perioden der Diarrhoe bei Normalen oder habituell®
, Konstipierten, . toxische Nahrungsmittel und Getränke (Konserven, Alkohol
usw.), Arzneimittel (Opium, Äther, Kokain, Ergotin, Chinin usw.), Purgan-
tien, Einläufe, endokrine Störungen, fieberhafte Krankheiten (Grippe usw.),
schwere Ernährungsstörungen (Diabetes), chronische Eiterungen des Rhino-
pharynx, der weiblichen Genitalien, Hypo- oder Hypertension des Liquor,
Reflexreizungen durch periphere Nervenläsionen. Auf alle diese an sich _
nicht epileptisierenden, oft recht unbedeutenden Reize reagiert das Gehirn
‘des Epileptikers infolge der kortikalen Störungen; für manche dieser ist es
vorzugsweise empfänglich. Therapeutisch ist deren Kenntnis sehr wichtig
(Pr. méd. 1924, 35.) |
Zur Entwicklung einer Angina Vincenti ist nach Puig eine Ver-
. minderung des Infektionswiderstandes der Schleimhaut und die Fusospiro
chätensymbiose nötig. In 50/, ist erstere durch eine Allgemeinerkrankung
operierten Fällen waren 32 gebessert und 16 gestorben. Die Ausfalls- | bedingt oder durch Avitaminosen; in 95°/, durch eine Entwicklungsstörung,
erscheinungen waren gering. K. Bg. beim Kind am 6 Jahrmolaren, beim Erwachsenen am Weisheitszahn, In-
| fektion der Perikoronarschleimhaut oder chronische alveolodentäre Reizung.
Monatsschrift für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie, |: Logische Behandlung: der Allgemeinerkrankung und Entfernung ‘des Zahnes
58. Jg, H. 5. (Pr. méd. 1924, 36.)
M. Hajek: Mukokele der rechten Stirnhöhle und des rechten
Nach Laubry und seinen Mitarbeitern ist die Insuffizienz des
Siebbeinlabyrinthes. Endonasale Operation, Heilung. Der hühnereigroße
rechten Ventrikels sehr viel seltener und das in den Handbüchern ge-
. wöhnlich beschriebene Bild, schwere Herzerscheinungen mit nachfolgendem
Ödem, Asystolie, viszerale Ödeme und . Kongestionen sind eigentlich die
‚Zeichen der linken Insuffizienz infolge Verminderung der Zirkulation und
‘der Kapazität durch Dilatation und Hypertrophie des linken Ventrikels.
' Kardinalssymptome: fast immer regelmäßige Tachykardie, im xiphokostalen
‚ Winkel sicht- und fühlbare Distention, Galoppgeräuch am Schwertfortsatz.
Im weiteren Verlauf das diastolische Blasen der pulmonären Insuffizienz,
ebenso wie es bei linker Insuffizienz zu Aorteninsuffizienz durch Muskel-
‘verlust am Infundibulum kommen kann. Funktionelle Symptome: Zyanose,
_Polyglobulie — gewöhnlich dunkler Teint; viszerale Ödeme und Kon-
. gestionen sind viel weniger wichtig und viel langsamer. Ursachen: kon-
genitale Herzkrankheiten, Affektionen der Lungenarterie, Sklerose, Aneu-
'rysmen der großen Mediastinalgefäße, kompressive Mediastinitis, pleuroperi-
kardiale Verwachsungen. Prognose rapid fatal, keine Remissionen, trotzt
jeder Behandlung im Gegensatz zu links,‘ wo Tonikardiaka lindern und Re-
missionen die Regel sind. (Pr. med, 1924, 37.)
. Nobecourt bespricht Raynaud und Weir-Mitchell bei Kindern:
beides sind Störungen des peripheren Sympathikus, erstere ein Vasokon-
striktorenkrampf, letztere eine Vasomotorenlähmung. Die anästhetische
und analgetische blaue Verfärbung bei Raynaud steht der schmerzhaften
aktiven Hyperämie bei Weir gegenüber. Ätiologisch kommen Tuberkulose,
Syphilis, nervöse und: innere Drüsenstörungen in Betracht als primäre Fak-
‘toren. Spezifische Behandlung kann oft wertvoll sein. Andererseits bei
Raynaud Warmwasser- und elektrische Behandlung, bei Erythromelalgie
kalt Wasser, Opotherapie. (Progr. med. Paris 1924, 10.)
f Die Angina cardiogastrica ist nach Lian und Pollet eine be-
sondere Form der Angina pectoris, gewöhnlich mit Infarkt des Myokards.
Außer den typischen Anfällen mit Schmerzen in der Präkordialgegend oder
im Epigastrium namentlich rechts Erbrechen, dauernde Nausea, Epigastralgie
spontan oder auf Druck, Meteorismus, leichte Muskelspannung im Epi-
gastrium und akute Herzschwäche, Senkung des Blutdrucks, wechselnde
Tachykardie, Zeichen der Herzdilatation, Dyspnoe, oft mit Husten und
sanguinolentem Sputum (kongestivem Ödem). Ferner leichte Fiebersteigerung,
Polynukleose, aschgraue Blässe, Schweiße, große Schwäche, perikardiales
Reiben. Prognose sehr infaust,. Diagnose oft verfehlt, wenn z.B. die
gastrischen Erscheinungen im Vordergrund stehen; dann leicht Verleitung
zu chirurgischen Eingriffen. Dann Gallenkolik, die übrigens auch gleich-
zeitig bestehen kann, Lungenembolie, Grippe mit Herzerscheinungen, Peri-
karditis. Besonders schwer in unklaren Fällen: in einem Falle bestand
‚lediglich plötzliche Epigastralgie mit Schwäche und Tendenz zur Synkope,
Oft kann man auch an eine Vergiftung denken. Bei plötzlicher Herzinsuffi-
zienz muß man die Möglichkeit immer im Auge behalten. Zu einer Herz-
ruptur kommt es nicht immer. Das plötzliche Auftreten und die Intensität
‘sind typisch. Es kommen aber auch Fälle von Infarkt vor, die sich ohne
Schmerzen, nicht brüsk entwickeln oder mit viszeralen Embolien oder unter
paroxystischen Tachykardien. Absolute Ruhe, Kardiotonika, Digitalis,
Opiumpräparate der Schmerzen wegen. (Pr. med. 1924, 41.)
Nach Marchand kann entgegen der landläufigen Ansicht bei der
Epilepsia minor im-Schwindel und Anfall das Bewußtsein erhalten sein.
Die Erinnerung kann vollkommen erhalten bleiben, wie beim Traum nur
' kurz erhalten bleiben oder nach dem Anfall schwinden. Auch bei den
Absencen, wo der Faden nur für einen Moment unterbrochen ist, ist die
Von den
beiden Operationsmöglichkeiten; entweder äußere Radikaloperation mit
Verödung der Stirnhöhle bei gleichzeitiger Ausräumung des Siebbein-
labyrinthes oder Eröffnung des Siebbeinlabyrinthes nach Resektion der
mittleren Muschel, wurdesdie letztere mit gutem Resultat angewendet:
F. Hutter: Die "Behandlung der Ozäna mit polyvalenter Ozäna-
vakzine. Hofer-Kofler haben Regeln für die Vakzinebehandlung der
Ozäna aufgestellt. Diese Regeln sind minutiös genau zu beobachten. Der
Fötor zeigte sich bei fast allen von Hutter behandelten Fällen beeinflußbar.
Wo die Behandlung längere Zeit regelmäßig durchgeführt wurde, kam der
Fötor zum Schwinden. Parallel damit ließ die Borkenbildung nach. Voll-
ständig versiegte die Sekretion selten. Ob Dauererfolge erreicht werden,
läßt sich noch nicht entscheiden. Die spezifische Beziehung, die sich
zwischen Fällen sicherer genuiner Ozäna und der „Ozänavakzine“ zeigt,
muß als starkes Argument zugunsten der Ätiologie des Coecobacillus foetidus
erscheinen. i
E. Wodak und M. H. Fischer: Zur Analyse des Bárányschen
Zeigeversuches. Inhalt: 1. das Zeigen bei der refiektorischen Ein-
wirkung bestimmter Muskelgruppen auf- die Muskulatur des Zeigearmes;
2. der Einfluß von Hautreizen auf das Zeigen; 3. der Einfluß von Kopf-
drehungen und Augenwendungen auf das Zeigen. Es zeigt sich, daß es
eine Reihe von Faktoren nicht labyrintbären Ursprungs gibt, die den Zeige-
versuch in eigenartiger Weise zu beeinflussen imstande sind.
R. Leidler: Ein Fall von beginnender Mittelohrtuberkulose: bei
erhaltenem Trommelfeil. Bei einem Tuberkulösen wird ein Angiofibroma
14 Tage
später Mittelohrentzündung, besonders rechts. Keine Perforation. Exitus
durch Lobulärpneumonie in allen Lungenlappen 8 Tage später. Histo-
logische Untersuchung der Schläfenbeine ergab mit größter Wahrscheinlich-
keit tuberkulösen Charakter der Entzündung im Ohr, Vieles sprach für
hämatogenen Infektionsweg. Der histologische Befund entsprach nicht
völlig dem klinischen: links fast völlige Taubheit, Unerregbarkeit des Laby-
rinths für .Kältereize, rechts hochgradige Schwerhörigkeit und Untererregbar-
keit des Labyrinths. 2 Tage vor dem Tode Besserung sowohl des Gehörs
als auch der kalorischen Erregbarkeit. Die Störungen der kalorischen Er-
regbarkeit bereiten der Erklärung größte Schwierigkeiten. Histologisch
mußten . Labyrinth und Schnecke als normal gelten. Vielleicht waren
Toxine in das Labyrinth und Schneckeninnere gelangt. Haenlein.
Aus der neuesten französischen Literatur.
Hartenberg schreibt über die epileptische Anfälle begünstigenden
Umstände: 2 Arten, physiologische, denen jeder Gesunde unterworfen ist,
und pathologische infolge eines Krankheitszustandes oder außergewöhnlicher
Einflüsse. Zu den ersteren gehört der Schlaf, die ersten und letzten
Stunden und die erste.halbe Stunde des Erwachens, besonders bei plötz-
lichem Erwecken. Dann die Regel, die Pubertät und die Menopause, wäh-
rend die Schwangerschaft in etwa der Hälfte der Fälle eine Besserung,
nur in !/, eine Verschlimmerung verursacht, Auch die Nahrungsaufnahme,
gewisse Speisen werden verantwortlich gemacht. Harnstoff und Eiweißarten
scheinen aber nicht schuld zu sein. Endlich: Änderungen in der Zirku-
lation, Kongestionen zum Kopf, Erregungen, Hypervagotonismus, Senkungen
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3, Augst. ©- | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.31, 0000005
‘ Erinnerung an all das, was während der inaktiven Zeit passierte, erhalten. | einer Pleuritis zu zweifeln. Die Schmerzen entsprechen den Anheftungs-
Dies kann zu eigenartigen Zuständen führen: eine Epileptikerin ließ wäh-
rend einer Absence einen Topf mit heiß Wasser auf ihren Fuß fallen; sie
spürte deutlich das Zusammenziehen ihrer Muskel, fühlte das Gefährliche
"ihres Zustandes, stand aber wie eine Fremde dabei. Diese Erinnerung
‘kann wie betont nur einige Augenblicke oder einige Stunden anhalten,
Auch im Gehen kann der Epileptiker im Schwindel seinen Weg fortsetzen,
* Hindernissen ausweichen, verstehen, was‘ man ihm sagt und die Erinnerung
' ` daran behalten. Seltener ist das Bewußtsein im Höhepunkt des essentiellen.
Anfalles erhalten. In manchen Fällen kann das Bewußtsein erhalten sein, f
‘aber der Kranke kann sich nicht bewegen oder sprechen, obgleich er- alles
‚hört und sieht, was um ihn vorgeht. Auch das Schmerzgefühl kann auf-
' gehoben sein oder es können große Schmerzen bestehen. (Pr. med. 1924, 27.)
Bloch weist an der Hand von 3 Fällen darauf hin, daß es lang
“anhaltende Fieberanfälle gibt, wochen-, jahrelange, die ganz wie Malaria,
“zu bestimmten Stunden verlaufen, ohne jedes physikalisches Zeichen,
| weder beim Kranken noch bei seiner Umgebung, von unbegrenzter Dauer,
mit positivem Wassermann, mit verhältnismäßig gutem Allgemeinzustand.
‚ Die Kranken machen auch trotz der langen Dauer keinen hektischen oder
septikämischen Eindruck. Außerhalb der Fieberanfälle vollkommen nega-
- tiver Befund. Dieses Fieber ist das einzige Symptom einer alten verkannten -
ı Syphilis. Für Malaria stimmt alles: die nachherige Erschöpfung, die
Schweiße, nur findet man keine vergrößerte Milz, keine Parasiten, das Chinin
versagt. Das Nächstliegende ist Tuberkulose: vielleicht einige mediastinale
: Schatten, sonst völlig negativ. Manche Fälle lassen auch an Maltafieber
denken. In den 3 erwähnten Fällen bestand eine sehr leichte Hepatome-
. galie, die Bloch als einziges, allerdings leicht zu übersehendes Charakte-
tistikum ansehen möchte. Eine einzige Salvarsaninjektion bessert den Zu-
stand sofort. (Pr. méd. 1924, 40) ` | | |
Ergebnisse der Untersuchungen von Hartmann und Bounet über
- Blasenstörungen bei Uterusfibromen an 1000 “Fällen: Pollakiurie ist
‚häufig, nur am Tage. Ursache: Hyperämie im Dreieck. In einigen Fällen
- ‚Zystitis, die wie bei der Retroversion des graviden Uterus ein gangränöses
Bild annehmen kann, und Hämaturie. Retention in 3,50%/,; aber wahr-
‚scheinlich weniger. Sie kann auftreten, ehe das Fibrom Erscheinungen
macht, meist morgens beim Aufstehen, und wenn es dann tagsüber kommt,
muß schließlich. doch zum Katheterismus gegriffen werden. Selbst wenn
- ‚68 wieder zu normalen Miktionen, selbst zu Pollakiurie kommt; dies ist nur .
vorübergehend. Die Retentionen treten gerne zur Zeit der Regel auf..
‚Entgegen der landläufigen Ansicht sind es nicht die der Blase nächst-
liegenden Fibrome vorn am Kollum, die diese Erscheinungen machen,
‚sondern namentlich in den Douglas hineinreichende Körperfibrome. (Gyn.
Obstétr. Paris 1924, 2.)
Über das mediastinale Syndrom in der Otorhinolaryngologie
schreiben Portmann und Forton: es sind den anatomischen Verhält-
missen entsprechend Kompressionssymptome vaskulärer Natur, Kongestion
und Ödem der oberen Partie des Körpers durch Kompression der Vena
“ara, der Arteria subclavia, pulmonalis, des Truncus brachiocephalicus. >
Oder nervöse: Reizung oder Lähmung des Rekurrens mit Erstickung,
Austenanfällen, phonetischen Störungen, seltener Reizungen des Plexus
cardiacus, sympathicus, phrenicus, der intercostales. Endlich Kompressionen
des Ösophagus und des Bronchialbaumes. (Rev. laryng. oto.-rhinol. 1923, 12.)
Die permanente Dilatation des vesikalen Endes des Ureters kommt `
ziemlich häufig vor nach Gayet und Rousset. Diagnose: Kystoskop
und Röntgen, Häufig dabei -Inkontinenz des Sphinkters und Pollakiurie,
manchmal Nierenschmerzen bei Anfüllung der Blase: Ursachen: kongenital
oder Folge einer vesikorenalen Infektion, Tuberkulose, Zystitis, Pyelonephritis.
Divertikel, Stein, Ureterenstenose.' Therapie: Nephrektomie. (Journ. urol.
Paris 1924, 2.) s
> Die tertiäre Syphilis des Uterus verursacht nach Sejournet
Während und außerhalb der Regel oft recht ernste Blutungen, manchmal
bei Ermüdungen, den geringsten Anstrengungen, dem geringsten Trauma,
manchmal auch nach der Menopause. Man kann Arteriitis, Sklerose, den
Einfluß einer syphilitischen Ovaritis feststellen, wenn es nach einer Geburt
auftritt überhaupt nichts. Keine Schmerzen, vielleicht etwas harter Hals,
Hi; vergrößerte Ovarien. Immer erst Ausschluß anderer Ursachen. Man
N: endlich nicht vergessen, daß fibromatöse Blutungen eine Syphilis ver-
ken können. (Gyn. Paris Dee. 1924.)
i er nennt die rheumatische Entzündung des Zwerohfellmuskels,
de pı enitis, eine vergessene Krankheit. Viel plötzlicher beginnend als
Fa und Peritonitiden im oberen Teil des Abdomens, kann sle
w verlaufen, aber Fieber und Schmerz verlaufen nicht parallel:
ermische Maximum kann abends sein und der Hauptschmerz morgens.
an begegnet dieser Erscheinung beim Rheumatismus häufig: Exazerbation
des Schmerzes durch Ruhe, Milderung durch leichte Bewegung. Bilateralität -
der Sc ‚nerzen ist nicht die Regel, liegt sie aber vor, so ist erst recht an
‚oder Veränderungen des Eiweißstoffwechsels beruhen.
~
1091
stellen des Zwerchfells: man hat denselben Schmerz beim Pneumoperitoneum,
wenn das Gas die unterliegenden Organe vom Zwerchfell trennt. Also:
Schwertfortsatz, falsche Rippen, Regio subcostalis auf dem Rücken. Eine
eigentliche Dyspnoe kommt nicht vor, wohl aber verminderte Exkursionen.
Es kann analog wie beim Tortikollis zu einer Kontraktur des Zwerchfells _
kommen. Heilt durch Salizyl leichter als andere Rheumatismen. Es kommt
vielleicht noch eine andere Ätiologie in Betracht als der Rheumatismus,
er ist aber sicherlich die häufigste Ursache. (Rev. méd. Suisse rom. 1924, 4.) - |
Über das Proteinfleber schreiben Bezangon und seine Mitarbeiter:
Es gibt aseptische Fieber, die nicht auf Infektion, sondern auf Störungen
Hierher wären zu
rechnen das Sarkomfieber bei Jugendlichen, die vorübergehenden Stöße bei
Leukämie, bei Überanstrengungen Ermüdungen, im Wachstum, beim Ein-
schießen der Milch. Ferner bei Eiterretention, bei Resorption der. Blut-
plättchen, bei der Radiotherapie und vielleicht das menstruelle und prä-
menstruelle Fieber. Dieses Fieber hat die Eigentümlichkeit,. mit Gelenk-
erscheinungen einherzugehen, besonders das prämenstruelle, namentlich in
den Fingergelenken, oft ganz unter dem Bilde eines akuten Gelenkrheuma-
tismus. Man kann vielleicht auch die Gicht in ihren akuten Anfällen von
diesem Gesichtspunkte aus dem Serumfieber nähern, bei dem ja auch Gelenk-
Auch das. Fieber bei der Resorption. von .
erscheinungen vorherrschen.
Ödemen gehört hierher. Ebenso bei der paroxystischen Hämoglobinurie;
in beiden Fällen Gelenkerscheinungen. Das eine Mal, weil unvollkommen
verarbeitete Proteinsubstanzen die Darmwände passieren, oder weil.parenteral
ein Exsudat, z. B. bei Pleuritis, resorbiert wird. Einé weitere Eigentümlich-
keit dieser Fieber sind die Hautmanifestationen, Urtikaria, scharlachäbnliche
Exantheme usw. Man kommt dabei leicht auf den Gedanken, ob nicht auch
gewisse zweifellos infektiöse Arthropathien, wie bei Dysenterie, Scharlach,
Gonorrhoe, selbst beim akuten Gelenkrheumatismus, hierher zu rechnen sind.
Der fluxionäre Charakter, die flüchtigen multiplen Gelenkerscheinungen
legen dies nahe. (Pr. med. 1924, 34.)
Bossan stellt Betrachtungen über die Therapie der Tuberkulose
und den Pneumothorax an: Die Leber ist zu überwachen, die Toxine sind-
. zu neutralisieren und zu eliminieren. Wenn bei erweichten Herden der
Pneumothorax möglich ist, und das ist er sehr häufig, so wirkt er auf
zwei Arten. Er drückt den Eiterinhalt der Lunge aus, mechanisch wie
bei einem Schwamm. Die Zirkulation der retrahierten Lunge ist auf-
gehoben: die Resorption und die Absorptionsoberfläche sind auf ein Maximum
vermindert. Daher das sofortige Absinken, des Fiebers nach der Anlage:
man bat nicht so rapid auf den tuberkulösen Prozeß wirken können, hat
aber einen Abszeß entleert, die Resorptionsflächen für die Toxine in hohem.
Grade vermindert. Wenn man nun unter diesen Umständen den Pneumo-
thorax unterhält, kann man Zufälle erleben. Man schafft durch Annäherung
der ulzerierten, infizierten Oberflächen einen kalten Abszeß, eine tiefe
Ulzeration, die schließlich durch Fisteln sich Ausgang in die Pleurahöhle
verschafft. Dies ist die wesentliche Ursache des späteren, häufigen
Pyopneumothorax. Also in diesen Fällen temporären Pneumothorax, um
den Organismus zu erleichtern und währenddessen die Leber und das rein
tuberkulöse Element zu beeinflussen. (Rev. méd. Suisse rom. '1924, 5.)
| v. Sohnizer.
Therapeutische Notizen. - —
Hautkrankheiten.
Zur Therapie der progredienten Schweißdrüsenentzündung der
Achselhöhle empfiehlt W. Klug (Heidelberg), die verschieden lokalisierten
Prozesse dadurch freizulegen, daß man aus der gesamten Haut der Azilla
einen Brückenlappen schneidet. Hierdurch gelingt os, alle Prozesse der
Achselschweißdrüsen, ganz gleich, in welchem Stadium sie sich befinden
und wo sie liegen, breit zu eröffnen. Zwischen den Hautbrückenlappen
und die Subkutis kommt ein Jodoform- oder Yatrengazestreifen, um zu
frühe Verklebung zu verhindern. Auf diese Weise gelingt es, die vorher
hartnäckige Entzündung schon am nächsten Tage zurückzubringen, .Die
Schmerzen verschwinden, die Bewegungsfreiheit des Armes stellt sich zum
großen Teil wieder ein. Nach 4—5 Tagen wird der eingelegte Gazestreifen
entfernt und der Hautlappen an seine ursprüngliche Stelle zurückgelagert.
Der Lappen schrumpft am wenigsten, wenn man die Schnittlinie entlang
und parallel den Rändern des Musculus pectoralis major und latissimus
dorsi legt. Fisteln gibt es bei diesem Verfahren nicht. Dabei kommt es
auch zur Verödung der Drüse, . soweit sie nicht schon durch die Infektion
geschehen ist. (M.m.W. 1924, Nr. 22.) Ä
Das Schwefelmittel Mitigal hat sich nach H. F. Hofmann (Caub
a. Rhein) in einem Falle von Pruritus universalis licheniformis auf neur-
asthenischer Basis ausgezeichnet bewährt. Skabies war mit Sicherheit
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auszuschließen. Der Erfolg trat schon nach einer Einreibung von 50 ccm
Mitigal ein. Es wurden dann noch 2 Tage lang je 50 com und dann jeden
zweiten Tag 30 ccm eingerieben. (D.m.W. 1924, Nr. 283) l
Über das Gonorrhoemittel Reargon berichtet Hans Hirsch (Berlin).
‚Die bisher allein empfohlene 50/,ige Lösung hat in 2 Fällen von chronischer
Gonorrhoe der Anterior, Posterior mit Prostatitis und Spermatozystitis zu
akuter Verschlechterung geführt. Der Verfasser warnt daher bei
gleichzeitiger Erkrankung der Posterior und Prostata vor dieser Kon-
zentration.. Man beginne mit schwächeren Konzentrationen und
steige langsam bis 5°. Ferner sollte man das Mittel nicht jedem
Patienten in die Hand geben, damit er es selbst in Wasser. auflöst, da das
Reargon, wenn es nicht ganz exakt aufgelöst wird, Brennen und Reizungen
in der Urethra erzeugt. (D.m.W. 1924, Nr. 24.)
Bismophan ist nach G. Leder (Görlitz) trotz seines geringen Wismut-
'gehalts ein ‚brauchbares Wismutpräparat, aber, ebensowenig wie andere
Wismutpräparate geeignet, Salvarsan zu ersetzen. Von alleiniger An-
wendung des Wismuts bei primärer Lues ist daher dringend abzuraten.
Ob eine Bevorzugung des Wismuts vor dem Quecksilber zu Recht besteht,
wird erst die Zukunft entscheiden können.
Salvarsan ist es jedenfalls zu empfehlen. (M.m.W. 1924, Nr. 23.)
Bei der Spätsyphilis wird nach L. v. Zumbusch (München) zurzeit
die Heilkraft des Salvarsans überschätzt, die des Jods unterschätzt. In
sehr veralteten Fällen, in solchen, die mehr stationär sind, und bei dekrepiden
Kranken ist ein energisches Vorgehen bedenklich, Hier ist Jod harmloser
als Salvarsan. Aber auch die Jodpräparate dürfen nicht überdosiert werden.
2 g Jodkalium pro die ist bereits eine Menge, die schon eine heroische
_ Dosis genannt werden kann. Man erreicht mit der Menge von 1—1 g
pro Tag dasselbe, ohne die lästigen Nebenerscheinungen auszulösen. Das
ist leicht begreiflich, da die Hauptmasse der dargereichten Jodalkalien
schon nach ganz kurzer Zeit, nach wenigen Stunden, den Körper. durch
die Nieren verlassen hat, (M.m.W. 1924, Nr. 23.) F. Bruck.
Kinderkrankheiten.
Zur Behandlung der spastischen Pylorusstenose im Säuglingsalter
erklärt W. Knoepfelmacher (Wien), daß man ohne chirurgische Behand-
lung nicht immer auskommen könne. Denn neben dem Spasmus, der
durch Medikamente beeinflußbar ist, kann ein erhöhter Tonus bestehen,
der unbeeinfiußbar ist. Das „Larvieren“ mit der Ernährung führt meist
zum Ziele. Daneben wird die Schlund- oder Duodenalsonde, Deckung des
Wasserbedarfs durch Kiysmen oder intraperitoneale Injektion empfohlen.
Medikamentös gibt Verf. Papaverin (3 mal 0,01—0,04) und Atropin (2 bis
4 mal 0,00025—0,0003 g). Nach einem 8—14 tägigen Zuwarten kommt
die Operation in Frage, wenn andere Aussichten nicht bestehen, in
Form der Pylorotomie, wobei die Durchschneidung bis ins Antrum aus-
gedehnt werden kann. (W.m.W. 1924, Nr. 20.) Muncke,
Clark beschreibt einen Fall von Kampfervergiftung bei einem
16 Monate alten Kinde, das aus Versehen einen Teelöffel Kampferöl erhielt:
wenige Minuten nach Einnahme dieser 0,72 Kampfer Konvulsionen, die mit
kurzen Intervallen anhielten und ein petechialer Ausschlag über den
ganzen Körper. Bewußtlosigkeit anhaltend bis zum Tode nach 7 Stunden.
Sektion: Magen und Darm petechiale Hämorrhagien, ebenso an der Nieren-
rinde, starker Kampfergeruch. (Brit. med. journ., London 1924, 1.)
` | s v. Schnizer.
Die Behandlung des Keuchhustens einzig und allein mit frischer
Luft empfiehlt Otto Bossert (Essen) angelegentlichst. Die Kinder wurden
bei Frost und’ Schnee, bei Regen und Sonnenschein Tag und Nacht im
Freien gelassen, ungeachtet etwaiger hoher Fiebertemperaturen. Nur zur
täglichen Untersuchung wurden sie vorübergehend auf die Krankenstation
gebracht. Hier im Zimmer aber trat gleich vermehrter Hustenreiz auf, Bei
keinem Kinde (fast sämtliche Kinder waren unter einem Jahr, eine große
Anzahl unter 6 Monaten) wurde: irgendeine Schädigung durch die Frisch-
luftbehandlung beobachtet. Das Pflegepersonal wurde streng angewiesen,
mit Wollzeug und nötigenfalls mit Warmkrügen für gleichmäßige Warm-
haltung zu sorgen. Namentlich in der Nacht ist sorgfältige Beobachtung
notwendig. Das Verfahren ist der sonst üblichen Behandlung überlegen.
Im Privathause dürfte die Behandlung am Fehlen geeigneter Räumlichkeiten
(geschützte Veranda) scheitern. Hier muß man sich mit häufigen Ausfahrten
ungeachtet jeder Witterung begnügen. (D. m.W. 1924, Nr. 24.) F. Bruck.
G. Morawetz (Wien) stellt zur Behandlung des Keuchhustens das
Einhalten eines diätetisch-hygienischen Regimes an erste Stelle. Staubfreie
Luft und Sonnenbestrahlung sind die wichtigsten Faktoren. Fieberhafte
Bronchitis und Pneumonie bilden bei günstigem Wetter keine Kontraindi-
kation gegen die Freiluftbehandlung. Daneben ist Calcium bromatum und,
in schweren Fällen, Codein anzuwenden. Die spezifischen Behandlungs-
methoden sind in ihrer jetzigen Form den medikamentösen noch nicht
überlegen. (W.m.W. 1924, Nr. 21.) Muncke.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31.
Als Unterstützungsmittel neben
| Bücherbesprechungen.
I. Cohn, Urologisches Praktikum. 2. Auflage. Berlin und Wien 1924,
Urban & Schwarzenberg. RtM. 7,20. |
Die zweite Auflage des offenbar (und dies mit Recht) beliebten
Büchleins ist gegenüber der ersten durch Zusätze und Ergänzungen den
Fortschritten unseres Faches entsprechend erweitert. Wenn auch, wie es
' bei der ungeheuren Literatur kaum anders möglich, einzelnes fehlt, so ist
es doch ein recht gutes, den Erfordernissen des Praktikers reichlich ge-
nügendes, gut und übersichtlich dargestelltes, kurzgefaßtes Lehrbuch. Der
erste Teil beschäftigt sich mit den Untersuchungsmethoden „und der
Schilderung der Instrumente, der zweite enthält die allgemeine Sympto-
matologie, der letzte eine Darstellung der Erkrankungen der verschiedenen
Organe. Eine große Zahl von Abbildungen, schwarz und farbig, erläutert
den Text. Die Wiedergabe der letzteren, Druck und Papier sind vor-
züglich. R. Paschkis.
Pleißig, Medikamentenlehre für Krankenpfleger und Kranken-
schwestern. 5. vermehrte und verbesserte Auflage. 195 Seiten. Berlin
und Wien 1923, Urban & Schwarzenberg. GZ. 3,60.
Ein außerordentlich vielseitiges, lehrreiches und geschickt zusammen-
gestelltes Büchlein, in dem die Eigenschaften, Darstellungs- und Anwen-
dungsweise der wichtigsten Arzneimittel besprochen und allerlei praktische
Vorschriften über ‘die Handhabung der dazu ’ gehörigen Geräte gegeben
werden. Auch der Arzt findet manchen für die Praxis nützlichen, Ärger
und Kosten sparenden Wink, der ihm sonst in Unterricht und Büchern
nicht erteilt wird bzw. schwer zu finden ist. Emil Neißer (Breslau).
v. Domarus, Grundriß der inneren Medizin. 640 Seiten mit 58 Abb,
Berlin 1923, Jul. Springer. geb. 12,50, br. 11,—. !
Ein ganz ausgezeichnetes Buch beschert der Verfasser nicht nur
wie es ihm vorschwebte, Studierenden und jungen Ärzten als Ergänzung |
‘von Vorlesungen und Kursen und als Überleitung zum Studium erschöpfen-
der Lehrbücher. Vielmehr kann über den Kreis dieses jungen Mediziner-
geschlechts hinaus dieser Grundriß Nutzen stiften als eine Zusammen-
fassung des wirklich Wissenswerten. Man fragt sich, wie es eigentlich
fertiggebracht wird, auf reichlich 600 Seiten das zu bringen, was ander-
wärts nur bei größerem Umfange geboten wird. Die Antwort heißt, daß
nicht nur ein Programm aufgestellt wird, sondern auch wirklich durch
einen an Kenntnissen und Erfahrungen reichen Autor mit großem Über-
blick zur Ausführung gelangt. Es lautet: knappe, klare Form der Dar-
stellung, schlichte und elementare Ausdrucksweise, unter Vermeidung ent-
behrlicher Fachausdrücke sowie Verzicht auf alle für das Verständnis nicht
unerläßlichen theoretischen Erörterungen. Emil Neißer (Breslau).
Schulhof, Cousismus, die Kunst der Selbstüberredung.
Leipzig 1924, Moritz Perles. ö.K. 18400,—.
Cousismus: dieses scheußliche Wort dürfte geeignet sein, zur Prüfung
bei paralytischen Sprachstörungen verwandt zu werden. Es bezeichnet
eine neue psychische Behandlungsmethode derart, daß der Patient sich
mehrmals am Tage seine Gesundung einredet, unter deutlicher Bewegung
der Lippen, mit frohen Gesten und Mienen. Also eine Form der Auto-
suggestion, mittels derer neue Lebens- und Gesundungskraftquellen frei
. werden. Wie wir uns in nervöse Krankheiten hineinreden, so sollen wir
.| uns systematisch auch in die Gesundheit hineinreden.
des Apothekers Cou6 in Nancy. Zu ihrem Sachwalter macht sich Schulhof
in seiner alles Wissenschaftliche meidenden, fast feuilletonistischen Studie.
Es ist gegen diese neue (und sicher brauchbare) Heilmethode nur das eine
einzuwenden: daß sie nicht neu ist. Bei jeder sachgemäßen Suggestiv-
oder Hypnosetherapie streben wir ähnliches an, nämlich den Patienten
unabhängig vom Arzt zu machen, erstreben wir, daß der Kranke mit dem
dialektischen Rüstzeug des Therapeuten weiterarbeitet. Schon wenn wir
eindringlich zum Kranken sprechen und ihn zur Aufmerksamkeit zwingen,
spricht er ja innerlich alles mit. Und wenn er sich der Worte erinnern
will, muß er immer wieder Zunge und Kehlkopf innervieren, innerlich mit-
sprechen, Ob das Lautsprechen oder die Lippenbewegung dabei wirklich
so wesentlich ist?
nicht, überzeugt kaum.
Kurt Singer.
W. Weitzel, Die neuentdeckten lebenswichtigen Vitamine und
die Folgen einseitiger Ernährung. Zweite, umgearbeitete und ver-
mehrte Auflage. 108 S. München 1924, Otto Gmelin. Geh. M. 2,—,
geb. M. 3,—. :
Kurzes, für den praktischen Arzt geschriebenes Büchlein über die
Ergänzungsstoffe zu unseren Nahrungsstoffen, die Vitamine, über deren
chemische Natur noch immer Dunkel herrscht. Der Gegenstand ist seitdem
in dem Report des Medical Research Council „On the present state of
knowledge of accessory food factors (Vitamins)“, London 1924, erschöpfend
behandelt worden. E. Rost (Berlin).
3. August
88 S.
So sagt die Schule
Die vorliegende Arbeit überredet zu diesem Glauben |
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Kongreß- und Vereins-Berichte.
Berlin. _
Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 16. Juli 1924.
Offizielles Protokoll.
Vorsitzender: Kraus. ‘Schriftführer: Benda.
Einladung der Abteilung für innere Medizin zur Naturforscher- |
versammlung in Innsbruck. | |
= Verstorben: HerrBäckler, langjähriger Stenograph der Gesellschaft.
Zur Aufnahme vorgeschlagen: die Herren Dr. med. Francisco
Fonseca und Dr. med. Ricardo Fonseca aus Merida, Venezuela, zurzeit
- Berlin NW, Albrechtstr. 4III, von Herrn C. Benda; Herr Dr. med. Christos
Avierinos aus Kairo von Herrn Kraus; Herr Medizinalpraktikant Dr. med.
Reinhard Planer, Friedenau, von Herrn Koblanck.
‘ Wieder eingetreten: Herr Sanitätsrat Dr. Ernst Jacobsohn,
Friedrichstr. 226. '
‘ Herr Ministerialdirektor Kirchner wurde seitens des Vorstandes
und Ausschusses zum 70. Geburtstage beglückwünscht. |
< Herr Prof. Dr. Terry aus Nashville, Tenessee, U. S. A, und Herr
London aus Petersburg werden als Gäste begrüßt.
I Benda macht auf eine Demonstration aufmerksam, die Herr Terry
iù Nebenraum veranstaltet. Es handelt sich um eine mikroskopische
Schnelldiagnose von Karzinom, die nach einer bestimmten Anfärbung ge-
Härteter Organstückchen im auffallenden Licht (also ohne Anfertigung
mikroskopischer Schnitte) unter gewissen Bedingungen gelingt. (Erscheint
unter den Originalien dieser Wochenschrift.) i
Tagesordnung. Ä
`. London-Petersburg (a. G.): Die Methode der Angiostomie und
‚die mit Hilfe dieser Methode erreichten Resultate. (Lebhafter Beifall.)
(Erscheint unter den Originalien dieser Wochenschrift.)
Der Vorsitzende spricht dem Vortragenden den Dank der Gesell-
schaft aus und beglückwünscht ihn zu seinen schönen Untersuchungen.
- _ V.Sehilling: Blutlehre in der Praxis (mit Filmvorführung). (Er-
scheint unter den Originalien dieser Wochenschrift.) | |
| Bonn.
Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde (Medizin. Abteilung).
| Sitzung vom 16. Juni 1924. |
Sträter stellt einen Fall von: Wunddiphtherie vor und besprich
die darüber bisher veröffentlichten Anschauungen.
Weiterhin demonstriert Fröhlich, der sich schon seit mehreren
Jahren mit der Messung der Empfindungszeit im Gebiet des Gesichtssinnes
beschäftigt, d. i. die Messung jener Zeit, welche zwischen dem Beginn des
Lichtreizes und dem Beginn der ‚mit dem Lichtreiz verknüpften Empfindung
vergeht, in seinem Vortrage: „Über eine Methode der Empfindungszeit-
Messung“ eine neue Methode, welche F. F, Hazelhoff (Groningen) be-
schrieben hat. Diese Methode hat das folgende Prinzip: Der Beobachter
hat omer Fixiermarke mit dem Auge zu folgen, welche mit einer Ge-
schwindigkeit von 20 cm/Sek. bewegt wird. An einer Stelle der Bahn der
Pixiermarke taucht ein kurzdauernder Lichtreiz auf, den das Auge erst
wahrnehmen kann, wenn die Empfindungszeit vorüber ist. Taucht die
Empfindung auf, so ist unterdessen das Auge mit der Fixiermarke eine
Strecke weiter gewandert und sieht die Empfindung mit einer Verschiebung
auftreten, Aus der Größe der Verschiebung und der Geschwindigkeit der
Piriermarke kann die Empfindungszeit berechnet werden. Vortr. hat mit
mit Hilfe eines Apparates, der es gestattet, die Empfindungszeit alternierend
mit den Methoden von Hazelhoff und Fröhlich zu messen, an 4 Ver-
Suchspersonen eine vollständige Übereinstimmung der Resultate beider
Methoden festgestellt.
Hinselmann berichtet über den Übergang der Mikroorganismen
| von der Mutter aufs Kind. Auf Grund eingehenden Quellenstudiums hat
m sicher ergeben, daß folgende Mikroorganismen übergehen können:
Packen a, Grippe, Lepra, Malaria, Masern, Milzbrand, Pneumokokken,
13 Fall Kückfallfieber, Lues, Trypanosomen, Tuberkulose, Typhus. Die
kön e sind beim Menschen realisiert, Ihnen reihen sich beim Menschen
aa en bei denen der Übergang nicht sicher nachgewiesen, aber wahr-
ne oder fraglich ist: Flecktyphus, Wurmlarven, Mumps, Rotz,
Ühe a Tollwut, Windpocken. Beim Tier ist von diesen Keimen der
Se gesichert bei den Wurmlarven, beim Rotz und der Tollwut.
Winge ler Keime konnten bisher im menschlichen Fötus nicht nachge-
at worden: Frambösie, Pest, Cholera, Diphtherie. Bei den beiden
teriämi egt es wahrscheinlich daran, daß es bei ihnen selten zur Bak-
® kommt. Bei der Pest liegen die Verhältnisse noch nicht ganz
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK '— Nr. 31.
' gemacht:
klar, bei der Frambösie muß der Übergang vorläufig als nicht erwiesen
angesehen werden. Angesichts der Verwandtschaft des Treponema per-
tuenue mit dem pallidum sind aber Zweifel berechtigt, ob dieser Schluß
später ‘nicht wird revidiert werden müssen. RS
Die Keime gehen in sehr verschiedener Weise durch. Hinselmann
hat folgenden Versuch einer Rubrizierung des Penetrationsmechanismus
1. Bewegliche Keime: a) durch Eigenbeweglichkeit mit flüch-
tigen oder geringfügigen Epithelveränderungen: Spironema recurrentis,
Bact. typhi, Plasmodium malariae; | I O i
b) durch Eigenbeweglichkeit mit gröberen Epithelveränderungen:
Spirochaete pallida, Trypanosomen? Helminth. ? Se | |
2. Unbewegliche Keime: a) durch Nekrotisierung: Tub., Lepra?
Eiterkokken? Pneumokokken ? Grippe? en
b) durch Nekrotisierung und Durchwachsen: Milzbrand, Rotz; An-
hang: Karzinom und Sarkom. Wu |
3. Filtrierbare Keime durch eine Art Adsorption mit Ultrafiltration
im Sinne von v. Provazek: Pocken, Windpocken, Tollwut? Mumps? `
Für die Frage der Infektion des Fötus sind, abgesehen vom Durch-
schnittsmechanismus des Keimes, die Punkte von Bedeutung, die Lubarsch
mit Recht betont hat, wie Dauer, Intensität und Virulenz der mütterlichen
Mikrokokkämie, f | | l
Die eingehende Bearbeitung des Themas wird im 4. Band des neuen
Handbuchs der Biologie und Pathologie des Weibes, herausgegeben : von
Halban und Seitz, veröffentlicht werden. |
P. Prym demonstriert ein Teratom der Schädel- und Augenhöhle
beim_Neugeborenen. Neugeborener Knabe (Frühgeburt im 6.—7. Monat). -
Die Mutter des Kindes ist eine 26jährige Erstgebärende; wegen akut auf-
tretendem Hydramnion wurde die Blase gesprengt; dann trat Spontan-
geburt ein. (Klinische Beobachtung: Prof. H. Cramer.)
Mächtiger Tumor in der Schädelhöhle, der sich als hühnereigroße
Geschwulstmasse in die linke Orbita fortsetzt und das Auge plattgedrückt
auf seiner Kuppe erkennen läßt. Starker Hydrozephalus, der bei der Ge-
burt platzte.e Vom Gehirn nur noch platte an der Pia anhaftende Reste,
getrennt vom Tumor nachweisbar. Histologisch: Solides Embryom mit Be-
standteilen der 3 Keimblätter und Überwiegen von .embryonaler Zentral-
nervensubstanz. (Nähere Beschreibung erfolgt in Dissertation von Herrn
Sohumacher.) |
Erlangen.
Ärztlicher Bezirksverein. Sitzung vom 20. Juni 1924.
A. Pratje: Zur Topographie des Mediastinums am Lebenden.
Zwischen der Anatomie des lebenden Körpers und dem Bau der Leiche
bestehen erhebliche Unterschiede; daher ist die Untersuchung des lebenden
Menschen notwendig. Die Untersuchungen wurden mit stereoskopischen
Röntgenaufnahmen angestellt, die genaue Messungen über die topograpische `
Lage zulassen. Durch das zu einem steifen Brei verrührte Kontrastmittel
Röntyum (Kahlbaum) gelang es, den Ösophagus auch außerhalb des
Schluckaktes darzustellen.
Ösophagus im Ruhezustande geöffaet oder geschlossen ist; an der Leiche
besitzt er meistens ein enges sternförmiges Lumen; im Ösophagoskop er-
scheint er im Brustteil weit klaffend. Die Röntgenuntersuchungen zeigten,
daß beim lebenden Menschen außerhalb des Schluckaktes der Ösophagus
im Halsteil meist ein geschlossenes Lumen besitzt, im Brustteil dagegen
ein mehr oder weniger geöfinetes, mit Luft gefülltes Lumen aufweist, das
in einigen Fällen ziemlich weit sein kann, häufig abgeplattet ist und eine
_ Spiraldrehung zeigt. Auch die Atmungsphase scheint infolge der ver-
änderten Druckverhältnisse im Thorax nicht‘ ganz ohne Einfluß auf Form
und Weite des Ösophagus zu sein. Von den physiologischen Engen kann
man außer denjenigen am Anfang und Ende des Ösophagus noch die:
Aortenenge regelmäßig beobachten und häufig eins Enge etwas tiefer,
welche durch den linken Stammbronchus. verursacht wird. Auch in der
Frage, ob der Verlauf des Ösophagus ein gerader oder gekrümmter ist,
widersprechen sich die Ansichten in der Literatur. Der Ösophagus hat
stets einen mehr oder weniger gekrümmten Verlauf, die kyphotische Krüm-
. mung der Brustwirbelsäule macht er wenigstens zum Teil mit; häufig,
findet man eine Biegung nach rechts und hinten am Aortenbogen. Indi-
viduelle Variationen sind.vorhanden. Auch das Gewicht der Magenfüllung
sowie die. Atmungsphase sind von Einfluß. Zum Schluß wurde noch die.
Frage des Abstandes der Speiseröhre von der Wirbelsäule erörtert, Jene
soll sich nach den Angaben in den Lehrbüchern eng der Wirbelsäule bzw.
der Aorta descendens anschließen. Die Röntgenuntersuchungen zeigten
aber, daß der Abstand von der Wirbelsäule unter Umständen ziemlich
Zunächst wurde die Frage erörtert, ob der-
1094
. gewissen Verhältnissen haben,
‚ darms bei verschiedenen Körperstellungen sowie bei In- und Exspiration
_ kraft der elastischen Lungenfasern auszuschalten, wurde bei einer Leiche
.. Ausmaß der Funktionsfäbigkeit ermitteln. Wird eine dürch die Verweil- |
einmal gereizte Sekretion in den leeren Magen hinein weiter.
spaltung ne bei Achylien nicht immer parallel.
| TER | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 31. N 8. August
groß sein und in Höhe des 9.—12. Brustwirbeis auf 5—6 cm ansteigen
kann, Außer einer erheblichen individuellen Variation sind mechanische
Faktoren von Einfluß, so ist z. B. bei der Inspiration der Abstand ein
größerer als bei der Exspiration. Bei diesem großen Abstand von der
Wirbelsäule müssen sich die Pleurablätter der beiden Seiten stark anein-
ander nähern und eine Art dorsales Mesenterium bilden. Auf alle Fälle
muß das hintere Mediastinum eine viel größere Tiefenausdehnung unter
Hand wieder beweglich gemacht und der verlorene Daumen dürch Im-
pläntation der großen Zehe ersetzt wurde. |
Keller: Ein neues Dosimeter für ultraviolettes Licht. Zur Messung
wird die Schwärzung von Ollorsilberpapier benutzt. Man belichtet mit
Gesamtlicht und mit nichtbiologischem Licht. Die Differenz ergibt die
biologischen Strahlen. Man kann empirisch Kurven gewinnen, die die
Beziehungen zwischen der Fapierschwärzung- und der Erythemdosis angeben.
H. SPORING
als wir im allgemeinen anzunehmen ge-
wohnt sind.
. A. Hasselwander: Demonstration zur Verschieblichkeit der Bauch- Prag.
organe, H. weist zunächst auf die Verschieblichkeit des Magens und Dick- Bi
Sitzung vom 6. Juni 1924.
l P. Kaznelson berichtet über in letzter Zeit sich auffallend häufende
Fälle von Skorbut und demonstriert 6 Fälle. Alle zeigten, das typische
Bild mit Hämorrhagien in der Haut und Muskulatur der unteren Extremi-
täten und der für Skorbut typischen Gingivitis (Auflockerung, Schwellung
des Zahnfleisches mit lividblauer Verfärbung), Im Blut findet sich eine
in manchen Fällen sehr schwere sekundäre Anämie. Die Leukozyten neigen
zur Verminderung, es besteht oft ausgesprochene Leukopenie. Bei der
Differentialzählung ist nur das Fehlen oder die geringe Ausprägung der
Linksverschiebung bemerkenswert. Die Blutplättchen sind sehr reichlich,
‘eher vermehrt. Die Gerinnungszeit ist normal, ebenso die Blutungszeit
Auch das Rumpel-Leedsche Phänomen ist negativ. Man muß daher
annehmen, daß es sich nicht um eine allgemeine hämorrhagische Diathese,
sondern nur um ganz lokalisierte Gefäßveränderungen handelt. Auch der
Erfolg der Therapie (Zitronensaft) spricht für die Diagnose.
E. Adler demonstiert einen Fall von multipler Sklerose mit ie
papille. Die 20jähr. Pat. erkrankte im November 1923 unter den Sym-
ptomen einer Querschnittsläsion des Bückenmarks (druckempfindlicher
5. Brustwirbel, spastische Paraparese der Beine wit Fuß- und Patellar-
klonus, Babinski und Oppenheim, bds. fehlende Bauchdeckenreflexe, vom
Nabel -abwärts Hypästhesie, Retentio urinae). Im Verlaufe von 4 Wochen
Rückbildung aller Symptome. Am 30. Dezember Erblindung am ‘linken
Auge, woselbst an der Klinik Prof. Elsohnig eine Stauungspapille kon-
statiert wird. Am 6. März 1924 Sehstörung am rechten Auge, wo es eben-
‚falls zur Ausbildung einer Stauungspapille kommt, während die im linken
Auge bereits abgeheilt ist. Auch- die rechtsseitige Stauungspapille bildet
sich bis Mitte April vollständig zurück. Zur Zeit außer beiderseitiger
temporaler Papillenabblassung und fehlenden Bauchdecokenreflexen absolut
kein pathologischer Befund. Der Fall zählt zu jenen äußerst seltenen
multiplen Sklerosen, die mit Stauungspapille einhergehen und sogar ge-
wöhnlich durch noch andere Symptome des gesteigerten Hirndruckes und
Lokalsymptome als Hirntumoren wenigstens ein Zeitlang imponieren.
G. A. Wagner: Die Behandlung der Harninkontinenz der Frau.
Auf die Blasen- und Ureterfisteln, auf den unwillkürlichen Harnabgang
bei den tuberkulösen Schrumpfblasen wird nicht ‚eingegangen. Bei den
Fällen von beständiger Harnausstoßung infolge von Hypertonie des Detrusor
charakterisiert durch die hochgradige Trabekelbildung bewähren sich Papa-
verin und ähnliche Mittel, die die glatte Muskulatur beeinflussen. Bei
Insuffizienz des Sphincter vesicae kann es sich erstens um Narben handeln,
die den einen Schenkel nach der Gegend des Schambeines fixieren. Nach
- Druchtrennung dieser Narben und event. Fettinterposition heilen diese
Fälle prompt. Zweitens kommen die Fälle in ‚Betracht, wo der Sphinkter
angeborenerweise defekt ist, wie bei der Hypospadie und solche, wo er
defekt wurde und zwar entweder durch ungeschickte operative Eingriffe
oder durch Geburten. Bei den geringgradigen Schädigungen genügen kon-
servative Maßnahmen (Faradisieren, Gymnastik, Massage, Bäder usw.). Von
den operativen Maßnahmen kommen für die schweren Fälle hauptsächlich
die Pyramidalis- -Faszienumschlingung des Blasenhalses nach Goebell-
Stoeckel in Betracht oder die plastische Verwendung der pubischen An-
teile der Levatoren nach Ruppert Franz, event. die Bildung einer aus
den medialen Anteilen bestehenden. Lavatorzwinge, wie sie der Vortr. an-
gegeben hat. Dieser hat auch die Durchziehung der Urethra durch einen
'| Schlitz des einen Levator mit recht befriedigendem Erfolg verwendet.
Für die Fälle, bei welchen Deszensus der Scheide mit relativer Harn-
inkontinenz besteht, genügt manchmal die einfache Kolporrhaphie, speziell
mit der von Halban angegebenen Modifikation der Raffnaht der fasziösen
Platte zwischen Blase und Scheide. Sehr gute Erfolge gibt die Interpositio
uteri vesico-vaginalis nach Wertheim und speziell die Fixation des Fundus
gegen das Diaphragma urogenitale. Der Vortr. hat die Operation in diesen
Fällen modifiziert, indem nicht die Fundusecken, sondern YVorderwand
des Uterus rechts und links 2—3 cm unterhalb des Fundus gefaßt und
gegen das Diaphragma bzw. das Periost des Schambeins fixiert wird. In
diesen Fällen ist dann der Uterus sozusagen lordotisch verkrümmt und
der Fundusanteil liegt der hinteren Symphysenwand breit an, die Urethra .
verläuft nun zwischen dieser und dem als feste elastische Pelotte wirken-
Verein deutscher Ärzte.
hin. Die Beweglichkeit der linken Flexur war besonders eindrucksvoll auf
einigen Röntgenbildern. (vom Lebenden) zu sehen. Um die Retraktions-
die Lunge stark aufgebläht, in. diesem Zustande gefroren und in Schnitte
zerlegt. Dabei zeigte sich ein extremer Tiefstand sämtlicher Bauchorgane
(auch der retroperitonealen), .z. B. lag der Magen vor der Symphyse, der
untere a. unterhalb des Darmbeinkammes.
Kohlmann (range)
-Frankfurt a. M,
Ärztlicher Verein. Sitzung vom 16. Juni 1924.
G, Katsch: Über reinen Magensait und Magenchemismus. Es
werden die Vorteile geschildert, die durch Gewinnung von Aziditätskurven
mit Hilfe der Verweilsonde gewonnen werden. Die Verlaufsbilder, die man
vom Magenchemismus erhält, sind vielseitiger als das Momentbild, wie es
einmalige Ausheberung liefert. Durch Variieren der Sekretionsreize lassen
sich verschiedene Reizbarkeitssymptome und bei depressiven Störungen das
sonde eingeführte Reizlösung nach kurzer Zeit zurückgesaugt, so geht die
Man kann
Proben von reinem Saft gewinnen und deren Eigenschaften studieren. Es
wird Stellung genommen zu den Begriffen Superazidität, Hyperchlorhydrie,
absolute Hyperchlorbydrie, Supersekretion, die auf Grund der neuen Be-
funde eine gewisse Korrektur und festere Bestimmung gewinnen. Gesamt-
chlorbestimmungen im Magensaft gestatten 2 Funktionen der Magenschleim-
haut zu unterscheiden: Chloridspeicherung und Säureabspaltung. Es finden
sich Gesamtchlorwerte im Magensaft bis zum doppelten der Gesamtchlor-
werte im Serum. Störungen in der Chloridspaltung und in der Säureab-
Freiburg i i. Br..
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom, 20. Imi 1924.
Hosemann: 1. Der .Solästhinrausch. Das Mittel ist ungeeignet
zur Vollnarkose, aber brauchbar für das erste Stadium der Narkose und
für einen Rausch. Der Patient schläft nicht dabei, sondern merkt alles,
was geschieht, verspürt aber keine Schmerzen von operativen Eingriffen
Nach Beendigung der Narkose wacht Patient sofort auf. Für Erwachsene
werden etwa 100 Tropfen gebraucht, man tropft langsam, etwa jede Se-
kunde einen Tropfen. Das Mittel ist nicht feuergefährlich und riecht nicht
unangenehm. Die Anwendung des Solästhinrausches wird für. kleinere:
chirurgische Eingriffe, wie Spaltung von Phlegmonen usw., empfohlen.
2, Über akute Pankreatitis mit Krankenvorstellung. Es handelt sich im.
ersten Falle um ein junges Mädchen, bei dem nach den seit Jahren auf-
tretenden Schmerzanfällen die Diagnose auf Gallensteinkoliken mit Magen-
spasmen gestellt wurde. Als Schmerzen in der Blinddarmgegend mit hohem
Fieber auftraten, wurde laparotomiert. Es fand sich eine Verlegung des
Darms durch ein mächtig geschwollenes Pankreas. Dieses wurde drainiert,
es entleerten sich eitrige Massen vom Pankreas und Gewebsnekrosen vom
Netz. Allmählich Genesung. Ein Gallenstein war nicht vorhanden. —
In dem zweiten Fall lagen Gallensteine vor. Wenn die auftretenden Ko-
liken so heftig sind, daß sie durch Morphium nicht zu bekämpfen sind,
und wenn die Schmerzen nicht mehr rechts, sondern links von der Mittel-
linie auftreten, muß man an eine akute Pankreatitis denken. Die Operation
ergab ein akutes Pankreasödem, die Vorstufe der Pankreatitis. |
Eden: 1. Chirurgische Demonstrationen zur Kardiaresektion. Bei
einem an der Kardia sitzenden Karzinom, das bis in den Ösophagus hin-
aufging, wurde eine ausgiebige Resektion vorgenommen und der stehen-
gebliebene Teil des Pylorus direkt an den Ösophagus angenäht. In dem
Magenrest findet sich keine freie Salzsäure, aber Pepsin. 2. Knochen-
bruchheilung. Bei Oberschenkelfrakturen wird eine Verbindung von Ex-
tensions- und Gipsverband angewandt. Bei verzögerter Kallusbildung
Einspritzung von Natriumglykokollphosphat. 3. Wiederherstellung nach
Handverletzungen. Demonstration eines Kranken, bei dem die versteifte
wer e BR 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK: — Nr.3i: 0.1098
{ den Fundus uteri. Auch Drehung der Urethra nach Gersuny wird ge- | um die Anlage einer rudimentären, überzähligen, knopfförmigen Niere am
| legentlich angewendet und hat bisher in allen Fällen gute Resultate ge- | oberen Pol der normalen Niere, wie auch in dem einstweilen aus der:
| geben. Der Vortr. führt die Operation so aus, daß nach Umschneidung | Pankowschen Klinik publizierten Fall von Schönholtz. Der zystische
der Urethralmündung die Urethra auf‘ mehrere Zentimeter freipräpariert | Hohlraum, der eine muskuläre Wand und eine Auskleidung mit kubischem
wird, um 180° oder mehr Grad gedreht, dann dadurch fixiert wird, daß | Epithel aufweist, ist offenbar eine Zyste des Wolfschen Ganges, äbnlich
| einen Zentimeter hinter der Mündung das Muskelrohr an das Diaphragma | wie im Falle R. Meyers. Der überzählige Ureter ist also offenbar an der
| genäht und dann erst die Schleimhautwundränder durch Katgutknopfnähte | Stelle des Wolfschen Ganges, aus welcher er kranial vom normalen Ureter
vernäht werden. So kann sich bei event. Durchschneiden der letzteren | hervorgesprossen ist, dauernd verblieben. Dieser Teil des Wolfsohen Ganges
das Urethralrohr nicht wieder zurückdrehen. Anlegung von Paraffindepots | ist erhalten geblieben und offenbar durch eine feine Lücke mit der Vagina
| = um den Blasenhals hat der Vortr. niemals angewendet. in Verbindung getreten. Die Lücke konnte nicht aufgefunden werden.
“Es wird nun ein Fall demonstriert, der die gelegentliche Schwierig- Friedel Pick: Über Viridansinfektioo: Ziemlich allgemein ist
| keit einer Harninkontinenz zeigt: Ein 26jähr. Fräulein, das seit der Kind- | die Meinung verbreitet, seit Schottmüller 1910 das: Krankheitsbild der
heit immer etwas naß war und an Bettnässen gelitten hat. Vor 4 Jahren | Endocarditis lenta umgrenzte und als ihren Erreger den Streptococcus
waren von einem tschechischen Chirurgen in 4 Sitzungen je 4 Paraffin- | viridans nachwies, daß in fieberhaften Fällen mit den physikalischen Zeichen
injektionen gemacht worden, die den Zustand aber in keiner Weise besserten. | einer Herzklappeninfektion die Prognose als sehr bedenklich anzusehen ist,
Da die Patientin nun heiraten will, ist sie über den unheilbaren wässerigen | wenn auch bei anscheinender Leichtigkeit des Krankheitsbildes, also Fehlen
Ausfluß unglücklich und wird vom Arzte zur Heilung an die Klinik ge- | 'der für Endocarditis lenta charakteristischen Zeichen wie Milztumor, Neigung
schickt, Pat. von anscheinend normaler Konstitution. Nur das äußere j zu Infarkten, Nephritis — aus dem Blute nicht hämolysierende, sondern
‘Genitale zeigt geringe Zeichen von Infantilismus. Die Schleimhaut der | nur vergrünende Kolonien von Streptokokken auf bluthaltigen Nährböden
Uretbralmündung mündet in einen von rückwärts her aufsteigenden kleinen | gezüchtet werden, Neuere, Erfahrungen haben aber gezeigt, daß mitunter
Sporn, der die Mündung selbst etwas verdeckt. Die Harnröhre ist nicht | auch solche Fälle mit positivem Nachweis vergrünender Streptokokken aus-
abnorm weit, die Blase hat eine gute Kapazität, die eingespritzte Flüssig- | heilen können (Funke und Salus, Libman, Leschke, Löwenhardt,
keit wird gehalten. Die spontan entleerte 24stündige Harnmenge, ebenso | Jungmann), daß in.den Leichenorganen desselben Individuums neben-
wie das durch Verweilkatheter aufgefangene Tagesquantum bleibt ein | einander blutlösende und vergrünende Streptokokken vorkommen, dies gə-
wenig hinter den Trinkmengen zurück. Bei der genitalen Untersuchung | legentlich auch bei Züchtung vom Lebenden’ beobachtet wird. Andernteils
findet sich das Genitale normal bis auf ein unvollkommenes Septum im | sahen Bakteriologen (Morgenroth und seine Mitarbeiter, Schnitzer und
oberen Drittel der Vagina, das von der vorderen Vaginalwand ausgeht und | Munter, ferner Kuczynsky, Wolf, Rosenow) unter verschiedenen
die hintere nicht ganz erreicht, also immerhin eine Andeutung von Dupli- | Bedingungen (Einwirkung chemischer Substanzen, Tierpassagen, besonders
zität und damit einer Mißbildung. Da nun Mißbildung des Genitales mit | bei der Maus) Verlust der blutlösenden Fähigkeit und Vergrünen der Kul-
‚ solchen des uropoetischen Systems nicht selten zusammen vorkommen, | turen. ‚Wenngleich diese Versuche nicht überall in gleicher Weise ge-
wurde die Vermutung erweckt, daß das Nässen auf einen überzähligen | langen, wie eine von Makamura aus dem Bailschen Institut in Prag
ektop ausmündenden Harnleiter zurückgeführt werden könnte. Es fand | publizierte Arbeit lehrt, so scheint doch jedenfalls die Vergrünung allein zur
sich rechts neben der Mündung der Skeneschen Drüse eine kleinste Lücke, | Charakterisierung einer Streptokokkenart nicht genügend und insbesondere
durch die eine feinste Sonde in einen parallel zur Urethra verlaufenden | nicht zu einer Verwertung zur Prognosenstellung. Auch die Empfindlich-
1, em langen Gang einmündet. Versuche, durch Einlegen eines Stückchens | keit gegenüber der Bakterizidie des Patienten und Normalblutes und die
Ursterkatheter Harn aufzufangen, mißglückten. Die Chromozystoskopie | Kettenbildung in flüssigen Nährböden, wie sie E. F. Müller nach Schott-
ergab: Beide Uretermündungen an normaler Stelle. Der rechte scheidet | müllers Vorgang zur Charakterisierung des Viridans als Lentaerregers heran-
weniger Harn aus als der linke. Weder ein vor die kleine Lücke rechts | zog, ist nach den Befunden von G. Salus, der in 39 Fällen in R. Funkes
neben der Urethra fixiertes Tupferchen, noch ein in die Scheide eingelegtes | Abteilung 19 mal Viridans aus dem Blute züchtete, wobei die Fälle auch
Gazestück zeigen nach stundenlangem Liegen Blaufärbung. Das Gazestück | bei längerer Beobachtung alle in Heilung ausgingen, und Leschke nicht‘
in der Scheide aber ist etwas naß geworden. Da mit Rücksicht auf diesen | ausschlaggebend. Die prognostisch ungünstige Bedeutung des Nachweises _
Befund die Diagnose eines dritten harnausscheidenden Ureters in Frage | vergrünender Streptokokken wird aber auch erschüttert durch die Beob-
gestellt ist, wird die Möglichkeit einer relativen Insuffizienz des Sphinkter | achtung guter Verläufe bei nicht auf das Endokard beschränkten entzünd-
in Betracht gezogen, und nun geplant, den Bauchschnitt zu machen, durch | lichen Affektionen, bei welchen solche Kokken gezüchtet wurden, wie
Inspektion sich von dem Vorhandensein oder Fehlen : eines überzähligen | Pyelitis (G. Salus), Cholangitis (Schottmüller, Eickhoff), Meningitis
Ureters zu überzeugen und in letzterem Falle die Operation nach Goebell- | (Schottmüller, Sawitz), Perikarditis (Löwenhardt). P. sah im An-
Stöckel auszuführen. Es findet sich das innere Genitale vollkommen | schlusse an fieberhafte Endokarditis später Perikarditis mit Exsudation,
ıormal Rotunda und Infundibulo-pelvica an normaler Stelle. Rechts sieht | dann zunächst rechtsseitige, dann linksseitige Pleuritis auftreten und
man durch die Beckenserosa hindurch zwei Ureteren. Nach Spaltung des | schließlich in Heilung ausgehen, wobei G. Salus aus dem Blute Strepto-
hinteren Ligamentblattes zeigt es sich, daß der eine Ureter normal be- | cocous viridans züchtete — von 3-reichlich beschiokten Blutagarplatten
schaflen ist, ein zweiter, 1 cm von ihm entfernter paralleler Strang, dünner, | wuchs nur auf einer eine einzige Kolonie, auch in Blutbouillon wurden
Äurbwandiger und blasser ist. Dieser verläuft am hinteren Ligamentblatt | nur wenige Keime, in den später exstirpierten Tonsillen zahlreich Viridans-
medial und ventral von dem normalen Ureter. Die uterinen Gefäße werden | kolonien. Solche Beobachtungen von Entzündungen seröser Häute durch
Jetzt an der Kreuzungsstelle von den Ureteren abpräpariert und empor- | einen zu so. schleichenden Erkrankungsiormen führenden Erreger, wie es der
gehoben, das vordere Ligamentblatt gespalten und nun der untere Anteil | Streptococcus viridans ist, haben aber auch noch ein allgemeineres Inter-
der Ureteren und die Blasenecko freigelegt. Der normale Ureter mündet | esse, weil sie vielleicht ein Licht auf die noch ungeklärte Ätiologie jener
an normaler Stelle in die Blase, ein dünner überzähliger Ureter verläuft | merkwürdigen chronischen Polyserositisformen werfen, deren Folgezustände
a m die Gegend des Scheidengewölbes parallell mit dem anderen, biegt durch die Bildung dioker Schwarten und Umklammerung von Organen
er rechtwinkelig um und scheint in dieses einzumünden. Es wird nun | mitunter in lokalisierterer Form als Zuckergußleber oder als perikarditische
Median von der Einmündungsstelle inzidiert. Man kommt in einen von | Pseudoleberzirrhose ein sehr chronisches, auch diagnostisch oft schwieriges
blasser glatter Schleimhaut ausgekleideten Hohlraum; dieser ist aber, wie | Krankheitsbild liefern, welches in neuerer Zeit durch L. Brauer; sowie
Sondierung ergibt, nicht die Scheide. Er ist 4 cm lang und 1 cm breit. | Volhard und Schmieden erfolgreich chirurgisch angegangen wurde. Für
Seine Wand wird gespalten. Sie zeigt Trabekel. Dieser ganze Sack wird | einen ‚Teil dieser Fälle ist wohl die Tuberkulose anzuschuldigen, aber
amn mit samt dem untersten Ende des überzähligen Ureters exstirpiert gerade bei den mit mächtigster Schwielenbildung einhergehenden fehlen
und dabei die mediale Wand des rechten Scheidengewölbes zwecks Drai- | klinische und pathologisch-anatomische Befunde hierfür und bleibt die
‚gb inzidiert. Zwischen der Sackwand und der Scheidenwand ist eine | Ätiologie dunkel, umsomehr, als bei dem eminent chronischen Verlauf der
S ð mm breite derbe Bindegewebsschichte. Aus dem überzähligen | Fälle (z. B. Niels R. Finsens eigene Krankheitsbeschreibung, Fall von
teter, dessen Lumen sehr eng, dessen Wand sehr dick ist, quillt ein Rumpf mit 301 Punktionen) nur selten derselbe Arzt Beginn und Folge-
weng Flüssigkeit. Er wird nun in gewöhnlicher Weise in die Harnblase | zustände der Krankheit beobachtet hat. P. betont die zum Nachweise
etwas oberhalb der rechten Ureterenmündung implantiert. Die Abtastung | des Viridans notwendigen Vorsichtsmaßregeln (Verdünnung wegen Emp-
er rechten Niere ergibt, daß nur ein Nierenbeoken vorhanden ist, was ja | findlichkeit gegen Blutbakterizidie, bluthaltige Nährböden, längeres Beob-
Sg war, da die durch den überzähligen Ureter ausgeschiedene | achten der Kulturen), da auch in typischen Fällen geübte Bakteriologen
wa bei Indigokarmininjektion im Gegensatz zum Harn des rechten | oft negative Befunde melden — vielleicht liegt in der Nichtbeachtung.
wieder = Blaufärbung angenommen hat. Die Peritonealwunden werden dieser no on ve ha . olt negativen Resultate der Züch-
ar E e Der überzählige Ureter heilte glatt ein, die Pat. ist tung aus Blut und pieuritischen Exsu aten; das sind lauter Fragen, deren
ommen trocken. Wahrscheinlich. handelt es sich auch hier | Beantwortung dem Einzelnen, namentlich wenn er nur über Material der
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_ von Prof. Hochenegg in seiner klinischen Vorlesung am 11. Januar d. J.
1096
o 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.3. © C. 8. Angust
Privatpraxis verfügt, unmöglich ist, sie mabnen aber, dem züchterischen
Nachweis vergrünender Streptokokken auch in Fällen yon Polyserositis
besondere Beachtung zu widmen und durch ausgedehntere Untersuchungen
die prognostische Bedeutung seines Nachweises sicherzustellen, die lange
nicht so infaust zu .sein scheint, als man bisher vielfach annimmt. |
G. Herrmann: Bericht über seine Studienreise nach Rom (Paychi-
. atrische Klinik, Prof. Mingazzini).
B. Halpert: Neue Wege in der Gallenblasenforschung- (TI. Teil:
Zur Orthologie und Pathologie der Gallenwege). Die „funktionelle Stauung“
ist die Stagnation von Galle in der Gallenblase — bei geschlossenem Sphinkter
auch in den Gallenwegen —, bedingt durch Dysharmonie zwischen Resorp-
tionstätigkeit der Gallenblasenschleimhaut und der ihr zugeführten Galle,
Die Gallenblase, die man bei der funktionellen Stauung vorfindet, ist eine
„Stauungsgallenblase”; die Galle staut in ihr, weil ihre Schleimhaut die
ihr durch den Zystikus zugeführte Galle durch Resorption nicht weg-
schaffen kann. Vortr. unterscheidet: 1. Eine „sekundäre Stauungsgallen-
blase“, wobei die Insuffizienz der Blase nur eine relative und sekundäre
ist (exogene hepatogene Form). Diese bietet pathologisch-anatomisch keinen
Befund, sie entspricht, wenn sie klinisch manifest wird, der Schmieden-
schen „akuten Stauungsgallenblase“. 2. Eine „primäre Stauungsgallen-
blase“ (autochthone zystogene Form) mit pathologisch-anatomisch nach-
weisbaren akuten Veränderungen der Blase, die die Ursache für. die Re-
sorptionsstörung abgeben. ‚3. Die „chronische Stauungsgallenblase“, die
genetisch ein Kombination und Spätform der beiden reinen Formen dar-
stellt und pathologisch-anatomisch neben chronischen Veränderungen oder
Ausgangsstadien abgelaufener Prozesse immer auch frische zeigt. Ange-
borens anatomische Verhältnisse bestimmen, ob die „funktionelle Stauung*
und somit die „Stauungsgallenblase“ klinisch manifest wird. Das „Gefäß-
nervenbündel® der Gallenblase läuft bei einer Reihe von Fällen gerade
_ über den Krümmungen der Halszystikusgegend. Druck auf den Blasen-
körper streckt, wenn die Blase gefüllt ist, die Krümmungen und zeırt an
dem Gefäßbündel, was direkt als Schmerz empfunden werden kann oder
auch zusammen mit den Abwehrkontraktionen der Gallenblase oder durch
die Zirkulationsstörung, die der Zerrung unter Umständen folgt, entstehen
kann. Die reine „mechanische Stauung“ führt zu keiner Steinbildung, den
Anlaß zur Cholelithiasis gibt die funktionelle Stauung.-
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellen-
angabe gestattet.) or
Ein Münchener Kliniker, welcher von einem bekannten Arzt in
Karlsbad zu einem Konsilium dorthin berufen worden war, erhielt auf
dem tschechoslowakischen Konsulat den Bescheid, daß ihm das Paßvisum,
also die Einreiseerlaubnis, nicht erteilt werden könne, weil den deutschen
Ärzten die Ausübung ärztlicher Tätigkeit in der Tschechoslowakei nicht
gestattet sei.
werden, wenn ein Gesuch beim Ministerium des Äußeren in Prag eingereicht
und bewilligt würde. Das tschechoslowakische Konsulat begründet seinen
Bescheid damit, daß die Erlaubnis für Ausübung ärztlicher Tätigkeit für
Ärzte aus anderen Ländern durch Staatsvertrag geregelt werden müsse.
Es ist ungewöhnlich, den Besuch und die Beratung eines Einzelnen in
einem Konsilium mit der „Ausübung ärztlicher Tätigkeit“ auf eine Stufe zu
stellen. Obwohl in vorliegendem Falle der Münchener tschechische Konsul,
nachdem er von dem Bescheid seines Büros in Kenntnis gesetzt worden
war, sich auf eigene Initiative an das Prager Ministerium gewandt hatte,
um von dort die Einreisebewilligung zu erwirken, dürfte es wünschenswert
sein, die vorliegende Frage einer grundsätzlichen Entscheidung zuzuführen,
zumal gerade in den böhmischen Bädern viele deutsche Kurgäste sind, die
im Falle einer ernsten Wendung ihrer Krankheit den berechtigten Wunsch
haben werden, den Arzt ihres Vertrauens aus Deutschland zuzuziehen.
Wien. Die Disziplinarkammer der Universität hat in ihrer Sitzung
vom 14. d. M. mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, die von Professor
J.Hochenegg selbst beantragte Disziplinaruntersuchung gegen seine
Person’ nicht einzuleiten, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Was die
erhobenen Anklagen gegen gewisse Gruppen von Ärzten betrifft, so hat
schon das in den Vorerhebungen zustande gebrachte umfangreiche Material
die Mitglieder der Disziplinarkammer davon überzeugt, daß die von
Hochenegg behaupteten üblen Erscheinungen (unlauterer Wettbewerb
durch Gewährung hoher Provisionen, Zuziehung minder geeigneter Fach-
ärzte, laxe Indikationsstellung) durchweg nicht bloß vereinzelt, sondern in
einer erheblichen Zahl von Fällen zutage getreten sind und zum Teile
geradezu typischen Charakter angenommen haben, so daß der wider
Prof. Hochenegg ausgesprochene Vorwurf, er habe seine Anklagen ohne
zureichende Gründe, also leichtfertig, erhoben, der Disziplinarkammer nach
den Ergebnissen der Vorerhebungen als ungerechtfertigt erschienen ist.
2. Gegen die Tatsache, daß Prof. Hochenegg die erwähnten Anklagen in
einer Vorlesung, also im Kreise von Studierenden, vorgebracht hat, ist vom
akademischen Standpunkte kein Einwand zu erheben. Es entspricht durch-
Eine Ausnahme von dieser Regel könne nur dann gemacht
aus der Aufgabe des akademischen Lehrers, neben den wissenschaftlichen
auch sittliche Fragen des Berufes vor seinen Schülern zu erörtern und auf
Verstöße gegen die Standesmoral tadelnd hinzuweisen. 3. Die in den.
einzelnen Tagesblättern gegen Prof. Hochenegg ausgesprochene Beschul-
digung, er habe -eine unheilbar Kranke aus Gewinnsucht operiert, hat sich,
als unbegründet herausgestellt, und die weiteren auf-einem bloßen Gerücht
. beruhenden Beschuldigungen, er habe einem Badearzte eine Provision an-
geboten, konnten nicht erwiesen werden. — Leider hat es der hohe aka-
demische Senat unterlassen, das von ihm gesammelte Material der Öffent-
lichkeit bekanntzugeben. _— P Ai
Der Höhenkurort Semmering hat einen Preis von 1000 Gold-
kronen ausgesetzt, der an den Autor der besten Arbeit verliehen wird,
welche in den letzten zwei Jahren durchgeführt oder veröffentlicht wurde
und einen Fortschritt unserer Kenntnisse von der Wirkung des Höhenklimas
auf den Menschen bewirkt hat. Er wird verliehen von der mathem.-naturw.
Klasse der Akademie der Wissenschaften in Wien. Die Zuerkennung wird
verkündet in der feierlichen Sitzung der Akademie der Wissenschaften 1925.
Der Preis ist in erster Linie für Österreicher bestimmt, doch können auch
Ausländer berücksichtigt werden, wenn sie ihre Arbeiten an einer öster-
reichischen Höhenstation oder einem österreichischen Institut ausgeführt
haben. Autoren, welche sich um diesen Preis bewerben wollen, können
ihre im Druck erschienene Arbeit bis 31. Dezember 1924 an die Kanzlei
der Akademie der Wissenschaften, Wien I, Universitätsplatz 2, einsenden.‘
Auch die Einsendung von ungedruckten Arbeiten ist möglich, doch müssen
sie in zwei in Maschinenschrift hergestellten Exemplaren vorgelegt werden.
Die diesjährige ärztliche Studienreise führt in die Schwarzwald-
bäder. Sie wird.am Sonnabend, den 6. September, in Würzburg beginnen
und am Sonnabend, den 20. September, in Bad Dürrheim schließen. In
Aussicht genommen ist der Besuch folgender Orte: Mergentheim, Schwäb.
Hall, Schömberg, Wildbad, Freudenstadt, Rippoldsau, Triberg, Baden-Baden, .
Freiburg, Badenweiler, Todtmoos, St. Blasien, Donaueschingen und Dürr-
heim. Nähere Auskunft erteilt das Bureau der Deutschen Gesellschaft für
ärztliche Studienreisen, Berlin W9, Potsdamerstr. 134b. |
Das Davoser Forschungsinstitut hielt am 19. Juli eine Sitzung
des Stiftungsrates ab, auf der der Institutsleiter Prof. Loewy über die
wissenschaftliche Entwicklung des Institutes während des ersten Jahres
seines Bestehens berichtete. Unter den bisher 27 Mitarbeitern waren
13 Deutsche. Überwiegend handelte es sich um praktische und theoretische
Mediziner, dazu kam ein Zoologe, ein Physiker, ein Chemiker und ein Tier-
arzt. Eine größere Anzahl von physiologischen, chemischen und klinischen
Arbeiten sind bereits veröffentlicht worden bzw. werden in kürzester Zeit
veröffentlicht werden. Die Einrichtungen des Forschungsinstitutes sind
derart ausgebaut, daß dem Wunsche aller Arbeiter hinsichtlich Apparate,
Instrumente, Tiermaterial sowie geeigneten Arbeitsplätzen genügt werden
konnte. Vom Oktober ab sind wieder Arbeitsplätze frei, davon einzelne für
Arbeiter aus valutaschwachen Ländern unter Gewährung freien Aufenthalts,
An den sozialhygienischen Akademien in Berlin-Charlottenburg,
Breslau und Düsseldorf wird der nächste sozialhygienische Lehr-
gang für Kreisarzt-, Kreiskommunalarzt-, Schul- und Fürsorgearztanwärter
von Ende September bis gegen Weihnachten abgehalten. Da die Teilnehmer-
zahl beschränkt ist, wird baldigste Anmeldung empfohlen. Anfragen an die
Sekretariate Berlin-Charlottenburg, Spandauerberg 15/16, Breslau, Maxstr._4,
Düsseldorf, Fürstenwall 1. _—
Der VI.Karlsbader internationale ärztliche Fortbildungs-
v
kursus mit besonderer Berücksichtigung der Balneologie und Balneotherapie |
findet in der Zeit vom 7. bis 18. September d. J. in Karlsbad statt. Das
Programm, welches demnächst erscheint, enthält 24 Vorträge aus fast allen
Gebieten der Medizin. Die Vortragenden, durchweg bekannte Kliniker und
Theoretiker, rekrutieren sich aus den Universitäten von Brasilien, Deutschland,
Italien, Japan, Nordamerika, Norwegen, Österreich, Schweden, der Schweiz
und der Tschechoslowakei. Die ausländischen Teilnehmer erhalten durch
Vermittlung des Kuramtes Karlsbad für sich und ihre Begleitpersonen ein
unentgeltliches tschechoslowakisches Einreisevisum, sowie eine 33°/.ige Fabr-
preisermäßigung auf den tschechoslowakischen Staatsbahnen
Bad Pyrmont. Am 20. d. M. wurde die neuerbaute Brunnen- und
Wandelhalle eingeweiht, die einen wichtigen Fortschritt in der Entwicklung
des Bades bedeutet. Der heizbare Bau, in seinem Ausmaß an die Kissinger
Wandelhalle erinnernd, gestattet die Trinkkur bei jeglicher Witterung, so’
daß in Zukunft die Saison von Anfang April bis Ende Oktober ausgedehnt
werden kann. _—
Deutsches Insulin. Wie wir erfahren, bringen jetzt auch die
Firmen Chemische Fabrik auf Action (vorm. E. Schering), Berlin N 39,
Müllerstr. 170/171, und C. A. F. Kahlbaum Chemische Fabrik G. m. b. H.,
Berlin-Adlershof, Insulin in den Verkehr. Das Insulin der genannten Firmen
wird nach den Vorschriften des Toronto-Komitees hergestellt und unter
Kontrolle des Deutschen Insulin-Komitees nach der international gebräuch-
lichen Einheit eingestellt. Wie wir hören, soll die Produktionsfähigkeit so
groß sein, daß jeder Nachfrage genügt werden kann.
Hochschulnachrichten. Frankfurta.M.: Ein Ruf auf den Lehr-
stuhl der Pharmakologie an Stelle von Geheimrat A. Ellinger ist an den
Ordinarius der Wiener UniversitätProf. Ernst Pick ergangen. — Tübingen:
Den Privatdozenten Eduard Borchers (Chirurgie) und Emil Vogt (Ge-
burtshilfe und Gynäkologie) die Dienstbezeichnung ao. Professor verliehen.
Druak von L. Schumacher in Berlin N 4.
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a geleitet von
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden jj re
Nr.32 (1026)
=. Wochenschrift für praktische Arztei
| zZ. | Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft | 3
Geh. San- Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Frl
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Berlin, Prag u.Wien, 10. August 1924
XX. Jahrgang
Aus dem Georg Speyer-Haus in Frankfurt a. Main.
Chemotherapeutische Studien über Wismut.
. Von Prof. Dr. W. Kolle.
Levaditi und Sazerac!) haben zuerst das Wismut in Form
des Wismut-Kalium-Natriumtartrates in die Syphilistherapie als
brauchbares Antisyphilitikum eingeführt. Vor ihnen haben aber
schon verschiedene Autoren über chemotherapeutische Versuche mit
Wismut berichtet, ohne daß das .Metall oder seine Verbindungen
praktische Bedeutung in der Luestherapie gewonnen hätten. So
hat Balzer?) 1889 Wismutnitrat subkutan bei Lues angewandt.
Ehrlich versuchte Bi-Verbindungen bei Trypanosomen, hielt sie
wegen ihrer sehr geringen Wirkung aber für therapeutisch be-
dentungslos und wandte sich von den Wismutverbindungen ab.
Robert und Sauton?) versuchten 1916 Wismutverbindungen mit
Erfolg für die Behandlung der experimentellen Hühnerspirochätose.
Kolle und Ritz‘) injizierten kolloidales Wismut intravenös bei
syphilitischen Kaninchen, konnten aber erst bei Benutzung der Dosis
tolerata oder einer ihr sehr naheliegenden Gabe rezidivfreieHeilung der
Primäraffekte erzielen und verfolgten, zumal mit Silberverbindungen
bei intravenöser Injektion bessere chemotherapeutische Indices erhalten
wurden, das Studium der Wismutverbindungen nicht 'mehr?).
Nach den ersten Mitteilungen, die mir über die starke Wir-
kung des von Levaditi empfohlenen intramuskulär einzu-
verleibenden Wismutpräparates, des Wismut-Kalium-Natrium-
tartrates zukamen, habe ich mich mit dem chemotherapeutischen
Stadium des Wismuts und seiner verschiedenen Verbindungen bei
Kaninchensyphilis erneut. experimentell beschäftigt. Wenn ich jetzt
die wichtigsten Ergebnisse dieser sich über drei Jahre erstreckenden
Versuche mitteile, so möchte ich vorausschicken, daß es mir vor
allen Dingen darauf ankam, durch systematische Versuche über
seiner Verbindungen, über den Zusammenhang zwischen che-
mischer Konstitution der Wismutverbindungen und ihren
toxischen sowie chemotherapeutischen Wirkungen beim
gesunden und beim infizierten Tier — neben der Wirkung auf
Ypanosomen und Rekurrensspirochäten namentlich bei den mit
Spirochasta pallida infizierten Kaninchen — Aufschluß zu erhalten.
Besonders wer auch die Frage der Chemorezeptoren der Wismut-
Verbindungen, der Vergleich zwischen Wirkung löslicher und unlös-
licher Präparate, der Verbindungen mit komplex und nicht komplex -
sebundenem Wismut, das Verhältnis der Wirksamkeit von anorgani-
a H und organischen Wismutverbindungen, die therapeutischen
‚nd toxischen Unterschiede zwischen intravenöser, sub-
Aufaner und intramuskulärer Einverleibung — immer im
ergleich zu den Arsenobenzolderivaten — zu klären. Die
ausführliche, durch Protokolle belegte Veröffentlichung der hier nur
P, I zusammengefaßten Versuche, die ich gemeinsam mit Fräulein
-“eupold und Fräulein Dr. med. Evers und zum Teil mit
Dr. Collier und der Laboratoriumsassistentin Fräulein Möbus und
fer Mitarbeit der Chemiker Dr. Bauer und Dr. Maschmann
') C. r. acad. des sc. 172, 1391 (1921) u. 173, 338 u. 1201 (1921)
. 2 » y . e Gi
Cr. É de biol, 85, 430 (1921); Ann. De die, 36, p. 1.
ar „7. 80c. de biol. 41, 537 (1889).
a) „un. Past, (1916), 30, p. 261.
‚m. W, 1919, Nr. 18, S. 481. . |
wendung > u. Literaturangaben über die therapeutische An-
Wissenschaft. Akhandl, Nedi "u Verbindungen“. Tieres
Rekurrensspirochäten an weißen Mäusen untersucht.
die Art der antisyphilitischen Wirkung des Wismuts und |
_ Klinische Vorträge.
im Georg Speyer-Haus ausgeführt häbe, wird im Archiv für Derma-
tologie und Syphilis erfolgen. . Be | I
Zu den Versuchen wurde eine große Anzahl verschiedener
Wismutverbindungen herangezogen, über deren chemisches Verhalten
Dr. Bauer in der folgenden Mitteilung berichten wird. Im Sinne der
chemotherapeutischen Methodik Paul Ehrlichs, die auch jetzt noch
für zielbewußte Versuche, maximal wirksame Präparate von geringer
Giftigkeit zu finden, unerläßlich ist, wurden zunächst bei Vertretern der
verschiedenen Gruppen der Verbindungen dieses Metalls, auf die ich
noch zu sprechen komme, die Wirkung auf Trypanosomen und
Die
Versuche wurden nach Analogie der mit Farbstoffen und. Arsenikalien
ausgeführten Studien an weißen Mäusen so angestellt, daß die zu
prüfenden Präparate teils intravenös, wenn sie löslich waren, teils
subkutan 24 Stunden vor der Infektion, gleichzeitig mit dieser und
24 Stunden nach erfolgter Infektion injiziert wurden.‘ Bei unseren
Stämmen von Trypanosomen konnte bis jetzt keine Bi-Ver-
bindung gefunden werden, die einen sicheren Schutz oder eine
sichere Heilwirkung entfaltet. Selbst wenn die Parasiten nur in
geringer Menge im Blute vorhanden waren, gelang es selbst mit
den größten, der tödlichen Dosis der Bi-Körper sehr nahe-
liegenden Mengen nicht, eine rezidivfreie Heilung zu erzielen.
Auch mit der Verbindung „Bi 5“ von Giemsa konnte. bei dem
zu allen chemotherapeutischen Versuchen hier verwandten Trypano-
somenstamm (Nagana Prowazek) keine Wirkung erzielt werden.. Es
wird zwar durch manche Bi-Verbindungen eine gewisse Hemmung
der Parasitenentwicklung oder kurz dauerndes Verschwinden . der
Parasiten aus dem Blute erzielt, die aber bald wieder erscheinen und
den Tod der Tiere herbeiführen, wie folgendes Beispiel zeigt (Tabelle1).
Tabelle 1. Weinsaures Wismutnatrium und „Bid“ bei schwacher
| Trypanosomeninfektion
- a) Stamm Prowazek
Tage Weinsaures |
nach der| Wismutnatr. | „Bi 5“ intravenös „Bi 5" subkutan
Infektion| intravenös |
T. | +sw | +sw | +sw | +sw | -+sw| + sw + sw ‚sw
tooo | Wzooo | Waooo | Yeooo | Yıooo | Hıoo. | tso prè
2 [EEH FE HEH EF IEF +EH HE)
. | tot tot | tot | +++] tot (+++
pa tot ara tot tot
à O |.
a) Stamm Prowazek, b) Stamm 30 (Bi = empfindlich) .
n 38 „Bi 5“. Konzentration der Lösung 7%
ie cem p. 20 g Maus. subkutan
SIET- RR Kr
FE a) Stamm Prowazek | | b) Stamm 30
i +sw +-sw + sw| +sw |+sw |+ sw -+ sw |+ sw
02 | 0,3 |04 | 05 | 0,6 | 0,8] 0,16 P a a
2 +wŢw | +w | — | +sw jkrank| +w| + | + + sw =
3. (HHH HH] tt] + tw + | + ml
EHEHEHE + tot [++ — IH vw] —
; ot |+ Tit Irische tot | — | tot | tot
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3. f + w — ; —
5. we = Z
6. Zr = =
T. n es =
1 8. T wi ar = $ — E = w 5
‚dauernd frei| +wi5 | +wi2
Selbst bei dem -von Professor Giemsa uns überlassenen wismut-
empfindlichen Trypanosomenstamm (St. Nr.30) haben wir mit.
den bisher bekannten Bi-Verbindungen Dauerheilungen nur in wenigen
Fällen erzielen können. Diese wismutempfindlichen Parasiten des Stam-
_ mes 30 verschwinden, wie die Tabelle 1 zeigt, einige Zeit nach Injektion | kurzer ‚Zeit verankert.: Sie wirken in erster Linie durch ihre
Affinität zu lebenswichtigen Teilen der Parasiten, führen rasch. zum
‘des Wismutpräparates, erscheinen aber vielfach nach 10—20 Tagen
wieder. Da man stets relativ große Bi-Gaben den Tieren einverleiben
- muß, wurden offenbar nur die Tiere; die individuell eine hohe Bi-Tole-
Tanz aufweisen, sterilisiert. Auf Rekurrensspirochäten wirken ein-
zelne Bi-Verbindungen, aber die meisten nur in den höchsten Dosen,
der Dosis tolerata oder chronica letalis, sterilisierend (Tabelle 2). - An-
= Tabelle 2
. Stamm: russ. Recurrens.
=: i
n Afl Weinsaures s i Bi 5“ u ee N
ag Wismutnatrium Ch, A. 515 subkutan a; inTavanse „Bi 5“ subkutan -
intravenös
Yon tol. ©. zooo tol. —
1/2000 tol. es iy ek j
chron. tödl,
®
SOÄADROPO@DH
\
N | Verlauf der Kontrollen normal. ;
dere Bi-Verbindungen zeigen selbst in den größten Dosen gar keine Be-
einflussung. Soweit die Injektion der Bi-Verbindungen subkutan erfolgt,
wird noch zu untersuchen sein, inwieweit die Resorption bzw. die Depot-
bildung der Bi-Verbindungen von Einfluß auf das Vorhandensein
oder Fehlen einer Wirkung ist. Mit einigen Bi-Verbindungen ist
also Sterilisierung der rekurrensinfizierten Mäuse mit hohen Dosen,
wenn auch nicht sicher, zu erzielen. Die Spirochäten verschwinden nach
Injektion solcher Wismutpräparate, und wenn die Reinfektion 7 Wochen
nach der ersten Infektion vorgenommen wird, zeigt das positive
Reinfektionsergebnis, daß nur ein einmaliger Parasitenbefund vor-
gelegen haben kann. Wenn man diese positive Reinfektion als
Kriterium für. die mit Arsenobenzolderivaten erzielte Sterilisierung
auch für die Bi-Verbindungen gelten läßt, so ist also die Sterilisierungs-
fähigkeit der rekurrensinfizierten Mäuse mit einzelnen Bi-Verbindungen
NISCHE KLINIK — Nr. 32,
Afs chron. tödl. Dos.
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nachgewiesen. Aber ein chemotherapeutischer Index, der
demjenigen der Arsenobenzolderivate vergleichbar: wäre,
wurde bis jetzibei keiner Bi-Verbindung, einschließlich des
Präparates Bid, nachgewiesen. Ferner mangelt bei den Bi-Ver-
bindungen die Sicherheit und Regelmäßigkeit der Wirkung. Es ist das
vielleicht auf die relativ hohen Bi-Gaben zurückzuführen, die man ver-
wenden muß, und die wechselnde Empfindlichkeit der Mäuse gegen die
Giftwirkung des Bi. Sind die Tiere empfindlich gegen die Giftwirkung, <
‘so sterben sie, oder-werden bei chronischer Vergiftung nicht sterilisiert.
= - Es war notwendig, auf diese Versuche etwas ausführlicher
| einzugehen, weil Giemsa und sein Mitarbeiter Sei auf Grund ihrer
Versuche mit Wismutverbindungen an rekurrens- und trypanosomen- -
‚infizierten Tieren behaupten, daß die- Bi-Körper direkt wie- die
| Arsenobenzolderivate. auf die genannten Parasiten wirken. Aus den
im Speyerhaus angestellten Versuchen, über die ich mit Fräulein
F. Leupold in einer besonderen Arbeit mit Beifügung ausführ-
licher Protokolle berichten werde, läßt sich aber nur die Folgerung
‘ ziehen, daß Wismut in den bisher bekannten Verbindungen — es
gilt das. auch von neuen für chemotherapeüutische Zwecke von .
Dr. Bauer und Dr. Maschmann nach biologischen Gesichtspunkten
hergestellten, Wismut komplex gebunden enthaltenden Körpern — in
- anderer Weise auf die Rekurrens-Parasiten und Trypanosomen wirken
muß, als es für. die Arsenobenzolderivate nachgewiesen ist.
: Die Arsenobenzolderivate werden an die Parasiten innerhalb
Tode derselben und lösen. in zweiter Linie durch diese rapide
Wirkung, den Ictus chemotherapeuticus aus. Das Wismut und
seine Verbindungen ‘unterscheiden sich biologisch prinzipiell von
den. Arsenobenzolderivaten, die mit ganz wenigen Ausnahmen
— zu denen vor allem das Arsalyt und die Sulfoxylsalvarsane ge-
d - `- hören, die. auf Trypanosomen wenigwirken — einen
außerordentlich günstigen chemotherapeutischen
Index außer auf Syphilis- und Frambösiespiro-
chäten auf die genannten Protozoen. besitzen.
Das. Vorhandensein von ÜChemorezeptoren‘“ der
Parasiten für Wismut, die in Parallele zu den
Chemorezeptoren für Arsenobenzole zu setzen
‘wären, ist, bis auf das Verhalten eines wismut-
_ empfindlichen Stammes, nicht ‚nachgewiesen. Ver-
suche, Trypanosomen und Spirochäten gegen Wis-
mut zu festigen, sind seit einiger Zeit im Speyer-
— | _ haus eingeleitet, ebenso Experimente, um die Frage
Bein | es fy ELLITEITS NN
parate handelte —
— | — zu klären, ob die Wismutpräparate wesentlich ent-
tot | — |.— wicklungshemmend oder abtötend auf die ge-
~ | tot nannten Parasiten wirken. Denn das Wismut
= und seine Verbindungen wirken offenbar entwick-
— | - lumgshemmend und gleichen inbezug auf ihre
T = chemotherapeutische Dynamik dem Quecksilber.
a Um die Beziehungen der chemischen Kon-
: | —| — stitution zur chemotherapeutischen Wirkung. bzw. -
> .. die therapeutische Dynamik der Wismutverbin-
= -. dungen von verschiedener Konstitution weiter zu
—| . klären, war’ es wegen der fehlenden oder un-
rl sicheren Wirkung der Wismutverbindungen aui
tot . Trypanosomen und. wegen der unregelmäßigen
Wirkung bei Spirochätenkrankheiten notwendig,
das Studium der Wismutverbindungen an experi-
mentell-syphilitisch infizierten Kaninchen .
durchzuführen. Zu diesem Zwecke wurden die. töd-
` liche und die erträgliche Dosis der. zu unter-
suchenden Präparate bei intramuskulärer und —
. soweit es sich um wasser- oder. alkalilösliche Prä-
| 'bei intravenöser Injektion an gesunden Kaninchen
ermittelt. ‘Man benötigt hierzu größere Tierreihen. Es gelingt aber,
für jede Wismutverbindung die sicher erträgliche und die sicher töd-
"liche Dosis festzustellen. Bei intramuskulärer Injektion unlöslicher
und depotbildender, löslicher Präparate erfolgt selbst bei großen.
Dosen der Tod erst nach längerer Zeit (2—83 Wochen), bei löslichen
nicht depotbildenden Verbindungen innerhalb 7—12 Tagen. Bei intra-
venöser Injektion löslicher Verbindungen kann eine akut und eine
chronisch tödliche Dosis ermittelt werden. Während die in Wasser.oder
Alkali löslichen Verbindungen bei intravenöser Injektion gewisse, aber
doch nicht allzu erhebliche Unterschiede in der Dosis, auf den Bi-Gehalt
bezogen, aufweisen, zeigen die löslichen wie unlöslichen Ver-
bindungen nach intramuskulärer Injektion hinsichtlich
ihrer Toxizität große Unterschiede. Es wird später darauf
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10. August
zurückzukommen sein, inwieweit diese auf Differenzen in der Resor-
bierbarkeit der durch lösliche wie unlösliche Verbindungen ge-
bildeten Depots beruht. Auf der folgenden Tabelle 3 sind einige
Verbindungen; um das Gesagte zu erläutern, als Beispiel zusammen-
gestellt. = | ' Br Ä
Tabelle 3*),
= Bestimmung der tödlichen Dosis von Bi-Verbindungen
Präparate
Bi- 2
Gehalt Dosis
%/o |
_ Weinsaures Wismutnatrium iv. h 40 LA 48 7 3002 Sr 08
Weinsaures Wismutkalium iv. Y 50,9 T % 2,01 vr Le Bl Rz
er 2 A | 0,05 | 0,04 | 0,03 | 0,02 | 0,01
Wanstsulhd iv..." . -j| 818 Hsr| tst. -2008|-1508| -0g |
Fruetose-Wismutnitrat iv. } 52,5 a 0 4 3008 00 ,
‚ Fructose- Wismutmutnitrat iù- U zo, {0,8 |02 |oO,1
nn aae we » | 715 |+ 50g |-200g |
_ Cumarsaures Wismut intram. . 30,61 pa 3005 3508
Phenylglyzin - p - karbonsaures \| gog [0,4 | 03 | 02
Wismut intram. . 222. J i +10 | +15 | 721 |-150
me = Bi 36 [02 0,1 01 | 0,08 | 0,05
.. Wismut intram. . . . . . JIHg34 | 72 123 |-300g|-500g|-3508|
Weinsaures+ oxymerkuribenzol- \j Bi 35 | 0,1 0,09 | 0,07 | 0,06 | 0,05 | 0,04g| 0,03
saures Wismut im. . . . `) Hg 831 t4. | f8 tt4 | T7 | f6 |-300 |=300g
bedeuten
bedeutet die Gewichtsabnahme.
Was die Wirkung der Wismutpräparate auf die Spiro-
chaeta pallida im Kaninchenkörper betrifft, so sind auch hier
prinzipielle Unterschiede gegenüber den Arsenobenzol-
derivaten festzustellen. Die Bi-Verbindungen wirken viel lang-
samer als die Salvarsane. Selbst wenn man die löslichen Präparate
intravenös in Dosen gibt, die der tödlichen sehr nahe liegen, werden
die Spirochäten zuweilen erst nach Tagen unbeweglich. Auch dann,
wenn eine klinische Heilung der Primäraffekte innerhalb der gleichen
Zeit, wie sie nach Anwendung von Arsenobenzolderivaten eintritt,
eriolgt — ein chemotherapeutisches Kriterium für die vergleichende
experimentelle Bewertung der Antisyphilitika —, verschwinden die
Spirochäten sehr langsam aus den Primäraffekten. Was sich bei
erwendung von Arsenobenzolderivaten, namentlich: bei intravenöser
Injektion, an den Spirochäten in Stunden vollzieht, tritt bei An-
wendung von Wismutverbindungen — auch bei löslichen, wenn sie
Intarenös gegeben werden — fast stets erst in Tagen ein. Die
lung der Primäraffekte vollzieht sich bei den größeren Dosen
s lerdings annähernd in der gleichen Zeit wie bei den Arsenobenzol-
erivaten. , |
Im Verlauf der Versuche konnte ich die von mir gemeinsam-
mit Ritz bei Verwendung kolloidalen Wismuts festgestellte Tatsache
aufs neue bestätigen, daB die zur Ausheilung der Schanker
miwendige Dosis der meisten Wismutverbindungen bei
travenöser Einverleibung sehr nahe der tödlichen liegt.
Wei Von den vielen Bi-Verbindungen, die wir auf diese
Ken untersucht haben, haben sich nur sehr wenige heraus-
danon lassen, und zwar neben den Zucker-Wismutverbin-
i gen, die mit Hilfe von Zucker- bzw. Polyhydroxylverbindungen
gastellten Bi-Salze von Säuren, sowie Salze von Arsinsäuren mit
‚ Xomplex gebundenem Bi, die einen therapeutischen Quotienten
vo e is > e . e ° e
n 1:2 bei Intravenöser Injektion aufweisen. Dies gilt auch
| Tabelle 4. | a
Prip arate: intravenös injiziert Ea Dosis tox. | Dosis tol. | Heildosis
ir eu S
m dene 89,65 | 0,01: | 0,006 | > 0,005
a use, | 722 0,02 0.01
Weinzüres Wismut-Natrium | 40° | 0,01 | 0,009 | > 0,01
Manu ces Wismut-Kalium.| 509 | 0,008 | 0,008 | 0,005
Jodoxn nutmitrat... . .. 37,6 0.006 | 0,004 | > 0,008
i, chinolinsulfosaures o
Mannose. latri TEREE 16,2 0,04 0,03 | >0,01
Mannose- Wi titrat... j 44 002 | 0,01 | > 0,008
"ismutoxydnatrium | 19 0,08 002 | > 0,005
| en 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
_ für die von Giemsa empfohlenen ‘Verbindungen. Für das Präparat
*) Es bedeuten: iv. = intravenös, intram. = intramuskulär. Die Zahlen neben f
en Tag des Todes, z.B. 710 = tot am 10. Tag. Das — vor den Zahlen mit g
erzielen läßt und daß diese Wirkung vorwiegend neben einer
t
1099
Bi 5, Natriumtribismutyltartrat mit 70°/, Bi-Gehalt, für das Giemsa
_ einen chemotherapeutischen Index angibt, der weit besser sein soll, als
derjenige der Arsenobenzolderivate, konnten wir keinen chemothera-
peutischen Index bei intravenöser Injektion feststellen (Tabelle 4.)
-n -` Was die von Sei in der D. m. Wochenschrift?)
veröffentlichten Versuche mit dem Präparat Bi 5
betrifft, so haben wir auch hier bei intramusku-
lärer Injektion keinen höheren Index als bei an-
deren Verbindungen erzielt. Das Giemsasche
Natriumtribismutyltartrat Bi 5 hat in unseren Ver-
suchen keine prinzipiell andersartige Wirkung oder
erhebliche chemotherapeutisch nachweis-
bare Vorzüge bei Kaninchensyphilis ‚vor dem
auch im Trepol enthaltenen Natrium-
Kalium-Tartrat, das Levaditi und Sazerac
als erste für die Syphilisbehandlung empfohlen
haben, gezeigt (Tab. 5a u. 5b umstehend).
Aus den mit ca.50verschiedenen Bi-Ver-
bindungen bei syphilitischen Kaninchen
ausgeführten Versuchen ergibt sich, daß die Wis-
mutverbindungen, die bisher bekannt sind, bei in-
travenöser Einverleibung keinen chemo-
therapeutischen Index, der demjenigen
der Arsenobenzolderivate auch nur ent-
fernt vergleichbar ist, besitzen. Und wenn
man ferner die langsame Wirkung der. Wismut-
präparate auf Spirochaeta pallida, verglichen mit
Arsenübenzolderivaten, auch nach intravenöser
Einverleibung und ferner den geringen Heilwert bei
Trypanosomen und die unregelmäßige Wirkung
` auf Rekurrensspirochäten bei geringem chemotherapeutischen Index
in Betracht zieht, so läßt sich sagen, daß den genannten Parasiten
derartige Chemorezeptoren, wie sie dieselben für Arsenobenzolderi-
vate besitzen, für die bisher bekannten Bi-Verbindungen nicht zuer-
kannt werden können. Für diese Annahme, die einen Kernpunkt
der chemotherapeutischen Beurteilung der. Wismutpräparate bildet,
ist aber noch eine zweite experimentell lestzustellende Tatsache an-
zuführen; es ist das die Wirksamkeit auch ganz unlöslicher
Wismutverbindungen, z. B. des Wismutkarbonats, bei
intramuskulärer Einverleibung auf die Syphilisspiro-
chäten (Tabelle 6 umstehend). | | |
Die ersten wichtigen Versuche von Levaditi und Sazerac
bezogen sich auf das Trepol?), das weinsaure Wismut-Kalium-
Natrium, also eine lösliche Verbindung, diè intramuskulär einver-
leibt wird. Später wurde auch die Tribismutylweinsäure, die in
Wasser unlöslich ist, angewandt. Das systematische Studium, dem
‚wir die verschiedenen organischen und anorganischen, in Wasser
bzw. Alkalien löslichen und unlöslichen Wismutverbindungen mit
} komplex an Hydroxyle und nicht komplex als Base an saure Gruppen
gebundenem Wismut sowie als Bi-Salze (Doppelsalze) unterzogen
haben, hat erwiesen, daß sowohl bei den in Wasser oder Alkali
löslichen Präparaten wie bei den unlöslichen Verbindungen, die
sämtlich, um Vergleichswerte zu erhalten, in Ölemulsion intra-
muskulär verabreicht wurden und als Depots kürzere oder längere
Zeit liegen bleiben, die Wirkungsweise eine ganz anders-
artige ist, als die der Arsenobenzolderivate. Sie ist, um hier den
wesentlichen Punkt vorweg zu nehmen, in Analogie zu setzen
zur Wirkung des bei menschlicher Syphilis intramuskulär
einverleibten metallischen Quecksilbers und seiner
Verbindungen. K
Die meisten Autoren nehmen an, daß die Quecksilber-
verbindungen im nn entsprechend ihrem Quecksilber-
&ehalt wirksam sind und daß die Differenzen in der Beeinflussung
syphilitischer Erscheinungen wohl größtenteils auf Resorptions-
unterschieden der verschiedenen Präparate beruhen, ferner, daß sich
bei Syphilis eine Dauerwirkung bzw. eine. Heilung am besten durch
intramuskuläre Einverleibung der Hg-Verbindungen mit Depotbildung
lasmaaktivierenden und katalytischen Wirkung auf die Entwick m 2
emmung der Spirochäten durch das vom Lymphstrom aufgesaugte Ñ |
das in alle Zellen und Säfte eindringt, zurückzuführen ist,
Ich muß hier eine Ansicht korrigieren, die ich früher auf Grund
ausgedehnter Studien mit intravenöser Einverleibung der Queck-
silberpräparate bei experimenteller Kaninchensyphilis vertreten hatte:
6) D. m. W. 1928 S. 1327. |
7) Das Trépol ist später als unlösliche Bismutylverbindung in
| den Handel gebracht.
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(1D g.bew. \ i ' * ; AF y o N W pi
. da die Heilkraft des Quecksilbers, die ja beim, Menschen über allen | - Wie aus’ der folgenden Tabelle hervorgeht, zeigen die. ver- Mia
.. Zmeifel’erhaben ist, sich bei der experimentellen Kaninchensyphilis. | schiedenen Wismutverbindungen recht erhebliche Unter- j i
nicht mit genigendor A ur Zuvor aia kert erzielen von. schiede inbezug auf die absolute. Dosis, bei der sie nach - ihr.
Di Bei he url er N re auch ai intramuskulärer Einverleibung wirksam sind. (Tabelle 8.) . Über- Hl
en UnGon er ? è raschend war es, festzustellen, daß sich genau zahlenmäßig Pi til
schiedene. Quecksilberpräparate beim syphilitischen Kanin- Werts. die- dirdi- Thehrfäch. mit eläicher.Dosi ötlärholte Ver | i: hie
_ ehenintramuskulär anzuwenden. Bei früheren Versuchen, nament- | ‘Orte, die durch mehrlach mi; gleicher /0SIEFUNS wiederholte ver- All; air
"lieh bei den mit Ritz publizierten Untersuchungen, war die intravenöse | suche ermittelt wurden, für. jedes Wismutpräparat gewinnen lassen. FOARRIE RENER
Injektion als Indikator für etwaige chemotherapeutische Unterschiede | Es bedarf großer Versuchsreihen, um beide Dosen — die kleinste oek Be u
verschiedener Quecksilberverbindungen gewählt worden. Da das | heilende Dosis und die Dosis tolerata — genau zu ermitteln. Man i n ri
Quecksilber, intravenös einverleibt, bei Kaninchen relativ rasch | sollte eigentlich erwarten, daß sich‘ derartig quantitativ exakte ERROR ART
mare et. wird und da ferner die Dosis I ming eigo gor Unterschiede bei: den im Muskel in Form von Depots abgelagerten TERN
mifindlichen Tie nn. ee er Re Ti z Se Wismutpräparaten nicht finden würden, da ja. die Resorptions- a rs
RENNEN „ıerarl, um Wirkungen zu erzielen, angewandt WSTTCR | Yerhältnisse, wie ich: später durch Röntgenbilder zeigen werde a Taia
. ‚mußte, so konnten bei diesen Versuchen nennenswerte chemo- B dentlich hied ti nd wie ich eleich hinzufi SL RE An
therapeutische Effekte nicht erzielt werden. Die chemo- | Außerordentlich verschiedenarige, und — wie Ich gleich hinzufügen a EL EB
- therapeutischen Quotienten waren so. klein, wie bei den meisten 'in- möchte > komplizierte sind.. Diese unterste Gr enzdosis der i hif Re AN
- tavenös: einverleibten Wismutverbindungen. Wir schlossen daraus, | Wirksamkeit > intramuskulär einverleibter ‚Bi-Verbin- ONGA E
- dab die Qüecksilberverbindungen keine oder nur eine sehr geringe | dungen geht aber keineswegs der durch. intramuskuläre ii EE TES
` Affinität zu -Chemorezeptoren der Spirochäten haben bzw. auf das | Injektion zu ermittelnden Dosis tolerata parallel. ° = ll
-o Fehlen von Chemorezeptoren der Parasiten für die Hg-Verbindungen, | E NE Ciee IE Bed BIENEN:
‚und konnten in Übereinstimmung hiermit keine nennenswerten Unter- | Tabelle & =. ee i BA BES HERNE a
schiede in der Wirkung von Hg-Verbindungen mit verschiedener RER — =—— Aa RE
- iemischer Konstitution bei intravenöser Verabreichung: feststellen. Präparate: Bi-Gehalt Dosis tox. "Dosis tol H 1dosis” HU NARBE
Alle diese Tatsachen bestehen zu Recht, auch dann, wenn man für das intramuskulär injiziert - in O/o a aJ ea S GOSARIA Be h
... tenlenemes chemotherapeutischen Quotienten eine andere Erklärung | . : | ARE i K EN k FHEA, i
e „oder andere Hypothesen annehmen will. Aber es hätte schon damals | | | | a Mi Bl i
hgischerweise von uns die entwicklunegshemmende Wirkung | Trépol. .. a css. ess. e-f 50 0,3 0,2 0,005 | Hal 7
der Quecksilberpräparate für Spirochäten, die wir aus unseren Ver- Wismutkarbonat . eine ann |. 83,2 0,8 041 03. REN i
„suchen gelolgert hatten, auch durch Untersuchungen mit. der Wir- | Wismuthydroxyd :....... ‚80,31 0,5 041.004 BIRI $
. -mg von Quecksilberdepots ergänzt werden sollen. Derartige _Wismutvalerianat aha e anea da 69,10 0,2 0, = f 0,008 Me ERN HE E
Ä ‚Untersuchungen sind jetzt in Analogie zu Experimenten mit. intra- Bismut. salieyl. bas. ..... 54,4 . 0,8 :02..| 0,0038 ` u a E A 3
f „uuskulärer Einverleibung der Wismutverbindungen durchgeführt worden. Wismutjodid ET NEE - | 35,33 0,2 „0,1 0,006 A ER LER a 5
Ich gebe ein Beispiel über die Wirksamkeit einer solchen intra- | Wismutsulid...... |, 81,3 0,3 02 |: 0,008 PPR tN,
a ulär wirksamen Hg-Verbindung (Nr. 276). (Tabelle 7.) Dermatol ale nr ELKI ns 0% MOB] o ao EE ai
F a sehr alle Chemotherapeuten seit Ehrlich sich über den-Ein- ie O EAA n sl ye (e o na
<p des- Ictus chemotherapeuticus für die rasche Vernichtung der Wemeanran Wimut-Kaltum. 509 04 >08 a HERREN
ns aasiton und der sie auslösenden Affinität der Rezeptoren der In- l ‚Sehleifnsaunas Weit } T 02—01 di. O 05 vo Pianka
F M zu den Chemikalien einig waren, so wenig ist‘die | Y” | a AEn SG: I A oe teeny
o a tung der langdauernden Wirkung der Chemotherapeutika, wie is nod I: Bu CORREA.
Amann bei der inkremuskuliten Qnetkailbor- und jetzt in der | Weinsaures. Wismut ....- 45 |, 04 0,3 A ji jar, DE
-` intramuskulären Wis PEE i ußer Acht ge- | m. : u J 0,004 IRB:
-lessen worden. Ich aan sich dokumentiert, au 5 Kar Zimtsaures Wismut. .....} ‚55,72 | . 0,4 0,3 0,006 use El
k ch selbst habe den Nachweis erbringen können, ikeweinsauren Wisinnt 579 -03 00 | u] dur irti
en ‚wasserunlösliches Antimonpräparat, das Antimontrioxyd Cholsanres: Wismut. > 2 1::31.8 09 FT > 0,003 en
- ihzidin“), ein für Sterilisierung. kleinerer trypanosomeninfizierter ech aaa Ki ' ' 0,005 > P a a
+ Versuchstie . ER s 5 hab . Nukleinsaures Wismut .....'[; 16,75 02.: 1-0 001° Bar
ee re maximal wirksames Depotpräparat ist. Die Versuche haben De osanpas: Wismit 5 04 03 o : N EAER
. Dw nicht nur bei Quecksilber- söndern auch bei Wismutverbindungen PAN: ; DE S, ' ' 0,01 . PERPE
einen neuen Beweis für dia R . -_. | Chinasaures Wismut ...... 33,7. | .0,4 0.3 0.006 HEERES
e nn a tir die Bedeutung der Depots bei der. Wir- | Alizarin-Wismut. .' i 433 0'4 08 re je
r Lhemotherapeutika geliefert Kur Be N AET j R : ; | N rEg
u 9 Ae Re umarsaures Wismut, ....| 30,61 05 04 0.008 ` KORB Eene IE gr
Ai ` Das von den Muskeldepots. langsam, aber in Schüben ‚ Fruktose-Wismutnitrat .. .. 37,6 - 0,5 0,4 < 0.004: TERN
nsenommene Wismut wird in den Kreislauf, von dort in die | Mannit-Wismutnitrat . ....| -52,5 v 0,8 0,2- 0,004 - ' Er.
Er Een bzw. überall dorthin, wo Spirochäten sich befinden, gebracht, | Jodoxychinolinsulfosaures Ir en E eA ar M
“wirkt, nach allem, was wir bisher experimentell er- Wismut-Natrium ......| 162 0,2 0,1 0,01 _ oE faruk g
mitteln kön | | THa An, Wismuüttriphenyl....... = | 485, 0,2 01: 0.008 ` tur t]
‚Durch . nen,entwicklungshemmendaufdieSpirochäten. | 7 nnose-Wismutnitrat | | 44 >05 0% 0008 $ che
Dr Ds tersuchung des Blutes und der Organe konnte | A ANGE 0008 a LEE
Der Strang nachweisen, daß tatsächlich das Wismut von den Im Gegensatz zur intravenösen Wirkung sind nun bei intra- TER AAE r
f ne Schubweise resorbiert und während längerer Zeiträume muskulärer Verabfolgung sämtliche Wismutpräparate in. einer Dosis ' INE BE N
z ch und in den Organen nachweisbar ist. Über diese -Unter- | wirksam; die einen großen Abstand von, der Dosis tolerata hat. Kalt DE:
I mee Rs die vielleicht noch weitere, Aufschlüsse über den Wirkungs- | Wenn die Heildosis und die Dosis tolerata exakt festgestellt sind, - il... i
es Wis smus und die Distributionsverhältnisse .der verschiedenen | ist auch der chemotherapeutische Quotient für intra- U
noch rerbindungen im Organismus- ergeben, wird Dr. Strauß | muskuläre Injektion ermittelt. ne ; tie A REG AN i. t F
e sesondert berichten und auch experimentelle Beweise dafür Es würde aber zu falschen Schlußfolgerungen führen, wenn BR Sr Rh. nal K
| Pa daß das Wismut an die Eiweißkörper der Globulin- man ohne weiteres diesen chemotherapeutischen Quotienten, ` BURN. 2 3
~ „ m des Serums gebunden wird. ermittelt durch intramuskuläre Einverleibung` der Wismut- - Ae TATE a! Si
Be a aiaeag e t i
' RTL pE E E
; ; RE Van: pats ;
; i f .. wi Po une er , Am men.
a Br ae Ta Fe ee
n O a r E O BA O a KLINIK — Nr. 32.
a7 ‘
x
. präp arate, ‚die dan in den Muskeln deponiert bleiben, in "Parallele
. > stellen wollte zu. dem dürch. intravenöse Injektion wasser-
- . löslicher Arsenobenzolderivate ‘gewonnenen Quotionten. Das `
` Wesen und die große Bedeu-
. bildes und der Aubapsıe sowie das Studium der durch Wismut-.
‘verbindungen verschiedener chemischer Zusammensetzung hervor-
10. August:
š 5 [ g \ - 2 : pir ; $ g ' ~ è : N g
2 i - x
gerufenen pathologisch- anatomischen Veränderungen. = |
. > "Die Kaninchen . sind
s, tun des chemo her g Röntgenaufnahmen von einigen Wismutverbindungen mib. versähiödener Resorptionsdauer. Ze
TE EEN = S E Q tient mme ne = Wismutsulfid und ‚Wismutkarbonat, bleiben als Plomben. liegen, Ch. A.470 ist nach 8 Tagen wegen Ir nicbt ya mäch--
Ne bin E DR on tri einer n. P. nr a .. ZUM ' zei; 414 völlig resorbiert. - . ugen Muskeln an den Extre- -.
indung bei. intravenöser İn- = TA ARAE SATE
ia anne mitäten für das Studium der
jektion,' wie er als chemo-
FERN a therapeutischeGrundlage der.
Sys N, Beurteilung von :löslichen
nal: chemischen: Verbindungen
‚durch Ehrlich mit so, viel
Erfolg in die Chemotherapie A
eingeführt und: zùr “Auffin-
dung des Salvarsans. ver-
wandt wurde, hat eine ge-'
wisse absolute Bedeutung 4
inbezug auf die Affinität der 1i
Verbindungen zu denChemo- i%
_ rezeptoren der zu beein- [i
- .flussenden Parasiten und da- f?
. mit auf die Möglichkeit der’
raschen Abtötung der Para-
siten und die Dosis sterili-
sans. Da wir es hier aber
infolge der sich über Tage
- und. Wochen erstreckenden
'. , Resorption der Depots mit
- — langdauernder Wirkung so- m
wohl auf Organe wie "auch. e
‚aufdieParasitenzutunhaben, WE
= Müssen ‘die Resorptions-
€ 0.0 verhältnisse der einzel-
. nen Präparate bei. Be-
| -. . wertüng der Quotienten in
|
' einverleibten Wismutverbin-
|
I
|
N
Versuche wurden so ausge-
führt, daß die in Wasser
löslichen wie die unlöslichen
Präparate i in gleicher-Menge
- jiziert ‘wurden. : Man: kann
. das Schicksal der. Depots: im
Röntgenbilde- ziemlich genau
4
HZ.
- Versuchsreihen. ‚wurden. im-
© Wismutsulfid.
nach 24Std
„Schenkel geschwollen =
auch durch die Autopsie und.
Wismuts ulfid = ` das. Studium. der ` kolos
. a >
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Abbi àung 1 a
einer besonderen Mitteilung
, berichten wird, das Verhalten
ana a, Fa .
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bilde, sondern. auch inbe-
zug auf die Intensität der.
E SA
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be u EREREREN,
- . ana ne"
"Rechnung gestellt werden. f 4
: . Die Zeitdauer, innerhalb der. 99°
ein intramuskulär einver- W
-` leibtes Präparat zur. Resorp- F
. tion gelangt, kann und wird,. |.
` wie es tatsächlich der Fall-
"ist, von Bedeutung für die
therapeutische Wirkung einer
verbindungen recht erheb-
liche Unterschiede auf. Wie
Prof. Jalf& in einer Mit-
” N,
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SP se i - en, ar en
Ps u ß en. ' ao - 2
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P s DE: :
- schrift. darlegen wird, wer-
Gh A. 470
A
| |
Ri Verbindung sein.. Eine Hg- : Ch. A: 470. “| {ungen der Nekrosen mit
m T oder Bi-Verbindung, die 2... nach h% 5 } d nach 8 Tagen. | E; Thrombosierung der Gefäße.
O bis 3 Monate und länger als : AA i SS. < und nachfolgender Abszeß-.
ie De an er sich > EV ee a Be. Wi E Ee a = bildung mit: käsigen Massen,
keaten anders: :verhalten, "als eine: e-e ee eT e AN O A EA wà in denen Wismut nachge-
al { i ' i ' l i : ~ 5 ne l 5€
- Wn solche, die innerhalb 8 bis Abbildung 3.. ee Abbidangd ~- . wiesen: werden konnte, und
ae 14 Tagen resorbiert ist. Denn > `. ` m a e a e a a men der sekundären- : Entzün-
an ‘wenn ein Depot aufgesaugt nme =" 1.777727] : TREUE RE ee
| dungserscheinungen gefun-
wird, kann das aus dem Depot
‘in den Lymph-und Blutstrom
gelangende Chemikale. ent- |
_ wederin Harn, Galle, Speichel f
"USW. ausgeschieden werden . f
-oder es wird zunächst in den.
is
®
MEE 9 Zoe =
VE
-r
ee,
Sr ea
“=... d- krose und die Thrombosen
| a ‚sind, desto weniger kommit
| es zu Abszeßbildung und In-
parenchymatösen Organen
festgehalten und. von dort
mehr oder weniger rasch eli-
_ miniert. Die geringen oder.
fehlenden chemothera-
‚peutischen Indices der
meisten Wismutverbin-,
‘dungen beiintravenöser-
Injektion sprechen da-
‚präparate lassensichhin-
x ir > " Ne
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Eri 2 FX NS o Ta
© Er R t EEE rag . pon
ar N: rt een P P a.
A E p N 2 bi r. . pi
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une iada a sn se rà Tune Anand i tn mahnt :
8 r
Gruppen teilen, zunächst
weis “
z.B. Wismutkarbonat. und
. .
.. B A È
ra spe Manam m amm da aara TS e =
-Baz AEE Eaa Wee es ya ri Resorption verfallen,. und
dort wieder eliminiert wird. = 7 Abbildung 6. ein | Abbildung 4 e =- die dritte Gruppe diejeni-
Vielmehr dürfte das aus De- . gen, deren Resorption nach
pots resorbierte Bi — und das gleiche gilt für Hg — re 1—2 Wochen vollendet ist.. Nach. intramuskulärer Finverleibung
nicht an Gewebszellen fixiert, sondern zunächst aus den Körpersäften
von Präparaten der dritten Gr ‚di "Tasen bis
durch die Niere und andere Exkretionsorgane eliminiert werden. : uppe, die innerhalb 14 Tage
x
..pathologisch-anatomi-
schen‘ Veränderungen `.
.(Jaffe) weisen. die Wismut- .
teilung in dieser. Wochen-
u =] den.. Je geringer die Ne-,
filtration des umgebenden
.. Gewebes. Die. Wismut-
sichtlich ihres Verhal-.
tens nach intramusku-
‚lärer Injektion in drei
‚Resorption derintramuskulär.
"dungen - mittelst Röntgen- i ,
- strahlen sehr geeignet, Die.
sterilen Öls: intramuskulär, ine
‚verfolgen. Bei Anlegung.der
mer mehrere Tiere mit den-
"selben "Dosen gespritzt, um.
i nach 71Wochen `| schen Veränderungen, dasin .
ER 5 x |> dankenswerter eise- Herr.
Es ke J Prof. Jaffé im pathologi-
Omen >; schen. Institut der Universi-
Abbildung ` ` tät (Prof. Dr.Fischer) über- `
| ee - "nahm und worüber er: in:
: der Präparate zu verlolgen. _
Nicht nur im Röntgen:
den verschiedene Abstu- .
é
diejenigen, welche wie
‚Plomben liegen bleiben,
Pole a ge nee ur De | h A He : | er BO = erg, io Ger
pots aufgesaugte Bi haup | 2 : -o E 4 bis
sächlich in Organen ZU- nach std. Ba 2 i | : nach 8 Tagen + a bindungen, die. nach )!
nächst deponiert und von 2 | 2
6 Wochen allmählich der .
4 Wochen restlos resorbiert sind, findet eit nur
Die Untersuchungen erstreckten sich daher auf die Feststellung | ndet sich nach dieser Z
| noch eine geringe Masse des in izierten. Wismuts im Narben ewebe'
der Resorptionsdauer der a a mittels Röntgen- | eingebettet. - Area diesen g” Typen, für die ich die iolgenden
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auch bei solchen Präparaten,-
-- "jiemlichnahestehen. Als Bei...
© gpiel:hierfür möchte ich auf, -<
<. die Unterschiede:hinweisen, :
. denen :Zuckern. herge- `
© verbindungen .” besitzen. `
. . Eg wird die Aufgabe der wei--
teren. klinischen. -Forsehung :
-sein destzustellen; wie sich . \
-.. ‚der’Einfluß, von rasch. und:
. vonlangsamresorbierten Ver- `
"bindungen duf den’ Gesamt- .
‘muskulärerInjektionre- ` ` oA
...Jativ.rasch :aufgesaúugt, ' -A
- „im Organismus. verteilt me
- und auch durch die ver- p
` ` gesoliedei wird,andere ——
o Giitwirkungen entfaltet - .
{als z.B. ein ; Präparat,
- - Mur durch
verhältniss
BR
a 6 berkleinerten: Röntgenphotogramme gebe; bestehen alle möglichen
: Übergäöge, nicht. nur in bezug auf die: Resorptionsgeschwindigkeit,
.
> spidern auch bezüglich der Wirkungen auf die Muskeln,- besonders
‚diesichehemischanscheinend : .„.
. "Fe
diedie mit denverschie- .
stellten Zuckerwismüt-
‚schiedenen Organe Aus- -
. daswie-das Wismutkarbonat einer „Plombe“ gleich viele {
-. _ Monate in den Muskeln fixiert bleibt... Auch die. thera-
` ‚pautischen Effekte der. verschiedenen Bi-Verbindungen können
verschieden . sein, je nachdem sie rasch aufgesaugt und. ausge--
. - schieden oder langsam resorbiert werden: und. während langer
. Zeiträume in. den Säften kreisen... `- ans
<. Wenn’ man alle'diese dargelegten Verhältnisse berücksichtigt,
. muß. man zu ‚dem Schluß gelangen, daß. der chemotherapeu-
„fische. Index- für ‚die Bewertung der intramuskulär ein-
verleibten ‚Präparate Bedeutung gewinnen kann, soweit
man iber die.Resorptions- und Ausscheidungsverhältnisse-
`- uFGrund des Röntgenbildes und unter Berücksichtigung der patho-
logisch-anatomischen Untersuchungen genau orientiert
` Jt. Für das Suchen-nach Wismutverbindungen, die bei der Syphilis-
` „therapie beim. Menschen Verwendung: finden sollen, ist ferner die
- x $slemalische Ermittelung des chemotherapeutischen Index
. „durch Bestimmung: der kleinsten wirksamen Dosis und der Toxizität
>., m ’Tierversuch notwendig und-wertvoll.... © = 00O
` E €
3t wenn es
on Analogie der klassischen Versuche Ehrlichs mit den Arseno- -
venzolderivaten ‚g6geben. Die oliemische Modellierung an den
organischen und anorganischen Resten, mit denen das Bi bzw. BIO
m Wechselwirkung zur Gewinnung . mehr oder weniger stabiler
E pexer Verbindungen. gebracht wird; führte, wie durch unsere |
| schen. ae dargetan ist, bisher nicht zu chemotherapeu-
„otropie beruhenden Veränderungen der Verbindungen,
. auf veränderter Parasitotropie und Orga-
N í e u Ep A « æ s 3
„odern zu solchen chemischen Modifikationen, die sich
e biologische und toxikologische Studium der Bi-Ver-
a duigen nach obigen ‘Gesichtspunkten notwendig.
en Zusammenfassend möchte ich über die Ergebnisse der hier .
. -kuz mitgeteilten ‘Untersuchungen. sagen, daß es mir notwendig er-
, Scheint, ‘die beschriebene Methodik und. Methoden weiter durchzu-
hrén, um statt wähllos-'ausgesuchter oder nur entsprechend dem
Vismutgehalt wirksamer Körper solche zu finden, ‘die bei minimalster .
zung und‘ þei. möglichst geringer allgemeiner ` Giftigkeit eine -
mg chst starke antisyphilitische Wirkung entfalten. Es ist also
nobwendig, die Giftigkeit. der löslichen und unlöslichen.intramus- |
por einverleibten. Verbindungen festzustellen, und zwar in ihrer.
FE zur. Resorptionsgeschwindigkeit. Ferner ist die absolute
. eildosis bei intramuskulärer Injektion zu ermitteln, und auf Grund |
= ieser Feststellung sind-die optimal wirksamen Verbindungen heraus- |
suchen. Das` gilt‘ für. alle’ bisler bekannten Wismutpräparate. |
or. an es gelingen würde, die im Benzolkern durch Wismut
| ‚uostitnierten Verbindungen weiter zu variieren, wäre die Möglich- .
‚keit der zielbewüßten: chemischen Modellierung: der Bi-Verbindungen
veränderte Resorptions- und Ausscheidungs-
e. oder durch -Differenzen in den: Distributionsgesetzen,
F ‚Organisinus "unterscheiden. Gerade deshalb ist aber das weitere |.
. Systematisch a
T 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr...
LU RS a TE
‚Abbildung 7:
oe SR
` ¿
- müssen darauf geprüft wer-
eu
Wirksamkeit. entfalten.
-Kombination von Wis-
‚verschiedenen Resorp-
'bei neben der rasch 'ein-
‘die Dauerwirkung ab-
0ganismus' geltend. macht. wi smufcarbonaf ‚bindungen von maximaler
‚Denn.es ist klar; daß. ein ` 5 Monate ‚therapeutischer Wirkung zu -
. ‚Präparat, däsnachintra- ' nach Injektion erhalten. Auch die Dosie- |
- rungsfrageist durch Tierver-
‚suche: weiter klärbar.. Wenn
allen Punkten für die Ver-
. Menschen zutreffen, so haben
een wir auf Grund der Erfah- -`
rungen der Chemotherapie doch: keine‘ Veranlassung, die systemati-
schen Untersuchungen mittels Tierversuchen für die in. der. Therapie
beim Menschen anzuwendenden Präparate auszuschalten. - Die jetzt -
vielfach geübte Einverleibung von, großen.Mengen Wis- |
mut, die.in Form: zahlreicher Depots. monatelang in. den
| Muskeln liegen’ bleibt, ist; soweit es sich aus den Tierversuchen
“beurteilen läßt, vielleicht eine unnötige Überdosierung, und k
vielleich doch bedenklich wegen- chronischer Giftwir-
kungen. Denn das Wismut ist in seiner Wirkung dem Blei
toxikologisch ähnlich (Nephritis, Wismutsaum am Zahnfleisch, Leber- . |
schädigung usw.). - a a Baer papu
- Die mitgeteilten Versuchsergebnisse erlauben, i bezüglich der l
Wirksamkeit : und Verwendbarkeit des. Wismuts bei der Syphilis-
infektion der Kaninchen einen Vergleich'zum Salvarsan zu ziehen.
Bei Anstellung eines solchen Vergleiches muß-man sich vor Augen
halten, daß‘ das Salvarsan mittels Tierversuchs von P. Ehrlich ge- |
' funden wurde und .daß die-Resultate des Tierexperiments und der
‚später von Klinikern ‚beim syphilitischen Menschen erzielten- thera-
peutischen Ergebnisse im großen und ganzen übereinstimmten. Das
‚dürfte — mutatis mutandis — auch für die Nutzanwendung
' Spirochäten.
mittelnden’ Krankheitsprodukten. -`
‚der mit Wismutverbindungen angestellten Tierversuche,
für den. Menschen zutreffen.
` Das Salvarsan b
~- 1. Das Salvarsan wird fast momentan bei intravenöser Injektion u
an die Spirochäten. verankert und hat direkte Wirkung auf die
2..Das Salvarsan führt bei 'genügender Dosierung zu dnr
sicheren Abtötung der Spirochäten in den die Ansteckung - ver-
`
3. Die Arsenobenzolderivate haben bei intravenöser und intra-
ausgeschieden, --.
°. Š. Mit. Salvarsan läßt sich in einem hohen Prozentsatz die.
"Syphilisinfektion des Menschen und, wie ich durch Tierversuche
zeigte, der Kaninchen innerhalb 3--4 Wochen post infectionem'
heilen, d. h..der Infektionsstoff im infizierten Körper restlos zerstören.
Im Gegensatz hierzu wirken die Wismutverbindungen ` `
i. viel langsamer auf die-Spirochäten ein. Diese verschwinden
-so langsam, daß man ce ee a
9. nicht von einer direkten Wirkung der bisher Dekan |
Wismutverbindungen auf die Syphilisspirochäten sprechen kann.
3. Während. bei den Arsenobenzolderivaten nach intravenöser.
‚Einverleibung ein. hoher chemotkierapeutischer Index (1:10—1:25) -
erzielt wird, ist das bei den intravenös injizierten Wismutverbindungen
nicht der Fall. Nur wenige weisen einen Index von 1:2 auf,
4
B Die: Anwendung . des Tierversüchs: ist auch notwendig, um
| solche Bi-Präparate zu finden, die.bei intravenöser Injektion."
einen chemotherapeutischen Index besitzen. ‚Solche. Präparate
‘den, ob sie, intramuskulär. en
einverleibt, . auch erhöhte. .
-So ergibt sich 2. B. _
| die- ‘Möglichkeit, durch‘. -
| „mutverbindüngen mit...
tions- und Ausschei-
dungskoeffizienten, wo-
'tretönden Wirkung auch ->
-gestuit werden kann, Ver-
die. Ergebnisse der Tier- :
experimente 'auch nicht in
hältnissebeimsyphilitischen.
u ietet danach”gegentber dem Wismut Vorteile `
nach drei Richtungen. 2005] Sg re
muskulärer Einverleibung einen großen chemotherapeutischen Index. `
| 4..Das Salvarsan wird relativ rasch, namentlich: bei der. all- |
.gemein üblichen Form der intravenösen Injektion, aus dem Körper
1104
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
10. August
4. Die absolute Heildosis bei intravenöser Injektion ist bei
allen bisher Bekannten Bi-Verbindungen fast genau die gleiche wie
die intramuskulär wirksame. .
5. Therapeütisch gute Effekte lassen sich durch Wismut nur
erzielen, wenn es intramuskulär als Depot gegeben wird, aus dem
es dauernd in Schüben resorbiert wird und durch Entwicklungs-
hemmung der Spirochäten indirekt wirkt.
Das Hauptanwendungsgebiet des Wismuts ist daher bis zur
Auffindung von Verbindungen dieses Metalls, die etwa das Gleiche
leisten, wie das Salvarsan, die Unterstützung der .Salvarsantherapie
| sei es in Kombination mit Quecksilber oder Wismut, die Methode
in Form der kombinierten Salvarsan-Wismutbehandlung sowie die | der Wahl. '
Abhandlungen.
Über Knochenfrakturen und Pseudarthrosen.*)
Von Prof. Dr. M. Zondek. =
Die Ergebnisse experimenteller Untersuchungen, die ich über
die Heilungsvorgänge bei Knochenfrakturen angestellt und vor un-
gefähr 15 Jahren beendet habe, habe ich mich seitdem bemüht,
klinisch zu verwerten. Ich möchte hierüber in aller Kürze berichten
und die dabei gewonnenen Erfahrungen auch vom Standpunkte der
modernen Regenerationsforschung mit einigen Worten erörtern.
Bekanntlich hat Julius Wolff die innere Architektur des
neugebildeten Knochens bei Frakturen untersucht und gezeigt, daß
die Anordnung der Knochenbälkchen den Gesetzen der Statik ent-
spricht. - Diese. Untersuchungen betrafen aber Knochenfrakturen nach
vollendeter Heilung. So wertvoll diese Erkenntnis für die Lehre
der Knochenfrakturen ist, so dürften die Untersuchungen über die
Vorgänge während der Rnochenbruchheilung vom mecha-
nischen Standpunkte aus vielleicht auch von einigem Interesse sein,
und zwar einmal für das Verständnis der biologischen Vorgänge
bei der Heilung der Knochenbrüche und ferner für ihre Behandlung.
Derartige Untersuchungen habe ich seinerzeit an der Ex-
tremität der Maus ausgeführt, und zwar wurden die Knochen in
den verschiedensten Zeiten nach der Fraktur (2, 4, 6, 9, 12, 15 usw.
bis zu 35 Tagen) vollkommen in Serienschnitte zerlegt, denn nur
die Betrachtung einer vollständigen Serie ermöglicht eine klare
Vorstellung vom statischen Aufbau des Kallus. (Demonstration.)
Nach Feststellung der angegebenen Vorgänge bei der Knochen-
bruchheilung in morphologisch-anatomischer Beziehung liegt es nahe,
sie vom Standpunkt der Biodynamik zu betrachten. Es ist zweck-
mäßig, die dabei in Tätigkeit getretenen Reizwirkungen zu zerlegen
in solche, welche die Neubildung auslösen, und in solche, die sie
unterhalten. Und bei den Reizwirkungen der zweiten Gruppe be-
trachten wir gesondert 1. die Zufuhr und Aufnahme der für die
Knochenneubildung notwendigen Nährstoffe, ferner die Faktoren,
die auf den gesetzmäßigen Aufbau des Kallus aus verschiedenen
Gewebsarten und seine Umwandlung bis zur endlichen Gestaltung
des Knochenbruchs einwirken.
Betrachten wir nun von diesem Gesichtspunkt aus die ein-
zelnen Vorgänge bei der Frakturheilung. Durch den Knochen-
bruch werden an der Bruchstelle Knochen und umliegende Weich-
teile verletzt. Zellkomplexe: und Gewebsfasern werden aus ihrem
Zusammenhang gebracht, und viele Zelleiber werden dabei zerrissen.
Diese Zeiltrümmer haben eine gewisse Bedeutung für die Neu-
bildung der Gewebe. Wenn es erlaubt ist, Vorgänge aus der
Pflanzenwelt als Analoga heranzuziehen, so sei auf die Unter-
suchungen von Haberlandt hingewiesen. Haberlandt hat an
isolierten Gewebsstücken pflanzlicher Organe (Kohlrabiknollen, Kar-
toffeln usw.) festgestellt, daß die auf Wundgewebsbildung hin-
zielenden neuen Zellteilungen nur dann reichlich auftreten, wenn
die Reste der verletzten Zellen noch vorhanden sind.
Haberlandt deutet dies so, daß von dem verwundeten Proto-
lasma bestimmte Stoffe gebildet werden, die er Wundhormone nennt.
ie E Wundhormone hat Bier bereits lange vor Haber-
landt in die Lehre der Wundheilung eingeführt. Bier betrachtet
aber im Gegensatz zu Haberlandt als Wundhormone solche Reiz-
stoffe, die zur Neubildung eines wahren Regenerats, nicht aber zu
der einer Narbe führen.
Wir wollen nunmehr die weiteren Vorgänge bei der Fraktur
kurz betrachten. Aus den verletzten Geweben ergießen sich Blut,
Lymphflüssigkeit, Fettropfen usw. zwischen und neben die Bruch-
enden. Es wird auf diese Weise dem frakturierten Knochen eine
größere Menge Nährmaterial geboten, welches an der Bruchstelle
+) Vortrag, gehalten am 28. Mai 1924 in der Berliner medi-
zinischen Gesellschaft.
Nachbehandlung der mit Salvarsan behandelten Syphilitiker. Klinische
Erfahrung wird zeigen müssen, inwieweit das Wismut das Queck-
silber ersetzen würde oder, wenn nötig, mit ihm kombiniert werden
kann, so namentlich bei der intermittierenden Dauerbehandlung der
Lues in den späteren Perioden, bei der aber das Salvarsan vielfach.
unentbehrlich sein dürfte in Form z. B. der auf meine Veranlassung
im Georg Speyer-Haus hergestellten Hg-Bi-Verbindungen. Für die
Frühperiode der Syphilis, namentlich die Abortivheilung, ist das
Salvarsan das dominante Mittel, die Salvarsantherapie, sei es allein,
zunächst liegen bleibt und sich dort staut. Diese Stoffstauung
dürfte bei der Auslösung und Ausgestaltung der Regenerations-
vorgänge mitwirken. Nachdem dies die Botaniker Sachs, Goebelu.a.
für pflanzliche Gewebe in einer Zahl von Fällen vermutet hatten, hat
S. V. Simon an den Blattstengeln der Sinningia nachgewiesen, daß
durch experimentelle Stauungen von Kohlenhydraten (Glykose) Neu-
bildungen verursacht werden können. Wir können daher in analoger
Weise annehmen, daß aus dem um die Bruchenden angesammelten
Material der Kallus die für seinen Aufbau notwendigen Stoffe gewinnt.
| Wenn die Stofistauung geschwunden ist, dann entnimmt der
Kallus dem Blute die für seine Umwandlung in Knochengewebe not-
wendigen Substanzen. Eine Vorbedingung für den regelmäßigen
Fortgang dieses Prozesses ist die Neubildung von Blut- und Lymph-
wre den Bruchenden und dem sie umgebenden Kallus
Lexer). l '
An der Frakturstelle beim menschlichen Knochen . besteht
aber nicht allein Stoffstauung, sondern es treten auch die Er-
scheinungen der Entzündung auf. Diese dürften aber im wesent-
lichen nur bei der Auslösung der Regeneration mitwirken, denn
die Entzündungserscheinungen gehen nach einigen Tagen vorüber,
dabingegen dauert die Kallusentwicklung viele Wochen lang. 2
Die Kallusentwicklung geht nun weiterhin in einer bestimmten
Regelmäßigkeit vor sich. Wir haben gesehen: Die Größe des Kallus
hängt von der Größe der Dislokation ab. Je größer diese ist, desto
größer ist der Kallus. Die verschiedenartigen Gewebe, aus denen
‚der Kallus sich aufbaut, zeigen während der Entwicklung vom
Beginn bis zur Heilung der Fraktur eine bestimmte Anordnung
und Transformation. Man könnte nun diese in qualitativer, quanti-
tativer und topischer Hinsicht gesetzmäßige Anordnung und Um-
bildung der Gewebe als funktionelle Reizwirkung ansehen.
Doch kämen wir mit dieser Erklärung nicht viel weiter. Wir tun
daher gut, auch die funktionellen Wirkungen zu zerlegen und auf
ihre physikalischen Bedingungen zurückzuführen. Man könnte so
der Einwirkung der Muskelkontraktionen, die auch bei Fixation
der Fraktur im Gipsverband und bei Bettruhe nicht aufhören,
ferner der Spannung der übrigen Weichteile in der Umgebung der
Fraktur eine richtunggebende Bedeutung für den Kallus bei-
messen. Dies dürfte auch in gewissem Maße der Fall sein. Sicher-
lich kommt aber dabei auch anderes in Betracht. Denn die osteoiden
Bälkchen sind an der Stelle, wo der größte Druck bzw. Zug zu
überwinden ist, bereits zu einer Zeit ausgebildet, wo das übrige
Kallusgewebe noch sehr weich ist. Ich möchte daher glauben: Nicht
allein die funktionelle Inanspruchnahme verursacht diese gesamte,
den statischen Verhältnissen entsprechende Anordnung und Um-
bildung der Kallusmasse, sondern es sind Wirkungen innerer Kräfte,
nämlich der zwischen den einzelnen Geweben bestehenden
korrelativen Beziehungen, die auf Anlage und Umwandlung
des Kallus bis zu seiner schließlichen Verknöcherung in einem Sinne
einwirken, der der Herstellung der gestörten inneren Ordnung und
der statischen Funktion der Extremität entspricht. Diese korre-
lativen Beziehungen stehen wahrscheinlich unter dem Einfluß des
Zentralnervensystems, worauf ich noch zu sprechen kommen werde.
Klinische Bedeutung.
Welche klinischen Folgerungen können wir nun aus den vor-
liegenden Betrachtungen ziehen ?
Je größer die Dislokation, desto größer der Kallus, desto un-
günstiger und langsamer die Heilung. Ein stark entwickelter
Kallus ist also zumeist die Folge einer hochgradigen Dislo-
kation. Auf der anderen Seite beobachtet man nach guter Ein-
richtung der Fraktur eine verhältnismäßig sehr kleine Kallusmasse
und gute und schnelle Heilung (Demonstration). Je früher die Ein-
richtung erfolgt, desto ‚leichter und vollständiger gelingt die Be-
| _ 10. August
seitigung der ‚Dislokation. Es empfiehlt sich daher in jedem Falle
die Einrichtung der Fraktur möglichst bald vorzunehmen und sich
nicht davon durch die Besorgnis zurückhalten zu lassen, daß der
bald nach der Verletzung angelegte Gipsverband infolge späterer
Abschwellung der Weichteile' der Extremität zu viel Spielraum lassen
könnte. Eine Dislokation der Fragmente in einem gut angelegten
Gipsverband ist nicht zu besorgen, im Gegenteil, die Möglichkeit
aktiver Muskelbewegungen unter dem Verband ist sogar förderlich
für. die Heilung des Knochenbruchs und wirkt in gewissem Maße
einer Versteifung der miteingegipsten Nachbargelenke entgegen.
Bei etwa 2 Wochen alten Frakturen besteht der Kallus aus
osteoidem Gewebe, und an seiner Grenze, zwischen: dem oberen
und unteren Bruchende, aus Knorpel. Dies erklärt die Tatsache,
daß, wenn auch der Kallus in diesem Stadium sich schon ziemlich fest
anfühlt, schief gerichtete Fragmente noch gerade gerichtet
werden können. Durch die bessere Lage der Bruchenden zuein
ander werden um so günstigere statische Verhältnisse für die
weitere Entwicklung des Kallus geschaffen, welche die durch die
- Reposition verursachten Läsionen mehr als wett machen. Der Kallus
wird bald schmäler, und die anliegenden Weichteile, besonders die
Muskeln werden in eine mehr normale Lage gebracht, was ihre
Funktion günstig beeinflußt. |
Weiterhin führen die vorliegenden Untersuchungen zu der
Erkenntnis, daß wir früher die Heilung von Knochenbrüchen an
der unteren Extremität oft viel zu früh für beendet angesehen
haben. Sobald der Kallus sich fest anfühlte,. ließ man vielfach den
Patienten umhergehen. Während bei der Entlassung des Patienten
das Bein nur sehr wenig verkürzt war, war nach Jahresfrist die
Verkürzung oft recht erheblich ‘geworden. Die Betrachtung des
~ dritten gezeigten. Stadiums der Frakturheilung zeigt uns nun, daß
~ war die ganze Kallusmasse bereits aus osteoidem Gewebe besteht,
daß aber die osteoiden Bälkchen an der Bruchstelle in ihrem Inneren
noch Knorpelreste aufweisen und noch nicht genügend wider-
. standsfähig geworden sind. Kein Wunder, wenn in einem solchen
Stadium erhebliche Körperbelastung die Fragmente zusammendrückt
oder verschiebt. Ich lasse daher das gebrochene Bein verhältnis-
.. mäßig nicht stark belasten, vor allem richte ich mich im Einzel-
felle nach der Lage der Bruchenden zueinander und der Größe der
Rückbildung des Kallus, wobei ich auch den Allgemeinzustand des
Patienten berücksichtige. |
Weiterhin dürften die vorliegenden Befunde für -die Lehre
: von der Pseudarthrose von einigem Interesse sein. Bei Pseud-
arthrosen, die nach Zersplitterung des Knochens auftreten, hat
man feststellen können, daß fast immer kurze Zeit nach der Ver-
vundung die Knochensplitter. operativ entfernt worden
waren. Schon bei einfachem, ohne Splitterung erfolgtem Knochen-
. bruch. bedeutet die Entfernung der um die Bruchstelle angesammelten
Gewebsträmmer. und -füssigkeiten einen ungünstigen Einfluß auf
die Frakturheilung. Ja, gelegentlich ist sogar Pseudarthrose danach
aulgeireten in Fällen, in denen man erfahrungsgemäß bei konser-
vativer Behandlung eine sehr gute funktionelle Heilung erzielt hätte.
Bei irühzeitiger Operation einer Splitterfraktur entfernt man aber
ander den Gewebstrümmern und Gewebssäften das den Knochen-
‚Slückehen anhaftende Periost, bzw. Endost, das von so großer Be-
deutung für die Knochenneubildung ist. Ferner ist noch folgendes
zu bedenken: Beläßt man die Knochenstückchen an Ort und Stelle,
dann heilen sie entweder unverändert ein, oder sie werden ganz
oder teilweise aufgelöst, und die freigewordenen Stoffe wirken teils
Sav anreizend auf das Regenerationsgeschehen ein, teils werden
= Passiv als Nährsubstanz beim weiteren Aufbau des Kallus ver-
raucht. Von diesen Erwägungen über die Vorgänge bei der
oebenbruchheilung ausgehend, habe ich mich bei Frakturen und
0 auch bei Splitterfrakturen möglichst konservativ verhalten. Hier
ein solcher Fall von Splitterfraktur (Demonstration), bei dem ich
ei längere Zeit nach der Fraktur nur einige von Eiter umspülte
| Ki spontan losgelöste Knochensplitter entfernt habe. Es bildeten
a Kallusmasse, die von einem Bruchende zum anderen
und a und seitliche Knochenspangen, die in ihrer Lage, Größe
aan oam an die entsprechenden Befunde bei den experimentell
zeugten Rnochenfrakturen erinnern.
Es gibt aber auch Fälle von Splitterfrakturen, bei denen,
nem keine Knochensplitter entfernt worden sind, die Konso-
won ausbleibt. In diesem Falle (Demonstration) wartete ich
Pre lang ab. Die Knochenstückchen wurden zwar größten-
m 1sorbiert, es wurde aber kein hinreichender Kallus gebildet.
entf as offenbar daran, daß die Bruchenden zu weit voneinander
rmt waren, als daß die korrelativen Beziehungen zwischen dem
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
oberen und unteren Bruchende hätten genügend zur Geltung kommen
können. Ähnlich wie bei einem Amputationsstumpf waren die Mark-
höhlen der Knochenbruchenden durch neugebildetes Knochengewebe
abgeschlossen. Die bloße. Annäherung der Bruchenden mit darauf
folgendem fixierenden Verband war nicht mehr im Stande eine
knöcherne Konsolidation herbeizuführen. Ich mußte daher operativ
vorgehen. Nach Abmeißelung der Bruchenden bis auf gesundes
Mark wurde das spitze Ende des oberen Fragments in das untere
eingespießt, und zur weiteren Sicherung der Lagerung wurde um
die vereinigten Knochenstückchen Metalldraht in einigen Windungen
gelegt. Der Arm .ist zwar mit Verkürzungen geheilt, aber voll-
kommen gebrauchsfähig geworden. |
Im Gegensatz zu der eben behandelten Defekt-Pseudarthrose
kommt Pseudarthrose auch: gelegentlich in Fällen vor, in denen
die Bruchenden dicht aneinander liegen. Offenbar sind bei Ent-
stehung von derartigen Pseudarthrosen auch andere Momente von
Bedeutung. Bei Heilung einer Fraktur handelt es sich nämlich
nicht nur um die Einleitung der Knochenregeneration, sondern auch
um ihre dauernde Unterhaltung, um die genügende Zufuhr von.
Knochennährmaterial und seine Aufnahme, ferner aber noch um
seine Verwertung zum Aufbau des Knochens im Sinne der Wieder-
herstellung der statischen Funktion des Knochens. . Zr
Man hat sich, ohne sich im Einzelfall über die Entstehungs-
ursache der Pseudarthrose klar zu sein, auf verschiedene Weise be-
müht, die gestörte, bzw. unvollkommene Knochenheilung‘ wiederum
in Gang zu bringen. Man versuchte dies durch Anwendung von
mechanischen Reizen (Reiben der Knochenenden aneinander)
oder durch Injektionen von chemischen Substanzen (Jodtinktur,
Terpentin, Milchsäure, Karbolsäure u. a. m.) zu erreichen. Oft aber
blieb der Erfolg aus. Und das ist nicht verwunderlich, denn durch
derartige Einwirkungen wird nur eine verhältnismäßig kurz dauernde
_ Entzündung verursacht, die im wesentlichen nur eine die Regeneration
auslösende Bedeutung hat. Wir dürfen aber eine bessere Wirkung
erwarten, wenn folgendes gelänge: Die Entzündung in möglichst
kurzen Zwischenzeiten zu erneuern, ohne daß dabei die bereits ein-
getretene Regeneration besonders beeinträchtigt würde, und zwar
müßte dies längere Zeit hindurch geschehen. Ferner der Bruch-
stelle die für die Kallusentwicklung notwendigen Nährsubstanzen
zuzuführen. Die Erneuerung der Entzündung an der Bruchstelle
in möglichst kurzen Zwischenzeiten erreicht man nun meines Er-
achtens dadurch, daß man, was vielfach schon geschieht, die
Pseudarthrose nicht fixiert. Die Bruchenden werden dabei immer
wieder aneinander gerieben, und die Entzündung stets von neuem
angefacht. Wie andere habe auch ich gelegentlich bei Nichtfixation
einer Pseudarthrose, z. B. bei Pseudarthrose des Oberarms durch
Tragenlassen des Arms in einer Mitella nach längerer Zeit Heilung
‘beobachtet. |
Eine Heilung der Pseudarthrose ist aber gewöhnlich nur
dann möglich, wenn die Zufuhr der Nährstoffe an die Bruchstelle,
sei es durch Periost-, sei es durch Markgefäße, hinreichend ge-
sichert ist. dst dies nicht der Fall, ist das Knochenmark an den
Bruchenden knöchern abgeschlossen, dann ist zumeist eine Heilung
der Pseudarthrose ohne operativen Eingriff nicht zu erwarten. Man
muß in diesen Fällen, was auch schon geschieht, die Bruchenden
bis in das normale Mark resezieren und darauf die Fragmente an
den Schnittflächen aneinander befestigen. |
Immerhin gibt es Fälle von Pseudarthrose, bei denen die
Bruchenden dicht aneinander liegen, die Kallusmassen beider
. Fragmente reichlich entwickelt sind. Bruchenden und Kallus. nur
durch einen schmalen Spalt voneinander getrennt sind, und trotz-
dem tritt keine Konsolidation ein. :
Dieser Befund entspricht nun dem Stadium der normalen
Frakturheilung, in welchem die Bruchenden und die Kallusmassen
durch eine Knorpelschicht voneinander getrennt sind. Wir können
demnach diese Pseudarthrose als ein Stehenbleiben der normalen
Frakturheilung in dem angegebenen Stadium ansehen. Es besteht
jedoch zwischen diesem und der Pseudarthrose folgender Unter-
schied: In dem Stadium der normalen Kallusentwicklung sind die
Bruchenden nur insoweit von osteoidem Gewebe überlagert, als
sie nicht einander gegenüber liegen. Bei der Pseudarthrose da-
gegen sind die Bruchenden, auch wenn sie vollkommen einander
gegenüber liegen, durch osteoide Massen verschlossen, Wir dürfen
vielleicht diesen Befund bei der Pseudarthrose dadurch erklären
daß die Reizwirkung, die bei der Heilung von dem einen Fragment
auf das andere ausgeübt wird, nicht vorhanden oder erschöpft ist
und sich danach die Bruchenden wie bei einer Amputation knöchern
abgeschlossen haben. Es fragt. sich nun, wodurch ist das Aus-
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Während
. Erkenntnisse und Lehrsätze — im Laufe der Jahre immer wieder
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bleiben der Reizwirkung verursacht, sodaß das Fortschreiten der
Kallusentwicklung auf dem Wege zur Konsolidation unterbrochen
wird? Ich habe schon einmal früher gesagt, daß es sich hier um
Stoifwechselstörungen handeln dürfte. Bezüglich der Bedeutung
der örtlichen Stoifwechselstörungen sei nun auf die Mitteilungen
Edens auf den letzten beiden Chirurgenkongressen hingewiesen.
Eden hat den Einfluß der chemischen Zusammensetzung der Ge-
websstoffe im Gebiete: der Bruchstelle auf die Kalkaufnahme durch
den Kallus experimentell untersucht und kommt im Verlauf der
Untersuchungen zu dem praktischen Ergebnis, daß Einspritzung
von Natrium-Glykokolphosphat bei schon bestehendem Kallus ver-
zögerte Verknöcherung beschleunigt. 2
~ Nun aber gibt es die sehr seltenen Fälle von juveniler Pseud-
arthrose, bei der’ selbst die Resektion der Bruchenden und ihre
' Fixierung aneinander keine Heilung bringt, und dies sogar, wenn
. die Operation wiederholt ausgeführt worden ist. Hinsichtlich der
' Entstehungsursache dieser Fälle dürften vielleicht folgende Tat-
sachen von Interesse sein:
Bei Tabes und anderen spinalen Erkrankungen ist die Kallus-
` entwicklung verzögert, und häufiger als sonst stellt sich Pseudarthrose
ein. — Auch Bier spricht dem Nervensystem auf die Gestaltung des
Kallus einen großen Einfluß zu —. Ferner ist experimentell nach
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 32.
10. August
Entfernung der Schilddrüse, der Epithelkörperchen oder der Thymus
Und klinisch sind
die Kallusentwicklung wesentlich beeinträchtigt.
bei dem Eunuchoiden, den ich hier zeige, trotzdem er bereits 20 Jahr
alt ist, die Epiphysenfugen noch knorpelig, und nach einem gering-
fügigen Traum war zunächst auf der einen Seite und nach eini
auf der anderen Seite eine Epiphysenlösung. des Schenkelkopfes ein-
Ben (Demonstration). In Anbetracht dieser Tatsachen liegt der
edanke nahe: Wenn von irgend einer Stelle des Weges: Bruchstelle
— vegetatives Nervensystem — Zentralorgane und endokrine Drüsen,
von denen wohl die hormonals Regulation der Bruchheilung bzw.
Knochenregeneration, ausgeht — eine Störung eintritt, dann kann es zur
Pseudarthrosenbildung kommen.
Auf die weiteren Ergebnisse meiner oben angegebenen Unter-
suchungen, wie die Tatsache, daß im Mark. des einen Fragments `
weniger Zellen vorhanden sind als in dem des anderen, ferner daß
der Kallus in frühem Stadium mit der Umgebung kontinuierlich zu-
sammenhängt, in späterem Stadium aber .von ihm durch einen
Knochenmantel begrenzt ist, auf diese und andere Tatsachen in ihrer
Bedeutung für die Knochenchirurgie bin ich nicht näher eingegangen.
Hier kam es mir nur auf die Mitteilung einiger Befunde an,
deren Kenntnis für das Verständnis der biologischen Vorgänge bei
der Frakturheilung u
frakturen von einigem Interesse sein dürfte.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
_ Kritische Bemerkungen zur Brusternährung der
= Säuglinge nebst einem Vorschlag zur Verbesserung
der natürlichen Stillbedingungen.
Von Kinderarzt Dr. Alexander Singer, Wien..
‚ Wie die gesamte Medizin wurzelt auch die Kinderheilkunde `
'_ und insbesondere diese in der Volkserfahrung. Die von unseren
Urvätern gefundenen primitiven Erkenntnisse vom Wesen und der
Behandlung der Kinderkrankheiten und von den Ernährungs-
methoden der Säuglinge pflanzien sich traditionell fort, wurden in
' späteren Zeiten gemäß den modernen Anschauungen modifiziert und
schließlich theoretisch wissenschaftlich begründet — etwa so, wie
man einer altbekannten Melodie einen neuen Text unterlegt. Von
. diesen theoretischen Erwägungen ausgehend, wurden nun neue Er-
kenntnisse gefunden, neue Methoden spekulativ aufgestellt, so daß
schließlich die heutige Kinderheilkunde einen Monumentalbau
repräsentiert, dessen Grundsteine im Erdreich der Jahrhunderte
vergraben, ihre Volkstümlichkeit kaum mehr erkennen lassen.
aber die einzelnen Bausteine — die theoretischen
verwittern und durch neue ersetzt werden müssen, ist wohl im
gesamten Gebiete der Medizin noch kein Grundsatz so allgemein
von jeher anerkannt worden und unwidersprochen geblieben, wie
das Dogma von der natürlichen Säuglingsernährung, das ist die
Ernährung der Säuglinge mit Mutter- oder Ammenmilch. Nun soll
man ja freilich an einem Dogma nicht deuteln und mäkeln und
um so weniger, als ja die Frauenmilchernährung tatsächlich vor
allen anderen Ernährungsmethoden den ungeheueren Vorzug hat,
fast nie jene alimentären Schädigungen zu zeitigen, wie sie bei
künstlicher Nahrung zuweilen auftritt.
Intoxikationen enteraler und parenteraler Provenienz, so darf man
schließlich nicht chauvinistisch genug sein, um gewisse olfenkundige
. Schäden zu übersehen, die wieder nur der Ernährung mit Frauen-
milch zu eigen sind. Man sollte doch glauben, daß die von der
Natur selbst vorbestimmte und hergestellte Nahrung vom Säugling
glatt vertragen, id est obne Störungen des Befindens assimiliert
und ausgenützt werden muß. Nimmt man nun die Beschaffenheit
der Stühle, die Gewichtszunahme des Kindes und sein Aussehen
als objektiven Maßstab für die Zuträglichkeit. der Nahrung an, so |
ergibt sich die merkwürdige Tatsache, daß in den ersten Lebens-
wochen, ja iu manchen Fällen sogar die ganze Säuglingszeit hin-
durch die Anzahl der Stühle vermehrt ist, diese selbst schleimig,
ungleichmäßig, mit unverdauten Kaseinbrocken durchsetzt und von
grünlicher Farbe sind, mithin ausgesprochen dyspeptischen Charakter
tragen, während die Säuglinge wenig und ungleichmäßig zunehmen
und von häufigen und heftigen Windkoliken geplagt sind, kleine
Übelstände,. aber immerhin Übelstände, die sich übrigens, worauf
A. Hecht aufmerksam gemacht hat, durch kleine Zugaben (10—15 g)
unverdünnter Kuhmilch nach jeder Brustmahlzeit leicht beseitigen
lassen. Auf den mutmaßlichen Grund dieser Heilwirkung geringer
Vermeidet man also bei
Brustnahrung fast mit absoluter Gewißheit Eklampsie und alimentäre
Kuhmilchgaben werde ich späterhin noch zurückkommen. Freilich
erfolgt nach kürzerer oder längerer Zeit gewissermaßen eine Ein-
stellung des Darmes auf die ihm zugeführte Nahrung, so daß etwa
in der 6.—8. Woche die Stühle normal werden, und das Aussehen
und das Gedeihen der Säuglinge sich bessert. Dies schafft aber
doch nicht die Tatsache aus der Welt, daß die Frauenmilch -
während der ersten Wochen für den Säugling auch keine Ideal-
nahrung darstellt.
lichen Erscheinung nach, so ergeben sich folgende Fehlerquellen,
die zu einem mangelhaften Gedeihen des Kindes führen können:
I. Inkonstanz der Zusammensetzung der Frauenmilch.
Die normale Frauenmilch besteht in der Hauptsache neben
zahlreichen Mineralsalzen aus 1,7°/, Eiweiß, 3,7%. Fett, 6,7% Milch-
zucker (Moll, Nobel u. a.) Diese Werte sind jedoch keineswegs
| konstant, sondern weisen unter dem Einfiusse mannigfaltiger Um-
stände derart große Schwankungen nach unten und oben aul, daß '
‘eine Standardmilch im wirklichen Sinne eigentlich ein Idealbegrifi `
ist, der tatsächlich fast nie erreicht werden kann. Es ist eine
ingeniöse Einrichtung der Natur, daß die Zusammensetzung bzw.
die Konzentration der Muttermilch sich adäquat der zunehmenden
Verdauungsfähigkeit des kindlichen Darmes ändert.
ersten Tagen nach der Entbindung von der Brustdrüse sezernierte
Kolostrum enthält reichlich Serumalbumin, Fett, Salze und Kolostrum-
körperchen, nach Czerny und E. Unger Umwandlungsprodukte
aus Leukozyten und Mastzellen. Mit zunehmendem Alter des Kindes
verringert sich in der Milch das Serumalbumin, während das Kasein
und der Zuckergehalt zunehmen und die Kolostrumkörperchen ver-
schwinden. Mit anderen Worten: Der in den ersten Lebenstagen
zum Abbau des Kaseins und zur Verbrennung des. Zuckers noch
nicht befähigte kindliche Organismus ist in der Lage, seinen Bedarf
an erhaltenden und aufbauenden Substanzen aus dem Serumalbumin
und dem Fett zu bestreiten, wobei letzteres, wie Schloßmann an-,
gibt, ohne besondere Vorbereitung direkt von den Chylusgefäßen
aufgenommen wird, während in den späteren Säuglingsmonaten die
sich: dem Standardgehalt nähernde Brustmilch eine erhöhte Ver-
dauungsfähigkeit des kindlichen Darmes vorfindet.
Dieses geniale Prinzip der Natur, dem reifenden Organismus
die seinem Alter entsprechende Nahrungskonzentration quasi auto-
matisch zu bieten, erscheint aber in Wirklichkeit nicht restlos
durchgeführt. In vielen Fällen bewahrt die Brustmilch ihren
kolostralen Charakter mehr oder weniger lange, dadurch dem rascher
reifenden kindlichen Körper die nötigen Aufbaustoffe versagend —
häufiger geschieht das Umgekehrte: Die Milch reift rascher als der
zu beliefernde kindliche Organismus; dieser ist nicht in der Lage,
das ihm in ungeeigneter Form (Kasein) und im Überschuß gebotene
Material zu bewältigen und erleidet Schaden hinsichtlich seines
Wohlbefindens und seiner Entwicklung. Während im ersteren Falle
(allzu lange währender kolostraler Charakter der Milch) der kind-
liche Darm auf die abführende Wirkung der Kolostramkörperchen
(Baginsky) mit Durchfällen, zerfahrenen, dyspeptischen Stühlen
und Gewichtsstillstand reagiert, führt der zweite Fall (vorzeitiges
ger Zeit -
ınd für`die planvolle Behandlung der Knochen-
Gehen wir nun den Gründen dieser befremd-
Das in den -
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10. August >
Reifen der Brustmilch) zur Überlfütterung, hartnäckiger Obstipation
und bei Überschreiten der Toleranzschwelle (Finkelstein) zur
‚negativen Bilanzstörung.
Sind.aber endlich diese, wenn auch nicht regelmäßig, so duch
häufig auftretenden Störungen der ersten Stillperiode überwunden,
‘so. bietet auch das fernere Säuglingsalter keine Gewähr für eine
‘gleichmäßige Beschaffenheit der Brustmilch. . Diese ist vielmehr von
‚einer Reihe von Umständen abhängig, von denen uns hur wenige
A
‚bekannt sind. Als solche die Beschaffenheit der Brustmilch im .
‚schädlichen Sinne beeinflussende Faktoren können gelten:
; a) Tiefergehende Gemütserschütterungen der Amme, die, wie
‘schon Baginsky in seinem Lehrbuch der Kinderheilkunde erwähnt,
. m einer „Verwässerung“ der Milch führen können. Ich selbst habe | |
_ Indikation für ein dauerndes Abstillen des Kindes bietet. Dagegen
- .‘;es mehrfach gesehen, daß nach heftigen Aufregungen der Mutter
. ‘die Produktion der Brustdrüse zeitweilig gänzlich sistierte.
.* b) medikamentöse Beimengungen der Milch infolge von Über-
‚gehen der von der Amme zu Heilzwecken eingenommenen chemischen
‘Substanzen, wie Brom, Morphium, Jod, Arsen usw.
. c) Erkrankung der Amme an Lues oder Epilepsie (?).
d) Menstruation der Amme. AE
a Wenn man bedenkt, welch schwere physische und psychische
- Störungen der Frau häufig als Vorläufer und Begleiterscheinung
der Menstruation auftreten, Störungen, die sich gegen Ende der
‚Blutung merkbar abschwächen, um mit deren Aufhören wie ab-
‚geschnitten zu sein, so ist es ohne weiteres klar, daß der weibliche
‘Organismus im Menstruationsintervall Toxine aufspeichert, die mit
dem Menstruationsblut ausgeschieden werden. Der Glaube an die
_ „Unreinheit* der menstruierenden Frau war schon bei den alten
'.. Kılturvölkern weit verbreitet: und besteht noch "heute bei den
‚Bauern und Zigeunern Siebenbürgens, Bosniens, Dalmatiens usw.,
° Jjaselbst bei fast allen Negerstämmen Afrikas, die ihre menstruierenden
‚ Frauen mehrere Tage vor und nach der Menstruation in eigenen
‚Hütten, entfernt von aller menschlichen Gemeinschaft, eingesperrt
halten (Ploß, Das Weib). Wenn auch diese Maßnahme etwas:
. „alu radikal anmutet und für unsere zivilisierten Gegenden wohl
f
kaum anzuwenden ist, so hat doch die Giftwirkung der menstruierenden |
Frau zu ernsten Forschungen namhafter Autoren Anlaß gegeben.
Bo bestätigt Bela Schick auf Grund ausgedehnter Versuche, denen
angeblich ein ganzer Blumengarten zum Opfer gefallen sein soll,
daß Blumen in der Hand menstruierender Frauen viel rascher
welken, Blumenstöcke, die von menstruierenden Frauen gewartet
Wurden, trotz sorgsamster Pflege absterben, sowie daß von
menstruierenden Köchinnen zubereitete feinere Speisen, wie Ma-
. jonnaisen und Saucen, mißlingen. Eine Erklärung für diese merk-
~ würdigen, aber authentischen Erscheinungen bleibt auch Schick
‚schuldig. Meines Erachtens lassen diese sich nur so deuten, daß.
‚Sich während des Menstruationsintervalls unter dem Einflusse der
Bierstockfunktion im weiblichen Organismus Abfallprodukte bilden,
die im Blute kreisend ihre Wirkung summieren, bis sie auf einer
. gewissen Höhe,
fub auf das Nervensystem zu entfalten beginnen. Nach weiterer
Steigerung erfolgt schließlich vielleicht auf vasomotorischem Wege
die Entladung in Form der einsetzenden Blutung. Diese toxischen
Ablallprodukte werden teils mit dem Menstruationsblut,: teils durch
die Haut ausgeschieden und können, wie Baginsky meinte,
füchtiger, oder, wie mir wahrscheinlicher dünkt, fester in den
örperllüssigkeiten lösbarer Natur sein. Man könnte dann annehmen,
aB sie mit dem Handschweiß auf die Körperoberfläche gelangt, |
sich nach Verdunsten des Schweißes auf der Haut in feiner Schicht
. trachtungen auf dem Boden fest begründeter und allgemein bekannter
Tatsachen bewegt, se begebe ich mich nun in das Gebiet der
' Hypothese, ‚einer Hypothese freilich, die, wie ich glaube und in
ablagern und durch Berührung auf Blumen, Speisen usw. über-
vage die oben beschriebenen Wirkungen zu entfalten vermögen.
krei Nimmt man nun das Vorhandensein dieser Toxine im Blut-
eislaufe als erwiesen an, woran ja schließlich nach ihren so augen-
re Manifestationen nicht zu zweifeln ist,- so wäre es schwer
p daß von allen Organen gerade nur die Brutdrüse und ihr
T 1 die Milch von dem Einflusse des Menstruationsgiftes ver-
ne bleiben sollte. Es ist vielmehr ohne weiteres verständlich,
| E r ei den nahen Beziehungen zwischen Blut und Milch die Toxine
mi em Wege der Drüsensekretion zu allererst in diese übergehen
Ren als schädlicher Bestandteil der Nahrung zu Krankheits-
noch “mungen des Säuglings führen müssen, wobei wahrscheinlich
au ein Teil des an der Körperoberfläche abgelagerten Giftes beim
„gen direkt in der Mund des Kindes gelangt und mit der Nahrung
Ne as wird. Die pathologischen Symptome des von einer
ach erenden Amme gestillten Kindes bestehen zunächst in einem
nom ar wnerklärlichen Widerwillen gegen die bisher gern ge-
mene Brustmilch, schon mehrere Tage vor Eintritt der Men-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
‚haben, doch bleibt es abzuwarten, ob seine,
der Nachprüfung standhalten.
der Reizschwelle, angelangt, ihren toxischen Ein- |
4
struation, während allenfallsige künstliche Nahrung ohne weiteres
akzeptiert wird. Wird zu dieser Zeit von der Pflegerin oder gar
' vom Arzte die Annahme der Brustmilch erzwungen, so sind die
_ unausbleiblichen Folgen dieser unvernünftigen Prinzipienreiterei mehr
: oder minder schwere Dyspepsien mit heftigen Koliken, Erbrechen
und schlechten Stühlen, die, wenn sie auch wohl niemals schwerer
wiegende Folgen nach sich ziehen, doch zumindesten dem Kinde
und den Eltern ein paar unangenehme Tage bereiten. Die Inten-
‚sität des kindlichen Krankheitszustandes ist stets direkt von dem
Grade der Menstruationsbeschwerden der Amme abhängig, mitanderen
Worten: Je mehr Toxin die menstruitrende Amme erzeugt und auf
den Säugling überträgt, desto schwerer erkrankt dieser. An dieser
Stelle möchte ich es aber betonen, daß die Menstruation keine
ist dieses ‚während der Menstruationszeit und, wenn es schon Tage
vorher Zeichen des Widerwillens gegen die Brustnahrung merken
- läßt, auch während dieser Zeit, um es vor Schaden zu bewahren,
künstlich zu nähren. | N; |
| = H. Hypogalaktie. ne
' Von den Fällen abgesehen, in denen die unsachgemäße Be-
handlung der Brustdrüse bei Trinkschwäche des Säuglings zur
dauernden Unterproduktion und endlich zum: gänzlichen: Versiegen
der Milch führt, ist die Hypogalaktie eine sehr seltene Erscheinung.
' Sie kann bedingt sein durch angeborene oder erworbene ’Debilität _
der Amme, mangelhafte Ernährung (im allgemeinen soll eine stillende _
. Frau um 50%, mehr Nährwerte zu sich nehmen, als vor dem
. Stillen) (Nobel), angeborene Verkümmerung: der Drüsensubstanz,
wobei die Mamma selbst durch Fettablagerung ungeheuere Dimen-
sionen annehmen kann. An Versuchen, diese primäre Unergiebig-
keit der Brustdrüse therapeutisch zu beeinflussen, hat es nicht
gefehlt, doch blieben, wie Seitz in Giessen berichtet, alle Maß-
nahmen wirkungslos. In letzter Zeit will Nölle in Bielefeld durch
Johimbininjektionen, glänzende Erfolge in dieser Hinsicht : erzielt
guten Resultate auch
II. Anatomische Eigentümlichkeiten.der Mamma und
| = des Säuglings. | |
Außer der im vorhergehenden Abschnitte erwähnten Hypo-
: plasie der Brustdrüse können Flach- und Hohlwarzen dem Still-
. geschäft unübersteigbare Hindernisse entgegenstellen, während dem
Säuglinge durch Hasenscharte und Wolfsrachen das Saugen an der
. Mutterbrust unmöglich gemacht werden kann. Vorübergehende Er-
krankungen der Mamma, wie Rhagaden der Brustwarze oder Mastitis
und anderes, können im. Zusammenhange dieser Arbeit nicht als
entwicklungshemmende Stillhindernisse betrachtet werden, da es ja
durch entsprechende Maßnahmen gelingt, nach Überwindung der
vorliegenden Erkrankung die Drüsensekretion wieder in Gang zu
bringen.
Außerhalb jener durch erkennbare äußere Umstände in der
Entwicklung gehemmter Säuglinge gibt es jedoch noch eine Kategorie
von Kindern, die an der Frauenbrust nicht gedeihen, ohne daß man
. hierfür Gründe anzugeben vermöchte. Die Ursache dieser bisher
unaufgeklärten Erscheinung glaube ich gefunden zu haben in dem
Fehlen einer =
IV. Biologischen Verwandtschaft jw aake Amme und
ur Säugling.
Habe ich mich in den bisherigen Abschnitten meiner Be-
folgendem begründen zu können hoffe, so viel Wahrscheinlichkeit
für sich hat, daß ich sie als vorläufige Mitteilung der Fachwelt zu
unterbreiten wagen darf, ist sie .doch geeignet, in das Dunkel
mancher ungeklärten Frage Licht hineinzutragen. Die zur Be-
stätigung oder Verwerfung meiner Annahme dienenden Versuche
will ich in den nächsten Tagen nach Maßgabe des mir zur Ver-
studio den Fachgenossen zur Nachprüfung übergeben.
Es ist eine bekannte und durch die Literatur der letzten
20 Jahre erliärtete Tatsache, daß die parenterale -Zufuhr von art-
fremdem Eiweiß im menschlichen Organismus Reaktionen auslöst
die unter Umständen so gewaltig sind, daß sie sogar zum Tode
führen können. Aber selbst die Einverleibung in therapeutischen
Dosen kann zuweilen besonders bei prädisponierten Personen zu
chokartigen Krankheitserscheinungen führen, ‘die allgemein unter
' füguńg stehenden Materials beginnen und ihr Resultat sine ira et
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= mit vorzüglichem Erfolge einführte, stark zu Gunsten der un-
kann jedoch auch auf. anderem als dem parenteralen Wege erzielt
demnach den Angaben Andreattis, so wären seine Erfolge nur
Einwirkung der intestinalen Sekrete nicht mehr in der Lage ist, die
augurierte spezifische Serumtherapie, namentlich seit den Versuchen
. v. Gröers im Jahre 1917 (Bericht in der Gesellschaft der Ärzte in
mit unspezifischem Pferdeserum günstig beeinflußte, Felix Deutschs
‘schwere Dysenteriefälle durch ausschließliche Kaseinkost (Topfen)
in desolatem Zustande eingebrachten Patienten auffallend besserte,
. Erfolge, die ich nur der Kaseinwirkung, d. h. dem peroral verab-
. tion infolge allzu langer Anwendung des Präparates zu Intoxikations-
T Ten
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1108 ( E = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32. +10, August
| |
dem Namen „Anaphylaxie*“ bekannt zu großer Vorsicht bei An-
wendung artfremder Proteine zu therapeutischen Zwecken mahnen,
Diese anaphylaktischen Erscheinungen . treten. insbesondere bei
länger dauernder Zufuhr desselben Präparates auf, so daß eine
Summation der Gifiwirkung. angenommen werden muß, und können
mit Sicherheit vermieden werden, wenn man innerhalb der
Behandlungsperiode öfters das Eiweißpräparat wechselt. Die Sen-
sibilisierung des Organismus kann schon durch eine einmalige
größere Gabe erfolgen, so daß bei der nächsten Dose mit Ausnahme.
der ersten 6 Tage nach der erstmaligen Verabreichung der
anaphylaktische Chok erfolgen kaun. Eine Desensibilisierung kann
in manchen Fällen durch langsames Einschleichen, d. h. Injektion
kleinster, allmählich steigender Dosen erreicht werden.
` Die Wirkung der Proteine auf den menschlichen Organismus
das vegelative, bei peroraler (Kinder jeden Alters und Erwachsene)
das angioneurotische System betroffen, so stehen bei der Anaphy-
laxie des ‘eben ausschließlich mit Kuhmilch genährten Säuglings,
der Eklampsie, neben vegetativen und angioneurotischen haupt-
Reaktion des Säuglings auf. die stete Zufuhr derselben artiremden
Eiweißsorte handelt, erhellt am besten aus der Tatsache, daß bei
. wechselnder. Eiweißart in der Nahrung z. B. in Form der Mollschen
Puddingdiät die eklamptischen Krämpfe allmählich abflauen, um
nach Zufuhr auch kleinster Mengen von Kubmilch vor Desen-
sibilisierung des Körpers sofort wieder aufzutreten. Der Ein-
wand, daß. unter so vielen künstlich genährten Säuglingen schließ-
lich doch nur ein kleiner Prozentsatz an Eklampsie erkrankt, wird
werden. Wie Andreatti in einem Vortrage in der Gesellschaft
der Ärzte vor kurzem berichtet hat, ist es ihm in vielen hundert
Fällen gelungen, bei Tuberkulose mit einer Modifikation der
Tuberkulintherapie, die ja im wesentlichen nichts anderes als eine
spezifische Eiweißtherapie ist, vorzügliche Erlolge zu erzielen, indem
er das Tuberkulin nicht parenteral, sondern peroral verabreicht,
wobei stärkere Herd- und Allgemeinreaktionen ausblieben, und die
Körpertemperatur nur unwesentlich erhöht war, während sich der,
subjektive und objektive Befund zusehends besserte. Glaubt man
einen anaphylaktischen Chok erleidet und nicht jedes Kind, das
. Zustandekommen der anaphylaktischen Störungen eine besondere
Disposition des betroffenen Organismus annehmen, die ihn für die
neurotrope Wirkung summierten Eiweißes empfindlich macht, wenn
man nicht etwa annehmen will, daß es durch langsame Steigerung
| mus kommt, was mir wenigstens -nicht sehr plausibel erscheint.
so zu erklären, daß eine Resorption des Tuberkulins auch vom (`
Darme aus stattfindet, wobei es infolge der Veränderung durch | immer so kraß zu sein wie zwischen menschlichem und tierischem
Eiweiß, um anaphylaktische Störungen hervorzurufen. Gelegentlich
stürmischen Reaktionen wie bei der parenteralen Einverleibung zu | von Bluitransfusionen, die schon vor mehr als 50. Jahren (Ge-
entfalten. | |
Nun wird aber in den letzten Jahren die von Behring in- | Ausgeblutete zu retten, hat es sich wiederholt erwiesen, daß die
Blutübertragung von Mensch zu Mensch zu den schwersten Krank-
Wien), der Typhus, Diphtherie und andere Infektionskrankheiten | konnte, ohne daß man imstande gewesen wäre, die eigentliche Ur-
| sache dieser foudroyanten Giftwirkung des transfundierten Blutes
(Kritischer Temperaturabfall bei Erisypel durch Injektion größerer
Dosen Di-Heilserum) und schon etwas früher Paul Saxels, der die | deckung machte, daß sich das Blut sämtlicher Menschen in vier
seither so gebräuchlichen Milchinjektionen in. die Therapie zum Teil‘ Kategorien einteilen lasse, die sich zueinander so verhalten, ‚daß
das Blutserum der einen die Erythrozyten einer zweiten und dritten,
dagegen nicht der vierten zu agglutinierem vermag, während die
eigenen Eryihrozyten wieder nur von dem Serum einer oder der
anderen Gruppe agglutiniert werden, verlor: die Transfusion all-
mäblich ihre Schrecken und hat sich in der Folge durch viele
Forscher, in letzter Zeit durch Nather in Zürich, später in Wien
ausgebaut zu einer der glänzendsten therapeutischen Errungen-
schaften der letzten Jahre entwickelt. Dieses gegenseitige Verhält-
spezifischen Aktivierung des Protoplasmas (Weichardt) vernach-
lässigt, d. b. man nimmt an, daß die Heilwirkung der Sera weniger
auf den in ihnen enthaltenen spezifischen Antitoxinen, als auf ihren '
Gehalt an artfremdem Eiweiß zurückzuführen ist.
Ein weiterer Beweis für die therapeutische Wirksamkeit
peroral verabreichten arlfremden Eiweißes ist meines Erachtens
auch in der im Eingange dieser Arbeit erwähnten -prompten '
Besserung dyspeptischer Bruststüble durch kleinste Gaben von
Kuhmilch .nach den Brustmahlzeiten zu erblicken. Erwähnen |
möchte ich ferner, daß ich während des Krieges in meiner In- | in einem in Holland gehaltenen Vortrag betont hat, zwischen
fektionsabteilung am Reservespital Wiener Neustadt zahlreiche | Menschen bestehen, die miteinander durchaus nicht verwandt sind,
nach vorheriger gründlicher Darmreinigung sehr günstig beeinflussen
konnte. Die hohen. Temperaturen fielen nach 2tägiger Topfendiät
lytisch ab, die profusen blutig-schleimigen Stühle wurden zusehends
fester und seltener, während sich'das verfallene Aussehen der meist |
meinschaft haben müssen, nebenbei gesagt, der Grund, weshalb die
Agglutinationsversuche von Abderhalden zur Bestimmung der
Paternität versagt haben. |
reichten artfremden Eiweiß zuschreiben kann.
Wo aber durch irgend ein Mittel eine ‚Heilwirkung ‚erzielt
wird, dort kann es auch durch Überdosierung, bzw. durch Summa-
zyten der anderen mit ihr biologisch nicht verwandten deuten dem-
nach darauf hin, daß die Proteine der letzteren auf die erste
Blutgruppe als artfremdes Eiweiß wirken, obwohl sie von
derselben tierischen Spezies — in diesem Falle „Mensch“
— stammen. Da nun sämtliches im Organismus eines Individuums
erscheinungen oder zum “anaphylaktischen Chok kommen. Sind
diese üblen Zufälle bei parenteraler Anwendung der Proteinkörper
(Sera, Milch, Milchpräparate usw.) schon lange bekannt, so wurden
in jüngster Zeit auch gewisse Hautphänomene, wie die Urtikaria, |
als anaphylaktische Reaktion auf peroral aufgenommenes Eiweiß
gedeutet. Wir sehen also dem klassischen anaphylaktischen Chok
bei parenteraler Eiweißverabreichung mit seinen lebenbedrohenden
Vagus- und Sympatikussymptomen (Zyanose, Bradykardie, Herz-
schwäche) die wesentlich schwächeren angioneurotischen Erschei-
nungen bei peroraler Aufnahme gegenüberstehen und können: daher
die Anaphylaxie als Giftwirkung eines Eiweißkörpers auf. das Nerven-
system bei sensibilisiertem Organismus definieren. |
In augenfälligster Weise ist jedoch der anaphylaktische Chok
peroral zugeführten Eiweißes bei der Eklampsie dauernd mit Kuh- | geschlossen werden können, nur als anaphylaktische Erscheinungen
milch ernährter Säuglinge zu erkennen. Sehen wir bei parenteraler |
| auf das artfremde Eiweiß der biologisch nicht verwandten Ammen-
Anwendung (meist ältere Kinder und Erwachsene) hauptsächlich | brust aufzufassen sind. Hierdurch wird auch ohne weiteres ver-
enthält, so wird auch das Eiweiß des Brustdrüsensekretes mit dem
Blutserumeiweiß identisch sein und sich biologisch von dem Milch-
eiweiß der einer anderen Blutgruppe angehörenden Frau unter-
scheiden. i | ze
Wenn man nun nach meinen Ausführungen als erwiesen an-
nimmt, daß auch durch peroral eingeführtes artfremdes Eiweiß unter
Umständen anaphylaktische Störungen in weiteren oder engeren
Grenzen hervorgerufen werden können, so wird man wohl zugeben
müssen, daß auch die Frauenmilch bei einem Säugling, der einer
anderen Blutgruppe angehört als die stillende Frau, gewisse Schädi-
Abschnitten skizzierten Gründe für die Entwicklungshemmung aus-
sächlich die Erscheinungen von Seiten des Zeniralnervensystems |
im Vordergrund. Daß es sich hierbei wirklich um eine anaphylaktische
hinfällig, wenn man bedenkt, daß ja auch nicht jedes Individuum, `
das wiederholte Injektionen desselben Eiweißpräparates bekommt, `
Eier, Fleisch und andere eiweißhaltige Nahrungsmittel genießt,
Urtikaria oder Strophulus erkrankt. Wir müssen daher’ für das
der Kuhmilchmenge zur Desensibilisierung des kindlichen Organis-
Die Artverschiedenheit der. Eiweißkörper braucht jedoch -nicht
sellius 1873, Berns 1874, Landois 1875) versucht wurden, um `
heitserscheinungen, ja selbst zum Choktode der Behandelten führen:
zu ergründen. Erst als Landsteiner im Jahre 1901 die Ent- 2
nis der einander nicht agglutinierenden Blutgruppen, das ich „bio-
logische Verwandtschaft“ nennen möchte, kann wie v. Eiselsberg
während Eltern und Kinder biologisch miteinander keinerlei. Ge-
Die hämolytischen und agglutinierenden Eigenschaften des
Serums der einen Blutgruppe gegenüber den Kolloiden und Erythro-..
befindliche Eiweiß Proteine derselben molekularen Beschaffenheit
gungen verursachen kann, die, wenn alle in den vorhergehenden
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>=. °F
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nur die Wa.R. zu prüfen,
z - - i aal beider festzustellen.
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5 „vom dritten Monate an agglutinable und agglutinierende. Fähigkeit, |;
m ' > 4 besitzt (Landsteiner, Sturli, -Quarrie, Guthrie u.'a.), so daß”
“die Diagnose der bestehenden - oder- fehlenden: biologischen Ver- |.
-gmandischaf erst von diesem Zeitpunkte. an gestellt ‚werden kann.
i E: Ich bin mir wohl bewußt, daß diese ganze Frage derzeit in-
- 4 a Age der leidigen materiellen Verhältnisse mehr ‚theoretische als
ipraktische Bedeutung besitzt,- wird’ es doch in den, meisten Fällen: |
E schwer halten, bei Versagen der Mutter gleich eine andere
. = biologisch geeignete Amme ‚aufzutreiben. Immerhin wird es, glaube |
es cich, für Arzt und Eltern von ‘großem Interesse: sein,. die Ursache |.
ä A : " Zeiner mangelhaften Entwicklung . ‚des. mit- aller Sorgfalt gepflegten |
"er ie €
.
w A " atien zu können. -> ;
u» Literatur: Nobel, Die: Ernährung gesunder und kranker Kinder. Wien,
“Rikolaverlag 1923. — Moll, Ars. medici, 1923.. — Czerny, Festschrift zu Henochs
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[Lan dt 2 Seren Auen ER She
Kin Bin ak E ee
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'"3B\Schick, Vortrag in der Gesellschaft der Ärzte. Wien 1928.— No elle, Zbl. f. Gyn.
B Nr. 45. — Seitz, Klin. Wschr. 1928, Nr. 44. — Andreatti, Vortrag in der Ge-
Wiens, Sitzg. am 22. Nov. 1928. — Nat er, W.kl. W. 1923/24.
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Aus dem Krkieliränkkenhaus. Oschörsleben-Bode:
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a | oo Von Dr. Esau. | |
DieEinlieferung eines pockenvördächtigen Kranken i ins sKranken-.
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r ee a 7 Wiener mn
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RNS Pi a i $
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haus ist immer noch trotz des bei uns guten en und nn m
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a erden En- oder En onder als“ rein ee A
. le für den verantwortlichen Arzt, der-unter allen Umständen :
eine Pockenerkrankung schnell, und - sicher feststellen soll. Eine '
um so. schwerere Aufgabe, als fraglos ` die. bedauerliche, aber be-
Kae und nicht zu "ändernde- Tatsache besteht, daß. der größte `
el der Ärzte echte Pocken: ‚wegen. ihrer Seltenheit. aus eigener
“z Anehanung nicht kennt. Deshalb “bleibt die Erkennung: des ersten
- Falles, besonders wenn‘. es sich‘ um einen leichten womöglich
Eee handelt, der- ‚wenige Erscheinungen und npr. ein paar-
. „“Pusteln aufweist, manchmal eine schwere Aufgabe, die ‘einem erst.
|
eieo rU Br a un a BB u a EEE
er K y A . A
n Macht wird.
Verweilen in verdächtigen oder als Pockengegend bekannten Landes- `
“teilen, der Begim und däs charakteristische Bild der Erkrankung,
i ar: bei der Variola vera immer. seinen reinen Typus: bewahrt..
n Demjenigen Arzt, der ‘an Variola überhaupt denkt‘ und sich durch‘
- »eingehendes Studium
„größter, Wahrscheinlichkeit die richtige. Deutung. undi Erkennung |,
‚Nicht verschließen. Vor‘ allem dann nicht, wenn er. an diejenigen
u ngh denkt, die ‘wenn auch nur : ‚oberflächlich. einige . Ähn-
pi -die N mit der Variola bzw. mit der: 'Variolois ‚haben können, .
on el ‚arizellen nämlich und die. Syphilis!). Aber ein Rest von
iwierigkeiten bleibt manchmal’ noch zu lösen, wie der folgend
„„eschriebene Fall erweist. 0 ~ i
Pk 48 Jührig, Landäthejter, ie am 8. Dezöchet 1928 als.
«Al; Frül vacaug eingeliefert und gab folgendes zur ee]
ler war er immer ‚gesund, ist verheiratet und hat gesunde Kinder;
') Das generalisierte ustulöse: Syphilid war
Bien trotz sonst guter Kekse: Syp die Syphilis kaum bekannt;
ie sich besonders gern’an der Stirn’ A Veneris, dann
Teil. B seltener an den F Extremitäten“
Berlin 1839, S. TERN. d
~ ständlich, warum ein Säugling añ . der Brust einer. zum 1 Süillgeschätt: |
a ee tauglichen Amme, sei. sie auch die .'eigene ‘Mutter, zu: '
& “x weilen nicht gedeiht, oder fortwährend “intestinale Störungen bietet,
2 während er die Milch einer anderen -oft körperlich : :minder ge- |.
- ‚eigneten Frau ohne jede Beschwerde verträgt und: assimiliert. Sollten |
zao die von mir und anderen Kollegen, die:sich die Mühe nehmen |
— “wollen, anzustellenden Versuche. 'die' Richtigkeit meiner Hypothese |
x/von der Notwendigkeit einer biologischen ‚Übereinstimmung zwischen
“Amme und Säugling erweisen, Sô wird man in Zukunft nicht umhin..
"können, bei unerklärlichem Nichtgedeihen. eines Brustkindes: nicht |.
sondern auch an- einem. Tropfen : des
Ammen- und "Säuglingsblutes ‚den Grad’ der: biologischen Verwandt- |
Eine: ‚gewisse. Einschränkung : erfährt :
`». tdiese Forderung durch den Umständ, daß: das Säuglingsblut erst .
-Kindes durch eine einfache‘ in wenigen Minuten ie Reaktion `
= en 70, Geburtstag. — E. Unger, Das Colostrum.. Diss. Berlin 1898. Virch. Arch. Bd. 151. 1.
l „= Baginsky, Lehrbuch der’ Kinderkrankheiten. 7..Aufl. — "Ploß, Das Weib. — |:
"Später durch weitere Erkrankungen sehr zum Verdruß leichter ge-
Meist gibt zwar dis Volssechiohte € einige e Anhaltspunkte; das i
mit: dem Fall befaßt, wird sich mit aller-
A al
übrigens in früheren
sagt Die medizinische Praxis | |
„sellschaft der Ärzte. Wien 1924. — D waton W ‚Freie Vereinigung der Chirurgen Fo
< Variola vera, Varizellen und varioloiformes Syphitid. :
aa sind mit dicken schwärzen trockenen. B
; die Verfürbung der Haut durch Blutfarbstoff. ist verstärkt. Temperatur A
t
De H Be < ; wi $ ed
"während T Krisper adie: er. ein Trhssnlsiden. an da linken Hals-
-seite durch und. hat seitdem eine Anschwellung an. der Stelle behalten; ..
die ‘sich auch, in der:letzten Zeit nicht änderte.. ‘Jede ‘venerische: In- .
Sektion ' und. überhaupt: jede Möglichkeit. dazu ' wird, wiederholt : und: :
glaubhäft verneint: Gearbeitet hat L. bis züm '80, ‚November; hatte-an
diesem: "Tage jedech . Frösteln verspürt,’ "arbeitete achar 1..Dezember, a men
ging‘ dann aber :am 2, ‘Dezember wegen Ausschlags an den Füßen zum `
"Arzt, der ihm Bettruħė; em jfabl. Erst am 8. "Dezember ‚sah‘ ihn..sein
Arzt wieder und schickte. ihn, schleunigst" als‘ Pockenver ‚düchtigen. ‘ins í
Krankenhaus.. In. ‚der. Zeit zwischen dem 2. ‚und 8. Dezember ‚waren:
a Pusteln allmählich..und in Schüben,. an den’ Beinen’ beginnend. nd:
fwärts fortschreitend aufgeschossen.- Kein wesentliches Krankheits- ` .
geti l,- keine Störung des Sclilafes: und des’ Appetite, TA
> "Befund: Sehr großer. mittelkräftiger Mann. in ‚mittlerem Br- l
nährungszustande:, Temperatur abends 88°, Der ` ganze Körper -ein-'
schließlich der behaarten Teile ist von.Pusteln. bedeckt; nur an wenigen ° Auer
meist. bedecken. sie. ~
Stellen ' stehen die.. Pusteln. weiter : auseinander, |
‚dichter, an vielen Stellen sehr dicht und auch: ineinandor überfließend. '
‚die ‘Haut. ‘Am stärksten ist der Rücken, nachdem Brust und Bauch, .
an diesem wieder vorwiegend die Leistenbeugen und die Genitalgegend
" betroffen; das rechte Bein ist stärker ‘als das“ linke, an ihnen die.Innen- . ..
seite mehr als die Außenseite befallen. An: der.Innenseite des rechten.
Unterschenkels haben die -Pusteln- ‚ausgesprochen hämorrhagischen -
‚Charakter. - Weniger eng 'stehen die Pusteln an beiden ‚Armen, der `
„rechte Arm und’ die Beugeseiten sind mehr bedacht. Die behaärten
‚Teile des Kopfes weisen, eine: mittlere Diehtigkeit der Pusteln auf. Die
Mundschleii
Pusteln besetzt, z, B.' auch an.der Zungenunteiseitd.
ist das Gesäß nd die Handflächen; an den Füßen finden sich: nur '
ganz vereinzelte teilweise hämorrhagische Pusteln:
Te „Abbildung 1.04 BEN Abbildung‘ 2.
Teilweise sind. es
ganz frische. ‚mit: serösem kaum getrübten Inhalt, die meisten weisen
abgeschlossenes W achstum. mit Dellenbildung bei trübem Inhalt ‚auf,
‘Ein geröteter Hof umsäumt die einzelne Pustel, soweit:sie einzeln
steht. Am rechten Unterschenkel liegen. die. Pustelni in. breiten hämor- 3
5. mm, die. kleinsten sind x von‘ Stecknadeikopfröße..
. rhagischen Zonen und ‚fließen an. wenigen. Stellen zusammen. : Die
'Pusteln sind einkammerig, die älteren trocknen bereits cin; die Schorfe ”
sitzen schr'fcst und lassen sich nicht ablösen.. Nüssende Stellen finden. F
ebensowenig —
sieht, man zerfallende- Pusteln oder- aus solchen‘ hervorgegangene , fer Me
"sich nirgends, aucli nicht an aneinander liegenden Stellen,
-schwüre. Die Dr üsenschwellungen entsprechen den Häutveränderungen; |
nur ‘an der linken Halsseite “findet: sich ein diffuses tieflie endes |
Infiltrat,: das schon lange Zeit‘ bestanden und ab und zù gese ımerzt
„haben soll: ‘einzelne Drüsen sind in ihm- nicht zu palpieren, | |
11. Dezember: Die gesunde Haut: an "Beiden
-dur ch Blutfarbstoff gelblich verfärbt. - Temperatur abends 38,80,
.. BB. Dezember: Leukozyten 12000, normale. Verteilung.
14. Dezember: Die Pusteln des rechten, weniger
' seit 3. on an .. bis oe Befinden dauernd gut.
19. Dezember: Die letztentstandenen Pusteln sind e
die Reste lasson sich leicht abheben; ingotrocknet,
neue. me BEN 1 $ |
22. Dezember: Auf der rust sind rede einige Pust i
aufgeschossen; . am rechten ‚Knöchel sind die Kun Aue Be daan
. teilweise Da X n Su |
97: Dezember: Neuer. Tem eraturanstie mit abendliche 7
|. bis 38, 50 unter gleichzeitigem aiie von neuen 1 Pastela itzen
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aut a in allen ihren Teilen ziemlich dicht. mit, flachen B
Nicht befallen EURE
des linken Unter | `
utschorfen bedeckt, :
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Die. Pusteln sind-
von verschiedener Größe; ‚die ‚gronten haben einen‘ Durchmesser. von A
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
%
klinischen Formen der Varizellen bei Erwachsenen. Ebenda. 1913, Nr. 37.
— Stäubli,
Varizellen bei Erwachsenen. Korr.-Bl. f. Schweizer Arzte. |
1913, Nr: 8. 2:2 a wi". Wa be a,
`,
3) Busc hk e, in Riecke, Haut- und Geschlechtskrankheiten, .
gulation der Diurese wird durch manche ganz in Zweifel gestellt; -
10.-Angust.
wiegend am Bauch, weniger an beiden Unterschenkeln ünd noch spär- -Nach der Erfahrung der Syphilidologen?) scheint das vesikulöse 2
licher ‘an Brust’ und Rücken. N e = | [ und :pustulöse -Syphilid‘ überhaupt selten für sich allein vor- . "ab
Die Blutuntersuchung ergab ‘dann positive Wa.R. (+++). |. zukommen und es ist meist mit. anderen 'syphilitischen Exanthemen ` 5;
- .. „In der Folge Behandlung mit Salvarsan-Novasurol; Verlauf ohne Kompli- | vergesellschaftet; es soll sich meist um mittelgroße papulöse Formen ` m
~ ;- Kation, kein Ikterus, keine neuen Pustelnachschübe, rasches Abheilen | handeln. Die Decke der Bläschen hebt sich ab, der Inhalt trübt a
. der Pusteln unter sehr starker Pigmentbildung (s. Abbildungen). Anfangs | sich eitrig und nach dem Platzen. präsentiert sieh ein meist-nicht. . ;
Februar 1924 zeigt das Infiltrat an der linken Halsseite insofern eine | ehr? deles schait eeschnitienos kreistundes: Tachos Geschwin. = 7
- Änderung, als die diffuse Schwellung vermindert ist und einzelne Drüsen Dan ý ber 1 w B ‚ge ke. dab diese. Form des Svnhilids mei z ouk
. .durchzufühlen sind. Negative Wa.R. nach insgesamt 9,3 Neosalvarsan, | Vann aber sag uschke, daß diese Form PS DV DO LE MSi. c i
` 22 cem Novasurol und 10 ccm Bismugenol; glänzende Erholung. |. nn we nn "an
RE Sa Bi 4 x ERE hatn, F n BR ; [ A s
: PELA ac a o u ana Ae Mannie AeL vor voll- ER Une erster Patient "zeigte -aber dauernd nur leichte at
war, aus ländlicher Bevölkerung stammte, der jegliche Möglichkeit Krschäinensen iriz unzweifelhaft ‘schwerem: Infekt” : Was aber — 1i
a nn re an das P P hinsichtlich. der anderen .in der Literatur beobachteten Fälle von a
„lahnez und, bor dem in Ele Dr auci en u Varizellen beim Erwachsenen interessiert, ist die Bemerkung von: ~ 2!
E a n R T p e n Buschke,- daß derartige luetische Exantheme. auch raue p
„earna crammie mad. dab auci na nen spontan "ibheilen. können; ‘wenn ich auch, Irrtümer für aus- E
z u N a leeres: a an a, eeschloeen hälte in Bezug; auf die in der Literatur bekanntgegebenen - a.
Varjola war von vornherein leicht auszuschließen; die Vorgeschichte Beobachingen von Erwachsenen Varizellen. s0 eibi: die, Angabe =i i
sprach. dagegen, die Polymiorphie- der Pusteln und das leichte Enschlees doeh dn-denken: vorallem. we ni BIER: Romberg Se ag
Kn RAR f 1 2 u a ge FE traut, der Varizellen bei Erwachsenen überhaupt nicht kennt. In, %
2 R mor auk piee 8° Sraet 1; = Ei mmer | den Fällen, bei. denen objektiv ein Primäraffekt nicht nachzuweisen _ pn
a E N I EL R . | war, wird bei spontaner Abheilung ohne Wassermann eine sichere `» 14
| ee a ur | Diagnose: BR ganz unmöglich gewesen sein. Trotz immer wieder .&
g variolon, bon Denn handie, H Waher ke nho u rneuten Suchens war.ja auch bei unserem Kranken die Eintritts- ‚ul
= sich. Es soll nicht verschwiegen werden, daß wir dem anscheinend a en oib Merdin sae aa der linken aleile o ai
zuverlässigen Manne voll „Glauben sehênktey, als er jede Möglich: "breite Infiltrat ` das nach a abe des Kranken zwar:seit Jahren Ah
ket anbi y ieena Eon ee OI a a beland und als Drüsentuberkuloge behandelt war, das aber dòch il
nicht einmal so unwahrscheinlich, - daB er völlig unschuldig auf |. ie der spezifischen Behandlung Veränderungen: dürchmachte. m
extragenitalem Wege an nn Laes ‚gekommen iat Dne Su Die diffuse. Schwellung verschwand teilweise und es ließen sich E:
. fortige Blutuntersuchung würde uns rasch- eines Besseren belehrt | on Schluß der Behandlung einige Drüsen dürchfühlen, die kleit ti
| haben. Be les a ern ne a ý | und derb waren und wohl die Reste einer tuberkulösen Erkrankung it
Nun ist die Frage der Varizellen bei Erwachsenen an- | Sein konnten. Mit einer großen Wahrscheinlichkeit kann man aber . mi
-scheinend noch nicht voll geklärt. Strümpell spricht von ihnen | „ch ‘annehmen, daß. an dem verstärkten. Infiltrat die luetische ni
© als einer echten Kinderkrankheit, von der Erwachsene nur äußerst | Troktion mitgewirkt hatte, als Ausdruck eines Primäraffektes in ji
.. ., selten befallen werden; Romberg hält sie für eine ausschließliche der Nähe. der linken Tonsille oder‘ an einer noch. tiefer und ver- ʻi
. Erkrankung des Kindesalters, voh sicheren Fällen bei Erwachsenen | p oreener čele genen Stelle. D Eee Ic
sei nichts bekannt. Die Ausbeute in der kasuistischen Literatur |- ° 7, \sammenfassend möchte ich sagen,. daß die Variola vera a
über, Varizellen bei Erwachsenen ist ziemlich spärlich’). | unter den . Erkrankungen mit pustulösen Hautveränderungen eine ` -4
Die diagnostischen Heilmittel sind einigermaßen gering; | Sonderstellung einnimmt, : die echten Pockenpusteln zeigen. . ly
auf das äußere Krankheitsbild will ieh nicht weiter eingehen.. Das | immer eine gleiche Form und haben gleiche‘Größe. Infolge - a
‚Blutbild, ist beim an Varizellen ‘erkrankten Erwachsenen kaum | des Auftretens in Schüben sind bei Varizellen neben vollaus `z
. bekannt und ein an sich vielleicht charakteristisches Blutbild wird | gebildeten unter Umständen bereits abheilende und ;
durch‘ zahlreiche Ursachen z. B. die eitrige Einschmelzung' der | daneben eben aufschießende, also sozusagen mehrere iu
` Pusteln, besonders wenn es sich um eine massige Aussaat handelt, | Generationen von Pusteln zu finden. Ein gleiches oder sehr Í
‚verwiseht und unbrauchbar. Krause gibt an, daß normale bzw. | ähnliches Bild findet sich bei der Syphilis in der Form des y
verminderte Leukozytenwerte die Regel seien. Stäubli bemerkte | »ustulösen, varioloiformen Exanthems; während aber die i}
„eine Leukopenie mit einer Vermehrung der großen Mononukleären | Varizellen in zwei oder drei-Schüben normalerweise ab- In
‚ und Übergangsformen. Wir stellten hei unserem Kranken erhöhte | heilen, Erwachsene von ihnen wenn überhaupt wohl nur äußerst ` iy
' Leukozytenwerte bei sonst unwesentlich verschobenem Blutbild fest; | selten befallen werden, scheint die Lues sich dadurch’ auszuzeichnen, ‘s
ein Resultat, das. für Lues charakteristisch sein soll. ©. | daß bei ihr viele Male neue Pustelnachschübe auch Wochen nach iy
Das Aussehen’ der Pusteln sprach ganz für Varizellen. Was | dem ersten Auftreten der ersten Pusteln möglich sind. Erst de cy,
uns stutzig machte war einmal der schleppende Verlauf, das lang- | spezifische Behandlung, in Ausnahmefällen: auch spontan, beendet k
same Abheilen der .Pusteln, vor allem aber eine neue Pusteleruption.] die Nachschübe. Nicht der Erfolg einer spezifischen Behandlung, x
-` unter neuerlichem Anstieg der Temperatur in der 3. Beobachtungs-. | die ein Verlegenheitsmittel ist, soll die Diagnose sichern; sie ist a
woche, als die Abheilung in bestem Gange war. © ` | aueh in unklaren Fällen :durch Anwendung aller Hilfsmittel und an
Was uns davon abhielt trotz der anders lantenden Angabe | durch rechtzeitigen Wassermann, den wir aus den oben ge 3
des Patienten ernstlich an ein luetisches Exanthem zu denken, war | schilderten Gründen erst reichlich spät heranzogen, anzustreben. Ss
“die Erinnerung an eine schwere syphilitische. Erkrankung varioloi- | Man vergißt immer ‚wieder, daß die. Anamnese zur Beurteilung o4
-former Art, die einige Jahre vorher bei einem polnischen. Mädchen | venerischer Krankheiten immer núr mit: der größten Vorsicht zu N
© beobachtet war. Diese Kranke kam ohne Diagnose zur Einlieferung; | verwenden. ist. De; Zu a Sr je
sie wies ein großpustulöses Exanthem auf, das mit Variola eine. RENTE u ME go] EN
. gewisse Ähnlichkeit hatte; doch waren die einzelnen Pusteln zu Aus dor IL Internen-Univorsitäteklinik:in Budapest. i
` groß, konfluierten in: den Schenkelbeugen, die Haut zwischen den | è (Direktor: Dr. Freiherr L. v. Kötly, o. ö. Professor): i
Pusteln näßte, es bestanden hohe Temperaturen und stark aus- | 0.2 nn 9: Kae =. 3
geprägtes en Mar mn o a =", „Kasnistischer Beitrag | a
.- herauszubringen und das Mädchen, das sehr verwahrlost war, wurde . ' Dath dae Ne ae PERLE. ES >
- ‚isoliert. Der . Verlauf war an ‘den folgenden Tagen eindeutig: die zT. Pa h ogenese, des Diabetes insipidus. Ir
°. Pusteln trockneten. nicht ein, A zerfielen, Ma aon und Von Dr. Géza v. Gerlöczy, I. Assistent der Klinik. ~
bildeten ausgedehnte papulöse Geschwüre in Guirlandenform. - Der Bezüelich. dar Pälhoseness ass nsinidus sind wir a
er Hua Nur i man angestellten Wassermann ergab Hoi in 2 mlickem De. Die m re En nn
a DOBIINER-AINSIAN: i a aaea Poin sind scheinbar- sehr variabler Herkunft; . i
2 use, Vorkommen von Varizellen bei Erwachsenen. D.m.W. | COTOS Wira: or Araca; daß die Forscher dieser Krankheit oft, dure à |
1913, N Llienthel, Varizollen bei Erwachsenen. Ebenda. 1815 “aus entgegengesetzter Ansicht sind. — Die am häufigsten diskutierte |
Nr.26. — Savini, Das seltene Vorkommen und: die eigentümlichen Frage ist die Rolle der Hypophyse. Ihre Teilnahme in der Re-- i
~ = f ) d A . ke x F . | se i 5 | J . j oi 2 i
Z ie + e A SUSE. f et nd on = . ne , , TY ai i
ee E Š - n n sa S N EA nap. Br f a e ; E ar » a Br ar Fa a o an 7 au: mn
2 « l ; 8 j a 2 viel. E : l u . he E Pai g f a i N. 2 en Bu N
l o N i en r es N i a Z i A E ns k E . ` ; l l 5 S p i ’ \ a“ . n i . , N Be . a j | - i | ; | a l m i by 7 i | > 3 | ar
Phiget- ne - 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.-32. a /\ E
er | N 9 Mii `' . » EN = ee RAT ee DE ER : Eea 7 TS AN
| . E ; i 7 . 7 ` . va y A AA
"Iktzterer ist auch: keinesfalls einheitlich darüber, ob die regulierende
Tiligkeit die ganze Drüse oder nur einen ihrer Lappen betrifft,
"mid ob das Entstehen des Diabetes insipidus -die Folge einer Hyper-
__kann:ein viel klareres Bild geschaffen werden. Die entnervte Niere |.
Zr produziert einen reichlichen, dünnen, feste Bestandteile kaum ent-
- entleert‘ wird. Die Regulationszentren sind im vierten Ventrikel
- (fungmann, Veil) und im Zwischenhirn (Leschke)... Die Läsion
'` dieser Zentren ‘geht stets mit dem typischen Urinbefiund einher;
-:, mielnden Nerven sind: der Vagus und der Splanchnikus.
“ Während. die Splanchnici eine bedeutende Rolle spielen, ` indem
` ihr Darehschneiden Polyurie, ihre Erregung Diuresehemmung und
~. Hyperchlorurie hervorruft (Eckard), scheinen: die Vagi hinsichtlich
<- de Nieren bedeutungslos zu sein (Jungmann); gewiß hat man
'. - auf expèrimentellem Wege bisher keine vollkommene Klärung über
- den Einfluß der Vagi gewonnen, es ist aber durchaus nicht unmög-
lih, da8 der, bei anderen Organen giltige Antagonismus beider
Systeme -auch bei den Nieren besteht, und zwar. wahrscheinlich
dena, daB im Tonus des sympathischen Systems ein beständiges
Übergewicht herrscht. Be | en
Ingen,.aber mit dem Extrakte der einzelnen Lappen sind bereits
ahlreiche Versuche angestellt worden. — Die Wirkung, die 'mit
“dem Extrakte der Neurohypophyse zu ‚erreichen ist, ist. zwar
oder Hypofunktion ist.
‚stheint-es belanglos zu sein (Leschke). Sowohl die Exstirpations-
„versuche, als z. B. der enge Zusammenhang mit anderen endokrinen
Diese Bedeutung wäre natürlich erst durch die. Kenntnis seines
s Dinrese von der Klärung der Hormonfrage abhängig. Obwohl end- |
‚kan, während dagegen noch als Ursache die Möglichkeit einer
Übergewicht gegenüber der Funktion des Hinterlappens. — Diese
‚Symptome des Diabetes insipidus im Leben vorhanden |
We
‚‚orderlappens wäre für das Zustandekommen der Krankheit vér-
nn, Der hier mitzuteilende Fall spricht für die Berechtigung dieser
an 10, November 1920.
x a $ E B i
‚ ‚Status praesens: Schwach gebaut, blutarm. . Normaler interübr
und Nervensystembefund. Tagesmenge des Urins 11 Liter
Gew. 1001,
Urinmenge und das spez. Gewicht erfolglos; A de®
serums stieg aber von — 0,58 auf —.0,61; ebenfall Er-
höhung des R. Nitrogens' (52—56 mg?) — des spezifischen Ge-
wichtes des Blutes und deor Serumrefraktion.. En
Röntgenaufnähms der Schädelbasis bilateral: Keine Erweiterung
der Sella turcica. — Augenhintergrund normal. Wa.R.: negativ.
Sa Bei der gynäkologischen Untersuchung. wird eine 3 mon atige
Gravidität festgestellt. 0.000000. a i $
<` Pituglandol erzeugt eine schnell ablaufende geringgradige Diurese-
indere-wieder, die das Entstehen des Diabetes insipidus ‚mittels
eines Hypophysentumors gefunden haben, weisen mit Recht auf die
‚pathogenetische Bedeutung der Drüse hin. Aber die Meinung
Über die diureseregulierende Funktion des Nervensystems
haltenden Urin, gleich dem, der von Diabetes insipidus-Kranken -
versuche würde wegen des häufigen Graviditätserbrechens verzichtet.
u. ` Nach einer .-£ wöchigen ae -diätetischen, , Pituglandol-,
‚Strychninbehandlung verläßt sie die Klinik. |
wi der, Schädigung ersterer mit erhöhter und‘ letzterer mit ver-
'ninderter Salzausscheidung. |
der Entwicklung ihres Diabetes insipidus ..ist der zeitliche
© Die zwischen den Zentren ler Entwicklung ihres Diabetes insipidus /
Zusammenhang so augenfällig; daß wir-uns berechtigt glauben, auch
einen kausalen Zusammenhang annehmen zu können.
und der Niere Verbindung ver-
weniger beständige Erscheinung; ‘aus den Angaben der oben mit-
‘geteilten Krankengeschichte wird aber ohne weiteres: ersichtlich,
daß bei der Patientin keine — sozusagen — physiologische Polyurie,
sondern. zweifellos ‘ein echter Diabetes insipidus vorhanden
Konzentrationshemmung vereinigt. RE: |
Wird ein 'pathogenetischer Zusammenhang angenommen, so
Der Tonus der vegetativen Nerven wird durch innen-
sekretorische Hormone reguliert. Hier knüpft sich die Hypo- -
þhyse an das Problem der Diurese an. . a
`- Die Herstellung des Hypophysenhormons ist bisher nicht ge-
diesen Zusammenhang vorstellen?
gewiß die Hypophyse zu betrachten. — Wie kann man sich
Schon Schäfer erwähnt in seiner grundlegenden Arbeit, daß
schaften zukommen, indem sie sowohl .zu fördern, als zu hemmen
imstande ist. ‘Man trifft die gleiche Auffassung bei. Hann: der
Tp Orre í Vorderlappen wirke . diùuretisch, der Hinterlappen antidiuretisch, und
vielseitig, gut durchstudiert, kann aber hinsichtlich der vegetativen
Nerven. keine Systematisierung erfahren, z.B. wirkt das Extrakt
„eegend auf das Vaguszentrum (Bradykardie), und gleichzeitig auch
auf dié Sympathikusnervenendigungen (Diuresehemmung, Magen-
sekfetionshemmung). Mit dem Extrakte des Vorderlappens.
wurden bisher keine auffallenden Erfolge erzielt. Auf die Diurese
(durch das Ausfallen des Hinterlappens) erklärlich. Das Übergewicht
wäre meines Erachtens auch derart vorstellbar, daß der Vorder-
Hinterlappenfunktion gelangt.
trachiet, sowie aus einer Hypertrophie mit'.mehr oder weniger
Drüsen (z. B. Keimdrüsen) weisen darauf hin, daß der Vorderlappen |
pen | Hypophysehypertrophie bei der graviden Frau wird auch ge-
m der innensekretorischen Korrelation große Bedeutung besitzt. ch p p D S
wöhnlich als Folge des Arbeitsplus wegen: des Ausfalles dér Ova-
rialfunktionen aufgefaßt (Fichera). Der Akromegaloidtiyp der
Graviden spricht auch für-Hyperfunktion. <. ...0..
Die anatomischenVeränderungen der Hypophyse während.
der Gravidität wurden von Erdheim und :Stumme eingehend
studiert. _ Wie bekannt, trifft: die ‚Vergrößerung der Drüse
Homons prüfbar; so ist auch die Frage seines Einflusses auf die
gültige Beweise nicht zur Verfügung stehen, . können doch. manche
arische Angaben zur Orientierung „dienen. VIE
. „baut Leschke fällt dem Vorderlappen in der Diureseregu-
lierung absolut keine Rolle zu, nachdem bei seiner isolierten
Emtirpation sowohl die Menge, als die Konzentration des Urins
Wwerändert bleibt. Daraus folgt aber höchstens das, daß der Aus-
der Vorderlappenfunktion keinen Diabetes insipidus verursachen-
. sonders bei einer Multipara — ist. manchmal so intensiv und rasch,
‚daß der Hinterlappen durch ihn so gut wie zurück-
‘gedrängt wird. Durch eine solche intensive und rasche. Ver:
des zurückgedrückten Hinterlappens ausfällt, und der schon. auch
auf diese Weise ins Übergewicht geratene Vorderlappen noch durch
‚die Hypertrophie auch ‚hyperfunktioniert, d. h. wäre das Zu-
standekommen der Pathogenese mit der Hannschen Auf-
' fassung im Einklang. Nachdem aber die Graviden-Hypophyse-
Ayperfunktion des Vorderlappens übrig bleibt, d.h. er gewinnt ein
Aullassung wird bei Hann geäußert, sich stützend auf Sektionsbelunde
a Hypophysegeschwülsten Verstorbener, bei denen jedesmal die
m so oft bei der Sektion das Zugrundegehen des |
‚nterlappens ohne gleichzeitige Schädigung des Vorder- |
*Ppens gefunden war, während die Symptome fehlten, wenn
e Geschwulst auch auf den Vörderlappen. übergriff. Das auf diese
oder längerer Zeit wieder. zurücktreten, dagegen die Frau heute,
unverändertem Zustande befindet, bedarf diese einfäche Er-
ise entstandene Übergewicht der innensekretorischen Gruppe des ganz unwahrscheinlich, daß. die Neurohypophyse durch die Kom-
pression solche anatomische Schädigung erlitt, daß sie zu keiner
- Regeneration mehr fähig ist, und 'so wäre .die Hypophysedysfunktion
4
antwortlich zu mach en.
: auf Kosten des. Hinterlappens konstant geworden.
Auffassung: A | e A Ea fa a e a ee Ä
K. J, 27 Jahre alt, Arbeitorsfrau. Aufgenommen auf dig Klinik | Zur Behandlung der. Salvarsandermatitis.
| | Von Dr. Hubert: Sieben, Bürstadt (Hessen).
Anamnese: Vater unbekannt; die Mutter litt an .‚Nierenleiden.
Id usgege Erkrankung. Lues: 0; Alkohol 0. Zwei. Ent- | le er a ira Mensch en
bindun gegangene Erkrankung. : Lues: 0; Se - Es ist sicher, 'daß.’es nicht wenige Menschen sibt, die ei
vangen aus ‘Jitz OL. - kon» EP 2a a S Or nen zıbt, die eine
. dti 1900, Belt Augant 1920, kink Besen da “Durst..| Salvarsanidiosynkrasie haben, die. auf Salvarsan speziell mit einer
gefühl erhebliche Men
asser item Appetite. und: ent-:
Sprschender Ernährun gen Wassers., Trotz a ee und
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verminderung. Spez. Gewicht nimmt bis 1008 zu: Auf Salzbelastungs- \
Zwischen dem Zeitpunkt. der Schwangerschaft und.
Eine mäßige -Polyurie ‚mit Hypochlörurie ist zwar während
der Gravidität — besonders gegen Ende ‘dieser — .eine mehr-
war. Mit der reichlichen Diurese, war eine gleichzeitige
wäre als Treffpunkt zwischen Gravidität und Diabetes: insipidus '
hinsichtlich der Diurese der Hypophyse zweierlei gegenseitige Eigen-
der Diabetes insipidus wäre aus dem Übergewicht des Vorderlappens
lappen mittels Hyperfunktion über die entgegenwirkende |
Als Konsequenz der Hyperfunktion . wird die Hypertrophie be-
Sicherheit- auf eine Hyperfunktion gefolgert werden kann. Die
ausschließlich .den Vorderlappen, und das Wachstum — be-
srößerung wäre eine ‘Situation leicht vorstellbar, wo die Funktion
veränderungen nach dem Ablaufe der Gravidität binnen kürzerer ;
T 26: Monate nach, ihrer Entbindung — sich noch immer in j
klärung der Frage einer. weiteren Hypothese. Vielleicht, ist es nicht
"Dermatitis reagieren. In dem. Chlorkalzium haben wir- bekanntlich
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`- prophylaktisches Mittel gegen Salvarsanschäden darstellt, habe ich
. nun in'dem unten beschriebenen Fall einer bereits bestehenden
als ebenfalls gutes prophylaktisches Mittel bereits kennen gelernt
und erprobt hatte. Es wurden an zwei verschiedenen Tagen je
dorf & Co. A.-G. Hamburg hergestellte sterile Kalzium-Gummi-Lösung
mit einem Gehalt von 5°/, wasserfreiem Chlorkalzium, deren Haupt-
- indikation nach. der Begleitschrift akute Blutungen sind. Der Er-
= folg dieser Ammotaninjektionen ist so auffallend, daß eine Beschrei-
-von scharlachroter Farbe, außerdem zahllose linsengroße und größere
~ frei, wurde aber nach einigen Tagen ebenfalls befallen, auch hier jetzt
© war schlecht; abendliche Temperatursteigerungen,
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ee Lamellen ab. Jetzt bestand nur noch ein leichtes Eryt
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1112 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
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sondern auch anderweitige Schädigungen, wie z. B. das angioneuro-
tische Ödem, wie ich (1) schon vor einiger Zeit nachgewiesen habe.
Meines Wissens hat zuerst Stümpke (2) das Afenil — ein Kalzium-
präparat — als prophylaktisches Mittel gegen Salvarsanschädigungen
empfohlen. Seither habe ich, sobald sich irgendwelche nachteilige
Wirkungen des Salvarsans zeigten, sei es Erbrechen, heftige Kopf-
schmerzen, Fieber oder Erytheme, stets mit gutem Erfolg eine intra-
venöse Chlorkalziuminjektion (0,5:5,0) der Salvarsaninjektion vor-
ausgeschickt. Auch in einem Fall von rezidivierendem Hg-Exantlıem, .
den ich (8) kürzlich beschrieben habe, hat das Kalzium offenbar eine
gute Wirkung gehabt. — Während nun die meisten Salvarsan- |
erytheme nach Aussetzen des Mittels nach einigen Tagen wieder
verschwinden, kommen leider auch immer wieder Fälle vor, bei
denen es zu einer ausgebreiteten, ja universellen Dermatitis kommt,
die zu einer äußerst schweren Schädigung des Körpers, ja sogar
zum Tode führt.. Ich habe einige derartige Fälle, bei denen der
Zustand monatelang andauerte, beobachtet und einen derselben (4),
der wegen seiner klinischen. Erscheinungen besonders interessant
war, genauer beschrieben.
Ausgehend von der Erwägung, daß das Kalzium ein gutes
Aus’ dem Institut-für Hautkrankheiten und Strahlenbehandlung
| von Dr. Fritz M.Meyer, Berlin. |
„Olobintin“. |
Von Dr. Fritz M.Meyer, Berlin. |
` Anläßlich der Kriegstagung der Berliner Dermatologischen Ge-
sellschaft teilte ich meine Erfahrungen mit, die ich. mit der von
hatte, und stellte sie dann in. einer Veröffentlichung!) erneut zu-
sammen. Ich habe bei diesen Gelegenheiten auf die großen Fortschritte
zeitig aber auch auf die Nebenwirkungen aufmerksam gemacht, die
mit dem damals zur Verfügung stehenden Terpentinöl nicht zu selten
auftraten und der. Einführung der Methode in. die Allgemeinpraxis
hindernd im Wege standen. | a
Inzwischen hat man sich bemüht, die unangenehmen Neben-
wirkungen dadurch auszuschalten, daß man in Ampullen eine wohl-
sehr schweren Salvarsandermatitis ebenfalls das Kalzium angewandt,
und zwar in Gestalt einer einfachen Chlorkalziumlösung: (0,5:5,0),
die ich wiederholt injizierte, jedoch, wie ich gleich bemerken will,
ohne den geringsten Erfolg. Ich griff darauf zum Arnotan, das ich
| „Terpichin“ in den Handel brachte, ein Präparat, das in keinem ein-
zigen Falle unerwünschte Resultate zur Folge hatte. Bei dem großen
Indikationsgebiet, das sich allmählich für die Terpentinölbehandlung
herausbildete, ist es aber durchaus erwünscht, möglichst viele Ter-
. pentinölpräparate zur Verfügung zu haben, da erfahrungsgemäß bei
| | allen Medikamenten, auch wenn sie pharmakologisch zu derselben
eine Ampulle (10 ccm) Arnotan intravenös injiziert, worauf nach
6 Tagen die Dermatitis verschwunden war. Arnotan ist eine nach
Angaben von Prof. Allard (Hamburg) von der. Firma P. Beiers- | bestehen, daß einzelne Patienten auf die verschiedenen Präparate der-
selben Gruppe verschieden reagieren. Diese Faktoren sind in prak-
unterschätzen, da dasselbe bei Krankheiten bzw. Krankheitssystemen,
bung des Falles gerechtfertigt erscheint.
K.B., 21 Jahre alt, kräftiger Mann, kam am 19. Januar 1924
mit Primäraffekt am Präputium in Behandlung. Bekam 10 Spritzen
Hg sal..0,1 und 7 Neosalvarsan Dosis IV. Gut vertragen. Einige. Tage
nach der letzten Salvarsaninjektion ausgebreitetes Erythem am Stamm
Anwendung findet. | |
+ Unter diesen Gesichtspunkten war es zu begrüßen, daß auf Ver-
anlassung von Klingmüller, dem wir die Einführung des Terpentinöls
in den modernen Arzneischatz verdanken, die Firma J.D.RiedelA.G.,
Berlin, ein neues Terpentinölpräparat unter dem Namen „Olobintin"
anfertigte, das gegenüber der ursprünglichen Terpentinölbehandlung
den Vorzug haben sollte, die seinerzeit beobachteten lästigen Neben-
. wirkungen zu vermeiden, ohne daß dadurch die Wirksamkeit und die
Sicherheit bzw. Regelmäßigkeit des Erfolges leiden sollten. >
"Inzwischen sind außer von Klingmüller selbst noch von
' Rohrbach?) und von von der Porten?) Beiträge über die Wirkung
des Präparates erschienen. Ich selbst habe in meinem Institut seit
langer Zeit an einem großen Material das Olobintin angewandt und
sehe mich durch die günstigen, mit ihm erreichten Erfahrungen be-
wogen, dieselben hier wiederzugeben, um besonders die praktischen
Ärzte zu veranlassen, mehr als bisher diesem Präparat bzw. dieser Be-
handlungsmethode ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Es kommt noch
hinzu, daß gerade in der heutigen Zeit wirtschaftlicher Not eine große
Zahl von Patienten nicht mehr in. der Lage ist, bei vielen Erkran-
kungen, wo die Röntgenstrahlen an erster Stelle einen günstigen Effekt
hervorrufen, sich bestrahlen zu lassen, weil die Mittel hierzu fehlen,
Papeln von dunkelroter Farbe, die sich grell von dem.scharlachroten
Untergrund abheben: Wo die Papeln weniger dicht stehen, sind sie
Spur. Auch die Arme und der Hals zeigen zahlreiche Papeln,
doc \ ist hier kein Erythem. Die untere Extremität war zunächst noch
Erythem und zahllose Papeln. An beiden Ellbogen eine talergroße
Hyperkeratose, stark schuppend und von einem 5 mm hohen und ebenso
breiten Wall umgeben. Etwas später wurde auch das Gesicht befallen,
doch ‘zeigten sich hier nur spärliche Papeln. Das Allgemeinbefinden
Appetitlosigkeit,
völlige Schlaflosigkeit infolge sehr starken Hautjuckens. Urin frei.
Ehe die untere Extremität befallen war, bekam Pat. 0,5 Chlor-
kalzium intravenös, was die Weiterverbreitung nicht aufhalten konnte.
Nach 3 Tagen wiederum 0,5 Chlorkalzium. Ohne jeglichen Erfolg,
ebenso eine 3. Chlorkalziuminjektion. Nach mehreren Txgen Pause,
in denen ‘der Zustand sich in keiner Weise geändert hatte, 10 cem
Arnotan intravenös (entsprechend 0,5 Chlorkalzium). Es trat zunächst
subjektive Besserung‘ ein, das Hautjucken ließ nach, die Papeln ver-
ringerten sich und wurden flacher, auch die beiden Wälle an den Ell-
pogei verflachten sich. Drei Tage später 10 ccm Arnotan. Nun
bildete sich das Exanthem rasch zurück, es verschwanden restlos die
Papeln, nach’ 6 Tagen war die Hyperkeratose samt Wall an beiden
Ellbogen völlig verschwunden.. Die ganze Körperhaut schu
Gegenden ihren Wohnsitz haben, wo nicht ohne weiteres eine Strahlen-
behandlung Platz greifen kann. Im großen und ganzen kommt. das
Olobintin in all den Fällen in Betracht, in denen schon die übliche
‘ Terpentinölbehandlung Gutes zu leisten vermochte, so daß ein Hinweis
auf die entsprechenden Krankheiten in kurzer Form genügt.
| So wie seinerzeit, ist auf dermatologischem Gebiet an erster
Stelle die tiefe Bartflechte zu erwähnen, die prompt auf Olobintin an-
spricht und fast in jedem Falle allein durch dieses Mittel zu beseitigen
ist. Daneben nenne ich die zahlreichen Formen von Furunkulose, bei
denen die spezifischen Präparate doch nicht das leisten, was man einst
von ihnen erwartete, und die besonders in ihrer schweren und hart-
näckigen Form sehr gut durch Olobintin. zu beseitigen sind; ohne daß
man natürlich Rückfälle verhindern kann. Auch bei Unterschenkel-
geschwüren ist ein Versuch mit dem Präparat angebracht, wie bei allen
Hautkrankheiten, bei denen Eiterungen im Vordergrund des Krank-
heitsbildes stehen. |
em im
ücken. Auch dieses verschwand sehr-bald ohne weitere Behandlung. Haut
völlig normal, auch alle subjektiven Beschwerden völlig verschwunden.
.Es ist völlig ausgeschlossen, daß eine so schwere Salvarsan-
dermatitis mit Papel- und Hyperkeratosenbildung innerhalb weniger
Tage von selbst heilt, vielmehr ist der Erfolg dem angewendeten
Mittel zuzuschreiben. Merkwürdig ist, daß die Dermatose auf ein-
fache Chlorkalziumlösung nicht reagierte, ja' sogar trotz dieses
Mittels sich noch weiter verbreitete, während das Arnotan Heilung
brachte. Erfahrungsgemäß brauchen solche schwere Salvarsan-
dermatosen viele Wochen, ja Monate, bis sie allmählich heilen,
d. h. wenn sie überhaupt heilen und sie nicht durch Komplikationen
letal endigen. Dieser auflallende Erfolg der Arnotanbehandlung gibt
mir Veranlassung, dieses Mittel für ähnliche Fälle zu empfehlen.
Literatur: 1. M.K1. 1928, Nr.19. — 2. Ebenda. 1922, Nr.30. — 3. D.m.W. ^ Bk
1923, — 4. Derm. Wschr. 1902, 71. i = and 8. D.m.W ) B.kLW. 1918, Nr. 37.
| 2) D.m.W. 1923, Nr. 24.
| | © F 4) Riedel-Archiv 1928, H. 4,
Über Erfahrungen mit dem Terpentinölpräparat |
Klingmüller empfohlenen Behandlung mit Terpentinöl gesammelt
- hingewiesen, die die Terpentinölbehandlung in geeigneten Fällen und | l |
bei Anwendung der richtigen Technik zu leisten imstande ist, gleich-
‚sterilisierte Kombination von Terpentin und Chinin unter dem Namen:
Gruppe gehören, eine gewisse Gewöhnung erfolgt, andererseits aus ` Be
Gründen, die auch heute noch nicht völlig geklärt sind und die darin.
tischer Hinsicht gerade bei der Anwendung des Terpentinöls nicht zu.
die durch einen chronischen Verlauf charakterisiert sind, häufig seine
abgesehen von der großen Schar Kranker, die auf dem Lande bzw. in
nun
AN
"er o A | ` i 5 E > | n x \ j N l 3 v N i | A | E = i S | ; | $ E ` i j l | h a w 2 < E i i gen TR . 3 5 /
-i dags "00 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.382.. U. 11
. e - 7 z à i Ee e ' f ' u £ 5 -
; E, 5 £ i |
' Bei den Komplikationen der Gonorrhoe ziehe ich der Anwendung.
‚des Olohintins unbedingt die Gonokokkenvakzitie, vor- allem das Ar-
higön; vor, das als ein wesentlich sichereres Unterstützungsmittel an-
Ä zusprechen ist. Dagegen sind die Olobintininjektionen. bei. den so
häufigen Komplikationen der weiblichen Gonorrhoe, insbesondere
tei den Erkrankungen der Adnexe, außerordentlich zu empfehlen.
> Hier sieht man in zahlreichen Fällen, in denen jegliche andere
Therapie, versagte, einen prompten Umschlag des Krankheitsbildes,
o sbeld-man sich zur Anwendung der Terpentinölbehandlung ent-
schlossen hat. T BE Are:
"Auch der nichtspezifische Fluor stellt eine Erkrankung dar, bei
derder Versuch mit Olobintin sich lohnt. Es handelt sich ja bier um
eine Crux medicorum, der wir bis zum heutigen Tage trotz der Unzahl
der Präparate, die eingeführt worden sind,. noch. ziemlich machtlos
-gergüberstehen, und bei der ein neues Präparat, das hier und da’
"günstige Resultate erzielt, immerhin mit Rücksicht auf den besonders.
- hartniekigen Verlauf zu begrüßen ist. FO, 3
* “Ich will nicht darauf eingehen, mich mit der Frage zu befassen,
_ inweleher Weise die Wirkung des Terpentinöls zu. erklären ist, zumal
inden genannten Publikationen, besonders in den Klingmüllerschen
Arbeiten, mehrere Theorien aufgestellt worden sind, ohne daß es: in
der Praxis bis zum heutigen Tage gelungen ist, die Richtigkeit der ;
"einen oder anderen Theorie restlos zu beweisen.. = — > wa
` Was die Technik anbetrifft, so ist es ratsam, sich auf das Olo-
bintin in der Form, wie es im Handel ist, nämlich als 10°/,ige Lösung,
. mäesehränken; ich habe ja schon in meiner: ersten Veröffentlichung
“darauf aufmerksam gemacht, daß eine Veränderung der Konzentration
ds Terpentinöles nicht den Erfolg im günstigen oder ungünstigen
'- Aime žu- beeinflussen vermag. Man begnüge sich ausschließlich mit
-_ derEinspritzung in die Glutäen in genau derselben Art und Weise, wie-
- deTechnik bei der antiluetischen Behandlung geübt wird, verzichte
dagegen aber auf die Einverleibungen durch die Blutbahn, da dieselben
serhänfig von recht unangenehmen Begleiterscheinungen begleitet |
-Sd Es’empfiehlt sich, zunächst mit einer gut sterilisierten, 2 cem
Iassenden Rekordspritze 1 ccm zu injizieren und dann, sofern Kontra-
‚Indikationen keine Steigerung verbieten, die zu injizierende Menge von
;, .er-Injektion zur anderen um je !/s eem zu erhöhen, bis man bei
7 elwa 3 cem angelangt ist. Die Injektionen sollen möglichst zweimal
Pa wöchentlich vorgenommen werden mit der Einschränkung, daß, wofern
Nicht nach 5—6 Einspritzungen eine eindeutige Besserung sichtbar ist,
- . Dan yon der Fortsetzung der Anwendung des Präparates absieht, da
elahrungsgemäß auch dann von einer größeren Zahl kein Erfolg zu
-erwarten ist. | E
à ‚Ich glaube, daß die Tei'pentinölbehandlung in ihrer jetzigen
form- dazu berufen ist, eine wesentliche Lücke in unserem Arznei-
~ Vane = z 2 .
Am dem Hygienischen Institut der Technischen Hochschule Dresden
EN (Direktor: Prof. Dr. Philalethes Kuhn). |
en Über Chloramin-Heyden.
l . Von Privatdozent Dr. R. Fetscher. | te
v e: dem Namen Chloramin hat die Chemische Fabrik Heyden .
| ara-Toluolsulfonchloramidnatrium in den Handel gebracht.
C Tom Nach dem Prospekt der Firma kommt dem Chloramin folgende
a
N SO NE, x
x
+3 3,0
. Der Gehalt an Chlor, das durch Zusätz von Salzsäure zu Chlor-
ar "RnB freigemacht und durch Titration nachgewiesen werden
da et rund 25°/,. Die Chemische Fabrik Heyden nimmt an,
> tiong f nicht darauf, sondern auf Sauerstoffabspaltung die Desinfek-
| nach In Chloramins beruhe. Die Abspaltung von Sauerstoff soll
= gender Formel vonstatten: gehen: or ee
3 3 ho 8 a |
Re a CH,<go, nn, + NaCl + 0
höherer. |
= p Konzentration, macht sich jedoch deutlich ein Gerüch bemerk-
n a unterchlorige Säure oder ähnliche Verbindungen erinnert.
: Ya e chemische Erklärung kann nach folgender Formel versucht
CH
Aso,. AN + 2H,0
Aus HOCI
Some H poi. |
x Z HıCgo, .ncH + HOCI + Na0R
+ NaOH kann sich weiterentwickeln: Na0Cl +H,0.
t
ij
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft. — >
a
von dem Zwischenprodukt HOCI, also
| hin. Trautmann (36) berichtet über sehr
‚amin in der Ts s
3 rn k m : 0,5—1 higen Chloraminlösungen. -Bei Trockenverbänden : benutzte er
Bei der Arbeit mit Chloraminlösungen, namentlich mit solchen |; 19 /018°5 Chloraminstreupulver und. schließlich 10%,ige Chloramin-.
. Verbindung
"als wirksames er zur Behan
‘ Klauenseuche. Spülungen. mit 1°%/,igen warmen Chloraminlösun i.
Einstäuben von 30 ohi i i
amin
Sehnelle Wı dreini zu. :Otto (26), der die W
= F schnelle Wundreinigung zu. Otto (40), der die Wirksa it. FR
` dener Chlorpräparate, vergleicht, bestätigt gleichfalls, i: ‚Yerschie-
| schatz auszufüllen, ‚und daß, wenn sich. erst' eine. größere :Zahl von
- Ärzten mit dem Olobintin befaßt haben wird, vielleicht auch das Indi-
kationsgebiet noch eine größere Erweiterung erfährt. E Zr
i Aus der I. Chirurg. Abteilung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses
-° (Vorstand: Hofrat Prof. Dr. Konrad Büdinger).
-o ‚Instrumentelle Fadenknotung. .
a Von Dr. Pranz Weigl 00.0
. Für den praktischen -Arzt ergeben sich nicht ganz. selten
. Situationen, in denen er gezwungen ist, Nähte anzulegen, ohne seine
Hände so verläßlich vorbereiten zu können, daß er die Verantwortung
-für die Berührung der Wunde oder des -Nahtmaterials tragen könnte.
Für diese Fälle ist es sehr wünschenswert, einen Vorgang einzu-
halten, welcher unter Würdigung der äußeren Hindernisse den Regeln
der Asepsis entspricht. Diesen Ansprüchen genügt die in der Folge
' beschriebene Methode, die überaus einfach ist und bei einiger Übung
ebenso rasches Arbeiten. wie beim Knüpfen’ mit’ der Hand gestattet.
Nachdem die Nadel ‚durch .beide Wundlefzen gestochen ist,
faßt man.mit der Pinzette das eine Fadenende A und hält. es fest.
Mit dem Nadelhalter wird die Nadel herausgezogen . und abgelegt.
Das mit der Pinzette gehaltene: Fadenstück A wird. nun ‘einmal um
den Nadelhalter geschlungen (Abb. 1). — >
v> — "Abbildung TA Abbildung? |
t 2 ` \ à
IR |
u
X
N i N.
r
und das Fadenende B. gefaßt
Der Nadelhalter wird. geöffnet
(Abb. 2). Zieht: man’ nun den Nadelhalter zurück, indem man
gleichzeitig den mit der Pinzette gefaßten Fadenteil A festhält, ‘so
tritt das Fadenende B durch die aus Æ gebildete Schleife und die
erste Schlinge des, Knotens ist fertig, Durch Anziehen an beiden
Enden. werden die Wundränder aneinander gebracht. Dann wird.
das von der Pinzette gefaßte Fadenende A. losgelassen, der Faden-'
gefaßt, durchgezogen und der Knoten ist gebildet... "°
“teil B.um die Pinzette geschlungen, mit derselben das Fadenende A
Es ließe sich so zunächst der auffallende Geruch verstehen, der
yon NaOCl (Natriumhypochlorit), .herrüähren müßte.” Die. von der
‚Firma Heyden in den Vordergrund gestellte Sauerstoffwirkung ginge
von diesem Zwischenprodukt aus. Inwieweit die übrigen Teile. der
[me r
an der bakteriziden Wirkung gleichfalls beteiligt sind;
ist schwer zu beurteilen. | es eg se
N J k L
Eine große Zahl von Arbeiten über die Wirksamkeit von Chlor-
des-
amin liegt bereits vor, Dobbertin (9) schreibt Chloramin` eine
infizierende und zellaktivierende Kraft zu.. Er empfiehlt 1/, ige
' wässerige Lösungen zur ` Behandlung infizierter Wunden, ‚Spülungen
mit 1/,%/,igen Lösungen bei: Gelenkeiterungen, Sehnenscheidenphlep-
monen usw., ferner bei: gynäkologischen und, geburtshilflichen Ein-
griffen. Zur Händedesinfektion, schl: | |
zur Zahnwurzelbehandlung ‚benutzt. Nühsmann (95) weist auf die
Verwendbarkeit von Chloramin zur Behandlung a
vun ‚gute Erfahrungen mit Chlor-
Frische Riöwunden berieselte er mit
Vaseline. 2%,ige Chloraminlösung und Streupulver erwies sich i
dlung- der Geschwüre bei Mm
Vaginitis infectiosa der Rinder und Eir
amin-Talkumpuder, zeigte guten Erfolg. Blaß (8) rühmt dem OR
nach. ‚Hoeck (15) schreibt, 3/,—1/,o/,igen Lösungen
[i
1
t +
von unterchloriger-Säure, bzw.
gt er 5 Minuten langes Bürsten `
in 1,0/,iger kalter wässeriger Chloraminlösung vor. , ` zu a |
Schoenlank.(29) hat 10°%/,ige Chloraminlösungen mit Erfolg |
te gr anulationsanregende Wirkung bei der ‚Nachbehandlung `
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ie wo. lösungen desinfizierend, sekretionshemmend und granulationsfördernd | Technische Vorb emerkungen zu den Versuch ne ee r
A -X wirķen: : Warme Lösungen sind nach ihm wirksamer als die kalten. | 2 1 nn ,, Lia
sakid oo 0 Mayr (28) betont die günstige Wirkung von Chloraminlösungen (!/4%) | ` - . Die unten geschilderten Versuche wurden mit optimalen Nähr- -$2
ad `: -zur Überhäutung. von Wunden 'bei Staphylokokkie.. Glasscheib.(i4) | böden vorgenommen, wobei durch Verbindung des von Süptle (88) ix
hl) So , wandte Chloramin als Desodorans und Desinfiziens in 1/,—!/>/aigen | zuerst ausgesprochenen Gedankens mit gleichzeitiger Berücksichti- . d::i
ll -> Lösungen an. ‚Ozäna wurde durch Spülungen geruchfrei, . Bei Mittel- | „ung der H-Ionenkonzentration. besonders: empfindliche Nährböden pe
a a ee O a, a on Wurzs ae Rebel (27) be- | herzustellen versutht. wurde. Das Bestreben -ging vor allem dahin, a
Ben ' nutzte Uhlol mn zZ Ing von’ EET SA a gnau q Ra DE N wan patana pla he, sr KERN
eiii - Die Brauchbarkeit des Eri arätes zu den verschiedensten klini- | N für die Mehrzahl der. Versuche ‚wenigstens geioumihig gute Eia
n schen Zwecken, aus der an sich schon keimtötende Wirkung erschlossen | Brühe zu finden. Da nicht einmal für die gleiche-Bakterienart bei fih
-o werden muß, wird noch nüher beleuchtet durch: eine Reihe bakterio- |; Anwendung verschiedener Desinfektionsmiittel die optimale H-Ionen- iz
San = Jogischer Untersuchungen. Nach Dold (10) liegt die Toxizitätsgrenze | konzentration des Nährbodens unbedingt gleich ist, bot die Aufgabe. — g
Ne - für 15 g Maus zwischen 1 mg und -O,lmg. ‘Die Giftigkeit des Präpa- | erhebliche Schwierigkeiten. -Als praktisches Ziel wurde daher. an- ` t3;
o `. „ rates wäre also ziemlich gering. Chloramin der Konzentration 1: 100000, | gestrebt, einen: Nährboden herzustellen; der empfindlicher als det- "+
nn besitzt nach dem gleichen Autor dieselbe keimtötende Kraft wie Phenol- | Tjerversuch. reagiert und eine gewisse. allgemeine Brauehbarkeit `. i
hen < lösungen der Stärke 1:1000. Beide Lösungen töten Staphylokokken | Zusweist, Hervorgehoben sei noch, daß der "Wasserstolfexponent "=;
Hl ‚ „in 15—20 Minuten ab. Bei Zusatz von 50°, Menschenserum wirkt | h der von Michaelis (24) »ehanen Methode bei Zimmers n.
nn Chloramin in der Verdünnung 1: 200. Lolige Chloraminlösungen töten Bar fe er | 10: 2 18 N anBeSe er Tei E Ta
v . -in der Mischung von i Teil 0,85°%/,iger Kochsalzlösung. und 2 Teilen temperatur festgestellt wurde. - Bei. höherer Temperatur, also z. B. kaa
tayt ' Brühe frisch aus dem Kranken gezüchtete Streptokokken in !/, Stunde, | IM Brutschrank, ‚steigt der "Wasserstoffexponent, die- H-Ionenkonzen- a
a ~- 02°hige Lösungen in 1 Stunde. Bei. 50%%'. Serumzusatz sind | tration nimmt somit ab, um bei Abkühlung wieder zum, Ausgangs- | Im
ul AR Streptokokken bei 10/,igen Chloraminlösungen erst nach 2 Stunden ab- ‚punkt zurückzukehren, - Auf diesen "Umstand sollte stets ‚Rücksicht - en
RE ‚.. getötet. Frisch gezüchtete Gonokokken wurden. durch 0,2°%/,ige Lösungen | genommen werden. Er wurde bisher nicht beachtet. Kolthoff (20) - Nik
DEAN: ‘in Aszitesbrühe in 3—4 Minuten, durch 0,1%/,ige Lösungen in 8 Minuten | weist gleichfalls auf diese Notwendigkeit hin. .In letzter Zeit war :”
Ha. A EL ae N ee ee jz = Im eltern Teak ‚den als Teströhrchen die.-von Kolthoff angegebenen Kaliumchromat- -i7
ieie daß an Seidenfäden angetrocknete Staphylokokken in 1°/,igen Lösungen |- und ee 2 unse es | sr non BE,
ARTEN in 8 Minuten, ‘durch 0,1°%/,ige Lösungen in 60 Minuten, ebenso auch lösungen ‚der von dem gleichen Autor angegebenen Konzentration. hay
ALIEN "von 0,1v/siger Sublimatlösung abgetötet wurden. Bei Anwesenheit von |- Der Vorzug dieser Methode. besteht darin, daß die Teströhrehen . ji)
BEENIE : 800%), Blutserum töteten 5%/,ige Chloraminlösungen :Staphylokokken | farbenbeständig sind und 'nicht. so ängstlich vor:Licht geschützt 7
HRCA in 80 Minuten; 1%,ige Lösungen noch nicht in 60 Minuten. 40 ige
| | ' werden müssen, wodurch ‚man der Unbequemlichkeit überhoben ist, |
Sublimatlösung ‘tötete Staphylokokken- noch nicht in 120 Minuten;
| .
sr
| oxokken- no ın Lad Minute öfters die Teströhrchen . erneuern zu müssen. . Als Indikatoren be-- - E
5%/ige Sublimatlösung noch nicht in 60 Minuten. ` Streptococcus pyo- |: nutzt Kolthoff die von Michaelis angegebenen. Nach Süpfle hal
genes (bzw. equi) wurde bei Anwesenheit von 50%. Blutserum durch | „na Dengler (34) ist 3%,ige Traubenzuckerbrühe für Staphylokokken 74
30/,ige Chloraminlösung in 30 Minuten, durch 4°%),ige' Sublimatlösung | 5 ER "Nahrbod 2 5D; s Ersebnis kann: bestăbi eria Lg
noch nicht in 120 Minuten 'abgetötet. Die tötliche Chloramindosis | Cer opimaie Nanrboden.. I as . Kann ‚bestälgt. Beri = pal
.. beträgt für 1 kg Kaninchen 1,25 g bei subkutaner Einverleibung. 0,5 g | wenn man die Brühe m der üblichen e1S6 neutralisiert. Bench lan
. auf ikg werden nahezu ohne Reaktion, -0,05 g ohne jede Krankbeits- sichtigt man` jedoch gleichzeitig die H-Ionenkonzentration.. so zeigt a
'erscheinung vertragen. Trautmann (36) fand Staphylococcus pyo- | sich, daß man, ebenso günstige Ergebnisse. erhält, wenn man 1°/ige - 1 |
oo genes aureus in 1P/sigen Lösungen nach 3 Minuten, in 0,1%/,igen: | Traubenzuckerbrühe mit P = 8,0 benutzt, wie aus folgender Zu-: o
nach 60 Minuten abgetötet. Sublimat brauchte in 0,1%/,iger Lösung | sammenfassung wiederholter Untersuchungsreihen ersichtlich ist: ja
‚gleichfalls 60 Minuten. Streptococcus pyogenes equi, wurde in eiweiß- J - —— . k | Bon. ee I H
haltigem Medium in 30 Minuten bei 8°% igen Lösungen, . durch 4%fige | an en en ee ae, vr
- ‚Sublimatlösungen nicht in 120.Minuten ‚abgetötet. Kühnemänn (19) . Gewöhnliche Brühe, | Co iy
stellte fest, daß 1—2°/ ige Chloraminlösungen bedeutend stärker wirken | : = = o] "
.. als Dakinsche Lösung. ee es nr... N F re Wachstum nach —_ č — = l
. nach ihm in 1/4- und Y/,0/,igen Lösungen in 5 Minuten, durch. 1P/,ige FH | 10 Sek: |. = ) Sek. | å 50 Sek: | 60 Sek. t;
in 3 Minuten, Koch 20 „ige Chloramisloetingen in 1/, Minute abgetötet. | __ 10 Sek. | 20 Sek. |. 30 Sek z Sek. | 50 ar |. 60 Sek a 5
Dakinsche Lösung. braucht 7—10 Minuten. Schiemann und | 5.6 EEE 7 Be et u les a
` . Wreschner (30) prüften die chemotherapeutische Wirkung bei Wund- | . go: er ER a er u B TE
. desinfektion . und fanden noch eine Stunde nach der Infektion- mit 68 er. ee DB u a PE | I
Streptokokken Chloramin wirksam.. Kirstein (18). ‚setzte 5%/,ige | 79 5 Ts En u a a5 D .
_ Chloraminlösung in. doppelter Menge tuberkulösem Sputum zu und er- | ` 7g ` Zw a ar >> wie E izl
'zielte sichere Abtötung der: Tuberkelbazillen nach 5 Stunden Ein- | gol - a = a u nn _ f
wirkungsdauer. 5°/,iges Sublimat erwies sich als. deutlich unterlegen.. YE GEE T CE Su D ER Jo
Nach der ersten vorbereitenden Mitteilung von Uhlenhuth und | 7 n | | = i 2
: Jötten (37) berichtet Uhlenhuth und Hailer (38), daß mit 5°/,igen E | rt RER ee ee a
.* Chloraminlösungen schon bei dr Einwirkungsdauer auf tuber- 2% oige Traubenzuckerbrühle 58
kulöses Sputum in 39 von 41 Fällen Abtötung der Tuberkelbazillen.ge- | - ER — "Ja
lang. Beide Autoren erweitern T ihre Mitteilungen dahin, daß im |` 5,6 = on, zus = = 2
‚allgemeinen schon durch 8%/,ige Chloraminlösungen in 4stündiger.Ein- |- 62 | — nn _ — — = ur
wirkungszeit Desinfektion tuberkulösen Auswuris stattfindet. Bei be- | - 68 | +- Fa: z= F H or |,
sonders grobballigem und zühem Sputum kann es vorkommen, daß 1712 -+ |:— -— = — = |.
auch 5°/,ige Chloraminlösung versagt, weshalb die Autoren empfehlen, | %6 + + — — — e ti
50%/,ige Lösungen 4 Stunden einwirken zu lassen. Unter dem Namen 80 |- + + q ' + = — = i
‘ - „Sputamin“ wurde ein Chloraminpräparat auf Veranlassung von Uhlen- |. ' 84 + +: — — — — ~
m in den er gebracht, das ARE nn un Be | | >% E PA E e _ = i
zeichnet ist. Es müssen von diesem 6°/ige Lösungen tunden ein- oo ; „ai, ab, she m:
‘ wirken. ` Eingetrockneter tuberkulöser Auswurt wird gleichfalls durch Ä a ee ann A:
5h ige Chloraminlösungen desinfiziert. Jötten (16) bestätigt die Er- 56 Eo MODRE u Ri u — | |
gebnisse von Uhlenhuth. und Hailer. a: -2 e9 lo — > Sa a 2. = N
| Seligmann und Ditthorn (31) prüften gleichfalls die keim- | gg | 7E ner; m u = p
tötende Krait von Chloramin. Sie bezeichnen 2%/,ige Lösungen. als die 79 x BE er F = E 2
für die Bedürfnisse der Praxis geeignetste ‚Konzentration. - 1/2°/oige 76 ; A T p E BB: _ e
Lösungen werden zur Händedesinfektion empfohlen. Typhusbazillen- 80 an E y 2. F = t
haltige Fäzes ließen sich durch 2°%ige Lösungen Hesinfiziesen. | g4 T T er Bu A ee :
2 Stunden ist hinreichende Einwirkungsdauer. Sie empfehlen Chlor- T an, ac a = šā A
amin wegen seiner stark desodorierenden Wirkun j {
zur Beseitigung
übler Gerüche, wozu sowohl Y/,%/yige Lösungen wie Bestreuen mitdem | -© * 4. 3%/,ige Traubenzuckerbrühe. 7 |
Chloraminpulver selbst benutzt werden kann. Dunkelgefärbte Stoffe = TET = . nis — |
'. und Tapeten, wie auch Wolle werden ‘durch Chloramin ‘angegriffen. | 5,6 ‘| .— — {|o ee _ >. k
Wäschedesinfektion ist dagegen unbedenklich. Bei dunkler und ver- | 6,2 — o = — — =. a f
schlossener ee, behalten Chloraminlösungen lange ihre | : 68 | + a; A = -= = i
Wirksamkeit. Genauere Versuche über diese Frage Tegi von Auf- 72 + + | +. = i _ i
recht (1). vor. -100/ ige Lösungen zeigten in 8 Tagen einen Rückgang | 76 po + 1. #+..|2 =) = er m
von 2,8%, des ursprünglich festgestellten aktiven Chlors, 5%jsige | 8,0 o} + Pr = = —
. Lösungen verloren 4,54%/,. - i Te ge 8,4 +. + Ne: ar DR: Pr
I
$ D - , l ' d ! N | | | p
10. August o o o 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.32. 0 | 18 0.
Die Versuche wurden stets ın gleicher Weise a Ea en eu, EEE
ıltıren von Staphylococcus aureus vorgenommen. chrägröhrchen |. En . al DE SEN R a E a
ee. 2 em ysiologischer Kochsalzlösung ‚abgeschwemmt, die | Wachstum nach ... e|ıs8!2|19|1%8|@ d | g
. Abschwemmung filtriert und 3 Tropfen von ihr 5 ccm 8°',iger Chlor- Ä ee = er a E = Ss |S
aminlösing zugesetzt und von 10 zu 10 Sekunden 1 Öse in Brühe = |2/2|I82|2|28 Ja|lo
- übertragen. Die ee a ie ande e den lie i : = Eur
wurde erstmalig das Ergebnis abgelesen. ach erimpfun 0J s TRD E E SE S ee
ny wurde dieser abermals 24 Stunden bebrütet und hernac ee Chloramin `. ler 3 a + T + u
nochmals das Wachstum as pe die en en die bop iges noo {HI +I - = le |
“ung von Ohloramin vorbereiten sollten, wurden stets oramin- 01: I oa SA Fea a e a a r a Fon
d und‘ nicht nach dem Vorbild von Sü fle Phenol benutzt. Es Sr R ohchloramin l + T | + Fe T T:
schien zwenkmabig, yor iia zur eo nn a er a eS 50 iges "n H T T u a An N Be
wirkung optimale Nährböden herzustellen, nicht etwa durch Ein- 0/5 TEEN ae eh "> ER
kti die zum Vergleich herangezogenen Desinfektionsmittel ae o + PETET + + T
eine wabsichtliche Verschiebung der Ergebnisse zugunsten des Chlor- 1o igo Phenollösung- = | pi | T ii + + + + + |
amins einträte. k N : i 30/ige Phenolschwefelsäure . THI HIHIHIHI AHI +1 —
Bei Besprechung der Versuchsergebnisse selbst werde ich weiter 1%iges Pantosept . ... : |+, +!+ | +1 + | +1 +1
“intennoch einmal auf die Frage der optimalen Nährböden bei den 80/,iges ae: TNES E Ee ON Bere ee Pe a
einzelnen Bakterienarten zu sprechen kommen. Vorausgreifend sei nur bo/,iges . $ a: = | EA OR | lage | RG RES | a
‚noch erwähnt, daß sich 1°/,ige Traubenzuckerbrühe der pg = 8,0,
deich als Normalnährboden bezeichnen möchte, auch bei Milz-
brand als zur Nachkultur nach Desinfektionsversuchen gut bewährt
hat. Der Nährboden ist wesentlich empfindlicher als der Tier-
versuch (um etwa 30%/,) und somit genügt er allen Anforderungen,
‚die man .billigerweise an ihn stellen darf. Allgemein fiel mir auf, daß
die von mir als optimal gefundenen H-Ionenkonzentrationen niedriger
sid, als die von Dernby (11) angegebenen. Es mag dies daran
liegen, daß’ die verschiedenen Zusätze zu den Nährböden verschiedener
Herkunft sind. Es scheint überhaupt sehr wesentlich, auf diesen
‚Punkt Gewicht zu legen und nicht die Traubenzuckermenge und den
Wasserstoffexponenten- allein entscheiden zu lassen. Das für andere
Iwecke gut brauchbare Protopton, ein Hydrolysat aus Horn, das
als Ersatz von Pepton-Witte empiohlen wird, erwies sich z.B. als
ungeeignet für optimale Nährböden. Bei Witte-Pepton oder auch
bei Albumose Heyden war das Wachstum. wesentlich besser. Pro-
topton läßt die Kulturen vielfach sehr auffallend verschleimen. Man
findet. massenhaft die von Kuhn beschriebenen A-Formen in den
verschleimten Kolonien. |
Liese und Mendel (22) haben angeführt, daß es notwendig
si, bei Vergleich von Desinfektionsmitteln stets Aufschwemmungen
hermstellen, in denen die gleiche Bakterienoberfläche. vorhanden
si Sie wollen durch Auszählung der im Kubikmillimeter ent-
haltenen Bakterien und Bestimmung ihrer Oberfläche eine Gesamt-
öerfläche berechnen und auf diese die Desinfektionswirkung be-
sehen. -Es ist eigentlich selbstverständlich, daß die Adsorptions-
sitkung von der freien Oberfläche abhängt, damit ist aber noch
‚Nicht die Berechtigung dargetan, auf jene. allein die keimtötende
Ei Kraft eines Mittels zu beziehen. Es ist dabei mindestens der eine
= wesentliche Umstand übersehen, daß sich das Verhältnis von Ober-
liche zu Volumen verändert und zwar, daß die Oberfläche bei-
abnehmender Größe eines Körpers relativ zunimmt. Wenn daher
bei gleicher Gesamtoberfläche zwei verschieden große Bakterien-
aten in gleicher Zeit abgetötet werden, so wäre nur ein Schluß
Sallhaft, nämlich der, daß die größere Bakterienart gegen das an-
serandte Mittel empfindlicher ist als die kleinere, weil ja bei
a eit des Volumens eingewirkt und abgetötet haben muß als bei
der kleineren Bakterienart.
raliver Oberfläche sehr wesentliche Unterschiede allein dadurch
l geben, daß je nach der Bakterienart die Resorptionsgeschwindig-
eit verschieden ist. Aus diesem Umstand erklärt es sich wohl
' teilweise, daß Bakteriensporen trotz-ihrer relativ sehr großen Ober-
Häche sehr widerstandsfähis sind. | |
Für die Praxis der Desinfektionsversuche scheint jedoch eine
solche ‚Verleinerun o
| m genügen, die von Reichenbach (28) und Lange (21) an-
sellihrten Gesichtspunkte zu beachten. Wesentlich ist, daß stets
| Aufschw |
uschwenmungen von gleicher Dichte bei allen Versuchen be-
= werden und daß durch kräftiges Schütteln der Aufschwem-
ff gen Sr besten Schüttelapparat) und nachfolgende Filtration
dl Suspensionen gesorgt wird. Bei den Keim-
toden, von ‘denen die Hailersche Mulläppchenmethode
me d wurde, ist ebenfalls gleichmäßige Dichte und Vertei-
Eon ei Tränkung der Läppchen benutzten Aufschwemmung
Es wurden zunächst
Welcher Zeit Versuche darüber angestellt, nach
bestimmte Bakterienarten von Chloraminlösungen
abgetötet werden
z 0
Te Ergebnis wiederholter Versuche mit Staphylococcus
ar folgendes:
- besonders erschwert wurden.
Wachstum nach .
Rlkiiv verminderter Oberfläche eine kleinere Giftmenge auf die.
Es kann übrigens auch bei gleicher |.
der Betrachtung fast zu weit zu gehen. Es.
_ wieder für 24 Stunden in den Brutschrank gesetzt un
Ergebnis abgelesen. |
(Über die Technik’ der Versuche vgl. oben.).
Die gute Wirkung von Chloramin geht aus dieser-Tabelle ein-
deutig hervor. 1%/yiges Sublimat zeigt sich einer 3% ,igen Chloramin-
lösung gleichwertig. Es muß jedoch hervorgehoben werden, daß darauf
verzichtet wurde, das Sublimat in der üblichen Weise. zu entgiften,
weil ein gleiches Verlahren bei Chloramin. nicht anwendbar ist und.
ebenso wenig bei den Phenolen in Frage kommt. Es schien auch eine
nach den Verhältnissen der Praxis nicht zutreffende Benachteiligung
desSublimats zu sein, wenn nur bei ihm allein die Versuchsbedingungen
Das Pantosept ist ein von der Chemischen Fabrik Ehrenstein bei Ulm
in den Handel gebrachtes Präparat, das dem Chloramin chemisch nahe-
steht. Nach den Prospekten der Firma kommt ihm folgende Formel zu:
| | x _COONa |
l C <S0, Ne
Die Reklameschriften behaupten, daß die 2 Chloratome dem
Pantosept eine besonders starke keimtötende Kraft sicherten. Die an-
gestellten Versuche - lassen indes keine Überlegenheit über Chloramin
erkennen. Es fiel ferner auf, daß. Pantosept schwerer löslich als Chlor-
amin ist. Der wesentlich höhere Preis des neuen Präparats ist nicht
durch bessere. Wirkung gerechtfertigt. - Rohchloramin, das 80%,
Reinchloramin und im übrigen harmlose anorganische Beimengungen
enthält, ließ in den dargestellten Versuchsreihen keine verminderte
Wirkung erkennen. Sie tritt aber bei anderer Versuchsanordnung in
dem zu erwartenden Maße hervor.
Bei Serumzusatz verschieben sich die Abtötungszeiten sehr be-
trächtlich, wie nachstehende Zusammenfassung lehrt:
|
| | |:
1%/,iges Chloramin . + + + + | + I
30/„iges n F + T az g e
Bohigas a ane ee ee
10/,iges Rohchloramin. . 1 + | + -+ H ES
3l iges 7 el A -+ + + S A s
-5O iges " : + + + — an NER
ifoiges Sublimat . . . + | + + + Erst
50/,ige Kresolseifenlösung + T + |’ + | + A a
Die Versuche wurden so ausgefülirt, daß ‚zu d ccm sterilem Serum
3 Tropfen der mit 2 ccm physiologischer Kochsalzlösung hergestellten
Aufschwemmung einer 24stündigen Kultur von Staphylococcus aureus
zugesetzt wurden. Zu dieser Mischung wurden 5 cem 2%%,iger bzw.
6%,iger und .10°%,iger Chloraminlösung getan, daß die Konzentra-
tion des Desinfektionsmittels. schließlich 1%, bzw. 3% und 5%, be-
trug.. Ebenso wurde bei Rohehloramin, Sublimat und Kresolseife
verfahren. Nach der angegebenen Zeit wurde je 1 Öse in unsere
Normalbrühe übertragen, 24 Stunden bebrütet, auf Agar überimnft
hernach das
Die bekannte Tatsache, daß Eiweiß die Desinfektionswirkune
verringert, findet sich auch bei Chloramin bestätigt. FB
ist aber, daß die am meisten verwandten Mittel, Sublimat und Kresol-
seile, noch wesentlich stärker als Chloramin beeinflußt werden; Bei
dieser Versuchsanordnung ist das Heydensche Präparat dem Sublimat
gleicher Konzentration überlegen. Du we:
Werden weniger widerstandsfähige Keime zu den Versuchs,
benutzt, so ergibt, sich bei Koli folgendes Bild; Ver suchen
x
10Min. 120Min..80Min.| 1 Sta. | 2 Std. |3 Sta.
Bemerkenswert
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‚ ich auf besondere Besprechung. Die Frage nach der schwächsten noch
600%/,iger Alkohol
1116 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
Wäokstum nach o . o | 10Sek.I20Sek.|808ek.\20Sek.
| Technisch boten die Versuche eine Reihe von Schwierigkeiten.
50Sck.|60Sek, Als zweckmäßigste Anordnung ergab sich schließlich folgende: Eine
Agarplatte wurde sehr dicht mit einer Bakterienaufschwemmung be-
Sr impft (1 Tropfen einer mit 2 ccm physiologischer Kochsalzlösung her-
1Oloiges Chloramin . Zr H = = == =< pan Aufschwemmung einer 24stündigen Staphr oo Elan).
3 [o 1ge8 ” = = == = E > ie Streupulver wurden als feinste, hauchartig chicht darüber ge-
90/, iges y e Na = = = = = streut, was gut gelingt, wenn die Pulver in Säckchen von 4 fachem
10/ iges. Rohchloramin . +|+| -1-1- |] > Mull getan werden und der geschlossene Beutel leicht geschüttelt
3O/niges r + — — — — = wird. Es stäubt dann eine feine Pulverschicht auf den Agar. Bak-
öh iges n — — — — — = terienwachstum ist gut unter ihr zu erkennen. Die so behandelten
1o iges Sublimat + — — — — = Platten kamen 24 Stunden in den Brutschrank; dann wurde das Er-
10/,ige Karbolsäure . + | + _ _ — —
+I-{-l- b-i-
gebnis abgelesen. In einer Reihe von Versuchen wurden auch Agar-
stückchen steril ausgeschnitten, zur Entfernung der Desinfektionsmittel
f _ f 3 e il a z : é y
In gleicher Weise warde die Wirkung des Chloramins in steriler physiologischer Kochsalzlösung gewaschen, in Normalbrühe
| l auch | übertragen und die Röhrchen 24 Stunden bebrütet. Das Ergebnis
gegen Typhus und Shiga-Kruse-Ruhr-Bazillen erprobt. Da sich keine | wurde durch in keiner Weise verändert. |
besonders abweichenden Befunde gegenüber Koli ergaben, verzichte
=. Ba- a a D N ns A z
wirksamen Verdünnung von Chloramin beantwortet nachstehende | wychstum E 3 EE = bs = 8 E Šo 5. 2 BE E
; Fun © © o ~ owej — I
Tabelle: | = | A 88 JEGUR:
Verdünnung. . .[1:10012:50o|1 : 1000|1:5000| 1: 100001 :50000] 1 : 100000 | Se
| | Nach 24 Std. + | + + — —.| — +- +
Chloramin.....]| — | — | — — | er. ae je EE Wurde in der Mitte einer beimpften Agarplatte ein Häufchen
Rohchloramin..| — | — | — I — — — + der Streupulver gebracht, so zeigte sich um dieses herum ein
Karbolsäure...| — | - | + | +i + + +
steriler Hof von wechselnder Größe, sofern die Desinfektionsmittel
wirksam waren. Agarstückchen, wie oben dargestellt, in Brühe
übertragen, führten zu keiner Trübung, wenn sie dem hellen Hof
entnommen wurden, wohl aber, wenn sie aus den ferneren Teilen
der Platte entstammten. Das Ergebnis stimmt mit. dem oben als
Tabelle dargestellten überein.
Wird Normalbrühe mit einer Öse einer mit 2 cem Kochsalz
| Zu 10 ccm der Verdünnungen der Desinfektionsmittel wurden
3 Tropfen einer mit 2 ccm physiologischer Kochsalzlösung hergestellten
Auischwemmung einer 24stündigen Kultur von Staphylococcus aureus
hinzugefügt. Die Mischung kam 20 Minuten in den Brutschrank; her-
nach Wurde 1 Öse in Normalbrühe überimpft, 24 Stunden bebrütet und
das Ergebnis abgelesen.
Dold fand Chloramin noch in der Verdünnung. 1:100000
gegen Staphylokokken wirksam. Die Verwendung unserer emplind-
lichen Normalbrühe erklärt es wohl, daß ein weniger günstiges
kultur beimpft und dann-von den Streupulvern soviel hinzugefügt,
Ergebnis, keimtötende Wirkung in der Verdünnung 1:50000, fest-
daß bekannte Konzentrationen des Desinfektionsmittels zustande
kommen, so ergibt sich folgendes Wachstumsbild:
Chloramingehalt . . . . . . . 1:2500 1:1000 1:500
Wachstum nach 24 Stunden —
Borsäuregehalt .
gestellt wurde.
Es lag nahe, Chloramin als Mittel zur Trinkwasserentkeimung
zu benutzen, Die Versuche wurden folgendermaßen angestellt:
Dresdener Leitungswasser wurde mit einer Koliaufschwemmung
1: 2500 1: 1000 1:500
Wachstum, nach 24 Stunden . . + -+ +
(24stündige Kultur) versetzt. Von dem infizierten Wasser wurden | Argent. nitric. . . . . « . . . 1:2500 į : 1000 {1:500
Agarmischplatten hergestellt, ferner wurde 1 Liter des Wassers mit achstum nach 24 Stunden —
— —
soviel 1°/,iger Chloraminlösung versetzt, daß diese Menge das in der
Tabelle angegebene Chloramin enthielt. Nach der ersichtlichen Zeit
wurden weitere Mischplatten hergestellt, 24 Stunden bebrütet und die
Kolonien nach Wolffhügel gezählt. Ä
Benutzt man statt der Streupulver die Desinfektionsmittel
selbst zur Herstellung der erwähnten Brüheverdünnungen, so. zeigt
sich das gleiche Ergebnis. Es wird auch nicht verändert, wenn
man von der Brühe, welche das Desinfektionsmittel enthält, nach
| | Mit5m Mit 5 mg Mit 5 mg 24 Stunden weiterimpft. |
Keimzahl | Ohne Zusatz | Chlorkal Chloramin | Rohchloramin : Die Versuche zeigen, daß die Streupulver, wie ja zu erwarten
auf11WasserljaufilWasser| auf 11 Wasser | war, starke bakterizide Wirkung entfalten. 5°/ige Pulver genügen
| vollauf. Es ist deshalb unnötig solche mit höherem Gehalt anzu-
Nach 10 Min. |, 2520 0, 0 660 wenden, wie es in der Veterinärmedizin teilweise geschehen ist.
n a 2340 0 0 420 Besonderer Wert wurde auf (die Versuche mit angetrockneten
„ {Std 2480 0. 0 280 |
| Milzbrandsporen gelegt.
Das Bild ändert sich auch nicht, wenn die doppelte und
4fache Keimmenge angewandt wird. Geringere Chloraminmengen
sind aber nicht mehr genügend wirksam, während die Chlorkalk-
menge noch weiter ohne Schaden herabgesetzt werden kann, wie
nachstehender Versuch beweist:
Nach der von Hailer angegebenen Methode wurden 6tägige
Milzbrandkulturen, die reichlich Sporen enthielten, mit 2 cem physio-
logischer Kochsalzlösung abgeschwemmt und 1 qcm große sterile
Mulläppchen getränkt. : Sie wurden im Exsikkator über Chlorkalzium
getrocknet. Die so vorbehandelten Läppchen kamen in Chloramin-
lösungen und wurden nach bestimmter Zeit herausgenommen, 1M
| steriler physiologischer Kochsalzlösung gründlich gewaschen und in
j l Ohne Zusat Mit 3 mg Chloramin | Mit 3 mg Chlorkalk | unsere Normalbrühe übertragen, 24- Stunden bebrütet, dann auf Aga
Keimzah SO R A in 11 Wasser in 11 Wasser überimpft, wieder 24 Stunden bebrütet und das Ergebnis abgelesen.
Aus nachstehender Tabelle sind die Einzelheiten der Versuche
Nach 10 Min. 9 680 4860 | 4 ersichtlich: mer
„ 20, 10 300 2580 0 ISEEREBSSERSERBISE
33 |#|#2|2|27 221% 12 la Inla|ın
Für die Großdesinfektion von Trinkwasser dürfte nach diesem Wachstum nach... ... E iE E A E ö ie = 0 5 = = a le is
Bild Chloramin kaum in Betracht kommen, wohl wird man Jele
daran denken können, behelfsmäßig Trinkwasser mit Chloramin zu | on | | | | | | A ala
entksinien. 5 mg in 1 Liter Wasser, ja selbst 10 mg werden | ; eis Chloramin . H En ei i Fr + t A + T t + + BE
weder durch Geruch noch Geschmack wahrgenommen und werden | 3 5opiges a a EEE e —|———|-—j-—
anstandslos vertragen, wie ich an mir selbst feststellte. 3 mg g 1opigesRohchloramin [HIHI HIHIH HIHI IH + ++/+t
Chlorkalk dagegen machen sich schon durch leichtes Kratzen im | g')3%/,iges : ++ 11-112]
Halse bemerkbar. In außergewöhnlichen Me wie nn 3 S piges R E IE. z i Pa Bu EAEE DES aa BR
Militär, auf Expeditionen usw., kann sehr wohl empfohlen werden, | ® {8°oìge thenoischwe- ++
das in seiner Handhabung sehr bequeme Chloramin zu benutzen. g el age La j : -HHHH Ht +++
Auf Wunsch der Firma Heyden wurden ferner Streupulver | X 5 jigo Kresolseifen- AN A ylh ++
mit verschiedenem Chloramingehalt auf ihre bakterizide Krait ge- UND ni “ i EET TEN steril.
prüft und mit anderen üblichen Streupudern verglichen, + = Wachstum vorhanden, - = p
_r
‚such
| | | 10. August
hergestellten Aufschwemmung einer 24stündigen Staphylokokken- |
er‘
a Re
ad ne E S
ee O
Die:zum Vergleich herangezogene 3°/yige Phenolschwefelsäure
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
=” worde wach der Vorschrift des Viehseuchengesetzes (RGB. 04/05, S. 514,
$ 7, Abs, 2b) hergestellt.
erreicht war, ebensowenig mit Kresolseifenlösung.
Sie soll besonders zur
Viehwagen bei Milzbrand benutzt werden.
Desinfektion von
` Die dargestellten Versuche beweisen, daß eine Abtötung der
Sporen durch 3°/oige Phenolschwefelsäure in 24 Stunden noch nicht
Die 3°/,igen
Chloraminpräparate dagegen zeigen gute Wirkung, noch bessere
“natürlich. die 5°/,igen Lösungen. 1
möglichst- hoch zu spannen, empfiehlt es sich nur 5%/yige Lösungen
Die Wirkung des Chloramins kann
durch Erwärmen der Lösungen noch verstärkt werden, wie nach-
` inder Praxis zu benutzen.
stehende. Tabelle erkennen läßt:
Um den Sicherheitskoeffizienten
Wadstum nach .
‚1%'iges Chloramin
i 0. diges n
Ho iges „ . .
: 8” }Yiges Rohchloramin .
FE 3o iges s Š
aet iges $ a hA
gA ige Phenolschwefelsäure .
öige Kresolseifenlösung.
g lelea Z| E| ggg g
ISBBBBIHIEIHIE
+H HHH H 4 +++
++ ++- -i-l -| —
+++ i—i- —
+H HHHH HH ++
+ HHHH HHHH HH -
++ 4141111 —
++ 4444444 +
HIHHH -HHHH ++
Um die Empfindlichkeit der Nährböden gegenüber dem Tier-
- versuch festzustellen, wurde in einer Reihe von Versuchen der
Reagensglasversuch mit dem Tierversuch verbunden. Sporentra-
gende Mulläppchen wurden in die Desinfektionsmittel eingebracht,
wie. oben dargestellt in Brühe übertragen, gleichzeitig aber ein
‚weites. Läppchen auf eine Maus überimpft.
+> Die.Läppchen wurden mit der Platinnadel von vorne in 2 mm
weite Blutentnahmekanülen gesteckt, in die ein stumpfer Dorn paßt.
Die Kanüle wurde unter die Rückenhaut der Tiere eingestochen, das
den mit dem Dorn in die Wunde gepflanzt und die Kanüle zu-
tückgezogen. Es gelingt so leicht und rasch die Mulläppchen zu ver-.
‚Inplen. on den eingegangenen Tieren wurden Abstriche von der
üiz mikroskopisch untersucht und wenn dieses Verfahren nicht zur
scheren Diagnose ausreichte, wurde die Milz in Brühe übertragen,
A Stunden bebrütet und nun die Brühe untersucht. War so noch
keine Entscheidung möglich, wurde die Brühe !/, Stunde auf 70° C
Brüheröhrchen übertragen, 24 Stunden
erhitzt, 1-Öse in ein neues
u ` böbrütet und abermals untersucht. Dann erst wurde die endgültige
lagnose gestellt.
Die Tierversuche brachten nun folgende Ergebnisse:
Wirkung, nach ei infektions- |g lg lg Zg IE IE |®|®
mung na | engr SOE EIRIE & ALIE 2 A
— jo |0 | A| HT IM IM! m IN
"jo [les Choramin . 2: felelete lell
Do d0j,iges „ + +|1—-1-|1-|-|-|1—-|-
Dr biges 1 8% -4 — [u | — | — | = | — | =— | —
55 Iniges Rohchloramin . ++ +++ +|1+!|r+r|+
33 |? Jiges 3 el — 11-121
el O T o ESE e
i Ms Shige Phenolschwefelsäure. | + ++ I +/+!+| ++ +
2 Shige Kresolseifenlösung +i + + +/+|+/|+I+i+
F bedentet, daß das Tier an Milzbrand eingegangen ist. Die Einwir-
i | gsdauer der Desinfektionsmittel auf die
erimpfung ist oben abzulesen. Ä
In 5%/,iger Chloramin- und Rohehloraminlösung 'der Tempe-
Alu von 400C sind also Milzbr
mehr fie
oil meaeen,
andsporen nach 6 Stunden nicht
in 3°/,igen Lösungen nach 8 Stunden. Das
| esinfektionsmittel, die 3°/,ige Phenolschwefelsäure, hat
auch nach
24 Stunden noch nicht abgetötet, 5/,ige Kresolseilen-
Men: ebenfalls noch nicht nach dieser Zeit.: Die starke Überlegen-
eit deg
Shenolschwefelsäure.
eigenen- L
Chloramins rechtfertigt seine Einführung an Stelle der
e. Das Ergebnis wurde sowohl mit unserem
de aboratoriumstamm gewonnen, wie auch ‚mit dem vom
1. ‚eesundheitsamt bezogenen Stamm „Stettin“. Die Normalbrühe.
Sich als empfindlicher als der Tierversuch erwiesen, da (siehe
- 0 en ] F rr . ` . N s ® x e x
g 68 Zelang, aus 5°%/,iger Chloraminlösung die Milzbrandsporen
1. Asch nach 8
Stunden zum Wachstum zu bringen. Auch bei den
verwandt werden.
- gleichwertig.
ilzbrandsporen vor der
Hyg. 1921, 9. — 22. Liese und Mendel, Zschr. f. Hyg. u.
ate i f ` Fai af u pik
ei Er i | \.
Re ' 7 ! \ ` vo,
übrigen Konzentrationen zeigt sich ein ähnliches Bild. : Mit dieser
Probe dürfte die Brauchbarkeit der Normalbrühe erwiesen’ “sein,
denn das Ausbleiben des Wachstums in Brühe ist ein sicherer
Beweis für die Beseitigung jeder krankmachenden ‚Wirkung der
“ vorbehandelten Bakterien. Bei der großen Zahl von Komponenten,
welche das Bakterienwachstum beeinflussen, scheint das hieran-
gewandte Maß zuverlässiger als die unsichere: Forderung eines
„optimalen“ Nährbodens. schlechtweg, denn die durch ihn ange-
‚strebte obere Wachstumsgrenze kann’ immer nur relativ sein,. da
sie von einer großen Zahl von nicht auszuschaltenden Zufällen ab-
hängt. Es genügt zudem für die Zwecke der: Desinfektionspraxis
festzustellen, ob die Keime'noch schaden können oder nicht, und
nach dieser durch den Tierversuch klar gezeichneten Grenze: dürfte
am besten die Zusammensetzung des’ zur Nachkultur . benutzten.
Nährbodens festgelegt werden. Es erübrigt sich dann auch eine
größere Zahl der verschiedensten Nährböden. herzustellen. |
Versuche über die Giftigkeit des Chloramins für Mäuse ergaben,
daß, auf 15 æ Maus bezogen, !/,, mg vertragen wird. Höhere I
e aa deutliche Krankheitserscheinungen und führen zum Tode
der Tiere. A en 22 | Et
E , | Zusammenfassung .00.n
1. Staphylokokken werden in wässerigem Medium von 1%/siger
Chloraminlösung nach 2 Minuten abgetötet, von 3%/,iger in 30 Se-
kunden, von 5°/,iger innerhalb 10 Sekunden, durch-5°/sige Roheblor-
aminlösung nach 10 Sekunden. 1°/aiges Sublimat ist in wässerigem
Medium 3°/,iger Chloraminlösung gleichzusetzen.
2. Bei 50%,igem Serumzusatz tötet 1/,ige Chloraminlösung
Staphylokokken nach 2 Stunden, 3°/,ige nach 1 Stunde, 5°/,ige nach
20 Minuten, 5°/,sige Rohchloraminlösung nach ‚30 Minufen. 1/,ige
Sublimatlösung hat noch nach 3 Stunden nicht abgetöte. — — `
3. Chloramin tötet: in der Verdünnung von ft: 50000
noch Staphylokokken in 20 Minuten ab, Karbolsäure nur in der
Verdünnung 1:1000. = M | |
4. Zur behelfsmäßigen Trinkwasserdesinfektion kann Chloramin
reichend.. | | |
5. 5%/,ige Chloraminstreupuder sind 5°/,iger Borsäure über-
legen, 1P/,igem Argentum. nitrieum-Puder an bakterizider Kraft
6. 5%/,ige Chloraminlösungen töten angetrocknete: Milzbrand-
sporen bei Zimmertemperatur in 10 Stunden, bei-40° C in 8 Stunden,
5°/,ige Rohehloraminlösung nach 11 bzw. nach 9 Stunden.
7. Bei 40°C sind Milzbrandsporen in 5°/,iger Chloramin-
und Rohchloraminlösung nach 6 Stunden nicht mehr . pathogen
für Mäuse. EN | a | |
8.. Die tödliche Dosis für Mäuse von 15g Gewicht, liegt für
Chloramin zwischen 1/10 und Yy mg. ` ;
9. 19/,ige Traubenzuckerbrühe der py = 8,0 wird als Normal- .
brühe zur Nachkultur bei Desiniektionsversuchen empfohlen. Die
Brühe'ist etwa um !/, empfindlicher als der Tierversuch. `
‚Literatur; 1: Adam, Zbl: f. Bakt. I. Orig. Bd. 87, B.7R. — 2. Aufrecht,
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Zbl. f. innere Med. 1919, Nr. 82, — 5. Cohen, Baruth. Zbl, f, Bakt. I; Abt. Ref.
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1918, 87, 8.282. — 84. Süpfle u. Dengler, Ebenda. 1916, 85, 9.189. — go) Selis.
"mann, Zbl. f. Bakt. 1928, 74, S. 481. — 86. Trautmann, Inaug.-Diss. Be ] |
Tierärztl. Rundschau. 1921, Nr. 28. — 97. Ublenhuth und Jöbten, Arch. De“
`
1922, H. 6/8. —88: Uhlenhuth und Hailer, D.m.W. 1928, Nr.29, Arch, £ Hyg. 1923
s r (] N)
' 8.848. — 89. Ublenhuth, Hailer und Jötten, Arch. t. Hyg. 1994, 92, 8,394, _
40. Uhlenhuth und Hailer, Hbenda, 1924. 92, 3.804.
osen `
5mg Chloramin auf 1.Liter Wasser. wirken aus-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.32.
_ Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E.Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L.Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.Gerh btia
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Proft. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geb- Rab
Prof. Dr. EH ennoeb erg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a.M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrecht!. u. gerichtl.-
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie). Prof. Dr. W.Liepmann. Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S. Peltesohbn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), i
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Flisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Aus der Universitäts-Kinderklinik Würzburg _
(Vorstand: Prof, Dr. Rietschel).
Neuere Milchgemische in der Diätetik des Säuglings.
Von Walther Schmitt, Assistent der Klinik.
(Schluß .aus Nr. 31.)
2. Buttermehlbrei und Buttermehlvollmilch nach Moro.
Im Jahre 1920 gab Moro (84) die beiden Vollmilchgemische
nach dem Vorgange Czerny-Kleinschmidts als Säuglingsnahrung
an?). Maßgebend bei der Zusammensetzung war für ihn vor allem
das Verhältnis Fett: Kohlehydrate®); auf einen Einbrenneprozeß
analog der Buttermehlnahrung verzichtete er, da er ihn, wie schon
oben erwähnt, für unwesentlich hält. |
Auf Grund seiner Versuche ‘hielt er die Nahrung für eine
recht brauchbare Dauernahrung des jungen und älteren Säuglings.
Aber auch als Heilnahrung war sie vorzüglich und schien dabei
der Buttermehlnahrung an Indikationsbreite. überlegen zu sein.
Denn es fiel auf: Bo:
1. daß fieberhafte parenterale Infekte auf die Gewichts-
bewegung keinen oder nur geringen und sehr vorübergehenden
Einfluß ausübten.
2. Daß die Stühle fast durchweg von selten guter Beschaffen-
heit waren und daß langdauernde dyspeptische Störungen bei der
neuen Nahrung oft wie mit einem Schlag zum Stillstand gebracht
werden konnten. |
3. Daß die Nahrung anscheinend auch bei. habituellem
günstig. wirkt. Ä
4. Daß dabei ein ausgedehntes und seh
r hartnäckiges Erythema
glutaeale mit Ekzem binnen zwei Tagen vollständig abheilte.
Die exsudative Diathese selbst wurde nicht beeinflußt, der
Erfolg beim Erythema glutaeale ist wohl durch die Verminderung
der Urinmenge zu erklären.
Moro stellte deshalb als Richtlinien für die Verordnung der
neuen Nahrung auf: Dystrophiker, auch schwereren Grades, Dys-
Speien
_ trophiker mit Dyspepsie, fieberhafte parenterale Infekte, Säuglinge
mit Neigung zum Speien und Erbrechen, ekzematöse und inter-
triginöse Manifestationen der exsudativen Diathese. Bei der ex-
sudativen Diathese konnten aber, wie gesagt, nur-Teilerfolge erzielt
werden. Rachitis trat ebenso auf wie bei der Buttermehlnahrung.
Der wichtigste Fortschritt gegenüber dieser Nahrung ist die anti-
dyspeptische Wirkung des Buttermehlbreis und der Buttermehl-
vollmilch. Moro vermutet hier mit eine Wirkung der Nahrungs-
konzentration, der wasserarmen Ernährung, deren Vorteile auch
2) Zusammensetzung und nu des Buttermehlbreies: Zu
100 g Milch werden 7 g (feines) Weizenmehl, 5 g Rohrzucker und n
frische Butter zugesetzt, zu einem Brei verkocht und mit dem Löffe
verfüttert. Da es sich um eine sehr kalorienreiche (etwa 160 Kal.
ro 100 g) Kost handelt, erhielten die Säuglinge nur 4 solcher Portionen,
ei älteren Säu Hngen oder größerem Sättigungsbedürfnis wurde die
Tagesmenge auf 450, höchstens 500 gesteigert und auf 4, ausnahms-
weise 5 Mahlzeiten verteilt. Erschien es wünschenswert, den Brei
durch flüssige Nahrung zu ersetzen, so verabreichten wir Buttermehl-
vollmilch von folgender Zusammensetzung: 100 œ Vollmilch und 3 g
Weizenmehl, 7 g Rohrzucker, 5 g Butter (etwa 150 Kalorien) in 4 bis
5 Einzelportionen ..... Ein greifbarer Unterschied zwischen der
Wirkung von Brei und Vollmilch hat sich klinisch nicht gezeigt. Die
Wahl der Nahrungsform muß fallweise getroffen werden.
3) Verhältnis von Fett zu Kohlehydrat: In der Buttermehlnahrung
F:K=1:1,6, im Buttermehlbrei F:K=1:1,6, in Buttermehlvoll-
milch F:K 1:1,9 in der Frauenmilch F:K=1:1,7. Bei diesem
Verhältnis von F: K werden Fäulnisvorgänge im Darm tunlichst ver-
mieden., Dies sieht Moro als wesentlich für eine Dauernahrung für
ganz junge Säuglinge an,
andere konzentrierte Nahrungen wie die Dubonahrung Schicks
besitzen.
Lust (76) hält auf Grund seiner Ernährungsversuche die
beiden Nahrungen für unentbehrlich in der Säuglingsnahrung. Den-
Unterschied zwischen beiden sieht.er mit Moro nur in der Kon-
sistenz und wendet sie ganz nach dem jeweiligen Falle an. Der
Zuckerzusatz ist eine variable Größe. So hat sich ihm Butter-
mehlvollmilch mit 3—5 statt 7°, Zucker besonders bei den
chronisch-dyspeptischen Störungen der Dystrophiker bewährt und
verhütet das Auftreten parenteraler Dyspepsie bei Infekten. Durst-
schäden konnte er trotz des geringen Wasserangebots nur selten
beobachten. Sie verschwanden rasch nach Wasserzugabe (diese
scheint besonders in der heißen Jahreszeit geboten). Wegen der
10. August |
möglichen Durstschäden will er daher die konzentrierten Nahrungen
als ausgesprochene Winternahrungen betrachtet wissen. Er wendet
die Moro-Nahrungen an einmal bei Kindern, die eine kalorisch
ausreichende Menge in Form normaler Milchschleimmischungen
nicht bewältigen können, dann bei parenteral infizierten fiebernden
Kindern, bei habituellem Speien und Erbrechen und bei nervöser
Anorexie. Eine Erhöhung der Resistenz gegen Infekte konnte er
jedoch entgegen den Moroschen Beobachtungen nicht feststellen.
Flesch und Torday (35) konnten bei ihren Nachprüfungen an
50 Kindern wohl bei den Kindern über 6 Monaten in der über-
wiegenden Mehrzahl gute, ja teilweise glänzende Erfolge sehen;
darunter dagegen waren ihre Erfolge im Gegensatz zu Moros An-
gaben bei gleichen ‚Indikationen so wenig ermutigend, daß sie für
das erste Halbjahr die Nahrung besser nicht angewendet wissen |
wollen (2 Todesfälle bei toleranzgeschädigten Kindern). Heller (49)
dagegen kann die Erfolge Moros nur bestätigen, wenn er auch
zugibt, daß er im Sommer mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen
hatte, und Kleinschmidt (62) berichtet ebenfalls, daß er manch-
mal bei dystropbischen Kindern, die bei Buttermehlnahrung nicht
recht gedeihen wollten, einen prompten Erfolg mit Moromilch er-
lebte. Rosenbaum (107) berichtete auf dem Kongreß in Göttingen
1923 über sehr interessante Ernährungsversuche an Zwillingspaaren
mit fettreichen (fettangereicherte Frauenmilch, Morobrei und Moro-
vollmilch) und fettarmen (Frauen- und Kuhmagermilch mit Mehl-
und Eiweißanreicherung) Gemischen. Er kommt zu dem Schluß,
daß „seine Versuche die klinische Erfahrung stützen, wie sie erst
kürzlich von Rietschel ausgesprochen und von Wagner (129,
130) bei tuberkulösen Säuglingen festgelegt wurde, daß, wo es nur
irgend möglich ist, nur ein reicher Fettgehalt der Nahrung einen
guten Ernährungserfolg weitgehend verbürgt“. Namentlich eine
erhöhte Resistenz gegen Infekte ist dabei gar nicht zu verkennen.
Lasch (71) kann dem nur beistimmen. Aron (4) sucht die Er-
klärung dazu in dem Gehalt des Fettes an A-Vitamin. Dieses
scheint doch zum Teil. in der Buttermilch zu bleiben, deren gute.
Erfolge in der Dauerernährung bekannt sind. Göppert (40) re-
kalorienreiches Nahrungsmittel,
fahrungen ihres Lehrers Grosser hinsichtlich der Ernährung mit
konzentrierten Nabrungsgemischen. Von fettangereicherten Mi-
schungen „erwies sich Moromilch als bei weitem zuverlässigsi®
Ernährung bei (gesunden) Säuglingen im ersten Trimenon, für die
keine Frauenmilch zur Verfügung stand“. Buttermehlnahrung war
wobei sie an heißen Tagen Tee dazu gab. Auch sie ist von einer
erhöhten Resistenz gegen Infekte überzeugt. Wir. selbst können
dazu nur insofern Stellung nehmen, als Moronahrung sich uns sehr
gut bewährt hat bei Speiern und bei Kindern, denen aus irgend-
einem Grunde nur schwer das notwendige Maß an Kalorien beizu-
bringen war (Anorexie bei nervösen Kindern, bei Pyelozystitis,
Lues congenita, während und nach Infektionen, Anämie usw.),
ebenso auch bei gesunden Kindern schon von den ersten Monaten
ab. Für die Praxis ist jedoch ein Versuch damit nur dort zu
unzuverlässiger. Sie sah auch im Sommer Gutes von Moronahrung,
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spektiert das Fett nicht nur als Vitaminträger, sondern auch als
Höckle (55) bestätigt die Er-
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Mn abe ER obécourt (91), der hohe- Zuckergemische ‚besonders günstig in’.
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„ë > Selbst bei akuten und subakuten, fieberhaften und fieberlosen Er- °
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k ‚ Ab-Zwiemilch zur Frauenmilch- empfehlen. bei: Frühgeborenen und
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i Wir ihr: nur dann den ‘Vorzug “vorden -Fettgemischen; wenn: eine
i ‘schlechte Verträglichkeit ‘des Fettes zu befürchten ‘ist (verzögerte
kürzung der Magenverweildaùer (um 25 %/, der bei: der Vollmilch-
2;
"2.10" 5::Die Sauermilchen.
:Säuglingsernährung erzielen lassen.. ‚Sie habea. zur ‘Angabe der
holländischen. Säuglingsnahrung (Köppe) und der Rietschelschen
‚Böhlen). Besonders hat sich die Buttermilch -bei Züfütterung zur
-Frauenmilch bewährt, vor allem. bei schweren akuten und’ chroni- '
‚schen Ernährungsstörungen. Sie. bildet dabei eine glückliche Er-
gänzung der Frauenmilch,. deren. geringen Eiweiß- und Salzgehalt’
sie äuszugleichen vermag [N.eubauer. (86)].: Aber auch ;allein mit `
entsprechenden Anreicherungen: gegeben, ist |sie. eine. sehr gute
Dauer- und ‚eine. nicht ‘minder gute Heilnahrung.. So verwendet.
' behbrlich ‘hält. Ähnlich,gelt Putzig (96) vor und die Buttermilch-
“| Buttermellnahrung Kleinschmidts geht von. denselben Gesichts- .
‚punkten aus. Die Erklärung ihrer antidyspeptischen Wirkung wird:
‘einmal in ihrem hohen Eiweiß- und. ‚niederen Milchzuckergehalt
ihres’ hohen: Säuregehalts den Darm geradezu desinfiziere. und das
| pathologische Koliwachstum in ‘den oberen Dünndarmabschnitten
| unterbinde: [Leichtentritt (73, 74), Kaczke (56)]. Damit fielen
„die letzten Befürchtungen, die.die sauer gewordene Milch 'als zer-
‚setzt und deshalb für die Säuglingsernährung unbrauchbar: ansahen,
‚Befürchtungen, "die namentlich: 'auch Rietschel (101; 102, 103)
‘schon in verschiedenen Arbeiten ad absurdum geführt hatte. "Er
[konnte ‘in zahlreichen Versuchen. die, völlige Unschädlichkeit, ja
‘den Nutzen spontan sauer gewordener Milch, -selbst beim ernährungs-
. gestörten. Säugling dartun. Epstein (29) und Klotz (65) glaubten
davon allerdings weniger Gutes:zu sehen als Rietschel. > Neuer-
. dings ist: man nun .allenthalben,. besonders in. Amerika; dazu über-
‚gegangen, diesen günstigen Prozeß der ‚Säuerung. künstlich hervor-
‚zurufen, teils durch Beimpfung: der Milch .mit -Milchsäure-,; Bul-
..garikus-, Yoghurtkulturen; teils durch Zusatz von abgepaßten Mengen
| denkt man neben: der Vernichtung‘ der pathogenen ‘Bakterien an.
a 9. ,Pe tisch“ vorverdaute Kulimilch: Kühvollmilch‘ 4 0 F aut
` 400 abgekühlt. + 10 %/, n-Salzsäure + 0,5 o/y. Pepsin Ben nn un
lamellis Merck), 48 Stunden :Brutschrank -++ der n-Salzsäure äquiva-
lente Mengen chemisch. reiner Soda. Nochmals. aufgekocht, ~-
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-Schon längere Zeit sind. auch bei-uns in Deutschland die
„ausgezeichneten Erfolge bekannt, die sich: mit Buttermilch in der.
‚Anfangsnahrung: in Büchsen geführt “(Trockenmilchwerke Töpfer, |
‚sie Langstein (70) an Stelle‘ der 'Eiweißmilch, ..die er:"für ~ent- --
"gesucht; danu aber denkt män vor allem daran, daß sie vermöge |
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Adam . berichtete in Mannheim 1923 über eine kalzium-
angereicherte, fettreduzierte Sauermilch. Auf Grund seiner Studien
der Biologie der Dyspepsiekoli kam er zu der Überzeugung, daß
„nicht die Fäulnisförderung der ausschlaggebende Faktor in der
Behandlung (der ‘Dyspepsie und Intoxikation) sei, sondern die
Unterdrückung der Kolivegetation überhaupt. Wir haben nicht
eine gärungswidrige, sondern eine antibakterielle Diät anzuwenden“.
Da ihm Buttermilch und Sauermagermilch, die ja an sich, wie
oben schon erwähnt, dieser Forderung gerecht werden, in ihrer
Zusammensetzung nicht konstant genug für diese Aufgabe schienen,
‚gab er folgendes Rezept®) an, das die Herstellung einer ganz kon-
stanten kalziumangereicherten, fettreduzierten Sauermilch ermöglicht.
Die Kalziumanreicherung bedingt durch Neutralisation der. ent-
stehenden Milchsäure eine weitgehende Vergärung des Milchzuckers
und erleichtert die Bildung der erwünschten Kalkseifen, die Fett-
reduktion schränkt die Alkaliseifenbildung ein und begünstigt eben-
falls die Entstebung von Kalkseifen.. Mit dieser Milch. konnte
‘Adam an über 250 dyspeptischen Säuglingen, darunter auch vier
Intoxikationen und bei mehreren dekomponierten Säuglingen und
bei Frühgeburten (als Zwiemilch) gute Erfolge sehen. Auch als
Grundlage für eine Übergangs- und Dauernahrung scheint sie ihm
brauchbar. Lust (87), Moro (85) und Heß (54) können seine
Erfolge bestätigen‘ Wenn der Autor jedoch meint, daß seine
Nahrung den Vorzug habe einfach zu sein, so kann man dem nicht
beistimmen. Einmal kann man unter. Umständen 48 Stunden auf
‚die Herstellung der Nahrung warten müssen und dann kann man
das Rezept wohl einer erfahrenen Küchenschwester, sicher aber
nicht der aufgeregten Mutter eines toxischen Säuglings in die Hand
geben. Doch ist die Adamsche Sauermilch jetzt auch als Büchsen-
milch im Handel zu haben (Trockenmilchwerke Töpfer, Böhlen
in a und wir können ihre Anwendung nach dem, was wir
davon gesehen haben, ebenfalls empfehlen. Praktischer ist jedenfalls
das Vorgehen von Hainiß, der seine „saure Magermilch“, ähnlich
wie früher schon Rietschel, wie folgt herstellt: Er läßt die Voll-
milch roh bei Küchentemperatur einige Stunden stehen und spontan
leicht ansäuern. Dann nimmt er ?/, der aufgerahmten Sahne-
schicht ab. Schließlich wird sie abgekocht und dabei nach Bedarf
mit Kohlebydraten angereichtert. Es resultiert dadurch eine saure
Magermilch mit etwa halbem Fettgehalt und nur leicht vermindertem
Eiweiß- und Milchzuckergehalt. Hainiß gibt diese Milch bei Dys-
` Fortschr. d. Med. Jg. 87, S. 621—623. — 19. Brunnthaler, Jahrb. f. Kindhik. Bà 97,
S. 3113819. — 20. Cavonaugh, Dutcher and Hall, Am. of dis. children, Bd. 25, S, 408
bis 50%. —' 21, Clark and Collins, Publ. health reports. Bd. 47, S. 2415-2488. —
22. Comby, Bull de la soc. de pådiatr. de Paris. Bà. 20, S. 876—877. — 28, Czerny,
Fortschr, d. Med. Jg. 29, S. 957—958. — 24. Czerny und Kleinschmidt, Jabrb. f. Kindhlk.
Bd. 87, S. 1—14. — 25. Czerny und Keller, Des Kindes Ernährung, Ernährungs-
störungen und Ernährungstherapie. 1923. — 26. Dottweiler. M. m. W. Jg. 69, S. 1018.
— 27. Dubost et François, Nourrisson, Jg. 9, S. 2839—43. — 28. Elizalde, Semana möäd,
Jg. 28, S. 417—424. — 29. Epstein, M. Kl. Jg. 17, S. 1478—1481. — 80. Ernberg, Acta
paediatr. Bd. 2, S. 149—158. — 31. Exchaquet, Rev. mdd. de la Suisse romande, Jg. 41,
S. 671—674. — 832. Faber, Am. journ. of disease of children. Bd. 26, :8. 401—410. —
88. Flamini, Clin. pediatr. Bd. 5, S. 586—574. — 84. Fiesch und Torday, Orvosi hetilap.
Jg. 64, N. 257—260, und M. KI. Jg. 17, S. 283—285. — 85. Dieselben, Jahrb. f. Kindhlk.
Bd. 97, S. 108—109, — 86. Friedberg, Ebenda. Bd. 93, S. 16—24. — 87. Fröntali, Ebenda.
Bd. 97, S. 162—181. — 38. Gauthier, Bull. de la soc. de pédiatr. de Paris. Jg. 22,
S. 146—150. — 39. Gismondi, Rev, de clin, de pédiatr. Bd. 20, S. 577—5696. — 40. Göppert,
Diskussion zu Rosenbaum, Tagung der Gesellsch. £. Kindhlk. Göttingen 1923. —
41. Gött, Diskussion zu de Rudder, M.m.W..Jg.71, S.766. — 42. Arafo und Schröder,
Klin. Wschr. Jg. 2. S. 2248. — 48. Greenthal, Journ. of the Michigan State med. soc.
Bd. 22, S. 9—10. — 44. Griffith and Crocer, Arch, of pediatr. Bd. 38, S. 412-414, —
45. Griffith, Orocer and Mitchell, New York med. journ. Bd. 114, S. 187—145. —
46. Hamburger, Mschr. f. Kindhlk. Bd. 25, S. 254—263. — 47. Derselbe, Jahrb, f.
Kindhik. Bd. 108, 8.277. — 48. Hainiß, Mschr. £. Kindhlk. Bd. 26, S. E68-576. —
49. Heller, Hbenda. Bd. 19, S. 891—404. — 50. Helmreich und Schick, Zschr. i.
Kindhik. Bd. 30, S. 363. — 51. Dieselben, Hbenda. Bd, 30. S. 121—144. — 52. Dieselben,
Ebenda, Bd. 80, S. 147—1567. — 53. Heß, New York State journ, of med. Bd. 20.
S. 209—211, — 54. Heß (Mannheim), Diskussion zu Adam, Tagung Südwestd. Kinder-
ärzte. Mannheim 1928. — 55. Höckle, Arch. t Kindhik. Bd, 74, S. 80. — 56. Kaczke,
D. m. W. Tg. 48, S. 1089—40. — 67. Kahn, B. kl. W. Jg. 58, S. 1192. — 58. Derselbe, Dis-
kussion zu
Mallinckrodt, Tagung der Deutschen Qes. f. Kindhlk. Göttingen
1928. — 59. Kasteele, Mschr. f£. Kindhlk. Bd. 25, S. 314—323. — 60. Kissoff, Klin. Wschr.
Jg. 2, S. 1119—1120. — 61. Kleinschmidt, Mschr. f. Kindhlk. Bd. 19, S. 369—8793. —
62. Derselbe, Ebenda. S. 861. — 63. Klerker, Med. rev. Jg. 40, S. 55—63. — 64. Klotz,
Zschr. f£. Kindhik. Bd. 27, S. 161—168. — 85. Ebenda, M. m. W. Jg. 67, S. 278, —
66. Krasemaun, Prakt. Arzt. Repert. d. prakt. Med. Jg. 5, Heft 15—16. — 67. Derselbe,
Jahrb. £ Kindhik. Bd. 96, S. 80-81. — 68. Lange, Zschr. £. Kindhlk. Bd. 22, 5. 187.
trophikern ohne Zeichen akuter Darmstörung, bei Milchnährschäden,
bei Mehlnährschäden, bei der Zwiemilchernährung des gesunden Kindes,
hauptsächlich aber bei atrophierten Säuglingen mit bestem Erfolge.
Auch wir können sie im Bereich dieser Indikationen, nament-
lich aber auch für die Ernährung des gesunden Kindes empfehlen.
Literatur: 1. Adam, Tagung Südwestd. Kinderärzte Mannheim 1923, und |
Mschr. f. Kindhik. Bd. 26, S. 439—458. — 2. de Angelis, Pediatr. Bd. 30, S. 537—547. —
8. Aron, Tagung d. Deutschen Gesellsch. f. Kindhlk. Jena 1921. — 4. Derselbe, Dis-
kussion zu Rosenbaum, Tagung der Deutschen Gesellsch. f. Kindhlk. Göttingen
1923. — 5. Ariragnet et Dorlencourt, Nourrisson. Jg. 10, S. 81—105. — 6. Barbier,
Diskussion zu Ribadeau-Dumas, Ball. de la soc. de pediatr. de Paris. Bd. 21,
S. 280—285. — 7. Bessau, Klin. Wschr. Jg, 2, S. 862—866. — 8. Bessau-Bossert, Jahrb. f.
Kindhlik. Bd.89, S.269—823, — 9. Bessau, Rosenbaum und Leichtentritt, Ebenda, Bd. 95,
S. 128—188. — 10. Blackhanı, Lancet. Bd. 2, S. 1186—1140 und Practitioner. Bd. 106,
S. 842—846. — 11. Blechmann, Bull. de la soc. de la pödiatr. de Paris. Jg.1921, S. 297
bis 802. — 12. Blühdern, M. m. W. Jg. 69. S.1220—1221. — 13. Bosworth, Am. journ. of
disease of children. Bd, 22, S. 455—468. — 14. Brinekmann, Med. rev. Jg. 40, S. 166-
bis 172. — 15. Brouwer, Jahrb. f. Kindhlk. Bd. 102, S. 857—870, Bd. 103, S. 51—64. —
16. Brown, Curtney and Mac Lachlan, Am. journ. of dis. children. Bd. 24, S. 368 bis,
881. — 17. Bruce, Arch. of pediatr. Bd. 39, S. 388—898, S. 656—661. — 18. Brückner,
5) Herstellung: 1. Vollmilch und Zentrifugenmagermilch zu
gleichen Teilen mischen. Steht keine Magermilch zur Verfügung, so
kann nach dem Gerinnen die halbe Rahmschicht abgehoben werden.
2. Kurz aufkochen. 3. Auf 20—250 C abkühlen und mit 24 Stunden
‚alter dicker Sauermilch versetzen (2 Eßlöffel auf i Liter bzw. 500 ccm
auf 10 Liter). Man nimmt später von der dick gewordenen Milch des
Vortages die nötige Menge vor dem Kreidezusatz. 4. Bei Stuben-
temperatur von etwa 20—220 C stehen lassen. Wenn die Milch dick
geworden ist, also
ulverisierter Kreide auf 1 Liter. Mit Schneebesen verquirlen, bis
keine Milchklümpchen mehr zu sehen sind. 5. 3—4 Stunden bei
Stubentemperatur von 20—220 C stehen, lassen. Wenn Schäumen ein-
getreten ist, nochmals umrühren. 6, Langsam erhitzen bis zum ein-
maligen Aufkochen unter dauerndem Schlagen mit einem Schneebesen.
Zwischen 40 u. 60°C vorsichtig erwärmen. 7. Nach Aufkochen den
vorgeschriebenen Zucker (z. B. 3%, 5%, 7°, Nährzucker) in ge-
löstem Zustand zusetzen und die Milch durch Haarsieb gießen. 8: Vor
dem Abfüllen der unter gelegentlichem Schlagen etwas abgekühlten
Milch den Bodensutz gut aufrühren. Nicht nachsterilisieren. Die Me-
thodik ist genau innezuhalten, wenn die Nahrung gleichmäßig aus-
fallen soll.
ewöhnlich nach 20—24 St., Zusatz von 2,5 g reiner, |
~
— 69. Langstein, D. m. W. Jg. 47, 8.854. — 70. Derselbe, Tagung d. Deutschen Ges.
$. Kindhik. Jena 1921. — 7L. Lasch, Diskussion zu Rosenbaum, Tagung d. Deutsch.
Gesellsch. f. Kindhik, Göttingen 1923. — 72. Leary, Boston med. and surg. journ.
Bd. 186, S. 591—597. — 18. Leichtentritt, Jahrb. f. Kindhik. Bd. 94, S. 119--124, —
74. Derselbe, M. m. W. Jg. 68, S. 549—550. — 75. Löwenburg, New York med. journ.
and med. record. Bd. 117, S. 295—298. — 76. Lust, Klin. Wschr. Jg. 1, S. 1603—1606.
— 77. Derselbe, Diskussion zu Adam, Tagung der Südwestd. Kinderärzte. Məna-
heim 1928. — 78. Mallinckrodt, Mschr. f. Kindhlk. Ba. 27, S. 4. — 79. Marfan, Dis-
kussion zu Ribadeau-Dumas, Bull. de ia soc. de pödiatr. de Paris. Bd. 21,
S. 280-285. — 80. Marrigt and Davidson, Journ. of the amer. med. assoc. Bd. 81,
S. 2007—2009. — 81. Mendelsohn, Zschr. f. Kindhlk. Bd. 30, S. 802—309. — 82. Méry,
Aviragnet, Lesné, Lereboullet, Weil, Hallé, Dorlencourt et Schreiber, Bull. de la soce
de pödiatr. de Paris. Jg. 1922, S. 157—181. — 88. Mitchell, Arch. of pediatr. Bd. 38,
S. 414-418. — 84. Moro, Mschr. £. Kindhik, Bd. 18, S. 97—122. — &ö. Derselbe, Dis-
kussion zu Adam, Tagung Südwestd. Kinderärzte, Mannheim 1923, — 86. Neubauer,
Mschr. f. Kindhik. Bd. 21, S. 21-81. — 87. Neuland und Peiper, M. Kl. Jg.16, 8.119
bis 1208. — 88. Dieselben, Ebenda. Jg. 17, S. 841—842. — 89. Niemann und Foth,
Jahrb. f£. Kindhik, Bd. 93, S. 187—150. — 90. Noack, Arch. f£. Kindhik. Bd. 69, S. 431
bis 438. — 91. Nobsconrt, Bull. de V’acad. de mèd. Bd. 85, S. 224—226. — 92. Nobel
und Wagner, Zschr. f. Kindhlk. Bd. 30, S. 291-801. — 98. Paul, Vereinigung Süd-
westdeutscher Kinderärzte. Frankfurt 1921. — 94. Plantenga, Jahrb. f. Kindbik.
Ba. 92, S. 375—391. — 95. Ponlsen, Mschr. t Kindhik. Bd. 25, S. 539—545. — 96. Putzig,
Ebanda. Bd. 24, S. 436-488. — 97. Reiche, M. KI. Jg. 16, S. 646-649. — 98. Resch,
Schweizer med. Wschr. Jg. 51, S. 978—980. — 99. Rhonheimer, Ebanda. Jg. 51, S. 229
bis 231. — 100. Bibadeau-Dumas et Fouet, Bull. de la soc. de pédiatr. de Paris. Bd. 2l,
S. 280—285. — 101. Bietschel, Zschr. f. Kindhik. Bd. 28, S. 188—200. — 102, Derselbe,
Ebenda. S. 201—207. — 108. Derselbe, M. m. W. Jg. 67, S. 35—36. — 104. Derselbe,
M. Kl. 1919, Nr. 46. — 105, Derselbe, Beitr. zur sozialen Hygiene des Säuglings- und
Kleinkindesalters. Jg. 1920, S. 802—319. — 106. Derselbe, Zbl. f. Kindhlk. Bd. 1,
S. 7. (Referat zu Nob&court,) — 107. Rosenbaum, Mechr. f. Kindhlk. Bd. 27, S. 442,
— 108. de Rudder, M. m. W. Jg. 71, S. 766. — 109. Sauer, Arch. of pediatr. Bd. 89,
S. 1—10. — 110. Scheltema, Nederl. Maandschr. voor Verlosk. Vrouwenz. enz. Bd. 6,
S. 407. — 1il. Schick, Zschr. f£. Kindhlk. Bd. 17. S. 1—114, — 112. Derselbe, Ebenda..
Bd. 22, S. 195—294. — 113. Derselbe, Ebenda. Bd. 27, S. 67—78. — 114. Schloßmann,
M.m.W. Tg. 69, S. 46—47. — 115. Schoedel, Mschr. f£. Kindhlk. Bd. 28, S. 865—3870. —
116. Scurfield, Journ. of state med. Bd. 81, S. 28—40. -- 117. Derselbe, Child. Bd. 12,
8. 18—16. — 118. Sherman, Arch. of pediatr. Bd. 87, S. 434—435. — 119. Derselbe,
Journ. of the am. med. ass. Bd. 75, S. 921--922. — 120. Shaw, Arch, of pediatr. Bd. 39,
S. 864—368. — 121; Stepp, M. KL. Jg. 17, S. 287—288. — 122. Stolte, Jahrb. f. Kindhik.
Bd. 89, S. 161—176. — 128. Stöltznor, M, m, W. Jg. 69, S. 4—6. — 124. Stubenrauch,
Diskussion zu de Rudder, M.m. W. Jg. 71, S. 766. — 125. Supplee, Lait. Jg. 1
S. 321—381. — 126. Totis, Orvosi hötilap. Bd. 66, S. 65—66. — 127. Varlot, Bull. ot
mèm. de la soc. möd. des höp. de Paris. Jg. 38, S. 838—844. — 128. Veeder, Med.
Klin. of North-Amerika. Bd. 6, S. 69—80. — 129. Wagner, Zschr. i. Kindhlk. Bd. 3,
S. 127—151. — 130. Wagner und Happ, Ebenda. S. 162—175. — 131. Washbnrn, Journ.
of d. science. Bd. 5, S. 888—898. — 182. Wolf and Sherwin, Arch. of pediatr. Bd. 40,
S. 897—402. — 138. Wolff, Jahrb. f. Kindhlk. Bä. 94, S. 183—191. — 134. Zielaskowskl,
Ebenda. Bd. 97, S. 330-840. — Die Literatur des Auslands stand nur in Referaten
des Zentralblatts für Kinderheilkunde zur Verfügung.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
‘Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 24.
Rinen Beitrag zur Entstehung und Behandlung des Singultus bringt
Kappis (Hannover). Bei einer 27jährigen Kranken, die seit 3 Jahren an
Singultus litt und bei der anderwärts bereits eine Phrenikusdurehschneidung
beiderseits und darauf eine Phrenikusneurexhairese ohne jeden Erfolg vor-
genommen worden war, wurde festgestellt, daß bei diesem Singultus das
10. August
nit (Ba
zimi |
"Luft unfer einem glucksenden, gr
" eingezogen wurde.
y
Ghana aktiv in keiner Weise beteiligt war, sondern durch eine klonische
Kontraktion der beiderseitigen Hals-Schulter- Brosimuskuldter: ünd änderer
_ Attnungsmuskeln tuckweise die Schultern und der Thorax gehoben wurden, .
“ wodurch in den Lungen. ein luftverdünnter "Raum entstand, so daß die
größtenteils im Larynx entstehenden Geräusch
Bei dem Versuch,
brechen, zeigte es sich, daß bei Injektion von 20—30 cem 1/2%/oigen Novo-
kains an der linken Halsseite etwa in Höhe des 5. Halswirbels für die
“Dauer der Novokainwirkung der Singultus ‚regelmäßig verschwand. Nach
“der daraufhin vorgenommenen operativen Entfernung der ganzen linken
| 4, Zerrikalwurzel sowie des mittleren und unteren Halsganglions des linken.
l Sympathikus blieb der Singultus für 20 Stunden verschwunden, um: dann
Unter der Annahme,
Ad ich doch um eine psychogene Erkrankung handelte, wurde der
Krakön: der Larynx im oberen Teil des Schildknorpels geräde. so stark
geniu so wieder aufzutreten wie vor der Operation.
‚komprimiert, daß sie bei ruhigem Atmen genügend Luft bekam, daß sie
ich aber die Singultusatmung nicht mehr leisten konnte, weil, sie sonst
nicht mehr genügend Luft und Erstickungsgefühl bekommen hätte. Nach.
kurzer Kompression verschwand der Singultus vollkommen und ist seitdem
nicht wieder aufgetreten.
‚Zur Kenntnis der hochgradigen Erweiterung des linken Vorhofs
= teilt Schott (Bad Nauheim) 6 Fälle mit, bei denen ein relativ seltener
Toad
‚ Herand eine Unterteilung in 2 Bogen oder es fand sich ‘eine Doppel-
.. kontur auf der rechten Seite.
=- weniger -hochgradige Vorwölbung des Herzschattens gegen den retrokardialen
- Raun, teilweise bis weit über den Wirbelsäulenschatten reichend. Die
qr E Ti. x
Q Er m A Van er
= gelbliche Komponente hineinspielen).
Röntgenbefund beobachtet wurde. Es handelt sich um Patienten mit‘
hochgradiger Mitralstenose mit mehr oder minder ausgeprägter Dekompen-
sation des Kreislaufs, alle hatten eine Arhythmia perpetua. Der Herz-
schatten.war stets nach rechts stark verbreitert, entweder zeigte der rechte
In Fechterstellung sah man eine‘mehr oder
Bafuide: sind so zu erklären, daß der linke Vorhof weit nach rechts hin-
‚überreicht und in dem okati Teil des rechten Herzrandes oder in dessen
ganzer ‚Ausdehnung randbildend wurde. ;
Kapillaroskopische Untersuchungen bei Vasoneurosen hat Rodisoh.
(Pag) vorgenommen. Es handelt sich um 3 Fälle, bei denen bei zweien
schwere‘. vasomotorische Störungen,
Bemerkenswert ist der Zusammenhang < dieser Zustände mit
H. Dau.
-. Dieuische medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 25.
Nach Seyderhelm (Göttingen) ist die Chlorose zur Seltenheit,
do. perniziöse Anämie zur häufigsten aller Blutkrankheiten ge-
Worden, wenn man von den sy mptomatischen, hypochromen Anämien ab-
sieht Das wichtigste Frühsymptom der perniziösen Anämie ist: ein Zungen-
‚brennen, hervorgerufen durch eine am Rande, oft an der Spitze lokalisierte
Papillitis. Dann muß nach weiteren Symptomen gefahndet werden, dazu
gehören: Achylia gastrica und Zahnfäule (z. B. in Form einer. Stoma-
| ts uleerosa). Charakteristisch ist das Kolorit im. vorgeschrittenen
adim. Ein Ausgebluteter sieht „weiß-bleich“ aus, die Blässe der Chlorose
-it „leicht grünlich,
t alabasterartig durchschimmernd“, der anämische
Karzinomkranke zeigt einen schmutziggrauen Farbton, beim Nierenkranken
' scheint die Haut leicht gedunsen, fahlbleich. - Das Kolorit der perniziösen
'„strohgelb“ (der.
Anämie im vorgeschrittenen Stadium ist blaßgelb,
ef Bilirubingehalt des fast immer goldgelb gefärbten Plasmas läßt die
lichen -
eine Remission hervorzurufen und dieses
Kofir.
2,5, Sir. simpl. 40,0, Tinct. cort. aur. 5,0, Tinet.
edeutet, gebe man Azidol- -Pepsintabletten, mindestens 3mal 3 Tabletten
Während der Mahlzeiten.
2
ber die neue Wassermannsche Tuberkulosereaktion berichten.
Lange und G. Heuer.
ers
eheint eine Verp esserung der Reaktion: angezeigt.
Auf die Staublunge und Tuberkulose bei den Bergleuten des Mans-
üpferschieferbergbaues weist Franz: Ickert (Mansfeld) hin. Der
ehieferstaub setzt den Tuberkelbazillen einen Schutzwall entgegen;
si kin n des Kin mit Kupferschieferstaub verändert die lokale Kon-
-Ielder K
= chi
es Körpers ‘so weit, daß fast ausschließlich die zirrhotische
den Reflexweg für diese klonische
Muskelkontraktion zu finden bzw. durch Novokaineinspritzung zu unter-
p bei einem ein manifester M. Raynaud |
. mit Sklerodermie und innersekretorischen Störungen verbunden waren.
Nach der Meinung Redischs stellen alle 3. Fälle verschiedene Stadien
bzw. Grade eines der vasoneurotischen Diathese O. Müllers zugehörigen |
Prozesses dar.
-dri inneren Sekretion,
Solange die Beseitigung der’ ursäch-
e Noxe unmöglich ist, muß die Therapie dahin ‚streben, durch-Reiz-.
a, am besten Arsen,
Wadium möglichst lange zu erhalten dürch streng vegetabilische Kost, |
$ oder saure H e und große Dosen Salzsäure (Acid. |
yärochlor. 3,5, Pepsin.
= at. 1,0, Aq. dest. ad 300,0; täglich 4—5 mal 1 Eßlöffel nach den 'Mahl-
Zeiten); Kranken mit Glossitis, für die die. flüssige Salzsäure eine Qual
"ür eine zuverlässige klinische Verwertbarkeit
~
„isoli sate SOE entsteht. Nach Infektion mit Toberkeibasitlen verläuft
dann die Erkrankung milder und’ protrahierter, also - gutartiger, als bei den
anderen Sterblichen. . _
"Über Geschlechtsverkehr unter Kindern ad die dadurch erworben en
Geschlechtskrankheiten berichtet: N. Schönfeld. (Greifswald). Bei Ge-
schlechtskrankheiten von Kindern, deren Übertragungsweise unklar ist, und
wo: auch eine’ "Übertragung durch Badewasser : nur eine 'gezwungene Er-
klärung wäre, muß man, bei gleich geschlechtlichen Kindern an unmittel-
bares Spielen an den Geschlechtsteilen, bei vers schieden geschlechtlichen
auch an geschlechtlichen . Verkehr ‚denken: ` EN,
. ‚Auf den prophylaktischen Wert des Pesiseruims. bei‘ Lüngenpest
weist. Osman Cherefedden (Konstantinopel), als sicher hin. : Pestserum
kann als Reaktionserscheinung eine allgemeine Drüsenschwellung‘ hervor“
rufen,. die man: nicht. mit` Pestdrüsenschwellung verwechseln darf.
"Der Hypnotiseur wirkt, wie Levy-Suhl. (Berlin- Wilmersdorf) von
neuem betont, nur auf dem Wege der. Suggestion. Patienten verfallen
in Hypnose, noch :ehe man. ‚auch. nur den geringsten. Versuch. einer Be-
einflussung vorgenommen hat. . Lediglich,. weil sie in dem Glauben sind,
die Hypnose beginne in dem. Augenblick, wo: sie sich auf das. Hypnosebett
legen, verfallen sie- autosüggestiv in den von ihnen erwarteten Zustand.
Jede Hypnose erfährt diejenige Form und Ausgestaltung, die den eigenen
Vorstellungen und Erwartungen des Hypnotisierten entspricht;. jede Hypnose `
‚ist also schließlich nichts - anderes als. eine ärztlich unterstützte Selbst-.
hypnose.
Über Polyarthritis fheumatica ' nach Minimen Deichiet Hertha
Zagelow (Stettin). Das Trauma schafft an seiner Einwirkungsstelle einen.
locus minoris resistentiae. Das verletzte Gelenk muß zuerst Sitz. der
Erkrankung sein, von wo aus- ‚der ‚Körper mit virulenten Keimen - über-
' schwemmt wird. Häufig besteht das Trauma in. geringfügigen Dauerreizen,
die die kleinen Fußgelenke treffen Poukwa De &# E Bruck.
Sa Münchener medizinische \ Wochenschrift 1924, Nr. 23—25.
‘Nr. 23.. Über photodynamische Wirkungen. auf Bakterien. berichten
‚A.PassowundW.Rimp au(München). Es genügt hierbei vielleicht schon eine
ganz schwache Färbung der. Bakterien, vorausgesetzt, daß der Farbstoff selbst
eine genügend Lichtmenge 'zu absorbieren. vermag. .. Unter dem Mikroskop“,
sieht man die Zellen nach der Bestrahlung quellen, unscharf. werden. und ı
dann platzen. Das deutet auf ‘osmotische. Störungen hin. Man könnte
auch daran denken, daß sich die absorbierte Lichtenergie: ‚in molekuläre
Wärme umsetzt, wodurch die Bakterien zugrunde gehen. Es ist-möglich,
durch Auswahl entsprechender Farbstoffe nach Belieben mit roten, gelben,
‚grünen, blauen und violetten Strahlen eine starke Phötodynainische Wirkung
auf Bere auszuüben. _
© = Die Ungefährlichkeit der Narzylenbetäubung betont Hans Solbach
(Würzburg). Narzylen ist gereinigtes Azetylen. . Aüch eine Schädigung der
pärenchymatösen’ Organe wurde nicht beobachtet, so daß’ die Scheu, ‘die
Narkose in kurzen Abständen: wieder. vorzunehmen, weil sich die par-
enchymatösen Organe von der toxischen Schädigung durch das Narkotikum `
nicht so bald ‚erholen, bei der Narzylenbetäubung nicht begründet ist. Das `
Azetylen wird, ‚ziemlich schnell aus dem Blute ausgeschieden. Auch zu
Untersuchung. n im Interesse einer exakten. Diagnosenstellung kann diese
Narkose ausgiebig verwendet werden. Sie ist auch vorzunöhmen bei schwerem.
Vitium cordis, Fettherz, Bronchitis, ‚Tuberkülose, Struma. Je länger sich
die. Betäubung hinzieht, mit desto geringeren ‚Narzylenkonzentrationen
kommt man im ‘allgemeinen aus; je gleichmäßiger ‚sämtliche. Körperzellen
mit Azetylen gesättigt sind, je geringer somit das Gefälle ‚des Narzylen- ;
spiegels: ist, desto ausgeglichener ist der -Verlauf auch. äußerlich... In der
Nähe der Maske, wo. höbere Konzentrationen vorhanden sind, ist ebenso..
wie beim Äther Feuer (offene Pamm Thermokauter, Glüheisen, RUEIRT
_ Funken) zu vermeiden. .
. Auf die menorrhagische Wirkung der ‚Mitzbestrahlung weist B, s piet:
"hoff (Jena) hin. Sie entsteht auf endokriuem Wege durch Einwirkung ‘von
Milzhormonen: auf die are: (Wechselbeziehiungen zwischen Milz und
` Ovarium).
Über fälschlich angenommene, Trunkenheit oder. Alkoholvergiitung
berichtet Georg Straßmann (Wien). Unter dieser Diagnose verbergen
sich vielfach andere’schwere Krankheitszustände, ‘die. eine Bewußtlosig- `
. keit oder den Tod verursachen können. Daran. ‚muß man bei der: Auf-
findung hilf- oder bewußtloser ‘Personen im Freien denken, auch bei
einem wahrnehmbaren Geruch nach Alkohol.. ‚Zur restlosen Auf- \
klärung ‚solcher Todesfälle ist es aber notwendig, daß sie sämtlich seziert
_ werden (Einführung der polizeilichen. Sektion für oloba unklaren
Todesfälle in der Form, wie sie in Österreich besteht), |
Einen Fall von herzsynchronischen Muskelzuckungen | hat Giovanni
Galli (Lecco) beobachtet. Bei einem Kranken mit as alor Tahy
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1122
kardie zeigte sich ein rhythmisches Auseinanderspreizen beider
Nasenflügel, das mit zwei Fingern leicht zu fühlen ist.
löcher vergrößern sich merklich während der Spreizung. Diese Muskel-
zuckungen zeigten sichnur an den beidenNasenflügeln, sonstnirgends
am Körper.
erst nach Tagen aufhört. Im Schlaf hört die Spreizung auf. Der Krampf
der Nasenflügel ist synchronisch mit dem Puls. Es handelt sich
um eine symmetrische Zuckung zweier kleiner Muskelgruppen im Gebiete
der Faziales.
Die doppelseitige Funktionsstörung schließt eine periphere
Ursache aus.
Es dürfte sich um eine Läsion des Fazialisrindenzentrums
handeln, das in kleine Zentrula geteilt ist (eines davon ist das der Nasen-
spreizung). Die Pulswelle reizt das Zentrulum, wenn sie eine" gewisse
Frequenz nicht. übersteigt. Dagegen hört die Spreizung beim tachykardi-
schen Anfall (Frequenz über 200) auf: Der Blutdruck sinkt und die Puls-
welle ist minimal. Während des Schlafes ist die Rinde außer Tätigkeit.
Eine einseitige Zentralläsion kann auch eine doppelseitige Funktionsstörung
hervorrufen, da es sich hier um Muskeln handelt, die schon in der Norm
gleichzeitig bilateral funktionieren.
>
Auf den Eukodalismus weist von neuem Frensdorf (Göttingen) hin.
Beim Eukodal kann ebenso wie beim Morphium eine Gewöhnung eintreten,
ferner eine Bukodalkachexie und bei Entziehung. eine schwere Intoxikations-
psychose entstehen. Wie die Abstinenzerscheinungen beim Morphinismus
in Wirklichkeit Intoxikationserscheinungen sind, die aber gewöhnlich hintan-
gehalten werden durch neu zugeführte „tonisierende“ Morphiummengen,
wie sich also erst mit dem Aufhören der Injektionen die Morphiumvergiftung
in ihrer wahren Gestalt, unverschleiert, zeigt, so dürfte es sich auch beim
‘ Eukodalismus verhalten, Der Verfasser warnt davor, Eukodal als harm-
loses Ersatzpräparat für Morphium zu geben oder gar als Schlafmittel zu
verordnen,
_ Über Gynergen zur Bekämpfung der Atonia uteri äußert sich W alth er
Koerting (Prag). Dosierung und Indikationsbreite des Präparats stehen
= noch keineswegs fest, sind aber jedenfalls enger bemessen, als die Fabrik
angegeben hat. Gynergen ist zwar sehr wirksam, aber mindestens in der
jetzigen Dosierung keineswegs unschädlich.
Nr. 24. Nach L.Bogendörfer und W. Buchholz (Würzburg) hat die.
Ernährungsweise einen entscheidenden Binfluß auf die Zusammensetzung
des Dünndarmsaftes. Die Menge der jeweils vorbandenen Fermente, die
Wasserstoffkonzentration und die Flora sind in erkennbarem Grade ab-
hängig von der Ernährungsweise.
Die Anatomie des Trendelenburgschen Phänomens am Hüftgelenk
. erörtert Hermann Kehl (Marburg a. L.). Das Phänomen wird immer dann
positiv, wenn in dem normalen, wechselseitigen Spannungsverhältnis der
Gebilde, die zur aufrechten Haltung des Körpers im Hüftgelenk zusammen-
wirken, eine Veränderung eingetreten ist, die die Störung der normalen
Funktion eines dieser Gebilde bewirkt. Diese Gebilde sind: das Lig.
'iliofemorale, das Gelenk- und Skelettsystem und der M. glutaeus max.
- Über seine Erfahrungen mit der konservativen Behandlung der
chirurgischen Tuberkulose nach der Calotschen Injektionsmeihode be-
richtet Theodor Fohl (Leipzig). Die besten Erfolge erreicht diese Methode
im Verein mit klimatischer und Allgemeinbehandlung. Aber auch
ohne diese bei isolierter Anwendung wirkt sie günstig und ist jedenfalls
weit erfolgreicher als die „Höhensonne“.
Im Lichte der Zellularphysiologie betrachtet Fritz Michael
Lehmann (Berlin) die Immunität, die Befruchtung und den Reizverzug.
Er betont hierbei die Schwächen der humoralen und die Vorteile der zellu-
. lären Theorien und stellt eine rein zellular-physiologische Immunitätstheorle
auf, aus der alle humoralen Theorien ableitbar sind. Die Voraussetzung
bierbei ist: Die Immunitätslehre ist ein Ausschnitt aus der Stoffwechsel-
lehre. Die Entzündung ist ein Verdauungsvorgang. Eine Entzündung
heilt, wenn die vollständige Verdauung des Entzündungserregers
erfolgt. Sie bleibt so lange ungeheilt, als die Kräfte der Zellen nicht aus-
reichen, sie zur Heilentzündung zu steigern. Denn die Zellen verdauen
bei der Entzündung die Entzündungserreger, die Säfte spielen eine
Nebenrolle. Die Durchführung der Verdauung ist dem Grundgewebe
(Mesenchym, besonders Gefäßwandzellen) zuzuschreiben, nicht aber den
Phagozyten. Bei der Untersuchung des Lebendigen untersucht man
seinen Stoffwechsel. Wird dieser aber heute untersucht, so wird nicht
das Lebendige untersucht, sondern nur irgendeine Einzelheit im Blut
oder Harn. Man sollte aber auf alle Einzelheiten zunächst verzichten und
alle Rätsel auf eines zurückführen: auf die Zelle als Stoffwechsel-
einheit.
Die Technik der iontophoretischen Anästhesie bespricht Franz
Wirz (München). Die Mittel, die man zur Ausführung dieses Verfahrens
braucht, sind: galvanischer Strom, Elektrodeninstrumentarium und An-
ästhesielösung (Cocain. mur. 0,2, Sol. Suprarenin. [1: 1000] 0,5, Aq. dest
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
| ad 10,0; die Lösung .darf nicht erhitzt werden.
Die Nasen-
Die Spreizung verschwindet, sobald der tachykardische Anfall |
‚einsetzt, und kehrt sofort zurück, wenn dieser nach Stunden oder auch | Heinz-Herbert Matoni (Oberhausen).
Auch hat es sich nicht gezeigt, daß sich die Bestrahlten langsamer erholten
als die Operierten, wenn man bei einem solchen Vergleich die letzte
wenn auch deren Mortalität noch nicht 19/, beträgt.
eine diagnostische Bedeutung. Sie wird die Diagnose nicht allein ent-
`
10. August
Zur Aufbewahrung der
Lösung verwende man Fiolaxglas [Schott], da aus anderen Glassorten mit
der Zeit Alkalibestandteile in Lösung gehen und das Kokain zur Fällung
bringen).
Zur Frage: Uterusexstirpation oder 'Röntgenkastration äußert sich
Er hat keine ausgesprochene
Schädigung des Blutes nach einer Röntgenbestrahlung feststellen, können
Menstruation und nicht den ersten Behandlungstag als Zeitpunkt annimmt.
Ausschlaggebend sei ferner bei den im ‘Haushalt unentbehrlichen Frauen
die kurze Behandlungsdauer bei der Bestrahlung sowie die Tatsache der
absoluten Ungefährlichkeit dieses Verfahrens gegenüber der Operation,
Nr. 25. Die Bedeutung der Haut für die Insulinwirkung betont
Ernst Friedrich Müller (Hamburg). Die beim Versuchstier bekannte
Insulinwirkung wird bei intrakutaner Zufuhr erhöht, Die toxische Dosis
liegt bei intrakutaner Aai wesentlich über der subkutanen, die töd-
liche sicher noch höher.
Nach Ferdinand Hoff (Kiel) hat die intrakutane Krebsreaktion
scheiden, ebensowenig wie der Blutnachweis im Stuhl, der Salzsäurewert
im Magen bei Magenkrebs. Aber mit anderen Methoden zusammen ist sie
brauchbar. ‘Der Verf. injiziert neben dem „Krebsserum“ auch ein „Normal-
serum“ von. nicht Krebskranken. Die charakteristische Reaktion des Krebs- -
serums besteht in einem violetten Fleck an der Impfstelle mit Serum von
röntgenbestrahlten Krebskranken. Die Seren waren diagnostisch brauchbar,
wenn sie zwischen 3-Stunden und 31/, Monaten nach der Bestrablung ab-
genommen waren. Wenn nun das Krebsserum in der eben angegebenen
Weise reagiert, aber das Normalserum eine gleichartige Reaktion zeigt, so
liegt ein unspezifischer, in der individuellen Hautreaktionsweise, beruhender
Vorgang vor, die Reaktion ist als negativ zu bezeichnen. Wenn aber das
Normalserum nicht reagiert, so ist eine minimale charakteristische Re-
aktion des Krebsserums als positiv zu registrieren.
An Stelle der unspezifischen parenteralen Proteinkörper-
therapie ist, wie Arnold Zimmer (Berlin) ausführt, die regulative
Reiztherapie getreten. Diese wirkt elektiv auf die Zell- und Organsysteme,
die sich in einem abnormen Reizzustande befinden. Hier soll sie regu-
lierend eingreifen und das Organ in seinen normalen Erregbarkeitszustand
zurückführen. Diese Reizmittel dürfen bei Vermeidung aller unnötigen
Reaktionsorscheinungen (starke primäre Allgemeinreaktionen) nur solche
Reaktionen nach sich ziehen, die zur Erreichung des therapeutischen Zieles
unbedingt nötig sind.
Über die Diagnose der Schwangerschait durch biologische Methoden .
berichtet Karl Fink (Königsberg i. Pr.). In Frage kommen 6 Methoden.
Sie wurden, und zwar immer nur ein Teil von ihnen, herangezogen bei
normaler Gravidität, bei der Tubargravidität (auch, der vermeintlichen),
bei der Gravidität mit abgestorbener Frucht und bei der Differentialdiagnose
zwischen Gravidität und Tumor (Myom). Die biologischen Reaktionen
können uns gelegentlich viel nützen. Man sollte sie daher im klinischen
Betrieb in Anwendung ziehen.
Seine Beobachtungen über innersekretorische Störungen aus der
täglichen Praxis teilt R. Stoevesandt (Bremen) mit. Es handelt sich
um Schwächezustände aller Art, um Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen,
um Hypertonien u, dergl. mehr, was so leicht die Signatur „Neurasthenie“
oder noch nichtssagender „Blutarmut“ erhält. Die Chlorose dürfte ganz
allgemein als eine Krankheit (oder vielmehr Konstitution) innersekretorischen
Ursprungs aufzufassen sein. Auch bei männlichen Individuen kann gerade
in der Wachstumsperiode ein ähnliches Blutbild zustande kommen, das
bisher das Kriterium der Chlorose war (dabei ist der Ausdruck „Chlorose“
zu vermeiden, weil er für das weibliche Geschlecht reserviert ist). Es gibt
auch Chlorosen ohne Hämoglobinarmut, wo diese einmal dagewesen, aber
wieder verschwunden ist. Denn ein chlorotisches Mädehen bleibt chlorotisch,
auch wenn das Hämoglobin wieder normal geworden ist. Die Diagnose
muß hinüberwechseln in das Kapitel der vegetativen Neurose. Betont wird
die allgemeine innersekretorische, vielleicht pluriglanduläre Genese des
chlorotischen Blutbildes, wobei das Ovarium beim heranwachsenden weib-
lichen Geschlecht das größte Kontingent stellen mag als diejenige Drüse,
die am meisten wechselnder Beanspruchung ausgesetzt ist, aber keineswegs
das Monopol dafür hat. Auch das beginnende Klimakterium kann vorüber-
gehend das chlorotische Blutbild hervorrufen als die letzte Belastungsprobe,
die das weibliche endokriue System durch die Ovarien auszuhalten hat.
Die Sterilisation der Gummihandschuhe durch Natriumhypochlorit
(unterchlorigsaures Natron, Javellesche Lauge) empfiehlt Lothar am Ende
(Leipzig). Bei einer Lösung von 0,382°%/, Chlor braucht man 15 Minuten; “
Milzbrandbazillen werden nach 30 Minuten, ihre Sporen nach 45 Minuten
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alle Fälle nach 1 Stunde bei obiger‘ Konzentration. erreichbar. Das "NaOCl
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muß in einer braunen Flasche aufbewahrt werden. Es ist reizlos für
` die ‘Hände.
Auf die diabetische Anlage,- die ererbte
wechsels‘“ , die der Ausdruck einer Minderwertigkeit des Inselapparates sein
_ dürfte, weist F. Umber (Berlin) hin, Ihre Erkennung wird eber gefördert
durch Prüfung der alimentären Hyperglykämie als durch. diejenige |.
Die Blutzuckerbestimmung ‚nach -der Bang-:
-gohen Mikromethode erfordert aber. einen Bone Aufwand an Zeit und.
- der alimentären Glykosurie.
umischen Arbeitsmethoden. cF. Bruck.
Zentralblatt für i Chicmigie 1924, Nr. 27.
Über Rezidiv bei Magengeschwürsoperationen mach der Methode
In dem .
` Billroth I berichtet Friedemann (Langendreer) in zwei Fällen.
‚ ersten Falle handelte es sich um ein Rezidiv nach ausgedehnter Magen-
resektion nach Billroth I, wo nicht genügend freie Duodenalhinterwand zur
Verfügung stand, und in dem zweiten. Falle um ein Rezidiv, das zu töd-
- licher Verblutung führte.
+ ist dies Operationsverfahren in erster Linie zu empfehlen.
“ Eine auskochbare chirurgische Stirnlampe hat auf der I. chirurgischen |
Sie hat ein geringes Gewicht, der
Klinik Wien Demel zusammengestellt.
- Reflektor. sitzt mit kurzem Stiel der Nasenwurzel fest auf und läßt die
= * ‚Augen frei. |
| Sakrokokzygeale Einstülpung der Rückenhaut ist nach Walzberg
(Minden) oberhalb des Auslaufs der Rima ani nicht selten als Grübchen
von der Größe einer halben Erbse zu. sehen. Sie können. der Sitz von
Entzündungen werden und sind dann samt ihren ‚ Verzweigungen zu 6X-
stirpieren.
menge von 1/, bis ijs
~> Den lleolumbalschnitt empfiehlt Härtl Berlin) für die Tumoren
„der rechten Abdominalgegend als schrägen Schnitt etwas unter Nabelhöhe .
„dem, ‚Faserverlauf des Musc. abdom. extern. ‚entsprechend, Die Verlängerung
` Jümbalwärts schafft den Zugang zur Lumbalgegend wie der AOLBMIaDD-
„sche Nierenschnitt.
Die Arthrodese des Sprunggelenkes mittels Rippentransplanfation l
Nach Längsschnitt an der Vorderseite-
empfehlt Kornew (Petersburg): `
` des Unterschenkels und des Fußrückens wird nach. Aufklappen der Knochen-
haut eine Rinne ausgemeißelt und‘ die gekrümmte VII. Rippe eingelagert.
Schädigungen durch Rivanol werden nach den Erfahrungen von
„ Bosen stein (Berlin) nicht gesehen bei Einspritzung von 1°/ypigen Lösungen.
‚In die Muskulatur und in die ‘Gelenke. Die 'unvermeidlichen kleinsten
Gnmesschdigungen bleiben ohne schädliche. Tog, K. Bg.
Zentralblatt für Gynä äkologie 1924, Nr. 11.
Grenzen der Gefühlskontrolle bei intrauteriner Anwendung von
‚. Instrumenten bespricht Sellheim (Halle a. S.). ‘Von. der Sondenaus-
tastung der Uterushöhle ist nicht viel zu halten. Das meiste, was man
‚ dmit herausbringen könnte, fühlt man durch bimanuelle: Untersuchung.
Auch bei der Ausschabung. des Uterus ist eine Überschätzung des Tast-
. bildes möglich, Selbst größere Geschwulstbildungen. in der Uterushöhle
können der Kurettage entgehen. ‘Die. größte Überbewertung erfährt der
“ Tastsinn bei der Handhabung der Abortzange. — Bei der Ausräumung
eines Abortes ist es wesentlich, die „gefahrlose Zone“, d. i. das Gebiet,
das "der austastende Zeigefinger erreichen kann, nicht zu über-
schreiten. Der erste unerläßliche. Akt einer Ausräumung ist die Verab-:
E einer gehörigen Gabe Ergotin und Pituitrin. Jeder Zugriff des
en mit dem Finger, und der Gesichtssinn ist, soweit es. möglich ist,
ian
Die Röntgentherapie der Peritoneal- und Genitaltuberkulose ist-
Dach den von Uter mitgeteilten Erfahrungen der Heidelberger Frauenklinik
- ein zuverlässiges Behandlungsverfahren. Notwendig sind 4—6 Be-
. Strahlungen mit der geringen, unter der Ovarialdosis liegenden Strahlen-
funktio HED. . Unter Schonung der weiblichen Genital-
e a folgt rasche Hebung des Allgemeinzustandes und Verschwinden
er örtlichen Krankheitszeichen.
m In der Behandlung des Eklampsismus und dor Eklampsie wird
“ ssen-Möller (Lund) die Geburt mit dem Blasenstich eingeleitet
ar Eon spontan ‚beendet, unter Umständen in leichter Äthernarkose
n
?
h u Mortalität und ist daher verlassen ‘worden.
ist n p erhöhte Senkungsgeschwindigkeit, der N Blutkörperchen
ach Falta (Szeged) ein regelmäßiges Schwangerschaftszeichen
D
nE vierten Monat. Bei beginnender Fehlgeburt und Blutungen ist
un on Bei A dnerentzündungen ist sie stark erhöht, ebenso bei Krebs
Krebsrezidiven,
`
„Schwäche des Zuckerstoff- |
Auf Grund der. übrigen günstigen Ergebnisse
'strumentes ist zu überwachen durch vorausgehendes und nachfolgendes |
H. 3.)
ge. — Die Stroganoffb ehandlung ergab in den letzten 4 Jahren. |
- Lungenherde.
E i
\
Die T E E wird N Bronnikoff (Rybinsk) Boe
mäßig mit dem Proberöhrchen des Sahlischen Hämoglobinometers ange-
stellt. Die nach A Stunde geprüfte Beschleunigung der Senkung gestattet
' eino gute "Unterscheidung. der entzündli chen Zustände. der Anhänge von
den nicht oder nicht mehr entzündlichen. : .
. Einen Fall von Lervikalgravidität beschreibt, Reinhardt (Ludwigs-
hafen), bei der die Eiinsertion ausschließlich in ‘der Zervix statthatte.
Blutungen und Schmerzen . machten die Ausräumung des- Ries notwendig.
Infolge der Durchwachsung | der Zervixwand kam os dabei zu so schweren
Blutungen, ‚daß die Gebärmutter- sofort exstirpiert werden mußte, K. Bg.
Zeitschrift für ärztliche Fortbildung 1924, Nr. 9 und 10.
von Gutfeld (Berlin) von der Möglichkeit, die Seuche‘ überhaupt auszu-
rotten. Für diese Hoffnung ist wesentlich, daß ein .großer. Teil ‘Menschen
meter Blut sein. Die Intrakutanreaktion von Schick erlaubt Feststellung,
ob Antitoxin vorhanden ist oder nicht, in ziemlich einfacher, Weise. Ein
strikter Beweis für das Geschütztsein negativ reagierender Individuen gegen
Di-Erkrankung. liegt nicht vor, ist- aber- nach den. neuen Forschungen mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen. : `,
Holfelder (Frankfurt a. M.) gibt neben seinen. speziellen: Erfahrungen
einige sehr wesentliche allgemeine Gesichtspunkte über die Röntgenbehand-
lung der malignen Geschwülste. Nur die begründete Aussicht auf wirk-
Operation abgeben.
und angenehmer. nur durch Röntgentherapie erreichen. ` Wo. die Operation
wirkliche Heilungsaussichten bietet, spielt auch heute noch das Messer die
erste Rolle.
sichten bietet, kahn heute die unbedingte Indikation zur Operation nicht
mehr aufrechterhalten ‘werden. — Bei den Sarkomen des Stützgewebes
wird die Prognose der Strahlenbehandlung- durch einen vorangegangenen
chirurgischen Eingriff (Probeexzision) ganz außerordentlich ‚getrübt. — All-
naberoghenp ar. H ans u eyer (B erlin- Wilmersdorf ).
Therapeutische Notizen. -
I
Innere Medizin.
' Zur Kieselsäurebehandlung der Lungentuberkulose. gibt Freund
(Neukölln) neue Beiträge. Er empfiehlt: das Silistren-Bayer (Tetraglykol-
ester der SiO,) in Dosen’ von mal täglich 20 Tropfen in Wasser. Die
Erfolge bei 2/s der- behandelten Fälle gingen beträchtlich über. die mit der
sonst üblichen Behandlung. erzielten. Erfolge hinaus.
Durchschnitt etwa 50 Tage gegeben und zwar als Adjuvans der Liegekur,
'Pneumothorax- oder spezifischen Behandlung. ‚Es. bewährte sich aber nur
‚bei den produktiv-zirrhotischen bzw. rein: zirrhotischen Formen der Tbe.
` Das Kriterium ist Gewichtszunahme, Verschwinden des Katarrhs und der.
'Bazillen, das Röntgenbild und das subjektive Befinden der Kranken.
Empfehlenswert. ist auch die Silistrenbehandlung der initialen Sklerose
_ eventuell in mehreren (2—3) Etappen. Der verhältnismäßig hohe Preis,
stellt für den allgemeinen und langdauernden Gebrauch noch ein. gewisses
Hindernis dar. Die Wirkung aller Kieselsäurepräparate beruht auf einer
lungsdauer und der Menge der verabreichten Siliziumdosen. Die frühzeitige
Hemmung des tuberkulösen ` Zerfallsprozesses und die Neigung zur indura-
tiven Gestaltung scheint nicht bloß: auf mechanische Weise oder durch
- Anwesenheit einer unspezifischen Entzündung, sondern auch durch eine
chemische Einwirkung hervorgerufen zu werden. Herdreaktionen sind bei
peroraler Zufuhr des Silistren nicht zu nn (Ther. d. Gegenw. 1924,
Tarnogrocki. (Pölitz).
Grippe- und Bronchopneumonien. Sie führt zu rascher Hebung des all-
Eßlust, zu sofortiger. Umstellung der erschöpften Abwehr in siegreiche
Überwindung der Krankheit bei gleichzeitig schneller Ausheilung der
Ferner bewährte sich dem Verfasser das Mittel bei un-
klaren Fieberzuständen akuter Natur mit'den Zeichen einer Meningo-
kokkenmeningitis, wo Temperatüren von 41° nach 12 Stunden zur
Norm sanken. Nässende Ekzemfälle kamen nach ‚subkutaner Omnadin-
anwendung rasch zur Eintrocknung. Auch ‚bei Erysipel ur sich Dash
- In einer Arbeit über den Nachweis von Diphtherieantitoxin : unter
besonderer Berücksichtigung der Di-Hantreaktion von ‘Schick spricht
gemein gesprochen ist die Röntgenreaktion eines. malignen Tumors ganz ;
Die Vakzino Omnadin empfiehlt A. Opitz angelegentlichst bei
la
aller, Altersstufen-Di-Antitoxin im Serum besitzt. Ausreichend für. Schutz .
gegen die Erkrankung soll eine Menge von 1/2 bis !/1p AE pro Kubikzenti-
liche Dauerheilung sollte die Indikation. zu. einer schwer. verstümmelnden .
Die einfache Lebensverlängerung kann man sicherer
‘Für viele Karzinomarten, bei denen die Radikaloperation.
zwar noch technisch durchführbar ist, aber erfahrungsgemäß entweder eine -
sehr große Mortalität zur Folge hat, ‘oder, aber nur ‚geringe Heilungsaus-
Daş Mittel wurde im .
fortschreitenden Bindegewebs- und Narbenbildung proportional ‚der Behand- .
gemeinen Wohlbefindens, zur Wiederkehr der vorher völlig darnied erliegenden i
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1924, Nr. 25.)
1124
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
6—12 Stunden eine gute Wirkung. Ferner hat sich das Mittel bei allen
eitrigen, verjauchten Wunden, bei Phlegmonen, Pänaritien u.a. |
in Kombination mit Staphylokokken-Yatren durchaus bewährt. (M.m.W.
Die Behandlung der Pleuritis besteht nach Heinrich Zimmer
(Berlin-Wilmersdorf) in: 1. Entlastung durch Punktion oder Ausblasung;
2. Verordnung vonSalizylpräparaten, Kalk und Atophan, sowie resorptiven
Maßnahmen (Jod, physikalische Therapie, Brustwickel, Seifenwickel usw.,
Anregung der Diurese); 3. Auffrischung torpider und. stagnierender Herde
durch Injektion von unspezifischen Eiweißkörpern (kein Tuberkulin, um
eine vorhandene latente Tuberkulose nicht zum Aufflackern zu bringen).
Als Nachbehandlung: Wärmeapplikation und Höhensonnenbestrahlung. Eine
_ Vermeidung der Sohwartenbildung durch frühzeitige Ausblasung war meist
nicht: zu erzielen. Die Luftinsufflation (Ersatz des ausgeblasenen
Exsudates durch Luft) bietet in diagnostischer Hinsicht bei abgekapselten
Exsudaten einen großen Vorteil. (D.m.W. 1924, Nr. 23.)
Die Insullnbehandlung hält H. Strauß (Berlin) nur bei bestimmten
Fällen von Diabetes für dringlich, nämlich erstens da, wo die übliche Diät-
behandlung nicht zum Ziele geführt hat, also bei schweren und mittel-
schweren Formen; 2. bei Komplikationen, wo eine rasche und inten-
sive Beeinflussung des Zuckerstoffwechsels notwendig erscheint. Hierbei
muß man oft aus äußeren Gründen auf eine präliminare Blutzucker-
bestimmung verzichten. Dann ist aber ganz besonders zu verlangen, daß
man mit kleinen Insulindosen in die Behandlung „einschleicht“ und —
was an sich schon für jede Insulinbehandlung obligatorisch ist — für den
Fall des Eintritts von Prodromen eines „Insulinschadens“ (hypoglykämischer
Insult) Zucker, Malzbonbons usw. bereithält. Gibt man außerdem noch,
ehe man über die Reaktion des Falles genau orientiert ist, kurze Zeit
naeh der Insulininjektion bei sonst strenger Diabetesdiät eine Suppe mit
15—20 g Mehl, so wird das Risiko noch weiter verringert. (D.m.W.1924,Nr. 24.)
Über ambulante Ulkuskuren berichtet J. Boas. Die Liegekur ist
nur bei schweren Magen- oder Duodenalblutungen erforderlich. : Bei okkulten
Blutungen oder leichten manifesten Hämorrhagien kann man ambulant
behandeln. Die Kranken können dabei ihrem Beruf in vollem Umfange
nachgehen, allerdings unter der Voraussetzung einer strengen Diät, geeigneter
medikamentöser Behandlung sowie ausreichender körperlicher Schonung
(namentlich bei Schwerarbeitern). In Fällen von Ulkus ohne okkulte
Blutungen ist die ambulante Behandlung die Methode der Wahl. Bei der
ambulanten Ulkustherapie hören zuerst die subjektiven Beschwerden, und
zwar meist schon innerhalb der ersten 1—2 Wochen auf. Aber auch die
'Druckpunkte und die okkulten Blutungen pflegen im Verlaufe einer
4—6wöchigen Diätkur in Verbindung mit zweckmäßiger Alkalibehandlung
in zahlreichen Fällen definitiv zu schwinden. (D.m.W. 1924, Nr. 24.)
Zur Behandlung der pluriglandulären Fettsucht äußert sich Max
Porges (Marienbad). Bei einer Affektion, die mit intensiver Wasserretention
einhergeht, ist eine vermehrte Wasserzufuhr durch Trinkkuren kontraindiziert.
Dagegen empfehlen sich: Moorbäder (besonders bei weiblicher Adipositas
mit Ausfallserscheinungen seitens der Ovarien; die Bäder bewirken eine
bessere Ernährung der Ovarien und damit eine Erhöhung der endokrinen
Funktion); ferner Drüsenextrakte (Lipolysin), salzarme Kost. Die
Behandlung führt nicht sowohl zu einer Gewichtsabnahme als vielmehr zu
einer Reduktion des Körperumfangs. (D.m.W. 1924, Nr. 25.)
DE F. Bruck.
Zur Behandlung der echten Arthritis deformans empfehlen O.Fliegel
und R. Strauß (Wien) das Mirion, ein Eiweiß-Jodpräparat. Verf. nehmen
.an, daß die Ursache der echten Arthritis deformans neben Gefäßprozessen
in endokrinen Störungen gelegen sei, und geben aus diesem Grunde das
Jod, dessen Wirksamkeit durch die parenterale Eiweißzufuhr erhöht werden
soll. Sie geben 3—5 ccm in zweitägigen Intervallen intramuskulär und
erzielten geringe Allgemein- bei starker Herdreaktion. Die Erfolge waren
sehr gut und traten sehr bald ein. (W.m.W. 1924, Nr. 24.) Muncke.
Klinische Erfahrungen mit Scillaren gibt Körner (Würzburg) bekannt.
Seillaren hat sich als Herzmittel durchaus bewährt, es entspricht in seiner
Wirksamkeit ungefähr dem Strophanthin, übertrifft dieses aber dadurch,
daß es nicht nur intravenös, sondern auch in Tabletten eine gute Wirkung
entfaltet. Die diastolische Wirkung kommt bei ihm noch deutlicher als
beim Strophanthin zum Ausdruck. Kumulation und Nebenwirkungen wurden
nicht beobachtet. Besonders zu empfehlen ist es bei Patienten, die auf
Digitalis nicht bzw. nicht mehr ansprechen. (Klin. Wschr. 1924, Nr. 24.)
H. Dau.
Gegen Oxyuris vermicularis empfiehlt M. Krimer (Landsberg a. L.
[Bayern]) als besonders wirksam das „Vermitacet* (Chemisch-technische
Ges., Charlottenburg 5). Das Mittel enthält Rainfarn, Tanacetum vulgare L.,
mit einem gelinden Abführmittel (Fruchtmus). Es ist zu einer Fruchtpaste
verarbeitet. Der Inhalt einer Packung genügt zu einer Kur der Erwachsenen,
die in einmaligem Einnehmen des Mittels morgens besteht; Kinder erhalten
Darstellung des hier in Betracht kommenden Krankheitsgebietes.
10. August
weniger. Mitunter muß die Kur wiederholt werden. Daneben: häufige
Waschungen des Afters und der ganzen Dammgegend mit kaltem Wasser, a
nach jeder Defäkation und auch sonst morgens und abends. (D.m.W.
1924, Nr. 24.) F. Bruck. Wi
Bücherbesprechungen.
Schwalbe, Diagnostische und therapeutische Irrtümer und deren
Verhütung. Innere Medizin. 6. Heft: v. Noorden, Krankheiten
des Verdauungskanals, des Pankreas und des Peritoneums.
2. Auflage. GZ. 2,30. — 9. Heft: Matthes, Infektionskrankheiten.
2. Auflage. GZ. 3,20. Leipzig 1923, Georg Thieme. |
‚Die erste Auflage des sechsten Heftes des Schwalbeschen Sammel-
werkes war seinerzeit von Adolf Schmidt kurz vor seinem Tode verfaßt,
aber nicht bis zur Vollständigkeit ausgearbeitet worden. Aus der Feder
v. Noordens stammend, bietet nun die zweite Auflage unter Ausschaltung
der Krankheiten der Leber eine glänzend aufgebaute, völlig abgerundete .
Das
Ringen nach Klarheit, das dem Frankfurter Kliniker in besonders hohem
Grade und auch mit besonderem Erfolg eigen ist, gereicht gerade einem
die „Irrtümer“ behandelnden Buche zum größten Vorteil, ganz abgesehen
von dem überaus großen, mannigfaltigen Krankenmaterial, das zur Ver-
wertung gelangen kann. — Der äußerst verantwortungsvollen Aufgabe,
den diagnostischen und therapeutischen Irrtümern auf dem Gebiete der
Infektionskrankheiten nachzugehen, wird wie in der ersten Auflage, auch
in dieser neuen M. Matthes (Königsberg) mit bestem Gelingen gerecht.
Vielfach hat er Ergänzungen vorgenommen; auch ein ausfübrlicheres Kapitel
über Encephalitis epidemica ist hinzugefügt. Emil Neißer (Breslau).
Adler, Praxis und Theorie der Individualpsychologie. 2. Aufl.
257 S. München 1924, J. F. Bergmann. M. 10,50. Ä
In der vorliegenden 2. Auflage sind einige Fortschritte der „Individual-
psychologie“, wie sie sich in neuen Schriften des Verf. finden, aufgenommen.
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Ein neues Kapitel: Das organische Substrat der Psychoneurosen, ist hinzu- 3
gekommen. Wie bereits in der Besprechung der 1. Auflage ausgeführt ki]
wurde, bringen die Arbeiten des Verf. — um eine Sammlung solcher handelt - Kin
es sich — manche wertvollen Gedanken und Gesichtspunkte, andererseits ih
finden sich in ihnen so viele willkürliche und phantastische Deutungen ad
und unstatthafte Verallgemeinerungen im Stile der Psychoanalyse, daß sie
als streng wissenschaftlich nicht bezeichnet werden können. Henneberg.
Birnbaum, Grundzüge der Kulturpsychopathologie.
1924, J. F. Bergmann. M. 2,40.
Auf Veröffentlichungen Birnbaums ist man stets gespannt. Man
liest sie im Vorbewußtsein, Neues, durch die bloße psychiatrische Empirie
nicht Eingeengtes, von hoher Warte aus Gesehenes zu erfahren. Und ist
nie enttäuscht. Auch das vorliegende Buch ist eine Bereicherung der
Literatur in ungewöhnlichem Sinne. Wenn Birnbaum auch bier erst
Wege und Forschungstendenzen für eine künftige Kulturpsychopathologie
aufweist, so ist mit der Form und in der Form seiner Darstellung doch
schon ein reicher Inhalt mitgegeben. Da er ein guter Kenner und ein
feinsinniger Versteher kultureller Werte in Kunst und Dichtung ist, da er
zudem psychopathologische Erscheinungen nicht nur schildern, sondern
auch werten kann, so ist er berufen, einmal die pathologischen Auswir- T
kungen im Kulturellen und die kulturellen Auswirkungen am Pathologischen k
großzügig für unsere Zeit zu umreißen. Er selbst glaubt, daß dazu der
Kulturpbilosoph gehöre. Aber schon das Beibringen von Erfahrungsdingen
ohne intuitive Schau, so gedacht, fixiert, geordnet und in den Gesamt-
rhythmus des gesunden und kranken seelischen Daseins eingefügt, wie os
hier geschieht, bedeutet eine Tat. Birnbaum wird diese Grundzüge.
einmal zu einem Lehrbuch ausweiten, äußerlich und von innen her.
Kurt Singer.
Sternberg, Josef Skoda, Meister der Heilkunde. Band VI. 92 8. |
Wien 1924, Julius Springer. M. 2,—.
70 S. München zii
Den anderen Darstellungen aus der Reihe der Meister der Heilkunde
folgt hier die Darstellung des Lebens und Wirkens des deutschen Begründers
und Ausgestalters der Auskultation und Perkussion. Sternberg schildert
in sehr lebendiger Weise, wie sich Skoda gegen den Willen der Fakultät
durchsetzte, wie er den Widerstand, der ihm die Arbeit und das Vorwärts-
kommen erschwerte, zunichte machte, und wie er sich durchrang. Es ist
für jeden Arzt, heute mehr denn je, eine sehr lehrreiche Lektüre und
namentlich der ärztlichen Jugend dringend zu empfehlen. Die Ausführungen
über die medizinischen Zeitströmungen zeigen, daß der Verf. sich die
historische Entwicklung der Medizin im 19. Jahrhundert ganz zu eigen
gemacht hat und daß er sie vortrefflich darzustellen weiß,
Grober (Jena).
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Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 17. Juni 1924. u ba
PE Payr hält an Hand zahlreicher Projektionsbilder einen Vortrag ‘über
- die Mastdarmfistel. Solange es sich um oberflächlich -gelegene oder solche,
- die höchstens in der Mitte des Sphincter- externus münden, handelt, ist-
= ‚gegen die wohl überall gebräuchliche Spaltung mit der Verwandlung eines’
Kanals in eine durch Granulationsgewebe von der Tiefe her allmählich aus-
= heilende Rinne nichts einzuwenden. Anders, wenn es sich. um'hohe. Mündung -
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muskels handelt: Noch ernster. wird die Gefährdung der Afterschlußfähig-
- ‚keit, wenn es sich um sog. Hufeisenfisteln handelt. ‚Man steht hier vor
-wei sebr ernsten Gefahren:- Entweder heilt ‘die ‘Fistel nicht aus (etwa
- -88%) oder der Eingriff hinterläßt däuernde, allerdings dem Grade, nach.
verschieden schwere Schlußunfähigkeit. Die. Ansicht, daß einfache, zur‘
;'Faserrichtung senkrechte Durchtrennung des äußeren Schließmuskels ` un-
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Ze ‘die Stelle der Durchtrennung an. ‚Die Versorgung durch die. Äste des
0 a: N pudendus: erfolgt bilateral symmetrisch. Rein dorsal ist, eine sog.
‚Außerdem hinterläßt die Spaltung ` eine mehr oder ‚minder breite binde-
- © heblich hemmt. Man hat in neuerer Zeit vielfach versucht, die Fistel
. möglichst vollständig herauszuschneiden, die entstandene große und tiefe
č =.. > Wunde durch versenkte oder. alle ihre Schichten umfassende, ev. mit-Draht
`. gelegte Nähte zu schließen. ‘Der Erfolg ist nur einem Teil der Fälle þe-
0: - nieht selten wird man durch bedenkliche. entzündliche Erscheinungen ge-
=,” zwungen, die Operationswunde teilweise oder ganz zu eröffnen. Das Rezidiv `.
E des Grundleidens ist dann kaum zu vermeiden. Das grundsätzlich an-
-<` sprechende Verfahren der Auspräparierung der Fistel bis zum, Mastdarm
J . mit Umstülpung des isolierten .Fistelschlauches. in den Mastdarm mit Ab-
i> -, bindung und Abtragung . (v. Hacker, König) gelingt bei ganz.. hoher
Fos Mündung keineswegs sicher. ‘Der Vortragende hat seit Jahren bei solchen
Se :. schwierigen Fällen gelegentlich von der Plombierung der Tiefen und.
ii > dureh das Zurückweichen der in das Infiltrat mit einbezogenen Levator-
I, : -"fasern oft ganz erstaunlichen Umfang gewinnenden Wundhöhle mit breiten,
"7 "Aus der Nachbarschaft gewonnenen Fettlappen, wie es kürzlich von,
a -Kirchmayr empfohlen worden ist, mit allerbestem Erfolg Gebrauch gemacht.
~ ` Der Fettlappen wird in die Tiefe des: Wundbettes spannungslos eingelegt,
'.. ,. die Haut darüber durch einige Lagerungsnähte mit Silberdraht "etwas. zu-
> strebten Ziele zu unterscheiden: 1. Eingriffe zur Behebung der Beschwerden;
~ 2 zur Korrektur der fehlerhaften Stellung der großen Zehe und 3. zur
Besserung des gleichzeitig bestehenden Spreizfußes. Bei jüngeren Personen
‚Wird man, wenn irgend möglich, die Vereinigung aller dieser Forderungen
chronisch entzündeten Schleimbeutels.und Abmeißelung der ihn bedingenden
Exostose erzielt. Viele Kranke sind völlig zufrieden, wenn sie ihre Schmerzen
„Nach technischen Gesichtspunkten lassen sich die H. v.-Operationen folgender-
„Maßen sichten: 1. Abtragung der Exostose und Herausschneidung des’Schleim-
~ „beutels; 2, Osteotomien am Mittelfußknochen a) am Köpfchen, b) am Schafte,
2: 9 an der Basis; 3. operative Eingriffe an der Gelenkkapsel, Reffungen an
„der medialen Seite; 4. die sparsame oder totale Resektion des.l. Metatarso-
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Phalangealgelenkes, gegebenenfalls mit Maßnahmen zur Arthroplastik (Faszie -
~ Odor Fett); manche erstreben nach der Resektion knöcherne Ankylose; -
| Er Sehnenverlängerung, Sehnen- und Muskelverpflanzungen, letztere als
|
Grundlage einer allmählich 'erfolgenden funktionellen Korrektur der Miß-
. Ger Anzahl von Fällen mit sehr befriedigendem Erfolg bei leichteren’ und
o e relechvoren Fällen geübtes Verfahren, dessen, Angriffspunkt Gelenk-
tapsel und -bänder sind, allerdings’ nicht im Sinne einer vermehrten
En Rs Extensorenverlängerung die große Zehe zwar gut geraderichten ließ,
Ze die Neigung behielt, in die fehlerhafte Stellung zürückzufedern.
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ajoi iagt 0" 1924 — MEDIZINISOHE KLINIKE —'Nr.32.
Vereins-Berichte.
am oberen Rand des äußeren oder gar im Bereich des inneren Scohließ-..
= *gehädlich sei, trifft sicherlich nicht ausnahmslos zu. Es kommt auch auf
-© _ - neutrale. Zone, aber gerade in ihr ‘münden die Fisteln so gut wie nie
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we ‚gewebige Narbe, die als inaktive Zóne den Schließvorgang. des Afters er
|
: ` 1gehieden. Die Gefahr der Wundinfektion ist doch eine. nicht unerhebliche, i
= im Mastdarm kann gemacht werden,. ist jedoch meist gar nicht notwendig.
“ , Payr: Über Hallux valgus-Operationen. Die operativen ‘Methoden .
= aur Behandlung des Hallux valgus (H..v.) haben. sich in den letzten Jahren
in ganz erheblichem Maße vermehrt. Man hat einmal je nach dem er-
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+7 , sammengezogen, jedoch nicht dicht geschlossen. Eine Naht der Öffnung
‚anstreben. Beschwerdelosigkeit wird oft schon durch Ausschneidung des-
los sind, verzichten auf eine ideale Stellungsverbesserung der großen. Zehe. — ;
r z iae ; 6. kombinierte Verfahren. — Nach einer Kritik der grundsätz-
`: - Jiehen Ziele dieser Behandlungsmethoden. schildert Vortr. ein von ihm in
es 4 panig an der medialen, sondern einer Entspannung an der-
.. oralen Seite. Vortr. hat. oftmals, die Beobachtung gemacht, daß sich
ar Ri: suchte und fand die Ursache ‘für dieses Verhalten in einer sehr.
„„eblichen Schrumpfung der Ligg. cöllateralia an: der Außenseite des.
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Gelenkes, einschließlich der gesamten: Verstärkungsbänder der fibrösen
‚Kapsel. Auch ein Band zwischen lateralem Sesambein und Kapsel trägt
mit zur Erhaltung dieser 'krankhaft: vermehrten Kapselspannung bei. Die
"Gelenkkapsel wird vom. Dorsum her ausgiebig unter Erhaltung und Beiseite-
_ ziehen der Strecksehnen gespalten, durch Abziehen der Haut der ganze
"laterale ‚Kapselabschnitt dem Auge-zugänglich gemacht und, dem Gelenk-
-spalt folgend, bis an die Beugeseite und das laterale Sesambein gespalten.
Nun läßt sich die große Zehe ‘ohne große Mühe geraderichten und bleibt
nach Abtragung der Exostose, ohne jede weitere Maßnahme ganz von selbst
in: dieser Stellung. Der Eingriff besteht. also aus Schleimbeutelexzision,
Abmeißelung der Exostose und ausgedehnter Kapselbänderdurchschneidung,
"ev. Exzision an der lateralen Gelenkseite. ` Fälle mit einem Ablenkungs-
“winkel: bis 45° sind durch diesen einfachen Eingriff noch gut zu be-
herrschen. — Der Unterschied. zwischen den Weichteiloperationen samt
Exostosenbegeitigung und den. Osteotomien -ist insofern für ‚den Kranken
ein sehr beträchtlicher, als er. 8—10-Tage. nach dem Eingriff bei Einhaltung
‘des ersteren Heilplanes den Fuß wieder belasten. kann, während die
` Knochendurchtrennung, .will. man deforme Heilung sicher vermeiden, einen
mehrwöchigen Schutz vor stätischer Belastung beansprucht. — Vortr. be-
spricht im Anschluß‘ an epidiaskopische Demonstration der Technik eine
große Anzahl von wichtigen Fragen: Einfluß des Schuhwerks für die Patho-
' genese, Art der Behandlung, Ursachen von Rückfällen usw.
Aussprache: Sonntag führt bei H. v. nur ausnahmsweise: Osteo-
tomie aus und geht in der Regel folgendermäßen vor: dorsaler Längsbogen-
schnitt; Exstirpation des Schleimbeutels. ‘Abtragung des Knochenvorsprungs,
Durchtrennung der geschrumpften Weichteile innenseits und Raffung außen-
seits. Verlagerung und ev. Verlängerung der Strecksehnen; besonderer
Wert wird gelegt auf. orthopädische Nachbehandlung: redressierender Ver-
: band bzw. Bandage mit Einlage zwischen 1. und 2. Zeho und. Außenschiene
sowie geeigneter Schuh und. ev. Einlage. — Schede stimmt Payrs An-
. sicht zu, daß die Hindernisse für die Beseitigung des H. v. in der Sohlen-
muskulatur . liegen. Der H. v. ist ebenso wie die Kontraktur des'Groß-_
zehengrundgelenkes eine direkte Folge der Fußsenkung, denn er ist ver-
ursacht durch die passive Spannung der Flexoren. Dementsprechend läßt
sich. auch sowohl der H. v. als. auch die Kontraktur . durch Redressement
des Fußes völlig beseitigen. Voraussetzung ist, daß die Gelenkverände-
rung noch nicht zu weit, fortgeschritten. ist und daß das Redressement
wirklich vollständig ist. — Hoffmann (Gurnemanz) möchte die‘ neue
| Operationsmethode Payrs'nur für. leichte Fälle als ausreichend‘ erachten.
Ziel jeder H. v.-Operation muß neben Beseitigung der Deformität Auf-
"richtung des stets eingesunkenen Quergewölbes sein. Dem trägt‘ die
| Hohmannsche Operation allein Rechnung in Verbindung mit der des
Quintus varus, die in zahlreichen Fällen mit bestem’ Erfolge‘ ausgeführt
wurde. Auch dieser Eingriff „läßt -sich ambulant in örtlicher Betäubung
mit ' sehr gut passendem Gipsverbande unter Herausarbeitung des Quer-
gewölbes vornehmen. ‘Dauer bis zur Gehfähigkeit etwa 4 Wochen. Gefahr.
der Versteifung des Großzehengrundgelenkes bei Durchtrennung lateral: von
‘Kapsel ünd Bändern bei älteren Patienten! Haupterfordernis ist die Nach-
‘behandlung: Bäder, Massage, aktive-und passive Übungen sowie- Zelluloid--
'stahldrahteinlagen nach Lange mit. scharf herausgearbeitetem Quergewölbe
unter fester Fassung .des Mittelfußes. Stets einfache Nachtbandage in
Form- eines kräftigen Bandes über dem Mittelfußköpfehen - mit volarer
“.Pelotte unter. den Metatarsen.II—IV, die in leichten Fällen in Verbindung
mit Übungen und den vorerwähnten Einlagen eine Operation. stets erübrigt.
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' Verein deutscher Ärzte. Sitzung. vom 13. Juni: 1924.
Herrmann-Reiser: G. Herrmann, berichtet. über die Subokzipital-
. punktion (Punktion der Cisterna magna nach Ayer) und die von Sicard
und Forestiera angegebene Methode der Injektion von Lipiodol (400/,iges
_ Jodöl) zum Zwecke der röntgenologischen Darstellung vom Verschluß des
. Wirbelkanals bei Tumoren. Besprechung der Vorteile für die Höhendia-
‚gnostik: Zur Bestimmung der oberen Grenze der Rückenmarkstumoren ist
das Verfahren unerläßlich. Besprechung der Gefahren: 1.' Durch die
Punktion selbst wird’nur ganz ausnahmsweise eine Gefahr bedingt. Hin-
` weis auf den einzigen darüber bekannt gewordenen Fall Pf isters!), der
bei einem Falle vorübergehende schwere Atemstörungen sah.‘ 2. Die. von
"den übrigen Autoren. geschilderten Beschwerden nach der Lipiodolinjektion
(Kopf- und Nackenschmerzen und Temperatursteigerungen durch mehrere
Tage) sind. u. a. durch eine ähnliche reaktive Entzündung bedingt, wie
ich sie als Folge der Lufteinblasung. nachgewiesen habe. In einem Falie
1) M. m. W. 1924, 8. 608.
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. können, allerdings ungleich seltener: so z. B. Infektionen mit Angehörigen
1126 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 32.
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von Verdacht eines Verschlusses durch chronische Meningomyelitis luetica
erzeugte die Methode eine vorübergehende starke Verschlimmerung mit
Temperaturerhöhung und hochgradiger Zellvermehrung im Liquor (3000).
Ghon: Ein Fall von. Lymphogranulomiatose bei einer 24 jährigen
Frau, die seinerzeit im Anschluß an ein Puerperium eine Anaemia perni-
ciosa überstanden hatte. Die Sektion ergab: Lymphadenitis und Peri-
lymphadenitis granulomatosa fibrosa der inneren inguinalen und iliakalen
Lymphknoten beiderseits, stärker links als rechts, der paraaortalen Lymph-
knoten, der retromediastinalen, der unteren und: oberen tracheobronchialen
Lymphknoten rechts und der rechten paratrachealen Lymphknoten, im
allgemeinen an Intensität der Veränderungen kranialwärts abnehmend;
gleiche Veränderungen in: den peripankreatischen, lienalen und portalen
Lymphknoten und in den Lymphknoten des unteren Mesosigmoideum und
des Periproktium; vereinzelte augenscheinlich jüngere metastatische Granu-
lomherde im oberen Pol der Milz, ziemlich reichlich jüngere kleinere und
fibröse größere Herde in der Leber, ziemlich viele Granulomherde in der
Harnblase und ein kleiner subpleuraler Herd in der medialen Fläche des
rechten Unterlappens. Außerdem fand sich bei der Sektion: Amyloidose
mit Sagomilz und Nephropathia amyloidea, allgemeine Anämie mit himbeer-
farbenem Knochenmark und Hydrops universalis. Der Primärinfekt für die
Granulomatose wurde bei der Sektion nicht gefunden: in Betracht kam
dafür nach dem Sektionsbefund nur die untere Körperhälfte. Die Haut
konnte deshalb ausgeschlossen werden, weil die schwersten und ältesten
Veränderungen die linken inneren ingninalen Lymphknoten zeigten, die
äußeren inguinalen beiderseits zum Teil überhaupt frei von Veränderungen
waren, zum Teil anatomisch jüngere und nur herdförmige Veränderungen
zeigten. Die Veränderungen der Lymphknoten sprachen demnach für das
Genitale oder den unteren Darm als Eintrittspforte. Die Veränderungen
der Anämie waren anatomisch die einer schweren sekundären Anämie,
Ghon und R. Fischl: Ein Fall von Meningitis durch ein Kapsel-
bakterium bei einem Säugling. Ghon: Der 41/, Monate alte Säugling
zeigte - bei der Sektion neben einer eitrigen Meningitis mit Pyozephalus
noch eine rechtsseitige eitrige Pleuritis mit reichlichem Exsudat, lobulär-
pneumonische Herde in den Unterlappen und einzelne Abszesse der Lungen.
Bemerkenswert erschien der Fall zunächst dadurch, daß die gefundenen
pathologischen Veränderungen ätiologisch verschiedene Prozesse waren: im
Exsudat der Pleuritis fand sich reichlich Streptococcus mucosus, weniger
reichlich Bacterium coli, im Exsudat der Lungenabszesse ausschließlich
Staphylococcus pyogenes aureus, und im Exsudat der’ Meningitis aus-
schließlich ein Kapselbakterium. Weiter dadurch, daß die Meningitis durch
ein Kapselbakterium verursacht war, dessen Bestimmung noch nicht voll-
ständig abgeschlossen ist, das sich aber vom Bacterium pneumoniae (Fried-
länder) in einigen Punkten unterscheidet, vor allem im Verhalten gegen-
über den Kohlehydraten. Die Bestimmung der Angehörigen der Kapsel-
bakterien bereitet bekanntlich Schwierigkeiten. Als Erreger von eitriger
Meningitis kommen sie selten in Betracht. In letzter Zeit sind einige
solche Fälle beschrieben worden. Bemerkenswert erschien der Fall schließ-
lich noch dadurch, daß es sich um keine frische tödliche Meningitis handelte,
sondern um eine ältere, die nach den klinischen Untersuchungen schon
2 Monate gedauert. hatte. Dementsprechend war auch der anatomische
Befund: neben dem mächtigen Pyozepalus, der seinen längeren Bestand
durch eine förmliche pyogene Membran an der Wand der Ventrikel doku-
mentierte, fanden sich ältere eitrige Exsudatmassen mit Lipoiden in der
Cisterna cerebello-medullaris und inselförmige, milchweiße, fibröse Herde
als Narbenreste von Exsudat an der Konvexität, Daß eitrige Meningitis
auch chronisch werden kann, oft auch rekrudesziert und vielfach sogar
ausheilt, ‚wissen wir von der Meningitis Weichselbaum. Ich kenne aus
eigener Erfahrung aber auch Fälle anderer Ätiologie,. die Gleiches zeigen
färbten Eiter, in dem sich mikroskopisch Eiterzellen, aber keine Mikroben
ein, der ‘Harn bot keinen pathologischen Befund dar, das Kind zeigte
starken Opisthotonus. Die neuerliche Lumbalpunktion bot einen ähnlichen
Befund wie die erste; an dieselbe wurde eine Spülung des Lumbalsackes
. mit physiologischer Kochsalzlösung geschlossen, die von Zunahme der
‚ Krämpfe gefolgt war. Später beobachteten wir Ungleichheit der Pupillen
boi sehr träger Reaktion derselben. Eine dritte Lumbalpunktion war
ergebnislos, so daß Verwachsungen angenommen werden mußten. . Die
Untersuchung des Augenhintergrundes .durch Herrn Dr. Braun von der
Augenklinik lieferte ein negatives Ergebnis. Im Harn waren keine Fried-
länderbazillen zu finden. Da die Hirndruckerscheinungen sich steigerten,
die Patellarreflexe starke Steigerung darboten und wiederholtes zerebrales
Erbrechen sich einstellte, nahm Prof. Hilgenreiner die Ventrikelpunktion
vor, die etwa 15 cem trübe Flüssigkeit lieferte, in der sich 1300 Zellen im
Kubikmillimeter, Nonne-Apelt I. Phase stark, zweite schwach positiv, fanden,
und positive Diazoreaktion bestand. Diese Ventrikelpunktionen wurden im
ganzen viermal vorgenommen und lieferten stets mäßige Mengen trüben
Liquors, welcher positive Hämolysinreaktion zeigte und Friedlähderbazillen
enthielt. Später wurde der bis dahin negative Babinskigeflex positiv, an
der Muskulatur der unteren Extremitäten stellten sich starke Adduktoren-
spasmen ein; die von Dr. Charousek von der deutschen Ohrenklinik
vorgenommene Untersuchung der Ohren lieferte ein negatives Ergebnis.
Das Abdomen bot kahnförmige Einziehung, über ‚den Lungen fand sich
jetzt auch links Verkürzung des Perkussionsschalles ohne auskultatorische
Erscheinungen, die Atmung war sehr beschleunigt, der Puls fliegend; die
neuerliche Untersuchung des Augenhintergrundes durch Prof. Löwenstein
‚ergab beiderseitige Trübung der Papilla nervi optici. Im Anschluß an
eine der Ventrikelpunktionen wurde eine Spülung mit Rivanol vor-
genommen, auf die das Kind mit großer Unruhe reagierte. Wegen starker
nächtlicher Agitation und Wirkungslosigkeit des bisher gegebenen Chloral-
hydrats wurde ein Versuch mit Hypnodonan gemacht, indem das Kind
1/4 Tablette davon erhielt. Es trat 4stündiger ruhiger Schlaf ein, doch
stellte sich am nächsten Tage ein großfleckiges Erythem im Gesicht ein
"und dem Mund entströmte ein eigentümlicher süßlicher Geruch. Eine
flüchtige Fazialislähmung der linken Gesichtshälfte, wohl als toxisch auf-
zufassen, verlor sich innerhalb weniger Tage. Eine ausgedehnte Phleg-
mone des rechten ÖOberschenkels, in deren Eiter sich Staphylococcus pyo-
genes aureus fand, Zunahme der Krämpfe, starke Schweißbildung am ganzen
Körper, dauernder Verlust des Bewußtseins und eine terminale Pneumonie
bildeten den Schlußakt des traurigen Verlaufes. Dazu gesellten sich spär-
liche bis linsengroße Blutungen ‚in der Gesäßgegend, die im Zentrum be-
ginnende Nekrose zeigten, und unter diesen Symptomen erfolgte der Tod
am 47. Tage der Beobachtung. Die Suche nach der Infektionsquelle blieb
resultatlos, die Suche im Rachenschleim und Nasensekret der Mutter,. die
keinerlei Krankheitserscheinungen darbot, auf Friedländerbazillen, lieferte
ein negatives Ergebnis. Die literarische Ausbeute solcher Vorkommnisse
beim Säugling ist sehr gering. Außer einer aus dem Jahre 1907 stammenden
Beobachtung von Noeggerath, dessen Fall in seinem trainanten Verlauf
mit dem unsrigen .eine große Ähnlichkeit zeigte und durch den Bacillus
‘coli immobilis capsulatus Wilde verursacht war, sind in allerletzter Zeit
zwei Fälle von Elias mitgeteilt worden, von denen der eine ausheilte.
Derselbe erlag später einer Pneumonie und bot bei der Sektion leichte
_Wucherungszustände in der Glia. Der andere, welcher nach 62 tägiger
Dauer seinem Leiden erlag, zeigte den fast analogen Befund wie unser
Fall. Nach mündlicher Mitteilung des Herrn Gottlieb Salus sollen in
letzter Zeit in Prag häufiger Fälle von Infektion mit Friedländerbazillen
der Gattung Streptokokkus. vorgekommen sein und es wäre wohl möglich, daß die schlechten Wohn-
Diese Tatsache hat mehr als theoretisches
Interesse.
Rudolf Fischl: Mit den Bemerkungen über den klinischen Verlauf
des Falles von Meningitis durch ein Kapselbakterium, dessen interessanten
pathologisch-anatomischen und bakteriologischen Befund Ihnen Herr Ghon
geschildert hat, kann ich mich ganz kurz fassen. Es handelte sich um
das dritte Kind; das erste war an Masern, das zweite an Krämpfen ge-
storben. Die Familie bewohnte in den letzten 2 J ahren ein Massenquartier,
in welchem 20 Familien in einem feuchten Raume zusammenlebten. Das
Kind war ausschließlich gestillt worden und litt seit 3 Tagen vor der im
Alter von etwas über 2 Monaten erfolgten Aufnahme an Krampfanfällen.
Wir fanden bei ihm träge Pupillenreaktion und beobachteten das häufige
Auftreten tonischer Krämpfe, während welcher das Bewußtsein erlosch,
die Pupillen sich ad maximum erweiterten und reaktionslos wurden, und
die Atmung sistierte. Während des Anfalles bestand Zyanose, die nachher
starker Blässe wich. Die Temperatur war hoch fieberhaft. Die große
Fontanelle war gespannt, die Lumbalpunktion ergab dicken, grünlich ge-
kommen des Infektes eine Rolle gespielt haben.
`
Wien.
Seminarabende des „Wiener medizinischen Doktorenkollegiums“.
24. März 1924.
Lues,
Referenten: Kyrle, Mucha.
Ist die Wismutbehandlung der Syphilis ein wirksames Verfahren?
Die Erfahrungen, die wir mit der Wismutbehandlung gemacht haben,
erstrecken sich auf eine verhältnismäßig kurze Zeit, so daß es noch nicht
möglich ist, ein abschließendes Urteil über den Wert derselben zu fällen:
Die Wismutbehandlung wurde von französischer Seite eingeführt und wurden
die Präparate Trepol und Novotrepol angewendet. Kurze Zeit hernach hat
sich die ‘deutsche Industrie der Herstellung der Wismutpräparate be-
10. August
fanden. Aus dem Punktat wurden im Hygienischen Institut Friedländer-
bazillen gezüchtet. Im weiteren Verlaufe wurden die Krampfanfälle seltener _
und schwächer, .es stellte sich eine Dämpfung in der rechten Thoraxbälfte `
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verhältnisse und der dichte Belag des Massenquartiers bei dem Zustande- '
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‘yake anlangt, so wäre zu erwähnen,’ daß die Injektionen ‚derselben besser.
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E t das Spezifikum allein, sondern der Organismus mitentscheidet. Das.
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19%4 — MEDIZINISCHE É ae Den EI
miächtigt‘ ande haben ‘wir bereits eine Reilio. derselben, ' welehe den? franzd.. |
..,sischen gleichwertig sind. Die Wismutbehandlung . kann: ganz. ‚Wesentliches”
‚leisten. Das Wismut wird in Form öliger Susponsionen- intramuskulär ap-
` piziert, 2- bis 3mal in der Woche, in- der, Einzeldosis I bis 3’com. Wir
haben das Wismut inder größten Mehrzahl der. Fälle’ mit Neosalvarsan ,
| “verwendet. Es hat sich gezeigt, dab vorhandene: luetische Erscheinungen :
rasch zum Schwinden kommen, rascher, als. wenn ‘eine reine Quecksilber: -
~ "behandlung eingeleitet wird. Die Spirochäten. pflegen nach. der 2.,-in re-,
..sistenten Fällen nach der 3. oder 4. Injektion zu ‚verschwinden.. Mitunter -
‚wird erst am Ende der Kur oder nach derselben ein Umschlag der Wa. Ro
- beobachtet. Bemerkenswert ist, daß Liquorveränderungen durch Wismut
` allein eine Sanierung erfahren. Was die Verträglichkeit: der Wismutpräpa-
Belvarsatterapie ist das ‚Medikament zwar, ein. Nirksaner: Faktor, rotidem
-gibt es Fälle, wo Versager' vorkommen; ‚was nach dem vorher: ‚Angeführten
‚begreiflich ist. .Das Streben: nach Schaffung: neuer Präparate ‘ist begrüßens-
‚wert, trotzdem sind` jedem- Mittel Grenzen gezogen, sobald die Krankheit
bereits. festgewurzelt ist. Hier ‘setzt die unspezifische: Behaudlung' ein. Es
‚wird :eine Reihe von Fällen gebön, wo. man mit den- spezifischen. Mitteln
nicht zum Ziele kommen wird. ‚Darauf beruht die gang unspeäiische Be-
nn "der ‚Syphilis, ee 0
| Welche Mittel dienen der unspezitischen Behandlung? -
‚Schon bei: den früher üblichen Präparaten. haben ` wir: unbewaßt ün-
spezifisch. "wirkende: Komponenten” verwendet. Es‘ waren dies die Vehikel,
‘rungen. im Organismus, ‚die. sich: in ‚Veränderungen- .des Biutbildes äußern.
- vertragen werden als die Quecksilberinjektionen. Stomatitiden' treten zwar,
"ebenfalls auf, dieselben sind aber weniger . schwer als die Quecksilber- |
"stomatitiden. Von anderer Seite wird auch ein. günstiger Erfolg bei. visze-~-
taler Lues gemeldet. Die allgemeinen Schädigungen anlangend wäre: "her- | |
vorzuheben, daß Nierenschädigungen im Sinne von Albuminurie‘ äußerst‘ ‘gehende Veränderungen im :Blutbilde, ferner. entstehen recht. stürmische
» selten sind. Trotzdem kann mitunter ein schwerer ‚desguamativer Katarch "Reaktionen, bedeutende Temperatursteigerungen. ‚Gerade diese stürmischen
a Nieren mit Zylindrurie auftreten; es sind dies aber. passagere Erschei-
‚nüngen, die höchstens 2 bis 3. Monate: die Kur übérdauern. ‘Es ist jeden:
E notwendig, eine genaue Kontrolle ‚des Urinsediments durchzuführen.
: Sobald schwere Nierenschädigungen nachweisbar sind, empfiehlt es sich, die .
- Kur.zu unterbrechen. Es zeigt‘sich bei einer -Wiederholung der Kur, daß
‚bei-der zweiten Kur die Nierenveränderungen geringer zu. sein pflegen als.
bei :der ersten. Rezidiven werden auch nach Wismutbehandlung :beob-
“achtet, ihre Zahl ist - keine größere als bei. anderen Behandlungen. Zu-
. sammenfassend wäre hervorzuheben: Die‘ "Wismutbehandlüng ist der Queck-
'silberbehandlung überlegen, da dieselbe geringere. Veränderungen hervorruft.
. als 'die letztere. In Fällen, wo Hg oder Salvarsan nicht vertragen werden,
- werden wir zum Wismut greifen. Wir ‚sind mit der Wismutbehandlung
noch nicht über das Erprobungsstadium hinaus.: Für Fälle, die bereits
ausgiebig mit Hr und Salvarsan behandelt worden waren, kann man Wis- .
Mittel ist die. Kuhmilch. .Dieselbe wird in der Menge von 2 bis 20.cem
„stalten ‚durch Verwendung einer entgifteten Milch: von ‘Dr. Seidl oder des
-Aolans, die im -Handel in Phiolen erhältlich sind. Ein anderer Weg hat
darin bestanden, ‚daß man ‚sich bestrebt hat, nur einzelne Bestandteile der
Milch’in. Anwendung zu bringen. Hierher gehört, ‚das .Caseosan. Dasselbe
ist ‚eine gebrauchsfertige, sterile '’Kaseinlösung in Phiolen, welche. intra-
. venös 0,5 bis 1,0 cem appliziert werden kann: Von vielen Autoren wird
‚selben am intensivstön: sind: Wir konnten uns davon überzeugen, , daß in
vielen Fällen bei sehr‘ resistenter Wa.R. durch: Hinzufüguug der. Milchinjek-
"Resultate erzielt werden konnten.. Dann würden. von: Bakterientoxinen das
wendet. - - Hierher gehört ‚noch das Vakzineurin, an welches sich. das von
mut wählen. Die Wahl der Präparate ist gleichgiltig, da dieselben ziemlich Wagner- -Jauregg empfohlene‘ Tuberkulin. anschließt. Durch die Einver-
gléiohwertig sind. Wir haben: mit Bismogenol gearbeitet. Dieselbe Wir-
. kung kann man auch mit dem von Bayer dargestellten Präparat erzielen.
" Auf èine entsprechende Frage. äußerte sich ‘der Ref., daß er vorläufig es.
nogh: nicht unternehmen würde, eine Abortivkur mit einem! Wismufpräparat
durehzuführen, da die bisher orprobten Präparate, (Hg, SRI Varsan) verläß-
liche Resultate ergeben. | d
Was verstehen wir unter unspezifischer Behandlung der ‚Syphilis?
.- Wir sprechen von unspezifischer Behandlung im Gegensatz zur spo-
zifischen. Das Quecksilber und Salvarsan werden als spezifische Heilmittel.
bezeichnet, da bei Anwendung: dieser Mittel. die Symptome’ sich rasch rück-
Bilden, Bei den unspezifischen Mitteln. hingegen sehen wir keine prompte
. Veränderung der Symptome. Man darf'die spezifischen und "unspezifischen I
"Mittel "nicht entgegenstellen,‘ sondern wir :müssen dieselben ` als- Kombina- `
tionsverfahren anwenden. Mit dem unspezifischen Verfahren wollen wir den
‚ganzen Organismus zur Heilung. heranziehen. Zum unspezifischen Verfahren .
„sind wir gekommen durch die. Erkenntnis, daß trotz korrekter spezifischer iu
“Behandlung in einer Reihe von Fällen keine Heilung ‚eingetreten war. Die
-von Ehrlich angegebene Therapia sterilisans“ magna gelingt ` nur in der
. Primärperiode der Syphilis,' wir können ‚jedoch mit dem:'gleichen, Verfahren
‘in der Sekundärperiode nicht dieselben Erfolge erzielen. Auf Grund dieser
Erkenntnis entstand die Aufgabe, nachzuforschen, ob’ sich ' nicht andere
‚Wege auflinden lassen. Bei älteren Fällen. von Syphilis hat man’sich‘in
der. Folgezeit bemüht, das. Salvarsan zu aktivieren. "Hierauf ist die Emp-
-fehlung des Siiherealyarsane, sowie die Linsersche Mischspritze, bei.der `
Neosalvarsan und Novasurol zugleich. appliziert; ‚werden, zurückzuführen, |
Hierdurch soll eine höhere Wirkung, eine Aktivierung .des’ Salvarsans er-
‚folgen. Wir sind jedoch der Meinung, daß: letzteres niemals gelingen werde
leibung: so komplizierter Eiweißkörper beabsichtigt man, eine Reaktion’des
‚schließt. sich mit Rücksicht auf: den Gelatinegehalt das Mirion, "welches
inträmuskulär ‚oder auch intravenös in der Menge von 2 bis 5 cem ange:
wendet wird, an. An das Mirion seien das Terpentinöl, das Terpichin, das
des. Blutbildes : sowie zu Änderungen im kolloiden System führen. — Auf
einige an Ref.. gerichtete Fragen antwortete derselbe’ ‚folgendermaßen : Wir
behandeln. immer im sekundären Stadium kombiniert, spezifisch gleich-
zeitig. Wir geben Salvarsan, welches die größte Zahl der : ‘Spiröchäten be-
. vorgeschrittene Syphilis in Ordnung zu bringen, geben wir. dem Organismus
das-Spezifikum, eine andere- Basis für 'seine Einwirkung findet. Unsere
Resultate sind dadurch, daß wir das ‚Prinzip‘ der unspezifischen -Irritation
des Organismus ‘anwenden, zufriedenstellende. “Bei. der Milchbehandlung,
reagieren die Patienten mit: Fiebertemperaturen. und: Hyperleukozytose,
. ebenso reagiert der Organismus , ‘durch Mirion mit einer’ Leukozytose, Es
darstellt, da trotz’ fieberhafter Reaktionen Rezidiven und Mißerfolge. beob-
achtet . wurden. Bei: genauerer. Untersuchung ergab : sich, daß’, „manche
Menschen trotz Fieber keine Hyperleuközytose, sondern sogar “eine Leuko-
'4.B. das Paraffinum liquidum. Diese Vehikel ‘allein’ bewirken -Verände-
In viel höherem. Maße, rufen Veränderungen im. Organismus artfremde Ei-
weiße hervor. Das erste für die unspezifische, Behandlung der-Lues dienende
. parenteral, i. e.. intraglutäal injiziert. Die. Folgen derselben sind weit-
"Reaktionen ‚haben dazu. geführt, die‘ Milchinjektionen reaktionsloser zu, ge-
‚ der natürlichen‘ Kuhmilch der Vorzug gegeben, da die Reaktionen bei der-
tionen in. der Menge. von 10 bis 15.cem zur spezifischen Behandlung bessere‘
.Glyzerin angereiht. Schließlich seien noch. für die unspezifische Behand-
lung zu erwähnen: der Aderlaß, die ‚Injektionen ‚von Eigenserum,, die In-'
‚jektion von ‚hypertonischen Salzlösungen; welche ebenfalls zu. Änderungen
‚seitig Hierdurch werden die Symptome eliminiert. Die’Zeiten sind aber
vorü er wo wir. uns ' nur. nach dem. klinischen Bilde richteten. Um eino-
gleichsam, einen Stoß, wodurch wir den Boden verändern, umackern, so daß
‚hat sich herausgestellt, daß das ‚Fieber. den alleinigen Heilfaktor nicht.
Streptokokken“, das Staphylokokken-, das "Typhustoxin intravenös ange- .
‘Organismus zu. provozieren. In derselben Absicht, bat man ‚ferner Deutero- - -
'albumosen, ‚Natrium nucleinieum und das Phlogetan subkutan -oder intra-
muskulär in'.Dosen. von 2 bis 5. com empfohlen. An diese Präparate .
aus. der Überlegung, daß "die Spirochäten, je länger sie im Gewebe sich. penie aufweisen. Es sind mithin die- guten und. schlechten ‚Reagierer be-
„befinden, eine um so größere Intimität mit’ dem Gewebe eingehen. Die.
. Spiehä en sind dann so-im Gewebe geschützt,. daß das Salvarsan nicht.
überall einwirken kann. -Wir sind deshalb dadurch, daß. wir den ganzen
züglich der Effekte der Behandlung, auseinanderzuhalten, ' Die: Milchinjek-
tionen sind schmerzhaft, die Ersatzpräparate ‚derselben‘ sind aber nicht
go gleichwertig. Die Reaktionen bei letzteren sind zwar gering, saber auch
au ins Auge fassen, zur. Änsicht gelangt, außer den Bakterien uns | die Erfolge _ bei der. Lues dementsprechend ‚keine: gleichwertigen, Wir
` e Konstitution des Patienten zù wenden. Da die Therapia 'sterilisans machen. die Salvarsaninjektionen ‚abwechselnd mit, den Milchinjektionen.
a) wie oben bereits erwähnt wurde, nur für die Primärperiode, jedoch. | Auch im Fieber machen 'wir die. Salvarsaninjektionen und benutzen wir
Fra: T weiteren Stadien der 'Syphilis'gilt, haben wir 'behufs Heilung | diese Phase mit. Vorliebe und hat: sich. ergeben, daß dabei gar nichts
. Syphüide) ranker die unspezifische Heilung aufgebaut. Schon die alten | passiert, Das Mirion 'macht kaum » "Fieber und machen wir innerhalb der
- kung auf er haben gewußt, daß fieberhafte Krankheiten eine ‚gute, Wir
‚Sache von le Lues mitunter ausüben. Es ist ferner die Kenntnis der; Tat-
Zu 'berück großer Bedeutung, ‚daß es eine spontane Syphilisheilung gibt. :
En 2 überhaupt ‚bei der ganzen Syphilisbehandlung, daß
das Mirion wie die Milchinjektion... - Die Kontraindikationen der Milchth
"liegen in der Konstitution des ‘Patienten. Bei schlechtem‘ Ernährungs-
` zustand werden wir vorsichtig ‘möglichst kleine Dosen. anwenden. Eine
zweite Kontraindikation ist ‚hohes Fieber, . da dasselbe durch: : di -Milch-
Endgeschick der Infektion wira vom Menschen "selbst bestimmt, In ‚der oebandung noch gesteigert: wird.
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Salvarsankuren 20 Injektionen à.5 ccm intramuskulär. Im Prioziz wirkt-
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können.
ausgezeichnet.
solche mit spezifischen Mitteln ganz insuffizient.
. ist nach unserer Erfahrung empfehlenswert.
Behandelten nur zwei Todesfälle, welche schlecht injiziert wurden. Unter.
den ausgesuchten Frühfällen haben wir nicht einen Mißerfolg gehabt. K.
1128
Was leistet. die Malarlabehandlung der Syphilis. = Ä Ä
Wir sind der Meinung, daß sehr einschneidende: Vorgänge im Or-
ganismus beim ganzen Ablauf der Syphilis sehr zur Heilung beitragen
Idiosynkrasie mit hohem Fieber interessiert uns deshalb, da sich heraus-
gestellt hat, daß nach derselben die Syphilis glatt ausheilt. Es hat sich
ergeben, daß die glänzenden Erfolge der Salvarsandermatitis dem regel-
mäßigen Befunde einer Hyperleukozytose und insbesondere einer Eosinophilie
bei derselben in Beziehung zu bringen sind. Auf der Suche nach solchen
Eingriffen in den Organismus, um schlechte Reagierer zu beeinflussen, war.
es naheliegend, die Malariabebandlung heranzuziehen. Seit 11/, Jahren
beschäftigen wir ung mit der Malariabehandlung nicht nur bei Liquor-
veränderungen, sondern wir haben auch frische Syphilis herangezogen. Wir
können bei der Beurteilung des Erfolges der Fälle von frischer sekundärer
Syphilis sagen, daß hier ein Weg offen ist, den wir früher nicht kannten.
Unsere Vorgangsweise ist folgende: Wir injizieren zuerst Salvarsan, bis
alle Symptome geschwunden sind; nun wird eine Malariakur durchgeführt,
der Pat. macht 10 Anfälle durch, wobei derselbe an Körpergewicht herunter-
kommt, knapp nach der Malariakur wird der Pat. mit Chinin behandelt
und sofort eine Salvarsanbehandlung angeschlossen. Die Pat. erholen sich
rasch und blühen auf. Sie vertragen das Salvarsan glänzend und .sobald
sie die negative Phase erreicht haben, bleiben sie negativ. Von Wichtig-
keit ist es, daß der Pat. die Kur nicht unterbrechen darf. Dort, wo eine
derartige Kur korrekt durchgeführt wird, habe ich den Eindruck gewonnen,
daß dieselbe einer Sterilisation nahe kommt. Zur Sanierung eines Falles
mit bereits stigmatisiertem Liquor eignet sich die Malariabehandlung ganz
Ergibt letztere bei Paralyse gute Resultate, so muß man.
noch bessere Erfolge in einem früheren Zeitabschnitte derselben erwarten
und wird sich die Auswirkung der Malariabehandlung demzufolge für die
Vorstadien der Paralyse erfolgreich erweisen, Die Prophylaxe der Paralyse
ist nur zu erreichen mit der unspezifischen Behandlung, hingegen ist eine
Die Malariabehandlung
Wir haben unter 400 derart
Tagesgeschichtliche Notizen. |
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellen-
= angabe gestattet.)
Berlin. Anläßlich der neuen Prüfungsordnung für Ärzte vom
5. Juli erläßt der Minister für Volkswohlfahrt Vorschriften bezüglich der
Schluß- und Übergangsbestimmungen. Danach dürfen, obwohl die neue
Prüfungsordnung am 1. Oktober 1924 in Kraft tritt, Studierende die ärzt-
liche Vorprüfung noch bis zum 1. Juni 1925 unter den Voraussetzungen
der alten Prüfungsordnung ablegen und Studierende, die vor dem 1. Ok-
tober 1922 das medizinische Studium begonnen und bis zum 1. Juni 1925 die
ärztliche Vorprüfung vollständig bestanden haben, ihr Studium nach den
bisherigen Vorschriften beenden und die ärztliche Prüfung nach der alten
Prüfungsordnung ablegen, sofern sie sich bis zum I. April 1927 zu dieser
Prüfung melden. |
Rostock. Am 25. und 26. Juli fand in der medizinischen Universitäts-
klinik die Gründungstagung der Nordwestdeutschen Gesellschaft
für innere Medizin unter dem Vorsitz von Prof. H. Curschmann statt.
Aus Hamburg, Altona, Göttingen, Kiel, Greifswald, Stettin, Lübeck und
sogar Danzig waren zahlreiche Kollegen der Rostocker Einladung gefolgt,
so daß die Präsenzliste dieser ersten Tagung bereits über 80 Namen auf-
wies. Das Programm von 27 Vorträgen und einigen Demonstrationen konnte
vollständig erledigt werden. Es blieb sogar Zeit zu. eingehenden und leb-
haften Diskussionen. Daß auch der gesellige Teil der Veranstaltung nicht
zu kurz kam, daß insbesondere Warnemünde seine alte Anziehungskraft
bewährte, sei noch der Vollständigkeit halber hinzugefügt. — Die nächste
Tagung der neuen Gesellschaft wird nach dem Vorbild der Nordwest-
deutschen Chirurgen-Vereinigung voraussichtlich im Winter in Hamburg-
Eppendorf unter dem Vorsitz von Prof. Brauer stattfinden.
Der letzte Aufruf des Bundes deutscher Assistenzärzte,
der alle noch nicht angeschlossenen Kollegen zum Beitritt aufforderte, hat
einen erfreulichen Erfolg zu verzeichnen gehabt. Eine Anzahl neuer Orts-
gruppen ist dem Bunde beigetreten und haben damit bewiesen, daß sie
den Ernst der Stunde erkannt haben und daß auch sie der Ansicht sind,
daß die drohende Gefahr nur durch gemeinsamen Zusammenschluß ab-
gewehrt werden kann. Der Bund tritt abermals an die Kollegen, die dem
Rufe noch nicht gefolgt sind, heran und fordert sie zum Beitritt auf, An-
schriften: Bund deutscher Assistenzärzte, Berlin-Charlottenburg 2, Grolman-
straße 36 III (Telepbon: Bismarck 1755).
Die internationale Vereinigung von Ärztinnen hielt Ende
Juli ihre dritte Konferenz in London ab, an der über 300 Mitglieder teil-
nahmen, darunter 75 aus überseeischen Ländern, die im ganzen über
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 32.
Die Salvarsandermatitis als Ausdruck einer Intoxikation oder
r
10. August
10 000 Ärztinnen repräsentierten. 15 Delegierte berichteten über Zahl,
Organisation und Arbeit der Ärztinnen in deren Ländern, aus Deutsch-
land Dr. Heusler-Edenhuizen. Die Teilnehmer des Kongresses nahmen
auch an einem Empfang beim Premierminister sowie einem Tee im Unter-
hause teil. — Auf. Anfrage eines Abgeordneten erklärte der Gesundheits-
minister im englischen Unterbause, daß im Jahre 1923 auf 11 'Totenscheinen
„Impfung“ als Todesursache angegeben war. Von diesen 'Todesfällen
scheidet einer aus, da augenscheinlich die Impfung in keinem Zusammen-
hange mit dem Tode stand. Dagegen kommen 2 Fälle hinzu, im denen
die Impfung die Todesursache darstellte, ohne auf den Totenscheinen
erwähnt zu sein. Drei von diesen erlägen septischen Infektionen nach der _
Impfung. © A |
. Über die Erfolge einer im Februar in Detroit. abgehaltenen Krebs-
woche berichtet Harry C. Saltastein in dem „Journal of the American
Medical Association“. In dieser Woche wurden in sämtlichen Hospitälern der
Stadt kostenlose Untersuchungen auf Krebs vorgenommen. Mehr als 1100 Per-
sonen unterzogen sich einer solchen Untersuchung. 42 Fälle oder 4,80),
von Krebs wurden entdeckt, darunter sind nur diejenigen enthalten, in
denen das Bestehen der Geschwülste nicht vermutet. wurde oder die sich in
| ungeeigneter Behandlung befanden, während hofinungslose oder in geeigneter
Behandlung stehende Fälle nicht dazu gerechnet wurden. Außerdem wurden
15 (8,60%/0) krebsgefährdete Fälle entdeckt. Den Hauptanteil bildeten die
Geschwülste der Brust, von denen 39 festgestellt wurden, darunter 16 Krebse
und 23 gutartige Tumoren. Krebsgefährdet erschienen besonders Patienten
mit Erkrankungen des Mundes und der Zunge, von denen 13 in einem
Hospital gesehen wurden: 2 gefährliche Entzündungen der Zähne und des
Zahnfleisches, 2 tiefe Fissuren, 4 Warzen oder sonstige gutartige kleine
Geschwülste der Zunge, 2 Geschwüre, 2 Fälle von Leukoplasie und einer
von Syphilis. | | | =
Der Verfasser ist der Ansicht, daß die Resultate die Veranstaltung
solchen öffentlichen Kampfes in Form von Krebswochen und Ähnlichem
rechtfertigen und die Gefahren, die durch Erzeugung allgemeiner Ängstlich-
keit entstehen, überwogen werden. ;
Ein internationaler ärztlicher Fortbildungskurs findet vom
2. bis 29. Oktober 1924 in Berlin statt; Derselbe wird gemeinschaftlich
veranstaltet von der Medizinischen Fakultät der Universität Berlin, den .
Organisationen des Kaiserin Friedrich-Hauses für das ärztliche Fortbildungs-
wesen und der Dozentenvereinigung für ärztliche Ferienkurse in Berlin.
Er besteht aus: 1. einer 14tägigen Vortragsreihe über die Fortschritte der
Medizin, 2. lAtägigen Übergichtskursen‘ über Spezialgebiete und 8. vier-
wöchigen Ausbildungskursen über Sonderfächer in allen Zweigen der Medizin.
Näheres durch das Kaiserin Friedrich-Haus, Berlin NW 6, Luisenplatz 2—4.
Die Fürsorgestellenkommission des Deutschen Zentral-
komite&s zur Bekämpfung der Tuberkulose veranstaltet während
des Monats Oktober d. J. in Berlin wieder einen vierwöchigen Lehrgang
in der Tuberkulosefürsorge für etwa 30—40 Teilnehmerinnen, der einen
tbeoretischen und praktischen Teil umfaßt. Der Unterricht ist unentgelt-
lich. Für Unterkunft und Verpflegung haben die Teilnehmerinnen selbst
zu sorgen. Auf Antrag können Beihilfen hierfür gewährt werden. An-
meldungen bis spätestens 1. September d. J. an die Geschäftsstelle des
Tuberkulose-Zentralkomitees, Berlin W 9, Königin-Augustastr. 7. Über die
Zulassung ergeht besondere Mitteilung.
Frankfurta. M.: DasUniversitäts-Institut fürphysikalische
Grundlagen der Medizin wird auswärtige Kurse abhalten und zwar
vom 30. August bis 6. September im Elisabethkrankenhaus in Essen a. Ruhr
über „Tiefentherapie“, im Anschluß daran im Marienhospital in Gelsen-
kirchen über „Diagnostik“ und vom 15. November ab „kombinierte Therapie
und Diagnostik“ im evangelischen Krankenhaus Oberhausen. Anfragen an
die Krankenhäuser oder nach Frankfurt. Kurshonorar je M. 70,—.
Die Akademie für ärztliche Fortbildung inDresden veranstaltet einen
| Fortbildungkurs für praktische Ärzte vom 6. bis 18. Oktober d. J.
‚Näheres im Anzeigenteil sowie durch die Geschäftsstelle der Akademie,
. Dresden N, Hospitalstr. 7 (Landesgesundheitsamt).
Während der 88. Versammlung der Gesellschaft der deutschen
Ärzte und Naturforscher in Innsbruck findet am 24., 25. und
26. September eine Ausstellung statt, die eine Übersicht über die neuen
chemisch-pharmazeutischen Präparate, ärztlichen Instrumente und Hilfs-
mittel und Fachliteratur bieten soll. Es sind bereits. zahlreiche An-
meldungen eingegangen. Ze Sr En u g
Dr. P. Neukirch, ao. Professor an der medizinischen Akademie In
Düsseldorf, hat die Leitung des Sánatoriums Dr. Schütz in Wiesbaden
übernommen. —
Hochsehulnachrichten.- Berlin: Der Professor der städtischen
Krankenanstalten in Barmen Prof. Wätjen zum ao. Professor und Abteilungs'
vorsteher im pathologischen Institut ernannt. — Königsberg: Der Privat
dozent für Hygiene und Bakteriologie Wilhelm Hilgers zum nichtbeamtetet
ao. Professor ernannt. — Leipzig: Der Privatdozent für innere Medizli
Hans Günther zum nichtplanmäßigen ao. Professor ernannt. — Münster
Für den neugegründeten Lehrstuhl der Kinderheilkunde Prof. Hans Vog
(Magdeburg) und für den ebenfalls neugegründeten Lehrstuhl der Augəx
beilkunde der ao. Prof. von Szily in Freiburg (Brsg.) in Aussicht genommer
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Druck von L, Schumacher in Berlin N 4.
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Wochenschrift für praktische Ärzte
geleltet von Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft Verlag von
“eh. San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
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‚Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
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‚ wieder wundern muß, daß trotzdem so’ häufig in der Praxis gegen
diese Grundregeln verstoßen wird. - |
Die häufigste Indikation ist die: der Gefährdung. des kind-
-+= , Man möchte glauben, daß nichts in der Medizin so klar und
> -fest umschrieben ist, wie die Indikationsstellung zur Anlegung |
-` : derZange, nichts so einfach, wie die technische Durchführung dieser
“Operation. In Wirklichkeit stehen sich Theorie "und Praxis aber
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Beurteilung dieser. Asphyxie sind verhältnismäßig schwankend. Es
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.. „die‘große Tragik für den Geburtshelfer: derselbe Eingriff ist geeig-
.. net; Mutter und Kind zu retten, derselbe Eingriff kann beiden den
“ . Lebensfaden abschneiden. | | SES ©
‘>. Deshalb gehört es zu den ethischen Pflichten. des Arztes, sich.
darüber klar zu sein, daß jede entbindende Operation, insbesondere
- dieZange, die der Häufigkeit nach obenan. steht, ihm die Verant-
..‚wortung für Mutter und Kind aufbürdet. © Wer immer daran denkt,
- Wird niemals leichtfertig eine Zange machen; viele Mütter’ und
. ‚Kinder würden allein dadurch dem Leben erhalten bleiben. _
"= Es ist eine Erfahrungstatsache, daß die Prognose wissenschaft-
~- lich. begründeter geburtshilflicher Operationen, im. allgemeinen gut
Ist; während nicht indizierte Eingriffe ungewöhnlich häufig unglücklich
Bi enden. Das ist eine Besonderheit der geburtshilflichen Operationen ;
. gegenüber chirurgischen Eingriffen. : Insbesondere ist derjenige diesen
- Gefahren ausgesetzt, der’ nicht über ausreichende‘ Kenntnisse der :
Beokenlehre und des Geburtsmechanismus verfügt. Daß die. Geburts-
hilfe- eine Kunst ist, offenbart sich nirgends mehr als bei der Aus-
‘ ‚führung operativer Eingriffe. Die Technik : allein macht es: nicht,
‚den. Ausschlag geben lediglich . die geburtshilflichen Kenntnisse.
Deshalb werden geburtshilfliche Operationen auch nicht allein durch
| Übung am Phantom erlernt; ebenso wichtig für die Ausbildung ist die
. - Sorgfältige und häufige Beobachtung spontan verlaufender Geburten.
Iek persönlich erblicke in der Übermittlung einer genauen Kenntnis
‚der-Beckenlehre und des Geburtsmechanismus den Schwerpunkt des
geburfshilflichen Unterrichts, den ich erteile. Das gilt besonders
ohne daß das eine wirkliche Gefahr für das Kind bedeutet. In eine
kurze Formel läßt sich die richtige Beurteilung nicht bringen. Ein
klingenden Wehe. Die einfache. Beschleunigung der kindlichen
logisches Anpassen und kein Zeichen der Gefährdung ist. Wich-
tiger ist Verlangsamung der kindlichen Herztöne.
daß entweder Reizung des Herzvagus oder Hirndruckerscheinungen
‚vorliegen. Ebenso sind arbhythmische Zustände von Bedeutung.
Die Arhythmie kann eine zwiefältige sein; : einmal in der Weise,
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dann, daß die einzelnen Herzaktionen ungleich stark sind. Tritt
‘hierzu ein rasches' Sinken der Zahl der Herztöne, ‚zumal ohne voran-
: gegangene Beschleunigung, unter 100, so. möchten wir dies als-ein
bedrohliches- Zeichen ansehen. Man muß sich in jedem. einzelnen
Falle darüber klar sein, daß das Anlegen der Zange bei asphyktischen
‘Kindern die Gefahr für diese durch den. Druck der. Löffel erhöht.
Bei. dieser Einstellung erscheint es ‚selbstverständlich, daß eine
Zange das wirklich bedrohte Leben eines Kindes nicht retten, son-
Er
tor-
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ist nur. zu häufig der, daß das Kind unter mehr ‘oder weniger
sroßer Gefährdung der Mutter tot entwickelt wird; nur eine rasche
und leichte Entwicklung mit der Zange ist Erfolg versprechend.
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-für -die Behandlung der Geburten in Kopflage. Die Zange ist nicht | selten. Wissenschaftlich stehen im Vordergrund schwere Erkran-
ARE einfach ein Instrument, um damit das Kind aus dem Geburtskanal.| kungen derselben, inbesondere solche des Herzens und der Lungen.
wy > herauszuziehen, sondern sie hat. die Aufgabe, den Geburtsvorgang | Praktisch wird. dagegen viel häufiger die Zange aus mütterlicher
1 a İn: durchaus individueller Weise, das heißt unter Anpassung an die | Indikation als sogenannte Erlösungszange angewandt. ‘Sehr mit
aa -Ratürlichen Verhältnisse zum Abschluß zu. bringen., So wird es. | Unrecht, denn wenn es sich ‘hierbei ‘nicht um eine einfache Becken-
ee jedem klar sein, daß das nur ‚möglich ist auf. der Grundlage einer | eingangszange. handelt, so bedeutet der Eingriff für die Mutter nur
ai % Mm alle Einzelheiten genauen Kenntnis des Geburtsmechanismus. | zu oft eine schwere Schädigung (Verletzung, Infektion usw.). Hier
do -Vede Beckenform, jede normale, Geburt hat ihren. ganz besonderen | stehen andere und bessere Mittel zu Gebote, um die Geburt zu be-
æ} echanismus. Wer hier klar sieht, wird’ niemals in Verlegenheit | enden. Wehenmittel, Scheidendamminzisionen, Morphium, Chloro-
pt Sein, wie er die Zange anzulegen hat, in welcher Richtung ‘er ziehen | form usw. sind das Gegebene. Die Kenntnis dieser Mittel und ihre
Bo 2 usw. In der Hand des geschickten Geburtshelfers wickelt sich | Anwendung müßte jedem Arzt und Geburtshelfer etwas Selbst-
Y) “ „er Eingriff glatt ab, andernfalls. wird durch Ungeschick ‚und Un- | verständliches sein. Aa ee RE ER,
a. atals dig Zange schwierig und führt zu unnötigen Verletzungen In fast allen: Lehrbüchern.. der Geburtshilfe lesen wir, daß
T Gefährdung von Mutter und Kind. `>. . Fieber unter der Geburt als Indikation für die Zange anzusehen ist.
nu a Indikation und Vorbedingung für die Ausführung der Zange | Ich 'halte das für eine verhängnisvolle Irrlehre der wissenschaft-
al -pa Hand in Hand. An sich kann die Zange indiziert sein; | lichen Geburtshilfe, der ich vielfach entgegengetreten bin. Fieber
a- ma aber- die Vorbedingungen nicht erfüllt sind, bleibt ihr der Er- | an sich besagt für eine vorliegende Infektion der Genitalien gar
Bi. Bi versagt. Die Indikationen sind teils mütterlicher-, teils kind- | nichts; denn -Temperatursteigerungen unter der Geburt, ohne daß
pi... lerseits gegeben, Die Vorbedingungen sind, daß der Muttermund | eine ‘Infektion, insbesondere der Genitalorgane, vorliegt, kommen
ep genügend erweitert und die Blase gesprungen ist; der Kopf- selbst |. häufig vor. Und selbst wenn das der Fall ist, so würden wir darin
if. Tia zangengerecht stehen; das heißt: er muß in seiner größten | erst recht keine Indikation für das Anlegen der Zange erblicken
ei WE: umferenz die Beckeneingangsebene überwunden haben oder doch -| weil jede Verletzung bei einer ‘infizierten 'Kreißenden die Gefahr
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E Nr; 33 (1027) Berlin, Prag u. Wien, 17. August 1924 XX. Jahrgang
a 22 Klinische; Vorträge... 2 N ne
u Aus der Universitäts-Frauenklinik Jena | | so weit konfiguriert sein, daß ein größeres Mißverhältnis zwischen
Dre =” (Direktor: Prof. Dr. M. Henkel). 1 Kopf‘und Becken nicht mehr besteht. Daß der Kopf nicht zu Klein Ä
T gegs_ je y ER E ea sein darf, ist eine notwendige Voraussetzung, :um überhaupt mit der
er ‚Die Indikation der Zangengeburt und ihre T echnik. Zange‘ die Extraktion zu bewerkstelligen. "Diese Vorbedingungen :-
wor E Von Prof. Dr. M. Henkel. | * sind :so klar und: so selbstverständlich, daß: man sich nur immer.
‚lichen . Lebens unter der Geburt, die Asphyxie. Die Unterlagen zur
= ‚scharf gegenüber. Das beweisen die zahlreichen Fälle, bei denen | gehört eine gewisse Erfahrung dazu, den Auskultationsbefund der
T . - &rEriolg ausbleibt, Mutter und Kind nicht-gerettet wurden, sondern | kindlichen Herztöne. richtig zu “deuten. Schwankungen derselben.
. < demEingriff mit dem Tode büßen mußten. Darin liegt ja gerade.| kommen häufig vor, insbesondere vor und nach Einsetzen der Wehen,
"klares Bild bekommt man erst, wenn man wiederholt die kindlichen .
Herztöne auskultiert. Der günstigste Zeitpunkt liegt in der' ab-
Herztöne bedeutet nicht allzu viel, da sie ‘häufig nur ein physio-.
Diese besagt,
daß die Herzaktion nicht in gleichmäßigen Intervallen erfolgt, und.
dern unter Umständen das Gegenteil bewirken kann.: Der Effekt |
Die Indikationen von seiten der Mutter sind verhältnismäßig
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= Teil auch in den Lehrbüchern ein recht verschwommener.
= ist eine sehr einfache.
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'Natur selbst gibt hier wichtige Hinweise,
. schienenen weiteren
des Fortschreitens der Infektion erhöht. Der Infektionsprozeß, der
núr lokal geblieben wäre, führt so leicht zur Sepsis, zur allgemeinen
Infektion. Das gilt insbesondere dann, wenn die Vorbedingungen
zur Zange nicht erfüllt sind, oder ihrer technischen Durchführung
Schwierigkeiten entgegenstehen. | I
Die Kunst des Geburtshelfers besteht darin, .die Kräfte der
Mutter richtig auszunutzen, und nicht vorzeitig ‚oder unrichtig ein-
zugreifen. Das bezieht sich nicht nur auf die Anlegung der Zange,
sondern auf die ganze, Leitung der Geburt überhaupt. Ein häufiger
Fehler, der in der Praxis.begangen wird, besteht darin, daß Wehen-
mittel zur Unzeit gegeben werden; z. B. in der Eröffnungsperiode,
wenn die Blase noch steht, um die Geburt zu beschleunigen. Das
rächt sich leicht durch Wehenschwäche zu einer ungünstigen Zeit,
namentlich in der Austreibungsperiode.
der, daß die Frauen aufgefordert werden, zur Unzeit mitzupressen;
sei es, daß der Muttermund noch nicht völlig erweitert oder bei
engem Becken der Kopf noch nicht völlig konfiguriert ist. Die
und die Aufgabe des
Arztes muß in erster Linie darin: bestehen, den natürlichen Ablauf
der Geburt zu unterstützen, zu erleichtern.
Bei Erstgebärenden bedeutet die
licheren Eingriff als bei Mehrgebärenden, eben wegen der größeren
Häufigkeit der Verletzungen; denn je enger die Scheide, je fester
der Damm ist, um so größer ist die Gefahr der Verletzung. Der
Geburtshelfer hat aber nicht nur die Verantwortung für den Ge-
burtsvorgang zu übernebmen, sondern auch für die schädigenden
- Folgen, die sich durch schlechte -Geburtsleitung hinterher ergeben:
.Dammrisse, Prolapse der Scheide und des Uterus,
chronische Ent-
zündungen des Beckenzellgewebes, Gebärmuiterzerreißungen, Blasen-
verletzungen usw. Ä
In Deutschland wird im allgemeinen und: mit Recht die
Naegelesche Zange als Universalinstrument für den praktischen Ge-
burtshelfer empfohlen. Neuerdings wird vielfach der Versuch ge-
macht, an ihre Stelle .die Kiellandsche Zange zu setzen. Meine
grundsätzliche Stellungnahme hierzu habe ich in dieser Wochen-
schrift, 1924, Nr. 3, zum Ausdruck gebracht. Die darnach er-
Publikationen von anderer Seite haben mich
in meiner Beurteilung dieses Instrumentes nicht schwankend ge-
. macht. Mit Vorteil ist sie bei plattem Becken in den Fällen an-
zuwenden, bei denen der Kopf konfiguriert im Beckeneingang steht;
als Rotationsinstrument . leistet sie nicht mehr als die N aegelesche
Zange. Wohl aber führt sie leichter zu Uterusverletzungen, Plazentar-
ablösungen usw. | |
Der Begriff der „hohen“ Zange ist in der Praxis und zum
/ Sinn-
gemäß kann man
eingang noch nicht überwunden hat. Hier gibt es nun aber sehr
große Unterschiede, die notwendig auseinander gehalten werden
müssen. Der Kopf kann nämlich fest oder ‚beweglich im Becken-
eingang stehen. Im letzieren Fall kommt für uns die Anlegung
der Zange überhaupt nicht in Frage. Steht der Kopf fest im
Beckeneingang, so muß vor allem darüber absolute Sicherheit ge-
schaften werden, ob er bereits konfiguriert ist oder nicht. Nur
nach ausreichender Konfiguration darf nach unserer Auffassung der
praktische Arzt die Zange anlegen, Die Beantwortung dieser Frage
Wir gehen hierbei so vor, daß-nach Ein-
leitung der Narkose
der Geburtshelfer mit der flach aufgelegten rechten Hand nach
hinten und unten den Kopf in das
Den Erfolg kontrolliert und unterstützt er mit der anderen Hand,
die vollständig in die Scheide eingeführt wird. Zumeist handelt
es sich um Geburten bei plattem, insbesondere plattrachitischem
Becken. Hierbei verläuft die Pfeilnaht des im Beckeneingang
stehenden Kopfes quer, dem Promontorium genähert. Die innere
Hand hat nun darauf zu achten, ob bei dem Druck mit der äußeren
"Hand die Pieilnaht nach vorn rückt und das hintere Scheitelbein
tiefer tritt.
Hand durch Hebelwirkung am hinteren Scheitelbein die Druckwirkung
der äußeren Hand und der Eintritt des Kopfes in das Becken
unterstützt werden. Erleichtert wird dieser kombinierte Handgriff
durch Vornahme desselben in Walcherscher Beckenhängelage. Tritt
der Kopf tiefer, so ist die Konfiguration als- ausreichend zu be-
zeichnen. Der Zange, die nun angelegt werden kann, werden von
Seiten des Beckens keine Schwierigkeiten mehr bereitet. Praktisch
handelt es sich alsdann auch nicht mehr um eine „hohe“ Zange
im eigentlichen Sinne, sondern um eine solche, die den allgemein
1094 _ MEDIZINISOHR KUINIK — Nr.338. 00. O
gültigen Vorbedingungeh - entspricht.
Ein weiterer Fehler ist
Zange einen viel gefähr-
darunter nur das Anlegen der Zange an den.
Kopf verstehen, der mit seiner größten Zirkumferenz den Becken-
und Entleerung der Blase auf dem Querbett Extraktion des Kindes
Becken einzupressen versucht.
Eventuell kann mit den 4 Fingerspitzen der inneren’
x
die Kiellandzange besser als die
die nur eine Kopfkrümmung hat,
Führen
Die Technik des Anlegens der Zange, insbesondere die der
typischen Beckenausgangszange findet sich in allen Lehrbüchern
der
darauf eingegangen zu werden braucht. Nur auf einen Punkt möchte
ich aufmerksam machen: Es ist unbedingt daran festzuhalten, daß
beim Einführen der Löffel genau die Medianebene des Körpers der
Frau eingehalten wird; und nicht nur das, es muß auch darauf
geachtet werden, |
Ebene fallen. Das gibt die sicherste Gewähr dafür, daß die Spitzen
Geburtshilfe so ausführlich: beschrieben, daß hier nicht näher
‘daß die Innenflächen der Griffe genau in diese
der Zange sich nicht vom Kopf entfernen und N ebenverletzungen
infolgedessen vermieden werden. Das gleiche gilt für das Senken
der Griffe, um die Zange zu schließen. Es erübrigt sich auch bei
Bei der Extraktion mit der Zange ist ständig an die Möglich- |
keit ihres Abgleitens zu denken, insbesondere bei Vorderhaupts-,
. { Gesichts- und Stirnlagen.
“auch Schwierigkeiten hinsichtlich der Zugrichtung. Hier hilft nur
genaue Kenntnis des Geburtsmechanismus
_ der Kopf noch nicht auf dem Beckenboden, so geht die Zugrichtung
nach abwärts;
aus der jeweiligen Einstellung. Bei Hinterhaupislage geht die Zange
Bei der Extraktion entstehen gelegentlich
im einzelnen Fall. Steht
die weitere Manipulation mit der Zange ergibt sich
einfach im Bogen nach der Symphyse zu. |
O Bei Mehrgebärenden kann die Extraktion des Kopfes voll-
ständig mit der Zange vorgenommen werden. ‘Bei Erstgebärenden
wird man besser das Instrument früher abnehmen, nämlich dann,
wenn es dem in den Mastdarm eingeführten Zeigefinger gelingt, in
: den Mund des Kindes zu kommen. Die Narkose, die zweckmäßig
bei allen Zangenextraktionen angewendet wird, kann von diesem
Augenblick an.abgebrochen werden; denn es gelingt nun die weitere
Entwicklung. des Kopfes lediglich durch digitale Manipnlationen,
die durch event. Mitpressen erleichtert werden. Wenn der linke
. Zeigefinger vom Mastdarm her in dem Mund des Kindes liegt, wird
mit den Spitzen der 4 Finger der rechten Hand unter Zurück-
schiebung des vorderen Vulvaabschnitts das Hinterhaupt unter der _
Symphyse hervormassiert, erscheint an der hinteren Kommissur die
Stirn, so wird der Finger aus dem Mastdarm entfernt, und mit: der
{lach auf den Hinterdamm aufgelegten linken Hand der Gesichts-
schädel herausgedrückt. Dadurch wird gleichzeitig der Damm ge-
schützt, so daß diese Technik die größtmögliche Sicherheit gegen
Dammrverletzungen bietet. - Unter Senken und Heben des zwischen
beiden Händen gehaltenen Kopfes werden die Schultern zum Ein-
schneiden gebracht, von hinten her gehen die beiden Zeigefinger
in die Achselhöhlen, und mit einem Zug nach oben wird die
vollendet. War die Nabelschnur um
den Hals geschlungen, so wird sie zwischen zwei Klemmen
durchschnitten. =
So einfach diese typische Beckenausgangszange ist, s0 schwierig
kann die Technik werden, sobald der Kopf noch nicht auf dem
Beckenboden steht. Zunächst gilt es, sich ein klares Urteil darüber
zu verschaffen, wie weit: der Kopf in das Becken eingetreten und
wie seine Einstellung ist. Das kann leicht sein und recht schwierig:
Leicht dann, wenn die Kopfgeschwulst gering ist und so eine rasche
Orientierung am Schädel und seiner Beziehung zum Becken mög-
lich ist. Ist dagegen die Kopfgeschwulst stark ausgebildet, die
Scheide eng, so untersucht man zweckmäßig in Narkose mit der
halben Hand. Das Wegmassieren der Kopfgeschwulst gelingt nicht
immer in wünschenswerter Vollständigkeit. Die hälbe Hand wird
sich aber auch dann leicht orientieren, weil sie einen größeren
Komplex abtasten kann als nur ein oder zwei Finger. Erreicht
man die Spinae ischii, so steht der Kopf noch nicht auf dem Becken-
boden. Kommt man ans Promontorium, so ist der Kopf noch nicht
in das Becken eingetreten. Für den Anfänger ist der von Schwarzen-
bach angegebene Hinterdammgriff sehr ‚empfehlenswert, der ledig- |
17. August
Führt dieser Impressions-
versuch nicht zum Ziel, wie manchmal aus besonderen Gründen
(bei abnorm dicken Bauchdecken usw.), so kommt ein Zangenversuch
bei sonst begründeter Indikation in Frage. Für diesen eignet sich,
das muß zugegeben werden,-
Naegelesche, weil man mit ihr,
den Kopf gut im queren Durchmesser fassen kann.
dürfen derartige Zangenversuche nicht fortgesetzt werden.
6—8 kräftige Traktionen nicht zum Ziel, so kommt nur noch die
Perforation in Frage, und nichts wäre verkehrter, als nun etwa
noch die Wendung zu machen. - |
Ins Uferlose
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dieser Technik, wie das mancherorts geschieht, das Anlegen der
Löffel und das Vorwärtsgleiten derselben mit der halben Hand zu
verfolgen. Denn das erhöht unnötig die Infektionsgefahr, führt auch
gelegentlich zur Verschiebung der Kopfeinstellung.
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l ahiesten Aussicht auf Erfolg, wenn sie frühzeitig erkannt wird und
0: hauptslage, oder von der Vorstellung ausgehend, daß die Prognose
-- „dage herbeizuführen. Die Prognose der Zange- bei Stirnlage ist
.- -sehr ungünstig, sie wächst sich sogar zu einer direkten Gefahr für
‘ Mutter und Kind heraus, wenn der Kopf,noch nicht auf dem Becken-
boden steht. 3 ee o ee u“
>: 1, ` Günstiger ist die Zange bei Gesichtslage, aber auch hier nur
; dann, wenn das Gesicht auf dem Beckenboden steht und das Kinn
[mach vorn gekehrt ist. Zum Mechanismus der Geburt in Gesichts- |.
7 dage gehört, daß das Hinterhaupt lang ausgezogen wird. So ist
; - -` mit‘Sicherheit damit zu rechnen, daß, wenn das Gesicht nicht auf -
: dem Beckenboden steht, das Hinterliaupt auch noch nicht in das.
war Becken eingetreten ist. Die Zange in. dieser Phase der Geburt ist
technisch nicht nur schwierig, sondern. erfordert auch große Kraft-
t anwendung, die nicht ohne bedeutungsvolle Folgen für das Kind
| ‚ und die Mutter ist. Nicht immer: leieht‘ist es, durch die äußere
j ‚Untersuchung das Hinterhaupt die Beckeneingangsebene nach oben
- Härte usw. zu geben. BE ee en 3 z
057 Steht der- Kopf nicht auf dem Beckenboden, so ist es immer
Er "Diese Technik ist einfacher und sicherer als das Wandernlassen der
< Löffel. Bei Vorderhaupts-Stirn- und Gesichtslagen muß die Ent-
~- durchgeführt werden. Da hierbei der Kopf mit‘ größeren Durch-
- artiger Zangen ungünstiger, und es ergibt.sich für den Geburtshelfer
= 3 dreit wird, daß bei der Extraktion das Hinterhaupt nach vorn kommt.
Dann kann man bei stehender oder eben gesprungener Blase. ver-
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Yich:durch äußere Manipulationen gestattet, die Frage: zu entscheiden,
- ob:der Kopf schon auf dem Beckenboden steht oder nicht.
Die Technik der Einführung der halben Hand zur genauen
Feststellung: der für das Anlegen der Zange. notwendigen Einzel-
heiten ist auch deswegen für die Praxis so sehr zu empfeblen,
weil; sie ermöglicht, dem Untersucher eine absolut klare Vorstellung _
über. die Einstellung des kindlichen Kopfes, über seine: Größe,
ade;
k ratsam, die Zange unter dem Schutz der halben Hand anzulegen.
. Verläuft die Pfeilnaht quer, so führen wir grundsätzlich zuerst
~ den’ hinteren Löffel ein, das heißt, bei erstem Querstand den
© Jinken, bei zweitem den rechten. .Diese- Technik des Zuerstein-
führens des hinteren Löffels gibt den sichersten Schutz gegen
:ein-unerwünschtes Drehen des Kopfes. in der’ Zange, dergestalt, daß
: das:Vorderhaupt beim Schließen der Zange. nach vorn kommt.
“ -wieklung des kindlichen Kopfes mit der Zange bis- zum -Schluß
: messem durehschneidet als bei Hinterhauptslagen, so kann es leichter
‘-zu. Verletzungen der Mutter und zu. größeren ‘Schädigungen. des
‚Kindes kommen. Dadurch wird ganz von selbst die Prognose der-
‚ dieAnregung, diese Einstellungen in günstigere umzuwandeln. Das ge-
‚sehieht bei Vorderhauptslage in der Weise, daß am besten durch ma-
melle Handgriffe, eventuell aber-auch mit der Zange, der Kopf so ge-
“Bei Stirnlage ist die Umwandlung schwierig. Sie bietet am
- . „wein die Geburt nicht durch ein: enges. Becken kompliziert wird.
. suchen, durch Lagerung entweder eine Vorderhaupts- resp. Hinter-
‚der Gesichtslage günstiger ist als die einer Stirnlage, eine Gesichts-
berragend zu fühlen. Steht das Kinn unter der. Symphyse, so ist
_ mallgemeinen damit zu rechnen, daß. der Kopf voll in das Becken |
getreten ist. Da die.Zange für Hinterhauptslage konstruiert ist,
so mub ihre Anwendung bei den ätypischen Zangen. (Vorderhaupt-, ‚
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. ‚Aus der Landesstelle für öffentl. Gesundheitspflege, Dresden, Reichsstr.
z Untersuchungsanstalt.
Von Philalethes Kuhn und Walter-Loele.
Die Bedeutung der bakteriologischen Untersuchungsämter wird
` DieBeziehungen zwischen Ärzten und bakteriologischer
Abhandlungen. -
irektoren: Prof. Dr.med.Kuhnu. Dr.phil. et Dr.:Sing.Hei duschka). |
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von den praktischen Ärzten oft nicht richtig eingeschätzt. Entweder.
‚wird das Ergebnis der Untersuchung überschätzt, und die Arzte -
verlassen sich auf das Untersuchungsamt mehr als auf ihre eigenen ,
nischen Beobachtungen, oder aber. die Tätigkeit einer bakterio-
gischen Untersuchungsstelle wird von manchen Ärzten überhaupt
ür überflüssig gehalten. Und doch ist das Ergebnis der bakterio-
gischen und serologischen Untersuchung. ein wichtiges, oft aus-,
Aulaggebendes Hilfsmittel für die Diagnose, der Arzt muß sich nur
ist er im klaren sein, wie das Untersuöhungsmaterial einzusenden ||
șa wid welche Schlüsse er aus den Untersuchungsergebnissen
; ziehen darf, Oftmals liegt die scheinbare Zwecklosigkeit der Unter-
e o or
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.Stitn- und 'Gesichtslage) ‘leicht zu einem’ Abgleiten führen, insbe-
‚sondere, ‘wenn die 'Zugrichtung nach abwärts notwendig wird. Am
besten ist: es alsdann: die Zugrichtung etwas unterhalb der Hori-
“zontalen: wirken zu lässen:; Wird bei Gesichtslage die Beendigung
der Geburt. notwendig, ehe der Kopf ganz in das Becken einge-
‚treten ist, so'-wird: màn bei Mehrgebärenden erwägen, ob es nicht
zweckmäßiger ist, die Geburt durch Wendung und Extraktion zu
beenden. Bei Erstgebärenden verbietet die Engigkeit der Geburts-
wege und die geringere Nachgiebigkeit. der Weichteile diesen Aus-
weg. Hier wird man'sich die Frage vorlegen, ob man nicht nach
Thorn die Gesichtslage in eine Hinterhauptslage umwandeln kann.
Wir empfehlen diesen Weg in allen Fällen, die nicht durch Becken-
enge kompliziert: sind. Die Technik: ist‘ sehr. einfach: Die Frau
‘wird auf die Seite des: kindlichen Rückens: gelagert. Die rechte
halbe Hand (bei 1. Lage) hebelt das -Hinterhaupt herunter, während
‚der Daumen. diè Stirn nach oben schiebt. Die linke Hand hebelt
von außen. die Brust des. Kindes nach links. Der Eingriff muß
in tiefer‘ Narkose vorgenommen werden. Liegt keine‘ Becken-
‚ verengerung vor, so: gelingt es. auf diese Weise meist leicht, das
Hinterhaupt in das Becken einzuleiten. Noch in linker Seitenlage
- ‚Bereiten die‘ Weichteile durch Engigkeit ‘oder Rigidität
Schwierigkeit, so ist in jedem Fall: vor Anlegen der Zange ein aus-
wirkung bei der Zangenextraktion wesentlich herabgesetzt, was bei
asphyktischen Kindern oft. von entscheidender Bedeutung: ist.
Geburt des Kindes. geht außerdem rasch vor sich und die Infek-
Quetschung entstandenen Rißwunden. -
wenn es sich um die Entwicklung des auf dem Beckenboden stehenden
Kopfes handelt und die Technik beherrscht wird.: An sich ist.die Zange
angesehen wird. Verletzungen und Infektionen danach sind sehr häufig.
Bei der Mutter handelt es sich um: mehr oder weniger ausge-
dehnte Scheiden-Dammrisse, ‘Verletzungen der.. Gebärmutter, der
Blase, Druckschädigungen der Beckennerven usw. Bei den Kindern
festgestellt werden können, so ist doch nicht jedes Risiko für das
Kind ausgeschlossen. Wissen wir doch, daß Intelligenzdefekte nach
‚schweren Zangenoperationen nicht selten vorkommen; auch dafür-
ist bis: zu einem gewissen Grade der Geburtshelfer verantwortlich..
Gewiß ist in der Hand des geschulten, ‚gewissenhaften Geburts-
‚helfers die Zange ein segensreiches. Instrument; aber darüber gibt
es gar keine Meinungsverschiedenheiten, daß Jahr für Jahr an.den
Folgen mangelhafter Indikationsstellung und ungenügender Technik
durch die Zange eine große Zahl von Müttern und Kindern schwer
geschädigt werden resp. zugrunde gehen.
Berechtigung nur dann, wenn ihre Anlegung im Interesse von Mutter
und Kind geschieht, nicht aber, daß diese Schaden dadurch erleiden.
suchungen lediglich an der Art der Einsendung. Die Landesstelle
für öffentliche Gesundheitspflege hat deshalb unter Berücksichtigung
der in der Literatur bereits vorhandenen Erfahrungen!) die wichtigsten
Gesichtspunkte zusammengestellt, die für die Art der Einsendung-
und die Deutung des Untersuchungsbefundes wichtig sind, und
hofft; dadurch den Ärzten manche vielleicht in: Vergessenheit
geratene Erinnerungen aufzufrischen. . > ren |
Untersuchungen bei Typhus erkrankungen.
Jede Typhusepidemie ist ein biologisches: Experiment, dessen
genaue Beobachtung oft die Quele “der Erkranknugen verrät. Leichte
Epidemien . mit wenigen typischen Typhuserkrankungen werden
meist dadurch verursacht, .daß. von Bazillenträgern Nahrungsmittel
'verunreinigt werden. Die Ausbreitung der Erkrankung läßt häufig
Bi 1) W. Prausnitz, Wie kann. und soll eine bakteriolo iche-
Untersuchungsstelle von. den Ärzten benutzt werden? Mitt. d. Volks.
gesundheitsamtes. Wien, 1923, No. 10; Philalethes Kuhn, Über
die Einsendungen än die bakteriologische Anstalt und ihre Verwertung, -
Straßb. Med. Ztg. 1917, H. 1.
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wird die Zange angelegt,. die ja jetzt, als Hinterhauptzange mit,
quer verlaufender ‘Pfeilnakt, ohne größeres Risiko zu ‚machen ist.
giebiger Entspannungsschnitt anzulegen, dadurch wird die Druck-
Die -
tionsgefahr. ist bei glatten Schnittwunden ‘geringer als bei durch
- Die Prognose der Zangenoperation ist im allgemeinen günstig,-
durchaus nicht das ungefährliche Instrument, als welches sie allgemein‘
sind die’Druckschädigungen durch die Zange ebenfalls. sehr mannig-
faltig. Aber. selbst wenn nach der Geburt. keine sichtbaren Schäden
Dieser Tatsache sollte -
sich jeder Arzt bewußt sein, der die Zange in-die Hand nimmt; `
denn sie ‚soll nur angewendet werden und hat ihre eigentliche
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Blut zur Gruber-Widalschen Reaktion einsendet.
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1132
| © > 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.33. `
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darauf schließen, welche Art, der Infektion vorliegt und wo. der
. Bazillenträger zu suchen ist. Schwere Typhusepidemien werden
meist dadurch hervorgerufen, daß die Seuche-von wirklichen Typhus-
kranken weiter. verbreitet wird, insbesondere dann, wenn die erste
Typbuserkrankung übersehen wurde. |
Wirkliche Schulfälle von Typhus, wie sie in der Klinik gezeigt
und gelehrt werden, sind in der Praxis durchaus nicht so häufig.
Im Gegenteil zeigt sich, besonders bei Massenerkrankungen, daß nur
ein kleiner Teil der Erkrankten das klinische Bild des Typhus
liefert, während viele Fälle als Magen- und Darmkatarrhe, als grippe-
. ähnliche Erkrankungen, als unklare schleichende fieberhafte Krankheit
‘ verlaufen. Wenn auch ein einzelner unklarer Fall vom Arzte über-
sehen werden kann, darf bei einer Häufung von fieberhaften Er-
krankungen verlangt werden, daß die richtige Diagnose gestellt
wird, wenn auch das Krankheitsbild unklar ist. Der Arzt. kann
sich in derartigen Fällen sehr schnell ein Bild machen, wenn er
Bekanntlich ist in
der zweiten Krankheitswoche die Gruber-Widalsche Reaktion in über
90°/, aller Fälle positiv. Wenn sich auch in den Büchern die An-
gabe findet, daß in den ersten Tagen der Krankheit die Agglutination
noch negativ ist, darf sich der Arzt nicht abhalten lassen, bereits
jetzt die Reaktion ausführen zu lassen, denn häufig kann man fest-
stellen, daß der wirkliche Krankheitsbeginn weiter zurückliegt, als
der Kranke glaubt. Wichtig für den Arzt ist weiter, daß sich bei
Beginn der typhösen Erkrankung fast immer aus dem Blute Typhus-
bazillen züchten lassen. Dagegen ist die so beliebte Einsendung
von Stuhl zur Erkennung der Typhuserkrankung weniger geeignet,
sie ist besonders dann von besonderer Wichtigkeit neben der Unter-
suchung 'des Harnes, wenn es sich um die Feststellung von Bazillen-
ausscheidern handelt, oder darum, sich ein Bild zu verschaffen, wie
stark durch den Typhuskranken die Umgebung gefährdet ist.
~ Typhusepidemien, die durch Genuß von verseuchtem Wasser
aus Zentralanlagen zustande kommen, sind bei den jetzigen besseren
hygienischen Verhältnissen außerordentlich selten, da größere Mengen
von Typhusbazillen in das Trinkwasser gelangen und bereits kurze
‚Zeit, nachdem sie in das Wasser gelangt sind, genossen werden
müssen. Wahrscheinlicher werden schon Einzelerkrankungen durch
Genuß von nicht einwandfreiem Brunnenwasser aus manchen
Dorfbrunnen verursacht, die schon durch ‚ihren Bau sehr leicht
einer vorübergehenden Verunreinigung durch Abwässer ausgesetzt
sind. Wenn sich auch die Typhusbazillen im Wasser nur kurze
Zeit am Leben erhalten, ist eine Ansteckung in dieser Zeit wohl
sehr gut möglich. Auch durch Düngung von Gemüse mit Abort-
wasser kann gelegentlich eine Einzelerkrankung hervorgerufen
werden. Diejenigen Nahrungsmittel, deren Infektion durch Typhus-
bazillen am leichtesten möglich ist, sind’ Milch und gekochte
Kartoffeln. In der heißen Jahreszeit kann auch durch Fliegen eine
Verunreinigung der Nahrungsmittel zustande kommen. Über-
tragungen von Typhuserkrankungen durch verschmutztes Papiergeld
oder durch Kleidungsstücke und Decken gehören zu den Aus-
nahmen. . | |
Aufgabe der Ärzte ist es, den Bezirksarzt darin zu unter-
stützen, daß der Ausgangspunkt des Typhus, der Bazillenträger,
gefunden wird. Mit Neuregelung der Desinfektoren- Ausbildung
werden die Desinfektoren hierbei neben den Gemeindeschwestern
eine wertvolle Unterstützung leisten können.
Bei Beginn einer typhusverdächtigen Krankheit soll der Arzt
einsenden: ’
1. einige Tropfen Blut in Galleröbrehen, die von der Unter-
suchungsanstalt zur Verfügung gestellt werden. Bei der Absendung
ist die Widerständsfähigkeit und der Verschluß des Gläschens zu prüfen.
. in Kapillaren aufgefangen, Blut: zum Anstellen der Gruber-
Widalschen Reaktion. Die Kapillaren sind zu versiegeln oder zu-
zuschmelzen und der Verschluß ist zu prüfen. |
| Die Einsendung von Blut in Watte eingetrocknet, wie es
von manchen Instituten verlangt wird, ist nicht praktisch, da eine
genaue Bestimmung des Agglutinationsttiters, der für die Diagnose .
sehr wichtig ist, nur schwierig vorgenommen werden kann.
Bedeutung der Befunde.
a) Blutkultur: Positiver Befund von Typhusbazillen im
eisend, negativer Befund spricht nicht gegen
Typhus. Bei bestehendem Typhusverdacht ist daher die Einsendung
des Blutes zu wiederholen. |
b) Bedeutung der Gruber-Widalschen Reaktion. Durch
die Agglutination wird festgestellt, daß in dem Blute des Kranken
Stoffe vorhanden sind, welche die Typhusbazillen zusammenballen,
und daß diese Substanzen in einer Verdünnung des Blutes wirk- £
sam sind, die bei Gesunden oder andersartig Erkrankten nicht
mehr wirkt, | Sr
-= `Diéjenige Serumverdünnung, in der eben noch Aggluti-
nation der Bazillenaufschwemmung eintritt, wird als Grenztiter
bezeichnet. A a l
“Wir unterscheiden die 'makroskopische Untersuchung, die
mit bloßem Auge an abgetöteten Kulturen festgestellt wird, und
die mikroskopische, die am hängenden Tropfen mit lebenden
Kulturen vorgenommen wird. |
Der Grenztiter ist dadurch gegeben, daß eine Verklebung
einzelner Bakterien nicht mehr, sei es mit dem bloßen Auge, sei
es mit dem Mikroskop nachgewiesen werden kann. Es ist natürlich,
daß der mikroskopisch festgestellte Titer sehr viel höher sein muß,
als der makroskopische, weil der Vorgang der Agglutination auch
noch mikroskopisch erkennbar ist, wenn die Anzahl der. sich zu-
sammenballenden Bakterien gering ist und die Häufchen klein sind.
Dementsprechend gilt auch eine mikroskopische Gruber-Widalsche
Reaktion bis 1:100 oder 200 nicht als Beweis für eine Typhus-
erkrankung, und viele Ärzte stehen daher sehr mit Unrecht auf
dem Standpunkt, daß mit der Gruber-Widalschen Reaktion über-
haupt nichts anzufangen ist. |
Demgegenüber ist eine makroskopische Zusammenballung
der abgetöteten Typhusbazillen schon in einer Verdünnung von 1:10, |
wenn sie in kurzer Zeit eintritt, verdächtig für Typhus (oder
Bazillenträger). Die makroskopische Diagnose gibt an Untersuchungs-
anstalten zu viel weniger Irrtümern Anlaß, weil sie einfacher, kon-
stanter und leichter kontrollierbar ist, da immer die gleiche Typhus-
bazillenaufschwemmung verwendet wird.
Zur makroskopischen Agglutination werden von der Landes-
‘stelle vorher eingestellte Typhusbazillenaufschwemmungen verwendet,
die mit einem agglutinierenden Testserum 'des Reichsgesundheits-
amtes in einer Verdünnung von 1:1000 in wenigen Minuten einen
deutlich sichtbaren grobflockigen Niederschlag in der Aufschwem-
mung hervorrufen. |
Von. der Landesstelle wird das Ergebnis der makrosko-
pischen Untersuchung sofort nach Eintritt der Reaktion (spätestens
nach 18 Stunden) dem Arzte mitgeteilt. Bei einem Titer von
über 1:100 dürfte in den meisten Fällen Typhuserkrankung vor-
liegen, unter 1:100 besteht nur Verdacht. l |
Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, daß bei Verwen-
dung dieser Methode im Falle einer Typhuserkrankung meist: vom
3. bis 6. Tage der Titer über 1:10, vom 14. Tage über 1: 100 bis
zu 1:10000 ausfällt. Während des Typhusverlaufes kommen er-
‚hebliche Titerschwankungen vor, der Titer sinkt. besonders dann,
wenn in dem Blute Typhusbazillen nachzuweisen sind. (Schwere
Fälle haben öfter niederen Titer, leichte Fälle hohen Titer.)
Bei einer makroskopischen Reaktion von 1:100 wird man
mikroskopisch die Verklebung einzelner Typhusbazillen meist noch
in Verdünnung von über 1: 1000 nachweisen können. Der mikro-
skopische Titer wird aber nicht mitgeteilt. |
Durch Fortfall der mikroskopischen Gruber-Widalschen Re-
aktion, die man mit dem hängenden Tropfen vor allem auch bei
Personen, die einer Kriegsimpfung unterzogen waren, immer noch
erhält, wird eine unnütze Beunruhigung des Publikums und der
Arzte vermieden. |
Bei vorausgegangenen Typhuseinspritzungen bleibt die Wi-
dalsche Reaktion oft viele Jahre lang positiv. Die Agglutination
am hängenden Tropfen ist hier mit Vorsicht zu beurteilen. Die
makroskopische Reaktion ist zwar manchmal auch noch bis zu
einem Verhältnis von 1:100 positiv, tritt aber meist erst nach
18 Stunden ein. Bei der Untersuchung ist daher mitzuteilen, ob
Schutzimpfung vorlag.
Da auf Antrag der Ärzte Nachuntersuchungen zur Feststellung,
den Verlauf einer typhösen Erkrankung. Es kommt zwar auch bei
anderen Erkrankungen gelegentlich positive Agglutination in einem
Verhältnis makroskopisch bis zu 1 : 100 vor, so besonders makro-
skopisch in höheren Verdünnungsgraden bei chronischen Darm-
erkrankungen, bei großen zerfallenden Geschwülsten, ferner als
Mitagglutination bei Ruhr, aber diese Fälle sind nur vereinzelt und
können die Bedeutung der Gruber-Widalschen Reaktion nicht
‚herabsetzen. Es ist notwendig, daß dem Arzt vom Untersuchungs-
amt die Art der Untersuchung mitgeteilt wird, da die Beurteilung
der Ergebnisse von der Methode abhängt. |
ob eine Veränderung des Titers eintritt, kostenfrei vorgenommen.
werden, sind die Arzte in der Lage, sich ein Bild zu machen über
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- sehr hohe Werte erreichen, ohne daß zurzeit eine typhöse Er-
£ Krankung vorzuliegen braucht. Sehr oft ist die Reaktion aber nur
schwach und kann in einzelnen Fällen auch negativ werden. Sie
1924 MEDIZINISCHE KLINIK — Nm...
| Einspritzung :eines.immunisierenden Serums: oft günstig., Die Gefahr
Jain demnach die Stuhl- und Harnuntersuchung nicht ersetzen.
< o): Untersuchungen von Harn und Stuhl. Die Unter-
suehung-von Harn und Stubl ist besonders wichtig zur Feststellung
yon Dauerausscheidern, sie ist hier die wichtigste der Untersuchungs-
*neihoden. Die Einsendung des Harns darf nie unterlassen werden.
Rs gibt Harne, die vollständig klar aussehen und trotzdem Typhus-
. hizillen-in Reinkultur enthalten. Es braucht demnach. durchaus
‚nicht eine Erkrankung der Nieren vorzuliegen.
Die Untersuchung.
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Ead i
anaphylaktischer Erscheinungen. bei ‚späteren Impfungen kann da-
durch vermieden werden, daß das.Serum eines anderen Versuchs-
tieres verwendet wird. Ist zuerst mit Pferdeseruni behandelt, dann
wird bei späterer Infektion Rinderdiphtherieserum genommen. Die
:| Einsendung von Rachenabstrichen auf Objektträgern zur Feststellung
von Diphtheriebazillen ist nicht zweckmäßig, da der negative Befund
nichts beweist. und diphiheriebazillenähnliche, harmlose Bakterien
‚vorhanden sein können. Nur die Kultur gibt Sicherheit. . Von , den
Untersuchungsanstalten. werden Röhrchen mit Waättetupfern zur Ver-.
fügung gestellt. Es ist selbstverständlich, daß der. Arzt den Mandel-
\.abstrich selbst kunstgemäß vornimmt. Das Ergebnis der Unter-
von Personen, die im Verdacht stehen, Bazillen auszuscheiden, .
-. muß wiederholt vorgenommen’ werden, då vorübergehend die Aus-
scheidung zum Stehen kommen kann. | | E
E Fleischvergiftung (Paratyphus).
- -Bei allen Einsendungen, die aus Anlaß von Fleischvergiftungen
- m die Untersuchungsämter gemacht werden, ist es notwendig,
x
© . "Mitteilungen über die klinischen Erscheinungen, über die, voraus-
‚siehlliche Ursache und über die Ausbreitung der Erkrankung zu
geben, da diese wichtige Hinweise für die vorzunehmende bakterio-
logische- und chemische Untersuchung enthalten können. Es ist,
- wenn.möglich, auch zu bemerken, welche Krankheitserreger vor-
. wsidtlich in Frage kommen, da außer den Paratyphusbazillen
suchung kann frühestens in 6—8 ‚Stunden mitgeteilt werden, ist
| aber dann nur ein vorläufiges, da spärliche Kolonien erst nach.
etwa 18 Stunden auftreten können.‘ Dem Arzt wird mitgeteilt, ob
‘|. auf den Platten eine Reinkultur von Diphtheriebazillen. vorliegt
-| (diese Fälle sind für die Serumbehandlung die günstigsten), ob
neben den Diphtheriebazillen noch andere Bakterien reichlich vor-
{ handen sind, ob die Diphtheriebazillen sich nur spärlich nachweisen
| lassen und ob die Kultur negativ. ist. Die Landesstelle drückt den
"wd den eigentlichen Wurstgiftbakterien, dem Bacillus botulinus,
‚auch Daim- und Fäulnisbakterien und .Eitererreger bei septischen
Tiererkrankungen Fleischvergiftungserscheinungen hervorrufen.
. Man unterscheidet bekanntlich die unter dem Bilde eines
‚heltigen, oft choleraartigen akuten Darmkatarrhs verlaufende para-
. : phöse Erkrankung von einer schleichenden, dem Typhus ähnlichen
Erkranküngsform. Für die letztere gilt das für den Typhus Gesagte.
=> Zr Feststellung der akuten Form, die unter dem Bilde der
es Peischvergiftung bekannt ist, ist die frühzeitige Einsendung von
‚ hl und Harn notwendig, besonders auch von Harn, da festgestellt
u it, daß’ nach Aufnahme von .paratyphusbazillenhaltigen Speisen oft
shr schnell eine Ausscheidung der Bazillen durch die Nieren erfolgt.
m Auch hier gibt die Ausbreitung der Erkrankung wichtige An-
haltspunkte für die Quelle der Erkrankung, die in den meisten
Fällen wohl Fleisch von kranken Tieren oder an sich gesundes
- Fleisch, ‘das nachträglich infiziert wurde, in nicht wenigen Fällen
aber auch verdorbenes Gemüse oder verdorbene Mehlspeisen sind.
Auch durch Wasser, durch Eis, durch Milch und Käse können Er-
. krank ungen hervorgerufen werden, welche die Erscheinungen der
' Pleischyergiftung machen.
And demnach einzusenden: 1. die verdächtige Speise, 2. der Stuhl-
sug und Harn, 3. wenn die Krankheit bereits
| > Blat zum Ansetzen der Gruber- Widalscheri Reaktion:
Ruhr.
| uit schnellste Einsendung von Ruhrstühlen: an das Laboratorium
= wendig, da die Ruhrbazillen leicht absterben.- In geeigneten
: Mllen ist es zweckmäßig, aus dem blutigen Stuhle die Schleim-
locken herauszulischen, etwas abzuschwemmen in Wasser und' sie
| parerik Kochsalzlösung einzusenden. Die Gruber-Widalsche
taktion gibt bei Ruhrbazillen nicht ganz die sicheren Resultate
bei Typhusbazillen, da
po, h stellung der Diagnose Ruhr ist deshalb der Nachweis der
| ' gibt azillen aus dem Stuhl in jedem Falle zu erstreben. Vielleicht
P es auch Fälle von klinischer Ruhr, die nicht durch Ruhrbazillen
N =- ~
}
| evorgerufen werden (den Friedländerschen Pneumoniebazillus
d manche Stämme von Bacterium vulgare).
N Auf Amöbenruhr ist zu fahnden, wenn die Patienten aus den
‚5 „4Zopen kommen. py As ee
1 E Cholera. | |
I rich Bei Choleraverdacht sind hinsichtlich der Einsendung die
gesetzlichen Vorschriften zu befolgen. Zweckmäßig. ist es,
vor der Einsendung die Untersuchungsanstalt drahtlich zu benach-
material eintrifft,
/
?
;
' | =
$.: Untersuchungen auf Diphtherie
nis a dringendem Verdacht soll der Arzt nicht erst das Ergeb-
j Neilsern ıtersuchung abwarten, sondern sofort die Einspritzung von
im wenn al vornehmen, da oft kostbare Zeit verloren geht. Auch
?
`
Zur Untersuchung der Fleischvergiftung
einige Tage besteht,
ht ‚Bei Ruhrerkrankungen ist besonders in der warmen Jahres-
Ruhrbazillen leichter mitagglutinieren. -
Nehti . ; : 2 u
| tigen, damit alles bereits vorbereitet ist, wenn das Untersuchungs- .
‘
Verdacht sich bakteriologisch nicht bestätigt, wirkt. die
»
Befund durch die Anzahl der Kreuze aus (3 Kreuze = Reinkultur,
2 Kreuze = Mischkültur,. 1: Kreuz = spärlich Diphtheriebazillen).
. Bei negativen Befunden wird mitgeteilt, ob die Platte steril
blieb (bier kann das Wachstum von Diphtheriebazillen durch ein
angewandtes Desinfektionsmittel verhindert sein), oder ob die Platte
von. Heubazillen überwuchert wurde, die das Wachstum für Diphtherie-
bazillen beeinträchtigen. In diesen beiden Fällen, ebenso dann,
wenn das bakteriologische Ergebnis nicht mit dem klinischen Befund
'übereinzustimmen scheint, ist nochmalige "Untersuchung anzu-
empfehlen. Auf den Anträgen ist. stets mitzuteilen, ob. das Sekret ;
' aus dem Rachen, aus, der Nase oder aus der Bindehaut stammt,
da auf den letzteren Schleimhäuten Pseudodiphtheriebazillen vor-
kommen, die den Diphtheriebazillen sehr ähnlich, aber nicht pathogen
sind. Dem Arzt wird auch mitgeteilt, ‘wenn im Rachensekret
Pseudodiphtheriebazillen vorhanden sind. Es kommt vor, daß be-
sonders nach Serumeinspritzungen die Diphtheriebazillen atypisch
wachsen und auch auf. Rinderserumplatten mehr wie 'Pseudo-
diphtheriebazillen aussehen. Das Vorkommen. von Körnchen in den `
Diphtheriebazillen, das ihnen bei der Neißerfärbung das charakte-
ristische Aussehen gibt, ist keinesfalls spezifisch.. Bei der bakterio-
logischen Diagnose ist stets das Gesamtbild zu berücksichtigen.
Aus dem Vorkommen einzelner. diphtherieähnlicher Stäbchen kann
nicht mit Sicherheit die Diagnose gestellt werden. Im Zweifelsfalle
kann durch weitere Kultur und Tierexperiment die Frage entschieden
werden, . ob. echte Diphtheriebazillen. vorhanden sind. Die Unter-
suchung wird durch . den Tierversuch aber so verlängert, daß er
für den Arzt nur in einzelnen Fällen in Frage kommt. | 5
Untersuchung auf Gonokokken.
Von der Untersuchungsanstalt werden Objektträger in Papp-
hülsen auf Antrag geliefert. Unzweckmäßig ist die.Einsendung auf
dicken Glasscherben, Brillengläsern, Deckgläschen und die Eintrock-
nung .auf Watte. Der Sekrettropfen muß auf dem Objektträger
dünn .ausgestrichen werden, damit die Eiterzellen ‚sich gut aus-
breiten: können. ‘Sie werden dadurch sehr viel größer und zeigen
die Gonokokken deutlicher. Dicke. Tropfen sind meist nur an
einzelnen Stellen des Randes verwertbar. Die Abstriche müssen
lufttrocken sein, bevor sie mit den Schichtseiten aufeinandergelegt |
in Papier. verpackt werden. Es ist selbstverständlich, daß. nur
Objektträger verwendet. werden dürfen, die’ vorher: niemals zu
Bakterienfärbungen gebraucht werden. Auf gebrauchten: Objekt-
trägern kann man oft die merkwürdigsten Befunde machen. —
Die Diagnose Gonokokken wird nur gestellt, ‚wenn nach Lage-
‘rung und Reichlichkeit der gramnegativen semmelförmigen in-
` tràzellulären Kokken im Sekret der Harnröhre oder im ‚Zervikal:
ein Zweifel nicht
sekret (nicht Vaginalsekret nach Prausnitz)
möglich ist. Andernfalls wird nur mitgeteilt, gramnegative Kokken
von Gonokokkenform.- ee a i
Die Kultur von Gonokokken kommt nur in Ausnahmefällen
in Betracht. er Ä en N
©. Meningokokken. > 0000
Da die Erreger der epidemischen Genickstarre- sehr empfind-
lich sind, ist die Einsendung nach. Möglichkeit zu "beschleunigen.
Die Gläschen sind vorher vom Einsender durch Erhitzen
sch | nochmals
zu ‚sterilisieren. - .. Ga
Bei Einsendung von Nasen- und Rachenabstrichen zur .Unter- `
‘suchung auf Meningokokken ist. anzugeben, ob in der Umgebung
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skopischen Befund allein nicht die Diagnose auf Meningokokken
serum eingesandt wird, daß demnach die oberflächlichen Geschwürs-
dem dünnen Blutausstrich stets ein flacher (Kuhn) Tropfen ein-
1134
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33. . 17. August
EEE E G
Genickstarrelälle vorliegen. In Mund und Nase gibt es gramnegative
harmlose Kokken, die trotz Kultur und Agglutination sehr schwer
von Meningokokken unterschieden werden können.
Sind in. dem eingesandten Lumbalpunktat Eiterzellen mit
gramnegativ intrazellulären Diplokokken nachweisbar, so wird dem
Arzt mitgeteilt: Meningokokken. Es wird in jedem Falle die Kultur
versucht, die oft nicht mehr gelingt, die Agglutination mit einem
Meningokokken-Serum vorgenommen, dasVerhalten auf verschiedenen
Zuckernährböden geprüft. Auch wenn die Kultur nicht einen voll-
ständigen typischen Meningokokkenstamm ergibt, ist trotzdem vom
Arzte der Fall als Genickstarre zu behandeln.
Bei Rachen- und Nasenabstrichen wird .aus dem mikro
mäßig, es sind aber stets dünne Blutausstriche beizulegen. Un-
zweckmäßig ist es, das Blut in Kapillaren oder in Wassermanngläschen
einzusenden, wenn es sich darum handelt, das Blutbild festzustellen.
Durch die Gerinnung des Blutes können die Zahlenverbältnisse der
Zeilen vollständig verschoben werden.
+
Seltenere bakteriologische Untersuchungen.
Bei Verdacht auf Strablenpilzerkrankung soll sich der Arzt
erst überzeugen, ob in dem Eiter oder im Auswurf Drusen in Gestalt
von kleinen Körnchen enthalten sind.
Bei Milzbrand darf die Diagnose, wenn nicht bereits klinisch
eine sichere Diagnose möglich ist, nicht aus dem Vorkommen von
sporenhaltigen Stäbchen und dem charakteristischen Aussehen der
Kultur allein gestellt werden, da ganz ähnlich aussehende Bazillen
besonders in schmierigen, verünreinigten Wunden vorkommen
können. Es ist in jedem Fall durch den Tierversuch die Patho-
genität festzustellen. Einsendung von Blut zu Kultur ist in jedem
Falle nötig. ;
Zur Feststellung von Flecktyphus ist das Blut einzusenden
ähnlich wie für die Widalsche Reaktion, behufs Anstell der
Weil-Felixschen Probe. Nach Prausnitz ist es zweckmäßig,
gleichzeitig zur Differentialdiagnose einen Tropfen Blut in Galle -
einzusenden, um Typhus auszuschließen. |
Bei Rotz ist Ausfluß aus der Nase, Eiter von den Geschwüren
oder Sputum einzusenden. Bei.chronischem Rotz außerdem Blut
zur Agglutination. Bei septischen Erkrankungen ist am besten
1—2 cem Blut in Traubenzuckerbrühe zu bringen (die Kulturröhrchen
werden auf Antrag geliefert) und dem Institut zu übersenden. Wenn
dies nicht möglich, genügt die Einsendung des Blutes in einem
sterilen Wassermanngläschen. Das Wachstum der Eitererreger
wird gehemmt, wenn die Blutkonzentration zu stark ist. Man gibt
deshalb zweckmäßig einige Tropfen des ersten Kulturröhrchens auf
ein zweites Brüheröhrchen.
Bei Verdacht auf Blattern wird eine Pustel mit der Nadel
geöffnet, auf dem Objektträger ausgestrichen und nach dem Ein-
troeknen dem Laboratorium überwiesen. Durch das Reichsgesetz
ist jetzt die Cornealimpfung vorgeschrieben, die u. a. in der Staatl.
Lymphanstalt Dresden vorgenommen wird.
gestellt, sondern in jedem Fall die Kultur vorgenommen und mit
großer Vorsicht beurteilt. |
Untersuchung auf Tuberkelbazillen.
Der Arzt soll sich überzeugen, daß wirklicher Auswurf, nicht
Mundspülwasser oder Nasensekrete eingesandt werden. Vor der
Absendung ist zu prüfen, ob- die Flasche auch wirklich gut ver-
schlossen ist, damit beim Auspacken nicht ‘das Personal unnötig
gefährdet wird. Bei der Untersuchung werden von allen verdäch-
tigen Stellen Teile entnommen und auf einem Objektiräger aus-
gestrichen. Die Untersuchung ist also bereits eine Art Anreicherungs- |
verfahren. Auf. besonderen Antrag wird auch die Anreicherung mit
der Uhlenhuthschen Antiforminmethode vorgenommen. Auf der Mit- |
teilung an den Arzt wird durch die Anzahl von Kreuzchen die Menge
der Tuberkelbazillen ausgedrückt und damit auf die Gefahr der Er-
krankten für ihre Umgebung hingewiesen. Harn und Pleuraexsudate
sind bei Verdacht auf Tbe. zweckmäßig durch das Tierexperiment
zu prüfen.
Untersuchung auf Syphilisspirochäten.
Der Arzt hat vor allem darauf zu achten, daß wirkliches Reiz-
belege zunächst abzutupfen sind, und daß von dem nunmehr hervor-
tretenden leicht blutigen Serum Ausstriche gemacht werden. . Es
können auch vom Arzt fertiggestellte Tuschepräparate eingesandt
werden. (Verreibung von etwas Reizserum mit chinesischer Tusche
oder Opalblau (Grübler Leipzig) auf einen dünnen Objektträger,
Abstrich mit Hilfe eines zweiten Objektträgers.)
Wassermannsche Reaktion und Modifikationen.
Zur Anstellung der Wassermannschen Reaktion, ihrer Modi-
fikationen nach Stern und Hecht und zum Ansetzen der
Flockungsreaktionen ist es zweckmäßig, möglichst viel Blut einzu-
senden, mindestens 4—5 ccm. Ist aus irgend einem Grunde- es
nicht möglich, größere Blutmengen .zu erhalten, dann ist es zweck-
mäßiger, das Blut in einigen weiten Kapillaren einzusenden, die
auf Antrag geliefert werden. Es ist dabei zu bedenken; daß
die Reaktion um so unsicherer wird, je kleiner die Blutmengen
sind und je weniger man Vergleichsreaktionen anstellen kann.
Nach der amtlichen Vorschrift sind drei geprüfte Extrakte zu ver-
wenden, von denen einer ein Extrakt aus syphilitischen Organen
ist. Gewöhnlich wird aus dem Ergebnis der drei Resultate das
Gesamtresultat bestimmt, und es bedeutet Wassermann mit
4 Kreuzen: alle Extrakte zeigen gleiche Hemmungen, Wassermann
1 Kreuz: mindestens ein Extrakt zeigt völlige Hemmung, Wassermann
2 Kreuze: mindestens zwei Extrakte zeigen völlige Hemmung
oder ein Extrakt zeigt völlige Hemmung, zwei Extrakte fast völlige
Hemmung. Wassermann 3 Kreuze: zwei Extrakte völlige Hem-
mung, ein Extrakt teilweise Hemmung. Außerdem wird bei dem
Gesamturteil noch berücksichtigt das Ergebnis beim ersten Ablesen
und am folgenden Vormittag. Die Sternsche Reaktion ist zwar
empfindlicher als die Wassermannsche Reaktion, dafür aber weniger
spezifisch. Sie kann die Wassermannsche Reaktion nicht ersetzen.
Das Gleiche gilt auch für die Hechtsche Modifikation. Beide
' Methoden haben außerdem den Nachteil, daß die Kontrollen sich
nicht lösen, wenn kein Komplement vorhanden ist. Sie sind daher
auch nur bei frischem Biute zu verwenden, in dem noch Komplement
enthalten ist. Die Resultate der Modifikation der Flockungsreaktion
nach Dold, Meinicke und Sachs-Georgi sind im Ganzen gleich-
wertig. Nach den Erfahrungen der Landesstelle ist die Ausführung
nach Sachs-Georgi mit einem von Frankfurt bezogenen Cholesterin
Extrakt sehr deutlich und für große Untersuchungsreiben sehr ge-
eignet. Sie stimmt fast völlig mit dem Ausfall der Wassermann-
schen Reaktion überein. Besonders ist es in der wärmeren Jahreszeit
notwendig, die Reaktion möglichst schnell auszuführen. Es ist da-
her geboten, das Blut unmittelbar nach der Entnahme möglichst
Untersuchungen von Harn.
An der Landesstelle werden nicht nur die mikroskopischen
Untersuchungen, sondern auch alle in Betracht kommenden chemi-
schen Reaktionen ausgeführt. Soll Harn zu Kulturzwecken ver-
wendet werden, so ist er am besten mit dem Katheter zu
entnehmen. Bei Untersuchungen von Harnsediment auf Tuberkel-
bazillen wird festgest
ellt, ob die säurefesten Bazillen auch alkohol-
rest sind. | i
Untersuchungen von Blutausstrichen.
Es sind stets mehrere Präparate einzusenden, damit mehrere
Färbungen ausgeführt werden können. Bei Malariaverdacht ist neben
zusenden. Ein Blutstropfen wird auf dem Objektiräger durch Schräg-
halten zum Abfließen und Eintrocknen gebracht. Für Blutausstriche
verwendet man entweder nach Nägeli zwei Deckgläschen oder man
nimmt Objektträger. Bei der Nägelischen Methode wird ein steck-
nadelkopfgroßes austretendes Blutströpfchen auf die Mitte eines gut
gereinigten Deckgläschen abgetupft und ein zweites Deckgläschen
leicht darübergelegt und von dem ersten . Deckgläschen abgezogen.
Diese beiden Deckgläschenabstriche geben das wirkliche Verhältnis
der Biutzellen wieder. Nimmt man Objektträger, so fängt man mit
der schmalen Kante ein Bluttröpfchen auf, zieht es zunächst quer
über einen zweiten Objektträger und, nachdem es sich so flächen-
haft über die Kante ausgezogen hat, schnell über die Länge des
zweiten Objektträgers. Das Blut wird dabei nicht vorgeschoben,
sondern nachgezogen. Je schneller der Ausstrich trocknet, um so
besser werden die Präparate. Bei dieser Art des Ausstriches ist
die Verteilung der Blutzellen eine ungleichmäßige. Besonders die
Leukozyten sammeln sich an den Randpartien stärker an und werden
manchmal arg entstellt. Indessen bekommt man bei einiger Übung
auch durch Objektträgerausstriche brauchbare Ergebnisse. Bei Blei-
untersuchungen zur Feststellung von basophil gekörnten roten
Blutkörperchen und bei Malaria genügen Objektträgerausstriche voll-
ständig. Auch bei Bleiuntersuchungen ist der flache Tropfen zweck-
rait Angst on N, 1924 — MEDIZINISCHER" KLINIK — Nr. 88, . n a
2: bald der Untersuchungsanstalt zuzuschicken, damit die Untersuchung | in höherem Maße taber ‚diejenigen gefährden kann, die das Material | BR Sun
= dort:sofort vorgenommen werden kann. >. <.> "x. -| auspacken. :Er:soll. sich, demnach immer überzeugen, ob die ihm jii 5 ig
"io Y>. Es- kommt vor, daß das Ergebnis der'Wassermannschen |' zugesandten Glasgefäße auch widerstandsfähig sind, indem ‘er mit IB e
"Reaktion nicht mit dem übereinstimmt, ‘was der -Arzt erwartet, er | ihnen diejenigen. Manipulationen. vornimmt, denen die Gefäße aul EEE EEE
sendet dann. oft nach einigen Tagen das Blut an eine andere Unter- | dem: Transport und auf: der Post ausgesetzt sind. Er überzeuge sich, ER a pikaa N
...." süchungsanstalt, erhält von da den von ‚Ihm gewünschten positiven | ob der Verschluß dicht ist, ‘ob bei den mit Schraubverschlüssen fi EAIiE i ai ip j!
“oder: negativen Befund und ist der. Ansicht, daß ‘die: 1. Unter- | versehenen: Gefäßen. das. Korkplättchen unversehrt ist. Diejenigen aE ENERGIE
> 7° ® ‚sgöhungsanstalt unzuverlässig arbeitet. Es kann auf. diese Weise nie | Substanzen, ‘welche leicht in Gärung übergehen, dürfen nie das i E UHR BETEN
2: festgestellt werden, ob ein Fehler vorlag, ‚und der Arzt handelt | Glas vollständig füllen, das ist besonders bei Stuhlgängen der Fall, IRRE yeng
-` riehtiger, wenn er bei der 2. Einsendung auch dem 1. Institut | die .im Sommer beim Öffnen. oft explosionsartig bis an die UMREN GIS i als
"seinen Teil Blutes zuschickt. Er kann in diesen’ Fällen, wo.es sich | Decke spritzen und das Personal außerordentlich gefährden. Es „ea izt Ri
2° -am‘ Nachprüfung handelt, bei der Ländesstelle Kostenlosigkeit be- | genügt ein Teelöffel voll.Stühl zur Anlage der Kultur. Auch beim II ES. 1
>- „amtragen, die in jedem Falle genehmigt wird, denn sie hat selbst-: | Absenden -der. Wassermanngläschen ist es gut, die Widerstands- Ina: ES
verständlich das größte Interesse, festzustellen, ob: die Reaktionen | fähigkeit.der Gläschen und die Dichtigkeit des. Veerschlusses einer ERA ana IA
© mverlässig ausgeführt werden. Wenn auch in der Regel die Wa.R. | Prüfung zu unterziehen. És ist, für das Untersuchungsamt wie für ii Ban, Ep
‚= "bereits 3—4 Wochen nach der Infektion positiv ist, gibt es doch | den Arzt und den Patienten gleich unangenelım, wenn das Gläschen Bm: 7 ne fid:
-o c" Fälle, in denen trotz bestehender Erscheinungen (Plaques, Papeln, | zerbrochen ankommt... 2 000 eeo en DE RN el ln
: > Kondylome, Roseola) die Wa.R. noch negativ. ausfallen kann. - | : : Da, wo Untersuchungsgefäße usw. von den Anstalten- geliefert PER RING DRSEEDER IE EINEN
<o. Die Hechtsche Modifikation wird an. der Landesstelle ‘mit | werden, soll. der Arzt: nach Möglichkeit davon Gebrauch machen. RE m AAMT Ak
` „einem Cholesterinextrakt in einem Verhältnis von- 1:10 und. be- Die Antragsformulare sind -so auszufüllen, daß kein Zweifel HR IE ee NER ji
‚2°: sonders bei beginnender Syphilis auch von 1:5 angestellt. Aus: | über den Arzt und über die Art der Untersuchung herrschen kann. | N als si
. +. verschiedenen Tausend Vergleichreaktionen geht hervor, daß die | Wird ein Antrag auf Wa.R. gleichzeitig mit Blut. eingeschickt, dann E ETENA RAN En
“ . ‚Heehtsche Modifikation in dem Verdünnungsverhältnis 1:10 im | wird selbstverständlich die Wa.R: ausgeführt, denn das Untersuchungs- BHN AS n nk u ji
~: großen und ganzen mit dem "Ergebnis der ‚Wassermannschen | amt kann nicht erraten, daß der Arzt Material, zur Untersuchung auf ` UNE Ha ZA
7, = Reaktion übereinstimmt. In einem Verhältnis von 1:5 ist das | Agglutination oder auf Sepsis oder auf mikroskopischen Blutbefund ein- Ua En ll
‚ ;.."Bint:des Gesunden stets negativ, positiver Ausfall in’ diesem Ver- | sendet. -Sehr oft lassen die Ärzte.alle klinischen Angaben weg, sehr zu BE BE AE KE |
5, baltis ist nur dann von Bedeutung, wenn: klinische Anhaltspunkte | ihrem eigenen Schaden, denn der Untersucher kann ‘mit gelegent- REES i eru
„= fär- Syphilis. vorhanden sind. Die- Reaktion ist auch bei nicht | lichen Nebenbefunden: nichts: anfangen; besonders, wichtig ist dies ADT einige
. c3 ' yphllitischen Krankheiten positiv, : besonders bei multipler Sklerose, | bei der Wa.R. Es braucht nicht betont zu werden, daß auch die Eee |
' ».,.,beisschweren nervösen Erscheinungen, bei habituellen Aborten, viel- | Kostenfrage sich nur da ’’glatt erledigen läßt, wo ‘genaue Einträge ef
; 7 diht auch manchmal bei fortgeschrittener Tuberkulose. Jedenfalls | auf den Antragsformularen vorhanden sind. ii i
©. -zeigt der positive Ausfall dem Arzt-an, daß es sich nicht um ein | 0 a A $ ee, re ah)
" „normales Blut handelt. Häufig wurde festgestellt, daß die Hecht- | Wann darf der Arzt das Untersuchungsergebnis erwarten? MN
sehe, Modifikation zunächst in der. stärkeren Konzentration positiv © Alle direkt mikroskopischen ‚Untersuchungen, ebenso wie die ` | aket
. >» wurde, dann in der schwächeren, und daß nunmehr die. Wasser- | Fe ee werden am Tage des Eingangs erledigt und i Aig
ș `- mamsche Reaktion begann positiv auszufallen. Die Hechtsche | das Ergebnis wird noch am Nachmittage der Post übergeben. Die IM pit
«<> „Modifikation kann also dem Arzte einen -wichtigen Hinweis geben | telephonische Mitteilung: erfolgt auf Antrag des Arztes und in allen. ls
und ist vor allen Dingen dann zu empfehlen, wenn die Wasser- | wichtigen: Fällen dann, wenn der. Arzt Telephonnummer angegeben ` sey
; , v> mammsche Reaktion schwankend ausfällt. Häufig kommt. es vor, | hat. Bakteriologische Untersuchungen werden, wenn es möglich ist,- N
daß ein Blutserum, das zunächst positiv. ist, am folgenden Tage | an dem dem Eingang folgenden Tage. fertiggestellt. Macht die , EI
©. Negativ erscheint oder umgekehrt, daß ein negatives Blut am | Kultur Schwierigkeit, dann kann ein bestimmter Tag nicht angegeben ` Beh
t mächsten Tag schwach positiv wird. Würde demnach ein derartiges | werden, es wird jedoch nach Möglichkeit ein vorläufiges Ergebnis Biat
| . Bluf.in verschiedenen Zeiten und noch mit verschiedenen Extrakten | mitgeteilt. Erhält. der . Arzt. nicht ‚rechtzeitige Mitteilung, dann Br
„|e „abgesetzt, so kann es vorkommen, daß. die. eine Untersuchungs- | wendet er' sich” am besten an, die Untersuchungsstelle und’ bittet Ab
| <~ = “anstalt meldet +4---+, die andere negativ. Hier klärt die Hecht- | um Auskunft, die vielleicht nur deshalb nicht gegeben werden kann, Ale:
`t she Modifikätion, weil sie die unter der Wa.R. liegenden Schwellen- | weil.der Arzt. in der‘ Eile vergessen hat, seinen Namen auf den lu
ki © Werte zur Darstellung bringt, sehr schnell auf. Für die Behandlung | Antrag. zu setzen. m. P | SET,
a a der klinische Befund in Betracht, ‚wenn nur eine Modifikation | : >. >`- | Bewertung der Ergebnisse. nee d Ara 2 anias
TE On Semannschen Reaktion positiv ausfällt. In zweifelhaften 1 ` Wenn das von. der Untersuchungsstelle abgehende Resultat ag N
LE A bair ist Wiederholung (auf Antrag kostenfrei) zweckmäßig. | nicht mit den klinischen Beobachtungen des Arztes übereinstimmt, ATTE in
De Histologische Eing änge. | PE ist es zweckmäßig, die Untersuchung zu- wiederholen. Es kann pi 2
6 a Te en ar A | dabei: Kostenlosigkeit beantragt werden. SM, RN
2... Mewebsstückchen sind am besten in verdünnter Formollösung ALT a u: ee
Fah, aay sie hier noch für alle Zwecke verwendet werden | ` ee Ri — en
z „nen, entweder in einem Gläschen mit Formollösung: oder in mit | EIS ne aa NEM w en
15. ‚Formel durchtränkter Gaze. Bei allen histologischen Einssadunsen ‘Aus dem. Georg Speyer-Hause (Dir. Geh. Rat Prof. Kolle) und dem . 9. ul
1)... die genaue Angabe, woher das Gewebsstück stammt, wichtig und | Senckenbergischen Pathologischen Institut der UniversitätFrankfurta.M. eat
! er Diagnose oft entscheidend.. Ebenso ist es notwendig, dB | 2... (Dir. Prof. B. Bisoher).., | F i o
Ta an paraten, wenn er nicht das gesamte entfernte Gewebe über- Über Gewebsveränderungen na ch Wismu tiniektionen. | Ba,
„ei, wenigstens die wichtigsten bei der’ Besichtigung sich von- | .. on I S W jA ES i ai Boa
d me enden Teile schickt. Für den Untersucher sind |, . `. © -.; Von Prof. Dr. Rudolf Jafié. | 2 a i
>z = öde Klinische Ane ! Bei i uns| e yes ee ES Y Er 3 I
ao e 2 i aar >- Als, die ersten Salvarsaninjektionen intramuskulär gemacht a
|, Benaue Diagnose möglich ist, wenn eine gründliche Ausschabung | wurden, zeigte es sich, daß schwere lokale Gewebsveränderungen En
tj »Trgenommen wurde, aus der hervorgeht, wie sich die drüsigen | auftraten. Ich bin an anderer Stelle ausführlich. auf die damals bare
b} Teile zur Muskulatur verhalten EX. Senden manchmal so gering- gemachten Beobachtungen eingegangen und will daher nur kurz EARN
iy -tigige Gewebsteilchen einsesandt. daß‘ man: förmlich ;sieht, mit | daran erinnern, daß diese Veränderungen hauptsächlich in Gewebs- HEVIN
v „Welcher Vorsicht der Arzt die Kürette eineeführt und herausgezogen nekrosen und in Thrombosen in der Umgebung der Nekrosen be- a
db: hab Ebenso ist es notwendie bei Verdacht eines beginnenden | Standen, während ‚entzündliche Erscheinungen im Anfang oft ganz
s} Zervixkarzinoms nicht nur ein Bröckchen von der Oberfläche der | fehlten. Da jetzt die neu aufgekommene Behandlung mit Wismut- I
t eschwulst abzukratzen sondern 'eine Exzision vörzunehmen, um. | ‚njektionen auch wieder intramuskulär angewandt wird, ist es von EIER
gi das: Tiefenwachstum der Geschwulst festzustellen; nur so ist ein Interesse, die. dabei auftretenden lokalen Gewebsveränderungen zu nen
tp- Wirkliches Urteil über die Nat der Geschwulst möglich. | untersuchen... 1 0 E i p EA
epo i À a i TOPI Fe Zn a '- Die von mir untersuchten 17 Kaninchen, die mir von Herrn ET
|, , .;76Sichtspunkte be: der Absendung des iniektiösen . | Geh. Rat Kolle für diese histologischen Studien. übergeben wurden. .- Ahat T:
Bpo Materials.. en y waren mit verschiedenen Wismutpräparaten, löslichen und unlöslichen, ee
3 ha Arzt, der infektiöses Material einschickt, soll sich immer | intramuskulär injiziert worden. Auf. die chemische: Natur dieser Hrn
ip. > at sein, daß er hierdurch unter Umständen ‚die Allgemeinheit, | verschiedenen Präparate: kann ich nicht eingehen. Ich will sie nur Ken.
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1136
| i 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK > Nr. 88. |
. Leber nachweisen ließen.
4
17. August 7
mit den im Georg Speyer-Hause angewandten Nummern bezeichnen |
und verweise wegen der chemischen Fragen auf die entsprechenden
Veröffentlichungen. Da aber bei Anwendung verschiedener Präparate
verschiedene Gewebsveränderungen auftreten, seien die Tiere nach
den angewandten Mitteln eingeteilt.
Vier Kaninchen (Nr. 920, 921, 922, 923) waren mit dem Präparat 464
behandelt worden, und zwar hatten 2 Tiere 0,3 in Lösung bekommen.
Von diesen war das eine nach 3, das andere nach 11 Tagen getötet
worden. Bei beiden Tieren fanden sich in den Septen ausgedehnte
Nekrosen mit massenhaft Kerntrümmern. In der Umgebung der nekro-
tischen Herde ein schmaler Saum nekrotischer, z. T. verkalkter Muskel-
fasern. Nur bei dem früher getöteten Tier fand sich außerdem eine
geringgradige Leukozytenansammlung in den schmalen ae der Um-
gebung. Die beiden anderen Tiere hatten 0,3 desselben Präparates in
öliger Suspension erhalten. Der anatomische Befund war der gleiche:
Auch hier Nekrose im Septum mit schmalem Saum nekrotischer, z. T.
verkalkter Muskelfasern und nur bei dein früher getöteten Tiere gering-
gradige leukozytäre Infiltration in der Umgebung. Auch diese Tiere
waren am 3. bzw. 11. Tage getötet worden. |
Mit dem Präparat 414 waren drei Tiere injiziert worden, und
zwar hatten zwei Nr. 908 und 910) 0,1 des Mittels in Lösung, eins
(Nr. 911) 0,1 in öliger Suspension erhalten. Kaninchen 908 war nach
zwei Tagen getötet worden. Es fanden sich nur kleine neun und
Muskelnekrosen mit Homogenisierung und scholligem Zerfall der Fasern,
außerdem nur einzelne Leukozyten in den Muskelsepten. Kaninchen 910,
das. erst nach vier Tagen getötet wurde, zeigte im ganzen den gleichen
Befund, aber in etwas stärkerem Grade; hier fanden sich außer etwas
größeren nekrotischen Herden in der intakten Muskulatur einzelne ge-
schwollene nekrötische Muskelfasern, z. T. auch deutliche Kernwuche-
rung. Mit Kossa-Reaktion sind auch in einigen Muskelfasern feinste
Kalkkörnchen nachweisbar. Bei Kaninchen 9i1, das mit dem gleichen
Präparat in öliger Suspension behandelt worden und nach zwei Be
getötet worden war, fanden sich in den verbreiterten Septen ziemlich
reichlich Leukozyten und in deren Umgebung kleine Muskelnekrosen.
Kaninchen 821 hatte 0,2 Wismut-Sulfid erhalten und war erst
nach 96 Tagen getötet worden. Hier fanden sich in den Septen der
Oberschenkelmuskulatur reichlich Narben, und zwar z. T. in Form eines
zellarmen Bindegewebes, z. T. aber auch noch zellreiches Granulations-
A und Fibroblasten. In letzteren Bezirken lagen reichlich schwarze
örnchen, z. T. in Häufchen beieinander liegend (Wismut). Auffallend
war, daß sich in diesem Fall auch in den retikulo-endothelialen Zellen
der Milz neben Phagozytose roter Blutkörperchen reichlich schwarze
Körnchen (Wismut) ebenso wie in den Kupfierschen Sternzellen der
= Ein weiteres Tier (Kaninchen 835) hatte 0,1 Wismut-Karbonat
erhalten und war am 83. Tage getötet worden. Hier fand sich nur
eine größere Narbe, in der noch große Massen Wismut und Reste ver-
kalkter Muskelfasern nachweisbar waren. Auch in diesem Falle fanden
sich in den Retikulo-Endothelien der Milz und in den Kupfferschen
Sternzellen reichlich schwarze Körnchen. |
uch bei den nächsten Tieren fanden sich nur verschiedene
Stadien von Narbenbildung. So zeigte Kaninchen 1768, das 0,2 von
Präparat 470 in öliger Suspension erhalten hatte und am 71.
1. Tage
danach getötet worden war, nur eine Narbe, die allerdings zum größten
Teil noch aus Granulationsgewebe und Fibroblasten bestand und in
der reichlich feinkörniges Wismut, besonders an den Randpartien, und
zwar vielfach intrazellulär lag. Auch in der Milz fand sich reichlich
feinkörniges intrazelluläres
ismut neben Phagozytose. roter Blut-
körperchen. Ein zweites Tier, das nur 0,i des gleichen Präparates
gelöst erhalten hatte und nach 29 Tagen getötet worden war, wies
überhaupt nur ein ziemlich zellreiches Narbengewebe auf, sonst keinen
pathologischen Befund. | Í |
m Gegensatz zu diesen zeigen die lotzten Tiere sehr schwere
Veränderungen. So zeigte Kaninchen 2116, das 0,2 ccm von Präparat 472
bekommen hatte und am 22. Tage danach getötet worden war, eine
größere Zerfallshöhle in der Muskulatur und in deren Umgebung in
mäßig breiter Zone die Muskelfasern nekrotisch und z. T. verkalkt.
Entzündliche Reaktion fehlte, auch war Wismut nicht mehr nachweis-
bar. Kaninchen 898 war mit 0,2 ccm von Präparat 412 gespritzt und
nach 12 Tagen getötet worden. Dies zeigte ausgedehnte Nekrose der
Septen und der angrenzenden Muskulatur mit Verkalkung zahlreicher
Muskelfasern. Im Innern des nekrotischen Herdes eine abszeßartige
Ansammlung von Kerntrümmern, auch in der Umgebung des Herdes
zwischen den nekrotischen Muskelfasern einzelne Leukozyten. In der
Tiefe der Oberschenkelmuskulatur findet sich außerdem ein großer
Abszeß mit zahlreichen Leukozyten, die großenteils zerfallen sind,
außerdem reichlich Reste nekrotischer Muskelfasern und in der Um-
ebung des Abszesses wiederum ein Streifen nekrotischer und ver-
alkter Muskelfasern. Mit Gramfärbung wurden keine Bakterien
gefunden.
Gleichfalls ausgedehnte Abszeßbildung in den Septen und der
Muskulatur mit Nekrose und eigenartig körnigem Zerfall dər Muskel-
fasern sowie Verkalkung der nekrotischen Fasern zeigte Kaninchen 286,
das 0,2 cem des Präparats 483 erhalten hatte und nach 21 Tagen getötet
worden war. In der Umgebung des Abszesses fand sich ein Wall von
Granulationsgewebe, in dem aber auch Reste verkalkter Muskelfasern
'Stellen, und zwar in den Septen.
. 4,35 g Neosalvarsan i. v.
nachweisbar waren. Im Innern des Abszesses, aber nur in den Be-
zirken, in denen auch die Leukozyten nekrotisch sind, finden sich große
Massen schwarzer Körner (Wismut), während im Eiter nur kleine
Wismutkörnchen, diese aber auch nie intrazellulär, nachweisbar sind,
Gramfärbung war auch hier stets negativ. a
Einen großen, scharfabgesetzten Abszeß zeigteauch Kaninchen 2881,
das Präparat 470 erhalten hatte und. nach 4 Monaten starb. Auch
hier starke Fibroblasten- und Granulationswucherung. |
‚Kaninchen 2486, das mit 0,4 ccm des Präparats 304 i. m. be
handelt worden und nach 7 Tagen gestorben war, wies gleichfalls aus-
gedehnte Abszedierung auf, und zwar erstreckte sich von dem Abszeß
aus auch breite Eiterung in alle Seitensepten. Dazwischen nekrotische
Muskelfasern, und auch in der Umgebung des Abszesses finden sich
Nekrosen und Fibroblastenwucherung. Kalkablagerung nur an wenigen
Die Angaben in der Literatur über pathologisch-anatomische
. Veränderungen nach Wismutinjektionen -sind äußerst spärlich.
Kollert, Strasser und Rosner!) beschrieben nach Trepolinjektionen
beim Kaninchen Veränderungen in den Nieren, die demen bei
Hg-Vergiftung glichen, nämlich Schwellung der Kanälchenepithelien
bis zur Nekrose mit Verkalkung. Veränderungen an den Nieren habe
ich bei den von mir untersuchten Fällen nicht gesehen.
Lucke und Klauder?) sahen aber in ihren Versuchen die
gleichen Veränderungen. | . RE:
Müller, Blaß und Kratzeisen®) konnten sowohl bei Säug- `
lingen als auch bei Ratten die Injektionsstelle nach Injektionen von
Nadisan und von Trepol untersuchen. Die ausführliche Publikation, -
auf die die Verfasser verweisen, lag noch nicht vor, ich kann mich
also nur auf die vorläufige Mitteilung stützen.
Die Autoren teilen zusammenfassend mit, „daß bei Nadisan und
Trepol in der Umgebung des Wismutniederschlags sich ein mehr oder
weniger gefäßreiches Granulationsgewebe bildet, das selbst wiederum
in seinen innersten Schichten der Nekrose verfällt. Dies dürfte der
Fall sein, solange noch wirksame Reste des Mittels an Ort und Stelle
abgelagert sind. Schwere Entzündungserscheinungen,. Bildung von
Gewebssequestern oder umfängliche Gewebsschwielen. wurden nicht
gesehen“. In einem Falle bei einem Säugling erwähnen die Verfasser
auch „Verkalkung der vorher abgestorbenen bzw. absterbenden Teile“.
- Durch die Liebenswürdigkeit von Herrn Geh.-Rat Kolle hatte
ich ferner Gelegenheit, die lokalen Veränderungen nach Injektion
eines Wismutpräparates in einem Fall, von einem Menschen zu
untersuchen. |
Das menschliche Material war durch Herrn Dr. Hugo Robic
aus Maribor a. D. in Jugoslavien an Herrn Geh. Rat Kolle geschickt,
Ich entnehme dem mitgesandten Krankheitsbericht folgende Angaben:
Die Patientin batte im Februar 1922 andererorts 0,90 ‘Neosalvarsan
erhalten intraglutäal, außerdem 4 mal 0,6 .Neosalvarsan intravenös
und hatte gleichzeitig ‚eins. Schmierkur. durchgemacht. ° „Vom 17. Mai
1922 bis 13. Juli 1922 erhielt sie auf meiner Abteilung 4 Mirion-
Injektionen i. m. und 3,40 g Neosalvarsan i. v.: Dosierung IL und II,
und außerdem vom 17. Oktober 1922 bis 30. Dezember 1922, da sie
wieder klinische Erscheinungen aufwies, 10 Salic. Hg. i. m. à 1,0 un
‘12. Mai 1923 wurde sie abermals mit
luxurierenden Papeln am Genitale aufgenommen und erhielt nun: Am
18, Mai Neotrepo!l 1,5 ccm, 16. Mai Neotrepol 2,5 ccm, 19. Mai Neo-
| a ccm, 22. Mai Neotrepol 2,5 ccm, 25. Mai’Neotrepol 2,5 ccm,
un
am 29. Mai Neotrepol 3 ccm. Am 80. Mai stellten sich plötzlich
nach vorherigem Wohlbefinden epileptitorme Krämpfe ein (Patientin
war Epileptikerin). Die Patientin verfiel in vollständige Bewußtlosig-
keit, die bis zu dem um 6 Uhr früh erfolgten Tode anhielt. Während
dieser Zeit hatte Patientin 22 Anfälle mit tonisch-klonischen Krämpfen.
Die Pupillen waren weit und reaktionslos, Babinsky positiv.“
Leider wurden nur Muskelstückchen von der Injektionsstelle,
„nicht aber auch das Gehirn und die inneren Organe eingesandt.
Es wäre sonst äußerst wichtig gewesen, festzustellen, ob etwa eine
Enzephalitis analog der Salvarsanenzephalitis vorgelegen hat.
Die mikroskopische Untersuchung der Muskelstückchen hatte
folgendes Ergebnis: Scharf abgesetzt von der: Muskulatur findet sich .
in den Septen ein großer Abszeß, in dem noch Reste nekrotischen
Gewebes nachweisbar sind. Außerdem befinden sich im Innern des
Abszesses große Mengen schwärzlicher Körner (Wismut). . Diese,
Körnchen liegen z. T. frei im Abszeß, z. T. aber auch intrazellulär in
großen und kleinen Phagozyten. Der Abszeß ist scharf abgesetzt durch
Fibroblasten und Bindegewebe, in dem Rundzellen und gelapptkernige
Leukozyten in mäßiger Anzahl nachweisbar sind. In -einem zweiten
Stück ist die Abkapselung durch ein gefäßreiches Granulations-. und
Bindegewebe noch viel stärker. Hier sind überhaupt nur noch Reste
eines Abszesses nachweisbar mit mäßig reichlichen, ausschließlich
1) W.kl.W. 1928, Nr.3, S. 49.
2) The journ. of pharm. and exp. ther. 1928, 21, No. 5.
3) M.m.W. 1923, Nr. 20, S. 625. ae
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mit Wismutkörnchen beladene Zellen. , In einem vierten Stückchen
>, deutlicher. Kernwucherung, erkennbar sind.: Zwei weitere Stücke
©. gehließlich entsprechen schon beschriebenen Bildern —....,
2,7 Außerdem konnte ich das Narbengewebe an: der. Stelle.. der
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`
.
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“t: enthalten. In dem Narbengewebe selbst finden sich reichlich‘ bluthaltige
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0:70
: -` Veränderungen an der Injektionsstelle nachweisbar waren. > -
"=> A Die Veränderungen nach der Injektion von Neotrepol sind
` won:denen nach Salvarsan weitgehend ‘verschieden: . Während nach `
-l "Salvarsaninjektionen Eiterungen im ‚Anfangsstadium ‘ganz fehlen |
~ <> amd. nur Nekrosen und Thrombosen. gefunden werden, tritt ‘nach
“. =; mektion von Neotrepol sehr starke. Eiterung und Abszeßbildung
‚2° di Die von mir untersuchten Stückchen, die verschieden lange.
>. = Zeit vor, dem Tode erfolgten Injektionen. entsprechen, . zeigen
. . ` deutlich, daß zunächst in der Umgebung. der :injizierten Wismut“.
„;massen Ansammlungen von Leukozyten. auftreten, die. dann die
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een. 7,194 MEDIZINISCHE KLINIK
i Eea SR AE a P s SE y ` ; 7 E y RE N h s ! ur 6 re 2
gs ne. 1924 MEDIZINISCHE KLINIK.
erten Wismutkörnern. 'In-einem dritten Stück findet | Wismuthaufen: vollkommen ‘umgeben. das Gewebe einschmelzen und
. "sich. in. einem: Muskelseptum ein großer ‚Herd so dicht‘ gelagerten | = i
-ooi Wismuts, daß man darunter überhaupt kein, Gewebe mehr. erkennen
- =; findet sich ein Herd von dicht mit Leukozyten durchsetztöm Granülations- _
ee gesebe in dem noch reichlich Reste degenerierter Muskelfasern, 'z. T. mit.
© Gefäße, in der Umgebung aber, besonders’im Fettgewebe, zahlreiche
o tirombosierte Gefäße mit, kernloser Wandung. Es ist interessant, daß
b 15 Monate nach der. intramuskulären Salvarsaninjektion derartige
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. somit‘ zur Abszeßbildung führen.. :Das Wismut selbst wird großen-
isn. Hord- ans. ziehen: dichte: leukozytäre.Iifiltrate in .teils durch: Phagozytose abtransportiert. Mit dem Fortschreiten des
: 5 die kleineren Septen hinein. Innerhalb dieser Infiltrate - mäßig. viele
‚Wismutabtransports verschwinden auch die Leukozyten, es kommt
zur -Granulationswucherung 'und-. zur Narbenbildung. Wenigstens
‚glaube ich, diesen:-Hergang für meinen Fall feststellen zu können.
: Daß. etwa- die Eiterung auf eine mit. der Injektion erfolgte bakterielle
Infektion: zurückzuführen sei; glaube ich nicht. Bakterienfärbungen
im Schnitt waren’negativ... Auch wäre es sonderbar, wenn bei Sm
-- Salvarsaninjektion untersuchen. Dieses bestand aus. derbem' hyalinen | Injektionen ‘eine Infektion erfolgt- wäre:.. Vielmehr spricht der Betun
Bindegewebe mit'kleinen Herden von Rundzellen. , Dazwischen finden. :
- ‚sieh. einzelne größere Zellen, die gelbbräunliche Massen (Salvarsan?)
der jüngsten. Injektionsstelle, an der neben- den großen Haufen von
"Wismut zahlreiche leukozytäre Infiltrate zwischen die Septen ziehen,
in-demSinne; daß das Wismutselbsteine leukozytotrope Wirkung ausübt.
." Überbliekt man ‘die Untersüchungen noch ‚einmal, so ist zu-
: nächst: zu betonen, daß. die lokalen Gewebsveränderungen von der
‚chemischen Natur des angewandten Mittels abhängig sind. Ob das
‚betr. Mittel: gelöst oder ‘in. öliger Suspension gegeben wird, ist da-
.
bei von geringer Bedeutung.. -| -
-> “Die gefundenen: Veränderungen bestehen -bei einigen Mitteln
in’der Bildung ‚großer Abszesse und ausgedehnten Nekrosen an der
'Injektionsstelle. Charakteristisch ist die ausgedehnte Verkalkung ab-
sestorbener Muskelfäsern. ` Bei anderen Mitteln sind Eiterung und-
_Nekrosen geringer, 'hier tritt die Bildung eines Granulationsgewebes
‚und Fibroblastenwucherung mehr in den Vordergrund. Das Wismut-
‚präparat selbst bleibt verschieden lange : am: Ort der Applikation
liegen. Oft geschieht der Abtransport intrazellulär durch Phagozytose.
Berichte über Krankh
(Vorstand: Prof. Dr: N. Jagie). *:
Von Dr. G. Spengler, Assistenten der Abteilung.‘
= .,""zms >. 5 w Ss m m
< handlung, in -dem- eine kausale Therapie, meist erfolglös: ist. In
i e wenigen glücklichen Fällen wird die Mesaortitis als- Nebenbefünd
rechtzeitig vom Arzte erhoben und: einer. mehr ‘oder minder erfolg- |
- Teichen Behandlung zugeführt. 'Schottmüller fordert in einer-
i , Diskussionsbemerkung die Prophylaxe der Aortenlues und Branden-
‚burg betrachtet jeden Mann über 40- Jahre, :der eine Lues durch-
x
1; und Geläßapparates durch körperliche und geistige Arbeit als‘ Pro-
. .2jlaxe. Über den Wert energischer ` antiluetischer ‘Kuren. bei
. Ypkilitischen Aortenerkrankungen, die ‘bereits klinisch, sei:es sub-
., Jekliv oder auch schon objektiv in Erscheinung getreten sind; ist
ds Urteil sehr geteilt. In dem Folgenden’ wollen wir unsere Er-
Ahrungen in der Klinik und Therapie der Mesaortitis .luetica, "die
Wirin den ersten fünf Nachkriegsjahren gewonnen haben, besprechen. _
In dieser Zeit kamen: 84 Fälle’in’ unsere Beobachtung und
den dlung, 52 davon waren Männer, .32 Frauen, was ungefähr
m von Huber erhobenen Verhältnisse: von 2/; "Männern. und .
Jda Frauen und den von. Korcynski gefundenen: -Prozentzahlen
und :88,3 für Frauen’ entspricht. Bei.der
; < Behan
Yon. 61,2 für Männer ei.d
wrlindeten Voraussetzung; daß Männer und Frauen im gleichen
ale Juetisch sind, muß die stärkere Inanspruchnahme des männ-
.. .£ranken als die Männer, während diese im 6; und 7. Dezennium
Scheinlich hän
werden der F
.
2 p -us der Medizinischen Abteil -dës Sophiens itale d Wien k ;
N! Sap es ER E a | das:-5. und etwas stärker. das 6. Dezennium als bevorzugte 'Alters-
Br: -E en N zeiten. in Betracht kommen... Auch. Donath fand das’ Alter von
> -Zut Klinik und Therapie der Mesaortitis luetica. -
. „2° Die Iuetischen Erkrankungen :der -Aorta bilden einen großen |
| Teil der Herzkrankheiten. ° Da aber subjektive Beschwerden erst :
Min Erscheinung treten, so kommen. derartige. Kranke oft erst
einem 'Entwicklungsstadium ihrer Erkrankung in ärztliche Be- :
gemacht hat, als gefährdet und- empfiehlt. für diesen. neben anti- |
‚ Instischer Behandlung eine- geringere Beanspruchung - seines Herz-
lichen Kreislaufapparates einerseits durch größere körperliche und
N Arbeit, andererseits durch den Abusus von gefäßschädigen-
ve Genußmitteln, ‚wie Alkohol, Nikotin und schwarzem. Kaffee, für |.
Ue häufigere Juetische Gefäßerkrankung bei Männern verantwortlich
| AR werden. Was die Beteiligung der, einzelnen ` Lebens-
‚ youllen an dieser Erkrankung bei beiden Geschlechtern anbe-
agt, so fanden wir, daß die Frauen im 4. Dezennium häufiger | In Le: |
er m 6: u | anamnestisch sichergestellt. Weitaus.der größte Teil der Patienten
weit mehr Erkrankungen aufzuweisen haben als die Frauen: Wahr- | negierte ‘die Infektion z. T. aus Scham, z: T. aber‘ doch, weil Primär-
gt dies auch mit dem früheren: physiologischen Alfer; | |
Moment. oa rau zusammen. Während die meisten Autoren,. dieses '
hl nicht berücksichtigend,. die Alterszahlen für beide’ Ge: |
ray ier zusammen angeben und’ so: das 5. Dezennium als das ;
„0 stärksten befallene errechnen (Huber, Korcynski, Arns- } es: j n Re
. Perger, Romberg), kommen wir zu: dem ‘Ergebnisse, daß‘ für | negativ gefundene Serùumreaktion: erklärt,
`~ Ki
i `
itsfälle und Behandlungsverfahren.
Frauen das`4.. und 5: Dezennium in gleichem Maße, : für -Männer
50—60 Jahren ‚stärker àn der. Mesaortitis luetica beteiligt als das
‘5; Dezennium. `
| `.. Das: kürzeste Intervall von .der.Infektion bis zum Auftreten
“der aortitischen : Symptome : beträgt ‘bei. unseren Beobachtungen .
7 Jahre, das längste 39 Jahre. Am häufigsten liegen 15—25 Jahre .
zwischen Infektion ‘und Manifestwerden der Gefäßerkrankung. —
>: Deneke errechnet als Durchschnittsintervall 20 Jahre, als kürzeste
Zwischenzeit 5, als längste 44 Jahre, Romberg ein Intervall von 448
- Jahren, durchschnittlich22 Jahre, Korczynski 1--27 Jahre, Schrumpf
r
4—25 Jahre. ‚mit‘ einem Durchschnittsintervall von 10 Jahren. Auch:
Huber, kommt zu denselben.Zahlen wie wir. Nach seinen Beobach- :
| ‚tungen ‘ist. das häufigste Intervall 15—25 Jahre, das kürzeste 4 Jahre, .
| das längste 45 Jahre.. ©. .... 00000000 i E AI e A AE US
l- Alle diese Zahlen. sind aber eigentlich für die Klinik und
‘Therapie der Aortenlues ohne Bedeutung; denn über. den tatsäch- `
‚lichen ‚Beginn der.-Gefäßerkrankung nach. der Infektion geben sie
| uns keinen Aufschluß,: sondern nur über ihr Manifestwerden, das
. N Ha g +
‚doch ‘von sebr vielen‘ äußeren Momenten abhängig ist. Wahrschein-
lich fällt das, Gefäßsystem der Lues weit früher zum Opfer,. viel-
“leicht schon. im sekundären Stadium.: Für verschiedene Arten von.
| viszeraler Lues ist eine viszerale Frühsyphilis an den gleichen Or- -
ganen. órwiesen,. für. die Aorta wahrscheinlich (Citron). Vielleicht
ist der Luetiker - schon in dieser‘ Zeit--zum späteren Herzkranken -
bestimmt, wie wir auch heute schon wissen,‘ daß in dieser Zeit
| sich auch schon die’ Neurotropie eines: luetischen Virus manifestiert.
"Auffallend ` ist, daß wir in ‘den anamnestischen Aufzeichnungen
unserer Kranken nie Angaben über stärkere luetische Exantheme
finden, wie auch Tabiker und Paralytiker. ein nur geringes sekundäres `
Stadium ihrer. Lues durchgemächt haben sollen. Dem Ausfall der-
- Wassermännschen :Luesreaktion kommt: oft bei der Diagnose der
Mesaortitis luetica, speziell bei den inzipienten und der spezifischen
Behandlung vielleicht noch am ehesten zugänglichen. Fällen, eine
Par +
konstanter Befund bei der Mesaortitis luetica. | |
` Wir errechneten in unseren Fällen 87%, Deneke 86,5 oh, Huber
entscheidende Bedeutung-zu. Eine positive Wa.R.'ist ein ziemlich
850%, "Brandenburg 70%, und Schrumpf 580
‚In den restlichen Fällen von uns war die Iuetische. Infektion
affekt und Sekundärstadium infolge ihres leichten Verlaufes, - wie
'oben.erwähnt wurde, verborgen blieben. Lenzmann betont eben-
falls, ‘daB häufig. Individuen‘an Aortenlues erkranken, die nur ge:
ringe Symptome ihrer Infektion durchgemacht haben und. bei denen `
es zu keiner defensiven'Reaktion kam, womit er die von ihm häufiger.
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von leichter Kurzatmigkeit bei Überanstrengung bis zur schwersten
1188
= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33. - IT, August
Auffallend selten ist unter unseren Fällen die Kombination
mit luetischen Erkrankungen des Nervensystems. In nur 14,5°/,
finden sich Symptome einer mehr oder weniger ausgebildeten Nerven-
lues, während Huber und Goldscheider in etwa 25 %/,, Deneke
in30°/, Erscheinungen luetischer NervenerkrankungenbeiMesaortitis
beobachteten. Umgekehrt fand Frisch unter 115 Fällen von Nerven-
lues 45 mal Komplikationen von seiten der Aorta, von denen nur
2 Fälle subjektive Beschwerden angaben, was Frisch auf eine
Störung der viszeralen Sensibilität zurückführt.
Manifestwerden der Tabes dem Auftreten der kardialen Symptome
lange voraus (Rogge u. Müller), was auch wir in einigen Fällen
beobachten konnten, die nur ihrer tabischen Symptome wegen die
Abteilung aufsuchten, Einer von diesen Fällen kam im Verlaufe
von 3 Jahren wiederholt zur Beobachtung, die bestehende Aorten-
klappeninsuffizienz machte ihm gar keine subjektiven Beschwerden.
Frisch weist ebenso wie Goldscheider auf die relative Benignität
der Mesaortitis bei Kombination mit Nervenlues hin. In einer jüngst
erschienenen Mitteilung berichtet Löwenberg von 33°/, Aorten-
erkrankungen beiNervenlues. Auch er beobachtet häufig die Symptom-
losigkeit einer die Nervenlues komplizierenden Aortitis und ihre
Benignität im weiteren Verlaufe. Doch sind sie eine unangenehme
und gefährliche Komplikation, wenn bei der Malariabehandlung der
Nervenlues an das Herz und Gefäßsystem erhöhte Anforderungen
gestellt werden. In diesen Fällen ist ihr trotz ihrer sonstigen Harm-
losigkeit erhöhte Beachtung zu schenken. a
| Die ersten subjektiven Symptome der Mesaortitis luetica sind ab-
hängig vom Sitze der ersten Gefäßwandveränderungen und deren Inten-
‚sität. Ein dumpfes Druckgefühl unter dem oberen Sternum nach |
stärkerer körperlicher Anstrengung, dem der Charakter des Schmerzes
noch fehlt, muß bei einem jugendlicheren Individuum den Verdacht auf
eine Aortenlues wachrufen. Sehr oft findet sich schon dabei die von
R.Schmidt angegebene stärkere Druckempfindlichkeit des linken Arm-
plexus, ein Symptom, dem wir in unseren Fällen immer große Beach-
tung geschenkt haben. Gerber fand alsFrühsymptom Parästhesien des
Halses bei Erkrankungen der Aorta, die wir auch bei fortgeschrittenen |
Fällen vermißten. Nicht selten jedoch klagten die Patienten spontan
auch bei beginnender Aortitis über Parästhesien und Schwäche im
linken Arm. Diese Beschwerden haben einen kontinuierlichen
Charakter und werden nur vorübergehend bei stärkerer Anstrengung
vermehrt. Auch nachts bei voller körperlicher Ruhe verlassen sie
den Patienten oft nicht. Auch bei Kälteeinwirkungen und nach
stärkeren ‚Mahlzeiten nehmen diese Aortalgien an Intensität zu.
"Nach R. Schmidt entstehen sie ebenso wie der Schmerz bei der
Angina pectoris in dem die Aorta umgebenden sympathischen Nerven-
geflechte,
während J. Mackenzie sie als viszerosensorische Reflexe
etrachtet. Bei der heimtückisch schleichenden Entwicklung der Mes-
aortitis können auch diese ersten Symptome, die schon anatomische
Veränderungen der Aortenwand zur Ursache haben, nicht als Früh-
symptome betrachtet und zur Bestimmung der Dauer der Erkrankung
und der Prognose ihrer Behandlung, wie wir später sehen werden,
herangezogen werden. Grau sieht in ihnen zum Teile schon Zeichen
einer Dekompensation. Häufig finden sich außer den ersten Angaben
dumpfe Druckschmerzen in der Magengegend, besonders bei Bewegung.
Weitaus seltener sind Klagen über Herzklopfen als Anfangs-
symptom. Diese Beschwerden bleiben oft dem Charakter und der
Intensität nach unverändert, obwohl sich bereits eine Insuffizienz der
Aortenklappen entwickelt hat, und erst auftretende Kompensations-
störungen ändern. plötzlich das Krankheitsbild. Anderseits kann
die Erkrankung ohne vorangegangene subjektive Beschwerden ganz
plötzlich mit dem ausgebildeten schweren Anfall von Angina pectoris
in Erscheinung treten, was wir oft zu beobachten Gelegenheit hatten.
Oder im Anschlusse an das früher erwähnte Druckgefühl unter dem
Sternum tritt ein brennender oder schneidender Schmerz unter dem
Brustbein auf, der unter äußeren Einflüssen sich zu Anfällen von
Angina pectoris steigert. Eine scharfe Trennung der Aortalgie von
der Angina pectoris ist oft nicht möglich. Der Aortalgie fehlt das
Vernichtungsgefühl. Häufig läßt sie sich durch antineuralgische
Mittel (Chinin-Pyramidon) günstig beeinflussen, die bei der Angina
pectoris wirkungslos sind (Jagić). In den Anamnesen unserer
Krankengeschichten finden wir in 30°, Angaben über Anfälle von
Angina pectoris im Verlaufe der Erkrankung verzeichnet. Atemnot,
kardialen Dyspnoe, finden sich in allen Stadien und bei allen Formen
der Aortenlues, auch ohne Insuffizienz der Aortenklappen. Im
Stadium der Dekompensation können wir bei der Aortenlues wie bei
anderen dekompensierten Vitien nicht selten noch subjektive Sym-
ptome finden, die Jagić als Dehnungsschmerz bezeichnet. Es.sind
dies stechende oder drückende Schmerzen, entsprechend der Herz-
eine Insuffizienz der Klappen voll entwickelt ist.
Meist geht das |
beiden Formen reiht er die A.valvularis und die
spitze und dem linken Herzrande, die auf einer Überdehnung des
linken Ventrikels beruhen und bei erfolgter Kompensation wieder
verschwinden. Aber gar nicht so selten, nach Huber in 35%,
nach unseren Erfahrungen in 15°/,, verläuft die kompensierte Aorten-
lues ganz ohne subjektive Beschwerden, auch dann, wenn schon
Sie ist dann nur
ein Zufalisbefund bei anderen Erkrankungen. Daß die Anfälle von
Angina pectoris durch den Sitz der Gefäßwandveränderungen an
der Mündung der Koronargefäße oder an diesen selbst bedingt
sind, ist eine bekannte Tatsache; warum aber einmal Aortalgien
schon leichte Erkrankungen verraten, das anderemal aber selbst
schwere Veränderungen bei gleicher Lokalisation subjektiv sym-
ptomlos verlaufen, ist ungeklärt. Wir sehen, daß der Forde-
rung nach Frühbehandlung der Aortenlues der Mangel
eines. Frühsymptomes in den meisten Fällen entgegen
steht. |
Diese Inkonstanz der subjektiven Symptome läßt sie auch
als Kriterium bei der Einteilung der Formen der Mesaortitis luetica
nach dem Sitze der Erkrankung nur unsicher erscheinen.
Schottmüller trennt die Aortitis supracoronaria von der Aortitis
coronaria ab und meint, daß bei letzterer die subjektiven Symptome
intensiver und die Anfälle von Angina pectoris häufiger sind. Diesen
A. aneurysmatica an.
Korczynski unterscheidet eine Aortitis simplex ohne Beteiligung der
Klappen und der Koronargefäße von der Aortitis gravis, zu der er die
Koronargefäßerkrankungen, die Aortenklappeninsuflizienz und das Aorten-
aneurysma zählte Huber faßt die Aortitis coronaria, valvularis und
aneurysmatica als komplizierte Aortitis zusammen und stellt sie der
unkomplizierten entgegen. | j |
Diesen Einteilungen haftet der Mangel an, daß man eine Be-
teiligung der Koronargefäße auch bei feblenden subjektiven Sym-
ptomen, wie autoptische Befunde zeigen, nicht ausschließen kann.
Wir bedienen uns der subjektiven Beschwerden als Einteilungs-
kriterium nicht und unterscheiden nur nach den objektiven klinischen
Befunden die Aortitis, die Aortenklappeninsuffizienz und
das Aortenaneurysma. Eine Mitbeteiligung der Koronargeläße
kann bei allen 3 Gruppen der Mesaortitis luetica vorkommen.
Der Palpations- und Perkussionsbefund bei der Aortitis
zeigt meist nichts Abnormes. Aber nicht so selten finden wir auch
hier schon eine deutliche Hypertrophie des linken Ventrikels, die
nicht immer ein Zeichen einer Mitbeteiligung der Aortenklappen
zu sein braucht, wie Schottmüller annimmt. Da der luetische
Prozeß immer in der Pars ascendens aortae beginnt, so sind die
anfänglich geringen Verbreiterungen derselben auch perkutorisch
und selbst röntgenologisch nicht nachweisbar. Auch stärkere Ver-
breiterungen entziehen sich noch der Perkussion. Elias fand bei
der Verbreiterung der Aorta ascendens rechts paravertebral neben
dem ].—IH. Brustwirbel eine Dämpfung, die auch wir in einer
Anzahl von Fällen nachweisen konnten. Diese Dämpfung ist nicht
bedingt durch die zu weit von der Thöoraxwand liegende verbreiterte
Aorta, sondern durch eine infolge der Verbreiterung der Aorta be-
wirkte relative Luftverarmung des perkutierten Lungenteiles. Bei
Verbreiterungen des Aortenbogens, die auch bei fortgeschrittener
Aortitis vorkommt, findet Jagig in der Höhe der II. Rippe eine
den linken Sternalrand überragende, rechts bis zur Medianlinie
reichende, annähernd runde Perkussionsdämpfung, die bei der
Röntgendurchleuchtung mittels Füllung des Ösophagus mit Kon-
trastpaste nach Kreuzfuchs dem vorspringenden, verbreiterten
Aortenbogen entspricht. Das wichtigste physikalische Symptom
ibt uns die Auskultation, den akzentuierten II. Aortenton, den wir
fast konstant finden. Er ist das früheste und konstanteste objektive
Symptom der Aortitis (Huber, Schottmüller, Stadler, Kor-
cynski). Neben dieser Akzentuation des II. Aortentones findet
sich häufig in der Aortenregion ein systolisches Geräusch als Aus-
druck der Wandveränderung der Aorta. Wir fanden dieses Ge-
räusch sehr häufig, während Koreynski und Stadler es selten
beobachteten. Auch die Atheromatose der Aorta bietet einen gleichen
Auskultationsbefund, doch können Anamnese, der positive Aust
der Wa.R., das eventuell jugendliche Alter und das Fehlen anderer
arteriosklerotischer Veränderungen den eigentlichen Weg weisen, wenn
auch die Differentialdiagnose nicht immer leicht ist. Vor einer Ver-
wechslung mit einer Stenose der Aortenklappen schützt die Be-
achtung des IL akzentuierten Aorientones und des Pulses. Auch
blutdruckerhöhende Erkrankungen, wie periphere Arteriosklerose
und chronische Nephritis können wegen des akzentuierten Il. Aorten-
tones differentialdiagnostisch in Betracht kommen. Nicht selten be-
steht eine Neigung zur Tachykardie. Solche Fälle können in ihrem
| Krankheitsbilde an die Thyreotoxikose erinnern (Jagić). In den
S Angu Ei o 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK —:N138.: 0. o a aa a RB a he alle
1 Qualitäten des Radialpulses sahen wir- bei der Aortitis ohne In- |; -. "Weit: mehr'Bedeutung möchten wir der Beachtung des Habitus IEPENE HE i
= -x guffizienz dèr Klappen keine Veränderungen, während Koroynski | der Patienten schenken. Fast alle Autoren heben die blasse, fahle HRS | aan ;
. . Pulgas celer bei. der Aortitis simplex beschreibt. Der. ‘Blutdruck Hautfarbe der an einer Iluetischen Aortitis erkrankten Patienten her- EE KARL. Pon h
' jstin beginnenden Fällen nicht erhöht, auch bei fortgeschrittenen |: vor; im Gegensatze zur ‘roten .oder zyanotischen Hautfärbung von MIA eiea apie K
t Fallén nach unsern Erfahrungen nur wenig höher als normal, ‚wenn | Arteriosklerotikern oder Trägern -eines endokarditischen Vitiums. ni RE San SAE I
} ` mohë andere blutdruckerhöhende Momente hinzukommen. Auch | Huber fand diese .„blasse, ledern aussehende Haut“ in 70°/, seiner IRRE EPIT H
hei der Aortenklappeninsuffizienz ‚konnten, wir nie so. hohe Werte | Fälle. Auch wir konnten 'sie-als ‘auffallend bei den meisten nicht WERE BEE aein
p .Änden, wie Schrumpf angibt. Auch Huber und Stadler ver- |'oder nur. mäßig dekompensierten Mesaortitiden verzeichnen. Sehr Mika erl: en
© missen.beträchtliche Blutdruckerhöhungen ebenso wie Koreynski |: schwierig ist‘ die Beurteilung, welcher Typus von Menschen mehr ATENE a
=: in leichten Fällen. en 5] am Aortenlues erkrankt. Korcynski schreibt diesbezüglich: „Direkt DIR ABB A et
Bei der H. Form der Aortenlues, der Insuffizienz der | feitreiche Personen, wie. dieselben unter den eigentlichen Arterio- AEE SUN Sn i
C Aortenklappen, die nach Huber .31,5°%,,. nach Korcynski | sklerotikern vorkommen, habe -ich unter unserem Materiale nicht SEEN o £ AE Ei
‚21,5%, in unserem Krankenhausmaterial ‚60.°/, aller luetischen, | gefunden“. J: - Bauer.. folgt.. dèr. Einteilung der Habitusformen A R a a l; RER
. -` Aortenerkrankungen ausmächt, ist die Diagnose leichter.‘ Die Per-. | Sigauds ‚und findet bei der Aortitis luetica eine auffallende Ver- RER ER AETS 1
- -kūssion und Palpation des Herzens ergeben eine ausgesprochene -|: minderung '.des.' respiratorischen und,- zerebralen Typus und eine RER len, s i ni i
Y : , Hypertrophie des linken Ventrikels, das Röntgenbild eine typische | enorme Vermehrung: des digestiven und etwas weniger des mus- ji IE. DE Pei
' , "»Aortenkonfiguration des Herzens und eine mehr oder minder aus- |'kulären Typus. Unter den‘ Komplexmuskulären: haben. wieder.die BI IHR Ne finant
1. -gesprochene Verbreiterung der Aorta ascendens. In der Aorten- | Muskulodigestiven’ das Übergewicht. Bei: der Arteriosklerose . da-. He IRAM I IR ji il,
-< region hört man ein weiches, gießendes diaästolisches Dekreszendo- | gegen. findet er ‚keine. besondere Verschiebung gegenüber den le a HRE
u HES TEE NA H
4... : geräusch, daneben sehr häufig auch ein systolisches Geräusch, wie.
"oben. erwähnt, nicht als Folge einer. Klappenstenose, sondern als
a: Ausdruck der Geläßwandveränderungen.. Häufig. ist dieses _dia-
tte > -"stolische Geräusch im Stehen besser -zu hören als im Liegen. Nach
a). - "Sehöttmüller kann es auch fehlen, ihm beweist die Hypertrophie
+ des-linken Ventrikels allein eine Mitbeteiligung der Aortenklappen.
. Während Huber nur in 30%, seiner Fälle von Aortenklappen-
-< ...iäsuffizienz einen ausgesprochenen Pulsus celer findet, können: wir
Be ~, diesen nach unseren Beobachtungen als fast konstanten Befund: be-- |
e>- zeichnen. Auch bei der Aortenklappeninsuffizienz: ist nach unsern |
si. ‚Erfahrungen der systolische Blutdruck meist nicht wesentlich erhöht.
}
[
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Normalzahlen der . Häufigkeit der ‚Habitusformen.. Nach Ansicht ee
dieses Autors kommt die Disposition des digestiven Typus, zur _ AANE ERE
:-Məsaortitis dadurch ' zustandė,; daß. durch den’ Zwerchfellhochstand : UM EHEN.
‚der. Aortenbogen ‚stärker gekrümnit, durch die Querstellung des I an in
‚Herzens die optimale Strömungsrichtüng des‘ Blutes gestört. ist und BERATER
dadurch‘ die Aorta vulnerabler und krankheitsfähiger wird. Wenn.: PIA IEEE
wir uns auch- nicht: der Einteilung Sigauds bedienten, deren Yer-
| wendung sehr viel Spielraum für: subjektive Beurteilung frei läßt, ÜBERSEHEN
‚so müssen wir doch sagen, daß wir vorwiegend kräftige, breit- ` PTR TREU GR
gebaute Patienten in unserem Materiale fanden und. nur. ganz aus- HIER AREIEBE DER
nahmsweise zarte.. oder. asthenische Individuen oder Menschen vom `: KEY ER ER i7 air
zerebralen Typus, obwohl geistige und manuelle Arbeiter gleich- ARTE)
mäßig vertreten waren: ` © | HR N
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Denke weist auf eine Erniedrigung. des diastolischen Blutdruckes.
„„and-eine dadurch bedingte Vergrößerung der. Blutdruckamplitude:
y . as“frühestes Zeichen einer Aortenklappeninsuffizienz hin,. auch
{..- Koreynski, Huber und Stadler betonen dieses Symptom. Auch
"Wenn wir nochmals "zusammenfassend die subjektiven und,
' objektiven. Symptome der Mesaortitis .luetica mustern, so. finden. = ipeo 0n
wir, daß keines von ibnen pathognomonisch für diese Erkrankung ist, - AEE TENE OEA
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-~ witKonnten diese Beobachtung in den Fällen, in: denen wir ihr
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‚ ..Beaähtung schenkten, bestätigen. Gleichzeitig mit dem Pulsus | daß jedes von'ihnen auch anderen Erkrankungen wie Arteriosklerose, HIN le E
T eeler‘ et altus sahen wir Hüpfen der peripheren Gefäße: In den t Vitien: nach Endokarditis, Nephritiden oder Hypertonien zukommt, Manali e nea zl ee
j, ` meisten Fällen ließ sich bei Aortenklappeninsuffizienz ein Durozier- | daß weder. das Alter noch der Habitus der Patienten eine ent- ` EI DR ll
p. "sches Doppelgeräusch nachweisen, während wir den'Traubeschen | scheidende Rolle spielen, und schließlich auch der Wassermannschen RR ORNER aid
a: Döppelton fast immer vermißten. 2.0.2.0. |>Serumreaktion nur. ‚bedingt ein für die Diagnose entscheidender tAE EAA, RES ind
TN -In unserem Materiale finden sicli: nur 6- Fälle von Aneurysma | Wert zufällt, da schließlich auch ‘ein Luetiker mit positiver Wasser- A er el
ğt- .- aortae, deren Krankengeschichten uns keine ‚klinischen Besonder- | mannscher Reaktion keine Mesaortitis, sondern nur eine Arterio- et BER
a! ` Jeiten bieten. Huber sieht im Röntgenbilde oft‘ ein Frühsymptom | sklerose haben kann. Kömbinationen beider Gefäßwandveränderungn. © =. ..n... HE uma
re der: Aortitis, denn eine‘ über das Normalmaß hinausgehende Ver- |. sind ja gar nicht so selten. Wir sehen also, daß die Diagnose einer. e AEN Ale,
Te breiterung der Aorta und oft‘ auch -eine Verlängerung: derselben. luetischen Aortenerkrankung oft recht schwierig sein kann. Wir koi NEA TERN
wt -` Ëndet sich häufig schon bei ‘der beginnenden Aortitis. Meist ist | sehen aber auch, daß beim Auftreten der ersten subjektiven Sym- ` -' KIRO azet
w! meist die Aorta ascendens verbreitert, aber in vielen Fällen springt | ptome bereits mehr ‘oder minder weitgehende Wandveränderungen LE de a
naon 'süch der Arcus aortae über den Mittelschatten hinaus, auf dessen | vorhanden sind, oder daß selbst schon fortgeschrittene Erkrankungen `- a ae ER er
n exakte röntgenologische ‚Messung mittelst Füllung des-Ösophagus | subjektiv symptomlos verlaufen, Eine Frühdiagnose im strikten ` ` in TEES i
y; mit Kontrastpaste nach Kreuzfuchs wir schon früher. hingewiesen
p .._ Haben. Der verbreiterte Aortenschatten zeigt bei der Aortitis meist.
Se keine; verstärkte Pulsation im: Gegensatze zu der verstärkten. Pul-
ni . Mion des mächtig verbreiterten Schattens beim Aneurysina aortae
- ad: zuweilen der Aortenklappeninsuffizienz. In fortgeschrittenen
"aE Stadien kann die Pulsation jedoch fehlen, weil die Aorta in ein
p „Starres Rohr umgewandelt ist.“ Da, wie erwähnt, die Hypertrophie
o, "&s-äinken Ventrikels auch bei der Aortitis ohne Beteiligung der
appen auftritt, so finden wir auch ‘bei dieser Form der Aorten-
8 manchmal schon eine Aortenkonfiguration‘ des Herzschattens.
. Bei’der Beurteilung der Aortenbreite muß aber immer die Thorax-
T „ forin. der Zwerchfellstand und das. Alter des Patienten in
ne Peiracht gezogen werden. Eine gleichmäßige Verbreiterung des
Shafts der Aorta ascendens spricht eher für Lues, die der Aorta
Rescèndens eher für Arteriosklerose. - . ER Ä On
Sinne ist daher nicht. möglich. Und diese Frühdiagnose ist das BEER EHRE ERS:
wichtigste Erfordernis einer erfolgreichen kausalen Therapie. are ame a
Wegen der Schwierigkeit. einer Frühdiagnose der Mesaortitis
luetica: einerseits und ihrem "häufigen Vorkommen andererseits —
sie :ist die: häufigste Manifestation der viszeralen Lues, nach
Schrumpf macht sie 56,7°/, äller Fälle von innerer Lues aus —
ist ‘von einigen ‚Autoren (Brandenburg, Schottmüller). die
prophylaktische Behandlung 'aller an Lues krank gewesener
_ Patienten durch wiederholte antiluetische Kuren und Schonung des
Herz- und Gefäßapparates gefordert worden. Die allgemeine Durch- . sa
führung dieser Forderung scheitert. wohl an dem Umstande, daß ein -`
großer Teil der Kranken, besonders Frauen, von ihrer Luesinfektion
nichts wissen — bei 51°/ unserer. Patienten finden sich keine An-
gaben über eine syphilitische Infektion — und, daß die ‚notwendige
_
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.... back hat über ein vasomotorisches, Hautphänomen bei Aorten-
. Schonung. des Herzens und. des Gefäßapparates bei.im arbeits-
"fähigsten Alter stehenden Männern aus wirtschaftlichen Gründen
‚gesetzt werden und die daraus resultierende Narbe keine funktionellen
H c ip
Bh krankungen berichtet, das wir in vielen unserer Fälle beim Nach- | nicht möglich ist. | mv er | P a
j Pfüfen gefunden haben. Auf. mechanische Hautreize (Bürsten) | - Es: bleibt also ;nur die spezifische Behandlung der Ba:
s; SPechen bei Aortenerkrankten die Hautkapillaren in einem halb- | manifesten ‘Aortenlues übrig. Solange die Aortenlues als ES
ii. Kun lörmigen, Bereiche am oberen Sternum stärker an. Diese } eine’ metasyphilitische Erkrankung 'aufgefaßt wurde, fehlten einer lege en
BE mondförmige Zone entspricht der. Headschen: hyperalgetischen | spezifischen, ‚spirilloziden Therapie die theoretischen "Grundlagen, alle gi
kN I ren Zone und: ist, wie diese als viszerosensorische Er- | jetzt, wo sie als eine luetische Erkrankung erkannt, die 'Spirochäte . u
dt. ot amung, als viszerovasomotorischer Erregungszustand zu erklären. | als direkter Erzeuger der anatomischen Veränderungen in der Aorten- ee
Ra adler hat diese Beobachtung nicht bestätigen können. , .| wand nachgewiesen ist, ist die antiluetische Behandlung. begründet: i o
op a oreynski weist auf eine Lympliozytose im morphologischen | und. Erfolg versprechend, Erfolg versprechend aber nur dann, wenn ee
e- ÖNuibilde bei der Aortitis hin,. die er zur Diagnose verwendet. Nach | dem progressiven, destruierenden Prozesse frühzeitig Schranken “la o
s? Wüseren Untersuchungen ist dieser Befund so inkonstant, daß er ; | | RE Bis. 3,
sp. gnostisch nicht in Betracht kommt.: =... 1 Störungen hinterläßt. Der ersten Bedingung "entspricht die so- | | u >
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‘Kranken behandelt.
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| 0.1986 MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. > Ar August
genannte Frühdiagnose, zur Erfüllung der zweiten Bedingung be-
sitzen wir keine klinischen Kriterien. Wir wissen aus. der Chirurgie,
daß nicht so sehr die Ausdehnung und Tiefe einer Narbe funktionelle
Störungen setzt, sondern vielmehr deren Lokalisation. Wir müssen
uns nun die Frage vorlegen: können wir klinisch durch Auswahl
der zu behandelnden Fälle eine solche funktionelle Schädigung
durch Narben vermeiden? Die Antwort darauf ist: Nein. Unsere
klinischen und autoptischen Erfahrungen lehren uns, daß luetische
Prozesse an den Koronargefäßen sich abspielen können, ohne klini-
sche Erscheinungen zu machen. Eine durch antiluetische Kur er-
zeugte Narbe. an den Koronargefäßen kann nun zu .anginösen Sym-
ptorhen führen, wie wir später zeigen werden. Oder der lüetische
Prozeß spielt sich an der Aortenklappe ab, ohne eine Insuffizienz
dieser zu erzeugen und daher auch klinisch ohne deren Symptome
zu verlaufen. Nach der antiluetischen Kur entsteht eine narbige
Schrumpfung der Klappen und die Insuffizienz dieser tritt in Er-
scheinung. In diesen Fällen. haben wir. wohl. die Erkrankung
anatomisch zum Stillstand gebracht, aber eine funktionelle Ver-
‚schlechterung erreicht, wir haben die Krankheit, aber nicht den
In der Literatur wird auf diese Verschlechterung nach anti- |'
~ luetischen Kuren, die unseres Erachtens von nicht geringer Be-
: so konnten wir doch niemals irgend eine Änderung im objektiven
deutung für die Bewertung dieser Kuren ist, nur wenig hingewiesen |
Lenzmann mahnt auch in Anbetracht der
(Huber, Romberg).
Möglichkeit einer Jarisch-Herxheimerschen Reaktion zur Vorsicht bei
der Mesaortitis mit anginösen Symptomen. Weitaus
a icher finden sich in der Literatur Berichte über gute Erfolge
„Hente. dürfen wir die Antithese aufstellen, daß die Aortitis luica, im
Beginne erkannt, im klinischen Sinne heilbar ist, ja eine große Anzahl
von Fällen, mit Ausnahme derjenigen von Aortitis valvularis, auch
noch im vorgeschrittenen Stadium.“ Bei der Aortitis supracoronaria
konnte er in vielen Fällen sogar Rückbildung der Verbreiterung erzielen,
bei der Aortitis coronaria in einem großen Teile durch Schwinden des
‚ Oppressionsgefühles und der Anfälle von Angina
einen günstigen
Einfluß erreichen, auch bei beginnender Aortenklappeninsuffizienz ver-
einem Falle sogar den Rückgang einer aneurysmatischen Erweiterung.
Auch Goldscheider fand Rückbildung von Aneurysmen und Romberg
berichtet von einer Aortenklappeninsuffizienz, bei der nach .der Be-
handlung das In
suffizienzgeräusch und der Pulsus celer geschwunden |
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. stärkere Verbreiterung der Aorta und eine stärkere
_antiluetischer Kuren, wenn sie frühzeitig einsetzen, energisch und durch |
. des linken Ventrikels als vor der Behandlung.
genügend lange Zeit durchgeführt werden. Schottmüller schreibt: | ,
schwerden die Abteilung wieder aufsuchen. Ein anderer Patient, der
mit schon dekompensierter Insuffizienz der Aortenklappen zur Auf-
nahme kam und.nach erfolgter vollständiger Kompensierung anti- |
luetisch behandelt wurde, verlor seine schweren subjektiven Sym-
ptome im Spitale ganz und wurde beschwerdefrei und vollkommen
kompensiert entlassen. Kaum ging er seinem Berufe als akademischer
Maler durch 14 Tage nach, als wieder schwere Kompensaltions-
störungen auftraten, die unbeeinilußbar und bald zum Tode führten.
Im ersten Falle eine noch nie dekompensiert gewesene Aortitis, im
zweiten Falle eine dekompensierte Insulfizienz der Aortenklappen,
beidesmal Schwinden der subjektiven Symptome nach antiluetischer
Kur und bei körperlicher Ruhe während des Spitalaufenthaltes und
neuerliches stürmischeres Auftreten derselben kurze Zeit nachher
| bei gewohnter Tätigkeit. In beiden Fällen bat die strenge Schonung
1e
des Herzens wohl eher zum Schwinden der subjektiven Erscheinungen
beigetragen als die antiluetische Kur. Andererseits sehen wir auch
' bei Patienten mit Aortalgien und leichteren Anfällen von Angina
pectoris nur bei Bettruhe ohne jede spezifische Behandlung die
Beschwerden auch für kurze Zeit verschwinden.
Wenn wir nun auch in einer großen Anzahl von Fällen eine
; subjektive Besserung durch‘die, antiluetische Behandlung erzielten,
Befunde, sei es ein Schmälerwerden der Aorta, sei es ein Schwinden
eines Insuffizienzgeräusches oder eine Änderung der Pulsqualität
feststellen. In. einem Falle verzeichneten. wir nach der Kur eine
Hypertrophie
: Bei schweren anginösen Zuständen haben wir nur für kurze
Zeit Besserung erzielt, meist wurde der Zustand bald ein so
: schwerer, daß eine zweite anti
luetische Kur nicht mehr vorgenommen
werden konnte. J
Die Krankenge
schichte eines solchen Falles ist auszugsweise
‚folgende: A. M., 42 Jahre, Kaufmannsgattin. Vor 20 Jahren Infektion.
‘ Schmierkur.. Vor 1 Jahr erster Anfall von Dyspnoe und Oppressions-
gefühl: unter dem Brustbein, später stechende Schmerzen im Rücken,
‘in den linken Arm ausstrahlend. Wiederholung der Anfälle. WaR.+.
zeichnet er klinische Heilungen, bei vorgeschrittenen Besserungen, in |: Modenol - Neosalvarsankur. Bei der Aufnahme
Ödeme, Dyspnoe und
, Aortalgien! Wa.R.-+. Hypertrophie des linken Ventrikels. Systolisches
waren, findet aber sonst bei auffallender Besserung im subjektiven :
Befinden keinen Rückgang der örtlichen Veränderungen, vor allem
keine Verkleinerun T: Aortenbreite. Stadler und Lenzmann
sahen selbst bei schweren Fällen, wo auf Grund des objektiven Be-
fundes kein Erfolg zu erwarten war, Schwinden der subjektiven Sym-
tome (Angina pectoris, Schmerzen beim Aneurysma), Auch Huber
berichtete über subjektive Besserüungen, während er einen Rückgan
der Veränderungen objektiv nur selten nachweisen konnte. Er fan
nicht selten die Aorta sogar weiter werden, weil wohl eine binde-
gewebige Umwandlung der spezifischen Veränderungen, aber keine
Wiederherstellung des elastischen Gewebes erzielt wird.
scheider warnt vor Überschätzung des Effektes, da auf Besserungen
bald Verschlechterungen folgen, ebenso Oigaard. M. Sternber
lich derer man weniger optimistisch sein soll. Nach Korczynski sind
. die Aussichten einer antiluetischen Kur bei der einfachen Aortitis gut,
| ewesener Aortenklappeninsuffizienz
bei schon einmal dekompensiert
oder bei starker Mitbeteiligung der Koronargefäße jedoch schlecht.
Wir haben uns einer kombinierten Quecksilber- Neosalvarsankur
bedient. Wir gaben 20 intramuskuläre Injektionen von Hg-suceini-
midatum 0,02 in zweitägigen Intervallen und Neosalvarsan in- der
Gesamtmenge von 3,5—4,5 g in von 0,15—0,45 g aufsteigenden
Dosen. Immer ließen wir der ersten Neosalvarsaninjektion einige
Quecksilberinjektionen vorangehen, um einer Jarisch-Herxheimer-
schen Reaktion vorzubeugen, und haben eine solche auch nie beob-
achtet. In. einer Anzahl von Fällen verabreichten wir auch Jod.
Mit der spezifischen Therapie setzten wir nur bei völlig kompen-
sieriem Herzen ein, war dieses dekompensiert, so wurde der Zu-
stand erst auf die übliche Weise behoben ynd auch während der
antiluetischen Kur dem Patienten Ruhe und Schonung auferlegt.
Vielleicht werden nicht selten die guten Erfolge im subjektiven
Symptomenkomplex der antiluetischen Behandlung zugeschrieben,
während hauptsächlich die Schonung des Organismus die Ursache
ist.
objektiven Symptome einer Dekompensation bot, nach einer kom-
biniertem Kur die in Aortalgien und Anfällen von Angina pectoris
bestehenden subjektiven Symptome während des Spitalaufenthalts voll-
kommen schwinden. Kaum einige Tage der häuslichen Beschäftigung
zurückgegeben, mußte Patientin wegen; neuerlicher. und heftiger Be-
Gold-
. Geräusch über allen Ostien.
| entuierter II. Aortenton. Nach Kom-
pensation kombinierte Quecksilber-Neosalvarsankur. Schwinden der
Aortalgien. Wa.R. bleibt positiv. 14 Tage nach Beendigung der Kur
: neuerlich Auftreten von Aortalgien, Anfällen von Angina pectoris und
. Dekompensationserscheinungen. Patientin stirbt ein halbes Jahr später
“in einem Anfalle von Angina pectoris.
Wir wollen hier auch von 2 Fällen berichten, bei denen im
Verlaufe der Behandlung jedesmal im Anschluß an die Neosalvarsan-
injektionen Anfälle von Angina pectoris in der Nacht auftraten.
Als wir gleichzeitig mit dem Neosalvarsan. 0,08 g Papaverin. mur.
injizierten, - blieben die Anfälle aus, so daß wir in diesen Fällen |
durch das Salvarsan bedingte Krampfzustände in den Koronar-
: gefäßen annehmen müssen, In Fällen von Aortitis ohne Insuffizienz
NN e-e
luetischen Kur zu verdanken ist, daß der luetische Prozeß nicht
weiter vorgeschritten ist und die Klappen ergriffen’hat, ist wohl
' schwer zu entscheiden, haben wir doch auch Fälle beobachtet, die
:obne antiluetische Kur durch Jahre nur Symptome einer einfachen
: Aortitis zeigten. Andererseits haben wir 2 Fälle in unserer Beob-
.achtung gehabt, bei denen sich aus einer durch mehrere Jahre
: stationären Aortitis während der antiluetischen Kur eine Insuffizienz
der Aortenklappen entwickelt hat. Die kurz zusammengefaßte
' Krankengeschichte des einen Falles ist folgende:
. |: vollentwickelten Aortenklappeninsuflizienz neuerlich zur Aufn
' Kombinierte Quecksilber-Neosalvarsankur. Nach der
| vor eo
; über an
L. B., Generalmajorsgattin, 46 J. Seit 2 Jahren besteht leichtes
Brennen unter dem Brustbein, anfangs anfallsweise, später kontinuierlic
‚und stärker.
‚negiert. Wa.R. im Serum +. Herzdämpfun
Kein Abortus in der Anamnese. Venerische Infektion
g: MR=2cm, ML =8 m.
Leises systol. Geräusch in der Aortenregion, akzentuierter II. Aortenton.
Behandlung sub-
ektiver Befund unverändert. Wa.R, bleibt positiv.
achkur in Bad
. Der brennende Schmerz und der Druck in der
teilung. WaR + Objektiver Herzbefund wi
: oj tontin. die x ine | auf die Abteilung. WaR. +++. jektiver Herzbelund wie
So sahen wir unter anderem bei einer Patientin, die gar keine . Neuerlich kombinierte Quecksilber-Neosalvarsankur, in deren
d wieder auf. Nach 1 Jahr neuerliche Aufnahme
früher.
Verlaufe
ein diastolisches Geräusch am Erbschen Punkte auftritt, das an Intensität
zunimmt. Keine Besserung der objektiven Erscheinungen nach Be-
endigung der Kur.‘ Ein halbes Jahr später kommt Patientin mit Klagen
auernde.Herzbeschwerden und den abjektiven Symptomen einer
ahme, .
7
‚der Klappen ist es der kombinierten Kur häufig gelungen, die
en | rfolsen die Dauertol A stellt : Aortalgien und leichte anginöse Anfälle zum Schwinden zu bringen .
eK een 0:8: | und bei allmonatlicher Injektion von 0,45 g Neosalvarsan auch die
‚ Patienten dauernd beschwerdefrei zu halten.’ Inwieweit es der anti-
` 1,8d.79, — Huber, D. Arch. i klin, M. 1919, 128.. — Jagie, M. Kl.
WmW. 194, Über den Herzschmerz. — Jagi6-Kreuzfuchs, M.Kl. 1921, Nr. 2.
i a du "Korezynski, Derm. Wschr. ‘1918, Bd. 67; W.%1.W.. 1916.
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der ‚Aöekanklappen während und ‘nicht nach einer spezifischen Be-
"handlung ‚aufgetreten sind, so ‚glauben wir. annehmen zu dürfen, |
` daß es in diesen Fällen zu einer Progredienz des,.luetischen Prozesses
. “gekommen ist, und nicht eine narbige 'Schrumpfung . ‚der eppen
.. diese Insuffizienz bewirkt hat.
- In Fällen von Insuflizienz der. Aortenklappen, sei- es mit, ‚sei:
eS- ohne vorausgegangene Dekompensation; die einer antiluetischen
- "Behandlung unterzogen wurden, sahen :wir nie eine. Änderung der.
-objektiven Symptome und nur kurz vorübergehende Besserungen
der:subjektiven Erscheinungen. In :den- meisten Fällen. kehrten. die
Beschwerden bald zurück, der Patient wurde neuerlich dekompensiert, |
. und zur wenige überlebten 1 Jahr -die Behandlung.
Die Behandlung mit Wismuthpräparaten haben wir in. noch |
um ein Urteil abgeben zu können. .
- Abet.ein Fall von Aortitis mit leichten. anginösen: Symptomen, ‘der |
. inder Nacht nach der ersten Trepolinjektion einem schweren Anfall
sonZAngina pectoris erlag, hat uns bei dieser ‚Behandlungsmethode |.
-m großer Vorsicht gemahnt. Bei Aortalgien haben wir durch kleine |
m Hanem Ausmaße “versicht,
Gaben von Chinin und Pyramidon oft sehr gute Erfolge erzielt.
Wenn wir nun unsere Erfolge bei antiluetischer Behandlung |
der. Mesaortitis zusammenfassen, so können wir wohl von einer |.
„mehr oder minder lang dauernden. Besserung. im subjektiven Be-
Anden von Fällen von Aortitis sowohl mit als auch ohne Insuffizienz
„der Klappen sprechen. In manchen Fällen: wurde die Prögredienz
des’’Prozesses vielleicht gehemmt. Eine Heilung :oder . objektive
“Änderung des Befundes haben wir nie erzielt. Der:durch den
‚ Spilalsaufenthalt bedingten körperlichen und .auch psychischen Ruhe
' müssen wir bei dem Effekte der antiluetischen Kur einen be-
- dentenden Anteil einräumen.
sogar Verschlechterungen des subjektiven und objektiven Krankheits-
:bildes waren, heben wir gegenüber ‚den vielen. günstigen Beucheen
hetonend hervor.
: „Literatur: Arnsperger, D. Arch. £. klin, M 78. — J. Bauer, D. Arch. 1.
> ‘Mih M. Bd. 126. — Brandenburg, M.KI.’1921, Nr.18. — Citron, M.Kl. 1919,
Int — Deneke, D.m.W. 1913, Nr. 10. — Donath, B.kLW. 1909, Nr.45, '— Elias:
WAW. 1919, Nr. 12. — Frisch, Klin.Weschr. 1923. Nr. 80. — Gerber, -D.m.W. i
1912, Nr..12. — Grau, Zschr: f. klin. M.
1928, Nr. då, `
: 1919, Nr, 6. — Goldscheider, M., Ki.
— Lenzmann,
"Zachr. f, ärzıl, Fortb. 1919, Nr. 8, — Löwenberg , Klin. Wschr. 1924, Nr. 18. —
„ igaara, Zschr. f. klin. M. 1911, Bd. 78. — Rogge u Müller, ‚D. Arch. f. klin, M..
I, — Romberg, M.m.W. 1918, Nr.45. — R. Schmidt. M. K1. 1922, Nr. 1 u. 2. —
Schottmüller, M.Kl. 1919, Nr. 7, D.m.W. 1923, Nr- 6. — Schrumpf, Zschr. f.
Phys. u. diät. Ther. 1918, Bd. 62, D.m.W. 1918, Nr. 28: — Stadler. Zbl. £ Horz- u
Gpfäßkrich, Nr. 12. — M. Sternberg, M. Kl 1920, Nr.41 — Zack, M. KI: 1919, Nr. 22. |
-Der Wechselstroin als Heilmittel.
Eton Med. -Rat Dr. Karl Schmid, ‚Bruck 2. d. Mur.
> - Die neueren, mir zur Kenntnis gekommenen Urteile über .die
eiwendbarkeit des sinusförmigen Wechsel- oder. Sinusoidalstromes
An. der ärztlichen Praxis lauten. ziemlich. vernichtend.
So sagt Max Kahane .in. seinem 1922 erschienenen Buche '
Ere der Elektrodiagnostik: und Elektrotherapie für: praktische |
te“: „Der Sinusoidalstrom wurde: unter Betonung seiner; im Ver- .
"gleich zum laradischen Strom, milden und dabei doch tiefer. gehenden
o. Wirkung als Ersatz desselben empfohlen.“
Al noch besondere Disposition (organische Herzaffektionen, Status
„Ymphaticus) vorhanden war oder unrichtige Technik den Herztod
‚verschuldet hatte. | | Ä
In Nr. 48 . der
Bi enthalten üher eine Sitzung des Vereins deutscher
rag vom 27. Oktober 1999
ai esprechung des Unterschiedes ‘zwischen sinusoidalem Wechsel-
‚strom und reinem Induktionsstrom die’ Gefährlichkeit des sinusoidalen
echselstromes besonders hery orgehoben habe. Es ist aus’dem Berichte
en Beier daß sich irgendein Teilnehmer an dieser Sitzung gegen
Se Be hauptung ausgesprochen hätte.
Diese Ablehnung des Wechselstromes als Heilmittel erschien
rhag berechtigt, solange man eine restlose Aufklärung der durch
bewirkten Unglückställe nieht hatte. "Diese Aufhellung. ist
Er erweile den Elektroteehnikern gelungen, wie. im weiteren aus-
geführt werden soll. Lassen sich. aber ‚durch genaue Kenntnis;ihrer
ide Bes solche Unglücksfälle - mit Sicherheit "vermeiden, * so muß
‚ede Besorgnis vor der Arallichen Verwendung des Wechselstromes
Di dissin Fi ilten die Insuffizierizerscheinungen. von; Seiten“
Unsere Mißerfolge, die. zum Teil
Und weiter: „Wiederholte
` Beobachtungen von plötzlichem. Herztod þei "der. Anwendung der-
“ Sinusoidalströme lassen die. Anwendung dieser Ströme. 'aüch dann.
. kontraindiziert erscheinen, wenn es zutreffen sollte, daß. in diesen.
„Medizinischen Klinik“ vom Jahre 1922 ist ein -
zte in
‚nach welchem der Vortragende F. Kraus
_1924 — MED 1ZINISOHE KI LI iR zZ >
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Sivad ja seine eei Yori aul praktischem und
-theorstischem Gebiet werden” ihm ‚mit der‘. “Zeit sicher eine umfang-
reiche: Anwendung verschaffen. = |
Es ist seit. längerer: ‚Zeit bekannt, dab Wechselstiöme; welche
“a
| das Herz eines Tieres (oder eines Menschen) durehströmen, eine ganz
eigenartige Wirkung her'vorbringen. . Am .bloßgelegten. Herzen von Ver-
suchstieren konnte unmittelbar gezeigt werden, daß: in solchem Falle
. das Herz, als ganzes Organ betrachtet, still liegen bleibt; ‘also keine
regelt echten Zusammenziehungen. sich vollziefien, welche geeignet
wiren, den Blutkreislauf ‘ aufrechtzüerhalten, , daß "hingegen. ie un-
| zähligen Muskelfaserbündel, jedes. für’ sich, in zuckender, flimmernder
. Bewegung sind, an der Oberfläche des Herzens. ähnlich anzusehen wie
| eine von leisem Wind: bewegte Wasserfläche. Leider tritt die Gefahr
..des Herzflimmerns gerade bei j jenen verhältnismäßig niedrigen Perioden-
zahlen, (16—180 in der 'Sekunde) ein,: welche in der Lichtstromtechnik
gewöhnlich angewendet ‚werden. (Wechselströme mit. mehr als
100 000. Perioden ‘in der. Sekunde [Teslaströme] sind ` erfahrungsgemäß
‘ganz ungefährlich.) Als. geringste für den Menschen unter Umständen
tödliche Stromstärke wurde nach Siemens’-Handbuch für Wechselstrom
ungefähr 0,1 Ampere, :d. s. 100: Milliämpere, gefunden. ‚Diese Strom-
stärke hängt "bekanntermaßen von zwei"Größen. ab, von der Spannung
des. Stromes und vom. Widerständ, den ihm der menschliche Körper
entgegensetzt, nach der Formel
I 6 t er tike i in Amp. j=: y (Potentialdifi. a d. Enden desLeiters in Volt)
W (Widerst. in Ohm) >
Nodlimals- ausdrücklich hervorheben möchte ich, ‚daß die Ge-
ahrlichkeit, ‘des Wechselstromes nur dann gegeben ist, wenn er zur
Gänze oder zu einem ‚wesentlichen Teile durch das. Herz geht, wie.
‚auf. einer eigens darau! gerichteten Untersuchung ‘der durch Wechsel-
‘strom herbeigeführten tödlichen Unfälle durch , „Professor Boruttau'
en ‚Berlin erhärtet würde. Andere innere Organe wer den. durch weit
tärker gespannte ‚Ströme nicht dauernd geschädigt, wenn. auch `
a Brandwunden entstanden waren. Ja, sogar durch den Kopf
. gehender Strom von 3000 bzw. 5000 Volt führte in. je einem Falle
nur zu Brandwunden und kur zdauernder: Bewußtlodigkeit, aber nicht,
zum Tod.
\ O TET zu’ beobächten. Erstens nur so ‚niedrig
‚legenheit zum, Durchgang
‚Es. müßte ‘also een genügen, folgende: zwei Vorsichts-
gespannten
Wechselstrom zu verwenden, -daß auch bei geringstem, Widerstand
der Haut (der bei guter Durchfeuchtung ' derselben auf 1500: Ohm
herabsinken kann) und der inneren Organe (etwa 500. Ohm), also
bei einem Gesamtwiderstand: von etwa 2000 Ohm eine Stromstärke
von weit ‚unter 100- Milliamp£re sich ergibt, ‘etwa eine Maximal-
spannung von 25—80 Volt. Zweitens wären die Elektroden so 'am
‚Körper ‘anzubringen, daß, der zwischen: ihnen laufende Str om nicht.
zur Gänze oder zum größeren Teile das Herz. trifft. —
' Die erste Forderung würde einfach dadurch erreicht, daß man.
den Wechselstrom von 110—220 Volt Spahnung durch einen regulier-
‚baren Widerstand gehen ließe, von dem im. Nebenschluß der ent-
‚sprechend niedriger gespannte Strom zum. Patienten geleitet wird.
‚Eine (mittels Voltmeter) geeichte Skala oder (noch: besser) ein in
den. Apparat eingebautes Voltmeter zeigen dabei. mit hinläng-
‚licher Genamgkoil die Spannung. des: dureh den Patienten fließenden
Stromes. |
Nun wissen, aber die Elektrotechniker Bu ‘daß diese And
ordnung nur. dann genügt, wenn der Patient praktisch vollkommen,
gegen Erde isoliert ist. ‘Ist der. Patient nicht. gegen Erde isoliert,
z. B. wenn die Mauern oder besonders der Fußboden. des Ordinations-
raumes ` feucht . sind und etwa gar noch: das Schuhwerk ‚oder: die
Unterwäsche des Patienten durchnäßt' sind, ‚dann - bekommt er bei
Anwendung des: Wechselstromes. „Erdschlü “. d.h. es geht dann
der volle Lichtstrom mit seinen. 110—220 Volt zwischen seinen Fuß-
- sohlen. (oder sonstigem Erdberührungspunkt) und ‘einer der beiden
‚Elektroden durch. Es ist nämlich eine. Phase der Wechselstrom- `
leitung. aus Sicherheitsgründen (Blitzgelahr u. dgl.) immer „geerdet“,
d.h. in leitender ‚Verbindung mit der’ Erde, also -im Falle des
feuchten Fußbodens und’Schuhwerkes des Patienten auch mit dessen
Fußsoblen. Durch das Auflegen der Elektroden ist nun die Ge--
des. ungeschwächten Lichtstromes. durch
den. Patienten gegeben, und wenn. er dur ch das Herz geht, die
"Gefahr des Flimmerns und des Herztodes.
Die Kenntnis dieser Umstände. ermöglicht hente mit Sicher-
heit die Vermeidung jeder derartigen Gefahr! Jede Möglichkeit
eines Erdschlusses des Patienten, muß einfach unbedingt. ausge- :
schaltet werden! . ` ve
"Dies. kann auf zweierlei Art erreicht werden. Entweder bringt
man den, Patienten überhaupt nicht in den Bereich‘ des. Licht-
stromes, indem. man einen. der neuen von Siemens, oder Anderen
erzeugten Transformatorapparate benutzt, ‚in, dem durch Induktions-
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1142 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33.
- 17. August
wirkung aus dem Lichtstrom Wechselstrom von viel geringerer | oder Blasenbildung oder Pigmentierung ist nach noch so häufiger
Spannung erzeugt wird. Dieser transformierte Wechselstrom bildet | therapeutischer Anwendung auch nicht die Spur zu sehen.
einen Stromkreis ganz für sich; das Auflegen der Elektroden stellt Gegenüber dem scharf abgehackten faradischen Strem, der,
also keine Verbindung mit dem Lichtleitungsstrom her, ein „Erd- | wenn er von der Sekundärspule abgenommen wird, seinem Wesen
schluß* ist ausgeschlossen, auch wenn Mauerwerk, Fußboden, | nach ja auch ein Wechselstrom ist, ist der Sinusstrom unserer
Schuhe und Wäsche des Patienten naß sind. Die zweite Art, einen | Lichtleitungen mit seinem allmäblichen An- und Abschwellen viel
„Erdschluß* unmöglich zu machen, ist die, daß man den Patienten | milder, trotz dieser Milde aber intensiver und durchdringender. .
gegen Erde praktisch isoliert. Ich erreiche dies dadurch, daß ich Professor Schulz hat gezeigt, daß das sogenannte „biologische
: sowohl die vier Füße des Stuhles, auf dem er sitzt, als auch des | Grundgesetz“ von Arndt bei der Arzneibehandlung berücksichtigt
Schemels,: auf den er seine Füße stützt, mit Gummikappen ver- | werden soll. Das heißt, daß erkrankte Zellen bzw. Organe milde
sehen habe, obwohl mein Ordinationszimmer und insbesondere dissimilatorische Reize brauchen, um wieder zu ihrer normalen Tätig-
dessen Fußboden vollkommen trocken ist, was an sich erfahrungs- | Kit en ebracht zu werden. ea Bd ie
j ; - aN ER è ch. habe mir nun gesagt: Wenn einerseits dieses
gemäß schon eine genügende Isolierung gewähren würde. Arndtsche Gesetz für chemische Reizmittel gilt, wenn
DerApparat, den ich verwende, zeigt im wesentlichen eine Ver- | andererseits jede Zelle auf jeden beliebigen wirksamen
bindung von zwei in den Lichtstromkreis eingeschalteten Wider- | dissimilatorischen Reiz immer auf die gleiche, ihr 'eben
ständen. Der eine dieser Widerstände ist fix und bewirkt. einen | zukommende Weise reagiert (was ja auch eine bekannte
Spannungsabfall um etwa 4/5 der Spannung des Lichtstromes, der | biologische Erfahrungstatsache ist), so muß mit einem
zweite Widerstand ist regulierbar; ist er ganz eingeschaltet, so hat | richtig dosierten rein physikalischen Reizmittel, wie es
der von den Sekundärklemmen abgezweigte Strom O Volt Spannung; | z.B. der Wechselstrom ist, dasselbe zu erreichen sein, wie
wird er gar nicht eingeschaltet, so hat der Sekundärstrom etwa | Mit einem richtig dosierten wirksamen Medikament.
80 Volt Spannung; innerhalb dieser Grenzen ist jede beliebige Daß alle früher gefürchteten Gefahren sich bei seiner An-
Spannung durch ganz alimähliche Regulierung erreichbar. (Der wendung ‚vermeiden lassen, wurde schon gezeigt, ebenso, daß er
hiesige Lichtstrom hat eine Spannung von 150 Volt.) Diese Appa- keinerlei Atzwirkung (im Gegensatz zum konstanten Strom) herbei-
ratur ist in ein Holzkästchen montiert, welches man leicht überallhin | führt; auch alle unangenehmen Nebenwirkungen chemischer Reiz-
mitnehmen kann, und zwar ohne Gefahr zu laufen, etwas zu zer- | mittel fehlen hier: Hier gibt es keine Schädigung wegen Idiosyn-
brechen, weil sowohl der fixe als auch der regulierbare Widerstand krasie, denn ein krankhaft überempfindliches Organ gibt sich sofort
aus Drahtspiralen bestehen. (An einem Reserveapparat habe ich | beim Einschleichen des Stromes zu erkennen und man beschränkt
als fixen Widerstand eine Glühbirne, die aber wegen ihrer leichten | !R solchem Falle die Stomspannung auf wenige (3. oder gar nur 2)
Verletzlichkeit weniger zu empfehlen ist.) Der Deckel des Kästchens | Volt; in solchen Fällen ist die fortschreitende Besserung förmlich
kann zweckmäßig so eingerichtet werden, daß er nur dann zu- | in die Augen springend, da von Mal zu Mal höhere Spannung ver-
` geklappt werden kann, wenn der Regulierwiderstand vollkommen | tragen und verlangt wird, bis endlich die etwa der Norm ent-
eingeschaltet ist. Es wird dadurch die Gefahr vermieden, empfind- sprechende Höhe erreicht ist. Diese Erscheinung ist wesentlich
liche Patienten etwa unversehens mit einem wenn auch ungefähr- verschieden von der „Gewöhnung“. Diese tritt nicht ein,
lichen Strom von eventuell 30 Volt Spannung zu erschrecken. Ich | d- bh. ein Organ, das einmal normale Reizempfindlichkeit besitzt,
pflege grundsätzlich bei vollkommen eingeschaltetem Regulierwider- | reagiert immer wieder auf die gleiche Stromstärke (bzw. Spannung)
stand zu beginnen und erst durch allmähliches Ausschalten des | annähernd gleich stark, auch wenn der Wechselstrom Jahre lang
Regulierwiderstandes die Spannung auf die gewünschte Höhe zu täglich an derselben Stelle in Anwendung kommt, wie ich an mir
bringen. | | selber erfahren habe. Natürlich ist auch eine Kumulierung nicht
zu fürchten. Eine Überschreitung der zulässigen Reizstärke, also
eine zu hohe Dosierung des Stromes, ist nach meinem Dafürhalten
ausgeschlossen, wenn man sich an die subjektiven Angaben des
"Patienten hält. Es erscheint dieses Verlangen im ersten Augenblick
vielleicht als unwissenschaftlich, aber letzten Endes muß uns doch
immer das Befinden des Kranken als Richtschnur für unser Handeln
dienen. Und es ist sicher ein unschätzbarer Vorteil dieser Behand-
lungsmethode, daß schon während der Anwendung und un-
mittelbar darnach die Wirkung vom Patienten empfunden wird
u. zw. ausnahmslos angenehm empfunden wird. |
Ich habe auch nie eine Schädigung von Nachbarorganen durch
den Wechselstrom gesehen; wir wissen ja, daß gesunde Organe
überhaupt stärkere Reize vertragen als kranke. Vorsicht möchte
ich nur in Bezug auf das Herz empfehlen, obwohl ich bisher bei
` Behandlung seiner Nachbarorgane (oft genug z. B. der linken Lungen-
spitze) mit Wechselstrom noch nie eine ungünstige Wirkung auf
das Herz erlebte. Das Herz selber habe ich allerdings noch nie
direkt behandelt, auch nicht mit schwachem Strom.
Um einige Angaben über die von mir verwendeten Strom-
spannungen zu machen, berichte ich, daß ich bei entzündlichen Augen-
leiden, Supraorbitalneuralgie, Migräne etwa 3—5 Volt, bei Lungen-
spitzenkatarrhen, Rippenfellentzündung 12—20 Volt, (bei Kindern kaum
über 7—15 Volt), bei Behandlung der in der Bauchhöhle gelegenen
autonomen Nervenzentren (z. B
; non Hyperemesis gravidarum,
gastrischen Krisen, asthmatischen Anfällen etc.) 2—17 Volt, bei Struma
5—10 Volt, bei Lumbago 12—20 Volt, bei Ischias 10—380 Volt je nach
fortschreitender Besserung, bei Erfrierungen 5—12 Volt in Anwendung
brachte und mit den Erfolgen im allgemeinen sehr zufrieden bin.
Frische Neuralgien weichen häufig schon nach einer Sitzung von
10 Minuten Dauer. ur
Wichtig ist- zum Schluß noch die Frage nach dem Anteil
etwaiger Suggestivwirkung oder der etwa erzeugten Autosuggestionen
an diesen Heilwirkungen. Ich gestehe, daß ich mich bemühe, der-
artiges durch mein Verhalten nicht herbeizuführen, um ein möglichst
klares Bild über die reine Wirkung des Wechselstromes zu erhalten.
Trotzdem habe ich schon oft gesehen, daß quälende Zustände von
Verstimmung, undefinierbarer Angst und dgl, auch wenn sie M
Begleitung organischer Leiden, wie Herzklappenfehler und d
gl. aul-
treten, nach abdominaler Behandlung wesentlich gebessert, oder
gahz behoben wurden. a
Im Vorstehenden glaube ich gezeigt zu haben, wie man bei
ärztlicher Anwendung des Wechselstromes jede Gefahr mit Sicher-
heit vermeiden kann. | | |
In den folgenden Zeilen möchte ich meine anfängliche Be-
merkung über die praktischen und theoretischen Vorzüge des
Wechselstromes begründen.
Die praktischen Vorzüge sind folgende: |
1. Die dabei in Verwendung kommenden Apparate, sei es
der Siemens-Halskesche oder ein anderer ähnlicher Transformator, .
sei es der oben beschriebene oder ein anderer (z. B. der von Bott
& Walla vertriebene) Widerstandsapparat, sind alle praktisch keiner
Abnützung unterworfen und — Stromanschluß vorausgesetzt —
jederzeit funktionsbereit. Wie lästig ist dagegen die so oft nötige
‚Erneuerung. einer galvanischen Batterie (Trockenelemente .sind im
EL T Verhältnis zu ihrer Lebensdauer noch immer recht kostspielig) oder
pi | die Instandhaltung eines Tauchelementes.
2. Die Widerstandsapparate haben so wenig Rauminhalt und
Gewicht, daß sie leicht in die Wohnung des Kranken mitgenommen
werden können; von einer galvanischen Batterie kann das wohl
nicht gesagt werden.
Der theoretische Vorzug des Wechselstromes vor dem kon-
stanten Strom besteht in der ganz reinen eindeutigen physikalischen
ee Reizwirkung des ersteren; dagegen bewirkt der konstante Strom
ll. außer einer nur bei Schließung und Öffnung auftretenden elektri-
schen Reizwirkung eine ziemlich starke elektrolytische Zersetzung,
indem bei seinem Durchgang durch die Gewebe gewisse Bestand-
teile der Gewebeflüssigkeiten als Ionen mitgeführt werden: an der
Anode sammeln sich die Säureradikale, die Halogene und Hydroxyl-
gruppen, an der Kathode die Metalle und Wasserstoff.
Außer dieser Zersetzung, welche zur Anätzung der Haut, be-
sonders aber der Schleimhäute, führen kann, bewirkt der galvanische
Strom auch eine Flüssigkeitsströmung in der Richtung von der
Anode zur Kathode und (nach Dr. Otto Marburg) ein Wandern
der sogenannten Fibrillensäure in den Nervenfibrillen auch in der
Richtung von der Anode zur Katlıode, wodurch die. Erregbarkeit
des Nerven an der Anode vermindert, an der Kathode vermehrt
oll.
m allen diesen Nebenwirkungen ist der Wechselstrom frei;
von einer Verätzung der Haut oder auch nur von einer Quaddel-
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JT; August E — IZINISCHE KLINIK — Nr. 38
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.. Aus der Kinderklinik der königl: ungar. Elisabeth-Universität, :
derzeit in Budapest (Direktor: Prof. Dr. P. Heim). `-
- `. ir Therapie der septischen Pyelitis im Säuglingsalter.
Von J. Duzär, "Assistenten. _
ER ‚Die große Affinität des Säuglingspyelons zu den Eitererregern, |-
‘>: besonders zum Bacillus coli, scheint eine Erklärung für die große |
- "Verbreitung und den verhältnismäßig ‘schweren. Verlauf dieser Er- .
= xrankung zu geben. Zum Glück kommen septische Verlaufstypen
"pur selten vor, dieselben müssen ‚aber zu den allerschwersten: Er-
| Å ~ kyankungen des Säuglings gezählt werden.: Diese septischen Pyelitis-
C o e stellen nicht nur die charakteristischen Symptome der einfachen
. „ Pyelitis dar, sondern sie gehen auch ‘mit hohem, intermittierendem
w -oder remittierendem Fieber, mit Zirkulationsstörungen, Sklerem und
` Diyidität der Extremitäten, Kollaps, Exsikkation, hoher Atmung
‚nnd eventuell Glykosurie einher. Der. Krankheitserreger, ‚meistens
.. . "der Bacillus coli, kann gewöhnlich 'nur aus dem Urin gezüchtet.
7 yerden, während die Züchtung aus dem. Blute tfotz der. zaver-
lässigsten Methodik nur ausnahmsweise, am. besten noch am 4. bis
3, Tage gelingt. Häufiger beobachtet-man dieses klinische Bild bei
~o Jangen Säuglingen, die eine besondere Neigung zur allgemeinen. |
"Sepsis aufweisen (besonders nach vorangegangenen Katarrhen und .|
-e Emährungsstörungen). IRRE Be
= >o" ao Im allgemeinen sind die. einfachen Pyelitiden des. Säuglings
‚durch Urotropin, Salol und reichliche Flüssigkeitszufuhr gut. zu be-
` einflussen, auch diejenigen mit ‘schweren ‚Meningealsymptomen,. wie
7 aueh von Prof. Bókay betont wurde.: Den schweren: septischen
. 2. Pyelitisfällen dagegen stehen wir fast machtlos gegenüber. Eine.
i puo, erfolgreiche Medikamentendarreichung ‘machen das anhaltende Er-
brechen, der heftige Durchfall, die lahmgelegte Zirkulation unmög-
-dieh, die Aussichten auf eine Desintoxikation : wird — trotz. der
“entsprechenden, entgiftenden Therapie — durch den ständigen Toxin-.
nachschub aus dem Pyelon verringert. - ' |
.... Beischweren, septischen Pyelitiserkrankungen der-Erwachsenen, :
. dalls Nierenbeckenspülungen kontraindiziert sind, wirken intravenös
. veřabreichte kolloidale Metalle (Argochrom, Argoflavin) sehr günstig,
` manchmal sogar lebensrettend. Die gute Wirkung dieser Präparate
:- = > beruht teils auf ihrer bakteriziden, teils auf protoplasmaaktivierender
Eigenschaft. Die Richtung der Stoffwechselvorgänge wird nach: der
- dlkalischen Seite verschoben, die Speicherungsfähigkeit des Retikulo-
endothelialsystems nimmt zu. Antikörperbildung und: Enigiftungs-
ws E fähigkeit des Organismus werden ebenfalls. bedeutend gesteigert. |:
| Eine intravenöse Einverleibung ‘solcher Präparate ist beim |.
Jungen Säugling meistens unmöglich. ‚Vor Verwendung des Sinus
- . longitudinalis an Stelle der-Venen wurde von mehreren Seiten ge-
"wait (Bessau). Die verzweifelte Machtlosigkeit, mit welcher man
„eben den septischen Pyelitisfällen junger Säuglinge gegenübersteht, |
` awang mich zu dem Versuch, Argochrom intra sinum zu verab-
teiehen. Zu diesem Zwecke übte ich die Sinuspunktion bei zahl- |
„„tächen (mehreren Tausend) Gelegenheiten‘ und nachher auch die, |
.. Technik der Einverleibung kolloidaler Lösungen an einem großen
Material ein. Zu einer vollkommen richtigen Injektion in den Sinus
. „.st.das Benutzen zweier Spritzen unbedingt notwendig. In die eine |
wird das Argochrom aufgezogen, die zweite, ‚vollkommen Argochrom-
fie, mit gleichfalls ganz -reiner Nadel, dient zur Sinuspunktion.
. Mt Rücksicht auf die schweren Zirkulationsstörungen pflege ich
|... vorerst 8-15 cem Blut abzusaugen, nachher wird die Spritze ab-
genommen und die Nadel so lange. fixiert, bis die andere, mit
‚Argochrom gefüllte Spritze wiederum auf derselben befestigt ist. Das
3 Einspritzen muß vorsichtig und langsam geschehen, die Ausübung
‚eines größeren Druckes muß vermieden werden. Nachher werden
Nadel und Spritze auf einmal: entfernt.. Nach einigen Sekunden
: nehmen die Mundwinkel einen bläulichen Farbton an zum Zeichen
W, wie schnell sich das Präparat im ganzen Organismus ver-
` teilt hatte. Nach verschieden langer Frist erscheint auch das Er-
- ‚brochene und der Urin grünlich verfärbt und bleibt 2—3 Tage lang
8%. Die Dosis beträgt bei ‘kleinsten Säuglingen !/,. bei größeren
„I=L, cem Argochrom, eventuell 2—8mal wiederholt, je nach Not-
- wendigkeit, innerhalb 1—4 Tagen. © nd A or
Zur Beurteilung meiner Ergebnisse sollen zwei solche Fälle aus
1Y, Jahren behandelt und seither ständig beobachtet wurden.
Fall i, Körpergewicht 4650 g, aufgenommen mit 5!/, Monaten,
3 Tochter eines ‘Koll \ . : ap
az ` egen. Geburtsgewicht 3000 g. Nach .3 Monaten
‚künstlich ernährt, Öfters Durchfall” ‚Vor 4 Tagen Brechdurchfall mit
ieber und Gewichtsverlust. Nach erfolgloser Behandlung im Eltern-
ause wurde das Kind mit der schlechtesten Prognose an die nn :
x
"vatpraxis ausführlicher angeführt werden, ‘die schon vor mehr als.
-a
i , ” fa = >
ar : y Pr PE. «x .r
` überwiesen., Bei. der Aufnahme finden wir großes Verfallensein, halo-
nierte Augen .mit- ängstlichem, starrem Blick. An den Extremitäten
'|.eigentümliche, fleckige Zyanose, Sklerem, hochgradige Hypotonie. Die
. Fontanelle ist tief. eingesunken, der Turgor ‚schlaff, Herztöne leise,
Puls ziemlich schlecht.: Bei der Urinuntersuchung findet sich viel
‚| Eiter,. Epithelzellen aus’ den. höheren Harnwegen, Kolibazillen, Blut.
Das Kind fiebert, erbricht und hat spritzende Stühle. Therapie: vor-
sichtige Eiweißmilch-Ernährung,‘ später Frauenmilch; viel Tee, Uro-
tropin, Salol. Trotz allem. keine Besserung, das Kind wird immer
schwächer, bis sich das woblbekannte Bild eines Sepsiskollapses ent-
wickelt. Totale Bewußtlosigkeit, schwere Zirkulationsstörungen, Zucker
im Harn, livide, guoßfleckige, toxische Exantheme. Durch Sinuspunktion
-wurden :10 cem Blut entnommen, danach 1 cem Argochrom intra sinum
verabreicht.. Subkutan 300 œ Salzinfusion mit Tonogen. Hungerdiät.
Nach 5 Stunden bedeutende Besserung, das Kind blickt öfters umher. —
. Nach 24.Stunden Rückfall mit denselben Symptomen. An den Ex-
tremitäten tritt wiederum Sklerem auf mit starker Zyanose, das Sen-
sorium wird stark getrübt. Wiederum 1 cem Argochrom intra sinum.
‚Am nächsten Tage Entfieberung,: danach bei vorsichtiger Frauenmilch-
‘ dosierung schnelle Reparation, zu gleicher Zeit plötzliche Verbesserung
der Stühle. Eiter sowie Kolibazillen sind im. Urin noch häufig vor-
. handen, nachher verschwinden aber auch diese bei Urotropin-, Salol-
'.darreichung und vitaminreicher Ernährung. Heute ist das Kind schon
14, Jahre alt, vollkommen gesund, entwickelt sich sehr gut. -
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Pe Gewichtskure.
---- = Fieberkurve.
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A = Buttermilch. | a d
. TI = Frauenmilch.
2 u = Eiweißmilch mit 3%), Zucker.
. 2 Bei dem 2. Fall handelt es sich um einen 4 Monate alten, männ- `
‚lichen Säugling mit 5800 g Gewicht, der wegen einer seit 3 Wochen `
` bestehenden, von einer angeblichen Darminfiektion verursachten Tem-
peraturerhöhung aufgenommen wird. Stark remittierendes Fieber, Ge-
wichtssturz; 37 700 "weiße Blutzellen; im Urin Eiter, Pyelonzellen, Blut, -
Koli. Die Züchtung von Koli aus dem Blute mißlingt.
Trotz der geringen ARE der dargereichten Muttermilch treten
am 4. Tage schwere toxische Symptome mit Kollaps auf: Nach Ent-
nahme von 10.ccm Blut 1 ccm Argochrom in den Sinus longitudinalis.
Infusion physiol. Kochsalzlösung mit Tonogen. Rapide Besserung mit
' Fieberabfall. — Nach 3 Tagen steigt die Temperatur wieder. 2. Argo-
chrominjektion’ in den Sinus (11/, ccm). Danach schnelle EN
| macht
den Eindruck eines in jeder Hinsicht gut entwickelten Bübchens. N
bis zur : vollkommenen Genesung. Das heute 14/,jährige Kin
"Seither habe ich . mehr als 20 Fälle mit der geschilderten
Methodik. behandelt. Der jüngste war- ein 12 Tage altes Neuge-
borene mit ausgesprochenen Pyelitissymptomen, septischem, inter-
mittierendem Fieber, Koli-Befund im- Urin usw. Nach Y/, cem
Argochrom intra sinum- trat. vollkommene Entfieberung und Ge-
nesung ein. SR Br ni ur ER
ee, Ohne Zweifel liegt. ein. großer Nachteil der Methodik’ darin
daß dieselbe nurim Krankenhause anwendbar ist. Meines Erachtens’
gehören äber die septischen Säuglingspyelitisfälle mit allgemeinen
Intoxikationserscheinungen ausnahmslos in ‚Anstaltsbehandlung. |
. . Einen Mißerfolg im Sinne einer Sinusthrombose oder Anurie
habe 'ich nie erlebt. Es kam jedoch vor, daß trotz der ausge-
‚sprochenen Besserung der. akuten Symptome die Entwicklung einer
Pyelonephritis nicht- verhindert: werden konnte.
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So wird es im Papyrus Ebers aus dem 16. Jahrhun
‚sei. Außerdem ergaben seine Versuche, daß d
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33.
| B o 17. Äugust -
nn ns Ba nn nn nn Sana nun Ban ne nn |
Zusammenfassung: 1. Die Argochrom-Einspritzung durch
den Sinus longitudinalis ist eine sehr zuverlässige, energische
Therapie der schwersten .septischen Pyelitisfälle im Säuglingsalter.
2. Dosierung Y/;—1'/, ccm, eventuell in 1—4tägigen Inter-
vallen 2—8mal wiederholt.
3. Das Präparat wird von Säuglingen (auch von Neugeborenen)
gut vertragen. Doch wird die Wichtigkeit einer vorsichtigen, ‘gut
eingeübten Methodik nachdrücklich betont.
‘4. Urotropin, Salol, ‚reichliche Flüssigkeitszufuhr und vitamin-
reiche Nahrung ist, so wie früher, zur vollkommenen Beseitigung
der Pyurie und Bakteriurie auch bei dem geschilderten Verfahren
unbedingt notwendig. | |
Aus der Medizinischen Klinik am Hospital zum Heiligen Geist
‘ Frankfurt a. M. (Direktor: Prof. Gustav Treupel).
Unsere Erfahrungen mit Scillaren.
Von Dr. Ernst Schwab, Sekundärarzt und Alfons Müller, Med.-Prakt.
Eine dominierende Stellung in der Herztherapie nahmen
bisher Digitalis und Strophanthin ein. Es waren die Herz-
mittel, die in der modernen Medizin zur Anwendung gelangten,
wenn es sich darum handelte, die Kräfte des Leben spendenden
Organes. des Menschen zu heben. Es war das große Verdienst
Mendels (1), im Jahre 1918 durch seine Arbeit „Bulbus scillae,
ein zuUnrecht vernachlässigtes Herzmittel“ dasselbe wieder
in die Herztherapie eingeführt zu haben.
Schon im
und zwar besonders wegen seiner wassertreibenden Kraft. Im
Laufe der.Zeit jedoch war es vollkommen in ee geraten.
betreffende Rezept lautete: en:
„Bin anderes Krankheiten am Herzen zu vertreiben
Dattelmehl 1.
Meerzwiebeln 1/3
amamu-Pilanze y/s
. Süßes Bier 1/, dena
tehebu-Baum 1/2
kochen, durchseihen und 4 Tage einnehmen.“
Daß Bulbus scillae aus dem Arzneischatz verschwand, er-
klärt sich erstens aus der Tatsache, daß die damals im Handel
befindlichen Präparate des Bulbus scillae vollkommen unwirksam |
waren, und zweitens war man allgemein der Ansicht, daß Bulbus
scillae schwere Darmstörungen hervorrufe. Diese von Mendel (1)
betonte Minderwertigkeit der Handelspräparate bestätigt auch Mark-
walder (2). Mendel benutzte Bulbus scillae pulv. und fand, daß
-Scilla vor allem in der Lage sei, auf die diastolische Insufli-
zienz zu wirken, im Gegensatz zu Digitalis, das systolisch
wirkt. Aus diesem Grunde sei das Hauptindikationsgebiet die
Aorteninsuffizienz, daneben Insuffizienzerscheinungen bei
gleichzeitigem Emphysem, Myokarditis und Nierener-
- krankungen. Niemals sah er bei all seinen Fällen eine Störung
des Verdauungstraktus, niemals trat eine Ang
lation em.
Dieser günstige Einfluß von Bulbus scillae auf das Herz fand
durch die pharmakologischen Untersuchungen von Markwalder (2)
ewöhnung oder Kumu-
seine Bestätigung. Er verarbeitete frische.-Meerzwiebel nach. dem von |
Straub angegebenen Verfahren und fand, daß sie äußerst glykosidreich
\ ie wirksame Substanz
von Bulbus scillae recht resistent gegen die üblichen Behandlungen
beim Trocknen und Extrahieren sei ganz im Gegensatz zur Folia. digi-
talis. Er glaubt auch, daß die wirksame Substanz bzw. die Substanzen
des Bulbus scillae hinsichtlich ihrer Froschwertigkeit den Digitalis-
stoffen überlegen sind. Er fand nämlich bei Bul.bus scillae einen Titer
von 0.000008 pro Gramm Frosch, während der Titer des kristallisierten
Digitoxinsin gleicher Messung 0.0000036, des reinsten Gitalins 0,000006 ist.
In der Zwischenzeit war es der Firma Sandoz gelungen, das
Reinglykosid der Meerzwiebel, das Scillaren, darzustellen.
Die mit diesem ee Scillaren von Jenny (3) angestellten
Untersuchungen ergaben, daß Scillaren am Heoschhöreen weniger
fest haftet als Digitalis. Weiterhin zeigte sich, daß man zum Stillstand
des Froschherzens doppelt so viel Scillaren braucht als Digitalis, d. h.
Scillaren besitzt eine geringere Vergiltungsdosis. Der Unterschied
zwischen Scillaren und Digitalis ergab sich auch in der Einwirkun
von Scillaren auf Leimplatten. Digitalis wirkt entquellend, währen
Scillaren eine viel geringere Quellungshemmung, ja sogar eine Quellungs-
förderung hervorruft. Mit diesen Untersuchungen Jennys stimmen
auch die von Okushima (4) undGrünwald (5) überein. Beide Autoren
stellten fest, daß Scillaren an Wirkungsintensität der Gruppe der Stro-
phanthine etwa gleich kommt, gemessen an der Wirksamkeit an Fröschen.
| ist für die Scillarenwirkun
‚ deutung, daß allem Anschein zwischen Scillaren und Kalk eine Affinität
rauen Altertum wurde Bulbus scillae angewandt
ert erwähnt. Das
3. März, 600 ccm. `
Sie bestätigen ebenfalls, daß Scillaren ein sehr geringes Haftvermögen
besitzt und damit zusammenhängend auch eine geringe Neigung zur
Kumulation. Grünwald glaubt ferner, daß zwischen Scillaren und
| Strophanthin ein Pseudoantagonismus besteht und zwar derart, daß
bei kombinierter Anwendung, dieser beiden Mittel das Auftreten der
Strophanthinkontraktur verhindert und eine bestehende Strophanthin-
kontraktur durch .Seillaren gelöst werden kann. Seiner Ansicht nach
g am Herzen von entscheidender Be-
besteht, die eine Störung des Ionengleichgewichtes zwischen Kalk und
Kali zur Folge hat. | l
Auf Grund der günstigen pharmäkologischen Ergebnisse wurde
Scillaren auch an unserer Klinik angewandt. Wir verfügen über
insgesamt 25 Fälle. In allen diesen Fällen sahen wir niemals,
selbst in hohen Dosen, weder bei der Verabreichung von Scillaren__
per os, nochintravenösirgendwelcheErscheinungen voi seiten
des Darmes, was ja auch andere Autoren wie Boden und Neu-
-kirch (6), Cahn (7) und’Hertz (3) beobachteten. Die Angaben von
Hertz (8), daß die Patienten nach intravenösen Scillarengaben
über einen’ unangenehmen knoblauchartigen Geschmack klagen,
können wir nicht bestätigen. Auch fanden wir ebensowenig wie
'Sacki (9), Kaufmann (10), Massini (11), daß Scillaren eine kumu-
lierende Wirkung ausübt. Unter unseren 25 Fällen waren 12 Fälle
von Mitralinsuffizienz, 10 Fälle von Myodegeneratio cordis, 1 Fall
von Aorteninsuflizienz und 2 Fälle von Arteriosklerose. Was die,
Herzmuskelinsuffizienz anbelangt, so sahen wir, daß Seillaren in
fast allen Fällen, wo Strophanthin versagte, eine eklatante Wirkung
hervorrief. Nur in einem Falle versagte Scillaren sowohl wie
Strophanthin. Hier handelte es sich um eine Insuflizienz infolge
Nierenerkrankung. Das Versagen der. Scillarentherapie in diesem
Falle würde auch vollkommen übereinstimmen mit den Ergebnissen
‚der Untersuchungen von Boden und Neukirch (6), die in solchen
Fällen auch keinen Erfolg von Scillaren sahen. In welch günstiger
Weise Scillaren die Diurese beeinflußt und sich dem Strophanthin
oft überlegen zeigt, ergibt sich aus folgendem Fall:
K. B., 74 Jahre alt, ohne Beruf. Pat. hatte als Kind Masern,
mit 60 Jahren Grippe. Seit 2. Jahren klagt Pat. über Atemnot,
Schwellung der Beine, Beschwerden beim Treppensteigen und Schmerzen
in der Herzgegend. Pat. wurde draußen mit Digitalis behandelt. In
letzter Zeit starke Zunahme der Beschwerden, € =
Status am 21. Januar 1924 bei der Aufnahme: Mittelgroße
Pat. im reduziertem Ernährungszustande. Dyspnoe mittleren Grades,
Ödeme beider Unterschenkel. Su
Lungenbefund: Schallverkürzung über beiden Spitzen, rechts .
mehr als links, sonst Klopfschall regelrecht. Atemgeräusch über der
- linken Spitze sowie rechts bis Skapulaspitze verschärft vesikulär. Über
den mittleren Partien. fein- bis mittelblasige Rasselgeräusche.
Herzbefund: Größe 3,5:10,5. tus außerhalb der M.C. L.
palpabel, hebend. Neben dem ersten Ton an der Spitze kurzes, weiches
systolisches Geräusch. II. Töne leise. 2. Aortenton stärker als 2. Pul- -
monalton, Aktion unregelmäßig, ungleichmäßig
Puls: Normale ‘Frequenz, unregelmäßig, ungleichmäßig, rechts
= links, gespannt. l À o
Hepar: Zwei Querfinger breit unterhalb des Rippenbogens
palpabel. cig” 3
Diagnose; Myodegeneratio cordis.
Pat. erhält täglich 3mal 1 Tablette Scillaren. Die Urinmengen,
die bei der Aufnahme 600 ccm betrugen, halten sich bis zum 3. Februar
durchschnittlich um 1400 ccm.
Am 4. Februar Absinken der Urinmengen auf 600 ccm. Absetzen
von Scillaren. Pat. erhält heute eine intravenöse Injektion von 1/3 mg
Strophanthbin, darauf Anstieg der Diurese auf 1000 ccm.
Die Urinmengen sinken jedoch wieder ab und schwanken bis
zum 22. Februar zwischen 600 und 850 ccm. 22. Februar. Urinmengen
200 ccm, Strophanthin 8/4 mg, Diurese von 400 ccm; 26. Februar, erneut
Strophanthin 1 mg, Diurese von 800 ccm; 27, Februar, 420 ccm; 28. Fe-
bruar: 620 ccm; 29. Februar, 540 cem; 1. März, 600 cem; 2. März, 520 ccm;
4. März. Pat. erhält wieder 3mal 1 Tablette Seillaren per os,
daraufhin 1300 ccm Urin. 5. März, 1200 cem; 6. März, 900 cem; 7. März,
100 ccm; 8. März, Scillaren intravenös 1 ccm, Diurese von 1800 ccm;
10. bis 14. März. täglich 1 cem Scillaren intravenös. Die Urinmengen
betragen durchschnittlich 1900 cem. Die Knöchelödeme sind ver-
schwunden. Pat, fühlt sich vollkommen wohl und hat keinerlei Be-
schwerden mehr. |
Vom 14. März ab Aussetzen der Scillarentherapie. Bis zum
1. April schwanken die Urinmengen zwischen 300 und 750 ccm. Avi-
treten von Ödemen an den Knöcheln und beiden Armen.. Verschlech-
terung des Allgemeinbefindens. |
9. April. Pat. erhält wieder Scillaren 3mal i Tablette täglich
er os, daraufhin 1200 cem Urin; 28. April, Urinmengen durchsehnitt-
ich zwischen 1300 und 1500 ccm, Ödeme an den Armen und Knöcheln
fast vollkommen verschwunden. Subjektives Wohlbefinden.
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- Schweiz. m, W. 1922, Nr. 26.
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Ebenso gute Erfolge ergab die Behandlung der Fälle mit
Insuffizienzen auf arteriosklerotischer Basis. Auch hier zeigte sich
Seillaren oft dem Strophanthin überlegen und erzeugte oft ‘eine
überraschende Diurese sowie eine Kräftigung des Herzens. In
unserem ‘einen Fall von Aorteninsuffizienz sahen wir auch eine
Beeinflussung der Diurese, konnten aber "sonst keinen besonders
günstigen‘ Einfluß des Scillarens feststellen, vor allem sahen wir
“keine besondere Vertiefung der Diastole, wie sie Mendel nach
- Bulbus Scillae sah. wir | |
Zusammenfassend sei also gesagt, daß Scillaren sowohl
f per os wie intravenös von den Patienten gut vertragen wird, vor
' alem ruft es keinerlei Darmstörungen bei oraler Eingabe hervor.
Auch. tritt keine Angewöhnung auf. Es zeigt sich in manchen
“Fällen dem Strophanthin überlegen.
‚thronischen Herzinsuffizienzen anzuwenden, während man nach
'Sceillaren ist besonders bei-
seren Erfahrungen mit Strophanthin bei dekompensierten Herz-
” klappenfehlern bessere Erfolge erzielt. `’
. »"Diteratur: 1. Mendel, Ther. d. Gegenw. 1918, H. 1—4. — 2. Markw alder,
Kin. Wschr, 1922, Nr. 5. — 3. Jenny, Schweiz med. Wschr. 1922, Nr. 22. — 4. Oku-
shima, -Arch. i. exper. Path. u. Pharmak. 1922, Heft 5/6. — 5. Grünwald, ebenda.
1 Het 1/8.—6.Boden und N eukirch, D. Arch f. klin. Med. Bd. 142. — 7. Cahn, '
Kin, Wschr, 1923, H. 36, S. 1719. — 8. Hertz, M.m.W. 1924, Nr.9. — 9, Sacki,.
. DW, Nr.2 — 10. Kauffmann, M.m. W. 1928, Nr.17. — 11. Massini,
t
<- Alformin, ein alkalisches Adstringens.
2.2 Von Hofrat Dr. Alfred Zucker, Dresden.
- Die adstringierenden Stoffe teilt man bekanntlich in zwei
Groppen: 1. Gerbsäure, 2. Salze des Aluminiums und verschiedener
Schwermetalle. Die Gerbstolie verhalten sich wie ‘schwache Säuren,
se fällen Eiweiß aus sauren und neutralen Lösungen und bilden
wit leimgebenden Geweben feste Verbindungen (Vorgang des Gerbens).
Die Salze, des Aluminiums und der Schwermetalle verhalten sich.
ähnlich’ wie die Gerbstoffe.
‘albuminat gefällt.
Eiweiß wird von ihnen als Metall-
Eigenschaft zeigt sich recht- unangenehm bei Verwendung der viel
- gebräuchlichen essigsauren, ameisensauren und milchsauren Tonerde-
sung. Es ist bekannt, daß z.B. essigsaure Tonerde bei längerer
Anwendung das Gewebe recht unangenehm mazeriert. Als Mund-
ud Gurgelwasser wird sie zwar viel verordnet, ihre Anwendung er-
. Mheint aber nicht harmlos, wenn man bedenkt, daß sie sehr leicht eine
‚ Eitkalkung der Zähne infolge ihres sauren Charakters herbeiführt.
= > "Iärhabe nun Versuche angestellt, die, ätzende Wirkung der
“ ren Komponente auszuschalten. Dabei hat sich herausgestellt,
- daB dasfrisch gefällte Aluminiumhydrgxyd, welches teilweise kolloi-
len Charakter hat und als Aluminiumhydroxydgel anzusehen ist,
fast die gleiche adstringierende Wirkung besitzt, wie die sauren
wmiumsalze, aber ohne Ätz- und Reizwirkung. Bedingung der
uk daß das Aluminiumhydroxydgel stets frisch her-
gestellt wird, damit es seine hochdisperse Form behält. Die Metall-
ydroxydė haben nämlich die Eigenschaft, in sich selbst zu altern,
tt. allmählich treten die hochdispersen Teile zu größeren Komplexen
mammen und in gleicher Weise nimmt die adstringierende Wirkung
hr asidiesem Grunde ist die Wirkung eines trockenen Aluminium-
` oxydpräparates erheblich geringer als die des frisch gefällten.
m feuchte hochdisperse Aluminiumhydroxydgel bildet auf den.
loberflächen eine
zeiliper. Bildung v
Vorteil des Alumin
Niederschlagsmembran, vermutlich unter. gleich-
on komplexen Metalleiweißsalzen. Ein weiterer
iumhydroxydgels besteht außer dem Fehlen jeg-
gt, das ähe, der entzündeten Schleimhaut anhaltende Mucin
m und schädigende Säuren zu neutralisieren.
et ist eine außerordentlich vielseitige. Eingehende Ver-
"ergeben, daß es ein ausgezeichnetes Mund- und Gürgel-
s Rialet aut os die entzündeten Schleimhäute des Mundes
normale F > Sear Schnell und ohne jede Nebenwirkung in die
Gerade als Gurgelwasser dürfte es sehr
Suche
e Form zurücklührt.
p ommen S i] ; > . e ) H
Eigenschaften 7 den bisherigen Gurgelwässern recht unangenehme
S anhalten. — Das chlorsaure Kali. ist, wie in der
b |
ildendes Chlorat, welches einen Zerfall. der roten Blut-
2 Verschlucken i rstopfung der Nierenkänälchen bewirkt, Auch
“scheinungen sermger Mengen beim Gurgeln kann Vergiftungs-'
“a Ist die Eiweißlällung oberflächlich, so wirkt sie
- adstringierend, geht sie in die Tiefe, wirkt sie ätzend. Diese ätzende
& m dem Umstand, daß seine alkalische Natur es
hydro ie therapeutische Verwendungsmöglichkeit des Aluminium-
etont wurde, ein gefährliches, Methämo- -
i Übermangansaures Kali färbt Schleimhaut
genehm braun durch Absetzen des schwer entfern-
‚leicht gefaßt werden.
fügung.
gewährleistet. Die Kanüle bleibt lange scharf ‘und
Elastizität auf die Befestigung der Nadel am An
Wert gelegt,: indem sogar auf Wunsch noe
Sollte wirklich einmal infolge eines ünglückliel
Nadel abbrechen, so dringt das verdickte Andersen sof
S \ ERR en (ETS hl.
: EE S Eee A Ya eS sw o i p ; Re a ne
- Fa a ey, ; 2 N | -i Ka y N -d SEE RET N k 2. ei i j Hal ;
Rs Keen s, l Be , . tg z Ze i = f je a i RA a Zu f S i ; Bl r t EH {3 Er Be „j!
5 + x 19 - $ ` i n 2 $ . ” ‘ y 5 ` u; `~ ` S j M D ` + pie:
1h Aagot T — HE. KLINIK — Ni. 33. >00 ERON 1146. yi
En RER | BE ed > ae a ee ae ee ur
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= IEFBE E E> - E PEE EE TAES
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baren Braunsteins, welcher sich in die feinsten Risse der Zahn-
substanz einlagert, auch führt der längere Gebrauch zur Abstumpfung
des Geschmackes: , Wasserstoffsuperoxyd lockert die Schleimhaut
und besitzt keine adstringierende Wirkung. .
Ich habe die Max Elb Aktiengesellschaft Dresden veranlaßt,.
ein wirksames Präparat, welches bei jedesmaligem Gebrauch, messer--
spitzenweise ins Wasser geschüttet, in ‚statu nascendi Aluminium-
‚hydrosydgel'ergibt, unter der Bezeichnung „Alformin“ inden Handel
‚zu bringen. Alformin hat sich als adstringierendes Mund- und
Gurgelwasser ohne jede Neberiwirkung erwiesen.. Das Verfahren ist
zum Patent angemeldet.. Seine weitere Verwendung in der Wund-
behandlung und gynäkologischen 'Praxis unterliegt’ zurzeit noch der
Nachprüfung. Auch hier, scheinen die. bisher erhaltenen. Resultate
zu großen Hoffnungen zu berechtigen (insbesondere -bei Fluor- `
behandlung). Damit weitere Beobachtungen mit dem recht inter-
.essanten Präparat gemacht werden können, 'stellt die Fabrik
Max Elb, Dresden, Proben kostenlos zu Versuchszwecken zur Ver- .
Die aseptische Tascheninjektionsspritze. „Paratus“.
Dr Rattner, Arzt in Berlin. |
i
' Das Problem der sterilen und handlichen Aufbewahrung “ist
in dem leicht transportablen „Paratus“ gelöst, der von ‘der Firma.
. Grünebaum & Scheuer, Berlin SW. 61, Belle-Alliancestr.i3 auf den
Markt gebracht wird. „Paratus“, bequem nach Art eines Füllfeder-
halters in der. Westentasche zu tragen, enthält eine dauernd in
Alkohol lagernde Rekordspritze,. von’ 1 resp. 2 cem und am anderen.
Ende drei gleichfalls durch Alkohol sterilisierte verschieden lange
Kanülen. : nS EN ai | Ei |
Dieser aseptische Taschen-Injektions-Apparat hat sich mir. in
meiner Praxis als sehr brauchbar erwiesen. Es ist klar, ' daß- diese
dankenswerte technische Neuerung in erster Linie berufen sein dürfte,
.den Bedürfnissen des zu jeder Tages- und Nachtzeit in der Hilfs-
bereitschaft stehenden praktischen Arztes gerecht zu werden.
Im Zusammenhang damit möchte ich an dieser Stelle- nicht.
verfehlen, die Aufmerksamkeit, der Kollegen auf die sogenannten
ii 3 D .. ® = d > ` ú . i 2
„Bsco“-Kanülen hinzuweisen, die dem „Paratus‘ beigegeben sind.
' Diese Neuheit ist von der Firma Hohlnadel-Fabrik „Belle-Allianee“
Scheuer & Co. erfunden und in den Handel gebracht.
"Die „Esco“-Kanüle besteht aus einer Legierung, deren. Zu:
sammenstellung Geheimnis des Herstellers ist. Sie hat einen halt-
baren: Nickelüberzug, . der ein unveränderliches gutes Änsschen
| | zebrauchsfähie
Sie kann jederzeit ausgekocht werden und, ohne ae
änderungen erleidet, in Wasser oder. Alkohol liegen. Die übliche
Medikamente, die, zur ‚Injektion verwendet werden, øreilen die
Kanülen in keiner Weise. an. Als ein Vorzug, erscheint mir ai
Tatsache der fast völligen Unmöglichkeit des Abbrechens dar Kanüle!
-Bei der „Esco“-Rekord-Kanüle ist neben der Erhöhung Fin
| Sr È l h eine besonder z
stärkung (wie aus beigegebener Abbildung hervorgeht) ee
Zulalls eine
ort :in die
Tiefe, es bleibt außerhalb der Haut oder Schleimh
Somit stellt dieser Injektionsspritzenbehälte: RN
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aus praktischen Kanülen einen wirklichen technischen Fortschritt. le
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und über Prolaps- oder ähnliche Beschwerden klagen, trotzdem sie
1146
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33.
Pyoktanin als Zusatzmittel bei der örtlichen
Betäubung.
Von Dr. Adrian Schticking, Bad Pyrmont.
In seiner Arbeit: „Die örtliche Betäubung in der Hand des
praktischen Arztes“ regt Prof. Dr. Max Kappis, Hannover, die
örtliche Betäubung zur Naht von Dammrissen an. Bekanntlich sind
die Resultate bei Dammrissen, seien es frische oder alte, selbst bei
einwandlfreister Technik nicht immer die besten. Daher kommt es
nicht selten vor, daß die Patientinnen in die Sprechstunde kommen
angeben, ‚sie seien nach der Entbindung genäht worden. Bei der
Untersuchung stellt sich heraus, daß der damalige Dammriß wohl
genäht, die Naht aber wieder aufgerissen bzw. durchgeeitert ist.
Die Patientinnen haben sich dann nicht weiter um ihr Leiden be- |
kümmert; nur wenn die Beschwerden stärker werden, suchen sie
von neuem einen Arzt auf. Viele von diesen möchten eine Narkose
vermeiden und begrüßen es freudig, wenn ihnen eine schmerzlose
Operation ohne Narkose in Aussicht gestellt werden kann. — In
allen diesen Fällen operiere ich in örtlicher Betäubung und zwar
infiltriere ich mit einer 0,5°%, Novokainsuprareninlösung, der ich
auf 100 g dieser Lösung 0,2 bis 0,3 Pyoktanin' coerul. zusetze. |
Seitdem ich so verfahre, habe ich stets zufriedenstellende Heil-
erfolge gehabt. Dammrisse II. Grades heilten innerhalb 6 Tagen,
so daß ich mich oft verwunderte, wenn ich nach dieser Zeit die
Patientinnen besuchte und sie noch bettlägerig wähnte, sie bereits
Nleißig ihren häuslichen Arbeiten nachgingen, ohne geringste Be-
schwerden zu verspüren. Die Untersuchung ergab dann immer eine
völlige Verheilung, auch der obersten Nähte, die dagegen früher
sehr gern infolge des Ausflusses durchschnitten. Über die Technik |
bemerke ich folgendes: Bei frischen Dammrissen infiltriere ich ganz
oberflächlich, nur seitlich steche ich die Nadel tiefer ein und spritze
die Lösung unter langsamem Zurückziehen der Nadel etwas stärker
ein, da ich hier mit den größeren und tieferen Nähten hindurch-
zukommen pflege. Als Nahtmaterial verwende ich Jodkatgut.
Bei `
alten. Dammrissen infiltriere- ich zunächst das Öperationsgebiet,
17. August
präpariere die alte Schleimhaut, soweit erforderlich ist, ab und
infiltriere dann nochmals, wenn nötig, das mir nun vorliegende
angefrischte- Gewebe oberflächlich, so daß eben die Nadelspitze im
Gewebe verschwindet, sodann folgen gleichfalls einige tiefere .seit-
liche Einstiche mit der Nadel, so daß ich sicher bin bei den
tiefereren und größeren Nähten keine Schmerzen zu verursachen.
Die ganze Prozedur ist sehr einfach, erfordert wenig Zeit und er-. `
spart dem Operateur außerdem die Sorge um eine evtl. Narkose,
Aber nicht nur zur Naht von ‘Dammrissen verwende ich die
0,5 Novokainlösung unter Zusatz von 0,2 bis 0,3 Pyoktanin: coerul.,
sondern fast in allen denjenigen Fällen, wo ich früher lediglich die.
0,5 Novokainlösung verwandte. Ich habe so stets eine erstaunlich
schnelle Heilung konstatiert und schiebe die guten Erfolge be-
sonders der austrocknenden Eigenschaft des Pyoktanins zu, das die `
Überhäutung wesentlich beschleunigt. Eine örtliche Betäubung von
Furunkeln und Karbunkeln hatte ich stets perhorresziert, nachdem
ich nach einer solchen .eine schwere allgemeine ‘Sepsis gesehen
hatte; jetzt aber habe ich mit der lokalen Novokainpyoktanin-
Betäubung derartig günstige Resultate beobachtet, daß ich diese
Methode ‚nicht missen möchte. Für unbedingt wichtig halte ich
allerdings, daß außerhalb des entzündeten Gewebes infiltriert wird.
Zu Blasenspülungen verwende ich schwächere Pyoktanin-
lösungen, etwa 0,2 g auf 500 g Ag. dest. unter Zusatz von 0,2 g
Novokain. Dabei habe ich gefunden, daß 0,2 g Novokain voll-
kommen zur Schmerzlinderung genügt, offenbar erhöht Pyoktanin
die anästhesierende Wirkung des Novokains. Es empfiehlt sich je
nach der Schmerzhaftigkeit der Blasenentzündung entweder etwas
mehr oder wenig
ser Novokain hinzuzusetzen oder es gänzlich fehlen
zu lassen. | |
Auch zur innerlichen Behandlung läßt sich Pyoktanin
mit Erfolg anwenden, so`z. B. in Pillenform bei Oxyuriasis, Magen-
geschwüren, chronischem Magenkatarrh etc. Schädigende: Einflüsse
habe ich bei vorsichtiger Dosierung niemals beobachtet. Kinder
von 5—10 Jahren vertragen 0,02 bis 0,03 g täglich, Erwachsene
0,03 bis 0,05 täglich ohne Beschwerden oder nachteilige Folgen.
Leider färbt Pyoktanin stark blau, mit Alkohol oder Salzsäure
lassen sich die Flecken von den Händen aber leicht entfernen.
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus der Chemischen Abteilung des Georg Speyer-Hauses in Frank-
furt a. M. (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. W. Kolle).
Zur Chemie der Wismutverbindungen.
: Von Hugo Bauer,
Mitglied des Georg Speyer-Hauses.
Die wertvollen Eigenschaften der Wismutverbindungen für die
Behandlung der Syphilis sind erst vor kurzem durch R. Sazerac
und C. Levaditi erkannt worden. Wenn man bedenkt, daß das
Arsen als Heilmittel bei Syphilis schon lange verwendet wurde,
bevor Paul Ehrlich seine systematischen Untersuchungen auf dem
Arsengebiet begann, daß die Brauchbarkeit der Verbindungen des
Antimons in der Therapie der Protozoenkrankheiten schon seit vielen
Jahren bekannt ist, so muß es auffällig erscheinen, daß das Wismut,
das als Wund- und Darmdesinficiens ausgiebige Verwendung fand
und findet, so spät als Syphilisheilmittel erkannt wurde.
Daß die früheren, auf diesem Gebiete vorliegenden Unter-
suchungen nicht zum Ziele geführt haben, hat verschiedene Ursachen.
Einer der Hauptgründe ist die Schwierigkeit der Ausführung ex-
perimenteller Untersuchungen bei Syphilis. Ehrlich hätte die
Auswertung seiner zahlreichen Arsenpräparate niemals allein. an
syphilitischen Kaninchen durchführen können, sondern bediente
sich der im Laboratorium leicht zu behandelnden Mäuse, die mit
Trypanosomen oder mit Rekurrensspirochäten infiziert waren. Ehr-
lich konnte das um so eher, als die Wirksamkeit der Arsenpräparate,
von einigen Ausnahmen abgesehen, bei Trypanosomiasis, Rekurrens
und Syphilis einigermaßen parallel geht. Auf Grund dieser Erkennt-
nis konnte aus der großen Schar der Arsenverbindungen das Sal-
varsan durch Prüfung an Mäusen als wirksamstes Präparat heraus-
gefunden werden.
Wismutverbindungen verhalten sich jedoch anders. Sie beein-
flussen Trypanosomen und Rekurrensspirochäten nicht oder nur in
geringem Maße (K.olle). Dazu kommt, daß die Wirksamkeit der Wismut-
verbindungen sich erst bei intramuskulärer Applikation entfaltet.
Die Methode der intravenösen Injektion, die Ehrlich seinem Ver-
fahren zur Auswertung des chemotherapeutischen Index zugrunde
gelegt hat, ergibt, wie.die Untersuchungen von W.Kolle zeigen, einen
verhältnismäßig geringen Index, der zu einer Unterschätzung der
Heilkraft des Wismuts bei Syphilis geführt hat.
Nachdem in der vorhergehenden Abhandlung Herr Geheimrat
Kolle über die Chemotherapie der Wismutverbindungen berichtet
| hat, seien hier einige chemische Angaben über die Chemie des
Wismuts sowie einige der im Georg Speyer-Haus neu hergestellten
'Wismutverbindungen gemacht, wobei es gestattet sei; zur Erleichterung
des Verständnisses auf schon Bekanntes zurückzugreifen.
Wismut gehört, ebenso wie Antimon und Arsen, im periodischen
System der Elemente der Gruppe des Stickstoffs an. Es hat von
diesen Elementen das höchste Atomgewicht (209), die am stärksten
ausgeprägte metallische Natur. In seinen Verbindungen ist es fast
ausschließlich dreiwertig, die fünfwertige Form ist nur in einigen,
schwierig erhältlichen Sauerstoffverbindungen bekannt. Eine vom
fünfwertigen Wismut sich ableitende Wismutsäure ist in reinem
Zustande noch nicht erhalten worden. Das Oxyd Bi,0, zeigt keine
Säurenatur, sondern basische Eigenschaften. Da diese jedoch nur
schwach ausgeprägt sind, erleiden die anorganischen Salze des Wis-
muts, falls keine überschüssige Mineralsäure zugegen ist, eine hydro-
Iytische Spaltung unter Bildung unlöslicher, basischer Wismutsalze.
Die im Vergleich zum Arsen metallische Natur des Wismuts
äußert sich auch in den wismutorganischen Verbindungen, in denen
Wismut an Kohlenstoff gebunden ist. Die außerordentliche Variations-
fähigkeit, die dem an Kohlenstoff gebundenen Arsen, in schwächerem
Maße dem Antimon eigen ist, vermissen wir beim Wismut. Von
Monoarylverbindungen des Wismuts sind bis jetzt nur Phenyl-
bismutinhalogenide erhalten worden, organische Bismutinsäuren ‚und
Bismutinoxyde sind noch unbekannt. Dieser Mangel an Variations-
fähigkeit verhindert einen synthetischen Ausbau der Wismut-
verbindungen in ähnlichem Umfange, wie wir ihn in der Arsenchemie
kennen. J
Eine andere Eigenschaft des Wismuts gibt uns jedoch di
Möglichkeit in die Hand, eine große Anzahl von Wismutverbindunget
mit organischen Komponenten zu gewinnen, nämlich die Fähigkei
zur Bildung komplexer Salze, die beim Wismut stärker als be
Arsen und Antimon ausgeprägt ist. Hydroxylhaltige, organisch
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a "Substanzen vermögen Wismutverbindungen ZU bilden, die in Alkalien’
2 Jöslich sind. In diesen Verbindungen zeigt das Wismut nicht die '
=, |. normale Reaktion, mit Alkali als unlösliches. Wismuthydtoxyd aus-
- ‘zufsllen. Das: Metall ist vielmehr für. den analytischen Nachweis
| . "yerschwunden und befindet sich in komplexer Bindung. :Schwefel- |
-"wasserstoff jedoch vermag derartige Verbindungen unter Bildung, .
“des unlöslichen schwarzbraunen Wismutsulfids zu: zersetzen.
das, zum
.. sauren. Alkali gebunden wird, | ]
-A;Rosenheim und W. Vogelsang (2) in kristallisierter Form ge- |
. wonnenen Kaliumsalzes, das 67°), Wismut enthält, die Bruttoförmel.
'.KBi0;H1001s besitzt und von seinen Darstellern ‘folgende Struktur- .
- formel-erhalten hat: a a A ee Pe
< “Die Tatsache, daß alkalische Weinsäurelösungen-. Wismut-
u ' hydroxyd bzw. Wismutsalze auflösen, ist schon lange: bekannt und
y ie ý
zum Nachweis von Traubenzucker im Harn dient. - Aa
.‘.."Näheren Aufschluß über die Art, wie .das Wismut vom wein-
gibt die Zusammensetzung des- von
COOK Be PERE
EROSION. 00... en
a ono. Bid TED =.
GÖRA oo
=z Nach dieser Formel haben wir also ein’ Monokaliumsalz ‘einer
‚ " Tribismutylweinsäure vor uns. Unter dem Einfluß des. Alkalis ist das
i an „Trepol“
; ‚bezeichnete Präparat ist keine einheitliche Substanz, was sich.schon.
<- "daraus ergibt, daß es weder.in Wasser noch in Alkali klar löslich ist.
rl
æ
EE E E
-
a Natriums folgender Rormel:
<. enthält EN ; $ i u Ks x 2 i FE 9 g
ei per weniger ale das in higen
© 7 „Dasvon G. Giemsa und W: Weise (8) kürzlich beschriebene
. !heinlich mit
Be dieser Autoren
i „ eheimrat Kolle berichtet hat, nur zum: Teil. bestätigt werden.
‚Siltiger,
Wisina
, Sannt, Auch Nukleinsäure
: Aydrosyverbindungen Wismut zu binden. Es ist schon:lange be-
E 1. Sullöst,
sung gibt
Überschüssige
. - Wismùt-an die Hydroxylgruppe der Weinsäure gewandert. Auffallend
„> erscheint es, daß auch das Hydroxyl einer Karboxylgruppe: eine Bis-
` mütylgruppe komplex zu binden vermag. Offenbar Ai |
die sauren
= „Eigenschaften der zweiten Karboxylgruppe so stark herabgedrückt, daß.
ee ‘ihr Hydroxyl alkoholische Funktion annimmt, ee
"Neben dieser Verbindung erhielten Rosenheim und Vogel-
.. gang noch ein anderes Kaliumsalz, ‘wenn:auch in
von: folgender Formel: ee}
schlechter Ausbeute, .
-GROBO O o 7
en CHE e o a
= COOK ©: BE
d
- ox Die Darstellung kristallisierter N atriumsalze gelang den genannten |
Forschern nicht.
< Eile dem Brechweinstein analog. konstituierte Verbindung. des.
.. Wismts ist nicht bekannt. : Die. Angaben .G: Bäudrans (6), der ein
derartiges Salz erhalten haben will, konnten von ändern Forschern |
nieht bestätigt werden. A re E F ao a
Das von Sazerac und. Levaditi (1) unter dem: Namen
eingeführte und als. weinsaures: Wismut-Kalium-Natrium
Im Laufe unserer Versuche, ein- einheitliches Natriumsalz
‚ aner:Wismutweinsäure zu gewinnen, -machite Herr Dr. Maschmann
© die Beobachtung, |
' Fein man weinsaures Wismut in der gerade notwendigen Menge.
Natronlauge von bestimmter Konzentration auflöst und -sich selbst.
= Aberlaßt (D. R.P. angemeldet.) ea N wen S
E „Die so
Au lulttrockenem Zustande die Zusammensetzung eines tribismutylwein-.
daß ein kristallisiertes Natriumsalz sich ausscheidet,
gewonnene Verbindung mit 71.9, Wismutgehalt hat
COO’. BiO ; a g =. D 2 : ii |
..CHO.BiO Zr
CHO.BiO
+20 0.
. COONa : | |
und ‚als „Bi 5“ bezeichnete tribismutylweinsaure: Natrium ist. wahr-
unserem Salz identisch.: -Die- biologischen Angaben
konnten durch die Untersuchungen, über die Herr
RL wie Weinsäure sind auch andere Oxykarbonsäuren | *
allgt, komplexe Wismutverbindungen zu liefern. 'Insbesondere |
wurden v
unbekann
Im Vergl
on uns Schleimsäure und Zuckersäure in ihre bisher..noch.
ten Wismutverbindungen und deren Alkalisalze übergeführt.
eich zu den Bismutyltartraten sind diese Verbindungen
n ohne daß ihre Wirksamkeit gesteigert wäre. — © —
on Oxykarbonsäuren der aromatischen Reibe, die komplexe
verbindungen liefern, seien die Di-. und -Trioxybenzoesäuren
gehört zu den Komplexbildnern. .
von Karboxylgruppen vermögen Poly-
Auch bei Abwesenheit
ant, daß Wismutnitrat sich bei Gegenwart von Glyzerin in- Wasser
ohne daß sich basisches Wismutnitrat abscheidet. Diese:
mit Natronlauge einen weißen Niederschlag, der mit
y
findet ihre praktische Anwendung im: Nylanderschen Reagens, .
r Natronlauge wieder in; Lösung gebt. In Lösung be
U
findet sich. Natrium-bišmutyl:glyćerat. ‚Ebenso wie; Glyzerin verhäl
sich’ der sechswertige Alkohol Mannit [L. Vanino (4)]. Wie Herr
Dr. Maschmänn gefunden. hat, liefern auch die Zucker komplexe
-Wismutverbindungen;, die sich in Alkalisalze überführen lassen. Als
besonders geeignet haben sich Mannose, Fruktose und Xylose er-
‘wiesen: Verbindungen 'der Fruktose mit Wismut sind, wie wir
‚nachträglich gesehen haben, schon im Jahre 1888 von Winter (6)
| beschrieben worden... Diese Zuckerwismutverbindungen, deren Her-
: stellingsverfahren: zum Patent angemeldet ist, zeichnen sich durch
eine kräftige Wirksamkeit im Kanincheuversuch und durch rasche
Resorbierbarkeit aus. Die Alkalisalze dieser Zuckerwismutverbin-
| dungen reagieren - in "wässeriger Lösung infolge hydrolytischer
| Spaltung alkalisch. |
Wismutnitrat, das in, verdünnter: Salpetersäure gelöst ist, zu_ver-
_ setzen, kann man an Stelle des Wismutnitrats. dessen. Verbindung
mit Mannit oder Zuckern. benutzen. .In beiden Fällen erhält man, `
J|. wie Vanino (4) ‘gezeigt hat, dasselbe unlösliche Wismutsalz. Be-
nutzen wir.eine Säure, die zur Komplexbildung befähigt ist, so ent-
‚steht, wie vorher, ein ‚unlösliches Wismutsalz, das aber in Alkali
"unter Bildung einer komplexen Wismutverbindung löslich ist. Einen
_ Unterschied zeigt, wie Herr Dr. Maschmann. gefunden hat, .die
. 7-Jod-8-oxychinolin-5-sulfosäure. ‚Bringt. man deren Natriumsalz mit
Mannit- oder Zucker:Wismutnitrat in Lösung zusammen, so entsteht.
kein Niederschlag, sondern eine klare, gelbbraune Lösung, aus der
' sich- das Natriumsalz einer komplexen Bismutyl-jodoxychinolinsulfo-
sãure isolieren läßt. Dieses Präparat, von uns ‘als: Sp.H. 414 be-
zeichnet, -ist mit neutraler Reaktion in Wasser löslich. Bei intra-
‚muskulärer. Applikation 'wird es. rasch -resorbiert und zeigt einen
hervorragenden Index bei Kaninchensyphilis (Kolle).
“Die im Vorhergehenden genannten komplexen Wismutverbin-
dungen lassen sich in wasserlöslicher Form als Alkalisalze thera-
peutisch anwenden, was sich besonders. dann empfiehlt, wenn eine
rasche Resorption erwünscht ist. - Zur Erzielung der ‘therapeutischen
. Die Verbindungen des Wismuts mit Polyhydroxylverbindungen i
'sind zur Darstellung von Wismutsalzen organischer Säuren sehr ge-
‚eignet. Anstatt die Alkalisalzlösung einer organischen Säure mit
Wirkung ist jedoch die Verwendung der wasserlöslichen Form nicht
Zeit unter. Wismutwirkung setzen, so. ist: die wasserunlösliche Form
vorzuziehen. In diesem Falle ist es nicht einmal erforderlich, daß
‚das‘ Wismut mit komplexbildenden ‚Säuren vergesellschaftet ist.
© Die Untersuchung‘ zahlreicher schwer. löslicher Wismutsalze,
die. teils bekannt waren, ‚teils neu hergestellt wurden, hat ergeben,
‚daß alle Salze eine Wirkung bei Kaninchensyphilis-aufweisen, wenn
auch nicht in ‘gleicher Stärke. ‘Die Wirkungsunterschiede lassen
jedoch keinen Zusammenhang mit ‘der chemischen Konstitution 'er-
kennen, sondern erweisen sich als Funktionen: der Resorbierbarkeit
‚und: Ausscheidungsgeschwindigkeit (Kolle). Mn
| ‚Dieser Umstand führt uns zu der Annahme, daß die Wismut- .
verbindungen zur ‚Entfaltung‘ ihrer Heilwirkung besonderer Haft-
gruppen (haptophorer Gruppen) nicht bedürfen. Der. Wirkungs-
: mechanismus der Wismutverbindungen ist demnach nicht mit dem
der organischen Arsenverbindungen in Parallele zu stellen. Viel-
mehr müssen wir annehmen, daß. durch Einwirkung. der Körpersäfte -
-auf die. Wismutverbindungen eine ‚Durchtränkung des gesamten
Organismus mit Wismut stattfindet (Kolle). In welcher Form das
‘Wismut’ von den Körpersäften aufgenommen wird; steht noch nicht
fest. Die Untersuchungen, die' Herr: Dr. Ed. Strauß im hiesigen
notwendig. Will man den Organismus von einem Depot aus längere `
Institut ausgeführt hat, lassen es wahrscheinlich erscheinen, daß
das Wismut an. die Globulinfraktion des Eiweißes gebunden ist.
Das. Wismut. wirkt nach: dieser Auffassung in gleicher Weise wie
‚das Quecksilber, indem die Entwicklung der Spirochäten durch die
Durchtränkung des. Organismus mit Metall unterbunden wird.
Unter. den -unlöslichen Wismutsalzen verdienen die Wismut-
salze der Zimtsäure und ihrer. Substitutionsprodukte, z. B. der o- und
p-Oxyzimtsäure und dér Hippursäure wegen ihres hohen ‘chemothera-
peutischen Index besonders hervorgehoben zu werden. Es wäre
| jedoch : verfehlt, deswegen den : genannten. Säurekomponenten eine
‚besondere Affinität zu den Krankheitserregern zuschreiben z
ten eine
Daß eine derartige Spezifität nicht vorliegt, ergibt sich auc
| a E h daraus,
daß Wismutsalze aus beliebigen anderen Säuren, wie z. B. Bo
Wismut-
‚subnitrat, ebenfalls eine kräftige Wirkung zeigen. Über die Be- _
wertung des chemptiherapeutischen Index bei intramuskulären De-
pots sei auf die. Arbeit Kolle, M.K. Nr.82, verwiesen. . `
Der Gedanke, Wismut mit den altbewährten Syphilisheilm;
Quecksilber und Arsen zu kombinieren, lag nahe. Für ne
es sich nicht darum handeln, mechanische Gemenge von Verbindungen
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u wollen.
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‚essigsäure wurden in ihre Wismutsalze übergeführt.
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=> > ` 192% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. nn
17. August
dieser Elemente herzustellen. Vielmehr sahen wir unsere Aufgabe
darin, chemisch gut definierte und möglichst einheitliche Verbin-
dungen zu gewinnen. Dies erreichten wir bei der Kombination
Wismut und. Quecksilber auf zweierlei Weise.
Quecksilberorganische Verbindungen, die gleichzeitig einen
Säurerest enthalten, lassen sich in Wismutsalze überführen (D.R.P.
angemeldet). |
Als Beispiele seien die Oxymerkurisalizylsäure
COOH
{Nou
o | q Jeon,
deren Anhydrid als Hydrargyrum salicylicum bekannt ist, die Oxymerkuri-
benzoesäure und Oxymerkurianthranilsäure genannt, deren Wismutsalze
weiße, unlösliche Pulver darstellen.
Auch die in der Syphilistherapie' bereits bekannten Sulfo-
säuren, z. B. die Merkurisuliosalizylsäure, sowie die Merkuriphenoxy-
Einen anderen Weg, der gewissermaßen die Umkehrung des
ersten darstellt, schlugen wir ein, indem wir Quecksilbersalze kom-
plexer Bismutylsäuren darstellten. (D. R, P. angem.) Wir gewannen
so Merkuro- und Merkurisalze der Bismutylweinsäure, der Bismutyl-
sallussäure (Dermatol), der Bismutylnukleinsäure. Die beiden letz-
teren Säuren zeigen hierbei eine interessante Erscheinung: sie re-
agieren mit Merkurisalzen nicht unter einfacher Salzbildung, sondern
werden im Kern merkuriert, und es entstehen Verbindungen, die
sowohl Quecksilber wie Wismut in maskierter Form enthalten.
Eine Kombination von Wismut und Arsen läßt in erster Linie
an ein Wismutsalvarsan denken. Unter den von Ehrlich und
Karrer?) hergestellten Metallarsenverbindungen ist diese Ver-
bindung. nicht aufgeführt. Die von diesen Forschern erhaltene
Arseno-Bismutoverbindung
ås = Bi— As — Bi = As
( N IN (
v NE, . HCl L ) NH, . HCl | NH3. HC
OH OH 3a oo.
gehört nicht in die Reihe der Metallsalvarsane, sondern in die der
gemischten Arsenverbindungen, zu denen z. B. auch die Arsen-
phosphorverbindungen zählen. Wir haben gefunden, daß man ein
Präparat von den Eigenschaften eines Metallsalvarsans erhält, wenn
man Arsenoverbindungen mit Wismutsalzen in schwach saurer,
| komplexen Bismutylsäur
Natriumbismutyltartrat, (D. R. P. angem.)
. bundenem Wismut überführen lassen.
Verbindung dieser Art leitet sich von der 3-Amino-4-oxyphenyl-
\
neutraler oder alkalischer Lösung zusammenbringt. Bringt man
eine möglichst : schwach saure Lösung von Wismutchlorid oder
Wismutnitrat mit Salvarsanlösung zusammen, so tritt eine Braun-
färbung ein, die sich nach einiger Zeit weiter vertieft.
von Alkali erhält man einen braunen Niederschlag, der bei Über-
Bei Zusatz
schuß des Alkalis mit tiefbrauner Farbe in Lösung geht. An Stelle
der anorganischen Wismutsalze können auch die Alkalisalze der
en Verwendung finden, beispielsweise das
Eine andere Art der Kombination von Wismut und Arsen
erreicht man durch Darstellung der Wismutsalze von Arsinsäuren.
Diese Wismutsalze sind unlöslich. Verwendet man aber Arsin-
säuren, die gleichzeitig Hydroxylgruppen enthalten, so gelangt man
zu Verbindungen, die sich in lösliche Alkalisalze mit komplex ge-
Eine besonders wertvolle
arsinsäure ab. Führt man nach einem, den Farbwerken vorm. Meister
Lucius und Brüning in Höchst a. M. geschützten Verfahren in die
Aminogruppe den Dioxypropylrest ein, so läßt sich aus der so er-
haltenen Dioxypropyl-S-amino-4- oxyphenylarsinsäure
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eine Bismutylverbindung gewinnen, die neutrale, lösliche Alkali-
salze bildet. Diese Verbindung (Sp. H. 510) zeigt nicht nur für
sich allein eine gute Wirksamkeit, sondern ist zur Kombination
‚mit Salvarsanpräparaten besonders geeignet.
Was schließlich die wismutorganischen Verbindungen betrifft,
die Wismut direkt an Kohlenstofi gebunden enthalten, so ist, wie
schon erwähnt, nur eine kleine Anzahl von Verbindungen bekannt,
die therapeutisch keine Vorzüge vor anderen Wismutverbindungen
aufweisen. Ob es gelingt, auf diesem Gebiete zu neuen, wertvollen
Präparaten zu gelangen, muß die Zukunit lehren.
Literatur: 1. R. Sazerac und C. Levaditi, Compt. rend. d. Vacad.
d. sciene. 1921, 172, 1891; 1921, 173, 1201; Ann. d. l'inst. Pasteur 1922, 86, L —
2. A. Rosenheim und W. Vogelsang, Zschr. f. anorgan.. Chem. 1906. 48, 208. —
3. G. Giemsa und W. Weise. K1.W.1923, 2,1258. — 4. L. Vapino und O. Hauser,
Zschr. f. anorgan. Chem. 1901, 28, 210; L. Vanino und F. Hartl, Journ. £ prakt.
Chem. 1906, 74,142. — 5. Q. Baudran, Ann. d. chimie et de phys. 1900, (7) 19, 536. —
6 H. Winter, Liebigs Ann. d. Chem. 1888, 214, 326. — 7. P. Ehrlich und
P. Karrer, Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 1913, 46, 3564. — 8. W. Kolle, Chemothers-
peutische Studien über Wismut. M.Kl. 1924, Nr. 32. |
Aus der Praxis für die Praxis.
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Geburtshitiliches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 31.) |
A. Riesenwuchs der Frucht. Selten sind Kinder schwerer als
5kg und sind höhere Zahlen mit großer Vorsicht aufzunehmen.
Doch kommen solche Fälle vor, wie z., B. A, Martin von einem
Knaben berichtet, der ohne Hirn und Schädeldach 7470 g gewogen,
also unverkleinert wohl 8000 g. Ich selbst entwickelte einmal ein
Kind, das, vor Zeugen gewogen, 5950 g wog und 59 cm lang war.
Es starb mir bei der Wendung wegen des engen Beckens ab. Das
Kind hatte, wie meist der Fall, sehr breite Schultern. Die Dia-
gnose ist aus dem starken Leibesumfang zu stellen, liegt der Schädel
vor sind die Nähte und Fontanellen sehr eng. Ist die Frucht ab-
gestorben, so vermeide man größere Verletzungen der Mutter durch
verkleinernde Operationen, denke auch wegen der Schulterbreite |
“an die Kleidotomie und 'seitliche Inzision, um Dammverletzungen
höheren Grades zu umgehen. |
5. Der Hydrocephalus kann bei Nichterkennen Uterus-
ruptur machen, ist aber bei vorliegendem Schädel leichter zu
erkennen als bei nachfolgendem. Man untersuche am besten mit
der halben Hand bei vorliegendem Schädel. Bei der äußeren Unter-
suchung fühlt man einen großen gespannten Sack, oft auch das
Pergamentknittern durch die Bauchdecken; dieses letztere erleichtert
auch die Diagnose bei Beckenendlage. Esist ein Kunstiehler bei
Hydrocephalus Zange anzulegen, man punktiere entweder bei
noch vorhandenen Herztönen, bei toter Frucht ist Perforation
mit Kranioklasie am Platze. Der Hydrocephalus muß mög-
lichst früh erkannt werden, was leider nicht immer ge-
schieht.
Uterus geführt, -
Die Zangenanlegung hat schon öfters zur Ruptur des
6. Gleichzeitiger Eintritt und Kreuzung von Zwillingen. Der
. Sachverhalt wird am besten mit der halben Hand erkannt. Be-
finden sich beide gleichzeitig eintretenden Kinder in Kopflage und
erfolgt die Geburt nicht spontan, so extrahiert man den Schädel
der ersten Frucht mit der Zange, es folgt dann die zweite nach
oder wird ebenfalls extrahiert. Treten beide Früchte in Becken-
endlage ein, so extrahiere man .zuerst das mehr nach hinten ge-
legene Kind. Liegt aber die erste Frucht in Beckenendlage, die
zweite in Kopflage, so kann es zu einer-Kreuzung der Köpfe
kommen, wenn der vorliegende Kopf des zweiten Kindes vor dem-
jenigen des ersten in die Beckenhöble eintritt. Hier stirbt das
erste Kind fast regelmäßig ab und legt man, um das zweite In
Kopflage befindliche zu retten, die Zange an dessen Kopf an und
extrahiert es. Dann folgt der Kopf des ersten meist von selbst
oder man entwickelt-ihn in Beckenendlage. Bei abnormen Schwierig-
keiten enthirne man vom Rückenkanale aus den Kopf der ersten
Frucht, die sicher tot ist und bekommt so Platz, Das aller-
schlimmste Hindernis entsteht, wenn sich die zweite querliegende
Frucht in die Halsaushöhlung der ersteren in Schädel- oder Becken-
endlage liegenden Frucht hineinlegt. Hier ist man meist genötigt, die
Dekapitation der zweiten Frucht zu machen, sonst geht die Mutter
unentbunden zugrunde. Noch einen praktischen Wink möchte icl
hinzufügen: Da bei größerer Ausdehnung des Uterus, noch besonder
vermehrt durch Hydramnion, leicht eine schwere Atonie eintrete:
kann, empfiehlt es sich vor der Extraktion des zweiten Zwilling
1—2 Spritzen Secacornin zu geben. Nach der Geburt kann ma
bei sehr großer Erschlaffung auch noch eine Spritze Gynergen vel
abreichen. Mit der Expression der Placenta warte man möglich
lange und exprimiere sie erst, wenn die Zeichen der Lösung (s. E
"hautretention) vorhanden. Der Kontraktionszustand des Uterus MI
noch mehrere Stunden genau beobachtet werden. Dieselben Kautelt
sind auch nach Drillingsgeburten zu treffen.
=. JtaAügast u 2.50.1924. — MEDIZIN ISCHE KLINIK — Nn.83:. aa an 2, MAR A e RRpe
7, Ist der Rumpf abnorm vergrößert, sei es‘durch Ascites, | krose. derselben, wodurch wiederum’ eine.Ruptur mit Erguß des Urins LTR HENRI
"Ausdehnung der kindlichen Harnblase, umfangreiche | in die freie Bauchhöhle eintreten kann. Dann erfolgt Exitus letalis. BEE U Kehl:
. Lymphangiektasien usw., so tritt natürlich dieses in Erschei- | Tritt der ‘günstigere Fall ein, daß: der Urin dauernd nach außen N En
‚nung, wenn.der Kopf oder bei Beckenendlage die Extremitäten ge- | durch die Harnröhrs .abtropft, so. wird .die; abgestorbene Blasen- I nl)
boren sind. Hier muß dann auch meist-mit der-halben oder ganzen | schleimhaut oft unter wehenartigen Schmerzen aus der Harnröhre Ma a Alle
‘Hand: untersucht werden, um die Art des Hindernisses festzustellen. - ausgestoßen; es bleibt. dann aber eine Schrumpfblase zurück oder m al arg
Ich ‘warne dringend hier zu große Gewalt anzuwenden und erwähne -die Patientin ‘bekommt eine aufsteigende Pyelonephritis, wenn sie AST: EENEN ii ar
i folgenden Fall: Ein sonst erfahrener. Geburtshelfer hatte, weil der | nicht 'einer Sepsis erliegt. . Bei ` dèr : äußeren Untersuchung findet I ea;
Kopi -bei der Ersigebärenden trotz guten ‘und lange bestehenden | man iw hochgradigen Fällen zunächst einen abdominalen Tumor, der HERE RUE ER SENAN
‘Wehen nicht erschien, Forceps gemacht; dann zog er am Kopfe, der | einen grariden Uterus vortäuscht.:: Der Tumor verschwindet nach I AH GEA il 7
übrige Körper wollte aber nicht folgen und. die Frucht starb. bei | Katheterisation. Bei der:vaginalen Untersuchung‘findet man einen I PHE HE N A;
diesen lange fortgesetzten Bemühungen ab. Der Kollege holte nun |’ zweiten, ;: das- Becken. mehr -oder . weniger ausfüllenden: Tumor,. den Ik Er NLA ki, Eei
noch ‘einen Arm herab, auch trotz- Ziehens mit diesem gelang die | graviden. inkarzerierten, retroflektierten Uterus... Die- Prognose ist HER a | SEDA
‚Entwicklung der Frucht nicht. Der. sehr starke Kollege’ hatte schließ- | bei frühzeitiger Erkennung der Krankheit, solange noch keine. Zer- ERN UTR RERE
lici. die Wirbelsäule abgerissen- und der Kopf hing nur noch an der |- setzung des: Urins eingetreten, gut. :Die Therapie besteht -in vor- ji autaia il Sch
‚ "'stark-in die Länge gezogenen Haut des Halses, die auch schon an | sichtigem -Ablassen dës :Urins, langsamem Aufrichten des -Uterus in Ih HHan: la
'äiner:Stelle eingerissen. Logisch ‚schließend mußte hier also. ein. | Seitenlage oder Knieellenbogenlage; zuletzt wird ‘ein Pessar einge- NIS HIER BEE i BR
söwaltiges Hindernis bestehen. Ich fand später hinzugezogen obigen .| legt, welches einige. ‘Wochen liegen. bleibt: "Wenn. manuell die Re- pie PEGN e i
Befund und den stark verdickten Oberarm in der Scheide. Um nun |- position nicht leicht gelingt, ‚kann. man auch einen Kolpeurynter für IE N ae I 4
Ä ‚möglichst schonend zu entbinden und kein Weiterreißen des schon | einige ‘Stunden ‚einlegen und: dann nochmals die Aufrichtung ver- I BERN: i Bi
bestehenden Dammrisses zu bewirken, stach ich mit dem scheeren- | suchen. Ist sohon Blasengangrän :vörhanden, empfiehlt es. sich, die ji S, N Hat
" förmigen Perforatorium in den -Arm ein, es entleerte sich seröse | Patientin einer klinischen Behandlung zu überweisen. In einem Falle, It Kein! a
Flüssigkeit. Jetzt, wo Platz gewonnen, konnte ich danh, weiter kon- | wo weder. die. Aufrichtung noch der künstliche. Abort noch "die HE Fp i Hr.
statieren, daß oberhalb der Linea terminalis: ein straff gespannter | Punktion vonder Scheide‘ aus half, hat: seinerzeit Olshausen die ii mai 7 RES
-Tamor liegt, der von der kindlichen Brust ausging. Hier stach ich | Exstirpation des Uterus ‘von .der Scheide aus. vorgenommen, bei HERREN A HR ie
nun-ebenfalls mit dem Perforatorium.unter Leitung der Hand ein, es:| einem hochgradig verengten, osteomalacischen Becken.. Siehe auch . N I Al,"
entleerte sich darauf eine größere Menge chokoladefarbiger Flüssig- | Extrauteringravidität zwecks Differentialdiagnose.. Wi i liah E bt:
keit. Jetzt ließ sich die Frucht am Arm leicht extrahieren. Die an Aeae ana e a | - Hi RGE
. später vorgenommene mikroskopische Untersuchung der Cysten er- .- Fehler und Erkrankungen der Frucht. Sr | ale
,gabrdaß es sich um eine seltene Geschwulstbildung, ein. Lymph- | > Extrauteringravidität:. 'In ‚Österreich besteht‘ die‘ Vorschrift, | i ij S
-angioma cystoides, vom.Thorax ausgehend, handelte.. Ich habe | 448 bei plötzlich Verstorbenen die „sanitätspolizeiliche Obduktion“ : N ac
p das Yorkommnis so ausführlich beschrieben, damit jeder sieht, daß "gemacht wird: Bei dem Obduktionsbefunde von 31 Frauen, die in N i 4 x
ms Gewalt nur Schaden angerichtet werden kann — wo leicht | Wien .1899—1920 mehr oder. minder plötzlich. gestorben, hat sich f Sl
hätten größere Zerreißungen bei der Mutter entstehen können — ergeben, daß alle einer inneren Verblutung in Folge einer N i
Soden nur durch überlegtes langsames: Vorgehen in schonender | gestörten Exrtrauteringravidität- erlegen sind. - Mehr als IN li
Weise entbunden werden muß. lem: T 2 Mehrgeschwängerte. (20—42: Jahre), ím stärksten das ‘vierte |
: -.78. Der Acardiacus kommt ‚nur bei eineiigem Zwilling vor | Jahrzehnt. In 31 Fällen Eileiterschwangerschaft: 22 Pars |
und wird fast immer nach dem wohlgebildeten Zwilling gebgren. - isthmica, .5 Pars- ampullaris, 4 Pars’interstitialis. ‘Sämtliche: Isth- f
5 "9. Der Anencephalus macht Schwierigkeiten ‘durch den er- | musschwangerschäften endeten bereitsim '1.—2.Mönät durch äußeren i
: ‚Schwerten Durchtritt der Schultern bei vorausgehendem Kopfe; wenn 'Fruchtkapselaufbruch tödlich. Wir wissen, daß durch Tubenruptur
lebend geboren, gehen diese. Früchte bald zugrunde. ::,. ' :| und Tubenabort. diese abnorme: Schwangerschaft ‚meistens. endigt F
= 10. Die Doppelmönstra : geben nicht so oft als man denken | und.daß nach Fehling der Tubenabort mindestens. 8 Mal- häufiger ji
, -Sollte Veranlassung zum. Eingreifen; sie bleiben selten am Leben. Ich | ist ‘als die Ruptur. Zum Glück endigen nun nicht alle Fälle tödlich, u
. erinnere an die Schwestern Blazek (Thorakopagen),..die von Breisky | in einzelnen Fällen bildete sich auch - eine Abkapselung des er- i
t; md Schauta in Wien untersucht. wurden, die ich auch selbst. | gossenen Blutes, eine. Hämatocele. .Trotzdem aber schwebt .noch ii
bi später gesehen; auch an die bekannten siamesischen Zwillinge, die | das Damoklesschwert der Nachblutung. über diesen Kranken und .
j: 63 Jahre alt wurden. Da- Doppelmonstra, meist frühzeitig ausge- | Werth hat seiner Zeit mit Recht den Ausspruch- getan, daß die N
y stoßen werden, geben sie selten eine. Indikation zum Eingreifen ab. | Extrauteringravidität als eine „bösartige Neubildung“ zu betrachten Bir
i ‚Um zur richtigen Diagnose zu kommen, muß man mit der |: und daher- möglichst bald. zu -operieren sei; auch kann durch: In- RETE
$ halben oder ganzen Hand eingehen. Anbei folgt die Eintei- | fektion später Verjauchung und Vereiterung eintreten.. Werth hat Pit
$ wg von weiland G. Veit: a) solche, die einfach durch Zunahme | auch schow auf. die besondere: Wichtigkeit der- Auf- EROH
ġ .. des Umfangs des ganzen Körpers und einzelner Teile die Geburt | nahme einer genauen Anamnese aufmerksam gemacht. Es EES
l: mechanisch erschweren (Diprosopus, Cephalothoracopagus, Dipygus, | ist nicht immer leicht im Anfang diese Krankheit zu erkennen, denn Seren:
t M Zange oder Perforation), b) in solche, bei denen die Ver- |: die kleine ‚Anschwellung in ‚der Tube oder Umgebung. ist selbst an
bi Wachsung nur das eine oder andere Körperende: betrifft (Cranio- | von dem Geübten nicht immer zu fühlen. Man soll aber an einen be hei
i- - Pagus, Ischiopagus, Pyopagus), c) in solche, bei denen die Früchte | abnormen :Sitz der Schwangerschaft denken, wenn. die Periode aus- er
ji am iumpf in größerer oder geringerer Ausdehnung zusammenhängen | geblieben und man eine etwas verdickte weiche Anschwellung neben FIRE ANNE
bi „Aoracopagus, Dicephalus). ‘Am: günstigsten verläuft die Geburt in | dem Uterus findet. Es kann auch ein neben dem Uterus liegender ER
ti 3eckenendlage. Da diese Früchte meist nicht lebensfähig sind ist | kleiner Adnextumor für eine ektopische Schwangerschaft. gehalten El
» „‚Senittentbindung nicht am Platze, die Zerstückelung ist auch zu | werden. Es ist also nicht immer so einfach in den ersten 2 Monaten un
t veschränken, ebenso das Abschneiden schon 'geborener Kindesteile. | eine. Schwangerschaft festzustellen, speziell ob extrauterin . oder Her Zoe:
bo Retroflexio uteri gravidi. Klagt eine Schwangere über Kreuz- | intrauterin.. Es- kommt häufiger vor, daß eine intrauterine. für eine A RA Ea
5.. „Seümerzen, Verstopfung und Harnverhaltung, so denke man an einen | extrauterine. gehalten wird als umgekehrt. Wir Ärzte sehen aber Me
$ geschwängerten, retroflektierten Uterus. Oft richtet sich ein der- | meist die Extrauteringravidität, wenn Störungen des Verlaufs sich : Di peAa p
u - arliger Uterus spontan auf, ja, ich.habe die spontane Aufrichtung |. einstellen, sei es, daß eine innere Blutung mit Kollaps ‘auftritt — MEER
„gar bei fixiertem Uterus gesehen; bleibt diese Selbsthilfe aber ein- | es kann sogar in kurzer'Zeit sich eine derartige Kranke verbluten — a
s mal: aus, dann kommt es im 4. Monat der Gravidität zu einer voll- | oder daß eine Blutung nach außen erfölgt wie. bei. einer gewöhn- Ele: \
i aigen Inkarzerierung im:Becken. Die. immer sich mehr füllende lichen. Fehlgeburt.. Zu entscheiden, ob. eine innere Blutung durch ge- Ka oo
i. . “Mnblase steigt allmählich höher bis. über den Nabel, dann tröpfelt | störte. Extrauteringravidität oder ‚ein: uteriner Abort vorliegt, ist En
N permanent Urin ab: Ischuria paradoxa. Sie kann dabei 5 Liter | nicht immer einfach und braucht Zeit. zur Beobachtung und Ent-
a Br mehr enthalten. Da die Harnröhre. sich sehr in die Länge scheidung. Der intrauterine Abort und der tubare Abort haben Id
leert a die Blase meist nur mit einem männlichen Katheter ent- | einiges. gemeinsam: we uonleiben der Periode, Vergröße- a
E stoende Mar Ist der ganze Urin abgelassen, was durch sich ab- | rung des ae a. aty ischen Blutungen aus
ARNt ma otahon, die sich ‚vorlegen, oft Schwierigkeiten macht, dem nn i i ie > Sud Decic uafetzen. -Wenn richtig
n lieg np daß der Uterus in einer falschen Lage eingekeilt d von ‚der à an en. o re wıra, l 50 sind ‚die Schmerzen bei der
<o Himd die Blasenwand ‚zu sehr überdehint, .so entsteht Ne- | Extrauterinschwangerschaft mehr. seitlich, während: sie beim uterinen
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Abort mehr in der Mitte sind. Ferner blutet es beim uterinen
Abort stets stärker nach außen als beim tubaren. Die Diagnose
wird oft viel klarer, wenn die abgestoßenen Stücke oder Membranen
aufbewahrt sind und dem Arzt gezeigt werden können, Legt man
die mit dem Blute abgegangenen Gewebsstücke ins Wasser, so findet
man beim uterinen Abort im günstigen Falle ein mit Zotten be-
setztes Chorion, während beim tubaren Abort ein solcher Befund
nicht vorhanden, Das hilft sehr zur exakten Diagnose, besonders
wenn die abgegangenen Stücke noch miskroskopiert werden und
man stark gewucherte Deciduazellen findet. Differentialdiagnostisch
käme noch Endometritis exfoliativa in Betracht, hier ist aber eine
ganz andere Anamnese; denn es werden hier mehrere Male bei
regelmäßigen Menses Häute ausgestoßen. Der Verfall der Patientin
ist beim tubaren Abort meist größer, findet man dann auf der einen
Seite noch eine Anschwellung, so ist eine weitere Stütze zur An-
nahme einer Extrauteringravidität gegeben. Oft fühlt man auch
von Anfang an garnichts, auch keinen abgesackten Bluterguß (Häma-
tocele), trotzdem können aber 1—2 Liter Blùt im Abdomen sein
und kann sich die Patientin verbluten. Bei größerem Blutver-
lust besteht hochgradige Blässe, oft kaum fühlbarer
kleiner Puls, Brechreiz,Aufstoßen, Gähnen, kalterSchweiß.
Wenn der Blutverlust ein größerer ist, so kann man die Flüssigkeit
durch Perkussion in der Lendengegend nachweisen und ist oft auf
einer Seite die Resistenz stärker als auf der andern. Fluktuation
läßt sich meist nicht nachweisen. Wenn der Douglassche Raum
nicht verwachsen, findet man dann auch die Hämatocele Meist
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
‚großen Lehrbüchern nachgelesen werden.
17. August
ist der Uterus dabei nach vorne geschoben, anteponiert; Blutunter-
laufungen des Nabels, auf die Hellendall aufmerksam gemacht,
habe ich nie beobachtet. Differentialdiagnostisch kommt Perfora-
tionsperitonitis in Betracht, diese Patienten zeigen aber mehr peri-
tonitische Symptome (Fall Dührssens von Magenulkus), auch käme
noch Pyosalpinx in Betracht, jedoch bricht derselbe meist ins Rectum
oder Blase durch. Auch eine Stieldrehung eines kleinen Ovarial-
tumors könnte ebenfalls in Betracht gezogen werden. Besteht eine
Haematocele retrouterina, so fühlt sich dieselbe anfangs weich an,
je länger dieselbe besteht, um so härter wird sie. Oft ist schon
an Stelle einer Haematocele retrouterina ein Retroflexio uteri gravidi
angenommen worden, und hat man dann versucht den Uterus
aufzurichten. Man denke also an diese Möglichkeit und merke
sich, daß bei der Haematocele retrouterina der ganze Uterus vor
dem Tumor liegt, während bei Retroflexio uteri gravidi es nur
die Cervix ist. Bei der Retroflexio uteri gravidi besteht mehr
Harnverhaltung (Ischuria paradoxa), vergleiche auch bei Retroflexio
uteri gravidi. Bei der Antepositio des Uterus durch eine Haematocele
retroutering steht auch der äußere Muttermund gerade nach unten.
Die Hämatocele zeigt unregelmäßige Konturen, während der retro-
flektierte gravide Uterus sich gleichmäßiger anfühlt. Es kann sich
auch eine peritubare Hämatocele bilden, die verschiedene Lage
haben kann und verschieden groß ist, auch sich nach dem Blut-
gehalt in der Tube richtet. Die verschiedenen Arten der Extra-
uteringravidität erwähne ich nicht weiter, hierüber muß in den
(Fortsetzung folgt.)
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Referatenteil
l | unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. H. Edens,
St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerharta,
Bonn a. Rb. (Tuberkulose), Prof. Dr, S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstahsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Greh.-Rat
Prot. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfeider, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (V ersicherungsrechtl. u. gericbtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. 0. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesobn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho»
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Rlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Lebensalter sinkt der durchschnittliche Augendruck, während der
Blutdruck in den intraokularen Gefäßen steigt. Wenn man bei
pathologischen Drucksteigerungen Störungen im Gefäßsystem des
inneren Auges als disponierendes Momertt in Betracht zieht, scheint
es berechtigt, dem erhöbten allgemeinen Blutdruck Bedeutung bei-
zumessen.
Aus’dem Gebiet der Augenheilkunde.
(Neueste Literatur.)
Von Prof. Dr. Adam, Berlin.
Fußend auf den Versuchen von Wessely und Köllner. schlägt
Hamburger (1) eine neue Glaukombehandlung mit Suprarenin vor.
Die Injektion erfolgt. subkonjunktival, am besten temporal, nach-
dem vorher 1—2 Tropfen einer 2 °/,igen Holokain- und Suprarenin-
lösung eingeträufelt worden sind und zwar 0,2—0,5 ccm der unver-
dünnten Stammlösung. Bei den meisten Glaukomatösen sinkt der
Druck ohne jegliche Komplikation sogleich im Anschluß an die In-
jektion oder nach rasch vorübergehendem kleinen Anstieg. Gleich-
zeitig erweitert sich die Pupille maximal. Dies eigenartige Ver-
halten der Herabsetzung des Druckes bei maximal erweiterter Pupille
glaubt H. damit erklären zu können, daß er annimmt, daß durch‘
die Wirkung des Suprarenins auf die Gefäße das Blut gewisser-
maßen aus dem Auge herausgedrückt wird. — In einer Reihe von
Fällen scheint das Mittel in der Tat wirksam zu sein, in einer Reihe
von Fällen versagt es, und in einer Reihe erzeugt es akuten Glaukom-
anfall. Es wird Aufgabe weiterer Untersuchungen sein, festzu-
stellen, für welche Form der Glaukome, die ja durchaus verschie-
dener Natur sind, das Mittel besonders geeignet ist,
Wie Bliedung (2) ausführt, ist der Augendruck in der Arterie
der Netzhaut und in den Arterien der Aderhaut unter normalen
Verhältnissen als gleich hoch anzusehen. Unter normalen Verhält-
nissen ist der Blutdruck in den intraokularen Gefäßen beider Augen
annähernd gleich hoch. Im fortschreitenden Alter steigt der systo-
lische Blutdruck in der Arteria centralis. Eine Beziehung zwischen
Augendruck und Blutdruck in den intraokularen Gefäßen in dem
Sinne, daß der höhere durchschnittliche Blutdruck auch einem durch-
schnittlich höheren Augendruck entspricht, besteht nicht. Gleichen
Augendrucken entsprechen individuell ganz verschiedene Blutdrucke
in den intraokularen Gefäßen. Diese Tatsache spricht nicht da-
gegen, daß vorübergehende Blutdruckänderungen mit vorübergehenden
Augendruckänderungen einhergehen können. Mit fortschreitendem
Bei einer Fahrt im Walde begegneten einem Auto 4 Hirsche
in voller Flucht, die von der Seite her gegen das Auto anstürmten;
das erste Stück sprang vorn vor dem Auto. vorbei, das zweite
sprang durch den Sitzraum des Autos und traf hierbei die Insassin
im Gesicht. Die 2 anderen Tiere sprangen hinter dem Auto vorbei.
Außer Verletzungen im Gesicht wies die Patientin, die bald nach
der Verletzung von Thies (3) untersucht wurde, noch eine starke
Schwellung in der Augengegend, Blutung in der Bindehaut und
eine Trübung der Hornhaut auf. Überall steckten in der Kon-
junktiva und in der Kornea Tierhärchen, über 2 Dutzend. Medial
nahe der Hornhaut lag in einer 8 mm langen Rißwunde der Sklera
ein Irisprolaps.. Die Verwundungen wurden in der üblichen Weise
behandelt und heilten mit voller Sehschärfe ab. Thies vermutet,
daß die Verletzung folgendermaßen stattgefunden hat: Zunächst hat
offenbar das Tier mit dem Kopf oder dem Schultergürtel den Stoß
gegen die Augengegend erteilt, die Autobrille abgerissen und hat
dann infolge Bewegung des Wagens noch heftig mit den Hinter-
läufen gegen das Auge geschlagen; das Auge selbst wurde medial-
wärts gepreßt und platzte am Hornhautrande auf, da es am medialen
Knochenrande der Orbita Widerstand fand.
Fin 47jähr. Eisenbahner, dessen Krankheitsbild Schneider (4)
beschreibt, war zwischen die Puffer zweier Wagen gelangt, wobei
ihm hauptsächlich die rechte Seite des Brustkorbs eingezwängt
worden war. Seither zunehmende Sehschwäche. Bei der ophtbalmo-
logischen Untersuchung bemerkte man nahe bei der Papille oben
und unten von der Makula ungleichmäßige grauweiße Flecken, den
Verlauf der größeren Venen folgend, wenige ganz zarte Blutaustritit
in kleinen Streifen. 4 Wochen später waren diese Erscheinunget
verschwunden und das Sehvermögen wieder normal.
Schneider schließt sich der Meinung von Purtscher al
daß es in solchen Fällen durch Stauung im Schädelinnern zu eine
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-7 Amichi, daß sie i n- Handel gebracht s, Hallauer, Eni- | 10— junktival wird mi Suprareninlösung, auf $ gt Zusatz von al iiA
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Z. < Muz gewähren, di r. die meisten Verhä en, da sie in ihri Verf. nen ie Tutokainwii Rn Pe A sanästhesie i Ea TA
.. und. die d , die leuchtend ‚ Verhältnisse ' ausreichen en | Verf. neuerding: kainwirkung mehrere ar Ve En ale
j, bien em Auge ANAON Strahle ausreichenden | ti TAUS AMES bereits. etwa 1 rere Stunden nhält. in ne Anz le
o) ieren.. D ge schädliche Denn genügend al ;henden | Honen sämtlich ‚etwa Ya—1 § tunden anhält, injizi t ale DUR
i) oat a M agegen häl ' n kurzwelli abschwäch W s AIC. e Kranke “ d2 , tunde vo RE ]iziert der Bu es ae ich
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GE 0 anosk “as: von Rühnke mi en gut ab daß die mehr unnötig Zeit rt dadurch mit Eins er Opera- late orange At PERERIN
p. 0.8 opglas: für Rühnke mit großer Reklam sor- | daß die Operation | nötig Zeit, andersei nit bineta i ala}
Tas rc r kurzwelli ungeeignet,. deni Ber Reklame an- | è folet. ] peration gerade im A , anderseits -erreicht pritzen und IH an ng
I las, das G gen Strahlen d SE enn es läßt den erößt DE rro gt. Er bet A de 1m Aurenbli Sun. erreicht er d A |! ne kie BEN i
p ER eaphoth urch. Besoni aen größt bei Q\cem. etont ‘daß bei de & ick der -größi ee adurch layer hr
170888, G glas ee esonde ten | Pal O\cem Iniekti ?? ei de roA ANI größt } l,, paap NE
or S, Glas, d genannt wird ` rs empfiehlt & m Injektionsflüssi i dem oben e ODIEN. Anästhesi BES [an
e dämpft, Vi as Gelb und Gé wird; es ist. im - wesentlic er ein | renins verl nsflüssigkeit erst. 1/29 rwähnten Süprareni 6810... Eee
en un ab Ei wesentlichen ei nn: verbraucht . wir it erst. 2/29 der’ Men Buprareni ' lenich
N . dj iolett und Ultravi elbgrün ‚absorb | ichen e öß . wird s 2o ‚der Maxi Ge nzusatz ei
die im wesentlj traviolett gar ‚absorbiert, Oranee und ein | 8T ere Mengen. Sup: l, 68 also im Belieben maldosis des Su ara]
N .dunstv entlichen nur d ganz abblendet. ge und Blau en, uprarenin bei Tute Belieben steht,- j Mer, MUDEN- pio kara
„„.„Qünstversehlei r das Rot- des et. Da diese Bri E E in bei Tutokain | steht,- jeweils noch, aa Ta
b `` fiohlf Bi eierte Ferne vi des. Spektrums liese Brillen 1924, S. 47 ir. 1. Hamburger, Zur neuen Gla ‚zu verwenden. noch ORED EERI
t, . Denit Birch-Hi e viel deutlich trums durchlassen, die 'drucki . — 2, Blieding, Die Bezi ur neuen Glaukomoperai ngon Sis Ap AN,
zi Jigi irschfeld di licher erschei i ssen, die | ckin den intra , Die Beziehungen zwi omoperation. Klin. EARTE r]
i ; vägarusw. Auch ist de ` diese Glä erscheinen, lassen; ð, die | S. 198.— 3; Thi raokularen Gefäß gen zwischen allgen on. Klin. MbL f, Aughll Hape
iv dirda L . Auch ist der. Far ser auch für Flie; ; so: emp- | unfall 3. Thies, Eine seltsame A en und Augendruck. gemeinem Bl: ‚ Aughlk. EOS an,
. dO . t der. Farbensch w r Flieger, Spi - | unfall. Klin. M ame Augen Augendruck. Ar n Blutdruck, Bl i i
o age, seinen F tbenschwache u 3I zer, Sportleute, wirkungei bl. f Aughlk verletzung darch ein ch. £ Aughik. Mai In $ A,
"i | a i Bezüglich der were zu steigern nter Umständen dadurch 4 mann, hi der Heichaut nach reload 4. ‚Schneider ungewöhnlichen. Par | Bi t!
l, ` GA Auges st r Strahlenthera R ERTL |: uni 1924, 8. 1.°— erative Beeinflussun; ression. Ebenda 1924, S. schersche Fern-- a IN!
N Mid Ligos Birch-iirschteld (9) auf dem S$ a ge a Ki
t, -Aeh ist ; wülsten i 3) auf dem Standpunki Son es zentralen Skotomi ughik. 1924,:8.'69. — jen als Spätfolge schr. £. Aughik RES,
it benutze operativ n in allen Fällen; ı andpunkt, daß .‚Sklerose®.: Ebend: otoms bei Neuritis ı one Die Ba IOR a ii >
ji E O soll. sei n un (die Bestrahl es irgend mö ur ughlk, Juni 1924, Besen 6. — 8. Birch-Hirse aris für di Sulung der Dau hr, ht
| ‚dieser anwend 1 es, daß estrahlung nur als U ög- | in der Ophthalı 4, S. 7. — $. Derselbe, D schfeld,. Zu: e Diagnose „M Anor He >
sk Entfe, wendet. b man sie vor d en nterstützung | etketi = ologio. D . Derselbe, Die Str hl ur Schutzbrillenfrag, ultiple RER
E dntiernun satt] esonders . aer Operatii i & |." etikum und de ‚m.W.1924, Nr. 18, — ahlentherapie mali nfrage. Zschr. ` TEDE a
ie mutas sich ni ers, wenn es sich z r, Operation oder nach ee Anwendung in 3, — 10. Krebs, Tuto maligner Tumoren HEE E En
jl ahea i da S ausführen läßt, a A daß eine ee | Be D ang in der Augenheilkunde, Mm En Tomares | iy
. .yerbachtet . in einer begründet seinen : E Aus den neue CERA S ma. W. 1924, S. 646, .. BEN
d} lig ; wurden 2 großen Z hl i } nen Stand- ; u: us de ie. S EON ı ©. 646, EREE a*s
en und die Opemskionmehoden cn. Rezidive | Aus den neuesten Zeitschr Ba ne
e ean es,. bei ey wesentliche AE EEE es. gestatten: : Se she auch Therapeutische ri riiten. — < Je OEL I PRS n
H. othesen zu schi er Bestrahlung den Bulbus « entfernen. Wichtig | | Klinische Wi 9 PE a E ng
H. Fälle schützen, wei \g den Bulbus d n. Wichtig = linische Wochenschri en | 1 a i
o era Veränderungen RR es sich gezeigt ana ehe Györ a Beitrag zur Bedeutu ee Nr. 25. I RE
280 Auf ugapfel als ` ` an önzelnan larab gy (Heidelberg): ung der. tetanische ar i Ei SE jez
- Veränd lagerun | pfel als Fol | inzelnen E7 Vago erg): Sei "e. etanischen Honoka | u Bon
eia a Aaru g auf der Hornha ge der Bestrahlung; ‚| gaben eine Ab er ne Versuche. mit Ammo ‚Hopokalzämie EIERN
teten von Glauk indehaut- und 1 efäßneubildung u früher manifesten 'esamtserumkalkgeh phosphatbehandlung en
.- #0 neb ukom wurd ‚Netzhautgef dung und | zu Blüh und:auch latenten tei gehaltes beim ‚Vers lung er-. aap Dann,
9 neben der B e beobachtet. e 80 aßen.: Auch Auf prs lühdorn und nten tetanisch ‚Verschwi o Nahen R
Boll man ` estrahl achtet. Bei epibulbi ; ch Aut- | frühe D Rohmer: hält Gy ischen Symptome. Im Inden der > ua Bar
„ man di ung. nur die E epibulbären Tun eren Auffassü mer: hält György. de ymptome. Im.G | Mirat
tiber -ej ie Bestrahl ie Enukleati í iumoren, ist er ssüng fest, daß di rgy. dement ‘Gegensatz ` OERO ERA
| Allerdings a von sins hsen, Eri n versuchen, d E das Bestehen i gung des Gesamtse oblem der C ner ` EEN ie,
. ‚der St muß ma günstigen Erfol | ‚ 08 hierbei | Bedeu johen der. manifest E serumkalk TA N a-Ionisatior | I oa
, - Ger: Strahlen j n auch, hierdie ey ligen. beobachtet word erbel | Bedeutung hat. j est-tetanischen Sympi gehaltes (Hypokalzä aon RENERE
Sind: die Eriol, Betracht zi ie eventuell schädig: orden ist. | Über die Denn ee oz) ppi i
„4. die Erf A ziehe FORD | schädigende Wi ber die F | a 16 nur. eine Ye ' RE ERE
-Literatur riolge üb n. - Hinsichtlich‘ e Wirkung ; e Fermente in der Ha E o ur. eine sekundäre ` len.
. 4ileratur beri eraus trauri htlich des Netzhautgliom (Berlin) Unt er Haut haben ne e äre- aa
‚Srlolge et worden i Alle 22 Fälle, i eo: Hautstü ngen angestellt en Wohlgemuth und Ya mST aaea”
u zu verzei en ist und = ©, über die in de ' i cken von Leich z 1’ . ‚Es wurd IE und Yan gr: DREHTE
gunde rzeichnen ; die anfänglich. ri Ä ‚der | und di n Leichen in ganz bestimmi ə aus vollkomm asaki DER
„BO N6 gogan schienen, sind s angilc ‚recht günsti nd dieser system ti g estimmter Wei vollkommen bl EN Marne
zur gen. M , sind sämtli stige | fett- . atisch auf Ferme; r Weise ei ; utfreien nal
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ung ent A sich also EEE: astasen zu- N we weißspaltend . ; . untersucht . D 2 ergest ll aet: '
D schließe in solchen Fällen nu: Diastase in ei en Grup tersucht, die d eilt ee
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33.
17. August.
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sie weder chinin- noch atoxylempfindlich ist. Dieselbe Lipase ließ sich
im Unterhautfettgewebe sowie im Fett der Nierenkapsel und Mesenterialfett
' nachweisen. Von proteolytischen Fermenten konnte weder eines vom
Charakter des’ Pepsins noch eines von dem des Trypsins nachgewiesen
werden. “Dagegen gelang es, Katalase in erheblicher Menge nachzuweisen.
- Über das Vorkommen neoplastischer Bakterien in menschlichen
. Krebsgeschwälsten berichten Blumenthal, Aubef und Meyer (Berlin).
Es wurden Parasiten, die anscheinend zu der gleichen Gruppe wie das
"Tumefaziens gehören, in menschlichen Krebsgeschwülsten (Karzinomen,
Sarkomen) nachgewiesen. Mit Hilfe dieser Parasiten konnten bei Pflanzen
und den üblichen Versuchstieren Geschwülste hervorgerufen werden, die
‘sich bei Ratten bisher bis zur 4. Generation fortzüchten ließen. Diese
Geschwülste..sind biologisch zu den malignen zu rechnen, sie bilden Meta-
stasen und hatten meist schon von ‘der 2. Generation ab einen histo-
logischen Bau, der an die bekannten Mäuse- und Rattenkarzinome und
-Sarkome erinnert. Aus den Geschwülsten ließen sich in der ersten bisher
nur einmal, in der zweiten bis vierten Generation die Parasiten überhaupt
nicht wieder gewinnen. T |
_ Röntgenstrahlen und Entzündung ‚behandeln Heidenhain und
Fried (Worms) auf Grund ihrer Erfahrungen und Versuche. Es wurden
250 Fälle von akuter und. subakuter Entzündung und Eiterung bestrahlt.
Keine oder nur geringe Erfolge wurden bei Eiterungen in starrwandigen
Höhlen, Empyema pleurae, Otitis media, Stirn- und Kieferhöhleneiterung
erreicht. Insgesamt aber wurden fast 75°), gute und sehr gute Erfolge
gesehen. Mit den klinischen Befunden stimmten die serologischen und
'bakteriologischen Befunde nach der Bestrahlung auffallend überein. In
der Mehrzahl der Fälle tritt der sichtbare Umschwung des Krankheitsbildes
nach 48 Stunden sowohl klinisch wie serologisch und bakteriologisch zutage.
H. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 26.
Über die Indikationen zur operativen Behandlung der Gallenstein-
krankheit äußert sich W. Körte. Er ist bei schwerer akuter Entzündung
der Gallenblase für Frühoperation im Anfall oder gleich danach; beim
Choledochusstein ebenso nach kurzem Abwarten. Bei der chronischen Ent-
zündung entscheiden der Grad der Beschwerden und der Befund der Unter-.
suchung. Bei der entzündungslosen Cholelithiasis muß man sich nach dem
Grade der Beschwerden richten, uferloses Abwarten kann sich schwer rächen.
Jedenfalls ist die Cholelithiasis kein harmloses Leiden. Man muß rechtzeitig er-
kennen, wann eine gefährliche Wendung des Leidens einzutreten droht.
Über Serodiagnostik der Tuberkulose mittels Komplementbindung
berichten H. Schloßberger, O. Hartoch, M. Lusena und R. Prigge
(Frankfurt a. M.). Die Komplementbindungsmethoden versagen in einem
so hohen Prozentsatz der Fälle von sicherer Tuberkulose, daß sie in ihrer
jetzigen Form bei der Frage, ob ein Krankheitsprozeß. auf tuberkulöser
Infektion beruhe, nicht verwertet werden können. Aber auch eine positive
Reaktion ist wegen des Vorkommens positiver Komplementbindung bei
nicht tuberkulösen Kranken für die Diagnose oder Prognose nicht zu ver-
werten. Eine Trennung von „aktiver“ und „nicht aktiver“ Tuberkulose
ist mit Hilfe der Komplementbindungsreaktion nicht möglich. Diese Unter-
scheidung ist auch klinisch und pathologisch-anatomisch nicht durchführbar.
Krysolgan ist nach Adolf Feldt (Berlin), wie Goldpräparate über-
haupt, kein Kapillargift. Ursächlicher Zusammenhang mit Lungen- und
uterinen Blutungen ist nicht erwiesen und unwahrscheinlich. Krysolgan
wird in Dosen von 0,0001 g (1/19 mg) bis 0,05 g angewandt. Wann es bei
Tuberkulose indiziert ist, wird kurz angegeben. |
Über Amnesie und Anästhesie bei der Hypnosegeburt berichtet
Ulrich Franke (Breslau). Der Erfolg der schmerzlosen Hypnosegeburt
liegt nicht im Vergessen der ausgestandenen Schmerzen, vielmehr werden
tatsächlich während einer guten Hypnose keine Schmerzen empfunden.
Siegelringzellen sind nach R. Meißner (Breslau) nicht "spezifisch
für Karzinome der serösen Höhlen. Sie sind nur ein Ausdruck schwerster
Kachexie, wie sie meist bei Karzinom, aber auch bei allgemeiner Unter-
ernährung besteht. So fanden sie sich außerordentlich ‚reichlich in der
punktierten Aszitesflüssigkeit in einem Falle von Hungetödem.
Über einen Fall von Malaria quartana in Norddeutschland berichtet
Ludwig Bitter (Kiel). Die Infektion fand nicht im Auslande, sondern
in Deutschland statt. Anophelesmücken gibt es auch hier und ferner
auch Malariakranke (Kriegsteilnehmer), die sich in einer Malariagegend des
Auslandes infiziert haben. : |
Ein Leistenhoden kann, worauf Friedrich Loeffler (Halle a. S.)
hinweist, zu „schlechter Haltung“ führen, weil beim Geradestehen oder
Bücken Schmerzen in der Leistenbeuge auftreten. Die „schlechte Haltung“
wurde in zwei Fällen beseitigt durch operative Herabholung und Fixation
des Hodens im Skrotum. Bei jedem Knaben mit „schlechter Haltung“ sollte
man daher auch die Lage der Hoden untersuchen. F, Bruck.
‚inechanische Momente sowie eine bestimmte Konstituti
_ Wiener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 23 bis 26.
Nr. 23. W. Falta (Wien) weist auf die klinische Bedeutung’ der
Blutzuckerbestimmung hin. Nur mit ihr ist eine genaue Beurteilung der
Diabetesfälle und eine rationelle Behandlung, besonders mit Insulin, möglich,
Verf. vertritt auf Grund seiner Untersuchusgen die Ansicht, daß die Blut-
zuckerregulation mindestens in ebenso großer Weise von der Zuckeravidität
der Zellen wie von der Zuckerabgabe der Leber beeinflußt werde. Das
Insulin beeinflußt die Zuckeravidität der Zellen in positivem Sinne. Ferner
hält Verf, die Zuckerproduktion auch beim Diabetiker für eine feststehende
Größe, während der Zuckerverbrauch variiert.. Bezüglich der Behandlung
fordert Verf. im allgemeinen, in leichteren Fällen durch Beschränkung des
zuckerbildenden Materials Zucker- und Azetonfreiheit anzustreben, während
man in schweren Fällen auf die Dauer durch Zufuhr gewisser Kohlehydrat-
mengen unter Eiweißbeschränkung wenigstens die Azidose hintanhalten
muß. Hierbei ist eine öftere Blutzuckerkontrolle unerläßlich. |
Nr. 24. Auf Mißerfolge in der Behandlung von Knochenbrüchen,
ihre Ursachen und ihre Verhinderung macht A. Eiselsberg. (Wien) auf-
merksam. Er betont die Wichtigkeit der. Reposition des Bruches, da,
Extensions- bzw. Nagelbehandlung allein meist nicht genügen. Dafür ist
die Kenntnis der Anatomie und Physiologie des Bruches erforderlich sowie
Rekonstruktion des Verletzungsmechanismus. In den Fällen, wo eine
Reposition nicht möglich oder nicht von Dauer ist, steht man an der Grenze
operativer oder konservativer Behandlung. In der Nachbehandlung warnt
Verf. vor frühzeitiger passiver Bewegung, sondern häls den Patienten zu
möglichst früher aktiver Bewegung an. |
Die funktionelle Therapie in der orthopädischen Chirargie der
Bxtremitäten bespricht A. Bum. Die Mobilisierung ist ein wichtiges Er-
fordernis bei allen Arten von Extremitätenverletzungen. Der Zeitpunkt,
an dem mit der funktionellen Behandlung zu beginnen ist, ist schwer zu
bestimmen. Jedenfalls ist eine prämobilisierende Ruhe erforderlich, deren
Dauer von Art und Grad der Schädigung sowie Alter und Konstitution des
Individuums abhängig ist. Sie ist aber in jedem Falle auf das aller-
notwendigste Maß zu beschränken. Als funktionsvorbereitende Maßnahmen
noch im Ruhestadium sind Stauung, Extension und statische Beanspruchung
im Verband zu nennen. |
Zur Ätiologie der Osteochondritis coxae juvenilis (Perthessche
Krankheit) bemerkt J. Haß (Wien), daß er nach seinem Material mit der
Anschauung von Kreuter und Fromme übereinstimmt, wonach ‚ein
fließender Übergang von rein rachitischen Vorgängen bis zur Arthritis
deformans besteht; letztere drückt dann Heilungs- bzw. Kompensations-
vorgänge aus. Verf. führt ähnliche Vorgänge wie an der Hüfte auch an
der Schulter und am Kalkaneus an. Neben der Spätrachitis, die die
Skeletteile, die am intensivsten im. Wachstum begriffen sind, ergreift, sind
dieser Krankheitsgruppe erforderlich.
0.E. Schulz (Prag) behandelt die Beziehungen der Spina bifida
occulta zu den Erkrankungen der unteren Extremität. Die Spina bifida
occulta ist sehr häufig und findet sich auch bei Gesunden. Sie ist erst
als krankbaft zu bezeichnen, wenn sie sehr groß oder mit Geschwulst-
bildung kombiniert ist, die den Sakralkanal komprimiert. : Dann ist die
Spina bifida occulta die Ursache der meisten orthopädischen Deformitäten
der unteren Extremität, auch wenn sie nicht mehr feststellbar ist, da sie
sich sekundär total schließen kann. Die Deformitäten brauchen nicht an-
geboren zu sein, sondern können auch im späteren Leben entstehen, auch
im Anschluß an ein geringes Trauma. i
Defekte Hüftgeleuke bespricht H. Spitzy (Wien). Die Behandlung
dieser ist am meisten bearbeitet und durchgebildet worden. Verf. gibt als
eigene Methoden zunächst die Verstärkung des Pfannendaches bei reponierten,
aber nicht haltenden Hüftgelenksluxationen mittels eines Tibiaspanes, an.
Ferner teilt er eine Methode zur Operation der Coxa vara mit. Er osteo-
tomiert das Femur dicht unter dem Trochanter und setzt die Spitze des
distalen Teiles an die untere Kante des Schenkelhalses. Der vorher ab-
geschlagene Trochanter wird etwa 5 cm unterhalb der alten Stelle an das
Femur genagelt. Die Resultate dieser Methode waren gut durch Jahre
hindurch. Ä i
on zur Entstehung
Nr. 25. Zur Frage der Giftfestigkeit der Spirochäten faßt Brand-
weiner (Wien) seine Erfahrungen dahin zusammen, daß sie zu den sehr
seltenen Vorkommnissen gehört. Die Neigung zu Rezidiven ist damit nicht
zu erklären, auch bei großen Mengen von eingeführten Antiluetieis. Verf
fordert ausgiebige Salvarsan-Wismut- bzw. Hg-Behandlung und die Pauser
nicht länger als 4 Wochen, auch zwischen den späteren Kuren.
Nr. 26. Die Röntgenschädigungen und ihre Bedeutung für di
Entwicklung der Röntgentherapie bespricht G. Holzknecht (Wien). Zu
Vermeidung ersterer macht er besonders auf die Verlängerung. der Pause
zwischen den Serien und auf die Verabreichung einer Probedosis vor de
Volldosenserie, z. B. gegen maligne Tumoren, aufmerksam. Verf. entwicke
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a Fähigkeit der Strahlen .beruhe.
= säratliche therapeutischen Erfolge auch ohne diese erklären. lassen. . Die
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7? -~ strahlten Gewebes bzw. dessen Ausfall paer der ‚dureb ‚dessen. -Abbau frei-
E: ‚werdenden Stoffe. | Mun cke,..
i _ Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr. 30 nnd 3... 5
-"Nr:30. Das chronisch partielle Herzaneurysma und die Möglichkeit
"seiner = Dista ist der Gegenstand einer ‘Studie von A. Hanser; Mann-
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schädigungen der-Herzwand fast stets infolge -von ` Arteriosklerose‘ der Ko-
k rodatgefäße.
:Nekröbiose einer Herzmuskelpartie führende Ernährungsstörung. verursacht
E Sei: “Die Annahme von M. Sternberg, . daß os sich bei diesem Vorgange -
um: eine Pericarditis epistenocardica handle, wird. abgelehnt, dagegen mit -f
"Sternberg die Möglichkeit der Diagnose -des Aneurysma auf ‘Grund. des,
T
- . Křankheitsverlaufs nach Anfällen von Angina, pectoris: (eben: jenes epi-
|" -"stenokardischen Fiebers) angenommen.
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` ptoė, gegenüber anderen Herzmuskelerkrankungen, auch . der Koronar-
!
2 «sklerose fehlen, trotzdem ist das’ chronisch . partielle. Herzaneurysma wohl
tio giel’böufiger anzunehmen, als seine bisher. ‚kaum mögliche Pingar:
F ` barkeit vermuten läßt. i
- oe MEBI Für die Suboksipitalpanktion el. Rei. -d Zbl. f. Tnnbre
led; Nr. 24 in Nr. 27. dieser Wschr.). hat Rudolf Stahl . einen. Hilfs- -
Be : 5 ` apparat angegeben, dessen genauere Beschreibung er. sich in einer weiteren
HE . venm hiag vorbehält. Es soll mit diesem Apparat der- positive wie,
hi -der négative Druck sofort gemessen. werden können, er soll es ermöglichen,
N ` mter ‘leicht abstufbarer milder Saugwirkung Liquor zu entnehmen, ibn-
a’ (mit Medikamenten versetzt oder Medikamente: allein) . Seren, Spülüssig-
= - keiten oder auch Luft einzuführen. : Der Verf. bevorzugt in den meisten
ki. Fallen die Subokzipitalpunktion vor der ‚Tumbalpunktion, obwohl das erstoro
ni Verfahren nicht ganz ungefährlich ist; oii, N. e nT W.
E = uR en are, N Be Ro
2 Zentralblatt für Chirurgie 1924, Ne: 28..
Be -Zur Therapie des akut blütenden Magengeschwürs empfiehlt Erk es
Mo chenden) die Umstechung und Abnähung in den ‚Fällen, ‘wo
an wegen des Allgemeinzustandes oder aus technischen Gründen eine Resektion
en .miehtmöglich ist. Dabei wird das Ulcus durch ringsherum gelegte Nähte
ron. der Umgebung abgesperrt und durch Verknüpfung der neuen
13 Baden eingestülpt.
.Für die innere Besichtigung des Magens und Duodenums bei dem
Pihlan äußerer Veränderungen beim. Magen- und ‚Duodenal-.
` ulcus hat Beck (Kiel) ein Instrument hergestellt. - Der Tubus a
} ~- kochbar, der optische Einsatz in Lysol sterilisierbar.. Der Tutus yind
m
b ` zwischen ciner Tabaksbeutelnaht durch die vordere -Magenwand geführt.
ne ‚. Durch. die Vorrichtungen zum Aufblasen ‚und; zum. Absaugen sind bei dem.
I ‚großen Übersichtsfeld der Optik auch kleine oberflächliche Eosohwürs zu,
EM z entdecken. (Hersteller: Georg Wolf; Berlin, Karlstr.) °
E. ..Die Behandlung maligner Gesichtsfurunkel mit Inzision und Um-
ike X sprituing mit Eigenblut nach dem Vorgange von: Läwen hat in zwei. bös-
I „gen Fällen Linhart (Graz) ausgeführt.. „In Narkose wurden aus der.
wo ‘gesläuten Kubitalvene 80 cem Blut abgesaugt und rings ùm. die Schwellung
- Gesunden eingespritzt. Die entzündliche Infiltration wurde durch die
ial riegelung mit Blut zur Begrenzung und Ausheilung gebracht.
fi ‚Eine einfache Doppelprobe zur. ‚Auswahl des für die Transfusion
a eeigaeten Blutes empfiehlt Kubänyi (Budapest). Aus der Vene, des
IE upfängers werden 3—5 cem Blut abzentrifugiert. und zu einem Tropfen
a Blatant dem Objektträger 'zugefügt. Der nicht agglutinierende Spender
‚kann i in dringenden Fällen bereits benutzt werden. Wird aber. ein: Blut.
h ir gleichen Gruppe gesucht, so sind aus. der Vene dieses Spenders `
Eo uh 3—5 cem Blut abzuzentrifugieren ünd ein Tropfen des serums mit
i einem Tropfen Blut des Empfängers zu. 'verreiben. |
ri f . Eine aktiv bewegliche Extensionsschiene hat Wihkelba auer., auf
z = ‘chirurgischen Klinik Wien. hergestellt. Zwei parallele Eisenstäbe -
zi n den Oberschenkel in jedem Winkel. fest. Mit ihnen ist der für den
d ehe bestimmte, im Kniegelenk drehbare Rahmen beweglich ver-
g! a welcher die Rollen zur Gewichtsextension trägt, -Die Schwere.
H a Ka Siki] ist dadureh ausgeschaltet und eine geringe:
sl axuon der Muskeln bringt den Apparat in Bewegung, ohne, die Bruch-
S au verschieben. (Hersteller: Eigner, Wien IX.) .
‚Zur Extension mit nicht rostendem Draht- hat Beck an. der
gischen Klinik Kiel einen Apparat „hergestellt. Mit einem dünnen
E Ai
} hrer von 2 mm Dicke. wird der Knochen: “durehbohrt‘ und das. eine:
Er seine nt de Köntgenwirküng, dio. nur auf ‚der Aersirenden |
Eine Reizwirkung wird. 'bestritten, da sich
`, Wirkung beruht auf:Schädigung des strahlenempfindlichsten Teiles des: Þe-
~ heim; Das chronisch partielle Herzaneurysma : entsteht. durch Ernährungs- |
| wie Rosenberg- (Mannheim) mitteilt, die trockenen, mit Pikrinsäure B-
Im Anschluß an den stenokardischen Anfall auftretendes ; hafteten. Verbandstücke sehr feuergefährlich sind und die Gelbfärbung
E . < Weber wird von dem Verf. so erklärt, daß es durch diese. tiefe, zur Nekrose, -
Sonstige charakteristisch: Sym-
. Anomalie.in einem abnormen Zustande befindet, können mannigfaltige Ein-
flüsse 'in der’ Weise einwirken, daß es zum Bronchjalasthma' kommt.: Das- .
eses Serums aus der Fingerbeerë der verschiedenen Spender je.1 Tropfen - |.
mit Neigung zur Progression und Ulzeration.
keit der Erkrankung. Vorbedingung für den Pneumothorax.
i Formen häufig verwechselt wird. diè interlobäre Pleuritis, die aber durch
' einen mehr homogenen Schatten’ und mindestens’ eine ‘scharfe Begrenzungs- `
"linie charakterisiert ist.‘ -Pneumothoraxbehandlung kommt hierbei nicht in
Frage, ‚ebensowenig bei der käsigen Pneumonie. wegen der geringen Kom-
‚ wachsenen; aber. nicht immer. ` Va ETT
4
Ende- des angebobrtei I Drahtes auf die Spitze des BEER airi,
so daß .es dem wieder- - -qurückgezogenen Bohrer durch das Loch hindurch
- folgt. Hinter ‚einer runden Platte wird der Draht beiderseits in einen
‚festen: Spannbügel. eingespannt, :so daß ein seitliches Verrutschen unmöglich
ist, Der Dräht kann beliebig. ‚lange Zeit liegen bleiben und das kleine
Bohrloch schließt sich. in wenigen: Tagen.
: Wundbehandiung mit. arterieller Hyperämie empfiehlt Chatzkel-
= | sohn. (Riga): ‚Zu ‚diesem Zweck „wird: der eröffnete Abszeß 15 Minuten
, lang mit - heißem Wasser von. 36-400 R berieselt.
' monen \ werden mit täglich häufig. wiederholten heißen Bädern behandelt.
Beginnende Phleg-
"Die Pikrinsäure ist ungeeignet als Desinfektionsmittel, weil,
“der Haut bei längerer. ‚Einwirkung. auch mit alkoholischer Ammoniaklösung
| nicht zu entfernen ist. — -‚Einpfehlenswart sind die Sr era
£
Therapie d der Gegenwart, 5. Heit, Mai 194. ©
‚Über die -Bedentung. des’ Vagus ‘und des Sympathikus ` für die
| Üeranis des ‘Asthma bronchiale (unter. besonderer Berücksichtigung von
'fiebererzeugenden’ Milchinjektionen). berichtet Glaser (Berlin). -Auf das
-Bronchokonstriktorenzentrum, das sich infolge angeborener: bzw. vererbbarer |
r
Primäre ist“ die- Vaguserregung; - ‚diese ruft sekretorische ‚Störungen der
'Bronchialschleimhaut.und auch Spasmen der Bronchialmuskulatur hervor.
Hierdurch entstehen "wieder. schmerzhafte Sensationen, die dem Gehirn auf `
‚dem Sympathikuswege zugeführt- werden. Nach. eingehender Würdigung
der: bisher bekannten und. gebräuchlichen therapeutischen: Maßnahmen und
ihrer Erklärung i im’Sinne der. obengenannten Theorie gibt Verf. eine Deutung
“über. die Wirkungsweise der. fiebererzeugenden -Milchinjektionen.. Nach '
seiner. Auffassung gehen Temperatursteigerungen mit sympathikotonischen
7 Erregungen. einher, wie. ja überhaupt zahlreiche Fiebersymptome (Herz-.
J. beschleunigung, Austrocknung der Mundhöhle, Verminderung der Magensaft-
en, Hemmung der Darmtätigkeit usw), durch a =
| erklärt werden können.
Die Milchinjektionen stellten‘ demnach eine den..
'Sympatbikustonus steigernde. Therapie dar.. Eine Auffassung, die’in-anderer
Form schon seit langer Zeit bekanpt. war, da man wußte, daß durch inter-
kuryente fieberhafte Erkrankungen Anfälle von Bronchiälasthma häufig. aus- -
blieben. „Febris tulit spasmum.“ ‚Die Injektion selbst wird in der Weise
Ä ausgeführt, daß gewöhnliche Kuhmileh 10 Minuten im ‚Wasserbad ‚gekocht
und davon: 5—10 ccm 'eingespritzt werden, damit eine kräftige Fieber-
"reaktion entsteht. Bei.den weiteren Einspritzungen geht man mit den
Dosen etwas herunter. . Die a kommt besonders bei langwierigen.
und. verzweifelten Fällen in: Betracht,
Eliasberg (Berlin) bespricht di; Belang der Barton Uni-
versitäts-Kinderklinik .über die Behandlung. -der kindlichen Lungentuber-
'kulose mit dem ‚künstlichen Pneumothorax. Die Indikation. wurde in
:18,5% Fällen, ‚also ‚weit häufiger als bei Erwachsenen gestellt.
Unbedingt `
‚anzulegen ist der Pneumothorax bei, allen Fällen einseitiger, fortgeschrittener,
auch kavernöser Luungentuberkulose.. ‘Ebenso ‘bei der selteneren Hämoptoe,
wenn sie lokalisiert werden kann.. Wichtig für die Behandlung ist die-
‚Unterscheidung‘ der verschiedenen Formen von, Hilustuberkulose. ‚Bei den
“leichteren ‘Formen mit Schwellung der: bronchialen und paratrachealen
_ Lymphknoten ist der Pneumothorax. überflüssig; ebenso bei den Formen,
die klinisch sehr spärliche: Rasselgeräusche, Dämpfung und Bronchialatmen
im Interskapularraum und -röntgenologisch große. Drüsenpakete, die von
'unscharfen, - dichten Schattenzonen umgeben sind, aufweisen und zwar wegen
ihrer Neigung zu Spontanheilungen. Das. Hauptindikationsgebiet bilden
‘die „echten Hilustuberkulosen“ ‚ deren Röntgenschatten sich aus einzelnen
| Hörden. zusammensetzt und sich vom Hilus fächerförmig ausbreitet. Klinisch
findet man Dämpfung, zuerst in der Axila, Bronchialatmen, Rasseln, bei
Kavernen Bazillen im Auswurf, Fieber, Appetitlosigkeit, Abmagerung usw.’
Der Prozeß. ‚entwickelt. sich meist. schlagartig infolge massiger Infektion,
Auch hierbei ist Einseitig-
Mit diesen
pressibilifät der. Lunge. Gegenindikation ist ferner Darm-, Nieren- und
Hirnhauttuberkulose, floride. Thoraxrachitis und ernstere Brönehoöstöndse
I. infolge, Kompression durch vergrößerte Bronchialdrüsen.
| Kindes spielt keine Rolle. : Bereits 4 Monate alte Säuglinge sind behandelt.
Das Alter’ des
worden. Die technischen Anlagemöglichkeiten. sind. besser als bei. Er-
„Bei. pleuritischer. Rand».
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schwarte ist abzuraten, bei partiellen Verwachsungen ein Versuch zu
machen, ohne dabei die Stränge zerreißen zu wollen. Der Einstich erfolgt
bei größeren Kindern ohne Lokalanästhesie, bei kleineren und Säuglingen
in Chloräthylrausch. Füllungsmaterial ist atmosphärische Luft, am besten
vom Kranken aspiriert. Bei Erstanlagen 100—300 ccm Luft und häufiges
allmähliches Nachfüllen bis zum völligen Kollaps. Exsudate sind selten
und nur, wenn sie ansteigen, abzulassen. Dauer der Behandlung je nach
der Schwere des Falles 1—3 Jahre. Heilungskriterien sind neben den
sonst üblichen noch die Senkungsgeschwindigkeit der Erythrozyten und
die Leukozytenformel. Die Ernäbrung beschränkt sich auf reichliche Fett-
zufuhr bei mäßiger Eiweißration unter Verzicht auf starke Zunahmen.
Tarnogrocki (Pölitz),
. Aus der neuesten amerikanisch-englischen Literatur.
Klinkerfuß beschreibt Polymastie in 4 Generationen: Tumoren in
der Axilla, die in der Schwangerschaft zunehmen und Schritt halten mit
der Vergrößerung der Brüste im Puerperium, ohne Warzen, die aber in
Verbindung stehen wahrscheinlich mit den normalen Brüsten, die nicht
mit entzündlichen Zuständen verwechselt werden dürfen und mit Karzinom,
das der Patient in solchen Fällen am meisten befürchtet, nichts zu tun
haben. (Journ. amer. med, ass, 1924, 16.)
Friedmann und Straus fanden Hyperbilirubinämie in 330/,
"bei Cholezystitis, und zwar in 930%), während der Anfälle, in 78°/, im Inter-
vall, also wenn gastrische Symptome vorlagen, aber keine Schmerzen. Sie
ziehen die Probe nach Fouchetder van den Berghs vor. Die Feststellung
ist von Wert bei der Differentialdiagnose Cholezystitis und Duodenal- oder
Magenulkus und Karzinom, aber ohne Bedeutung bei Pneumonie, wo man
in 50°/, latenten Ikterus findet. (Journ. amer. med. ass. 1924, 16.)
Price: Mitralstenose kann in seltenen Fällen Lähmung des linken
recurrens laryngealis verursachen. Infolge Drucks auf den Nerven durch
die linke Pulmonalarterie, die Aorta oder das Ligamentum aorticum. Dauer:
durch Stärke des Drucks und Reaktion des Herzens auf die Behandlung
bestimmt, (Journ. amer. med. ass, 1924, 16.)
Phelbs und Hu berichten von 2 fatalen Fällen nach Verabreichung
von Tetrachlorkohlenstoff gegen Hakenwürmer, 1 bzw. 3 com. Ursache:
zentrale Nekrose der Leberzellen. (Journ. amer. med. ass, 1924, 16.)
In mehr als 90°/, aller Schwangeren fand Mills durch physio-
logische Vergrößerung der Hypophysis venöse Stase der Netzhaut und in
ausgesprocheneren Fällen Einengung des Gesichtsfeldes, ebenso Verminde-
rung der Sehschärfe, vorübergehend temporal und zentral. Hinsichtlich
Nieren und Blut nichts Pathologisches. Symptome: Nausea, Erbrechen,
Kopfschmerzen, Störungen im Epigastrium und Kolon, seltener renale oder
hepatische Störungen. Sie sind sowohl Folge des Drucks, wie der ver-
mehrten Funktion der Hypophysis. Es müssen dabei die bis jetzt als prä-
eklamptisch beschriebenen Symptome streng geschieden werden von den
eben genannten, die nicht auf Rechnung einer genuinen Toxämie der
Schwangerschaft kommen. (Amer. journ. obstetr. gyn. St. Louis 1924, 7.)
O’Hare und Walker haben je 50 Fälle von Arteriosklerose mit und
ohne periphere Sklerose untersucht und festgestellt, daß bei solchen, die
einen Druck unter 145 aufwiesen, bei etwa der Hälfte die periphere Arterio-
sklerose ziemlich ausgesprochen war; während diese bei Drucken über 145
oft sebr gering war. Sie schließen daraus, daB kein Zusammenhang zwischen
Hypertension und peripherer Arteriosklerose bestehe. Ob die Hypertension
zuerst auftritt und dann die Arteriosklerose oder umgekehrt, darüber haben
die Untersuchungen keinen Aufschluß gegeben. (Arch. int. med. Chicago
1924, 23). |
i N Osteomyelitis kann sich nach Phemister schmerzlos
entwickeln und Wochen und Monate lang bestehen, ehe sie Lokalsymptome
machen. Solche schweigenden Herde entstehen als Folgen oder Kompli-
kationen einer Staphylokokkenosteomyelitis, Man kann sie durch Palpation
und Röntgen manchmal erkennen. So sind gewisse symptomlose Zonen
von Knochensklerosen zu erklären. Ein ätiologischer Zusammenhang zwischen
dieser Läsion und dem schmerzlosen Abszeß oder. Granulom der Zahn-
wurzel besteht nicht. (Journ. amer. med. ass. 1924, 17.)
Gangrän in der Nase beschreibt Bowers bei 3 Kindern im Alter
von 4 bis 10 Jahren im Gefolge des Diabetes. Bei älteren Leuten mit
vorgeschrittener Arteriosklerose findet man Gangrän gewöhnlich in der
unteren Extremität; bei Kindern handelt es sich nicht um Arteriosklerose,
sondern um eine Thrombose des Typs Thromboangiitis obliterans, die bei
Infektion oder Entzündung in der Arteris vorkommt. In einem Falle hatte
Insulin sehr günstige Wirkung. (Journ. amer. med. ass. 1924, 17. .
An der Hand zweier Fälle führt Scott über Aortenaneurysma
rupturierend in die Pulmonalarterie aus: Ätiologie Syphilis. Klinisch:
abruptes Einsetzen mit Atemnot, manchmal Schmerzen auf der Brust, etwas
später Husten und Ödem der unteren Gliedmaßen. Vorübergehende Besse-
sung durch Bettruhe in wenigen Fällen; für gewöhnlich das Bild einer
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33.
| 17. August
fortschreitenden Zirkulationsstörung mit Exitus in einigen Wochen oder
wenigen Monaten. In einem Fali lebte der Kranke noch ein Jahr lang.
Typisch: das oberflächliche, besonders intensive systolische Geräusch über
dem Conus arteriosus, am deutlichsten über dem 2. und 3. linken Interkostal-
raum. Puls: ruckartig, regurgitierend, in den beiden beschriebenen Fällen
im Volum vermindert. In beiden Fällen war Röntgen ohne Erfolg hin-
sichtlich der Diagnose. (Journ. amer. med. ass. 1924, 13.)
Ä Kahn hat beobachtet, daß Beseitigung des Hustens manchen Fall
von Tuberkulose wider Erwarten bessert, und zwar durch Verabreichung
von Antigenen. Eine leichte vasomotorische Rhinitis faßt er als Zeichen
einer Allergie auf. (Amer. rev. tub., Baltimore 1924, 9.)
Bowditoh berichtet weiter über die Röntgenbehandlung der Per-
tussis: abwechselnd über Rücken und Brust 8—4 Bestrahlungen, nach
7—10 Tagen Wiederholung, die aber selten nötig war, im Ganzen weniger
als 1/, Erythemdosis. Schon 8 Stunden nach der ersten Sitzung wesentliche
Besserung, die nach der 2. Bestrahlung am 3. Tag zunahm. Nach der
3. Bestrahlung am 5. Tag waren die Anfälle wesentlich weniger, Husten
verschwand und allmählich auch Erbrechen, Zyanose, die nächtlichen
Störungen. Im allgemeinen je früher der Fall in Behandlung kam, um sọ
größer der Erfolg. (Journ. amer. med. ass. 1924, 18.
Neal gibt eine Analyse von 1535 Fällen von Meningitis: Mit Aus-
| nahme der tuberkulösen Meningitis kommen mehr Fälle von Meningitis im
ersten Jahre vor, als sonst in einem Lebensalter; es zeigt die höchste
Ziffer. Die größte Zahl der tuberkulösen Meningitis findet man im 2. Jahr.
Zu Zeiten, wo keine Epidemie herrscht, ist die Zahl der tuberkulösen Fälle
gleich oder größer als der Meningokokkenfälle Die häufigsten Ursachen
der purulenten Meningitis ist der Reihe nach der Meningokokkus, der
Pneumokokkus und der Streptokokkus, dann der Influenzabazillus, der
Staphylokokkus und der Bacillus coli. Die beiden letzten verhältnismäßig
selten. Andere pyogene Organismen verursachen gelegentlich eins Menin-
gitis, sehr selten höhere Organismen wie Streptothrix und pathogene Hofen.
(Journ. amer. med. ass. 1924, 18.)
Felty und Keeier geben eine Analyse von 28 Fällen von Koli-
bazillensepsis: Infektionen des Blutstroms sind verhältnismäßig ungewöhnlich
im Vergleich zur Bakteriämie anderer patbogener Keime.. Der Häufigkeit
nach sind die Haupteingangspforten der Urinaltrakt, der weibliche Genital-
und der Intestinaltrakt. Kein Fall von Sepsis ging von einer Infektion
des Gallentraktes aus. Häufiger bei Frauen während der Gebärperiode,
zwischen 20 und 40, und bei Männern zwischen 40 und 70. Oft geht ein
operativer Eingriff voraus, der wahrscheinlich die Blutinvasion einleitet,
Für die Prognose ist nicht die Sepsis als solche wichtig, sondern Aus-
dehnung, Schwere, Lokalisation des primären Herdes. Der Kolibazillus
verschwindet gewöhnlich rasch- aus dem Blutstrom. Hoher Leukozyten-
gehalt (1500038000) erwies sich immer als günstiges Zeichen. Metastasen
in etwa1/, der Fälle, relativ häufiger in Genitaltraktfällen. Mortalität 329],.
(Journ. amer. med. ass. 1924, 18.
~ Daly: Fast jede Frau mit einer organischen Herzkrankheit kann
unbeschadet dieser Läsion eine Schwangerschaft durchhalten. Unter-
brechung zur‘ Lebensrettung oder Vorbeugung eines Herznachlasses ist
selten nötig. Letzterer kann vielmehr unter Fortsetzung der Schwanger-
schaft in den meisten Fällen kompensiert werden. Abort oder Entbindung
bei einem Nachlaß, wenn nicht schon Wehen da sind, ist nicht weise, da
hierdurch der an sich schön geschädigte Herzmuskel noch empfindlicher
geschädigt wird. Nach der Schwangerschaft: ist das Herz so wirksam wie
vorher. Bei solchen, die sonst keine geburtshilflichen Komplikationen haben,
ist Entbindung unter Äthernarkose die gegebene. (Journ. amer. med. ass.
1924, 18.)
Nach Symmers muß die Annahme, Hodgkin sei meist in den Hals-
iymphknoten evident, verlassen werden. In manchen Fällen sind sie über-
haupt nicht vergrößert. Häufiger ist die Vergrößerung der Abdominal-
und auch in Verbindung damit der Thorakallymphknoten. Die Haupt-
angriffspunkte sind die Lymphpakete des Abdomens, Thorax, Nackens,
Achsel und Leiste, ferner des Hülfslymphsystems einschließlich Milz, Leber
und anderer Lymphansammlungen in verschiedenen Körperteilen, während
die Masse der Lymphfollikel in der Submukosa des Gastrointestinaltraktes,
der Respirations- und Urinalorgane verschont bleiben. Das provozierendo
Agens hat also eine gewisse Vorliebe für einzelne Gruppen des Lymph-
gewebes, eine Bigentümlichkeit, die Hodgkin mit der chronischen lympha-
tischen Leukämie teilt. Vorherrschend werden andere Organe als die
Lymphknoten befallen: Milz, Thymus, Leber primär; die ersteren erst
sekundär. Auch die Skelettmuskeln können Destruktionen unterliegen,
Pektoralis, Vorderarm, Psoas. Hinsichtlich der Reaktionen in den Lymph
knoten und im Knochenmark besteht ein gewisser Parallelismus mit der
myelogenen Leukämie. Diese beiden Krankheiten sind vielleicht nur zwe
verschiedene Antworten auf dasselbe Agens. (Amer. journ, med. 50. Phils
delphia, März 1924.)
Bi: von im Fällen v von n Gallenblasenaffcktionen bis; zu 125 durch:
"Eis Die Abwesenheit des Vorwiegens des Gesöhlechts bei `
e stützt die Infektionstheorie der. Ätiologie der akuten und |.
. chronischen, kalkulösen und nicht kalkulösen . Cholezystitis.- Tonsilläre
Sepsis, "Appendizitis, Gelenkrheumatismüß; :. Grippe. spielen‘ eine . wichtige .
- "Rolls; .Typhus weniger. Junge Leute‘ ‚mit kongenitalem 'hämolytischem |}.
Ikterus, mit hypertrophischer biliärer Zirrhöse, - Splenomegalie haben’ häufig I
*.Gallenblasenkrankheiten gewöhnlich mit ‚Steinen. Ikterus in 33—40°%).
‘Das klinische Bild war bei beiden Geschlechtern - häufig. unklar. Bei. |
+ Männern gastrische Klagen in 309/0. Bei jungen. Frauen freie Kolik. und. |
Iktarüs selten. Das Bild des Ulkus war ‚weniger. häufig. Wohl aber ein |
„„Astülnter Typ der Dyspepsie. (Ann. clin. med., Baltimore 1924, 2). |
.=Bland; Akzidentelle Okklusion. des Ureters ist nicht selten. Meist,
TE
= ee
Fe
"steht nach‘, vori: eneizt 1 Enio. ma Hüfte der. etäzierten Seite gebeugt, nur: i EREA
die Zehen ‚berühren‘ den Boden, - ‚die Hand. in den Rücken gestemmt, Druck- <. VEIRE,
punkt ` im Grübchen. ‘beim Gelenk. . Lisndenwirbelsäule. steif und: konkav : N EI EHE
nach .der lädierten Seite.: Liegend ergibt die“ 'Abdominalpalpation: ‚den -~ MERE SE
, Baorschen Sakroiliakalpunkt:, auf einer Linie 5: em unter dem Nabel bis WER
żur Spina ant. sup., der. sebr- empfindlich.: ' Beim. Sitzen ‚Gewicht auf dem In EM
‘Tuber. ischü: der’ ‚gesunden Seite, . Ist dieser. ‘Punkt gefunden und. der NER EERE
‚Schmerz läßt nach bei Druck: auf die. Spina ` ant: sup: nach rückwärts: oder A ARCI
aufi die Spina post. sup. ‚nach vorwärts, so. ist :die' Diagnose sicher. "Ferner: FUE
Lasögue auf der gesunden Seite, bis die Schmerzgrenze erreicht: ist, dann |
Vergleich damit auf der kranken Seite und bei Erreichung. der :Schmerz- fi
grenzen: Dorsiflexion des Fußes: ‚nimmt. dabei. der. Schmerz zw — :Ischias ; REN
wo nicht — ` Sakroiliakalgelenk. 'Letzteres auch bei Zug am Tuber, ‚wenn HER
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BT 'hirurgischen Eingriffen, vaginaler oder‘ abdominaler. Hysterektomie,. | |. dieser schmerzhaft. Ähnliches ergibt dieselbe Untersuchung bei Lagerung _ MEIEN i
- tiefe” pelvische Operationen. Meist einseitig, - in 1, etwa béiderseitig. | auf der. ‚gesunden | Seite. Of -lösen ` Manipulationen- ‘auf. dieser Seite iR H
. Nörtalität in beiderseitigen Fällen 33 as in. ‚einseitigen 18%. (Atlant, | Schmerzen auf dor affizierten ang ‚Einfaches Heilmittel: ein entsprechender. Maiar an ;
md Joum, Harrisburg 1924, 27.) = + ` Gürtel, sn en > E M e W Sohnizer. R EAE AIEE E viN
n : Hall: Schmerzvoller abdominaler Myoklonus ist inter arklshendie d | | ° se > I ee on ei ee Oel: le w
` gjin bei epidemischer Meningitis. Meist. ‘den Rektus. oder Obliquus | Ze N e e A RE RAe BE l A N |
- .externns betreffend kann er ein- oder beiderseitig sein, ‚abwechselnd mit | a ee a ea IE RUSS EH EEEN
Pain (Lancet, London 1924, 1). 0 . Therapentische Notizen. ea NE a ei
Alderich und McLure beschreiben die prognostische Bedeutung r, E ne ko Er Mhina en beii A Anl
Sa Antradermalen Salzlösungsiniektion bei- Nephritis.‘ Es werden 2/0 com | I RE Fr auenkrankheiten. be BE RHR G ade af un Hi
diner 0,8%/oigen NaCl-Lösung auf der Beugeseite des Vorderarms so injiziert, Pust (Jena) lehnt fast jede intrauterine Behandlung a Tit alle. ` I Neun d Kal:
„daß mån die Mündung der Nadel durch die Haut durch sieht. Je größer nicht fieberhaften, nicht. gonorrhoischen Erkrankungen. des Endo- ERSTE a Kuh ih
‚aun.das Ödem, um so kürzer ist die Zeit, in der die Quaddel verschwindet metriums. gibt es nur eine schonende Behandlung: die'Kürette.- In geübter IKB lin
-` und-umgekehrt. Wenn diese Probe bei‘ Kranken gemacht: wird, die ein.] Hand kann sie richtig indiziert und dosiert werden: Im, übrigen: keine jis HESS, P Bl
“ ‚Odem:entwiekeln, so geht die Reduktion der Zeit, in. der, die Quaddel ver-
- söhwindet, dem Ödem einige Tage voraus. Bessert sich: das Ödem, so-
a . ninmi diese Zeit zu, bevor irgend ein Zeichen der Besserung deutlich wird. |
In manchen Fällen dauert dies bis zu 60 Minuten, Irgendwelche Be-
E siehungen zur Albuminurie bestehen. nicht, wohl aber ein ‚Parallelismus,.
= zwischen der Kurve dieser ‘Zeit und der. Urinausscheidung. ‘Die, Verfasser
halten: diese neue Methode für außerordentlich ‚wichtig. und ‚sicher bei 2
lat der Prognose. (Journ. amer.. med. ass. 1924, 18.) ` ie aN
Ti „Es gibt nach Wharrey Fälle von schwerem Ohrenklingen. Antalge
a a m Kohen oder niederen Blutdrucks, im letzteren Falle ‘gewöhnlich beider- `
a- . witig, ‘Natürlich kann in beiden Fällen auch eine Ohrläsion 'mitvorliegen, I
nn ""Polypen, Verschluß der Eustachischen Röhre, ‚Ist dies bei niederem Druck
z >. dee-Fall, so findet man den Tinnitus gewöhnlich auf der Seite der Läsion. .
rn Insölekien Fällen ist erst die Ohrschädigung zu beseitigen. . Zur Beseitigung `
3i >, des “hohen Blutdruckes: Nitfoglyaerin hoo. Grain A = 200 (Lancet
o m, 18) |
a :‘Yiolle schreibt über. EA Posologie der Getränke: Bei kardio- |
viskulären Affektionen sollte der Patient "Getränke liegend nehmen, und |
` awar morgens beim Erwachen - und: abends: vor dem Schlaf, in kleinen
3 Qnantitäten, nicht während der Mahlzeiten. Bei. ‚ verzögerter- Absorption wa.
j |, Yom Verdauungstraktus kann ‚Magendilatation vorliegen:. dann Getränke in |
- ‚Kleinen abgeteilten Dosen, liegend, lange nach der Mahlzeit. Bei intestinalen
Börngen, wie profuser Diarrhöe, keine Reduktion, aber so verabfolgt, daß-
a; gesamte 24-Stundenquantität des Harns möglichst der normalen nahe-
r kannt, Eine normale Niere hat: nämlich eine große: funktionelle Elastizität |
: wd;pat sich den Anforderungen an; eine. kranke sezerniert -ohne jede, |
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DER ae
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ch emischen. Mittel in. das Uterumkavum. Bei‘ gesundem“ Endometrium
sind sie “überflüssig, boi- krankem ‚gefährlich. In die kranke: Gebärmutter '
‘gehört auch kein mechanisches- ‚Mittel, ‚kein Pessar, kein, Röhrchen, . - |
. kein Fruktulet. Die gesunde verträgt sie, wenn der zervikale Schleim- BER
.pfropi- nicht beeinträchtigt, >A: he 'bakterizid intakt ist- (die
bakterizide Kraft des Schleimpfropfes ist enorm). . Das. im Einzelfall vorher
‘richtig - einzuschätzen erfordert große Erfahrung. Wird.die mechanisch: und - -
"bakterizid. abschließende Wirkung des zervikalen. Schleimptropfes nicht 0 alt)
gestört, so ist die Methode‘ brauchbar. (M.m.W. 1924, N28) 00 län ICH
Acykal, eine ‚organische ‚Silberzyankomplexverbindung wit einem `
Gehalt von 54,30), Ag empfiehlt. W: Roller (Potsdam) in einer Kon- `
‚zentration von-1:10000 bei Operationen als-Scheiden- und Uterusspülung,
bei ‚Zystitis. und nach Protatektomie als Blasenspülung; ‚ferner nach jeder
- Abortausräumung und jedem 'Kürettement, bei septischem Abort: heiße
Uterusspülung (etwa 50°). Die‘ "Wirkung: des Acykals ist. ähnlich: wie die ^
des Cholevals, bei fehlender Eiweißfä ällung. auf die desinfizierende, ätzende
"und adstringierende Eigenschaft der Silberkomponente zurückzuführen. : Das.
Mittel us lhr „keine Lu auf ‚der Wäsche, er mW. 1924, Nr, 24.)
| F. Pono
_ Infektionskranliheiten. ` u; X e `
l _ Über die Behandlung des Maltafiebers verbreitet sioh deP Sn arro yo
eingehend. Zunächst bespricht; er die Serumtherapie: ‘Man injiziere am.
ersten Tage 20 ccm, weiterhin alle 1—2 Tage 10 ccm Heilserum und’ zwar
subkütan, intramuskulär : oder intravenös (letztere Anwendung bildet die `
` Ausnahme): : Bei der Serumtherapie werden als N ebenwirkungen: beobachtet:
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e "Rücksicht auf die gestellten, Anforderungen. 'nur- ein ganz. einheitliches” i örtliche ‚Reizerscheinungen, Erytheme, Fieber, Gelenkschmerzen usw. .: Dazu $
si. Quantum. In pathologischen Zuständen, besonders’ der Leber, wo eine. |: kann eine örtliche Anaphylaxie (typische Pseudophlegmone): bei wieder-
holter Injektion treten. Auch die ‚Vakzinebehandlung (1000—2000 Millionen.
|’ Keime) zeigt - allerlei örtliche” und allgemeine Nebenwirkungen. (Fieber,
Tachykardie, Erbrechen, '‘Albuminurie); ` es scheint die Vakzinethierapie in
-der akuten Phase ünd bei ungenügender Anwendung (bezüglich Dauer und.
Dosierung) oft zu versagen. Von chemotherapeutischen Agentien- ist, am
‚ meisten vom Neosalvarsan zu "halten: Man beginnt mit ‚kleinen Dosen (0,15) |
intravenös, steigt dann auf 80—45. cg und verbraucht im ganzen 3—4 g. 2
Die genannten Behandlungsarten können auch. kombiniert. werden. :Die ER
symptomatisohe Behandlung (Bäder, feuchte Packungen; Arzneimittel) sind
von untergeordnetem Wert.‘ ‚Die Nahrung sei der Toleranz des Patienten
| angemessen; Milch als alleinige. Nahrung. genügt nicht. Bei hohem ‚Fieber
empfiehlt sich ‚Bettruhe., (El Siglo. med, 1924, i 53 u. 85.) .
ee S : - Bach em. (Bonn). -
"Intralumbale, Dispargeninjektionen bei Meningitis cerebrospinalis
-portile Hypertension vorliegt, ist besondere Vorsicht nötig; ‚weil. hier. reich-.
‚liche Elimination erfolgt. Hier ganz ‚besonders nicht zu den Mahlzeiten,
am nicht zur portalen Hypertension noch eine: physiologische zuzufügen;
Ä „mir 80: kann physiologische Opsiurie vermieden werden. (Lancet, 1924, 20.)
> 2 Über symptomatische Ischias und Erkrankungen des Sakroiliakal- i
ie schreibt Mennell: Letztere. sind wesentlich weniger selten, als |
` aio diagnostiziert werden. Lumbosakralverstauchung ist- ein. mehr weniger
-Ohronischer Zustand infolge Akzentuation der normalen Kurve, aus- |
‚Aobrochener Lordose oder des Gegenteils des flachen Rückens, des vertikalen `
er a na Ersteres ist fast immer Folgé der Haltung und selten akut außer
; ennisspielern, Auch die letztere ‘ist gewöhnlich durch Lage und
E osoh und kann. bei nicht genügend unterstützter Lenden-
Akte è nach längeren Narkosen beobachtet werden. In beiden Fällen
ee , | ückenschmerzen, die namentlich im letzteren Falle in die Beine
dam on. Man muß den Rücken erst im Sitzen, dann im Stehen besehen, empfiehlt 0. Buß (Bremen), In 8 F ällen- zeigte sich: trotz. 3. Wochen langer
in nn übergeneigter Haltung unter- Nachrückwärtsstrecken der: ge- | Behandlung mit täglichen. Injektionen. von Meningokokkenserum. intralumbal,
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ar a Beine und Erheben des Rumpfes. ‘Außer den durch ‘Röntgen | intravenös. und intramuskulär ‚und zahllosen ; Lumbalpunktionen‘ keine
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j! ri i e Anden Vergrößerungen 'oder- Frakturen der Processi trans- Besserung, aber nach 4 intralumb alen Dispargeninjektionen erfolgte HA o
A; ann sioh Ba kommt die. sakroiliakale Verstauchung in ‚Frage. - Sie völlige Heilung. (Bei septischen‘ Aborten, Puerperalfieber, eitrig er’ gonor- È ae
"richt % akut oder langsam entwickeln; einer großen Gewalt: bedarf es ‚rhoischer Salpingitis haben sich. intravenöse. Dispargeninjektionen sehr i a EE ene i
P dazu: ein Ausrutschen ev. mit einer Last usw. Diagnose: Patient. | bewährt.) ‚Mm. mW. 1924,. Nr. = rs ie ee, | EU EIERN
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‚med. Wschr. 1924, Nr. 20.)
1156
Zur Bekämpfung der Maserninfektion im Säuglingsalter empfiehlt
S. Buttenwieser (Berlin) ‚angelegentlichst die Degkwitzsche Methode.
Hierbei wird durch Einspritzung von 3—4 ccm Masernrekonvaleszenten-
serum während der vier ersten Inkubationstage der Ausbruch der
Masern verhütet. Das Serum wird 8 Tage nach der Entfieberung bei
komplikationslosem Masernverlauf. den Rekonvaleszenten entnommen. (Eine
sehr große Zahl von Kindern in den beiden ersten Lebensjahren wird durch
Masernbronchopneumonie weggerafit.
Kinder. an Masern als an Keuchhusten, Scharlach, Diphtherie zusammen.)
(D.m.W. 1924, Nr. 26.) | F.Bruck. .
Allgemeine Therapie.
L. v. Gordon bespricht die Behandlung des Heufieberleidens, das
er für eine fanktionelle Neurose des vegetativen Nervensystems mit niedrigem
Blutkalkspiegel, wohl bedingt durch Veränderungen des endokrinen Systems,
hält. Nach Besprechung der verschiedensten Mittel empfiehlt Verf. be-
sonders Calc. chlorat. Lokale Behandlung wird vom Verf. mit Rhinovulin-
Crème bzw. -Emulsion geübt, sowohl an der Nase als auch am Auge.
Ferner bewährte sich Vibrationsmassage der Nasenschleimhaut sowie lokale
Applikation von 1°/,iger Optochinlösung. Eventuell kommt Behandlung
mit einer Mischvakzine bei Überempfindlichkeit gegen Bakterieneiweiß in
Frage, während Verf, die prophylaktische Behandlung mit Pollenextrakten
für unvorteilhaft und unsicher hält. Die lokale Behandlung krankhafter
Veränderungen der Nase muß in der anfallsfreien Zeit erfolgen. (Schweiz.
| | ' Munoke
Zur Luminalbehandlung äußert sich Gerhard Stroomann (Bühler-
höhe [Baden}). Luminal, das durch Einführung der Phenylgruppe wesent- |
lich gesteigerte Prinzip des Veronals, ist als stark wirkender Körper
anzusehen. Es kommt häufig zu Exanthemen, Blutdrucksenkung. Da
es als Kapillargift gelten kann, sei man sehr vorsichtig. bei Arterio-
sklerose, erhöhtem Blutdruck und stärkeren vasomotorischen Störungen.
Hier kann Medinal viel unbesorgter gegeben werden., Die Beobachtungen
des Verfassers beziehen sich nicht auf die genuine Epilepsie, sondern auf
den Gebrauch des Luminals als Hypnotikum und bei Migräne. Nach
Einzeldosen von 0,1 bis 0,2 kam es wiederholt zu einer kurzen Rausch-
empfindung, zu leichtem Schwindel (Taumeligkeit), zu leichter Ataxie
(deutliche Gehstörung).
einer Abnahme der psychischen Leistungsfähigkeit
(Hemmungen, Gedäch
Nr. 26.) | F. Bruck.
Die starken desinfizierenden Eigenschaften des Trypailavins haben
A. Rothacker (Gera) veranlaßt, das Mittel auch als Gurgelwasser an-
zuwenden. Er gibt von der 1/,%/,igen wäßrigen Lösung 20 Tropfen auf
ein Glas heißen Wassers zum Gurgeln bei Anginen jeglicher Art und
Pharyngitis. Auf Grund zweier guter Erfolge, die er mit diesem Verfahren
auch bei Diphtherie erzielte, empfiehlt Verfasser bei Anfangsfällen von
Diphtherie bis zur Feststellung der bakteriologischen Diagnose und bei
der Behandlung schon gespritzter Diphtheriefälle das Gurgeln mit Trypallavin
zu verordnen. (Fortschr. d. Med. 1924, Nr. 2.) |.
kommen
2
| Augenkrankheiten.
Ratera gelang es, einen Fall von retrookularem Fibrom mit Röntgen-
strahlen zu heilen. Der Tumor saß in der rechten Augenhöhle oben und
trieb den Bulbus etwa 2 cm vor. Die Behandlung begann mit 5 X-Einheiten
(4 mm Aluminiumfilter) unter Schonung der Umgebung an 2 aufeinander-
folgenden Tagen. Nach einem Monat war der Exophthalmus schon be-
deutend verringert und die zweitägige Röntgenkur wurde wiederholt, und
nach einer nochmaligen Behandlung einen weiteren Monat später. war der
Exophthalmus überhaupt ganz geschwunden. Dieser Zustand hielt auch
auf die Dauer (5 Jahre) an. Außer vorübergehendem Ausfall der Augen-
brauen waren keine Schädigungen oder Nachwirkungen zu beobachten.
(El Siglo med. 1924, S. 644.)
= Bachem (Bonn).
Ameuille hat nach der Ablation eines Katarakts einen unaufhör-
lichen Tränenfluß, der sich gegen jede Medikation rebellisch verhielt, be-
obachtet und sah diese Erscheinung sogleich verschwinden auf eine intravenöse.
Injektion von Kalziumehlorür in der üblichen Dosis, die noch einmal
wiederholt werden mußte nach 48 Stunden und nach 6 Wochen. Er er-
wähnt gleichzeitig, daß er auch bei Diarrhoe und Erbrechen der Tuberkulösen |
und Hämoptysie ebenfalls vorzügliche Erfolge damit zu verzeichnen hatte.
(Pr. méd. 1924, 31.) v. Schnizer.
Das neue Lokalanästhetikum „88 G.“ von der Gesellschaft für che-
mische Industrie in Basel untersuchte U. Lüssi (Basel). Es ergab sich
in der Augenpraxis mit der 2°/,igen Lösung eine gute Anästhesie, die für
die Sprechstundenpraxis ausreicht. Es tritt rasche Anästhesie ein, Druck-
steigerung fehlt, weswegen es besonders bei glaukomatösen und glaukom-
verdächtigen Augen ausschließlich verwandt wurde. (Schweiz. med. Wschr
1924, Nr. 25.)
i Muncke.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIR — Nr.38. —_
Nach Pfaundler: sterben mehr |
sonstigen Überschriften durchweg gehaltvolle Abhandlungen ‚nachfolgen,
Bei chronischem Luminalgebrauch kann es zu
tnisstörungen, Ungeschicklichkeiten). (D. m. W. 1924, | behandlung auf eigene Faust herumzuexperimentieren, bis er den Schaden
| "Bücherbesprechungen. | i
Mayerhofer und Pirquet, Lexikon der Ernährungskunde. 1.Lieferung
144 Seiten. Wien-Leipzig-München, Rikola Verlag. a
` Für die neue Wissenschaft der Ernährungskunde wird von den.
Herausgebern ein nach Inhalt und Anordnung ebenso reichhaltiges wie
eigenartiges Buch geschaffen. Sie haben Mediziner und Volkswirtschaftler,
Botaniker und’ Zoologen, Männer aus praktischen Fabrikationszweigen,
Historiker und. Vertreter der Sprachwissenschaften herangezogen, um in
einem Lexikon das Wichtigste von alledem zu vereinigen, was sonst nur
verstreut, unvollständig und unter großen Schwierigkeiten von dem ständig
wachsenden Kreise der auf diesem Gebiete Interessierten gefunden werden
kann. Zwischen dem Aal und dem Butterschmalz, die die vorliegende
erste Lieferung eröffnen und‘ beschließen, findet man je nach der Be-
deutung der Materie mehr oder minder ausführliche Auskunft über Abfälle
und Antilopen, Agar-Agar und Affen, Arsen und Angebot (Begriff aus der
vergleichenden Ernährungslehre), Appetit und Arbeitstierefütterung, Back- `
hausmilch und den Bären in seinen verschiedenen Arten, Bantingkur und
Bergins Benegkt, den Verfasser einer 1792 erschienenen Zusammenstellung .
über die Leckereien, Bienenzucht und Bier, Bovist und Braten, Brot und
.Büffe, Die Nennung dieser wenigen Stichworte, denen ‚wie auch den
mag die Vielseitigkeit des Werkes dartun. Emil Neißer (Breslau).
C. v. Noorden und S. Isaac, Verordnungsbuch und diätetischer Leit-
` faden für Zuckerkranke. Mit 149 Kochvorschriften. Zum Gebrauche
- für Ärzte und Patienten. Berlin 1923, Julius Springer, 2
' Dom häufig geäußerten Wunsche von Patienten der v. Noorden-
Lampeschen Privatklinik in Frankfurt, das ihnen übergebene Verordnungs-
heft im Buchhandel erscheinen zu lassen, kommen die jetzigen Klinikleiter
nach. Sie betonen scharf, daß das Büchlein sich zwar an Ärzte und
Patienten wendet, aber nur dann brauchbar ist, wenn des Arztes begleitende
und ergänzende Verordnung die für den einzelnen Kranken und den je
weiligen Zeitpunkt zutreffende Kostform auswählt, Mit leisem Zweifel, ob
nicht doch manch ein Diabetiker gerade.in der jetzigen Zeit des so beliebten.
_Arztsparens den Versuch machen wird, an der Hand- eines auch für
_ Patienten bestimmten Buches des Frankfurter Meisters der Diabetes-
(vielleicht zu spät) merken wird, begrüßen wir doch dankbar auch dieses
Werkchen. Es bringt Ärzten und Zuckerkranken die üblichen Tabellen
mit wertvollen Ergänzungen und Erläuterungen von besonderer Prägung,
gibt wohlerwogene Winke über die Anordnung von Mahlzeiten, die sich
teils nach dem Geschmack und der allgemeinen Lebensweise, teils -auoh
nach der jeweils gültigen Kostform richten müssen, dann eine Übersicht
‘über die verschiedenen Kostformen,. die für die Behandlung von Zucker-
kranken in Betracht kommen, ferner vielfach erprobte Kochvorschriften und
Emil Neißer (Breslau).
Arbeiten aus dem Neurologischen Institute der Universität Wien. Bd. XXY,
- 2. und 3.Heft. Leipzig und Wien 1924, Franz Deuticke. M.21,—
Die Schwierigkeit der Materie, die nur Spezialisten unter den Spe-
zialisten ganz zugängig ist, verhindert leider ein genaues Eingehen auf
diese wichtigsten histopathologischen und anderen anatomischen Arbeiten,
für deren Wert neben den Namen einzelner Verfasser der Leiter des Wiener
Instituts für Hirnforschung, Otto Marburg, bürgt. Als für den Praktiker
bewährte Bezugsquellen.
| und praktischen Neurologen wichtigste Aufsätze nenne ich hier: Naito:
„Zur Frage der zerebralen Fettsucht“ (fragliche ursächliche Bedeutung Yan
Tumor, Lues, Hydrozephalus); Spiegel und Saito: „Beiträge zum Studium
des vegetativen Nervensystems“ (vorsichtige Wertung der Erregung Yeg%
. tativer Zentren durch Hormone, experimentelle Untersuchungen über den
vestibulären Pupillenreflex bei Durchsohneidung des hinteren Längsbündels);
Oseki: „Salvarsanschäden des Rückenmarks“ (bei vorher krankem Nerven-
system gelegentlich reaktive Reizung, bei vorher gesundem Parenchym
Schädigung unter dem Bild der Landryschen Paralyse oder malazisoh®
Entzündung); Takase: „Zur Pathologie der periodischen Psychosen“ (mit
anatomischer Projektion auf die Areale der Hirnkarte); Spitzer: „Anatomie
und Physiologie der zentralen Bahnen des Vestibularis“ (umfassender Fort-
bildungsvortrag).
Kurt Singer.
Schiff, Hypophysenpathologie. Wien-Leipzig 1923, Moritz Perles.
In das schwere Gebiet der Hypophysenphysiologie und -Pathologl®
leuchtet Schiff mit einem an Erfahrung reichen Blick. Der Vortrag ent-
hält eine Synopsis all dessen, was wir heute von den Funktionen der
gesunden und kranken Zirbeldrüse wissen — oder zu wissen glauben.
40 Seiten kann man über ein so schweres Gebiet kaum klarer, kaum aus-
führlicher schreiben.
Kurt Singer.
17. August J f
—
wmn Gt
—
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= reichen‘ gefallenen Kameraden. .
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a P aa Me a ie j a OT a
%
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Frankfurt : a. M
| Be Ärztlicher Verein.
psych
„neuere
Hysterie, deren therapeutisches Ergebnis die’ Psychokatharsis würde, . Diese
Fallen | ‚Vorzügliches leisten. Hierfür 2 Beispiele: 1: 20jährige Kassen-
beaintin, nervös völlig unbelastet, bekommt epileptbide Anfälle, nachdem
Sitzung vom 30. Juni u
Unger: Zur Psychotherapie. a), Kasuistische Beiträge" zur
‚ökökakhartischon Behandlung. Eine wesentliche Wurzel der’
n Psychotherapie sind die Breuer- Freudschen Forsehungen über
jean einem Tage im Beruf einen epileptischen Anfall. und‘ einen Er-
= rägungszustand bei einem Kriegsbeschädigten gesehen hat. ‚In der Hypnose
. bei-Rrinnerung an diese Erlebnisse heftigster Affektausbruch, in: weiteren
ypnosen stets mit denselben Schreien, mit: derselben Mimik und. den-
selben Worten wiederholt, aber jedesmal an Intensität deutlich nachlassend, x
` s0. ‚dab in der letzten (9.) Hypnose kaum noch eine, Spur von Erregung
Kongreß und Voreins-Berichte, ch = A 5 nn
‚leichten Typhus sehr.quälende Harnverhaltung; . Er, ist kurz vor ‚ger Er-
krankung unter den primitiven ` ‘Verhältnissen einer. ‚Sommerfrische'. einmal
beim ‚Wasserlassen durch eine: Schwester. in Tracht ‚gestört worden und
I war davon ‚aufs einlichste ‚berührt.‘ Das. vorher ‚un ehemmte Drinieren
"Methode ist in der Entwicklung der Freudschen Lebre weit überholt, 7 P 15
‚sollte‘ aber weiter ernste Beachtung finden, ‘denn sie kanà in "geeigneten |
m -erkennen ist, obwohl Worte usw. die 'gleichen wiò zu Anfang ‚sind.
~ Heilung, — 2. 2öjähriger Oberzollsekretär hat als 16 jähriger Kriegs-
freiwilliger die blutigen flandrischen Kämpfe im Herbst 1914 mitgemacht.
Seitdem nervös, reizbar und deprimiert, Zitteranfälle im linken Bein, Geh-
“;störung. Hierfür bei wiederholten Untersuchungen keine organische Grund-
lage gefunden. In 19 Hypnosen während vierteljähriger 'Sanatoriums-
. behandlung wird überaus reichhaltiges,’
.Erlebnismaterial zutage gefördert.
stark affektbetontes verdrängtes-
Besonders erweisen ‚sich als pathogen-
8 Szenen: Sturmangrifi mit Verwundung der Lendengegend; 5 Tage. langes:
_ hilfloses Liegen zwischen den feindlichen Linien neben sterbenden Kameraden;
"Rückkehr | in die Heimat mit Fragenbestürmung durch Angehörige der zahl--
Nur ein kleiner Teil: des Erlebnismaterials
‚di in'bewußter Erinnerung wiedergegeben.
Der überwiegende Rest, ‚vor
allem-aber die ungeheure Wucht der begleitenden Affekte, kommt nur-in
“der Hypnose und in den während der Behandlung zahlreich auftretenden
Saan Erinnerungsträumen zum Ausbruch. Weitgehende Dissoziation
‚der Persönlichkeit nachweisbar. Starke. Beeinträchtigung des Allgemein-
beindens und Verschlimmerung der Gehbeschwerden während der Kur.
eine Verminderung der Affektausbrüche, also kein eigentliches Abreagieren
Aiklbe Nach Abschluß der hypnotischen Behandlung 2 Wochen all-
gemeine Kräftigung, daneben akzessorische Psychotherapie: Belehrung, "Pr
Zunächst
es sei nun der krank-
- weltänschauliche Erörterungen, Beschäftigung, Geselligkeit u. dgl.
ungebessert entlassen, jedoch mit. dem Hinweis,
` machende Seeleninhalt ins Bewußtsein gehoben. und somit für die eigenen
' > seelischen Energien des Kranken angreifbar gemacht. Anleitung zur
eigenen bewußten Bewältigung dieser Erlebnisreste. In den nächsten
` Monsten gelingt diese Bewältigung vollkommen. Pat. ist in der Stimmung
"gehoben, wenn auch weiter ernst, tut schweren Außendienst, kann stunden-
lang: laufen, reiten, Bürodienst machen. Somit Heilung nach 9jährigem,
‚beinahe existenzvernichtendem -Bestehen der Beschwerden. '. - |
b) Zur Methode der psychologischen Analyse. Die Freud-
sche‘ Lehre hat sich von. der Psychokatharsis' zur tieferschürfenden und
s
- weitergreifenden P sychoanalyse, dann schließlich zum geistvollen psycho-
genetischen und philosophischen System entwickelt, das die Welt der
seelischen Werte auf dem Lustprinzip aufzubauen. sucht und weit über
Se Beteich der Medizin hinausgreift. Zweifellos. wertvoll für ‘den Arzt
sind’ hierbei der überzeugende Hinweis ‚auf die’ mächtige Rolle des Un- |
En und die der Affekte sowie die inhaltliche Determiniertheit des
Prem. Kritische Vorsicht fordern heraus die Überbetonung des
| E= en, dio dogmatische. Symbolik und die. eigentliche Methode der
' “Fehosnalyse, Gegen die unterschiedslose Anwendung der psycho-
a gleichgültig, wenn der natürliche Zustand, in dem stets
ausgesetzt ist Teil der Seeleninhalte dem Scheinwerfer des Bewußtseins
attig ‘tief ist, durch langdauernde Analysen gestört wird; es sollten der-
i greifende Operationen wie auf’ somatischem Gebiet nur nach
nger Indikationsstellung vorgenommen werden. Sodann spricht aber
auch gegen die unterschiedslose Anwendung der psychoanalytischen Methode
d
a daß jeder einzelne Psychotherapeut bei der langen Dauer
Nöte behandlung und der Gesamtkur jährlich nur etwa 1—11/, Dutzend
er behandeln kann, so daß diese Behandlung nur solchen Kranken
zugänglich a an |
uige He, die über boss viel. Geld und Zeit verfügen. Von. der
‚kein: Aennenswerter
Simei in Betracht,
Peütischen Vorteile,
nutz ar machen, oh
Müssen? Die Frag
Teil als Objekt der Psychoanalyse im strengen Schul-
So erhebt sich die Frage: Kann man die großen thera-
die sich aus der Freudschen Lehre ergeben, Neurotikern
ne die angedeuteten. Nachteile mit in Kauf nehmen zu
'[ zu einem vorangegangenen. ‚psychischen Trauma. nicht auszuschließen ist,
analytischen Methode sprechen einmal Bedenken der seelischen Hygiene. .
Masse der behandlungsbedürftigen Psychoneurosen kommt. also
o ist zu bejahen., a 1. Ein 28 jähriger Kunst“
wieder: arbeiten, es war hier im Sanatorium viel schöner.“ |
geeignet &ingekleidete Gegensuggestion® ist- sofort von dauerndem Erfolg-
_Perforation des rechten Trommelfells (nach abgelaufener
‘ohne Schädigung des Gehörs und des Vestibularapparates. zu 6 He
M rwähnen.
. Chronologisch: Grippe im März 1920 ‚mit 3 Tage andauerndem mabet
lMtägiger Schlafsucht und Doppeltschen, . Allmählich zunehmender Tremor
übergriff. Im. Jahre 1923 ei Mitlelohreiterung. Seit,
stockt, sowie er in die ‚Klinik -kommt und: wieder: Schwestern : 'in Tracht
sieht. Aufklärung. dieses Zusammenhanges und Beruhigung. beheben. ‘sofort
dauernd den peinlichen Zustand. — 2. ‚32 jährige Handwerkerstochter wird
-yon Chirurgen geschickt, der. Bedenken hat, eine. in Aussicht genommene
. Operation wegen Mittelbandtuberkulose auszuführen, Entzündliche Schwellung
mit zentralem Schorf. Zwei Wachaussprachen i und eine Hypnose. analytisch
ohne Ergebnis. ‘In’ der zweiten ‘Hypnose auf Befragen: - „Wenn ich krank
‚bin, ‚geht: der Vater. (werwitwet, von der Pat. schwärmerisch geliebt) mit
"mir'zum Arzt; ich will ja gern alles aushalten, wenn er nùr bei mir ist.“
Aufklärung und Suggestion in der- Hypnose . macht der artefiziellen Hand-
entzündung ein Ende. — 3. Die oben ‚erwähnte 20j ährige Kassenbeamtin
bekommt ein Rezidiv ihrer 'Krampfanfälle, das in Anbetracht‘ des beob-
achteten. ‚vollkommenen Abreagierens 'rätselhaft: erscheint.
In. ‚tiefster
Hypnöse wird der Pat. der Zwang: suggeriert, das innerste Motiv. ihrer
'Neuerkrankung. anzugeben.
Widerstreben erfolgt schließlich das. leise Geständnis:
Pat. ist noch heute, 28/, J ahre. später, dauernd frei von "jeder psychogenen
oder nervösen. Störung. — Selbstfinden eines psychologischen Zusammen-
hanges durch einen intelligenten und gebildeten Patienten ‚unter ärztlicher
Anleitung; Aufdeckung eines wenig tiefliegenden krankmachenden Wunsches
in‘ leichter Hypnose; endlich in tiefster Hypnose gewissermaßen : ‚radikales
Abtragen’ der verdeckenden ‚Bewußtseinsschichten, direktester Weg. zum
` krankmashenden Motiv bei- ganz besonders suggeribler Pät. sind also
beispielsweise mögliche: Wege, die in geeigneten Fällen den. "Reichtum der
psychoanalytischen Forschung unter Vermeidung: ihrer. Nachteile - thora-
peutisch nutzbar machen. Eine derartige undogmatische Anpassung an
die individuelle Lage des Falles scheint ` neuerdings auch bei Peyon
analytikern, Prenger Observanz Boden. zu u finden, re u
i
Prag. {
Verein deutscher Ärzte, Sitzung vom 20; Ju uni: 1924.
Bruno‘ Fischer demonstriert: 2 Fälle von ‚Encsphalopathia post-
gripposa mit Zwangsbewegungen' des: Kopfes: (Kopfdrehung nach links)
und manegeartigen rotierenden. Bewegungen (des Körpers nach rechts ‘beim
Gehen. In dem einen Falle, der im Frühjahr :1920 eino- Grippe ‚durch-
. machte, traten im Oktober 1923. Zwangsvorstellungen, Zeichen von Grübel-
sucht auf, denen 2 Monate später eine zwangsweise Drehung nach links
folgte. Gleichzeitig trat eine, spastische. Pärese im rechten Arm,.
einhergehende Schreibstörung auf, die die Patientin dazu. drängt, Worte in
'verkehrter Buchstabenfolge (nicht in Spiegelschrift) mit dem Endbuchstaben
zu beginnen. Seit 4 Wochen dauernder Brechreiz, anschließend an. eine
kalorische Vestibularisuntersuchung. Interessant ist, daß 2 Monate vor der
Zwangsbewegung die Zwangsyorstellungen aufgetreten sind und eine Beziehung
Der zweite Fall betrifft eine zwangsweise Gangstörung, "bestehend
in der Unfähigkeit ‘des Kranken, in gerader Richtung zu gehen; dabei
treten Manegebewegungen, Drehungen des Körpers nach. rechts. auf, die
‘schließlich. einen hüpfenden. Charakter annehmen undan die Drohungen |
einer Tanzmaus erinnern; die Drehung beginnt: mit Wendung des Kopfes
und der Augen nach rechts (oben). Durch ‚starke linksseitige kalorische.
Spülung ist zeitweise für kurze Zeit ein gerader Gang zu ‚erzielen. Ebenso
vermag der Kranke beim Stiegensteigen oder nach energischer Aufforderung
‚manchmal die Drehbewogungen zu hemmen. Von ‚sonstigen körperlichen
Symptomen’ ist ein rechtsseitiger: Hemitremor, spontanes Schwanken nach
rechts, ein zeitweiser Blickkrampf nach rechts oben, sakkadierte Augen-
bewegungen, eine allgemeine. Steifigkeit des Körpers und eine trockene
Mittelohreiterung)
im rechten Arm, der im Läufe von 3 Jahren auch’ auf das rechte Bein
die erwähnte or Gangstorung:
schriftsteller, der bei’ seiner guten Allgemeinbildung auch die ‚Prinzipien
| der Freudschen Lehre ‘kennt, findet unter Anleitung in. ‚zwei ‚kurzen Be-
sprechungen die psychologischen. Grundlagen für eine ihn-im, Verlaufe eines
Unter mimisch ‚sehr , deutlich. erkennbarem -
„Ich wollte nicht.
Psychologisch:
in den..
letzten Wochen Zittern in beiden Beinen und eine mit Zwangsvorstellungen‘
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‚3 Jahre.
i 10% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 83.
Es ist hier kaum einé 'zerebellare oder vestibulare Schädigung als
Ursache der: Drehbewegungen anzunehmen. Am ehesten kommt eine
Kombination von striärer Affektion mit einem geringfügigen peripheren
Defekt des rechten Vestibularapparates in Betracht.
Sittig demonstriert einen 19jährigen Jungen, der vor mehr als.
... 2 Jahren 'mit Schlafsucht erkrankte (er ließ beim. Essen das Glas aus der
Hand fallen). . Es stellte sich. weiter eine eigenartige Bewegungsstörung eih,
die an den Torsionsspasmus einerseits, andererseits an Faxonsyndrom,
Clownismus - erinnert. Pat. macht, besonders beim Gehen und Stehen,
drehende' vertrackte Bewegungen. Das Ganze erregt den Eindruck des
Gewollten, Gemachten. Dabei. besteht bei dem Pat. reflektorische Pupillen-
"Der Blut- und Liquorbefund war bei wiederholter Untersuchung
stets normal. Es handelt siĉh also um das Bild eines Clownismus — mit
gewissen Unterschieden am ehesten an den Torsionsspasmus erinnernd —
und reflektorischer Pupillenstarre nach epidemischer 'Enzephalitis.
“Lorant berichtet über kombinierte Schilddrüsen- Proteinkörper-
therapie der Fetisucht. Er zeigt an Hand eines Experimentes die Wirkung |
einer Proteinkörperinjektion während einer Thyreoidinkur. Genaue Stoff-
wechselversuche zeigten, daß der Organismus während einer Gewichts-
abnahme Stickstoff und Salze retiniert. Der Gewichtsverlust ist nur durch
“Ausscheidung von Wasser, Fett und Kohlehydräten . bedingt. Die Durch-
führung einer Schilddrüsen-Proteinkörperkur wurde an Beispielen erläutert.
Im Laufe einer an und für sich nur ungenügenden Schilddrüsenmedikation
erhielten die Pat.. in 8—4 tägigen Intervallen Proteinkörperinjektionen
(Hypertherman). Diät wurde vollkommen freigegeben. Auch das sonstige
Verhalten wurde dem Pat. freigestellt.‘ Patienten, die sich gegen sonstige.
Kuren refraktär verhielten, haben ausgezeichnet reagiert. Die im voraus-
bestimmte Gewichtsabnahme wurde bei allen Fällen ohne Ausnabme erzielt.
Die Pat. erreichten bisher nach Beendigung der Kur trotz freier Diät ihr
ursprüngliches Gewicht nicht wieder. Die längste Beobachtungszeit beträgt
Während der Kuren soll man eine Überdosierung des Thyreoidins
‘ Emeritierte Phthisiker sowie auf "Tuberkulose verdächtige
Personen sollen von der Kur ausgeschlossen werden.
vermeiden.
"Sitauhg vom 28, Juni 1924.
o. Rautor demonstriert einen Fall von Pleuritis costomediastinalis .
posterior. Aus dem Komplex der 'mediastinalen Pleuritiden, deren Sym-
ptome von französischen Klinikern eingebend erörtert worden sind, hat
Herrnheiser nach röntgenologischen Beobachtungen von '‘Schwarten nach
derartigen Ergüssen den Begriff der Pleuritis costomediastinalis (anterior
und. pösterior) herausgehoben; also Exsudatbildungen nicht im eigentlichen
. mals negativ.
' Genesung) positiv.
laufs auszuschließen. Ebenso kam einer der selteneren Infiltrationsprozesse
mediastinalen Pleuraraume, sondern dem Sinne entsprechend der Um- `
biegungsstelle, der Pleura mediastinalis in die Pleura costalis. Der vor-
gestellte Fall betrifft ein 19jähriges Mädchen, das seit März d. J. in Beob-
achtung des Vortr.. steht. Damals bestand seit 3 Wochen Bruststechen,
Husten und Auswurf, subfebrile Temperaturen, allgemeine Schwäche.
Pat. mit Tuberkulose belastet (2 Brüder des Vaters an Tuberkulose go-
'storben, ein Bruder der Pát. wogen Bronchialdrüsenaffektion. seinerzeit in |
Behandlung des Vortr.). Lungenbefund: Neben beidseitiger Spitzendämpfung
mit Einschränkung der Krönigschen, Felder Dämpfung über dem rechten
Unterlappen mit hochbronchialem Atmen und dichtem hochkonsonierendem
..Knisterrasseln, letzteres in abnehmender Dichtigkeit bis gegen die Spitze | |
zu hörbar. Links ad basim die gleichen Veränderungen i in abgeschwächtem
Maße.. Tuberkelbazillen in mäßig reichlichem, rein eitrigem Sputum mehr-
Intrakutanreaktion mit 0,0001 Alttuberkulin (nach der.
Blutbefund: 15000 Leukozyten, davon Polynukleäre
'52°/,, Lymphozyten 31°/,, erstere mit ausgesprochener Linksverschiebung.
Es wurde somit zunächst ein Infiltrationsprozeß im rechten (vielleicht auch
linken) Unterlappen angenommen. Gewöhnliche kruppöse Pneumonie schied -
wegen der mangelnden akuten Erscheinungen aus.
die von Bard- W. Neumann beschriebene Tuberculosis congestiva zu
denken, eine Rudimentärform der käsigen Pneumonie mit günstiger Prognose.
Aber auch diese war gleichfalls wegen des hier um so viel milderen Ver-
kaum in Frage. Die Röntgenuntersuchung ergab nun überraschenderweise
einen dreieckigen paravertebralen, ‘dem Zwerchfell rechts aufsitzenden
Schatten, den Herrnheiser als hinteren rechtsseitigen kostomediastinalen
Erguß deutete.
' Die Erscheinungen klangen allmählich ab; zurzeit ist Pat.
geheilt, es besteht bloß rechts hinten basal etwas Schallverkürzung mit
leicht abgeschwächtem Atmen. Aus äußeren Gründen mußte eine Probe-
punktion unterbleiben; doch ergibt, von allem anderen abgesehen, der
Vergleich des damaligen mit dem jetzigen normalen Röntgenbild, daß es `
‚ sich ùm ein offenbar seröses Exsudat auf tuberkulöser Basis gehandelt hat
Basierend auf den Symptomen dieses Falles wird versucht, eine Sympto- -
matologie der in Rede stehenden Pleuritisform, die Kurish bisher nicht
abgesondert wurde, zu geben,
Am ehesten war an
Herrnheiser: . Röntgenologisch bandtörmiger, homogener,, phraverte-
braler Schatten mit scharfer Lateralkontur, nach oben sich verjüngend
und an Intensität abnehmend. Deutliche mit dem Zwerchfell gleichsinnige
respiratorische Verschieblichkeit desselben. Nach dem Ergebnis orientierender
Lokalisationsbestimmungen ist das Substrat des Schattens nahe der hinteren.
Thoraxwand in der Gegend des unteren medialen Winkels des rechten
Thoraxraumes zu suchen,
(im .Pleuraspalt) gelegen. Als intrapulmonaler Prozeß kam nur — da
Tumor, Infarkt usw. auszuschließen — spezifisches oder unspezifisches In-
filtrat in Frage. Bei Lungeninfiltraten eine scharfe lineare Schattengrenze
nur bei Ausbreitung an der. Grenzfläche eines Lungenlappens und nur,
-wenn diese Fläche von den Strahlen tangential getroffen wird. (Marginale
Infltrate, vgl. Fleischner). Im vorgestellten Falle. spricht die scharfe
laterale Schattengrenze gegen Infiltrat, da an.der genannten Lokalisation
normalerweise kein entsprechender Lappenspalt vorhanden. Annahme ab- |
normer Lappung gezwungen, Vorkommen einer solchen an dieser Stelle
ist dem Vortr. nicht bekannt. Als extrapleuraler Prozeß . kam Erguß oder
dieke Schwarte an der hinteren Umschlagstelle der Pl. costalis in die pl,
mediastinalis (Sinus costomediastinalis posterior) in Frago. Ein die Pleura- '
blätter auseinanderdrängender Erguß könnte als paravertebraler Schatten
zutage treten, infolge seiner. durch die Lungenfläche gebildeten äußeren
Begrenzung scharf konturiert sein und daher das Bild erklären, - Bei dicken
Schwarten in dieser Gegend (hintere kostomediastinale. Schwarten) jedoch
das gleiche Sagittalbild, Differenzierung durch schräge und Frontalunter-
suchung. Der Erguß gibt. infolge größerer Schichtdicke — im Gegensatz
zu den kostomediastinalen. Schwarten — deutlichen Schatten. Im vor-
gestellten Falle im ‚Schrägbild deutlicher Dreieckschatten, “hauptsächlich `
wenig im eigentlichen Mediastinalspalt. Vorschlag,
im Bereich des Sinus,
derartige Ergüsse nach Analogie der kostomediastinalen Schwarten eben-
falls als „kostomediastinal* von rein mediastinalen Flüssigkeitsabsackungen
abzutrennen. Im ersten vom Vortr. beobachteten Falle durch Probepunktion
und Operation verifiziertes Empyem. Im vorgestellten. Falle spricht wohl
-der ‘weitere Verlauf, das Schwinden des Schattens innerhalb einiger Wochen
"bis auf einen ganz zarten Schleier und geringe Den oplichkpitsginsshrinkjig
des medialsten Zwerchfellabschnittes, für Erguß. `
0. Pötzl: Operativ geheilte traumatische Frühepilepsie. 52 jähriger
Mann, stürzte am 25. Mai 1923 die Treppe herunter, war eine balbe Stunde
bewußtlos, dann . dauernd sensorisch und motorisch aphasisch. Vom 30. Mai
an gehäufte epileptische Anfälle mit Rechtsdrehung von Kopf und Augen.
Klonismen der Zunge. 1. und 2. Juni Status epilepticus. Bei der Trepa-
nation durch Schloffer fand sich nun ein bohnengroßes, bereits organi-
siertes Hämatom zwischen Leptomeninx und Hirnrinde im Bereiche des
unteren Drittels der linken vorderen Zentralwindung sowie ein etwas
17.August
Hauptfrage: Intrapulmonal oder extrapulmonal |
kleineres Hämatom der gleichen Art -nahe der Sylvischen Furche an der
Wernickeschen Stelle. Der Duralappen. und der Knochendeckel . über der
Trepanationsstelle wurde entfernt. Am 2. Tage nach der Operation sistierten
die Anfälle, nach 3 Wochen war die Aphasie zurückgebildet; der Pat. ist
jetzt über’ ein Jahr gesund und beschwerdefrei. Während der Operation
waren mehrere epileptische Anfälle abgelaufen; die sie begleitenden Hirn-
vorgänge ließen sich bei diesem Falle gut beobachten. Ref. bespricht die,
Bedeutung dieser Hirnvorgänge und schließt sie dem von ihm und Schüller
seinerzeit gemeinsam festgestellten Vorgang der Entquellung im Verlauf
gehäufter epileptischer Anfälle an.
E. Hirsch: Diagnostisch unklarer Fall von Meningitis mit günstiger
‚Ausgang. ` Eine 26jährige Beamtin erkrankte am 17. Mai, mittags, nachdem
sie sich vormittags noch recht wohlgefühlt und Dienst gemacht hatte
_ plötzlich mit Kopfschmerzen und Erbrechen, das sich bis. abends mehrmals
wiederholte. Am anderen Tage wurde sie in einem leichten Verwirrtheits
zustande an die deutsche. psychiatrische Klinik Prof. Pötzl gebracht; sie
verkannte die Umgebung, hatte die Erlebnisse des Vortages vergessen, ver-
wechselte Personen usw. Die neurologische Untersuchung ergab außer
verzogenen engen und.lichtstarren Pupillen, die auf Konvergenz reagierten,
nichts: . Pathologisches. Am 3. Krankheitstage trat Nystagmus beim Blick
| nach oben auf, und am 4. Krankheitstage, nachdem bereits’ die Pupillen-
reaktion auf Licht wieder frei war, kamen unter neuerlichem Erbrechen
und Kopfschmerz meningeale Reizerscheinungen und basale Symptome:
Doppeltsehen, Nackensteifigkeit, Kornig und Babinski.
l Die: Prognose erschien also recht ungünstig .und es tan ein
starker Verdacht auf tuberkulöse Meningitis; dieser Auffassung schien auch
die Temperatur zu entsprechen; sie hatte morgens nie über 37°, abends.
87,7 — 88,30. Indessen war die Leukozytenzahl auf 16 000—19 000 arhöbt.
| Allerdings schließt diehohe Leukozytenzahl Tuberkulose nicht aus. Im Lumbal-
. punktat waren am 2. Krankheitstage 48 Rundzellen, am 3. 160 und am 4. über
250, darunter eine große Zahl Polynukleärer. Nonne-Apelt und Pandy positiv.
Nach wenigen Stunden Stehens zeigte sich ein Fibringerinnsel. ‚Bei den
verschiedenen mikroskopischen Untersuchungen des Liquors un keino
a Aogust 5.0 01924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.33. 00000. le HE Br dle T Eg
Bakterien gefunden, Kulturen gingen nicht an. und 2 Tierversuche blieben | Exanthem von blaßroter bis hochroter Farbe-an der. Streckseite der 'Ober- KR hiaai i an Nett,
| insofern erfolglos, als 2 Meerschweinchen infolge: einer .Stallseuche vorzeitig arme; der Oberschenkel. und im Gesichte, der Stamm..war -fast frei. ..Die it; ann | IE ar!
zugrunde gegangen waren. Ein dritter. Tierversuch. ist. im. Gange. Im | Leukozytenzabl stieg auf’33 000,- darunter 84%/;-Polyaukleäre, die Trempe- NAT AERP Aueh ni
f. Nasensekret wurden keine spezifischen Erreger gefunden. Da also tuber- | ratur bis auf 8920, Lulu ASS HN ll SE
=: kulöse Meningitis wahrscheinlich wàr, epidemische Meningitis: - Zugleich mit dem Serumexanthem trat die eben fällige Menstrua- UNE HR HIR BEN
= gerebrospinalis aber nicht ausgeschlossen werden konnte, jin- | tion ein und unmittelbar -nachher kam. plötzlich eine. : weitgehende Ma Er li
E jizierten wir der Pat. täglich 10 ccm Meningokokkenserum, nachdem wir | Besserung, die zu. dem: jetzigen Zustande führte. © Die: Pat:.. befindet KH EIER RG hi $ Fini
--yorher. die entsprechende Liquormenge abgelassen hatten. Der. Zustand | sich also vom $0. Mai an bis heute in: diesem gebesserten. bzw: sym- O MORENON 5 MERNI
> der Pat, änderte sich zunächst nicht, verschlimmerte sich eher ein. wenig, | ptömenfreien Zustande, so daß ein Rückschlag wohl kaum mehr zu er- A a ha DAMEN 14h
sber:am 7. Krankheitstage trat eine bedeutende Besserung ein, die Pat. | warten sein dürfte. Seit dem 10. Juni kein Gerinnsel im Lumbal- EEEa is BR
fühlte sich subjektiv wohler und freier. Dieser Besserung entsprach auch | punktat.. | TUE U a e a a a S jli EEE NA vaiki
` ein Sinken der Zellzahl in Blut und Liquor. Am- 10. Krankheitstage trat’ | Der neurologische Status ergibt- jetzt außer einem’ geringgradigen, IHRER E Skidi i N ii |
C mit Erbrechen und Kopfschmerzen eine neuerliche Verschlimmerung: ein; | nur manchmal auftretenden Nystagmus in den Endstellungen. keinen patho- N RES
' | die Pat.-wurde leicht verwirrt, die basalen Symptome traten wieder in- | logischen. Befund. Die Zellzahl im Liquor ist ebenfalls ` stufenweise - ge- IN AE SIERE EIN
a ‘ den Vordergrund und am 11. Krankheitstage, bemerkten wir ein urtikarielles | sunken und, beträgt jetzt 18—20 Zellen im Kubikmillimeter.: ` > UEA EESE i "i Si Ki
i Rundschau 2 Er eh DEN. i i i
w -Aus dem Hygienischen Institut der. Universität Freiburg i; Br., | und Ermüdung einerseits, Erholung: und ‚Leistung‘ andererseits er- AWARE HESn DE i ji i;
Ni ET (Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. P. Uhlenhuth. ‘ . j..halten-hat, wird er eine. zweckmäßige Unterrichtshygiene ‘treiben FARRRINENGERNRIF BIRS AREN
E ERDE . a a oag | Konnen = < ont oo a a a ee S Senden, DA ne AA E
I ‚Ist. die hygienische Ausbildung der Lehrer notwendig | Ganz besonders gilt dies hinsichtlich einer-Überbürdung kränk- ` Eat BEEN
Me . und durchführbar? 00. | licher Schüler. ' Wir wissen, daß die meisten : der sogenannten Schul- N e ataa
ae Ä lol, | krankheiten durchaus nicht lediglich auf das Konto der Schule a ale:
ee ;Von-Geh. Rat Prof. Dr. P. Uhlenhuth und Dr. W. Seiffert, . | geschrieben werden dürfen, sondern daß sie auf eine'von vornherein HEEEL ih Re
fi .. Immer energischer hat sich in den letzten Jahren die Er- | gegebene krankhaite Anlage zurückgehen, die hernach durch einen iE fe Al) AU;
W, kanntnis Bahn gebrochen, daß die Schule der hohen Bedeutung, die | "üeksichtslosen Schulbetrieb eine erhebliche Verschlimmerung. er- URS HAERLLE a A
W ihien Rahmen der Volksgesundheit zukommt, nicht genügend fahren können (Myopie, Neurasthenie, Chlorose usw.). Dem Lehrer USERN SR SE EL
in: < Rechnung trägt, A = Š E 2 ‚die Kenntnis etwaiger . krankhafter Anlagen zu übermitteln, liegt | Eis SB
Wi. ' ' Auf der einen Seite hatte die durchgehende ärztliche Unter- | dem Schularzt ob, der zu diesem Behuf grundsätzlich laufende leise
ji suchung‘ unserer Schuljugend, die im Anschluß an die Quäker- | Gesundheitslisten über jeden Schüler führen soll; die Institution | Ka ge "sen
W. speisungen einsetzte, ein derart erschreckendes Bild von dem des Schularztes ist eine der wichtigsten Errungenschaften der EBAL AI i PERIE
#.. :Gesundheitszustand unserer Kinder ergeben, daß die Forderung Schulhygiene und sollte auch für die höheren Schulen schleunigst re MR BE f
bt.» immer eindringlicher erhoben wurde, auf die hygienische Hand- | ZU Durchführung ‚gelangen. Die ganze Einrichtung. bleibt ‚aber a da al A
}-- habung des Schulbetriebs den gleichen Wert zu legen, wie wirkungslos, wenn dem Lehrer das Verständnis dafür abgeht, wie . ` AEE TA PEART
W. auf-die pädagogische. Sa : er die ihm vom Arzt als schonungsbedürftig genannten Kinder be- > ME aa E ARAT
w. ` ~. < -Zweitens wurde der Verlust unseres vorzüglichsten Instrumenites | handeln soll. Es ‚ist eine der vornehmsten Aufgaben, denen die a ob SE Ba 2 FAN
ul - zurErtüchtigung unseres Volkes, der allgemeinen Wehrpflicht, immer ‚Lehrerschaft, genügen muß, in ihr das Verständnis für die ‚schul- De HES g
hg lebhalter empfunden. Es war nur selbstverständlich, daß nun an ärztliche Tätigkeit zu erwecken, und sie auf eine innige Zusammen- | BB
t.. ` die uns zur Durchhildung unseres Volkes gebliebenen Institutionen, an arbeit mit dem Schularzt vorzubereiten. Von den ärztlichen Dingen EINE, Mai
selbst, d. h. von ‚Diagnostik, und Therapie, braucht der Lehrer so
gut wie garnichts zu wissen; im Gegenteil, ihm muß auf das Schärfste
eingeprägt werden, daß jede Untersuchung usw. dem Arzte zukommt.
l ‘Wir sehen also: die technischen‘ Grundlagen, auf denen sich
eine hygienische -Vervollkommung des Schulbetriebes durchführen
läßt, sind vielenorts gegeben; die meisten Schulgebäude entsprechen
unseren Anforderungen, wenn sich auch noch viel verbessern läßt
‚(Waschvorrichtungen!), und . die Anstellung hauptamtlicher Schul-
ärzte nimmt erfreulichen .Fortgang. Nur weiß es der Lehrer viel-
fach ‚noch nicht, wie er seinen Unterricht auf diesen hygienischen
Grundlagen aufbauen soll. Diese Kenntnis muß - ihm vermittelt.
werden. So gipfelt' unsere erste Forderung nach einer hygienischen .
Vervollkommnung des Schulbetriebs in der Forderung nach einer
me. <` die Schulen, das dringlichste Verlangen gerichtet wurde, der körper-
1a a ‚lichen Ertüchtigung doppelte Aufmerksamkeit zuzuwenden.
8°... Und schließlich machte sich in’ demselben Maße, in dem sich die’
ut... Auffassung durchrang, daß eine rationelle Seuchenbekämpfung,
tel, Insbesondere die Bekämpfung der in. besorgniserregender Weise zu-
. Aehmenden Tuberkulose, ohne die tätige Mitarbeit jedes Einzelnen
pls: kaum zu erwarten sei, die gebieterische Notwendigkeit geltend, die
m g dam nötige hygienische Erziehung und Belehrung bereits
‚6. in die Schule zu verlegen; denn später kommt sie erfahrungs- :
Wi gemäß fast immer zu spät. -. le: e a |
i . _ :80 sind es denn drei Forderungen, die der. Hygieniker
w- an die Schule stellt: die Forderung -nach ‘einer hygienischen Ver-
`- Volkommnung des Schulbetriebs, die Forderung. nach einer be-
T oe Betonung auch der körperlichen. Ertüchtigung unserer 'hy gienisohen Ausbil dung der Lehrersohaft: er
A ugend und die Forderung nach ihrer hygienischen Erziehung und. o M 3°: a
1 er). Wie lassen sich diese Forderungen ihrer Erfüllung "Auch die Forderung nach einer besonderen Betonung der
körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend setzt sich von
FR 2, Ke = | Tag zu Tag energischer durch. , 2 au A
#4; Unleugbar ist bereits vor dem Kriege viel getan worden, um Zweierlei ist zur Erfüllung dieser Forderung nötig: Einmal
„®t Mech in unserm Schulbetrieb den Ansprüchen der Hygiene Genüge | muß der. Jugend auch wirklich die Möglichkeit gegeben ‘sein, ihre
‚9 AU fu. Staat und Kommune setzten ihren Ehrgeiz darein, jeden | ‘körperlichen. Fähigkeiten hinreichend auszubilden, d. h..die Zahl
g Denen Schulbau, wenn man so sagen darf, mit allem hygienischen. der Turnstunden muß erhöht und die Ausbildung der Turn-
en omiort auszustatten. Wir dürfen aber nicht vergessen: Mit der |- lehrer immer mehr vervollkommnet werden. 0...
gg; ohlung von Musterbauten ist es nicht getan; der ganze hygie-. Auf der andern. Seite ist es aber unbedingt erforderlich, die
Bewertung der körperlichen Leistung -der geistigen anzu-
gleichen. Jener Musterknabe „Latein und Griechisch gut, Turnen.
mangelhaft“, muß als Typ des Musterknaben verschwinden. Ein.
bestimmtes Maß körperlicher Leistung muß im Abgangszeugnis die
‚gleiche Conditio sine qua non sein, wie ein bestimmtes Maß geistiger
Leistungen. Die Vorbedingung zum Studium ist eben ein gewisser
Grad ‚allgemeiner Ausbildung, und da’ gehört die körperliche Aus-
bildung mit hinein. Wenn wir unsere Jugend körperlich ertüchtigen
wollen, dürfen wir ‚nicht in der Schule die körperliche Ertüchtigung ,
als Belanglosigkeit. behandeln. Die Eltern werden ihre Kinder in
erster Linie immer dazu’anhalten, die für die Versetzung bedeutungs-
vollen Lücken auszufüllen; solange die körperliche Untaug-
Nische Apparat (z. B. hygienische Bänke und Tische, Heizungs-. und
i tungsanlagen) wirkt sich zum großen Teil erst dann aus, wenn
Er v veokentsprechend gehandhabt wird. Unbedingt muß der Staat,
Fr: Musteranlagen geschaffen hat, nun auch die Konsequenzen
m en und diejenigen, die darin tätig sind, auch instand setzen,
$ in der richtigen Weise“ auszunutzen; d.h. der Staat muß den
Š eA: eine Ausbildung zuteil werden lassen, die sie mit den
g . Meiigsten Grundsätzen der Schulhygiene vertraut macht.
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g» ..Nelbstverständli Rz Abe |
I ‚ velbstverständlich gehört in diese schulhygienische Ausbildung,
f eren. die Lehrer bedürfen, auch der-Begrilf der Hygiene des
BA bie ns hinein; erst dann, wenn der Lehrer einen Ein-
die physiologischen Wechselbeziehungen zwischen Leistung |
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ze ee ee a ne a - Van PR
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1160
lichkeit keine für das Zeugnis bedeutungsvolle Lücke
ist, werden die wenigsten darauf Wert legen, sie zu
schließen. >-
Die Forderung nach der so nötigen hoben Bewertung der
körperlichen Leistungsfähigkeit pflegt nun häufig, insbesondere bei
den Lehrern der höheren Schulen, auf wenig Gegenliebe zu stoßen.
Wer aber die körperliche Ertüchtigung unserer Jugend erreichen
will, muß danach trachten, auch die Lehrerschalt dafür zu ge-
winnen. Eingehend muß sie darüber aufgeklärt werden, wie be-
deutungsvoll Turnen und Sport für unsere ganze Volksgesundheit
sind; man muß ihr die Wege weisen, wie sie die Freude der Jugend
an körperlicher Betätigung wecken und in die rechten Bahnen
lenken kann. Auch das Streben nach der körperlichen Ertüchtigung
unseres Volkes führt zu der Forderung nach einer hygienischen
Ausbildung der Lehrerschaft hinüber.
l
Über die Notwendigkeit, mit der Belehrung des Volkes in
Fragen der Volksgesundheit bereits in der Schle anzufangen,
herrscht heute wohl kein Zweifel mehr. Strittig ist dagegen die
In.
Form, in der diese Belehrung statthaben soll; soll der Lehrer oder
der Arzt diesen Unterricht erteilen?
Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus dem Ziel, das
wir diesem Unterricht stecken, und das Ziel lautet: Es soll
unserer Jugend eine gesundheitsgemäße Lebensführung
in Fleisch und Blut übergehen; die Hygiene soll ihr nicht
mehr etwas Besonderes sein, sondern etwas Selbstverständliches
werden, so selbstverständlich, wie es der gesunde Menschenverstand
ohne weiteres verlangt.
Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es nicht, die Kinder in
einer Sonderstunde mit hygienischen Fragen bekannt zu machen.
Im Gegenteil, eine Sonderstunde würde dem Bestreben, den Kindern
die innige Verknüpfung unseres gesamten Lebens mit hygienischen
Fragen vor Augen zu führen, entgegenstehen, und so liegt es durch-
aus nicht in unserer Absicht, für die Einführung einer Sonderstunde
in Hygiene einzutreten. Vielmehr soll der gesamte Unterricht
zu hygienischen Belehrungen herangezogen werden. Bei
jeder sich bietenden Gelegenheit müssen die Kinder auf die Be-
deutung der Hygiene hingewiesen werden. Die allgemeinen: hygie-
nischen Grundsätze der Körperpflege (Reinlichkeit, Händewaschen,
nicht auf den Boden spucken, nur gegen die vorgehaltene Hand
husten usw.) müssen ihnen von kleinauf anerzogen werden. Lese-
stücke . müssen ihnen die Gefahren der Überanstrengung und An-
steokung vor Augen führen; die zahlreichen Beispiele, die der Ge-
_ schichtsunterricht für die Bedeutung der Seuchen, für die Bedeutung
einer entarteten Lebensführung bietet, sind auszunutzen; der Re-
ligionsunterricht (ägyptische Plagen, Aussatz, die mosaische Gesetz-
gebung usw.) ist heranzuziehen. Auf Schulausflügen lassen sich
hygienische Anlagen (Trinkwasserversorgung, Kläranlagen usw.)
besichtigen. Vor allem aber muß in jedem Rind ein Gefühl für
die Verantwortung geweckt werden, die ein jeder dem ihm anver-
trauten Gut des Körpers um seiner selbst und der Gesamtheit
willen schuldig ist. Dem Kinde seinen Organismus als ein be-
wunderungswürdiges Kunstwerk vorzustellen, an dem eine tausend-
und abertausendjährige Entwicklung gearbeitet hat, das niemand
verkümmern. und verkommen lassen darf, muß der Grundgedanke
des biologischen Unterrichts sein. Gleichzeitig hätte dann der
Unterricht in Staats- und Bürgerkunde einzusetzen, um die Auf-
merksamkeit auf die rege hygienische und sozialhygienische Tätig-
keit zu lenken, die Staat und Kommune im Interesse der Volks-
gesundheit entfalten. |
‘Ein derartiges Werk der Erziehung kann nur der Lehrer
leisten, nicht der Arzt. So kommen wir auch hier wieder zu der
Forderung: An die Lehrerschaft müssen wir uns wenden,
sie in unsere Gedankengänge einführen, wenn wir die Jugend selbst
unseren Zielen zuführen wollen. Und deutlich heben sich hier
zwei Kategorien der Lehrerschaft ab: Jeder, der in Biologie, in
Staats- und Bürgerkunde unterrichtet, muß unbedingt näher mit
den Fragen der Gesundheitslehre vertraut sein; jener Unfug muß
aufhören, daß ein biologischer Unterricht ohne jede biologische Vor-
bildung abgehalten werden darf, daß den Kindern Kenntnisse ver-
mittelt werden, die der Lehrer aus irgendeinem Laienbüchlein
schöpft. Biologie, sowie Staats- und Bürgerkunde müssen als Fach
anerkannt werden, gleichberechtigt den alten und neuen Sprachen
oder Mathematik. Neben diesen Fachlehrern muß aber auch jeder
andere Unterrichtende über ein bestimmtes Minimum an hygieni-
schen Kenntnissen verfügen, damit er das belehrende Material, das
| 7.49% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 33. | | Bar
| ppelt
und dreifach unterstreicht. i
ihm sein Fach in Fragen der Volksgesundheit bietet, auch aus-
werten kann.
. Wenn wir die Forderung nach einer solchen hygienischen
Ausbildung der Lehrerschaft erheben, so sind wir uns freilich
darüber klar, daß eine solche Ausbildung immer nur eine mehr
oder weniger allgemeine sein kann. Zu jeder spezielleren Unter-
weisung gehören ganz andere Kenntnisse, Kenntnisse, die nur der
Hygieniker selbst besitzt. Diese spezielle ärztliche Unterweisung
soll durch das hygienische Erziehungswerk, das wir dem Lehrer
übertragen sehen möchten, niemals unterbunden werden; im Gegen-
teil, der Lehrer soll die Schüler heranreifen lassen für jene Unter-
weisungen, die nur der Arzt erteilen kann. |
Die Beteiligung des Arztes, vor allem natürlich des
Schularztes, an der hygienischen Belehrung braueht aber durchaus
nicht in Form eines regelmäßigen Unterrichts zu geschehen (jeder
Unterricht ist Sache des Pädagogen!). Der Arzt soll nur zu Vor-
trägen herangezogen werden, über Tuberkulose, über die Gefahren
des Alkohols, über Geschlechtskrankheiten usw., kurz, lediglich zu
Vorträgen über die wichtigsten Themen auf dem Gebiete der Volks-
gesundheit, damit er deren Bedeutung durch seine Autorität do
IV.
Wenn nach alledem die hygienische Ausbildung der
Lehrerschaft so überaus bedeutungsvoll ist, so erhebt sich die
Frage: wie läft sich eine solche Ausbildung durchführen?
. Bei dieser Frage müssen wir zunächst im Auge behalten, daß
es nicht etwa lediglich darauf ankommt, den Lehrern die wichtigsten
hygienischen Kenntnisse zu übermitteln, sondern daß wir die Lehrer
auch zu freudiger Mitarbeit gewinnen müssen. Wenn es uns nicht
gelingt, sie von der Bedeutung dieser Mitarbeit zu überzeugen, ist-
der größte Teil der Mühe umsonst. Die Kräfte, denen diese Aus-
bildung übertragen wird, müssen also besonders ausgewählt‘ sein,
die Aufmachung, in der die Unterweisung erlolgt, muß durch
geeignetes Demonstrationsmaterial möglichst ansprechend gestaltet
werden; gerade hier gilt es besonders, nicht etwa ein trockenes
Wissen,sondern ein lebendiges Interesse zu vermitteln, das sich auf
weite Kreise übertragen kann. Der gegebene Ort für die Aus-
bildung ist also die Universität, der gegebene Dozent der Hygieniker.
Eine derartige Ausbildung läßt sich für die Studierenden -der
philosophischen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät
ohne große Mühe und. Kosten durchführen. Man braucht nur durch
einen Dozenten für Hygiene die entsprechenden Kollegs lesen zu
lassen, und zwar würde sich, wie gesagt, eine Einteilung in zwei
Kategorien empfehlen: Ein zweistündiges Sommerkolleg müßte
einen kurzen Überblick über die wichtigsten Fragen der Biologie,
Krankheitsentstehung und Krankheitsbekämpfung, Hygiene der Sehul-
einrichtungen und Hygiene des Unterrichts bringen; dieses Kolleg
wäre von allen angehenden Lehrern als Pflichtkolleg zu hören. —
Um jedoch die Berechtigung zu erhalten, später Unterricht in Bio-
‚logie oder Bürger- und Lebenskunde zu erteilen, müßte noch der
Besuch eines zweiten (Winter)-Kollegs nachgewiesen werden, in dem
die wichtigsten allgemeinen Probleme der Gesundheitspflege und
-fürsorge abgehandelt worden’sind; außerdem wird die Berechtigung
an eine Prüfung gebunden, die ebenfalls durch einen Hygieniker
statthaben muß.
Um die Einführung von P£flichtkollegs kommt man nicht
herum. Leider zeigt die an vielen Orten gemachte Erfahrung, daß
das Interesse der Studenten, wenigstens der Nichtmediziner, für
Fragen der Gesundheitspflege minimal oder, besser gesagt, über-
haupt nicht vorhanden ist. Allgemeine Kollegs über Schule und
Gesundheitspflege pflegen entweder nicht zustande zu kommen oder
sehr bald einzugehen. Diese Interesselosigkeit ist ein überaus
trauriger Beweis dafür, wie dringend es not tut, die Schulen zur
Teilnahme an Fragen der Volksgesundheit heranzuziehen.
Besonders wichtig ist die hygienische Ausbildung der
Volksschullehrer, denn ihnen ist ja der weitaus größte Teil unserer
Jugend anvertraut. Bei ihnen fanden wir auch hier in Baden ein
überaus reges Interesse für unsere Bestrebungen; der Volksschul-
lehrer, der ja die gesamte Ausbildung der ihm überwiesenen Klasse
leitet, fühlt sich eben in erster Linie als Volkserzieher, im Gegen
satz zu dem Fachlehrer, dem die Übermittelung seiner Fachkennt-
nisse das Wichtigste dünkt. Sollten die Bestrebungen der Volks-
schullehrer, ihre Ausbildung in Anlehnung an eine Universität zu
erhalten, von Erfolg gekrönt sein, so fände ihre hygienische Aus-
bildung die einfachste Lösung: sie müßten selbstverständlich die
beiden gleichen Kollegs hören, die für die Studenten vorgesehen
werden sollen, |
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<: Belehrung durch die Schule systematisch behandelt. werden. -| Bedeutung. auch ‘dèr ‘hygienischen Ausbildung der Lehrerschalt hin- Dr
`i. Es ist selbstverständlich, daß -diejenigen Lehrer,- die diesen |' weisen und die Durchführung dieser Ausbildung unter den augen- Ei
‚Unterricht in den Seminaren erteilen gollen, ihrerseits eine gute | blicklich bestehenden Verhältnissen in konkreten: Vorschlägen REN a
>’ Darehbildung durch einen Hygieniker erhalten haben. müssen. - Es | demonstrieren. : Wenn jetzt der allgemeine Ausbildungsgang einer N al;
“kommt für sie nur. die Ausbildung in einem zweisemestrigen | Reform unterworfen wird, "so. ist unbedingt- die Forderung. zu er- BA enata E
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12. Weit ‚schwieriger gestaltet ‘sich die Frage bei dem-jetzigen .
= Ganze ihrer Ausbildung. Ihnen auf den Seminaren einen, Unter-,
. "yieht in Hygiene durch einen Hygieniker 'erteilen zu lassen, dürfte.
-ip den meisten Fällen praktisch nicht durchführbar und auch kaum
=: wünschenswert sein, da auf den Seminaren. die pädagogische Hand-
-Z +häbungjedweden Unterrichts sehr bedeutungsvoll ist; ein pädagogisch
nieht vorgeschulter Arzt kann als Lehrer in den Seminaren den.
-= yon ihm vertretenen Lehrstoif den Schülern. garzu leicht. mißliebig
„machen — das Schlimmste, was geschehen könnte. : Es -empfiehlt
E "sich also auch auf den Seminaren zunächst ein Unterricht ‚allein
"dureh. Lehrer, allerdings hier in einer .Sonderstunde über Gesund-
. „heitslehre, in der die Grundlagen. der "hygienischen Erziehung und.
'-" "Kolleg an der Universität mit anschließender Prüfung.
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halb: der Universitätsstädte: wird ‘während der letzten 10 Tage der
“großen Ferien oder im Anschluß:'an die Abgangsprüfung, jedoch vor Aus-
.händigung des Abgangszeugnisses, in Heidelberg und Freiburg ein
_ Sonderkursus über Gesundheitslehre' mit-praktischen Vorführungen ab-
gehalten; für die, Unterkunft. und Verpflegung der Schüler wird in
: den‘. Jeerstehenden Seminaren gesorgt; die Kosten der gemeinsamen
Rückreise übörnimmt der Staat, +~ ° ....
c, Bekanntlich. ist ja. gerade: heute die-Frage der Ausbildung der
‚Volksschullehrer in vollem Fluß. Wie weit sich: diese dem Mini-
sterium unterbreiteten Vorschläge ‘der bevorstehenden Neuregelung
‚einfügen lassen, läßt sich natürlich nicht übersehen; die Denkschrift
‚konnte: nur‘ ganz. prinzipiell mit allem Nachdruck auf. die große
heben, daß auch der Hygieniker Gelegenheit erhält, seine
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7, A.. Für die. Schüler der obersten:Klasse an don Seminaren auber-
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i ‚erhalten haben, unter Leitung. eines Hygienikers ergänzen. Eine 3 l t aehro; in UN | ER
. solehe Ergänzung könnte dabei nur an dem Hygieneinstitut | kommen, würde ‚im letzten, Wintersemester von dem Freiburger pi P:
"einer Universität stattlinden,;: da nur’ hier das nötige De- | Hygiene-Institut in Verbindung mit dem Stadtschularzt ein über NA REEE
i ‘monstrationsmaterial zur Verfüzune steht. ` Een sieben Abende ausgedehnter Vortragszyklus (alle 14 Tage ein Vor- N Ih
Seh Wo ein Wille ist. ist; S 5 Woa O In Bad EWR? de sich. trag) für | die ‚hiesigen Lehrer abgehalten, der sich eines guten. Be- ; iiy
= en i S = tab em Budo WEIN 22 on a ‚erfreuen. hatte; ae abgehandelten FAROR neun: i KI
a e hegelung durchlühren lassen: a © Me euchenentstehung und Seuchenbekämpfung, Tuberkulose paa
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l- lürdie oberste Klasse die Stunde über Gesundheitspflege in die | Kropf und seine Bekämpfung, über Vererbung und Rassen- ' hi
v Zeit- verlegt werden, in der an der Universität das entsprechende | hygiene, Hygiene und Unterricht. -. | | u:
t - “Kolleg gelesen wird, und ‘die Seminaristen müßten an diesem Kolleg
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Universitätsstädte (für Baden: Karlsruhe und Ettlingen). . Bei dem | über Schule und Gesundheitspflege abhalten ließe. .
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Ber ttelschulen reflektiert, muß ein einsemestriges Kolleg über. Gesund- |
$ eitspilege ‚als abtestiertes Pflichtkolleg hören. BIETER o.
ehai Die Genehmigung zur. Erteilung des Unterrichts. in Biológie,
Fr a ens- und Bürgerkunde an Mittelschulen und Seminaren wird: von
‚Besuch eines zweisemestrigen Kollegs (1.,Semester: Schul- und |].
i A undheitspflo e, 2. Semester: Die wichögslen ‚Probleme und Ein-
k a mgen der Hygiene und Sozialhygiene mit praktischen Vorführungen) .
i ramat a von einem Hygieniker vorgenommenen Prüfung abhängig
Hyaa (e Kollegs sind al für Nichtmediziner von einem
> Hygieniker zu 8 ER Sonderkollegs für Nichtme d Wi
“ta aiy . Für die Schüler der’ obersten Klasse an den Seminaren der
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
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Schule und Fürsorge (Stadtschularzt Dr. Pflüger), |
Hygiene des Schulgebäudes und seiner Einrichtungen (Professor
Nißle), Hygiene des Unterrichts (Privatdozent Dr.
Ernährung und en men), erste Hilfe in Un-
glückfällen (Privatdozent Dr. Rohde),
Der Kursus war vorzüglich besucht; obwohl jeder Teil-
nehmer die Kosten selbst tragen mußte, waren nahezu 200 Lehrer er-
schienen. Alle Vorträge wurden mit regstem Interesse aufgenommen.
Der Beweis, daß sich derartige Kurse auch unter den heutigen |
schwierigen Verbältnissen durchführen lassen, ist also erbracht. Unsere
Aufgabe wird es sein, derartige Kurse von Jahr zu Jahr zu wieder-
holen. Es wird dabei nicht nötig sein, immer wieder einen Sonderkurs
über „Schule und Gesundheitspflege* abzuhalten, aber künfti
darf
kein Kursus über irgendwelche schultechnische Fragen abgehalten
werden, dem nicht ein Vortragszyklus über gesundheitliche Themen
angegliedert worden ist. Wenn
er sea mit der Lehrerschaft
zusammen arbeitet, läßt sich dieses Ziel ohne Schwierigkeit erreichen.
- So wäre dies der Weg, um die Lehrerschaft mit unsern
hygienischen Gedankengängen vertraut zu machen: die Zusammen-
arbeit mit den Behörden muß die Hygiene in die Aus-
bildung, die Zusammenarbeit mit der Lehrerschaft selbst
in die Fortbildung der Lehrer hineinbringen, alles zu dem
Zweck, die Jugend mit den notwendigsten hygienischen Kenntnissen
vertraut zu machen. Die hygienische Belehrung der Jugend
ist das. Fundament, auf dem die Volksgesamtheit eine
gesunde Lebensführung aufbauen soll.
=. Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellen-
| T angabe gestattet.)
Berlin. . Der Reichsminister des Auswärtigen gibt ein Abkommen
bekannt, das mit der österreichischen Regierung wegen des Austausches
von Nachrichten über das Vorkommen übertragbarer Krank-
heiten in den beiderseitigen Grenzbezirken abgeschlossen worden ist. Die
Mitteilungen erstrecken sich auf die gemeingefährlichen und übertragbaren
Krankheiten; auf die letzteren nur, sofern in den betreffenden Ländern,
bzw. den deutschen Staaten eine Anzeigepflicht besteht. Die Benach-
richtigungen sollen wöchentlich erfolgen. Es sollen andererseits auch die
Vorsichtsmaßregeln mitgeteilt werden, welche in dem von der Krankheit
bedrohten Bezirk gegen den von ihr befallenen Bezirk des Nachbarlandes
ergriffen worden sind. Bei gemeingefährlichen Erkrankungen (Pocken,
Cholera, Pest und Flecktyphus) findet die Verständigung sogleich beim
Auftreten des ersten Falles auf kürzestem, telegraphischem Wege statt. Bei
Auftreten von asiatischer Cholera sind auch die Bazillenträger auszuweisen.
Beide Teile räumen sich für die Grenzbezirke die Befugnis ein, durch
Kommissare in den Gebieten des andern Teils über den Stand der Krank-
heiten und die Schutzmaßregeln an Ort und Stelle Erkundigungen einzuziehen.
Der Bericht des Hygiene-Ausschusses des Völkerbundes
über die Tagung vom 11. bis 21. Februar 1924 in Genf liegt jetzt vor.
Sehr ungleichartig sind die Gegenstände dieser Tagung, sehr ungleichwertig
ihre Behandlung; ob die Ergebnisse dieser Art von Verhandlungen den
großen Aufwand an Zeit, Mühe und Geld lohnen werden, muß die Zukunft
lehren. Besonders das englische Mitglied scheint hierüber sehr skeptisch
zu denken. — Hervorzuheben ist folgendes: in Rußland Abnahme des
Pleckfiebers, der Cholera und der Rekurrens, dagegen bedeutende Steige-
rung der Malaria, besonders der perniziösen Fieber, die erst nach dem
Kriege aus dem Kaukasus in die südrussische Tiefebene eingeschleppt
wurde; 5 Millionen Fälle festgestellt! — 600 Tonnen Weltproduktion an
Chinin genügen dem Bedarf nicht; der Preis ist auf das öl/‚fache der
Vorkriegszeit gestiegen. g |
Pest: Hier wurde dem Ausschuß von Norman White ein Bericht
über die Epidemiologie und das Sanitätswesen in den Häfen ÖOstasiens er-
stattet. Der Verf. bat 1922/23 acht Monate lang die wichtigsten Hafenplätze
Süd- und Ostasiens besucht und das so gewonnene Material übersichtlich
zusammengestellt. 56000 km, meist über See, 26 Stationen in 8 Monaten:
Der Verf. gibt selbst zu, daß er nur wenig in die Tiefe hat eindringen
können; er mußte sich wohl mit dem begnügen, was ihm die Hafenbehörden
lieferten. Die altera pars, die Rheder, Schiliseigner und Einwohner der
Hafenstädte, sind wohl nur im Vorübergehen gehört worden. Trotzdem
enthält das Buch eine Fülle von Einzelheiten. Es gipfelt in dem Entwurf
eines Zusatzes zur internationalen Sanitätskonvention, Teil I, der nur für
die Häfen des fernen Ostens gedacht ist. Manche Schlußfolgerungen, z. B.
die, es sei sehr zweifelhaft, ob der Pestbazillus allein imstande sei, Pest-
pneumonie zu erzeugen, werden wohl nicht unwidersprochen bleiben. Die
Vorschläge bedeuten im großen und ganzen eine Vereinfachung für den
Handel, aber eine gewaltige Vergrößerung des Apparates (zentrales inter-
nationales Bureau in Singapur, Einteilung der Häfen je nach ihrer sani-
tären Ausstattung u. a. m.).
Die Schlußfolgerungen aus diesem Berichte wurden von einer Sub-
kommission nur teilweise angenommen.
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
Seiffert),
in München Fortbildungsvorträge über Rönt
17. August
- - Opiumkommission: es stellt sich immer mehr als unmöglich heraus
den Bedarf der einzelnen Länder pro Jahr und Kopf der Bevölkerung. auch
nur einigermaßen abzuschätzen und danach die Weltproduktion zu regle--
mentieren. — Etwa 120 Hygieniker haben Informationsreisen nach anderen
Ländern- unternommen, um ihre Erfahrungen auszutauschen; die Sub-
kommission war im allgemeinen von dem Ergebnis zufrieden. — Der
Sanitätsdienst am Bosporus ist noch fast gänzlich ungeregelt, ebenso die
Überwachung der Pilgerzüge nach Mekka. — Die Studien einer Subkom-
mission über Schlafkrankbeit sollen auf die gesamten Sanitätsverhältnisse
in den früheren deutschen Schutzgebieten ausgedehnt werden. — Der
Kostenvoranschlag für 1925 verlangt etwa 1,5 Millionen schweizer Franken,
von denen die Rockefellerstiftung 600000 überneh
imen soll- Deutsches
Mitglied des Ausschusses ist Nocht (Hamburg)
Claus Schilling (Berlin).
Wien. Inder Sitzung der Ärztekammer vom 16. Juli d. J. erstattete
Dr. Laub das Referat über die Stellungnahme der Kammer zum Entwurf
des Krankenkassenorganisationsgesetzes. Die Wiener Kammer hat
gegen die im Entwurfe beabsichtigte Neuorganisation der Krankenkassen.
für Arbeiter prinzipiell keine Einwendung zu erheben, sofern die erworbenen
Rechte der Ärzte, welche bei jenen Krankenkassen tätig sind, welche auf-
gelöst bzw. mit anderen größeren Kassen vereinigt werden, gewahrt bleiben.
Eine darauf bezugnehmende Bestimmung ist ausdrücklich in das Gesetz
aufzunehmen. Ebenso wie in diesem Punkte stimmen die Wiener Ärzte-
kammer und die W. O. überein, daß die Forderung aufgestellt werde, die
Bestimmungen, welche im $ 12 des Entwurfes bezüglich der Übernahme
und Versorgung von Angestellten der übergebenden Kasse enthalten sind,
sinngemäß auch auf die Ärzte angewendet werden und desgleichen auch
die in § 13 angeführten Bestimmungen, soweit sie auf ‘die Ärzte in An-
wendung kommen, für die Ärzte heranzuziehen sind. Die Wirtschaftliche
Organisation der Ärzte Wiens und die Wiener Ärztekammer vertreten die
Auffassung, es seien unter allen Umständen den bei den bezogenen Kassen
angestellten Ärzten die gleichen Rechte zuzuerkennen, welche für die
übrigen Angestellten in Geltung treten.
Berlin. Geh.Med.-Rat Prof.Dr.Fürbringer, der ehemalige Direktor
des Krankenhauses Friedrichshain, hat in ungewöhnlicher geistiger und
körperlicher Frische seinen 75. Geburtstag gefeiert. Der Jubilar, der vor
kurzem zum Ebrenmitglied der Berliner medizinischen Gesellschaft gewählt
worden ist, übt auf den Spezialgebieten, die ihn seit Jahren besonders be-
schäftigen, nicht nur eine erfolgreiche praktische Tätigkeit aus, sondern bringt
auch hier wertvolle wissenschaftlich-kritische und literarische Leistungen.
Die Deutsche Gosellsehaft für Gewerbehygiene veranstaltet
vom 10. bis 13. September d. J. in Hamburg einen Vortragskufs über
Gesundheits- und Unfallgefahren in der Industrie. Ort: Hörsaal des
Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten. Teilnehmergebühr für die
Gesamtveranstaltung M. 80,—, für Einzelvorträge M. 5,—. > | |
Ferner veranstaltet die Gesellschaft am 29. und 30. September d. J. in
Würzburg (Hygienisches Institut) ihre erste Jahreshauptversammlung,
Die Verhandlungen sind der Besprechung der. Staubfrage in- der Industrie
gewidmet. Es referieren Prof. Dr. K. B. Lehmann (Würzburg), Regierungsrat
Dr. Engel (Berlin, Reichsgesundheitsamt) und Oberregierungs- und Gewerberat
Wenzel. Im Anschluß wird eine Sonderausstellung über technische Neue-
rungen auf dem Gebiet der Bekämpfung von Staub und schädlichen Gasen
eröffnet. Ferner wird die Frage der Belehrung der Arbeiterschaft über die
Berufsgefahren und ihre Heranziehung zur Mitwirkung bei der Bekämpfung
derselben behandelt. Referent: Ministerialdirektor Prof.Dr.Dietrich (Berlin).
Auskunft erteilt die Geschäftsstelle der Gesellschaft, Frankfurt a. M.,
Viktoria-Allee 9, rent |
Die Deutsche Röntgengesellschaft veranstaltet (in der Woche
vor der Innsbrucker Naturforscherversammlung) vom 16. bis 20. September
gendiagnostik und
Strahlentherapie. Anmeldung bei Prof.Grashey, Krankenhaus München-
Schwabing. Einschreibegebühr 15 M.
Einen ausschließlich urologische Fragen betreffenden ärztlichen
Fortbildungskurs in Bad Brückenau will die dortige Vereinigung der
Ärzte vom 7. bis 9. September abhalten. |
‚ Bochum. Zum Chefarzt der chirurgischen Abteilung des St. J oseph-
Hospitals wurde Dr. Hermann Greinemann, 1. Assistent der chirurgischen
Klinik des St. Marienkrankenhauses zu Frankfurt a. M., gewählt.
Hochschulnachrichten. Greifswald: Der ao. Prof. Wilhelm
Meisner in Berlin zum Ordinarius der Augenheilkunde als Nachfolger von
Prof. W. Löhlein ernannt. — Hamburg: Der ao. Professor der Kinder-
heilkunde Hans Kleinschmidt zum o. Professor ernannt. — Kiel: Dom
Regierungs- und Geh. Med.-Rat Karl Deneke wurde die Würde emes
Ehrenbürgers der Universität verliehen. — München: Der Lehrstuhl der
Hygiene und Bakteriologie, den bisher Geh. Rat Prof. Dr. Max von Grube!
innehatte, ist dem Geh. Rat Prof. Dr. Uhlenhuth in Freiburg (Brsg.) &%
geboten worden. — Wien: Prof. Ernst Pick hat den Ruf auf den Lebr
stuhl der Pharmakologie in Frankfurt a. M. als Nachfolger von Geh. Med.-Ra
Ellinger abgelehnt. l
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"= Wochenschrift für praktische Ärzte
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft
Verlag von
Geh. San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin # Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
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Berlin, Prag u.Wien, 24. August 1924
XX. Jahrgang
"Klinische Vorträge.
Aus dem St. Vincenz-Krankenhaus in Köln.
| ~. Über Rezidive nach Gallensteinoperation.”)
Von Prof. Dr. Dreesmann, leitender Arzt.
"Wenn wir über Rezidive nach Gallensteinoperation sprechen,
. go, müssen wir zunächst uns darüber Klarheit verschaffen, was
- darunter zu verstehen ist. Die Auffassung hierüber. ist keine ein-
= wenn man auch die Urteile der Laien mit berücksichtigt. Nach
‚ Hotz-Basel, der vor kurzem_eine Statistik aus verschiedenen Kliniken
über 12147 Gallensteinoperationen veröffentlicht hat, sollen nach
"Angabe der Internen 25°. der ‚Grallensteinoperierten Beschwerden
zrückbehalten, „welche kurzweg als Rezidive gedeutet werden,
E heitliche, schon nicht unter den Ärzten und sicherlich dann nicht,
“goder doch wenigstens die erwartete Heilung vermissen lassen.“
‚Der Laie wird, wenn er wegen Gallenstein operiert worden ist,
K jede Schmerzempfindung im-Bauch mit der früheren Erkrankung in
Zusammenhang bringen, - und wenn die Schmerzen einen heftigen
' Charakter. annehmen, ohne weiteres die Operation als erfolglos be-
“iehnen. Anders wird das ‘Urteil des Arztes lauten, wenn er
genauer nach der Ursache der späteren Beschwerden forscht und
| ‚dieselbe ergründet hat. |
Es ist selbstverständlich, daß eine Gallensteinoperation, auch
wenn sie das Leiden völlig ‚beseitigt hat, keineswegs vor anderen
Erkrankungen schützt, noch, daß sie sekundäre Erkrankungen restlos
z. beseitigt. Die Patienten oder Patientinnen können hinterher so gut
wie jeder andere an Appendizitis, Uleus ventr., Nierenstein, Pan- | mals durch Tasten über das Vorhandensein von Steinen verge-
‘kreatitis usw. erkranken. Das sind aber keine Rezidive. — Diese
Erkrankungen haben mit der früheren. Erkrankung und der Operation
. keinen oder einen höchst losen Zusammenhang. Wenn auch das
Uleus ventr. oder duodeni, vielleicht- infolge von Verwachsungen
. im Anschluß an die Operation, oder Thrombenbildung, oder, wie
von. anderer Seite auch behauptet- wird, durch Beeinflussung der
-~ Sekretion des Magens, wenn auch unwahrscheinlich, in einem ge-
wissen Zusammenhang. mit. einer Ektomie stehen könnte, so werden
‚. Bie mir aber doch beistimmen, daß ich diese Erkrankungen, ebenso
‚wie auch Appendizitis, Nierenstein, nicht zu den Rezidiven rechne
í „ud aus dem Kreis der Betrachtungen ausschließe. — 'Schwieriger
liegt schon die Beurteilung” der Pankreatitis; doch ist dieselbe in
den meisten Fällen wohl Folge der Gallensteinerkrankung, der
Cholezystitis oder Cholangitis und. wird nicht immer nach Be-
seitigung des Grundübels sich wieder zurückbilden. Es kann eine
ehronische Pankreatitis mit- ihren Folgeerscheinungen dauernd be-
stehen bleiben. Doch ist dies sehr selten und: kann diese Er-
krankung daher wohl vernachlässigt werden. Im Gegenteil dürfen
'. » Wir annehmen, daß die Beseitigung: des Grundübels, des Gallenstein-
leidens, bessernd auf die Pankreatitis einwirkt. Ähnlich verhält es.
Sich auch mit der Hysterie, die. durch das Gallensteinleiden nicht
ge selten bedingt sein dürfte und nach der Operation fortbestehen
ann. Wir haben demnach zunächst eine Gruppe von Beschwerden
zusammenzulassen, welche mit Gallensteinleiden bzw. der. Operation
n keinen Zusammenhange stehen: und die nur zufällige Ereignisse
Carstellen. — Unter die. zweite Gruppe von Beschwerden. möchte
ich diejenigen einreihen, welche vielleicht in gewissem Sinne durch
{ie Operation bedingt sein können. Hierunter sind aufzufassen
. „CUS ventr. oder duodeni; ev. Obstipation infolge von Adhäsions-
a am Colon transversum. Nach meinen Erfahrungen sind
-AS Qese Folgeerscheinungen aber sehr selten, Adhäsionen an
*) Nach einem Vortrag, gehalten im allgemeinen ärztlichen
+
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und für sich màċhen keine Beschwerden, es sei denn, daß Strangu-
lation oder Abknickung des Choledochus durch ‚sie bewirkt wird,
oder daß noch ein entzündlicher Herd vorhanden. ist. — Eine dritte
Gruppe bilden dann diejenigen Fälle, bei denen trotz der Operation.
Selimerzattacken auftreten, welche auf entzündliche Vorgänge im
Bereich des Gallengangsystems: zurückzuführen sind, sei es, daß
diese Vorgänge in den Gängen oder außerhalb derselben ihren Sitz
haben. — Die letzte, vierte,. Gruppe sind dann. die eigentlichen
Steinrezidive, d. h. also Fälle, bei denen sich hinterher’ wiederum
Steine in den Gallenwegen finden. Aber auch hier muß streng-
genommen wieder geschieden werden zwischen den Fällen, in denen
die Steine infolge mangelhafter Operation zurückgeblieben sind und
solchen, in denen ‘sich die Steine neu gebildet haben. - Die 3. und
4. Gruppe möchte ich im Gegensatz zur 1. und 2. Gruppe als Rezi-
dive ansehen, wobei die Beschwerden nicht immer durch zurück-
gelassene oder neugebildete Steine hervorgerufen zu sein brauchen,
sondern auch durch entzündliche Vorgänge im ‘oder am. Chole-
dochus. Das :Übersehen von Steinen in den. Gallengängen kann
nicht immer dem Operateur zur Last gelegt ‘werden. >` Wenn Steine
im Choledochus sich befinden, vor allem, wenn es sich um viele
und kleine Steine im Choledochus, eventuell auch im Hepatikus
handelt, so ist es zuweilen’ unmöglich, sich mit Sicherheit darüber
zu. orientieren, ob alle Steine entfernt sind. Nur wenn der Chole-
dochus so weit ist, daß man mit einem Finger in ihn, eindringen
kann, wird man mit: einiger Gewißheit die Abwesenheit von Stein-
konkrementen feststellen können. Von außen kann man sich. nie-
wissern. Pankreas, Duodenum verhindern beim Choledochus, die
Leber beim Hepatikus, ein genaues Abtasten. Auch bei der Chole-
zystostomie, wird man sich niemals mit Sicherheit von’ außen über-
zeugen können, ob alle Steine aus der Gallenblase entfernt sind.
Bei etwas -verdickter Gallenblase kann man’ häufig genug kleinste
Steine, vielleicht von Hirsekorngröße nicht äbtasten. Oft genug,
kann es daher vorkommen, daß man nach Öffnung der Bauchhöhle Ä
überrascht ist, anscheinend eine normale Gallenblase ohne Stein-
bildung vorzufinden,. während die Symptome deutlich für .eine Er-
krankung der Gallenblase und für Steine sprachen. Ganz abgesehen
davon, daß es sich hier um Fälle von Cholezystitis ohne Stein-
bildung handeln kann, wird man nicht. selten nach Öffnung und -
Entleerung der Gallenblase von der Galle nunmehr, wenn auch
kleine Steinchen:nachweisen können. Gerade diese kleinsten Steinchen
sind oft mit den heftigsten entzündlichen Erscheinungen verbunden.
Ganz naturgemäß wird man bei der Cholezystostomie niemals die
Sicherheit haben, alle Konkremente entfernt zu haben, als wie bei
der Ektomie. Es muß aber auch zugegeben werden, daß sich nach
(der Ektomie neue Steine im Choledochus bilden können, zumal
wenn gleichzeitig Choledochostomie und Drainage des Choledochus `
gemacht worden ist. Der periphere Teil des Choledochus, abwärts
der Drainagestelle ist jetzt richtig gestellt. Von der Operation her
können Blutgerinnsel oder abgeschabtes Epithel in demselben sich
befinden. Die Drüsen im Hepatikus und Choledochus sollen wahr-
scheinlich keinen Schleim produzieren, sondern vielleicht fermentativ .
wirkende Sekrete.: Aus allen diesen Stoffen -kann sich in dem
Choledochus ein Pfropf bilden, der die Mündung verschließt und
schließlich, was man öfters beobachten kann, anscheinend plötzlich
entleert wird. Unter einem leichten Kolikanfall hört die Absonderung
der Galle nach außen plötzlich auf. Dieser Pfropf kann ‘auch zur
Bildung eines Steines den Kristallisationspunkt abgeben.
Es fragt sich nun, wie oft kommen Rezidive vor? Nach
Hotz’ großer Statistik sollen etwa in 8%/, der Fälle Rezidive ein-
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11647
treten. — Ich habe die Gallensteinoperationen seit Januar 1919
bis jetzt zusammengestellt. Es handelt sich um 382 Fälle.
zehnmal habe ich während dieser Zeit R
Sinne beobachtet.
Neun-
ezidive im ganz allgemeincn
Von diesen 19 Fällen wurden 14 einer nochmaligen Operation
unterworfen. In 6 Fällen war nach Ektomie ein Choledochusstein
vorhanden. In 3 Fällen war nur eine Cholezystostomie gemacht worden
und waren Steine in der Gallenblase vorhanden. Zweimal lag eine
Dilatation des Choledochus vor, ohne daß Steine in demselben nach-
gewiesen werden konnten. Einmal war ein Verschluß des Choledochus
vorhanden, einmal eine Perforation des. Choledochus ohne Steinbildung;
einmal fanden sich in der Nähe des Choledochus zwei Seitenligaturen
mit wenig Eiter in der Umgebung. Ein letzter Fall hat. noch besonderes
Interesse. Es handelte sich hier um einen 79jährigen Herrn, bei dem
ich vor 11 Jahren die Ektomie gemacht hatte. Seit einigen Monaten
waren, nach vollständigem Wohlbefinden während der ganzen Zeit,
wieder Koliken mit Ikterus aufgetreten, die schließlich doch zu einem
erneuten Eingriff zwangen. Es fand sich hier ein Stein außerhalb des
Choledochus; anscheinend in einem Reste des Zystikus. Im Choledochus
war trübe Galle. Ich kann nur annehmen, daß dieser Stein noch aus
der früher entfernten Gallenblase stammte und bei der Operation über-
sehen wurde. — Es kommt leicht vor, daß bei der Operation die:
Gallenblase einreißt, die Steine dan in die Bauchhöhle gelangen und
kann dann ein Stein übersehen werden. Auffallend ist es, daß während
der 10 Jahre dieser Stein keinerlei Beschwerden gemacht hat, so daß,
man eigentlich an die Möglichkeit einer Neubildung denken müßte.
Dies erscheint aber ausgeschlossen, da der Choledochus geschlossen war.
Auch in einem andern Falle ist nach 15 Jahren wieder ein
Rezidiv aufgetreten mit Ikterus. Doch war Patientin so elend, daß ich
sie einer nochmaligen Operation nicht unterwerfen konnte, Sie ist
schon am folgenden Tage infolge Sepsis gestorben. In 4 Füllen
handelte .es sich bei den Beschwerden um Erkrankungen, die mit der
dingt, vorliegt. Finden wir Ikterus, so handelt es sich bei aus-
Operation nicht im Zusammenhange stehen, einmal um ein Karzinom
des Choledochus, einmal um ausgedehnte Adhäsion im Bereich des
Colon asc. und der Flex. hep, einmal um Appendizitis und einmal
um Nierenstein. | S
Ziehen wir von den 19 Rezidiven diese 4 Fälle ab, so haben
wir nur mit 3,9%, Rezidiven zu tun, eine Zahl, die mit der von
Hotz ziemlich übereinstimmt, Bei diesen 3,9%, sind aber dann
auch alle die Fälle mit eingerechnet, welche auf unvollständige
Operation zurückgeführt werden müssen. Ich bin mir wohl be-
wußt, daß diese Statistik kein ganz einwandfreies Bild über die
Beschwerdefreiheit nach der Operation abgibt. Es mögen von den
operierten Kranken noch der eine oder andere über Beschwerden
klagen, obne daß ich hiervon Kenntnis erlangt habe. Doch viele
Fälle sind dies gewiß nicht. Auf der andern Seite sind aber unter
den angeführten Rezidiven manche, bei denen die erste Operation
nieht von mir ausgeführt wurde; diese müßten dann aber auch
ausscheiden. i |
Die wichtigste Frage ist nun wohl, ob,: falls Beschwerden
nach Gallensteinoperation eintreten, eine Unterscheidung zwischen
falschen und wahren Rezidiven- möglich ist, wobei wir entzündliche
Rezidive und zurückgelassene Steine zusammenfassen. Nicht immer
wird diese Unterscheidung leicht sein, aber doch in manchen Fällen
läßt sich mit größter Sicherheit ein Urteil abgeben. Zunächst muß
daran festgehalten werden, daß jeder Kolikanfall der Ausdruck
einer Entzündung ist. Er ist nicht durch einen Stein allein be-
dingt, der ja immer vorhanden ist, während die Koliken zeitweise
hinzutreten. Die Ursache des Kolikanfalles ist eben in dem Auf-
flackern der Entzündung zu erblicken. Ist nun die Gallenblase
entfernt, so kann sich, wenn es sich um ein wirkliches Rezidiv
handelt, die Entzündung nur im Choledochus entwickeln, abgesehen
von seltenen Fällen, die kaum in Betracht. kommen werden, in.
denen ein Stein sich in der Leber befindet. Ich. habe dies bis jetzt
nur einmal beobachtet. Ob diese Entzündung nun durch einen
Stein bedingt ist, der im Uholedochus sitzt, oder durch einen ent-
zündlichen Prozeß in der Nachbarschaft des Choledochus, läßt sich
wohl kaum mit Sicherheit sagen. Liegt ein .entzündlicher Prozeß
außerhalb des Choledochus vor, so werden die Erscheinungen kon-
stanter sein, während bei einem Stein im Choledochus wir hier
und da auftretende Koliken beobachten. Entwickelt sich eine
Cholangitis, so ist, ich möchte. sagen, ein sicheres Zeichen der-
selben der auftretende Ikterus. Dieser Ikterus ist nicht immer
intensiv, er macht sich vielleicht nicht einmal in einer Verfärbung
der Sklera bemerkbar, aber im Harn müssen wir bei einer
Cholangitis Gallenfarbstoff nachweisen können. lst dieser Nachweis
auch bei wiederholten Untersuchungen nicht zu erbringen, so er-
scheint es’fast ausgeschlossen, daß ein Stein im Choledochus oder
ein entzündlicher Prozeß in demselben, durch andere Ursache be-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34.
geschätzt.
oder man sieht den deutlich erweiterten Choledochus.
. der Fall, so muß man mit feinen Punktionsnadeln den Choledochus
24. August Ä
gesprochenen Koliken meistens um einen Stein. In einzelnen Fällen
aber zeigte sich, daß doch kein Stein da war, aber eine Dilatation,
die wohl auf eine Stenose an irgendeiner Stelle des Choledochus
zurückzuführen ist. Ich habe dies zweimal beobachtet. Treten die
Koliken sehr bald nach der Operation wieder ein, so wird man
annehmen. dürfen, daß ein Stein bei der ersten Operation zurück-
gelassen worden ist. Ein völliger Verschluß des Oholedochus, wie
ich ihn einmal beobachtet habe, muß natürlich dauernden Ikterus
machen, ebenso auch ein Karzinom. In den Fällen, in denen die
Gallenblase nicht entfernt worden ist, können naturgemäß Koliken
eintreten ohne Ikterus. l
Mögen nun die Koliken bedingt sein durch einen Stein im
Choledochus oder durch Verengung der Narbe oder durch einen
entzündlichen Prozeß außerhalb, in jedem dieser Fälle kann nur
‘eine Behandlung in Betracht kommen, und zwar besteht die Be-
handlung in einem nochmaligen operativen Eingriff. Es ist natur-
gemäß nicht leicht, einer Patientin, die schon eine Gallenstein-
operation überstanden hat und der man mit größter Wahrscheinlich-
keit Beschwerdefreiheit versprochen hat, sofort eine erneute Operation
vorzuschlagen. Aber diese Bedenken dürfen uns nicht hindern, den
Rat zu geben, der allein im Interesse der Patienten liegt. Ob unser
Rat befolgt wird, ist Sache der Patienten. |
Hinzu kommt noch, daß, da der entzündliche Prozeß nach Ek-
tomie sich nurmehr im Choledochus abspielen kann, jeder fieberhafte
oder sogar mit Schüttelfrösten kombinierte Kolikanfall nach Ektomie
erhöhte Gefahren in sich schließt, einmal die der Infektion der
Lebergallengänge und die noch größere Gefahr der Fortleitung der
Entzündung durch die Lymphbahn oder. vermittelst, des Ductus
pancreaticus auf dasPankreas. Diese letzte Gefahr darf nicht außer Acht
gelassen werden. Ich habe vor Jahren eine Patientin daran verloren,
die sich nicht rechtzeitig zur Operation entschließen konnte. Man
darf aber auch mit gutem Gewissen zu einer erneuten Operation
raten. Die Schwierigkeiten werden im allgemeinen zu hoch ein-
Ist bei der ersten. Operation ein Querschnitt gemacht
worden, so. bevorzuge ich jetzt einen Längsschnitt, oder umgekehrt,
um möglichst sofort in die freie Bauchhöhle zu gelangen. Die fast
immer vorhandenen Verwachsungen des Netzes mit der Leber und
der vorderen Bauchwand werden gelöst, man kommt. auf das Bett
der Gallenblase, das uns nach unten in die Gegend des Chole-
dochus führt. Zuweilen kann man hier sofort den Stein tasten,
Ist das nicht
aufsuchen. Die Gefahr der zweiten Operation hinsichtlich der
Peritonitis erscheint mir geringer als bei der ersten Operation.
Durch. die vorhandenen Adhäsionen ist die Bauchhöhle zum Teil.
abgeschlossen. Außerdem aber scheint mir nunmehr die Neigung
des Peritoneums zur Adhäsionsbildung und zur Abkapselung des
Operationsgebietes eine größere gewörden zu sein. Bei Rezidir-
operation habe ich, soweit ich mich entsinne, keinen Patienten an
Peritonitis verloren. Die ausgedehnte Statistik von Hotz ergab bei
Rezidivoperation nach vorhergegangener Ektomie 14,62, nach ein-
facher Cholezystostomie 8,91°/, Mortalität.
Sind die Koliken Folge einer Stenosierung des Choledochus
oder eines völligen Verschlusses, so kommen naturgemäß ein-
greifendere operative Eingriffe in Betracht.
Ich war in einem Falle bei einer völligen Stenose des Hepatikus
gezwungen, das Duodenum nach Eröffnung an die Leber anzunähen
um den Rest des Hepatikus. Um dies möglich zu machen, mußte ich
vorher den Pylorus verschließen und Gastroenterostomie machen. Pa-
tientin wurde geheilt und beschwerdefrei. — In einem anderen Falle
habe ich mit Erfolg ein Gummidrain in den Rest des Hepatikus ein-
renäht und das andere Ende dieses Drains schräg durch die Wand ins
uodenum geleitet, welches an die Leber angenäht wurde. Das Gummi-
drain blieb liegen und konnte sich in den Darm abstoßen. — In einem
weiteren Falle, bei dem ich wegen der schweren entzündlichen Er-
scheinungen mich auf eine Stomie beschräuken mußte, habe ich bald
darauf wegen der Fortdauer der Beschwerden eine Cholezvstoduo-
denostomie gemacht.
Am meisten Scheu haben die Patienten vielfach vor wieder-
holten Narkosen, die sich auch sonst bei öfterer Anwendung der
Narkose bemerkbar macht. Ich möchte hier auf ein einfaches Hilfs-
mittel hinweisen. Während wir bei den Medikamenten, die per 08
eingenommen werden sollen, mit Recht ein großes Gewicht auf ein
Geschmackkorrigens legen, wird die Nase in dieser Hinsicht sehr
stiefmütterlich behandelt. Hier von einem Geruchskorrigens Ge-
brauch zu machen, hat selten der Narkotiseur in Erwägung gezogen,
und doch ist dies sehr einfach und meist, zumal bei Kindern, neben-
bei bemerkt, von verblüffendem Erfolge. Seit einer langen Reihe
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24. Augast `
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von Jahren benutzen wir in den meisten Fällen bei der Narkose
als Geruchskorrigens mit bestem Erfolge Eau de Cologne. Vor
"Einleitung der Narkose kommt ein ordentlicher Guß auf die Maske
und dann allmählich das Narkotikum, unter Umständen unter Wieder-
olung der Aufträufelung von Eau de Cologne. Noch kürzlich hat.
ein Kollege die außerordentliche Annehmlichkeit dieses Korrigens |
an sich selbst empfunden und seine Befriedigung hierüber aus-
gesprochen. we .
- Eine Frage ist noch zu erörtern. Was kann geschehen, um
Rezidive zu vermeiden? Es ist ohne weiteres klar, däß, wenn noch
keins Steine im Choledochus sind und die Gallenblase‘ entfernt
wird, Rezidive kaum auftreten werden. Daraus folgt, daß man
Gallensteinkranke operieren soll, bevör die Komplikation des Chole-
-dochussteins eingetreten ist. Wir sollen also .möglichst frühzeitig
den Gallensteinkranken die Operation anraten. Je frühzeitiger die
Operation. gemacht wird, je jünger die Patienten sind, um so .ein-
“facher gestaltet sich die Operation und um so sicherer werden die
Patienten in ihrem weiteren Leben vor Beschwerden bewahrt. Es
ist auch ohne weiteres klar, daß die Entfernung der Gallenblase am
sichersten vor Rezidiven schützt. Zumal nach den eingehenden
Untersuchungen von Aschoff müssen wir annehmen, daß nicht
alein die Dysfunktion, wie Berg glaubt, die Hauptursache der
Gallensteinbildung ist, sondern daß anatomische Veränderungen der
Gallenblase von nicht zu unterschätzendem -Einflusse sind. Ich
möchte glauben, daß auch der Zystikus eine wesentliche Rolle hier
mitspielt. .Die Klappen des Zystikus haben doch offensichtlich den
“Zweck, die beiden Ströme von Galle und Drüsensekret, die den
Iystiküs passieren, von der Leber zur Gallenblase und umgekehrt,
von einander zu trennen. Sind nun die Klappen im Zystikus defekt, so
-Wird es leichter zu einer Stauung im Zystikus und in der Gallenblase
kommen. Vielleicht ist es möglich, durch verschiedenfarbige Füllung
des Zystikus mit hartwerdendem Material von der Leber und von
der Gallenblase aus diese eigenartige Einrichtung zur Darstellung
m bringen und Defekte nachzuweisen. — Gegen die Entfernung
der Gallenblase spricht ja, daß, nach Aschoff, dieselbe ein Druck-
regulator. ist. Die in die Gallenblase gelangte Lebergalle wird dort.
al.!/;—1/,, eingedickt infolze Resorption voa Seiten der Lymph-
md Blutgefäße. Auch soll durch Entfernung der Gallenblase die
Pankreassekretion beeinflußt werden. Es soll weniger Pankreassalt
ad weniger Galle in den Darm gelangen und hierdurch vielleicht
auch eine Schädigung der Magensekretion herbeigeführt werden. —
Von anderen Autoren werden aber diese Folgeerscheinungen ab-
‚gilkhnt, Wie dem aber auch sei, wir müssen immer daran fest-
halten, daß es sich in allen Fällen von Gallensteinbildung um keine
urmale Gallenblase mehr handelt, daß die Gallenblasenwand mehr
oder weniger hochgradig verändert ist und daher: ihre Funktion
nicht mehr ausüben kann. Tatsächlich sehen wir ja auch, daß kein
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D
Aus der Deutschen Universitätsfrauenklinik in Prag
i (Vorstand: Prof. Dr. G. A. Wagner).
_- Perniziöse Anämie und Gestation.
-= Von Dr. Robert Benda, Assistent der Klinik..
I Wenn es auch in den vergangenen Jahrzehnten der Forschungs-
igkeit von Biermer, Naegeli, Ehrlich. u. a. gelungen ist, die
permase Anämie in symptomatologischer und diagnostischer
sicht ‘genau zu charakterisieren und sie als Krankheit sui generis
gegenüber anderen verwandten Krankheitsbildern abzugrenzen, so
lieh doch die Atiologie und Pathogenese dieser Krankheit bisher
| nerlorscht, Nur in einer verschwindend kleinen Zahl von Fällen
ounten ätiol i |
IE Leere und Wöchnerinnen. Gusserow teilte schon im Jahre
inf Fälle von „hochgradigster Anämie“ bei Schwangeren und
nit FR mit, und nahm einen Zusammenhang der Erkrankung
| pa Schwangerschalt an. Allerdings fehlen in dieser Arbeit
. 2 über das Blutbild, das nach dem heutigen Stand unseres
m unerläßliche
nn ne ie betrachtet werden muß. In der folgenden Zeit
| nammen vereinzelt Berichte über analoge Fälle. Der kausale
estatio; ang zwischen der Krankheit. und den Vorgängen der
srallon blieb aber lange unbekannt. Es ist das Verdienst von
egeli, diesen Zusammenhang klar erkannt und durch Publikation
u
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK >
‘Patienten betrug die Mortalität sogar nur 2,87°/,.
_ Abhandlungen.
reff otogische Zusammenhänge aufgedeckt werden. Sie be-
en Doiriocephalus latus-Träger,: Luetische und bis dahin gesunde
Voraussetzung für die Diagnose der per-
-als vielmehr aus anderen Gründen. =>
1.
Nr. 34. u
| IN
einziger Patient bis beute von der Entfernung. der: Gallenblase* S,
"nachweisbare Schädigung davongetragen hat.
Ich stehe daher nach wie vor auf dem Standpunkt, den ich .
auch bereits vor vielen Jahren hier im Verein, allerdings . damals.
noch unter Widerspruch vertreten habe, daß im allgemeinen . nur
die Ektomie in Betracht kommen kann. Dieser Standpunkt dürfte
wohl heute von fast sämtlichen Chirurgen geteilt werden. ` Die
Stomie kommt nur als Notoperation in Betracht; so habe ich sie
vor Jahresfrist noch mit Erfolg bei einer 91 jährigen Patientin vor-
genommen. ee ee un an
i Naturgemäß müssen wir uns bei der Ektomie überzeugen,
daß der Choledochus frei von Steinen ist. Auch wenn ein Solitär-
stein in der Gallenblase vorhanden ist, kann trotzdem. auch: poch
ein Stein im Choledochus sich befinden, was ich einmal beobachtet
habe. Ist der Zystikus eng und die Klappen au demselben an-
scheinend nicht verändert,. so, ist das Vorhandensein eines Chole-
dochussteines unwahrscheinlich. Trotzdem aber erachte ich, wenn
eben möglich, eine genaue Sondierung des Oholedochus für- uner--
äßlich.. Haben sich Steine. im Choledochus gefunden, so wird man
eine Erweiterung der Papille erstreben müssen, eventuell auch den
Choledochus durchspülen; letzteres ist zumal dann geboten, wenn,
die Steine im Choledochus bei ihrer Entfernung mehr oder weniger
zertriämmert wurden. Es genügt im allgemeinen eine Dehnung des
Choledochus. Eine transduodenale Spaltung der Papille, lediglich
zu diesem Zwecke, möchte ich nicht empfehlen. . une 0
Eine Frage möchte ich noch kurz streifen, die bei der Emp-
fehlung der frühzeitigen Operation. wohl aufgeworfen werden kann,
das ist die Frage nach der Mortalität. Hotz hat eine Gesamt- `
mortalität von 9,22°/, errechnet. Ich habe von den 882 Patienten
seit Anfang 1919 35 durch Tod verloren; hiervon sind aber 17 Todes-
fälle nicht auf die Operation zurückzuführen. Bei il bestand vor.
der Operation akute Pankreatitis, Sepsis oder schwere Peritonitis.
Dreimal lag Karzinom vor; 1 Patient starb an Koma bei vorhandenem
Diabetes, eine Patientin an Herzinsuflizienz. bei Basedow- und eine `
an Ileus, der vor der Operation bereits bestanden hatte. Von den
18 Patienten, die infolge Operation starben, ‘hatten 6 Pneumonie,
3 Peritonitis, 4 Herzinsuffizienz, 3 Embolie, 2 starben infolge von
Nachblutungen. ‘Diese 18 Fälle auf die Gesamtzahl ‚gerechnet, er-
gibt eine Mortalität von. nicht ganz 5°%%,. .Bei den weiblichen
Wenn man be-
rücksichtigt, daß eine ganze Reihe von schwersten Erkrankungen
und verschleppten ‚Fällen sich unter. ‘den Patienten befanden, ` so
wird man diesen Prozentsatz als sehr gering ansehen müssen. Aber
auch diese Zahlen führen uns wieder zu der Forderung der früh-
zeitigen Operation, wodurch nicht nur die Mortalitätsziffer, sondern
auch die Anzahl der Rezidiven noch weiter wesentlich: herabgesetzt
werden. kann. ee e E
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von acht einschlägigen Fällen durch seine Schülerin Beyer-
Gurowitsch im Jahre 1912 dadurch einwandfrei bewiesen zu
haben, daß vier seiner Fälle im Gegensatze zur kryptogenetischen
Biermerschen Anämie dauernd rezidivfrei blieben.. In den
folgenden Jahren mehrten sich die Berichte über Fälle von
perniziöser Anämie, die während der Schwangerschaft oder im.
‘ Wochenbett zur Beobachtung Kamen. Esch konnte in. seiner. im
Jahre 1917 erschienenen ‘Arbeit sechs Fälle aus der Marburger
Klinik mitteilen, und gleichzeitig 17 andere Fälle aus der deutschen
Literatur zusammenstellen. Seither sind in der deutschen Literatur
nur die Fälle von Beckman, Heim und Rumpf bekannt geworden.
Beckman bearbeitete das Material: der Klinik Peham und konnte
unter. etwa 60 000 Geburten der Jahre 1902—1920 nur 6 Fälle von .
„Graviditätsanämie“ veröffentlichen. ` Die beiden‘. letztgenannten
Autoren berichten über je einen Fall. Ich habe diese Zahlen
deshalb angeführt, damit man. sich eine ‚Vorstellung von der
Häufigkeit des Auftretens der perniziössen Anämie während der
Gestation bilden könne. Es muß auf Grund. der genannten: Zahlen
als ein seltenes Ereignis bezeichnet werden.. Ich bin nun in der
Lage, an dieser Stelle über sechs. hierher, gehörige Fälle berichten
zu können. Die Symptomatologie und der klinische Verlauf dieser
Fälle sind aus den bisher veröffentlichten Arbeiten hinlänglich be-
kannt. Wenn ich mich trotzdem entschlossen habe, die Kranken-
geschichten meiner Fälle ausführlich „mitzuteilen, so geSchieht es
nicht so sehr in der Absicht, die Kasuistik solcher Fälle zu be-
reichern, obzwar manche von ihnen genug des Interessanten bieten
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komplizierter.
beide, aber wenig ausgiebig. Patellarsehnen-, Achillessehnen- und
In der Umgebung des Anus einige pigmentierte Narben; am äußeren
Normoblasten 0,3%/,, Reizungsformen vorhanden. 34000 Blutplättchen
1166
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34. | 24. August
Wie schon erwähnt, ist die Pathogenese der perniziösen | Wöchnerin wohl. Die Temperaturen schwankten zwischen 87,20 und
Anämie bisher unerforscht geblieben. An Bestrebungen, sie aufzu-
39,30, Puls 120. Am 28. September verschlechterte sich der Zustand 5
klären, hat es nicht gefehlt. Die Resultate derselben haben in
wesentlich. Temperaturen zwischen 38,6% und 39,80, Puls klein und
verschiedenen Theorien Ausdruck gefunden, von denen sich aber fre en Mn He Sn ax .. ee nn T, erden
keine einzige dauernd behaupten konnte. Dasselbe gilt auch für | en kein Anhalts de ech en onen emp
X : e ‘aturen en, doch wird ihnen -keine allzu
die Pathogenese der während der Gestation auftretenden perniziösen | große Bedeutung beie omoa ai: da sie ja bekanntermaßen bei perniziöser
Anämie, nur ist das Problem diesbezüglich naturgemäß noch viel | Anümie vorkommen und da in diesem Falle auch schon vor der Geburt
Ich glaube nun, mit einigen Beobachtungen an | Temperatursteigerungen bis 38,20 aufgetreten waren. Am 24, Sep-
meinen Fällen, die sich nur aus der ausführlichen Darstellung der- | tember Febris continua zwischen 39,4% und 39,6°, Puls 150. "Blutbild:
selben verstehen lassen, einen Beitrag zur Lösung dieses Problems |, 1010000 Erythrozyten, Hämoglobin korr.80%/,, Färbeindöx1,38, 6400 weiße
liefern zu können. | Blutkörperchen, der sonstige Befund unverändert. Am 25. September
wiederum Temperaturen zwischen 39,30 und 39,6° und bedeutende Ver-
schlechterung. Schwere Dyspnoe, Delirien. Patientin erhält eine intra-
muskuläre Injektion von 10 cem defibrinierten Blutes einer gesunden
Wöchnerin. Blutbefund (Dr. P.Kazn’elson): 656000 Erythrozyten, Hämo-
globin (Sahli) 25/2, korr. 16,4, Färbeindex 1,12, 3220 weiße Blutkörperchen.
Polyn. neutroph. Leukozyten 46,5%, Lymphozyten 42,50/,, Monozyten
6,50%, Myelozyten und Metamyelozyten 2,8%,, Reizungsformen 0,7%,
Normoblasten 0,7%, Megäloblasten: 0,5,%/,, 2300 Blutplättchen (auch
Riesenformen), Makro-, Aniso- und - Poikilozytose, Polychromasie,
Jollyk., basophil punktierte Erythrozyten; Rechtsverschiebung. Re-
traktion 0, Sedimentierung ++, Plasma gelb. Am 26. September
Temperaturen zwischen 380 und 39%. Zunehmender Verfall. Schwerste
_Dyspnoe, Embryokardie, Delirien. Abends erfolgte der Exitus letalis.
Sektionsbefund: Hochgradige Anämie der Haut und sicht-
baren Schleimhäute. : Hochgradige Anämie und fettige Degeneration
des Herzmuskels (Tigerherz).. Anämie und Hämosiderose der Leber.
Anämie und -fettige Degeneration der Nieren. Hochgradige Anämie
des Gehirns, der Lungen und des ganzen Intestinaltraktus. Rötliches
Knochenmark.. Ekebymosen im Endo- und Epikard, in den Lungen-
nleuren, am Zungengrunde und in der Milzkapsel. Ausgedehnte
lutungen im rechten Nierenbecken. Eitrige nekrotisierende fötide
Eindometritis post partum. Weicher Milztumor. Ödem der Unterlappen
beider Lungen. Frische fibrinöse Pleuritis über dem linken Unterlappen.
Verfettung des Epikards (mäßigen Grades). Aorta angusta (4,2 cm).
Geringe Dilatation des linken Ventrikels. Path.-anatom. Diagnose:
Anaemia gravis, Septicaemia ex endometritide post partum. Aus der
Milz wurden Streptokokken gezüchtet.
.
I. Am 10. September 1921 wurde eine 17jährige Fabriksarbeiterin
an der Deutschen - geburtshilflichen Universitätsklinik aufgenommen.
Familienanamnese o. B. Als Kind Masern und Ohrenfluß; im 13. Lebens-
jahre Schwellung der Halsiymphdrüsen. Patientin wurde damals !/, Jahr
mit Injektionen und künstlie er Höhensonne behandelt. Sie hat sich
dann vollkommen wohl gefühlt, bis vor drei Monaten Appetitlösigkeit
und Müdigkeit auftrat. Damals bemerkte auch schon die Mutter, daß
sie auffallend blaß sei. Sie gab aber ihre Arbeit nicht auf, -obwohl
sich ihr Zustand zusehends verschlechterte. Seit zwei Monaten er-
bricht Patientin fast jede genossene Nahrung. In der letzten Zeit be-
merkte sie, daß sie bei Eintritt der Dunkelheit schlecht sehe. Vor |
14 Tagen traten Bläschen auf der Zunge ‘auf, gleichzeitig löste sich
das Zahnfleisch von den Zähnen ab. Anfang September mußte die
Patientin wegen zunehmender Schwäche ihre Beschäftigung aufgeben
und wurde vom Arzt an die Klinik gewiesen. Die Menses traten im
15. Lebensjahre zum erstenmal auf, waren immer sehr stark, dauerten
oft bis 14 Tage. Letzte Menstruation am 17. Dezember 1920. Bisher
kein Partus, kein Abortus, keine venerische Infektion.
Status praesens: 154 cm groß, Ernährungszustand gut. Extreme
Blässe der Haut und sichtbaren Schleimhäute. Ödeme an den Unter-
schenkeln... An der rechten Halsseite unregelmäßige Narben nach ver-
eiterten Lymphdrüsen. Die rechte Pupille reagiert nicht auf Licht, die
linke nur wenig. ausgiebig. Die linke Pupille in geringem Grade ent-
rundet, etwas weiter als die rechte. Auf Akkommodation reagieren
Kornealreflexo lebhaft. Die mittleren oberen Schneidezähne zeigen
eine Andeutung des Hutchinsontypus. An der Zungenspitze einzelne
Bläschen. Tonsillen etwas vergrößert. Sternum druckschmerzhaft.
Lungen o. B. Kurzes systolisches Geräusch über der Pulmonalis, sonst
reine Töne. Lautes Nonnensausen. Röntgenbefund: Zwerchfell hoch
gedrängt, das Herz. anscheinend etwas dilatiert, größte quere Herz-
breite 12,8 cm. Milz und Leber nicht palpabel, Milz auch perkutorisch
nicht vergrößert. Im Harn Eiweiß in Spuren nachweisbar.,
ie geburts-
hilfliche Untersuchung ergab den Befund einer Gravidität von 9 L.M.
In diesem Falle von perniziöser Anämie kommen zwei der
bekannten ätiologischen Faktoren in Betracht: Schwangerschaft und
Lues. Für die luetische Ätiologie scheint die’ positive Wa.R. des
Blutes und die Pupillenreaktion zu sprechen. Die erstere ist nun
allerdings für die Annahme einer Lues nur mit allergrößter Reserve
zu verwerten. Wissen wir doch aus den Arbeiten von Esch,
Lahm, G. A. Wagner u. a, daß der positive Ausfall der Wa.R. in
der zweiten Hälfte der Schwangerschaft überhaupt nur sehr wenig.
Beweiskraft für die Diagnose Lues hat. Ihr Wert wird in unserem
Falle noch weiterhin beeinträchtigt durch die bestehende perniziöse
Anämie. Wenn wir auch über die komplizierten Vorgänge bei der
Wa.R. und ihr gegenseitiges Ineinandergreifen nicht vollkommen
unterrichtet sind, so wissen wir doch, daß die Lipoide des Blutes
dabei sicher eine — wahrscheinlich nicht unwesentliche — Rolle
spielen. Nun handelt es sich aber bei der Perniziosa um eine
Störung des Lipoidstoffwechsels. FE. |
| Auch Türk ist der Ansicht, daß der positive Ausfall der Wa.
während einer Perniziosa nicht maßgebend für die Luesdiagnose sein
könne, da sich im Blute hämolytische Vorgänge abspielen, andererseits
aber die Erythrozyten der Perniziosa gegenüber hypotonischen Salz-
lösungen und anderen hämolytisch wirkenden Reagentien eine deutlich
erhöhte Widerstandskraft besitzen. Was die fehlende Pupillenreaktion
betrifit, so erwähnen Naegeli und Türk das — wenn auch seltene
— Vorkommen von spinalen Symptomen bei der perniziösen Anämie.
Das Krankheitsbild nimmt in diesen Fällen geradezu den Charakter
der Tabes an. Pupillenstarre, fehlende Patellarsehnenreflexe, Sensi-
bilitätsstörungen, Parüsthesien, reißende .Schmerzen und Ataszie, selbst
Blasen- und Mastdarmstörungen kommen vor. Als anatomisches Substrat
dieser Symptome findet man perivaskuläre Degenerationsherde mit Glia-
wucherung vorwiegend in den Hintersträngen, Es ist daher auch das
Symptom der fehlenden Pupillenreaktion für dio Annahme einer Lues
als ätiologisches Moment nicht verwertbar. In Übereinstimmung mit
dieser Auffassung steht auch der Liquorbefund. Der Liquor war klar,
Nonne-Apelt, Pandy, Goldsol und Wa.R. negativ. Dazu kommt, dab
bei der Obduktion des Kindes keinerlei Anhaltspunkte für Lues ge-
funden werden konnten. Die Untersuchung der Plazenta auf Spiro-
chäten wurde leider verabsäumt. Die Gewichts- und Größendimensionen
der Plazenta sprechen aber unbedingt gegen Lues. Mit großem Eifer
wurde hingegen auf Spirochäten a in den äußeren inguinaler
Lymphknoten, in den beschriebenen perianalen Narben und im Gehirn
Herr Dr. C. Terplan vom pathologisch-anatomischen Universitätsinstitu
hat sich in dankenswerter Weise dieser großen Mühe unterzogen.
den Lymphknoten und perianalen Narben fanden: sich in den nac
L evaditi gefärbten Stufenserienschnitten keine spezifisch entzündliche
Veränderungen und keine Spirochäten. Vom Gehirn wurde die Vie
hügelgegend in enger Stufe nach Jahnel untersucht. Es fanden sie
Genitale nichts Abnormes. Wa.R. +++.
Das schwere Krankheitsbild ließ an perniziöse Anämie denken.
Die am 11. September vorgenommene Blutuntersuchung bestätigte diese
Vermutung: 1260000 Erythrozyten, 40%, Hämoglobin, Fürbeindex 1,4,
4000 weiße Blutkörperchen. Im Ausstrichpräparat: Poikilozytose,
Anisozytose, Polychromasie, Normoblasten, Megaloblasten, Türksche
Reizformen. Die Kranke wurde dann auf einige Tage an die I. medi-
zinische Universitätsklinik (Prof. R.Schmidt) transferiert. Der Kranken-
geschichte dieser Klinik!) entnehme ich noch folgende bemerkenswerte
Befunde: Im Stuhl keine Parasiteneier. Aldehyd im Stuhl. bis 1: 1500 +.
Mageninhalt: Nüchtern 0. Nach Probefrühstück Kongo —. Freie Salz-
säure 20, Gesamtazidität 40. Mikrosk.: o. B. Blutdruck: (Riva-Rocei)
98 mm. Ophthalmosk. Bef.: Auffallende Blässe, normalkalibrige Gefäße.
Venen und Arterien zeigen fast keinen Unterschied in der Farbe der Blut-
säule, sonst normal. Die am 15. September von Herrn Dr. P.Kaznelson
vorgenommene Blutuntersuchung ergab: 1390000 Erythrozyten, Hämo-
globin (Sahli) 66/2, korr. 47,1, Färbeindex 1,5, 2780 weiße Blutkörperchen.
Polyn. neutroph. Leukozyten 36°%,, Lymphozyten 58,3°%,, Eosinophile
0,35/,, Myelozyten und Metamyelozyten 2°), Megaloblasten 30/,,
(auch Riesenformen); Retraktion +-+, Sedimentierung + +, Serum
klar. Indir. Bilirubin 1,5. Blutungszeit 11 Minuten. „= 23.
Am 20. September abends setzten die ersten Geburtswelen ein
und am 21. September erfolgte nach einundzwanzigstündiger Geburts-
dauer die Spontangeburt eines 45 em langen, 1650 g schweren männ-
lichen Kindes. Die Geburt hatte den Allgemeinzustand der Kranken
kaum alteriert, ihn zunächst jedenfalls nicht in ungünstigem Sinne be-
einflußt. Der Blutverlust war sehr gering. Das Kind wies alle Zeichen
der Unreife auf, ging nach wenigen Minuten zugrunde. Gewicht der
Plazenta 230 g, Größe 11:13 cm. Sektionsbefund des Kindes: Zer-
reißung des Tentorium cerebelli mit frischer Blutung. Kleine epikardiale
Blutung. Vollständige Atelektase der Lungen. Keine Zeichen von
Lues. Knorpelknochengrenze normal. Diagnose: Haemorrhagia intra-
meningealis.
In den ersten Stunden nach der Geburt subjektives Wohlbefinden.
Temperatur 380, Puls 94. Auch am nächsten Tage fühlte sich die
1) Für die freundliche Erlaubnis, diese und die folgenden Kranken-
geschichten benützen zu dürfen, bin ich Herrn Prof. R. Schmidt zu
besonderem Danke verpflichtet.
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- -keine entzündlichen Veränderungen. a 2 | ing 2 Zr
-` Auf Grund dieser Befunde glaube ich berechtigt zu sein, im,
yorliegenden Falle die luetische Atiologie ausschließen zu. können:
"Besonders hervorheben möchte ich an diesem Fälle ‘das Auftreten
“einer septischen Infektion, die, wegen. ihres ungewöhnlichen. Ver-
Jaufes als solche nicht erkannt, im Verein mit der perniziösen Anämie.
innen kurzer Zeit den letalen Ausgang herbeigeführt hat: Wenn
.. marin Betracht zieht, daß es sich um .eine ganz glatte Spontan-
gebut bei einer weder vor noch. während der Geburt vaginal Unter-
Fo -daß dieser Fall durchaus nicht vereinzelt dasteht, bei perniziöser
-<-> Anämie, die während der Gestation. auftritt, die. Annahme einer:
; ganz.besonders gesteigerten Disposition zur septischen Infektion be-,
°P. - \zechligt, ein Umstand, auf den übrigens’ auch schon frühere Autoren
- aufmerksam gemacht haben. Das ist ja auch ohne Zweifel einer
> > ‚der Gründe der schlechten Erfolge der künstlichen Schwangerschafts-
17. unterbrechung bei perniziöser Anämie, über deren Berechtigung und
‚FE "Aussichten ich auf die erschöpfende Darstellung von Sachs verweisen
-, „möchte, ohne zu dieser Frage an diesem Orte selbst Stellung zu nehmen.
i
ef ©, IE 82jährige Frau, hat am 7. Februar 1920.zu Hause geboren.
+i. ` Glatte Spontangeburt ohne nennenswerten Blutverlust. Am nächsten
ito Tage wurde die Patientin au der:deutschen Universitäts-Frauenklinik .
t>.. aulgenommen, von dieser am folgenden Tage der I.. medizinischen
ti . °Universitätsklinik überwiesen. ‘Da die Patientin bewußtlos war, mußte
| ta
er- s ::die Anamnese mit dem Manne aufgenommen werden. Pat. erkrankte.
čb © vot. mehreren Jahren an ein&m schweren Gelenkrheumatismus, sonst.
č) -Aber fühlte sie sich wohl und sah immer blühend aus. Die jetzige
&F Schwangerschaft nahm einen normalen Verlauf. Seit 4 Wochen ist sie
bi -. krank. Zu dieser Zeit bemerkte sie. eine zunächst kleine, rasch größer
f .. „werdende, sehr schmerzhafte Verhärtung in der rechten Mamma. Bald
ki bildeten sich tiefe, eiternde Geschwüre. Gleichzeitig trat Heiserkeit
ei. und’ Husten auf. Das Zahnlleisch begann zu bluten. Pat. soll dadurch -
„mel Blut verloren haben. -Dem Manne. fielen in der ‚letzten Zeit ihre .
„< hochgradige Blässe und Anschwellungen am ganzen Körper auf. Die
- venerische Infektion. Dem Status praesens entnehme ich nur die be-
, . ‚merkenswertesten Daten. Allgemeine Blässe der Haut und Schleim-
; häute, Verstreut Petechien -an den unteren Extremitäten, die Sdematös
'. „sind. Medial von der rechten Mamilla. zwei: nierenförmige, eiterig be-
SE legte Geschwüre. ‘Milz nicht palpabel. Andauernde Stomatorrhagie..
Ri: Normale Temperatur, nur am 10. Februar 38,8%. Im Harn Eiweiß positiv,
"[- imSediment ausschließlich Leukozyten, . Blutbefund (Dr. P.Kaznelson):
wil; °-976000 Erythrozyten, Hämoglobin (Sahli) 86/2, korr. 26, F. I. 1,19,
il... 10980 weiße Blutkörperchen. 66%, polynukl. 'neutroph. Leukozyten,
a). 19%. Lymphozyten, 8,79% Monozyten, 2,7%, Reizungsformen, 1°), Ery-
m. > „throblasten, 2,30, Myelozyten, 0,30/, Megaloblasten, Thrombozyten ver-
je] >. iindert, Retraktion +++, Serum farblos. Es mußte daher die Dia-
TO m perniziöse Anämie gestellt werden. Der Verlauf war foudroyant.
Bi Su Am-l2. Februar erfolgte der Exitus. letalis. | Ba: De
Bi. ; Dektionsbefund: Rechtsseitige eiterige, abszedierende Mastitis .
Mi mit- Durchbruch nach außen. Fötide Endometritis bei marzidem, über-
‚ustgroßem Uterus. Thrombose der linken Vena spermatica. Ein.
- böhinengroßer Abszeß im linken. Unterla pen. mit mehreren kleineren,
|- mittelbar angrenzenden Abszessen. Tobäre Pneumonie im linken
(i: Unterlappen und herdförmige im rechten Oberlappen in grauer Hepati- .
ep : Mion, Fibrinös-eiterige Pleuritis links. Akutes Ödem beider Lungen.
BE ültiple ‘embolische bis hanfkorngroße, : vielfach gruppierte, eiterige
N ‚Inflttate und Abszesse in beiden Nieren nebst ‘einigen streifenförmigen
En , Piterigen Ausscheidungsherden beiderseits. Mittelgroßer, weicher Milz-
pi, umor. Tigerherz. Fettige' Degeneration der Leber, Degeneration der
je -~ Nieren. Allgemeine schwere Anämie. ‚Teilweise (t/s) rotes Knochen-
A o mark im Femur. Sehr lipoidarme glatte Nebennieren. a
a ‚, In diesem Falle handelte es sich um eine perniziöse Anämie,
ne } In den letzten Wochen: der Schwangerschaft zum Ausbruch kam
gi < U die foudroyant zum Tode führte, wohl. infolge. der hinzu-
GE ‚gekommenen septischen Infektion; —— > se
3 IL. 84jährige Frau, am 14. Mai 1928 an der I. medizinischen
nn srtätsklinik aufgenommen, hatte. am: 12. April am normalen
vn gerschaftsende geboren.: Die Geburt war glatt verlaufen, ohne
die kA erten Blutverlust. Einen Monat vor der Entbindung schwollen
beit an, doch konnte die Patientin’ bis zur Geburt ihre häuslichen
die: a verrichten. Sie war schon immer.blaß. gewesen, ‚doch nahm |
obut ti, Rn, der. Entbindung in auffallender Weise zu.. Seit der
at, en Fieber bis 390 ohne Schüttelfrost, starke Kopfschmerzen.
Fans, rägt seither keine Nahrungsaufnahme, erbricht sofort alles.
King; Anamnese o. B. Im 7. Lebensjahre hatte sie Scharlach, als
2 Oi linken Kieferwinkel Drüsen. Im Alter von 25 Jahren trat
befinden P Ta einer Geburt starke Gelbsucht auf, seither Wohl-
keinen Al “enstruationsverhältuisse o. B. Pat. hatte 6 Geburten,
eai ortus. Venerische Infektion negiert. | Bu
! Peitpolsten praesens: Kräftig gebaute Patientin mit gut erhaltenem
5 #%er. Etwas pastöser Habitus. ' Hautfarbe schmutzig-gelbbraun,
Tr eU mM UT co E A FT
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2. 21924 — MEDIZINISCHE KLINIK = W340
"keine Spirochäten, im Parenchym des Gehirns sowie an der Leptomeninx -
F: guchten handelt, so erscheint im Zusammenhalt mit der Tatsache,
© Frau hat jetzt das sechste Mal geboren, keinen Abortus ‚gehabt, 'keine |
a geh ' RE i = > De i x na a NR: , ei
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«Ödeme ‘an "den unteren Extremitäten. Sichtbare: Schleimhäute. auf-
fallend blaß, Sclerae leicht sübikterisch. Hals-und Rachenorgane o. B.
Geringe Druckschmerzhaftigkeit des. Sternum.’ Lungen o. B. Herz-
"grenzen: normal. -Über allen: Ostien. deutliches systolisches Geräusch.
|. Starkes Nonnensausen. Puls 116; rhythmisch, mäßig leicht unterdrückbar.
'. Leber und Milz vergrößert. ‘Die letztere überragt drei Finger breit den
Rippenbögen. Reflexe normal. ‚Im Harn Eiweiß schwach positiv. Im
' Sediment reichlich Epitlielien der Harnwege.:. Aldehydreaktion stark
“positiv. Im Stuhl köine Parasiteneier. Mageninhalt: Kongo neg., freie
Salzsäure 0,--Gesamtazidität 22. Bilirubin 2,9, kein direktes Bilirubin.
Blutdruck ` (Riva-Rocci): 90'’mm. Wa.R.. negativ. Die durch Herrn
Dr. H. Enge! vorgenommene Blutuntersuchung ergab: 796000 Erythro-
. zyten,. Hämoglobin, (Sahli) 33/3,‘ korr. 16,. F.I 0,90; vital gefärbte
` Erythrozyten 102/,0, hochgradige Anisozytose mit Vorwiegen der Megalo-
. zyten, Poikilozytose, zahlreiche Bo Erythrozyten, basophil
.punktierte Erythrozyten, ein Jollyk., 8660 weiße Blutkörperchen. 51%
. Begmentkern., 1/3%/, Stabkern., 1/3°/, Mastzellen, 231/,%0, Lymphozyten,
12/,0/0 Monozyten, 3°%/, Normoblasten, 14v/, Megalöblasten, 1?/;”/n Myelo-
zyten, 12/;%/, Myeloblästen, 1° Prömyelozyten, 2%, Metamyelozyten,
88260 Blutplättchen. Retraktion +-+--F,.Sed: +, Serum klar, gelb.
. Der Zustand der Pat. war. ein schwerer und zeigte. trotz Arsen-
: verabreichung keine Neigung zur . Besserung. Auch der Blutbefund:'
| änderte - sich nicht. Die Temperaturen schwankten anfangs zwischen
880 und 39°, sanken dann etwas ab. Anfang Juni traten starke Durch-
fälle auf, gleichzeitig leichte Benommenheit: Pat: schlief sehr viel. Die
. am ‚1: Juni vorgenommene Blutuntersuchung .ergab: 927000. Erythro-
` zyten, Hämoglobin (Sahli) 53/3, korr. 25, F.I. 1,21. - In den nächsten
Tagen Delirien. Unter fortschreitender Somnolenz, abwechselnd mit
een, tritt unter zunehmendem Kräfteverfall und unter
„Zunahme der. Ödeme am 8. Juni der Exitus letalis ein. >= >
: Sektionsbefund: Hochgradige Anämie. Mittelgroßer Milztumor.
. Himbeergel&eartiges Knochenmark. im Femur, im 'Sternum und in den
Rippen. Hydroperikard, Hydrothorax und .Hydrops ascites.. Tigerherz.'
. Zentrale Verfettung und Hämosiderose der Leber. Herdfiörmige Pneu-
monie im linken. Ober- und Unterlappen: . Akutes-Lungenödem. Akute
Laryngitis mit Ödem der Schleimhaut des Larynx und Aditus laryngis.,
Kleine lipoidarme Nebennieren. Märzider Uterus. “Ödem der Ovarien.
: Ödem der Schleinihaut des Ileum und des Dickdarms.
: ‚In diesem Falle traten die ersten Krankheitssymptome 4 Wochen
vor der :Geburt auf, aber erst nach-der Entbindung kam es zum
voll ausgeprägten Krankheitsbild. Der Blutbefund war anfangs in-
‚folge der fehlenden Hypexchromie nicht ganz typisch, obzwar ‚sonst
alle jene Veränderungen des Blutes. vorhanden waren, die als
charakteristisch für perniziöse Anämie angesehen werden. Im späteren
Verlaufe der: Krankheit stieg ‚auch der E.I. über 1. Die Diagnose
erscheint überdies durch den Sektionsbefund einwandfrei gesichert..
- +. IV. 28jährige Primipara, am 15. März 1924 an der deutschen
Universitäts-Frauenklinik aufgenommen, hatte am 5. März zu Hause
‚eine glatte Spontangeburt. Dabei kein nennenswerter Blutverlust.
Eine Woche vor der Geburt fiel ihr selbst -ihre hochgradige Blässe
auf. Gleichzeitig bemerkte sie, daß ihr die Füße anschwollen und daß.
: sie’etwas matter sei als früher. Nach. der Geburt fühlte sie sich zu- `
nächst wohl, dann aber traten häufig Kopfschmerzen und Herzklopfen
auf. Vom 4: Tage post partum an täglich hohes Fieber ohne Schüttel-
fröste. Deshalb sandte sie der behändelnde Arzt an die Klinik. Fami-
‚lienanamnese o. B. Pätientin hat als Kind Masern durchgemacht, ist
sonst immer gesund ‘gewesen. Bisher kein Partüs, kein Abortus, keine.
_ venerische Infektion. Keine Schwangerschaftsbeschwerden, nur Kopf-
` schmerzen zu Beginn der Schwangerschaft. = AES
| Status’praesens: Mittelgroße Patientin in gutem Ernährungs-
: zustand. Starke subikterische Blässe der Haut und sichtbaren Schleim-
häute. An: den unteren Extremitäten geringe Ödeme. Mund- und :
. Rachenorgäne o. B. An der Herzspitze ein systolisches Geräusch.
Starkes: Nonnensausen. Puls 120, rhytimisch, leicht .unterdrückbar.
‚Lungen o. B. Milz und Leber deutlich vergrößert. Reflexe normal.
.Am Genitale kein pathologischer Befund. Temperatur. täglich zwischen
370 und.390 bis 40%. Leukozytenzahl 13200., Es wurde angenommen,
| daß. es sich um eine puerperale Sepsis handle. Die Patientin bekam
: daher am 16. und 18. März. je 50 cem Rivanolintravenös und je 10 cem
Streptokokkenserum intramuskulär. Wegen der hochgradigen Blässe `
| wurde am 20. März. von Herrn Dr. Engel eine Blutuntersuchung vor-
“genommen. ` Dieselbe ergab folgenden Befund: 976000 Ervthrozvten
Hämoplobin .(Sahli) kort. 25, F. I. 1,1, 17240 weiße Blutkörperchen‘
40o Promyelozyten, 6,6%, neutroph. Myelozyten, 0,8%, 'basophile Me
lozyten, 6%/, Metamyelozyten, 21%/, Stabkernige, 430/, Segmentkernige
: 0,60% ‚Mastzellen, 0,6%/, Eosinophile, 11%/, Lymphozyten, 3%, Monoton.
:2%/, Normoblasten, 1%, Normoblasten in Teilung, 080/ Megaloblasten.
-0,80/, Megakaryozyten. 'Aniso-, Poikilo- und Megalozytose, Polychro-
: matophilie, Thrombozyten leicht vermehrt. Sed. +, Retraktion +++
Serum klar, farblos. Bilirubin (indirekt) 1,2 mg. Die bakteriologis che
Untersuchung des Blutes fiel negativ aus. Mit der Diagnose perniziöse
.Anümie wurde die Patientin .der I. medizinischen Klinik überwiesen.
' Der Krankengeschichte dieser Klinik :entnehme ich noch f olgende
Daten: Im Harn Eiweiß 0, Aldehyd ++, im Stuhl’ keine Parasiteneier.
| Wa: R. negativ. Blutdruck 95 mm (RR.). Ophthalmoskopischer Befund: '
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1168
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34.
An beiden Augen. streifen- und fleckförmige Blutungen, besonders |
zirkumpapillär. Die am 26. März nach der Methode von Autenrieth
g des Cholesteringehaltes : des
Blutserums ergab einen Wert unterhalb 0,20/. Die Patientin war da-
mals in einem recht schlechten Zustand. Sie bekam zunächst Arsen,
dann am 28. und 30. März sowie am 3. April eine intravenöse,Infusion
von 80, 300 und 270 ccm Zitratblut (von ihrer Schwester und ihrem
Bruder).
Die Wirkung war eine sehr günstige. Schon nach einigen
Tagen fühlte sich die Patientin viel wohler, ihre Wangen begannen
sich zu röten, die Temperatur sank zur Norm ab. Am 23. April be-
trug die Zahl der roten Blutkörperchen 2400000, Hämoglobin (Sahli)
korr. 65,70/., F. I. 1,22. Vital gefärbte Erythrozyten 1520/60, 5530 weiße
Blutkörperchen. 620/, Segmentkernige, 7°/, Stabkernige, 3%/, Eosino-
phile, 1%, Mastzellen, 19,7%/, Lymphozyten, 7,3%, Monozyten, Thrombo- |
zyten vermehrt. Am 2. Mai betrug die Zahl der roten Blutkörperchen
3044000, Hämoglobin (Sahli) korr. 70%, F. I. 1,08.. Vital gefärbte
Erythrozyten 78%/og. Die Milz knapp unter dem Rippenbogen zu tasten.
Am 3. Mai wurde die Patientin bei ausgezeichhetem Allgemeinbefinden
nach Hause entlassen. Sie hat sich seither wiederholt vorgestellt,
sieht blühend aus und ist vollkommen beschwerdefrei.
Die Beobachtungsdauer ist in diesem Falle natürlich eine viel
zu kurze, um die Frage, ob es sich hier um eine Dauerheilung einer
durch die Gestationsvorgänge hervorgerufenen perniziösen Anämie
oder nur um eine Remission bei kryptogenetischer Biermerscher
Anämie handle, in dem einen oder anderen Sinne beantworten zu
können. Die Entscheidung dieser Frage wird nur durch eine genaue
langjährige Beobachtung der Patientin möglich sein. Verschiedene
Momente sprechen aber dafür, in diesem Falle einen kausalgene-
tischen Zusammenhang zwischen perniziöser Anämie und Gestation
anzunehmen. Der Fall illustriert übrigens in überzeugender Weise
den Wert der morphologischen Blutuntersuchung in diagnostisch
unklaren Fällen von Febris post partum. |
Ich verfüge nun noch über 2 weitere Fälle, deren Deutung
gewisse Schwierigkeiten bereitet. Beiden Fällen äber ist ein typisch
perniziös-anämisches Blutbild gemeinsam, weshalb ich glaube, sie doch
als hierhergehörend an dieser Stelle mitteilen zu sollen.
V. Am 20. September 1920 Spontangeburt. Normaler Wochen-
bettverlauf. 14 Tage nach der Geburt stellten sich große Schwäche,
Appetitlosigkeit und eine auffallende Blässe ein, die so hochgradig
war, daß sie den Angehörigen auffiel. Die 20 jährige Patientin wurde
am 15. November 1920 an der II. medizinischen Universitätsklinik
aufgenommen. Der Krankengeschichte dieser Klinik, die mir vom
Vorstande derselben, Herrn Prof. R. Jaksch-Wartenhorst, in ent-
egenkommender Weise zur Verfü
gung gestellt wurde, entnehme ich:
amilienanamnese o. B. Patientin hat
im Alter von 3 Jahren Typhus
durchgemacht, später litt sie an einer Erkrankung der Halslymphdrüsen.
Im 17, Lebensjahre bekam sie ausgedehnte Geschwüre am rechten
Unterschenkel, die erst nach 2 Jahren zur Ausheilung kamen, Die
Menstruation begann im 14. Lebensjahre, war zunächst einige Monate
regelmäßig, dann aber trat Amenorrhoe ein, die bis zum 19. Lebens-
jahre anbielt. Venerische Infektion wird negiert. Die eben durch-
gemachte Schwangerschaft war die erste.
Status praesens: Kleine Patientin von mittlerem Ernährungs-
zustand, starke Anämie der Haut und sichtbaren Schleimhäute mit
einem Stich ins Gelbliche. Pupillen reagieren normal auf Licht und
Akkommodation. Zwei alte 1 cm lange Narben unter dem Kinn.
Hals- und Rachenorgane o. B., ebenso die Lungen. An der Mitralis ein
leises systolisches Geräusch, das als anämisches gedeutet wird. Puls
rhythmisch, äqual, leicht unterdrückbar, 120. Leber nicht vergrößert,
Milz perkutorisch deutlich vergrößert, bei Rechtslage unter dem Rippen-
bogen tastbar. Inguinaldrüsen beiderseits deutlich vergrößert. An den
unteren Extremitäten Ödem, reichlich alte pigmentierte Narben, am
rechten Unterschenkel zwei offene Geschwüre. Reflexe normal. Die
Untersuchung des Magensaftes ergab: Freie Salzsäure 5, Gresamtazi-
dität 32%, Okulistischer Befund: Außerlich normal, o
a
Sehr blasse Gefäße, Venen stark erweitert, vereinze
t Blutungen längs
der größeren Gefäße und der Nervenfaserschicht. Wa. R. negativ. Blut-
befund: 490000 Erythrozyten, 25%, Hämoglobin, F. I. 2,2, 5600 weiße
Blutkörperchen. 40%. Lymphozyten, 2°%/, große mononukleäre Leuko-
zyten, 2%, Übergangsformen, 4°/, Myelozyten, 51°/, polynukleäre neutro-
phile Leukozyten, 1%/, Eosinophile. Starke Anisozytose, Poikilozytose,
Anisochromasie, sehr starke polychromatophile Degeneration. Auf
100 weiße mn kommen 3 Megaloblasten. Im Blutserum
fiel die Probe nach Hymans v.d. Bergh (indirekte Methode) positiv aus.
Es konnte also kein Zweifel darüber bestehen, daß es sich um
einen Fall von perniziöser Anämie handelt, die in ursächlichem Zu-
sammenhang mit der eben durchgemachten Schwangerschaft zu stehen
schien. Die Patientin war damals recht elend, erholte sich aber zu-
sehends. Auch der Blutbefund besserte sich bedeutend. Am 18. De-
zember betrug die Zahl der roten Blutkörperchen 3004000, Hämoglobin
(Sahli) korr. 8,82 g, Färbeindex 0,9; dabei bestand noch starke
Anisozytose, Poikilozytose, Anisochromasie, reichlich Myelozyten, auf
100 weiße Blutzellen kam 1 Normoblast. Am 20. Dezember konnte
die Patientin bei gutem Allgemeinbefinden nach Hause entlassen
n T nicht nachweisbar. Ophtha
“fund.
bis kirschkerngroßer Lymphknoten des unteren
24. August
werden. Mehr als zwei Jahre war die Patientin beschwerdefrei. Im
Sommer 1921 wurde zu Hause eine Schwangerschaft im 2. Lunarmonat
unterbrochen, ohne daß der Gesundheitszustand der Schwangeren hier-
zu Veranlassung gegeben hätte. Am 29. Januar 1923 erfolgte wegen:
ee Schwäche die neuerliche Aufnahme an die. II. medizinische
inik. Haut und Schleimhäute etwas blaß. Milz perkutorisch deut-
lich ver
ößert, nach vorne bis zur vorderen Axillarlinie, nach unten
en Rippenbogen reichend. Palpatorisch: Derber harter Milz-
tumor, etwas über den Rippenbogen hervorragend, deutlich tastbar,
osk.: Normaler Be-
Im Magensaft: freie Salzsäure 25, Gesamtazidität 42. Blut-
befund: 3700000 Erythrozyten, 68°), Hämoglobin (Sahli) = 9,5 g korr.,
Färbeindex 0,8. 14%, Lymphozyten, 4°, : Übergangsformen, 19%,
Myelozyten, 2% Eosinophile, 790), polyn. neutroph. Leukozyten:
bis an
Anisozytose, Poikilozytose, Anisochromasie, auf 100 weiße Blutzellen
2 Normoblasten. Mit Rücksicht auf diesen Befund konnte ein Rezidiy
der seinerzeit durchgemachten Perniziosa ausgeschlossen werden. Die
Patientin befand sich im 2. Lunarmonat einer neuerlichen Gravidität.
Es wurde daher das von der internen Klinik gestellte Verlangen nach
Unterbrechung der Schwangerschaft abgelehnt. Während dieses zweiten
klinischen Aufenthaltes trat nun in der linken Inguinalgegend ein etwä
faustgroßer, harter, gegen die Umgebung gut abgrenzbarer, jedoch
wenig Ferschiehlicher Fanor auf. Er de: als male Maar ån-
Ben, dessen Ausgangspunkt. allerdings unklar blieb. Die
atientin wurde nun einer Röntgentiefenbestrahlung unterzogen. Am
1. April kam es zum spontanen Abortus. Unter Höhensonnebehand-
lung und Arsendarreichung besserte sich der Zustand rasch, und am
18. April 1923 konnte die Patientin mit ‚normalem Blutbefund nach
Hause entlassen werden. Sie fühlte sich seither recht wohl und wäre
wohl gar nicht wieder an die Klinik
RE wenn sie nicht hierzu
aufgefordert worden wäre. Am 12.
deutschen Universitäts-Frauenklinik aufgenommen. Die Anamnese er-
gab allerdings, daß sie sich in der letzten Zeit wieder recht schwach.
fühle. Die Temperaturen waren erhöht, stiegen oft bis 38,5% Haut
und Schleimhäute blaß. Vulvaödem. An der Taken seitlichen Becken-
wand ein derber Tumor, der derselben breit aufsitzt und sich entlang
der Beckenschaufel nach vorne 'zu ausbreitet. Er ist von außen als
dreifingerbreite, oberhalb des Poupartschen Bandes und parallel zu
Semacihen verlaufende Resistenz nachweisbar, die sich bis. zur Spina
jliaca ant. sup. verfolgen läßt. Rechts an der symmetrischen. Stelle
ein ebensolcher, etwas kleinerer Tumor.
In beiden Leistenbeugen
oße, harte, verschiebliche Lymphdrüsenpakete. Blutbefund: 2780000.
oe, Hämoglobin (Sah i)
7730 weiße Blutkörperchen. Vital gefärbte Erythrozyten leicht ver-
mehrt, Erythrozyten etwas blaß, starke Anisozytose, mäßige Poikilozytose ;
56,30%), Segmentkernige, 27°/, Stabkernige, 1,8°%/, Eosinophile, Mastzellen
vorhanden, 9,3%, Lymphozyten, 5,6%, Monozyten, 0,3%/, Normoblasten.
Thrombozyten reichlich, Sedimentierung -—-++, Retraktion +++,
Serum klar, farblos. i l
Es konnte sich somit auch diesmal nicht um perniziöse Anämie
handeln. Zur ee der Diagnose wurde eine der Be
Lymphdrüsen exstirpiert. Herr Prof. Ghon, der die Freundlichkeit
hatte, die Präparate zu begutachten, stellte die Diagnose Lympho-
granulomatose. Die Patientin wurde der II. medizinischen Universitäts-
klinik überwiesen, an welcher sie am 11. Juni ad exitum kam.
PIE
ebruar 1924 wurde sie an der
60/2 korr. 43, Färbeindex 0,68,
ektionsbefund (Prof. Ghon): Lymphogranulomatose mit
fibröser Lymphadenitis und Perilymphadenitis der bis nußgroßen inneren
inguinalen Lymphknoten beiderseits,
der iliakalen Lymphknoten beider-
seits und (der paraaortalen Lymphknoten entlang der
anzen Bauch-
aorta, sowie der bis haselnußgroßen retromediastinalen Lymphinoten,
der kleindattelgroßen unteren tracheobronchialen Lymphknoten rechts,
der etwa erbsengroßen Lymphknoten des Ligamentum pulmonale rechts
und der bis über bohnengroßen oberen tracheobronchialen Lympb-
knoten rechts sowie einiger kleinbohnengroßer paratrachealer der
rechten Seite; mit fibröser Lymphadenitis und Perilymphadenitis einiger
esosigmoideum un
Periproktium; mit Lymphadenitis ohne fibröse Induration der bis hasel-
nußgroßen äußeren inguinalen Lymphknoten beiderseits; mit fibröser
Lymphadenitis und Perilymphadenitis der bis haselnußgroßen pen-
pankreatischen Lymphknoten, der bis bohnengroßen lienalen und por-
talen Lymphknoten; mit vereinzelten nicht indurierten konglomerierten
bis kleinkirschgroßen metastatischen Herden im oberen
und mit einigen fibrösen Metastasen in Form eines ungefähr haselnub-
oßen Herdes im rechten Leberlappen und. mehreren bis erbsengroßen
erden im linken Leberlappen; disseminierte bis hanfkorngroße, zum
Teil konglomerierte, nicht indurierte metastatische Herde in beiden
Leberlappen; mit vielen bis erbsengroßen Metastasen in der Schleim-
haut der Harnblase; und mit einem stecknadelkoßfgroßen subpleuralen
Herd in der interlobären Fläche des rechten Lungenunterlappens.
Amyloidose der Milz vom Typus der Sagomilz mit starker Vergröße-
rung der Milz. Amyloidnieren. Himbeeriarbenes Knochenmark in den
langen Röhrenknochen und den Wirbelkörpern. Mäßig lipoidreiche
Nebenniere rechts, lipoidarme links: Braune Atrophie des Herzmuskels.
Geringe Residuen von Endokarditis an der Mitralklappe. Partielle
adhäsive Pleuritis in der Mitte des vorderen Randes des recht
en Ober-
lappens. Ein kleinhanfkorngroßer subpleuraler Kalkherd im Interlobör-
rande des linken Oberlappens an der Grenze zwischen kranialem und
Pol der Mi
- + - io E E ZIP ay Te g a
:
nS wt
Ti tec S-
3
24: August:
Atrophie der Ovarien. | \
EARE gestielten Appendix Morgagni der
geschichte gehe aber
das de
r EA Ge NLA A M U SE U u el 7 ze 1 DB Zn BE 1 BE EL ARE
8
Pemiziösen Anäı
0,1924 — MED
‚Hlorei Drittel. Partielle adhäsive Perihepatitis und Perisplenitis.
mittlere Zwei nußgroße en links mit einer
ne i linken A Hoch-
radivar Hydrops ascites und Hydrothorax beiderseits mit Kompressions-
Pase Deider Unterlappen. Hochgradiges
tremitäten. Atrophie des subepikardialen Fettgewebes. Allgemeine
Anämie. Drei Nebenmilzen, die größte haselnußgroß. Patholögisch-
matomische Diagnose: Lymphogranulomatose. >
Die Beurteilung dieses Falles ist nicht leicht. Es gibt zwei
Möglichkeiten: Entweder handelt es sich um einen Fall von
Biermerscher Anämie, wobei das Blutbild durch die hinzugekommene
neue Erkrankung (Lymphogranulomatose) in ähnlicher Weise ver-
ändert wurde, wie es Weinberg für die Kombination von perniziöser
Anämie und Karzinom beschrieben hat, oder aber handelt es sich
u einen Fall von perniziöser Anämie, die mit der durchgemachten
Schwangerschaft in ätiologischem Zusammenhang
. "stand, daß nach mehr als dreijähriger Beobachtung ein. Rezidiv von
= witen der perniziösen Anämie nicht auftrat, scheint mir doch eher
fir die zweite Möglichkeit zu sprechen. Man müßte dann mit Bezug
-aufdie perniziöse Anämie eineDauerheilungannehmen und dievormehr
als einem Jahre aufgetretene Veränderung des Blutbildes als Folge
der in diesem Zeitpunkt erworbenen Lymphogranulomatose ansehen.
-VI. Auf diesen Fall verweise ich nur, ganz kurz, da er bereits
von Kalser aus der medizinischen Klinik R. Jaksch-Wartenhorst aus-
führlieh publiziert wurde. Es handelte sich um eine 31jährige Frau,
bei welcher im 7. Lunarmonat ihrer 3. Gravidität eine schwere Anämie
"auftrat,. die sämtliche Charaktere einer perniziösen aufwies. Daneben
bestand seit mehreren Jahren eine Mitralinsuffizienz und eiw Milztumor,
der als Stauungsmilz angeschen wurde. Der Zustand der Patientin
-parein sehr schlechter, weshalb die bestehende Schwangerschaft, die
mittlerweile bis zum 8. Lunarmonat gediehen war, am 23. Februar 1919
an- der deutschen geburtshilflichen Universitätsklinik unterbrochen
wurde (Metreuryse, Herabholen eines Fußes, Extraktion und Perforation .
des nachfolgenden Kopfes). i | |
Die unmittelbar vorher an der geburtshilflichen Klinik vor-
genommene Blutuntersuchung ergab: 1292000 Erythrozyten, Hämo-
-globin (Sahli) 17, korr. 24,7, F.I. 0,84, 6620 weiße Blutkörperchen.
8 polymorphkernige neutrophile Leukozyten, 19,70%, Lymphozyten,
10% ‘osinophile, 0,7”/, Mastzellen, 1,70/, Monozyten, 0,3%/, Megalo-
vital gefärbte Erythrozyten, schr viel Mikrozyten, weniger Makrozyten.
Peikilozytose, sehr gute Färbbarkeit. Erythroblasten in Mitose. Reich-
lich polychromatophile Erythrozyten, Thrombozyten vermindert.
- Nach Einleitung der Frühgeburt trat bald eine auffallende
Besserung im Blutbild ein. Da jedoch der Zustand der Kranken noch
Immer ‚kein befriedigender war, wurde 10 Wochen später an der
chirurgischen Universitätsklinik die Milz exstirpiert. Bald hernach
tat eine wesentliche Besserung ein, so daß die Patientin 2 Monate
nen mit einem fast normalen Blutbefund entlassen werden konnte.
i
e hat sich in den 5 Jahren, die seither verflossen sind, wiederholt
„vorgestellt und ist dauernd vollkommen beschwerdefrei. / Br
Kalser nimmt an, daß sich auf Basis einer Erkrankung des |
en venösen Ostiums eine immer mehr zunehmende Stauungsmilz
twickelte, die das Blutbild — wenigstens vorübergehend — im
mne einer perniziösen Anämie beeinflußt hat. Aus der Kranken-
deutlich hervor, daß diese Veränderung im
Batbild zum Teil der bestehenden Schwangerschaft zuzuschreiben
si, da das Blutbild der früher vorhandenen sekundären Anämie in
S der perniziösen übergegangen ist und reihe sich dieser Fall in
übereinstimmender Weise den von Naegeli erwähnten Fällen an,
in denen er im Verlaufe der Gravidität' Biermersche Anämien be-
Obachtet hat. Ich kann mich dieser Auffassung Kalsers nur an-
schließen und glaube, daß das perniziös-anämische Blutbild in diesem
Falle in erster Reihe durch die bestehende Schwangerschaft hervor-
gerufen wurde.
er Die mehrere Jahre vorher schon vorhandene
lunssmilz mag dabei eine unterstützende Rolle im Sinne Kalsers
gespielt haben.
~ Das Wesen der perniziösen Anämie besteht nach Naegeli
ann, daß das Knochenmark durch hämolytisch wirkende Toxine auf
1: Sehwerste zeschädigt wird, so daß es in großem Umfange. zum
; ergang von roten Blutkörperchen und zu einer Umstimmung der
generation roter und weißer Blutzellen kommt, wie. sie eine weit-
A enda Analogie im embryonalen Leben findet. :
se gut fundierte und heute. fast allgemein anerkannte Theorie
"egelis auf. das Gebiet der im Verlaufe der Gestation auftretenden.
nie anwenden, so werden wir zu der Auffassung
‚ Solche Krankheitsfälle unter einem einheitlichen Gesichts-
als zur Gruppe der Gestationstoxikosen gehörend : zu be-
Auffassung, die auch von anderer Seite (Jung-
‚treten wird, Wir müssen dann folgerichtig annehmen;
gedrängt
punkte
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IZINISCHE KLINIK — Nr. 34. `
dem der unteren Ex-
stand. Der Um-
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ayten, 0,3%, Myelozyten; Retraktion +++, Serum gelb. Reichlich
Wenn wir nun
daß es vom Ei gebildete Toxine sind, di
gelangen, im Knochenmark verankert werden und dort nun ihre
deletäre hämolytische Wirkung entfalten. .Diese hämolytisch wir-
kenden Toxine finden normalerweise im Blute der Schwangeren
einen mächtigen Gegner vor: das Chölesterin. Bezüglich seines
Vorkommens im Blüte Schwangerer und seiner: biologischen Be-
deutung kann ich auf meine .in einer früheren Arbeit gegebene
ausführliche Darstellung verweisen. _ An dieser Stelle will ich nur
das zum unmittelbaren Verständnis Notwendige kurz zusammenfassen.
Nach den Ergebnissen der Untersuchungen von Autenrieth
und Funk enthält das normale ‘Menschenblut in 100 cem 140 bis
160 mg = 0,14—0,16 °%/,, das Blut Gravider in den letzten Monaten
der Schwangerschaft 0,21—0,80 %/, — nach eigenen Untersuchungen
0,20—0,88 %/, — Gesamtcholesterin (freies Cholesterin ~+- Cholesterin-
ester). Ursache und Bedeutung der Schwangerschaftshypercholester-
ämie sind bisher unaufgeklärt geblieben, was um 'so verständlicher
ist, als ja unsere Kenntnisse über die Herkunft des Cholesterins und
die Rolle,: die es im Haushalt des Organismus spielt,- höchst mangel-
haft sind. Durch experimentelle Untersuchungen gelang aber doch
der Nachweis einer sehr. bedeutsamen biologischen Wirkung des
Cholesterin. Ransom konnte zeigen, daß das Cholesterin, den
Serumbestandteil darstelle, der der Hämolyse durch Saponin ent-
gegenwirkt, Nach H. Pfibram steigert auch das verfütterte und
resorbierte Cholesterin die hemmende Kraft des Serums gegenüber
der Serumhämolyse,. Ebenso hängt nach K. Meyer die Empfind-
lichkeit der Erythrozyten gegenüber der. Saponinhämolyse von
ihrem Gehalt an Cholesterin ab. Seit den Untersuchungen von
Abderhalden und Le Count und: von Hausmann wissen wir,
daß die biologischen Wirkungen ausschließlich dem freien, : nicht
‘dem gebundenen Cholesterin zukommen. Přibram hat nun, aus-
gehend von diesen experimentellen und. gewissen klinischen
Erfahrungen, die Theorie aufgestellt, daß das vermehrte Cholesterin,
das die Fähigkeit besitzt, ‘die Erythrozyten vor ‚verschiedenen
Schädlichkeiten, so -insbesondere vor der Einwirkung gewisser.
Hämolytika, zu schützen, auch die Vorgänge der physiologischen
Erythrolyse zu. hemmen vermag. Diese Annahme habe ich einer
klinisch-experimentellen Studie über die Bedeutung der Schwanger-
'schaftspolyzythämie als Arbeitshypothese zu Grunde gelegt. Ich
konnte tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Cholesterin-
spiegel des Blutes und der Zahl der roten Blutkörperchen in der
Schwangerschaft im Sinne’ eines weitgehenden Parallelismus beider
nachweisen. und gelangte so zur Auffassung, daß die Polyzyihämie
der Schwangeren mindestens zum größten Teil Folge sei einer
durch das vermehrte Cholesterin bewirkten-Hemmung der Vorgänge
des physiologischen Erythrozytenzerfalles.. In die Zeit dieser
Untersuchungen fiel nun unser Fall I. von perniziöser'Anämie., Die
Autoren stimmen in ihren Angaben über den Cholesteringehalt des
Blutes bei perniziöser Anämie keineswegs überein. Beumer und.
Bürger und Port. fanden verminderte, Pribram normale, King
erhöhte Werte. Angaben über den Cholesteringehalt des Blutes
bei Fällen von im Verlaufe der Gestation auftretender perniziöser
Anämie lagen bisher überhaupt noch nicht vor. Die Lipoide des
Blutes spielen schon seit längerer Zeit in der pathogenetischen
Betrachtungsweise der perniziösen Anämie eine Rolle. Seit den
_ Untersuchungen von Faust und Tallgvist, die aus den Leibern
von Botriozephalen eine hämolytische Substanz gewonnen und mit
'Ölsäurecholesterinester identifiziert hatten, ist die Ölsäure als
Ursache vieler Anämien, namentlich auch der perniziösen, ange-
schuldigt worden.. :Diese Theorie wird. aber heute von Naegeli
und anderen Autoren nicht anerkannt. Auch von Seyderhelm
wird sie auf Grund experimenteller Erfahrungen’ abgelehnt. Esch
hat nun für die Fälle der von ihm so. benannten „perniziosaartigen
Graviditätsanämien“ der Lipoidämie eine entscheidende ätiologische
Rolle. zugeschrieben, ‘allerdings ohne eine Anreicherung des Blutes
mit Lipoiden in ‚diesen Fällen auch tatsächlich nachgewiesen zu
haben. Wenn unsere obige Auffassung von der biologischen
Bedeutung des Cholesterins zu Recht besteht, dann müßte ganz im
Gegenteil bei der perniziösen Anämie eine Lipoidarmut des Blutes
erwartet werden. Aus diesen Gründen schien mir:die Bestimmun
des Cholesteringehaltes in unserem Falle von ‚großer Bedeutung zu
sein. Ich habe die Untersuchung unmittelbar vor. der Geburt vor-
genommen. Bezüglich der Methodik verweise 'ich auf meine frühere
Publikation. Bei einer Erythrozytenzahl von 1 200 000 fand ich. den.
enorm niedrigen Wert von 0,11%/,-Gesamtcholesterin im
Serum. Wenn man bedenkt, daß es sich doch um eine Hoch-
gravide handelt, so ist das gewiß ein höchst ungewöhnlicher und
bemerkenswerter Befund, Ich verweise ferner auf den: Fall IV.
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in den Sektionsbefunden der Fälle II und II
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34.
| | 2 24. August
Hier wurde bei einer Wöchnerin bereits am 21. Tage nach der
Geburt ein Gehalt des Serums an Cholesterin unterhalb 0,2%,
festgestellt. Die Untersuchung konnte leider aus äußeren Gründen
nicht früher vorgenommen werden. Nach den Angaben der Lite-
ratur (Chauffard, Schlimpert, Hufimann) wird nun der
normale Cholesteringehalt des Serums erst zwischen dem 28. :und
70. Tage nach der Geburt wieder erreicht. ‘Ich selbst fand in
einem Falle noch am 38, Tage post partum eine sehr beträcht-
liche Hypercholesterämie. Es muß daher auch dieser Befund als
ein ungewöhnlicher. bezeichnet werden. Es wurde demnach in bei-
den. daraufhin untersuchten Fällen von. perniziöser Anämie, die im
Verlaufe der Gestation auftrat, eine auffallende Hypocholesterämie
im Serum festgestellt. (In. den anderen 4 Fällen war leider die
Cholesterinbestimmung nicht vorgenommen worden, da 3 von ihnen
(U, V, VI) zu einer Zeit zur Beobachtung gekommen waren, wo wir
die Bedeutung des Cholesterins für den Erythrozytenschutz noch
nicht erkannt hatten (1919, 1920), während der 4. Fall (II) mehr
als- einen Monat nach der Geburt erst in klinische Beobachtung kam,
und zwar nicht an unserer Klinik). |
Mit dieser Feststellung fällt aber die von Esch
Theorie vón -der pathogenetischen Bedeutung der Lipoidämie. Es
widerstrebt mir, aus diesen zwei Beobachtungen weittragende Schluß-
folgerungen zu ziehen. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht
erwehren, daß dieser auffallende Befund kein zufälliger ist. Ist
diese Voraussetzung aber richtig, dann müßte dem Mangel
an Cholesterin, dem Ausbleiben der physiologischen
Schwangerschaftshypercholesterämie eine Bedeutung in
der Pathogenese der während der Gestation auftretenden
perniziösen Anämie eingeräumt werden. Sie würde darin
daß die das Krankheitsbild hervorrufenden,
dem Ei entstammenden, hämolytisch wirkenden Toxine
ungehemmt ihre Wirkung entfalten können, wenn das
Cholesterin, das berufen ist, die Erythrozyten vor. dem
‚toxischen Zerfall zu schützen, dem Organismus in un-
genügender Menge- zur Verfügung steht. Es kann infolge-
dessen in. großem Umfange zum Untergang normaler
Erythrozyten kommen, die das unter dem fortdauernden
Einfluß der Noxe stehende Knochenmark trotz aller An-
strengungen nicht zu ersetzen vermag.
4
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Vielleicht ist diese Auffassung auch eine Erklärung für die
Tatsache, daß es bei Botriozephaluswirten, Luetischen und Graviden
nur:.so selten zum Ausbruch der Krankheit kommt. Warum aber
in den während der Gestation auftretenden Fällen von perniziöser
Anämie die physiologische Schwangerschaftshypercholesterämie aus-
bleibt, vermögen wir solange nicht zu erklären, als wir die Ursache
der letzteren nicht kennen. Wenn wir mit Albrecht und Welt-
mann einen Zusammenhang zwischen ihr und der in der Schwanger-
schaft auftretenden Hypertrophie der .Nebennierenrinde annehmen,
dann müßte die letztere in diesen Fällen fehlen. Tatsächlich ist
sowie in dem von
Heim mitgeteilten Falle von einer auffallenden Lipoidarmut der
Nebennierenrinde die Rede.
höchst auffallender Befund. . Auch Landau spricht von einer Lipoid-
armut der Nebennierenrinde bei permiziöser Anämie. Wenn nun
die Annahme von Albrecht und Weltmann richtig wäre, daß die
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
aufgestellte
Das ist doch bei einer Wöchnerin ein’
Cholesterinester des Blutes aus der Nebennierenrinde stammen und
daß ihre Vermehrung im Blute ein Ausdruck der Hyperfunktion,
ihre Verminderung der Ausdruck einer Funktionsschwäche oder
Lähmung der Nebennierenrinde ist, dann wäre es ungemein ver-
lockend, in der Hypofunktion derNebennierenrinde die pathogenetische
Grundlage der während der Gestation auftretenden perniziösen
Anämie zu erblicken. Im Widerspruch stünde allerdings diese Auf-
fassung mit der Anschauung Landaus und Jaffes. Landau
schreibt auf Grund von experimentellen Untersuchungen der Wechsel- -
beziehungen, die zwischen dem Lipoidgehalt dei Nebennierenrinde
und des Blutes bestehen, dem letzteren die primäre Rolle zu, Jaffé
sieht in der Tatsache, daß er in 2 Tierversuchen nach Cholesterin-
fütterung Cholesterinester in der Nebennierenrinde nachweisen konnte,
‚während man normalerweise in der Nebennierenrinde dieser Tiere
(Rind und Kaninchen) nur Phosphatide und Cerebroside vorfindet,
den Beweis für seine Annahme, daß die Lipoide in der Neben-
nierenrinde des Menschen nicht Sekretions-, sondern Speicherungs-
produkte sind.
Was die Natur der bei der perniziösen Anämie wirksamen
Noxe betrifft, so nimmt Türk an, daß sie'in hämolytisch wirkenden
Lipoiden zu suchen sei. Freund und Mohr -haben bei der
Eklampsie in der Plazenta eine beträchtliche Menge von Lipoid-
substanz nachgewiesen, die alkohollöslich ist und hämolytisch wirkt,
während in der normalen Plazenta zwar auch Lipoide, aber ohne
hämolytische Wirksamkeit gefunden werden. Ausgehend von dieser
Tatsache nimmt nun Türk an, daß die hämolytisch wirksamen
Lipoide bei den in der Gestation auftretenden Fällen von per-
niziöser Anämie von der Plazenta geliefert werden. Diese An-
schauung würde der Auffassung der Krankheit als Gestationstoxi-
kose Rechnung tragen. Untersuchungen künftiger Fälle in dieser
Richtung muß es allerdings vorbehalten bleiben, diese Theorie auch
experimentell zu stützen. Wenn wir also auch heute noch weit
davon entfernt sind, klaren Einblick in die Pathogenese der wäh-
rend der Gestation auftretenden und durch sie bedingten perniziösen
Anämie zu gewinnen — was ja schließlich auch für alle anderen
Gestationstoxikosen gilt —, so glaube ich doch, durch den Hinweis
auf die Beziehungen, die zweifellos zwischen dieser Krankheit und
dem Lipoidgehalt des Blutes und der Nebennierenrinde bestehen,
einen Beitrag zur Lösung dieses Problems geliefert zu haben.
Literatur: Abderhalden und Le Count, Zschr. £ exp: Path. u. Thor.
1906, 2, 199.— Albrecht und Weltmann, W. kl, W. 1911, S.483.— Autenrieth
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S. 119. — Benda, Arch. f Gyn. 1923, 116, S. 506, Lit. — Beumer und Bürger,
Zschr. f. exp. Path. 1913, 13, 343. — Beyer-Gurowitsch, Inaug. Diss. Zürich 1912.
— Esch, Zschr. f. Geb. u. Gyn. 1917, 79, 8.1; Arch. f. Gyn. 1922, 117, S. 147 (Lues). —
Faust und Tallqvist, Arch. £. exp. Patb. u. Pharm. 1907, 57, 367. — Freund und
Mohr, B. kl. W. 1908, S. 1798.— Gusserow, Arch. f. Gyn. 1871, 2, S. 218. — Haus-
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— Jaffó, Hbenda 1924, S.1122. — Jungmann, M. m. W. 1914, S. 414. — Kalser,
B. kl. W. 1920, S. 692. — Lahm, Arch. f. Gyn. 1920, 112, S. 3857. — Lan dau, Die Neben-
nierenrinde. Gustav Fischer, Jena, 1915. — Meyer, K., Beitr. z. chem. Phys. u. Path.
1908, 11, 357. — Naegeli, Blutkrankheiten und Blutdiagnose, 8. Aufl, Berlin
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1908, Nr. 83, S. 719; 1912, Nr. 17 u. 87; Med. Klin. 1914, Nr. 28, Li. — Ransom, D.m.W.
1901, S.194.— Rumpf, Ebenda, 1923, S. 488. — Sachs. „Die Indikationen zur künst-
lichen Unterbrechung der Schwangerschaft" von G. Winter. Urban u. Schwarzen-
berg, Berlin u. Wien. 1918. — Seyderhelm, Brgebn, d. inn, Med. u. Kindhik. 1922,
21, 361.-- Türk, Vorlesungen über klinische Hämatologie. 2. T., 2. Hlft. Wilhelm
Braumüller, Wien u. Leipzig, 1912. — Wagner, G.A., Med. Klin. 1923, S.18. —
Weinberg, Zschr. f. klin. Med. 1918, 85, S. 892, l ,
(Vorstand: Prof. Dr. A. Ghon).
Blatternimpfung und Enzephalitis.*)
Vorläufige Mitteilung.
Von Prof. Dr. Franz Lucksch.
Die Untersuchungen nahmen ihren Ausgang von 3 Fällen,
. bei denen genau 10 Tage nach der Blatternschutzimpfung bei 4 bis
6jährigen Kindern Erscheinungen, die an Encephalitis epidemica er-
innerten, aufgetreten waren und zum Tode geführt hatten. Bei der
Sektion war eine andere Todesursache nicht zu finden und die
bistologische Untersuchung ergab die typischen Veränderungen der
Encephalitis epidemica im akuten Stadium. Dementsprechend wurde
das Gutachten dahin gestellt, daß es. sich augenscheinlich um
*) Vortrag, gehalten im Verein deutscher Ärzte in Prag am
27. Juni 1924. | |
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g | 3 Fälle von E. e. handle, die in ätiologischer "Beziehung nichts
mit der Blatternschutzimpfung zu tun hatten.
Die Lymphe, die in dem einen Falle verwendet worden war,
kam zur Untersuchung und erwies sich im gewöhnlichen Sinne
steril. Die mit derselben vorgenommenen Impfversuche ergaben
beim Kaninchen eine typische Keratitis, die Hautreaktion fiel nicht
deutlich aus. In weiterer Folge wurden korneale Impfungen an
Kaninchen mit neu beschaffter staatlicher Blatternlymphe angestellt,
wobei sich zeigte, daß etwa 30 % der jung ausgewählten Tiere
ohne besondere klinische Erscheinungen meist am 10. Tage ein-
gingen. Der Sektionsbefund war ein negativer, bis auf eine mäßige
Rötung des Gehirnes, die aber gelegentlich. auch fehlen konnte.
Auf die histologische Untersuchung wird später eingegangen werden.
Inzwischen wurde ich von der Arbeit von Levaditi und
Nicolau über Neurovakzine in Kenntnis gesetzt. Ich hatte die
Möglichkeit, eine Enzephalitis bei subduraler Injektion mit Blattern-
impfstoff zu erzeugen, als selbstverständlich vorausgesetzt. Mir war
es vielmehr auf die Erzeugung einer Enzephalitis von einem ent-
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" fernkire Orte her angekommen. Die nunmehr angestellten Ver-
- suche ergaben, daß es auch bei subduraler Injektion mit einer
- :100fachen Verdünnung der Lymphe gelang, Enzephalitis - herbei-
lieh je nach dem Grade der Verdünnung am 4. oder am 5..bis
`- G. Tage: Das Gehirn war dabei meist deutlicher gerötet oder
` ödematös, oder beides. Diese Enzephalitis . ließ sich in Passagen
`- fortführen, es konnte von Gehirn auf die Kornea und wieder zurück
auf das Gehirn mit Erfolg geimpft werden. Be
-Es wurde nunmehr, um mich zu überzeugen, ob das Verhalten
bei Verwendung von Blatternimpfstoff anderer Provenienz dasselbe
sei, Wiener Implstoff verwendet. Der Erfolg mit der Wiener Lymphe
-. war derselbe. Damit war gezeigt worden, daß im Gegensatz zu Le-
Schm orl bezüglich dieser Färbemethode, daß sie sehr. launenhaft
sei. Bei Mallory- bzw. Lentzfärbung waren die größeren Herpes-
r I elan | körper blasser, aber in derselben Farbe. dargestellt; doch zeigten
zuführen. Der Tod trat bei dieser Applikationsart früher ein, näm-
sie dort, wo sie kleiner und kompakter waren, auch dieselbe In-
tensität der Gelb- bzw. Rotfärbung wie die Guarneri- oder Initial-
körper: ‘Was schließlich, die Giemsafärbung anlangt, konnte
verschiedene Färbung iw Rot oder Blau, je nach der Differenzierung
erreicht werden. Ze PR PR E ES ee
| Zweitens konnte festgestellt werden, daß einerseits bei der
Vakzineveränderung den Guarnerikörpern: identische Gebilde
auch innerhalb des Kernes auftreten und andererseits. wieder
bei der Herpeskeratitis Körperchen vorkommen, die in Bezug
-auf ihre Lage außerhalb des Kernes, ihre Gestalt,. Größe: und ihr
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vaditiund Nicolau die direkte subdurale Vakzineimpfung zu Enze- | färberisches Verhalten den Vakzineeinschlüssen. gleich, sind. a N
phalifis führe, dasselbe galt für die korneale Impfung. . . | Ersterer Vorgang ist im Handbuch von v. Prowazek im Kapitel PN Mi
"Nach Fertigstellung dieses Teiles der Untersuchungen’ erfuhr: | Vakzine angeführt; daß er auch bei der Variola vorkommt, zeigt in ui oo
ich, daß auch Blanc und Caminopetros dieselben Resultate ge- | besonders schöner Weise die Abbildung eines Schnittes von der ii EAN
habt hatten. u Be Leber eines an Blattern verstorbenen Negers ‘in dem Buche von Hei: il
| - Die histologische Untersuchung der Kaninchengehirne ergab | O. Neumann und M. Mayer, Tierische Parasiten, Tafel 32, Abb. 2. ot:
> ider Todesfällen nach kornealer Impfung neben’ negativen Re- | Einschlüsse im Kern fand Lipschütz auch bei der Paravakzine. N
- aillatan-auch mäßige Hyperämie und spärliche perivaskuläre Rund- | Das zweite Vorkommnis, Körperchen außerhalb des Kernes bei Be
‘ leninfiltrate; in den Fällen, in denen der Tod nach der sub- | Herpes, habe ich, so wie ich sie gesehen und vorgezeigt habe, noch Ba
- duralen Impfung eingetreten war, und zwar stets viel früher, war | nicht beschrieben gefunden. In: welcher Beziehung sie zu den von pips
-mh der histologische Befund ein viel deutlicherer, ganz dem von | Löwenstein angegebenen stehen, läßt sich. vorderhand wegen der PEG
' Zdansky bei den Herpes-Enzephalitisfällen entsprechend. Eine | Verschiedenheit der angewandten Methoden (Abstrich und Schnitt) AN
Diferenzierung dieser zwei Enzephalitisformen, der. durch Vakzine
einerseits und der durch das Herpes-Enzephalitisvirus andererseits
hervorgerufenen, war darnach im histologischen Bilde nicht möglich,
‚daesmir bisher nicht gelungen war, in meinen Fällen von Herpes-
- Emephalitis die bekannten Herpeskörperchen nachzuweisen, was,
vie Lauda selbst angibt, sehr selten gelingt. Ich war aber auch
bis jetzt nicht imstande, bei Vakzine-Enzephalitis an den Gehirn-
‘zellen Veränderungen etwa im Sinne von Guarneri- oder Initial--
körperehen zu sehen. | a i |
' Aus diesen Befunden ergab sich ohne weiteres die- Frage:
War die in den eingangs erwähnten Fällen 'aufgetretene Enzephalitis
- Wob durch die Blatternschutzimpfung ausgelöst oder stand sie
‚mit derselben in direktem ursächlichem Zusammenhang?
Am einfachsten wäre die Entscheidung gewesen, wenn man
` wn den Leichen seinerzeit hätte direkt auf ein Tier abimpfen
können, sei es nun korneal oder aber subdural. : Ich hatte das
‚: .amals’aus der Überlegung heraus unterlassen, daß das Gehirn,
Deroreszur Untersuchung kam, zwei Tage nach eingetretenem Tode
‚der Leiche gelegen hatte. ' Ferner waren mir aber damals die
| Verhältnisse bei der Vakzineimpfung, die ich erst in meinen Ver-
Suchen bzw. aus der Literatur kennen gelernt hatte, unbekannt.
‚E8.ergab sich danach das Bedürfnis nach Parallelunter-
suchungen. Diese konnten sich beziehen erstens auf Veränderungen,
'- Mie man mit Herpes-Enzephalitisvirus an der Kaninchenkoriiea her-
nicht entscheiden. | | u ER
Es scheint mir, daß es nach diesen Befunden nicht
mehr angeht, einen strengen Unterschied zwischen spezi-
fischen Guarnerikörperchen und unspezifischen Degene-
rationserscheinungen beim Herpes zu machen. Ich neige
vorläufig der Anschauung zu, daß beides Degenerationserscheinungen
seien. Für das verschiedene Verhalten. in dem "einen und. dem
anderen Falle spielt vielleicht die verschieden starke Intensität der
Reizung durch die verschiedenen Virusarten eine Rolle. Auch über
die Natur der „Einschlüsse“. (Basichromatin, Nuklein) möchte ich
mich hier nicht auslassen ` e a
Zu den zwei anderen Vergleichsuntersuchungen der Kaninchen-
. und der menschlichen Gehirne bin ich noch nicht gekommen. : Aber
schon jetzt erscheint es mir’ nach all dem Vorhergesagten nicht
Menschen zu einer Enzephalitis führen könnte. Be ne
ie Untersuchungen wurden mit- Unterstützung . von. seiten
der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und
' unmöglich, sich vorzustellen, daß auch einmal eine Vakzine beim
Literatur in: Böhmen ausgeführt.. ,
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"Aus der Dermatologischen Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses
(Dirigierender Arzt: Prof. Dr. A. Buschke).
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er zweitens auf solche, die nach entsprechender Appli- M . Über therapieresistente Lues. pi
aton der beiden Virusarten am Gehirn vorgefunden werden nn A a re RE Ra ai Be
könnten -und endlich auf das Suchen nach sneäflschen Verände- Von Dr. Erich Langer, Oberarzt der Abteilung. DE r
Tugen in den Gehirnen der in Rede stehenden Fälle vom Menschen. ` Durch eine große Anzahl von Arbeiten der letzten: Jahre, die gr
2E Was die erste Möglichkeit anlangt, ist allgemein bekannt, | sich zum Teil auf ein großes Material stützen, und auf eine lang- qis
Er bei’der Vakzinekeratitis die Guarnerischen, die Initial- und die | jährige Erfahrung aufgebaut sind, zieht sich gewissermaßen als ein ai
“mentarkörperchen nachweisbar sind. Beim Herpes bzw. bei.der | roter Faden die Anschauung, daß im Verlaufe der Lues und ihrer ij"
„perimentellen Encephalitis epidemica sind die sogenannten Herpes- | Manifestationen während des letzten Jahrzehnts eine ‚einschneidende m
~ : ürperchen beschrieben, die einerseits für Degenerationserschei- | Wandlung vor sich gegangen ist. Von den verschiedensten Autoren ie
ugen, andererseits für spezifische „Einschlüsse“ im Sinne der | werden in immer stärkerem Maße Krankheitserscheinungen berichtet, I
un netikörperchen erklärt wurden. Schließlich hat Löwenstein | die früher zu den größten Seltenheiten gehörten; schwere Er- Ip
nerzeit in Abstrichen von Herpeskeratitiden Gebilde beschrieben, | krankungen besonders der Leber und des Nervensystems sind a
bi Ee den Initialkörpern. bei der Vakzine in Parallele gesetzt | wiederholt der Gegenstand ausgiebiger Erörterungen gewesen, und I
ehe Öwenstein hat bei dieser Gelegenheit auf die..große Abn- | schließlich galt ganz besonders .das Interesse der Autoren der thera- Higer
Ael der Herpes- und Vakzinekeratitis aufmerksam gemacht. | peutischen Beeinflussung der Lues; die nach Ansicht vieler in den Ne
ee Meine Untersuchungen beziehen sich ausschließlich. auf Schnitt- | Jetżten Jahren nachgelassen habe, was’ dazu geführt hat, daß .die ht;
re ! a a Forderung aufgestellt wurde, mit immer stärkeren Dosen gegen die led:
m Es. konnte durch Untersuchung dieser kurz gesagt Folgendes | Symptome der Lues mit unseren Antisyphilitieis vorzugehen. Nicht ie
‚tgestellt werden: mug u zum wenigsten ist hieraus auch die große Begeisterung zu erklären, I |
hrga tons ließ sich zwischen den Gebilden, die sich bei ‚Vakzine- 'mit..der das Wismut in die Zahl der vorhandenen antisyphilitischen | hun Er:
| Sch tis einerseits und bei Herpeskeratitis andererseits finden, eine | Mittel aufgenommen wurde und von den Ärzten. verabfolgt' wird. ' | I Ei
i „‚ändige Übereinstimmung in'’bezug auf die Färbung | | In dem ganzen. und recht beträchtlichen Fragenkomplex, der RE
| stellen, ; | ee. allgemein die Syphilidologen zurzeit beschäftigt, stehen ganz. be- IE KERN
| > Bei Hämalaun-Eosinfärbung und bei der Methode von | sonders zwei Fragen im. Brennpunkte` der Diskussion: Einmal die Ap N
ji \. Gieson war sie ganz gleich. Dasselbe war auch der Fall | Nachforschung nàch einer Variabilität der Spirochäte, aan.
| „der Behandlung der Schnitte nach Biondi-Heidenhain;. ob- | d. h. gewisser 'organotroper, vor allem neurötroper IR
S un gegeben ist, daß sich dabei die Guarnerikörper blau färben | Stämme. Die ‚Bedeutung. dieser Frage ist erst kürzlich eingehend Teno 1
E Een, Waren sie ebenso rot wie die Herpeskörper; übrigens sagt | von Nordmann erwogen worden, und es sei hier nur darauf ver- Arie ¿pi N
e ; o - e. er | k i Shean y i
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1172
wiesen. Das andere Problem, das in der jüngsten Zeit auch von
den verschiedensten Seiten aufgerollt ist, beschäftigt sich mit der
Möglichkeit, Salvarsan- bzw. Salvarsan-Hg-resistenter
Spirochätenstämme. Ich ‚möchte die Frage lieber so aufgefaßt
sehen, daß man sich nicht zunächst mit der Resistenz gegen das
einzelne Medikament beschäftigt, sondern versucht, eine Antwort
darauf zu erhalten, ob es eine Resistenz ganz allgemein gegen die
Therapie bei der Lues gibt und, worauf diese beruht und in zweiter
Linie, ob die Resistenz gegen die .verschiedenen Mittel ein und
dieselbe Ursache als auslösendes Moment hat.
Es hatte sich bald in der ersten Nachkriegszeit uns der
Eindruck aufgedrängt, daß in dem Ablauf der Lues eine weit-
gehende Änderung vor sich gegangen sei, worauf seinerzeit Fischer
hingewiesen hatte. Es wurde die Beobachtung gemacht, daß die
Exantheme schwerer als vorher auftraten, in viel größerem Umfange
als bisher zeigte sich in unserem großen Material das Vorkommen
von malignen Luesformen (Buschke, Fischer), es fölgten die
Beobachtungen über das gehäulte Auftreten von Leukodermen und
ihre Ausbreitung über den ganzen Körper, insbesondere aber auch
das häufigere Befallenwerden der Männer mit Leukodermen (Frey-
mann, Buschke und Freymann, Langer), und es konnte über
das gehäufte Auftreten von luetischen Nervenerkrankungen berichtet
werden (Buschke und Sklarz). Somit hatten wir entschieden
den Eindruck von einer ausgiebigen Aggravierung der luetischen
Erscheinungen, zumal noch hinzukommt, daß wir in immer häufigerem
Maße schwere Folgen im Verlaufe der Therapie sahen, so das
gehäufte Auftreten schwerer Salvarsanexantheme (Buschke und
Freymann) und Erkrankungen der Leber vom einfachen Ikterus
bis zur schwersten letal endigenden Leberatrophie mit Aszites und
Hydrothorax (Buschke und Langer). Aber auch aus anderen
Kliniken häufte sich das Material, nachdem anscheinend vielfach
sich Schwierigkeiten in der weiteren Behandlung der Lues zeigten
(Arndt, Zinsser, Silberstein u. a.), so daß man zu dem
Resultate gelangte, es müsse eine Anderung in unserem ihera-
peutischen Programm vorgenommen werden, wolür, wie neben
vielen Autoren auch jüngst Silberstein aus der Soholzschen
Klinik das Wismut herangezogen wissen will, oder aber, wie es
kürzlich auch Hoffmann vorgeschlagen hat, zu einer Erhöhung
der Einzeldosis des Salvarsans geschritien wird. Gerade der
letztere Weg erscheint mir nicht ganz unbedenklich, da wir bei
dieser Methodik schließlich einmal an einen Punkt kommen müssen,
an dem wir mit unseren Dosen wegen der Gefabr der Über-
dosierung nicht höher hinauf gehen können. Jedenfalls hat es
doch den Anschein, als ob wir momentan mit unserer Therapie an
einem Punkte angelangt sind, an dem wir zwar in einem großen
Teil der Fälle, und zwar wohl sogar in den meisten, soweit es
überhaupt möglich ist, zu dem erreichbaren Ziele kommen, in
einem anderen Teil aber der Behandlung fast olinmächtig gegen-
über stehen, da unter unserer Therapie selbst bei Anwendung aller
Hilfsmittel die luetischen Manifestationen sich absolut nicht beein-
flussen lassen wollen, oder kaum, daß sie abgeheilt sind, von
neuem in Erscheinung treten. Und so ist gerade dieses Gebiet
der Therapiefestigkeit, zunächst hauptsächlich unter dem Gesichts-
punkte der Salvarsanresistenz, in immer ausgedehnterem Maße
Gegenstand der Diskussion geworden. Nach den ersten kurzen
Mitteilungen von Rille, Fantl, Lutz, Siemens’ und anderen ist
nunmehr schon eine große Literatur über dieses Gebiet entstanden,
so daß in der letzten Zusammenstellung hierüber Silberstein
bereits 39 Autoren mit einer recht beträchtlichen Anzahl von
Fällen namhaft machen konnte.
Ich möchte nunmehr aus unserm großen Material nur ein
Beispiel in aller Kürze anführen, deren Reihe wir allerdings noch
beliebig erweitern könnten, da kasuistisch über die klinischen Er-
scheinungen ja zahlreiche Mitteilungen vorliegen, die den Stand-
punkt der verschiedenen Autoren demonstrieren. Dabei stehen wir,
wie auch Jeßner, auf dem Standpunkte, daß keineswegs alle jene
Fälle hierher gehören, bei denen noch nach beendeter Kur eine posi-
tive Wa.R. bestehen geblieben ist; denn um auch die Wa.R. mit in
den Kreis der hier abzuhandelnden Betrachtungen hineinziehen zu
können, müßten wir erst ganz genau über ihr Wesen unterrichtet
sein. Daher lehne auch ich diesen Gesichtspunkt für die Unter-
suchung der Resistenz ab, während ihn z.B..Felke, Löwenield
und Silberstein mit in den Kreis ihrer Betrachtung gezogen
haben. Unter der Therapieresistenz möchte ich nur jene
Fälle verstehen, bei denen gleich die ersten Erschei-
nungen der Therapie widerstehen resp. als grave oder
maligne Formen auftreten oder die im Verlaufe oder
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.34.
24. August
sofort nach einer allgemein als vollgültig anzusehenden
Behandlung plötzlich ein Exanthem oder andere klinische
syphilitische Erscheinungen bekommen haben, oder
schließlich solche, bei denen sich Rezidive trotz regel-
mäßiger und mehrfacher Kuren immer von neuem ein-
stellen, so daß gar kein Abschluß der Behandlung ab-
zusehen ist. | |
Diese Einteilung entspricht ungefähr ihrem Inhalte nach auch
derjenigen, die Silberstein für seine Fälle gegeben hat, die er
in „primär resistente“, „primär-sekundär resistente“ und „sekundär
resistente“ eingeteilt hat.
Vorherrschend unter unserm Krankenmaterial sind besonders
jene Fälle, bei denen troiz ausgiebigster Behandlung stets von neuem
schwere luetische Erscheinungen auftreten oder die von Anfang an
ein schweres Krankheitsbild darbieten. Diese Exantheme zeigen
durchweg einen graven oder malignen Charakter.
Pat. K.M., 29 Jahre alt. Infektion: P.A, am Penis Dez.1922. Damals
angeblich 9 Neosalvarsaninjektionen und 5 Wochen Schmierkur. Seit
April 1923 ein Pickel an dem Naseneingang, der nicht abheilte und
dauernd größer wurde, so daß er jetzt über 2 Markstückgröße erreicht
hat. Pat. hat nunmehr im ganzen bis zum Mai 1924 etwa 40 Neosalvarsan-
injektionen, 10 Kalomelspritzen und 10 Wismutinjektionen erhalten, ohne
daß eine Veränderung eintrat. Klinisch und histologisch: irambösiformes
Sn Auch unter der bisherigen Behandlung bei uns (5 Bi, 4 Kalomel
und Jodkali) nur geringe Besserung; zurzeit machen wir mit dem Pat,
eine Zittmannkur. Auch äußerliche Applikation von Hg-Salben und
Pflaster, Röntgenbestrahlung ist ohne Erfolg geblieben.
Ich habe nur dieses eine Beispiel angeführt, obwohl ich be-
liebig ihre Zabl erweitern könnte, da wir ähnlichen Fällen momentan
recht oft begegnen. Hier kommt es mir lediglich auf unsern
theoretischen Standpunkt zu der obigen Frage an, zumal wir die
Absicht haben, uns nicht nur auf die Besprechung der Salvarsan-.
resistenz zu’ beschränken, sondern auch zu betrachten, inwieweit
auch bei Quecksilber und Wismut eine Resistenz in Frage kommt,
und da es sich ergeben wird, daß vielleicht unser Standpunkt in
manchem von den bisher dargelegten abweicht. Und gerade bei
letzterem sind uns, während wir nur mit Wismut behandelten,
ölters Fälle aufgefallen, wie sie ähnlich auch von anderer Seite
(z. B. Gaal) beobachtet sind. Die Patienten kamen zu uns mit
typischen makulösen oder papulösen Exanthemen. Daraufhin wurde
eine reine Wismutbehandlung durchgeführt, unter der auch zunächst
alle Erscheinungen sich zurückbildeten, bis plötzlich nach mehreren
Injektionen, meistens nach der 6. bis 9., von neuem ein spezifisches
Exanthem in Erscheinung trat, das dann in den meisten Fällen
unter einer kombinierten Hg -Salvarsanbehandlung verschwand.
Gaal zieht daraus den Schluß, der mir ganz berechtigt erscheint,
daß man einem Präparat allein nicht trauen könne, und daß man
wenigstens noch ein zweites zur Behandlung mitheranziehen müsse.
Leider ist es ’bei uns in keinem Falle möglich, den betreffenden
Partner zur Beobachtung zu bekommen oder die Patienten nach der
Entlassung noch längere Zeit zu beobachten. Dies liegt aber an
unserm leider sehr unbeständigen Krankenmaterial. Die Patienten
verlassen oft mitten in der Beobachtung das Krankenhaus, und es
ist in den meisten Fällen, zumal es sich zum großen Teil um
obdachlose Patienten handelt, nicht möglich, sie weiter zu beob-
achten und schon gar nicht die Patienten zu Nachuntersuchungen
heranzuziehen, so daß es vielfach ausgeschlossen ist, irgendetwas
über den weiteren Verbleib der Kranken zu erfahren.
Wenn wir nunmehr nach der Ursache der vorliegenden Tat-
sachen suchen, daß wir bezüglich unserer Therapie in eine Periode
hineingekommen sind, in der wir vielfach großen Schwierigkeiten
in der Beseitigung der Krankheitserscheinungen der Lues begegnen,
so genügt es unserer Ansicht nach nicht, wie Fabry, nur zu
sagen, daß eben die Symptome in Form von fibrösen Papeln,
| psoriasiformen und frambösiformen oder malignen Syphiliden infolge
ibrer anatomischen Veränderungen schwerer geworden sind, sondern
wir müssen nach der tieferen Ursache forschen, warum es so ge
worden ist, Mehrere diskutable Punkte stehen uns für die Be
sprechung dieser Frage zur Verfügung. Und zwar muß die Ur-
sache für die Therapiefestigkeit liegen entweder In
unseren Antisyphiliticis oder in der Spirochäte selbst
oder aber im infizierten Organismus. Man kann wohl ohne
weiteres aus dem Studium der Literatur, aber auch den klinischen
Beobachtungen schließen, daß in einzelnen Fällen jedem von den
drėi Faktoren allein die Schuld an der schlechten Heilungstendenz
eines einzelnen Falles zukommen kann, aber in den meisten WI
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es sich doch wohl darum handeln, daß alle drei Faktoren inein-
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.. \-andergreifen und zu dem Zustande, führen,: den man allgemein als.| — Orgänismus-Antisyphiliticum-Spirochäten. — den Um- `
© > ‚Therapiefestigkeit ansieht. Tu. | stand. suchen, der‘ uns eine einigermaßen befriedigende Erklärung
«3,0 SV 8Es2ist ja. die Diskutierung dieses: ganzen . Fragenkomplexes ‘| für. unsere Frage.geben kann, wenn: auch nicht-von der Hand zu
. nicht. etwa eine Angelegenheit, die erst in den letzten Jahren ‚durch | ‘weisen ist, daß bald das eine bald. das andere Moment aus diesem `
2. die ausgiebige Salvarsanbehandlung. ins Rollen gebracht ist, sondern | Trio besonders. hervortreten. und die ‘Hauptschuld’ tragen dürfte. -`
` =- in der reinen Hg-Ara hat man sich plötzlich auch vor demselben | ..: "Bezüglich ‘der gegenseitigen Beeinflussung von Anti-
‘Punkte gesehen, und es verdient hier, vor allem die Arbeit von |:luetica und Spirochäte.muß'man.doch wohl nach den bisher vor-
=» Oppenheim: ganz besonders auch wegen einiger Parallelen, die | liegenden experimentellen: Untersuchungen: und bei vorsichtiger Be-
>. .gieh'leicht mit den heutigen Fragen decken, herangezogen zu werden. | wertung der "klinischen Beobachtungen zu dem: Schluß 'kömmen,
>.. "Auf.Grund einer Reihe von Krankenbeobachtungen, die Oppen- | daß. es sehr wohl möglich. ist, daß .infolge der Behandlung die
8, hein mitteilt, kommt er zu dem Schlüsse, eine Quecksilberlestig- | Spirochäten eine gewisse Festigkeit gegen das: eine ‘oder: :andere
“...»keitider Spirochäten anzunehmen, und zwar unterscheidet auch er :| oder aber gegen alle Präparate erwerben können.. Zunächst, kann
= , eme Festigkeit a priori und eine ’solche, die erst, im Verlaufe ‘einer | man. hierfür vergleichsweise als Beweis die auch von Oppenheim:
"Behandlung bei dem betreffenden Individuum auftritt: ‚Oppenheim | ausführlich besprochenen Ehrlichschen Untersuchungen über atoxyl-.
:°°, glaubt in Analogie zu den Ehrlichschen : Feststellungen ‘über die .| feste Trypanosomen .heranziehen, wobei, . ähnlich‘ "seiner ` klini-
12. "Moxyllestigkeit der Trypanosomen, daß Spirochätenstämme „ihre in |.:schen--Feststellung, daß die Hg-Festigkeit leichter bei Kombination
| `- emem Organismus erworbene Quecksilberiestigkeit auch in' einem |. des Quecksilbers ‚mit-anderen Präparaten. eintritt, hervorgehoben sei,
=“ andern derselben Spezies behalten, ja zum Teil auch in, einer | daß auch, bei der Atoxylfestigkeit der Trypanosomen Ehrlich beob--
E „anderen Spezies bewahren können“. Ganz ‘besonders ‘interessant | achten konnte, daß diese Arsenfestigkèit sich auch. zeigte, wénn er`
‚ist'weiterhin seine Beobachtung, . daß die Quecksilberfestigkeit. sich '|: die Trypanosomen mit anderen‘ nicht arsenhaltigen Substanzen, . so‘
`~. verstärkte oder früher in Erscheinung trat, wenn zur. Therapie | dem. Pyronin und dem Acridin, die keinerlei Verwandtschaft zu dem:
, ` -auber dem Hg noch andere Präparate (Chinin, Arsazetin) usw. | Arsen besitzen, behandelte. Diese Tatsache. verdient deshalb hier
:- «~ ‚hefangezogen wurden. Aus seiner. Arbeit zieht er schließlich den | besonders hervorgehoben zu werden, da es doch zunächst theoretisch
> $ehluß, daß es weniger auf die individuelle Disposition des infizierten | immerhin möglich erscheint, daß von. den: verschiedenen: Medi- .
| ` < Organismus ankomme, sondern daß die Hauptursache-in der Queck- | kamenten das eine eine Festigkeit gegen das andere, ohne daß
t- - ‚siberlestigkeit der Spirochäten . selbst liege. Nun brauche aber. | letzteres verabfolgt worden ist; hervorrufen könnte, wodurch züm
nach den Ehrlichschen Untersuchungen die Festigkeit gegen ein |. Teil erklärt wäre,. daB ein gegen das: eine Mittel. resistenter Fall’
T ` chémisches Mittel nicht in jedem Falle- bei Mensch: und Tier ein | auch gegen die anderen nicht reagieren will, wie wires ja prak-.
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=- .. Maximum darzustellen, sondern es könne sich:um „halbfeste Rassen | tisch an. unseren Kranken ‚beobachten können. Des weiteren ‘ist es
`> handeln, die unter dem Einfluß entsprechender Dosen von Atoxylien `| experimentell, vorläufig wenigstens, für das Quecksilber von Launoy.
-< verschwinden, aber nach einiger Zeit wiederkehren und so. die:|*und’Levaditi. und für das Wismut von Sei nachgewiesen, .daß die‘
| .Sehwierigkeit der Behandlung bedingen“. In einem. Nachwort zu: ‚Spirochäte-gegen’ diese Mittel durch Passageversuche gefestigt werden
E ‚seiner Arbeit spricht dann Oppenheim die Vermutung auf. Grund- |-kann.. Für das Salvarsan liegen ganz einwandfrei beweisende Ver-
i. ‚eines gegen „606“-festen Luesfalles aus, daß es auch. im Verlaufe | suche nicht: :vor,, wenn:auch Margulies eine gewisse Festigung er-'
c der:Salvarsantherapie schließlich zu. einer Therapiefestigkeit aus.| zielen konnte!). Doch daß eine Beeinflussung in der. Wirkungsart
| ähnlichen Gründen wie -beim : Quecksilber kommen könne. Zur. | der Spirochäten möglich ist, zeigen die Versuche von Plaut und
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. gleichen Zeit gab in einer Umfrage über die Salvarsanwirkung. auch,| Mulzer, “denen es gelungen ist, einen Pallidastamm, : der bislang.
‚Buschke sein Urteil dahin-ab, daß er sagte, daß unter Umstäüden | keinerlei Beziehungen zu dem, Nervensystem hatte, ausgesprochen
‘in der neuen Salvarsanära mit einer Therapiefestigkeit, zu rechnen: |. neurotrop zu machen. . Und schließlich sind in dieser Hinsicht auch
‚wäre. Er sagte damals: 1. Der Beweis, daß durch diese Behand- |-die klinischen Beobachtungen von Gruppeninfektionen. mit folgender
g - Jung mit einem Schlage eine Heilung der Syphilis erfolgt —.es | Resisteùz ganz besonders zu bewerten, wie sie Gougerot und `>.
|. ‚handelte. sich 1910 um die ersten intramuskulären Präparate —, | G6ray schildern. Diese Autoren nehmen an, daß sich entweder: `
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sh ist nicht erbracht. -Ich ‘habe. selbst mehrere Rezidive anderweitig. | die Spirochäten derartig an’ die oder an ein bestimmtes. Mittel ge- :
sj ‚behandelter Fälle kurze Zeit nach der Injektion gesehen. Die Art | wöhnen, daß sie ihm widerstehen, oder aber. daß eine Anpassung `. .
ij dieser Rückfälle erwies bei diesen Patienten nicht eine Abschwächung: | an die vom Körper gebildeten Antikörper erfolgt, so daß diese nicht E
if. , .der.Krankheit. 2. Hieraus folgt, daß wir auch mit diesem Mittel, äbn- | mehr ihre Wirksamkeit entfalten können.: Nach diesen. Autoren sind 5
ooo lich wie mit dem Quecksilber, häufiger werden.behandeln müssen. Das |. auch von Dekayser, de Grave u. a. Fälle beschrieben worden, S
%, ` “erscheint mir besonders, da es sich um eine Depottherapie — gemeint | in denen Luetiker auf ihre Maitressen die Therapieresistenz über- i
a| „Smd die damals intramuskulären Injektionen — handelt, gefährlicher | trugen. Nordmann hält auf Grund von Gruppenerkrankungen a
bF- "wid-auch wahrscheinlich schließlich ` wirkungsloser als beim Queck- | nicht verwandter Individuen. eine Modifikation der Spirochäten im PE
st -` Silber, letzteres wegen der. viel leichter eintretenden Gewöhnung an | Sinne des Neurotropismus für möglich. Aber auch Jeßner kommt a
a >. die: Substanz, ersteres wegen der: viel größeren Giftigkeit.“ Ich | auf Grund seiner Beobachtungen zu der Anschauung; daß es eine A
| Nabe die damaligen Anschauungen dieser beiden Autoren ausführ- | Therapie- ‚und in seinen Fällen speziell Salvarsanfestigkeit der. K
si: licher angeführt, einmal. wegen der mancherlei Parallelen, die sich | Spirochäten geben müsse. Und Jadassohn hält die JeBnerschen Bar
I . indiesen Beobachtungen, verglichen mit den jetzigen, finden und | Mitteilungen nur für erklärlich, wenn man annimmt, daß Resistenz- a
ji um zu zeigen, daß doch. schon von mancher Seite von Anfang an | differenzen in den Spirochätenstämmen vorliegen. Auch Kolle'bält p
s}. Zur Vorsicht und zu einer sinngemäßen Therapie gemahnt wurde. | es bei aller vorsichtigen Bewertung für möglich, daß, „sei es durch Siep
Denn ein Moment außer den bereits angeführten scheint nicht ganz’ |: Mutation, sei:ès. unter besonderen Verhältnissen“, sich salvarsan- wi
F uber acht bei der Beurteilung der Frage der Therapieresistenz |.feste Pallidastämme. bilden können, wie ès ja ähnlich, für die Bi
Er nn Fälle zu sein: .dies ist die sinnlose und unsachgemäße Art, | Trypanosomen erwiesen ist. ae ne p
nit Mar heutzutage: von mancher Seite behandelt wird: Nicht zu
-wissen Grauen eine Übersicht über die unzähligen Wismutpräparate
‚der. letzten Jahre gibt, einen Ausspruch Alberts an: „Der größte
er der heutigen Therapie ist der’ Mißbrauch der Medikamente.“ `
- Fehl
Ai Daß die schlechtere ‚Reaktion der Erkrankung gegen unsere
‚Aufisyphilitika lediglich durch eine weniger sorgfältige Ver-
< s arbeitung derselben in den Fabriken bedingt ist, erscheint
für den allergrößten Teil der Fälle mir. wie. allen ahderen Autoren
unwahrscheinli
~~ ‚Alliger Verwendung bei einer großen Zahl von Patienten bei dem.
= ap möglich, allein in dem Organismus den schuldigen. Teil
sf, man muß
aar
cht führt Lyoinet in einer Arbeit, in der er mit einem ge-
ch. Gewiß kommen mit allen Präparaten bei gleich-. kutieren.
| D oder anderen einmal Störungen vor, jedoch läßt sich damit |
ran nicht die Festigkeit der Lues. und damit auch die Aggra-
nerung der Erkrankung erklären. Ebenso wenig erscheint es mir |
wie es von Lutz, Loewenfeld u. a. getan wird, sondern |
wohl in dem Ineinandergreifen der drei Komponenten |
- - Wesentlich erscheint mir auch bei Besprechung. dieser Fragen,
‚darauf ‚hinzuweisen, daß, wie seinerzeit Oppenheim für das Queck-
' silber annahm, die erworbene Hg-Festigkeit vererbt werden könne, .
i
obwohl es sich demnach: um eine Vererbung erworbener Eigen-
schaften handle, so auch jetzt verschiedene Autoren, z. B..N aegeli,.
glauben, daß. bezüglich. der Frage :des Neurotropismus und der-
Therapiefestigkeit die Spirochäte durch äußere Einflüsse verändert
werden kann.. Denn nach seiner Ansicht kann man’eine Vererbung
‚erworbener Eigenschaften bei einzelnen Lebewesen unbedingt dis-
Wenn bisher ‚auch Quecksilber und Wismut mit unter diesem
Gesichtpunkte betrachtet wurden, da ja auch Fälle vorkommen, bei
‚denen sich lediglich ihnen: gegenüber eine Festigkeit zeigt, so stehen
1) Anmerkung bei der Korrektur: In einer in der Derm.
; W och. 1924, Nr. 27 referierten Arbeit berichtet Klauder, daß es ihm
gun sei, bei experimenteller Kaninchensyphilis salvarsanresistente
pirochätenstämme ‚zu erzeugen. En
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.: Organismus ansehen. In erster Linie kommen hier in Frage die
1174 ©;
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK. — Nr. 34.
doch im Brennpunkte des Interesses die Beziehungen zwischen dem
Salvarsan und der Resistenz. Denn gerade bei diesem tritt uns
noch mehr als bei den beiden anderen Präparaten die wichtige
Frage entgegen, wie verhält es sich gegenüber dem Organismus,
dem es einverleibt wird. | |
Gewiß ist ohne weiteres zunächst zuzugeben, daß bezüglich
der Festigkeit der Organismus allein ohne’ jede medi-
kamentöse Beeinflussung unter Umständen die Ursache
Besonders Löwenfeld |
setzt sich dafür ein, daß der Gesamtorganismus die Fähigkeit ver-
für die Festigkeit abgeben könne.
lieren könne, „durch Bildung von Abwehrstoffen den Effekt der
zweifellos wirksamen Therapie zu ermöglichen“. Er kommt zu dieser
Anschauung, da er glaubt, daß trotz der direkt spririlloziden Wir-
kung des Salvarsans dieses nur dann seine volle Kraft entfalten
könne, wenn es von den Abwehrkräften des Organismus unterstützt
wird, während er für das Hg von vornherein, wie die meisten
neueren Autoren, eine Wirkung auf dem Umwege über die Körper-
` zelle annimmt. . Unter diesem Gesichtspunkte ist bei voller Würdi-
` gung der Antisyphilitika für den Ablauf der Lues der Antikörper-
bildung des Organismus im Sinne der Lesserschen Selbs
theorie eine große Bedeutung beizumessen.
` Eine andere Möglichkeit des Einflusses de
die Therapiefestigkeit wird von Lutz angenommen, der glaubt, daß
trotz der in vitro spirilloziden Wirkung des Salvarsans dieses im
Organismus wegen der verhältnismäßig großen Verdünnungen, in
denen es verabfolgt wird, erst in eine „avidere“ Form umgewandelt
werden müsse. Diese Fähigkeit fehlt dem Organismus in den Sal-
varsan-resistenten Fällen. Auch Gougerot und Geray glauben,
daß in gewissen Fällen im Organismus das Salvarsan zur Unwirk-
. samkeit abgebaut wird, so daß nach Vernaux die Arsenobenzole
. an,ihrer spirilloziden Wirkung gehindert werden. Und schließlich
nimmt Felke an, daß es sich beim Quecksilber und auch beim
Salvarsan um eine „mangelnde Reizbarkeit“ der. Körperzellen durch
das betreffende Mittel handele. fs
Auch mir erscheint die Heranziehung der Frage der Anti-
_ körper- bzw. der Immunitätsverhältnisse im Organismus für alle
Antisyphilitika von großer Bedeutung. Dabei dürfte es als sicher
anzusehen sein und ist durch zahlreiche Fälle erwiesen, daß der
Selbstheilung der Lues im Lesserschen Sinne unbedingt eine große
Bedeutung zukommt, wenn auch Lesser selbst in seiner Ansicht
. etwas zu weit geht, wenn er z. B. die Quecksilberheilung ganz in
‘die Selbstheilung mit einbezogen wissen will. Andererseits dürfte
es auch als sicher anzunehmen sein, daß unsere gebräuchlichen
Antisyphilitika außer ihrer direkten Einwirkung auf die Spirochäten
-in gewissen Beziehungen zu den Immunitätsverhältnissen des Körpers
stehen. Und es hat nach den therapeutischen Erfahrungen den An-
schein, als ob in den meisten Fällen, die zu einer wenigstens kli-
nischen Ausheilung kommen, die Immunitätsverhältnisse günstig
. . beeinflußt werden. Immerhin muß man nach Buschke mit der Mög-
lichkeit rechnen, daß das Salvarsan, obwohl es auch nicht imstande
ist die erwünschte Sterilisatio magna herbeizuführen, die Immunität
zerstört und zertrümmert, Buschke hat in gemeinsamen Arbeiten
mit Kroó an Versuchen mit rekurrensgeimpften Mäusen den Be-
weis dieser schädigenden Salvarsanwirkung erbringen wollen. Es
konnte festgestellt werden, daß die Gehirne immuner und mit Neo-
salvarsan nachbehandelter Tiere infektiös blieben. Ein Teil der
immunisierten und mit Neosalvarsan behandelten Mäuse konnte
trotz\der an den Kontrolltieren festgestellten Infektionstüchtigkeit
des Gehirns von neuem infiziert werden, so daß die Autoren zu
dem Schlusse kamen, daß man an eine Vernichtung der Immunität
durch das Salvarsan denken müsse. Mit einer gewissen Vorsicht
können diese tierexperimentellen Erfahrungen auf den Menschen
übertragen werden, Auch Schumacher glaubt annehmen zu
können, daß das Salvarsan die Antikörperbildung bei der Lues in.
hemmendem Sinne beeinflußt. |
Aber auch eine Reihe klinischer Momente kann man unter
dem Gesichtspunkte einer gestörten bzw. durch unsere therapeu-
tischen Maßnahmen veränderten Immunität und Reaktionsweise des
verschiedenen Arten des Ablaufs der Lues bei Kulturvölkern und
bei Eingeborenen. Die nicht durch die Therapie beeinflußte Lues |.
der Eingeborenen zeigt sich vor allem in schweren Hauterscheinungen,
während dagegen das Nervensystem völlig verschont bleibt, so daß
bei den unkultivierten Völkern die sog. metasyphilitischen Erkran-
kungen garnicht oder nur höchst selten vorkommen. Muß man da
nicht mit Gaertner annehmen, daß neben mancherlei anderen
Faktoren ganz besonders eine Rolle spielt, daß die kultivierten
gelenkt ist.
theilungs- |
s Organismus auf
Völker unter dem Einflusse der seit langer Zeit in ausgiebiger
Weise geübten antiluetischen Therapie stehen, so daß gewissermaßen g
infolge der Behandlung und der veränderten Immunitätsverhältnisse
auch die Angriffsrichtung der Spirochäten in ganz andere Bahnen
Und schließlich kommt noch für die Bëtraçhtung der Therapie-
festigkeit der Lues ein weiterer Punkt hinzu. Es kann wohl mit
unbedingter' Sicherheit behauptet werden, daß. die Resistenz gerade
in dem letzten Jahrzehnt besonders zugenommen hat, und daß gegen-
über den relativ seltenen quecksilberfesten Fällen, wie sie von Oppen-
heim beschrieben sind, heute in immer gehäufterem Maße salvarsan-
. resistente Syphilis beobachtet wird, wie auch Heyn aus der Arndt-
schen Klinik gelegentlich einer Demonstration erst kürzlich fest-
Nun muß man außer den bisher angeführten Tat-
stellen konnte.
sachen noch in Erwägung ziehen, ob nicht infolge der Salvarsan-
behandlung eine Zunahme der Virulenz des Kontagiums ein-
getreten ist, wie es von Buschke gelegentlich der Diskussion im
preußischen Landesgesundheitsrat hervorgehoben wurde. Nach
Buschke kann es keinem Zweifel unterliegen, daß „wenn das
Salvarsan nicht: das Kontagium vernichtet, was es in genügend
hohen Dosen ja bewirken kann, dann viel eher als das milde Queck-
silber die Lebenstätigkeit der Spirochäten steigert“. Auch Scholtz
‚hält es für möglich, daß sich evtl. durch Eliminierung schwächerer
Spirochätenindividuen widerstandsfähigere Spirochätenstämme außer
der Möglichkeit des Vorkommens arsenfester herausgebildet haben.
Unter diesem Gesichtspunkte läßt sich auch eine Erklärung dafür
finden, daß die Lues jetzt wieder vielfach Erscheinungen einer ganz |
akuten Infektionskrankheit angenommen hat, die sich besonders
hartnäckig der Behandlung gegenüber erweisen. Es ist leicht mög-
lich, daB die Schuld daran einmal die Anbehandlung mit Salvar-
san trägt, die ja als viel gefährlicher als beim Hg anzusehen ist,
oder aber die Verabfolgung von zu kleinen Dosen, worauf neben
anderen Frei aus der Jadassohnschen Klinik hingewiesen hat.
Demnach erscheint uns nach den dargelegten Tatsachen mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwiesen, daß wir mit unseren
Antisyphiliticis insbesondere mit dem Salvarsan im Ehrlichschen
Sinne eine Festigkeit der Spirochäte gegen die betreffenden Mittel
im Verlaufe. der Behandlung erzielen können bzw. eine Virulenz-
steigerung des Kontagiüms veranlassen, die wiederum Ursache einer
Aggravierung und Resistenz der Lues wird.. Andererseits aber ist
es nicht ausgeschlossen, daß wir gleichzeitig durch die Behandlung
‚und zwar hier ganz besonders durch die Salvarsanbehandlung’ bis
zu einem gewissen Grade die Immunität zerstören: können, so daß
infolge der fehlenden Abwehrkräfte der Körper nicht imstande: ist
trotz weiterer Verabreichung von. Antisyphiliticis mit dem .Erkran-
kungsprozeß fertig zu werden und im Gegenteil sich die Erkrankung,
da den Erregern keine genügende Abwehr entgegengesetzt wird,
in schwereren und malignen Formen weiter ausbreiten kann.
Literatur: Nordmann, Derm. Wschr. 1924, Nr. 3/4. — Fischer, Ebenda.
. 1919. — Bu chke, Med. Kl. 1910, Nr. 39; 1922, Nr. 9: Veröffent!l. a. d. Geb. d. Med.
Verw. 1922, H.7. — Freymann, Derm. Wschr. 1922, S.33. — Buschke u Frey-
mann, Ebenda. 1921, Nr. 36. — Buschke und Sklarz, Arch. f. Derm. u. Syph,
:1922,138, — Langer, Derm. Wschr: 1923, Nr. 30. — Buschke nnd Langer, D.m:W.
- 1922, Nr. 85. — Zinsser, Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrkh. Bd. 9, S. 325. — Arndt,
Med. KI. 1922. — Silberstein, Arch. f. Derm. u. Syph. 1924, 147. — Hoffmann,
Derm., Zschr. 1928, 39. — Rille, Fantl, Siemens s. bei Silberstein, — Lutz,
Schweiz. med. Wschr. 1920. — Jessner, Med. KL 1928, S. 867; Arcb. f. Derm. u. Syph.
1924, 145. — Felke, Arch, f. Derm. u. Syph. 1922,140.— Loewenfeld, Derm.Zschr.
1923,88. — Gaal, Derm. Wschr. 1924, S. 50. — Fabry, Med. K1. 1928, S. 1218. —
Oppenheim, W. kl, W. 1910, S. 1807. — Lyonnet, Lyon möd. 1924, 133, S. 224 —
Ehrlich s. bei Oppenheim. —Launoy und Levaditi, zit. nach Silberstein.
— Sei, M.m. W. 1923, Nr.42.— Margulies,Plaut und Mulzer, zit. nach Silber-
stein. — Gougerot und Geray, Zbl. f. Derm. Bd.8, 8.482. — Jadassohn,
Kolle, Arch. f. Dorm. u.Syph. 1924, 145, S. 268/64. — Naegeli, Schweiz. med.Wschr.
1923, S. 1038. — Lesser, Med. Kl. 1922, S. 824. —Buschkea und Kroo, Arch. f. Derm.
u, Syph. 1924, 145, S. 286. — Schumacher, Ebenda. — Gaertner, Zschr. 1. Hyg.
u. Infektionskrkh, 1921, 92, S.341.— Heyn, Zbl. £. Derm. u. Syph. Bd. 6, 66. — Frei,
zit. nach Buschke. — Scholtz, Veröffentl. a. d. Geb. d, Med.-Verw. 1922, H. 17.
Aus der Universitäts-Kinderklinik Frankfurt a. M. `
(Direktor: Prof. Dr. v. Mettenheim). |
Pseudochylöser Aszites und Lipoidämie bei Lipoid-
| | nephrose.* Be
Von Dr. Rudolf Stoffel, Assistenten der Klinik.
Die Zahl der seither beobachteten bzw. in der Literatur be-
' schriebenen Fälle von pseudochylösem Aszites als Begleiterscheinung
von Nierenerkrankung ist eine verhältnismäßig geringe, die Er-
*) Vortrag im Ärztl. Verein zu Frankfurt a. M. am 19. Mai 1924.
sa — u as
Ta
-
| scheinung: selbst aber doch wohl ‘sehr. viel: häufiger als danach an-
‚nommen werden könnte.
- ‚Vielleicht findet dieser
` im -Verlauf der Erkrankungen oft zu Spontanrückbildung der Höhlen- .
ervüsse kommt, -ohne daß eine Probe- oder Entlastungspunktion das
3 eigenartige Aussehen der Höhlenflüssigkeit erwiesen hätte; oder aber
es begnügt sich der Beobachter mit der Feststellung des merkwürdigen,
milchigen Aussehens des Punktates, das er ohne weiteres für „chylös“
` halt, wenn ihm auch dafür zumeist eine genügende ‚Erklärung fehlt.
Tatsache ist. jedenfalls, daß in überwiegender Zahl der in
der Literatur beschriebenen Fälle von milchig getrübten Ergüssen
im oder. ohne Zusammenhang mit Erkrankung ‘der Nieren das
Punktat einzig nach dem makroskopischen Aussehen,” ohne. nähere
physikalisch - chemische Untersuchung, als „chylös“ aufgefaßt
worden :ist. | | a
‚Es war ein Verdienst Heinrich Quinckes (1), darauf hin-
gewiesen'zu'haben, daß auch Eiweiß.in Form kleinster Körnchen
eine der Fettemulsion ähnliche Trübung bewirken ‚kann. Er trennte
hiemach: erstmalig die „albuminösen“ von’ den „fetthaltigen“ Er-
güssen: _ |
Die ‚gleiche Schwierigkeit der richtigen Deutung milchig ge-
„ frübten Aussehens kann gelegentlich auch beim Blutserum auftreten.
_ Milchig getrübtes Serum war. bereits im 17. Jahrhundert von
einigen Ärzten beobachtet und von diesen wie auch späteren stets
A: als der Ausdruck einer Fettemulsion erachtet worden.
"Schon. 1827 hat Hesse (2) die Vermutung ausgesprochen,
daß ‘es sich in einer Reihe von, veröffentlichten 'Fällen von
‚nilchigem* oder „weißem“ Blut-nicht um „Fettblut“, sondern um
‚erhöhten Eiweißgehalt“ des Blutes gehandelt. habe. Er hat da-
durch die Frage der Lipämie oder Lipoidämie erstmalig zur Dis-
kussion gestellt. Erst in jüngerer Zeit wurde dieser Frage durch
sehr eingehende Untersuchungen nähergetreten und jene Vermutung
Hesses bestätigt. Ich erwähne diese Frage der Lipämie und
bipeidämie deshalb im Zusammenhang. mit derjenigen bezüglich
der ehylösen oder pseudochylösen Ergüsse, weil sie auch eine Rolle
~. pidt in einem von uns an der Kinderklinik kürzlich beobachteten
- Rall-von Nephrose.
- dolgende;
„Ende Dezember 1923
augenommen, nachdem es seit über 3
in Behandlung war.
n af „chronische
=- ‚Zur.Anamnese ist zu bemerken: Einziges
Bern. "Lues und Tbe.
worden. Wa.R. bei Eltern sicher negativ. Kind bis zu 2!/, Jahren
völlig gesund.. Dann im
liche Behandlung. Anfang Oktober plötzliches Auftreten von Schwel-
gim Gesicht, besonders der Augenlider und Schwellung der Füße.
o und zu Erbrechen. Im Frbrochenen am 5. Krankheitstage ein
u pulworm, Der bereits zu Krankheitsbeginn 'zugezogene Arzt ver-
“ ‚ordnete jetzt Santoninkur und zwar. nach Bericht eines später be-
onaten bei mehreren Ärzten
ind gesunder, junger
| delnden Kollegen in ungewöhnlich protrahierter Form: nach Aus-
We der:Mutter sollen dabei im. ganzen 30 Pulver gegeben worden .
| ob mit oder ohne Kalomel, , ist ;
sn. Wie hoch die Einzeldosis: un
7 T re erfahren. Da der Zustand des Kindes sich dauernd ver-
a echtert, wird — am 16. Krankheitstage — ein anderer Arzt zuge-
ten Dieser erkannte eine schon vorgeschrittene Nierenentzündung
s am delte entsprechend. Die Diurese war bei allen versuchten
"op ionen — von den Species diureticae über die en der
“Engruppe und den Harnstoff zum Thyreoidin — nicht recht in Gang
n gen. Der Eiweißgchalt des Urins betrug nach den Berichten
| fa > und 80%. Neben den mehr oder weniger starken Ödemen
auchy er Kollege bald Hydrothorax und, Aszites fest. Zweimal wurde
a a zu je etwa 1 Liter vorgenommen. Das’ Punktat soll
le artig trübe“ gewesen sein, wurde aber- weiter nicht
lieg Als uns das Kind in der 14. Krankheitswoche zugeführt wurde,
at ie Allgemeinzustand schon kaum mehr Genesung erwarten. Es
er unter Meidung aller medikamentösen Therapie in den ersten
edle eme auffallende Besserung des” Allgemeinbefindens ein, die
à gem nur einige Tage standhielt. Danach stellte sich nach stärkeren
ns a Odemen auch wieder rasch zunehmender Aszites ein, der
Bauch e aa nach Einlieferung der Patientin Veranlassung zur
sogleich. tion gab. Es wurden 11/, Liter Flüssigkeit entleert; schon
Usseh ‚mit beginnendem Auslließen fiel das eigenartig milchig-trübe
en en der Punktionsflüssigkeit auf und ließ zunächst an „chylösen
ära enken. In Verbindung mit dieser Betrachtung schien auch die
milhioa she unden zu sein für das eigentümlich trübe, gleichfalls fast
86 Aussehen des Blutserums . der kleinen Patientin, das einige
d ; y e ®
ala festgestellt worden war, elegentlich einer nüchtern vor-
|, menen Blutentnahme zum Tscke einer an unserer Klinik üb-
n Globulinfällungsreaktion auf Tuberkulose, die.sich aber wegen
~
- ` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK Nr. 34. s
‘ dieser Serumtrübun
u he . waren negativ.
Umstand darin seine Erklärung, daß es ||: ‚Man | | ee) i
: Fettblut, wenngleich die' Venenpunktion, solange Patientin noch nüchtern,
Die Krankengeschichte-zu diesem war kurz zusammengefaßt
wurde das 3jährige Mädchen in die Klinik.
Die Diagnose des zuweisenden Kollegen. lautete |
Schrumpfniere im-Anschluß an degenerative Nephrose“.
in -der Familie angeblich nicht beobachtet
Spätsommer 1923 „leichte Grippe“ ohne ärzt-
š Enga E Fe u E. 2 de = UL ı
hr poi 2 $ RAY o fas 04 we aN
g nicht durchführen ließ. Pirquet und Tierversuch
Man dachte auf Grund des Aussehens des Serums "Zunächst an
frühmorgens vorgenommen worden war. Einige Tage. später war’ bei
dem unter gleichen Voraussetzungen entnommenen ;Blutserum zur
Wa.R. dasselbe Aussehen festzustellen... > — — — en Bez
Die Beobachtung des Gesamtkrankheitsbildes ließ in erster Linie
- eine ‚hochgradigste parenchymatöse ` degenerative Form der Nieren-
erkrankung erkennen im Sinne: der. Nekrose nach Volhard und Fahr.
. Es sind, diese tubulären ine: — von febriler' Albuminurie
' abgesehen — relative Seltenheiten.
| Nach den Erfahrungen Heubners
und wie Noeggerath statistisch nachgewiesen ‘hat, gehört die Mehr-
zahl der sichergestellten Fälle dem Kindesalter und frühen Schulalter an.
. Eine Erkrankung anderer 'Organe als der Nieren war während
des ganzen Krankheitsverlaufes nicht festzustellen, außer einer: ver-
minderten Funktionstüchtigkeit der Lieber, ‘die sich in gelegentlich
nachzuweisender Glykosurie äußerte, eine Erscheinung, die man nach
Franke (3) in Fällen chronischer Nephritis, in denen die Erkrankung
vorwiegend das Nierenparenchym ergriffen hat, häufig beobachten kann.
e ‘besonderen ergaben auch Pneumoperitoneumaufnahme ünd
Laparoskopie. keinen Anhalt für Tumoren etwa im Sinne von Tbc.-
Knoten, die. eine Kompression oder Arrosion von Lymphgefäßen zur
Erklärung von. Chylusautritt hätten geben können.
Das Kind hatte in der Klinik nie Fieber, bis Anfang März — ih
der 23. Krankheitswoche — eine Bronchopneumonie sich einstellte,
‘die in weiteren 11 Tagen schließlich den Exitus letalis beschleunigt
herbeiführte. EN. p Swe E £
Zum Verlauf der Nierenerkrankung in unserem Falle bleibt zù
bemerken, daß der Eiweißgehalt des immer nur spärlich gelassenen
Urins sich zwischen 12.und 400/9% bewegte. Der Blutdruck schwankte
um 125/85 (R.R.) und war nur anfangs etwas höher. Der Reststickstoff
im Blut betrug bald nach Einlieferung 'der Patientin 0,045 %, war also
damals also jedenfalls nicht wesentlich erhöht. Der Sedimentbefund
war fast immer konstant: ganz vereinzelt Erythrozyten, mäßig viel
Leukozyten, ‘reichlich hyaline Zylinder und stets Lipoidkörper, was
auf besonders schwere Degenerationsprozesse schließen ließ. Mikro-
‚skopisch ` waren im Urin Bakterien ` nicht nachzuweisen, kulturell
wiederholt Staphylococcus aureus und Streptococcus longus.
Chylurie, auch nur im geringsten Grade, .wär nie-
worden. 00.0.0 | on o u oo.
Bei der Aussichtslosigkeit irgendwelcher kausaler Therapie
mußten wir uns darauf beschränken, symptomatisch zu behandeln und
dies schien uns in erster Linie geboten in Hinsicht auf den immer
wieder erneut sich einstellenden Aszites. Bis zum letalen Ausgang
der Erkrankung‘ — etwa 5 Monate nach Beginn derselben — sahen
beobachtet
"wir uns genötigt 6mal. zu punktieren, zuletzt 14 Tage vor dem Tode.
Die abgelassenen Flüssigkeitsmengen betrugen bis zu 1?/, Liter.
Der Erguß hatte. stets das eigenartig milchige, seifenwasserähnliche
Aussehen in jeweils ungefähr gleich intensivem. Maße.
Die Sektion ergab neben einer konfluierenden Bronchopneumonie
die erwarteten: Veränderungen an den Nieren im -Sinne einer degene-
rativen Parenchymschädigung. Es fanden sich Epithelnekrose und Ver-
kalkungen wie‘ sie bei Quecksilberschädigungen häufig vorkommen.
‚Die übrigen Organe, besonders “auch das Herz, ließen nachweisbare
Veränderungen nicht erkennen. Nirgends wurden Zeichen für Tuber-
'kulose oder ‚Lues gefunden, wie ja auch die klinische Untersuchung
‘dafür keinen Anhalt geboten hatte. Ausdrücklich sei noch erwähnt
daß’ irgendwelche Veränderungen am en es Apparat, im be-
sonderen am Ductus thoracicus auch nicht aufgefallen waren.
Die mit dem. erstmalig ‘erhaltenen Punktat angestellten Unter-
suchungen hatten .im wesentlichen das gleiche Ergebnis. wie die
aller durch die späteren Punktionen vorgenommenen Aszitesflüssie-
keiten. Für die. Annahme eines chylösen Ergusses konnten 'wir uns
vón vornherein bei dem klinischen Befund eine ungezwungens Èr-
klärung nicht geben und. als wir dann bei der Untersuchung auf
Fett, das im Chylus doch. stets sehr reichlich vorhanden sein müß,
solches nur in. Spüren ‚nachweisen konnten, war uns damit erst
recht ein Hinweis gegeben, daß hier eine besondere Art von chylösem
Erguß vorliegen müsse. — | ar í Te. |
. Das Eingehen auf die entsprechende Literatur hat uns bei
der Diagnosestellung in ganz bestimmte Bahnen gelenkt und uns
auf Grund zahlreicher, nach: den bereits ‘üblichen Methoden vor-
genommenen Untersuchungen zur Erkenntnis geführt, daß es sich
auch in unserem Falle tatsächlich um pseudochylöse Ergüsse handelt.
| Es sei eine kurze Zusammenfassung unserer Befunde gestattet
die die Unterscheidung ‚derartiger pseudochylöser Punktionsflüssie-
keiten von- den chylösen und chyliformen Ergüssen erhellen und die
‚durchaus im Einklang stehen mit den Befunden früherer Beobächter.
‚ Unter diesen haben besonders’ Strauß (4), Bernert (5), und
W eil (6), letzterer gemeinsam mit Müller in Düsseldorf (7), weitgehende
Klärung gebracht, wenn auch noch manche Einzelfrage strittig ge-
blieben sein mag. Ä Me N a SA
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34. 24. August
E | Aa
T Das Aussehen der in Frage kommenden Ergüsse wird sehr , Dies ist dann'zum ersten Male und, soweit ich in der Literatur 1"
Ile treffend als „seifenwasserähnlich“ bezeichnet. Demgegenüber zeigen feststellen kann, seitdem nicht wieder geschehen, gelegentlich eines gg
sa die eigentlich chylösen Ergüsse mehr gelblich.rötliche Färbung. Bei schließlich zur Autopsie gelangten Falles von Nephrose, den Weil (Le) p%
Hi chylösen Ergüssen tritt nach einiger Zeit der Aufbewahrung im ch nun a. n de dem F ne Don ip
ani Gefäß eine mehr oder weniger diekeRahmschicht an der Oberfläche auf; omiscaen. UHLEISUSHUNgEN 95 PETUS UNE 29: AER P E F
> ; Fee Ä : 5 | Düsseldorf (l. c.) ausgeführt worden sind. Die Resultate der beiden ji
a bei den pseudochylösen' davon keine Spur. Auch tritt nach längerem. | Autoren bestätigen durchaus die von Strauß und von Bernert er- TE
nE, Zentrifugieren beiletzteren keine Schichttrennung auf wie bei ersterem. | hobenen Einzelbefunde. wo Fi E w
vo Goi a ale Een Re A ee en -. In unserem, Falle wurde die quantitative Untersuchung der fiz
Er ir 5 un i 0 m Iweibge = 7 S pseucdoo1y10s9, h o ne Aszitesflüssigkeit auf Fett und unverseilbare Substanzen, die Lipoidd, tx
bh: na € i aaie er P en re ne ee nn "1, | vom chemisch-physiologischen. Institut der Universität ausgeführt. ° =
5 A Ra TT non, s unttaten E ‚ der Eiweißgehalt | und das Ergebnis war wiederum eine Bestätigung im Sinne von. +H
2 =; on ee en t. F BR SONN lte Strauß, Bernert und Weil. Der Fettgehalt unseres Punktates <A
n Tanker En nd ach seines seen een _ war noch geringer als der des von Weil (l. c.). beobachteten Aszites. ir
q b ie be hr au a: ex As 4 Bene heller rundlicher. Er betrug dort 25,8 mg %, in unserem Falle nur 24 mg %. Die >j
Gebil dé a en an a 2e Färbung der Werte für die unverseifbaren Substanzen waren in unserem Falle I
’ ; S 2 ‚der | noch höher als dort. Sie betrugen bei uns für Lezithin allei i
‚korpuskülären Elemente mit den üblichen Fettfarbstoffen gelingt en je betrugen E RAAEN AN y
nicht oder nur in geringem Grade. Von Mikroorganismen waren.
in unserem Falle mikroskopisch nur ab ünd zu Bact. coli nachzu-
‚ weisen. Kulturell wurde die Aszitesflüssigkeit nicht untersucht.
Die die Trübung verursachenden Substanzen sind bei den
chylösen Ergüssen als Fett durch Äther auszuschütteln, bei den |
pseudochylösen nicht, auch nicht nach Laugenzusatz. Sie sind wohl
4,5 mg %, für Cholesterin 8 mg %. Weil gibt in seinem Fall nur
den Wert für Cholesterin an, der 2,4 mg % betrug. E
“ Leider war es uns nicht möglich, eine Untersuchung auch
des milchig getrübt befundenen -Blutserums in entsprechend ein-
gehender Weise herbeizuführen. Ziehen wir aber die vorausgegangenen
Ausführungen in Betracht und zudem die in der Nachkriegszeit er-
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4
a:
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=]
e
e
.
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N
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> aber nach mehrstündiger Alkoholbehandlung den üblichen Aus-
schüttelungsverfahren zugängig. i
Soweit die Methoden, die obne großen Apparat auch den
Praktiker erkennen lassen, daß -Fett jedenfalls nicht im wesent-
lichen die Trübung der Punktionsflüssigkeit bedingen kann wie bei
Chylus und die den Untersucher instandsetzen, jeweils mit einfachen
Hilfsmitteln zwischen einem echt chylösen und pseudochylösen Er-
guß- zu entscheiden. Dieser Aufschluß wird in manchen Fällen zur
Klärung fraglicher ätiologischer Momente des jeweils vorliegenden
` Krankheitsbildes beitragen können. | Ä |
Wodurch aber, wenn nicht durch Fett, ist die milchige Trü-
bung der pseudochylösen Ergüsse bedingt? Wie eingangs erwähnt,
trennte Quincke(l.c.) als erster die „feitbaltigen“ von. den so-
genannten „albuminösen“ Ergüssen, bei denen Eiweißkörper in feinster
Form die Trübung bedingen sollen. Durch die nicht gerade zahl-
reichen Veröffentlichungen anderer Autoren der folgenden Jahre
ist dann versucht worden, dieser Frage im Einzelnen näher zu kommen.
1898 sah Strauß (l.c.) erstmalig seifenwasserähnlichen Aszites
bei ehronisch-parenchymatöser Nephritis. Er machte diese Beobachtung
dann noch wiederholt in den nächsten 5 Jahren und wies.nach, daß es sich
um‘Fetttrübung im Sinne von Chylus auf alle Fälle nicht handeln könne.
Er hatte ungefähr zu gleicher Zeit, gerade wieder bei Nephrosen,
im Blut Lezithin als Ursache milchig-getrübten Serums festgestellt, nie
jedoch Gelegenheit gehabt, Blut und Aszites gleichzeitig daraufhin zu
schienenen Arbeiten von Beumer (12), Stepp (13) und Port (14),
die feststellen, daß sich die Nephrosen im Sinne von Volhard.
und Fahr.den übrigen Erkrankungen der Nieren gegenüber durch
einen erheblichen Lipoidgehalt des Serums auszeichnen, die es
‚milchig getrübt erscheinen lassen, so dürfte wohl genügend Be-
gründung vorliegen für die Annahme, daß es sich auch in unserem
Falle bei der Trübung des Serums nieht um „Lipämie“, sondern
um Lipoidämie handelt.
Weil (l. c.) führt -zu seinen Beobachtungen die Erkärung an,
daß die Lipoide des. Serums aus dem Körper selbst stammen müssen
und unmöglich in solchen Mengen durch die Nahrung zugeführt sein-
‚können. Die Körpersubstanz wird durch die Eiweißverluste erheblich
reduziert und da dauernd nur geringe Nahrungsmengen zugeführt
werden können, wird zeitweise mehr Eiweiß ausgeschieden, als durch
die Nahrung wieder ersetzt wird. Es findet erhöhter Verbrauch an
Zellmaterial statt, die Zellvorräte an Eiweiß und Lipoiden werden
requiriert und vom Blut nach den Bedarfsstätten gebracht. Die schwer
erkrankten Nieren lassen nur das Eiweiß schnell wieder verloren gehen,
nicht aber so sehr die Lipoide, so daß diese in so großer Menge übrig-
‘bleiben, daß eine Anhäufung im Blutserum resultiert. Daß die Nieren
wohl Eiweiß, nicht aber in größeren Mengen ‚Lipoide durchlassen,
beweist die Tatsache, daß der Urin praktisch frei von Fetten und
Lipoiden ist. Ob, wie in unserem Falle, doch immerhin mikroskopisch
im Urin Lipoidkörper nachzuweisen waren, ist nicht erwähnt.
Die von. Weil (l.c.) gegebene Erklärung für die Anhäufung.
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untersuchen. Erkam aberschon damals zu dem Schluß, daß es eine Form von
poe gibt, die mit der Nephrose in engem Zusammen- `
hang steht, und daß die öfters von ihm beobachtete Lakteszenz des Blut-
serums dje gleicheUrsache hat wie derlakteszierende Charakter derErgüsse.
-Um dieselbe Zeit erschien die Arbeit Bernhard Fischers (8)
„über Lipämie und Cholesterinämie“. Er wies darin u. a. darauf hin,
daß speziell bei Nephrose „Lipämie“ häufiger festgestellt worden sei,
allein nach dem Aussehen des Serums, ohne weitere Untersuchung.
Dabei könne als erwiesen gelten, daß — abgesehen von der physio-
von Lipoiden im Blutserum und Aszites läßt sich zwanglos in allen
Einzelheiten auf den von uns beobachteten Fall übertragen. Es
ist.dieser somit der zweite überhaupt bekannt gegebene :
Fall, in dem bei ein und demselben Patienten milchige
Serumtrübung und pseudochylöser Aszites zur Beob-
achtung kam und in dem die von den erwähnten älteren
Klinikern vermutete enge Beziehung zwischen Lipöid-
nephrose, pseudochylösem Aszites und Lipoidämie als
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logischen Verdauungslipämie — echte Lipämie nur beiPotus und Diabetes
vorkommt. Zudem hebt Verfasser den von. ihm gefundenen hohen
Cholesteringehalt des Diabetikerblutes besonders hervor. |
Klemperer und Umber (9) kommen später weitergehend durch
Untersuchungen über diabetische Lipämie zu dem Resultat, daß auch
hier das, was seither als „Lipämie‘“ bezeichnet wurde, in Wirklichkeit
Lipoidämie ist. | | u
Bereits 1900-hatte Groß (10) daran erinnert, daß Lezithin durch
erwiesen gelten kann. |
. Literatur: 1. Quincke, zit. bei Weil, Über Lipoidämie, M.m.W. 1912,
Nr.89, — 2. Hesse, zit. bei B. Fischer, Über Lipämie und Cholesterinämie.
Virch. Arch. 1908, 172. — 8. Franke,’ Alimentäre Lävulosurie bei ‚chronischen
Nephritiden. W.kl.W. Jg.26, Nr.28, — 4. H.Strauß, Zur Entstehung und Be-
schaffenheit milchähnlicher, pseudochylöser Ergüsse. Charit6-Annalen 1903, 27. —
5. Bernert, Arch. f. exper. Path, u. Pharm.: Nr. 49, — 6. Weil, Über Lipoidämie,
M.m.W. 1912, Nr.89. — 7. Müller, zit. bei Weil, l.c. — 8. B. Fisober,. Über
Lipämie und Cholesterinämie, Virch. Arch. 1903, 172. — 9 Klemperer u. Umber, |
- Zschr. f. klin. Med. 1907, 61. — 10. Groß, Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 1900, 44. — x
11. Ascoli, zit. bei Weil, Über Lipoidämie, M.m.W. 1912, 89. — 12. Beumer, |
Über nephrotische Hypercholesterinämie. Arch. f. Kindhik. 1921, 68. — 18. Stepp, l
Arch. f. klin. Med. 1918, 127. — 14. Port, Ebenda. 1919, 128. | © F
m a a ]
Zur Behandlung des chronischen Darmkatarrhs
= im Kurort.)
| Von San.-Rat Dr. Siebelt, Flinsberg.
‚. „Das Gebiet der chronischen Darmerkrankungen gleicht einem
viel beackerten Felde, auf welchem mancher unserer Größten tätig
war. Von Homburg v. d. H., dem diesjährigen Tagungsorte . der
Balneologischen Gesellschaft, ging manche wichtige Anregung aus;
die Not der Zeit mit ihren Ernährungsschwierigkeiten blieb nicht
BETTER ER
r ah OAR A
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Me n NIN
Quellung in wäßriger Lösung: starke Opaleszenz a und die
'Lösungsverhältnisse anderer Stoffe ändert. Er sieht daher den wesent-
lichen Grund der Trübung bei den pseudochylösen Ergüssen im Lezithin.
en Ascoli(11) glaubte, die Ursache in einem molekular veränderten
Globulin gefunden zu haben. u |
1903, etwa gleichzeitig mit den erwähnten Arbeiten von Strauß
(Le) und Fischer (l. c.), kommt Bernert (l. ¢.) auf Grund sehr ein-
ehender Untersuchungen zum Resultat, daß im Lezithin und Globulin
ie gemeinsame Ursache zu suchen sei für die pseudochylöse Trübung.
Er hält das Lezithin für den wesentlichen Faktor, der beiträgt zur -
Änderung gewisser Eigenschaften der Globuline, sei es, daß nur mole-
a An agerung nun, ee die der Aggregatzustand der
obuline verändert, ihre Löslichkeit verringert wird, sei es, daß si
beide tatsächlich chemisch binden. P i an
Wie aber auch Strauß, - vermißt Bernert unter seinen Be-
obachtungen und in der Literatur einen Fall; in dem bei ein und dem-
Bun: selben Patienten milchig getrübtes Serum und pseudochylö i
E:S festgestellt, bzw. eingehend untersucht ist. i nn
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*) Nach einem Vortrage vom 39. Balneologenkongreß,
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sino Einfluß auf die Häufigkeit der bezüglichen : Erkrankungen.
m maz die Rechtfertigung liegen, aufs neue diese Angelegenheit
an zumal endlich "auf dem Wege ‘über die physikalische
“ Chemie ‘das Dunkel, welches bisher .auf der längst bekannten
-günstigen Wirkung der Mineralwässer lag, sich zu lichten beginnt.
= Die Bezeichnung „chronischer Darmkatarrh“ rettete sich aus
der älteren Medizin zu uns herüber, trotzdem dieses Krankheitsbild
niehts weniger als eindeutig ist. Gleich vielen anderen Namen faßt
es eine mehr oder minder fest umschriebene Gruppe von Krankheits-
geichen in einem Worte zusammen. Hier soll nur auf den eigent-
'lichen“chronischen Darmkatarrh, weleher'mit reichlichen Durchfällen
einhergeht, Rücksicht genommen werden. Er ist ein keineswegs
seltenes Leiden, und der Arzt sieht unter seinen Kranken einen
reichlichen Vomhundertsatz damit behaftet.
dankbar ist die Behandlung der Krankheit, welche zwar selten von
sich alıs zum Tode führt, ihrem Träger jedoch viel Unbehagen und
Plage verursachen kann, sind wir doch oft nicht in der Lage, die
Trache unmittelbar anzugreifen, sondern müssen uns auf die
Linderung der dringendsten Beschwerden beschränken. E
= Von alters her beliebt ist der Gebrauch der alkalischen und
salinischen Mineralwässer, namentlich. der warmen Quellen dieser
Grappe. So pilgern ungezählte Scharen von Genesung oder Er-
leichterung suchenden Kranken alljährlich nach Karlsbad, Wiesbaden,
Homburg, Kissingen und den anderen bewährten Kurorten dieser
. Grappe. Auch manche Eisenwässer erfreuen sich eines gewissen
Rufes, und werden besonders dann gern in Anwendung gezogen,
wenn es infolge der mangelhaften Ausnützung der Nahrung,
vielleicht auch durch eine Art Selbstvergiftung nach Aufnahme
giltiger Zersetzungsstolie aus der regelwidrigen Eiweißverarbeitung
im Darme zu gewissen Änderungen in der Blutbeschaffenheit
gekommen ist, welche ebenfalls mit einem hergebrachten Sammel-
namen als Blutarmut bezeichnet werden,
Aber gerade bei diesen Zuständen begegnen wir in den
Stahlquellenkurorten oft recht großen Schwierigkeiten. Die kohlen-
„sauren 'Eisenwässer werden bei Störungen in der Tätigkeit des
| Nagendarmkanals, mögen sie eine Ursache haben, welche sie wollen,
meist recht schwer vertragen. Selbst die vorsichtigste, gewisser-
maben “einschleichende Anwendung kleiner und kleinster Mengen,
ei und im Gefolge von Mahlzeiten führt nicht a gr
- angewonnung, und selbst dann ist schwer zu entscheiden, 0
a dem Eisenwasser ein wesentlicher Teil des Erfolges zuzu-
iben ist,
awen Eisenwässern gegenüber mag die Sache etwas anders
legen, weil bei ihnen die adstringierende Wirkung des Vitriols
mehr zur Geltung kommen kann und die die Darmbewegung an-
gende Kohlensäure weglällt. Immerhin. ist nicht zu verkennen,
m vielen Fällen die heftigen und stürmischen Diarrhöen dieser
rm des chronischen Darmkatarrhs unter der stopfenden Wirkung
auch es kohlensauren Eisens schwinden. Besonders deutlich tritt
dies bei an Alkalien reicheren und-an CO, ärmeren Eisenkarbonat-
mellen hervor, wie z. B. am Flinsberger Niederbrunnen. Was oft
&Trinkkuren mit Eisenwässern störend und unangenehm’ empfunden
"nd, erscheint also hier als erwünschte Nebenwirkung.
.. Bei der Erkenntnis und Würdigung dieser Dinge waren wir
| isher im wesentlichen auf die Erfahrung angewiesen. Erst. die
perimentaluntersuchungen vor .allem von Bickel und seinen
Schülern, welche den Einfluß von Mineralwässern am Magen-Darm-
wal von Warmblütern studierten, brachten eine gewisse Erkenntnis
er Vorgänge, Weiter brachte die Anwendung der Ionenlehre auf
A ung der Heilquellen neue Förderung unseres Wissens.
id erzielte Schade (Kiel) bemerkenswerte Untersuchungs-
se über die entzündungswidrige Wirkung der Mineralwässer
- gerade auch im Magen-Darmkanal, mit dem Ergebnisse, daß in
we Richtung das Spannungsverhältnis zwischen Kalzium- und
Nit ‘monen die entscheidende Rolle spielt. (89. Balneologenkongreß.)
en Untersuchungen verläßt die Balneologie allmählich den
ee der Erfahrungswissenschaft, und es ergeben sich neue, wert-
oe Richtlinien für weitere F orschung: |
ir ‚Recht zufriedenstellende Erfolge liefert die Behandlung des
an echent Darmkatarrhs mit Bädern.
| en Bigenschalten des warnten Bades äußerst wohltätig, zumal
a = und der leichte Druck -des Wassers auf die Bauchgegend
leit gend auf die vielen Beschwerden wirken, welche ihn zu be-
gefühl pllegen, wie kolikartige Schmerzen, Kollern, Auftreibungs-
von Rich: ‚Besonders gute Dienste leisten Bäder mit Abkochung
enrinde, wie sie seit Jahren: in Flinsberg eingeführt sind,
> © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34. ~
Verhältnismäßig un-
Den allerdings nicht sehr zahlreichen schwefel-
zum Wohle aller derer, die sie aufsuchen.
Zweifellos sind die physi-'
PR
um.
ob Harze oder Stoffe aus der Röihe der flüchtigen Öle dabei wirk-
sam werden. Mit-der Anwesenheit dieser Stoffe im Fichtenrinden-
bade dürfte sich die Erfahrungstatsache ihrer guten Wirkung bei
Erkrankungen an mit: glatten Muskeln und Schleimhaut ausgestatteten
Organen, so Verdauungstrakt, Harn- und Genitalorganen erklären.
Nebenher mag die Bemerkung gehen,’ ‘daß Fichtenrindenbäder fast
ideal gegen den quälenden Juckreiz wirken, ‚von welchem unsere
Kranken oft, namentlich auch nachts, gepeinigt werden, wie sie
überhaupt alle Pruritusformen günstig beeinflussen. SF
Auch in den Moorumschlägen steht dem. Baädearzt ein
Mittel zur Verfügung, wohl geeignet, erfreuliche Wirkung beim
chronischen Darmkatarrh selbst, wie auch bei seinen mehr oder
minder schmerzhaften Begleiterscheinungen zu erzielen. Der ver-
‚flossene Krieg gab uns Gelegenheit zu eingehenden klinischen Be-
obachtungen und Erfahrungen auch in dieser Richtung. EL,
. Mögen ‘nun auch die’ Behandlungsmöglichkeiten, welche uns .
die Bäderheilkunde mit Trink- und Badekur an- die Hand gibt,
recht mannigfaltig und eıfolgversprechend sein, so gut wie nie
läßt sich ohne eine’ streng geregelte Lebensweise, namentlich be-
züglich der Ernährung auskommen. In dieser Richtung läßt der
offene Kurort leider noch manches zu wünschen übrig. Die. dankens-
werten Bemühungen, die „Diät“ im Kurort mit medizinischen Grund- -
sätzen in Einklang zu bringen, liegen in ihren. Anfängen ‚weit
zurück; sie knüpfen sich an die Namen von H. Strauß, C. Pariser
(Homburg), Landsberg und. Determeyer im Schlesischen Bäder-
tage. Dem Kriege und seiner Folgezeit mit den fast unüberwind-
lichen Ernährungsschwierigkeiten ist es neben dem mangelnden
Verständnis und Entgegenkommen vieler., Hotel- und Kosthaus-
besitzer in den Kurorten, welches der Bequemlichkeit und einem
gewissen Trägheitsmoment entspringt, zu danken, daß wir nicht so
vorwärts gekommen sind, wie zu wünschen wäre. Hinderlich war-
auch der in der Nachkriegszeit hervörgetretene Hang, in Nachgiebig- _
keit gegen die Wünsche gewisser Besucher, manche ‘der üblen
“ Großstadtauswüchse, wie Dielen, Musik- und Tänzcafes in die Kur-
orte zu verpllanzen. Indessen beginnt man sich, wenn. nicht. alle
Anzeichen trügen, wieder auf-den Beruf der Kurorte .zu besinnen,
und so wurde auch bezüglich der Diätfrage der abgerissene Faden
wieder aufgenommen. . Der Deutsche Ausschuß für die gesundheit-
lichen Angelegenheiten der Kurorte erörterte sie: bereits vor Jahres-
frist und betonte mit allem Nachdruck, . daß die hygienischen An-
forderungen. an Speisen und Eßgerät gerade jetzt in Rücksicht auf
die vorhandenen Gesundheitsschäden aufrechterhalten werden müßten.
Förster und v.Niedner (Salzbrunn) setzten‘sich -in Schlesien für
die Sache .ein; im Westen kamen die Homburger Diäten wieder
zur Geltung. Die von S. Hirsch beeinflußte „Nauheimer Kranken-
‘kost“ zeichnet sich durch ein kurz, klar und bestimmt im Ausdruck
gehaltenes Merkblatt aus. An vielen anderen Orten, so auch in
Flinsberg, ist man daran, die. notwendigen Folgerungen zu ziehen.
Gelingt es, die Grundsätze einer folgerichtigen Diätetik, die
den Forderungen der wissenschaftlichen Heilkunde, der Hygiene und
der ‘Wirtschaftlichkeit in gleichem Maße -Rechnung trägt, in den
Kurorten zur Geltung zu bringen, dann können sie ‘zum großen
Teil das leisten, was jetzt noch den diätetischen Heilanstälten und
Sanatorien vorbehalten -ist. Sie werden damit den Kreis ihrer Be-
sucher in der Richtung der Träger von Magen- und Darmerkrankungen
erheblich erweitern können. Die natürlichen Heilmittel der Kur-
orte, ihre Mineralquellen und Bäder, welche unter allen Umständen
den Grundstock ihrer Betätigung bilden müssen, werden im Verein
mit einer sachgemäßen Ernährung erst recht zur Geltung kommen
—
-_ Ein Fall von Stieldrehung eines Ovarialtumors :
bei einem Yjährigen Mädchen. TE:
_ Von Dr. Otto Wallerstein, Aachen.
| Wenn auch ‚vereinzelt über Ovarialtumoren bei kleinen. Mäd-
chen vor der Geschlechtsreife berichtet worden ist, liegen in. der
0
mir zur Verfügung stehenden. Literatur nur wenige Fälle vor, in
denen die Operation eine Stieldrehung feststellte. In einigen größeren
Lehrbüchern der Kinderheilkunde wird auf die Möglichkeit dieses
Vorkommnisses. bei .der Differenzialdiagnose der Appendizitis im
Kindesalter hingewiesen, und auch im vorliegenden Falle war schließ-
lich, eine Appendizitis angenommen worden, auf Grund: deren die.
Operationsindikation gestellt wurde. |
Elfriede H., 9 Jahre alt, : erkrankte am 5, A
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Seichviel ob der hohe Gehalt an Gerbsäure im Badeauszuge oder | heftigen Leibschmerzen, die. von dem Kinde besonders in der unteren rE PL KEN REA ;
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ar 18 .1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34.
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Decoct. rad. salep. e 0.5/ad 15.0
Ol. menthae pip. I
Liquor. ammon. anisat. 0,2
Ol. pumilionis -
Bauchgegend lokalisiert wurden; Erbrechen und Obstipation sind vor-
handen; Appetitlosigkeit; Temperatur rektal 380; das Allgemeinbefinden
ist nicht gestört; es besteht eine défense musculaire auf der linken
Unterbauchseite; der Leib ist im ganzen etwas gespannt. Unter
-lichen Literatur verzeichneten seltenen Fälle um einen bereichern.
warmen Umschlägen und »Belladonnasuppos. zuerst abwarten; bis
N
7. April morgens bestehen die Schmerzen unverändert fort; das Kind
erbricht noch zweimal und klagt über zunehmende Übelkeit; mittags
ist die Temperatur 37,80%; der ganze Leib sehr gespannt und druck-
empfindlich. Die Wahrscheinlichkeiteäiasnose lautet auf Appendizitis;
die Bevorzugung der linken Seite bei der Schmerzangabe wird ent-
weder auf abnorme Lage des Wurmfortsatzes oder auf unzuverlässige
Angabe des Kindes zurückgeführt; eine Konsultation mit dem Leiter
der chirurgischen Abteilung, Herrn Dr. Krabbel, des Krankenhauses
Forst bestätigt die Diagnose; das Kind wird am selben Nachmittag
im Krankenhause Forst von Herrn Dr. Krabbel operiert. Der Opera-
tionsbefund lautet: | | i
Rechtsseitiger Pararektalschnitt etwa 6 cm lang; Peritoneum
. etwas aufgelockert, dunkel durchschimmernd. Nach Eröffnen fließt
etwas blutig seröse Flüssigkeit ab; Appendix frei. Der Finger tastet
hinter dem Uterus’ einen hühnereigroßen, verklebten Tumor. Ver-
längerung des Schnittes nach unten; Vorwälzen des 'Tumors, der den
linken Rn angehört. Es handelt sich um eine ÖOvarialzyste, die
durch mehrfache Stieldrehung total infarziert war. Abtragung der
Adnexe und Peritonealisierung des Stumpfes. Das. Kind konnte nach -
9 Tagen geheilt entlassen werden. | 2 |
‘ Die kasuistische Mitteilung würde die in der mir zugäng-
Literatur: Stieldrehung eines Ovarialtumors bei einem 9jährigen
Mädchen. M. m. W. 1923, 2L — L Boll, Stieldrehung des Ovariums bei zwei
Schwestern von 84, und 7 Jahren. Ref. Arch, f. Kindhk. Bd. 54 — Pugol,
Ovarialzysten bei 10jährigem Kinde mit Stieldrehung. Ref. ebenda, Bd, 55. —
Monord-Rochd, Stieldrehung einer Dermoidzyste. Journ. de med. de
Bordeaux 1908, 22, ap
Zur Behandlung von Rhinitis sicca.
Von Dr. Ernst Friedländer, Wien.
Jeder Arzt weiß, welch undankbare Aufgabe die Behandlung
einer chronischen Rhinitis sicca ist. Oft treten hierbei trotz Fehlens
-` einer nachweisbaren Nebenhöblenaffektion Kopfschmerzen und psy-
chische Depressionszustände auf, welche sich nur schwer beein-
flussen lassen. ;
Ich habe nun das in solchen Fällen gebräuchliche Menthol-
nasenöl, welches meist in besagten Fällen auch keine deutliche
Wirkung zeigt, mit anderen Zusätzen und in anderer Zustandsform
verschrieben, und zwar:
Ol. eucalypt aa 2,0
Ol. parafüini 3,0
| . Gummi arabiei q. s. ut f. emulsio
uud bin hierbei v
on folgenden Erwägungen ausgegangen.
Ol. menthae pip. hat außer der kühlenden Wirkung auch eine des-
infizierende, wie dies ja bei Darm- und Gallenblasenleiden bekannt ist.
Ol. pumilionis und Ol. eucalypti üben einen Reiz im Sinne einer
stärkeren Durchblutung und gleichzeitig stärkeren und dünnflüssigeren
Sekretion aus. Im selben Sinne wirkt Liquor ammonii anisati.
Das Salepdekokt ist als. Pufferung gedacht, um das nun
reichlicheı fließende Sekret zu umhüllen ung eine unangenehme
Reizwirkung zu vermeiden. Im gleichen Sinne wirkt Ol. paraffini.
Die Emulsionsform ist gewählt, weil Medikamente in rein öliger
Form auf Schleimhäuten. nicht ihre maximale Wirkung entfalten
können, weil ja Öle, flüssige Paraffine und ätherische Öle mit dem
serösen Medium der Schleimhäute nicht mischbar sind, während sich
Emulsionen, die ja schon feinste Verteilung von öligen Medien in
Wasser darstellen, sich viel intensiver und rascher mit dem serösen
Medium der Schleimhäute vereinigen. Auch bei Rhinitis sicca fehlt
eine Sekretion nicht, sie ist nur viel spärlicher, und um so mehr
muß man die lokalen Mittel in leicht aufnehmbarer Form applizieren.
Die Verschreibungsform hat sich mir in vielen Fällen bis
jetzt sehr gut bewährt, so daß ich sie zur Nachprüfung empfehlen
k
ann. In den meisten Fällen ist die Wirkung auch auf die Kopi-
schmerzen und die psychischen Depressionen eine sehr günstige.
Bemerkung zum Aufsatz von Bondi über intra-
thorakale Auskultation?).
Von Prof. Dr. med. et phil. H. Gerhartz, Bonn.
Über die Technik der intrathorakalen Auskultation berichtete
ich bereits im Jahre 1906 kurz in dieser Wochenschrift?). Die Technik
der röntgenologischen Bestimmung der Lage des Schlauchendes, und
zwar zur Vorhoflokalisation, ließ ich durch Jaffe 1909 beschreiben’).
1) S. Bondi, Med. Klin. 1924, Nr. 18, S. 602—603. ı |
2) H. Gerhartz, Notiz zur Technik der Ausheberung des Magen-
saltes. Med. Klin. 1906, Nr. 11.
3) L. Jaffe, Die Lokalisation des linken Vorhofs des Herzens
im Röntgenbild. Inaug.-Diss. Berlin 1909 und Zbl. f. klin. Med. 68, H. 5/6.
| - Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus der Bakteriologischen Abteilung des Rudolf Virchow - Kranken-
| hauses Berlin (Direktor: Dr. Kurt Meyer).
Erfahrungen mit der Meinickeschen Trübungsreaktion.
Von Dr. Gudrun Bruns.
Die zuletzt von Meinicke angegebene Modifikation seiner
Trübungsreaktion?); die Anstellung mit aktivem Serum bei Zimmer-
temperatur, hat weitgehende Anerkennung gefunden. Wir wollen
auf die zahlreichen in letzter Zeit erschienenen Arbeiten nicht näher
eingehen und nur beispielsweise anführen, daß Förtig?) an einem
Material von 1814 syphilitischen Seren 88,4 % Übereinstimmung
. zwischen den Resultaten der Wa.R, und der MTR. feststellte. . 10,2 %
waren MTR. -Wa —, 1,2% MTR. — Wa +. 752 Kontrollseren zeigten
keine unspezifische Trübung. Damit bestätigte Förtig, was auch
von anderer Seite [Elkeles?) u. a.] schon betont wurde, daß die
MTR. eine größere Reaktionsbreite und eine höhere Empfindlichkeit
besitzt als die Wa.R, ohne daß die Spezifität, nach seinem
Material zu urteilen, beeinträchtigt wird.
Wenn wir glauben, trotz der in letzter Zeit sich häufenden
Veröffentlichungen auch unsere Erfahrungen mitteilen zu sollen, so
tun wir dies, weil‘ sie sich auf ein ausgewähltes Material
beziehen. Zur einen Hälfte besteht dieses aus Fällen von primärer
sowie latenter.Lues des sekundären und tertiären Stadiums, meist
am Ende einer Kur. Die andere Hälfte betrifft zum überwiegenden
Teil Fälle, bei denen erfahrungsgemäß unspezifische Reaktionen
beobachtet werden: Karzinom, Sepsis, Tuberkulose, Urämie, ‚Diabetes,
hochfieberhafte Erkrankungen, Ikterus, Gravidität. °
1) Klin. Wschr. 1924, No. 9, S. 361.
2) M.m.W. 1924, No. 12, S. 365.
3) M.KI. 1923, No. 45, S. 1494.
keine Anamnese erhoben werden konnte.
Wir hielten uns ganz
Meinicke und benutzten als
dünneren 1028,
Wir untersuchten 520 Fälle mit folgendem Ergebnis:
In 457 Fällen = 88% stimmten die Resultate der Wa.R. und
MTR. überein, während sich in 63 Fällen = 12 % Differenzen ergaben.
Diese Unterschiede verteilen sich folgendermaßen: |
A. Wa.R. stärker als MTR., zusammen 18 Fälle.
i. WaR. + MTR. —: 4 Fälle, davon 2 Lues, 1 Angina,
1 Pneumonie. | | x
2. WaR. & MIR. —: 14 Fälle, davon 4 behandelte Lues,
1 Aortitis luetica, 1 Paralyse, 1 Lues congenita. In 7 Fällen ließ
sich keine Lues nachweisen, und zwar bei je 1 Fall von Arterio-
sklerose, Pneumonie, Typhus, Sepsis, Grippe, multipler Sklerose.
1 Patientin mit Sepsis starb kurz nach Krankenhausaufnahme, so daß
an. die Versuchsanordnung . von
dickeren Extrakt No. 3612, als
B. MTR. stärker als Wa.R., im ganzen 45 Fälle -~
1. Wa.R. — MTR.+:20 Fälle, und zwar 16mal ein luetischer
Befund, 1 Cholezystitis, 1 Nephritis, 1 Ikterus katarrh., 1 Epididymitis.
2. WaR.=F MTR. +: 1 Fälle, davon 7 Fülle von Lues. Kein
Anhalt für Syphilis fand sich bei 2 Fällen von Apoplexie, 1 multipler
Sklerose, 1 Grippe. | u
3. Wa.R.-MTR-+:8Fälle, davon 7 Luesfälle und 1 Ischias ohne
Anhalt für Syphilis. | i
4 Wa.R. — MTR. +: 6 Fälle, und zwar bei 5 luetischen Erkran-
kungen und 1 Splenomegalie ohne Anhaltspunkte für luetische Infektion.
Aus diesen Zahlen ergibt sich unzweifelhaft 3
Empfindlichkeit der MTR. Verhältnismäßig viele Fälle, bei
denen die Wa.R. versagt, werden durch positive MTR. als luetischer
Natur erkannt. Fast ausnahmslos handelt es sich hier um Fälle
von latenter oder behandelter Lues. RE
Der umgekehrte Fall, eine einwandslrei positive Wa.R. bei
negativer MTR., findet sich in unserem Material nicht. Dagegen
eine größere
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kam eine Reihe von Fällen mit angedeuteter Wa.R. bei negativer
MTR: zur Beobachtung. Allerdings ist ja eine solche angedeutete
WaR. nicht beweisend. Aber es ist doch bemerkenswert, daß es
sich hierbei vielfach um Luesfälle handelte. Von einer absolut
erößeren Empfindlichkeit der MTR. wird man daher nicht sprechen
. können. en un,
Was die nicht minder wichtige Frage der Spezifität der
zu erzielen.
. >. Vielleicht dürfen wir hoffen, daß es Meinicke bei seinen
maisgesetzten Bemühungen gelingt, die Reaktion zu noch größerer
Vollkommenheit auszugestalten, wobei größerer Wert auf Sicherung
d;
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Pig”.
der Spezifität als aul Steigerung der Empfindlichkeit zu legen Später zerschnitt ich den Rest ‘der Masse, in welcher ich Ae
sein dürfte. | | | eine kleine Stelle fand, die ich für bösartig hielt. Nach sorg- upt:
. Auch in technischer Hinsicht sind Verbesserungen noch | fältiger Untersuchung teilte ich meine Entdeckung dem betreffenden ki i
erwünscht. | | Chirurgen, mit, der infolgedessen bald darauf die Brust- und die er h
„ „90 war die große Unstabilität der Extraktverdünnungen, die | Achseldrüsen operativ entfernte. Aber in diesen ‚wurden keine Ber
die. Herstellung einer größeren Menge verbot und sehr schnelles | anderen bösartig erscheinenden’ Stellen - gefunden.. Der Patientin irae
Arbeiten erforderte, ohne Zweifel ein Nachteil der Reaktion. Hohn‘) geht es gut, und «sie hat bis Jetzt keine Zeichen einer Wieder- | el
hat get, daß durch Zusatz von 1 cem einer Í % igen K, CO,-Lösung
AwWcem der zur V erdünnung benutzten 3%igen NaCl-Lösung die
‚Kitraktverdünnung stabilisiert werden kann. Allerdings schreibt
"in vor, daß die Reaktion ‘mit inaktiviertem Serum bei Brut-
schranktemperatur und 24stündiger Beobachtungszeit angestellt
werden: soll. l
è ; ng l . .
‚,, Wir haben in letzter Zeit eine größere Zahl von Seren gleich-
Xg mit der nach Meinicke hergestellten und mit der nach Hohn
Elkeles®). hat ein Verfahren m diesem ÜI
stand abzuhelfen. Er setzt Normalserum hinzu, dessen Stabilisierungs-
wirkung die unspezifische Trübung verhindern soll. Wir haben eine
größere Zahl von Liquoren in dieser Weise untersucht, bisher mit
| gutem Erfolg, doch sind unsere Erfahrungen noch nicht abge-
schlossen. _ | en EN N nu pe o
Zusammenfassung: Bei dervergleichenden Untersuchung von
die sich in einer von mir vor 11/, Jahren untersuchten Brust-
geschwulst `befand, entgangen war: Zwei Scheiben dieser‘ rund-
lichen Masse von etwa 1,5 cm im Durchmesser wurden mit dem
Gefriermikrotom geschnitten und schienen gutartig zu sein.
erkrankung gezeigt. en | en es:
Die Erfahrung gab mir zu denken. Könnte ich es das nächste
Mal in gleichem Falle besser machen? Nein, nur. wenn’ ich im-
stande wäre, eine Methode zu erfinden, durch die es mir möglich
wäre, mit einer gewissen Sicherheit und Schnelligkeit eine: kleine
bösartige Stelle in einer großen gutartigen Masse zu finden. Es
erschien erforderlich, das Gewebe in viel feinere Scheiben zu zer-
schneiden, als es bisher geschehen war. Auch wenn ich’ das, täte,
angegeben, um diesem Übel-
Ea a Den Be nn.
er LI Sein E R a x n=
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K € E =
MTR. betrilft, so meinen wir, kein uneingeschränkt günstiges | 520 ausgewählten Seren mit der ‘Wa.R. und: MTR. zeigte sich im i
Urteil fallen zu dürfen. Wir sind uns natürlich bewußt, daß ein | allgemeinen eine größere Empfindlichkeit dr MTR: 4 i i
negativer ánamnestischer Befund im Einzelfalle nicht sehr hoch In einzelnen Fällen jedoch reagierte die Wa.R. stärker, so daß Ä RE
bewertet werden kann. Immerhin ist die Zahl solcher Fälle — | zur Erzielung. einer Höchstzahl: von .positiven Resultaten die gleich- NR
WaR—NMTR-+ ohne Luesanamnese = bei unserem Material nicht zeitige Anstellung beider Reaktionen erforderlich ist. OLA | SESU Ne
ganz gering. Es finden sich, wie schon erwähnt, je 1 Fall von Positive Reaktionen ohne nachweisbare Luesanamnese kamen N
Cholezystitis, Nephritis, Icterus catarrh., Epididymitis, : bei denen | bei der MTR. etwas häufiger zur Beobachtung als bei der Wa.R. Br Yo i
die Wa.R, völlig negativ ausfiel, ferner 1 Fall von Ischias, bei dem Ob in der Tat, wie es hiernach scheinen könnte, die größere Fi I hl,
“auch die Wa.R. angedeutet positiv war. Ä | . | Empfindlichkeit der MTR. mit einer Verminderung der Spezifität PAER RN
Demgegenüber enthält unser Material Fälle ohne Lues- | einhergeht, wird sich nur auf Grund ausgedehnter ‘Untersuchungen ; 2} er li
anamnese mit einwandfrei positiver. Wa.R. bei negativer MTR. gar- | entscheiden lassen. — — B a no = HE Ni
nicht, mit schwach positiver Wa.R. nur zwei (Angina,. Pneumonie). Ein Ersatz der Wa.R. durch die so außerordentlich einfache Ba FAN Iig t poia iE
Daß diese vielleicht unspezifischen Reaktionen bei der Wa.R. | MTR. kommt jedenfalls zurzeit noch nicht in Frage. RN RER
seltener vorkommen als bei der MTR., erklärt sich ohne weiteres | | ee | | A I; Bee
ren ri sell g - i | a a A | f Eh ups
widmen erkennen läßt, welche bei der WaR nicht zum | Aus dem Pathölogischen Institut der Mediziniächen Fakultät der ke
Ausdruck kommen. | Vanderbilt Universität Nashville, Tennessee, U.S.A. HARIR iE I, Na
Es erscheint zweifelhaft, ob es überhaupt möglich sein wird, icari i i 1 in. wenioer : | SIR, «|
die Empfindlichkeit der Reaktion gerade in der Richtung zu steigern, EKONET OT erg nn A als pi el
dab nur die durch Lues hervorgerufenen Serumveränderungen an- |, Sechzig Sekunden onne Mi rotom.”) | | EL SE et
gmäigt werden, während die doch sicher gelegentlich auch bei | Eine neue Methode, die besonders zum Finden von Bös- NE iaie t prte)
. anderen Erkrankungen vorhandenen, zum mindesten sehr ähnlichen artigkeit geeignet ist. a Ä Ra ERS ieh,
‘ Veränderungen des Serums sich dem Nachweis entziehen. | ee N k Bpel
. — Um unser Urteil zusammenzufassen, möchten wir glauben, _ Von Dr. Benjamin Taylor Terry, A haha vig han
„dab ein positiver Ausfall der MTR, doch nicht ganz. mit der fast Prof. der Pathologie, Nashville, Tennegsee, U.S. A. n | EEE
absoluten" Sicherheit für Lues spricht wie ein positiver Ausfall der Die Methode, die in ‘den folgenden Seiten zur Besprechung | Ben: Ei
WaR. -Immerhin wird er für die Diagnose auch dann ins Gewicht | kommt und über die ich zum. ersten Male. vor der Abteilung für BEN Ki,
fallen, wenn die Wa.R. negativ ausfällt. | Pathologie und Physiologie der amerikanischen medizinischen Ge- HERR AR:
= Wir glauben daher, daß beide Reaktionen nebeneinander an- | sellschaft zu Chicago am 11. Juni 1924 berichtet habe, ist durch den "En
‚gestellt werden sollten, um eine Höchstzahl von positiven Reaktionen | Umstand ins Leben getreten, daß mir eine kleine bösartige Stelle, Ä | Era
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ilisii 4 5 ie könnte ich wissen, in' welcher meiner vielen iben di dain
slabilisierten Extraktverdünnung untersucht und zwar nach der von Won 1] hal a Beim $ ee YAON Scheiben die ER
leinicke ans T . . j . | bösartige Stelle enthalten sei? Beim Suchen einer Antwort fiel mir OS RE
Ta angegebenen Versuchsanordnung mit aktivem Serum bei | >. sch. oft mit bloßen Aure melih ORT ek
Zmeriemperatur. Hierbei haben wir stets übereinsiimmende Er- | 2! daß ich oft mit blobem Auge in gelärbten Präparaten bösartiger ee iga
gebnisse beobachtet, Sollte ch a Er h an zrößerem | Gewebe Flächen beobachtet hatte, die sich besonders intensiv färbten, Aah a
laterial bataan a e E EOSO Arlanrung An B tabili- | so daß ich zeitweilig noch vor der mikroskopischen Untersuchung ABEREEN
- Sierfen Liane a an ae gel Esmeine Verwendung der BiabIN | dan Eindruck hatte, daß das Gewebe bösartig sei. Könnten also EG EA n
E = ae a Stabili- | vieleicht bösartige Stellen durch schnelle Färbung der Oberfläche us p
sierung a nel auch Meinicke?) ein Verfahren zur nn {| von Scheiben der ganzen Gewebe hervorgehoben ‘werden? Ich ent- Bil i
a ni yeitet zu haben, das er aber noch nicht mitgetel A at. | schloß mich, es zu versuchen und fing an, dünne glatte Scheiben ER
der dimmer Bal O CR könnte. Während im ale | ich mit saurem polychromen Methylenblau und fand, daß ich in NE
al : r Xtrakt mehr positive Resultate gibt, weist unser B erstaunlich vielen Fällen die bösartigen Stellen entweder mit bloßen Sp
Bi = Fälle auf, wo ‘der dickere Extrakt positiv reagierte Auge oder bei Benutzung einer guten Lupe von der Oberfläche ABS,
| a emem Befund bei dem dünneren. her sehen konnte. er, 2 Zn SE
d. An nicht zu unterschätzender Nachteil der MTR., der an sich Diese Entdeckung interessierte mich ungeheuer und ich: vér- REET
aus in alleinige Verwendung für die Serodiagnostik der Lues ‚öffentlichte dieselbe 1). gie Bu en; a. Br
Pie ebt, ist der, daß sie bei der Untersuchung von Lumbal- u | a A I
; sigkeiten versagt, indem auch 'normale Liquoren Trübung ‘ 0) M.Kl. 1923, Nr. 45, S. 1494. RR re E I N
"geben, . = #) Nach einer Demonstration vor. der Berliner medizinischen LETTER
Bess Gesellschaft am 16. Juli 1924. nn rc ae
re JMW 1924, Nr. 11. S. 395 1) B. Toy: Journal. of the American Medical Association ih, HERRN
MmW. 1924, Nr. 17, 8.554, De ne I
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Bei. zahlreichen Untersuchungen von gefärbten, bösartigen
Geweben stieß ich auf einige, bei. denen weder das bloße Auge,
noch die Untersuchung unter der Lupe für die Diagnose genügend war.
Es erwies sich als sehr wünschenswert, die Methode dahin
zu ändern, daß .es möglich würde, die Untersuchung mit der
schwachen Vergrößerung des Mikroskopes mit schräger auffallender
Beleuchtung vorzunehmen. Experimente zeigten, daß dieses möglich ist.
Um die besten Resultate bei‘der mikroskopischen -Unter-
suchung der Gewebsscheiben mit schräger auffallander Beleuchtung
zu erzielen, müssen die folgenden 7 Punkte in jedem Falle in Be-
tracht gezogen werden:
1. Fixierung, 2. Auswahl,
3. Scheibenschnitte, | 4. Färbung,
5. Beleuchtung, 6. Vergrößerung, 7. Kontrolle.
1. Fixierung. Das Gewebe muß richtig in
sein. Dünne Gewebsscheiben können in 12—24 Stunden fixiert werden.
2. Auswahl. Wenn es sich um Bösartigkeit handelt, sollten die
zu untersuchenden Scheiben, wenn möglich, sowohl bösartige als auch
gutartige Stellen enthalten. Der vordringende Rand der, Geschwulst
sollte in dem zu untersuchenden Ausschnitt zu finden sein. Man ver-
- .meide nach Möglichkeit Gewebe, das degeneriert oder entzündet ist.
8. Scheibenschnitte. Die zu untersuchende Oberfläche muß.
anz glatt sein. Das ist von. höchster Wichtigkeit. Um eine glatte
berfläche zu erhalten, benutze man ein sehr scharfes Rasiermesser
und mache zwei parallele Schnitte ohne starken Druck, jeden mit einem.
‚einzigen, langen, schnellen Zuge. |
Ein guter, genau und rasch wirkender Farbstoff
4. Färbung. I
sollte richtig angewandt und dann schnell mit destilliertem Wasser
abgewaschen werden. Für fixierte Gewebe benutze man polychromes
'Methylenblau, welches angesäuert worden ist. Die Bereitung dieser
‘. Farblösung wird am Ende dieser Abhandlung angegeben werden. Die
Färbung wird in ungefähr 5—10 Sekunden vollendet. Die Zeitdauer
hängt von der Güte und Konzentration der benutzten Reagentien und
dem Zustand des Gewebes ab. Kleine Scheiben werden durch. Bin-
tauchen in etwas Farblösung und leichtes Hin- und Herbewegen in
derselben gefärbt, ohne sie jedoch: stark an dem Boden ’des Gefäßes
zu reiben. Die Farblösung kann wiederholt gebraucht werden. Man
erneuere dieselbe, sobald sie zu schwach geworden ist. ‘Bei großen
Oberflächen kann die Farblösung mit einem breiten, sehr weichen
Pinsel von Kamelhaaren aufgestrichen werden. >
5. Beleuchtung. Die zu untersuchende Oberfläche soll kurz
‚ abgespült und in diesem feuchten Zustande (da die Methode gegen
„Austrocknung empfindlich ist) von starkem auffallenden Lichte ‚schräg
beleuchtet werden. Das beste Resultat wird wahrscheinlich erzielt
durch Benutzung eines starken elektrischen Lichtes, welches zu einem
kleinen Strahl ungefähr von 2 mm Durchmesser konzentriert ist und
in einem Winkel von etwa 45° auffällt. Eine kleine Glühlampe am
Hautmikroskop von E. Leitz gibt gute Resultate, aber ich glaube, sie
. kann noch. verbessert werden.
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|. 6. Vergrößerung. Eine hundertfache Vergröße
mir gewöhnlich, um Eiterzellen von Krebszellen oder L
| ebrauch eines
15—16 mm-Objektivs (Leitz Nr. 3) und eines
10 Mal erzielt werden.
Es ist jedoch besser, zum Feststellen kleiner bösartiger Herde
‚in großen gutartigen Massen zuerst ‚das bloße Auge oder eine Lupe |
mit etwa 10 Mal. Vergrößerung zu benutzen.
7. Kontrolle. Die Diagnosen, d
ie mit schräger auffallender
Beleuchtung gemacht werden, sind nur provisorisch.
In jedem
Falle sollten sie kontrolliert werden: Empfehlenswert sind hierzu gute
_ Gefrierschnitte, die mit saurem polychromen Methylenblau gefärbt
sind. Wenn man sorgfältig arbeitet und mit dieser Methode Erfahrung
hat, dürften provisorische und endgültige Diagnose in den Hauptpunkten
in über 80% der Fälle übereinstimmen. |
- Ratsam wäre am Anfang, diese Methode an bösartigen Fällen
zu versuchen, welche leicht mit anderen Methoden zu diagnosti-
zieren sind, z. B. sehr bösartigem Brust- oder Gebärmutterkrebs. —
Wenn man sich mehr und mehr mit der Farblösung und der Technik
des Färbens und hauptsächlich des Schneidens bekannt gemacht
bat, kann man schwierigere Fälle untersuchen.
Vorteile;
Die neue Methode hat mindestens 8 Vorteile:
1. Zeitersparnis. Ist das Gewebe gut fixiert, von passender
Größe und zum Untersuchen geeignet, so kann die provisorische
mikroskopische Diagnose häufig. in weniger als 60 Sekunden
gestellt werden.
2. Leichtfaßlich. Die Methode ist so einfach, daß sich wohl
jeder geübte Pathologe dieselbe leicht und schnell aneignen kann.
2) Ich neutralisiere die Säure in unverdünntem Formol. durch
Hinzufügung von pulverisiertem CaCO, Dann wird ein Teil dieses
neutralisier
rten Formols zu neun Teilen physiologischer Kochsalzlösung
hinzugefügt. 0 Fr
10% Formol2) fixiert
Untersuchung in keiner Weise.
rung genügt-
| er zu
unterscheiden. Eine solche Vergrößerung kann durch &
periplan. E. Leitz-Okulars _
`
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8. Für fixierte Gewebe geeignet. Sie ist für gut in
Formol fixierte Gewebe geeignet. Unfixierte Gewebe in dünnen
Schnitten können jedoch schnell, wenn auch unvollkommen, in
60 Sekunden fixiert werden, indem man dieselben für diese Teit-
dauer in 10 %igem Formol auf ungefähr 95°C erhitzt. Es ist be-
quemer, das Formol zuerst zu kochen, es dann vom Feuer zu nehmen
und die Gewebe zu fixieren, während das Formol abkühlt.
4. Nicht kostspielig. Die Ausführung dieser Methode ist
nicht kostspielig, da sie nicht viele Dinge erfordert. Die Farbstoffe
sind ' sebr billig. Für etwa 2 Mk. kann sich der Pathologe mit
Chemikalien versehen, die Monate oder Jahre reichen. Die Lampe,
mit der die Oberfläche .des Gewebes beleuchtet werden soll, -ist
in einem Laboratorium vielleicht der einzige Gegenstand, der be-
schafft werden ud. — = — |
5. Das Auffinden bös
ist besonders nützlich, um kleine bösartige Stellen .in umfang-
reicheren großen gutartigen Geweben zu finden. Durch die Färbung
treten die Kerne blau und das-alte Bindegewebe rot hervor.
6. Vielfache Verwendbarkeit. Sie ist nicht auf Diagnose
artiger Anfänge. Die. Methode -
von Bösartigkeit. beschränkt, sondern zeigt vielleicht fast ebenso gut
andere pathologische Veränderungen. Mit etwas Übung ist es nicht
schwer, unter vorteilhaften Bedingungen die akuten von den chro-
nischen entzündlichen Veränderungen zu unterscheiden. ‘So kam
‚man auch tuberkulöse Riesenzellen
leicht erkennen.
und. käsige Nekrose ziemlich
7. Zuverlässigkeit.
gebenen Falle, ob die Diagnose mit dieser Methode gestellt ‘werden
kann oder nicht.
8 Folgende Untersuchungen unbeeinträchtigt. Die
Vorlärbung der Scheiben zur Untersuchung der ganzen Masse mit
schräger aufiallender Beleuchtung stört, die sp
Ungeeignetes Gewebe. Nicht jedes Gewebe eignet. sich
in gleicher Weise für die Diagnose mit schräger auffallender Beleuch-
tung nach Färbung mit polychromem Methylenblau. Gebärmutter-
‚ausschabungen in gutartigen Fällen geben oft so kleine Gewebsstücke,
daß sie mit einem Rasiermesser nicht glatt geschnitten werden können.
Ungenügend fixierte Gewebe und nekrotische Gewebe oder solche, ;
` welche nach dem Tode Veränderungen unterworfen worden sind,
oder solche, die zeitweise Radium- oder Röntgenstrahlen ausgesetzt
worden sind, färben sich schlecht und mögen schwer zu diagnosti-
zieren sein. Außerdem gibt es Fälle von Bösartigkeit, deren Dia-
gnose so schwer ist, daß die beste Technik und vielleicht die
stärkste Vergrößerung des Mikroskopes angewandt werden muß.
Diese Fälle, und andere, welche nur. spärlich bösartige Zellen auf-
weisen, sind mit schräger auffallender Beleuchtung sehr schwer zu
diagnostizieren. + Ä |
Während ich der Meinung bin, daß Untersuchungen ` mit
schräger auffallender Beleuchtung genügend sind, um die Diagnose
in den meisten Fällen zu. stellen, glaube ich, daß es unwahrscheinlich
ist, daß diese Methode stets die älteren Methoden ersetzen wird. ‘Die
neue Methode erlaubt die schnelle Untersuchung großer Oberflächen, |
und sie ist von größter Hilfe beim Finden von Flächen, die man
Sie ist eine zuverlässige Methode. bei’ -
geeigneten Geweben. Gewöhnlich sieht man sofort in einem ge-
ätere mikroskopische,
noch weiter untersuchen möchte. Da man vermeidet, eine größere
Anzahl von Schnitten nach der alten Methode durchmustern zu
müssen, wird, wie ich hoffe, diese neue Methode eine enorme Er-
sparnis von Zeit und Material ergeben.
Zubereitung der Farblösung®). Ich benutze zwei haltbare
Vorratslösungen: un N BE
< Nr. 1 ist 1000 ccm einer 1%igen wäßrigen Lösung von Methylen-
blau. (Methylenblau Medicinale von Merck oder Grübler sind gut)
= Nr.2 ist 1000 ccm einer 1%igen wäßrigen Lösung von Kalium-
karbonat (KCO). Mercks U. S. P.-Karbonat, wasserfrei, ist ausgezeichnet.
; Farblösung für formol-fixierte Gewebe.
| Vorratslösung Nr.1
Vorratslösung Nr.2.......
zusammen 100 ccm |
| Man koche die Lösung stark, genau 60 Sekunden in einem
Erlenmeyer-Kolben von 250—500 ccm. Die Zeit darf erst von dem
Augenblick an gerechnet werden, wo die Lösung 100°C erreicht oder
starke Blasen schlägt, also sichtlich kocht. - Nach 6 da lacai
Kochen kühle r die L E ach 60 Sekunden
ösung schnell ab, ind den Kolben
unter fließendes Wasser hält. a | er,
`
3) Diese Farblösung kann auch durch E. Leitz, Berlin, Luisen-
straße 45, berejts fertig bozok on vada l = a : o
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr.34. ` > 24. August
- “v—n
‚ Aeigie,
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Sy, ee 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34. ee NITS
zi Wenn abgekühlt, füge man sofort 1 cem Eisessig hinzu, schüttele
| tüchtig, filtriere, und die Lösung ist fertig zum Gebrauch für formol-
fixierte, Gewebe. Diese Farblösung hält sich monatelang.
RR = Zusammenfassung:
Eine provisorische mikroskopische Diagnose kann oft gestellt
werden an geeisnetem, in Formalin fixiertem Gewebe in weniger
als 60 Sekunden, indem man es mit einem scharfen Rasiermesser
Aus der Praxis für die Praxis.
w E ‚Geburtshililiches Brevier.
| NOE Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden- Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 33.)
Meist deutet das Abgehen einer Decidua darauf hin, daß das
"Brabgestorhen, trotzdem kann aber in Ausnahmefällen das Ei noch
seilerentwicklungsfähig bleiben. Man nehme stets eine genaue
namnese auf, die hier von besonderem Werte ist und wenn
"einmal die. sonst regelmäßigen Menses ausgeblieben, denke man
immer an die Möglichkeit einer Extrauteringravidität; es kann sich
auch Colostrum“ in den Brüsten wie bei intrauteriner Gravidität
eisen. Trotz alledem ist man oft über einen Fall nicht im Klaren
und da ist stets am sichersten, die Patientin einer Anstalt zur Be-
Obachtung zu übergeben. Jedenfalls ist dringend 1. vor einer
"Öurettage zu warnen, da durch sie größeres Unglück entstehen
kann (Platzen des Fruchtsacks, Verjauchung des Blutergusses usw.)
2 auch vor einer Sondierung des Uterus. Es kann aber
auch einmal der Fall eintreten, daß die Patientin nicht mehr trans-
portieri werden kann, dann sollte jeder Arzt im Hause die Kranke
“operieren (Ich habe selbst seiner Zeit zwei solcher Fälle mit Erfolg
operiert). Die Symptome sind hier meist so typische, daß eigentlich
einIrrtum nicht gut vorkommen kann; trotzdem kann aber auch
die Blutung so stark auftreten, daß jede Hilfe zu spät kommt.
lmidiert man bei der Operation in der Mittellinie — der Pfannen-
siielsche Querschnitt ist für den Nichtspezialisten zu kompliziert
und dauert auch länger als der Medianschnitt — so quillt meist
tach der Eröffnung des Bauchfells das Blut aus dem Leib. Man
geil dann seitlich vom Uterus zu der geborstenen Tube, umfaßt
‚dieselbe mit 2 Fingern und sucht sie mit oder ohne Ovarium vor
die Bauchdecken zu bringen, binde dann äb. Es ist garnicht so schwer
Jalsman denkt. Ich empfehle natürlich dieses operative Vorgehen dem
praktischen Arzte nur für ganz exzeptionelle Fälle, denn meist wird es
noch gelingen fachmännische Hilfe herbeizuholen. Inzwischen verordnet
man Rückenlage, eine Eisblase auf den Leib, Opiumtinktur zwei-
sündis 8—10 Tropfen. So kann im günstigen Falle eine Abkapse-
lung erioleen. Erholt sich die Patientin aber nicht, wird der Puls
immer schlechter und schlechter, so muß natürlich operiert werden.
Je weiter die extrauterine Schwangerschaft vorgeschritten,
umso leichter wird die Diagnose, weil man dann die Herztöne
oren kann; im Anfang hört man öfters schon früh über der Sym-
physe ein Gefäßgeräusch. Der Uterus steigt oft schon zeitig ober-
halb der Symphyse empor. Es können aber auch Täuschungen
unterlaufen. Ich sah einen Fall, wo ein sehr tüchtiger Gynäkologe
"Usnormale, abgestorbene Schwangerschaft von 6 Monaten annahm
nd der Patientin riet, auf holperigen Wegen Fahrten zu machen,
damit Spontan der Abgang erfolgte. Dabei war die Betreffende
para fast bis zum Skelett abgemagert und konnte kaum Stuhl-
gang bekommen. Als ich später konsultiert wurde, diagnostizierte
ich eine abgestorbene Abdominalgravidität, da rechts seitlich im
Omen ein etwa-kindskopfgroßer ungleichmäßig sich anfühlender
anor zu tasten war. Per vaginam war der Uterus deutlich abzu-
Bet, Meine Diagnose wurde dann auch anderswo durch Röntgen-
de bestätigt und auch die Operation gab meiner Annahme
Erg Man sieht also, daß auch ein erfahrener Fachmann sich
ten kann, wenn er flüchtig untersucht. Ich habe auch schon
“uspasmen angenommen, bis sich eines Tages die wahre Erkrankung
Die Graviditas ovarialis ist wohl am seltensten, Die
„Wangerschaft im rudimentären Nebenhorn muß der extrauterinen
layidität zugezählt werden. Klinisch läßt sich eine Differenzierung
i p auteringravidität meist nicht oder höchst selten durchführen,
A ohl, wenn der Erfahrene die Tuben normal fühlt, der Sitz darin
sc 5 schlossen werden kann. Subjektive Symptome der Schwanger-
al sind bei Graviditas extrauterina viel seltener und spielen in
ter Diagnose eine untergeordnete Rolle. Nicht unerwähnt will ich
u daß auch eine normale Gravidität mit extrauteriner gleich-
jpo Kommen kann, da muß natürlich die extrauterine durch
Wi. Leibschnitt entfernt werden. Die Hämatocele ist stets per vaginam
in glatte Scheiben zerschneidet, oberflächlich anfärbt und dann die
feuchte Oberfläche mit starkem schräg aufiallendem Lichte untersucht.
Die Gewebsscheiben sollen planparallel, brauchen aber nicht sehr dünn
zu sein, da nur die Oberfläche in auflallendem Lichte betrachtet wird.
Die Anwendung der Einzelheiten dieser neuen Methode aut
frisch exstirpiertes, unfixiertes Gewebe ist einer weiteren Veröffent-
| lichung; vorbehalten. | |
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zu operieren, wenn -sie verjaucht oder vereitert ist, sonst ist per
Laparotomie vorzugehen, da man von oben alles besser übersehen
kann. In zweifelhaften Fällen betrefis des Inhaltbefundes ist die
Probepunktion am Platze (Vorsicht wegen Infektionsgefahr). Auch
die Leukozytenzählung ist ein wichtiges Kriterium, dieselbe würde
für Haematocele sprechen, wenn die Zahlen unter 10000 bleiben,
für einen entzündlichen Prozeß, wenn Zahlen von 20000 und darüber
| herauskommen. Einen gewissen, aber nicht unbedingten Wert hat
die seiner Zeit von Kaltenbach angegebene Blutungskurve; man
trägt in dieselbe die entscheidenden Punkte der Anamnese und des
Befundes ein. „Besonders anschaulich tritt der Zeitpunkt des intra-
tubaren Fruchttodes oder der Berstung der Tube aus dem gleich-
zeitigen Eintritt einer Blutung mit Abgang einer Decidua sowie aus
dem Auftreten von Kollapsen hervor“. |
Blasen- .oder Traubenmole. Die Blasen- oder Traubenmole
wird auch Hydatidenmole genannt und ist eine geburtshilflich
sehr wichtige Erkrankung, freilich ziemlich selten, mehr bei Mehr-
gebärenden als Erstgebärenden vorkommend. Virchow bezeichnete
die Erkrankung als Myxoma chorii. Sie besteht aus einem
Konglomerat von meist hirsekorn- bis kirschgroßen Blasen. Ich habe
seiner Zeit in der geburtshilflichen Poliklinik zu Halle einen Fall
gesehen, wo Blasen bis klein Hühnereigröße vorhanden waren und
die ganze Masse fast einen halben Stalleimer voll betrug. Wegen
starker Blutung war ich bei der Multipara genötigt manuell aus-
zuräumen. Meist ist vom Fötus nichts mehr zu sehen. Die ent-
arteten Zotten können die Wand des Uterus durchwuchern und ist
diese destruierende Molenbildung für die Trägerin sehr gefährlich.
Der Verdacht auf Blasenmole entsteht, wenn der Uterus wesentlich
größer ist als der Zeit der Schwangerschaft entspricht und mäßig
starke dauernde Blutungen abwechselnd mit blutig wäßrigem Aus-
flusse bestehen. Im Gegensatz zu Abort nimmt der Uterus trotz
Blutungen zu. Kindsteile sind nicht zu fühlen, auch keine Herz-
töne zu hören. Der Uterus dehnt sich rasch aus und steigt bis
zum Scrobiculus cordis. Die Diagnose wird sicher gestellt, wenn
entweder Blasen abgegangen sind oder man die Blasen durch den
touchierenden Finger fühlt. Wenn sich Blasen abstoßen und keine
dringende Indikation zum Eingreifen (Blutungen, Fieber) besteht,
kann man durch Ergotingaben die Ausstoßung unterstützen. Sonst heare |
gehe man mit zwei Fingern ein und schäle die Blasenmasse von RER TEE W a E
der Wand. Vor dem Gebrauch einer Curette, selbst einer sehr AENA EI DE
breiten, möchte ich warnen, da damit die Uteruswand einmal leicht EBENEN EN
durchbohrt werden könnte. Nach Ausräumung und Ausspülung TEE FENG BTS NE
unter niedrigem Druck gebe man noch einige Tage Ergotin, bei EEA AEEA A
stärkerer Blutung empfiehlt sich Tamponade nach Dührssen. Eine Ae AE EAER ENIRA PICH
Molenträgerin ist noch:monatelang zu beobachten, da sich nicht © ER
selten ein Chorionepitheliom entwickelt.
Hydramnion. Der Leib ist durch dasselbe stark ausgedehnt,
die abnorme Fruchtwassermenge kann bis zu zehn Litern und darüber IREEN
steigen. Ursachen sind: Kreislaufstörungen der Mutter und des TENSE LEI E
Fötus; fötale Mißbildungen auch bei anämischen Multiparae usw. IE naaa KUMEA Hd:
Die die höchsten Grade erreichende Form wird in seltenen Fällen auch PE EETRI gB NL
bei eineiigen Zwillingen beobachtet, dabei ist nur der eine Eisack BESSERE ENNIE
hydramniotisch. Durch die verdünnte Uteruswand fühlt man deutlich INA ar
die Fluktuationswelle, wie bei einer Ovarialzyste. Differentialdia- | ERS EAIA
gnostisch muß daran gedacht werden, das Fühlen von leichtbeweg- IS SPER RT LE
lichen Kindsteilen entscheidet für Gravidität. Oft sehr schwierig A ARA EE BE
kann die: Diagnose werden und sind schon Irrtümer hervorragender E ORELE ANEI E
Geburtshelfer vorgekommen. Speziell wird das akute Hydramnion Rz AEO
eineiiger Zwillinge leicht verkannt, wenn man die Anamnese ver- aa SEEN ji
nachlässigt. Kein Ovarialtumor erreicht aber in wenigen Wochen ENERE O EEE NE Du
einen solchen Umfang wie das akute Hydramnion. Therapie: Bei ERA INEN
mäßigem Umfange hilft oft eine Leibbinde, wird aber die Dyspnoe eg
durch die stark zunehmende Ausdehnung sehr groß, ist die künst-
liche Unterbrechung der Schwangerschaft durch den Blasenstich anı
Platze; das Fruchtwasser muß langsam abfließen. In der Nach-
geburtsperiode entstehen leicht atonische Nachblutungen und treffe
man stets frühzeitig Vorkehrungen. - (Hörtsetzune 10100)
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34, 24. Adgust
Referatenteil
i unter besonderer Mitwirkung von |
Prof. Dr. C.Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. EB. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gericht).
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie). Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. 0..Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesobn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof, Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Hintze-Leipzig(4) untersuchte 100Pneumonielälle, vorwiegend .
kruppöse Pneumonie. Um gleich vorweg zu nehmen, waren die Re-
sultate nicht so eindeutig wie bei den Versuchen von Adler; sie
decken sich vielmehr mit den Schlußfolgerungen von Bürgers und
Herz. Hintze fand Pneumokokken in 91 Fällen, in 7 Fällen:
Streptokokken, imal Staphylokokken, 1 mal den Kapselbazillus
Friedländer. Der Typus I fand sich in 28,5 %/, aller Fälle mit
30,8 %/, Sterblichkeit. Der Typus Il in 38,4 °/, der Fälle mit einer
Mortalität von 20 °/, scheint nach den Untersuchungen von Hintze,
eher eine Gruppe für sich zu bilden, die sich möglicherweise in
mehrere Unterabteilungen einreihen ließe. Hintze. meint auch,
daß die Typeneinteilung mit Schwierigkeiten verbunden ist, da bei
längerem Fortzüchten die biologischen Eigenschaften der Pneumo-
kokken sich ändern. Jedenfalls sind noch zahlreiche eingehende
Versuche erwünscht. |
Neuere Ergebnisse der Pneumokokkenforschung.
l © Von St. Lichtenstein, Berlin.
Die neueren Arbeiten auf dem Gebiete der Pneumokokken-
forschung haben vorwiegend die Typeneinteilung der Pneumokokken
zum Gegenstand. Bekanntlich stellten die amerikanischen Forscher -
Avery, Chickering, Cole und Dochez, 4 Typen von Pneumo-
kokken auf. Die Typen I, II und III bilden eine Gruppe. Die beiden
ersten Typen wurden in 60 /, aller Fälle gefunden; sie unter-
scheiden sich in ihren morphologischen und kulturellen Eigenschaften
nur wenig voneinander. Typus III wurde in 4,2 %/, der Fälle fest- |
gestellt; er unterscheidet sich deutlicher von den Typen I und II.
Der IV. Typus bildet die zweite Gruppe. Die Identifizierung der
einzelnen Typen ist von Wichtigkeit, da man aus dem Vorhanden-
sein des einen oder des anderen Typus Rückschlüsse auf den Ver-
Felton, Lloyd D. und Katb.Dougherty (5u.6) konnten einen
lauf der Erkrankung und die Wirksamkeit der Serumbehandlung
avirulent gewordenen Pneumokokkus durch Überimpfen in Sstündigen
Intervallen in sterilisierte Magermilch stark virulent machen. Ein
4stündiger Überimpfungsturnus in einer Einzellkultur trieb die Viru-
lenz der Pneumokokken so hoch, daß die Infektion mit einem ein-
zigen Diplokokkus genügte, um eine Maus zu töten. Der Grad der
Virulenz war auch von der H-Ionenkonzentration des Nährbodens
abhängig. Die Höhe der Fleischextraktkonzentration beeinflußte
gleichfalls die Virulenz. Im Sputum von Tuberkulösen wurden von
2.Bohdanowicz(7) in 56°/, der Fälle Pneumokokken nachgewiesen.
Den größten Prozentsatz an positiven Resultaten ergaben eitrige
Sputa. Der Nachweis der Pneumokokken erfolgte durch mikro-
skopische Untersuchung des Sputums, Anlegen von Kulturen und
Impfung von Mäusen. Die Mehrzahl der Stämme (28 von 32) lösten
sich in Galle auf und waren für die Maus virulent. Eine Identi-
fizierung der einzelnen Typen blieb aus: aus Mangel an spezifischem
Serum konnte die Agglutination nicht ausgeführt werden.
Literatur: 1. Bürgers u. H. Horz, Zbl. f. Bakt., I. Abt. Orig. 1923, 91, H. L —
ziehen kann.
Die Befunde der amerikanischen Autoren wurden in letzter
Zeit in größerem Maßstabe im hygienischen Institut in Düsseldorf von
Bürgers und Herz (1) nachgeprüft. Insgesamt wurden 100 Pneumo-
kokkenstämme verschiedener Herkunft untersucht, darunter waren
31 Stämme aus Rachenabstrichen von gesunden Menschen. Die Ver-
suche führten zum Resultat, daß in Bestätigung der früheren Aus-
führungen von Yoshioka (2), bei der Identifizierung der einzelnen
Typen noch große Vorsicht geboten ist. Bei 27 Stämmen wurde eine
Mitagglutination durch heterologe Sera beobachtet. Ferner ließen
sich die Typen I und II mit Hilfe der Komplementbindung nicht
sioher voneinander trennen, während der Typus III mit der gleichen
Methode gut abgegrenzt werden konnte. Die Typenverteilung ge-
staltete sich in der Weise, daß Typus I bei gesunden Menschen in
21 %/,, bei Pneumonien in 23 °/, aller Fälle festgestellt werden
konnte. Typus II wurde bei Gesunden in 55 °%/,, bei Pneumonien
in 47 °/, gefunden; Typus III — bei Gesunden in 24 %/,, bei Pneu-
monien in 27 %/,; Typus IV — bei Pneumonien in 3 °/,, und fehlte
ganz in den Rachenabstrichen von gesunden Menschen. Sonst fanden
sich die verschiedenen Typen auch in Fällen von Bronchitis, Pleu-
ritis, Meningitis, Sepsis und in Gelenkpunktat. Bei Personen,
die aus der Umgebung von Fällen mit positivem Pneumokokken-
befund untersucht wurden, ließen sich verschiedentlich gleichfalls
Pneumokokken feststellen, dabei war (in einem Falle von Menin-
gitis) der gleiche Typus gar nicht vertreten, oder aber in Gemein-
schaft mit einem anderen Typus. Auf Grund der Ergebnisse ihrer
Untersuchungen, daß „eine Regelmäßigkeit des Vorkommens be-
stimmter Typen bei Kranken und Gesunden, namentlich aber in der
Umgebung von Kranken“ nicht beobachtet werden konnte, folgern
die Autoren, daß zur Klärung des Problems der Pneumokokken-
infektion noch viele groß angelegte Versuche an verschiedenen Orten
nötig sein werden. Die gleiche Frage der Typenverteilung der Pneumo-
kokken bei kruppöser Pneumonie (freilich mit einem abweichenden
Ergebnis) behandelt Adler-Prag (8) in einer längeren Abhandlung,
Die Feststellungen der amerikanischen Autoren über die spezifische
Differenzierung. der einzelnen Pneumokokkentypen und die klinische
Bedeutung dieser Differenzierung konnten von Adler bestätigt werden.
Die Pneumoniefälle mit dem Typus III weisen die größte Mortalität
auf; die Fälle mit dem Typus I verlaufen entschieden gutartiger.
Übergänge zwischen den einzelnen Typen wurden nicht beobachtet,
und so neigt der Autor zu der Ansicht, daß die Pneumonie eine
101, H.2. — 4. Hintze, Med. Ges. Leipzig. Sitzg. v. 6. Mai. Ber. M.m.W. 1924, Nr. 28. —
2. Yoshioka, Zschr. t. Hyg. u. Infektionskrkh. 1923, 96. — 3. Adler, H., Ebenda. 1928,
5. u.6. Felton, Lloyd D. and Kath. M. Dougherty, Journ. of exp. med. 1924, 39, Nr.1.
— 7. Bohdanowicz, Z., Medycyna doswiadezalna i spoleczna. 1924, 2, H. 8—4 (polniseb).
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siche auch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 33.
Über die Substitutionstherapie der leichten Pankreasinsutfilzienz
mit Insulin berichtet Redisch. Nicht nur schwere und mittelschwere,
sondern auch leichte Fälle von Diabetes mellitus sollen mit Insulin be-
handelt werden. Gerade bei diesen vermag das Insulin besonders viel zu
leisten, da einerseits die Substitution des Ausfalls an Pankreashormon
vollkommen ist, andererseits das noch vorhandene Inselgewebe zu erhöhter
Tätigkeit angeregt wird. So ist es gelungen, leichte und an der Grenze
von leicht zu mittelschwer stehende Diabetesfälle durch zeitweilige Insulin
behandlung bei ausreichender Ernährung dauernd zucker- und ketonfrei zu
halten und bei ihnen Gewichtszunahme bzw. Gewichtskonstanz zu erzielen.
Über die Verteilung der Biutzellen in der Blutbahn stellt Ziegler.
Erörterungen an. Die Lehre von der Verteilungs- oder Verschiebungs-
leukozytose ist abzulehnen. Wenn Schwankungen in der Leukozytenzahl
im arteriellen System — auch in seinem kapillaren bzw. präkapillaren
Anteil — beobachtet werden, so sind sie stets allgemeiner Art. Leuko-
zytenverschiebungen aus einem Kapillargebiet in ein anderes kommen
nicht vor.
exogene Infektion ist. Schon das Auftreten der Krankheit zu be-
stimmten Zeiten weist auf ihren Charakter als Kontaktinfektion hin.
Versuche mit Immunseris, weiße Mäuse gegen eine Infektion zu
schützen, sowie Leukozytenversuche gegen die einzelnen Pneumo-
kokkentypen ergaben gleichfalls eine spezifische Differenzierung der
einzelnen Typen.
Über die Veränderungen der Leukozytenzahlen unter verschiedenen
Versuchsbediugungen äußert sich Frhr. v. Liebenstein. Er bringt eine
experimentelle Bestätigung der vorhergehenden Arbeit. Die
zahlen schwanken stets in weitem Ausmaß um einen Mittelwert. Des
wird wahrscheinlich durch Retentionen und Mobilisierungen der Leukozyten
in den verschiedensten Kapillargebieten bewirkt. Veränderte Körperhaltung
Leukozyten-
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ui. Pemperaturschwankungen haben keinen bostitamenden Einduß auf. die J
-” -otikozytenzahlen.
= 2 Die Biologie des Kuochenmarkes pelin Morbus Biörmer Bespricht
idk auf Grund -eigener Versuche und Erfahrungen. Das Wesen. der |.
> Perniziosa ist die ‚gesteigerte Hämolyse (durch ein noch unbekanntes Gift), |
sekundär erst wird die mächtige Reaktion der Blutbildungsstätten hervor-
gie und nicht umgekehrt. Die Richtigkeit dieser Anschauung geht:
aus. morphologisch- histologischen sowie ‚chemisch-physikalischen Blut- und `
: Knoehenmarksuntersuchungen im Stadium des Rezidivs und der Remission
„deutlich hervor. Kommt es 'bei den vorübergehend Geheilten - -zum Rezidiv, |
` go ist. sein erstes Zeichen die gesteigerte Hämolyse 'und später erst treten
5- Eryihroblasten und Makrozyten im Blute auf. Die. Remission kommt durch `
: ein: Nachlassen -der Giftwirkung zustande. Die Sauerstoffzehruvg des Blutes.
- nimmt mit dem Einsetzen der Remission physiologische Werte ‘an, während
‘sie bei einer entwickelten perniziösen Anämie — beeinflußt durch die
‚kernbaligen roten Blutkörperchen — stets“ erhöht ist... |
Zum Phänomen des Leukozytensturzes nach Intrakutaninjektlon.
"ige Vollmer und Schmitz neue’ experimentelle Daten: Nach Intra-
` kutaninjektion von Aolan und physiologischer. NaCl- -Lösung kommt es einer- `
“solts. zu einer verminderten Säureausscheidung im: ‚Urin, andererseits wird
dabei: :— nach den Untersuchungen von E. F. Müller — ' Leukozytensturz, `
-iw Blute beobachtet. -Bei experimenteller Äzidose, durch Verabreichen von
E e bleibt der Leukozytenstürz aus, stellt sich aber sofort
‘ib „wenn die Azidose durch foreierte Atmung kompensiert wird. - Der-
= ~ Leukozytensturz wird als Vagusreiz. durch Na+, K+, OH— und Hypotonis .
griech bei Verwendung der Antagonisten - = Gert, Br und Hypertonie:
T aa — bleibt er aus.
- Die psychische Beeihlltuseung des Blutserumkalkspiegels bear:
Bm; Es gelingt bei geeigneten Patienten, durch hypnotische Beruhi-
. „güngen den Kalkgehalt des Serums zu. vermindern.. Eine Erklärung für
dieses Phänomen findet Verf. in dér- von-Krauüs und Zondek. gemachten.
. Entdeckung, daß bei Sympathikuserregung sich eine. Ca-Ionenanreicherung
‚im. n ügwebe findet und deswegen dem Blute Kalk entzogen wird. .
„Über den kardiovaskulären/ Antagonismus von Insulin und Adre- .
alle. äußern sich Czöpai und Weiß. Da Nebenniere und Pankreas den.
; "Anlhydratstoffwechsel antagonistisch beeinflussen, so lag es auch nahe,
‚an.einen kardiovaskulären Antagonismus zwischen Insulin. und Adrenalin
m denken. Die Versuchsergebnisse der Verfasser zeigen aber, daß ein
aati Antagonismus nicht besteht, sondern daß die Adrenalinompfind- `
lichkeit von der Höhe der Blutzuckerwerte abhängig ist. . Erhöht sich der `
‘Blützucker- trotz Insulin, so ist auch. eine Steigerung der. Adrenalin-
= empfindlichkeit nachweisbar, ee F. ‚Lehr. .
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 27.
' Auf die auffallende . Abnahme. der. Chlorose : weist Th. Deneke.
hen hin. Es spricht viel dafür, daß die Chlorose durch das früher
. betriebene Einschnüren der Oberbauchgegend durch das Korsett
verursacht war und mit dieser Unsitte verschwunden .ist.. (Nur durch
Beseitigung des Korsettdruckes wurde früher Heilung erzielt.. Bekannt ist
Ägüberaus günstige Wirkung der Bettruhe bei schwereren Fällen.) Durch
"den Korsettdruck werden Leber. und Milz. geschädigt. (Die Leber
wird nach dem Hilus zu komprimiert, so daß die Blutbewegung in dem.
. Organ selbst und in der Pfortader gehemmt wird;. damit ist auch der
_ Kreislaùf in der Milz mit beeinträchtigt.) . Leber und Milz sind. aber die .
- Hauptstätten des Eisenstoffwechsels; ‚wie denn fast das. gosamte -
a das der Organismus außer dem an die roten Blutkörperchen ge-
“ bundenen Eisen besitzt, sich.in diesen beiden Organen: befindet. ‘Durch .
die Beeinträchtigung das intermediären Eisenstoffwechsels' entsteht. das.
„Krankheitsbild der Chlorose, Dabei könnte die Bildung. neuer roter, Blut-
Körperchen im Knochenmark unbehindert weitergehen; sie bekommen aber
u nicht genügend Hämoglobin, weil das zu dessen Aufbau unentbehr-
-liche Bisen von dem darniederliegenden intermediären Stoffwechsel nicht
An ‘hinreichender Menge geliefert wird. . In: dem Pubertätsalter des
eibes ist aber der Bedarf an neuen roten Blutkörperchen‘ besonders groß.
Die Widalsche Reaktion der hämoklasischen Krise ist. nach
nt Simon (München) eine Funktion des vegetativen. Nervensystems,
F r keine Leberfunktionsprüfung.. Durch zentrale Beeinflussung der
. 1osmoforenzentren mit Bestrahlung. gelingt ‘es in 'allen Fällen, bei
arzinomkranken eine Umkehr der.vorher bestehenden alimentären- Leuko-
Dec in Leukozytose zu erreichen. Übrigens "haben Karzinomkranke
‚Menläre Leukopenie, was diagnostisch zu. verwerten ist, . und mehr
F was. prognostisch zu verwerten ist.
ber die Amputationstechnik und Prothesenversorgung während
0s Krieges urteilt Böhm (Berlin). Von mehreren Hunderten Chopart-
tümpfe war kaum ein Dutzend brauchbar. Das ist der‘ Stumpf nur;
ba der BULL TEN SAA eo
| ohne Prothese mit einem ; ‘orthopädischen ‘Schuh, ja im Hause auch EIS
Í E
‚gilt, die Regel: Jeder Zentimeter ist wertvoll. Im allgemeinen hat ‚sich
' (Gummifuß nach Marks), gutgelsgertem Kniegelenk und -balbhoher Ober-
'tromität braucht kein Zentimeter. mit Rücksicht auf die. Prothese geopfert
' zü werden; für die Funktion ist jeder Zentimeter von Vorteil. ‘Die Sauer-
|. bruch: Prothese leistet: Hervorragendes - dort, wo es aufs’ Greifen. an- EN EIEII
kommt.’ Aber ‘ein Fehler -ist es, . Sohwerkranke und. Landwirte. nach KA ER RR,
Sauerbruch zu operieren. Der feine Mechanismus. der Prothese hält die
` lichen Standpunkt aus gesehen; unbeschadet ihrer hohen wissenschaftlichen
Armen“ zu, die ohne direkten. Anschluß an: die Stumpfmuskulatur" durch REN
| Schulterblatt-, 'Rücken- oder. ‚Rumpfbewegungen betätigt werden (Carnes ` Ba DIR
-usw.). ‘Für Berufszwecke. kommt, der -Arbeitsarm- in Frage, der ledig- BEREITEN
lieh ein Werkzeug darstellt. Für den Landwirt ist-er in Verbindung. . RNA? ;
. Arbeit im wesentlichen von ein or. Hand ausgeführt, während die andere j (E Bi
nur stützt: r dinis
| des Brustkorbes der. Fingerdruck in den Zwischenrippenräumen überall, Kor i
auch über. der absoluten Herzdämpfung und unterhalb der Lungengrenzen r iR
| Schmerzempfindung ` aus. (zurückzuführen .. auf -die oberflächlichen
i Männer, die sich bei ein und. derselben Puella publica in demselben Jahre
' eine bekam 4 Jahre post infectionem eine Hemip! egie, die trotz energischer
| Behandlung mit leichter Demenz. bestehen blieb, der zweite hat eine. Tab es,
. die beiden anderen sind trotz energischer Behandlung (intralumbal und
eingehend. Er zieht die indirekte Transfusion der direkten Überpflanzung KT or Sing
‘von Spenderarterie oder -yene in Empfängervene vor. Auch ist er davon | ale
àbgekommen, die Venen nur zu punktieren, weil 'dadurch-der Eingriff ver- | tan len.
. zögert oder durch Gerinnung in den' dünnen Kanülen' ‚gefährdet wird, ` RSS Eh
‚sondern führt die Freilegung und Unterbindung der Venen aus’ zugunsten ee
‘der Sicherheit und Schnelligkeit der Transfusion. Als. Spender wähle man
‘Spenderblütes diene folgender Vorversuch: 10 com. Spenderblut, durch Ka a
' Punktion gewonnen, werden mit ` 2 com. Zitratlösung in der -Rekordspritze i P Ee
vermischt und dem Empfänger intravenös . injiziert, . danach wird unter u en
"Kontrolle. von: Temperatur, Puls und Allgemeinbefinden die Reaktion ab-
| gewartet. Ä
Franz v. Kováts (Szeged). Die Mundpipetten stellen ein unappetitliches
und . gefährliches Verfahren dar.'. Die Gummiballons, ‘die man bei in-
‚empfohlenen Ansätze kommen an Einfachheit und’ Schnelligkeit der Mund-
kontrollieren kann, sind‘ absolut. 'sauber und so einfach, daß sie fast ohne
. Kokains, ist neben diesem durch. vollständigen künstlichen Un dar-
i . gestellt worden.
' anästhetikum weist R. Gottlieb (Heidelberg) him, Das Psikain teilt mit -
‘dem Blätterkokain das gute Eindringungsvermögen. : Die Gefäße werden
‚allerdings durch Psikain eher.erweitert, aber ein Zusatz von Adrenalin
‘kehrt diese Erweiterung prompt in Verengerung um; das Psikain’ verträgt |
geheilte Karzinomkranke zeigen keine alimentäre Leuko-
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wenn er ‘einen planon Sohlensuftritt alabi, so daß- de Amputierte
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ohne einen solchen mit’einem- Hausschuh schmerzfrei: ‚gehen kann.- Für
die. Amputation im unteren und: mittleren Drittel. des Unterschenkels jiis
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für Unterschenkelamputierte- die: Prothese aus Holz mit gelenklosem Fuß
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schenkelmanschetto àm besten-.bewährt. Bei‘ Stümpfen der‘ oberen Ex- LABEL
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Beanspruchung’ und. Verschmutzung. während der Arbeit. in keiner Weise
aus. Der praktische Wert der Sauerbruch-Methode : ist, vom wirtschaft-
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Bedeutung, beschränkt. - Das trifft ‚aber bei. allen . „willkürlichen
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mit der Kellerklaue . ein‘ vorzügliches Instrüment. ' Denn hier wird die-
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Über Schmerzpunkte im Bereich des. Brußtkogbes berichtet Telig-
mann‘tBerlin): ` Nach ihm löst — im (Gegensatz zu Bing — im Bereich '
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sensiblen Nervenverzweigungen der Interkostalnerven). Physiölogisch. I sati ki RI je la]
finden sich Drückpunkte am ganzen Körper. - UI
-J.H. Schultz (Weißer. Hirsch bei Dresden) berichtet: über 4 junge
mit Syphilis infiziert hatten.. Alle vier erkrankten. trotz ‚durchaus sach- = Ba
gemäßer und : sorgfältiger Behandlung an schwerer Nervensyphilis. Der `
mit Fonskithem Fieber). an schnell ‚verlaufender we zugrunde | ji z bir, Rei (ie: An
gegangen. |
je Dis Technik der Blattransfusion beschreibtLichtenfeld(Rinteln a a.W.)
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möglichst. Blutsverwandte. Als Probe auf die Verträglichkeit des.
"Einfache. Pipettierungsansätze für Laboratoriumsbedari beschreibt
fektiösem Material verwendet, sind. nicht. handlich, der Flüssigkeitsspiegel
ist unruhig, die, pipettierende Hand ermüdet schnell. Die vom Verfasser
pipette gleich, übertreffen . diese an Genauigkeit, weil das Auge besser `
Kosten in einigen. Minuten horstellbar sind. .. | F. Bru ok.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924; Nr. 26 und 21.
Nr. 26.. Über die Synthese des Psikains berichtet Richard Will-
stätter (München). -Psikain ist eine Verbindung der Kokaingruppe. Die darin
enthaltene: Base, ein Isomeres des gewöhnlichen, aus Blättern gewonnenen
Auf die pharmakologische Bedeutung. des Psikains als Lokal-
sich also gut mit Adrenalin. Bei der allmählichen Aufnahme von normalen
Schleimhäuten a aus dürften ihm die. beim Blätterkokain gefürchteten‘ Gefahren
1184
völlig fehlen. Selbst bei der raschen Aufnahme, etwa von blutenden
Schleimhäuten aus, wird eine Vergiftungsgefahr jedenfalls erheblich geringer
sein.
Konzentrationen auskommen, als das beim Kokain möglich ist. Man ver-
wendet am besten das saure weinsaure Salz des rechtsdrehenden Pseudo-
kokains (Psikain), das bis etwa 20°, in Wasser löslich ist. Es läßt sich
ohne Zersetzung bei 100° sterilisieren. | |
Über Schleimhautanästhesie mit Psikain berichten K. Brodt und
W. Kümmel (Heidelberg). Hingewiesen wird auf die schnelle Wirksam-
keit des Mittels. Man braucht nur ungefähr die Hälfte der Zeit, deren
‚man beim Blätterkokain in der gleichen Konzentration bedarf, um eine
genügend Anästhesie zu erzielen. So genügt ein .Spray von 1 ccm
1°/,igen Psikains in vielen Fällen, eine Milchsäureätzung im ‘Kehlkopf
vorzunehmen. Das 5°/,ige Psikain kommt dem 10%/,igen Blätterkokain,
das 100/,ige Psikain dem 20°/,igen Blätterkokain in seiner Wirkung gleich.
. Die Dauer der Anästhesie reichte für die vorgenommenen Eingriffe voll-
ständig aus.
Zür Anästhesie der Schleimhaut in der Urologie empfiehlt F. Voelcker
(Hallea.S.) das P sik ain, und zwar für die männlicheHarnröhre 5—10 com
` einer t/s—1/4°/oigen Lösung. Man kann aber auch, wenn eine vollkommenere
Wirkung erzielt werden soll, eine 1/;—1°/oige Lösung verwenden. Nach
Einspritzung in die Harnröhre bindet man diese ab und läßt die Flüssig-
keit 5 Minuten darin. Zur Anästhesierung der Harnblase bedient man
sich am besten ebenfalls einer 1/,—1/,/yigen Lösung, von der man 100 cem
in die Harnblase einspritzen und 5—10 Minuten belassen kann. (Benutzt
man eine 10/,ige Kokainlösung, so würde man 1 g Kokain in den Körper
einspritzen, während die Maximaldosis 0,05 beträgt!) | Ä
Vergleichende Untersuchungen über die Wirkung des Kokains und
Psikains haben K. Beringer und R. Wilmanns (Heidelberg) angestellt.
Bei Psikaindarreichung wurden im Gegensatz zum Kokain weder kollaps-
ähnliche Zustände noch Nauseaerscheinungen beobachtet, ferner keinerlei l
psychische Erscheinungen, ' insbesondere weder objektive noch "subjektive
Zeichen von Euphorie. Dieses Ergebnis ist von größter Bedeutung . gegen-
über der überaus gefahrdrohenden Wirkung der euphorisierenden Eigen- |
. schaften des Kokains. ä Zu
Zur Frage der Erbiichkeit des Krebses äußert sich Heinrich
Wachtel (Krakau). Neben dem Neoplasma malignum hereditarium
gibt es ein Neoplasma. malignum acquisitum. Die bisherigen Krebs-
behandlungsmethoden (radikale Operation, Radium, Röntgen) sind ein vor-
treffliches Mittel gegen den akquirierten Krebs, während sie dem hereditären
Krebs weniger gewachsen sind. Die Heirat eines Mitgliedes einer Krebs-
familie (Häufung der Krebsfälle in der Antezedenz!) sollte vermieden
werden. In der Nichtberücksichtigung dieses Umstandes dürfte die überall
feststellbare Zunahme der Krebsfälle mitbegründet sein. 0:
Neben der Hyperglykämie ist der Gehalt der Gewebe und des
Blutes an Milchsäüre als ein wichtiges Moment für das Wachstum
maligner Tumoren anzusehen, worauf M. Händel und K. Tadenuma
(Tokio) auf Grund von Tierversuchen hinweisen.
Zur Masernbekämpfung äußert sich Brügger (Hamburg). Der Tag
des Ausbruchs des Exanthems bei einem Masernkinde ist für die von
diesem infizierten. Kinder nicht immer der 4. Inkubationstag, sondern
manchmal schon der 5. oder 6. oder sogar schon der 7. Die für den
4. Tag empfohlene Menge von 3 ccm Masernrekonvaleszentenserum langt
nieht immer. Der Masernschutz kann schon nach 4 Wochen erloschen
sein. Neuinfektion ist dann möglich., Ist kein Serum zu beschaffen, so
ist Erwachsenenblut zu spritzen (30 cem oder mehr). Mit jedem Tag, der
unbenutzt verstreicht, sinkt die Aussicht auf wirksamen Masernschutz
beträchtlich. 3 2 |
Bei einem Übermaß an Essen und Trinken aus Gewohnheit stellt
sich nach O. Huntemüller (Gießen) der Körper auf diese hohe Speise-
und Getränke- bzw. Alkoholmenge ein und antwortet mit Ausfalls-
erscheinungen, sobald sie herabgesetzt wird. Diese Ausfallserschei-
nungen werden dann dahin gedeutet, daß im allgemeinen ein stärkeres
Aufnahmebedürfnis vorliegt. Sie verschwinden jedoch, wenn sich der
Körper an einen geringeren Nahrungsbedarf gewöhnt hat.
Nr.27. Über das vegetative Nervensystem in der Schwangerschaft und
seine Störungen berichtet Ludwig Seitz(Frankfurt a.M.). In der Schwanger-
schaft scheint, abgesehen von den spezifischen Veränderungen am Uterus
und an Teilen des Gefäßnervensystems, das Charakteristische der Ver-
änderungen eine erhöhte Labilität des gesamten vegetativen
Nervensystems zu sein. Die Ursache der veränderten Reaktion und
der Labilität des vegetativen Nervensystems ist in erster Linie in den
großen Umstellungen des Stoffwechsels, der Drüsen mit innerer Sekretion,
- der H- und vielleicht auch der Ca-Ionenkonzentration durch die Schwanger-
schaft zu erblicken. Die Veränderungen des vegetativen Nervensystems
sind daher im wesentlichen sekundärer Art.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34.
Meist wird man zur Erreichung genügender Anästhesie mit geringeren
keit, Verlangen nach langdauernder Bettruhe).
. Jaryngoskopie.
RE oO mme
Were Dr
24. August
Das Verhalten der Blutgase bei der Betäubung des Menschen mit
Azetylen (Narzylen) erörtert Rudolf Schoen (Würzburg). Es wird durch
Analyse des: Venenblutes beim Menschen die Geschwindigkeit der
Aufnahme und Ausscheidung des Azetylens, der Eintritt und der
Grad der Sättigung und die Breite der betäubenden Konzentration beim
Einatmen von Azetylensauerstoffgemischen bestimmt. Das Verhalten des
Sauerstoffs im Arterien- und Venenblut läßt darauf schließen, daß die
Azetylenbetäubung -mit starker Einschränkung der Oxydationen einhergeht.
Die Narzylenbetäubung ist charakterisiert durch: raschen Eintritt der
Sättigung, außerordentliche Breite der betäubenden Konzentration des
Azetylens (20—50 Vol.-Proz. im Blute), Schnelligkeit der Ausscheidung
des Azetylens aus dem Bluto. - E |
Beim menschlichen Gelbfieber wurden nach W.H. Hoffmann (Habana):
meist in der nephrotisch veränderten Niere Kalkzylinder festgestellt.
Dadurch läßt sich die anatomische Diagnose der Krankheit bei ersten
{| Fällen rechtzeitig stellen, was für die Seuchenbekämpfung und -verhütung
wichtig ist.
Toxische Hauterscheinungen nach Wismutbehandlung haben Görl
“und Voigt (Nürnberg) in 2 Fällen beobachtet, wo. intramuskuläre In-
jektionen von Bismogenol zur Verwendung kamen. In dem einen Falle
‚stellte sich in der Rekonvaleszenz ein schwerer, sich über Wochen hin-
ziehender Depressionszustand ein (kein Interesse für die Berufstätig-
F. Bruck.
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 25 bis 28. >
Nr. 25. Eine neue Methode zur Behandiung der Tuberkulose der _
oberen Luftwege mittels lokal applizierten küustlichen Lichtes teilt
E. Wessely (Wien) mit. Ausgehend vón der therapeutisch günstigen
Wirkung der blauen Seite des Sonnenspektrums und des ultravioletten
Lichtes, besonders von Wellenlängen um 300 ax, auf das tuberkulöse Ge-
webe verwendet Verf. Kohlenbogenlicht mit besonders imprägnierten Kohlen
der Fa. Goerz. Durch eine besondere Anordnung der Kohlen wird das
Licht möglichst nach einer Seite geworfen, mit einem optischen System
aus Quarz wird es zu einem Strahlenbündel gesammelt, die Wärmestrahlen
durch eine eingeschaltete Wasserjacke absorbiert. Der Kehlkopf wird be-
strablt entweder mittels Reflexion durch einen Nickelspiegel, der durch
einen Halter in bestimmter Stellung gehalten wird, oder mittels Schwebe-
Die Behandlung erfolgt mit 2tägigem Zwischenraum in
Sitzungen von 7—10 Minuten. Bei exzessiven Bestrahlungen tritt ein dem
‚Hauterythem analoger Vorgang ein mit grauer Verfärbung des Epithels.
Ödeme treten durch die gewöhnlichen Bestrahlungen nicht ein.: Bei der.
gebräuchlichen Dosis fehlt meist jede objektive oder subjektive Sohlein-
'hautreaktion. Der therapeutische Effekt besteht in Rückbildung der tuber-
kulösen Granulationen mit Wucherung des Bindegewebes. Dysphagie wird
meist bald günstig beeinflußt, doch verhalten sich schwere Fälle rofraktär.
Die Dauer der Abheilung ist sehr verschieden. Im allgemeinen heilen
Ulzera im Mund, Zunge, Rachen viel schneller als die des Larynx. Vor
Beginn der Behandlung ist ein möglichst genauer Allgemeinstatus zu er-
heben. Die Methode ist den chirurgischen Methoden in der Hinsicht über-
legen, daß ein Erfolg mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Alfred Arnstein (Wien) teilt mit, daß in manchen Fällen mit
Insulin in kleinen Dosen eine Temperatursenkung zu erzielen ist. Verl.
läßt die Frage, ob diese Wirkung hormonal bedingt ist oder ob’es sich um
eine unspezifische Proteinwirkung handelt, offen. | RE
Zur Punktion der Harnblase bemerkt D. Kokoris (Athen), daß die
Ursache eines Mißlingens darin liegen kann, daß direkt über der Symphyse
punktiert wird und die Nadel im prävesikalen Raum bleibt. Es ist deshalb
etwa 1 cm über der Symphyse zu punktieren. Bei infektiösem Blasen-
inhalt hält man die Kanüle zur Vermeidung von Ausfließen von Urin beim
Herausziehen zu. Wenn der urethrale Weg nicht bald nach der Punktion
gangbar gemacht werdeh kann, ist die Zystostomie vorzuziehen.
Nr.26. ‚Intravenöse Injektionen bei blockiertem retikulo-endolhe-
Malem System führten P. Saxl und F. Donath (Wien) aus. Normaler-
weise verlassen alle Substanzen, die man intravenös injiziert, sofort oder
in einigen Minuten die Blutbahn, gleichgiltig ob sie gelöst oder nur sus-
pendiert sind. Dabei kommt dem retikulo-endothelialen System die Haupt
rolle zu. Verff. injizierten deshalb 10 Minuten vor intravenöser Verabreichung.
von physiologischer NaCl-Lösung, von Farbstoffen oder Adrenalin 10 ccm
Elektrokollargol und erzielten dadurch eine Blockierung des retikulo-endo-
tbelialen Systems, die wahrscheinlich nur funktionell, nicht anatomisch ist,
und nur kurze Zeit anhält. Es wird aber dadurch erreicht, daß die Lö
sungen wesentlich länger in der Blutbahn kreisen, was von Wichtigkeit ist
für die Therapie, besonders bei Gefäßmitteln und Antisepticis. > l
Kasuistisches zur Jodtherapie der perniziösen Anämie teilt
G. Holler (Wien) mit. Es handelt sich um'einen Fall, der durch lang:
-dauernde Verabreichung einer 5°/,igen Jodkaliumlösung (3 mal 8—5 Tropfen)
iii EB ie Ze ze
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hob A. Fischer (Wien).
Shin:
Unterschied zwischen den Zellen in den Herden und außerhalb derselben.
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dee Pt “en daß die Nachuntersuchung keinen Anhalt-für das |
"Bestehen: ‚der Erkrankung mehr ergab. Verf, geht dabei von der Vor-
stellung: aus, daß eine Hypofunktion der Schilddrüse bei der Anaemia per-
> nidos’ eine Rolle spielt, u. U. sogar die primär-ätiologische. Da die Milz
bi hämolztischen Anämien als Jodfänger zu fungieren scheint, ist die
Aussicht‘ auf Erfolg nach Splenektomie größer. Außerdem kam ein tuber-
` kolöser Lungenproze zur Ausheilung, was. Verf. der Hämolyse und dem
vermehrten: Eiweißzerfall zuschreiben möchte. Schließlich. ist Verf. der
"Ansicht Zadeks, daß anhaltende Remissionsstadien mit dem Rückgang
der myelazy tischen zur normozytischen Erythropoese' verbunden sind.
sylenzahl ‘beobachtete J.Sahler (Wien). Er stellte bei normal "men-
» ‚straierten' Frauen eine regelmäßig schwankende Kurve fest, derart, daß -
sich eine hohe, steile prämenstruelle und eine kleinere intra- oder post-
menstruelle Zacke- findet. Zum Beweise, daß die Ursache in normalen
Kofüssen durch die Ovarien liegt, untersuchte Verf. in gleicher Weise
‚Mädchen vor der Menarche, klimakterische Frauen, oder solche, die infolge
Tuberkulose lange Zeit amenorrhoisch waren, ferner Mädchen mit hypo-
plastischem Genitale, schließlich auch Gravide in den letzten Schwanger-
shaftsmonaten. Bei allen diesen fand sich ein von der Norm durchaus
ıhreichendes Verhalten, wobei besonders jede Regelmäßigkeit vermißt wurde.
Nierenbefunde bei Behandlung von Lues mit Wismutpräparaten
“ päparaten bei vorher Nierengesunden Sedimentstörungen verschiedenen.
Grades fest, jedoch ohne daß klinische Erscheinungen ‘daneben beobachtet
wurden odor die Funktionsprüfung eine Abweichung von der Norm zeigte.
- Bei Nierenkranken ist die Anwendung dagegen nicht. ungefährlich, während,
die bei: :Gesunden erhobenen Befunde nicht gegen eine weitere Erprobung
al weiterer Basis sprechen.
‚Nr:28. Über Dichloren als Narkotikum berichtet P. Albrecht
E (Wien). In längeren Versuchen stellte sich eine Bestätigung der: im Tier-..
. eperiment erhobenen Tatsache heraus,
daß es weder am Herz oder Ge-
Ben; noch an anderen Organen eine Veränderung erzeugt.
die Blutdrucksenkung.
Siedepunkt und der geringe Verbrauch. Wegen der Reizwirkung auf die,
motorischen Hirnteile erwies sich eine Verdünnung mit Äther im Verhältnis
1:3 als am günstigsten. Eine halbe Stunde vor der Narkose ist eine In-
jektion von Morph. 0,02—0,03 und Atropin 1,—1 mg zu verabreichen.
Einen morphologischen Beitrag zur Lehre von der Säurevergiftung
ide L, Heß und J. Goldstein (Wien). Sie fanden bei Säurevergifteten
Nieren eine Unfähigkeit der Leberzellen, Farbstoff festzuhalten und ‚sehen
‚drin-auch einen wesentlichen Teilfaktor bei der Pathogenese der Azidosis
‚Inden die in der Leber gebildete oder nach dort transportierte Säure ihre
shädliche ‚Wirkung zuerst auch dort entfaltet.
'8.Erben (Wien) macht darauf aufmerksam, daß beim Vagusdruck- |
weich. szur Erklärung bisher als Ursache die Behinderung des venösen
- Abllusses ‚aus dem Schädelinneen:: nicht beachtet worden ist. „Diese tritt
shon bei leichtem Druck auf den Hals ein, woyon man sich bei Pat. mit
‚ Tuchendefekten auf dem Schädel überzeugen kann.
Die Frage der Abhängigkeit der Speicherungsfähigkeit der Retikulo-
endothelien von bestimmten Krankheiten untersuchte E.Ledofsky(Wieden).
Das Resultat war negativ, doch leidet die Speicherungsfähigkeit eines Organes
ü Erkrankung desselben z. B. bei Fett- und Stauungslebern. Auch zeigt
der Leber bei miliarer Tuberkulose oder Krebsmetastasen ein
Muncke.
Schweizer medizinische Wochenschrift 1924, N. 24 bis 26.
Nr. 24. Verlauf und Heilung der Lungentuberkulose im Hoch-
Ba bespricht O. Amrein (Altein-Arosa). Die durch das Klima aus-
geübte Reizwirkung auf den Organismus stellt den Hauptteil der thera- `
Prichen Wirkung dar. Deshalb ist eine gewisse Resistenz nötig, so daß
were Lungentuberkulosen mit einem Dauerpuls von 120 und mehr, sowie
stark febernde Fälle des TII. Stadiums, sowie Komplikationen von Seiten |
d degenerative Herzerkrankungen oder dekompensierte Vitien :
raindikationen sind. Für den Verlauf im Gebirge sind Puls '
nd. Temperatur ausschlaggebend, und im ‚günstigen Falle werden: beide
Langdauerndes Fieber ist häufig Folge einer .|
-deg Darmeg un
‚cat Kont
Ki deutlich beein flußt,
„in Pizierenden Lues und schwindet bei entsprechender Therapie. Husten-
und ‚Auswurfmenge, sowie die Nachtschweiße lassen bald. nach. Dem
Parey kommt eine Rolle zur unterstützenden Reiztberapie zu. Verf.
Yerlapfes
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Yon: eine
` ilen 2
11924 — M EDIZINISOHE LE Nr 34. u a
‚teilt H. Plüß (Zürich) Untersuchungsergebnisse mit.
Zyklische, endokrin bedingte Schwankungen der Brythro-
.Er stellte, besonders bei unlöslichen Wismut-
Auch fehlt
Weitere Vorteile sind Nichtbrennbarkeit, niedriger
aß die biologische Prüfung nicht’ allein zur Beurteilung des Heilungs-
herangezogen werden darf, sondern daß dem klinischen Befunde
ch die größte Bedeutung zukommt. Bei tuberkulöser Verdichtung
m oder zwei Lappen wurde in 830/, Stillstand erzielt, bei Kavernen-
urin 450/,. Verf. betont die: Überlegenheit des Hochgebirgsklimas,
7 RE
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die sich auch ganz besonders bei der sog. chirurgischen: ‚Tuberkulose zeigen
"soll, die im Gegensatz zur Lungentuberkulose der Sonnenbehandlung sehr.
. zugänglich ist, |
Über Isoagglutination im. menschlichen Bfute und Ihre: Vererbung
Sie, benutzte die
Gruppeneinteilung von Jansky (Moos), die "ähnliche Verhältniszahlen zeigte,
wie bei anderen Untersuchern. Isoagglutinine im Serum und ‚agglutinable |
Substanzen der roten Blutkörperchen sind als Erbfaktoren. im’ Keimplasma
‘und werden nach den Mendelschen Regeln vererbt.
Die Untersuchungen.
müssen bei Zimmertemperatur makroskopisch abgelesen werden. Eine Be-
vorzugung einzelner Gruppen durch Krankheiten wurde nicht festgestellt. ;
. Verf. weist auf eine gewisse Bedeutung der Isoagglutination in der gericht-
lichen Medizin hin, wo allerdings nur négative, Resultate verwertbar. sind.
| Einen Fall von Enzephalitis im Puerperium beschreibt H. Lieb
(Schaffhausen) als Beitrag zur Frage der Schwangerschaftstoxikosen. Es
traten 10 Tage nach normaler Geburt beim ersten Aufstehen: zerebrale
‚Symptome mit Temperatursteigerung. auf, wobei die Patientin fast dauernd `
.benommen war und auf Reize wenig reagierte. Nach 6 Tagen Exitus. '
Es fanden sich Herde in den Thalami optici und einzelne: Blutungen, de
als toxisch gedeutet werden. ' noch infolge der Schwangerschaft. . Vorf.
nimmt an, daß das N ervensystem- nur langsam durch Schwangerschaftsgifte
alteriert wird und daß die Erkrankung auch ‘nach Entfernung des schäd-
‚lieben Agens ihren weiteren Verlauf ‚nehmen kann. |
. © Nr. 25. Zur Pathologie und Therapie der ‚Angina pectoris äußert.
sich W. H. v. Wyß (Zürich). Nach Zusammenstellung der letzten Literatur
‚glaubt Verf. die beiden zurzeit geltenden Theorien vereinigen zu können,
indem er für den Status anginosus den. Mechanismus der Aortalgie an-
nimmt (d.h. eine durch Geschwürsbildung in der Aorta verursachte Über-
'empfindlichkeit), während die chronisch verlaufenden Fälle mit heftigen,
aber seltenen Anfällen nur durch Blutmangel der Herzmuskulatur erklärt
werden können. Verf. schlägt ‘operative Behandlung vor in allen Fällen,.
die jeder internen Therapie trotzen und . keine Insuffizienzerscheinungen |
des Herzens aufweisen.
| Über Thrombose und Embolie berichtet. M. Holsnasn auf Grand
des Materials der Universitäts-Frauenklinik Zürich. "Danach wurde die
‚größte Zahl nach -Laparotomien, besonders Myomoperationen, gefunden.
Ursache der. Thrombosierung ist unbekannt, als begünstigende Faktoren
` zeigten sich Infektion, allgemeine Zirkulationsschwäche, starke Blutverluste,
auch eine relative Disposition des höheren Lebensalters.
Ä Symptomatologie sah Verf. keine Unterstützung: durch die prämonitörischen
Bezüglich der:
Symptome, wie Mahlersches oder Michaelissches Zeichen usw. Bei- Lungen-
embolien ‚wurde nur in 11,30%/, vorher eine Thrombose . festgestellt; als `.
Veranlassung der tödlichen Embolie wurde in mehr als.der Hälfte kein
. besonderer Umstand gefunden:
und die Zirkulationsverhältnisse betroffener Extremitäten möglichst be-
günstigen. Zur Vermeidung von Thrombosen: empfiehlt : Verf. die Wochen-
: Die Therapie- muß Embolien vermeiden
bettsgymnastik; bei Operationen sollen die begünstigenden Momente (lange °
‚Narkose, schlechte Lagerung usw.)' möglichst vermieden werden.
Nr. 26.. Die Bedeutung der choreatischen : und athetotischen -
. Bewegungsautomatismen bespricht R. Bing (Basel). Er teilt die nor-
malen und pathologischen Bewegungen in. willkürliche ‚und unwillkürliche
ein, wovon letztere in vier Gruppen sich einteilen lassen: a) reflektörische .
Bewegungen, zu denen auch der Muskeltonus gehört; b) motorische Reiz-
erscheinungen; c).autochthone Bewegungen, bei denen der Reiz’ an der
Stelle des’Kernes entsteht, nicht ‚peripher' zugeleitet wird; à) automatische
Bewegungen, zu denen das Zittern, fibrilläre Muskelzuckungen- gehören,
ferner die choreatischen, Automatismen und die athetotischen Zwangsbewe-
gungen. Chorea minor und chronische Chorea, sowie die Athetose beruhen.
auf Affektionen des Striatums; eine Rigidität der Muskulatur gehört auch
zu diesem Symptomenkomplex., Die choreatischen Störungen beruhen wahr-
' scheinlich mehr auf einer Affektion. des Putamen, die athetotischen mehr
auf einer ‚solchen des Nucl. caudatus. Der ‘Grund ides Auftretens der
‚Bewegungen ist. in einer Enthemmung' zu suchen, die normalerweise nur .
zu zweckmäßigen Bewegungen eintritt. Therapeutisch wird. Skopolamin,
Atropin empfohlen, und für die akute Chorea (minor) Arsen: mit Extr.
. cannab. indic. kombiniert.
L, Schnyder (Bern) will. den ‚Krankheitsbegriff‘ der Neurose du”
den der Psychoneurose ersetzen.. Er. versteht darunter funktionelle Krank-
heiten: des N ervensystems, die diej enigen Funktionen betreffen, durch welche
-sich der Mensch àn seine materiellen, sozialen und moralischen Verhältnisse |
anzupassen vermag. Hierbei unterscheidet. er Psychoneurosen im engeren -
Sinne und psychoneurotische Einzelerscheinungen. Der Untarschied zwischen
ihnen und den Psychosen besteht darin,. daß bei letzteren die psychischen .
Störungen abrupt auftreten und in deutlichem Gegensatz zu. den ‚normalen
„psychischen Vorgängen stehen, während bei ‚ersteren fein abgestufte Uber-
gänge bestehen. Bo i pan
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latur erlangt die primitivere Bewegung das Übergewicht. In
abduktion ist zu begegnen durch Vermeidung der üblichen Mitella, durch
frühzeitige Schienung unter Betonung der BASUAHORESSeFDDE und Kräftigung
Das kritische Dreitagefleberexanthem der kleinen Kinder (Exan-
| thema subitum) beschreibt E, Glanzmann (Bern). Es handelt sich um
ein meist ohne Prodromalien auftretendes Fieber von dreitägiger Dauer,
das von Übelkeit, Mattigkeit, heftigen Kopfschmerzen begleitet ist, Es
befällt meist Kinder von 2 Monaten bis 6 Jahren. Der Temperaturabfall
ist kritisch und mit ihm oder einige Stunden nachher tritt ein Exanthem
auf, das am Rumpf beginnt und’morphologisch den Masern stark ähnelt.
Nach 24—48 Stunden Abblassen ohne Hinterlassung von Pigmentierung
oder Schuppung. Mitunter wird ein Schnupfen als Begleiterscheinung beob-
achtet. Husten fehlt. Das Blutbild ist charakteristisch: Leukopenie mit
Lymphozytose und reichlichen Monozyten. Es fehlen: die für Scharlach
charakteristischen Zeichen der Angina, oft mit Belag, während man mit-
unter eine exanthemartige Rötung im Rachen findet. Das Krankheitsbild
ist deutlich genug differenziert, so daß eine Unterscheidung von den übrigen
kindlichen Exanthemen immer möglich ist.
Einige Betrachtungen über den Serumshock und die anaphylaktische
Reaktion teilen Th. und J. Stephani (Montana) mit. Die nach Injektion
= von Serum auftretenden Reaktionen sind verschieden, je nach dem Ursprung |
des Serums und seiner Zubereitung, sowie nach der Reaktionsbereitschaft
des Patienten und der Art der Krankheit; im ganzen sind derartige Zufälle
aber nicht selten. Deshalb warnen Verf. vor der Injektion von einfachem
Serum und fordern für die prophylaktischen Injektionen große Einschränkung,
da die Serotherapie für die verschiedensten Krankheiten dauernd zunimmt.
Ferner soll bei jeder Injektion die individuelle Empfindlichkeit geprüft
werden und man muß den Patienten nach der Injektion 12 Stunden lang
überwachen, Besondere Vorsicht erfordern die Hypertoniker. Muncke, |
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 29 und 30.
Nr.29.EineHlypophysengangsgeschwulsthatE.Unger (Berlin) dadurch
‚operativ angegangen, daß er beide Stirnbeine in einem Stück heraus-
brach und nach oben umschlug und das Stirnhirn mit einem Spatel abhob,
wobei der Riechnerv abriß. Nach Punktion der den Sehnerven verdeckenden
Zyste Besserung der Kopfschmerzen, der Gangstörung und des Sehens.
Nach der infolge des Wachsens der Geschwulst notwendigen zweiten
| Operation Exitus.
Die ulnare Abduktion als Folgezustand der Handphlegmone SE
F.Schoening (Erfurt). Bei Schädigung des Gelenkes und seiner Musku-
Der Ulnar-
der radialen Muskulatur.
' Leitungsanästhesie an dem iniraklavikularen Teile des Plexus
brachialis hat A. Balog (Rumänien) in der Weise ausgeführt, daß 10 ccm
Novokain-Adrenalin vom Einstich an der Spitze des Proc. coracoideus,
parallel dem Schlüsselbein auf die 2. Rippe eingespritzt wurden
Der drainagelose Verschluß der Bauchhöhle nach Cholezystektomie
. kann nach O. Bokastoff (Moskau) bei Abwesenheit von Infektionen und
Stilung der Blutung und des Gallenabflusses in der Weise ausgeführt
werden, daß der unterbundene Zystikusstumpf in das Leberbett versenkt
und vernäht wird.
„Integrale Therapie“ (Eigenblutbehandlung) infizierter Wunden treibt
A. Goljanitzki (Astrachan) in der Weise, daß er mit destilliertem Wasser
lackfarben gemachtes Blut des Kranken in die Umgebung der Wunde
einspritzt.
Nr.30. Über die operative Behandlung der steinlosen Gallenkoliken be-
richtet F. Fink-Finkenheim (Karlsbad). Bei den-akuten oder chronischen
Prozessen entzündlicher Natur mit Verwachsungen und Knickungen, wo
bei der Operation keine Steine gefunden wurden, bestanden heftige und
häufige Koliken, wie bei Kranken mit Konkrementen. Die Operation be-
schränkte sich bei geringen Veränderungen auf Lösung der Verwachsungen
oder Zystostomie; wo ein Magen- oder Duodenalgeschwür die Beschwerden
verursacht hatte, wurde Gastroenterostomie und Zystektomie gemacht und
bei Eiterungen die Gallenblase entfernt.
Zur Gaumenplastik empfiehlt W. Rosenthal, die Langenbecksche
Uranoplastik in gleicher Sitzung mit einer Pharyngoplastik zu ver-
binden. Der Eingriff wird am besten zwischen dem 12. bis 15. Lebensjahr
‘gemacht, und in der Zeit des Abwartens werden die Kieferhälften durch
Zahnschienen angenähert. In Lokalanästhesie wird aus der hinteren
Pharynzxwand ein Lappen abgelöst, der bis zum hinteren Rande des
harten Gaumens ohne Spannung reicht. Der Lappen wird zwischen den
wund- und beweglich gemachten Velumhälften durch Seidennähte befestigt.
Durch die Fesselung des weichen Gaumens an die Rachenwand entstehen
keine Störungen.
Die intrakardiale Einspritzung von 1 cem Adrenalin hat
G. Raeschke (Lingen-Ems) bei Herzstillstand nach Lumbalanästhesie mit
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34
. mit wechselndem Fieber.
24. August
Erfolg gemacht. Einige Minuten nach Einspritzung von St/sigem Tropa
kokain (Merck) in den Rückenmarkskanal war die Atmung unregelmäßig
und der Rn unfühlbar geworden.. K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 28 bis 30.
Nr. 28; Perniziöse Anämie .in der Schwangerschaft beschreibt
v. Oettingen (Heidelberg) bei einer Frau, welche zuerst in ihrer ersten
Schwangerschaft an einem Erschöpfungszustand mit Erbrechen und fieber-
haftem Wochenbett erkrankte. Nach völliger Genesung trat der gleiche
Zustand bei der zweiten und dann bei der dritten Schwangerschaft ein:
schwerste Blutarmut bei hohem Färbeindex und allgemeine‘. Erschöpfung
Um der schweren Schwangerschaftstoxikose für
die Zukunft vorzubeugen, wurde die 24jährige Frau operativ sterilisiert.
Durch Tumor bedingte Duodenalstenose hat Hohlbaum (Leipzig)
bei einem Neugeborenen durch vordere Gastroenterostomie mit
Braunscher Anastomose behandelt. Die hinter dem Magen gelegene höckerige,
derbe, kleinapfelgroße Geschwulst verschwand nach der Behandlung mit
Röntgenstrahlen.
Den Bilirubinstoftwechsel bei Neugeborenen haben E. Meyer und -
A. Adler (Leipzig) durch Bestimmungen des Gallenfarbstoffs im Blut, im
Urin und Stuhl untersucht. Ikterus und Bilirubinämie gehen nicht parallel.
Die bei. jedem Säugling vorhandene Bilirubinämie tritt nicht in
Erscheinung, weil die Leber das Bilirubin auf dem Darmwege ausscheidet
Sie ist durch den Hungerzustand und die Abkühlung des Neugeborenen
verursacht. Das Auftreten von. Gelbsucht, das unabhängig ist von dem
Bilirubinspiegel im Blut, hängt von individuellen Momenten ab. -
Das Vorkommen von Urobilin im Stuhl und Harn von Neugeborenen
haben L. Goldschmidt-Schulhoff und A. Adler untersucht. Es ist
unabhängig vom Gewebsikterus, aber spricht für eine Leberschädigung
Sein Entstehungsort: ist die Leber. Harn und Stuhl gesunder Neu-
geborener sind frei von Urobilin.
Für die Kielland-Zange tritt Saenger (München) ein. Es ist
gefährlich, die Zange bei hohem Stand des Kopfes und Bockenverengerung
anzuwenden. Wenn der Kopf in das kleine Becken eingetreten und der
Muttermund völlig erweitert ist, gelingt die Umwandlung der Vorderhaupte-
lagen in Hinterhauptslagen spielend.
Perforation des Uterus bei Abort mit Darmvorfali durch den
Ursano-Dilatator“ beschreibt Hellendall (Düsseldorf). Die Einführungs-
enden dieser Bougies sind kugelförmig und mit stumpfen Gewinden um-
geben. Der bei Ausräumung eines Abortes m. I. entstandene RiB ging
durch .den inneren Muttermund in das rechte seitliche Laquear. Die
Untersuchung des supravaginal amputierten Uterus ergab keine Verände-
rungen .an der Muskulatur.
Zur Frage der Einschlußblennorrhoe Neugeborener und der Bin-
schlußvaginitis haben M. Fischer und A. Pasch (Leipzig) die Aus-
striche von Augensekreten und von Scheidensekreten untersucht und in
den Zellen keine Andeutungen von Einschlüssen gefunden. Die
Theorie vom „genitalen Trachom“ konnte nicht gestützt werden: Es
wird davor gewarnt, bei ätiologisch noch nicht geklärten Krankheiten
Zelleinschlüsse, die den Erreger enthalten sollen, finden. zu wollen.
Die okkulte Darmblutung in der Pathogenese der Melaena neo-
natorum bespricht v. Raisz (Budapest). Bei einem großen Teil der
Neugeborenen ist chemisch im Stuhl Blut zu finden. Die alimentär
entstandene Hyperämie des Darmkanals wird durch Geburtsschädigungen,
durch Steigerung des Übergangskatarrhs, durch Tues und Sepsis bis zu
der anne Blutung gesteigert.
Nr. 29. Über Lipoide und Ovarialtunktion bemerkt Robert Meyer
(Berlin), daß es nur ein Corpus luteum gibt, und dieses stirbt ‚entweder
nach der Gravidität oder ohne solche den vorzeitigen Tod. Das sog. „Corpus
luteum menstruationis“, das verhindert wird, seinen eigentlichen Zweck zu
erfüllen, spielt keine Rolle i im Körper. In das Stadium der intrazellularen
Lipoidbindung ist die der Beschützung der Gravidität zugedachte Tätigkeit
des Corpus luteum. zu setzen. Die sichtbaren, bei der Rückbildung
freiwerdenden Lipoide verdienen keine Beachtung. Die ovarielle Sonder-
leistung liegt nicht zur Zeit der größeren Sichtbarkeit freier Lipoïde.
Rückenschmerzen infolge einseitiger Sakralisation des 5. Lenden-
wirbeils beschreibt H. Martius (Bonn) bei einer 19jährigen Frau, die
wegen fieberhafter Fehlgeburt 2 Monate lang bettlägerig gewesen waft.
Der Querfortsatz des 5. Lendenwirbels hat auf der rechten Seite
mit der Massa lateralis des 1. Sakralwirbels und mit der Facies auriou-
laris des Kreuzbeins sich verbunden, so daß ein überzähliges Sakralloch
entstanden ist. Auch der linke Querfortsatz ist nach dem Röntgenbilde
etwas verdickt. Die Knochenanomalie ist angeboren, aber die Schmerzen
‘traten erst in späteren Jahren ein, nachdem die Muskulatur erschlafft
‘war und infolge Abnahme des Muskeltonus die Rumpflast in höherem
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i- o wurde, aufeinand nke Hor er der oberen rankung ruations- Ziel wird gen der. dia ne Glykosu g nicht „Amerika ü in Kissingen HER lid:
iS ‚wurde. Die I nder vernäh D verlän e oberen Ki . ngen wurd ns- ans wird offe zs r. er SOI nur die 6 hi = überkomm i; Kah ii? h
re ee besch _ ein birnen e beid geschnitten, Fe RE Organi urch erreicht echselstöru ch alle :ander rglykämi j EA
0. bei yerj udiment ni chwerdefrei irnenförmi en aufge ten, 'Mangel.das , „Tganıs rch erreicht, ‘daß Storun lè -anderen 16 N Yale
Bo. verjauchter Hä nicht efrei. — Au örmiger Ute geklappt » | noch be as -ei nismus , das t, ‘daß duri ungen zu beseit n. Beglei i p pisad
L ; wo „5“ i pten ‘noch, besser gentlich 3 , das: Pr ab durch die zu .beseitige Begleit- KERNE Szah EN
I. 9 Monat plö es Scheid kr notwendi; ‚werden; di eränderte: bildet rodukti lem kom esen der Kran ‚zugeführt . w inbehandlu = ER HIRR
OOOO Dit lötzli enhäm ig ; die A en Adnexen leibung on anzupasser plizierten. Me nkheit bildet. ‘werden kann ung de PS HECKE EHRE r
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VER chul hühnerei n der Sch p ' lon, ist [Re i es Insulins : , müssen die animus d ..Um die. kann, dess WAD: jigi "3
>. B;mib ei ze (Wi reigroßer ler Schw ‚ist nur | egelung . do ulins noch en die. Metho! us der nati lie exogi en f aaee i}:
pooo ab ‚mit eine > iesbaden) er Tum angersch i : . V é g . der. diä ; noch ver 5 ` Method . OT natürlic u gene. Zufub $: "i ik hip yii
o wurde “abg m Stiel der Mi beobachti an aus der V aff, das sich Po mit letz iätetischen a nn En „der Gewi ‚oben end i ; y Fa
o > Bshand gebunden u ittellini tet- Die. b ' Vulva heraus ich im betesfällen zteror hilft I 3ehandlung t werden: -GI innung und . T EE AA Sal
li NG lelte si nd ab e der hi E lausch AR erauswölbt, . f lä AHON (Ko en ilf? Ins lin) Ing ist’ a Gleich an Einv IR hai "EPRD i
ES Badoo ie. tedingt der a a a a ne zeitige sorgfältige alle
a U Si: hadingt du o a al mit. Tam Scheidenwai che | o versagt’ hätte i größe ufig-auch ` ‚wie ‚vor erfort sorgfälti BORN Si. el
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länge, die wirksame Substanz des Insulins zu isölieren und rein darzu-.
stellen, könnte eine wirklich zuverlässige Dosierung und Beurteilung ihrer |
Wirkung möglich sein.. Versuche hierüber sind zurzeit in vollstem Gange.
Die een Applikationsmethoden. sind die subkutane und intra-
venöse. Die‘ perorale Insulindarreichung in. Form der Fornetschen Pillen
ist erfolglos. Die theoretischen Grundlagen für die Wirkungsweise. des In-
sulins ‘sind noch völlig unentschieden. Man- weiß noch nicht, an welcher
Stelle in der, ganzen Reihe von Vorgängen bei der normalen Verwertung `
‚des Zuckers im Organismus der Angriffspunkt des Insulins zu suchen. ist,
Es spricht vieles dafür, daß es sich um eine komplexe Wirkung handelt,
‘die an mehreren Stellen gleichzeitig angreift und vielleicht sogar nicht nur
den Kohlehydrat-, sondern auch den Fett- und Eiweißstoffwechsel beein-
Außt. Neuerdings. haben sich auch Wirkungen auf die Regelung der-
Körpertemperatur herausgestellt. Ein historischer Schlußüberblick über
‚die Lehre von der inneren Sekretion -der Bauchspeicheldrüse stellt unein-
geschränkt den Erfolg der kanadischen Forscher der Macleodschen Schule
fest, .denen es zu verdanken ist, daß wir heute schon in dem Insulin ein
wertvolles. Mittel, zur Behandlung des Diabetes in den Händen haben.
Nach ‘dem Muster der bekannten Kombinierung synergistisch wir-
kender Arzyeimittel zur Erreichung einer intensiveren Wirkung ist’ im -
jüdischen Krankenhaus Berlin ‚die intravenöse Kombinationstherapie bei
Herzkranken durchgeprobt worden. - Über die Erfolge damit berichtet
W. Schaefer. Ais.Präparate für die nur intravenös verabfolgten „Misch-
spritzen“ kommen in Betracht: Digipurat, Digalen, Digititrat, Strophanthin,
Scillaren (Sandoz), Coffein. natr. salieyl., Strychnin. nitr. und Euphyllin
(Byk). ’ Die Kombinationsmittel wurden so gewählt, daß sie in verschie-
dener Weise teils am Vasomotoren-, am Vagus- oder am Atemzentrum,
teils am Herzmuskel, an den peripheren Gefäßnervenendigungen und an den |
‚Reflexapparaten des Rückenmarks angreifen. In den Mischspritzen wurden
gegeben 1 cem Digipurat bzw. Digalen, 0,75 und 1,5 ccm Digitrat - oder .
0,0005 g Strophanthin oder 1 ccm Seillaren, gemischt mit 0,2 g Koffein bzw.
-0,0005—0,001 Strychnin oder mit 2 com Euphyllin (= 0,48 g) oder auch
See einzelne der genannten Herzmittel mit Koffein und Strychnin in den
angegebenen Dosen zusammen, schließlich auch eine Kombination der beiden
letzten Mittel allein. Die einzelnen Indikationsgebiete sind im wesentlichen |
die alt bekannten. Die Erfolge sollen oft überraschend im Sinne schneller |
| Hebung der Herzkraft und Stärkung des Vasomotorenzentrums gewesen
sein und denjenigen der intravenösen Injektion der Einzelsubstänzen über- | geplatzten Graafschen Follikel sah O. Bittmann. Die Ursache dürfte
"legen sein. Nebenwirkungen sind eigentlich nur bei zu schnellem Ein- | eine Retroflexio uteri gewesen sein. Diese bedingte eine Behinderung des
-spritzen und zu starker Konzentration von Euphyllin beobachtet. Kom- | Kreislaufs und sekundär eine reiche Vaskularisation des innern Genitals
_ binationen mit diesem Mittel wurden deshalb auf 10 com mit Ag. dest. | und daher auch der Theca folliculi. Als der Follikel spontan platte,
verdünnt und ganz langsam (3—5 Minuten) injiziert. Die Kontraindika- | verhinderte die starke Blutung die Schließung der Periotationsönung.
tionen sind die gleichen, wie bei den Einzelpräparaten. | (Čas. lék. česk. 1924, Nr. 5.) `
Die bisherigen Methoden der Vakzine- und Reiztherapie in der |
modernen Wundbehandlung haben meist nur Teilerfolge zu verzeichnen’
gehabt und haben sich zum Teil auch wegen ihrer Kompliziertheit in der
Praxis nicht durchzusetzen vermocht. Nach Wolfsohn (jüdisches Kranken-
haus Berlin) bestehen auch heute noch nicht allzu große Hoffnungen, be- `
sonders wenn es sich um granulierende oder fistelnde Wunden handelt.
‚Jede Reiztherapie verliert an. Wirkung, wenn man offene, mit der Außen-
welt kommunizierende Herde in Angriff nimmt, weil die allzuschnelle
wurde, verwandelt sich: das. Ösen Iuteum. mensirustionis in F morpho- |
logisch verschiedene Corpus luteum graviditatis.: (Sborník lék. 1923, AR,
8.230, Festschrift für Thomayer.)
bei Fällen von Vorhofflimmern, wo es manchmal eine vollständige Regelung.
deutende Erleichterung brachte, wie kein anderes Kardiakum. Man gibt
abends eine Probedosis von 0,2g. Zeigt sich keine Intoleranz, gibt man
am nächsten Tag 5 x 0,2 und ‚steigt auf 6—7 x 0,2 in den folgenden
Tagen etwa 15 Tage hindurch. (Sborník lék. 1923, XXIV, S. 277, Fest-
schrift für Thomayer.) .
Ä Okkultes Blut im Stuhi läßt sich nach Augustin nach Fleischkost
nicht immer nachweisen., Geht man ‚von Fleischkost zur fleischlosen Kost
über und findet im vierten Stuhl Blut, dann handelt es sich um eine-
pathologische Blutung. Ist. die Chloralhydrat-Alkohol- Gusj &kolprobe nach
Boas und Vändorfy positiv, dann ist ein .alimentärer Ursprung -des
Blutes ausgeschlossen. (Sbornik lék. 1923, XXIV, Bd. 2, S.- 188.)
Nach -Anlegung eines Herzkühlers sah E. Omunt bei Menschen
mit gesundem Herzen keine Zunahme des Blutdrucks, sondern meist ein
.Sinken ‘desselben. Dasselbe gilt- von Arteriosklerose ohne Nierenverände-
(Sborník lék. 1923, XXIV, Bd. 2, S. 421.)
` Pruška hat die Kiellandzange bei 138 Fällen der Klinik Rubeska
erprobt. Sie leistet unschätzbare Dienste bei Deflexionslagen, ist ein gutes
Rotationsinstrument, erleichtert die Extraktion und gefährdet, wenn’ richtig»
eingelegt, wenig den Kopf; aber sie läßt doch manchmal im Stich, setzt
die Frau schweren Verletzungen aus, setzt eine genaue Diagnose und voll-
geeignet. (Čas. lék. česk. 1924, Nr. 5.)
atrophische Wucherung malignen Charakters (Karzinom) hervorzurufen. Das
gesetzter Reizung mit Teer erfolgte ein Weiterwachstum nach der Breite
Petroläther beschleunigte die Teerwirkung. (Čas. lék. česk. 1924, Nr, 5.)
Bine bedrohliche Blutung in die freie Bauchhöhle aus einem frisch
Erfahrungen der Klinik Ostrčil. in Brünn bei 181 Fällen folgende Richt-
. Fortschwemmung der Sekrete eine Entfernung der Immunitätsprodukte be-
dingt und dadurch die ausgesprochene Herdreaktion verhindert. Dagegen
sind abgeschlossene Herde dankbare Objekte. Am zweckmäßigsten erscheint
dem Verf. zurzeit die Kombination einer spezifischen. Vakzine, z.B. auto-
genen Bakterienkulturen, mit einem unspezifischen Reizkörper. Die Yatren-
vakzinen der Behringwerke scheinen dafür gut geeignet zu sein. Zu einer :
ausreichenden Kochsalzverdünnung der Vakzine wird 1/2 °/, Novokain hin-
cassarea abdominalis auszuführen. Bei jeder Blutung am Schwangerschafts-
ende muß man Placenta praevia annehmen und den Fall, ohne zu unter-
1924, Nr. 5.) G. Mühlstein (Prag).
zugesetzt und damit die Wunde um- und unterspritzt. Die Menge richtet Therapeutische Notizen.
sich nach der Beschaffenheit der Wunde und der Lockerheit der Umgebung. |
Die Einspritzungen können’ mehrfach wiederholt werden, | Chirurgie.
Tarnogro cki (Poli)
Aus der neuesten tschechischen. Literatur.
Untersuchungen von Ostr&il und Bittmann über die Beziehungen
zwischen Uterusschleimhbaut und Corpus luteum ergaben, daß es zwischen
_ zwei Menstruationen unabhängig von denselben zu einer Ovulation kommt,
deren Endeffekt die Produktion des Eies und die Ausstoßung desselben |
aus dem Follikel ist, aus dem- sioh das Corpus luteum entwickelt. Die
Menstruation ist nicht abhängig von einer bestimmten Phase der Entwick-
lung des Corpus’ luteum, sondern von dem Leben des Eies selbst. Das
Absterben desselben hat zur Folge den Eintritt der Menstruation und
‘ die Regression des Corpus luteum.. Dasselbe ist nur ein temporäres Hilfs-
organ für das Leben des Bies. Es verhindert während des Lebens ' des
Eies, zu.dem es gehört, die Reifung anderer Follikel und dient vielleicht
auch der Verlängerung des m des Mies. Wenn das Ei befruchtet
die Narkose. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 29.)
bedingungen zu schafien. . (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 29.) K. Bg.
Injektionsflüssigkeit yom Blutstrom ansaugen zu lassen; dann wird ra
Sebr gute Wirkung sah J. Brumlík von Chinidinum sulfuricum -
des Rhythmus, aber auch bei andauernd unregelmäßigem Puls eine so be-
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rungen; aber. selbst bei chronischen Nierenleiden stieg der Blutdruck nur -
in: der Hälfte der Fälle, um nach 2 Stunden meist wieder zu sinken, `
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‚endete Technik- voraus und ist daher für die allgemeine Praxis nieht
O. Bittmann gelang es, in der Haut der Kaninchen durch Teer eine
‚histologische Bild der regionären Drüsen’ bewies die Malignität. Bei fort- la
und Tiefe und zentraler Zerfall. Auch Kachexie trat ein. Eine Kombination mit-
Für die Therapie der Placenta praevia gibt B. Boček nach den
| linien: bei lateralem Sitz der Plazenta, Durchgängigkeit der Zervix für zwei
Finger und Längslage: Blasensprengung; bei engerer Zervix: Moetreuryse.
Bei starker Blutung und obigen Vorbedingungen: Wendung nach Braxton-
| Hicks. Bei zentralem Sitz und Durchgängigkeit der Zervix. für zwei Finger
führe man entweder den Metreurynter ein (mit starkem Bilutverlust ver-
| bunden!) oder wende kombiniert auf den Fuß. Ist der Fall nicht infiziert
und das Kind lebensfähig, besonders aber wenn die Plazenta zentral sitzt
und es sich um eine Primipara mit langer Zervix handelt, ist die Seotio
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suchen und ohne zu tamponieren, in die Anstalt schicken. (Gas. 16k. česk
Bin einfaches Hilismittel bei der Narkose empfiehlt H. Drossmann
(Köln). Bei sich sträubenden Kindern nach wiederholten Narkosen wird .
auf die Maske ein Desodorans, nämlich Eau de Cologne, zunächst :
aufgeträufelt. Wenn nach 1—2? Minuten mit dem Aufträufeln von `
' Chloroform oder Äther begonnen wird, erfolgt kein Sträuben mehr gegen
An Stelle der Tamponade eiternder Wunden behandelt H. Blumen-
thal (Moskau) mit Salbenverbänden (sterilisiertem Vaseline), um das
frühzeitige Verkleben der Wundränder zu verhüten und günstige Heilungs
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Die beste Behandlung der Varizen ist nach Bazelis die der
intravarikösen Injektionen. Technik: Eine feine Nadel wird direkt in den
Varix eingestochen; das Gefäß darf nicht durchstochen werden — davon
hängt der Erfolg. ab. Sie bleibt einige Zeit unbewegt liegen, um dio
| z iiert, die Nadel rasch zurückgezogen und für 3—4 Minuten k omprimiert.
‚Vor der Injektion steht der Patient einige Minuten, um sich den Varix
füllen zu lassen; dann über dem Knie eine elastische Binde umlegen und
p den Patienten hinlegen. Sofort nach der Injektion wird die Binde ab-
genommen., Auf diese Weise appliziert, ist die beste Methode; von ihrer.
"genauen Befolgung hängt das Resultat ab. So kommt auch die sklerosierende
. ach 4 Wochen völlig resorbiert ist.
- - beiiedigend. (Pr. med. 1924, 23.)
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Lösung am besten in. Berührung mit dem Endothel. Die letztere besteht
hei Arthritikern, Rheumatikern, mit Migräne und Urtikaria Behafieten aus
90- 80- oder 40° iger Natriumsalizyllösung je 2—5 bzw. 2—3 ccm bis
1.10—6 sem pro Injektion. Man kann pro injectione 0,05 cg Novokain
migen. Bei Syphilitikern empfiehlt sich: Quecksilberbijodat; Natrium-
jüat; Natriumchlorat; Aqua dest. aa 1,0; 1—2 cem pro injectione.
gibt dio Anamnese Malaria: neutrales Chininum hydrochloricum 0,4;
Urethin 0,2; Aqua dest. 2,0; 3—6 cem pro injectione. Nebenwirkungen;
keine: Manchmal.nach der Injektion ein zu ertragender Krampf, auf den
man vorher aufmerksam macht. In den meisten Fällen zeigt sich schon
am nächsten Tage ohne Schmerzen oder Behinderung die venöse Induration:
in.einigen Fällen leichte perivenöse Induration an der Injektionsstelle:
Beitrohe, warme feuchte. Umschläge. Nach 7 Tagen harter Strang,. der
In den meisten Fällen nur 1—2 In-
jektionen, in manchen bis zu 8 u. m.,. dann 2 in der-Woche. Material.
ibr 800 Injektionen. Erfolge, wenn die Technik eingehalten wird, sehr
Ä . v. Sohnitzer.
. Bei Varizen empfiehlt Curt Hempel (Leipzig) Sublimatinjektionen,
--mdzwar in einer Lösung von 1:100 imtravenös nach Linser. Es
konnt zur Obliterätion der Varizen` infolge künstlich hervorgerufener
Thrombosierung. Kontraindiziert ist die Behandlung mit Sublimat-
ijiktionen. bei Nierenerkrankung, Diabetes, Arteriosklerose, Leberleiden,
Thrömbosen der großen Stammvenen, Caput Medusae, Darmkatarrh, Ekze-
matikern sowie bei Varizen mit ganz dünner Hautdecke (hierbei leicht
Bautgangrän; aus diesem Grunde vermeide man Injektionen am Dorsum
„pedis oder an der Tibiakante). (M.m.W. 1924, Nr. 27.) |
In einem Falle von Retentio testiculi im Canalis inguinalis bei einem .
dreijährigen Kinde gelang es Adolf Vollbrandt (Freiburg i. Br.), nach
wiederholten, sanftem Herabziehen des Skrotums die Testes auf. den Boden
' des Skrotums zu bringen. Dieser erstrebte Zustand wurde erhalten durch _
ein sich fest und unverschiebbar anschmiegendes, ganz aus weichem Gummi,
hergestelites Bruchband mit leicht aufblasbaren Pelotten. Die der Reibung
ausgwsetzten Hautstellen werden eingepudert. Dieses Gummibruchband ist
unter dem Namen „Hernifix“ von Steinberg, Freiburg i. Br.; Bertholdstr. 22,
m beziehen. (D.m.W. 1924, Nr. 26.) - E E
Die Behandlung des Furunkels mit Histoplast empfiehlt auch
. Oberndorfer (Asch [Schw.]) angelegentlichst. Er beobachtete rasohes
Abklingen aller entzündlichen Erscheinungen der behandelten Partien
. nd ihrer näheren Umgebung, zugleich aber ein auffälliges, fast plötzliches
Sistieren der Neubildung weiterer Furunkel. (M.m.W. 192%, Nr.-23.)
Ba Gelenkverletzungen empfiehlt Siegfr. Löber (Vacha) die Ge-
‚ Jenkhöhle mit 1°/.0iger Rivanollösung auszuspülen. Die Rivanolspülung
berähet- sich auch gut bei Gelenkempyem. (D.m.W. 1924, Nr. 27.)
| | i F. Bruck.
, Orthopädie. | |
‚Zur Therapie des spastischen Plattfußes empfiehlt G. Engelmann
(Wien) die Injektion von je 1O ccm einer 0,5°/oigen Novokain- oder
02 9sigen Eukainlösung in die Muskelbäuche der Peronaei und der Ex-
tensoren. Schon nach einigen Minuten tritt Erschlaffung der Muskeln ein
und die Supination und Plantarflexion sind möglich. Verf. fand diese Mo-
fiode der von Lorenz angegebenen intraartikulären Injektion von 0,5 bis
1,0 cem 10°%,iger Kokainlösung überlegen. ar Muncke.
‚Die. operative Schienung der spondylitischen Wirbelsäule empfiehlt
Fritz Lange (München). Das Verfahren rührt vom Verfasser her. Zur.
E:
“erung der spondylitischen Wirbelsäule werden Schienen zu beiden
a der Dornfortsätze unter die Rückenmuskulatur eingeführt und mit
en Dornfortsätzen vernäht. Am besten haben sich dazu bewährt Zelluloid-
Kae die 5-10 mm dick und beliebig lang sein können. Zelluloid heilt
asp glatt ein wie ein Knochenspan und bleibt im Körper, soweit bisher
s Peobachtungon reichen, unverändert erhalten. Durch diese Schienen, die
acà. mit der Wirbelsäule verbinden, wird dem Zusammensinken dieser
; "irgebeugt, Fin spondylitischer Wirbel kann jeden Tag zusammenbrechen
wd deshalb kommt alles darauf an, die kranke Wirbelsäule‘ vor solchem
Ä nsanmenbruch zu behüten. Auch eine schon vorhandene Lähmung kann
‚der operativen Schienung schwinden. Zur Ausheilung der Spondylitis
| x eine Buckelbildung nicht notwendig. Der Verfasser glaubt viel-
4 |. dureh die operative Schienung der Wirbelsäule den Weg gefunden zu
(M.m.W. 1924,
z Fe den Kranken vor dieser Entstellung zu bewahren.
| F. Bruok.
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‚. Kinderkrankheiten.
Nach Hermann, Vollmer (Berlin) gelingt. es bei Rachitis, durch: -
Extrakte der Hypophyse, des Thymus und Ovariums .die Blut-
phosphate zu, vermehren und-die Säureausscheidung mit dem
Harn zu vermindern, also den intermediären Stoffwechsel zu be--
'schleunigen, d. h., ihn antirachitisch zu beeinflussen. .So ‚wurde.
durch subkutane Injektion von, Pituglandol, Thymoglandol.und
Ovoglandol (abwechselnd je 1 ccm jeden zweiten. Tag, im ‚ganzen 6 bis
12 Injektionen) floride Rachitis durchschnittlich in 2—3 Wochen blut-
chemisch. und -klinisch geheilt. Da aber Hormone leicht durch die,
Haut resorbiert werden, kann . anstelle der Injektion die perkutan
wirkende Salbe treten. Durch tägliches Einmassieren von Hormonsalben
(„Hormokutin“, von der Hageda-Berlin in den Handel gebracht), die ab-
wechselnd die Exztrakte der Hypophyse, des Thymus und Ovariums ent-
balten, erreicht. man fast ausnahmslos durchschnittlich -in 8- Wochen
klinische Heilungen, denen ein rasches Ansteigen der Blutphosphat-
werte zur Norm vorausgeht. (D.m.W. 1924, Nr. 27.) ‚F.Bruck.
A. Weber-Hedinger (Gams) empfehlt das Glandescol, ein neues. i
lösliches Pepsin-Pankreaspräparat, bei. Kindern.: ` Die Kinder erhielten: ’
3—4 mal täglich 15 Tropfen unmittelbar nach der Mahlzeit in Zucker- `
wasser.‘ Es wurde gern genommen und wirkte: besonders .bei. Verdauungs-
schwäche mit mangelhaftem Appetit in der Rekonvaleszenz nach Infektions-
krankheiten, sowie bei subakuten. oder chronischen Zuständen von Dys-
pepsie mit Sub- oder Anazidität, schließlich bei ruhrartigen Infekten des -
Darmkanals mit gehäuften, schleimigen, unverdauten Stühlen. (Schweiz.
med. Wschr. 1924, Nr. 25.) TE Sa
| Einen durch seine Ursache seltenen Fall von Spasmus nutans bei.
einem 6 Wochen alten Kinde beschreibt Briz. :Das Kopfnicken verstärkte
sich bei dem schwächlichen Kinde immer mehr, das weder schlief noch
die Brust nehmen wollte. Es zeigte sich --sehr bald, daß sich auf den °
behaarten Stellen des Körpers, besonders der Kopfhaut und 'den Wimpern, .
zahlreiche Filziäuse und deren Nisse befanden. 'Nach Einreibungen von
grauer Salbe und warmen Seifenwasserwaschungen ließen schon nach zwei ::
Tagen die Krämpfe nach, das Kind schlief ‘und nahm die-Brust. wieder `
und war nach einigen weiteren Tagen vollkommen geheilt‘. (El Siglo med.. `
1924, S. 157) = v Bachem (Bonn).
.
’
Über Erfolge mit Tierbluteinspritzungen bei Kindertuberkulose þe-
richtet Kretschmer (Berlin). Zur Verwendung kam das Tierblutpräparat _
„Hämoprotin“., Die Behandlung wird auch- ‚von fortgeschrittenen und
schweren Phthisikern sehr gut vertragen. ` Hier kann, wenn auch keine '
-Muncke.
Besserung des Lungenbefundes, doch ein Gewichtsstillstand, ja sogar, mit-
unter eine erhebliche Gewichtszunahme erzielt werden. Die: Erfolge bei
den leichteren Fällen waren bemerkenswert und kaum mit einer anderen `
ambulanten Methode in so kurzer Zeit zu erreichen, : abgesehen. vielleicht
von der Röntgentiefentberapie. Bei Darmtuberkulose kommt: es zu rascher
Besserung der Durchfälle. Die Behandlung mit Hämoprotin ist eine Eiweiß-
therapie, nicht eine Bluttransplantation, denn das eingespritzte Blut wird
‘sofort im Körper zersetzt und abgebaut. (M.m.W. 1924, Nr. 25.) u
| | = F. Bruck.
u Hautkrankheiten. we =
Heißwasserinjektionen in Angiome empfiehlt Ernst Moser (Zittau).
Kleine Angiome verschwinden. nach einmaliger Injektion, größere nach
mehrfacher Wiederholung. Die, Technik wird genau beschrieben. Man muß .
das kochende Wasser unmittelbar neben sich stellen und möglichst schnell
einstechen mit möglichst dünner Kanüle. Spritzen mit Metallstempel sind
zu vermeiden, da man hierbei infolge der verschiedenen Ausdehnung durch
die Hitze gegenüber dem Glase plötzlich mal den Stempel nicht weiter .
gefüllt werden. (D.m.W. 1924, Nr.27)
Die unspezifische Reizkörperbehandlung der Furunkulose, 2
Schweißdrüsenabszesse und ähnlicher Erkrankungen der Haut.mit
_Olobintin empfiehlt Harry Schütz (Leipzig). Die Einspritzungen werden
auf das Periost der Darmbeinschaufel gemacht (in der hinteren Axillarlinie |
2 Finger breit unterhalb des Darmbeinkamms). Als Einzeldosen: steigend
0,5—1,9—3,0 ccm: In toto: 1,0—10,0 com (durchschnittlich ` 4—5.ccm),
_ drücken kann. Es empfehlen sich vielmehr Spritzen mit Porzellanstempel. `
Zum Schutz der eigenen Hände gegen die Hitze benutze man dicke Gummi-
' handschuhe (Sektionshandschuhe), die vor dem Anziehen. mit kaltem Wasser
und zwar auf 1—8 Injektionen verteilt (durchschnittlich 3). - (D. m. W,
1924, Nr. 27.) F. Bruck,
Über die Behandlung der tiefen Pyodermien äußert sich Peyri wie
folgt: Sie kann eine lokale und’ eine allgemeine sein. Die lokale erstreckt
sich auf die Eröffnung des Eiterherdes und vorsichtige antiseptische Behand-
` .
lung. Zur Allgemeinbehandlung eignen sich die Zinnsalze, besonders
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. die geringen Beschwerden der ‚Kur.
Hoffmann und H. Th. Schreus (Bonn) mit.
‚Syphilis recht brauchbar und mindestens so kräftig wie Bismogenol und
Infektion, herbeizuführen.
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1190
BE ©. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34
DE 7 u 24. August
| |
das kolloidale Metall, wie solches mit einem Zusatz von T.appa-Extrakt unter
dem Namen Bardanol (in Spanien) im Handel ist. Man gibt dreimal täglich
‘einen Eßlöffel, entsprechend 15 cg des Metalls.
Die günstigen Erfahrungen
des Verfassers erstrecken sich auf die Behandlung verschiedener Fälle
tiefliegender Follikulitis, Staphylokokkenmykosis des Bartes, verschiedene
Formen von Furunkulose usw. (El Siglo med. 1924, S. 13.)
.Eine eigentümliche Art der Lopusbehandlung wird von Boinet
‚genannt. Von 2 Frauen, die mit starkem Gesichtslupus behaftet waren,
ließ sich die eine innerhalb 4 Monate 1500, die andere in 9 Monaten
4000 Bienenstiche ‚setzen. In beiden Fällen trat schnelle Heilung ein,
obschon bei der einen Frau schon seit 13 Jahren die Krankheit bestand.
Bemerkenswert sind die schnelle Immunität gegen das Bienengift sowie
(El Siglo med. 1924, S. 143.)
Bachem (Bonn).
Ihre Ea mit dem Wismutpräparat „Mesurol“ teilen Erich
Das Präparat ist bei
Milanol. Eine genaue Überwachung,‘ besonders des Urins, ist nötig. In
bezug auf Schnelligkeit der Wirkung auf alle Erscheinungsformen der
Syphilis steht es dem Quecksilber zum mindesten nicht nach und leistet
vielleicht auch in der Dauerwirkung nicht weniger als dieses. Aber auch
Wismut vermag keine sichere Heilung in allen Fällen, besonders bei älterer
(D.m.W. 1924, Nr. 25.)
Als ein gut wirkendes Wismutpräparat empfiehlt Friedrich Dietel
(Erlangen) das Mesurol (Bayer). Es wird wöchentlich dreimal 1 cem
davon intraglutäal injiziert. In der Regel kommen auf eine Kur 15 (bis
20) Einspritzungen. Wie bei anderen Bi-Präparaten war auch hier von
der 4.5. Injektion an Epithelurie zu beobachten, während weitergehende
Nierenschädigungen nie gesehen wurden (genauere Urinuntersuchung min-
destens 2mal wöchenuich!). . Die Bi-Ablagerungen an der Schleimhaut
(Zahnfleisch, Zungen- und Wangenschleimhaut) sind nur vorüb ergehender
Natur. (M.m.W. 1924, Nr. 27.) |
Das französische Medikament Stovarsol, ein organisches DEN
wird von L. v. Zumbusch verworfen. Das innerlich genommene Mittel
‚ soll einen „sicheren. Schutz“ gegen eine syphilitische Ansteckung gewähren.
Bis zu mehreren Tagen nach der Infektion soll es selbst massive Infektionen
unschädlich machen. Der Verfasser weist auf die große Gefahr hin, die
darin liegt, daß das Publikum in Sicherheit gewiegt wird mit der Angabe,
durch jenes Mittel könne die Syphilisansteckung sicher verhütet werden.
Er fordert daher, daß der Verkauf des Präparats durch die zuständige
Behörde so lange verhindert werde, bis eine ausreichende Prüfung von
berufener Seite stattgefunden hat. (M.m.W. 1924, Nr. 24.) F. Bruck.
Bücherbesprechungen.
Aßmann, Die klinische Röntgendiagnostik der inneren Erkran-
kungen. . 3. vorm. Aufl. Mit 842 Textabb. und 20 Tafeln.
F. C. W. Vogel. Geh. 48, —, geb. 58, —.
Nach knapp 3 Jahren erscheint das Abmannsohe Werk der Kli-
nischen Röntgendiagnostik der inneren Erkrankungen neu bearbeitet in
3. Auflage. Diese Tatsache spricht schon für die wachsende Anerkennung,
die das Buch in weitesten Kreisen von Klinikern und Röntgenologen ge-
funden hat. Der besondere. Wert dieses: Werkes liegt darin, daß es uns
nicht nur in bester Weise röntgendiagnostische Erkentnisse vermittelt,
sondern daß diese im engsten Zusammenhang gewertet werden mit den
Ergebnissen anderer klinischen Untersuchungsmethoden. In fast allen
Kapiteln wird der Vergleich des Röntgenbildes mit pathologisch-anatomi-
Leipzig,
schen Befunden herangezogen und so tritt überall das deutliche Bestreben |
| Ä Abhandlungen aus der Neurologie, Psychiatrie usw. Heft 25: Leyser,
zu tage der Deutung des Röntgenbildes eine anatomische Vorstellung zu |
Grunde zu legen. Dadurch wird das Ergebnis des Röntgenbefundes aus
der rein spekulativen Betrachtungsweiss herausgehoben und auf eine
exakte wissenschaftliche Basis gestellt. Alle Einzeldarstellungen sind vom
Geiste des auf reiche klinische Erfahrungen sich stützenden inneren
Klinikers durchdrungen, der dem Ergebnis der Röntgenuntersuchung eine
bedeutsame Rolle im Rahmen aller anderen. klinischen Untersuchungs-
methoden beimißt und der die Grenzen der Leistungsfähigkeit der einzelnen
Methoden kritisch abzuwägen versteht.
"Die 3. Auflage des Werkes ist durch wertvollen Zuwachs an Text
und ‘Abbildungen merklich umfangreicher geworden im Vergleich zu der
1. Auflage, Die Gliederung des Werkes in 10 Hauptabschnitte ist dieselbe
geblieben. — Die ersten Abschnitte über Diagnose der Kreislauforgane
werden könnten.
S. Karger,
haben eine nicht unwesentliche. Erweiterung und Bereicherung erfahren
durch ergänzende Ausführungen über Volumenbestimmungen des. Herzens,
und vergleichende anatomisch-rötgenologische Betrachtungen pathologischer
Herzformen. Gerade hier ist der Vergleich mit den anatomischen Präparaten
in ausgiebiger Weise zum besseren Verständnis des Roatgenbildeg heran-
gezogen.
In dem Kapitel Atmungsorgane wird leider auf eine vergleichende
Betrachtung zwischen Röntgenbild und: anatomischem Befunde, besonders
im Kapitel der Lungentuberkulose nicht ausreichend Rücksicht genommen,
Hier finden noch zu sehr die deskriptiven Bezeichnungen der Schatten-
gebilde Anwendung, wo. mit Vorteil anatomische Begriffe gebraucht
Der Abschnitt „Zwerchfell® bringt neue anatomische Bilder und
wertvolle Ausführungen über die pathologische Physiologie der Zwerch-
fellbewegung.
Die MasenDarnerkränkungen sind wesentlich ergänzt und bereichert
durch die Mitbearbeitung der neuesten Literatur über die Diagnose des
Duodenalulkus und dessen Folgeerscheinungen. Auch hier ist ein Zuwachs
an wertvollem ausgezeichnetem Bildermaterial zu bemerken.
Im Kapitel Nervensystem ist die in jüngster -Zeit zur Methode aus-
gebaute Pneumenzephalographie mit aufgenommen worden. Ausgezeichnete
Bilddarstellungen geben eine klare Übersicht über die Leistungen dieser
neueren Untersuchungsmethode.
Die letzten Abschnitte über Knochen und Gelenke sind ebenfalls
durch Bildermaterial wesentlich ergänzt worden.
Die photographischen Reproduktionen sind trotz der starken Ver-
kleinerung durchweg als hervorragend gut zu bezeichnen. Auch die Auto-
typiebilder und der gesamte Druck sind mit größter Sorgfalt ausgeführt,
Dem Verlage F. C. W. Vogel, Leipzig gebührt für die ganz vorzüglicbe Aus-
stattung des Werkes uneingeschränktes Lob. Das Werk kann mit vollem
Recht als das Standardwerk der Röntgendiagnostik innerer Erkrankungen
bezeichnet werden. L. Küpferle (Freiburg i. B.).
Wintz, Die Röntgenbehandlung des Mammakarzinoms. Mit 4 Ab-
'bildungen und 82 Lichtdrucktafeln. Leipzig 1924, Georg Thieme: Ge-
bunden 27,— GM. l l |
Die Veröffentlichungen von Wintz zeichnen sich immer dadurch
aus, daß sie sich stets nur auf eigene Spezialforschungen stützen.
Wintz übernimmt nie einen Erfahrungssatz anderer ohne weiteres, er prüft
stets alles vorber mit neugeschaffenen kritischen Methoden und kommt
dadurch zu eigenen Resultaten. Diese bewährte Arbeitsweise zeigt sich
auch. wieder in dem neuen Buche von Wintz. Eine Bestrahlung des
Mammakarzinoms ist eine technisch unendlich schwierige Aufgabe, indem
es bis dahin theoretisch unmöglich schien, die ausreichende
Strahlenmenge auf das erkrankte Gewebe zu applizieren. “Hierin unter-
scheiden sich eben Uteruskarzinom und Brustdrüsenkrebs grundlegend.
Wintz hat nun ein Verfahren ausgearbeitet, das es ermöglicht, die volle
Karzinomdosis im Bereich des gesamten Ausbreitungsgebietes zu
verabreichen. Theoretisch gestützt ist dieses Verfahren durch eine große
Anzahl hochwissenschaftlicher Meßversuche, die uns in vielen Beziehungen
Neues gebracht haben. Die Einstellung selbst gestaltet sich verhältnis-
mäßig einfach. Bostrablt wird ein Mamma-Axillarfeld, ein Supraklavikular-
feld und ein infraklavikulares Zwischenfeld, unter Umständen kommt dazu
noch ein Rückenfeld. Wie diese Einstellungen im einzelnen zu erfolgen
haben, wird an Hand einer großen Anzahl von Abbildungen dargestellt.
. Diese Abbildungen sind von unendlich hohem informatorischem Wert. Sie
sind nicht einfache Photographien, sondern Ausschnitte aus einer kinemato-
graphischen Aufnahme des gesamten Vorgangs. Möge- es uns beschieden
sein, daß wir, gestützt auf die Wintzsche Bestrahlungstechnik, im Kampfe
gegen das Mammakarzinom künftighin erfolgreicher sein werden als bisher!
Otto Strauß (Berlin).
Herzkrankheiten und Psychosen.
GM. 4,—.
Die Geistesstörungen bei Herzleiden sind bis jetzt ein ziemlich dunkles
und deshalb umstrittenes Gebiet. Auf Grund eigener Fälle und des in der
Literatur veröffentlichten Materials untersucht L. in kritischer Weise das
kardiogene Irresein und seine Beziehungen zu Arteriosklerose, progressiver
Paralyse, Lues, Infektionskrankheiten, autochthonen und psychogenen
Psychosen. Die beiden Grundfragen: welche Schädlichkeit es ist, die bei
Herzleiden die Geistesstörungen hervorruft, und unter welchen Bedingungen
sie wirksam wird, lassen sich nach L. noch nicht beantworten, dagegen
konnten manche interessante Einzelheiten und auch gewisse Gesetzmäßig-
"keiten festgestellt werden, so daß man die sorgfällige. Arbeit mit Nutzen
lesen wird. Edens.
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Mit 83 Seiten. Berlin 1924,
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Kongreß- und Vereins-Berichte.
z.B. über dem rechten Schläfenlappen und legt den M. temporalis darüber.‘
München. |
=. Ärztlicher Verein. Sitzung vom 25. Juni 1924.
. Bumke: Über Paralyseprobleme. Die Paralyse ist wahrscheinlich
erst um Jahrhunderte der Syphilis nachgefolgt. In der Leipziger Klinik
konnts eine Abnahme der Paralyse seit 1918 festgestellt werden; die Tabes-
ille haben. an Zahl bereits seit 1911 nachgelassen. Eine. Erklärung für
diese Tatsache läßt sich nicht finden, der Krieg, die Einführung des Sal-.
` arans u. a. dürften wohl kaum Ursache sein. In anderen Städten konnte
dieselbe Tatsache festgestellt werden, in wieder .anderen zeigte die Zahl
'der Paralysefälle keine Abnahme oder eher eine Zunahme., ‘Vortr. hält es |
fir möglich, daß es sich in den einzelnen Städten endemisch um ver-.
sebieden- virulente Spirochäten handelt. Auch macht er darauf aufmerk-
sam, daß ér selbst den Eindruck habe, daß die stürmischen Formen der
Paralyse iminer seltener auftreten und damit auch die Abgrenzung gegen
die Hiralges immer schwieriger werde. Fest steht, daß eine Tabes ohne
vorherige Syphilis unmöglich ist und daß nur ein. bestimmter Prozentsatz
der Tabiker an Paralyse erkrankt. Das kann kommen 1. von Eigenschaften
. der Spiroehäten, 2. von Eigenschaften des angegriffenen Menschen oder 3.
som Hinzutreten anderer exogener Schädlichkeiten zu einer Spirochäten-
infektion. Daß nur trinkende Luetiker die ‚Paralyse bekommen ist falsch.
Irieg, geistige Überanstrengungen, die Kultur mit ihrer Entfernung von
. der Natur, oder Unterschiede der Rasse sind als die Geisteskrankheit aus-
Iösenden ‚Ursachen abzulehnen. Ob Frühbehandlung der Syphilis einen
Einloß auf das Auftreten der Paralyse hat, ist recht fraglich. Denn wer
gar nicht behandelt wird, bekommt Paralyse und gerade die Paralytiker
wissen oft gar nichts von ihrer Lues. Wer behandelt wird, bekommt eben-
flls Paralyse, da die Sekundärerscheinungen durch die Therapie verdrängt `
verden und so die Möglichkeit zur Geisteskrankheit verstärkt wird. Die
Inkubationszeit wird immer kürzer, je später jemand infiziert wird. Vortr.
- glaubt, daß dies daher kommt, daß die Widerstandsfähigkeit des Körpers
gegenüber der Paralyse mit zunehmendem Alter immer mehr nachläßt.
‚ Nach Plaut wird die neurotrope Qualität der Spirochäten erst im Körper
erworben, und zwar zu einer Zeit, in der der Patient schon nicht mehr
austeekungsfähig ist. Es ist also eine Leistung des Körpers und der Spiro-
‚täten: Nach Hauptmanns Theorie bekommen die Leute Paralyse, die
`. im Sekündärstadium mit ihrer Syphilis nicht fertig werden. Starke Se-
. kundärerscheinungen stellen nämlich immer eine konstitutionelle Minder-
: Wertigkeit dar. Bei jeder Paralyse müssen wir zwischen den Entzündungs-
„‚Srgangen-im Gehirn, die durch das Eindringen der Spirochäten hervorge-
rien werden und zwischen der Demenz, die durch den aut toxischem Wege
= ellgenden Abbau des Gewebes erfolgt, unterscheiden. Therapeutisch sah
Torte; in 9 von 20 Fällen durch Hg-Neosalvarsanbehandlung erhebliche
Besserung, Von Wagner-v. Jauregg liegen günstige Nachrichten über
iabehandlung vor. In Leipzig ließ sich zwar damit keine Heilung, ,
Aber wesentliche Besserung erreichen. Die Erfolge richten sich in der Be-
“rung sehr nach dem Krankenmaterial, an dem sie gemacht worden sind.
ë leuten, an die beruflich und gesellschaftlich große Anforderungen ge-
Fa werden, genügen die Resultate meistens nicht. Anders bei Patienten,
s auf einer primitiven Stufe stehen. '- Bei strengem Maßstab sah Vortr.
| “mals, eine Heilung, konnte auch in der Literatur keine finden. .
<> Boström: Über Hirntumoren. Vortr. gibt einen Überblick über
sm gesamtes Leipziger Hirntumormaterial — lauter selbst beobachtete
Alle mnerhalb 3 Jahren. Es handelt sich um 72 Tumoren, wobei unter
| Genes, jeder raumbeengende Prozeß in der Schädelhöhle, gleichviel. welcher
a = histologischen Zusammensetzung, verstanden wird. 40 Fälle
u ‚Operation oder Sektion völlig geklärt. Von diesen 40 Fällen
‚. murde Zima] die Diagnose Tumor überhaupt nicht’gestellt, 1mal zu Unrecht
Wade ur Ze ie A
“ydrozephalus!), Imal wurde nur „Tumor“ diagnostiziert, Lokalisation
var nicht möglich. 5mal war Lokaldiagnose unmöglich, Amal wurde sie
wr vermütet. Bei den übrigen 27 Patienten war die Diagnose möglich .
Hypophysentumoren wurden, röntgenologisch sicher ge-
; ind zutreffend. 6
| s +, Zur Prage der Operation ist zu sagen, daß mit der Möglichkeit
Hort RE gleichzeitig die Indikation zur Operation gegeben ist. Die
atát bei operierten und nicht operierten Kranken war gleich; aber
ach 6 teilweise exstirpiert werden. Die besten Chancen gaben die
teile. Entlastung) vorgenommen. 11 starben, 3 heilten völlig, 4 mit Defekt.
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atlastung dem Balkenstich vorzuziehen, 2mal hatte die Trepanation
ziemlich ° großen
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‚ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ni: 34.
viele. Operierte konnten wesentlich gebessert werden., 3 Tumoren konnten’
sten. In 23 Fällen wurden Entlastungsoperationen (Balkenstich oder
^i den übrigen kein Erfolg. Vom neurologischen Standpunkt ist die breite | (
| standes, den die Gewebe dem elektrischen Strom ‚entgegensstzen, Tumor-
gewebe von, Nervengewebe unterschieden werden kann. Wanner lenkt die
Gehirnprolaps zur Folge, ohne daß besonders schwere on, Ne ‚webe Unterscl we
Aufmerksamkeit auf die Benützung der Stimmgabel auf dem Kopf, mit der :
An one ngen aufgetreten wären. . Deshalb macht man die Trepa-
E a Stellen, wo wichtige Hirnteile nicht geschädigt werden können,
» . 5 ® u si 2 . a .
lli y a PBI ay £ EN a RT EEE
' + è 2 2
Auch zwei Entlastungen werden empfohlen, um den Druck zu- verteilen.
` Hier ist das-Hinterhaupt des weiteren zu empfehlen, weil sich die Nacken-
muskulatur darüber‘ legt. Den Ort da zu wählen, wo. man den Tumor.
vermütet und wò man hofft, ihn event. herausschälen zu können, kann zu
‚enormön Prolapsen führen. Die Prognose hängt von der Frühstellung der
Diagnose und von der Art des Tumors ab. Die Hirntumoren machen an-
‘fangs recht geringe Erscheinungen. Kopfschmerz. tritt. nur in der Hälfte
der Fälle auf; bald finden sich Sehstörungen, später. Krämpfe. Die Kranken `
mit Stauungspapille bekommen rascher allgemeine Erscheinungen. Manch-
mal Beginn nur mit Hörstörung. Manchmal versteckt sich der Tumor hinter _
psychische Erscheinungen. Man soll nicht jeden Fall mit Kopfschmerzen,
aber jeden neurologisch aussehenden Fall ophthalmoskopisch untersuchen,
da in 25°/, aller Tumoren Stauungspapille ‚nachweisbar ist, besonders bei,
Zysten, Abszessen, Stirohirn- und Hypophysentumoren. Fast niemals fehlt
sie bei Kleinhirn- und Hinterhauptstumoren. ' Die Röntgenuntersuchung hat
nur Wert bei Tumoren, die mit den Knochen in Berührung kommen, ferner .
bei Erhöhung des allgemeinen Hirndrucks, wo sich. dann Erweiterung der
Nähte und Impressionen und Verbreiterung der Sella tureica zeigt. Bei
Kleinhirnbrückentumoren besonders im Akustikuswinkel wuchern die Ge-.
schwülste in den: Meatus acusticus hinein, erweitern ihn ‘und lassen diese
Erweiterung auf der Röntgenplatte nachweisen. | ee :
Sitzung vom 9. Juli 1924.
` Sauerbruch: Die Chirurgie der Hirngeschwülste. Vortr. sah von
. der chirurgischen Therapie der Hirngeschwülste — nur in 7 Fällen war
die Radikaloperation möglich — wenig günstige Erfolge. Warum wird so’
wenig erreicht? Schuld trägt 1. die Schwierigkeit der Diagnosenstellung,
‚doch ist es damit besser gestellt als man meint. In 75% aller Fälle
kann wenigstens -die Diagnose auf Tumor gestellt werden, in 300), ist ge-
nauere Lokalisation möglich; 2. die‘Indikation zur. Operation, die sofort
gegeben ist, wenn ein Geschwulst diagnostiziert oder mit Wahrscheinlich-
keit vermutet wird; 3. die technische Durchführbarkeit der: Operation 'und:
Störungen während ` derselben.. Die Operation ist heute ohne große. tech-
nische Schwierigkeiten möglich, unangenehm aber wird. ihre Rückwirkung‘
auf das Gehirn und den Kranken. Eine größe. Zahl Patiosnten bekommt
mit der Eröffnung des Schädels Zustände von, Herz- und Atemlähmung .
durch die plötzliche Änderung des Druckes und der 'zirkulatorischen Ver-
- hältnisse; 4. die Folgen und Komplikationen. ‚Die operativ bedingte Mè-
ningitis läßt sich völlig vermeiden. Zirkulatorische Störungen. mit:Steigerung
des Hirndrucks finden sich besonders dann, wenn die Operationsöffnung zu
klein gemacht wird, das Hira sich in die Lücke preßt und zum allgemeinen `
nun noch der lokale Hirndruck kommt. Da bei den Hirnkranken häufig
Reflexe (wie z. B. der Schluckreflex) fehlen, treten leicht Schluckpneumonien .
auf. Gegenüber anderen Operationen, wie der Bauchhöhle, ist. die Über-
sichtlichkeit bei der relativ kleinen Operationsöffnung viel. schlechter und
Unterschiede in Konsistenz sind nur schwer durch Pälpation nachweisbar.
Störend wirkt ferner die starke Blutung bei Eröffnung des Schädels, oft
schon bei Durchtrennung der Haut, des weiteren nach Eröffnung stark ge-
‚stauter Venen; 5. ‘das Wesen der Geschwülste; besteht doch ein großer |
Unterschied zwischen einer schön umschriebenen; gut ausschälbaren Zyste
und einem stark diffus wuchernden Gliom. Frühe Diagnosenstellung: auf
röntgenologischem Wege läßt häufig im. Stich. Zur Lufteinblasung in die’
Ventrikel hat Vortr. kein Vertrauen. Die Neißersche Punktion lehnt er
` wegen ihrer üblen Folgen gleichfalls’ab, wird doch tödliche hämorrhagische |
Infarzierung des Gehirns sowie Verletzung der Arteria meningea media mit
Hämatombildung oft beobachtet, Man muß auch bedenken, daß die Punk-
tionsnadel immer nur einen ganz kleinen Gehirnteil trifft, man deshalb oft
und an vielen Stellen punktieren muß, was für das Gehirn schädlich ist.
Was die Frage betrifft, ob man 1l- óder 2zeitig operieren soll, ist zu be-
achten, daß. beim zweizeitigen Vorgehen die akuten. Schwankungen im
Druck wegfallen. Aber es’ hat den Nachteil, daß das Entstehen von Gra-
nulationsgewebe nach dem ersten Eingriff die Übersicht. im Gebiet sehr
' erschwert., Zur Frage einer Probekraniotomie, ähnlich, der. Probelaparo-
tomie, ist zu sagen, daß die Meningitisgefahr" dabei sehr gering ist und.
nur die Gefahr des Todes durch starken Hirndruck in Betracht ‚kommt. .
Der hohe Hirndruck findet: sich aber fast nur bei großen und malignen
Tumoren, die ja doch zugrunde gehen würden. In der Diskussion weist
Redwitz auf ein von Meier (Charlottenburg) mit dem Physiker Schlüter `
ausgearbeitetes Verfahren hin, bei dem durch Vergleichung des Wider-
sich über Geschwülsten — ähnlich dem Schwabachschen Versuch —
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ist ohne Einfluß auf die Reaktion.
1192
Unterschiede finden lassen. Mehrere Redner betonen noch den Erfolg von
therapeutischen Röntgenbestrahlungen.
Sitzung vom 16. Juli 1924. |
Polano und Dietl: Hautsekretion und Hefegärung, ein Beitrag
zur Frage des Menstruationsgiites. Die weibliche Keimdrüse bringt bei
der Menstruation Störung in das Gleichgewicht der Sekretionen. Der Volks-
glaube schreibt Menstruierenden eine Giftwirkung zu, so sollen Blumen
welken, wenn eine solche Frau sie eine halbe Stunde in der Hand gehalten
hat oder wenn sie in die Milch menstruierender Ammen gebracht werden.
Die Wissenschaft war in ihren Ansichten darüber gespalten. Verschiedene
Autoren glaubten, daß der Schweiß parasympathisch wirke und daß das in
ihnen enthaltene Cholin die Ursache sei, Polano und Dietl versuchten
seit 3/, Jahren diesem Problem näherzukommen. Dabei bemühten sie sich,
daß die Vorgänge, die studiert werden sollten, möglichst klar und einfach
sind, daß sie sich möglichst häufig. zu einer bestimmten Zeit ins Werk
setzen lassen und daß sie meßbar sind. Aus diesen Erwägungen heraus
prüften sie den Einfluß des Schweißes menstruierender Frauen auf die
Gärung ein und derselben Hefegattung. Sie nahmen nur die Absonderung
der Hohlhand und der Fingerbeeren, an welchen nur .Schweiß-, aber keine
Talgdrüsen sich befinden. Es wurden Reihenversuche in der Art angestellt,
daß Versuchspersonen nach gründlicher Reinigung der Hände ungefähr
10 Minuten lang untergärige Braunbierhefe der Pschorrbrauerei, die trocken
ist, kneten mußten. Dieselben Personen mußten dann anschließend eben-
solche Hefe mit Gummibandschuhen kneten. Von diesen Hefen wurde die
Gärkraft festgesetzt und als Gärlösung wurde eine Traubenzuckerlösung
von bestimmter Konzentration genommen. Mit diesen Versuchen ließ sich.
zur Zeit der Menstruation eine deutliche Beeinflussung der Hefegärung
feststellen. Außerhalb der Periode war bei Leuten auch mit sog. feuchten
Händen der Einfluß auf die Gärung sehr gering. Obwohl das eine Mal eine
Verzögerung, das andere Mal eine Beschleunigung der Gärung auftrat,
ließen sich nicht zwei Typen unterscheiden, weil eine und dieselbe Person
plötzlich entgegengesetzt reagieren konnte. Erhitzen der Hefe auf 100°
Von einem Menstruationsgift zu sprechen, das die Wirkung hervor-
ruft, ist nicht statthaft. Denn auch außerhalb der Periode läßt sich ein
schwacher Einfluß auf die Hefegärung feststellen, manchmal sogar bei der
männlichen Hand. Die Ursache wird darin liegen, daß alle Drüsen des
Menschen während der Periode eine wesentliche Leistungssteigerung auf-
weisen. Eine Cholin- oder Arsenwirkung ist nicht die Ursache. Die Men-
struation ist ein entgiftender Faktor; durch sie werden alle 4 Wochen die
für die Nichtschwangere nicht verwendbaren Stoffe ausgeschieden. Die
Haut und die Uterusschleimhaut sind dabei Erfolgsorgane.
Jena.
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 9. Juli 1924.
. Jacobi: Über die forensische Bedeutung von Geständnissen in
der Psychose. Nach Erörterung der verschiedenen psychiatrischen Krank-
heitsbilder, bei denen es zu fälschlichen Anschuldigungen seitens der
Kranken kommen kann, wird auf Beispiele in der Literatur hingewiesen,
in denen über Geständnisse in der Psychose, die objektiv richtig sind, be-
richtet wird. Anschließend hieran wird über einen Sträfling berichtet, der
wegen schweren Diebstahls in Haft zur Beobachtung seines Geisteszustandes
in die Landesheilanstalt in Hildburghausen verbracht wurde und dort re-
aktiv im Sinne einer Haftpsychose erkrankte. In dieser gestand er, früher
einen Mord begangen zu haben, der bisher trotz eifrigen Bemühens der
Staatsanwaltschaft nicht aufgeklärt werden konnte. Die Wandlungen des
Kranken vor, in und nach der Psychose werden eingehend erörtert.
Hilpert: Über einen Fall schwerer Migräne mit histologischem
Befund. Bericht über den in der Psychiatrischen Klinik in Jena im Fe-
bruar d. J. ad exitum gekommenen Fall von schwerer Migräne mit Halb-
seitenstörungen, schwerer Aphasie und Dämmerzuständen, über den bereits
Schob in der Zschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 1916, 35, berichtet hat.
Es fanden sich massenhaft Corpora amylacea in den Wandungen der stark
erweiterten Seitenventrikel, deren Ependym schwer geschädigt war. Außer-
dem zahlreiche Amyloidkörperchen in den Pialscheiden des Optikus. In
den Seitenventrikelwandungen, besonders um die Gefäße und um den Op-
tikus dichte Gliarasen. Im übrigen nur vereinzeltes Auftreten von Amyloid-
körperchen. Große Massen nur dort, wo stärkerer Druck und Stauung bei
gliareichem Gewebe angenommen werden mußte, wie auch Störmer be-
richtet hat. — Erklärung der wichtigsten Migränesymptome, soweit sie
nicht auf Außerfunktionsetzung kortikaler Gebiete zurückzuführen sind, mit
Transsudation in die Pialscheiden der Gefäße und des Gehirns an Hand
der Stöhrschen Untersuchungen über die Innervation der Pia. Er-
örterung der Beziehungen zu dem Amyloidkörperchenbefund.
mer: 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 34. u 24; August
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Boening: Rekurrensbehandlung der Paralyse. Von 30 bisher mit
Spirochaets recurrens Duttoni behandelten Paralysefällen boten 5.Fälle.
(Gruppe I: 16,7°/,) eine „vollkommene Remission“ (wiedererlangte Berufs-
fähigkeit mit keinen oder geringsten psychischen Defekten); 4 weitere
Fälle (Gruppe II: 18,30/0) eine „unvollkommeno Remission“ (wiedererlangte
Fähigkeit zu irgend nutzbringender Arbeit und relativ geordnetes Verhalten.
bei doch nachweisbarem psychischem Defekt); 3 Fälle (Gruppe III: 26,7 %,)
blieben von der Kur bisher unbeeinflußt; 13 Fälle (Gruppe IV: 43,3%.)
starben. |
Die hohe Mortalität war nicht auf die Rekurrensinfektion als solche
zurückzuführen, sondern auf den Umstand, daß auch schr weit vorge-
schrittene Paralysen behandelt wurden, die meist erst längere Zeit nach
Überstehen’ der Rückfallfiebererkrankung, an den üblichen Komplikationen
vorgeschrittener Paralyse zugrunde gingen., Nur in 3 Fällen (10°/,) war
war der Exitus als direkte Folge der Rekurrensinfektion anzusehen. Inner-
halb der Gruppen II und II dürfen in einigen Fällen noch Besserungen
erwartet werden; auch vom Vortr, wurden noch Monate nach Abschluß der
Kur eintretende Remissionen beobachtet, wennschon in der Regel die
Besserungen eher einträten. | Ä
Die Nachbehandlung bestand in allen Fällen nach dem Vorgang der
Wiener Klinik in täglicher intravenöser Injektion von 0,15 Neosalvarsan
bis zur Gesamtdosis 3,0 und gleichzeitiger „Liquordrainage* (Dercum-Höfer),
Im Stadium initiale in die Behandlung eintretende Paralysen zeigten
die deutlichsten Bosserungen, ohne daß jedoch frühzeitige Behandlung einen
guten Kurerfolg verbürgte. Ein Zusammenhang zwischen ‚ Lebensalter
und Remission wurde nicht deutlich, ebensowenig ein solcher zwischen
Remission und Höhe, Häufigkeit und Dauer der Fieberanfälle. Auffällig
war das (auch von anderen Seiten beobachtete) gute Ansprechen der ex.
pansiv-agitiorten Paralyseformen, die ja bekanntlich auch zu Spontan-
remissionen neigen, auf die Behandlung. Bei älteren Fällen ist immer
große prognostische Vorsicht am Platze.
l Vor einer Überschätzung dieser und der (wohl wesensgleichen)
Malariabehandlung wird gewarnt. Erst große Versuchsreihen und die ge-
naue Kenntnis der Häufigkeit von Spontanremissionen werden ein objektives
Bild geben können. | | |
Kolle: Über Körperbau und Charakter. Vortr. gibt zuerst einen,
kurzen Überblick über die bisher zu dieser Frage geleistete Arbeit, nament-
lich die Arbeit Kretschmers. Seine Grundeinstellung ist a priori kritisch.
Im Anschluß an Bumke, Ewald, Gruhle lehnt er den Begriff des
Schizoids ab. Er hat darum seine Untersuchungen auch nur an sicheren
Schizophrenen gemacht. Diese erstrecken sich über 100 Kranke mecklen-
burgischen Volksschlages (Heil- und Pilegeanstalt Sachsenberg b. Schwerin
i.M.). Er fand im Gegensatz zu Kretschmer einen hohen Prozentsatz
an „pyknischen“ Körperformen, daneben viel nicht rubrizierbare Bilder
und Mischtypen, während die charakteristischen Typen weitaus in: der
Minderzahl sind. Dabei hat er die charakteristischen Typen außerordent-
lich weit gefaßt, wie er an Hand von zahlreichen Tabellen demonstriert,
Er kommt also zu dem Schluß, daß — jedenfalls für das von ihm unter-
suchte Menschenmaterial — keine eindeutige biologische Affinität be-
stimmter Körperbautypen zum schizophrenen Formenkreis besteht, und hält
mit Bumke damit die Kretschmersche Lehre in ihrer ursprünglichen
Gestalt widerlegt. Allgemein weist er auf zahlreiche Unklarheiten und
Ungenauigkeiten der Kretschmerschen Arbeit hin und weist os schärfstens
zurück, daß Kretschmer seine Lehre eine exakte naturwissenschaftliche
Körperbaulehre nennt. Die Kretschmerschen Ausführungen über die
Normalen und Genialen scheinen ihm ein Hinweis darauf zu sein, wie wi
kritisch Kretschmer vorgegangen ist und wie er versucht hat, zugunsten
seiner vorgefaßten „Intuition“ die Wirklichkeit umzubiegen. Nur durch
exakte und immer wieder neue Untersuchungen an großen Reihen von:
Kranken und Gesunden, nicht aber durch bloßes Theoretisieren vom grünen
Tisch aus könne es deutlich werden, was von Kretschmers Aufstellungen
sich als haltbar erweisen wird. (Autoreferate.)
Sitzung vom 23. Juli 1924.
Berblinger demonstriert 1. unser Hinweis auf seinen früher in der
Gesellschaft gehaltenen Vortrag über die Pathogenese der Dystrophia
adiposo-genitalis einen symptomlos verlaufenen Hypophysentumor be
einem 62jährigen Mann (Körperlänge 170 em, Körpergewicht 73 kg). Dei
Tumor, der sich extrasellar ausdehnt, den Zwischenhirnboden muldenartii
zurückgedrängt hat, ist histologisch ein Hauptzellenadenom, umgeben vor
einer Schale von Hypophysengewebe. Vom sog. Zwischenlappengewobt
Biedls „Stoffwechseldrüse“, ist mikroskopisch nichts mehr nachzuweisen
Der Hinterlappen ist auf eine ganz schmale Zone reduziert. Auch diest
Fall ist eine Stütze für die vom Vortr. an verschiedenen Orten vertreten
Auffassung, daß für alle hypophysären Krankheitsbilder die Veränderun
der eigentlichen Prähypophyse in den Vordergrund zu stellen ist.
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2, demonstriert der Vortr. eine ehr seltene Beobachtung, soweit er `
dis s ii kennt, die einzige von metastasierendem ‚Karzinom der
* Zrbeldrüse. Der Zirbeltumor findet sich bei einem ö2jährigen seit drei-
viertel Jahren kranken Mann, der Symptome einer Hirngeschwulst (Kopf-
- ‚schmerzen, Augenmuskellähmung) darbot, außerdem die. Zeichen ` einer
;, schlafen Paraplegia inferior. Für die klinischen . Erscheinungen hat
die ‚Sektion die anatomischen Grundlagen . ergeben, nämlich. einmal: den
erwähnten Zirbeltumor, dann dessen Metastasen in zerebrospinalen Nerven-
‘ yarzeln und in der Cauda equina, ferner ein Übergreifen meningealer Me- -
“tastasen auf das Lumbalmark. In den -Keimdrüsen des Mannes ‚konnte
- "York: keine Veränderungen feststellen,. die die absolut sicheren ‚Folgen
` veränderter Zirbelfunktion sein konnten. Der Testis bietet, abgesehen von `
.dem Stillstand der Spermiogenese, das Bild partieller Unterentwicklung. -
: Unter. ‚den Zellen des Epiphysenkarzinoms wie Seiner - - Metastasen sind
"typische Elemente mit Kerneinschlüssen zu finden. Vorti. hat schon.
früher auf die Bedeutung dieser Einschlüsse - ‚hingewiesen und hinweisen
Jassen; welche uns in den Stand setzen, den en des Tumots von den |
‚ein, mal Entzündungszeichen . ‘an. nicht- thrombosierten. Venen fehlten.
Ätiologisch ist der vörliegende Fall unklar, kein -Anhalt für Lues.
Untersuchungen der: ‚menschlichen Epithelkörperchen: im‘ Senium unter
‚gleichzeitiger Berücksichtigung: der. Skelettbeschaffenheit: orgaben i in 19 Fällen
‚von senilor Osteoporose stets’ Wucherungen' der Hauptzellen in: einzelnen
‘oder mehreren Organen; 2mal fanden sich. "typische Hauptzellenadenome.
‘Der Umfang der. "Wucherungen : entsprach ‚nicht durchaus. der Größe der
. Knochenveränderungen. Am: gleichen‘ Material konnte’ ‚gezeigt worden, daß
‘das Auftreten ozyphiler. Zellen nicht, wie Koopmann. annimmt, vom Alter
` allein abhängig sein kann. Wucherungen ` ‘und typische Adenom& der oxy-
philen Zellen wurden in mehreren Fällen von senilem Diäbetes, : in allen
thelkörperchen‘ anzusprechen... Im Anschluß an die neuesten Untersuchungen
‚Freudenbergs und. Gyorgys,; ‚sowie Rabls' über den. Vorgang der phy-
‚siologischen. Verkalkung.' glaubt der Vortr.. ‚schließen. zu: können, ‚daß den
a Über experimentelle Hydronephrose. Vortr.. berichtet über. da:
“ii experimentell erzeugter Hydronephrose auf Grund von Unter- .
‚ „ süehüngen, die Dr. Kitani aus Japan auf Veranlassung des Vortr.
im Pathologischen Institut der Universität’ Jena im letzten Jahre . ‚ausge-
< führt hat. Dr. Kitani wird darüber in einer ausführlichen Arbeit in einer’
< deutschen Zeitschrift Mitteilung machen. ` Vortr. beschränkt sich deshalb
`- darauf-hier nur die Resultate anzugeben, welche sich unter
. Verwendung der vitalen Karminfärbung haben gewinnen lassen. . I. Wenn
ein Ureter fast 1 Jahr unterbunden ist, an den Hauptstücken und RS
-Tührei der Niere weitgehendste Atrophie. eingetreten ist, sind die Glomeruli
zum größten Teil noch in ihrer Struktur intakt. 2. Wird zur Erzielung
“erste Phase der Verkalkung: die Bindung organischer Kalksalze zukommt,
' während die oxyphilen’ Zellen wahrscheinlich. mit der zweiten Phase der
Verkalkung: der ‚Abscheidung - "und Wiederauflösung der Kalksalze in den
Grundsubstanzen insofern in Verbindung | zu : bringen. ` :sind, als sie eine
_ Übersäuerung des Blutes und die damit verbundene Störung: der Verkal-
sind notwendig, zum Teil bereits im Gange.
Brinkmann: Zur Serologie der aktiven Tuberkulose. Die zur
Verfügung stehenden Reaktionen sind spezifische , und unspezifische, Letztere
beruhen als’ sog. 'Labilitätsresktionen auf Veränderungen des Eiweißquo-
tienten in Serum und Plasma. In Zusammenhang mit :den spezifischen
"sieh hochgradige hydronephrotische Atrophien rascher. 3. Wird nach An-
legung einer Hydronephrose durch Unterbindung des Ureters- dicht. über.
der Harnblase der Ureter später in die Haut eingepflanzt, so tritt wieder.
eine Drinabsonderung ein, und die Erholungsfähigkeit der Niere scheint
eins größere zu sein, als man bisher angenommen hat. : 4. Wird vom
‚Nierenbecken bei einer hydronephrotischen Atrophie ohne Anwendung von
. besonders hohem Druck Farbstoff 'eingespritzt, so’ wird derselbe. von den
-Venen um die Papillen aufgenommen, z. T. im Unterhautzellgewebe des
- Tieres unter sichtbarer Rotfärbung ee lagert, und dùrch die gesunde Niere
ausgeschieden.
Vortr, weist besonders darauf hin, daß "die Art des Glomerulus-
interganges in der hydronephrotischen | Niere schließlich dadurch zustande
- "kommt, „daß ein Schlingenkollaps auftritt, wenn: der Druck in der- Kapsel
größer ist, als der Druck in den Kapillaren*; daß aber der Schlingen-
Ale zunächst ein partieller ist und dann erst ein totaler wird, und die
Glomeruli, wenn sie atrophieren, erst sehr spät und allmählich 'hyalin .
werden, Der Untergang des Glomerulus ist dadurch von dem in väsku-
die Fornetsche Agglutinationsprobe und die: Komplementbindungsreaktionen
unter besonderer Betonung der Wassermannschen, von den unspezifischen
‘ die Reaktionen nach Sachs und v.Oettingen, Frisch und Star-
| lingen, Mätefy, Daranyi, Sachs und Klopstock,. ‚Reitler und be-
sonders die Bestimmung der: ‚Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit. ` ‘An
der Hand vergleichender Untersuchungen an über 200 Seren läßt sich eine
weitgehende Übereinstimmung der. Wassermannschen- und, Sachs-Klopstock-
schen Reaktion und beider wieder mit den Werten’ der Blutkörperchen-
' bestimmtes Verhältnis zum Ausfall der verschiedenen Hautreaktionen nicht
ableiten. Der Ausfall der serologischen Reaktionen - hängt ab von der Aus-
-schen Sinne). Charakter des tuberkulösen Prozesses. Die 'Wa.R. erwies
sich als hinreichend spezifisch, Pösitiver Ausfall spricht für aktiven Prozeß,
l negativer schließt einen ’ solchen nicht aus.” ‚Obwohl die ‚serologischen
Reaktionen, besonders die. Wassermannsche. ‘bei: initialen Fällen im allge-
meinen versagen, wurde. mehr weniger starker positiver Ausfall’bei zunächst
Po Re Schrumpfnieren ‚deutlich en = es "o unsicheren Verdachtsfällen. gelegentlich. doch noch vom weiteren klinischen
von einer „gl 7 en von einer hydronephrotischen Sc nn A IETS hl Verlauf bestätigt. Bei wiederholten Untersuchungen ist der Ausfall des
dem: Ännklpatbogen : Fe p g T sprechen. Die maß. Fe Fe 'Tuberkulose-Wassermanns (wie auch -der Sachs-Klopstockschen Reaktion)
Feststellung a 7 ae Yorgenomimen, R E wechselnd, erwies sich hierbei gelegentlich aber als feineres Prognostikon
5. CARON | | als z.:B. die Gewichtskurve. In: desolaten Fällen wird ante exitum Ab-
ia Husten berichtet unter Vorweisen - der Präparate: 1. über zwei | fallen der Werte. der Wassermannschen und der Labilitätsreaktionen beob-
holaa, ungen von intrahepatischem Gallengangskarzinom (primäres | achtet, weil ‘der erliegende Organismus bei erschöpftem Kreislauf nicht
„Mölangozelluläres Leberkarzinom) bei einem 73jährigen und einem 75 jährigen . mehr die genügende Kraft zur ‚Ausschwemmung von Riweißabhauprodukten
a Beide Karzinome fanden: sich- in nicht : zirrhotisch veränderten | in die Blutþahn aufbringt. Auf Grund der weitgehenden" Üb ereinstimmung.
Ey und waren von knotiger Form. Auffallend war .bei' dem ersten | -des Ausfalls der Wassermannschen und einzelner Labilitätsreaktionen
e die starke Metastasenbildung, die das Skelettsystem bevorzugte.
y <2 über einen Fall von Endophlebitis. hepatica ‘obliterans bei einem :
rigen Mädchen. Es erkrankte mit Müdigkeit in den Beinen, 14 Tage’
A trat ein pralles Ödem beider Beine auf. Einen Tag später Bewußt-,
igkeit, Im Urin fand sich ‚reichlich Blut. und Eiweiß. Unter urämischen
"scheinungen Tags darauf Beine
<P athologisch- anatomisch fand sich eine Thrombose der Vein ETA
‚ Stanun während in der Leber im allgemeinen: das Bild stärkster
in ungsrophi überwog, fanden sich in anderen Partien, so besonders
- Sproche geschwulstartig vergrößerten: Lobus caudatus Bilder einer ausge-
größe nan yp Portrophie, Die Vena cava. inferior war zwischen dem ver-
chens a Lobus caudatus und dem rechten ‚Leberlappen eingeengt und,
0 wie ihre” Wurzeläste, bis auf ein. geringes Restlumen thrombosiert.
(Sachs-Klopstock, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit) wird angenommen,
Die Wa.R. wäre dann nur als besonders feine’ physikalisch- chemische Me-
thode zum Nachweis der gleichen Veränddrungen..des Bluteiweißquotienten
| anzusprechen. ‚Wassermann und: Sachs- -Klopstock lassen sich quantitativ
gestalten durch Austitrieren. der positiv reagierenden Seren. gegen fallende
Dosen Antigen bzw. Chlorkalzium-Lezithin. Der Ausfall. der Wa.R. wird
schärfer, wenn man nach Wassermanns neuester Modifikation das Antigen
mit Lezithin beladen über Nacht auf. Eis stehen läbt.. (Autoreferate.).
Ä 2 Wien. |
| | Geseilschait der Ärzte. ‚Sitzung. vom 13. Juni 1924.
En W. Schiller berichtet über eine 43jährige Frau, die nur riie
einer Behandlung mit Röntgenstrahlen von einem lebenden Kinde. ent-
a oliferation der Venenintima, woran sich die Thrombose an der Ein- ‘bunden werden konnte. Pat. wurde am 4. November 1922 ins Frauen-
an der Lebervenen in die Vena.cava inferior anschloß. Die - hospiz aufgenommen; sie hatte 1906 und 1912 spontan abortiert und hatte
wen Zeigten akute Parenchymschädigungen, reichlich. ‚Erythrozyten und 1918 wieder starke Blutungen.. Ein Frauenarzt, an den sich Pat. wendete,
“in den Kanälchen, keine Nekrosen.
stellte die Diägnose auf’ omata uteri und schlug der Pat. Vor, sich
wird: ‚besprochen. die Wildbolzsche Eigenharnreaktion, von den spezifischen
1924 —MBDIZINTSO HE KLINIK — N. Be a
"Hustön tritt für de Deutung, der Venenverknderung. a sklero |
Danisch: Epithelkörperchen . und Verkalkung. . Systematische
Fällen von stärkerer Arteriosklerose; sowie bei. ‚Nierenerkrankungen beob-.
„achtet. Die oxyphilen. Zellen: sind. als. funktionierende: Elemento der‘ Epi- -
‚'Hauptzellen der Epithelkörperchen eine physiologische Bedeutung für die `
kungsvorgänge ‚paralysieren. Weitere Nachprüfungen. der‘ genannten Ansicht
| senkungsgeschwindigkeit feststellen, ‚dagegen eine Gesetzmäßigkeit für ein.
dehnung, dem anatomischen und immunbiologischen (allergische: im Ranke- :
daß die Reaktionen . durch. die gleichen Eiweißalterationen bedingt sind.:
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| 1994 — MEDIZINISCHER KLINIK — Nr. 34 24. Angust
operieren zu lassen. Pat. lehnte die Operation ab. 1920 konsultierte Pat.
einen anderen Gynäkologen, der ihr die Röntgenbehandlung vorschlug.
Pat. ging auf diesen Vorschlag ein und wurde während der Jahre 1920
und 1921 mit Röntgenstrahlen behandelt. Die Kastration gelang jedoch
nur unvollkommen. Pat. hatte bis Jänner 1922 Blutungen und wurde
damals gravid. ` Als Pat. aufgenommen wurde, war nach dem ganzen Be-
funde der Ausbruch eklamptischer Anfälle zu befürchten. Tatsächlich
stellten sich die Anfälle auch ein und die Entbindung wurde mittels hoher
Zange durchgeführt. Das Kind war zunächst etwas asphyktisch, konnte
aber wiederbelebt werden. Pat. hatte bis zum .6. Tage normale Tem-
peratur, am 7. Tage trat Fieber ein. Die Beschwerden der Pat. wurden
auf die Nekrose von Myomknoten bezogen. Es wurde nun die supravaginale
Amputation vorgenommen und Pat. verließ nach 14 -Tagen die Anstalt.
Bei der anatomischen Untersuchung des Präparates wurden viele Myom-
knoten gefunden. 'Myome erschweren die Befruchtung und Austragung des
Ries infolge der Veränderung der Schleimhaut und der vielen Buchten des
Cavum uteri (Olshausen, Landau usw.).. Es ist also nieht erstaunlich,
daß angesichts des Vorbandenseins des Uterus myomatosus Pat. früher
nicht ausgetragen bat. ° Nur die Röntgenbestrahlung hat dies ermöglicht,
weil es unter ihrem Einfluß zur Rückbildung der Myomknoten kommt.
Auch Blutungen infolge von Metropathie hören unter dem Einfluß der
Röntgenstrahlen auf. Die Sterilität, die sich infolge der Röntgenbestrah-
lung entwickelt, kann auch zeitlich begrenzt sein, so ist. z. B. ein Fall
bekannt, in dem nach l4jähriger Sterilität wieder eine Konzeption ein-
getreten ist. Fälle, in denen nur durch Röntgenstrahlen das Austragen
eines Kindes ermöglicht w
urde, haben Schumann, Zangemeister und
Steiger beschrieben, > l l i
E. Redlich stellt ein 16jähriges Mädchen mit Narkolepsie vor,
Dieses Krankheitsbild wurde Ende der Siebzigerjahre zuerst von G6lineau
beschrieben; später haben Westphal, Gowers und andere Autoren ein-
schlägige Fälle publiziert. Der Symptomenkomplex ist im allgemeinen
nicht sebr gut bekannt, aus weichem Grunde Vortr. diesen Fall demonstriert.
Es werden manchmal Fälle als Narkolepsie beschrieben, welche die typischen
Symptome nicht bieten. Vortr. hat 9 Fälle von Narkolepsie gesehen und
ist darum der Ansicht, daß diese Krankheit nicht so ganz selten ist. Pat.
ist in der Entwicklung etwas zurückgeblieben (Menses seit dem 15. Lebens-
jahre), hat im Alter von 3 bis 4 Jahren an Enuresis nocturna gelitten,
‘die dann wieder verschwand, wieder auftrat, um für immer zu verschwinden,
Pat. ist nicht hereditär belastet. Pat. hat seit 5 Jahren narkoleptische
Anfälle: sie schläft mehrmals während des Tages ein, beim Sitzen, Gehen,
Stehen, Arbeiten, und wacht, wenn sie beim Gehen eingeschlafen ist, auf,
sobald sie irgendwo anstößt. Der Schlaf ist ein ganz regulärer Schlaf und
dauert wenige Minuten. Der Nachtschläf ist meist gut; nur selten spricht
Pat. im Schlafe, Bei der Narkolepsie ist neben diesen Schläfanfällen, die |
das auffälligste Symptom sind und nach denen die Krankheit ihren Namen
hat, eine zweit& Reihe von: Symptomen vorhanden. die auch bei der de-
monstrierten Pat. nicht feblen.
Bei Affekterregung, 2. B. beim Lachen,
knickt Pat. ein und droht umzufallen.
Pat. hat keine epileptischen An-
fälle, keine Anfälle von Bewußtlosigkeit, keine hysterischen Zustände. Die
von Henneberg kataplektische Hemmung genannten Symptome nennt
Vortr. effektive Tonusblockade. Es tritt ein Verlust des Muskeltonus
ein: im gesamten Gebiet der quergestreiften Muskulatur oder in einem Teil
derselben. .Der Unterkiefer sinkt z. B. nach unten; bei der Schilderung
seines Anfalles sinkt ein Pat. auf den Boden, Ein Pat. aus der Beobachtung
des Vortr. ist ein 22jähriger Mediziner, der 'seit Jahren bei Tage oft ein-
schläft, besonders in Vorlesungen. Ein Pat. aus der Beobachtung des Vortr.
ist Arbeiter in einer Automobilwerkstätte und schläft oft ein, wenn er
unter dem Automobil, auf dem Rücken liegend, eine Reparatur am Boden
des Automobils durchführen soll. Die echte Narkolepsie hat mit Epilepsie
nichts zu tun; psychopathische Züge kommen manchmal bei Narkoleptikern
vor. Symptomatisch findet sich die Narkolepsie bei Hirntumoren; doch
muß man Narkolepsie und die tagelang dauernden Schlafzustände genau
unterscheiden. Als ätiologisch wirksame Faktoren findet man in einer
Anzahl von Fällen Schädeltraumen und schlechten Schlaf angegeben. Die
echte Narkolepsie ist bei Männern häufiger als bei Frauen; sie tritt meist
um die Pubertätszeit herum auf. Sie ist eine exquisit chronische Erkran-
kung und ist therapeutisch bis heute nicht beeinflußbar.
Fällen tritt sie um die Dreißigerjahre herum auf.
ist nichts Sicheres bekannt. Man hat früher auf die Drüsen mit innerer
Sekretion hingewiesen,. speziell auf die Hypophyse. Man hat bei Narko-
leptikern Lymphozytose im Blute gefunden. Bei der vorgestellten Pat.
fand man Abbau der Thyreoides und Hypophyse bei Untersuchung des
Serums nach Abderhalden. Auch der Grundumsatz ist herabgesetzt, doch
geben alle diese Tatsachen keine Aufklärung über das Wesen der Narko-
lepsie. Auch Kahlers Meinung, daß die Narkolepsie auf die narkoleptische
Disposition des Gehirnes zurückzuführen ist, ist wenig aufschlußreich. Man
In wenigen
ein dem normalen Schlaf ganz ähnlicher Zustand die Erkrankung charak-
. terisiert. Man hat in den letzten Jahren, in denen sich die Kenntnis der .
Funktionen der subkortikalen Zentren sehr entwickelt hat, ein Schlafzentrum
dieser Regionen macht den postenzephalitischen Rigor. 3
. auf die nahe Beziehung des Graues des III. Ventrikels zum Sympathikus
müßte doch wohl auch beim vierfüßigen Versuchstier vorhanden sein. Die
Über die Pathogenese `
hat sie auch zum striären Symptomenkomplex, den man von der Enzepha-
litis ber genauer kennt, in Beziehung gebracht.
Singer vorgeschlagene Ausdruck Hypnolepsie zweckmäßiger, weil eben
im Grau des II. Ventrikels angenommen und Schlafanomalien auf Störungen
in dieser Hirngegend bezogen. Die ee Zentren stehen auch zum
Muskeltonus in- Beziehung und ein Versagen dieser Zentren würde die
Tonusblockade zur Folge haben. Nun hat sich auch im Zusammenhang
mit den Untersuchungen über die Funktion der subkortikalen Zentren eine
ganze subkortikale Psychologie entwickelt, Vortr. weist auf die Darlegungen
Nothnagels über die mimischen Störungen nach Thalamusläsionen hin
sowie darauf, daß dem Thalamus, vielleicht auch anderen subkortikalen
Zentren, die Auslösung. der Affekte zukommt. Jedenfalls sind die sub-
kortikalen Gebiete für die Affekttätigkeit von großer Bedeutung. - Ausfall
Vortr. weist nun
und den vom Sympathikus beherrschten Drüsen mit innerer Sekretion hin,
die wieder den Sympathikus stark beeinflussen. Die Veränderung im Grau
des III. Ventrikels, welche die Hypothese des Vortr. annimmt, ist eher
funktioneller als anatomischer Natur. _
E. Spiegel: Streifenhügel und Körperhaltung. Die Symptomatologie
der Erkrankungen der Vorderhirnganglien ist experimentell viel untersucht
worden; außer dem Wärmestich ist aber kein sicheres Ergebnis bekannt.
Auch die Untersuchungen Wilsons, der sich um die Kenntnis der Linsen-
kernerweichung große Verdienste erworben hat, haben nur negative Re
sultate ergeben. Um nun den Gegensatz zwischen. der reichliche Ergebnisse
liefernden klinischen. Pathologie und der experimentellen Forschung zu
erklären, machte man die Annahme, die Vorderhirnanglien "hätten ihre
bedeutsame Funktion der Tonusregulation im Laufe der Phylogenese er-
worben. Die Erklärung ist nur quantitativ. Etwas von dieser-Funktion
Reiz- und Ausschaltungsversuche haben nur negative Ergebnisse gehabt,
Die -Dauerspannung der Muskulatur, die die Körperhaltung garantiert, muß
der Schwere entgegenwirken. Es müssen also die Strecker über die Beuger
überwiegen. Die Innervation in diesem Sinne muß zentraler Natur sein,
sie ist supraspinal, sie verläuft durch den Tractus rubrospinalis, wie die
Versuche über die Enthirnungsstarre ergeben haben (Sherrington).
Klinische Erfahrungen über Pat. mit Läsionen der subkortikalen. Zentren
führen zu ähnlichen Schlüssen.
Versuche von Spiegler und Ishikawa
haben eine Analogie zwischen Tetaniekrämpfen und Enthirnungsstarre er-
geben; beide kommen durch die Aktion pontiner und medullärer Zentren
zustande. . Auch die Tetanuskrämpfe und. die Strychninkrämpfe haben
Ähnlichkeit mit der Enthirnungsstarre. Der Tetanus ist auch nach totaler
Rückenmarkdurchschneidung vorhanden. Nach halbseitiger Durehschneidung
ist er auf der Seite der Durchschneidung schwächer als auf der anderen.
Ein für den Tetanus wichtiges Zentrum liegt im. Kleinkirn, da Kleinhirn-
exstirpation den Tetanus deutlich herabsetzt. Die Großhirnrinde ist für
den Tetanus belanglos. Eine beträchtliche Änderung erfolgt nach Er-
stirpation des Corpus striatum. Tetanustoxin bewirkt unter normalen
Verhältnissen Streckkrämpfe, nach Exstirpation des Streifenhügels Krämpfe
im Sinne der Beugung der Extremitäten; es entwickelt sich eine Rigidität
der Beuger, keine Starre der Strecker. Vom Corpus striatum aus werden
also die Tetanusimpulse verteilt; die Beziehung zu der durch ihren Tonus
die Körperhaltung bestimmenden . Muskulatur ist erwiesen. Während also
die Tetanuskrämpfe durch das Corpus striatum beeinflußt werden, sind die
Strychninkrämpfe vom Corpus striatum vollkommen unabhängig. Die
Strychninkrämpfe entstehen durch Sümmierung von Einzelzuckungen und
zeigen deutlichen Energieumsatz. Der Tetanuskrampf bewirkt eine Ver-
änderung der Ruhelänge des Muskels und zeigt einen minimalen, kaum
wahrnehmbaren Energieumsatz. Die Strychninkrämpfe beginnen Minuten
nach der Injektion, die Tetanuskrämpfe nach Tagen. Der Tetanuskranp!
ist ein Zerrbild der normalen statischen Innervation. Das Corpus striatum
sendet Dauerimpulse aus und reguliert den Tonus der Beuger und Strecker.
Das Kleinhirn unterstützt nach Maßgabe bestimmter äußerer Einwirkungen
diese Funktionen. |
J: Schönbauer berichtet über die in den letzten Jahren auf der
Klinik Eiselsberg beobachteten Fälle von Strangulationsileus. Die diesen
Zustand hervorrufenden Adhäsionen entstehen nach entzündlichen Erkran-
kungen; die zuerst breiten flächenhaften Adhäsionen werden durch die
Peristaltik zu Strängen umgewandelt. Die Adhäsionen bestehen aus jungen
Vielleicht ist der von
Bindegewebe und enthalten unter Umständen auch glatte Muskulatur. V0
Payr datieren die Bestrebungen, die Bildung von Adhäsionen zu
hindern. Der Grund der Entstehung der Adhäsionen liegt letzten Endes
im fermentativen Abbau des Exsudates. Die Analyse der klinisch be
ad und Trypsin-in die Bauchhöhle.
A
”
i ae es nie zu Adhäsionen, oft nach Duodenalperforationen.
< a | Die Beratungsstelle für
- Sicher ihr Ziel erreichen.
" ehachteten‘ ‚Fälle Areibt, daß die Adhäsionsbildung nach Appendizitis mit
. Perforation; nach Gallenblasenexstirpation, nach Operationen am weiblichen
` Genitale zustande kam. Bei tierexperimentellen Untersuchungen hat sich
: vergeben, daß der Gehalt des Exsudates an Trypsin und Diastase von
Wichtigkeit ist. Eingießen von Jodtinktur oder Lugolscher Lösung macht
Exsudation, aber keine Adhäsionen. Bei Hunden, die wenig zur Adhäsions- `
"yildung neigen, genügt das Vorhandensein: von Bakterien in der Bauch-
“höhle 'nieht, wohl aber bilden sich Adhäsionen auf Einbringen von Eiweiß
Nach Eingießung von Äther bilden sich
` -Adhäsionen nur, wenn Injektionen von 10 cem 5iger Trypsinlösung ge-
aacht werden (Demonstration von. Bildern). Nach Magenperforationen
ma Vortr. hat
auf dem Chirurgenkongreß darüber berichtet und seine Ansicht dahin ge-
> äußert, daß die- chemische Intoxikation als Grund der Adhäsionsbildung
> anzusehen sei: Vergiftung durch Eiweißabbauprodukte infolge von Trypsin-
Vortr.
bat bein Hunde eine Dünndarmschlinge abgebunden und konnte nach
wirkung. Heile (Wiesbaden) ist zur selben Meinung gekommen.
24 Stunden Trypsin im Exsudat nachweisen. Hunde, die mit Trypsin vor-
behandelt wurden, sind bei dieser Versuchsanordnung nach Exstirpation
der abgebundenen Schlinge nicht ad exitum gekommen, während die Kontroll-
tiere eingingen. Hunde, die nicht vorbehandelt waren, sind durch Trans-
fusion des Blutes vorbehandelter Hunde geschützt worden. Vorbehandelte
Hunde haben auf die Injektion von Trypsin in die Bauchhöhle nicht mit
Adbäsionsbildung reagiert. Vortr. will die Ergebnisse des Tierexperimentes
nicht rückhaltlos auf den Menschen übertragen. Vortr. teilt mit, daß er
zusammen mit Löffler an der Herstellung eines Serums arbeitet, das
vielleicht die Bildung von Adhäsionen verhüten wird. Eiweißvergiftung
liegt auch bei Knochenzermalmung und Verbrennung vor. Vielleicht gelingt
es, durch antifermentativ wirkende Stoffe auch in diesen Fällen therapeutischo
Erfolge zu erzielen.
ee Rundschau.
Zuckerkranke.
Von Dr. Ernst. Lyon, Köln. Ki
Die Behandlung der Zuckerkrankheit ist durch, die Forschungen der:
Jetzten Jahre in neue, aussichtsreichere Bahnen gelenkt worden. Die volks-
-Wirtschaftliche Bedeutung einer zielbewußten, energischen. Dauerbehandlung .
"dieser Erkrankung nach modernen Grundsätzen ist jedoch in Deutschland
. weiter weniger klar erkannt worden als in Nordamerika. ` Der Diabetes ist.
Neuerdings wird ‚sogar berichtet, daß ‘die schweren
jugendlichen Formen erheblich zugenommen haben (Ehrmann). Allerdings
Beruht das Anschwellen der Zahlen. teilweise auf: der. besseren. Kenntnis
Auge geworden.
~, der Erkrankung, die nicht mehr so ‘oft unter anderer, falscher Diagnose in
...der Statistik erscheint. Nach Magnus-Levy (1919) sterben vielleicht 1%
‘und mehr aller Menschen der Großstädte an Zuckörkrankheit. Von. den
Bewohnern der Großstädte, . die das 40. Lebensjahr erreichen, hat aber
ai ieh 40, Aussicht, an oder mit Diabetes zu sterben (Magnus- -Lev. y)
Die Wohltaten der: modernen. Diabetesforschung und Behandlung
Kommen aber — wenigstens in Deutschland — nur einem verhältnismäßig
- ‚kleinen Kreis von begüterten Kranken’ zugute. ‘Für ärmere Diabetiker
, kommt ein Aufenthalt in Krankenanstalten mit vorzüglicher Behandlung
nar für sehr kurze Zeit ihres. langen Leidens in Betracht. Die große Masse
= der Zuckerkranken gehört aber nicht, wie man vielfach meint, den Wohl-
a habien an,
> der Armenverwaltung, wozu auch die Kleinrentner zu: zählen ‚sind. Auch
“ "der Diabetiker. des verarmten Mittelstandes kann . oder will sich häufig
| : keine längere ärztliche Behandlung leisten. . '\ -
= Der sachgemäßen Behandlung des Diabetes stellen sich jae Hinder-
“nisse. entgegen. Die -Zuckerkranken -sind oft leichtsinnig, besonders im
': BiA ihres Leidens; sie. folgen nieht: den diätetischen Ratschlägen und
üntziehen sich gerne dauernder ärztlicher Beobachtung. Bei der'ungeheuren
> Verarmung des deutschen Volkes bestand in den Nachkriegsjahren vielfach -
-cht die Möglichkeit einer ‚geeigneten. diätetischen Behandlung. Sie stößt
~ inter. den heutigen Verhältnissen häufig 'noch auf. große Schwierigkeiten.
„Nicht zu den Seltenheiten gehört, daß der Diabetes langè Zeit hindurch
übersehen wird. Viele ‚Ärzte haben beim 'besten Willen nicht die Zeit,
ich mit der diabetischen. Stoffwechselstörung so eingebend zu befassen, wie
€s im Interesse des einzelnen Kranken nötig. wäre.. Ohne quantitative |
o ohne Toleranzfeststellung, ohne’ genaue, und individuelle
diätetische Behandlung ist aber eine erfolgreiche Diabetestherapie undenkbar.
Gerade bei der Zuckerkrankheit: muß flüchtige Arbeit vermieden werden, |
um nicht bei den Kranken ` das falsche Bild einer "gleichgültigen, und
- Ungefährlichen Krankheit zu ..erwecken. ` Mit Recht betont vielmehr
hm Noorden, daß es keine chronische Krankheit, deren sachgemäße -Be-
jandlung so viel Wachsamkeit, Nachdenken und wirkliches Arbenpn or-
` "Tordert wie bei der Zuekerkrankheit.
Wie kann die Behandlung dieser Krankheit sorb easert werden?
. -(2, B. von Külz, Umber,‘von Noorden).
im den Fällen, wo man zu Hause keine ehlgandfieie Toleranzprüfung vor-
nehmen kann. In einer solchen Anstalt kann man den Diabetiker für sein
oe diätetisch eindrillen.. Er lernt, „worauf es ankommt“. ‘Mit Recht
De Umber, daß Diabetikor, die draußen scheinbar mit aller Sorgfalt
uA werden ‚mit geringem Erfolge , gegen die Giykosurie ankämpfen
Immer mutloser werden,
In ähnlicher Weise wird in Nordamerika ver-
a Dort hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß nicht die: Sprech-
shie des Arztes der Ort- ist, den Zuckerkranken für das Leben einzu-
Schulen,
Die praktischen Ärzte, des Landes stehen auf dem Standpunkte, -
ng
sondern dem Heer’ der Kassenpatiönten, und den. Kranken
Die Vorzüge klinischer Vorbehandlung sind oft hervorgehoben te
‚ Sie ist besonders wichtig
in ‘einer klinischen Abteilung schnell und‘
daß: nach Entdeckung‘ der Zuckerkrankheit eine: klinische Vorbehandlung
nötig ist, und von N oorden ‚berichtet, daß Ärzte. und Patienten- sogar
stürmisch danach verlangen. Von. Noorden ist der Ansicht, daß nach
wenigen. Jahren Spezialkliniken für Arme und Reiche über ganz Nord-
amerika verbreitet‘ sein werden! Im verarmten Deutschland fehlen die
„Mittel für Diabetikörkrankenhausabteilungen mit Laboratorien und Küchen-
‘einrichtungen wie in Amerika. : Nach den kassenärztlichen ` Bestimmungen,
dürfen in Deutschland überhaupt nur schwerkranke Kassen- und Armen-
-patienten in "Krankenhäuser eingewiesen werden; Eine klinische Vor-
behandlung kommt daher für den größten Teil unserer Zuckerkranken nicht
in Betracht. Für einen noch kleineren Kreis von Kranken ist .eine regel-
mäßige, jährlich mindestens ‚einmalige: Anstaltsbehandlung möglich, wie:
‚sie .Bofinger-für jeden Zuckerkranken fordert. Die städtische oder staat-"
"liche Beratungsstelle für Zuekerkranke in ‘den Großstädten: ist geeignet, als.
Ersatz für diese Spezialabteilungen zu dienen. Sie sollen dem Kassen-
“und Armenarzte seine Aufgabe erleichtern, für ihn die Toleranzfeststellung
vornehmen, einen möglichst guten ‘und durchführbaren diätetischen Beil-
plan ausarbeiten und dem Kassenarzte vorschlagen. Man stelle sich die‘.
`| -Aufstellung der Kost für den Diabetiker nicht zu leicht vor.. Es. gibt
keine schematische, für alle Zuckerkranken- brauchbare Diät.. : Der fett-
leibige Diabetiker, der nicht zunehmen soll, bedarf, einer -andern Kost wie.
der abgemagerte jugendliche Kranke mit seiner Neigung zum 'Koma, bei,
dem ‘alles darauf ankommt, dem Kräfteverfall entgegenzuarbeiten. Aber
auch bei dem einzelnen Diabetiker muß man die Kost öfters ändern. Die
"Toleranz ist bekanntlich keine konstante Größe. Der Schwerpunkt der‘
Behandlung der Zuckerkranken bleibt die Diätetik. Die. Insulinbehandlung,
die: häufig notwendig wird, -hat in die ambulante Kassen- und: Armen-
'praxis bisher keinen Ringang gefunden. - Die Anwendung des Insulins ‘ist
nieht immer gefahrlos; alle Fälle sind auch nicht zu dieser Behandlung
geeignet. ı Dabei darf, die Diätbehandlung nicht vernachlässigt werden.
‚Die Insulintherapie : erfordert stets ein vorsichtiges, die besonderen Ver- -
hältnisse eines jeden‘ Falles berücksichtigendes Vorgehen.: Sie kann ohne
‚weiteres im Häuse des Kranken vorgenommen werden, wenn die häuslichen
‚Verhältnisse eine peinliche Beobachtung ärztlicher Vorschriften gewähr-
leisten und eine dauernde Kontrolle durch den Hausarzt besteht. In der
Kassen- und Armenpraxis kann die Beratungsstelle: auf Veranlassung. des.
Hausarztes auch die Insulinbehandlung, die sonst nicht möglich wäre, über-
nehmen. Die Beratungsstelle wird. geeignete.Fälle, z. B. mit hoher Azidosis,
' zur Krankenhausbehandlung vorschlagen. Selbstverständ)ichsoll die Ber atungs-
‚stelle den Kassen- ‘oder Armenarzt nicht überflüssig machen. Ohne seine
Mitarbeit ist ein Erfolg nicht zu erwarten. Die großen hausärztlichen Auf-
gaben, die von Noorden 1923 in einem Vortrage klar umschrieben hat,
behalten: auch hier ihre Geltung. ' Die Beratungsstelle soll‘ die Arbeiten
` erledigen, die der 'Kassenarzt nicht leisten kann. Der Hausarzt soll die
Behandlung leiten, nur die Kranken von Zeit zu Zeit zur Kontrolle auf:
. die Beratungsstelle schicken. -In ähnlicher Weise wie bei ‘der. Fürsorge-
stelle für Lungenkranke soll sich diese Beratungsstelle organisch, zwischen
Arzt und Kranken eingliedern, Die Beratungsstelle für Zuckerkranke kann-
die Zelle darstellen, aus der sich‘ Spezialabteilungen für Diabetiker ent--
wickeln können, ' wenn unsere Tage Gen Armut . von besseren Zeiten ab-
- gelöst werden.
"Vielen mag. eine Berabungsstäile. für Zuoköökiränke Überttünsig er-
‚scheinen. Man könnte den Einwurf erheben, daß ‚man nicht für jede
"Krankheit eine besondere Fürsorgestelle richten könne.
Erkrankungen, z. B. der Lungen, der Nieren, oder des Herzens beanspruchen
keine so andauernde, mit persönlicher Arbeitsleistung des Arztes verbundene,
‘Tätigkeit, wie die Zuckerkrankheit. Die ‚Bedeutung der sachgemäßen ärzt-
"lichen Behmidling wird durch-folgende Berechnung von J oslini ins rechte
Aber chronische _
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= welcher auf die in den letzten Jahren beobachtete große Zahl von Pilz-
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Licht gerückt: Wenn alle Diabetiker der Ver. Staaton innerhalb der letzten
10 Jahre nach modernen. Gesichtspunkten bebandelt worden. wären, so
hätte dies innerhalb des genannten Zeitraumes für die Summe aller Diabe- |
tiker einen Zuwachs: yon 2 Millionen Lebensjahren ergeben. (Zit. nach
von Noorden.)
von Noorden stimmt dem Sinne der Joslinschen Be-
rechnung auf Grund eigener Erfahrung zu. Jedenfalls zeigen diese Zahlen, daß `
die Diabetesbehandlung großer Bevölkerungsschichten verbessert werden muß. `
Die Beratungsstelle ist auch der billigste Weg, der unter den heutigen
Verbältnissen der drückenden Not bei uns begangen werden kann.. Die
Beratungsstelle kann die Räumlichkeiten bestehender Anstalten 2. B. der
Türsorgestelle für Lungenkranke oder für Säuglinge, von Polikliniken mit-
Die Zahl der Sprechstunden kann je nach der Größe des
benutzen.
Wirkungskreises auf einige Stunden wöchentlich -beschränkt werden, - Die
Beratungsstelle kann seine Tätigkeit nebenamtlich ausüben.
Die Beratungsstelle für Zuekerkranke kann Ärzten und Kranken
unentbehrlich werden. Es ist nicht einzusehen, weshalb andere Länder
mit dem Beispiel einer besseren Bebandlung der Diabetiker uns-noch
weiter vorangehen sollen. Auch bei uns muß sich die Erkenntnis durch-
setzen, daß man auf dem alten Wege allein nicht zum Ziele gelangen
kann, sondern daß mit ‚geringen Mitteln durch die Beratungsstelle den
Zuckerkranken, die nicht mit materiellen Gütern gesegnet sind, eine "Besse-
‘rung ihres Leidens, Erhaltung und Steigerung ihrer Arbeitskraft und eine
Verlängoruńg ihres. Lebens verschafft werden kann,
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Auf 'eine neue Behandlung der akuten Alkoholvergiftung
_ wird in dem „Journal of the American Medical Association“ aufmerksam
gemacht. Physiologische Experimente haben ‚gelehrt, daß die Einatmung
kohlensäurehaltiger Luft (etwa ein Gehait von 5—10°/, Kohlensäure in Luft
oder Sauerstoff) das Atemvolumen um das fünffache vermehrt.
Sauerstoff-Koblensäuregemisch empfiehlt sich zur Wiederbelebung bei Kohlen-
oxydvergiftung und um nach Operationen den Äther rasch aus dem Körper
zu entfernen. Zur Vertiefung der Atmung und zur Ausscheidung des Kohlen-
oxyds hat sich eine geringe Zugabe von Kohlensäure zu dem bisher üblichen
_ reinen Sauerstoff. bewährt. ‚In einigen Fällen von schwerer Alkoholvergiftung
| Es konnte:
ferner gezeigt werden, daß nach der Aufnahme von Alkohol der Alkohol-
gehalt des Blutes sehr rasch abfiel, wenn mit. Hilfe von Kohlensäure-
gelang es, die Bewußtlosigkeit in kurzer Zeit zu beseitigen.
‚einatmungen das Atmungsvolumen vergrößert wurde. Schwere Vergiftungen
mit Alkohol und auch mit Methylalkohol scheinen durch die Einatmung
eines Kohlensäure-Sauerstoffgemisches günstig beeinflußt zu werden.
Ein seltsamer Fall von Massenvergiftung durch Kohlenoxyd
~ ist kürzlich auf einem belgischen Automobilomnibus, der dem Landverkehr
dient, _ festgestellt worden. In dem geschlossenen hölzernen Gestell, das
auf einem Ford-Motor aufgebaut war, waren 20 Personen untergebracht.
Etwa 20 Minuten nach der Abfahrt benachrichtigte ein Reisender den Fahrer,
daß er sich durch Hitze belästigt fühlte und daß einer seiner Bekannten
krank sei.
12 Personen bewußtlos auf den Bänken lagen.
werden. Die Untersuchung des Blutes ergab Koblenoxydvergiftung. Die
Ein solches
‚Als man nachsah, ergab sich die überraschende- Tatsache, daß `
Einer vòn den. bewußtlosen |
. Reisenden, ‘ein junger Mensch von 17.Jahbren, konnte nicht wieder hergestellt
ioi — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 34
‘am 1. Oktober 1924 in. Betrieb genommen werden.
bat Merkblätter über Licht-,
gegeben, die gedacht sind zur Verteilung ‚in i a Tuber- -
, kulosefürsorgestellen und Kinderhorten.
nötigen Laboratoriumseinrichtungen sind nicht kostspielig. Der Leiter der |
Die "großen Universitätskliniken ZU. Münsteri L W. gehen irar Voll- ,
Re entgegen. ‘Die Medizinische, Chirurgische und. Frauenklinik sollen
Sprechstunde. der Medizinischen Universitätsklinik für innere und Nerven-
krankheiten wird bereits am T. September 1924 eröffnet.
` Der Preis für de diesjährige, in Würzburg beginnende Ärztliche
Studienreise durch die Schwarzwaldbäder vom 6. bis 20. September
ist einschließlich aller Eisenbahn- und Autofahrten . sowie Unterkunft und
Verpflegung auf‘325 M. festgesetzt ‚worden.
‘Der Provinzialausschuß für hygienische Volksbelehrung i in Hannover
Luft-: und Sonnenbäder heraus-
Anläßlich: der diesjährigen Tagung der Versi Deutscher Natur- -
| forscher und Ärztei in Innsbruck soll wiederum eine Tagung der Deutschen
Gesellschaft für Unfallbeilkunde, Versorgungs- und Versiche-
. (Zeitz): Die Behandlung der Brüche und Verrenkungen der Oberextremitäten `
‚nach Abfindung; Dr. Knack, ärztlicher Direktor des Allgemeinen Kranken-
rungsmedizin stattfinden und zwar am Dienstag, den 23. September 1924,
Beginn 9 Uhr ‚morgens im Hörsaal des pathologisch-anatomischen Instituts.
Eine Reihe von Vorträgen sind schon angemeldet: Dr. Böhler (Brixen):
Die Ausbildung der Ärzte in der Uhfallchirurgie; Ober-San.-Rat Univ.-Doz. i
Dr. v. Friedrich (Budapest): Trauma und Tuberkulose; - Dr. Poelchen
durch aktive Bewegung; San.-Rat Dr. Schulz (Limburg): Früheinweisung
Unfallverletzter ins Krankenhaus; Prof. Dr. Diniger, (Frankfurt a. M.): Das
Heilverfahren in der Privatunfallversicherung oder Erfahrung in der Privat-
versicherung über Gewöbnung und Anpassung an Unfallfolgen, besonders
hauses Hamburg-Barmbeck: Die persönliche Ausbildung an Krankenanstalten.
Weitere Vorträge können noch angemeldet werden.
sind zu richten an: Geschäftsstelle der 88. Versammlung der Gesellschaft
_ Deutscher Naturforscher und Ärzte, Innsbruck, Schöpfstr. 41, Phys. Institut,
`A
mit der gleichzeitigen Meldung 'zur Teilnahme an der Tagung der Gesell
schaft Deutscher. Naturforscher und Ärzte.
Ein neues, vierteljäßrlich erscheinendes Zentralblatt „Diek Baii
kungen des Bewegungsapparates“ ist unter der Schriftleitung des
vielseitigen und verdienstvollen Dr. Eduard Weisz (Pistyan) und der
Mitwirkung bekannter Forscher des In- und Auslandes mit seinem ersten
Heft erschienen.
die nicht nur die deutsche, sondern auch die fremdländische Litoratur über
die Erkrankungen des Skelettsystems referierten, zum Opfer gefallen; auch
hatten wir bisher kein Zentralblatt, welches das beregte Gesamtgebiet ohne
Rücksicht auf ‘die Art der Therapie (ob intern, orthopädisch, physikalisch, :
chirurgisch) widerspiegelte. ‘Das alles will das neue Organ bringen; gelingt.
es ihm, so wird es seinen Weg machen. Die im ersten Heft gebrachten
Originalarbeiten und Referate sind verheißungsvoll.
Das erste Heft der neugegründgten „Vierteljahresschrift des
Bundes Deutscher Ärztinnen“ ist im Juli 1924 erschienen. - (Heraus-
Beobachtung lehrt, daß die Gefahren, die darin bestehen, ‚daß ein nicht
genügend durchlüfteter Motor die Verbrennungsgase in einen geschlossenen
Raum hinein entleert, sebr groß sind. Zweifellos sind leichtere Grade von |
Vergiftung bei derartigen Anlagen häufiger vorgekommen, zumal wenn die
Wagen, wie das auf Fahrten über Land vorkommt, längere Zeit mit ge-
schlossenen Fenstern und Türen laufen. Die Beobachtung verdient, all-
gemeiner bekanntgemacht zu werden.
Gegen den Abbau der Nahrungsmittelkontrolle wendet sich
in der Volkswohlfahrt Prof. Juckenack. Im gesundheitlichen und wirt-
. schaftlichen Interesse der Bevölkerung läßt sich der Abbau der allgemeinen
Lebensmittelkontrolle nicht rechtfertigen, vielmehr ist. es in wirtschaft-
lich schwierigen Zeiten die besondere Aufgabe der Behörden, die
Bevölksrung-vor Belieferung mit gesetzwidrigen Lebensmitteln und Gebrauchs-
gegenständen zu schützen. Wertvoll ist auch die präventive Wirkung
der Nahrungsmittelkontrolle, weil die Verfälscher möglichst Gegenden mit
ihren Waren überschwemmen, in denen sie nicht Gefahr laufen, mit der
Lebensmittelkontrolle in Konflikt zu geraten.
Das Reichsgesundheitsamt veröffentlicht eine Wärnung, in
vergiftungen hingewiesen wird. Die meisten Vergiftungen sind nicht
auf den Genuß verdorbener, sondern giftiger Pilze zurückzuführen, die von
unkundigen Personen gesucht worden sind. Allein die Kenntnis der
besonderen Merkmale der eßbaren und der giftigen Pilze schützt vor schäd-
lichen Folgen. In dem vom Reichsgesundheitsamt berausgegebenen Pilz-
merkblatt sind namentlich auch die Erkennungszeichen der Knollenblätter-
schwämme, der gefährlichsten aller un angegeben und an farbigen
Abbildungen erläutert. —
. angeschlossen, die, wie wir‘ berichteten,,
von Dr. Franziska Tiburtius und einen Artikel von, Prof. Dr. Lydia '
bildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten.
| gegeben von Dr. Heusler-Edenhuizen ünd Dr. Laura Turnau, Ver-
lag von C. ‘A. Schwetschke & Sohn, Berlin). Die Aufgaben des Bundes,
dessen Organ die neue . Zeitschrift darstellt, sind: 1. Zusammenschluß der-
Ärztinnen -Deutschlands; 2. Bearbeitung sazial-hygienischer ‚Kragen vom
Standpunkt der Ärztin als Frau; 3. Ausarbeitung von Vorschlägen für die
sozial-hygienische Gosotzgebung. des Reiches und der Länder vom selben
Standpunkt aus und 4. Sorge für die nicht mehr arbeitsfähigen älteren -
Kolleginnen, sowie Unterstützung der jungen Medizinerinnen in ihren Aus-
Der .Bund- hat sich neben
15 anderen Ländergruppen an die „International Medical Womens Association“
soeben in London ihre dritte
Tagung abgehalten hat. Das erste Heft enthält unter anderem einen Brief
‚Rabinowitsch-Kempner über Ärztinnen und Tuberkulosebekämpfung.
Die medizinische Fakultät der Universität Halle hat dem: Geh.
Med.-Rat Prof. Dr. Alfred Denker in Halle in Anerkennung seiner hervor-
ragenden Leistungen auf dem Gebiete der Otologie die „uoleene Hermann.
Schwartze-Medaille“ verliehen.
'Um die Arbeiten über das gut abgegrenzte und wichtige Forschungs-
gebiet der Fermente nach wie vor möglichst in. cinem Zentralorgan. zu-
sammenzufassen und von diesem aus neue Anregungen für die Forschung
zu geben, veranlalte Geheimrat Prof. E. Abderhalden.die weitere Heraus-
gabe der Zeitschrift „Fermentforschüng“. Sie erscheint jetzt im Verlage
von Urban & Schwarzenberg in Berlin und Wien. Das 1. Heft der. Neuen
Folge, 1. Jahrgang, liegt vor und enthält 3 Originalarbeiten.
Hochschulnachrichten. Berlin: Preisaufgabe von 1924/25 í für
den Staatspreis: Welche diagnostische Bedeutung hat das Blutbild für dio
otogenen Krankheiten? Für den ‚städtischen Preis: Unter welchen Be-
dingungen kommt es.bei einem tuberkulös infizierten Kinde zu einer Miliar-
tuberkulose? — Göttingen: Dr, Tonndorf hat sich für Hals-, Nasen-
und Ohrenkrankheiten habilitiert. — Leipzig: Priv.-Doz. für innere ‚ Medizin
Günther ist zum ao. Professor ernannt. — Münster: Der Lehrstuhl für
Hygiene ist dem ao. Prof. Jötten (Leipzig) en
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
Die poliklinische -
Anfragen wegen Wohnung
Dem ‚Sturm der Zeit sind diejenigen deutschen Blätter,
I
| in. I Bean geieitetvon Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschat veraavon: oo: 0 C L
L- ," Geh. San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin + Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr.105b
"Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
' - Nn85 1029): - Berlin, Prag u.Wien, 31. August 1924 o XX. Jahrgang : ..
2 00.200000 Klinische Vorträge: : - 2. a
l 0° Aus der-Medizinischen Universitätsklinik zu Rostock. : -| „ Die Frage nach dem Ergehen- während des ‘Krieges (Front-
GR © ER ee TAS e = BER ERREREAR: | dienst, Etappe, Hunger: und Kämpfe zu Hause) ist.natürlich stets ° -.
. = Bemerkungen zur Frühdiagnose der Lungen- von Belang; wenn auch im Einzelfall. 'der Einfluß von Strapazen und en
een en, d line | ZU a a aT .Unterernäbrung oft. sehr gering`erscheint, und. wir uns oft darüber ` >.
| en tube rkulose Erwachsener. STE wundern, wie "Zahlreich die Tuberkulose Bestgenährter und Sorgen- ...::
4 | ae .Von Prof. Dr. Hans Curschmann. | E und Kampflosester. sind. _ a u Le SE Ba Be we sr
E ee ee a E ze ee, Mir persönlich ist die Kardinalfrage der Schwindsuchtsana- .
t- _" Die Frühdiagnose der Lungentuberkulose ist die wichtigste-Vor- | mnese immer: noch. die nach dem „Schwinden“, d. h. nach dem ab- Ä
5 bedingung zur Behandlung des Kranken und zur prophylaktischen | nehmenden Körpergewicht. ` ee en
i- ~ ; Beeinflussung -seiner Umgebung. Dieser Satz. scheint jedem Arzt fast - -Die Untersuchung beachte auch hier, daß die Inspektion... -
i: en Gemeinplatz und ist weitesten Kreisen des Volkes bereits geläufig. | die erste. Aufgabe ist,. nicht ‘das: sofortige blindwütige Losperku- . -~
5 -` Nicht ganz gleichbedeutend mit der Frühdiagnose der Tb. pulm. | tieren. - Mit- der Inspektion ‘erfassen wir, ohne Zeit'.zu genauen
| | . istihre Aktivitätsdiagnose. Und wiederum nicht völlig identisch | Messungen zu brauchen, den Habitus, die etwa disponierende Kon- `
.! mit beiden ist-die Diagnose der Behandlungsbedürftigkeit; (wo- | stitution. Der allbekannte phthisische, bzw. asihenische Habitus ist-
- : . bei- ich unter Behandlung hier eine einigermaßen strenge rationelle | sicher: diagnostisch bedeutsam; er muß immer verdachtsteigernd
°. „Kur,-nicht aber irgendeine ut aliquid. fiat Verordnung verstehe). wirken. Man vergesse aber die — während des Krieges besonders _
i. Immerhin decken sich die genannten ‚drei Ziele unserer Dia- | häufig gewordene — Tatsache nicht, daß jede Konstitution, auch _
'- ` .güestik bei der. Tb. pulm. doch derart häufig, daß wir sie im ganzen | die robusteste, und jedes Alter der Tb. pulm. ausgesetzt sind; und, >
a -` alş nahezu identisch betrachten dürfen. 2 5 7 daß die der Robusten, nie „krank Gewesenen“, wie die hundertfache
r! Wem ieh’heute, zur Frühdiagnose der Tb. pulm. vor Ihnen | Beobachtung der Tb. der Frontsoldaten zeigte, ‚oft eine. auffallend.
à: _ das ‘Wort ergreife, so geschieht das nicht, um Ihnen eine ausführ- | ‚bösartige, rechtzeitiger Diagnose also auch besonders bedürftige ist.
w; ~ liche, systematische Darstellung dieses großen Gebietes zu geben. ` Weiter leistet die Inspektion für die Frühdiagnose nicht allzu ``
1: . oder um zu dokumentieren, daß wir es hier herrlich weit gebracht | viel; denn eine eingesunkene, bei der. Atmung schleppende’ Brust-
f: habe; sondern mehr, um mit Ihnen einige mir besonders wichtig | seite ist meist kein Objekt der Frühdiagnose mehr. BERN.
a. scheinende Punkte zu besprechen und gleichzeitig auch den Prak- | Allerlei Symptome, die z. T. für Mitbeteiligung des Sympa-
„tiker 'vor der.Überschätzung einzelner. Methoden und Befunde zu | thikus sprechen sollen, gleichseitiger Hornerscher Komplex, Pu- -
us, warnen und Ihnen’ zu raten, über irgendeinem Produkt neuerer dia- | pillendifierenz, gleichseitige vasomotorische, sekretorische und tro-
#: gieslischer Technik nicht-den Überblick über das Ganze zu ver-. | phische Symptome am Kopf. und Hals, Tastbefunde; wie eine.be- -
Fee ‚deren, Denn die — nicht immer leichte — Frühdiagnose der Tb. | sonders ausgesprochene stereotype Halsdrüse, eine tastbare, ebenso -
s, pulm, zeigt uns immer wieder aufs neue, daß die Diagnostik eine | stereotye Muskelhypertonie über der. erkrankten Lungenspitze, "der ``
W- Kunst und kein Handwerk ist; eine Kunst, an der, wie an jeder, | Nachweis. bestimmter -Druckpunkte oder einer Headschen Zone -
“=. die Beherrschung des: technischen Könnens zwar Vorbedingung ist, ebenda und noch manche andere Spezialsymptömchen sind ohne .
© die intüitive Abwägung der Befunde aber jenseits des Handwerks- | wesentliche Bedeutung. . a a
n mäßigen liegt, _- SE Dr ~. Nicht‘ zu unterschätzen aber und erwähnenswert, weil nicht `
a Wie wichtig die Anamnese ist, darf als Ihnen allen bekannt . allzu bekannt, . ist. die Häufigkeit -„basedowoider“ Symptome im
n. ausgesetzt werden. Sowohl aus der „familiären Belastung mit | Frühstadium der Tb. pulm. Leichte Struma, Glanzauge, Tachykardie,
p Tb", noch mehr aus den Infektionsgelegenheiten des Kranken, als | Hyperhidrose,. Haarausfall, Abmagerung, gesteigerte motorische und
p. auch aus seiner eigenen Vorgeschichte haben wir Wichtiges zu er- | seelische Beweglichkeit, Affektlabilität und Keimdrüsensymptome_:
i. Wagen. Diese Fragen sollen sich aber nicht auf Husten, Auswurl, | Sind. nicht selten; nicht alle brauchen zusammenzutreffen; einige
i. Blutspucken, Nachtschweiße, Rücken- und Bruststiche, Fieber u. dgl. | von ihnen sind aber recht häufig. _Die konstitutionelle Neigung zur
y | beschränken. Man. denke daran, daß alle Symptome. einer Chlo- Tachykardie (auch bei noch unwesentlichem Befund) ist ja ein ganz
wi ja (Amenorrhoe und Dysmenorrhoe, Müdigkeit, Schlappheit, Blässe, | populäres diagnostisches und prognostisches Krankheitszeichen, ‚das
y: < lorexie usw. usw.), einer Neurasthenie, ja einer zyklothymen Phase | sogar In den Attestformularen für Heilstätten schon einen Platz
ø! Von der beginnenden ‚Phthise ebenso nachgeahmt werden können, | gefunden hat- —|4 a a
“A me die einer nervösen ulkusähnlichen Dyspepsie, eines Basedowoids | _ Perkussion und Auskultation bilden immer noch das A
p Nder einer „Herzneurose* oder einer chronischen Endokarditis. - . | und O- der Untersuchung. Gestatten Sie mir, nicht ausführlich zu
A Ebene, le wichtig. die vorausgegangene Pleuritis ist, wissen Sie’alle, | sein, sondern nur einIZe wenıze Winke. zu geben. Die Perkutierung
gs gonso sind wir uns wohl alle darüber einig, wie vorsichtig.wir | des im Bett Liegenden oder Sitzenden' ist ungenügend. Man per- :
el aa Angaben des Kranken von seinen wiederholten „Lungenentzün- kutiere den frei vor einem Sitzenden oder Stehenden von vorn.und
g; Ungen“ oder Schweren.Grippen gegenüberstehen müssen. DerKranke | von hinten. Wer nur geringste Hördefekte hat, darf nie seitlich
di > bst hat nicht selten das'instinktive Gefühl, daß diese angeblichen | vom Kranken stehend ihn beklopfen, sondern muß die eben ge-
le ien oder Influenzen eigentlich schon den ersten Akt. seines | forderte Stellung des Patienten und Arztes befolgen; tut er es nicht,
A a ens. bedeuten. _ Oft-hat.er Recht damit.. Ob er Recht hat, müssen | so gerät er sehr leicht in Gefahr, die-seinem Ohr entferntere Lungen-
a aber durch möglichst genaue Anamnestik zu ergründen suchen. | spitze für gedämpft- zu halten: Der Patient sitze mit möglichst
bl ap, pie Wichtigkeit vorausgegangener anders lokalisierter Tb.- | hängenden Schultern, die Hände in der Haltung, wie zum „Hecht-
p} Allekte (an-Drüsen. Knochen.. Gelenken. Genitalien, Nieren, Peri-. | sprung“ auf die Knie gelegt. Die Perkussion geschehe mit der `
J : toneum usw.) für Rare en, 10 enken, Wenitallen, u HT Methode. die der Ar t best BER ‚5 ARAY 11 ler
a3 m usw.) für die Diagnose ist bekannt, wenn auch quantitativ | Methode, die der. Arzt am besten beherrscht; sie sei — besonders
$i die Frühdiagnose der Tb. pulm. nicht allzu ergiebig. | in Frühfällen — prinzipiell leise. -Die leichten Schallverkürzungen,
BL Der en 5 die durch noch geringfügige Herde im Apex erzeugt werden.
` 9). Nach einem Fortbildungsvortrag. | werden durch laute ‚Perkussion. verdeckt. Die Perkussion der
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_ Methylenblaugegenfärbung empfehle ich dringend die Gegenlärbung
1198
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
31. August
Krönigschen Spitzenfelder gibt für ausgebildete Fälle gute Demon-
strationsbilder, leistet aber für die inzipienten nichts. Man per-
kutiere hinten nicht nur von oben nach unten, sondern — Strüm-
pells Rat folgend — auch steis von unten nach oben. Leichte
Schallverkürzungen werden so bisweilen deutlicher gehört. Man
denke daran, daß die stärkere Schultermuskulatur rechts bisweilen
eine Dämpfung vortäuschen kann, und, daß schon geringe Skoliosen
und Kyphoskoliosen jeden feineren Perkussionsbefund illusorisch
machen können. Von großer Wichtigkeit ist neben der Perkussion
der Spitzenfelder der Nachweis von Resten einer Pleuritis über den
unteren Lungenpartien (Schwarte, Verminderung der Verschieblich-
keit des Lungenrandes).
Man perkutiere besonders vorn vor allem in den Zwischen-
rippenräumen und in der Schlüsselbeingrube und vermeide auch
hinten die Perkussion auf dem Knochen, vor allem auf der Skapula,
die stets ganz unsichere Resultate liefert. Die Plessimeterfläche,
sei nach Goldscheider klein, d. i. man perkutiere nur einen
Finger oder (einen schmalen Plessimeter) und lege nicht 3 bis 4 -
. Finger zusammen zur Perkussion.
Allein die Fingerkuppe als
Plessimeterfläche aufzusetzen, d. i. die Pleschsche Fingerhaltung
‘zu benutzen, ist bei der Perkussion der Brust nützlich, aber nicht
notwendig, bei der des Rückens wird vom Ungeübten ein gar zu
spärlicher, darum ungenügender Kloplischall erreicht. Denn mit
dem Perkussionsschall ist es — prinzipiell gesprochen — wie mit
dem Gesangston: das Piano beider muß tönend sein, d. i. den
akustischen Charakter des regulären mehr oder minder lufthaltigen
Schalles haben; bei der Perkussion der Lungen speziell darf der
erzielte Klang nicht vorwiegend den Charakter des bei Beklopfung
der nicht lufthaltigen Bedeckungen erzielten Tons oder gar des
Eigenschalles des Plessimeters haben. Mit dem tonlosen Pianissimo
der Perkussion kann der weniger Geübte bei der Lungenuntersuchung
nichts anfangen; nur der wirklich Geübte, der auch die palpatorische
Komponente bei der Spitzenuntersuchung zu verwenden weiß, kann
dies. Übrigens sind mir nur wenige Ärzte begegnet, die mit
- leisester Tastperkussion und bewußter Ausnutzung im wesentlichen
der Palpation Lungenspitzen untersuchen konnten, wie dies bei-
spielsweise mein Vater Heinr. Curschmann vermochte.
Die Auskultation achte natürlich auf die bekannten Ver-
änderungen des Atemgeräusches, vor allem auch auf Verlängerung und
Verschärfung des: Exspiriums, isoliertes Giemen und besonders
feuchte Rasselgeräusche. Trockene, knisternde Geräusche sind wenig
beweisend, da sie entweder Entfaltungsknistern oder weit häuliger
Muskelgeräuche sein können. Die letzteren sind überhaupt eine
Hauptquelle der Felildiagnose. Sie treten am häufigsten bei for-
cierter, langsamer Inspiration und besonders beim Verweilen auf
der Höhe der Inspiration auf und sind vor allem h.o. über und
zwischen den Schulierblättern hörbar. Man vermeidet diese häu-
fige Feblerquelle dadurch, daß man — natürlich neben und nach
den üblichen Tief- und Normalatimungen — bei geöffnetem Munde
auch ganz kurze, „japsende“ Inspirationen mit sofort darauf-
folgender weniger betonter Exspiration ausfübren läßt. Diese jap-
sende Atmung ermöglicht einerseits die Vermeidung der stören-
den Muskelgeräusche und andererseits bei den zahlreichen Schlecht-
. atmern unter den Asthenikern überhaupt die Produzierung eines
ordentlich hörbaren, darum vergleichbaren Atemgeräusches und dem-
entsprechend hörbarer Rhonchi. Ich empfehle diese Methode be-
‘sonders Anfängern, weniger Geübten und Schwerhörigen dringend.
Im übrigen sei man sehr vorsichtig mit der diagnostischen
Beurteilung des einmaligen Auskultationsbefundes, verwende stets
das Resultat der Vergleichung zwischen recht und links, denke
aber daran, daß rechts oben, besonders hinten oben, alle aus-
kultatorischen und Schwirrphänomene lauter sind, als links oben.
Es gilt das sowohl vom reinen Vesikuläratmen und besonders dem
Exspirium, wie von der Auskultation der normalen und Flüster-
stimme und dem Stimmfremitus. Deshalb sollte man die Auskul-
tation der normalen und Flüsterstimme und die Prüfung des
Stimmfremitus zur Diagnose beginnender Prozesse, insbesondere
über den. Spitzen, überhaupt nicht heranziehen.
Daß man womöglich 'auch zu einer Zeit auskultieren soll, wo
der Kranke noch nicht „abgehustet“ hat, also früh morgens, und,
daß man die Schleimproduktion und Bildung von Rhonchis durch
Jodmedikation vermehren kann, dürfte als bekannt gelten.
Letzteres ist natürlich auch wichtig, wenn man Auswurf zur
Untersuchung gewinnen will. Hier gilt es, nicht einmal, sondern
häufig zu untersuchen. Neben der üblichen Bazillenfärbung mit
mit Chrysoidin: bzw. Picrinsäurealkohol auszuführen. Diese hell-
gelbe, sehr transparente Färbung ermöglicht im Gegensatz zu der
undurchsichtigen ersteren Färbung die Färbung und bequeme Durch-
sicht dieker Sputumschichten. Seit an meiner Klinik diese Methode
geübt wird, finden wir weit häufiger Tuberkelbazillen, als früher,
Dagegen leistet die Antiforminanreicherung für die Aulfindung der
Bazillen klinisch m. E. wenig oder garnichts. Die Untersuchung
auf die Sonderform des Tb. Virus, die Muchschen Granula ist meist
entbehrlich, ihre sichere Identifizierung oit sehr schwierig. |
Die Untersuchung des Eiweißgehaltes des Sputums ist für die
Frühdiagnose unnötig, ebenso die zytologische Untersuchung des
Auswurfs auf Lymphozytose, zumal meine Mitarbeiter Eisen und
Hatzfeld nachgewiesen hatten, daß die Lymphozytose des Sputums
keine spezifische Eigenschaft des tuberkulösen Auswurfs ist. Elastische
Fasern dürfte man in Frühlällen stets vermissen.
Ungemein wichtig ist natürlich die anamnestische Angabe und
klinische Feststellung des Bluthustens. Wie vorsichtig man mit der
ersteren sein muß, weiß allerdings jeder Arzt. Die Beschaffenheit
des Lungenblutes im Gegensatz zum erbrochenen oder aus der
Nase expektorierten Blutes darf als bekannt gelten. Eine besonders
wichtige typische Eigenschaft der echten Hämoptoe beachte man:
daß nämlich nach einer solchen noch tagelang das Sputum eine
(abnehmend) hämorrhagische, bzw. bräunliche Verfärbung zeigt.
Allerdings denke man auch daran, daß echte Hämoptysen auch
bei nicht tuberkulösen Erkrankungen vorkommen z. B. bei Grippe-
pneumonien, Bronchiektasen, Lungenabszess und -gangrän, Aorten-
aneurysmen, hämorrhagischen Diathesen und wahrscheinlich auch
als „vikariierende Blutung“ an Stelle der Menstruation.
Die Fiebermessung gilt mit Recht als wichtiges Frühdia-
gnostikum. In Zweifelsfällen messe man dreistündlich rektal oder im
Munde. Nicht nur die absolute Höhe des Temperaturmaximuns,
das weit häufiger am späten Nachmittag, bisweilen aber auch
morgens erreicht wird, ist wichtig, sondern die Höhe der Tages-
schwankung. Temperaturen, die sich beispielsweise dauernd nur
zwischen 36,9 und 37,2 bewegen, sind weit weniger verdächtig,
als solche, bei denen das Minimum meist 36,2, das Maximum 37,2
beträgt. Was „Fieber* ist, ob die Maximaltemperatur von 372
oder 37,3 rektal, ist nicht a priori, sondern nur aus der Höhe der
Tagesschwankung zu ermessen. Daß man in Frühfällen durch
Spazierengehen und andere Muskelarbeit Temperaturen erzeugen
kann, weiß jeder Arzt, fast jeder Laie. Man überschätze diese
Bewegungstemperaturen bei heißer Witterung diagnostisch aber
ja nicht, da sie auch bei ganz Normalen auftreten können! Man
denke daran, daß manche weibliche Personen menstruell erhöhte
Körperwärme zeigen. Leichte, remittierende Temperaturen zeigen
auch nicht wenige -Konkurrenzkrankheiten der beginnenden Phthise
z. B. die chronische Sepsis (lenta), alle Formen der essentiellen
Anämie und Leukämie, okkulte Eiterherde (Tonsillen, Nebenhöhlen,
Prostata) und Harninfektionen (Kolipyelitis!), Bronchiektasen, chro-
nische Pneumonien, Lues II und a. m.
Die Blutuntersuchung, insbes. die Prüfung des neutrophilen
Blutbildes auf eine Verschiebung nach links (Arneth) ist kein früb-
diagnostisches Mittel von Belang, wenn auch in der Hand des Er-
fahrenen bisweilen von Nutzen. Die Untersuchung des Blutes auf
Tuberkelbazillen (G. Liebermeister) ist wahrscheinlich manchmal
auch frübdiagnostisch wichtig, ihre Resultate aber nach dem Urteil
anderer Erfahrener oft schwierig deutbar und. voller Fehlerquellen.
Für die Praxis scheint die Methode also nur mit Vorbehalt verwendbar.
Aus der Urinuntersuchung können wir frühdiagnostisch
nichts lernen; Diazo-Methylenblau- und andere Farbreaktionen treten
stets erst bei progressen Fällen auf. Daß für die Prognose mehr
als für die Diagnose einer beginnenden Tb. pulm. der Nachweis
einer Glykosurie ebenso wichtig ist, als der einer Nephropathie,
dürfte allgemein bekannt sein. Man denke daran, daß es bei be-
ginnenden Phthisen auch lange latent verlaufende Nierentuber-
kulosen gibt, und, daß beide sich gegenseitig recht ungünstig be-
einflussen können. ki |
Die Röntgenuntersuchung ist für die Frühdiagnose sicher
wichtig, darf aber nicht überschätzt werden. Sie ist nur ein Bau-
stein im diagnostischen Gebäude, nicht immer der Schlußstein.
Ihre Wertung kann nur im Rahmen der Gesamtuntersuchung 88
schehen. Nur der, der den Patienten auch sonst beobachtet und
untersucht hat, kann (falls er es überhaupt versteht) sein Rönt-
genogramm diagnostisch werten. DasUrteil des „Röntgenspezialisten ,
der nur seine und keine andere Untersuchung am Kranken vor-
nimmt, schwebt stets in der Luft. Der Praktiker, der ibn zum
entscheidenden Urteil herausfordert, handelt nicht wissenschaftlich
und noch weniger praktisch! |
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d _ ar 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35. 1199
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Es genügen in Zweifelsfällen weder die Durchleuchtung, noch
‚die Bildaufnahme allein. Aber beide sind in jenen Fällen unent-
ehrlich; die Durchleuchtung deshalb, weil sie Bewegungs- und
j ’
| eigene Untersuchungen haben mir gezeigt, wie weitgehend die un-
spezifischen konstitutionellen Eigenschaften des Organismus; (insbes.
die Einstellung des vegetativen Nervensystems) das Maß der Tuber-
kulinreaktion beeinflussen (vgl. den Parallelismus unspezifischer
und Tuberkulinhautreaktionen bei Gesunden und Tuberkulösen);,
| Wichtig ist natürlich auch für die Diagnostik beim Erwachsene:
der (wiederholte!) negative Ausfall aller Tuberkulinimpfungen. Denn‘
andere Vorgänge erkennen läßt, die uns bei der Bildaufnahme ent- -
gehen.. Vor allem sind hier die vorhandene oder fehlende Auf-
hellung „getrübter Spitzenfelder“ bei Tiefatmung oder Husten,
die Bewegung oder Bewegungsverminderung (Williams Phänomen)
-
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oder Zackenbildung am Zwerchfell u. a. zu nennen. Aber zur Fest-
stellung kleiner und kleinster produktiver Herdchen in der Spitze
reicht die Durchleuchtung sicher bisweilen nicht aus. Hier ist ihr
das Bild oft überlegen, das dem Erfahrenen feinere Veränderungen
bei genauer Prüfung zeigt. Aber auch nicht immer! Es kommt
garnicht selten vor, daß auch die gute Bildaufnahme entweder
fische, kleine Herde in Spitze oder anderen Lungenteilen nicht
widergibt oder wenigstens uns nicht erkennen läßt, ab eine harm-
lose, alte spitzenpleuritische Trübung des supraklavikulären Feldes
-vorliegt oder ein aktiver behandlungsbedürftiger Prozeß. Das ist
ohne Zweifel ein großer Mangel des Röntgenverfahrens überhaupt,
daß es uns allein keinen Aufschluß ‘über die etwaige Aktivität.
“eines Lungenprozesses zu geben vermag. Wer beispielsweise oft
Gelegenheit hat, wie wir, junge und ältere Arzte auf ihre Lungen
m untersuchen und auch zu röntgen, dabei einseitige oder doppel-
seilige „Spitzentrübungen“ festzustellen und dann zu sehen, daß
diese „Patienten“ jahraus, jahrein völlig gesund und arbeitsfähig
bleiben, kann so recht die Relativität des Werts der Röntgenunter-
suchung für die Frühdiagnose der Tb. ermessen. Ich stimme
Goldscheider ganz darin bei, daß die alten Methoden der physi- .
kalischen Diagnostik der Röntgenuntersuchung bisweilen ohne Zweifel
überlegen sind. =
“ Dazu kommt, daß der Röntgenbefund nicht selten schwer zu
deuten ist und sicher oft zu Mißdeutungen Anlaß gibt. Wieviel
‚Unfag wird nicht mit der „verstärkten Hiluszeichnung“, mit „Hilus-
Sängen*, „Besenreiserfiguren“ u. dgl. getrieben! Noch mehr gilt
das von der Bewertung der „Bronchialdrüsenschwellung“. Wer viel
Gelegenheit hat, völlig Lungengesunde, insbesondere Großstädter,
mitanthrakotischen Hilusdrüsen und leichten Pneumokoniosen, Resten
"on Grippepneumonien und Pleuritiden u. dgl., röntgenologisch zu
iniersuchen, wird sich den übertriebenen Respekt vor diesen Hilus-
' md Hilusdrüsenbefunden des Röntgenbildes bald abgewöhnen. Auch
diese Befunde können nie und nimmer vom Röntgenspezialisten
allein, ‘sondern nur von dem Arzt, der einerseits Anamnese und
ischen Befund des Falles genau kennt und andererseits —
mürlich — auch aus Röntgenbildern zu lesen versteht, richtig ge-.
wertet werden.
Trotz alledem bleibt die Röntgenuntersuchung, im Rahmen
der gesamten Untersuchung, natürlich ein ungemein wichtiges
diegnostisches Mittel, das uns nicht selten darüber belehrt, daß der
~ auf Grund der übrigen Symptome als aktiv anzusprechende —
‚Amngenherd weit ausgedehnter ist, als unsere sonstige Untersuchung
„ausen ließ, Wie wichtig die Röntgung für die Feststellung der
mseltigkeit des Prozesses, der Vorbedingung für die Pneumo-
MX" und operative Therapie der Phthise, ist, erwähne ich heute
dur beiläufig. Ä
4 ie diagnostische Tuberkulinanwendung hat für die
w, snose der Tb. pulm. Erwachsener nur geringe Bedeutung.
en heute, daß die positiven Reaktionen. der subkutanen,
ach anen, kutanen und perkutanen .‚Tuberkulinisierung bei Er-
cenen nicht als Beweis für eine aktive, ‚d.i. behandlungs-
nlüge Tuberkulose anzusprechen sind. Wer auf: 1 mg Tuber- '
ga At (subkutan) fiebert, braucht nicht aktiv tuberkulös zu sein!
die Herde. man zur Vervollständigung der Aktivitätsdiagnose auf
ies a r ea kionen über den Lungen achtet, so wird man, wie ich
i i Grund vieljähriger Erfahrungen in voller Übereinstimmung
Tec TN cheider u.a. sagen darf, finden, daß diese Herdreaktionen
lihe vserische, weil allzusehr der subjektiven Beurteilung zugäng-
è orgän e sj ] ° e ..
altanen eRe f nd, auf denen man keine schwerwiegenden Schlüsse
0
ct höherem Maße auch von der,kutanen Pirquetschen Impfung
un E 2 . ». ..
nd den intra- und perkutanen Methoden. Sie alle beweisen für
pz
Was von der subkutanen Methode gilt, gilt in
‘er beweist, falls: die „negative Anergie“ (v. Hajek) des Schwer-
tuberkulösen, was ja immer. leicht ist, ausgeschlossen werddn . kann,
daß der Impfling tatsachlich ‘nicht aktiv tuberkulös ist. . Solche
negativen Reaktionen werden aber beim Erwachsenen nach der
Beobachtung aller Erfahrener ungemein selten sein, um so Seltener,
‘je „schärfer“ die Methode ist; am seltensten also wohl bei An-
wendung der intrakutenen Impfung. y | |
Mit welchem Tuberkulin und wie .soll man nun impfen?
Langjährige eigene, vergleichende Erfahrungen mit Alttuberkulin,
diagnostischem Tuberkulin nach Moro, bovinem Tuberkulin und
anderen sowohl bei kutaner, intrakutaner und perkutaner Anwendung
haben an meiner Klinik zu folgendem Ergebnis geführt: es: genügt,
wenn überhaupt eine Hautreaktion bei Erwachsenen nötig ist, völlig.
eine Impfstelle mit konzentriertem Humantuberkulin (alt) und die
andere mit Perlsuchttuberkulin zu beschicken; das letztere ist nach
den Untersuchungen meiner Poliklinik und Klinik für die meisten.
Erwachsenen (wenigstens in Mecklenburg!) das diagnostisch, „schär--
fere“ und sollte darum stets mit herangezogen werden.)
Man kann also dem Arzt nicht eindringlich. genug zurufen:
die Tuberkulinimpfung nach Pirquet, Ponndorf u. a. hat `
für die Frühdiagnose der Tbc. pulm. des Erwachsenen `
keine praktische Bedeutung! me A A a
Das Versagen der Tuberkulindiagnostik hat nun zum Suchen
nach anderen spezifischen biologischen Methoden geführt. Von ihnen‘
hat die Methode der Komplementbindung (nach Bordet und Gengou)
‘nicht zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Die Reaktion wurde
von den meisten Nachuntersuchern als nicht streng spezifisch.
befunden. A. v. Wassermann hatte nun ein Tuberkelbäzillen-
antigen (Tetralin-Tuberkulose-Lezithin-Antigen) hergestellt, das mit
Serum des tuberkulösen Individuums eine streng spezifische Reaktion
im Sinne der Komplementablenkung geben sollte; und zwar sollte
nach A. v. Wassermann nicht die Anwesenheit von Tuberkel-
bazillen oder -von inaktiven Herden genügen zum Positivwerden
seiner Reaktion, sondern ausschließlich die Anwesenheit von tuber- .
kulösem Gewebe, d. íi. tätigem, aktiv krankem Gewebe,. sollte
den positiven Ausfall bewirken. Der Vorzug der A. v. Wasser-
mannschen Aktivitätsdiagnose liegt darin, daß sie einen spezifischen
Ambozeptor nachweist. . Ob der „Tuberkulose-Wassermann “wirklich
den Schlüssel zur Aktivitätsdiagnose der Tbc. pulm. bringt, wird die
nahe Zukunft — zahlreiche Forscher prüfen seine Resultate nach,
auch wir sind damit beschäftigt — lehren. Es darf aber nicht
verhehlt werden, daß schon jetzt Stimmen laut geworden sind, die
die Spezifität des Tuberkulose-Wassermann bestritten haben und an-
‘gaben, daß auch er oft genug bei Lues positiv ausfalle (Silberstein
D. m. W. 24 Nr.21). Sichere Gewähr für die Aktivitätsdiagnose
dürfte die Wassermannmethode in ihrer jetzigen .Form wahr-
scheinlich noch nicht bringen. Hoffentlich gelingt es dem großen
Forscher oder auch anderen seine Methode so zu modifizieren, daß
sie das wird, was sie versprach !?). Er a,
Von anderen vielgeübten biologischen Verfahren sei endlich
nur der Bestimmung der Erythrozytensenkungsgeschwindigkeit
gedacht, eines Verfahrens, das gerade bei Tbe. pulm. bereits
eine große Literatur gezeitigt hat. Es ist sicher, daß diese.
Probe trotz mangelnder Spezifität doch bei der typischen, aktiven
Tuberkulose diagnostische und noch mehr prognostische Bedeu-
tung hat; auch, daß ihre Resultate den Charakter des Pro-.
zesses (ob zirrhotisch, indurativ, ob mehr exsudativ und ulzerös
usw.) gut widerspiegeln. Auch differentialdiagnostisch kann man
die Probe bisweilen verwenden: besonders niedrige Werte der
Senkungsgeschwindigkeit .(z. B. solche unter 5 mm) können im
Zweifelsfalle als’ ein weiteres gegen den Tuberkulosecharakter einer
chronischen Bronchitis, einer subakuten Pneumonie oder eines Bron-
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Methode zu Fri sgerechnet diese (in jeder Beziehung überschätzte) | boviner Tbc.-Infektion des Peritoneums’ reagierten beide int a
“ee zur Früh- und Aktivitätsdiagnose der Tb. pulm. Erwachsener | di rakutan l i
stärker a a lin. (M. KI. 1921, Nr. 2)
A 2) Neuere Untersuchungen von Winkler-Rostock: RE
nicht veröffentlicht) scheinen wichtige Fortschritte in der a a
des „Tbe.-Wassermann“ zu bedeuten. | | »erung
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| menden, wie das leider in zunehmendem ‘Maße geschieht!
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auch nur wenig für immunbiologische Fragen. Denn
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. Gutachterfällen angeblicher Kriegsphthisiker hat uns neben dem-
übrigen negativen Befund die f&hlende Senkungsgeschwindigkeits-
'steigerung der Erythrozyten schon wiederholt in der Ablehnung
der Diagnose Tbc. .pulm. bestärkt.” E.. Grafe hat in zweifel- |
halten oder ganz beginnenden Fällen die Senkungsprobe noch
dadurch verfeinert, daß er durch vorherige Tuberkulinisierung (sub-
‘kutan 0,03—0,1 mg.) bei wirklich Tuberkulösen ein Steigerung der
`- Senkungsgeschwindigkeit erzielte, die bei Gesunden ausblieb.
. Jedenfalls halte auch ich die Beobachtung der Erythrozyten-
senkungszeit für einen der wenigen wirklichen Fortschritte, den uns
Zur Scharlachfrage. er
Von Dr. A. Hanser, Mannheim. _ a
Krankengeschichte: Am 13. Januar 1922 wurde ich zu einem
Ajährigen Mädchen gerufen, welches wegen einer.durch einen Holz-
splitter hervorgerufenen. Lokalinfektion an einem Unterschenkel
in chirurgischer Behandlung war. Der Splitter hatte sich beim Spielen
des Kindes auf.dem Fußboden unter die Haut eingebohrt (8. Januar);
bei einem sofortigen ersten Versuch hatten die Eltern des Kindes -
‚geglaubt den Splitter ganz haben entfernen zu können. Als aber nach
4 Tagen unter zunehmender Empfindlichkeit Rötung und Schwellung
am Bein auftraten, wurde der Chirurg konsultiert, der bei dem bereits
. . bestehenden Fieber sofort eine Inzision des phlegmonösen Gewebes
für nötig hielt. Am andern Tage wurde ..ich in Behinderung des
Kollegen gerufen, weil das Kind wesentlich mehr fieberte, äußerst
empfindlich war und über starke Schmerzen im Bein jammerte. Ich
konstatierte bei dieser Gelegenheit das Bestehen eines diffusen.
Exanthems am ganzen Rumpfe, welches entschieden’ sofort als‘
'skarlatinös bezeichnet werden mußte; andeutungsweise soll es schon
am Vortage beobachtet worden sein. Immerhin schien -aber die Lokal-
infektion am Bein so schwer, daß man den Ausschlag auch als
symptomatisch-septischen auffassen konnte. Angina, Rötung der Zungen-
konnte, ließ sich. nicht nachweisen, zumal es ganz abgesondert von
andern Kindern lebte. Nur Zwillingsbrüder von 8 Jahren, die in die
Schule gingen, waren sein Umgang; dieselben waren gesund, in der
Schule war kein Scharlach bekannt. Es wurde trotz der Hinneigung
zur Annahme eines symptomatischen Exanthems strenge Abtrennung
"ausgedehnt; daß es sich etwa ähnlich einer Iymphangitischen Aus-
breitung von der Wunde aus entwickelt hätte, konnte weder vom
Chirurgen, noch von den Angehörigen bestätigt werden. Am 18. Januar
: hatte sich inzwischen ein noch fast 11/, cm langer Holzsplitter . ent-
fernen: lassen; aber das Fieber hielt an, die empiindliche
Inzision denken mußte; beides erübrigte sich aber, indem am 19. Januar
das Fieber fiel und auch der Lokalbefund sich günstig entwickelte.
Das Kind wurde ganz munter, der Ausschlag hatte sich unter
sich keine weitere Komplikation ein. Wegen der Scharlachmöglichkeit
deutliche: und: charakterjstische Abschu
der ganze Apparat der Abtrennung in al
Desinfektion aufrechterhalten wurde.
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Am 24. Februar 1922, nachdem
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1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 85.
. die neuere biologische
Abhandlungen.
spitze fehlten. Irgendeine Quelle, von der aus das Kind infiziert sein
durchgeführt. Dasselbe hatte sich dann schnell auch auf die Extremitäten.
I chwellung -
bestand weiter, so daß man an eine Vertiefung oder Erweiterung der
'allmählicher Abblassung nach 4 Tagen ganz verflüchtigt und es stellte |
mußte das Kind liegen bleiben. In der vierten Woche stellte sich nun
Puls ein, weshalb natürlich
er Schärfe bis zur gründlichen
| die Räume bereits desinfiziert
‚waren, erkrankte der eine Zwilling hochfiebernd an einem gleichen
Ausschlag wie seinerzeit das Schwestereben. Dabei bestand leichte
. Angina, so daß an der Diagnose Scharlach kein Zweifel bestehen
konnte. In der Schule und auch sonst in den Umgangskreisen der
u Bei dem andern Zwilling, den ich bei dieser Gelegenheit sah,
` entdeckte ich nun auf der Brust eine zarte Andeutung eines gleichen
Exanthems, wie es aber am übrigen Körper zunächst nicht vorhanden
war.. Obwohl bei diesem Knaben keine Angina oder sonstige ver-
dächtige Zeichen vorlagen, auch die Rektaltemperatur maximal nur
37,6 war, faßte ich — zumal es sich. um einen Zwilling handelte —
doch die nahe Möglichkeit, daß auch dies ein Scharlach sein könnte,
ins Auge und legte beide Kranke zusammen. Der erste, ausgesprochener
Erkrankte machte den schulmäßigen Verlauf mit 4—6tägigem Fieber
durch, Abklingen des Ausschlags und Angina, akute Lymphadenitis
am Hälse in der 3. und 4. Woche, keine Nephritis, deutliche Desquamation
a Der zweite Zwilling ließ noch 3—4 Tage das kaum sich weiter
a ausbreitende Exanthem erkennen, hatte kein höheres Fieber, bekam
Ne keine Angina, aber im Beginn der 3. Woche eine ganz typische, leicht-
en hämorrhagische Nephritis mit Ödemen im Gesicht und den Unter-
ae - schenkeln und unter anfangs leicht urämischen Symptomen (Kopfweh,
irn | Erbrechen, Pulsverlangsamung). Diese Komplikation nahm innerhalb
3 Wochen einen günstigen Verlauf, die Albuminurie, anfangs 2°/,, ging
verhältnismäßig schnell zurück. Die Erkrankung ist auch bei späterer
31. August
Forschung in der Frühdiagnostik der Tbe. pulm..
gebracht hat. > F Ea i
| Trotz aller Errungenschaften ‘neuerer Methodik aber halte der
Arzt daran fest,. daß die ‘elementaren und sichersten’ Grundlagen .
der Frühdiagnose der Tbc. pulm. in einer gründlichen Anamnese,
einer gewissenhaften „gewöhnlichen“ physikalischen Untersuchung .
und guter, klinischen Beobachtung des Kranken bestehen. Alles,
was die Wissenschaft der letzten Jahrzehnte an diagnostischen
Mitteln jenen altbewährten noch hinzugefügt hat, kann sie wohl
ergänzen, aber keineswegs ersetzen! 2 Zn
Kontrolle. Bun geblieben. Deutliche Desquamation war ‚auf Hände `
und Füße beschränkt.
Am 25. Juni, nachdem: das Kind fast ein Vierteljahr genesen
schien, wurde ich wieder zu diesem zweiterkrankten Zwilling gerufen,
weil er wieder ein —. diesmal ganz diffuses — Erythem am ganzen.
Körper zeigte, ohne Angina, mit maximaler. Rektaltemperatur von 37,6 und
bei subjektiv völligem Wohlbefinden. Der Ausschlag dauerte recht
deutlich in seiner ganzen Ausdehnung 4-5 Tage, die subfebrilen
‚Temperaturen bestanden 2 Wochen. Nach dreiwöchiger Bettruhe, die
trotz bestem Wohlbefinden eingehalten werden mußte; ohne nephritische
Komplikation trat deutliche und charakteristische Abschuppung an
Händen, Füßen und Zehen ein. Be | wi
Es steht also bei dieser kleinen Hausepidemie zunächst
wohl fest, daß: ga j ED | |
1. der 'erste Fall des splitterverletzten Mädchens tatsächlich
als echte Scharlacherkrankung verlaufen ist; ae
2. doch naheliegt, daß — zumal mangels jeder anderen auch
nachträglich nachweisbaren Infektionsquelle — auch die beiden
Brüder von der Schwester infiziert waren; und |
3. der leichtere Fall mit dem nur angedeuteten Exanthem
“und ohne Angina und ohne jegliche Beschwerden, obwohl er gleich-
streng im Bett gehalten war, die schwere Komplikation der Nephritis
und schließlich das Rezidiv bekam. Ä ` =
sichtig man mit Diagnose und Prognose solcher Erkrankungen sein
muß. Hätte hier der erste Fall nicht deutliche Desquamation ge-
zeigt oder wäre er daraufhin nicht sorgfältig zu beobachten gewesen,
wie leicht hätte das für Scharlach an sich charakteristische Exanthem
im Zusammenhang mit der Wundinfektion als septisches aufgefaßt
und — statistisch verwertet werden können! Andererseits, wie leicht
hätte, wäre es von vornherein sicher als septisches in jenem Zu-
sammenhang aufgefaßt und behandelt worden, aus diesem Einzel-
fall — der schon bei aller Vorsicht wohl die Infektion der Brüder
im Gefolge hatte — nach der raschen Besserung der Lokalinfektion
werden können! |
Am merkwürdigsten scheint nun gerade das Rezidiv hier
zu sein, das ungewöhnlich spät (fast ein Vierteljahr nach be-
endeter Krankheit) auftrat. Die Möglichkeit einer neuen In-
fektion (Reinfektion) darf wohl nach unseren ganzen Vorstellungen
von erworbener Immunität ausgeschlossen werden; eher schon könnte
dasselbe als Reautoinfektion aufgefaßt werden, wobei der Umstand
als nicht ganz zufällig geltend gemacht werden könnte, daß gerade
dieser Knabe -die Nephritis durchgemacht hatte. Wissen wir doch,
wie häufig nach Strepto- und Staphylokokkeninfektionen Nierenberde
oft noch Monate, ja ein Jahr beharren können, von denen aus IM
tinoiden Ausschlags auftreten kann.
Die Frage des Scharlachrezidivs ist ja im wesentlichen doch
wohl entschieden. Denn auch im Gegensatz zum „Pseudorezidiv”,
welches etwa dem mit nochmaligem Exanthemausbruch bestehenden
. Nachfieber bei noch nicht abgelaufener Erstperiode der Krankheit
entspricht, dürfte es sich doch hier um ein echtes Rezidiv handeln.
Hüttenbrenner, Unterholzner, Pospischill usw.) keinen Fal
an, wo der Wiederausbruch der objektiven Symptome, besonders
des Exanthems so lange nach der Desquamation wieder zuf
Manifestation ‚gekommen ist. Die längste Zwischenpause führt
Körner in einem Fall von Wetzlar an, wo drei Monate zwischen
beginnender Ersterkrankung und Rezidiv verstrichen waren; im vor
liegenden Fall trat es aber vier Monate nach dem Beginn der
Erkrankung auf. i E en
Diese verschiedenen Tatsachen beleuchten wieder, wie vor-
eine wesentliche weitere Verbreitung der Erkrankung herbeigeführt
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"Sinn einer Re(auto)infektion ein Rezidiv, unter gewissen Sensibili- . i
sierungsbedingungen mit den typischen Erscheinungen eines skarla
Freilich gibt die Literatur, soweit sie mir erreichbar war (Körner, |
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hienenen Arbeit über „Wündscharlach“2) von
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Andererseits ist die Frage, ob es sich um eine zweite Er-
krankung, wie sie ja beim Scharlach entgegen anderen Meinungen
längst als gar nicht so selten anerkannt wird, gehandelt haben
könnte, hier nicht zu bejahen, da eine neue Quelle sich nicht er-
geben hat und andererseits gerade die vorausgegangene Nieren-
alfektion als solche — wie ich aus der Statistik der Rezidive und
dem: häufigen Prozentsatz vorhergegangener Nierenkomplikationen
entnehmen konnte — Quelle und Ausgangspunkt für das Rezidiv
in Betracht kommt. Wohl beschreibt Jordens (nach Körner)
einen Fall, wo ein Sjähriges Mädchen mehr als 3 Monate nach
einem angeblich echten Scharlach vom älteren inzwischen an Scharlach
erkrankten Bruder wieder angesteckt wurde.
Weiter kann diese kleine Epidemie,. wo zuerst ein nicht auf
der üblichen Eingangspforte des Rachens entstandener erster Fall
‚aufgetreten ist, dann 2 Zwillinge erkranken, davon jeder eine andere
Komplikation hatte und einer schließlich ein Rezidiv bekam, die
age der Familiendisposition näher legen: Matthies stellt in
dieser Hinsicht, in einer Arbeit „Gibt es für Scharlach und seine
Komplikationen eine familiäre Disposition ?‘!) verschiedene Fragen,
die selbstverständlich nur im Überblick über eine größere Anzahl
von Fällen zu beantworten wären.
‚Immerhin ist in dieser Familienepidemie auffällig, daß gerade
hier ein Kind die Krankheit auf traumatischem Weg erworben zu
haben scheint, während ausgerechnet beide anderen Kinder sich
bald gleichdisponiert zeigten. Die Koinzidenz des Ausbruchs der
Krankheit bei den Zwillingen kann zudem auf diese Eigenschaft
(gleiche Disposition) der Nachinfizierten bezogen werden.
Was aber nun ganz besonders zur Veröffentlichung dieser
Seharlachbeobachtungen angeregt hat, ist dag zeitliche Zusammen-
fallen der Lokalinfektion des ersten Kindes durch den
Holsplitter und der Scharlachinfektion. Die Frage, ob
diese bereits in dem Kinde gesteckt hat und also der Ausbruch
des Exanthems zufällig mit dem 5. Tag nach der Splitterverletzung
zusammengelallen ist, wird ja einen Streit um des Kaisers Bart
bedeuten, sofern jemand dazu neigt, einen Zusammenhang zu be-
streiten, weil er nicht positiv nachgewiesen werden kann. In der
Tat fehlt aber mindestens jeder Anhaltspunkt, woher das Kind
sonst den Scharlach erworben haben soll, wenn nicht die lokale
Splitterinfektion als die Quelle für den Scharlach angenommen
‚werden darf; wobei freilich auch offen bleiben könnte, daß die Ver-
king lediglich die begünstigende, auslösende Wirkung auf die
estierung eines sonst latent im Körper versteckten Scharlachs
ausüben konnte. In der Tat sind ja auch solche Erklärungen für
die Entstehung des sogenannten traumatischen oder chirur-
gischen Scharlachs angenommen worden. |
Bekanntlich sind nach einzelnen englischen Autoren später
offa, Brunner usw. in der Lage gewesen, den Begriff des
hirurgischen Scharlachs nach verschiedenen Möglichkeiten zu er-
ren bzw. zu differenzieren. Immer war die Frage die schwer zu
alscheidende, ob das Exanthem wirklich Scharlach war, nicht ein
ist infektiöses oder toxisches usw. Vielleicht der typischste Fall
Wa der von Leube selbst, der nach einer bei der Autopsie einer
charlachleiche erworbenen Infektion erkrankte und nach ca. 10 Tagen
die ersten Erscheinungen zeigte, indem mit anfänglichen Iymphan-
glischen Prozessen, die von der Wunde ausgingen, ein aus-
gesprochener Scharlach eingeleitet wurde. Es würde sich in diesem
d um eine spezifische“ Lokalinfektion von der Leiche aus und’
schließlich einen klinisch einwandfreien Ausbruch einer Scharlach-
erkrankung gehandelt haben. Man würde also hier etwa die Ent-
Weklung einer Infektion mit dem spezifischen - Scharlachgift in
gleicher Weise annehmen müssen, wie sich bei einer Lokalinfektion
e allgemeine Sepsis entwickeln kann. In einer neuerdings er-
Günther wird
erwähnt, daß von Hamilton für die Diagnose des Wundscharlachs
gelordert wird, daß mehr Erwachsene erkranken, die Inkubation
‚mer sei, die Angina milder sei oder fehle, das Exanthem zuerst
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entrete, ;
Ka Günther selbst aber gibt zu, daß zur Begründung eines
pa anerus zwischen Wunde und Scharlach, also zur Diagnose des
„udscharlachs, das Auftreten eines von der Wunde ausgehenden
Xanthems nicht in höherem Maße als Beweis geeignet erscheint,
der zeitliche Zusammenhang zwischen Läsion und
üsbruch des Exanthems überhaupt.
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Nähe der: Wunde erscheine und die Abschuppung früher
3 Jahrb. f. Kindhlk. N. F. 78; Ergänz.-Bd. 8.
D. m. W. 1924, Nr. 7,
= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35. |
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Im vorliegenden Fall ist die Frist zwischen ‚Verletzung wrd
Ausbruch des Hautausschlags so typisch schulmäßig, daß ohne
weiteres an die Möglichkeit gedacht werden: durfte — zumal bei
Ausschluß einer anderen Infektionsquelle —, daß hier die. Splitter-
verletzung zugleich quasi die Impfstelle für die Scharlachallgemein-
infektion war. Bemerkenswerterweise stammt nun der Holz-
splitter aus dem Fußboden eines Zimmers, in welchem, freilich
vor vielen (über 30!) Jahren, ein Onkel der Kinder seine Rekon-
valeszenz von einer Scharlacherkrankung zugebracht haben soll; die
noch lebenden Eltern dieses Mannes teilen mit, daß er sich ‘ihres
Erinnerns dort noch geschält habe. Der Parkettboden, um den es
sich handelt, sei noch derselbe, natürlich häufig und gründlich.
seitdem mit allen Mitteln gepflegt und behandelt. Es würde sich
also um die Frage nach der Möglichkeit handeln, ob die Tenazität
der Scharlacherreger bzw. des Giftes im oder am Holz. so kart-
näckig wäre, daß nach so langer Frist das Holz noch wirksame
Keime oder Toxine enthalten konnte. Mechanisch-technisch be-
trachtet wäre gerade beim Abspänen oder Abhobeln des Parketts.
denkbar, daß Keime, die zwischen den Balken in der Tiefe gelagert
sind und dort ihr Leben fristen, ‚gelegentlich durch die Abnahme
der Holzschichten nach und nach an.die Oberfläche gelangen könnten
und dann ihre unheilvolle Wirkung tun.
Jürgensen berichtet über einen Fall von Boeckh, wo-
2 Geschwister, die mit den Haaren eines vor 20 Jahren an Scharlach
verstorbenen Kindes gespielt hatten, mit Scharlach erkrankten.
So müßte die Infektionsform im vorliegenden Fall’ als. ein
echter Impfscharlach aufgefaßt werden, wo also durch die
Inokulation der Keime die Infektion eine allgemeine wurde. Es ist
selbstverständlich, daß diese ganzen Gedankengänge über eine 'sölohe
Möglichkeit der Infektion nur den Anspruch der Anregung
machen können, auch in diesem Sinne ungewöhnliche Scharlach-
infektionen genau zu verfolgen. | |
Nicht ohne Interesse ist aber diese kleine Familienepidemie,
um die v. Szontaghsche allen praktischen Erfahrungen und Be-
obachtungen geradezu hohnsprechende Theorie, daß. Ansteckungs-
fähigkeit und Immunität bei Scharlach falsche Dogmen seien, näher
zu beleuchten. v. Szontagh hält das Scharlachgift für’ einen jener.
ubiquitären Krankheitskeime, die ebenso wie die Erreger der eitrigen
Tonsillitis an und in uns leben und die in die Reihe der Strepto-
kokken einzureihen seien. Der Scharlach sei nichts anderes, als
eine Sepsis oder Pyämie. v. Szontagh könnte gerade den ersten
Fall des durch den Splitter infizierten Mädchens in seinem Sinne
als Beweis benützen, daß eine Infektion mit vielleicht ubiquitären
Keimen (Holzsplitter) zu einer septischen Infektion führte, die eben.
in diesem Fall die Symptome ‘des „Scharlach“ zeigte. - -
Könnte er aber dann wirklich, wenn bald nachher zwei Ge-
. schwister-an denselben Erscheinungen, ohne daß eine gleiche Form
der Infektion stattgefunden hatte und, ohne daß er Kontagiosität
annehmen darf, erkranken und wiederum die als „Scharlach“ zu
bezeichnenden Symptome zeigen, z. B. an seinem Schlußsatz fest-
halten), wo er sagt: „Eins aber ist unbedingt sicher, näm-
lich, daß man ruhigen Gewissens die Skarlatina aus der
‚Reihe der kontagiösen Erkrankungen streichen .kann,“
oder, wenn er an anderer Stelle sagt: „Also mit der Supposition,
daß -Scharlach (und Diphtherie!) ansteckende, kontagiöse Krank-
heiten darstellen würden, muß ein für allemal aufgeräumt werden;
ihr darf in der wissenschaftlichen Medizin von nun an kein Platz
mehr. zugestanden werden.“ ‚Wollte aber v. Szontagh hier mit
einer familiären Quote einer Sensibilisation oder Überempfindlich-
"keitsdisposition zugunsten seiner Theorie argumentieren, so würde.
er trotzdem ohne weiteres der. auch hier eben erfahrungsmäßig be-
stätigten Tatsache Zwang antun, daß wir um die — wenn irgendwo,
wohl hier bewiesene — Kontagiosität der Scharlachkrankheit nicht
herumkönnen. = | | u |
Der Fall ist so geeignet, dieser v. Szontaghschen un-
geheuerlichen Theorie, deren Einzelheiten in den Originalien
nachzusehen sind, entgegenzutreten, daß ich ihn in diesem Zu-
-sammenhang hervorheben wollte, obwohl anscheinend die Literatur
über, dieselbe zur Tagesordnung übergegangen zu sein .schien,
wenigstens soweit die v. Szonta ghsche Theorie die Übertragbarkeit
der gefürchteten Krankheit. bestreitet. Wollte man lediglich seine
"Auffassung von der Pathogenität des Scharlachs als einer quasi
"Stoffwechselstörung auf. den ersten Fall anwenden, so müßte an-
genommen werden, daß das kleine Mädchen die zufällige auf Stoff-
wechselstörungen begründete Überempfindlichkeit gehabt hätte, welche
8) s. v. Szontagh,. Sensibilisationserscheinungen ‘und Über-
"empfindlichkeitsrenktion. Jb. f. Kindhlk. 1913, 78:
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unter dem Einfluß der traumatischen Aktivierung zu der Re-
aktion geführt hat, die die Scharlachsymptome bedeuten.
Aber wie sollte sich die gleiche Empfindlichkeit der
später erkrankenden Geschwister erklären lassen, für die
eine aktivierende Komponente ja überhaupt fehlt?
Anders wie v. Szontagh, aber immerhin auf einer ähnlichen
Grundlage, hat neuerdings S.Meyer in einer Arbeit über: „Scharlach
als anaphylaktischer Shock“ seine Gedanken über das Scharlach-
problem. entwickelt. Er hat dabei auch das „zweite Kranksein“
(Rezidiv oder Neuerkrankung) in den Bereich seiner Betrachtungen
gezogen. Er gibt zu, daß gerade dieses schwer mit der Hypothese
der Anaphylaxie in Einklang gebracht werden kann, insofern, wenn
schon die erste Erkrankung eine Überempfindlichkeitsreaktion. ist,
nach Ablauf der anaphylaktischen Reaktion ein antianaphylaktischer
Zustand eintreten müßte. Aber aus den Schlüssen, die sich aus
der experimentellen Anaphylaxie ergeben, wo beim Zusammentreffen
von Antikörper und Antigen nicht immer völlige Absättigung voraus-
gesetzt werden könne, kann sich die Möglichkeit ergeben, daß Anti-
körper und Antigen übrig. bleiben und ein partiell anaphylaktischer
Zustand eintritt; wie auch Meyer die verschiedene Organallergie
als die Grundlage ansieht, welches Organ der Schauplatz der durch
den Abtransport der Abbauprodukte erzeugien Reaktionen wird, wie
z. B. die Niere, wo nach Volhard und Fähr auch die hämor-
rhagische Nephritis als Folge des anaphylaktischen Shocks der
Niere angesehen werden könne. Die näheren Vorstellungen können
auch hier in der Originalarbeit*) nachgesehen werden. Leider geht
nun Meyer bei seinen tiefgründigen Auseinandersetzungen gar nicht
auf. die Frage ein, wie sie sich. zu der Ansteckungsfähigkeit bei
Scharlach stellen. Jedenfalls geht er nicht so weit, wie v. Szontagh,
dessen Theorie, wie gesagt, höchstens in gewissem Sinn für die
Auffassung unseres ersten Krankheitsfalls gewertet werden könnte,
während die Fälle der Zwillinge eher gegen ihre Berechtigung,
sprechen. | |
Wäre es doch vorläufig nicht auch eine ebenso bedenkliche, als
in ihren Grundlagen unbewiesene Vermessenbeit, die v.Szontaghsche
Theorie von der Nichtkontagiosität des Scharlachs entgegen der
doch nicht auf geträumte oder vorurteilsmäßig kombinierte Erfahrung
gegründeten, zum Gemeingut der alten und wohl auch noch .der
jüngsten Arzte gewordenen Lehre von seiner großen An-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK’ Nr: 35.
TTi | © > BL Angus.
‚spezifisches Gift verursacht wird, festzuhalten.
symptomatische Ähnlichkeiten also
‚ Ursachen beobachtet werden, berechtigt aber ebensowenig an der
‚und andere Gifte bzw. zentrale Kra:
schriebene kleine Hausendemie lehren? Erstens die Möglichk eit
eines echten- „Impfscharlach* — nicht „Wundscharlach“ —
ferner die Übertragbarkeit bzw. Ansteckungsfähigkeit auch eines
solchen; weiter, daß eine fast unglaubliche Tenazität des
Scharlachgiftes denkbar ist; daß die Möglichkeit eines noch
nach vier Monaten nach dem Erstausbruch eintretenden Rezidivs‘
bestätigt ist, und endlich, daß auch hier ein solches aullälligerweise
einen Fall mit vorausgegangener Nierenaffektion betrifft.
Die drei Krankheitsfälle gestatten aber weiter in ihrem
familiären und zeitlichen Zusammenhang und — außer der Ver-
.letzung des ersterkrankten Kindes —. mangels aller anderen ätiologi-
schen Faktoren und Quellen ‘gerade unter dem Gesichtspunkt der
v. Szontaghschen und S. Meyerschen Standpunkte ein Urteil
über die Scharlachfrage heute etwa dahin zusammenzulassen:
Es bestehen vorläufig alle Gründe weiter, an der wohl ..
bisher naheliegenden Auffassung, daß der 'Scharlach durch ein
| Mag dieses.
bakteriell oder rein toxisch sein, es scheint die besondere Eigen-
tümlichkeit zu besitzen, wie ein artfremdes Eiweiß (an)aphy- |
laktische Erscheinungen hervorrufen zu können, d. h. sym-
ptomatisch sich auswirkende Vorgänge, wie sie z. B. nach Serum-
injektion, Verbrennungen, Laugeverätzungen, nach Genuß mancher
Nahrungsmittel (Erdbeeren, Krebsen, Fischen, Eiereiweiß), Me-
dikamenten (Antipyrinpräparate, Chinin usw.) beim Menschen- in
offenbarem . Sinn einer Stofiwechselstörung auftreten. Daß solche’
auch aus solchen . anderen
Spezifität eines etwaigen Scharlachvirus zu zweifeln, als man die
bekannte Atiologie des Tetanus bestreiten darf, weil auch Strychnin
ankheitsprozesse ähnliche Symptome
wie Tetanus hervorrufen können.
Wir dürfen aber anderseits. auch infolge der Tatsache, daß
uns von den in solcher Weise, wie die genannten aphylaktisch
wirkenden Stoffe und Kombinationen, wie sie innerhalb des Stoffi-
wechsels vielleicht auch endogen entstehen können, nicht alle bekannt
sind und vielleicht unbekannt bleiben werden, bei zweifelhaften und
während des Verlaufs unentschieden bleibenden Fällen mindestens
praktisch uns berechtigt halten, wenn Verlauf und schließlich aus-
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steckungsfähigkeit bereits zum anerkannten Dogma zu erheben
bleibende Abschuppung gegen Scharlach sprechen, die Frage, ob es
und damit, stimmt sie- nicht, unendliches Unheil anzurichten, das
ein solcher war, zu verneinen.
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nach der: bisherigen Praxis. eben wohl vermeidbar gewesen wäre.
Wer besonders v. Szontaghs Monographie über „Dis-
. position“, die von den verschiedenen Autoren einer recht ver-
schiedenen Kritik unterworlen wird, durchliest, wird sich gewiß des
Eindrucks nicht erwehren können, daß seine allgemeinen Darlegungen |
zu tiefem Nachdenken - anregen. und sicher Keime für neue Ein-
stellungen zu vielleicht veralteten oder einseitig neuen Vorstellungen
bergen; aber seine Auffassungen sind keineswegs so.reif, daß seine
fast an Unfehlbarkeit grenzende Überzeugung von der Richtigkeit
seiner fast paradox neuen Auffassung des Scharlachs im Sinne der
"Nichtansteckungsfähigkeit berechtigt ist. Auch muß man doch noch
z. B. hinter seine Identifizierung von Angina und Scharlach ein
großes Fragezeichen machen dürfen. Ist ihm nicht bekannt, wie
grundverschieden trotz ihrer klinischen Ähnlichkeit Typhus und
Paratyphus als Darminfekte sind? Warum wagt er, jede „einfache“
und „Scharlachangina“ nur graduell zu unterscheiden? für Klinik
und Praxis bleiben sie doch trotz ihrer in manchen Fällen schwierigen
oder anfangs unmöglichen Differentialdiagnose prinzipiell grund-
verschiedene Prozesse! Freilich würden uns die v. Szontaghschen
Auffassungen vor bequemere Situationen stellen: man denke nur an
die oft peinliche Lage des Arztes, gerade bei Unsicherheit der
Diagnose Scharlach in einer mehr oder weniger kinderreichen Familie
den ganzen Abtrennungsapparat in Tätigkeit setzen zu müssen, bis
schließlich der Verlauf mit dem Ausbleiben jeder typischen Kom-
plikation oder der Abschuppung mindestens dem betroffenen Laien
die Überzeugung gibt, daß Alles. überflüssig war! v. Szontagh
würde dem Arzt auch diese Verlegenheit ersparen. Aber wären die
von ihm . gehobenen Zweifel nicht oft nur scheinbar behoben und
würden wir uns nicht oft mit dem. anscheinend „besseren Wissen“
eines gröberen Fehlers gegenüber dem Kranken und seiner Um-
gebung schuldig machen können, als mit der überflüssig gewesenen
Absperrung? | |
= Was kann nun außer der alten Erfahrung von der Un-
berechenbarkeit der Verlaufsart einer Scharlacherkrankung die be-
% D.m.W. 1928, Nr. 16,
‚geklärt werden.
Auch die individuelle, familiäre und zeitliche Disposition
könnte gerade im Lichte einer solchen den Stoffwechsel beeinflussenden
Wirkung des Scharlachgiftes in ihrer pathogenetischen Bedeutung
Spielen doch diese Faktoren unter dem Namen
der „Idiosynkrasie* beim Gesunden eine Rolle, wie überhaupt der
Begriff der stattgehabten Infektion bzw. der mangelnden
Abwehrkraft des einzelnen Körpers gegen eine Infektion
bzw. Intoxikation als der Ausdruck einer „Idiosynkrasie”
ganz allgemein aufgefaßt werden kann. Infolgedessen betrachtet
man ja auch mit Recht den Keim oder das Gift nicht als den
einzigen Faktor, der die betreffende Krankheit bzw. die Krankheits-
erscheinungen erzeugt, sondern dazu gehört eben noch. die all-
gemeine (individuelle und familiäre) und zeitliche Disposition des
Erkrankenden. Daher der verschiedene Ablauf derselben Krankheit,
oft bei demselben Genius epidemicus, bei den verschiedenen
Menschen, wo also auch die etwa größere Heftigkeit der Erscheinungen
nicht immer etwa einer größeren Virulenz der Keime bzw. Toxizität
des Giftes als vielmehr oft der individuell geringeren Abwehrkralt
des befallenen Organismus entspricht. Gerade ja beim Scharlach
und seiner Manifestation treten diese unterschiedlichen
Verlaufsarten in besonders auffälliger Weise zutage.
Die vorgetragene Darstellung von der individuellen Disposition
läßt nun auch die bekannte Möglichkeit zu, daß ein zwar für andere
eine Gefahr darstellender Bakterienträger klinisch wenigstens die
Krankheit, deren Keimträger er ist, gar nicht durchgemacht zu haben
braucht. : Insofern ist es vielleicht ein nicht ganz ungerechtfertigtes
Bestreben v. Szontaghs, mit dem Hinweis auf. diese Möglichkeiten
gegen einseitig bakteriologisch ausgewertete Befunde Einspruch zü
erheben. Um so falscher ist aber umgekehrt seine These, daß
„kein Gesunder Krankheiten verbreiten kann“, mit der er die wert-
volle und in der Praxis namentlich z. B. der Diphtherie erfahrungs-
gemäß vollbestätigte Tatsache der Möglichkeit der Gefahren von
Bakterienträgern überhaupt zu bestreiten wagt. |
. Und erst recht bei Krankgewesenen! . Nach den Erfahrungen,
wie sie alltäglich die Praxis bei den Scharlachrekonvaleszenten
zeigt, erinnert ein solcher in seiner Schädlichkeit für die Umgebung
in gewissem Sinn an die Gefahr des Bazillenträgers, nur dab uns
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| 31. August EN
. letzten 5
þeim Scharlachrekonvaleszenten vorläufig ganz schleierhaft ist, was | Beobachtun; in den ängstlicheren oberen Schichten, nach ‚langjähriger Er
an ihm und um ihn die Gefahr bedeutet! So hieße es auch die
“Grenze des theoretisch und praktisch Erlaubten über-
schreiten, wollte man mit Argumentationen, wie Krank-
heitsdisposition, Überempfindlichkeitsreaktion oderSensi-
bilisation an der Frage der Kontagiosität des wahren
Soharlachs, dessen Krankheitsbild naoh seiner langen Geschichte
- und den unbestreitbaren Erfahrungstatsachen anerkannt und leider
gefürchtet werden muß, vorläufig doktrinär rütteln.
Wohl geht auch ein Hygieniker, Bürger, in einer neuesten
ilögischer Grundlage auf die v. Szontaghsche Theorie ein, erwähnt,
daß auch andere Autoren (Schiff, Moro, Kretschmer, Meyer
‚und Schloßmann) den Charakter des Scharlachs als einer anaphy-
Iaktischen Reaktion eines durch mehrere Streptokokkeninfektionen
überempfindlich gewordenen Organismus auf eine neue Infektion be-
hepten; und erwägt das Für und Wider. Aber er kennt aus eigener
Frahrang so anscheinend unzweifelhaft „übertragene“ Fälle von
Scharlach, daß er — selbst ein Zweifler an der Zweckmäßigkeit
der Wohnungsdesinfektion bei Scharlach. und Diphtherie! — die
Theorie von v. Szontagh usw. auch im Sinn der Kontagiosität des
Scharlachs für unreif und noch nicht bewiesen hält. .
‚. Übrigens hat in unserer Endemie das ersterkrankte Kind
sB. noch nie eine Angina oder sonstige Streptokokkeninfektion
durchgemacht, so daß man beiihm von einem bereits überempfindliclı
gewordenen Organismus nicht reden kann.
Wer in der Praxis, namentlich der immerhin leichter der
Kontrolle und kritischer Beurteilung zugänglichen privatärztlichen
. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
Studie über‘ das Scharlachproblem auf im Wesentlichen epidemi-
Tätigkeit die vielgestalteten Erfahrungen übersieht, wird sich vor-
der‘ Übertragungsmöglichkeiten und oft-auch fast. mathematisch
sollten. Mir wenigstens dünkt, daß auch hier die Ausnahmen, die
Regel bestätigen können. Br : Ä |
- Jedenfalls aber muß sich auch hier jeder wissenschaft-
liche Übereifer— Virchow hat einmal gesagt, zuerst wäre der
`
haus! — beim Scharlach zu.
Körner, Jabrb. f. Kindhlk. 10; Pospischill, Ebenda 66; Hüttenbrenner,
Ebenda 10; Unterholzner, Ebenda 11: — Betr. Wundscharlach: Hofla,"Volk-
mann Vortr., Chirurg. Nr.90; Brunner, B.kl. W.1895, Nr. 22 ff; Davidowitsch,
t
Arch. t Kindhlk. 54. — Derselbe, Über Disposition. Karger, 1918. — Bürger,
Zschr. f. Hyg. u. Infektkrkh, 99. Zu
5) Die in Nr. 18 dieser Wochenschrift am Tage der Einsendung
. Der Verf.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
<
‚Aus der Deutschen Dermatologischen Klinik in Prag -
(Vorstand: Prof. C.Kreibich). |
‚ Zur Röntgenbehandlung des Hautkrebses.
Von Dr. Siegmund Schoenhof, I. Assistenten der Klinik.
Gilt auch heute für den inoperablen Hautkrebs die Strahlen-
behandlung mit Röntgen oder Radium als. die Methode der Wahl,
s ist die Frage, ob man auch operable Formen bestrahlen darf
‘oder soll, noch immer nicht entschieden. Dies zeigt wohl am deut-
lichsten das Resultat einer Umfrage, die Perthes an die führenden
deutschen chirurgischen Kliniken bezüglich ihres Standpunktes in
jene Fälle, welche eine größere Ausdehnung des Tumors zeigten,
sicher erscheinenden Übertragungen reine Irrtümer gewesen sein
allerdings oft recht ärgerlich und enttäuschend sein konnten, die
Glaube, dann käme die Behauptung, endlich der :Fanatismus! —
vor der Verantwortlichkeit des Arztes beugen, der nicht “
nur Kranke heilen, sondern auch Gesunde. schützen Soll.
Wenn irgendwo, trifft dies in der Praxis — und im Kranken-
‚Liter atu r5) (soweit nicht schon im Text enthalten): Betr. Scharlachrezidiv: :
1208
läufig und vielleicht überhaupt nie leicht. davon überzeugen lassen, Si
daß- alle die Mühe und Strenge der Abtrennung und späterer Des-
infektion ganz umsonst, die teilweise sehr klaren Zusammenhänge .
`
Jahrb. f. Kindbik. 1908, Erg.-Bd. — v. Szontagh, Ebenda 72, 76, Erg.-Bd. 1, 76,80.
dieser Arbeit (4.Mai1924) erschienene Veröffentlichung von E.H ofistaedt,
„Moderne Scharlachprobleme“, konnte nicht mehr berücksichtigt werden.
während wir bei kleinen Tumoren und vor allem bei Narbenrezidiven
nach vorhergegangener chirurgischer Behandlung im Interesse des
kosmetischen Resultates vielfach die Probeexzision unterließen. _
Unsere Zusammenstellung umfaßt nur primäre und sekun- .
däre Hautkarzinome, während metastatische Karzinome der Haut .
unberücksichtigt bleiben. Was die histologische Gliederung anlangt,
halten wir uns an die Einteilung Dariers, der neben den Stachel:
zellen- oder spinozellulären Karzinomen und dem Basal-
zellenkarzinom noch eine dritte Gruppe unterscheidet, die er als.
metatypisches oder spino-basozelluläres Karzinom be-
zeichnet, Karzinomformen, die den ‚Übergang zwischen den beiden
der ` Frage der Bestrahlung operabler Karzinome gerichtet. hat. | ersten Gruppen darstellen und die bald mehr der einen, bald mehr
15 von diesen Kliniken lehnen hier: die Röntgentherapie glatt ab,
2 führen sie durch, wenn der Patient die Vornahme der Operation
der anderen Form ähneln. Diese Einteilung. Dariers .zeigt, daß
' es auch bei histologischer Untersuchung nicht immer gelingt, die
verweigert, also eigentlich- auch: nur bei Fällen, die den inoperablen | Fälle in eine der beiden großen Gruppen, wie sie früher allgemein
zumzählen sind, und nur 7 Kliniken behandeln „gelegentlich Haut-
karzinome des Gesichtes bei alten Leuten“ mit Röntgenstrahlen.
leso Divergenz der Ansichten ist umso auffallender, als nicht nur
llreiche Arbeiten von dermatologischer und röntgenologischer
te, sondern auch von seiten vieler Chirurgen über gute, ja aus-
gæichnete Erfolge der Röntgentherapie mit genügend langer Be-
Obachtungsdauer berichten. |
Es erscheint uns daher wichtig, auch die an unserer- Klinik
serönnenen Erfahrungen mitzuteilen, um dadurch vielleicht zur
irung dieser Frage beizutragen. Ist auch die Zahl unserer Fälle
— mir berichten über 104 Fälle, die wir behandelt haben — zu
ên und unsere Beobachtungsdauer zu kurz, um dieser Aufstellung haben
ga Wort einer Statistik zukommen zu lassen, so lassen unsere
roge bzw. Mißerfolge bereits gewisse Richtlinien erkennen, die
ser therapeutisches Handeln beeinflussen. | |
uptsächlich aus ‚äußeren Gründen haben wir erst in den
Jahren zahlreichere Fälle von Hautkarzinomen mit Röntgen;
Strahlen behandelt. |
Te meist ganz verzweifelte Fälle waren, die wir bestrablten.
ermuti unsere Erfolge aber selbst an diesem äußerst tristen Material
ugt, haben wir unser Indikationsgebiet bald weiter erstreckt
nd sind schließlich, was. wir gleich vorwegnehmen wollen, auch
I = nie kleiner, leicht operabler Tumoren übergegangen.
iber ein ei 'etzterer Gruppe verfügen wir naturgemäß meist nur
gesentihe an kurze Beobachtungszeit, ein Umstand, der aber
zi ive mur er Tatsache, daß wir bei klinisch geheilten Fällen Re-
Rezidive recht selten zu Gesicht bekamen, daß aber dann diese
fallt, I gewöhnlich sehr bald auftraten, nicht allzu sehr ins Gewicht
‚een Fällen wurde die histologische Untersuchung an
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Es ist selbstverständlich, daß es zunächst nur. zeitige oder spätere Plastik hätten gedeckt werden müssen.
angenommen wurden, einzureihen. Die Häufigkeit der verschiedenen
Formen des Hautkrebses scheint im Material der verschiedenen ©
Untersucher zu’ wechseln, so daß bald wie z. B. bei Darier der `
spinozelluläre Typus, bald wie bei. Miescher -der basozelluläre .
‚überwiegt, woraus sich vielleicht auch, zum Teil wenigstens, die,
Verschiedenheit der radiotherapeutischen Beeinflußbarkeit des Haut-
karzinoms, wie- sie von verschiedenen Untersuchern geschildert
‘ wird, erklären läßt. In unseren Fällen waren, soweit wir histologisch
rodens vorherrschend.
Entsprechend unserer Fragestellung, Operation oder Bestrahlung;
wir unsere Fälle in operable und inoperable eingeteilt.
untersucht haben, die Basalzellenkarzinome vom Typus des Ulcus
Erstere gliederten wir wieder in solche, bei denen die Operation .
leicht durchzuführen gewesen wäre, und in solche, bei
denen die chirurgische-Behandlung ‚entsprechend der Aus-
dehnung des Krebses meist mit größeren kosmetischen De-.
‚fekten verbunden gewesen wäre, die ev. durch eine gleich-
Diese nach rein klinischen Gesichtspunkten getroffene Einteilung
scheint uns am ehesten einen Vergleich der Resultate der Röntgen- f
therapie mit den zu erwartenden operativen Resultaten zu ermöglichen.
Esi Inoperable Fälle.
Bezüglich der Frage der Öperabilität halten wir. uns lediglich.
an die Größe, Ausdehnung und den Sitz des Tumors ben
álle anderen Kontraindikationen, wie hohes Alter ren
Krankheiten, sowie den allgemeinen Kräftezustand
: der Pati
völlig vernachlässigt. Nach dieser äußerst strengen Aus atienten
Auswahl be-
+ TObeexzisionen durchgeführt, Auch hier waren es vornehmlich | zeichneten wir 32 Fälle als inoperabel, fast durchweg Patienten
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den restlichen 28 Fällen betrafen 18 Patienten, bei denen das
Karzinom zu einer ausgedehnten Zerstörung der Weichteile
meist des Gesichtes geführt hatte. In 6 Fällen hat aber diese
Zerstörung auch noch auf die Schleimhäute der Nase und der Lippe
übergegriffen, die Nasenknorpel zerstört und das knöcherne
Gerüst in größerer oder kleinerer Ausdehnung bloßgelegt,
bzw. am Schädel den Knochen arrodiert. 4 Fälle betrafen aus-
gedehnte Karzinome auf dem Boden eines Lupus vulgaris.
Von den ersten 18 Patienten wurden klinisch geheilt und
blieben bisher (3/,—4 Jahre) rezidivfrei 7.
Es waren dies 6 mit ausgedehnten Ulzerationen der Wange und
Nase, die zum Teil auch auf die Augenlider und die Oberlippe über-
gegriffen hatten. Von ihnen ist eine 70jährige Frau 2 Jahre nach der
‚klinischen Heilung an einer Pneumonie gestorben. Der 7. Fall war ein
27jähriger Mann, bei dem auf dem Boden eines Xeroderma pigmentosum
zahlreiche, darunter 2 sehr tiefgehende Tumoren zur Entwicklung ge-
. kommen waren. Auch bei ihm sind die Geschwülste geheilt, der Pat.
ist aber ®/, Jahre darauf einer Lungentuberkulose erlegen.
Als gebessert bezeichnen wir 3 Fälle,
Bei einem von ihnen war die Behandlung nicht zu Ende
geführt worden, weil der Pat. nach einer Bestrahlung nicht mehr
zur weiteren Behandlung kam. Es bestanden Ulzerationen von Hand-
tellergröße an der Wange, die jetzt oberflächlich überhäutet erscheinen,
bei denen aber am Rande noch viel Tumorgewebe zu finden ist. Der
Pat. steht neuerdings in Behandlung. Der 2. Fall ist eine 82 jährige
Frau mit einem großen Wangentumor, die 2 Monate nach der Bestrahlung
einer Grippepneumonie erlegen ist. Nach Angabe des behandelnden
Arztes war der Tumor fast geheilt. Auch hier war also die Röntgen-
behandlung noch nicht zu Ende geführt worden. ‚Die 3. Pat.
schließlich, eine 65 jährige Frau, zeigte ein sehr langsam wachsendes
flaches Basalzellenkarzinom der Schläfe und Kopfhaut mit teilweiser
Spontanheilung, das trotz dreimaliger intensiver Bestrahlung nicht
völlig zum Verschwinden gebracht werden konnte, sondern am Rande
noch immer einzelne perlschnurartig angeordnete Knötchen erkennen
läßt. Ein gleicher kleiner Tumor an der Nasenspitze ist mit flacher.
Narbe geheilt. i E S |
Rezidive sahen wir zweimal.
Bei einer 64jährigen Frau mit einem den ganzen Nasenrücken
einnehmenden Ulkus und zwei kleineren aus senilen Warzen hervor-
gegangenen Ulzerationen der Nasolabialfalte und der Wange traten
6 Monate nach der klinischen Heilung neuerliche Ulzera auf dem Nasen-
rücken auf. Pat. verweigert jede weitere Behandlung. Im anderen
Falle handelte es sich um eine 43 jährige- Frau mit einem ausgedehnten
Narbenrezidiv, das nach Exzision and "Plastik eines Tumors an der
Nasenwurzel aufgetreten war und Stirne, Nase, sowie beide Ober- und
Unterlider einnahm. Die Heilung erfolgte nach 3 Bestrahlungen, doch
kam es nach einem Jahr zu einem neuerlichen Rezidiv.
Der Behandlung gegenüber völlig refraktär verhielt sich
ein Fall. | | |
Es war dies ein Patient mit einem ausgedehnten Geschwür der
: Nase mit starkem Zerfall, das allerdings nur nach einer Bestrahlung
weiter fortgeschritten ist. |
Endlich wären hier noch die Todesfälle anzureihen,
5 Patienten, bei denen das Karzinom in seinem weiteren Verlauf
zum Tode geführt hat.
Zwei von ihnen zeigten ausgedehnte Ulzerationen im Bereiche
des Gesichtes, die nach’ vorübergehender Besserung unter Kachexie
ad exitum führten. In den 3 anderen Fällen saß der Tumor an der
Haut des Stammes oder der Extremitäten. Von diesen betrafen
2 Karzinome in Verbrennungsnarben. Das eine Mal bestand ein riesiger
Herd, der die ganze Seitenfläche des Thorax, die Axilla und die Innen-
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PERAS
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
seite des Oberarmes einnahm mit Lymphdrüsenmetastasen der Axilla-
31. August
und des Halses; das andere Mal ein sehr großer Herd über dem Hand-
gelenk mit zum Teil schon nach außen nr Drüsen-
metastasen im ee und der Axilla.
einen 82jährigen )
Handrücken, |
führte. Bei diesem Patienten fand sich gleichzeitig ein etwa zwei-
‘ krönengroßes Ulkus in der Nasolabialfalte von gleichem histologischen _
Aufbau, das unter der gleichen Therapie völlig abgeheilt war.
Der 5. Fall schließlich betraf
ann mit einem ausgedehnten Tumor über dem
er unter der Bestrahlung weiter wuchs und zum Tode
Von den 6 Fällen, bei denen die durch den Tumor bedingte
Zerstörung bis zur Freilegung der Knochen geführt hatte, zeigte
nur einer eine Besserung, während alle fünf anderen ge-
storben sind, z l A
Beim ersten, einem kindeshandgroßen Tumor hinter dem Ohr,
‚kam es nach 2 Bestrahlungen zu einer starken Verkleinerung der Ge-
- schwulst. Die Patientin wird weiter mit Radium behandelt. Die.5
anderen zeigten viermal eine ausgedehnte Zerstörung des Gesichtes,
die zu einem tiefen kraterförmigen Ulkus geführt hatte, das die Nase
oder Nase und Mund einnahm, während der fünfte ein. großes Ge-
schwür an der Schläfe mit Freilegung des Knochen aufwies. |
Die gleichen traurigen Resultate sahen wir bei unseren
4 Fällen von ausgedehntem Karzinom auf dem Boden eines
Lupus vulgaris. Zwei von diesen sind bereits gestorben.
Ein Fall verhielt sich refraktär, indem trotz der Bestrahlung
das Wachstum und der Zerfall eines Wangentumors weiterging.
Und nur in einem Falle hatten wir eine vorübergehende Besse-
rung zu verzeichnen. | ` : =
Hier bestanden 2 ausgedehnte Tumoren an der Wange und am
Kinn. Während der eine an der Wange nach 2 Bestrahlungen ab-
geheilt war, ist der zweite am Kinn unter -derselben Dosis weiter fort- .
geschritten und hat zu einem kraterförmigen Ulkus goführt, das in
seinem Grunde den Unterkiefer bloßgelegt hat. 0 E
I. Operable Fälle. To
a. Fälle, deren chirurgische Behandlung zu größeren
kosmetischen Defekten führen würde. |
Zu dieser Gruppe rechnen wir alle jene Fälle, bei denen der
Ausdehnung des- Karzinoms nach eine Operation wohl technisch
möglich gewesen wäre, wo aber diese Operation zu größeren De-
fekten geführt hätte, die vom kosmetischen Standpunkte aus im
Bereiche des Gesichts womöglich zu vermeiden sind, oder bei denen
diese entstandenen Defekte nur durch eine Plastik hätten gedeckt
werden können, so daß in allen diesen Fällen der operative Ein-
griff einen größeren Umfang angenommen hätte. Unser eingangs
erwähnter Standpunkt, was wir in dieser Zusammenstellung als
„inoperabel“ bezeichnen, ergibt, daß auch unter diesen „operablen“
. Fällen eine Anzahl ist, bei denen, von der Ausdehnung abgesehen,
andere Kontraindikationen einer Operation vorhanden waren. Anderer-
' seits haben wir den Begriff des „kosmetischen Defektes“ möglichst
eng gezogen, in Anbetracht dessen, daß ja fast jeder Eingriff im
durch den Narbenzug führen kann. Pi
Die in dieser Gruppe zusammengefaßten 40 Fälle sind mit
einer einzigen Ausnahme Karzinome im Bereiche des Gesichtes.
Auch hier konnten wir von 4 Patienten nichts weiteres über ihr
Schicksal erfahren, so daß wir diese ausscheiden. Von den rest-
lichen 86 Patienten (Tabelle 2) waren 21 noch nie vorher be-
handelt worden, wenigstens nicht chirurgisch behandelt, 11 wiesen
Narbenrezidive auf, und zwar meist nach vorhergegangener
Exkochleation mit dem scharfen Löffel. 4 Fälle betrafen Lippen-
karzinome, die wir, wie wir gleich betonen wollen, wegen der
schlechteren Resultate besonders besprechen. |
Tabelle 2. Operable Fälle („kosmetischer Defekt“): 40 (86).
Un- Narben- Lippen-
| behandelt | rezidiv karzinom
Geheilt ..... 19 13 5 1
Gebessert ........ 2 1 1 ga
Rezidiviert ...... A-T 3 4 =
Refraktär ........ 8 4 1 3
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geheilt und blieben rezidivfrei (3/, bis 4Y, Jahre). Es waren
dies Geschwüre und ilache Tumoren von mehr als 20 Hellerstück-
bis 5 Kronenstückgröße, die teils am Nasenflügel, der Nasenspitze
und der Nasolabiallalte saßen (7), zum Teil an der Wange (2), der
Stirne (1), dem Lidwinkel (1) und dem äußeren Gehörgang bzw.
der Ohrmuschel. Die Narbe ist fast in allen Fällen weich und glatt
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Bereiche des Gesichts zur Narbenbildung und eventuellen Defekten
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Von den bisher unbehandelten 2i Fällen wurden 18.
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31. August
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ohne jede Verziehung, und das kosmetische Resultat dadurch ganz
ausgezeichnet. In vielen Fällen ist. die Narbe kaum kenntlich.
Ein Fall verdient noch aus anderem Grunde besonders erwähnt
zu werden. Es ist dies cine 37jährige Frau mit einem über kronen-
proben Ulkus der rechten Wange, histologisch ein Basalzellenkarzinom,
ei
der ein Jahr nach Heilung des Gesichtskrebses ein. Ca. colli uteri
entdeckt und nach Wertheim radikal operiert worden ist. '
Als gebessert führen wir einen Fall:
einen Söjährigen Mann mit mehreren kleinen Ulzerationen der
Ohrmuschel, die auf dem Boden seborrhoischer Warzen entstanden,
nach 2 Bestrahlungen fast völlig abgeheilt waren, als Patient einer
interkurrenten Krankheit erlag. Wir gläuben wohl annehmen zu dürfen,
dab auch dieser Fall geheilt worden wäre.
_ Rezidive hatten wir 3 zu verzeichnen. an A
Das eine betraf einen 39jährigen Mann mit einem über kronen-
moen Ulkus in der Mitte des Kinnes, das nach einer Röntgen-
bestrahlung nach Angabe des Patienten völlig verheilt gewesen sein
sol, 8 Monate nachher aber wieder zu wachsen begann. Beim zweiten
Patienten ‚bestand ein kleinhandtellergroßer exulzerierter Tumor an der
- Wange, der gleichfalls nach Angabe des Patienten nach 2 Bestrahlungen
. zur Abheilung gekommen sein soll. Hier soll das Rezidiv 6 Monate
später aufgetreten sein. In beiden Fällen sind die Patienten längere
keit der Behandlung fern geblieben, haben also die Behandlung
Be oig g abgebrochen. Der dritte Fall zeigte ein etwa hand-
tellergroßes, flaches, sehr langsam wachsendes Karzinom über dem
Sternum mit Neigung zu spontaner Vernarbung. Trotz mehrfacher
intensiver Bestrahlung gelang uns die Heilung dieses Tumors nicht,
sondern es traten zweimal Rezidive auf. Patient verweigerte eine
operative Behandlung. u
~, Bei.4 Patienten verhielten sich die Geschwülste der Be-
strahlung gegenüber refraktär. | |
i Es war dies ein ulzerierèndes. Karzinom mit Defekt des Nasen-
llügels bei einem 44jährigen Mann, das nach einer Bestrahlung keine
- Beilungstendenz zeigte. Wir empfahlen Operation. Die vorgenommene
‚ Plastik heilte. — Ein über kronengroßer Tumor am rechten Stirnhöcker
‚wigte nach 2 Röntgenbestrahlungen gleichfalls keine wesentliche Ver-
kleinerung. Es wurde die Exstirpation mit freier Lappenplastik vor-
ee Anschließend daran kam es zur Abstoßung des Haut-
ens und Nekrose des Schädelknochens im Bereiche des Tumors,
do ist die Wunde nach Abstoßung der Knochennekrose geheilt. Ob
e sich hier um eine einfache Abstoßung des Hautlappens und Knochen-
nekrose gehandelt hat, wie sie ja gelegentlich vorkommt, oder ob die
kua p vörhergegangene Röntgenbestrahlung die Heilung ‚ungünstig be-
anloßt hat, wagen wir nicht zu entscheiden. — Bei der dritten Patientin,
emer Mjährigen Frau, bestand ein. etwa fingernagelgroßes Ulkus im
rechten: Augenwinkel. Patientin verweigerte nach der ersten Be-
strahlung jede weitere Behandlung, das Ulkus hat sich vergrößert.
Interessanter ist der letzte Fall. |
Bei einer 76jährigen Frau. bestanden seit 3 Jahren drei Tumoren,
und zwar zwei etwa nußgroße an der linken Schläfe und am rechten
Unterkieferwinkel und ein bohnengroßer in der Mitte der Stirne. Alle
‚ögen den gleichen histologischen Aufbau eines in langgestreckten
‚Aigen wuchernden, nicht verhornenden Plattenepithelkarzinoms. Wäh-
rend non der Tumor an der Schläfe nach 3 Bestrahlungen mit glatter
Narbe heilte und
a der Stirne nach ursprünglicher. Heilung ein kleines Rezidiv zeigt,
war bei gleicher Bestra lungstechnik der Wangentumor nicht wesent-
3 zu beeinflussen, sondern zeigte bald ein deutliches Fortschreiten
e Tiefe. Es wurde daher Patientin zur Operation dieses Tumors
Ra geraten, die, zunächst von Erfolg begleitet, zu glatter Heilung geführt
al. Doch traten bald nachher zahlreiche Metastasen der Lymphdrüsen
1 Wange sowie der oberflächlichen und tiefen Halsdrüsen auf, die
auf ntgenbestrahlung nicht ansprechen,
‚Die Resultate beiden 11 Narbenrezidiven waren viel un-
| | sinstiger, ‚als bei den chirurgisch nicht behandelten Fällen. Nur
| o Fällen konnten: wir eine Heilung erzielen. Die Rezidive
nien am Nasenflügel (1), an der Wange (2) und an der Stirne (2).
„it. den beiden letzten Fällen handelte es sich um Exzisionen,
Während a = |
ken ae anderen, auch die noch zu. besprechenden nicht ge-
eiirefe ezidive nach Exkochleationen und Kauterisationen auf-
| Bi Als gebessert führen wir einen Fall:
Tezidiv lat Er re Frau war ein ziemlich großes Narben-
si der ganzen
mehrfachen F
en Exkochleationen aufgetreten. Es ist uns hier zwar ge-
wandelt = den ganzen Herd in eine glatte atrophische Narbe umzu-
die Pa och sind in dieser einzelne Tumorpartien zurückgeblieben,
' er zu kleinen Rezidiven Veranlassung geben.
Nach vorübergehender Abheilung rezidiviert sind 4 Fälle.
brachte j betr effen Narbenrezidive an der Stirne. In beiden Fällen
Nasenflöge) Exzision Heilung (6 Monate). Bei einem Narbenrezidiy am
ZU eine x Š j
m neuerlichen kleinen- Rezidiv, das wieder bestrahlt wurde und
1924 — MEDIZINISOHE: KLINIK — Nr. 35.
seit 13/, Jahren rezidivfrei geblieben ist, der Tumor .
ase und des angrenzenden Lidwinkels nach.
kam es 10 Monate nach Abschluß der Rönt enbehandlung
-
jetzt seit einem Jahre geheilt erscheint. Beim vierten Patienten bestand
ein Narbenrezidiv am äußeren Gehörgang, das schon 6 Wochen nach.
Schluß der Behandlung neuerdings auftrat. SE i
Bei einem knapp vor dem. äußeren Gehörgang liegenden
Tumor endlich konnten wir gar keinen Einfluß der Bestrablung '-
feststellen.
- Noch ungünstiger waren unsere Resultate bei. der allerdings.
nur kleinen Zahl von Lippenkarzinomen, übrigens durchwegs
Patienten, welche zunächst jeden chirurgischen Eingriff abgelehnt
hatten. Nur in einem Falle hatten wir hier eine Heilung zu
verzeichnen (®/, Jahre), und bei diesem handelte es sich nicht um
ein echtes Lippenkarzinom, sondern um ein Ulcus rodens der Ober-
lippe, das auf das Lippenrot übergegriffen hatte. Die drei anderen
Fälle verhielten sich der Bestrahlung ‘gegenüber refraktär.
Bei zwei Patienten gelang es uns, sie zur Operation zu über- `
reden. Bei einem brachte die Exzision Heilung (4 Monate), der zweite
_ Fall zeigte aber schon ein Rezidiv in der Operationswunde, das aber- -
' mals weit im Gesunden exzidiert wurde. ` Es trat hald darauf. ein -
neues Rezidiv auf, dem der Patient erlegen ist.
b) Kleine, leicht operable Tumoren.
Die dritte Gruppe der leicht operablen Fälle (Tabelle 3) um- |
faßt 32 Patienten. Auch hier müssen wir 2 Patienten, die nach
einer Bestrahlung für uns nicht mehr erreichbar waren, ausscheiden.
Bei den restlichen 30 Fällen handelt es sich bis auf zwei Ausnahmen
durchweg um Karzinome des Gesichts. 25 von diesen Patienten
kamen ohne vorherige Behandlung zu uns, bei 5 bestanden
Narbenrezidive nach vorhergegangener Exkochleation.
Tabelle 3. Operable Fälle (kleine Tumoren): 32 (30). | i
| = | Unbehandelt Narbenrezidiv Bt
Geheilt. l. oana anaa | 4 20 | 4
Gebessert ........ za, — — | u
Rezidiviert ......... 4 = To
Refraktär .......... 5 5° we
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Von diesen wurden geheilt und blieben (8 Monate is
31/, Jahre). rezidivfrei 24. Es waren dies 12 Krebse, die am Nasen-
flügel, der Nasenwurzel und. der Nasolabialfalte ihren Sitz hatten,
darunter 3 Narbenrezidive. 4, darunter ein Narbenrezidiv, saßen
an der Wange, 4 an den Augenlidern und den Lidwinkeln, 1 an
der Haut der Oberlippe, 2 an der Stirne. Ein Fall endlich betraf
ein ‚Plattenepithelkarzinom mit Verhornung an der Handfläche, das
auf dem Boden einer Arsenkeratose sich entwickelt hatte.)
Rezidiviert ist nur ein Fall, der als etwa 2Ohellerstück-
großes Narbenrezidiv nach einer Exzision in unsere Behandlung‘
getreten war, nach drei Röntgensitzungen geheilt war, drei Monate,
nachher aber ein neuerliches Rezidiv zeigte, das, mit Radium be-
handelt, heilte. | ee
Hingegen verhielten sich 5 Fälle refraktär. vor
Der erste Fall betraf eine 80jährige Frau mit einem langsam .
wachsenden Ulkus am inneren Augenwinkel. Aus äußeren Gründen
bekam die Patientin nur ?/ der Erythemdosis und war nach dieser
ersten Bestrahlung weder zu einer neuerlichen Bestrahlung, noch zu
einer Operation. zu bewegen. Der Tumor wuchs weiter und ist jetzt,
. 21/ Jahre später, bis zur Größe einer Kirsche gewachsen. Fall 2 war
ein flaches Geschwür auf dem Boden einer Verbrennungsnarbe am
Unterlid eines 18jährigen Mannes, histologisch ein Basalzellenkarzinom..
Da nach zwei Bestrahlungen keine wesentliche Änderung zu verzeichnen
war, empfahlen wir die Operation, die auch zu einer glätten Heilung
geführt hat (2 Jahre). Um einen flachen Tumor im Lidwinkel handelte
-es sich bei einem dritten Patienten; auch hier wurde die Operation
durchgeführt. Im vierten Fall, einem etwa erbsengroßen Tumor .an
der Nasenwurzel, kam es nach einer Bestrahlung zu deutlicher .Ver-
größorung, so daß gleichfalls zu chirurgischer Mutferaans geraten
wurde Im letzten Fall schließlich bestanden zwei karzinomatöse
Ulzerationen, und zwar eine etwa hellergroße präaurikulär und eine’
bohnengroße unter dem rechten Rippenbogen. Während das Ulkus im
Gesicht heilte und bisher (2t/, Jahre) rezidivfrei blieb, gelang es nicht, .
das auf der Haut des Bauches zur Heilung zu bringen, so‘ daß es
exzidiert werden mußte. Auch dieser Fall zeigte einen ‚glatten Ope-
rationsverlauf,
Überblicken wir .die Resultate unserer ‚Röntgenbehandhıng, Í
so ergibt sich, daß .die Prognose um so günstiger zu stellen. ist, je
leichter die betreffenden Tumoren ihrer Ausdehnung und ihrem
Sitze nach einer chirurgischen Behandlung zugänglich gewesen
wären. Die Ausdehnung nach der Fläche und nach der Tiefe
sowie der Sitz des Hauikarzinoms stellen also Faktoren dar, die
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| | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35. 31. August
II ER ED EEE EEE EEE EEE EEE ET ET EEE RER E E EEE E EE E EE TEE EE E E SE ES EEEE E EEES EEEE EEE SEEN EEE,
nicht nur für die chirurgische Behandlung, sondern auch für die
Prognose der Röntgeniherapie eine wesentliche Rolle
spielen. |
Wir sahen bei unseren inoperablen Fällen, die ja in ihrer
oft riesigen Ausbreitung von vorne herein nur geringe Heilungs-
aussichten boten, dort, wo der Prozeß sich nur auf die Haut
beschränkte, noch immer vielfach Heilungen und wesent-
liche Besserungen. Allerdings gilt dies nur für die im Be-
reiche des Gesichtes zur Entwicklung gekommenen Tumoren,
während alle jene Fälle, bei denen die Geschwülste an der
Haut des Stammes oder der Extremitäten saßen, un-
günstig verliefen. Ist auch die Zahl derartiger Fälle, über die
wir berichten, zu klein, um aus ihnen bestimmte Schlüsse ziehen
zu können, so haben wir doch den Eindruck, daß es hier im
wesentlichen der Sitz des Karzinoms war, der den ungünstigen
Verlauf bedingt hat. Weniger kam unserer Ansicht nach die Natur
des Tumors, definiert durch seinen histologischen Aufbau, in
Betracht, wenn wir auch berücksichtigen müssen, daß es Stachelzell-
beziehungsweise spinobasozelluläre Krebse waren, Formen, die im
allgemeinen als weniger radiosensibel gelten. Unterstützt wird diese
unsere Ansicht noch durch -die Tatsache, daß bei einem dieser
Patienten zwei gleich gebaute Tumoren im Gesicht und am Hand-
rücken bestanden, von denen der erstere mit glatter Narke heilte,
während der letztere bei gleicher Bestrahlung unbeeinflußt weiter-
wuchs und zum Tode führte. Neben der Ausdehnung und dem Sitz
spielte bei den beiden anderen Fällen sicher auch das Wachstum
aul narbig veränderter Haut (Verbrennungsnarbe) eine große Rolle
für den ungünstigen Verlauf.
| Während wir nun auch bei großer Ausdehnung des Tumors,
solange nur die Haut von ihm betroffen war, überraschend gute
Heilerfolge zu verzeichnen hatten, waren unsere Resultate durch-
wegs ungünstig dort, wo die Zerstörung von der äußeren Decke
auf die Schleimhäute der Gesichtsöffnungen, auf Knorpel
und Knochen übergegriffen hatte. Hier kam es nach vorüber-
gehender Verkleinerung der Geschwulst fast ausnahmslos zu starkem
Zerfall und zum Exitus.
Der Sitz und das Wachstum auf primär erkranktem und
narbig verändertem Gewebe dürfte uns auch die schlechten
Resultate bei all unseren Fällen von Lupuskarzinomen er-
klären. Erwähnt sei hier, daß alle diese Fälle schon vor der
Karzinomentwicklung vielfach mit Röntgenstrahlen behandelt worden
waren. Bei der starken Verbreitung der Röntgenbehandlung des
Lupus vulgaris kann allerdings ein zufälliges Zusammentreffen dieser
Behandlung mit der Karzinombildung nicht abgelehnt werden, doch
erscheint uns dieses Zusammentreffen immerhin bemerkenswert.
Wesentlich bessere Resultate zeigten die operablen Fälle,
von denen die überwiegende Mehrzahl geheilt wurde. Doch
ließ sich auch hier ein deutlicher Zusammenhang mit der
Ausdehnung feststellen, indem der Prozentsatz der Heilungen
kleiner, leicht operabler Geschwülste ein wesentlich
höherer war, als bei jenen, die infolge ihrer Ausdehnung
chirurgisch schwieriger zu behandeln gewesen wären. Ihrem Sitz |
nach waren die an der Nase, den Nasolabialfalten und den Wangen
wachsenden Formen am besten zu beeinflussen, weniger gut die im
Lidwinkel und am äußeren Gehörgang sitzenden Geschwülste.
Auch unter den operablen Fällen reagierten wieder die Krebse
der Haut des Stammes und der Extremitäten deutlich
schlechter auf die Bestrahlung, indem nur einer von ihnen zur
Heilung kam, ein anderer nach vorübergehender Heilung bald
rezidivierte, der dritte sich von vorne herein refraktär verhielt.
Ungünstiger als die vorher unbehandelten. Fälle verhielten
sich Narbenrezidive nach vorhergegangener chirurgischer
Behandlung. Wir glauben wohl, daß es in diesen Fällen der Sitz auf
der namentlich nach Exkochleationen stark narbig veränderten
Haut mit ihren schlechteren Ernährungs- und Durchblutungs-
verbältnissen ist, der die schwerere Beeinflußbarkeit bedingt. Ebenso
erklären wir uns das Versagen der Röntgentherapie bei einem
kleinen Ulcus rodens auf dem Boden einer Verbrennungsnarbe.
Daß der Zustand der Haut für die Heilung des Krebses sehr
wichtig ist, und daß namentlich, wie dies Rost hervorhebt, die
Hautreaktion und die Heilung auf senil stark veränderter
Haut wesentlich von der Norm abweicht, können auch wir
bestätigen. |
Ausgesprochen schlechte Resultate gaben die von uns be-
handelten Lippenkarzinome. Nur ein Fall konnte geheilt werden
und bei diesem handelte es sich nicht um ein Lippenkarzinom im
engeren Sinne, sondern um ein Ulcus rodens der Haut der Ober-
lippe, das auf die Schleimhaut übergegriffien hatte. Drei andere
Fälle verhielten sich refraktär. Diese Mißerfolge bestärkten uns in
der Ansicht, derartige Fälle womöglich operieren zu lassen und
nur bei Patienten, die die Operation verweigern, wie wir es auch
bisher getan haben, die Bestrahlung zu versuchen.
Betrachten wir unsere Behandlungsresultate vom Standpunkt
des histologischen Aufbaues der verschiedenen Tumoren, so
zeigt auch unser Material, soweit wir histologisch untersucht haben,
anscheinend eine geringere Beeinflußbarkeit der spinozellulären und
der ihnen nahekommenden spino-basozellulären Formen gegenüber
den basozellulären. Erschwert wird diese Beurteilung allerdings
durch den Umstand, daß wir bei ausgedehnten spinozellulären
Krebsen Heilung erzielten, andererseits sich kleine basozelluläre
manchmal refraktär verhielten. Die Schwierigkeit der Beurteilung
zeigen vor allem unsere inoperablen. Fälle. Entsprechend der
Neigung der Stachelzellkrebse zu rascherem Wachstum und aus-
gedehnter Zerstörung finden 'wir sie unter den Formen, die auf die
Schleimhäute, Knorpel und Knochen übergegriffen haben, vor-
berrschend. Das gleiche gilt vom Lupuskarzinom, das ja fast stets
ein Stachelzellkrebs ist. Trotzdem können wir unsere schlechten
Erfahrungen bei diesen beiden Gruppen nicht oder wenigstens nicht
allein auf den histologischen Aufbau beziehen, denn unter den
hierher gehörigen Fällen zeigten auch solche von basozellulärem
Bau die gleiche schlechte Beeinflußbarkeit. Andererseits sahen wir
bei jenen Geschwülsten, die sich nur auf die Haut beschränkten,
soweit sie das Gesicht betrafen, keine wesentliche Differenz im Ver-
‚halten der histologisch verschiedenen Formen. Von unseren 15 Fällen
wurden 13 untersucht, es waren 8 Basalzellen- und 5 Stachelzellen-
karzinome. Geheilt wurden 4 Basalzellen- und 2 Stachelzellen-
karzinome, 1 Basalzellenkrebs und 2 Stachelzellenkrebse verhielten
sich refraktär, bzw. führten zum Tode. Ähnliche Verhältnisse zeigten
die operablen Fälle. Unter 29 untersuchten zeigten 15 basozellu-
lären, 2 spino-basozellulären und 12 spinozellulären Aufbau. Unter
den geheilten Fällen waren 12 Basalzellenkrebse und 6 Stachel-
zellenkrebse, unter den refraktären und rezidivierenden 3 Basal-
zellen- und 6 Stachelzellenkrebse. Von den metatypischen ist- einer
geheilt, der andere verhielt sich refraktär. Wenn also die
Stachelzellenkrebse auch eine schlechtere Beeinilußbar-
keit zeigen, so ist diese nicht so ausschlaggebend, daß
man nur auf dem histologischen Befund die Prognose aul-
bauen kann. |
Daß der histologische Bau aber gewiß nicht der am
meisten ausschlaggebende Faktor für den Erfolg oder
Mißerfolg der Röntgentberapie ist, zeigen uns jene Fälle,
bei denen zwei oder mehr Karzinome gleichen Aufbaues
beim selben Individuum bei gleicher Bestrahlungstechnik
und gleicher Dosierung sich verschieden verhielten Diese
Differenz findet sich am deutlichsten wohl bei jener Patientin, bei
der drei verschiedene Tumoren im Bereiche des Gesichtes sich ent-
wickelten, von denen der an der Schläfe heilte und rezidivfrei ge-
blieben ist, der an der Stirne ein Rezidiv zeigte, der dritte über
dem Kieferwinkel sich refraktär verhielt und später zu gleichfalls
refraktären Drüsenmetastasen führte. Daß gerade dieser letzte Tumor,
bei dessen Behandlung eine Mitbestrahlung großer Drüsenpakete
unvermeidlich war, die geringste Radiosensibilität zeigte und die Er-
krankung der wahrscheinlich durch die vorhergegangene intensive
Bestrahlung geschädigten Lymphdrüsen zur Folge hatte, spricht
wohl sehr für Brocks Ansicht, der der Lokalisation bzw. dem
Geschwulstbett eine wesentliche Bedeutung für die Prognose
des Karzinoms zuweist. Brock konnte einen direkten Zusammenhang
seiner Bestrahlungsresultate mit dem Sitz auf drüsenarmem. bzw.
drüsenreichem Gewebe zeigen, indem erstere Formen fast immer zW
Heilung kamen, letztere aber meist rasch zu Kachexie und zum Tode
führten. Für diesen Zusammenhang spricht auch das von uns be-
obachtete differente Verhalten zweier Geschwülste bei einer Patientin
mit Lupus vulg., von denen der eine Tumor an der Wange mit glatter
Narbe heilte, der andere am Kinn, wo wieder große Drüsengebiete
mitbestralilt werden mußten, unbeeinflußt weiterwuchs.
Verschiedene Beeinflußbarkeit zeigten auch zwei flache Ge-
schwülste vom Typus des Ulcus rodens bei einer alten Frau, vl
denen der Schläfetumor auf seniler und allerdings auch noch nach
vorhergegangener 'Exkochleation narbig veränderter Haut nach vor-
übergehender Heilung rezidivierte, ein Tumor an der Nasenspitze
aber restlos heilte. Schließlich müssen wir hier nochmals jene zwe!
Fälle anführen, bei denen gleichgebaute Tumoren im Gesicht und
am Körper bestanden. Hier heilten in beiden Fällen die Tumore!
des Gesichts, während die an der Haut des Stammes bzw. der
31. Augst >
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
1207
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Extremität sitzenden sich refraktär verhielten. Wie schon oben er-
wähnt, beziehen wir hier die Differenz im Verhalten ‘gegenüber den.
Röntgenstrahlen vor allem auf den Sitz. |
-Neben allen diesen mehr oder weniger scharf definierbaren
Faktoren, die für die Prognose der bestralilten Fälle in Betracht
kommen, finden sich aber immer wieder in der Geschwulst selbst
oder im Körper des Patienten wirkende unberechenbare Kräfte, die’
unsere Prognose zuschanden machen. Wir erleben immer wieder
Überraschungen im günstigen und ungünstigen Sinne. Während
mobe, mit starkem Zerfall einhergehende Geschwüre mit einer kos-
melisch oft so tadellosen Narbe heilen, daß wir es kaum verstehen,
wo in dam Krebsgewebe sich noch so viel normales Gewebe erhalten
konnte, verhalten sich kleine Tumoren gleichen histologischen Auf-
banes, gleichen Sitzes, refraktär.
Aber nicht allein der größere oder geringere Prozentsatz der
Heilungen ist es, der den Wert einer Karzinomtherapie bestimmt,
sondem auch das Verhalten jener Fälle, bei denen die Heilung
nicht erreicht werden konnte, und die Häufigkeit der Rezidive. Was
nm die Zahl der Rezidive anlangt, die wir zu Gesicht bekamen,
s it sie ziemlich klein (10 Fälle). Von den verschiedenen
Grappen, in die wir unser Material eingeteilt haben, waren es am
häufigsten (6 Fälle) Karzinome, die schon als Narbenrezidive
meist nach Exkochleationen in Behandlung gekommen waren, die
. lach kürzerer oder längerer Heilung neuerdings rezidivierten. Wir
möchten in diesen Fällen Rosts Ansicht von der „fleckweisen“
Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Haut zur Erklärung heran-
ziehen: Denn wenn schon auf normaler Haut eine fleckweise
Wirkung nachzuweisen ist, so ist wohl anzunehmen, daß bei den in
sares Narbengewebe eingebetteten Karzinomnestern noch leichter.
. eine ungleichmäßige Wirkung der Röntgenstrahlen zustande kommt,
so daß auch nach mehreren Bestrahlungen nicht alles Krebsgewebe
zerstört wird und die zurückgebliebenen „virulenten“ Reste neuer-
dings auskeimen und zum Rezidiv führen. Dabei kann natürlich
niemals entschieden werden, inwieweit diese rezidivierenden Formen
nomen entsprechen, die an sich jeder Therapie schwerer zu-
gäglich sind. Von den vorher nicht behandelten Karzinomen
tezdivierten nur vier, und unter diesen zwei bei Patienten, die
nach einer bzw. zwei Bestrahlungen sich eigenmächtig unserer Be-
handlung entzogen hatten, so daß wir in diesen beiden Fällen die
a vor allem auf die unvollständige Behandlung zurück-
en.
‚ Unvollständige Behandlung oder zu große Intervalle
mischen den einzelnen Bestrahlungen, dadurch bedingt, daß
emelne "Patienten nicht rechtzeitig zur neuerlichen Bestrahlung
erschienen, müssen wir sicher auch zur Erklärung der schlechten
irkung bei einem Teil unserer nur „gebesserten* und
‚Telraktären“ Fälle heranziehen. |
‚Wenn auch der Begriff einer Karzinomdosis im engeren Sinne
‚' einer Dosis, bei deren Verabreichung die meisten Karzinome
m Heilung kommen, heute wohl von der Mehrzahl der Röntgeno-
logen fallen gelassen wurde, so müssen wir doch eine Karzinom-
mindestdosis im Sinne Jünglings als für den Erfolg not-
wendige Dosis annehmen, eine' Dosis, -die jedenfalls nur bei
hoher Belastung der Haut erreicht wird. Auch wir haben in ver-
enzelten Fällen Heilung und Rezidivfreiheit bei einer nur knapp
an das Hauterythem heranreichenden Dosis gesehen. Die von uns
angestrebte Dosis war aber eine Erythemdosis, d. h. jene,
ei deren Verabreichung 3 Wochen nach der Bestrahlung starke
g der umgebenden Haut mit Follikelschwellung auftritt. Diese
"se verabreichten wir je nach der Tiefe des Tumors unter 3 bis
.
x
a Aluminium- resp. !/, mm Zinkfilterung mit möglichst genauer
nii tsiohtigung der Feldgröße. Doch reicht diese Dose sicher
t aus, um das Karzinom mit einem. Schlage zur Heilung zu
‚ungen, sondern es sind mehrere derartige Bestrahlungen
m 6—8wöchentlichen Intervallen notwendig. In der Regel brauchten
> derartige Bestrahlungen, um klinische Heilung zu erzielen,
ind haben gewöhnlich auch nach erfolgter Heilung, wenn keine
Spur des Tumors mehr nachzuweisen war, noch eine Bestrahlung
vorgenommen. Die von Miescher verlangte einmalige Dosis von
der H.E.D., mit der er fast in allen seinen Fällen gute
(2, 1809),
Erfolge erzielte, kam nicht zur Anwendung, hauptsächlich wohl aus
em Grunde, weil wir befürchteten, durch eine derartige Dosis
le Haut so sehr zu schädigen, daß wir bei einem eventuellen
aen der Therapie nicht nur nicht weiter bestrahlen könnten,
"em uns dann auch eine Operation möglicherweise Schwierig-
etten bereiten würde, Es spielen übrigens bei der prognostischen
Wertung jedes Karzinoms so viel Umstände mit, daß wir nicht
stoung der Hautplastik und zur. Nekrose des- Knochens.
annehmen können, es sei in letzter Linie die Dosis allein, die den
Erfolg verbürgt. Daß die. Bestrahlung mit kleinen Dosen. jedenfalls
iur ausnahmsweise eine Heilung bringen kann, dafür spricht die
Seltenheit dieses Vorkommens auch in unseren Fällen, und die
häufigen ungünstigen Resultate dort, wo eben aus
die hohe Dosis nicht verabreicht wurde.
Es wäre schließlich noch das Schicksal jener operablen
Karzinome zu besprechen, bei denen wir nach ein oder zwei Be-
strahlungen keinen wesentlichen Rückgang bemerken konnten, und
die wir daher dem Chirurgen zuführten. In allen diesen Fällen
war weder bei der Operation noch im Verlaufe der Heilung irgend
ein Unterschied gegenüber nicht bestrahlten Fällen zu bemerken.
Nur bei einem Patienten mit’ einem bis an das Periost reichenden
Tumor der Stirne kam es im Anschluß an die Operation u
och
glauben wir auch den ungünstigen Verlauf in diesem Falle nicht
auf die vorhergegangene Röntgenbestrahlung beziehen zu müssen.
Auch in ihrem späteren Verlauf — ein Teil dieser Fälle erscheint
auch durch die Operation nicht dauernd geheilt — zeigten die
Patienten, bei denen eine Röntgenbehandlung vorangegangen war,
keine Abweichungen gegenüber nicht bestrahlten Fällen, so daß wir
wohl annehmen können, daß auch dort, wo unsere Behandlung
erwachsen ist. Plötzlich stärkeres Wachstum und operativ schwer
anzugehende Rezidive haben wir jedenfalls nicht gesehen. Se
Hervorzuheben wäre endlich noch, daß die Behandlung in
keinem Falle zu einer Röntgenschädigung geführt hat.
Dem Nutzkonto: Heilung und Besserung in vielen Fällen, steht
also so gut wie kein Lastkonto gegenüber. | | |
, Unsere guten Bestrahlungsresultate berechtigen uns daher,
auch operable Hautkarzinome, besonders im Gesichte, mit
3
metische Erfolg meist bedeutend besser ist,.als bei
chirurgischer Bebandlung und als bei genauer Beob-
zeitig abgebrochen und zur ohirurgischen übergegangen
werden kann, ohne daß bei der nachfolgenden Operation
lung zu befürchten wäre. Karzinome der Haut des Stammes
und der Extremitäten hingegen wären, soweit sie noch operabel
sind, womöglich der chirurgischen Behandlung. zuzuführen. |
Zusammenfassung: _ En
1. Für das inoperable Hautkarzinom stellt die Röntgentherapie
beschränkten, wurde noch in einem großen Prozentsatz Heilungund
Rezidivfreilieit erzielt. Eine Ausnahme bildeten die an der Haut
des Stammes und der Extremitäten sitzenden Geschwülste, die un-
günstig verliefen. Bei Übergreifen auf die Gesichtsöffnungen, Knorpel
und Knochen wurde wohl vorübergehende Besserung beobachtet, der
ungünstige Endausgang aber nicht aufgehalten. Das gleiche -gilt
vom Lupuskarzinom. | ro,
geheilt. Dabei zeigten kleine, leicht operable Krebse einen größeren
schwieriger anzugehen gewesen wären. Geschwülste der Haut der
Nase und der Wange waren leichter zu beeinflussen, wie solche der
Stirne, der Lider und des Ohres. Auch operable Karzinome der
Haut des Stammes und der Extremitäten zeigten auffallend geringe
- Radiosensibilität. > |
3. Neben Sitz und Ausdehnung kommt dem Geschwulstbett
eine wesentliche Rolle in der Prognose des Hautkarzinoms zu.
4. Stachelzellkrebse zeigten‘ eine geringere Radiosensibilität,
als Basalzellenkrebse, | | eu
5. Rezidive kamen nur selten zur Beobachtung; am häufigsten
bei Fällen, die schon als Narbenrezidive' nach chirurgischer Be-
handlung der Röntgentherapie zugeführt worden waren. |
6. Röntgenrefraktäre Fälle zeigten bei nachfolgender Operation
keine Schädigung durch die vorhergegangene Bestrahlung. . |
7. Die guten Erfolge der Röntgentherapie, der ausgezeichnete
kosmetische Effekt, sowie die Seltenheit der Rezidive rechtfertiven
auch die Röntgenbestrahlung operabler Hautkarzinome. Wichtig ist
allerdings eine genaue Kontrolle in den ersten der Bestrahlun
kennen und dem Chirurgen zuzuweisen. Be
Literatur: Brock, W., Welche Bedingungen sind maßgebend für die
Röntgenhehandlung der Hautkrebse? Strahlenther. 1921, 18, 8,1. — Darier, I.,
Des öpitheliomes primitifs de la peau. Brit. journ. of dermat. a. syphil. 1922; 84, S, 145,
Röntgenstrahlen zu behandeln, umsomehr, als der kos-
ein ungünstiger Einfluß der vorhergegangenen Bestrah-
die Methode der Wahl dar. - Bei Tumoren, die sich nur auf die Haut.
2. Operable Karzinome wurden in: überwiegender. Mehrzahl .
folgenden Wochen, um röntgenrefraktäre Tumoren rechtzeitig zu er-
äußeren Gründen .
nicht zum Ziele geführt‘ hat, den Patienten jedenfalls kein Schaden
achtung auch in refraktären Fällen die Behandlung recht-
Prozentsatz von Heilungen, als größere Tumoren, die chirurgisch ;
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35. |
4 wis en a. 31. August
— Jünglivg, Gibt es in der Röntgentherapie eine einheitliche Karziaomdosis ?
M.m. W. 1920, S.690. — Miescher, Die Röntgenbestrahlung der Hautkarzinome.
(Ges. d. Ärzte, Zürich, Sitzg. v. 23, Febr. 1922.) Schweiz. Rundsch. f, Med. 1922, 22,
S. 257, und Die Röntgentherapie der Hautkarzinome. Schweiz. med. Wschr. 1922,
S. 791. Autoref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrkh. Bd. 6, S. 438. — Derselbe, Kar-
zinomdosis. Schweiz. med. Wschr. 1923, S. 682. — Perthes,' Über die Strahlen-
behandlung bösartiger Geschwäülste. (45. Vers. d. deutsch. Ges.t. Chir., Berlin, Sitzg.
v.2. April 1921.) Arch. f. klin, Chir. 1921, 116, S. 353. — Derselbe, Zur. Biologie
und Klinik der Röntgentherapie der chirurgischen Krebse. Strahlenther 1923, 16,
5. 695. — Rost, Die Strahlenbehandlung des Hautkrebses. Ebenda. 1923, 15, S.782.
Aus dem Maria Theresia-Frauenhospital und der Urologischen Station
| des Sophienspitals, Wien.
‚Zur Diagnose der weiblichen Gonorrhoe.
| Von Dr. Alois Glingar.
' Trotz der genauen Kenntnis des ‚Erregers, trotz der Möglichkeit
seiner differentiellen Färbung, trotz der Möglichkeit seiner Kulti-
vierung, trotz der Provokationsverfahren stößt die Diagnose der
weiblichen Gonorrhöe immer noch häufig genug auf erhebliche
Schwierigkeiten. Die Gründe hierfür sind genügend bekannt. Die
weibliche Gonorrhoe ist oder wird in der Mehrzahl der Fälle chronisch
und bleibt oft lange Zeit latent. Ihr Sitz in der Gebärmutterhöhle
— und diese ist bei chronischen Fällen fast immer ergriffen —
erschwert nicht nur die Behandlung, sondern auch die Diagnose.
Jeder auf diesem Gebiete arbeitende Arzt wird immer und immer
wieder auf Fälle stoßen, wo ein Mann angibt, von einer bestimmten
Frau angesteckt worden zu sein, während die Frau von ihrer Er-
krankung nichts weiß, auch anamnestisch nichts Verdächtiges, wie
Fluor, Blasenbeschwerden usw., angeben kann. Besonders in den
sogenannten besseren Kreisen ist diese Erfahrung geradezu typisch,
übrigens auch .erklärlich, weil hier die Möglichkeiten der Körper-
reinigung günstig sind und die Frau, mit einer ausgiebigen Apparatur
versehen, für die Reinlichkeit ihrer Genitalien durch reichliche
Spülungen und Waschungen sorgt. und daher äußerlich wahrnehm-
bare Erscheinungen nicht aufkommen läßt. Sie trägt ihre Gonorrhoe
jahrelang unbehandelt mit sich, ist ja auch in subjektiver Hinsicht
gar nicht krank und hat daher keinen Grund, zum Arzt zu gehen.
Der eine und der andere Partner, der angesteckt wird, nimmt die
: Sache in den Kauf, ohne der Spenderin etwas zu sagen, da er es
gar nicht für möglich hält, daß diese Dame krank sein könnte,
und lieber an alle anderen Eventualitäten glaubt. Endlich findet
sich einer, welcher der Spenderin die Tatsache mitteilt. Es.kommt
nun die ärztliche Untersuchung. Der erste Arzt findet. oft. nichts
und stellt einen dementsprechenden Befund aus, ebenso noch ein
zweiter, endlich konstatiert ein dritter, wenn es überhaupt noch
so weit kommt, Gonokokken. Und tatsächlich ist der klinische
Befund bei der chronischen weiblichen Gonorrhoe oft derartig, daß
die Diagnose äußerst schwierig ist: die Harnröhre gibt auch bei
langer Urinpause kein Sekret, auch ihre Ausschabung liefert ein
negatives Resultat, die paraurethralen und vestibulären Krypten
und die Bartholinischen Drüsen sind frei, das Zervikal- und Uterus-
sekret enthält vielleicht einige Eiterzellen, mit denen nichts anzu-
fangen ist; in neuerer Zeit ist noch das Präputialsekret als Unter-
suchungsobjekt hinzugekommen, ob
muß noch abgewartet werden. z
- In anderen Fällen wiederum ergibt sich |
anderen Prädilektionsstelle ein Sekret oder ein Abschabeprodukt,
das eine reichliche Flora verschiedenartiger Bakterien enthält; das
Grampräparat läßt im Stich, da entweder keine gramnegativen
Kokken da sind, oder, wenn solche vorhanden sind, ihnen die
charakteristischen morphologischen Eigenschaften der Gonokokken
fehlen. Bei dieser Gelegenheit wäre über den Befund der Bakterien-
flora etwas zu sagen, was zu wenig beachtet wird. Im allgemeinen
gilt als Regel, daß sich Gonokokken mit anderen Bakterien selten
vergesellschaftet finden. Die Verallgemeinerung dieses Standpunktes
-ist aber sicher nicht richtig. Wir müssen uns vorstellen, daß die
Verdrängung der Gonokokken durch andere Bakterien keineswegs
plötzlich oder rasch vor sich geht, sondern daß der Kampf ein
hartnäckiger und langdauernder ist, so daß Perioden mit reiner
Gonokokkenwucherung und solche mit ausschließlichem Wachstum
anderer Bakterien häufig wechseln. Dazwischen gibt es Stadien,
wo die Gonokokken mit den anderen Bakterien, wenn auch nur
kurze Zeit, zusammen im Sekrete erscheinen, wobei noch in Betracht
zu ziehen ist, daß bei der Entnahme von Sekret solches aus einer
sonokokkenfreien Bakterienzone und einer danebenliegenden
Gonokokkenzone gleichzeitig entnommen werden kann (Menge)
dies die Sachlage bessern wird,
an einer oder der
können. Aus solchen ‚Präparaten klug zu werden, ist oft nicht
leicht. Wir wissen ja schon lange, daß die intrazelluläre Lagerung
‘allein kein Beweis für die Gonokokkennatur ist, daß auch andere’
Kokken dieses Verhalten teilen.
Und nun die Gramfärbung!
aus der Verlegenheit. Finden wir intrazelluläre gramnegative
Diplokokken, die auch in ihrer Gruppierung und Größe den Gono-
kokken entsprechen, so werden wir keinen Zweifel an ihrer Gono-
kokkennatur hegen dürfen. Anders steht die Frage, wenn wir
extrazellulär oder auf Epithelien aufgelagerte gramnegative Diplo-
kokken finden. Sind wir da ‚berechtigt, ohne weiteres Gonokokken
anzunehmen? Gibt es im Genitalapparat gramnegative Diplokokken,
die keine Gonokokken. sind, ‚abgesehen von Meningokokken und
Micrococcus catarrhalis, die praktisch nicht in Frage kommen?
Von vornherein müßte man diese Fragen bejahen. Es ist doch un-
wahrscheinlich, daß in der großen Zahl von Kokkenarten, die es
in den offenen Gebieten des weiblichen Genitalapparates gibt und
für deren Ansiedlung — sei es auch nur als Saprophyten — Tür
und Tor geöffnet sind, außer den Gonokokken keine anderen gram-
negativen Kokken geben sollte, daß die Gonokokken allein dieses
Stigma des gramnegativen Verhaltens tragen sollten? Und in der
Tat sind auch schon gramnegative Kokken sowohl aus der männ-
lichen Harnröhre als auch aus dem weiblichen Genitaltrakt gezüchtet
worden, die keine Gonokokken waren (Steinschneider und
Galevski, v. Hofmann, Kutscher, Pfeiffer, Baermann). -
Wenn dazu die vereinzelten Stimmen recht behielten, die
meinen, daß sich degenerierte Gonokokken grampositiv färben können,
dann würden sich die Schwierigkeiten in manchen Fällen ins Un-
lösbare steigern; doch scheint mir dieses Verhalten nicht erwiesen
und äußerst unwahrscheinlich. | |
| Wie steht es nun mit dem Kulturverfahren? Gehen aus
einem solchen Bakteriengemenge in der Kultur Gonokokken aut,
. dann ist die Frage freilich entschieden. . Aber wir wissen leider aus
der Erfahrung, daß nur zu häufig die Gonokokken in der Kultur
von den anderen Bakterien überwuchert werden und die Kultur
fälschlich ein negatives Resultat ergibt. Wie oft erleben wir es bei -
der männlichen Gonorrhoe, daß die Kultur der Harnröhrensekrete,
der Prostata usw. auch bei einwandfreier Technik-keine Gonokokken,
sondern nur andere Bakterien ergibt und bald darauf ein Rezidiv
mit den schönsten Gonokokkenrasen auftritt. Der negative Ausfall
einer Kultur ist eben im gegebenen Einzelfalle nicht anders zu
werten als eine negative Wa.R., eher noch geringer einzuschätzen.
Es bleiben noch die Provokationsveıfahren. Die beste
Provokation bei der Frau ist die Menstruation, sie ist durch keine
andere künstliche zu ersetzen, Es ist daher im allgemeinen an-
erkannter Grundsatz, daß die Untersuchung der Frau, wenn in der
Zwischenzeit die Befunde negativ. waren, unbedingt nach der
Menstruation erfolgen, soll, und zwar nicht bloß einmal, sondern:
mehrmals, und nicht bloß nach einer Menstruation, sondern
nach mehreren. | a en i
Die künstlichen Provokationsverfahren haben nur pro-
blematischen Wert. Was zunächst die hämatogenen Verfahren. an-
langt, so wird am meisten die Vakzineprovokation gelobt, jeder
Autor hat da sein Lieblingspräparat. Nun sind schon auf dem
Gebiete der Therapie die Erfolge der Vakzination unsicher, so erst
recht auf dem Gebiete der Provokation. Zudem befinden sich die
Fragen der Vakzinwirkung gerade in einem Zustande einer Art
Gärung.. Die Frage: spezifisch oder nichtspezifisch? Protein-
wirkung? Kolloidwirkun? Fieberwirkung? sind nicht. entschieden.
Man braucht nur den Referatenteil einer Fachzeitung durchzusehen
und wird erstaunt sein, welch gegensätzliche oder abweichende An-
sichten auf einer Seite vertreten sind. Klar ist natürlich die Sach-
lage, wenn nach einer Vakzination eine Exazerbation irgendeines
Herdes auftritt, d. h. die latente Gonorrhoe manifest wird. Aber
der negative Ausfall ist ebensowenig zu verwerten wie der negative
Ausfall des Kulturverfahrens. Auch die Heranziehung der Körper-
temperatur als Index ändert an dieser Sachlage nichts. Wir sehen
doch bei der Vakzinebehandlung oft genug, daß bei manifester
Gonorrhoe die Patienten selbst auf hohe Dosen weder bei intravenöse!
noch bei intramuskulärer Einverleibung mit Temperatursteigerungen
antworten — zur Wirkung ist übrigens, wie ich schon auf dem
Urologenkongreß in Berlin 1913 betonte, das Fieber nicht nötig,
wenn auch erwünscht. Wenn also bei manifester Erkrankung
keine Temperaturerhöhung einzutreten braucht, so ist man nicht
Schlüsse zu ziehen. AÄnderseits wurden ja die Injektionen vol
Auch sie hilft uns nicht immer
berechtigt, aus dem Fehlen einer solchen bei latenter Gonorrhoe
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und die beiden Sekrete bei der Ausstreichung vermengt werden | Gonokokkenvakzine zur Fiebertherapie bei nicht: gonorrhoischen
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Krankheiten’ verwendet, so daß: auch die 'eventuelle Temperatur- f- °%
gteigerung Nicht beweisend für die ‘positive.'Gonorrhoediagnose ist.
` vokationsverfahren, z. B. mit Aolan. :
= Die chemischen Reizmetboden — ich will‘.sie ‚nicht. näher
für wenig verläßlich. k
‘Wir sehen also, daß die Schwierigkeiten. bei der "Beurteilung 1
„Nach viel unsicheret ist die Verwendung der unspezifischen: Pro- |: Diffuse Rundzellensarkomiatose der. Haut bei
steht 0. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK Ne 85... 0000000"
. eines Falles, bei dem man im Urogenitältrakt :selbst- bei genauer
“Untersuchung keine Gonokokken: findet, recht. erhebliche sind und
di
-v . -Jeh möchte nun auf eine Lokalisation. hinweisen, die, wenn
© `- aoh allgemein bekannt, aber speziell-in diagnostischer Hinsicht.
$ ovie zu wenig gewürdigt wird, das ist das Rektum: ‘Die Rektal:
i
daß die Diagnose, ob Gonorrho6. yorliegt oder nicht, begreiflicher- -
2 Weise oft nicht leicht ist. | 5 Be ni 5
.ginorrhöe ist bei den Frauen und Mädchen — das wird jetzt schon -
© yielfach betont — weitaus häufiger als früher angenommen worden.
Ton
"Anzahl gehabt, wo die Gonokokken in den. schleimig-eitrigen Sekret-
: -Hoeken des. Rektums ohne‘ bakterielle Beimengungen in cha-
=.>. Betist daher selbstverständlich, daß. die Fälle mit manifester 'Uro-"
genitalgonorrhoe auch auf Rektalgonorrhoe untersucht werden.sollen. .
‘- Jehjhabe aber nun gerade unter denjenigen Fällen, bei denen'im Uro-
> genitalapparat keine Gonokokken ‚gefunden wurden, eine große
4 vv. .
s ' . Pi K g d j 4
Ka SU ;
E ' : i 2 r
. REN
to
© = | Ans der Medizinischen Klinik Bonh > ^ i
f . ; E e at... ANOS EEE, a SER T YAN. 3 BEA ;
(Direktor: Geb. Rat Prof. Dr. ©. Hirsch)... . >
2 /
0, „ leukämischer‘Myelose. © =-
-a Von Priv.-Doz. Dr. Slack und Dr. Uhles, . -`+
Dun To Assistenten der Klinik... >, o ypa o,
Trotz .gelegentlicher Einwänd e von ‚seiten‘ der .Unitarier;‘ wie
sie. in. letzter‘ Zeit. erst, wieder “durch. .FEingman u. a. zu Worte
kommen, darf man heute sagen, ' daß. sich in der. Hämatologie ; die
dualistische- Auffassung Ehrlichs mehr und -mehr durchzusetzen
|-vermocht bat: ‘Es liegt nicht in : unserer Absicht, auf das Für und
‘Wider einer gemeinsamen Stammzelle "hier näher einzugehen;. man
lese dazu die Ausführungen in den Werken Naegelis, Hirsch-
felds’u.a.. Festzuhalten.ist. nur, "daß . die, funktionelle: Trennung _
-des myeloischen wie ‘Iymphatischen ‘Systems -von den’ Gegnern: des
+
Dualismus immerhin zugegeben ist. © ` |
S
+
P 3
| weise seit dem Ausbau unserer Kenntnisse in dem letzten Jahrzehnt,
“rakteristischer Form, Lagerung und Färbbarkeit zu sehen waren, so
daß der Nachweis keinen ‚Schwierigkeiten begegnete. Die Ge-
- .winnung des Sekretes ist'sehr einfach. Man nimmt einen
„gewöhnlichen weiblichen Glaskatheter odereinen N élaton-
- katheter, führt ihn etwa 6 em tief in das Rektum ein und.
spritzt 50—100 ccm lauwarmen Wassers ein, läßt das
- Wasser durch den Katheter wieder abfließen und fängt.
~ .egjn einem Glase auf. Es enthält die schleimig.eitrigen Flocken
-olt alein ohne Kotbeimengungen, zumindest findet man leicht im
„Wasser schwimmende Flocken, die der mikroskopischen Untersuchung
-geführt werden können und; wie gesagt, Gonokokken allein inner-
; , halb. und außerhalb der Eiterzellen in’ charakteristischer Form ent-
‚kalten. Man staunt dabei einerseits,. wie oft. die Rektaälgonorrhoe.
überhaupt vorkommt, andererseits, wie.. oft: auch bei: negativem
„Urogenitalbefund, und: fragt sich, wie sie bei Mangel. an Fluor ent-
stehen konnte. Die Entstehung. bei Fluor. ist ja leicht .erklärlich.
‚aus. der Darstellung, die Mucha (Handbuch, der. Geschlechtskrank-
keiten Finger-Jadassohn) darüber gibt. Ich glaube nun, daß.
außer dem Fluor die Scheidenspülungen selbst zur Infektion
~. des Mastdarmes beitragen, indem das flocken- und damit
i .„‚gmokokkenhaltige Spülwasser, das:ja nicht immer die.Gonokokken |
‚. „selbst abtötet, am Anus vorbeifließt und denselben bespült. Dabei-.| `
~ Kommen nun entweder schon: bei der Spülung selbst gonokokken-
“ haltige Sekrete durch das saugende Spiel: des Afters mit der Rektal-
- „"86hleimhaut in.Berührung oder die. Gonokokken halten sich bis zur
© ..„Mehsten Defäkation dort lebensfähig wud werden bei dieser übertragen.
-,, Aber nicht nur ‚bei den chronischen Fällen mit -latenter Go-
< mhos führt der positive Rektalbefund’ häufig zu einer raschen
‚Diagnose, sondern ‚auch bei den Infektionen ohne Defloration, die
-wir jetzt auch bei ‘erwachsenen Mädchen immer häufiger zu sehen
---Dekommen. Eine Untersuchung des Urethralsekretes ist oft nicht
~ „Möglich, weil die Patientinnen'gerade uriniert haben, in dem reich- |
- ‚lichen Vulvar- oder Vaginalsekret findet sich eine unmöglich. zu
Üflerenzierende Bakterienflora, :die Spiegeleinführung ist unmöglich,
überhaupt jede Berührung‘: schmerzhaft. ‘Die Rektaluntersüchung
| S -nach oben beschriebenem Verfahren dagegen ist am wenigsten un- |
:. angenehm, da fast schmerzlos, und gibt nahezu ausnahmslos in.
‚diesen Fällen bei vorhandener Gonorrhoe ein positives Resultat,
Die Rektalgonorrhoe segelt übrigens ‚häufig. genug, unter der
. Plagge der Hämorrhoiden, ‚besonders wehn sie mit. Blutungen ein-
= hergeht. Daß die” gonorrhoische Proktitis Blutungen macht, ist |
.. iehts Neues, aber daß sie es öfter macht, als man annimmt, scheint‘
mr wahrscheinlich, da ich in der letzten Zeit erst wieder 3 Fälle
beobachtete, welche wegen Hämorrhoiden operiert wurden, ohne daß
Sie Blutungen sistierten. "Die Untersuchung ergab Rektalgonorrhoe
und die eingeleitete Behandlung dauernde Heilung.
Es möge also bei der Untersuchung auf weibliche Gonorrhoe, i
auch wenn sonst keine Erscheinungen vorliegen, nie die Unter-
suchung des Rektums, ‚die, wie oben. beschrieben, recht einfach ist, :
4
‚yerabsäumt werden; bei vorhandener manifester „Gonorrhoe, bei |
Orhandensein von Rektalerscheinungen, insbesondere von Blutungen,
> fst recht nicht.
insbesondere : aber, durch die Einführung. ' der: Oxydasereaktion `
Schultzes etwas ausgeschaltet worden. Immerhin, ist die Methode
| erst 1910 bekannt geworden; und erst in den darauffolgenden Jahren.
mehr Allgemeingut der Untersucher geworden. -:So ergeht es aber
‚mit. den Befunden vor dieser Zeit. ähnlich .wie. bei Beurteilung einer
Entartungsreaktion vor der. Erkennung der Abkühlungsreaktion des
Muskels durch Grund; die Veröffentlichungen, dürfen gegebenen-
falls nur mit größter Reserve verwertet werden. Und dabei ist auch
diese Oxydasereaktion Schultzes bekanntlich kein Mittel, um uns
‚aus jeglichem diagnostischen Dilemma zu befreien, wissen wir. doch,
‚daß gerade ‘bei Stammzellen die Reaktion häufig versagt; ‚weil sie
mit ihrem positiven Ausfall an. das Vorhandensein bzw. Auftreten
‚noch nicht näher bestimmter: Granula gebunden ‚zu‘ Sein- scheint.
Fissinger-Broussolle und Prehse u. a. haben sich :um: die
spezielle Erkenntnis des Wesens dieser Reaktion. bemüht.- So ist
die'Identilizierung und Zuordnung ‘der Stammzellenformen "gerade:
im sirömenden Blut durch diese Reaktion des Öfteren trotz einwand-
freier Technik nicht möglich, während sie im Gewebe:selbst gelingt.
“Vielleicht ist der positive Ausfall der Reaktion. beim Granulozyten
überhaupt in irgend einer Form an die Ausbildung: der dièse Gruppe
etwas reiferen: Frühformen zu eigen wird. .
allgemein kennzeichnenden Granula gebunden, so daß sie:erst den
2 i e i Fu 12 + - ;
-~
geschaltet. wissen eine Erörterung: der Zugehörigkeit der Monozyten.
Hier gehen die Meinungen doch noch immer stark aüseinander,
und ob wir für die. Monozyten eine eigene Stammzelle fordern oder
ihre Entwicklung aus der Stammzelle des myeloischen. oder lym-
phatischen Systems gelten lassen,. ist für unsere folgenden Aus-
' führungen ohne: Belang. ‘Die Tatsache, daß. die, große einkernige
Zelle bei unsern heutigen. Untersuchungsmethöden noch in.jedem ..
| Fall ein Problem für den -Hämatologen. darstellen kann, bleibt jeden-
falls bestehen. 0 ee a
-` Wir kennen seit Ehrlich die Einbeziehung der weißen Blut-
zellen in das'myeloische und Iymphozytäre System, die Einteilung
‘in die sogenannten Granulozyten und Lymphozyten: Die funktio-
nelle- Trennung beider Systeme ist, wie erwähnt, schon von den
_ Gegnern. des’ Dualismus zugestanden worden. Um so größeres In-
teresse mußte von jeher die Erörterung.von Befunden ‘sogenannter
„gemischter Leukämie“. bzw. Beobachtungen von Übergängen einer `
Leukämieform in die andere erwecken. ' Erst die Erkenntnis der
Oxydasereaktion ermöglicht uns, kritisch zu. dieser Frage Stellung
zu nehmen. Bisher, sind es. bekanntlich vor allem die Fälle von
Herz 'und.Herxheimer, die autopisch eine Nachkontrolle. der er-
hobenen 'Blutbefunde ‘erfuhren; im letzteren Fälle kam auch die
Oxydasereaktion zur Anwendung. Hier. haben wir in der Tat-
Wuceherungsbefunde in beiden Systemanlagen. beschrieben, ‘aber die `
‚| bisherige Auslegung der Untersuchungsergebnisse suchte bekanntlich .
"hieraus nicht Schlüsse gegen die. Richtigkeit ‘der dualistischen Auf-
fassung zu formen, sondern sah darin nur 'eine:über das gewöhnliche
Maß hinausgehende, rein kompensatorisch aufzufassende. Wucherung
des ursprünglich unbeteiligten Gewebes. a l
_Die Frage gewinnt Beziehungen zu der ganzen Auffassung
der Leukämie überhaupt, wie sie sich teilweise aus der klinischen
‘Beobachtung heraus direkt ergeben hat. Ich erinnere an die Be-
obachtungen Marchands ‚und..Klienebergers, die bekanntlich
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* Die erschreckliche . Verwirrung; die eine Zeit lang in..der Auf:
fassung ‘der Leukämie. und: damit in der, Beurteilung : der. Leuko-.
‚zyten. überhaupt ‚sich. bemerkbar. gemacht hatte, ist ja .erfreulicher- `
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Familienerhebungen waren belanglos, außer Masern keine ernsteren
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= am folgenden Tage: 92600 Leukozyten. Ausgezählt finden sich: poly-
, folgenden Tag Leukozytensturz auf 64000 Zellen; im Blutbild: poly-
1210
© 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
Bi. Angust |
das passagere Auftreten leukämischer Blutbefunde nach Infektions-
krankheiten mehrfach ‘zu beobachten Gelegenheit hatten, und die
durch ihre Beobachtungen der Auffassung das Wort redeten, in der
Leukämie nur den Ausdruck einer besonders ausgesprochenen und
dadurch nachhaltig das myeloische bzw. Iymphatische System schädi-
genden Noxe zu sehen. Spricht man in dieser Auffassung somit
von einer leukämoiden und leukämischen Reaktion auf die beiden
‚Systeme, so bietet allerdings theoretisch die Auffassung, bei einer
Störung der gegenseitigen Korrelationen die Antwort auf eine leu-
kämische Reaktion des einen Systems mit zunehmender Schädigung
desselben in der kompensatorischen Ersatzwucherung des anderen ,
Systems. zu sehen, mancherlei Bestechendes.
‚In der hiesigen Klinik hatten wir vor kurzem Gelegenheit,
einen Fall von myeloischer Leukämie über viele Monate genau zu
beobachten. Derselbe dürfte in. seiner Eigenart bisher einzigarlig
dastehen und bietet außer kasuistischem Interesse doch auch die |
Möglichkeit, zu einigen prinzipiellen Fragen der Hämatologie Stellung
zu nehmen, zumal eine genaue histologische Durcharbeitung der
Organe erfolgt ist. | |
| Wir lassen die Krankengeschichte folgen: Frau B. V., 39 Jahre
am erstmalig am 6. April 1922 in die Medizinische Klinik. Die
Krankheiten überstanden. Seit Herbst 1921 bestand Druckgefühl in
linker Seite, das sich im Laufe der Zeit zu immer stärkeren: Schmerzen
steigerte, die nach dem Rücken und der Unterbauchgegend zu aus-
strahlten. Seit einigen Tagen vor der Aufnahme Schmerzen im linken
Bein, die, von der'Leiste ausgehend, sich in der Vorderseite des linken
Ober- und Unterschenkels ständig hielten; gelegentlich auch\Schmerzen
in der Wade. Seit einiger Zeit Desand Nasenbluten.
Der Aufnahmebefund war folgender: Kleine, verhältnismäßig
schlecht genährte, grazil. gebaute Frau in schlechtem Ernährungs-
zustande mit schlaffer Muskulatur und. geringem Fettpolster. Haut-
farbe bla, Schleimhäute nur mäßig gut durchblutet. Kopf normal
konfiguriert, ohne Besonderheiten. Nase frei, mäßige Gingivitis, etwas
byperplastische Zungenbalgdrüsen, sonst Mundhöhle‘ ohne Besonder- |
heiten. ‚Kleine multiple Drüsenschwellungen beiderseits des Halses bis
zu Bohnengröße; Achselhöhlen frei von Drüsenschwellungen, des-
gleichen Ober- und Unterschlüsselbeingruben sowie. Leistengegend.
Lungenbefund zeigt nichts Krankhaites. An der Herzspitze systolisches
. Geräusch bei sonst normalem Herzbefunde, Puls gut gefüllt, mittel ge-
- spannt; Blutdruck normal. ‚Großer .Milztumor, der bis zur Höhe des
abels herabreicht und stark druckschmerzhaft ist; daselbst kein Reiben
hör- oder .fühlbar.
ößert. Geringgradiger N
elbruch. Sonstige Bauchorgane regelrecht.
Jrin frei von
Nervensystem: Augenbefund rögelrecht, einschließlich Augen-
hintergrund. Sämtliche motorische und sensible Hirnnerven intakt.
Reflexe an Armen und Beinen rechts = links in normaler Stärke aus-
lösbar. Starke Druckschmerzhaftigkeit des linken N. femoralis, sowie
geringgradigor der Austrittsstellen des linken N. ischiadicus. Kein
aseguesches Phänomen, keine Atrophie der Muskulatur. Gröbere
psychische Störungen nicht nachweisbar. Überhaupt neurologisch
sonst nichts Erwähnenswertes. |
Blutbild: Hämoglobin 80%/,, Erythrozyten 3700000, Leuko-
zyten 128000. Im Blutausstrich finden sich 62,8%, polymorphkernige
Leukozyten, 27,8%, Myelozyten, 4,5%, Lymphozyten, 2,99,
0,90% Übergangsformen, 0,9°%/, eosinophile Zellen, 0,2%, Stammzellen.
Es wurde daraufhin die Diagnose einer myeloischen Leukämie
gestellt; die subjektiven Beschwerden fanden einmal aus dem Kapsel-
schmerz bei bestehendem Milztumor, ferner aus Druck dieses
tumors.auf Teile des Plexus lumbalis ihre Erklärung. |
Am 7. April 1922 erste Röntgenbestrahlung der Milz. Blutbild
am folgenden Tage: Leukozytensturz auf 76600 Zellen. Ausgezählt
olymorphkernige Leukozyten, 25,1°/, Myelozyten,
30/, Lymphozyten, 3,50,
Stammzellen, 1,2%, eosinophile Zellen.
Am 8. April 1922 zweite Röntgenbestrahlun
ilz-
der Milz. Blutbild
morphkernige Leukozyten 29,4%, Myelozyten 60,3°/,, Stammzellen
0,90/,, Mastzellen 3.4°%/,, Lymphozyten 1,4°/,, eosinophile Zellen 2,90/,,
Übergangsformen 1,79]. `
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Am 10. April 1922 dritte Röntgenbestrahlung der Müz. Am
morphkernige Leukozyten 67,00/,, Myelozyten 20°/,, eosinophile Zellen
1,00/,, Mastzellen 3,0%/,, Übergangsformen 5,0°/,, Lymphozyten 4,09)...
In Nachwirkung der Bestrahblungen werden am 15. April 1922
33200 Leukozyten gezählt, am 18. April 15200 und am 20. April 17600.
In der Folge leichter Anstieg der Leukozytenwerte: am 25. April auf
26800 Zellen; am 29. April wurden 22000, am 3. Mai 21600 Zellen
ezählt.e Das Blutbild am 3, Mai ergab ausgezählt:
ernige Leukozyten 65,8%, Myelozyten 28,30%/,, Lymphozyten 5,3%,
Mastzellen- 2,0%/,, eosinophile Zellen 0,30, Übergangsformen 1,80/,.
Am 8. Mai Beginn der zweiten Bestrahlungskur; nach Applikation
Leber en und palpatorisch mäßig ver- .
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iweiß und Zucker. Extremitäten und Gelenke im
astzellen, .
astzellen, 1,10), Übergangstormen, 0,7%,
polymorph--
der ersten Strahlendosis am folgenden Tage Leukozytensturz auf
11600 Zellen. Blutbild ergibt: polymorphkernige Leukozyten 700,
Myelozyten 16°/,, Lymphozyten 8,5°/,, eosinophile Zellen 1,0°/,, Mast-
zellen 2,50/,, Übergangsformen 2,0%. Am 10. Mai zweite Bestrahlung,
am folgenden Tage -9000 Leukozyten. Blutbild: polymorphkernige
Leukozyten 75°%,, Myelozyten 13,5%,, Lymphozyten 8°/,, eosinophile
Zellen 1,00%/,, Mastzellen 2,50%. | Ä
Anı 12. Mai 1922 dritte Bestrahlung der Milz, am folgenden Tag
Absinken der Leukozytenwerte auf 8000 Zellen. Im Blutbild sin
ausgezählt vorhanden: polymorphkernige Leukozyten 74,9%/,, Myelo-
zyten 7,5%/,, Lymphozyten 13,4%/,, Mononukleäre 0,1°/,, eosinophile
Zellen 0,10/,, Mastzellen 3,09%), Übergangsformen 1,0%.
| achdem die subjektiven Beschwerden bedeutend geringer ge-
worden, und der Milztumor erheblich zurückgegangen ist, erfolgt am
15. Mai 1922 die Entlassung unter Bekanntgab& des nächsten Be-
handlungstermins. Außer Solutio Fowleri und Antineuralgika keine
besondere Medikation. | i
Wiederaufnahme am 21. Juni 1922: Schmerzen in linker
Seite bestehen noch fort, im linken Bein sind sie geschwunden. Milz
weiterhin kleiner geworden. N
' Blutbild bei der Aufnahme: Hämoglobin 90°/,, Erythrozytea _
5400000, Leukozyten 7000. Im Blutbild finden sich: polymorphkernige
Leukozyten 72°/,, Lymphozyten 16°/,, Myelozyten 400/9, Stammzellen und `
Myeloblasten 1,0%,, eosinophile. Zellen 0,50%/,, Übergangsformen 0,5%.
Am 27. Juni 1922 erste Bestrahlung der dritten Röntgenbehand-
lung; am folgenden Tage 9000 Leukozyten. Am 28. Juni zweite Be- -
strahlung, daraufhin Absinken der Leukozytenzahlen auf 6000 Zellen,
Im Blutbild werden am 29. Juni folgende Zellwerte festgestellt: poly-
morphkernige Leukozyten 86°/,, Myelozyten 7,70l, Lymphozyen 4,1 9o
Mastzellen 1,0%/,, große Mononukleäre und Übergangsiormen je 0,8%.
‚| Im Anschluß an die zweite Bestrahlung traten ruhrähnliche Erscheinungen
n a jedoch unter Teediät und Tannalbin rasch wieder abklangen.
Die
ilz überragt den Rippenbogen nur noch einen Querfinger breit.
Am 1. Juli 1922 erfolgte Entlassung der Patientin.. `
© Wiederaufnahme am 28. August 1922: Subjektiv fühlt sich _
Pat. erheblich wohler. Bei der Aufnahme zeigt das Blutbild 720), Hämo-
globin, 4720000 Erythrozyten und 4400 Leukozyten. Das differenzierte
Blutbild zeigt: polymorphkernige Leukozyten 68°/,, Lymphozyten 25%,
Übergangsformen 6°/,, eosinophile Zellen 1%. ee
Im Sediment Spuren von Eiweiß,. mikroskopisch jedoch keine
Formelemente, |
Am 29. August erfolgt eine Bestrahlung der Milz (4. Kur), Am
folgenden Tage 4200 Leukozyten. Das Blutbild zeigt 76°), polymorph-
kernige Leukozyten, 200/, Lymphozyten und 4°, mononukleäre Zellen.
Entlassung am 1. September. 1922,
Ambulante Untersuchung am 1. Oktober 1922: Blutbild
jetzt:. Hämoglobin 80%,, Erythrozyten 5000000, Leukozyten 8000.. Aus-
gezählt wurden: Polymorphkernige Leukozyten 76°/,, Lymphozyten219/,,
mononukleäre Zellen 1,0°/,, eosinophile Zellen 1,0°/,, Mastzellen 1,0%.
Das Heilverfahren wurde damit zunächst für. abgeschlossen er-
klärt, der Patientin jedoch bedeutet, sich von Zeit zu Zeit zur Nach-
untersuchung einzufinden.. |
Wiederaufnahme am 9. Juli 1923: Konnte seit .der letzten
Untersuchung nicht viel arbeiten, schon nach kleineren Bun en
traten dumpfe Schmerzen in der linken Seite auf, die nach dem Rücken
‘zu und in die Beine hinein ausstrahlten. Oft Kopfschmerzen, Schlaf-
losigkeit und Herzklopfen. Mitte Mai 1923 über 6 Tage lang besonders
heftiges Kopfweh, bei, dem alle Schädelknochen schmerzten. Kurz
darauf bemerkte Patientin, daß sich am rechten Arm rötliche, beulen-
artige, derbe Verdickungen bildeten; die allmählich dunkler, mehr blau
wurden. Die Verdickungen breiteten sich auf Brust, Bauch und Koji
aus. In letzter Zeit bestand des öfteren Nasenbluten, _
Objektiver Befund bei der Aufnahme: Stark anämisches, sub-
ikterisches Aussehen, schlecht durchblutete Schleimhäute. Längs des
Halses nicht schmerzhafte, kleine Drüsenschwellungen (s: oben). Im
Gesicht und am ganzen Körper bis haselnußgroße, rötlich blau ver-
färbte Hauttumoren, die sämtlich druckschmerzhaft sind. Sonst keine
Ödeme. Stärkere Gingivitis bei kariösem, stark defektem Gebiß. Zung®
trocken und belegt. Lungenbefund völlig regelrecht. Herzbefund, ab-
gesehen von systolischem Geräusch über allen Ostien, frei von krank-
haftem Befunde. Milz überragt 3 Querfinger breit den Rippenbogen,
auch die Leber ist perkutorisch und palpatorisch Spur vergrößert.
Neurologisch völlig intakt. Urin frei von Eiweiß und Zucker. Er .
wähnenswert bleibt weiterhin ein pathologischer Augenbefund, der
von der Augenklinik folgendermaßen analysiert wird: Rechtsseitig
Retinitis leucaemica. Papille scharfrandig, dieselbe wie Fundus etwas
verwaschen. Gefäße bandartig, geschlängelt. Blutungen und weiße
Herde von eingewanderten Fettkörnchenzellen = im Verlauf der Zentral-
vene (temporaler unterer Ast) Bild der Venenthrombose. Peripher
etwas getäfelter Fundus, keine gröberen Veränderungen.
l inksseitig: Ausgang einer Iritis purulenta, Wahrscheinlich hat
im Winter 1922 eine linksseitige Iritis bestanden (gemäß Anamnese)).
Im organisierten Hypopyon neugebildete Gefäße. Nach Atropin:
applikation Synechiereste auf vorderer Linsenkapsel. Mit Augenspiegel
sind Einzelheiten am Fundus nicht erkennbar,
Blutbild: Hämoglobin 25°,,. Ervth ten 1250000, Färbe-
index 1,0 fos Dekon kea. 1400. los yihrozyten i
= ellen; 0,5%), Mastzellen.
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Ausgezählt finden sich: Polymorphkernige Leukozyten 64°|,,
große Lymphozyten 8°/,, Myelozyten 80/9,
‘eosinophile Zellen 2%/,, Mastzellen 19/0, Übergangsiormen 1°/,; ferner: .
A en Megalozyten, kernhaltige, rote Blutkörperchen. .
"kleine Lymphozyten 21°,
. Probeexzision eines der Hauttumoren am 2. Juli 1923; die histo-
logische Untersuchung. erweckt den Verdacht auf lymphadenotische
tration der Haut. | |
Jm Urin kein Bence-Jonesscher Eiweißkörper nachweisbar.
' Radiologisch: Mediastinum frei. wi: ee
-o - Einleiten einer Neißerschen Arsenkur. Die stärke Hinfälligkeit
der Patientin läßt auch eine Digitalisierung geboten erscheinen.
Am 14. Juli 19235 Hämoglobin 21%,, Erythrozyten 1100000,
Leukozyten 1400, polymorphkernige Leukozyten 71,7°/,; kleine Lympho-
on-9,0%,, große Lymphozyten 3,3°,, Myelozyten 0,3%,, Myelo-
blasten 0,3%/,, eosinophile Zellen 0,4°%/,, Mastzellen 1,0°%,, Übergangs-
formen 1,0°%/,; Anisozytose, Poikilozytose, Megalozyten, Megaloblasten.
"Am 17. Juli 1923: Hämoglobin 19%,,. Erythrozyten 1100000,
Lenkozyten steigen auf 5100 Zellen. 5 |
"Im ausgezählten Blutbild: 80°, polymorphkernige Leuko-
17°% Lymphozyten, 2°), Übergangsförmen, 0,5%, eosinophile
Am 18. Juli 1923 werden 11200 Leukozyten gezählt. Patientin
` verflt am folgenden Tage zusehends; sie ist sehr elend, erbricht
dauernd, nimmt kaum noch Nahrung zu sich. Die Hauttumoren sind
in hrer Farbe erheblich abgeblaßt, aber weiterhin .als derbe, druck-
schmerzhafte Tumoren deutlich fühlbar. :
= Am 20. Juli 1923 ist das Hämoglobin auf 8°, gesunken, Ery-
throzyten betragen 944000. Die Leukozytenwerte, die am 19. Juli auf
KW angestiegen waren, sind ante exitum auf 99200 hochgegangen.
“ Bintbild ante exitum: Polymorphkernige Leukozyten 74°/,, Myelozyten
‘10%, Myeloblasten 3%/,, Lymphozyten 5°/,, Mastzellen 2°%/,, Übergangs- |
`- formen 6°/,.
` Æ besonders im Gesicht.
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- Rönfgenbehandlung kam dann die
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-äler erniedrigt, kurz, es bestand das typische Bild einer Leuk-
. åm %. Juli 1923, abends 7 Uhr: Exitus letalis.
. ‚Passen wir den klinischen Befund kurz zusammen, so sehen
'wir.einen typischen Fall von myeloischer Leukämie, der thera-
‘-penfisch mit Röntgenstrahlen behandelt wurde und bei dem der
Heileffekt durch ständige Blutkontrolle während mehrfachen, zum
‘ Teil nur kurzdauernden stationären Aufenthalts in der Klinik über-
- wacht wurde. Während der Behandlung gelang es, durch vor-
‚Shtige Dosierung der Strahlenmengen eine’ stetige Verminderung
der Leukozytenzahlen unter Besserung des klinischen Gesamt-
krankheitsbildes zu erreichen, ohne daß die bei unvorsichtiger
` Dosierung nicht so selten zu beobachtende Umwandlung aus dem
chronischen in das akute Stadium ünd damit verbunden eine Über-
' shwemmung des Blutes mit myeloischen Zellfrühformen im Sinne
der. Stammzellenleukämie eintrat. 10 Monate nach der letzten
ge: Kranke mit einem ganz neu-
arligen klinischen Bilde wieder zur Aufnahme. Es’ bestand jetzt
ohgradigste Anämie, im Blut war eine ausgesprochene Leukopenie,
Anisozytose, Poikilozytose, sowie Auftreten zahlreicher Myelozyten
ormoblasten feststellbar; der Färbeindex.war zunächst normal,
imie mit Übergängen in ‘das Bild der Perniziosa. Zudem war
aber auch an übrigen Teilen des Körpers
g knotiger Verdickungen in der Haut (gekommen, die
-_ est etwa 6 Wochen vor der.Einlieferung akut zum Ausbruch ge-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.35 <
lotischen Zellen.
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Mikroskopische Untersuchung: Haut: Das gesamte Binde-
gewebe und Fettgewebe der Haut ist auf das dichteste durchsetzt von
dicht. gedrängten Zellen mit rundem bläschenförmigen Kerne, der be-
deutend größer als ein Lymphozytkern ist und sich in seinem Aufbau
scharf von ihm unterscheidet (daß eine Sarkomatose vorliegt, ergibt
sich einmal aus der diffusen Ausbreitung in der Kutis und besonders
im subkutanen Fettgewebe, wo die Sarkomwucherungen in charakte-
ristischer Weise sich zwischen den Fettzellen ausbreiten. Der Sarkom-
charakter geht aber weiter unzweideutig hervor aus den vielen Kern-
teilungsfiguren, die'man in solcher Anzahl niemals. bei einer Lymph-
'adenose oder Myelose findet). Die Oxydasereaktion ist negativ. Bei
Azur-Eosin-Färbung ist das Protoplasma ganz blaßblau, gefärbt und
‘ weist keinerlei Körnelungen auf, An allen Stellen der Einlagerungen
beobachtetman zahlreiche Kernteilungsfigurenin den beschriebenen Zellen.
Leber: In den Kapillaren finden sich reiche Ansammlungen von
Myeloblasten, neutrophilen Myelozyten und Leukozyten, daneben auch
eosinophileMyelozyten. Auch im periportalen Gewebe mehr oder weniger
. dichte myelotische Herde.
. Knochenmark: Dichte myelotische Wucherungen. ee
Milz: Die Pulpa mehr oder minder reichlich erfüllt mit mye-
sonders in den Randbezirken myelotische Herde. .
‘Niere: Kleine Schrumpfungsherde mit . lymphozytären Ein-
lagerungen. > Bauen |
-Nebenniere: Breites Mark, sonst o. Be | | |
Auf Grund des Befundes wird die Diagnose auf.eine diffuse. Rund-
zellensarkomatose der Haut bei leukämischer Myelose gestellt...
Wenn überhaupt von einer „gemischten Leukämie“ gesprochen
werden kann, so würde gerade dieser Fall der Möglichkeit . eines
Übergangs aus der myeloischen Form in’ die’ lymphatische das Wort
reden. Um so wichtiger erschien uns die möglichst restlose Klärung,
‚dieses merkwürdigen Befundes, für deren Durchführung wir.an dieser
Stelle Herrn Professor Schridde unsern ergebensten Dank zum
Ausdruck bringen. Das’ histologische Untersuchungsergebnis gibt
der klinischen Beobachtung ungezwungen ihre Erklärung, umgekehrt
‚sprechen aber auch’ die Beobachtungen an den Blutbildern für, die
Lymphknoten: Die Sinus sehr stark mit Lymphe ‘gefüllt. Bọ-
Auffassung Schriddes, insofern eine wesentliche Vermehrung der
lymphozytären Elemente im Blut nie feststellbar war, was von vorn-
‚herein. klinisch 'gegen die Annahme einer Iymphatischen Erkrankung `.
(Lymphadenose) sprach. . So bleibt die Auffassung; hier eine ge-
wöhnliche myeloische Leukämie und davon ‚unabhängig das Auf-
treten einer diffusen Rundzellensarkomatose der Haut anzunehmen,
auf Grund der klinischen und patholögisch-anatomischen Befunde,
jedoch — der eine ergänzt durch den anderen —- die einzig voll
befriedigende.. = FE a >,
Das Überführen der myeloischen Leukämie in das aleukämische
Stadium spricht nur für die richtige Dosierung der Röntgenstrahlen;
der Blutbefund zeigte bei Abschluß. der Behandlung das Optimum
der zu erreichenden Besserung. Es gewinnt doch immer mehr den
Anschein, daß die‘ Überführung der chronischen Form in das akute
' Stadium und das Hervorrufen sogenannter, Stammzellenleukämien
hauptsächlich einer individuell falsch gewählten Therapie zur Last
gelegt werden muß. Das einzige Mittel, einem solchen unseligen -
| Behandlungsresultat nach Möglichkeit aus dem Wege zu gehen, bleibt
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en oren als an sich ja schon nicht allzu häufige Begleit- | F EE PER E RE R < WAERO, |
Ż etscheinung der früher festgestellten myeloischen Leukämie anzu- Pri ‚Die nn he unserm Falle bietet nas ti
s| pn. Die Probeexzision brachte die erste Überraschung, insofern | p OPAPP MONS Henis rend man Irüher diese Form besonders 10 i
ih Rundzelleninfiltrate nachgewiesen wurden. Ante exitum kam es ‚beschreiben zu müssen glaubte, kennen wir jetzt im Verlauf der be Jpn
e} -~ m. sehr interessanter Weise wieder zu einem stetigen An- | Leukämie des öfteren diesen Ausgang, und; pilegen ibn. mit einem a RER y
s} eigen der Leukozytenzahlen, und nachdem in den Tagen vorher Erlahmen der Funktionen des geschädigten Systems in Beziehung. | Pioen ia
s} teile Zellformen der m alóssohen Gruvpe überhaupt nahezu zu | U setzen. Im Fall Vierkötter besteht aber eine. Leukopenie ohne MEE AE
ti fehlen’ schienen, treten die letzteren jetzt wieder rni reichlich | Verschiebung des Blutbildes nach der lymphatischen'oder myeloischen Ee ER
„kl. Gleichzeitig sank das Hämo lobin -trotz der hohen Arsengaben Seite, also mehr ein Darniederliegen beider Systeme überhaupt. ln
„ ach Neißer stetig ab, is a j | Möglich, en wa Moment im Gefolge der kombinierenden PORE E
f ibn Ren sehen also Besserung einer chronisch-myelòischen Leukämie Bann Fall ee ey | 2, es aber, in De s E |
i Wisten AST 0 pieren in das Bild einer mye- | dem leukanämischen aleukämischen ‚Stadium das Bild der feuki. F z Li
ukämie. 10 M | n Erscheinungen A oT Ra On al re a- I RE RAR
5 der Leukanämie N na: 1 le ea ai d ER mischen Myelose zu verfolgen. Wir sehen plötzlich das vorher. so DETER ti
øl male Leukozytenverteilung bei Leukopenie und Ausbildung a maßvolle myeloische System erneut in den : stärksten Reizzustand a
g Mchlicher Hauttumoren Aite art setzt wieder eine starke | gesetzt und in dessen Gefolge das Blut mit reichlichen Zellen seiner ee Ei
Pi Reaktion von seiten des marela heh Gon hos a Tne ea Frühformen überschwemmen, gleichzeitig den Hämoglobingehalt des. b RDFA
a$ qa, Die Obduktion d ae Tul 1099 ereah: Multinle. Blutes stark absinken. Wir gehen ..wohl nicht fehl, hierfür die. eine ni ie
SE Infilir on der Patientin am 2i. Juli 1923 ergab: tiple. Tor orden Arad h Neier mi | a st jy
$ Miltrate der Haut und s ' Su ‘on des | Zufuhr der großen Arsendosen nach 'Neißer. mit verantwortlich zu EUER,
ef H ut und der Nieren. Milztumor. Fettige Degeneration des | an wird Er S | tn je
a} erens, Lungenödem beiderseits: geringer Pyothorax. Adipositas. machen, wissen wit och, daß in der Tat.die Arsenbehandlung schon in en ii
Ei g Iaa der Wichtigkeit des Falles übersandten wir Herrn Professor | kleinen Dosen auf das leukopoetische System einzuwirken vermag. poih '
i ridde-Dortmund Material zur Untersuchung, die auch von ihm | . Es herrscht die Ansicht vor, das Erlahmen der Funktion i
4 Prola Würdigster Weise durchgeführt worden ist. Wir lassen Herrn | eines der blutzellbildenden Systeme mit einem Zugrundegehen ‘seines - Be
Ca r Schriddes Untersuchungsbefund folgen: - Ä | spezifisches Gewebes erklären zu wollen. Hierzu ist zu bemerken, a |
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daß der histologische Beleg für diese Auffassung noch aussteht;
ist das Gewebe aber einmal ausgefallen, so kann es nicht plötzlich
wieder zu erhöhter Arbeitsleistung gelangen. So sind derartige
Beobachtungen wie die unsrige, nicht gerade geeignet, oben ent-
wickelte Ansicht zu stützen, abgesehen davon, daß der histologische
Befund in unserm Fall nur Wucherungsvorgänge, nicht Reduktion
myeloischen Gewebes aufgedeckt hat. Bezeichnender Weise fand
sich auch nichts von, kompensatorischer Ersatzwucherung "des
Iymphatischen Gewebes. So wird man in Zukunft guitun, den
_ Begriff der Verkümmerung nur mit größter Reserve anzuwenden
und zu bedenken, daß kompensatorische Ersatzwucherungen. des
nicht erkrankten Systems z
darstellen. i
Es bleibt noch übrig, einige Bemerkungen an den Tumor-
befund anzuschließen. Warum ein Rundzellensarkom anzunehmen
ist und die Annahme einer Erkrankung des Iymphatischen Apparats
abgelehnt werden muß, haben wir bereits aus klinischen und histo-
logischen Gründen klarzulegen versucht. Damit entfallen differential-
diagnostische Erwägungen in der Abgrenzung gegenüber dem Lympho- |
sarkom, unter dem wir nach Ribbert bekanntlich nur das Lympho- |
blastom verstanden wissen wollen. Bei den bestehenden Unklar-
heiten ist es zweckentsprechend, sich deutlich auszudrücken. Es
entfallen damit aber auch Überlegungen, die etwa aus dem Befunde
eine kompensatorische, ins Sarkomatöse übergreifende Ersatzwucherung
des Iymphatischen Apparats herauskonstruieren wollen. Wir können
somit in angeführtem Fall trotz der Merkwürdigkeit der Erschei-
nungen nur betonen, daß die dualistische Anschauung Ehrlichs
uns am ungezwungensten das Krankheitsbild verstehen läßt.
Angina und Rheumatismus.
-Von Dr. Fritz Kraus, Prag,
. Facharzt für Elektrotherapie.
Die Klärung der Frage des Zusammenhanges zwischen Angina
und Rheumatismus beschäftigt schon fast ein Vierteljahrhundert die
medizinische wissenschaftliche Welt und trotzdem muß man heute noch
sagen, daß. diese Tatsache trotz ihrer eminenten praktischen Wichtig-
keit, noch nicht Allgemeingut vor allem der in der Praxis stehenden
Ärzte geworden ist. Schuld daran mag wohl der Umstand tragen,
daß die. Publikationen, die sich mit dieser Frage beschäftigen,
weniger in den allgemeine Themen behandelnden großen medizinischen
Zeitungen zu lesen, als vielmehr weit häufiger in der speziellen
Fachliteratur zu finden sind. Deshalb glaube ich, daß hier der
Ort ist, den heutigen Ständ dieser Frage möglichst präzise zu
fixieren, um dem praktischen Arzte seinen therapeutischen Ent-
schluß im gegebenen Falle zu erleichtern. i
Ich selbst verfüge in meinem elektrophysikalischen Ambu-
latorium gerade über ein großes Material aus dem Gebiete der Er-
krankungen der Bewegungsorgane, weshalb ich mich auch auf Grund
reichlicher eigener Erfahrung. für berufen halte, diese Frage hier
eingehend zu erörtern. Da diese Abhandlung rein praktischen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
| er. C 8h August.
. für die Beurteilung. solcher Fälle durch Mitinanspruchnahme o-
derner Technik schulen muß, da er die letzte Instanz für die Ent-
scheidung bildet, ob eine Indikation zum operativen Eingriff im
speziellen Falle vorliegt oder nicht. Trotzdem ich also im gege-
benen Falle die Entscheidung selbstverständlich einzig und allein dem
Facharzte überlasse, will ich es trotzdem nicht versäumen hier
darauf hinzuweisen, daß die Inspektion. der Tonsillen, die ja meist
: vom Praktiker selbst vorgenommen wird, für unser praktisches
um mindesten recht große Seltenheiten |
Zwecken gewidmet sein soll, will ich davon absehen die historische |
Entwicklung unserer Kenntnis auf Grund der älteren und modernen
Literatur hier zu erörtern, und. will mich nur auf Grund der eigenen
reichlichen Erfahrungen bemühen, dem praktischen Arzte Dokumente
vorzubringen, die den Zusammenhang zwischen Angina und Rheu-
matismus möglichst klar erweisen und zeigen, daß vor allem die
therapeutischen Resultate den Zusammenhang zwischen diesen beiden
Erkrankungsformen am deutlichsten erhellen.
Während in der Fachliteratur zu wiederholten Malen ange-
diese Eingriffe nur von fa
Handeln nicht ausschlaggebend sein kann. Vor allem ist die Größe
der Tonsillen, ob. es sich in einem Falle um kleine atrophische
eingegrabene Tonsillen, im ‘anderen Falle “am solche handelt, die
durch chronische und: rezidivierende Entzündung bedeutend ver-
: größert erscheinen, für die Beurteilung des speziellen Falles ziem-
lich gleichgiltig, da mich meine Erfahrung lehrte, daß die oit äußerlich
. am harmlosesten scheinenden Tonsillen oft die schwerst erkrankten
Organe repräsentieren. Auch der Umstand darf keine Rolle spielen,
ob die Eiterpfropfen auf den Tonsillen gerade in reichlichster Menge
sichtbar sind, daich gerade gelegentlich der vorgenommenen Radikal-
operationen zu wiederholten Malen einwandfrei konstatieren konnte,
daß die Eiterherde im Parenchym der Tonsillen sitzen. Die Wer-
tung der Exploration der Tonsillen durch Expression oder Aus-
spülung derselben soll hier nicht näher besprochen werden, da
chärztlicher Seite vorgenommen: werden
sollen. | ; | | Ä |
Wie ich bereits kurz erwähnte, gibt es heute für den Zu-
sammenhang zwischen Angina und Rheumatismus schon Argumente
genug, welche den kausalen Zusammenhang dieser beiden Krank-
heiten klar erweisen. Es kommt ja in der ärztlichen Praxis oft
genug, vor, daß man durch den therapeutischen Erfolg einer im
speziellen Falle angewendeten therapeutischen Methode eine Dia-
gnose erhärten kann, die man vorher nur mehr dem Gefühle nach
stellen konnte. Aus meinem Krankenmaterial kann ich in dieser
Beziehung über gute, ja oft glänzende Resultate referieren, ja ich
kann sagen, daß ich unter fast 40 Fällen von chronischem Gelenk-
rheumatismus, die ich der später zu besprechenden Tonsillektomie
unterziehen ließ, keinen vollständigen Versager hatte. Allerdings
muß ich eingestehen, daß ich selbst alle meine kritischen Bedenken
ins Feld führe, wenn es sich um die Entscheidung der Frage
handelt, ob eine bei einem Kranken bestehende rheumatische
Affektion immer mit einer Erkrankung der Halsorgane zusammen-
hängt. Diese Entscheidung ist, ich muß es gestehen, heute immer
noch sehr schwer, weil wir, abgesehen von dem babylonischen
Wirrwarr, der im allgemeinen in der Gelenkpathologie heute noch
besteht, für die. Gelenkerscheinungen, die sich‘ den chronischen
_ eitrigen Halsafiektionen anschließen, noch keine fest umschriebene
Symptomatologie besitzen. |
Davis geht so weit, den sich an eine chronische Halsaffektion
anschließenden Rheumatismus als Streptokokkenarthritis zu benennen,
was ja schon von dem Standpunkte abzulehnen wäre, daß, wie wir
gleich sehen werden, nicht die Spezies Streptokokkus allein für
diesen Zustand verantwortlich gemacht werden kann. _
In den genannten etwa 40 Fällen, in denen stets wegen der
Herstellung der Autovakzine die Bakterienflora der Tonsillen syste-
matisch untersucht wurde, waren es allerdings am häufigsten Strepto-
kokkenformen, die allein den Plan beherrschten; dem zunächst
kommt meiner Erfahrung nach der Staphylococcus pyogenes aureus
am häufigsten allein vor, daneben selbstverständlich alle möglichen
Kombinationen der verschiedenen Strepto- und Staphylokokkenaften.
Der Mitteilüng eines Laryngologen verdanke ich die Kenntnis, daß
in einem Falle sogar der tückische Streptococcus viridans aus dem
sillen, in den Nebenhöhlen, an kariösen Zähnen: ihren Sitz hat, |
eine rheumatoide Erkrankung zur Folge haben kann, habe ich
unter meinem verhältnismäßig großen Material nur solche Fälle von .
_ chronischem Gelenkrheumatismus gesehen, die sich an eine, seit -
Jahren bestehende, chronische meist doppelseitige eitrige Tonsillitis
angeschlossen haben. Aus diesem relativen Zahlenverhältnis glaube
ich schließen zu dürfen, daß diese Tonsillenaffektion ein weit häu-
wir deshalb die Pflicht, die Rachenorgane, die Nebenhöblen des
Kopfes usw. von einem geschulten Facharzte einer genauen Unter-
suchung unterziehen zu lassen, ich möchte sogar noch darin weiter-
gehen und sagen, daß sich auch der laryngologische Facharzt selbst
| Tonsillensafte und dem Blute des Kranken reingezüchtet werden
geben ist, daß jede eitrige Affektion, sei es, daß sie an den Ton- |
konnte. Ein schlagender Beweis dafür, wie gefährlich die er-
krankten Tonsillen dem Menschen werden können. Bezüglich der
Symptomatologie des ganzen Krankheitsprozesses muß ich vor allem
auf den Umstand besonders aufmerksam machen, daß die Rheumatiker
selbst oft gelegentlich der Erhebung der Anamnese ihre chronische
rezidivierende Angina vergessen. Wenn nämlich keine besonders
heftigen, unter hohem Fieber verlaufenden Rezidiven vorhanden
| sind, so legen die Patienten den geringen Beschwerden, ‚die ihnen
figerer ätiologischer Faktor zu sein scheint, als alle die anderen |
"Affektionen, die ich im Vorangehenden kurz angeführt habe.
Im Falle einer allgemeinen rheumatischen Erkrankung haben
die chronische Tonsillitis oft macht, gar keine Bedeutung, zu und
| sind ganz erstaunt, wenn sie auf das Vorhandensein einer schweren
Tonsillitis oder gar auf den Zusammenhang ihrer Halsaffektion mit
dem Rheumatismus aufmerksam gemacht werden. Daraus gebt her-
vor, daß man nur dann zum Ziele kommen kann, wenn man in jedem
Falle von schwerem Rheumatismus die Halsorgane objektiv unter-
sucht und nur vom objektiven Untersuchungsresultat sein weiteres
therapeutisches Handeln abhängig macht. Ä Ä |
'. Klinisch können meiner Erfahrung nach’ die verschiedensten
Formen yon , chronischem Gelenkrheumatismus einer chronischen
Tonsillitis folgen. Beginnend von dem schwächsten Arthralgien,
wo sich öbjektiv an den Gelenken nichts- nachweisen läßt, sah ich
unter meinem Material Formen bis zu. den hartnäckigsten, schmerz-
haftesten.chronischen Gelenkaffektionen, mit nachweisbarer schwerer
Delormierung des gesamten Gelenkapparates. Nur das eine konnte
je bei- Durchsicht meiner Krankengeschichten konstatieren, daß
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die digitale Expression, die heute wohl schon weniger geübt wird, in
Tachkollegen das Kind tonsillektomieren. Die: Operation war selbst-
'esändlich wegen der Chorea ungemein schwierig, da sie in Lokal-
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vor allem die großen Gelenke, unter diesen wieder vor allem
die Schalter- und Kniegelenke, bei dieser gewiß infektiösen
- Form’ von chronischem Gelenkrheumatismus befallen zu. sein.
- „scheinen.“ Ä
‚Bevor ich auf die Therapie und auf die therapeutischen
Resultate 'eingehe, sei es mir noch gestattet, Tatsachen anzuführen,
die sich bei der Beobachtung meines Materials ergaben und die uns
wohl neues Beweismaterial für die Frage des Zusammenhanges
zwischen Angina und Rheumatismus. erbringen sollen.
‚Eine junge Dame kam im Frühjahr 1920 wegen sehr schmerz-
hafter-polyartikulärer Erscheinungen zu mir und da‘ durch die Ana-
maese der Verdacht einer chronischen eiterigen‘ Tonsillitis gestützt
wurde, ließ ich sie vom Laryngologen untersuchen, der auch wirklich.
de Halsaffektion bei der Patientin fand. Nach vorgenommener Ton-
slektomie schwanden die polyartikulären Beschwerden derart rasch
md restlos, daß sie sogar ohne Bedenken heiraten konnte. Acht
Wochen nach der Vermählung stellte sie sich wieder mit heftigen
Beschwerden bei mir vor. Eine daraufhin neuerlich vorgenommene
Untersuchung- der Halsorgane ergab die Tatsache, daß bei der Ton-
üllektomie ein kleiner Teil des unteren Teiles der einen Tonsille
stehengeblieben war. Um die Patientin nicht mehr operieren zu
müssen, wurde der Rest kauterisiert und der klinische. überraschende
Brlolg war der, daß in kurzer Zeit die arthritischen Beschwerden wieder
restlos verschwanden. Nunmehr sind 4 Jahre vorüber und die Patientin
it vollkommen symptomlos geblieben. Einen ebenso lehrreichen Fall
verdanke ich der Mitteilung eines Laryngologen. Dieser Fall wurde
'im’Ärzteverein bereits von F. Pick besprochen. Eine über 60 Jahre
alte Dame wurde ihm wegen konstanter-Nachmittagstemperaturen zur
Tonsiléktomie überwiesen. Bei der vorher zu diagnostischen Zwecken
vorgenommenen digitalen Expression und nachheriger Ausspülung der
Mandeln bekam die Dame am nächsten Tage eine vom Okulisten kon-
stalierterheumatische Episkleritis und gleichzeitig eine Hautaffektion, die
kicht als Erythema nodosum zu erkennen war. Man könnte, wenn
man diesen Fall berücksichtigt, sogar so weit gehen, zu sagen, daß >
esem Falle sogar geschadet hat, da sich an sie Erkrankungen, die
wir für echt rheumatisch halten, angeschlossen haben. |
‚ Fin ungemein interessanter. Fall kam mir im vorigen Jahre in
die Hand, da mir ein 12jähriges Mädchen, das nicht ‚weniger als
orea; chronische Polyarthritis, Endokarditis hatte, wegen seiner
lenksäffektionen zur Behandlung zugewiesen wurde.
‚Nach genauer Untersuchung und Erhebung der Anamnese kam
der Ansicht, daß eine doppelseitige, chronische, eiterige Ton- `
| En A das Kind seit seinen frühesten Jahren hatte,. die primäre
diese Krankheitstrias sein könnte, und ließ von meinem
isthesie vorgenommen wurde, verlief jedoch trotzdem ohne Zwischen-
und der klinische therapeutische Endeffekt war blendend. Die
orea beruhigte sich noch während der drei Tage, die das Kind nach.
Ä s Tonsillektomie im Sanatorium verbrachte, nach 4 Wochen waren.
p ‚Plyafthritischen Symptome restlos ‚verschwunden, nur die chro-
iy e Endokarditis, die schon vor der Operation zu einer Mitral-
“emos geführt hatte, blieb natürlich unbeeinflußt.. eo
dinen vierten Fall möchte ich nur aus meinem Material deshalb
hervorheben, weil die chronische, eiterige Tonsillitis, die leider erst |
Fi Jahren ihres Bestandes eruiert wurde, neben den schweren
rap polyarthritischen Symptomen zu multiplen serösen Haut-
"uonen geführt hatte, die ihrerseits vom Dermatologen als septisch-
embolische Hautveränderungen diagnostiziert wurden.
Es würde über den Rahmen dieser Abhandlung hinausgehen
0
. Wollte ich nóch die kleineren Züge schildern, aus denen sich der
en Zusammenhang zwischen Halsaffektion und Rheumatismus
i größter Sicherheit herauskonstruieren ließ. . |
H Noch eine kurze Bemerkung zur jetzigen Diagnostik solcher
Ualsaffektionen, Wie ich eingangs schon erwähnte und wie.ich dies
| der Wichtigkeit der Sache halber nochmals hervorheben will, bleibt
ibe AN i dem in diesen Spezialfragen kundigen Facharzte allein
ein assen, und der Exploration durch den Hausarzt kann ich nur
wi hi a den ersten Augenblick: orientierenden Wert zubilligen. Der
mehligste diagnostische Eingriff ist meiner Erfahrung nach die Aus-
kn der erkrankten Tonsillen zwecks Herausbeförderung eitrigen
ural, das sich tief im Parenchyn des Organs festgesetzt hat,
"Ahrend die Expression allein, abgesehen von ihrem vielleicht schäd-
' Schreck des Vitiums und der Sepsis“ ist im Vor
Kontraindiziert ist nach demselben Autor die Operation bei |
akuten Entzündungen der Mandelgegend, bei inkompensierten Herz-
krankheiten, bei schwerer Tuberkulose, bei schweren. Blutgefäß- und
(y
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ñr. 35. 0000000 M28
lichen Einflusse auf die Propagation des infektiösen Virus, gewöhn- 5
lich auch nicht ausreichend zu sein scheint... pia
Und nun zur Besprechung: der Therapie. Es ist. mehr als
'selbstverständlich, daß beim Nachweise eines primären eiterigen.
'Infektionsherdes im Körper und bei der Annahme eines höchst-
wahrscheinlichen Zusammenhanges mit bestehenden internen Krank-
heitsformen unser ärztliches Handeln vor allem darauf hinzielen
muß, diesen primären. Krankheitsherd: aus dem Körper radikal zu
‘entfernen. Ich sage ausdrücklich radikal, weil meiner Ansicht nach .
eine teilweise Entfernung der Mandeln, wie es früher durch die
Tonsillotomie geschah, keinen definitiven Nutzen bringen kann. Ich
stütze diese meine Ansicht hauptsächlich durch die vielen bei der
Tonsillektomie gemachten Erfahrungen, daß die Eiterherde in den
. wenigsten Fällen oberflächlich, in den meisten. Fällen tiefer liegen.
Ich habe es zu wiederholten Malen erlebt, daß die Patienten, an
denen man im reifen Alter wegen schwerer und tiefgreifender Eiter-
prozesse an beiden. Tonsillen die Tonsillektomie vornehmen mußte,
bereits in der frühesten Jugend tonsillotomiert worden waren. Die
Tonsillen, die eitrig infiziert sind, bieten. wegen ihrer großen resor-
bierenden Oberfläche für den $anzen Körper eine besondere Gefahr.
Nun begegnen wir aber in Praktikerkreisen immer und immer wieder
dem zum: Bilde gewordenen Einwurf, daß .die Tonsillen doch ein’
natürliches Bollwerk gegen die von außen an die Rachenorgane .
herankommenden Infektionskeime bilden.
Rethi, der über ein Operationsmaterial von. über 1000 Fällen
verfügt, nimmt gleichfalls in seiner vortrefflichen Arbeit über Ton-
sillektomie scharf Stellung gegen den legeren Standpunkt, den heute.
immer noch trotz der Erkenntnis der großen Gefahren, die damit ver-
bunden sind, die medizinische Welt in der Frage dieser operativen _
und ätiologischen Therapie einnimmt. Er sagt wörtlich: „Wenn wir
eine starke äußere uEnE haben, so leistet diese eine große Ab-
wehrkraft gegen den Feind;
der Tonsillen ‚hätte zurückführen können, und ist mit anderen Autoren
(Fleischmann, Henkl) der Ansicht, daß im Schlundring, Zungen-
grund usw. genug adenoides Gewebe vorhanden ist, das nach der Ton-
sillektomie die Funktion der Tonsillen übernehmen könnte, und nennt
mit klaren Worten die chronische Tonsillitis, die eine akute Poly-
‚ arthritis ‚verursachte, eine absolute Indikation zur Tonsillektomie; hier
dürfe man mit konservativen: Mitteln nicht ten, „Der
ergrund. |
Geisteskrankheiten, bei Hämophilie und überhaupt bei Krankheiten,
die in kurzer Zeit zum Tode führen können. B | |
an dem von ihm beobachteten Material bezüglich der Zahl und Intensität
der auftretenden Blutungen derart gering, daß sie als praktisch be-
. deutungslos bezeichnet werden kann, bei vollendeter Technik des `
Operateurs. . |
‚ Ich selbst habe an meinem, ta arein n u =
‚kleineren. Material dieselben Erfahrungen gemacht, nämlich, ‚daß die
Operation bei klinisch richtiger Ausführung gar keine irgendwie
gearteten Gefahren in sich birgt. Es kamen zwar. geringfügige
. Nachblutungen vor, die entweder selbst bald standen oder sich.durch
meist kurze Tamponale 'anstandslos erledigen ließen: Ein ope-.
' rativer Eingriff irgendwelcher Art zur Blutstillung war niemals
l
notwendig.
ich es für selbstverständlich, daß man weniger erkrankte Tonsillen,
die keine oder nur ganz leichte interne Komplikationen nach sich
+
ziehen, ‚nicht operativ, sondern nur konservativ und vor allem-
exspektativ behandeln soll. Allerdings ist es oft schwer, in solchen
leichteren Fällen den richtigen. Zeitpunkt zum Eingreifen nicht zu
versäumen.
Hier muß ich meine Ansichten bezüglich der Art und Wertung.
der internen Komplikationen nach Erkrankung der Tonsillen einfügen. .
Die schwerste Komplikation, vor der man sich am meisten
fürchten sollte, da bei ihrem Bestehen bezüglich einer Restitutio
ad integrum die schlechteste Prognose gestellt werden muß, ist die `
Nephritis. Ich habe leider in dieser Beziehung schon die traurigsten
Tatsachen erlebt, daß jugendliche Individuen, bei denen der Zu-
sammenhang der eiterigen Halsaffektion mit einer mehr an Intensität
| in unserem Falle gegen die Bakterien,
Wenn aber der Feind diese äußere Befestigung. besetzt hat, 'so pro-
bieren wir ihn entweder auszudrängen, ‘oder aber wir demolieren die
' Befestigung.“ Rethi hat unter seinen 1000 Operationsfällen niemals -
allgemeine Schädigungen auftreten gesehen, die man auf das Fehlen —
| R ei Sängern 'ist die,
Operation möglichst zu vermeiden. Die Gefahr der 'Nachblutung war
| Trotzdem. ich jedoch bei tatsächlich erkrankten Tonsillen, die .
bereits irgendwelche interne Schädigungen in Form der Polyarthritis
Endokarditis, Nephritis usw. erfahren haben, ein .unbedingter An-
hänger der Radikaloperation in Form der Tonsillektomie bin, halte
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zunehmenden Nierenerkrankung vorkam, dadurch das Leben ein-
gebüßt haben. Ä |
Hier sei kurz ein Fall. geschildert, den ich im vorigen Jahre
zu beobachten Gelegenheit hatte. Eine junge Dame, die schon seit
Kindheit an einer rezidivierenden Halsentzündung gelitten hat, und in
ihrer Folge rheumatische Beschwerden verschiedenster Art durchmachte,
erkrankte im Jahre nach ihrer Verheiratung im 21. Lebensjahre aber-
mals an schwerer Angina, der ‚sofort‘ unter hohem Fieber eine ebenso
schwere Nephritis folgte. Jetzt erkannte man den Zusammenhang,
tonsillektomierte sofort trotz des hohen Fiebers, das nach der
Ope-
ration in Kürze vollkommen schwand. Doch die Nieren- und Gelenk-
attektion blieb durch die zu .spät vorgenommene Operation unberührt
und die junge Dame ging im zweiten Jahre ihrer Ehe an der Nephritis
mit schwersten Ödemen und urämischen Anfällen elend zu Grunde.
Ich glaube in diesem Fall bestimmt annehmen zu dürfen, daß eine
rechtzeitig vorgenommene Tonsillektomie das Unglück verhütet hätte.
ies nur ein kurzumrissenes Bild aus den fallweisen Erfahrungen,
die ich mit der Nephritis gemacht habe.
Alle anderen Komplikationen sind wohl ebenso als Indikation
anzuerkennen, doch bieten sie nicht im mindesten die -Gefahr, wie
die Nephritis, da sie sich, soweit es ihre anatomische Natur zuläßt,
weitgehend zurückbilden können. Meine Indikationen und Kontra-
indikationen decken sich mit denen Rethis, so daß ich in diesem
Punkte nichts hinzuzufügen habe. |
Die vorstehende Abhandlung soll speziell den Praktikern über
diese brennende Frage die Augen öffnen, damit unsere Kranken vor
den schweren Komplikationen, die eine nicht berücksichtigte Hals-
alfektion zur Folge haben kann, rechtzeitig geschützt werden Können.
Retentio testiculi bei Säuglingen und Kleinkindern.
Von Dr. Adolf Vollbrandt, Freiburg i.Br.
Um das häufige Zurückbleiben der Testieuli in dem Canalis
inguinalis bzw. in dem Abdomen zu verhindern, erschien mir in ge-
'eigneten Fällen ein dauernder, gleichmäßiger Druck auf den Processus
vaginalis zwecks Erzielung der natürlichen Obliteration durch die
Verwendung eines Bruchbandes angezeigt. Die bisher gegen Hernien
angewandten Bruchbänder mit Metallfedereinlage, wie auch die zu
einem Knoten verschlungenen Lagen von Wollfäden bieten nicht volle
Gewähr für Unverschiebbarkeit, gleichmäßige Kompression aul den
ganzen Leistenkanal, Schutz derkindlichen zarten Haut und Sauberkeit.
Auf der Suche nach einem geeigneteren Apparat, der diese Be-
dingungen besser erfüllte, habe ich bei einem hiesigen Bandagisten !)
cin ganz aus weichem, anschmiegendem Gummi hergestelltes Bruch-
band — „Hernifix* — mit leicht aufblasbaren Pelotten gefunden,
das sich in einem Falle von Retentio testiculi bei einem jährigen
Kinde sofort glänzend bewährt hat. Nach wiederholtem, sanitem
Herabziehen des Skrotums, das in seiner größten Ausdehnung die
Größe einer Kirsche hatte und nach dem Baden fast ganz zusammen-
schrumpfte, gelang es mir, die Testes auf den Boden des Skrotums
zu bringen und diesen erstrebten Zustand mit Hilfe des sich fest
und unverschiebbar anschmiegenden Gummibruchbandes zu erhalten.
Das Kind fühlt sich durch den Apparat nicht im mindesten belästigt.
Die Stellen der Haut, welche der Reibung am meisten ausgesetzt sind,
werden, falls nötig, wirkungsvoll durch Einpuderung geschützt.
Wenngleich ich über den endgültigen Erfolg der Behandlung
noch nichts berichten kann, so wollte ich angesichts der Wichtigkeit
eines frühzeitigen Eingrilfes in solchen und ähnlichen Fällen (Hernien,
Hydrozele) doch nicht zögern, auf dieses Bruchband und seine
Bezugsquelle aufmerksam zu machen. .
Der Preis des Apparates beträgt etwa 4—5 M.. je nach Größe.
Aus der Serologischen Abteilung (Prof. Dr. V. Kafka) der Staats-
krankenanstalt und psychiatrischen Universitätsklinik Friedrichsberg
in Hamburg. (Direktor: Prof. Dr. Weygandt.)
Über die Einwirkung des Nitroscleran (Tosse)
auf pathologische Biutdrucksteigerungen.
Von Proi. Dr. V. Kafka.
' Für den Internisten, Neurologen und Psychiater ist die Behand-
lung der mit Blutdrucksteigerungen einhergehenden Erkrankungen von
gleich großer Wichtigkeit. Handelt es sich doch darum, die bei den
Hypertonien und Sklerosen des Gefäßsystems schon bestehenden objek-
tiven Rrankheitserscheinungen zu bessern oder ihr Auftreten zu ver-
hüten, sowie vor allem die subjektiven Symptome, die oft im Vorder-
1) C. A. Steinberg, Freiburg i.Br., Bertholdstr. 22.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
u l 31. August
grunde stehen, zu lindern. Diesen Zielen kommt aber kaum eines
der angewendeten und empfohlenen Arzneimittel nahe. Eine schon
im Jahre 1902 von. Lauder Brunton angeregte Behandlungs-
methode der Hypertonien und gewisser Nierenerkrankungen mit
Nitriten wurde in neuester Zeit wieder von Schlesinger, Rom-
berg, Nagy und Lepehne hervorgehoben, ohne daß jedoch eine
praktisch brauchbare Methode resultierte. Auf den günstigen Er-
. fahrungen dieser Autoren fußend, wurde nun von der Firma Tosse &Co,
in Hamburg eine neuartige Behandlungsmethode eingeführt durch die
Anwendung des Nitroscleran, das ein anorganisches Desoxynitrat po-
tenziert durch die Salze eines anorganischen Serums in physiologischer
Kochsalzlösung (von Herrn Dr. Ehrenstein, Chem. Univ. Institut,
Hamburg, bestätigt) darstellt. Da wir aus anderen Gründen mit
eingehenden Blutdruckuntersuchungen bei Geistes- und Nerven-
kranken beschäftigt waren, ergriffen wir gern die Gelegenheit, die
Einwirkung des Nitroscleran auf den pathologischen Blutdruck des
Menschen zu studieren. Wir arbeiteten mit dem von Apel modi-
fizierten Sphygmomanometer der Firma Leitz. Es wurde stets der
systolische und diastolische Blutdruck bestimmt, wobei neben Aus-
kultation der Arteria cubitalis zur Kontrolle meist auch die Arteria
radialis durch einen Assistenten palpiert wurde. Toleranzprüfungen
ergaben, auf den Menschen bezogen, noch eine vollkommene Un-
schädlichkeit bei subkutaner Injektion von 50 Ampullen zu 0,02 g.
Der Einfluß des Nitrosclerans auf den krankhalten Blutdruck
und das subjektive Befinden war nun ein so verblüliender, daß wir
unsere Befunde schon heute mitteilen möchten, trotzdem es sich
erst um ein Material von 12 Fällen (Hypertonien bei Arteriosklerose
oder Senium, beginnende Arteriosklerose, 1 Fall von Myodegeneratio |
cordis) mit 30 Injektionen behandelt. Die Einverleibung des Nitro-
sclerans erfolgte in Ampullen zu 0,02 und 0,04 g auf je í ccm
. Flüssigkeit, teils subkutan, teils intravenös. Die bisher angewendete
Höchststärke war 0,08 g subkutan. Nie wurden unangenehme Folge-
erscheinungen konstatiert; nur in einem Falle gab ein Patient ver-
mehrte Speichelsekretion an. Der Blutdruck wurde in 11 von
12 Fällen deutlich beeinflußt.!) Schon nach subkutaner Injektion
von 0,02 g war die Herabsetzung deutlich, sie stieg dann an über 0,04 g
subkutan, 0,02 g. intravenös bis 0,04 g intravenös, woselbst Herab-
setzungen des systolischen Blutdruckes um 20 bis 25°/, nichts Seltenes
waren.‘ Die Messungen erfolgten meist eine Stunde nach der Injektion.
Die Dauer der Blutdruckherabsetzung war verschieden, doch konnten
wir in 4 Fällen noch nach 24 Stunden eine Erniedrigung des Blut-
druckes feststellen?). Besonders in die Augend springend war auch
die Beeinflussung des subjektiven Befindens. Schon nach 0,02 bei
subkutaner Injektion gaben die Patienten eine Besserung ihres Be-
findens an; sie fühlten sich frischer, der Kopf wurde freier, Kopf-
schmerzen verschwanden, die Stimme klarer, und sie verlangten
selbst nach neuen Injektionen.
\
‘ Die Vorzüge des Nitrosclerans scheinen also zu bestehen,
1. in sofortiger Herabsetzung des Blutdruckes, 2. in deutlicher
Besserung des subjektiven Belindens, 8. in vollkommener Unschädlich-
a 4. in angenehmer Darreichung. Über diesen Punkt noch einige
orte.
zeichnen hat, kann je nach Lage des Falles zwischen subkutaner
und intravenöser Injektion gewählt werden. Es empfiehlt sich, mit
.0,02 g anzufangen und auf 0,04g zu steigen?); zweckmäßig erfolgen die
Injektionen jeden zweiten bis dritten Tag. Da auch die Einver-
leibung durch den Mund nicht unwirksam ist, so scheint es von Nutzen
zu sein, als Nachkur wie prophylaktisch das Nitroseleran per os zu
geben. Über die Theorie der Nitroseleranwirkung sowie über die
Einzelheiten der Behandlung wird später berichtet werden,
doch können schon heute Versuche mit diesem Mittel warm
empfohlen werden.
~ Zur Frage der intensiven Serumbehandlung
.des Tetanus. o
Von Dr. Themistocles Dervis (aus Cypern).
letzten Jahren große Wandlungen aufzuweisen hat, harrt noch der
endgültigen Lösung. i
1) Eine Reihe von Iniektionen und Blutdruckmessungen wurde
vom Medizinalpraktikanten Herrn Dr. Hertz ausgeführt. _
2) Weitere Untersuchungen haben gezeigt, daß nach einer Reihe
von Injektionen der vor der Injektion gemessene Blutdruck immer
niedriger wird.
3) Bestehen ausgesprochene subjektive Beschwerden, so kann
mit 0,04 g begonnen werden, |
Da auch schon die subkutane Injektion Erfolge zu ver
Die Frage der Serumbehandlung des Tetanus, die in den
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‚ «er Ansicht Ausdruck geben wollen, daß Kolibakterien sich in
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-_ Während man früher mit Recht der prophylaktischen Serum-
behandlung des Tetanus den allergrößten Wert beilegte, gehen noch
‘die Ansichten der Autoren über die Erfolge oder über die Nutz-
losiekeit der Serumbehandlung bei ausgesprochenem Krankheitsbild
völlig auseinander.
Erfolg der Serumbehandlung wie folgt zusammen: „Die prophylaktische
Totanusantitoxininjektion gewährt bei frühzeitiger Anwendung unseren
Krieesverwundeten einen fast sicheren Schutz gegen Tetanus. Das
Krankheitsbild des Wundstarrkrampfes, welches uns kurz nach Beginn
.. des Krieges in erschreckender Form und Häufigkeit entgegentrat, ist
verschwunden.“ — Über diesen Kümmellschen Standpunkt herrscht
emeine Merreni Die Frage, wie man die Serumwirk-
samkeit nach Ausbruch des Tetanus beurteilt, wird verschieden beant-
. votet Wilms, Ullrich, Maudry, Hübner, u. a. (zitiert nach
‘Kehl baben sich von der absoluten A E r Serumtherapie
bei ausgesprochenem Tetanus überzeugt, und Menzer, über das nötige
Ziel-hinausschießend, behauptet, von dem Tetanusantitoxin, welches
er bei seinen 13 Patienten in großen Dosen subkutan bzw. intralumbal
versucht hat, nicht nur keinen Erfolg, sondern eher eine Vorschlechte- |.
rung im Zustand seiner Patienten gesehen zu haben. Hochhaus ver-
. hält sich in seinem Urteil dieser Frage Se etwas zurückhaltend,
n
ibt aber zu, manchen ausgezeichnete
. Isg.erzielt zu haben.
Es. läßt sich nicht leugnen, daß die Mehrzahl der Autoren
‚der Serumbehandlung: nach Ausbruch des Tetanus sehr skeptisch
gegenübersteht. |
In der letzten Zeit beginnt diese Frage von französischer
Seite aufgerollt zu werden. Tixier, Nobecourt, Duval und
andere, ‚gestützt auf günstige Erfolge, treten neuerdings für eine
rfolg mit der Serumbehand-
. sehr energische Serumbehandlung ein.
Der Zufall will es, daß ich über zwei recht schwere Tetanus-
fälle berichten kann, die ich im April 1923 Gelegenheit batte zu
behandeln. Der günstige Ausgang beider Fälle nach einer energischen
bra Aulun berechtigt mich, dieser Behandlungsart das Wort
m teden. 2 =
© Dererste Fall betrifft eine Berufsschneiderin, die sich fünf Tage
vor dem Ausbruch des Tetanus beim Reinigen einer Schublade an dem
rechten Zeigefinger verletzte. |
.. Zur Patientin gerufen, fand ich das klassische Bild eines schweren
Wuidstarrkrampfes: Tetanische Anfälle, Risus sardonicus, 38° Tem-
paratur, Lichtscheu, Schmerzen in der Herzgegend, Auslösung eines
les bei jeder Berührung. Vorllögender Fall der wegen seiner
‚kurzen Inkubationszeit (5 Tage) als ein sehr ernster en werden
m, ging in Heilung über, nachdem Patientin innerhalb 10 et
a com flüssiges Tetanusantitoxin intravenös und intralumbal (8000 A.
erhalten hatte. Von der subkutanen Serumanwendung mußte Ab-
ad genommen werden, nachdem Blumenthal die Nutzlosigkeit
ser Änwendungsart auf das üunwiderlegbarste nachgewiesen hat.
ı WAS das Magnesiumsulfat anbetrifft, so habe ich mich bei dessen An-
wendung streng an die W ydlersche Vorschrift en: d. h. ich gab
| c
von einer Shigen Magnesiumsulfatlösung täglich 30 cem intravenös.
Yom Luminal habe ich ausgiebigen Gebrauch gemacht. |
Kast Derzweite Fall betrifft einen 28jährigen Gärtner, der von einem
wagen überfahren, sich eine komplizierte rechte Unterschenkel-
hln Auzog, Der Ausbruch des Tetanus erfolgte 11 Tage nach dem
- Nach achttägiger intravenöser und intralumbaler Serumbehand-
ing, bei welcher Pat. 1600 ccm Serumantitoxin erhielt, trat Heilung ein.
San das Serum anbetrifft, so habe ich die Sera vom Institut
Be Hals Paris, das Serum der Höchster Farbwerke, und das der
Ml &swerke in Marburg -zu gleicher Zeit bei meinen. zwei
tauen verabreicht,
, Die Heilung beider als Frühtetanus aufzufassenden Fälle, nach-
Mm wir zur Neutralis; : : er
ne ralisi titoxin-
| dosis'angew sierung des Tetanusgiftes eine große An
andt haben, erlaubt uns der Serumbehandlung des Wund-
Bra mehr Vertrauen zu schenken unter der Bedingung,
me mit großer Dosis betriebene Serumbehandlung einsetzt.
Berichtigung zu meinem Aufsatz: Wie wirkt die
‚lfe.im Sommer auf die Gesundheit des Säuglings
u schädlich? (in Nr, 28 dieser Wochenschrift).
nr Von Prof. Dr. Rietschel.
Toa len Aufsatz hatte ich geschrieben: „Neuerdings hat
Mese bakterielle Theorie wieder gestützt, indem er be-
üch in steril nz besonders das Bacterium coli in großen Massen
vielleicht ae Milch angetroffen hätte und er meint, ob. nicht
| ieses
och stehen dafür Bew
eise noch völli ge
elbstyer öllig aus
ständlich habe ich in dem ersten Teil dieses Satzes
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
“Kümmell faßt seine Erfahrungen über den proph laktischen.
Bakterium Gifte produziert werden könnten.
1215
der im Hause gekochten Milch dann nachweisen ‚ließen, wenn das
Kochen nicht einwandsfrei erfolgt ist oder die Milch nach dem
Kochen sekundär verunreinigt wurde. Ich habe nicht damit aus-
drücken wollen, als ob Bessau die Ansicht hätte, daß eine ein-
wandsfreie sterilisierte Milch noch Kolibakterien enthalten könnte.
Sodann ist zu bemerken, daß Bessau in der Tat nicht behauptet hat,
daß durch diese Kolibazillen Gifte in der Milch ‚produziert werden
könnten, die das Kind zur Intoxikation brächten, sondern er nimmt
ebenso wie wir eine komplizierte Wirkung der Hitze auf das Kind
an, durch die es zu: Störungen der Verdauungsvorgänge im Darm
kommt, „wobei die Verfütterung kolibaltiger Milch 'an verdauungs-
gestörte Kinder außerordentlich bedeutungsvoll sein könnte, indem
bei insuffizienter Magensalzsäurewirkung und bestehender Stagnation
in den oberen Darmabschnitten aus der Koliverfütterung eine exogene
: Kolibesiedelung werden muß“. „Diese wird im Prinzip die gleichen
Folgen haben wie die endogene, wird nur sehr oft, wenn sie plötzlich -
und massiv erfolgt, besonders stürmische Erscheinungen hervor-
rufen“. Bessau hält also eine bakterielle Infektion der Milch mit.
Kolibazillen für die Entstehung des Sommerbrechdurchfalles für zù-
treffend und schließt dies daraus, daß Kinder, die aus der Milch- '
küche ihre Nahrung erhalten, am. Sommerbrechdurchfall : nicht
erkranken, „da die prophylaktisch schützende Wirkung der. Milch-.
küchennahrung in erster Linie auf die einwandsfreie Sterilisierung.
zu beziehen ist“. Auch diese Ansicht Bessaus_ bleibt zunächst
nur eine Hypothese. Wir haben gegen diese Auffassung Bessaus
erhebliche Bedenken, zumal experimentelle Beweise dafür noch
fehlen. Aber gern komme ich der-Bitte des Herrn. Kollegen Bessau
nach, eine zum Teil mißverständliche, zum Teil unrichtige Dar-
stellung zu berichtigen.
Über Konstitution und Vererbung bei der
naa - Lungenschwindsucht. E |
Erwiderung auf die gleichnamige Arbeit von F. Reiche.
in Nr. 24 dieser Wochenschrift. i
eaa o Von Dr. Ernst Meinicke. e g
In etwas ungewöhnlicher Tonart spricht R. am Anfang seiner |
Arbeit von dem Gefühl des Unbefriedigtseins und der Enttäuschung,
mit dem wohl. Viele die Jenenser Relerate von Schultz und mir
gelesen haben dürften. Er erwähnt zwar, daß wir einige fesselnde
'kleine Beiträge zu dem Thema geliefert hätten; aber der Sinn des
Ganzen ist uns offenbar nicht aufgegangen. Im einzelnen polemi-
siert R. dann ausschließlich gegen Schultz, so daß ich nicht recht
weiß, womit ich mir einen so herben Tadel zugezogen habe. An-
scheinend wirft R. mir vor, daß ich das Problem der starken Häu-
fung der Tuberkulose unter den Nachkommen tuberkulöser ‚Eltern
nicht ausführlich genug behandelt habe. Dieses angebliche Problem
ist aber wohl für alle, die nicht auf die orthodoxe Konstitutions-
lehre eingeschworen sind, längst kein Problem mehr.‘ Die Frage
scheint mir vielmehr so eindeutig im Sinne der vermehrten Ex-
position entschieden, daß man nur offene Türen einrennt, wenn
man länger dabei verweilt. Auch die unhygienischen tnberkulose-
fördernden Einflüsse des Krieges habe ich anscheinend nicht ge-
nügend berücksichtigt. Erwähnt habe’ ich sie selbstverständlich.
Mein Thema befaßte ‚sich. aber nicht mit Hygiene, sondern mit Kon-
stitution und Vererbung und duldete daher keine Abschweifung auf
andere Gebiete. erm Ä
der Tuberkuloseerkrankungen als solche während des Krieges von
Interesse als das ‚gehäufte Auftreten besonderer Krankheitsformen.
die man sonst in Europa bei Erwachsenen selten beobachtet (kind- \
liche Formen). Der Kern meines Referates befaßte sich aber gerade
mit dieser wichtigen Frage und im Zusammenhang mit ihr mit den
Jahrhunderte alten Wechselbeziehungen der Tuberkelbazillen und
ihrer Varianten (Sibirien) zum menschlichen Organismus. Die Varia-
bilität dieses Verhältnisses, die oft genug Unterschiede der Kon-
stitution vortäuscht, schien mir der eingeliendsten Behandlung wert.
Vielleicht interessiert es Herrn Reiche zu erfahren, daß die dies-
jährige Mikrobiologentagung ganz im Zeichen dieser von mir bei `
dem Sondergebiet der Tuberkulose besprochenen Probleme stand.
Diesen Problemen wird also offenbar von maßgebenden Seuchen-
forschern die gleiche Bedeutung beigelegt, wie ich das in meinem
Referat tat. Diese neuen und aussichtsvollen Fragen erwähnt R
in seiner langen polemischen - Arbeit überhaupt nicht.. Er bleibt
vielmehr, um einen seiner Ausdrücke zu gebrauchen, ganz in alten
‘für die überwiegende Mehrzahl der: Tuberkuloseforscher längst er-
ledigten Fragen stecken.
Zudem ist ja auch nicht so sehr die Vermehrung
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1216
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
31. Angist
Erwiderung.
Von Dr. F. Reiche.
Das persönliche Bedauern, daß bei Gelegenheit des großen
Doppelreferats von Schultz-Meinicke über Konstitution und Ver-
erbung bei der Lungenschwindsucht das beziehungsreiche Thema
nur- bruchstückweise behandelt und insbesondere auf das bislang
sehr verschieden gedeutete, praktisch wichtige Moment der erb-
lichen Belastung nicht eingegangen wurde, war mir die Initiative
zu einer Ergänzung in diesem Punkt. Die kritischen. Bemerkungen,
die dabei sich ergaben, betreffen nicht die Ausführungen des
Herrn Meinicke.
Mag ich nun auch der Übereinstimmung mit ihm mich darin
erireuen, daß der deletäre Einfluß der elterlichen Tuberkulose aus-
schließlich auf vermehrte Exposition zurückzuführen sei, entschieden
muß ich bestreiten, daß es sich hier um eine für die überwiegende
Mehrzahl der Tuberkuloseforscher längst erledigte Frage handelt.
Im Gegenteil, sie ist noch vollkommen in Fluß, manches bei ihr
‚noch dunkel (Bandelier-Röpke 1924), wie es auch- die Verhand-
lungen auf jener Jenenser Tagung zeigen und ein Blick in unsere
Lehrbücher erweist, die nahezu sämtlich der Vererbung der spezifischen
‘ Anlage zur Tuberkulose einen, im Einzelnen nur wechselnd hoch,
eingeschätzten Einfluß einräumen, z. T. auch in der noch kürzlich
wieder aufgenommenen Lehre von der hereditären Übertragung selbst
eines Locus minoris resistentiae und der Tendenz zu gleichen Ab-
laufsformen eine greifbare Stütze für diese Anschauung ansprechen.
Und nicht nur häufen soll sich die Krankheit unter den Deszendenten
phthisischer Familien, sondern oft bei ihnen besonders bösartige
Bilder darbieten, welcher Auffassung gegenüber: dann die jüngste
Theorie von der Übermittelung schützender immunisatorischer Kräfte
seitens der tuberkulösen Eltern eigen anmutet.
Da scheint mir denn doch der an großem jahrzehntelang ver-
folgtem klinischen Material geführte Nachweis, daß die Konstitution
gegenüber der Tuberkulose durch den Erblichkeitsiaktor der Ab-
stammung von phthisischen Eltern generell wederim günstigen,
noch im nachteiligen Sinne beeinflußt wird, von klärender
und überzeugender Bedeutung zu sein. Solcher Beweise bedarf es
um so mehr, als unter den familienberatenden praktischen Ärzten,
sowohl den älteren wie den. jüngeren Generationen, das einstige
Theorem von der „Belastung“ im philologischen Sinne des Wortes
noch fest und vielleicht verständlicher Weise haftet, da manche
Einzelbeobachtungen, wie die Prädilektion der Krankheit in gewissen
Familien, das Erkranken mehrerer Mitglieder im gleichen Lebens-
alter oder mit gleichgeartetem Krankheitsgange, scheinbar immer
wieder neue Belege für die hereditär erworbene Disposition zur
Tuberkulose enthalten. Aber gerade bei der langsam sich ent-
wickelnden Phthise werden nur in den seltensten Fällen sich jeweilig
die Bedingungen der Erbanlage und die hemmenden und fördernden
Einflüsse der Umwelt in ihrer Wirksamkeit für Entstehung und
Verlauf der Krankheit sondern lassen und desto schwerer, als es
mancherlei zur Tuberkulose disponierende kongenitale Momente
gibt, die ihrerseits wieder sich in sogenannten belasteten wie un-
belasteten Familien finden können. Serienuntersuchungen müssen
da das letzte Wort sprechen: sie negierten eine vererbliche spezifische
Disposition, welche allein darauf sich gründet,
manifest an Tuberkulose erkrankt waren.
daß die Eltern
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
ul: Aus der II. Medizinischen Klinik der Charité zu Berlin
a re ar (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Fr. Kraus).
mit Suprareninüberempfindlichkeit erreichte die Suprareninblutdruck-
Er von 115 T Hg langsam ansteigend auf ee nach
a Y: e | eo 4 BAR. ° | inuten mit mm Hg, auf Luteoglandol nach 15 Minuten mit
ee Der Einiluß verschiedener endokriner Organextrakte, 160 mm Hg ihr Marine gegenüber 185 mm Hg im Vorversuch. :
onn g lonen und organischer Verbindungen . - Ebenso verwandelte sich auf Testiglandol die steile Kurve in eine
u auf die Suprareninempfindlichkeit des Menschen. flache, die in mehreren Versuchen sogar anfangs negativ wurde.
OTAN LEERE , . Auch das Anteglandol (Hypophysenvorderlappenextrakt) bewirkte
en | Von.Dr. Betty Finkelstein. l ‘in 90°, der Fälle einen langsamen Anstieg der I ara
ee . . . + an Ra; druckkurve, während in 10°/, auf einen steilen Anstieg ein all-
ee Im folgenden möchte ich kurz die Ergebnisse einer Reihe von as Dee, Re
ee Versuchen mitteilen, welche ich auf Anregung von Herrn Professor See i ae a der nl T z
er Dr. Leschke, dem ich an dieser Stelle für seine freundliche Unter- | TE f a o yo nen sh m
n © stützung den besten Dank ausspreche, vorgenommen habe, um a a re sowie auf die verschiedene Höhe der
ee die Beeinflußbarkeit des vegetativen Nervensystems durch ver- | “15 zurückzuführen,
a schiedene endokrine Organextrakte, Ionen und organische Ver- _ Auf Epiglandol und Thymoglandol traten keine typischen
an bindungen zu prüfen. | Veränderungen ein. -
Be Zu diesem Zwecke stellte ich zunächst bei den Versuchs- I. Was den Einfluß der Ionen anbetrifft,- so brauchten wit
a erst "| personen den Verlauf der normalen Dreselschen Suprareninblut- | mit Kalzium keine Versuche vorzunehmen, denn die Wirkung des
a druckkurve fest. - In den nächsten Tagen wiederholte ich dann die | Kalziums (die Steigerung der Erregbarkeit des Sympathikus) ist ja
ern Suprareninblutdruckkurve, nachdem ich eine Stunde zuvor das | bereits durch die Versuche von Dresel und Leschke bekannt.
ee Medikament, dessen Einfluß auf das vegetative Nervensystem ich | Wir prüften daher von den zweiwertigen Ionen nur das Magnesium
Po untersuchen wollte, . verabreicht hatte. Meine Versuche nahm ich | und sahen nach intravenöser Injektion von 10 cem einer 10°/,igen
en oa sowohl bei Patienten mit gesteigerter Suprareninempfindlichkeit als | Lösung von Magnesium sulfuricum regelmäßig eine abnorme Supra-
D il auch bei solchen mit herabgesetzter und normaler Suprarenin- | reninüberempfindlichkeit. Bei schon vorher vorhandener Supra-
a ‚ empfindlichkeit vor. Dabei konnte ich folgende Beobachtung machen: | reninüberempfindlichkeit konnte ich eine Blutdrucksteigerung von
Die ms - 1,Vonden endokrinen Organextrakten trat nach Coluitrin | 110 mm Hg auf 225 mm Hg beobachten. Auch Patienten mit normaler
ni Be (Hypophysenhinterlappenextrakt) sowie nach Thyreoglandol und
und herabgesetzter Suprareninempfiudlichkeit reagierten mit steil
ansteigender Suprareninblutdruckkurve. |
Nach Kalium tartaricum (intravenös 1 ccm einer 10°/,igen
Lösung) oder Kalium chloratum (8—5 g per os) sah ich ın
75°,, und zwar bei Patienten mit Suprareninüberempfindlichkeit,
die Suprareninblutdruckkurve sich abflachen. In 12%/,0/, blieb die
Suprareninblutdruckkurve ungeändert, in weiteren 12!/30/, mit Supra-
reninunterempfindlichkeit trat die umgekehrte Reaktion ein: die vor-
"her flache Kurve wurde steiler.
Nach Mononatriumphosphat (intravenös 10 ccm emer
10°/,igen Lösung) wurde die Suprareninblutdruckkurve flacher.
III. Von organischen Verbindungen prüfte ich den Ein
fluß des Benzylbenzoats, des Bromurals und des Morphiums
| auf die Suprareninblutdruckkurve. Dabei fand ich, daß nach
Benzylbenzoat in allen Fällen sowohl bei Suprareninüberempfind
lichkeit als auch bei normaler und herabgesetzter Suprarenit
emplindlichkeit die Suprareninblutdruckkurve sich abflachte. Nach
0,6 g Bromural wurde in 670%, der Fälle die Kurve flacher, I
sich Ovoglandol, Luteoglandol und Testiglandol. Die steile
ao 33°/, blieb der Anstieg ungeändert oder wurde noch steiler, während
Kurve wurde abgeflacht, desgleichen die normale. Bei einer Patientin ! der Abfall im Sinne der flachen Kurve allmählich erfolgte. Nach
Thyreoidin, die ich intramuskulär injizierte, regelmäßig eine
Steigerung der Suprareninempfindlichkeit ein, ‚so daß ‘bei schon
a in vorher suprareninemplindlichen Personen der maximale Blutdruck
EB von 115 mm Hg auf 210 mm Hg, bzw. 220 mm Hg anstieg und zwar
en diesen, seinen höchsten Wert, schon nach 1—2 Minuten erreichte,
ee bei normaler Suprareninempfindlichkeit die Suprareninblutdruckkurve
Brenn steil anstieg und bei vorher herabgesetzter Suprareninempfindlichkeit
a die Kurve entweder einen normalen oder einen steilen Verlauf annahm.
he | Leschke hat in nicht veröffentlichten Versuchen das Blut-
me ve, serum von Patienten mit schwerer akuter Basedowscher Krankheit
en anderen Menschen intravenös in größeren Mengen injiziert und seine
ee Wirkung auf die Suprareninempfindlichkeit geprüft. Es ist ihm jedoch
i oean unter zahlreichen solchen Versuchen nur einmal gelungen, in dem
Blutserum einer Patientin mit sehr schwerer und ganz akuter
Basedowscher Krankheit Substanzen nachzuweisen, , welche die
Suprareninempfindlichkeit der Versuchsperson deutlich steigerten.
Gerade umgekehrt wie Coluitrin und Thyreoglandol verhielten
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31. August
Morphium endlich konnte ich im75°/, eine Abflachung der Supra-
reninblutdruckkurve beobachten, . während in 25°%,, Fällen von
Suprareninüberempfindlichkeit, die Kurve noch steiler anstieg.
IV. Endlich untersuchte ich den Einfluß der Mahlzeit auf
die Suprareninblutdruckkurve und fand, daß die Suprareninblutdruck-
kurve regelmäßig herabgesetzt wurde. Es ergab sich hierbei zwischen
den verschiedenen Nahrungsstoffen — Eiweiß, Fetten und Kohle-
- - hydraten -— kein Unterschied. Diese Befunde stimmen überein mit
jen. bekannten anderen Vagus reizenden Wirkungen der Mahlzeit
guf. die Blutverschiebung?). l
7 Zusammenfassung:
I Eine Steigerung der Suprareninempfindlichkeit trat ein
nach Injektion von folgenden ° — - = k
3) endokrinen Organextrakten: Coluitrin (Hypophysenhinter-
“ Jappenextrakt), Thyreoglandol, Thyreoidin; | |
-` b) lonen: Magnesium; _ | E
.e) organischen Verbindungen: in 25°/, derFälle nach Morphium.
I. Eine Herabsetzung der Suprareninempfindlichkeit trat ein nach
-> L Injektion von folgenden | z
© a) endokrinen Organextrakten: Ovoglandol, ` Luteoglandol,
Testiglandol, Anteglandol (Hypophysenvorderlappen-
extrakt); |
2) Nach Abschluß der Arbeit lese ich in „The British Medical.
Jounal” 1923 Nr. 3258 die Arbeit von Murray Lyon „The Influence .
of the Thyreoid Gland on Response to Adrenaline“. Verfasser hat den
Grundstofiwechsel und die Suprareninempfindlichkeit bei Gesunden,
Basedowikern und Myxödematösen vor und nach. der Behandlung ge-
ber Erfand bei unbehandeltem Morbus .Basedowii mit einer
teigerung des Grundstoffwechsels eine Steigerung der
Suprareninempfindlichkeit, bei unbehandeltem Hypo-
' thyreoidismus mit einer Herabsetzung des Grundstoff-
wechsels eine Herabsetzung der Suprareninempfindlichkeit
regelmäßig verbunden. Auch nach der Behandlung ging bei
Myxödematösen der Erhöhung des Grundstoffwechsels eine
‚Steigerung der Suprareninempfindlichkeit parallel. Bei
Basedowikern dagegen war auch nach der Behandlung trotz
' . Herabsetzung des Grundstoffwechsels die Suprarenin-
emplindlichkeit erhöht, was Verfasser auf eine persistierende
Apr ale des sympathischen Nervensystems zurückfübrt. Diese Ver-
suc
Geburtshililiches Brevier. ——
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden- Baden.
| | (Fortsetzung aus Nr. 34.)
Anomalien der Wehentätigkeit. k
-` ~ Wehenschwäche. Was Wehenschwäche ist, sagt ihr Name, sie
: m von Anfang an bestehen: primäre, und ist häufiger bei Erst-
s Mehrgebärenden. . Man spricht von sekündärer, wenn die
v, „den von Anfang an sehr stark ‘waren und nachgelassen haben.
. Wachen der primären Wehenschwäche sind: 1. schwache Ent-
‚ "ekelung der Muskulatur des Uterus (bei Blutarmen, Geschwächten,
r| čim allgemein verengten Becken); 2. bei mit-Myomen durchsetztem
Be Hydramnion; 4. rasche Folge von Geburten; 5. Überfüllung
S-meist starke Überanstrengung des Uterus; sie tritt auf, wenn
em starkes Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken besteht, auch
eine Norphiuminjektion (0,02), wodurch Mutter und Gebärmutter
F a kräftige Ernährung, ein warmes Vollbad,, auch warme Um-
von i auf den Leib, ferner 1—2 stündlich warme Scheidenausspülungen
inf ‚Agekochtem Wasser (400 Cels.) mit oder ohne Zusatz eines Des-
“atens, Die Jauwarmen Ausspülungen sind den heißen von 50° C.
vn aa Wehenerregende Arzneimittel, speziell Secale und
Pr o sind nicht geeignet, da die dadurch erzeugten Wehen nicht
geben arakter normaler Wehen haben. Man darf Secale aber
endi vem man: die Geburt -jederzeit durch Zange oder Wendung
vor FR are Kaltenbach verwarf Secale in jeder Dosis
f periode. ntbindung, dagegen empfahl er es in der Nachgeburts-
A Nachblutune es mit größtem. Nutzen zur Bekämpfung atonischer
Pitu lan ng verwandt wurde. Etwas anderes ist es mit Pituitrin,
Saal, Hypophysin. Das Pituitrin wird intramuskulär oder
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35...
ase und Mastdarm. Ursache der sekundären Wehenschwäche -
bei rigiden Weichteilen alter Erstgebärenden. Hier wirkt am besten.
ar ze Zeit Ruhe zum Erholen verschafft wird; nach einigen Stunden
ezen dann meist kräftige Wehen ein. Bei primärer Wehenschwäche
b) Ionen: Kalium chloratum, Kalium tartaricum, Mononatrium- `-
phosphat;
c) organischen Verbindungen:, Benzylbenzoat, Bromural, in :.
75°/, nach Morphium;
2. der Mahlzeit. °.
IN. Unbeeinflußt blieb die Suprareninblutdruckkurve dureh >..
Epiglandol und Thymoglandol..
Zur Frage der Seruminaktivierung beim serologischen z
Luesnachwes. = -
Bemerkungen zu der Arbeit von Takenomata
in Nr. 25 dieser Wochenschrift. `.
Von Dr. Ernst Meinicke.
'Der allgemein gehaltene Titel der Arbeit ließ vermuten, daß
`
sie sich mit dem Inaktivierungsproblem als solchem bei allen Lues-
reaktionen befaßte. Leider sehe ich aber meine Trübungsreaktion. _
nicht berücksichtigt, obgleich diese bekanntlich für die Frage der
"Inaktivierung insofern besonders interessante Verhältnisse darbietet,
als sie im Gegensatz zur Wa.R. mit aktiken Seren spezifische Er- a
gebnisse zeitigt, mit inaktiven in der bisher geübten Versuchs- ,
anordnung aber nicht. Neue Beobachtungen haben mich nun ge-
lehrt, daß bei der Frage der Inaktivierung die Wasserstoffionen-.
konzentration eine beträchtliche Rolle spielt. Es gelingt nämlich olıne
weiteres, meine Trübungsreaktion (M.T.R.) auch mit inaktiven
Seren gleichsinnig mit der Aktivmethode auszuführen, wenn man
die Sera vor Zugabe der Extraktverdünnung mit Alkali versetzt.
Ich löse in 10 %iger Kochsalzlösung Soda im Verhältnis 1 : 300 und
gebe von dieser Verdünnung je 0,2 ccm zu je 0,2 ccm der inakti-
vierten Seren, schüttele durch und lasse das Alkali 1 Stunde ein-
wirken, bevor ich die Extraktverdünnung zufüge. Ich arbeite im
übrigen mit denselben Extrakten und der gleichen Technik wie bei
der Aktivmethode. Es gelingt also, durch Zugabe von Alkali zu
unspezilisch positiv reagierenden inaktivierten Seren diese
so zu verändern, daß sie wie aktive spezilisch reagieren. Diese
Beobachtungen dürften gestatten, das Inaktivierungsproblem: von
einer neuen Seite aus zu betrachten. Aus diesem Grunde teile’ ich
meine Erfahrungen hier’ in Ergänzung zu der’ interessanten Ver-
ê stehen im-Einklang mit meinen oben mitgeteilten Befunden. | öffentlichung von T. kurz mits — — |
Aus der Praxis für die Praxis. S Re E
intravenös eingespritzt in der Dosis von 1 ccm. In die Vene muß
es langsam injiziert werden, die Wirkung ist eine sofortige, während
es intramuskulär injiziert 10—15 Minuten bis zur Wirkung dauert..
Bei Eklampsie gebe man kein Pituitrin, weil hier schon hoher Blut- : .
druck besteht. Man gebe es auch nicht bei Querlage, Hydrocephalus- -
und bei den geringsten Anzeigen einer Dehnung des unteren Uterin-
segmentes. Auch bei stark verengtem Becken ist Pituitrin kontrain-
diziert. Man soll nie zu schnell bei primärer Wehenschwäche ein- `
‘greifen. In den Fällen, wo die Eröffnung des Muttermundes langsam
vor sich geht, habe ich das Einlegen eines Kolpeurynters in die
Scheide vorgezogen; man muß denselben nur genügend: füllen,
je nachdem 300—500 ccm, derselbe muß straff gefüllt sein. Wenn
die ursprünglich normalen Wehen nachlassen, dafür aber in wesentlich - |
kürzeren Intervallen und geringerer Dauer auftreten, ist Pituitrin
am Platze, es wird: also am häufigsten bei sekundärer
Wehenschwäche indiziert sein. Man denke stets daran, Mast-
darm und Blase zu entleeren. Bei Herz- und Nierenkranken
vermeide man Pituitrin. Es sind Fälle bekannt geworden, wo `
nach Gebrauch dieser Mittel Erschlaffung der Gebärmuttermuskulatur .
in der Nachgeburtsperiode eingetreten ist. In diesen Fällen gebe
man in der Nachgeburtsperiode noch einmal Ergotin oder Gynergen.,
Muß man bei Wehenschwäche operativ eingreifen, z. B. einen Forceps
"machen, dann gibt man vor dem Eingriff ebenfalls . ein. Secale-
präparat, extrahiert langsam und überwacht ‚dann sorgfältig "den
Uterus, indem man, wenn nötig, noch Massage hinzufügt. Kürzlich
hat C: H.,Stratz vor dem Mißbrauch aller dieser Mittel mit Recht
gewarnt. Ererwähnt, daß schon Schröderes gegeißelt hat, sie in.
der Eröffnungs- und Austreibungsperiode zu geben (Tetanus, Tym-
pania uteri). Stratz empfiehlt mit Vorbedacht Gynergen, das einen E
günstigen Einfluß in kleinen ‘Dosen ausübt. Im allgemeine
seien aber alle wehentreibenden Mittel bei nicht
entleertem Uterus kontraindiziert. Atonien und Blutungen
in der Nachgeburtsperiode seien das weite Feld, wo sie
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liche Zustände, so sei eine Kombinationstherapie mit Pituitrin nötig,
bei normalen Becken eine Sturzgeburt bewirken.
Kreißende auf einem Abtritt mit weitem Loch niederkommt; auf
1218
auch in großen Dosen gegeben. werden könnten. Wer Secale
als Pulver geben will, merke sich, daß 3 Monate nach der Ernte
das Secale die wirksame Substanz bedeutend verliert. Am inten-
sivsten wirkt das frische Sekale im Juli und August, die Wirkung
ist im März und später fast erloschen. Die konstante Secalewirkung
ist nach Stoll in dem Gynergen das Ergotamin. Guggisberg
sagt: „Das Gynergen ist das Uterus-Erregungsmittel „par
excellence“ in der Nachgeburtsperiodeund im Wochenbett“.
Wegen der Neigung zu tetanusähnlichen Erscheinungen empfiehlt
er das Präparat nur in kleinen Dosen zu geben und zwar 0,5 ccm
Gynergen, Maximaldosis sei 1 cem Gynergen. Handelt es sich um bedroh-
z.B. bei Atonia uteri, Pituitrin wird dann intravenös gegeben, was sofort
den Uterus zur Kontraktion bringt. Gynergen erhält dann diesen Zustand.
Sturzgeburt durch zu starke Wehen. Zu starke Wehen können
Ist die betreffende
Schwangere nicht im Hause, kann sie auf der Straße oder, wenn
sie in einer Klinik noch den Abort aufgesucht hat, das Kind dort
gebären. Meist wird die Kreißende, durch die Gewalt des Wehen-
schmerzes gezwungen, sich in kauernde Stellung niederzulassen und
reißt deshalb auch in dieser Stellung die stark gespannte Nabel-
schnur selten ab; dagegen treten oft stärkere Dammrisse ein. Wenn
auch das Kind durch Sturzgeburt verletzt werden kann, tritt doch
eine ernste Gefahr für dasselbe nur dann ein, wenn die betreffende
einem Nachtstuhl (Zimmerklosett) ist es nicht so gefährlich. In
Anstalten mit Wasserklosett fällt daher das Kind auch nicht in den
Abfluß, sondern wird aufgefangen. Die Aussage von Kinds-
mörderinnen, sie seien im Stehen von der Geburt über-
rascht worden, verdient niemals Glauben. Im Anschluß an
die Sturzgeburt tritt meist Atonie auf. Frauen, die schon einmal
eine Sturzgeburt durchgemacht, sollten sich, wenn Wehen kommen,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
31. August
En
zur Retention der Placenta führen.
gleich zu Beite legen, jedenfalls sich nicht weit von ihrer Wohnung
entfernen. Ist die Geburt im Gange, untersage man das Mitpressen
und verordne Seitenlage, wo man seine Aufmerksamkeit besonders
dem Dammschutz zuwendet.
Krampfwehen. Bei Krampfwehen ist der Uterus mit geringer
Unterbrechung in anhaltender Kontraktion, es fehlt die Erschlaffung.
Die eigentliche Dauerkontraktion nennt man Tetanus uteri. Die
Ursache der meist sehr schmerzhaften, keine Wehenpause zeigenden
Wehen ist oft der frühe Blasensprung. Die Frauen klagen über
anhaltende Leibschmerzen, trotzdem schreitet die Geburt nicht vor;
es bestehen auch manchmal Wadenkrämpfe. Hier hilft oft ein pro-
trahiertes Bad von 35—37 Grad C., sonst gibt man Narkotika. Der
Tetanus kann auch bedingt sein durch zu große Secale-Gaben,
durch ungeschickte Wendungsversuche, ebenso tritt er auf nach
Abfluß des Fruchtwassers bei verschleppter Querlage und beginnender
Infektion der Uterushöhle. Die Gebärende ist dabei unruhig, hat
Spannungsgefühl, die Temperatur steigt und der Puls wird be-
schleunigt. Die spastische Striktur am inneren Muttermund hat
meist dieselbe Ursache und kann in der Nachgeburtsperiode auch
Die Therapie besteht in großen
Dosen Morphium oder Pantopon subkutan, auch Tinctura Opii als
Klysma. Bei operativen Eingriffen stets tiefe Narkose und besonders
vorsichtiges Vorgehen, damit keine Ruptur erfolgt; vorher auch
bier Morphiuminjektion. Niemals darf man versuchen, solange der
Krampf noch besteht, gewaltsam einzugehen. Ich will noch bemerken,
daß durch ringförmige Striktur am inneren Muttermund es zu einer
festen Umschnürung des Halses der Frucht und so zu einem ernsten
Geburtshindernis kommen kann. Eine solche Umschnürung ruft
dann eine tief blaurote Färbung des Halses und Kopfes hervor, die
zu einer Verwechselung mit einer Strangulationsmarke Anlaß geben
könnte. Dieser Befund hat deshalb eine hohe forensische Bedeutung.
(Fortsetzung folgt)
= Referatenteil =
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerharta,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (N ervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikaäl. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann. Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. 0. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
Sammelreferat.
Aus der Chirurgischen Universitäts-Klinik zu Greifswald
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Pels Leusden).
Über die Herstellung und praktische Anwendung
autogener Impfstoffe in der Chirurgie.*)
Von Priv.-Doz. Dr. Arthur Buzello.
Die Behandlung mit autogenen Impfstoffen ist nicht nur eine
tberapeutische Liebhaberei oder Absonderlichkeit, sie ist entschieden
‚mehr. Sie ist herausgewachsen und entstanden aus modernen An-
schauungen in der gesamten Medizin. Jede Therapie ist begründet
in den besonderen medizinischen Anschauungen ihrer Zeit. So
mußten z. B. die großen Entdeckungen der Bakteriologie und Immu-
nitätswissenschaft zur aktiven und passiven Immunotherapie und
schließlich zur Chemotherapie führen.
Zeit eine neue Betrachtungsweise in der Medizin, die wir als „Kon-
stitutionsforschung“ bezeichnen: der Körper ist als Ganzes erkrankt,
und die Heilung wird erstrebt durch Mittel, die nicht das einzelne
kranke Organ, sondern. den ganzen Körper anregen, seine natür-
lichen Abwehrkräfte vermehren, die Tätigkeit aller Organe und
Zellen zugleich aktivieren. |
Die Behandlung mit autogenen Impfstoffen hat den Grund-
gedanken, den „als Ganzes“ erkrankten Körper zu Heilungsvor-
gängen anzuregen durch Mittel, die aus dem erkrankten Körper
selbst stammen und diesem wieder in veränderter Form zugeführt
werden. Die besondere Art der Impistoffe, die wir dabei anwenden,
schafft eine Ähnlichkeit mit der Proteintherapie; ist aber mehr als
eine reine Proteintherapie.
*) Vortrag, gehalten auf der 28. Tagung der Nordwestdeutschen
Chirurgenvereinigung in Rostock am 27. und 28. Juni 1924.
Wir erleben jetzt in letzter
geleitot von Dr. Waller Wolfi, dirig. Arzt am Königin Rlisabeth-Hospital Berlin-Oberschönoweide.
Die Heilwirkung der parenteral zugeführten Proteine besteht
ja darin, daß der Organismus in bestimmter Weise darauf ant-
wortet, oder „reagiert“ und zwar mit einer allgemeinen Reaktion
und, wenn die Dosis richtig gewählt war, auch mit einer Reaktion
am eigentlichen Erkrankungsberd, einer Herdreaktion. Aus tausend-
fältiger Erfahrung in der Proteintherapie wissen wir, daß diese
letztere, die Herdreaktion, das Wichtige und Entscheidende bei dem
therapeutischen Effekt dieser Behandlung ist, nicht. die Allgemein-
reaktion. Es würde zu weit führen, auf die Besonderheiten und
den Mechanismus beider Reaktionen einzugehen. Nur so viel soll
gesagt werden, daß alle Bestrebungen und Verbesserungen der wi-
spezifischen Proteintberapie darauf hinzielen, eine milde Allgemein-
‚reaktion und dabei eine deutliche und ausgesprochene Herdreaktion
zu erreichen. Dazu gehört tberapeutisches Geschick, richtige Dosie-
rung, richtige Intervalle und sorgfältige Auswahl des Mittels. Die
autogenen Impfstoffe kommen in der Tat diesem therapeutischen
Ideal recht nahe. Sie machen durch ihre besondere Art bei rich-
tiger Anwendung nur sehr milde Allgemeinreaktion, dabei aber aus-
gesprochene und deutliche Herdreaktion. Es ist das der große Vor-
teil der autogenen Impfstoffe gegenüber den einfachen Proteinen.
Sie verdanken diese besondere Fähigkeit obne Frage einer be-
sonderen körpereigenen oder artspezifischen Komponente in ihrer
Zusammensetzung, die eben anderen unspezifischen Proteinen fehlt.
. Die Herstellung und Anwendung autogener Impfstoffe in der
Chirurgie ist nicht. einheitlich, sondern verschieden nach der Art
des Krankheitserregers und dem Zweck, dem der Impfstoff dient.
Da man das Nützliche und eminent Wichtige der Herdreaktion m
der unspezifischen parenteralen Therapie längst erkannt hat, so ist
die Zahl der Reizkörper, die heute zu diesem Zweck verwandt
werden, schon ungeheuer groß. Bei den autogenen Impfstoffen, die
‚diesem Ideal erheblich näher kommen, ist die Zahl natürlich kleiner.
Es bestehen aber doch noch so viel Möglichkeiten, daß wir sie g%
sondert besprechen müssen.
lung bei diesen Vorgängen gestritten.
atose, Andere nur das Fieber, also nur eine Teilerscheinung für
| I. Die autogene Vakzinetherapie,
Wenn sich im lebenden Körper irgendwo ein Feind zeigt, in
Gestalt" von Bakterien oder blutfremden Stoffen, so mobilisiert der
Körper als Antwort sogleich seine Abwehrstoffe, die sich an der
fährdeten Stelle ansammeln. Hauptsächlich sind es zelluläre
Schutzstoffe, Leukozyten, Phagozyten, aber auch Serumbestandteile,,
wie Alexine und Leukine, die zur bedrohten Stelle hingeführt werden.
Das anatomisch-physiologische Resultat dieser Anschwemmung körper-
eigener Abwehrstoffe ist eine Entzündung, die sich anatomisch als
Ansammlung von Leukozyten und seröser Gewebsdurchtränkung,
klinisch als zirkumskripte Rötung, Schwellung und Schmerzhaltig-
keit zeigt. Diese lokale Reaktion des lebenden Körpers ist daher
nichts Schädliches, keine Gefahr für den Körper, sondern eine wich-
ige und zweckmäßige Abwehrmaßregel, um die eingedrungene Noxe
unschädlich zu machen. Eine solche lokale Gewebsreaktion kommt
nun überall da zustande, wo artfremdes Eiweiß parenteral in den
Körper 'eindringt. Bleibt diese Reaktion aus, so ‘besagt das, daß
die zugelührte Eiweißmenge zu klein war, oder daß der Organismus
schon derart geschwächt, seine Abwehrkräfte so verbraucht sind,
daß überhaupt keine Reaktion mehr entstehen kann; dann ist jede
weitere Zufuhr von Eiweißkörpern nutzlos.
Weiter. Wenn der Organismus mit den blutfremden Proteinen
an Ort und Stelle nicht fertig wird, so kommt es zu Allgemein-
erscheinungen: zu Fieber, Schüttelfrost, starkem Schwitzen, Ver-
mehrung der Leukozyten, Beschleunigung von Puls und Atmung.
Alle diese Erscheinungen in ihrer Gesamtheit bedeuten einen Heil-
vorgang, d. h. nach einer solchen Allgemeinreaktion werden Krank-
heitsprozesse im Körper günstig beeinflußt. In diesem Sinne ist
‚such die autogene Vakzine ein blutfremder Stoff, der genau die-
selben Erscheinungen im Körper hervorruft.
Man hat viel und lange über das Zustandekommen der Hei-
Manche haben die Leuko-
den schließlichen Enderfolg verantwortlich gemacht. Est ist das
miht richtig. Wir werden von einem Symptom allein aus, ent-
weder nur der Leukozytose oder nur dem Fieber, niemals eine ge-
nügende Erklärung für den Heilungsmechanismus bei der Vakzine-
therapie finden. Wir müssen vielmehr nach einer Erklärung suchen,
die die Gesamtheit der Erscheinungen erfaßt und gemeinsam durch
anen Begriff erläutert. | |
- In diesem Sinne befriedigt am meisten die Erklärung von
E Weichhard, die allerdings noch nicht ganz bewiesen, aber doch
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zum Verständnis der Dinge ganz ausgezeichnet ist.- Weichhard
nimmt an, daß durch parenterale Injektion artfremder.Eiweißkörper,
also auch einer autogenen Vakzine, alle Zellen des Organismus,
gesunde und kranke, zu größerer Tätigkeit angeregt werden. Er
spricht von einer „omnizellulären Leistungssteigerung oder Plasma-
ıkfivierung“. Alle Organe des Körpers, z. B. Drüsen, Milz, Knochen-
mark usw., ändern ihre Funktion dabei nicht qualitativ, sondern
quantitativ. Der Organismus bildet keine neuen, besonders ge-
artelen Schutzstoffe, sondern mobilisiert und vermehrt nur seine natür-
lichen Abwehrkräfte, Er heilt dadurch die Krankheit aus sich heraus.
Dazu kommt ein neuer Begriff. Wenn nämlich bei diesen
Vorgängen irgend ein Organ schon in bestimmter Richtung ange-
regt ist, „sensibilisiert ist“, so produziert dasselbe Organ in der-
selben bestimmten Richtung quantitativ mehr. Z. B. haben wir
eine.Furunkulose, so wirkt das Staphylokokkeneiweiß als Antigen
wd ruft spezifische Antikörper hervor. Die Bildungsstätten der
Antikörper sind sensibilisiert in bezug auf Staphylokokkeneiweiß.
X vermögen nun durch Injektion einer Vakzine, nicht nur einer
mologen, sondern auch heterologen, die Bildung von Antikörpern
Ale Staphylokokken noch zu vermehren, und zwar mit besserer
nee auf Erfolg, je länger die Sensibilisierung schon stattge-
unden hat, Je länger die Inkubationszeit einer Krankheit, desto
= die Aussichten für eine Autosensibilisierung und für eine
x folgende Vakzinebehandlung. sr i
man an m man nun autogene Vakzine bevorzugt? Deshalb, weil
muB dab die autogene Vakzine 2 Komponenten in sich
iperito nämlich eine artspezifische immunisierende und eine un-
cae zur omnizellulären Leistungssteigeruug: Die autogene
Var:
| „räinebehandlung ist also eine Verbindung von spezifischer aktiver
| sierung und unspezifischer Proteintherapie.
Er Ta lchnung Vakzine ist zurückzuführen auf Pasteur.
abgatötete T als „Vaccin“ einen Impfstoff aus’ lebenden oder
eführt n Bakterien, der einem erkrankten Körper parenteral zu-
Wurde zu Heilzwecken. Heute verwendet man ausschließ-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.35. `
in Kurven ausdrücken läßt.
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lch Vakzine von abgetöteten Bakterien. Die Herstellung auto-
gener Vakzine ist verhältnismäßig: so einfach, daß jedes’ bakterio-
logisch arbeitende Krankenhaus sie selbst bereiten kann. Von: den
bakteriellen Erregern an der Infektionsstelle, aus einem Furunkel,
aus dem steril entnommenen Katheterurin usw. wird eine Agar-
kultur angelegt. Nach 24stündigem Wachstum im Brutschrank wird
eine N-Öse der gewachsenen Kolonien in 10 com Kochsalzlösung
sorgfältig verrieben und 1 Stunde im Wasserbad auf 60° erwärmt,
um alle Bakterien abzutöten. Die Vakzine wird dann nochmals
‘durch Überimpfen auf Agarplaiten geprüft, ob alle Keime vernichtet
sind, erhält einen 0,5 %/,igen Phenol- oder Karbolzusatz zur besseren
Konservierung und ist gebrauchsfertig. Derartige Vakzinen sind
kühl aufzubewahren, um das spätere Auskeimen von Bakterien zu
verhindern. Bei Verwendung einer Normalöse in 10 cem NaCl-Lösung
wird das zeitraubende Auszählen der Keime vermieden und man
gewinnt dadurch einen ungefähren Anhalt für die ‚Anzahl von ab-
getöteten Bakterien in 1ccm. Eine solche autogene Vakzine, wie
|. sie eben geschildert wurde, enthält in 1ccm etwa 100 Millionen Keime. .
Nun zur wichtigsten Trage: der. Dosierung. .. Die Dosierung
ist ja der Kardinal- und Brennpunkt nicht nur der -Vakzinebehand-
lung, sondern der Proteiniherapie überhaupt. Von der Dosierung
hängt es ab, ob wir unsere Vakzinen mit Erfolg gebrauchen, oder
ob wir nur probieren und nutzlos versuchen. Als die ersten. groß-
artigen Erfolge der Vakzinebehandlung, besonders heterologen Typhus-:
vakzinen, aus den Vereinigten Staaten berichtet wurden, wußte man
zunächst garnicht, was man damit anfangen sollte. Verschiedene
Autoren hatten sehr gute Erfolge, andere wieder gar nicht. Es lag
eben an der Dosierung. Re: u E
Da trat vor jetzt 15 Jahren der Engländer Wright an: die
Öffentlichkeit. mit dem Studium seiner Opsonine und zeigte, daß
diese uns bei der Dosierung von Vakzinen wichtige .Fingerzeige
geben können. Er konnte im normalen frischen Serum Stoffe nach-
weisen, die die Phagozytose befördern und zwar durch direkte Ein-.
wirkung auf die Bakterien. Er nannte diese Stoffe Opsonine. Man
kann nun den Gehalt an Opsoninen in einem Patientenserum be-
stimmen, die sogenannte opsonische Kraft, und hat dadurch einen
ungefähren Wertmesser für die Widerstandsfähigkeit des Serums
gegenüber Bakterien. Wenn man diesen Wert vergleicht mit dem
eines normalen gesunden Serums, so erhält man eine Verhältnis-
zahl, den „opsonischen Index“. Auf die genaue Bestimmung des
opsonischen Index will ich nicht weiter eingehen. Dieser Index
wird aber durch parenterale Zufuhr, z. B. einer Vakzine in ganz
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bestimmter und gesetzmäßiger Weise beeinflußt, was sich graphisch
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‚(Nach T. Matthes, Lancet, 26. Septbr. 1908.)
1. Nach Injektion von sehr kleinen Mengen Vakzine können
wir sofort eine Erhöhung des Index beobachten. Diese Erhöhung
ist aber minimal, dauert núr 2—3 Tage und. ist nach 5 Tagen
spätestens abgeklungen. A | |
2. War die injizierte Menge etwas größer, etwa mittelstark
so sinkt zunächst der Index im Blut für eiwa 1—2 Tage, steigt
dann aber mächtig an. bis zum 7. oder 9. Tag und fällt wieder
langsam auf die Höhe des Ausgangswertes herab. Die Gesamt-
reaktion ist in 10—14 Tagen abgeklungen. Den ersten Teil dieser
' Kurve nennt man die negative Phase, den zweiten die positive,
3. War die injizierte Menge der Vakzine zu groß, überstark. so
tritt sofort eine Verminderung des Opsoningehaltes ein, die sich in den
nächsten Tagen noch verstärkt. Eine positive Phase folgt dann nicht
Welches sind nun die Folgerungen daraus für unsere Vakzine-
therapie? Die Bestimmung des opsonischen: Index in jedem Krank-,
heitsfalle an jedem 2. oder 3. Tage ist gar nicht nötig, denn wir
wissen, daß eine leichte klinische Allgemeinreaktion mit Fieber
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35,
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Mattigkeit und Gliederschmerzen einer negativen Phase entspricht;
bei richtiger Dosierung muß ihr eine positive Phase mit deutlicher
Heilwirkung stets nachfolgen. Wir werden also in der Praxis eine
milde Allgemeinreaktion erst abklingen lassen, dann noch 3—4 Tage
warten, bis wir sicher in der positiven Phase sind, und nun erst.
mit einer neuen Injektion kommen, die dann die positive Phase
noch erheblich steigert. So können wir den opsonischen Index im
Serum allmählich bis zur optimalen Grenze treiben.
Wir dürfen also bei der Injektion einer Vakzine nicht grob
. schematisch verfahren, etwa alle 2—3 Tage injizieren, sondern wir,
: werden zunächst mit vorsichtigen Dosen diejenige Menge der Vakzine
suchen, die eine deutliche negative Phase, also eine leichte All-
gemeinreaktion erzeugt. Wir beginnen dazu mit etwa 10 Millionen
Keimen = 0,1 cem. Man kann also. recht gut Vakzinen verwenden,
ohne den gefürchteten opsonischen Index. Die Vakzinetherapie
braucht Zeit und derjenige hat. gute Erfolge mit ihr, der ihr Zeit
läßt. Die beste Anwendung ist die subkutane, noch wirksamer aller-
. dings die intramuskuläre.
Vorteil und ist nicht ungefährlich.
Ich mußte die Anwendung der autogenen Vakzine etwas aus-
führlicher besprechen, da sie zugleich als Grundlage dienen kann,
wie wir. gleich sehen werden, für die Dosierung und praktische An- ,
wendung sämtlicher übrigen autogenen . Impfstoffe, Derartige auto-
gene Vakzinen sind nun ganz besonders geeignet bei Furunkulosen.
Nicht der einzelne isolierte Furunkel oder Karbunkel, für sie bleibt
immer noch die beste Behandlung das Messer trotz aller gegen-
teiligen Ansicht, aber die chronischen immer wieder rezidivierenden
Formen von Furunkulose, Pyodermie und Staphylomykose sowohl
bei Erwachsenen, wie bei Kindern. Man beginnt am besten mit
10—50 Millionen Keimen subkutan und steigt langsam jeden 2. Tag
mit der Dosis an bis zu einer deutlichen negativen Phase. Die
autogenen Vakzinen sind in der chirurgischen Behandlung den poly-
valenten käuflichen Lager- oder Stammvakzinen bedeutend über-
legen. Ferner hat die autogene Vakzine nicht unerheblichen Nutzen
- bei der Nachbehandlung akuter chirurgischer Infektionen, bei akuter
Peritonitis, akutem Pleuraempyem, Osteomyelitis usw. Niemals kann
eine autogene Vakzine das Messer ersetzen, nur in der Nachbehand-
lung leistet sie gute Dienste, das gilt besonders von der akuten
Osteomyelitis. Bei Koliinfektionen der Harnwege, Zystitis, Zysto-
pyelitis usw. haben autogene Vakzinen häufi
weit besseren als polyvalente.
Gar keinen Erfolg hat natürlich eine autogene Vakzine dann,
wenn durch hohe Virulenz oder große Zahl der Erreger die natür-
lichen Schutzstoffe des Körpers rasch verbraucht sind, so daß der
_ Organismus gar nicht mehr reagiert, wie das bei der Sepsis der
Fall ist. Die Vakzinebehandlung braucht immerhin einige Wochen |
Zeit, und in dieser Zeit ist das Schicksal des Sepsiskranken längst
entschieden, entweder Tod oder Spontanheilung. Bei der akuten
foudroyanten Blutinfektion müssen wir unser Augenmerk mehr auf
die Chemotherapie richten, die auf diesem Gebiet sicherlich noch
‘eine Zukunft hat, wenn auch zunächst die geeigneten Mittel noch
nicht gefunden sind. Gutes leisten auch autogene Vakzinen bei
gonorrhoischen Komplikationen, besonders Arthritiden, allerdings in
‚Verbindung mit sonstigen chirurgischen Maßnahmen, Stauung, Hyper-
ämie usw. Auch gonorrhoische Blutinfektionen sind hin und wiede
mit autogener Vakzine erfolgreich behandelt worden.
ll. Autopyotherapie.
Auf dem Chirurgenkongreß 1921 berichtete Makai aus Buda-
pest über eine Methode, bei der nicht ein abgetöteter Impfstoff,
sondern der eigene Eiter, wie er aus kalten und heißen Abszessen
durch Punktion gewonnen wird, dem Kranken als Vakzine wieder
“subkutan injiziert wird. Bei kalten Abszessen wird der Eiter gar
nicht besonders präpariert, sondern in Mengen von 5—10 cem jeden
5. Tag reivjiziert, aus heißen Abszessen wird der Eiter 1’ Stunde
lang auf 56° erwärmt und dann zu je 1 cem jeden 5. Tag verwandt.
Ähnliche Methoden sind die sog. „Weinberg-Vakzine“ zur Behand-
“lung stark eiternder Wunden und das Verfahren von Hecht bei
gonorrhoischen Komplikationen. i
| Der Grundgedanke der Autopyotherapie ist doch wohl der,
alle im Eiter enthaltenen Bakterien quantitativ und qualitativ dem
Körper zu Immunisierungszwecken wieder zuzuführen. Man möchte
dabei .die etwas zeitraubenden bakteriologischen Differenzierungs-
und Reinzüchtungsverfahren umgehen und injiziert daher das Ge-
. misch von Bakterien, wie es im Eiter gegeben ist. Der Abszeßeiter
enthält aber nicht nur Bakterien, sondern auch Zerfallsprodukte
Die intravenöse Injektion bietet keinen.
‚tionen.
g recht guten Erfolg, .
: machte gewöhnlich an der Blutschanze halt.
von Bakterien und Körperzellen, zugrunde gegangene Leukozyten,
und giftige Eiweißspaltprodukte. Alles das, was. vom Körper als
schädlich, als unnütz, als Eiter ausgeschieden wird, wird dem Körper
wieder als Heilmittel zugeführt. Ferner soll dabei die Eröffnung
eines Abszesses umgangen werden. Die Abszeßeröfinung aber hat
für uns nicht nur den Grund, den Eiter zu entleeren, sondern soll
uns auch informieren über die Ausdehnung des Abszesses, in der
Tiefe liegende Fremdkörper, über die Art der Erreger usw. Falls
sich Anaerobier oder virulente Staphylokokken im Eiter finden, ist
die angegebene Methode der Sterilisierung ganz ungenügend. Über :
alle dem hat die Methode etwas Unsympathisches und Unsauberes
an sich, sie ist daher nicht sehr viel nachgeahmt worden. |
III. Autohämotherapie. En
Die Einspritzung eigenen Blutes wird in der Chirurgie aus
2 Gründen gemacht: einmal zur Verhütung von Anämien durch
starken Blutverlust. nach Operationen und dann zur Umspritzung
nekrotisierender Prozesse, um eine weitere Ausbreitung der Infektion
zu verhüten. Zu dem ersten Zweck wird. bei größeren langdauernden
Operationen das Blut in Schalen mit ‚physiologischer Kochsalzlösung
aufgefangen, ‚später durch 5—6lachen sterilen Mull durchgeseit, so
daß das Fibringerinnsel zurückbleibt und dieses Blutkochsalzgemisch
wird dann vollständig auf einmal intramuskülär oder intraglutäal
injiziert (50—400 ccm). Diese Blutinrjektionen üben einen Reiz auf '
die blutbildenden Organe aus, auch werden dem Körper arteigenes
Eiweiß, Hämoglobin und verlorene Schutzstoffe wieder zugeführt.
Es besteht natürlich dabei die Gefahr, daß das Blut nicht keim-
frei ist, besonders wenn die Operation in infiziertes Gebiet hinüber-
‚greift wie bei Darmoperationen usw. - |
Läwen behandelte Oberlippenfurunkel mit Eigenblutinjek-
Neben der chirurgischen Behandlung des Furunkels wurde
Eigenblut, wie es durch Venenpunktion gewonnen wird, evtl. mit
Natriumzitratlösung, mit dicker Kanüle in das den Furunkel um-
gebende Gewebe gespritzt, bis alles prall mit Blut infiltriert war,
. möglichst weit ins Gesunde. Es wurden dazu 30—40 cem’gebraucht.
Der Zweck der Injektionen ist eine Abriegelung gegenüber dem ge-
sunden Gewebe. Er hatte allerdings dabei zunächst 2 Bedenken,
nämlich, daß die pralle Blutinfiltration die Bakterien in die Lymph-
streifen und Kapillaren hineinpressen könnte, und dann, daß das
blutstrotzende Gewebe ein guter Nährboden für Bakterien sein könne.
Beide Bedenken haben sich als unnötig gezeigt. Die Infektion
Nourney hat die
Methode nachgeprüft und als günstig gefunden. |
Das normale unveränderte Eigenblut bringt dabei sehr wahr-
scheinlich eine Menge von spezifischen Antikörpern an den Herd
oder in seine Umgebung. Das Blut des Kranken ist ja in solchem
Falle durch die Berührung mit dem Antigen sehr reich an. Anti-
körpern, es kann dieselben nur am Infektionsherd nicht in ge-
nügender Weise entfalten, dazu hilft die Eigenblutinfiltration in
der Nähe des Herdes. Niemals soll man jedoch daneben die chir-
urgische Behandlung unterlassen. Die Eigenblutinjektionen sind als
| unterstützende und vorbeugende Maßnahme dort am Platze, wo die
Gefahr einer Keimverschleppung
| besonders groß ist, also beim Ge-
sichts- und Nackenkarbunkel. Ä Ä
IV. Autoserotherapie. | |
Die parenterale Verwendung des eigenen Serums zu Heil-
'zwecken ist eigentlich noch älter als die Eigenblutinjektionen. Wie
‚kann das normale Serum zum. Reizkörper werden? Man nimmt an,
daß bei dem Mechanismus der Gerinnung oder Serumabsetzung des
Blutes eine kolloidale Neuordnung oder Umordnung des Serums
stattfindet, die das Serum für den homologen Organismus toxisch
macht. Diese Veränderung des Serums bewirkt wahrscheinlich die
. Reaktionen bei parenteraler Injektion. Zur Gewinnung des Serums
wird Venenblut im Erlenmeyer-Kölbehen aufgefangen, bis zur Ab-
setzung auf Eis gesetzt, dann zur Klärung zenirifugiert und spätestens
nach 24 Stunden verwandt, wegen der Labilität der seroaktiven
Antikörper. Die 'Einzeldosen sollen 8—6 cem subkutan. betragen.
Die Autoserotherapie ist eine autogene Proteintherapie mit einigen
wirksamen Serumstoffen. Sie wird angewandt bei chronischen: Ent
zündungen und Ulzerationen, die darauf besser heilen. ‘Die An
wendung ist die gleiche wie bei der Vakzine- und Proteintheraple
Die Hauptreaktion bei Seruminjektionen ist eine Leukozytose, da-
neben ist eine hämostatische Wirkung unverkennbar. Der Erfolg
der Seruminjektion hän
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mi Se, 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35. | 1221
V. Autotranssudat- und Exsudattherapie.
Palmer und Secor betrieben schon vor längerer Zeit Auto-
transsudattherapie, indem sie durch Kantharidenpflaster große Haut-
blasen erzeugten und dann die klare mit der Spritze. gewonnene
` Blasenflüssigkeit zu Injektionen verwandten. Die Autoexsudattherapie
ist mit Vorliebe bei gonorrhoischer Epididymitis gemacht worden.
Weil entnahm 10 ccm der Flüssigkeit zwischen Hoden und Tunica
vaginalis und injizierte sie subkutan. Andere Autoren behandelten
ähnlich oder injizieren die in der Spritze aufgesaugte Punktions-
füsigkeit sogleich beim Herausziehen der Nadel subkutan unter
die Skrotalhaut. Die Schmerzen sollen rasch nachlassen, die Er-
gise in kürzester Zeit verschwinden. Es handelt sich dabei um
ein Ähnliches Verfahren, wie es Gilbert im Jahre 1894 auf dem
Medizinischen Kongreß in Rom für seröse Pleuraergüsse angab. Die
Methode ist häufig nachgeprüft und als brauchbar gefunden worden,
de ist ja auch so einfach, daß sie zur Nachahmung direkt er-
muntert, Bei tuberkulösen Prozessen soll man allerdings mit jeder
Proteintherapie, auch Autotranssudattherapie, vorsichtig sein wegen
‚der mmerwünschten Aktivierung irgendwelcher latenter Herde. Gerade
bei dieser Methode ist kritische Beurteilung recht wohl am Platze,
ds wohl ebensoviele Spontanheilungen vorkommen.
Vi. Autogene Tumorextrakt- und Tumorlysattherapie.
Diese Behandlung hat den Grundgedanken, das Tumorzell-
_ dweiß zu therapeutischen Zwecken nutzbar zu machen. Es ist also
eine Art zellspezifischer autogener Proteintherapie. Dabei werden
verschiedene Extrakte oder Lysate verwandt. Entweder zerschneidet
man den exstirpierten Tumor und zerreibt ihn im Mörser in Chloro-
omwasser. Danach wird der Tumorbrei in verschlossener Flasche
a Tage lang bei 39° im Brutschrank der Autolyse überlassen, dann
wird die obere Flüssigkeit abgesetzt und injiziert (Pinkuß). Andere
scwenmen den Tumor in physiologischer Kochsalzlösung auf, setzen
&was Toluol dazu und halten die Flüssigkeit 48 Stunden bei 370
sur Antolyse. Vor der Injektion wird das Toluol vorsichtig ab-
pipettiert. Die Keimfreiheit des Extrakts muß geprüft werden.
Lankenbein zerkleinert ebenfalls in Kochsalz, stellt 3 Tage auf
Ei, ültriert dann und erhitzt das Filtrat 1-Stunde auf 56°. Die
Aulangsdosis der Lysate beträgt. 1 cem intramuskulär, als nächste
Dosis gibt man schon 5 ccm und so fort bis 20 cem.
Wenn es sich um kleine maligne Tumoren handelt, die nicht
@chwärig zerfallen sind, so folgt den Injektionen nur eine ge-
mge Allgemeinreaktion, bestehend in geringem Temperaturanstieg
md schlechtem Allgemeinbefinden, und nur geringe Herdreaktion,
hend in Schmerzen am Tumor. Die Größe des Tumors wird
der nicht verändert, manchmal das Wachstum sogar beschleunigt.
Wenn der Tumor groß ist mit zentraler Nekrose oder Ulzeration,
& It die allgemeine Reaktion stärker und es erfolgt sehr deutliche
Herdreaktion mit Schmerzen und Entzündungszeichen am Tumor.
s wird veranlaßt durch eine teilweise Verdauung des nekrotischen
mormaterials und der Tumor selbst kann sich dabei offensichtlich
„xeinern. Nach der abgelaufenen Reaktion folgt eine positive
hase, bestehend in Euphorie, besserem Appetit und Nachlassen
er Schmerzen am Tumor. Wenn bei dieser offensichtlichen Besserung
sAlgemeinbefindens noch eine vorübergehende Verkleinerung des
wors stattfindet, so werden diese Symptome von begeisterten An-
ängern der Therapie oft als Heilungen bezeichnet, sie sind aber
Mr vorübergehend. Es muß ausdrücklich "betont werden, daß diese
rapie gar keinen Einfluß auf das Wachstum maligner Geschwülste
äh 80 lange diese gut mit Blutgefäßen versorgt sind, nur nekro-
‚sehe Tumorteile werden angegriffen. Spätere Injektionen werden
gewöhnlich nur von schwachen oder gar keinen Reaktionen gefolgt.
in Schwierigkeit besteht noch darin, daß nicht alle Tumoren sich
selchmäßig gut zur Extraktbereitung eignen, sondern nur wenige,
kome sind geeigneter als Karzinome. Wenn man aber bedenkt,
k ke doch fast immer um inoperable Fälle handelt und daß
ung und Wohlbefinden. herbeiführen können, so hat diese
aple bei inoperablen Tumoren immerhin einige Berechtigung.
i Er konnte Ihnen in diesem kurzen Vortrag nur einen Aus-
i n Chirurgie. Das Gebiet ist natürlich weit größer und bietet
Aal! nge neuer Möglichkeiten. Der Reiz dieser besonderen Be-
, ung, das, was sie interessant macht, liegt m. E. darin, daß
mit relativ unschädlichen.. Mitteln gute Heilresultate erzielen
‘i
[4
dieser Behandlung, wenn auch nur vorübergehend, klinische
en von der Art und der Anwendung autogener Impfstoffe
a durch richtige Dosierung und Krankenbeobachtung. Wir
0 aber niemals das klare kritische Urteil verlieren. Wir müssen
\
uns immer vorhalten, daß viele sog. „Heilungen“ auch ohne auto-
gene Impfbehandlung eingetreten wären oder mit anderen ein-
facheren Mitteln, diätetisch physikalischen Maßnahmen usw. Vor
allem dürfen wir über diesen modernen Behandlungsmethoden,' Pro-
teintherapie und autogener Impfbehandlung, die alten bewährten
chirurgischen und internen Maßnahmen niemals vernachlässigen oder
gar beiseite lassen, z. B. beim Karbunkel. Die autogene Impfbehand- `
lung ist nur eine Bereicherung unserer sonstigen Behandlungs-
methoden, aber sie ist nicht unbedingt erforderlich. Es kommt auf
das Ziel an, das wir erreichen wollen,‘ nämlich: die -Heilung des
Kranken. Mein Chef, Herr Geheimrat Pels Leusden, pflegt seinen
Studenten in jedem: Semester erneut und eindringlich einzuprägen:
„Diejenige Therapie ist die beste, die mit den..einfachsten Mitteln
in kürzester Zeit die Krankheit heilt’ und den Kranken wieder
arbeitsfähig macht.“ Das sollte uns Allen als Leitsatz gelten. Dem-
jenigen unter uns, der mit seiner Behandlung eines Oberlippen-
furunkels, einer chronischen rezidivierenden Furunkulose, einer
chronischen Zystitis usw. zufrieden ist, hat die autogene Impftherapie
natürlich nichts zu bieten; Demjenigen aber, der nicht so zufrieden
ist, bringt sie ein neues und bei richtiger Anwendung entschieden
aussichtsreiches Behandlungsmittel.
Literatur: I, Autovakzinetherapie: Baer, Zbl. £. Chir. 1928. — v. Beust,
Schweiz. med. Wschr. 1922, Nr. 85. — Burnham, Zbl. f. Chir. 1914. — Buzello, D. Zschr.
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Canon, Chir. Kongr. Berlin 1921, — Coenen, Bruns’ Beitr. 1909, 68. — Deaver, Zbl. f. Chir.
1911. — Forselius, Ebenda 1916. — Jutten, Derm. Zschr. 1921. — Kutner. u. Schwenk,
Zschr. f. ärztl. Fortb. 1912. — Mac Donald, Zbl. f. Chir. 1911. — Möllers, Zbl. f. Bakt.
Org. 1923. — Perera, Zbl. f. Chir. 1923, — Reiter, B.kl.W. 1909. — Rimpau u. Keck,
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Org. 1920, 84. — Schmidt, Grenzg. 1910, 21. — Vallet, Zbl. £. Bakt. Ref, Bd. 78. — Dor-
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deutsche Chir. 1924, 81. — Wright, Zbl. f. Bakt. 1908 Ref. — Derselbe, Journ. of'the .
americ.” med. ass. Vol. 40, Nr. 6 u. 7.
II. Autopyotherapie: Belin, Zbl. f. Bakt. Ref. Bd. 67. — Hartnack, Ebenda
Bd. 70. — Hecht, B.kLW. 1921. — Makai, Zbl. f£. Chir. 1921.
JII. Autohämotherapie: Burghardt, Zbl. f. Gyn. 1928. — Läwen, Zbl. i~
Chir. 1923. — Nourney, Ebenda 1923, Nr. 26. — Peiser, Ebenda 1917.
D
IV. Autoserotherapie: Descarpentries, Zbl. f. Chir. 1928. — Müller, W.kl.W. are
1917. — Palmer u. Secor, Zbl. f. Chir. 1916. — Spiethoff, M.m.W. 1923. |
‚,. V. Antotranssudat- oder Exsudattherapie: (afario, Congr. d. soc.
ital. d. chir. 1911. — Lewin; B.kl.W. 1919. — Marinescu, Zbl. f. Chir. 1920. — Rogue
und Cordier, Zbl. f. Bakt. Ref. 1911. — Sawadski, Zbl. f. Chir. 1911, — Tschigareff,
Zbl. f£. Bakt. Ref. 1911. i o
| VI. Autotumorlysattherapie: Bruzzi, Zbl. £. Chir. 1923. — Citelli, Ebenda,
— Lunkenbein, M,m.W. 1913. — Dorselbe, Ebenda 1914. — Pinkuß u. Kloninger, B.kl.W.
1913. — Pflaumer, Zbl. f. Chir. 1914. — Wolfsohn, Neue deutsche Chir. 1924, 31.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.) |
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 28,
Über eine Trichinoseepidemie berichtet F. Heissen (Karlsruhe), |
Die Mortalität war trotz des beträchtlichen Umfanges der Epidemie gering -
(ein Todesfall bei schätzungsweise 150 Erkrankungen), der Krankheitsverlauf
_ leicht bis mittelschwer (Fehlen der Muskelkontrakturen, keine pulmonalen
oder organisch-neurologischen Symptome; nach kurzem, höchstens 14 Tage
betragendem akutem Stadium baldige völlige Genesung), Subjektive
Beschwerden: neben ’'den allgemeinen Erscheinungen einer akuten Ver-
giftung vor allem quälende Schweiße und hartnäckige Schlaflosigkeit neben
muskulären Symptomen. ‚Beweisend. für die Diagnose waren: Lidödem,
dessen Stärke ein Gradmesser der Schwere der Erkrankung war, und, aus-
gesprochene Eosinophilie mit so hohen Werten, wie sie sonst bei keiner:
anderen Infektionskrankheit vorkommen. (Sie gestattete sogar den'Nach-
weis der erfolgten Trichinelleninfektion bei klinisch latenten Fällen.).
Versuche, Lidödem und Eosinophilie als Erscheinungen einer Anaphylaxie
im Sinne einer Überempfindlichkeit gegenüber Schweinefleisch zu deuten, _
fielen negativ aus (keine Reaktion ‚auf Schweinefleischpreßsaftinjektionen).
Sonstige Symptome der Trichinose, wie Milztumor und Kontrast-Kernig
(positiver Kernig mit fehlenden Patellarsehnenreflexen), fehlten .oder waren, |
wie die Diazoreaktion, inkonstant. a, re
| Vom Rivanol zur Behandlung des Puerperalfiebers hat Ulrich
Franko (Breslau) keine überzeugende Wirkung beobachtet. F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 28, . |
Über myogene Schmerzen und Versteifungen der Schulter berichtet
A. Müller (München-Gladbach). Sowohl die spontan: entstehenden („rheu-'
. matischen“)'' Schmerzen und Versteifungen der Schulter wie die nach
Quetschung, Zerrung, Überanstrengung, Knochenbruch, eingerenkter Luxation.
und nach -Durchschuß der Weichteile und’ Knochen entstehenden sind
sämtlich muskulär, die Gelenkveränderungen ‘hierbei "sekundär, Der zu:
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| grunde, Jiegende Befund (Hypertonismus). setzt sich Zusammen aus einem
Hypertonus der: Muskulatur, gewöhnlich mit Schwellung und Ver-
härtung verbunden, und einem Reizzustand der beteiligten Gelenke, der
Eingeführtes anorganisches Eisen übt dadurch, daß es im Blute im
mus, also bei. Anämie und Chlorose, einen raschen Ersatz des Hämoglobins
31. August
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dingungen . für die Sinusblockierung zufällig in einem Herzen. ereint mit
den Bedingungen für das Vorhofflimmern vorhanden waren. Die energische
Digitalis- -Chiniobehandlung dürfte vielleicht, namentlich in der ersten Zeit
der langen ‚Stillstände die Blockerscheinungen verstärkt häben. — Die .
Autoren lehnen die Annahme von H. Straub ab, daß in Fällen von ein-
' fachen übergeleiteten A. E.S. Sinusblock . stattfindet, ‚indem .Straub die
postextrasystolischen Pausen auf Grund ihrer zufälligen zeitlichen Beziehung -
zur verkürzten Normalperiode auf As-Ausfall zurückführt.
W, Falta, F.Depisch und F. Högler teilen ihre Erfahrungen
über die. kombinierte Insulin-Diätbehandlung des Diabetes mit. Es wird
über - gute Toleranzsteigerung bei Insulinbehandlung im Verein mit der
Mehlfrüchtekur berichtet. Letztere wird in ihrer Wirksamkeit und. auch
wegen ihrer leichteren Verdaulichkeit der Petrenschen Gemüse- Fettkost
vorgezogen. Die schematische Diät, welche amerikanische Autoren bei der
Insulinbehandlung vorschlagen, wird abgelehnt.
| Paul Szilärd stellte Studien über Leukämie an. Dem leukä-
mischen Serum kommt keine wesentlich erhöhte leukolydische, Funktion zu.
Die weißen Blutkörperchen der Leukämie haben eine geringere Resistenz;
ihr stärkerer Zerfall regt — wenn auch. nicht allein — die verstärkte
. Leukopoese an. — Die Röntgenstrahlen schädigen direkt die ohnedies
wenig resistenten Leukozyten der Leukämie. `.
Eduard Weisz entwickelt mit Hilfe der Beobachtung des „Rospi-
ratjionsphänomens bei ruhiger Atmung“, ferner der „Respirationserschei-
nungen bei flüchtiger Atmung“, des „Schnupf- und Sprechphänomens“ eine
methodische Art der Inspektion, die er im Gegensatz zur Endoskopie als
Ektoskopie bezeichnet. Verschiedentliche Überlagerungen von Organen
können mit Hilfe dieser Methode festgestellt werden. Der Zwerchfellstand
ist gut abzugrenzen. Auch für die Bauchdiagnostik ist die Methode der .
Ektoskopie zu verwerten. — Nervenerkrankungen führen gleichfalls zu
einem Minus an Bewegung, also einem verminderten Sprechphänomen.
J. Revai gibt eine verbesserte Schwellenwertsperkussion an: Der
Plessimeterfinger liegt mit der Endphalanx flach auf der zu untersuchenden
Körperfläche, das proximale Ende wird leicht gehoben, so daß 2. und
1. Phalanx etwas abstehen. Bei der auf diese Weise ausgeführten Schwellen-
wertsperkussion wird den schrägen Fingerteil hinauf geklopft mit möglichst
gleichbleibenden Schlägen in kleinen Abständen proximal fortschreitend.
Der Perkussionston wird dabei immer leerer, bis er in einem gewissen
Abstand völlig erlischt (Nullpunkt, absolute Dämpfung). — Der. Autor: er--
zielte mit Hilfe dieser Perkussion besonders gute Resultate, speziell bei
der Orthoperkussion.
M. Geor ‚gopoulos liefert Beiträge zur’Frage der Pathogenese der
nephritischen Ödeme: Die Entstehung des Ödems bei der renalen Nephro-
sich zur chronischen Arthritis, schließlich :zur. Arthritis deformans
steigern kann. . Behandlung: sofortige Massage nach besonderer Technik,
die jeden einzelnen. Muskel und jedes Gelenk berücksichtigt.
=- Einen Beitrag zur Eisenfrage liefert O. Baumgarten (Hagen i i. W.).
Überschuß kreist, eine Reizwirkung auf das bei der Bleichsucht in seiner
Funktion herabgesetzte - ‚Knochenmark aus. Aber die gleichzeitig ge-
nossene Nahrung muß reich an organisch gebundenem Eisen sein. Nur
organisch gebundenes, assimilationsfähiges Eisen dient zum Aufbau
eisenhaltigen Körpergewebes, besonders der roten Blutkörperchen, wobei,
es gleichzeitig auch noch das Knochenmark reizt. Anorganisches Eisen
wird dagegen nur resorbiert, aber nie assimiliert. : Kleine Gaben orga-
nischen Eisens, wie in Form von Blutpräparaten, reichen zu einer nennens-
werten Leistungssteigerung der Organe nicht aus. Man muß daher ein
Präparat mit hohem Gehalt an organischem, Eisen auswählen, besonders
‘wenn es sich darum handelt, bei Störungen im Eisenhaushalt' des Organis-
herbeizuführen. oder, eine Verarmung an Blutfarbstoff ‘nach erschöpfenden
Krankheiten zu verhüten. Ein solches Präparat ist. das Bisentropon mit
2,63% Eisen. Seine Vorzüge sind außerdem: Guter ‘Geschmack, nahezu
vollkommene Resorptionsfähigkeit, Möglichkeit, es in Getränken oder breiiger
Kost lange ‚Zeit ohne Widerwillen zu ‚nehmen, ‘obne den Magendarmkanal
im n geringsten zu belästigen.
Über die Prognose des Morbus. Biermer berichtet J. Zadek (Berlin).
Für sie gilt außer den bekannten klinisch-hämatologischen Kriterien die
zeitliche Berücksichtigung der hämolytischen Erscheinungen und der
Intensität der Atmung des Blutes: 1. Die gesteigerte Hämolyse, am
sichersten erkennbar an einer vermehrten Urobilinausscheidung im Stuhl,
kündigt in der Remission trotz hoher Blutwerte zuerst und mit Bestimmt-
heit das Rezidiv.an. 2. Eine physiolögische oder emiedrigte Sauerstoff-
zehrung des Blutes trotz niedriger Blutwerte im Vollstadium oder Rezidiv
ist bei nachlassender Hämolyse das erste Zeichen beginnender Remission, -
Als Ursache einer pernizlösen Anämie hat Themistocles Deryis
(Cypern) in einem, Falle eine Taenia solium et Die Abtreibung
des Bandwurms führte zur Heilung. |
. Über. Salvarsanschädigungen . berlehtsi F. User: (Eßlingen). Es
handelte sich um eine Enzephalitis. Wahrscheinlich führte das Sal-.
varsan eine zu schnelle Einschmelzung des .syphilitischen Prozesses an
den kleinsten Hirngefäßen und. dadurch’ An Durchlässigwerden der Gefäße
herbei. Es handelt sich bei Salvarsanschädigung wohl meist um eine | pathie wird auf renale Kochsalzretention zurückgeführt. Diese führt zu
relative Überdosierung bei Menschen, deren Organe entweder primär | einer Abgabe von Kochsalz ins Gewebe, welche von einer Transsudation
minderwertig oder durch Syphilis, Malaria, Grippe, Alkohol, Epilepsie und | begleitet ist.. Veränderungen im Gewebe verhindern dann den Abfluß des
andere Faktoren geschädigt sind. Therapeutische Forderung: Wo keine | Transsudats. — Die Ödeme bei der Glomerulonephritis sind unabhängig von
Abortivkur in Frage kommt, bis zur 4, oder 5. Einspritzung kleine Sal- | der Niereninsuffizienz und werden bedingt durch eine dieser Erkrankung
varsandosen, große Pausen! Dann energische Weiterbehandlung! eigentümliche Alteration der Gefäße, welche durch dic gleiche Noxe herbei
Auf die akute seröse Peritonttis weist Hans Tichy (Schreiberhau) | geführt wird, wie die Niereninsuffizienz selbst.
hin. .Er nimmt eine akute Appendizitis als Ursache des im Vordergrund D. Scherf untersuchte einen Fall, der in Ruhe vereinzelte, BR
stehenden erheblichen serösen Bauchfellergusses an. Durch eine möglichst | mal keine, nach Arbeit gehäufte Extrasystolen aufweist, nach größeren.
frühzeitig ‚vorgenommene Laparotomie wird der giftig wirkende Erguß entleert. | Arbeitsversuchen Anfälle extrasystolischer Tachykardie bekam. Trotz‘ der
Ein invaginiertes lleozökalkarzinom führte in einem Falle, wie | weiten Grenzen, in denen sich dieser bewegt, ist in allen Kurven bis aul
Herbert Pollack angibt, da es sich _prall-elastisch anfühlte und gut | die eine nach Chinin die Kuppelung und die Extrareizperiode vollkommen
abgrenzbar war, zur irrfümlichen Annahme eines Ovarialkystoms. Und | unverändert. Die Möglichkeit, die E. R. P. in nahezu allen Kurven immer
doch hätten die nach jeder. vaginalen Untersuchung auftretenden Darm- | wieder durch direkte Messung zu bestimmen und der Befund ihrer Konstanz
blutun gen auf den Verdacht eines Darmtumors hinlenken können, macht allein ein Mitschwanken des E. R.Rh. mit dem S. Rh. unwahrschein-
Zur Diagnose der Meningitis, insbesondere der tuberkulösen, omp- | lich. Bedenkt man daneben die Konstanz. der Kuppelung und die Un-
fiehlt Oskar Herz (Hamburg) die Kalilaugenprobe. Bei der Meningitis möglichkeit, gerade die kleinen E.S.J. entsprechend zu teilen, so muß
tuberculosa erhält man meist keinen getrübten, sondern einen kristall- | eine Parasystolie für diesen Fall ausgeschlossen. werden.
klaren Liquor. Bei Zusatz von Kalilauge ist nun die Probe, wenn es. Paul Saxl (Wien)
sich um starke Zellvermehrung im Liquor handelt, stets positiv.
Man setze 1—2—3 Tropfen Kalilauge zum Liquor und schüttele danach `
um. Bleiben Luftblasen stehen, so liegt starke Zellvermehrung vor. Die
Probe muß sofort angestellt werden, da sie später negativ ausfällt. Sie
geht parallel dem mikroskopischen Befund. Beim negativen Ausfall ist
der Liquor nach dem Umschütteln unverändert. Selbstverständlich muß
der Liquor frei von Blut sein. > 222o | F. Bruck.
: Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie,
| Band 37, Heft 3 bis 5. `
Heft 3. Brinkmann und Hage stellten bei Typhuskranken
: Duodenalsondierungen an, Sie konnten schon im Laufe der ersten Woche
‚in‘ dem galligen. Duodenalsaft Typhusbazillen nachweisen. Den Gallen-
. blasenreflex lösten sie durch Milchinjektion aus. Im Laufe der 2. Woche
‚konnte. man in der Galle konstant Typhusbazillen nachweisen "und die
i Autoren glauben, daß das Gallensystem hämatogen mit Typhus infiziert
. werde, an eine aszendierende Infektion dagegen glauben sie nicht. Sie unter-
Wiener Archiv für Innere Medizin 1924, Bd. 8, H. 1.
Kr. Wenckebach und H. Winterberg beschreiben Störungen
des Sinusrhythmus nach regularisiertem Vorhofflimmern und Vorbofflattern.
Im ersten Falle folgte der Entflimmerung nach einem Übergangsstadium
von Vorhofflattern Sinus-, ein andermal Vorhofextrasystolen. In einem
zweiten Falle wird das Vorkommen von Sinusblock nach regularisierter
Arhythmia. perpetua abgetan. Die ‚Autoren nehmen an, a die Be-
: von Typhusbazillen zum Aufbören gebracht werden (Cholezystektomie).
Hattesen berichtet über eine Familie, von welcher. nicht weniger
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' scheiden bezüglich der Ausscheidungsdauer Langausseheider und Spät-
‚ausscheider. Durch Operation konnte in einzelnen Fällen die Ausscheidung _
“als 8 Mitglieder an hämolytischem Ikterus litten. Die Patienten botoa
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"Hauptsächlich beobachtet man
schwellung der Halsvenen
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‘das übliche Bild dar. Bei vieren wurde eine Milzexstirpation ausgeführt,
- ohne d
aß durch dieselbe die Weitervererbung der Krankheit hintenan-
gehalten. worden wäre. Wohl trat eine Besserung des Blutbildes ein, aber
keine Veränderung im Gallenfarbstoffgehalt des Serums. l |
= H, Wildegans maß den intraperitonealen Druck bei verschiedenen
Abdominalerkrankungen. Im allgemeinen ist der Druck etwas positiv
und zwar etwas größer als der atmosphärische Druck, sowohl unter physio-
logischen. wie. pathologischen Bedingungen. .Der Druck schwankt mit der
Atmung etwas, wird im Exspirium besonders unter den Zwerchfellskuppen
und im-kleinen Becken negativ.
des Abdominaldrucks und schwereren Erkrankungen des Bauchfells besteht
im allgemeinen nicht, da die Bauchdecken außerordentlich nachgiebig sind,
und so nur.bei sehr starker Vermehrung der intraabdominellen Flüssigkeit
biw. hochgradiger. Ausdehnung des Abdomens durch Gase die Bauchwand
a gespannt wird, daß ein erheblicher Überdruck sich ausbilden kann.
solchen bei Leberzirrhose und ent-
spreohendem Aszites.. |
- E. Becher beschäftigt sich mit den Druckverhältnissen im Liquor
cerebrospinalis. Der Liquordruck hängt ab 1. von der Elastizität der
Hirnbänte (elastischer Liquordruck); 2. von Raumbeschränkungen im'Liquor-
behälter (übertragener Liquordruck); solche können erfolgen durch Gefäß-
überfüllung, durch übermäßige Liquorsekretion, durch’ Tumorbildungen;
3. vom hydrostatischen Druck. Derselbe spielt besonders eine Rolle bei
sikender und aufrechter Körrerhaltung,
oberen Partien des Rückenmarks ein nahezu negativer Druck vorhanden
i$ während in den unteren Partien der Druck gegenüber dem Liegen
erheblich steigt: 4. vom kapillären Druck; derselbe spielt besonders in
den Hirnhäuten der Arachnoidea eine Rolle, während er im weiten Rücken-
'markskanal vernachlässigt werden kann; 5. steht das ganze Liquorsystem -
wter dem Atmosphärendruck. An einer Stelle des Rückenmarks ist beim
Punktieren im Sitzen der Druck gleich Null. Bei Beckenhochlagerung
findet im Gehirn ein Überdruck statt und in den unteren Rückenmarks-
‘genden tritt ein negativer Druck auf. Sobald etwas Flüssigkeit abge-
‚lassen wird, ändern sich die Druckverhältnisse erheblich; steigt der Druck
im ganzen Liquorsystem, so findet auch in den oberen Gehirnpartien sich
ein positiver Druck.
Borack studierte die Arthritis gonorrhoica und machte bei der-
selben zahlreiche Röntgenuntersuchungen. In vielen Fällen läßt sich aus
dem klinischen Bild und der Röntgenuntersuchung die Diagnose sichern
' tad wichtige prognostische und therapeutische Richtlinien gewinnen. Ein
absolut pathognomonisches Röntgenbild der Arthritis gonorrhoica gibt es
nicht, Bei enormer Weichteilschwellung fehlen häufig röntgenologische
Veränderungen ganz, bei unscheinbarem klinischem Bilde können anderer-
sils schwerste Gelenkveränderungen vorhanden sein mit Auffaserung des
Anorpels und Zerstörung der knorpeligen Gelenke. Röntgenologisch sind
sogar bisweilen schwere ‘Veränderungen. vorhanden, ohne daß überhaupt
klinische Symptome wahrnehmbar sind. B. teilt die einzelnen Formen der
gonorrhoischen Arthritis ein in eine 1. arthralgische, dabei findet sich
seine des Gelenks, Schmerz und Fieber, meist keine röntgenologischen
F „änderungen; 2. eine exsudative, dabei findet sich intraartikulärer Erguß,
, . Migenologisch Erweiterung des Gelenksvaltes; 3. in eine indurative Form,
dabei
ie a sich Kapselschrumpfung, röntgenologisch akute Knochenatrophie
‚In eine phlegmonöse Form, es handelt sich dabei um paraartikuläre
è ration mit starkem Weichteilödem, röntgenologisch am Gelenk zunächst
eine. Veränderungen, später Ankylose und Arthritis deformans.
AR lenkt die Aufmerksamkeit auf das nach Strumektomie häufiger
i ende Mediastinalemphysem, Solche Mediastinalemphyseme sind
rordentlich gefährlich durch Kompression der Trachea und durch
= auf den Herzbeutel. Sie sind auch häufig von interstitiellem Lungen-
i a begleitet, Besonders entstehen sie bei der Exartikulation retro-
-ualer Strumen. Beim’ Einatmen wird in die dabei entstehende Höhle
tuft angesogen und dieselbe beim Ausatmen in das lockere Mediastinal-
Beebo hineingepreßt, indem das obere Sternum eine Art Ventilverschluß
eim Exspirium bildet.
2 Zu diagnostizieren ist das Mediastinalemphysem
auptsächlich aus der z i
unehmenden Atemnot, aus der stärkeren An-
fahe des Mediauı und evtl. Auftreten von Emphysemknistern. Die
ediastinalemphysems wird am besten dadurch vermieden, daß
ii. m ende Höhle mit Flüssigkeit und feuchten Tupfern ausgestopft
" nlegen von Glasdrains bewirkt nicht selten gerade das Emphysem,
Re zu vermeiden. Die Bekämpfung des entstandenen Emphysems
„te in breiter Eröffnung des lufthaltigen Gewebes und evtl. Tracheo-
mie oder Intubation. |
Neumüller prüfte das Courvoisiersche Gesetz zur Differential-
gel b Material der Eiselsbergschen Klinik. Die Courvoisiersche
esagt, daß wenn bei höchgradigem Ikterus ein Steinverschluß be-
z
1924 ~= MEDIZINISCHE KLINIK: = Nr. 85.. ee
_ Genese der Gallensteine. D | |
gegeben, neben den bekannten Steinen beschreibt E. noch eine neue Form,
die im Zentrum ein Pigmentstein und in der Peripherie -einen Cholesterin-,
. pigmentkalkstein ist. Be ee Tee we
er bewirkt dann, daß in den-
' gerufen waren.
| täuschend tuberkulösen Riesenzellen ähnlich, in denselben aber im Zentrum
Wert der verschiedenen Kropfarten an.
‘und zwar ist die Aktivität am ausgesprochensten beim Basedow,
zwischen Tumor und Stein bei chronischem Choledochusverschluß.
steht, die Gallenblase nicht fühlbar ist, daß bei anderen Ursachen: dieses
. Verschlusses- Karzinom, Schwellungen, extraperitoneale‘ Tumoren, dagegen‘
' eine starke Vorwölbung der Gallenblase meist tastbar ist. An dem Material‘
: der Eiselborgschen -Klinik. konnte das Zeichen durchaus nicht konstant
. gefunden werden, unter 75 .Steinverschlüssen und 47 'Tumorversohlüssen: .
‘ Ein differentialdiagnöstischer Wert muß ihmi demnach abgesprochen” werden.
Heudorfer stellt die: Häufigkeit postoperativer 'Darmverschlüsse.
_ durch Adhäsionen und Stränge nach gynäkologischen Operationen aus ‚dem
‘ Material der Tübinger Frauenklinik zusammen. Im ganzen fand sich. nach”
Ein Zusammenhang zwischen der Größe | |
Laparotomien in. 0,81% später auftretender Ileus. Der Deus kann 'ent-‘
weder durch Knickung infolge von Adhäsionen eintreten -oder infolge von
Abschnürungen von Darmstücken durch freie Peritonealstränge' bedingt‘
` sein.
: suchungen an Relaparotomierten ‚zeigten, in wenigstens 25% aller Fälle.
. Am häufigsten sind die Verwachsungen an der Flexur. Vermieden werden .
' diese Adhäsionen am besten durch schnelle Operation, absolute Asepsis,
„exakteste Blutstillung und peinlichste. Wundversorgung des. Peritoneums..
Nach Bauchoperationen kommt ‘es zu: Verwachsungen, wie "Büter-
Heft 4. Erturinumi berichtet über den Bau und die formale:
Der. Arbeit sind sehr gute Abbildungen bpi-
Walzel und Weltmann stellten Studien zur Gallensekretion bei
' einer Leber-Gallenfistel an. Sie konnten feststellen, daß pro Tag 800 bis’
: 1000 cem Galle sezerniert. wurden und: zwar 2/3 dieser‘ Menge am Tage,
ı/, in der Nacht. Trotz derartiger Gallensekretion ließ der Haut- und
Blutikterus nicht nach. Der Farbstoff der Zystengalle schwankte außer-
ordentlich, wogegen die in der Zeiteinheit sezernierte Menge nahezu konstant
' blieb.. Der. Wasser- und. Durstversuch übte auf die Gallensekretion fast”
gar keinen Einfluß aus. Urobilin konnte in der Galle niemals nachgewiesen‘
. werden. Dagegen trat sofort Urobilio in der Galle auf, wenn Schweine: -
. galle, die schon im frischen Zustand normalerweise reichlich Uröbilin ent-
hält, per os dargereicht wurde. | in u
B. Naunyn beschäftigt sich mit der Frage des Verschiußsteins
und seine Bedeutung für die Cholelithiasis. Er kommt zu dem Resultat,
daß ein Stein sich-im Gallenblasenhals infolge des anatomischen eigentüm-
lichen Verlaufs des Ductus cysticus besonders leicht einklemme. Dieser
eingeklemmte Stein kann dann sekundär. noch erheblich wachsen. durch -`
Apposition von Cholesterin, welches sich aus dem Epithel der anliegenden:
Schleimhaut bildet | ! m
Yamauchi teilt eine Beobachtung über Gewebsveränderungen
besonders Granulationsgeschwälste mit, die durch- Askariden hervor-
Die ‘von ihm gegebenen Abbildungen sind teilweise
Askarideneier eingelagert. Die Granulationsgeschwulst wurde aus dem
obersten Dünndarm bei einer. Operation :;entfernt und von dem Chirurgen
-im Darm selbst zahlreiche Askariden beobachtet. Die Eier waren im Ge-
webe eingelagert. ‘Ob sie nun dahineingekommen waren infolge von
ulzerösen Geschwüren, die durch die Anwesenheit der Askariden bedingt
waren, oder dadurch, : daß sich die Askariden direkt in die Schleimhaut
einbohrten und dort die Eier ablegten, ließ sich nicht sicher entscheiden, .
M. Barnowaki stellte Untersuchungen über den physiologischen
| Sie. prüfte vor allen Dingen die
Wirkung des Serums verschieden kröpfkranker Leute auf das Sauerstoff-
" bedürfnis der Ratte und hält diesen Versuch für sehr wertvoll. ' Das ver-
schiedene Kropfgewebe ist im Rattenversuch in verschiedenem Grade aktiv
| Ä | "am
geringsten bei den verschiedenen Formen des Kretinkropfes. ‚Die. gewöhn-
lichen Kolloidkröpfe entsprechen etwa in ihrer Aktivität der Norm. Der
‚Kolloidgehalt des Kropfes ‘spielt bez. der Beeinflussung des Gaswechsels
keine Rolle, dagegen kommt dem prozentualen Jodgehalt eine entsprechende
Wirkung zu, ebenso wie das Kropfgewebe selbst verhielt sich vielfach auch.
das Blut der betreffenden Individuen. _
Dehmel und Krumelkam p liefern einen. Beitrag zur Funktion
der Gallenblase, indem sie bei Kaninchen experimentell den Einfluß der
Gallenblase auf die Gallensekretion studierten.-: Sie.fanden, daß die Gallen- -
v
blase kein Reservoir für die Galle ist und auch nicht die Rolle eines.
Windkessels spiele. Die Füllung. der Gallenblase erfolgt passiv durch den '
‘in den Gallenwegen herrschenden Druck. und nicht aktiv. : Der Abäuß der.
Galle aus der Gallenblase spielt praktisch keine Rolle. In der Gallen-
blasenwand findet Resorption selbst von festen Gallenbestandteilen statt 2
Durch erhöhten Innendruck in‘ der Gallenblase wird .die Papilla Vater
automatisch geöffnet, durch vermehrte. Dehnung der - Gäallenblasenwand
wird . die Lebersekretion gehemmt, Tonusänderungen der ‚Gallenblasen-
muskulatur reguliert demgemäß die jeweilige Lebersökretion.
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‚Lösung statt.
vergrößern..
‚ diesem Verhalten schließt M, auf ihre körperfremde Eigenschaft.
1224
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35
Just äußert sich zur Frage der Indikationen und Kontraindikationen
der Probelaparotomie.: Er kommt zu dem Schluß, daß in der Unfall-
chirurgie die Probelaparotomie indiziert und absolut berechtigt ist, in allen
Fällen von Stich- und Schußverletzungen, die wahrscheinlich mit einer
intraabdominalen Verletzung einhergehen, dann bei allen stumpfen Ver-
letzungen, bei welchen eine beginnende Peritonitis nicht abgelehnt werden
kann nach genauester . Kontrolle von Puls und Abdominalsymptomen.
Kontraindiziert ist Probelaparotomie bei solchen Fällen, bei denen neben
unsicheren '‘Abdominalerscheinungen Verletzungen von Organen bestehen,
die nicht mit dem Peritoneum im Zusammenhang stehen. Probelaparotomie
bei aussichtslosen Karzinomfällen lehnt J. vollständig ab. Er betont aber
noch ganz besonders, daß bei der Probelaparotomie das Wichtigste die
Indikationsstellung gegenüber der Diagnosestellung ist.
Heft5. B. Naunyn faßt in einem Aufsatz zur Lehre‘ vom Aufbau
und Umbau der Gallensteine noch einmal kurz seine Anschauungen über
die Entstehung der Gallensteine zusammen, da dieselben vielfach noch
falsch verstanden worden sind. Der erste Ursprung der Gallensteine findet
durch Auskristallisieren von Cholesterin aus einer relativ stark konzentrierten
- Vielfach zeigt sich derartig auskristallisiertes Cholesterin
zunächst in Kugelform, manchmal sind ‘es auch körnig amorphe Massen.
Die typischen Gallenblasensteine entstehen meist als kolloide Gele. Das
Wachstum eines Gallensteines entsteht dann entweder durch Adsorption
von steinbildenden Medien aus der Galle oder durch Adhäsion eines „Magma“.
In anderen Fällen bilden sich um den ersten Stein zirkulär weitere Schichten
durch eine Art von „Aufrahmung“.. In noch anderen. Fällen können die
Steine durch Zusammenwachsen einer großen Anzahl kleinerer Steine sich
In den Gallensteinen selber findet später ein Umbau statt.
Die Hauptrolle bei diesem Umbau spielt die Cholesterindegeneration der
Schleimhautepithelien. Die anlagernde Schleimhaut bringt . den Stein
häufig noch- zu weiterem Wachstum, so. besonders die in den Ductus
. -~ cysticus eingekcilten Steine.
A. Israel lenkt die Aufmerksamkeit auf Kreislaufstörungen und
Herzveränderungen bei arteriovenösen Aneurysmen. Derartige Aneurysmen
werden am ehesten diagnostiziert aus einer Geschwulst, über welcher ein
sausendes Geräusch vorhanden ist. Die eigentümlichen Kreislaufstörungen
in dem- von dem Aneurysma befallenen- Gliede werden vor allem durch
Ansaugung des arteriellen Blutstroms in das Venensystem hervorgerufen,
da der Druck im Venensystem ein außerordentlich viel niedrigerer ist gegen-
über dem arteriellen System. Von Erscheinungen, z. B. bei einem. arterio-
venösen Aneurysma der Arteria poplitea sind besonders zu nennen starke
Erweiterungen der Venen des. Unterschenkels, Hinken nach ‘Art der
Dysbasia arterioselerotica, vielfach auch hochgradige:Zyanose des betreffenden
Gliedes. Druck auf das Aneurysma ruft in vielen Fällen eine Pulsver-
langsamung und ein Herabgehen des Blutdrucks hervor. Der Druck in den
Venen ist in dem betreffenden-Gliede erheblich gesteigert. Wenn. ein Bein bei
bestehendem arteriovenösen Aneurysma hochgelagert wird, so tritt bisweilen
eine hochgradige Blässe in dem Gliede ein, weil das ganze arterielle Blut |
in die. Vene abgesogen wird, besonders bei Operationen ist dieser Umstand
sehr zu berücksichtigen.
konnten fast konstant Veränderungen am Herzen bei derartigen Kranken
beobachtet werden. J. berichtet: über mehrere Fälle, bei denen das Herz
außerordentlich stark verbreitert war, diese Verbreiterung. verschwand nach
der Operation bei Nachprüfungen ein Jahr später. Die Erklärung für die
Mitbeteiligung des Herzens wird gegeben in einer dauernden Blutüber-
‚füllung des Herzens, ein Teil des arteriellen Blutes strömt sofort in die
Vene, dieses Blut führt dann zu einer Überfüllung des rechten Vorhofs und
Überfüllung des rechten Ventrikels. In einer Anzahl der Fälle treten dann
auch systolische Mitralgeräusche am Herzen auf, die gleichfalls nach der
Operation vollkommen verschwinden. '
Merk beleuchtet die Frage der Sporen- i Rostzellen bei mensch-
lichem Kropf von neuem. Er gibt mehrere Abbildungen, die die Fremd-
körpernatur dieser Sporen beweisen sollen. Die Rostzellen haben, mit
konzentrierter Schwefelsäure versetzt, rote bis violette Farben, woraus auf
die Gegenwart von Cholesterin geschlossen werden muß. Die Sporen verhalten
sich Parbstoffen gegenüber sicher anders als rote Blutkörperchen und aus
Gundermann bringt einen Beitrag zur Klinik der Cholezystitis
und Cholangitis.
Fällen die Leber, Gallenblase und Galle bakteriologisch- untersucht. In
der normalen Leber konnte er mehrfach, besonders mit dem Anreicherungs-
verfahren Bakterien nachweisen. In der Gallenblase und in der Galle fand
er sehr häufig, besonders unter pathologischen Verhältnissen Bakterien.
Staphylokokkeninfektionen beginnen nach seiner Anschauung häufig schon
im Kindesalter. Anfangs verlaufen sie in Form von Katarrben ohne Stein-
bildung. Im Alter von 20—40 Jahren findet man dann Katarrhe mit
sind Koliinfektionen ohne Steinbildung mit
- neigen die Koliinfektionen zur Empyembildung. Dabei kommt es dann
. häufig und gehäuft.
Abgesehen von diesen lokalen Veränderungen
Er hat sowohl bei normalen, wie unter pathologischen
| | ‚35. 831. August
Steinbildung und jenseits des 40. Jahres kommen die Kranken meistens.
im Cholelithiasisanfall zur Operation.
Häufig beobachtet man nach der
Operation entzündliche Cholelithiden.
aszendierend als auch auf dem Blut- und Lymphwege entstehen.
„Stippchenblase“. Ebenso
häufig zu Wandgangrän und Perforation. Infolgedessen müssen Koliinfek-
tionen der Gallenblase viel häufiger aus vitalen Gründen operiert werden
Rezidive scheinen selten zu sein. Die Paratyphusinfektionen verlaufen
meist stürmisch, es entsteht schnell ein Gallenblasenempyem nnd Zerstö-
rungen der Gallenblasenwand. Auch nach Entfernung der Gallenblase
bleibt die Ausscheidung der Paratyphusbazillen im Stuhl häufig bestehen.
Bei Streptokokkeninfektionen der’ Gallenblase sind Schmerzanfälle sehr
Der Verlauf ist im allgemeinen ein sehr chronischer.
Steine fehlen sehr oft. Es findet sich meist nur eine leicht entzündliche
‘ Blase ohne Eiterung. Wenn Steinverschluß eintritt, kommt es bisweilen
zu Empyemen, häufiger aber zu Hydrops der Gallenblase.
Tobler stellte chemische und histologische Untersuchungen an
Stramen an, unter besonderer Berücksichtigung von Jod-Basedow-Fällen.
Die quantitative Untersuchung auf Jod nach Darreichung von Jodpräparaten
zeigte, daß jede Schilddrüse Jod sehr lebhaft speichert. Trotz langen
Jodgebrauchs und starker Zunahme der Drüsen an Jod traten in einer
ganzen Anzahl Fälle Basedowerscheinungen nicht auf.
logische Veränderung, die vielleicht nach Jodgebrauch festgestellt werden
‚konnte, war in einzelnen Fällen eine Atrophie von Drüsengewebe. Bei
anderen Kranken werden nach Jodgebrauch lebhafte Basedowerscheinungen
beobachtet. Mikroskopisch zeigen derartige Drüsen mehr oder weniger
Epithelwucherungen, wie sie bei Basedow beobachtet werden. Aber in
einzelnen Fällen fehlen auch diese Veränderungen vollständig. T. warnt
deswegen im allgemeinen. vor ärztlich nicht genau kontrolliertem Jod-
gebrauch; die bisher in der Medizin gebräuchlichen Joddosen hält er jeden-
falls für viel’zu hoch.
Bronner prüfte den Wert der Duodenalsonde bei, chirurgischen
Gallenwegserkrankungen.. Er sondiert mit und obne Mandrin, mit Mandrin
kommt man im allgemeinen schneller ins Duodenum, aber die Saftsekretion
beginnt trotzdem nicht früher als bei der spontanen Methode. Um die
Gallenblasenkontraktion anzuregen, injizierte er statt Wittepepton eine‘
300], ige Magnesiumsulfatlösung, leicht angewärmt, und erhielt danach
meistens Blasengalle, während vorher hellere Lebergalle ‚abgelaufen war.
Normalerweise enthält die Galle nur ganz 'geringe Sedimentmengen.. Ver-
einzelt sind in diesen Sedimenten zahlreiche Leukozyten vorhanden. Bei
chirurgischen Gallengangserkrankungen ist das Sediment meist viel ‚größer,
es besteht meistens aus zahlreichen Leukozyten und kulturell kann man
in demselben häufig Koli-, bisweilen auch andere Bakterien finden. Die
nach Magnesiumsulfat entleerte Galle ist bei Lebererkrankungen fast immer
pathologisch zusammengesetzt, hauptsächlich findet sich Leukozyten-
vermehrung. Noch wochenlang nach einer Cholezystektomie kann man
mittels Duodenalsondierung eine derartige Cholangitis nachweisen. Durch
Einführung der Duodenalsonde und Drainage mit derselben wird diese
Cholangitis häufig günstig beeinflußt.
Szenes prüfte an dem reichhaltigen Material der Frauenklinik zu
Wien und chirurgischen Klinik den Einfluß der ‚Schwangerschaft, der
Menstruation und des Klimakteriums auf das Magen- und Duodenal-
geschwär. In einem großen Prozentsatz sind die Beschwerden, die durch
das Ulcus ventriculi hervorgerufen werden, während der Schwangerschaft
entweder verschwunden oder erheblich gemildert. In etwa 60°/, der Fälle
von Ulcus duodeni tritt gleichfalls eine erhebliche Besserung der Beschwerden
ein. Die Ursache für. diese Besserung wird gesucht einmal in der ver-
minderten Salzsäureproduktion der Schwangeren, andererseits in den ver
änderten Druckverhältnissen und der besseren Durchblutung, die die
Abdominalorgane während der Schwangerschaft erfahren. Experimente an
Hunden gaben allerdings keine eindeutigen Resultate. Herabsetzung des
Tonus der Bauchdeckenmuskulatur läßt die Besserung der Ulkusbeschwerden
während der Schwangerschaft missen. Die Schwangerschaftsbeschwerden
‚bei Ulkuskranken, besonders Erbrechen, sind meistens nicht vorhanden.
Hämatemesis außerordentlich selten. Auf die normalen Ulkusbeschwerden
pflegt dio Periode im allgemeinen keinen Einfluß auszuüben. Der Eintritt
ins Klimakterium hat mehrfach sowohl beim Ulcus ventriculi wie beim
Ulcus duodeni einen verschlimmernden Einfluß auf das Ulkusleiden.
G. Dorner (apeg
Die Prognose ist im ganzen gut.
. Die Kolicholezystitis beginnt gleichfalls in jugendlichen Jahren und ver-
läuft lange Zeit fast ohne Beschwerden. Die Koliinfektion kann sowohl |
Häufig -
Die einzige histo-
Pr
„ent
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L aeia er mae
31. August. |
f i i e, 0 E |
Therapeutische Notizen.
Innere Medizin.
Die Transfusion kleiner Blutmengen empfiehlt K arl Walter (Würz-
burg) zar Behandlung der perniziösen Anämie. In 3 Fällen konnte durch
subkutane oder intramuskuläre Injektion ein zufriedenstellender
‚Erfolg beobachtet werden. Es wurden 20 ccm Blut entnommen, defibriniert,
'gefroren, - wieder erwärmt und nach ‘4 Stunden hiervon 10 ccm injiziert.
Das so veränderte körpereigene Blut ist dem unveränderten an Wirk-.
sankeit überlegen. Weder Serum noch Hämoglobin, sondern die Proto-
plasmaschollen der zerstörten Blutzellen dürften das wirksame Agens
sein. Es handelt sich hierbei höchstwahrscheinlich um keine Ersatz- oder
Fermenttherapie, sondern um eine unspezifische Reiztherapic. (M.m.W.
1924, Nr. 26.) |
= Die Behandlung mit künstlichem Pneumothorax gibt nach Paul
Mende (Riga) trotz aller Schwierigkeiten, Komplikationen und Gefahren,
womit sie verbunden ist, nicht nur durchaus befriedigende Resultate,
sondern ist zurzeit die aussichtsreichste Methode der Therapie einseitiger
Iungentuberkulose, und zwar bei ausschließlich ambulanter Be-
handlung. . (M.m. W. 1924, Nr. 27.) F. Bruck.
.... @ Singer teilt die erfolgreiche, konservative Behandlung von drei
Filen von diabetischer Gangrän durch parenterale Eiweißzufuhr mit.
In allen Fällen trat eine schnelle Reinigung der Wunde und baldige Über-
äutung ein. Neben der Schnelligkeit besteht auch eine große Dauer-.
haftigkeit der Wirkung gegenüber dem Insulin. Verf. glaubt 'in. diesen
Erlolgen’einen Beweis dafür zu sehen, daß die Gewebsumstimmung bzw.
die Eiweißwickung peripher angreift. (W.kl.W. 1924, Nr. 25.)
Als Bebandlungsmethode spätsyphilitischer Gelenksaffektionen
empfiehlt H. Schlesinger (Wien) intraartikuläre Injektionen von 10 °/Jiger
Jodnatriumilösung, besonders, wenn die intravenöse Therapie mit der gleichen
Lösung wirkungslos wird. Die zu injizierende Menge braucht nicht groß
zu sein und darf nicht mit Gewalt eingespritzt werden. Die Schmerz-
haftigkeit bei der Einspritzung ist gering. (W.kl.W. 1924, Nr, 26.)
er Muncke.
. Normacol empfiehlt Egon Stöphasius(Breslau) beiStuhlverstopfung.
Es enthält einen Pflanzenschleim, der quillt, sobald die Darmfeuchtig-
keit zur Einwirkung kommt, wodurch ‘das Volumen des Stuhls vermehrt,
der Stuhl selbst weich wird und an Gleitfähigkeit gewinnt. Die Quellung `
ut mechanisch einen reflektorischen Reiz zur Peristaltik hervor. Das
Hitel wird ungekaut mit einer Flüssigkeit hinuntergespült oder in Mar-
melado geschluckt. 1—2 Teelöffel voll abends 1—2 mal genügen zu einem
Brflg am nächsten Morgen. (D.m.W. 1924, Nr. 26.) |
_ Den kohlensauren Kalk — Calcium carbonicum praeeipitatum oder
, Creta praeparata (Schlämmkreide) — empfiehlt Fürbringer (Berlin) als
‚Aufidiarrhoikum (täglich 3mal 2,0—3,0, d. i. ein mäßig gebäufter Teelöffel).
Das Mittel muß rechtzeitig ausgesetzt werden, da es sonst zu Verstopfung
führt. (D,m.W. 1924, Nr. 25.) zn
. Siponstuhlzäpichen (Bayer) bei Hämorrhoiden empfiehlt Brassel
(Leipzig). Die Zäpfchen enthalten Wismut, etwas Cycloform und Tannin.
In allen Fällen von Hämorrhoiden, die. durch Obstipation als Folge der
Manie des untersten Dickdarmabschnittes und des Mastdarms hervorgerufen
Waren, sah der Verfasser Aufhören des Tenesmus (durch Stagnation der
Füoes im S romanum und in der Ampulla recti erzeugt) und leichte Aus-
| Ikerungen. Auch die ausgedehnten Varixknoten schwollen sehr bald ab
: ER die bohrenden und brennenden Schmerzen verschwanden. Zur Unter-
- ‚ Fülzung dient die den Zäpfchen beigegebene Cycloformpaste (Bayer), die
' den Schmerz stillt und den Juckreiz mildert. Je ein Zäpfchen wird
Seitenlage morgens und abends so hoch wie möglich eingoführt (vorher
an ‚10 Minuten langes Dampfsitzbad; dies wird ‘bereitet durch einen
Bimer mit kochendem Wasser, der unter einen Stuhl ohne Rohrgellecht
‚stellt. wird). Die entzündeten Knoten sowie die Umgebung des Afters
werden darauf messerrückendick mit der Cyeloformsalbe bestrichen. (D.m.W.
1924, Nr. 24.)
Vialonga (Vialongawerke in Düren [Rheinland]) empfiehlt Hans
‚ppenheim (Berlin-Dahlem) bei Oxyuren. Das Mittel besteht aus dem
reibungspräparat, das in Form kleiner 'Gelatinekapseln Extract. Chinae
= Tannacetin enthält, und einem Abführmittel in Tabletten. Zur Unter-
stützung dienen: Vialongazäpfchen und Vialongabalsam. Man gibt an drei
aufeinanderfolgenden Tagen morgens und mittags nach den Mahlzeiten je
tach dem Alter des Kranken 1—3 Perlen in Marmelade (bis zu 3 Jahren
Fe bis zu 10 Jahren 2, darüber hinaus 3 Perlen) und 1 Stunde nach
De Mittagessen die Abführtabletten (in. derselben Dosierung wie die
ö m Nach 8 Tagen Wiederholung der gleichen Kur, im ganzen dreimal.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
Ferner lasse man bei jeder Kur
ır 5 Tage lang abends ein Zäpfchen in den
After einführen und fette ebensooft den. Anus mit dem Balsam- gründlich
ein. (M.m.W. 1924, Nr. 22.) - Eu a
Infektionskrankheilen.
Über die Vermeidung operativer Eingriife (Tracheotomie ‚und In-
tubation) bei der Behandlung des Krupps berichtet Arthur Schloßmann
(Düsseldorf). Der Verfasser versucht, durch Verminderung der Unruhe;
der Angst, der Bewegung und der Aufregung des Kindes die‘ Atemnot zu
lindern. Er gibt daher nach Einverleibung der nötigen reichlichen Menge -
Antitoxins Beruhigungsmittel, bis an Stelle der Unruhe Ruhe und.
Schlaf treten. Er bedient sich dazu des Narkophins, .ev. mit einem
Chloralklisma. Die Dosis wird so hoch gewählt oder durch Wieder- _
holung der Injektion so erhöbt, daß der Erfolg, der erzielt werden soll, .
auch wirklich eintritt und das Kind zur Ruhe kommt. > Wichtig ist ferner.
die Freiluftbehandlung, d. h. die Zufuhr von frischer und kalter
Luft. Also: systematische Zurückdrängung des. operativen Eingriffs. unter
Anwendung eines verständigen, die Erstickungsangst in erster Linie be-
kämpfenden exspektativen Verfahrens.‘ Denn .die Behandlung der
diphtherischen Larynxstenose erfordert im allgemeinen . keine
operativen Eingriffe. (D.m.W. 1924, Nr. 28.) a
Die Subokzipitalpunktion bei epidemischer Meningitis empfiehlt:
Adolf Hartwich (Halle a. S.) In 2 Fällen wurde 24mal. die. Cisterna :
` cerebello-medullaris punktiert und nach Ablassen- einer entsprechenden .
Liquormenge Meningokokkenserum an dieser Stelle injiziert. Beidemal kam
es zur Heilung. Diese Punktion ist für den Kranken mit geringeren Be-
schwerden verbunden als die Lumbalpunktion und.ist für den Arzt technisch
leichter als diese. Mißerfolge (Punctio sicca, ‘blutige Beimengungen zum .
: Liquor) kommen dabei nicht vor.
| Bei den- häufigen Punktionen bei epi-
demischer und tuberkulöser Meningitis ist. es wichtig, noch eine -weitere
Punktionsstelle zur Verfügung zu haben. Bei lokaler, z. B. otogener
Meningitis könnte durch die Subokzipitalpunktion ein. Tiefertreten der In-
fektion verhütet werden. (M.m.W. 1924, Nr. 28.) er |
Die Behandlung des Erysipels und des Erysipeloids mit Ichthyol- |
Man verordne: Ichthyol.,
Aether. sulf. ää 5,0, Collod. 10,0. Die befallene Hautstelle wird damit bis — `
‘kollodium empfiehlt Ad. Richarz (Bonn).
weit ins Gesunde bepinselt. Flecken in der. Wäsche: sind dabei aus-
geschlossen. Der Überzug ist am anderen Tage kreuz und quer gerissen.
Dann wird die ganze Stelle darüber neu bepinselt. Dieses Verfahren wird `
so lange wiederholt, bis die Temperatur zur Norm zurückgeführt ist. Jetzt
schilfert die schwarze Ichtbyol-Kollodium-Haut ab und kann im Bade ent-
fernt werden. Meist kommt der Prozeß schon vom 2. Tage an zum Still-
stand. (M.m.W. 1924, Nr. 26.) n:
Nervenkrankheiten. p
-Einen schweren hysterischen Symptomenkomplex, erzeugt durch
sexuelle Übererregbarkeit, hat Arnold Kutzinski (Königsberg) durch
Kastration beseitigt. Die gesteigerte sexuelle Erregbarkeit des
20jährigen Mädchens führte zu schwerster- Masturbation, zur Ein-
führung von Fremdkörpern in. die Vagina. Der dadurch hervorgerufene '.
seelische Konflikt (Selbstvor würfe) führte zu den: Krankheitssymptomen
(Hysterie). Die Aufhellung des Zusammenhangs brachte nicht die er-
wartete Abreaktion. (Die Aufdeckung der Zusammenhänge. hat durchaus
nicht immer eine Beseitigung der Symptome zur Folge.) Das .triebhafte .
Moment war so dominierend, daß alle psychischen Beeinflussungsversucho
erfolglos bleiben mußten. Daher blieb nur die Vornahme der Kastration
übrig. (Die Kranke und ihre Angehörigen wurden auf die möglichen Aus-
fallserscheinungen hingewiesen.) Der Erfolg war prompt:. Die Symptome
blieben aus, die sexuellen Reizerscheinungen schwanden. Es bestehen un-
erhebliche Ausfallserscheinungen , wie Wallungen und Fettansatz. Das Resultat-
hält-schon beinahe 2 Jahre an. In jedem hartnäckigen Fall von .hysterischen
Symptomen sollte man den sexuellen Faktoren nachgehen. (D. m.W. 1924, Nr. 28.)
' Seine Erfabrungen mit Tetrophan teilt A.:Wollny (München) mit.
Die Hoffnungen, die man auf das Mittel spezielt bei der ‚multiplen Sklerose
setzte, haben sich nicht erfüllt; immerhin hat sich in einigen Fällen eins
gewisse günstige Wirkung gezeigt. Auch bei anderen organischen Er-
krankungen des Neryenmuskelsystems vermag das Tetrophan auch objektivo -
Besserungen herbeizuführen; ganz besonders empfieblt sich eine Nach-
prüfung bei der Myasthenie. Man gibt gewöhnlich anfangs I—3mäal. `
täglich 0,25 in Tabletten. (M.m.W. 1924, Nr. 25.)
- Zur :Impotenzbehandlung, beruhend auf einer Erektionsschwäche Ä
bzw. -unfähigkeit, obne daß eine organische oder psychische Ätiologie auf-
findbar ist, ‚empfiehlt‘ Lißmann (München) die epidurale. Injektion von
Yohimbin in 20 cem. physiologischer NaCl-Lösung in ‚steigenden Konzen-
Ursache der Heilwirkung ist eine Reizung der Kohabitations- .
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zentroen. (W.kl.W. 1924, Nr. 26.) Munoke. -
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EURE. 1926 | i 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35. | 31. August
ne Bücherbesprechungen.
Unter den Erkrankungen mit unbekannter oder ungewisser Ätiologie
werden erwähnt: Scharlach, Masern, Röteln, akuter Gelenkrheumatismus,
Verruga peruviana, Pemphigus chronicus, 'Follieulitis epidemica, infektiöser
Herpes und die Lymphangitis epizootica, die natürlich bei den Pilzen unter-
zubringen wäre. Als Krankheiten, deren infektiösəe Natur ungewiß ist,
werden erwähnt: die Pellagra, die Beriberi, Skorbut, Kretinismus und die
Kropferkrankungen. Wir fassen die ersteron bekanntlich jetzt als Avita-
minosen auf, Am Ende werden als Überträger von Krankheiten noch ge-
schildert die Milben und die durch diese bedingten Krankheiten, ferner die
Würmer (von Alessandrini vorzüglich dargestellt, auch mit Angabe der
Untersuchungstechnik),. Den Schluß des Werkes bildet der Abschnitt über
die Hauterkrankungen, der durch Castellani eine kurze, aber ganz vor-
treffliche Beschreibung erfährt.
Mit dem vorliegenden Werke hat Lustig mit seinen Mitarbeitern
der italienischen Wissenschaft ein Standardwerk geschenkt, auf das sie mit
Recht wird stolz sein können.
Werk „Klinik der bösartigen Geschwülste“ ist durch Erweiterung des Textes,
Vermehrung der Abbildungen und der Literaturverzeichnisse, Beigabe einer
tabellarischen Einteilung der Geschwülste nach histogenetischem Prinzip
und vor allem durch Hinzufügung einer Ätiologie der Geschwülste das
vorliegende selbständige Buch hervorgegangen, welches nicht bloß dem
pathologischen 'Anatomen, sondern auch ganz besonders dem Kliniker und
- dem praktischen Arzte eine ausgezeichnete Übersicht über den heutigen
Stand der Wissenschaft auf diesem immer komplizierteren Gebiete und
eine Anleitung zu weiteren Studien in handlicher Form bietet.
Der reiche Inhalt gliedert sich in zwölf Abteilungen, die allgemeine
Morphologie der malignen Geschwülste, ihre allgemeine Biologie (funktionelle
Leistungen, Malignität, Wachstum, Metastasen, Rückbildung), ihre Histo-
genese, die Einteilung und Benennung, die Ätiologie und die experimentelle
ee Geschwulstforschung, woran sich dann die spezielle Schilderung der
ee Sarkome, der Karzinome und besonderer Formen der malignen
Geschwülste (Xanthome, Zylindrome, Psammome, Cholesteatome, der Neben-
nierengeschwülste, Chorionepitheliome , Adamantinome), ferner die der,
Mischgeschwülste der Speicheldrüsen und der komplizierten Mischgeschwülste
(Teratoide) anschließt. In den zahlreichen Anmerkungen zu den einzelnen
Abteilungen sind viele besonders interessante Einzelheiten niedergelegt.
Die sehr reichhaltigen, 50 Seiten einnehmenden, wenn auch auf die Arbeiten
neuen Datums beschränkten Literaturangaben zeichnen sich besonders
vorteilhaft durch sorgfältige Auswahl und durch kurze Angabe des wesent-
erkrankungen, wie perniziöse Anämie der Pferde usw., die Parotitis epi-
demica, die Encephalitis epidemica und die Heine-Medinsche Krankheit,
ZN. Max Borst, Allgemeine Pathologie der malignen Geschwülste. Bei den Rickettsienerkrankungen werden außer dem Typhus exanthematicus
ee 322 S. mit 21 Abbild. und 6 Tafeln. Leipzig 1924, Verlag von S. Hirzel, | auch Febris quintana erwähnt, während z. B. das Trachomvirus, wie schon
a Preis geb. 16,—. br. 14.— | | erwähnt, unter den filtrierbaren Virus geschildert ist.
Ta k Aus dem Beitrag des Verf. zu dem großen Zweifel-Payrschen
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| = Hans Ziemann.
Kirchhofi, Deutsche Irrenärzte. Einzelbilder ihres Lebens und
Wirkens. 3358. 2. Band mit 62 Bildnissen. Berlin 1924, Julius Springer.
Das Buch umfaßt ein Jahrhundert deutscher Psychiatrie in Lebens-
bildern ihrer prominenten Forscher. Schüler, Assistenten, Freunde der
verstorbenen Meister der Irrenheilkunde haben deren Schicksal und Wirken
nachgezeichnet, liebevoll und dennoch mit gerechter Wertung unter dem
Gesichtswinkel der Ewigkeit und der Geschichte. Wer zwischen den Zeilen
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Serumdiagnose und die Anaphylaxie, hat Rondoni bearbeitet. Im speziellen
Teil des 1. Bandes folgen die Infektionskrankheiten, bedingt durch pflanz-
liche Parasiten, z. B. Pilze, ferner die Erkrankungen durch Schizomyzeten.
Im 2, Bande folgen weitere Erkrankungen durch Schizomyzeten,
Abschnitte über die Bakterienuntersuchung und -kultur, im speziellen Teil
des 2. Bandes die Protozoenerkrankungen. Bei der Besprechung der
Trypanosomen durch Ottolenghi scheint im allgemeinen die deutsche
Literatur etwas zu wenig berücksichtigt zu sein. In bezug auf das Trypano-
soma Cazalboui wäre zu erwähnen, daß dasselbe zweifellos identisch ist
mit- dem von Ziemann schon früher beschriebenen Trypanosoma vivax
und daß daher der Name Trypanosoma vivax Ziemanni prioritätsberechtigt
ist (vgl. auch die englischen Autoren wie Bruce).
Die Leishmanien sind von Dionisi, die Babesien von Alessandrini,
die Plasmodien von Dionisi bearbeitet, die Spirochäten von Frugoni
und Bertarelli, die Amöben von Vallardi und die Kokzidien und
Hämogregarinen von Lanfranchi und Salvioli. Die von Koch seinerzeit
beschriebenen Entwicklungsformen der Piroplasmen in den Zecken sind
ebenfalls übernommen worden und dürften wohl neuerdings nicht mehr als
berechtigt anerkannt werden. |
Den Abschnitt über Malaria hat Dionisi sehr schön und präzis,
entsprechend dem neueren Stande der Wissenschaft, dargestellt.
| Der 3. Band bringt Abschnitte über filtrierbaro Virus, über Vakzine,
Pocken, Pappatacifieber, Denguefieber, Trachom, Lyssa, Rinderpest, Schweine-
pest, Hog-Cholera, Molluscum contagiosum und außer anderen weitere Tier-
a `i lesen kann, erhält gleichzeitig Einblick in.das Allzumenschliche im Getriebe
Be lichen Inhaltes bei den einzelnen Titeln aus, die die weitere Nachforschung | von Hochschulen und’ Universitäten, in die verständlichen und oft doch
ie = 4 sehr erleichtern. - unverzeihlichen Hemmnisse, die Forschern durch Fakultäten, Ministerien,
= BROS Das Ganze bildet also im Vergleich mit den umfangreichen | durch Ränke und persönliche Antipathien bereitet werden können. Aller-
n T n A und noch immer sehr wertvollen, aber zum Teil schon recht veralteten | dings überwiegt das Durchringen der schöpferischen Persönlichkeit doch
a oo Geschwulstwerken einc sowohl Studierenden als Ärzten zweifellos sehr | zum Schluß. Können, Wissen, Ziele und Resultate einer relativ jungen
Rn a z n- o willkommene und besonders dankenswerte Gabe des anerkannten Meisters | Spezialdisziplin offenbaren sich in den 300 Seiten des mit Bildern geschmückten
EEE “ >} der Geschwulstforschung. F. Marchand (Leipzig). Bandes (der letzten Arbeit des Organisators Kirchhoff) außerordentlich
A.Lustig, MalattieInfettive dell’Uomo e degli Animali. Vol.L,IL,II. | plastisch. Von den Lebensbildern, die auch den Nichtfachmann inter- `
De Milano 1922, Casa Editore Dottor Francesco Vallardi. essieren, nenne ich die von Griesinger, Laehr, Erlenmeyer, Gudden,
u REN Lustig hat in Verbindung mit ganz hervorragenden Mitarbeitern, | Westphal, Pelman, Hitzig, Mendel, Krafft-Ebing, Hecker, Jolly,
ya unter denen sieh in Deutschland bekannte Namen wie Alessandrini, | Wernicke, Moeli, Naecke, Möbius, Nissl, Cramer, Alzheimer,
ee Banti, Belfanti, Castellani, Dionisi, Rondoni, Peroneito und | Brodmann. Die deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie, in erster
ee andere befinden, die erste Auflage seines Werkes erheblich vergrößert, so | Linie Kraepelin sowie Kirchhoff, haben sich durch dieses Ehrendenkmal,
ze daß jetzt drei stattliche, gleich große Bände entstanden sind. Die Ab- | das sie ihren großen Fachgenossen errichteten, selber ein Ehrendenkmal
ee bildungen sind sehr zahlreich, zum Teil schwarz, zum Teil farbig, und | geschaffen. | Kurt Singer
a o 3 durchweg vorzüglich gelungen. Liebmann, Vorlesungen über Sprachstörungen. 1. Heft: Die Patho-
a I Infolge der wissenschaftlichen Arbeit der letzten 10 Jahre und vor logie und Therapie des Stotterns. Zweite umgearbeitete Auflage. Berlin
Ber allem durch die Erfahrungen des Weltkrieges ist der Inhalt natürlich stark 1924, Oscar Coblentz. RtM. 2,—.
BE vermehrt. Einen sehr erheblichen Anteil an der Bearbeitung hat Lustig Das Heft ist das erste in einer Reihe von Vorlesungen. Wie Verl.
vo. selbst übernommen, z. B. im allgemeinen Teil, der die Biologie der Mikro- | eingangs ausführt, sind die Ansichten über Stottern noch sehr geteilt, und
a a. organismen und die Ergebnisse der Immunitätsforschung bringt. Den Ab- | es scheint Verf. angebracht, seine 30jährigen Erfahrungen über das Stottern
u za schnitt über die Toxine, Fermente, Präzipitine, Agglutinine, Bakteriolysine, | mitzuteilen. In der Therapie führen zwar viele Wege zum Ziel, aber Übungen der
a - pN 'Hämolysine, Komplementbindung, Opsonine, .Agressine, speziell Teile der
Atmung, Stimme, Artikulation seien entbehrlich, ja teilweise schädlich. — Das
Büchlein, leicht verständlich abgefaßt, zeigt, daß ein erfahrener Praktiker es
geschrieben hat. Den Schluß bilden Übungstafeln. ` Haenlein.
Böhler, Wie schützen wir die Verwundeten vor Amputation und.
Krüppeltum? Mit22 Abbild. 41S. Stuttgart 1924, Ferd. Enke. Geh. M, 1,80.
Böhler hat schon während des Krieges immer wieder die Forderung
nach Einrichtung von Spezialabteilungen für Extremitäten-, im besonderen
Knochen- und Gelenkverletzte in Wort und Schrift propagiert. Dieses
Postulat wiederholt er jetzt eindringlichst, indem er zeigt, wie sich ong-
berziger „Bürokratismus, der das Wohlwollen für die Verwundeten immer
nur im Munde führte“, in der Folge gerächt hat; bei Befolgung seiner
Forderung nach Sonderlazaretten hätte man nach seiner Meinung 80%, an
Renten ersparen können, da 810/ der Verletzungen auf die Gliedmaßen
entfielen und diese nahezu restlos völlig hätten geheilt werden können.
Manche der von Böhler, der bei der k. k. Armee tätig war, erhobenen
Anklagen sind, wenn man auch nicht verallgemeinern darf, nach momer
eigenen langjährigen Felderfahrung nicht ganz von der Hand zu weisen.
B. aber darf sie mit um so größerem Recht erheben, als er auchMittel und Wege
zur Behebung der gekennzeichneten Fehler gewiesen hat und wieder weist.
Eines der Mittel ist das Speziallazarett, ein weiteres größere chirurgische Ab-
stinenz und bessere funktionelle Behandlung der Knochen und Gelenkschüsse.
Wenn B. in seiner Arbeit sagt: „Wenn schon eigene Maschinen konstruiert
werden, um möglichst viele Knochen zu zertrümmern, muß auch die Heilung
großzügig durchgeführt werden“, so wollen wir hoffen, daß solche groß-
zügigen Maßnahmen nicht sobald wieder nötig werden. Peltesohn.
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u 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 35. 0 = o 2 17.
su Kongreß- und Vereins-Berichte.
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Erlangen. kursen, sei es für die Klinizisten, sei es für Ärzte, nicht nur dringend-
Ärztlicher Bezirksverein. Sitzung vom. 10. Juli 1924. | gewarnt wird vor nicht indizierter Extraktion des in. Beckenendlage liegenden
Jamin stellt ein reichlich einjähriges Kind vor mit traumatischer
Osteoporosis (Epiphysenlösung) des linken oberen Humerus und Pseudo-
paralyse: des linken Armes im Anschluß an eine Schutzpockenimpfung.
Die letztere war also nicht die Ursache der Lähmung, sondern nur das
kräftige Halten des sich wehrenden Kindes bei der Impfung.
` Ewald zeigt einen älteren Mann mit traumatischer, motorischer
und sensorischer Aphasie. Das Trauma bestand in Schlag auf den Kopf
in Jahre 1914 (bei Kriegsbeginn). Die Aphasie entwickelte sich erst drei
Jahre später. Seitdem Stillstand. Kein erhöhter Gehirndruck. mus:
Friedrich: Was geht in der Extremität nach der perlarteriellen Genitale aufweist. |
. 4 5 Mit der- Scheidendamminzision wird die meines Erachtens ganz
Spmpathektomie vor sich? Lange Zeit durchgeführte Hauttemperatur- | „niechte Schlingenextraktion überflüssig und kann durch die digitale Ex-
messungen, Blutdruckmessungen, plethysmographische Untersuchungen, die
"traktion ersetzt werden. it wi ie Lehre der operativen Behand-
gemeinsam mit Böwing ausgeführt wurden, und Tierversuche brachten aktion ersetat werden. Damit wird aber die Lehre der operativen gi
che ; a lung‘ der Beckenendlage auf eine ganz einfache Formel gebracht: Bei
Iolgende. Ergebnisse: Die im Operationsbereich .auftretende örtliche Kon- | ‘dem Kinde i | | trakti Bein b
traktion des Gefäßrohres ist nicht unbedingt an das Abziehen der ebondem Kinde immer nur Extraktion am vorderen Bein bzw.
Adventitia gebunden. Sie ist im Prinzip identisch mit dem segmen- : ;
. {ren Gefäßkrampf Küttners. Die sofort a der Operation eintretende Lan
Bintdrucksenkung und Temperaturerniedrigung macht nach einiger
Zeit — 2 Stunden bis 6 Tage — einer stärkeren Hautrötung, einer Tem-
peraturerböhung und in der Mehrzahl der Fälle einer Blutdrucksteigerung
im betreffenden Gliede Platz. Dies ist die Folge eines gewollten Vor-
ganges in der nervösen Versorgung des betreffenden Gliedes und nicht
etwa eine solche des Wundschnittes an sich, des Jodanstriches usw. Durch
die Sympathektomie wird eine echte Hyperämie ausgelöst; dies beweisen
de. nach der Sympathektomie auftretenden verstärkten Volumpulse. Nach
der Sympathektomie sind die Gefäßreflexe in gleicher Stärke auslösbar;
ie Bahnen werden also nicht unterbrochen. Vorübergehende Unter-
brechung der peripheren Nerven durch Novokain läßt die Gefäßreflexe für
die Dauer der Anästhesie nicht mehr auslösen. Ihre Bahnen, verlaufen
demnach mit den peripheren Nerven. Bei einem Patienten wurde die
Smpathektomie ausgeführt, nachdem vorher schon die, peripheren Nerven
Aurchsehnitten worden waren. Im Amputationsstumpf kam es in diesem
Falle weder zu erhöhter Hauttemperatur, noch zu stärkerer Hautrötung.
Dies läßt schließen, daß die Impulse, die durch die Sympathektomie aus-
gelöst werden, durch die peripheren Nerven weiter geleitet werden. Bei
. mem Patienten mit quälenden Schmerzen in einem Amputationsstumpf
Hiten diese nach Durchschneidung der peripheren Nerven nicht auf, da-
-Begen verschwanden sie, nachdem noch die Sympathektomie ausgeführt wurde.
Im Tierversuch konnte nachgewiesen werden, daß stärkste Schmerzen
Ach Injektion von Milchsäure in die Arteria femoralis auch noch auftreten,
nachdem der Nervus ischiadicus und Nervus femoralis hoch oben durch-
troint worden waren. Die Weiterleitung war unterbrochen, nachdem noch
die Arteria femoralis unterbunden wurde. Daraus kann geschlossen werden,
tab längs der Gefäße Schmerzbahnen verlaufen, die bestimmte Schmerz- `
walifäten leiten und die durch Sympathektomie unterbrochen werden können.
Ein überaus hartnäckiges, trophisches Gesebwür erhielt durch die
Supattektomie einen mächtigen Heilimpuls, der sich nach 6 Tagen er-
schöpfte,. Eine später auftretende Arrosionsblutung der Femoralis machte
deren tücksichtslose Unterbindung nötig — Arbeiten am Gefäßbündel und
t auch in unmittelbarer Nähe des Nervenbündels des Femoralis. In
dem pulsiosen blassen Bein kommt jetzt innerhalb von 10 Tagen das tro-
i üche, Geschwür zur Heilung. Es wird als wahrscheinlich angenommen;
A 8 durch beide Eingriffe eine Änderung in der trophischen, nervösen Ver-
: eien, des betreffenden Beines gesetzt wurde, welche die Heilung verursachte.
A "ophische Komponente bei der Heilwirkung der Sympathektomie. |
Diemer berichtet über die Kiellandzange, ihre Anwendungsweise
re damit gemachten Erfahrungen. Unter 48 Fällen der Erlanger
din mik war keine ernstere Verletzung der Mutter zu verzeichnen. Die
3 esfälle der Kinder waren nicht auf Rechnung der Zange zu setzen.
en Fällen konnte nach Versagen der klassischen Zange mit der
Hländschen noch eine verhältnismäßig leichte Entbindung erzielt werden.
u die Zange im Rahmen der bisherigen Vorbedingungen. Sie
Tan 5 = leichteres, mehr physiologisches Arbeiten als die ‚klassische
f Be wäre zu begrüßen, wenn das Arbeiten mit der neuen Zange in
Aoo @emischen Unterricht aufgenommen würde. = Kohlmann.
— für die Fälle von strikter Indikation zur Extraktion — gelehrt wird,
“einer tiefen Scheidendamminzision auszuführen. Diese Scheidendamminzision
bereits ins Becken mehr oder weniger tief eingetretenen Steiß handelt,
zumal bei einer Primipara und insbesondere,. wenn die Primipara infolge
Übung die tiefe Scheidendamminzision nicht nähen können, so soll er die
Mutter vor einem totalen Dammriß bewahrt hat, möglichst. bald, jedenfalls
noch am Tage der Geburt dem Operateur zur primären Naht überweisen,
= Abarbanell: Ungewöhnliche Augenstörungen bei Fazialisschädi-
‚gung. Es wird über einen in der,Augenklinik beobachteten Fall von
berichtet. Nach Jahren traten Krämpfe im ganzen Fazialisgebiete, sowohl
in der Gesichtsmuskulatur als auch in der Lidmuskulatur auf; gleichzeitig
damit vermehrtes Tränen und ungewöhnliche .Augenmuskelkrämpfe. Es
handelt sich um das bekannte Lidphänomen der Orbikulariskrämpfe und
um vermehrte Tränensekretion bei Fazialislähmungen. Die Erscheinungen
der Augenmuskelkrämpfe, die in Form von Konvergenzkrämpfen auftraten,
. lassen an nervöse Beziehungen zwischen Fazialis und Okulomotorius denken.
Einige Autoren schließen aus den schon physiologisch vorkommenden Mit-
Okulomotorius verlaufenden Fasern seinen Ursprung nicht im Okulomotorius-
kern, sondern im Fazialiskern habe. Andere nehmen als Erklärung ein
Übergreifen von Erregungen und Reizen in den Kerngebieten an. Wenn
auch im allgemeinen die Auffassung herrscht, daß anatomisch keine
'nervösen Beziehungen zwischen dem Okulomotorius und Fazialis bestehen,
so sprechen die klinischen Beobachtungen dagegen. Wie nun andererseits
der Abduzenskern durch Fasern im hinteren Längsbündel mit dem Okulo-
motoriuskern in Verbindung steht, könnte man auch an gemeinsame
nervöse Beziehungen zwischen Okulomotorius und Fazialis auf dem Wege
über das hintere Längsbündel denken! | ur
Sitzung vom 11. Juli 1924. ' a
Löhlein: Experimente zur Entzündungsfrage. L. stellt 2 Patien-
tinnen mit dem seltenen Befunde eines lustischen Primäraffektes in
der Bindehaut des Unterlides vor, die aus dem gleichen Ort stammen
und fast am gleichen Tage mit einer Entzündung, die schon 3 bzw. 7 Wochen
alt war, in die Klinik kamen. Das klinische Bild war das typische der
derb infiltrierten, speckig glänzenden, blaß rötlichen Konjunktiva, die in
t -re w
dos verhärteten Bezirkes zeigte, begleitet von Anschwellung, Verhärtung
und Druckempfindlichkeit der gleichseitigen Lymphdrüsen, geringen Fieber-
Wassermann war bzw. wurde bei beiden Patientinnen stark positiv. Ab-
strichpräparat und Drüsenpunktat (Prof. Schönfeld) ließen Spirochäten:
nicht mehr nachweisen. Jedoch zeigte ‘das Bindehautsekret ausgesprochene
Lymphozytose. Bei der einen Patientin, die sofort spezifisch behandelt
wurde, sind die Augensymptome nach kurzer Behandlung fast vollständig
zurückgebildet und auch die Drüsen abgeschwollen. Bei der zweiten Pat..
die erst später wassermannpositiv wurde und daher erst, kürzlich in spezi-
und
+
es sind tiefe Gefäße in den Randteilen der Hornhaut aufgetreten. Es ge-
lang nicht anamnestisch Auskunft über die wahrscheinlich gemeinsame
Ansteckungsquelle und Ansteckungsweise zu gewinnen, was im Interesse
er utter und insbesondere für das Kind wird bei den Beekenendlage- | In, 18 Fällen von Ödemen verschiedener Genese wurde nach der Methode
i en in der Allgemeinpraxis nur dann besser werden, wenn in den Phantom- | von Ellinger und Neuschlosz, zum Teil in Serienbestimmungen die
Wi
Kindes, einer Operation, die in ihren Schwierigkeiten zum Schaden für
Mutter und Kind weit unterschätzt zu werden pflegt, sondern wenn auch
bei Weichteilschwierigkeiten einen wirksamen Entspannungsschnitt in Gestalt‘
ist vor allem wichtig, wenn es sich um eine reine Steißlage und einen
‚vorgeschrittenen Alters rigide Weichteile hat oder ein hypoplastisches.
an den Hüften, beitotem Kinde und reiner Steißlage Extraktion
Sollte der praktische Arzt aus Mangel an Assistenz oder’ auch an |
Patientin, nachdem er durch sein Handeln das Kind gerettet und die
rechtsseitiger peripherer Fazialislähmung infolge Granatsplitterverletzung
bewegungen (Bulbusaufwärtsbewegung bei Lidschluß), daß ein Teil der im
einem Fall im unteren Fornix conjunctivae oberflächliche Geschwürsbildung
schwankungen, nächtlichen Kopfschmerzen und allgemeiner Abgeschlagenheit, - |
fische Behandlung genommen war, ist die Rückbildung eine langsame, und .
Greiiswald. u einer Verhütung weiterer Ansteckungen, die meist durch Kuß erfolgen;
| Medizinischer Verein. Sitzung vom 27. Juni 1924. dringend wünschenswert gewesen wäre. ib. | |
A, Hoehne: Zur Behandlung der Beckenendlage. Die Prognose für Beckmann: Ultrafiltrationsversuche an Bilutseren Ödematöser.
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. das zweite durch. spastische Kontraktur.
zur Besprechung der modernen spasmolytischen Mittel über.
1228.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 35
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Ultrafiltrierbarkeit des Blutserums geprüft. Es fanden sich in einem großen
Teil der Fälle Änderungen des Quellungsdruckes sowohl im Sinhe einer
Erhöhung wie Erniedrigung. Die in der Zeiteinheit ultrafiltrierbare Menge
Wasser kann auch unabhängig von dem 'Gesamtwassergehalt sowohl in
Einzelbestimmungen, ‚wie auch in den verschiedenen Stadien der ‚Erkran-
kung stark wechseln. Es kann dadurch zu einem’ echten Blutödem, nicht.
nur zu Hydrämie kommen. Diese Erscheinungen stehen offenbar in einer
gewissen Parallelität. zu dem Verhalten der Gewebskolloide.
Fällen fand sich vor allem beim Vorhandensein starker Schwankungen in.
dem Verhalten der Ödeme ein deutlicher Zusammenhang mit der Diurose,
In anderen, vorwiegend bei Nierenerkrankungen, ließ sich kein deutlicher
Einfluß nachweisen. Arthur Bunello:
`
Wien. |
‚Seminarabende. des „Wiener medizinischen Doktorenkollegiums“.
u 24. März 1924.
Thema: Pharmakotherapie.
Kefstontene Fröhlich ünd Pick.
Wie wirken spasmolylische Mittel?
Wir sind zum Resultate gekommen, daß viszerale Schmerzen durch
zwei Monate ausgelöst werden, das erste ist durch Dehnung eines Hohlorgans,
Es gehören hierher beispielsweise
die Schmerzen, sobald.ein Fremdkörper als ein Passagehindernis wirkt, oder
die Schmerzen bei Bleivergiftung. ` Es ist ein dankbares Problem, diesen
spastischen Schmerzzuständen therapeutisch: zu begegnen. Behufs Beseiti-
‘gung derartiger Schmerzen kann man zwar Morphin anwenden, aber eine
solche Ausschaltung des Schmerzes ist eine symptomatische Therapie, es
ist dies, obwohl. man wegen der Raschheit der Wirkung oft dazu greifen
muß, keine rationelle Vorgangsweise, da sie nicht gegen die eigentliche
Ursache gerichtet ist. Man kann aber den Spasmus- rationell beeinflussen,
“indem man sich an-die glatte Muskulatur selbst wendet und die Tätigkeit
der Muskelzellen direkt schwächt. Das Zentrum können wir nicht aus-
schalten, um so sicherer können: wir die: -peripheren ‘Nerven ausschalten.
Wir können die Beeinflussung der peripheren. Nervenendigungen bewirken
mit Mitteln, welche schwächend, lähmend oder erregend wirken. Bekanntlich
ist jede Innervation eine .doppelte, die eine wirkt, indem sie die Inner- |
vation verstärkt, die andere wirkt demgegenüber antagonistisch. Als Bei-
spiel diene die Beeinflussung eines Anfalles von Asthma bronchiale. Man
kann. den Bronchospasmus lösen, indem man den .Vagus. durch Atropin
ausschaltet oder man kann statt die Vagusendigungen zu schwächen ein
mächtiges Mittel, nämlich das Adrenalin, anwenden, unter dessen Einwir-
kung sich die Muskelzellen ausdehnen. Ein solcher in seinem Tonus ge-
schwächter, länger gewordener Muskel kann seinen Tonus nicht behalten
und gelingt es auf diese Weise, den Spasmus zu lösen. — Wir. gehen nun
Mittel, welche einen Spasmus der glatten Muskulatur im Bereiche der vis-
_ zeralen Organe lösen, sind das Atropin und die Alkaloide des Hyoszyamus,
. Stramonium. Mit dem Atropin versuchte man. einen Spasmus im Bereiche
des Pylorus, der großen. Gallenwege oder eines Ureters zu lösen, es ist
jedoch fraglich, ob dies gelingt. Es scheint, daß ein Pylorospasmus durch‘
Atropin nicht beeinflußt wird. Man kann Atropin ferner als Antiemetikum
geben, denn sobald dasselbe den Magen ruhig stellt, kann kein Erbrechen
erfolgen. Hierauf beruht die Anwendung des Atropins bei der Seekrankheit.
Bei Ulcus ventriculi sieht man von der Atropinanwendung Erfolge. Das
Atropin wirkt durch Einschränkung. der‘ Sekretion eine Verminderung der
Azidität des Magensaftes, es besitzt ferner eine direkte anodyne Wirkung.
Das Atropin kann jedoch nur mit Vorsicht gegeben werden, da dasselbe
ein Gift ist. |
weniger giftiges Präparat dargestellt hat, nämlich das Novatropin. Das-
selbe hat nur den dreißigsten Teil der Giftigkeit des Atropins. Das Nova-
tropin kann bei allen spastischen Zuständen im Abdomen vorteilhaft Ver-
wendung finden und besitzt gegenüber dem Atropin durch den Wegfall
der zentralen Reizerscheinungen bei prompter peripherer Vaguswirkung
wesentliche Vorzüge. Man kann dasselbe subkutan 2,5 mg verabreichen.
Das Methylatropinum bromatum ist ein schmerzstillendes Mittel und
ist in Deutschland offizinell. Der Wiener Kliniker Pal hat nachgewiesen,
daß das Papaverin auf glatte Muskelzellen lähmend wirke, und empfahl
derselbe zur Anwendung bei Affektionen, wo glatte Muskeln in einem
Spasmus sich befinden, Papaverin als krampflösendes. Mittel, mithin bei
Krampfzuständen des Magens (Pylorospasmus), Darmes, der .Ureteren. Es
findet ferner das Papaverin bei Asthma, Angina sowie bei Urämie und
Eklampsie vorteilhaft Verwendung. Bezüglich der Dosierung kann man
dasselbe in Dosen von 0,03 bis 0,05 bis 0,1 und pro .die bis 0,2 intern,
in Suppositorien und auch intravenös verwenden. Als ein wesentlicher
Fortschritt gilt mit Recht ein in der jüngsten Zeit hergestelltes wasser-
In. einigen |.
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Es ist deshalb von Wichtigkeit, daß man ein bei weitem.
ösliches Benzylderivat, nämlich das Akineton.. Dasselbe ist ein sy nthe-
_ tisches Spasmolytikum von qualitativ der gleichen Wirkung wie Papaverin,
jedoeh von vollkommener Ungiftigkeit' und bedeutonder Billigkeit. Es Wird Ä
bei allen Krampfzuständen der glatten Muskulatur, wo bisher Papaverin
im Gebrauch war, mit Vorteil angewendet. Man kann dasselbe in Dosen
von 0,5 bis 2,0 oder als Livonal- dreimal täglich 20 Tropfen anwenden,
-
Endlich‘ wären noch zwei Alkaloide anzuführen: das Chelidonin wirkt ganz .
wie das Papaverin, es ist sehr wenig giftig und sehr billig und ist ein
Analgetikum bei. Magen- und Darmerkrankungen, das zweite ist das Emetin,
.das in der Radix Ipecacuanhae enthalten ist. Vom Emetin wurde nach-
Opiums 'synergetisch sich ergänzen.
gewiesen, .daß es, ebenso wie Papaverin wirkt. Als ein ‚spasmolytisches |
Mittel wird Emetin nicht angewendet, aber es ist demselben die gute Wir-
kung: des Pulvis Doveri (Pulvis Ipecacuanhae opiatus) zuzuschreiben. "Das
Doversche .Pulver stellt eine rationelle Kombination von Opium: und Ipe-
cacuanha dar, wobei das Emetin. der: ‚Ipecacuanha mit dem Papaverin des
' Ergänzend wäre noch Uzara zu
nennen. Dieses wird zur Herabsetzung des Tonus im Darmkanal’ ver-
wendet. Wiechowski fand, daß viele ätherische Öle (Kampfer, Menthol,
Anethol) spasmolytisch- wirken. Dieselben wirken dadurch, daß sie den
Spasmus herabsetzen. Auf einige an den Herrn Referenten gestellte Eragon
antwortete derselbe folgendermaßen: Die Atropinbasen sind bezüglich ihrer °
Wirkung alle gleich. Man hat dieselben mit Vorteil bei Nachtschweißen
Phthisiker angewendet, Die speichelvermindernde > Wirkung. des
Eumydrin ist in der Zahnheilkunde von . großer Wichtigkeit, da nach
‘Bestreichen der Mundschleimhaut die Speichelsekretion sistiert. Dies hat
mit der Spasmolyse nichts zu tun,. es ist ein lokaler Effekt. Bezüglich der
Zusammensetzung des Doverschen Pulvers besteht scheinbar ein Wider-
spruch, daß dasselbe ein Alkaloid und ein alkaloidfällendes Mittel zugleich-
enthält. Eine derartige Verbindung ist reversibel. Man kann mit Kohle
entgiften, bleibt aber die giftbeladene Kohle im Körper, so kann das Gift
wieder wirksam werden (es ist deshalb in letzterem Falle die gleichzeitige
Evakuierung von Wichtigkeit. Im Toxodesmin ist die Adsorptionswirkung
der Tierkohle mit der Evakuationswirkung des Natriumsulfates und
Magnesiumsulfates vorteilhaft kombiniert. Ref.). =
Mit weichen Mitteln kann man die Blasenmuskulatur beeinflussen?
Die Blasenmuskulatur ist doppelt innerviert. Der Detrusor wird
von vaginalen Fasern, nämlich vom Nervus pelvieus, während der Sphinkter
vom Nervus hypogastricus versorgt wird, beide sind Antagonisten. Wem
sich der Detrusor kontrahiert, so öffnet sich der ‚Sphinkter. — Alle Mittel
der vagalen Gruppe (2. B. Physostigmin) werden den Detrusor kräftigen,
während Atropin imstande ist, den Detrusor zu schwächen. Sobald es sich u
um die Behandlung eines Blasenkrampfes : handelt, sind die Körper der
. Papaveringruppe, das Akineton, die Mandelsäure, imstande, die Blasen-
muskulatur zur Erschlaffung zu bringen. Dann wäre als ein Mittel, welches
den Detrusor zu schwächen und den Sphinkter lockerer zu machen vermag,
das Kalzium zu erwähnen. Ebenso kann auch das Kalium wirken. Wir
können ferner die Sphinkteren des Beckenbodens durch minimale Gaben
von Morphium beeinflussen, Einen Blasenkrampf und insbesondere eine
Retention kann man mit Kalzium behandeln. Dasselbe vermag auf die
Nerven und auf die Muskulatur einzuwirken. Das Kalzium kann einen
Detrusorkrampf und eine hierdurch bedingte Pollakiurie- beheben., Es kann
dasselbe als Kalziumehlorid intravenös injiziert werden, ebenso kann das-
selbe als Afenil, das ist ein Kalziumharnstoff, ausgezeichnet zu Injektionen
intravenös Verwendung finden. Dann kann man einen Detrusorkrampf,
z. B. nach Geburten durch Papaverin beheben. Nach operativen Ringriffen,
nach einer Chloroform-. oder Äthernarkose kann man mittels Liquor Kalii
acetici einen Detrusorkrampf beheben. ‘Das Pituitrin ist imstande, die
Blase. mächtig zu kontrahieren und vermag man im Falle von Retentionen
mit Pituitrin, 1 bis 2 Ampullen subkutan appliziert, gute Erfolge zu er-
zielen, während Atropininjektionen erfolglos an der Blase (bei. Krampf der
Blase) bleiben, ergeben dieselben bekanntlich bei Darmspasmen ausge-
zeichnete Resultate. Gute Erfolge kann man mit Gemischen von Papaverin,
mit dem Spasmalgin erzielen. Man kann auch-Novokain epidural injizieren
und hierdurch’ die Blase ruhigstellen. Ich empfehle Ihnen besonders die
Anwendung des Kalziums und des Kaliums.
der
Wie ändert man den Tonus der quergestreiiten Muskulatur?
Bezüglich der Verkürzungszustände der 'quergestreiften -Muskulatur
kommen. der. Herzmuskel und die quergestreiften Körpermuskeln in Be-
`- tracht. Einen erschlafften Herzmuskel ` kann- man, wie H..H. Meyer fest
gestellt hat, zur Kontraktion bringen, mithin eine Tonuserhöhung desselber
bewirken, wenn man solchen Menschen verhältnismäßig große Dosen =
Digitalis verabreicht. Man konnte auch röntgenologisch feststellen, W
sich, entsprechend dem verbesserten Tonus, das. Herz. verkleinerte.
Tonuszentrum für die Herzmuskelfasern ist im Venensinus gelegen, VO
demselben gehen die normalen Anreize aus. Durch Kalzium kann. ein
Ventrikelkonzentration ausgelöst werden. Das Flimmern von Herzkammer
31. August
| ist an zwei Bedingungen gebunden, die erste ist ein Ansteigen der Herz-
reize und die zweite ein erhöhter Tonus der einzelnen Muskelfasern. Man
kann den Flimmerzustand unterbrechen, wenn man den Tonus der letzteren
vermindert. Auf diesen Eigenschaften beruht die flimmerwidrige Wirkung
des-Kalziums, des- Chinins, des Chinidins. Letztere beide-setzen die Herz-
reizwirkung herab und hat es sich ergeben, daß langgezogene Herzmuskel-
fasern nicht fiimmerfähig sind. — Die tonische Starre der Körpermuskeln
bei Tetanus, die früher unbeeinflußbar war, kann man beseitigen, wenn
man intramuskulär in die kontrahierten Muskelbäuche I %ige Novokainlösung
injiziert. Nach wenigen Minuten ist die Muskelkontraktion verschwunden-
Dies ist praktisch außerordentlich wichtig. Das Wesen dieser toxischen
Kontraktion kann ein tiefer Reflex sein, da die Muskeln eigene sensible
Nervenendigungen haben, die zum Rückenmark hinführen. Daß das Kokain
Nachdem
‘ticht nur lokal wirkt, kann man folgendermaßen nachweisen.
man sämtliche Nerven entfernt, bringt man die Muskeln zur maximalen
Kontraktion und appliziert Kokain oder Novokain. Es ist dann nach kurzer
' Zit die Kontraktur verschwunden. ‘Es handelt sich hier um eine direkte
"Beeinflussung der kontraktilen Substanz. Es ist auf Grund dieser Befunde
Mandl gelungen, bei Knochenfrakturen der Fußballspieler, die infolge der
stark entwickelten Muskeln bei der Einrichtung schwer zu meistern sind
‚und oft mit Atrophie heilten, durch Einspritzung von Novokain in die
Substanz dieser kontrahierten Muskeln die Reposition leicht auszuführen,
wobei die Muskelatropbie ausblieb. Auf einige Fragen antwortete der Herr
‚Referent folgendermaßen: Bei einer Herzdilatation, wo es sich nicht um
eine Tachykardie, sondern um eine Bradykardie handelt, wird man statt
Digitalis Koffein anwenden, welches beiden Indikationen gerecht wird. Bei
Lumbago haben sich intramuskuläre Injektionen von Novokain in die
'sehmerzhaften Stellen besonders gut bewährt.
Wurmtreibende Mittel und ihre Wirksamkeit. |
‚Wir unterscheiden zwei groBe Gruppen, nämlich solche, welche die
glatten Muskeln erregen, und solche, welche dieselben lähmen. Wir kennen
mit Aumahme der Granatrinde und ihres Alkaloides, des Pelletierins kein.
einziges Mittel, das nur auf die Würmer einwirkt. Sonst sind sie alle
schwere Gifte, welche nicht nur ‚die Würmer töten, sondern auch dem Wirt
gefährlich werden können. Eine Vorkur mit einer gründlichen Säuberung
. des Darmes durch Abführmittel ist zweckentsprechend, hingegen muß vor
einer vorausgehenden Hungerkur gewarnt werden. Gegen Bandwürmer wird
Rundschau.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.35.
'
am meisten das alte Wurmmittel Filix mas angewendet. Das wirksame
Prinzip der Filixwurzel, das Filmaron, 'hat sich gut, bewährt. Das Ex-
tractum Filicis maris ist giftig. Die Symptome des Filizismus sind:
Erbrechen, . Leibschmerzen, Diarrhoen, Bewußtlosigkeit. Die Patienten
können an Atemlähmung zugrunde gehen oder sie sind nach dem Erwachen
blind. Derartige Zufälle werden insbesondere bei schwächlichen Individuen
‘oder bei schlechter Dosierung beobachtet. Es sind schon bei 6 g Filix-
extrakt Vergiftungen vorgekommen. Behufs Herausbeförderung des Filix-
extraktes sol] jedenfalls kein Rizinusöl gegeben werden, da nach. dessen
Anwendung Vergiftungen beobachtet wurden, ‚sondern es sind als Abführ-
mittel Senna, Kalomel oder Mittelsalze indiziert. Harmloser sind die De-
kokte der Granatrinde sowie das Pelletierin. Alle diese Gifte wirken auf
den Nervus opticus und kann durch Konstriktion der Arteria centralis
retinae eine Amaurose eintreten. Flores Koso sowie Kamala-sind häufig
verfälscht. Thymol wird als Spezifikum gegen Ankylostomum verwendet,
man darf jedoch nicht vergessen, daß Thymol ein Phenolderivat ist. ‘Es
wird als Anthelminthikum 1 bis 2 g pro die in mehreren Dosen geteilt
verabreicht. Gegen Askariden wird das Santonin verwendet., Dasselbe
_ bewirkt eine Erregung der glatten Muskulatur der Spulwürmer und treibt
dieselben vom Dünndarm in den Diekdarm. Es wirkt auch auf das Gehirn,
das Rückenmark sowie auf die ‚Retina... Nach großen Dosen Santonin tritt
zuerst Violettsehen, dann Gelbsehen (Xanthopsie) auf, dann können Krämpfe .
eintreten. Die Xanthopsie geht vorüber. Todesfälle mit Santonin sind
nieht bekannt. — Das Oleum Chenopodii wirkt bei Kindern bei Aska-
riden ausgezeichnet. Es wird derart dosiert, daß l Tropfen desselben pro .
Jahr gegeben wird, jedenfalls nicht mebr als 10 Tropfen, bei Kindern in
Zuckerwasser oder auf Zucker. Da nach Anwendung des Oleum Chenopodii
_ mitunter Taubheit auftrat, ist deshalb. dasselbe durch ‘das Santonin lieber
zu‘ersetzen. Die bei Oxyuren früher gebräuchlichen Karbolsäurespülungen
sind als ein Kunstfehler anzusehen, da vom Mastdarm eine rasche Re-
sorption stattfinden kann. Das gegen Oxyuren empfohlene Antoxurin in’
keratinisierten Pillen ist ungiftig. Man kombiniert dasselbe vorteilhaft mit
einer Kalomelsalbe. Dann wurde als geschmackfreies Oxyurenmittel das
Butolan empfohlen, dreimal täglich 0,5 g eine-Woche lang; mit nach-
folgendem Laxans. Es wird auch: kombiniert mit Knoblaucheinläufen.
Gegen Oxyuren wurde auch das Oxymors innerlich und zum Klysma
empfohlen. a Ren
Amerikanische Reiseeindrücke.
Von Prof. Dr. Erich Leschke, Berlin:
Im Februar dieses Jahres fuhr ich auf Einladung amerikani-
wher Gesellschaften und im Auftrage des Preußischen Kultus-
mnisterjums, sowie mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes nach
den Vereinigten Staaten, um die dortigen Einrichtungen zu studieren
ud eine Reihe von Vorträgen zu halten. ` |
. Während der Überfahrt hatte ich Gelegenheit — an
anderen Studien über die Seekrankheit zu machen, denn wir hatten
mir und
Die Sitzungen der medizinischen Gesellschaften beginnen meist
erst um 9 Uhr abends, und ich habe erlebt, daß interessante De-
batten sich bis gegen Mitternacht hinziehen. Ä u
Sehr sympathisch berührt die außerordentliche. Kollegialität
und Höflichkeit, die die Amerikaner ebenso wie die Engländer bei
wissenschaftlichen Diskussionen zeigen. Scharfe oder gar persön-
liche Angriffe sind dort durchaus verpönt. . ee
Überhaupt ist das ethische und gesellschaftliche Niveau der
dortigen Kollegen. durchschnittlich ein sehr hohes, wobei ihre gute `
wirtschaftliche Lage natürlich mitwirkt. Der: früher vielfach ge-
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rügte „Commereialism“ ist durch strenge Standesregeln eingedämmt
worden. Die ärztliche Tätigkeit, wird gut honoriert, Krankenkassen
mit allen ihren Folgen gibt es nicht.
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+ ziemlich rauhes Wetter, das vor der Landung in Halifax (Canada)
t sgar mit einem schlimmen Seesturm endete, in dem mehrere
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kleinere Schiffe untergegangen sind. Ich konnte beobachten, daß |
Diese guten Aussichten haben natürlich viele
) Menschen mit einem labilen sympathischen Nervensystem und d | | Ärzte- aus den
S namentlich mit erhöhter Vaguserregbarkeit am meisten zur See- | mitteleuropäischen Ländern zur Auswanderung veranlaßt, und ich
e krankheit neigen. Es gelingt aber in den. meisten Fällen, die Er- | kann nicht verschweigen, daß manche: von. ihnen nicht dazu bei-
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scheinungen bei rechtzeitiger Anwendung geeigneter Mittel wesent- | getragen haben, den Ruf unseres Standes zu. heben. - Viele von:
ch zu lindern oder ganz zu unterdrücken, wobei sich mir die | ihnen haben die schwersten Enttäuschungen erlebt. und in ihrer Not
tektale Verabreichung in Form von Suppositorien besonders bewährt | zu Mitteln gegriffen, die die Kritik herausfordern. mußten. |
hat, Ich selbst, obwohl sehr wenig seefest, brauchte infolgedessen ~ Viele Staaten, z. B. New. York, haben neuerdings’ diesen
keine Mahlzeit zu versäumen. | | Übelständen dadurch vorgebeugt, daß sie die licence, d. h. die Er-
-ehon am ersten Abend, wenige Stunden nach meiner An- | laubnis zum Praktizieren, erst erteilen, wenn der Betreffeide das
kunft, holte mich Dr. I Held mit einigen Kollegen ab, mit der | Bürgerrecht erworben hat. Das dauert heutzutage 5 Jahre. Dann
orderung, einen Vortrag über Ikterus zu halten.
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Ich hatte so- | erst kann er zum Examen zugelassen werden und nach dessen Ab-
solvierung zur Praxis. Nur in Ausnahmefällen wird das Examen
erlassen und die Approbation schon nach Ablauf von eineni halben
Jahre auf Grund der promenancy in profession erteilt. :
gleich Gelegenheit, mich von dem regen wissenschaftlichen Interesse
m überzeugen, welches dort. H ündli
herrscht. und von der gründlichen
Kenntnis der y. 0 ırscht, u g
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gesamten Weltliteratur, namentlich auch der deutschen
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| Arbeiten. enn manche Dozenten auf Grund ihrer hiesigen Kurs- Einen unangenehmen Eindruck haben auf mich die Bittsteller
efahrungen die Ansicht gewonnen haben, man müsse drüben mög- | und Geldsammler gemacht. Man bringt sich leicht in eine 'schiefe j
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ar. a re Dee:
e elementar sprechen, so halte ich das für.eine irrtümliche
u nit aenätzung, Meine Erfahrungen decken sich vielmehr durchaus
and enen, die Herr Munk in Südamerika gewonnen hat. Den
Hit schen Kollegen stehen großenteils viel mehr literarische
mittel zu Gebote, und infolge ihrer größeren Wohlhabenheit
= freien Zeit haben sie mehr Gelegenheit zum Weiterstudium als
anche hiesige Ärzte, | | =
Situation, wenn man in ein fremdes Land sozusagen als Bettler AR
kommt, und ich halte es für richtiger, die Sammeltätigkeit den ein-' NR
schlägigen bereits bestehenden Organisationen zu überlassen. Man
sollte sich gerade im Auslande immer dessen bewußt bleiben, daß
man ein Repräsentant seines Vaterlandes ist, und. '
große persönliche Verantwortung |
sondern auch für sein Land.
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Man begegnet vielfach gerade unter Kollegen der Ansicht,
daß man.in Amerika mit der deutschen Sprache oder ev. einem Sehul-
englisch gut durchkommen kann. Das ist durchaus nicht der Fall.
Wer die englische Sprache nicht weitgehend beherrscht, darf sich
über einen Mangel an Verständnis und Erfolg nicht wundern.
Ich habe Gelegenheit gehabt, eine Reihe von Krankenhäusern
und Universitäten zu besuchen. Ebenso wie in England werden
sie meistens durch private Fürsorge erhalten. Diese Fürsorge ist
drüben eine unvergleichlich größere als bei uns, und ich habe oft
gehört, daß man den wohlhabenden Kreisen in Deutschland, nament-
lich den reichen Industriellen, Bankiers und Kaufleuten, den Vor-
wurf macht, daß sie ihr Geld nicht in der gleichen Weise wissen-
schaftlichen und sanitären Zwecken dienstbar machen, wie das in
Amerika das Nobile officium eines jeden wohlsituierten Bürgers ist. Ein
wesentlicher Teil des Aufschwungs, den die amerikanische Medizin
in den letzten Jahrzehnten genommen hat, ist den Mitteln zu ver-
danken, die der nunmehr 85jährige John Rockefeller gestiftet
bat, und auch andere Länder, wie Deutschland, Österreich,
England, China und andere haben der Rockefeller Foundation viel
. zu danken.
Das imposanteste wissenschaftliche Institut und Krankenhaus
in New York ist zweifellos The Rockefeller Institut for medical
Research, direkt am East River gelegen. Es besteht aus drei
großen Häuserblocks von je 8 Stockwerken, von denen das eine
Hospital ist, die beiden anderen nur wissenschaftliche Laboratorien
enthalten. Ein achtstöckiger Anbau enthält die Räume für die Ver-
suchstiere, unten große Ställe für Pferde und Kühe mit Auslauf,
darüber Etagen für Affen, Schafe, Hunde, Kaninchen, Ratten, Mäuse,
alles auf das Peinlichste sauber gehalten mit allen Hilfsmitteln der |
Technik und mit vorzüglicher Wartung für die Tiere ausgestattet.
Das Hospital ist kein gewöhnliches Krankenhaus, sondern hat
nur Raum für etwa 40—50 Kranke, die allerdings dort glänzend
aufgehoben sind. Es werden immer nur einige wenige Krankheiten
zur gleichen Zeit studiert und nur solche Fälle aufgenommen.
Augenblicklich beschäftigt sich das Hospital, dessen Leiter der
überaus tüchtige und liebenswürdige Dr. Cole ist, mit dem Studium
des Gelenkrheumatismus, der Nephritis, der Bronchopneumonie, der
Herzkrankheiten und der Windpocken.
Die Abteilungsleiter haben eine durchaus selbständige Stel-
lung, ebenso auch alle dort arbeitenden Ärzte. Sie sind alle full-
time men, d. h. dürfen keine Privatpraxis treiben. Die Gehälter
sind im Vergleich mit den Einnahmen der praktizierenden Ärzte
bescheiden, aber ausreichend. Auch an den übrigen Universitäten
sind jetzt großenteils fulltime professorships eingerichtet, über deren
Vor- und Nachteile die Diskussion noch nicht abgeschlossen ist.
Manche ausgezeichnete und gerade praktisch erfolgreiche Arzte
sträuben sich begreiflicherweise gegen die Annahme einer solchen
Stellung mit beengenden Bedingungen. Andererseits betonen die
Anhänger dieses Systems, daß die durch den Fortfall jeder Privat-
praxis freiwerdende Zeit und Arbeitskraft der Lehr- und Forschungs-
tätigkeit zugute kommt. Ich selbst habe den Eindruck, daß der
akademische Lehrer und Kliniker die Anregungen der Privatpraxis
nicht entbehren sollte, zumal dieselbe ja nur einen kleinen Teil
seiner Zeit in Anspruch zu nehmen braucht.
Das kollegiale Verhältnis im Rockefeller-Institut ist unter der
Leitung von Simon Flexner ein mustergiltiges. Der gemeinsame
Lunch und die jeden Freitag stattfindenden Sitzungen, deren Teil-
nahme obligatorisch ist, sorgen für einen ständigen Gedanken-
austausch.
Die reichen Hilfsmittel des Institutes ermöglichen es, jede
wissenschaftliche Aufgabe in der großzügigsten Weise in Angriff zu
nehmen. Für die Untersuchung des Einflusses der Sauerstoffatmung
auf Blutgase, insbesondere bei Anoxämie, ist eine Kammer gebaut
worden, in der der Patient jedes beliebige Sauerstofigemisch atmen
kann. In der Herzabteilung, die von Dr. Alfred Cohn geleitet
wird, befinden sich drei Elektrokardiographen, die die gleichzeitige
Registrierung in drei Ableitungen ermöglichen, wobei auch der
Einfluß verschiedener Körperleiden untersucht und festgestellt wurde,
daß bei Herzbeutelverwachsungen die normalerweise aultretenden
Lageveränderungen vermißt werden.
Eine Neuerung ist der gleichfalls von Dr. Cohn eingerichtete
constant temperature room, ein dauernd auf 38° gehaltenes Labo-
ratorium. In diesem Zimmer hat Cohn embryonale Herzen aus
den ersten Lebenstagen zerschnitten, die Stücke in Plasma übertragen
und unter dem Mikroskop ihre Schlagfiolge beobachtet. Dabei
stellte sich heraus, daß schon in den ersten Tagen der embryo-
waren, mikroskopisch zu untersuchen.
. Grund .der experimentellen Befunde darauf setzen konnte.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 35.
31. August
m Le
nalen Entwicklung, wenn noch gar keine, Nervenfasern in das Herz
eingewachsen sind, die Muskelzellen des Sinus den Rhythmus an-
geben, daß also schon in dieser Zeit ein „pace-maker“ vorhanden
ist, dessen Tätigkeit sich die anderen Herzmuskelfasern unterordnen.
Diese wichtige Feststellung war nur möglich bei Vermeidung jeder
auch nur vorübergehenden Abkühlung — daher die Notwendigkeit
dieses Wärmeraumes. — | |
Die chemische Abteilung untersteht der Leitung von Dr. van
Slyke, der sich im wesentlichen mit Blutanalysen beschäftigt, für
die er einen neuen, größeren Apparat angegeben hat, der genauer
und bequemer arbeitet als der bisherige kleinere.
Die Untersuchungen über Gelenkrheumatismus werden von
Dr. Swift und Dr. Miller ausgeführt. Es ist mir aufgefallen, daß
diese Krankheit in New York sehr viel verbreiteter ist als bei uns.
Trotz angestrengtester Bemühungen ist es auch drüben nicht ge-
lungen, den Erreger dieses Leidens zu finden. Jedenfalls vertreten
die maßgebenden Arzte, neben den genannten auch Dr. Emanuel
Libman, die auch von mir ausgesprochene Ansicht, daß der Ge-
lenkrheumatismus eine spezifische Infektionskrankheit mit bisher
unbekanntem Erreger ist, charakterisiert durch die Aschoffschen
Knötchen, bei denen die Streptokokken sehr häufig als Misch-
infektionserreger hinzutreten. Ich habe Gelegenheit gehabt, eine
Reihe von Aschoffschen Knötchen in der Haut, die vital exzidiert
Sie ähneln durchaus den
Herzknötchen.
Die Verfolgung der Leukozytenkurve. bei diesen Fällen ergibt
eine Leukozytose, die in den Fällen, die späterhin rezidivieren,
oder chronisch werden, auch nach der Entfieberung bestehen bleibt.
Die Untersuchungen über Lungenentzündungen haben einen
gewissen Abschluß gefunden. Das Pneumokokkenserum scheint
auch. drüben nicht die Hoffnungen erfüllt zu haben, die man auf
Die
Differenzierung der vier Typen hat sich in der Praxis allgemein
eingebürgert. Ich sah konsultativ einen Fall von Pneumokokken-
meningitis, Typ IV (Pneumococcus mucosus), leider erst kurz vor
dem Tode, so daß die intraventale Behandlung mit Optochin nichts
mehr nutzte. Ich glaube nicht, daß die Unterscheidung der Typen
einen großen praktischen Zweck hat. Wichtiger scheint mir die
möglichst frühzeitige Anwendung der Chemotherapie schon am
ersten Krankheitstage zu sein, da sie nach erfolgter Hepatisation
auch nach den dortigen Erfahrungen wenig Nutzen mehr bringt.
Was die einzelnen Pneumokokkentypen voneinander unter-
scheidet, ist nicht ihr Eiweiß, sondern ein Kohlehydrat, das im
chemischen Laboratorium isoliert werden konnte. Dieses Kohlehydrat
hat an sich gar keine antigenen Eigenschaften, bedingt aber beim
Zusatz von Eiweiß die spezifische Präzipitation und Agglutination,
durch welche sich die Typen voneinander unterscheiden.
Dr. Hideyo Noguchi war gerade von Brasilien zurück-
gekehrt, wo er das Gelbfieber untersucht hatte. Er zeigte mir
lebende Kulturen von Gelbfieberspirochäten neben solchen von
Spirochäten der Weilschen Krankheit, die deutlich verschieden
sind. Bei Versuchstieren kann man mit ihnen gleichfalls eine akute
gelbe Leberatrophie erzeugen. Alle bakteriologischen Laboratorien
sind mit großen Brutzimmern ausgestattet, in denen natürlich ganz
andere Mengen von Kulturen gezüchtet werden können, als in
unseren bescheidenen Brutschränken, besonders interessant war mein
Besuch bei Olitzki, dem die Züchtung des Grippeerregers und die
Übertragung auf Kaninchen gelungen ist. Es handelt sich um das
gleiche filtrierbare Virus, das ich zuerst 1918 aus Filtraten von
Grippesputum und Lungensaft gewonnen und erfolgreich auf eine
Reihe von Versuchspersonen, mich eingeschlossen, übertragen habe.
Die Anreicherung in der ersten Kultur war mir gleichfalls ge-
lungen, nicht dagegen die Weiterzüchtung. Diese war nur möglic
unter den streng anaeroben Versuchsbedingungen, wie sie im Rocke-
feller-Institut ausgearbeitet worden sind. Die Methode besteht In
der Einleitung von Wasserstoff in den Kulturbehälter, .der in einem
besonderen sehr ingeniösen keinen Apparat auf elektrischem Wege
mit dem Sauerstoff der Luft zu Wasser kondensiert wird. Ein bel-
gelegtes Methylenblauröhrchen gibt durch. seine Entlärbung einen
dauernden Indikator für die völlige Sauerstofffreiheit des Behälters
ab. Unter diesen Bedingungen läßt sich das Grippevirus auch auf
festen Blutnährböden als zarter Rasen zum Wachstum bringen.
Kaninchen entwickeln nach der Impfung charakteristische mikro-
skopische Knötchen im Lüngengewebe. |
Die serologische Abteilung untersteht Landsteiner, der über
Hämolysine und deren Vererbung, sowie über Denaturierung VON
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- Eiweiß durch Einführung bekannter organischer Substänzen als
Seitenketten gearbeitet hat. > E E L
In der biologischen Abteilung macht Uhlenhuth weitere Ver-
suche über den Einfluß innersekretorischer Substanzen auf die Organ-
t
"entwicklung von Amphibien, während Carrel seine Gewebskulturen
fortsetzt und durch neue Methoden verfeinert hat.
In der chemo-therapeutischen Abteilung ist Jacoby die Dar-
i stellung eines Salvarsanderivates mit ausgesprochener Wirkung auf
‚die ‚Neurosyphilis „gelungen, und die ersten klinischen Versuche
“mit diesem sogenannten Tryparsamid lauten günstig. Levene setzt
' seine Arbeiten über alkylierte Zucker fort. u.
Das wissenschaftliche Arbeiten im: Rockefeller-Institut wird
. wesentlich erleichtert durch das: .Bereitstehen aller Hilfsmittel und
Hilfskräfte. Eine besondere Abteilung ‘ist der. Reproduktion ge-
widmet, und ein ausgezeichneter Mikrophotograph ist voll beschäf-
tigt mit der Anfertigung von Diapositiven. ww |
Die übrigen Krankenhäuser dienen mehr praktischen Zwecken,
aber auch in ihnen wird rege wissenschaftlich gearbeitet. Zugleich .
werden sie auch fast alle dem Unterricht nutzbar gemacht. `
Zwischen den amerikanischen Krankenhäusern und den unseren
je: besteht ein großer Unterschied insofern, als die Zahl der behandelnden
Ärzte eine sehr viel größere ist als bei uns. Es fällt dadurch die
Kluft fort, welche bei uns zwischen den: Krankenhausärzten und
den Praktikern besteht, weil drüben jeder tüchtige und 'strebsame .
Praktiker die Möglichkeit hat, eine- Anzahl von Betten in einem
.Krankenhause zu bekommen, und zwar so viele, wie er wirklich |
versorgen kann. Mehr als 20 bis 30 Betten. kann ein einzelner
- kaum mit der genügenden Gründlichkeit versorgen. Bei uns ist
es so, daß ein Jahrzehnte lang gut ausgebildeter Arzt, sei er Inter-
nist, Chirurg oder Frauenarzt, entweder das Glück hat, eine große
: Krankenabteilung von einigen Hunderten von Betten als dirigierender
‚ Arzt zu bekommen, die er- niemals auch nur einigermaßen ‚selber.
. versorgen kann, sondern weitgehend auf seine Assistenten ange-.
“wiesen ist, oder das Unglück hat, keine solche Stelle zu haben und
< damit jeden Konnex mit der Klinik und die Möglichkeit zum klini-
sehen und wissenschaftlichen, Arbeiten verliert. Es scheint mir ein
‚Vorzug zu sein, wenn gut ‚ausgebildete und wissenschaftlich tüch- .
. tige Ärzte die Möglichkeit haben, ohne Entgelt in den Kranken-
häusern zu arbeiten und wenn auch nur einige wenige Betten zu’
bekommen, was der Oberleitung durch den dirigierenden Arzt keinen .
Bi: Das Wesentliche dabei ist, daß über- .
haupt der Konnex mit dem Krankenhause gewahrt bleibt, wobei
‚ der gegenseitige Gedanken- und Erfahrungsaustausch und das Mit-
Abbruch zu tun braucht.
ansehen auch anderer interessanter Fälle, Operationen und Obduk-
“tionen, von größter Bedeutung ist. Auch die Anleitung der jungen
Assistenten und Praktikanten würde dadurch etwas mehr verteilt.
Ich habe im Mount Sinai Hospital viele Visiten mitgemacht,
. die außerordentlich lehrreich waren. Die jüngeren Herren, die die
‚Fälle bearbeitet hatten, Ä
kurzes Exposé über die gesamte einschlägige neuere Literatur, woran
‚Sich. die Untersuchung und Besprechung durch den behandelnden
"Arzt und eine Diskussion unter Teilnahme’ der ‘übrigen Besucher
stellten sie vor und gaben zugleich ein
anknüpfte. Die Zahl der Ärzte, die ernsthaft wissenschaftlich
arbeiten, ist eine sehr große, und der Vorsprung, den wir früher
gehabt haben, ist erheblich aufgeholt worden. u
Die Tageseinteilung. der wissenschaftlich arbeitenden Ärzte ist
` gewöhnlich so, daß sie den Vormittag ihrer Privatpraxis und den
erh der Tätigkeit im Krankenhause und Laboratorium
widmen. | u INE. Ä
Es entspricht der‘ amerikanischen Geistesart, sich: möglichst
= weitgehend zu spezialisieren, um durch Konzentration auf’ ein be-.
‚sehränktes Glied Höchstleistungen zu erzielen. :
manchen Fällen seine Vorteile, Auf dem mir: nächst liegenden Ge-
Das hat gewiß in
biete jedoch, dem der inneren Medizin, und namentlich der Dia-
| gnostik, scheint es mir einige Gefahren zu bergen. Ich habe über
leses Thema mich drüben vielfach ausgesprochen, unter anderem
t mit dem Leiter eines großen neu einzurichtenden Kranken-
ch Dieser erklärte mir, er. wolle nur Spezialisten anstellen,
oiche für Lunge, für Herz, für Magen, für Leber, Gallenwege und
uodenum, für Mastdarm, für Nieren usw. Ich konnte ihm meine
edenken nicht verhehlen und ‚erläuterte ihm an einigen Beispielen
Ries eigenen Erfahrungen von Fehldiagnösen, die ich drüben in-
= einer zu einseitigen Betrachtung gesehen habe.
gument, die übertriebene Spezialisierung ad absurdum zu Jühren,
Als, bestes
erwies sich mir die Geschichte von einem jungen Arzt, der nach
enem Examen gefragt wird, welche Spezialität er aufzu-
l
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK Nr.35..
. bei der Prüfung
nehmen gedenkt und: antwortet, Krankheiten des. Nasenloches. Hier-
auf erfolgt die . weitere ‚Frage: sehr gut, ‚aber welches. Nasenloch ?
| Die Untersuchung der: Kranken geschieht außerordentlich
gründlich nach einem gewissen Schema. Es werden genaue chemische
_Blutanalysen, röntgenologische, elektrokardiographische und andere
Untersuchungen in den verschiedenen Abteilungen der verschiedenen
Ärzte gemacht und die reports dem Krankenblatt eingefügt. Was
zuweilen zu wünschen. übrig :ließ, war die Synthese dieser ver-
schiedenen reports zu einer Diagnose , © 00o
‚Ich erwähnte.schon oben die Häufigkeit des Gelenkrheuma-
tismus,. ‘ Dem entspricht auch ‘die große Zahl ‘von Herzklappen-
‚fehlern und Endokarditiden jeder Art, zum Teil mit ungewöhnlichem
Verlauf. Dr., Emanuel- Libman, der sich meiner ebenso wie
Dr. S. J. Held, .R. Cole, M.. Cohn; M. Fislberg, Danziger,
Stadtmueller, G. Baehr, Evan Evans, Garbot — um nur
einige wenige zu nennen — in der freundschaftlichsten: Weise an-
genommen hat, verdanke ich den Einblick in ein überaus großes
Material. -© 00 ee FA i
Schwierigkeiten bestehen in der Ausführung von Obduktionen,
die -meist von den. Angehörigen nicht erlaubt werden. Führende
Kliniker haben früher oft selbst manche :Obduktion:.heimlich bei
Nacht und Nebel vom Rektum aus ausführen müssen. Glücklicher-
weise nimmt ‚aber jetzt die Häufigkeit der Obduktionen zu, die ja
für jede klinische Arbeit unerläßlich. sind. Im Mount Sinai Hospital
besteht die nachahmenswerte Gepflogenheit, wöchentlich einmal alle
interessanten Obduktionen zu demonstrieren unter Voranfügung der
Krankengeschichte.. An diesen von G. Baehr geleiteten Demon- .
strationen nehmen, alle Ärzte teil, und die klinischen und patho-
‚logischen Befunde werden allerseits diskutiert. In anderen Kranken-
häusern dagegen, z.B. bei Mac Callum und Jones Hopkins
Hospital in Baltimore beschränken sich die Demonstrationen auf
den’ engeren Kreis. der Pathologen. ` g
-~ Eine große Zahl von Enzephalitisfällen sah ich im Monte
'Fiore-Hospital (Dr. Danziger). Bei den meisten von ihnen konnten
fung der vestikularen Bahnen mittels der Baranyschen
Methoden Störungen nachgewiesen werden. |-
Auffällig selten ist die Tuberkulose. Nur in dem Monte
Fiore-Krankenhause sah ich auf der Abteilung von Dr. M. Fish-
berg, dessen. ausgezeichnetes Buch gerade in 'neuer Auflage er-
scheint, eine größere Zahl von schweren Fällen, und hatte auch
Gelegenheit zur Demonstration meiner Pneumothoraxtechnik.
Die besten Einrichtungen zu Stoffwechseluntersuchungen hat
das Bellevue Hospital. Hier arbeitet vor allem Dubois mit dem
Benedietschen Apparat. In den gegenüberliegenden Laboratorien
der Cornell - Uùiversity werden weitere Vereinfachungen der
chemischen Blutuntersuchung ausgearbeitet. a /
Es würde zu weit führen, wenn ich noch die übrigen Kranken-
häuser, die ich besucht habe, auch nur andeutungsweise besprechen
wollte. - Ein besonders interessantes, größtenteils aus dem Ghetto
stammendes Krankenmaterial hat das Beth Israel-Hospital.
Dagegen möchte. ich noch ein Wort sagen über eines der besten
. Krankenhäuser der, Welt, das berühmte Jones Hopkins Hospital in
Baltimore. Durch die große Freundlichkeit von Dr..Barker, Long-
cope, Mc. Callum u.a. hatte ich Gelegenheit, alle Abteilungen
zu sehen und einen nachhaltigen Eindruck von der .mustergültigen
Organisation zu erhalten, sowie von der wissenschaftlichen Arbeit,
die hier in den Kliniken und in den Laboratorien geleistet wird.
. Auch die Krankenhäuser in Philadelphia, wo ich ‚auf Ein-
ladung von. Dr. Riesman, Professor für ‘innere Menizin, an der
Pennsylvania-Universität einen Vortrag hielt, stehen auf der gleichen
Höhe. Hier verbrachte ich auch einen Abend mit Dr. Best, dem
'Mitentdecker des Insulins, aus Toronto.
‚Der klinische Unterricht ist in Amerika mehr nach eng-
lischem Muster eingerichtet, .als nach deutschem. Ich hatte Ge-
legenheit, mich bei den Vorlesungen, die ich vor Studenten hielt,
wie auch durch Rücksprache mit einem der Leiter des Unterrichts-
wesens in New York, Herrn. Dr. Emerson, einem Neffen des Dichters
sowie. späterhin im Gesundheitsministerium in London bei Sir
George Newman ausführlich zu unterrichten, soweit ich nicht
durch meine eigene Teilnahme an Kursen und Vorlesungen mir
schon ein Urteil gebildet hatte. Der wesentliche Unterschied liegt
in der stärkeren Betonung der praktischen Ausbildung am Kranken-
bett. Durch die Verteilung der Studenten auf so viele Kranken-
häuser und Dozenten kann der einzelne Dozent sich seiner Schüler
viel intensiver annehmen, zumal. sie nicht nach jeder Stunde von
einer Vorlesung in die andere eilen müssen, sondern eine Zeitlang.
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| (Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit gen
‚soviel Geburten als während der Tagesstunden.
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wir 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.35. |
auf einem Krankensaal arbeiten und Muße haben, sich mit den ihnen
anvertrauten Fällen intensiver zu beschäftigen. Die Art der Aus-
bildung, die unsere Studenten nur freiwillig in den Ferien beim
Famulieren bekommen, bildet hier somit den wichtigsten Teil der
klinischen Ausbildung. Doch werden auch die zusammenhängenden
klinischen Vorlesungen nach deutschem Muster nicht vernachlässigt.
Es ist ein Verdienst von Abraham Flexner, das Unterrichtswesen
aller Länder zu studieren und zu versuchen, von jedem das Beste
herauszunehmen und daraus einen Lehrplan zu konstruieren, der
allen Anforderungen möglichst gerecht wird. |
Es liegt nicht im Rahmen meiner Aufgabe, Ihnen über die
. außermedizinischen Aufgaben und Eindrücke meiner Reise zu be-
richten, obwohl sie sicherlich den bei weitem interessanteren Teil
darstellen, ebensowenig über meinen Aufenthalt in England und
Holland. lch kann nur so viel sagen, daß der Empfang, den ich
in den Vereinigten Staaten nicht nur bei den Kollegen, sondern
auch bei allen Behörden bis hinauf zum Präsidenten und in der
Gesellschaft gefunden habe, alle Erwartungen übertroffen hat. Ich
habe Amerika verlassen mit einem Gefühl der Bewunderung für die
ernsthafte Arbeit, die dort geleistet wird, und der Dankbarkeit für
so viel Liebenswürdigkeit und zum Teil aufrichtige Freundschaft.
Es wäre sehr zu wünschen, daß gerade die deutschen Mediziner als
berufliche Vertreter einer kulturellen und humanitären Propaganda
sich mehr mit dem Studium fremder Sprachen beschäftigen und
durch Auslandsreisen nicht nur ihren eigenen Gesichtskreis er-
weitern, sondern auch zugleich im bescheidenen Maße für ihr Vater-
land etwas Gutes leisten würden.
i
Tagesgeschichtliche Notizen.
- angabe gestattet.)
Berlin: Der Reichstagsausschuß für dio besetzten Ge-
biete hat beschlossen, daß die Kosten in Krankheitsfällen der Aus-
gewiesenen und ihrer Angehörigen voll vergütet werden sollen, gleichgültig,
ob sie mit der Ausweisung zusammenhängen oder nicht. Auch sollen die
Ausgewiesenen bei ihrer Rückkehr so in die Rechte der Sozialversicherung
eintreten, als ob eine Unterbrechung -
gefunden hätte,
Die Prüfungsordnung für Ärzte vom 5. Juli 1924 ist in Karl
Heymanns Verlag, Berlin, erschienen. Preis 0,50 RtM. Der § 24 setzt
eine medizinische Studienzeit an Universitäten des Deutschen Reiches von
mindestens 10 Halbjahren fest, davon mindestens 6 Halbjahre nach voll-
ständig bestandener Vorprüfung. Die Prüfung umfaßt 1. Pathologische
Anatomie und allgemeine Pathologie, 2. Topographische Anatomie, 3. Patho-
logische Physiologie, 4. Pharmakologie, 5. Innere Medizin, 6. Chirurgie,
7. Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 8. Augenheilkunde, 9. Ohren-, Hals-
und Nasenkrankheiten, 10. Kinderbeilkunde, 11. Haut- und Geschlechts-
krankheiten, 12. Irrenheilkunde, 13. Hygiene, 14. Gerichtliche Medizin.
Die Prüfung in der topographischen Anatomie wird vor den Fach-
vertretern und einem Vertreter der inneren, chirurgischen oder Frauenklinik
abgelegt. Bei der Prüfung in der pathologischen Physiologie ist vor
2 Prüfern, darunter einem Vertreter der inneren Medizin, die Vertrautheit
mit den wichtigsten physiologischen Grundlagen der klinischen Erscheinungen
nachzuweisen. Bei der Prüfung in der gerichtlichen Medizin hat der Kandidat
nachzuweisen, daß er über die für einen praktischen Arzt wichtigen Lehren
der gerichtlichen Medizin sowie der Versicherungsmedizin, ferner über die
Grundregeln der Gutachtenerstattung, endlich auch über die Re
Pflichten des Arztes unterrichtet ist.
Untersuchungen über die Stunde der Geburt hat Dr. Boije (Helsing-
fors) auf der geburtshilflichen Abteilung angestellt. Die Berechnungen er-
gaben, daß die Zahl der Geburten zwischen 6 Uhr morgens und 6 Uhr
abends fast genau so groß ist als die Zahl in den übrigen 12 Stunden.
Die vielfach verbreitete Ansicht, daß mehr Kinder während der Nacht
geboren werden als bei Tage, besteht nach dieser Berechnung also nicht
zu Recht.
Anders steht es mit der statistischen Feststellung über die
Stunde, in welcher die Wehen sich zuerst bemerkbar machen.
Hier haben
sich merkwürdigerweise viel größere Unterschiede ergeben als bei der
Berechnung über die Beendigung der Geburt. Wenn die 24 Tagesstunden
in 8 dreistündige Zwischenräume geteilt wurden, so fand sich, daß nur in
6,50/ der gesamten Fälle die Wehentätigkeit zwischen 12 Uhr mittags und
3 Uhr nachmittags einsetzte. Von 3 Uhr nachmittags an war ein ununter-
brochener Aufstieg für jede Dreistundenfrist bis herauf zu einem Höhepunkt
in dem Zeitabsehnitt zwischen 12 Uhr mitternachts und 3 Uhr in der
Frühe. In diesen Stunden nach Mitternacht setzte in 19,60), aller Fälle
die Wehentätigkeit ein. Im Verlauf der 12 Nachtstunden begannen zweimal
Die Folge davon war, daß
sehr viel mehr Gebärende die geburtshilliiche Abteilung bei Nacht auf-
suchten als des Tages. — Es scheint nach dieser Zusammenstellung, daß,
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
trotzdem die Geburten ebenso häufig bei Tage als bei Nacht beendet werden,
Ärzte und Hebammen mehr Aussicht haben, während der Nachtstunden ge-
` rufen zu werden, als bei Tage.
med. Wochensehr. mitteilt, die Ärztekammer Böhmens beschlossen.
abhängig ist, steht der Ärztekammer zu, die auch in ihrer Vollversammlung
‚alljährlich die Spezialgebiete bestimmt, für welche der Facharzttitel erteilt
‘wird. Die unberechtigte Benutzung des Titels wird behördlich verfolgt,
nicht nur berechtigt, sondern ebenfalls verpflichtet, ein höheres Honorar
als der praktische Arzt zu fordern. Eine Unterbrechung der fachärztlichen
| Tätigkeit durch länger als 5 Jabre hindurch bringt das Recht, den Facharzt-
. größere Wichtigkeit hatten.
Personen und Kindern im Anschluß an längere Reisen, fehlende Nachtruhe,
‚der Hilfesuchenden aus, was nicht verwunderlich ist nach der Feststellung,
‚behandelt. Ä
3 Aborte und 1 Frühgeburt im 6. Monat. 2 Todesfälle haben sich ereignet,
anar Quellen-
nationales Komitee aus führenden Radiologen der ganzen Welt sich bilden
und der Kongreß dazu dienen wird, eine dauernde Zusammenarbeit in der
in jedem Lande Organisationskomitees zu bilden; die dem Zentralkomitee
| an: The Secretary, International Congress of Radiology, e/
ihrer Mitgliedschaft nicht statt- |
chte und }
31. August
Ein Regulativ bezüglich des Fachärztetitels hat, wie die Wiener |
Die Zuerkennung des Titels, die vom Nachweis einer besonderen Qualifikation
Der Facharzt ist verpflichtet, seine Tätigkeit: auf sein Fach zu beschränken,
titel zu führen, zum Erlöschen. Ebenso wirkt die Ausübung allgemeiner Praxis,
Über die Inanspruchnahme der Sanitätswachen auf der Ausstellung
in Wembley berichtet „The Lancet“. Danach haben seit der Eröffnung
der Ausstellung über 11000 Fälle Hilfe gebraucht, von denen einige 300
Abgesehen. von den 87 an einem Tage auf-
getretenen Fällen von Nahrungsmittelvergiftung waren darunter 12 Knochen-
brüche, 5 Verrenkungen, 5 perforierte Duodenalgeschwüre, 4 Fälle von
Appendizitis. Einige Verwundungen durch die wilden Tiere der Menagerie
wurden beobachtet. Erschöpfungszustände waren ziemlich häufig bei älteren
unzweckmäßige und unregelmäßige Ernährung. Gegen Kopfschmerzen wurde
sehr häufig Aspirin verlangt. Akute Indigestionen machen einen Hauptteil
daß an einem Tage in der Ausstellung mehr als 84000 Portionen Eis
verkauft wurden, Dagegen wurde kein Fall von akuter Alkoholvergiftung.
4 Fälle geburtshilflicher Art kamen in die Sanitätswachen,
beide bei Angestellten, einer durch Unfall und einer durch Herzschlag,
Ein internationaler Kongreß der Radiologie soll im Sommer 1925
in London stattfinden. . Der Kongreß soll am 30. Juni beginnen.: An
4 Tagen sollen je 2 Sitzungen abgehalten werden, im Anschluß daran
Besichtigungen von Provinzialinstituten. Es wird erwartet, daß ein inter-
Radiologie und verwandten Gegenständen herbeizuführen. Es wird gebeten,
Anregungen und Vorschläge für die Programme machen sollen. . Mitteilungen
Institute of Radiology, 32 Welbeck Street, London, W.1
Nachdem im Jahre 1922 die frühere „Vierteljahresschrift für öffent-
liche Gesundheitspflege*, zuletzt „Öffentliche (Gesundheitspflege mit be-
sonderer Berücksichtigung der kommunalen und sozialen Hygiene“ genannte’
Zeitschrift gezwungen war, ihr Erscheinen einzustellen, hat der Deutsche
Verein für öffentliche Gesundheitspflege im Mai des Jahres beschlossen,
o The British
sobald als möglich eine eigene Zeitschrift herauszugeben, Eine solche er-
scheint jetzt unter dem Namen „Deutsche Zeitschriftfür öffentliche
Gesundheitspflege“ als Organ des Vereins. Es sind 6 Doppelhefte
jährlich vorgesehen. Der Bezug wird durch persönliche oder körperschaft-
liche Zugehörigkeit zu dem Verein "bedingt. Anmeldungen an den Heraus- .
geber Prof. v. Drigalski (Halle a. S.), Städtisches Gesundheitsamt. Einzel-
hefte und fortlaufender Bezug seitens Nichtmitglieder durch den Verlag
Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien. Das erste vorliegende Doppelheft
enthält den Bericht‘ über die in Hamburg stattgefundene 45. Jahresversamm- -
lung des Vereins, daraus seien besonders hervorgehoben die Originalreferate:
Welches sind heute die dringlichsten Aufgaben auf dem Ge-
biete der Kommunalhygiene? von Stadtrat Dr. Schlosser, und
Die gesetzliche Regelung der Bekämpfung der Geschlechts-
krankheiten, von Prof. Jadassohn. |
Von der im Verlage Urban & Schwarzenberg in Berlin und Wien
erschienenen „Klinischen Laboratoriumstechnik“, herausgegeben
von Th. Brugsch (Berlin) und A. Schittenhelm (Kiel) ist soeben der
zweite Band herausgekommen. Das Werk stellt die zweite, voll-
ständig neu bearbeitete Auflage der von den gleichen herausgegebenen
„Technik der Speziellen klinischen Untersuchungsmethoden“ dar. Der
174 Textabbildungen und 1farbige Tafel enthaltende Band behandelt folgende
Kapitel: Spezielle chemische Untersuchungsmethoden, bearbeitet von C.Brahm
(Berlin); Fermente, Abderhaldensche Reaktion, Blutgerinnung nach
Fr. Meyer-Betz(f), neu bearbeitet von E. Wöhlisch (Kiel); Experimentelle
Methodik, bearbeitet von W. Frey und H. Löhr (Kiel); Untersuchung des
vegetativen Nervensystems, bearbeitet von W. Frey (Kiel); Experimentelle
Untersuchungsmethodik der Proteinkörperwirkung — Biologische Gasanalyse—
Blutmengenbestimmung durch Farbstoffe, letztere drei bearbeitet von
H. Löhr (Kiel); Technik der medizinisch-wichtigsten physikochemischen
Untersuchungsmethoden, bearbeitet von H. Schade (Kiel).
Hochschulnachrichten. Gießen: Der Privatdozent für Geburts-
hilfe und Gynäkologie Adolf Seitz zum außerplanmäßigen ao. Professor
ernannt. — Heidelberg: Der emer. Ordinarius der Chirurgie, Geh. Rat
Albert Narath, 60 Jahre alt, gestorben. — Leipzig: Der o. Prof. Hor-
mann Fühner als Nachfolger von Geh. Rat Leo zum Ordinarius der
Pharmakologie in Bonn ernannt.- | | |
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Br ‚ Yäufiger als durch eine ‚tuberkulöse Komplikation fand bei
3 | a arg maria der auffallend in die Länge gezogene `
w. -— erau der Influenzapneumonie durch die Entwicklung eines Lungen-
5 nn ee seine Erklärung, t i j a
o. p, Ver lemperaturverlauf gestattet in solchen Fällen keinen !
i e aa über den vorliegenden K rankhi proes. da das .|
lieber beim ‚Abszeß oft sich nicht anders verhält als bei einer
p Pneumonie mit protrahiertem Verlauf. | a
ir: ~- Nach kritischem. oder lytischem -Abfall zur richtigen Zeit kann
| 6 nach kurzem fieberfreiem ‘Intervall plötzlich mit Schüttelfrost oder
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gt. - Konvaleszenz in Form. eaer iebersackon oder Peberparo don auf-
se Ria ‚Manchmal, besonders bei größeren inzchmelzunssherden hat
ne Ka a onen oder intermittierenden Charakter. In seltenen Fällen,
m f Ganz Hebel Gnronischen. Eiterungen, kann der Verlauf fast oder
d E A Auch der physikalische Befund der Lungenabszesse ist in
r i = Regel wenig charakteristisch. Im Beginne der Abszeßbildung
Ir Abseleiten oneinungen. der Infiltration, beim un F |
"E ers Kayernensymptome zu erwarten. -Tatsächlich bietet die
er | ehzahl nùr atypisch ne Erscheinungen. © ` > >
Wi Höhlen avernensymptome werden meist vermißt. Die klassischen
pee Höhlen Prome gelten vorwiegend, ja fast ausschließlich für -die
# und Tafel appens, ch nn Lage klaffend: erhalten warden
-orf Smd. Die Höhlen des Unterlappens stellen nur selten
a erben paa riue dar. Weil die Rippen und N achbarorgane nach-
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U Der Veriag behale ch dan ausschließliche echt der Verifligung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift sum Bracheinen glangenden Org
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` Berlin, Prag u:Wien, 7. September 1924
Verlag von
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5 (Chefarzt: Prof. Dr.H. Dorendorf). `- i
. Influenza und Lungenabszeß‘). © -~
i i | Ze Ir Von H. Dorendort. | o aa
. Wie die. Entwicklung und der Ablauf der Influenzapneumonien,
“ist auch ihr Ausgang vielgestaltig. In die Länge gezogene
Lösungen, Wanderpneumonien, Komplikationen und Rückfälle . sind
an der. Tagesordnung. Br P 0,
. ‚Entwickeln: sich chronische Pneumonien -in den Öberlappen
;und- Spitzen, so können sie die größte Ähnlichkeit mit Lungen-
-tuberkulosen aufweisen: Die differentialdiagnostischen Schwierig-
“keiten sind um. so größer, als manche Allgemeinerscheinungen, wie.
langdauernde launische Temperaturen, auftretende. Macies, Nacht-
schweiße, Beimengungen von. Blut im Auswurf auch bei diesen
‚Kranken. vorkommen können. Während bei der Mehrzahl alles
. ‚restlos wieder verschwindet, bleiben bei einzelnen Fällen kleinere |
‚.oder- größere Verdichtungen zurück, . Folgen der starken Binde-
‚gewebsneubildungen bei den interstitiellen Prozessen, die röntgeno-
logisch. der Tuberkulose zum Verwechseln ähnliche ‚Bilder geben
können. > EA a F |
-> Gelegentlich wird auch eine ruhende Tuberkulose: durch die
- ‚„Inlluenza aktiviert. - Das kommt nicht .eben häufig vor. Während
vorgeschrittene Tuberkulose durch die Grippe meist verschlimmert
wird —.allgemeingültige Regeln lassen sich freilich auch hier nicht
aufstellen —, wird: der Einfluß. einer Grippepneumonie auf die
Aktivierung latenter, initialer Lungentuberkulosen meist überschätzt.
„200.2... Klinische
Aus der. Inneren Abteilung des Krankenhauses Bethanien in Berlin ben sie daher gedämpften Schall mit mehr-oder weniger tympanitischem ~;
a. En | | eiklang.: Nur wenn ‘die Höhle‘ von .starrem Gewebe umgeben ist, >
kann sie nach ausgiebigem Abhusten luftfaltig ‚werden und dann yor- -
übergehend typische Höhlensymptome darbieten. po D
Vorträge.
| Von besonderem Werte ist die Ergänzung des klinischen -Be--
fundes durch die Röntgenuntersuchung. Aus den. Schatten- .
bildungen in der Lunge gewinnen wir ein Bild von dem Umfange
der Lungenerkrankung überhaupt. Das ist wichtig für die Beur-
teilung des ganzen Krankheitszustandes.‘ Der 'Abszeß oder. die `
Abszesse werden immer nur einen Teil der Verdichtungsherde bilden.
Rundliche, in.der Mitte stärkere Schatten: in’ einem Lungenlappen
machen die Infiltration abszeßverdächtig. .
> Ist die Abszeßhöhle lufihaltig, nach Entleerung des Abszeß-
-eiters in den Bronchus, so kann sie als. helles Zentrum sich von
der verdichteten Umgebung abheben. Ist sie mit. Sekret und Iuft. - .
‚gefüllt, " so‘ können wir einen horizontalen, bei. Lagewechsel sich
verschiebenden Flüssigkeitsspiegel abgrenzen.
Tatsächlich bekommt man bei- der Röntgenuntersuchung die
Höhle. als solche nur selten zu Gesicht, da sie eben sehr oft nicht, `-
“oder. nicht ausreichend luftgefüllt ist. In solchen zweifelhaften Fällen `
ist nach Sauerbruch der Nachweis umschriebenen Druckschmerzes
wichtiger als unklare klinische und Röntgenuntersuchungsergebnisse.
Die Situation. ändert sich, wenn ein. bisher abgegrenzter
Abszeß. in einen. Bronchus durchbricht. Die. plötzlich auftretende.
Massenhaftigkeit des Auswurfs, der: 1/3 Liter und noch mehr in
' 24 Stunden betragen ‚kann, wird auf die Diagnose hinlenken, und
die makroskopische und mikroskopische Sputumuntersuchung den
. Lungenabszeß in vielen Fällen einwandfrei feststellen. .-.
= Schwierig kann die differential-diagnostische Abgrenzung von
abgesackten. eitrigen Exsudaten und interlobären Empyemen sein,
auch nach ihrem: Durchbruch in einen Bronchus. Sie entstehen:
‚meist im Anschluß an kortikale: Lungenabszesse nach pneumonischen
| Prozessen ünd kommen gerade nach Influenzapneumonie verhältnis- -
mäßig häufig zur Beobachtung.. Auf. die einschlägigen Publikationen
von .Treupel, Strauß, Schilling sei verwiesen. ft
.
Treupel, St | Es ist ‘oft
schwierig; die interlobären Empyemherde genau .zu lokalisieren,
' besonders dann, wenh das Exsudat nicht bis nähe an die Brustwand
heranreicht. Unerhebliche Flüssigkeitsmengen und kleine, im Spalt
‚ wieder abgekapselte Abszesse lassen sich klinisch überhaupt nicht
nachweisen.. Die röntgenologische Untersuchung. kann die Auf-
‚klärung bringen. Oft-ist aber auch das Röntgenbild unzuverlässig,
So verhältnismäßig selten der Lungenabszeß bei der kruppösen
‚ Pneumonie ist, so auffallend häufig ist eine vielfache oder umsrenzte
eitrige Einschmelzung der broncho-pneumonisch oder lobär-pneu-
monisch - erkrankten Lungenteile bei der Influenza. . Der. häufige À
Ausgang der Influenzapneumonie in Abszeßbildung und in Gangrän
- ist eine bereits nach der vorletzten großen Epidemie aus den Jahren -
1889/90 dureh zahlreiche in der Literatur niedergelegte Beoh- |
achtungen und. Statistiken erhärtete Tatsache, die durch die letzte
Influenza-Epidemie ihre volle Bestätigung. gefunden hat. `.
K Prognose. Nach früheren größeren Zusammenstelluneen
schwankte die Mortalität der :Lungenabszesse und. ee
‚ohne Berücksichtigung der Atiologie bei wein interner Behandlun
‚zwischen 60 und 90%.
' nach Fraenkels und Körtes. Bericht bei interner B
So starben in Berliner Krankenhäusern
| S.. ehandlung v
183 Kranken 86 =64,6%.. Dem gegenüber wies die hirreicche
Behandlung erheblich günstigere Zahlen aut.
operierten Lungenabszesse und Gangränen war nach den vorliee
Statistiken nur etwa halb so groß wie die, bei interner Behandlung,
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Tangreiche Lungenabszesse spontan zur Ausheilung kommen sehen.
1234
| | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. | T. Septeibet
Daher schlußfolgert de la Camp, daß trotz vorkommender
Spontanheilungen eine Erfolgsicherheit beim Abszeß, mehr noch bei
der -Gangrän nur chirurgische Hilfe biete. Und Sauerbruch,
um nur einen der kompetentesten Lungenchirurgen zu zitieren, steht
auf dem Standpunkte, daß eitrige und brandige Entzündungen in
der Lunge grundsätzlich früh zu operieren seien. Aber nur bei dem
diffusen Brand und bei den Lungeneiterungen der Diabetiker hält
er die sofortige Operation für dringend geboten. Sonst soll nach
seinen Ausführungen der Eingriff nicht eher ausgeführt werden, als
bis die anatomische Abgrenzung der Eiterung erfolgt sei.
Beim Lungenabszeß soll also die. anatomische Abgrenzung
der Eiterung abgewartet werden. In dieser Wartezeit würde sich
nach Sauerbruch in „seltenen“ Fällen durch Aushusten des
Abszesses eine Spontanheilung anbabnen.
Die Mehrzahl der Ärzte stand noch vor wenigen Jahren unter
dem Eindrucke, daß die spontane Heilung eines Lungenabszesses
oder gar einer Lungengangrän ein recht seltenes Vorkommnis sei.
Spontan geheilte Einzelfälle namentlich von Gangrän wurden publiziert
oder in ärztlichen Gesellschaften vorgestellt, so von Luce,
Kausch 1912, D. Gerhardt 1914. — Die von E. Leyden, in einem
Vortrage „über Lungenabszeß“ im Jahre 1877 vertretene Auffassung,
„daß die Heilung des Lungenabszesses nichts Ungewöhnliches ist“,
schien in Vergessenheit geraten zu sein. — Die letzte Influenza-
epidemie, die das Beobachtungsmaterial an Lungenabszessen und
Gangrän erheblich vergrößert hat, lehrt, wie zutreffend Leydens
Auffassung gerade für die postpneumonischen Lungenabszesse ist.
Das beweisen die Publikationen der letzten Jahre.
Als die Auffassung, daß die Lungengangrän durch Salvarsan
geheilt werden könnte, auftauchte und Anhänger fand, wurde eine
ganze Reihe von Gangränheilungen durch Groß (1916 und 1919),
Hirsch (1920), Alsberg (1920), Weiß (1920), Molnár (1921)
Hasenfeld u. a. publiziert, die ohne chirurgischen Eingriff erfolgten
und von den Berichterstattern als Salvarsanerfolge gebucht wurden.
Gegen die Auffassung, daß es sich hier um Salvarsanheilungen
handele, trat der prakt. Arzt H. Schulze in einer kurzen Publikation
in der Therapie der Gegenwart „Die Selbstheilung des Lungen-
abszesses“ auf. |
G. Klemperer unterstrich die Ausführungen Schulzes, daß
es nicht angängig sei, bei Verwendung besonderer Heilmittel, wie
des Salvarsans, einen günstigen Verlauf kurzerhand auf die an-
gewandtie Therapie zu beziehen.
Im gleichen Jahre (1920) schreibt Weiß, nachdem er für die
Salvarsantherapie der Lungengangrän eingetreten ist, beim Lungen-
abszeß könne man sich eher abwartend verhalten, denn gerade in
letzter Zeit hätte man in Eppendorf mehrfach außerordentlich um-
Ahnlich äußert sich Peemöller. Auch Hildebrand und Geulen,
die einen großen Lungenabszeß spontan heilen sahen, ziehen die Schluß-
folgerung, daß man auch bei ausgedehnten Eiterungen nach Grippe-
pneumonien mit chirurgischen Eingriffen Zurückhaltung üben solle.
Wir standen bei der Behandlung unserer Lungenabszeßfälle
ganz auf dem Sauerbruchschen Standpunkte. Dabei sahen wir
Spontanheilung bei der überwiegenden Mehrzahl durch Aushusten
des Abszesses während der von Sauerbruch vorgesehenen Warte-
zeit, die er auf 6—8Wochen nach Beginn der Eiterung bemißt, erfolgen.
‘ Wenn man die Kranken täglich klinisch und in nicht zu
langen Zwischenräumen auch röntgenologisch untersuchen kann, so
"ist das Risiko der abwartenden Behandlung nicht groß.
Der Allgemeinzustand des Kranken, sein Zirkulationsapparat,
die Temperaturkurve, Sputummenge und -beschaffenheit verlangen
sorgfältige tägliche Kontrolle. Gleichzeitige Abnahme der Eiter-
sekretion und des Fiebers werden als Zeichen des Heilungsvorgangs
zum weiteren Abwarten auffordern. Dagegen ist Zunahme der Menge
der elastischen Fasern in alveolärer Anordnung und Auftreten von
Lungenfetzen im Auswurf als Zeichen fortschreitenden Zerfalls des
Lungengewebes zu buchen. — Sinken des arteriellen Druckes,
Frequenterwerden des Pulsus werden namentlich bei putriden
Abszessen zum chirurgischen Eingriff drängen.
Auch die wiederholte Röntgenuntersuchung gibt wichtige pro-
gnostische Schlüsse und kann zur Entscheidung der Frage, ob die
abwartende Behandlung iortgesetzt oder zur operativen übergegangen
werden muß, beitragen.
Unsere Behandlung der in den Bronchus durchgebrochenen
Abszesse war in der Hauptsache hygienisch roborierend. Sie bestand
in der Anwendung derFreiluftbehandlung, in Beschränkung der Flüssig-
keitszufuhr nach Singer und Anwendung der Quinckeschen Lage-
rung. Expektorantien und Inhalationen kamen niemals zur Verwendung.
Die Freiluftbehandlung wurde prinzipiell bei Tage, bei der
Mehrzahl der Kranken auch während der Nacht auf gedecktem
Balkon durchgeführt. Die so wichtige genügende Ausgiebigkeit der
Atembewegungen wird durch sie am besten gefördert.
Bei kräftigster Ernährung beschränkten wir die Flüssig-
durchgeführt werden konnte.
Wir bringen ein paar Kurven. Die Sputumkurven I und I
rühren von Patienten her, die mit Influenzapneumonie ins Kranken-
haus aufgenommen wurden, in deren Verlauf der Lungenabszeß
unter unserer ‚Beobachtung sich entwickelte.
die Lungengangrän 5 Tage vor der Aufnahme des Kranken ins
Krankenhaus festgestellt. |
Flüssigkeits-
zufuhr und
Urinmenge
3000
2900
2800
2700
— Sputummengs
Ülüssigkeits-
keitszufuhr der Kranken. Wir verringerten die in 24 Stunden zu-
geführte tropfbare Flüssigkeit allmählich auf 4—300 ccm, was bei
Gewährung von 2 Trinktagen in der Woche ohne Schwierigkeit
Die Trockendiät bewirkte nahezu bei
allen Lungenabszeßkranken eine rasche Abnahme der Menge und
rasche Anderung der Beschaffenheit des Auswurfs. Der üble Geruch
| bei putriden Abszessen verschwand, das eitrige Sputum wurde in
kurzer Zeit schleimig-eitrig, dann schleimig, um schließlich ganz zu
versiegen. Das wurde in einzelnen Fällen in überraschend kurzer
' Zeit (2—3 Wochen) bei gleichzeitigem Rückgange der Temperaturen
zur Norm erreicht, woran sich in ebenso kurzer Zeit Ausheilun
mit starker Gewichtszunahme anschloß.
Kurve I,
Sputum-
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Wilhelm F.: Einfacher Abszeß.
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Sputummenge
— — — — Harnmenge
senkrechte Linien: Flüssigkeitsmenge
Derartige Beobachtungen reden eine eindringliche Sprache
gegen die Ansicht derer, die im Salvarsan das Heilmittel der.
Lungengangrän sehen.
Die Quinckesche Lagerung, der bekanntlich der Gedanke zu-
grunde liegt, die Schwerkraft durch geeignete Lage
Expektoration nutzbar zu machen, erwies sich uns
Nachhilfe zur Bewerkstelligung ausgiebiger Expektoration und Ver-
rung für die
als wertvolle
Im II. Falle wurde
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> _hütung von Sekretstagnation. Die für die Expektoration günstigste
Lagerung muß von Fall zu Fall ausprobiert werden. Zur Erholung des
Kranken muß sie miteiner möglichst hustenfreien Lagerung abwechseln.
~- Die Pneumothorax-Behandlung des Lungenabszesses, die wir
‚bei zwei länger bestehenden putriden Abszessen nicht sicher zu
' eruierender Ätiologie, bei denen die Abszeßhöhle trotz massenhafter
Sputummengen sich nur ungenügend entleerte, mit vollem Erfolge
anwendeten, kam nur einmal bei einem chronischen postgrippösen
Abszeß im linken Oberlappen zur Verwendung, Der Erfolg blieb
„as, da der Oberlappen in weiter: Ausdehnung mit der Brustwand
verwachsen war. Heilung durch chirurgischen Eingriff.
Die Chirurgen verhalten sich im allgemeinen ablehnend gegen .
D die Pneumothorax-Behandlung der Lungenabszesse trotz vorliegender `
guter Resultate der Kollapstherapie von Forlanini, Tzar, Lauret,
Cantoni, Arena, Weil, Rodani, Fornaca, Denöchan, Herbert,
D. Gerhardt, Reichmann aus Stintzings Klinik, Kohlhaas,
Guth, Meyer-Bönecke u. a. | | |
. Als schwerwiegendster Grund gegen die Anwendung der
„ lungenkollapstherapie- bei der Lungenabszeßbehandlung wird die
-mi dieser Therapie verknüpfte‘ Gefahr der Infektion der Pleura-
3 ‚beobachtet, und zwar 99 Abszeß- bzw. Gangränfälle und 2
| höhle angeführt. In jedem Moment könnten wir bei der Pneumo-,
; thorax-Behandlung von einem Durchbruche des Abszesses in die
< freie Brusthöhle überrascht werden.
Durch diese Gefahr wird die Verwendbarkeit des künstlichen
Prenmothorax bei; der: Behandlung der Lungenabszesse tatsächlich.
‚ erheblich eingeschränkt. Es eignen sich nur mehr zentral, Hilus-
nahgelegene Abszesse für die Kollapstherapie, dagegen nicht.,
peripher, in einem Randbezirk gelegene, die zu Pleuraverwachsungen
‚Anlaß geben und die Perforationsgefahr näherrücken. Durch lang-
sames Vorgehen, Einlaufenlassen nur geringer Gasmengen bei jeder
nzelfüllung, Vermeiden jeder höheren Druckanwendung, fortlaufende
‚Röntgenkontrolle läßt sich das Risiko dieser Behandlung erheblich
vertingern. Führt die Kollapstherapie wegen bestehender Pleura-
verwachsungen in der Umgebung des Abszesses nicht. rasch zum
. Ziel, was nach wenigen Gaseinfüllungen erkennbar sein wird, so
‚MM ungesäumt der chirurgische Eingriff erfolgen. Der bestehende
“neumothorax stört dann bei der. Operation nicht. Er hat sogar
däs Gute, eine genaue Lokalisation der Verwachsungen, und damit
den für den Eingriff geeignetsten Platz festzustellen und die kolla-
erten Lungenabschnitte vor einer Aspiration zu schützen.
| Unser Beobachtungsmaterial. Seit Januar 1919, nach-
em ich nach dem Kriege die Krankenhausabteilung. wieder über-
uam, haben wir 31 Lungeneiterungen nach nen
in den
tonchus durchgebrochene interlobäre Empyeme. |
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Lähmung des linken Fazialis, Hypoglossus und
0.4
“4 l
[3
E | Von 22 nicht operierten. Fällen heilten 19.
‚Es verdient hervorgehoben. zu werden, daß von den ohne
chirurgischen Eingriff Geheilten die Mehrzahl ‚dem jugendlichen
bzw. dem Blütealter angehörte. (7. waren unter 20jährig, 3: weitere
unter 30, 8 zwischen 30 und 39 Jahre alt, nur 4 hatten ein Alter
über 40 Jahre.) Tee um E
Auch Leichtenstern weist auf die überraschende Tatsache
hin, daß die 5 Fälle von Lungenabszeß. und 2 von Gangrän der
Lunge nach Pneumonia grippalis, die er. während der Influenza-
epidemie 1889,90 beobachtete, sämtlich jugendliche bzw. dem Blüte-
alterangehörige Personen betrafen. Der jüngste war ein TjährigerKnabe.
ie Das ist für den Ausgang gewiß nicht gleichgültig.. Noch be-
'langreicher in prognostischer Beziehung ist aber wohl der Umstand,
daß man die Lungeneiterungen bei Influenza anscheinend häufiger
als akute in die Behandlung bekommt, als es bei Lungenabszessen
anderer Ätiologie der Fall zu sein pflegt. Unsere spontan heilenden
Fälle waren ‘mit einer Ausnahme frische Erkrankungen. Bei 13 ent-
stand die’ Lungeneiterung während des Ablaufs der Influenza-
pneumonie unter unserer Beobachtung; fünfmal trat der Durchbruch
des Abszesses in den Bronchus nach den anamnestischen Erhebungen
.1—3 Wochen, nur einmal — hier handelte es sich um. ein inter-
vor. der Aufnahme ins Krankenhaus auf.
Von 19 spontan heilenden Fällen waren
4 putride Abszesse bzw. Gangränerkrankungen?) und 1 interlobäres
Empyem mit putridem Auswurf. a i
Die- Heilungen waren so vollkommen, daß'selbst die Lungen-
narbe an der ehemaligen Abszeßstelle nicht in allen Fällen röntgeno-
logisch nachweisbar war.. Alle mit einer Ausnahme sind nach der
Entlassung aus dem Krankenhause wiederholt ‚nachuntersucht und
vollkommen gesund befunden worden., Auch der Nicht-Nachunter-
suchte ist.nach brieflichen Nachrichten gesund und verrichtet als
ländlicher Arbeiter schwere Körperarbeit. n ag |
lobäres, in den Bronchus durchgebrochenes Empyem — 3 Monate
Unter den Abszessen finden sich 3, die lediglich durch den
Nachweis von elastischen Fasern in alveolärer Anordnung im Aus-
wurf als Lungenabszesse erkannt wurden. Sie boten klinisch. das
Bild einer verzögerten Lösung der Pneumonie mit nur wenig aus-
gedehnten Verdichtungsherden in der Lunge, wogegen die zweifel-
los vorhandenen kleinen Einschmelzungsherde klinisch und röntgeno-
logisch nicht zu erkennen. waren. ‘Der schleimig-eitrige Auswurf
bot bei allen 3 Fällen makroskopisch nichts Bemerkenswertes.
| Treupel hat ähnliche Beobachtungen bei Influenza angestellt.
Rosenfeld Denähreibt schon 1902 in der Deich med Presse solche
‚Fälle als „initiale Abszedierungen“ nach Pneumonie, die nur aus dem
Auftreten elastischer Fasern und Hämatoidinkristalle im Auswurf
kennbar wären. v. Jaksċh hat Ähnliches beobachtet.
Wenn der Prozentsatz der Heilungen in unserer kleinen
Statistik durch diese 3 Fälle günstig beeinflußt wird, so finden
sich auf der andern Seite unter den 19 weiteren, nicht operierten 2,
die bei der Aufnahme ‘als völlig verlorene Fälle sich darstellten.
Der eine kam ins Krankenhaus am. 8. Krankheitstage mit pneu-
monischer Hepatisation des rechten Mittel- und Unterlappens und
einzelnen Verdichtungsherden im rechten Oberlappen. Die linke Brust-
seite war stark geschrumpft durch pleuritische Schivwartenhildung nach
einer im Jahre zuvor überstandenen exsudativen Pleuritis. Es bestand
hohes intermittierendes Fieber, höchstgradige Herzschwäche und
Dyspnoe. Der Auswuri deutete auf putriden Abszeß, den wir im
rechten Unterlappen vermuteten. Die Röntgenuntersuchung war nicht
ausführbar. Tod
Die . Obduktion bestätigte die Lungendiagnose.
taubeneigroßer Abszeß im rechten Unterlappen. ` =
Der zweite’ trat 5 Wochen nach Beginn der Grippepneumonie
mit den Erscheinungen der Jacksonschen Epilepsie und folgender
‚iS, rms, ausgebildeter
Stauungspapille, mit pneumonischen Herden in beiden Unterlappen
und im linken Oberlappen in desolatem Zustande ein. Exitus 40 Stunden
er-
Es fand sich ein
nach der Aufnahme. Die Sektion ergab: ausgedehnte pneumonische
Herde in beiden Unter- und linken Oberlappen, einen kastaniengroßen
Abszeß im rechten Unterlappen, haselnußgroßen Abszeß im linken
Oberlappen und walnußgroßen Abszeß im rechten Frontalhirn.
Wenn. wir von diesen beiden bei der Aufnahme als hoffnungs-
los erkannten Fällen absehen, bleibt nur einer übrig, den wir bei
abwartender Behandlung verloren. ee
i) Eine strenge Trennung der Gangrän vom Abszeß ist im
Einzelfalle oft nicht ausführbar und ist oft vom subjektiven Empfinden
‘des Untersuchers abhängig. Wenn wir klinisch Gangrän zu behandeln
bekommen, ist sie fast stets von Eiterung begleitet; es ‚handelt sich
‘um Abszeß mit Gangrän. Gewöhnlich ist es nicht möglich, zu ent-
scheiden, ob die eine früher als die andere da war. i
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1285
14 einfache Abszesse, -
am Tage nach der Aufnahme an Herzinsuffizienz.
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m... 1924 — MEDIZINISCHER KLINIK — Nr. 36. T. September
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Der Kranke litt an grippöser Wanderpneumonie. Die 3 Lappen
der rechten und der DD der linken Lunge wurden nacheinander
befallen. Ein im Verlaufe der Pneumonie entstandener putrider Abszeß
des rechten Unterlappens. wurde . größtenteils . ausgehuste. Auch
röntgenologisch war eine Verkleinung des Einschmelzungsherdes un-
verkennbar. Eine Hirnmetastase, die zu inkompletter. Halbseiten-
lähmung führte, machte seinem Leben ein Ende. Die Obduktion war
leider nicht möglich. ..
Abbildung 3.
Unter den Kranken, deren Lungenabszesse nach Durchbruch
in einen Bronchus ohne chirurgischen Eingriff heilten, finden sich
‚neben. solchen mit kleineren Abszessen: eine ganze Zahl mit sehr
großen Abszeßhöhlen. Von den 17 der Medizinischen Gesellschaft
‚demonstrierten bringen wir nur die Lungenbilder von den 3 Kranken,
deren Sputumkurven wir der Arbeit beifügten. (Fall F.: einfacher
Abszeß; Fall D.: purulenter Abszeß; Fall S.: Lungengangrän.)
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©. Abbildung 1.
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Karl Sch. Lungengangrän.
5 weitere kamen zum Exitus. Fall 1 mit röntgenologisch sicher
estellten Abszessen im rechten Mittel- und Unterlappen auigenommen,
o nach der Vorgeschichte 14 Tage bestanden: Nach viertägiger Be- . .
obachtung dem’Chirurgen überwiesen. Beim Eingehen in das indurierte,
starre Lungengewebe in der Abszeßumgebung trat Luftembolie ein.
Operation abgebrochen. Exitus’ nach 12 Stunden. Ze
Die weiteren vier tödlich endenden Operationen . betrafen
Gangränfälle, ‘zwei sehr ausgedehnte solitäre und zwei multiple
Gangränherde. SUSE un Wr a
Bei dem einen K. war nahezu der ganze linke. Unterlappen
. durch Ganerän zerstört. Tod durch Herzinsuffizienz 12 Stunden nach
operativer Eröffnung des Gangränherdes. Obduktionsbefund: Gangrän
nahezu des ganzen linken Unter appons; fast hühnereigroße metastatische
'Abszesse im rechten Mittel- und Unterlappen. k Eu
Fall 3. Sch. kam mit chronischem, putridem Lungenabszeß im
linken Oberlappen in desolatem Zustande ins Krankenhaus, nachdem
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Wilhelm:F. Einfacher Abszeß,
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Abbildung 2.
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i EA: .er 15 Wochen im Anschluß an Influenzapneumonie in einem Provinzial-
| se krankenhause hoch fiebernd gelegen hatte. en Rippen-
NH resektionen hinten über dem linken DT Vor der Eröffnung
E ‘des Lungenherdes 9 Tage später an Lungenblutung gestorben. Ob-
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duktion: 2 Faust großer Gangränherd im linken Oberlappen, in dessen
Mitte eine etwa taubeneigroße Abszeßhöhle. > ee,
g Fall 4 betrifft eine 42 Jahre alte Patientin, die eine Grippe-
Wanderpneumonie aut der inneren Abteilung durchmachte, in deren
Verlauf es zu einer ausgedehnten Gangrän im linken Den kam.
Der Gesamtzustand der Kranken war während des ganzen Krankheits-
verlaufs äußerst ungünstig, die Herzinsuffizienz hochgradig. Ohne
"Eingriff schien der tödliche Ausgang an septischer Intoxikation unab-
| wendbar. Nach mehrfachen Konsultationen mit den Chirurgen wurde
die anfangs wegen Herzschwäche- abgelehnte Operation ausgeführt.
Der Jaucheherd im Oberlappen wurde. eröffnet und .drainiert. Die
Kranke überlebte den Eingrifi nur wenige Stunden.
Fall 5. Schließlich verloren wir einen 54jährigen Kranken mit,
Lungengangrän, die nach den Angaben des Hausarztes vor fast
143 Jahren im Verlaufe oiner Grippepneumonie auftrat. ‚Ich veranlaßte
seine ‘Aufnahme ins Krankenhaus zwecks Operation. Die Gangrän war
im unteren Teil des linken Ober- und oberen Teil des linken ‚Unter-
lappens festgestellt. Am 31. Oktober 1923 wurden an der Rückenseite
große Stücke der 6. bis 9. Rippe reseziert. Wegen des sehr ungünstigen
man wurde die Eröffnung: des Gangränherdes verschoben.
Kurt D. Purulenter Abszeß.
Operiert wurden 9: Eine Kranke mit Unterlappenabszeß
(Heilung), eine zweite mit Unterlappenabszeß und abgesacktem
> EN N Èmpyem (Heilung), eine andere mit chronisch putridem Oberlappen- tunden später Exitus an ‚Bronchopneumonie der nn ae
EEE SSH abszeß, der zunächst mit Pneumothorax behandelt wurde. Die Obduktion (Prof.Koch): Ausdehnte ältere und frischere sangti
der linken Lunge im unteren Teil des Ober- und oberen Teil des
Unterlappens. Alte Pleuraverwachsungen der linken Lunge mit den
Rippen. Operationsfeld: liegt innerhalb der Verwachsungen, ken
Pneumothorax. DiffuseBronchiektasen beider Lungen, Bronchopneumonl®
des rechten Unterlappens. Alter leichter Mitraliehler, geringe Hyper
trophie des rechten und linken Ventrikel. |
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EE TEI A) = Kollapstherapie versagte, da ausgedehnte flächenhafte Verwachsungen
2 NE NRBEREA einen Kollaps des Öberlappens nicht zustande kommen ließen.
WERN Chirurgisch wurde Heilung erzielt. Der vierte erfolgreich operierte
Fall betrifft einen Kranken mit interlobärem Empyem, das in die
Lunge durchgebrochen war. |
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gleichgewicht (= Isohydrie) zum Ausdruck kommt. |
Nerische Organismus in der Entwicklungsreihe steht, denio. borner
enken .
Jum Schluß bringen wir die Zusammenstellung der Operations-
erfolge. einer Reihe bekannter Statistiken über operativ behandelte
Lungenabszesse und.Gangrän (ohne Berücksichtigung der Ätiologie)
und zum Vergleich eine Übersicht über den Ausgang der von uns
‚beobachteten Lungeneiterungen nach Influenzapneumonie.
| ne Gestorben
= {Aus der Weltliteratur
1 Pneumotomien
bei Lungenabszessen I 400 Operationen | 300 [100 = 25%
an # II 182 4 145 | 34 = 17,5%
„ Gangrän 122 R 80 | 42 = 34,4%
‚[Operierte 37 Abszesse und Gangrän- Er- |
| krankungen 25 | 12 = 32,4%
ķi g` Aus Lenhartz Abteilung
in ; Statistik I 60 Operationen 39 | 21 = 35%
. m6- IL 120 2 56 | 34 = 40,8%
- ‚| Operationen bis 1919: 72 Abszesse 46 | 26 = 36,1%
Sauer- dayon 53 chronische Abszesse | 33 | 20 = 38%
19 akute Eiterungen 16 | 83) = 15,8%
37 Gangränfälle
18 | 19 = 51,8%
je
Beobach-| Nach Influenza entstandene
ne Lungeneiterungen 31 Fälle 23° 8 = 25,5%
1919 bis nicht operiert 222) p 19 | 33) = 13,6%
31. Mai operiert EN sy 4 | 5 = 55,5 %
WA)
Abhandlungen. =
Aus der ll. Inneren Abteilung des Auguste Viktoria-Krankenhauses
m Berlin-Schöneberg (Dirigierender Arzt: Prof. Dr. F. Glaser).
Über Schwankungen des Kalkgehaltes im Blutserum
bei funktionellen Neurosen.
Von Prof. Dr. F. Glaser.
‚Je besser wir in das Uhrwerk des menschlichen Mechanismus
lick gewinnen, desto mehr müssen wir uns über die Präzision
wundern, mit der der Organismus arbeitet. So wird die Temperatur
stets auf 370 reguliert, der Blutdruck hält sich um einen Wert von
. [O mm Hg; der Blutzucker kreist ständig in einer Höhe von 0,1%.
Ja auch der Gehalt des Blutes an anderen organischen Bestand-
tilen ist nach Toenissen (1) auffallend konstant. Wir können dem-
mach ebenso von einer Isochemie sprechen, wie wir eine Isothermie
wd einen konstanten Blutdruck annehmen. Aber auch in anderen
Beziehungen wird im menschlichen Organismus auf die Konstanz
des Bestandes gewacht. Im anorganischen Stoffwechsel herrscht ein
besonderes Gleichmaß der Bestandteile, das durch den konstanten
osmolischen Druck (= Isotonie), den gleichmäßigen Gehalt des
Blutes an den einzelnen Ionen (=Isoionie), und dem Säuren-Basen-
kommen diese großen Körperkonstanten zum Vorschein. | |
T Z. B. nur an die poikilothermen Organismen, bei denen neben
ar stark schwankenden Körpertemperatur die Konstanz des osmo-
tischen Druckes mangelhaft ausgebildet ist. Der höher gebaute.
Organismus hat sich von der Außenwelt so frei wie möglich ge-
‚ Macht und steht mittels des willkürlichen Nervensystems — von
: R. Müller (2) als „Umweltnervensystem“ bezeichnet — mit der
mgebung in Verbindung. _Die wichtigsten Funktionen des mensch-
Si Organismus wie Herz und Atemtätigkeit, Fortpflanzung unter-
eaen dagegen dem unwillkürlichen Nervensystem; und auch die
Isothermie, die Isochemie, der konstante Blutdruck, ja selbst die
sohydrie, die Isotonie und die Isoionie werden vom vegetativen
ervensystem gelenkt. Ein wichtiger anorganischer Bestandteil
es Blutes ist sicher das Kalzium. Dasselbe kommt normalerweise
RE mg °/, nach Jansen (8) im Serum vor — auch Herz-
B und Lubowski (8a) kommen zu ähnlichen Resultaten — und
eigt nach den Untersuchungen von Jansen und anderen Autoren
me rinkmann(4), Billigheimer (5) bei den einzelnen Individuen
‚nen äußerst konstanten Wert. Auch meine Untersuchungen, die
nach der Methode von de Waard ausgeführt wurden, zeigen, daß bei
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T. September | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. re
Unser Beobachtungsmaterial läßt den Schluß zu, daß bei
der überwiegenden Mehrzahl der akuten Lungeneiterungen
nach Influenza, der einfachen sowohl wie der putriden,
‚bei sachgemäßem Verhalten Naturheilung eintritt.
Literatur: Garr& und Quincke, Lungenchirurgie 1912. — de la Camp,
Die Lungenentzündungen in Kraus-Brugsch Spez.-Path. u. Therapie innerer Krank-
heiten. 8. Bd.,1921,— Sauer b ru ch; Chirurgische Therapie der Lungenkrankheiten in
Kraus-Brugsch 8. Bd. 1921, 3.— Strauß ‚B.kl.W.1920, Nr. 42. —Treu pel, D.m.W.1920,
"Nr. 42. — Treupelu.Stoffel, M.m.W.1921, Nr.-25.—Schilling, B.kLW. 1920, 3.891.
— Singer, Kongreß f. innere Medizin Wiesbaden 1918. ferner D.m.W. 1912, Nr. 51,
S. 2401 u. Ther. Monatshefte 1914, H.5. — Luce, D.m.W. 1912, S. 436. — Kausch,
D.m.W. 1912, S. 529, — D. Gerhardt, M.m.W. 1914, S. 1815. — Groß, Ther. d.
Gegenw. 1916, H. 12, u. M.m.W. 1919, Nr. 82. — Fr. Hirsch, Ther. d. Gegenw. 1920,
S. 55. — Weiß, Ther. d. Gegenw. 1920, S. 423, — Alsberg, D.m.W. 1920, S. 797. —
Molnär, Bela jr., Wiener kl. W. 1921, Jg. 31, Nr. 21, S. 255. — Becker, M. KI. 1920,
Nr. 18. — Peemöller, D.m.W. 1922, S. 690. — H. Schulze, Ther, d. Gegenw. 1920,
Nr. 3, S.126. — G.Klemperer, ebenda 8. 127.— W. Hildebrand u. W. Goulen,
. M. KI. 1922, S. 304. — Pribram, Arch, f. kl. Chir. 1914, Bd. 108, H. 4. — Rosenfeld,
D. m. Presse 1902, Nr. 8. — Brüning, D.m.W. 1919, Nr. 27, S. 784. — Bergmann,
Ref. D.m.W. 1919, S. 970. — Forlanini, M.m.W. 1910, Nr. 3, — Reichmann,
M.m. W. 1915, Nr. 28, S. 916 u. 947. — Guth, M.KI. 1923, Jg. 19, Nr. 42, S. 1894. —
.Meyer-Börnecke, Mitt. Grenzgeb. 1928, 87, H. 1, S. .65. — Kohlhaas, Ref.
D. m. W. 1915, S. 1882. — Radano, Ref. Zbl. f. d. ges. Tuberkuloseforsch. 1921, 3.264. —
Denéchan, ebenda 1922, S. 253. — Tzar, ebenda 1915. -
Ànmerkungen zu nebenstehender Tabelle:
*) Die Sammelstatistik Garrès, die sich aus Einzelbeobachtungen
aus der ganzen Literatur zusammensetzt, hat die günstigsten Operations-
ergebnisse. Das ist nicht auffällig, da von altersher in der Literatur _
lieber gute als schlechte Einzeloperationsergebnisse publiziert werden.
1) 2 von ihnen waren das Opfer einer auswärts vorgenommenen
Punktion durch die freie Brusthöhle, die zu Pleurasepsis führte. `>
2) Bei 3 war der destruktive Prozeß in der Lunge so begrenzter |
Art, daß er lediglich durch den Nachweis elastischer Fasern im Sputum
‚ erwiesen wurde. ae a
8) Darunter 2.in hoffnungslosem Zustande ‚aufgenommen.
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gesunden Individuen der Kalkspiegel des Serums, an verschiedenen
Tagen untersucht, nur ganz geringe Schwankungen zeigt, — ``
Pat. B. am. 28. Februar: 9,69 mg % Ca: am 6, März:
9,25 mg % Ca; am 11. März 9,59 mg % Ca. ` nn i
Pat. R. Am 9. März: 10,57 mg % Ca; am 10. März: 10,28 mg % Ca;
am 15. März: 10,38 mg % Ca. Ä a
Pat. P. Am: 14. Februar: 10,12 mg % Ca;, am 25. Februar:
10,33 mg % Ca; am 27. Februar: 10,00 mg % Ca. .
Pat. K. Am 14. März: 10,03 mg % Ca; am 15. März: 9,59 mg % Ca;
am 20. März: 10,01 mg % Ca.
R. , . 0 - am 18. März: Ban):
am 29. Mirs: 381 Ser a ii = -2i m ee 9,67 mg 5 Ca,
Die Schwankungen, die bei gesunden Patienten an verschie-
denen Tagen auftreten, betragen etwa0,3mg % Ca, selten 0,5'mg % Ca.
' Die Methode nach de Waard, die von uns in etwa 800 Einzel-
untersuchungen vorgenommen wurde, wird in folgender Weise aus-
‚ geführt: ‘zu 1 ccm mit einer graduieren Pipette abgemessenem Serum
wird 0,5 ccm 6proz. Ammoniumoxalatlösung gefügt. Nach einer halben
‚Stunde Stehen wurde zentrifugiert und mit 2—8 ccm destilliertem Wasser
gewaschen. Nach Auflösen des niedergeschlagenen Kalziumoxalats in
0,3 cem nitritfreier Salpetersäure wurde mit 0,01 o-KMnO, (Merck)
titriert. ‚Nach Abzug von 0,02 ccm entspricht 0,01 n-Lösung 0,2 mg Ca
-in'1 ccm Serum!). Für jeden Fall wurden 2 Kontrolluntersuchungen
‚Ausgeführt; die Fehlerquelle betrug höchstens 0,2 mg % Ca.
| Bei funktionellen Neurosen erwies sich nun der Kalkspiegel,
an verschiedenen Tagen bestimmt, äußerst schwankend. Ich führe
einige Beispiele an:
: Frl. R. Diagnose: Asthma bronchiale melancholie De ion..
Am 14. März: 11,08 mg% Ca; am 25. März: 9,64 mg %. Ca; im 1. April; j
8,99 mg % Ca. Die Schwankungen betrugen demnach 2,10 mg % Ca.
Frl. B. Abgelaufene Veronalvergiftnng. Dementia praecox. Am
12. März: 11,31 mg % Ca; am 18. März: 9,47 mg %'Ca; am 25. März:
8,54 mg % Ca. Schwankung demnach 2,77 mg % Ca. |
Frl. M. M. Diagnose: Quinckesches Ödem; vegetative Neurose.
Aschner: 76:54. Starker Tremor, sehr starke Schweißhände Am
20. Februar: 10,23 mg % Ca; am 25. März: 9,07 mg % Ca: am 26. März:
9,08 mg % Ca, Kalziumschwankung demnach: 1,20 mg % Ca. Ä
Frl. M. CO-Intoxikation; Aschner: 84:60; Starker Dermographig- `
mus. Korneal-, Konjunktival-, Würgreflex aufgehoben. Am 14. Februar:
10,15 mg % Ca; am 17. Februar: 10,00 m
8,97 mg % Ca. Kalziumschwankung demnach: 1,18 mg % Ca.
Frl. I.: Diagnose: Chronischer Morphinismus, stark wechselnde
' Stimmungen. Am 16. Februar: 8,84 mg % Ca; am 20. Februar: 7,07 mg %
1) Auszug aus der Biochem. Zschr, 1.919,..97,
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% Ca; am 28. Februar:
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‚Stimmungswechsel unterworfen waren.
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‚Ca; am 23. Februar: 8,30 mg % Ca; am 20. März: 9,47 mg Ca. Kalzium-
schwankung demnach: 2,40 mg % Ca.
. Frl. T. Hysterie (flüchtige Erytheme, feuchte Hände, weint leicht). -
Am 4. März: 10,33 m
) ng % Ca; am 6. März: 9,04 mg % Ca; am 7. März:
10,78: mg % Ca. Kalziumschwankung: 1,74 mg % Ca. ae
| Frl. A. Sch. Diagnose: Hysterie. Akrozyanose. Am. 29. Februar:
al mg % Ca; am 4. März: 7,17 mg % Ca; am 5. März: 9,69 mg % Ca;
am 7.
März: 10,5 mg %Ca; am 27. April: '8,9& mg % Ca. Schwankung
demnach 4,98 mg % Ca. |
rl. N. Nervöse Dyspepsie. Anazidität. Am 14. April: 8,71 mg % `
Ca; am 22. April: 9,20 mg % Ca; am 23. April: 10,86 mg % Ca. Schwan-
kung: 1,65 mg % Ca. |
Frl. J. Thyreo-Toxikose. Interkostal-Neuralgie. Aschner: 84:68.
Am 23, April: 9,35 mg % Ca; am 24. April: 10,08 mg.% Ca; am 27. April:
11,19 mg % Ca. Schwanküng demnach: 1,84 mg % Ca.
Frl, G. Vegetative Neurose. Aschner: 120 : 78. Dermographismus
Flüchtige Erytheme, feuchte Hände.
| ürgreflex
herabgesetzt, Respiratorische Arhythmie. Am 10. Juli: 9,90 mg % Ca;
am 14. Juli: 11
26 mg % Ca; am 21. Juli: 10,22 mg % Ca. Schwankung:
1,26. mg % Ca. Ä
- „Frl R. Depressionszustände. Am 10. Juli: 11,01 mg % Ca; am
19. Juli: 7,52 mg % Ca; am 22. Juli: 9,68 mg % Ca. Kalziumschwankung
demnach: 3,49 mg %ı Ca. D
-~ — Frau M. Diagnose: Vegetative Neurose. Aschner: 60 : 42. Flüch-
tige Erytheme, feuchte Hände, gesteigerte Reflexe, starkes Lidzittern.
Am 30. Januar 9,46 mg % Ca; am 11. Februar: 9,18 mg % Ca; am 29. Fe-
bruar: 10,77 mg % Ca. Schwankung demnach: 1,59 mg % Ca.
Besonders diejenigen funktionellen Neurosen zeigten, Schwan-
kungen des Kalkspiegels an verschiedenen Tagen, die starkem
So litt die Patientin R. an
starken melancholischen Verstimmungen, die Morphinistin I. zeigte
wechselnde Stimmung je nach Größe der Morphiumgaben. Bei der
Patientin A. Sch., die an Hysterie und Akrozyanose behandelt wurde,
waren starke Aufregungszustände vorhanden. . Die Asthmakranke
Frl. R. hatte tagelang schwere Depressionszustände. Daß die
Schwankungen des Blutserumkalkspiegels mit verschiedenen 'Stim-
mungslagen bei funktionellen Neurosen zusammenhängen, geht aus.
meiner früheren Arbeit (Ša) hervor, in der ich schilderte, daß künst- |
liche Erregungen und nachfolgende hypnotische Beruhigungen mit
äußerst starken Schwankungen des Kalkgehaltes im Blute einher-
gehen; bis zu 3,53 mg % Ca konnte der Kalkgehalt des Blutserums
durch Hypnosen heruntergesetzt werden. Nicht jede funktionelle
Neurose geht nach meinen Untersuchungen mit Kalk-
schwankungen im Blute einher. Auch bei anderen Erkran-
kungen, wie z. B. bei Apoplexien, innersekretorischen Erkrankun-
gen sind Kalkschwankungen im Blutserum aufzufinden; auf diese
Erkrankungen werde ich in einer anderen Arbeit zurückkommen.
Sind derartige Kalkschwankungen von anderen Autoren schon ge-
funden worden? Nur bei Jansen (6) finde ich erwähnt, daß er bei
Serienuntersuchungen an einzelnen Asthmakranken Hypo- und Hyper-
kalzämie fand; eine Erklärung dieser Unterschiede ist zurzeit nach
Jansen nicht möglich. Was haben nun diese Kalkschwankungen
inr Blutserum zu bedeuten? Nach den Untersuchungen von Kraus
und Zondek (7) tritt bei Sympathikusreizung eine Ca-Ionen-Kon-
zentration an der Reizstelle auf, bei Vaguserregung eine K-lonen-
Konzentration. Wir können uns demnach vorstellen, daß bei
Erregung des Sympathikus das Ca an der Nervenerregungsstelle
konzentriert wird; auf diese Weise werden dem Blute Ca-Ionen ent-
zogen. Billigheimer (8) hat, von diesem Gedanken ausgehend,
nach Sympalhikusreizung durch Adrenalineinspritzungen eine deut-
liche Abnahme des Ca-Gehaltes im Blute erzielt, den ich desgleichen
gefunden habe. Bei unseren funktionellen Neurosen würde demnach
eine Abnahme des Ca-Gehaltes im Serum für eineSympathikuserregung,
eine Zunahme des Ca-Gehaltes für eine Vaguserregung sprechen. —
Um die Ca-Ionen handelt es sich also, die bei den nervösen Erregungen
vom Vagus und Sympathikus in bestimmter Richtung dirigiert werden;
dieselben kommen zu 8 mg % im Blute vor. Der Rest-Kalkgehalt
stellt zu 25—835 % das kolloidale, nicht diffusible Kalzium,. und zu
65—75% das nichtdissoziierteKalziumsalz(Ca[HCO,],) dar [Rona(9)].
Da es: sich bei unseren nervösen Erkrankungen um eine Ionen-
verschiebung infolge nervöser Erregungszustände handelt, werde ich
zum besseren Verständnis auf den heutigen Stand der lonenforschung
mit besonderer Berücksichtigung der Ionen zum vegetativen Nerven-
system kurz eingehen. — Salze, Säuren und Basen zerfallen in
wäßriger Lösung, wie z. B. im Serum z. T. in Ionen, so NaCl in
Na--Ionen und Cl— lonen. Starke Säuren, wie Salzsäure zerfallen
vollkommen in ihre Ionenbestandteile, z. B. 1000 HCl in 1000H--
und 1000 Cl—Ionen. Dagegen zerfällt die schwache Essigsäure fol-
gendermaßen: 1000 CHCOOH in 996 CH,COOH und 4 H-- und
4 CHCOOH Ionen. In der Essigsäure sind also nur 4 aktuelle
NISCHE KLINIK — Nr. 36.
‚ladenen Anionen. g.
tragen, kreisen mit einer Geschwindigkeit von 20000 km in der
setzungen in der Zelle.
H-Ionen enthalten; sobald sie jedoch neutralisiert werden, werden
sofort aus dem potentiellen Vorrat H-Ionen nachgeliefert. — Die
Ionen sind elektrisch geladene Atome und Molekülreste; die positiv
geladenen (alle Metallionen) nennen wir Kationen; die negativ ge-
Die Ionen, die je eine elektrische Ladun
Sekunde in bestimmten Abständen um den Atomkern. Diese
Ionen sind an jeder Lebensäußerung — ich folge den Ausführungen
Handovskys (10) — beteiligt: am Zustandekommen der Tätig-
keiten und Ruhe, der Erregung und Lähmung, an der Aufnahme und
Abgabe von Stoffen, ja auch an der Quantität chemischer Um-
Die Wirkung der Ionen kann eine osmo-
regulatorische sein; ist die Umgebung der Zellen eine salzreichere,
so wird denselben Wasser entzogen. Da die Zellen aus kolloidem
Material bestehen, so wird durch Art. und Menge der Ionen der
Quellungsgrad, die Stabilität, die Teilchengröße kolloidaler Teilchen
beeinflußt. Auch durch die elektrische Ladung der einzelnen Ionen
und ihre Bindung an Zellbestandteile werden Potentialdifferenzen
in den Zellen entstehen, die z. B. nach Nernst im Nerven zur Er-
regung führen. Veränderungen im Ionengehalt können Veränderungen
in der Beziehung einzelner Zellkolloide zur Folge haben, die sich
nach Handovsky und Wagner in geänderter Funktion äußern.
Durch veränderten Ionengehalt wird die Wasserbindungslähigkeit und
der Wassergehalt der Zellen nach Hofmeister verändert. In der
Hofmeisterschen Ionenreibe sind die Ionen nach ihrer Hydrations-
tähigkeit angeordnet; an einem Ende steht das Jod-Ion, in der
Mitte das Cl-Ion, am anderen Ende das Sulfation; in dieser Reihen- '
folge quellen sie die Gelatine und beeinflussen nach Handovsky
z. B. die Herztätigkeit, da in jodhaltiger Lösung ein größeres :Schlag-
volumen als in sulfathaltiger erzielt wird. — Die Bedeutung der
Ionen geht besonders aus den Untersuchungen J. Löbs hervor, der
zeigte,. daß Eier des Meerknochenfisches Fundulus in NaCl-Lösung
von der Konzentration des Meerwassers absterben; durch Zufügung
z.B. eines Kalziumsalzes wird die Vergiftung aufgehoben. Die Ionen
halten sich sozusagen das Gleichgewicht, wir sprechen daher von
einem lonengleichgewicht. Die ursprüngliche, nur nach dem Ge-
sichtspunkt des osmotischen Druckes 0,9 % NaCl enthaltende physio-
logische Kochsalzlösung wird besser durch die Ionen-äquilibrierte
Ringersche Lösung ersetzt, die 0,8 % NaCl, 0,02 % KCI, 0,02 % |
CaCl, und 0,01 % NaHCO, enthält. Die Muskelkontraktion ist nach
Embden (11) mit Austritt von- Phosphat- und Kaliumionen ver-
knüpft; wir können daher verstehen, weswegen phosphorsaure Salze,
2. B. Rekresal (NaH,PO,) gegen Ermüdungserscheinungen wirken. Ja
auch die Retina gibt bei Belichtung und das Rückenmark nach
Reizung Phosphationen ab. Neben anderen Autoren haben be-
sonders Kraus und Zondek auf die Beziehungen des Vagus und
Sympathikus zu den Ionen und besonders zum K und
gewiesen.
Ca hin-
Am Herz-Darmpräparat wirken K wie Vagusreizung,
Ca wie Sympathikusreizung. Nerv- und Ionenwirkung gehen nach
Zondek nicht nur parallel, sie sind vielmehr absolut identisch. —
Gehen wir jetzt auf die Isotonie näher ein. Unter osmotischem
Druck verstehen wir die osmotische Wirksamkeit der in der Gewichts-
einheit enthaltenen Zahl der Moleküle und Ionen. Normalerweise
wird . im Blute der osmotische Druck ständig auf einer be-
stimmten Höhe gehalten; (gemessen nach der Gefrierpunktbestimmung
= (0,56) er ist hauptsächlich abhängig vom Kochsalzgehalt. Das
Festhalten des normalen Körpers an der Isotonie kann nur durch
einen sehr feinen Regulationsmechanismus bewerkstelligt werden.
Wir vermuten eine nervöse periphere und zentrale Regulation. Als
periphere osmotische Sensibilitätsorgane ‚werden die Vater-Paccini-
schen Körperchen von Schade (12) angesprochen. Die zahlreichen
ineinandergeschalteten Lamellen können wahrscheinlich Druckver-
änderungen auf den mit dem Innenkolben in Verbindung stehenden
sympathischen Nerven übertragen und so den Reiz weiterleiten. Die
zentrale Regulation wird besonders durch die Untersuchungen von
Leschke wahrscheiulich gemacht, der zeigte, daß beim Kaninchen‘
der Stich in die Zwischenhirnbasis zu Hyperchlorämie, der Stich in
den Boden des 4. Ventrikels zu Hypochlorämie führt (Veil (13),
Leschke (14), Brugsch, Dresel und Lewy (15). Wir können
weiter an der Zwischenhirnbasis noch höher gelegene Zentren für
die Isotonie vermuten, konnte doch Leschke bei polyurischem Dia-
betes durch -Konzentrationsversuche Bluteindickung mit erhöhtem
osmotischen Druck herbeiführen und histologische Veränderungn au
wir den gleichmäßigen Gehalt desselben an Ionen. Wie im Meer-
wasser kommen im Serum auf 100 Moleküle NaCl etwa 2 KCI und
2 CaCl,. „Es gilt daher der ganz eigenartige Satz, daß alle Or-
T. September:
der Zwischenhirnbasis finden. — Unter Isoionie des Blutes verstehen
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1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36: o
oi ganismen, ‚auch die Organe des Menschen und der Wirbeltiere wäh- die jedesmal bei Erreichung eines bestimmten Wertes die. physio-
(Schade). Die Regulation der Isoionie besorgt hauptsächlich die
Niere mittels des vegetativen Nervensystems. Bei der Stichverletzung,
01 Bernard Polyurie, und Jungmann und Erich Meyer (16)
‘der Medulla oblongata zwischen Akustikus- und Vaguskern: erzeugte
-> fanden mittels Stichverletzung des: viszeralen Vaguskerns Polychlor-
< wie, Diese nervöse Wasser- und Salzausscheidung muß den Gehalt
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Der Vagus befördert die Ausscheidung der Fixa (Asher und Pearce),
mehrung führt. Die Isoionie [nach Toenissen (17) kommen im
= Binte Natrium 240 mg %, Kalium 80 mg %,-Kalzium 9,3 mg % vor]
. des: Blutes hängt außerdem vom Stoffaustausch zwischen Blut und
logische Atmungserregung abgibt. Nach Winterstein (22), Hassel-
| balch (28), Porges (24) hängt die ‚H-Ionen-Konzentration im'Blute
"des -Körpers an den einzelnen ‚Mineralbestandteilen beeinflussen.
der Sympathikus hemmt sie. ‘Auch ‚Stahl (18) fand, daß Sym-
s ‚pathikusreizung zur Sekretionsverminderung, Vagusreizung 'zur. -ver-
' Geweben ab. Dieser Punkt ist für uns besonders’ wichtig, weil die
.Kalziumschwankungen bei funktionellen Neurosen nach meiner Mei-
. nmg von Tonusschwankungen: im Vagus und Sympathikus ab-
hängen; konnte doch Billigheimer durch Adrenalininjektionen
> einan Abstrom von Kalzium aus dem Blute erzielen. Nach Dresel
> „und;Rätz (19) setzt auf diese sympathische ‚Erregung als Gegen-
. >- regulation eine parasympathische Erregung "ein, die auch. zu einem
`" Abtransport von Kaliumionen ` fübrt. Auch die Ausscheidung von:
‚ - Anionen, wie z. B. des Chlors, hängt nach den Untersuchungen von
© -Leschke und Veil vom vegetativen ‘Nervensystem: ab; Stich-
verletzung des Zwischenhirns führt zur Mehrausscheidung von Chlor,
:. . derMedulla oblongata zu Hypochlorämie. Wir sehen demnach, daß
.. _ . die'Blutisoionie der Regulation des vegetativen Nervensystems unter-
steht. Die Pathologie des Wasser- und -Salzhaushalts weist. auch
. "auf. das vegetative Nervensystem ‚hin: beim Diabetes. insipidus sind
- ‚Erkrankungen des Zwischenbirns gefunden worden (Leschke), die
. ..pfimäre Oligurie [Veil (20)], die sich durch Schwellungszustände
. - : bne: Erkrankungen der Nieren und’ des Herzens: kennzeichnet, wird .
.... als vegetative Neurose aufgefaßt; eine isolierte Störung des. Salz-
.stolfwechsels durch einen Tumor des Zwischenhirns beobachtete
=> Jungmann (zit. nach Toenissen). — Die Isohydrie, bzw. das
. - Bäure-Basengleichgewicht ist deswegen so wichtig, weil die Lebens-
= funktionen nur bei einer schwach alkalischen Reaktion des Blutes
` möglich sind. Die negativ geladenen Kolloide treten mit den posi-
tiv geladenen Kationen unter den Erscheinungen der Quellung,
Lösung, Flockung oder Permeabilitätsänderung der Zellgrenzen in
‚Berührung; Lebensäußerungen, die. 'zu veränderter‘ Zellreaktion
führen. Trotzdem -durch die Nahrung häufig saure und basische
Valenzen eingeführt ‘werden und während des Stoffwechsels stets
' ‚saure Produkte wie Kohlensäure, .Milchsäure, Phosphorsäure, Aze-
tonkörper entstehen, wird die alkalische Reaktion auffallend kon-
Stant aufrecht erhalten. ‘Zur Neutralisation von in das Blut ein-
. wd Phosphate. Vom vegetativen Nervensystem wird die Konstanz der
Wasserstoffionenkonzentration ‚auf einen Wert von 10—728 bis 10740
- strömenden Säuren dienen die sogen. Puffer; eine derartige Wirkung
ı entfalten rote Blutkörperchen, das Hämoglobin, Serumeiweißkörper
desgleichen reguliert. ` Drei Organe werden diesem Zwecke nutzbar
gemacht: die Niere, die Leber und’ die Lunge. Der in der Leber
gebildete Harnstoff kann zur Ammoniakbildung verwandt werden
md so zur Neutralisation von Säuren dienen. Die Harnstoffbildung
; ‚Steht eng mit dem Eiweißstoffwechsel in Verbindung und dieser ist
mach Toenissen). Durch Ausscheidung von Phosphorsäure kann
«| die Niere dem Blute Säuren entziehen; da -die Durchschneidung des
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geschieht, sonder, wie früher angenommen, durc
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"von, folgendem: Bruch ab: NaCO, - chemisch gebundene 00, ‚Die Be-
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der Sympathikus oder der Vagus gereizt wurde. Ähnlich wie nach
künstlichen Erregungen. und: nachfolgenden suggestiven Beruhi-
gungen die Tonusschwankungen im. vegetativen Nervensystem sich
durch Kalkschwankungen kundgeben, werden bei“ funktionellen:
Neurosen unter Umständen infolge. Aufregungen die Ca-Ionen im
Blute. relativ‘ vermindert oder auch vermehrt. . Durch den Sym- `
pathikusreiz werden ‘die Ca-Ionen nach den- Orten der Nerven-
erregung geleitet ünd dadurch dem Blute entzogen: Was für Folgen
entstehen durch die Ca-Ionenwanderung: in die Gewebe oder aus
denselben? Selbstverständlich haben wir noch gar keine Vorstellung,
in welche Gewebe ‘oder Organe bei den ‚beobachteten Kalkschwan-
kungen die. Ca-Ionenkonzentrationen bew.. Abwanderungen statt-
finden. Wir ahnen. hier nur Beziehungen der Ionen. zu den. ver-
schiedenen Organen und können an folgende Vorgänge. denken:. `
'Am Herzen führt eine Erhöhung des Kalziumgehaltes nach Zondek ~-
und. Kraus zur Verstärkung der Systole, eine Verminderung ‘des
Ca-Gehaltes zu einer Verstärkung der Diastole:. Auch die Frequenz
‘des Herzschlages wird nach Langendori und Hueck (26) durch
J} Kalzium beschleunigt. Wir können ‘uns daher vorstellen, daß in-
folge von Kalkschwankungen im Blute.nervöse Herzstörungen sich
auszubilden vermögen. Da am Magen Kalzium lähmend, Kalium er-
‚| regend (Zondek) wirkt, so ist die Möglichkeit gegeben; daß durch
veränderten Ionengehalt der die Magenmuskulatur umspülenden Salz-
‚lösung ‚verstärkte. oder verminderte Peristaltik sich ‚geltend macht.
| Auch an der Blase und am. Uterus können sich ähnliche Verhältnisse
ausbilden. Da der Tonus der quergestreiften Muskulatur durch‘
K-Zusatz verstärkt wird (27), ja Ermüdüngserscheinungen wieder
teilweise aufgehoben werden können, :und. umgekehrt durch Ca-
| Zusatz die Ermüdungsvorgänge beschleunigt werden, ist die Möglich-
| keit gegeben; daß infolge.-Serumkalkschwankungen bei Nervösen die ,
die Muskelfibrillen umspülende Salzlösung derärtig verändert wird,
daß eine. abnorm leichte Ermüdbarkeit eintritt. Daß Ionenverände-
rungen .der die Organzellen umspülenden Flüssigkeiten auch auf
die Wirkung :der Hormone von’Einfluß sein können, haben die
Untersuchungen von H. Zondek und Reiter (28) wahrscheinlich ge-
macht. Diese Forscher zeigten, daß die bei Kaulquappen die Meta-
morphose befördernde-Wirkung des Schilddrüsensekretes durch Ca-
" Ionenzusatz, ‚gehemmt, durch‘ K-Zusatz . beschleunigt werden kann.
Die Kalkscliwankuugen, die wir feststellten, können daher auch
durch: Veränderung des lonenmilieus, z. B. der Herzzellen, eine ver-
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uns beobachteten Ionenverschiebungen zur Folge haben können..
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1240 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ne. 36. 7. September
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stärkte Schilddrüsenwirkung (29) zur Folge haben. Legen wir
uns jetzt die Frage vor, welche Zellveränderungen die von
fassung infolge Tonusschwankungen im vegetativen Nervensystem —
. durch Sympathikus- oder Vagusreizung — ihre Erklärung finden, so
sind sie und ihre Folgen durch Beseitigung derartiger Nerven-
erregungen zu ‚bessern. Das gesamte Rüstzeug der Beruhigungs-
therapie würde diesem Zwecke dienen, wie die Suggestivbehandlung,
hydrotherapeutische Maßregeln und die beruhigenden Arzneimittel,
Wenden wir diese Heilmethoden bei derartigen Erkrankungen an,
so regulieren wir den Ionenbestand des Organismus vom Nerven-
system aus und treiben im alten Gewande modernste Ionentherapie. `
Literatur: 1. Toenissen, Ergebn. f. ino. Med. u. Kindhlk. Bd. 23. —
2. L.R. Müller, Die Lebensnerven, Berlin 1924, S. 603, — 3. Jansen, Klin.Wachr.
1924, Nr.17. — 3a. Herzfeld und Lubowski, D.m.W. 1923, Nr. 19/20. — 4. Brink-
mann, Biochem. Zschr. Bd. 95. — 5. Billigheimer, Klin.Wschr. 1923, Nr. 38, —
5a. F. Glaser, Klin.Wschr. 1924, Nr. 33. — 6. Jansen, D. Arch. £ klin. Med.
Ba. 144. — 7. Kraus und Zondek, Klin.Wschr. 1922, Nr. 86. — 8. Billigheimer,
Klin.Wschr. 1922, Nr.6. — 9.Rona, Biochem. Zschr. Bd.31u.49. — 10. Handovsky,
D.m.W. 1923, Nr. 45. — 11. Embden, Klin.Wschr, 1924, Nr. 4 — 12. Schade,
Lehrbuch d physik. Cıemie 1921. — 13. Veil, Kongr. £ inn. Med. 1920/21. —
14. Leschke, Zschr. f. klin. Med. Bd. 87, D.m.W. 1920, Nr. 85/36. — 15. Brugsch,
Dresel und Lewy, Zschr. f. exp. Path. Bd. 21. — 16. Jungmann und Erich
Meyer, Kongr, f. inn. Med. 1913. — 17. Toenissen, lm Lehrbuch L., R. Müller:
Die Lebensnerven. — 18. Stahl, Zschr. f. exp. Med. Bd. 35. — 19. Dresel u. Katz,
Klin.Wschr. 1922, Nr. 32. — 2%. Veil, Ergebn. d. inn. Med, u. Kindhik. Bd. 23. —
21. Straub und KL Meyer, Biochem. Zschr. 124, D. Arch. f. klin. Med. 138,18, —
‚22. Winterstein, Biochem. Zschr. 170. — 23. Hasselbalch, D. Arch. f. klin, Med,
Nach den Untersuchungen von F. Kraus und S. G. Zondek führt
ein Kalziumübergewicht an der Zellmembran zur Abdissoziation von
H-Ionen, die eine lokale Azidosis hervorruft; tritt dagegen Ca aus
den Geweben in das Blut über, so daß ein Kaliumübergewicht an der
Zellmembran. sich ausbildet, so erfolgt eine Abdissoziation von OH-
Ionen. Infolge Anderung der H-Ionenzahl verschieben sich die elek-
trischen Ladungsverhältnisse der Zellkolloide; jetzt können Wasser-
verschiebungen an der Zelle sich ausbilden, die den Quellungs- und
Dispersitätsgrad der Zelle verändern; Vorgänge, die. zu einer ver-
änderten Funktion der Zelle führen (vgl. oben). — Die von uns
beobachteten Kalkschwankungen im Blutserum bei funktionellen
Neurosen führen uns nach meiner Meinung in der Erkenntnis dieser
Erkrankungen einen Schritt weiter; sie zeigen, daß bei Erregungs-
zuständen infolge Veränderung des Ionenmilieus der die Zellen um-
spülenden Flüssigkeiten Kolloidveränderungen des Zellplasmas sich
einstellen können; materielle Veränderungen vermögen sich daher
durch Tonusschwankungen im vegetativen Nervensystem auszubilden.
Da, wo die pathologische Anatomie bei funktionellen Neurosen ihre
Grenze findet, führt uns die Kolloidchemie in der Auffassung patho-
logisch-physiologischer Zellvorgänge weiter. — Welche praktischen
Folgerungen ergeben sich aus den bei funktionellen Neurosen beob-
Ergebn. d. ges. Med. Bd. 5; F. Kraus und Zondeck, Klin. Wschr. 1922, 20. —
achteten Serumkalkschwankungen? Da letztere nach unserer Auf-
28. H.Zondek u. Reiter, Klin.Wschr. 1928, 29. — 29. H,Zondek, D.m.W. 1924, 12.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten
| des Wilhelminenspitals in Wien.
Zur Stovarsolirage. |
Von Prof. Dr. Moritz Oppenheim, Primararzt.
Der in Nr. 28 der „Medizinischen Klinik* von Weitgasser
aus der Matzenauerschen Klinik in Graz veröffentlichte Artikel
über das Stovarsol: veranlaßt mich doch aus meiner bisher beob-
achteten Reserve in dieser Frage lherauszutreten und ganz kurz
meinen Standpunkt nochmals zu präzisieren. Die Reserve, die ich
mir aulerlegte, schien mir dadurch geboten, daß ich einerseits noch
nicht über genug Fälle und vor allem noch nicht genug lang beob-
achtete Stovarsolfälle verfügte, andererseits nicht ausschließlich sofort
für ein fremdes Präparat eintreten wollte, das eigentlich Ehrlich seine
Entstehung verdankt. Nun, da ich vorausschicken kann, daß wir in
-dem von Bayer hergestellten analogen Präparat Spirocid ein anschei-
nend gleichwertiges Präparat besitzen, so bin ich der Gefahr überhoben,
Reklame für ein Präparat zu machen, das durch Inserate in den medizi-
nischen Blättern allzusehr angepriesen wird und dadurch Gefahr
läuft, von vornherein aus Mißtrauen beiseite geschoben zu werden.
Meine erste Mitteilung über das Stovarsol erfolgte am 28. Fe-
‚bruar 1924 in der Sitzung der Wiener dermatologischen Gesellschaft;
meine zweite vorläufige Mitteilung erschien in Nr. 12 der „Wien.
kl. Wschr.“, wobei ich die Unschädlichkeit des Präparates bei
richtiger Dosierung, dessen mächtige Wirkung auf die Syphilis-
erscheinungen und die Spirochäten, sowie die intensive Jarisch-
Herxheimer-Reaktion bei Anwendung des Mittels nach der ersten
Gabe hervorhob, und meine dritte Mitteilung!) polemisiert gegen
die Einleitung von Abortivbehandlung allein mit Stovarsol in bezug
auf einen von Gruß aus der Klinik Finger veröffentlichten Fall.
Ganz den gleichen Vorwurf muß ich nun gegen Weitgasser er-
heben, der zwei seronegative Primäralfekte mit Stovarsol allein be-
handelt hat. Auch’ er hat sich nicht an die von Levaditi und
seinen Mitarbeitern geforderten Regeln gehalten, welche das Präparat
allein ohne Wismut oder Quecksilber nur als Prophylaktikum,
aber nicht als Therapeutikum bei bereits manifester Syphilis
empfehlen. Weitgasser irrt sich, wenn er behauptet, daß die
Franzosen die alleinige Behandlung mit Stovarsol als „ausreichend“
bezeichnet haben. Sein Irrtum beruht darauf, daß er Abortiv-
behandlung mit prophylaktischer Behandlung verwechselt.
Da seine Fälle 2 und 5 geeignete Fälle für eine Abortivkur kat
exochen waren, so hätten sie unbedingt kombiniert behandelt werden
müssen, und auch da ist es heute noch zweifelhaft, ob Stovarsol
in Verbindung mit Wismut und Quecksilber’ dasselbe leisten wird
wie Salvarsan-Quecksilber- oder Salvarsan-Wismutkuren. Das wird
wohl erst die Zukunft lehren; nach meinem Eindruck von der Wirk-
samkeit des Präparates, gemessen an 41 mit Stovarsol und 24 mit
1) Nr. 17 der W. kl. Wschr.
Spirocid behandelten Fällen, dürfte es wohl möglich sein, öfters in
geeigneten Fällen die Acetyloxyamino-phenyl-arsinsäureverbindungen
an die Stelle des Salvarsans treten zulassen. Fernermacht Weitgasser
denselben Fehler, der im Falle Gruß in Innsbruck geschehen ist:
Fehlerhafte Dosierung! in allen seinen Fällen. Meine Dosierung, die so
ziemlich der Levaditis und seiner Mitarbeiter entspricht, erfolgt
folgendermaßen: Drei Tage 2, 3, 3, à 0,25 Stovarsol oder Spirocid,
drei Tage Pause, dann wieder drei Tage 2, 3, 3 und wieder drei Tage
Pause und so fort, bis die Dosis von 56 Pastillen, das sind 14 g,
erreicht ist. Daß in den paar Fällen von Weitgasser negative
Seroreaktionen positiv wurden, daß positive nicht geändert wurden,
daß die Spirochäten wohl von der Oberfläche rasch verschwanden,
aber in der Tiefe zurückblieben, liegt wohl nur an der fehlerhaften
Anwendung. Auch die Art der Darreichung morgens nüchtern, in
wenig Wasser verrührt, dann viel Wasser nachtrinken, eine halbe
Stunde später frühstücken, erscheint mir von Wichtigkeit. Aus der-
Weitgasserschen Arbeit geht dies alles nicht hervor. Was meine
in Summa 65 mit Stovarsol (Poulenc) und Spirocid (Bayer) be-
handelten Fälle betrifft, so kann ich das in meinen vorläufigen Mit-
teilungen Gesagte nur wiederholen: Stovarsol und Spirocid
sind, in der richtigen Weise angewendet, unschädlich;
sie sind mächtige Antisyphilitika; fast bei keinem anderen
Präparat verschwinden die Spirochäten so schnell; auch die Re-
sorption, insbesondere von Schleimhautpapeln des Mundes und von
Primäraffekten geht so flott von statten, daß eigentlich nur Salvarsan
in Vergleich. kommt. Ich hebe hier nochmals die fast nie fehlende
Jarisch-Herxheimer-Reaktion hervor, weil sie ebenfalls ein Be-
weis für die spezifische Wirkung des Stovarsols ist, wenn sie auch
nicht, wenn sie zu stark ausfällt, gerade als günstiges Symptom zu
deuten ist (siehe die Arbeiten Matzenauers, Hesses, Oppen-
heims über diese Frage). Ä E y l |
Auf Grund der Beobachtung der 65 von mir behandelten
Fälle kann ich aber noch einen Schritt weiter gehen. Bis jetzt sah
ich bei den von mir genau nach Vorschrift behandelten Fällen
primärer, sekundärer und tertiärer Lues, die zum größten Teil
— mit Ausnahme der seronegativen primären Fälle — ausschließ-
lich mit Stovarsol und Spiroeid behandelt wurden, noch keine Rezidive;
ein Teil der Patienten zeigte sich mir, ein anderer Teil blieb aus.
Von deni letzteren wurde mir auch von anderen Fachkollegen nichts
berichtet. Trotzdem bin ich überzeugt, daß Rezidiven kommen
werden. Zahlreich waren die Beobachtungen bezüglich des Um-
schlagens der positiven Seroreaktion in die negative und das Be-
harren in der negativen Reaktion. Natürlich kamen auch unbe-
einflußte positive Seroreaktionen vor. Die genaueren Details über
meine Fälle habe ich dem von mir bei der Innsbrucker Natur-
forscherversammlung, Ende September 1924 angekündigten Vortrage
vorbehalten. Für diese kurze Erwiderung genüge das Gesagte.
‚ Weitgasser kann ich auch nicht den Vorwurf ersparen, dab
er jetzt mit 6 Fällen! vor- die Öffentlichkeit tritt; das ist doch
-.
106. — 24. Porges, Klin. Wschr. 1924, 6. — 25: Freudenberg, Kongr. f. inn. Med, '
1924, S.32. — 286. Langen dorf u. Hueck, Pllüg. Arch. Bd. 61. — 27.8.G.Zondek, `
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7. September l
| nach den Publikationen, die bereits vorliegen, zu wenig. Ferner
"muß ich berichtigen, daß Gruß über keine Versuche berichtet hat,
sondern im Anschlusse an meine Publikation über einen Fall be:
richtet, der nach Abortivbehandlung mit Stovarsol allein Rezidive
zeigte. Er darf also nicht schreiben, daß seine Versuche einiger-
maßen von Gruß und Oppenheim verschiedene Resultate ergeben
haben. Eigentlich stimmt er ja in der Hauptsache mit mir überein,
indem er schreibt: „daß Stovarsol zweifellos eine eklatante, nament-
lich dermotrope Wirkung insofern‘ entfaltet, daß in überraschend .
kurzer Zeit die Spirochäten aus den Primäraffekten. verschwinden,
dieselben rasch überhäuten und die klinisch sichtbaren Erscheinungen
der Lues auf der Haut zum Schwinden gebracht werden“. Es gibt
wohl kein intern schadlos gegebenes Präparat, das derartige Erfolge
aufweist. Und wenn Pinkus”?) behauptet, daß das Stovarsol und
die ihm zur Verfügung stehenden Produkte dieser Art die syphi-
litischen Erscheinungen (Genitalpapeln) nur langsam abtöten, daß
‘bei täglicher Untersuchung noch sehr lange Spirochäten auffindbar .
snd und daß sich die innere Wirkung des Stovarsols und der
deutschen Aminophenylarsinsäuren auf syphilitische Ausbrüche -etwa
mit der Stärke der Protojoduretpillenwirkung (!) vergleichen
läßt, so glaube ich, daß die Meinungen nach Beobachtung zahlreicherer
-Fälle’— ich kenne die Zahl seiner Fälle nicht — und vielleicht
bei einer anderen. Methode der Darreichung der Mittel — ich kenne
sine Methode der Darreichung nicht — andere sein werden. >
Über die prophylaktische Wirkung der :Aminophenylarsin-
säuren habe ich noch kein Urteil. Ein Fall, eine Frau betreffend, deren
rezent Juetischer Mann auf meiner Abteilung behandelt wurde, und
die frei von primären Erscheinungen war, wurde prophylaktisch
behandelt. Sie blieb frei von Erscheinungen. a,
„Sonst bin ich mit Pinkus und Jadassohn?) über die Not-
wendigkeit der genauen klinischen Erforschung dieser Präparate
einer Meinung; ich bin überzeugt, daß diese Erforschung zu einer
Einführung dieser Präparate in die Therapie der Syphilis führen -
wird, wie meine Beobachtungen lehren. Mich wundert nur, daß
beiden Autoren meine Veröffentlichungen über das Stovarsol
entgangen sind, obwohl Jadassohn in seiner Arbeit Merk zitiert,
dessen Notiz über das Stovarsol in derselben Nummer der „Wien.
kl.Wschr.* enthalten ist, in der meine vorläufige Mitteilung erschien.
‚ Inzwischen ist auch eine neue deutsche Arbeit erschienen:
‚Die bisherigen Ergebnisse der antisyphilitischen Prophylaxe und
Ilerapie mit Stovarsol“ von Kurt Heymann‘). Ich teile seine
Meinung: „daß die Aussichten, die sich hier für eine Syphilistherapie,
de — wenn auch nicht ganz — so doch zeitweise auf Ein-
spritzungen verzichten könnte, eröffnen, genau untersucht werden.
müssen“. Und dies ist auch meine Absicht. . Bezüglich der aus-
indischen Literatur verweise ich auf diese Publikation.
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ba 1924”— MEDIZINISCHE KLINIK — N...
`
141
lich eine unnötige Austastung des Uterus machen ‚müssen. Mit der
Milchprobe hat man also die Austastung des Uterus nicht- voll-
ständig aus der Welt schaffen können. Wenn diese auch, sogleich
nach der Geburt vorgenommen, nicht so gefährlich ist wie die
manuelle Lösung der Plazenta, so ist doch nicht. zu leugnen, daß
‚es von Vorteil ist, wenn man sie umgehen kann; namentlich gilt
dies für den Praktiker, der ja auch bei der manuellen Lösung eine
weit höhere Mortalität.aufzuweisen hat als eine gut geleitete Anstalt.
“ Und gerade‘ der Praktiker kann das Austasten des Uterus
ebenso wie der Kliniker in vielen Fällen vermeiden durch richtige
Leitung der Nachgeburtsperiode,; die nach Bumm ihrer Wichtigkeit
nach neben der Antiseptik an erster Stelle steht. unter den ver-
schiedenen .Aufgaben, ‘welche der sachverständige Beistand bei der
physiologischen Geburt zu erfüllen hat. Bei einer. richtig ge-
leiteten Nachgeburtsperiode lassen sich zwar nicht immer, wie
Straßmann gezeigt hat, aber doch in der Regel die Ursachen ver-
meiden, welche zum Zurückbleiben von Plazentateilen und in weiterer
Folge zur Austastung führen. 20. 2
Als wichtigste dieser Ursachen erscheint mir der vor-
zeitig und unrichtig ausgeführte .Oredösche Handgriff.
Wenn schon an einer. so gut geleiteten Klinik wie der Straßmann-
schen in etwa einem Fünftel der Fälle das Herumdrücken am
Uterus seitens jüngerer Hilfskräfte: für das Zurückbleiben -von
Plazentaresten ursächlich: in Betracht. kommt, so gilt dies in weit
höherem Grade für die allgemeine Praxis. RE a F
‚Man muß sich nur vergegenwärtigen, wie da in der Regel vorge-
Pauken UT. In der Nachgeburtsperiode blutet es ein wenig. Hebammen
und Laien überschätzen bekanntlich meist‘ die Größe des Blutverlustes;
ein solcher von 1, Liter ist physiologisch! Die Hebamme quetscht
‘am Uterus herum. Der Arzt wird gerufen; es vergeht eine .gewisse-
Zeit, bis er kommen kann; er hört von: bedrohlichem. Blutverluste.
Das ergossene Blut hat Leintuch und Bett, in größerer Ausdehnung
rot gelärbt; das Auffangen des Blutes in’ einer Schüssel, das’ eine
bessere Beurteilung. der verlorenen Blutmenge ermöglichen würde, ist
ja in der Praxis leider noch nicht überall üblich. Nun wird rasch
rgotin injiziert, dann versucht der Arzt, wenn sich der Uterus nur
halbwegs auf'Massage bin zusammenzieht, neuerdings mit männlichem
Kraftaufwande den Credéschen. Handgriff, den die Hebamme schon
‚ vorher ohne Erfolg versucht hat. Angenommen, er: gelingt, so kommt
die Plazenta vielfach in einem so zerfetzten Zustande heraus, daß auch
der gewissenhafteste und erfahrenste Geburtshelfer, der Tausende von
Plazenten gesehen hat, außerstande ist zu sagen, ob sie vollständig ist
oder nicht; in solchen Fällen. versagt ja meist auch die Milchprobe
bzw. sie ergibt kein eindeutiges Resultat. Wenn es jetzt noch weiter
blutet, so wird nach hastiger, notdürftigster Desinfektion eingegangen
und der eventuell vorhandene Rest entfernt, dabei aber ‘doch. ver-
hältnismäßig. häufig eine Infektion gesetzt; denn eine wirksame Des-
infektion des äußeren Genitales ist schon wegen der anscheinend ge- `
botenen Eile nicht gut durchführbar; vor allem aber scheitert sie in der
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‘Mehrzahl der Fälle daran, daß in der Praxis noch immer die Schamhaare
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vielfach belassen, im besten Falle mit einer Schere ein wenig gestutzt
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Aus der Deutschen U frauenklinik in Prag |
us der Deutschen Universitätsfrauenklinik in Pra | ) | ( RE Tr a kagt
Ben, worden sind. (Ich kenne praktische Arzte, die sich eines guten Rufes PARTIENE I PEER ARS
!
| (Vorstand: Prof. Dr. G. A. Wagner).
| Zurückbleiben von Plazentateilen.”)
Von Priv.-Doz. Dr. Hans Hermann Schmid,
| gew. I. Assistent der Klinik. u
‚ Im Zweifelsfalle schützt am sichersten :davor, das Zurück-
bleiben eines Plazentateiles zu übersehen, die sofort nach der
eburt vorgenommene Austastung des Uterus, wie von Straß-
mann mit Überzeugung dargelegt worden ist, wie es von Bumm,
als’ Geburtshelfer erfreuen und Zangenentbindungen :vornehmen, ohne
auch nur die Haare zu kürzen; wenn man dann wegen Wochenbett-
fiebers konsiliariter zugezogen wird, ist es mitunter nicht. leicht, 'die
„Schuldfrage‘ so zu umgehen, wie es Straßmann2) — im allgemeinen
gewiß mit Recht — empfiehlt) > . en
Vielfach gelingt aber der Uredösche Handgriff nicht, -und jetzt
wird in der Praxis in der Regel sofort zur manuellen Lösung ge-
schritten, natürlich ohne Narkose; daher unterbleibt auch der so oft
zum Erfolg führende Cred ésche Handgriff in Narkose, der ein Eingehen `
im letzten Augenblicke noch überflüssig machen kann.
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langemeister und anderen wärmstens empfohlen wird. Aler-
dings ist dieses Verfahren nicht ungefährlich und wird mitunter
auch dort angewendet, wo kein Rest fehlt; von
Überflüssigerweise
net Mitteln zur Prüfung der Plazenta auf ihre Vollständigkeit
at sich an unserer Klinik die Milchprobe ‘gut bewährt, wie aus
der Mitteilung von Ederer 1) hervorgeht; durch sie wird . manche
unnötige Austastung des Uterus vermieden, denn in den Fällen .
von suspekter Plazenta, in denen sich das choriale Gefäßsystem
nach Milchauffüllung intakt erweist, kann man die Austastung. ge- -
Das Gabastonsche Verfahren, das berufen ist, den größten Teil `
der manuellem Lösungen vermeiden zu lassen, ist ja-leider trotz der
Mitteilung von Traugott®) in der Praxis noch wenig bekannt. Aber
‘auch dort, wo es geübt wird, wie in vielen Kliniken, scheint es uns
Es kommt nämlich meist erst dann an die Reihe, wenn der Cred&sche
Handgriff versagt hat. Aber gerade durch diesen ist 'oft die Voll.
ständigkeit der Plazenta bereits zerstört worden, und so fließt ein Teil
‚der nach Gabaston eingespritzten Flüssigkeit aus, die Plazenta kann
sich infolgedessen gar nicht ganz prall füllen.. |
von manchen Seiten nicht zur richtigen Zeit angewendet, zu werden.
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ost unterlassen. Da bei positivem ‘Ausfall der Milchprobe aber
Tabs ervorspritzen der Milch sowohl durch Zerreißen eines Ge-
b ha als auch durch Abreißen eines zurückgebliebenen -Kotyledo
Langt sein kann, so wird man in einem solchen Falle gelegent-
2 M. KI. 1924, Nr. 22, / 8) Kl. Wschr. 1924, Nr. 27.
a Zbl. f. inn. Med. 1924. Nr.28. - i E
) Erweiterte Diskussionsbemerkungen zum gleichnamigen Vor-
Ist die Plazenta glücklich entfernt und ein eventueller Rest
schließlich herausbefördert, so folgt nicht selten noch,. vielfach. bedingt
durch die vorausgegangenen Mißhandlungen des Uterus, eine Er-
‚schlaffung: mit atonischer Nachblutung. Jetzt kommt die Tamponade |
und, wenn diese versagt, der Momburgsche Schlauch an die Reihe:
wenigstens wird es so in den meisten Lehrbüchern empfohlen, und in |
| der Praxis wird auch meist in dieser Weise verfahren. . o” rn ROTER:
‚Zweck vorliegender Ausführungen ist, dieser, unserer Meinung Et fr
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A s Perant ann ‚auf ‘der Leipziger Naturforscherversammlung | nach unzweckmäßigen Reihenfolge der Maßnahmen’ zu wider- EEN il,
‚ Deptember 1999, i . ee, a L i a e a ee BE ELANI THE A ORRORI
| M Ederer. Dar ie: | si Iständiekeit der |.. 2) Straßmann, Arch. f. Gyn. 1922. 117, 8.368. et AA KSR I Br Dee
T4) Plazenta, M.m. W. ee ne | 8) Traugott, M.m.W. 1929, Nr. 41, S. 1170. ne ESEL <: ii. È
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1242.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36..
sprechen und auf Grund der Erfahrungen der Prager geburtshilflichen
Klinik folgende Reihenfolge neuerdings zu empfehlen, die zuerst von
Koerting*) angegeben worden ist, und die sich sehr gut bewährt hat.
Blutet es in der Nachgeburtsperiode, so überzeugt man sich
durch die üblichen Handgriffe (Feststellung des Höherrückens und
Kleinerwerdens der Gebärmutter, Beobachtung der Nabelschnur bei
vorsichtigem Emporschieben des Uterus usw.) zunächst davon, ob
sich die Plazenta noch im Uteruskörper befindet oder schon im
Durehtrittsschlauche liegt. In letzterem Falle wird sie bei zusammen-
gezogener Gebärmutter ohne Schwierigkeiten ausgedrückt.
| Ist die Plazenta noch im Corpus uteri, so wird bei Blutung
zu.allererst die Aorta abdominalis zusammengedrückt.
. Hierfür ist, wenn eine Sehrtsche Aortenklemme nicht zur Verfügung
steht, die manuelle Kompression zu empfehlen; an anderer
Stelle) habe ich ihrè nicht schwierige Technik beschrieben und
ihre Vorzüge vor der instrumentellen und namentlich vor der Schlauch-
kompression begründet, der sie allerdings bei der Notwendigkeit
eines Transportes nachsteht. Die Blutung kommt dabei vielfach zum
Stillstande, meist durch bessere Zusammenziehung des Uterus in-
folge der Anämisierung®). Von der Aortenkompression durch ein-
fachere Maßnahmen äls durch den Momburgschen Schlauch heißt
es meist, daß man sie neben den anderen Maßnahmen anwenden
solle; es kommt mir hier darauf an, neuerdings mit allem Nach-
drucke darauf hinzuweisen, daß man sie nicht neben, sondern vor
diesen in Anwendung ziehen solle, unter Umständen auch prophy- |
laktisch, ähnlich der Esmarchschen Blutleere an den Extremitäten.
Als nächste Maßnahme kommt auf Grund unserer Erfahrungen
(Koerting), falls es nach Entleerung der Harnblase bei Nachlassen
der Aortenkompression noch weiter blutet, das Verfahren von
Gabaston an die Reihe. Dafür ist es zweckmäßig, wenn der
-Geburtshelfer in seiner Tasche eine sterile Spritze (Inhalt 75 bis
150 cem) mit sich führt, die er ohnehin zur Füllung des Kolpeu-
'ıynters, Hystreurynters oder Prokteurynters sowie zur Ausführung
der Milchprobe braucht, natürlich mit sterilem Schlauche und eben-
solcher Kanüle aus Metall oder Glas, die in die Nabelvene einzu-
binden ist. Die Auffüllung der Plazenta mit 5—600 cem gekochten
Wassers?) ohne Anwendung allzu starken Druckes bringt vielfach
die Blutung zum Stehen, wenn es bisher noch nicht der Fall war.
Nun kann die Hebamme versuchsweise aufhören, die Aorta zu kom-
primieren. Blutet es weiter, so setzt die Kompression natürlich
sogleich wieder ein, und jetzt erst ist es an der Zeit, den Crede-
schen Handgriff anzuwenden; da die Plazenta prall gefüllt ist, ge-
. lingt er jetzt in der Regel auch ohne Narkose mit dem Ergebnisse,
daß die Plazenta vollständig herausbefördert wird. Eingehen in
den Uterus, Tamponade und die Folgen dieser in der Praxis immer
noch zu häulig angewandten und gefährlichen intrauterinen Ein-
griffe lassen sich damit in einer großen Anzahl von Fällen ver-
meiden. An der Deutschen geburtshilflichen Klinik in Prag sind
z. B., wie Koerting im Verein deutscher Arzte in Prag berichtet
hat), früher unter 2464 Geburten 31 manuelle Plazentalösungen
verzeichnet, während nach prinzipieller Anwendung des Gabaston-
schen Verfahrens bei der gleichen Anzahl von Geburten nur mehr
10 manuelle Lösungen der in diesem Fällen meist in der Tuben-
ecke entwickelten Plazenta notwendig geworden sind.
Selbstverständlich ist zu verlangen, daß die genannten Maß-
nahmen im Unterrichte von Studenten und Hebammen nicht nur an
und für sich entsprechend berücksichtigt und möglichst oft praktisch
geübt werden (das Aulspritzen der Plazenta z. B. wird an unserer
Klinik von jedem Praktikanten. an einer bereits geborenen Nach-
geburt ausgeführt), sondern daß auch gelehrt werde, in welcher
Reihenfolge sie am besten anzuwenden sind. Auf diese Weise dürfte
4) Koerting, M.KL 1921, 48, 1474 und Wiss. Beil. z. d. ärztl. Nachr.
19%, 1,1. |
8) Schmid, Zbl. f. Gyn. 1920, 19, 479.
6) Die ausgezeichnete Zusammenziehung des menschlichen Uterus
durch Aortenkompression kann man nicht nur durch die Bauchdecken,
sondern besonders eindrucksvoll bei der Sectio caesarea fühlen und
sehen. Diese auch von uns wiederholt gemachten klinischen Beob-
achtungen können durch die neuesten experimentellen Untersuchungen
von v. Mikulicz-Radecki und Lang (Zbl. f. Gyn. 1924, 21, 1132) am
Kaninchen- und Katzenuterus nicht entkräftet werden, denn die am Ver-
suchstiere gewonnenen Resultate lassen sich doch nicht ohne weiteres
auf die Verhältnisse beim Menschen übertragen, wie übrigens die ge-
nannten Autoren selbst zugeben. Ä
7) Die erst kürzlich mitgeteilten, ungünstigen Erfahrungen von
Heidler (Mschr. f. Geburtsh. u. Gyn. 1924,.66, 11). mit der Gabaston-
schen Auffüllung der Plazenta sind vielleicht zum Teile darauf zurück-
zuführen, daß er weniger Flüssigkeit einspritzt, durchschnittlich nur300ccm.
8) Koerting, M.Kl. 1921, 48, 1474..
es gelingen, das Zurückbleiben von Plazentateilen noch weiter zu
beschränken. Selbstverständlich wird es immer Fälle geben, in
denen diese Maßnahmen nicht genügen; doch sind die Fälle von
echter Placenta accreta bekanntlich außerordentlich selten im Ver-
gleiche zu den Angaben von Ärzten, Hebammen und Laien, daß
wegen „angewachsener Nachgeburt“ eingegriffen werden mußte. Und
auch die pathologischen Blutungen bei „Tubeneckenplazenta“, Pla-
centa membranacea u. dgl. treten an Häufigkeit zurück hinter den
Blutungen, die entstehen, wenn der normale Lösungsmechanismus
durch unzweckmäßiges Kneten und Drücken des Uterus gestört
worden ist. . Ebenso ist das Zurückbleiben von kleineren Plazenta-
teilen bei vollständig spontanem Verlaufe der Nachgeburtsperiode
(also ohne vorzeitige und unrichtig ausgeführte Expression der noch
nicht vollständig gelösten Plazenta), in der Praxis, wenn auch ein-
' wandfrei beobachtet (Straßmann), so doch selten im Vergleiche
zur Zerklüftung der Plazenta und zum Zurückbleiben von Teilen
durch vorzeitiges Eingreifen der geburtsleitenden Person.
Noch ein Wort über die Entiernung von Plazentaresten
im Wochenbett, also nicht unmittelbar im Anschlusse an die Geburt.
Von manchen Seiten (Winter, Opitz) ist schon auf dem Straß-
burger Gynäkologen-Kongreß im Jahre 1909 darauf hingewiesen
worden, daß im Anschlusse an einen solchen Eingriff, der bei leid-
lichem Wohlbefinden der Wöchnerin ausgeführt wird, die bis dahin
geringe Temperatursteigerung zunimmt, daß sich nicht selten ein
septisches Krankheitsbild an den Eingriff anschließt, oft mit letalem
Ausgange. Viel mehr gilt dies noch für die Fälle, die von vorne
herein den Eindruck einer schweren septischen Infektion hervor-
rufen, wie auch aus den neuesten Zahlen von Straßmann hervor-
geht, bei dem 47% der Fälle von Austastung bzw. von Entfernung
eines Plazentarestes im Wochenbett fieberfrei waren, während sich
unter den übrigen, also bei der Austastung bereits fiebernden,
4 Todesfälle finden. Entfernt man bei solchen Frauen mit Er-
scheinungen von Septikämie den Plazentarest auch noch so vor-
sichtig digital oder instrumentell, so fällt nur in dem kleineren Teil
der Fälle die Temperatur zur Norm ab mit weiterem Ausgange in
Heilung; in der Mehrzahl der Fälle nimmt die Sepsis einen rascheren,
bösen Verlauf. Während früher nur in vereinzelten derartigen Fällen
der Uterus exstirpiert worden ist, hat G. A. Wagner?) zuerst
empfohlen, diesen Eingriff prinzipiell an Stelle der Entleerung des
Uterus zu setzen, wenn bei fiebernder Wöchnerin ein offenbar in-
fizierter Plazentarest im Spätwochenbett nachgewiesen wird und der
Zustand der Wöchnerin, besonders aber eine allerschwerste Blutung
. ein Eingreifen dringend notwendig erscheinen läßt. Daß man auch
in ganz schweren Fällen noch mit Glück konservativ bleiben und
alles der gütigen Natur überlassen kann, zeigt ‘die Beobachtung von
Walthard:%). Natürlich.gibt es auch Fälle, bei denen der operative
Eingriff zu spät kommt. Aber öfter als durch die einfache Ent-
fernuung des Restes gelingt es doch, die schwer gefährdete Frau
noch zu retten.
möglich; so habe ich am 7. Wochenbettstage mit Erfolg den einen
verjauchten Plazentarest enthaltenden Uterus zusammen mit der
thrombosierten, vereiterten rechten Vena ovarica bis zur Einmündung
in die Vena cava exstirpiert, nachdem 5 Tage hindurch Schüttel-
fröste vorausgegangen waren. Der behandelnde Arzt hatte die gleich
ihrer Umgebung von Schmutz starrende Frau zur Geburt an die Klinik
schicken wollen, doch hatte sie dies abgelehnt; eine halbe Stunde nach
Geburt des Kindes hatte er wegen Blutung die Plazenta nach Crede
exprimiert, sie für vollständig gehalten und wegen andauernder Blu-
tung Ergotin injiziert und eine Jodoformgazetamponade angeschlossen.
Nach der Operation bestand noch Fieber durch 14 Tage; ein Bauchdecken-
abszeß mußte eröffnet werden; schließlich trat volle Genesung ein.
| Selbstverständlich ist auch für diese infizierten Fälle das
Wichtigste die Prophylaxe, die Vermeidung nicht nur der Infektion,
sondern auch des Zurückbleibens von Plazentaresten; wirken diese
beiden ungünstigen Umstände zusammen, so ist der Zustand für die
davon betroffene Frau natürligh noch gefährlicher als bei Infektion
oder bei Plazentarest allein. Darum nochmals: Principiis obsta!
Kein vorzeitiger und unrichtig ausgeführter Gredöscher
Handgriff, dann wird auch das Zurückbleiben von Pla-
zentateilen seltener werden mit seinen bösen Folgen
Wenn aber einRest zurückgeblieben ist, dann sogleich aus-
tasten und den Rest entfernen, nicht erst im Wochenbett,
wenn die Zeichen von Infektion noch dazugetreten sind!
9) Q. A.Wagner, M. KL 1918, 47, 1176,
10) Stoeckels Lehrb. d. Geburtsh. 2. Aufl. S. 769.
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Ja, auch bei transuteriner Infektion ist dies noch
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
Ans dem Karolinen-Kinderspital in Wien
(Vorstand: Prof. Dr. Knöpfelmacher).
Klinische Analyse einer Amyloidose.
Von Dr. Oskar Koref.
Chronische, mit starker Gewebseinschmelzung einhergehende
Erkrankungen sind häufig Veranlassung für den Eintritt gewisser
`. degenerativer Gewebsveränderungen in den einzelnen Organen und
unter diesen ist nicht allzuselten diejenige Veränderung, die mit
Anftreten von Amyloid einhergeht. Da es uns neuerdings möglich
ist, für amyloide Entartung am Lebenden den exakten klinischen
Nachweis führen zu können und im Rahmen dieser Erkrankung uns
einige Besonderheiten aufgefallen sind, erachten wir es für geboten,
einen einschlägigen Fall zu veröffentlichen.
.
Das nun 10 Jahre alte Mädchen, T. N, war im Laufe von
7 Jahren öfters in Behandlung unseres Spitals. Beginn der Erkrankung
reicht bis vor 8,Jahren zurück, als. beim Kinde eine Spina ventosa
aftrat. Ein Jahr später wurde das Kind in das Spital eingeliefert
mit multiplen Skrophulodermen und einer Spondylitis des 1. Brustwirbels.
Seither bei uns sowie in verschiedenen Heilstätten öfters spezifisch,
mittels Strahlen und allgemein roborierend behandelt, konnten diverse.
Haut- und Knochenprozesse zur Abheilung gebracht werden. Das
letzte Mal wurde das Kind im Jahre 1923, im August, aufgenommen;
nach Angabe der Mutter soll es kürzlich wieder zu fiebern begonnen
haben und klagte über starke Nachtschweiße. Die Mutter bemerkte
auch, daß seit einem Jahr der Bauch allmählich an Größe zugenommen
‘hatte, Bei der Aufnahme zeigte sich diffus über beiden Lungen ver-
. schärftes Atmen, keine Zeichen eines aktiven Prozesses,
Die Leber
reicht mit glattem, dünnem Rand bis an die Crista iliaca, ihre Ober-
fläche glatt, Konsistenz erhöht, die Milz überragt als derber Tumor
crei Finger breit den Rippenbogen.
Harn bei der Aufnahme o. B.
Das Kind wird spezifisch behandelt, die Temperaturen senkten sich
Bei der Aufnahme Harn ganz o. B., nach einem
Monat starke Eiweißausscheidung durch den Harn. Sedimentbefund
damals einige Epithelien, sonst keine pathologischen Elemente. Nach
einigen Tagen Harn wieder eiweißfrei. In dieser Weise ändert sich
im Laufe der Beobachtung der Eiweißgehalt .des Harns des öfteren.
‚Später treten im Sediment reichlichst hyaline Zylinder auf, keine
doppelbrechenden Substanzen. Stuhl stets normal. Blutdruck war nie
höher als 106 mm Hg, systolisch. — Blutbefund ergab bei vermindertem
Hämoglobingehalt,mäßiger Leukozytose und etwas verminderter Erythro-
zytenzahl keine nennenswerten Seränderungen. Im
ausstrich geringe Anisozytose, herabgesetzte Färbbarkeit der roten
Blutkörperchen, Vermehrung der Thrombozyten (500000 im Kubik-
millimeter). Blutungszeit 9 Minuten, Beginn der Gerinnung nach
2-Minuten, sie wird Townin nach 4 Minuten. F
Es handelt sich uns nun darum, festzustellen, wie die Verände-
tungen an Leber, Milz und Nieren zu deuten wären. An Systemerkran-
kungen des hämatopoetischen Apparates oder an eine der Tuberkulose
aulgepfropfte Lues konnten wir auf’ Grund der stets negativen Wa.R.
“wie des nahezu ganz normalen Blutbefundes nicht denken. Daß
e sich um eine reine Folgeerscheinung der Tuberkulose im
Simne von zirrhotischen Veränderungen in Leber und Milz und
degenerativen Erscheinungen an der Niere handeln sollte, war
auptsächlich darum kaum anzunehmen, da — wie noch weiter
unten näher ausgeführt wird — teils die Funktion der genannten
Organe kaum geschädigt erschien, teils aber deshalb, weil die
Nerenfunktionsprüfung eine ziemlich starke Beteiligung der Gefäße
vermuten ließ. Die Annahme, daß es sich um eine amyloide Ent-
atung handle, schien uns berechtigt und zur Stützung unserer
agnose versuchten wir die Vornahme einer in letzter Zeit von Benn-
hold angegebenen Methode zum Nachweis von Amyloid am Lebenden.
Die Probe basiert auf der Eigenschaft des Amyloids, gewisse
Farbstoffe, so hauptsächlich Kongorot, in sehr hohem Maße an sich
m reiben. Injiziert man demnach ‘diesen Farbstoff in die Blutbahn,
%0 kann es kolorimetrisch vergleichend erwiesen werden, daß die [
$ hervorgerufene weinrote Farbtönung des Plasmas bei
amyloider Entartung bereits nach einer Stunde nahezu vollständig
dadurch
. verschwinden pflegt, während dies beim Normalen erst innerhalb
on 24 Stunden der Fall ist. Außer bei Amyloidose schwindet die
Farbe des Plasmas auch bei Nephrose ziemlich rasch, aber dann kann
eine vermehrte Kongorotausscheidung im Harn nachgewiesen werden,
Indem sich nach Zugabe von etwas starker Salzsäure Blauwolken bilden.
Kon züiglich der Technik sei angegeben, daß von einer l%igen
dans ae (Grübler) 8—10 ccm ' intravenös gegeben werden,
einer nach 4 Minuten das. erste, nach einer Stunde das zweite Mal Blut
reieg Pin. entnommen wird. Man verwendet, um absolut hämoglobin-
aa zu erhalten, paraffinierte Spritzen und zentrifugiert in
Dan oster Eprouvette scharf ab. . Die Farbe des so gewonnenen
on; as vergleicht man im Kolorimeter mit einer 1 : 10000 verdünnten
Soroistandardlösung, Gleichzeitig wird auch der Harn gesammelt,
t
en een.
efärbten Blat-
‚Diluierungsvermögen, die verhältnismäßig gute Wasserausscheidung
um eine eventuelle raschere Ausscheidung kontrollieren zu können. — Die
Probe wurde bei unserem Fälle in liebenswürdiger Weise von Herrn
Dr. Strasser aus der I. Medizin. Klinik (Vorstand: Hofrat Ortner)
wiederholt vorgenommen, und zwar jedesmal mit dem gleichen Resultat.
Sie war nicht eindeutig beweisend, denn die Abnahme des
Farbstoffes betrug. nur 24 °/ọ Wenn wir die von Bennhold an-
gegebenen Normalwerte: im Durchschnitt. 19,9 %/, (d. h. 23,3 bis
11,0°/) als giltig annehmen, so haben wir in unserem Falle die
unterste Grenze des Pathologischen erreicht. Nun aber war es aul-
fallend, daß das Plasma der ersten Blutentnahme bereits vier Mi-
nuten nach der Injektion nicht mehr intensiv gefärbt war, und die
zweite Probe nur mehr Spuren des Farbstoffes enthielt. Da es
sich hier um eine ziemlich hochgradige amyloid entartete Leber
handeln dürfte, die auch nach Bennhold das Kongorot am inten-
sivsten an sich reißt, wäre es nicht ausgeschlossen, daß als Folge
besonders großer Avidität, bereits in der ersten Zeit der größte
‚Teil des Farbstoffes vom Amyloid gebunden würde. Um dies zu be-
weisen, müßten wir über absolute Zahlen verfügen, die den jeweiligen
Farbstoffgrad anzeigen. Derzeit ist dies aber noch nicht möglich.
. Die Injektion selbst scheint ganz harmlos zu sein, nur beim
letzten Mal bekam das Kind Schüttelfröste, war etwas matt und ab-
‚geschlagen, erholie sich aber in kurzer Zeit. Dabei keine Tempe-
ratursteigerung, keine Zeichen sonstiger Organstörungen. Ähnliches
wurde wiederholt beobachtet und auf ungelöste Partikelchen in der
Kongorotlösung zurückgeführt, was ja schließlich trotz Filtrierens
und vorsichtigen, wiederholten Aufkochens auch bei unserem Fall
nicht ausgeschlossen werden kann. nr
Wir versuchten nun durch Vornahme verschiedener Funktions-
proben nachzuweisen, wie weit die Funktion der einzelnen Organe
durch die Entartung beeinträchtigt wurde. Die außensekretorische
Tätigkeit der Leber wurde als ungestört gefunden. Stuhl war von '.
normaler Farbe und normalem Aussehen, auch ‚mikroskopisch keine
Zeichen gestörter Fettresorption. Die Dextrose- und Galaktoseprobe
(Verabreichung von 80 g Dextrose bzw. 30 g Galaktose) fiel negativ.
‚aus.‘ Im Serum war Bilirubin nach H. van der Bergh einer Ein-
heit entsprechend, d. h. nicht vermehrt, im Harn konnten weder
Urobilinogen noch Aminosäuren nachgewiesen werden. Demnach
war die Annahme berechtigt, daß die Leber noch genügendes
funktionstüchtiges Gewebe enthalte. | j |
| Bezüglich der Niere waren die Befunde nicht mehr so ein-
deutig. Der Strauß-Volhardsche. Wasserstoßversuch ergab eine
zeitlich normale, jedoch an Menge ungenügende Wasserausscheidung,
d. h. es wurde Wasser retiniert: | | |
Wasserstoßversuch. o
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Die Konzentrationsfähigkeit der Nieren erwies sich ein-
geschränkt, konzentriert wurde nur bis 1022 spez. Gewicht. Die Jod-
kaliprobe (0,5 g per os) ergab einen ganz normalen Ausscheidungs-
verlauf innerhalb 36 Stunden. Kochsalz wurde bei normaler Diät
in entsprechender Menge (ca. 9 g täglich) ausgeschieden. Sofern
diese Befunde bei der Analyse der vorliögenden Störung beweisend
sein sollen, müssen wir annehmen, daß an den Veränderungen der
einzelnen Nierenelemente die Tubuli und Glomeruli gleich beteiligt
sein dürften. Die mangelnde Konzentrationsfähigkeit würde für
Schädigung des Tubularapparates, die an Menge ungenügende
Wasserausscheiduug für Gefäßbeteiligung sprechen, ebenso wie die
für ein Kind immerhin beträchtliche Blutdrucksteigerung. Keine
der Veränderungen dürfte hochgradig sein. Beweisend dafür ist
nicht nur ‘das normale Verhalten der Jodkaliprobe, das gute
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124. 19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
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und der.normale Reststickstoffgehalt des Serums (80 mg°/,), sondern auch `
ES = alel Aue Aus dem Privatröntgeninstitut in Pol. Teschen.
la der Wechsel des Harnbefundes. Die Gefäßbeteiligung für sich ist mit ein
Moment, welches uns in der Diagnose einer Amyloidentartung unter- E Die Röntgenbehandlung der Tuberkulose.‘
. stützt. Denn die Prädilektionsstelle der amyloiden Ablagerung ist die | ` Von Sanitä Sr. Hans Fritsch. í
© Gefäßwand. Nach V.olhard ist das gewöhnliche Bild einer Amyloidniere | AN o D Ae P
‘das einer Lipoidnephrose. Doch wurden Abweichungen von dieser .
` - Form verschiedentlich beobachtet, so, daß die Abweichungen in |
unserem Falle uns nicht veranlassen, von der Diagnose abzugehen, vor .
allem deshalb nicht, weil bei der Annahme einer rein degenerativen
Folgeerscheinung der Tuberkulose die Epithelschädigung unvergleich-
lich stärker in den Vordergrund treten würde: Daß die nephrotische .
Komponente diese Nierenerkrankung nicht allein beherrschen kann,
geht auch aus unseren Befunden über das Bluteiweißbild, das wir im.
Sinne von Kollert und und Starlinger ermittelt haben, hervor.
| Unter Bluteiweißbild verstehen‘ genannte Autoren das Ver-
‚halten der einzelnen Eiweißbestandteile im Serum. Hierbei ergaben
sich bestimmte typische Verhältnisse, die für gewisse Erkrankungen
‘von diagnostischer Bedeutung sein können. — Am eindeutigsten
sind die Befunde bei der Nephrose. ae, |
Aus den diversen, in der Literatur bekanntgegebenen Werten
geben Kollert und Starlinger folgende Normalwerte an:
M.H.! Es dürfte kaum ein dankbareres Gebiet der Röntgen-.
therapie geben, als’ die Behandlung der Tuberkulose und zwar
der inneren wie. auch der äußeren, einschließlich der sogenannten
chirurgischen. Einerseits ist die Aussicht auf Erfolg, wenn man
sich im Bereich des Erreichbaren hält und nicht Fehler bei der
Indikationsstellung oder bei. der Anwendung macht, so gut wie
sicher, andererseits stellen sich ‘zuweilen auch dort hoch‘ Erfolge
ein, wo ‚man einen verlorenen Fall vor sich zu sehen glaubte. Frei-
lich bedarf es bei der Röntgenbehandlung der Tuberkulose einer sehr
genauen Auswahl der Fälle, welche uns nur die exakte klinische, .
chemisch -bakteriologische und röntgenologische Untersuchung. und
eine längere Beobachtung jedes einzelnen Falles ermöglicht. Eben-
so spielt, entsprechend der biologischen Strahlehwirkung auf das
-tuberkulöse Gewebe, die Dosierung eine große Rolle. E
Zur Beurteilung der biologischen Vorgänge im bestrahlten Ge-
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| webe müssen wir uns vor Augen halten, wie denn normalerweise
.Gesamteiweißgehalt 7—9% . | ein tuberkulöser Prozeß zur Ausheilung gelangt. — Wie wir wissen,
Fibrinogen 0,13—0,30 ‘werden die abgelagerten Tuberkelbazillen rasch von einem Ring von
‚Verhältnis Albumin: Globulin 60—80 : 40—20 > > Zellen umlagert,. welche in der überwiegenden Mehrzahl aus Lympho-
Senk. M. W. l = 250—280 Sekunden.
zyten bestehen. Die Lymphozyten besitzen nun nach den Arbeiten
-~ Diese Werte sollen sich nun, in ganz bestimmter Weise von Bergel ein- fettspaltendes Ferment. Wie nun auf Grund von
ändern, wenn es sich bei einer Nierenerkrankung um eine echte | Tierversuchen nachgewiesen werden konnte, wird durch diese Lipase
7 -s : die schützende Fettwachsschicht der Tuberkelbazillen zerstört, worauf
Nephrose handelt. — Es erfolgt vor allem eine: starke Verschiebung | 3; aae s HRE : RER
` innerhalb der einzelnen Eiweißfraktionen, die grobdispersen Phasen on a ee è PEE RRS e nn
vermehren sich gegenüber der feiner dispersierten, dasFibrinogennimmt | gewebe ersetzt. — Was nun das Eingreifen der Röntgenstrahlen in
- in seiner Menge bis aufs Neunfache zu, das Verhältnis Albumin ‘Globulin
iesen Prozeß anlangt, so muß vorerst festgestellt werden, daß eine
verändert sich zu Gunsten des Globulins, die Senkungsgeschwindigkeit | Zerstörung der Tuberkelbazillen auf direktem Wege durch die Be-
der roten Blutkörperchen wird parallel der Verschiebung stark erhöht. | strahlung nicht erfolgt. Man hat beispielsweise Tuberkelbazillenkulturen
- Di iweiß immt über d her ab. einer Strahlenmenge ausgesetzt, welche für menschliches Gewebe die
ee u des ee | vielfache. Toddosis beträgt, ohne daß die Bazillen in ihrer Vitalität
des Herrn Dr. Susani aus der Il. Medizinischen Klinik (Vorstand: | eine Schädigung erfahren hätten. — Die Wirkung der Röntgenstrahlen
Sekunden. ` | mit adoron Worten, vorsichtig mit Meinen Dosen und vielfeeh dr
i Pics — ae i EE Er n nn 'zellulären Vitalität innerhalb der Krankheitsherde die Zellen eine be-
| oa er en Beides spricht Be, sonders große Strahlenempfindlichkeit besitzen. Eine . Überdosierung
` Falle gegen die Annahme einer echten Nephrose und steht im Einklang | Durchbruch des Schutzwalles zur Folge. Hierdurch kommt es zu einer
‚ eben hier gegenüber den Gefäßschäden ganz in den Hintergrund. | Temperaturanstieg. - Wenngleich es hierdurch gleich wie bei einer
Das Auffallendste bei unseren Blutproben ist der hohe Eiweiß- ee Gau re | ee ei as ..
gehalt im Plasma. Wenn wir die Angaben der Literatur durch- dios schon aus com SEunES vermieden Werden, Wer; yr San
| Wirkung der Überdosierung ist die eitrige Einschmelzung des Herdes,
bei infektiösen Prozessen, deren Verlauf ein chronischer ist. Alder | was rn Stellen, wo eine Fenky Enleenmg möglich ist, weniger
und Nast fanden dies bei der Tuberkulose, Winternitz bei der
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\ ‚von Belang ist, dort aber, wo diese Möglichkeit fehlt, Anlaß zu
BI) Lues auf der Höhe der Erkrankung. Nun wissen wir, daß gerade | Senkungsabszessen, Reinfektion usw. geben kann. —— T
C RE diese Erkrankungen in ihrem Verlaufe zur allgemeinen Amyloid- | . Bezüglich der ‘Höhe der gebräuchlichen Dosis mache ma nur
Eoo oe N = bildung führen, und da erscheint die' Annahme berechtigt, daß die | kurz ne nn von Na so nn en =
END tA -Entstehung der Eiweißkörper des Amyloids in irgend einem Zu- | gegeben wurde, welche etwa 50°), der H.E.D. beträgt. Br |
i Te | ist mi ingeren Dosen aus. Durch-
sammenhange mit, der Serumeiweißvermehrung steht. Unsere An- ee meist Höntgene er bei der. Tuberkulose
sicht kann auch durch zwei experimentelle Tatsachen gestützt | etwa ı/; der H.E.D., in gewissen Fällen, z.B. bei der Lunge oder dem
werden, welche freilich erst in einen organischen Zusammenhang | Kehlkopf, noch geringere Strahlenmengen verabreicht.
gebracht werden müssen. Im Experiment von Doerr und Berger indem ich mich nunmehr der Besprechung der einzelnen
kommt es zu einer ausgesprochenen Serumeiweißvermehrung bei | Formen der tuberkulösen Erkrankung zuwende, beginne ich mit
wiederholter parenteraler Eiweißzufuhr und im Tierexperiment von | den. spezifischen Prozessen. der Haut. — Hier wäre der Lupus
- - Kurezynski entsteht auf gleiche Weise, nämlich durch wiederholte | vulgaris, die Tubereulosis cutis propria, die Tuberculosis
Injektion von Kaseinlösungen, eine allgemeine Amyloidose. 'verrucosa cutis, das Skrophuloderma und die Tuberkulide
| Zusammenfassend können wir nun sagen, daß. in unserem | zu nennen. — Die lupösen Hauterkrankungen reagieren, insoweit es
Falle die langjährige Tuberkulose zu Veränderungen in der Leber, | ‚ich um die flache, exulzerierte, die hypertrophische, die verruköse
Milz und Niere geführt hat, die im Sinne einer amyloiden Entartung | Form oder den Schleimhautlupus handelt, im großen und ganzen
aufzufassen sind. Hierfür spricht die Kongorotprobe, die hier nicht | recht gut auf die Röntgenbehandlung, wenngleich man nicht immer
ganz eindeutig beweisend war, sowie der Befund an den Nieren, der | zur Unterstützung oder Nachbehandlung der Finsenstrahlen entraten
aufziemlich starke Gefäßveränderungen schließen ließ. Gegen die An- | kann. Bei der flachen, trockenen Form ist die Röntgenbestrahlung
- nahme stärkerer Epitheldegenerationenim Tubularapparat sprach nebst | gontraindiziert, weil mit ihr nicht nur kein Erfolg erzielt wird-
der Funktionsprüfung auch das Bluteiweißbild, bei dem uns vor allem | sondern eine Hautatrophie zu erwarten ist. — Bei der Tubercus
die wesentliche Eiweißvermehrung aufgefallen ist. Letzteres könnte
Ä ; ; losis cutis propria, bei der Tuberculosis verrucosa cuti-
mit der Ausbildung der Amyloidose- in Verbindung gebracht werden. | wie auch -beim Skrophuloderma sind die Erfolge ganz aus,
Literatur: Alder, Zschr. i Tbc. 1919, 81. — Bennhold, D. Arch | „ezeichnete und sowohl der chirurgischen wie auch medikamentösen
f. klin. Med. 1928, 142. — Doerr. und Berger, Zechr. f. Hyg. Bd. 93, S, 147. — a | |
Kollert, Zschr. f. klin. M. 1928, 97. — Kollert und Starlinger, Zschr. f. d. ges. | —— ~
exp. M. 1922, 30. — Dieselben, W.kl.W. 1922, 7. — Nast, Zschr. f. Kinderblk. —
. 11, 8.92. — Strasser, Zschr. £d. ges. exp.M.1928,86. — Volhard, Die doppeiso een
hämat. Nierenerkr. 1918, Springer. — Winternitz, Arch: f. Derm. u. Syph 1910, 101.
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-= *) Vortrag, En in den Ärztevereinigungen in Mährisch-
Ostrau, Teschen und Bielitz. ! |
er er . en beruht vielmehr auf einer biologischen Leistungssteigerung der Zellen,
Hofrat m Nö et > a. to genaos j welche zur Bindegewebsneubildung und damit zur Ausheilung führt. —
Fibrinoren En . 024% | Für’ den Strahlentherapeuten ergibt sich daraus die Forderung, alles _
| Verhältnis Albumin : Globulin 20:80 . zu unterlassen, was diesem natürlichen Heilüngsverlauf abträglich wäre,
hätte vor allem eine Zerstörung der Lymphozyten und damit einen .
mit den Ergebnissen der Funktionsprüfung. DieEpithelschädigung tritt | Ausschwemmung von Toxin in. den Körper und einem unerwünschten
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sehen, so finden wir ausgesprochene Eiweißvermehrung hauptsächlich Einfluß auf die Menge des ireiwerdenden Giftes haben. Mine weite
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-destfuierendem Charakter ausscheiden.
versteht sich wohl
‚ werden. —
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Therapie insbesondere in kosmetischer Hinsicht bei weitem über-
legen. Bei allen drei Formen verschwinden nach einer anfäng-
lichen Exazerbation die Infiltrationen, Geschwürsflächen reihigen
sich, .die charakteristischen, schlaffen Granulationen erhalten ein
normales Aussehen. Bei der verrukösen Form heben sich die ver-
horten Schichten ab, die Abszesse bei dem: Skrophuloderma ent- .
leeren -sich oder werden resorbiert. Zumeist bedarf es 8—4 Be-
strehlungen bis Heilung erfolgt. Mitunter können, wie z.B. beim
Skrophuloderma, tieferliegende Prozesse oder Fisteln die. Behand-
lmg allerdings in die Länge ziehen, doch heilen auch diese in
der Regel glatt aus. — Von den Tuberkuliden kommen für
die Röntgentherapie das Erythema induratum (Bazin), die
.- Folliklis, die Aknitis (Barthélemy) und der Lupus ery-
thematosus in Betracht. Speziell ersteres wird nach Wetterer
ganz ‘vorzüglich beeinflußt. Die Knoten, welche sich erfahrungs-
gemäß am häufigsten an der Streckseite des Unterschenkels, seltener
an den Armen, im Gesicht oder am Stamm finden, verschwinden
nsch.nach der Bestrahlung, während die bläuliche Verfärbung der
Epidermis über den Knoten einer leichten Pigmentierung weicht. — `
Die Knötchen der Folliklis schuppen nach der ersten Bestrahlung
a der Oberfläche und verschwinden nach den Mitteilungen von
- Weiterer restlos. — Die in der. Subkutis gelegenen kleinen Er-
hebungen der Aknitis, welche sich im Gesicht, an den Ohren und
am Hals zeigen, bediirfen meist einer mehrmaligen Bestrahlung,
` qum uiter Bildung einer kaum sichtbaren Narbe abzuheilen. — Der
'Inpus erythematosus verhält sich der Röntgenbehandlung gegen-
über unsicher. Neben Besserungen und sehr seltenen Heilungen
sieht man häufig Fälle, die sich ganz refraktär verhalten. In
neuerer Zeit hat Thedering die Kombination der lokalen Röntgen-
behandlung mit einer allgemeinen Bestrahlung durch natürliche
oder künstliche Sonne empfohlen. Er ist der Ansicht, daß „die
Heilung dieser früher so widerspenstigen Hautkrankheit ihm keine
ernstlichen Schwierigkeiten in den Weg legt, soferne die Kranken
in der Lage sind, die Behandlung mit natürlicher und künstlicher
Sonne zuzugestehen.“
Auf die Röntgentherapie der internen Tuberkulose übergehend,
‚wende ich mich der Lungentuberkulose zu. Diese Erkrankung
wurde zuerst von Küpferle und de la Camp röntgenologisch
behandelt. Nach ihren Berichten und denen anderer, wie Bac-
meister, Lorey, Hilpert, Schröder, eignen sich hierzu nur
die langsam progredienten, die stationären und latenten Fälle der
produktiven, zirrhös-nodösen Form, ‚während alle hochfiebernden,
progredienten Fälle der exsudativen Form insbesondere mit
Kleine Klavernen sollen
ü.den geeigneten Formen keine Kontraindikation bilden, doch ist
Vorsicht am Platze. Sehr günstig wirkt hierbei die Ruhigstellung
der Lunge durch Pneumothorax oder Thorakoplastik, so daß man
‚seh Lorey unter diesen ‘Verhältnissen ebenfalls auch schwerere
destruktive Prozesse der Bestrahlung unterwerfen kann. — Ent-
sprechend der Indikationsstellung ist eine längere klinische Beob-
achtung sowie ein verläßliches Röntgenbild vor Beginn der Behand-
Img: unerläßlich.. Gerade. das letztere gewährt uns nach den
Arbeiten von Gräff und Küpferle einen genauen Einblick in die
pathologischen Verhältnisse der Lunge, so daß wir bei entsprechender
Arfahrang auf der Platte die verschiedenen Formen der tuberkulösen
Ingenveränderungen unterscheiden können. Daß eine genaue
mirolle nach der Behandlung von der größten Wichtigkeit ist,
von selbst, weshalb die ambulante Röntgen-
„handlung der Lungentuberkulose: abzulehnen ist. —
ma Anwendung kommen 'nur ganz kleine Dosen, etwa !/12— 1s
der H.E.D. auf den Erkrankungsherd. Dabei ist stets auf die
Temperatur sehr zu achten; erst nach Ablauf der zu gewärtigenden
„üperatursteigerung, welcher dann gewöhnlich eine Besserung des
emeinzustandes mit Entfieberung folgt, soll neuerlich bestrahlt
Felder Zur Bestrahlung wird der ganze Thorax in mehrere
gm. Zwischen
Tagen. Nach Abschluß des ganzen Zyklus wird 3—4 Wochen
ei während welcher Zeit der: Patient einer Höhensonnen-
alu unterzogen wird. Hierauf wird der ganze Zyklus
Daal Diese Einteilung entspricht dem durchschnittlichen
See lungsmodus, jedoch muß man gerade hier unter genauer
indi achtung der Folgeerscheinungen ` nach - der Bestrahlung
Yidualisieren. — Die Behandlung nimmt lange ‚Zeit, meist viele
thala in Anspruch, wie ja' auch die Behandlung der Lungen-
soll,
ose in den Sonnenheilstätten mindestens ein Jahr dauern
Man darf sich durch die Ungeduld des Patienten nicht
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.36.
eingeteilt, von welchen an einem Tag nur ein Feld bestrahlt
je einer Bestrahlung liegt ein Intervall von 2 bis
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drängen lassen, die Intervalle zwischen den einzelnen Bestrahlungen
oder Bestrahlungszyklen kürzer zu nehmen, da man dadurch den
natürlichen Ablauf der Reaktion stören würde und der Patient
hierdurch ‚Schaden leiden könnte. — Von Fränkel wird zur
Unterstützung in Erwägung, daß die Milz das Hauptbildungsorgan
für die Lymphozyten sein soll, die Reizbestrahlung dieses Organes
empfohlen. — Die Resultate der verschiedenen Autoren sind über-
einstimmend günstige. — Es muß aber hier klar ausgesprochen
werden, daß die- Röntgenbestrahlung. bei der. Lungentuberkulose
nur ein Teilfaktor des gesamten Therapieplanes gegen dieses Leiden
"ist und daß mit derselben die anderen therapeutischen Maßnahmen
Hand in Hand geher sollen. Vor einer gleichzeitigen. Tuberkulin-
kur warnt Lorey, weil beide Methoden in gewissem Sinne Reiz-
therapie darstellen, wodurch gelegentlich eine Kumulation der
gesetzten Reize eine unerwünschte Wirkung verursachen könnte. .
Eine dankbare Indikation bildet die Hilusdrüsentuber-
kulose. ‘Die dabei verwendeten .Dösen sind nach Lorey etwas
stärker als bei der Lungentuberkulose und werden auf je ein
rechtes und linkes Drüsenfeld vorne und rückwärts in zweitägigen
Intervallen appliziert. Daneben geht eine roborierende: Allgemein-
behandlung einher. — Bei dieser Anzeige ist zu berücksichtigen,
daß die Diagnose einer Hilusdrüsentuberkulose viel häufiger ge-
stellt wird, als sie de facto zutrifft.
schatten zeigt, schlecht aussieht und. abnimmt, appetitlos ist, hat
eine Hilusdrüsentuberkulose. Sehr häufig finden sich nach akuten
Infektionskrankheiten wie Masern, Grippe ziemlich bedeutende und.
lange Zeit bestehende Drüsenschwellungen. am Hilus. Hier kann.
nur eine genaue Ermittelung der Anamnese, längerdauernde Beob-
achtung, insbesondere sehr exakte Temperaturmessungen Aufschluß _
geben. Es muß hier aber noch darauf. hingewiesen werden, daß
man geneigt ist, die Hilusdrüsentuberkulose für eine speziell im
Kindesalter vorkommende Erkrankung zu- halten. Daß dem nicht
so ist, darauf hat Rüppel (Bonn) aufmerksam gemacht; der über eine
größere Reihe, von Fällen berichtete, in welchen er bei Tuberkulose
der Erwachsenen eine besondere Beteiligung der Tracheal- und
Tracheobronchialdrüsen beobachten‘ konnte. Auch hier ist die
diagnostische Differenzierung zwischen tuberkulösen Drüsen und
Residuen einer überstandenen Grippe usw. oft recht schwierig. —
Hierher gehören auch jene. asthmatischen Zustände, wie sie bier
und da, bei älteren Leuten mit einer zirrhotischen Phthisenform
vorkommemw und als deren Ursache derbe Drüsenschwellungen am
Hilus angesehen werden, welche im Röntgenbild als dichte, aus-
gebreitete Hilusschatten zum Ausdruck kommen. Das häufig beob-
achtete Verschwinden der Beschwerden nach der Bestrahlung dürfte
wohl mit der Verkleinerung der Drüsen zusammenhängen. —.
Auch die Kehlkopftuberkulose wurde in den Indikations-
bereich der Röntgentherapie gezogen, seitdem Wilms (1910) den
ersten Fall von Heilung auf diesem Wege veröffentlichte. Über
ähnliche, gute Resultate berichteten dann Schulz, Lorey, Hilpert
u. a. — Eine gewisse Schwierigkeit wird mitunter die Auswahl der
Fälle machen, . da ja Patienten mit Kehlkopftuberkulose daneben
. meist so schwere Lungenerscheinungen aufweisen,‘ daß ein Erfolg
in diesem Stadium von vornherein ausgeschlossen erscheint. In
den geeigneten Fällen tritt aber der Erfolg oft recht rasch ein. So
sah ich unter meinen Fällen beispielsweise nach 2 Bestrahlungen
in, 3wöchigen Intervallen die. bestehenden Veränderungen glatt
abheilen. — In ähnlicher Weise reagieren die tuberkulösen Ge-.
schwüre auf den Lippen und der Zunge sehr gut auf die
_ Röntgenbestrahlung. u
Die Bauchfelltuberkulose wird in. ihrer exsudativen wie
“auch der plastischen, adhäsiven Form günstig beeinflußt. Sollte:
bei der ersteren Form. die Flüssigkeitsansammlung sehr groß sein,
so empfiehlt sich deren Entleerung durch Punktion vor der .Be-
strahlung. Bei der plastischen Form kommt es oftmals zur raschen
Rückbildung von großen Tumoren und damit: zur Behebung von
Stenosen.‘ Auch Adhäsionen infolge der spezifischen Erkrankung
werden zur Rückbildung gebracht, wovon sich Fränkel gelegentlich
späterer Operationen wegen anderer Erkrankungen autoptisch über-
zeugen konnte. Um Ihnen zu zeigen, was diese Methode zu leisten `
imstande ist, will ich ganz kurz über einen Fall. von Späth be-
richten, der einen eklatanten Erfolg dieser Therapie, darstellt und
zeigt, daß es sich mitunter auch bei aussichtslos erscheinenden
Fällen lohnt, wenigstens einen Versuch zu machen. ee Ä
Es handelte sich um eine sehr heruntergekommene, hochfiebernde
Patientin, die neben dem Uterus einen mannsfaustgroßen, tuberkulösen
Tumor ‚hatte. Eine Laparotomiewunde wie auch eine nachträglich an-
gelegte Inzisionswunde von der Scheide aus waren nicht verheilt, Es
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
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bildete sich am Abdomen eine handtellergroße Granulationsfläche mit
allen Zeichen des tuberkulösen Charakters. Dazu kamen noch mehrere
Dünndarmfisteln, welche die Patientin vollkommen herunterbrachten.
Späth, der den Fall für verloren ansah, versuchte — ut aliquid fieri
videatur — die Röntgenbestrahlung mit dem verblüffenden Erfolg, daß
sich nach wenigen Bestrahlungen die Darmfisteln schlossen, die Wund-
sekretion nachließ, die Granulationen sich besserten und die Wunde
am Abdomen kleiner wurde. Nach 18 Bestrahlungen war die Wunde
zur Stecknadelgröße verheilt, die Fistel in der Scheide geschlossen,
die Infiltrationen in der Tiefe waren nicht mehr zu tasten und das
Allgemeinbefinden war ein sehr befriedigendes. |
Eine größere Zusammenstellung über die Erfolge dieser Be-
handlungsmethode brachte Bircher (Aarau 1907), der von 43°,
Heilungen und 31°/, Besserungen berichtet. Zu ähnlichen Resul-
taten kamen Gauß (Freiburg), Lorey (Hamburg), Hilpert (Er-
langen) und viele andere. Die Behandlung muß sehr. vorsichtig
und individualisierend durchgeführt werden. Auch darf man nicht
gleich mutlos nach der ersten oder zweiten Bestrahlung aussetzen,
wie dies ja der Fall von Späth hinlänglich zeigt. — Von einer
gewissen Bedeutung soll nach Iselin das Verhalten der Mesenterial-
drüsen sein, insofern als bei Vorhandensein einer Eiterung der-
selben allenfalls mit der Gefahr einer Perforation gerechnet werden
müßte; aus diesem Grunde empfiehlt der Autor, sich durch Probe-
laparotomie von dem Charakter der Mesenterialdrüsen zu über-
zeugen. Wenngleich diese Möglichkeit zugegeben werden muß, ins-
besondere etwa dort, wo eine Überdosierung stattgefunden hat und
wir beim Eintritt stürmischer Erscheinungen etwa unter dem Bilde
einer Perforation des Wurmfortsatzes daran denken müssen, so sind.
ja glücklicherweise solche Vorkommnisse recht selten.
Bezüglich der Röntgenbehandlung der Darmtuberkulose
bestehen gewisse Meinungsverschiedenheiten. Während einige
Autoren überhaupt davon abraten, weil allenlalls hierdurch eine
‚Perforation provoziert werden könnte, macht z. B. Bacmeister,
der gerade auf dem Gebiete der Röntgenbehandlung der Tuber-
kulose eine außerordentliche Erfahrung besitzt, von dieser Therapie
ausgiebigen Gebrauch. Im großen und ganzen kann man wohl
sagen, daß sich bei Vorhandensein multipler Ulzerationen im Darm
eine Bestrahlung nicht empfiehlt, bei umschriebener Lokalisation
wie z. B. bei der Ileozökaltuberkulose die Röntgentherapie aber an-
gezeigt erscheint, wie aus einer Publikation von Reh (Frankfurt)
hervorgeht, der über eine operativ bestätigte Heilung einer aus-
gebreiteten Ileozökaltuberkulose nach Röntgenbestrahlung berichtete.
Die Tuberkulose des weiblichen Genitaltraktes,
. welche häufig zusammen mit der Bauchfelltuberkulose, wohl aber
auch für sich gesondert auftritt, bildet ein weiteres Anwendungs-
feld der Röntgentherapie. Insbesondere sind die Erfolge im Ver-
gleich zu der operativen Behandlung dieses Leidens, welche eine
primäre Mortalität von durchschnittlich 10%, hat und oft schwere
Komplikationen in Gestalt von Kotfisteln nach sich zieht, recht
gute zu nennen. — Auch postoperativ wird die Röntgenbestrahlung
warm empfohlen. So berichtet Vogt aus der Frauenklinik in
Tübingen, daß dort nach Probelaparotomien oder auch unvoll-
kommener Entfernung erkrankter Adnexe stets die Bestrahlung
durchgeführt werde mit dem Erfolg, daß die Dauerheilungen nach
der postoperativen Bestrahlung 80°/, betragen, während die rein
operative Behandlung nach den Erfahrungen der Gynäkologen nur
330/, Dauerheilungen aufweist. Außerdem kam nach dem ‘genannten
Autor kein einziger Fall von einer Fistel zur Beobachtung, während
die Operationsstatistik z. B. von Krönig 8°/, Kotfisteln aufweist. —
Als ein günstiger Faktor kommt noch die Röntgenamenorrhoe
hinzu, welche durch den Wegfall der Menstruation eine Ruhig-
stellung der Beckenorgane bewirkt, was ja im Sinne der „Ent-
lastung* wie z. B. bei dem tuberkulös erkrankten Gelenk die
wichtigste Bedingung einer erfolgreichen Tuberkulosetherapie ist.
© Von den tuberkulösen Erkrankungen des männlichen
Genitaltraktes reagiert erfahrungsgemäß die Epididymitis
am besten, insbesondere wenn die Erkrankung auf das Organ allein
beschränkt ist. Daß bei dieser Therapie außer den tatsächlichen
Erfolgen, über welche zahlreiche Autoren wie Wetterer, Bircher,
Lorey, Freund, Ullmann berichten, noch die Erhaltung des
wenn auch seiner Zeugungskraft beraubten Hodens in die Wag-
schale fällt, soll hier nicht unerwähnt bleiben, da ja gerade der
verstümmelnde Effekt der Kastration auf blutigem Wege die Kranken
von der an sich kleinen Operation zurückschrecken läßt. Wer es
je erlebt hat, unter welcher schweren psychischen Depression
manche Männer stehen, welche operativ ein- oder gar doppelseitig
kastriert wurden, der wird gewiß eine Behandlungsmethode, welche
die Möglichkeit der Erhaltung des Organes gewährleistet, nur leb-
andere Hoden war früher wegen derselben Erkrankung
halt begrüßen. — Wie sehr man dabei unrecht tut, wenn man
gerade hier allzu rasch zum- Messer greift, soll Ihnen ein Fall aus
meinem Material zeigen. Es handelte sich um einen jungen Forst-
mann, der neben einer Lungenaffektion mäßigen Grades eine
schwere spezifische Erkrankung des Nebenhodens mit Übergreifen
auf den Hoden und einer eitrig-sezernierenden Fistel aufwies. Der
, die aber
nicht so arg gewesen sein soll, wie die auf dem erhalten ge-
bliebenen Hoden, entfernt worden. Nach 5 Bestrahlungen heilte
der Prozeß vollständig aus, indem sich zunächst die Fistel schloß
und sich dann der früher hühnereigroße Hoden zur normalen Größe
zurückbildete. Der Fall ist seither, es sind nunmehr 3 Jahre ver-
strichen, geheilt, der Mann geht seinem recht anstrengenden Beruf
als Jagdaufseher nach. — Auch die Spermatocystitis tuber-
culosa wie auch die Prostatatuberkulose lassen sich nach den
Berichten verschiedener Autoren sehr günstig beeinflussen. So hat
Wetterer bei 8 Fällen von Prostatatuberkulose 6 Heilungen ge-
sehen, die beiden restlichen wurden erheblich gebessert. Ich kann
diesen Fällen aus meinem Material auch einen Fall angliedern, bei
dem neben einem faustgroßen tuberkulösen Tumor in der Blasen-
gegend eine Mitbeteiligung der Samenblasen und der Prostata
konstatiert werden konnte. Nach dreimaliger Bestrahlung war der
Tumor in der Blasengegend vollständig verschwunden, die lästigen,
subjektiven Symptome der Spermatozystitis hatten aufgehört und
die Prostata hatte sich zur Norm verkleinert.
Auch die Tuberkulose der Niere, des Nierenbeckens
und der Blase wurde durch Röntgenbestrahlung zu beeinflussen
versucht.. Für die tuberkulöse Erkrankung der Niere gilt die
Nierenexstirpation für die Methode der Wahl. Gleichwohl weist
z. B. Lorey auf Grund seiner Erfahrungen darauf hin, daß es in
Fällen, welche stationär sind und sich unter einer allgemeinen Kur
bessern, angezeigt erscheint, vor der Operation den Versuch mit
der Röntgenbestrahlung zu machen. — In Fällen von beiderseitigem
Ergriffensein des Organs oder Erkrankung der verbliebenen einen
Niere nach Exstirpation ist die Röntgenbestrahlung unbedingt
- indiziert. — Sehr günstig verhält sich nach den Berichten von
Wetterer und Lorey die Blasentuberkulose. Die schmerzhaften
Tenesmen schwinden rasch, die Blutungen hören auf. Von 15 Fällen
Wetterers wurden 8 weitgehend gebessert, 6 anscheinend ge-
heilt, 1 Fall, der durch eine vorgeschrittene Lungenphthise kompli-
ziert war, wurde nur wenig beeinflußt. — Zur Erhöhung der Strahlen-
wirkung wurde versucht, durch Füllung der Blase mit Silberlösungen
Sekundärstrahlen zu erzeugen. Die Versuche von Lenk bestätigten
diese Annahme nicht. | 3
Das unstreitig erfolgreichste Gebiet der Röntgentherapie bei
der Tuberkulose bilden die Lymphome. Sie gehörten früher ganz
und gar in die Domäne der Chirurgie. Mit der genaueren Kenntnis
der Tuberkulose, ihres Beginnes, ihrer Ausbreitung und Heilung,
mußte sich der Gedanke durchsetzen, daß eine lokale Operation bei `
dem allgemeinen Charakter der Erkrankung wenig Zweck habe.
Hat doch jeder Chirurg oft und oft die Erfahrung gemacht, daß
die Exstirpation oder Exkochleation auch aller ihm erreichbaren
Drüsen keineswegs vor dem häufig recht baldigen Rezidiv bewahrte.
Auch in kosmetischer Hinsicht waren die Erfolge wegen der.olt-
mals recht häßlichen, mitunter keloidartig sich entwickelnden Narben
keineswegs erfreuliche. Es haben denn auch die meisten Chirurgen
bei den Lymphomen das Messer aus der Hand gelegt. In der Röntgen-
behandlung haben wir aber eine Therapie, welche in bezug auf
Einfachheit, Schonung, dauernden und kosmetischen Erfolg der bis-
_ herigen chirurgischen Behandlung sich als überlegen erweist, wofür
man die längere Behandlungsdauer gern in Kauf nehmen kann,
zumal ja diese Therapie ambulatorisch und ohne Berufsstörung des
Patienten durchgeführt werden kann. |
. Für die Beurteilung der voraussichtlichen Behandlungsdauer
sind die jeweiligen Veränderungen maßgebend. Die geschlossenen,
einfach indurierten Drüsen bilden die günstigste Form. Sie ver-
kleinern sich meist rasch nach wenigen Bestrahlungen, wobei meist
eine reaktive Anschwellung zu beobachten ist. Diese Verkleinerung
setzt sich unter der fortgesetzten Behandlung. bis auf etwa Erbsen-
größe fort. Auf diesem Standpunkt bleiben dann diese Residuen,
welche nach den histologischen Untersuchungen von Wetterer ans
bindegewebig indurierten oder verkalkten Lymphdrüsenresten be-
stehen. Die für die tuberkulöse Erkrankung charakteristischen
Zellen wie auch Tuberkelbazillen wurden nicht gefunden. Es be-
stehen demnach die Zeichen einer faktischen Heilung. — Die g8-
schlossenen Drüsen mit Vereiterung oder Verkäsung
reagieren ebenfalls recht gut, doch bedarf es besonders bei den
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Strohmeyer aus
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verkästen Drüsen einer längeren Behandlung. Nach der Statistik
von Wetterer bedarf es bei dieser Form gewöhnlich 6—10 Be-
strahlungen bis zum endgültigen Erfolg. Eine Verkürzung kann die
Behandlung dadurch erfahren, daß man vor jeder Bestrahlung unter
streng aseptischen Kautelen mit einer dicken Spritzennadel den
Fiter aspiriert oder durch Stichinzision entleert. Ich habe auf diese
Weise bis hühnereigroße Drüsen unter viermaliger Bestrahlung ver-
schwinden gesehen. Große, untereinander: verbackene, tiefliegende
Drüsenpakete nehmen natürlich längere Zeit in Anspruch, doch’
sieht man auch hier nach mehreren Bestrahlungen die große, ge-
spännte Geschwulst sich in einzelne Knoten auflösen, die langsam
beweglich werden, sich verkleinern und bis zu den oben erwähnten
kleinen Resten zurückbilden. — Die offenen, vereiterten Drüsen
nit Fisteln bedürfen erfahrungsgemäß 10—15 Bestrahlungen bis zu
ihrer Heilung, was mit entsprechenden Intervallen zur Schonung
der Haut 1 Jahr und auch mehr dauern kann. Dieses Verhalten
der offenen Fälle hat wohl seinen Grund in der Mischinfektion, die
diesen Prozessen stets anhaltet und sich durch die Bestrahlung bei
weitem nicht so gut beeinflussen läßt wie die spezifischen Ver-
änderungen. Wir müssen uns daher hüten, durch eine unnötige
Inzision aus einem geschlossenen, wenn auch fluktuierenden Prozeß
einen offenen, mischinfizierten zu machen. Hier ist die Entleerung
darch Punktion oder Stichinzision mit nachfolgender Bestrahlung
“am Platze. — Auf einen Umstand möchte ich hier noch hinweisen.
- h Fällen von Lymphomen mit gleichzeitig bestehenden floriden
Lungenprozessen kommt es mitunter kurz nach der Bestrahlung zu
stärkeren Temperaturanstiegen. Diese Tatsache, welche sich aus
den eingangs erörterten biologischen Vorgängen zwanglos erklärt,
weist uns an, in allen diesen Fällen den Zustand der Lunge ge-
nauestens zu beobachten, anfangs nur mit sehr kleinen Dosen zu
versuchen, langsam vorzugehen, bei rasch progredienten Fällen aber
lieber die Bestrahlung sein zu lassen. |
Noch ein großes und erfolgreiches Indikationsgebiet der Röntgen-
therapie soll Erwähnung finden, die Gelenks- und Knochen-
tuberkulose. Die ersten Versuche der radiologischen Beeinflussung
dieser Krankheitsgruppe reichen bis zu den Anfängen der Röntgen-
therapie in das Jahr 1898 zurück. Damals berichtete Kirmisson
über eine erfolgreiche Bestrahlung einer fungösen Erkrankung der
Hand, Dieser Veröffentlichung folgten bald andere, so von
Rudis-Jicinsky (1904), Freund (1904) und Gregor (1905).
Die erste größere Zusammenstellung (41 Fälle mit 24 Heilungen
‚ md {7 Besserungen) brachte Iselin, der Wetterer, Reichold,
Belot, in neuerer Zeit Moll, Mühlmann u.a. weitere Berichte
Aber die günstige Wirkung dieser Therapie folgen ließen.
Am besten verhielten sich anfangs die kleinen und flachen,
mehr oberflächlich gelegenen Knochen und Gelenke, vornehmlich
wohl deshalb, weil mit den früher gebräuchlichen Apparaten und
Khren eine gleichmäßige Durchstrahlung der tiefer gelegenen, von .
größeren Weichteilen umgebenen Knachen nicht möglich war. Erst
als man durch entsprechende technische Verbesserungen, vor allem
aber durch Methoden wie den Umbau der Gelenke durch Bolus
oder Radioplastin nach Jüngling die Möglichkeit zu einer gleich-
mäßigen Auswirkung der Strahlen in dem erkrankten Gewebe schuf,
wurden auch in den tiefergelegenen Regionen gleich gute Resultate
erzielt. — Soll die Röntgenbehandlung einen Erfolg haben, so muß
Pla soll hier gleich vorweg genommen werden — eine Entlastung
„es erkrankten Gelenkes oder Knochens durchgeführt werden. Außer-
em sollen mit derselben die übrigen, gebräuchlichen Maßnahmen
din Hand gehen. Aber selbst dort, wo man auf die Röntgen-
handlung allein angewiesen ist, können ganz ausgezeichnete Er-
olge “erzielt werden. Das zeigt beispielsweise eine Mitteilung von
e der Jenenser Chirurgischen Klinik (Geheimrat
exer). Unter 14 Fällen von Hüftgelenkstuberkulose wurden 18
age und nach einer Beobachtungsdauer von 80 Monaten rezidiv-
a aade Bei Kniegelenkstuberkulose ergab die Nachunter-
kr w: 66%, Dauerheilung, von 6. Fallen ‘mit spezifischer Er-
ung des Ellenbogengelenkes wurden 5 geheilt, 5 Fälle von
bet s Handgclenkes heilten alle. Die Behandlungsdauer
die So durchschnittlich bei diesen Fällen 8—15 Monate. — Selbst
ge p Pondyiitig ist, wie dies aus verschiedenen Mitteilungen hervor-
Ton e Heilung durch Röntgenbestrahlung zúgänglich. — In der
S et zu Zeit durchzuführenden Röntgenaufnahme haben ‚wir "eine
sich gute Kontrolle des Heilungsverlaufes. Röntgenologisch läßt
Ion ne Karies auch ohne sichtbaren Herd durch die Dekalzination
nochens erke
ler K nnen.
Hin chen ein eigentiimlich fleckiges Aussehen erhält. Später
dann diese Kalkarmut zu, so daß oft die ganze Struktur
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.36.
Oft ist dieselbe nur stellenweise, so daß:
verloren geht. Erst während des Heilungsprozesses, wenn sich die
Knochenbälkchen deutlicher zeigen, kann man manchmal den Herd
als šolchen erkennen. Langsam kommt es dann zu einer strich-
förmigen Kalkablagerung parallel zu. den Gelenkslinien oder man
sieht ringförmige, dichtere Schatten um die Knochenherde liegen,
so daß diese eine scharfe Begrenzung aufweisen und oft wie aus-
gestanzt aussehen. Diese scharfe Begrenzung der ehemaligen Er-
krankungsherde ist als prognostisch günstiges Zeichen zu werten.
Schließlich wäre hier noch die Sehnenscheidentuber-
kulose zu erwähnen. Von den drei Formen derselben, der fungösen,
der knotigen und dem sogenannten Reiskörperchenhygrom reagieren
nach Wetterer die beiden ersten gut und rasch, während die letzte
Form längere Zeit beansprucht und weniger gute Resultate gibt.
Immerhin erscheint auch für diese Form die Bestrahlung indiziert,
da die Resultate immerhin befriedigend sind und andere thera
peutische Maßnahmen nur wenig helfen.
Als Kontraindikation für die Röntgenbehandlung der tuber-
| kulösen Erkrankungen gilt nach Mühlmann (Stettin) das Vorhandensein
einer Amyloid- oder Schrumpfniere. Er sah bei geringer amyloider
Entartung mit kleinen Eiweißmengen schon nach einmaliger Bestrahlung
ein plötzliches Ansteigen der Eiweißmenge auf 16°%/,. Ebenso beob-
achtete er bei bestehender chronischer Nephritis auf Bestrahlungen hin
urämische Erscheinungen. — Diese Wahrnehmungen müssen uns ver-
anlassen, unser Krankenmaterial auf diese beiden Veränderungen: hin
ganz besonders genau zu untersuchen.
M.H.! Ich bin am Schlusse meiner Ausführungen angelangt.
Ich habe versucht, Ihnen aus der Fülle der, Literatur über dieses
große und interessante Gebiet unter Beibringung fremder und
eigener Erfahrungen einen Überblick zu geben. Wir müssen uns
dabei vor Augen halten, daß wir durch die Röntgenbestrahlung den
natürlichen Heilungsvorgang anregen und unterstützen wollen, nicht
aber durch unsere Maßnahmen in diesen Prozeß brüsk eingreifen
dürfen.
ob bei außerpulmonaler Lokalisation der Erkrankung nicht auch
pulmonale Prozesse bestehen, welche bei entsprechendem Charakter
natürlich die Prognose wesentlich trüben werden. Endlich sei
nochmals betont, daß die Röntgenbestrahlung wohl als alleiniger
Heilfaktor Ausgezeichnetes zu leisten imstande ist, sinngemäß aber
als eine Komponente des modernen Therapieplanes gegen die
Tuberkulose betrachtet werden soll. i;
Aus der Inneren Abteilung des St. Hedwig-Krankenhauses Berlin
(Chefarzt: Geh. Rat Dr. Wirsing). | |
Über die Behandlung fieberhafter Erkrankungen :
mit Omnadin unter besonderer Berücksichtigung des
sepfischen Abortes. et
Von Franziosei Cramer, Assistenzarzt an der Abteilung.
In den letzten Jahren ist mit den Fortschritten, welche die
Erforschung der Immunitätsvorgänge bei Infektionskrankheiten und
die Lehre der Proteinkörpertherapie gemacht. hat, auch die Zahl
der zum ärztlichen Gebrauch gelangenden Mittel, die auf diesen
Forschungen sich aufbauen, ständig im Wachsen begriffen.. Wie
denn aber das Forschungskapitel über Immunität und Reizkörper-
therapie noch keineswegs erschöpft und abgeschlossen ist, so er-
scheint es natürlich, daß ‘auch keines der bisher gebräuchlichen
Mittel einen nach allen Richtungen hin befriedigenden Erfolg zu
verzeichnen hat. Vielmehr hat sich für die, einzelnen Präparate zur
Erzielung bzw. zur Unterstützung von Immunitätsvorgängen — ich
denke "hier speziell an die „unabgestimmte“* Immunität. — und
für die Mittel zur Reiztherapie meistens ein umgrenzter -Bezirk von.
Krankheiten ergeben, bei denen sie besonders wirksam sind. So
z. B. das Yatren-Kasein für Gelenk- bzw. Knochenerkrankungen
und Neuritiden, Schwefelpräparate bei Gelenkentzündungen, Ter-
pentin- und Gilyzerinpräparate bei Unterleibs- ‘bzw. Hantaffek-
tionen, Vakzineurin ‚bei Neuritiden und Neuralgien usw. Dabei
bergen diese Präparate, entweder dadurch, daß sie Reaktionen, wie
Fieber, Übelkeit, Kopfschmerzen bei vielen Fällen hervorrufen, oder
durch eine komplizierte Anwendungsweise (intravenös, ‚sehr genaue
Dosierung usw.) für die Allgemeinpraxis gewisse Gefahren in sich.
Es wäre deshalb sehr zu begrüßen, wenn sich ein einfach anzu-
wendendes und doch gut wirkendes Mittel fände, das auch auf einen
möglichst großen Komplex infektiöser bzw. fieberhafter Erkran-
kungen Anwendung finden könnte. Im folgenden sollen unsere Er-
fahrungen, die wir mit der Vollimmunovakzine „Omnadin“ gemacht
1247
Wichtig ist für die Frage des Erfolges stets der Umstand,
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haben, die in mancher. Hinsicht die vorher erhobenen Forderungen
erfüllt, dargelegt werden. | | i ,
Omnadin ist eine Immunvollvakzine, die von der Firma Kalle & Co.,
Biebrich, hergestellt wird. Es ist eine aus reaktiven Eiweißstofien,
Lipoiden und animalischen Fettstoffen hergestellte Vakzine, deren Zu-
sammenstellung auf den grundlegenden Lehren Muchs über die Be-
deutung der Lipoide und Fettstoffe als Träger der unabgestimmten
unspezilischen Immunität. fußt.. Näheres ist aus der bereits zahlreich
vorliegenden Literatur -über Omnadin zu ersehen. Ich verweise nur
auf die Arbeiten von Much, Kremer, .Schnaudigel, Bernheim, .
Boehncke u. Ignse u. a. "Omnadin nimmt sozusagen eine Mittel-
stellung zwischen der Proteinkörper- und Serumtherapie ein. Wir
haben seit Mitte 1928 auf der inneren Station 29 Fälle fieberhafter Er-
krankungen ohne besondere Auswahl mit Omnadin behandelt. Ich er-
laube mir nun, zunächst eine kurze Übersicht über die behandelten
Fälle vigon zu lassen, um anschließend daran einige besonders inter-
essante Fälle genauer mit der. Fieberkurve zu besprechen. | |
ch Bei 7 Fällen von septischem Abort bewirkte Omnadin 3 mal
Jytischen, 2 mal kritischen Temperaturabfall. 2 mal blieb Omnadin ohne
- ‚jeglichen Einfluß auf die Erkrankung. Bei 6 Fällen von schwerer appe
pneumonie (in beiden Lungen waren bei all diesen Erkrankungen broncho-
pneumonische Herde) wurde nach Omnadininjektion 4 mal Iytische Ent-
+ Heberung erreicht, 2mal blieb Omnadin ohne besonderen Einfluß auf
' -die' Erkrankung. Bei 5 Fällen von Polyarthritis rheumatica. recidiva
mit Endokarditis hatte Omnadin nur imal einen guten Erfolg, und
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: kungen wurden bisher nicht mit Omnadin behandelt, 2 Fälle von Pyelo-.
‚zystitis (bei einem Fall handelte es sich um' eine Kolizystitis) wurden
durch Omnadininjektionen entliebert, ebenso gingen die übrigen klini-
schen Erscheinungen, wie ee Blasentenesmen, Leukozyten
und Epithelausscheidungen rasch zurück. 2 Erysipelfälle erfuhren durch
Omnadin eine kritische Entfieberung am folgenden Tage mit Rückgang
der lokalen Entzündungserscheinungen. Furunkulose wurde in 2 Fällen
mit durchaus gutem Erfolg behandelt. Bei einem dieser Fälle, der
mit Lymphangitis und Lymphadenitis Pompuan war, gingen die Ent-
. zündungserscheinungen der zugehörigen Lymphwege einen Tag nach
= der Injektion mit kritischer Entfieberung gleich zurück. ‘Sehr erfreu-
‚lich war die Wirkung von Omnadin auch bei einem Fall von Menin-
gitis-serosa. Es fanden sich bei diesem Fall Stauungspapillen beider-
seits, ferner bestand dauerndes Erbrechen und subfebrile Temperatur.
Die Untersuchung des Lumbalpunktates ergab nur eine starke Lieuko-
zytenvermehrung. Die Wä.R. des Blutes und des Punktates war nega-
tiv. Nach 3 Spritzen Omnadin ging die Temperatur dauernd unter
37 zurück, das Erbrechen ließ vollständig nach, das Allgemeinbefinden
besserte sich zusehends und auch die Stauungspapillen gingen zurück.
Pat. kam als gebessert zur Entlassung. Bei je einem Fall von Menin-
gitis tuberculosa und Meningitis epidemica blieben Omnadininjektionen
ohne jede Wirkung. Bei einem Fall von Paratyphus nach Fleisch-
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- Temperatur, Bronchopneumonie und Thrombose kompliziert war, wurde
durch 4 Omnadininjektionen eine lytische Entfieberung mit Rückgang
aller klinischen Erscheinungen erzielt. Als letzter wurde ein Fall von
Gonarthritis des linken Handgelenkes, der trotz Besserung dauernd
mit subfebriler Temperatur verlief, durch Omnadininjektionen dauernd
entfiebert. arten: |
| Aus dem oben Geschilderten erkennt man, daß die Anwen-
‚ dung von Omnadin in den weitaus meisten Fällen von recht gutem
Erfolg begleitet war, besonders bei ganz akuten Erkrankungen und
bei möglichst frübzeitiger Applikation. Die Dosierung des Omnadin,
das intramuskulär (am besten intraglutäal) injiziert wird, ist bei
den einzelnen Erkrankungen ganz individuell. Eine Schädigung
durch Überdosierung haben wir nie beobachtet, was ja überhaupt
einer der. Hauptvorzüge des Omnadin in seiner gänzlich gefahrlosen
"Anwendung ist, im Gegensatz zu anderen parenteralen Mitteln, die
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‘Wir haben nie eine Verschlechterung, die auf Omnadin zurück-
‚geführt werden könnte, gesehen, auch keine Herdreaktionen. Wir
haben gewöhnlich bei schweren Erkrankungen jeden Tag 2 ccm
injiziert. ‘Bei weniger schweren Erkrankungen jeden zweiten Tag.
Mehr als 6 Spritzen haben wir bei keinem Fall gegeben. In vielen
Fällen taten bereits 2—3 Injektionen. ihre Schuldigkeit.
Es sei mir nun gestattet, den Verlauf einiger besonders
_ interessierender Fälle darzulegen.
28jährige Patientin kommt, nachdem draußen ein Abort im
dritten Monat ausgeräumt ist, wegen hohen Fiebers mit Schüttelfrost
zur Aufnahme. Die Diagnose wird auf Abortus incompletus im dritten
Monat gestellt. Gleich nach der Aufnahme wird wegen Blutungen der
' Uterus digital ausgeräumt. Das Fieber geht in den folgenden Tagen
zunächst herunter. Nach 7 Tagen tritt wieder Schüttelfrost mit hohem
Fieber auf. Leichte Bauchdeckenspannung. Injektion von Omnadin
bei einer Temperatur von 39. Am folgenden Tage ist die Temperatur
auf 38 ee tee Sy Es wird erneut Omnadin gegeben. Abends 38,4
am folgenden Tage 37,5. Es wird nochmals Omnadin injiziert. Darauf
sinkt die Temperatur in den beiden folgenden Tagen unter 37 und hält
Gr: 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. 5
zwar bei einer mehr subakuten Form. Akute Fälle von Gelenkerkran- |
vergiftung (Widalsche Reaktion für Paratyphus pn der mit hoher :
‘sehr oft nach jeder Applikation starke Reaktionen hervorrufen. |
= T. September
sich weiter. auf ńormaler Höhe.: Die klinischen Erscheinungen sind
ebenfalls bedeutend gebessert. |
. - jährige Patientin wird wegen Schüttelfrost mit hohem Fieber
und Blutungen eingeliefert. Die Diagnose .wird auf septischen Abort
gestellt. Digitale en EE die Plazenta in toto entfernt
o
wird. Die Temperatur ist am enden Tage normal, um Tags darauf
wieder auf 39,4 zu. steigen mit Schüttelfrösten. Injektion von 2- ccm
Omnädin an den drei folgenden. Tagen, wobei die Temperatur über
39, 38,7, 37,2 zur Norm herabsinkt, um auch weiter normal zu bleiben.
2ljährige Patientin kommt zur Aufnahme wegen Sepsis post
abortum. Es ist draußen eine Kürettage gemacht worden, und zwar
2 Tage vorher. Einen Tag später Schüttelfröste und hohes Fieber.
Stark riechender Ausfluß mit Blut vermischt. Diagnose: Sepsis post
abortum. Die Temperatur steigt unter Schüttelfrösten auf 39 und fallt
nach mehrmaliger Injektion von Omnadin allmählich zur Norm ab,
“ebenso gehen die klinischen Erscheinungen allmählich zurück.
33jährige Patientin kommt zur Aufnahme wegen Schüttelirösten
mit hohem Fieber, das im ‘Anschluß an einen 14 Tage vorher statt-
gefundenen ‘Abort eintrat. Eine Ausräumung war draußen nicht ge-
macht worden. Seit dem Aborte verlor Patientin dauernd Stücke von
Blut und hatte recht erhebliche Schmerzen. Da das Fieber immer-
während stieg und die Schüttelfröste sich häuften, kommt die Patientin
ins Krankenhaus. Die Diagnose wird auf Abortus incompletus sept.
gestellt. Es wird gleich nach der Aufnahme eine digitale Ausräumung
ausgeführt, - wobei die Plazenta mit den Eihäuten in toto entfernt
wird. Nachdem zunächst die Temperatur heruntergegangen ist, steigt
sie nach 3 Tagen unter heftigen Schüttelfrösten wieder zu einer Höhe
zwischen 39 und 40. Darauf jeden Tag Schüttelfrost mit hohem Fieber.
Trotz mehrmaliger Injektion von Omnadin ist eine Beeinflussung des
Fiebers und des. Allgemeinzustandes nicht zu erreichen. Die Patientin
kommt nach 14 Tagen ad. exitum. Es ist bei diesem Fall besonders
zu beachten, daß die Infektion höchstwahrscheinlich schon etwa 3 Wochen.
vor der ersten Omnadin-Injektion eingetreten war.
-iara
Für die Wirkung des Omnadin sehr bezeichnend verlief folgender
Fall. . 32jährige Patientin wird eingeliefert mit schweren Grìppe-Er- |
scheinungen. Bei der ersten Untersuchung ist über beiden Lungen
nur raube Atmung zu hören, sonst kein Lungenbefund. Die Temperatur
hält sich in den ersten Tagen dauernd zwischen 38 und 39. Erst am
dritten Tage hört man über beiden Lungenunterlappen lautes Bronchial-
atmen, besonders links, verbunden mit feinen bis mittleren Raässel-
geräuschen. Am folgenden Tage hört man auch über dem linken Ober-
lappen Bronchialatmen mit Rasselgeräuschen.
ach 12 Tagen
87—37,5 abgefallen. Dafür
wirbel abwärts ein Pleuraerguß
ebildet. Die Seen ergibt.
klare seröse Flüssigkeit.
Die anschließende Punktion fördert ca. 650 cem
hält sich dauernd zwischen 37 und 38. Nach etwa 5 Tagen hat sich
der Erguß links hinten unten bereits wieder vergrößert.
maliger Punktion werden nur etwa 200 cem leicht
entfernt. Da infolge von Verklebungen und Verwachsungen eine
größere Menge nicht zu bekommen ist, wird nach 2 Tagen morgens
9 ccm Omnadin injiziert mit dem Erfolge, daß am Abend die Temperatur
"auf 36,8 gesunken ist. Am folgenden Tage wird nochmals Omnadin
gegeben und die Temperatur ‘bleibt dauernd unter 37, der. Erguß
ildet sich zurück. DE E
28jährige Patientin, die bereits 3 Jahre vorher eine Polyarthritis
durchgemacht hat, wird aufgenommen wegen schwerer Polyarthritis
rheumatica beider Knie-, Fuß- und Handgelenke. Über der Herzspitze
hört man ein lautes systolisches Geräusch, ein leiseres über allen
Ostien. Diagnose: Endokarditis, Polyarthritis rheum. Die Temperatur
beträgt in den ersten beiden Tagen 38,3 bzw. 38,4. Am dritten Tage
werden 2 ccm Omnadin injiziert und ebenso an den folgenden 4 Tagen.
Die Temperatur fällt daraufhin innerhalh von 6 Tagen auf 36,8, um sich
auf dieser Höhe weiter zu bewegen. ` Die klinischen Erscheinungen,
wie Gelenkschwellungen und besonders auch die Herzerscheinungen
(das systolische Geräusch ist tageweise überhaupt nicht mehr festzu-
stellen) gehen schnell zurück. l i 2
._ S4jährige Patientin wird eingeliefert mit Schüttelirost und hohem
Fieber. Heftige kolikartige Schmerzen in der linken Nierengegend.
Diagnose wird auf Pyelo-Zystitis gestellt. Im Urin befinden sich
massenhaft Leukozyten, Blasen- und Nierenbeckenepithelien. _ Ebenso
zahlreich Kolibakterien. Temperatur abends 39, morgens 36,8. Es
werden gleich am ersten Abend 2 ccm Omnadin injiziert, und ebenso
an den drei folgenden Abenden. Vier Tage nach der Aufnahme ist
zu bleiben. Der Urinbefund besserto sich zusehends. Kolikschmerzen
treten überhaupt nicht mehr auf. | . ü
Bei einer Patientin, die wegen Morphinismus in Behandlung
stand und bei der zahlreiche Morphium-Abszesse sich bildeten, trat
während der Behandlung am rechten Arme von einem geöffneten
Abszeß ausgehend, ein Erysipel auf. Schüttelfrost, Temperatur 39,4.
Stark gestörtes Allgemeinbefinden. Es werden ebenfalls 2 ccm Omnadin
injiziert, am folgenden Morgen Temperatur 37,2, gutes Allgemein-
befinden, die Entzündungserscheinungen am rechten Arme sind fast
gänzlich zurückgegangen. Das Fieber fällt am folgenden Tage zur Norm.
Der Allgemeinzustand
ist infolge einer Kreislaufschwäche nicht unbedenklich.
ist unter Abklingen der Lungenerscheinungen die Temperatur auf.
hat sich links etwa vom sechsten Brust-
klares Exsudat zu Tage. Spezifisches Gewicht 1019. Die Temperatur
Bei noch- `
etrübten Exsudates
die Temperatur auf 36,4 gefallen, um dauernd auf normaler Höhe stehen
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T, September 00; 192£ — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
Zusammenfassung: Aus dem oben Dargelegten eht hervor 5 x PIEN NRR
daß die Anwendung der Immunvollvakzine Omnadin bei allen akuten Schlußwort zu der Entgegnung auf den Aufsatz
fieberhaften Erkran ange für die ein zuverlässiges, ohne Gefahren an- in Nr. 28.
zuwendendes spezifisches Mittel nicht existiert, besonders auch bei | |
zweilelhaiter Diagnose, in Frage zu ziehen ist. Besonders für den Von Prof. Dr. A. Moeller. E |
praktischen Arzt kann es wegen seiner leichten Dosierbarkeit und Ge- . A BE: ivo d Herren Dührssen
fahrlosigkeit dringend empfohlen werden. Vor allem komnit es bei der Nach Beendigung der Vorträge der
und Dahmer über das Weningersche Heilmittel in der Berliner ta
Medizinischen Gesellschaft wandte ich mich an den persön- en
lich anwesenden Herrn Weninger und bat ihn, mir zur Nach-
Entgegnung auf den Artikel von Prof. A. Möller in prüfung der soeben geschilderten angeblichen Heilerfolge sein
Nr. 28: „Zur Frage der Weningerschen Inhalationskur | Mittel zu überlassen; ich stieß aber auf starken passiven Wider- |
bei Lungentuberkulose.“ | | stand, „das Mittel sei noch unterwegs von Amerika“. Er wies mich 5, |
i EN an den Vortragenden Herrn Dahmer, welcher das Weningersche > ;o
Von Prof. Dr. v. Weninger, zurzeit Berlin. i
Inhalationsmittel besäße und es bei Patienten in Anwendung
Ohne auf die theoretischen Einwendungen Möllers gegen die | brächte, worauf ich mich sogleich an Herrn Dahmer wandte.
Wirksamkeit meiner Inhalationskur bei Lungentuberkulose einzu- Letzterer sagte mir, Herr Weninger gäbe das Mittel nicht ab
gehen, die die praktische Erfahrung bald als haltlos erweisen wird, | aus Furcht, es könne analysiert werden, ich möchte aber an ihn -
beschränke ich mich auf folgende Erklärung: Patienten zur Inhalation überweisen, was ich ausgeführt (bis i
Herr Möller hat mir gegenüber mündlich, der Redaktion der | Patient Nr. 4 zurückkam mit der Mitteilung, der Entdecker des l
M.Kl. gegenüber auch noch schriftlich zugegeben, daß die Fälle 1, | Heilmittels habe kein Material mehr) und wovon ich die Rösultate `
3 und 4 seines Artikels gar nicht mit meinem Mittel behandelt | publiziert habe. — Nach der Publikation erschien Herr Weninger
sind. Es ist ihm ferner mitgeteilt, daß Fall 2, der mit Selbst- | bei mir und teilte mir mit, daß Herr Dahmer die Inhalationen
mord drohte, solaminis causa vor meiner Abreise 6 Inhalationen ‚ außer dem Falle Nr. 2 nicht mit seinem (Weningerschen), sondern
bekommen hat. Hier konnte naturgemäß von einer Heilwirkung | mit seinem eigenen (Dahmerschen) Mittel vorgenommen habe.
meines Mittels nicht die Rede sein.. ` Ich habe ihm erwidert, daß er sich darüber mit Herrn Dahmer - Se
Von den 4 Fällen, auf die Möller sein absprechendes auseinandersetzen müsse; jedenfalls hätte bei meinen Pa- Ber
Urteil gründet, ist somit kein Fall einer wirklichen Kur | tientendann wedersein Mittel(Fall2) noch das Dahmersche TERE
mit dem Weningerschen Mittel unterzogen worden! Mittel als „Heilmittel“ gewirkt.
‚ Anwendung von Omnadin auf seine möglichst frühzeitige Appli-
kation an. |
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft. Bu: a
Aus der Gynäkolog. Abteilung des Städtischen Krankenhauses Altona | das Problem ist und daß man von seiner Lösung noch weit- ent-
| (Oberarzt: Dr. M. Frank). fernt ist.
i : . : Nun zu unseren ‚klinischen Beobachtungen. Die Methode, eg |
Über die B lutsenkungsreaktion 1a der Gynäkologie. nach der wir untersucht haben, ist die von Fahraeus selbst an- we
Von Dr. G. Wachholtz. gegebene. Wir halten sie für die einfachste bei genügender Zuver- oe
Seit der Wiederentdeckung des Phänomens der verschiedenen | lässigkeit. In deñ meisten Kliniken ist wohl die Linzenmeiersche M
Senkungsgeschwindigkeit (S:G.) der roten Blutkörperchen durch Methode die übliche, sie gibt auch genauere Resultate infolge der |
Fahraeus im Jahre 1916 ist eine umfangreiche Literatur über | größeren Ausschläge, jedoch ist sie wesentlich umständlicher, da Zu 0
dieses Thema erschienen, welche beweist, wie großes Interesse diese | Sie oft stundenlanges Beobachten der Senkungsröhrchen erfordert. - Ze:
Entdeckung in allen Zweigen der Medizin, besonders in der Gynäko- | Wir verwenden P Ipetten von 3 mm lichter Weite, in die wir das
logie gefunden hat. Fast möchte man die Rückkehr dieser in Ver- | Schon in der p unktionsspritzė im Verhältnis 1: 4 mit 5% iger Natrium DE
gessenheit geratenen Untersuchungsmethode als ein Symptom dessen citricum-Lösung gemischte Blut aufsaugen bis stets zur gleichen ee
deuten, daß wieder in erhöhtem Maße humoral-pathologische An- Höhe von 200 mm. Die Höhe ist wichtig, da sie die S.G. wesent- . en
schauungen an die Stelle der lange allein vorherrschenden zellular- | lich beeinflußt. Zur Punktion benutzen wır eine Luersche 2 cem- ee
pathologischen getreten sind. Denn die Blutsenkung war schon im Spritze, deren Inhalt und Graduierung auf Richtigkeit geprüft ist. In.
17. Jahrhundert als Crusta’’phleeistica bekannt. | die Spritze wird 0,4 cem Zitratlösung aufgesogen und danach 1,6 ccm
Über die Ätiologie den. R. (Senkungsreaktion nach dem Blut aus der mäßig gestauten Armvene; Ausspritzen in ein kleines vr.
Vorschlag von W estergren) 'war man durchaus im unklaren, in Gefäß nach vorheriger Abnahme der Punktionskanüle (eine größere SEE:
vieler Beziehung ist man es auch jetzt noch. Als entscheidende | Kanüle verändert das Mischungsverhältnis), Aufsaugen in die P ipette ee
Ursache erkannte Fahraeus ie Agglutination der roten Blut- | und Einklemmen in senkrechter Stellung zwischen eine Gummi- T
körperchen, und zwar ballen sich die Erythrozyten bei schnell | platte und Stahlfeder, Stets gleiche Zimmertemperatur von. 17—189, | a
senkendem Blut zu großen Aggregaten zusammen,, während sich. in Ablesen der Senkungstrecke in Millimetern nach Ablauf einer Stunde. wre
'ormalfällen nur Geldrollenbildung zeigt. Fahreaus wies ferner | Es ist klar, daß zur Vermeidung von fehlerhaften Ergebnissen das
eine verminderte elektrische Ladung der schnell sedimentierenden | Instrumentarium völlig sauber und trocken sein muß. Mit Wester-
Taviden-Blutkörperchen nach gegenüber den langsam fallenden B.K. | gren, Rumpf u.a. halten wir das Ablesen nach einer Stunde für Eo
| „nes gesunden Mannes. Weitere Versuche brachten ihn zu der Über- Be ee da sie über die Stärke der Senkung entscheidet, Ba
a zeugung, daß die primäre Ursache im Blutplasma gelegen sein müsse. | und sogar für einen wesentlichen Vorteil dieser Methode, deren ER NL
urch Experimente von Linzenmeier wurde nachgewiesen, daß Anwendung AUI an dieser einfachen F rn auch de | is.
die senkungsbeschleunisende Substanz, das „Agglutinin“ ein elektro- | tätigen Arzte möglich und zu empfehlen 1st. Wichtig ist auch, daß a
positiver adsorbierender Körper ist, daß ferner der Fibrinogengehalt | alle benutzten Röhrchen möglichst gleich weit sind, da dasselbe Ze
des Blutes eine Rolle spielt. Höber kommt zu dem Schluß, daß | Blut in engeren Röhrchen schneller fällt als in weiten. Es empfiehlt a
| m Jedem schnellsenkenden Blut eine Verschiebung der im Plasma | Sl l > | Bey
vorhandenen Eiweißanteile zugunsten der Globuline vor sich ge- | eigenen Erfahrungen und den Angaben der Literatur eine Beein- e
| gangen sei. Musa dagegen weist nach, daß der Globulingehalt | flussung durch Nahrungsaufnahme für gewöhnlich nicht stattfindet, ee
! e8 Blutes zwischen 40 und 50 % schwankt, und zwar ganz unab- | Aber nach den interessanten Untersuchungen von Adelsberger |
| hängig von der verschiedenen . S.G. der Erythrozyten. Und letzt- | und Rosenberg findet sich bei Leberinsuffizienz, eine deutliche
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in lehnt Rothe die elektrische Ladung der roten B.K. als Grund- | Senkungsbeschleunigung nach der Nahrungsaufnahme, di
lage für eine Theorie der Senkung als nibehrlich ab. Er hält die | bei Lebergesunden durch rektale. Milchzufuhr erzeugen läßt. Die D
erflächenspannung der Plasmahaut der Erythrozyten für maß- | Ursache für diese Erscheinung ist die Aufnahme von Biweißzerfalls-- 1°
gebend für die Agglutination und damit für die Senkung. Genau | Produkten ins Blut unter Umgehung des Leberkreislaufs. Die Leber
| Me sich bei einer Flüssigkeit mit großer Oberflächenspannung große | des Gesunden baut ae aan rodukte ‚bis zur Unwirksamkeit ab. :
“| We bilden, soll auch eine große Oberflächenspannung der | Über unsere klinischen Erfahrungen haben wir Folgendes zu
aSmahautkolloide die Bildung großer Agglutinate begünstigen. berichten: Als Normalwerte fanden wir: beim gesunden Manne i
; i Schon diese kurze Zusammenstellung der verschiedenen mög- | 1—4 mm, bei der gesunden Frau 8—10 mm (immer nach einer i
chen Ursachen der S.R. beweist, wie außerordentlich kompliziert | Stunde abgelesen). | -
1250
©. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
| | T. September
Bei den entzündlichen gynäkologischen Erkrankungen kounten
wir die Erfahrungen der Literatur bestätigen, daß nämlich die
Stärke der S.G. im allgemeinen der Intensität und Ausdehnung
des entzündlichen Prozesses entspricht und einem eventuellen
Wiederaufflackern der Entzündung parallel geht. Wir fanden in
der S.R. einen wesentlich feineren Indikator als die Temperatur-
messung darstellt. Handelt es sich um die Entscheidung der Frage,
ob ein chronisch - entzündlicher Adnextumor im Augenblick zur
Operation sich eignet oder weitere konservative Behandlung erfordert,
so konnten’ wir uns auf die S.R. wesentlich sicherer verlassen als
auf Temperaturkurve, Provokation durch Hitze oder Proteinkörper-
injektion. Bleibt die Senkung bei zweimaliger Untersuchung unter
10 mm, so kann man mit fast absoluter Sicherheit frisch entzündliche
Prozesse ausschließen oder auf sterilen Eiter in einer Pyosalpinx
rechnen. Wenn wir den Heilverlauf der operierten Fälle vergleichen,
so finden wir, daß die normal senkenden Fälle meist glatt heilen,
während bei den beschleunigt sedimentierenden. oft Wundstörungen
wie Bauchdeckeneiterung und vereinzelt auch Exsudatbildung vor-
kommt. Natürlich ist die Grenze von 10 mm nicht absolut bindend,
wir haben auch Fälle mit einer S.G. von 15 mm operiert, wenn
es die Umstände erforderten, doch ist dann die Prognose des Heil-
verlaufs ungünstiger. Bei vergleichenden Untersuchungen der
Senkungsgeschwindigkeit und der Leukozytenzahl fanden wir bei
den akut - entzündlichen Adnextumoren fast regelmäßig im Beginn
eine hohe Senkungszahl, der erst allmählich im Verlauf mehrerer
Tage eine Leukozytose folgte, die nach Abklingen der akuten
Erscheinungen langsamer zur Norm zurückkehrte als die Senkungs-
zahl. Nur in wenigen Fällen war die Leukozytenzahl dauernd
normal, trotz klinisch sicherer akuter Entzündung. Auch zur
Kontrolle der eingeschlagenen Therapie kann die S.R. wertvoll sein.
Es gibt einzelne Fälle von Adnextumoren, bei denen trotz normaler
Temperatur die S.G. noch zunimmt bei fast gleichbleibendem
Palpationsbefund; Wärmeapplikation wäre dann kontraindiziert, sie
darf vielmehr erst stattfinden, wenn die Krankheit und damit die
Kurve der S.R. zum Stillstand gekommen ist.
‘Für die oft schwierige Differentialdiagnose zwischen akuter
Appendizitis und Adnexitis liefert leider auch die S.R. keinen
sicheren Anhaltspunkt. Hohe Werte (über 60) sprechen im all-
gemeinen eher für eine Adnexitis, vielleicht weil hier die Toxin-
resorption langsamer durch Verklebungen eingeschränkt wird. Bei
perforierter Appendizitis dagegen findet man ebenfalls sehr- hohe
Werte (z. B. 92, 124.) |
Zur Stellung der Differentialdiagnose zwischen Extrauterin-
gravidität und Adnextumor ergibt die Heranziehung der S.R. nur
unsichere Resultate. Bei Tubarruptur mit starkem abdominellem
Blutverlust erhält man hohe Senkungswerte; die Diagnose wird hier
in den meisten Fällen keine Schwierigkeiten machen, so daß sich
die Anstellung der Reaktion meist erübrigt. Eine ältere Tubar-
gravidität und ein chronischer Adnextumor senken beide langsam;
eine völlig normale oder subnormale Senkungszahl spricht in diesem
Fall eher für einen Tubarabort, wenn trotz normaler oder fast
normaler Temperatur die Empfindlichkeit und die subjektiven
Beschwerden ausgesprochen sind. Wichtig sind natürlich eine
genaue Anamnese, uterine Blutung und eventuell eine Punktion des
Douglas, von der wir bei vorsichtiger Indikationsstellung noch nie
einen Schaden gesehen haben. Bei positivem: Ergebnis muß sich
spätestens am nächsten Tage die Operation anschließen, da es
sonst durch die Punktion zur Vereiterung der Hämatozele kommen
kann. Man hat auch versucht, die Leukozytenzahl mit zu ver-
werten (Gragert); doch da es posthämorrhagische Leukozytosen
bis zu 24000 gibt unter Ausschluß von Komplikationen, ist auch
dieses Symptom als unsicher zu bezeichnen. Eine normale Zahl
spricht schon eher für Tubarabort. Also auch hier ist die S.R.
nur ein Symptom, keine die Diagnose irgendwie festlegende Reaktion.
Es lag nahe, die S.R. auch in der Behandlung der fieber-
haften Aborte mit zu verwenden. Soweit mir bekannt fehlen darüber
bisher Angaben in der Literatur bis auf die Veröffentlichung von
Frommolt (Leipzig), die erst während der Abfassung dieser Arbeit
erschien. Fieberfreie, komplikationslose Aborte geben normale
Senkungswerte. Die Schwangerschaft der ersten 3 Monate beeinflußt
diese Zahlen nur ganz ausnahmsweise. Erhöhte Werte bekommt
man bei vorausgegangenen starken Blutverlusten, wobei meistens
eine einmalige starke Blutung von geringerem Einfluß ist als eine
geringe über Wochen protrahierte. In einem derartigen Fall er-
hielten wir z.B. die Senkungszahl 102. Wir behandeln die fieber-
haften Aborte aktiv, wenn keine entzündlichen Veränderungen in
der Uterusnachbarschaft nachweisbar sind und wenn die Weite des
Zervikalkanals die Ausräumung gestattet: Sonst geben wir Chinin 1 g,
und zwar zur Hälfte intravenös und intramuskulär gleichzeitig. Die
komplizierten Aborte werden konservativ behandelt.
| | Es gibt aber
auch latent komplizierte Aborte, d. h. solche, in denen die Um-
. gebung des Uterus empfindlich ist, es aber bisher nicht zur Aus-
bildung tastbarer Resistenzen gekommen ist, und wieder andere
Fälle, in denen die Empfindlichkeit rein subjektiv bedingt ist.
Gerade zur Differentialdiagnose dieser Fälle ist die S.R. recht brauch-
bar, indem man bei fast allen komplizierten und latent komplizierten
Aborten eine erhöhte S.R. feststellen kann. Erweckt also das klinische
Bild, das natürlich auch hier die Hauptsache bleibt, den Verdacht
auf eine latente Komplikation, so lasse man sich durch eine hohe
Senkungszahl noch besonders zu konservativem Verhalten bestimmen.
Wir fanden Werte von 30—90, eine bestimmte Grenze gibt es nicht,
doch steigt die Morbidität gleichsinnig mit der Senkungszahl an.
Bei Sepsis post abortum war die S.G. stets stark erhöht, be-
sonders bei Auftreten von Komplikationen: so fanden wir bei Thrombo-
phlebitis purulenta den enormen Wert von 147. Eine Parallele
zwischen der Senkungszahl und der Schwere der Infektion läßt sich
nicht ziehen, weshalb es auch nicht möglich ist, einfach je nach
dem Ausfall der S.R. die Prognose zu stellen, im Gegenteil die
schwersten Fälle zeigten auffallend niedrige Zahlen (z. B. 12, 20
bei zwei aussichtslosen, in 1—2 Tagen verstorbenen Fällen). Wir
können uns diese niedrigen Senkungszahlen nur als Kollapszeichen
erklären infolge der Unfähigkeit des Körpers, sich der Infektion zu
erwehren, und möchten sie in Parallele setzen zu der stark ver-
langsamten bis völlig aufgehobenen S.R. im anaphylaktischen Shok.
Der schwer infizierte Organismus ist anscheinend ebenso wenig
imstande, das die Senkung hervorrufende hypothetische „Agglutinin“
zu bilden wie der durch den Shok geläbmte.
Hinsichtlich der S.R. bei neoplastischen Tumoren machten wir
die gleichen Erfahrungen wie sie in der Literatur veröffentlicht sind.
Benigne, nicht infizierte Tumoren wie Myome, Ovarialkystome er-
geben normale Senkungszahlen. Stielgedrehte Geschwülste zeigen,
auch wenn sie nicht infiziert sind, erhöhte Werte, wohl infolge des
durch Ernährungsstörungen auftretenden Eiweißzerfalls (z. B. 70).
Maligne Tumoren bedingen eine erhöhte S.G., wir fanden Zahlen
von 40—130, ohne daß eine Parallele besteht zwischen der Größe
‚der Geschwulst und der Höhe der Senkungszahl. Eher schon kann
man aus einer auflallend hohen Senkungszahl den Schluß ziehen
auf besondere Malignität mit rapidem Wachstum und starkem Ge-
webszerfall. Zur Illustration erwähne ich ein 10pfennigstückgroßes
karzinomatöses Ulkus der hinteren Vaginalwand mit nur geringer
Infiltration des Septum rectovaginale mit der Senkungszahl 130
(unter Ausschluß anderer Ursachen). Die Patientin entzog sich der
vorgeschlagenen Radiumbehandlung und kam bereits nach 2 Monaten,
inzwischen stark abgemagert, mit einer Infiltration des ganzen
Vaginalschlauches und des Parakolpiums wieder zur Aufnahme; die
S.R. hatte auch jetzt ungefähr das gleiche Ergebnis.
Berichten möchte ich noch über eine auffällige Beobachtung,
die wir bei etwa 20 % unserer :inoperablen Karzinome machen
konnten: wir fanden nämlich eine sehr niedrige, zum Teil sogar
normale S.R., z. B. 22, 18, 5, 10. Darunter befinden sich Zervix-
karzinome mit der gewöhnlichen breiten Infiltration der Parametrien
oder mit ausgedehnten Netzmetastasen und Aszites, Rezidive usw.
Bei fortlaufenden Untersuchungen der gleichen Patientin konnten
wir feststellen, daß anfängliche Werte von 30 allmählich im Laufe
vieler Wochen zur Norm absanken entsprechend der Zunahme des
allgemeinen Kräfteverfalls. Wieder andere behielten die bei Kar-
zinomen übliche Senkungszahl bis zum Exitus ungelähr bei, wobei es
ohne Einfluß war, ob die Kranken an ihrer Kachexie starben oder
an Urämie infolge karzinomatöser Ureterkompression. Bei beiden
Gruppen war die Flockungs-Trübungsreaktion (nach Kahn) positiv,
fand sich eine Vermehrung der Globuline gegenüber den Albu-
minen, wie sie auch sonst beim Karzinom üblich ist. Auch andere
Untersuchungen zur Erklärung dieses Unterschiedes, wie die Re-
sistenzbestimmung der Erythrozyten gegen hypotonische Kochsalz-
lösungen usw., führten zu keinem Ergebnis. Jedenfalls geht aber
auch hieraus die Unmöglichkeit hervor, die Rezidivfreiheit nach
Karzinomoperationen aus einer normalen S.G. mit Sicherheit er-
schließen zu wollen. .
Unsere weiteren Untersuchungen erstreckten sich auf das ge-
samte gynäkologische Krankenmaterial. Zur Diagnose der Schwanger-
schaft halten auch wir die S.R. nicht für geeignet. In den ersten
Monaten der Gravidität, in denen die Diagnose in erster Linie
fraglich sein kann, ist die S.G. fast immer normal. Die Anwendung
der Maturinprobe gab hier zuverlässigere Resultate. — Wenn bel
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| 1. September
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
einer Gravidität der Verdacht auf Lungentuberkulose bestelit, wird
man zur Entscheidung der Frage, ob die Erkrankung aktiv oder
latent ist, mit Vorteil die S.R. heranziehen. Leider fehlt es uns
in dieser Hinsicht an genügendem Material, um sichere Grenzwerte
anzugeben.
Bei „klimakterischen Blutungen“ findet man im allgemeinen
normale oder subnormale Senkungswerte; die klimakterische Frau
senkt meistens wie ein gesunder Mann. Sind dagegen stärkere
Blutverluste vorausgegangen, so kann man sehr hohe Senkungszahlen
erhalten (z. B. 55, 102). Wertvoll war uns auch in einigen Fällen
die S.R. zur Feststellung des geeigneten Zeitpunktes für- Prolaps-
operationen, wenn nämlich als Folge von Pessartragen entzündliche
Veränderungen im Douglas‘ und Parametrium vorhanden waren.
Unkomplizieıte Prolapse reagieren natürlich normal, durch Ent-
zündung komplizierte Prolapse haben je nach Ausdehnung derselben
eine erhöhte S.G. Ebenso wie die chronischen Adnextumoren soll
man auch sie erst operieren, wenn die S.R. normal ist, nur so ver-
meidet man sicher Heilungsstörungen. — Will man wegen Menor-
rhagie usw. eine Kürettage vornehmen, so empfehlen auch wir,
gemäß dem Vorschlage von Geppert, sich bei unsicherem Pal-
pationsbefund von der S.R. leiten zu lassen.
Es ist bekannt, daß die S.G. bei Neurotikern und Psycho-
pathen normal ist. Diese Tatsache kann zur richtigen Diagnose
wertvoll sein, ebenso wie eine erhöhte Senkungszahl bei vermeint-
lich psychogen bedingten Beschwerden auf eine organische Ursache
hinweist. |
Bei Krankheiten, die eine normale S.R. erwarten lassen, kann
. man gelegentlich erhöhte Werte antreffen, wenn z. B. eine latente
Lues nebenher geht. In anderen Fällen war eine Tuberkulose,
eine Zystitis, einmal auch ein Ulcus molle bei gleichzeitigem Pro-
laps als Ursache zu ermitteln. Daß diese „Nebenkrankheiten“ die
Therapie in entscheidender Weise beeinflussen können oder müssen,
braucht nicht erst betont zu werden.
Aus den mitgeteilten Untersuchungen und aus der Literatur
geht hervor, daß die S.R. keine spezifische Reaktion ist, daß viel-
mehr die Zahl der Faktoren, die sie beeinflussen, eine erhebliche
Ist. Das mag auf den ersten Blick als eine Beschränkung ihres
Wertes erscheinen, ist es aber bei richtiger Auswertung der Er-
gebnisse im Sinne obiger Ausführungen nicht oder nur selten. Sie
ist stets nur als ein wertvolles Symptom im gesamten klinischen
Bild zu verwerten und bildet gerade für die gynäkologische Dia-
guostik eine Bereicherung der Hilfsmittel. Die Domäne der S.R.
bleibt die Indikationsstellung zur operativen Behandlung chroni-
scher Adnexerkrankungen.
l Literatur: Adelsbergeru.Rosenberg, D.m.W. 1928,20.—Frommolt,
Zbl. f. Gyn. 1924, 6. — Geppert, B.kl.W, 1921, 10. — Giesecke, Zbl. f. Gyn. 1921, 1.
~ Gragert, Ebenda. 1923, 45; M.m.W. 1928, 24; Arch. f. Gyn. Bd.118. — Horvat,
M.m.W. 1922, No.50. — Kok, Ebenda. 1928, 9 — Linzenmeier, Arch. f. Gyn.
Bd. 113; Zbl. f. Gyn. 1920,80; 1921, 10; 1922, 14. — Löhr, D.m.W. 1922, 12; Grenzgeb.
Bd, 34; Zschr. f. Chir. 1921, 35. — Musa, KLW. 1923, 31. — Nathan, B.kl.W-
1821,4. — Pewny, Zbl f. Gyn. 1922, 49. — Plaut, M.m.W. 1920, 10. — Rothe,
D.m.W. 1924, 2. — Rumpf, Zbl. f. Gyn. 1922, 30. — Runge, M.m.W. 1920, 33. —
Schilling-Schulz, KI.W. 1923, 48. — Vida, M.m.W. 1928, 9. — Westergren,
KLW. 1922, 27.
Aus der I. Inneren Abteilung (Geh. San.-Rat Prof. L. Kuttner) des
Städtischen Rudolf Virchow-Krankenhauses Berlin.
Die Blutkörperchensenkungszeit bei Ulkus und
Karzinom des Verdauungskanals.
Von |
Dr.K. Isaac-Krieger, Oberarzt, und H.Kalisch, Medizinalpraktikant.
‚Pie Veröffentlichungen über die Blutkörperchensenkungszeit
(B.S.Z.) bei Ulkus und Karzinom des Magen-Darmtraktus sind im
Gegensatz zu der Literatur über die theoretische Grundlage der
Methode und den Untersuchungen bei der Tuberkulose und anderen
Inneren Erkrankungen bisher gering. Sie beschränken sich zumeist
aul die Mitteilung einzelner weniger Fälle von Ulcus und Carcinoma
ventriculi inmitten eines großen Materials von anderen Erkrankungen.
as Interesse, das die B.S.Z. in den verschiedensten Disziplinen
„satsprucht, und die von anderen geäußerte Aussicht, ein Hilfsmittel
ur Diagnose des Karzinoms im operablen Stadium zu gewinnen, gab
eranlassung, bei einer größeren Anzahl von Ulcera und Karzinomen
es Magen- und Darmkanals die Sedimentierungszeit zu prüfen.
Ausführlichere Ergebnisse, speziell auch bei Ulcus und Carcinoma |
Te veröffentlicht Löhr (1) nach Untersuchung von 50 Ulcera
o und duodeni sowie einer Anzahl von Magen- und Darm-
momen., Er sah bei Ulcus ventriculi simplex und Ulcus duodeni
pereme "e [|
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keine oder mäßige Beeinflussung der B.S.Z., und betont, daß selbst
Br Ulcera callosa „ohne markante Einwirkung“ auf die B.S.Z.
lieben. Dagegen trat starke Beschleunigung auf beim Ulcus perforans
und entzündlichen Ulkustumoren, hervorkerufen durch die mit starkem
Eiweißabbau einhergehenden Entzündungsvorgänge. Bei Untersuchung
von 100 Karzinomen und Sarkomen verschiedener Organe trat fast
stets eine bedeutende Beschleunigung der B.S.Z. auf und zwar am
stärksten bei großen metastasierenden, weniger bei kleinen Tumoren.
Zweimal wurde trotz maximaler Tumorbildung eine Verlangsamung der
B.S.Z. konstatiert, ein Befund, der übereinstimmt mit der von Wich-
mann (2) festgestellten Tatsache, daß bei hochgradigster Kachexie
gelegentlich die B.S.Z. verlangsamt war. Bei zwei weiteren Fällen,
einem Ösophaguskarzinom und einem Karzinom des Gesichts, die
klinisch erfolgreich mit Radium bzw. röntgenologisch behandelt waren,
blieb die B.S.Z. unbeeinflußt. Löhr zog aus seinen Untersuchungen
den Schluß, daß die Beschleunigung der Sedimentierung proportional
ist der Größe und dem Wachstum bzw. Zerfall des Tumors. Er prüfte
den Wert der Methode ferner bei Fällen von Mastitis und beginnendem
Mammakarzinom, und konnte keinen Unterschied der Beschleunigungs-
ziffer bei chronischer Mastitis und kleinem Mammakarzinom feststellen.
Demgemäß bezweifelt er den Wert der Methode, wenn es sich um
Erkennung eines eben erst im Beginn’ stehenden malignen Tumors
handelt. Dagegen spricht er ihr bedingten Wert zu bei Abgrenzung
des Ulcus simplex vom Carcinoma ventriculi; entzündliche Ulkus-
tumoren sind entsprechend ihrer starken Beschleunigung vom Karzinom
‚nicht zu trennen. Ferner erscheint ihm die Methode gut verwendbar
zur Abgrenzung des Ösophaguskarzinoms gegenüber dem Kardia-
spasmus und dem Divertikel. Die längste B.S.Z. fand er bei kleinen
amma-: und bei Rektumkarzinomen. | | u
Mit der Frage der Verwendbarkeit der B.S.Z. zur Differential-
diagnose bei Magenulkus und
Kovacs (3) an Hand eines größeren Materials. Er fand bei 28 mit
Sicherheit an Ulcus ventriculi, ‘duodeni oder jejuni erkrankten
Patienten 26mal normale Werte und zweimal Beschleunigung der-
B.S.Z., dagegen immer starke Senkungsbeschleunigung bei 14 Patienten
mit sicherem Magenkarzinom. Doch konstatierte er bei 44 malignen
Tumoren anderer Organe 4mal normale Senkungsgeschwindigkeit und
erwähnt besonders einen Patienten mit einem ganz kleinen Krebsknoten
an der Unterlippe, bei dem die B.S.Z. normal war. Er schließt daraus,
wie Löhr, daß die Methode zur Diagnose des Karzinoms im Initial-
stadium nicht tauglich sei. Bei vier Patienten mit Mastdarmkarzinom
fand er nur einmal eine ee ee der B.S.Z., was umso weniger
erklärlich war, als es sich auch in de
um große, ulzerierte Tumoren handelte. |
Ley (4), unter dessen größerem Material sich auch einige Fälle
von Ulcus und Carcinoma ventriculi befanden, gibt an, daß die Be-
schleunigung der B.S.Z. bei einigen wenigen Fällen, wo der Charakter
des Leidens noch nicht sicher feststand, mit-zur Klärung der Diagnose
beigetragen habe, und beobachtete im Gegensatz zu den vorgenannten
Autoren niemals einen auffallenden Widerspruch zwischen dem Ver-
halten der B.S.Z. und dem klinischen Bild seiner Fälle. _
Schließlich finden sich auch in den von Benninghof (5) und
von Schemensky (6) veröffentlichten Tabellen Magenulcera "und .
-karzinome mit Beschleunigung der B.S.Z., darunter bei Schemensky
ein Magenkarzinom mit ungefähr normaler Sedimentierung.
Wir bedienten uns bei unseren Untersuchungen der von
Linzenmeier (7) angegebenen Methode und bestimmten, nach wie
langer Zeit der Erythrozytenspiegel im Linzenmeier-Röhrchen 18 mm
gesunken war. Bei Gesunden fanden wir die von L. angegebenen
Durchschnittswerte: Männer nicht unter 10, Frauen nicht unter
31/, Stunden. Patienten mit Erkrankungen wie Lues, Tbc. u. a.m.,
die auf die Sedimentierung einwirken, wurden ausgeschlossen.
Im ganzen untersuchten wir 71 Fälle: davon waren Ulcera des
en E 44, und zwar Männer 30 (Tabelle 1), Frauen 14
En Ri arzinome 27, und zwar Männer 20 (Tabelle 3), Frauen 7
abelle 4).
' Unsere Untersuchungsresultate sind in den folgenden Tabellen
zusammengestellt:
Tabelle 1. U. ventriculi und duodeni (Männer).
B.S.Z.
Sal Bemerkungen..
Sta. |Min. |
i | 4 |15 | Ulcus simplex der kleinen Kurvatur, Subazidität, Sanguis im
| ‚Stuhl negativ. Ä |
2 | 3 |30 | Fr. HCl 37; Ges.-Azidität 49; Sahli 65. Sanguis im
Stuhl negativ.
3 | 1 |38 | U. penetrans der kleinen Kurvatur. Sanguis im Stuhl
positiv. |
4 | 1 |08 | U. simplex, Sahli 72; Sanguis im Stuhl negativ.
ö | normal | Fr. HCI 60, Ges.-Azid. 78.. Sanguis im Stuhl negativ.
6 | normal! U. ap Hyperazidität, Sahli 59, Sanguis im Stuhl
negativ.
71 3 las
Anazidität, Sanguis im Stuhl positiv, Sahli 67.
1251
-karzinom beschäftigt sich auch
n drei Fällen mit normaler B.S.Z.-
=
T aa a an m m pn nn
” = a re nat, i - AR: š -< Er
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ER ln. 0.19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. RR T. Soptember
su | Tabellei (Fortsetzung). | l Tabelle 4. Karzinome des Verdauungskanals (Frauen).
MR OA n a >
Ea daghe B.S.Z. | Bao | | BS.2. |. | |
en ze "Nr. |. | Bemerkungen. ac A |
l CER r Ha | Ben | g r. Tea fuin. | Bemerkunge n.
n aukla ' can | u " 3
Bi [N or & | 0 |28 areno U. penetrans der hinteren Magenwand, 2 kleine 4 | —|28 | Ca ventr. mit Lebermetastasen. Ta
el | A Ule. simplicia, | | | zen Bes inot -Pylorum q i
Da 9| 5.08 U simplex, Euchlorhydrie. f - en E E |
Re E 10 | 3 |45 | U. callosum parapyloricum; Sahli 63. 3 | — |30 | Ca der kleinen Kurvatur, inoperabel. Starke Kachexie. e
pai onig 11 | 3 |40 | U. simplex, Sanguis im Stuhl negativ. 4 | — |44 | Ca ad Pylorum, hochgradige Kachexie. | Ei
l: CE 12- |. 3 |35 | U. simplex mit okkulter Blutung. | 5 | —| 34 | Ca ventric. mit palpablen Lebermetastasen. Peritoneal- | i
zen vo k 13 | 1. |32 | U. callosum antri; Hämatemesis; Hyperazidität. 5 karzinose. E P
ha 14 | 2 |10 | U. simpl., Hyperazidität, Sahli 70, Sanguis i. Stuhl negativ. 6 | normal | Ca desophagi in 38 cm Tiefe. Mäßige Kachexie. g.
a girin | 15 | 2 |32 | U. der kleinen Kurvatur, Hämatemesis, Sahli 62. | T| 1125 | Ca oesophagi in 35 em Tiefe: starke Kachexie N
Bu E 5 er o E e o T | l p
Be a | U.simplex, Hyperazidität. . : Er R en | I
FEB. 18 | 2 |30 | U. der gr. "Kurvatur, Subazidität, Sanguis i, Stuhl negativ. | p, Af Grund dieser Befunde können wir folgende Peststollungen h
EEA paih 19 | 3 |45 | U. simplex, Hyperazidität; Sanguis i. Stuhl negativ... | Machen: Ulcera und Karzinome weisen fast stets eine Beschleunigung , J
P U 20 | 2 |13 | U. callosum parapyloricum, Hyperazidität. | der B.S.Z. auf, die allerdings beim Karzinom im großen und ganzen i
OEENOS RIAL 21 | normal | U. parapyloricum mit Pylorospasmus; Sahli 57. wesentlich erheblicher ist als beim Ulkus. Es ergab sich für Ulcus
EE ERARA parap m
ee er ö 22 |: 2 |00 |. Rezidivierendes U. duodeni; Sahli 42. ventriculi und Ulcus duodeni bei Männern eine durchschnittliche a
ER 23 | 1 |13 | U. duodeni, Euchlorbydrie. . Ä Senkungsgeschwindigkeit von. 1—5 Stunden. Weniger als 1 Stunde i
RS 24 | 1 |20 | U. duodeni post gastroenterostomiam' poster. Sahli 49. | fanden wir bei einem Patienten mit Ulcus penetrans und zwei i
25 | 2 |11 | U. duodeni perforatum post operationem. | gleichzeitig bestehenden Ulcera simplicia (Sektionsbefund). Der i
. 26 | 2 |37 | U. dúodeni mit Hyperazidität. l Befund tin mt überein mit der von Löhr festeestellten Beschl ar Hi
2 | 4 |57 | U. duodeni, Sybazidität, Meläna. Š eg on ON eo N SUN EUG, fi:
28.| 2 |02 | U. duodeni, Subazidität, Sahli 8. der B.S.Z. bei Ulcus perforans. Bei Frauen mit Magen- und Duodenal- a
29 | 3 |20 | U. duodeni, Hyperazidität; Djagn. pèr laparot. bestätigt. | Wcera war die B,S.Z. 3/4 bis 27/4 Stunden mit Ausnahme eines Falles, > t;
30 | 2 |45 | U. duodeni, Anazidität, Meläna. | Rs Su por nn 3 Ulkusnarben ae wurden (Tabelle 2, l |
a | i p r. 9). Zu erwähnen ist hier noch ein Fall von multiplen tuber-
Tabelle 2 Ulcera des Verdauungskanals (Frauen). kulösen Geschwüren des Typblon und Kolon (Tabelle 2, Nr. 14), u:
- - — - - bei a eine on von 38 Minuten ‘gefunden wurde. Bei diesen h
BR l Ga aaa beiden letzten Patientinnen bestand starker Marasmus und war |
i : A a an mm; ra “ongoi P klinisch Karzinom diagnostiziert worden, so daß gerade hier der Ausfall. $
1 |10 | U. der kleinen Kurvatur, Sahli 49, Sanguis im Stuhl negativ. | der Bestimmung hätte von Interesse sein können. Zwischen Ulcus `
1 |50 | Schleimhautulkus, Sanduhrmagen, Hyperazidität. . | ventriculi und Ulcus duodeni besteht sicher keine diagnostisch ver- \
i |58 | U. der en Kurvatur; Euchlorbydrie, Sanguis im Stuhl | wertbare Verschiedenheit der Sedimentierung. Daran ändert die |"
negativ. = | ` | Tatsache nichts, daß beim Ulcus duodeni niemals normale Werte N
1 |58 | U. ad Pylorum, Subazidität, Entleerungsstörung, Sahli 52. | gefunden. wurden, während beim Ulcus ventriculi die B.S.Z. in S
1 |32 | U. penetrans der kleinen Kurvatur, Sahli 49. | A Fällen unbeeinflußt blieb et ù
normal | U. simplex, Hyperazidität, Sanguis im Stuhl negativ. 5 j |
03 | U. callosum, Mitte der kleinen Kurvatur. |
42 were 3 Ulkusnarben nahe der großen Kurvatur.
„ad
Pylorum vor 11/, Jahren operiert; Hyperazidität
Sahli 58, ` 2 ie
32 | U. simplex, Hyperazidität. Sanguis im Stuhl positiv.
i Beim Karzinom sahen wir normale B.S.Z. bei einer Frau mit
1
1 5
-1 |55 | U. callosum, Mitte der kleinen Kurvatur, Sanguis im
2
0
T
Ösophaguskarzinom, unerhebliche Beschleunigung bei 2 Rektum-
karzinomen, einem Karzinom des weichen Gaumens und schließlich
bei & Magenkarzinomen, von denen eines auch klinisch als Ulkus
imponierte und als solches zur Operation kam. Dagegen fand sich _
in 75% der Karzinome eine ganz bedeutend erheblichere Be-
schleunigung als beim Ulcus simplex oder callosum; die B.S.Z.
betrug beim Karzinom durchschnittlich nur 1/2 Stunde, einen Bruchteil
der beim Ulkus im allgemeinen beobachteten Senkungszifier. |
Eine sichere Ursache für die Unterschiede in der B.S.Z. 'bei
den verschiedenen Karzinomen haben wir nicht erkennen können.
Alter und Ernährungszustand, auch der Hämoglobingehalt des Blutes
spielen offenbar eine untergeordnete Rolle; dagegen scheint eher
‚von Einfluß zu sein, wie weit fortgeschritten die Ulzeration des
"Tumors ist. ne
Stuhl positiv. |
17 | U. duodeni; Hyperazidität, Sanguis im Stuhl positiv.
|38 | Tbe. Ulcera’ des Typhlon u. Kolon. (Sektionsbefund.
abelle 3. Karzinome des Verdauungskanals (Männer).
r
Te
ge
Ca ventr., kleine Kurv., starke Kachexie, pflaumgroßer
Tumor palpabel, Sahli 59.
Ca ventr., starke Kachexie, Lebermetastasen,
Ca ventr. ad Cardiam, Kachexie, Ösophagusstenose in
44 cm Tiefe.
: Ca ad Pylorum, starke Kachexie, Anazidität, Sahli 52.
Überblickt man die Resultate und versucht, aus ihnen Anhalts-
Kachexie. Anazidität, hübnereigroßes Ca ventr. palpabel,
Sahli 64 i
punkte für die Differentialdiagnose zwischen Ulkus und Karzinom
‘des Magens oder für die Frühdiagnose des Karzinoms des Ver-
dauungskanals zu gewinnen, so muß man trotz der Beeinflussung
der B.S.Z. durch diese Erkrankungen zu dem Schluß ‘gelangen, daß
die Methode nur unter Einschränkungen zu verwenden ist. Denn
beim Ulcus perforans und allem Anschein nach auch bei multiplen
Ulzera ist die B.S.Z. — in Übereinstimmung mit anderen Autoren —
stark beschleunigt und erreicht eine Zahl, die auch dem Karzinom
angehören könnte. Andererseits ist beim Karzinom in einer nicht
kleinen Prozentzahl der Fälle. keine oder nur geringe ‚Beschleunigung
der B.S.Z. vorhanden und zwar gerade da, wo es sich um beginnende, .
wenig oder garnicht ulzerierte Tumoren handelt. Eine erhebliche |
Beschleunigung tritt erst dann ein, wenn der Tumor auch mit
|
Ulzerierter Gallertkrebs ad Pylorum, Sahli 45.
Faustgroßes Ca ventr. und Lebermetastasen.
Dreimarkstückgroßes Ca, mit dem Pankreas fest ver-
wachsen, Sahli 55. m | p
Doppelfaustgroßes, z. T. verjauchtes Ca ad Pylorum.
Inoperables Ca ad Pylorum, durch Laparotomie fest-
gestellt, Sahli 61. |
Zirkuläres Ca des Antrum, mit Übergreifen auf die kleine
Kurv., mäßige Kachexie.
Ca der großen Kurvatur, autoptisch keine Metastasen.
Operativ wird kleines, nicht ulzeriertes Ca des Pylorus .
entfernt, keine Kachexie. en
Ca der hinteren Magenwand, inoperabel; per Laparotom.
festgestellt. Guter E. Z. ši
Ca des weichen Gaumens, inoperabel.
Ca des Ösophagus, faustgroß, in 22 cm Tiefe. Hoch-
gradige Kachexie. | |
Ca. des Ösophagus in 25 cm Tiefe, mäßige Kachexie.
Ca des Ösophagus in 31 cm Tiefe, geringe Kachexie.
Ca recti, direkt über dem Anus, handtellergroß, ver-
. jaucht (Sektionsbefund).
Ca recti, wenig ulzeriert, 10 cm überm Anus (Sektions-
befund). i
den üblichen Hilfsmitteln der klinischen Diagnostik einwandfrei
festzustellen ist. Weiterhin erfährt die Methode eine wesentliche
Einschränkung dadurch, daß, von vornherein Fälle von Tuberkulose,
Lues und Ikterus ausscheiden. | |
Literatur: 1 Löhr, D.m.W. 1922, Nr.12; Zbl, £. Chir. 1921, Nr.35. —
2. Wichmann, KI.W. 1928, Nr. 138. — 8. Kovacs, D.m.W. 1923, Nr.21. — 4 Leys,
Zschr. 2. d. ges. exper. Med. 1922, Nr.26. — 5. Benninghof, M.m.W. 1921, Nr. 41. |
— 6, Schemensky, Ebenda. 1920, Nr.48. — 7. Linzenmeier, Ebenda. 198.
Nr. 40; Arch. f. Gyn. — Die nach Abschluß der vorliegenden Arbeit verößfent
lichten Untersuchungen von Hoffgaard (M.m.W. 1924, Nr.8) konnten nicht mehr
berücksichtigt werden. WE
ee) ER NN &. 2 U SEE Se
` Sp a .. `
< 1. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
1253
Aus der Praxis für die Praxis.
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 36.)
Das enge Becken.
Im Jahre 1908 erschien für den Praktiker ein sehr empfehlens-
‘wertes Buch „Die operative Geburtshilfe der Praxis und Klinik“
von H. Fehling. Fehling sagt in diesem Buche: „Eine Geburt
beim engen Becken zu leiten, vermag nur der ‚welcher möglichst
viele normale Entbindungen gesehen hat und welcher die Haupt-
tugenden eines guten Geburtshelfers, Geduld und strenge Asepsis,
in sich vereint“ und ich füge hinzu, hätten diese Tugend alle
Geburtshelfer, so würde auch das Resultat der Geburtshilfe unter
Privatverhältnissen bei weitem .besser sein. Es zieht oft ein kleiner
Fehler schlimmere Folgen nach sich und oft ist nicht wieder gut
“zu machen, was anfangs verfehlt ist. Es kann deshalb nicht oft
genug betont werden, wie wichtig es ist, den Geburtsmechanismus
zu kennen (besonders klar zu sehen in Döderleins Leitfaden für
den geburtshilflichen Operationskurs), die Beckenverhältnisse zu
studieren und über den Höhestand des vorliegenden Teiles orientiert
zu sein, damit man weiß, was man den Naturkräften überlassen
kann und wann eingegriffen werden muß. Wer Geduld hat,
wird die besten Resultate beim engen Becken haben.
Woran liegt es aber, daß oft zu früh eingegriffen wird? Ich habe
es schon oben gesagt: weil ein großer Teil der Ärzte nicht klar
über den Geburtsmechanismus orientiert ist. Die Ausbildung ist
oft wegen Mangels an Fällen eine ungenügende gewesen und in der
Praxis hat sich der Betreffende nicht weiter fortgebildet. Ich habe
in meinen geburtshilflichen Operationskursen immer besonderen Wert
darauf gelegt, den Geburtsmechanismus immer wieder zu besprechen,
denn nur der kann eine Zange schonend machen oder ein Kind in
Beckenendlage richtig extrahieren, der weiß, wie er im Beckenein-
gang, in der Beckenweite und wie im Beckenausgang zu ziehen hat.
Diese Drehungen sind so natürliche, daß derjenige, welcher sie sich
klargemacht hat, sie nie wieder vergessen wird.
A. Enge Becken ohne Abweichung der Form.
‚.1. Das allgemein gleichmäßig verengte Becken. Hier
sind alle Maße verkürzt von einigen Millimetern bis zu 3 cm, das
Becken ist von grazilem Bau. Das Kreuzbein ist schmal und schön
ausgehöhlt. Der Schambogen zeigt den weiblichen Typus, die Sym-
physe ist auffallend niedrig; es handelt sich meist um kleine Per-
' sonen. Im ganzen hat das allgemein verengte Becken typisch weib-
lichen Charakter. Infolge der Verkürzung sämtlicher äußerer und
innerer Maße ist die Linea terminalis leicht zu bestreichen, 'oft
bieten auch die Frauen in den äußeren Genitalien die Zeichen
zurückgebliebener Entwickelung (spärliche Pubes, kleine dünne
Labien); die kleine Anlage des Beckens ist oft ererbt. Eine Abart
ist das Zwergbecken, recht selten (Pelvis nana).
B. Enge Becken mit Abweichung der Form.
a) Platte Becken.
‚1. Das einfach platte nicht rachitische Becken. Es
ist die häufigste Form aller engen Becken. Die Diaghose wird ge-
stellt aus der Verkürzung der Conjugata bei normalen Quermaßen.
Das Kreuzbein zeigt normale vordere Konkavität und ist in seinem
unteren Teil nicht winkelig nach vorne abgeknickt. Die Verenge-
Tung erreicht keinen hohen Grad und die Conjugata vera sinkt
aum je unter 8 cm herab.
2. Das platte rachitische Becken. Durch die Anamnese
erfahren wir, daß die betreffende Person spät gehen gelernt
hat. Die Zähne sind spät durchgebrochen. Es sind
Zeichen vorausgegangener Rachitis da. Die Körpergröße ist
“ne geringe, die unteren Gliedmaßen sind kurz, Unter- und Ober-
schenkel verbogen, die Gelenkenden zeigen Auftreibungen. Hände
und Finger kurz, breit, plump. Oft Verkrümmung der Wirbelsäule.
und rachitische Hühnerbrust, Stirn häufig niedrig und breit, die
asenwurzel eingesunken. Die Zähne zeigen Querfurchung
| ‚Oder stark abgenutzte Kauflächen. Die Lendenwirbelsäule ist
ordotisch. Liegt die Frau auf dem Rücken, kann man bequem die
and unter dem hohlen Kreuz durchschieben. Das Becken ist
stark geneigt, die äußeren Genitalien mehr nach hinten verlagert.
as Ttomontorium ist leicht zu erreichen. Man fühlt die Abknickung
er Kreuzbeinspitze nach vorn und bisweilen auch die scharfe Um-
biegung der Linea terminalis in der Nähe der Articulatio sacro-
iliaca. Die Spinae anteriores superiores klaffen weit auseinander.
Ihre Distanz ist nur wenig geringer als die der Cristae, ja sie
kann gleich und selbst größer sein.. Conj. diagonalis und externa
verkürzt. Der Schambogen ist erweitert.
3. Das allgemein verengte platte Becken. Die Diagnose
ergibt sich aus der Anamnese sowie aus den Maßverhältnissen von
Conjugata und Querdurchmesser des Beckens. Die Conjugata ist
verkürzt und die queren Durchmesser sind kleiner als normal.
Neben grazilerem Knochenbau sind alle Merkmale des rachitischen '
Beckens vorhanden. ’ Ä BR
4. Das durch doppelseitige Luxation der Schenkel-
körper abgeplattete Becken. In seltenen Fällen entsteht eine
Abplattung des Beckens infolge doppelseitiger Luxation der Schenkel-
köpfe nach hinten und oben. - Da solche Kinder meist spät gehen
lernen und lange anhaltend sitzen, erklärt sich die Abplattung
Der Grad der Verengerung ist
durch Einwirkung der Rumpflast.
meist nicht sehr bedeutend.
b) Querverengte Becken.
1. Das ankylotisch querverengte Becken. Hier ist das
Kreuzbein sehr schmal (die Flügel fehlen fast vollkommen) und ist.
beiderseits mit dem Hüftbein knöchern verschmolzen. Die Diagnose ist
leicht zu stellen (Verengerung des Beckenraumes in querer Richtung,
spitzer Schambogen). Wird auch als Robertsches Becken bezeichnet.
2. Das kyphotische im Ausgang querverengte Becken.
Auf die Diagnose wird man durch die spitzwinklige Kyphose und
die auffallend geringe Beckenneigung geführt. Die unteren Extre-
mitäten scheinen nach innen rotiert und leicht in Hüft- und Knie-
'gelenk flektiert. Durch die Verkürzung des Rumpfes hängen die
Arme auffallend lang herab, das Promontorium ist nicht zu
erreichen, man findet leicht die quere Verengung des Ausgangs.
Die Personen gehen, als ob sie etwas vor sich hertrügen. . |
c) Schräg verschobene Becken.
1. Das skoliotisch schräg verengte Becken. Der
Beckeneingang erscheint schrägoval, nach dem Ausgang nimmt
' die Verschiebung wegen zunehmender Erweiterung des Beckens in
querer Richtung ab. z =
Der Schambogen ist geräumig, die Sitzknorren stehen weit
voneinander ab. Wird die mit Lordose. verbundene Skoliose der
.Lendenwirbelsäule sehr erheblich, so kann sich das Promontorium
der Pfanne so sehr nähern, daß die betreffende Beckenhälfte garnicht
mehr für den Durchtritt der Frucht in Betracht kommt.
2. Das coxalgische Becken. Bei Gehversuchen fällt der
Druck ganz vorwiegend auf die gesunde Seite nach Ausheilung des `
tuberkulösen Prozesses im Hüftgelenk, Die gesunde Becken-
hälite ist abgeplattet und verengt, die kranke ausge-'
buchtet und erweitert. Das Hüftbein der kranken Seite erscheint
meist deutlich abgemagert. - Fu
3. Das ankylotisch schrägverengte Becken. Auf eine
schräge Verschiebung des Beckens wird man durch hinkenden Gang,
durch Verkümmerung oder Mangel einer Extremität, durch seitliche `
Verkrümmung der Wirbelsäule hingewiesen, Die Anamnese ergibt
überstandene Rachitis oder vorausgegangene Erkrankungen im Hüft-,
Knie- oder Ileosakralgelenk mit Funktionsstörungen in diesen Ge-
lenken. Die äußere Untersuchung ergibt seitliche Abweichung der
Symphyse, Hochstand und mediane Ablenkung einer Darmbein-
schaufel. Bei der inneren Untersuchung erkennt man bei
Abtastung der Linea. terminalis mit der gleichnamigen
Hand die Asymmetrie beider Beckenhällten. E
d) In sich zusammengeknickte Becken.
1. Das osteomalacische Becken. Ausschließlich bei Er-
wachsenen im Gegenteil zur Rachitis. Die Diagnose bei ausge-
sprochener Erkrankung ist leicht. Die Druckempfindlichkeit der
Knochen, die charakteristischen Verbiegungen und die Abnahme der
Körpergröße, lassen über die vorliegende Krankheit keinen Zweifel.
Am Becken fällt die schnabelförmige Schoßfuge, der enge Scham-
bogen, die hakenförmige Umbiegung des Kreuzbeins nach vorn und
oben und der Tiefstand des Promontoriums auf. Ä
Wenn auch die Osteomalacie jetzt nicht mehr in derartig
schlimmer Form auftritt, so macht die Frühdiagnose oft sehr große
Schwierigkeiten, solange die Skeletterkrankung noch nicht sichtbar
ist, Erst nach wiederholten Nachschüben werden die
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1254
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
T. September
Frauen kleiner. Die von Latzko angegebene Symptomentrias:
Adduktorenkontraktur, Ileopsoasparese (Ileopsoas hebt das Bein im
Hüftgelenk), Druckempfindlichkeit des Skeletts erleichtert uns die
Frühdiagnose. Ich habe öfters beobachtet, daß in diesem Falle
Fehldiagnosen von den behandelnden Ärzten gemacht worden sind,
entweder rheumatische oder spinale Prozesse wurden an-
genommen. Meist sind die Kniereflexe stark gesteigert, manchmal
ist auch Tremor vorhanden. Den Adduktorenspasmus sieht
man jetzt geradezu als pathognomonisch für beginnende
Östeomalacie an. v. Winckel sagt mit Recht, alle in der
Schwangerschaft auftretenden rheumatischen Schmerzen sollte man
für Osteomalacie verdächtig halten. Oft treten auch die Paresen und
Atrophien der Muskulatur gegenüber den Knochenerscheinungen so in
den Vordergrund, daß die Diagnose erschwert wird; sonst ist meist
Schmerz bei Druck auf die erkrankten Knochen vorhanden.
.2. Das in sich zusammengeknickte rachitische (pseudo-
osteomalacische) Becken. In seltenen Fällen entwickelt sich die
osteomalacische Beckenform auch bei abnorm verlaufender Rachitis.
e) Unregelmäßig verengte Becken.
Das Trichterbecken ist im Eingang normal weit und wird
nach unten enger. Recht selten, Atiologie unbekannt.
Das spondylolisthetische Becken. Wenn auch selten
sind sie doch nicht all zu selten, wie Neugebauer gezeigt.
Hierbei ist der Körper des letzten Lendenwirbels auf den ersten
Kreuzbeinwirbel nach vorne gerutscht. Das Becken hat dadurch
. die Bedeutung eines hochgradig verengten rachitischen Beckens.
Bei der inneren Untersuchung fühlt man die einspringende
Wirbelsäule, und darunter eine starke Einbuchtung. Dife-
rentialdiagnostisch. käme in Betracht ein rachitisches Becken mit
starker Lendenlordose. Breisky bemerkt, daß bei der Spondylo-
listhesis nur ein Wirbelkörper, an welchem sich keine Flügel an-
setzen, ins Becken hineinragt.
Das Spaltbecken hat geringes geburtshilfliches Interesse,
entsteht durch angeborenen Mangel der Symphyse und ist meist mit
anderen Mißbildungen verbunden. Im Wochenbett soll leicht Uterus-
prolaps auftreten.
. Das Stachelbecken (Acanthopelys Kilians). | Die nach der
Beckenhöhle auftretenden Exostosen steigern die beim rachitischen
Becken bestehende Raumbeschränkung noch mehr,. können auch
Durchreibungen machen. | :
Das durch Knochengeschwülste verengte Becken. Es
sind meist Enchondrome oder Osteosarkome. (Fortsetzung folgt.
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von .
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.Gerharts,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. 0.Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankbeiten), Dr. W.Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), f
geleitet von Dr. Waller Wolfi, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschönewcide.
Sammelreferat.
Arbeiten aus dem Gebiete der orthopädischen Anatomie,
| Physiologie und Biologie.
Von Dr. Siegfried Peltesohn, Facharzt für Orthopädie in Berlin.
Während sich die Mehrzabl der orthopädischen Arbeiten mit
Spezialfragen orthopädischer Diagnostik, orthopädischer Technik
und orthopädischer Behandlung einzelner Deformitäten und der-
gleichen mehr beschäftigt, stoßen wir bei der Durchsicht wissen-
schaftlicher Arbeiten seltener auf solche, die sich mit Problemen
aus der allgemeinen orthopädischen Physiologie und Anatomie be-
schäftigen. Und doch interessieren uns gerade diese Arbeiten, einmal
aus rein wissenschaftlich-theoretischen Gründen, dann aber auch
wegen der Anregungen, die sie für praktische Fortschritte bieten.
Eine Reihe solcher berichtswürdiger Mitteilungen aus den letzten
Heften orthopädischer Zeitschriften sei daher hier referiert.
Die Loslösung der Orthopädie von strenger mechanistischer An-
'schauung machte bisher nur langsame Fortschritte; und doch ist
gerade die Orthopädie ein Gebiet, das sich mit Begriffen wie Kon-
stitution und Vererbung intensiv befassen muß, wenn Fortschritte
erzielt werden sollen. Wie Debrunner (1) ausführt, haben die
Gewebe eines Körpers oder seiner Organe neben ihren allgemeinen,
durch die Art gegebenen, in der Art wiederkehrenden Eigenschaften
noch individuelle Merkmale, die zwar vererbbar, aber durch Erb-
kombinationen von Fall zu Fall oder später durch äußere Einflüsse
gewissen Veränderungen unterworfen sind im Hinblick auf Zu-
sammensetzung oder Lebenskraft. Diese Eigenschaften machen die
Konstitution aus. Sie wird bestimmt durch die im Augenblick der
Befruchtung durch Vererbung übermittelten individuellen Eigenschaften
des Somas. Bei der Bestimmung der Konstitution eines Menschen
will D. nicht das Durchschnittliche, sondern das Beste als Norm
erklärt wissen. Da den Arzt nun besonders die konstitutionellen,
zu Krankheitsursachen werdenden Schwächezustände interessieren,
so müssen bekanntlich bestimmte Typen von Konstitutionen aufge-
stellt werden. Es ist dann zu erforschen, ob dieser oder jener
Typus zu bestimmten Leiden prädisponiert. Gerade die häufig als
Schulärzte tätigen Orthopäden müßten viel mehr, als es bisher ge-
schieht, auf diese Dinge achten und sollten „Gesundheitsgeschichten“
aufstellen, welche das Individuum im späteren Leben auf Gängen
zum Arzte zu begleiten hätten. — Die Konstitution ist an die Ver-
erbung und ihre Gesetze gebunden. Von der Vererbungswissenschaft
interessiert den Mediziner vor allem der genealogische Weg; aul
ihm wird die Erblichkeit der krankmachenden Konstitution. im
Einzelfalle festgestellt. Während uns aber der Stammbaum hier
keine Dienste leisten kann, ist die Ahnentafel, wobei ja bekanntlich
vom Individuum zu dessen Eltern, Großeltern usw. aufgestiegen
wird und welche im Gegensatz zum Stammbaum die weibliche .
Gene berücksichtigt, von großer Bedeutung. Von orthopädischen
Krankheiten, denen man konstitutionelle Grundlagen zubilligt, er-
.wähnt D. die wirklich vererbten Mißbildungen, weiterhin die Hämo-
philie, dann die konstitutionelle Albuminurie, bei der die Eiweiß-
ausscheidung aus der konstitutionell geschwächten Niere durch eine
lordotische Stauung ausgelöst wird. Manches spricht dafür, daß
die Arthritis deformans konstitutionell bedingt ist. Neuerdings
werden auch die verschiedenen Epiphysenerkrankungen, sowie die
Rachitis und die Osteomalazie zu konstitutionellen Anomalien in
Beziehung gebracht. D. ist weiterhin der Ansicht, daß die soge-
nannten habituellen Skoliosen auf ererbte Minderwertigkeit zurück-
zuführen sind. Das gilt auch für eine weitere Anzahl von Skelett-
deformitäten, z. B. den Plattfuß, das X-Bein. Eine konstitutionelle -
Neigung zu Bindegewebswucherung dürfte der Grund für die Du-
puytrensche Kontraktur sein. — Die konstitutionelle Betrachtungs-
weise gestattet uns im praktischen Einzelfalle vor der Erkrankung
die auslösenden äußeren Anlässe zu unterdrücken oder nach Ein-
tritt der Erkrankung die Prognose besser zu übersehen. Daraus
ergeben sich wichtige Gesichtspunkte für die allgemeine und ortho-
pädische Therapie. Zum Schluß betont D., daß es erste Aufgabe
der Orthopädie ist, das erworbene Krüppelelend zu verbessern,
erst in zweiter Linie soll uns das, was durch Vererbung schlecht
geboren ist, beschäftigen, weil wir so im Sinne einer Verbesserung
der Rasse handeln. :
Arbeiten, die sich mit der Erforschung der Ätiologie ange-
borener Verbildungen beschäftigen, sind, selbst wenn sie mehr oder
weniger hypothetischen Charakters sind, reizvoll: Und so darf eine
eigene (2) Beobachtung hier Platz finden, die ein 14jähriges
Mädchen mit angeborener Dystrophia adiposo-genitalis und gleich-
zeitiger bilateral-symmetrischer Brachydaktylie an Händen und
Füßen betrifft. Kongenital verkürzt waren beidseitig an den Händen
die Metacarpi IV und V, an den Füßen die Metatarsi IN und IV.
Die symmetrische Bilateralität der Deformität drängt uns in der-
artigen Fällen, die nur in gezwungenster Weise auf exogene
Ursachen zurückzuführen wären, das Bedürfnis auf, nach einer 200-
tralen Ursache zu suchen. Da nun die Dystrophia adiposo-genitalis
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. . 1255
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einer Störung der Hypophyse ihre Entstehung verdankt und in
meinem Falle eine Kombination dieser Enkretionskrankheit mit einer
bilateral-symmetrischen Skelettanomalie vorliegt, so liegt es nahe,
letztere ebenfalls auf eine Läsion von in der Mittellinie gelegenen
Teilen des Zentralnervensystems zu beziehen. Ob diese Hypothese
berechtigt oder unberechtigt ist, sei dahingestellt: jedenfalls
scheint mir die Forderung, daß sich auch die Orthopäden mit
Forschungen in der gekennzeichneten Richtung beschäftigen, nicht
unberechtigt.
So viel Beachtung wie Drehmanns (3) im Anschluß an De-
brunners obige Ausführungen mitgeteilten Fälle von kongenitalen
Deformitäten verdient jedenfalls mein obiger Fall mit seiner hypo-
thetischen Erklärung ebenfalls. Drehmann berichtet nämlich über
. 8 Fälle, die ihm den Gedanken nahelegen, daß auch erworbene
Deformitäten vererbt werden können. Im ersten Falle handelt es sich
um einen Offizier, der durch Kriegsverletzung einen Unterschenkel
verloren hatte; er hatte, kurz bevor er ins Feld kam, geheiratet.
Als die Frau die Nachricht bekam, war sie ungefähr im 2. Monat
schwanger. Das Kind wurde mit einer Verkürzung desselben Unter-
schenkels um 2 cm, die jetzt auf 8 cm gestiegen ist, geboren. Es
war eine kleine Narbe an der Tibia vorhanden; das Kind hatte
nur 4 Zehen. Beim zweiten Falle handelte es sich um einen durch
schwere Verbrennungen beider Hände, besonders der rechten Hand,
. verstimmelten Mann, dem ein Mädchen mit fehlender rechter Hand
geboren wurde. Der dritte Fall betraf einen Armamputierten, dem
ein Mädchen mit fehlender Hand geboren wurde. Der Verhand-
lungsbericht sagt weiter: „Die Fälle geben immerhin zu bedenken,
ob man die alte Theorie, daß sich erworbene Deformitäten nicht
vererben, nicht nachprüfen solle Ich habe auch mit Jägern ge-
sprochen — in Jagdzeitungen wird es immer bestritten —, die
sagten, daß auch ab und zu der Stummelschwanz bei Hunden ver-
erbt wird. Ich bitte auf solche Fälle zu achten. Besonders inter-
essant ist der erste Fall, wo die Verletzung des Vaters erst im
2. Monat der Schwangerschaft eingetreten ist. (Heiterkeit.)“.
Kehren wir zu Arbeiten zurück, die sich mit Fragen aus der
orthopädischen Physiologie befassen, so sei auf bemerkenswerte ex-
perimentelle Untersuchungen Debrunners (4) zur Frage der Ent-
stehung von Pseudarthrosen hingewiesen, die gemeinsam mit Frosch
an Kaninchenvorderextremitäten erzeugt wurden. Es wurden totale
Enochendefekte in der Mitte des Radius von 2 bis zu 12 cm gesetzt.
. Es ergab sich, daß Defekte bis 2 mm Formregenerate, solche von .
3-8 mm Konsolidationsregenerate mit mehr oder minder starker
Formveränderung zeitigen, Defekte von 10 mm und mehr, also etwa
in Größe von !/, der gesamten Knochenlänge, von den Bruchenden
nicht mehr überbrückt werden können. Je größer der Defekt war,
um so längere Zeit benötigt der Knochen zur Ausheilung. Mangel-
hafte Ruhigstellung hat auf die Konsolidation anscheinend garkeinen
Einfluß. D. empfiehlt, die regeneratorischen Vorgänge entsprechend
den embryonalen Entwicklungsverhältnissen in zwei Phasen, die-
jenige der provisorischen (stürmisch vor sich gehenden) und die-
jenige der definitiven (immer langsamer vor sich gehenden, das
Provisorium verfeinernden, der Funktion zuführenden) Regeneration,
zu trennen. Die Regeneration stellt sich D. als die Folge gegenseitiger
ormonaler oder chemischer oder sonstwie gearteter Beeinflussung
er Knochenenden vor, an denen man osteogenetische, den an den
agnetpolen vorkommenden analoge Kraftfelder annehmen kann.
erühren oder beeinflussen sich diese genügend, was mit der Größe
der Entfernung der Knochenenden von einander oder mit dem even-
tuellen absichtlichen bzw. zufälligen Vorhandensein von inter-
d
ponierten Weichteilmassen zusammenhängt, so kommt es trotz dieser
Hindernisse zur Überbrückung des Defektes und zur Konsolidation,
sonst nicht. Leider kann auf die interessanten weiteren Schlüsse
des Autors hier nicht eingegangen werden. Ihnen reiht sich ein
ericht über weitere Kaninchenknochenexperimente an, bei denen
die Frage gelöst werden sollte, wie sich kleine, unter gewöhnlichen .
Umständen konsolidierende Defekte bei autoplastischer Einpflanzung
Lea ydengr Gewebe (Muskel, Peritoneum, Synovialis, Knochen-
orpelstücke) verhalten. Hier ergab sich, daß freie Muskelver-
P’anzung unter den letztgenannten Bedingungen die Kallusbildung
ei stört, daß aber gestielte Muskellappen ihr dann unüberwind-
iche Schranken entgegenstellen, wenn ihre Ernährung gesichert ist
und sie als Masse am Leben bleiben. — Für die Praxis ergibt sich
der daß die guten Erfolge der Chirurgie bei der operativen
FR lisierung versteifter Gelenke auf der Öffenhaltung der neuen
‚onklücke durch den eingelagerten Lappen und der möglichst
weiten Distraktion der Knochenenden beruhen. Eine Interposition.,
hat nur dann Zweck, wenn das Interpositum wenigstens für einige
Zeit am Leben erhalten werden kann.
Des weiteren sei auf experimentelle Untersuchungen auf-
merksam gemacht, welche Walther Müller (5) angestellt hat, um
die Wirkung längerdauernder funktioneller Ausschaltung und anderer-
seits einseitiger Beanspruchung eines Gliedabschnittes auf den Knochen
zu prüfen. Zu dem ersteren Zweck hat M. die operative Ver-
lagerung einer ganzen Extremität unter die Haut bzw. unter die
Muskulatur des Rumpfes vorgenommen. Die enthäutete Extremität
heilte in allen Fällen fest ein. Auf diese Weise war sie jeglichen
Belastungs- oder Bewegungseinflüssen entzogen und war andererseits
für lange Zeit abnormen Druck- oder Biegungseinflüssen, je nach
Anordnung des Experiments, ausgesetzt. Die Wirkung der funk-
tionellen Ausschaltung äußert sich schon ziemlich frühzeitig im
Auftreten von Knochenaufhellung an den Metarsalia und den Hand-
wurzelknochen. Diese Atrophie zeigten die langen Röhrenknochen
so gut wie garnicht; sie wurde aber auch an diesen in auffallend
kurzer Zeit recht erheblich, wenn gleichzeitig eine Durchtrennung
eines Knochens, etwa der Ulna, ausgeführt wurde. Das ist ein
Hinweis darauf, daß es nicht angängig ist, die akuten Atrophien,
wie sie z. B. im Anschluß an Knochenverletzungen auftreten, ein-
fach als Inaktivitätsatrophie zu deuten. Wie erwartet, war die
Atrophie an den Wachstumszonen der eingenähten Extremität be-
sonders deutlich, was wohl mit der erheblichen Empfindlichkeit der
in rascher Teilung begriffenen Zellen zusammenhängt. Weiterhin
‚waren auch Längenunterschiede an den Knochen der eingenähten
und der belasteten Seite festzustellen: Die eingenähten unbelasteten
Unterarmknochen waren fast stets länger. Diese Verlängerungen
sind eine experimentelle Bestätigung gewisser klinischer Beob-
achtungen, z. B. für die oft auffallende Längenzunahme der Kinder
während eines langanhaltenden Krankenlagers, die häufige Längen-
zunahme gelähmter kindlicher Extremitäten gegenüber dem be-
lasteten gesunden Bein, das auffallende Wachstum mancher kind-
licher Amputationsstümpfe. — Was die Wirkungen einseitiger ab-
normer Zug- und Druckbeanspruchung betrifit, so konnte durch
Einnähung einer Hinterextremität in stärkster Beugung des Knies
die Kniescheibe in ihrem Längendurchmesser auf Kosten des Dicken-
durchmessers umgeformt werden. In einem derartigen Falle trat
sogar in der Kniescheibe ein querer Spalt auf, der schließlich zu
einer durch eine Diastase gekennzeichneten Halbierung führte.
Handelte es sich bei diesen Untersuchungen um die Fest-
stellung der Einwirkung von Entlastung auf das Knochenwachstum,
so verdanken wir H. Maaß (6) Untersuchungen über den Einfluß
pathologischer Druck- und Zugspannungen auf das Wachstum noch
wachsender Knochen. Die zu diesem Zwecke vor vielen Jahren
am Schienbein junger Tiere angestellten Experimente erweiterte der
Autor durch neuerlich angestellte Versuche und fand seine früheren
Ergebnisse vollauf bestätigt. Es zeigte sich wiederum, daß patho-
logische Druck- und Zugspannungen auch dem gesunden,. physio-
logisch druck- und zugfesten Knochen, solange er wächst, ver-
hängnisvoll verden können und müssen, daß es in erster Linie die
spongiösen Wachstumszonen sind, die auf diese Weise geschädigt
werden. Der alte Streit, der sich an die Namen Hüter und Volk-
mann einerseits und Julius Wolff andererseits über die 'mecha-.
nische und funktionelle Pathogenese der Skelettdeformitäten knüpft,
scheint damit endgültig zugunsten der mechanischen Pathogenese
entschieden zu sein. Maaß iaßt seine Ausführungen etwa in folgen-
den Sätzen zusammen: Pathologische Zug- und Druckspannungen
haben keinen organischen Einfluß auf das Knochenwachstum, sondern:
beeinflussen lediglich die Wachstumsrichtung, indem sie das räum-
liche Fortschreiten der Appositions- und Resorptionsprozesse nach
streng mechanischer bzw. dynamischer Gesetzmäßigkeit verlang-
samen oder beschleunigen bzw. aus der physiologischen Wachstums-
richtung in fehlerhafte Wachstumsbahnen lenken; die spongiösen
Wachstumszonen sind diesem schädigenden Einfluß am meisten unter-
worfen, weil in ihnen das räumliche Fortschreiten der Appositions-
und Resorptionsprozesse in besonders lebhaftem Tempo vor sich
geht. Diskontinuierliche Einwirkung pathologischer Druck- und
Zugspannungen hat auf das Spongiosawachstum den gleichen schä-
digenden Einflnß wie kontinuierliche; nur bedarf es zur Entwicklung
des pathologisch-anatomischen Effektes hier entsprechend längerer
Zeiträume. Die Belastungsdeformitäten entwickeln sich in ihrer
Mehrzahl unter der diskontinuierlichen Einwirkung pathologischer
Zug- und Druckspannungen, wie sie in den verschiedenen Er-
rmüdungshaltungen wirksam werden, an einem durchaus wohl-
gebildeten und gesunden, aber durch die physiologische Plastizität
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des Wachstums . noch nachgiebigen Skelett. — Gerade an diesen
letzten, .sich auf die diskontinuierliche Einwirkung beziehenden
Sätzen dürfen wir keinesfalls achtlos vorübergehen. Wird doch
damit mit der auch in Kreisen der Orthopäden vielfach verbreiteten
Anschauung, daß sich 'habituell angenommene atypische Haltungen,
z. B. seitliche Verschiebungen im. Bereich der Wirbelsäule im Schul-
und Jünglingsalter, ohne Hinzutreten einer. pathologischen - Knochen-
weichheit nicht fixieren, aufgeräumt. Maaß: betont demgemäß, daß
die habituelle Skoliose der Schuljahre wirklich in der Schule oder
-< „doch wenigstens. im Schulalter entsteht und, abgesehen von seltenen
Ausnahmen, tatsächlich der Einwirkung der skoliotischen Ermüdungs-
haltung auf das -spongiöse Wirbelwachstum ihre Entstehung .ver-
: dankt: Auch hier hängt also vieles von der Leistungsfähigkeit der
. Muskulatur ab. — Es ergibt sich, wie M. in einer zweiten Arbeit (7)
‘ auseinandersetzt, daß pathologische Druck- und Zugspannungen. am
. wachsenden Skelett nicht nur durch äußere Wachstumswiderstände,
‚ Sondern weit ausgiebiger noch durch pathologische Knochenweich-
heit ausgelöst werden; hieraus resultieren sehr enge Beziehungen
zwischen-der rachitischen Wachstumsstörung und den mechanischen
Störungen des Knochenwachstums. Der rachitische Knochen erleidet
durch die Einwirkung des physiologischen Wachstumsdruckes auf
. die weichbleibenden spongiösen Appositionszonen analoge Verände-
rungen, wie das Wachstum des gesunden Knochens durch die Ein-
-wirkung pathologischer Wachstumswiderstände. -
Interessante experimentelle und klinische Untersuchungen über
den äußeren und strukturellen Umbau, den kontrakte und ankylo-.
tische Gelenke erleiden, verdanken wir Magnus (8). M. brachte
‘das Kniegelenk junger Kaninchen. durch Einspritzung wenig viru-
lenter Staphylokokkenkulturen in dauernde Beugekontraktur. Wirkt
nunmehr Belastung, sei es in.der Fortbewegung oder beim Kauern -
‘.. und Liegen, ein, so formt sich das Knie „funktionell“ um. Da. aber
das Gelenk selbst starr ist, nehmen die benachbarten Knochen einen
Umbau vor. Waren Femur und Tibia vorher zwei gerade Knochen,
so wird nunmehr aus dem ‚von ihnen gebildeten. Gelenkwinkel ein
Bogen; die metaphysären Teile nehmen eine so starke Krümmung
an, daß das ganze Kniesystem ein horizontales U darstellt. Dadurch
nimmt die Festigkeit dieses Systems erheblich zu; der gefährliche
. Drehpunkt liegt nicht mehr im Schnittpunkt zweier Geraden,
sondern er wird aufgelöst und über. eine ganze Kurve verteilt. Eine
weitere Verstärkung des U-Systems wird durch konsolenartige Um-
formung der Epiphysen erreicht. Zu dieser „funktionellen Gestalt“
tritt die „funktionelle Struktur“. Sie. besteht darin, daß sich die
’ Knochenbälkchen der ‚Epiphysen in dieselbe Kurve wie das ganze
Gelenksystem . einstellen, also ebenfalls in U-Form den ehemaligen
Gelenkspalt überbrücken. M: hatte Gelegenheit diese Verhältnisse
an einem menschlichen Kniegelenk zu studieren, das sehr lange in
Beugekontraktur gestanden hatte und in dieser Stellung knöchern
versteift war. Der 22jährige Patient hatte nach einer Otitis im
8. Lebensjahre eine metastatische Kniegelenksentzündung mit folgen-
' der Knieresektion durchgemacht. Das hiernach ungeschient ge-
'bliebene Knie hatte sich immer stärker gebeugt und war jetzt im
spitzen Winkel von 25° ankylosiert. Das Röntgenbild dieses Knies
‚zeigte nun, genau wie das Präparat des Tierexperiments, die
‚U-Form des ganzen Kniesystems, indem sich die Metaphysen von
Femur und Tibia gebogen haben, die Bälkchen der Kortikalis
drängen 'sich dort, wo die stärksten Druck- und Zugkräfte ein-
wirken, nämlich an der Konkavität und der Konvexität des Knies
zusammen. Um der Beanspruchung auf Knickung zu widerstehen,
hat sich endlich, ein neues System von Spongiosabälkchen, nämlich |
in Radspeichenanordnung gebildet. In zwei: weiteren Fällen von
ankylotischem. Spitzknie waren durch Umbau ähnliche Knochen-
iormen zustande gekomnien. |
| Beschäftigten sich diese letzten A
Knochenphysiologie, so kommen wir nunmehr zu Arbeiten, welche
wuskel-und bewegungsphysiologische Fragen besprechen, v.Baeyer(9)
hat richtig erkannt, daß die bisherigen Abhandlungen über die nor-
male Kinematik, deren Kenntnis der moderne orthopädische Fach-
arzt unbedingt braucht, im ganzen zu abstrakt sind; sie vernach-
lässigen meist die vielfältigen Bedingungen, die im Leben tatsäch- | können.
lich vorliegen, oder sie sind derartig mathematisch eingekleidet,
daß sie nur für wenige Auserwählte verständlich sind. Einige Pro-
bleme der für den Praktiker wichtigen Bewegungslehre allgemein-
faßlich darzustellen, unternimmt B. in seiner hübschen Arbeit. Die
'Kompliziertheit der Bewegungsanalysen beruht auf den verschie-
densten Ursachen. .So sind z. B. die Gelenke häufig nicht gleich-
mäßige Rotationskörper, so daß der bewegte Gliedabschnitt je nach
rbeiten mit Problemen der -
der Winkelstellüng in verschiedene Bahnen gedrängt wird; die
Länge der. wirksamen Hebelarme ‘kann für einen und denselben
Muskel mit der Bewegung variieren, in anderen Fällen wieder
gleichbleiben. Zu berücksichtigen ist weiter u. a. die Zusammen-
arbeit mit einem oder mehreren anderen Muskeln, die Einwirkung
der Schwere und. anderer äußerer Widerstände. Besonders ver-
wickelt wird der Gliedermechanismus durch das Vorhandensein von
mehrgelenkigen Muskeln und dadurch, daß die Muskeln an einem '
mehrgliedrigen System angreifen. Da nun unsere Bewegungen
größtenteils ein Spiel von Gliederketten darstellen und. nur ver-
hältnismäßig selten. in der Drehung von einem Knochen gegen
einen anderen bestehen, und da dieser Kettenmechanismus in weitem
Maße von mehrgelenkigen Muskeln beherrscht wird, ist eine leichter
faßliche Darstellung für den Praktiker willkommen. . Einige prak-
tisch wichtigere Ausführungen des Autors seien als Beispiele des
Gemeinten. hier referiert. . Durch die tonische Spannung der mehr-
‚gelenkigen Muskeln sind die Bewegung und die Beweglichkeit der
übersprungenen Gelenke bis zu einem gewissen Grade voneinander
abhängig, die betreffenden Gelenke sind „gekoppelt“. Da nun viel-
fach im Körper, z..B. am Bein, mehrere solche gekoppelten Systeme
übereinandergreifen, resultiert ein Zusammenspiel, eine Art Trans-
mission, wodurch eine Art mitläufiger Bewegung von einer- Muskel-
gruppe ohne weiteres auf eine andere übertragen wird. Ohne wesent-
liche Längenveränderung der Muskeln ist so z. B. beim Treppen-
‚steigen die Beugung der Hüfte mit einer Beugung des Knie- und
Doralflexion des Fußgelenks gekoppelt. Oder: Läßt man bei wage-
recht gehaltenem. Unterarm die Hand schlaf herabhängen, so ist o
| der Daumen im Endgelenk gestreckt, die langen Finger in Grund-
und Endgelenken ebenfalls gestreckt, in den Mittelgelenken um
etwa 450- gebeugt. Heben wir.nun mit der anderen Hand diese
herabhängende Hand an, so beugt sich, obwohl die Fingerbeuger `,
nicht kontrahiert. werden, das Endglied des Daumens, bis die
_ Daumenspitze den Zeigefinger berührt, die. langen Finger nehmen
an der Beugüung ebenfalls kräftig teil, die vorher etwas gespreizten
Finger legen sich aneinander. Es liegt hier eine reine Trans-
missionswirkung vor, die durch den tonischen Spannungszustand
der mehrgelenkigen Muskeln bedingt ist; der Vorgang hat: weder
etwas mit einer zentralen Koordination noch mit passiver Insuffizienz
| zu tun. Die Kenntnis. dieser Dinge ist in der Praxis für die Sehnen- _
transplantationen (bei denen ja meistens mehrgelenkige Muskeln
verwendet werden), ferner bei den für ataktische Tabiker individuell’
‚zu bauenden Bandagen, deren Erfolg ‘oft verblüffend ist, äußerst
wichtig. Ein wichtiges Moment, das in den anatomischen Lehr-
büchern garnicht berücksichtigt ist, ist die im alltäglichen Leben
jeder Bewegung entgegengesetzte Behinderung. Ob wir eine Last |
fortschieben, Celio spielen oder einen schweren Stein schleudern,
‚stets wirken gegen die viergliedrige Gliederkette (Schulter-Oberarm-
_ Unterarm-Hand) äußere Kräfte, einmal an der Schulter, dann an
der Hand, mithin an den beiden Enden. Wir haben es hier dem-
nach mit einer „geführten Wirkung“ des bzw. der Muskeln zu tun.
Während für den Arm einige hierher gehörige Analysen in der
Literatur existieren, gibt es solche für das Bein überhaupt nicht.
B. bespricht nun mehrere derartige Fälle U. a. zeigt er, wie die
Mm. adductores z. B. beim Sitz im Sattel oder im Stahd infolge
Fixation des Beckens und des Fußes (durch den Steigbügel) die
Innenrotation des Beins bewirken. Erst durch diese Art der Be-
trachtung verstehen wir, warum der Mensch mit einer verschwinden-
den Masse von eigentlichen Innenrotatoren gegenüber der riesigen
Masse der Außendreher, das sind die mächtigen Glutäen, auskommt.
Auch ist erst durch diese Wirkung der Adduktoren als Einwärts-
kreiseler die so typische Haltung und Gangart der Menschen mit
spastischer Mono- oder Diplegie (Littlescher Gliederstarre) zu ver-
stehen. Als eine weitere interessante Komplikation wäre. die zeit-
liche Aufeinanderfolge der Gelenkbewegungen einer geführten Glieder-
kette zu untersuchen. Gerade in den besprochenen Muskelwirkungen
ist, so meint B. zum Schluß, vielleicht der ästhetische Genuß an
manchen harmonischen Bewegungen mitbegründet, wie wir ihn
beim Kunsttanz. oder beim Dirigieren des Kapellmeisters empfinden
Aus einer anderen inhaltsreichen, aber spröden Arbeit über
Probleme aus der Muskelmechanik, die Beck (10) bringt, seien als
Schluß dieses Berichtes nur einige wenige Sätze gebracht, die ‚den
Praktiker interessieren können. Zu antagonischen Wirkungen der
Muskeln führen beim Lebenden nicht allein Muskelkräfte unter sich,
sondern es wirken den Muskeln als Antagonisten entgegen. die
Schwere, Bänder, Knochenvorsprünge usw.; so wirkt als Antagonist
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der kräftigen Kopf- und Rückgratstrecker die Schwere des nach
vorn liegenden Kopfes, der Brust und der Baucheingeweide. Daraus
resultiert eine Asymmetrie der Muskeln um die Gelenke. Die richtige
Verlagerung der Schwere und elastische Bänderspannuug ermög-
lichen, daß der Mensch mit einem möglichst geringen Aufwand
von Muskelkraft zu stehen vermag; ebenso kann man den Rumpf
in den Hüftgelenken usw. mit einem Minimum von Muskelkraft
balancieren. Bei Überdehnung von Muskeln wird die für die
Kraftentwicklung optimale Ausgangslänge überschritten, die Kraft
nimmt wesentlich ab; bei langdauernder hochgradiger Überdehnung
kann die Spannung so gering werden, daß die Muskeln nicht' mehr
imstande sind das Glied zu bewegen und wie gelähmt erscheinen.
Das Prinzip der Transmission, das vielfach bei der Sehnenüber-
pflanzung auf entlernte Gelenke zu Anwendung gezogen wurde, hat
häufig durch falsche Operationsplanaufstellung und durch Über-
spannung dieses Prinzips versagt, wofür B. Beispiele beibringt.
Literatur: 1. Debranner, Konstitution und Vererbung in der Orthopädie,
Zschr. f. orthop. Chir., Bd. 45, H. 1. — 2 Peltesohn, Innere Sekretionsstörung und
angeborene Mißbildung. Ebenda, Bd. 48. H. 4. — 3. Drehmann, Diskussion zu 1.
Kbenda, Bd. 45, H. 1. — 4. Debrunner und Frosch, Experimentelle und klinische
Studien zur Pseudarthrosenfrage. Arch. f. Orthop., Bd. 23, H. 1. — 5. Müller, W.,
Neue Experimente über die Wirkung mechanisch-fuaktioneller Beanspruchung auf
Koochen und Wachstumszonen. Zschr. f. orthop. Chir., Bd. 45, H. 1. — 6. Maaß,
Über den Einfluß pathologischer Druck- und Zugspannungen auf das Knochen-
wachstum. Ebenda, Bd. 44, H. 3. — 7. Derselbe, Das anatomische und klinische
Bild der Rachitis. Arch. f. Orthop., Bd. 22, H. 8. — 8. Magnus, Über den Umbau
kontrakter und ankylotischer Gelenke. Ebenda, Bd. 20, H. 1. — 9. v. Baeyer, Die
- Wirkung der Muskeln auf die menschlichen Gliederketten in Theorie und Praxis.
Zschr. f. orthop. Chir., Bd. 46. H. 1. — 10. Beck, Praktisch wichtige Probleme aus
der Muskelmechanik. Ebenda, Bd. 45, H. 1.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therspentische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 29.
Über die Diagnose und Behandlung der Hämorrhoiden berichtet
L. Kuttner (Berlin). Er hält die chirurgische Behandlung für indiziert
bei hartnäckigen Beschwerden, die der konservativen Behandlung trotzen;
bei stärkeren, aber auch bei kleineren, sich immer wiederholenden Blutungen,
die durch innere Mittel nicht zum Schwinden zu bringen sind; bei aus-
ED ARE Neigung zum Prolabieren und bei der Einklemmung innerer
oten.
Die operative Behandlung der Hämorrhoiden besteht nach Richard
Mühsam (Berlin) in der Verschorfung der Hämorrhoiden mit. dem
Paquelin, und zwar in örtlicher Anästhesie mit 1/,%/,iger Novokain- oder
Ye'oiger Tutokainlösung. Das Verfahren eignet sich für alle Formen von
Hämorrhoiden, für äußere und innere, für eingeklemmte, entzündete und
gangränöse. Gerade hier wird der infektiöse Herd rasch beseitigt, ohne
daß, wie bei den blutigen Verfahren, frische, der Infektion ausgesetzte
Wunden gemacht werden.
Die nicht operative medikamentöse Behandlung des grauen
Stars ist nach W. Uhthoff (Breslau) wenig aussichtsreich und ompfehlens-
wert. Der kataraktüse Prozeß der- Linse ist anatomisch betrachtet ein
reparabler Zerfallsprozeß, den man nicht mit entzündlichen Trübungen
und Prozessen im Bereich anderer Organe, z. B. auch der Hornhaut, in
Parallele setzen darf. |
M. Rosenthal (Astrachan) weist auf die Syphilis unter den Kal-
Mücken und Kirgisen hin. Die eigenartigen Sitten, die noch unter diesen
balbwilden Steppenbewohnern herrschen, spielen eine große Rolle bei der
Verbreitung der Syphilis. Die Syphilis bei den Kalmücken ist weniger
eine geschlechtliche Ansteckung als vielmehr eine angeborene sowie durch
I den täglichen Verkehr hervorgerufene. Denn -die Krankheit nimmt fast
Fo: ım Munde ihren Anfang (Übertragung durch die Tabakpfeife,
nnd Eßgeschirr, Triakgefäße). Die Mehrzahl der Kranken, die zur Behand-
ung kommen, leidet an schwerer Form der Syphilis II.
Auf Grund bakteriologischer und serologischer Untersuchungen hält
R ĉl (Budapest) den Schweinerotlaufbazillus für den Erreger des
fysipeloids. |
u aig Kombination von Tuberkulininjektionen mit der Senkungs-
ie x gkeit der roten Blutkörperchen bei der Lungentuberkulose be-
Hilfe de rei (Bad Berka). Er erörtert die Frage: Können wir mit
Diades ala bei gleichzeitiger Injektion von Tuberkulin die
dem Result pi oder inaktive“ Tuberkulose stellen? Er kommt dabei zu
auch mit at, dab die Diagnosestellung „aktive oder inaktive“ Tuberkulose
mit Hilfe der Senkungsreaktion und des Tuberkulins nicht eine Zu-
stands- . :
ands-, sondern eine Entwicklungsdiagnose sei. F. Bruck.
‘
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. 001987
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 29.
Über die Kropfprophylaxe. in der Schweiz berichtet Hans Eggen-
berger (Appenzell a. Rh.). Dor Jodmangel ist die alleinige Ursache des
Kropfes. Zur Kropfprophylaxe braucht man nur tägliche Jodzulagen von
etwa 40 Millionstelgramm. Ein Zusatz von 0,5 g KJ auf 100 kg Kochsalz
genügt. Unter ständiger Verwendung des jodierten Salzes in Küche,
Bäckerei usw. entsteht und wächst kein Kropf mehr. Die Kropfendemie
beginnt auszusterben. = | |
Hanns Pollitzer und Ernst Stolz (Wien) werfen die Frage auf:
Ist die bintdrucksenkende Wirkung der Höhensonnenbestrahlungen eine
Stickoxydulwirkung? Nach ihnen entfaltet Stickoxydul eine’ ähnliche,
gefäßerweiternde, drucksenkende Wirkung, .wie sie den nitrierten
Alkoholen Nitroglyzerin, Amylnitrit, Erythroltetranitrat eigen ist. Bei mil-
deron arteriosklerotischen Hypertonien scheint mit Höhen-
sonneninhalationen ein länger dauernder Erfolg möglich zu. sein.
Seine Beobachtungen über das Verhalten des Biutdruckes bei
längeren Atempausen teilt Wilhelm Hueck (Neuwittelsbach - München)
mit. In den künstlichen Atempausen von Gesunden kommt es zu einer
Steigerung des Blutdrucks, und zwar zu einer um so größeren, je
mehr Willensspannung zum Anhalten des Atems nötig ist. Bei einem
Vagotoniker war die Drucksteigerung in den Atempausen viel größer als
bei Gesunden. Während eines Anfalls von Oheyne-Stokesscher Atmung
bei einem Hypertoniker sank der Blutdruck während der Atempausen im
Gegensatz zum Ansteigen des Blutdruoks bei künstlichen Atempausen, und
zwar um so stärker, je länger die Atempause dauert, Wahrscheinlich
dürfte dabei die Psyche die Hauptrolle spielen.
Zum Eisenstoffwechsel äußert sich Grumme (Fohrde). Nur orga-
nisch gebundenes Eisen wird assimiliert und zum Körperaufbau
verwandt. Aber auch anorganisches Eisen, soweit Ferro- (nicht Ferri-)
Ionen in Betracht kommen, ist wirksam (physikalische Kontaktwir-
kung). Hierbei findet eine Stimulation des Knochenmarks statt,
entweder direkt oder vielleicht auf dem Umwege über die Milz. Hier-
durch wird die Assimilation organischen Nahrungseisens gefördert.
| i F, Bruck.
Wiener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 27 bis 33.
Schmerzverhütung und Schmerzstillung in der Geburtshilfe bo-
spricht H. Peham (Wien) unter Berücksichtigung aller bisher geübten
Verfahren. Er lehnt für die normale Geburt die Vollnarkose überhaupt ab,
hält auch den medikamentösen wie den hypnotischen Dämmerschlaf für
nicht empfehlenswert für die Praxis. In der Eröffnungsperiode kann man
0,01—0,015 Morph., 0,02 Pantopon oder 0,03 Narcophin anwenden. In der
Austreibungsperiode wendet man event. die Narkose à la reine oder bei
Durchtritt des Kopfes einen Chloräthylrausch an. Die Dammnaht erfolgt
am besten unter Lokalanästhesie mit 0,5 %iger' Novokain-Adrenalinlösung.
Schließlich betont Verf., daß es sich bei der Geburt um einen physiolo-
gischen Schmerz handelt und daß das Geburtserlebnis kein körperliches
oder psychisches Trauma, sondern das Wertvollste und Edelste im seelischen
Besitzstand der Frau darstellt, und eine Vorbedingung des Mutterglückes
und der Mutterliebe ist,
Die Beziehungen zwischen Gelenks- und Nervenkrankheiten be-
spricht Wagner-Jauregg (Wien). Als bekannteste erwähnt er die tabischen
Arthropathien, die den bei Syringomyelie auftretenden gleichen. Das Haupt-
symptom ist die, Schmerzlosigkeit trotz schwerster Veränderungen. Der
. Beginn kann akut oder chronisch sein, die Veränderungen sind sehr hoch- `
gradig,. bevorzugt wird die untere Extremität. Die Ursache liegt in wegen
der Schmerzlosigkeit fortlaufenden Traumen und in einer pathologischen
Knochenbrüchigkeit, die wahrscheinlich durch Affektion der sensiblen N eurone,
in denen auch Gefäßnerven verlaufen, bedingt ist. Umgekehrt ist bei den
verschiedenen versteifenden Erkrankungen der Wirbelsäule das Nervensystem
erst sekundär beteiligt. Es spielen sich an der Wirbelsäule Ankylosie-
rungen und Verknöcherungen von Bändern neben Knochenneubildungen ab.
Am Nervensystem beobachtet man Neuralgien und Lähmungen.
Pathologie und interne Therapie der Cholelithiasis erörtert R. Bauer
(Wien). Neben dem Infekt kommt der Stauung bei der Steinbildung eine
‚große Bedeutung zu, da es sich bei der Galle um ein kompliziertes, labiles,
kolloidales System handelt. Nach Westfal spielt nicht nur die Leber-
sekretion, sondern auch die Gallenwegemuskulatur eine große Rolle bei
der Gallenentleerung. Letztere läßt sich durch Atropin, Morphin
?
weniger durch Papaverin beeinflussen. Dor Hydrops der Gallenblase kann
von den leichtesten Formen bis zu infektiösen hochfebrilen Zuständen vor-
handen sein. Ikterus kann fehlen. Typische Bilder zeitigt meist der
stürmisch‘eintretende Choledochusverschluß. Die Durchführung der immer
mehr geforderten „Frühoperation“ scheitert an den Schwierigkeiten der
Frühdiagnose und der Beurteilang des Verlaufes. Diagnostisch im Vorder-
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= greifenden therapeutischen Maßnahmen mit Proteinkörpern.
. jabalt- die Entzündung beherrschte..
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1924 — MEDIZINISORE KLINIK — Nr 36. 000 7. September
grund stehen zurzeit die Duodenalsondierung mit Eingießungen und die
Ehrlichsche Aldehydprobe im Urin. Ferner ist. die Diazoreaktion im
Serum wichtig, indem starke indirekte bei schwacher oder fehlender direkter
Reaktion für hämolytischen Ikterus spricht. Alimentäre Galaktosurie: fehlt | Verf. verwendet die Zitratmethode, weist aber auf’ die Vorzüge. der Oehlecker-
bei mechanischem Stauungsikterüs immer.. Schließlich verspricht weiterer
Ausbau der Röntgendiagnostik eine Sicherung der Diagnosenstellung. Dif-
ferentialdiagnostisch ist immer an verschiedene. Zustände der Niere, Ent- í
zündungen im Abdomen, oder der Pleura bzw. Lunge, ferner an andere
Die Prophylaxe muß bei dis-
Leber- und Gallenblasenleiden zu denken.
ponierenden Zuständen, wie Gravidität, Abort, infektiösen Darmerkrankungen
einsetzen. Sie besteht in nicht beengender Kleidung, Bewegung, Diät, Zu-
führung von Cholagogis. Bei Anfällen ist mit krampflösenden Mitteln nicht
zu sparen, daneben Wärme, Ruhe, am, besten Milchdiät und nach Rückgang
von Schmerzen und entzündlichen Erscheinungen Cholagoga und Desinfi-
Auch bei Steinverschluß ist mitunter konservative Ensrapie mit
Cholagogis erfolgreich.
F. Eisler und G. Holzknecht besprechen die Radiologie der Ge-
‚lenkserkrankungen. Es besteht die Möglichkeit, röntgenologisch ` sowohl
das durch den pathologischen Vorgang Produzierte (Schwellung der Kapsel,
ihre Verdiekung, Ergüsse, Veränderungen der Knochen und Knorpelwuche-
: rungen), als auch das Resorbierte: (Schrumpfung, Kalkschwund, Herd-
bildungen) zu erkennen. Hiernach werden die Gelenkserkrankungen ein-
geteilt, über die im einzelnen bier nicht referiert werden kann. Thera- .
peutisch ist die. Röntgenbestrahlung zur Schmerzstillung ein gutes Mittel
es empfehlen ‚sich seltene, kleine Dosen, gut filtriert. Von Amerikanern
wurde der lymphatische Rachenring bei Infektarthritiden mit gutem Erfolge
bestrahlt und ebenso ist bei ovarieller Ätiologie im Klimakterium eine
Reizbestrahlung der Hypopbyse von Erfolg.
Auf den tuberkulösen Geleukrheumatismus macht H. Pollitzer
(Wien) aufmerksam. Ausgehend von der Ansicht, daß die Grundlage einer `
akuten Polyarthritis in einer. tonsillogenen Streptokokkensepsis besteht und .
das schubweise Auftreten von Tuberkelbazillen im Blut relativ häufig ist
und nicht zur Miliartuberkulose zu führen braucht, glaubt Verf., daß ver-
schiedene Bilder des Gelenkrheumatismus Symptome einer akuten, sub-
akuten bzw.’ chronischen Tuberkulosesepsis sind. Dabei können histolo-
gische Zeichen der spezifischen Infektion sowohl an Drüsen als auch an
der Serosa fehlen. Zu den akuten Formen rechnet er: die polyarthritische
Form der Miliartuberkulose, die heilende polyarthritische Form der Tu-
berkelbazillensepsis bei generalisierter Lymphdrüseninfektion und die poly-.
arthritischen Episoden der Lungentuberkulose. Bei ersteren ist die Drüsen-
schwellung obligat, bei den letzteren kann sie fehlen. Häufig bestehen
Hautveränderungen und basedowoide Zeichen. Klinisch stellen sich die
chronischen Formen als frustrane Formen der ' progredienten ohronischen
Polyartbritis oder 'als progressiver :.Gelenkrheumatismus mit Drüsen-
schwellungen und Milztumor (Still-Chauffard) dar. Verf. hält die tuber-
kulöse Ätiologie des ‚letzteren für erwiesen und warnt deshalb vor ein-
| Die Resistenz
gegen Tuberkulin ist auffallend stark, so.daß eine eigenartige anergische
Veranlagung _ des Organismus Voraussetzung für das Zustandekommen der
Krankheit ist. Therapeutisch stehen Arsen und Freiluftkuren event. Jod
und Organpräp arate im en Mun eke.
Schweizerische medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 27 bis 30.
Nr. 27: Den. Zusammenhang. zwischen Kropf und Krebs unter-
suchte Q. Steiner (Bern) auf Grund guter Statistiken der Schweiz. Ein
sicherer Beweis für einen ätiologischen Einfluß der Hypertbyreose auf das
Karzinom ist nicht zu erbringen. - Dagegen spricht Krebsarmut in lange
kropfverseuchten Gegenden, während das Zusammenfallen der Grenzen der
Kropf- ‚und Krebsherde in der Zentralschweiz “dafür sprechen dürfte,
Verf. glaubt ein Bindeglied zwischen Krebs und Kropf in der Häufigkeit
der Zahnkaries in Kropfgebieten einerseits und den zahlreichen Befunden
der Zahnkaries bei Karzinomen des Verdauungstraktus andererseits zu
finden. Er fordert deshalb. als Propbylaxe zweckmäßige Auswahl und Ver-
abfolgung der Nahrungsmittel und zwar im Gegensatz zu Ludwig unter
Umständen Zufuhr von: Vitaminen.
Über Spontanperforation einer stielgedrehten Dermoidzyste berichtet `
Ursache der Perforation war doppelte Stieldrehung.
P. Meyer (Zürich)..
Der tödliche Ausgang wurde durch eine Fremdkörperperitonitis bedingt
=
wobei mehr die. chemische als die mechanische Läsion durch ‘den Zysten-
Die Erscheinungen waren klinisch die
einer Peritonitis, doch schien Fieber nicht bestanden zu haben.
L. Bischoff (Lugano) teilt einiges über Bluttransfusion mit, Er
weist auf die Notwendigkeit einer Voruntersuchung. hin und zwar durch
makroskopische Betrachtung . eines Gemisches von einem Tropfen Zitrat-
plasma ‘des Empfängers: zusammen mit einem: Blutstropfen des Spenders,
zę -F am G —— — M a o
i eintreten.
da man Blut, dessen Erythrozyten' agglutiniert werden, nieht infundieren
darf, während die Transfusion von Blut, das die Erythrozyten des Empfängers
agglutiniert, ohne Gefahr ist. Jeder Spender ist auf Wa.R. zu untersuchen,
schen Methode hin, die neben der Infusion unveränderten Blutes den oe
der Meßbarkeit hat.
Nr. 28. Die Thermenwirkung, der eine Reksinmehen erwi
Energieformeh zugrunde liegt, studierte F. Kornmann (Ragaz-Lugano) an -
Hand der Zirkulationsgröße mit dem arteriometrischen Sphygmo-
bolographen von Sahli.
eine Verbesserung aller: Faktoren der Gesamtzirkulation ein, der-bei 15. bis
Bei einer Badedauer von 5—15 Minuten tritt
20 Minuten Badedauer ein Indifferenzstadium folgt. Daran schließt sich
ein drittes Stadium von 20—30 Minuten Badedauer an, das den schon in
der zweiten Periode begonnenen Umschlag aller Faktoren von der: positiven
zur negativen Seite bis zu einem bestimmten Maximum fortsetzt und im
wesentlichen an die Änderung des Pulsvolumens geknüpft ist.
Das postoperative Stadium der pleuralen Ergüsse, speziell des
Empyems, bedarf deshalb besonderer . Beachtung, wie L. Hofbauer (Wien)
zeigt, weil sich als Folgekrankheiten Brustkorbverbildungen, Atem-
beschwerden, hervorgerufen von seiten der Zirkulation, oder lebensbedrohende
Zustände (Pyopneumothorax ex vacuo) entwickeln können. Als Ursache
der beiden ersten Zustände kommen weniger. dicke Schwärtenmassen als
Anheftung des Zwerchfells an die Thoraxwand mit völligem Verschwinden
des phrenikokostalen Winkels in Frage, wodurch sich bei Seiten- oder
‚Rückenlage die Druckverhältnisse vom Abdomen äus auf Zwerchfell bzw. |
Thoraxinhalt derart ändern, daß. Zirkulationsstörungen mit ihren Folgen
kranken Seite durch Bewegung des Armes am Platze.
meidung bzw. Bekämpfung des Pyopneumothorax sind diese Übungen von
Vorteil, doch ist Vorsicht geboten, da bei zu starker Beanspruchung Fieber
"USW. durch Resorption pyogener Stoffe von der Pleura Aus oder Vermehrung
des vikariierenden Emphysems eintreten: kann. Schließlich weist Verf. auf
Fremdkörper als Ursache chronischer Pleuraeiterungen hin sowie auf deren
Diagnose durch Röntgenuntersuchung mit Kontrastfüllung.
Der praktische Wert der Diaphanoskopie der: Nasennebonhöhlen
erstreckt sich nach A. Junod (Basel) auf die Kieferhöhlen, während sie
zur Erkennung von Stirnhöhlenaffektionen meist versagt, obwohl sie gerade
hier eine Lücke ausfüllen könnte, wo auch die Punktion mitunter im Stiche
läßt. Für die Kieferhöhlen aber ist sie besonders dann wertvoll, wenn die
Möglichkeit einer Röntgenuntersuchung nicht gegeben ist.
Nr. 29. Die Pathogenese der Sterilettiniektion beruht nach,
M. Walthard (Zürich) darauf, daß das Sterilett die antibakterielle Schutz-
wirkung des Zervixschleimes verhindert und die Selbstreinigungskraft der
Scheide beeinträchtigt.
Steriletteile eine Entzündung der Schleimhaut hervor, die bei Eintreten
der Menses und nach der dadurch erfolgenden Abstoßung der entzündeten
Teile das Eindringen der pyogenen Infektion begünstigt. Die Behandlung
mit Sterilett ist allgemein als gefährlich zu bezeichnen 'und, da dies bekannt
ist, kann der Arzt, im gegebenen Falle wegen Kunstfehlers belangt werden.
Auch A. Reich (Zürich) weist an Hand zahlreicher Fälle von In
fektion durch Sterilett, die zum Teil letal endigten, auf die Gefahren hin.
Die ‚Sterilettinfektion droht bei dem stetig wachsenden Gebrauch anti-
konzeptioneller Mittel zu einer Volkskrankheit zu werden, wenn Ärzte und
maßgebende Regierungsstellen nicht dagegen Stellung nehmen.
Nr. 30. Den Einfluß der Röntgenstrahlen auf Blut und Agglutinin-
bildung untersuchten C. Frei und A. Adler (Zürich) im Tierversuch. Sie
“fanden keinen Einfluß auf schon. gebildete Agglutinine, dagegen stellte sich .
' bei gleichzeitiger Bestrahlung und Immunisierung ein günstiger Einfluß
heraus. - Selbst starke Schädigung ‚des gesamten Blutsystems durch die
Strahlen hindert nachfolgende Immunisierung nicht. Die Agglutinine werden
‚an anderen Stellen gebildet als die Blutelemente. Von letzteren reagiert
der Iymphatische Teil rasch, -der myeloische langsam; der erythropoetische
Apparat reagiert am wenigsten.
Den Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Dermographismus
prüfte Georg Stutz. Er unterscheidet die Dermographia peripherica, bei
reagieren, und die D. dolorosa, wo der Schmerzreiz von der Häut zum.
Rückenmark geleitet wird und die Gefäßerregung dann reflektorisch über
die Grenze. des Einwirkungsortes hinaus geschieht.
Zwecken gibt nur ‘die D. dolorosa schon bei geringgradigen Lungenverände-
rungen auf der Seite derselben lebhaftere Hautreaktion als auf der gesunden.
beiden Brustseiten auf. Gleichzeitige Vornahme der Pirquetschen Impfung
auf beiden Seiten zeigte eine erhebliche Kongruenz zwischen Dermographie
und Pirquet, so daß Verf. annimmt, daß bei dem Zustgudekommen ' der
Hier sind Atemübungen in ‘der. Form von Summen unter gleich--
zeitiger Fixation der gesunden Seite mit. der Hand. und Dehnung der
Auch zur Ver-
Außerdem ruft der Druck der intrauterin gelegenen
der. der Reiz die peripheren- Gefäße trifft und diese direkt auf den Reiz .
Zu diagnostischen
Die-D. peripherica weist erst in fortgeschrittenen Stadien Differenzen zwischen.
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1. September
in: Anstalten ist diese Trennung von großer Wichtigkeit.
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Pirquetschen Reaktion die unspezifische vasomotorische Erregbarkeit großen
Anteil hat.
Ergebnisse einer Rundirage über Kinder mit postenzephalitischen
Störungen zeigten, wie Jörger mitteilt, daß man die Patienten in zwei
große Gruppen einteilen kann: die aktiven Formen, bei denon Aufregungs-
zustände, Defekte der moralisch-ethischen Qualitäten auftreten, und die
apathischen Formen, die eine Katatonikern ähnliche Haltung zeigen, obwohl
in dem erstarrten Äußeren die ursprünglichen. Affekte und Verstandes-
kräfte noch leben. Für eine eventuelle Unterbringung solcher Patienten
Muncke.
Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr. 32.
Dem Insulin -kommt nach Erwin Becher sowohl eine fördernde
Wirkung auf die Zuckerverbrennung, als auch eine hemmende auf die Gly-
kogenolyse zu. Die Förderung der Zuckerverbrennung kann dadurch ver-
ursacht sein, daß der Zucker selbst oxydationsfähiger wird, oder daß das
Insulin die Bildung oder Aktivierung von zuckerabbauenden Fermenten
fördert. Verfasser untersuchte nun, ob das Insulin einen Einfluß auf die
‚ Reduktion aromatischer Nitrogruppen durch Zucker im Reagenzglas aus-
übt, und fand unter gewissen Bedingungen eine deutliche Beschränkung
dieser Reduktion auch ohne Gegenwart eines biologischen Objektes. W.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 31.
Phenolkampier (Solutio Chlumsky) wird von V.Chlumsky (Preßburg)
- zur Behandlung der chirurgischen Infektion empfohlen. Die Vorschrift lautet:
Acidi carboliei cryst. puriss. 30,0
Camphorae tritae jap. 60,0
Alcohol. absolut. 10,0
M.D.S. Äußerlich.
Notwendig ist die völlige Reinheit der einzelnen Bestandteile und
die Vermeidung jeder Beimischung von Wasser. — Bei Beginn der Gesichts-
rose genügt eine einfache Benetzung der geröteten Stellen mit dem Mittel,
bei vorgeschrittenerer Erkrankung Umschläge mit Watte, die in die Lösung
getaucht sind und die einige Male am Tage gewechselt werden. Die
Lösung bewährt sich ferner bei Eiterung der Haut, der Sehnen, der Lymph-
drüsen, bei Gelenkerkrankungen und Gelenkvereiterungen. Bei geschlossenen
Abszessen und Gelenkstuberkulose wird die Lösung nach Absaugung des
Biters in Mengen von 2—15 ccm eingespritzt.
Perforation des Dünndarms durch einen Askaris nach eingeklemmiter
Schenkelhernie beschreibt Hans Degenhardt (Wiesbaden). Nach Operation
siner eingeklemmten Schenkelhernie, bei der die eingeklemmte Schlinge
zurückgelagert wurde, trat eine Bauchfellentzündung auf. Bei Wieder-
öflnung des Leibes fand sich im Bereich der nur noch angpdeuteten Schnür-
furche ein feines Loch, aus dem Dünndarminhalt hervorsprudelte. Bei
der Sektion fand sich in der Bauchhöhle ein lebender Spulwurm.
Über die Varietäten des Schenkelbruches, insbesondere Hernia
femoro-labialis und femoro-properitonealis berichtet Willerding (Berlin-
Weißensee). Bei der Operation eines linksseitigen Schenkelbruches zeigte
sich, daß der derbe Bruchsack sich kegelförmig in einem zarteren Bruch-
u u weit in das große Labium fortsetzte. — Bei der Operation eines
ruches der rechten Leiste und Zurücklagerung einer Dünndarmschlinge
ie lleuserscheinungen auf, und nach Eröffnung des Bauches stellte sich
heraus, daß am inneren Schenkelring eine stark gestaute Dünndarmschlinge
: eine Innerhalb des Beckenringes liegende Höhle ging. Wenn die Rück-
agerung eingeklemmter Teile bei einem Schenkelbruch trotz weiter Bruch-
pforten Schwierigkeiten bereitet und von neuem Bruchwasser auftritt, muß
man an die Hernia properitonealis denken. E
hai Zur Kasuistik der Hernia ventralis Spigelii berichtet Max Apfel-
Mon z (Linz) über den Fall einer 47jährigen Frau, bei der in den letzten
des A n zeitweise eine schmerzhafte, eigroße Geschwulst links unterhalb.
vu abels auftrat. Nach Spaltung der intakten Aponeurose des Externus
urde die Bruchöffnung im Obliquus internus freigelegt.
E Ein Fall eines Magenlipoms wird von Hans Nahmmacher (Dresden)
schrieben. Als Nebenbefund wurde bei der Sektion eine in der hinteren
He gelegene 8 cm lange, walzenförmige, unter der Schleimhaut des
agens entwickelte Fettgeschwulst gefunden.
it p Prage der periarteriellen Sympathektomie berichtet Wilhelm
gefahr] (Hamburg) über 3 Fälle, welche zeigen, daß die Operation nicht
ik p ist, Bei einem wegen arteriosklerotischer Gangrän der großen
PER Sig Falle wurde die Femoralarterie in dem Bereich der Operation
ieren on In einem Falle von Unterschenkelfraktur, die nicht konsoli-
eine K wollte, entwickelte sich nach der Operation. an der Femoralarterie
reislaufstörung, so daß das Bein -abgenommen werden mußte, In
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.36. ° 0 0
—
Cd
dem Falle eines Ulcus cruris riß die Femoralarterie bei der Operation ein
und mußte genäht werden. nn f Be
| Bine Sondenschere empfiehlt‘ E. König (Harburg). Sie ist eine
Verbindung der Kocherschen Ligaturschere und seiner Kropfsonde (Firma
Windler, Berlin). | Zr a, K. Bg.
~ Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 31. `.
Die plastische Wiederherstellung bei gestörter tubo-uteriner Leitung
(Implantatio tubae in uterum) bespricht Paul Strassmann (Berlin). In
einem Fall von linksseitiger Dermoidzyste des Eierstockes und von rechts-
seitiger interstitieller Schwangerschaft wurde das Schwangerschaftsgebilde
aus der Gebärmutter ausgeschnitten und durch die Öffnung der freien
Eileiter in die Höhle der Gebärmutter hineingebracht. In einem 2.:Fall
war auf der einen Seite die Tube verschlossen und auf der anderen. Seite -
bestand eine Salpingitis isthmica nodosa. Nach Ausschneiden des Isthmus
wurde die Uterushöble am Horn eröffnet und ein Stückchen der Tube in
den Uteruswinkel hineingehängt. | |
Zum Ausbau der Vakziuetherapie berichtet C. Bucura (Wien) über
Versuche, die Vakzine, statt wie bisher tief intramuskulär in die Glutäal-
gegend, vielmehr unmittelbar in das Gewebe. der Portio einzu-
spritzen. Nach sorgfältiger Lokalbehandlung wurde Gonokokkenvakzine
oder Vollmilchvakzine eingespritzt. Nach 1/ı, cem trat oft schon nach
1—3 Stunden Schüttelfrost, Fieber und Herdreaktion. auf. Gegenanzeigen:
der Vakzinebehandlung sind Eiterungen an anderen wichtigen Organen.
Die in die Portiosubstanz verabfolgte Vakzine wirkt erfolgreicher
als bei anderweitiger Einspritzung. — Noch besser als die fertige Vakzine
' scheint die Autovakzine der Kranken zu wirken. |
Zur Diagnostik der Kindslage, der Nabelschnurumschlingung: und
der Überdrebung intra partum teilt Demme (Kiel) Beobachtungen mit.
Am Leib der Kreißenden ist, zumal während der Wehe, festzustellen, daß
. die eine Seite abgeflacht ist und die’ andere Seite vorgebuckelt. Der
Abflachung entspricht die Stellung des Rückens. Dort findet sich das
zentrale Herztönezentrum, Hinterhaupt und Rücken, Stimmt die Abflachung
mit den anderen Befunden nicht überein, so ist damit zu rechnen, daß
eine Nabelschnurumschlingung vorliegt oder eine äußere Überdrehung zu-
stande kommt. Begünstigend für die Stellung des Rückens ist der Sitz
der Plazenta und die Spannung der Nabelschnur. Die durch die Um-
schlingung bewirkte Verkürzung der Schnur ist Schuld daran, daß: die
Abflachung und der Einstellungsmechanismus nicht miteinander
übereinstimmen. Ä R |
Einige besondere, dem Geburtsmechanismus bei Kopflage der Prucht
günstige Bedingungen bespricht G. Calderini (Turin). Während der Wehen
befindet sich der stumpfere Teil der Frucht vorn, Die Einstellung ent-
spricht der Theorie, daß ein sich bewegender.Körper am zweckmäßigsten
die Form eines. „Tropfens“ hat.
stand der Weichteile auf eine kleinere Fläche ausgeübt und der von den
Weichteilen gebildete Muf wirkt auf die hinter dieser Stelle befindliche
Fläche so, daß seine elastischen Kräfte das Vordringen günstig beeinflussen.
Zwei Fälle von Eklampsie beschreibt C. Schröter (Hof). In einem
schweren Fall von Krämpfen nach der.Geburt wurden die Blaufärbung und
die Benommenheit sofort beseitigt durch eine Lumbalpunktion und die
Einspritzung von 5%igem Tropakokain in den Rückenmarks-
kanal.. Bei einem zweiten Fall trat bei einer Schwangerschaft 4 Wochen
vor dem Ende ohne Ödeme und ohne Blutdrucksteigerung bei geringem
Eiweißgehalt des Urins völlige Erblindung ein, welche nach Einleitung der
Geburt und Aderlaß allmählich verschwand. |
Die Tubendurchblasung in ihrer Beziehung zur Therapie der
Sterilität bespricht F. Geppert (Hamburg). Er empfiehlt mit einer kleinen
' Luerschen Spritze eine Luttmenge von nicht mehr als 15 cem ein-
zublasen, um die Entfaltung der Tube festzustellen. Bei Durchgängigkeit
der Tube ist. unter gewissen Voraussetzungen zu sagen, daß die Tuben an‘
der Sterilität micht Schuld sind. Es ist zü versuchen, die Tubendurch-
blasung zur Behandlung der Sterilität zu benutzen und bei Undurch-
gängigkeit in bestimmten Zeitabständen mit einer kleinen Luftmenge die
Durchblasung zu wiederholen. | : -op
- Das Ruge-Philippsche Verfahren zur Bestimmung der Strepto-
kokkenvirulenz hat Hans Dreyer (Leipzig) nachgeprüft und kommt zu
dem Ergebnis, daß es wertvolle Einblicke in das -Kräfteverhältnis zwischen
Keim und Körper gibt. G ; Ä E BE a
_ Den Wert der Biuttransfusion bei akuten und chronischen Anämien
bespricht Oedön Khoor (Budapest). Das eingespritzte ‚Blut verursacht
Schüttelfrost und. Fieber. Das Blutbild wird nicht nennenswert und nicht
dauernd gebessert. Die Wirkung beruht. einzig in der Reizung des blut-
bildenden Gewebes, Der geringe Nutzen wird durch die Gefahr und die
Nebenerscheinungen überwogen. ee ee ae SL Bg;
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1959
Bei Kopflage wird dadurch der Wider- -
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'63%/, hatten arteriosklerotische Herzläsionen.
‚verschwinden diese Erscheinungen nach 1—3 Monaten.
1260 .
Aus der neuesten amerikanisch-englischen Literatur.
Über das Herz bei Arthritis deformans schreiben Boas und Rifkin:
Bei’ über 45°/, aller chronisch 'multipler Arthritiker findet man organische
Herzläsionen. Kiappenerkrankungen als Folge einer Endokarditis findet
man: bei 17°/, und bei 280/ von denen, die unter 40 Jahren waren beim
Einsetzen ihrer Arthritis. Herzkrankheiten infolge von Arteriosklerosis der
Klappen oder Hypertension in 26°/, und in 4°/, derer, die unter 40 Jahren
waren, als die Krankheit begann. Von denen, die über 40 Jahre waren
beim Beginn ihrer Krankheit, hatte keiner endokarditische Läsionen und
Wahrscheinlich sind jüngere
Personen für Klappeninfektionen leichter empfänglich. Daraus ist zu
schließen, daß die chronische multiple Arthritis, die deformierende Arthritis,
durch ein infektiöses Agens verursacht wird. (Journ. amer. med. assoc.
1924, 20.) | |
Heß und Matzner schreiben über den Wert der mit Zitronensäure
angesäuerten Milch: Zitronen- oder Orangensaft kann direkt der Kuhmilch
zugesetzt werden, ohne sie zum Gerinnen zu bringen, wenn etwa 21 ccm
Zitronensaft auf 1 Quart (= 1,1 Liter) Milch ‚gegeben werden. Dadurch
wird die Milch verdaulicher, die Hydrogenionenkonzentration stärker und
die Kuhmilch der menschlichen ähnlicher. Kinder vertragen solche Milch
lange Zeit. Der Zusatz hat weiter den wesentlichen Vorteil, das anti-
skorbutische Vitamin, das. der Milch fehlt, zuzuführen. Eigelb kann eben-
falls damit kombiniert werden, auch dies wird von den Kindern recht gut
vertragen. (Journ. amer. med. assoc. 1924, 20.
Farland schreibt über die antisyphilitische Behandlung und ihren
Einfluß auf die Nieren: Bei 128 Kranken, die vorher keine Alteration der
Niere aufwiesen, fand man als deren Reaktion hyaline und granulierte.
Zylinder, degenerierte Leukozyten, rote Blutkörperchen und Eiweiß als
Folge der Nephrose mit einer mehr oder weniger ausgesprochenen Degene-
ration des Epithels der Tubuli. Am frühesten treten die Zylinder auf in
460o Eiweiß in 16°/,, alterierte Leukozyten in 15°/,, rote Blutkörperchen
exzeptionell. Phenolsulfopbthaleinprobe und Harnstoffgehalt des Blutes
meist normal. Nie Ödeme, Kopfschmerzen, Nausea u, ähnl. Gewöhnlich
Salvarsan ver-
ursacht nur eine geringe Reizung, eine noch geringere Neosalvarsan, während
Hg als Einreibung wie als intramuskuläre Injektion für die Niere aggressiver
sich erweist. Bei der Wiederholung der Kur verstärken sich die Er-
scheinungen, die aber gewöhnlich bei Unterbrechung von etwa einem Monat
wieder verschwinden, sich bei Weiterführung der Behandlung mehrere Male
wiederholen und ohne jede Schädigung der Niere spontan heilen. Das
Alter spielt keine Rolle und bildet keine Kontraindikation. Interkurrente
Infektionen, wie Bronchitis und Bronchopneumonie, können die Reaktionen
verstärken, aber keineswegs ihre Wiederaufnahme verhindern. 65 Syphi-
litiker mit früheren Nierenaffektionen, chronischer Nephritis, Lithiasis usw.
reagieren stärker, aber auch hier besteht keine Kontraindikation. Gewisse
Maßnahmen, wie Alkalisation des Körpers durch Natriumzitrat, salz- und
N-arme Kost, Entfernung infektiöser Herde, mögen von Wert sein, aber
am wirksamsten ist Suspension des Hg. (Amer. journ. med. sc., New York
1924, 4.)
Holmblad empfiehlt Diathermie im akuten Stadium von Ver-
letzungen als schmerzstillendes Mittel, bei Kontusionen, Verstauchungen,
Bursitis, Myositis, schlecht heilenden Infektionen, Frakturen, akutem Gelenk-
rheumatismus usw. Sitzungen von 15—20 Minuten, Maximaltoleranz in
'Milliampere. Es ist kein Allheilmittel und genaue Diagnose ist Vor-
bedingung, denn oft verbirgt sich unter einer Verstauchung z. B. des Fuß-
gelenks eine Fraktur des Skaphoids, und dann erzielt man hierdurch nur
eine recht vorübergehende Besserung. Jedenfalls ist sie aber ein wert-
volles Analgetikum, gerade im akuten Stadium. In 50°/, aller Fälle trat
erhebliche Erleichterung ein, mehr als 90°/, waren in weniger als einer
Woche von Schmerzen befreit. 12 Fälle von 174 wurden nicht beeinflußt.
In 7 Fällen war die Wiederherstellung atrophierter. Muskeln und versteifter
Gelenke erheblich beschleunigt. Besonders wertvoll war es bei Frakturen,
namentlich während des akuten Stadiums. (Journ. amer. med. assoc. 1924, 23.)
Hyslop führt an der Hand von 7 Fällen aus, daß es eine transi-
torische Diplopie gibt, die nicht auf die gewöhnlichen Ursachen zurück-
zuführen ist und mit dem Gebrauch der Augen nicht in Zusammenhang
steht. Alle diese Patienten wiesen eine Hyperfunktion des Vagus auf.
Analog den Extrasystolen bei der Vagotonie wird sie ebenfalls als Er-
scheinung der Vagotonie am besten erklärt.
vom Okulomotorius versorgter Muskeln; es ist eine richtige spasmodische
Diplopie. (Journ. amer. med. assoc. 1924, 15.)
Dixon demonstriert 6 Fälle von Duodenalintoxikation. Das gänze
klinische Symptom ist nicht nur mechanisch zu erklären. Die Kranken
mit Obstruktion des oberen Intestinaltraktes weisen durch das Erbrechen
‘einen starken Wasserverlust auf, ein rotes Gesicht, fadenförmigen Puls,
niederen Blutdruck, Asthenie, hohen Hämoglobingehalt und in den schwersten
Als kurzer Spasmus gewisser |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
_ T.'September
Fällen Konvulsionen der gastrischen Tetanie. Blutuntersuchung: Aus-
gesprochene Abnahme der Plasmachloride, Zunahme der Kohlensäure-
kapazität sowie des Blutharnstoffes. Zwischen den ersten beiden bestehen
gewisse Beziehungen: Nach Verabreichung von CINa Abnahme der Kohlen-
säurekapazität, Zunabme der Chloride im Plasma. In einigen schweren
Fällen trifft dies nicht zu, während in anderen eine erhebliche Besserung
‚eintritt. Der Chloridverlust ist wahrscheinlich Folge des Erbrechens und
der Bildung eines toxischen Proteins, das die Chloride an sich. reißt,
Diesen Erscheinungen folgen solche in der Niere, granulierte und hyaline
Zylinder und gelegentlich rote Blutkörperchen. Kranke mit Okklusion er-
tragen die Operation besser, besonders fällt das postoperative Erbrechen
weg, wenn sie vorher CINa erhalten. Ebenso ausgesprochene Besserung
bei funktioneller Stase und Erbrechen ohne Obstruktion. Am besten ist
in diesen Fällen NaCl in großen Quantitäten subkutan, intravenös, per os
und rectum.. Per os u. U. Tabletten mit Phenylsalizylat. (Journ. amer.
med. assoc. 1924; 19.) |
Über Bronchialastima und andere allergische Manifestationen bei
Apothekern schreibt Peshkin: Sensibilisierung durch Arzneimittel ist
häufiger, als man gewöhnlich annimmt und aus der Literatur ersieht. Bei
diesen Berufen ist Ipecacuanba die häufigste Ursache des Bronchialasthmas,
dann Podophyllin. Emetinlösung und Vanillebohnen reizen besonders die
Haut: Urtikaria. Synthetische Arzneimittel und getrocknete Drüsenextrakte
scheinen nur rein mechanisch beim Einatmen des Pulvers einen Anfall
auszulösen. Auch Rhabarber und Lykopodium sind nur in sehr seltenen
Fällen die Ursache allergischer Manifestationen.
1924, 23.)
Die Diagnose der akuten Appendizitis bei Kindern ist nach Müller
und Ravdin nicht leicht mangels klarer Beschreibung und weil die
klassischen Symptome, Schmerz, Nausea, Erbrechen, Empfindlichkeit,
Rigidität und Temperatursteigerung häufig bei Kindern vorkommen, die
keine Appendizitis haben. Der Schmerz strahlt zunächst in die Gegend
des Nabels aus, erst sekundär in die rechte Fossa iliaca, Plötzliche
Besserung des Schmerzes: üble Prognose, Gangrän oder Perforation.
Rigidität täuscht leicht, wird oft überschätzt. Außer diesen recht vor-
sichtig zu bewertenden Symptomen ist noch der hohe Leukozytenbetrag
(Journ. amer. med. assoc.
(17000, erhebliche Zunahme der polymorphonukleären) wichtig. Differential-
diagnostisch kommen Affektionen der Lunge und Pleura in Frage, aber
man muß bedenken, daß beide zusammen vorkommen können. Bei Säug-
lingen können alle klassischen Symptome fehlen, bei älteren Kindern kann
die Reaktion auf die Entzündung schwerer sein als bei Erwachsenen.
Rektale Untersuchung ist sehr wichtig, zumal da bei manchen Kindern
das Zökum tief im Becken liegt. Dann pflegen Blasensymptome vor-
‚zuherrschen. Je früher die Diagnose, um so geringer die Mortalität. Eine
Appendizitis vortäuschen können Pneumonie, Pyelitis, Pott, Gastroenteritis,
Kotstauung, intestinale Obstruktion. (Journ. amer, med. assoc. 1924, 23.)
2 Fälle von idiopathischer Blasenhypertrophie berichten Fordyce
und Capon: Auf den ersten Blick imponierten sie als chronische inter-
stitielle Nepbritis. Die physikalische Untersuchung ergab eine rundliche
Masse im Hypogastrium, eben die hypertrophierte Blase. Die Kinder
waren meist klein, unterernäbrt und entwickeln im weiteren Verlauf
urämische Symptome; früber oder später kommt es zu einer Infektion der
Urinwege. Ausgesprochene renale Insuffizienz. Autopsie: Hypertrophie
und Dilatation der Blase, Dilatation der Ureter und’ der Nierenbecken,
zystische Degeneration der Niere. Ursache unbekannt. (Brit. journ. Children
diseases, London 1924, 21.)
An der Hand von 5 Fällen führt Fuller aus, daß es in jedem Falle
von chronisch rekurrierenden abdominellen Schmerzkrisen zweckmäßig ist,
Pyelogramme vorzunehmen, wenn die Ursache der Schmerzen nicht klar-
gelegt werden kann. Meist wird dann der geknickte oder gedrebte Ureter
als Ursache erkannt, während ohne diese Maßnahme Appendix oder Ovarium
entfernt und unter Umständen die Gallenblase natürlich alles mit negativem
Erfolg eröffnet wird. (Med. journ. South Afr., Johannesburg 1924, 19.)
v. Schnizer.
Therapeutische Notizen.
Chirurgie.
Ernst Andersen (Kiel) hat ein Mammakarzinomrezidiv direkt
mit Kochsalzbrei behandelt, indem er diesen auf den erodierten Tumor
brachte. Es bandelte sich um eine 59jährige Frau in recht .elendem Zu-
stande, bei der außer dem Rezidiv noch eine rechtsseitige Hemiplegie mit
völliger Sprachlähmung vorhanden war. Nachdem der Tumor, der etwa
‚die Größe von 2 nebeneinanderliegenden Fünfmarkstücken hatte und etwa
3/4 cm dick war, auf die Kochsalzbehandlung zur Nekrose gekommen war,
wurde wegen der damit verbundenen Schmerzhaftigkeit die Behandlung‘
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T. September &
ausgesetzt. Da diese also nicht lange genug fortgeführt worden war, trat
nach mehreren Wochen ein Rezidiv auf. Die mikroskopische Untersuchung
.der Probeexzisionen ergab ein Bild wie nach einer gelungenen Röntgen-
bestrahlung, nämlich eine gewaltige Bindegewebsvermehrung um die darin
eingebetteten kleinen Tumormassen, eine Folge der Chloreinwirkung. Die
Kranke . hatte sich nach der Kochsalzbehandlung glänzend erholt. Durch
das Chlor erhalten die Zellen des ganzen Körpers einen neuen Lebensreiz.
Dazu trägt natürlich auch das Schwinden des Tumors bei. (M.m.W.
1924, Nr. 28.) F. Bruck.
Zur Gesichtsfurunkelbehandlung empfiehlt A. Gruca (Lemberg) die
Delbetsche Vakzine, die aus Staphylokokken, Streptokokken und Bac..
pyocyaneus besteht und, in voller Dosis intramuskulär eingespritzt, hohes
Fieber und Schüttelfrost und danach Rückgang der Entzündung hervorruft.
Die Einspritzung macht den Kranken für 2 Tage bettlägerig. Fälle von
Sepsis wurden nicht geheilt. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 30.) K. Bg.
Zur Behandlung progredienter Furunkel und Karbunkel des Gesichts
empfehlt Alfred Harf (Berlin) die von Laewen angegebene Bigenblut-
umspritzung (mechanische Abriegelung des Entzüindungsherdes durch den
“ ringsherum künstlich angelegten Blutwall). Er berichtet über die erfolg-
` reiche Behandlung eines fortschreitenden : Nackenkarbunkels bei einem
Diabetiker mit 20 ccm Di-Serum als Sperrmittel. Es kam zu schneller
Einschmelzung der starren entzündlichen Schwellung. Allerdings wurde
die brettharte Schwellung täglich mit Chloräthyl nach Bockenheimer
stark vereist und dadurch eine Hyperämie hervorgerufen. (D.m.W.
1924, Nr. 28.) |
Die konservative Behandlung der Furunkel und Karbunkel durch
völlige Ruhigstellung, und zwar gleich im Beginn, empfiehlt Canon
(Berlin-Schöneberg). Dabei wird meist Bettruhe angewandt, ev. mit Hoch-
lagerung. Daneben: Umschläge mit schwacher essigsaurer Tonerde zur
Fortschaffung des Eiters und zur Reinigung. Inzisionen sind zu vermeiden,
um einer Infektion des Blutes vorzubeugen (metastatische Eiterungen bei
operierten Furunkeln!). Auch pathologisch-anatomisch ist die konservative
Behandlungsweise begründet, weil sich die Eiterung in Drüsengebilden ent-
wickelt, die an sich abgeschlossen sind. Bei dieser Methode heilen die
Furunkel im allgemeinen in 5—10 Tagen, die Karbunkel in 3 Wochen.
Namentlich bei Gesichtsfurunkeln empfiehlt sich diese konservative
Bebandlung. (D.m.W. 1924, Nr. 29.) F. Bruck.
Zur Behandlung von Stauungsgeschwüren verwendet G. Nobl (Wien)
Druckverbände, die durch Auflegen von entsprechend geschnittenen Gummi-
schwämmen clastisch gemacht werden. Diese müssen eventuell 14 Tage
bis 3 Wochen liegen, mindestens aber eine Woche. Daneben kommt mit-
unter die Verödung der Venen durch künstliche Thrombose mit Karbol-
säure zur Anwendung. Durch diese Behandlung vollzieht sich eine Um-
wandlung der hydropischenin normale Granulationen. (W.kl.W. 1924, Nr. 26.)
Die Elektrokoagulation bei Mastdarmfisteln wendet W.Goldschmidt
dort an, wo durch Operation eine Durchtrennung des Schließmuskels zu
befürchten ist und die Gänge nicht zu weit verzweigt sind. Vorgenommen
wird die Koagulation mit dem Diathermieapparat vermittels einer sonden-
förmigen aktiven Elektrode. (W.kl.W. 1924, Nr. 27.) Muncke.
l Die Wunddecke Sterifol empfiehlt Goetzel (Hamburg). Es handelt
sich um eine im Wundsaft unlösliche Metallfolie. Sie schmiegt sich
den Wundrändern plastisch und unverschieblich an. Sie verklebt oder
verwächst nicht mit der Wundfläche, daher ist der Verbandwechsel völlig
' Schmerzlos, ohne Blutungen. Sie verhindert die Austrocknung der Wunde
und schützt vor Sekretstauung; denn die Wunddecke platzt bei steigendem
Sekretdruck auf der Wunde linear, läßt den Überschuß abfließen und legt
sich dann wieder ventilartig auf der Wunde zusammen. (M.m.W. 1924,
Nr; 28.) | F. Bruck.
Frauenkrankheiten.
Das Chloramin-Heyden empfiehlt B. Storch in der Geburtshilfe,
Wochenpflege und Gynäkologie als starkes und wenig giftiges Des-
infiziens und Desodorans. An den äußeren Geschlechtsteilen in
0,1 Joiger wässeriger Lösung, bei Spülungen der inneren Geschlechtsteile
in 0,25—0,1°/yiger Lösung mit Zusatz von 0,80/, Kochsalz. — In 0,25°/,iger
wässeriger warmer Lösung eignet es sich zur Desinfektion der Hände.
(Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 30.) - K. Bg.
Als besonders wertvolles Desinfektionsmittel der Genitalorgane,
namentlich auch des Uterus bei puerperalen Infektionen empfiehlt Chirie
eine Kulturen von Milchsäurebazillen. Er führt sie in die Vagina bei
Entzündungen während der Schwangerschaft ein, bei protrahierten Wehen
= Membranrupturen, nach der Entbindung bei Inzisionen in die Zervix,
Die Aare lan, Anwendung der Zange. Endlich direkt in den Uterus.
san lchsäurebakterien hemmen die Entwicklung der Streptokokken, die
avi aus dem ‚Ausfluß verschwinden. Sie regen intensive lokale Leuko-
Ban ‚ Cinen mächtigen Heilfaktor an und sind absolut harmlos. (Méd.
žaris 1924, 5.) v. Schnizer.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
Die Behandlung klimakterischer Ausfallserscheinungen durch
Röntgenbestrahlung der Hypophyse und Schilddrüse empfiehlt J. Borak
(Wien). Der Ausfall des Ovars bewirkt Hypereffekte der Hypophyse
und der Schilddrüse. Ovarielle Ausfallserscheinungen jeder Genese (spontan,
nach Röntgenbestrahlung und operativer Entfernung der Ovarien auftretend)
können durch Bestrahlung zweier endokriner Drüsen, in erster Linie der
Hypophyse, in zweiter der Schilddrüse, in kurzer Zeit außerordentlich
günstig beeinflußt werden. Die Wirkung beruht auf der dämpfenden,
reduzierenden Beeinflussung der endokrinen Zellen. (M.m.W. 1924, Nr. 26.)
| | . E. Bruck.
Das Thelygan empfiehlt M. Ochwat (Charlottenburg) zur Behand-
lung der Beschwerden in den ersten Schwangerschaftsmonaten,
besonders des Erbrechens. Erforderlich sind 3—12 Einspritzungen. —
In Fällen, wo nach dem ersten Ausbleiben der Menses der Verdacht auf
Schwangerschaft besteht, hilft die Einspritzung von 2 ccm Thelygan
zur Frühdiagnose, weil bei einfacher Amenorrhoe danach innerhalb von
8 Tagen die Periode eintritt. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 30.) K. Bg.
A. Wagner (Lübeck) empfiehlt permanente Tröpfchenirrigation
mit H,0, zur Verhütung und Bekämpfung des Puerperalilebers. Das
Verfahren ist rechtzeitig anzuwenden, ehe sich die bakterielle Allgemein-
infektion zeigt. Da sich die Virulenz der Streptokokken in faulendem
Gewebe steigert, müssen die der Verwesung anheimfallenden nekrotischen
Massen entfernt werden. Das geschieht am sohonendsten durch die ge-
nannte Irrigation. Die üblen Gerüche (Gewebsnekrosen!) sohwinden. Zur
Verwendung kommen weiche Nelatonkatheter, die entweder in die Vagina
oder den Uterus eingeführt werden. (D.m.W. 1924, Nr. 28.) F. Bruck.
Zur Wiederbelebung asphyktischer Neugeborener empfiehlt A.Wagner
(Lübeck) die Sauerstoffüberdruckatmung durch den Dräger-Baby-
Pulmotor (Firma Dräger, Lübeck). (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 28.) K. Bg.
Die Narcylennarkose nach Gauß-Wieland schafft nach G. Hasel-
horst (Hamburg) einen Zustand, in dem die Wehentätigkeit nicht
nennenswert beeinflußt und bei leidlichem Erhaltensein des Bewußt-
seins mit guter Verständigungsmöglichkeit eine weitgehende Herab-
setzung der Schmerzempfindung erzielt wird, und: nach ‚dem eine
fast völlige retrograde Amnesie für die Zeit der Betäubung besteht, Die
Narcylennarkose ist in der Geburtshilfe allen anderen Einschläferungs-
methoden “überlegen. (D.m.W. 1924, Nr. 27.)
Die aktive, instrumentelle Therapie empfiehltG.Burghardt(München)
beim fieberfreien wie beim fieberhaften Abort. Während in der Klinik
die Vorbereitung in der bei vaginalen Operationen üblichen Desinfektion
besteht, muß man sich in der Hauspraxis manchmal unter den primitivsten
Verhältnissen auf eine Säuberung des blutigen Genitales beschränken. In
‘jedem Falle ist aber die Bereithaltung des trocken. sterilisierten Instru-
mentariums notwendig. Die übliche Händedvsinfektion wurde meist durch-
geführt, nur ersatzweise der sterile Gummihandschuh angelegt, wenn die
rasche Erledigung bei großen Blutverlusten — meist in kriminellen Fällen,
wo man den Arzt erst spät ‚gerufen hatte — dringend geboten war. Wenn -
notwendig, wurde der Muttermund mit Hegarstiften dilatiert oder auch die
Zervix zur Erweiterung tamponiert. Die Ausräumung geschah mit der
Winterschen Zange oder der stumpfen Kürette. Das Instrument verdient
den Vorzug vor dem Finger. ‘ (D.m.W. 1924, Nr. 29.) F. Bruck. °
Allgemeine Therapie.
Die neue Zomotherapie Richets. Richet hat vor Jahren experi-
mentell zunächst das rohe Fleisch und das Muskelplasma in die Therapie _
der Tuberkulose eingeführt. Das Verfahren scheiterte daran, daß der kranke
Mensch zu wenig Fleisch aufnehmen konnte, höchstens 1 kg pro Tag, um
die betreffenden Stoffe in genügender Menge in den Körper zu bekommen.
Die Versuche haben. aber ergeben, daß im rohen Fleisch Elemente sind, die
die tuberkulöse Infektion und Kachexie wirksam bekämpfen und daß diese
Elemente sich in der Fleischbrühe (griechisch =zomos), d. h. in den
flüssigen und löslichen Teilen des Fleisches finden. Eine weitere Schwie-
rigkeit bestand darin, daß es zu teuer und technisch zu umständlich war,
den Saft von 3 kg Fleisch, das Minimum dessen, was benötigt würde, her-
zustellen. Diese Schwierigkeit ist nun beseitigt, nachdem es gelungen ist,
durch 'ein besonderes Verfahren diese Bestandteile als gekörnte, dunkelrote,
kristallähnliche Masse mit schwachem Fleischgeruch herzustellen. Geschmack
nach geröstetem Fleisch, sehr hygroskopisch, Diese Masse kann man in
Suppen und anderen Speisen geben, 200 g pro Liter. 100 g entsprechen
3 kg Fleisch. Wirkung: Reparation der Muskelatrophie, Nahrungsstimulans,
Fixation des Stickstoffs, Gewichtszunahme. Es wird in Dosen von 40—100
u.m. gut vertragen; Hochfiebernden, Diarrhoikern, Albuminurikern darf -
man es nicht geben. Nach den Erfahrungen Richets scheinen die Tuber-
kulösen 1. Grades in 2 Monaten geheilt zu sein, viele 2. Grades besserten
sich erheblich; im 3. Grade gibt es nur ausnahmsweise Erfolge.. Aber auch
bei anderen Krankheiten, Typhus, Pleuritis, Anämie, in der Rekonvaleszen;
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1262 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. 7. September
gibt es recht erfreuliche Erfolge. Endlich bei Kindern (10—30 g). (Pr.
méd. 1924, 50.) - | 0m. Sohnizer.
: © ` Auf „Molkur“ (Firma: „Molkur“, A.-G. für Milchverwertung, Hannover)
weisen Mathes und Möckel (Wiesloch [Baden]) hin. Molkur ist die ein-
gedampfte Molke der Kuhmilch und enthält die Bestandteile der Miloh-
molke in konzentrierter Form, so reichliche Mengen von Milchzucker und
Milchsäure, Reste von Eiweiß und Fett und die Nährsalze der Milch (Phos-
der Mundhöhle, den Erkrankungen der Tonsillen, den Ernährungsstörungen
des Säuglings, den .Magen- und Darmerkrankungen, der Pylorusstenose
den Erkrankungen des Wurmfortsatzes, den tierischen Darmparasiten, den _
Erkrankungen des Bauchfells und denen der Leber. Als „Anhang“ folgen
in erfreulich ausführlicher ausgezeichneter Darstellung Kapitel über die
Pathologie des Stoffwechsels im Säuglingsalter, über die Darmflora und
_ über die wichtigsten Vergiftungen im Kindesalter. Sodann schließen sich
Lunge ab, sodann ob vorhandene Kavernen kollabieren, und endlich, ob
dieser Kollaps lange genug und ohne Komplikationen unterhalten ‚werden
kann. Jedem, der die Pneumothoraxtherapie beim Kinde anwenden will.
sei diese Schrift empfohlen. soo y |
phate, Kalk, Eisensalze). Erfolge zeigten sich namentlich bei äußerer | die Krankheiten des Respirationsapparates (Erkrankungen der Nase und | 5
Anwendung des Präparates: Pinseln mit Molkur bei'Anginen; in kon- | des. Nasenrachenraums und die Erkrankungen der übrigen Respirations- m
zentrierter Form aufgetragen bei chronischer, hartnäckiger eitriger Otitis | organe) an. Den Beschluß bildet eine eingehende Würdigung der Krank- en
`. media; bei Frostbeulen; bei ausgedehnten chronischen Hautleiden (Pityriasis; |. heiten des Zirkulationsapparates (Erkrankungen des Herzens, der Gefäße M
Ekzemen, Trichophytien [hier ev. mit 10%, Chrysarobin]). (D.m.W. 1924, | und der Lymphknoten). Rein äußerlich möchte mir bei den Krankheiten : a
Nr. 29.) F: Bruck. des Digestionsapparates eine kleine Änderung; in der Eingruppierung einzelner I
. Mit dem Natriumthiosulfat als Antidot bei As-, Bi- und Hg-Ver- | Krankheitsbilder zweckmäßig erscheinen insofern als z. B. die an sich sehr Ne
giituugen hat Semon in der Form intravenöser Injektionen (0,45—0,9 in | wichtigen Kapitel „Pylorusstenose* und „die Erkrankungen des Wurm- | en
10 com Wasser, eine Dosis von 2.g ist nicht toxisch; 4 Injektionen, alle fortsatzes* in dem großen Kapitel „Magen- und Darmerkrankungen“ als al
2 Tage eine) in 4 Fällen recht befriedigende Erfolge erzielt. Rapide | Unterabschnitte unterzubringen wären. Über.den Gesamtinhalt des Bandes, | a
Besserung in einem Falle von As-Ikterus, bei Pruritus und Dermatitis nach | die Tafeln und Abbildungen ist nur Lobenswertes zu berichten. i z
en Ferner: eine Schwangere hatte 0,45 Sublimat genommen und | . N | Blühdorn (Göttingen). m
am einige Stunden später ins Spital mit Hä i ibschmerzen. | au PIRESUR ` L
ibg AA po kagan i 04 . ae a. Heilung Abhandlungen aus der Kinderheilkunde und ihren Grenzgebieten. Heft 1 u.2: im
in einer Woche, kein Abort, trotz 8. Monat. Endlich: Neosalvarsaninjektion Eliasberg und Cahn, Die Behandlung der kindlichen Lungen- ie
neben die-Vene, Schwellung, Schmerzen; mit derselben Nadel 8 cem Aqua | tuberkulose mit dem künstlichen Pneumothorax. 525. M. 2,60. =
mit 0,75 Thiosulfat; sofortige Besserung. Über die Wirkungsweise ist nichts - Berlin 1924, S. Karger. una =
bekannt. (Brit. med. journ., London 1924, 3302.) o v. Schnizer. Eliasberg und Cahn berichten über zehnjährige Erfahrungen mit a
| H. Schmidt (Klingenmünster) empfiehlt das Analgetikum Veramon | künstlichem Pneumothorax bei kindlicher Lungentuberkulose. Die Indikation 7
‚ bei den verschiedenartigsten Schmerzen, und zwar in Gaben von 2 Tabletten | zur Pneumothoraxbebandlung wurde in 125 Fällen von 659 Lungentuber- $
(= 0,4g), ferner das Valisan (Bestandteile der Baldrianwurzel -+ Brom) | kulosen gestellt (18,9°/). Die Technik, die Komplikationen, die Indi- ae
bei Schlaflosigkeit, Unruhe. (Kein Aufstoßen nach Valisan.) (M.m.W. | kationen werden ausführlich besprochen, im ganzen kommen die Verf. a
1924, Nr. 28.) | | A | F. Bruck. zu einem relativ günstigen Ergebnis. Besonders günstige Erfolge haben Ik
' a a | sie bei den Hilusherden erzielt; bei den kavernösen Tuberkulosen hängt J
Bücherbesprechungen. das Resultat der Behandlung einmal von einem vollständigen Kollaps der i
H. v. Hoeßlin und Franz Müller, Theoretische und klinische Phar-
makologie. Ein Lehrbuch für ‚Studierende und Ärzte. 205 S. Leipzig
1924, Georg Thieme. Geh. 4,20, geb. 6 GM. Su
Das von einem Internisten und einem Pharmakologen herausgegebene .
Lehrbuch stellt eine erweiterte Auflage der bisher von M. allein bearbeiteten.
theoretischen und klinischen Pharmakologie (1921) dar. Die Zusammen-
arbeit mit einem Kliniker ist mit Freude zu begrüßen.. Das Buch zeichnet
sich durch seine Anlage, Reichhaltigkeit, Wissenschaftlichkeit, die Berück-
sichtigung der neuesten Forschungsergebnisse und durch die. sehr erfreuliche
Anführung der Strukturformeln der Arzneimittel aus. Es gibt keine Phar-
makologie, die auf so kleinem Raum so viel Tatsächliches, so viel An-
regungen und so viele Rezepte bietet. | | |
| Zwei Sätze folgen wörtlich: „Der Arzt soll sich jedesmal genau über-
legen, ob er überhaupt ein Arzneimittel zur Behandlung braucht, und
niemals überflüssige Vielverschreiberei treiben, vor allem nicht für eine
- Indikation gleich mehrere im Prinzip gleich wirkende Stoffe- verschreiben.
‚Kritik gegenüber jeder Art Therapie soll er gerade aus der experimentellen
Pharmakologie lernen!“ „Man soll gegen nervöse Asomnie aber nur dann
Arzneimittel benutzen, wenn diätetische, psycho- und bydrotherapeutische
Maßnahmen (Waschungen, Duschen, heiße Bäder, Wärmflasche, Bettruhe u. a.)
nicht gewirkt haben.“ Nicht zustimmen kann man, wenn grundsätzlich
empfohlen wird, „statt der lästigen lateinischen chemischen Namen die
geschützten mit dem Zusatz ‚Ersatz‘ zu verordnen (z. B. Antipyrinersatz)“.
Gewiß ist dies dem Arzt nicht untersagt; der Apotheker darf aber das die
wissenschaftliche Bezeichnung tragende Arzneimittel nur unter dieser (z.B.
Pyrazolonum phenyldimethylicum, nicht aber als Antipyrinersatz bezeichnet),
abgeben. Für den Gebrauch des Buches ist u. a. zu beachten: das rezept-
pflichtige Oleum Chenopodii anthelminthiei ist bei Überschreitung der
therapeutischen Dosis ein Wurmmittel von hoher Giftigkeit; nicht 8—16 g,
sondern 8—16 Tropfen sind die Dosen für Erwachsene; Kindern gibt man
so viele Tröpfen, wie sie Jahre zählen (nicht mehr als 10 Tropfen). Lobelin
wird mit Nutzen auch bei der CO-Vergiftung angewendet, die Diallyl-
barbitursäure geht unter dem Namen Curral (rezeptpflichtig), Methylalkohol
macht keinen Alkoholrausch. Grundsätzliche einheitliche. Maximaldosen für
Kinder lassen sich nicht aufstellen, der Alkohol unterliegt nicht dem
Rezeptzwang; auch die auf die Gesetzgebung bezüglichen Angaben bedürfen:
einer Revision bei einer neuen Auflage. : E Rost (Berlin).
Pfaundler-Schloßmann, Handbuch der Kinderheilkunde. Bd. III,
3. Auf. Mit 15 Tafeln und 195 Figuren im Text. Leipzig 1924,
F. ©. W. Vogel. Grz. 45,—, geb. 50,—. | |
Der III. Band des Handbuches behandelt zunächst die Krankheiten
des Digestionsapparates. Einzelne Kapitel sind gewidmet den Erkrankungen
Vischer, Beiträge zur Myokarditisim Kindesalter. 87 S. M. 4,20.
Verf. stellt einmal alle (von Ceelen, Riesenfeld, Fahr u. a.)
veröffentlichten Fälle, von Myocarditis interstitialis bei Status thymico-
\ymphaticus zusammen. und bespricht sie kritisch im Zusammenhang mit
den bisher bekannten interstitiellen Myokarditiden im Kindesalter (bei
Herzveränderungen, bei Myasthenia gravis u. a.). Sodann bespricht er das
Basler Material von Myokarditis, wobei nur viermal eine Myokarditis in Ver- .
bindung mit Status thymico-Iymphaticus, zweimal mit Status Iymphaticus
zusammen vorkam. Verf. kommt daber zum. Schluß, daß die Myokarditis
keine Folge des Status thymico-Iymphaticus sei, und er nimmt ein zU-
fälliges Zusammentreffen an. Sowohl betreffs der Ätiologie der isolierten
akuten Myokarditis als auch zur Theorie des Status thymico-Iymphaticus
kann Verf. keine neuen Tatsachen "beibringen. ' Rietschel.
a E
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-eer a o
Walther Müller, Die normale und pathologische Physiologie des
Knochens. 218 S., 67 Abbild. Leipzig 1923, Johann Ambrosius Barth,
GZ. 12, —. a
Eine zusammenfassende Darstellung des normalen und ‚krankhaften
Geschebens im Knochensystem hat uns bisher nahezu ganz gefehlt. Diese
Lücke empfand der neben seiner praktischen Tätigkeit gelegentlich wissen-
schaftlichen Problemen der Knochenchirurgie nachgehende Arzt besonders
unangenehm, weil die Einzelliteratur auf diesem Gebiete schier unüber-
sehbar geworden war. So begrüßen wir das vorliegende Werk Müllers
freudig; ist uns doch damit endlich ein Leitfaden durch das Labyrinth der
Knochenphysiologie und -Pathologie gegeben, von dem aus die noch un-
geklärten Fragen bearbeitet werden können. Und solcher Lücken gibt es
noch viele in unserem Spezialgebiet; es ist einer der Vorzüge des Buches,
daß sie klar aufgedeckt und präzise herausgestellt werden. Nicht minder
wertvoll aber ist die ausgezeichnete Darstellung des derzeitigen Standes
unseres Wissens, das M. durch eigene ausgedehnte experimentelle und
klinische Arbeiten erweitert hat, Im ersten Teil wird eine allgemeine
Biologie des fertigen, des wachsenden, des sich regenerierenden Knochens,
im zweiten. Teil die pathologische Physiologie des Knochens (atropbische,
malazische und andere Erweichungszustände usw.) gegeben. Als besonders
gelungen möchte ich das hervorheben, was Müller über die Wachstums-
deformitäten und die lokalen Malazien schreibt, trotzdem es sich dabel
nur um kurze Kapitel handelt. Das Buch ist mit guten Abbildungen und
einem (kleiner Korrekturen bedürftigen) Literaturverzeichnis. sowie einem
| wertvollen Sachregister versehen. | Peltesohn.
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7. September
Erlangen.
» Ärztlicher Bezirksverein. Sitzung vom 24. Juli 1924.
Wustrow beginnt mit einer Demonstration zweier von ihm be-
handelter komplizierter Oberkieferbrüche. In beiden Fällen ist das gesamte
Obergesicht von der Schädelbasis abgerissen. Der zuletzt behandelte Fall
ist dadurch besonders kompliziert, daß er 3 Wochen hindurch unbehandelt
geblieben ist. Vortr. zeigt, wie er den Pat., bei dem das Anlegen von
okzipitalen Verankerungen unmöglich ' gewesen ist, mittels eines von ihm
erdachten Apparates behandelt hat. Ebenso zeigt er die in beiden Fällen
verwendeten neuartigen Schienen.
= Wustrow: Allgemeinmedizin und zahnärztliche Orthopädie. Das
Gebiet der zahnärztlichen Orthopädie ist aus Zweckmäßigkeitsgründen für
den Unterricht in zwei Teile geteilt worden: in die Prothetik: und in die
Orthodontie. Für den Außenstehenden kann diese Teilung leicht zu Miß-
verständnissen führen. Sie darf natürlich genau so wenig ein Zerreißen
des Gebietes der zahnärztlichen Orthopädie zur Folge haben, wie man die
allgemeine Orthopädie in einen prothetischen und einen solchen Teil zer-
reißen würde, der sich mit den Verkümmerungen und Verkrüppelungen des
menschlichen Körpers beschäftigt. Deshalb zeigt W. den innigen Zu-
sammenhang der allgemeinen Medizin und der zahnärztlichen Orthopädie
nur aus einem Ausschnitt aus dem Gebiet der Prothetik. Er hat absichtlich
dazu das Gebiet der Plattenprothetik gewählt, da diese dasjenige ist, das
seit Alters von den Medizinern als der langweiligste und der handwerk-
lichste Abschnitt der Zahnheilkunde angesehen wird. Nachdem die De-
finitionen der verschiedenen zahnärztlichen Prothesen und ein kurzer ge-
schichtlicher Überblick gegeben worden ist, weist Vortr. auf die verschiedenen
Momente psychologischer, physiologischer, chemischer, anatomischer und
physikalischer Natur hin, die bei der Indikationsstellung ausschlaggebend
sind. W. zeigt, wie man auf eine von ihm angegebene physikalische Me-
thode zu Urteilen über die Notwendigkeit oder Nichtnotwendigkeit von
zahnärztlichen Prothesen gelangen kann, die sich nicht nur auf Empirie
zu stützen brauchen.
W. spricht sodann über die Punktionstüchtigkeit der Plattenpro-
these und die sie bestimmenden Faktoren. Unter anderem zeigt er, welch
außerordentlich hohe Kraftleistungen mit einer Prothese der Zahnreihen zu
vollbringen sind. Während bisher bei der Forschung über die beim Zer-
kleinern unserer gebräuchlichen Nahrungsmittel aufgewandten Kräfte nur
eine Art von Quetschmaschinen verwendet worden ist, hat W. darüber mit
einem den Zahnreihen verhältnismäßig sehr genau angepaßten einfachen
Apparat Nachprüfungen angestellt. Er teilt die erhaltenen Resultate mit,
um eine Anschauung von der durch eine Zahnreihenprothese zu leistenden
Arbeit zu geben. W. geht auf die physiognomische Bedeutung der Zahn-
plattenprothese ein, wobei er Parallelen zwischen den in den Arbeiten
Williams gemachten Angaben über die verschiedenen Zahnformen und
den Angaben zieht, die sich in der psychiatrischen Literatur finden. Vortr.
zeigt, daß eine alte, schon fallengelassene Lehre vom Zusammenhang
zwischen Temperament und Zahnform doch eine gewisse Berechtigung be-
sitze. Da die anatomische Grundlage bestimmend für den mit einer
Plattenprothese zu erreichenden Erfolg ist, so skizziert W. das Gebiet, in
dem eine Plattenprothese ihren Sitz und ihren Wirkungsbereich findet,
Bei dieser Gelegenheit zieht er Parallelen zwischen den neueren Be-
Mühungen der Anatomie und einem neuen Abdruckverfahren in der Platten-
prothetik, mit dessen Hilfe man die Lagerung der die Mundhöhle um-
gebenden Muskulatur während der Bewegung zu erhalten strebt. Sodann
geht W. auf die Momente ein, die für den festen Sitz der Plattenprothese
von Bedeutung sind. Von diesen will er genauer nur auf eines eingehen:
auf die Kaukräfte. An der Hand von Projektionen erläutert er die während
der einzelnen Kauphasen freiwerdenden Kräfte und ihre Richtungen. Er
zegt an exakten Beispielen, welche Bedeutung sie für die Befestigung von
| Plattenprothesen haben. Die Wirkung und Gestaltung einer darauf be-
Tuhenden Befestigungsvorrichtung, die schiefe Ebene, wird eingehend
esprochen. Sie ist nur dann richtig zu verstehen und zu konstruieren,
wenn man die innerhalb der verschiedenen Kauphasen wirkenden Kräfte
übersicht, W. schließt seine Ausführungen mit der Vorführung von drei
Fällen, aus denen die psychische Bedeutung der Plattenprothese hervor-
geht. Er zeigt, wie in 2 Fällen stärkster Protrusionen des Oberkiefers
prothetische Maßnahmen zu einwandfreien Erfolgen geführt haben. Zu-
gleich kann er an einigen Fällen von besonders starken Protrusionen des
anorkiefers zeigen, wie man bei geeigneter Indikation auch mittels ortho-
ee Maßnahmen zu einwandfreien Behandlungsresultaten kommen
ann, und daß diese letztere Art der Behandlung nicht nur wie die mittels
„Fothesen symptomatischer Natur sei, sondern das Übel an viel tieferer
Stelle angreife und bessere, Kohlmann (Erlangen).
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36. | 1263
Kongreß- und Vereins-Berichte.
| Leipzig. |
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 1. Juli 1924.
Kölliker spricht über seine Oberschenkelkurzstumpiprothese.
Dieses Kunstglied eignet sich für Oberschenkelstümpfe, die so kurz sind;
daß sie nicht mit einer Hülse gefaßt werden können. Es handelt sich um
eine Sitzprothese; der Amputierte sitzt mit rechtwinklig gebeugtem Ober-
schenkelstumpf im Beckenkorb. Das Modell muß daher bei rechtwinklig
gebeugtem Oberschenkel genommen werden. Der Beckenkorb hat keine
durchgehende Achse, sondern ein Äußeres und ein inneres Scharnier. Die
Drehpunkte der Scharniere liegen in Achsenrichtung unmittelbar am Boden -
des Beckenkorbes, so daß beim Sitzen sich die Sitzfläche des Beckenkorbes
direkt in die Sitzfläche der hinten abgeflachten Oberschenkelhülse fortsetzt.
Die Beine befinden sich daher beim Sitzen in gleicher Höhe. In Streck-
stellung wird die hinten abgeflachte Oberschenkelhülse durch die Spannung
eines starken Gummizuges, der als Streckmuskel für das Hüftgelenk wirkt,
verdeckt. Beim Übergang in Streckstellung stellt sich das Hüftgelenk
automatisch fest. Das Besondere des Kunstgliedes, mit dem die Amputierten
bei beweglichem Kniegelenk sicher und ausdauernd gehen und stehen können,
beruht in dem Umstand, daß beim Gehen, Stehen und Sitzen der platt-
gewalkte Boden des Beckenkorbes als Sitzfläche dient, so daß beim Sitzen
beide Oberschenkel sich in gleicher Höhe befinden.
Kleinschmidt: Über extrapleurale Thorakoplastik. Übersichts-
vortrag über die Lungenkollapstherapie, ihre Anzeigestellung, ihre Wir-
kungsweise, ihre Ziele und ihre Aussichten bei den verschiedenen Formen
und Stadien der Lungentuberkulose mit und ohne Beteiligung der Pleura.
Zum Schluß werden drei nach Sauerbruch operierte Fälle demonstriert.
Aussprache: Hörhammer berichtet über 20 Fälle von Tuber-
kulose, die er in den letzten 5 Jahren nach Sauerbruch operiert hat.
Es handelt sich um Fälle, die bereits lange Zeit in interner Behandlung
waren. Bis auf 4 Fälle war überall Pneumothoraxbehandlung vorausge-
gangen, so lange diese möglich oder erfolgversprechend war. Sämtliche
Patienten hatten kavernöse Prozesse, positives Sputum und Fieber. Haupt-
sächlich handelt es sich um kavernöse Prozesse der Oberlappen mit Neigung
zur Schrumpfung. Einige Fälle wiesen Unterlappenprozesse auf und 4 Fälle
ausgedehntere Prozesse fast der ganzen Lunge.. Ausführung der Operation
nach Sauerbruch, nur wurde in der Ausdehnung der Resektion der ein-
zelnen Rippen etwas weiter gegangen, indem meist 12—15 cm große Stücke
entfernt. wurden. Die Rippenstümpfe an der Wirbelsäule wurden meist
sekundär mit Luerscher Zange noch weiter reseziert und dann die Lunge
aus dem paravertebralen Raume möglichst weit abgedrängt, um dadurch
die Einsenkung noch weiter zu vermehren. Ebenso wurde die Lungenspitze
aus ihrem Kuppelraum je nach Möglichkeit mobilisiert, besonders wenn die
Kavernen mehr im vorderen Bereich saßen. Trotz der Aspirationsgefahr
wurden diese Eingriffe gut überstanden (Lokalanästhesie). Bei den Teil-
plastiken über den Oberlappen wurde durchschnittlich die 1.—8. Rippe
weggenommen. Die 7. Rippe soll immer mit reseziert werden, weil da-
durch die Skapula besser in die Resektionsstelle einsinkt, und die Lunge
noch mehr kollabieren kann. Bei den Totalplastiken ist H. von der ein-
zeitigen Methode zur zweizeitigen übergegangen, weil sich dadurch der
Eingriff wesentlich milder gestaltet. Der zweite Eingriff wurde meist nach
14 Tagen ausgeführt. Zuerst wurde die untere Partie der 5.—11. Rippe;
dann die 1.4. Rippe reseziert. Die einzeitige Totalresektion scheint auf
der linken Seite schlechter als rechts vertragen zu werden. Nach beendeter
Resektion wurde ein jodoformumwickeltes Drain (in letzter Zeit Jodoform-
gazestreifen) von der Spitze bis zur letzten resezierten Rippe herausgoleitet,
In der Regel konnten die Patienten nach einzeitigen Eingriffen nach '
14 Tagen aufstehen und entlassen werden. Wenn über die Erfolge dieser
20 Fälle berichtet werden soll, so ist eine Trennung in 2 Gruppen möglich.
In die erste Gruppe gehören die mischinfizierten tuberkulösen Empyeme.
4 Fälle solcher Art kamen zur Operation. Geschlossene Empyeme müssen
sekundär zu offenen gemacht werden, da die Temperaturen bis 40 stiegen
und Spülungen nicht ausreichten. Kein Fall dieser Gruppe wurde geheilt.
2. Gruppe: Die übrigen 16 Fälle sind eigentlich erst diejenigen, an denen
der Wert der Sauerbruchschen Operation gezeigt werden kann. Nur
einer der 16 Fälle ist gestorben und 2 Fälle blieben ungebessert. Der
letale Ausgang des einen Falles war wahrscheinlich durch ungenügende
Einsenkung der unteren Lungenpartie bedingt. Einen zweiten Eingriff `
gestattete der Patient nicht mehr. Von den ungebesserten Fällen hatte
der eine ein ausgedehntes steriles Exsudat, der andere bekam auf der an-
deren nicht operierten Seite eine fortschreitende Lungentuberkulose. Um
so erfreulicher ist das Resultat der übrigen 13 Fälle. Soweit es die Beob-
achtungszeit zuläßt, kann man von einer klinischen Heilung sprechen. Es
ist geradezu überraschend, in welch kurzer Zeit die Pat. temperaturfrei `
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1264
wurden, der positive Bazillenbefund verschwand und die Gewichtskurve
nebst Allgemeinbefinden sich hob. Fast sämtliche Pat. sind mehrere Jahre
in Beobachtung und stehen wieder im Berufsleben. Die zweite Gruppe
ergibt somit eine Heilungsziffer von 80%. Der Erfolg ist in erster Linie
der günstigen Auswahl der Fälle durch den Internisten zu danken.
Hohlbaum: Knorpelregeneration in Nearthrosen nach Periost-
transplantation (Mitteilung der zusammen mit Ladwig unternommenen
experimentellen Untersuchungen). Es wurde an Kaninchen operiert, das
obere Sprunggelenk eröffnet, aufgeklappt, der Knorpelbelag des unteren
Tibjagelenkendes mit einer schmalen Knochenscheibe reseziert. Die
Knochenwundfläche wurde mit einem Periostlappen aus der vorderen Tibia-
kante gedeckt, die Extremität 14 Tage eingegipst. Die Beobachtungszeit
erstreckt sich auf 2 Jahre. Das wesentlichste Ergebnis ist, daß sich in
dem am längsten beobachteten Falle eine neue Knorpeldecke entwickelt
. hat, die histologisch aus hyalinem Knorpel besteht. Wenn sich der hier
gebildete Knorpel auch in mancher Hinsicht vom normalen Gelenkknorpel
unterscheidet, so ist doch die Tatsache bemerkenswert, daß hier zum ersten
Male die Bildung eines einheitlichen hyalinen Knorpelbelages nach Re-
sektion des Gelenkknorpels im Tierexperiment beobachtet werden konnte.
H. bespricht die bisher am Menschen beobachtete Knorpelregeneration und.
kommt zum Schluß auf die Gefahren der Arthritis deformans in Nearthrosen
zu sprechen. H. hält diese Gefahr für äußerst gering, weil alle jene
schwerwiegenden Begleiterscheinungen der Arthritis deformans, Neigung zu
Gelenkergüssen, Kapselschwellung, Bildung freier Gelenkkörper, allmählich
zunehmende Schmerzhaftigkeit und Beweglichkeitseinschränkung bei den
Nearthrosen fehlt. Zwar zeigen die Nearthrosen in der Regel starke Ver-
bildung der Gelenkkonturen, aber alle geschilderten Begleiterscheinungen
bleiben auch nach jahrelangem funktionellen Gebrauch der Nearthrose aus.
Im Gegenteil, an dem Material der Leipziger Klinik zeigte es sich, daß 10.
bis 14 Jahre in Gebrauch stehende Nearthrosen funktionell mit die besten
waren. Die Bezeichnung Arthritis deformans für die Formverbindung in.
Nearthrosen ist deshalb im klinischen Sinne nicht berechtigt. i
Aussprache: Payr erinnert. an die stammesgeschichtliche Ent-
wicklung der Synovialmembran mit den interessanten Befunden Luboschs
über ein völlig knorpliges Stadium. Auch beim Menschen findet man noch
regelmäßig in den Synovialzotten vereinzelte Knorpelzellen. Für die Frage
der Knorpelregeneration wäre es also grundsätzlich wichtig, auch die ge-
samte Gelenkinnenhaut zu exzidieren, wenn auch praktisch ein ausgedehntes
Knorpelregenerat aus diesen vereinzelten Knorpelzellen gewiß nicht zu er-
warten ist. Ein Knorpelregenerat ist für eine dauernde gute Funktion der
Nearthrose nicht notwendig. Der eigentümlich derbe, sehnenglänzende, oft
ziemlich dicke bindegewebige Belag leistet mit seinen vielfachen Durch-
flechtungen derber Bindegewebselemente offenbar auch Genügendes zum
Schutz gegen Abscherung. Die sich schon bald nach dem Eingriff bei
nicht allzu schwerer Atrophie der Spongiosa herausbildenden Druckauf-
nahmeflächen der neuen Gleitflächen der nachgebildeten Gelenkkörper sind
natürlich der Hauptschutz gegen Aufbrauch und funktionelle Abnützung.
Die Versuche Hohlbaums sind sehr wertvoll, da sie die Tatsache eines
einwandfreien Knorpelregenerates gegenüber früheren ein solches ablehnenden
Befunden von M. Hofmann ergeben haben. Derartige Versuche müssen
eben genügend lange Zeit hindurch verfolgt werden. Die angezogenen
Versuche waren nur durch 7—12 Wochen kontrolliert worden. — Payr
möchte in manchen Fällen, besonders bei stark vorgeschrittener Atrophie
der knöchernen Gelenkenden die zu beobachtenden sekundären Gebrauchs-
deformierungen nicht als „Arthritis deformans“ bezeichnet wissen. Zu
einer solchen gehört eben ein Gelenk mit allem, was an gelenkeigenen Ge-
weben dazu gehört. Die Nearthrosen sind ein praktisch ausgezeichnet
brauchbarer ‚Gelenkersatz, aber keine Gelenke im anatomischen Sinne. Die
sekundären Veränderungen in statisch belasteten Neugelenken schreiten
häufig bis zu einem gewissen kondensierenden Abschluß der Gelenkflächen,
bleiben aber dann nicht selten jahrelang stationär. Nur bei groben In-
kongruenzen der Gleitflächen findet eine weitergehende Abschleifung statt.
Es ist daher von größter Bedeutung, die Gelenkflächen beim Eingriff
muskel- und gelenkmechanisch möglichst getreu, wenn auch mit gewissen
Veränderungen (Verkleinerung der Radien, der konvexen, Vergrößerung der
konkaven Gelenkkörper) nachzubilden, bei schwerer Atrophie an statisch
belasteten Gelenken durch längere Zeit entlastende Schienenhülsenapparate
tragen zu lassen. Weigeldt.
Wien,
Gesellschaft der Ärzte. Sitzung vom 20. Juni 1924.
R. Lenk berichtet unter Demonstration von 2 Pat. über therapeu-
tische Wirkungen der Röntgenstrahlen bei Ulcus ventriculi. I. 43jährige
Frau, die seit etwa 10 Jahren Ulkusbeschwerden hatte, wurde wegen einer
seit Weihnachten 1923 bestehenden Exazerbation vom 7. April angefangen
mit Röntgenstrahlen behandelt, Die Gesamtazidität betrug 68, die freie
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.36. > 3, September
EENES Re !
Magens, einen kleinen Sechsstundenrest, 2 Ulkusnischen mit sehr ausge-
gegend -mit schwachen Dosen behandelt, Pat. verspürte nach der ersten
von akuter hämorrbagischer Pankreatitis. Die Prognose dieser Erkrankung
Es wurde bei der Operation blutigseröses Exsudat in der Bauchhöhle ge-
Salzsäure 50. Die Röntgenuntersuchung: ergab keine Vergrößerung des
sprochener Druckschmerzhaftigkeit. 4 Tage hintereinander wurde die Magen-
Bestrahlung bereits eine deutliche Besserung, 8 Tage nach der letzten Be-
strahlung war Pat. beschwerdefrei. Nach 4 Wochen wurde Pat. einer
Kontrolluntersuchung unterworfen. Sie hatte um 10 kg zugenommen
konnte saure Speisen vertragen, Nischen waren nicht mehr wahrzunehmen;
an ihrer Stelle waren konvergierende Schleimhautfalten zu sehen. Der
Sechsstundenrest war etwas kleiner als vor der Behandlung. Vortr. will
nicht sagen, daß die Nischen verschwunden sind. Wichtig ist aber vor
allem, daß die Druckempfindlichkeit nicht mehr bestand. II. Pat. hatte
seit 1920 Magenbeschwerden, war seit 1922 obstipiert; sie war stark ab-
gemagert, litt viel unter Sodbrennen. Diätkur führte zu keiner Besserung.
Die Röntgenuntersuchung ergab ein haselnußgroßes Ulkus mit Nischen-
bildung in der Pars cardiaca. 3 Bestrahlungen mit mittelgroßen Dosen
führten zur Besserung und dann zum Verschwinden der Beschwerden. Pat,
wiegt jetzt um 11 kg mehr als vor der Behandlung. Auch in diesem Falle
sind die Nischen verschwunden. Saure Speisen meidet die Pat. seit jeher.
Vortr. hat viele andere Fälle von Ulcus ventriculi in derselben Weise be-
handelt. Schwache Bestrahlungen machen die Pat. beschwerdefrei.
P. Walze] berichtet unter Demonstration zweier Pat. über 3 Fälle
ist quoad vitam und quoad sanationem schwierig; in den. Berichten der
Literatur liest man 45 bis 80% Mortalität, Der Zusammenhang mit der
Cholelithiasis ist nicht zweifelhaft. Vortr. verweist auf die Mitteilung, die
L. Moszkowicz vor einiger Zeit in der Gesellschaft gemacht hat. Im
ersten Falle wurde eine Gallenblasenperforation vom Hausarzt angenommen.
funden, ebenso Blut in der Bursa omentalis. Pat. ist bis auf eine kleine
Attacke von Cholelithiasis seit der Operation beschwerdefrei. Im zweiten
Fall trat die Erkrankung 14 Tage nach der Entbindung auf. Atropin
verstärkte die Schmerzen nur. Moszkowicz. diagnostizierte eine Gallen-
blasenperforation. Pat. wurde in tiefster Prostration eingeliefert. Auch
hier fand sich bei der Operation blutigseröses Exsudat und eine schwere
Pankreasfettgewebsnekrose. Ein radikaler Eingriff war nicht möglich. Die
Gallenblase wurde ins Peritoneum eingenäht. Pat. kam ad exitum. Bei
der Obduktion fand man diffuse Fettgewebsnekrose im Abdomen. Herde
von Fettgewebsnekrose fanden sich noch im Perikard und in der Pleura-
kuppel, Im dritten Fall trat die Erkrankung 8 Wochen nach einem Partus
auf. Im Harn war Albumen’und Zucker enthalten. Es war eine Défense
musculaire im Epigastrium vorhanden. Eine querverlaufende druckempänd-
liche Resistenz war daselbst zu tasten. Bei der Operation fand sich
massenhaftes hämorrhagisches Exsudat, Fettgewebsnekrose, blaurote Ver-
färbung des armdicken Pankreas und Steine in der Gallenblase. Die Kapsel
des Pankreas wurde gespalten, die Blutung durch Tamponade gestillt, bei
welcher Gelegenheit sich die Stryphnongaze sehr bewährte, Ein hühnerei-
großer Pankreassequester stieß sich später ab. Vortr. hält die Spaltung
der Pankreaskapsel für die richtige Behandlung, weil so die Spannung be-
seitigt und die Resorption der toxischen Substanzen gehindert wird. Vor-
handene Gallensteine müssen entfernt werden. Die von Moszkowicz
‚ befürwortete transduodenale Choledochostomie ist, ausführbar. Vortr. schlägt
die Drainage nach außen vor, weil so die infizierte Galle abgeleitet wird;
dabei wird auch das Pankreassekret nach außen befördert.
L. Moll berichtet über die diätetische Heilung des Pylorusspasmüs
(unter Demonstration von 2 Eällen). Medikamentöse und diätetische The-
rapie war erfolglos gewesen. Durch Reisbrei mit Mandelmilch gelang es,
das Erbrechen zu beseitigen und später war es möglich, allmählich den
Übergang zur Milchdiät wieder zu finden; Magermilch ist in einem Falle
vorteilhaft gewesen. In dem andern Fall war Ammenwechsel nötig. Es
ergab sich dabei, daß die Milch nicht das den Pylorospasmus provozierende
Agens war. Man nennt vielfach mit Unrecht die Kinder mit Pylorospasmus
neuropathisch; viel eher ist die Nervosität der Mütter der Grund des
Pylorospasmus. Die Anstaltsdisziplin, welche die Mütter hindert, sich
immer mit den Kindern zu beschäftigen, wirkt allein in vielen Fällen wohl-
tätig. Vielleicht ist auch in der Milch der nervösen Frauen ein Stoff vor-
handen, der das Erbrechen veranlaßt. Ein chemischer Unterschied in
irgendeiner Hinsicht zwischen der Milch der Mutter eines pylorospastischen
Kindes und der Milch der Mutter eines normalen Kindes war nicht fest
stellbar. Die Kinder werden viel eher durch ihre nervösen Mütter nervos
gemacht, als daß sie selbst nervös wären. Der Ammenwechsel ist nicht
immer erfolgreich.
P. Neuda: Der weiche Gaumen als Träger von Krankheitszeichen.
Vortr. hat im Herbst über Beobachtungen am weichen Gaumen bel Pan-
kreatitis berichtet und schon damals darauf hingewiesen, daß Veränderung®?
der Schleimhaut des weichen Gaumens diagnostisch von Wichtigkeit seim
-
= B N £ ; Tae pk
E I E i +, er es ss i - ` i
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ain Nicht immer ist Blässe ` des‘ Gaumens . - ein. . Zeichen: von Anaemia I
"universalis ‚und Rötung ein "Zeichen von Erythrämie, ` um einige nur ganz
‚grobe Beispiele - -Anzuführen. Eine häufige Farbenanomalie ist die Gelb-
- färbung, die ‚bei‘ Lebererkrankungen auftritt, auch wenn ‚der Ikterus fehlt.
Bei
- Kindern weisen „solche Veränderungen, wie sie sich bei alten Leuten finden.
‚Auch. bei ‚Cholelithiasis “und Mesaortitis luetica ist sie vorhanden.
_ (hydropische : und. fettige Degeneration), auf schwere ‚kongenitale Anomalien
hin. “Vortr.. hat solche Zustände ‘bei Imbezillen "beobachtet. Gelbbraune
- Yerförbung mit Verlust des-Reliefs, so:daß die Schleimhaut wie die Haut
‚eines Nophritikers aussah; fand sich bei einem. Kind ‚mit kongenitaler Lues. .
Bei Erwachsenen. spricht Braunfärbung für Pankreäsföttnekrose. Auch bei
‚den von. P. Walzel in dieser. Sitzung besprochenen Fällen war ‘dieses
‚ Symptom vorhanden: Für die, ‚Differentialdiagnose zwischen Ulcus ventriculi
und Ulcus“ duodeni ist.:das Verhalten des weichen Gaumens zu verwerten.
Hyperänie. des "Gaumens’ findet: sich nur bei Ulcus ` duodeni. Der Zu-
sammenhang mag darin zu suchen sein, daß die Schleimhaut des. weichen
: Gaumens ebenso. wie’ die des Duodenums ein Abkömmling des inneren
` Keimblattes ist. ‘Die mitgeteilten Beobachtungen bedeuten eine Erweiterung
. unseres diagnostischen Könnens, . speziell Del Erkrankungen. der Organe des
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Epigastriums, a T m a EE
Sitzung vom 27. Juni 1924.
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etwa 1 Jahre gehalten hat; bei welcher Gelegenheit er über. die Wirkung
:des, Jods . auf Strummen berichtet hat.. Der von Wagner-Jauregg vor-
„ geschlagene . Modus: :der Jodbehandlung, 0,04 mg pro die zu geben, wurde
vom. Vortr. derart: durchgeführt, daß die Pat. von einer Lösung 1 mg Jod-
natrium auf 150 Wasser täglich einen Kaffselöffel nehmen: Die Behandlung
wird individualisierend in der Weise durchgeführt; daß: man je nach Bedarf,
von dieser. Menge ` beginnend, bis zu einer Medikation 5 mg 150,. täglich
ein Kaffeelöffel; ansteigt. Die. auf. den: Vorschlag. Wagner-Jaureggs
durchgeführte. ‚allgemeine Jodbehandlung durch Abgabe von jodiertem Koch-
salz arbeitet mit- 0,05 ‚mg Jodnatrium auf 1'kg Kochsalz.. Es ist‘ allgemein
‚bekannt, daß ‚man in ‘der ‚Schweiz den Vorschlag Wagner-J aureggs,
durch Abgabe v von Jaba Kochsalz er zu treiben, früher. |
"Entscheidung. des Schiedsamtes im , Streite der “Groß-Berliner
Kassenä ärzte mit: ‚dem Verband der Krankenkassen.
. Von Sar.-Rat Dr. Wreschner,, Berlin.
‘Nach Küfhebung ‚des seit dem 1. -Dezömber 1923 bestehenden ver-
Bilin Zustandes ` hatte die W.A. ‘Anfang April d. J. einen . Waffen-
` stillstand ‘mit dem Verband der Krankenkassen geschlossen. Wenn auch
' seitdem der offene Kampf ruht, so haben doch die Krankenkassen in be-
"pm
TR-
harrlicher und zielbewußter Weise nicht aufgehört, ihre: Bemühungen fort- °
zuseizen, die ärztliche Organisation zu unterwühlen, unterstützt von einigen.
Ärzten, die angeblich nur aus Sorge für die Versicherten und den Fort-
bestand der Soziälversicherung- handeiten. . Möge die Berliner Ärzteschaft
das Verhalten dieser Ärzte in gutem, Gedächtnis behalten. ‚Ihre Gesinnung
und Handlungsweise - -verdient es!
Die Krankenkassen waren: nach der Entscheidung des Arbeits-.
ministeriums' gehalten, die ibnen von der W. A. am 21. Januar. angebotene
ärztliche Hilfe anzunehmen, den Vertrag mit ihr zu-erneuern und keine
Verträge mit ‚anderen Ärzten abzuschließen. Trotzdem haben sie noch
lange nach dieser Zeit und auch nach dem abgeschlossenen "Waffenstillstand.
mit Hilfe- einiger Ärzte nicht bloß einen neuen kassenärztlichen Verein ins
. Leben gerufen, sondern auch ‘versucht, da unter den, 3000: Berliner Kassen-- |}
ärzten. sich -nur vereinzelte Streikbrecher fanden, solche von außerhalb
heranzuziehen und’ die Versicherten mit der Begründung von Ambulatorien `
zu beglücken, deren Kostenaufwand im umgekehrten Verhältnis zu dem
Nutzen. stand, den sie den Versicherten bringen. Schließlich hielt man es
noch. für angemessen, wenn auch Waffeustillstand bestand, an den ärzt-
lichen Nachwuchs, die Assistenten der hiesigen Krankenhäuser heranzu-
treten, mit dem Angebot, ihnen fixierte Kassenstellen. zur Verfügung zu
stellen. Die Kollegen wurden darauf hingewiesen, daß sie ohne Annahme
‚dieses. Angebotes -für 'absehbare Zeit von der Kassenpraxis ausgeschlossen
würden. Vergessen hat man nur, ihnen mitzuteilen, daß die Beschränkung
dor Zulassungsbestimmungen von derselben Seite gegen den Willen der
erkämpft worden. war, die ihnen jetzt das scheinbar verlockende:
talga machte... Dank der Besonnenheit und Organisationstreue der
9 oged, ‚die sehr in: die Absichten der Kassenvertreter durchschauten,
7 .
7 Ca
P ` E +
` { PaE , A
o Kaspar. berichtet (unter ' Demonstration. von 2 Pat.) über die.
- Wirkung der’ Jodbehandlung nach Wagner-Jauregg auf Rezidivstramen,
.. Vortr, ‚erinnert ‚an die Krankenvorstellung in der Gesellschaft, die er vor
We NE Er
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: lieh die W.A. des Groß-Berliner Ärztebundes zu-.gelten habe. Eine von
1265%
2,
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realisiert hat als in Österreich. ":Vogtr.:hat:nun diese Arkder Jodbehand-
“lung bei Rezidivstrumen in 2 Fällen mit gutem. Erfolg. verwendet. E
wurde vor § J ahren wegen einer Struma colloides diffusa . öperiert. Vor...
1% Jahren trat ein 'Rezidiv: auf. Auf minimale Jodmengen (2 mg’ während
‚3 Wochen im ganzen) verschwand die Struma. er
wegen 'zweier Kropfzysten operiert, vor 8 Jahren’ wegen einer 'Stridor: Pe- e
dingenden- Isthmuszyste,. die während einer Gravidität entstanden war:::. Vor
einem Jahre trat. eine prätracheal gelegene Zyste .äuf. Auf 4 mg, Jod-
natrium .Gesamtdosis trat Heilung ein. Vortr: hat. noch in anderen Fällen
dieser Art: mit minimalen J odmengen gute Erfolge . erzielt... Bei: Pat. außer- `
halb Wiens. kommt es aus: verschiedenen: Gründen vor, daß sie Tabletten as ES i ne
-jodhaltiger Medikamente (Jodostrumit, Jodostarin) - ohne ärztliche Kontrolle a ER a
' lange Zeit einnehmen. Vortr. hat in einzelgen Fällen diese mißbräuchlice -pR N
` Verwendung jodhaltiger Präparate. als Grund der Thyreotoxikose feststellen: `-
' können, ‘deren Symptome ‘die Pat. veranlaßten, die Klinik aufzusuchen.
` Jodostrumit enthält .0,5.mg Jod.pro Tablette, Jodostarin 5.mg pro Tablette. -
Es: ist notwendig, daß die Pat. anhaltend kontrolliert. werden; nur kleinste.
‚ Dosen dürfen kontinuierlich genommen. werden.
0. Porges: Neue Diätbehandlung der Zuckerkrankheit. ‚In kritischer
und historischer- ‚Besprechung. des Problems der Diabetestherapie entwickelt.
‚ Vortr., daß es Aufgabe der Behandlung sei, die Toleranz zu: erhöhen, nicht .
bloß zu entzuckern. Vortr. spricht sich gegen die heute besonders :in `
' Amerika- geübte Unterernährung aus, welche Kur unter Umständen zu a
schrecklichen. Scherzwort. Anlaß geben könnte: Diabetes geheilt, Patient‘
gestorben. , Vortr. erörtert die Frage des Entstehens der Töleranzerhöhung. .
Besonders gerühmt wurde die vorwiegend Fette verwendende Petrönsche
.Kur. Ausgehend. von: der durch die: Erfahrung gegebenen Formel, daß- die
Verwendung der 3 Hauptgruppen der ‚Nährstoffe-die Toleranz ‚herabsetzt, :
.die Verwendung von ‘nur 2 Hauptgruppen .die Toleranz aber ‘erhöht, hat“
Vortr. eine vorwiegend aus Eiweiß bestehende Kost verordnet, mit der er
AEE Wirkungen erzielt.hat. Es trat eine Steigerung der. Toleranz
. (Demonstration von Tabellen.) Freilich ist es oft notwendig, Insulin -
zu u infizieren. Der Verlust von Körpereiweiß wird vermieden. Man schiebt `
auch Kohlenhydrattage ein.
sehen. Zum Braten des’ Fleisches verwendet man Paraffin. liquid. puriss.;,
freilich ist dabei’ große Vörsicht nötig, um die Bildung: ee
Produkte zu vermeiden,
Rundschau 0.
die, ärztliche Organisation zu schädigen,- war auch dieses Anerbicken. eine
Erfolg. Trotz der eigentümlichen Auslegung und Durchführung‘ der Waffen-
stillstandsbedingungen von seiten. der Kassenvertreter haben die. Führer ie
der Ärzteschaft es nicht an fortgesetzten Bemühungen. fehlen Jassen, im’
Interesse der Allgemeinheit zu einem Frieden zu kommen.. -Bei der -Differenz
in den wesentlichsten ‚Punkten war es den Eingeweihten von vornherein
klar, daß ohne Schiedsgerichtsentscheidung ein neuer Vertrag. nicht zustande: .
“kommen würde. Nicht durch die Schuld der Ärzte. wurde die Entscheidung
so lange hingezögert, und nur durch das dankenswerte Eingreifen: des
Herrn: Oberpräsidenten. der Provinz Brandenburg wurde die von den Kassen-
vertretern gewünschte weitere Verschiebung des Schiedsgerichts‘ bis Mitte
‚September vereitelt und in 3 langdauernden Sitzungen am 18., 20. und
. 22. August, eine Entscheidung der strittigen .Punkte 'herbeigeführt.:
Zunächst wurde, als für. die Ärzteschaft wesentlichster Punkt, aner-
kannt, daß für Berlin das maßgebende ‚Arztsystem die organisierte freie
Arztwahl sei und daß als die zuständige ärztliche Organisation ausschließ-
Kassenseite zwar bekämpfte, aber nach dem Abkommen und. den Richt-
linien des Reichsäusschusses eigentlich ganz. selbstverständliche Tatsache,
` Doch, was das Schiedsgericht mit der einen Hand zu geben schien, nahm
‘Arzt den in den Richtlinien des Reichsausschusses vorgeschriebenen Ver- '
| angehörigen . Kassenär
liegt, daß .er dabei aber nicht Mitglied der W.A. zu sein braucht. Eine
es mit der :anderen.: Bisher. mußte. jeder Kassenarzt Mitglied. der W.A.
sein; .dies wurde vom Schiedsgericht dahin eingeschränkt, ‘daß zwar jeder
pflichtungsschein unterschreiben muß und den von der W.A. für alle ihr
zte getroffenen Bindungen und Verpflichtungen unter-
‚für die Organisation kaum" erträgliche Entscheidung, dieden Nothelfern
. eine goldene Brücke bauen soll.’
‚Berlin vom .Schiedsamt selbst anerkannte organisierte freie Arztwahl illu-
Tatsächlich wird aber dadurch die für
sorisch - gemacht.. Diese ‚Entscheidung ist nicht bloß. für Berlin, sondern:
für das ganze Reich von schwerwiegender. Bedeutung. `
Die Organisation hatte verlangt, daß die während : des vertragslosen
í Zustandes zugelassenen- 165 Ärzte als Kassenärzte anzuerkennen seien;, da
ja nur durch die Schüld der Kassenvertröter- das Zusammentreten des '"Zu-
|. lassungsausschusses nach dem 21. Januar unmöglich. gemacht war. «Das:
Somi diyorioht trat dieser Auffassung ; bei, al aber aus u
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I. Pat.
2. Pat, wurde vor 5 Jahren i
-Nachteile hat.Vortr. von dieser Kur nie ge-
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1266
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 36.
u | Ze | 7. September
gründen, hauptsächlich wohl wegen. der den Kassen entstandenen großen |
materiellen Aufwendungen, auch die Verträge mit den Ärzten des
B.K.V. und mit den an den Ambulatorien angestellten. nicht mehr
rückgängig machen zu sollen. Ist es Schuld der Ärzteschaft, daß die
Kassen die ihnen von der W.A. am 21. Januar angebotene ärztliche
Hilfe, die sie nach dem Gesetz anzunehmen verpflichtet waren, nicht an-
genommen haben? Ist die ärztliche Organisation dafür verantwortlich, daß
das Oberversicherungsamt, obwohl es sich bereits Ende Januar darüber
klar war, daß die ärztliche Versorgung der versicherten Bevölkerung eine
unvollkommene und unzureichende war, eine Entscheidung monatelang ver-
. schleppte und die Kassen nicht veranlaßte, die angebotene ärztliche Hilfe
anzunehmen? Hat doch das Oberversicherungsamt, selbst nachdem die
den Kassen bis zum. 25. Februar gesetzte Frist zur Beschaffung von Kassen-
ärzten ohne Erfolg verstrichen war, es nicht für erforderlich gehalten die
"Kassen zum Abschluß von Verträgen mit W.A. zu veranlassen.
So war
ihnen Gelegenheit geboten, sich Ambulatorien einzurichten und Nothelfer
einzustellen, . Ich weise nur darauf hin, daß durch die grundsätzliche Ent-
scheidung des Reichsversicherungsamtes vom 5. April, der Einspruch einer
Kasse gegen eine Entscheidung eines Versicherungs- und Oberversicherungs-
amtes zurückgewiesen wurde, daß sie das Angebot der Ärzte zur Aufnahme
ihrer Tätigkeit annehmen müßte. Die Einwände, daß durch Annehmen
der von den Ärzten ausgesprochenen fristlosen Kündigung die Verträge
erloschen seien, wurden nach den gesetzlichen Bestimmungen als nicht zu- '
‚treffend erachtet und auch die Angabe nicht berücksichtigt, daß inzwischen
erhebliche Kosten entstanden seien durch die während des vertragslosen
Zustandes zur ärztlichen Versorgung der Mitglieder getroffenen Einrichtungen.
Sehr wesentlich ist die Entscheidung des Schiedsgerichtes, daß ferner-
hin keine Ärzte, auch keine Ambulatoriumsärzte mehr ohne den paritätischen
Zulassungsausschuß angestellt werden und ‚mit solchen keine anderen
Verträge, als die mit der Organisation vereinbarten abgeschlossen werden
‚dürfen. Hiermit ist der Absicht der Kassen, die Ambulatoriumsärzte als -
fixierte Ärzte, gewissermaßen als Kassenbeamte, ohne die Organisation 'an-
zustellen, für die Zukunft ein Riegel vorgeschoben.
In den Ambulatorien dürfen fernerhin Versicherte nicht mehr be-
handelt werden, sondern nur noch Familienangehörige. Die ausschließliche
Behandlung der. letzteren in’ den Ambulatorien wird als nicht zu Recht
bestehend anerkannt. Das Schiedsgericht hat sich jedoch bei dem be-
stehenden Gegensatz beider Parteien zu einer zwangsweisen Regelung der
Frage nicht entschlossen, sondern ihnen aufgegeben, durch gegenseitige
Verhandlungen hierüber Vereinbarungen zu treifen. Sehr bedauerlich, weil
die Schwierigkeiten, eine Einigung zu erzielen, sehr groß sind und die Ver-
zögerung der Entscheidung der Ärzteschaft zum Nachteil. gereicht.
Das Honorar soll als Kopfpauschale mit 7,50 Mk. jährlich bezahlt
werden. Es ist also die von. den Ärzten verlangte Bezahlung nach Einzel-
leistungen zurückgewiesen worden. Abgesehen davon ist aber das gewährte
Entgelt unzureichend und kann die Ärzteschaft nicht befriedigen. Die niedrige
‚Festsetzung ist wohl. mitzuverdanken der jüngst erfolgten unberechiigten
Herabsetzung der preußischen Gebührenordnung von seiten des Wohlfahrts-
ministers. Dafür ist wenigstens das vollkommen unberechtigte Verlangen
der Kässen, das Honorar nicht an die Organisation, sondern an die ein-
zelnen Ärzte zu zahlen, zurückgewiesen worden. Nur die Machtgelüste
der Kassenvertreter und ihre Absicht, der Organisation Schwierigkeiten zu-
machen, konnte aufs Neue diese Forderung veranlassen, nachdem die
Kassen sich unfähig erwiesen hatten, die Honorarverteilung auszuführen
und schon längere Zeit vor Eintritt des vertragslosen Zustandes diese der |
Organisation überlassen hatten. Ä
Die Standardaahl, 'nach der, sich die jedesmalig am 1. Januar er-
folgende Neuzulassung von. Kassenärzten richtet, wird durch die vom
Schiedsgericht erfolgte Zulassung der bis zum 1. April angestellten B.K.V.-
und Ambulatoriumsärzte und die inzwischen von der W.A. erfolgte Zu-
lassung von 165 Kollegen etwa 3400—3500 betragen. So sehr ich die
Entscheidung des Schiedsamtes bezüglich der Zulassung der erwähnten Not-
helfer bedaure, so hat die hohe Standardzahl für den Nachwuchs hoffent-
lich den Vorteil, daß er schneller eine Zulassung zur Kassenpraxis er-
langen wird.
Die Frage der Zulassung von Privatkliniken konnte vom Schiedsamt
nicht entschieden werden, weil nach dem Gesetz den Kassen das Recht der
_ Überweisung in Krankenhäuser zusteht.
Die Anstellung von Vertrauensärzten soll nach den Richtlinien des
Reichsausschusses im Benehmen mit der Ärzteorganisation. erfolgen. Eine
leider sehr nichtssagende Bestimmung, die die Auswahl schließlich doch.
den Kassenvertretern überläßt, sehr zum Nachteil der Kassen selbst, da
diesen viel weniger die Beurteilung der Eignung der Ärzte möglich ist, als.
der Organisation.
. Zur Zulassung der Ärzte, die Röntgenaufnahmen und Röntgen-
behandlung, Massagen, serologische Untersuchungen usw. ausführen, bedarf
‚ das nicht der „Toronto-Vorschrift“ entspricht.
. Urologie.
‘es, sobald den Kassen ‚hierdurch besondere Kosten entstehen,, vorheriger
Genehmigung der Kassen. Mit dieser Genehmigung ist jeder zur kassen-
ärztlichen Praxis zugelassene und diese ausübende Arzt berechtigt, diese
die entsprechende Vorbildung ‚verfügt, und dessen Zulassung für diese
Leistungen nach Feststellung des Bedürfnisses ausgesprochen ist. Eine Ent-
scheidung, die den betreffenden Kollegen sehr wenig Vorteile bringt und
macht. DerVertrag gilt rückwirkend vom 1. Juli 1924 bis 31. Dezember 1925.
- Der Schiedsspruch teilt das Schicksal vieler, daß er wohl keine der
beiden Parteien zufriedengestellt hat. Vor allem scheint mir, wie aus
meinen Ausführungen hervorgeht, die Ärzteschaft dadurch. Grund zur Un-
. zufriedenheit zu haben, daß es nunmehr jedem Kassenarzte freistehen soll,
ob er der Organisation beitreten will oder nicht, ‘und daß die Honorare
nicht genügend erhöht sind. Die Zulassung der Nothelfer im B.K.V. und
an den Ambulatorien wird wohl jeder organisationstreue Arzt, auch nach
den Begründungen des Schiedsamtes, ebenso bedauern, wie mißbilligen.
l
Tagesgeschichtliche Notizen.
. (Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quelen-
! angabe gestattet.)
Über die Ergebnisse der Pockenstatistik für die Jahre 1919
bis 1921 finden‘ sich in den Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamtes
folgende Angaben: 1919 erkrankten im Deutschen Reich einschließlich der
erkrankten Ausländer 5021 Personen an Pocken. ‚Die Erkrankungszahlen
gingen in den beiden folgenden Jahren auf 2115 bzw. 689 herunter. Die
Mortalität betrug zwischen 14,1 und: 16,7°/,, nämlich in den Jahren 1919
707, 1920 354 und 1921 100. Unter den Erkrankten befanden sich fast
genau 40%, Männer gegenüber 60°, Frauen. Die relativ hohen Erkran-
kungszahlen in den drei Berichtsjahren sind auf die Heeresabrüstung. und
die politischen Wirren zurückgeführt, insbesondere waren die Polenputsche
und die Streikunruhen Hauptursachen, wie auch die größten Zahlen der Er-
krankungen in den oberschlesischen Industriebezirken, daneben in Rhein-
land-Westfalen und in der Kreishauptmannschaft Dresden aufgetreten sind,
Von ungeimpften oder vor langer Zeit geimpften Personen starben in allen
Leistungen vorzunehmen, der über die erforderlichen Einrichtungen und
die Zulassung. wesentlich :von dem guten Willen der Kassen abhängig
Altersklassen befindliche, mehr .als bei den rechtzeitig geimpften und den.
wiedergeimpften. Etwa 55°/, aller Erkrankungen und Todesfälle betrafen
Personen im Alter von über 40 Jahren.
Nach Mitteilung der Pharm. Zeitg. wird deutsches Insulin von
folgenden Firmen hergestellt: Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer & Co. (Elber-
feld); C. A. F. Kahlbaum (Berlin-Adlershof); Farbwerke vorm. Meister
. Lucius & Brüning (Höchst); E: Merck (Darmstadt); Chemische Fabrik auf
Aktien Schering (Berlin). Außerdem wird in Deutschland das ausländische
Pankreashormön "Insulin fertiggestellt von Hirsch-Apotheke Dr. Fresenius
(Frankfurt a. M.) — Insulin Fresenius; Theodor Teichgräber A.-G. (Berlin) —
Insulin Tetewop: Endlich stellt die Chemische Fabrik Dr. Ch. Brunnen-
gräber (Rostock i. Meckl.) noch das sogenannte „Germano-Insulin“ her,
werden die folgenden in Deutschland vertrieben: Insulin „A. B. Brand“ der
Firma Allen & Hanbury Ltd. (London) und „Evans Brand“; Insulin „Boots
Brand“ und „Lilly“; Insulin „B. W. & C. Brand“ Fabrikmarke „n Wellcome“
| der Firma Burroughs Wellcome & Co. (London).
; ME
Von ausländischen Insulinen
Am 2. September konnte Geheimrat Prof. Dr. Naunyn seinen.
85. Geburtstag in Baden-Baden begehen.
Geh. San.-Rat Dr. Max Mey er, einer der bekanntesten praktis
chen
Ärzte, im Alter von 79 Jahren gestorben. |
Die 6. Tagupg der Deutschen Gesellschaft für Urologie findet
vom 1. bis 4. Oktober im Langenbeck-Virchow-Hause, Berlin, statt (Er-
öffnungssitzung am 1. Oktober, abends 71/2 Uhr). Die. Tagesordnung um-
faßt Referate, Vorträge und Demonstrationen -aus dem Gesamtgebiete der
Auskunft durch den Schriftführer, San.-Rat Dr. A. Lewin,
Tauentzienstr. 18. _
`~
Hochschulnachrichten. Bonn: Der o. Prof. der Kinderheilkunde
‘Dr. Bruno Salge, 52 Jahre alt, gestorben. — Breslau: Dr. Herbert
Lubinski für Hygiene und Bakteriologie habilitiert. Der erem. o. Prof.
der Zoologie und vergleichenden Anatomie Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Franz
Doflein, 51 Jahre alt, gestorben. — München: Den Privatdozenten
Adele Hartmann (Anatomie), Franz Koelsch (Gewerbehygiene),
Amandus Habn (Physiologie), August Poehlmann (Dermatologie),
Josef Husler (Kinderheilkunde), Karl von Angerer (Hygiene) und
Hermann Groll (Pathologische Anatomie) der Titel ao. Professor ver-
liehen. . — Würzburg: Der Lehrstuhl der. Augenheilkunde, in der Nach-
folge von Prof. Wessely wurde Geh. Med.-Rat Prof. Franz Schieck in
Halle angeboten.
Berichtigung: In Nr. 34, S. 1196 muß das Thema des von Dr. Knack
(Hamburg-Barmbeck) für die Naturforscher-Versammlung angemeldeten Vor-
trages heißen: Die sozialärztliche Ausbildung an 'Krankenanstalten.
' Druck von L, Schumacher in Berlin N4.
?
geleltet von
Geh. San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr.J05b"
edizinischelinil
Wochenschrift für praktische Arzte >.
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft
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GBLEEISSÄFTTEETETRLEUESSORDEGERRSURTLEUUEREBERDERELEDEBBUDEDENUSRRURUNUEEBSAGRGEURRSURUUEHGURGRSELANSSUENGUBUNRNENOUNDGONSOREELUNUGBHRSENENUNGREREUNRRONEGEPUUGRDEEHERERUNUNUGRSHGGHPDLRGSGEHEREURGREPDUEORERDERUNNEORKNGENBERDUSGREBEUNPERUEDESERNOTERTLRFUREURGNSEUEANUUUEHNAB
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
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| CITERSENUEUNTLEEBOTERERSRESSETBENEBERURSUBLRLLESSHBUEERSNEETURGHAAAEE
Nr.37 (1031)
Berlin, Prag u.Wien, 14. September 1924
XX. Jahrgang
Klinische Vorträge.
Aus der Deutschen Chirurgischen Klinik und der Deutschen
Psychiatrischen Klinik in Prag.
Befunde am Gehirn während des epileptischen Anfalles.
Von 0. Pötzl und H. Schlofier.
Es liegt bereits eine Anzahl von Beobachtungen der sichtbaren
Hirnvorgänge vor, die während eines epileptischen Anfalles ablaufen.
Sie haben die verschiedensten Deutungen erfahren. Namentlich ist
die Frage ungelöst, was von diesen Erscheinungen Ursache, Folge
oder Begleitsymptom des epileptischen Anfalles ist. Ein großer
Teil der Beobachtungen bei eröffneter Dura bezieht sich übrigens
auf die Verhältnisse bei Tumoren oder bei idiopathischen Epileptikern
und ist daher wenig geeignet, die Verhältnisse zu beleuchten, die
sich bei einer eben entstehenden epileptischen Disposition vorfinden.
Zu diesem Teile der Frage vermag aber vielleicht eine gemeinsame |
Beobachtung etwas beizutragen, die einen Fall geheilter traumatischer
Frühepilepsie betrifft. |
| W.K., 52 Jahr, Maschinenführer, stürzte am 25. Mai 1923 über
einen Treppenabsatz herunter und blieb bewußtlos liegen. Aus der
Nase kam Blut. Nach einer halben Stunde kam K. wieder zu sich,
war aber nun andauernd aphasisch. Er versuchte zu sprechen, brachte
aber nur einzelne Silben, unverständlich aneinandergereiht heraus, ein
zusammenhangloses Murmeln. Seine Angehörigen erkannte er; er las
die Zeitung anscheinend mit Verständnis. Schreiben gelang ihm nicht;
er suchte sich durch Zeichen verständlich zu machen.
| Der Kranke war am Tage des Unfalles nicht unter Alkoholwirkung
gestanden, ist überhaupt kein Alkoholiker. Er sollin den ersten Tagen
nach dem Unfalle geringe Mengen Blut ausgehustet haben, hat aber
` nie .erbrochen.
29. Mai auf die deutsche chirurgische Klinik gebracht. Großer,
kräftiger Mann. Es besteht die geschilderte Aphasie; man hat den
Eindruck, daß ein gewisser Grad von Sprachverständnis vorliegt, da
er einzelne Aufträge befolgt (Handheben). Statt des Zähnezeigens
bewegt er aber die Kiefer. Auf Ansprechen von verschiedenen Rich-
tungen aus reagiert er mit richtigen Kopfwendungen. Eine Hemi-
anopsie, besteht nicht, auch keine sonstigen Halbseitenerscheinungen.
Babinski ist beiderseits angedeutet. Augenhintergrund normal. Die
Pupillen sind gleich, 3 mm, reagieren prompt. Blutige Suffusionen
rechts am Ober- und Unterlid und subkonjunktival. Röntgen negativ.
Bis 31. Mai ändert sich das Bild nicht. Er schläft gut und ist
etwas munterer. Während die übrigen re A der Aphasie `
unverändert sind, schreibt er bereits einige Worte. Am 31. Mai aber
wird er unruhig; es kommt der erste epileptische Anfall, dem im Laufe
der Nacht 3 weitere folgen: Tiefe‘ Exspiration, Starrwerden des Ge-
Sichtsausdruckes, anfangs eine Zuckung von Kopf und Augen nach
links, darauf erfolgen mehrere Zuckungen nach rechts hin. Die Links-
’ewegung ist langsam, die Rechtszuckung rasch und ausgiebig und
von einem kurzen hörbaren Inspirationszuge begleitet. Der einzelne
Anfall dauert etwa !/, Minute: das Gesicht ist dabei stark gerötet, der
Mund halb offen; die Zunge liegt am Mundboden und zuckt leicht nach
rechts hin. Der übrige Körper bleibt in Ruhe; die Pupillen sind im
Anfall lichtstarr. Nach dem Anfall folgen noch einige tiefe Atemzüge.
= Am 1. Juni kommt bereits alle 5 Minuten ein Anfall. Es treten
nun auch Zuckungen in der rechten Hand auf. Die Hand erhebt sich
etwas; der Zeigefinger ist gestreckt, die übrigen Finger krampfhaft
gebeugt. Synchron mit den Zuckungen des Kopfes und der Augen
tritt eine drehende Bewegung der Hand ein. Zwischen den Anfällen
ist er nicht mehr zum Aufmerken zu bringen; er macht auch keine
prechversuche mehr, nimmt aber noch Speisen. In der Nacht auf
en 2. Juni sind die Anfälle noch häufiger und ausgebreiteter, zuweilen
zuckt nun auch die rechte große Zehe. Die Pulszahlen hielten sich
zu dieser Zeit um 80, i | !
Es war am ehesten ein Hämatom der Dura zu vermuten.
Neurologisch ließ sich nur Folgendes sagen: Die Anfälle entsprachen
`
| Pausen zwischen
einer Reizwirkung im Bereiche des frontalen Anteiles der unteren
Hälfte der vorderen Zentralwindung (Fuß F2) und des Operculum
Rolandi. Die ursprüngliche Aphasie entsprach aber nicht dem
Bilde eines Herdes dieser Gegend, sondern einer Störung im Be-
reiche der T,. Wir beschlossen daher die Trepanation mit Freilegung
der ganzen: Sprachzone, Brocascher und Wernickescher Stelle.
2. Juni vormittags: Nach Einzeichnung der Lin. Rolandi und
Sylvii wird ein etwa handtellergroßer nach unten gestielter, halbkreis-
förmiger Hautknochenlappen gebildet, der die genannte Gegend frei-
legt. Es findet sich kein epidurales Hämatom; die Dura ist nicht
besonders gespannt, unverändert; im Verlaufe der deutlich sichtbaren
Aste der A. men. med. ist keine Blutung. Die Hirnpulsation ist deutlich.
Nur während der unablässig gehäuft ablaufenden Anfälle ist die Dura
stark gespannt und die Pulsation verschwindet. Nach Umstechung
einiger Aste der Men. med. wird die Dura lappenförmig umschnitten
und eröffnet. Nun sieht man: knapp vor der Zentralfurche, über dem
Gyrus centr. ant. in dessen unterem Anteil, nahe dem: Operkulum, also
etwa den Reizpunkten für Fazialis-Hypoglossus entsprechend, ein etwa
bohnengroßes, innerhalb der weichen Hirnhäute gelegenes, braunrotes,
sich ziemlich derb anfühlendes, umschriebenes Hämatom. Die Hirn-
substanz selbst zeigt keine Verletzung. Ein zweites ähnliches, doch
nur etwa linsengroßes Hämatom findet sich knapp unter der Fissura
Sylvii in der hinteren Hälfte des Gyr. tempor. sup. nahe seinem Über-
gang in den Gyr. supramarginalis. Auch hier keine Verletzung der
Hirnsubstanz. Es scheint sich nur um zirkumskripte Hämatome in der
Leptomeninx im Versorgungsbereiche der Art. cerebr. media zu handeln.
m Operationsfeld
® die beiden Hämatome
||| die Gegend der Flüssigkeitsansammlung.
Während das Gehirn bloßliegt, laufen die Anfälle in unver-
minderter Zahl und Heftigkeit weiter ab. Während des einzelnen An-
falles wölbt sich die Hirnmasse über die Trepanationslücke vor; die
Hirnpulsation sistiert und es kommt, allem Anschein nach schon gleich
mit dem- ersten Beginn des Anfalls, gewiß nicht später, zu einem
glasigen Ödem, das nur ganz lokal im Gebiete zwischen den beiden
Hämatomen die Leptomeningen abhebt. So entsteht nur in diesem
Bezirk eine lokale DEN DE an Leptomeningen, einer vergrößerten
Uhrschale vergleichbar. Die Leptomeningen sehen in diesem Bezirk
während der Vorwölbung milchig durchscheinend aus. Gleich nach
dem Anfall verschwindet dieses Ödem anscheinend sofort, jedenfalls
sehr rasch wieder völlig.. Eine Hyperämie war während der ganzen
Vorgänge nicht ausgesprochen; sicher trat sie, falls sie doch bestand,
gegenüber diesem Ödem in den Hintergrund. Dasselbe Spiel wieder-
holte sich bei jedem ablaufenden Anfall gleichmäßig. Die Intervalle
zwischen den einzelnen Anfällen dauerten höchstens einige Minuten.
| Der Duralappen und der Knochendeckel werden entfernt; ein am unteren
Rande der Trepanationslücke blutendes Hirngefäß wird durch Muskel-
tamponade zum Stehen gebracht, Hautnaht.
Nach der Operation dauern die Anfälle in unverminderter Stärke
weiter an. Der Typus derselben ist gleich geblieben. Pat. ist in‘ den
en Anfällen nicht völlig bewußtlos, reagiert aber
nicht auf Anruf und seine Aufmerksamkeit ist nicht zu erwecken:
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anscheinend verständnislos.
Klinik transferiert. Daselbst geht im Verlaufe von etwa 8 Tagen die
‚Jaksonanfälle (Zeigestellung). Während einer solchen Echographie
1268
Der rechte
Kornealreflex fehlt dauernd. Beidorseits deutlicher Babinski.
Auch
Chloralhydrat vermag die Anfälle nicht zu beeinflussen. Gegen Abend
des Operationstages wird. der Kranke unruhig, so daß ihm Hände und
Füße gebunden werden müssen. Die Temperatur steigt im Laufe des
Tages auf 38,6, der Puls auf 120 bei guter Füllung. Am 3. Juni morgens
sin
die Anfälle noch immer unvermindert stark und häufig. Pat. be-
kommt tagsüber verteilt große Bromdosen. Mittags werden die Anfälle
seltener und nehmen an Stärke ab. Die Klonismen der Hand sind nun
verschwunden. Nachmittags bis abends sind zwischen den Anfällen
schon halbstündige Pausen;-die Zuckungen von Kopf und Augen sind |
nicht mehr so ausgiebig. Die Aufmerksamkeit ist noch immer nicht
'wachzurufen, 4. Juni: Nachts hat Pat. einmal Stuhl und Urin unter
sich gelassen, aber.nur 4 leichte Anfälle gehabt, in den Pausen ge-
schlafen. Heute morgens ist er ruhig, zeigt durch sein Benehmen, daß
er die Umgebung erkennt. Verbandswechsel. Wundverbältnisse gut.
Am Nachmittag werden ihm Fragen aufgeschrieben, da er noch immer
kein Zeichen von Sprachverständnis gibt und auch nicht spricht. Er
kopiert jede Frage (Haben Sie Hunger? Können Sie nicht sprechen?) |
‚in fließender Schrift.
Eine ‘Antwort schreibt er nicht. Während des
Kopierens der zweiten Frage kommen beim letzten Wort Schwierig-
keiten und es stellt sich ein ganz leichter Anfall ein, der letzte, den
der Kranke noch hat.
Abends: ißt er selbst, gibt durch Zeichen zu
verstehen, daß er essen oder trinken will
verlangt durch kenntliche
Gesten nach Urinflasche und Leibschüssel.
. Juni ist das Befinden unverändert günstig; es besteht noch
immer die geschilderte Echographie in fließenden Schriitzügen. Heute
aber reagiert er schon prompt auf einzelne gesprochene Befehle
(„Richten Sie sich auf!“ — „Legen Sie sich nieder!“). Aufforderungen,
die Hand, Fuß, Zunge, Fazialisgebiet betreffend, führt er nicht aus.
Erst am Nachmittag befolgt er einmal prompt den Befehl, die Hand
zu heben. Geschriebene Fragen beginnt er nun zu buchstabieren, gibt
es aber bald auf. Es kommen wieder die murmelnden Paraphasien
wie vor der Operation. 7. Juni.
Pat. zeigt reges Interesse für die
Vorgänge in der Umgebung, grüßt die eintretenden Bekannten höflich,
befolgt weitere Aufträge prompter als am Vortage, buchstabiert noch
. Juni wird er auf die psychiatrische
anze Aphasie zurück bis auf eine geringe Störung der Wortiindung,
ie sich bis Ende des Monats Juni ebenfalls verliert. 1. Juli 1923 wird
Pat. ohne Krankheitserscheinungen entlassen; er ist seither bis zur
Gegenwart :gesund, beruisfähig, ohne Anfälle, ohne Anomalien des
objektiven Befundes, auch ohne
psychische Beschwerden oder nachweis-
bare psychische Veränderungen. | A
Der beschriebene ÖOperationsbelund hatte sich also tatsächlich
als die wesentliche Veränderung erwiesen, die die Aphasie und die
Anfälle ausgelöst hatte. Es hat sich auch bestätigt, daß sich hier
ein temporoparietaler Typus der Aphasie mit Erscheinungen einer
Reizung im Operculum Rolandi kombiniert hatte.
Ob im weiteren
Verlaufe noch spätepileplische Anfälle kommen werden oder nicht,
ist. für die Bewertung des Falles in bezug auf die uns hier
interessierenden Fragen gleichgültig. Jedenfalls dürfen wir ihn als
eine operativ geheilte traumatische Frühepilepsie bezeichnen.
Es ist bemerkenswert, daß die Aphasie, die unmittelbar nach
dem Trauma eingesetzt hatte, schon fast eine Woche gedauert hatte
und daß das Befinden des Paf. sich sogar ein wenig besserte, bis
plötzlich, an Zahl und Intensität rasch steigend, die Jakson-epi-
leptischen Anfälle einsetzten und der Status epilepticus begann.
Wir wären geneigt, diesen zeitlichen Verlauf damit in Zusammenhang
zu bringen, daß sich bei der Operation das größere Hämatom be-
reits als in Organisation begriffen erwiesen hat. Durch die Or-
ganisation und die damit verbundenen Schrumpfungsvorgänge konnte
es eine Zerrung auf das intakte operkulare Hirngewebe ausüben
und dieses tangential dehnen. Wir glauben, daß es in jedem
einzelnen Fall von traumatischer Frühepilepsie wichtig ist, sich aus
den besonderen Bedingungen des Falles konkretere Vorstellungen
darüber zu machen, welche Vorgänge das Hirn während einer kurzen
Zwischenzeit krampfbereit gemacht haben.
Aus den Rückbildungserscheinungen ist besonders die seltene
isolierte Echographie hervorzuheben, die mit dem Verschwinden
der Anfälle episodisch aufgetreten ist. Sie scheint uns vielleicht
Beziehungen zu haben zu der eigentümlichen Handstellung dieser
trat der letzte leichte Anfall auf. Wir erwähnen dies, weil sich
so vielleicht die Möglichkeit ergibt, diese Erscheinungen als ein
Lokalsymptom zu bewerten (Querwirkung auf den Fuß der linken
zweiten Stirnwindung, dieselbe Gegend, auf die auch die Deviation
von Kopf und Augen hinwies).
Wesentlich für uns sind aber vor Allem die Erscheinungen,
die wir am bloßgelegten Gehirn während der. ablaufenden Jakson-
epileptischen Anfälle beobachten konnten. Diese unterscheiden sich
von den einschlägigen Beobachtungen epileptischer Anfälle, wie sie
o ESS 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37. B 14. September
Während jedes Anfalles stößt er ein lautes Stöhnen aus,
die Literatur enthält, in mehreren Beziehungen sehr wesentlich.
Nur das Sistieren der Pulsation und die Vorwölbung des Gehirns
über die Trepanationslücke stimmt mit den gewöhnlichen Beobach-
tungen überein. Auffallend ist, daß in unserem Falle die sonst
als überaus deutlich geschilderte Hyperämie, wenn sie vorhanden
war, so wenig in die Augen sprang, daß man sie nicht konstatieren
konnte und daß dafür ‘der Erguß klarer Flüssigkeit zwischen Lepto-
meningen und Hirn, beziehungsweise in die Maschen der ‚Lepto-
meningen so stark hervortrat, daß er die Haupterscheinung bildete.
Endlich betrachten wir als besonders wichtig, daß dieser Erguß nur
lokal beobachtet wurde, auf einen bloßen Anteil des Operations-
feldes beschränkt, nämlich das zwischen beiden Hämatomen liegende
‚Gebiet.
Jedenfalls war der median und scheitelwärts gelegene An-
teil der freigelegten Hirnparlie von dieser Flüssigkeitsausscheidung
und Avhebung der Leptomeningen sicher frei.
In dieser Beziehung unterscheidet sich diese Beobachtung
von einigen. anderen, die der eine von uns (S.) bei früherer Gè-
legenheit gemacht hatte. Es handelt sich um mehrere Fälle sowohl
von idiopathischer als von symptomatischer Epilepsie, bei denen
während der Trepanation bei freigelegtem Gehirn der Anfall auf-
getreten ist und sich neben der Vorwölbung des Gehims über die
Lücke eine ausgesprochene Hyperämie im Bereiche des vorgewölbten
Hirnbezirkes zeigte.
So kamen z. B. in einem Falle von 2 Jahre dauernder genuiner
Epilepsie bei einem 26jährigen Patienten (die spätere Sektion zeigte
keinerlei Herderkrankung) während der Operation wiederholte epilep-
tische Anfälle, bei denen man bemerkte, daß sich das Hirn härter
anfühlte als in den Intervallen und daß jedenfalls die Gefäße im Anfall
mehr gestaut waren. Dieser Kranke war im Status epilepticus ope-
riert worden, der bereits tagelang gedauert hatte. Trotzdem war ein
derartiger Flüssigkeitserguß wie in unserem hier ausführlich be-
schriebenen Falle nicht zu bemerken. Allerdings muß erwähnt werden,
daß wir häufig die freigelegte Hirnoberfläche mit Kochsalzlösung be-
feuchtet haben und daß dadurch ein etwa vorhanden gewesener Flüssig-
keitsaustritt vielleicht der Beobachtung entgangen ist.
Daß während des einzelnen epileptischen Anfalles der Binnen-
druck rapid und enorm ansteigt, ist lange schon als sichergestellt
zu betrachten (Beobachtungen von Krause, Bungart usw.) Auch
ein eigener Fall zeigte dies in klarer eindeutiger Weise, indem
(allerdings bei einem tumorkranken Gehirn) sich während der Be-
stimmung des Ventikeldruckes ein Anfall einstellte und gleichzeitig
die Flüssigkeitssäule in dem Steigrohr rapid zu schwindelnder Höhe
emporstieg. |
Diese rapide Hirndrucksteigerung hat auch das Hauptaugen-
merk von Marburg und Ranzi?!) auf sich gelenkt; diese Autoren
bringen eine Beobachtung, die unserem hier besprochenen Befund
in vielen einzelnen Zügen ähnlich ist, aber auch wichtige Unter-
schiede von ihr aufweist. Die Beobachtung von Marburg und
Ranzi betrifft eine 40jährige demente epileptische Kranke, die von
Kindheit an .Linkshänderin war und bei der (3. Februar 1919) auf
ihr stets querulierendes Drängen eine Aufklappung in Lokal-
anäsihesie in der rechten Stirnscheitelbeingegend ausgeführt wurde.
Diese Gegend war gewählt worden, weil das Röntgenbild gerade
in ihr vermehrte, vertiefte und verbreiterte diploetische Venenkanäle
ergeben hatte. Die Biopsie selbst muß mit unserem Befund genauer
verglichen werden und wird daher hier ausführlicher wiedergegeben.
- Das freigelegte Gehirn (G. c. a. u. p.) zeigt die weichen Hirnhäute
graurötlich gefärbt und geschwollen; das Gehirn scheint wie von einem
grauen Schleier bedeckt. Beim Einschneiden der Meningen an dieser
Stelle fließt reichlich Liquor ab. Den Furchen entsprechend machen
diese ödematösen Schwellungen den Eindruck von kleinen Zysten. Da
der Prozeß diffus über das freiliegende Gehirn ausgebreitet ist, wird
an verschiedenen Stellen inzidiert, worauf reichlich Liquor abfließt.
In diesem Augenblick bekommt die Pat. plötzlich einen epileptischen
Anfall. Das Gehirn drängt sich aus der Öffnung hervor; die Ober-
fläche wird intensiv rot; die weichen Hirnhäute, die nach Abfluß des
Liquors die darunter befindliche Rinde durchschimmern ließen, füllen
sich prall mit Flüssigkeit, so daß das Gehirn nicht mehr durchschimmert.
Vor dem Anfall war es bei den Inzisionen zu einer Blutung in
die Hirnhäute gekommen, die schon vor dem Anfall stand ‚und sich
nicht vergrößerte. Im Anfall aber überzog sich die ganze vordere
Partie des freiliegenden Gehirns mit einem Hämatom in den Meningen.
Nach 3—4 Minuten klingt der Anfall ab; das Gehirn sinkt zurück,
wobei aber das Ödem ‘der Menin
en stehen bleibt. Bewußtlosigkeit
hatte sich bei der Pat, erst mit diesem Anfall eingestellt und lieb
bis 2 Stunden nach der Operation. eh
Marburg und Ranzi heben 3 Punkte dieses Befundes be
sonders heraus. 1. die beträchtliche Schwellung, 2. die deutlich
1) Arch. 1. kl, Chìr., Bd. 113, S, 169 (1920), |
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-~ wie man sieht, mit unserem hier gebrachten Befunde sicher überein.
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‘und Ranzi die bekannten Annahmen von Nawratzki und Arndt
=- der Leptomeningen .in Verbindung,
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. Hyperämie, 3. eine Flüssigkeitsansammlun
Was die plötzliche Drucksteigerung. betrifft, so können auch Marb
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. sowie von Tilmann nicht ausschließen, nach denen die Schwellungs-
erscheinungen und die Hyperämie durch den tonischen Krampf der
"Muskulatur sekundär bedingt sind, analog der Liquordrucksteigerung
„bei Muskelaktionen; ebensowenig kann ausgeschlossen werden, daß
„sie die Folgen einer Stauung im System der oberen Hohlvene seien,
die mit dem Respirationsstillstand während des Anfalles zusammen-
und Ranzi geneigt zu sein,
eine ändere, mit dem Hirn-
vorgange selbst enger verbundene Bedeutung beizulegen. Die beiden
Beobachter hatten den bestimmten Eindruck, daß die Schwellung
hängt. Trotzdem scheinen Marburg
. -den beobachteten Erscheinungen noch
: am Gehirn schon während des Beginns des tonischen Krampfes
‚sichtbar war.
war auch in unserem Falle mehrmals sicherzustellen.
Bemerkenswert ist, daß bei dieser idiopathischen Epileptika
` das Ödem nach Ablauf. des Anfalles bestehen geblieben, in unserem
Falle aber intervallär rasch und spurlos verschwunden ist. Mar-
burg und Ranzi bringen das sulzige Ödem mit jener Veränderung
die sich als eine Art 'von
chronischer Meningitis häufig bei der Autopsie idiopathischer Epi-
leptiker vorlindet und die Tilmann als „Entzündung des Sub-
"arachnoidealraums“ zusammengefaßt hat. Sie sind der Ansicht, daß
man in diesen Veränderungen der Arachnoidea usw. den Ausdruck
eines proliferierenden . Prozesses auf Basis einer Reizung der
Arachnoidea durch den’ Anfall zu erblicken hat; die leptumenin-
gilischen Erscheinungen seien also „eine Teilerscheinung des An-
falles und seiner Konsequenzen“, ` 0 | ne
Mit dieser Auffassung der beiden Autoren scheint es uns
gut übereinzustimmen, daß das Ödem in ihrem Falle geblieben war,
während es sich in unserem Falle nach dem Anfall spurlos ver-
loren hat. Bei dieser beginnenden Frühepilepsie waren eben die
von Marburgund Ranzi angenommenen sekundären Veränderungen
der Arachnoidea usw. noch nicht ausgebildet; so können wir vielleicht
‚annehmen, daß wir ihre ersten Entstehungsbedingungen hier be-
tbachtet haben. Weiterhin wäre hervorzuheben, daß Marburg und
Ranzi die Flüssigkeitsansammlung während des Anfalles nur diffus
über der ganzen freigelegten Hirnpartie gleichmäßig beobachten
‘konnten, während wir jene früher geschilderten lokalen Beziehungen
mi den beiden Hämatomen und zu den epileptisch erregten Zentren
zweifellos feststellen konnten. Man könnte unseren Befund in dieser
Richtung etwa als eine plötzlich entstehende und vergehende Liquor-
zyste in der Regio opercularis allein bezeichnen, . wenn nicht die
überaus rasche Entleerung beweisen würde, daß eben hier noch
keine Verklebungen vorhanden waren, wie sie zur Zystenbildung
erforderlich sind. = | |
Darin sehen wir den Hauptünterschied dieses Teiles unseres
Befundes und des: betreffenden Befundes von Marburg und Ranzi.
Halten diese Autoren ihren Befund für die Spätepilepsie für cha-
so dürfen wir auch annehmen, daß unser Befund |
etwas für die Frühepilepsie Charakteristisches enthält. |
.. Gerade diese lokale Beziehung scheint‘ uns auch direkter für
daS zu sprechen, was Marburg und Ranzi an ihrem Falle nur
‚ vermutungsweise aussprechen können: Wenn bei dieser Flüssigkeits-
Ansammlung eine sekundäre Drucksteigerung durch Pressung und
Stauung infolge des Anfalles beteiligt ist, was auch wir annehmen
müssen, -so ist dieser passive Prozeß nur ein Teil des hier zu be-
Obachtenden Vorganges. Daneben sieht es so aus, als ob en
anderer Teil des Vorganges direktere Beziehungen zu dem Ort. im
Gehirn habe, von dem die epileptische Erregung ausgeht.
_ Es ist die Frage, ob sich über die Natur dieses mehr lokal
erscheinenden Anieiles des Vorganges bereits etwas aussagen läßt.
dieser Richtung muß an einen Befund erinnert werden, den der
andere von uns (P.) bereits im Jahre 1910 gemeinsam mit Schüller
bearbeitet hat?). Es handelte sich um einen Status hemielepticus
der linken Körperseite bei einer luetischen Pachymeningitis über
dem rechten unteren Scheitellappen (G. angularis). Die Obduktion
ergab eine die rechte, Großhirnhemisphäre und die linke Kleinhirn-
hälfte betreffende umschriebene . Volumvergrößerung (Schwellung),
e sich durch Formolbehandlung in eine ebenso verteilte Schrumpfung
His gekreuzten Großhirn- und -Kleinhirnhemisphäre umwandelte.
logisch konnte insbesondere an der Kleinhirnrinde die Ver-
) Ztschr. f. d, ges. Neur, u. Psych. 1910, 8, 8. 191—198.
t:
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 37. `
g in den Meningen von
dieser Punkte. stimmen,
Dieses rasche Einsetzen der Flüssigkeitsabscheidung
Daß ihre Erscheinungen sich vor dem
teilung dieser Sehrumpfung "dadurch genauer festgestellt werden,
‚ daß die Schrumpfungsfiguren der .Purkinjeschen Zellen -sich aus-
schließlich: in jenen Teilen der Kleinhirnhemisphärenrinde vorfanden,
also in der .Kleinhirnflocke, (dem Palaeocerebellum Edingers, Da-
durch ergab sich, daß der Status hemiepilepticus begleitet war von
Schwellungsvorgängen, die den- Gesetzen der Faserarchitektur
mindestens zum Teile folgen. Da (vergleiche. die Anschauungen
Kohns über die Schwannschen Zellen!) in einer gewissen Be-
ziehung den Zellen der Neuroglia Leistungen’ zugeschrieben werden
dürfen, die mit der Bildung der Richtlinien dieser Faserarchitektur
zusammenhängen, glaubten Pötzl. und ‚Schüller damals diese
Schwellung auf eine Quellung” der -Kolloide ‚des Zellprotoplasmas
zurückführen zu müssen und in ihr eine Analogie mit. dem Befunde
Alzheimers zu erblicken, der die von: ihm entdeckten amöboiden,
'protoplasmareichen Gliazellen als Ausdruck des epileptischen ` An-
falles betrachtet hat. Pötzl und Schüller hielten sie für ein
Zeichen der von ihnen beobachteten und auf Quellung der Zell-
kolloide zurückgeführten ‚Schwellungsvorgänge.
kolloiden nur indirekt, da Schrumpfungsfiguren in den N ervenzellen
(Purkinjeschen Zellen) als Artefakte zu betrachten sind, die ‘durch
die Entquellung im Formol zu stande gekommen waren. Es war
mithin zu sagen, daß beim Status epilepticus "die Hirnschwellung,
die Reichardt als erster begrifflich. präzisiert und auf Quellungs-
vorgänge der „Hirnmaterie* zurückgeführt. hatte, tatsächlich eine
Rolle spielt und daß sie unter Umständen einen umschriebenen,
gerichteten, nach den Richtungen der epileptischen Erscheinungen
selbst orientierten Verteilungstypus haben kann. Pötzl und
Schüller äußerten damals die Hypothese, daß ein ähnlicher Vor-
gang von Entquellung nach einer früheren Hirnquellung auch in
vivo bei. gehäuften epileptischen ‚Anfällen eintritt; sie brachten
damit die Schwankungen der Liquprdruckwerte in Beziehung, die
Redlich und Pötzl bei periodischen Epileptikern festgestellt hatten:
Vor der anfallsreichen Zeit war in diesen. Fällen eine leichte, aber .
deutliche Steigerung des. Liquordruckes regelmäßig, nach derselben
ein Sinken zu süubnormalen Werten. Diese initiale leichte Druck-
steigerung konnte mit dem Vorgange der Quellung, das Sinken des
, Drucks nach der anfallsreichen Zeit mit: Entquellung und: Resorption
‚des Liquors in Verbindung gebracht werden. Ä |
‚Wenn man 'es nun. versucht, die hier. beobachtete lokale
Verbreitung der Flüssigkeitsansammlung mit diesen pathologisch-
anatomisch gewonnenen Anschauungen in Beziehung zu bringen,
so könnte man sie am ehesten auf den Vorgang der Entquellung‘
im früheren Sinne beziehen. Der Vorgang der Quellung‘ wäre in
den bezeichneten klinischen Fällen bioptisch nicht nachweisbar oder
von der,durch sekundäre Ursachen mindestens zum Teile bedingten
allgemeinen Hirnschwellung nicht differenzierbar gewesen. Streng
genommen ist die Hirnquellung als nachgewiesen zu betrachten
vorläufig nur beim Status epilepticus, nicht aber bei der Epilepsie.
Anfall schon -einstellen
können, dafür spricht der -Befund ‚von Volland, der die amö-
boide Glia .Alzheimers auch intervallär im . ganzen Gehirn vor-
gefunden hat. r S Ea N
‘ Die Meinung nun, daß eine'lokal gerichtete; geradè aus den
Hirnstellen der primären epileptischen Erregung stammenden Ent-
quellung beim lokalen Anteil des hier klinisch beobachteten Vor-
ganges’ eine Rolle spielt, war bis zu einem gewissen Grade der
experimentellen Prüfung zugänglich. Wir haben daher im Institute.
Biedls.- am Hunde die Vorgänge, die sich bei der Reizung der
motorischen Region und der Verallgemeinerung der Reizung bis
zum Auftreten spontaner , epileptischer Krämpfe abspielen, zur
Beobachtung herangezogen.
| Bei einem mittelgroßen Hunde wurde die linke Großhirnhemisphäre
freigelegt. Die von uns geplante kapillar-mikroskopische Beobachtung
bot keine Vorteile und wurde durch Lupenbeobachtung und durch
Beobachtung mit freiem Auge ersetzt. Das ‘folgende Protokoll der
. beobachteten Vorgänge stammt von Biedl, den wir gebeten hatten,
ohne Kenntnis der Fragestellung mit uns objektiv zu beobachten: . |
... Versuchsprotokoll. Mittels Lupenbeobachtung wird fest-
| Ban die Hirnrindenreizung mit faradischem Strom von 15—10 cm
ollendistanz weder an den Arteriolen, noch an den Venen, noch auch
Ä den sog. Kapillaren der Rindenoberfläche Veränderungen hervor-.
ze Dis Reizung der motorischen Rindenregion des “Fazialis,
` Trigeminus und der oberen Extremität ergibt Krämpfe in den ent-
sprechenden Muskeln, wobei ganz zweifellos festzustellen ist,. daß.
' wi d der Reizung und der Krämpfe, die Reizung. überdauernd, ein
| Flüssigkeitsaustritt En der Hirnoberfläche statt hat, so daß sich die
die mit dem Großhirn in leitender Balinenverbindung steht,. nicht .
_Nachgewiesen ist am erwähnten Falle die Quellung von Zell- :
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“aber unter Stillstand der Atmung einen deutlichen Flüssigkeitsaustritt
“. an der betreffenden. gereizten Stelle. Wiederholte Reizungen der. mo-
Zeit ist der Flüssigkeitsaustritt äußerst deutlich. Es wurde ein spontan
Flüssigkeit in kleinen Seen ansammelt. Reizung einer nicht motorischen
Region hinten zeigt anfänglich keinerlei Flüssigkeitsaustritt, später
torischen Region führen zu kurz anhaltenden epileptischen Anfällen,
die sich auch auf die homolaterale Seite erstrecken. Während dieser
' einsetzender epileptischer Anfall beobachtet, der anfänglich ohne
' Flüssigkeitsaustritt vor sich ging, im weiteren Verlaufe aber von einem
‘ starken Flüssigkeitsaustritt gefolgt war. Auch dieser. Flüssigkeits-
austritt ist stärker in der motorischen Region. Mechanische Reizung
allein mit der Elektrode bei ausgeschaltetem Strom hat keinen Effekt.
'Methylenblau wird in konzentrierter Lösung aufgeiupft und die Rinde
gereizt; es. zeigt sich keinerlei. Veränderung in der dunkelblauen
- Methylenblaufärbung?). | a
l -Der Versuch zeigt somit, daß wir die an unserer Beobachtung
am -Menschen beschriebenen Verhältnisse umschriebener, mit
der epileptogenen Zonelokal übereinstimmender Flüssig-
keitsergüsse am Hunde in prinzipiell der gleichen Weise nach- |
bilden konnten. Besonders wichtig erscheint uns, daß auch bei
den spontan auftretenden epileptischen Anfällen der Flüssigkeits-
erguß deutlich der Stelle der primären früheren Reizung, mithin
dem ursprünglichen Mittelpunkt der epileptischen Erregung ent-
sprach. Auf den Unterschied, daß die Flüssigkeitsansammlung bei
dem spontanen epileptischen Anfall des Hundes erst im Verlauf
des Anfalles ihren Höhepunkt erreichte, machen wir selbst besonders
aufmerksam; an der gewonnenen lokalen Beziehung aber ändert |’
- dieser Umstand nichts®). ° ee | Ze
Selbstverständlich läßt. sich aus diesem Versuchsergebnis
' nichts in bezug auf die Herkunft der Flüssigkeitsansammlung aus- |
sagen. Doch scheint es uns nach diesem Ergebnis noch nicht
gerechtfertigt, den zitierten pathologisch-anatomischen Befund und
‘ seine Deutung heranzuziehen und die Vermutung, daß-es sich hier
wirklich um eine Entquellung handelt, auszusprechen. Eine solche
. Entquellung kann z. B.. durch physikalisch-chemische Salzwirkungen
auch in vivo bei der epileptischen Erregung, vielleicht ‚sogar bei
der Erregung. überhaupt eine Rolle spielen; derartige Ionenwirkungen
vermindern bekanntlich die Dispersion kolloider Systeme unter be-
stimmten, genau bekannten Bedingungen. |
An anderen Möglichkeiten. in bezug auf die Herkunft der.
‚ ‚Flüssigkeit käme noch in Betracht, daß es sich um Liquor handelt
oder um Flüssigkeit aus den Lymphspalten, schließlich um Trans-
sudat aus den Gefäßen. Was die ersten beiden Punkte betrifft, so
kann, falls wirklich eine beständige Durchtränkung mit Liquor von
= den Ventrikeln aus durch die Hirnmasse hindurch nach der Ober-
fläche stattfindet, wie Monakow meint, angenommen werden, daß
‘Liquor aus den zunächst gelegenen Saftspalten in die Region der
epileptischen Erregung vermehrt und beschleunigt, an der Ober-
‚fläche ausgeschieden wird. Es läßt sich aber auch nichts gegen
- die Annahme einer Ausscheidung aus Gefäßen sagen. Wir bemerken `
dazu, daß nach heute vielfach geltenden Anschauungen (Otfried.
Müller u. A.) auch diese Vorgänge auf eine ähnliche Entquellung
der Endothelzellen usw. zurückgeführt werden, wie wir sie für Glia-
zellen und Ganglienzellen im Vorigen angenommen haben.. Dadurch
wird der Vorgang auf jeden Fall den Vorstellungen ähnlich, die
sich vielfach z. B. für die Urtikaria gebildet haben. Wir erinnern
in dieser Beziehung an die Befunde Kreibichs®) über neurogene
Urtikaria und an den experimentellen Beitrag zur psychogenen
-Urtikaria von Kreibich und Sobotka®), sowie daran, daß bei
Epileptikern Urtikaria in allerdings seltenen Fällen als Äquivalent
auftreten kann. . Damit. soll nicht etwa der hier betrachtete lokale-
Vorgang als eine Art Urtikaria bezeichnet, sondern nur darauf hin-
.. gewiesen werden, daß sein Eigenmechanismus sich am ehesten
.- durch Erscheinungen erklären läßt, die bei den Betrachtungen der
Kapillarpathologie (Otfried Müller u. A.) gegenwärtig eine große
Rolle spielen. Dieselbe Eigenschaft, die diese Autoren den Kapillar-
endothelien zuschreiben, scheint nach ‚unserer Ansicht, allerdings
.8) Versuche in dieser Richtung werden fortgesetzt. Es handelt.
sich uns darum, ob neben den Ehrlichschen Reduktionsvorgängen
. auch eine Phase von Adsorption hier beobachtet werden kann.
“0,4, Wir vermerken auch, daß im Tierversuch. der Flüssigkeits-
‚erguß an der Oberfläche der Leptomeningen frei zu Tage lag und ab-
> getupft werden konnte. Dieses Verhalten erklärt sich vielleicht aus
l den verschiedenen anatomischen Verhältnissen, vielleicht auch daraus.
daß im Versuch keinerlei schädigende Vorbehandlung vorausge-
gangen war. . | .
| 5) Archiv f. Derm. u. Syph. Bd. 95. H. 2/3.
e) Ebendort. Bd. 97. H. 2/3. |
| 14. September
1
nur, 'soweit sie aus Quellung und Entquellung besteht, auch den
Ganglien- und Gliazellen zuzukommen; sie scheint sich bei der
epileptischen Erregung in einer besonderen Weise zu verändern
und zu steigern. | = | nz
Aus der Medizinischen Klinik der Universität Freiburg i. Br.
Zur Klinik der primären Bronchialkarzinome.
- Von. de la Camp.
15 Fälle von Bronchialkarzinom, die ich in den letzten J ahren
in der Klinik beobachten konnte, geben mir Anlaß zu einigen
klinischen , Bemerkungen. Br | Zr
Ärztliche Erfahrung in Klinik, Lungenheilstätte und Praxis, .
wie pathologisch-anatomische Feststellung hat erwiesen, daß "die
immer noch angenommene große Seltenheit der Bronchialkarzinome |
nicht. zutrifft, daß ihnen vielmehr mit einem Prozentsatz von rund 4
unter den primären Krebsen ein wesentlicher Teil angehört [Otten?!)
u.a.]. Die diagnostische Erkenntnis und Abgrenzung der Bronchial-
karzinome ist deshalb so schwer, weil im Anfangsstadium meist nur
unsichere und vieldeutige Krankheitszeichen vorliegen, und im
Weiterverlauf gewöhnlich eine Anzahl von Folgeerscheinungen, ‚wie
Bronchostenose und ‚Bronchitis, Atelektase und Pneumonie, Pleu-
ritis und Brustkorbschrumpfung,: gelegentlich. auch Zerfall und
Höhlenbildung einsetzen, die nun ihrerseits durch andere und häu-
figere Lungenleiden, insonderheit die Lungenphthise, bedingt sein
können. Des weiteren können sich, wie Röntgenuntersuchung oft
nur vermuten läßt und anatomische Sichtung, oft mühsam erst auf-
deckt, differentialdiagnostisch erwogene Leiden zusammenfinden und.
beeinflussen, wie Krebs und aktivierte Lungenphthise, Krebs und
Gefäß- und Lungensyphilis. Und drittens endlich kann sich im:
vordem veränderten Gewebe Krebs entwickeln, z. B. in Bronchi-
‚ektasen [Sigmund?)]. |
Eine Klärung ist deshalb im Einzelfall nur von zwei in letzter .
Zeit besonders in Technik und Erfahrung ausgebildeten diagnostischen
Hilfen, der Röntgenuntersuchung und der Bronchoskopie erhältlich.
Beide ergänzen sich vorteilhaft, insofern die Bronchoskopie oft über
den Ausgangsort des Leidens, däs Röntgenverfahren über Fort-
entwicklung des Tumors, Metastasierung in seinem Drüsengebiet
und die vielfachen vorerwähnten Folgezustände Aufschluß zu geben
vermag. o
Auf Grund meines, wenn auch nicht umfangreichen Materials
muß ich Asmann?) zustimmen, wenn er von den beiden Typen,
die im Röntgenbild Ausdruck gewinnen (Otten), dem lobären, im
Lungenlappen beginnenden und Begrenzung findenden, von der Wand
kleiner Bronchien oder gar dem Alveolarepithel ausgehenden Krebs
und dem von den Hauptbronchien aus den Bronchialästen folgenden
sogenannten Hiluskarzinom, wenn er von diesen beiden Typen dem
letzteren die größere Häufigkeit zuerkennt. Bis auf einen gehören
alle unsere Fälle zu den in den Hauptbronchien beginnenden Krebsen.
Ich möchte diesbezüglich auch auf die Ansicht von Levy-Dorn‘)
verweisen, der mit Schmoller als den durchaus gewöhnlichen
Ausgangspunkt das Epithel eines Hauptbronchus annimmt. Auch
Weßler und Jaches®) sprechen sich in ihrem neuen Werke gleich-
sinnig aus (of the cases which we have observed the bronchial, .
| infiltrating tumor was the commoner type). PR,
Das bekannte Überwiegen des. männlichen Geschlechts findet
in unserem Material besonders Ausdruck. Es waren nur männliche
Kranke. Das Alter war (der jüngste 37, der älteste 71) in der
Regel ein höheres, durchschnittlich Anfang der 60; in Bestätigung
der Beobachtung, daß die Bronchialkarzinome gegenüber den gewöhn--
lich in früheren Jahren vorkommenden Magenkrebsen sich meist in
höheren Altersstufen entwickeln [Schlesinger®)]l.
Kachexie fehlte meist im Anfang auffällig. Es gelangen auch -
oft noch, während des Krankheitsverlaufes, wenn Fieber oder
1) Otten, Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr., Bd. 15 u. 30.
2) Sigmund, Virchows Arch. 1922, Bd. 236, S. 191—206.
1924, 3. Aufl. |
Heft 1922, H. 1, S. 62. Ä : |
5) Weßler u. Jaches, Clinical Röntgen of diseases of the Shet
New York. | |
u 8) Schlesinger, Krankheiten’des höheren Lebensalters, Wien u.
Leipzig 1915, | ne
3) Asmann, Die klin. Röntgendiagnostik d. inn. Erkrankungen.
&) Levy-Dorn, Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr., Bd. 80, Kongr.-
a E ETR E g E
= a 2:35 =.
a u. —un “
.14. September
. Charakter einer leichten Angina pectoris.
_ lobären Typen vor.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
1271
quälende Komplikationen nicht vorhanden waren, Körpergewichts-
zunahmen von mehreren Kilo. | | |
Die Anfangssymptome waren in. der Regel unsichere: All-
gemeiner Kräfteveriall, Appetitlosigkeit, durch Reizhusten oder
anfallsweise auftretende Dyspnoe veranlaßte Schlafstörung, manchmal
von ziehenden, unsicher lokalisierten Schmerzen begleitet, etwa vom
Ein relativ häufiges
Frühsymptom, das dann mit Unterbrechungen gelegentlich während
des ganzen decursus morbi anhielt, in einem Fall mit einem hoch-
gradigen Blutsturz endete, waren mehr oder minder starke Blut-
beimengungen zum Auswurf. Die eigentliche Blutdurchmischung
eines glasigen Sputums, das Himbeergeleesputum, war nur in einem
Drittel der Fälle und auch hier nicht konstant vorhanden. Es
wurde vielmehr gewöhnlich nur ein blutgetränktes Sputum ausge-
führt, wie man es auch bei hämoptoischer Phthise, Lungeninfarkt
oder langsam fistelnd perforierendem Aortenaneurysma zu sehen.
bekommt.
Tumorzellen oder Gewebsstücke im Verbande im Sputum zu
finden, gelang uns nicht, auch nicht sub finem und unter Benützung
technischer Hilfsmittel [NußBbaum?)]. Das Sputum unterschied sich
im übrigen oft kaum von dem münzenlörmigen Auswurf einer fort-
geschrittenen Phthise oder dem reichlicheren eitrigen einer chroni-
schen Bronchitis oder Bronchiektasie. Osteoarthropathien wie bei
letzterer habe ich bei unseren Krebsfällen [Weinberger®)] nicht
gesehen.
Das Fieber war ein völlig unregelmäßiges und zeigte sich
weit mehr abhängig von den auftretenden Komplikationen (Pleuritis,
hypostatischen Lungenprozessen usw.), als von den vom Tumor
selbst geschaffenen Resorptionsbedingungen. Demgemäß fanden sich
auch völlig verschiedene Blutbilder (Leukozytosen, Leukopenie,
Lymphozytosen) in Begleitung der Temperaturerhöhungen. _
Bei Besichtigung und Brustkorbmessung fand sich gemäß der
` meist mit der Fortentwicklung des Tumors in einem Hauptbronchus
einsetzenden Bronchostenose und der oft auch von den beteiligten
Lungenwurzeldrüsen aus veranlaßten Pleurabeteiligung gewöhnlich
eine Schrumpfung der Tumorseite. So entstehen naturgemäß
physikalische Symptomenbilder, wie sie völlig einer chronischen
Schrumpfphthise entsprechen. Die von C. Gerhardt?) angegebene
Vorwölbung des Brustkorbes über der Geschwulst kommt wohl
wesentlich nur bei den unserer Meinung nach (s. 0.) selteneren
Die im Anfang gewöhnlich sehr geringfügigen perkussorischen
und auskultatorischen Krankheitszeichen fanden manchmal einen
ziemlich plötzlichen Zuwachs durch Auftreten von Bronchostenosen,
wohl reflektorischer Herkunft, von Atelektasen, Hypostasen und
Pleuritiden. Ebenso konnte unter dem Einfluß therapeutischer Be-
strablung (Tumorverkleinerung) auch einige Male eine Rückbildung
physikalischer Lungenzeichen beobachtet werden (im Röntgenbild
verfolgtes Verschwinden einer Atelektase.) |
~ Die beobachteten pleuritischen Ergüsse waren nur ausnahms-
weise hämorrhagisch. Geschwulststellen, etwa die Stadelmann-
. Schen Siegelringzellen wurden nicht gefunden. Massivere Dämpfung
über Atelektasen oder Bronchopneumonien der geschrumpften Tumor-
seite täuschten manchmal Mantelexsudate vor, deren Vorhandensein
Sich bei vorgenommener Probepunktion nicht bestätigte.
Im Röntgenbild sind die durch die Geschwulst selbst ver-
anlaßten Schatten nicht immer deutlich gegen jene Schattenbildungen
abzugrenzen, die sich infolge mangelhafter Luftzufuhr oder ent-
zündlicher Vorgänge im Lungen- oder Pleuragewebe entwickeln.
_ Entgegen der im peripheren Luftwegraum (Acinus) beginnenden
tuberkulösen Lungenphthise treten beim Bronchialkarzinom mit Aus-
gang von einem Hauptbronchus (meist einseitige) „verstärkte“ Hilus-
schatten auf. Bei der großen Seltenheit der „Hilusphthise“ beim
Erwachsenen läßt hier die zunehmende Schattenbildung wichtige
diagnostische Schlüsse zu. Den Mediastinaltumoren wiederum gegen-
über erweist sich der Schatten des Bronchialkarzinoms weniger ab-
gerundet oder festonartig gegen das Lungengewebe abgegrenzt,
sondern unscharfer, als ob vom Hilus aus die Finger einer Schatten-
hand in das gleichfalls oft durch Luftmangel (Bronchostenose) ver-
dunkelte Lungenfeld eintauchten. |
Im Lungenwurzeldrüsengebiet erzeugten Tumorschatten treten nun
7) Nußbaum, M.m.W. 1922, 69, Nr. 14, S. 507.
°) Weinberger, Zschr. f. Tuberk. 1921, Bd. 34, H. 5, S. 391.
°) Gerlach, Lehrb. d. Auskult. u. Perk. 6. Aufl. 1900.
Zu dem durch Metastasierung
meist die durch die mehrfach erwähnten Folgezustände geschaffenen .
Schattenbildungen (Atelektase, Hypostase, Pleurserguß usw.), so-
wie die auf dem Röntgenschirm sich darbietenden Broncho-
stenoseiizeichen (Zwerchfellhochstand, steiler Rippenverlauf, enge
Zwischenrippenräume, inspiratorische Mediastinalverlagerung in
die Tumorseite, geringere inspiratorische Aufhellung im steno-
sierten Gebiet). BER:
Differentialdiagnostisch kommen und kamen auch in
unseren Fällen vornehmlich in Betracht die (hämoptoische) Schrumpf-
phthise, die Lungenzirrhose pneumonischer oderpneumonokoniotischer
Herkunft, interlobäre Empyeme' und Lungenabszeß (wenn sich z. B.
die ersten ‚Krankheitszeichen nach einer Grippe einstellten) und |
schließlich die Lungensyphilis. Letztbezüglich kann natürlich auch
das Ergebnis biologischer Reaktionen nicht ausschlaggebend, sein,
wenn, wie in einem unserer Fälle, sich neben dem Bronchialkarzinom
bei der Sektion eine syphilitische Aortenwandveränderung als Folge
einer durch stark positive Reaktionen erwiesenen Lues finden. . i
Hier kann die Bronchoskopie bei Sitz des Tumors in einem Haupt-
bronchus Klarheit schaffen, die von geübter Hand ausgeführt kaum
einen nennenswerten Eingriff für den Kranken bedeutet.
bei 'blutigem Auswurf kann sie, sofern ein blutendes Aneurysma
unwahrscheinlich ist, Anwendung finden und neben diagnostischer
Klärung noch therapeutischen: Nutzen durch Lokalbehandlung am
Blutungsplatz schaffen..
Die sekundären Lungentumoren erscheinen im Gegensatz zu
den primären Bronchialkarzinomen im Röntgenbild an beliebiger.
Stelle der Lungenfelder in Ein- oder Mehrzahl als gut abgegrenzte,
rundliche Schattenbildungen. in
Die etwa mit einer langsam progredienten, hämatogenen
miliaren. Lungentuberkulose im Schattenbild zu verwechselnde
Iymphogen von einem primären Lungenkarzinom aus zur Entwicklung '
gelangte miliare Karzinose ist unter unseren Fällen nicht vertreten.
Metastasen fanden sich außer in den Lymphdrüsen des Brust-
korbes und der Halsgegend einmal in der Schilddrüse und einmal.
in den Nieren. Für die von anderen Autoren beschriebene Nei-
gung des Gehirns und der Nebennieren metastatisch von einem
primären Bronchialkrebs aus [Dosquet!P)] zu erkranken, enthält
unser Material nur einen Beweis.
Prognostisch schien ein gewisser Unterschied zwischen den
Karzinomen, die sich in den zu den Oberlappen und in den zu den
Unterlappen führenden Hauptbronchien entwickelten. Wohl infolge
der Beschränkung der im weniger elastischen Altersthorax besonders
wichtigen supradiaphragmalen Lüftung der Lungen bei sich ent-
wickelnder Unterlappenbronchostenose und der Neigung zu hypo-
statischen Entzündungen im paravertebralen und kaudalen Lungen-
bereich nehmen die Unterlappenbronchialkarzinome einen komplika-
tionsreicheren und schnelleren Verlauf. Das mag auch der Grund
sein, warum es im Obergeschoß der Lungen bei Oberlappenbronchial- |
karzinomen schließlich zur Entwicklung -umfangreicherer Tumoren
zu kommen pflegt.
Therapeutisch brachte energische Tiefenbestrahlung in
einigen Fällen vorübergehenden Erfolg nicht nur durch Verkleine-
rung des Tumors und seiner Drüsenmetastasen selbst, sondern auch
durch Beseitigung von Luftleere und Entzündung im entlasteten
Lungenbereich. Punktion pleuritischer Ergüsse hatte nur diagnosti-
schen Zweck für die nachfolgende röntgenologische Kontrolle des
vordem verdeckten Tumorschattens. Das Exsudat war gewöhnlich
bald wieder ersetzt. Autoinjektion keim- und zellfreier Ergüsse war
ohne Einfluß. | | | a
Zu Beginn vermag bei günstigem Tumorsitz die Broncho-
skopie nicht nur diagnostisch Wertvolles zu leisten, sondern auch-
durch Tumoramputation und Lokalbehandlung Bronchostenose und
Blutungsneigung zu mindern. | a |
Wenn: auch die therapeutischen Erfolgsmöglichkeiten einst-
weilen nur recht bescheidene sind, so entspringt das Bedürfnis
nach frühzeitiger Diagnose eines immerhin nicht sehr seltenen
Leidens neben der allgemeinen ethischen Forderung nach klarer Er-
kenntnis als einzig berechtigter Grundlage ärztlichen Handelns doch
auch dem praktischen Wunsche im körperlichen und seelischen Inter-
esse des Kranken und für eine oft notwendige Aufklärung seiner Um-.
`
gebung klare prognostische Linien vor sich zu sehen.
10) Dosquet, Virchows Arch. 1921, Ba. 234, 5.481. E
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-mögen sie Resorptions- oder Abbaustoffe,
produkte oder was immer sein, gerade innere Sekrete nennen,
warum man den Organen, denen sie entstammen, unterschiedslos
1272
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
14. September
Abhandlungen.
Über den Begriff der inneren Sekretion.
Von Prof. Dr. Alired Kohn, Prag.
Es dürfte an der Zeit sein, über den Begriff der inneren
Sekretion zu einer Verständigung zu gelangen; denn mit seiner zu-
nehmenden Einbürgerung in die wissenschaftliche und praktische
Medizin geht unverkennbar eine bedenkliche Verwischung seiner
Grenzen einher. Selbst in den besten Sonderwerken wird man ver-
geblich nach einer einheitlichen, befriedigenden Aufklärung suchen.
Organe, die der eine Autor zu den endokrinen zählt, werden vom
anderen verworfen; was dieser als ein. wichtiges Inkret bezeichnet,
wird vom nächsten überhaupt nicht anerkannt. Während manchen für
die Einreihung unter die inkretorischen Organe eine bestimmte
Bauart und Wirkungsweise maßgebend erscheinen (Kohn, Swale
Vincent, Weil, Zondek), lehnen andere jede derartige Ein-
schränkung als überflüssig und unwesentlich ab (Biedl, G. Bayer,
Asher u.a). Vom physiologischen Standpunkte, meint Biedl,
müsse man allen Organen, unabhängig von ihrer Struktur, eine
innere Sekretion zuerkennen. Ähnlich äußert sich E.S.Schafer:
„Material which is passed into the blood or lymph from any tissue
or organ of the body forms its internal secretion.“ Wo die lebendige
Substanz der Zellen einen Stoff liefert, der regelnd in die Funktionen
des Körpers eingreift, handelt es sich nach Asher um innere
Sekretion, die also keinesfalls nur auf das eigentliche Drüsengewebe
beschränkt sei. Dadurch glaubt er eine Menge von Schwierigkeiten
ausgeschaltet zu haben. So. sei zum Beispiel CO, ein die Atmung
. regulierendes inneres Sekret, während die Leber (im Gegensatz zu
Gley und anderen) nicht zu den inkretorischen Organen gerechnet
werden könne, da ihr Glykogen nicht der Regelung irgendwelcher
Funktionen, sondern der Ernährung diene.
In der Tat, um es gleich hier auszusprechen, wenn man das
allgemeine Stoffwechselendprodukt CO, als Ergebnis einer inneren
Sekretion bezeichnet, dann hat man wirklich alle Schwierigkeiten
der Einteilung und Begrifisbestimmung gründlich beseitigt; denn
dann gibt es kaum noch irgendein Gewebe, dem die Fähigkeit zur
inneren Sekretion nicht zuerkannt werden dürfte. Dann kann man
getrost auch die Leber und alle anderen Organe und Gewebe als
inkretorisch bezeichnen, denn irgendetwas werden sie gewiß dem
Kreislauf übergeben, mit dem irgendwo etwas geschehen wird, was
man als Folge des von ihm ausgeübten funktionellen Reizes an-
sehen darf. Nur wäre es dann richtiger, nicht von innerer
'Sekretion zu sprechen, sondern einfach zu sagen, daß viele im
Säftestrom kreisende Stoffe mannigfacher Art und Herkunft auf
ihrem Wege manche und darunter auch wichtige Wirkungen aus-
zulösen vermögen, was früher zu wenig beachtet wurde. Das sind
die Hormone Starlings, und die bewußte und systematische Unter-
suchung der chemischen Koordinationen der Körperfunktionen
(Bayliss und Starling) ist zweifellos als ein großer Fortschritt
zu begrüßen. Warum man aber diese Hormone oder Reizstoffe,
Stoffwechselzwischen-
eine innere Sekretion zuschreiben, warum man die Lehre von
den chemischen Beeinflussungen durchaus als die Lehre von der
inneren Sekretion hinstellen. will, das finde ich unbegreiflich..
Unter Sekretion, sehen wir der Einfachheit halber zunächst
von der inneren ab, versteht man doch einen ganz bestimmten und
wohlcharakterisierten Vorgang, die Bereitung und Absonderung
neuer und eigenartiger Stoffe aus dem Blutmaterial, nicht für den
Eigenbedarf, sondern zugunsten des Organismus durch eigens dafür
eingerichtete — sekretorische — Epithelzellen, die auch den
wesentlichen Bestandteil des sekretorischen Gewebes und der
sekretorischen Organe — Drüsen — bilden. Die sekretorische
Tätigkeit macht die Funktion dieser Organe aus; sie sind chemische
Werkstätten, in denen Zellspezialisten der Stoffverarbeitung und
Stofferzeugung am Werke sind, gleich wie die Muskeln und Nerven
Spezialisten der Kontraktilität und Irritabilität genannt werden
können. Daher ist die Sekretion etwas anderes als der Stoffwechsel,
dessen die Drüsen für ihre stofllichen Sonderleistungen natürlich
ebenso bedürfen wie die Muskeln und Nerven für ihre dynamischen.
Als Sekrete sind demnach ausschließlich die Sondererzeugnisse
drüsigen Gewebes zu bezeichnen, dessen Funktion eben in der Er-
zeugung und Absonderung solcher spezifischen Stoffe besteht. Das
gilt in gleicher Weise für die äußeren, wie für die inneren Sekrete
(Inkrete), wobei es auf die größere oder geringere Wichtigkeit des
Sekretes garnicht ankommt. | l l
Kohlensäure ist kein Sekret, daher auch kein Inkret; sie
wird nicht als .ein besonderes Erzeugnis sekretorischer Zellen,
sondern als allgemeines Stoffwechselendprodukt an den Kreislauf
abgegeben. Darin mag sie noch so wichtige Aufgaben erfüllen, nie-
mals wird sie aus diesem Grunde zu einem Sekret werden, sondern
kann allenfalls den Hormonen oder Parhormonen (Gley) zugezählt
werden. Ebensowenig ist etwa der Muskel, der CO, an den Kreis-
lauf abgibt, deshalb ein sekretorisches, sondern ist und bleibt ein
kontraktiles Organ, das eben nur wie alle anderen seine Stoffwechsel-
endprodukte an den Kreislauf abliefert. Wenn darunter solche sind,
die als „chemische Boten“ noch irgendwelche Beeinflussungen
anderer Organe auszuüben vermögen, sv kann man es gleichwohl
weder als die Hauptaufgabe, die Funktion, des Muskels ansehen,
solche Stoffe hervorzubringen, noch als sein „endukrines Neben-
amt“ (Bayer); denn der Stoffwechsel ist keine Nebenfunktion,
sondern Lebens- und Wirkungsbedingung. Man wird doch auch
nicht von jemandem, der etwa ein Lehramt versieht, behaupten
wollen, daß es sein Nebenberuf sei, Nahrung zu sich zu nehmen
und nützliche Stoffwechselprodukte abzugeben.
Auch die Organe, die wir Drüsen nennen, und alles sekreto-
rische Gewebe benötigen die Zufuhr von Erhaltungs- und Betriebs-
stoffen. Das inkretorische Gewebe gibt demgemäß außer seinen
spezifischen Erzeugnissen, den Inkreten, auch noch allgemeine Stoff-
wechselprodukte an den Kreislauf ab, die aber bisher niemals
Sekrete genannt wurden noch künftighin genannt werden dürfen,
wenn diese seit langem eingebürgerte Bezeichnung nicht allen Sinn
und Wert verlieren soll. |
Das Beispiel von der Kohlensäure genügt aber nicht, um die
herrschende Verwirrung in ihrem ganzen Umfange erkennen zu
lassen. Man hät schließlich einfach alle Stoffe, die aus den Ge-
weben in den Kreislauf übergehen, als innere Sekrete bezeichnet,
in der schwer widerlegbaren Annahme, daß sie alle auf ihrem Wege
noch etwas bewirken werden und somit den von pbysiologischer
Seite als ausreichend angesehenen Kennzeichen eines Inkretes Ge-
nüge tun. So ist man dahin gelangt, sogar die resorbierten Nah-
rungsstoffe, Eiweiß, Fett und Zucker unter die inneren Sekrete
einzureihen, und spricht von inneren Sekreten, die als Nähr-
stoffedienen(Gley), vonnutritiven oder Verdauungssekreten
(Biedl), von endokrinen Fettdrüsen (Pende, Cramer) u. dgl. m.
Um diese Verwirrung kurz abzutun, will ich nur darauf hinweisen, -
daß die Resorption nicht wie die Sekretion aus dem Blutmaterial
erfolgt, sondern aus der in den Verdauungskanal: eingebrachten
exogenen Nahrung, was einen grundsätzlichen Unterschied bedeutet.
Resorption ist eben keine Sekretion, und Nährstoffe sind keine
Sekrete. |
Es gibt nur eine Art von Sekreten, das sind die Sonder-
erzeugnisse . sekretorischen Gewebes. Alles andere führt diesen
Namen mit Unrecht, wodurch nur Unklarheit und Verwirrung ge-
stiftet und der Fortschritt der Wissenschaft infolge der Vermengung
ganz ungleichartiger Dinge gehemmt wird. l i
Man kann diesem Übel auch nicht dadurch abhelfen, daß
man, wie dies Bied] und Gley tun im Gesamtgebiet der inneren
Sekretion den der Ernährung dienenden „Verdauungssekreten“
einen besonderen Platz anweist; sie gehören überhaupt nicht hinein.
Man sage auch nicht, daß es sich bei diesem Einspruch nur um
Wortklauberei und um Namensfragen handle. Mit den Namen be-
. zeichnen wir bestimmte Begriffe, und Namenverwirrung ist Begriff-
verwirrung.
Wie ist es aber dazu gekommen? Vielleicht trägt die Beant-
wortung dieser Frage etwas zur Klärung bei. |
Die Lehre von der inneren Sekretion lenkte mit Macht die
Aufmerksamkeit auf die große Bedeutung gewisser Stoffe, die von
den endokrinen Organen in den Kreislauf abgesondert werden.
Man lernte Störungen der Säftemischungkennen, Ausfallserscheinungen,
Ersatzmöglichkeiten und wechselseitige Beeinflussungen, und man
sprach wieder von Eukrasie und Dyskrasien wie zur Zeit der
Humoralpathologie. Dadurch wurde die Erforschung des Säftestroms
neu belebt und bald die Erkenntnis gewonnen, daß auch andere in
den -Kreislauf gelangende Stoffe mannigfacher Art und Herkunft,
auf dem Blutwege gewisse und mitunter für das Getriebe des
Organismus recht bedeutungsvolle Wirkungen auszulösen berufen
sind. Man nannte sie allgemein chemische Reizstoffe oder Hormone
-re ~ 7
= ——-
14. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
1273
rn
(Starling), und bald entwickelte sich die neue Lehre von den
chemischen Koordinationen der Körperfunktionen (Bayliss
und Starling). Statt aber Endokrinologie und Hormonologie
säuberlich auseinanderzuhalten, wurden, in Überschätzung des einen
gemeinsamen Merkmals, alle an den Kreislauf abgegebenen
Stoffe, wofern sie nur der unbestimmien und daher leicht zu be-
friedigenden Forderung nach irgend einer auf dem Blutwege aus-
geübten Bewirkung entsprachen, unterschiedslos innere Sekrete
enannt.
. Hierin liegt der Grundfehler. Unter dem blendenden Ein-
drucke der neuen Einsicht in die chemischen Regulationen sah
man über die großen Unterschiede der dabei in Betracht kommenden
Stoffe und Wirkungen achtlos hinweg und nahm, ohne Rücksicht |
auf Sinn und Bedeutung, die gerade sehr populär gewordene Be-
zeichnung „innere Sekrete“ für alle die neu aufgefundenen oder
vermeintlichen chemischen Reizstoffe an. Nun dauerte es nicht
mehr lange, und man 'dehnte die gleiche Bezeichnung (innere
` Sekrete oder Inkrete) überhaupt auf alle in den Säftestrom ge-
langenden Stoffe, einschließlich der Nährstoffe, aus.
Ich führe als Beispiel die Einteilung der inneren Sekrete
nach Gley an, welcher folgende Gruppen unterscheidet:
1. Innere Sekrete, die als Nährstoffe dienen: (Glukose, Fett-
Fibrinogen). l |
2. Harmozone (durch welche chemische Vorgänge oder
Funktionen reguliert werden).
3. Hormone (mit chemischen oder physiologischen Wirkungen,
darunter Sekretin). |
4. Parhormone (Kohlensäure, Harnstoff).
Aus solchen Gruppierungen — ähnlich unterscheidet Bied]
nutritive, morphogenetische und funktionelle innere’Sekrete
— geht hervor, daß man zwar der weitgehenden Ungleichartigkeit
der ohne zwingenden Grund zusammengefaßten Stoffe einigermaßen
Rechnung zu tragen sucht, sich aber doch nicht entschließen kann,
völlig reinen Tisch zu machen. Wenigstens nicht in der Theorie.
In der Praxis verfährt man gewöhnlich anders, und die meisten
größeren Werke über innere Sekretion (Biedl, Swale Vincent,
E. S. Schafer, Pende usw.) handeln fast garnicht von den
chemischen Regulationen im allgemeinen, sondern vor allem und
fast ausschließlich von den eigentlichen und echten Drüsen der
inneren Sekretion. Das spricht dafür, daß man sich aller theoretischen
Voreingenommenheit zum Trotz des rechten Weges wohl bewußt
ist. Zwar glaubt Biedl dieses Vorgehen förmlich rechtfertigen zu
müssen, indem er sagt, daß er mehr dem eingebürgerten Gebrauche
als einer irgendwie begründeten Unterscheidung folgend, zunächst
die sog. Blutdrüsen, d. h. die Drüsen ohne Ausführungsgang, und
dann die sonstigen innersekretorischen Organe (Keimdrüsen, Pankreas,
Speicheldrüsen, Magen-Darmschleimhaut, Nieren) besprechen wolle.
‚Aber er würde sich gewiß nicht scheuen, mit diesem Brauche zu
brechen, wenn diese Unterscheidung nicht vollauf gerechtfertigt wäre.
Die Lehre von der inneren Sekretion umfaßt ein bestimmtes,
-= ziemlich gut abgegrenztes Gebiet; die Wissenschaft von den chemischen
Regulationen ist derzeit erst im Werden, ibr Inhalt noch ungeordnet
und unbegrenzt. Selbst wenn die Forschung den umgekehrten
eg gegangen wäre und zuerst im allgemeinen die chemisch-
~ Tegulatorische Bedeutung vieler im Blutstrom kreisender Stoffe er-
‚kannt worden wäre, hätte man sich bald veranlaßt gesehen, den
Organen mit innerer Sekretion eine Sonderstellung einzu-
räumen. Nicht nur vom morphologischen Standpunkte, wiewohl
niemand leugnen wird, daß die Morphologie an der wissenschaft-
lichen Begründung der Endokrinologie verdienstvoll mitgewirkt hat.
Aber der Begriff der Drüse ist bei weitem kein morphologischer.
rüsen sind Organe nicht nur von bestimmter Bauart, sondern auch
m ganz bestimmter Wirkungsweise. Wer zugibt, daß man sich unter `
p Tüsen, Sekreten und Sekretion“ bestimmte Organe, besondere
'zeugnisse und eine eigenartige stoffliche Zellfunktion vorzustellen
hat, mit dem wird auch über die innersekretorischen Organe
und Vorgänge eine Einigung unschwer zu erzielen sein.
H Ein klassisches Vorbild bieten die ausnahmslos anerkannten
Aupiorgane der inneren Sekretion (Schilddrüse, Epithelkörperchen,
Hypophyse, Nebenniere). Vom typischen Bau epithelialer sekreto-.
a Organe, bringen sie spezifische Stoffe in den Kreislauf, die
is den normalen Entwicklungsgang und Fortbestand des Organis-
Fak unentbehrlich sind. Diese Stoffe sind nicht leicht faßbar und
arstellbar ‚und nicht‘ von der raschen, pharmakoiden Wirkungsweise
ei eigentlichen Hormone. Nicht gleich chemischen Eilboten ruien
all unverzüglich funktionelle Reaktionen hervor, sondern langsam,
&mählich vollziehen sich ihre Wirkungen und offenbaren sich die
Störungen ihrer Absonderung, besonders während der Entwicklungs-
zeit (Morphogenetische Inkrete von Biedl, Harmozone von
‘Gley genannt). Aber nicht nur gestaltend, formbildend wirken sie,
sondern die Gesamtpersönlichkeit schaffen, prägen und erhalten sie
in ihrer leiblichen, geistigen und seelischen Integrität. Konstitu-
ierende Inkrete könnte. man sie nennen. Daher die verderbliche,
die Persönlichkeit zerstörende Wirkung ihrer Vernichtung, und nichts |
beweist ihre Eigenart besser als der Umstand, daß die Störungen
ihrer Ursprungsstätten ganz typische, einzigartige Krankheitsbilder
hervorrufen (Myxödem, Akromegalie, Addisonsche Krankbeitu.a.m.),
denen man bisher — wenn überhaupt —. nur organtherapeutisch
beizukommen vermochte.
Das sind endokrine Organe; das ist innere Sekretion. Hier
läßt sich nicht bestreiten, daß es sich um einen besonderen, von
Stoffwechsel, Resorption und Speicherung zu unterscheidenden Vor-
gang handle. |
Aber so klar liegt der Tatbestand nicht immer zutage; so
vollkommen stimmen morphologische und physiologische. Merkmale
nicht immer überein. Die Physiologen und Pathologen finden mit.
zunehmenden Erfahrungen immer wieder Veranlassung, die Grenzen
weiter zu stecken und zugunsten einzelner, ihnen maßgebend er-
scheinender Merkmale alle anderen zu vernachlässigen. Dabei wurden,
wie wir gesehen haben, zweifellos die Grenzen von manchen viel
zu weit gezogen. Aber wenn man auch die Nähr- und Speicher-
und Abbaustoffe und die ganze Hormonologie (im engeren Sinne)
ausschließt, harren auch innerhalb des der Endokrinologie allseitig
zuerkannten Gebietes noch genug Schwierigkeiten der Lösung.
So wird man sich vorläufig damit abfinden müssen, daß die
Thymus und Epiphyse den endokrinen Organen zugezählt werden,
obwohl sie den typischen Drüsenbau nicht besitzen.
Dagegen möchte ich hinsichtlich der Neurohypophyse und
‘des chromaffinen Gewebes nachdrücklich hervorheben, daß sie -
nicht nur der morphologischen Kritik nicht standhalten, sondern
auch vom physiologischen Standpunkt aus Mißtrauen erwecken.
Schon das entspricht nicht dem Wesen inkretorischer Organe, daß
man so leicht Stoffe von rascher pharmakoider Wirksamkeit aus
ihnen zu gewinnen vermag.
Die endokrine Natur des chromaffinen Gewebes habe ich
seit der Aufstellung dieses Gewebssystems angezweifelt. Das ist
mir von physiologischer Seite sehr verübelt worden. Nun erlebe
ich die Genugtunng, daß selbst hervorragende Physiologen das
Adrenalin nicht mehr als inneres Sekret gelten lassen wollen (Gley,
Stewart). Vom morphologischen Gesichtspunkte muß immer wieder
betont werden, daß bisher, ganz abgesehen von der besonderen
Entwicklung und Bauart, auch der einzig .dastehende Nervenreich-
tum des chromaffinen Gewebes völlig unberücksichtigt geblieben
ist. Wenn man nicht bloß die Marksubstanz der Nebenniere, sondern
auch die Paraganglien sowie die intraganglionären und intraneuralen
chromaffinen Körperchen in Betracht zieht, so drängt sich die Ver-
mutung auf, daß die Beziehungen dieses Gewebes zum Nervensystem
konstanter und wesentlicher seien als zum Blutgefäßsystem. Der
außerordentliche Nervenreichtum der Nebenniere, seit langem bekannt,
ist größtenteils für die chromaffine Marksubstanz bestimmt. Keine
Drüse ist so überreich mit Nerven ausgestattet, die unmöglich nur.
als Gefäß- oder Sekretionsnerven Verwendung finden können. In
reichster Aufteilung umspinnen die Nervenendigungen die einzelnen
chromaffinen Zellen, so daß man eine enge funktionelle Beziehung
zwischen beiden annehmen muß. Welcher Art sie sein könnte, ist
ganz, unklar. Keinesfalls die von Nervenzellen zu Neuriten; denn
die chromaffinen Zellen sind fortsatzlose Abkömmlinge der
sympathischen Ganglienanlagen und werden von den Nervenend-
teilungen bloß umsponnen, etwa in der Art von Sinneszellen, so
daß: man auch an eine (afferente) Beeinflussung der Nervenendigung
durch die Zelle denken könnte. Das spreche ich nur zaghaft und
mit allem Vorbehalt aus; aber davon bin ich fest überzeugt, daß
dieser ungewöhnlichen Nervenversorgung eine Bedeutung zukommen
müsse und die Funktion des chromaffinen Gewebes durch die An-
nahme einer endokrinen Tätigkeit nicht restlos aufgeklärt sei. Sollte
man dagegen wieder einwenden, daß ich auf die morphologischen
Merkmale zu großes Gewicht lege, so möge man bedenken, daß der
Nachweis der besonderen Innervationsverhältnisse zwar nur mit
histologischen Methoden möglich, die Tatsache selbst aber keines-
wegs eine rein 'morphologische ist, die den Physiologen nicht
interessieren müßte. Bemerkenswert ist, daß auch schon manche
ältere Autoren von einer Ladung der Nerven durch die Nebenniere
sprechen und neuerdings Lichtwitz die merkwürdige Ansicht
äußerte, daß das Adrenalin vielleicht in die Nerven sezerniert werde.
spruche mehr begegnen, wenn dem Resorptionsgewebe eine
schied hinwegtäuschen lassen, der darin liegt, daß das Resorptions-
- nicht zuzunehm
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© 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37. 14 September
Wir sehen-also, daß es auch innerhalb des engeren Gebietes
der Endokrinologie noch manche offene Frage gibt; umsomehr
müssen wir bemüht sein, alles, was zweifellos nicht hineingehört,
endgiltig abzustoßen, und auch hierbei kann die Morphologie der
Physiologie nützliche Dienste leisten.
Es wird nach den früheren Ausführungen wohl keinem Wider-
würde für die weitere Forschung sicherlich einen großen Gewinn
bedeuten, da durch die Abstoßung des Ungleichartigen die Erkennung
des Wesentlichen sehr erleichtert würde. Dazu ist aber eine ge-
rechte Würdigung aller uns zugänglichen Merkmale notwendig, von
welcher Seite sie immer kommen mögen. In Gestalt und Gefüge
kommt die biologische Wesenheit. und Eigenart der Organe nicht
minder zum Ausdruck als in ihrer Wirkungsweise. Beides, Bau
und Verrichtung, sind streng mit einander verknüpft. Nicht selten
sind aber gerade die morphologischen Kennzeichen leichter und
sicherer zu erfassen, so daß sie mitunter der weiteren physiologischen
Forschung den Weg weisen konnten. |
Wenn unsere menschliche Unzulänglichkeit uns zur Arbeits-
teilung zwingt und die einen mehr die morphologische, die anderen
die physiologische Arbeitsrichtung pflegen, so ist das nur ein Grund
mehr, in verständigem Zusammenwirken Ergänzung unserer ein-
seitigen und lückenhalten Beobachtungen zu suchen, um ein möglichst
vollkommenes, einheitliches Bild der Dinge zu gewinnen, die Worte
des großen Naturforschers Goethe beherzigend:
'Müsset im. Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten,
Nichts ist drinnen, nichts ist draußen,
Denn was innen, das ist außen.
innere Sekretion entschieden aberkannt wird. Wenn auch seine
Zellen in hohem Grade die Fähigkeit zur Stofiverarbeitung besitzen
und ihre Erzeugnisse an den Sältestrom abliefern, so. darf man sich.
doch durch solche Analogien nicht über den grundsätzlichen Unter- Ä
gewebe sein zu verarbeitendes Material nicht aus dem Blutstrom,
sondern aus dem Verdauungskanal bezieht. Darin besteht ja gerade
die besondere Aufgabe der Resorptionsorgane, daß sie Iremdartige,
von außen eingeführte Nahrungsstofie zur Körpersubstanz umzu-
wandeln und dann an den Säftestrom abzugeben haben.
Etwas schwieriger ist die Frage nach der endokrinen Rolle
der Leber, die von vielen Morphologen. und Physiologen -bejahend
beantwortet wird. Vom morphologischen Standpunkte wäre aber
doch erst genauer zu prüfen, ob aus einer bestimmten Bauart mit
voller Sicherheit auf eine inkretorische Funktion geschlossen werden
darf. Es ist oline weiteres zuzugeben, daß jedes einzelne Leber-
]äppchen — von der kaum merklich in Erscheinung tretenden
äußeren Gallensekretion abgesehen — in seinem Bau einem Epithel-
körperchen, also dem vorbildlichen endokrinen Organe, gleicht: ein
Netzwerk sekretorischer Zellstränge, reichlichst von weiten Blut-
kapillaren durchzogen. Aber dieser scheinbar typische endokrine
Bauplan stellt genau genommen doch nur eine sehr zweckmäßige
Einrichtung für den Wechselverkehr tätiger Zellen mit dem Säfte-
strom dar. Ob diese nun tatsächlich eigenartige Sekrete erzeugen‘
oder bloß zugeführtes Material — etwa Nährstoffe — speichern und
allenfalls noch in nützlicher Weise weiterverarbeiten, das kann aus
der Bauart allein nicht erschlossen werden. Da die Leber zweifellos
nur die Aufgabe eines intermediären Stoffwechselorgans versieht,
aber keine spezifischen Inkrete hervorbringt, noch hinsichtlich
charakteristischer Korrelationen 'und Funktionsstörungen mit endo-
krinen Organen auf eine Stufe gestellt werden kann, muß sie trotz
des verführerischen Baues aus der Reihe der inkretorischen Organe
gestrichen werden. |
Unschwer wird es gelingen, die sog. endokrinen Fett-
organe (Glandula insularis cervicalis oder adiposa von Pende,
glandular adipose tissue von Cramer) wieder an ihren gebührenden
Platz zu verweisen. Das. Fettgewebe ist weder nach seinem Baue
und Zellcharakter, noch nach seiner Wirkungsweise und der Art
seiner Stoffe ein sekretorisches. Ich will noch ein Unterscheidungs-
merkmal besonders hervorheben:
Die Drüsen mit innerer Sekretion
zunehmender Beanspruchung ihre Tätigkeit zu steigern. Sie sind
einer Aktivitätshypertrophie fähig, was besonders in der vikariierenden
Hypertrophie deutlich zum Ausdruck kommt. Dagegen nimmt das
Fettgewebe bei stärkerer Beanspruchung ab und wird sogar atrophisch,
während es bei Nichtbedarf zunimmt, hypertrophiert,. Dadurch
unterscheiden sich in charakteristischer Weise die Speicher-
gewebe, zu denen das Fettgewebe gehört, von den sekretorischen,
daß sie im Bedarisfalle ihre Vorräte abgeben und ihre Speicher
entleeren,
wodurch sie zum Schwinden, zur Atrophie, gebracht
werden, während die Drüsen durch erhöhte Inanspruchnahme zu-
nehmen, leistungsfähiger werden und reichlicher als sonst ihre
spezifischen Stoffe erzeugen und absondern. Es gibt demnach keine
„Fettdrüsen“, und Fett ist kein inneres Sekret.
Auch die Zwischenzellen der Keimdrüsen, denen man
ziemlich allgemein eine wichtige endokrine Rolle zuweist, zeigen
im Tierreich, d. h. unter natürlichen Bedingungen, das eigentüm-
liche Verhalten, daß sie bei guten Ernährungsverhältnissen und Nicht-
beanspruchung zunehmen und in voller Ausbildung bestehen bleiben,
bei mangelhafter Nahrung aber abnehmen, besonders ‚dann, wenn
ihre aufgestapelten Vorräte für die Entfaltung der Keimdrüsen be-
nötigt werden. Auch sie scheinen demnach durch Inanspruchnahme
en und leistungsfähiger zu werden, sondern im Be-
dartsfalle durch Abgabe von Speicherstoifen abzunehmen, wodurch
sie sich in biologischer Hinsicht wesentlich vom inkretorischen Ge-
webe unterscheiden. Die endokrine Natur der Zwischenzellen ist
bisher unbewiesen, ihre Zugehörigkeit zum Speichergewebe wahr-
scheinlich.
In dieser Weise scheint es mir doch möglich, wieder zu einer
vernünftigen Abgrenzung der inneren Sekretion zu gelangen. Das
Über Vasalgien und Hypertonien im Klimakterium.”
Ä Von Prof. Dr. J. Wiesel, Wien.
Ein besonders wichtiges Kapitel der klimakterischen Be-
schwerden bildet jenes von den Vasalgien, also von Schmerzen,
die in den Gefäßen — Arterien und Venen — lokalisiert, teils im
. Sinne dauernder Schmerzen, teils im Sinne anfallsweise auftretender
Attacken zur Beobachtung gelangen. Natürlich muß als oberstes
Gesetz gelten, nur jene Formen von Vasalgien und Gefäßkrämpfen
‚als rein klimakterische zu werten, für die wir nach dem Stande
unseres jetzigen Wissens eine anderweitige Erkrankung ausschließen
können bzw. wo wiederholte klinische Untersuchung keinen An-
haltspunkt dafür bietet, daß ein anatomisch greifbarer Prozeß am
Herz oder an den Gefäßen vorliegt. Während die Krampfzustände
einer besonderen Labilität der Vasomotoren während dieser Lebens-
epoche ihren Ursprung verdanken und in Parallele mit den bekannten
‘klimakterischen Hitzewallungen zu setzen sind, halten wir die
kontinuierlichen Gefäßschmerzen für eine Folge der klimakteri-
schenHyperästhesien an den verschiedensten Organen und Sinnesappa-
raten. Daß Gefäße hyperästhetisch werden können, lehrt der ana-
tomische Aufbau der Arterien und Venen ohne weiteres: die Genese
der Gefäßhyperästhesie allerdings ist dunkel: ob hierbei eine Art
toxische Neuritis, durch Stoffwechselprozesse bedingt vorliegt, wäre
genauerer Forschung wert. .
Was die, reinen Vasalgien anlangt, also jene‘ Schmerz
haftigkeit der großen Gefäße, die ohne Krampfzustände verlaufen,
so scheinen sie für das Klimakterium beider Geschlechter etwas
Charakteristisches darzustellen, obwohl wir Ähnliches auch gelegent-
lich während der ersten Stadien der Gravidität beobachten können‘).
Zu Beginn des Klimakteriums bloß auf Druck auftretend, bleibt die
Gefäßschmerzhaftigkeit später auch spontan bestehe
n. Die Karo- _
tiden, die Schläfenarterien, die Aorta im Jugulum, die Arterien des
Beines und des Fußes sind Hauptsitze der Schmerzen, seltener die
-Brachialarterien. Die großen Venenstämme der unteren Extrem-
täten sind bevorzugte Stellen für Vasalgien — mit oder ohne gleich-
zeitige Varizenbildung. Daß die Gefäße der Sitz der ‚Schmerzen
sind, lehrt eine subtile Untersuchung ohne weiteres; sogar bel Hyper-
'ästhesien der angrenzenden Hautpartien wird der Druck auf die
Gefäßstämme oft so schmerzhaft empfunden, daß er zum Aufschreien
führt. Die Karotiden und die Temporalarterien sind die zuerst
als schmerzhaft angegebenen Gefäße; vor allem in der Kälte oder
bei schroffem Übergang von einer Temperatur in die andere treten
die Schmerzen auf. Die exquisite Druckempfindlichkeit der Gefäße
scheint mir ein wichtiges differentialdiagnostisches Moment 508°?
‚arteriosklerotische Prozesse abzugeben; nur jene Erkrankungen al
Arterien und Venen, die zum intermittierenden Hinken führen, er
zeugen spontane oder Druckschmerzen, was aber bei den hier nie
besitzen die Fähigkeit, bei
*) Bearbeitet nach dem in dem Handbuch „Biologie des Weibes“
von Halban und Seitz (Verla
Urban & Schwarzenberg) demnächst
erscheinenden Beitrag: „Innere Klinik des Klimakteriums“. _ . den
1) Ausführlicheres in der im gleichen Verlage erscheinen
| Monographie: „Innere Klinik der Gravidität“.
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14. September
zu vermissenden entzündlichen Vorgängen in der Adventitia und
im umgebenden perivaskulären Gewebe nicht wundernehmen darf.
Von besonderer praktischer Wichtigkeit ist die Schmerzhaftig-
keit der großen Gefäßstämme an den unteren Extremitäten, vor
allem in der Kniekehle. Durch sie kann die Gehfähigkeit stark
behindert werden; Verwechslungen mit den verschiedenartigsten
Prozessen an den Kniegelenken sind hierbei außerordentlich häufig.
‚Während die Kniekehle selbst in schweren Fällen anatomischer
Gelenkserkrankung fast nie Sitz von Schmerzen ist, sind bei
klimakterischen Frauen die Kniekehlen bzw. die dort verlaufenden.
Gefäße eminent druckempfindlich bzw. spontan schmerzend. Das
Gleiche gilt von Schmerzen im Gebiet der Saphena, die vor allem
beim Sitzen mit herabhängenden Beinen in. Erscheinung treten, sowie
von Schmerzen der Fußarterien, die zwar an jene des intermittieren-
den Hinkens erinnern, sich aber klinisch leicht von der echten
Claudicatio intermittens unterscheiden lassen. Die hierher gehören-
den klimakterischen Schmerzen sind: kontinuierlich, steigern sich zwar
‚beim Gehen, werden mit Parästhesien verbunden geschildert, lassen
aber die für das intermittierende Hinken charakteristischen Symptome
des Krampfes, der Blässe, Kühle der Haut, des kleinen oder fehlen-
den Pulses stets vermissen. Im Gegenteil: Wärme, ja Hitzegefühl,
das auch objektiv nachweisbar ist, gut tastbarer Puls im betroffenen
Gebiet sind Charakteristika der klimakterischen Vasalgie. Daß diese
Schmerzen häufig auf Neuritiden des Ischiadikus, tiefliegende
Varikositäten, etwa bestehenden Plattfuß bezogen werden, sei neben-
bei bemerkt. |
Einer besonderen Besprechung bedürfen die Aortalgien, die
unter dem klinischen Bilde ähnlich dem der Angina. pectoris ver-
laufen, und so überaus häufig zu der schwerwiegenden Diagnose
„Arteriosklerose der Aorta oder der Koronararterien“ Anlaß geben,
allerdings in erster Linie bei Männern, bei welchen analoge Vor-
gänge häufiger vorkommen als bei Frauen. Sicher ist, daß hierher-
gehörige schmerzhafte Sensationen auch ohne arteriosklerotische
Veränderungen in den Koronararterien oder der Aortenwurzel vor-
kommen, wie ja auch schwerste anatomische Veränderungen an den
erwähnten Gefäßabschnitten zeitlebens ohne anginöse Zustände ver-
laufen können. (Eine Ausnahme scheint: bloß die Lues der Gefäße
m machen.) Wie falsch ist es daher, nach einmaliger Untersuchung:
die für den Kranken so ‚außerordentlich deprimierende Diagnose
einer Angina pectoris vera verlauten zu lassen. Die Entscheidung,
Inwieweit sklerotische Prozesse hier eine Rolle spielen, läßt sich
selbst nach langjähriger Beobachtung oft nicht mit Sicherheit fällen.
le wenig erst nach einer einmaligen Untersuchung! Wenn also
bei Frauen mit den ersten Zeichen des Klimakteriums diese Form
der Vasalgien sich als Frühsymptem etabliert und wiederholte
Untersuchung keine Zeichen einer Arteriosklerose auffinden läßt,
wird man diese Vasalgien besonders bei ihrer Tendenz, mit der Zeit
abzuklingen, wohl mit Fug und Recht auf.den Wechsel beziehen
dürfen. Man kann Aschner nicht zustimmen, wenn er diese Form
der „Angina pectoris“ nur bei nervös disponierten oder in ihrer
Konstitution labilen Frauen sieht. Es sind iu erster Linie Frauen
vom intersexuellen Typus; also Frauen mit „virilem“ Verlauf
a des Klimakteriums, zu denen ja auch das Gros geistig arbeitender
Frauen gehört, die an Aortalgien leiden; letztere fehlen bei den
mehr asthenischen Frauen, die andere Erscheinungen von seiten
des Zirkulationsapparates aufweisen. Die Angina pectoris ist eine
eminent „männliche“ Erkrankung: dieser Satz bewahrheitet sich auch
bei Beobachtung jener Frauen, die an klimakterischer „Angina pec-
toris“ leiden. Rein praktisch verhält es sich wäbrend der in Rede
stehenden Lebensepoche (bei unseren noch so außerordentlich
Mangelhaften Kenntnissen der Ursachen der echten Angina pectoris)
So, daß wir, natürlich bei Fehlen jedes unseren Sinnen zugäng-
lichen anatomischen Substrates die im Beginne des Klimakteriums
aultretenden Angina pectoris-ähnlichen Zustände als mit dem Kli-
makterium in Zusammenhang stehend. auffassen dürfen und vor
allem den Į
dr Kranken gegenüber der Meinung in diesem Sinne Aus-
uck verleihen müssen, was um so wichtiger ist, als manchmal die
Psychische Beeinflussung derartiger Zustände in überraschend gün-
it Sinne vom Standpunkte aus, es handle sich nicht um Arterio-
f iia gelingt. Keinesfalls sehe ich einen Grund, die klimakterische
„sind pectoris“ als etwas anderes aufzufassen, als die vielfachen
‚bierhergehör igen Symptome in anderen Gefäßbezirken. Bloß die Lo-
alisation, und in manchen Fällen vielleicht auch die Prognose (bei
„Der sich etablierenden anatomischen Veränderungen) sind es, die
In diesem speziellen Falle etwas Besonderes darstellen.
Der Verlauf der Vasalgien im Bereich der hier interessierenden
schnitte ist gewöhnlich folgender: ihr Beginn scheint häufig
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
| sie treten auch
1275
mit den ersten klimakterischen Menstruationsstörungen zusammen-
zufallen. Zunächst treten unangenehme Sensationen in der Herz-
gegend auf, die von vornherein mit Ausbleiben einzelner Pulse ein-
hergehen können und manchmal von Haus aus von Tachykardie
begleitet sind (wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegen die echte
Angina pectoris!). Die Anfälle treten auch ohne körperliche An-
strengung, aber um so leichter nach psychischen Emotionen auf;
häufig ist der Abend oder die Nacht der Zeitpunkt derartiger
Attacken, welche dann als eine Ursache der klimakterischen Schlaf-
störungen nicht übersehen werden dürfen. Herzklopfen, das nur
ausnahmsweise mit Dyspnöe verbunden ist, geht mit zunächst an
der Herzspitze lokalisierten Schmerzen einher;
Oppressionsgefühl bei Fehlen von Tachykardie, Arhythmie, ‚Schmerzen
und Erstickungsgefühl ist als Initialsymptom seltener: Bei nach
' Mahlzeiten auftretenden Oppressionen darf niemals Zwerchfellhoch-
stand als eventuell alleinige Ursache übersehen werden.
Wie viele Fälle von „Angina pectoris“ entpuppen sich als Folge _
dieses überaus häufigen und relativ harmlosen Vorkommnisses!
Die oben beschriebenen schmerzhaften Sensationen mit oder
ohne Tachykardie berechtigen noch durchaus nicht zur Diagnose
von Angina pectoris, ebensowenig wie sie für eine organische .Er-
krankung von seiten des Herzens mit bereits einsetzenden abend-
lichen oder nächtlichen leichten Insuflizienzerscheinungen sprechen.
In späteren Zeiten, sozusagen auf der Höhe des Klimakteriums, .
nehmen diese Beschwerden allerdings manchmal wesentlich zu;
zu anderen Tageszeiten und auch nach
körperlichen Anstrengungen auf, was immerhin auf eine leichtere
‚Ermüdbarkeit des Herzmuskels hindeutet. In diesen Fällen wird
man auch bei mageren Frauen einen gewissen Grad von Dyspnöe
nicht vermissen, obwohl die klimakterische Dyspnöe durchaus nicht
für den in Rede stehenden Symptomenkomplex. Charakteristisches
darstellt. In einer Auswahl von Fällen findet man diese Vasalgien ver-
bunden mit ausstrahlenden Schmerzen, wie bei derechten Angina
pectoris, wenn sie auch fast niemals sich mit dem schweren Zu- .
standsbild der echten Angina pectoris .decken; charakteristisch für
die in Rede stehende Form ist die Häufung der Anfälle bei nur
wenig gestörtem Allgemeinbefinden. In den Anfangsstadien treten
sie mit Vorliebe in den Nachmittagsstunden nach körperlicher Be-
wegung im Anschluß an die Mahlzeit, bei Temperaturwechsel, beim
Auskleiden oder Waschen mit kaltem Wasser usw. auf. Bei völliger
Ruhe kommt es kaum je zu einem wirklichen Anfall mit Irradiationen.
Als hervorstechende Momente während dieser Attacken be-
obachtet man wohl krampfartige schnürende oder brennende sub-
sternale Schmerzen. Die: eigentliche Präkordialangst fehlt aber
immer, ebenso wie das Vernichiungsgefühl. Auch die Ausstrahlung
der Schmerzen nach den Extremitäten hin erreicht selten jene In-
tensität wie bei der echten Angina. Die in Rede stehenden Anfälle
sind ferner eher mit Parästhesien als mit wirklichen Schmerzen
verbunden. Öfter leitet sich der Anfall durch Parästhesien der ver-
schiedensten Art in den Fingern oder in .der Hohlhand ein, die
zentripetal fortschreitend, analoge Sensationen in der Herzgegend
setzen. Die tastbaren Arterien der betroffenen Körperhälfte sind
hierbei deutlich kontrahiert, die Atmung ist selbst bei schweren
Anfällen nicht gestört. Die durch den überwältigenden Schmerz
bedingte Atmungshemmung des echten anginösen Anfalles fehlt.
Die Frauen sind auch während des Anfalles fast immer imstande,
ihre momentanen Beschwerden zu schildern; es fehlt die große
Angstlichkeit im Gesichtsausdruck und das Vermeiden jeder körper-
lichen Bewegung. Die linke Brustseite, die Schulter, die obere
Extremität wird hyperästhetisch gefunden, was wir übrigens auch:
bei der echten Angina ‘sehen. Die Dauer der einzelnen Anfälle,
diè sich auch in andere Körpergebiete, wie Kiefer, Schulterblätter,
rechten Arm ‚gegen das Abdomen zu (Verwechslung mit Choleli-
thiasis) ausbreiten können, ist gewöhnlich nur kurz. An den so-.
‚genannten Status anginosus erinnernde Zustände kommen nicht vor 2),
Auch die schmerzhaften Sensationen in den Fingern. und
(seltener) in den Zehen gehören in das Gebiet der Vasalgien. Der
Parästhesien in diesen Körpergebieten wurde bereits gedacht, aber
es kommen mit heftigen Schmerzen verbundene Kramplzustände da-
selbst vor, mit Gefühl von Totsein und objektiv nachweisbarer manch-
mal schwerer Asphyxie. Diese Krampfzustände treten mit: Vorliebe
morgens auf und werden ebenso leicht wie Gefäßkrämpfe an anderen
Körperstellen durch Kälteeinwirkung,' schroffen Temperaturwechsel.
ausgelöst. . Sind nicht nur die. Finger, sondern — allerdings
2) Interessant ist die Kombination der Anfälle mit Hitzewallungen
und partiellen Schweißen, deren Sitz bei den einzelnen Attacken stets:
der gleiche zu sein pflegt.
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seltener — die ganze Extremität Sitz der Vasalgie, so kommt es
unter Umständen durch die sich häufenden Anfälle zu Bewegungs-
hemmung und Hypästhesie, ja sogar Analgesie. Bei längerem
Bestehen des Leidens entwickelt sich in vielen Fällen deutliche
Gefäßparese, die Hände werden dunkelrot, fühlen sich heiß an, sind
ödematös, neigen zu Ekzemen und Nagelkrankheiten. An den Zehen,
die von Gefäßkrämpfen befallen werden, entwickeln sich im post-
klimakterischen Alter leicht gangräneszierende Prozesse infolge
lokaler endarteriittischer Zirkulationsstörungen.
Neben diesen peripher lokalisierten Vasalgien möchte ich eine
Reihe anderer während des Klimakteriums zur Beobachtung gelan-
genden schmerzhaften Sensationen gleichfalls auf lokale Gefäß-
krämpfe beziehen. So die oft wunleidlichen Parästhesien und
Schmerzen in der. Zunge, wo sich nicht allzu selten infolge der
häufigen Zirkulationsstörungen an Glossitis gemahnende Zustände
entwickeln; desgleichen dürften krampfhalte Schmerzen im Schlund,
sowie im Abdomen bei deutlicher Druckempfindlichkeit der Aorta
(bei mageren Frauen) auf lokale Vasalgien sich beziehen lassen, wofür |
auch therapeutische Erfolge sprechen.
*
i *
Vielleicht ist hier der Ort, auf ein mehr objektives Symptom
einzugehen: auf das vielfach beschriebene Symptom der klimak-
terischen Hypertonie. Ohne an dieser Stelle die einschlägige
Literatur anführen zu wollen (inbezug auf welche ich auf meine
eingangs zitierte monographische Darstellung des Gegenstandes
verweise), sei nur so viel hervorgehoben, daß die einen Autoren die
Hypertonie auf den dauernd erhöhten Sympathikustonus beziehen —
eine unrichtige Annahme, denn das Klimakterium ist das ausge-
sprochenste Beispiel für Heterotonie, während andere wieder der
Ansicht sind, daß durch den Ausfall der im Ovarium vorkommen
sollenden vasodilatatorischen und blutdruckherabsetzenden Sub-
stanzen und dadurch bedingtes Überwiegen der Antagonisten dieser
hypothetischen Stoffe die Drucksteigerung zustande komme. Dem
gegenüber sei aber hervorgehoben, daß genug Fälle übrig bleiben,
die trotz erhöhtem Sympathikustonus — es sind das bestimmte
hyperthyreotische Verlaufsiormen des Klimakteriums — niemals
Blutdrucksteigerung aufweisen und überhaupt Hypertonie während
des Klimakteriums mindestens ebenso oft fehlt wie sie vorkommt;
selbst bei jenen Fällen fehlt, wo sie theoretisch zu erwarten wäre.
Meiner Ansicht nach (auch Jaschke hat schon früher dieser
Meinung Raum gegeben) müssen wir, alle jene Fälle, bei denen
sich bei bestehender Hypertonie nach kürzerer oder längerer Zeit
Störungen der Nierenfunktion einstellen, als nicht rein klimakterische
Drucksteigerungen ausscheiden. Der Inhalt des Begriffes der
„blanden Hypertonie“ schwankt noch außerordentlich, wie ja auch
die Beziehung des Adrenalinstoffwechsels bzw. die Bedeutung
drucksteigernder Inkrete für das Zustandekommen der Hypertonie
noch nicht völlig geklärt ist. Von einer ausgesprochenen klimak-
terischen Hyperadrenalinämie ist uns aber bis jetzt nichts Genaueres
bekannt, obwohl manches für ihre Existenz zu sprechen. scheint.
Ohne an dieser Stelle auf das Problem: der Drucksteigerung über-
haupt einzugehen, wäre bloß das Folgende über die Klinik der
klimakterischen Hypertonien zu sagen:
Die Drucksteigerung während des Klimakteriums.
manifestiert sich anders als in anderen Lebensepochen. Sie
ist wenigstens in der ersten Zeit außerordentlich schwankend, d.h.,
die Druckhöhen variieren zu verschiedenen Tageszeiten, aber auch
infolge verschiedener geistiger Anstrengungen und psychischer
Emotionen in wesentlich höherem Maß als das sonst vorzukommen
pflegt, wobei die betreffenden Frauen durchaus nicht zu den be-
sonders erregbaren gehören müssen. Sehr häufig wechseln Zeiten
des Überdruckes mit: solchen abnorm tiefen Drucks. Erst nach und
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
nach etabliert sich — manchmal — eine mehr gleichförmige Kurve. Auf
eine einmalige Messung hin die Diagnose: „erhöhter Blutdruck“ zu
Hypertonien, sondern Blutdruckschwankungen innerhalb be-
. 14. September
stellen, ist besonders im klimakterischen Alter verwerflich, weil nicht
trächtlicher Werte das für das Klimakterium Charakteristische
sind, während von Haus aus bestehende Hypertonie mit Gleich-
förmigkeit der Messungskurve die Annahme einer rein klimakterischen
Ursache höchst fragwürdig erscheinen läßt.
Fälle mit erhöhtem Blutdruck leiden gemeiniglich auch sonst
an Vasalgien und Krampfzuständen: häufig fällt die temporäre Druck-
erhöhung mit den früher beschriebenen Schmerzattacken zusammen -
und zwar nicht bloß mit den anginoiden Formen in der Herzgegend,
sondern auch mit den erwähnten Krämpfen in anderen Körper-
gebieten. Andererseits kommen aber auch Drucksteigerungen als
Folge eines offenbar mehr universellen Gefäßkrampfes zu-
stande. Diese universellen Gefäßkontraktionen, die im gegebenen
Moment natürlich Drucksteigerungen zur Folge haben, dokumentieren
sich, wie ich mehrfach beobachten konnte, durch plötzliches Härter-
werden der zugänglichen Arterien. Zur Feststellung dieser Dinge
ist es natürlich notwendig, die betreffenden Frauen in bezug auf
ihren Gefäßapparat und Blutdruck genau zu kennen, weil alle
Schlüsse, die man aus einer einmaligen, und vor allem erstmaligen Blut-
druckmessung zieht, falsch sind. Derartige Attacken paroxysmaler
Drucksteigerungen sind mit hHitzewallungen, Kopfschmerz,
Schweißen oder Schwindel vergesellschaftet: nach Ablauf der Attacke
lassen sich Bradykardie und dasSymptom der großen Pulse nachweisen,
ähnlich wie man es nach Adrenalininjektionen zu sehen gewohnt
ist, wie’ überhaupt der ganze Symptomenkomplex an die
klinischen Folgen einer Adrenalininjektion erinnert.. Auch
jene Fälle mit mehr dauernder Hypertonie und deutlich nachweis-
barem Kontraktionszustand an den peripheren Geläßen, die häufig
genug mit Verdiekung der Gefäßwand, id est sklerotischen Prozessen
zum Schaden der Kranken verwechselt werden, gehören in die
Gruppe der mehr Bradykarden.
Hypertonien mit gleichzeitig bestehender Tachykardie, ein
Syndrom, auf welches zuerst Mannaberg hinwies, wobei auch der
Grundumsatz gesteigert ist, sieht man gelegentlich bei bestimmten
Verlaufsfiormen des Klimakteriums. Charakteristisch aber für das
Klimakterium, und wie es scheint nur für dieses, ist der hyper-
tonische Anfall mit nachfolgender Bradykardie.
Wir sind daher in der Lage, die Drucksteigerung als Folge
attackenweise auftretender, mit oder ohne schmerzhafte Sensationen
in verschiedenen Gefäßbezirken einhergehender Krampfzustände aul-
zulassen, wobei wir freilich die Frage nach der Genese der Druck-
steigerungen, bzw. der lokalen Gefäßkrämpfe, derzeit noch offen
lassen müssen. Der erhöhte Sympathikustonus kann hierbei
eine Rolle spielen; ob derselbe aber auf hormonalem Wege via
chromaffines System zustande kommt, oder ob hier andere Momente
eine Rolle spielen, steht vorläufig noch dahin. In bezug auf die
Genese und Bedeutung von Gefäßkrämpfen überhaupt sei auch an
dieser Stelle auf die schönen einschlägigen Arbeiten von P ál verwiesen.
Faßt man das über das Verhalten des Blutdrucks
im Klimakterium bis jetzt fesistehende zusammen, s0
läßt sich sagen, daß die Druckschwankungen in sonst
nicht zur Beobachtung gelangenden Grenzen, nicht die
dauernde Hypertonie für das Klimakterium .charakte-
ristisch sind. Ein weiteres Charakteristikum ist der auch
objektiv nachweisbare lokale oder mehr universelle Ge-
fäßkrampf mit konsekutiver Hochdrucksattacke und
Bradykardie, der seinem klinischen Verlauf nach
durchaus den Folgen einer intravenösen Adrenalininjek-
tion gleicht.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus der Chirurgischen Klinik der Deutschen Universität in Prag. | scheinen die Veranlassung dafür abzugeben, daß das Geschwür auch
Nachblutungen aus der Nahtstelle nach Magen-
operationen.
Von Prof. Dr. H. Schloffer.
Nachblutungen nach Gastroenterostomien, die wegen, Magen-
oder Duodenalgeschwüren ausgeführt worden waren, sind nach den
vorliegenden Berichten keine Seltenheit. Der Druck und die Zerrungen,
denen das offene Geschwür während der Operation unterworlen ist,
die vermehrte Durchblutung, die nach der Operation auch in der
Umgebung des eigentlichen Operationsgebietes eintreten mag,
dann, wenn es vorher nicht geblutet hai, nach der Operation zu’
weilen recht stürmisch zu bluten beginnt. Eine nicht geringe Zahl
von Gastroenterostomierten ist solchen Blutungen erlegen. In man-
chen Fällen hat die Sektion ein offenes Gefäß am Geschwürsgrunde
aufgedeckt, in anderen Fällen blieb bei der Autopsie die Quelle der
Blutung unaufgeklärt und so hat man sich, ebenso wie in manchen
nicht sezierten Fällen, mit der Annahme begnügt, daß die Blutung
aus dem Geschwür erlolgt sei.
Ungleich seltener sind nach den bisherigen Veröffentlichungen
Nachblutungen, die von der Nahtstelle der G. E. oder der'Resektion
herrühren. Man gewinnt den Eindruck, daß einzelne Chirurgen über-
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14. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
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haupt nicht an die Möglichkeit einer Blutung von der Nahtlinie her
denken, sondern nur an eine solche aus dem Geschwür. Nur aus-
nahmsweise wird unter den Komplikationen der G.E. die Blutung
an der Anastomosenstelle in erster Linie genannt [Sofus Wideroel)].
. Finsterer?) glaubt nicht an die Möglichkeit, daß nach Resektionen
ernste Blutungen aus der Nahtstelle vorkommen. Er meint, daß bei
sorgsamer Blutstillung die Blutung nach der Resektion niemals aus
einem großen arteriellen Gefäß, wie bei einem penetrierenden Ulkus
erfolgen könne, sondern nur aus einem Schleimhautgefäß, so daß bei
niedrigem Blutdruck die Blutung von selbst stehen könne und tat-
sächlich in vielen Fällen auch von selbst stehe.
In manchen Fällen, die in der Literatur als Blutungen aus
dem zurückgelassenen Ulkus aufgefaßt sind, scheint mir diese Deu-
tung nicht über jeden Zweifel erhaben, indem hin und wieder auch
die Vorstellung berechtigt ist, daß die Blutung ebensogut von der
Nahtstelle gekommen sein könne. Um nur ein Beispiel zu erwähnen,
hat in jüngster Zeit Metge®?) wieder mehrere Fälle von postoperativer
Blutung mit tödlichem Ausgange mitgeteilt, die er alle als Ulkus-
blutungen betrachtet und bei denen er die Nahtstelle als Ursache
der Blutung ausdrücklich ausschließt. Welche Gründe ihn zu
dieser Ausschließung veranlassen, ist in der Arbeit nicht aus-
geführt. Aber demjenigen, der diese Gründe nicht kennt, drängt
sich der Gedanke auf, daß doch in einem, vielleicht in zwei von
den vier Fällen die Blutung nicht von dem Geschwür, sondern von
der Nahtstelle ausgegangen sein könnte.
Es darf nicht übersehen werden, daß auch bei der Sektion
ein sicherer Nachweis der Quelle der Blutung zuweilen nur sehr
schwer erbracht werden kann. Selbst dann, wenn die Blutung von
der Nahtstelle herrührte, kann die Auffindung des offenen Lumens
in dem durch die Naht veränderten Magen-Darmgewebe unmöglich
sein. Blutige Imbibition der Wundlippen kann vorliegen, ob die
Nahtstelle geblutet hat oder nicht, sie braucht aber trotz voraus-
gegangener Blutung keinen ungewöhnlich hohen Grad anzunehmen.
In dubio liegt es bei vorhandenem offenen Geschwür, auch wenn
in demselben keine größeren offenen Lumina zu finden sind, immer
nahe, das Geschwür für die Blutung verantwortlich zu machen, um-
somehr als der Chirurg wohl gewöhnlich das Bewußtsein in sich
trägt, alle nötige Sorgfalt an die Blutstillung gewendet zu haben
und der Anatom sich ohne einen vorliegenden Beweis vom Gegenteil
nicht entschließen wird, das Gegenteil anzunehmen.
Immerhin ist durch eine Reihe von kasuistischen Berichten
erwiesen, daß auch tödliche Nachblutungen von der Nahtstelle aus-
gehen können (Brenner, Petrén, v. Haberer, Börger, Peter-
mann u. A.); einige Fälle betreffen Gastroenterostomien, andere
Resektionen. Auch die nicht tödlich verlaufenen Nachblutungen nach
Resektionen beweisen durch ihr Vorkommen die von der Nahtstelle
drohende Gefahr. v. Haberer®), der eine G. E. und eine Resektion
infolge Blutung aus der Nahtstelle verloren hat, hätte wahrschein-
lich noch mehr derartige Opfer bei Resektionen zu beklagen gehabt,
wenn er nicht in 10 weiteren Resektionsfällen der Blutung wegen
relaparotomiert hätte. Obgleich der Prozentsatz dieser Nachblutungen
bei dem ungewöhnlich großen Resektionsmaterial v. Haberers ein
unerheblicher bleibt, so ist doch die absolute Ziffer hoch genug,
um neuerlich zu zeigen, daß auch ein geübter Magenchirurg vor
solchen Blutungen nicht gefeit ist. |
Auch ich war auf Grund der Erfahrungen an "meiner Klinik
durch viele Jahre der Überzeugung, daß verhängnisvolle Blutungen
. von der Nahtstelle aus nach Magen-Duodenaloperationen kaum zu
Diese Auffassung wurde in empfindlicher Weise
fürchten seien.
durch eine Reihe von Erfahrungen richtiggestellt, die wir während
des Jahres 1922 und Anfang 1923 gemacht haben. Es handelte sich
um 6 schwere Nachblutungen, von denen 2 ohne Operation gestorben
Sind, wärend von den übrigen 4 Fällen 3 nach der Relaparotomie
am Leben erhalten werden konnten. Daß die Operation in den
beiden ersten Fällen unterlassen wurde, hing in dem einen Falle
mit der irrigen Vorstellung zusammen, bei Blutungen von der Naht-
stelle sei die Aussicht auf spontanes Stehen der Blutung eine
günstige, in dem anderen Falle damit, daß bei der Operation ein
schwer resezierbares Geschwür nachgewiesen worden war, auf dessen
echnung man die Blutung setzen zu missen glaubte.
Es handelte sich in dem ersten Fall um eine Resektion wegen
pylorischen Geschwürs, von dem nicht entschieden werden
3 zul. I. Chir. 1918, S. 622, Ref.
-) Zschr. f. Chir. Bd. 158, S. 114.
i a f. Paie, 1924, No. 4, S. 131. Stoff
wechselkh Bd 8 engl. Abhandl. a. d. Geb. d. Verdauungs- u. »toll-
eines
konnte, ob es nicht vielleicht bösartiger Natur war. Die Wieder-
.vereinigung war nach Billroth II-Krönlein vorgenommen worden.
Der Kranke kollabierte einige Stunden nach der Operation, aber erst
in der folgenden Nacht trat Bluterbrechen auf, und kurz darauf war der
Zustand bereits ein so elender, daß sich der betreffende Assistent von
der Relaparotomie nichts mehr versprechen wollte, eher vielleicht auf
ein spontanes Stehen der Blutung rechnen wollte. Bei der Sektion
fanden sich an der Nahtstelle offene Gefüße, aus denen es geblutet
hatte. Daß nebenher braune Atrophie des Herzens und der Leber
gefunden wurde, ändert nichts an
wenn auch zugegeben werden muß, daß ein gesünderer Organismus
sich nach etwaigem Stehen der Blutung vielleicht noch hätte erholen
können.
| In dem zweiten Fall war wegen eines penetrierenden Ulcus
' duodeni eine hintere G.E. mit Wilmsscher Ausschaltung gemacht
worden. Der Kranke ging zweieinhalb Tage nach der Operation zu
Grunde. Bluterbrechen war hier überhaupt nicht aufgetreten, aber am
Tage nach der Operation wurden bei fast pulslosem Patienten 1!/, Liter
alten stinkenden Blutes ausgehebert, am nächsten Tage kleinere Mengen,
kein frisches Blut. -Der verantwortliche Assistent vermutete eine
Blutung aus dem Ulkus und unterließ in der Hoffnung, die Blutung
werde von selbst stehen, die Relaparotomie, zumal sich bei der Operation
gezeigt hatte, daß die Resektion eine ungemein schwierige Aufgabe
argestellt hätte. Bei der Sektion ließ sich an einem Winkel -der
Anastomose Blut aus 2 offenen Gefäßlichtgingen hervorpressen.
In diesen beiden Fällen war die Operation von Assistenten
ausgeführt, die keine Neulinge auf dem Gebiet der Magenchirurgie
waren. In beiden Fällen hätte möglicherweise die sofortige Rela-
parotomie bei Kenntlichwerden der Blutung den Kranken zu retten
vermocht.
Ist man zu einer Relaparotomie wegen Nachblutung genötigt,
so hat man sich, falls eine Resektion vorausgegangen ist, vor allem
an die Nahtlinie und allenfalls auch an die Stelle des blinden
Duodenalverschlusses zu halten, während bei einer G.E. wegen
Geschwürs erst festzustellen ist, ob dieses oder die Nahtstelle
blutet. Ist von. vornherein nur an die Nahtstelle zu denken, so
kommen zwei Wege in Betracht: Die Umstechung der Nahtlinie
von außen her und die Eröffnung des Magens mit Umstechung der
blutenden Stelle unter Leitung des Auges. Ich zweifle nicht daran,
daß diese beiden Wege des ölteren beschritten worden sind, wenn
auch in der Literatur an einschlägigen Mitteilungen nicht viel zu
finden ist. v. Haberer hat in den obenerwähnten 10 Resektions-
fällen aufs Geratewohl eine breite nochmalige Übernähung. der
Anastomose bzw. der Bürzel vorgenommen und seine Patienten
gerettet, Wir haben von vornherein, auch nach der Resektion, die
Eröffnung des Magens vorgezogen, weil diese den Vorteil bietet,
daß man die Anastomosennaht gut übersehen und die Blutung unter
der Leitung des Auges stillen kann. | |
Von den vier Fällen, bei denen wir in die Lage gekommen
sind, in dieser Weise vorzugehen, betrafen 2 Resektionen. Einmal war
wegen Geschwürs in der Magenmitte diese bis zum Pylorus weg-
genommen, das Duodenum blind verschlossen, die Wiedervereinigung
nach Billroth II-Krönlein vorgenommen worden. Der Kranke
befand sich nach der Operation durch zwei Tage wohl. Erst volle
drei Tage nach der Operation trat Erbrechen von zunächst altem
braunem Blut, dann von irischrotem Blut ein. Da die Pulszahl anstieg
und der Puls recht weich wurde, wurde relaparotomiert (Dr. A. Horner).
An der Magen-Darmnaht fand sich eine Stelle blutiger Imbibition an
der Serosa, und nach Eröffnung des Magens durch einen Schnitt,
3 Querfinger von der Anastomosennaht entfernt und parallel zu dieser,
zeigte sich an der Schleimhautseite entsprechend der blutig imbibierten
Serosastelle eine nicht geringe Blutung aus der Nahtlinie, die um-
stochen wurde. Der Kranke wurde geheilt. In einem anderen Falle
von Resektion nach Billroth II mußte noch am Tage der Operation
relaparotomiert werden, die Blutung wurde vom Lumen aus umstochen;
auch hier genas der Kranke. l l
Zweimal handelte es sich um Gastroenterostomien, das eine Mal
wegen Dilatatio ventriculi zufolge eines Geschwürsprozesses in der
Pylorusgegend, das andere Mal wegen eines Duodenalgeschwürs. In
dem ersten dieser beiden Fälle trat nach der dem erationstage
folgenden Mitternacht reichliches Erbrechen frischen Blutes in der
Gesamtmenge von etwa 1 Liter auf, der Puls verschlechterte sich
erheblich. Die Relaparotomie mit Eröffnung des Magens durch einen
Längsschnitt ergab Sickerblutung an mehreren Stellen im Bereiche der
G.E.-Naht. Umstechung. Verschluß der Magenwunde in querer
Richtung. Der Kranke wurde geheilt. In dem anderen Falle wurde
am Aberd des Deren ae in gleicher Weise vorgegangen und :
ahtstelle durch Umstechung zum Stehen-
eine starke Blutung an der
gebracht.. Auch dieser Kranke hat sich von der Blutung erholt, er
ging aber unter den Erscheinungen einer Pneumonie 3 Tage später
zu Grunde. Die Sektion ergab eine beiderseitige lobäre Pneumonie,
Wir haben also 3 Kranke mit profuser Nachblutung nach
Magenoperationen durch die Relaparotomie gerettet, während der
er Tatsache des Verblutungstodes,
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„sicher erkennen und uns auch davon überzeugen,
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©, © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
14. September
vierte leider einer Pneumonie erlegen ist. Auch in diesem Fall
. fand ‘sich bei der Sektion kein Blut mehr und keine Peritonitis, die
zweite Eröffnung des Magens hatte dem Bauchfell keinen Schaden
gebracht.
' Gewiß gibi es Falle, wo der durch die Resektion geschaflene
Zustand eine neuerliche breite Eröffnung des Magens zum Zwecke
der Blutstillung an der Nahtlinie nicht geraten erscheinen läßt.
Wenn die Nahtstelle sehr hoch kardiawärts gelegen ist, kann die
neuerliche Mageneröffnung, insbesondere aber die Verschlußnaht
derselben einen nicht ganz einfachen Eingriff darstellen, den man
gerade solchen ausgebluteten Patienten nicht noch zumuten möchte.
‚In solchen Fällen würde auch ich mich der’ Übernähung der Naht- |
_ linie von außen durch tiefe, bis in das Lumen.oder nahe an dasselbe
reichende, fortlaufende Nähte bedienen. Wo aber der zurückgelassene
Magenabschnitt genügenden Raum für eine Gastrotomie bietet, sowie
bei Blutungen nach Gastroenterostomien scheint mir die Gastrotomie
der zweckmäßigere und den Erfolg besser verbürgende Eingriff zu
. sein. Wir können (allenfalls durch kräftiges Abtupfen der Nahtlinie
bei im Augenblick ‘etwa versiegter Blutung) die blutende Stelle
ob unsere vom
Lumen aus angelegten Umstechungsnähte die Blutung wirklich zum
Stehen gebracht haben oder nicht. Das.ist in gleicher Weise bei
der Umstechung von außer nicht der Fall, wenn auch viel Wahr-
scheinlichkeit dafür spricht, daß wir bei kunstgerechter Durch-
führung dieser Umstechungsnähte unter anderem auch das blutende
Gefäß treffen. Da aber die größten Gefäße in der. Submukosa
liegen, werden diese Umstechungsnähte bis in die Mukosa. hinein-
geführt werden müssen, ein mit Rücksicht auf das nach per-
forierender Naht doch einmal mögliche Dürchsickern - von Magen-
inhalt nicht immer ganz unbedenklicher Vorgang. Natürlich können
-- auch einmal die vom Lumen aus vorgenommenen Umstechungen,
wenn sie tief geführt werden, perforieren, doch würde man in einem
solchen Falle immer in der Lage sein, durch 1—2 darüber gesetzte,
deckende Serosanähte diese perforierenden Nähte unschädlich zu
machen, wogegen man nach der Übernähung der ganzen Anasto-
mosennaht von außen her noch eine. zirkuläre deckende Serosanaht `
darüberlegen müßte, um der Perforationsgefahr mit voller Sicherheit
aus dem Wege zu gehen.
Die Gefahr, daß -man durch die Relaparotomie mit Eröffnung
des Magens . die 'Bauchhöhle infiziert, scheint mir bei geeignetem.
Vorgehen nicht groß zu sein. Man zieht. den Magen so gut
als möglich vor, stopft an allen Seiten gründlich. mit Kochsalz-
kompressen ab und operiert dann ähnlich wie bei einer Gastrotomie
zur Entfernung eines Fremdkörpers. Gewiß hat die zweimalige Er-
_ öffnung der Bauchhöhle mit der zweimaligen Narkose innerhalb eines
. oder weniger Tage Nachteile für den Kranken,
Die beiderseitige
Pneumonie, an der der eine unserer Relaparotomierten zu Grunde
gegangen ist, ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, - zumal der
Fall in eine Jahreszeit fällt, wo der Transport der Kranken auf den
Operationssaal durch lange und kaum heizbare Gänge auch sonst
~ das Auftreten postoperativer Lungenkomplikationen an unserer Klinik
‘zu begünstigen scheint.
Ein weiterer Nachteil für diese Kranken ist es, daß die zwei-
mal hintereinander genähten Bauchdecken nicht immer so verläßlich
halten, wie sonstige Bauchdeckennähte.
“ wunde wieder aufgehen, ist nicht von’ der Hand zu weisen. Wir
haben das in einem der geheilten Fälle gesehen ‚und deshalb dort
nachträglich eine Drahtnaht angelegt. Deswegen empfiehlt es sich
in solchen Fällen, insbesondere, wenn es sich um Leute handelt,
bei denen man im weiteren Verlauf auf bronchitische Komplikationen
gefaßt sein muß, sicherheitshalber gleich nach der Relaparotomie
eine stützende Bäuschchennaht mit Aluminium-Bronzedraht auszu-
führen.
Was den Zeitpunkt der postoperativen Blutungen aus der Naht-
linie anbetrifft, so ereignen sich dieselben wohl ebenso wie die
‚Blutungen aus dem Ulkus gewöhnlich am Tage der Operation
oder am Tage darauf. Demgegenüber ist es auffallend, daß die
durch Relaparotomie gestillte Nachblutung bei dem einen hier be-
sprochenen Falle von Resektion erst drei Tage nach der Operation
in Erscheinung trat, wogegen sich der Kranke in den ersten Tagen
den Verhältnissen entsprechend wohl befunden bat, am zweiten besser
als am ersten Tage, ohne Zeichen der Anämie darzubieien.
Gewöhnlich wird es sich bei den Fällen, die an der Nahtstelle :
bluten, wohl darum handeln, daß die Nähte der (fortlaufenden) in-
neren Nahtreihe an der Stelle der Anastomose oder an der Ver-
' ` sehlußnaht nicht eng genug oder nicht genau genug gelegen waren
Die Möglichkeit, daß ein-
mal einzelne Nähte im Bereiche der zweimal genähten Laparotomie-
`
und daß irgend ein n größeres Gefäß E 2 Nähten nicht genügend
verschlossen war. Ein anderes Mal war vielleicht der Faden
der inneren Nahtreihe. nicht genügend angezogen worden und wieder
ein anderes Mal muß man vielleicht “daran denken, daß der’
Faden allmählich durchgeschnitten hat und dadurch locker geworden
‘ist und daß so ein anfangs komprimiertes, aber nicht thrombosiertes.
oder durch Verdauung des Thrombus wieder durchgängig gewordenes
Gefäß geblutet: hat. Ein derartiger Vorgang dürfte bei der eben er-
wähnten Resektion anzunehmen sein, denn anders ist der' Umstand,
daß es in den beiden. ersten Tagen.nicht, dann aber ziemlich profus
_ geblutet hat, kaum zu erklären. "Die Beobachtung ist insofern lehr-
reich, als sie uns zeigt, daß die Blutung aus der Nahtstelle sich
nicht gleich nach der Operation darzubieten braucht, sondern daß
unter Umständen Tage bis dahin vergehen können. Diese Fest-
stellung scheint mir wichtig, weil, obwohl im allgemeinen auch die
` postoperativen Ulkusblutungen gleich nach der Operation auftreten,
dennoch bei einer wegen Ulkus vorgenommenen G.E. die Versuchung
ganz besonders naheliegen würde, eine erst mehrere Tage nach der
Operation aufgetretene Blutung nicht auf die Nahtstelle, sondern auf |
das zurückgelassene Geschwür zu beziehen.
- Der Grad der postoperativen Blutungen aus der Nahtlinie ist
glücklicherweise in der größten Mehrzahl der Fälle ein geringfügiger.
Und insofern müssen wir Finsterer zustimmen, als auch wir solche
Blutungen oft von selbst zum Stehen kommen sahen. Wir haben-
vorübergehendes blutiges Erbrechen, Blutbeimengung im Ausgeheber-
‘ten oder Schwarzlärbung des ersten Stuhlganges ohne Zeichen grö-
beren Blutverlustes hin und wieder beobachtet; solche geringfügige
Blutungen mögen vielleicht auch einmal der ‘durch die federnden
Darmklemmen | bedingten Schleimhautquetschung zuzuschreiben sein.
In solchen Fällen tun ebenso wie bei Blutungen aus einem offenen
Geschwür die Magenentleerung mit dem Schlauch, Injektion von
frischem Plerdeserum (Diphtherieserum), auch die von v. Haberer
empfohlenen Spülungen mit 1 °/,iger Lapislösung, von der wir ein-
mal einen Erfolg gesehen zu haben glauben, gute Dienste. Wenn
aber trotz solcher Mittel die Blutung weitergeht, dann befindet: sich
der Chirurg der postoperativen Blutung gegenüber in derselben
schweren Lage, wie bei der Blutung aus einem nicht operieren
' Geschwür. Er' kann hoffen, daß beim Sinken der Herzkraft die
Blutung von selbst steht und der Kranke sich dann wieder erholt,
er muß aber auch der Möglichkeit ins Auge sehen, daß die Blutung
andauert und der Kranke entweder der Blutung oder nachher einem
geringfügigen interkurrenten Anlaß erliegt. So wie bei der Blutung
‚aus dem nichtoperierten Geschwür die zunehmende Sicherheit der
operativen Technik heute die Chirurgen häufiger als früher ibr Heil
nicht im Abwarten, sondern im Eingreifen suchen läßt, gerade so
oder noch viel mehr sollte das auch bei der postoperativen Blutung
geschehen.
Handelt es sich um eine Resektion oder ist nach einer G.E.
der Gedanke, daß ein zurückgelassenes Geschwür blutet, abzulehnen,
dann ist bei den ersten ausgeprägten Zeichen des Blutverlustes,
Kleinerwerden des Pulses, blässerem Aussehen und dergl. unbedingt
operativ einzugreifen. Die vage Hoffnung auf ein spontanes Stehen
der Blutung kann ein Aufschieben der Operation in solchen Fällen
nicht rechtfertigen.
Aber auch dann, wenn nach einer G.E. wegen Ulkus die Ent-
scheidung, ob die Nahtstelle oder das Geschwür blutet, nicht ge-
troffen werden kann, wird im allgemeinen dieselbe Anzeige für die
Operation bestehen. Etwas schwieriger mag der Entschluß sein,
wenn man. die Operation vielleicht gerade deshalb auf eine G. E.
beschränkt hat, weil sich das Ulkus als nicht oder nur schwer
resezierbar erwiesen hat. In solchen Fällen an dem nunmehr
ausgebluteten Patienten die früher abgelehnte Resektion -doch
noch ausführen zu sollen, ist natürlich
Dennoch sollte man aber auch dabei vor der Relaparotomie nicht
zurückschrecken, zumal man: nie wissen kann, ob nicht doch nur
eine Blutung aus der Nahtstelle vorliegt, deren Stillung ohne jede
Schwierigkeit gelingt. Bei der Häufigkeit, mit der ich postoperative
Nachblutungen an meiner Klinik gesehen habe, an denen. 4 Ope-
rateurė beteiligt sind, darunter ich mit 2 Fällen, und bei dem Úm-
bei Resektionen erlebt hat, kann ich die Nachblutung von der Nabt-
stelle nicht für ein so überaus seltenes Ereignis ansehen. So sollen
wir sie also auch bei zurückgelassenem Ulkus in Betracht ziehen,
wenn die Frage der Relaparotomie zur Erwägung steht.
blutungen durch genaue Blutstillung bei der Operation, Zu diesem
nicht verlockend.
stande, daß auch v. Haberer eine größere Zahl von Nachblutungen.
Das Wichtigste ist natürlich die ‘Verhütung von Nach-
Zwecke genügt im allgemeinen wohl die unter richtigem Mitfassen |
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14. September .
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 87.
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1279
der Wundränder aufmerksam ausgeführte fortlaufende innere Naht-
reihe. Die Sicherheit der Blutstillung wird noch erhöht, wenn wir
vorübergehend zu lüften und die blutenden Gefäße einzeln zu
unterbinden. Das kann gewiß in vielen Fällen ohne Bedenken
geschehen. Wenn wir aber — wie bei mancher hinteren G.E., bei
“mancher hohen Resektion — in der Tiefe der Bauchhöhle nähen
müssen, dann ist das Lüften der Klemmen wegen der zuweilen
damit verbundenen Überschwemmung des Operationsgebietes mit
einem Gemisch von Blut und Magen-Darmsalt nicht gleichgültig,
und man vermeidet es lieber, zumal die gut angelegte fortlaufende
Naht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ja doch vollauf
genügt. Durch grundsätzliches Lülten der Klemmen würde man
wahrscheinlich mehr schaden als nützen. Unentbehrlich ist es,
wenn man die innere Naht mit Knopfnähten ausführt.
Wir selbst nähen bei Magenoperationen fast immer fort-
laufend, unterbinden größere sichtbare Gefäße gewöhnlich noch
einzeln, lüften aber die Klemmen nur ausnahmsweise. Bei der
Naht der vorderen Wundlippen bedienen wir uns nicht selten der
Schmiedenschen einstülpenden Naht oder wir fügen wenigstens,
‚wenn sich während der gewöhnlichen fortlaufenden Kürschnernaht
die Schleimbaut stärker vorzudrängen beginnt, etliche Schmieden-
sche Stiche ein. Häufig machen wir aber nur eine einfache
Kürschnernaht, und wenn sich dabei die Schleimhaut über Gebühr
vorgedrängt hat, so tragen wir sie dann, um mit der Serosanaht
nicht allzuweit abrücken zu müssen, mit einer zu diesem Zwecke
stets vorbereiteten alten Hohlschere ab, die schon ausgeleiert ist,
besonders weich geht, und zu deren Schließen überhaupt kein
Fingerdruck mehr erforderlich ist. Ein Mitfassen des während der
Naht stark angezogenen Fadens oder auch nur der Muskularis ist
dabei vollkommen ausgeschlossen, weil der vermehrte Widerstand
Es kann also anläßlich dieser Schleimhaut-
abtragung eine Lockerung des blutstillenden Fadens gar’ nicht in
Frage kommen. Übrigens bedienen wir uns dieses kleinen Kunst-
griffes seit vielen Jahren sehr oft, und bedrohliche Nachblutungen
aus der Nahtlinie haben wir außer den hier mitgeteilten, während
kaum mehr als eines Jahres beobachteten Unglücksfällen sonst so
gut wie nie gesehen.
Zusammenfassung.
l. Bei Nachblutungen nach Magenoperationen soll auch dann,
wenn ein Geschwür zurückgeblieben war, von dem die Blutung
stammen könnte, an die Möglichkeit einer Blutung aus der Naht-
stelle gedacht werden. |
~ 2. Bei stärkerer Blutung aus der Nahtstelle darf auf spontanes.
Stehen der Blutung nicht gerechnet und muß die Relaparotomie
vorgenommen werden.
9. Die breite Eröffnung des Magens ist, wenn die anatomischen
Verhältnisse sie erlauben, der sicherste Weg, die Blutung aufzu-
decken und sie zu stillen. |
Aus der Deutschen Universitäts-Kinderklinik in der Landesfindelanstalt
in Prag. |
Über Blasenausschläge im Säuglingsalter.
Von Prof. Dr. Rudolf Fischl, Vorstand der Klinik.
‚Die Beziehungen von Hautaffektionen zu krankhaften Prozessen
des Gesamtorganismus sind speziell für das frühe Kindesalter schon
lange behauptet worden, und auch die Relation solcher Verände-
rungen zu den noch im Bereiche des Physiologischen liegenden
squamationsvorgängen der obersten Epidermislagen finden in der
pädiatrischen Literatur vielfache Berücksichtigung.
, Ich brauche nur an die aus unserer Klinik stammenden Mit-
teilungen von Ritters über die seinen Namen tragende Dermatitis
exloliativa zu erinnern und die von Epstein betonte Rolle der
desquamativen Vorgänge an der Haut und den Schleimhäuten in
IR ersten Lebenstagen bis -wochen zu erwähnen. So ist es denn
a begreiflich, daß diesen Zuständen bei uns seit jeher große
v merksamkeit geschenkt wurde, und wenn ich es in den folgenden
a unternehme, eine Reihe solcher Vorkommnisse zu schildern,
Ei den Versuch mache, ihre Wege zu ergründen und ihre Be-
di „ungen zueinander zu erforschen, so knüpfe ich an alte Tra-
tionen an.
Be dermatologische und pädiatrische Literatur bieten in dieser
W ng nur geringe Ausbeute und erst in den letzten Jahren haben
»caerich, Knöpfelmacher-Leiner sowie Wieland diesen
TE EEE EEE u EEE EEE EEE
Fragen sich etwas eingehender zugewendet, ohne allerdings über |
die ersten Anfänge der Erkenntnis hinauszugelangen.
uns entschließen, die am Magen und Darm liegenden Klemmen |
Ich habe es daher unternommen, die einschlägigen Beob-
achtungen meiner Klinik aus den letzten drei Jahren, zumal an
solchen bei uns kein Mangel herrscht, zu sammeln und will ver-
suchen, gewisse gemeinsame Gesichtspunkte aufzustellen und eine
halbwege Gruppierung der in Betracht kommenden Affektionen zu
unternehmen. Bei der Zusammenstellung des Materials hat mich
meine Assistentin Frau Dr. Olga Wreger in dankenswerter Weise
unterstützt. Ä | | :
Seit jeher konnten wir die Beobachtung machen, daß in jenen
Kinder der ersten Lebenswochen betreffenden Fällen, die eine starke
Desquamation der Haut darbieten, welche einerseits in leichter Vul-
nerabilität derselben gegenüber der mazerierenden Wirkung des
Fruchtwassers, andererseits in einer zu geringen und lückenhaften
Ansammlung der vernix caseosa ihren Grund hat, sich sehr oft
staphylomykotische Infektionen finden. Je intensiver und tiefgrei-
fender die Schuppung, desto ausgedehnter sind die’ staphylomy-
kotischen Prozesse, die offenbar in den tieferen Epidermislagen
günstigere Angriffspunkte finden als in den oberen einen gewissen
Selbstschutz besitzenden Schichten des Oberhautepithels. |
u Besonders Frühgeburten mit ihrer an sich dünneren und emp-
findlicheren Epidermis, die oft die stärksten Grade von Desqua-
mation zeigen, sind häufige Opfer solcher oberflächlicher Eiterungen,
welche nicht selten über die Produktion kleiner Pusteln hinaus sich
zu ausgedehnter Blasenbildung steigern und auch in die Tiefe er-
strecken. | en |
Ich kann auf Grund. meiner Erfahrung versichern, daß eine
scharfe Grenze zwischen Pustel- und Blasenbildung nicht besteht
und daß wir sehr oft Gelegenheit haben, beide Manifestationen in
inniger Durchmischung nebeneinander zu beobachten.
Ich würde deshalb auch vorschlagen, die Bezeichnung Staphylo- :
mykose für alle diese Prozesse anzuwenden und je nachdem sich .
die Eiterung in den oberen Hautschichten abspielt oder in die Sub-
kutis hinabsteigt, von einer Staphylomycosis superficialis und pro-
funda zu sprechen. Will man in der Klassifizierung noch weiter.
gehen, so kann man von vesikulöser, bullöser, ekthymatöser und
phlegmonöser Staphylomykose sprechen, welche Einzeltypen sich
auch kombinieren. Daß diese Formen nebeneinander vorkommen
oder sich ablösen, ist eine alltägliche Erfahrung.. In der Regel
eröfinet die oberflächliche Hauteiterung das Symptomenbild, doch
kann auch der umgekehrte Fall eintreten, wie dies im Falle XVI
meiner diesen Mitteilungen zu Grunde liegende Beobachtungen der
Fall war, der ein Mädchen von 1!/ Monaten betraf, bei welchem
sich im Gefolge einer Follikullitis abscedens zunächst ein nässendes
Ekzem am Halse einsiellte, an welches sich eine den ganzen Stamm
betreffende Staphylomykose schloß, deren einzelne Effloreszenzen
teilweise ausgesprochenen Blasencharakter aufwiesen. In der Regel
ist der Weg allerdings ein umgekehrter, indem zunächst die Eiter-.
blasen kleineren und größeren Umfanges aulschießen und sich daran
die Entwicklung von subkutanen Abszessen: schließt, wofür ich zahl-
reiche Beispiele aus meiner Kasuistik anzuführen in der Lage wäre.
Ein paar Worte über den Charakter dieser subkutanen Eite-
rungen. ‚Sie sitzen in der Regel in den tieferen Lagen der Sub-
kutis und sind entweder von geröteter oder von normaler Haut
bedeckt. Ihren Weg in die Tiefe nehmen sie meist durch die Aus-
führungsgänge der Schweißdrüsen, wie dies schon vor vielen Jahren
Longard gezeigt hat, von dem die Bezeichnung: „Follikullitis absce-
dens stammt, welche das Wesen der Affektion besser bezeichnet als
die landläufige „Furunkulosis“. Es. handelt sich ja nicht um Fu-
runkel, denn man findet diese Eiterherde weder um einen Haarbalg
noch um eine Talgdrüse angeordnet und vermißt auch die zentrale
Nekrose mit folgender Piropfbildung. Das hängt wohl damit zu-
sammen, daß sowohl die Haarbälge als auch die Talgdrüsen in
diesem Alter noch sehr mangelhaft entwickelt sind, während die
Schweißdrüsen schon eine ganz bedeutende Größe aufweisen, da
sie gewissermaßen auf Posten stehen, um bei Störungen der
Perspiratio insensibilis vikariierend einzutreten. Mitunter gestatten
die Verhältnisse geradezu die Verfolgung des Weges. So war
dies der Fall bei einer sehr kleinen Frühgeburt, die nach künst-
licher Überwärmung starke Schweißproduktion aufwies und im
Anschlusse an diese eine große Zahl solcher Schweißdrüsenabszesse
zeigte, von denen eine allgemeine septische Infektion ihren Ausgang
nahm, der das Kind erlag (es handelte sich um eine konsultative
Beobachtung aus meiner privaten Praxis). |
Der Boden, auf dem die Hauteiterungen aufschießen, ist in
der Regel durch anderweitige Erkrankungen gedüngt. ` Von dem
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1280 2er
-` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37. - 02714 September iv;
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i Einflusse der vorzeitigen Geburt habe ich bereits gesprochen, auf | _ Gelegentlich von. Versuchen mit Wismutbehandlung der kon-
| : SE die Bedeutung anderweitiger Prozesse, speziell der Ernährungskrank- | genitalen Syphilis, über welche Max Frank berichtet hat,“ sahen
| NR 4. heiten, hat besonders Czerny aufmerksam gemacht, und man findet | wir in drei Fällen, von denen zwei mit Tarbis, der dritte mit
i piii _ regelmäßig in der ‚Vorgeschichte derartiger Affektionen dyspeptische | Wismut-Diasporal behandelt wurde, nach dem raschen.Abklingen .
NE . Zustände, deren Einfluß auf den Alkaleszenzgrad des Blutes und der | der spezifischen Manifestationen das Auftreten eines großblasigen
| BR . .. Gewebssäfte im Sinne einer Herabsetzung desselben ja bekannt ist. | Pemphigus, dessen Blasen schnell platzten und die Veränderung zu
en HR ‚Die schwerste Schädigung der Immunität. sowohl des Gesamt- | Geschwüren von Ekthyma térébrante durchmachten. Einer dieser
a e An organismus als auch des Hautorgans bedingen die Mehlnährschäden, | Fälle, der ein besonders schweres Krankheitsbild därbot, sei. in
` i iA, . welche eine geradezu uferlose Entwicklung solcher Eiterungsprozesse | Kürze berichtet: , | BE 2
SETS, mit ausgesprochener Neigung zu Nekrose fördern, wie ich dies Mädchen von 2!/, Monaten mit papulösem Exanthem, das auf
Erde gleichfalls an einem Beispiel kurz erläutern möchte. 3 | Injektionen von Wismut-Diasporat Klopfer rasch schwindet und fast
| j p ban! an >: handelte sich um einen Knaben von vier Monaten, bei dem unmittelbar darauf von dem Auftreten eines großblasigen Pemphigus
| i paread © -~ sich der Reihe nach eine schwere Follicullitis abscedens, eine Phleg- | abgelöst wird, dessen Effloreszenzen schnell platzen, starke Entzündung
EYE mone des rechten Eilbogens, ein Pemphigus am Stamm sowie eine | des Blasengrundes und Nekrose in der Umgebung aufweisen. "Die
Lu u Phlegmone der rechten Brustseite einstellten. Der großblasige Pem- Suche nach Spirochäten 1m Blaseninhalt ist resultatlos. ‚Aus den
j i pennig phigus trat in wiederholten Schüben auf, und nach dem Platzen der. Blasen bilden ‚sich tiefgreifende Geschwüre, die zum Teil an den
Aa pipaita lasen entwickelten sich auf dem Grunde derselben scharfrandige tief- _ Stellen des früheren en sitzen und sich bald in
EN tät greifende Geschwüre mit vielfacher Neigung zu Gangrän und ohne die unregelmäßig begrenzte l Izerationen von polyzyklischem ‚Charakter
ni, eringste Heilungstendenz. Das Kind erlag einer Pneumonie und bot umwandeln, welche die unterliegende Muskulatur. bloßlegen (die Ab-
jui Bei der Sektion die Zeichen einer Sepsis, die sich besonders in einem bildung gibt einen ungefähren Begriff von der Schwere und Ausdehnung
VEEE A n ne und parenchymatöser Degeneration der inneren eh a ee a en ner
5 y! ' Organe manilestierten. | en | l ) i re À 16
EE Einen Einfluß konstitutioneller Momento kanin man nicht fest- | 23ch Kurze Bostande rgetlos sobwindet (oin Ohrbelond, war nicht zu
k J ERE stellen, indem weder Lymphatismus noch exsudative Diathese noch | und zu Abszedierung der rechten Tonsille. Das Kind -erliegt einer -
13 I i endlich die der Leinerschen Erythrodermia desquamativa zu- | terminalen Pneumonie und zeigt bei der Sektion einen Retropharyngeal-
a 9 pa grunde liegende Abartung mitspielen. Wohl aber sind es chronische | abszeß sowie parenchymatöse Degeneration der inneren Organe. Ich
l i NE - Infektionskrankheiten, namentlich kongenitale Lues und Tuberkulose, | kann nicht umhin, anläßlich der Häufung solcher. Vorkommnisse die
Wa d iy die wir in der Genese von Blasenausschlägen und der sich an diese |
SACHE |
a
Wismuttherapie mitdenselben in ätiologischen Zusammenhang zubringen.
schließenden Ekthymabildung eine wichtige Rolle spielen sehen. Von | /
DER dem Vorkommen des Ekthyma, térébrante bei tuberkulösen Säug- | Fa. F A 7 TEE ;
ne . lingen habe ich?) erst kürzlich berichtet; von den betreffenden Wir- | I. „aueh #2” RE ES REN N
MR | iin kungen der kongenitalen Lues will ich an dieser Stelle einiges sagen. A
ku t peitean | Eine aucb in praktischer Richtung sehr wichtige Beobachtüng N
BR ieh in besteht darin, daß bei kongenital-luetischen Kindern sich mitunter ,
A \ Bein Nu noch vor dem Auftreten ‚spezifischer Hauterscheinungen Eiterungs-
a AEG prozesse im Bereiche des Derma einstellen, in deren Blaseninhalt
hENE ; Kae E
Spirochäten nachweisbar sind, so daß diese Eiterherde gewisser-
HA maßen ein Reizserum darstellen und wegen ihres bei hoher Konta-
URIE iosität ganz harmlosen Aussehens größte Beachtung verdienen. | |
iR giosität ganz harmlosen Au größe g ver | we
ul Diesen relativ‘ seltenen Vorkommnissen stehen Fälle gegen- Nachdem schon Escherich und andere Autoren die noso-
te } über, in denen die Lues gewissermaßen als Schrittmacher für die | logische: Sonderstellung der Dermatitis exfoliativa v. Ritter ange-
a i Entwicklung staphylomykotischer Hautveränderungen dient, wie dies | zweifelt hatten, ist kürzlich Wieland auf Grund eines großen
Ha ? aus dor folgenden Beobachtung hervorgeht. Br | Beobachtungsmaterials und gewichtiger klinischer, Argumente dafür
ueil $ en Es nn n. a einen a T n a | eingetreten, in dieser Alfektion nur den höchsten Grad der an der
g à 2 Tagen zur Aufnahme gelangte, und dessen Mutter nebst positiver | Haut des Säuglings sich abspielenden staphylomykotischen Prozesse
Ba Wa.R. Zeichen von Lues darbot. Das Kind selbst zeigte ein spezifisches | zu erblicken, worin ich ihm auf Grund meiner Erfahrungen nur
oe Exanthem von papulösem Charakter und neben diesem staphylo- | „ustimmen kann. Seit die Verhältnisse an der Klinik ee in
EN: mykotische Veränderungen am ganzen Körper, in deren Sekret jedoch kvorenischer Richluns wesentlich . bessert hab en vr me
sl ‚ auch bei Dunkeltelduntersuchung ` keine Spirochäten nachzuweisen | 1JS16MSC a a BEDESBEEN. JAVEN SO yL MT hi
il Be waren. Daneben bestand eine Phlegmone ad nates. Aus den staphylo- | 84NZ ausnahmsweise solche Fälle, und auch diese spielen sich in
ief a Be mykotischen Herden der Oberhaut entwickelten sich große eiter- milderen Formen ab. So der folgende Fall: 2. u
Te n] EN gefüllte Blasen, die sich nach kurzem Bestande in ekthymatöse Geschwüre Mädchen von 10 Tagen, Frübgeburt, zeigt große Pemphigus-
ah CE umwandelten und dort, wo sie im Bereiche der Schädelknochen saßen, | blasen am Stamme, die später auch auf das Gesicht übergreifen. Die
BE heine zu Nekrose der obersten Knochenlagen führten. Das Kind erlag dieser | Epidermis am Rande der Blasen leicht abhebbar und auf weite Strecken
a EORR DE Affektion und bot bei der Sektion die Erscheinungen von Pyämie | abzulösen, typischer Rhagadenkranz um die Mundspalte, langsame Ab-
hekia A gaea (Abszesse in den Lungen, Nieren und der Muskulatur) sowie spezifische | heilung unter Eichenrindenbädern und Lykopodiumpulver.
BR il z Yoe im Bereiche der Milz, Leber und der Koorpelknochen- |. Bemerkenswert ist, daß das Kind eine ganz besondere An-
sn fen 'enzen dar. Ä | hbarkeit der Haut fü hiedene Veränderungen aufweist,
en eDahad Bene ne sprechbarke er Hau r verschiedene Veränderungen
a = u, - In einem anderen Falle, der ein Mädchen von 9 Tagen betraf, | denn es zeigt einerseits das von Blattner zuerst beschriebene und
Ne Rn dessen Mutter nebst Eigenhemmung ihres Serums, die ich immer für | von Slawik richtig gedeutete Hautphänomen .in klassischer Ent-
ee) 3 pargid luesverdächtig halte, auch sonstige suspekte Erscheinungen aufwies, | wicklung und daneben auch eine außerordentlich starke Cutis mar-
hd Haste fanden sich nultiple P bien als einziges verdächtiges Symptom | t ee
REN PERA RR fanden sich multiple Paronychien als einzi e ge morata. | u ER,
NE | LE ETEN und daneben starke physiologische Schuppung, multiple Phleg- Den zweiten Fall möchte ich als fruste Form der Dermatitis
il Eh: DENE monen sowie staphylomykotische Prozesse bei konstant negativer | exfoliativa auffassen. | 0
u Ua Wa.R. Da das Kind keinerlei Störungen der Digestion darbot, war Es handelt sich um ein Mädchen von 31/, Wochen, etwas unter-
je g apilat es naheliegend, das Auftreten der diversen Eiterungsprozesse A Stammekzem, papulöser Intertrigo, später großlamellöser
1 ee gewissermaßen als metaluetisch aufzufassen. Abgang der Haut in der Gesäßgegend und an den Oberschenkeln, wo
en EHEN Eri i . : . i di j 1 isl; j i nen;
OR HERR: 1 Eine ähnliche Beobachtung ist die folgende: bei die en o nen en. leicht geröien en rien
SE N 5 | i o M f ‘n lentikuls später treten plaquesartige Herde am Rücken und an den »eitenp
ES ihn Mädchen von einem Monat. Die Mutter zeigt ein lentikuläres | Jang. p3 a | a er-
ESS KEN BR l ; Jh Kind spärliche Pemphirusbl des Thorax auf, im Bereiche welcher die Epidermis wie zerrissen ©
R pti ak Syphilid (bei negativer Wa.R.!), das Kind spärliche Femphigusblasen | Scheint und sich leicht auf weite Strecken ablösen läßt. Stellenweise
ei d KATAS am Stamme ohne Spirochäten im Blaseninhalt, eine Hämorrhagie im | konfluieren diese Herde und zeigen eine leichte Rötung ihres Grundes. .
nl. 3 ERE Bereiche der linken Fußsohle und Staphylomykose des behaarten | Im Laufe der Beobachtung, die etwa einen Monat währt, tritt lang-
BEE a SEN Kopfes. Erst mehrere toge pa H a bei ar T ones same Abheilung des Prozesses oin es
isn a boeth luetisches Exanthem von papulösem Charakter im Gesicht, an den Er: : ; R ART - und
Mae i AEn Wangen und an den oberen Extremitäten ein, das sich später auch in In ätiologischer Richtung sind es hauptsächlich Staphylo hr in |
EAN Er! ih PT r den Halsfalten und an der Bauchhaut einstellt, deutliche Beziehungen Streptokokken, die als Erreger der ın Rede stehenden en ] |
ae 3 FREE HE zwischen Lues und Reizung im Sinne Kreibich’s aufweisend. Betracht kommen; unsere Suche in dieser Richtung bot in der ege
A i pet Mii | | | einen solchen Befund, und nur ganz selten, in toto zweimal, ar
a sel o hant As A ` A 2 . . Š =
Beh +i Bay | 1) Diagnostische und therapeutische Irrtümer, Abt. Kinderhlk., sich der Bacillus pyocyaneus, aber auch dieser n Gesellschalt >
y ER DEFRA H, 6, Leipzig, G. Thieme, 1922. gewöhnlichen Eitererreger. Er bildet übrigens, namentlich zu 5
Euch g PANT l |
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4. September
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wissen Zeiten, einen recht häufigen Gast in unseren Räumen und
ist.bereits wiederholt auch bei Mastitiden der Ammen nachgewiesen
worden.
als ursächliches Moment für das Großteil der Fälle sprechen auch
Übertragungen von Kindern auf die Mütter, die allerdings im ganzen
selten sind. Ich kann besonders über einen recht beweisenden Fall
berichten, in dem von Pemphigus des Kindes eine Impetigo conta-
- giosa bei der Mutter ihren Ausgang nahm. -- | Ea
= Während wir bisher nur Prozesse behandelt haben, die sich
in die große Gruppe der Siaphylomykosen. einreihen lassen und
- bloße ‚graduelle Abstufungen darstellen, in deren Symptomenbild die
Beschaffenheit der Haut, die Intensität des Infektes, anderweitige
Erkrankungen des Kindes und die gegenseitigen Relationen zwischen
Infekt und Objekt hineinspielen, ‘ gelangen wir im Folgenden zur
“kurzen Besprechung von Blasenausschlägen anderer Ätiologie, die
gleichfalls einer Erwähnung wert sind.
So sehen wir des Öfteren, daß durch den Soorpilz verursachte
Hautentzündungen, die sich besonders in der engeren und weiteren
= Umgebung der Analölinung lokalisieren, Blasenbildung zeigen. Hat
doch der erste Schilderer dieser Affektion, Ibrahim, sie nur in
dieser Form "beobachtet, während wir .in
am Rande oder auch zwischen die Einzeleffloreszenzen eingestreut
kleine Blasen entwickeln können.
Eine in den ersten Lebensmonaten fast gar nicht vorkommende
Allektion, die gleichfalls- zu Blasenbildung führt, ist- die Impetigo
contagiosa, von der ich in dieser Gruppe von Fällen (in toto 36)
nut ein einziges Paradigma bei einem 21/, Monate alten Knaben
- bedachten konnte, in dem sich die'Infektionsquelle nicht eruieren ließ.
Eine gleichfalls ganz eigentümliche und sehr seltene Kombi-
nation ist die von Urtikaria und Staphylomykose, weshalb es ge-
- stattet sei, einen kurzen Bericht über diesen Fall zu geben. :
. Es handelte sich um einen Knaben ‚von ‚drei Monaten, der. bei
der Aufnahme einen urtikariaartigen Ausschlag am ganzen Körper
zeigte, an den sich einige Tage später eine an den gleichen Stellen
Iokalisierte Staphylomykose schloß, die in wiederholten Schüben auf-
trat. Das Kind war hochgradig 'atrophisch, sein Fettgewebe bis auf das
-Wangensaugpolster geschwunden, der Thorax auffallend weich, ‚die
{mung stridorös. Im weiteren Verlaufe der Beobachtung stellte sich
‚ein Gesichtsekzem ein, an das sich eigentümliche hämorrhagische Flecke
im Gesicht, an der Wurzel des Skrotums sowie in der Glutäalgegend
schlossen. Auch in diesem Falle muß von einer besonderen Krank-
heitsbereitschaft der Haut gesprochen werden, deren offenbar konsti-
. tutionelle Ursache sich nicht feststellen ließ. | |
. „Wenn auch der gewöhnliche Strophulus sich mitunter bereits
‚ m den ersten Lebensmonaten findet, so.gilt dies nicht für seine
bullöse Form, der man: in der Regel erst. in den späteren Lebens-
‚ Jahren begegnet, so daß eine solche Beobachtung, die ein Mädchen
‚von 1Y/, Jahren betraf, kurze Erwähnung verdient. ` `
-~ Das Kind hatte eine intrauterine Fraktur des linken Unter-
Schenkels mit nachfolgender Pseudarthrosenbildung erlitten und zeigte
‘
einen auf den ganzen Körper, inklusive .das Gesicht sich erstreckenden
"Strophulus bullosus. Bemerkenswert war es, daß ein nach der Operation
der Pseudarthrose sich. einstellendes Erysipel gleichfalls eine starke
Neigung zu Blasenbildung darbot.
Eine Aifektion, welche ich nirgendwo beschrieben finde, und:
je auch ich nur in diesem Falle zu sehen Gelegenheit hatte, möge
‚den Beschluß bilden.
| Es handelte sich um ein 9 Tage altes Mädchen, das mit der
Mutter in die Klinik aufgenommen wurde. Diese berichtete, das Kind
abe bereits in der Gebäranstält einen Blasenausschlag an der Stirne-
dargeboten, Bei der Aufnahme fanden wir ein schwer krankes’hoch-
fieberndes (Temp. 41 Grad) Kind mit ausgesprochenen toxischen Er-
scheinungen, das auf der Stirne und der ‘oberen Hälfte des Stammes
einen Ausschlag darbot, der aus dichtstehenden kleinen grau gefärbten
Bläschen bestand. Beim Bestreichen der Stirne und des Stammes mit
or Hand hatte man die Empfindung, über ein Reibeisen zu fahren.
16 Untersuchung des spärlichen Harnes ergab mäßige Eiweiß- und.
ückermengen, die Mutter erwies sich als sehr milcharm, und so ge-
Augen wir zur Annahme, daß es sich um ein sogenanntes Durst- oder
-0 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
In dem gleichen Sinne einer gewöhnlichen Eiterkokkeninfektion
werden.
| Übereinstimmung ` mit | .
Bertha Kauffmann meist papulöse Herde sehen, aus denen sich
"anspruchnabme der Perspiratio insensibilis erfolgte, die einerseits `
zu'starker Beschleunigung der Respiration, andererseits zu profuser
Schweißbildung führte, bei der die multiplen. blasigen Abhebungen
der Epidermis an der Stirne und am Stamme zustande gekommen
waren, die sich nach. genügender Flüssigkeitszufuhr rasch und so
gut wie restlos verloren.
| Es gibt also außer den gewöhnlichen .mit Blasenbildung ein-
hergehenden: Hautaffektionen der frühesten Lebenszeit auch noch
andere durch eine solche charakterisierte Prozesse, deren genauere
Kenntnis und Einordnung in das System vorläufig ausstehen. 'Wenn
ich in meinen vorstehenden Mitteilungen den Versuch gemacht habe,
die Aufmerksamkeit der Pädiater und Dermatologen auf dieses Kapitel
zu lenken, so bin ich mir voll bewußt, damit erst einen tastenden
Schritt nach vorwärts zu wagen und hoffe, daß. diese Anregungen
das Interesse Anderer an ‘den in Rede stehenden Affektionen wecken
- Aus der Deutschen Medizinischen Augenklinik Prag
`- (Vorstand: Prof. Dr. A. Elschnig).
Resektion des Canalis opticus bei Turmschädel.
Von Prof. Dr. A. Elschnig, Prag.
Die Ätiologie der Sehnervenairophie beim 'Turmschädel ist
auch heute noch nicht einwandfrei sichergestellt. Die ältere Theorie,
daß der Sehnerv durch eine Verengerung des Canalis ‘opticus
Schaden leidet. hat sich als nicht stichhaltig, erwiesen, und dürfte
heute wohl die Theorie von Behr, welcher eine Einklemmung des
Nervus opticus’ zwischen dem Knie der Carotis interna und der
Begrenzung des basilaren Endes des Canalis opticus als Ursache
der Druckatropbie feststellte, größtes Ansehen gewonnen haben. `
. Schloffer!) hat den Behrschen Befund an einer ganzen
Reihe von Turmschädeln nachgeprüft und gezeigt, daß „tatsächlich
beim Turmschädel die. Beziehungen zwischen Canalis opticus und
Sulcus caroticus nicht selten in der von Behr angegebenen
Richtung verschoben sind, mitunter in so hohem Grade, daß die `
angenommene Kompression durch die Karotis wahrscheinlich ge-
macht wird.“ Darauf basierend hat Schloffer an zwei Fällen
meiner Klinik die knöcherne obere Wand des Canalis opticus in
einer zweizeitigen Operation reseziert: Bildung eines mächtigen
; Hautperiostknochenlappens aus der Stirn ähnlich dem Vorgehen
'Krauses zur Freilegung der Hypophyse, dann als zweiter Akt
Emporschlagen des Lappens, Ablösung der das Dach der Orbita
deckenden Dura, Abhebung des Gehirns und Aufmeißelung des
ganzen Daches des Canalis opticus bezw. Entfernung mit
Knochenzange. | Ea
-= | Während der Nachbeobachtung hat sich gezeigt, daß -die
Kanalöperation zum mindesten keine Schädigung des Nervus opticus
bedingt. - Seither hat sich für Schloffer keine. Gelegenheit zur
neuerlichen Vornahme der Kanaloperation ergeben. Aar T
. Vor Kurzem hat Hildebrand?) das Schloffersche Verfahren
dahin modifiziert, daß er die Resektion des Daches des Canalis
opticus von der Orbita aus vorgenommen hat: Freilegung des
Orbitaldaches durch einen Schnitt längs des Orbitalrandes (von dem.
ein schmales Stück weggeschlagen wird) bis auf das Periost, Ab-
' lösung desselben am ganzen Dache der Orbita ‘bis zum hinteren
Ende der letzteren. Dann wird in das Orbitaldach mit dem Meißel
ein Loch geschlagen und mit einer feinen Lüerschen- Zange bis
zum Canalis opticus vorgedrungen, und dessen obere Umrandung .
weggenommen. Die Operation wurde von ihm, nachdem er einen
7jährigen Knaben nach Schloffer operiert und eine deutliche.
Besserung des Sehvermögens .von Handbewegungen in 50 cm Auf
Fingerzählen in 50 cm gefunden hatte, an der zweiten Seite des-
selben Knaben, dann bei einem 1Qjährigen Mädchen, an einem
11jährigen Knaben mit Turmschädel an beiden Seiten jedenfalls
ohne Schädigung, aber ohne deutliche Besserung des Sehvermögens -
ausgeführt.
Ich selbst habe die Operation Hildebrands in folgendem
Falle versucht: an |
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zentrationsfieber handle, welche Vermutung auch durch den Effekt
er eingeleiteten Therapie, die in reichlicher Verabiolgung von Karls-
Anton K., 50 Jahre, seit dem 10. Lebensjahr Abnahme des Seh-
vermögens, besonders rapid seit 1914. R.A.S. = Kerze 1/ m, unsichere
d
| bader | ühlbrunnen bestand und zu kritischer Entfieberung führte, ihre
= estütigung fand. Mit dem Fieberabfall war auch die so eindrucksvolle
autallektion so gut wie geschwunden, ünd an Stelle. der so reichlich
vorhand R ne i h n
ohne io ie a Blasen fand sich nur gänz geringe Hautschuppung
Ich fasse den Fall so auf, daß infolge der hochgradigen Wasser-
verarmung des Körpers und der hohen Temperatur eine starke In- |
.
‚wahrnehmung nur außen unten.
. Projektion, kleines exzentrisches Gesichtsfeld. L.A.S. = Fingerzühlen
in tj m. ' Konzentrisch eingeengtes Gesichtsfeld, 10—200, Farben-
infache Sehnervenatrophie. Hoch-
gradiger typischer Turmschädel.
i
1) Schloffer, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 51 (2) S. 1. 1913,
2) Hildebrand, O., Arch. f. klin. Chir. 124. S. 199. 1923.
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"+ 1984: MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
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14. Septemb er.
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Röntgenologisch (Klinik Schloffer) ausgeprägte Impressiones
digitatae, mittlere Schädelgrube tief eingesunken,. steiler Anstieg der.
vorderen Schädelgrube. a Be ee ze =
Die Röntgenaufnahme : des Canalis opticus (Doz. Dr. Herren-
heiser) zeigte vollständig normale ‘Verhältnisse.
Obwohl wegen der-langen Dauer der Sehstörung der Fall aus-
sichtslos war, entschloß ich mich am 24. XI. 1923 (fast nur in chirurgi-
schem Interesse) über Wunsch des Patienten zur Operation nach
Hildebrand. E | N,
Da die Begrenzung der Orbita oben in sagittaler Richtung eine
fast rechtwinkelige war, konnte ohne Resektion des Orbitalrandes an
der medialen Wund des Daches bis zur Spitze der Orbita leicht vor-
| Bedrnngen werden;.im hinteren Drittel wurde das knöcherne Dach der
Orbita aufgemeißelt und dann nach Hildebrands Angabe. gegen das
. Dach des Canalis opticus mit Meißel und Kneifzange vorgedrungen.
Die genaue Lage des Canalis opticus war nur sehr schwer festzustellen,
bei weiterem Vordringen kam ich
orbitalis superior und flossen dort einige Tropfen Liquor ab. Einlegen
- eines Drainrohres in: die Orbita (für 24 Stunden), Naht des Periosts
und der Hautwunde; reizlose Heilung . | Ä
Das Vordringen in den Canalis opticus ist ‚auch bei so.
günstigen Verhältnissen, wie sie die Orbita bei Turmschädel in. der
Regel darbietet, recht schwierig. Die Untersuchung an einer-
größeren Anzahl. von normalen. und Turmschädeln (anatumisches `
Institut Prof. Grosser), sowie Röntgenaufnahmen des Canalis
opticus durch Dr. Herrenheiser (Klinik Jaksch) zeigen, daß die
Achsen der beiden Canales optici fast aufeinander senkrecht stehen,
und zwar bei normalen und Turmschädeln ungefähr gleich, daß
‚also die Achse des Canalis opticus fast den unteren äußeren
Orbitalrand trifft. Wie ich mich auch an Leichenschädeln über-
zeugen konnte, ist es demzufolge nur bei leerer Orbita einiger-
maßen leicht, bei gefüllter fast unmöglich, ohne Quetschung des
Optikus das ganze knöcherne Dach des Canalis opticus zu
entfernen. i |
Die Röntgenaufnahme meines Falles (Dr. G. Herrenheiser) |
- ergab einen Defekt des Knochens in der äußeren oberen Zirkum-
ferenz des Canalis opticus, bis in ‘die Spitze der Fissura orbitalis
reichend. Der hinterste Teil des Kanaldaches war zweifellos .er-
halten geblieben. - | y
© Hildebrand. hat aus der Art seines zuletzt entnommenen
Stückes, abgerundeter Knochen, geschlossen, daß er tatsächlich das
ganze Dach des Canalis opticus entlernt hat. Durch Röntgenbilder
hat er seine Operation nicht belegt. Es scheint: hier sehr leicht
möglich, daß dieses abgerundete Knochenstück gar nicht das hintere
.Ende des. Kanaldaches, sondern der hintere Rand des kleinen |
Keilbeinflügels war. Hildebrand geht von der medialen Hälfte !
der Orbitalwand vor, da der Versuch von der lateralen Hälfte aus-
: zugehen sich ibm als schwieriger bzw. unausführbar erwies. Bei
dieser Art des Vordringens halte ich es für fast un-
möglich, ohne direkte Quetschung des Optikus. oder ohne
Eröffnung der Keilbeinhöhle das ganze Dach des Kanales
entfernen zu können. er: | g
. Ich möchte daher folgern, daß nur das Original-Schloffersche'
Verfahren, wenn man die durch die Turmschädel bedingte Atrophie
des Nervus opticus auf Grund der Behrschen Theorie operativ an-
‘der Säuglings- und Kindertuberkulose beschäftigten; ‚bestätigten die
Angaben von Küß (H. Albrecht, Ghon, Hedrén, M. Lange). -
in das mediale Ende der Fissura -
Die Anschauung, daß die primäre tuberkulöse Infektion mehr-
fach erfolgen könne, wird 'allgemein geteilt. Sie steht in keinem -
Widerspruch zur heute gültigen Lehre über die primäre Entstehung
der Tuberkulose, ist ebenso verständlich für die primär pulmonale
Infektion als für die primär extrapulmonale und erklärt uns auch .
die Fälle mit gleichzeitig erfolgter primärer pulmonaler und extra-
pulmonaler Infektion. Ä
Daß Küß für die Anerkennung multipler tuberkulöser Herde
ihr gleichzeitiges Entstehen fordert, geht aus seinen Ausführungen
‘klar und eindeutig hervor. Der Begriff des‘ mehrfachen Primär-
infektes ist damit gegeben. Trotzdem ist es auch dem Pathologen
nicht immer möglich, die Frage zu entscheiden, ob tatsächlich eine
mehrfache primäre tuberkulöse Infektion vorliege oder nicht. So
groß die Fortschritte sind, die seit Küß die Lehre über den tuber-
kulösen Primäriniekt und Primärkomplex erfahren hat, so’ gibt es
‚darin doch noch genug Lücken, die ausgefüllt werden. müssen.
_ .. - Der Fall, den wir hier mitteilen und der am 3. März 1924 zur
Sektion kam, soll ein Beitrag zu dieser Frage sein. | 2
| Es handelte sich um ein 81/,jähriges Mädchen, das am 25. August
1923 mit einer Kalilaugenverätzung in das deutsche Kinderspital in
Prag (Prof. J. Langer) aufgenommen und am 30. August 1923 daraus
gebessert entlassen wurde. Am 11. Okt. 1923 wurde es zum zweitenmal
aufgenommen und einer Bougiebehandlung‘ unterzogen, nachdem am
12. Okt. 1923 eine Gastrostomie mit Anlegung einer Witzelschen
Fistel gemacht worden war.. Am 21. Febr. 1924 bekam das Kind, dessen
Temperaturen bis dahin zwischen 36—-37,6 schwankten, plötzlich 40,10
Temperatur mit Kopfschmerzen und Erbrechen, ohne zunächst etwas _
anderes als eine ziemlich ausgebreitete Bronchitis nachweisen zu
lassen. Mit den Ersclieinungen einer eitrigen Meningitis starb es am
. 2. März 1924.
Das Kind war die Tochter eines Bäckergehilfen, der an Astha
leidet. Die Mutter des Kindes ist angeblich gesund. Zwei Geschwister
‚starben: ein Bruder mit 1!/, Jahren, eine Schwester mit 4 Monaten.
Die Angaben über die Todesursache der beiden Geschwister: lauteten
nicht gleich. Bei der ersten Anamnese wurde angegeben, daß beide ‘
_ Geschwister an Lungenkatarrh starben, bei der zweiten Anamnese hin-
en, daß der Bruder an Lungenentzündung, die Schwester an
e
| Ge ürmkatarrh gestorben war. Zwei andere Brüder leben und sollen
gesund sein.
| h die Verätzung mit Kalilauge En die
yosuklion in den _Lunger oten
randerunge
irquet schließen eine ändere
Da anatomisch tuberkulöse Veränderungen nur in der Lunge
und ibrem Iymphogenen Abflußgebiete nachgewiesen wurden, eine
kongenital hämatogene Infektion nicht nur auf Grund der Anamnese
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delt- habe, ist für die Erörterung des Falles gleichgültig. Aus diesem
Grunde wurde sie bei der Untersuchung des Falles auch nicht weiter
verfolgt. Nach der heute zu Recht bestehenden Auffassung würde
‚die stark positive Reaktion nach v. Pirquet bei der ersten Spitals-
aufnahme dafür sprechen, daß damals in den tuberkulösen Herden
der Fälle von Kindertuberkulose nur ein primärer Lungenherd
nachweisbar sei, seltener zwei Herde gefunden werden und multiple
primäre Lungenherde Ausnahmen bilden. Alle Autoren, die sich
später mit der Frage über die Zahl der primären Lungenherde bei
a
Sn us Opilct nr ausgeschlossen werden konnte, sondern auch auf Grund des anato-
BR gehen will, ein sicheres Resultat verspricht. eN mischen Befundes,. kam genetisch für die Veränderungen nur eine
PiE Auf dem diesjährigen Kongreß deutscher Chirurgen (ref. Zbl. f£ | primär pulmonale‘ Infektion in Betracht. Da weiters nach der |
Te E, a Nelken a | Re ae HE Anamnese die Mutter des Kindes bei dessen Spitalsaufnahme gesund Ä
Be knochenlap ons subdural bis zum .Canalis .opticus vorgedrungen, die nn und u en Eee u gezeigt
nipi obere knöcherne Wand desselben reseziert und die. Dura entlang des | 22h wie le SArankengescmenle aus ücklich. bemerkt, kann won!
at: ‘Kanals gespalten hat. Schloffer ist in der Diskussion für das extra- nicht gut auzenommen werden, : daß die Mutter. des Kindes bei
Be durale Vorgehen eingetreten, und hat gleichzeitig angeführt, daß er | dessen Geburt eine plazentare Tuberkulose hatte,- die ohne Fölgen
hr für die Kanaloperation ‚bei Turmschädel auch die Dura im Kanalbereich | geblieben . wäre, Also kann genetisch auch eine intra partum
eg ‘zu spalten empfiehlt. | | | erfolgte Infektion durch Aspiration von tuberkelbazillenhältigem
GENE S EE. Aura er | | Fruchtwasser ausgeschlossen werden. | |
ber ye | Aus dem Pathologischen Institut der deutschen Universität in Prag | ‚D emnach handelte es sich um nn nach der Geburt er-
DENER | (Vorstand: Prof. A. Ghon). | worbene primär pulmonale Infektion.
TESA. f a a a Peai a l Vom Standpunkte der Tuberkuloseforschung bemerkenswert
el Ein Beitrag zur Frage des mehrfachen Primär- . an. dem a Zunächst die Tatsache, daß er
RI . ER : : ean S nachgewiesenen tuberkulösen Veränderungen anatomisch ausgeh®
PS EAT infektes bei der — Tuberkuloseiniektion im erschienen: sowohl die Herde in den Lungen, als auch die in den
RER Kin esalter. | Lymphknoten des pulmonalen Abflußgebietes waren verkalkt und
RENATE ‘Von Dr. A. Ghon und Dr. H. Kudlich. zeigten darin morphologisch keine Unterschiede. Die Frage, ob es
MIRA RE NG BR | sich dabei auch um eine Ausheilung im biologischen Sinne gehan-
tl ie, Schon G. Küß hat darauf hingewiesen, daß in der Mehrzahl
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14. September
Abbildung 1.
Hinten.
oder wenigstens in einer der tuberkulösen Veränderungen noch
lebende Tuberkelbazillen vorhanden waren, eine Annahme, die mit
:dem anatomischen Befunde der Veränderungen nicht in Widerspruch
` steht, aber auch die Möglichkeit zuläßt, daß zur Zeit der Obduktion,
d.i.!/, Jahr nach der ersten Spitalsaufnahme, die Ausheilung auch
- im biologischen Sinne eine vollständige war. Mit dem anatomischen
Befunde deckte sich auch der histologische. Keiner der Herde in
den Lungen und den ihr zugehörigen Lymphknoten, die unter-
sucht wurden, ließen histologisch noch progrediente _tuberkulöse
Veränderungen erkennen: weder in den Herden selbst noch in ihrer
- Umgebung. ! |
Bemerkenswert ist der Fall weiters durch die Tatsache, daß
es sich anatomisch um Veränderungen eines _örtlich Ä
“und darin ausgeheilten tuberkulösen Prozesses handelte. Nur die
Lungen und ein Teil der Lymphknoten ihres Iymphogenen Abfluß-
gebietes zeigten Veränderungen nach Tuberkulose. Von den Lymph-
knoten waren die bronchopulmonalen, die unteren und oberen
tracheobronchialen und die paratrachealen betroffen, während die
retromediastinalen Lymphknoten und die im Angulus venosus beider-
‚seits auch histologisch vollkommen frei von tuberkulösen Verände-
rungen und Resten darnach waren. Nach dem anatomisch histo-
logischen Befund war es in dem Falle ‚also zu keinem anatomisch
erfolgreichen Einbruch des Tuberkuloseerregers in die Blutbahn
gekommen. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß während der noch
progredienten Periode des tuberkulösen Prozesses Tuberkelbazillen
in die Blutbahn gelangt waren. Die Entwicklung von Metastasen
blieb jedoch aus.
‚ Vor allem bemerkenswert ist der Fall schließlich aber durch
die Tatsache, daß in den Lungen eine größere Zabl von Herden
gelunden wurde, die wohl Größenunterschiede zeigten, sonst aber
‚ morphologisch, sowohl im anatomischen als auch histologischen
Bilde, vollkommen gleich waren und pathologisch-anatomisch durch-
aus Primärinfekten der Lunge entsprachen. Abgesehen von dem
im Sektionsbefund als Nr. 18 angeführten Herd in der basalen Fläche
des rechten Unterlappens, der schon makroskopisch als subpleurales
Lymphknötchen erkannt wurde und sich histologisch frei von Tuber-
kulose erwies, waren es im ganzen 17 Herde, die die genannten
a akalen zeigten. 6 davon lagen in der rechien Lunge, 11 in
r Anken; i i
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Rechte Lunge: 6 | Linke Lunge: 11
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Oberlappen | Mittellappen | Unterlappen | Oberlappen | Unterlappen
es
o er Se De Te d i T oi
bi Der Sitz der Herde ist aus dem Protokoll und den drei Ab-
ildungen ersichtlich. Nur der mit 10 bezeichnete Herd. lag in den
zentralen Teilen des linken Unterlappens. Er wurde erst bei der
an eune der Lungen in makroskopische Serienschnitte gefunden.
e anderen Herde lagen subpleural. Sowohl im rechten als im
linken Unterlappen waren es die vorderen Flächen, die bevorzugt
„schienen, denn 4 (40 °/,) von den 10 Herden des linken Unter-
‚“ppens und 3 (600/,) von den 5 des rechten Unterlappens saßen
in der vorderen Fläche. |
Die Größe der 17 Herde war nicht gleich: 6 Herde hatten
die Größe eines Stecknadelkopfes, 3 überschritten sie, 4 hatten
last die Größe einer Erbse, 3 erreichten sie und 1 hatte die Größe
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
Abbildung 2.
Vorn. ,
_
1283 `
- Abbildung 3.
ra
Medial.
eines Kirschkerns. Die Unterschiede waren demnach keine auf-
fallenden, besonders wenn berücksichtigt wird, daß die Größen-
bestimmung nur durch Auge und tastenden Finger erfolgte.
= Für die Frage, worum es sich bei den 17 Lungenherden
handelte, kamen anatomisch zwei Möglichkeiten in Betracht: die,
daß alle 17 Herde verkalkte tuberkulöse Primärinfekte waren; und
die, daß wenigstens ein Teil der Herde als verkalkte tuberkulöse
Lymphknötchen anzusehen waren, also als sekundäre Veränderungen,
abhängig von den primären Lungeninfekten. Für die Entscheidung
dieser Frage versagte der makroskopisch anatomische Befund,
| während die histologische Untersuchung so viel mit Sicherheit ergab,
daß bei keinem der untersuchten Lungenherde Iymphadenoides
Gewebe oder Reste davon gefunden wurden. | |
Der histologischen Untersuchung wurden alle Lungenherde
zugeführt, auch der Herd 18, der schon makroskopisch als Lymph-
knötchen kenntlich war. Bei der Bearbeitung der Herde ‚geriet
leider der Herd 9 in Verlust, so daß nur für 16 Herde ein histo-
logischer Befund zugrunde liegt, wenn vom subpleuralen Lymph-
knötchen des rechten Unterlappens abgesehen wird. Da der Herd 9
makroskopisch das genau gleiche Aussehen hatte wie die übrigen
Kalkherde, kann unter Hinweis auf die histologische Übereinstim-
stimmung äller untersuchten 16 Lungenherde mit einer gewissen
Berechtigung angenommen werden, daß er histologisch keinen davon
abweichenden Befund gegeben hätte. -` l |
Mit Ausnahme des Herdes 10, der als stecknadelkopigroßer
Kalkherd innerhalb des linken Unterlappens lag, saßen alle übrigen
16 Herde subpleural. Histologisch war bei der Mehrzahl der Herde
zwischen Herd und Pleura Lungengewebe nicht mehr nachweisbar,
während es bei einigen als schmaler Streilen noch sichtbar. war.
Alle Herde waren von einer breiten bindegewebigen Kapsel um-
geben, die mehr oder weniger hyalinisiert und in den äußeren
Schichten etwas lockerer gefügt erschien. Innerhalb’ der Kapsel lag
ein scharf aber unregelmäßig: begrenzter Kalkherd, der eine deutliche
Schichtung erkennen ließ. Zwischen Kalkherd und Kapsel. lag in
allen Herden eine kalkfreie oder höchstens -nur in.Spuren kalk-
hältige Zone, ungefähr von der Breite der äußeren Kapsel, die
entweder in eine schon deutlich erkennbare dichte Hülle überging,
oder wenigstens die Tendenz dieser Hüllenbildung erkennen ließ.
Bei einigen der Herde erschien diese Hülle um den zentralen
Kalkherd so gleichmäßig entwickelt, daß der Lungenherd neben
der äußeren Kapsel noch eine innere, etwas kompaktere Kapsel
zeigte. Gegenüber der äußeren Kapsel, die histologisch einem
Reaktionsprodukt der Umgebung des Herdes entsprach, erweckte
die innere Kapsel um den Kalkherd durchaus den Eindruck eines
Produktes des abgekapselten veränderten Gewebes. Das histo-
logische Bild entsprach darin dem von Puhl für die Primär- und
Reinfekte der Lunge angegebenen Befunde der „spezifischen“ und
„nicht spezifischen“ Kapsel. In: keinem der Herde fand sich
Knochengewebe, in keinem anthrakotisches Pigment. Das die
äußere Kapsel umgebende Lungengewebe erschien vielfach etwas
komprimiert, zeigte bei manchen Herden nicht spezifische Exsudat-
massen: in einigen Alveolen und.eitrige Bronchitis und Bronchiolitis,
aber bei keinem der Herde eine Veränderung, die histologisch als
tuberkulöse oder darauf verdächtige hätte angesprochen werden
können. Ebenso ließen die Herde selbst Veränderungen vermissen
die histologisch noch als tuberkulöse erkennbar waren. Nur der
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‚werden, ob es sich bei den verkalkten Lungenherden im mit-
ebenso im Stiche wie das grob’ morphologische Verhalten der
"Spitze des linken Unterlappens: der Herd liegt im Winkel
‚lateralen Fläche des linken Unterlappen
1284
Herd 12 an der medialen Fläche des rechten Oberlappens zeigte in
der Grenze der inneren zur äußeren Kapsel in einigen Schnitten
einzelne Gebilde, die Riesenzellen glichen und von Zelldetritus um-
geben waren, als Reste verkästen Gewebes.
Auch die bronchopulmonalen unteren und oberen tracheo-
bronchialen sowie .die paratrachealen Lymphknoten, die makro-
skopisch vielfach Verkalkung zeigten, waren histologisch vollkommen
frei von frischen tuberkulösen Veränderungen. Wie bei den Lungen-
herden war auch hier die Untersuchung in Stufenserien durch- |
geführt worden. Ebenso fehlte Knochenbildung in den verkalkten
Lymphknoten. Selbst darin glichen sich die Veränderungen in den
Lymphknoten. und Lungenherden, daß die Kalkherde zum Teil auch
eine Schichtung zeigten und zum Teil gleichfalls eine doppelte
Kapsel aufwiesen oder wenigstens angedeutet hatten. — Die hinteren
mediastinalen Lymphknoten waren ebenso wie die Lymphknoten in
beiden Venenwinkeln auch histologisch frei von tuberkulösen
Veränderungen und Resten darnach.
Mit Rücksicht auf das Ergebnis der histologischen Unter-
suchung, insonderheit der zum Teil vollständigen Übereinstimmung
zwischen den Befunden der Lungenherde und den veränderten
regionären Lymphknoten, muß der Einwand hingenommen werden,
daß vielleicht doch einige der Lungenherde veränderten subpleuralen
Lymphknötchen entsprachen. Für anatomisch ausgeheilte tuberkulöse
Herde wäre demnach- auch die - histologische Untersuchung nicht
immer berufen, darüber zu entscheiden, ob es sich um Primär-
infekte oder veränderte Lymphknötchen handelt. , |
Lassen wir diesen Einwand aber beiseite, wozu eine gewisse
Berechtigung sicher vorliegt, so muß noch die Frage beantwortet
geteilten Falle wirklich um 17 verkalkte Primärinfekte handelte
oder ob nicht auch Reinfekte dabei in Betracht kamen. Weder
das anatomische noch das histologische Verhalten der Herde geben
uns auf diese Frage Antwort. Puhls Kriterien für die Unter-
scheidung zwischen Primärinfekt und Reinfekt lassen uns hier
Herde und die Veränderungen der regionären Lymphknoten. Daß
insonderheit auch die geringen Größenunterschiede dafür nicht
maßgebend sein können, braucht kaum nochmals hervorgehoben zu
werden. Das histologische Bild der Herde zeigte uns überdies, daß
die Größe einzelner Herde, so z. B. des Herdes 15, durch Konfluenz
2 eng nebeneinander liegender Herde bedingt war, ein Befund, der
die Erwägung gleicher Entstehung auch noch für einen oder der
anderen. der übrigen Herde aufkommen ließ.
So spräche denn nichts gegen, sondern alles für die Annahme,
in der mitgeteilten Beobachtung einen Fall mit ungewöhnlich vielen
verkalkten Primärinfekten der Lunge zu sehen. Wenn etwas gegen
diese Auffassung noch in Erörterung gezogen werden sollte, wäre
es die Frage einer mehrfachen pulmonalen Superinfektion kurze
Zeit nach der pulmonalen Primärinfektion. : Darauf hier näher ein-
zugehen, wollen wir unterlassen: die Erörterung dieser Frage würde
erfordern, auf die Begriffe der Primärinfekte und der Reinfekte
zurückzukommen, was an anderer Stelle geschehen soll.
*
u Sektionsbefund:
1.. Ein kirschkerngroßer subpleuraler Kalkherd in der
der an der hinteren Fläche nicht vollständig getrennten La
pen und
reift dadurch von der Spitze des Unterlappens auf den sales aden
Teil des linken Oberlappens über.
2. Ein fast erbsengroßer subpleuräler Kalkherd in der
s, 3,5 cm unterhalb
seiner Spitze. | |
3. Ein erbsengroßer subpleuraler Kalkherd in der
vorderen Fläche des linken Unterlappens, nahe seinem vor-
deren Rande und 2 cm oberhalb seiner vorderen unteren Spitze.
4. Ein erbsengroßer subpleuraler Kalkherd in der
vorderen Fläche des linken Unterlappens, nahe der Mitte
seines unteren Randes. |
5. Ein fast erbsengroßer subpleuraler Kalkherd in der
a Fläche des linken Unterlappens, i cm über dem
Herde 4.
in der Mitte der vorderen Fläche des linken Unterlappens.
7 u8 Zwei über stecknadelkopfgroße subpleurale
Herde in der vorderen Hälite der basalen Fläche des linken
Unterlappens und knapp nebeneinander.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
6. Bin stecknadelkopigroßer subpleuraler Kalkherd
9. Ein stecknadelk.o {großer subpleuraler Kalkherd
in der medialen Fläche des linken Unterlappens, an der
Grenze zwischen oberem und mittlerem Drittel. |
10. Ein über stecknadelknopfgroßer Kalkherd in den
zentralen Teilen des linken Unterläppens, in der Höhe der
Grenze zwischen kranialem und mittlerem Drittel.
11. Ein steknadelkopfgroßer subpleuraler Kalkherd
in der hinteren ‚Fläche des linken Oberlappens, nahe dem-
Interlobärrande und knapp über dem Kalkherd 1.
12. Ein erbsengroßer subpleuraler Kalkherd
Mitte der medialen P
seinem vorderen Rande.
13. Ein stecknadelkopfîgroßer sübpleuraler Kalkherd
in der Mitte der interlobären Fläche des rechten Unter-
lappens. Bi | |
14, Ein stecknadelkopfgroßer subpleuraler Kalkherd
in der Mitte des interlobärer Randes des rechten Unter-
lappens. |
läche des rechten Oberlappens, nahe
15. Ein fast erbsengroßer subpleuraler Kalkherd in
der hinteren Fläche des: rechten Unterla
unterhalb seiner Spitze und nahe dem Hilus.
16. Ein fast erbsengroßer subpleuraler' Kalkherd in
der Mitte der vorderen Flä
nahe dem interlobären. Rande.
17. Ein stecknadelkopfgroßer subpleuraler Kalkherd
in der vorderen Fläche desrechten Unterlapp
halb seiner Spitze und nahe dem interlobären Rande.
ppens, daumenbreit
18. Ein hanfkorngroßer schwärzlicher, nicht verkalk- .
ter subpleuraler Herd in der basalen Fläche des rechten.
Unterlappens, nahe der Mitte des vorderen Anteiles seines unteren
Randes (Lymphknötchen). | i
Partielle adhäsive interlobäre Pleuritis beiderseits.
Verkalkung zweier über hirsekorngroßer Lymphknoten im linken
Ligamentum pulmonale, eines erbsengroßen bronchopulmonalen Lymph-
ı knotens an der vorderen Fläche des linken Lungenhilus, eines etwas
kleineren lateralen oberen tracheobronchialen Lymphknotens links und
eines kleinerbengroßen unteren tracheobronchialen Lymphknotens links.
‚Verkalkung eines über linsengroßen flachen unteren medialen
tracheobronchialen Lymphknotens. .
Verkalkung eines bohnengroßen unteren trach
'Lymphknotens rechts, einiger bohnengroßer oberer tracheobronchialer
Lymphknoten rechts und eines hirsekorngroßen bronchopulmonalen
Lymphknotens in der vorderen Fläche des rechten Lungenhilus.
ok
`~
Tuberkulose oder Reste danach. (makroskopische Schnittserien-
untersuchung). i |
wk
Bitrigo ee her cerebralis der Konvexität und Basis mit
Pyozephalus und eitrige
eptomeningitis spinalis.
Ditfuse katarrhalische Tracheobronchitis.
Narbige Stenose fast der ganzen Pars thoracalis des Ösophagus
mit spindelförmiger Dilatation seiner Pars cervicalis. a
Narben im Canalis pyloricus des Magens. |
Fistel des Magens nach Witzel.
Geringe katarrhalische Enterokolitis.
Umschriebene Fibrose des Endokards am Septum ventriculorum.
Follikelmilz mit mehrfacher Kerbung.
Hyperämie der Leber, Degeneration der Nieren.
$ '
Paukenhöhlen und Nase mit Nebenhöhlen frei von Veränderungen.
%* .
Bakteriologischer Befund:
Im Exsudat der basalen Meningitis und des Ventrikels
bakterioskopisch und kulturell reichlich und ausschließlich ein hämo-
lysierender Streptokokkus, der in Gelatine wächst und Bouillon unter
ildung eines Bodensatzes leicht trübt. |
Literatur: Q. Küss, De lPhéréditė parasitaire de la tuberculose humaine
Paris 1898. — H. Albrecht, Über Tuberkulose des Kindesalters. W: kl. W. 1909. —
A. Gbon, Der primäre Lungenherd bei der Tuberkulose der Kinder. Urban und
Schwarzenberg, 1912. — G. Hedrön, Pathologische Anatomie und Infektionsweise
der Tuberkulose der Kinder, besonders der Säuglinge. Zschr. £. Hyg. u. Infektionskrkh.
1918, 73. — M. Lange, Der primäre Lungenherd bei der Tuberkulose der Kinder.
Zschr. f. Tbe. 1923, 38, — H. Puhl, Über phthisische Primär- und Reiniektion in der
Lunge. Beitr. z. Kl. à. Tbe., 1922, 52, l ;
14. September
in der.
che des rechten Unterlappens,.
ens, 2 cm unter-.
eobronchialen
Sonst nirgends in den Organen Veränderungen von
|
|
ed, September ‚1924 — MEDIZINISCHE "KLINIK — Nr. 37. 0.0.0020, 2.005 1285. s Berka a
Aus der Abteilung für Hautkrankheiten. (Primarärzt: "Prof. Dr. | Typhus-- und‘ Staphylokokkenvakzine, ferner - Natrium 'nucleinieum me p
-GŒ Scherber) und dem. Ambulatorium für Nervenkranke der Kranken- |'und schließlich: das. Phlogetan in Anwendung. Namentlich‘. die‘ Re
Bee, anstalt „Rudolfstiftung“ in Wien, "| Ungleichmäßigkeit aller. dieser Mittel. bezüglich Fieber- und Leuko: `. -; nt
n EEE S De En „| 2ytoseerzeugung bei-den verschiedenen Patienten, jà bei den ein- .. `- EH f
"Die Wirkung der Malaria in Verbindung mit: _ | zelnen Injektionen bei ‚demselben Patienten und die darin gelegene... frih: j
‚spezifischer Behandlung auf die syphilitischen Er- | Unzulänglichkeit, dieser Mittel wie das Versagen der Kombination... -pi "IHN
krankungendesZentralnervensyste derGehirn- | deser unspezitischen Fiebermittel mit energischen spezifischen Kuren ` < panh Uhl
wer krankunge die Beeintlassı PH a n- | in prăventivem Sinne in manchen Fällen: bezüglich Paralyse und © ` : ëi HR RA
~- — nerven, wie die Deeintussung der liquorpositiven, von | Tabes veranlaßten uns, die inzwischen von Wagner-Jauregg mitso ©” ER K3
u. Nervensymptomen fr eien Fälle durch diese Therapie | ausgezeichnetem Erfolge bei: der. progressiven Paralyse angewandte. - : pEi A
000,005. im präventiven Sinne. `. <. | Malaria auch an unserem‘ Krankenmaterial, besonders den uns hie Ehen het
| ae a a A le Su le. \ und.da zukommenden ganz initialen Fällen von progressiver Paralyse,_ . Baai Has
ni „ Von Prof. Dr. 6, Scherber und Doz. Dr. 0. Albrecht. | weiters an den zahlreichen im Symptomenbild so. männigfaltigem“ .. ; ! RS
| ` Die moderne Syphilistherapie ermöglicht die sichere Unter- |’ Tabeserkrankungen und schließlich bezüglich der schützenden Kraft ,. Fisi: IETS
` ütückung ‘der Syphilis im "primären seronegativen Stadium. Zur: | gegen Erkrankungen des Zentralnervensystems an durch den posi- -. Bi aky
f Erreichung des Resultats sind mindestens drei intensive Kuren | tiven Liquorbefund hierzu, scheinbar ‚disponierten Luesfällen der. -fixy Hi
"notwendig, die, was nach Scherber höchst wesentlich ist, einander nN Periode: zu ‚erproben. Wo nur möglich wurde unser. : - ` fsf p:
| ‚in drei- bis vierwöchentlichen Zwischenräumen folgen müssen. Im | fherapeutisches Handeln durch die Liquoruntersuchung. geleitet, .'; Bi
‘wobei neben den üblichen Reaktionen, der Ausführung einer exakten
Goldsolreaktion besonderes. Augenmerk geschenkt wurde, denn.“
| diese Reaktion ergänzt‘ das Bild des Liquor ganz wesentlich und `..
läßt uns vielleicht .doch.zwischen meningealen und tiefer situierten, -`
im Nervensystem selbst sich abspielenden- Prozessen unterscheiden.
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eine weitestgehende Unterdrückung der Infektiosität, welches Moment | Manche Fälle geben schon bei der ersten, Punktion oder. nachdem. f
t". > mit anderen Maßnahmen bereits zu einer auffallenden Einschränkung, | früher eine ausgesprochene Meningitis cerebrospinalis-Kurve oder eiie, ~ f;
| der Syphilisinfektionen geführt hat. ` Trotz der Vervollkommnung | Tabes- oder Paralysekurve bestanden. hatte, nach Behandlung eine -` E
1; unserer spezifischen Behandlung siùd zwei Organsysteme zur dauernden Kurve, die sich von der Normalkurve durch eiñe mebr oder weniger en
n | A | ausgeprägte Zacke unterscheidet,. welche Kurven wir als Lues latens- ~
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Kurven bezeichnen und die doch eine weitere Behandlung. und.
Beobactung des Falles angezeigt. erscheinen lassen, So ergänzt die :
:Liquoruntersuchung den klinischen und. Blutbefund in ganz: be-'
‚sonderer Weise und ermöglicht uns eine weitere Regelung der.
Therapie. a S a BE eh
Was die Malariainfektion, die wir mit bereits lange fort-
'gezüchteten Stämmen künstlich 'erzeugen, im allgemeinen anbelangt, -
so ist zu sagen, daß ‘der Eintritt der Infektion nach subkutaner
| Impfung . mit 4 ccm Blut, im Fieberanfall entnommen, in allen -
Fällen zwischen dem. neunten und achtzehnten Tage nach der -. `-
Impfung. prompt ‚zustande kam, bis auf. einen Fall, bei dem die
erste ausgiebige Impfung nicht anging, während die zweite haftete.
Das Fieber erreicht am ersten Tage gewöhnlich: eine Steigerung '
bis über 38,5, erhebt sich dann am. zweiten Tage bereits über 89
und steigt dann bis über 40, in einzelnen Fällen bis 41,5 Grad
` Celsius., Im weiteren Verlauf senkt sich vom siebenten bis achten
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Lokalisation des. Virus in der Nervensubstanz selbst und damit zur |. Fieberanfall die Kurve ein. wenig und wechselt die Zacke zwischen u
| orbeugung der Entwicklung der Tabes und progressiven Paralyse | 39 und 40, doch kommen auch spontane Senkungen unter 39 yon, N,
beitragen, daß’ weiters die sypbilitische Meningoenzephalitis, die im | In drei. Fällen kam. es:nach dem’ siebenten, ‚achten, bzw. ellten © © &
it 5. bis 9. Monat nach der "Infektion besonders bei Potatoren auf: | Fieberanstieg über 39 zum spontanen Erlöschen der Malaria-Infektion. © U
| u tretende ominöse Frühform wie auch die Spätformen seltener geworden |' Bei zweien dieser Fälle wurde keine Therapie eingeleitet und es . ` RS
”, sind und bei ihrem Auftreten leichter verlaufen und daß durch die | kam bei dem einen am achten, bei dem zweiten am zehnten Tage Be br:
‘i genannten Mittel allein, bei entsprechender Anwendung derselben, die | nach dem spontanen Fieberabfall zur neuerlichen Entwicklung einer ge
pathologischen Liquorveränderungen günstig beeinflußt oder voll-
kommen zum Schwünd gebrachtwerden können: Andererseits muß aber
festgestellt werden, daß, obwohl Tabesfälle durch Salvarsan und Wismut’
w: allein gelegentlich recht günstig beeinflußt, werden, gastrische Krisen
| . gebessert, Atazien gemildert, Blasenstörungen behoben und einzelne
| ' Reflexe wieder auslösbar gemacht werden und auch in Fällen von
!
t
t
!
Malaria. In zwei weiteren Fällen, in denen die Infektion durch
Chinin unterbrochen wurde, und zwar. erhielt der‘ eine Fall FJ.
durch ‚neun Tage täglich 1 g Chinin, der zweite Sch.J. durch drei.
Tage 1 g und durch weitere neun Tage Y, g Chinin — dennoch . Prii
kam es bei- dem ersten Patienten am 19. Tage, bei dem zweiten EM:
genau am 20. Tage.'nach dem letzten Fieberanfalle zur Entwicklung.. _ f
einer: Rezidive. Es muß betont werden, daß bei beiden Fällen. aus-
bestimmten Gründen kein Salvarsan gegeben worden war, und daß `
vielleicht auch aus diesem Grunde die angegebene Chinintherapie sich
als ungenügend erwies. Wir geben. daher jetzt stets ‘durch volle
14 Tage täglich 1 g Chininum hydrochlorieum' oder bisulfuricum
und -hat diese Dosis auch. in den Fällen ohne Salvarsantherapie
‚keine Rezidive mehr auftreten lassen. Es ist interessant, daß, ob-
wohl die bei uns fortgeimplten. Stämme einer typischen: Malaria
tertiana entstammen, die damit gesetzten Impfungen-bis auf einzelne
Fälle als Quotidiana verliefen; es spricht dies für ein häufiges Aus-
keimen von zwei Stämmen. Im allgemeinen greift natürlich ein
täglicher 'Fiebertypus den Patienten viel mehr an als wie eine
‚ Tertiana. Von großer Bedeutung für die Beurteilung des Zustandes
des Patienten sowie für die Einschätzung der Wirkung der Malaria,
ist -auch die Dauer der zumeist mit einem verschieden heftigen.
Schüttelfrost eingeleiteten . Anfälle, die sich ‘von drei bis über
zehn Stunden erstrecken kann. Ungemein wichtig ist daher vor.
allem eine genaue interne Untersuchung des Patienten vor der
Malariaimpfung und ist da besonders dem Herzen volle Aufmerk-:
samkeit zu schenken, . Patienten über 50 Jahren ist.. überhaupt --
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progressiver Paralyse durch die chemischen Therapeutika längere.
missionen zustande. kommen, dennoch die. Wirkung der genannten
Mittel sowohl bezüglich Klinik wie Liquorbeeinflussung eine be-
u schränkte ünd unvollkommene ist, daß eintretende Besserungen sich.
als vorübergehend erweisen, ungenügende Salvarsandosen als Reiz-
` dosen wirken, in manchen Fällen von Tabes wieder Überdosierungen
‚des Salv arsans Steigerungen ` der Schmerzsymptome hervorrufen.
kai Die günstigen. Resultate von W agner-Jauregg mit der Fieber-
2 ‚therapie (Tuberkulin, Vakzine) bei der progressiven Paralyse, die
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Beobae tüng. der Mobilisierungsmöglichkeit ‘des syphilitischen Virus
durch künstliches Fieber (Sch 5 rbe 5 ‚ Wien. Derm. Gesellschaft 1917)
l yaa eine damit gegebene bessere Beeinflußbarkeit durch spezifische
Fo veranlaßten ‘uns, völlig selbständig neben der Behandlung der
ns reichlich zugewiesenen Tabesfälle auch die Lues, mit oder ohne
bi sche ‚Symptome, in. den ersten Jahren der Infektion mit kom-
2 en Fieber- und spezifischen Kuren zu behandeln und wurde
2 erde das kombinierte Verfahren sowohl bei der Tabes wie bei der
betu dären Syphilis im allgemeinen eine bezüglich Klinik und Liquor-
2 dweitergehendere Besserung festgestellt als durch die spezifischen
Wren allein. Als Fiebermittel kamen.Alttuberkulin, Milchinjektionen, .
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1286
eine besondere. Vorsicht zu widmen und während wir unter all-
gemein: strenger Kontrolle des Gesamtzustandes, unter einer besonders.
guten Ernährung dem Herzen stets mit Kräftigungsmitteln zu Hilfe
kommen, ‚mäßigen wir bei manchen Patienten, wenn das Fieber
‚erschöpfend zu wirken beginnt, dasselbe nach Wagner durch
kleine Gaben Chinin (0,2 bis 0,3) am Morgen des zu erwartenden
Fiebertages gegeben, und brechen die Kur bei warnenden objektiven
Symptomen, aber auch bei nicht zu unterschätzenden, vom Patienten
geäußerten subjektiven Empfindungen, die auf den Eintritt einer
Herzschwäche hindeuten, durch entsprechende Chinindosen ab und
wiederholen die Malaria, wenn die Infektion sich nach Klinik und
Liquorbefund nicht als genügend erwies, nach einer Zeit der Kräfti-
gung zum zweitenmal. Im allgemeinen lassen wir wenigstens 7 bis
S mal fiebern, unterbrechen gewöhnlich nach dem 10. bis 12. Anfall,
doch verfügen wir auch über eine Beobachtung mit 18 hohen Fieber-
anfällen bei einem Paralytiker. Es ist zu betonen, daß die günstige
Wirkung der Malaria auf die Nervensyphilis in direktem Verhältnis .
zur Zahl der Fieberanfälle steht, daß die Fälle mit den energischesten
Kuren die weitestgehende Besserung aufweisen und gelang es uns
in einer Reihe von Fällen bei nicht genügender erster Malaria-
behandlung durch Wiederholung derselben das klinische wie Liquor-
resultat wesentlich zu verbessern. Wichtig ist, daß die. spezifische
Kur, besonders Salvarsan und auch Wismut in möglichst intensiver
Form unmittelbar an die Malaria angeschlossen werden und eventuell
die Salvarsanwirkung durch eine den Neosalvarsaninjektionen voraus-
gehende Liquordrainage verstärkt wird. Doch wendeten wir letzteres
Verfahren nur in ganz einzelnen Fällen an, da Malaria und die
spezifischen Mittel allein zumeist entsprechend wirkten. Es ist hier der
Ort, hervorzuheben, daß der Malaria, wie schon in der letzten Mit-
teilung hervorgehoben, scheinbar eine spezifisch günstige Wirkung
auf die Syphilis des Nervensystems zukommt und können wir nicht
umhin, nochmals auf die vier bereits von Scherber (M.Kl. 1923,
Nr. 43) mitgeteilten Fälle zu verweisen, von denen zwei zwar auch
Malaria hatten, aber nur in ganz wenigen und daher nicht wirk-
samen Anfällen, welche Fälle aber eindringlich demonstrieren, daß
weder der Typhus, noch die Ruhr, noch das Wolhynische Fieber,
noch das Rückfallieber in der Wirkung der Malaria gleichzukommen
scheinen und keineswegs vor Nervenlues zu schützen imstande sind.
Von Komplikationen, die die Malaria namentlich bei älteren
Menschen durch ihre die Herzkraft eventuell erschöpfende Wirkung
mit sich bringen kann, seien außer leichten Insulfizienzen des
Herzens auf der Höhe der Kur und einer allgemeinen Schwäche sowie
sich gelegentlich einstellende ängstliche Erregiheit die Fälle mit
schweren Schädigungen als besonders lehrreich angeführt. So erlitt
‚ein 53jähriger Mann mit Tabes dorsalis nach dem achten Fieber-
anfall einen schweren Herzkollaps, dessen Folgen nur durch An-
wendung aller Herzkräftigungsmittel und sorglältigste Pflege über-
wunden werden konnten und bei dem besonders ein quälender
Singultus trotz Wiederherstellung der Herzkralt durch drei Wochen
bestehen blieb und den Eindruck vermittelte, daß es sich hier um
eine spezifische Malariawirkung auf den Nervus phrenicus handelte
(vgl. diesbezügliche Beobachtungen bei Mannaberg, Notbnagels
Handbuch). Anzuführen sind ferner gelegentlich erst nach Beendigung
der Malaria auftretende Ödeme der unteren Extremitäten, die mit
Hebung der Herzkraft wieder schwinden. Besonders zu vermerken ist
aber jener Fall von Glottisödem bei dem Patienten Sp. H., 53 Jahre
alt, (in der ersten Mitteilung erwähnt), bei dem ungelähr drei
Wochen nach der Malaria unabhängig von Lues und Therapie diese
bedrohliche Erscheinung auftrat, die durch Tratheotomie behoben,
vielleicht doch mit der Malaria in Zusammenhang stand. Weiters
ist zu erwähnen, die 38jährige Patientin K.H., die wegen einer
Tabes mit hoch positivem Liquorbefund, G.R.: Tabeskurve, vier
Fieberanfälle nach Tertianatypus mitmachte und unmittelbar danach
an einer schweren Endocarditis mitralis erkrankte. Da Patientin
sonst stets gesund gewesen war, die Herzailektion sich mit dem
Anstieg der Malaria entwickelte, die sofort eingeleitete Chininkur
zur Sistierung des Fiebers und auch zur allmählichen Ausheilung
der Endokarditis führte, brachte der Internist (Prof. Weinberger)
diese Komplikation in ursächlichen Zusammenhang mit der Malaria.
Auf diese Komplikation bei Malaria wiesen schon seinerzeit
Duroziez und Lancereaux hin. Schließlich zeigte ein Patient,
der wegen einer initialen progressiven Paralyse der Malaria unter-
zogen wurde, eine eigentümliche Komplikation insoferne, als jeder
der ungewöhnlich lange, bis über 10 Stunden dauernden Fieber-
anfälle (Quotidianatypus), von einem sich an Heitigkeit im weiteren
Verlauf immer mehr steigernden Erbrechen begleitet war, welches
die Nahrungsaufnahme fast völlig behinderte und bei dem sehr
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
14: September |
kräftigen Manne nach zehn Fieberanlällen die Kupierung der Malaria
bedingte. Diese Komplikation kann allerdings auch als durch die
Behandlung provozierte gastrische Krisen aufgefaßt werden. Die an-
geführten Komplikationen mahnen zu einer genauen Untersuchung
jedes Patienten vor der Impfung, zu einer besonderen Pflege und
Beobachtung während der Malaria, im übrigen aber sind sie keine
Kontraindikation gegen die Durchführung der Malaria, die von den
übrigen Patienten sehr gut überstanden, keine wie immer gearteten
Folgen hinterließ, auf der anderen Seite den Patienten ganz wesentliche
Vorteile brachte. |
. Im Folgenden gestatten wir uns, einzelne der Malariabehand-
lung unterzogene besonders lehrreiche Fälle von progressiver Paralyse,
Tabes und latenter Lues!) in etwas breiterem Umfange anzuführen,
um im übrigen nach dem Eindruck, den uns unser Gesamtmaterial
vermittelt, die Wirkung der Malaria auf die Nervensyphilis im
allgemeinen wiederzugeben.
Bei den Berichten über die Ergebnisse der Malariatherapie
der progressiven Paralyse wird vielfach besonders auf die prozentuelle
Berechnung der erzielten sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit
Gewicht gelegt. Es kann nun nicht geleugnet werden, daß solche
Berechnungen mit sehr dehnbaren Begriffen arbeiten. Davon, daß
die Patienten bzw. ihre Angehörigen mit dem so zum Ausdruck
kommenden Erfolge gewöhnlich zufrieden sind, müssen wir absehen.
Wir brauchen ein objektives Kriterium der erreichten Dauerremission
bezw. Heilung. Die Liquorreaktionen sind diesbezüglich der einzige
objektive Anhaltspunkt; sie werden in den meisten Statistiken nicht
in diesem Sinne verwertet. Es ist zu bemerken, daß die Liquor-
befunde kurz nach der Malariakur häufig noch nicht im günstigen
Sinne genügend beeinflußt sind, andererseits Patienten nach längerer
Zeit des Wohlbefindens manchmal nicht zur Wiederholung der
Lumbalpunktion zu bewegen sind. Und doch ist die Wiederholung
der Liquoruntersuchung auch ohne klinisch symptomatische Ver-
schlechterung zur Feststellung der tatsächlichen Veränderungen
dringend nötig, weil bei positivem Ausfall der Liquoruntersuchung
es durch Wiederholung der Malariabehandlung gelingt, den Patienten
weiter klinisch zu bessern und diese Tatsache durch Besserung
des Liquorbefundes zu sichern.
Ein anderer ungünstiger Umstand in vielen Statistiken liegt
darin, daß Fälle in verschiedenen Stadien der Erkrankung zusammen-
gefaßt werden. Daß man auch in vorgeschritteneren Zuständen zu-
weilen noch einen Stillstand erzielen kann, ist wiederholt berichtet
worden. Wenn man aber von der Wirkung der Malaria auf die
progressive Paralyse spricht, sollte man vor allem auf die durch
klinische wie humorale Befunde sichergestellien, aber zweifellos
initialen Fälle Bezug nehmen, denn es ist selbstverständlich, daß
besonders bei diesen Heilungen oder sehr erhebliche Besserungen
erzielt werden können. Da das Rudolfspital über keine geschlossene
Abteilung verfügt, konnten natürlich nur solche initiale Fälle hier
zur Behandlung kommen.
Von den Beispielen, die diesbezüglich angeführt werden sollen,
seien nur diejenigen aus unserem Material hervorgehoben, die wegen
ihrer Instruktivität oder besonderen Verlaufsformen erwähnenswert
erscheinen. |
Fall íi. G. Therese, 30 Jahre alt, im Vorjahre bereits von
Scherber geschildert (Med. Klinik 1928, Nr. 48, Fall 2). Da nach
Absolvierung der ersten Malariakur mit nachfolgender Neosalvarsan-
behandlung der klinische Befund nicht befriedigte, namentlich noch
die Sprachstörung weiter bestand und eine auffallende Schwer-
fälligkeit im Denken zu konstatieren war, wurde Patientin im Früh-
jahr 1924 einer zweiten Malariakur mit neun Fieberanfällen unterzogen.
ach Abschluß der nachfolgenden spezifischen Behandlung zeigt
Patientin klinisch wie nach ihrem Li
Auobeinae einen Zustand, d
sie praktisch als geheilt bezeichnet wer
en kann; die kombinatorischen
Leistungen ihrem Bildungsgrad entsprechend, Rechnen mit mehrst
elligen
Zahlen ohne Fehler, Stimmungslage vollkommen equilibriert, das Al
gemeinverhalten normal, Befinden subjektiv und objektiv einwandfrei.
Der auffallende Erfolg in diesem Falle ist einerseits dem Bin-
setzen der Malaria mit spezilischer Behandlung im initialen Stadium,
andererseits der Energie der durchgeführten Therapie zuzuschreiben.
Fall 2. B. Eduard, 44 Jahre alt, Privatbeamter, Lues negiert,
wurde wegen auffallender Vergeßlichkeit, Schwindelanfällen, allgemeiner
Nervosität und änfallsweisen Lähmungen des ganzen Körpers von
10—20 Minuten Dauer im Oktober 1928 aufgenommen. Befund:
Anisokorie, Argyll Robertson, leichte Fazialisdifferenz, ungleir ge-
steigerte Reflexe, literale Paraphasie, leichte Ataxie, Mer ähigkeits-
störungen, Defekte der kombinatorischen Leistungen, auffallende Rocher
fehler. Blut: W.R. ++--++ MR: ++. Liquor: Lymphozyten 9,
1) Literatur in der Arbeit Scherbers, Med. Kl., 1928, Nr. 42/48.
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| Pandy, Nonne-Appelt und Sublimat stark positiv, WR. F+, Goldsol: 1
Kurve der progressiven Paralyse. Malariabehandlung mit 11. Fieber-
- anfällen bis 40,7 C. und anschließende .energische Neosalvarsankur.
- Goldsol: unklare Kurve.
` bruar 1924: Subjektiv ohne Beschwerden, keine: Anfälle mehr
- ' Jänner 1924 Liäuorbefund: Lymph; 10,6, Pandy, Nonne-Appelt, Sublimat
‚R. und M.R. negativ, Goldsol: Lues latens-Kurve. Fe-
noch positiv, KL
jektiv: somatisch: keine wesentlichen Unterschiede, psychisch ruhig,
geordnet. Merkfähigkeitsstörungen und Rechenfehler wie im Oktober
1928. Juli 1924: anhaltendes Wohlbefinden, Einsicht für die früheren ,
Defekte, ruhig, geordnet. Bei Multiplikation einer neunstelligen Zahl
“mit 73958 Fehler nur in den Zeilen von 7, 9.und 8. Lumbalpunktion
derzeit verweigert. |
Die Remission, welche bisher 9 Monate anhielt, ist mit einer
wesentlichen Besserung des Liquorbefundes verbunden. Der Körper-
befund und die intellektuellen Defekte blieben im wesentlichen
unverändert. Wiederholung der Malaria angezeigt. ay g
Fall 3. J. Franz, 34 Jahre alt, Postunterbeamter, Luesinfektion `
1912, kam anfangs Jänner 1924 wegen seit 3° Wochen bestehender
Schlaflosigkeit, lanzinierenden Schmerzen in den Beinen, auffallender
Erregaia und Vergeßlichkeit zur Aufnahme. Somatisch: Tabo-
aralyse; schwere literale Paraphasie, gedrückte Stimmungslage, leichte
emenz. Blut W.R. und M.R. komplett positiv. Liquor: Lymph. 17,3;
Pandy, Nonne-Appelt, Sublimat, W.R. und .M.R.. alle stark positiv,
Malaria: mit 8 Fieberanfällen bis 40,4, dann
‚ Neosalvarsanbehandlung. Juli 1924 subjektives Wohlbefinden, psychisch
entschieden freier, somatisch unverändert. Liquor: Lymph. 28,3, Nonne-
Appelt, Sublimat, Pandy, W.R. und M.R. nur mehr mittelstark positiv,
Goldsol: Lues latens-Kurve. Er
Dieser Fall ist klinisch und im Liquorbefund nicht genügend.
-
= beeinflußt, es zeigt sich, daß fixierte Defekte sich bis jetzt nicht
‘ wesentlich gebessert haben und ist auch hier eine Wiederholung |
. “der Malaria angezeigt, weil die erste Behandlung nicht genügend
‚intensiv war.
' 1983 Vakzineuria-Mirion-Bismogenolbehandlung.
t
© Fall 4. Oskar R., Offizier, 40 Jahre alt, Luesinfektion 1906. In
den Jahren 1916 und 1917 Reizbarkeit, Vergeßlichkeit, Angstgefühle,
Zwangsvorstellungen, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe zeitweise und von
.. „kurzer Dauer. 1919 Rezidive aller dieser Symptome. WaR. ++++.
20 Hg-Injektionen und 2,4 Neosalvarsan; danach Wa.R: negativ; nach
kurzer Pause neuerlich 20 Hg-Injektionen und 4 g Neosalvarsan. 1921
E WaR. wieder positiv, Auftreten der früheren Beschwerden. Hg-Mirion-
- Neosalvarsankur. 1922 nahmen die nervösen Erscheinungen wieder zu,
im Oktober 1922 wurde Anisokorie, entrundete, aber gut reagierende
Pan Steigerung der Reflexe, auffallende Lebhaftigkeit in Mimik
un
Gestik konstatiert. WaR.. und M.R. positiv; darauf April-Mai
: August 1923 tritt
Patient in unsere Behandlung: auffallend manischer Zustand, lanzi-
nierende Schmerzen; Patient erzählt, daß er Paralytiker sei und klagt
über Geschmacksstörungen. Blut: Wa.R. und M.R. positiv. Liquor:
benfa Pandy; Nonne-Appelt, und Sublimat mittelstark positiv,
. Lym
È Wa . und M.R. +-+: Goldsol: Tabeskurve. Malariabehandlung mit
acht Anfällen, die von ungewöhnlicher Dauer, über 10 Stunden hielt das
Fieber jedesmal an, eine ungewöhnliche Steigerung der lanzinierenden
„Schmerzen bedingten und von die Fieberanfälle a ee sich
an
Intensität steigerndem Erbrechen gefolgt waren. Infolge Schwächung
des kräftigen Patienten Abbruch der Malaria. Vom November 1923
‚ alles komplett positiv, Goldso
bis Juli 1924 stete Besserung: Subjektives Wohlbefinden, Patient ruhig,
Be:
eistig leistungsfähig, arbeitet in einem chemischen Laboratorium ohne
törung, Aufstellung schwieriger chemischer Formeln völlig glatt und
. Anstandslos, Reflexe nicht gesteigert. Lumbalpunktion derzeit verweigert.
-Dieser Fall zeigt das Parallelgehen des positiven Serumwasser-
mann mit der Entwicklung nervöser Störungen, ferner die Unzu-
lünglichkeit aller früheren Behandlungen, während die Malaria eine
Prompte, über ein halbes Jahr bestehende Remission bewirkte, -
1917
Fall 5. Franz T. 41 Jahre alt, Hilfsarbeiter, Infektion 1909; bis
0 ie Kuren, Hg-Neosalvarsan. 1917: 16 Alttuberkulininjektionen,
f g- und Neosalvarsaninjektionen; 1919: 25 Alttuberkulin-, 20. Hg-
und 10 Neosalvarsaninjektionen; 1920 Hautabteilung Rudolfspital: 25 Alt- `
überkulin- und 30 Hg-Injektionen, anschließend Noo airar akur Dia-
enose Taboparalyse, 1922. Klinik Wagner: Patient bietet .das Bild.
u gemütlicher und intellektueller Abstumpfung, Sprachstörungen,
p weises Fehlen tiefer Reflexe. .Liquor: Lymph., 55, Globulin +,
andy +++, Wa.R. -+-F.. Malaria mit 13 Fieberanfällen bis 40,9; an-
schließend Neosalvarsan. 1923 Mai kommt Patient wieder ins Rudolf-
pital: Leichter Nystagmus, Fazialisdifferenz, Reflexe . unverändert.
sychisch von
Liquor: Ion eordnetem Allgemeinbefinden, intellektuell abgeschwächt.
. 34, Nonne Appelt, Sublimat,. Pandy, Wa.R. und M.R.
: Paralysekurve. Blut: Wa.R. und M.R.
neg. Silbersalvarsankur. 1923 Herbst Patient somatisch und psychisch
unverändert.
Malariakur: 10 Anfälle, anschließend Hg-Neosalvarsan-
ringe 12924: Patient r hi dnet, gute Gedächtnisleistun e-
' mge Merklähigkeitsstörung, " geordnet, gute ä g, g
in kombinatorischen Leistungen noch
Somatisch unverändert. Patient steht seit Monaten
es konnte daher die T,umbalpunktion noch nicht
efekte nachweisbar
ständig in Arbeit und
wiederholt werden.
"1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 87.
‚kung bis zum Beginn der Malariatherapie nachweisbar; seither ist
der Zustand stationär, in verschiedenen Symptomen .gebessert. Zu
berücksichtigen ist das bereits längere Bestehen der 'Paralyse, —
mindestens vier Jahre. — (die früheren Krankengeschichten. nicht.
erreichbar) und’ doch befindet sich der. Kranke nach den Malaria;
kuren in gutem objektivem und subjektivem Zustande. Auch hier
‘wieder ein Hinweis auf den Wert wiederholter. Malariaiherapie. .
= -Fall 6. Karl R., 41 Jahre, Platzmeister. Infektion vor 18 Jahren,
damals’ wie im Jahre 1915 und 1922 Hg-Kuren. Januar 1924: Kopi-
' schmerzen, Schwindelanfälle, Sprachschwierigkeiten. Blut: Wa.R. und
T3 Sublimat, Nonne-Appelt, Sublimat,
WaR. M.R. komplett positiv, Goldsol:' Paäralysekurve. . Anisokorie,
träge Lichtreaktion, ungleich gesteigerte Reflexe, literale Paraphasie.
Psychisch: hypomanisch, euphorisch, leichte Oriensierungssturungen, ,
M.R. ++. Liquor: Lymph. 6
schwere Merkfähigkeitsdeiekte und Ausfälle in kombinatörischen Lei-
'stungen. 16. bis 26. Juli 1923 Malaria, zehn hohe Fieberanfälle mit nach-
folgender spezifischer Therapie. Juli 1924: Patient vollkommen ruhig
und, geordnet, in jeder Beziehung orientiert, keine Merkfähigkeitsdefekte, -
Rechnen ohne Fehler. R. versieht seinen Dienst auf dem’ Sportplatz,
wo er guch mit der Verwahrung von Wertgegenständen und Geldrechnen
beschäftigt ist, seit seiner Entlassung: von der an ohne jeden.
‚Pandy mittel-
Anstand, Liquor: Lymph. 6,6, Sublimat, Nonne-Appelt, |
stark positiv, Wa.R. und M.R. negativ, Goldsol: Lues latens-Kurve.
Der deutlichen. Besserung des klinischen Befundes. entspricht auch
die des Liquor. -
(Schluß folgt).
AusProf.DittrichsGerichtlich-medizinischem Insti
| Universität in Prag. . .
Die gerichtsärztliche Beurteilung von Lyssafällen.
Gleichzeitig eine Mitteilung über die Ausbreitung der
Lyssa in der tschechoslowakischen Republik. |
Von Priv.-Doz. Dr. Anton Maria Marx, Assistenten am Institute.
Schon während des Krieges hat sich die Lyssa, wie in ‚ganz
_ Mitteleuropa, ‘so auch in den Ländern der tschechoslowakischen.
Republik in erschreckender Weise ausgebreitet. Böhmen und Mähren.
gehörten bereits im Frieden 'zu, jenen Ländern des. alten Österreich,
in welchen die Lyssa fast'nie erloschen ist: Ja, wie aus den:in
. der _ Zeitschrift „Das österreichische Sanitätswesen“* enthaltenen
Wochenberichten . über die Ausbreitung der Infektionskrankheiten
‘bei Tieren in Österreich hervorgeht, stand Böhmen in der Lyssa-
statistik der Österreichischen Länder an zweiter Stelle. Übextroffen
wurde es nur von Galizien. Ganz in Übereinstimmung hiermit stehen
auch die Berichte des Pasteurschen Institutes in Wien’ über die
daselbst vorgenommenen ‚Schutzimpfungen. Da das Wiener Institut
das einzige derartige Institut in der österreichischen Monarchie war, `
wurden dorthin aus allen Ländern des Reiches von lyssaverdächtigen.
: Tieren gebissene Personen eingeliefert. Wie nun aus dem Tätigkeits-
berichte, dieser Anstalt aus den Jahren 1909 und 1910!) hervorgeht,
stammten.von den 885. in dieser Zeit zur. Impfung gekommenen In-
'ländern 836 (= 37,9%) aus Böhmen, 180 (= 20,3%) aus Mähren
und 46 (= 5%) aus Schlesien, demnach aus den Ländern. des alten `
Österreichs, die heute der tschechoslowakischen Republik angehören,
insgesamt 63%.. Ähnliche Zahlen zeigt der Anstaltsbericht‘ aus
den Jahren 1911 und 19122). Von 1241 in diesen beiden ‚Jahren
geimpften Inländern waren 505 (= 40,3 %) aus Böhmen, 206(—16,7 %)
aus Mähren und 47 (=3,8%) aus Schlesien, demnach aus den
heute der tschechoslowakischen Republik angehörigen Ländern ins-
gesamt 60,8%. Über die späteren Jahre findet sich leider nur
ein summarischer Ausweis. re
Im ‚ersten Augenblick befremdet die geringe Zahl der aus
Galizien zur Impfung eingelieferten Personen, obwohl'nach den oben
‚genannten Ausweisen über die Verbreitung der Infektionskrankheiten
bei Tieren die Lyssa in Galizien viel häufiger vorkam, als in Böhmen
und Mähren. In dem Ausweise. der Jahre 1909 und 1910 sind nur
24 (=24%) und in dem Ausweise der Jahre 1911 und 1912 nur
18 (=1,4%) Personen angeführt, die aus Galizien . stammten..
Dieser scheinbare Widerspruch findet seine Erklärung darin, ‘daß
‚die Bevölkerung der Sudetenländer in der Kultur viel höher steht
als die Bevölkerung Galiziens, und die kulturelle Entwicklung eines
Volkes ihren. Ausdruck auch in dem Grade des Verständnisses, das `
sie hygienischen und sanitären. Maßnahmen entgegenbringt, findet,
9) Österr. Sanitätswesen 1911, 28, S. 487.
2) Österr. Sanitätswesen 1912,.26, S. 241.
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Im vorstehenden 'Fall, der eine wiederholte und eingreifende i
‘ Bebandlung durchgemacht hat, war ein Fortschreiten der Erkran-
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Immerhin gestatten diese Zahlen den Schluß, daß in Böhmen und | 1919 bis 1922 erkennen, während im Jahr 1923 bereits wieder eine.
‘ “Mähren auch.vor dem Kriege die Verbreitung‘ der Lyssa eine ganz |. Abnahme festgestellt werden kann. Die Zahl der für Böhmen aus- -
“beträchtliche war. 0000 yo. u © > > | gewiesenen Fälle enthält offenbar nicht bloß Fälle, . die in Böhmen |
` Die Zahlen. bleiben aber weit zurück hinter der enormen | infiziert wurden, vielmehr dürften hier auch Fälle mitgezählt sein,
Ausbreitung, die die Lyssa in der Nachkriegszeit in den Ländern | die in einem anderen Teile der Republik infiziert, jedoch in ‚das
‚ “der :tschechoslowakischen Republik und insbesondere in Böhmen | Pasteursche Institut nach‘ Prag eingeliefert wurden und: hier ge-
“genommen hat. Wie ich einer freundlichen Mitteilung des Herrn | storben sind. Aus dem namentlichen Wochenbericht im Amtsblatt
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die Zahl der von wutkranken oder wutverdächtigen Tieren gebissenen
Menschen, da ja heute der Wert der Pasteurschen - Impfung so
Personen und in Kolonne 5 ist- die Zahl
gut wie unbestritten und auch dem Laienpublikum-bekannt ist. Es
PAN Ministerialrates Hamr vom Landwirtschafisministeriun entnehme, | des Gesundheitsministeriums ist wenigstens zu, ersehen, . daß. die.,
Ei. Fl wurde die Lyssa hauptsächlich von der Slowakei, ` wo sie schon im | meisten Fälle, die in Böhmen beobachtet wurden, von Weinberge |
Be l ` Frieden sehr stark verbreitet war, in die westlichen Länder der | — einem Teile Groß-Prags — ausgewiesen sind. Dort befindet sich EJ
ARM MM Republik eingeschleppt. Das beste Bild über die Ausbreitung. der | aber das Pasteursche ‚Institut, Worauf der Unterschied in dem sj
BE, Lyssa in den einzelnen Ländern der Republik geben die statistischen |: Ausweis des Gesundheitsministeriums und jenem des Landwirtschaits- -|
eh Ausweise des Landwirtschaftsministeriums, die, obwohl noch nicht | ministeriums auch kinsichtlich.der Gesamtzahl der beobachteten Lyssa- 7
o pa -in Druck erschienen, mir vom Herrn Ministerialrat Hamr für die | erkrankungen bei. der Bevölkerung der Republik in den Jahren 1921 . A
en = —, Jahre 1921 und 1922 zur Verfügung gestellt wurden und die in | und 1922 zurückzuführen ist, darüber konnte ich keinen Aufschluß _ 1,
EN dem nachstehenden Tabellen zusammengefaßt sind. ei ‚bekommen. > 2.0000 nun SE 7 w
ESANA In der i. Kolonne. ist die Zahl der erwiesenermaßen an.Lyssa |. ` Die statistischen Angaben über die beobachteten Erkrankungs-. ia
N, erkrankten’ Hünde ausgewiesen; in der 2. und 3, Kolonne die Zahl der | bzw. Todesfälle an Lyssa geben natürlich kein vollständiges Bild. lee
Kaps : prophylaktisch getöteten Hunde und Katzen, die mit wutkranken oder | über die Häufigkeit: des Vorkommens der Lyssainfektiin beim : Iik
P , wutverdächtigen Tieren in Berührung gekommen waren, in der Kolonne 4
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nu | jener Personen angeführt, bei | kommt daher in vielen Fällen infolge rechtzeitig ei ite ;
die. | | K n ‚Fäl niolge rechtzeitig eingeleiteter Be- tÈ
welchen die Lyssa zum Ausbruch kam. 26: Er handlung trotz erfolgter Infektion die. Krankheit nicht zam Aus- =- Id
i 1, | 9 | 3 | E | ur bruch. Es war daher weiterhin von Interesse, die Zahl der Per- —- |m
ix m = —— | sonen, die sich in den. einzelnen Jahren im Pasteurschen Institute Zu E:
eg ‚prophyl. getötete Gebissene| Davon in Weinberge, das kurze “Zeit nach dem Umsturze errichtet wurde, al
Honde Hunde | Katzen Personen | erkrankt. | der Schutzimpfung unterzogen, mit den in den erwähnten Ausweisen Jsi
— - der beiden Ministerien enthaltenen Daten zu vergleichen. l ar
1921 Böhmen.... 802. 2708 |- 651 | 517 12 Ä ‚Die Mitteilungen verdanke ich Herrn Sektionrat Dr. Votava. . hi
ioi Uin a saf = 889. a6 |. nn - . Aus ihnen ergibt sich folgendes: | Ä Aa
Star COESION oa as | | | Im Jahre 1919 wurden 1169 Personen antirabisch geimpft, a
Ri realen abe Fa ie n |
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RIN 1922 Böhmen... .| 1675 | 5767 | -1826 | 759 10 >on iga ho gaa a ao x
w . Mähren ....| 621 1720 736 | 333 20 noo on 1928 A, ei n x
Sen Kae nn o 4T |) ee EL 6 P re He Alba nn sich an a EN x
r! < E ee a ne a E schluB auf die Häufigkeit der Lyssainfektion unter der Bevölkerung . 1%
2 . „Ein Vergleich der Zahlen in diesen beiden Tabellen zeigt.den. | ermöglichen, da nicht immer eine Infektion erfolgt, wenn ein Mensch z
: kolossalen. Anstieg der Lyssalälle im ‘Jahre 1922 insbesondere in | von einem lyssakranken Tier gebissen wird und in den- meisten È
4° - Böhmen und Mähren, in welchem Jahre in diesen beiden Ländern | Fällen eine propbylaktische Impfung vorgenommen wird, ohne die an
a die doppelte Zahl von Lyssaerkrankungen bei Hunden: beobachtet | Feststellung abzuwarten, ob ‘das als Überträger der. Infektion in 2
n wurde, als im Jahre 1921. Die Zahl.der im Jahre 1922 allein in | Betracht kommende Tier überhaupt lyssakrank war. Sie bilden- |
ueg Böhmen an Lyssa erkrankten Hunde erreichte fast die Zahl der im | jedoch eine wertvolle Ergänzung. der beiden erwähnten Statistiken F
nR Jahre 1921 in der ganzen Republik beobachteten Fälle (1794). Für | über die Verbreitung der Lyssa bei den Tieren und über die Zahl ` `
RER ‚das Jahr 1923 ist eine Bearbeitung der 14tägigen Ausweise noch | der Erkrankungs- bzw.. Todesfälle -bei Menschen. Vergleicht man i
ri nicht erfolgt, doch scheint, wie Herr Ministerialrat Hamr mir mit- | den Ausweis des Pasteurschen Institutes mjt diesen beiden Berichten, , n
Narr, teilte, der Höhepunkt bereits im Jahre 1922 erreicht worden zu | so zeigt sich in voller Übereinstimmung mit diesen eine beträcht- 1.
Be sein. Immerhin sind in dem Berichte für das erste Vierteljahr 1924 | liche Zunahme der in’ dem Institute zur Behandlung gekommenen ` H
Mage noch immer 352 Hunde .als an Lyssa erkrankt ausgewiesen,. von | Personen vom Jahre 1919 bis 1922, während im Jahre 1928 die Ei
E, welchen 134 Personen gebissen wurden; bei einer Person kam die | Zahl wieder abgenommen hat. E o en u; ;
s Ha Lyssa zum Ausbruche. Die beiden Tabellen zeigen weiters, in Bekanntlich. erkranken nicht alle Individuen, die von einem |.
Euren u welch energischer Weise die Ausbreitung der Lyssa bekämpft wurde. | lyssakranken ‚Tiere gebissen werden; nach Doebert?) nur etwa k
2 Die Zahl der prophylaktisch getöteten Hunde und Katzen — derzeit | 14,8%, nach Bollinger‘) 847%. Unter Zugrundelegung ds ji
YF ' noch das sicherste Abwehrmittel — ist ganz beträchtlich. Im Jahre
statistischen Ausweises des Landwirtschaftsministeriums erkrankten >
‚im Jahre 1921 und 1922 von den gebissenen Personen nur etwa |:
| NE je 2%. Die Zahl ist etwas kleiner als die in einem österreichischen ` ;
In Übereinstimmung mit dem Ergebnisse des statistischen Aus- | Veterinärberichte für Österreich berechnete Prozentzahl, die mit i
weises des Landwirtschaftsministeriums stehen auch die vom Gesundheits- :| 2,4% angegeben wurde (siehe bei Dexler). Man wird wohl nicht
ministerium bezüglich‘der Verbreitung der Lyssa unter der Bevölkerung | fehlgehen, wenn man diese geringe Mortalität in erster Linie auf
esammelten Erfahrungen, die mir in freundlicher Weise von den Herren | die energische Durchführung der Schutzimpfung bezieht, wie ‚sie
inisterialrat Dr. Dlouhy und Sektionsrat Dr. Votava dieses Mini- | in dem Ausweise des Pasteurschen- Institutes-zu erkennen ist. Ein > '
steriums zur Verfügung gestellt wurden. Schulbeispiel über den Wert der Pasteurschen Impfung findet sich
Die nächste Tabelle zeigt die in den einzelnen Jahren in den |.jn dem Ausweis. des Landwirtschaftsministeriums aus dem Jahre 1921.
einzelnen Ländern vorgekommenen Erkrankungen bzw. Todesfälle für Böhmen. . Nach diesem haben sich von den 12 Personen, die
añ Lyssa bei Menschen. '|-in dem Berichtsjahre an Lyssa starben,, 9 überhaupt nicht der- Impfung.
. 1922 betrug sie in der Slowakei, mehr als das achtfache der er-
krankten Tiere. er Bu en |
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| | | unterzogen, eine Person kam verspätet zur Behandlung, eine weitere
In der ganzen Dvon — | starb während derselben und eine dritte unterbrach die Kur vor
‘- Jahr Republik nen | j | en | :|Karpatho- | zeitig. In allen 12 Fällen war somit die. Pasteursche Behandlung. ||.
| < Böhmen | Mähren |Schlesien (Slowakei | Rußland | entweder überhaupt nicht oder unvollständig vorgenommen worden. |
al | | | Mit Rücksicht auf die starke Ausbreitung der Lyssa in der
an > | 3 8 _ ur 9 _tschechoslowakischen Republik und insbesondere in Böhmen dürfte
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1998 52 22 20 — 10 me, | 3) Nach Kolle-Hetsch: Exper. Bakt. u. Infektionskrankh. 1919,
1923 22 16 4 — — '2 -| 2. Bd. 8. 11183. | ' |
4). Nach Dexler: Ärztliche Sachv.-Tätigkeit auf dem Gebiete un.
Veterinärmedizin. In Dittrichs Handb. der ärztlichen Sachv.-Tätigkeit-
Bd. 10, 1. Teil, S. 645. | an
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Diese Zahlen lassen zunächst ein ziemlich rasches Ansteigen
der Lyssafälle unter der Bevölkerung in der Republik in den Jahren
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konnte.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
es auch für weitere Ärztekreise von Interesse sein, die’ rechtliche
Seite dieser Frage und im Besonderen die Momente, welche bei der
gerichtsärztlichen Beurteilung eines solchen Falles zu berücksichtigen
sind, zu besprechen.
Strafrechtlich kann vor allem der $ 335 des österreichischen
Strafgesetzes, das auch in der tschechoslowakischen Republik noch
in Geltung ist, in Betracht kommen, der von den Vergehen und
Übertretungen gegen die Sicherheit des Lebens handelt:
„Jede Handlung oder Unterlassung, von welcher der Handelnde
schon nach ihren natürlichen, für jedermann leicht erkennbaren Folgen
oder vermöge besonders bekannt gemachter Vorschriften oder nach
seinem Stande, Amte, Berufe, Gewerbe, seiner Beschäftigung oder über-
haupt nach seinen besonderen Verhältnissen einzusehen vermag, daß
sie eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder körperliche Sicher-
heit von Menschen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei,
soll, wenn hieraus eine schwere körperliche Beschädigung ($ 152) eines
Menschen erfolgte, an jedem Schuldtragenden als Übertretung mit Arrest
von 1—6 Monaten, dann aber, wenn hoorans der Tod eines Menschen
erfolgte, als Vergehen mit strengem Arrest von 6 Monaten bis zu
1 Jahr geahndet werden.“
Eines solchen Vergehens kann sich z. B. der Eigentümer eines.
.wutkranken oder wutverdächtigen Tieres schuldig machen, wenn
er die gesetzlich vorgeschriebenen Schutzmaßuahmen unterläßt, ob-
wohl ihm der krankhafte Zustand des Tieres bekannt gewesen sein
Von Wichtigkeit für die richterliche Beurteilung eines
solchen Falles ist vor allem die Feststellung, ob der Eigentümer
von der Erkrankung des Tieres Kenntnis haben konnte. Nun ist
es ja bekannt, daß schon vor Ausbruch der typischen Krankheits-
erscheinungen, in einer Zeit, wo das Tier überhaupt noch nichts
Krankhaftes zu zeigen braucht, eine. Übertragung der Krankheit
‘auf andere Tiere und den Menschen durch Beißen oder Lecken
möglich ist. e
Im März 1919 sezierten wir die Leiche eines 34jährigen Mannes,
der etwa 6 Wochen vor seinem Tode von einem Hunde in die Wange
ebissen worden war. Etwa 5 Tage vor dem Tode traten die ersten
scheinungen auf. Auf dem Transporte in das Prager Pasteursche
“Institut starb er kurz nach seiner Ankunft in Prag am Bahnhof. Die
Leiche kam zur sanitätspolizeilichen Obduktion ins Institut. Die Ob-
duktion ergab chronische Leptomeningitis, akutes Hirn- und Lungen-
ödem. Ein mit einer Emulsion von der Medulla oblongata subdural
_ geimpftes Kaninchen ging unter typischen Lyssaerscheinungen zugrunde,
ebenso auch ein zweites Tier, das mit dem Gehirn von dem ersten
Tiere geimpft wurde. ‚Außerdem fanden sich in dem Kaninchenhirn
reichlich Negrische Körperchen. Der Mann hatte angegeben, daß der
Hund keinerlei krankhafte Erscheinungen gezeigt, sich zutraulich an
ihn berangemacht habe und, als er ihn auf den Arm nahm, ganz plötzlich
in die Wange bib. Ä I | |
Wie leicht unter Umständen eine Lyssaerkrankung bei Tieren
selbst von gewiegten Spezialisten verkannt werden kann, beweist
ein weiterer Fall, in dem eine strafgerichtliche Untersuchung ein-
geleitet wurde.
Es handelte sich um ein 24jähriges Dienstmädchen, das unter
den Erscheinungen einer akuten sychose mit schweren Erregungs-
. zuständen und Veriolgungsideen am 21. Februar 1922 auf die hiesige
_ Byperämie der Meningen, leichtes Hirnödem und eine Hyperplasie des
‚Waldeyerschen tachenringes.
deutsche psychiatrische Klinik des Prof. Pötzl eingeliefert wurde. Am
22. Februar trat plötzlich Kollaps auf, von welchem sich die Patientin
jedoch bald erholte. Dem Kollaps folgte in rascher Folge eine Anzahl
von Krampfanfällen, von welchen einer ärztlich beobachtet wurde. Die
sonst sehr unruhige Patientin wurde zunächst still, änderte die Farbe
und den Ausdruck des Gesichtes und starrte vor sich hin. Dann traten
tonische Krämpfe in den Armen auf, .Opisthotonus, Trismus, Risus
sardlonicus, endlich einige tiefe Atemzüge und damit Rückkehr zum
früheren Zustand. In einem solchen Anfall trat am 22. Februar der
Tod ein. Die Leiche wurde mit der klinischen Diagnose: Meningitis
(Lyssa?), Delirium acutum in das deutsche pathologisch-anatomische
Institut Prof-Ghons zur Sektion‘ eingeliefert. Die Sektion ergab:
ale Während der Sektion war durch die
liniker bekannt geworden, daß das Mädchen vor 7 Wochen von einem
und gebissen worden war, 1 Woche vor ihrer Einlieferung auf die
Klinik an Kopfschmerzen gelitten hatte und wiederholt beim Wasser-
sinken von einem Schütteln befallen worden. war. Bei Untersuchung
er Gesichtshaut fand sich tatsächlich in der Gegend der linken Augen-
raue eine feine Narbe. Die daraufhin gestellte Vermutungsdiagnose
yssa wurde durch die von Prof. Lucksch vorgenommene Unter- .
q chung des Gehirnes und die Anstellung von Tierversuchen bestätigt.
ger den Fall hat Prof. Lucksch in der Sitzung des Vereins deutscher
rzte in Prag am 17. März 1922 berichtet).
Unterdessen war der Fall von der Polizei der Staatsanwaltschaft
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ir Anzeige gebracht worden und diese ordnete die Einleitung der
ntersuchung gegen unbekannte Täter wegen $ 335 St.G. an, worauf
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°) Med. Kl. 1922, Nr. 15, S. 477.
der Fall zur gerichtsärztlichen Untersuchung unserem Institut abge- - \
treten wurde.
Durch die Erhebungen wurde festgestellt, daß das Mädchen von
Dezember 1921 in die Gegend: .
der linken Augenbraue gebissen wurde. Die Wunde -wurde sofort mit
dem Hunde ihrer Dienstgeberin am 15.
Kalium permanganatum gereinigt und am nächsten Tage von einem
Arzte versorgt. Bu at Ä
Es bestand kein Zweifel, daß das Mädchen an Lyssa gestorben
war und es war weiters nach der ganzen Sachlage zu schließen, daß
der Hund der Dienstgeberin die Infektion. verursacht hatte. In diesem
Sinne wurde ein vorläufiges Gutachten abgegeben und angeregt, die
Richtung zu pflegen, ob der ’
eitserscheinungen gezeigt hatte und welcher.
Art dieselben waren. Da stellte es sich nun heraus, daß die Dienst-
weiteren Erhebungen hauptsächlich in der
Hund irgendwelche Kran
lee den Hund am 16.-Dezember 1921, also einen Tag: nachdem das
ädchen gebissen worden war, von einem Tierarzte untersuchen ließ
und dieser „Staupe“ diagnostizierte. Bei einer 3 Tage später vor-
nn neuerlichen. Untersuchung bezeichnete der Tierarzt den
ustand des Tieres wegen aufgetretener blutiger Stühle als hoffnungs-
los und tötete ihn auf Wunsch seiner Besitzerin. Den Tierkadaver
übergab er dem Schinder. Das Tier war noch am 18. Dezember- in
einem tierärztlichen Institute untersucht worden, wo laut einem den
Akten beigelegten Zeugnisse ein Darmkatarrh diagnostiziert und das
Tier nach getroffenen Anordnungen wieder entlässen wurde.
von dem tierärztlichen Institute, als auch von dem als Zeugen ein-
vernommenen Tierarzte wurde aüsdrücklich betont, daß das Tier
' keinerlei Iyssaverdächtige Krankheitserscheinungen gezeigt hatte.
Obwohl nun die bei: dem Tiere beobachteten Krankheits-
erscheinungen keineswegs für Lyssa charakteristisch waren, so
konnte doch behauptet werden, daß die Infektion durch den Biß
dieses Tieres verursacht worden war, da eine andere Infektions-
möglichkeit nicht in Betracht kam. -Ob die Erscheinungen, die das
Tier gezeigt hatte, als Prodromalerscheinungen der Lyssa anzusehen
sind oder ob es sich um eine anderweitige Erkrankung gehandelt
hat, die neben der Lyssainfektion bestand, war nicht zu entseheiden,
da das Tier bereits am 19. Dezember getötet und nicht seziert
worden war. i
Das wesentlichste Moment, das durch die Erhebungen fest-
gestellt wurde, war die Tatsache, daß von: zwei tierärztlichen Autori-
täten, die das Tier kurz nach dem Biß untersuchten, keine für Lyssa
charakteristischen Krankheitserscheinungen beobachtet wurden. Unter
. Hinweis darauf mußte im Schlußgutachten betont werden, daß selbst-
verständlich auch die Dienstgeberin keine Ahnung davon haben
konnte, daß das Tier wutkrank ist und eine Fahrlässigkeit ihrer-
seits daher ‚nicht besteht. Daraufhin wurde das Strafverfahren,
welches anfangs gegen unbekannte Täter, im Verlaufe ‘der Vor-
erhebungen aber gegen die Besitzerin des Hundes eingeleitet worden
war, über Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt. |
Dieser Fall ist somit ein weiteres Beispiel für die gar nicht
so selten zu beobachtende Erscheinung, daß ein lyssainfiziertes Tier
die Infektion übertragen ‚kann, ohne daß die Krankheit bei ihm
schon in erkennbarer Form zum Ausbruch gekommen wäre. Er
zeigt weiter die Wichtigkeit der Kenninis dieser Tatsache für die
gerichtsärztliche Beurteilung. Kommt es in einen derartigen- Falle
zu einer strafrechtlichen Untersuchung, so ist es Pflicht des Gerichts-
arztes, diese Möglichkeit in seinem Gutachten zu betonen und auf >
die Notwendigkeit hinzuweisen, Erhebungen darüber zu pflegen, ob
und welche Krankheitserscheinungen das Tier zu der Zeit, als es
die Verletzung setzte, dargeboten hat. Es ist dann weiter Aufgabe
des Gerichtsarztes, sich darüber zu äußern, ob eventuell beobachtete
Krankheitserscheinungen auch von einem Laien als wutverdächtig
erkannt worden sein konnten.
Ä ‚In analoger Weise wie bei der strafgerichtlichen Untersuchung
kann auch im zivilgerichtlichen Verfahren diese Feststellung
von Wichtigkeit sein. Denn nach § 1294 des Bürgerl. Gesetzbuches
ist schadenersatzpflichtig, wer einem anderen — abgesehen von in
böswilliger Absicht zugefügten Schädigungen — „aus schuldbarer
Unwissenheit, oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder
des gehörigen Fleißes“ einen Schaden verursacht. Auch hier ist
also von wesentlicher- Bedeutung für die Frage der Haftpflicht des
Besitzers eines lyssakranken Tieres, das einen Menschen infiziert
hat, die Feststellung, ob der Besitzer überhaupt von der Erkran-
kung seines Tieres Kenntnis haben konnte.
Ein weiterer Fall von Lyssaerkrankung bei einem Menschen,
dessen Leiche in unserem Institute zur Obduktion kam, dürfte be-
sonders für die praktisch tätigen Arzte von Interesse sein. u
. Es handelte sich um einen 4jährigen Knaben, der am 11, Mai.
1922 in einem Orte in Mähren zu einer Zeit, da strengste Hundesperre
angeordnet war, von einem Hünde gebissen wurde. Drei Wochen
später traten die ersten Krankheitserscheinungen auf. Einen Tag nach
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_ grunde.
‚den Knaben nach dem Biß
- Mährischen Gerichtes, bei welchem die Untersuchung
hervorgeht, wurde’ durch die Erhebungen festgestellt,
achtet zu haben.
ihrem Auftreten sollte der Knabe in das Pasteursche Institut nach Prag
gebracht werden, er starb aber am Transport, Die Leiche kam zur
gerichtlichen Sektion in unser Institut. Bei der Sektion fanden sich
auf der Streckseite des linken Unterarmes 3 kleine, halbmondförmige,
blaßbraune Exkoriationen; 2 gleichartige Veränderungen an der Beuge-
seite in gleicher Höhe,
keinerlei pathologische Veränderungen an den Organen. Die mikroskopi-
sche Untersuchung des Gehirnes auf Negrische Körperchen fiel negativ
aus, ein subdural mit einer Emulsion von der Medulla oblongata ge-.
impftes Kaninchen ging unter typischen Erscheinungen an Lyssa zu-
Im Ammonshorn des Kaninchengehirns fanden sich Negrische
Körperchen. Lyssa als Todesursache war somit einwandfrei erwiesen.
Auf Grund der en ‚des Vaters wurde gegen den Arzt, der
suchung wegen Verschuldens nach § 365 St.G. (Kunstfehler) eingeleitet.
Der Vater stützte seine Anzeige darauf, daß der Arzt die rechtzeitige
Überweisung des Knaben an das Pasteursche Institut unterlassen habe,
wodurch der Tod verursacht worden sei. Wie aus den Strafakten des
efübrt wurde,
| aß der Knabe
von einem Hunde, der zwei Tage vorher bereits einen anderen Knaben
gebissen hatte, der jedoch sofort ins Pasteursche Institut abgegeben
wurde, in den linken Arm gebissen worden war. Der Vater ging mit
dem Knaben sofort zu einem Arzt, der die Wunde versorgte und in
einer Anzeige an die Polizei die tierärztliche Untersuchung des Hundes
verlangte. Diese Anordnung wurde auch befolgt. Obwohl der Tier-
arzt an dem Hunde keine Zeichen von, Lyssa feststellen konnte, über-
wies er ihn zur weiteren Beobachtung an den Wasenmeister. Nach
~ 2 Tagen. holte jedoch der Besitzer während der Abwesenheit des Wasen-
meisters seinen Hund ab, der dann auf ungeklärte Weise verschwand.
Der Besitzer behauptete, keine Zeichen von Wut an dem Tiere beob-
wurden, angebunden. Die Knaben hatten sich ihm genähert, um, wie
gewöhnlich, mit dem Hunde zu spielen. Nach durchgeführten Er-
hebungen stellte die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Einstellung des
Verfahrens gegen den Arzt, was auch geschah. |
Obwohl der Fall zu keiner weiteren gerichtsärztlichen Begut-
' achtung kam, erschien seine Mitteilung doch angezeigt, weil er
lehrt, wie vorsichtig der Arzt bei der Beurteilung und Behandlung
einer Bißverletzung namentlich in der gegenwärtigen Zeit sein muß.
Bei der großen Verbreitung der Lyssa ist es sicher viel ratsamer,
in jedem Falle von Bißverletzung, wo die äußeren Verhältnisse die
Möglichkeit einer Lyssainfektion nicht ausschließen lassen, anzu-
nehmen, das Tier sei lyssakrank und dementsprechend sein Ver-
halten einzurichten. Ein Zuwarten kann bisweilen unliebsame.
Folgen für den Arzt zeitigen. |
Die erfolgreiche Bekämpfung der Lyssa ist eine recht schwie-
rige Aufgabe. Gesetze allein genügen nicht. Sie bedarf in hohem
‚Maße der Unterstützung der Bevölkerung. Volksaufklärende Vor-
träge, wie sie durch einen Erlaß des Landwirtschaftsministeriums
der tschechoslowakischen Republik angeordnet sind, und zu welchen |
ein in der tschechischen tierärztlichen Hochschule in Brünn®) an-
gefertigter Film zur Verfügung gestellt wird, könnten sehr nutz-
bringend wirken. | f
'Es ist Hetsch?) nur beizupflichten, wenn er die Ursache der
Verbreitung der Lyssa in der Nachkriegskeit auf das Sinken der
staatlichen Autorität, welche nach dem Kriege allenthalben zu beob-
achten war, zurückführt. Was Hetsch diesbezüglich von, Deutsch-
land sagt, dürfte in gleicher Weise auch für die tschechoslowakische
Republik Geltung haben. Es ist zu hoffen, daß mit zunehmender
Achtung vor den gesetzlichen Bestimmungen. auch diese Seuche
wieder zumindest in jene Grenzen zurückgedrängt wird, die sie vor
dem Kriege hatte.
| (Vorstand: Proh A. Ghon).
Zur Pathogenese der Dystrophia adiposogenitalis.
Von Dr. Erik Johannes Kraus.
- Von allen namhaften Hypothesen, die über das von Fröh-
lich zuerst beschriebene und von Bartels Dystrophia adiposo-
genitalis benannte Krankheitsbild aufgestellt worden sind, befriedigt
die von Kurt Gottlieb den Pathologen noch am meisten. ' Weder
die Ansicht von Fröhlich, noch die von B. Fischer, noch die
von Erdheim können heute als ausreichend angeschen werden, da
sie immer nur einen Teil der Fälle zu erklären imstande sind,
6) Amtsbl; d. Min. f. öffentl. Gosundheitswesen 1922, S. 98.
3 Hetsch, M.KI, 1924, Nr. 4.
Außer Hirnödem fanden sich makroskopisch
ehandelt hatte, die strafgerichtliche Unter-
-
er Hund war beide Male, als die Knaben gebissen |
| übrigen Teilen des an find,
Aus dem Pathologischen Institut der Deutschen Universität in Prag |
während ein Großteil der Fälle ungeklärt bleibt. Die Zahl der
pathologisch ungeklärten Fälle wird bedeutend eingeschränkt, wenn
man mit Gottlieb annimmt, daß „jede Schädigung, die entweder
. den Vorderlappen der Hypophyse funktionsunfähig macht oder die
Edingerschen Bahnen im Hinterlappen, Stiel und Infundibulum
unterbricht“, Dystrophie hervorrufen kann. Nach Gottlieb gelangt.
zu wenig oder ein falsches Sekret in die Gehirnsubstanz der Regio
subthalamica, wodurch die normale Wirkung des Hypophysensekretes
auf gewisse Zentren eine Änderung erfährt, die dann zur Dystrophie
fühn. — Einen ähnlichen Gedanken finden wir bei Stumpf, der
die Entstebung der Dystrophia adiposogenitalis bei. chronischem
Hydrozephalus auf eine Beeinträchtigung der nervösen oder
hormonalen Beziehungen zwischen Hypophyse und Gehirn zurück-
führt. — Nach Biedl gibt es eine hypophysäre und ‚eine zerebrale
Form der Fröhlichschen Krankheit. Für die große Mehrzahl der
Fälle dürfte nach Biedl die Annahme zutreffen, daß das patho-
genetische Moment, sei es nun ein Tumor der Hypophyse oder ihrer
Nachbarschaft, sei es ein patbologischer Hirndruck, die Hynophyse
einerseits und das Zwischenbirn anderseits, gleichzeitig schädigt.
Es komme die gleiche Funktionsstörung zustande, wenn der Reiz-
stoff. des Intermediasekretes seine Wirkung auf das Zwischenhirn .
nicht entfalte oder wenn dieses Zentrum selbst in seiner Betätigung
gestört sei. Der Ansicht Biedls liegt somit der gleiche Gedanken-
gang. zugrunde, den Gottlieb, dem das Verdienst gebührt, als
erster mit dem etwas engherzigen Standpunkt der bisherigen An-
schauungen über die Entstehung des Fröhlichschen Syndroms
gebrochen zu haben, zur Erklärung der Genese der Dystrophia:
adiposogenitalis herangezogen hat. ;
Im nachfolgenden sei über mehrere Fälle berichtet, die zum
Teil geeignet erscheinen, zur Klärung gewisser, bisher nicht end-
gültig gelöster Fragen in der Pathologieder Dystrophia adiposogenitalis
beizutragen. | |
Fall I. Anna G., 23 Jahre alt (Propädeutische Klinik Prof.
Biedl). Im Jahre 1923 normaler Partus, seither starke Zunabme des
Körperumfanges und Sistieren der Menses. Die mittelgroße Patientin
zeigt ein dickes, rundes Gesicht, große fettreiche Mammae, exzessive
Fettmassen an Bauch und den Hüften. Es besteht Schwindel, Schläfrig-
keit, Doppelsehen und Bettnässen. Am 11. Dez. 1922 Exitus letalis,
nachdem in der letzten Zeit der Paniculus. adiposus an Armen un
Beinen auffallenderweise geschwunden war. !
Bei der Sektion findet sich eine chronische Tuberkulose des
Gehirns, wobei der Boden des dritten Ventrikels von einer tumorähn-
lichen, grauroten Gewebsmasse vollständig substituiert ist. Ein erbsen-
großer tuberkulöser Knoten findet sich am Abgang des rechten Nervus
opticus. Im Bereich des Foramen -Monroi, welches ebenso wie die
Seitenventrikel ziemlich stark erweitert erscheint, liegt eine mit den
Columnae fornicis verlötete, haselnußgroße, graurötliche Altermasse,
die von kleinen verkästen Knötchen durchsetzt ist, die vorderen zwei
Drittel des dritten Ventrikels vollkommen ausfüllt und mit den gleichen
Massen, die den Boden des dritten Ventrikels substituieren, in breiter
Verbindung steht. (Der übrige Gehirnbefund ist der Kürze halber
weggelassen.) . | g
Die morphologische Untersuchung der endokrinen Organe
ergibt: Hypophyse 0,9 g; im Hypophysenstiel einzelne frische miliare
Tuberkel, der größte Teil des Stiels jedoch intakt. Hinterlappen im Ver-
hältnis zum Vorderlappen klein; im mittleren und rechten Drittel der
unteren Hälfte desselben miliare Tuberkel und frische Konglomerat-
tuberkel, in der oberen Hälfte nur vereinzelte miliare Tuberkel. Stellen-
weise greift die Tuberkulose vom Hinterlappen auf die Marksubstanz
über, wobei sich hier (zum Teil zwischen den spärlichen und kleinen
Kolloidzystchen) miliare und frische Konglomerattuberkel am _reich-.
lichsten im unteren Anteil der Hypophyse etabliert haben. In den
en sich in jedem untersuchten
Schnitt vereinzelte miliare Knötchen. Der Vorderlappen ist stark
hyperämisch, die Eosinophilen wesentlich vermindert und kleiner als
normal, die Basophilen ganz auffallend reichlich, die Hauptzellen ent-
sprechend reichlich. Das erhöhte Gewicht der Hypophyse ist vor allem
durch die Vergrößerung des Vorderlappens bedingt.
Zirbeldrüse 0,13 ee 28 g, 2 Epithelkörper-
chen kaum hanfkorngroß, histologisch o. B. Pankreas 83 g. 74 Inseln
pro 50 qmm bei geringer Lipomatose. Neben normal großen vielfach
sehr kleine Inseln, daneben auch sehr große Inseln, histologisch durch-
wegs o. B. Im Sudanpräparat zarte Verfettung der Inselepithelien, etwas
stärkere Verfettung in einem großen Teil der Tubuli. — Neben-
nieren (zusammen) 9,8 g; Rinde sehr stark verfettet, u. a. durch sehr
reichliches doppelbrechendes Lipoid. Rinde und Mark in entsprechen-
dem Mengenverhältnis. Chromaffinität nicht nachweisbar (postmortaler
Verlust?). Ovarien (zusammen) 5,75 g mit ganz vereinzelten Primordial-
ee in einem oder dem anderen Schnitt. Keine Graafschen Fol-
ikel.
Vereinzelt kleine Follikelzystchen mit einem schmalen Saum
verletteter Zellen und verlettete Ssume um die Corpora fibrosa.
Ir
i .
-1h Sèptembèr -> , 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.37. 000. 0 S RL
= Epikrise: Es handelt sich um einen typischen Fall von
=. Dystrophia adiposogenitalis bei einer. 23 Jahre alten Frau, bei der
das Leiden ein Jahr vor dem Tode begann. Die Untersuchung er-
| gibt eine vollständige Zerstörung des Bodens des dritten Ventrikels
| “ durch Tuberkulose. Die Hypophyse erweckt auf Grund des morpho-
logischen Verhaltens trotz einer ziemlich frischen Tuberkulose in
5 allen Teilen, namentlich im Hinterlappen, und der Verminderung
| . ler -eosinophilen Zellen den Eindruck eines immerhin funktions-
. tüchtigen Organs; selbst vom 'Hinterlappen, der- am reichlichsten
` {uberkulöse Veränderungen zeigt, sind noch ausgiebige Partien er-
halten. Bemerkenswert ist die starke Verminderung der eosino-
. philen Zellen, die vielleicht als eine Folge der Störung im Hypo-
' physen-Zwischenhirnsystem anzusehen wäre. Eine auffallende
| ‘Verarmung an Eosinophilen fand sich auch in einem vor einigen
‘ Jahren von mir veröffentlichten Fall von Dysirophia adiposogenitalis,
| der mit Zwergwuchs kombiniert war und bei ‘dem ich den Schwund
‚der Eosinophilen auf die ganz ungewöhnlich starke Hypoplasie des
iv Hinterlappens zu beziehen geneigt war. Die Störung der bisher
“leider noch ungeklärten Beziehungen zwischen dem durch Hinter-
“ - : lappen und Stiel mit dem Zwischenhirn verbundenen Vorderlappen
und dem Zwischenhirn ist möglicherweise die Ursache soleher ab-
-normer Zustände im Zellstaate der Hypophyse. Für die Dystrophia
adiposogenitalis ist in diesem Falle wohl in erster Linie der. Ausfall
. der Zwischenhirnfunktion verantwortlich, wenngleich bei der großen
' Ausdehnung der Veränderungen eine Bestimmung, welcher Teil der
` Zwischenhirnbasis hierfür in Betracht kommt; nicht möglich erscheint.
; Immerhin verdient der Fall!) nicht nur. wegen seiner Seltenheit
-hervorgehoben zu werden, sondern weil er die große Bedeutung des
y Zwischenhirns für die Pathogenese der Dystrophia adiposogenitalis
N beweist, zumal die Veränderungen in der Hypophyse viel jüngeren
ae
|
an Suchen mikroskopisch kleine, äußerst. dürftige Reste eines
stark komprimierten, sehr.atrophischen Vorderlappengewebes, das hier
nach Art einer Schale dem “expansiv wachsenden Tumor anliegt. —
Zirbeldrüse makroskopisch o. B., histologisch nicht untersucht.
Schilddrüse 23 g, ziemlich kollöidreich, Bläschen zum Teil erweitert,
das Epithel niedrig bzw. platt, Kolloid augenscheinlich durchwegs
erbsäurefest. Interstitium stellenweise ganz leicht verdickt. —
‚ankreas: 46g (!) mit geringer Lipomatose. 91 Inseln pro 50 qmm.
Neben. normal großen viele auffallend kleine Inseln; hie und da auch
sehr große Inseln. Das Inselepithel zum großen Teil mit zerfasertem,
schlecht darstellbarem Zeileib, nicht selten. dicht zusammengedrängt.
Tubuli etwas atrophisch, Interstitium zart. — Nebennieren (zu-
sammen): 6,7 g Rinde.diffus und stark verfettet, fast ausschließlich mit
mn em Lipoid; Zona reticularis kaum en Mark-
substanz entsprechend reichlich, vorwiegend aus Zellen’ mit solidem,
gut färbbarem und gut abgrenzbarem, maig reichlichem Protoplasma.
hromaffinität im allgemeinen. gering. — Hoden (ohne Nebenhoden)
zusammen: 12,6 g 9: Die Hodenkanälchen -stark verschmälert, die
Tunica propria verdickt, das’ verengte Lumen ausgefüllt. von gleich-
mäßigen, protoplasmaarmen, stark verfetteten Zellen. Das Interstitium
deutlich verbreitert, hyalin degeneriert mit 'spärlichen, aber: großen
und stark verfetteten Zwischenzellen. Da RA
‚Epikrise: Es handelt sich um einen typischen Fall- von
Dystrophia adiposogenitalis bei einem 42 Jahre alten Mann, -
bedingt durch einen Tumor der Hypophyse, der dieselbe so gut wie
vollständig vernichtet und einen starken Druck auf den Boden des
dritten: Ventrikels ausgeübt hat?). Der Beginn des Leidens liegt
viele Jahre zurück; die Angaben, daß der Kranke stets nur einen
- Schnurrbart aus Flaumhaaren besaß, spricht vielleicht dafür, daB
der Prozeß bis ins Jünglingsalter zurückreicht, weiter zurück wohl
nicht, da eine Wachstumsstörung nicht vorlag. Die Hoden zeigen
vor allem: das Bild der Atrophie mit auffallend wenig Zwischen-
zellen, welch letzigenannte Veränderung Berblinger als charakte-
ristisch für die hypophysär bedingte Hodenschädigung ansieht. In
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Datums sind als die im Zwischenhirn, und die Erkrankung zu einer
„Zeit entstanden sein dürfte, in der die Hypophyse höchstwahrschein- .
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Be lieh-noch frei von Tuberkulose war. | der letzten: Zeit‘ bot der Patient bereits Zeichen körperlichen Ver-
A l Ma Oat EP. 49 Jahre alt (Perchiätrische Klinik: Prof falls, der Fettpolster begann zu ‚schwinden, das Gesicht bekam ein
- Potz). "Klinische Dinghose: Hypophyaize Kachexie mit Demenz. | 116808 und gealteries Äusschen, Veränderungen, die als beginnende N
w Patient war am Körper nie stark behaart, - Schnurrbart bestand nur ‚hypophysäre ‚Kachexie angesehen‘ werden diirfen. AR ; r
W aas Flaumhaaren; kurz vor. dein Kriege seien ihm Bart- und Körper- Verschieden zu deuten ist der Befund im Pankreas, das eine je
in
$ haare a gelallen, Zugleich Abnahme der Potenz. Seit 3 Jahren fehlt | auffallende Atrophie zeigt, geringe Verminderung der Inseln und
> auch die Libido vollständig. In der Klinik wurde folgender Befund
regressive Veränderungen des Inselepithels. . Will man in diesen
‚erhoben: Mittelgroß, mit reichlichem Fettpolster; fast fehlender Bart-
Veränderungen nicht eine Teilerscheinung der beginnenden Kachexie
-
in den letzten 14 Tagen stellte Patient eine Zunahme seines Körper-
gewichts: von 10 kg fest. Leidet seit. 3 Monaten an starken Kopi-
schmerzen. Während seine Libido von jeher gering war, ist Patient,
der in seiner kurzen Ehe immerhin öfters kohabitiert hat, seit 14 Tagen
vollständig impotent. In der letzten Zeit traten sehr heftige Kreuz- und
Rückenschmerzen auf. Der Patient, der 192 cm lang und 93 kg schwer
ei
T ne fehlende ae eauung, weiblicher Behaarungstypus am | erblicken, so kann man bei Annahme einer antagonistischen Wechsel- RAN;
"E enitale, Breites Bec en, kleine Hoden, Kastratenstimme. ` wirkung zwischen Hypophyse und Pankreas daran denken, daß in- a
Mi i “Die Sektion ergibt einen fast hühnereigroßen, hoch aus. der folge der Ausschaltung der Hypophysenfunktion und des damit ver- un
m Far Den ie nr un YD; as bundenen Ausfalls der normalen stimwierenden Wirkung auf das
u Harte, y yse makroskopisch nicht nachweisbar. . Die Sub- | \ srar okt Bar ua 5
je $tantia perforata posterior und die dentlich auseinandergerückten Cor- ehe er re ‚aktiv geworden ist und allmählich eine.
zw. Pora mamillaria anscheinend. vom Tumor nicht wesentlich tangiert und | üc AUS AN LEN Dal ar | |
ra pakroskopisch unverändert, Der vor den Corpora mamillaria gelegene Fall II. Karl W., 30 Jahre alt (Propädeutische Klinik, Prof,
# des Zwischenhirnbodens mit dem Chiasma durch den Tumor | Biedl). Patient war von jeher sehr kräftig ‘und soll seit seiner vor 1
-e ehgedrängt, die Tractus optici, das Chiasma und die Abgänge der | 1/, Jahr stattgehabten Verehelichung an Körperlänge zugenommen haben; A
W, Yptici platt gedrückt und stark verdünnt. Die Massa intermedia nicht pi T
nachweisbar, Alle Ventrikel deutlich. erweitert, am. meisten die
yo tenventrikel. Die rechte Subst. perf. ant. unverändert. Von der
ine des steil aus der Sella aufragenden Tumors dringt auf. der,
ink Seite ein über bohnengroßer Forlsatz des Tumors gegen die
o Hälfte der Optikuskreuzung ‘nach oben und etwas seitlich ge-
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pentet, bohrt sich nach Zerstörung dieses. Chiasmaanteils in das mediale | ist, zeigt sehr reichliche Fettmassen im Gesicht und am Bauch, wäh-
g i der linken Subst. perf. ant. und ist. von der Lichtung‘ des ‘| rend die Nates und Extremitäten auffallend schlank erscheinen. Am
f © a enventrikels nur durch eine dünne, durchscheinende Membran aus | Abdomen und den Oberarmen deutliche Striae. Behaarung durchwegs
Gel Ruten getrennt. Das Infundibulum ist als solches nicht mehr
„ kenntlich, ebenso das Tuber cinereum und die Eminentia saccularis,
normal. Patient stirbt an; einer Septikämie im Anschluß an eine In-
wobei der Boden des dritten Ventrikels vor den Corp. mam. bloß von
jektion.
J einer di i - | Die Sektion ergibt neben Zeichen einer septischen Allgemein-
Bo em En Membran gebildet wird. , Im linken Tempore lappen ein | infektion eine deutliche Vergrößerung der Hypophyse, die jedoch aus
f durch ab alischer Herd infolge Abklemmung der linken Arterid carotis. | der Sella tureica nicht herausragt; ferner ausgesprochene Osteoporose
1 den harten Tumor. — Fettpolster bei der Sektion am Abdomen | der Wirbelsäule, des Sternum und der Rippen, geringgradige K phose
dünn un. Oberschenkel itj cm, am Oberarm 1 cm. Die Gesichtshaut | der Brustwirbelsäule, eine kleine diffuse Kolloidstruma nd auffallend
SH Kom, Ag und bartlos. ` Genitalbehaarung spärlich bei sonst fehlender | kleine Hoden. Der Fettpolster mißt am Halse 1,3 cm, am Oberarm
"1 „rperbehaarung, . d | =. j| 2 em, über dem Sternum 2 cm, am Bauch 31/, cm und am Ober-
4 Organ © " morphologische Untersuchung der endokrinen | schenkel 2 cm. : E IR
De a | a | Die morphologische Untersuchung der endokrinen Organe
5 Indem ungen or Hypophyse findet sich ein psammöser Tumor°), | ergibt: Hypophyse 0,93 g. Im Hinterlappen befindet sich ein ih-
ya m unge eure Mengen verschieden großer, konzentrisch geschichteter, | filtrierend wachsendes, basophiles Adenom, das sich namentlich in den
A runden ’ nur selten verkalkter, kugeliger Bildungen das aus kleinen, | — Er
dicht A protoplasmaarmen Zellen zusammengesetzte Tumorparenchym
3) Mit der Angabe Hermanns, ‚der den Fall’ klini
ürchsetzen. An einer umschriebenen Stelle finden sich nach 2 Sal vom klinischen
Standpunkt in der Medizinischen Klinik publiziert hat, daß der Tumor
keine Druckwirkung auf das Zwischenhirn ausgeübt hätte, kann ich
mich auf Gründ des anatomischen und histologischen Befundes nicht
einverstanden erklären. Der Tumor, der bei der Sektion als Hypo-
physengangsgeschwulst im ‚Sinne von Erdheim imponiert hat und
mit dieser makroskopischen Diagnose übernommen wurde, erwies sich
bei der nachträglichen histologischen Untersuchung als ein psammöser
Tumor, dessen Genese wie erwähnt noch geklärt werden muß,
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1) Derselbe ist jüngst von Raab in einer größeren klinischen
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unde publiziert ne unserer anatomischen un ‚histologischen Be-
g. und or ie Histogenese des Tumors. ist derzeit nicht völlig geklärt
teilung egenstand einer späteren, genaueren Untersuchung bzw.
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‘ändert, ebenso die Nebennieren. — Hoden zusammen (ohne Neben-
hoden) 18,8 g.. Die Hodenkanälchen mit zarter Tunica propria. Sper-
De "und ee fehlen, nur in
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spricht das histologische Bild, namentlich der Befund weniger per-
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1292
vorderen zwei Dritteln desselben etabliert und. etwa zwei Drittel der
benachbarten Marksubstanz des Vorderlappens zerstört hat. In dem
erhaltenen Drittel der Marksubstanz mehrere zum Teil bis hanfkorn-
große Kolloidzystchen. Der Tumor setzt sich gegen den Vorderlappen
tast überall scharf ab, wobei er das benachbarte Drüsenparenchym
leicht komprimiert, während er in der Neurohypophyse infiltrierend
wächst und unter anderem einen stiftiörmigen, ungefähr axial ver-
laufenden Fortsatz in den Hypophysenstiel entsendet und so etwa die
Hälfte von dessen Querschnittsareal substituiert. Die Eosinophilen ent-
sprechend reichlich, durchschnittlich etwas kleiner als normal. Auf-
fallend wenig reife Basophile. Viele Entgranulierte aus Basophilen
hervorgegangen. Viele Hauptzellen, offenbar auf Kosten der Basophilen
vermehrt. Die Rachendachhypopbyse in ziemlich vielen histologischen
Schnitten, die angelegt wurden, nicht auffindbar. — Zirbeldrüse. von
normaler Größe, histologisch o. B. Die. leicht vergrößerte Schild-.
drüse kolloidreich,. mit 'erweiterten Bläschen, teils kubischem, teils
plattem Epithel, mit zartem Interstitium. Drei Epithelkörperchen
(zusammen) 0,16 (!) auffallend stark von Fettgewebe .durchwachsen,
stellenweise mit ‚ziemlich großen Komplexen oxyphiler Zellen, sonst
o. B- — Pankreas 94 g, durch postmortale Autolyse weitgehend ver-
matiden,
anz ver-
odenkanälchen einige Spermatozoenköpfe. . Das Epithel meist
4—5reihig, mit etwas vermindertem Lipoidgehält. Die Zwischenstellen
‘in dem spärlichen Interstitium deutlich vermindert. — Die Nebenhoden
histologisch o. B | |
© Epikrise! Es handelt sich. um einen 30 Jahre alten Mann,
bei dem 3!/, Monate vor dem Tode eine rasch zunehmende Fett-
sucht ‚und Impotenz bei normaler Behaarung auftrat. Die Sektion |
zeig‘ ein basophiles Adenom, das zwei Drittel des Hinterlappens
und der angrenzenden Marksubstanz substituiert. Das Zwischenbirn
erweist sich anatomisch und histologisch frei von Veränderungen.
Neben der Fettsucht ergibt die Sektion eine auffallende Osteoporose. |
Die kleinen Hoden zeigen zwar keine Spermatogenese mehr, doch
sistierender Spermatozoenköpfe im einem oder dem anderen Hoden-
` kanälchen dafür, daß die Hodenschädigung nicht sehr alt sein kann.
. dies Raab tut.
= Dieser eigentümliche Fall wurde von’ Raab, der denselben
‘vom klinischen Standpunkt jüngst publiziert hat, als ein Beweis für
eine rein hypophysäre Genese der Dystrophia adiposogenitalis an-
-gesehen. Wenngleich ich die Möglichkeit eines ursächlichen Zu-
sammenhanges der Fettsucht und Impotenz unseres Kranken mit der
Hypophysenveränderung zugebe, halten mich doch gewisse Momente
ab, einen solchen Zusammenhang so apodiktisch zu glauben, wie
Die Tatsache, daß Mooser einen: ganz analogen
Fall mit hochgradiger Fettsucht und Osteoporose beobachten konnte,
ohne. daß die Hypophyse auch nur die geringste pathologische Ver-
änderung aufgewiesen hätte, gibt doch sehr zu denken. Es existieren
offenbar seltene Formen von Fettsucht, über deren Atiologie und
Genese wir gar nicht unterrichtet sind, ebenso wie immer wieder
Fälle von Zwergwuchs beschrieben werden, die keinem der ätio-
logisch und: genetisch bekannten Typen entsprechen und als
besondere Fälle — so zu sagen — eine eigene Gruppe bilden. Und
ebenso scheint es mit der Fettsucht zu sein. Es ist meiner Ansicht
nach nicht ausgeschlossen, ‘daß in unserem Falle die Ursache der
Fettsucht wo anders zu suchen sei und das basophile Adenom im
- :Hinterlappen ntr einen zufälligen Befund darstelle, sowie in zwei
anderen Fällen, von denen einer aus dem Prager deutschen patho-
logischen Institut von Nothdurft publiziert wurde, während die
Hypophyse des anderen Falles, die einen ganz analogen Befund wie |
die im Falle W. bot, sich in meiner histolögischen Sammlung be-
findet. — Bei: der Annahme, daß das weniger als kirschkerngroße
basophile Adenom der Neurohypophyse die Ursache der Dystrophie
in unserem Falle ist, wäre noch die Frage zu beantworten, ob es
Forschungsergebnisse aus Medizin und N aturwissenschaft.
"Mikrostrukturen organischer Substanzen.
Von Dr. H. Mark, Berlin-Dahlem.
Im Gegensatz zu den Gasen und Flüssigkeiten, welche keine
charakteristische äußere Form besitzen, zeigen die festen Körper
der anorganischen und organisierten Natur Wachstumslormen, welche
. auf gesetzmäßige Vorgänge bei der Entstehung aller dieser Gebilde
_ hinweisen, Vorgänge, welche nicht zuletzt beim Aufbau des mensch-
lichen Körpers eine hervorragende Rolle spielen.
Die moderne Physik erklärt diesen Gegensatz auf dem Boden
der Atomtheorie dadurch, daß im gasförmigen und flüssigen Aggregat-
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 37. -
BE: | = ; F] | 14, September
werden, da mehreren Fällen von Dystrophia adiposogenitalis, die mit
gleicher Bedingungen weder Fettsucht noch die in unserem Fall
-mehr besagt, als Fälle mit Zerstör
allergrößten Teil desselben substituiert und nur den obersten Anteil
‘und Knochenmetastasen. Hypophvse 0,45 g; der Hinterlappen von
substanz, die Eosinophilen wesentlich vermindert, die Basophilen nicht l
"reichlich; zwei fibrös-atrophische Herde im Vorderlappen. Kein An-
die partielle Zerstörung des Hinterlappens durch Tumor oder eine
spezifische Wirkung des basophilen Adenoms ist, die hierfür
in Betracht kommt. Daß eine: spezifische Wirkung seitens des baso-
philen Tumors vorliegt, kann weder geleugnet noch behauptet
basophilem Adenom der Oro- bzw. Neurohypophyse vergesellschaltet
waren, andere Fälle gegenüberstehen, in denen {rotz anscheinend
gefundene Osteoporose beobachtet wurde. Daß die partielle Zer- .
störung des Hinterlappens bei intaktem Vorderlappen und Zwischen- _
hirn (wie in unserem Falle) Dystrophia adiposogenitalis. hervorruft,
ist meines Wissens bisher nicht gesehen worden, was um so
ung des Hinterlappens durchaus:
nicht selten vorkommen. | |
Nachstehend vier Fälle aus meiner eigenen Sammlung mit aus-
edehnter bzw. vollständiger Destruktion der Neurohypophyse ohne
Zeichen.von Dystrophia adiposogenitalis: F
- 1. 6i Jahre alte Frau mit ulzeröser Endokarditis, Stauungs-
organen, allgemeiner Atherosklerose und Diabetes mellitus. Im ver-
größerten Hinterlappen der Hypophyse findet sich ein fibröser,. voll-
ständig hyalin degenerierter Herd (nach Tuberkulose?), der den
sowie den. Stiel der Hypoöphyse freiläßt. Vorderlappen o. B. Kein.
Anhaltspunkt für Dystophle adiposogenitalis,
2. 58 Jahre alte Frau, abgemagert, mit Karzinom des linken
Bronchus und zahlreichen Metastasen in den verschiedensten Organen.
=: Hypophyse 0,87 g, 3/4 des Hinterlappens von einer Metastase
zerstört, Vorderlappen o. B. Kein Anhaltspunkt für Dystrophia ádi-
posogenitalis. | DR:
3. 61 Jahre alter Mann mit Karzinom der Prostata, Lungen-
sekundärem Karzinom der Sella turcica umwachsen, die ypophyse
von hinten nach vorne komprimiert, die hintere Hälfte des Hinter-.
lappens von. Karzinom substituiert. Keine Kolloidfollikel in der Mark-
haltspunkt für Dystrophia adiposogenitalis. ne | |
4. 60 Jahre alter Mann mit mäßig entwickeltem Fettpolster
und Karzinom der Pleura. Die Hypophyse 0,9 g. Dje Eosi-
nophilen vermindert, die Basophilen reichlich; sehr reichlich ent-
anulierte Zellen. In der Marksubstanz sehr wenig 'Kolloidfollikel.
m Hinterlappen eine Karzinommetastase, die bis auf einen kleinen
Bezirk an der Basis den ganzen Hinterlappen substituiert.” Kein An-
haltspunkt für Dystrophia adiposogenitalis. u
-> Was.mich außerdem-abhält, den Fall W. mit Sicherheit als-
eine hypophysäre Fettsucht anzusprechen, ist der Umstand, daß der
Patient von jeher eine verminderte Libido sexualis hatte, auffallend .
lange untere Extremitäten zeigte und bloß 18,3 g schwere Hoden
besaß, ohne daß histologisch schwerere und vor allem ältere Ver-
änderungen derselben vorgelegen hätten. Da nicht angenommen
werden kann, daß normal große Hoden bei einem 30jährigen Manne
in. 3 Monaten auf 9 g pro Hoden zusammenschrumpfen, so ist der
Schluß gestattet, daß die Hoden des Mannes wohl schon früher
abnorm klein waren, ein gewisser Grad von Hypogenitalismus also
schon früher bestand. Es wäre ja möglich, daß bei einem derartigen -
Menschen schon geringe Veränderungen im endokrinen System im-
stande sind, eine schwere Allgemeinstörung hervorzurufen, doch
bleibt dies bloß eine Vermutung. Aus den hier genannten Gründen
erscheint mir der Fall nicht geeignet, die Behauptung Raabs, zu
rechtfertigen, daß hier der Beweis für eine rein hypophysäre Genese
der Dystrophia adiposogenitalis vorliegt, abgesehen davon, daß.die
Osteoporose zum Fröhlichschen Krankheitsbild nicht gehört?).
und der Haarausfall. müßten
Monate) noch nicht voll aus-
| (Schluß folgt)
bei der geringen Dauer des Leiden
*) Die typische ns
(31
gebildet gewesen sein | 2
"zustand die einzelnen chemisch gleichartigen Teilchen — also die
chemischen Molekein — aufeinander keine merkliche Anziehung
mehr ausüben, daß also nach dem Zusammenschluß der Atome zum
Molekül keine Kräfte mehr übrig bleiben, welche einen. geordneten
Zusammenschluß der Elementarteilchen zu einem größeren Gebilde
bewirken könnten. Im festen Aggregatzustand aber sind auch nach
der -Absättigung der chemischen Valenzen Kräfte am Werk, welche
die einzelnen Molekeln untereinander in gesetzmäßiger Weise ver-
ketten und so ein Wachstum hervorrufen, in dessen makroskopischen
Formen unmittelbar die Struktur der erzeugenden Kräfte sich äußert.
Als Objekt für das analytische Studium dieser Formen haben
in erster Linie die einfachsten anorganischen Wachstumserscheinungen
- ~
u 14: September `
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37:
i
4
-
große Anziehungskraft auf die Naturforscher ausgeübt. Die Kristalle,
_ deren regelmäßige Gestalt und. vollendete Symmetrie das Walten
einfacher Gesetze bei ihrem Aufbau unmittelbar‘ in Evidenz setzte,
_ waren daher der Ausgangspunkt für das Studiam von Wachstums-
_ erscheinungen. Das an solchen Kristallen gesammelte breite Tat-
sachenmaterial half dann eine mathematische Theorie der Kristall-
strukturen entwickeln, welche die allgemeinen Eigenschaften der
7 Kristalle, ihre ebenen Begrenzungsflächen, ihre Symmetrie und ihre
` Ánisotropie aus einem einheitlichen Gesichtspunkt verstehen lehrte.
Diese Theorie behauptet, daß im Kristall die Schwerpunkte der `
chemischen Molekeln in den Punkten ‚eines Raumgitters angeordnet.
sind und daß diese Regelmäßigkeit im kleinsten alle an den großen
Kristallen gefundenen Erscheinungen zu erklären vermag. Tat-
gächlich fügt sich eine unübersehbare. Menge von: Tatsachen dem
von dieser Theorie aufgestellten weiten - Schema; aber auch, ihre
direkte experimentelle Bestätigung gelang. |
Aus der Optik der Lichtwellen sind
an Gittern bekannt, die immer- dann auftreten, wenn die Wellen-
länge der Lichtwellen von derselben . Größenordnung ist, wie die
-Abstände in dem verwendeten Beugungsgitter. Diese Abstände sind
nun im Kristallgitter etwa ein zehnmillionstel Zentimeter, so daß.
bei Bestrahlung eines Kristalles mit Strahlen von derselben Wellen-
länge, also mit Röntgenstrahlen, Interferenzerscheinungen zustande
- kommen müßten. In der Tat zeigte im Jahre 1912 M. v. Laue,
: daß man auf diese Weise die Gitterstruktur der Kristalle direkt
durch ihre beugende Wirkung auf Röntgenstrablen erkennen kann.
‚Damit war ein neuer Weg gewiesen, die Feinstrukturen der Gitter
m studieren und die Erkenntnis der Verknüpfung zwischen
be o a Erscheinungen: und mikroskopischer Struktur zu
vertiefen. À | . 5
Auch hier hat. die Forschung der ersten 10 Jahre sich im
wesentlichen den einfachsten Substanzen — also den Elementen —
zugewendet und ihren Bau aufgeklärt. In der Strukturermittlung
komplizierter organischer. Gebilde liegen erst Anfänge vor, denn die
. GE
Methoden der neuen Forschungsriehtung mußten erst erprobt und
ausgearbeitet werden: gemügend intensive, möglichst monochro-
matische Röntgenlichtquellen von langer Betriebsfähigkeit wurden
- ‚konstruiert, die geometrischen Bedingungen der Aufnahmetechnik
entwickelt und die ihnen entsprechenden Aufnahmeapparate gebaut.
=- „Nunmehr wendet sich das Interesse von der experimentellen
Entwicklung der Methode ab und ihrer Anwendung auf kompli-
‚neriere speziell organische Substanzen zu: In der organischen Chemie
haben seit van’t Hoff die räumlichen Vorstellungen der Stereo-
‘chemie — das mit vier gleichwertigen, nach den Ecken eines
regulären Tetraeders gerichteten Valenzen begabte Kohlenstoff-
. atom — hingereicht, um die formelmäßige Darstellung der bekannten
Verbindungen fast in allen Fällen zu ermöglichen. Diese Grund-
vorstellung selbst fand nun alsbald ihre Bestätigung durch die ersten
Ergebnisse der Röntgenstrukturanalyse. Im Diamanten sind inner-
halb ‚des Kristallgitters die Kohlenstoffatome so gelagert, daß die
Verbindungslinien zu den nächstgelegenen Atomen die Richtungen
der Höhen eines Tetraeders haben. In’ diesem Kristall besorgen :
die chemischen Valenzen also gleichzeitig die Bildung des Gitters,
dessen große Härte und hohe Sublimationstemperatur dadurch er-
Rlärlich werden. Aber auch in Verbindungen, welche symmetrisch
aman, + "S
Fortschritte auf dem Gebiete der Lokalanästhetika.
gi © _ -Von Dr. Erich Hesse, =. |
L Assistent am Pharmakologischen Institut der Universität Breslau.
Ahi Das Bedürfnis der Praxis, das Kokain Aus seiner beherr-
chenden Stellung als Oberflächenanästhetikum durch andere Mittel
. v ersetzen, liegt in der hohen Giftigkeit dieser Substanz begründet.
p abgesehen von Idiosyùkrasien wird vor allem dort, wo hoch
» nzentrierte Lösungen des Anästhetikums nicht zu vermeiden sind,
a h ei operativen Eingriffen in den oberen Luftwegen, häufig
Ä a Giltstoff resorbiert, daß zum mindesten unangenehme Sen-
nen, Nausea, Tachykardie,
erschei ja selbst bedrohliche Kollaps-
Unerwünsehe auftreten, die dem. Patienten wie dem Arzt gleich
euphorisch t sind. Auf der anderen Seite beschwören die
toxisch je und rauschartigeen Zustände bei Aufnahme sub-
a 2er Dosen die Gefahr der Kokainsucht herauf, Grund genug, .
"die j i ; » e. . Å
somaa Pentische Verwendung des Kokains möglichst einzu-
Interferenzerscheinungen.
`.
Pharmazeutische
ein anderer Säurerest eingefügt ist,
substituierte Kohlenstoffatome enthalten, hat die Röntgenstruktur-
analyse ergeben, daß die Grundvorstellung der organischen Stereo-
chemie zu Recht besteht. Im Tetrajodkohlenstoff und im Tetrabrom- -
kohlenstoff. umgeben die Halogenatome das Zentralkohlenstoflatom
im regulären Tetraederverband: die Valenzen des Kohlenstofis weisen
also vom Zentrum nach den Ecken eines Tetraeders.
. Über. die Bestätigung der anderwärts bereits gestützten An-
schauungen hinaus aber ließen sich durch die Röntgenkristallanalyse
Strukturformeln feststellen, deren genaue Determinierung auf rein
chemischem Wege bisher. nicht widerspruchsfrei möglich gewesen
-war. -Das Urotropinmolekel, für dessen Struktur mehrere Vorschläge
‚gemacht worden sind, welche die verschiedenen chemischen Eigen-
schaften dieser Substanz in verschieden befriedigender Weise zum
‘ Ausdruck brachten, ließ. :sich röntgenometrisch genau vermessen.
-Es besteht aus vier. in den Ecken eines regulären Tetraeders an-
geordneten Stickstoffatomen, welche von acht in den- Ecken eines
Oktaeders gelegenen CH,-Gruppen umgeben sind. .Der Durchmesser
eines Stickstoffatoms in diesem 'Molekel beträgt 0,13 zehnmillionstel
Zentimeter, der des C-Atoms 0,16 zehnmillionstel Zentimeter. Hier
ließen sich also neben der Anordnung der Atome auch ihre Durch- .
messer selbst feststellen. | | |
- . Weitere interessante Ergebnisse lieferte die ‘Röntgenanalyse
beim Studium natürlicher organischer Wachstumsformen, insbesondere
bei den Naturfasern — der Zellulose und der Seide. Beide Sub-
stanzen wurden zunächst als aus kleinsten Kriställchen: bestehend
erkannt, welche in diesen natürlichen Fasern so ‘angeordnet sind,
daß die Hauptwachstumsrichtung, der Faser gleichzeitig mit einer
ausgezeichneten kristallographischen Richtung des Gitters zusammen-
fällt. Die Analyse dieser Kristallgitter lieferte in. den beiden Fällen
das Ergebnis, daß das Zellulosemolekül aus höchstens 4 Molekeln . .
Traubenzucker bestehen kann, während für das Molekel des Seiden-
fibroins als Bestandteile nur Glyzin, Alanin und "das Glyzylalaninan-
hydrid in Frage kommen, eine Erkenntnis, welche gegenüber der
Vielseitigkeit der vorher auf diesem Gebiet vorliegenden Struktur-
vorschläge gewiß einen Fortschritt bedeutet.
= Die bei den pflanzlichen Fasern gefundene Wachstumsstruktur.
hat sich auch bei der. Untersuchung zählreicher tierischer Gewebe- `
bestandteile — Muskeln,. Sehnen, Nerven — als vorhanden erwiesen.
Es zeigt sich also, daß nicht nur innerhalb eines einzelnen Kristalles,
wo der Gitteraufbau eine vollendete Regelmäßigkeit der Anordnungen
erfordert, sondern. auch dort, wò viele kleine Kriställchen in orga-
nischer Weise zu einem größeren Gebilde zusammengefügt werden,
dieser Zusammentritt nieht willkürlich erfolgt; so daß die kleinen
Kristalliton ganz ungeordnet durcheinander liegen, sondern daß
auch hier Wachstumsregelmäßigkeiten auftreten, die eine ganz
bestimmte im Röntgenbild erkenntliche Lagerung der Kristalliten
erzwingen. Eo , PL
So wie die regelmäßige Anordnung der Atome im- Diamanten
| Schlüsse auf die Struktur der. gitterbildenden Kräfte zugelassen hat, `
so kann man auch hier erwarten, daß ein durchgreifendes Studium
der Wachstumsstrukturen, welches im wesentlichen die regelmäßige
Anordnung der Einzelkriställchen in dem untersuchten Aggregat
zutage fördern kann, die Grundlage für Vorstellungen bilden wird,
welche auf. die Natur: der Wachstumskräfte
stanzen Licht zu werfen imstande sind.
Präparate.
| Dazu aber ist es notwendig, daß wir Präparate besitzen
welche in ihrer anästhesierenden Kraft dem Blätterkokain gleich-
wertig sind. | |
Die Bestrebungen der
Dun,
letzten Jahre, praktisch: brauchbare
"Ersatzmittel .zu finden, lassen zwei große Arbeitsrichtungen
erkennen, die beide zu einem gewissen Abschluß und Erfolg ge-
führt haben. | |
Ausgehend von der chemischen Struktur des Kokains `
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H,C — CH —— 0'C00'CH,
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Hs ‚CH. - CH,
hatten die Untersuchungen von Filehne,. Ehrlich und Einhorn
gelehrt, daß die anästhesierende Kraft des Kokains durch die Ben-
zoylgruppe (CO ' CsH;) mit bedingt sein muß.
‘Denn die Kokainderiväte, bei denen an Stelle des Benzoyl
erwiesen sich wirkungslos,
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
während z. B. andere benzoylierte Alkaloide anästhesierende Eigen-
‘
Daraus war zu folgern, daß man ausgehend von der Benzoe-
säure möglicherweise neue Anästhetika auf synthetischem' Wege
herstellen könne. | |
| Da nun das Kokain einen N-haltigen basischen Kern in Ver-
bindung mit Benzoesäure enthält, wählte man als Ausgangskörper
die p-Aminobenzoesäure.
NH Und ebenso wie im Kokainmolekül die freie Säure-
FR gruppe mit. Meihylalkohol verestert ist, fügte man an die
| | COOH-Gruppe der Aminobenzoesäure Alkohole oder Amino-
COOH
alkohole an, von denen sich in der Praxis besonders der
Ester der Aminobenzoesäure mit dem Diäthylaminomethyl-
alkohol, das Novokain, ausgezeichnet bewährt hat. |
| Damit aber war das Kokain noch nicht ersetzt. Denn allen
diesen Verbindungen fehlt trotz guter Leitungsanästhesie die schmerz-
lindernde Kraft auf Schleimhäuten, ein Unterschied, der sich nach
den Untersuchungen von Gottlieb, Frommherz und Sollmann
zum Teil aus der Lipoidlöslichkeit, dem Diffusionsvermögen und
der mehr oder minder hohen Giltigkeit der Substanzen erklärt.
An das eben erwähnte Prinzip zur Synthese neuer Anästhe-
ika anknüpfend, haben die Farbenfabriken vorm. F.Bayer u. Co.
in Elberfeld ein Präparat hergestellt, das Tutocain, das salzsaure
Salz des p-Aminobenzoyl-a-diäthylamino--methyl-y-butanol.
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NG
O | O-CH-CHA(CH,: CH, NON |
CH;
In diesem Präparat finden wir als Grundkörper die p-Amino-
benzoesäure wieder vor, die mit einem Aminoalkohol verestert ist.
Die pharmakologische Untersuchung hat nun nach Schule-
mann ergeben, daß die anästhesierende Kraft dieser Substanz, ge-
‚messen an der Empfindlichkeit der Kaninchenkornea, etwa in der
Mitte zwischen der des Kokains und Novokains liegt. Ihre allgemeine
Giftigkeit ist fast die gleiche wie die des Novokains, wobei zu be-
rücksichtigen ist, daß sie im Organismus sehr rasch entgiltet wird.
Klinische Erfahrungen über dieses neue Anästhetikum liegen
in großem Umfange vor. DE
So verwendete Braun das Tutocain bei 1503 chirurgischen
Operationen örtlicher Betäubung. Die gewünschte Unempfindlich-
keit trat stets zuverlässig ein, und unangenehme Nebenwirkungen
wurden nicht beobachtet. |
Die Zahl der mit Tutocaininfiltrationsanästhesie durchge-
führten Operationen erhöht sich durch die Mitteilungen von Heuß,
Markuse, Laewen, Schneider, Wiedehopf, Finsterer, Dütt-
mann und Lotheisen auf viele Tausende, und zwar hat sich
` offenbar das Tutocain bei allen Formen der Leitungsanästhesie mit
gleich gutem Erfolge bewährt. Von einigen Autoren wird es dem
Novokain gegenüber als überlegen bezeichnet, zumal man erheblich
geringere Konzentrationen zur völligen lokalen Betäubung braucht
als beim Novokain. | |
Da das Tutocain selbst leicht hyperämisierend wirkt, ver-
wenden die Chirurgen gern das Mittel mit dem üblichen Zusatz
von Adrenalin oder Kaliumsulfat.
ber günstige Erfolge bei Benutzung des Tutocains als Lei-
tungsanästhetikums in der Ophthalmologie und Laryngo-Rhinologie
berichten Krebs, Frese, Riedel, Suchanek, Seiffert und
Anthon. Die Indikationsstellung ist die gleiche wie beim Novokain.
Der Fortschritt, der durch das Tutocain erzielt ist, liegt darin,
daß es auch als Schleimhautanästhetikum, also als Kokainersatz
Verwendung finden kann, doch bei schweren Eingriffen, wie z. B.
intraokularen Operationen, ist das Blätterkokain nicht zu entbehren.
Zur Infiltrationsanästhesie benutzt man nach Braun am
besten 1/,—!/; %/,ige Lösungen, die man sich selbst aus Tutocain-
pulver und 0,6—0,8 iger NaÜl-Lösung herstellt. Ein Zusatz von
Soda ist unstatthaft, weil durch Alkali das Präparat ähnlich. wie
das Adrenalin zersetzt wird.
Von den sterilisierten Lösungen des Tutocains werden zur
gewöhnlichen Umspritzung, zur Leitungs- und parasakralen An-
ästhesie 1/,—U/, ige, zur Plexusanästhesie 1 % ige, bei Zahnextrak-
tionen 1/;—1 %ige verwendet. Die Ophihalmologen empfehlen 2 bis
5 %ige Lösungen bei Entfernung von Fremdkörpern und zu kleinen
Eingriffen an der Konjunktiva. Für die Bedürfnisse der Laryngo-
Rhinologen genügen etwa 10 %ige Tutocainlösungen, denen auf
4 Teile 1 Teil Suprarenin zugesetzt ist.
| a | 14. September
Zusammenfassend ist zu sagen, daß das Tutocain wohl ein
‚wirksameres Leitungsanästhetikum darstellt als das Novokain, daß
- es aber das Blätterkokain nicht vollkommen ersetzen kann. |
Zu neuen Anästhetika gelangte man noch auf einem anderen
Wege, indem nämlich entweder Derivate des Blätterkokains her-
gestellt oder, wie Willstädter zeigte, das Kokain selbst syn-
thetisch aufgebaut wurde.
v. Braun iormte das Kokainmolekül in der Weise um, daß
er die mit der Wirkung verknüpften Seitenkeiten (Säurerest und
Benzoylgruppe) in ihrem Ort verschob, sie vom Kohlenstoff ablöste
und an den Stickstoff an Stelle der Methylgruppe einfügte. So
entstand eine Verbindung das N-Benzoyloxypro
pylderivat des Nor-
: Ekgonidinesters. & \ |
| Der cHh — CH-COO.C;H,
N OB: CH3- CH, * O * CO CH; J CH |
H:0-= CH 3 CH x
Diese Substanz, von Braun-kurz Eckain genannt, ist, wie
Wichura mitteilte, 7”—8mal weniger giftig als das Kokain. Am
Froschpräparat trat die Leitungsunterbrechung des Nerven unter
der Wirkung des Eckains schneller eiw als unter der des Kokain
oder Novokain. |
Wichura berichtete ferner über Operationen unter Eckain-
infiltrationsanästhesie u. a. über die Entfernung einer faustgroßen
Kopfgeschwulst, die ohne Störungen gelangen.
Es ist zu bedauern, daß dieses Präparat, das vor allem durch
seine‘ geringe Giftigkeit auffällt, nicht der Praxis zugänglich ge-
‚macht wurde. |
‚Die Arbeiten von Willstädter über die Strukturformel des
Kokains haben gelehrt, daß durch eine verschiedene Anordnung der
am Benzoylkohlenstoff sitzenden freien Valenzen im Raume eine so-
genannte Üis-Transisomerie entsteht, aus der sich 2 Reihen von
Kokainen ableiten, die Normalreihe und die Pseudokokaine. Von
diesen beiden Gruppen gelang es Willstädter auf synthetischem
Wege folgende Verbindungen ‚herzustellen: die beiden optisch aktiven
und das racemische Normalkokain und die entsprechenden der
Pseudoreihe.
Es hat sich weiter gezeigt, daß das in der Praxis allgemein
benutzte links drehende Blätterkokain mitdem synthetischen 1, Normal-
kokain identisch ist. Das schon früher aus dem Rohkokain ge-
wonnene rechtsdrehende Alkaloid gehört auch der Normalreihe an.
Die pharmakologiche Prüfung dieser raumisomeren Kokaine
durch Gottlieb ergab nun als das Wirksamste das d, Pseudo-
kokain. Dieses Präparat wird von der Firma E. Merck, Darmstadt
in Form seines sauren, weinsauren Salzes unter dem Namen
„rsikain‘ in den Handel gebracht. |
Im Tierversuch war es dem Blätterkokain überlegen und be-
sitzt außerdem den Vorteil, daß es sterilisierbar ist und im Orga-
nismus schneller als das Kokain entgiltet wird. Die unangenehmen
` Begleiterscheinungen beim Kokaingebrauch sind also beim Psikain
nicht zu befürchten. | |
Trotzdem bisher nur ‚wenige Mitteilungen über die praktische
Verwendungsmöglichkeit des Psikains vorliegen — das Präparat ist
‚erst seit kurzem weiteren Kreisen zugänglich — läßt sich nach
den Untersuchungen von Brodt und Kümmel, Voelker, Beh-
ringer und Wilmanns jedenfalls schon so viel sagen, daß es als
Schleimhautanästhetikum dem Kokain gleichwertig, wenn nicht
überlegen zu sein scheint. |
Die Dosierungsfrage ist noch nicht vollkommen geklärt. Man
‚wird aber zunächst die gleichen Konzentrationen wie bei den ent-
sprechenden Kokainlösungen anwenden und, sobald damit gute Er-
fahrungen vorliegen, dieKonzentration verringern können. Eine Kontra‘
indikation besteht bei der relativen Ungiltigkeit der Substanz nicht.
Ob das Psikain nun, wie behauptet wird, imstande ist, das
Kokain vollständig zu ersetzen, darüber müssen erst weitere Er-
fahrungen gesammelt werden.
Literatur: v.BraunundMüller, Ber. d. Deutsch. Gesellsch. 1918, 8.25.—
Braun, Klin. Wschr, 1924, S. 730. — Behringer und Wilmanns, M.m.W. 14,
S.86%. — Brodt und Kümmel, Eibenda 1924, S. 851. — Düttmann, Klin. Wschr.
1924, S. 1401. — Ehrlich und Einhorn, Ber. d. Deutsch. Gesellsch. 15914, S. 1870. ~
Filehne B.kl.W. 1897, S. 107. — Finsterer, W.kl.W. 1924, Nr.18. — Frese, Klin
Wschr. 1924, 8.1269. — Frommherz, Arch. f. exp. Path. 1922, 93, 34. — Gott-
lieb, Ebenda 1928, 97, 113 und M.m.W. 1924, S. 850. — Heuß, M.KL 1924, Nr. 22 —
Krebs, M.m.W. 1924, S. 646. — Lotheisen, W.kl.W. 1924, Nr.18. — Laewen, Zbl
f Chir. 1924, 19, 100. — Markuse, D.m.W. 1924, Nr. 17. — Riedel, MmW. 194
8.787. — Seiffert und Anthon, D.m.W. 1924, Nr.17. — Schulemann, Kin.
Wschr. 1924, S. 677. — Sollmann, Journ, of. pharm. and ther. 1918, Bd. 10u 1L-
exp. Path, 1919, 20, 1. — Willstädter, M.m.W. 1924, S. 849. .
a ee S
Suchanek, W.kl.W. 1924, Nr.17.— Schneider, Mm.W. 1924, S. 585. — voeler
Ebenda 1924, S. 851. — Wiedehopf, Ebenda 1924, S. 609. — Wichura, Zsehr.
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| - Prot. Dr. C.Adam, ‘Berlin (Augenkrankheiten), ‘Prot Dr. E. Edens,
ro , Bonn,a.Rh. (Tuberkulose), ‚Prof. Dr. S. Gräft, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Hae nlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geb.-Rat `- Stii
i . Prof. Dr. Henneberg; Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr; P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.: ` Ban
| ~ , Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordm ann, Berlin- i
a Schöneberg (Chirurgie), Dozènt Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn,' Berlin: (Orthopädie), Prof..Dr.-F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank- y
' heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg -(Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. St ekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
i | | ‚logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitolögie, Infektions- und Tropenkrankheiten, ° ` ae Er
| =... geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Rlisabeth’Hospital Berlin-Oberschönewid. —. . u Et
Problem weiter zu klären. Mit der Entstehung der anatomischen `-
'Sammelreferate. | i | |
a ee zz Klappenveränderungen bei der Endocarditis beschäftigt sich Roesner. ; :
Neuere Arbeiten über Herz- und Gefäßkrankheiten.
a Er a ‚ Von Eroust_Edens. ne
‚Seit: über hundert Jahren ist die Entzündung ein Schmerzens- |
kind der Forschung und, wenn nicht alle. Zeichen trügen, wird sie
Es ist ‘bekannt, daß man in einer gewissen :Zahl von Fällen 'keine i
Erreger findet: Roesner geht noch weiter und bezeichnet es als 7
Tatsache, daß die lokale Mitwirkung von Bakterien. vielfach ‚mit
Sicherheit‘ ausgeschlossen werden könne; da aber andererseits ein
enger Zusammenhang der Endocarditis mit Infektionskrankheiten = u
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durch die tatsächliche Erfahrung-bewiesen wird, so hat man ange--
nommen, daß auch die Gifte von Bakterien und Gifte überhaupt
-es noch längere Zeit' bleiben. . Was für die Entzündung im allge-
)
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näher ee
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berichten wollen, Ordnung in die verschiedenen Formen der Endo-
‚ eärditis zu bringen, so ist das berechtigt, weil. Libman sich auf
„o u großes Material stützt und. manche neue Beobachtungen bringt.
ER. ‚unterscheidet eine xheumatische, akute bakterielle, . subakute
PES bakterielle (Endocarditis lenta), unbestimmte und syphilitische Endo-
earditis, Der Erreger der rheumatischen Endocarditis ist noch un-
y Pekannt; in der Hälfte der Fälle findet sich bei der Sektion eine -
es Sekundärinfektion durch nicht hämolytische Streptokokken, es fehlen
a ‚hier die bei der subakuten Streptokokkenendocarditis zu findenden
g Immunkörper. Die akute bakterielle Endocarditis beruht haupt-
| &chlich auf hämolytischen Streptokokken, Pneumo-, Staphylo- 'oder
ji Gmokokken, die subakute (über 6 Wochen dauernd) in 90 °/ auf
| Streptococous viridans- und etwa 10 0/, auf. Influenzabakterien. Die
vi inbestimmte Endocarditis umfaßt Fälle von klinisch und anatomisch
typischer. rheumatischer Endocarditis ohne: Aschoffsche Knötchen
| oder Fälle vom klinischen Typus der rheumatischen Endocarditis, |
i aber mit atypischen flachen, ausgedehnten Klappen- und Endocard-
di ' Veränderungen und. ohne Aschoffsche Knötchen, sowie ‚schließlich
P A ar von. sog. terminaler, d. h. gegen Ende chronischer zehrender
nananheiten auftretender Endocarditis. Die rheumatische und syphi-
si, ei Endocarditis ergreifen gern gesunde, die akute und sub-
un, bakterielle Endocarditis meist schon geschädigte. Klappen.
E die < rheumatischen Endocarditis waren. in der Hälfte der Fälle
Eo = di Ncuspidalklappen mit ergriffen. Die akute und subakute Endo-
V a itis betreffen ‚die Mitralklappen häufiger als die Aortenklappen,
n, han nahmsweise die, Trieuspidalis; die unbestimmte ' ziemlich
17 Peri & a rechte Herz, die terminale besonders die Mitralis. Eine
| rielle ltis komit- oft vor. bei rheumatischer und akuter bak-
yi. bakte er, selten bei subakuter Endocarditis. Embolien sind bei den
rt eriellen Formen häufig, Erythema nodosum nur bei rheumati-.
sche
k kk embolische Glomerulonephritis nur bei’ subakuter Strepto-
g Xkenendocarditig. Nicht -hämolytische Streptokokken im Blut findet
Wirbel;, durch die das Fibrin des Blutes — wie durch Quirlen
in vitro — aus- und auf die Kläppen . niedergeschlagen wird. Be-
günstigt wird dieser Vorgang. durch Veränderungen des Blutes,. die’
zur Thrombenbildung beitragen: Vermehrung der. Leukozyten, Throm-
bozyten und des Fibrinogens. Dementsprechend finden wir Herz-
` klappentbromben bei den Infektionskrankheiten, die mit einer Leuko- .
zytose verbunden sind, wie Pneumonie; Polyarthritis rheumatica und .. ;
Staphylo- wie ‚Streptokökkeninfektionen, solange es dabei nicht zu .
einer Schädigung des Knochenmarks kommt, während die mit einer.
Leukopenie einhergehenden Infektionen nur selten eine Endocarditis
: erzeugen: Diphtherie, Typhus, Grippe. Für die Fälle von Endo-
carditis lenta, in denen die Leukozyten vermindert sind, ist anzu-'
nehmen, daß eine Vermehrung‘ vorausgegangen ist. Von nicht in-
‚iektiösen Krankheiten, die aus den angegebenen Gründen öfters zu
Herzklappenthromben führen, werden ' genannt Chlorose, Anämie
infolge von Krebs, ‚Nephritis, myeloische Leukämie und 'als physio- -
logisches Beispiel die Schwangerschaft.: Aus den Besonderheiten der
Blutbildung — Plättchenmangel, niedrige Globulinwerte — ist es
auch zu erklären, warum bei Kindern in den ersten Lebensjahren `
die _Herzklappen nicht erkranken. Ob aus einer. Herzklappen-
thrombose eine Endocarditis wird, hängt davon ab, ob Entzündungs- -
erreger in den 'Thrombus gelangen. Nach Roesner wird also der
. ganze Prozeß eingeleitet durch eine funktionelle Klappeninsuffizienz. `
„Nur dann kommt es zur Klappenthrombose, wenn durch Schä-
digung des Herzmuskels an den Klappen (oder einen alten Klappen-
fehler) durch Bildung eines Insuffizienzströmes -die notwendige |
Strömungsänderung des Blutes wirksam werden kann.“ Das ist -
nun zweifellos ein wunder Punkt der Theorie, denn wir wissen.
daß bei akuter Endocarditis Klappengeräusche nicht selten fehlen .
(Henschen u. a.). S, | ea
. In etwas anderer.Weise wie Roesner erklärt Thalhimer
‚die Entstehung der Endocarditis verrucosä, Bei Masern, Scharlach.
Angina, Pneumonie soll es ohne die Mitwirkung von Bakterien zu |
Schädigungen der Klappen und im Anschluß. daran zu Narben
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meinen, gilt auch für ihre einzelnen Formen. So nimmt es. uns | 2€ l kterier über! u Bu
nicht Wunder, daß auch > - re i u die Herzklappen schädigen und” dadurch zu einer Endocarditis führen _ Ba u !
ee a abordi | End diti könnten. Nach Ribbert lassen.sich jedoch so lokale Entzündungen, Iy A
a u ee a een gear an ~., | wie die der'Herzklappen, nicht erklären. Ferner spricht dagegen, ` en rE
|. das letzte Wort -noch nicht gesprochen ist. -Man braucht nur einen | daß gerade Erkrankungen mit schweren tozischen Symptomen wie ` A BEER
j Blick in einige der gangbaren Lehr- oder Handbücher zu werfen, | Grippe und Diphtherie verhältnismäßig selten mit einer Endo- | j aik
~ um das. sofort zu merken. Denn schon im Inhaltsverzeichnis, wo j carditis einhėrgehen.. Aber auch schwere Bakteriämien wie Typhus; B idei
Ju ‚die Einteilung der Endocarditis in ihre verschiedenen Formen ge- |- Staphylo- und Streptokokkensepsis verlaufen oft ohne eine Endo- i AS
do geben wird, hapert es. _ Nun darf man wohl mit Recht behaupten, .|-carditis. Man darf: deshalb nach.Roesner eine Schädigung‘. der . Le AR
daß: überhaupt; jede, derartige. Einteilung: falsch, weil ein unzuläng- | Herzklappen durch Bakterien und Toxine nicht als erste Ursache, ‘~ $i :
des licher Versuch ist, dem Menschen zuliebe scharfe Grenzen an Stelle | der Klappenveränderungen ansehen. Das Erste ist vielmehr die > ` ‘pti T A
e der in der. Natur überall bestehenden . gleitenden Übergänge zu | Bildung von Thromben an den Klappen. .Hierfür lassen sich ver- Ra Ina
y Selzen. Aber. bei der Endocarditis hat man bis‘ jetzt ‚besonders | schiedene Gründe anführen. Unter allen Klappen erkrankt am EHE IE e
ns“ wenig Glück gehabt. Fast jeder Forscher hat seine eigene Ein- | häufigsten die Mitralis. Das hängt damit zusammen, daß sie am Pon Hat:
w teilung. Wenn. wir jetzt trotzdem: über einen. Versuch Libmans | häufigsten insuffizient. wird; dabei bilden sich. an den Klappen : ni Lat
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S S übrigens nicht nur -bei Endocarditis, eine ganze Zahl solcher
# talle ist geheilt - Ninht ; eh: : |
Fo rein. geheilt. Nicht immer sind die beschriebenen Formen |
E aoa O gibt vielmehr auch Mischformen. Die. Endocarditis. lenta | kommèn, die die Tätigkeit der Klappen und. dadurch di 22
‘kann ausheilen Fear a eis der Klappen und- ie Blut
6 slanhr neen; Libman sah das unter 150 Fällen viermal und |, strömung stören. Wenn jetzt eine neue Schädigung -des Endothels
fi ine ni rag Seinem Material etwa 50. Fälle zu finden, in denen | aus irgend. einem Grunde erfolgt, so sind die Bedingungen gegeben, |
sieht, Lib beachtete Endocarditis lenta . spontan geheilt sei. Man | damit ein Thrombus an der betreffenden Stelle entsteht. < >):
% bakteriel) man legt seiner Einteilung gleichzeitig den anatomischen, . Der in den Arbeiten von- Roesner und Thalhimer ver-
"on und klinischen Befund zugrunde. _ | tretene Gedanke, daß Störungen -der normalen. Klappenfunktion
endocarditische Prozesse begünstigen, ist ja alt, So sagt zB,
Kreysig, wo er über Fehler. im- Bau des Herzens handelt, daß èin p
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unzweckmäßig gebautes Herz eine große Anlage in sich trage, leicht
zu erkranken, und daß leicht ein entzündliches Leiden in ibm zu-
stande kommen könne. Einen ganz schlüssigen Beweis bringen aber
weder das Werk des alten sächsischen Leibarztes noch die beiden
oben angelührten neuen Arbeiten. Wir müssen deshalb kürzlich
erschienene Untersuchungen von Beneke sowie Lewis und Grant
willkommen heißen, die einen wichtigen Beitrag zu der Frage liefern,
wieweit Störungen des Klappenmechanismus für die Entstehung
einer Endocarditis von Bedeutung sein können. In einer Wilhelm
Roux zum 70. Geburtstage gewidmeten Studie über Herzbildung
und Herzmißbildung als Funktionen primärer Blutstromfiormen er-
örtert Beneke unter anderm den Zusammenhang zwischen Strö-
mungsanomalien an den Ostien mit Thrombosen und Sklerosen der
Herzklappen und kommt dabei auch auf die Endocarditis lonta der
Aortenklappen zu sprechen. Es fiel ihm auf, daß in merkwürdig
vielen Fällen eine Verwachsung der Klappensegel bestand, und
zwar fast immer zwischen der rechten und linken Tasche, d. h.
den Segeln, für die nach seiner Auffassung eine embryonale Ver-
wachsung typisch ist; die Thrombusanlagerung betraf dabei vor-
wiegend das hintere Segel. Da in den meisten Fällen nach dem
Befunde die Verwachsung nicht als Folge der Endocarditis aufge-
faßt werden konnte, so schließt Beneke, daß angeborene Klappen-
verschmelzungen die Enistehung einer sekundären thrombotisch-
infektiösen Endocarditis begünstigen. Die Verwachsung steigert die
zwischen den Klappensegeln stattfindende Reibung und bewirkt
dadurch, daß sich in dem Blut kreisende Keime leichter an den
betreffenden Stellen festsetzen. Lewis und Grant haben die Frage
an einem größeren Material sehr sorgfältig nachgeprüft. Sie unter-
suchten zunächst mikroskopisch den Bau normaler Aortenklappen
und ihre Beziehungen zur Aortenwand, dann sicher angeborene
Fälle von Verschmelzung der Aortenklappen nnd schufen sich so
eine sichere Grundlage zur Beurteilung der Verwachsungen, die mit |
einer Endocarditis verbunden waren. Unter Berücksichtigung ander-
weitig veröffentlichter einschlägiger Fälle fanden sie, daß von er-
wachsenen Menschen mit angeborener Verwachsung der Aorten-
klappen wenigstens 23°/, an einer Endocarditis sterben. Von 31
wahllos gesammelten Fällen von Endocarditis lenta hatten 26 °/, an-
geborene Verschmelzung der Aortenklappen. Warum die angeborene
Klappenanomalie gerade für die Endocarditis lenta eine so ver-
hängnisvolle Rolle spielt, erklären Lewis und Grant in folgender
Weise. Bei der Endocarditis lenta hat sich der Körper schon an
die Erreger gewöhnt, bevor sie die Klappen angreifen. Es sind
wenig virulente Erreger und im Kampi der Erreger mit den Ab-
wehrkräften des Körpers halten sich beide etwa die Wage; nur an
einem Locus minoris resistentiae, d. h. in unserm Fall an den miß-
bildeten Klappen gewinnen die Erreger die Oberhand.
Für die Form der Endocarditis, das geht aus dieser Über-
legung ebenso wie aus der eingangs erwähnten Arbeit Libmans
hervor, kommt der Art des Erregers eine wichtige Bedeutung zu.
Es ist bekannt, daß .Schottmüller seinerseit für die Endocarditis
lenta den Streptococcus viridans verantwortlich gemacht hat. Seit-
dem sind zahlreiche, zum Teil bestätigende, zum Teil abweichende
Befunde veröffentlicht worden, auf die hier nicht eingegangen werden
soll. Es unterliegt aber heute wohl keinem Zweifel mehr, daß
eine Endocarditis lenta auch durch andere Erreger wie den Strepto-
coccus viridans hervorgerufen werden kann, obwohl Reye neuerdings
in 28 Fällen von Endocarditis verrucosa den Viridans gezüchtet
und darauf den Satz gegründet hat: „Jede verruköse Endocarditis
wird durch den Streptococcus viridans hervorgerufen.“ Eine
Schwierigkeit in dieser Frage liegt darin, daß der Streptokokkus
ein wandelbarer Geselle ist, der sein Verhalten mehr oder weniger
nach der Umgebung richtet; berücksichtigt man diese Eigenschaft,
so lernt man ihn und sein Wirken besser verstehen. Das zeigen
Untersuchungen von Kuczynski und Wolff. Diese Forscher fanden
nämlich im Tierversuch, daß sich nach Injektion von rein hämo-
lytischen Streptokokken aus den Organen neben den ursprünglichen
hämolytischen auch Viridanskokken züchten ließen. Sie nehmen
an, „daß der Viridans gewissermaßen als Standortsvarietät im Or-
ganismus entsteht“, wenn ein Körper von bestimmter Widerstands-
fähigkeit durch die gewöhnlichen Streptokokken infiziert wird. Wo
diese Umwandlung erfolgt, ist eine Frage für sich, sie kann schon
an der Eintrittspforte, mag aber auch zuweilen in einem der be-
fallenen Organe stattfinden, etwa -an den Herzklappen oder im Blut;
so beobachteten Kuczynski und Wolff, daß im Blut von Viridans-
kranken gezüchtete hämolytische Streptokokken den Viridanstypus
annehmen. Intravenöse Injektionen von Bouillonkulturen des Strepto-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK. — Nr. 37. 14, September
coccus viridans werden von der Maus nicht nur wochenlang ver-
tragen, sondern die Tiere gedeihen sogar gut dabei. Als Reaktion
finden sich in der Regel Milzvergrößerung, Endothelwucherungen
und lymphoide Infiltration in der Leber. In ganz seltenen Fällen
sahen Kuczynski und Wolff auch Endocardveränderungen, und
zwar vor allem an der Mitralklappe und am wandständigen Endo-
card der linken Kammer: umschriebene Endothelnekrosen von einem
Durchmesser von zwei bis drei Zellen mit einem dicken subendo-
cardialen Polster typischer Plasmazellen, später nestartige Endothel-
wucherungen und warzenartige Erhebungen. Weitergehende Pro-
zesse wurden nie beobachtet. Die Pathogenität, die gewebsschädigende
Wirkung der Viridanskokken muß also sehr gering sein.
Neben den Streptokokken verdienen die Gonokokken als Er-
reger einer Endocarditis unsere Aufmerksamkeit. Thayer hat eine
ganze Reihe solcher Fälle gesammelt; unter 176 Fällen von Endo-
carditis sicheren Ursprungs waren 20 = 11,3 %/, gonorrhoisch. Die
Endocarditis gonorrhoica kann akut oder subakut, verrukös oder
ulzerös verlaufen, sie befällt auch gesunde Klappen, mit Vorliebe
die der Aorta, und verhältnismäßig oft auch die Klappen des
rechten Herzens; nicht selten bildet sich im Verlauf neben der
Endocarditis eine eitrige Pericarditis oder Myocarditis aus, Die
Prognose ist im ganzen ungünstig,. Heilungen selten. |
Die klinischen Arbeiten der letzten Zeit beschäftigen sich
vorwiegend mit der Endocarditis lenta, obne dem bisher bekannten
Bilde wesentliche neue Züge hinzuzufügen. Ich sehe deshalb davon
ab, den Inhalt der einzelnen Veröffentlichungen hier wiederzugeben.
Ein Krankheitsbild, das ebenso wie die Endocarditis eine
Reihe ungelöster Probleme bietet und deshalb auf unser Interesse
Anspruch hat, ist das |
Aneurysma arteriovenosum.
Es ist bekannt, daß dieser Zustand mit verschiedenen Ver-
änderungen im Kreislauf einhergeht: so u. a. Erweiterung und
Hypertrophie des Herzens, Pulsbeschleunigung, Blutdrucksenkung,
Man ist sich bis jetzt keineswegs einig, wie diese Veränderungen
zu erklären sind. . Es sei deshalb über eine Arbeit von Lewis und
Drury berichtet, in der die ganze Frage auf Grund von klinischen
Fällen und Tierexperimenten eingehend untersucht wird, Das
Aneurysma arteriovenosum hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der
Aorteninsuffizienz insofern, als in beiden Fällen ein Teil des in den
großen Kreislauf geworfenen Blutes für dessen Füllung durch ein
Leck ‘verloren geht. Daraus wird eine Reihe ähnlicher Symptome
verständlich. So die Pulsform. In beiden Fällen findet man einen
Pulsus celer et altus und die ihm zugrunde liegenden Besonder-
heiten des Blutdrucks: abnorm tiefen diastolischen Druck, abnorm
große Differenz zwischen diastolischem und systolischem Druck
(Druckamplitude). Kompression des Aneurysmas steigert den systo-
lischen Druck etwas, den diastolischen und damit zugleich den
mittleren Druck sehr erheblich; diese Wirkung ist unabhängig von
der Pulszahl und dem Vagustonus, da sie auch nach Atropinisierung
eintritt. Gleichzeitig mit dem Druck ändert sich auch die Puls-
form: Anstieg und Abfall der Kurve werden weniger steil und der
vorher vorhandene Kapillarpuls verschwindet; die Pulswellen
geschwindigkeit wird nicht nachweisbar beeinflußt, dagegen die
Anspannungszeit des Herzens gesteigert (in einem Beispiel um
0,028 Sek.), weil das Herz länger braucht, um entgegen dem er-
höhten diastolischen Druck die Semilunarklappen zu öffnen. Die
Pulszahl ist beim Aneurysma arteriovenosum — wie meist auch
bei der Aorteninsuffizienz — vermehrt und wird durch Kompression
des Aneurysmas deutlich (z. B. um 20—380 Schläge) herabgesetzt.
Da Atropin die Herabsetzung verhindert, so ist anzunehmen, da
diese auf einer Reizung des Vagus durch die Steigerung des mittleren
Blutdrucks beruht. Der venöse Druck wird durch das Aneurysm
arteriovenosum nicht wesentlich beeinflußt, dementsprechend auc
die Füllung des Herzens, soweit sie auf dem Röntgenschirm aus
dem Verhalten des rechten Vorhofs beurteilt werden kann, nicht
vermehrt, doch wird nach Kompression des Aneurysmas die syst-
lische Verkleinerung des rechten Vorhofs deutlicher. Die plethysm‘-
graphische Kurve des Arms steigt nach Kompression des Aneu-
rysmas; wenn, man oberhalb des Plethysmographen den venösen
Rückfuß durch eine Manschette hindert und die Schnelligkeit des
Anstiegs vor und nach der Kompression vergleicht, so ergibt sic
nach der Kompression eine Beschleunigung bis um 100% Um
soviel muß also die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes gestiegen
sein. Da der venöse Druck, wie schon gesagt, durch die Kom-
pression nicht nachweisbar erhöht, also die Füllung und das davon
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14. September ©
- abliängende Schlagvolumen des Herzens nicht vermehrt werden, so
"muß. die höhere Strömungsgeschwindigkeit im großen Kreislauf mit
am Menschen erhobenen Befunde. Der Druck im rechten Vorhof
und das Plethysmogramm der Herzkammern werden — abgesehen
* yon unwesentlichen Einzelheiten — nicht verändert, die Strömungs-
geschwindigkeit des Blutes dagegen, mit der Ludwigschen Strom-
bis 50 0/, vermindert. Um annähernd den Verlust zu bestimmen,
‘den der große Kreislauf durch das Aneurysma erleidet, ließ‘. man
die Femoralis für- eine bestimmte Anzahl Pulsschläge in ein Gefäß
‚bluten; der Verlust betrug für jeden Schlag etwa !/,—!/, des
- aus naheliegenden Gründen natürlich nicht ohne weiteres auf ein
‚Aneurysma arteriovenosum übertragen.. Nun ist in manchen Fällen,
wie anfangs gesagt, eine Hypertrophie und Erweiterung des Herzens
gefunden worden. Wie ist das zu erklären, wenn Füllung und
Schlagvolum nicht beeinflußt werden? Auch auf diese Frage geben
‚die Versuche von Lewis und Drury Antwort. In den Tierver-
suchen wurde nur dann eine Erweiterung des Herzens beobachtet,
wenn Zeichen von Herzschwäche -auftraten (unvollkommene Systole,
Extrasystolen, Alternans). Nach den geschilderten Befunden kann
diese Erweiterung, die bei längerem Bestand zur Hypertrophie führen
würde, nur darauf beruhen, daß infolge der Senkung des mittleren
arteriellen Blutdrucks der Koronarkreislauf Not leidet: die Kraft
des Herzmuskels sinkt, die Restblutimenge nimmt zu, Anfangsfüllung
und -spannung müssen gesteigert werden, um den Kreislauf auf der
Höhe zu hatten und so fort, bis der verhängnisvolle Zirkel mit der
- Erschöpfung des Herzens endet. Wegen Einzelheiten muß die um-
fangreiche Arbeit im Original nachgelesen werden. | I
‚ ` Als Ergänzung ist eine Beobachtung Müllers lehrreich. Bei
' einem 48jährigen Manne war durch eine Stahlsplitterverleizung ein
Aneurysma arteriovenosum, der Femoralis entstanden. Nach zwei
‚Jahren stellten sich Herz- und Atembeschwerden ein, die sich im Laufe
der nächsten Jahre zu schweren Erscheinungen von Herzinsuffizienz
auswuchsen: Herz stark vergrößert, Arrhythmie, Blutdruck 167 mm Hg,
dem, Aszites, Mitralinsuffizienz. Die Sektion ergab starke Er-
weiterung und Hypertrophie des rechten. und linken Herzens,
Klappen zart, unverändert, auch mikroskopisch nichts Krankhaftes
im Herzmuskel und den Nieren, Stauungsorgane. Man kann diesen
‚Befund wohl nicht anders deuten, als daß das Aneurysma zu einer
fortschreitenden Erweiterung und Hypertrophie und schließlich zur
Brlahmung des Herzens geführt hat. Als Probe aufs Exempel
können die Fälle dienen, wo rechtzeitig operiert wurde; hier bildete
sieh.die z. T. recht
valskaia, Alexandrescu-Dersca und Lazeano, Frey).
© „, Biteratur: Alexandrescu-Dersca und Lazeano, Sur un cas d’anövrysme
artörioveineux. Zb). f. à. ges. Chir. 1923, 21, S. 243. — Beneke, Über Hoerzbildung
u Bu erzmißbildung als Funktionen primärer Blutstromformen. Zieglers Beitr., .
Ber I Dobrovalskaia, Zbl. f. d. ges. Chir, 1923, 21. — Frey, Das Verhalten des
Er N äßsystems bei der Kompression arteriovenöser Aneurysmen.. M m.W. 1919,
/ dr k :— Gerlach und Harke, Ein Beitrag zur Frage der Entstehung ' der Blut-
> Steigerung und Pulsverlangsamung bei Kompression arteriovenöser Aneu-
hiess Klin. Wschr. 1924, 8, Nr. 22, — Henschen, Diagnostik und Klinik der Herz-
lappenfehler. Berlin 1916, — Kuczynski und Wolff, Untersuchungen über die ex-
perimentolle Streptokokkeninfektion [der Maus. B.kl.W. 1920, 57, Nr. 33; 1921, 58,
er d. Deutschen pathol. Ges. 1921, 18. Tagung. — Lewis und Drary, Ob-
Grant: fri relating to arterio-venous aneurism, 1923, Heart 10, Nr. 4. — Lowis und
Nr, 1- 2 BSOA relating to subacute infective endocarditis 1928,. Heart 10,
of the ass ibman, Characterizations of various forms of endocarditis, Transact,
“ Yon aria of americ. physic, 1922, 87, S. 233. — Müller, Herzinsuffizienz infolge
Migan en Aneurysma. Verh. d. Deutschen pathol. Ges., 19. Tagung, Göt-
~ Roesnor Kis Reye, Zur Frage der Endocarditis verrucosa. M.m.W. 1928, Nr. 14,
NL a naoeräikıe oder Herzklappenthrombus? Klin. Wschr. 1v24, 3,
r räloyascn) Fe The mechanism of the development of non bacterial chronic
complicati ar disease. Arch. of int. med. 1922, 80, Nr. 3. — Thayer, On the cardiac
lons of gonorrhoea, Transact. of the assoc. americ. physic. 1922, 87, S. 248.
, Neuere Urologische Arbeiten.
Von Dozent Dr. Paschkis, Wien. i i
ber ‚zukulidze und Simkow (1) haben auf Anregungv. Lichten-
wo k 'erexperimentell nachgeforscht, ob am Vas deferens Spontan-
rise a erfolgen, wie sich die Bewegung desselben nach elek-
das A verhält und was mit einer in das Lumen und, in
vor allem ek eingespritzten Farblösung geschieht. Sie fanden
s erfolgt laß spontane Peristaltik fehlt; kommt eine solche vor;
Schrieber Re In sehr großen Pausen; bei Reizung sieht man um-
-Sne Aontraktionen, bei stärkerer Reizung Peristaltik des ganzen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.37. zZ
der Steigerung des mittleren arteriellen Drucks: zusammenhängen. -
Der Kohlensäuregehalt der Alveolarlufs ist herabgesetzt und steigt
` nách Kompression des Aneurysmas. ' Tierversuche bestätigten diese
uhr in der Karotis gemessen, durch ein Aneurysma arteriovenosum-
. Schlagvolumens der linken Kammer, doch läßt sich dies Ergebnis.
erhebliche Herzvergrößerung zurück (Dobro-
Samenstranges. Die Farblösung wird, wenn man mit geringer Strom-
stärke reizt, nach beiden Seiten getrieben; ähnliches kann viel-
leicht bei Erkrankung vorkommen. |
Tzukulidze (2) bat anatomische Studien über die Beziehungen
von Hoden zu Nebenhoden gemacht, die darlegen sollen, daß die
Entfernung ‘des Nebenhodens bei Tuberkulose berechtigt ist; er
schildert die chirurgisch-anatomischen Beziehungen an der ’Hand
sehr hübscher Abbildungen. Ä | M |
Allemanu und Bayer (3) berichten über 38 im Laufe von
9 Jahren beobachtete solide 'Nierentumoren, von denen 27 Hyper-
nephrome, 6 Karzinome, 1 Sarkom und 4 teils unoperierte, teils
inoperable Fälle waren. Das gut beobachtete‘ klinisch und patho-
logisch. gut durchuntersuchte Material gibt die Grundlage für die
Arbeit, in der Klinik, Symptomatologie, Diagnostik, Therapie, Pro-
gnose, Resultate besprochen werden. Die Operationsmortalität beträgt
5 °/,, die Frühmortalität 14 °/,, Resultate, die im allgemeinen denen
anderer Statistiken analog sind und die vor allem auf die Wichtig-
keit der Frühdiagnose hinweisen.
Brütt (4) beschreibt den. mikroskopischen Befund an einer |
Pyonephrose; im Nierenbecken fand sich ausgedehnte Pyelitis: glan-
-dularis, d. b. also Schleimdrüsenentwicklung. (Ref. hat schon vor
Jahren als erster die Pyelitis glandularis beschrieben) -
Alexander (5) beschreibt genau die Krankengeschichte eines
Falles von Rosenstein, in welchem ein Harnleiterstein durch einen
Zabn in einer Ovarialdermoidzyste vorgetäuscht wurde;’es werden
die genauen Untersuchungsresultate, die differential- diagnostischen
Erwägungen, sowie der Operationsbefund geschildert.
2 Stapelmohr (6) hat die Vasektomie bei Prostatikern mit
schlechter Nierenfunktion zur Ermöglichung der Anlegung des
Dauerkatheters bzw. der Ausschaltung der Gefahr der Epididymitis,
also als Vorakt zur Prostatektomie gemacht; vielleicht erreicht man
dadurch auch Verminderung der Prostatakongestion.
Schwarz und Simkow (7) bringen einen Sammelbericht
über die Behandlung: der Erkrankungen der Samenblasen, in dem
-alle neueren Ergebnisse der’ Anatomie, Physiologie, Pathologischen
Anatomie, Klinik genau besprochen werden. |
‚ Bull (8) schildert den Verlauf eines sehr komplizierten Falles,
bei dem er aus dem klinischen Bild eine Embolie der Arteria re-
nalis vermutete, welche Diagnose durch die urologische Unter-
suchung gestützt und durch die Nierenexstirpation bewiesen wurde;
der Fall ging 16 Tage nach der Operation: infolge Thrombose durch
ihr Grundleiden, Vitium cordis, plötzlich zugrunde. | 5
=- Blatt (9) teilt den Fall eines 50jährigen Mannes mit, ‚der
mit fast kompletter Harnverhaltung, einem mächtigen palpatorisch
und zystoskopisch als Karzinom angesprochenen Prostatatumor. zur
perinealen Operation kam. Die Exstirpation war schwierig, in der
Nachbehandlung wurde eine Rektumfistel manifest; nach vorüber-
gehender Besserung stirbt ‘aber der Kranke an einer. Pneumonie.
Die Untersuchung .der operativ entfernten Massen ergab ein auf
Prostata und Samenblasen übergreifendes Lymphsarkom; der Blut-
befund ergab, daß eine Sternbergsche Leukosarkomatose vorliege.
Die Sektion ergab Leukosarkomatose der Lymphdrüsen des Beckens,
analoge Veränderungen in Milz, Nieren, Leber. LEW
Block (10) hat bei einem 6monatigen männlichen Säugling
eine mannskopfgroße Hydronephrose exstirpiert; das Kind starb
24 Stunden nachher und die Sektion ergab ebenso wie das Prä-
‚parat hochgradige Verdickung und Schlängelung des Ureters; außer-
dem findet sich um den Harnleiter eine dünne bandartige, wie ein
Gekröse am Ureter haftende .Bindegewebsmasse; alles sprach ‘für
eine Stenose in der Gegend der. Einmündung des Ureters in die
Blase. Als Ursache für die Hydronephrose nimmt Verf. die Ver- - À
engerung des Ureters an, die dadurch erfolgte, daß sich, wie mikro-
skopisch gefunden wurde, im untersten Abschnitt des Harnleiters
in dessen: Wand ein zweiter akzessorischer Harnleiter zeigte, der
21/, cm oberhalb der Blasenmündung in spitzem Winkel in den
Hauptureter mündete; dadurch und durch die Muskelhypertrophie
wurde das Lumen verengt.
'Boeminghaus (11) hat ein neues endoskopisches Instrumen-
tarium für die Behandlung der hinteren Harnröhre konstruiert.
‚Colmers (12) bespricht an der Hand zweier Fälle die ziem-
lich seltene Erkrankung, den Nierenkarbunkel; die Erkrankuns ist
stets eine Metastase einer Staphylokokkenerkrankung im Körper
ist oft mit paranephritischem Abszeß verbunden, der Harnbefund
‘ist oft negativ. _
` Harnuntersuchung ‚ist empfehlenswert.
eines paranephritischen Abszesses keinen solchen, so soll man die
Funktionsprüfung der Niere zur bakteriologischen
Findet man bei Annahme
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Niere entkapseln, wobei man dann den Karbunket findet. Als Opera-
tion der Wahl kommt nur die Exstirpation der Niere in Betracht,
gelegentlich bei kleinen- günstig gelegenen -Karbunkeln kann die
Resektion desselben aus der Niere ausgeführt werden. |
Colmers (i8) hat bei einer nur 10 Tage lang an häufigen
Koliken und abendlichen Fiebersteigerungen leidenden 29 jährigen
Frau eine schmerzhafte und vergrößerte bewegliche Niere operiert;
Harnbefund, Zystoskopie negativ. Die Operation erfolgte unter der
Diagnose eines Abszesses der Niere; die Niere wurde entfernt und.
es fand sich tatsächlich ein kleiner Abszeß an der Vorderseite der
` Niere, der einem großen keilföürmigen käsigen, fast bis zum Nieren-
becken reichenden Tuberkuloseherd entsprach. ne
i Gmelin (14) bringt eine Zusammenstellung der an. der Klinik
Kümmells wegen verschiedener Formen der, Nephritis, 18 mal bei
akuten, 101mal bei chronischen, vorgenommenen Operationen. Die
Fälle werden in akute (nach akuten Infektionskrankheiten, nach Ver-
giftungen, die Nephritis apostematosa), chronische (Nephritis dolo-
rosa, N. haemorrhagica, eigentliche chronische N., Morbus Brightii)
und in die „Feldnephritis“, die zwischen beiden steht, eingeteilt; die
. Operationen bestehen in Dekapsulation, Nephrotomie, Nephrektomie.
‘So wurden von 12 Fällen von Nephritis apostematosa 2 dekapsuliert,
7 nephrotomiert, 4 (davon 1 nephrotomierter) nephrektomiert; núr
1 Todesfall. 12 Fälle Nephritis dolorosa, alle dekapsulirt, 1 doppel-
seitig, alle geheilt. 42 Fälle von hämorrhagischer Nephritis ope-
‚riert, 24 dekapsuliert (15 geheilt, 8 gebessert), 15 nephrotomiert.
(9 geheilt, 5 gebessert), 3 nephrektomiert. 47 Fälle mit „medizi-
nischer“ Nephritis; 28 einseitig, 5 doppelseitig dekapsuliert; 12 ge-
heilt, -8 gebessert; 9 Nephrotomien (5 geheilt), 5 Nephrektomien
(3 gelieilt, 1 gebessert). | A | |
Bonem (15) bringt eine historisch-kritische Studie über die
Theorien der Ätiologie des Kryptorchismus und die Behandlung des-
selben; die Methode von Küttner, die Arteria spermatica zu durch-
“trennen, hält er für nicht unbedenklich, hingegen die von Polya,
den Samenstrang vom Nebenhoden, den Nebenhoden vom Hoden zu
| trennen, um so eine Verlängerung zu erhalten, für physiologisch
' unbedenklich.. > u Ä
Fr Goldberger (16). schließt aus Versuchen über die Nieren-
funktion folgendes: Ambardsche Konstante gibt ein gutes Bild der
Gesamtfunktion; die Funktion der einzelnen Niere läßt sich durch
. vergleichende Kryoskopie bei Trockendiät gut bestimmen, auch die
Indigokarminprobe ist gut. l ek | S |
~ | Ikoma (17) beschreibt 2 Fälle sogenannter Eiweißsteine der
-Harnwege und schildert die Ergebnisse seiner Versuche, solche
Steine in vitro zu erzeugen, wozu
stanzen erforderlich sind. RR ae
| Gottlieb (18) bespricht das Vorkommen: der Hämaturie bei
Appendizitis an der Hand von 36 in der Literatur vorliegenden
Fällen; die Blutung ist in den meisten Fällen renalen Ursprungs;
sie kann gleichzeitig mit akuten Anfällen, nach solchen und bei
. chronischen Appendizitiden erfolgen. ‘ In den meisten Fällen der
‘bei akuter Appendizitis vorkommenden Hämaturien handelt es sich
= um akute parenchymatöse, gewöhnlich beiderseitige Nephritis. Auch
‘in der zweiten Gruppe dürfte die gleiche Nierenerkrankung vor-
liegen. Für die chronische Appendizitis wird die Blutung als Folge
einer Nephritis, oder Embolie, als Folge Übergangs der Entzündung
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- angesehen. Immerhin ist es eine seltene Komplikation; bei Fällen
unklarer Hämaturie soll man an Appendizitis denken und in zweifel-
haften Fällen ist es besser, zuerst die Appendix zu operieren.
| Stricker (19) berichtet über die Exstirpation einer als Tumor
gedeuteten großen, harten Geschwulst der Niere, die sich bei der
Nephrektomie als eine große retroperitoneale Echinokokkuszyste
erwies, die der Niere so fest angelegen und mit derselben so fes
verwachsen war, daß die Niere entfernt werden mußte. l
Goldberg (20) hat an einem Krankenmaterial von 340 kli-
nischen Strikturen, von denen 3 °/, traumatisch, 5 °/, angeboren, der.
Rest postgonorrhoische waren, die verschiedensten klinischen Beob-
achtungen gemacht; je nach dem Zustand unterscheidet er die
Strikturen, die mit Dilatation allein heilbar sind von denen, die auf
diese Weise allein nicht zu behandeln sind; das sind die Verenge-
rungen mit wenn auch geringer Retention, die sehr engen und die
‚nicht mehr aseptischen Strikturen; je nach dem Falle muß außer
der Erweiterung auch noch die Entleerung des Restharnes vorge-
nommen werden. | |
Baudel (21) referiert über 25 im Laufe von 16 Jahren ope-
rierte Fälle von Nierentuberkulose des Krankenmateriales von Riese;
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 37.
` machen.
Bakterien und schleimige Sub- | `
von der Appendix auf die Niere, als Folge reflektorischer Kongestion .
`~
in seiner Statistik überwiegen die Frauen; die Nierentuberkulose
wurde gewöhnlich erst durch die auftretende Blasentuberkulose als
solche erkannt; .meist handelte es sich pathologisch-anatomisch um
Pyelonephritis tuberculosa. Therapeutisch ist die operative Behand-
lung vorzuziehen; Dauerheilung betrug 72 ?/o. ` u
. Blum (22) gibt eine kurzgefaßte Übersicht über die Anzeigen,
die Technik, die Vor- und Nachbehandlung bei der suprapubischen
Prostatektomie. a
Boss (23) berichtet über 2 Fälle, in denen nach hohem
Blasenschnitt Verknöcherungen in der Narbe oder vielmehr in den
Musc. pyramidales sich fanden. Die Verknöcherungen in der Linea
alba oberhalb des Nabels sind häufiger, was Verf. auf die größere -
Zahl der Reste der Bauchrippen, der Inscriptiones tendineae da-
selbst zurückführt. Diese atavistische Annahme wird gerade durch
die Verknöcherung der Musc. pyramidales, die bei niederen Säugern
stark entwickelt sind, gestützt. Als auslösenden Reiz betrachtet er
langdauernde Infektionen, die im besonderen Falle durch Steine
verursacht waren.
= Pflaumer (24) hat sich -einen Steinfänger konstruiert, de
die unblutige Entfernung von Harnleitersteinen. erleichtert.
Antelawa (25) beschreibt eine von der Nierenkapsel aus- -
gehende Mischgeschwulst bei einem 2jährigen Kinde; die Geschwulst
war ein Fibrolipomyochondroosteozystom. Das Kind überlebte den `
Shock der großen Operation nicht. Ä i
Wallner (26) hat an 40 Fällen von Genitaltuberkulose der
Klinik Guleke aus einem 10Ojährigen Zeitabschnitt die Frage der
Operationsart studiert. Die isolierte Entfernung des Nebenhodens
und die Semikastration haben ihre eigenen. Anzeigen; findet man
klinisch und bei der Operation Intaktheit des Testikels, so soll bei
Leuten unter 50 Jahren konservativ operiert werden. Beim Vor-
handensein. gleichzeitiger Hodenerkrankung ist die Kastration zu
Dies hat auch dann vor allem zu geschehen, wenn. Pro-
-stata und Samenblase nachweisbar erkrankt sind. Doppelseitigkeit
bei, älteren — Totalkastration, bei jüngeren Semikastration der
- schlechteren Seite, Epididymektomie allein oder auch mit partieller
. Hodenresektion; Röntgen- und Sonnenlichtbehandlung leistetnicht viel,
Brack (27) hat an einer großen Zahl von Fällen (50) aller
Altersklassen sehr interessante genaue anatomische Untersuchungen
über den Penis ausgeführt. " | |
Perlmann (28) beschreibt einige Fälle von röntgenologisch
bzw. pyelographisch nachgewiesenen Verdoppelungen von Nieren-
.becken und Harnleiter. |
Harttung (29) teilt einem Fall einer Nephrektomie wegen
Zystenniere mit; er zieht bei völlig zystisch degenerierter Niere und
Funktionstüchtigkeit der anderen Niere die Exstirpation der Nephiro-
tomie und Resektion vor; eine Operation kommt bei als solcher
‚sicher diagnostizierter Zystenniere nur bei Blutungen, Infektion und
Schmerzen in Betracht. | |
Pannewitz(30) hat weitere Untersuchungen über die Rehnsche
'Säure-Alkaliausscheidungsprobe angestellt und u. ’a. gefunden, daß
die „Wasserstoffzahl“ des Harns durch Nahrungsmittel, Medika-
mente usw. beeinflußt wird. | Ä |
Gruber (31) beschreibt 2 Obduktionspräparate von Zysten-
nieren; das eine Präparat enthielt im unteren Pol eine pflaumen-
große Erhabenheit, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung
als ein Adenozystom . herausstellte, das zweite Präparat stellte eine
kleine geschrumpfte, -von Zysten durchsetzte Niere dar, deren Nieren-
becken und Harnleiter gleichfalls das Bild der Pyelitis bzw. Urete-
ritis cystica boten. | |
- Loewenstein (82) beschreibt seine Methode der .Reinzüchtung
des Tuberbazillus aus Sputum oder Harn, die er mit Sumyosbi
ausprobiert und mit der er in 100 °/, positive Resultate hatte. Das
Verfahren besteht darin, daß 40 0/ ige Schwefelsäure oder 35 °/,ig®
setzt werden, das reichliche Sediment wird dreimal gewaschen, als
Nährboden wird Glyzerinkartoffel verwendet. Es gelang ihm ferner
der Nachweis, daß es manche pathogene Tuberkelbazillen gibt, die
für Meerschweinchen nicht pathogen sind. a
Janssen (38) hat bei einem jungen Mann, der sich einen
Nähmaschinentransmissionsriemen durch die Harnröhre in die Blase
eingeführt hatte (nach einem Alkoholexzeß) und- ihn nicht mehr
entfernen konnte, die Sectio alta machen müssen, wobei sich zeigte,
daß sich der Schlauch verknotet hatte; er führt die Knotenbildung
aui: die heftigen Kontraktionen der durch den Fremdkörper ‚seht
heftig gereizten Blase zurück. Ze
14. September i |
Natronlauge in der 5fachen Menge des Sputums demselben zuge.
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- toxins festzustellen.
14. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
1299
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Walthard (34) hat eine große Zahl der verschiedensten Tier-
experimente (Ureterligatur, Ligatur der Nierenarterien, des Ureters
- samt allen Nierengeläßen, der Nierenvene, Verletzungen der Niere
stumpfe und scharfe, Einspritzungen von zerschnittenem, emulgiertem
` Nierengewebe, von Leber- und Hodengewebe) gemacht, um den Ein-
Auß der kranken auf die gesunde Niere und den Einfluß des Nephro-
Niere, die Resorption von zerfallendem Nierengewebe folgte,
die andere Niere stets geschädigt werde; die Schäden ver-
schwinden aber nach einiger Zeit. Die nicht operierte Niere wird
‚durch die aus der operativ geschädigten Niere stammenden Gewebs-
zerfallsprodukte geschädigt, aber vor allem der ganze Organismus.
Es liegt nach den Versuchsergebnissen die Annahme nahe, daß die
Nierenzerfallsprodukte für das Nierengewebe schädlicher sind als
Zerfallsprodukte anderer Organe. Auffallenderweise hat im Tier-
versuch die Indigokarminprobe, die ja beim Menschen so verläßlich
ist, oft versagt. |
Linberg (35) beschreibt einen Fall von transperitonealer
Exstirpation einer überzähligen unterhalb einer normalen gelegenen
Niere, der 21. Fall der Literatur.
Hueck (36) hat durch urologische Untersuchung sowie durch
Pyelographie und Pneumoperitoneum in einem Falle eine Hypoplasie `
der einen Niere mit kompensatorischer Hypertrophie der anderen
(daselbst auch Erweiterung des Nierenbeckens und Infektion) fest-
gestellt. Die Operation (explorativ) und spätere Obduktion be-
stätigten die Diagnose, es bestand aber außerdem noch zystische
Degeneration der Nieren. =
Literatur: 1—7: Zschr. f. uro). Chir. Bd. 14, H. 3—4; 8—16: Ebenda Bd.14,
Sn i ae Ebenda Bd. 15, H. 1—2; 25—29: Ebenda Bd. 15, H.3—4; 30—36: Ebepda
, H. 5—6.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe anch Therapeutische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 30. >
Über die Wirkung von Karlsbader-, Glauber- -und Bittersalz auf
die äußere Sekretion von Leber und Bauchspeicheldrüse berichtet
Hans Simon (Berlin). Die peristaltischen Kontraktionen der Gallenwege
stehen in engem Zusammenhang mit der Darmperistaltik. Unter dem
Reize: der Salze dürfte nicht nur die Gallenblase ihres Inhaltes entleert,
sondern auch die Leber zu gesteigerter Tätigkeit veranlaßt werden. Auch
eine direkte Beeinflussung der Bauchspeicheldrüso durch die genannten
Salze ist naheliegend.
Auf die Schwielen und Hühneraugen an den Füßen, ihre Ent-
stehung, Bedeutung und-rationelle Bekämpfung weist Hermann Engel
(Berlin) hin. Die falsche Belastung, die zu jenen Übeln führt, muß
rationell beseitigt werden. was genauer dargelegt wird. Aber ‘das regel-
mäßige Beschneiden der Schwielen bringt nur eine vorübergehende Er-
leichterung. Das Auflegen von Hühneraugenmitteln führt häufig zu einer |.
völligen Mazeration der Sohlenhaut. Nach Ablösung der Schwielen ist das
entzündlich gereizte Korium schutzlos dem Drucke preisgegeben. Der
schmerzhaften Behinderung des Ganges folgt eine Periode der völligen
Auftrittsunfähigkeit, bis sich der Defekt in der Haut einigermaßen bedeckt
hat. Bei den Hornhautverdickungen an den Dorsalflächen der kurzen Zehen
(Zebenhühnerauge, besonders an. der kleinen Zehe) genügt es im allgemeinen
nicht, unzureichendes Schuhwerk anzuschuldigen und bequeme Stiefel und |
keratolytische Pflaster oder Ringe zu verordnen. ‚Auch die einfache Ex-
sion eines Klavus führt oft nicht zum Ziel. Dann können nur operative
änderungen der Stellung der gepreßten Zehenknochen zueinander oder zum
Stiefeloberleder einen Erfolg haben. Für die gekrümmte Kleinzehe mit
schmerzhaftem Klavus: Resektion eines Stückes aus der Grundphalange
mit ev. Verlängerung der zugehörigen Extensorsehne. Das Hühnerauge
wird ovalär exzidiert und die Lücke vernäht. Man kann auch die ganze
Grundphalange opfern. Niemals ist die Wegnahme der ganzen Zehe
erforderlich, a F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 30.
‘ Die Artverschiedenheit der Streptokokken betont Schottmüller
(Hamburg), Hingewiesen: wird auf den anaeroben Streptococcus
en, der in menschlichen Organen putriden Eiter („Fäulnis“)
zeugt und unter Bildung von stinkendem Gas (Schwefelwasserstofi) in
eiweißhaltigen Nährböden wächst. Er ist der Erreger der Sepsis puerperalis
Saw. Peritonitis in pucrperio, ferner der Pylephlebitis, Endocarditis acuta,
al 'arombophlebitischen Sepsis nach Angina, Otitis media, endlich der
Koi itis putrida und Lungengangrän, Auch unter den aeroben Strepto-
en gibt es verschiedene Arten, so den Streptococcus pyogenes haemo-
Es ergab sich, daß nach Eingriffen an einer‘
Iyticus und den Streptococcus viridans seu mitior. Der Verfasser hat auch- |
nicht ein. einziges Mal beim Menschen einen Übergang der einen Strepto-
kokkenart in die andere einwandfrei beobachtet. Zwar lassen Wachstums-
eigentümlichkeiten auf gebräuchlichen oder ungebräuchlichen Nährböden ge-
wisse Variationen der Krankheitskeime erkennen, aber trotzdem bleibt die
Spezifität der patbogenen Bakterien bestehen.
1
Die Probleme der Lipoidtherapie und der Organreiztherapie erörtert
Hans Much. Er kommt dabei auch auf das Präparat. Promonta- zu’
sprechen. Dieses Mittel stellt alle anderen durch den Darm zugeleiteten
Lipoide (Lezithinpräparate usw.) in den Schatten. Bei kaum einem anderen
lebenswichtigen Stoff kommt es so sehr auf den chemisch-physikalischen
‚Zustand an, wie bei den Lipoiden. Die Lipoide sind in der Zelle, gelöst,
aber zur Darmeinverleibung wurden bisher Präparate verwendet, die weit-
gehend abgebaut werden mußten, um noch irgendwie nützlich sein zu
können, die aber dadurch der biologischen Lipoideigenschaften beraubt
wurden. Die Art der Zubereitung sichert dem Promonta seinen Platz.
Es ist biologisch etwas völlig anderes, ob man gebackenes Kalbshirn oder
Promonta gibt. Deshalb ist ein solches Präparat durch chemische Zer-
legung gar nicht zu beurteilen. De nr
Über die Funktionsprüfung des Herzens mittels der plethysmo-
graphischen Arbeitskurve (E. Weber) berichten Walter Fley und
Hanns Löhr (Kiel). Dies Verfahren prüft in erster Linie die Funktion
der Gefäße und der Gefäßnervenzentren. Eine geschädigte Herztätig- _
keit alteriert die Funktion der Vasomotorenzentren und gibt zur Ent-
stehung einer negativen Kurve Anlaß. Aber auch bei Normalen kommen
negative Kurven vor. Vagusempfindliche zeigen besonders leicht
negative Kurven. Eine sichere Differentialdiagnose zwischen Herzneurose
und organischen Herzaffektionen ist somit nicht einwandfrei zu führen.
‚Eine träge Kurve sieht man bei venöser Stauung (kardial oder extrakardial).
Hamburgers perkutane Tuberkulinreaktion ist nach Arvid Wall-
gren (Gotenburg) an Zuverlässigkeit wenigstens der gewöhnlichen Pirquet-
schen Reaktion vergleichbar. Bei inaktiven Fällen ist sie sogar etwas zu-
verlässiger als diese. Man muß aber die Sternalhaut als Reaktionsstelle
wählen (eine Perkutanreaktion, am Unterarm ausgeführt, ist im hohen
Grade unzuverlässig). Dabei braucht man keino Instrumente. Fällt die
Reaktion positiv aus, so ist sie noch wenigstens eine Woche nach ihrer
Ausführung ablesbar.
Über Besonderheiten der Herztöne bei infektiösen Krankheiten
berichtet J. Schwarzmann (Odessa). Beim Fieberherz (Reaktion eines.
normalen Myokardiums auf hohe Temperatur) sind die Töne núr wenig
verstärkt. Kurze und geschwächte Töne zeugen von einer Schwächung des
Myokardiums iufolge toxischer Einflüsse: In einigen Fällen bemerkt man
eine besonders bedeutende Schwächung des ersten Tones und seine Ver-
kürzung nebst der Verkürzung der systolischen Pause. Der erste Ton geht
fast unmittelbar in den zweiten über; diese Erscheinung bedeutet eine
starke Schwächung der systolischen Kontraktionen. Wenn dies von Tachy-.
kardie begleitet ist, so ist die Lage ernst.
F. Bruck.
_ Zentralblatt für innere Medizin, 1924, Nr. 33.
In einer Abhandlung über die Trigeminusneuralgie hebt Kulen-
kampff (Zwickau) die Bedeutung der objektiven Symptome bei den neur-
algischen Anfällen hervor. Selten sind die trophischen Störungen sehr
auffallend, die vasomotorischen Erscheinungen beginnen mit einer plötzlich
auftretenden Röte der erkrankten Gesichtshälfte; gelegentlich Schwindel-
erscheinungen, einseitige Pupillenerweiterung; plötzliches Blaßwerden, das
natürlich viel schwieriger festzustellen ist, wurde nicht beobachtet; zu
' kapillar-mikroskopischen Beobachtungen fehlt bei der Schnelligkeit des
Ablaufs die Zeit. Tränen und Speichelfluß sind sekretorische Störungen, -
die auch auftreten können, wenn es gar nicht zum Schmerzanfall kommt
und daher nicht ohne weiteres als Affektreaktionen gedeutet werden dürfen.
Eine Heilung der echten Trigeminusneuralgie gelingt nur durch Zerstörung
der Ganglienzellen, die zu dem schmerzenden Nervenast gehören. Bleiben |
Reste erhalten, so treten oft jahrelang noch parästhetische Anfälle auf, die
Patienten haben die Empfindung, ihr Gesicht sei aus Holz. oO WV
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 32.
Die Pathologie und Therapie der Perigastritis bespricht Joseph
Doberer (Linz). Er faßt den Zustand als ein eigenes Krankheitsbild auf,
wobei der Pylorusteil des Magens mit seiner Nachbarschaft durch lockere
bindegewebige Stränge verwachsen ist. Die konstitutionell minderwertigen
Personen klagen über krampfartige Magenbeschwerden und Abmagerung.
Die Krankheitserscheinungen werden beseitigt durch Resektion des
Pylorus und Einpflanzung des oralen Magenrestes in die oberste Jejunum-
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Die Hautkanalplastik zum Verschluß des Anus iliacus wird von
M. Kappis (Hannover) in der Weise ausgeführt, daß das orale Darmstück
durch eine zweite Bauchöffnung links pararektal herausgeleitet wird. Seit-
lich von dem pararektalen Schnitt wird ein Längsschnitt angelegt und
durch Vernähung der benachbarten Schnittränder ein Hautkanal gebildet.
Die dadurch entstehende Hautbrücke wird von der Faszie' losgelöst, worauf
der Darm unter der Brücke durchgezogen wird. Durch Vereinigung der
entsprechenden Hautränder wird der Darm verdeckt, so daß nur aus dem
dritten Schnitt das Darmende beraussiebt, Nach beendeter Wundbehand-
lung läßt sich der Kunstafter. durch einen Federapparat, der gegen einen im
Kanal steckenden Stift wirkt, leicht verschließen.
Iadirekte Leistenbruchanlage bei ausgebildeter direkter Leiston- .
hernie beschreibt Konräd Koch (Köln). Tritt ein wegen seiner Kleinheit
bei der Operation direkter Hernien überschener Leistenbruch später ' zu
Tage, so kann er für ein Rezidiv des operierten Bruches gehalten werden.
K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 32. .
‚ . Zur Lehre von der Schwangerschaftspyelitis teilt E. Klaften
(Wien) mit, daß regelmäßig in. dem Vaginalsekret das Bacterium
coli in großer Zahl nachgewiesen werden kann. Diese Veränderung
der Vaginalflora in. den beiden unteren Dritteln der Scheide ist ein
wichtiges Zeichen der Pyelitis.. Von Bedeutung für die Entstehung
der Krankheit sind Stauung in den Ureteren und Stublverstopfung. Selten
| . ist die Verbindung von Nierenbeckenerkrankung und Blasenerkrankung. —
Die Behandlung besteht in Bettruhe, Bauchlagerung und. Lagerung auf die
gesunde Seite, in reizloser Milchkost und täglicher Darmentleerung durch
Abführmittel. Bei stark verringerter Flüssigkeitszufuhr wurde an, fünf auf-
einanderfolgenden Tagen Urotropin, je 5—10 ccm morgens und abends,
intravenös eingespritzt. Gleichzeitig Abspülungen und Ausspülungen
des Genitale mit 5°/yoiger Milchsäurelösung. Nach Stägiger Behandlung
wurde 3mal täglich 1 g Urotropin per os verabfolgt, zusammen mit täglich
10 Tropfen verdünnter Salzsäure, mit Lindenblütentee und alkalischen
Wässern. — Die Gegenanzeige gegen die Behandlung mit Urotropin bei
Schwangeren ist eine gleichzeitige Erkrankung der Blase, Bei entzünd-
lichen Blasenerkrankungen stellt sich nach: Urotropin unerträglicher
Harndrang ein. |
. Den Wert intravenöser Urotropininjektionen bei postoperativer
Harnverhaltung bespricht Egon Weinzierl (Prag). Zunächst wird am
Tage der Operation und am folgenden abgewartet, ob eine spontane Ent-
leerung erfolgt. Wenn dies nicht. der Fall ist, werden 5 com Urotropin
intravenös eingespritzt und diese Einspritzung wird bei ausbleibendem Er-
folg I—2mal wiederholt. Die intravenösen Eiaspritzungen 40°/,iger Uro-
tropinlösung haben sich gut bewährt, jedoch versagten sie nach den Fällen
von Wertheimscher Radikaloperation. |
Zur Bekämpiung der postoperativen Harnverhaltung durch intra-
venöse Urotropininjektionen empfiehlt A. Ecke (Chemnitz), um 9 Uhr
abends des Operationstages 5 cem der 40°%/,igen Urotropinlösung intravenös
einzuspritzen. Auffallend hoch war die Zahl der Urinverhaltungen nach
‚
_ der Alexander-Adamsschen Operation, bei der- eine unmittelbare operative
Beteiligung der Blase nicht in Frage kommt.
‚Erfahrungen mit der intravenösen Urotropinbehandlung der post-
operativen Ischarie teilt E. Schwab (Hamburg-Barmbeck) mit. Zu warnen
ist vor der wahllosen Frühinjektion der 40°/,igen Urotropinlösung. Die
Behandlung wurde nur bei solchen Fällen eingeleitet, wo eine postoperative
Harnverhaltung durch Instillation von Borsäureglyzerin (20 cem in
40l iger Lösung) in die Blase nicht behoben wurde, oder wo bereits vor
der Operation über Blasen- und Nierenbeckenbeschwerden geklagt wurde.
Als Schädigung werden genannt schwere blutige Blasenentzündung mit
quälendem Harndrang. Ä |
Kongenitaler Defekt der linken Niere bei rudimentären Genital-
organen wird von W. Duwe (Jena) beschrieben. Bei der 21jährigen
Kranken waren nur 1 Eierstock, 1 Niere und der dazugehörige Harn-
leiter voll funktionsfähig. Der Fall bestätigt die Regel, daß linksseitiger
- Nierenmangel bei angeborenem Defekt der Geschlechtsorgane öfter vorkommt,
K. Bg.
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 29 -bis 31.
Nr. 29. Zur individuellen Therapie des Kropfes mittels Jod-
minimumdosen bemerkt F, Kaspar (Wien), daß juvenile Strumen, weniger
parenchymatöse Erwachsener und Rezidivstrumen auf kleinste Dosen von
Jod gut reagierten. Verf. gab monatlich 1—4 mg Kal. jodat. und erreichte
in einer großen Zahl der Fälle schon in 4 Wochen, mitunter erst nach
3/, Jahren restlose Beseitigung des Kropfes. Adenome und Kolloidstrumen
verhalten sich sämtlich refraktär, wogegen ihre Rezidive nach ‚Operation
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK. Nr. 37.
J. Güdemann (Wien). In einem ganz schweren Falle wurde eine solche
' werden. Verf. versuchte die Bi-Menge bei intravenöser Verabfolgung zu
14. September
auffallend gut reagierten. Die Dosen sind so klein, daß bei genauer Kontrolle
die Gefahr einer Überdosierung nicht zu befürchten ist.
Zum Entstehuugsmechanismus der Überventilationstetanie teilt
W. Schloß (Wien) Untersuchungen an Pat. mit. Die gewöhnliche Er-
klärung, daß es infolge vermehrter Sauerstoffaufnahme zu einer Alkalosis
und Ca-Verarmung des Blutes durch Unlöslichwerden der dissoziierbaren
Ca-Ionen kommt, kann nicht überall zureichen, ‚da bei Sauerstoffnarkosen
die Tetanie ebenso wie Sauerstoffatmung vermißt wird, während sie bei
forcierter Atmung auftritt, Verf. glaubt, daß die Muskelaktion zur P-Abgabe
und dadurch P-Stauung im Blut führt, wodurch eine tetanische Noxe ge-
geben ist, die allerdings zur restiosen Erklärung nicht ausreicht. | |
| H. Finsterer äußert sich zur Frage der zweckmäßigsten chirur-
gischen .Behandlung des Magen- und Zwölflingerdarmgeschwäürs. Er
verlangt. bei Anlegung des Billroth II die Resektion der Hälfte bis ?/, des
Magens, damit eine zur Vermeidung des Ulcus peptic. jejuni notwendige
Anazidität erreicht wird. Bei Anwendung des Billroth I bzw. seiner
Modifikation nach Haberer (Magen-Duodenum End zu Seit) ist eine so
ausgedehnte Resektion nicht nötig, doch sind die Gefahren der Methode
größere, weswegen Verf. vorläufig nach Billroth II operieren möchte, Die
Befürchtung einer schädlichen Wirkung durch Sturzentleerung bei zu großer
Anastomose besteht nicht zu Recht, wovon Verf. sich bei Röntgenunter-
suchungen operierter Patienten überzeugen konnte,
Über anhaltenbe Toleranzsteigerungen durch Iasulinkuren berichtet
nicht beobachtet, während zwei schwere und ein mittelschwerer Fall eine
günstige Dauerwirkung verschiedenen Grades erkennen ließen. i
Zur Klinik der intravenösen Wismutbehandiung bemerkt F. Mras
(Wien), daß hierbei ein Zusammenhang zwischen den geringeren und
seltöneren Nierenschädigungen und den geringeren Bi-Mengen unverkennbar
sei. Das intravenös verabreichte Bi entfaltete eine ebenso gute Heilwirkung
als das intramuskulär.gegebene. Inwieweit Dauererfolge bei intramuskulärer
und intravenöser Therapie Unterschiede ergaben, muß noch entschieden
steigern, um eine größere Heilwirkung bei geringen Nebenwirkungen zu erzielen.
Nr. 30. Das Problem der Schallokalisation erörtert S. Gatscher
(Wien). Die hierüber existierenden Theorien teilt Verf. in zwei Gruppen:
die akustischen, die sich nur mit der Schnecke befassen, und die heterogenen,
die den Kernpunkt nicht in’ die Schnecke, sondern in andere Teile des.
Gehörorganes verlegen. Bei den ersteren unterscheidet man die „Zeittheorie*,
nach der die Zeitfolge der Gehörseindrücke-in den beiden Ohren für die
Lokalisation verwertet wird, von der „Intensitätstheorie“, bei der die Aus“
. wertung des Erregungsunterschiedes zwischen beiden Ohren für die Lokalisation
herangezogen wird. Verf. bringt Argumente bei, die für die Intensitäts-
und gegen die zurzeit meist verwendete Zeittheorie sprechen. |
Über das Volumen pulmonis diminutum als Symptom des Morb.
Basedow. berichtet H. Politzer (Wien). Er.fand dasselbe bei der Ohlorose,
bei der es wohl als tbyreotoxisches Symptom zu deuten ist, bei der latenten
Malaria und beim Morb. Basedow. Zu erkennen ist es durch eine schein-
bare Verbreiterung der Herzdämpfung, die durch Ausweichen des sonst
sehr konstanten rechten Lungenrandes festzustellen ist. Verf. weist zur
genauen Feststellung auf eine von ihm angegebene besondere Art der
Perkussion, die Chromoperkussion hin. Ursache des verminderten Lungen-
volumens ist ein vasomotorisches, sympathikotonisch bedingtes, Phänomen;
es kommt zu verminderter Lungendurchblutung bei gesteigerter Durch-
blutungsgeschwindigkeit. en |
Zur Lehre von der Erhaltung der Energie macht E. Meyer (Preb-
burg) einige Bemerkungen in Bezug auf die Variabilität der Bakterien,
: insbesondere des Tuberkelbazillus und derSpirochaeta pallida. Gemäß dem gè-
nannten Gesetze müssen in einem geschlossenen System, wie es der
Bakterienkörper darstellt, Energieumwandlungen unter Beteiligung aller
im System vorhandenen Energien stattfinden, was zur Veränderung des
optischen bzw. chemischen (Färbung) Verhaltens bei gleichbleibendem
toxischen Verhalten führen kann. Es ist deshalb die Bedeutung des
_ optischen Charakters des Mikroorganismus überschätzt worden, er kann sich
ebenso wie die Pathogenität ändern, obwohl der Organismus derselbe bleibt.
Systematische Untersuchungen über Atherosklerose stellte Fr. Schu-
bert (Wien) an einem großen Sektionsmaterial fest. Es zeigte sich die
besondere Gefahr der peripheren Atherosklerose zumal in jüngeren Jahren
mit ihren Folgen auf die Nieren. Demgegenüber ist die zentrale: Atbero
sklerose relativ harmlos. Frauen werden wesentlich weniger betrofien als
Männer. Die von Beneke beobachtete Kombination von Atheroskleros,
Fettsucht und Gallensteinbildung wird bestätigt und ähnliche Zusammen
hänge mit dem Lymphatismus werden wahrscheinlich gemacht.
J. Bartel macht im Zusammenhang mit der schlechten Prognose
der juvenilen peripheren Sklerose auf die in Gestalt der „Arteriofibrose
beobachtete Hypoplasie der Arterien anfmerksam. Hierbei kommt allgemein
-mra 2: `~
nicht gewertet werden.
14. September
wahrscheinlich dem Stat. thymico-lymphaticus eine prädisponierende Rolle
zu, so daß eine enge Beziehung zwischen diesem und arterieller Hypoplasie
sowie juveniler Atherosklerose bestehen muß.
Die kombinierte Wirkung von Jod und Thymus auf den Energie-
stoffwechsel bei Hyperthyreosen studierte P.Liebesny (Wien). Entgegen
der fast allgemeinen Anschauung vom Synergismus von Thyreoidea und
Thymus geht Verf. von der Annahme aus, daß der Thymus u. a. auch
beim Morb. Basedow. antitoxisch wirkt. Es zeigte sich nun, daß Thymus-
tabletten die Jodschädigung völlig koupieren und die Fortsetzung der Jod-
medikation erst ermöglichen. Demgegenüber ist Thymus allein unwirksam.
Die kombinierte Jod-Thymustherapie beseitigt in erster Linie die kardio-
vaskulären Symptome. Nach allem muß die Thymushyperplasie beim
Morb. Basedow. als Abwehrreaktion aufgefaßt werden.
Den diagnostischen Wert der Applikation von Tuberkulinsalben-
präparaten (Ektebin und Dermotubin) prüfte F. Melion (Wien). Mit
Dermotubin wurden deutlichere Resultate als mit Ektebin erzielt. Die
Salbeneinreibung und die Impfung nach Pirquot sind gleichwertig in
diagnostischer Hinsicht. Munoke.
Aus der neuesten französischen Literatur,
An der Hand von 4 Fällen führen Widal und Abrami die engen
Beziehungen vor Augen, die u. U. zwischen Asthma und Hyperthyreoidismus
‚bestehen. Es handelte sich um 4 Frauen in mittlerem Alter, bei denen
sich auf dem Boden eines Basedow schwere, lang andauernde, der üblichen
Medikation trotzende Anfälle einstellten ohne die üblichen Ursachen. Bei
einer waren in den Vereinigten Staaten 147 Kutireaktionen auf Proteine
usw. bewerkstelligt worden, um das Agens nicht zu finden. Allen vieren
gemeinsam war die Intensität der Anfälle vor und während der Regel.
Das Asthma entwickelte sich gleichzeitig und parallel mit dem Basedow,
der aber vorausging. Das ätiologische Moment unterscheidet sie von den
anaphylaktischen Anfällen. Der Mechanismus ist nicht klar: Es scheint
sich um eine Gleichgewichtsstörung des vegetativen Nervensystems Zu handeln
infolge Störung der inneren Drüsen. Radiobehandlung der Thyreoidea hat
sehr befriedigende Resultate ergeben. (Pr. med. 1924, 14.)
Nach Vignes begünstigt die Schwangerschaft eine akute Appendi-
zifis nicht, denn sonst müßte sie da sehr häufig sein und primär, was
recht selten ist. Sehr wahrscheinlich hat sie aber einen üblen Einfluß auf
frühere Krisen, deren Rückfälle dann besonders schwer auftreten. Diagnose:
oft recht schwer, Pyelonephritis, Nierenkolik, drohender Abort, Chole-
zystitis, Jumboabdominale Neuralgien. McBurney fällt später aus; manche
Frauen klagten über Uterusschmerzen: er fühlt sich hart an, der Mund
ist aber keineswegs dilatiert. Bewegung des rechten Beines löst oft
Schmerzen im Uterus aus. Muskelresistenz und Hautbyperästhesie können
Recht schwere Formen brauchen keine Puls-
beschleunigung hervorzurufen. Schmerzhafte Verstopfung mit Fieber oder
abnorm rebellisches, nicht stillbares Erbrechen legen den Gedanken daran
nahe. Immer rektal untersuchen. Die abdominale Entleerung nach der
Geburt kann jahreaite Herde mobil machen und zu fatalen Peritonitiden
fübren. Es gibt drei trügerische Zeichen für eine Appendizitis post partum:
schneidende Uterusschmerzen, die die Aufmerksamkeit vom Appendix weg
aufs Peritoneum lenken, die vollkommen feuchte Zunge, abor trockene
Lippen, der infolge der Geburt weiche Bauch. (Journ. des Prat. 1924, 17.)
Sergent hält es praktisch für wichtig, zwischen einer trockenen
Pleuritis und einer Kortikopleuritis zu unterscheiden, welch letztere nament-
lich bei der fibrinösen Form die oberflächlichen Teile der Lunge mit affiziert,
und man hat außer den pleuritischen Symptomen pneumonisches Sputum,
Rasseln, Dämpfung, Bronchialatmen. Wichtigste Lokalisation: die Spitze.
Spontaner Schmerz ist häufig, oft auch bei Perkussion oder Druck. Am
häufigsten in der Mitte zwischen Akromion und 7. Zervikal- oder 1. Dorsal-
wirbeldorn. Oft ist auch Druck auf die Supraklavikulargrube schmerzhaft,
Charakteristisch ist Mydriasis im Beginn, Miosis später. Eine vergrößerte
ymphdrüse unmittelbar binter der Klavikula am äußeren Kopfnickerrand
deutet auf eine Affektion der Spitze. Das Spitzensyndrom, Druckschmerz,
Adenitis, Anisokorie kommt auch bei anderen als tuberkulösen Ent-
zündungen vor.
drüsen gewöhnlich vergrößert, (Paris med. 1924, 3.)
Die Lösung des Problems der Serotherapie bei der Tuberkulose ist
mehr klinisch als bakteriologisch. Der Zustand des Kranken ist der Leit-
punkt: Es ist ein Nonsens, eine organische oder gar eine destruktive
Läsion mit Serum behandeln zu wollen. Und insofern ist das Problem
zuch ein solches der Diagnostik. Lediglich die bazillären Fluxionen sind
der Methode zugänglich; Fieber und eine regelmäßige Kurve mit schwachen
Oszillationen charakterisieren sie. Man versichere sich zunächst der Ab-
Manie von Kavernen, dem unwiderleglichen Zeichen der Verkäsung.
pusset stellt 5 Katogerien auf: das bazilläre Invasionsfieber, uneigentlich
yphobazillose von Landouzy genannt; Polyserositis, kongestive Lungen- .
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
,
Bei Pleuropneumonie der Interlobarfissur sind die Achsel-
herde, Hämoptoiker, Pneumoniker, Splenopneumoniker; in diesen 3 Kategorien
ist der Erfolg mit Serum die Regel, Mißerfolg die Ausnahme. Sodann die
Schübe bei einfachen Tuberkulosen: unregelmäßiger ephemerer Erfolg.
Endlich: die nekrotisierenden Tuberkulosen; bier ist Serum unnütz und
schädlich. Die kindlichen Tuberkulosen gehören zu den ersten Kategorien
und geben sehr gute Erfolge. (Pr. med. 1924, 53.)
' Buizard betont die Wichtigkeit des Lendenschmerzes bei der Diagnose
der Cholezystitis, namentlich der chronischen, der praktisch viel zu wenig
Wert beigelegt wird. Der Kranke klagt immer über seine Nieren. In
der Nacht hindert ihn der Schmerz, sich im Bett umzuwenden. Es können
Schmerzparoxysmen auftreten 3—4 Stunden nach der Mahlzeit oder im
Verlauf eines akuten Schubes der Cholezystitis. Der Schmerz sitzt rechts
“in den Sakrolumbalmuskeln, die mehr oder weniger kontrahiert sind,
gewöhnlich an einem der beiden folgenden Punkte, 3—5 cm lang: ent-
weder in der äußeren Mitte der Muskelmasse, unterhalb der Rippen oder
am häufigsten in: derselben Längslinie, 1—2 fingerbreit über der Crista
ilii. Der typische Blasenschmerz, der bei tiefer Einatmung oder Palpation
entsteht, provoziert oder vermehrt auch diesen rechten Lendenschmerz, und
Klinisch .
wenn dieser Schmerz nachläßt, verschwindet auch letzterer.
können 3 Fälle vorkommen; Die Cholezystitis wird leicht erkannt; der
Lendenschmerz ist vorhanden oder nicht.
Lendenschmerzen und digestive Störungen, ohne die beiderseitigen Be-
ziehungen zu erkennen, insbesondere ihren gemeinsamen Ursprung. Oder
der Lendenschmerz kann prädominieren. Dies kann zu großen Irrtümern
führen. (Pr. med. 1924, 53.) | cz
Lemierre und Levesque schreiben über die klinische Bedeutung
der Aszitesflüssigkeit, zytologisch, Eiweißgehalt (Verdünnung der Peri-
tonealflüssigkeit 1:10 und Bestimmung mit Esbach), Fibringehalt: der
Aszites der alkoholischen Zirrhosen ist in der Regel ein Transsudat: Eiweiß
über 12 g, kein Fibrin, einige Endothelzellen. Jede Abweichung von dieser
Formel bedeutet eine Anomalie oder Komplikation. Polynukleose: akute,
pyogene Peritonitis. Lymphozytose: selten bei Tuberkulose, die bei der
Laennecschen Zirrhose wenig häufig ist, dagegen geradezu fatal im Verlauf
der malignen Zirrhosen. Ist Folge einer Perihepatitis oder Perisplenitis.
Im Verlauf der Laennecschen Zirrhose sind diese leicht; sind sie aber
schwer, mit Schmerz, subfebril: Syphilis. Aszites bei Anasarka: eigentlich
nur bei Kompensationsstörungen, halbentzündlich, sehr fibrinhaltig, spontan
koaguliorend, zahlreiche Lymphozyten, Albuminose zwischen '18 und 35 g.
In manchen Fällen sind entzündliche Läsionen der serösen Häute die
Ursachen für die subkutanen Ödeme, die nach der Punktion des Aszites
in die Peritonsalhöhle zurückströmen. Aszites bei Peritonitis und Karzinom
des Peritoneums: Eiweiß 40 g und mehr. Fibrin: bei Karzinom wie bei
Tuberkulose. Zytodiagnostik: beim Karzinom eine Mischung von Lympho-
zyten und Epithelien; bei Tuberkulose reine Lymphozytose mit einzelnen
Epithelzellen (keine Anhäufungen) und Makrophagen. 100 —200 im Gesichts-
feld. Im allgemeinen: bei 12 g Eiweiß Prädominanz der mechanischen
Wirkung; bei 40 g und darüber entzündliche Ursache. Bei 16—35 g Eiweiß
handelt es sich sicher um eine gemischte Ursache, Kompensationsstörung,
Syphilis. (Gaz. des höp., Paris 1924, 41.) Ä
Über die semiologische Bedeutung der mäßigen arteriellen Hyper-
tensionen schreibt Gallavardin: Es gibt 2 Typen, einmal die abuormen
Spannungstypen, bei denen das Verhältnis zwischen beiden Drucken alteriert
ist. Die diastolischen Hypertensionen sind dekapitierte Hypertensionen;
man findet. sie bei gewissen subakuten Nephritiden mit frühzeitiger Schädi-
gung des Herzens, bei gewissen Schwächezuständen und latent mit und
ohne Galopp, jeder funktionellen Störung vorausgehend. Kommen nament-
lich bei Aorteninsuffizienzen vor. Dann die normalen Spannungstypen,
wobei die beiden Drucke in richtigem Verhältnis stehen. Hier gibt es
3 Gruppen von Kranken. Einmal die schwer Kranken: ‘gewisse Kompen-
sationsstörungen im Verlaufe von Klappenfehlern, Aortitis, Angina pectoris,
große arhythmische Herzen, schwere hypertrophische Kardiopathien, schwere
chronische Nephritiden. Dann leicht Kranke mit geringer Hypertension,
die Schwindel, wiederholtes Nasenbluten und Atemnot zum Arzt führt.
Oder, abgesehen von dem Vorstadium progressiver Hypertension, besonders
die Hypertensionen der Sympathiker, deren Charakteristikum eben das
mittlere Stadium ist, Basedow, Tachykardien und gewisse juvenile Hyper-
tensionen. Endlich eine 3. Gruppe, anscheinend Gesunde, essentielle
Formen unbekannten Ursprunges, progressive, stationäre und regressive
Formen, letztere besonders bei behandelten Syphilitikern. (Journ. med.
franç. 1924, 3.)
Roux: Die Diät bei erschöpften Dyspeptikern. Es gibt zahlreiche
Dyspeptiker, im allgemeinen gutartig affiziert, aber doch allmählich ihre
Nahrungsaufnahme reduzierend und (deshalb einen beunruhigenden Er-
schöpfungszustand aufweisend. Vom Moment der Nahrungsreduktion ab
rapides Verschwinden des Appetits und Verschlimmerung -des Zustandes, `
besonders noch durch unzweckmäßige Medikation. Oft, besonders bei
1801
Oder man, behändelt getrennt
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1302 `
Neuropathen, . ist es die Furcht vor dem Unbehagen nach dem, Essen, die
zur Reduktion der Nahrung führt: Appetitverminderung, trockene Zunge, |:
geringe Speichelmengen, dadurch Verminderung des Geschmacks, Atonie, .
Dilatation ‘und Senkung des Magens. Gewöhnlich‘ Konstipation. Leber
klein, Urin arm an Harnstoff und Chloriden. . Bei jungen Mädchen zessiert
oft dle Regel.. Hier bilft nur eine genügende Nahrungszufubr, und der
Arzt muß deshalb zugleich Koch, Arzt und Psycholog sein. Gewöhnlich ver-
-brauchen diese Kranken 1200— 1000 Kalorien; sie müssen aber 2500—3000
haben. Manchmal ist dies einfach, weil der Appetit und der Geschmack
versagen. Reine Milchdiät, dicke. Suppen, Butter, Zwieback, viel Stärke-
mehl:. Man muß sich hier daran erinnern, daß der Organismus zur. Mast
nur 60°/, des aufgenommenen Eiweißes, 90°/, der aufgenommenen Kohle-
hydrate und 100°/, der Fette benützt. Wichtig dabei: 4 Mahlzeiten am’.
Tage, der Magen muß morgens nüchtern leer. sein.
‚sitorien oder Öleinläufe. Gegen etwaige Schmerzen warme Kompressen,
Alkalien. Besonders wichtig ist der psychische Einfluß des Arztes, deshalb
Isolierung in einer geeigneten Anstalt. Manchmal kommt Sondenernährung
in Frage.
. ist. die. Aussicht allerdings düster. (Paris med. 1924, 14.)
An der Hand eines Falles bespricht Cassaet die klassische Form
der blutigen Bronchitis Castellanis: Blutiger Auswurf, voll von Spiro- |
chäten, zeitweise reichlich, ohne Veränderung "des Allgemeinzustandes, fast-
ohne physikalische Erscheinungen, Der Auswurf ist flüssig, transparent
= und von Johannisbeerröte, es handelt sich nicht um eine Hämoptysie,
sondern um eine Hämoglobinoptysic: Man findet nur wenige rote Blut-
körperchen und diese in rapider Auflösung. Auch die anderen zellulären
Bestandteile des Sputums unterliegen dieser Iytischen Wirkung. Auch die
' Spirochäten befinden sich in rapider Lyse. Auch fusiforme Bazillen spielen
. eine Rolle dabei:
scheinen sie die Ursache der Schübe zu sein, die ` graues mukopurulentes
Sputum produzieren. Behandlung: Neosalvarsan, Wismut und lokal trächeo-
bronchiale Injektionen mit Ammoniak. (Gaz. hebd. sc. méd., Bordeaux 1924, 15.)
Petit berichtet von einem Ulkus mit Enterorrhagie bei einem jungen
Mädchen im ersten Stadium der Lungentuberkulose, bei dem 4 ernste
Enterorrhägien mit Schmerzen am McBurney. auftraten. Operation: Appendix
voll mit Blut, ‘eine wie mit dem Locheisen geschlagene Ulzeration : am
adbärenten Teil, ohne Riesenzellen, ganz analog dem einfachen Magenulkus,
beim Tierversuch negativ. (Pr. méd. 1924,46.)
Die Dyspepsie bei Lithiasis ist nach Ramond so häufig, daß man
eigentlich bei jedem Dyspeptiker daran denken muß. 2 Fälle sind- möglich:
reine Lithiasis mit ihren typischen Symptomen oder häufiger die ver-
schleierte Form ohne Charakteristika. Und gerade die Lithiasis täuscht
meist Magenkrankheiten vor. Hier sind’ gerade die sog. kleinen Zeichen
der biliären Dyspepsie wichtig, die in ihrer Summe die Didgnose sichern.
Während beim gewöhnlichen Dyspeptiker die Entwicklung sich allmählich
bis zum. Höhepunkt vollzieht mit Appetitverlust, Schweregefühl usw. und `
dieses Bild bleibt, kommt der Schmerz beim Gallensteinkranken plötzlich,
krampfähnlich, bald früh, bald spät.
hunger. Hungerschmerz ist nicht nur für das Duodenalulkus, sondern auch
‘für Lithiasis und Magenulkus typisch. Dann ist die Aörophagie charakte- |
ristisch und ein dem des Alkoholikers ähnlicher Vomitus intermittierend,
schleimig, bitter, bald morgens, bald postprandial.
immer wie bei der chronischen Appendizitis morgens;
nach reichlicher Mahlzeit, nach Gehen, Fahren.
Vasomotorisch:
oft nachmittags,
Mit oder ohne Erbrechen.
sofort näch dem Essen fast Kongestion . und Schwere des
Kopfes, Schläfrigkeit, manchmal Ohrensausen. Meist ist zwar Verstopfung
das Gegebene, es kommen aber gleich oder bald nach dem Essen charakte-
ristische Diarrhoen mit Krämpfen selbst im Magen vor. Ausgesprochener
Lithiasis.” Hier ist zunächst ein thorakoabdominales Gürtelgefühl’zu nennen,
kurz nach dem Essen, besonders rechts. Dies kann sich bis zu einer
Angina steigern. Ferner ein trockener Husten, der, wenn bei einer in-
fektiösen Lithiasis Fiober und Abmagerung besteht, sogar eine Tuberkulose
vortäuschen kann. Dann das respiratorische Phänomen: Verminderung des
Atemgeräusches in der hinteren Axillarlinie unter dem Schulterblatt; was
stets auf eine Reizung des Gallenbaumes. deutet und die Lithiasis oft vom
Ulcus duodeni unterscheiden läßt. Ferner Kopfschmerzen, Schwindel,
Asthenie und Abmagerung, was nun auch in das Bild der chronischen
Appendizitis paßt. ‘Nicht selten kommen beide zusammen vor. Jedoch
treten diese Erscheinungen bei der Lithiasis mehr abends, bei der Appendi-
zitis morgens auf. Endlich sind häufige Schübe von Urtikaria, Pruritus,
Akne, Seborrhoe typisch. Palpation: Die Gallenblase kann auch reflektorisch
empfindlich sein bei Ulkus, Appendizitis, Enterokolitis, Adnexerkrankungen,
Konstipation.
charakteristischen, ausstrahlenden Schmerz (Brustwarze, Herz, Rippen,
Rücken, linkes Hypochondrium) kommen. SS mód. 1924, 49.)
- 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
Kopfschmerzen und Blendungen.:
Bei Verstopfung Suppo- `
Bei manchen Geisteskranken, besonders bei den Schizophrenen, -
Je nach den verschiedenen Phasen weniger zahlreich
Sein Appetit ist intakt, oft Heiß- -
Die Nausea ist nicht
' ralisierende Behandlung mit Adrenalin.
als diese dyspeptischen Symptome sind. die kleinen. Zeichen von seiten der |
Ist die Gallenblase zu palpieren, so kann es zu einem
1. September i
Leri: Nach Verletzungen. des Schädels und des Gehirns kann es
zu Depression, Lähmung, Hemianopsie oder zu Erregungsphänomenen
kommen. Diese treten gewöhnlich später auf und sind. symptomatisch für
oberflächlichere Läsionen: es sind: dies entweder epileptische Krisen oder
Diese . verschiedenen Phänomene sind
nicht oft vereinigt, weil die epileptischen Krisen besonders auf die temporo-
parietalen Verletzungen folgen, während -das subjektive Symptom, Blen-
dungen und Kopfschmerzen, besonders den frontalen und okzipitalen eigen
ist. Diese Blendungen sind übrigens je nach dem frontalen oder- okzipi-
talen Sitz der Verletzung verschieden; im letzteren Falle sind sie von.Ge-
sichtsphänomenen begleitet, ` Phosphenen, Drehungserscheinungen, Ver-
dunkelung des Gesichtsfeldes, verwaschenen Konturen. usw. Komitiale
Krisen begleiten oft okzipitale, selbst streng lokalisierte Läsionen und
typisch ist dann oft die Verbindung mit Gesichtsphänomenen, die als Aura
vorausgehen: Phosphene, Farbenerscheinungen, selbst Halluzinationen, aber
ohne - wirkliche psychische Störungen. In ‚manchen Fällen nehmen diese
visuellen: Erscheinungen den Charakter von Äquivalenten an. In anderen
Fällen ist der epileptische Charakter dieser abnormen Gesichtsempfindungen
nur durch das brüske Auftreten, die Flüchtigkeit, die intellektuelle Ver-
dunkelung und die nachfolgende. Ermüdung. gegeben. Solche ` Gesichts-
störungen finden sich immer bei okzipitalen. Läsionen, aber auch. dann,
wenn die Verwundung fern ‘vom Okziput sitzt, nur in der Tiefe bis dorthin
reicht und bei Klinischen Läsionen der okzipitalen Rinde, z. B. syphili-
tischer Meningitis oder Otitis. (Pr. med. 1924, 49.)
Kehlkopfkomplikationen bei Grippe kommen nach Segura folgende
vor: die gutartigen, katarrhalischen und kongestiven Laryngitiden mit Rötung
der Stimmbänder ohne Ödem. oder sonstigen Erscheinungen auf der Schleim-
haut. Dann die infiltro-Ödematösen und spasmodischen Formen:. Röte und
Ödem des Vestibulum, mit mattweißen Stimmbändern, der Schmerzen und
des Spasmus wegen wenig beweglich, infolge Reizung des Laryngeus
superior namentlich bei Frauen, wobei eine nasale Obstruüktion oder die
Kälte mitauslöst. Dann die phlegmonösen Formen mit Infiltration, ‚mul-
tipler Abszeßbildung, schweren infektiösen Phänomenen: Am Anfang oder
Ende einer Grippe kann sie gut-. oder bösartig sein. Brüsker Anfang mit
schmerzhafter Konstriktion, heftigem Schmerz beim Schlucken und Sprechen
Respirationsstörungen bis zur Aspbyxie. Schleimhaut weinrot, Ödem der
Epiglottis. Endlich die nekrotisierenden Formen, diphtheritisch mit ähn-
‚lichen Mandelentzündungen vorher; üble Prognose. Behandlung verschieden.
Balsamische Räucherungen, Instillationen, Intubation bei Krämpfen, Tracheo-
. tomie, Vakziriation usw. (Monogr. oto- rhin. -laryng. internat., Paris 1923, 2.)
An der Hand eines Falles führt Heitz-Boyer aus, wie. wichtig
‚selbst eine leichte Urinretention bei der Beckenappendizitis als Beweis
einer .Poritonealreizung ist: es handelte sich um einen Kranken, der von
seiten der Harnorgane vorher keine Erscheinungen aufwies, plötzlich einen
lebhaften Schmerz an der Peniswurzel bekam mit Urinretention, befriedi-
‚gender Allgemeinzustand, kaum gespannter Unterleib, und — wichtig. —
rektale Untersuchung völlig negativ. Man muß also bei jeder Urinretention
eins Appendizitis mit in den Kreis der Betrachtung ziehen. (Pr. méd. 1924, 50.)
BE Über Asthenie schreibt Lyon: Manche Kliniker verallgemeinern den
Zusammenhang zwischen funktioneller Insuffizienz der Nebennieren. Aber
gewisse Individuen werden ermüdet geboren und bleiben so ihr Leben lang.
Bei dieser Heredität muß man aber nach Syphilis, Tuberkulose u. a. dys:
krasischen Faktoren suchen, die den nervösen Boden und damit Drüsen:
störungen schaffen. Persönlich spielen Infektionen, .. Intoxikationen; Diabetes
eine Rolle. Ferner die begleitenden organischen und funktionellen Stö-
rungen. Danach hat sich die Behandlung zu richten. Bei den erschöpften
Nervösen: hygienische Vorschriften P, As. Bei den Tuberkulösen: remine-
Bei rein nervösen Asthenikern:
Stryehnin. Ist Syphilis, Arteriosklerose, Anämie, Leukämie, . endokrine
. Störung, Banti Schuld, kausale Therapie. Viele sind auch Ptotiker. Bett-
. ruhe, Realimentation, abdominale Gymnastik, Bandagen. (Bull. méd. 1924, 19.)
Der normale maximale Durchmesser der Aorta ascendens beträgt
‚ bis zu 8 Jahren 1 cm, 1,3 om bis zu 14 Jahren nach Beretervide. Jede
: Vermehrung dieses Durchmessers bedeutet ein sehr wichtiges untrügliches
: Zeichen der kongenitalen Syphilis, selbst bei einem anscheinend gesunden
Kinde, das sofortige spezifische Behandlung erfordert. (Arch. med. des
: onfants 1924, 5.)
Peyrot hat eine Epidemie. der Castellanischen Bronchitis (broneho- A
. pulmonäre Spirochätose oder Fusospirillose) beobachtet: Kontagiosität: wie
: die der Grippe.. Prognose quoad vitam gut, aber trotzdem nicht zu ver-
nachlässigen, weil rebellisch und infolge hinzukommender anderer Infek-
tionen unter Umständen langdauernd. Sehr polymorph.. Auftreten Yon
: Blut im. Sputum oft erst spät. Diagnose: Mikroskop. Inkubation 2—5 Tage.
' Kontagiosität in den Perioden großer Kälte erhöht. Hämoptyse namentlich
Ä im Beginn sehr variabel und inkonstant. As hat versagt. Wichtig: Isolie
i TUDE, Antisepsis des Rhinopharynx der AERESRUDE: (Marseille med, 1924, 9.) |
Su a Kae
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14. September
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Abadie injiziert, um die Ursache einer Sehnervenatrophio zu er-
kennen, Gefäßkrampf oder Erkrankung der Papille, hinten in die Orbita
Img Atropin. Im ersteren Falle tritt eine halbe Stunde nach der Injektion
Vergrößerung des Sehfeldes und Vermehrung der Sehschärfe auf, im letz-
teren Falle bleibt die Injektion ohne Wirkung. Auch bei der tabischen
Sehnervenatrophie hat er hierdurch Besserung erzielt. (Pr. med. 1924, 32.)
| v. Schnizer.
Therapeutische Notizen.
Innere Medizin.
Die Reizkörpertherapie bei Gelenksrheumatismus behandeltE.Maliva
(Baden) zusammenfassend. Er macht darauf aufmerksam, daß der Kern-
punkt in der Dosierung gelegen ist. Als Arzneimittel bevorzugt er reines
Kasein oder Yatrenkasein. Die Herdreaktion dient als Gradmesser der
Dosierung und die Allgemeinreaktion ist nach Möglichkeit zu vermeiden,
Schwefelbehandlung empfiehlt sich nur in den- einer anderen Therapie
trotzenden Fällen, da die Allgemeinreaktion ziemlich hoch ist. — Man gibt
Kasein 0,25—0,5 subkutan oder intramuskulär und verdoppelt für die fol-
. genden Injektionen je nach der Reaktion bis 2—5 ccm. Geeignet sind in
erster Linie alle an der Synovia beginnenden, infektiösen Formen, während
klimakterische und besonders primär chronische, rein degenerative Formen
schlecht reagieren. Verf. macht darauf aufmerksam,.daß die andere sonst
geübte Therapie der chronischen Arthritiden nicht unter der Proteinkörper-
therapie leiden darf. (W.m.W. 1924, Nr. 33.) Ä
Die medikamentöse Therapie der Gelenkserkrankungen bespricht
A.Luger. Für die akute Polyarthritis kommt in erster Linie die Salizyl-
therapie (Natr. salicylic. 5,0-8,0—10,0 pro die) in Frage, obwohl eine
spezifische Wirkung, insbesondere auf die Herzkomplikationen abgelehnt
werden muß. Bewährt hat sich die Kombination mit Milchinjektionen
(10,0 cem) auf der Höhe der Salizylüberschwemmung, auch bei chronischen
bzw. rezidivierenden Formen. Bei schlechter Verträglichkeit per os emp-
fehlt sich Einlauf mit etwas Opium oder intravenöse Injektion von 17,5 "iger
Lösung. Chronische Gelenkserkrankungen reagieren mitunter gut auf Jod,
`- besonders die Kalkgicht in Kombination mit T. colchie. Auch Arsenkuren
bewähren sich in alten Fällen, schließlich bei ankylosierenden Prozessen
auch Fibrolysin. Äußerlich steht ebenfalls die Salizylanwendung an erster
Stelle, daneben Jod und Sap. viridis. Gicht wird im Anfall am besten mit
Kolchicum behandelt, in anfallfreier Zeit auch mit Salizyl und ferner mit
Atophan, das die Harnsäureausscheidung vermehrt, in intermittierender
Form (1—4 wöchentliche Intervalle, 2-3g an 2 Tagen).” Die Gichtniere
und die harnsaure Diathese bilden’ eine Kontraindikation gegen Atophan.
Schließlich ist bei thyreogenen und klimakterischen Arthritiden die Organo-
therapie von Nutzen. (W.m.W. 1924, Nr. 29/30.) Muncke.
Atophanyl (Schering), in Ampullen zu 5 cem im Handel, bestehend
aus 0,5 g Atophannatrium, 0,5 g Natrium salicylicum, 0,008 g Novokain
(zur Schmerzlosigkeit bei intraglutäaler Anwendung), empfiehlt Bernhard
Sundermann (Berlin-Schöneberg). Indiziert ist es bei gichtischen (hier
wirkt es auf den Purinstoffwechsel) und rheumatischen Erkrankungen.
Betont wird besonders die ausgezeichnete Wirkung bei Neuralgien ver-
. Schiedener Art und bei Lumbago. Die intravenöse Injektion ist aller-
dings dabei Voraussetzung, wie man sich überhaupt zur intraglutäalen
Injektion nur entschließen soll, wenn die intravenöse kontraindiziert ist
(Vitium cordis, hochgradige Sklerose der Gefäße, Asthma bronchiale).
(D.m.W. 1924, Nr. 29.) |
Paul Ostermaier (München) empfiehlt das Gichtmittel Alysin,
end aus Pflanzensäuren (Zitronen-, Apfel-, Weinsäure) bei chronischer
Arthritis urica (nach 6—8wöchigem Gebrauch Heilung oder nahezu
Heilung), bei rheumatischen Affektionen (Neuralgien) mit Harn-
s&urediathese (in einem Falle, wo seit 20 Jahren Kopfschmerzen be-
standen, besserten sich diese schon nach 2wöchigem Gebrauch). (M.m.W.
1924, Nr. 29.) | F. Bruck.
Die bisherigen Erfahrungen über Corydalon und sein Anwendungs-
gebiet seben Schwab und Zwicker (Frankfurt a. M.) bekannt. Corydalon
st ein von der Firma Goedecke & Co. hergestelltes Kombinationspräparat
n Tablettenform von 0,5 g, dessen wirksame Bestandteile Phenacetin 0,8,
ofiein, natr. benz, 0,2 und Extr. Bolladonnae 0,01 sind. Die Gesichts-
Punkte, die zu dieser Kombination geführt baben, sind folgende: Phenacetin
lst als Schmerzlinderndes und zugleich beruhigendes Mittel gedacht. Es
stellt einen der wirksamsten Abkömmlinge der Paraamidophenolreihe dar
und hat seinem Vorläufer, dem Antifebrin, eine erheblichere Ungiftigkeit
"raus. Vom Koffein ist die bekannte zentrale und Herzwirkung beab-
besteh
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
sichtigt, während die Belladonna krampflösende und sedative Wirkungen
entfalten soll. Verff. wandten das Mittel bisher in 50 Fällen von. Herz-
neurosen aller Grade mit und ohne Angina pectoris, ferner auch bei der
Präsklerose und Atherosklerose an. Die Beschwerden der Patienten wurden
in fast allen Fällen wenigstens bedeutend gemildert, meist beseitigt.
Die Wirkung war schon in wenigen Tagen festzustellen. Bei besonders
starken nervösen Beschwerden wurde. Tet. valerian. zur Unterstützung mit-
gegeben. Bei Fällen von Angina pectoris vera mit gleichzeitiger Aortitis
luetica blieb. das Mittel wirkungslos. Die Dosierung ist anfangs fortlaufend
3mal täglich 1—2 Tabletten, später nur noch beim Auftreten der Be-
schwerden 1—2mal täglich bis zum völligen Verschwinden der Erschei-
nungen. Nebenerscheinungen nach Einnahme des Präparates wurden niemals
beobachtet. ` (Ther. d. Gegenw., Juni 1924.)
Die Behandlung der Cholezystitis (Cholelithiasis) und Cholangitis
mit Choleval-Merck empfiehlt Rudolf Decker (München). Das in der
Gronorrhoetherapie verwendete Choleval ist ein kolloidales Silberpräparat
mit gallensaurem Natrium als Schutzkolloid. Es enthält 10°/, Silber und
kommt in den Handel in Röhrchen zu 0,1 und 0,2 Choleval. Die Dosis
wird vor dem Gebrauch in 10 cem destillierten Wassers gelöst. Durch
intravenöse Injektion von 10 ccm dieser 1°/,igen (bei schwerem Kolik-
anfall 2°%/,igen) Cholevallösung gelingt .es in sehr vielen Fällen, die Ent-
zündung der Gallenblase und der Gallengänge prompt zur Heilung zu
bringen und dadurch eine Operation überflüssig zu machen. Im allgemeinen
empfehlen sich 4—5 Injektionen im Abstand von 2 Tagen. Über Dauer-
erfolge läßt sich zurzeit noch nichts Bestimmtes sagen. (M.m.W. 1924, Nr. 29.)
F. Bruck.
W. Löffler (Zürich) prüfte das von der Firma Sandoz in. Basel
hergestellte Bellafolin, ein gutes Extractum belladonnae, das im Gegensatz
zu der sonst beobachteten Minderwertigkeit von: Belladonnaextrakten eine
zuverlässige Dosierung gestattet. Verabreicht wird es in Tabletten, Tropfen
oder subkutan. Bei Cholelithiasis bewährte sich besonders eine Kombi-
nation mit Papaverin. Im asihmatischen Anfall ist 1 mg Bellafolin immer
von günstiger Wirkung. (Schweiz. med. Wschr. 1924, Nr. 29.) 'Muncke.
Potzetakis hat die Wirkung des Kalizumchlorürs in intravenösen
Injektionen (Dosis nicht angegeben, also die üblichen) geprüft und seine
kardiotonische Bedeutung sichergestellt: Vermehrung des systolischen
„Druckes und der Systole, ‚Verlangsamung des Rhythmus. Bei völliger
Arhythmie bewirkt es normalen Rhythmus und Verschwinden der begleiten-
den Phänomene, Dyspnoe, Angst, Palpitationen. Es steht in diesen Fällen
neben der Digitalis. (Pr. méd. 1924. 49.) v. Schnizer.
Hautkrankheiten.
Die Mikrosporie, Trichophytie und den Favus des behaarten Kopfes
behandelt Kurt Stordeur (München) erfolgreich mit Epilation des ganzen
Kopfhaares und nachfolgender 10°%/,iger Chrysarobinsalbe. Die Epilation
geschieht durch Röntgenstrahlen in einer Sitzung. Der Haarausfall
erfolgte prompt nach 3 Wochen (selten mußte nochmals epiliert werden).
Während der. Epilationszeit werden festsitzende Kappen aus schwarzem
leichtem Stoff getragen. Dann -beginnt die eigentliche Behandlung mit
Chrysarobin. Hierbei wird allabendlich der ganze Kopf dick bestrichen
und eingebunden. (Der Verband muß an der Stirn fest abschließen, damit
keine Augenreizung auftritt.) Morgens wird der Kopf mit Vaseline oder
Öl von der Chrysarobinsalbe befreit und bleibt tagsüber trocken. So wird
der Kopf 14 Tage behandelt. Er nimmt in dieser Zeit eine rotbraune
Farbe an. Wird über starkes Brennen geklagt, so setze man 1 oder
2 Nächte die Therapie aus. (M.m.W. 1924, Nr. 29.) F. Bruck.
` ÜberdieBehandlung der Gonorrhoe mit Reargon berichtet K.Klinkert
(Wien), daß es sich gut zu Abortivkuren abwechselnd mit anderen Anti-
gonorrhoieis eignet. Eine Behandlung allein mit Reargon ist nicht emp-
fehlenswert. Eine Sonderstellung kommt dem Mittel nicht zu. (W.kLW.
1924, Nr. 25.) o 2
Ebenso glaubt G. Kohn (Wien) nicht, daß mit dem Reargon eine
nennenswerte Wandlung der Gonorrhoebehandlung eingetreten sei. Es ist
nicht wesentlich . besser als die anderen Gonorrhoepräparate, und im Ge-
brauch umständlich, teuer und bietet keine Gewähr gegen Komplikationen,
(W.kl.W. 1924, Nr. 28.) Mineke-
Allgemeine Therapie.
Die Gemeinsame Deutsche Arzneimittelkommission hät,
wie Rudolf Schmidt (Prag) berichtet, folgende unspezifische Protein-
körperpräparate zur Anwendung in der allgemeinen Praxis emp-
fohlen: sterile Milch, Normalsorum, Aolan, Caseosan, Phlogetan, Novoprotin.
Davon zur kassenärztlichen Verordnung: sterile Milch, Normalserum.
(M.m.W. 1924, Nr. 27.) i F. Bruck.
1303
Tarnogrocki (Pölitz). `
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Bei der Morphiumentziehung hat. man, worauf O. Wuth (München)
hinweist, erfolgreiche Versuche mit intravenöser Infusion von Cholin ge-
macht, Cholin ist der Antagonist des Thyreoidea-Adrenal-Systems. Bei
fahren der Anwendung der Antioxygene (Phenole, Guajacol, Creosot und
ähnl.) bei Tuberkulose: der Verbrennungsprozeß beim Tuberkulösen ist
nicht beschleunigt, sondern wie die Urinuntersuchungen beweisen, verlang-
samt, also kommt gerade die entgegengesetzte Therapie in Frage. (Pr.
méd. 1924, 51.) V. Schnizer.
ja
1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
Oito Seifert (Würzburg), Die Neb enwirkungen der modernen Arznei-
mittel. 2. Auf. 4278S. Leipzig 1923, Curt Kabitzsch.
Kenntnis -dieser Dinge zu kritischem Handeln angehalten. Bei jedem Mittel
. werden zuerst Wirkung und Dosierung, danach die Nebenwirkungen, immer
‘mit genauer Literaturangabe, beschrieben. Das Buch ist bei der heutigen
_ unübersehbaren Menge neu in den Handel kommender Arzneimittel als
zuverlässiger Ratgeber ein Bedürfnis. Der Aufzählung der einzelnen
14. September
amenn
been, An Stelle der früheren Gruppeneinteilung ist die din kabetische
ee vorherrschenden Sympathikusreizerscheinungen muß man es natürlich ver- ‚Reihenfolge gesetzt worden, die ein rascheres Aufsuchen der Mittel erlaubt.
en meiden, den Sympatbikus weiter zu stimulieren oder den Vagotonus herab- | S. hat das seit der ersten Auflage hinzugekommene, sehr umfangreiche
log zusetzen, darf also nicht Adrenalin und Atropin geben; umgekehrt wird | literarische Material mit größter Vollständigkeit bearbeitet. Der Arzt ist N
Alt | man bei gesteigertem Vagotonus von diesen beiden Mitteln mehr erwarten | durch die fleißige, sehr mühsame Arbeit des Verfassers in der Lage, über Eur
ja i Linie können als vom Cholin. (M.m.W. 1924, Nr. 27.) F. Bruck. alle Mittel, die er zur Anwendung ziehen will, sich schnell ein Urteil über `` p
eh Gray | $ TER D ; . ihre Nebenwirkungen und Gefahren zu bilden, und wird durch die bessere | Ein
N Be Pissavy und Monceaux lenken die Aufmerksamkeit auf die Ge-
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Arzneimittel folgt ein Verzeichnis der Namen der Mittel und der a
ein Sach- und ein Autorenregister. W.Zinn (Berlin).
ö Lezer, Die freien Transplantationen. I. Teil m. 658 S. und 410 Abb.
ii; Bücherbesprechungen. | -im Text. Stuttgart 1924, Ferd. Enke. Geh. 30,—, geb. 35,—.
Von dem großangelegten Werke Lexers, das eine Zierde der deutschen
Chirurgie ist, liegt der Il. Band vor. Lexer selbst hat die Verpflanzung
von Knochen und’ Gelenken, Rehn und Ruef haben die Knorpeltrans-
plantationen, Rehn die Verpflanzung der Sehnen und der Faszien und der
Kutis, Eden die Transplantationen der Nerven, Rohde die Transplantation
.vom Bauchfeli und Lexer die Verpflanzung ganzer Gliedmaßen und Ge-
websabschnitte bearbeitet. Die gesamte Literatur ist berücksichtigt. Eine
Fülle von guten Abbildungen ergänzt die klare, anschaulich geschriebene
kritische Darstellung und überall sind die umfangreichen Erfahrungen der
Lexerschen Klinik, welche die freien Transplantationen seit langen Jahren
systematisch bearbeitet, zugrunde gelegt. Alles in allem ein hervorragendes
“Werk, dem in der Weltliteratur nichts Ebenbürtiges an ‚die Seite gestellt
werden kann. O. Nordmann (Berlin).
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- Abderhalden, Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Abt.IV.
| Tejl 5, 2. Hälfte, Heft 1. 142 S. Kneise, Technik der Blasenspiegel-
untersuchung und der Nierenfunktionsprüfung. 141 S. mit
34 Abb. u. 1 farb. Tafel. Berlin und Wien 2 Urban & Schwarzenberg.
un M. 5,55 geh.
In dem Buche sind die Theorie der Zystoskopie, das Instrumentarium,
die Technik der Zystoskopie, Harnleiterkatheterismus und funktionelle .
Nierendiagnostik ganz genau beschrieben, wobei sowohl die historische Ent-
wicklung, als auch die bis jetzt erreichten Ergebnisse berücksichtigt sind.
Auch über das, sonstige Instrumentarium, die Asepsis, Antisepsis ist alles
in klarer, übersichtlicher und vor allem wirklich objektiver Weise ge-
'schildert. Unter Berücksichtigung und mit genauer Kenntnis der ganz
beträchtlichen Literatur sind die einzelnen Funktionsprüfungen der Nieren .
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| Bürger, Pathologisch- -physiologische Propädeutik. Mit 27 Abb
N aufgezählt. Die großen Erfahrungen des Verf. sind in Fachkreisen längst Berlin 1924, Julius Springer. . Geh. 12,—, geb. 13,—
HS, bekannt; zum Schlusse des Buches gibt Verf. eine ganz kurze Übersicht
Es ist das Bestreben dieses Werkes, dem en Mediziner ; zu
einem tiefergehenderen Verständnis bei der Verarbeitung der vielen neuen
klinischen Eindrücke zu verhelfen. Um dies zu erreichen, ist mit glück-
-‚lichem Instinkt bei der Darstellung von der vorhandenen Grundlage der
normalen Physiologie ausgegangen, und so ‚zumeist eine gute Brücke zu
den verwickelteren pathologischen Verhältnissen geschlagen. Daß der Verí.
' über die von ihm geübte praktische Durchführung einer funktionellen Unter-
suchung und betont, daß die Nierenfunktionsprüfungen uns weit vorwärts
gebracht haben, wenn uns auch gerade die physiologisch weniger fundierten
und weniger exakt gebrauchten Methoden dazu geführt haben und gerade
diese die größten praktischen Erfolge aufzuweisen haben.
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Im ganzen ein
auch für den Fachmann sehr lesenswertes und lehrreiches Buch mit guten
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Das Werk bringt eine Fülle von neuen Daten, wodurch such die
Zahl der Abbildungen erheblich vermehrt wurde. Die Autoren können.
sich überall in dem Werk auf die reichen Erfahrungen, die sie in langer
' Tätigkeit in den Tropen erworben haben, berufen. Dadurch gewinnt die
Darstellung den Vorteil der Frische, und man hat es nicht mit einem
Buche zu tun, dessen Inhalt, wie bei so manchen Büchern, von ‚anderen
einfach abgeschrieben ist.
Es wäre unmöglich, eine größere Fülle Material klarer er verständ-
licher in kurzem Raume zu bringen, als es die Autoren hier verstanden
haben.
In den fast 400 Seiten umfassenden allgemeinen Teil ist sehr vieles
aus der 1. Auflage übernommen worden. Hinzugefügt‘ ist unter zahlreichen
anderen Ergänzungen ein Abschnitt über die striären Syndrome und die
mit ihnen einhergehenden psychischen Veränderungen. Eine völlige Um-
' gestaltung hat der spezielle Teil erfahren.. Die Einteilung der‘ Psychosen
und ihre Gruppierung zeigt vielfache Änderungen. So werden die endogenen
und reäktiven Gemütskrankheiten unter der manisch-depressiven Kon-
stitution zusammengefaßt und den psychopathischen Anlagen und Reaktionen
zugeordnet, diesen werden auch die paranoischen Anlagen und Entwick-.
Jungen. (Querulantenwahn usw.) angegliedert. Die parahoiden Prozesse
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Ja e DANEAS] hierbei verwickelte, aber noch unsichere Theorien zugunsten einer möglichst
ae EEY Abbildungen, gutem Druck und Papier. ' Paschkis. klaren, wenn auch vielleicht nur behelfsmäßigen_ Vorstellung hat in den
Be | j rankhei 109 T Hintergrund treten lassen, ist sicherlich ein großer Vorzug dieser Propädeutik
5 a ar a re München 1924, TER a = nd sie gibt damit, ihrem Untertitel nepfechenn, wirklich eine Tinführung
E De eb. GM. 48, = os ee Geh. GM. 45,—, | jn die pathologische Physiologie. Hans Meyer (Berlin-Wilmersdorf).
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ee rl Verf. hat seine 1919 erschienene Diagnostik der Geisteskrankheiten A, een m Eee nn of Tropical Medicine.
Ur Lehrbuch der Psychiatrie umgearbeitet. Der Umfang des Buch ox
eh le ist dabei | : j P A N Infolge der äußeren Verhält habe ich erst heute d y ügen
a BR: ist dabei von 657 auf 1176 Seiten angewachsen. Als Motiv für die Um- nioig eren Verhältnisse babe ich erst heute das Vergnügen,
ART: Be | gestaltung führt Verf. an, daß der heutige Stand unserer Kenntnisse die über ja 3. Auflage des bekannten Werkes von Castellani und Chalmers
en nn Il | Diagnose der Geisteskrankheiten .für sich zu behandeln nicht mehr erlaube. | 7Y referieren.
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Mit der Einteilung der Trypanosomen kann ich mich nicht ganz
A Ta e (Paraphrenie, Dementia phantastica) werden als selbständige Formen neben | einverstanden erklären. Z. B. müßte das Genus Duttonella, wenn die
SET SET TE die schizophrenen Krankheitsprozesse gestellt. Sehr zu begrüßen ist. die | Prinzipien der Autoren zugrunde gelegt worden, richtiger Ziemannella heißen,
EN a i bisher in keinem Lehrbuch zu findende ausführliche Berücksichtigung der | da Ziemann àls erster die biologischen Figentümlichkeiten dieser Gruppe
| ee | ‚pathologischen Anatomie der Psychosen. Klarfeld gibt auf 140 Seiten | gegenüber dem Trypanosoma Brucei erwähnt hat.
K ~ ` eine eingehende, wenn auch nicht vollständige Darstellung der anatomischen
Befunde und veranschaulicht sie durch 152 recht gute Abbildungen. Das
neue Lehrbuch gibt in leicht faßlicher Darstellung einen guten Überblick
über den heutigen Stand unseres psychiatrischen Wissens. Für den
Studierenden und den in der allgemeinen Praxis stehenden Arzt ist das
Werk zu breit angelegt, dem angehenden Spezialisten und Anstaltsarzt
Hz eg kann es aber als sehr geeignetes Lebrbuch empfohlen werden.
, Henneberg.
Auch die Einteilung des Schwarzwasserfiebers in 3 Arten läßt sich
unmöglich aufrecht erhalten. |
Nähere Ausführungen würden zu weit führen. Abgesehen von diesen
kleinen Ausstellungen ist das Werk für den Praktiker geradezu vorzüglich
brauchbar, auch wegen seiner außerordentlich klaren und schönen Ab-
bildungen. Die wichtigste Literatur dürfte angegeben sein. Den Schluß
des Werkes bildet die ausgezeichnete Darstellung Castellanis über die
tropischen Hautkrankheiten. Hans Ziemann.
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14. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
1305
Kongreß- und Vereins-Berichte.
Freiburg i. Br.
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 8. Juli 1924.
Vor der Tagesordnung demonstriert Kahler einen 8jährigen Knaben
mit einer Otitis externa, die durch Übertragung von Vakziaepusteln nach
Pockenimpfung entstanden war. Die Diagnose wurde durch Impfung auf
die Kaninchenkornea gesichert. |
= Koch: Über Pleuritis und Pneumothorax. Demonstration von photo-
graphischen Aufnahmen von Thoraxdurchschnitten bei Pleuritis und Pneumo-
thorax. Die besonderen topographischen Verhältnisse, mit denen die klini-
schen Befunde gut übereinstimmen, werden auf diese Weise sehr anschau-
lich gemacht. E l
Anders: a) Über die Tumoren des Sympathikus, Die verschiedenen
Gewebe des menschlichen und tierischen Körpers haben eing verschiedene
Fähigkeit, aus sich heraus einen autonomen Wachstumsexzeß hervorzu-
bringen. Das Nervensystem gibt nur selten den Mutterboden für eine
echte Geschwulst ab. Das gilt sowohl für das eigentliche Parenchym, die
Nervenzelle und die Nervenfaser, wie für die Stützsubstanz, die Glia. Bei
den sich vom Sympathikus ableitenden Geschwülsten liegen prinzipiell die
gleichen Verhältnisse vor wie bei der Histogenese und Histologie der Gliome.
Ia der Universitäts-Kinderklinik kam ein Fall von Sympathikustumor zur
Beobachtung. Es handelte sich um ein ungefähr einjähriges Mädchen, das
auf der linken Halsseite ober- und unterbalb des Schlüsselbeins und in
der linken Achselhöhle große knollige, leicht verschiebliche Tumoren auf-
vies, die sich weiter durch-die obere Brustepertur in den Thoraxraum ver-
folgen ließen. Auf Grund des Röntgenbildes, sowie des neurologischen
Befundes wurde die Diagnose auf einen intrathorakalen Tumor gestellt, der
durch die Foramina intervertebralia des 8. bis 12. Brustwirbels in den
Wirbelkanal bineingewachsen war und hier das Rückenmark komprimierte.
Die Sektion ergab eine Geschwulst, die von der Gegend des linken Hals-
sympatbikus bzw. vom Ganglion cervicale inferius ihren Ausgang genommen
haben dürfte. Von hier aus ist die Geschwulst raumverdrängend durch
die obere Thoraxapertur in die linke Pleurshöhle hineingewachsen, wodurch
die linke Lunge hochgradig nach hinten und unten verdrängt und kom-
primiert wurde. Nirgends wurde ein infiltrierend-destruierendes Wachstum
des Tumors festgestellt. Ebenso waren keine Metastasen nachzuweisen.
Der Tumor war durch die Foramina intervertebralia der oberen Halswirbel
in den Wirbelkanal hineingewachsen und verdrängte, extradural sitzend,
das Rückenmark. Die mikroskopische Untersuchung ergab ein sogenanntes
Sympathikoblastom, das aus marklosen Nervenfasern und eingestreuten
Ganglienzellnestern aufgebaut war. Derartige Sympathikustumoren leiten
sieh mit auffallender Regelmäßigkeit vom linken Grenzstrang bzw. seinen
Ganglien ab.
X b) Demonstration von Doppelmißbildungen. Es werden im Dia-
positiv je ein Holoakardius vom Menschen und vom Rind demonstriert.
Besprechung der Zirkulationsverhältnisse und der einzelnen Teile des rudi-
mentären Verdauungstraktus des Akardius. Weiterhin Demonstration eines
Epignathus. -
Brandt: Über experimentell erzeugte Verdoppelung der Glied-
maßen bei Tritonlarven. Wenn mau im Schwanzknospenstadium von
Triton Extremitätenknospen ortho- oder heterotopisch transplantiert, so
erhält man aus dieser einheitlichen Knospe in der Mehrzahl der Fälle
3 eine einheitliche Extremität, sondern Verdoppelungen. Eine solche
re ann ist stets spiegelbildlich, d. h. um den radialen Rand der
Fa gruppiert. Sie betrifft meist die Hand allein oder Hand und
Heidenn während der Humerus einheitlich bleibt. Entsprechend der
a o Adenomerentheorie, nach der eine Adenomere als ge-
Ka System durch Spaltung aus sich wiederum eine Tochter-
ee entstehen läßt, bildet eine Gliedmaßenknospe durch Spaltung
kom ne emp Gliedmaße. Nicht die Einzelzelle, sondern der Anlage-
m ex als solcher teilt sich. So reiht sich die Entstehung einer Doppel-
g den normalen Vorgängen bei der Synthese der Organe an.
| H. Koenigsfeld.
N Heidelberg.
alurhistorisch-medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 8. Juli 1924.
György. Über den Lipoidquotienten im Säuglingsbluf. Unter dem
Li . > i . °
„‚peidquotienten wird das Verhältnis von Cholesterio zu den Lezithin-
mi phosphorhaltigen Lipoiden verstanden. Das Nabelschnurblut ist
ki eine starke Lipoidarmut (sowohl an Cholesterin als an Lezithin) und
im niedrigen Quotienten ausgezeichnet. Sofort nach der Geburt
ie
Menge der Gesamtlipoide zu, der Wert für den Quotienten bleibt
gegen unverändert. Am Ende des 2. Lebensmonats erhöht.sich dann der
Wert des Quotienten sprungartig. Diese Erhöhung wird mit dem gleich-
zeitig zu beobachtenden Sprung in der Senkungsgeschwindigkeit in Bo-
ziehung gebracht. .
Sitzung vom 22. Juli 1924.
v. Öttingen und Höpke. Pseudohermaphroditismus masculinus
externus..
v. Öttingen berichtet über eine 20jährige Patientin, die in die
Klinik geschickt wurde, weil die Periode noch nicht aufgetroten war und
auch das Benehmen der Patientin auf abnorme Verhältnisse schließen ließ.
Bei der Untersuchung stellte sich heraus, daß es sich um einen typischen
Fall von Pseudohermaphroditismus masculinus externus handelt. Das Becken
ist leer, in den großen Labien finden ‚sich beiderseits bewegliche Hoden.
Eine Scheide fehlt. Die Harnröhre, die weitgehende Hypospadie aufweist
und die abnorm verlängerte Klitoris täuschen ein weibliches Genitalo vor.
Ein Hoden wird exstirpiert. Der Patient bittet im Laufe der Behandlung
spontan darum, als Mann weiter leben zu dürfen, da er besonders in
sexueller Beziehung unter seinem Leben als Frau leidet. Die Umstellung
zum Mann erfolgt in der Anstalt.
Höpke berichtet, daß der exstirpierte Hoden in Form und Größe
vollständig einem normalen entspricht. Spermatozoen wurden nicht ge-
funden, das Interstitium ist nicht gewuchert. Das Genitale entspricht
einem männlichen, das in sehr früher Entwicklungsstufe in seiner Weiter-
bildung gehemmt wurde. Eine genaue anthropologische Messung des ganzen
Körpers ergibt, daß neben rein männlichen auch rein weibliche Merkmale
vorhanden sind, neben solchen, die nicht eindeutig sind. Das Fehlen reifer
Geschlechtszellen hat diesen Hermaphroditismussomaticus verursacht,
Das psychische Verhalten dürfte eine Folge falscher Erziehung sein. Th.
Leipzig.
Medizinische Gesellschaft.. Sitzung vom 15. Juli 1924.
Seyfarth: Primäre Lungen- (Bronchial-) Karzinome in Leipzig.
Lungenkarzinome sind in Leipzig, wie in ganz Sachsen von jeher häufig
gewesen. 1900—1924 wurden in Leipzig 307 Fälle (258 Männer, 49 Frauen)
obduziert. Im ersten Halbjahr 1924 haben Lungenkarzinome auffallend
zugenommen. Sie wurden in 15,5% aller Sezierten gefunden. Es wird
‚auf klinisch wichtige Formen, vor allem auf die sehr häufigen Gehirn- und
Knochen- (besonders Wirbel-) Metastasen hingewiesen. Eine angeborene.
| Anlage zur Geschwulstbildung scheint bei den Lungenkarzinomen keine
Rolle zu spielen. Tuberkulose. und Syphilis der Lunge, Pneumonie und
kroupöse Erkrankungen lassen sich nach unseren Beobachtungen nicht in
ätiologischen Zusammenhang mit dem Lungenkarzinom bringen. Es ist
falsch, ätiologisch eine einheitliche Staubart (Metallstaub, Steinstaub,
Straßenstaub, Tabakteilchen) verantwortlich zu machen. Wahrscheinlich
kann das Einatmen der verschiedenartigsten Staubteilchen eine fortdauernde
mechanische oder chemische Schädigung der Bronchialschleimhaut verur-
sachen und so den Anreiz für die Karzinombildung schaffen. Fast aus-
schließlich werden Arbeiter und Handwerker befallen, verhältnismäßig häufig‘
Zigarrensortierer, Metallarbeiter, Schriftsetzer und Druckereiarbeiter.
Herzog spricht über den Verlauf der Alterstuberkulose im Jahre
1912—1924 nach den Obduktionsergebnissen des Pathologischen Instituts
der Universität Leipzig. Es werden Kurven demonstriert, welche die Todes-
fälle bei über Fünfzigjährigen zusammenstellen. Von Interesse ist der
gleichsinnige Verlauf der Männer- und Frauenkurve, der langsame Anstieg
beider in dem Jahre 1916—1918 und besonders der rasche Abfall nach
dem Kriege. Nachdem die Kurven im Jahre 1921 unter dem Durchschnitt
der Vorkriegszeit heruntergesunken sind, steigen sie im Jahre 1922/23
wieder auf. den Durchschnitt der Friedenszeit an. Die Kurven sind
natürlich abhängig von der Klientel des Krankenhauses. Trotzdem geben
die Kurven wahrscheinlich ein wahres allgemeines Bild von dem Verlauf
der Alterstuberkulose. Wenn die über Siebzigjährigen allein aufgenommen
werden, würden sich die Kurven nicht wesentlich ändern. Bei Einsetzung
der absoluten statt der prozentualen Zahlen würden die Kurven leichte
Abänderungen erfahren; die Bewegung in den Jahren 1918—1921 würde
jedoch, im gleichen Sinne vorhanden sein. Den Statistiken liegen durch-
schnittlich 90 Todesfälle von über Fünfzigjährigen im Quartal zur Verfügung.
Aussprache: Kruse macht darauf aufmerksam, daß der starken
Erhöhung der Sterblichkeit während der Hungerblockade nur ein ganz kurzer
und unbedeutender Abfall der Sterblichkeit‘ folgt. Es besteht also keine
Nachwirkung in dem Sinne, daß die Sterblichkeit durch das Absterben
wenig widerstandsfähiger Individuen längere Zeit verbessert ‚würde. Auch
sonst fehlen Beweise für dieso oft ausgesprochene Annahme,
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sonders an Händen und Fußrücken ausgeprägt ist.
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Herzog will auf Grund von 6 histologisch untersuehten Fällen von
` Gallertkrebs der Brustdrüse diese Tumorform mit den Billrothschen
(epithelialen) Zylindromen und den zylindromatösen Parotistumoren in eine
Geschwulstgruppe bringen und damit an die Basalzellkrebse anschließen.
Kleinschmidt faßt kurz seine experimentellen Untersuchungen
über Knochenregeneration am Kaninchen zusammen. Trotz bestehenden
Femurdefektes und trotz radikaler Beseitigung des Periostes, zugleich mit
einer dünnen Schicht des umgebenden Muskels und des Markes, entsteht -
nach etwa 13 Wochen im Röntgenbild nachweisbar ein den Defekt breit über-
brückender Kallus. Die Fragmentenden bleiben dabei vollkommen unbe-
Das Regenerat entwickelt sich schneller bei Tieren mit, erhaltener
'Epiphysenfuge und wird zu einer festen Knochenbrücke nur bei funktioneller
‚ Beanspruchung der Extremität.
Aussprache: Sonntag wendet ein, daß bei den vorgeführten
Experimenten die Entstehung des Kallus auch ohne Metaplasie möglich |
erscheine, und zwar teils: vom verbliebenen Periost der Stümpfe, teils von
den bei der Operation versprengten Periost- und Knochenresten in. der
Blut- und Gewebstrümmerstraße um die Schienenbrücke. Die gezeigten
‚Bilder mit der die Stümpfe überbrückenden Knochenleiste lassen sich. auf
diese Weise sehr gut erklären.
bei gewissen Fällen von Myositis ossificans und bei Knochenschüssen mit
Spangenbildung, weithin in den .Weichteilen.
Aßmann spricht über einen Fall von Bypophysentumor. 23 jähriger
Mann, Körperlänge 165 cm, Gewicht 55 kg. Als Kind normal entwickelt,
hatte etwa im 18. Lebensjahre geringfügige Entwickelung der Bart- und
Schamhaare, die aber später allmählich ausfielen. Seit dem 18. 'Lebens-
jahre Aufhören des Wachstums. Seit 2 Jahren‘ zunehmende allgemeine
Kraftlosigkeit, zeitweilig Kopfschmerzen, Abnahme der Sehkraft, deshalb
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wurde zuerst ein Augenarzt aufgesucht. Befund: Bitemporale Hemianopsie.
Sehkraft rechts ĉ/ıs, links-®e0. Bitemporale Abblassung der Sehnerven.
Sella tureica im Röntgenbilde hochgradig. ziemlich gleichmäßig, besonders
aber nach vorn hin erweitert. Dorsum sellae sehr schmal, steil nach oben
gerichtet, oberhalb des vorderen Sellaeinganges ein rundlicher Schatten-
fleck (Kalkherd?). Außer diesen deutlichen Zeichen eines Hypophysentumors
‘werden besonders folgende innersekretorische Störungen hervorgehoben:
l. allgemeine Entwicklungsstörungen.- Die Epipbysenfugen sind an den
untersuchten Knochen trotz des Alters von 23 Jahren noch großenteils
vollständig offen. 2. Genitale Störungen. Penis ist wenig entwickelt,
6 cm lang, Hoden klein, bohnengroß, liegen hoch in dem fast ganz zu-
sammengezogenen Skrotum. Pat. hat nur zeitweilig geringe Erektionen ge-
‘habt, jetzt kaum mehr, niemals Ejakulationen. Er hat sich niemals zum .
weiblichen Geschlecht hingezogen gefühlt. Sekundäre Geschlechtscharaktere:
Schamhaare sehr spärlich, nur am Skrotum, garnicht am -Mons veneris und
in den Achselhöhlen entwickelt. Barthaare feblten bei der Aufnahme
vollständig, sind aber zuletzt unter dem Einfluß einer Röntgenbestrahlung
ganz wenig hervorgekommen. Beckenform breit, erinnert an weiblichen.
Typus. Fettansatz an Nates und Mammae ein wenig stärker als gewöhn- |
lich, aber nicht in ausgesprochener Art einer Dystrophia adiposo- genitalis
(Typus Froehlich). 3. Myxödematöse Beschaffenheit der Haut, die be-
| Haut sehr trocken,
auch nach Pilokarpininjektion und Glühlichtbad nur geringe Schweißsekretion.
Eine Schwellung des Gesichts ist in mäßigem Grade vorhanden, war früher `
besonders um die Augen herum noch stärker ausgeprägt, so daß von ärzt-
licher Seite eine Nierenentzündung angenommen worden war, obwohl an-
geblich der Urin ganz normal gewesen sein soll. Die Schilddrüse ist nicht
füblbar. Es wird erörtert, auf welche der verschiedenen Partialfunktionen
‚der Hypophyse diese Störungen zu beziehen sind. Die unter 1. und 2. ge-
nannten allgemeinen und genitalen Entwickelungsstörungen werden auf
Funktionsausfall des Vorderlappens der Hypophyse bezogen, entsprechend.
apalogen experimentellen Erfahrungen nach Exstirpation des Hypophysen-
vorderlappens bei wachsenden Tieren. Bei den genitalen Störungen ist
hervorzuheben, daß nicht das ausgeprägte Bild einer Dystrophia adiposos-
genitalis vorhanden ist, welches nach neueren Forschungen meist auf eine
Störung der Sekretion der Pars intermedia oder ihres Sekrettransportes
durch den Infundibularstiel zum Zwischenbirn bezogen wird. Die genitalen
Störungen werden vielmebr hauptsächlich, wenn auch wahrscheinlich nicht
' ganz ausschließlich auf Funktionsstörungen des Hypophysenvorderlappens
bezogen. Die unter 3. genannte myxödematöse Beschaffenheit der Haut
wird nicht direkt durch die Hypophysenstörung, sondern auf dem Wege
über die Thyreoidea erklärt, die erst indirekt. durch Ausfall des Hypophysen-
vorderlappens rückgebildet und nicht zu fühlen ist. Es wird auf verschiedene
derartige Erfahrungen einer Beeinflussung der Tbyreoidea durch den
. Hypophysenvorderlappen und besonders auf neuere Versuche amerikanischer
Autoren (u. a. Gebrüder Smith) hingewiesen, die. bei Kaulquappen nach
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19%: — MEDIZINISCHE KLINIK — N.8T ©
Auch weist er hin auf analoge Verhältnisse
14. September
Zerstörung des each das Ausbleiben der Entwickelung
der Thyreoidea und sodann bei Fütterung mit Hypophysenvorderlappen-
substanz' den Eintritt der ‚Thyreoideaentwicklung beschrieben. haben, —
Von weiteren Befunden ist zu erwähnen: Blutzucker: normal (0,0969/o),
Kohlehydrattoleranz nicht, wie bei manchen anderen Fällen von Hypophysen-
tumor, erhöht. . Spezifisches Gewicht des Urins meist um 1005, bei Kon-
zentrationsversuchen bisher nur 1017 erreicht. Blutdruck nur 95 mm Hg.
Blut: L.5000, polynukt. Neutrophile54°/,, Ly. 210/9, E0. 50/9, Mon. u. Üb? 149,.—
Nach eingeleiteter Bestrahlung der Hypophysenregion von verschiedenen .
Feldern aus (im ‘ganzen bisher HED) haben die Kopfschmerzen völlig auf-
. gehört, die Sehkraft hat sich nach Angabe des Pat. gebessert, nach Befund
der Augenklinik. ist sie links von go auf gg emporgegangen, rechts nicht
verändert: Die bitemporale Hemianopsie besteht weiter. Die allgemeine
Mattigkeit ist völlig geschwunden, auch die myxödematöse Beschaffenheit
der Haut zeigt einen deutlichen Rückgang. Geringe Neuentwickelung der
Barthaare. ‘Blutbild: L. 6800, polynukl. Neutr. 67%/,, Ly. 22%, Eo. 29),
Mon. u. Üb. 90/,. Die Besserung der innersekretorischen Störungen wird.
auf Erholung noch vorhandener Hypophysenvorderlappensubstanz nach Rück-
gang des komprimierenden Tumors zurückgeführt. Die Bestrahlungen sollen
serienweise fortgesetzt werden.
Hueck: Über Arthritis deformans, besonders der Wirbelsäule, |
Vortragender schildert zunächst an Hand von Präparaten und Diapositiven
und auf Grund der bekannten Arbeiten von Weichselbaum, Beneke,
Pommer u.a. den augenblicklichen Stand ‘der pathologischen Anatomie `
der Arthritis deformans (A. d.). 'Darnach besteht das Wesentliche in
einer Umgestaltung der Gelenkfläche durch Kombination von Knorpelent-
artung und Knöochenneubildung infolge Wucherung der, subchondralen,
evtl. auch der periostalen Gefäße -und Gelenkkapselwucherungen. Ringebend
werden die Bilder von A. d. der Wirbelsäule besprochen, als deren Vorbild
die Altersveränderungen hingestellt werden. In Übereinstimmung mit den
‚ Untersuchungen Benekes und in Anlehnung an dessen überzeugende Aus-
führungen über die funktionelle Genese .der Veränderungen nimmt Vor-
tragender an, daß der im Verlaufe des Lebens erfolgende Umbau, der
Zwischenwirbelscheibe die Grundlage des Prozesses bildet. Diese Verän-
derungen sind wesensgleich mit den Altersveränderungen aller übrigen
mesenchymalen Gowebe. Sie bestehen in einer zunehmenden Fibrillisierung
der Grundsubstanz, . was für die Zwischenwirbelscheibe eine Art von Aus-
trocknung bedeutet, wenn man sie’ in funktioneller Hinsicht mit einem
Wasserkissen vergleicht. Je nach dem Grade der Abnutzung (wozu sowohl
"mechanische als auch chemische Momente gehören) schreitet dieser Prozeß
fort: auf. der- einen Seite bis zur völligen Verfestigung, evtl. Verkalkung
der interzellularen Substanz, auf der anderen Seite bis zur Defibrillierung,
Verfettung, Erweichung und Zerfall (evtl. mit nachfolgender: Verkalkung).
Stets verbinden sich damit Neubildungsvorgänge: Zellwucherung, Neubildung
von:Fibrillen usw. Der histologische Prozeß kann also durchaus mit der
Atherosklerose in Parallele gestellt werden. ‘Diese Veränderungen an der
Zwischenwirbeischeibe haben Veränderungen an den knöchernen Teilen und
dem Bandapparat der Wirbelsäule zur Folge. Die A.d. unterscheidet sich
nur durch quantitative Steigerung, d. h. also durch schnelleres Fortschreiten,
von den geschilderten Altersveränderungen; sie kann daher schon in früheren
‚ Lebensjahrzehnten auftreten. Ein ganz anderes Bild bietet sunala, die
i ankylosierende A.d. der Wirbelsäule.
v. Str ümpell demonstriert ein männliches Individuum mit ankylo-
sierender Arthritis der Wirbelsäule, der Arm- und Beingelenke, welches
dadurch vom besonderem’ Interesse ist, daß die Versteifung nach akuter
Polyarthritis im 25. Lebensjahre begonnen hat, Zunächst weitgebende
Besserung nach der Polyarthritis und erst 6 Jahre. später schubweises
Auftreten von stark schmerzhaften Versteifungen. Bemerkenwert ist, daß
bei dem jetzt 44jährigen Mann starke bräunliche Hautpigmentierungen ‚an
den Handrücken und im Gesicht bestehen, die: ja beim weiblichen Geschlecht
manche Autoren (Umber, Munk) auf Ovarialstörungen zurückgeführt
wissen wollen.
Huek zeigt die anatomischen Präparate, - die ‚grundlegend von
Eugen Fränkel geklärt worden sind. Es handelt sich um eine primäre
Verknöcherung der kleinen Wirbelgelenke, die progredient fast die ganze
Wirbelsäule - ergreift. (Die A. d. ist zunächst herdförmig.) In: fast allen
Fällen, die Vortragender zeigt, waren auch die Bänder der Wirbelsäule 7
verknöchert.
So eindrucksvoll die Unterschiede sind, wenn man die Unterschiede
als Ganzes betrachtet, so‘ gibt es doch am einzelnen Wirbel zahlreiche
- Übergangsbilder. Im Verlauf und bei hinreichend langer Dauer des anky:
. losierenden Leidens bilden sich an einzelnen Wirbeln unfehlbar die Zeichen
der Ald.:aus und umgekehrt gibt es A. d.-Fälle mit herdförmigen Gelenk
ankylosierungen und Bandverknöcherungen. Weigeldt.
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14. September _
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr, 37.
1307
Rundschau.
Sport als Heilmittel, das „Sportsanatorium“.
f Von Dr. Kirchberg, er
Lektor für Massage und Heilgymnastik an der Universität Berlin,
Dozent an der deutschen Hochschule für Leibesübungen.
Ein Sanatoriumsaufenthalt kann. zwei Aufgaben haben, einmal den
“kranken Menschen unter möglichst günstigen Allgemeinbedingungen soweit `
wie möglich zur Heilung zu bringen, als zweite ebenso wichtige Aufgabe
steht daneben die Erziehung zu einem möglichst gesundheitsfördernden und
‚erhaltenden Leben. Der Aufenthalt im Sanatorium soll dem einzelnen
zeigen, wie er leben soll, nicht nur um gesund zu werden und zu bleiben,
sondern er soll ihm auch zeigen, was er tun muß, um. auf die für ihn
größtmögliche Höhe seiner Leistungsfähigkeit in körperlicher Be-
siebung zu kommen. Dieser Aufgabe wird bisher von ärztlicher Seite nur
‚wenig genügt, der Grund dafür ist einfach genug: unsere ganze ärztliche
Erziehung geht ja nur darauf hinaus, Krankheiten zu heilen (ich sage ab-
‚sichtlich Krankheiten zu heilen, und nicht kranke Menschen zu heilen).
‘Wir lernen wohl Infektionskrankheiten 'verhüten, aber kaum, was wohl
mindestens ebenso wichtig wäre, Allgemeinkrankheiten, Stoffwechselkrank-
heiten, ein frühzeitiges Altern usw. verhüten. Was der wirklichen Aus-
bildung des menschlichen Körpers zu der unter gegebenen Verhältnissen
möglichst größten Leistungsfähigkeit verhilft, davon haben wir auf der
Universität bisher nichts gehört. Wir hören viel von Vererbung und Kon-
stitution, aber lernen nicht, eine (angeblich) vererbte ungünstige Konstitution
umzuändern (angeblich vererbt, sage ich, denn das, was wir nachher beim
heranwachsenden Kind als Konstitution- ansehen, ist wohl mindestens ebenso-
oft Folge ungünstiger Umgebungs- und Ernährungsverhältnisse — ungünstig
weil diesem Kind nicht richtig angepaßt — wie die Auswirkung ererbter
Die Frage, wie mache ich aus'einem Kind mit asthenischem
Typ einen körperlich vollwertigen Menschen, und die zweite sich aus der
ersten ohne weiteres ergebende Frage: wenn das überhaupt möglich ist, wie
lange und bis zu welchem Alter liegt die Möglichkeit dazu vor, sind doch
so wichtig, daß sie längst hätten zu .Preisaufgaben an unseren Universitäten
gemacht werden müssen; denn kann der Arzt das, so kann er auch andere
ungünstige sich im Kindesalter zeigende Typen umformen.
Das auffälligste Symptom beim asthenischen Typ, um auf dieses
Beispiel zurückzukommen, liegt in ungünstigen Verhältnissen zwischen
Längen-, Breiten- und Tiefenwachstum; der lange Thorax ist zu schmal
und zu flach und die in ihm eingeschlossenen und von seinen Größen-
verhältnissen in ihrer Arbeit abhängigen Organe — Herz und Lungen —
stehen unter ungünstigen Arbeitsverhältnissen.. Können wir alle anderen
ungünstigen Erscheinungen dieses Typ: die Schwäche des Bindegewebes
mit ihren Folgen, Senkungen der inneren Organe, Neigungen zu Plattfuß-
bildung usw., die Schwäche der Muskulatur, die sich vornehmlich funktionell
zeigt, die Widerstandslosigkeit der Haut und des Unterhautzellgewebes usw.
in ein Kausalverhältnis zu dieser ungünstigen Arbeit von Herz und Lungen
bringen, so ergibt sich als Forderung: Besserung der Arbeitsverhältnisse
von Herz und Lungen und die Schaffung der Möglichkeit dieser Besserung
urch Umformung des Thorax im Sinne einer Verbreiterung und Vertiefung.
. Das können wir erreichen durch Ausbildung; Gymnastik und Sport
geben uns diese Möglichkeit. Ich habe dieses eine Beispiel genommen, um
zu zeigen, wo wir mit unserem Umdenken einzusetzen haben. Höchste
körperliche Ausbildung ging zu allen Zeiten einher mit wirtschaftlichem
und künstlerischem Hochstand der betreffenden Völker, beides erscheint
untrennbar verbunden und ist es auch. Nicht nur die Blütezeit des
klassischen Heldentums, wenn diese auch am meisten, auch die anderer
Völker geben uns den Beweis dafür. Das haben wir: von unserer Schulzeit
her immer gewußt, aber wir haben es als Ärzte nicht ausgewertet, nicht
m die Praxis übertragen, sonst hätten doch alle Ärzte längst Turnen,
Gymnastik und Sport wissenschaftlich und praktisch betrieben und nicht
nur zur Gesunderhaltung der sich ihnen anvertrauenden Menschen verwerten
krankter oder nicht mehr ganz gesunder Menschen sich dieser Hilfsmittel
zu bedienen. Das, was den gesunden Menschen fördert, muß wohl auch
em nicht mehr ganz gesunden Menschen, natürlich entsprechend angepaßt,
heilsam sein. Wie ich die Ernährungsverhältnisse dem kranken Organismus
anpasse, so muß ich auch die Bewegungsverhältnisse anzupassen verstehen.
Gebe ich dem Kranken nichts zu essen, oder nur Sachen, die er nicht ver-
arbeiten kann, so stirbt er den Hungertod, aber wir wissen ebenso, daß
= bedeutet: Bewegung ist Leben, Rube Tod, und ärztliche Aufgabe ist
es, hier anzupassen und dem Patienten nicht nur so viel Bewegung zu
geben, daß er bzw. seine Organe eben am Leben bleiben, söndern daß sie,
öglich gefördert werden. Von unseren Muskeln her
kar wir, daß nur systematische Übung sie wirklich kräftigt. Roux’s
Paysiologisches Grundgesetz der funktionellen Anpassung: „die. stärkere
die allgemeinen Erfolge der Neumann-Neurodeschen Säu
Funktion ändert die qualitätive Beschaffenheit der Organe, indem sie die
spezifische - Leistungsfäbigkeit derselben erhöht“, gilt aber nicht nur für
die Muskulatur, sondern für alle Organsysteme, vornehmlich für das Zirku-
lations- und das Atmungssystem. Dr. Diem, der bekannte Sportlehrer,
hat für die Leistungsfäbigkeit von Herz und Lungen zusammenfassend den
sehr guten Ausdruck „Organkraft“ geprägt!): „Die Organkraft ist die Kraft
von Herz und Lunge. Hier sind wir am Quell des Lebens, am treibenden
Motor der ganzen Maschine, wo er versagt, bilden alle anderen Eigen-
schaften zusammen ein Nichts, wo dieser Motor dagegen kräftig arbeitet, .
‚sind alle anderen Eigenschaften leicht zu erwerben“. Die Kräftigung von
Herz und Lunge wird für uns immer die Hauptarbeit sein; sind sie wirklich
krank, so werden wir naturgemäß uns all der Mittel bedienen aus dem
gesamten Heilschatz, die das kranke Organ erfahrungsgemäß günstig be-
einflussen; sind sie aber nur schwach, weil bisher nicht genügend aus-
gebildet und geübt oder durch vorhergehende Krankheit oder unzweck-
mäßige Lebensweise geschwächt, so haben wir sie zu üben d. h. systematisch
zu kräftigen. |
Herz wie Lungen werden wirklich geübt nur durch kräftige Be-
anspruchung d. h. durch Körperleistungen, welche gleichzeitig einen möglichst
großen Anteil der Gesamtmuskelmasse des Körpers in Tätigkeit setzen und
. dadurch (d.h. durch die so bedingte Mehrforderung an Blut und Sauerstoff)
eine Steigerung des Blutumlaufs und Vertiefung der Atmung zur Folge
haben. Aber nicht die Gesamtleistung (z. B. stundenlanges Arbeiten) ist
für die Entwicklung der Herzkraft maßgebend, sondern in erster Linie die
Intensität, mit der die Leistung in einem bestimmten Zeitmaß gefordert
wird. Das Herz entwickelt sich, wie jeder andere Muskel, nur durch immer
wiederholte Beanspruchung, aber nur dann, wenn diese Beanspruchung so
stark ist, daß sie einen Wachstumreiz auslöst. Für die Kräftigung unent-
wickelter, ungeübter Herzen von Kindern oder solchen Menschen, die nie
größere körperlicheArbeit geleistet haben, erscheint dieses Verfahren ver-
hältnismäßig leicht erklärlich und’ einleuchtend?); schwieriger ist es sich
vorzustellen, wie ein Herz, das kaum imstande ist, seine Ruhearbeit in.
genügender Weise zu verrichten, auf Mehrarbeit günstig reagieren soll.
Die Erklärung liegt in dem Unterschied der Wirkung von schwächerer Be-
anspruchung, Dauerbeanspruchung und zeitweiliger stärkerer Beanspruchung:
schwächere Beanspruchungen wirken nicht als Reiz, die Körpermuskulatur
wie die des Herzens wird durch sie garnicht beeinflußt. Dauerbeanspruchung.
oder, was dasselbe ist, in gleicher Stärke oft wiederholte Beanspruchung
setzt, wie jeder Reiz, der mit gleicher Stärke andauernd wirkt, die Reiz-
barkeit herab, sie sinkt unter die Reizschwelle herab und hört damit auf,
ein Reiz zu sein®). Ist diese Dauerbeanspruchung oder oft wiederholte
Beanspruchung nun aber außerdem für das Herz (und in gleicher Weise
für die Muskulatur) in dem betreffenden Fall zu stark, so führt sie zu
Störungen, zu einem Versagen der Zu- und Abfuhr der Ernährungsstoffe
und der Abbauprodukte. In der Körpermuskulatur wirkt dieser Zustand
verengernd auf die Kapillargefäße ein, so daß schon dadurch allein die
Arbeit des Herzens erschwert wird, in der Herzmuskulatur können wir uns
den Vorgang wohl ähnlich vorstellen. So wirkt eine dauernde oder oft
wiederholte, uns mäßig vorkommende, aber für das betreffende. Herz zu
große Beanspruchung schädlich. Günstig kann aber hier oft noch wirken
kurze starke Beanspruchung, die das Herz für kurze Zeit unter
größerer Spannung, als vordem arbeiten läßt. Wie stark diese Arbeit sein
muß, um als Reiz in dem betreffenden Fall zu wirken, ist Sache der Be-
urteilung des mit den Grundideen der Gymnastik wirklich vertrauten Arztes.
Sportärzte und Sportlehrer haben erkannt, daß man z. B. einen Schwer-
athleten, einen Boxer usw. auf die höchstmögliche Leistungsfähigkeit des
Herzens nicht durch tägliches stundenlanges Üben bringt, sondern durch
1) C. Diem, Zur Neugestaltung der Körpererziehung. "Berlin 1923,
Weidmann. | | |
2) Damit ist aber nicht gesagt, daß es auch tatsächlich genügend
benützt wird, gerade bei Kindern haben wir noch viel zu große Angst, dem
Herzen wirkliche Reizarbeit zuzumuten. Gesunde Kinder tun das, Gott sei
Dank, unbewußt, indem sie bei ihren Spielen durch Austoben, wenn man
ihnen freie Hand läßt, sich selbst diesen für ihre Entwicklung unbedingt
nötigen Herzreiz verschaffen, darum bleiben die ängstlich von ibren Eltern
gehüteten und dauernd von Erziehern beobachteten Kinder, vor allem die
so ängstlich geschonten .Einzelkinder meist in der Allgemeinentwieklung
stark zurück. Aber gerade die schwächlichen Kinder, die herz- wie muskel-
schwachen, beides ist ja aus Gründen, die wit später kennen lernen werden,
meist gleichzeitig der Fall, bedürfen unbedingt einer systematischen Be-
einflussung durch genügend starke Reizarbeit, die allerdings, wenn sie Erfolg.
haben soll, genau dosiert und vor allem nach Zeit dosiert werden muß;
kurze, in genügend langen Zwischenräumen ausgeführte Körperarbeit, die
das Herz unter. größerer Spannung arbeiten läßt. Arbeitet man so, dann
sind die Erfolge meist aber auch überraschend gut, die sich beim Kind’
sehr bald in seinem ganzen Organismus und Wesen zeigen, ich führe z.B.
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nastik, die ausgezeichnet sind, allein auf diesen Faktor zurück.
8) W. G. Lange, Über funktionelle Anpassung. Herausgegeben von
W. Roux, Berlin 1917. Springer. = l
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Zeit, aber unter höchster Beanspruchung, ebenso lassen wir den kurzen
Schnelllauf nur $mal wöchentlich üben (übrigens die beste Herzkraftübung,
die es gibt). Wichtig ist also für die Anwendung herzkraftstärkender,
übender Kuren die Erzielung kurzer, aber genügend starker Reize. Was
ein genügend starker Reiz ist, wird natürlich in jedem einzelnen Fall ver-
schieden sein. Wesentlich für das kranke Herz ist die jedes-
malige Vorbereitung dazu: der Körper darf nicht kalt sein; die Zu-
sammenziehung der Gefäße im Unterhautzellgewebe stellt, wie die Enge
der Gefäße in der Muskulatur einen großen Widerstand dar für die Arbeit
der Entleerung des Herzens im Augenblick der geforderten Anstrengung.
Dem kranken oder schwachen Herzen muß zuvor die Arbeit des Aufpumpens
der Kapillargefäße abgenommen werden, das Herz darf nicht gegen starke
Widerstände arbeiten und muß sein Blut andererseits leicht aus dem
Venenreservoir der Bauchhöhle schöpfen können. -Das erste wird erreicht
durch Frottieren des ganzen Körpers oder Abreiben mit Franzbranntwein
sowie durch eine schnell durchgeführte, im warmen Raum vorgenommene
energische Ganzmassage, für die in jedem sich mit derartigen Kuren ab-
gebenden Sanatorium die geeigneten Hilfskräfte da sein müssen. Diese
Massage ist eine wesentliche Vorbedingung für den Erfolg dieser Kuren;
das zweite, die Erleichterung der Schöpfkraft des Herzens erzielen wir durch
den Gebrauch einer elastischen gutsitzenden Bauchbinde, die ich meine
Patienten sowohl, bei diesen vorbereitenden Kuren wie nachher bei Aus-
übung des Sports so lange tragen lasse, bis das Herz wirklich gekräftigt
ist, weiter durch Atmungsgymnastik usw. —
Die der Übung des Herzens, der Gymnastik bzw. der Sportbetätigung
vorhergehende Massage ist eine ganz ungemein wichtige, therapeutische
Maßnahme. Sie soll erreichen eine Erweiterung der Gefäße im Unterhaut-
zellgewebe, wie in der Muskulatur, gleichzeitig aber auch die dort lagernden
Ermüdungsstoffe wegschaffen. Den ersten Zweck erreicht die sogenannte
schwedische Massage, die in der Hauptsache in einer Entleerung der Blut-
und Lymphgefäße zentralwärts besteht, nur unvollkommen, für diesen Zweck
ist die Zabludowskische Methode mit ihren langen energischen’Reibungen
und kombinierten Griffen sehr viel geeigneter. Sie muß flott, mit leichter
Hand, doch energisch ausgeführt werden. Wir beginnen mit dem Rücken,
der größten uns zur Verfügung stehenden Körper- und Muskelfläche, deren
starke durch die so erzielte Gefäßerweiterung bewirkte Durchblutung be-
reits eine erhebliche Erleichterung der Herzarbeit bedeutet, die sich durch
Niedrigerwerden der Pulszahl, bei erböhtem Blutdruck durch Herabsetzung
desselben dokumentiert. Jeder massierte Körperteil ist sofort warm zuzu-
decken, am Schluß folgt eine kurze energische Abreibung mit Franzbrannt-
wein. Eine derartige Massage macht die darauf folgende körperliche Be-
tätigung, die Beanspruchung des Herzens, erheblich leichter, ohne daß die
beabsichtigte Wirkung, die Kräftigung des Herzens, dadurch irgendwie be-
einträchtigt wird, sie wird im Gegenteil dadurch verstärkt, daß das Herz
selbst auch besser durchblutet wird. Dies wird am besten erreicht durch
eine mit leichter, federnder Hand ausgeführte Herz-Klopfmassage und rhyth-
mische Kompressionen des ganzen Brustkorbes, die gleichzeitig auf die
Atmung (Elastischmachen des hier oft starren Thorax) einwirken. Massage
und Massage ist ein enormer Unterschied, gut ausgeführt ist die Massage
eine Wohltat, ja eine Freude für jeden Patienten, schlecht ausgeführt
nützt sie nicht nur nichts, sondern kann recht schädlich wirken.
Wenn möglich soll diese Massage in den frühen Morgenstunden, nach dem
ersten Frühstück, ausgeführt werden, ihr f
olgt im Sanatorium die Gymnastik,
am besten im Luftbad. |
Zu anderer Zeit, evtl.an jedem zweiten Tag abwechselnd mit dieser
Massage wird eine andere Ganzmassage vorgenommen, die der Fortschafiung
der Ablagerungsstoffe, dem Weichermachen der Gewebe dient. Die Mehr-
zahl dieser herzschwachen Patienten, namentlich die korpulenten, haben
starre, der Durchblutung starke Widerstände entgegen .‚sotzende Gewebe.
Die Haut ist hart, anscheinend mit der Unterlage verwachsen, schlecht
verschieblich, das Unterhautzellgewebe unelastisch, anscheinend mit kleinen
körnigen Bestandteilen, zum Teil mit Fett durchsetzt. Das Unterhautzeil-
gewebe ist aber meines Erachtens ein eminent lebenswichtiges Organ, in
dem sich jedenfalls bei richtiger Durchblutung und Durchströmung sehr
wesentliche Lebensfunktionen abspielen, die bei diesem Zustand stark be-
einträchtigt werden. Die Muskel- und Gelenke dieser Leute, nicht ge-
nügend benützt, haben ebenfalls ihre normale Beschaffenheit verloren, meist
sind sie ebenfalls starr, wenig elastisch; ihre Muskeln, namentlich an den
Übergangsstellen in die Sehnen sind hart und körnig; bei dicken Menschen
sind oft ganze Muskelgruppen, so am Oberschenkel, so fest und hart, daß
es schwer ist, die einzelnen Muskeln von einander abzugrenzen, Haut,
Unterhautzellgewebe, Muskulatur scheint zu einer einzigen harten Masse
zusammengebacken. Bei Frauen sind vornehmlich die Knie- und Fußge-
lenke verdickt, Fettpakete hängen an den Innenseiten der Kniegelenke,
die Fußgelenke zeigen die normalen Konturen nicht mehr, die Buchten
zwischen der Achillessehne, den Knöcheln und an der Vorderseite des
Fußes sind verstrichen und fühlen sich eigenartig schwammig, mit körnigen
Bestandteilen durchsetzt an. Da diese Leute in den Gelenken und Muskeln
Schmerzen haben, ist das oft der erste Anlaß, der sie wegen „chronischen
Rheumatismus® zum Arzte führt. Auch in der Bauchmuskulatur fühlt
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37. 14. September
seltenes, 2-3mal wöchentlich ausgeführtes Üben für jedesmal nur kurze
man häufig diese Veränderungen, die Gegend über der Leber ist hart ge-
spannt und empfindlich, die Bauchatmung durch diese Vorgänge erschwert,
oft, ‚namentlich bei Männern, ganz aufgehoben, wodurch sich .dann der
‘ folgenschwere Zustand des Zwerchfellhochstandes entwickelt. Aus allen
diesen Zuständen, die in verschiedenartiger Form vorgesellschaftet sein
können, entwickelt sich nun naturgemäß allmählich eine immer größere
Bewegungsträgheit und Lustlosigkeit. Die Schwäche des, Herzens und der
Zirkulation bedingt eine schlechte Versorgung der Bewegungsorgane mit
Blut, ‘die Härte der Bewegungsorgane macht die Bewegungen schmerzhaft,
der Mangel an Bewegung bei meist ‚gut erhaltenem Appetit führt zu Stof-
wechselrückständen, die sich nun wieder in den Geweben ablagern. Das
schließlich resultierende Krankheitsbild ist entweder der sogenannte chro-
. nische Rheumatismus oder die Herzmuskelschwäche mit all ihren Folgen,
je nach dem, was gerade bei dem einzelnen im Vordergrund steht.
Natürlich spielen andere Konstitutionsanomalien, ererbte Faktoren,
Schädigungen durch chronischen Genuß von Alkohol und Tabak, durch
Temperatureinflüsse bei allen diesen Leiden als mit auslösende oder ver-
schlimmernde Faktoren ebenfalls ihre Rolle, aber die Hauptursache in
vielen, wohl der Mehrzahl der Fälle möchte ich sehen in ererbter oder
durch Bewegungsmangel erworbener Kreislaufschwäche, mag diese wieder
' ihre Ursachen haben in einem ungenügenden Zustand des Herzens oder
der Gefäße.
Hier setzt die zweite Art der Ganzmassage ein: intensivo Bearbeitung
_ des Unterhautzellgewebes durch Friktionen mit den Fingerspitzen, Reibungen,
Knetungen der Gelenke, Friktionen der Sehnen und Gelenkbänder, Bauch-
. massage usw. Eine derartige Massage muß gründlich erlernt sein und sehr
intensiv ausgeführt werden, sie darf aber nicht weh tun. Sie wird, wie
gesagt, am besten an jedem zweiten Tag ausgeführt. Sie dauert etwa eine
‘ Stunde, wenn sie nur von einem Masseur ausgeführt wird, wird sie von
zwei oder mehreren zur selben Zeit ausgeführt, entsprechend weniger.
Ich lasse die Extremitätenmassage meist an allen vier Extremitäten gleich-
zeitig ausführen. Vier’ Masseure arbeiten in gleichem Takt und Rhythmus
und führen stets zur selben Zeit dieselben Handgriffe aus, dadurch wird
nicht nur die Zeit für die Massage erheblich herabgesetzt, sondern auch,
da die vier Handgriffe stets nur als ein Reiz zur Empfindung kommen, die
Reizung des Nervensystems erheblich gemindert. Meine Patienten empfinden
diese Art der Massage stets sehr bald als etwas sehr Wohltuendes. Die
Wirkung äußert sich anfangs als Ermüdung, der bald eine angenchme Er-
frischung folgt. Stets erfolgt eine erhebliche Vermehrung der Urinaus-
scheidung nach Menge und Gewicht (darüber bald an anderer Stelle).
Mit Hilfe dieser Massage, aber meines Erachtens auch nur durch
‚eine derartige Massage gelingt es sehr bald, die Spannungen und Verhär-
tungen in den Geweben zu beseitigen. So wird eine erleichterte Durch-
blutung der Muskeln und Gelenke, also eine bessere Ernährung derselben
ermöglicht, die Bewegungsfähigkeit und Freudigkeit erhöht, gleichzeitig
aber auch die Herzarbeit bedeutend erleichtert, da das Herz nun nicht
mehr bei körperlicher Arbeit die durch die beschriebenen Verhaltungen
zusammengedrückten kleinen Arterien und Kapillaren aufzupumpen braucht,
vielmehr diese bei bewußter Arbeit sich automatisch erweitern und sozi-
sagen das Blut vom Herzen heransaugen. (S. die Arbeiten von Ernst Weber.)
Eine besondere Berücksichtigung bei den hier in Frage kommenden
Krankheiten spielt der Fettbauch und die Fettsucht überhaupt,
beides meines Erachtens ebenso häufig Ursachen. einer Herzmuskelerkrankung
mit all ihren Folgen, wie Folge derselben. Die im Unterhautzellgewebe,
wie in der Bauchhöhle lagernden Fettmassen erschweren die Arbeit des
Herzens nicht nur dadurch, daß diese toten Massen (tot, wei
| an der Arbeit
für den Gesamtorganismus, die sonst alle Organe in irgend einer Form
zu leisten haben, nicht beteiligt) dauernd mitgeschleppt werden müssen,
sondern auch weil sie infolge ihrer derberen Konsistenz und mangelhaften
Elastizität die tätige Arbeit der in ihrer Nähe liegenden Organe (Unter-
hautzellgewebe, Muskulatur usw.) erschweren und die selbsttätige Arbeit
der Kapillargefäße durch ihren Druck beeinträchtigen. So führt jede irgen
erhebliche Fettmenge im Körper zu einer ganz bedeutenden Erschwe
der Zirkulation. Das Ziel der Behandlung muß sein, sie zu mindern, obne
den Gesamtorganismus durch eine zu starke Entziehung von Nahrungs
stoffen zu schädigen. Mit Massage und Schwitzbädern allein kann mal
natürlich keine Fettsucht beseitigen, aber die Massage spielt nach den
oben gegebenen Gesichtspunkten eine sebr wesentliche Rolle für die Mög-
lichmachung der unbedingt nötigen Steigerung der Körperbetätigung, ohne
dabei das Herz zu schädigen. Man wird mit den beiden oben beschriebene
Massagearten bei der Fettsucht den Erfolg haben, daß man dadurch eise
intensive Körperbetätigung ermöglicht, das A und O
der Fettbehandlung-
Meines Erachtens sind letzten Endes auch die auf Störungen der innere?
Sekretionen beruhenden Fettsuchtsfälle, die im allgemeinen viel selten%
sind, als man gewöhnlich annimmt, auf Zirkulationsstörungen |
führen, mindestens werden sie durch diese verschlimmert. Daß der pot
bauch die Atmung behindert und direkt und indirekt eben so die Ye
sorgung des rechten Herzens mit Blut wie den Blutabfluß aus dem linke
Herzen erschwert, dürfte allgemein bekannt sein,
achtet.
zurückzu‘
|
|
wird aber zu wenig De
Der durch den Fettbauch bewirkte Zwerchfellhochstand ist ED!
der Hauptursachen dafür und ist in erster Linie zu bekämpfen.
dafür; systematische Atmungsgymnastik, Druck- und Saugbehandlung des
rung |
> w Be Ze ab
14. September _ 3924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37. 3809 ER
ee Te ——— — NE
. Bauobes 4), onergische Bauchmassage. -. So erreicht man bald’ die Möglich- : Außenwitterung zuerst sehr ‚gut in einer angewärmten Halle tun, bis seine ` w Be Be pegle $ in
keit, mit aktiver Arbeit vorzugehen und zwar zunächst in unmittelbarem :| Haut wieder leistungsfähig geworden ist, energisches' Trockenfrottieren vor. : -> Ag fooar haee
| ‚Anschluß an, diemechanische Behandlung. ey .|.dem Luftbad wirkt ebenfalls in diesem Sino.. Das Luftbad'ist,. wenn irgend. Kal Au Fi db:
<| Auch das Emphysem ist dankbares Objekt für diese Behandlung ‚| möglich, bald auf mehrere Stunden auszudehuen, was dadurch zu erreichen ` Be En ill
E nd ebenso. Schwächezustände.. nach Infektionskrankh eiten, bei : ist, daß das Freiluftbad. nit seiner angewärmten Halle in. Verbindung steht, a i : ER Halle, | lid
i -dengn in systematischer Weise Ruhe und Arbeit abzuwechseln hat.. Zunächst | in der man sich bei dem Gefühl des Fröstelns wieder aufwärmt, even- -~ 0 ERPUURMN N. sa
} ‚wird. natürlich ‚hier die Ruhebehandlung ` vorwiegen. Die tägliche Ganz- | tuell für eine kürze Zeit lang in eine Deck& einwickelt. © 0 0 0 C 0o. ih EI EL
massage abwechselnd mit Bädern (hier empfehle ich die leider viel zu ver- Für das Sonnenbad sind die. Regela "bekannt genug, als dab. ich `. Pakiet Rn
ı >- nachlässigten kurzen heißen Bäder, natürlich unter genauer Kontrolle des | ‚sie hier noch einmal näher darstellen müßte, Jedenfälls sollte das Sonnenbad | Hoah aiT jH
| Herzens), wird der Eliminierung der -Toxine dienen, aber ebenso der durch | aber mehr als bisher — natürlich. unter genügendem: Schutz. des-Schädels — DREH Elan
í die erzwungene Ruhe hervorgerufenen Muskelschwäche und Atrophie ent: | als Schwitzbad benutzt werden, als kurzdauernde. energische Bewegung in -00 0 BRP i i E h
1 gegenarbeiten, bald schließen sich an’ die Massage täglich steigende Wider- | der Sonne bis zum Sohweißausbruch, der Schweiß schützt bekanntlich auch <: Käfnty el k r
i standsübungen an und schließlich folgt die aktive Körperarbeit. a gegen den Sonnenbrand. recht gut. Es ist ohne weiteres. einlẹuchtend, - EAEzEN W 1
N Aktive-Körperarbeit soll Sport sein. Bisher ist er in unseren | daß das durch Bewegung hervorgerufene Schwitzen ganz anders auf den. ‚ka Bar, kein
| ` Sanatorien aus den oben erwähnten Gründen arg vernachlässigt worden. | Körper wirkt, als das Schwitzen im Schwitzkasten -oder im Schwitzbett, a bi Bl Be
Y Das ‚Sportsanatorium ` soll -` den noch erholungs- und leistungsfähig zu | der so ausgeschiedene Schweiß ‚stammt doch zunächst nur aus den Haut- Br Er Eh a
~ mächenden Patienten zum. Sport ‘erziehen ‘und den Sport als Heilmittel Su en za ‚bei energischer Betätigung die Gelenke eu i piisi a AN DEHAN
| systematisch anwenden. Das erste Erfordernis dafür ist, daß der Arzt | vor allem die Bauchhöhle, unter ‚dauernde Druck- und Saugbewegung .. . #3 N aa,
: > DEREN an Fa . ar . gesetzt werden und. so ihr Flüssigkeitsinhalt energisch. gewechselt wird. Vorbei Alt
t sportlich“ und sportärztlich ausgebildet ist: zwei verschiedene Begriffe, | ° Das -Spörfsanathr; lb weiter die: Menschen dasu brinca sieh Sen. 3% Kardon
| ‚das ersto sagt. daß er sportlich und zwar auf möglichst verschiedenen | „ps: ae oi e d, meet a en a BED I en Ellen Aia
“ Sporfgebieten selbst tätig ist oder gewesen ist, um beurteilen zu können, En De = LANDE LUDESD AN HE sel s Au cobachten, und Te 8 RER i 2463
% was`die einzelnen Sportarten dem Körper zumuten, das zweite bedeutet, E a a Far E e P a ee ne t% Be
‘daß. der Sportarzt..den Körper richtig zu bewerten weiß, d. h. welche ach “= d on nator LOSE Aratos Mg F en it
i Sportarten, sind für die: Konstitution des betreffenden Patienten die rich- . k hi Ka Ss er a on nr ae an auch a. Bu SE Si
< tigen, aus welcher.Sportart zieht der Patient den größten Nutzen. Für | z i a a 5 m fa a T 30 Fe a ss Kb ‚3
vE ` den langen’ schmalen Astheniker .z. B. sind andere Sportbetätigungen nutz- ra re bon : es en kt A N en nn a hal, Sen EHE
ve “ bringend, als für den kurzen dicken Emphysematiker usw. Die Erkennt- m ihnen ar zeicen wie ee En Bee a = PA nn ee ER ee rpete
i- Düse, dio für uns auf diesem Gebiet die deutsche Hochschule für Leibes- |. 4., Frau ist ej 2 aa P 2 a en i = ne ar | OBER ah
al übungen gebracht hat, sind so wertvoll, daß sie hoffentlich bald Gemeingut = h p 5 a i m m i un 2 Se re EIER Bpis pa
#. der deutschen Ärzteschaft sein werden und die Ärzte zu einer recht regen ES ee er kr (vor en mn “rgand; Yor E oe lii kr ipe aia
u. Teiln $ -dorlic aan, | Dr stopfung usw.).. -Kann ich die Patienten nicht: überzeugen von der Gesund- _ IE Pe ef ya
ua Dur en na aden. ... | | heitsschädigung, so muß man sie bei der‘Eitelkeit packen. Man kann eine ag! EN
m = Bei all diesen Zuständen ist: das Wesentliche die Erzielung kurzer, | jy b G = bh re Si ee een OE oo dak por gaveln iieit
ii . -abor genügend starker Reize auf das Herz nach entsprechender Vorbereitung | "oe auch sear Zur DEselNgen, allerdings nicht in der ‚kurzen Zeit men. Eu ra Wart a
w, dès ganzen Körpers. ‘Eine der wesentlichsten Übungen wird da der kurz | [2 Monaten Sanatoriumsaufenthalt, aber dort „wird die Grundlage dazu -° =o PRESAT ua. Ep
wi > dauernde Schnoellauf sein, weiter das.Üben am Boxball und Schnellfrei- | gelegt, dort wird ihnen die Freude an der Betätigung des, Körpers, vor REAL En
È. übungen, die einen möglichst großen Anteil der gesamten Körpermuskulatur | allem an der Nacktbetätigung beigebracht. Das'kann nun nicht geschehen ER penyiasat
5 in Tätigkeit “versetzen. Diese. Übungen werden insgesamt höchstens | durch irgend ein Gymnastiksystem oder, ‚wie es jetzt meist versucht wird, - | ; EREE S i]
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X wird... Der übrige Tag ist auszufüllen mit Übungen, die eine allmähliche Apparaten, Sondern nur durch apoios beiisbene Körperbetahigung.. „Die a
Freude an der Körperbetätigung muß wieder erweckt werden. Spielen,
st neihgung der Muskulatur, - eine Erhöhung des Tonus der Muskulatur zur | 7 ufen und Springen, Boxen am Boxball usw. sind hier unsere ‘aus der
e. _ Folge haben, ohne das Herz stark in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört
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ara kon oben geschilderte Herztherapie sehr wohl in
i Beon kommen, da der Zustand des Herzens ja hier meist zunächst stärkerer
p ung hindernd im Wege steht. Nach dem oben Gesagten ist das kein
se Arad uch, auch hier wirkt Dauerbeanspruchung .schädlich, nötig ist
t, Hir anernde starke Beanspruchung — stark je nach dem Zustand: des
„ms — nach Vorbereitung des Körpers und nachfölgender Ruhe..
im Sa ai ‚wesentlicher, immer noch viel zu wenig geschätzter Heilfaktor
Pati re onum ist das Luftbad, aber nicht so, wie es bisher meist von den
aa en benutzt wird, ‚nämlich ‘als Sonnenbad, um. sich bräunen zu
ssn, sondern als Abbärtungsmittel als Gewöhnung an äußere. Reize, an
. . RT ejas “ F : . N N s j
"E Widerstandsgymnastik in ihren verschiedenen Formen (Widerstand durch Sportwelt entliehenen Hilfsmittel. Daneben werde ich mich ' natürlich ch A
‚; nen Gymnasten), als erstes Stadium, da hier die beste Dosierung mög- ‘| mancher sogenannten Gymnastiksysteme bedienen, vieles aus dem soge- Te TR F,
g ih, dann die Selbsthemmungs- und Spännungsübungen, die die einzelnen | nannten Mensendieksystem ist z. B. ganz ausgezeichnet für unsere Frauen- . Bee ER
ø ; | Muskeln ausgezeichnet kräftigen, ohne das Herz übermäßig zu belasten, | welt zu brauchen, aber es ist nicht das allein seeligmachende, es ist. eins: -` | ee]. 3i
“ Springen und Spielen. Rage von vielen Hilfsmitteln, die der Arzt kennen und an richtiger Stelle ein- - ` et %
B: . - Der Tonus der Muskulatur, die passive Widerstandsfähigkeit des | setzen muß. Müllers -„mein System“ ist ganz ausgezeichnet,-ich habe’ auch Er ee i
a un gegenüber Dehnungen-in -der Rube, ist ‘von außerordentlicher -| keine Schädigung davon .gesehen, aber es ist‘ auch 'nur ein Hilfsmittel. | al ERBE ER
a. en für den Gesamtzustand des Körpers. Er bedingt ja nicht nur | Wir müssen als Ärzte immer mit der Psyche der Menschen rechnen, ein Br FE PRETEN:
th: stl altung. des Körpers. die z. B. in bezug auf Brustkorb und Bauch aus- System’ kann so’ausgezeichnet sein,- wie-nur denkbar, wenn es den Menschen EE HERAN,
pI schlaggebend für Zirkulation und Atmung ist, sondern letzten Endes auch | : Ben 9 oe = | FE BR: NE
' de | 2. i ia A ‚nicht voll packt, ihn interessiert, ihm wirkliche.Freudėe und zwar dauernd SE Eii
. ~ ten Gesamtstoffwechsel des Körpers: Der Tonus eines Muskels ist ab- ie RE i | D ERR RER
u: hängig von der Zahl seiner Fasern und der Dicke der einzelnen. Fasern. Freude macht, wird er es doch bald wieder lassen. Nur der Sport, sport- 3 Nah. Bath
A Beides schwankt aber, wio'wir wissen, sebr erheblich im’ Maße der von lich betriebene Körperbetätigung wird ihm’ den Lusttrieb bringen, der nötig er Beh iu y
# dom Muskel geleisteten Arbeit. Wie wesentlich dieser Zustand der Musku- | ist, um ihn für dauernd wieder zur Körperbetätigung zu bringen. < Als ein ER
ri ia für den Gesamtstoffwechsel auch bei. bestimmten Krankheiten ist, | richtiges Heilmittel ist z.B. das Springen anzusehen. Am besten zunächst a 1 HH yE
xi r ke ja vom Diabetiker; in allen für. dieses Leiden berühmten Bade- | in der Form -des Seilspringens, wie es. früher unsere Kinder übten. Später Ken TE a
a E Sprochen. Aa as Bewegungstherapie ein Baum ne als Weit- oder Hochsprung auf weichem Boden... Ich will durch das Springen HE: ler
w önnte -meines Brachtens die r in Form von Gehen und Steigen; auch hier | und Laufen eine federnde Dureharbeitung der Bauchhöhle, vornehmlich als ie |
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Leberwirkung haben. Gleichzeitig werden däbei bei richtiger Ausführung |, k
alle Gelenke durchgearbeitet, die Gelenkkapseln wieder elastisch gemacht - pe
und der.Gelenkknorpel günstig beeinflußt. Die, Funktion kräftigt`das
Organ, aber auch nur die Funktion erhält dás Organ. Die spezifische .
Eigenschaft des Gelenkknorpels ist seine Elastizität, die Elastizitätserhaltung, ` Be:
bzw. Wiedergewinnung die Grundlage für die Gesundung des. Gelenkes. |
Alle diese Dinge lassen sich nur im Sanatorium ‚durchführen; in Ge- `- |-
meinschaftsarbeit.‘. Wenn sonst der Erwachsene derlei Dinge treiben soll,
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ee Temperaturen‘ und Wetterlagen. Das ist natürlich nur möglich bei kommt er sich merkwürdigerweise töricht vor, wenn ihm irgend ein Kur-
A Tara genügender Bewegung, wie sie ‘uns Gymnastik und Sport pfuscher dagegen die blödsinnigsten Kuren vorschlägt, wird’ er sie ‚gewissen-
B bedentet. die muß immer- daran denken, daß Gymnastik Nacktbewegung haft ausführen.. Was braucht nun ein Sanatorium, um derartige Kuren
yi kältungskrankheite möglichte Abhärtung bringt nicht nur Schutz gegen Er- | ausführen zu können: 244
W, Unterhautzel gowobe ocn In ertor Linie, Anteenne der ehe 1. wie oben erwähnt den sportlich ausgebildeten Arzt, :
4 Vorgänge abspielen dy un er sicher eine Se ee e 2. zu seiner Unterstützung eine männliche und eine weibliche gym-
Wohlbefinden, wenn er entkleidet "o Tae : Fe m 0 D T ee A nastisch-sportlich ausgebildete Hilfskraft, am besten Sportléhrer von der
"2 Mensch chen. dafür. Natürlich muß man den erweichliohten schwächlichen. | deutschen Hochschule für Leibesübungen, | De ar
f aaa allmählich daran gewöhnen, das kann man bei ungünstiger | i 4 S o Er D | 5 |
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ei: Mm.W 1918; Pt Druck- und Saugbehandlung in der ärztlichen Praxis. Dieser Sportplatz soll teils mit kurzem Rasen, teils mit feinem Sand
l SERE, s r. 30, . = ie X va ee a
E U. bedeckt sein und außerdem eine Aschenbahn zum Laufen haben, zum Teil
| en u : u | j 2 g | 23 u i | | | | i | He 5 à E E E Daa ig | et we rn tan Rn A - ea kmi itaat | à
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1310
in freier Sonne .mit nach Süden offen einfallendem Licht haben, zum Teil:
schattigen Baumbestand haben (nach Norden und Osten als Schutz gegen
kalte Winde). .Er steht in Verbindung mit einer bei kalter Außentemperatur
geheizten Halle, die groß genug sein muß, um darin Spiel und Sport treiben :
zu, lassen. Daß daneben alle Einrichtungen für Hydrotherapie vorhanden `
sein müssen, sowie ein Warmwasserschwimmbad, ist selbstverständlich. '
: Iech wiederhole: Die Ärzte müssen sich des Sportes, der intensiven '
Körperbetätigung viel mehr denn bisher als Heilmittel bedienen. Im Interesse :
ihrer Patienten, aber ebenso im Interesse des ärztlichen Ansehens, sonst .
kommt sehr bald die Zeit, wo nicht ärztlich ausgebildete Menschen sich
dieser wichtigen therapeutischen Hilfsmittel bemächtigen werden und dann
natürlich dieses Hilfsmittel als Kurpfuscherei betrieben wird.
.——.
|
Tagesgeschichtliche Notizen. |
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.) i
Die. „Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen
Wohlfährtseinrichtungen Deutschlands“ hat einen Bericht heraus-
gegeben, redigiert von Prof. Dr. Langstein und Dr. O. von Holbeck,
Verlag von Hans Robert Engelmann (Berlin W). Dieser Bericht gibt eine `
Übersicht über die Ziele der Vereinigung, über die Anstalten und deren
Einrichtungen : und über die Mitglieder der Vereinigung. Die Anstalten
sind geordnet einmal nach den Ländern und Provinzen und zweitens nach
dem Zweck, . dem sie dienen, nämlich Gesundsheitsfürsorge, Erziehungs-
fürgorge und Wirtschaftsfürsorge. Berichtet wird ferner über die Kranken-,
Säuglings- und Wochenpflegeschulen, die den Anstalten angeschlossen sind.
Die Vereinigung umfaßt alle Wohlfahrtseinrichtungen, die nicht konfessio-
neller Natur sind oder dem Roten Kreuz angehören, und die weder staat-
lich noch städtisch sind. Unter Gemeinnützigkeit kommt zum Ausdruck, |
daß sie keine höheren Pflegekosten erheben, als. die Selbstkosten betragen.
Die Vereinigung ist selbst. ein Glied des Reichsverbandes der privaten und
gemeinnützigen Pflegeanstalten. In der schweren Zeit des Zusammenbruches
und der Inflation hat sich der Verband gebildet. Der festgefügten Organi- |
sation ist, es gelungen, wesentliche Erleichterungen für die Anstalten durch-
zusetzen und die Unterstützung der Reichsministerien und der Landes-
behörden für die private Wohlfahrtspflege zu gewinnen. Ihr Streben ist
es weiterhin, die angeschlossenen Anstalten zur Selbsthilfe zu erziehen und
dahin zu bringen, ihren-Betrieb durch die regulären Einnahmen zu decken.
F Im Kanton Baselland wurde am 17. August durch Volksabstimmung
eins Gesetzgebungsinitiative angenommen, laut welcher die Freigabe der ärzt-
lichen Praxis eingeführt werden muß,
Die Bevölkerung von Baselland hat mit 5791 gegen 3531 Stimmen
auf dem Wege eines Volksbegehrens die Ausübung der giftfreien
Kräuter- und homöopathischen Heilmethode durch Nicht-
ärzte mit Ausschluß der Chirurgie und Geburtshilfe für den Kanton Basel-
land gutgeheißen. Bemerkenswert ist, daß die in dem Volksbegehren ent-
haltenen Bestimmungen über die-öffentlichen Anzeigen von nichtapprobierten |
Personen, sowie die Ankündigung von zu Heilzwecken dienenden Gegen-
ständen, Mitteln oder Methoden wörtlich mit den entsprechenden in Preußen
geltenden Verordnungen übereinstimmen.
Schweden. Die Eisenbahnverwaltung ist angewiesen worden, in
allen Eisenbahnzügen folgende Verbandstoffe und Arznei-
mittel vorrätig zu halten: 50 Schachteln Borvaseline, 50 Flaschen
Jodspiritus, 15 Stück Peroxygenoltabletten, 44 Binden verschiedener Größen,
4 Schienen aus Buchenholz, 1 Gitterschiene, 4 dreizipfelige Verbandtücher,
22 Pakete Verbandgaze, ferner Sicherheitsnadeln, Gummibinden, Heftpflaster
in Rollen. Watte und eine Schere. — Die Eisenbahnverwaltung ist ver-
pflichtet, Krankenpflegekurse für das Zugpersonal einzurichten zur Ermög-
lichung erster Hilfeleistung bei Unglücksfällen.
Borlin.: Der deutsche Kolonialkongreß 1924 findet am 17.
und 18. September in der Universität statt. Er wird veranstaltet von der
kolonialen Reichsarbeitsgemeinschaft zur Erinnerung an die vor 40 Jahren
stattgehabte Erwerbung deutscher Kolonien. An die Vollversammlung am
17. September schließen sich Abteilungssitzungen an, welche gleichzeitig
tagen. Sie umfassen: 1. Kolonialpolitik, 2. Kolonialwirtschaft, 3. Tropen-
medizin und -hygiene, 4. Missionen, Schulen und kulturelle Fragen, 5. Über-
seeische Siedlung und Wanderung, 6. Geographie, Ethnographie und
Naturkunde. Fern
Die Generalversammlung der Vereinigung der Deutschen
medizinischen Fachpresse findet am 24. September, nachmittags
5 Ubr, in, Innsbruck statt, Ort der Versammlung: Neues Universitäts-
gebäude, Innrain 52, Erdgeschoß, Saal 33. Auf der Tagesordnung stehen
u. a. Referate von Schwalbe-Berlin: „Über Verlagsverträge* und von |
Spatz-München: „Über Beanstandung von Anzeigen“. Anfragen sind zu
richten an den Schriftführer Finder, Berlin, Augsburger Str. 38.
| A NER | möchte ich dahin berichtigen, daß Wiesenack zuerst durch Tierversuche
An der sozialhygienischen Akademie in Charlottenburg
wird der nächste dreimonatige Lehrgang für Kreisarzt-, Kreiskommunalarzt-,
Schul- und Fürsorgearztanwärter in der Zeit. vom 29. September bis
30. Dezember d. J. abgehalten. Lehrplan durch das Sekretariat Berlin- |
Charlottenburg; Spandauerberg 15/16 (Krankenhaus Westend).
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 37.
| Ehrenarbeit glänzend gelöst, zehntausende von Berliner Familien, die von
14. September
Berlin. Die Gesamtzahl der Studierenden im Sommersemester 1924
ist auf 9950 gesunken gegenüber 12581 im letzten Wintersemester und
die Zahl der in der medizinischen Fakultät eingeschriebenen auf 1667 gegen
1967 im Wintersemester. Eee
Der Verwaltungsdirektor der Charité Geh. Reg.-Rat P-ütter, der vor
25 Jahren als Stadtrat in Halle a. S. aus seiner amtlichen Fürsorge für die
bei fremden Leuten untergebrachten Kinder die erste Fürsorgestelle für
Lungenkrankea ins Leben rief, wurde von der Gesellschaft Deutscher Für-
sorgeärzte zum Ehrenmitglied ernannt. |
Pütters wohldurchdachte Organisation wurde von Robert Koch
freudig begrüßt und veranlaßte den damaligen Medizinalminister Kultus-
minister Dr. von Studt und den Ministerialdirektor Althoff im Jahre 1904
. die freigewordene Charitedirektorstelle Pütter zu übertragen und ihm im
Einverständnis mit dem Magistrat der Stadt Berlin zu ersuchen, seine Für-
sorgestellen auch in Berlin einzuführen. Pütter hat diese umfangreiche
der Tuberkulose heimgesucht wurden, bewahren ihm und seinen sorgsamen
Fürsorgeschwestern und Ärzten ein dankbares Andenken. Fanden doch in
manchen Jahren über 30000 Lungenkranke in den vier Pütterschen Für-
sorgestellen Rat und Hilfe. —
Gestorben ist der ita
lienische Chirurg Prof. Bassini, bekannt durch
die nach ihm benannte Bruchoperation. | Zur
Im Verlage Urban & Schwarzenberg in Berlin und Wien ist soeben
eine „Allgemeine und spezielle chirurgische Diagnostik“ von
Max Kappis (Hannover) herausgekommen, ein stattlicher Lexikonoktav-
band von 652 Seiten mit 601 zum Teil mehrfarbigen Abbildungen im Tot |
und 5 farbigen Tafeln. Wie schon der Titel sagt, wird in ihm sowohl die
allgemeine, wie die spezielle ebirurgische Diagnostik und zwar in systema-
tischer Darstellung behandelt. Erstaunlich ist der außerordentlich billige
Preis (geheftet 15; gebunden 18 Mark) des auch drucktechnisch schön
ausgestatteten Werks, der jedem, zumal auch dem Studierenden seine Àn-
schaffung möglich machen wird und deshalb hier nicht unerwähnt bleiben sọll.
Im gleichen Verlage beginnt soeben ein „Handbuch der Salvarsan-
therapie mit Einschluß der experimentellen, biologischen und chemischen
Grundlagen“ zu erscheinen, unter Mitarbeit zahlreicher Fachleute auf dem
Sondergebiete herausgegeben von W. Kolle (Frankfurt a. M.) und K. Zieler
(Würzburg). In ihm nimmt die Behandlung der Syphilis und anderer
Infektionskrankheiten mit Salvarsan, der Bedeutung des Salvarsans als
Heilmittel entsprechend, den größten Teil seines Inhaltes ein. Neben der
Therapie menschlicher und tierischer Krankheiten mit Arsenobenzolderivaten
sind in ihm die experimentellen und biologischen Versuche, die zur Auf
findung des Salvarsans geführt haben, sowie die Chemie der Arsenobenzol-
derivate und viele klinische und biologische Fragen der Infektionskrankheiten,
die durch Spirochäten und Trypanosomen hervorgerufen werden, in erster
Linie der Syphilis, behandelt.
Das Handbuch soll zumal ein Nachschlage-
werk für die Syphilidologen, Kliniker und Ärzte sein, die an Syphilis
erkrankte Menschen bek andeln, ebenso wi
e für die Chemotherapeuten und
die Chemiker, die sich ‚nit dem Studium der Arsenobenzolderivate experi-
mentell oder chemisch beschäftigen.
Soeben ist der erste Band erschienen,
der zweite soll noch im Herbst folgen.
Hochschulnachriehten. Berlin: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Karl
Friedrich Kleine wurde zum Honorarprofessor ernannt. — Graz: Hofrat
Prof. Hans v. Haberer in Innsbruck wurde zum Ordinarius der Chirurgie
als Nachfolger von Prof. v. Hacker ernannt. Die Privatdozenten Max
de Crinis (Psychiatrie) und Hans Lieb (Medizinische Chemie) wurden
zu a0. Professoren ernannt. — Heidelberg:
Die bisher von Geheimrat
Fleiner innegehabte Professur für medizinische Poliklinik
Priv.-Doz. Dr. Thannhauser in München angeboten. — Leipzig: Als
Nachfolger von Prof. Bumke wurde Professor Paul Sc
hroeder in Greifs-
wald auf den Lehrstuhl der Psychiatrie berufen.
Der Aufsatz „Amerikanische Reiseeindrücke“ von Professf
Dr. Erich Leschke, Assistent der II. Medizinischen Klinik der Charite,
ist ein Auszug aus einem über dieses Thema in der Klinik unter Einladung
der Berliner medizinischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage.
Durch ein Versehen bei der Korrektur sind leider einige Druckfehler
stehen geblieben, z. B. Seite 1229 „prominence“ anstatt „promenanoy
Seite 1231 „John Hopkins Hospital“ statt “Jones“.
Da Herr Prof. Leschke vielfach von Lesern unserer Wochenschrift
gefragt worden ist, wie der Name von Prof. Macleod, in dessen Institut
das Insulin entdeckt wurde, ausgesprochen wird, hat er uns mitgeteilt, dad
die korrekte Aussprache dieses ursprünglich schottischen Namens MI
deutschen Buchstaben etwa als „Mecklaud“ wiederzugeben wäre.
Berichtigung. In meiner in Nr. 32, Jahrg. 1924, dieser Woche’
schrift erschienenen Arbeit: „ZurBehandlung der Salvarsandermatitis“ schrieb
ich: „Meines Wissens hat zuerst Stümpke das Afenil — ein Kalziumpröpars‘
— als propbylaktisches Mittel gegen Salvarsanschädigungen empfohlen“. Dies
die prophylaktische Wirkung des Kalziums gegen Salvarsanschäden erprO
‘und dann diese günstige Wirkung auch beim Menschen bestätigt fand.
Bürstadt, 5. September 1924. | - H. Sieben.
Auf Seite 28 des Anzeigenteils findet der Leser einen zum Aussehneiden
und Sammeln geeigneten kurzen Abriß: Über Haarfärbemittel..
Druek von L, Schumacher in Berlin N 4.
wurde dem -
=.
KU AR U A
A | ' Wochenschrift für praktische
-Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zumffefs?
Nr.38 (1032)
BE Klinische Vorträge. |
i ` Die Behandlung der akuten Wundinfektion. ;
"bandlungsmethoden der akuten Wundinfektion -nicht sehr geeignet.
“viele widersprechende Urteile vor.
. "akut und chronisch verlaufenden Infektionen von günstigem Einfluß
Sind, so unsicher erscheint ihre Wirkung bei den akuten. Es sind
E72 en mi-
I d
A RR
_ ‘Mederdrückende Gedanke, daß trotz der großen Arbeitsleistung in
` den verschiedensten Zweigen der Medizin -und ihrer Hilfswissen-
‚schalten gerade auf dem Gebiete der Behandlung der akuten Wund-
‚Metlioden vorliegen, daß vielmehr der Standpunkt, den wir in dieser
` entspricht. Li
“ der Wundbehandlung, der Wundheilung und des Wundschutzes vor
Iifektion sehr energisch zu beschäftigen. Die seit Friedrichs er-
‚Iolgreichen Arbeiten bestehenden Bestrebungen, die Wunde und ihre
„würden nach den verschiedensten Richtungen hin ausgebaut und
: nebenher lebte der alte Wunsch wieder. auf, von der Gefäßbahn aus
. eine Sterilisatio magna einzuleiten. Von neuem wurde nach Mitteln <
‚gesucht, die, in die Blutbahn gebracht, die Keime abtöten sollten,
„hne dabei die Gewebszellen ernstlich zu schädigen. Eine Zeitlang
‚ Schiedener Farbstoffe, der kolloidalen Metalle und verschiedener
_Jodpräparate. “Doch mußte zunächst diese Hoffnung wieder be-
' Versuche am Menschen für die meisten der Präparate entweder ihre
. Suche nicht aulgegeben werden und werden auch nicht aufgegeben.
z Rb Erfolge erzielt, die darauf hindeuten, daß die gewünschte
‚ulndseien Zeit gewonnen wurde und daß dadurch und oft wohl.
“durch das Präparat selbst die natürlichen Abwehrkräfte des Organis-
‚ us, die vielleicht schon. erlahmt waren, ‘ befähigt wurden, den
“ Allgemeinen Einfluß auf die Bekämpfung der Wundinfektion zu ge-
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BE . geleitet von Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft Verlag von
.Geh.San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, „Berlin, Friedrichstr. 105b
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winnen, ' sind unsere Kenntnisse
Aus der Chirurgischen Universitätsklinik zu Leipzig .
i (insbesondere auch der Anaerobier) und ihr Verhalten in der Wunde
a (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. E. Payr).
lich erweitert worden, wodurch die Möglichkeit gegeben wurde,
spezifische Behandlungsmethoden in immer bestimmterer. Form aus-
zuarbeiten. Auch das Wesen und die Wirkungsweise der Antisepsis
wurde in mehreren Arbeiten von neuem studiert (Traube: und
Somogyi, Putter), besonders auch die Wirkung der chemischen
Heilmittel im Organismus (Morgenroth, Neufeld und ihre: Mit-
Von Prof. Dr. 0. Kleinschmidt, Oberarzt, der Klinik.
Der jetzige Zeitpunkt ist für einen Überblick über die Be-
Die experimentelle Prüfung vieler theoretisch gut begründeter Me-
thoden und die Erprobung in der menschlichen Praxis haben erst in | |
den letzten Jahren an größerem Material stattgefunden und es liegen | Arbeiter, Garibaldi, Langer u.a.) REN Dr
Daher ist es schwer, sich ein , Überblickt man die Arbeiten, die auf chemischen, bakteriologi-
schen oder serologischen Grundlagen die Bekämpfung der Wund-
einigermaßen zuverlässiges Bild über den tatsächlichen Wert der |
infektion durchführen wollen, so kommt man bei aller Hochachtung
Methoden zu machen. So sicher viele der Methoden bei den sub-
sonderen Voraussetzungen diese Maßnahmen allein genügen; um
sogar Stimmen laut ‘geworden, die da und dort schädliche Folgen l
‚beobachteten. Nach Abschluß des Aufsatzes blieb uns .der etwas | maßnahmen des Organismus versagen. Wir kommen zu der Über-
nie zeugung, daß auch heute noch das Messer des Chirurgen, das man
ja in der Wundinfektionsbehandlung überflüssig machen wollte, bei
rechtzeitiger sachgemäßer Anwendung imstande: ist, am sichersten
infektion nur wenig gesicherte Erfahrungen über grundsätzlich neue \
schnellsten zu beseitigen. Seit. dem. Erscheinen von :Brunners
hervorragendem Werke. über die Wundbehandlung spielt neben der
durch das Messer zu erzielenden mechanischen. Wundantispsis
Friedrichs auch die chemische mit Recht wieder eine wesentlichere
Rolle. Gelingt es uns, die. örtliche Wundinfektion zu beherrschen,
so schwindet auch immer mehr die Gefahr der Allgemeininfektion,
der auch das Messer des Chirurgen machtlos gegenübersteht, wenn
es nicht gelingt, einen etwa vorhandenen Infektionsherd zu beseitigen.
Aber auch eine Operation kann nur dann Erfolg bringen, wenn es
sich um eine Allgemeininfektion handelt, die durch Einschwemmüng
von Keimen aus einem Herd in die Blutbahn entstanden ist, . und
nicht um eine echte Septikämie, die. im Wachstum der Keime im
strömenden Blut selbst ihre Ursache hat. In solchen Fällen können
'nur die natürlichen Abwehrmaßnahmen dem Organismus helfen.
‘Obwohl dieser Aufsatz nur von der Behandlung der Wund-
‚ infektion handeln soll, ist es unmöglich, die Besprechung der. Ver-
hütung ‘der Wundinfektion ganz zu umgehen, da wir ja praktisch
jede akzidentelle Wunde als infiziert zu betrachten haben. Von: der
ersten Wundbehandlung hängt oft das Schicksal der Verletzten ab.
Wir wollen daher mit einigen Worten auf dieses wichtige Kapitel
eingehen. Eine eigentliche Prophylaxe kann es Verletzungen gegen-
‚ über natürlich nicht geben.
getretener Verletzung noch sehr viel tun, um die Wundinfektion zu
verhüten. Wenn auch die Wundrandausschneidung nach Friedrich
sich nicht immer streng durchführen läßt aus Gründen der Gewebs-
schonung, so hat sich das Prinzip doch erhalten und durch die
vielen Erfahrungen des Krieges Bestätigung, gefunden. (Garre,
Fründ, Ritter, Stieda, Wilms u. a). Es kommt vielleicht, wie
die kritische Arbeit von Schönbauer und Brunner ergeben hat,
nicht so sehr darauf an, den ganzen Wundrand, als vielmehr zer-
quetschtes und zerfetztes Gewebe zu entfernen : und .die Wunde
möglichst übersichtlich zu gestalten (Wundrandglättung). Dadurch
werden alle Buchten und Schlupfwinkel und damit der gute Nähr-
boden für die Keime beseitigt, so daß eine Naht solcher Wunden
möglich wird, die bei verminderter Infektionsgefahr die Heilungs-
dauer wesentlich abkürzt. Wenn auch bei diesen Verfahren nicht
alle Keime entfernt werden, so werden. sie doch wesentlich ver-
‚mindert, unter schlechtere Ernährungsbedingungen gesetzt, und die
‚Abwehrmaßnahmen des Organismus -können besser ihre Wirkung
Frage heute einnehmen müssen, 'etwa dem. vor dem Weltkriege
‘ © Die ungeheuren Massen von Verwundungen während desKrieges
haben nicht nur die Ärzte, besonders die Chirurgen und Bakterio-
logen, sondern auch die Chemiker veranlaßt, sich mit den Problemen
Umgebung vor dem Eindringen von Mikroorganismen zu schützen,
schien es, als ob solche Mittel gefunden wären in Gestalt ver-
graben werden, da die. experimentelle Prüfung und besonders die `
Unfähigkeit, die Bakterien abzutöten, ergab oder gleichzeitig schwere
Körperzellschädigungen erkennen ließ. Trotzdem dürfen solche Ver-
i enn es auch noch nicht gelungen ist, ein Allheilmittel zu finden,
čas im Sinne der Sterilisatio magna wirkt, so wurden doch vorüber-
irkung bis zu einem gewissen Grade eingetreten war, daß zum
Abel segen die Keime wieder aufzunehmen. Die Möglichkeit, die
må ehrkräfte des Organismus zu stärken,. die wir ja lange kennen
vie] auf die verschiedenste ‘Weise ausgenutzt haben, hat auch zu
bieta neuen Untersuchungen Anlaß gegeben und auf diesem Ge-
als ae auch einige positive Ergebnisse sowohl in der Prophylaxe,
en, ` er Behandlung bereits eingetretener Infektionen erzielt wor-.
-~o wem auch nicht für alle Arten von. Keimen. |
Hand in Hand mit. den Bestrebungen, einen örtlichen und
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ig > > < 3 ' z + .
Berstlie Keimflora der: Wunden
und.im Organismus in der letzten Zeit durch viele Arbeiten wesent- .
vor dem Geleisteten doch zu der Einsicht, daß nur unter ganz be-
eine Heilung herbeizuführen, wenn die physiologischen Abwehr-
‚eine Wundinfektion zu verhüten und die eingetretene Infektion am.
Dagegen können wir auch nach ein-
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der Wunden und das genügt meist. Es ist sogar wahrscheinlich
besser, da gewisse Reize nach den experimentellen Untersuchungen
Carrels für die Abkürzung der Wundheilung notwendig sind. Er
fand nämlich, daß Wunden, die absolut reizlos gehalten wurden, nur
langsam heilten. Naturgemäß gibt es auch bei diesem Verfahren
Versager beim Eindringen besonders virulenter Bakterien. So er-
zeugen sehr virulente Streptokokken nach Nakayama Streptoleu-
kozidin, das die Leukozyten zerstört. Das kann man der Methode.
nicht zur Last legen. Aber man muß den Schluß daraus ziehen,
daß man solche Wunden bzw. den Kranken in den ersten Tagen
sehr genau beobachten soll, um den Fortschritt einer Infektion nicht
zu übersehen. Eine exakte Naht ist oft nicht ausführbar und- auch
nicht wünschenswert. Man kann dabei nicht schematisieren und
wird bei tiefen Weichteilwunden lieber für 1 bis 2 Tage ein Glas-
drain in die Wunde einlegen, besonders wenn es nicht gelingt, alle
Buchten zu verschließen, um die Gefahr der - Wundsekretstauung
auszuschließen. Neben der rein mechanischen Wundantisepsis kann
auf die Wirkung chemischer Antiseptika nicht verzichtet werden.
Die Ausspülung der Wundhöhlen mit Kochsalzlösung, Wasserstofi-
superoxyd, Natriumhypochloritlösung (Dakin), Kaliumpermanganat-
lösung — die letzteren auch zur Dauerirrigation vielfach verwendet —
haben wohl auch in erster Linie eine mechanische Wirkung, indem
sie die bakterienhaltigen Wundsekrete wegschwemmen. , Daneben
wirken sie aber auch bis zu einem gewissen Grade bakterizid, regen
die Lymphströmung an und reizen das Wundgewebe. Dadurch
werden die lokalen Entzündungserscheinungen oft in günstiger Weise.
vermehrt. Die Reize dürfen freilich nie so stark sein, daß Ver-
ätzungen und andere Schädigungen der Wundränder zustandekommen.
| die die Abwehrstoffe des Organismus unterstützenden in der Wund-
_ Die Konzentration der Lösungen darf daher bestimmte Grenzen | behandlung wesentlich zurück. Nur gegen die Tetanusinfektion hat
nicht überschreiten. Abgesehen von der Irrigation ist das einmalige.
Einbringen von flüssigen, pulver- und gaslörmigen Antiseptieis in
gefährdete Wunden zu empfehlen. Unter den flüssigen findet auch
heute noch die 5—10°/,ige Jodtinktur vielfache Verwendung. Sie -
wirkt auf die Wundoberlläche mäßig reizend, bakterizid, entgiftend,
hat eine gewisse Tiefenwirkung und rüft eine Leukozytose in der
Wundumgebung hervor. Eine dauerhaftere Wirkung hat das adstrin-
gierende Jodoformpulver, da sich aus ihm beim Zusammentreffen.
mit Gewebssäften Jod abspaltet. Man muß bei größeren Wunden
‘wegen der Resorptions- und Vergiftungsgefahr mit der Dosierung
sehr vorsichtig sein und verwendet in solchen Fällen (auch bei
Jodüberempfindlichkeit) lieber eines der Ersatzprodukte (Vioform,
Xeroform, Airol, Aristol, Isoform usw.), die freilich in ihrer Wirkung
das Jodoform mit Ausnahme des Isoforms nicht annähernd erreichen.
(Brunner). Bei sehr großen Weichteilwunden und Höhlenwunden |
ist es besser, die Wunde weit offen zu halten und eine Tamponade
mit Jodoformgaze (Mikuliez-Schleier) auszuführen. l
Auch ein anderes Jodpräparat, das Yatren, hat sich in Ge-
stalt von (1—5°/,) Yatrengaze bei gleicher Anzeigestellung emp-
fohlen (Beck, Scheidtmann, Dührssen, Balkhausen u.a.). Es
ruft keine Vergiftungserscheinungen hervor.
Von den Farbstoffien haben die Akridinfarbstoffe, besonders
das Trypaflavin, das Methylenblau, das Methylviolett in Form von
Pyoktaningaze (Baumann) zur Ausspülung oder Tamponade von.
frischen Wunden wegen ihrer Ungiftigkeit bzw. geringen Giftwirkung
viele Anhänger gefunden. Auch Verbindungen der Farbstofle mit
Silber, wie das Argochrom (Methylenblausilber) (Merck), und das
Argollavin (Leschke) haben sich bewährt.
Eine neue Ära des Wundschutzes schien durch die sogenannte
Tiefenantisepsis eingeleitet zu werden. Die Umspritzung des.
Wundgebietes, wie sie zuerst von Bier und Klapp mit den von
Morgenroth zunächst in vitro ausprobierten Chininderivaten Eukupin
und Vuzin angewandt wurden, schien befähigt, eine Ausbreitung
der Wundinfektion zu verhindern. Die Verwendung solcher Präparate
zur Antisepsis geht auf die Arbeiten Ehrlichs, der zuerst die Farb-
stoffe durchprobte, zurück. Die Akridinpräparate Trypaflavin und
in neuerer Zeit das Flavizid (Langer) und das von Morgenroth
hergestellte Rivanol wurden als spezifische Mittel zur Tiefen-
antisepsis, aber auch zur Wunddesinfektion empfohlen. Die zuerst
sehr vielversprechenden Versuche Klapps, Rosensteins u. a. zur
Verhütung der Wundinfektion nach mechanischer Wundantisepsis
und die Erprobung der Mittel nach Abszeßpunktion, zur Furunkel-
behandlung, zur Behandlung von Gelenkeiterungen, haben einer
streng kritischen Nachuntersuchung von verschiedenen Seiten nicht
standgehalten. Wenn auch die Kritik Keyßers vielleicht zu ab-
lehnend ist, so konnten sich auch Schöne u.a. von dem Nutzen
des Vuzins in der Wundbehandlung nicht in dem Grade überzeugen,
daß sie seine Anwendung für notwendig hielten. Nach Schönes
Ansicht muß‘ die aseptische Wundbehandlung das Meiste leisten.
Dieser Standpunkt ist wohl noch ziemlich allgemein gültig und hat,
wie wir glauben, sogar wieder an Boden gewonnen. Von den Chinin-
derivaten ist nicht mehr viel die Rede. Die Akridinpräparate haben
sich dagegen: in der Praxis besser bewährt. Das Trypaflavin (Benda),
in der englischen Literatur als Akriflavin bezeichnet, ist mehr in
Form von Spülung, Tamponade und zur intravenösen Injektion
benützt worden (s. unten), seltener zur Tiefenantisepsis (Ritter).
Das Rivanol (Morgenroth) scheint mehr in den Anwendungskreis
des Vuzins (Tiefenantisepsis, Gelenkeiterungen) eingerückt zu sein.
Es hat vor dem Vuzin nach Morgenroth und seinen Mitarbeitern
den großen Vorteil, daß im Serum die Wirkung auf das Doppelte
vermehrt wird, was allerdings von Laqueur. gegenüber hämolyti-
schen Streptokokken nicht bestätigt werden konnte. Er fand viel-
mehr eine zweimal schwächere Wirkung. Man muß Brunner bei-
stimmen, daß die Tiefenantisepsis, zu. welcher übrigens auch das
Yatren empfohlen wurde (Dührssen, Dietrich, Herzberg u. a.),
leider bis heute noch ein ungelöstes Problem ist. Die Wirkungs-
weise der Antiseptika ist noch zu wenig aufgeklärt. Ihr. Verhalten
den Gewebsflüssigkeiten gegenüber, das von Michaelis und Dernby
studiert wurde, und der Einfluß der Oberflächenaktivität, den Traube
als wesentlich erkannte, sind noch nicht so weit klargestellt, daß
das richtige Mittel gefunden werden konnte. Aber diese Arbeiten
beweisen,
daß auf dem Erfolg versprechenden Wege weiter-
gearbeitet wird. l
Gegenüber den von der Wund
e oder von der Wundumgebung
Einfluß suchenden prophylaktischen Maßnahmen treten in der Praxis
sich die prophylaktische Antitoxininjektion auch noch kurze Zeit
nach eingetretener Verletzung allgemein und mit größtem Erfolge
durchgesetzt. Hier hat das ungeheure Verletzungsmaterial des
Krieges den Beweis erbracht, daß wir imstande sind, den Ausbruch
eines Wundstarrkrampfes auf ein Mindestmaß einzuschränken bzw,
ganz zu verhüten, und. es darf bei keiner nur einigermaßen ge:
fährdeten Wunde auch in der Friedenspraxis eine solche prophy-
'laktische Injektion unterlassen werden. Leider besitzen wir weder
für die Eitererreger, noch für die häufigsten Anaerobier gleichwertige
Sera. Bei der großen Zahl und Verschiedenheit der im einzelnen
Fall in Betracht kommenden Keime ist das auch nicht zu erwarten, |
Mit den polyvalenten Seris sind zwar Erfolge erzielt worden, ohne
daß die Sicherheit ihrer. Wirkung sich auch nur in bescheidenem
Maße mit‘ der des spezifisch wirkenden Tetanusantitoxins ver-
gleichen ließe.
Aus dem bisher Mitgeteilten ergibt sich die hervorragende
Bedeutung der ersten Wundbehandlung. Von den vielen Wegen,
die uns zur Verfügung stehen, eine Wundinfektion zw verhüten,
heißt es in jedem Falle den richtigen zu gehen. Wir möchten noch
einma) darauf hinweisen, daß in erster Linie die mechanische Anti-
sepsis unter Klarlegung der Wundverhältnisse, eventuell kombiniert
mit chemischer Antisepsis in der Wunde selbst bis heute den gang-
barsten und sichersten Weg zum Ziele darstellt.
Ist eine Wundinfektion aber eingetreten, so haben wir unser
Augenmerk nun hauptsächlich darauf zu richten, die Wirkung der
Keime auf den Ausgangsherd möglichst zu beschränken. Die Er-
scheinungen, die die Ausbreitung der Wundinfektion einleiten, be
trefien, abgesehen von den lokalen Entzündungserscheinungen mif
ihren bekannten Symptomen, 'auch immer den ganzen Organismus.
Hohes oder ansteigendes Fieber, Magendarmstörungen, allgememe
Mattigkeit, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen sind der Ausdruck der
Beteiligung des Gesamtorganismus. Dazu kommen die Erscheinungen
der regionären Ausbreitung der Infektion, Ödeme, Lymphangiüs
und Lymphadenitis. Glücklicherweise sind diese Erscheinungen
nicht immer der Anfang einer wirklichen Allgemeininfektion, son-
dern meist geht dieser Zustand rechtzeitig erkannt und behandelt
wieder zurück, um als örtlicher Prozeß weiter zu verlaufen. Jeder
derartige Fall erfordert aber die ganze Aufmerksamkeit des be-
handelnden Arztes. Ist eine im obigen Sinne ausgeführte Wund-
versorgung vorausgegangen, so ist die erste Pflicht die Revision der
Wunde. Sind die Erscheinungen mehr örtlicher Natur, so wi
man sich meist damit begnügen können, die Nähte ganz oder teil-
weise zu entfernen, so daß die Wundsekretion in Gang kommt. Es
. empfehlt sich die Einlegung eines Drains oder die lockere Tamponad®
mit antiseptischer Gaze (Jodoform, Yatren, Pyoktanin). Über das
Ganze kommt ein Alkoholverband, 50—70°/,, der weit üb
er das
Wundgebiet hinausreicht, oder ein feuchter Verband mit heißer
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. 0 21. September
ausüben. Wir erreichen zwar keine Keimfreiheit, aber Keimarmut
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- essigsaurer Tonerde. Diese Verbände wirken hyperämisierend und
„saugen gleichzeitig das bakterienhaltige Wundsekret ab. Die feuchten
Verbände haben sich, nachdem sie eine: Zeitlang gegenüber den
l ` trockenen aseptischen ins Hintertreffen ‚geraten waren, wieder mehr
4 und mehr durchgesetzt. Man soll sie aber möglichst nur bei offenen
‚infizierten Wunden anwenden, da sie die Haut aufquellen lassen
und mazerieren und auch zum Teil die Hautfarbe verändern, wie
z B. die essigsaure Tonerde, die die Haut weißlich färbt. Dadurch
wird die Feststellung des Eintritts und der Ausbreitung einer In-
'Zektion unter Umständen, besonders für den Ungeübten, oft recht
- erschwert. Es kommt noch dazu die lokal anästhesierende Wirkung
der feuchten Verbände, die dem Kranken und dem Arzte gelegent-
lich ein falsches Bild der tatsächlichen Verhältnisse gibt. Bei allen
-> offenen infizierten Wunden hat ein wasserdichter Abschluß des Ver-
bandes wegzubleiben, da er die Verdunstung der äußeren Verband-
-= schichten und dadurch die Aufsaugung des Wundsekrets hindert.
` Heiße feuchte Verbände müssen öfters erneuert werden, da die
nach Bier und Schäffer durch lokale Hitzeanwendung erzeugte ak-
tive arterielle Hyperämie keine Dauerwirkung hat, -wie die passive
venöse. Der Hauptwirkungsfaktor ist nach Schäffer der starke
Lymphzustrom, der im Sinne einer Autoserumtherapie wirkt, wäh-
rend die Zellelemente sich weniger beteiligen. Statt des öfteren
- Wechsels der Verbände wird in der Praxis vielfach ein elektrisches
- Heizkissen oder ein anderer Thermophor lose um den feuchten
. .. Verband gelegt, wodurch eine dauerhafte Wirkung erzielt wird. Die
. Anwendung von trockener Hitze, Sonne und. Luft empfiehlt sich mehr
bei chronischen Infektionen. Die Biersche Stauungshyperämie
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Behandlung und ihre Dosierung viel Erfahrung und Ubung, wie
Bier selbst betont hat. Ihr Hauptanwendungsgebiet findet sie zur
-die alleinige Stauungsbehandlung, nachdem sie in Form der rhyth-
. mischen Stauung von Thies zur Behandlung der Gasphlegmone
noch einmal sehr warm empfohlen worden war, scheinbar: keine
“große Rolle in der Wundinfektionsbehandlung gespielt.. Ihre zweifel-
"los schmerzstillende Wirkung, der bakterizide und antitoxische Ein-
‚stützung unserer übrigen Maßnahmen bei bereits ausgebrochener
“Wundinfektion. | u i |
. An den Fingern soll man mit der Anwendung von anti-
‚.septischen feuchten Verbänden sehr zurückhaltend sein. Nicht ' nur
die längst verpönte Karbolsäure, sondern auch Alkohol und essig-
‚saure Tonerde führen gelegentlich zu Nekrosen.‘ Man : darf zum
+ Mindesten nur sehr geringe Konzentrationen wählen (Alkohol 30%%).
w. Der äußere Abschluß des feuchten Verbandes durch wasserdichten
Stoff muß auf alle Fälle unterbleiben. Die sogenannte Arztinfektion.
‚ „g@üchteten Keime, ist in den letzten Jahren -mehrfach Gegenstand
von Besprechungen gewesen. Wir glauben mit Bier, daß ein zu
frühes Einschneiden in einen :noch nicht genau lokalisierten Herd
mehr schadet als nützt. Hier ist die Stauungshyperämie ı oder die
Ruhigstellung der ganzen Extremität auf Schiene unter gleichzeitiger
günstiger Wirkung. Solche kleinen Herde gehen oft schnell zurück
oder führen zu herdförmiger Einschmelzung, die dann mit einer
Stichinzision oder ‚bei größerer Ausdehnung mit Fischmaulschnitt
asch beseitigt werden können. Ist eine Einschmelzung eingetreten,
Mi. l G soll man auch nicht zu lange mit der Inzision warten, um -die
S Welahr der Ausbreitung in irgendeiner. Form des Panaritiums oder
ai ‚der Sehnenscheidenphlegmone zu vermeiden. er u
w i ? Was für die Stauungshyperämie gilt, gilt auch für die übrigen
g B i vativen Maßnahmen. Sie sind zur Unterstützung der operativen
B hr andlung sehr wünschenswert, reichen allein, besonders bei akuten
f J ektionen, aber meist nicht aus. Sie sollen daher ebenfalls nur
M Ko a rendung kommen, wenn der Kranke in dauernder
oe e des Arztes steht. Ist der Infektionsherd breit offen, so können
nt ‚Mrmit physikalischen und chemischen Mitteln einzuwirken versuchen.
$ m Die in die Wunde eingebrachten chemischen Mittel können
i me auf die in das Gewebe eingedrungenen Keime einen
(er ekten Einfluß nicht gewinnen. Sie wirken dagegen indirekt da-
‚Qurch, daß sie das Gewebe vom Wundsekret und Keimen reinigen,
; „einen Lymphstrom aus dem Gewebe nach der Wunde zu. veranlassen
m das Gewebe entzündlich reizen, wodurch die Leukozytose bzw.
..802ytose im Wundgebiet vermehrt wird. Es ist dabei wohl ziem-
Fe
-` Wirkt in vielen Fällen günstig, doch erfordert sie meist stationäre.
‚Unterdrückung akut infektiöser Prozesse. In den letzten Jahren hat `
fluß des vermehrten Lymphsiromes und wahrscheinlich auch eine:
verstärkte Phagozytose empfehlen. die Methode aber auch zur Unter-
7 ‚der Hände, die ja bekanntlich oft einen sehr raschen und bösartigen
» Verlauf nimmt infolge der Virulenz der im menschlichen Organismus
lokaler Anwendung. von Alkoholverbänden meist von überraschend
bzw. wirken. |
werden, d. h. in Form der Autovakzination, so vergehen einige Tage
uud in dieser Zeit kann die Erkrankung sich nach der einen oder
‚anderen Richtung in. entscheidender Weise entwickelt haben. Außer-
‘dem ist nach der Injektion von Vakzine mit einer. sogenannten ne-
'gativen Phase d.h. Verminderung der Abwehrkräfte zu rechnen,
a gleichgültig, ob man Jodtinktur, Wasserstoffsuperosyd (29/0)
| in flüssiger oder fester Form (Perhydrol, Peihydrit, Yatren (1—10°/),
hypertonische Kochsalz- (10°/,).oder Zuckerlösungen in die Wunde
bringt. .Um die Wirksamkeit. des Jodes rein zu erhalten, hat Urtel
empfohlen, in die Wunde je 5 ccm einer Lösung von. saurem Jod-
kali (Kalii,jod. 2,0, Acid. acet. dil. (30%) 5,0,.Aq. dest. ad 100)
und 3°/,iges Wasserstofisuperoxyd einzubringen. Es entsteht da-
durch Jodwasserstoff, der. in Gegenwart von Sauerstoff in Jod und
Wasser zerfällt. © — SP
~- Ähnlich wie die genannten: Desinfektionsmittel, nur nach-
haltiger, wirken die zur Dauerirrigation verwendeten: Kalium-
permanganat, Dakinsche Lösung oder Chloramin (Heyden). Dauer-
irrigation läßt sich gut mit der offenen Wundbehandlung kombinieren.
Von verschiedenen Autoren ist allerdings bei Anwendung längerer
Dauerirrigation über. Verätzung des Wundgewebes geklagt worden.
Man darf daher die Behandlung nicht zu lange fortsetzen, wie ja
überhaupt in der Wundbehandlung ein öfterer Wechsel der Methode
von Vorteil ist. Die Pulverantiseptika spielen bei akuten: Wund-
infektionen eine untergeordnete Rolle. .Nur das Jodoformpulver mit
seiner adstringierenden, hyperämisierenden, leükotaktischen und ge-
ringen, aber lange dauernden bakteriziden Wirkung bei Vermischung
mit Wundsekret leistet zweifellos Gutes. In der letzten Zeit ist dem
Jodoform im Yatren — ebenfalls ein Jodpräparat — ein Konkurrent
entstanden. Es ist wasserlöslich, dabei ungiftig und geruchlos.
Es wirkt ebenfalls bakterizid, . wundreinigend und. regt, wie das
Jodoform,. die Granulationsbildung in späteren Stadien an. Wenn
‘es wirklich dieselbe Wirkung in der frischen Wunde hat wie das
Jodolorm, so ist es wegen seiner Ungiftigkeit diesem deshalb vor-
zuziehen, weil bei längerem’ Jodoformgebrauch und bei Anwendung
auf größere Wundilächen sehr unangenehme Vergiftungserscheinungen
und bei manchen Menschen auch bei vorsichtigster. Anwendung
Jodekzeme entstehen. Auf größere Wundflächen und bei Höhlen-
‚wunden ‘soll man das Jodoform daher auch nur in Gestalt von
. Jodoformgaze bzw. in Form des Mikuliczschleiers anwenden.
Um die in das Gewebe bereits eingedrungenen Keime zu be-
spritzung des ganzen, Wundgebietes mit einer direkt. bakterizid
wirkenden Flüssigkeit, die aber das Gewebe nicht stärker schädigen .
“darf. Leider ist, wie schon oben. ausgeführt, ein solches Mittel bis
heute noch nicht gefunden. . - . a |
Um Einfluß auf die Abwehrkräfte des Organismus zu ge-
. kämpfen, wäre die ideale Methode die Tiefenantisepsis, die Um-
winnen, stehen uns theoretisch verschiedene Wege zur Verfügung: -.
die passive und aktive Immunisierung und die Reizkörpertherapie.
‚Die erstere. schien infolge ihrer sofortigen Wirkungsmöglichkeit nach
den Erfahrungen in der Diphtheriebehändlung zunächst erfolgver-
sprechend, hat aber gegenüber den akuten Eitererregern in der
Praxis so gut wie vollkommen versagt. Die polyvalenten Staphylo-
und Streptokokkensera (Marmoreck, Tavel u.a.) haben sich
meist als 'nutzlos erwiesen. Dasselbe gilt auch für die akuten
Anaerobierinfektionen, Auch. hierfür sind polyvalente Sera herge-
stellt worden, entsprechend den am häufigsten: vorkommenden Gas-
"infektionserregern. Im feindlichen. Ausland sind nach verschiedenen
Berichten scheinbar bessere. Erfahrungen mit solchen polyvalenten
_ Seris gemacht worden als in Deutschland. .
Leider hat auch die aktive. Immunisierung bei akuten Wund-
infektionen und Allgemeininfektionen im Stich gelassen: Die Vak-
zinebehandlung, die bei subakuten und besonders bei chronischen
_ Eiterungen so Ausgezeichnetes leistet (besonders bei Staphylomykosen
und der Kolipyelitis) kann nicht schnell genug eingeleitet‘ werden,
Soll sie in ihrer wirksamsten Form. angewendet
die bei vorsichtiger Dosierung gering ausgebildet und, kurzdauernd
‚ist, aber. doch ungünstig wirken. kann. Die Injektion von poly-
valenten fertigen, Vakzinen (Opsonogen, Staphar), die auch bei
chronischen Infektionen für weniger wirksam gelten. muß, kann zwar.
schneller nach der Verletzung stattfinden, kann aber, da die Dosie-
rung noch schwieriger ist, unter Umständen auch stärkeren Schaden
verursachen. Auch die von Makai. empfohlene Eigeneiterbehand-
lung ist hier zu nennen. . Sie. soll geringe Lokal- und Allgemein-
erscheinungen verursachen und die Leukozytose stark anregen. Der
Methode stehen bei akuten Infektionen die genannten theoretischen
Bedenken in noch höherem Grade entgegen. . |
Neben den spezifischen Vakzinen ist auch die unspezifische
Reizkörpertkerapie (Milch, Caseosan, Aolan) in der Wundinfektions-
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behandlung versucht worden. Auch sie hat bei akuten Infektionen
wenig Aussicht auf Erfolg und auch tatsächlich wenig geleistet.
Zwar sind bei den verschiedensten akuten Infektionen Heilungen
im Anschluß an die Injektionen beobachtet worden, aber die Be-
urteilung des post oder propter ist kaum möglich. Dagegen sind
die Erfolge bei länger dauernden Eiterungen, bei schlechter Granu-
lationsbildung, resistenten Fisteln und. anderen verzögerten Heilungs-
vorgängen nach der ‚unspezifischen Reizkörpertherapie oft ausge-
zeichnet. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Erzeugung: von asep-
tischen Abszessen durch subkutane Injektion chemischer Reizmittel.
An erster Stelle steht hier das Terpentin (Wederhake) und andere .
Terpentinpräparate, besonders das Terpichin- und Tereben (Merck);
aber auch andere Präparate sind zur Anwendung gekommen, wie
z. B. das Argochrom (Rolly). Die Beurteilung der ‚beschriebenen
Heilerfolge ist sehr schwierig und neben den vereinzelten Erfolgen
sind so zahlreiche Mißerfolge beobachtet worden, daß es ratsam ist;
nicht zu sehr auf den Einfluß der Reizabszeßbildung zu vertrauen,
zumal von mancher Seite (Hermstein) behauptet wird, daß die
wir starke Gelbfärbung der Haut und auch leichte Nierenschädigungen
und Temperatursteigerungen gesehen. Im übrigen hatten wir den
Eindruck einiger guter Erfolge bei unklaren septischen Erkrankungen,
daneben aber auch vollkommene Versager. Das Flavizid (Akridin-
farbstoffe mit Methylradikalen gekoppelt) wirkt nach Langer viel
stärker bakterizid. Praktische Erfahrungen sind noch gering. Mit
Rivanol (Morgenroth) hat Hammerschlag in einigen Fällen
mit 100 cem einer 1—2°/,igen Lösung an mehreren Tagen hinter-
einander gute Erfolge gesehen,: wenn die Erkrankung nicht durch
Streptokokken bedingt war. Bei Streptokokkensepsis empfiehlt er
die Kombination von Rivanol und Antistreptokokkenserum. ’ Auch
Bumm hat in den Anfangsstadien mit ähnlicher. Kombination gute
Erfolge gehabt. — Die übrigen Farbstoffe, Anilin- und Cyanin-
präparate, Methylviolett, Brillantgrün (giftig) u. a. sind bisher fast
ausschließlich zur lokalen Wundbehandlung verwendet worden.
Zur intravenösen Injektion ist die von Pregl angegebene
kolloidale Jodiösung, besonders bei der puerperalen Sepsis, empfohlen
MOE D A , worden. Die ersten Berichte lauteten günstig. Spätere Berichte
Leukozytose verhältnismäßig wenig angeregt wird und außerdem | und unsere eigenen Erfahrungen bei septischen Allgemeinerkran-
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Wegen die gangbarsten und sichersten auszuwählen. Heute haben
wir noch kein Mittel, die ausgebrochene Wundinfektion absolut sicher
zu beseitigen. Umsomehr müssen wir versuchen, den Wundschutz,
der uns ja in frischen Fällen so gut wie immer gelingt, durch-
zuführen. Mechanische und chemische Wundantisepsis im oben an-
gedeuteten Sinne bietet einen solchen fast absolut sicheren Wund-
schutz. Um ihn durchführen zu können, ist für möglichste Ver-
: ie ee " aß breitung dieser Anschauung auch im Laienpublikum zu sorgen, da
zichten dürfen, da doch immer wieder über günstig verlaufene Fälle | der beste Wundschutz gegen bakterielle Infektion zeitlich beschränkt
berichtet wird. Solange wir kein sicher wirkendes. Mittel kennen ist. Zwar wäre es falsch, bei Fällen, die erst 6—8 Stunden nach
und ‚nicht Schädigungen des Organismus beobachtet werden, kann der Verletzung in Behandlung kommen, die Hände in den Schoß
jedenfalls ein Versuch gemacht werden. I ee zu legen in der Annahme, daß die in die Wundränder eingedrungenen
. Noch einige Worte über die Versuche der Sterilisatio magna. | Bakterien nun sich akklimatisiert und die örtlichen Grenzen über-
Wie schon einleitend gesagt, sind solche Versuche in den letzten | schritten haben. Auch nach noch viel längerer Zeit (20 und mehr
_ Jahren .mit den verschiedensten Mitteln zur Anwendung gekommen. Stunden) kann es gelingen, eine Wunde zur reaktionslosen Heilung
.Mehr örtlicher Art waren die Versuche, durch Einspritzung von | zu bringen, wenn die Wundränder exzidiert und vielleicht einge-
Desinfektionsmitteln in die abgesperrte Blutbahn einer verletzten | drungene Fremdkörper oder nekrotisches Gewebe entfernt werden
Extremität die Abtötung der eingedrungenen Bakterien zu erzielen. | konnte. Aber die Bedingungen liegen doch wesentlich ungünstige.
Vom Venen- und Arteriensystem aus hoffte man Einfluß auf das | Auch wenn eine Infektion bereits eingetreten ist, müssen. wir nach
Infektionsgebiet zu- bekommen. Die Erfolge waren gering, der | denselben Prinzipien vorgehen und möglichste Klarheit aller Wand-
Schaden oft groß, so daß diese Versuche wieder aufgegeben wurden | yerhältnisse schaffen. Ist das geschehen,‘ so hat auch heute noch
(Bier, Keppler, Breslauer, Manninger, Nyström, Stutzin). | allgemeine und örtliche Ruhigstellung als das beste Mittel zu
- Weniger gefährlich ist die Inj
Heilerfolge erzielt haben. In chronisch verlaufenden Fällen mag
man auf diese Weise vielleicht etwas ausrichten, in akuten wird
man damit zu spät kommen. > =. > 7
In der Behandlung akuter Wundinfektionen und ihrer Folge-
erscheinungen ist also leider bisher auch mit der Anregung der
‚Abwehrkräfte des Organismus nicht viel erreicht worden. Trotzdem
werden wir auf diese Methoden in schwierigen Fällen nicht ver-
Urin,
Be nur die Leukozytose wirksam ist, die durch den die Infektion her- | kungen ließen erkennen, daß das Präparat, das lokal und im Peri-
Mn ko Ai vorrufenden Erreger zustandekommt. \ | toneum bei leichteren und besonders bei beginnenden Infektionen so
ba igna $ Der Gedanke, die Abwehrkräfte zu stärken, liegt auch den | Ausgezeichnetes leistet, nicht imstande ist, die erwarteten Hoffnungen
MEERE NEN ‚Versuchen, allgemein-septische Erkrankungen durch Bluttransfusion | zu erfüllen. - Ni ca |
a AVATUS E zu beeinflussen, zugrunde. Von deutschen, englischen und a ‚Wir sehen aus der Zusammenstellung, daß wir in vieler Be-
Eo TRA T - er ne D en een Mein _ ziehung in der Wundbehandlung nach ausgebrochener Wundinfektion,
Bey af iR a: eisen sicher NE aon Erfol zu erzielen Wir haben | bason ders ye den i septischen Allgemeinerkrankungen nok der vielen
Peer sogar gelegentlich eher eine schädi Ends Wirkung beobachtet geleistete g Arbeit a och Bes den Anfängen stehen. - Aber diese An-
EENEN RA S Sa BE EBONITE. aa lisch 5 d ik eh Aut -fänge sind teilweise vielversprechend und durch die Sammlung
BERGER IS in ‚(Hämaturie). Die genannten englisc T akai a Teen 5 er weiterer experimenteller und klinischer Erfahrungen und gewissen-
ES. empfahlen, ‚den Spender vorher mit Vakzine des Smplängers oder | hafter Beobachtungen wird es gelingen, aus den vielen vorgeschlagenen
E auch polyvalenter Vakzine vorzubereiten und wollen dadurch gute
HERNE
' Injektion in den Gesamikreislauf | gelten, um den Prozeß zu lokalisieren. Auch wenn schon die ört-
vom. Venensystem aus. Auch scheinen die Erfolge bei Sepsislällen | lichen Grenzen überschritten sind und der regionäre Lymphapparat
‚unklarer Ursache, aber auch bei bekanntem Herd oft überraschend | befallen würde oder gar eine Allgemeininfektion eingetreten ist,
gut zu sein. Die angewendeten Desinfektionsmittel sind ‚nicht gleich- gelingt es glücklicherweise in den meisten Fällen, durch diese Be-
wertig. Am wenigsten haben sich das Kollargol (Credé) und die | handlung der Infektion soweit Herr zu werden, daß sie als Herd-
anderen kolloidalen Metallpräparate bewährt (Dispargen, Elektrargol, | erkrankung abläuft. Die Ausschaltung der Hauptquelle vermag
Fulmargin), .da sie nach den Untersuchungen von Brunner und | eben doch noch .am. besten dem Organismus den Kampf mit den
Cohn und Becker sehr geringe bakterizide Kräfte haben. Mit | bereits eingedrungenen Keimen zu ermöglichen. Mit welchen Mitteln
Jodkollargol hat Corinth in manchen Fällen Heilungen und Besse-
n at VOrIN ' i >- | wir dabei durch -direkte Abtötung der Keime bzw. durch Unter-
n. rungen nach intravenöser Anwendung erzielt. In Verbindung mit | stützung der Abwehrkräfte nachhelfen können, ist oben ausgeführt
Er Methylenblau (Argochrom) (Merck) sind mit Kollargol von Bau- | und muß sich im einzelnen Falle nach den gegebenen Verhältnissen
AT mann u.a. gute Erfolge gesehen worden (0,1—0,2 g in stark ver- | richt
ar N T puron vn ST an on richten.
BER: | 1. i Ö —- — iņtr in 2— | Ä |
Ba dünnter Lösung Cu: a Eh - Literatur: Balkbausen, Kl. W. 1922, 1860. — Baumann, M; m. W. 1923,
MR: | wiederholt). ne u | IE 731 u. 735; Ther. d. Gegenw, 1920, 61, 188; K1. W. 1922, S. 2472. — Beck, M. KL 1928,
PORRE - Sicherer im Erfolg scheinen die Farbstoffpräparate, besonders | 905. — Becker, Zbl. £. Gymäkol. 1921, 8.1218, — Bier, B. kl. W. 1917, Nr. 80. =
ee |. die Akridinfarbstofie Trypaflavin, Proflavin, Flavizid (Langer) und ae m u — Bris ner a nn
FRE a RE P . è e ` ` a ee en j k
er Ar t die Kombination mit Silber Argoflavin (Leschke). Besonders über | Bumm, M. KI 198,1. — Burkhard und Dorn, Brans Beitr. z. kliv. Chir. 1920,
ee an Pun “U í « P . . . wi . . or amey . à 3 . . . .
| parohi ET = das Trypaflavin liegen viele günstige Berichte vor und zwar auf | 119,617. — Carrel, Journ.’ of exp. med. 1921, 34,425. — Corinth, Fortschr. d. Med.
ER - Grund experimenteller und klinischer Untersuchungen (Neufeld, | 1923, 41, 61. — Dietrich, D. m. W, 1920, 1080. ~ Dührsson, M. m, W. 1922, 504. m
ee IAA . Schiemann und Baumgarten, Feiler, Burkhard und Dorn, | Feiler, Zschr. i. Immunforschg. u. exp. Ther. 1920, 30,95; D. Zschr. £. Ohir. 1921, i
ECRI o ; DE \ Ä „23 | 879. — Fründ, Beitr. z. klin. Chir. 1918, 114, 32; M. m. W. 1919, 524. — Fiy, B1
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DE Ea . stark bakterizid und ist relativ ungiftig, so daß es in großen Dosen | 1920, 176.— Hammerschlag, Mschr. f. Geburtsh. u, Gyn. 1922,80.— Hermstein.
| en |. gegeben werden kann. 0,2—0,8 g in 0,5—2°/ iger Lösung sind ohne |. Zbl. eh Se ae — Herzberg, Kl. W. 1922, 1830. — Keppler, ee
S HIRSI Schaden und ohne stärkere Nebenwirkungen vertragen worden. Bei es 1918, 497; D m W. 1dan 1388, Chir Kong: en 1922 En N mW 2,
BREI.) | > - sti i l Ko $ Aano nnd: e 1921, 1888; “ r = ne
| a A MaE _ - stärkerer Konzentration (40 cem einer 2—5°/,igen Lösung) haben | 206. — Langer, D. m. W. 1920, 1016 u. 1148. — Laqueur, Ergebn. d. inn. Med. u,
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- 21. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
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sohn, Immunität, Immunodiagnostik und aktive Immunisierung im Dienste der
Chirurgie. Neue deutsche Chir. 31. Stuttgart 1924. i
- Abhandlungen.
Aus der Städtischen Krankenanstalt Kiel
(Dirigierender Arzt: Prof. G. Hoppe-Seyler).
Über Hautfunktion und Intrakutaninjektion.*)
Von Dr. med. Ferdinand Hofi.
er Wenn ich in Kürze über Hautfunktion und Intrakutaninjektion
. sprechen soll, so muß ich mich in Einzelheiten und Literaturangaben
. auf das beschränken, was zu eigenen Arbeiten (1—4) Beziehung hat.
Zunächst werde ich in Kürze die grundlegende Frage besprechen,
ob der Haut eine Sonderfunktion zukommt, die sich auf den übrigen
Körper auswirkt, und ob diese Sonderfunktion für die Wirkung der
Intrakutantherapie eine Bedeutung hat. Diese Erwägung ist nötig,
weil bis in die jüngste Zeit von manchen Autoren eine derartige
Sonderfunktion der Haut bestritten wird. Als Argumente für eine
solche Sonderfunktion der Haut will ich nicht die zahlreichen
‘ allgemeinen Gesichtspunkte zusammenstellen, die ich andernorts
vorgebracht habe, sondern mich auf die Tatsachen beschränken, die
man in gewissem Sinne als experimentellen Beweis für die Sonder-
funktion ansehen kann. Mit Recht wurde darauf hingewiesen (5),
daß ein solcher Beweis eigentlich schon in der klassischen Pocken-
impfung Jenners vorliegt. Sind wir doch gewöhnt, uns hier den
immunisierenden Impfschutz als von der Haut ausgehend vorzustellen,
und würde doch niemand auf den Gedanken kommen, vollvirulente
‘ Lymphe anstatt in die Haut unter die Haut dem Körper ein-
- zuverleiben. Auf dieser Jennerschen Impfung und damit auf der
Vorstellung einer Sonderfunktion der Haut im immun-biologischen
Sinne baut sich die neue Böhmesche Rotlaufschutzimpfung auf.
Bei den 385000 Impfungen, die, wie Böhme mir mitteilt, bisher
gemacht sind, tritt eine immunisierende Wirkung ein, ohne daß
eine allgemeine Infektion (Erreger im Blut), die man bisher für die
. Rotlaufimmunität für nötig hielt, eintritt (6). Der Impfschutz geht
nur von der Haut aus in Nachahmung der Backstein-Blattern, die
als milde Rotlaufform: schon immer bekannt waren, und deren
milder Verlauf nach Böhme nicht durch geringere Virulenz der
Erreger, sondern durch die Lokalisation in der Haut erklärt ist.
An die auffallende Tatsache, daß im allgemeinen Dauerimmunität
nur bei Infektionskrankheiten mit obligatorischer Dermotropie ein-
tritt, sei als an ein wichtiges anderes Argument nur erinnert. Auch
das Ergebnis Besredkas (5) vom Pasteur-Institut gehört hierher,
daß Immunität gegen Milzbrand, die bei Meerschweinchen bisher
‘nicht zu erzielen war, nur durch Impfung der Haut. zu erzielen ist.
Nach Besredka beweist dies die „Autonomie de la peau“. Ein
äußerst wichtiges Argument aber für eine Sonderfunktion der
Haut ist das von E. F. Müller und Nevermann zuerst gesehene
Phänomen der Gonokokkenprovokation durch Intrakutaninjektion
minimaler Mengen unspezifischer Stoffe. Dies Phänomen, das ich
In ausgedehnten Untersuchungen an Hunderten von Fällen, nach-
prüfen und bestätigen konnte, besteht darin, daß Intrakutaninjektion
von geringsten Mengen von Aolan oder, Eigenblut”usw. eine Gono-
kokkenausschwemmung hervorruft, die durch Injektion selbst viel
größerer Mengen dergleichen Stoffe unter die Haut nicht eintritt.
Zu dieser merkwürdigen hautspezifischen Funktion kamen Befunde,
die einen entscheidenden Einfluß auf: Stoffwechselvorgänge durch
Intrakutaninjektion zeigten. Vollmer (7) wies nach, daß durch
Intrakutaninjektion von 0,1 ccm physiologischer Kochsalzlösung eine
erhebliche Herabsetzung der Säureausscheidung mit dem Urin, eine
erhebliche Veränderung der Blutzuckerwerte zu erzielen ist.. In
gemeinsamen Untersuchungen mit Heesch (14) konnte ich deutliche
erabsetzung, gelegentlich auch Vermehrung des Blutzuckers durch
Intrakutaninjektion nachweisen, deren Gesetzmäßigkeit noch nicht
zu übersehen ist, die als Tatsache unseres Erachtens aber nicht zu
bezweifeln ist. Bei subkutanen Injektionen treten diese Erscheinungen
mm
*) Nach einem auf der Gründungstagung der Nordwestdeutschen
Gesellschaft für innere Medizin in Rostock am 26. Juli 1924 gehaltenen
ortrag,
LT Fr
ee ——C nee e re ee ee ee ru, ee ee ee
nicht auı;. der Schmerz der Injektion kann demnach auch keine
Rolle spielen. Dann teilte L&vai in Budapest mit, daß Pharmaka,
intrakutan injiziert, in kleinen Dosen gleiche Wirkung haben könnten,
wie größere Dosen subkutan. E.-F. Müller (8) stellte eine ver-
längerte Wirkung des Insulins bei intrakutaner Injektion der sub-
kutanen gegenüber fest. Ein eigener experimenteller Beweis dafür,
daß ein Pharmakon intrakutan viel stärker wirkt, als subkutan, sei
angeführt. 1 mg Adrenalin subkutan macht bekanntlich nach Frey
eine sehr eigenartige zweiphasige Blutbildveränderung, im Anfang
eine starke Lymphozytenvermehrung, dann eine Vermehrung der .
Polynukleären. Diese sehr charakteristische Blutbildveränderung
konnte ich nach Yo mg Adrenalin intrakutan, d.h. mit !/ıo.der
sonst erforderlichen Dosis, sehr ausgeprägt sehen. Die relativen
Lymphozytenwerte stiegen um 9—23°/,. Das wird nicht nur für die
Frage der Hautfunktion, sondern in allgemeiner pharmakologischer
Hinsicht Interesse verdienen. Die Gesamtzahl der Leukozyten zeigte
meist nach anfänglichem Steigen eine Verringerung als Folge der
Intrakutanwirkung. — Besondere Bedeutung wurde dann schließlich‘
der merkwürdigen, von E. F. Müller gefundenen Tatsache zu-
gemessen, daß durch minimale Mengen z. B. von Aolan, intrakutan
injiziert, eine gewaltige Verringerung der Leuközyten im ‘peripheren
Blut nachweisbar. ist. Diesen Leukozytensturz durch Intrakutan-
injektion habe ich in 120 Fällen genau studieren können. Die
Abnahme beträgt im Durchschnitt.26°/, der Leukozytenzahl vor
dem Versuch, manchmal weit mehr; also ein gewaltiger, von der
Haut ausgehender Einfluß auf das Blut. Besonders aber scheint
mir diese Sonderfunktion der Haut und ihr Einfluß auf.den übrigen
Körper hervorzugehen aus den diagnostischen und therapeutischen
Ergebnissen, die ich nachher zu schildern habe. Es sei schon jetzt
gesagt, daß die Wirkungen, z. B. das Verschwinden von Schmerzen,
nur eintritt, wenn die Injektionen exakt intrakutan ausgeführt
werden, daß ein Abfließen des Injektionsmittels unter die Haut eine
Wirkung. vereitelt. | po 7
Für die Deutung dieser vielgestaltigen, von der Haüt aus-
zulösenden Vorgänge ist das vegetative Nervensystem sehr in den
Vordergrund: geschoben worden. Es hat zweifellos seine Bedeutung
hierbei, wie z. B. aus der von mir gefundenen regelmäßigen Blut-
drucksenkung nach Intrakutaninjektionen hervorgeht. Von vorn-
herein habe ich mich aber gegen eine einseitige Erklärung dieser
Vorgänge als einen parasympathischen Reiz ausgesprochen. Die .
hierfür angeführten Beweise, aufgebaut auf dem Einfluß von.
Adrenalin und Pilokarpin usw. glaube ich z. T. widerlegt zu haben.
Die Tatsache, daß Atropin intrakutan einzelne der genannten
Reaktionen verhindert, beweist nicht einen Parasympathikusreiz,
denn Atropin intrakutan verhindert z. B. nicht den Einfluß auf den
Blutzuckerwert. Die Bedeutung des vegetativen Nervensystems für
diese Vorgänge habe ich in ausführlichen Arbeiten erörtert. Genaue
Wiedergabe ihres Inhaltes würde zu weit führen. Vagus und Sym-
pathikus können m. E. nicht allein den Leukozytensturz nach Intra-
kutaninjektion mit seinem wechselnden Einfluß auf die verschiedenen
Zellarten, viel weniger noch manche der sonst hier untersuchten
Phänomene erklären. Biologische Einflüsse mannigfaltiger Art,
physikalisch-chemische Wirkungen, Wirkungen von Hormonen und
vor allem Vorgänge immunisatorischer Art müssen hieran teilhaben.
Die Berechtigung dieser Auffassung wird sich z. T. aus den Aus-
führungen über Diagnose und Therapie ergeben. Wenn man in
dieser Weise die Wirkung der Intrakutaninjektion nicht unter dem
meines Erachtens zu engen Gesichtswinkel des vegetativen Nerven-
systems sieht, erst dann ergeben sich die diagnostischen und
therapeutischen Möglichkeiten, welche im Folgenden ausgeführt sind.
Sie gehen über die Bedeutung eines Vagus- oder Sympathikus-
reizes, das würde heißen, über die Wirkung von Adrenalin- und Pilo-
karpininjektionen weit hinaus. Ich komme zu diesen diagnostischen
und therapeutischen Ergebnissen.
Zu unterscheiden. sind hier Intrakutaninjektion mit unspezifi-
. schen und mit spezifischen Mitteln. An unspezifischen Mitteln
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
Le
benutzte ich Aolan, Kaseosan und Eigenblut. Die Wirkung dieser |
Mittel ist insofern gleich, als alle die genannten Sonderfunktionen
der Haut auslösen. Gewisse Unterschiede sind aber doch durch
die Art des Injektionsmittels bedingt. So wurden vom Kaseosan
besonders gute Erfolge bei Gelenkaffektionen gesehen. Eigenblut
und Aolan zeigen große Ähnlichkeit in der Wirkung. Beide sind
zur Gonokokkenprovokation und zur Behandlung gonorrhoischer
Komplikation besonders geeignet. Intrakutane Eigenblutinjektion
führte zu besonders guten Ergebnissen bei Hautkrankheiten. Das
Blut wird aus der Vene des Kranken mit Spritze entnommen und
sofort wieder intrakutan injiziert. Die Wirkung der unspezifischen
Intrakutaninjektion mit diesen Mitteln unterscheidet sich- trotz
mancher Ähnlichkeiten wesentlich von der sonst üblichen Protein-
körper- bzw. Schwellenreiztherapie: die Wirkung tritt schon bei
minimalsten sonst unwirksamen Dosen auf, zeigt sich oft schlagartig
schon nach der ersten Injektion, kennt keine negative Phase mit
Herd- und Allgemeinreaktionen, Fieber usw., und zeigt schließlich
als Gegensatz zur sonstigen Proteinkörpertherapie die Phänomene
des Leukozytensturzes, der Stoffwechselbeeinflussung usw. in der
oben beschriebenen Weise. Frühere Untersuchungen über Intrakutan-
‚ therapie haben diese Unterschiede meist nicht berücksichtigt, die
Ergebnisse nur mit den Theorien der Proteinkörpertherapie erklärt.
Kasuistische Mitteilungen würden zu weit führen. Es sei nur
kurz darauf hingewiesen, daß z. T. äußerst günstige Ergebnisse bei
den drei Erkrankungsgruppen, Gonorrhoe, Gelenkafiektionen und
Hautaffektionen gesehen wurden. Versager kommen vor, wie bei
jeder Methode. Schädigungen haben wir noch nie gesehen. Unser
Material ist ziemlich groß, da mein Chef, Herr Prof. Hoppe-Seyler,
seit etwa 11/, Jahren bei allen geeignet erscheinenden Fällen in
unserer Anstalt diese Behandlung durchführen ließ. Die Injektionen
wurden halbwöchentlich oder alle zwei Tage, in letzter Zeit mit
gutem Erfolge auch täglich ausgeführt. Im allgemeinen wurden
jedesmal 2 Quaddeln intrakutan von je 0,1 cem gesetzt, nur wenn
diese nicht gerieten, andere, so daß immer 2 gute Quaddeln vor-
handen waren, da oft zu beobachten war, daß bei schlechten
Quaddeln (Abiließen ins subkutane Gewebe) kein Erfolg eintrat.
Bei Gonorrhoe ist die diagnostisch wichtige provokatorische Wirkung
zu verzeichnen, ferner ein schnelles Zurückgehen von Komplikationen.
Epididymitiden und Adnexitiden werden oft schnell schmerz- und
fieberfrei, wie besonders Heesch (14) mit Eigenblut in Fortsetzung
meiner Untersuchungen feststellte. Bei Gelenkkrankheiten sahen
wir weniger bei polyartikulären Fällen günstigen Einfluß, sehr gute
Erfolge aber bei Monarthritis. Fälle, die z. T. wochenlang ohne
Erfolg mit Salizyl usw. behandelt waren, wurden mehrfach nach
der ersten oder zweiten Injektion, ohne daß zunächst Verschlimme-
rung eintrat, schmerzfrei. Zunächst haben wir, um nichts zu ver-
säumen, während der Intrakutantherapie Salizyl weitergegeben. In
letzter Zeit hatten wir auch gute Erfolge bei Gelenkerkrankungen
nur mit Intrakutantherapie (meist Kaseosan) ohne Salizyl. Bei
Arthritis deformans sahen wir häufiger Verschwinden der Schmerzen.
Oft wurden die Gelenke beweglicher. Recht gut sprechen auch
gonorrhoische Gelenkerkrankungen an. l
Besonders einleuchtend erscheint die Bekämpfung von Haut-
erkrankungen von der Haut selber aus mit der beschriebenen
Therapie. Auch hier sahen wir häufig deutliche Wirkung schon
der ersten Injektion, auch bei Fällen, die wochen- oder gar monate-
lang spezialistisch ohne Erfolg behandelt waren. Das Eigenblut
bewährte sich hier, wie gesagt, ganz besonders. Erfolge sahen wir
bei Dermatitis und Ekzemen (auch Salvarsan-Dermatitis schwerster
Art), bei Psoriasis, Trichophytie, Erysipel und Erysipeloid.
Da das letztgenannte Krankheitsbild, das Erysipeloid, durch die
Arbeit von v. Redwitz (9) neuerdings wieder besonderes Interesse
findet, sei hier ausnahmsweise in Kürze ein Fall angeführt, dessen
Mitteilung ich einem Kollegen verdanke: Erysipeloid eines Zeigelingers
mit den typischen Erscheinungen, die v. Redwitz schildert, 4 Tage
unter Rubigstellung und feuchten Verbänden fortschreitend und auf die
Hand übergehend. Dann 2 Quaddeln Eigenblut (je 0,1 ccm) intrakutan,
darauf ohne anfängliche Verschlimmerung gleich Stillstand,
1, Woche wiederum 2 Quaddeln Eigenblut intrakutan, Heilung.
Wenn wir diese Ergebnisse der unspezifschen Intrakutan-
therapie als unter Mitwirkung einer Sonderfunktion der Haut ent-
standen betrachten, so ist es einleuchtend, daß wir eine Wirkung
dieser Sonderfunktion auch bei den Methoden anzunehmen haben, bei
denen spezifische Stoffe auf die Haut einwirken. Ich denke an die
Methoden, durch die wir in wunderbarer Weise die Widerstands-
kraft des Körpers gegen Tuberkulose an Hautreaktionen ablesen
können, an die Diphterie-Diagnostik von Schick und an manche
andere Methoden. Von unseren Versuchen mit Intrakutaninjektion
nach
21. September
spezifischer Stoffe soll nur auf den Versuch einer intrakutanen
Krebs-Diagnostik eingegangen werden. Daß zwischen Hautfunktion
und Krebs enge Beziehungen bestehen, erschien aus manchen
andernorts genau dargestellten Gründen sehr wahrscheinlich. Es
wurden, ausgehend von Untersuchungen von Mertens, bei Krebs-
kranken intrakutane Injektionen mit Seren gemacht, die von anderen
röntgenbestrahlten Krebskranken stammten. Diese Hautreaktionen
mit Krebsserum wurden mit den Reaktionen von Normalserum ver-
glichen. Dabei ergab das Krebsserum offenbar diagnostisch brauch-
bare, positive Reaktionen. Bisher wurden in dieser Weise 58 Reak-
tionen angestellt, meist an Kranken, bei denen Krebsverdacht vorlag.
Inzwischen ausgeführte Sektionen oder eindeutiger Krankheitsverlauf
erwiesen, daß von 28 Reaktionen an Krebskranken 25 positiv waren,
daß von 30 Reaktionen an Krebsfreien 25 negativ waren. Für eine
biologische Methode bedeutet das zweifellos ein gutes Überein-
stimmen zwischen Reaktion und Krankheitsprozeß. Für die wenigen
Fälle mit anscheinend unrichtigen Ergebnissen ließen sich auch
biologische Ursachen anführen, so daß auch hier nicht blinder Zu-
fall der Methode vorliegt. Hierauf soll nicht weiter eingegangen
werden. Besonders wichtig aber ist, daß an den Injektionsstellen
mit Krebsserum gegenüber den Stellen mit Normalserum histo-
logische Veränderungen im Bindegewebe sichtbar waren. Diese
histologischen Veränderungen zeigten große Ahnlichkeit mit den
Veränderungen, welche Bierich bei der. Entstehung des Teer-
krebses in der Haut nachwies. Es handelt sich hier also scheinbar
um für den Krebs spezifische Vorgänge, die hier. am Lebenden
durch Intrakutaninjektion von Krebsserum in der Haut erzielt und
histologisch nachgewiesen werden konnten. Genaueres über diese
Methode, die meines Erachtens für die Krebsdiagnostik und für die
Beziehung zwischen Haut und Krebs von Bedeutung ist, habe ich
bereits in einer Arbeit (4) ausgeführt.
Ich nehme an, daß bei den geschilderten Vorgängen die Haut
in ihrer Gesamtheit als Organ in Funktion: tritt. -Hierfür spricht
unter anderem, daß bei Tuberkulinimpfungen die Stellen früherer
Tuberkulinbautimpfungen an anderen Körperteilen eine wieder-
aufflammende Reaktion zeigen, auch spricht dafür das Ergebnis von
Andersen (10), daß beim Erysipel. nicht nur in dem erkrankten
Hautgebiet, sondern überall in der Haut eine Kochsalzanreicherung
eintritt. Die Reaktionsfähigkeit der Haut ist aber doch an den
verschiedenen Körperstellen verschieden, wie ich mich bei Nach-
rüfung der isotopischen Tuberkulinimpfung von Stoeltzner
(11 u. 12) überzeugen konnte. Hierbei konnte ich entsprechend den
Angaben Stoeltzners an der isotopisch wiederholten Impfung die
charakteristischen Veränderungen der Reaktionsstärke an der gleichen
Impfstelle nachweisen. An gleichzeitig an anderen wechselnden
Körpergegenden angestellten Pirquet-Impfungen mit Tuberkulin
konnte ich aber eine gleichartige Schwankung der Reaktionsstärke
entsprechend der isotopischen Reaktion, die ich zunächst theoretisch
annahm, nicht feststellen. Da bei isotopischer Impfung die ver-
änderte Reaktionsstärke auf Tuberkulin auf die frühere Tuberkulin-
impfung an dieser Stelle zurückzuführen ist, erschien es mir mög-
lich, daß die Stärke einer Tuberkulinreaktion grundsätzlich von der
mehr oder weniger großen Nähe eines tuberkulösen Herdes zu dieser l
Reaktion abhängig sein könnte. Eine Tuberkulinbautreaktion müßte
dann in Nähe eines Tuberkuloseherdes anders ausfallen, als an
einer anderen Stelle. Eine derartige Veränderung der Hautreaktions-
fähigkeit schien auch deshalb möglich, weil man bekanntlich an der
Haut über einem Tuberkuloseberd oft lokale Schweiße oder lokale
Temperatursteigerungen feststellen kann. Es wurden also bei ein-
seitigen Lungentuberkulosen in die Haut über den Lungenspitzen,
d. h. unter dem medialen Drittel der Klavikula beiderseits intrakutan
Tuberkulininjektionen gemacht. Hierbei ergab sich in einer ganzen
Reihe von Fällen eine geringe, aber deutliche Vergrößerung der
Tuberkulinreaktion (Größe, Infiltration) auf der kranken Seite, 50 daß
bei mir unbekannten und nicht von mir untersuchten Kranken die
erkrankte Seite angegeben werden konnte. Einwandireie Intrakutan-
technik und unbedingt gleiche Größe der Quaddeln ist natürlich
hier besonders nötig. Ich benutzte bisher Alttuberkulin in Ver-
dünnung i : 50000. Die Stärke der Reaktion ist natürlich gleich-
zeitig in der üblichen Weise diagnostisch brauchbar. Bei unserem
Material mit meist doppelseitigen chronischen Phthisen konnte ich
die Methode nicht genügend prüfen, um über die diagnostische
Brauchbarkeit ein sicheres Urteil zu haben. Weil die Möglichkeit
der Nachprüfung an anderen Orten (z. B. Lungenfürsorgestelle) weit
besser ist, teile ich schon dies vorläufige Ergebnis mit. — Die zuletzi-
genannten Unterschiede der Hautreaktionsstärke sind m. E. nicht,
wenigstens nicht allein, auf spezifische Tuberkulinwirkung und.
binid
sprechen; so Inüssen wir uns dessen bewußt bleiben, däß wir damit
-eine Umwertung: der ‘Begriffe geschaffen haben. Denn wir kennen
der malignen Geschwülste benutzen. Wir müssen vielmehr zunächst
. Yon der Annahme ausgehen, daß die Geschwulstzellen selbst als
~ llen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Aus solchen Vor-
Sellingen heraus. hat v. Wassermann die von ihm beobachtete
= Heilung von Mäusekarzinomen durch Eosin-Selen auf eine elektive
| Schädigung: der Tumorzellen bezogen und Neuberg und Caspary
5 daß
5 dung gebracht. Wir kennen ferner die heilende Wirkung des
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK— Nr. 88. © 02000
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Jmmunitätsvorgänge zurückzuführen, sondern: auf unspezifische -Ver-
‘änderungen, wie sie ‚bis-in die weitere Umgebung eines Krankheits-
herdes nachweisbar 'sind, z. B. an der Haut durch die Elastometrie:
- nach Schade (18), die noch in weiterer Umgebung eines entzünd-
. lichen Herdes ‘Abweichungen ergibt. rs, RB Sn
© Wenn wir die.dargestellten diagnostischen: und therapeutischen
‚Ergebnisse überblicken, so. scheinen sie mir neben den oben an:
. geführten mehr experimentellen Daten ein besonders starker Beweis
für die Sonderfunktion der Haut und. somit ` auch für die ‚Sonder: ; | k o$
, Stellung. der Intrakutantherapie. - .
Literatur: 1.Hoff, M.m.W. 1928, Nr.41. — 2. Hoff und Waller, M.m.W. =
. 19238, Nr, 22, — 8. Hoff und Sievers, M.m.W. 1924, Nr. 10.. — 4. Hoff, M.m.W.
1924,. Nr. 25. — (Bei 1 bis-4 weitere Literaturangaben). — 5. Böhme, Zschr. f. d.
' ges.exp. Med. Bd. 40. — 6. Haubold, Tierärztl. Rundsch. 1924, Nr. 1. — 7, Vollmer, `
Zschr. Í. d. ges. exp. Med. Bd.40. — 8. Müller, M.m. W. 1924, Nr.25. — 9. v.Redwitz,
M. m.W. 1924, Nr. 14. — 10. Andersen, M.m.W. 1924, Nr. 28. — 11. Stoeltzner,..
M. m. W.1923, Nr.21.— 12. Derselbe, M. m. W..1923, Nr. 40. — 18. Schade, Die phys,
Chemie i. à. inn. Medizin. Steinkopff, 3. Auil., 3.678. —14: Hoesch, KI. W.1924,Nr.15, °° ` Se
__ Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
. Aus dem. Institut für. Krebsforschung: der Charité in Berlin. - | und Arsen wirken. auch auf. aktinomykotische Tumoren. -Bei ‘den - : _
. | malignen Geschwülsten des.Menschen haben wir ebenfalls zuweilen . >
mehr oder minder intensive Hemmungen des Tumorwachstums nach -~
Arsen-, Jód- und Silberpräparaten beobachtet, und es kommt sogar
.. . (Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. Ferd. Blumenthal):
Über die Verwendung einer Cerium-Jodverbindung -|
(Introcid) in der Therapie der Geschwulstbildungen. _
Ein Beitrag zur Frage der Chemotherapie der Tumoren.
u a : us . Von Prof. Dr. Carl Lewin. Br a R
‘Der Begriff der Chemotherapie ist der Lehre von den-
' Infektionskránkheiten entnommen; ihre Grundlagen: haben experi-
. “mentell und praktisch die Arbeiten von Ehrlich, Kolle, Möıgen-
- ‚roth, Ublenhuth u.a. geschaffen. Wir bezeichnen danach als
Chemotherapie die therapeutische Verwendung, solcher chemischer
Substanzen, die wir meist auf dem Wege der Blutbahn, aber auch
subkutan oder intramuskulär oder peroral, dem erkrankten Organismus
. zuführen, um die Erreger der Erkrankung, also’ körperfremde Para-
siten mannigfachster ‘Art, direkt zu vernichten, ohne daß wir den
..Körper selbst in nennenswertem Grade schädigen. ‘Wenn wir nun
bei den‘ malignen G@eschwülsten von. einer Chemotherapie
bisher keinen spezifischen Erreger der malignen Tumoren. Bestimmt
wissen wir nur, und- das ist.der. Fortschritt, den uns die letzten
-Jahre der experimentellen Geschwulstforschung gebracht haben, daß
‚Parasiten mannigfachster Art,. seien sie nun makroskopischer oder-
mikrosköpischer Natur, . bei der Entstehung maligner Geschwülste
` ätiologisch' eine Rolle spielen können. "Diese Auffassung, die ich
‚au Grund meiner- eigenen ‚Arbeiten immer vertreten habe,, ist durch
' die Experimente von’ Fibiger, Bullock und Curtiss, Jensen, in
| jüngster Zeit -auch durch die bedeutsamen Befunde von F. Blumen-
thal, Auler und: Paula Meyer mit Sicherheit erwiesen worden.
Die ‚zeigen uns, daß die: verschiedensten makroskopischen und.mikro-
skopischen Parasiten auf. dem Wege über die Entzündung, also über
die: chronische ‘Reizung, normale: Körperzellen zu maligner Ent-
., arung bringen Können. Aber wir können diese Befunde bis jetzt
‚Asch nicht zur Grundlage einer chemotherapeutischen Beeinflussung
„Erreger“ aufzufassen. sind, so daß also gewisse chemische- Sub-
stanzen schädigend lediglich auf sie als den körperfremd gewordenen
„Parasiten“ einwirkerr, während alle anderen lebenswichtigen Körper-
‚haben die gleiche Erklärung für das Verschwinden der malignen
‚Tumoren bei Ratten und. Mäusen nach. Injektion. von gewissen
Metallsalzen gegeben. Wenn aber nun eine spezifische ‚Schädigung
maligner Zellen durch chemische Substanzen irgendwelcher Art als
Chemotherapie :bezeichnet wird,.so können wir selbstverstäudlich
„Aich bei anderen Geschwulstbildungen, ‘die durch chemische Mittel
Sich beeinflussen’ lassen, ganz gleich, welches auch immer ihre
Aliologie ist,: von. Chemotherapie sprechen, obwohl wir in den Zellen
dieser Geschwülste „parasitäre Gebilde“, _fremdartig gewordene :
Orperzellen bisher nicht gesehen haben. In der Tat. wissen wir,
. bestimmte chemische ‚Substanzen auf die mannigfaltigsten
Omen ‘von. Geschwülsten einwirken und in den Organismus
in manchen Fällen, ‚wie ich in Übereinstimmung mit F. Blumen-"
thal wiederholt . berichten konnte, zu weitgehender Verkleinerung `> ` -.
selbst größerer und, wenn auch selten, zur völligen Rückbildung
kleinerer Tumoren. Daß die Einwirkung der gleichen Medikamente
‘auf alle diese verschiedenartigen Geschwulstbildungen in sehr ver-
‚schiedener Intensität vor sich geht, findet eine vollkommene Analogie _
in der verschiedenartigen Wirkung der Röntgen- und Radiumstrahlen :
auf’ die gleichen Formen von Tumoren. Nun erhebt sich. jedoch
die. Frage, ob es sich in allen diesen Fällen wirklich um eine direkt
‚gegen die die Geschwulst aufbauenden. Zellen von der chemischen
Substanz gerichtete Einwirkung handelt.
- Von:den Röntgenstrahlen wissen wir sicher, daß
Versuchsreihen an Menschen- und Tiergeschwülsten Opitz. und seine
"Schüler haben die Auffassung vertreten, daß nicht eine direkte i
Zellschädigung- durch die Bestrahlung eintritt, sondern. daß :allge-
meine Reaktionen im. Organismus zustande - kommen, welche die
Zellen der Geschwulst vernichten. Es wird denn auch ganz allgemein
anerkannt, daß neben einer direkten, die Geschwulstzellen schädi- - :
genden Wirkung der Röntgen-und Radiumstrahlen auch eine Allgemein-
wirkung auf den Körper’ durch sie. ausgelöst- wird, . welche einen
. wesentlichen Anteil an dem Erfolge -der Bestrahlung hat: -Diese ` `
Allgemeinwirkung ist ungefähr zu vergleichen mit der Proteinkörper-
therapie, bei der ja auch eine Verstärkung oder Anregung der Ab- '
'wehrkräfte des Organismus. den gewünschten Erfolg hervorrufen soll.
| Was wissen wir nun von einer direkten Zellschädigung von
Geschwulstbildungen durch chemische Substanzen? Für unsere Be-
trachtung kommt hier ausschließlich das Arsen und: das Jod: in.
Frage., Man müßte doch annehmen, daß, wenn eine direkte Wirkung
überhaupt vor sich geht,- zum .mindesten eine. besondere Affinität
‚zu dem kranken Gewebe nachweisbar sein müßte,.aus der eine be-
sonders intensive Einwirkung von Jod und Arsen auf die. Zellen
der Geschwulst geschlossen ‚werden könnte. Vom Arsen, dem. doch
zweifellos eine Wirkung auf syphilitische Geschwälste, aufleukämische -
und pseudoleukämische Tumoren, auch auf echte Neoplasmen und -`
hier wieder insbesondere auf Sarkome zukommt, .ist aber nichts
' bekannt, was auf eine besondere Affinität dieser Geschwulstbildungen | i S
schließen läßt. Wir kennen. keine Speicherung von Arsen in diesen ..
Tumoren. - |
Ganz anders liegt
speichert wird, Die Frage der Ablagerung von Jod in allen anderen.
Geschwülsten, auf die. es wirkt, vor allem in den syphilitischen
. Wucherungen, ist merkwürdigerweise überhaupt noch nicht untersucht:
Es ist demnach das Jod das einzige uns bisher bekannte Medikament,
welches sich in solchen Geschwülsten abgelagert findet, auf die es
nach unseren klinischen Erfahrungen eine’ therapeutische Wirkung
ausübt. - Es schien. mir also.die Möglichkeit einer wirkungsvollen
"Chemotherapie der Jodverbindungen bei Tumoren gegeben und ich
‚gebracht, sie allein ansreif hne andere Körperzellen zu | bin auf Grund meiner klinischen Erfahrungen zu der -Überzeugüng `
schädigen, So .bilden a nn a Be "yphilttischen. gekommen, daß neben der Operation und der Bestrahlung von einer
moren. auf Jod und Jodpräparate zurück. Auch ‚durch Arsen
und. Quecksilber, ‘werden . luetische Geschwulstbildungen zur Rück-
sens-und des Benzols auf leukämische Geschwülste und wissen,
auch manche Lymphogranulome durch Arsen zurückgebildet,
en sogar gänzlich zum. Verschwinden gebracht werden. Jod
richtig durchgeführten Jodtherapie sich ein wesentlicher Fortschritt
der Geschwulstbehandlung erhoffen läßt. ` u a
Ich habe mit den allerverschiedensten J odpräparaten gearbeitet,
ohne daß ich aber sehr viel weiter gekommen: wäre. : In der letzten '
Zeit jedoch verwandte ich eine ganz neue Jodverbindung und bin
bei meinen Versuchen zu Ergebnissen gelangt, die das, was wir.
| | | sie bestimmte `
Zellen direkt vernichten können. Auch daß die Tumorzellen durch
die Bestrahlung vernichtet‘ werden können, ist heute, von allen
‚ Röntgenologen ‚anerkannt. Erst M. Fränkel- und auf Grund großer. `
nun die Sache beim Jod. Wir-wissen, daß ès
. in tuberkulösen Wucherungen in relativ großen Mengen zu finden
ist, und auch für die malignen Geschwülste hat v.d. Velden nach- |
gewiesen,‘ daß Jod in besonderem Grade in den Neoplasmen ge-- -=
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1318
bisher von der Jodbehandlung von Geschwulstbildungen gesehen
-ich angenommen, daß das Cerium im Introcid lediglich als Aktivator
haben, wesentlich übertreffen und die auch über die Erfolge von | dient.
Arsen oder anderen chemotherapeutisch versuchten Substanzen
wesentlich hinausgehen. Denn es ließen sich Erfolge mit dieser
Therapie auch bei solchen Geschwülsten beobachten, bei denen eine
Wirkung bekannter Jodpräparate bisher nicht nachzuweisen war, so
daß die Frage gestellt werden darf, ob die Jodwirkung hierbei eine
entscheidende Rolle spielt oder ob nicht der wesentliche Anteil der
Wirkung dem Gehalt des Präparates an einer therapeutisch bisher
bei Geschwülsten noch nicht verwendeten Substanz zukommt, dem
Cerium.
Es handelt sich um Versuche mit einer Verbindung von Cerium
und Jod, die als Introcid bezeichnet wird und die mir von den
Niederlausitzer Chemischen Werken in Werchow (Niederlausitz) zur
Verfügung gestellt wurde. |
Das Präparat entstammt der Idee des leitenden Chemikers der
Fabrik, des Herrn H. Potratz, der nach mühevollen Versuchen eine
Cerium-Jodlösung herstellte, die in sich steril und. bakterizid, unbegrenzt
haltbar ist und selbst in großen Dosen eine erkennbare Gifitwirkun
nicht hat. Das Introcid läßt sich subkutan, intramuskulär und intravenös
beim Menschen injizieren.
gemeinschaftlichen Versuchen mit Herrn Kollegen Erfurt in
Kottbus prüfte er das Präparat zunächst bei einer Reihe von örtlichen
und allgemeinen bakteriellen Infektionen, in der Meinung, daß es 'eine
besondere direkte antiparasitäre Wirkung im Organismus haben könnte.
Über diese Versuche will Herr Dr. Erfurt in Kürze berichten.
‘Aus den schon oben entwickelten Gründen habe ich. das
Introcid bei den verschiedensten Formen von Geschwulstbildungen
angewendet, zunächst lediglich unter. dem Gesichtspunkte der Jod-
therapie. Ich habe schon ausgeführt, daß ich der Meinung bin, es
komme dem Jod eine direkte Einwirkung auf die Geschwulstzellen
zu, und als Ausdruck dieser seiner Wirkung auf Geschwulstzellen
sehe ich seine Speicherung in tuberkulösen und malignen Wuche-
rungen an. Ob und in welcher Intensität das Jod auf diese Ge-
schwülste wirkt, hängt zunächst ab vom Grade der Jodempfindlich-
keit der Zellen, die offensichtlich bei den verschiedensten Ge-
schwülsten ganz verschieden groß ist. Wir sehen ja auch die gleichen
Unterschiede bei der Wirkung der Strablentherapie, wenn wir tuber-
kulöse und maligne Geschwulstbildungen vergleichen. Daß das Jod
nicht etwa auf einen ätiologisch in Betracht kommenden Erreger
wirkt, schließen wir aus seiner Wirkungslosigkeit gegenüber dem
Tuberkelbazillus und auch der Spirochaeta pallida Es muß also
auch die Differenz der Wirkung in den verschiedenen Geschwülsten
auf der verschiedenen Empfindlichkeit der Zellen selbst gegen das
Jod beruhen. Aber ebenso, wie wir den Röntgen- und Radium-
strahlen. neben der direkten zellschädigenden Wirkung noch eine
Auslösung allgemeiner Reaktionen im Organismus zusprechen, welche
zu einer Verstärkung der Abwehrkräfte gegen den Fremdkörper,
den die Geschwulst darstellt, führt, ganz ebenso sehen wir auch
das Jod als Auslöser von allgemeinen Reaktionen im Körper an.
Wir wissen, daß es im normalen Stoffwechsel eine wesentliche Rolle
spielt, daß es dauernd vom Körper gebraucht wird, daß sein Fehlen
zu schwersten Stoffwechselstörungen führt. Diese Jodwirkung geht
in erster Linie über die Schilddrüse und damit über die Drüsen
mit innerer Sekretion, einem der wichtigsten Faktoren für alle Stoff-
wechselvorgänge. So glauben wir, daß auch in der Jodtherapie der
. Tumoren neben einer direkten zellschädigenden Wirkung eine All-
gemeinwirkung in gleicher Weise wie bei der
Bedeutung ist.
Der Fortschritt, den wir nötig haben, mußte nun, so nahm
ich weiter an, dahin führen, daß wir das Jod in einer Form zu-
führen, die eine möglichst intensive Speicherung in den Organen
des Körpers gewährleistet. Es hat kaum einen Zweck, wie das
besonders Franz Müller betont, dem Organismus Jodmengen bei-
zubringen, die zum größten Teil sofort wieder ausgeschieden werden.
Namentlich die katalytische aktivierende Tätigkeit des Jods kann
sich nur. auswirken bei einer ausreichenden Retention des Medika-
ments im Körper. Diesen Anforderungen entspricht das Introcid
in hervorragender Weise. Nach intravenöser Injektion selbst von
5 ccm des Präparats ließ sich im Harn weder unmittelbär nach der
Injektion, noch in dem gesammelten Urin oder in den Einzelportionen
des 24-Stunden-Harns eine Jodreaktion nachweisen. Auch an den
folgenden Tagen findet es sich nicht im Harn. Demnach muß ge-
schlossen werden, daß das Jod des Introcids im Körper bleibt und
so langsam und in so kleinen Mengen ausgeschieden wird, daß es
den gewöhnlichen Methoden des Nachweises entgeht. 5
Welche Rolle nun das Cerium spielt, darüber soll am Schlusse
unserer Ausführungen noch gesprochen werden. Ursprünglich.-hatte
Strahlentherapie von
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38,
21. September
Es sollte sowohl die lokale zellenschädigende Wirkung des
Jods ebenso wie die allgemeine Verstärkung seiner zu Abwehr-
wirkungen- führenden Allgemeinreaktion durch das Cerium eine er-
hebliche Steigerung erfahren. Aber das waren Annahmen, für die
ich eine Grundlage zunächst nicht hatte, weil uns eine Pharmakologie
des Ceriums bisher vollkommen fehlt.
Therapeutisch verwendet wird Cerium bei uns überhaupt nicht.
In einigen Ländern des Auslandes wird es meist in Form des Oxalats
lats .
innerlich es und zwar bei Erbrechen der Schwangeren zu 0,5 g,
auch bei Erb
rechen aus anderen Ursachen, ferner bei Epilepsie, Chorea
und als reizmilderndes Hustenmittel bei Keuchhusten und Lungen-
L
affektionen. Es gehört bekanntlich zu den seltenen Erden und spielt
in der Fabrikation der Gasglühlichtkörper eine wichtige Rolle als
Aktivator des Thoriums. Pharmakologisch ist über Cerium bis vor
kurzem Wesentliches nicht bekannt geworden. Erst in jüngster Zeit
hat Saburo Hara, der unter er in UBER arbeitete, eine
Studie über die Pharmakologie des Ceriums veröfientlicht!), da er
mit der Möglichkeit rechnet, daß den Verbindungen des Ceriums, das,,
wie alle seltenen Erden, eine Mittelstellung einnimmt zwischen den
radioaktiven und den übrigen Elementen, noch einmal eine therapeu-
tische Bedeutung zukommen könnte. Seine Ergebnisse sind für unsere
eigenen Untersuchungen nicht wesentlich und sollen daher nicht weiter
erörtert werden. Daß das Cerium bisher so selten verwendet wurde,
liegt offenbar daran, daß es vom Magen-Darmkanal nur wenig resorbiert
wird und wegen seiner örtlich reizenden, zur Nekrose führenden
Wirkung auf die Gewebe in den bisher bekannten Lösungen seiner
Salze nicht iniiziert werden konnte.
Dagegen ist nun das Introcid, wie schon erwähnt, sowohl sub-
kutan wie intramuskulär und insbesondere intravenös zu injizieren. Bei
den subkutanen und intramuskulären Einspritzungen zeigt sich außer
einer Schmerzhaftigkeit, die aber leicht überwunden wird, keinerlei
ätzende Wirkung auf das Gewebe, vor allem niemals eine Nekrose.
Die intravenösen Injektionen werden reaktionslos vertragen, wenn man
streng intravenös injiziert und nicht daneben spritzt. Doch kommt es
zuweilen zu Reizungen der Venenwände, die schließlich die Injektion
verhindern. ohne daß ich bei vielen Hunderten von intravenösen In-
jektionen aber jemals eine ernstliche Schädigung gesehen hätte. Ich
abe neuerdings diese lokale Reizung erheblich einschränken können
durch Herstellung einer viskösen Lösung des Introcids.. Um die ört-
liche Reizung der Venenwände abzuschwächen, empfehle ich außerdem,
möglichst mit den Venen zu wechseln und eine größere Injektions-
spritze zu nehmen, nach dem Einstich in die Vene erst 5—10 cem Blut
zu aspirieren und mit der Introcidlösung zu vermischen. - Dann lassen
sich die Schädigungen der Venenwand erheblich verringern. Sie spielen
im übrigen bei der von mir gewöhnlich angewendeten Zahl von In-
jektionen keine wesentliche Rolle. Die Giftigkeit des Mittels ist so
gering, daß sie in den üblichen Dosen überhaupt nicht in Frage kommt.
5—10 ccm pro dosi intravenös werden völlig reaktionslos vertragen.
Nicht einmal bei Kaninchen habe ich mit dieser Dosis irgendeine nach-
weisbare Schädigung gesehen. Ein Kaninchen erhielt z. B. im Laufe einer
Woche 45 ccm eingespritzt und reagierte auf diese Dosis vollkommen
ohne Vergiftungserscheinungen. Aber so große Dosen sind gar nicht
nötig. Ich fange mit intravenöser Injektion von 1—2 ccm an, steige
langsam um je 1 ccm pro dosi bis zu 5—6 ccm. Injiziert wird dreimal
in der Woche.
Im übrigen ist das letzte Wort über: die Dosierung noch nicht
esprochen.
s wird uns erst die weitere Erfahrung die nötigen
rundlagen schaffen. | |
Eine klinische Durchführung der Kur ist nicht notwendig. Die
Einspritzungen sind von uns in großer Zahl im Ambulatorium des
Instituts am poliklinischen Material durchgeführt worden. i
Ich habe schon erwähnt, daß im Harn der mit Introcid be-
handelten Kranken das Jod nicht nachzuweisen ist. Auch der Nachweis
von Cerium im Harn ist bisher nicht u en Speicherungs- und Aus-
-scheidungsverhältnisse des Introcids bzw. seiner Bestandteile Jod und
Cerium wurden bei Kaninchen untersucht.
Es wurden 4 Tiere mit größeren Dosen von Introcid behandelt,
und zwar zugleich intravenös, subkutan und intramuskulär.
Jod fand ich stets im Urin sowie in den Organen, welche er-
fahrungsgemäß das Jod speichern. Bezüglich des Ceriums waren die
Resultate außerordentlich wechselnd.
Versuch 1. Innerhalb 10 Tagen im ganzen 25 ccm injiziert,
davon 5 cem intravenös. 5 Tage nach der letzten Injektion wird das
Tier getötet. Es fanden sich geringe Mengen Cerium nur in den
Lungen. Urin frei von Cerium.: Im Kot geringe Spuren.
Versuch 2. Nach Injektion von 4 ccm
intravenös und 10 cem
leichzeitig intramuskulär wird das Tier nach 8/4, Stunden getötet.
Ceram findet sich in Leber, Nieren und Milz.
Versuch 3. Injiziert. 20 cem intramuskulär. Nach 1 Stunde
wird das Tier getötet. Cerium lediglich in der Lunge in Spuren nach-
'weisbar. Se
Versuch 4. Injiziert 5 cem intravenös, 20 ccm intramuskulär.
Nach 18 Stunden wieder 20 ccm intramuskulär. Getötet nach 4 Stunden.
1) Archiv f. exp. Pharmakol. 1923, 100, H. 3/4.
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21. September;
Cerium war nachweisbar in Leber, 'Nieren, Gehirn, Rückenmark
Pr . I kd - n q i E * ‚ i
‘und Milz.
“Die Ablagerung von Cerium in den Organen eschieht also in |-
-wechselnder Art, die eine Klarheit vorläufig noch nicht erkennen läßt.
Anscheinend wird das Cerium, das sich niemals im Urin, nur in Spuren
im Kot findet, in irgendeiner uns unbekannten Weise in den Geweben .
. gebunden, durch die der Nachweis verhindert wird.
> -` Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie erbringen
_ im übrigen den experimentellen Beweis für die bemerkenswerte Un-
. giltigkeit des Introcids. g |
`
a Klinisch wurde das Introcid an einer großen Zahl von Kranken -
mit Geschwulstbildungen ‚der verschiedensten Art sowohl auf. der
stationären wie der poliklinischen Abteilung geprüft. Bei der
- "klinischen Prüfung hat mich Herr Dr. Auler, der Assistent des
Instituts, in dankenswerter Weise unterstützt. Die Krankengeschichten,
welche die Grundlage meiner Schilderungen bilden, sind auf Grund
, seiner Beobachtungen auf der Krankenstation von ihm angefertigt.
- Auch der Leiter der Poliklinik, Herr. Dr. Zerner, hat‘ mir hilfs-
.. bereit zur Seite gestanden. In einer Reihe von Fällen hat Prof.
. Hans Hirschfeld teils allein, teils mit mir zusammen, die Kranken
dauernd kontrolliert. Was. ich über diese Fälle berichte, ist von
‚ ‚uns gemeinsam festgestellt worden. Meine Beobachtungen möchte
ich in zwei Gruppen teilen: De sr.
1. Entzündliche Geschwülste, in der Hauptsache Tumoren
vom Typus des Lymphogranuloms. Die Mehrzahl dieser Fälle
ist von Hans Hirschfeld als Lymphogranulom nach dem klinischen `
Verhalten, dem Blutbefund, vereinzelt auch auf Grund mikro-.
‚ SKopischer Untersuchung des Tumors diagnostiziert. |
j. _ Auf den Gedanken, Lymphogranulome mit dem Introcid zu be~.
handeln, bin ich erst gekommen, nachdem wir in einem in der Poli-
‘Klinik von Dr. Zerner behandelten Falle von Aktinomykose einen
eklatanten Erfolg des Introcids verzeichnen konnten. Der Kranke war
‚wegen eines’ großen Tumors am Halse einige Wochen zuvor bestrahlt
worden, ohne daß die Geschwulst sich wesentlich verkleinerte. Nach
De Injektionen von Introcid, 8 X wöchentlich 2—3 ccm durch etwa
‚4 Wochen, im ganzen etwa 10 Injektionen, kam es zu einer völligen
7 Rückbildung-der Geschwulst. Nur eine kleine harte Infiltration: am-
''Ķimn blieb übrig. ` |
Ich will an dieser Stelle schon erwähnen, daß die Herren
= Dr. Auler und Dr. Brahn, die in: unserem Institut tätig sind, bei,
einigen Fällen von Lungentuberkulose mit 2X wöchentlich I—2—5 ccm
Introcid intravenös sehr beachtenswerte Erfolge beobachten konnten.
Dr. Auler sah z. B. bei zwei Kranken, die aus der Tuberkuloseabteiluug
‚eines Groß-Berliner Krankenhauses ohne Besserung entlassen waren,
Dach der Introcidbehandlung Gewichtszunahmen von 21 bzw. 27 Pfund
"In wenigen Wochen und eine auffällige Besserung des Lungenbefundes.
Det Erfolg hielt nach Beendigüng der Kur bis jetzt an. Auch Dt. Brahn
sah bei zwei Tuberkulösen bemerkenswerte- Wirkungen des Introcids
“amd ich glaube auf Grund einiger Beobachtungen, daß bei chirurgischer
Tuberkulose das Introcid ebenfalls Gutes erwarten läßt. Es wird zur-.
zeit an entsprechendem Krankenmaterial damit gearbeitet..
-, _ Was nun die Fälle von Lymphogranulom anlangt, so ist
_ ‚die Behandlung mit Introcid im ganzen bei 8 Kranken bisher durch-
geführt worden f; Rn u
‚Davon. ist ein Mann mit ziemlich großen Tumoren am Hals
und in der rechten Achselhöhle,. ein Rezidiv nach früheren Be-
Strahlungen, schon nach 4—5 intravenösen Injektionen in der Poli-
‚des Instituts (Dr. Zerner) vollkommen von seinen
Tumoren befreit worden. Das Allgemeinbefinden hob sich ent-
sprechend. Irgendeine andere Therapie wurde während dieser Zeit
‚ nicht angewendet. Vorläufig ‚hat er sich seit Anfang April nicht
wieder in der Poliklinik eingestellt. Ra
=: Der zweite in der Poliklinik behandelte Fall ‘betraf ein, junges.
Mädchen mit einem. mächtigen Tumor am Halse, der zuerst als
Tuberkulom ‚angesehen wurde. Nach wenigen Injektionen intravenös |.
erhebliche Rückbildung des Tumors. Wegen der Unmöglich-
2 i Keit weiterer intravenöser Injektionen bald wieder erneutes Wachstum.
Bine im Krankenhaus Westend. vorgenommene Operation ergab, ‚daß
` „sich um ein Lymphogranulom handelte.
Ein Fall aus der Privatpraxis von Prof. Hirschfeld betrifft:
ein junges Mädchen mit schwerster Form von Lymphogranu-
Omatose, die seit mehreren’ Jahren bestand. Mächtige Tumoren
am Halse und im Mediastinum. Wiederholt, zuletzt wie gewöhnlich
ohne Erfolg, bestrahlt und mit Arsen behandelt. Schon nach.
‚wenigen Injektionen ausgezeichnetes Befinden der vorher
‚sehr elenden Kranken. "Rückgang der Infiltrationen am
x alse, Der Kopf, der vorher überhaupt nicht bewegt werden konnte,.
‚IS wieder beweglich geworden. Die Injektionen von Introcid
Ari: meist nur intramuskulär vorgenommen werden. Wenige
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
‘etwa 6 Wochen andauernd, dann erneute Verschlechterung...
|. die Patienten nicht mehr erschienen.
enöse Einspritzüngen' ‚waren nur ‚möglich. Der Erfolg war
Exitus,
nachdem auch eine Bestrahlung. keinen. Erfolg mehr’ brachte. `
‚ In allen übrigen Fällen: wurde sowohl ein. lokaler Erfolg wie
die ausgezeichnete Beeinflussung des Allgemeinbefindens, wenn auch
in wechselnder Intensität, festgestellt. Drei dieser Kranken wurden
dann bestrahlt; die Tumoren gingen rasch zurück. Bis heute sind
Zwei weitere Fälle betrafen Kranke: in hiesigen Kliniken mit
schwerster, jahrelang bestehender und auf Bestrahlung oder andere
Therapie nicht mehr reagierender Lymphogranulomatose. Beide
zeigten auf die Injektionen mit Introcid eine günstige Beeinflussung
in deutlichem Grade. In dem einen Falle war neben der Hebung
des subjektiven Befindens namentlich auch ein Nachlassen der
fürchterlichen Jauchung der zerfallenen Tumoren bemerkenswert.
“Endlich: möchte ich einen Fall. erwähnen, der mit mächtigen
Drüsenpaketen an :der rechten Halsseite und in der Achselhöhle
das Institut aufsuchte. Diagnose Lymphogranulomatose. Von
Prof. Hans Hirschfeld dauernd kontrolliert. Schon nach 3 In-
| jektionen erheblicher Rückgang der Geschwülste, nach
10 Injektionen höchstens noch 1); der anfänglichen Größe,
einige Tumoren ganz geschwunden. Dann wieder langsames
. Wachstum. Nach im ganzen 15 Injektionen Röntgenbestrahlung.
Dänach, restloses Verschwinden aller Tumoren. Bisher kein Rezidiv.
Als Ergebnis also eine deutliche.direkte Beeinflussung
:der lymphogranulomatösen Tumoren durch das Introcid,
ohne daß in der. Behandlungszeit irgendeine‘ andere Therapie an-
gewendet wurde. Der beobachtete Rückgang der Geschwülste trat
in so kurzer Zeit und. in solcher Intensität ein, wie er: bei der
Arsentherapie nur in den seltensten Fällen und erst nach sehr
langer Zeit sich zu zeigen pflegt. Die. Beeinflussung der Lympho-
granulomatose durch Jodwirkung zu erklären, scheint nicht ohne
weiteres angängig. ‘In der Literatur ist sie überhaupt nicht be-
schrieben und es findet sich darüber nichts in. einem der bekannten
Lehrbücher. | a
In Verbindung mit der Röntgentherapie, deren ‚Erfolge es
freilich nicht- erreicht, ebensowenig ‚wie ein anderes bekanntes
‚chemisches Mittel, darf die Introcidbehandlung als ein wesentlicher
‚Fortschritt unserer therapeutischen Möglichkeiten in der Behandlung
der Lymphogranulomatose angesprochen werden. Nach dem Urteil '
eines so guten Kenners der Erkrankung wie Hans Hirschfeld gibt
es kein Medikament, nach. dem sich ein so schnell. und
in solcher Intensität und endlich in.einer so erheblichen
'Zahl von Fällen zu beobachtender Rückgang lympho-
granulomatöser Tumoren bisher beobachten ließ. In jedem
Falle von Lymphogranulomatose, bei dem eine Röntgentherapie ver-
sagt, läßt die Behandlung mit Introcid immer noch eine Besserung
zum mindesten des Allgemeinbefindens--erhoffen und rechtfertigt
eine Wiederholung der vorher ergebnislosen Bestrahlung, die viel-
leicht nach der Introcidbehandlung bessere’ Aussichten bietet. Auch
darüber sind unsere Erfahrungen noch zu erweitern.
Ich komme nunmehr zur Besprechung der 2. Gruppe der mit
Introcid behandelten Fälle, zu den -malignen Neubildüungen.
` Es handelt sich in allen Fällen um Kranke im fortgeschrittenen |
_ Stadium der Geschwulstkrankheit mit enormen, zum Teil verjauchten
und zerfallenen Geschwülsten mit all den Begleiterscheinungen, die
bekannt sind, Kranke im extremsten Grade der Kachexie. Die Be-
handlung konnte nur noch, wenn überhaupt, eine rein symptomatische
sein. Irgendeine erfolgversprechende Therapie kam anscheinend nicht
mehr.in Frage, auch nicht eine: Strahlenbehandlung. Es ist klar,
daß bei solchen Kranken unsere Erwartungen von Anfang an nicht
sehr große waren. Danach sind die folgenden Berichte zu bewerten.
Das Introcid wurde zuerst bei zwei ganz verzweifelten Fällen.
erprobt. Der eine betraf eine Frau mit einem großen Hirntumor,
‘vollkommen bewußtlos, mit Inkontinenz von ‘Urin und Stuhl. Nach
einigen Injektionen Wiederkehr des’ Bewußtseins; die Kranke ant-
wortet auf Fragen, ißt und trinkt wieder und verlangt nach Uringlas
und Becken.‘ Die Besserüng hält freilich nur kurze Zeit an, dann
‚Exitus. Sektion ergibt auffallend starken "Zerfall des Sarkoms der
t
Hirnhäute, um das es sich handelt.
Im zweiten ‘Falle waren nach nur wenigen intravenösen In-
jektionen alle Erscheinungen des Hirndrucks mit Benommenheit,
„Pulsverlangsamung usw. vollkommen beseitigt. Es handelte sich um
einen 16jährigen Jungen mit Oberkiefertumor, der bis in die Schädel-
höhle hineingewachsen war. Hier konnte die Besserung längere Zeit
hindurch aufrechterhalten werden. Der Kranke, der alsbald die
‚Station verließ, war aber doch seinem traurigen Schicksal nicht zu
entreißen. `
1319
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1320
Wesentlich beachtenswerter war die Wirkung des Introcids
bei einem jungen Manne von 21 Jahren mit einem rezidivierenden
handtellergroßen Rippensarkom und zahlreichen Metastasen
in den Knochen und auf der Pleura (Erguß). Er wurde vom
12. Dezember an mit Introcidinjektionen behandelt. Das bemerkens-
werte Ergebnis der Behandlung war zunächst ein Absinken der
vorher dauernd hohen Temperaturen fast jedesmal nach der-
Injektion. Nachlaß der Schmerzen, die vorher unerträglich. waren.
Vom 2, Januar 1924 an blieb er dauernd fieberfrei. Der lokal
fühlbare Tumor flachte sich zusehends bis zu geringer
Größe ab. Bei der ausgedehnten Verbreitung der Metastasen war
eine mehr als vorübergehende ersichtliche Hebung des vorher ganz
‚elenden Allgemeinbefindens nicht zu erwarten. Mitte Januar trat
eine Kompressionsmyelitis ein, der er am 2. Februar erlag. Den
ausgezeichneten, wenn auch nur vorübergehenden Einfluß des In-
trocids auf das Allgemeinbefinden, insbesondere die Beseitigung des
mit dem Tumorzerfall einhergehenden hohen Fiebers konnten wir |
auch bei mehreren anderen Kranken im schwersten Stadium der
Erkrankung fast regelmäßig beobachten. |
| Wesentlicher und dauerhafter war der Erfolg bei den folgenden
5 Kranken. Von diesen war | x a:
1. eine Frau mit Uteruskarzinomrezidiv, Blasenscheiden-
fistel. Massenhafte Ausbreitung des Karzinoms in den Para-
metrien. Poliklinisch behandelt durch Dr. Zerner.
wenigen Injektionen bedeutsame Aa E
befindens, Wiederkehr des Appetits, Starker Rückgang der
fühlbaren Tumorstränge im Parametrium.
Die folgenden Fälle sind auf der Station des Instituts von
Dr. Auler behandelt worden. Die Krankengeschichten ergeben
folgendes Bild: f S =
| 2. Paul F., 56 Jahre alt. Aufgenommen am 16. Dezember im
Stadium schwerster Kachexie infolge Carc. ventriculi. Introcid-
behandlung -(meist intravenös). Am 18. März als erheblich gebessert
entlassen. Gutes Allgemeinbefinden, Gewichtszunahme von
mehreren Pfund. Die okkulten Blutungen sind ganz geschwunden.
Pat. war in der Lage, seine Arbeit wieder aulzunehmen,
und ist auch jetzt noch arbeitsfähig. i |
3. Wilh. W. 53 Jahre alt. Aufgenommen am 14. Januar wegen
Care. ventriculi in elendestem Zustande, stark kachektisch. In der
Magengegend handtellergroße Geschwulst fühlbar. In der
rechten Unterbauchgegend ein zweiter wallnußgroßer Tumor.
Introcid intravenös in steigenden Dosen. Danach erhebliche Besse-
rung des Appetits und der Körperkräfte. Pat, vorher immer
. bettlägerig, verläßt das Bett, zeigt dauernd Gewichtszunahme,
Besserung; des Blutbildes. Die Kränkengeschichte verzeichnet am
15. März eine erhebliche Verkleinerung des Tumors in der Magen-
gegend, der kaum noch fühlbar erscheint. Am 22. April wesentlich
- gebessert entlassen.
4. Karl S., 62 Jahre alt, am 9. November in der Chirurgischen
Klinik der Charité wegen
Carc. recti operiert (nach Angabe
des Chirurgen konnte ein Teil des Karzinoms nicht entfernt werden).
Nach der Operation Koliphlegmone schwerster Art. Wird am
24. Januar auf die Station aufgenommen mit Blasenmastdarmfistel, aus-
gedehnter Phlegmone. In Höhe der Prostata eine der Drüse
seitlich aufsitzende wallnußgroße Geschwulst. Nach Introcid-
behandlung Heilung der Phlegmone in wenigen Tagen, die vorher
wochenlang bestanden hatte. Erhebliche Besserung des All-
emeinbefindens, guter Appetit, keine Beschwerden mehr. Am
35. Februar Tumor his auf geringe Reste vollkommen zurück-
gegangen.. Gewichtszunahme von 11 Pfund. Am 29. Februar
Schon nach
des Allgemein-
i
entlassen. Auf der Chirurgischen Station wird die Besserung noch
nach mehreren Wochen bestätigt.
5. Anna L., 46 Jahre alt. Aufgenommen am 2. Oktober 1923.
Wird wegen ausgebreiteter Metastasierung von Tumormassen in Lungen
und auf der Pleura (mit Erguß) nach Mammakarzinomoperation
zunächst von Dr. Zerner und noch auf der Station mit Autosero-
therapie behandelt. Danach Besserung des Allgemeinbefindens, Rück-
gang des Exsudats. Nach Introcid erhebliche, seit Dezember 1923
weitere Besserung des ee guter Appetit,
frisches Ausseben, bei gleichbleibendem lokalen Befund. Ist
noch jetzt außer Bett, bei gutem Befinden und ohne wesent-
liche Klagen, obwohl die Lunge von massenhaften großen Tumoren
durchsetzt ist. |
6. Fräulein L. Im Sommer 1923 mit großem Mamma-
karzinom an der rechten Seite aufgenommen. Seither dauernd mit
verschiedensten Mitteln behandelt, ohne wesentlichen Erfolg; liegt
seit Oktober 1923 fast dauernd zu Bett mit einer handtellergroßen
inuchenden Zerfallshöhle in der rechten Brustgegend, die von harten
umorknoten in erheblicher Breite wallartig umgeben ist. Mitte
Dezember: Seit Wochen dauerndes Fieber mit steilen Kurven, starke
Jauchung der Zeriallshöhle, zunehmender Kräfteverfall, extremste
Kachexie, macht den Eindruck einer Moribunden. Nach Introcid sofortige
auffällige Besserung des Allgemeinbefindens. Das Fieber
wird in kurzer Zeit ganz beseitigt. Die Jauchung der Zerfalls-
Gesunde und fühlt sich so wohl, daß sie, wie sie erklärt, sich für voll-
befinden an. Die Pat. verläßt jeden Tag das Bett. Die große
eiden geworden
mit allen Beschwerden, die die- örtliche Gewebszerstörun
bringt,
Geschwulst festgestellt (bei Rippensarkom, Magenkarzinom, -
Rektumkarzinom, Uteruskrebs und Mammakarzinom), Der
der Körperkräfte, die im einzelnen Falle geradezu in
heblichen lokalen Befund. Hier möchte ich besonders auf
der Schwere der lokalen Veränderungen aufs höchste erstaunt sein.
(außer. der Bestrahlung) nichts gesehen, was den Wirkungen, des
Das Jod, das sich ja überaus schnell im Körper verbreitet, dient
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
21. September
höhle läßt ersichtlich nach, die Höhle reinigt sich von den nekrotischen
Massen. Die Geschwulstränder flachen sich ab. Die Pat. verläßt nach
3 Wochen schon das Bett bei sehr erheblich gebessertem Befinden und
Gewichtszunahme. Sie ißt und trinkt mit bestem Appetit wie eine
kommen gesund halten würde, wenn sie nichts von ihrer schlimmen
Brust wüßte. Es wird nunmehr eine Bestrahlung, die vorher
wegen des schlechten Allgemeinbefindens niemals möglich
war, vorgenommen. Danach weiterer erheblicher Rückgang, der die
Höhle begrenzenden Tumormassen. Weiterhin Introcidbehandlung bis -
etwa Mitte April. Noch heute, am 1. Juli, hält das gute Allgemein-
Zerfallshöhle ist, wie natürlich, noch vorhanden. Daran hätte keine
Behandlung etwas ändern können. Jedoch steht der gute Allgemein:
zustand in auffallendstem Gegensatze zu dem lokalen Befund. Die
Kranke ißt wie eine gesunde Frau und ist kaum zu sättigen, so daß
sie sich von ihren Angehörigen noch dauernd Nahrungsmittel aller Art
mitbringen läßt. Es ist ein vollkommen lokalisiertes
mit sich `
aber ohne jede Kachexie, wie sie vorher ausgesprochen war.
Die hier mitgeteilten Krankengeschichten ergeben somit eine
bemerkenswerte Beeinflussung maligner Tumoren durch die Introcid-
behandlung. Es wurden in mehreren Fällen erhebliche Rückgänge der
Grad der Rückbildung war bei den einzelnen Fällen verschieden groß.
Von einer Heilung kann jedoch in keinem Falle gesprochen werden,
sie war auch nicht zu erwarten.
Insbesondere aber sind die Erfolge der Introcidbehandlung
im höchsten Grade bemerkenswert durch die auffällige Besserung
des Allgemeinbefindens, die Hebung .des Appetits und
groteskem Gegensatz steht zu dem noch immer sehr er-'
Fall 5 und 6 hinweisen. Daß die große Zerfallshöhle im Falle 6
nicht einfach verschwinden,. daß kein Mittel den Defekt beseitigen
kann, erscheint als selbstverständlich. Wer aber die Patientin sieht,
wird über das ausgezeichnete Allgemeinbefinden im Gegensatz zu
Wesentlich erscheint die Wirkung des Introcids auch auf die
Herabsetzung des Fiebers, die Einschränkung der ört-
lichen Zerfallserscheinungen und die Verjauchung der
Tumormassen. Ich glaube, daß nicht zum wenigsten bei allen diesen
schweren Fällen gerade die günstige Beeinflussung dieser auf das
Allgemeinbefinden besonders schlecht einwirkenden Zustände die
auffällige Hebung der Körperkräfte, die Wiederkehr des Appetits
und die Gewichtszunahme herbeigeführt hat. Ich halte mich daher
wohl für berechtigt, in der Einführung des Introcids einen wesent-
lichen Fortschritt der medikamentösen Geschwulstbehandlung zu
sehen, und empfehle es daher zunächst bei allen Fällen von Lympho-
granulomatose und von inoperablen malignen Geschwülsten, wo es
möglich ist, zusammen mit der Strahlentherapie. Wo aber diese aus
äußeren oder in der Natur der Erkrankung liegenden Gründen nicht
auszuführen ist, kann die Introcidbehandlung auch allein noch
wesentlichen Nutzen schaffen, Bu
Nur kurz möchte ich noch eingehen auf die Frage, welchen
Faktoren. der Einfluß des Introcids bei Geschwulstbildungen zu-
kommt. Die Anschauung, daß wir es nur mit einer Jodwirkung zu tun
haben, will mir nicht einleuchtend erscheinen, weil bisher bei den
Lymphogranulomen ein Einfluß der Jodtherapie nicht beobachtet
worden ist. Auch bei den malignen Geschwüren haben wir von
einer Jodtherapie ebenso wie von anderen Behandlungsmethoden
Introeids vergleichbar wäre. Ich glaube daher, daß dem Cerium
die wesentliche Wirkung zuzuschreiben ist, obwohl darüber
noch weitere Untersuchungen Klarheit bringen müssen. Das Cerium
steht den radioaktiven Elementen nahe und es ist wahrscheinlich,
daß es ähnliche, wenn auch nicht so intensive Wirkungen auf die
Geschwulstbildungen ausübt wie das Radium und die Röntgenstrablen,
ein Vergleich, der sich besonders aufdrängt, wenn wir die starke
örtliche Rückbildung von Lymphogranulomen und die dagegen
schwächere lokale Beeinflussung maligner Neubildungen sehen, der-
selbe Unterschied, der ja auch bei der Strahlentherapie der Ge
schwulstbildungen auffällt. Auch dem Cerium gegenüber zeigt sich
offensichtlich eine verschiedene Empfindlichkeit der Geschwulstzellen.
Die günstige Beeinflussung des Allgemeinbefindens wäre einer
dem Cerium zukommenden Allgemeinwirkung auf den Stoffwechsel
zuzuschreiben, die ihrerseits mit der die Zellen direkt sohädigenden
Ceriumwirkung sich nach Analogie der Strahlenbehandlung vereint.
ern- SS a n E AES aE ae ipea
— [nn
stärkung der Strahlenwirkung gesehen.
Prozesse bestehen bleiben.
vielleicht als Leitschiene, auf der das Cerium im Körper kreisen
und schnell, sowohl, in den Tumor wie überall dahin, wo die
Schutzstofle des Organismus sich bilden, geschleppt wird. In gleicher
Weise hat sich v. Wassermann bekanntlich den Ablauf des Ge-
schehens beim Eosin-Selen vorgestellt. Ob allerdings nicht auch
_ umgekehrt das Cerium die Wirkung des Jods beeinflußt, sie verstärkt
und.modifziert, das wissen wir bisher nicht. Es steht indessen fest,
daß die Zuführung einer Verbindung von Jod mit anderen chemischen
Substanzen in den Körper dürchaus nicht immer eine Wirkung
' nach der Seite des Jods hin zu veranlassen 'pflegt. So hat
F.Blumenthal zeigen können, daß durch die Bindung von Jod
„an Atosyl eine erkennbare Jodwirkung im Organismus überhaupt
nieht eintritt, wohl aber, daß die toxische Wirkung des Atoxyls
dadurch eine bedeutende Steigerung erfährt. Es erscheint -also
möglich, daß auch die Verbindung von Jod und Cerium in erster
_ Linie eine Verstärkung der Oeriumwirkung im Organismus hervor-
‚. nft, wenngleich wir die Wirkung .des Oeriums vorläufig noch nicht
mit Sicherheit aufzuklären in der Lage sind. Auch in der Strahlen-
therapie wird ja von der gleichzeitigen Jodmedikation eine Ver-
Zusammenfassung. | |
1. Die Chemotherapie aller Geschwulstbildungen bedeutet eine
- direkte Einwirkung chemischer Substanzen auf die Geschwulstzellen
‘ im:Verein mit einer allgemeinen Wirkung nach Art der Protein-
körpertherapie in Analogie mit der Bestrahlungstherapie.
` 2, Die direkte Zellschädigung können wir unter allen chemischen
Substanzen vorerst nur beim Jod daraus schließen, daß es in be-
sonders hohem Grade in tuberkulösen und malignen Wucherungen
‚ gespeichert wird. |
ə. Das Introcid, eine Verbindung von Jod und Cerium, be-
deutet einen wesentlichen Fortschritt in der. Chemotherapie von
‚ Geschwulstbildungen verschiedener Ätiologie und Struktur.
Das Introcid’ beeinflußt besonders das Wachstum von
Í Lymphogranulomen und Geschwülsten ähnlicher Art, indem es sie
mm Teil in erheblichem Grade zurückbildet, zum Teil ganz beseitigt.
3 ö. Maligne Tumoren im fortgeschrittensten Stadium zeigen |
‘nach Introcid in einer Reihe von Fällen beachtenswerte lokale
Rückbildungen. Besonders intensiv wirkt es auf das Allgemein-
befinden bei malignen Tumoren, selbst dort, wo schwerste lokale
6. Die Wirkung des Introcids wird auf das Cerium zurück-
‚gelührt, das ähnlich wie die radioaktiven Substanzen, wenn auch
erheblich schwächer, : zu wirken scheint. Das ‘Jod dient als Leit-
schiene und als Aktivator des Ceriums. Die stärkere Rückbildung
von Lymphogranulomen und demgegenüber die geringere Einwirkung
auf, die malignen Tumoren findet sich aueh in der Strahlentherapie
‚Au gleicher Weise ausgeprägt. | |
l
2.00 (Verstand: Prof. Dr. R. Schmidt). |
=. Zur Lokalisation des „Schlafzentrums‘*).
0 ...Von Dr. Edmund Adler.
nee A 27 Jahre, in die Klinik aufgenommen am 24. August 1923,
Die Pat. erkrankte Ende Juni 1923 nach einer Durchnässung mit
Gelenkschmerzen, bauptsächlich in den unteren Extremitäten. Seit
ang Juli bestehen stechende Schmerzen. auf der linken Brustseite.
Fat, fiebert von da ab ständig und nahm an Gewicht um 10 kg ab.
Mit 12 Jahren hat sie 'eine Appendizitis durchgemacht, mit 15 ‚Jahren
wurden die Tonsillen entfernt, da sie oft an Anginen litt., Familien-
zartem Alter an unbekannter Krankheit gestorben; Vater war geistes-
ank, verübte Suizid. Mutter ist Bernd. wu
ab Aus dem Status: praesens: Die mittelgroße Pat. ist sehr stark
Öbgemagert. Der Puls ist 'schnellend, frequent, rhythmisch. Die
Tteriae radiales tönen. RR. r. 118 mm Hg. Der Herzspitzenstoß ` im
‚Interkostalraum, etwas verbreitert und hebend. Über dem’Aortenostium
it ein systolisches und. ein sehr intensives gießendes diastolisches
fäusch zu hören. Die Töne sind erhalten. Über den anderen Ostien
en mäßig lautes systolisches. Geräusch. Bei der Röntgendurchleuchtung
zeigt das Herz Aortenkonfiguration. Die Aorta reicht bis zur Klavikula,
Pulsiert sehr lebhaft, Der linke Zwerchfellwinkel ist ausgefüllt. An
_ ._®) Das anatomische Präparat za diesem Falle wurde von Herrn
Prof, uucksch (Institut Prof. Ehon) im Ärztevercin.am 14. März 1924
emonstriert (s. Sitzungsbericht ‘Med. Klinik (Prager Ausg. Nr. 18,
s Ausg. Nr. 20), Seine Publikation erscheint anderwärts.
“a1. September * 01994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. 00.0182 -
`
:den andern Organen kein pathologischer Befund. Pat. fiebert täglich
in den Abendstunden bis über 39%. Im Harn: ist Eiweiß schwach
ositiv, im Sediment vereinzelt Erythrozyten, Leukozyten und Epithelien.
lutbefund: R. 5,5 Mill. Sahli corr. 81. F. 10,7. W.20000, Segmk. 73%,
' Stabk. 3%, Ly. 15,3%‘, Ma. 0,6%, Rf. 0,3%, Eos..0. Wa.R. im Blute
negativ. In der nächsten Zeit- klägt Pat. nur manchmal über Herz-
klopfen und Schmerzen in der linken Schultergegend. Am .22. Sep-
tember früh kann Pat. nicht sprechen, deutet an, sie hätte Schmerzen
‚in der linken Kopfhälfte Es werden nur vereinzelte Worte mit Mühe
hervorgebracht. Spräach- und Schriftverständnis intakt. In den nächsten
"Tagen viel Kopfschmerzen; Pat. spricht allmählich leichter und mehr,
deutlich. erschwerte Wortlindung. Manchmal unmotiviertes Lachen,
sonst aber ein völlig geordnetes Wesen: Am 2. Oktober wird Pat. bei
der Morgenvisite in - tiefem Schlafe vorgefunden.. In der Nacht
soll sie viel gestöhnt haben, ohne wach gewörden zu sein. Sie ist
nur mit vieler Mühe zu wecken, antwortet. wohl auf einfache
Fragen sinngemäß, schläft, jedoch wieder sofort ein; klagt über
nichts. Läßt unter sich.‘ Nahrung wird erstes Die Augenlider
sind fest geschlossen, die Bulbi nehmen Schlaistellung ein, die Pupillen
sind weit und. reagieren nicht auf Licht; soweit die Prüfung möglich
ist, scheinen die Augenbewegungen frei zu sein. Augenhintergrund
normal (Doz. Dr. Ascher). Am Nervensystem, dessen genaue Über:
prüfung allerdings der Zustand der Pat. nicht zuläßt, scheinen. sonst
' keine pathologischen Befunde vorhanden zu sein.: Am sonstigen Status
alles unverändert. Die Lumbalpunktion ergibt einen klaren, langsam
abtropfenden Liquor. Phase I negativ, Pändy schwach positiv.
380 Zellen, vorwiegend Neutrophile. Kultur steril. . Die Blutkultur
(Dr. H. Adler) gibt nach Anreicherung in Bouillon einen als Boden-
satz wachsenden Streptokokkus. Auf den Blutplatten vereinzelte grün
‚wachsende Streptokokkenkolonien. Am 4. Oktober richtet sich Pat.
manchmal spontan etwas auf und murmelt unverständliche Worte vor
sich hin. An der linken Lungenbasis vom Angulus scapulae abwärts
Dämpfung mit abgeschwächtem Atmen. Die Punktion fördert dicken
streptokokkenhaltigen Eiter zutage. Pat. schläft weiterhin immer-
zu, ist wohl zu erwecken, um aber. gleich wieder einzu-
schlafen, nachdem sie kaum eine Frage beantwortet hat; sie liegt
mit ausgesprochen zufriedenem Gesichtsausdrucke da,
deliriert nur manchmal ganz leicht. Die Pupillen sind enger geworden
und reagieren wieder auf Licht. Am 6. Oktober wurde wieder klarer
‚Liquor punktiert, in dem Nonne-Apelt und Pándy schwach positiv
waren, 190 Zellen. Am 8. Oktober ist Babinski links positiv, Oppen-
heim beiderseits stark positiv. 9. Oktober. Blutkultur: nach 36 Stunden
massenhaft grasgrüne Kolonien eines Streptokokkus (Tiefenkolonien
schätzungsweise 100—200 im cmm). Der gleiche Keim nach 24 Stunden
als Bodensatz in Bouillon. Am 13. Oktober ist Pat. etwas leichter zu.
wecken, führt einfache Aufträge aus, ohne daß sich sonst etwas ge-
ändert hätte. Im Harn jetzt massenhaft Erythrozyten und hyaline
Zylinder. Am 16. Oktober Exitus letalis. Die Diagnose, welche schon
in der klinischen Vorlesung von meinem Chef, Herrn Prof. R. Schmidt, >
gestellt wurde, lautete auf eine Endocarditis lenta ‘mit einem embo- .
lischen Herde im Höhlengrau des 3. Ventrikels.
: Aus dem Sektionsprotokoll (Institut Prof. Ghon, Assist.
Dr. Terplan): Rekurrierende polypöse Endokarditis an den Aorten-
klappen mit Zerstörung der linken Klappe und mit. Insuffizienz.
‘ Dilatation des linken Ventrikels. Thromboendokarditis geringen Grades .
. an der Schließungslinie der Mitralklappen. Endocarditis parietalis am
| REN ale | ` Septum unterhalb der Aortenkl owie an der Hinterfläche
Aus der I. Medizinischen Klinik der Deutschen Universität in Prag | De cn dor ee 7 AT E E E
Aortensegels der Mitralis. Weicher Milztumor mit mehreren frischen
. anämischen Infarkten und mit einem alten gangränösen subphrenischen
AbszeB über dem oberen. Milzpol. Fibrinös eitrige Pleuritis an der
Bäsis des linken Unterlappens. Mehrere frische und ältere anämische
Infarkte in beiden Nieren. er erbsengroßer embolischer Abszeß
‘im zentralen Höhlengrau des 3. Ventrikels auf der linken,
Seite und im angrenzenden Bereiche des linken Hypothalamus und
Thalamus und augenscheinlich frische Erweichung am Boden des
' 8. Ventrikels und im. zentralen Grau des 3. Ventrikels der rechten Seite
sowie im Hypothalamus. Rechts linsengroßer gelber Erweichungsherd
im linken Thalamus und ein kleiner gelber Erweichungsherd im tiefen
Mark der 3. linken Frontalwindung. Eine erbsengroße, unregelmäßig
` geformte Närbe im Mark des rechten Okzipitallappens.
-~ @amnese: Pat. hat 18 Geschwister, 10 leben, und sind gesund, 8 in | `
Wir haben es also mit einem Fall von ziemlich rapid ver- S
?
‚laufender Endocarditis lenta zu tùn, deren erste Symptome sich im
‚ Anschluß an eine nach Art einer Polyarthritis verlaufenden Er- `
krankung zu Beginn Juli 1923 einstellten und die bereits Mitte
Oktober zum Exitus führte. Es trat gegen Ende der Erkrankung
eine motorische Aphasie auf, die allerdings sich sehr schnell wieder
'zurückzubilden begann und als deren anatomische Grundlagen wir
wohl den Erweichungsherd im tiefen Mark der 3. linken Frontal-
‚ windung ansehen dürfen. Als ein ganz besonderes und interessantes
Symptom jedoch entwickelte sich etwa 14 Tage ante exitum ein
‚tiefer lethargischer Zustand, welcher besonders an einen
embolischen Prozeß mit aller Wahrscheinlichkeit in der Gegend des
' Höhlengräues des 3. Ventrikels. denken ließ, was auch durch die
Autöpsie vollkommen bestätigt wurde. Bei dem so umschriebenen
und selten reinen Sitz des Herdes kommt wohl, unserem Falle eine
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bedingt war durch eine lokale scharf umschriebene Erkrankung im-
hervor Symptome der benachbarten vegetativen Zentren und Augen-
zustandes als führenden Symptoms, also dort, wo eine
~ wird um so wahrscheinlicher, als. es in der nächsten Nähe des
„bedeutendsten vegetativen ‘Vorgängen zu zählen ist, so daß wiran-
š abhängigkeit des Schlafvorganges von der Hitnrinde sprechen auch
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Ba > 0 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. nt 21. September-
besondere Bedeutung zu in der Frage der Lokalisation des „Sehlaf-
zentrums“. In der Literatur findet sich nur ein einziger ganz.
analoger Fall von Pette?t), bei dem eine monatelange Lethargie
,
4
viel eher und ungezwungener als für die Thalamuslokalisation -
. (Lethargie und Augenmuskellähmung!), wenn ‚wir. überhaupt eine
Erkrankung, die sich so diffus ausbreiten kann wie die Enzepbalitis,
für solche Lokalisationszwecke anführen wollen. ` i
Jedenfalls sehen wir in unserm Falle eine wichtige Stütze für
die Mautnersche Lokalisationstheorie des Schlafzentrums. 3
(Im übrigen könnte man sich. wohl auch vorstellen, daß mit-
unter Herde’ im Thalamus, dieser mächtigen sensorisch-sensiblen
‚Schaltstation, Schlaf erzeugen. Durch solche Herde können nor-
. malerweise zum Schlafzentrum gelangende Impulse ausgeschaltet
werden, und durch dieses Impulsausfallen ist es möglich, daß das:
Schlafzentrum in Aktion gerät. Ähnlich indirekt dürften ja auch
durch Innervationsausfall bei Thalamusherden die striären Symptome |
der Chorea und Athetose entstehen.) | |
Bodengrau des 3. Ventrikels. In diesem Falle traten auch noch
muskelsymptome, was unser Fall auffallenderweise vermissen ließ.
Jedenfalls ist unser Fall aber ein neuer wichtiger Beweis dafür,
daß man bei Vorhandensein eines pathologischen Schlaf-
umschriebene Läsion als seine Ursache anzunehmen ist,
wohl berechtigt ist, an eine Lokalisation des Herdes im
Höhlengrau des 3. Ventrikels zu denken. Die Mitaliektion
des Hypothalamus und linken Thalamus (der rechte ganz frei!)
sind ganz unbedeutend und kommen wohl überhaupt bei der Lo-
kalisationsfrage unseres Falles nicht in Betracht. |
Wenn wir beim Ausfall einer derart komplexen Funktion,
wie es der Schlaf ist, so genau die Lokalisation der Läsion anzu-
geben imstande sind, so glaube ich, sind wir auch dazu berechtigt,
diese Stelle als ein richtiges „Schlafzentrum“ anzusprechen. Dies
Aus der Deutschen Psychiatrischen Klinik Prof. Pötzl, Prag.
Zur Frage der Schlafzentren im Zwischenhirn
Ze des Menschen. . | u
Von Dr. Erwin Hirsch, Assistenten der Klinik.
Bekanntlich hat Mautner!) zur Zeit der Grippeepidemie des
‘Jahres 1890 auf Grund der klinischen Symptome — für die heute
die anatomischen Befunde allgemein bekannt sind — das Schlaf-
zentrum ins Höhlengrau des dritten Ventrikels verlegt. Durch die
Läsion dieser Gegend sollte nach Mautner die Zuleitung der von
der Peripherie kommenden Reize gesperrt werden; andererseits
sollen die von der Hirnrinde kommenden Reize, durch diese Sperrung
verhindert, nicht an die Peripherie gelangen können und dadurch
das Träumen bedingen. Mautner weist auf die Lokalisation der
Okulomotoriuskerne in dieser Gegend hin und bringt das Zufallen
‚der Augenlider bei der Ermüdung und vor dem Einschlafen mit
dieser Nachbarschalt, in Beziehung. Die ersten Erforscher der
Encephalitis lethargica haben sich Mautner angeschlossen (Eco-
nomo, Nonne u.a). Trömner hat in seiner Monographie über
den Schlaf dem Thalamus opticus eine aktive Rolle zugesprochen
und im Sehhügel die Funktion einer aktiven Hemmung des
‚Wachzustandes lokalisiert. Zu dieser Leistung gehören wohl alle
Vorgänge, obne die das Einschlafen erschwert oder unmöglich wird:
Das Aufsuchen der Ruhelage, die Körperhaltung, die das Einschlafen
vorbereitet, die Schlafstellung der Augenlider und der Augen ent-
sprechen dieser aktiven Hemmung des Wachzustandes und gehen
fließend. über in die autonome Innervation dieser geänderten Ein-
stellung: Das Engwerden der Pupillen, die veränderte Atmung, die
veränderte Blutverteilung; die Gesamtheit dieser Einstellung be-
deutet zugleich eine durchaus veränderte Einstellung gegenüber den
‚Reizen der Außenwelt, die während des Schlafens eine andere Ver-
arbeitung finden, als im Wachleben. Eine hervorragende Rolle unter
den aufgezählten Faktoren spielt die Änderung in der Stellung der
Augen, die sich bekanntlich im Wachzustande in leichter Konvergenz
nach unten befinden, während sie im Schlafe unter geschlossenen
Lidern nach außen oben divergieren. Pötzl?) hat in diesem Zu-
sammenhang von einer Umkehr der Einstellung des Wachzustandes
gesprochen, die besonders noch an der Haltung des Kopfes, der
Hypothalamus gelegen ist, in dem wir die Zentren aller vegetativen
- Funktionen lokalisieren und der Schlaf doch. selbst auch zu den
‚nehmen dürfen, daß auch der normale Schlaf von dieser Zentral-
stelle aus reguliert wird. Für das Vorhandensein eines subkortikalen
Schlafzentrums oder wenigstens für die weitgehende eventuelle Un-
die Tatsachen, daß bei. Tieren, bei denen das Großhirn operativ
‚entfernt wurde und bei dem bekannten großhirnlosen Kind von
Edinger-Fischer Schlaf- und Wachzustände wechseln. Es ist
vielleicht gut, hier daran zù erinnern, daß wir nach Pötzl2) am
besten unter einem Zentrum,. dieses nur negativ definierend, ein
Hirngebiet verstehen sollen, dessen Intaktheit zum normalen Zu-
standekommen eines komplexen Vorganges notwendig ist, ohne daß
aber die Eigenleistung dieses Zentrums sich decken müßte mit dem
ganzen vorliegenden pathologischen Geschelien. Bei dieser Sach-
lage und Auffassung der Zentrenfunktion sind wir wohl berechtigt,
- die Schlaffunktion zu zentrieren. Das hindert uns natürlich nicht, .
bedeutende Einflüsse speziell der Hirnrinde auf dieses Zentrum als
möglich und selbstverständlich anzuerkennen. Auch die Notwendig-
keit einer „Schlafbereitschafi“ beim normalen Schlafvorgang, wie
dieses besonders die Physiologen betonen und: verlangen, wider-
` spricht unserer Auffassung, glaube ich, durchaus nicht (s. besonders
Tschermak, Med. Klinik, Nr. 13, S. 431). Ihre Schlafermöglichung
denken wir uns an unser Zentrum gebunden; es ist vielleicht doch
schließlich keine so große Differenz in den Anschauungen, wenn
einerseits von einem „Zentrum“ und’ anderseits von einer „Block- |
stelle“ in dieser Gegend, die die sensibel-sensörischen Bahnen
' beim Schlaf außer Tätigkeit zu setzen hat, gesprochen wird. Gewiß
hat Trömner recht, im Schlaf einen aktiven Hemmungsvorgang zu.
erblicken, in ‘dessen Mittelpunkt er die aktive Hemmung aller zeniri-
petalen Einflüsse stellt, Diesen Komplexen Vorgang denkt er sich
organisch im Thalamus zentralisiert. Es ist allerdings nicht klar,
wieso Trömner?°)- gerade in der Encephalitis epidemica die bisher
fehlende klinisch-pathologische Stütze für seine Schlaftbeorie sehen
‚kann. Selbst der Fall von Hirsch*), der bei einem Abszeß, der
den ganzen linken Thalamus einnahm, auffallende Schlafsucht sah,
kann für diese Theorie nicht als beweisend gelten, da dieser Abszeß
bis an das frontale Gebiet unseres Herdes unmittelbar heranreichte
und so seine Wirkung auf das Höhlengrau durchaus möglich ist.
Nach all dem scheint also besonders durch unseren Fall ebenso
wie durch den Pettes es viel wahrscheinlicher, daß die Mautner-
sche Lokalisation des Schlafzentrums im Höhlengrau am Boden des
3. Ventrikels zu Recht besteht. Mautner’) ging bekanntlich von
der Beobachtung der Fälle von Polioenzephalitis mit Schlafsucht
und Augenmuskellähmungen und von der Beobachtung der normalen
Schlafstellung und der normalen Schlafptosis aus, alles Erscheinungen,
die ihm dafür zu sprechen schienen, daß im zentralen Höhlengrau
des 3. Ventrikels sich ein Schlafzentrum befindet. In diesem Sinne
sprechen auch die Beobachtungen bei der Encephalitis lethargica
1) D. Zschr. f. Nervenhlk. 76.
2) M. KI, 1923, Nr. 1. |
3) D. Zschr. f. Nervenhlk. 81.
4) Siehe diese Nummer der Zeitschrift und.den erwähnten
Sitzungsbericht. _| |
$) W. kl. W. 1890, S. 445.
stellung, Freuds Embryonalstellung resultiert (leicht auf die Brust
gebeugter Kopf, leicht gebeugte Arme, angezogene Beine). -
Ä Daß die Frage nach dem zentralen Mechanismus dieser Um-
kehr der Einstellungen mit der Frage der dienzephalen Schlafzentren
eng verbunden ist, scheint uns ein Fall mit Autopsiebefund zu
zeigen, der auf der deutschen Psychiatrischen Klinik vom Verfasser
beobachtet worden ist:
suchte, schrie und sang, die Umgebung verkannte und trotz verschiedener
Schlafmittel nicht schlafen konnte, wurde wegen dieses deliranten Zu-
' standes an unsere Klinik transferiert. Es bestand eine rechtsseitig®
Hemiplegie und eine linksseitige Hemiparese, beiderseitige Pyramiden-
zeichen; beide Fazialisgebiete waren für willkürliche Innervation Írei,
die Pupillen eng, gleich weit, auf Licht nicht sehr prompt und nie
sehr lebhaft reagierend. Der Augenhintergrund war normal (auc
andere Hirndrucksymptome wie Erbrechen, Druckpuls fehlten), die
1) W. kl. W. 1890, S. 445. |
2) 1. Sitzungsber. des Vereins deutscher Ärzte in Prag, ref. in der
M. KI., Prag. Ausgabe, Nr. 13, 1924.
Arme und der Beine hervortritt, woraus dann die sogenannte Schlal-
Eine 67jährige Frau, die wegen einer innerhalb weniger Tage.
eingetretenen Hemiparese an die Klinik des Prof. Jaksch-Warten-
horst gebracht worden. war und die nach mehrtägigem Aufenthalt |
plötzlich zu delirieren anfing, dauernd aus dem Bett zu steigen ver-
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21. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
Augenbewegungen frei, die Sprache nasal-bulbär und leise, immer
langsamer und verschwommener werdend, wie die einer Verschlafenen.
Es bestand spontanes Zwangsweinen und Rigidität in beiden Beinen,
die sich dauernd in sogenannter Schlafstellung befanden. (Auch bei
Rückenlage waren sie in Hüft- und Kniegelenk dauernd in stumpfem
Winkel gebeugt.) Die Sensibilität war im allgemeinen intakt; doch
lokalisierte sie rechts manchmal falsch; die Fehler schienen indessen
nur durch Schwankungen der Aufmerksamkeit bedingt zu sein; die
Orientierung am eigenen Körper, ebenso Sehen und Hören waren voll-
D
. ständig intakt. Die Temperatur war normal; erst kurz vor dem Ende
stieg sie bis über 39.
Schon bei der Einbringung war im Gegensatz zu ihrem Ver-
halten an der Klinik Jaksch-Wartenhorst ein Schlafzustand auf-.
.fällig; die Pat. lag fast dauernd schlafend da, konnte aber durch ein-
fache Reize geweckt werden und benahm sich dann wie ein aus dem
Schlafe erwachender Mensch; sie öffnete die Augen, schaute sich ver-
wundert um und schlief sofort wieder ein, wenn sie nicht durch
energische Anrede oder andere Reize wachgehalten wurde. Die
Erweckbarkeit war manchmal leichter, manchmal schwerer. Durch
‚ energisches Zureden, Klopfen auf die Schulter, Aufforderung aufzu-
merken usw. wachgehalten, konnte sie examiniert werden, wobei sie
sich manchmal psychisch verhältnismäßig intakt zeigte, zeitlich orien-
tiert war und auch eine gute Orientierung am eigenen Körper besaß.
Fast immer fanden sich amnestisch-aphasische Symptome (Paraphasie
und Suchen nach Worten), die aber zeitweise auf ein Minimum zurück-
traten. Der Zustand hielt mit den erwähnten Schwankungen bis zum
Ende an; bemerkenswert ist, daß unsere Pat. wie die Kranke Adlers
zwei Tage vor dem Tode für wenige Stunden vollständig frei war und
dann neuerlich in einen Schlafzustand verfiel, aus dem sie nicht mehr
erwachte. N |
Bei der Sektion (im deutschen path.-anatom. Institut Prof. Ghon,
von Dr. Terplan ausgeführt) fand sich nun ein über .walnußgroßer
Abszeß, der von einer pyogenen Membran ausgekleidet war und der
in der Gegend der vorderen Kommissur beginnend, diese mitbetreffiend,
den ganzen linken Thalamus mit Ausnahme der ventralen Teile und des
Pulvinar, vollständig substituierte.e Rückwärts endet die Abszeß-
membran im Querschnitte der Commissura posterior unterhalb von ihr
und oberhalb des Nucleus ruber, beide samt der nächsten Umgebung
intakt lassend. Die innere Kapsel, sowie der Linsenkern sind etwas
verzogen; medial ist der Abszeß wohl ein wenig nach rechts aus-
gepaackt, läßt aber das Höhlengrau dieser Stelle frei. Überhaupt ist
as Ependym und das zentrale Höhlengrau makroskopisch intakt. Corpus
geniculatum laterale und mediale sind ebenfalls intakt. >
Im Anschluß daran muß ganz kurz jener Fall zitiert werden,
der am gleichen Abend im Verein deutscher Ärzte in Prag
demonstriert wurde3); er weist anders gelegene Herde auf, deren
Lage aber mit dem Herd unseres Falles mehr gemeinsam hat, als
man für den ersten Augenblick annehmen könnte. Dieser von
Adler und Lucksch vorgestellte und in der gleichen Nummer
dieser Zeitschrift mitgeteilte Fall betrifft eine 27jährige Patientin
mit einem Erweichungsherd im Höhlengrau des dritten Ventrikels
und einem kleineren Herd im linken Thalamus opticus. Ein dritter
linsengroßer Abszeß befand sich im Mark der dritten Stirnawindung
und hat eine Zeitlang motorisch-aphasische Symptome gemacht.
Die Patientin war 14 Tage vor dem Tode in einen Schlafzustand
verfallen, aus dem sie nur ganz kurz vor ihrem Tode erwachte und
dann unter Erscheinungen einer Atemlähmung gestorben. Der
Befund von Adler und Lucksch stimmt auf das Genaueste mit
dem von Pette®) beobachteten Fall überein, bei dem ein scharf
umschriebener Herd: das Grau des dritten Ventrikels, den linken
"Nucleus ruber und den medialen Teil des linken Thalamus opticus
vernichtete. Pette bezieht den Schlafzustand auf die Läsion des
Höhlengrau und schließt den Herd im Thalamus als Ursache aus,
indem er auf dessen Kleinheit und die Intaktheit des rechten
Thalamus opticus hinweist. Es gibt auch tatsächlich Thalamus-
‚ herde, bei denen keine Schlafstörung beobachtet worden ist. Das
Betroffensein des linken Thalamus opticus in beiden Fällen ist aber.
doch recht bemerkenswert; in dieser Hinsicht bringt unsere
Beobachtung eine gewisse Ergänzung der "beiden eben er-
wähnten Fälle.
Wenn wir uns fragen, welche Schlüsse wir aus den drei
zitierten Fällen ziehen dürfen, so können wir zunächst nur sagen,
daß die Auffassung Mautners und Tschermaks?), ein Herd der
hier bezeichneten Region wirke durch die Unterbrechung der sen-
siblen Leitung, durch Absperrung (Blockierung) der sensiblen und
Sensorischen Erregungen schlaferzeugend, vielleicht noch ergänzt
nn
p °) Sitzung vom 14. März 1914; ref. in der M. K1., Berl. Ausg. Nr. 20,
rag. Ausg. Nr. 13, 1924.
*) Dtsch. Zschr. f. Nervenheilkd., Bd. 76, 1928.
. °) Sitzungsber. des Vereins deutscher Ärzte in Pragv. 14. März 1924;
rel, in der M. K1., Nr. 20, 1924, |
und erweitert werden kann; wäre nur diese Auffassung richtig, so
verdiente die hier zerstörte Region — entsprechend der Ansicht
Tschermaks — keineswegs den Namen eines Schlafzentrums; die
Aufhebung der Nervenleitung an sich, z. B. nach Durchschneiden,
berechtigt nicht zu sagen, die Stelle, die die Leitung blockiert, sei
ein Zentrum für die durch die Läsion ausgefallenen Funktionen.
Anders aber ist es, wenn diese Blockierung in der aktiven Aus-
schaltung der Sinnesleitung durch einen zentralen Vorgang besteht,
dessen Eigentätigkeit die Sinnesleitung gleichsam fakultativ einzu-
schalten und auszuschalten vermag; dann wäre die Region, an
deren Tätigkeit das Freibleiben dieses Mechanismus geknüpft ist,
gewiß ein Zentrum zu nennen; allerdings könnte man es ebensogut
als Weckzentrum wie als Schlafzentrum bezeichnen. Es ist nun die
Frage, ob der klinische Befund z. B. in unserem Fall dafür spricht,
daß die Sinnesleitung unterbrochen, nur blockiert ist öder ob der
Befund Anzeichen dafür enthält, daß ein besonderer zentraler
Mechanismus der angedeuteten Art hier im Spiele ist. |
In unserem Falle waren gerade die Teile des Thalamus ana-
tomisch intakt, die die sensiblen Leitungsfasern aufnehmen und
nach Umschaltung weiterleiten, die somit als Umschaltsstation auf-
gefaßt werden müssen. Dementsprechend reagierte die Patientin
auf sensible Reize und lokalisierte sie richtig. (Die ‚nur manchmal
gezeigten Fehlreaktionen waren von ihrem Bewußtseinszustande ab-
hängig, im wachen Zustande fehlten sie.) Auch die Orientierung
am eigenen Körper war intakt; sie hatte weder Seh- noch Hör- °
störungen. Von einer dauernden Blockade der Sinnesleitung konnte
also nicht gesprochen werden. |
Bezüglich der kaudalen Begrenzung des Herdes verweisen wir
noch einmal auf die Lage der Abszeßmembran — unterhalb der
Commissura posterior und oberhalb des Nucleus ruber — und auf.
das Fehlen äußerer Augenmuskellähmungen (Ptosis usw.) als eines
funktionellen Ausdrucks einer Läsion der äußeren Augenmuskel-
kerne. Gewiß hat der Abszeß in unserem Falle weit länger be-
standen, als die Schlafsucht; ihr schleichendes. Eintreten läßt. sich .
vermutungsweise darauf beziehen, daß der Abszeß sich erst gegen
Ende der Erkrankung bis in die Region erstreckt hat, der auch
die Herde in den Fällen von Pette und Adler-Lucksch an-
gehören. ER | |
= Unser Fall, sowie die Befunde Adler-Lucksch und Pettes
zeigen, wieweit ein Herd kaudalwärts reichen kann, ohne daß
nukleär bedingte Augenmuskelstörungen die Schlafstellung der Augen
und die Schlafsucht begleiten: Bei der typischen Encephalitis
lethargica findet sich bekanntlich in den typischen Fällen mit einer
Schlafstellung der Augen zugleich eine Ptosis als Ausdruck der
'nukleären Lähmung.
In diesem Zusammenhange sei auch aui die mindestens
häufige konstatierbare Verschiedenheit des Schlafzustandes der
Enzephalitis von echtem Schlaf hingewiesen, die darin besteht, daß
bei der Lethargie zum Unterschied vom Schlaf kein Einschlafen
und Erwachen zu beobachten ist. Die Schlafstellung der Augen,
vor allem die Ptosis ist eben hier dauernd vorhanden; es fehlt die
Wirkung eines Zentrums, das sie zeitweilig ein- und ausschaltet;
dazu kommt bei der Encephalitis lethargiea noch die Läsion der _
Levator-Gruppe im Okulomotoriuskerne selbst.
Fälle wie der unsrige dagegen lassen sich als reinere Läsionen
eines supranukleären Apparates auffassen, der eben die Umkehr
der Augeneinstellung für Wachen und Schlaf bewirkt bzw. reguliert.
Mit dieser Umkehr werden von dieser Stelle aus, wie die Erfahrung
bei der Hypnose lehrt, alle anderen zum Schlafen gehörigen. Kom-
ponenten mit in Gang gebracht. (Veränderte Atmung, Blut-
verteilung, Stellung der Beine usw.) In diesem Sinne sind wir
wohl berechtigt, von der eben genannten. Stelle als von. einem
Schlafzentrum zu sprechen, eigentlich von einem Zentrum, dessen
Tätigkeit einschläfert und erweckt; es ist nun die Frage, ob es
noch andere Hirnregionen gibt, die mit gleichem oder größerem
Recht als Schlafzentrum angesprochen werden können.
Aus den uns zur Verfügung stehenden Fällen ergibt : sich
dabei zwanglos, daß der linke Thalamus, und zwar hauptsächlich
der-mediale Teil, mit Wachen und Schlaf etwas zu tun hat, daß
er also in gewissem Sinne vielleicht gleichfalls ein solches Schlaf-
zentrum ist. Mit dem Einschlafen ist eine Abwendung von den
Eindrücken der Außenwelt verbunden (Freud), mit dem Erwachen
eine Zuwendung zu ihnen; beides ist zum großen Teil eine gleich-
sam aktive Leistung, zum andern Teil ein Automatismus; der ganze
Vorgang aber ist ein Akt der Einstellung. Es ist möglich, daß die
medialen Partien des Thalamus zu diesem einstellenden Akt be-
sondere Beziehung haben, Der mediala ‚Kern des Thalamus ist
1823
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.es noch mehrere Stellen gibt, die schlafhemmend oder fördernd
1324
bekanntlich keine Durchgangsstation für die sensible Leitung,
sondern eine mit einer Eigenleistung betraute Stelle. Man kann
annehmen, daß die Eigenleistung des Thalamus einerseits die sen-
siblen und sensorischen Reize zu neuen Gestaltungen verarbeitet
und daß sie anderseits durch die doppelsinnig leitenden Thalamus- .
stiele — der mediale Kern besonders durch eine Faserung zum
Stirnhirn — unter dem Einfluß der Hirnrindenfunktion steht. Daß
Wachen und Schlafen bis zu einem gewissen Grad durch den Willen
beeinflußt werden kann, ist allgemein anerkannt; vielleicht ist dieser
Teil des einstellenden Aktes dem medialen Thalamus ähnlich zu-
geordnet, wie der Wechsel der Augenstellung zu gewissen supra-
nukleären Apparaten des Hypothalamus und Mittelhirns besondere
Beziehungen hat.
Es sei hier daran erinnert, daß auch Störungen des Lachens
und Weinens auf die Läsion derselben Stelle, den Medialkern des
Thalamus bezogen worden ist und daß hier eine Korrelation zwischen
Thalamus opticus und Corpus striatum bestebt, deren anatomisches
Korrelat der sogenannte innere Thalamusstiel ist. Nach Auffassung
der Autoren (Nothnagel, Bechterew) ist der mediale Kern des
Thalamus eben ein Zentrum für die Psychoreflexe, und auch der
Schlaf ist ein Psychoreflex, eine Instinktreaktion, deren biologischer
Sinn es ist, den Menschen vor Erschöpfung zu schützen.
Wir schlafen nicht erst, wenn wir erschöpft sind, sondern
um uns nicht zu erschöpfen und noch lange, bevor wir es sind,
verspüren wir ein Schlafbedürfnis und Müdigkeitsgelühl, das zum
Schlaf führen kann. Hier wird also etwas Sensorisches zu einer
motorischen Reaktion verarbeitet. Der Schlaf ist aber nicht nur
eine „Regression“, sondern eine eingehaltene Einstellung; es scheint
sich im Sinne Trömners wirklich um eine Hemmung des Wach-
zustandes zu handeln; es ist z. B. bekannt, daß beim Schlafen der
Augenschluß nicht nur durch Zufallen der Lider entsteht, sondern
daß der Orbikularis dabei aktiv kontrahiert ist. Auch Freuds
Auffassung des Traumes als Wächter des Schlafs bedeutet eine
ganz analoge Auffassung: eine Komponente des Schlafzustandes
leistet Abwehr gegen den Eintritt des Wachzustandes.
Die faseranatomischen Verbindungen des Thalamus lassen
wenigstens einige Vermutungen über die Wege der hier gegebenen
einstellenden Vorgänge zu. Der mediale Thalamus ist einerseits
mit dem Stirnhirn, anderseits durch den. sogenannten inneren
Thalamusstiel mit dem Corpus striatum verbunden; dazu kommen
noch Verbindungen zu und von den der autonomen Innervation
dienenden Ganglienmassen im Corpus subthalamicum und Boden-
grau (z. B. Tractus mamillothalamicus), so daß wir wohl vermuten
dürfen, vom Thalamus werde hauptsächlich die Aktion eingeleitet
und die Schlafstellung (angezogene Beine, Veränderung der Gleich-
gewichtslage überhaupt) bewirkt, vom Höhlengrau die Umkehr der
Augenstellung, vor allem durch Zufallen der Lider und die zu ihm
gehörigen vegetativen Funktionen. Werden diese beiden Zentren
einzeln lädiert, so müßten eigentlich Teilzustände sich ergeben, die
dem Schlaf nur mehr oder weniger ähnlich sind; werden beide be-
troffen, so mußte echter, pathologischer Schlaf resultieren. Daß,
wie die besprochenen Fälle zu zeigen scheinen, schon bei Läsion
je einer der beiden Regionen (Thalamus und Bodengrau) Schlaf
oder Lethargie als Folgezustand auftritt, liegt wohl daran, daß die
Läsion der einen Region die Beeinträchtigung einer korrelativen
Leistung der anderen nach sich zieht; was bei der künstlichen
Einstellung dieser Wirkung im Verlaufe einer Hypnose sich voll-
‚ zieht, wäre eben auch an der gemeinsamen Tätigkeit der Schlaf-
zentren ablesbar: daß die partielle Ausschaltung der Wach-
einstellungen den vollen ganzen Affekt des Einschlafens zu erzielen
vermag. |
Durch diese Erwägungen und die Anwendung auf den Befund
des hier mitgeteilten Falles, sowie die Fälle von Pette und Adler-
Luceksch wächst die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sowohl der
mediale Teil des linken Thalamus opticus wie das in der Nähe
der Okulomotoriuskerne gelegene Höhlengrau Schlafzentren im
richtigen Sinne sind und daß echter pathologischer Schlaf vor allem
dann zustande kommt, wenn beide Zentren oder neben einem Zen-
trum noch die zu anderen führenden Bahnen betrofien sind. Daß
wirken, ist úns sehr wahrscheinlich, es handelte sich uns im Vorigen
nicht so sehr um die Lokalisation, als um die Dynamik der Regi-
onen, die als Schlafzentren des menschlichen Großhirns bezeichnet
werden.
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. 21. September
Aus der I. Inneren Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses
(Geh. Rat Prof. Dr. Brandenburg).
Zur Frage der mit Agranulozytose einhergehenden
| Fälle von septischer. Angina.
Von Dr. Lauter, Assistent.
In den letzten Jahren wurde über eine Reihe von Krankheits-
bildern berichtet, die unter dem Bilde einer akuten Infektionskrank-
heit mit einer auffallenden Verschiebung des Blutbildes zugunsten
der Lymphozyten verliefen. Da sich die Diagnose einer atypischen
Leukämie in allen diesen Fällen nicht aufrechterhalten ließ, glaubte
man die Veränderung des Blutbildes auf eine Schädigung der
Leukopoese zurückführen zu müssen. Friedemann und Schulz
berichten über solche Zustandsbilder unter dem Namen „Angina
agranulocytotica* bzw. „Agranulozytosen“ und verstehen darunter
hochfiebernde gangränöse Prozesse, die durch das völlige oder fast
völlige Fehlen der neutrophilen Leukozyten im Blut charakterisiert
sind. Alle: bisher beschriebenen Fälle hatten einen letalen Aus-
gang. Auf der Abteilung wurden zwei ähnliche Krankheitsbilder
beobachtet. Der zweite ist dadurch wichtig und einzigartig, daß
er in Heilung überging und daß sein Verlauf gewisse Schlüsse auf
die Pathogenese dieser Erkrankung zuläßt. if |
Der erste Fall betrifft eine 28jährige Patientin D. Eine genaue
Anamnese kann von ihr nicht erhoben werden, da sie sehr schwach ist.
Von.ihrem Ehemann erfahren wir, daß sie seit längerer Zeit schon
über große Schwächezustände se Vor etwa 3 Wochen stellten
sich Halsschmerzen und geringe Dr
üsenschwellungen am Halse ein,
die jedoch auf Umschläge schnell zurückgingen. Als vor 10 Tagen
Hautblutungen an den unteren Extremitäten auftraten, stellte der kon-
sultierte Arzt Skorbut fest, da sie angeblich seit 4 Jahren kein Obst
oder Gemüse mehr gegessen haben sollte. In den letzten 3 Tagen traten
Schüttelfrost und auffallender Kräfteverfall ein, weshalb ihre Über-
führung ins Rudolf Virchow-Krankenhaus erfolgte. Angeblich ist die
Patientin früher nie ernstlich krank gewesen. Ihre Menses waren
Togo: Sie hatte 1 Abort. 0O Partus. Von einer Infectio venerea
ist nichts bekannt.
Status: 24. April 1923. Mittelgroße Pat. von kräftigem Körper-
bau in stark reduziertem Kräftezustand. Ihr Sensorium ist leicht ge-
trübt, die Hautfarbe ist auffallend blaß, die sichtbaren Schleimhäute
sind nur mäßig durchblutet. Ödeme und Drüsenschwellungen bestehen
nicht. Über den ganzen Körper verteilt finden sich petechiale Haut-
blutungen. l
Mund- und Rachenorgane: Ausgedehnte Schleimhaut-
blutunge
n, besonders am Zahnfleisch. Die Rachenmandeln sind ulzeriert
und mit Blutkoagula bedeckt.
Die Zunge ist trocken und mit braun-
roten Borken belegt. Lungen: o. B. Herz: Grenzen etwas nach
links verbreitert. Über allen Ostien hört man ein systolisches Geräusch.
Der Puls ist leicht unterdrückbar, regelmäßig, stark beschleunigt.
Abdomen: weich, nirgends druckempfindlich. Leber und Milz sind
nicht palpabel. Zentralnervensystem: o. B. Urin: Alb. +,
Sacch. —, Urobilin +, Urobilinogen +. Sediment: Zahlreiche
Erythrozyten und granulierte Zylinder. Blutbild: Erythrozyten
2000000, Hämoglobin 35%, Le
ukozyten 900, Thrombozyten. 200000.
Blutausstrich: Die Erythrozyten zeigen Polychr
omasie und geringe
Größenunterschiede. : Es finden sich einzelne Normoblasten und
Erythroblasten. Das weiße Blutbild zeigt folgende Zusammensetzung:
Eosinophile Leukozyten: 0; basophile Leukozyten: 0; Myeloblasten: I;
Myelozyten: 0; neutrophile Leukozyten: 2%; Lymphozyten: 98%.
Blutaussaat: Streptococcus haemolyticus. Di-Abstrich: negativ.
Temperatur: 38,5—39.
25. April: Temperatur 39,2. Starker Kräfteverfall. Exitus.
Die Abteilungsdiagnose lautete: Postanginöse Sepsis mit
Granulozytenschwund. Bei der Sektion zeigte sich an den Gaumen-
mandeln eine schwere ulzeröse nekrotisierende Tonsillitis. Das Herz
bot subepikardiale und subendokardiale Blutungen, fettige Degeneration,
Hypertrophie und Dilatation des linken Ventrikels sowie Intima-
verfettung. Die Lungen zeigten Anämie und Ödeme. Die Milz war
anämisch, schlaff und nicht vergrößert. Die Nieren zeigten fötale
Lappung, Anämie und Hämorrhagien am Hilus. Die Harnblasenfollikel
waren pigmentier. Am Magen fanden sich ausgedehnte, kleinfleckig®,
submuköse Blutungen, die Peyerschen Haufen des Darms waren pig
mentiert. Die Leber bot außer der starken Anämie nichts Besonderes.
Am linken Ovarium fand sich ein walnußgroßes Corpus haemorrhagicum
mit einer rauhen arrodierten Stelle an der Oberfläche, au
s der sich
etwa 200 ccm frisches Blut in die freie Bauchhöhle ergossen hatte.
Als Hauptkrankheit wurde vom Pathologen nekrotisierende Angna,
Sepsis und hämorrhagische Diathese angegeben, als Todesursa
che:
Blutung in die Bauchhöhle,
~ Wenn man das Krankheitsbild des Falles überblickt, s0 67
gibt sich folgendes: Durch einen schleichenden Infekt, wahrscheit-
lich eine chronische Tonsillitis, wird eine infektiös-toxische Schädigung
Bu 2
ar
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_ 31. Sopteinber.: a
=> ë ET mn FR 3 mM 3 = 3 Ten
‚stammt einer gesunden Familie und will
- gewesen sein. Mit 16 Jahren bekam sie ihre ersten Menses, die regel-
' mäßig und von normaler Stärke waren. Pat. ist ledig. Partus, Abortus
Ihre jetzigen Beschwerden begannen
vor- 8 Tagen mit hohem Fieber und Halsschmerzen. Am 3. Krankbheits-
' tage bemerkte sie, daß ihre Zähne: lose wurden, so daß sie nicht mehr
- beien konnte.
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‘sich trotz guter häuslicher‘ Pflege ihr Zustand immer m
E freier,
- Stomatitis und Ulzerationen im Munde haben an Umfang zugenommen.
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des Organismus gesetzt. Ihre Symptome sind. Halsschmerzen, l
'Drüsenschwellungen, Anämie, sowie die allgemeine Schwäche. Die
'hämorrhagische Diathese und die im Blut gefundenen Streptokokken
7 wiesen auf einen septischen Prozeß. Schlecht vereinbar mit: dieser
Diagnose schien nur das Blutbild mit seiner Leukopenie und dem
fast völligen Fehlen der granulierten Elemente. Es wurden nur
- 900 Leukozyten gezählt, von denen sich nur 2% als Granulozyten
‚erwiesen. Um diesen Befund mit dem Begriff der Sepsis, an deren
-. Existenz durch den positiven Blutbefund kein Zweifel bestand, in
‚Einklang zu bringen, muß eine ‚schwere Funktionsschwäche des
- Knochenmarks angenommen werden.
Aber nicht nur in dem Aus-
‚bleiben der Knochenmarksreaktion zeigt sich die Funktionsschwäche.
Die mangelnde Anspruchslähigkeit kommt auch zum Ausdruck in
dem Fehlen eines Milztumors und in dem Fehlen von Drüsen-
` schwellungen. Wir haben also ein ganz ungewöhnliches klinisches
Bild vor uns und in allen wesentlichen Zügen ein Bild, wie, es
-Türk als erster in der Literatur beschrieben hät. |
Der zweite Fall betrifft eine 26jährige Patientin v. St. . Sie ent-
früher nie ernstlich krank
und Infectio ven. werden negiert.
Gleichzeitig traten sehr heftige Kreuz- und Glieder-
‘schmerzen auf. Der behandelnde Arzt konstatierte eine “ripps: Da
ehr ver-
schlechterte, erfolgte ihre Überführung ins Rudolf Virchow-Krankenhaus.
= Der Aufnahmebefund am 8. April 1924 (8. Krankheitstag)
war folgender: Mittelgroße Pat. in gutem Ernährungs- und Kräfte-
zustande. Sensorium leicht benommen..: Gesichtsfarbe blaß, sichtbare :
‚Schleimhäute gut durchblutet.' Körpertemperatur 40°. Kein Exanthem,
' keine Drüsenschwellung, kein Ikterus, keine Hautblutungen. — Mund-
und Rachenorgane: Ausgedehnte Stomatitis des Ober- und Unter-
kiefers, schmierig belegte Ulzerationen am.harten Gaumen. Die linke
. Tonsille ist stark zerklüftet und gangränös. Starker Foetor ex ore.
Zunge stark belegt, feucht. Herz und Lungen: o. B. Abdomen:
‘Weich, nirgends druckempfindlich. Leber und Milz sind nicht ver-
größert. Reflexe normal, Urin frei, Blutaussaat steril, Di-Abstrich
negativ. Blutbild: Erythrozyten 3000000, Hämoglobin 50%, Thrombo-
- zyten 300000, Leukozyten 800.. Differentialzählung: Unter 80 Zellen
finden sich 77 Lymphozyten, 2 neutrophile Leukozyten, 1 Monozyt.
Therapie: Omnadin. Ätzung der Ulzerationen im Munde mit
‚50% Chromsäure und anschließender Neutralisierung mittels Koch-
salzlösung. | |
9. April: Das gleiche schwere Krankheitsbild. Sensorium etwas
Starke Schluckbeschwerden. Nahrungsaufnahme verweigert.
Wa.R. im Blut negativ. Temperatur 38,9—39,4. Blutbild: Leukozyten
ee on erexhalzänlung: Lymphozyten 92%, Leukozyten 6%, Mono-
zyten 2%, az | ei
Therapie: Omnadin, | | | en
10. April: Das Allgemeinbefinden ist etwas gebessert. Auftreten
von Drüsenschwellungen am Halse, besonders linksseitig. Kiefer-
klemme geringen Grades. Blutbild: Leukozyten 2200. Differential-
: zählung: Myeloblasten 0, Myelozyten 0, Jugendform. 6%, Stabkernige
| 4 h, Sapmentkernige 10%, u
ymphozyten 74%, Monozyten 6%.
nerapie: Omnadin, | wa BR
Die il. April: Das Allgemeinbefinden: hat sich weiter gebessert. .
2 i Drüsenschwellungen am Halse sind beträchtlich stärker geworden,
penso die Kieferklemme. Die Stomatitis geht zurück, die Nekrosen
= m arten Gaumen stoßen. sich ab. Die Tonsillen sind infolge der
‚ Kieferklemme nicht zu sehen. In der Blutaussaat findet sich Staphylo-
coccus aureus haemolyticus. Temperatur normal. Blutbild: Leuko-
pen 4000. Differentialzählung: Myeloblasten 0, Myelozyten 0, Jugend-
a u nl 6%, Segmentkernige 14%, Lymphozyten 62%;
en /0. 2. Vo
12. April: Fortschreitende Besserung. : Blutbild: Leukozyten
6000. Differentialzählung : Eosinophile 3%, Basophile 0, Myelozyten 1%,
ugendformen 22%, Stabkerni 90h. "Sex 6 Tr aoho.
(yten 46%, Monozyten a S s u ER E
12500 13. April: Subjektives Wohlbefinden. Blutbild: Leukozyten
„.ifferentialzählung: Eosinophile 3%, Myeloblasten 0, Myelo-
pe 2%, Jugendformen 25%, : Stabkernige 15%, Segmentkernige 25%,
Jmphozyten 24%, Monozyten 6%.
18. April: Stomatitis und die ulzerativen Prozesse am Gaumen
mad Tonsille vollkommen abgeheilt. Kieferklemme beseitigt. Tempe-
geg Era: ‚Die Drüsenschwellungen am Halse nur wenig zurück-
Tentin at Keine Beschwerden. Blutbild: Leukozyten 9000. Ditfe-
forme E lung: Eosinophile 3%, Myeloblasten 0, Myelozyten 0, Jugend-
h, ] FAR AU Annie 10%, Segmentkernige 44%, Lymphozyten
ni: en 0o. |
Halogen April: Anhaltendes Wohlbefinden. Die Drüsen auf der rechten |
lte b
is auf geringe Reste zurückgegangen, auf, der linken
_ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38.
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BR an SE ET TR ae ran a : E ‘
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u £ Ea A a A B 0
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'flüktrierend.* Inzision. Eiter steril. -Subfebrile Temperatur in den
letzten: Tagen. Blutbild:. Leukozyten . 8600. Differ alai e
Eosinophile 4%,: Myeloblasten. 0, Myelozyten 0, Jugendformen 16%,
Stabkernige 12%, Segmentkernige 40%, Lymphozyten22%/, Monozyten 6%.
©. 7. Mai: Inzisionswunde verheilt.. Drüsen links noch immer
| vergrößert,
| 16. Mai: _Drüsen.an der linken Halsseite wieder erweicht. Er-
neute Inzision. Blutbild: Leukozyten 7400. Differentialzählung:
Eosinophil& 4%, - Myeloblasten 0, Myelozyten 0, Jugendiormen 12%,
ee 16%, Segmentkernige 40%, Lymphozyten 24%, Mono-
ayten Al Oo: u; |
ý 24. Mai: Pat. ohne Beschwerden. . Inzisionswunde verheilt. Nur
‚noch geringe Drüsenschwellungen links. ~ © o =
- 14. Juni: Gutes Allgemeinbefinden. Mund-und Rachenorgane: o. B.
Keine Drüseùschwellungen. Entlassung. Blutbild: Erythrozyten
4500000, Hämoglobin 70%, Leukozyten 6000. - Differentialzählung:
Eosinophile 4%, Myeloblasten 0, Myelozyten 0, Jugendiormen 4%,
Stabkernige8%, Segmentkernige55%, Lymphozyten 28%, Monozyten 6%.
Wie: alle bisher beschriebenen Fälle, so betrifft auch dieser
eine Frau. Ihr Krankheitsbild entwickelte sich ziemlich akut und
zeigte auf seinem Höhepunkte am Tage der- Einlieferung schwere
lokale gangränöse Prozesse am Gaumen, . Zahnfleisch‘ und linker
Tonsille. Die hochliebernde, leicht benommene Pat. macht klinisch
den Eindruck einer Sepsis. _Bei der :Zählung der Leukozyten fällt
die außerordentlich geringe Zahi von. 800 auf.: Bei der Differential-
zählung' stellen sich fast alle Zellen als Lymphozyten dar. Bei
genauester Durchsicht des Präparats konnten nur 80 weiße Zellen.
gefunden werden, von. denen 77 als Lyimphozyten, 2 als: neutro-
. phile Leukozyten und 1 als -Monozyt sich erwiesen. Die Erythro-
zyten wie auch die Blutplättchen. waren in normaler Zahl vor-
handen. Am zweiten Tage ihres Krankenhausaufenthalts bot die.
Pat. annähernd das gleiche schwere Krankheitsbild. Die Tempe-.
' ratur war etwas heruntergegangen, die Zahl der Leukozyten hatte
sich 'auf. 1200 erhöht. Die ulzerativen Prozesse hatten jedoch noch
zugenommen, so. daß die Pat. die Nahrungsaufnahme ‚verweigerte.
Am. folgenden Tage war das Allgemeinbefinden der Pat. etwas. ge-
bessert.. Die Temperatur war weiter zurückgegangen und die Zahl
der Leukozyten hatte sich fast verdoppelt’ Am Halse waren
Drüsenschwellungen aufgetreten, die eine.mäßig starke Kieferklemme
verursachten. An den nun folgenden Tagen besserte sich das Be-
‚finden der Pat. zusehends, und, was das Bemerkenswerteste an
diesem Falle darstellt, mit der fortschreitenden Besserung des All- -
gemeinbefindens ging eine Besserung des Blutbildes . und -der schließ-
Übergang zum normalen einher. Am vierten Tage nach der
Krankenhausaufnahme .war die Temperatur bereits normal, die
Nekrosen im Munde fingen an sich abzustoßen. Die Zahl der Leuko-
zyten erreichte 4000. Das Blutbild zeigte Anfänge einer Linksver-
schiebung. Nach 10 Tagen waren alle ulzerativen Prozesse im
Munde abgeheilt, nach 3 Wochen wurden die Drüsen auf der linken
Halsseite inzidiert..ı Die Leukozyten erreichten um diese’Zeit über-
normale Zahlen von 12500. Das Blutbild bot eine ausgesprochene
Linksverschiebung. Nach 9 Wochen wurde die Pat. mit normalem
Blutbild geheilt entlassen. . oh Ä
Gleichzeitig mit der Besserung des Krankheitszustandes
änderte sich das Blutbild. Die aus dem Blutbilde fast völlig ge-
schwundenen Granulozyten wurden mit jedem Tage zahlreicher ge-
funden. Diese Tatsache läßt gewisse Schlüsse auf die Pathogenese
der Krankheit zu. Man könnte darüber im Zweifel sein, ob die Ver-
änderung des Blutbildes eine Folgeerscheinung der gangräneszierenden.
Prozesse ist oder 'ob- diese sich erst auf dem Boden der Agranulo-
zytose entwickeln. Unser Fall scheint für die letzte Annahme zu .
sprechen, daß. gleichzeitig mit einer Schädigung des Granulozyten-
apparats die Widerstandsfähigkeit der Gewebe herabgesetzt wird.
Die Nekrosen entstehen, weil die Abwehrkräfte. fehlen. Die nach
einer vielfach beliebten Bezeichnung. „kompensatorisch“ auftretenden
Lymphozyten sind dem Infekt nicht gewachsen.. Erst das Wieder-
erstarken der Leukopoese stellt die natürlichen Abwehrkräfte wieder
her. Wie man sich den Zusammenhang auch theoretisch kon-
struieren-mag, es ist eine Tatsache, daß mit der Besserung des
klinischen Bildes. schlagartig die vorher völlig erloschene Leuko-
poese einsetzt und wiederum das uns geläufige Blutbild der Leuko-
zytose festzustellen ist. | ee =
Hinsichtlich der Ätiologie ist dieser Fall unklar. Der in der
zweiten Blutaussaat. gefundene Staphylococcus’ haemolyticus aureus
ist wahrscheinlich nicht als der. Urheber der Erkrankung anzu-
sprechen, sondern ist nur eine Verunreinigung. Wenn aber auch
der Nachweis eines spezifischen Erregers fehlt, so sind wir doch in
Analogie. mit dem erst beschriebenen Fall und auf Grund des
klinischen Eindrucks der Ansicht, daß ‘die Ursache für die Schädi-
No a
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de Ah mg < m Zn
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gung des Granulozytenapparats eine infektiös-toxische Noxe infolge
einer Sepsis ist. Unter Umständen spielt vielleicht noch eine
gewisse individuelle Disposition dabei eine Rolle. Nur ein geringer
Prozentsatz der einwandfrei als Sepsis erkannten Fälle geht mit
Agranulozytose einher. |
W. Schulz und Léon heben das Fehlen der hämorrhagischen
Diathese als differentialdiagnostisch entscheidend gegenüber den
mit Hautblutungen einhergehenden Fällen von Sepsis, wie sie Türk
beschreibt, bervor. Dagegen sei auf den von Petri veröffentlichten
Fall verwiesen, bei dem Hämorrhagien in der Ösophagusschleim-
haut, Lunge und Knochenmark sich fanden und der Nachweis von
Erregern nicht gelang. Auch der klinische Verlauf sowie der
leichte, doch deutliche Ikterus dieses Falles spricht für eine septische
Natur der Erkrankung.
Literatur: Friedemann, M. KI. 1923. — Schulz und Versö, D. m. W.
1922, — Léon, D. Arch, £. kl. M. 1923. — Türk, W. kl. W. 1907. — Petri, D. m.W. 1924.
Aus der Abteilung für Hautkrankheiten (Primararzt: Prof. Dr.
G. Scherber) und dem Ambulatorium für Nervenkranke der Kranken-
anstalt „Rudolfstiftung“ in Wien.
-Die Wirkung der Malaria in Verbindung mit
spezifischer Behandlung auf die syphilitischen Er-
krankungendesZentralnervensystemsundder Gehirn-
nerven, wie die Beeinflussung der liquorpositiven, von
Nervensymptomen freien Fälle durch diese Therapie
| im präventiven Sinne. (Schluß aus Nr. 37.)
Von Prof. Dr. G. Scherber und Doz. Dr. 0. Albrecht.
Die günstige Beeinflussung der Tabes durch die Malaria-
behandlung ist weniger oft beobachtet. Aus der Reihe unserer Fälle
seien die folgenden, bei denen nach Malaria entschiedene und lang-
andauernde Besserungen zu beobachten waren, hervorgehoben:
Fall 7. Sp. H., 55 Jahre alt, Kontrolleur, wurde ausführlich im
Vorjahre von Scherber beschrieben und soll hier nur deshalb er-
wähnt werden, weil bezüglich der seinerzeit progredienten Optikus-
atrophie nach Untersuchung: auf der Abteilung Prof. Hanke festgestellt
wurde, daß das Gesichtsfeld stationär, die Sehkraft des linken Auges
die gleiche geblieben sei, die des rechten Auges sich gegenüber dem
Vorjahre noch etwas gebessert habe. Liquorbefund wesentlich gebessert.
Fall 8. F. A., 5i Jahre alt, Chauffeur, in der oben angegebenen
Arbeit ebenfalls schon Besen wurde, wie dort erwähnt, wegen
Tabes, kompliziert durch eine sowohl den Ramus cochlearis wie vesti-
bularis des Akustikus betreffende schwere Affektion, einer Malariakur
er eine kombinierte Neosalvarsan-Trepolkur folgte. Wäh-
rend beim Verlassen des Spitals noch Kopfschmerz, Schwindel bestand,
Romberg positiv war, verschwanden diese Beschwerden im Laufe
einiger Wochen völlig und ist Patient vollkommen leistungsfähig und
beschwerdefrei als Chauffeur tätig. Liquorbefund ist bei F. A, völlig
normal geworden,
1
Wenn im Falle 7 von Besserung gesprochen werden kann,
so ist im Falle 8 hinsichtlich der schweren Akustikusaflektion der
Ausdruck Heilung gerechtfertigt.
Fall 9. Stefanie Sch., 49 Jahre alt, Beamtengattin, 1915 bis
1922 mehrere Hg-Salvarsankuren. Januar 1922 Spontanfraktur des
3., 4. und 5. Metatarsus des linken Fußes, unter Gipsverband Heilung;
energische spezifische Kur. Juli 1922 nochmals Fraktur des 4. und
5, Metatarsus desselben Fußes. Blut nach nochmaliger Kur nun negativ,
früher stets positiv. Juli 1923: Status: Argyll-Robertson, Fehlen der
tiefen Reflexe, gü een
an den Unterschenkeln, Romberg positiv; vor allem führen aber
ungemein intensive, die Patientin unausgesetzt peinigende lanzinierende
Sehmersen in den Beinen die Patientin zu uns, die so quälend sind,
daß die Kranke verzweifelt ist. St. Sch, ist dabei körperlich sehr herab-
gekommen. Liquor: August 1923: Lymph. 1,5, Nonne-Appelt, Subli-
mat, Pandy, Wa.R. und M.R. negativ, Goldsol: Lues latens-Kurve der
Tabeskurve sich nähernd. Malariabehandlung mit 9 Anfällen. bis
40,50 C. Temperatur. Während der Fieberanfälle außerordenliche Steige-
rung der Schmerzen. November 1924: Objektiv sind die früheren
Sensibilitätsstörungen nicht mehr nachweisbar und die statische Ataxie
beim Gehen auf einer Linie fast völlig geschwunden. Höchst bemerkens-
wert ist aber, daß die heftigen lanzinierenden Schmerzen gänzlich
aufeehört haben. Juli 1924 sieht Patientin blühend aus, war stets
alkommen schmerzfrei bis auf einige Tage, als sie kürzlich an 2
aufeinanderfolgenden Tagen in sehr kallon Wasser durch je 2 Stunden
Schwimmlektionen nahm.
Die Besserung. des Zustandes ist in diesem Falle sehr erheb-
lich. Auch in anderer Hinsicht gestattet er Überlegungen. Von
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
Weise die günstige Wirkung der Malariabehandlung auf lanzi-
e Hypästhesie am Rippenbogen, streifige `
21. September
mancher Seite wird besonders bei der Kriegsbeschädigungsfrage
dem Einfluß von intensiver Kälteeinwirkung auf die Entwicklung
tabischer Symptome jede Bedeutung abgesprochen. Das vorüber-
gehende Auftreten von lanzinierenden Schmerzen nach intensiver
Abkühlung im Bade zeigt hier deutlich die Wirkung der vaso-
motorischen Verschiebungen.
Fall 10. Karl Sch., 53 Jahre alt, Ingenieur, luetische Infektion
1890. Seit 1903, in welchem Jahre die luetische Grundlage seines
i
Nervenleidens erkannt wurde, jährlich antiluetische Behandlung, Hg- |
Kuren, und seit 1915 Salvarsankuren. 1922 Alttuberkulin mit Salvarsan
kombiniert. November 1923 wegen nicht mebr auszuhaltender, ständiger,
intensivster lanzinierender Schmerzen in den Beinen, Malaria mit
8 Anfällen bis 410 C. Während des Fiebers heftige Steigerung der
Schmerzen, die nach Ablauf der Malaria völlig schwinden und bis heute
EN, wiedergekehrt sind. Patient bei ausgezeichnetem Allgemein-
elinden, `
Fall ii. August L., 45 Jahre, Beamter, Infektion 1902, seit
1909 Pupillenstörungen, Sensibilitätsstörungen und andauernde Neuralgie
im rechten Trigeminus.
zündungsanfälle des rechten Auges. Trotz operativen Eingriffs, Durch-
schneidung des mittleren Astes des Trigeminus, häufig wiederholter
Hg-Neosalvarsan-Wismut- und Fieberbehandlung ständig Schmerzen,
die sich häufig bis zur Unerträglichkeit steigern, besonders bei Auf-
treten der neuroparalytischen Entzündung des Auges.
Malaria, 9 Anfälle mit Temperatur bis 40,50 ©. -Verstärkung des Tri-
geminusschmerzes und Auftreten lanzinierender Schmerzen im linken
Bein. Diese Reaktionen wiederholen sich in immer schwächer werdendem
Maße bei der nachfolgenden Salvarsanbehandlung. Schließlich hören
die Schmerzen im Bein völlig auf, die im Trigeminus sind seltener
geworden und nur leichten Grades. ` Ä
Die drei zuletzt geschilderten Fälle zeigen in auffallender
nierende Schmerzen verschiedener Lokalisation; verschiedene andere,
auch intensive Therapien, hatten. versagt. Diese Tatsache fordert
auf, die Malariabehandlung in allen derartigen Fällen zu versuchen,
Fall 12. Marie C., 26 Jahre, Bedienerin, Infektion 1919, kam
1923 mit ausgesprochener Tabes wegen schwerster gastrischer Krisen
in Behandlung. Liquor August 1923: Lymph. 60,8, alle Reaktionen kom- '
plett positiv, Goldsol: Tabeskurve. Durch Malaria mit 8 hohen Fieber-
anfällen wurden die Krisen völlig behoben. Liquor November 1923:
Lymph. 16,6, alle Reaktionen positiv, Goldsol: Lues cerebrospinalis-
Kurve.. Patientin blieb 2 Monate vollkommen beschwerdefrei, trat dann -
in eine physisch stark anstrengende Arbeit und nun traten: die Krisen
wieder in heftigster Form auf. Die Malarlabebandlung war wegen
Anämie und. nicht entsprechend kräftigem Herzen — die Patientin
leidet unter den schweren Krisen ungemein — nicht zu wiederholen,
und alle anderen Formen der Therapie bringen keine Erleichterung.
Die Verschlimmerung des Zustandes schreitet fort.
Fall 18. B, Jakob, 40 Jahre, Hilfsarbeiter. Infektion 1908.
Tabes dorsalis: wiederholte Hg-Salvarsankuren. 1922 Hepatitis luetica,
Rückbildung auf Hg-Salvarsanbehandlung. Februar 1923 wird Patient
wegen intensiver sich in letzter Zeit einstellender gastrischer Krisen,
Blaseninkontinenz, Ataxie, Sensibilitätsstörungen, Pupillendifferenz und
träger Reaktion der Pupillen aufgenommen, Blut: WaR. und M.R.
negativ: Liquor: Lymph. 77,3, Pandy, Sublimat, en, WaR.,
M.R., mittelstark positiv, Goldsol; Lues latens-Kurve, Nach Malaria-
kur, 8 hohe Fieberanfälle, und nachfolgender Neosalvarsan-Mesurolkur,
Besserung des Allgemeinbefindens ganz wesentlich, Aufhören der
astrischen Krisen, Behebung ‘der Inkontinenz; Liquor August 1928:
ymph. 6,3, alle Reaktionen völlig negativ, Goldsol:. Normalkurve.
_ Dieser auffallenden Besserung des Liquor geht ein bis Juli 1924
anhaltendes völliges Wohlbefinden parallel.
Fall 14. F. Rudolf, 42 Jahre alt, Bürodiener, Infektion 1902,
mehrere Schmierkuren. 1915 wird beim Militär eine Tabes festgestellt
und Patient macht bis 1921 jährlich kombinierte Hg-Neosalvarsan-
a nungen durch. 1922 und 1923 Injektionen von
Sulfoxylatsalvarsan Kolle mit Jod gleichzeitig intern, und zwar zuerst
das alte Präparat, Frühjahr 1923 das neue Medikament, pro Injektion
zu 8—10 ccm intravenös (4 Injektionen), von einer gewissen aber nicht
anhaltenden Besserung der heftigen ständigen Kopfschmerzen und der
den Patienten ungemein beunruhigenden intensiven Schwindelanfälle ge-
folgt. Patient verweigert leider die Lumbalpunktion; Blut bis 1915 positiv,
von da ab nach Behandlung weiterhin ständig negativ. Juli 1923: Pupillen
vollkommen lichtstarr, Fehlen der tiefen Reflexe, Auftreten ungemell
heitiger Schwindelanfälle und Kopfschmerzen in der Stirne, starke
lanzinierende Schmerzen in den Beinen. Ende Juli 1923 Malaria, sechs
Fieberanfälle, Temperaturen bis 40,50 C. Nach dem 6. Anfalle Unter-
brechung der Malaria wegen Irritation der Herzarbeit; anschließend
Salvarsan-Trepolkur. Diese Therapie brachte zwar keine wesentliche
Änderung der objektiven Symptome, aber völliges Aufhören der Kopi-
schmerzen und Schwindelanfälle (bis Juni 1924 kontrolliert).
‚ Was die Wirkung der Malaria auf die von Nervensymptomen
freien Syphilisfälle mit ausgesprochen positivera Liquörbefund an
Zeitweise heftige neuroparalytische Ent
März 1924
a Ba TO BE Er
91. September"... 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. ` i „18270 215 Bla.)
u eu ur rn et O j nr En i ie: De | Ba = . . SR 3 e o ki y HEH BARN
pelangt; so wurde der Liquor-in allen Fällen durch eine entsprechende | - - Aber auch bei:der Tabes: sind durch die Malariabehandlung im. :..- in Blu chliige ae
Anzahl: von Fieberanfällen und eine nachfolgende angemessen inten- | Verein mit spezifischer Therapie. in.überzeugender und objektiv fest- > < pos haszikinksiin
-give Neosalvarsantherapie, die eventuell mit Quecksilber-Wismut und |. stellbarer Weise oftmals deutliche Besserungen zu‘erzielen. Wiederholt > > u fe ERS iiy
-Jodbehandlung kombiniert wurde, ‚günstig beeinflußt. Wir gewannen | mit allen anderen Mitteln intensivst und dabei resultatlos behandelte 1. BE AEEA
‚den. Eindruck, ‘daß die Wirkung der kombinierten Malaria-spezifischen |. Fälle zeigen nach Malaria wesentlichen Rückgang krankhafter Ver- . H PEENTE
"Behandlung. um so: wirkungsvoller ist, je früher dieselbe. nach Fest- | änderungen. Vor allem sei àuf'die auffallend günstige Beeinflussung ` -`> a jet nt
stellung. des. auf. energische spezifische Behandlung noch positiven |.schwerer. Affektionen der Gehirnnerven, von Neuritiden des Optikus. Ef TEETAR SUL
` Liquor za Anwendung kommt und je intensiver sie durchgeführt wird. | und Akustikus hingewiesen und namèėntlich die "Behebung ‘oder -- 3 n ACAO DREH
‚Ein abschließendes ‘Urteil. über die Dauerwirkung der Behandlung |: weitestgehende Besserung tabischer. Schmerzphänomene ganz be- > a RR AE
> anf Klinik und Liquor können wir-noch nicht abgeben, doch lassen | sonders hervorgehoben.: Sowohl bezüglich .der Behandlung. der. pro- 1:3 Erca tja ii
' das völlige Normalwerden der Liquorreaktionen. in einem "Teil | gressiven Paralyse wie der Tabes: kann picht genug betont werden, =) R3 penrai ie ge:
.. .der'Fälle, die. weitgehenden, eine weitere Malariabehandlung un- | daß die Malariatherapie. um .so' erfolgreicher ist; :je energischer sie >. -RY peeti yao
| nötig 'erscheinend lassenden Besserungen der B£funde in einem | durchgeführt wird, und: wenn nach. der Beobachtung eines von uns. =- Bil Perie NBI VA
weiteren Teil der Fälle, die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß | (Scherber) eine Malariabehandlung. mit -18 hohen’ Fieberanfällen. -pë kiyala: Hi?
.. wir mit der Kombination der spezifischen Behandlung mit der Malaria’ |. bei einem Paralytiker einen imponierenden Erfolg zeitigte, so zeigen f T 4 i a z Hatt tddi
- die pathologischen ‚Veränderungen des Liquors weitest möglich be- | andererseits unsere Krankengeschichten, daß derselbe Erfolg’ durch.. ... d ERE
- heben können: und damit höchstwahrscheinlich derzeit die günstigsten - getrennte Malariakuren zu erreichen ist, daß nach unserer Erfahrung p 3% BESRTBESCHN
Aussichten für. die Einschränkung späterer klinischer Erkrankungen | eine zweite Malariabehandlung, -um den durch die’erste erreichten. A pe ei alde E
' des.Zentralnervensystems gewinnen. Die Kontrolle des Liquors | Erfolg zu vergrößern und zu sichern, in der Mehrzahl der Fälle be- IMs Bil
'isteine.ünerläßliche Forderung für die Regelung unseres |.sonders bei der progressiven: Paralyse,. notwendig. sein wird: -Bei' > iR DR DER,
therapeutischen Handelns. Wir beginnen mit den Liquörunter- | der Tabes brachte zumeist eine Malariakur in Verbindung mit ent- `.. fe it BL,
suchungen: Ende des ersten oder Anfang des zweiten Jahres.nach der | sprechender spezifischer Behandlung, wie. die angeführten Fälle 3 ue Sl
‚ .. . Infektion?)..und.:reichte die ‚spezifische Behandlung nicht aus, um | zeigen, auffallende klinische Besserungen und günstige.Beeinflussung . . #i.nie: E
den: Liquor. entsprechend günstig zu beeinflussen, so erreicht eine | des Liquor. rn N =: 5 ER Reel,
: kombinierte‘ Behandlung, Malaria mit spezifischer Therapie, -diesen | .. :Wiederholte und dabei jedesmal. nicht bis zum ‚äußersten ge- Ey RK hl,
- Eifekt...Nur in einzelnen Fällen. genügte eine Malariakur nicht und | triebene Malariabehandlungen haben neben demselben guten Effekt et But
~- ‚erwies sich. die Wiederholung derselben als notwendig. Klinisch | auch den Vorteil einer. geringeren Gefährdung des Patienten. Es 3 perante weli
“mid bezüglich des- Blutbefundes wurden die: der Malaria unter- | ist natürlich, daß auch. der Malariabehandlung in ihrer . Fiir hi
ij.” .zogenen Fälle im ‘allgemeinen. alle günstig beeinflußt. In einem | Wirkung Grenzen gesetzt sind, da es unmöglich ist, ..- I kai ia
... Falle ‚versägte ‚aber auch die kombinierte Malaria-spezifische Be- | definitiv Zerstörtes zu restituieren. Die klinischen Erfolge. ix. hr u]
handlung -und sei dieser Fall kurz angeführt, um zu zeigen, daß | der Malariäbehandlüung werden durch eine parallel gehende ’auffallende: : Pi penr iia? she d
bei hartnäckig positiven Blutreaktionen auch diese Form der Therapie | Besserung, ja in einem Teil der Fälle. durch ein: völliges Normal- Ei Kai, nl je!
‚ohne Erfolg sein: kann. © nn, | werden des: Liquor bestätigt und gesichert.” 0 0. Er Bl lo
el .. Fall 15 K. A., 20 Jahre alt, Lues hereditaria: Hutchinsonsche . Gaben uns die klinischen Erfolge der- Malaria bei Erkran- >`. . Se Ele madya!
aj ..... Zähne und Narben im Septum nasi. Blut: Wa.R: und MR. komplett | kungen des Zentralnervensystems, die günstige Wirkung auf den . .' .zı Wkulanils,
d positiv, Liquor: Lymph. 2, alle Reaktionen negativ, Goldsol: Normal- | Liquor bei diesen Erkrankungen, das Versagen anderer Fieber- TEEN
ei. ‚Kurve. Nachdem ‘bis zum Höchstmaß getriebene Neosalvarsankuren therapien wie fieberhafter Erkrankungen bezüglich. des Schutzes vor n ERE ai BER
| ‚in Verbinidung‘ mit Hg, Bi und Jod, sowie Fieberkuren (Tuberkulin | späterer Erkrankung des Nervensystems, die Veranlassung ‘vo E E Bere
ir) -und Phlogetan) an diesem Befund nichts zu ändern vermochten, wurde | he ‚die Malari 18. lionornositi PN OTARA E, MODE ar
wi - - Dezember 1923" eine Malaria 'mit 8 Fieberanfällen mit Temperaturen Per ana nei anor postaven Fällen In präyonivon: Sinne _ ee H
ia| .- Yoh 39,541%.C durchgeführt und vermochte weder-diese Fiebertherapie | UM Schutze: vor späterer ‚Erkrankung des Nervensystems. in An- .. . u peri
m) noch eine angeschlossene intensive Neosalvarsan-Trepoltherapie.an dem | wendung zu bringen, so lassen unsere bisherigen günstigen Erfah- pi o Baik:
2) Bhtbefundo etwas zu àndern.. ° 7 © | rungen in der Beeinflussungsmöglichkeit des -Liquors durch die - (< p%
e u E E E S ET nar. | Kombinierte Malaria-spezifische Behandlung die Annahme berechtigt REN
A hefu rn der Malariatherapie wegen ihres’ positiven Liquor - | erscheinen, daß es auf diesem Wege gelingen dürfte, die spieren BR:
- beiundes unterzögenen Luetiker traten, wie schon erwähnt, irgend- Erkrank des Zentral x ER Pe ae a
$ > „~ welche klinisch auffällige.Erscheinungen auf, bis auf einen Patienten, | ankungen Ces „eniralnervensystems zumindestens erheblich Sm
"| "der aber in seiner Beobachti | Doch nieht abzeschlossen ist. Es | zuschränken. Zum endgültigen Urteil'in dieser Frage müssen aber hu EA
PR / soll nún erwähnt werden daß en diesem Falle, der im.8, Jahr der | © der klinischen Beobachtung wie in der des Liquorbefundes noch _ Eh u
is} luesinfektion stand, nach der Malariabehandlung ungemein hart- eb zn. an, un Mala heran es p pi
|- . äckige, schon 2mal rezidivierende: Periostitiden des Schädels auf- l ern rn eh a aravebanding "nu pony
DF . täten, die vielleicht ‚an eine lokale Virulenzsteigerung des Syphilis- | Dingen kann, wurden rückhaltlos angeführt; ‚sie können gegenüber. . f% pys
Te errang! EEE Fe du | den. wesentlichen Vorteilen dieser Therapie keine Kontraindikatiin " p3 Eno%
| .. Mms durch.die Malaria denken lassen.. Bezüglich seines Liquor wurde an: ar ern Doa
w dieser- Patient së 1a denken lassen.. Dezugucn e 0. | gegen dieselbe bilden. : Andererseits ist aber. die Aufmerksamkeit er
kl . Meser-Patient sehr günstig beeinflußt, ursprünglich positiver Liquor iniker d ? lenk F Se SE: p feee,
bf _ befund, nach‘ der Malari lle Reakti Bali Irmohosten ds der Klini er darauf zu lenken, ob die Malaria namentlich in den . S
Ho og 1dso] er Malaria alle Reaktionen negativ, Lymphozyten 4, ersten Jahren der Infektion bei gleichzeitig ausgezeichneter Wirkung . 3 À KI:
gl . „©dsol: Normalkurve. Die luetische Periosterkrankung des Patienten | -f des Nervensritam und den Lieuor nicht imstande it 7 5.5 er Dr
sT Ñt sicherlich. höchst‘ auffallend. Der Fall wird.nach abgeschlossener | ® “7, -rYonSy ae ISt WORN Er
d. Beobachtung ausführli RT i ; PS auch selten an anderen Lokalisationen. durch lokale Virulenzsteige-. pa kpi
a wung ausführlich mitgeteilt werden. Zusammenfassend ge- | tungen des Virus Rezidiven zu provozieren. .' Auch ein solches-schein- pa piou
: statten unsere Beobachtungen. folgende Beurteilung: | b gy chi Selene Vorkommnis wrd doch keine i bediz sa
©. Die ‚von: Wagner-Jauregg eingeführte Malariabehandlung | 7 an... o nn. mal SO0N a -UBDERIDEIB Po Ryan
MO- der Syphilis de 7E e88 S is eroßör Fori- Kontraindikation gegen die Malariatherapie sein, weil ja solche bL peas
geh" E US des Zentralnervensystems ist als großer “ort- | Rozidiven zu: beherrschen sein dürften. Wir stehen daher nicht an, E
` schritt zu-bezeichnen und hat diese Therapie im Verein
< Mit. nachfolgender entsprechender spezifischer Behand-
"bedeutend: erweitert, denen wir früher machtlos gegen-
SAA ERS
Zus
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vir ohnmächtig zuzusehen gezwungen waren. |
Bezüglich der progressiven Paralyse können wir nur die Erfolge
Ko
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x uns bezüglich ‘der Auffassung der Bedeutung dieser Therapie
mit-den meisten der zahlreichen Autoren, die darüber gearbeitet
aben, "in ereinstimmung. Wie die angeführten Fälle zeigen, er-
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.. ler Patienten, die- praktisch als Heilungen angesprochen ‘werden
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‚wiedergeben.
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o j wie in gewissen Grenzen seinem Berufe
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-D Siehe Arbeit M: KL, 1928, Nr. 23/4.
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lung den Bereich der Heilbarkeit von Erkrankungen ganz
über standen und deren unaufhaltsamem Fortschreiten
| heranziehen, zu ‘empfehlen. |
| Yagners-Jaureggs‘ und seiner Schule bestätigen und befinden
`. Zeicht die Malariabehandiung besonders bei -initialen Fällen Zustände
u oder es kommt zumindestens zu Besserungen, ‚die den
„ulenten ‚nicht nur lebensfähig machen, ‚sondern auch seiner Fa-
‘dem Patienten; wenn die Kontrolle nach einer entsprechenden, inter-
'mittierenden spezifischen Behandlung immer noch‘ einen positiven‘
Liquor ergibt, eine Malariabehandlung mit folgender spezifischer
Therapie, wobei wir vor allem Salvarsan, dann auch Hg und Jod,
besonders aber die Bismutpräparate (Mesurol, Trepol, Bismogenol)'
Wir wissen, daß die Malariabehandlung von mancher Seite.
‚abgelehnt wird. Wir besitzen aber bis heute kein anderes gleich `
intensiv auf die luetischen Erkrankungen des Nervensystems
wirkendes und dabei doch im allgemeinen leicht zu beherrschendes
Fiebermittel von vielleicht spezifischer Wirkung. Es -ist kein
Zweifel, daß die Malariabehandlung im Verein mit ent-.,
sprechender spezifischer Therapie derzeit das wirkungs- -
vollste Behandlungsmittel der manifesten Nervensyphilis `
darstelt und den positiven Liquorbefiund am günstigsten .
beeinflußt. Ä = a en,
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1328
| | u 21. September
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
Aus dem Pathologischen Institut der Deutschen Universität in Prag
(Vorstand: Prof. A. Ghon).
Zur Pathogenese der Dystrophia adiposogenitalis.
© Von Dr. Erik Johannes Kraus. (Schluß aus Nr 37.)
Fall IV. Karl B., 40 Jahre alt (Propädeutische Klinik, Prof.
Bied}). Patient ist seit 1/ Jahr krank und leidet an Kopfschmerzen,
Schlafsucht und zunehmender Fettsucht. Früheres Gewicht 82 kg, vor
dem Exitus 95 kg (in 3 Wochen 5 kg Gewichtszunahme). — Seit
ij, Jahr keine Libido, seit 1 Jahr Impotenz. Plötzlicher Tod an akutem
Hirndruck.
Die Sektion zeigt, daß an Stelle der Hypophyse ein medullärer,
21/, cm aus der Sella herausragender, zum Teil hämorrhagischer Tumor
sitzt, der die Sella stark erweitert und vertieft hat. Dieselbe mißt 2 cm
im Sagittal-, 31/, cm im Frontaldurchmesser und ist 2 cm tief, Der
Tumor ist mit dem stark hochgedrängten äußerst verdünnten Boden
des dritten Ventrikels verlötet und ragt in den sehr erweiterten dritten
Ventrikel hinein. Auch der Pons erscheint ziemlich stark durch Tumor
komprimiert. Es besteht chronischer Hydrocephalus internus. -
Die Leiche mißt 1,68 cm, der Fettpolster am Abdomen 41/, cm,
` am Oberschenkel 4 cm, Behaarung und äußeres Genitale normal.
Morphologische Untersuchung der endokrinen. Organe:
Der Tumor der. Hypophyse entspricht einem malignen, gemischt-
zelligen Adenom, vorwiegend aus chromophoben und nur zum geringsten
Teil eosinophilen Zellen. An der Basis des Tumors findet sich die
Hypophyse, mit diesem innig verwachsen. Der Stiel verliert sich nach
oben in den medullären Tumormassen. Der Hinterlappen, in den von oben
Tumor hineinzuwachsen beginnt, enthält sehr reichliche basophile
Wucherungen und viel Pigment. Der Vorderlappen ist von oben etwas
kahnförmig aus
stellung der Zellstränge als Ausdruck geringer Druckwirkung, der weit
größere Teil des Vorderlappens zeigt dagegen keine Spur einer Druck-
wirkung und besitzt sehr reichlich Basophile, die fast durchweg gerb-
säurefestes Kolloid enthalten, und viele,
Eosinophile; Hauptzellen finden sich nur in geringer Zahl. Stroma o. B.
Zirbeldrüse 0,3 g, histologisch o. B. Schilddrüse 56 g, mit
kolloidreichen Bläschen und .meist niedrigem, ziemlich stark lipoid-
haltigem Epithel. 3 Epithelkörperchen (zusammen) 0,25 g, im all-
gemeinen mäßig und nur stellenweise stark von Fettgewebe durchsetzt,
vorwiegend aus lichten Zellen, mit farblosem Protoplasma, weniger mit
Zellen von dunklerem Typus mit spärlichem, eosinophilem Zelleib.
Mäßig reichlich kleinere und größere k
omplexe oxyphiler Zellen. Ver-
einzelt ganz kleine, aber auc
108 g, 127 Inseln pro 50 qmm. Die Inseln sehr ungleich groß, dureh-
weg.normal, ebenso die Tubuli. — Nebennieren (zusammen) 12 g.
Rinde diffus verfettet, die Zona reticularis stark pigmentiert; die Mark-
substanz reichlich, ihre Zellen z. T. licht, wie gebläht (infolge Ver-
fettung), z. T. mit gut färbbarem, solidem Zelleib und deutlicher Chrom-
affinität. Hoden zusammen 40 g (ohne Nebenhoden), mit erhaltener
Spermatogenese und auch sonst völlig normal. (Samenblasen normal
mit reichlichen Spermatozoen.) |
Epikrise: Es handelt sich um einen 40 Jahre alten Mann,
der seit 3 Jahren Zeichen eines Gebirntumors hat, an Fettsucht und seit
í Jahr an Impotenz leidet. Die Sektion ergibt einen mächtigen Hypo-
physentumor, der den Boden des dritten Ventrikels zerstört hat,
' während die Hypophyse in morphologisch recht guter Verfassung
in der Tiefe des Türkensattels unter dem Tumor verborgen liegt.
Die Verbindung mit dem Zwischenhirn ist allerdings aufgehoben.
Trotzdem der Mann bereits. seit 3 Jahren krank war, zeigt der
Genitalapparat vollkommen normale Verhältnisse, und auch die
Behaarung erscheint normal.
änderungen, der Hodenatrophie und des Haarschwundes, wäre viel-
leicht mit der Intaktheit der Hypophyse, in erster Linie des Vorder-
lappens zu erklären, der ungeachtet der Lostrennung der Hypophyse
vom Zwischenhirn sein Sekret unbehindert in die Blutbahn abgeben
konnte, wobei ja noch der Umstand hinzutritt, daß geschlechtsreite
Individuen gegen eine hormonal bedingte Keimdrüsenschädigung
Adoleszenten. In der Tat ist die Atrophie bzw. Hypoplasie der
Hoden und der feminine Typus am stärksten bei denjenigen Dystrophie-
kranken, bei denen die Hypophysenläsion in die Entwicklungszeit
zurückreicht. Welche Bedeutung die Funktionstüchtigkeit der Hypo-
physe, und zwar des Vorderlappens, für das Schicksal der Keim-
drüsen in der Entwicklungsperiode besitzt, erhellt aus den Folgen
der experimentellen Vorderlappenexstirpation, die beim jugendlichen
Tier eine weit größere Wirkung auf die Keimdrüsen ausübt als beim
geschlechtsreifen.
‚FallV. Derselbe betrifft den 32 Jahre alten Franz M. (Obrenklinik
Prof. Piff]), bei dem ein extrasellarer Hypophysentumor angenommen
worden war und der nach der Operation von Hirsch an
rn eningitis `
zu Grunde ging. Seit einem Jahr bestanden Kopfschmerzen, später Seh-
ne und zeigt nur in den obersten Partien Parallel-
zum großen Teil recht kleine
Das Ausbleiben dieser zwei Ver-
oße : Kolloidfollikel. — Pankreas‘
1
störungen. Im letzten Lebensjahr nahm Patient 121, kg zu. Die
Libido war eingeschränkt, die Zuckertoleranz herabgesetzt, in dem nicht
nur nach Zufuhr von 50 g Traubenzucker, sondern auch spontan Gly-
kosurie auftrat). |
ie Sektion des etwas fettleibigen, aber normal behaarten
Mannes ergibt u. a. ein kleinkirschgroßes Cholesteatom in der hinteren
Hälfte des dritten Ventrikels,. dessen Kapsel mit der Tela chorividea
und stellenweise mit dem Ependym des Ventrikels verwachsen ist.
Der Tumor schneidet vorne mit dem hinteren Rand der Corpora
mamillaria ab und reicht hinten bis an die Zirbeldrüse. Der Boden
des stark erweiterten dritten Ventrikels erscheint vor dem makroskopisch
intakten Corp. mam. handschuhfingerförmig vorgewölbt und drückt in
die sehr verbreiterte und deutlich vertiefte Sella turcica. Die Hypo-
hyse zeigt an der Ansatzstelle des Stieles eine 7:10 mm messende,
bis 81/ mm tiefe Delle, wiegt 1,15 g und mißt 18:14: 9 mm, wobei
die rechte Hälfte des Vorderlappens dicker erscheint als die linke. An
der nicht unbedeutenden Vergrößerung der Hypophyse a sich
lediglich der Vorderlappen, während der nn etwas kleiner
als normal erscheint. Das Strukturbild des Vorderlappens zeigt nor-
male Verhältnisse, vor allem reichlich Eosinophile und Basophile. In
der Marksubstanz ziemlich viel Kolloid, im Hinterlappen reichlich
basophile Wucherungen und sehr wenig nen — Zirbeldrüse
0,2 g, histologisch normal. Schilddrüse 56 g
, zeigt histologisch das
Bild einer geringgradigen diffusen Kolloidstruma. — 2 Epithelkörper-
chen (zusammen) 0,2 g, mit reichlich Fettgewebszellen im Interstitium, `
sonst o. B. — Pankreas 77 g, mit mäßiger Lipomatose, durch po
mortale Autolyse stark verändert., Nebennieren (zusammen) 10,
3g
histologisch o. B. — Hoden ohne Nebenhoden (zusammen) 31,5 g, mit
verminderter Spermatogenese, stellenweise verbreitertem Interstitium,
und zwar teils durch
teils durch Ödem.
' Epikrise: Es handelt sich um einen etwas fettleibigen
32jährigen, normal behaarten Mann, der im letzten Jahr 121/, kg
an Körpergewicht zugenommen hat und bei dem die Sektion ein
Cholesteatom im dritten Ventrikel und eine durch Hydrozephalus
bedingte, ungewöhnlich starke Vortreibung des Bodens des dritten
Ventrikels ergibt. Der Vorderlappen der Hypophyse erscheint
hyperplastisch. und bloß - an der Oberfläche durch Druck leicht
eingedell. Die ungefähr normal großen Hoden zeigen erhaltene,
wenngleich verminderte Spermatogenese. Die Libido sexualis war
‚eingeschränkt und es bestand eine leichte Glykosurie, die dem
Zustandekommen eines höheren Grades von Fettleibigkeit entgegen-
gewirkt haben mochte. Der Befund funktionstüchtiger Hoden spricht
auch hier für die Annahme, daß es hauptsächlich die Schädigung
der Hypophyse u. zw. des Vorderlappens ist, die bei der Dystrophia
adiposogenitalis die Hodenatrophie erzeugen dürfte (Erdheim,
Berblinger), ‚wenngleich Pathologie und Tierexperiment®) darauf
hinzuweisen scheinen, daß auch dem Zwischenhirn besonders
beim jugendlichen Individuum ein großer Einfluß auf die Keim-
drüsen zukommt. —
Die Hyperplasie des Vorderlappens in unserem Falle bleibt
kausalgenetisch ungeklärt; die Ursache der Fettsucht ist in der
‚Schädigung des Zwischenbirns zu erblicken. — Raab, der aus dem
eben erwähnten Fall den Schluß ziehen will, daß die beiden für
das Syndrom der Dystrophie in Betracht kommenden Zentrum:
partien (Zentrum für Genitaltrophik und Fettstolfwechselzentrum)
räumlich getrennt liegen, kann ich darin absolut nicht folgen.
Raab vermutet das erstgenannte Zentrum mehr hypophysenwärts,
das letztgenannte näher den Corpora mamillaria im Tuber cinereum.
Dieses soll nach Raabs Darstellung der anatomischen Verhältnisse
an der Hirmbasis, der ich als Obduzent durchaus nicht beipflichten
kann, von der Kante des Dorsumrestes druckatrophisch gewesen
sein, während der weiter vorne gelegene Anteil des Tub. cin. kaum
irgendwie gedrückt war, wodurch einerseits die Fettsucht, anderer-
seits das Fehlen der Genitalatrophie erklärt werden soll. Um einen
derartigen Schluß ziehen zu können, erscheint der Fall nicht ge-
eignet. Auch ergab die histologische Untersuchung des mit Aus-
nahme der Còrp. mam. stark veränderten Zwischenhirnbodens eine
gleichmäßige Schädigung aller Teile, was übrigens schon auf Grund
der makroskopischen Inspektion angenommen werden konnte. Von
einem Unterschied in der Schwere der Läsion des vorderen un
hinteren Anteiles des Tuber cinereum war nichts wahrzunehmen. —
‚ 5) Der Fall ist vom klinischen Standpunkt jüngst von Baab
mit teilweiser Benützung unserer morphologischen Befunde publiziert
worden. In der Beschreibung des histologischen Bildes der Hypophys®
finden sich bei Baab einige Abweichungen von dem oben zitierten
nn ebenso ist die von Baab gegebene Darstellung der makro-
skopischen Verhältnisse am Boden des dritten Ventrikels (der Fall ist
von mir selbst seziert) nicht gan treffend.
6) Siehe re nn
indegewebs- und Zwischenzellenvermehrung,
wir a N a m BB m m MO, — Te k kac u oe o.
x | a aMMa
mm ——— -
| —— a >
' epithelien zum Teil klein und an oder mit spärlichem,
Teilen des Vorderlappens. Die Hoden sind nur wenig verkleinert,
‚bestanden haben.
genannten Drüsen zum großen Teil abhängige Kohle-
RT
`
1
21. September 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. 1829
Fall VI. Zum Schluß sei über einen Fall berichtet, bei dem
bloß der Schwund der Behaarung auf eine endokrine Störung hinwies.
Er betrifft einen 36 Jahre alten Mann, Oswald O. (Phychiatrische Klinik
Prof. Pötzl). Patient litt seit einem Kopftrauma im Jahre 1916 an
starken Kopfschmerzen, Sehstörungen, später Ohnmachtsanfällen und
Krämpfen. Angeblich keine en Der Haarausfall begann bereits
im 15. Lebensjahr. Patient geht am 3. Januar 1923 an Gehirntumor
zugrunde.
| Die Sektion ergibtin der Regio hypothalamica einen ungefähr
hühnereigroßen, größtenteils gallertig beschaffenen, grau-weißlich bis
gelblich gefärbten Tumor, der das ganze Zwischenhirn substituiert;
so sind namentlich die Corpora mamillaria, das Tuber cinereum und
das Infundibulum vollständig zerstört. Der dritte Ventrikel, in den
der Tumor einen bohnengroßen Zapfen hineintreibt, ist erweitert, noch
stärker die Seitenventrikel?). Die Sella turcica ist durch den Tumor
sehr vertieft und erweitert. Die Hypophyse ist maximal abgeplattet
und mißt 21 mm im Frontal-, 14 mm im Sagittal-, und bis 21/, mm im
Höhendurchmesser.
Die übrige Sektion ergibt Atrophie der inneren Organe bei
allgemeiner Atrophie. Kopf- und Barthaar dürftig, Brust und Achsel-
höhlen kaum behaart, Schamhaare mäßig reichlich von weiblichem Typus.
Die ar pale gelte Untersuchung der endokrinen Organe
ergibt: Hypophyse 0,45g, sehr stark kahnförmig ausgehöhlt. Reichlich
chromophile Zellen, namentlich basophile. Die Hauptzellen gleichfalls
reichlich, anscheinend auf Kosten der Eosinophilen etwas vermehrt.
Keine regressiven Veränderungen an den Vor erlappenzellen, im all-
gemeinen keine histologischen Zeichen einer Druckwirkung, nur
stellenweise in den oberen Partien eine leichte Andeutung von Parallel-
stellung der Zellstränge. In den untersuchten Schnitten keine Kolloid-
zysten in der Marksubstanz. Fast keine basophilen Zellen im Hinter-
lappen und nur wenig Pigment. Auch der Hinterlappen und Stiel
histologisch ohne Zeichen von Kompression. — Zirbeldrüse: 0,25g, o.B.
Schilddrüse 34,5 g, zeigt einen geringen Grad einer diffusen Kolloid-
struma. 1 Epithelkörperchen 0,05 g, mit zahlreichen Kolloidfollikeln
und sehr wenig oxyphilen Zellen. — Pankreas 56 g. 150 Inseln
pro 50 qmm. Dieselben' zum großen Teil auffallend klein. Die Insel-
hydrattoleranz des Individuums von-großem Einfluß sein
muß. Veränderungen im Pankreas, die zu einer Funktions-
einschränkung des Inselapparats und damit zu einer selbst nur
latenten Herabsetzung der Kohlehydrattoleranz führen, noch mehr
Grade von Diabetes mellitus wirken der Entstehung der Fett-
| Sucht entgegen, sind bzw. imstande, dieselbe auch ganz zu ver-
hindern. | u |
Fälle wie Fall V und der nachstehende, den ich in einer
gemeinsamen Arbeit mit Reisinger neben anderen Fällen be-
schrieben habe, sprechen für eine solche Annahme. In diesem
einen Falle handelte es sich um eine 54 Jahre alte Frau mit
Diabetes mellitus, bei. der sich im Vorderlappen der Hypophyse ein
kirschgroßes Adenom aus chromophoben und nur ganz vereinzelten
eosinophilen Zellen befand; der geringe Rest von Vorderlappen-
gewebe war durch Druck mehr oder weniger atrophisch. Der
Hinterlappen erschien normal. — Daß eine endokrine Störung vor-
lag, bewies abgesehen vom Diabetes eine abnorme Behaarung des
Gesichtes und Halses. : Eine endokrine Genitalstörung war bei der
ö4jährigen Frau nicht mehr kenntlich. Das Fehlen der Fettsucht
mag seinen Grund in dem bestehenden Diabetes gehabt haben,
ebenso wie das Ausbleiben der Fettsucht in den meisten
Fällen von Akromegalie meiner Ansicht nach in erster
Linie auf die durch den eosinophilen Tumor erzeugte
Herabsetzung der Kohlehydrattoleranz bzw. die oft be-
stehende Glykosurie oder den Diabetes der Akromegalen
zu beziehen wäre. Wenn allerdings eine weitgehende Anaplasie
der Tumorzellen eintritt oder ausgedehnte regressive Veränderungen
innerhalb des eosinophilen Adenoms zur Einschränkung der spezi-
fischen Wirkung des Tumors führen, so wird auch bei der
den Fällen, in denen die Toleranz für Kohlehydrate nicht gelitten
hat. Nicht richtig erscheint mir der Standpunkt, den Biedl und
sein Schüler Raab in dieser Frage einnehmen, daß die Akromegalie
adiposogenitale Züge erlangt, wenn der ihr zugrunde liegende
Tumor des Vorderlappens die Funktion des Zwischenlappens ein-
schränkt, zumal es ja sehr viele Fälle von Akromegalie gibt, in
denen auch diese Teile der Hypophyse zerstört sind und trotzdem
keine Fettsucht vorliegt. |
Was nun die Veränderungen der Keimdrüsen bei der Dy-
strophia adiposogenitalis anlangt, so scheint auch der Fall VI
analog den Fällen IV und V entschieden. dafür zu sprechen, daß
der Zustand der Keimdrüsen bei der Dystrophie in erster Linie
von der Funktionstüchtigkeit der Hypophyse, und zwar des Vorder-
lappens, abhängig ist. Ist der Vorderlappen, der in erster Linie
seine Hormone in die. Blutbahn abgibt und in einem Teil seiner
Funktionen wohl unabhängig von der Verbindung der Hypophyse
mit dem Zwischenhirn sein dürfte, funktionstüchtig, und handelt
zerfasertem, schlecht darstellbarem Zel eib, vielfach eine Spur verfettet,
nicht selten mit kleinen dunklen Zellkernen. Tubuli o. B. — Neben-
nieren (zusammen) 10 g. Rinde stark diffus verfettet, die Zona
reticularis ziemlich stark pigmentiert, Marksubstanz reichlich, deutlich
chromaffin, ohne pathologische Veränderungen. — Hoden ohne Neben-
hoden (zusammen) 29g. Tunica propria der Hodenkanälchen ein wenig
verdickt, ebenso das interstitielle indegewebe. Spermatogenese er-
halten, wenngleich etwas vermindert. Die Zwischenzellen sehr lipoid
hältig, vielleicht etwas vermindert.
‚, Epikrise: Es handelt sich um einen 36 Jahre alten Mann
mit vollkommener Zerstörung des Bodens des dritten Ventrikels-
durch ein Gliom, das bereits 7ıJahre vor dem Exitus die ersten
Rrankheitssymptome gemacht haben dürfte. Die von Tumormassen
sehr stark komprimierte und ganz plattgedrückte Hypophyse zeigt
bemerkenswerter Weise histologisch keine regressiven Veränderungen
bis auf ganz minimale Zeichen der Druckwirkung in den obersten
eine schwerere Genitalveränderung nicht zu erwarten. — Bei
Dystrophiekranken ohne Keimläsion entfällt dann natürlich auch jene
Komponente der Fettsucht, die auf Kosten des Hypogenitalismus
zu buchen ist, und es bleibt nur das Hypophysen-Zwischenhirn-
System als Sitz der Fettstoffwechselstörung, wobei. Schädigungen
verschiedenster Art, welche Hypophyse oder Zwischenhirn oder beide
Teile treffen, Fettsucht hervorrufen können. Es ist kein Zufall, daß
bei allen Wirbeltieren die Hypophyse innig mit dem Gehirn vereinigt
ist, und wenngleich die Art des Zusammenwirkens von Hypophyse
und Gehirn bisher nicht. geklärt ist, so ist doch der Schluß erlaubt,
daß beide in vieler Beziehung funktionell zusammengehören, wobei
jede Schädigung der Zusammenarbeit der zwei Teile zur Dystrophie
führen kann. we Tun
Ob die isolierte Schädigung des Hinterlappens oder Hypo-
physenstiels Dystrophia adiposogenitalis zu erzeugen vermag, er-
scheint meiner Ansicht nach fraglich, zumal in der Literatur kein
Fall einwandfrei beschrieben ist, wo der Ausfall dieser
Teile allein bei intaktem Vorderlappen und Zwischen-
hirn zum Typus Fröhlich geführt hätte. Erst wenn durch
die Zerstörung des Hinterlappens oder Stiels der Vorderlappen in
Mitleidenschaft gezogen wird und daraus eine höhergradige Funktions-
einschränkung desselben resultiert, scheint es auch in solchen Fällen
zu hypophysärer Fettsucht zu kommen.
Daß nicht selten selbst bei schweren Veränderungen im Be-
reich von Zwischenhirn und Hypophyse keine Fettsucht oder nur
geringe Grade zustande kommen, das habe ich an der Hand eigener
Fälle zum Teil wenigstens zu erklären versucht durch den Hin-
| weis auf den Funktionszustand des Pankreas bzw. die von
zeigen verminderte Spermatogenese und vielleicht etwas weniger
Zwischenzellen als normal. Von dem mäßig reichlichen Fettpolster,
der bei der Aufnahme des Patienten bestand, war bei der Sektion
kaum etwas nachweisbar; dagegen fiel die mangelhafte, in den
Achselhöhlen und auf der Brust geradezu fehlende Behaarung des
Individuums auf. Impotenz soll nach Angabe des Kranken nicht
Der Fall erscheint insofern bemerkenswert, als er zeigt, daß
selbst vollständige Zerstörung des Zwischenhirns, kombiniert mit
einer hochgradigen Druckdeformierung der Hypophyse, die sicher-
lich für die Funktion des Organs nicht ganz belanglos sein konnte,
keine Dystrophia adiposogenitalis erzeugen muß. Von endokrinen
Störungen bestand — über die Reichlichkeit des Fettpolsters in
den letzten Jahren vor Aufnahme des Kranken in die Klinik be-
stehen keine Angaben — zum Schluß eigentlich nur die mangel-
hafte Behaarung. — Der Entwicklung der Fettsucht mag vielleicht
der Zustand des deutlich atrophischen Pankreas (56 g!), dessen
seln zwar relativ vermehrt, zum großen Teil aber auffallend klein
und vielfach mit evidenten Zeichen von Atrophie behaftet waren,
durch Herabsetzung der Kohlehydrattoleranz entgegengewirkt haben.
Die einfache Überlegung ergibt, daß auf die Entwicklung der
Fettsucht der Zustand des die Zuckerbildung hemmenden
ankreas und der .am Zuckerstoffwechsel beteiligten,
dem Inselapparat offenbar antagonistischen eosinophilen
Zellen der Hypophyse bzw. die vom Zusammenspiel der |
') Der Gehirnbefund ist der Kürze wegen stark gestrichen.
: manifeste Störungen des Zuckerstoffwechsels, vor allem schwere
Akromegalie unter Umständen Fettsucht auftreten, namentlich in `
es sich namentlich um geschlechtsreife Individuen, dann ist auch -
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diesem abhängige Toleranz für Kohlehydrate®), deren Herabsetzung
die Entwicklung ` der , Fettsucht‘ verhindern oder zumindest er-
schweren kann. j | | | E)
‚ Von einer endgültigen Klärung der Pathogenese der Dystrophia
adiposogenitalis sind wir noch weit entfernt, trotzdem wir derselben:
durch die Untersuchungen der letzten Zeit sicherlich nähergekommen
sind. Einen Fortschritt bedeutet immerhin die Erkenntnis, daß es | gleichzeitiger Verordnung diätetischer Maßnahmen dreimal am Tage
-etwa 10 Minüten vor den Hauptmahlzeiten gegeben wurde. Es stellte
nicht ein bestimmter Teil der Hypophyse ist, dessen Erkrankung
allein zur Dystrophie führt, sondern daß jede eingreifende
Schädigung des in vieler Beziehung als funktionelle Ein-
heit aufzufassenden Hypophysen-Zwischenhirn-Systems
Dystrophie erzeugen kann, wobei es hauptsächlich auf die
gestörte Zusammenarbeit von Vorderlappen und Zwischenhirn an-
zukommen scheint, — Unbewiesen ist die Ansicht, die Biedl und
Raab vertritt, daß es gerade der „Zwischenlappen“ ist, dessen.
Wegfall zur Dystrophia adiposogenitalis führt, zumal ein Zwischen-
lappen (Pars intermedia), der beim Tier einen anatomisch und
histologisch selbständigen, aus eigenen Zellen aufgebauten Teil der
Hypophyse bildet, beim: Menschen im postnatalen Leben nicht
existiert, . wohl dagegen eine kolloidhaltige, dem Vorderlappen an-
gehörige, an den Hinterlappen grenzende Schicht, Marksubstanz
genannt, die jedoch mit der bei Tieren vorkommenden Pars inter-
media oder Zwischenlappen nicht verwechselt werden darf. Sie
‚stellt gegenüber dem Vorderlappen prinzipiell nichts Verschiedenes
dar, zumal Kolloidfollikel, wenngleich kleiner und spärlicher, auch
in den übrigen Teilen des Vorderlappens vorkommen; sie ist viel-
mehr ein Teil des Vorderlappens, der sich nur durch den höheren
Kolloidgehalt, der — nebenbei gesagt — oft äußerst gering ist,
von dem übrigen Vorderlappengewebe unterscheidet. Ist somit der
‚Begriff des Zwischenlappens beim Menschen gefallen, dann bleibt
als hormonproduzierendes Parenchym der Hypophyse nur der Vorder-
. lappen übrig, der sein Sekret in erster Linie direkt indie Blut-
bahn erg
Edinger gefundenen Bahnen.
Den klinischen Vorständen, Herren
geschichten meinen verbindlichsten Dank aus. `
Literatur: Aschner, B.kl.W. 1916, Nr. 28. — Derselbe, Arch. i Gyn.
1912, Bd. 97. — Biedl, Phys. u. Path. d. Hypopbyse. Bergmann, Wiesbaden 1922, —
Berblinger, Virch. Arch, 1920, Bd. 228. — Erdheim, Sitzungsber. d. Akad. Wien
1906. — Derseolbe, Ziegl.Beitr.1916, Bd.82. — B. Fischer, Hypophysis, Akromegalie
und Fettsucht. Wiesbaden 1910. — Derselbe, Frankf. Zschr. f, Path. 1912, Bd. 11. —
Derselbe, Virch. Arch. 1912; Bd. 210. — K. Gottlieb, Lubarsch -Ostertag 1921,
Jg.19. — Hermann, M.Kl. 1928, Nr.24. — E.J. Kraus, Ziegl. Beitr, 1919, Bd. 865. —
E.J. Kraus und Reisinger, Frankf. Zschr. f. Path. (in Druck). — Mooser, Virch.
Arch, 1921, Bd. 229. — Nothdurft, Frankf. Zschr. f. Path. 1912, Bd.10. — Raab,
Wien. Arch. f inn. Med. Bd.7. — Stumpf, Virch. Arch. 1912, Bd. 209, ;
en-
t
"Aus der Poliklinik der II. Medizinischen Klinik der Charité zu Berlin
(Direktor: Geh. Rat Prof. Dr, F. Kraus).
- Die Beeinflussung des Biutdrucks durch innerliche
| Darreichung von Animasa.
’
Von i a
Priv.- Doz. Dr. Blumenfeldt und Medizinalpraktikant Dr. Hans Cohn.
Unter der Bezeichnung Animasa existiert seit einiger Zeit ein
von den Organotherapeutischen Werken in Osnabrück hergestelltes
Organopräparat, welches in Tablettenform verabfolgt, objektive und
subjektive Beschwerden bei Arteriosklerose günstig beeinilussen und
den Blutdruck — sowohl den normalen Gesunder, als auch den er-
höhten Gefäß- und Nierenkranker — herabsetzen soll. Das Mittel
wird aus der Intima und Media junger Schlachttiere und Föten und
aus einem Abbauprodukt von Erythrozyten gewonnen.
Hier soll von dem Ergebnis einer Nachprüfung die Rede sein,
welche wir mit dem Mittel an 27 Patienten in der II. Medizinischen
Universitätspoliklinik in Berlin und zwar in der Hauptsache bei
Frauen vorgenommen haben, die durchschnittlich. alle 3—4 Tage
220000071994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. <. ` 21. September
objektive Beeinflussung durch das Mittel wurde die Veränderung
die Kur noch nicht abgeschlossen war, und besserten sich zusehends,
‚meisten zuerst auch möglich, eine. vorübergehende Herabsetzung
des Blutdrucks zu erzielen, doch gelang es bei diesen im Gegensatz
zu den objektiv gebesserten nicht, ‘den Blutdruck dauernd niedrig
. zu halten, da nach einiger Zeit, wenn Gewöhnung an das Mittel
‘eintrat, der Blutdruck von neuem anstieg. Zu den Fällen, welche
ießt, vielleicht -aber auch. ins Gehirn auf den von
| Prof. Biedl, Pötzl und `
Piffl spreche ich. für die freundliche Überlassung der Krank
‚rückzuführen war.
| gebessert.
der Blutdruckkurve angesehen; der Blutdruck wurde mittels des
bequem zu handhabenden-Appelschen Apparates, der eine Verein-
fachung des Riva-Rocci-Apparates darstellt, mit ‘der auskultato-
rischen. Methode bestimmt. . | u BE
‘Die Behandlung wurde so vorgenommen, daß das Mittel unter
sich dabei bald heraus, daß die von der Fabrik angegebene Dosierung
(dreimal täglich’ eine Tablette) nur in’.den seltensten Fällen genügte. D
Wir erhöhten daher die Dosis auf dreimal 2 bis dreimal 4 Tabletten
pro die.. p l
‚Der Erfolg des Mittels war zunächst der, daß eine Besserun
| a 8
der subjektiven Beschwerden eintrat und im Verlauf der Kur auch
anhielt. Von den subjektiven ‚Beschwerden besserten sich meist in
ganz kurzer Zeit, etwa in 4—7 Tagen nach dem Einnehmen des
Mittels: die aufsteigende Hitze, das Unruhegefühl und das Herz-
klopfen.
der Gliederschwere. rejer
gaben an, besser laufen zu können und mehr Lebenslust zù ver-
spüren. Diese Wahrnehmung. konnten wir bei fast allen Patienten
machen, auch bei denjenigen, wo eine objektive Besserung, d.h. eine
Senkung des Blutdrucks nicht eintrat. Wurde das Mittel vorüber-
gehend abgesetzt, so traten meistens wieder Beschwerden auf, wenn
wenn das Mittel von neuem zur Anwendung, kam. | f
| In den Fällen, wo die Besserung sich auch objektiv be-
merkbar machte, war das deutlich in der Blutdruckkurve erkennbar.
Bei.den nur subjektiv gebesserten Fällen war es zwar bei den
keine objektive Besserung zeigten, gehören — bis auf einen Fall —
Hypertonien und allgemeine Sklerosen mit einem Maximalblutdruck
über 200 mm Hg und die Fälle, wo die Blutdrucksteigerung auf einen
entzündlichen Nierenprozeß oder eine genuine Schrumpfniere zu-
Von den objektiv ge
Mehrzahl dem Alter zwischen 50 und 60 Jahren an.
Was unsere Resultate im Einzelnen bei den 27 Fällen an-
betrifft, so wurden 22 subjektiv und 14 subjektiv und. objektiv
Bei den objektiven Besserungen verteilen sich die Fälle, vom
Blutdruck aus gesehen, bei den genuinen Hypertonien und den all-
LLL— m
Von den restlichen drei untersuchten Fällen trat bei einer
55jährigen Patientin mit klimakterischen Beschwerden und normalem
einem kombinierten Aorten-Mitral-Vitium (68 Jahre) eine subjektiv
und objektiv nachweisbare Besserung, während bei einer 41 jährigen
Frau mit Nep
mit dem Mittel zu erzielen war. | |
| Von besonderer Wichtigkeit erscheint uns ferner noch folgende
kurze Zusammenstellung, bei der auch dasLebensalter der Patientinnen
berücksichtigt wird: : A r
ce d = i a
Im. weiteren Verlauf kam es zu einem Nachlassen der i
Atemnot, des Engeseins, des allgemeinen Schweregefühls, insbesondere
Die Patienten fühlten sich freier, erleichtert,
besserten, Fällen gehörte die überwiegende-
| p Allgemeine
- Blutdruck Hypertonien ' , Arteriosklerosen
in mm Hg. | „,, | objekt. |keine obj.] ; objekt. | keine obj.
5: | mon jaana mens bi | Zat | ponian | Bevern
über 200 | 5 0 a |5| i | 4
„iso | 9 7 o (2J 1i | 1i
150 | 1i 3 | 0 2 | 2 0
Blutdruck eine Besserung der subjektiven Beschwerden ein, bei
hrose nach Eklampsie in keiner Weise eine Beeinilussung
zur Nachuntersuchung kamen. Die Beobachtung erstreckte sich auf
‚zul £ | Blutdruck unter 200
einen Zeitraum von etwa 4 Monaten. Von den 27 Patienten litten
-Blutdruck über 200
| Lebensalter -
. 15 an genuiner Hypertonie, 9 an allgemeiner Arteriosklerose, 3 an Zahl | „objekt. | keine obj.| z py} | objekt, |keine obi,
anderen Erkrankungen (siehe unten). Als Hauptkriterium für die Besserung | Besserung rer Bean
| 40—49 8 f 2 o | 2
8) Soweit nicht außerhalb des endokrinen Systems gelegene 50—59 9 7 2 3 | 0, 3
-Faktoren, wie konsumierende Prozesse, Inanition usw. mitspielen, 60—69 2 2 © 0 5 1:14
gemeinen Arteriösklerosen (zusammen 24 Fälle) folgendermaßen:
RE at a a EN
ea a
Rem
Tu —
Aa mM
S
` Lebensalters objektiv günstig beeinflußt.
- 21. September 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. |
Die Senkung des Maximalblutdrucks betrug bei unseren
13 objektiv gebesserten Fällen durchschnittlich 20—40 mm Hg, in
zwei Fällen sogar bis 50 mm Hg. |
Zusammenfassend kommen wir zu dem Ergebnis, daß Animasa
Hypertonien und allgemeine Arteriosklerosen mittleren Grades und
Für Blutdrucksteigerungen
hohen Grades und hohen Lebensalters dient es zur Linderung der
subjektiven Beschwerden, während es den objektiven. Befund wenig
oder garnicht beeinflußt. Es ist ratsam, daß der Patient während
der Kur unter dauernder Blutdruckkontrolle des Arztes steht.
Dieser hat sich mit der Dosierung nach dem jeweiligen 'Blutdruck-
befund zu richten, am besten mit dreimal 2 Tabletten pro die an-
zulangen und dann je nachdem auf dreimal 3 bis dreimal 4 zu
steigern, solange bis der Blutdruck nicht weiter zu senken ist.
“In der Regel wird man mit dreimal 3 bis dreimal 4 auskommen.
Man braucht sich aber auch nicht zu scheuen, noch höhere Dosen
anzuwenden,
niemandem, auch nicht von uns beobachtet wurden, und das Mittel
speziell keine Magen- und Verdauungsstörungen macht. Am
besten bestellt man den Patienten im Anfang jeden dritten bis
vierten Tag zur Nachuntersuchung, besonders zur Blutdruck-
messung, bis man die wirksame Dosis für den betreffenden
Fall gefunden hat. Wenn der Blutdruck wieder leicht an-
steigt, dann ist es ratsam, das Mittel auf 8—10 Tage auszu-
setzen und mit der einmal gefundenen wirksamen Dosis von
neuem anzulangen.
Literatur:
C. Funck, Arch. f. Verdauungskrankh. 1921, 29, H. 8/4. — Migeod, l
Medico 1921, Nr. 1. — C. Funck, Fortschr. d. Medizin 1922, Nr. 24/25. —
R. Griesbach, Zbl.. f. Herz- u. Gefäßkrankh. 1923, H. 9% — R. Griesbach,
M. m. W. 1922, Nr. 49. — Carl Lewin, Vox medica, Jg. 3, Nr. 3. — H. Gries-
bach, Arteriosklerose und Hypertonie unter Berücksichtigung ihrer Beziehungen
zur Gewerbebygiene und ihrer Bekämpfung auf orgsnotherapeutischem Wege.
Verlag von A. Töpelmann in Gießen.
da schädliche Nebenwirkungen bisher noch von |
Zur Mitteilung Josef Taubers') über die „Behandlung
derMastitis suppurativa mit künstlicher Höhensonne“.
Von Dr. Nikolaus Temesväry. É |
Bezugnehmend auf die Bemerkung: Herrn Taubers, daß er
„in der medizinischen Literatur bis heute keine Publikation über
die Behandlung der Mastitis supp. mit der künstlichen Höhensonne
feststellen konnte“, mache ich darauf aufmerksam, daß ich im Zentral-
blatt für Gynäkologie im Jahre 1923 (Nr. 38) meines Wissens als
erster über die Lichtbehandlung der Mastitiden und die damit an
der Staatlichen Frauenklinik Dresden erreichten guten Erfolge ge-
schrieben habe. Daß ich bei der Behandlung nicht die Quarzlampe,
sondern die Engelhornsche Lampe (Fabrikant Zeiss Werke, Jena)
verwendete, ist bedeutungslos. | |
Zu dem Artikel: „Wesen der Migräne und ihre
Behandlung“ von Med.-Rat Dr. Ludwig Stein, Wien
| An Nr. 24 dieser Wochenschrift.
Von Hofrat Dr. Alfred Zucker, Dresden.
Die Ausführungen schließen mit dem Hinweis, daß von in-
ternen Mitteln auf der Höhe des Anfalles relativ am häufigsten
noch das Algokratin wirkt. Hierzu möchte ich bemerken, daß Algo-
kratin ein französisches Präparat darstellt und nach den Unter-
suchungen im pharmakologischen Institut in Jena. ein deutsches
Präparat, die Helon-Tabletten, das Algokratin an Wirksamkeit
übertreffen. Auch die in dem Artikel angezogenen Untersuchungen von
Joh. Kühn?) beziehen sich auf die Helon-Tabletten. Kühn hat durch
Versuche an Kaninchen festgestellt, daß die in den Helon-Tabletten
enthaltenen Mittel die Gehirngefäße erweitern und in ihrer Kombi-
nation diese Wirkung verstärken (potenzierte Wirkung). Herstellerin
der Helon-Tabletten ist die Max Elb-Aktiengesellschaft in Dresden.
1) M.K1.1924,Nr.18. / 2) Arch. t. exper: Path.u. Pharm: Bd:94,H.1/2.
Forschungsergebnisse aus Medizin und N aturwissenschaft.
Aus dem Pathologischen Institut der Deutschen Universität in Prag
(Vorstand: Prof. Dr. A. Ghon).
Mykotisches Aneurysma des Stammes der Pulmonal-
arterie mit Endarteriitis des offenen Ductus Botalli
bei einem Falle von Endocarditis lenta.
Von Dr. K. Terplan.
Im Folgenden sei in aller Kürze über einen ungewöhnlichen
Dektionsbefund berichtet, der zufällig erhoben wurde, im übrigen
durch das ganze anatomische Bild des Falles ohne weiteres ver-
ständlich erscheint. : | |
Die klinische Diagnose lautete auf Endocarditis lenta. Es sei
nur das Wichtigste aus den Angaben des Klinikers vermerkt, die
ich der Freundlichkeit des Herrn H. Adler verdanke:
35jährige Frau, wurde 10 Monate vor dem Exitus mit entzündlicher
Gelenksaffektion der Lendenwirbelsäule auf die I. Deutsche Medizinische
Klinik (Prof. R. Schmidt) aufgenommen. Bei der Untersuchung fand
sich: Insuffizienz der Aortenklappen, Milztumor. Harn o. B. Im weiteren
Verlaufe Zeichen hömorrhägischer Nephritis; dabei ständiges Fieber
von remittierendem Typus. Krankhafte Gelenkssymptome der Lenden-
vn verschwanden ganz. Aus dem Blut wurden schon 6 Monate vor
En Tode und auch in den letzten Wochen der Krankheit wiederholt
Kolonien des Streptococcus viridans gezüchtet.
Sektionsbefund im Auszug: Rekurrierende polypös-
ulzeröse Endokarditis der Aortenkla pen mit partieller
Derstörung der rechten Klappe und mit Insuffizienz. Offener
uctus Botalli von etwa 2 mm Durchmesser mit kranzartiger
rombendarteriitis seiner Ostien in Aorta und Pulmonalis.
Polypöse Thrombendarteriitis des Stammes der Arteria pul-
aot alig mit umschriebenem Aneurysma. Diffuse. fibrinös-
J armnagische Perikarditis. — Geringe Residuen von Endokarditis an
er Nitralklappe mit geringer Insuffizienz. Hypertrophie des linken
entrikels und Dilatation. Großer weicher Milztumor mit mehreren
Ei en anämischen Infarkten. Subakute hämorrhagische Glomerulo-
Ds ‚ Degenerative Verfettung des Myokard. Serös-fibrinös-
„orrhagisch-eitrige Peritonitis mit ausgedehnten Blutungen im Peri-
im Far viscerale et parietale. Schleimhautekchymosen in der Trachea,
k gen und Dickdarm. Mehrere pigmentierte en und etwas
größere strahlige Narben nach Geschwüren im Colon descendens.
reiche des Aneurysmas: Vollständige Unter
Kleinste Geschwüre am Zungengrund. Narben in beiden Gaumen-
mandeln nebst kleinen Pfröpfchen in der linken. Petechien und kleine
Suffusionen der Haut an den Streckseiten der Unterschenkel und Füße
und über den Handrücken. Geringe Stauung der Leber; Ödem und
geringe Stauung der Lungen. i |
| An der Lendenwirbelsäule konnten makroskopisch-anatomisch
Zeichen einer entzündlichen Veränderung nicht erhoben werden.
Aus dem Protokoll: Auf der Vorderfläche der Intima ober-
halb der Pulmonalklappen im Stamm der Arteria pulmonalis ein etwa
pflaumengroßer festhaftender grauweißer und weißgelblicher Thrombus
von 3,5:3:1,2 cm; seine der Lichtung zugekehrte Oberfläche ist im
allgemeinen ga, jedoch uneben geformt, zeigt zwischen seichten
Vertiefungen kleine papilläre Erhebungen, so daß das ganze Gebilde
ein PIPED S Aussehen gewinnt; es reicht mit seinen oberen
Randpartien nahe an das Ostium des Ductus Botalli heran, während
‚lungenwärts von der Einmündungsstelle des Duktus keine thrombend- `
‚ arteriitischen Aullagerungen zu sehen sind. An der Außenfläche der .
Arteria pulmonalis vorne und oben innerhalb des Herzbeutels ein leicht
gewölbter Buckel von etwa 1 cm Durchmesser. An allen Aorten-
klappen mächtige polypöse Auflagerungen. |
| Bakterioskopisch: Im Eiter der Peritonitis Gram-positive
runde Kokken zu zweit und in kurzen Ketten; der gleiche Befund im
Abstrich des perikarditischen Exsudates.
Histologischer Befund der Arteria Pu mon 2 Im De-
rechung der Muskel-
bündel und elastischen Fasern der Media mit der charakteristischen
Aufsplitterung der Elastika an den Rändern des Aneurysmas; darüber
zu beiden Seiten mächtige proliferative Endarteriitis; die Intima teil-
weise stark verdickt, von einem entzündlichen gefäßreichen Granula-
tionsgewebe durchsetzt. In der Umgebung des Aneurysmas greift das
zellreiche Granulationsgewebe auf die tiefsten Mediaschichten über. Die
Intima erscheint an diesen Stellen teilweise zerstört, die Grenze gegen
die Media verwischt. Hochgradige entzündliche Veränderungen auch
in der Adventitia. Auf der Anenfläche der Intima festhaftende throm-
botische Massen mit Leukozyten- und Bakterienhaufen. Die Intima
hier sehr zellreich infiltriert, ‚besonders von Leukozyten. Die auf-
liegenden Exsudat- und Thrombenmassen in den tieferen Schichten im
Stadium beginnender Organisation. Unter den Zellen des Infiltrates zahl-
reiche Plasmazellen, Rundzellen und vereinzelte Riesenzellen. Die Bucht
des Aneurysmas ist ausgefüllt von Thromben mit reichlichem Fibrin
roten Blutkörperchen. und mächtigen Leukozytenhaufen, die besonders
in den tieisten Schichten unter dem Bilde eines Abszesses bis an das
Perikard heranreichen; dazwischen liegen verstreut Haufen von zer:
rissenen gröberen und feineren elastischen Fasern. z
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botischen Auflagerungen ganze Rasen von Gram-positiven
Kokken, an deren Randpartien gewundene Kettenfiormen deutlich
zu erkennen sind. |
Ductus Botalli (Parallelschnitte zur DE une in ne
Stufe): Die Wand vollständig belegt mit thrombotischen Massen, die
teilweise verkalkt sind. Das pulmonale Ostium hochgradig entzündlich
verändert; Intima mächtig gewuchert, Media in dichten Streifen von
Infiltraten durchsetzt, während in der angrenzenden Aorta nennenswerte
entzündliche Veränderungen zurücktreten.
Nur die im Längsschnitt
spornartig erscheinende laterale Wand zeigt in den äußeren Schichten
teilweise organisierte eingelagerte thrombotische Massen, im übrigen
ausgedehnte entzündliche Veränderungen (Leukozyten, Kerntrümmer) ,
bei diffuser hyaliner Degeneration. Der Inhalt des Ductus Botalli ist
hier in fester Verbindung mit der hochgradig entzündlich veränderten
Intima der Pulmonalis. Es ist hier in den medialen Teilen eine eigene
Duktuswand nicht mehr erkennbar. Die weiteren Schnitte zeigen ein
ähnliches Bild. In dem von der Aorta ausgehenden Sporn eingelagerte
Kalkmassen; im übrigen auch hier in der Lichtung Thromben- und .
Leukozytenmassen mit Verkalkung. Weiter alt sieht man der
Wand des Duktus entsprechend auch von der Pulmonalis einen vor-
springenden Sporn, der in den oberflächlichen Partien von Leukozyten
infiltriert ist. Die entzündlichen Veränderungen der Pulmonalis werden
zunehmend geringer. Im Lumen des Duktus noch reichliche tbrombo-
tische Auflagerungen mit beginnender Organisation. Die in die Duktus-
wand übergehenden glatten Muskelfasern sind schön zu verfolgen, sie |
zeigt im übrigen auch bier deutliche hyaline Degeneration.
Bei Bakterienfärbung im Schnitt sind reichlich Gram-
positive Kokken in den thrombotischen Massen des Ductus Botalli
nachweisbar, teilweise in deutlichen Ketten: einige einzeln oder
zu zweit, meist rundlich., Die Kokken in den Ketten sind meistens
etwas kleiner, ihre Grenzen gegen einander oft unscharf, so daß mit-
unter das Bild von gegliederten gewundenen Stäbchen vorliegt.
Der histologische Befund entspricht also dem Bilde eines
echten Aneurysma mycoticum der. Arteria pulmonalis bei End-
arterütis 'des persistierenden Ductus Botalli. Die Wand des kurzen
Duktus ist in ihrem medialen Anteil zerstört und nicht mehr als
solche erkennbar, während lateral die die Ostien einsäumenden
Wülste gut erhalten sind. Im übrigen ist die Wand ausgedehnt
hyalisi entartet, teilweise verkalkt und daneben stellenweise ent-
zündlich verändert. Das Lumen des Duktus ist größtenteils von
teilweise organisierten Thromben mit Verkalkung und Bakterien-
massen ausgefüllt. Der Gang selbst ist außerordentlich kurz.
Aorta
‚und Pulmonalis erscheinen direkt aneinandergelagert.
Epikrise: Bei einer 3djährigen Frau mit dem Krankheits-
‚bilde einer Endocarditis lenta fand sich neben der typischen
rekurrierenden Endokarditis der Aortenklappen und dem anatomischen
Bilde einer Insuffizienz ein olfener kurzer Ductus Botalli, dessen
. Ostien und dessen Wand hochgradige rekurrierende entzündliche
Veränderungen zeigten, sowie ein mykotisches Aneurysma des
Stammes der Pulmonalarterie mit polypöser Endarteriitis unterhalb
der Einmündungsstelle des Ductus Botalli. Im Inhalt des Duktus
wie in den Auflagerungen der Pulmonalis waren reichliche Gram-
positive Kokken in Ketten nachweisbar. Symptome, die auf einen
oifenen Ductus Botalli hätten schließen lassen, waren klinisch nicht
vorhanden. Auch das Aneurysma.- der Arteria pulmonalis war
im Röntgenbild nicht hervorgetreten.
A %*
x
Fälle, ähnlich dem bier besprochenen, sind in geringer Zahl
schon seit längerem bekannt. Es sind das jene von Hart, Buch-
wald, Schlagenhaufer, Sommer, Perey Kidd, Weinberger,
Hödlmoser und in gewissem Grade auch der von Gauchery,
während im Falle von Richards der offene Ductus Botalli selbst
frei von entzündlichen Veränderungen geblieben war wie auch im
Falle von Sachs. Es handelt sich meistens nur um mitgeteilte
Sektionsbefunde, nur die wenigsten wurden histologisch bzw. bak-
teriologisch untersucht. So konnte Schlagenhauler aus der Kultur
der Herzklappen im Bacterium influenzae die kausale Genese seines
Falles klarstellen.
Daß im mitgeteilten Fall von Anfang an ein offener Ductus
Botalli vorhanden war, konnte das histologische Bild bestätigen, das
in den lateralen Anteilen eine wohlerhaltene Duktuswand zeigt. Die
ausgedehnten thrombotischen Auflagerungen an beiden Ostien und
im Lumen des Duktus erschwerten eine exakte Längenmessung;
doch ist mit 2,5 mm seine äußerste Länge wohl gegeben, so daß er
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 38. 21. September
nn nn nn nn nn nenne en nn]
Bei Bakterienlärbung im Schnitt sieht man in den throm-
dem zweiten Haupttypus nach Vierordt näher steht. Bei diesem
Typus ist der Duktus außerordentlich kurz oder nicht mebr
nachweisbar, so daß Aorta und Pulmonalis aneinandergelagert er-
scheinen.
Die Genese des mykotischen Pulmonalaneurysmas, das gerade
wie auch in anderen ähnlichen Fällen ohne Infektion (Krzysz-
kowski) an der vorderen Wand gegenüber dem Ostium pulmonale
des Ductus Botalli entstanden ist, erscheint nach Krzyszkowski
insofern verständlich, als die örtliche Blutdrucksteigerung, die
durch das von der Aorta einströmende Blut gegeben ist, hier be-
sonders wirksam ist. Hart hat auf die Bedeutung der Öfinung des
Ductus Botalli in der Aorta als kleines Aneurysma hingewiesen; die
hier entstehenden Wirbelbildungen“, sollen das Haften von Emboli
begünstigen. Zu solchen Wirbelbildungen kommt es bekanntlich
auch im Stamm der Arteria pulmonalis bei offenem Ductus Botalli,
wo zwei verschiedene Blutströmungen gegen einander fließen. Nach
Sommer führt dieses Moment zu einer traumatischen Schädigung
der Pulmonalisintima, die das Halten der hereingeschleuderten Emboli
zustande kommen läßt.
Daß dem offenen Ductus Botalli’ für die Entstehung von
Aneurysmen des Pulmonalarterienstammes eine große Bedeutung
zukommt, hebt Henschen hervor, der diese Fälle als besondere
Gruppe anführt neben solchen infektiöser Genese. Der erhöhte
Blutdruck in der Pulmonalis soll zur Ernährungsstörung der Wand
und in deren Gefolge zum Verlust der normalen Elastizität des
Gefäßrohres führen.
Daneben sind septisch ulzeröse Formen der Endarterütis
pulmonalis nach Posselt bei verschiedenen Infektionen (Scharlach,
Strepto- und Staphylomykosen, Gonorrhoe) bekannt, auch ohne
Persistenz des Ductus Botalli.
Daß es bei mykotischer Endokarditis der Aortenklappen und
bei offenem Ductus Botalli auf dem Boden: der auf die Pulmonalis
übergreifenden Infektion besonders leicht zum Entstehen eines
mykotischen Aneurysmas im Pulmonalisstamme kommen kann, ist
nach dem Vorhergehenden begreiflich. In unserem Falle liegt eine
Streptokokkeninfektion vor. Der Sektionsbefund entsprach dem
typischen Befund einer Endocarditis lenta. Wie oft gerade bei
diesem Krankheitsbild stand auch in unserem Falle anatomisch die
Insuffizienz der Aortenklappen im Vordergrund. Die großen Blut-
druckschwankungen im Stamme der Aorta haben sich, wenn auch
in etwas herabgesetztem Grade, durch den offenen Ductus Botalli
auf die Pulmonalis fortgesetzt. Auf dem Boden einer infektiösen
Endarteriitis ist es dann zu einem umschriebenen AÄneurysma
gekommen. Das Primäre liegt nach dem anatomischen Befund wohl
‚in der Erkrankung der Aortenklappen. Von hier erfolgte mit dem
Blutstrom die Infektion des Ductus Botalli und durch diesen Gang
die des Pulmonalisstammes. Das Übergreifen der Infektion liegt
aber auch ziemlich weit zurück, wie das anatomisch-histologische
Bild schließen läßt. | |
Nach Hart können wir auch unseren Fall als Typus einer
arterio-venösen Embolie auffassen. Auf die klinisch wichtige Seite
dieser Embolie, insbesondere bei Ausstreuung der Blutpfröpfe in das
Verzweigungsgebiet der Arteria pulmonalis, hat Schlagenhaufer
hingewiesen.
Es scheint sich wohl bei den meisten Fällen der zitierten
Literatur um pathogenetisch und ätiologisch gleiche_oder ähnliche
Krankheitsbilder gehandelt zu haben, wenn auch die Ätiologie
außer in diesem Falle nur in dem von Schlagenhaufer klar-
gestellt wurde. So werden von Hart und Buchwald im Sektions-
befund neben der ulzerösen Endokarditis, Milztumor, embolische
Abszesse und diffuse Nephritis erwähnt, also ein ähnlicher Befund,
wie in unserem Falle, und wie wir ihn so gut wie bei jeder Endo-
carditis lenta erheben können.
Literatur:
Bäumler, Zbl. i Herz- u. Gefäßkrkh. Bà. 11, 8.109. — Hart, Te
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chr. f. Path. Bà D,
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f. klin. Med. Bd. 49. 3.90.
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___ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — er. 38 `
"ai Siplane
.- Pharmakologie der Wismutpräparate in
= die Therapie der Lues. | |
Unter Berücksichtigung der Anwendung des Wismut-
Bezug auf
subsalizylats in der Praxis. |
Von Dr. Friedrich Herzog,
Facharzt, in Preßburg. l
Die ungewisse Wirkung des Quecksilbers auf die Lues, die
Schwierigkeiten in der Behandlung durch seine Anwendung und
er: E 3
Forschungen nach neuen Chemotherapeutika.
`vollste Resultat dieser Forschungen haben wir bis dato in Ehrlichs
- Salvarsan, indem sich in der Bekämpfung der -Trypanosomiasis
- vorher schon andere aromatische ` Arsenverbindungen. bewährten.
“Abgesehen von den Arsen: und Anilinfarbstoffen wurden außer dem
- Antimon und dem Silber Versuche auch mit Wismut angestellt. So
‘forschen Balzer schon im Jahre 1889, Ehrlich, Karrer und
` Kolle im Jahre 1913 nach der Wirksamkeit des Wismuts. Die
Das bedeutungs-
ur
e.
fa B E E E e a F
=
‚nach ihren mit der Hühnerspirillose angestellten Experimenten.
- Dieser letztere Erfolg
Wismut Lues zu behandeln, und sie legen uns auch (im Jahre 1921)
die Grundlagen der heutigen Wismuttherapie. Eine Anzahl von be-
fürwortenden Mitteilungen vieler Ärzte: über ‚gemachte günstige Er-
= fabrungen bei Anwendung von Wismut in
Folge, daß die Behandlung mit Wismut auch von der Praxis über-
nommen wurde; — so kommt die Luestherapie heute im Zeichen der
- Wismutbehandlung zu liegen,
8 Wismutbehandlung als eine wirkungsvollste erachtet werden. ,
- Die chemische Industrie ist bestrebt, diese, neue Richtung sich
zE ERE an
gy `- ‘zu nutze zu machen; es kommen immer neue und neuere Erzeugnisse,
in Handel und Anwendung, daher ergibt sich dann die Notwendigkeit
von selbst, unsere Auffassung über die Wismuttherapie auf eine
einheitliche pharmakologische Grundlage zu bringen, welche eine
Umschau und Orientierung ünter den zahlreich gewordenen Wismut-
NT. Präparaten ermöglicht. Nur so wird es für den praktizierenden Arzt
‚über die Präparate zu erwägen, damit auf diese. pharmakologischen
Kenntnisse gestützt die intensivsten therapeutischen Wirkungen
. erzielt werden können. E- | | SER:
— Gewiß stellte sich nicht einer der praktizierenden Ärzte die
Frage, welche er von ‚den ihm unter den Namen Trepol, Neotrepol,
Quinby, - Erythrolues, Luatol, Milanol, Bisuspen, Bismogenol, Spiro-
‚bismol, Curalues, Muthanol, Nadisan, Casbis, Tarbis, Bismulen,
Bismoluol, Bismophan, Diasporal-bismut, Bismuto-yatren A und B-
'mpiohlenen Präparate anwenden soll- oder aber den Vorzug den‘
‚von einzelnen angepriesenen. Glyzerinaten, Zitraten, Oleaten und
den in Öl Suspendierten, von der internen Therapie her bekannten
einfachen und Doppelsalzen geben soll. p E
=. „ _ Das reiche Angebot in Fabriksprodukten dieser Präparate
birgt die Gefahr in sich, daß die praktische, Bedeutung der Wismut-
n u behandlung zufolge dem . dauernden Versuchsstadium nicht zur
j Geltung gelangen kann, außerdem kann die mit immer neuerem
1 „und anderem Präparate .gemachte ` Arbeit zur: Aufstellung von
| -falschen Konklusionen führen; sie unterbinden ein intensives und’
Ei ` &nheitliches Studium der therapeutischen Fragen und sind geeignet,
"den Ausbau der Wismuttherapie. hintanzuhalten. A
Ja In diesem Irrgarten der Präparate gelangen wir auf den richtigen.
Pfad, wenn es uns gelingt, zwischen Pharmakologie der Erzeugnisse
und zwischen den dem. Organismus eigenen 'Absorptions- und Aus-
‚Sonderungsumständen eine glatte Verbindung herzustellen, die
| dann ‚die Brauchbärkeit und den. Wert der mannigfaltigsten Er-
zeugnisse einheitlich, von einem Augenwinkel aus betrachtet, anzu-
sehen geeignet sein wird. . Be |
‚. Das klinische Charakteristikum eines guten Präparates ist
'segeben durch seine. Wirksamkeit gegenüber dem Krankheitserreger
und durch die Toleranz, die der Organismus dem Erzeugnis ent-
segenbringen kann, B | ni |
Mit Rücksicht auf den Umstand, — und dieser wird vom.
Eh: Teil der Forscher bestätigt, — daß -bei den bisher in
t
Pharmazeutische Präparate. = De
| “das häufige Auftreten von Begleitsymptomen gaben Anregung zu |
erste Mitteilung von Belang kam von Sauton und Robert 1916,
veranlaßte Levaditi und Sazerac mit.
Luesfällen hatte zur
und so kann die kombinierte Salvarsan-
$! unvermeidlich sein, immer nach den heutzutage sehr üblichen
5l. Reklamen, die inhaltlich den therapeutischen Anforderungen nicht
I entsprechen, gehen zu müssen, sondern alle die in Betracht kommen-
ji; — den Fragen bei Hinblick auf unsere pharmakologischen Kenntnisse
`
[}
‚selbst jener Faktor ist, dem Wirksamkeit gegen Lues zugeschrieben
werden kann, ‚muß ein gutes Wismutpräparat: die Einführung der
‚größtmöglichen Wismutquantität ermöglichen, ohne - daß das Maß
seiner Toxizität und Organotropie größer wäre, als das der. sonstigen,
die kleinere Menge‘ Wismuts. enthaltenden Erzeugnisse ist... _
‚ Die an den Kliniken gemachten Erfahrungen ‘bestätigen, daß
die. wirksame Dosis .nur in jenen Erzeugnissen enthalten ist; deren
einmalige Injektion zumindest 6 cg metallischen ‚Wismutgehalt ein-
zuführen ermöglicht und im Laufe der 6—7. Wochen mindestens
g metallisches Wismut injizierbar 'sei, ohne Auftreten der
Intoxikationserscheinungen. Das intravenöse Einführen von Wismut-
erzeugnissen wird daher schon aus theoretischen Gründen wegfallen.
Von den bis jetzt bekannten löslichen Produkten läßt. sich nämlich
intravenös jedes Mal höchstens eine. Quantität von 4 cg des Metalles
einführen, eine Dosis, durch welche eine Wirkung nur bei streng
‚regelmäßiger Dosierung erzielt werden könnte, die aber das kon-
templierte minimale 1!/,.g der metallischen Menge nicht zuzuführen
‚tallischen Wismut von 3 cg entsprechende. Menge schon von In-
toxikationserscheinungen ‚begleitet sein. Vielfach ` werden von
Patienten gleich zur Zeit der Injektion Unterkiefer- und Zahnfleisch-
Beschwerden angegeben. Im Urin erscheint: einige Male Epithelurie,
nicht häufig auch vorübergehende Albuminurie. Die Darmirritation
wird auch nicht zu den Seltenheiten gehören. Wegen der Un-
zulänglichkeit an Wirkung, dann. auch mit Hinblick auf die
Toxikationssymptome' muß in
jetzigen löslichen Präparate abgesehen: werden. :
` - Die Ursache an der Toxizität dieser Erzeu nisse ist meines Er-
achtens in jenem Umstand zu erblicken, daß die löslichen Wismut-
präparate größtenteils ganz labile chemische Verbindungen sind, welche
auf Salz- und Basiswirkungen bei entsprechendem Wärmegrad leicht
zerfallen und das toxische Wismuthydroxydgebilde ergeben, anderer-
seits sind in einigen ‚Erzeugnissen die Begleitkomponenten von Sauer-
stoff entziehenden Eigenschaften, durch die dann die Zersetzung der
‚roten Blutkörper erfolgt. Die durch Wismutbehandlung eingetretenen
'Nierenirritationen sind also von zweierlei Faktoren hervorgerufen
worden‘! durch die im Serum selbst vollzorenen Reaktionen ne durch
die unvermittelt einsetzenden metallischen E
Erfahrungen tritt letzterer Umstand immer durch die einmalige ' Ein-
„und durch jene von 20 cg — bei ungelösten — ein. Die chädigung
verursacht eine Desquamation des Epithels. der Tubuli contorti der
Niere, äußert sich in Form der: rasch vorübergehenden Epitheliurie
ohne Funktionsstörung und Parenchymveränderung der Nieren. Eine
dauernde Einwirkung wird
Albuminurie hervorrufen. | |
Die Brauchbarkeit der einzelnen‘ Wismutpräparate bei intra-
muskulöser Anwendung und Einführung ist von 2 Faktoren bedingt:
1. dem Wismutgehalt de jeweiligen Erzeugnisses, 2, der chemischen
. Verwandlung, bei der. sich ihre Resorption vollzieht. |
Von diesem Gesichtspunkte aus beurteilt, können die bisherigen >
Wismutpräparate in 8 Gruppen eingeteilt werden. “°
‚anorganische und gelöste organische: Wismutverbindungen. Ihr
erster Repräsentant war Trepol (Bismutalkalitartaricum), weiter eotrepo],
(Bismutum praecipitatum). Diesen folgten u. a. Bismoluol, Luotal,
Bismophan, Sigmut, Tarbisol, Tarbis, Nadisan, Milano], Bismutoyatren B,
Bismutoyatren A, D |
Bi-Verbindungen löslicher oder anorganischer. chemischer Konstitution.
Diezweite Gruppe bilden jene organischen ungelösten Wismutsalze,
die aus Bi-Trioxyd abgeleitet werden können. Hierher zählen das
Bismut. oxybenzoicum=Bism. sübsalicylicum und Bismuthyloxybenzoicum
(Bismogenol) und wegen dem Begleitkomponenten — der eine sehr
‚reduzierende Wirkung hat — nicht in Frage kommendes Airol (gallus-
' saures Bismutoxyjodid) und das Dermatol (Bismut. subgallicum).
A .In die dritte Gruppe werden die ungelösten Chinin- oder Chino-
lin-Verbindungen eingereiht, häufig auch jodhaltige Wismutpräparate,
sowie Quinby, Bismosalvan, Spirobismol, Bismutoyatren usw. h
o Die innerhalb einer Gruppe stehenden Verbindungen weisen, in
den Organismus gelangt, unter sich gleiche oder ähnliche Wirkungen
auf: es zeigt’ sich ein enger Zusammenhang zwischen ‘Stufe der
Toleranz seitens des Organismus und.zwischen den anderen chemischen
Eigenheiten der dreierlei Gruppen —, die dann Einblick in das Ver-
hältnis zwischen Toxizität und chemischer Konstitution gewähren.
Bei den. in der ersten Gruppe erwähnten Präparaten — welche in
löslicher Form organischen und anorganischen Ursprungs sind — erfolgt
die Resorption in einer Weise, die eine kleinere enge unverändert in
den Blutumlauf gelangen läßt, der andere Teil der Injektion, die größere
Hälfte der Menge, wird an der Stelle der ‚Einführung zu dem an-
gelangten. Erzeugnissen einfach der aktive Bikomponent.| organischen Wismuthydrat verwandelt, - Die Zersetzung ist nicht der
vermag. In den Blutkreislauf geraten, wird doch eine dem me-
führung von 4 cg metallischen Wismuts — bei löslichen Prä araten, —
jedoch eine Beteiligung dieses Organes.und _
In die erste arupo gehören sämtliche gelöste und ungelöste -
iasporal-Bismut, Curalues und andere organische
der Praxis von der Anwendung der:
fekte. Nach den bisherigen
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1334
pitats, sondern ist nach meinen Untersuchungen darin begründet,
daß
sowohl die organischen wie die anorganischen löslichen Wismutpräparate
den salzbaltigen und alkalischen
, Gewebesäften gegenüber sehr emp-
findlich sind, sich in der Berührung schnell zersetzen und aus ihrer
nn in Form des anorganischen Wismuthydrats ein Niederschlag
entsteht. i
= Der: Verlauf ist kein momentaner, sondern ein allmählicher.
Die Zersetzung des Präparats erfolgt sukzessive; ein Teil der Solution
kann im Blutumlauf unverändert aufgesogen werden, sowie aber das
Metallquantum die 4 cg übersteigt, wird es Intoxikationserscheinungen
hervorrufen.
Der auf der Stelle der Injektion erfolgte anorganische Nieder-
schlag wird zumeist Schmerzgefühl zur Folge haben und wird sich im
Gewebe als Infiltration präsentieren, die die Resorption des Wismuts
unsicher zu machen geeignet ist.
Die in Öl suspendierten, löslichen, organischen Pri
ber (wie
z. B. Trepol, Alkaliwismuttartarat) verlangsamen zwar die
esorption,
doch erfolgt das Übergehen in die anorganische Form letzten Endes nur
so, wie im Falle der ohne Öl injizierten Lösung, und daher führen sie
ein Auftreten schmerzhafter Infiltrationen herbei. Es ist daher stets
zu betonen, daß lösliches un selbst in öliger Aufschwemmung
bezüglich der Resorption ein unlösliches, anorganisches darstellt.
Die durch die flüssigen Präparate aufgetretenen toxischen
Symptome und die Schmerzhaftigkeit führten zum Gebrauch der un-
löslichen Präparate. Wesentlicher Unterschied zeigt sich in der Ab-
sorbierung durch den Or
Ban bei Präparaten der organischen und
bei denen der anorganischen Bestandteile. Die Absorbierung der an-
an unlöslichen Wismutpräparate (z. B. die des Neotrepols)
t
nicht gleichmäßig vor sich, denn häufig entstehen Infiltrationen
an der Stelle der Injektion. Solche Metalldepots werden das Wismut
im Organismus unberechenbar und mit einem Male freigeben und man
g
sieht auch die schwersten Stomatitiden, Asthenien mit Fieberzuständen
. bei Anwendung der
anorganischen Wismutpräparate (Neotrepol,
Bismutsulfide). |
Schmerzverschontheit, gleichmäßige Resorption und minimalste
Giftigkeit ist nur bei Anwendung der in Ol suspendierten organischen
unlöslichen Salze zu beobachten. Bei diesen ist die Toxizität einmal
vom Grade des Wismutgehaltes selbst, dann aber auch von den Kompo-
nenten, aus denen die Verbindung besteht, abhängig. So ist z. B.
ein solcher Komponent im Airol und im Dermatol das Gallat, welches
im Blut absorbiert, hier gegenüber dem alkalisch reagierenden Teile
starke Sauerstoff entziehende Effekte ausübt, und so "kommt es zu
Erregungserscheinungen in der Niere; das Wismutsubnitrat, -nitrit
wiederum führt zur Irritation der Schleimhäute. |
Unter den Ri al Komponenten ist in erster Linie die Oxy-
e zu erwähnen, bei der keinerlei Begleitsymptome
zu erwarten sind. Die an sie ehe mit Bi gebildeten Salze sind
Derivate, die mit geringster
oxizität höchst gleichmäßig absorbiert
und en von seiten des Organismus mit größter Toleranz aufgenommen
werden.
Je gleichmäßiger die Resorption eines Erzeugnisses vor sich
geht, umso eher erreichen wir die Möglichkeit, in den Organismus
injektionenweise immer über 10 cg Metallquantität hineinzubringen,
ohne die Fortgesetztheit der Kur aufs Spiel zu setzen. Levaditi
erkannte die therapeutische Bedeutung der großen Dosis und empfiehlt
bereits vom Trepol und Neotrepol 0,20 (2 ccm) zu nehmen; doch: die
große Dosis, bei serienweiser Verwendung der zwei letzteren Präparate
ist kaum wegen der Infiltrationsbildungen und auch der ohnedies auf-
tretenden hochgradigen Stomatitis erreichbar, wobei nicht nur die
Buccae, sondern auch die Zunge bläulich erscheinen. Schließlich wird
dieses Bild ergänzt durch das sehr schlechte Befinden.
Unpäßlich-
_ keit tritt schon bei der fünften Injektion ein und der aus den Depots
ausgehenden Absorbierung der sogenannten spontanen Weiterbehand-
lung zum Trotze kann nunmehr 1 g Gesamtquantität an Wismut ein-
geführt werden, veranlassen die auftretenden toxischen Erscheinungen
ein vorzeitiges Abbrechen der Behandlung. Deshalb wurde die ein-
malige Dosis des Trepols und Neotrepols, sowie die der Präparate von
ähnlicher chemischer Konstitution (Bismutum und Bismutyltartarate
und Bismutum praec.) auf 10 cg metallischen Wismuts reduziert. Von
den einer anderen großen Gruppe der Wismuterzeugnisse angehörigen,
zu den Bismutochininjodiden zählenden Präparaten kann gleichfalls nur
eine höchstens 10 cg entsprechende Menge dosiert werden.
Demgegenüber nehmen die Gewebe die Oxybenzoe-Erzeugnisse,
das Bismogenol, noch mehr das Bismutum subsalicylicum, geradezu
sehr gut auf, in Fällen der intramuskulösen Dosierung zeigt sich eine
Schmerzhaftigkeit oder Infiltration nicht einmal bei einer der 0,20
Wismutmenge entsprechenden Dosis. Von diesen 2 Erzeugnissen ist
das Bismogenol dasjenige, bei dem die bekannten Begleitsymptome
eher zum Vorschein kommen können.
Beim Bismut. subsalicylicum gehört Epithelurie zu den größten
Seltenheiten‘, während Wismutsaum auch da anzutreffen ist, doch
werden diese, auch wenn insgesamt 2—3 g metallischen Wismuts
eingeführt wurden, meistens nicht breiter als 1 mm, und umgürten
die. unteren Schneidezähne, bereiten in der Behandlung keine
h seine Anwendung werden keine Begleitsymptome
auftreten: — `’ | |
lich ist und nie angenommen werden kann, ob bereits die ganze Menge
folgerung, die er nach den- verschiedenen Versuchen .mit der
| - 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. = 21. September
Folgezustand eines durch Berührung mit Eiweißstoffen erfolgten Präzi-
weiteren Schwierigkeiten, Gingivitis und ulceröse Stomatitis kommen
nicht vor.
Bismut. subsalieylicum ordinieren wir zu 10°/,igem Verhältnis
in Oleum 'amygdalarum suspendiert. Das Bismutum subsalieylicum,
gut zerrieben mit diesem Öl, ergibt ein milchartiges, dünnflüssiges,
selbst nach längerem Lagern kaum satziges und leicht schüttelbares
Produkt, welches durch seine mehrfachen Vorteile prädisponiert ist,
sich in der Praxis Bahn zu brechen. Dasselbe entspricht in vollem
Maße den Anforderungen, welche gemäß den Erfahrungen, die in Bezug
auf Wismutbehandlung im Wege der Mitteilungen bereits bekannt
sind, und als Ergebnisse pharmakologischer Untersuchungen gestellt
werden können, und zwar:
1. Durch
2. Mittels einmaliger Injektion sollen über 0,10 cg von der
metallischen Menge, während der 6—7 Wochen Kur über. 11, g
metallischer Quantität, in den Organismus einzufügen sein.
8. Schmerzhaftigkeit oder Infiltration unterbleiben.
Obschon die chemische Konstitution der einzelnen Wismut-
präparate auf die Toleranz des Organismus, auf den Verlauf der
Resorption von gleichlaufendem Einfluß ist, gilt ohne Zweifel,
daß auch die Wirksamkeit der Erzeugnisse an die Menge selbst,
die im Präparat enthalten ist, gebunden sein wird, und sonach
wird das Ziel der mit Wismutbehandlung bewandten chemothera-
tischen Forschungen ‘ein Präparat sein, dessen Anwendung das
Einführen eines Höchstmaßes von Wismutmengen gestattet.
Mit Rücksicht auf das Trepol und Neotrepol, die nicht zu
den gleichmäßig resorbierenden Wismutpräparaten zählen können,
bei denen die Resorption je nach dem Grad der vom Präparat
herbeigeführten Entzündung und dem Umfang des Depots, veränder-
absorbiert ist, kann gesagt werden, daß Fränkels!) Schluß-
Sterilisation syphilitischer Tiere gewann — laut welcher eine Sterili-
sation durch Einführung von kleineren, an den von Levaditi
empfohlenen Bi-tartarat-Präparaten verglichenen kleineren Mengen
Wismuts mittels gewisser Erzeugnisse auch erreichbar wären
(Spirobismol) — nicht als nachgewiesen erachtet und nicht stichhaltig
ist, dem auch jede Erfahrungstatsache entgegenspricht, die besagt,
daß, je größer die Dosis des Metalles, die im Anwendung
kommt, umso eher verschwinden die Spirochäten aus den
einzelnen Eifloreszenzen und umso rascher heilen die syphilitischen
Manifestationen. `
Die aus den Versuchen mit Tieren gewonnenen Untersuchungs-
ergebnisse können schlechtweg nicht ohne Kritik an die Therapie beim
Menschen angewandt werden, denn einerseits ist die Wi-Toleranz ein-
und demselben Präparat gegenüber bei verschiedenen Tiergattungen
stets eine andere, andererseits werden die in den verschiedenen Ver-
suchen 'erhaltenen Werte, bei Umrechnun
g auf das Menschengewicht
die Dosis letalis übertreffen. Außerdem befaßte sich Fränkel nicht
genug eindringlich mit dom Zustand der Nieren bei Tierversuchen, wo
och dieser in der Therapie beim Menschèn mit Rücksicht auf die große
Dosis nicht außer Acht gelassen werden darf, umsoweniger, als eine,
oft zu gleicher Zeit vorgenommene Salvarsanbehandlung wegen Ge
der Nierenalteration sehr ungünstig beeinflußt sein würde. Denn die
Toleranz des Tieres dem Wismut
a ist eine größere, und só
ist auch das Verhältnis zwischen
osis efficax und der tolerata ein
günstiges, dann aber ist in der Menschentherapie die mit den Jodchinin-
bismut-Präparaten scheinbar noch klinisch wirkungsvoll bemessene
Dosis, auf das Gewicht des Versuchstieres bezogen, zur Sterilisierung
desselben nicht hinreichend. | l | .
Die Chinin- und Chinolin- (ungelösten) Bindungen (Spirobism.,
Bismosalvan) werden zwar vom menschlichen Organismus sehr gut
vertragen, das Nachteilige bei ihnen ist nur, daß sie von geringem
Bismutgehalt sind (0,03 g in i ccm). Die Behandlung mit der richtigen
großen Dosis ist also von vornherein unmöglich, denn um dem Organis-
mus ein 10 cg metallischen Bismut zukommen zu lassen, müßte davon
eine Mindestmenge von 3 ccm eingespritzt werden, Der den Neben-
komponenten seitens einzelner Autoren zuges
rochene chemische Sum-
mierungswirkung dürfte keine dem fehlenden Bismutgehalte gleich-
kommende Bedeutung entsprechen, da das Chinin und Jod nur in ganz
geringer Menge vorhanden sind, rasch (in 6—24 Stunden) ausgeschieden
werden und ihre aktivierende Wirkung die spezifisch
e Heilkraft des
Bismuts wohl unterstützen, jedoch nicht übertreffen und daher
ah
Ersatz für den mangelnden Bismutgehalt nicht in Betracht kommen.
Den aus den Tierversuchen gewonnenen Werten werden wir =
ehesten durch den Gebrauch des Bismutsubsalizylats näherkommen, W
zwar bei Einführung im Rahmen einer Gesamtkur von 2,5—8 g me
tallischen Bismuts und anstatt des unsicheren systematisch nicht erreich-
1) Med. KI. 1923, Nr. 46,
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is ie biniert, und gebrauchte zur Herbeiführung des. Fiebers die Bes-
l Tre | i | 4 e Ba ra we o : on a Po volenti
ER en br l | „7pausvakzination. Nachdem die Untersuchung des Liquors. in
Milanol a 3—4 | 2—3 0,9-1,20 diesen. Fällen nicht, systematisch erfolgen konnte, lassen Sich aus.
| u Chanu - ~ | | dem Ergebnis obenerwähnter Behandlung trotz ‘der subjektiven -
Bimuejtren | chinolinsulfo: 3 | 2,2 /0,9_1,20 | Besserung und des Negatiywerdens. der" Wa.R. im Serum keine. `
"+ B.(|saures Wismut | ~ | weitgehenden Schlüsse ziehen... - | I i
` Wünschen übrig, eine Epithelurie wird auch bei seiner Dosierung in
.deutungsvolle Momente, welche das. Bismut. subsalicylicum gleich-
' Springende Wirkung binnen 2—3 Wochen; für die torpid tertiären
` lichen Wirkung. | | |
N mir Kim seine klinische Wirkungsweise studieren zu können, bot sich
» Erscheinung, auf einen Fall von Glossitis sclerosa die von
“ ae Millimeter vertiefte ungleichförmige Gegend. war eiterähnlich
‚dio restlose Resorption der Infiltrate am 18. Tage. |
“ Buccae
'völlio 8s leukokeratotischen Gebiets deckten sich die: Erosionen zu. Die
| 1924 — MEDIZINISCHE
` baren Bismutschlags, oder der hypothetischen Summierungswirkung der '
- Bismutchininderivate sucht der Organismus bei Anwendung des Bismut. -
subsalicylicums stets einen hohen Bismutspiegel zu erreichen.
. Nachfolgende Zusammenstellung einzelner - meistgebrauchter
‚Präparate zeigt den Unterschied des Wismutgehaltes der verschiedenen
Erzeugnisse; zugleich der einverleibten Gesamtmenge des Metalles
während. einer. Kur.. : getretenen Pape
6. Bismut. subsalicylicum-Dosis vollständig zurück, die Schmerz
aftigkeit
N a AA a Bi- | ` In- | wi-| pi | Ge- | des Gelenks war ‘zugleich aufgehoben und der Patient konnte sein Bein. .
_ Näme des T a . [Gehalt,| jizierte|schen- =. samt- |. wie früher gebraachn ee : SE E nE
Präparates . Konstitution |in ccm| Menge | räumejPro die! menge Die Nachweisbarkeit -des Wismuts im Liquor und: die -von
-g` cem Tago eg
Th Penin ql Wismutum- .| gewebes lassen: die Tendenz, Wismut: in größerer Menge und erhöhter
= a licum | | oxybenzoicum , Konzentration anzuwenden, als wünschenswert erscheinen. Deshalb. .
ubsalcyllcum pasicum -| babe ich in Fällen der Metalues durchschnittlich im Laufe von: `
. Wismutum |
"N tre l
EARR RDO |. 212—838 g angewandt. Trotz der großen Dosis war-weder-im Herzen
- Bismogenol | |
| à i i | Störung zu verzeichnen. In Fällen der nicht überaus progredierten
~ unby'. |
Schmerzen günstig beeinflußt; in einem Falle erfolgte die Besserung
. erhöhten lanzinierenden Schmerzen begleitet. 'Ich habe die Bismut-
salizylbehandlung, der heutigen' therapeutischen Richtung Rechnung
N B .
Bismosalvan
Trepol' 8—4 | 2-8 0,9-1,90°
|
‚Spirobismol r |
|
{
|
. Da wir die Sterilisationsdosis, im mathematischen Sinne, mit
Bismut nicht erreichen können, und da die von Neubauer aus-
schließlich mit Bismut behandelten seronegativen Primärlälle im
Laufe der Kur positiv wurden, ergibt sich von selbst die Regel,
im ersten Stadium der Lues die Salvarsanbehandlung der Bismut-
behandlung . vorzuzieben, und nur vom Gebrauch einer Bismut-
präparatenkombination, bei der die Intaktheit der Niere gesichert
bleibt, die Rede sein kann. ° l ee m
~ Das Bismut. ‚salicylieum läßt in dieser Beziehung nichts zu
Muschietti empfohlen?). : Öhne hiervon Kenntnis zu haben, `be-
Menge (bei 1 ccm 0,06 metallischen Bismuts): Schon größer 'als diese
' wird; er betont das Nichteintreten von Toxikationsanzeichen- und er-
blickt in ihm die beste und brauchbarste Wi-Zusammensetzung. Man
in Handel gebracht (Bisuspen), doch ohne ‚Fingerzeichen "betreffs
Nützlichkeit einer großen Dosis. Ä 2 =
Mandelöl; zu ihrer Zubereitung nahm ich ausschließlich dieses in-
4
Anspruch; indem . das Bi-subsalicylicum mit verschiedenem Bi-gehalt
(der Pharmakopoe der einzelnen Staaten entsprechend, so in
einer ‚Serie‘ von 15—20 cg nicht zu beobachten sein. Der verhältnis:
‚mäßig. hohe Grad der ‚Dosen und Intaktheit der Nieren sind be-
sum zu Zwecken der mittels Salvarsan kombinierten. Behandlung
prädisponieren, -ohne daß auf die Neosalvarsaninjektion der üb-
ichen großen Dosis im Interesse . des Gelingens der abortiven
ur verzichtet werden müßte.‘ Das Bismut. subsalicylicum hat gegen-
er den florid. sekundären Erscheinungen eine rapide,‘ ins Auge
‘ständig das deutsche Produkt: bezogen. Die Einspritzung. erfolgt
intramuskulär stets an den äußeren oberen Quadranten der Glutäal-
waren niemals mit Infiltration verbunden, gaben daher ‚keinen
yon dieser richtig zubereiteten Suspension sehr günstig gefördert,
denn in ihr sind die ziemlich grobkörnigen Wi-Teilchen gleichmäßig
verteilt und geben keinen Satz. 3
a
Erscheinungen ist es von einer langsameren, doch von restlos ver-
t
er Fall bei einem Patienten, der andernorts ausschließlich
Quecksi berkuren. durchmachte, die Behandlung mit Salvarsan aber
Pfinzipiell-vermeiden wollte, derzeit auf dem Skrotum aufgetretenem, sehr
verbreitetem. tuberoserpiginösem Syphilid erkrankte und der Bismut-
handlung unterzogen wurde. Nach sechs 2,5 cem-Injektionen erfolgte
Einfachheit der Anwendung und hiezu der sehr ‚ermäßigte Preis der
nach der Magistralformel erfolgten Ordination prädisponieren das
Bi-subsalieylicum in der Praxis sich Bahn zu . brechen, und aus
‚faltigsten Marken bereitet haben, den Weg zu weisen. Die teuren
Fabrikserzeugnisse zwingen die Patienten, da diese. für sie nicht
‚mehr erschwinglich sind, die Kur zù unterbrechen, und so wird bei
der heutigen wirtschaftlichen Not das Anempfehlen der preiswerten
Meine zweite ‚Erfahrung. bezieht sich auf eine schwere tertiär
eukoplakie der
fu egleitet. war. Die- in der Mitte der sklerotischen und stark
Smia ten Zunge befindliche, etwa 3 cm lange und 21/, cm breite, bis
der aus edehnten und: auf einigen Stellen erodierten
ös belegt; ` Anamnese negativ, W.Ra. positiv. Eine im Oktober-
ember 1922 durchgemachte kombinierte eosalvarsan-Mirionkur war
beh i leglichen Erfolg. Im Januar 1923 habe ich eine Wismutsalizyl-
Y h ung eingeleitet, und jeden dritten Tag eine Dosis von 21/3 cem
nee Die Heilung begann von den Peripherien her mit einer
ni nischen zac igen Saumbildung, ergab eine klare Wundober-
halb- 4 und ging dann konzentrisch vorwärts. Zu gleicher Zeit inner-
‚präzisiert. . Abschließendes über die Anwendung des Bismutum
subsalicylicum wäre verfrüht; im großen und ganzen jedoch macht
es den Eindruck, daß eine Verbesserung’ und ‚Vereinfachung der
‚Fortschritt auf dem Gebiete der Bismutbehandlung der Lues darstellt.
2) Ref-Derm. Zbl., 4.
89 Heilung erfolgte erst nach 20 Injektionen, d. h. nach Einführung: 8) Med. Kl. 1924, Nr. 15. on |
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KLINIK — Nr. 38, ` e T agas.
chen ‚bestätigten die gleichzeitig auf den Tonsillen auf-.
. Diese gingen ohne sonstige rel mit der .
Lemay und‘ Jaloustre nachgewiesene Wismutfixation des Gehirn-
. (—8 Wochen 'Dosen von 2 bis 3 ccm, eine Gesamtwismutmenge von `
oder dem Verdauungstrakte, noch in den Nieren oder an der Haut eine.
Tabes.wurden die bei den Symptomen vorherrschenden lanzinierenden:..
erst in. der zweiten Kur. Die ersten Injektionen waren von provoziert
|. tragend, mit der Wagner-J aureggschen Fieberbehandlung kom- i
Das Bismut. subsalicylicum war zum ersten Male von Greco. und |
richtete auch Markus darüber, nur injiziert dieser noch die kleinere.
‚ist die Dosis (1—2 ccm jeden 8., 4. Tag), die von Sicilia empfohlen
hat auch das die Suspension des Salzes enthaltende Fabrikspräparat
Die beste Suspension bildet das Bi- subsalicylicum mit süßem -
Österreich. mit 75%/,, in Deutschland mit 64°/,) inıden Handel:
gelangt; habe ich, um eine einheitliche Praxis zu verfolgen, . be-
gegend. Schmerzen wurden niemals angegeben, die Einspritzungen
Anlaß zum Abbrechen der Kur. Eine. optimale Absorption wird a
Die Schmerzlosigkeit bei der intramuskulösen Injektion, die,
_ dem Labyrinthe, das uns die vielerlei Erzeugnisse und ihre mannig-
und unbedingt. wirksamen Arzrieien: von der Praxis belohnt werden.
- Das Erfordernis der diesbezüglichen Umständewurde vonJadassohn?) `-
Kur vorliegt, für die Praxis sich vorteilhaft eignet, daher einen E
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1836:
Geburtshililiches Brevier.
“Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden- Baden.
i (Fortsetzung aus Nr. 86.)
Durch. eine kurz aufgenommene Anamnese erhalten wir schon
öfters einen Anhaltspunkt für die Beckenart, jedoch sollte nie die
Beckenmessung unterbleiben. Leider geschieht dieses so oft, wenig-
stens habe ich in Köln diese Beobachtung gemacht. Die Becken-
messung gibt uns freilich auch nicht genau die Maße auf Millimeter
und bei verschiedenen Messungen ist das Resultat selten das gleiche,
was aber nicht in Betracht kommt. Wir müssen auch für die
Geburt die Größe der Frucht in Betracht ziehen, die bei Mehr-
gebärenden und späteren Geburten meist zunimmt. Bei den am
häufigsten vorkommenden Becken ist das Messen einfach. Es ge-
schieht am besten mit ‚dem Martinschen Beckenmesser, der
Baudeloquesche ist bei fetten Personen unter Umständen von
Vorteil. Stets messe man bei ausgestreckten Beinen der Frau.
1. Die Sp. J. (Entfernung inter spinas ant. sup. ossium
ilei) = 26 cm. 2
- 7.2, Cr. J. (Entfernung inter cristas ossium ilei = 29 cm, man
muß hier die größte quere Entfernung nehmen).
ö 3. T. (Die Entfernung der Trochanteren) = 31.
4.. Conj. externa (Diameter Baudelocque) = 20—21 cm, wird
in Seitenlage gemessen. Zieht man von der Conj. externa
9—10 cm ab, erhält man die vera. Diese Messung der Conj. ist
aber nicht so zuverlässig als die aus der Conj. diagonalis bestimmte.
Maße unter 18 Conj. externa lassen aber meist ein im
geraden Durchmesser verengtes Becken annehmen. Die Conj.
externa erhält man, indem man den einen Knopf des Beckenmessers
in die Grube unterhalb des Processus spinosus des letzten Lenden-
wirbels setzt, den andern an den oberen Rand der Symphyse,
Die Conj. diagonalis, das heißt die Entfernung vom Pro-
montorium zum unteren Symphysenrand, wird mit ein oder zwei
Fingern am besten auf dem Querbett gemessen. Um die Con]. vera
zu erhalten wird durchschnittlich 1,75 cm ‚abgezogen, genauer an-
gegeben beim allgemein verengten Becken 1,5, beim rachitischen
2,0 cm. Die Conj., das heißt der gerade Durchmesser von der
Mitte des Promontoriums zum oberen Symphysenrand, mißt norm al
11 cm. Wenn es dem weniger Geübten Schwierigkeiten
macht das Promontorium zu finden, so gehe er mit den
Fingern entweder unten am Kreuzbein beginnend nach
oben oder entlang der Linea terminalis nach hinten. Man
achte auch auf ein doppeltes Promontorium, welches -beim
einfach platten Becken garnicht so selten ist. Hier ist die Ver-
knöcherung zwischen erstem und zweitem Kreuzbeinwirbelkörper
nicht eingetreten, wodurch die Knorpelplatte schärfer vortritt.
Maßgebend ist natürlich die kürzeste Entfernung. Die
Conj. vera kann noch weiter verringert werden durch einen VOT-
stehenden Symphysenknorpel.
| Während normalerweise die Distantia cristarum 3 cm größer
ist als die der Spinae kann es auch vorkommen, daß beide die-
selben Maße haben, daß die Distant. spin. ant. sup. sogar größer
‘ist und die Spinae klaffen. Hier hat man dann ein hoch-
gradig plattrachitisches Becken vor sich. Kaltenbach
riet jede Beckenhällte mit der gleichnamigen Hand zu untersuchen,
was besonders bei dem Abtasten der Linea terminalis von
hohem Wert ist. Man unterlasse auch nicht zu untersuchen,
ob das Kreuzbein von oben nach unten und von rechts nach links .
ausgehöhlt oder flach selbst konvex ist oder ob es unten hakeniörmig
nach vorn gekrümmt ist. Weiland Loehlein hat 1896 über manuelle
Beckenschätzung gesprochen, er bemerkte, daß die instrumentelle
Beckenmessung in der geburtshilflichen Praxis stark vernachlässigt
wird. Loehlein schätzte, indem er die Spitze des kleinen Fingers
fest auf die eine Spin. ant. sup. aufsetzte und nun die Hand kräftig
spreizte, zunächst die Distantia spinarum. Man muß natürlich die
Spannweite seiner Hand vorher messen und so läßt sich dann leicht
sagen, ob die Dist. spinarum größer oder kleiner als normal ist.
Das besonders wichtige Verhältnis der Spinae zu den Cristae
wird festgestellt, indem beide Hände dem Bogen des Darmbein-
kammes fest angepreßt werden. Für wissenschaftliche Zwecke ist
dieses Verfahren auch nach Loehleins Ansicht nicht geeignet,
vielleicht könnte aber mancher Praktiker, der keinen Beckenmesser
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
21. September
Aus der Praxis für die Praxis.
hat, davon Nutzen haben, weshalb ich das Verfahren erwähnt habe,
es sollte aber kein Beckenmesser in der Tasche des Ge-
burtshelfers fehlen. |
Wenn der Kopf nicht ins Becken eintreten kann, so senkt
sich der schwangere Uterus mehr nach vorne und es entsteht dann
Hängebauch, der in späteren Schwangerschalten oft stärker wird.
Wegen. der Erschlaffung der gedehnten Ligamente hat man dann
den sogenannten „pendelnden Uterus“. Dadurch daß der Kopf
nicht eintritt, entstehen die verschiedensten Anomalien der Lage
und Haltung. Ist das Becken nur 1m geraden Durchmesser ver-
engt, so kann die Geburt ‚nach Überwindung dieses Hindernisses
"normal verlaufen, falls die Wehenkraft nicht nachgelassen. Meist
- tritt der Kopf mit querverlaufender Sagittalis beim platten Becken
ein, die große Fontanelle steht tieler. Die Pfeilnaht kann mehr
am Promontorium verlaufen — vordere Scheitelbeinein-
stellung —, steht sie höher als das Promontorium, so kann hinter
der Symphyse ein Ohr fühlbar sein, man spricht dann von „vor-
derer Ohrlage“. Am geborenen Kopfe findet man dann später,
daß das hintere Scheitelbein abgeflacht und unter das vordere ge-
schoben ist, manchmal auch noch Druckstellen vom Promontorium.
Tritt der Kopf ins Becken ein, dann tritt auch die kleine Fontanelle
tiefer, die große weicht zurück, der Kopf kommt in Beugung, meist
ist dann bei Mehrgebärenden mit einigen Wehen die Geburt zu Ende.
Man lasse sich aber nicht durch eine allmählich stärker werdende
Kopfgeschwulst irreführen, deshalb gehe man mit dem Finger hinter
der Symphyse hinauf und stelle fest, wie tief der Schädelknochen steht.
Im Gegensatz zur „vorderen Scheitelbeineinstellung“ verläuft
bei der „hinteren Scheitelbeineinstellung“ die Sagittalis an
der Symphyse, auch über ihr höher. Hegar hat darauf aufmerk-
sam gemacht, daß man äußerlich eine winklige Vertiefung fühlt,
Bei den höchsten Graden dieser Einstellung findet man am Pro-
montorium ein Ohr — „hintere Ohrlage“. Beim engen Becken
ist sie die ungünstigste Lage, wenn sie auch beim normalen Becken
manchmal vorübergehend vorkommen kann. Wenn die große Fon-
{anelle immer tief stehen bleibt, so kann leicht eine Stirnlage ent-
stehen; überhaupt sollen die abnormen Lagen beim engen Becken
etwa 4mal häufiger sein als beim normalen (Steißlage, Gesichts-
lage, Querlage). Durch frühzeitigen Fruchtblasensprung können
Nabelschnur. und Arme bei Schädellage leicht vorfallen. Bei vor-
zeitigem Blasensprung kommt es auch manchmal zu Krampf-
wehen, oder die anfangs starken Wehen erlahmen bald, die bei
Mehrgebärenden schon oft von Anfang an sehr schwach auftreten.
Beim allgemein gleichmäßig verengten Becken hat man
von Anfang an einen Tiefstand der kleinen Fontanelle
und passiert hier der Kopf in maximaler Beugung. Alles hängt
natürlich ab von dem Grade der Verengung, von der Wehentätigkeit
und zum Schlusse von der Bauchpresse. In früheren Zeiten sah
‘man auch recht häufig beim engen Becken durch den langen Druck
Nekrosen entstehen, die öfters zu Fistelbildungen (Blasenscheiden-
Mastdarmscheiden-Blasencervizfistel) führten. Trotz aller dieser
Schäden ist aber beim platten Becken, selbst wenn die Geburt sich
über mehrere Tage hinzieht, die Prognose für Mutter und Kind beim
Zuwarten meist besser als durch frühzeitiges und forciertes Ein-
greifen.
Selbst bei sorgsamster Desinfektion kann aber bei zu langer
Geburtsdauer Fieber auftreten durch Aufsteigen der Scheidenkeime,
selbst Fäulnisgase können sich entwickeln (Physometra). Das
Nähere siehe bei Fieber unter der Geburt. Auf die Schädigung
des Kindes gehe ich hier nicht näher ein, möchte nur noch das
Schlimmste erwähnen, was die Kreißende treffen kann: DieUterus-
ruptur. Siehe dieses Kapitel. Durch künstlich beendigte Ge-
burten ist auch schon eine Zerreißung der Beckengelenke vor-
gekommen, wodurch bei Hinzutritt von Mikroorganismen noch Ver-
eiterungen derselben vorkommen können. Die Uterusrupiur entsteht,
wenn nicht rechtzeitig Kunsthilfe eintritt, meist nach zu stürmischer
lang dauernder Wehentätigkeit. Zerreißt der Uterus aber nicht, s0
hören infolge von Erschöpfung allmählich die Wehen auf und die
Frau verfällt immer mehr und der Exitus erfolgt. Kaltenbach
lehrte folgendes: „Durchdachte Antisepsis, klares Erfassen der vor-
liegenden Indikationen und vollkommene Beherrschung der opere-
tiven Technik vermögen die Gefahr für die Mutter beträchtlich
einzuschränken.“ (Fortsetzung folgt)
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Bicherungswesen erheblich vereinfachen würden.
| übertragen.
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21. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prot Dr. S.Grätit, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (V ersicherungsrechtL u gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W. Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O: Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S. Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtakrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, ' Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), |
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der versicherungs-
rechtlichen und Unfallmedizin.
Von Prof. Dr. Paul. Horn, Bonn.
Die bereits in meinem vorigen Berichte!) erwähnten Reform- -
bestrebungen hinsichtlich einer Vereinfachung und Umgestaltung
‚der sozialen Versicherung haben in der Zwischenzeit gewisse
Durch Verordnung der Reichs-
praktische Fortschritte gezeitigt.
regierung vom 30. Oktober 1923 ist in der Praxis der sozialen Un-
fallversicherung insofern eine wesentliche Vereinfachung erfolgt,
als das Einspruchsverfahren bei den Versicherungsämtern in
Fortfall gekommen ist. Um die Rechte des Versicherten hinreichend
zu wahren, ist stattdessen den Berufsgenossenschaften die gesetzliche
Pflicht auferlegt, zu der Rentenfestsetzung einen Vertreter der Ver-
sicherten hinzuzuziehen. Wird gegen den Rentenfestsetzungsbescheid
der Berufsgenossenschaft Widerspruch erhoben, so geht letzterer nicht
mehr wie seither als „Einspruch“ zunächst ans Versicherungsamt,
sondern als „Berufung“ unmittelbar ans Oberversicherungs-
amt. Von besonderer Bedeutung ist ferner die Bestimmung, daß,
soweit der Grad der Erwerbsbeschränkung in Frage
kommt, die Entscheidung des O.V.A. eine endgültige und der
_ bisher zulässige Rekurs ans R.V.A, unzulässig ist, was selbstredend
ame beträchtliche Entlastung der obersten Spruchbehörde zur Folge
hat und die Rentenstreitverfahren selbst ganz erheblich abkürzt.
Zur weiteren Entlastung des R.V.A. ist der Rekurs ferner in solchen
"Fällen ausgeschlossen worden, wo es sich um Ansprüche von Eltern,
Ehefrauen und Enkeln handelt, soweit die Frage der Gewährung
des Unterhalts oder der Bedürftigkeit zu entscheiden ist. — In
ähnlicher Weise ist die Feststellung der Leistungen in der Inva-
liden- und Hinterbliebenenversicherung vereinfacht worden.
Während bisher Anträge auf Leistungen nur an das Versicherungs-
amt zu richten waren, können jetzt die Anträge auch direkt an die
Landesversicherungsanstalt gestellt werden. Ebenso besteht,
falls es sich um Leistungen der Angestelltenversicherung
handelt, nunmehr die ‚Möglichkeit, die Anträge unmittelbar der
Reichsversicherungsanstalt zuzuführen. |
b es gelingen wird, im Laufe der Zeit auch zu einer Zu-
sammenlegung der verschiedenen Zweige der Sozialversicherung
oder wenigstens zu einer Art engerer Arbeitsgemeinschaft
zu kommen, bleibt abzuwarten, da die Widerstände gegen eine der-
artige Vereinheitlichung nicht gering sind. Immerhin mehren ' sich,
wie ich auch an anderer Stelle (1) ausgeführt habe, die Stimmen,
die sowohl von verwaltungstechnischen wie ärztlichen Gesichtspunkten
aus die seitherige Zersplitterung von Grund auf beseitigt und durch
eine Einheitsversicherung ersetzt wissen wollen. So hat bereits
‚'angerer Zeit die Sparkommission des Reichstages dem
Sozlalpolitischen Ausschusse des Reichswirtschaftsrats Grundlinien
unterbreitet, die bei ihrer Durchführung das ganze soziale Ver-
So wird z. B. vor-
geschlagen, die zurzeit bestehende Organisation der Angestellten-
= versicherung, d.h. die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte,
aufzulösen und ihre Aufgaben den Landesversicherungsanstalten zu
Ebenso wird empfohlen, die Krankenversicherung
gste Beziehung zur Invalidenversicherung zu bringen durch
ng sogenannter „Bezirksversicherungsanstalten“, in welch
letztere auch alle nicht leistungsfähigen sowie die landwirtschaft-
lichen Berufsgenos senschaften übergeführt werden sollen. Alle
nlallrenten unter 300%, hätten in Wegfall zu kommen. Ferner
sollen sämtliche Aufgaben der Versicherungsämter den Bezirksver-
Sicherungsanstalten übertragen werden. Die Oberversicherungsämter
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hätten fortzufallen. Gegen die Entscheidung der Bezirksversicherungs-
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1) M. Kl. 1924, Nr. 1, 2.
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anstalten soll Berufung an die Landesversicherungsanstalt zulässig
sein. Das R.V.A. bleibe als Revisionsinstanz erhalten. — Gegen
diese Vorschläge haben vor allem der Reichsverband der deutschen
Industrie sowie die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände .
Stellung genommen, indem sie unter allen Umständen die Selb-
ständigkeit der Betriebskrankenkassen sowie der Berufs-
genossenschaften erhalten wissen wollen.
Weitere Anderungen hat die Sozialversicherung erfahren durch 3
Gemäß Verordnung vom
Ausbau der Reichswochenhilfe.
16. Februar 1923 über Wochenhilfe und gemäß Gesetz zur Erhaltung
leistungsfähiger Krankenkassen vom 27. März 1923 hat die Reichs-
wochenhilfe zu gewähren: 1. ärztliche Behandlung, sofern solche
bei der Entbindung oder bei Schwangerschaftsbeschwerden notwendig
ist; 2. einen einmaligen Beitrag zu den sonstigen Kosten der
Entbindung und bei Schwangerschaftsbeschwerden; 3. ein Wochen-
geld in Höhe des Krankengeldes für 4 Wochen vor und 6 Wochen
nach der Niederkunft; 4. ein Stillgeld in Höhe des halben Kranken-
geldes bis zum Ablauf der zwölften Woche nach der Niederkunft.
Außerdem kann freie Hebammenhilfe und Arznei gewährt werden. —
Etwas unklar und unzulänglich ist, worauf auch Hanauer (2) hin-
weist, die Frage im Gesetz geregelt, wie im Falle einer vorzeitigen
AusstoBung der Frucht, speziell einer Fehlgeburt, die Unter-
stützungsleistungen gehandhabt werden sollen. Das R.V.A. sucht
durch eine Entscheidung vom 24. November 1921 die bestehenden
Unklarheiten bis zu einem gewissen Grade dadurch auszuräumen,
daß es die Leistungen der Wochenhilfe nur für rechtzeitige und
frühzeitige Geburten, nicht aber grundsätzlich auch für Fehl-
geburten (vor der 28. Schwangerschaftswoche) zuerkennt. Bei
Fehlgeburten kann unter Umständen lediglich freie ärztliche Be-
handlung bzw. Gewährung von Krankenhilfe im Rahmen der
Krankenversicherung in Frage kommen. |
Von mehr organisatorischer Bedeutung ist die durch das
Reichsknappschaftsgesetz vom 26. März 1923 erfolgte Sonder-
stellung der Bergleute in der Sozialversicherung. Träger der
Versicherung ist der Reichsknappschaftsverein, dem die Berufs:
versicherung sämtlicher Arbeiter und Angestellten des Bergbaus
obliegt, und zwar die Kranken-, Pensions-, Invaliden- und An-
gestelltenversicherung, während die Unfallversicherung einstweilen
noch bei den Knappschaftsberufsgenossenschaften verbleibt.
Als Fürsorgegesetz von voraussichtlich eingreifendster Trag- |
weite ist das preußische Gesetz zur Bekämpfung der Tuber..
kulose vom 4. August 1923 zu erwähnen, das dem behandelnden
Arzt die Anzeigepflicht bei allen ansteckenden Formen der
Tuberkulose auferlegt. Als ansteckend gilt jeder Fall von nach-
gewiesener Kehlkopftuberkulose (auch ohne Bazillennachweis), ferner
jede Form.von Lungentuberkulose, bei der entweder Tuberkelbazillen
im Auswurf nachgewiesen wurden oder bei der der Verlauf oder
der klinische Befund vermuten lassen, daß bazillenhaltiger Auswurf |
entleert wird. Meldepflichtig bleiben ferner wie seither alle Todes-
fälle an Lungen- oder Kehlkopftuberkulose. Eingeschaltet in die
Tuberkulosebekämpfung werden die Fürsorgestellen für Lungen-
kranke, die ihre Maßnahmen jedoch möglichst im Benehmen mit dem
behandelnden Arzte zu treffen haben. Böswillige Unterlassung der
Meldung an den zuständigen Amtsarzt ist strafbar. |
Was die soziale Unfallversicherung anbetrifft, die in
medizinischer Hinsicht ja ein besonders fruchtbares Gebiet literarischer .
Betätigung geworden ist, so möchte ich den nachfolgenden Einzel-
besprechungen eine Reichsgerichtsentscheidung voranschicken,
die für alle als Gutachter tätigen Ärzte äußerst beachtenswert ist,
und zwar handelt es sich um die Frage der Haftpflicht des
Arztes bei ungenügend gesicherter Diagnose. Das Reichs-
gericht vertritt in einem Urteil vom 22. April 1922 die Ansicht,
daß der untersuchende Arzt auch seltenere Krankheitsmöglich-
keiten bzw. auch das Vorkommen atypischer Fälle in Erwäruns
ziehen müsse. In dem vorliegenden Prozeßfalle hatte der Arzt die
1337
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1338 a 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38.
Diagnose auf Schenkelhalsfraktur gestellt; Verkürzung und Auswärts- .
streckung des betr. Beines, Krepitation und Fehlen der bei Ver-
renkung zumeist vorhandenen Fixation schienen zu dieser Diagnose
zu berechtigen, so daß eine Röntgenaufnahme nicht als erforder-
lich betrachtet wurde. Es handelte sich aber tatsächlich um eine
Luxation, die entsprechend der nicht richtigen Erkennung und Be-
handlung zu einer Verkürzung des Beines mit Funktionsstörung
und damit zu einer schweren Schädigung des Verletzten führte.
Nach Ansicht des Reichsgerichts hatte der Verletzte Anspruch
darauf, daß der zur Verfügung stehende Röntgenapparat zur
Differentialdiagnose herangezogen wurde. Das Verschulden des Arztes
sei allerdings gering, aber auch ein geringes Versehen genüge, um
eine Schadensersatzpflicht zu begründen (3). l
Interessant sind die Untersuchungen von Marbe (4) über
Unfallversicherung und Psychotechnik. Auf Grund zahlen-
mäßiger Nachprūfungen kommt M. zu dem Ergebnis, daß die Wahr-
scheinlichkeit späterer Unfälle nach der Häufigkeit etwa
vorausgegangener Unfälle zu bemessen ist. Offenbar spiele ein
zu Unfällen disponierender Faktor bei dem Einzelfalle mit. M. hält
es für möglich, daß mit Hilfe der Psychotechnik, die sowohl
rein psychologische wie allgemein physiologische Fähigkeiten in
den Bereich ihrer Prüfung zieht, zu Unfällen besonders stark dis-
ponierte Arbeiter ausfindig gemacht werden, so daß sie aus be-
stimmten Betrieben rechtzeitig herausgenommen werden könnten.
Jedenfalls sind die Angaben von M. besonders für Gewerbe- und
Fabrikärzte beachtlich. |
Aus dem für das Arbeitsfeld vorwiegend der Gewerbeärzte
besonders wichtigen Gebiete der „Gewerbekrankheiten“, deren
Abgrenzung gegen die „Unfallerkrankungen“ vielfach ja eine rein
willkürliche ist, seien in erster Linie weitere Beobachtungen über
Metallvergiftungen erwähnt. Sternberg (5) berichtet, daß die
Zahl der Bleivergiftungen in Wien dank der gesetzlichen Be-
stimmungen zwar zurückgegangen sei, hält es aber für notwendig,
daß alle Betriebe, in denen bleihaltige Materialien gebraucht oder
verarbeitet werden, unter ärztlicher Überwachung.stehen. Seelig (6)
beschreibt einen Fall von chronischer Bleivergiftung, die zu einer
Polyneuritis saturnina mit beiderseitiger Radialisparese und Peronäus-
lähmung sowie zu einer enorm starken Eosinophilie (70°/,) des
Blutbildes bei völligem Fehlen von basophil gekörnten Erythrozyten
führte. Einen eigentümlichen Fall von Kupfervergiftung bei.
einem 21/,jährigen Knaben hat Petheö (7) in dieser Zeitschrift un-
längst mitgeteilt. Sehr beachtenswert ist der Hinweis von Gruber (8),
daß bei allen gewerblichen Vergiftungsfällen, speziell nach angeb-
licher Gasvergiftung eine zuverlässige, technisch sachver-
ständige Untersuchung des Unfallherganges und seiner Begleit-
umstände Voraussetzung für eine einwandfreie ärztliche Beurteilung
etwaiger Folgezustände bilden müsse. Es gilt das natürlich bis zu
einem gewissen Grade auch bei Unfällen sonstiger Art, wo vielfach
erst die Unfalluntersuchungs-Verhandlungen und Zeugenvernehmungen
dein. ärztlichen Gutachter ein richtiges Bild von Art und Tragweite
der Unfalleinwirkung vermitteln. Überhaupt ist ja sachgemäße
Lösung der Zusammenhangsfrage erst nach tunlichst restloser Klärung
des Unfalls selbst sowie der Vorgeschichte möglich, wobei sich
allerdings dann vielfach ergibt, daß der Unfall keineswegs die Allein-
ursache, sondern nur eine mehr oder weniger wesentliche Teilbedin-
gung für dieAuslösung entsprechenderKrankheitsfolgen gewesen ist.
Besonders deutlich tritt gerade letztere Tatsache immer wieder
hervor in den Publikationen über Unfall und Nervenleiden, so-
wohl organischer wie funktioneller Art. So betont Heinrici (9)
zur Frage der traumatischen Syringomyelie nach ausführlicher
Besprechung eines einschlägigen Falles, daß noch keine einwand-
freien Beobachtungen vorliegen, durch die das Bestehen einer rein
traumatischen Gliose, Syringomyelie oder Hydromyelie bewiesen
werde. Die neueren Untersuchungen sprächen vielmehr durchaus
für .die überwiegende Bedeutung des konstitutionellen Momentes
und von Entwicklungsstörungen für die Krankheitsentstehung, einem
' Unfall komme mehr eine sekundäre, auslösende Bedeutung zu.
Ähnliches gilt für multiple Sklerose, amyotrophische Lateralsklerose
und spinale Muskelatrophie, während bei der Tabes dorsalis statt
der konstitutionellen die luetische Ätiologie auch bei traumatisch
mitbedingten Fällen stets ausschlaggebend ist. Zu dem Spezialfall,
ob eine multiple Sklerose durch Kälteeinwirkung ausgelöst
werden kann, äußert sich in längerer Darlegung Finkelnburg (10).
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einmaliger Kälteeinwirkung
und multipler Sklerose ist nach F. nur “dann zu bejahen, wenn
folgende Mindestiorderungen erfüllt sind) 1. die Abkühlung muß
. Re |
21. September
einen gewissen Intensitätsgrad besessen haben; 2. sie muß eine all-
gemeine gewesen sein; 3. der Temperaturwechsel muß schroff er-
folgt sein; 4. es muß eine besondere individuelle Empfindlichkeit
gegen Kälte (z. B. bei nicht abgehärteten oder schwächlichen, blut-
armen und unterernährten Menschen oder Rekonvaleszenten nach
schweren Krankheiten) bestanden haben; 5. es ist ein enger zeit-
licher Zusammenhang erforderlich: Auftreten von Sklerosesymptomen
im unmittelbaren Anschluß (Stunden bis Tagen) an den Unfall
macht eine Verschlimmerung wahrscheinlich; bei Annahme einer
„Auslösung“ muß das erste Hervortreten von Beschwerden spätestens
3—4 Wochen nach der Erkältung sicher erwiesen sein. An und
für sich hat aber das Trauma auch in solchen Fällen nur konditio-
nellen Teilwert, wenn es auch nichtsdestoweniger eine Entschädigungs-
pflicht begründet. Ä
Auch bei den sog. endogenen Psychosen ist die Entwick-
lung und der Ausbruch, z. B. einer Dementia praecox, über-
wiegend endogen bedingt. Exogene Einflüsse können, wie Ditten(11)
"mit Recht hervorhebt, in Ausnahmefällen höchstens für die Krankheits-
auslösung auf vorhandener Anlage oder für Verschlimmerung bereits
bestehender Krankheitserscheinungen in Frage kommen. Gelegent-
lich können sie aber auch, wie D. meint, bei entsprechender Schwere
der Gehirnläsion, z. B. Traumen mit Kommotionserscheinungen, eine
Anlage für die spätere Entstehung einer Dementia praecox
schaffen.
Überhaupt bilden die Spätfolgen von Kopfverletzungen
in der Unfallpraxis, worauf immer wieder hingewiesen werden muß,
eine Möglichkeit, die nicht außer acht zu lassen ist; nimmt doch
beispielsweise Tilmann (11) an, daß 19°/, der Schädelverletzten
an Epilepsie erkranken. Die epileptischen Erscheinungen können
dabei entweder sofort im Anschluß an das Schädeltrauma auftreten
oder erst nach längerem, mitunter jahrzehntelangem Zwischen-
raum (Tilmann). — In analoger Weise hat Brandess (12) einen
Fall von posttraumatischer Spätapoplexie mitgeteilt, der dadurch
besonders gekennzeichnet ist, daß der Zwischenraum zwischen Un-
fall und Apoplexie — im Gegensatz zu den bisher beschriebenen
Fällen mit einer Höchstdauer von 9 Monaten — nicht weniger .
als 10 Jahre beträgt! Dagegen hat Finkelnburg (13) einen
Fall von angeblicher Spätlähmung von Augenmuskeln 7 Jahre
nach Kopftrauma mit wahrscheinlichem Schädelbasisbruch nicht
als indirekte Unfallfolge anerkannt, da ihm die Annahme arterio-
sklerotischer Ätiologie bei dem bereits 61jährigen Patienten wahr-
scheinlicher erschien. F. stellt für die Begutachtung derartiger Fälle
folgende Leitsätze auf: 1. Spätlähmungen einzelner Augenmuskeln
sind sehr selten und treten meistens akut auf infolge von Spät-
blutungen an der Gehirnbasis oder im Bereich des Kerngebietes, in
letzterem Falle auch nach vorhergehenden traumatischen Erweichungs-
prozessen. Bei langsam entstehenden isolierten Spätlähmungen
handelt es sich in der Regel um Kompression durch basale arterio-
sklerotische Arterien bzw. Aneurysmen; 2. Spätlähmungen ent-
wickeln sich meistens innerhalb der ersten Wochen und Monate
nach dem Trauma. Bei längerem Intervall von Jahren darf ein
ursächlicher Zusammenhang mit früherem Kopftrauma nur dann
angenommen werden, wenn alle sonstigen ätiologischen Momente,
insbesondere zu dGefäßerkrankung disponierende Erkrankungen
— Arteriosklerose, Syphilis, Nephritis — sowie Grippeenzephalitis
und Tumor ausgeschaltet werden können. f |
| Hohaus (14) hat auf meine Veranlassung statistische Er-
hebungen darüber angestellt, wie sich das Schicksal Kopfver-
letzter weiterhin praktisch gestaltet, d. h. wie hoch die Erwerbs-
beschränkung zu bemessen ist und für welche Dauer, sowie
ob ein Beruiswechsel sich erforderlich macht oder nicht. Dabei
‚ist H. zu dem beachtenswerten Ergebnis gekommen, daß der Ver-
lauf sich im allgemeinen wesentlich günstiger zu entwickeln
pflegt, als es zunächst oft den Anschein hat. Nach 3 Jahren war
die Zahl der Vollerwerbsunfähigen (100°/,) gefallen bei den Schädel-
dachbrüchen von 39°/, auf 6,8°/,, bei den Basisbrüchen von 48°
auf 10,5°/,, bei den nicht komplizierten Kommotionen von 21%
auf 3,6°/,, bei den einfachen Kopfkontusionen von 17,3%), auf 1,2%, —
also durchweg ein progredienter Heilungsverlauf! Ein Berufswechsel
war nur in !/; der Fälle festzustellen. Ungünstig wirkten Kom-
plikationen, wie Epilepsie, posttraumatische Demenz, Gehirn-
arteriosklerose sowie Allgemeinleiden. Auch die Art des Ent-
schädigungsverfahrens war für den Verlauf der Fälle nicht
ohne Belang. Rentenverfahren wirkten im allgemeinen heilungs-
hemmend, Kapitalabfindung — sofern eine solche angezeigt war —
wesentlich heilungsfördernd.
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`- 21. September
Ausgehend von der Tatsache, daß bei nervösen Unfall-
. folgen der weitere Verlauf von der Art des Entschädigungsverfahrens
vollkommen abhängt, hat Koenig (15), einer meiner Schüler, an
Hand des Materials der Knappschaftsberufsgenossenschaft Sektion I
(Bonn) die Erfolge sowie die Indikationen des Abfindungs-
verfahrens fester zu umgrenzen versucht und ist zu dem Ergebnis
gelangt, daß nicht nur bei Unfallneurosen, sondern auch bei orga-
nischen Unfallverletzungen, deren Folgen eine Dauerrente von
20%, und weniger erforderten, die erfolgte Abfindung in fast allen
Fällen zu voller Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
führte. Nach diesen durchaus günstigen Resultaten sowie nach den
bisher gemachten Erfahrungen bei Haftpflichtfällen bestehen m. E.
grundsätzlich keine Bedenken, die Grenze der Abfindungsmöglich-
keit in der sozialen Unfallversicherung auf mindestens 40°/, der
Vollrente zu erhöhen sowie den Kreis der Abzufindenden über das
Gebiet der Unfallneurotiker hinaus zu erweitern, und zwar grund-
sätzlich a) auf „glatte Schäden“, b) auf medizinisch abge-
schlossene Fälle sonstiger Art, bei denen spätere Verschlimmerung
ausgeschlossen erscheint. Sehr interessant ist z. B. ein vor kurzem
mitgeteilter Fall von hysterischer Blindheit, der Hilflosen-
rente bezog, als Ausländer abgefunden wurde und in nicht allzu
langer Zeit wieder völlig arbeitsfähig war! (16). — Kaess und
Meyer (17), die bereits seit Jahren für eine Erledigung der Haft-
pflichtansprüche Unfallverletzter des Eisenbahnbetriebes mit Hilfe
von Arztekommissionen eintreten, berichten über das Ergebnis
von etwa 100 in dieser Weise im Reichsbahndirektionsbezirk Frank-
furt a. M. erledigten Fälle. Die erzielten Ergebnisse waren durch-
aus günstige. Nach meinen persönlichen Erfahrungen empfiehlt
sich die Erledigung durch Ärztekommissionen vor allem in medi-
zinisch schwierigen Fällen sowie überall dort, wo eine gütliche
Einigung zu scheitern droht. Zimmermann (18) vertritt die An-
sicht, daß „Abfindungsverweigerung“ juristisch ähnlich beurteilt
werden müsse wie „Operationsverweigerung“, d. h. daß Unfall-
neurotiker bei Vermeidung von Rechtsnachteilen sich mit einer an-
gemessenen Abfindungssumme zufriedenzugeben hätten. Leider ist
in dem Entwurfe zu einem neuen Reichshaftpflichtgesetze den medi-
zinischen Erfahrungen mit Unfallneurotikern in keiner Weise Rech-
nung getragen, so daß einstweilen nur auf dem Wege der Recht-
sprechung den Rentenneurotikern in gewissem Grade entgegen-
getreten werden kann. Beachtenswert in letzterer Hinsicht ist z. B.
eine Entscheidung des R.V.A. vom 31. August 1923 (la. 1659/22),
wonach krankhafte seelische Reaktionen auf das Entschädigungs-
verfahren — Rentenkampfneurosen — von den Berufsgenossen-
schaften nicht zu entschädigen sind (19). Buhtz (20) empfiehlt
Abänderung der Reichsversicherungsordnung dahingehend, daß bei
reinen Unfallneurosen die Rentenzahlung auf höchstens 5 Jahre
Dauer gesetzlich begrenzt wird. Wchluß folgt.)
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 34 und 35.
l ‘Nr. 34. Untersuchungen über den Winterschlaf speziell des Igels
gibt B. Zondek (Berlin) als Beitrag zum Wert der Organextrakte bekannt.
Danach ist es möglich, durch Injektion von Flüssigkeit die Tiere im Ver-
lauf einiger Stunden aus dem Winterschlaf zu wecken. Ausschlaggebend
ist dabei die Temperatur der zu injizierenden Flüssigkeit, sie muß etwa 3°
höher sein als die Rektaltemperatur des Igels. Bei Injektion von Organ-
extrakten kann deshalb diesen keine spezifische Wirkung bei diesem Vor-
gang zugeschrieben werden. |
Über den Einfluß von Cholesterin auf Blut und Körpergewicht
fassen Dörle und Sperling (Freiburg) ihre Erfahrungen dahin zusammen,
daß bei einmaliger Cholesterindarreichung sowohl im Tierversuch wie beim
Menschen vorübergehend ein starkes Ansteigen von Erythrozyten- und
Hämoglobinwerten beobachtet wird. Gleichzeitig steigt in den meisten
Fällen die Resistenz der Erytbrozyten gegenüber einer 0,4°%/,igen NaCl-
Lösung. Bei längerer Cholesterindarreichung läßt sich beim Menschen ein
beträchtlicher Anstieg der Erythrozyten und des Hämoglobins erzielen,
ebenso wurde dabei ein starker Anstieg des Körpergewichts beobachtet.
In einer Anzahl von Fällen treten deutlich sedative Wirkungen des Chole-
Me auf. Nach Absetzen des Medikaments zeigen sich in vielen Fällen
©. Wirkungen im Sinne eines erneuten Anstieges der Blutwerte und des
ewichtes. Die Summe dieser Wirkungen bedeutet in der Behandlung
anamisierender und zehrender Erkrankungen einen wertvollen therapeuti-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. o 18839
schen Effekt und läßt die Einführung geeigneter Cholesterinpräparate in
die Therapie gerechtfertigt erscheinen.
Zur experimentellen Prüfung von Haarwuchsmitteln (Humagsolan)
berichten Loewe und Faure (Dorpat), daß sie bei Kaninchen, die stellen-
weise sorgfältig enthaart worden waren, bei der Haarregeneration einen
deutlichen Einfluß des Humagsolans niemals feststellen konnten.
Nr. 35. Einen Beitrag zur Bedeutung des Traubenzuckers für
Entgiftungsvorgänge im Organismus bringt Hummel (Würzburg). Nach
seinen Versuchen vermag Traubenzucker beim Kaltblüter Guanidinkarbonat
zu entgiften bzw. seine Wirkung abzuschwächen. Der Einfluß von Nicht-
elektrolyten auf typische Ionenvorgänge im Organismus erfährt dadurch
eine neue Bestätigung. Die Tatsache, daß auch beim Warmblüter eine
ähnliche Schutzwirkung des Traubenzuckers vorliegt, läßt den Schluß zu,
daß hier ein für Kalt- und Warmblüter gültiges Gesetz besteht, wie dies
in ähnlicher Weise für die therapeutische Wirkung der Wasserstoflionen
bei Guanidinvergiftung von Hummel gezeigt wurde.
Die quantitativen Verhältnisse des Stoffwechsels bei Unterernäh-
rung in 4 Fällen von nervöser Anorexie hat Möller (Kopenhagen) studiert.
Bei allen fand sich eine unzweideutige und beträchtliche Herabsetzung dos-
Grundumsatzes. In einem Fall, bei dem die Anorexie schnell behoben
wurde, entstand gleichzeitig mit der Überernährung und starker Gewichts-
zunahme eine Steigerung des Grundumsatzes. Die Pathogenese der bei
diesen Fällen beobachteten Herabsetzung des Stoffwechsels ist unbekannt;
es ist jedoch nicht berechtigt, das Vorhandensein eines sekundären Hypo-
' thyreoidismus anzunehmen. Auch aus anderen Gründen steht fest, daß die
Unterernährung die interne Sekretion beeinflussen kann. E. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 31.
Die Lageveränderungen der Genitalien und ihre Behandlung be-
spricht Stoeckel (Leipzig). Die Retroversio-flexio gehört dem praktischen
Arzt und erst bei Erfolglosigkeit oder Unmöglichkeit der, Pessartherapie .
dem Operateur; der Deszensus und Prolapsus vaginalis dagegen gehört dem
Operateur, und nur bei Unmöglichkeit der Therapie dem praktischen Arzt
und der Pessartherapie. |
Über die Beziehung der inneren Sekretion der Keimdrüsen zu dem
gesamten endokrinen System berichtet L. Fraenkel (Breslau). Im Gegen-
satz zu jeder anderen Blutdrüse, deren vollständige Entfernung vom Tode
gefolgt ist, ist der Wegfall des Eierstocks mit der Erhaltung des Lebens
wohl verträglich. Die subjektiven Ausfallserscheinungen, die spätestens
zur Zeit der Klimax aufhören, sind Überwiegungssymptome der anderen
Blutdrüsen, so daß der Eierstock die anderen Blutdrüsen in ihrer Tätigkeit
hemmt. Dagegen hat die weibliche Keimdrüse eine endokrine Funktion,
die von keiner anderen Drüse ersetzt werden kann: sie bringt das be-
fruchtete Ei zur Insertion und ersten Entwicklung. (Die anderen Blut-.
drüsen sind in ihrem Tätigkeitsbezirk aufs innigste miteinander verknüpft.)
Hypertoniker reagieren, wie E. Hassencamp (Halle) ausführt,
auf intravenös einverleibtes Adrenalin mit einer Steigerung des Blut-
drucks und einer Hemmung der Diurese. |
Über Biutkörperchensenkungsreaktion und Hämokiasie berichtet
B. Engelmann (Schöneberg). Das spontane Auftreten von beschleunigter
Sedimentierung der Erythrozyten, der fehlende nachweisbare Einfluß äuf
diesen Vorgang durch orale oder rektale Milchdarreichung bei Leber-
gesunden und Leberkranken macht die Senkungsreaktion zum Nachweise
_ einer eventuell auftretenden Kolloidohämoklasie nach Milchgenuß, im engeren
Sinne zu einer Leberfunktionsprobe ungeeignet. |
H. Braeuning (Hohenkrug) betont, daß ein Tuberkulöser, in
dessen Auswurf bei wiederholter, sorgfältiger Untersuchung keine Tuberkel-
bazillen gefunden werden (geschlossene Tuberkulose), nicht ansteckungs-
fähig sei. Die 1—4jährigen Kinder dieser geschlossenen Tuberkulösen
seien nicht öfter tuberkuloseinfiziert als die gleichalterigen Kinder der
gesamten Bevölkerung. - |
Über Reflexe im Vagusgebiet berichtet S. Weißenberg (Elisabeth-
grad [Ukraine]). Bekanntlich wird bei Reizung des R. auricularis N. vagi
der Reiz auf die Rami pharyngei des Vagus übergeleitet (Husten!). Aber
auch ein umgekehrter Reflex kommt vor: Rachenentzündungen sind
häufig von Schmerzen im Ohr der entsprechenden Seite begleitet, ohne
daß eine Erkrankung des Ohres vorliegt. Besonders wichtig ist die Reflex-
wirkung vom Herzen aus. Körperliche Überanstrengungen, gemütliche
Erregungen führen zu Unregelmäßigkeiten der Herztätigkeit in Form von
Extrasystolen, wobei jeder momentane Herzstillstand von einem
Hüsteln oder quälenden Husten begleitet wird. Es ist ein trockener
Husten, der nur einem Reiz des Schlundes seine Entstehung verdankt
(Reflexwirkung von den Rami cardiaci N. vagi aus auf dessen Rami pha-
ryngei). Man soll daher da, wo Hustenreiz besteht und nicht zu erklären
ist, nach Erscheinungen des Herzens fahnden. Das behinderte Atmen bei
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manchen Hörskränkhötlen,. das nicht Folge von | Zirkulationsstörungen ist,
dürfte durch Reizung des .Plexus pulmonalis durch die Rami cardiaci zu
erklären sein. Bei überfülltem Magen kommt es durch Reizüberleitung vom |}
Plexus gastrieus auf die Rami cardiaci zu Herzstörungen (Herztod nach
opulentem Mahl!) Erbrechen bei Gallen- und Nierensteinen ist als Reflex
im Vagusgebiet zu deuten. (Die Hyperemesis gravidarum ist vielleicht eine
reino Vagotonie.) Überall ist an die Beteiligung des Sympathikus zu
denken, der: mit dem Vagus auf seinem ganzen Verlauf so eng verflochten ist.
Zur Pathogenese der Toxikose des Säuglings äußert sich E. Schiff
(Berlin). Hierbei ist die durch die akute Wasserverarmung herbei-
geführte Störung des intermediären Eiweißstoffwechsels in den
‘Vordergrund zu stellen. Der Ort dieser Störung ist die Leber. Stets
geht der Toxikose ein gewöhnlicher Durchfall voran (Wasserverarmung
des Körpers). .F. Bruck.
Schweizerische medizinische Wochenschrift: 1924, Nr. 31 bis 33.
Nr. 31. 'Die Senkungsreaktion der roten Blutkörperchen in spezieller
Beziehung zu einzelnen geburtshilflichen und gynäkologischen Befunden
bespricht O0. Burckhardt-Socin (Basel). Nach einer kurzen Übersicht
über die physikalisch-chemischen Bedingungen: der S.G. wendet Verf. sich
eingehender der Osteomalazie zu. - Hier waren die Senküngszahlen sehr
hoch, doch zeigten einzelne an oder gar keine Beschleunigung, was
auf abnorm hohe Erythrozyten- und Hb-Zahlen zurückgeführt werden konnte.
Ferner stellte sich ein Einfluß des Blut-Ca-Spiegels, der erhöht war, auf die
Beschleunigung heraus: Verf. weist darauf hin, daß der S.G. ein Zusammen-
hang mit dem Gesamtblutbild eine große Bedeutung zukommt, und zwar
‚bildet sie ein Kriterium für die.Intensität des pathologischen Prozesses.
Zur Diagnostik der abgeschlossenen, kavernösen Nierentuberkulose,
-nsbesondere über Spätfolgen beiKittniere teiltR.Allemann (Zürich) 3 Fälle
'_ mit. Hiervon kam einer infolge eines Morb. Addison ad exitum, ein anderer
durch eine akute Mischinfektion. In diesen beiden Fällen war die klinische
Diagnose nicht möglich. : Ein‘. dritter Fall bot das Bild einer chronisch-
septischen Erkrankung, die Diagnose konnte mit Hilfe von Zystoskopie und
Röntgenuntersuchung gestellt werden und die Nephrektomie führte zu
völliger Heilung.
Die kongenitale Aortenkonusstenose gehört nach H. Müller (Zürich)
zu den gutartigen, angeborenen, Herzfehlern und kann klinisch angenommen
werden bei’ stark. hebendem Spitzenstoß bei kaum fühlbarem Puls an der
Peripherie. : Dabei besteht ein lautes systolisches Geräusch und starkes
frémissement über linkem Herzen, Aorta und Karotiden. Vor dem Röntgen-
schirm pulsiert die mitunter erweiterte Aorta descendens stark. Zyanose fehlt.
Typhus abdominalis und Lues congenita im frühen Säuglingsalter
beobachtete D. Vischer (Zürich) an einem Falle. Der Typhus wurde
durch die Symptome der Lues völlig verdeckt und die Diagnose erst auf
dem Sektionstische gestellt. Verf. weist darauf hin, daß der direkte Nach-
weis der Bazillen im Blut das sicherste Mittel zur Diagnosenstellung
ist und beim Säugling schon in den ersten ne) erbracht
. werden kann.
Nr. 32. Seine Anschauungen über den Kampf des Organismus |
gegen den Tuberkelbazillus teilt H. Sab li (Bern) mit. Er betont, daß
die quantitative Bedeutung der Tuberkulose weniger an der Gefährlichkeit
als an der Häufigkeit der Infektionen liege. Statistisch findet sich mit
zunehmendem Lebensalter eine Zunahme der Morbidität und Abnahme
der Letalität. Die Kampfmittel, die dem Organismus zur Verfügung stehen,
werden eingeteilt in die lokalen entzündlichen Reaktionen und die, welche
immunisatorischen spezifischen Charakter tragen. Erstere, verursacht durch
Zerfallsprodukte, wirken nützlich durch Wegräumung von solchen Produkten
und durch Wiederherstellung der Gewebe, dabei wirkt mit: die Phagozytose
-und eine chemisch entgiftende Wirkung durch nicht spezifische entzündliche
Antikörper. . Vernarbung kapselt die Herde ab, Verkäsung schafft -ein für
Tuberkelbazillen ungünstiges Medium. Die Immunitätsphänomene worden bo-
dingt durch die durch die Antigene der Tuberkulose hervorgerufenen humoralen
Antikörper, die man in reaktive und reaktionsverhindernde teilen kann..
.- Die histogene Immunität ist durch lokale Überempfindlichkeit bzw. lokal
vermehrte ‘Antikörperbildung verursacht. ` Reaktive Wirkungen führen zur
Bildung und Wirkung reaktionsverhindernder Antikörper, so daß ein Alter-
nieren zwischen positiven und negativen Immunitätsphasen stattfindet. Im
Verlaufe des Lebens resultieren Gleichgewichtszustände zwischen Organismus
und Bazillus, die durch alle möglichen Einflüsse gestört werden können,
. was sich im Beginn einer manifesten Erkrankung zeigt. Der Kampf ist
aussichtslös für den Organismus, wenn an sich tödliche Komplikationen
(Meningitis) eintreten, oder wenn das Ausgangsmaterial zur Antikörper-
bildung versagt und wenn durch toxische oder mechanische Einflüsse die
Atmung und Zirkulation erlahmen. Werden alle Antikörper im Krankheits-
herd absorbiert, so fehlt die Tuberkulinreaktion bei manifester Erkrankung.
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
nicht.
5 z September
Verf. weist zum Schluß auf den Wert der auf diesen Anschauungen auf.
gebauten subepidermalen 'Tuberkulinbehandlung hin.
Ä Virnienzstudien an einem Tuberkeibazillus machte W. Silber-
schmidt (Zürich). Ein aus.einem sehr malignen Tuberkulosefall ge-
' züchteter Stamm machte zahlreiche Passagen an Meerschweinchen, Kaninchen,
Mäusen durch, ohne sich zu verändern, woraus Verf. schließt,‘ daß der
Tuberkelbazillus zu den Erregern mit konstanter Virulenz im Gegensatz
zu Pneumo- und Streptokokken gehört. Ä
Den Zusammenhang von Lupus erythematodes und Tuberkulose
erörtern Br. Bloch und E. Ramel (Zürich) an Hand eines Falles, der an
einem Lupus erythematodes acutus ad exitum kam. Die Autopsie zeigte
nur abgeheilte Tuberkuloseherde und Überimpfung von Leichenmaterial‘
‚auf Meerschweinchen ergab ein negatives Resultat. Nur das intra vitam,
‘kurz nach einem Fieberanstieg entnommene und auf Meerschweinchen ver-
impfte Blut ergab bei beiden Tieren eine Tuberkulose verschiedenen Grades.
Demzufolge muß der Lupüs erythematodes acutus ‘als eine Bazillensepsis.
aufgefaßt. werden. Gleichzeitig geht aus den Untersuchungen hervor, wie.
"vorsichtig man mit der Ablehnung der tuberkulösen Ätiologie des Lupus
‚erythematodes sein muß, da alle Untersuchungen bis,auf die Ursache mit.
Blut gegen Tuberkulose sprechen.
Nr. 33. Einen weiteren Beitrag zur Kenntnis der Gefahren der
Jodbehandlung liefert O. Roth (Winterthur). Bei einer Patientin, deren
Kropf im Verlaufe von einigen Graviditäten gewachsen war, entwickelte sich im “
Verlauf einer mit geringen Joddosen vorgenommenen Behandlung ein deut-
licher Hyperthyreoidismus, der in kurzer Zeit trotz Behandlung zu Tode .
führte. Verf. glaubt deshalb auf keinen Fall die Jodbehandlung hyper-
thyreotischer Kröpfe verantworten zu können. Muncke
Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr. 34.
Julius Bauer und Berta Aschner berichten über die von ihnen
beobachteten therapeutischen Wirkungen des Novasurols bei Diabetes in-
sipidus.. Da in jedem Falle von Diabetes insipidus eine Konzentrations-
störung der Niere für Kochsalz besteht, wurde versücht, durch dieses stark
salztreibende Diuretikum die Niere zur Ausscheidung eines konzentrierten
Harnes zu zwingen. Tatsächlich beeinflußte das Novasurol, in Menge von
2 ccm intramuskulär injiziert, die Salzausscheidung erheblich. Es wurde
sehr viel- mehr Kochsalz und sehr viel weniger Wasser. ausgeschieden.
Erst nach 3 Tagen hoben sich die Harnmengen wieder zu der früheren
Höhe. Pituitrin, zu dem Novasurol hinzugegeben, steigerte die Wirkung
Atropin henimte den Effekt nicht. Das Nachlassen des Durstes
nach Novasuro] wird auf die rasche und'ausgiebige Entsalzung der Gewebe,
insbesondere gewisser Teile des Zentralnervensystems, zurückgeführt. Für .
eine fast regelmäßig beobachtete, nach der Novasurolinjektion aufgetretene
Temperatursteigerung können die Verfasser keine Erklärung geben. Gibt
man Gesunden vor Beginn eines Trinkversuches eine Novasuroleinspritzung, 30 .
kann damit die normalerweise einsetzende Harnflut gehemmt werden. W.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 33 bis 35.
Nr. 33. Pyloroplastìk. bei ulzerösem Symptomenkomplex' und `
Fehlen von Ulcus hat A. Gregory (Wolodga) in der Weise ausgeführt,
daß ein Längsschnitt des Pylorus bis auf die Schleimhaut in querer Rich-
tung vernäht wird. Die Magenbeschwerden sollen danach in einer. Reihe
von Fällen dauernd verschwunden ‚sein.
Der Ballenfuß, eine nicht seltene Verbildung des Fußes, entsteht
nach K.. Gaugele (Zwickau) infolge dauernder Überarbeit des gesuud-
seitigen Fußes bei Lähmung des anderen Beines. Der.Fuß ist unbelastet
breit mit hoher Spanne und Hohlfußbildung und wird beim Auftreten
länger und schmäler. |
Der Hoblfuß und verwandte Fußbildungen werden nach K. Gaugele
(Zwiekau) eingeteilt in die „echten Hohlfüße“ mit hoher Spanne oder in-
folge Ausfalls von Muskelgruppen, z. B. bei spinaler Kinderlähmung, und als
starrer spastischer Hohlfuß. Zu den „unechten Hohlfüßen“ gehört der Spreiz-
fuß infolge von zu kurzem Schuhwerk und der Ballenfuß.
Zur operativen Behandlung des -Hohifußes schlägt K. Gaugele.
(Zwickau) vor, die Ferse abzupräparieren und die Fußsohlengelenkbänder.
durch gründliche Zerstörung so schlaff zu machen, daß der Fuß die durch
kräftiges Redressieren geschaffene normale Form ohne Zwang beibehält. .
Nr.34. Zur Operatlionsmethode des perforierten Magen-Duodenal-
ulcus führt Alban Nast-Kolb (Stuttgart) aus, daß der schnellste und
schonendste Eingriff "in der Übernähung der Perforationsstelle bestekt
mit Hinzufügung einer hinteren Gastroenterostomie. Von den innerhalb der
ersten 12 Stunden nach dem Durchbruch operierten Fällen starben 27,6%
von den nach 12 und mehr Stunden operierten Fällen starben 76°/,. Die .
Resektion kommt nur in Botracht für frühe Fälle in gutem Allgemein-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. | 1341
zustand, während für Kranke mit vorgeschrittener Bauchfellentzündung die
Übernähung der Durchbruchsstelle die gegebene Operation ist.
Tödliche Peritonitis nach Billroth II beschreibt Max Baumann
(Hannover). Nach Resektion des Pylorusteils des Magens war das nicht
entfernbare Geschwür durchgebrochen. Der Durchbruch war die Folge
= der unvermeidlichen Zerrungen beim Verschluß des Duodenalstumpfes.
Zur Bakteriologie der eiternden Wunde berichtet Blumenthal
(Moskau), daß die Zabl der Keime auf den Granulationen bei Behandlung
mit Salbenverbänden allmählich abnimmt.
Einfluß der Digitalis auf die Heilung genäbter Wunden bebt Franz
Kazda (Wien) hervor. Er hat in Fällen, wo dünne, schlecht ernährte
Hautstellen genäht worden waren, 3mal täglich eine Spritze Digipurat ge-
‚geben und beobachtet, daß die Haut sich rascher erholte und die Narben
Die ausgiebige Digitalisreichung wird zur Ver-
auffallend stark waren.
besserung der Wundheilung bei herz- und gefäßgesunden Kranken empfohlen.
Ein Fall von Ectopia vesicae, operiert nach Makkas, wird von
LB. Waller (Utrecht) mitgeteilt. Bei einem 6jährigen Knaben wurde
zuerst das Zökum ausgeschaltet und die zuführende Schlinge des Ileum in
das Kolon eingepflanzt. Der Wurmfortsatz wurde in die Wunde der Bauch-
wand eingenäht und die zukünftige Blase "mittels eines durch den Wurm-
fortsatz eingeführten Katheters regelmäßig gespült. Nach 2 Monaten wurde
das Trigonum vesicae mit den Ureteren in die Taenia des Zökums oin-
gepflanzt. Der Knabe katheterisierte sich alle 3 Stunden selbst und blieb
völlig kontinent.
Zur Stützkorsettechnik empfiehlt H. Riese (Lichterfelde), einen über
das Gipsmodell gezogenen Trikotschlauch mit Cellonlack zu bestreichen,
darüber mit Lack bestriehene Mullbinden zu wickeln und einen zweiten.
mit Lack bestrichenen Trikotschlauch darüber zu ziehen. Nach Trocknung
des Korsetts wird es aufgeschnitten und mit Ösen und Trägern versehen.
Die leichten, haltbaren und gut aussehenden Korsetts stellen sich auf 20 M.
Nr.35. Erfahrungen mitder Pylorektomie alsindirekter Ulcusoperation
teilt Madlener (Kempten) mit. Die Entfernung des nichtgeschwürigen
Pylorus stellt einen nur wenig größeren Eingriff dar als die Gastroentero-
stomie. Die Pylorektomie kommt in Frage beim Ulcus der Magenmitte,
wenn der Kranke nicht mehr widerstandsfähig ist, beim kardianahen
Ulcus, auch bei noch kräftigen Kranken, um eine subtotale Magenresektion
za vermeiden, beim Ulcus duodeni, wenn das Geschwür schwer resezierbar
ist und der Kranke sich noch in leidlichem Kräftezustand befindet.
Konservatives Vorgehen bei Amputationen empfiehlt EmilSchepel-
mann. Bei jeder Amputation nach Versteifungen durch Eiterungen wird
der der alten Schnittnarbe gegenüberliegende Weichteilmantel in die nach
Abtrasung der Narbe entstandene Lücke hineingelegt. Bei alten Ver-
letzungen am Vorderarm und Unterschenkel mit verdünnten und verletz-
lichen Narbenflächen werden alle Weichteile der gesunden Seite scharf
vom Knochen abpräpariert, und nach Durchsägung der Knochen der lange
mit Gefäßen und Narben reichlich versorgte Weichteillappen um die
Knochenstümpfe herum nach oben geschlagen. K, Bg.
Therapeutische Notizen.
Frauenkrankheiten.
Stroganoff behandelt die Bklampsie wie folgt: Die Anfälle wirken
schädlich aufs Herz und Atemzentrum, also unterdrücken. Die post partum-
Anfälle pflegen milder zu sein. Chloroform ist in den typischen Anfällen
schädlich, bei klonischen Konvulsionen, wenn Patient atmet, kann es nützen.
Entfernung alles Schädlichen, Schutz vor Zungenbissen, O nach den An-
fällen, dunkler Raum, unter Chloroform gehalten, beständige Beobachtung,
möglichst wenig Untersuchungen. Narkotika: Morphium und Choralhydrat,
Beginn mit Morphium subkutan !/;,g (1 = 0,06 g), 1 Stunde später 30 g
Chloralhydrat per os oder per rectum (= 1,8 g); 3 Stunden später wieder
Morphium; nach weiteren 4 Stunden wieder Chloralhydrat, ebenso 6 Stunden
danach und nach weiteren 8 Stunden. Ist Patient bewußtlos, Chloral-
hydrat per rectum mit Milch oder physiologischer Kochsalzlösung. In den
ersten zwei Intervallen 10—20 Minims Chloroform bei Prodromen von An-
fällen. Sind 14 Stunden lang keine Anfälle aufgetreten und befindet sich
Patient sonst wohl, Verminderung der Dosis. Tritt trotz der Anwendung
der Narkotika der Anfall noch I—2mal auf, Venaesectio: 400 ccm Blut,
nicht aber, wenn die Entbindung in den nächsten 1—2 Stunden erwartet
wird. Entbindung immer so bald als möglich. Zur Aufrechterhaltung. der
regulären Funktionen der Hauptorgane: Haut und Nieren: Warmwasser-
was an den Füßen und in der Nierengegend, Tee mit Milch oder bei
Fi du physiologische Salzlösung mit Milch ana (etwa 1000 ccm pro
R ) Lungen: Reine, warme Luft, Bewußtlose auf der rechten Seite lagern,
einhaltung von Mund und Nase, Herz: Digitalis, wenn der Puls 110 und
21. September |
höher, wird er noch schlechter, Kampfer, Koffein. Sind schon 6—8 An-
fälle vorausgegangen bei Aufnahme der Behandlung, sofort Venaesectio
und Narkotika. Vorläufer eines Anfalles: Zunahme der Kopfschmerzen,
bei Bewußtlosen am Gesichtsausdruck und an :der Unruhe zu erkennen,
konvulsive Kontraktionen, Verdunkelung des Gesichts, Zunahme des Blut-
drucks. (Lancet 1924, II.) v. Schnizer. _
In jedem Falle von Eklampsie macht Süß (Osnabrück) sofort einen
Aderlaß und injiziert subkutan 0,4 Luminalnatrium (bessere Wirkung
als eine intravenöse Injektion von 0,5 Veronalnatrium). Luminalnatrium
ist zurzeit das beste und wirksamste Hypnotikum. Durch dieses
Verfahren kann man viele Eklamptische per vias naturales entbinden und
hat Zeit, genau zu prüfen, ob und durch welche Schnittentbindung man
besser die Geburt beenden soll. Sorgfältige und zweckdienliche Pflege durch
geschultes Personal, besonders Sorge für Herztätigkeit und freie Atmung
ist äußerst wichtig. Auch Sauerstoffinhalationen sind empfehlenswert.
(M.m.W. 1924, Nr. 29.) | Ä |
Über Gynergen berichtet Hermann Schnitzer (München). Intra
partum gegeben kann es zur Tetania uteri und zur Asphyxie oder zum Tode
des Kindes führen. Bei den Hypophysenpräparaten ist die Gefahr der
Uterustetanie viel geringer. Mit der Injektion von wehentreibenden Mitteln
wollen wir bei Geburtsstillstand oder bei Schwächerwerden der Wehen
kräftigere Wehen erzielen, die ein lebendes ungeschädigtes Kind spontan,
ohne Zange zur Welt bringen. Dies gelingt mit den Hypophysenpräpa-
raten. Mit Gynergen werden dagegen wohl die Wehen angeregt, aber
wegen Gefährdung des kindlichen Lebens wird vielmehr der Kunsteingriff
öfter zum Zwang. Als Prophylaktikum gegen Blutung bei Kaiser-
schnitten, wobei man in den eben entleerten Uterus direkt injiziert, und
in der Nachgeburtsperiode, bei Nachblutungen post partum und
post abortum, zur Verbesserung ungenügender Involution im
Wochenbett steht das Gynergen vor den anderen Sekalepräparaten an
rester Stelle. (M.m.W. 1924, Nr. 27.) F. Bruck.
Infektionskrankheiten.
Die Behandlung der Encephalitis epidemica mit Trypaflavin emp-
fehlen Buss und Peltzer (Bremen). Bei frühzeitiger Anwendung,
namentlich im Beginn der Krankheit, kann man mit großen Dosen, .
20—60 g pro die, intravenös injiziert, die Enzephalitis heilen und die
schweren Folgen dieses Leidens verhüten. Die Einzeldosis beträgt ge-
wöhnlich 10 g der t/2°/igen Lösung. Da zwischen der Enzephalitis,
Grippe und Heine-Medinschen Krankheit (akuter epidemischer Poliomyelitis)
Ähnlichkeiten, wenn nicht Verwandtschaft bestehen (die Anfangssymptome
sind fast immer dieselben, bis dann Augenmuskel- oder Extremitäten-
lähmungeri auftreten und sich: die Krankheit differenziert), und da das
Trypaflavin auch gegen schwere Grippe wirksam ist, sollte es auch bei
der Heine-Medinschen Krankheit versucht werden. (D.m.W. 1924, Nr. 30.)
F. Bruck.
Bramahari: Bei den Anfällen, namentlich beim perniziösen Typ der
Malaria ist der Blutdruck gewöhnlich niedrig.. Hier ist nun rasche Chinin-
zufuhr angezeigt, also intravenös. Aber die Operation kann sehr gefährlich
werden, wenn der Blutdruck noch weiter sinkt. Um dies zu vermeiden,
empfehlen sich sehr verdünnte Lösungen (1:300); langsam 10 ccm in der
Minute unter Zusatz von Hypophysis oder Adrenalin, Abbinden der Ex-
tremitäten. Starke Lösungen setzen den Blutdruck noch weiter herab.
(Calcutta med. j. 1924, 18.) |
Hinsichtlich der Behandlung der Kinderlähmung muß man nach
Baboneix 2 Phasen ins Auge fassen. In der akuten Phase: physikalische -
Medikation, warme Bäder, Lumbalpunktion, zum mindesten in den ersten
Tagen;. biologische Medikation, lumbale und intramuskuläre Seruminjek-
tionen; hygienisch vollkommene Bettruhe, Lagerung der Muskel in der
besten physiologischen Lage, Überwachung der Tegumente, flüssige Er-
nährung, Isolierung des Kranken, strenge Desinfektion alles dessen, was
mit ihm in Berührung kommt. Massage und Elektrizität in keiner Form,
bis das Fieber gewichen. In der chronischen Phase: Physikalische Medi-
kation: Elektrotherapie, Radiotherapie sofort nach der Deferveszenz, Dia-
thermie, methodisches Elektrisieren der Nerven und Muskel. Dann warme
Salzbäder, Massage, Mobilisierung, Reedukation. Sobald möglich orthopä-
dische Behandlung, u. U. Operätionen. Endlich sozial: Unterbringung in
entsprechenden Anstalten mit Ausbildung. (Gaz. höp. Paris 1924, 52.)
! v. Schnizer.
Augenkrankheiten.
Über Dakryostomostomie und Dakryorhinostomie durch Implantation
berichtet Franz F. Krusius (Vasa [Finnland]). Bei der Dakryostomo-
stomie findet eine Ableitung der Tränenflüssigkeit vom tiefsten nasalen
Punkte des unteren Konjunktivalsackes zur Mundhöhle statt. Bei der
Dakryorhinostomie mit Implantation wird, unmittelbar anschließend an
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® m.W. 1924, Nr. 28.)
injektionen empfiehlt E. Vogt (Tübingen). Die mittlere Dosis beträgt
von der Schädigung und Inanspruchnahme der Blase hat. Die Behandlung
“und Dauerkatheter mit all ihren Gefahren immer mehr ein.
` 1924, Nr. 23.)
5 com jeden zweiten Tag; in chronischen sind bis zu 10 Injektionen
. zu verabreichen.
‘ endoskopische Behandlung an. Fachkollegen und vor allem auch endo-
“gegebenen mikroskopischen Bilder sehen naturgetreu aus und sind vorzüglich
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suchungen bestanden in Verdünnungs- und Konzentrationsversuch, in quanti-
E und den nicht tuberkulösen Infektionen.
Verf. als wenig brauchbar, während sie, wenigstens in Deutschland und
stets angewendet wird. NaCl- und. U-Bestimmungen in den Nierenharnen
_ tienten mit Morphium und Skopolamin für unbedingt erforderlich, eine Ansicht,
1842
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38.
21. September
die Totalexstirpation des "Tränensackes und an die nötigenfalls dureh
Knochenentfernung zu schaffende breite Kommunikation zur Nasenhöhle,
der physiologische Weg von den vorhandenen Tränenkanälchen zum N asen-
innern gewählt. Hierbei wird an Stelle des exstirpierten Sackes eine neue
Kanalröhre aus Epidermis (Schleimhaut) oder Venenrohr _eingepflanzt-
. F. Bruck.
| Krankheiten der Hamorgane.
Die Behandlung. der Harnverhaltung mit intravenösen Urotropin-
5 ccm der.40°/,igen Urotropinlösung (von der Chemischen Fabrik Schering,
Berlin, in Ampullen zu 5 und 10 ccm in den Handel gebracht). Es gibt
aber auch Fälle, wo man auf 3 com herabgehen kann, und wieder andere,
wo man von vornherein 7—8, ja sogar 10 ccm injizieren muß. Man richte
die Höhe. der Dosis nach dem Eindruck, den man während der Operation
ist. indiziert bei postoperativer und postpartaler Harnverbaltung,
sie verhütet die postoperative Zystitis. Sie schränkt den Katheter
(M.m.W.
. Cylotropin (Schering), intravenösi injiziert, empfiehlt Ernst Quack
(Berlin) bei Pyelitis. Es kommt in 5 ccm fassonden Ampullen in den
Handel. Bei akuten Fällen genügen. zur Heilung 1—3 Injektionen von
(D.m.W. 1924, Nr. 30.) . F. Bruck.
| Bücherbesprechungen. =
Alois Glingar, Die Endoskopie der männlichen Harnröhre. Mit
4 farbigen Tafeln und 12 Abb. im Text. 72 S. Wien 1924, Julius Springer.
Geb. 7,80, geh. 7,20.
Der als ganz este Fachmann auf dem Spezialgebiete der
Urethroskopie bekaniite Verfasser schildert in dem Buche auf Grund seiner
langjährigen Erfahrungen die ganze Pathologie der Harnröhre. Das vom‘
Verf. selbst stammende moderne, allen Anforderungen entsprechende In-
strumentarium wird, was sicher ein Vorteil des Büchleins ist, nur kurz
besprochen; diesem Kapitel schließen sich die trockene und Irrigations-
endoskopie erst der vorderen, dann der hinteren Harnröhre, schließlich die
skopierende Venerologen wird die Fülle, der Befunde zu’ gleich eifriger
Benutzung der Endoskopie anregen, um so mehr als auch die Behandlungs-
ergebnisse der aufgewandten Mühe entsprechen. Die auf 4 Tafeln bei-
reproduziert. Im ganzen ein lpponswarred Buch mit beherzigenswertem
Inhalt. R. Paschkis.
Alfons Foerster, Die infektiösen Erkrankungen der abführenden
Harnwege. Aus: Würzburger Abhandlungen. Leipzig 1924, Curt
Kabitzsch. 1,25 M.
"Die Abhandlung stützt sich auf 118 Fälle, die urologisch, von inter-
nistischer Seite, durchuntersucht sind. Es handelt sich um Fälle von
Tuberkulose (18), mit akuten Erkrankungen der ableitenden Harnwege (34),
mit rezidivierenden, gleichfalls nicht tuberkulösen Erkrankungen (22),
schließlich mit chronischen Erkrankungen (43): Die funktionellen Unter-
tativer Kochsalz- und Harnstoffbestimmung im Nierenharn, Indigokarminprobe;
ebenso wurden die Fälle bakteriologisch genau untersucht. Auf Grund letzterer
Befunde trennt Verf. die reinen Tuberkulosen von denen mit Mischinfektion
Die Indigokarminprobe bezeichnet
Österreich, in der chirurgischen Urologie als sehr brauchbar und verläßlich
zeigten ihm auch bei den nicht tuberkulösen Erkrankungen Störungen der
Nierenfunktion an. Verf. ist Anhänger der Anästhesie zur Untersuchung und
gibt in die Harnröhre 1°/,ige Alypinlösung und hält die Vorbereitung des Pa-
die gleichfalls nicht von allen geteilt wird. Bei akuten und rezidivierenden
Fällen genügte konservative Behandlung, Vakzine und Spülungen des .
Nierenbeckens. haben in „chronischen Fällen im allgemeinen versagt.
Paschkis.
Clendening, Modern Methods of Treatment. Ilustrated. Pages 692.
St. Louis 1924. The O. V. Mosby Company. Doll. 9,00. -
; Das vorliegende Buch bringt eine Schilderung aller modernen Be-
handlungsmethoden, soweit sie die Therapie der inneren Krankheiten
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_ nn Tr a re ee se] `
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3 i 4 ` `
betreffen. Beginnend mit der Pharmakotherapie werden die Serum- und
Heilmethoden einschließlich der Radium- und Röntgentherapie sowie die
Psychotherapie besprochen. Ein besonderer Abschnitt ist der therapeuti-
schen Technik (Punktionen, Pneumothorax, Bluttransfusionen usw.) ge-
unspezifische Proteinkörpertherapie auf 11/2 Seiten erledigt und auch die
Schilderung der elektrotherapeutischen Methoden ist ganz unzureichend,
Doch sind das. Ausnahmen;. im ganzen sind die therapeutischen Methoden —
unter den physikalischen z. B. die Hydro- und Thermotberapie — ungemein
anschaulich, praktisch und leicht faßlich dargestellt, ‘wozu nicht zum
Amerikanern noch manches lernen. Auch im zweiten Teile des Buches,
‘der die spezielle Therapie bei den einzelnen Krankheiten bringt, fällt die
geschickte Hervorhebung und Zusammenstellung alles Wesentlichen ins
Auge. Besonders die Therapie der Stoffwechselkrankheiten erfährt hier eine
‚ genaue Schilderung, beim Kapitel Diabetes wird auch bereits die Insulin-
behandlung besprochen. Am Ende jedes Kapitels finden sich Literatur-
angaben, wobei auch die deutschen Autoren berücksichtigt sind.
vielerlei Anregung und Belehrung bringen. A. a. (Berlin).
kranken. mit praktischen Anweisungen für die Diabetesküche.
Halle a. S. 1923, Carl Marholds Verlagsbuchhandlung. M. 1,20.
- © Der Verfasser kehrt zu den Grundsätzen seines Vorvorgängers in
der Bearbeitung dieses Büchleins, das damais von Gilbert „Diabetes-
_ küche“ ‚genannt wurde, zurück, und. unterläßt eingehendere Erörterungen
über Wesen und Behandlung des Diabetes, die seinerzeit dem verstorbenen
' Albu als unmittelbarem Nachfolger Gilberts zu dem Titel „Grundzüge
für die Ernährung von Zuckerkranken“ Anlaß gegeben hatten. .
in den zwei Kapiteln: „Allgemeine Maßnahmen“ und „Spezielle Maßnahmen
für die Ernährung von-Zuckerkranken“ in klarer Form eine grundsätzliche
und bis ins einzelne gehende Anleitung. zur Herstellung von Diabetiker-
Hermann Strauß, beipflichten, geeignet ist, Nutzen zu stiften. -
Emil Neißer (Breslau).
Otto Seifert; Nebenwirkungen der modernen Arzneimittel.. Aus
215. Leipzig 1924, Curt Kabitzsch. M. 1,—.
Erster Nachtrag zu dem 1923, S. 1348, besprochenen Buch. Auch
hier behandelt der Verf. als „moderne Arzneimittel“ nicht nur ernsthafte
Arzneimittel, sondern auch Arzneizubereitungen, die nur ganz vereinzelt
angewendet wurden, und solche, die keine Nebenwirkungen entfaltet haben.
Von praktisch wichtigen Nebenwirkungen sind u.a. die des Ourrals, des
nungen), des Insulins erwähnt. Für Jedes der ‚sulgezählten Arzneimittel
ist, der Hersteller genannt. E. Rost (Berlin).
Diaguostisch-therapeutisches Vademekum. 22, Aufl. 552 S. Leipzig 1924,
Joh. Ambr. Barth. Geh. 6,—, geb. 7,20. ° `
Das unter der. Bezeichnung „Viermännerbuch“ in weiten Kreisen
bekannte und beliebte Vademekum- ist allmählich zu einem durch Aul-
nahme neuer Gebiete vervollständigten „Achtmännerbuch” herangewachsen.
Bei der letzten Auflage speziell ist ein Abschnitt „Psychiatrie in der
Praxis“ hinzugekommen. Die stattliche Zahl der Auflagen beweist, daß
. das Büchlein. einem Bedürfnis entspricht. Ba W. Marle.
‚Ear. Mit 268 Abb. und 4 Tafeln, St. Louis 1923. C. V. Mosby Comp.
Es gibt, wie Verf. schreibt, bis jetzt kein in englischer Sprache ab-
gefaßtes Werk, das sich, in den vom Verfasser für sein Buch gesteckten
Grenzen hält.
gibt, manche Gebiete bevorzugt, andere nur verhältnismäßig kurz behandelt,
kommt eine gewisse Einseitigkeit zustande. Chirurgische Operationen sind
mit Absicht nicht beschrieben. Das reichliche Bildmaterial des Werkes
ist teilweise vorzüglich (z. B. Mißbildungen des Ohrs [Mikroskopie)). Verl:
vertritt in seinem Werk so ziemlich den Standpunkt der -österreichisch-
deutschen Schule, die für ihn die Grundlage bildete.
schönen Ausstattung erscheint der Preis des Buches, selbst angesichts der
z. Zt. teueren Bücherpreise Deutschlands, recht hoch. Haenlein..
Vakzinetherapie,. die. Organotherapie, die diätetischen und physikalischen
widmet. Naturgemäß sind nicht alle Kapitel gleichmäßig ausgefallen.
Während z. B. der Diätetik fast 100 Druckseiten gewidmet sind, wird die
wenigsten die große Zahl von guten Abbildungen sowie von Tabellen und -
Behandlungsschemen beiträgt. Gerade bezüglich der Beachtung jeder prak-
tischen Einzelheit in den Behandlungsvorschriften können wir von den `
Im ganzen wird das’ originelle und vielseitige Buch . dem Leser
Edwin Silbermann, Anleitung für die Ernährung von Zucker-
Es wird
speisen gegeben, die, wie wir dem Verfasser des Geleitworts, Professor
Würzburger Abhandlungen a. d. Gesamtgeb. d. Medizin, 21 Bd., Heft T
Dicodids (hier fehlen die Angewöhnung, Sucht- und Entziehungserschei-
Beck, Applied Pathology in Diseases of the Nose, Throat and
Da Verfasser in erster Linie seine eigenen Erfahrungen
Trotz der sehr.
4
21: September
Mae
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 22. Juli 1924.
Rille spricht über Keratosis gonorrhoica. Vorstellung einer
98jährigen Kranken. Beginn vor 5 Wochen mit hohem Fieber, Schwellung
und Schmerzhaftigkeit des linken Kniegelenkes, sowie des mittleren Ge-
lenkes am linken Ringfinger, einige Tage später des linken Ellbogen-
gelenkes. Am Tage darauf Druckgefühl in den Augen mit starker Rötung
und heftigem Tränenfluß (gonorrhoische Metastase). Seit 3 Wochen Knötchen
an den großen Schamlippen, die sich innerhalb weniger Tage über Gesäß,
untere Rückenhälfte, Bauch und untere Brustgegend verbreiteten. Später
erschienen sie an den Beinen. Während dieser Zeit andauernd Fieber. Die
anfänglich stark entzündlichen Effloreszenzen wurden blasser und nahmen
wachsäbnliche Farbe an. Zurzeit in den Falten unter den Hängebrüsten
lentikuläre, schuppende Effloreszenzen. An rechter Thoraxhälfte unterhalb
des Rippenbogens eine gürtelartige Anhäufung von linsen- bis mandel-
großen, mit wachsartigen, der geröteten Unterlage mehr oder weniger
anhaftenden Schuppen und Hornlamellen versehene, dicht gedrängte
'Eflloreszenzen. Besonders stark befallen der Mons veneris, die Inguinal-
gegend, Nates und Beugefläche der unteren Extremitäten bis zum Knie-
gelenk. Hier überall die Effloreszenzen hanfkorn- bis münzengroß, bald
leicht transparent, bald mit graubraunen hornigen Auflagerungen vorsehen.
Rille zeigt ferner das Bild eines Falles von Lupus vulgaris in
- ganz ungewöhnlicher Ausdehnung. Der Fall betrifft eine 72jährige, gänz-
lich abgemagerte Frau, die vor 3 Tagen an Marasmus und Atrophie sämt-
licher innerer Organe verstorben ist; keine Lungentuberkulose, im Lungen-
hilus eine alte verkalkte Drüse. Angaben über Dauer des Lupus bei der
Benommenheit der Kranken nicht zu erlangen. Affiziert ist vom Kapillitium
ab fast der ganze Körper, mit Ausnahme der unteren Extremitäten. Kopf-
haut diffus zart narbig, fast haarlos, mit vielfachen linsengroßen, gelb-
‚braunen und braunroten Knötcheneinsprengungen, ähnlich affiziert Stirn
und Wangen. Nase und Ohrmuscheln gedunsen, diffus blaurot. Von den
vorderen und seitlichen Halspartien an bis über Schultern und Schlüssel-
beine zur unteren Grenze der Mammae reichend die Haut teils von senil
atrophischer, teils zart narbiger Runzelung, allenthalben von unregelmäßig
disseminierten oder auch gruppenweisen, schilfernden, flachen Knötchen
durchsetzt. Ähnlich affiziert beide Arme, doch sind links die Knötchen
erkabener und begrenzen sich scharf gyriert gegen die gesunde Haut. Der
Rücken von den Nates bis zur Kreuzgegend in ganzer Ausdehnung be-
fallen, hier die Hayt pergamentdünn, teilweise reichlich mit Knötchen
besetzt, teilweise flächenhaft infiltriert und blaurot. . |
Rille spricht weiter über Herpes tonsurans der Handrücken und
eines Teiles der Vorderarme nebst Onychomycosis trichophytina fast
sämtlicher Finger. Es handelte sich um einen 7ljäbrigen Mann, der die
seltene von Rille beschriebene Form von diffus flächenhafter superfizieller
Trichophytie von chronischer, bisweilen vieljähriger Dauer und völlig
fehlender Tendenz zur Spontanheilung zeigte. Es sind dies diffus gerötete
und schuppende, trockene Infiltrationsherde, die von einem chronischen,
squammösen Ekzem außer durch einen ev. vorhandenen serpiginösen
Rand und das Fehlen von Knötchen sich in nichts unterscheiden. Der in
Rede stehende Fall zeigt nicht geringe Ähnlichkeit mit dem von Rille
auf der Meraner N aturforscherversammlung demonstrierten Falle, bei welchem
sich außer Herpes tonsurans beider Vorderarme, Handrücken und Volae, sowie
sämtlicher Fingernägel oberflächliche Erosionen und bläulich-weiße Epithel-
verdickungen am harten Gaumen nebst dicht gedrängten Knötchen am
Zungenrücken fanden, welche in reichlicher Menge charakteristische Myzel-
fäden aufwiesen, also die bisher wohl einzig dastehende Beobachtung des.
Herpes tonsurans auf der Schleimhaut. Möglicherweise bestand sogar in
diesem Falle Herpes tonsurans der Corneae, welche Annahme angesichts
des 1883 von Binet beschriebenen Falles von syphilitischem Primäraffekt
der Hornhaut keineswegs paradox zu erscheinen braucht.
| Rille: Über extragenitale Syphilisinfektion. Vortr. hat vom
1. Januar 1892 bis 1. Juli 1924 insgesamt 536 Fälle von extragenitälen
syphilitischen Primäraffekten beobachtet, davon waren 317 männlichen
und 218 weiblichen Geschlechts. | Ben
Unke s Lokalisation betraf: Oberlippe 287 Fälle (157 m., 130 w.);
Zun a 128 Fälle (70 m., 58 w.); Mundwinkel 5 Fälle (4 m., 1 w);
ra 6 Fälle (9 m., 7 w.); Zahnfleisch 10 Fälle (6 m., 4 w.); Gaumen
beide i 2 m.); Tonsillen 74 Fälle (44 m., 30 w.), davon rechts 32, links 29,
iu ae Kinn 20 Fälle (20 m.); Wange 13 Fälle (10 m., 3 w.);
am ie (4 m, 6 w), davon Augenbraue 2 (2 m.), Konjunktiva 2
Nati PS Lid 1 (1 m.), unteres Lid 4 (1 m., 3 w.), Karunkel 1 (I w.);
haate. pole (1m, 1w.); Ohr 1 Fall (1 w.); Stirn 1 Fall (1 w.); be-
er Kopf 2 Fälle (2 m.); Hals 1 Fall (1 m.); Mamma 14 Fälle (14 w.);
~ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. |
Kongreß- und Vereins-Berichte. ek 32
1843
,
Brust 3 Fälle (3 w.); Bauch 1 Fall a w.); Nabel 1 Fall (1 m.); Unter-
arm 1 Fall (1 m.); Hand 55 Fälle (33 m., 12 w.); untere Extremität 5 Fälle
(2 m., 3 w.); Gesäß 4 Fälle (3 m., 1 w.).
Hier nicht mitgezählt sind die vom Vortr. in sehr zahlreichen Fällen
beobachteten (sog. perigenitalen) Primäraffekte am Mons pubis, dem
Perineum und der weiblichen Afterregion, weil der Infektionsmodus bei
-ihnen der gleiche ist wie bei den genitalen Sklerosen; in diese Kategorie
gehören auch die seltenen Primäraffekte in der Leistengegend, von
denen Rille 3 Fälle (1 m., 2 w.) beobachtet hat.
Die genauere Lokalisation der Primäraffekte an der Hand war:
Daumen, rechts 5 Fälle (5 m.), links 3 Fälle (2 'm., 1 w.); Zeigefinger,
rechts 12 Fälle (8 m., 4 w.), links 13 Fälle (10 m., 3 w.); Mittelfinger,
rechts 4 Fälle (3 m., 1 w.), links 13 Fälle (10 m., 3 w.); Ringfinger,
rechts 1 Fall (1 m.), links 2 Fälle (2 m.); Handrücken 1 Fall (1 m.);
Palma 1 Fall (1 m.).
Unter diesen Fällen befinden sich 15 Ärzte, 6 Hebammen und
4 Pflegerinnen der eigenen Klinik. g |
An der.unteren Extremität waren sie folgendermaßen lokalisiert:
Hüfte 1 Fall (1 w.), Oberschenkel 1 Fall (1 w.), Unterschenkel 2 'Fälle
(2 m.), große Zehe 1 Fall (1 w.). |
Von an verschiedenen Körperstellen gleichzeitig lokali-
sierten Primäraffekten (34 Fälle) waren befallen: Oberlippe und Unter-
lippe 7mal, Oberlippe und Tonsille Imal, Oberlippe, Unterlippe und -Ton-
sille Imal, Oberlippe und männliches Genitale 6mal, Oberlippe, Tonsille
und männliches Genitale Imal,. Unterlippe und Zahnfleisch Imal, Unter-
lippe und Tonsille 2mal, Unterlippe und Augenbraue lmal, Unterlippe
und Wange lmal, Unterlippe und Mamma Imal, Unterlippe und männ-
liches Genitale 2mal, Tonsille und Zunge lmal, Tonsille und männliches
Genitale 2mal, Tonsille und weibliches Genitale Imal, Kinn und männ-
liches Genitale 2mal, Wange und Stirn 1mal, Wange und Leiste 1mal,
Zeigefinger und männliches Genitale lmal, Zeigefinger, Mittelfinger und
männliches Genitalelmal. — Weigeldt.
| Wien. _
Urologische Gesellschaft. Sitzung vom 16. April 1924.
K. Haslinger: Nierenverletzung beim Fußballspiel (mit Kranken-
vorstellung und Demonstration von 2 durch Nephrektomie gewonnenen
Präparaten). In beiden Fällen führte das schwere Trauma — gegenseitiger
Anprall der Spieler — zur direkten Verletzung der Niere, und zwar zur
Quetschung und Zerreißung des Organs. Beide Pat. mußten wegen der
intensiven Blutung operiert werden. In einem Fall trat die Blutung nach
4 Tagen auf, im zweiten wurde der Zustand 2 Stunden nach. der Ein-
lieferung in die Klinik (Hochenegg) so bedrohlich, daß bei der Operation
eine Reinfusion notwendig wurde. Die Diagnose wurde auf Grund der .
klassischen Symptome: Schmerz, Tumor und Hämaturie gestellt; die
Operation bestand in der Nephrektomie, in dem einen Falle wegen Ver-
mutung einer Mitverletzung des Peritoneums transperitoneal, im anderen
Falle, retroperitoneal. In beiden Fällen vollkommen normaler Heilungs-
verlauf. Der eine Pat., der sich 10 Tage post operationem schon auf dem
Wege der Heilung befindet, wird vorgestellt, der andere Pat. ist nach un-
gestörter Rekonvaleszenz geheilt entlassen worden. An den demonstrierten
Präparaten sieht man von der Hinterfläche des Organs ausgehende, bis in
den Hilus reichende und das Nierenbecken eröffnende Kontinuitätstrennungen.
O. Schwarz: Sexualpathologie. Man kann bzw. muß jedes einzelne
Symptom, das der Pat. darbietet, in dreifacher Relation betrachten: erstens.
in bezug auf ein bestimmtes Organ, zweitens in bezug auf die gesamte
Körperlichkeit und drittens in bezug auf die ganze psychophysische Person.
Was lehren uns nun die geläufigen Sexualtheorien, nach diesen Gesichts-
punkten gruppiert, wenn’ ein sonst gesunder junger Mann uns wegen einer
‚ Sexualstörung konsultiert? Ad 1. Wir haben mit obiger Einschränkung
keinerlei Anhaltspunkte, daß irgendeine lokale Erkrankung des Sexual-
apparates als direkte Ursache einer Sexualstörung anzusprechen wäre. Dies:
gilt besonders für die chronische Gonorrhoe samt ihren Komplikationen,
die Kollikulushypertrophie und die organischen Komponenten der sexuellen.
Neurasthenie.e Ad 2. Das Mittel der Beeinflussung eines Organs durch
die gesamte Körperlichkeit sind die innersekretorischen Gewebe. Daß das
Keimdrüsensekret auf die Gestaltung der sexualpsychophysischen Persön-
lichkeit großen Einfluß hat, bedarf keiner Erwähnung mehr. Das Verhältnis
ist jedoch kein so einfaches, wie man vielfach, besonders unter dem Ein-
drucke der Steinachschen Experimente, glaubt, „daß der Mensch ist, was
seine Keimdrüsen sind“. Vielmehr geht aus den Tatsachen der Vererbungs-
: lehre hervor, daß schon ab ovo jede Sexualzelle differenziert ist, und zwar
bisexuell, so daß die Keimdrüsen nur protektiv den Prävalenzgrad der
einen oder anderen Sexualkomponente bestimmen. Es sind also „die Keim-
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drüsen so, wie der ganze Mensch ist“.
‘Gonorrhoe und endlich hörmonale Dyskrasie) betrachten.
1344 |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38..
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Demnach ist es logisch unstatthaft,
aus der physiologischen Rolle der Keimdrüsen zu schließen, daß irgendeine
spezielle abnorme Funktion die Ursache einer speziellen Sexualabnormität
sein müsse. — Ad 3. Es gibt derzeit 2 psychologische Systeme (S. Freund
und A. Adler), die versuchen, körperliche Symptome aus der seelischen
Konstellation des Erkrankten. abzuleiten; dies gelingt in besonderem Maße
für alle ‚Sexualstörungen. Nun kann die Neurose nur an demjenigen Organ,
ein Symptom hervorrufen, das irgendwie dazu disponiert ist und die Kardinal-
disposition sieht Adler in angeborener oder erworbener Minderwertigkeit
eines Organs. Als eine solche für Sexualstörungen disponierende Minder-
wertigkeit können wir nun alle Defekte (Phimose, Hypospadie, chronische
Diese Menschen
sind also nicht sexual abnorm, weil sie diese Organdefekte haben, sondern
sie werden es unter „Benutzung“ dieser Organdisposition, wenn sie in
. die Neurose gedrängt werden
21. September
.. Die gemeldeten Erfolge organischer Therapie
der Sexualstörungen (Organotherapie, Kollikuluskaustik, Kühlsonden) sind
zu begreifen als — wenigstens theoretisch konstruierbare — Beeinflussung
dieser Organdisposition, in der überwiegenden Mehrzahl-aber als „unspezifische
psychische Reiztherapie“ mit konsekutiver „Umstimmung“ der-ganzen Ein-
stellung des Pat. zum Sexualproblem. Hieraus geht übrigens auch schoh
die große Gefährdung durch Fixierung auf das Symptom hervor. Auch die
‚Psychotherapie kann natürlich die Richtigkeit ihrer ätiologischen Fundierung
nurdurch ihre Erfolgeerweisen und damit steht es folgendermaßen: Ein psycho-
therapeutischer Erfolg beweist unbedingt die Psychogenie der Störung, ein or- '
ganotherapeutischerabernichtdiesomatischeÄtiologie, da dieangedeuteteInter-
polation psychischer Abläufe nie auszuschließen ist. Einpsychotherapeutischer
Mißerfolg endlich beweist nichts, da er auf eine unzureichende Technik des be-
treffenden Arztes oder der Wissenschaft als ganzer zurückgehen kann. U.
= p Rundschau. ==
Die Leistungen und Ziele des Völkerbundes auf hygienischem Gebiete.
>
Von Prof. Dr. B. Möllers, Berlin.
Die internationale Seuchenbekämpfung,. welche in der Zeit vor dem
Weltkriege hauptsächlich auf den zwischen einzelnen Kulturstaaten abge-
schlossenen internationalen Sanitätsübereinkünften beruhte, hat durch die
im Dezember 1920 erfolgte Gründung einer Hygieneorganisation beim
Völkerbund eine wesentliche Förderung erfahren.
Die Tätigkeit.des Völkerbundes auf hygienischem Gebiete stützt sich
auf die Artikel 23f und 25 der Völkerbundssatzung (RGBiI. 1919, S. 743),
durch welche die Bundesmitglieder unter: Vorbehalt der Bestimmungen der
schon bestehenden oder künftig abzuschließenden internationalen Überein-
kommen den Auftrag erhalten, internationale Maßnahmen zur Verhütung
und Bekämpfung der Krankheiten zu treffen. Im Artikel 25 verpflichten
‚sich die Bundesmitglieder, die Errichtung und das Zusammenarbeiten aner-
kannter freiwilliger nationaler Organisationen des Roten Kreuzes zur Hebung
der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten und Milderung der Leiden in
der Welt. zu fördern und zu begünstigen.
Bei der Errichtung der Hygieneorganisation des Völkerbundes war
der Gedanke maßgebend, daß infolge der engen Wirtschafts- und Verkehrs-
beziehungen der Kulturstaaten untereinander viele gesundheitliche Fragen
zweckmäßig nur durch ein einheitliches und gleichmäßiges Vorgehen aller
Staaten geregelt werden könnten.
Der Plan für die Hygieneorganisation. beim Völkerbund wurde auf
einer internationalen Hygienekonferenz ausgearbeitet, die in London auf Ein-
ladung des Völkerbundrats vom 13. bis I7. April 1920 im englischen Ge-
sundheitsministerium stattfand und bei der England, Frankreich, Italien
und die Vereinigten Staaten von Nordamerika vertreten waren; außerdem
hatte. das Internätionale Rote Kreuz, das Internationale Arbeitsamt und
das Internationale Gesundheitsamt zu Paris Vertreter entsandt. Die Vor-
schläge der Konferenz fanden am 8. Dezember 1920 die Billigung ur ersten
' Versammlung des Völkerbundes in Genf.
Als Aufgaben der internationalen gesundheitlichen One beim
Völkerbund wurden bestimmt:
1. den Völkerbund in allen gesundheitlichen Fragen zu beraten:
2. die Gesundheitsbehörden der verschiedenen Länder in engere Be-
ziebungen zu einander zu bringen;
3. eine größere Schnelligkeit des Nachrichtenaustausches zu erzielen,
um unverzüglich Schutzmaßnahmen gegen Krankheiten und Epidemien zu
ergreifen. Wenn in mehreren Ländern ein Eingreifen nötig ist, soll das
Verfahren für ein rasches Handeln vereinfacht werden;
4. internationale Abkommen über Verwaltungseinrichtungen auf ge-
‚sundheitlichem Gebiete herbeizuführen oder zu verbessern, insbesondere die-
jenigen Fragen zu prüfen, welche bezüglich der internationalen Überein-
künfte der ständigen technischen Kommission.und der Generalkommission
- . zu unterbreiten sind. und: den Schutz -gegen Gewerbekrankheiten und ge-
werbliche Unfälle bezwecken;
5..mit dem internationalem Arbeitsamt zusammen zu-arbeiten;
6. mit der Liga der Rote Kreuz-Gesellschaften und ähnlichen Ver-
bänden gemäß Artikel 25 der Völkerbundssätzung Hand in Hand zu gehen;
7. anderen Körperschaften über Fragen der internationalen Gesund-
heitspflege Auskunft zu erteilen;
8. auf Verlangen Studienkommissionen zu entsenden.
Die Aufstellung der endgültigen Statuten der Hygieneorganisation
des Völkerbundes bereitete zunächst dadurch einige Schwierigkeiten, daß
in Paris bereits seit dem Jahre 1908 ein Internationales Gesund-
heitsamt (Office international d’Hygiöne publique) bestand und das Bestehen
zweier internationaler Zentralstellen in Genf und Paris leicht zu Reibungen
und Kompetenzschwierigkeiten führen konnte. Das Internationale Gesund-
'heitsamt zu Paris, an dem Deutschland ebenso wie Österreich und Ungarn
Gesundheitsamts ex officio Vizepräsident ist.
nicht beteiligt sind, hat sich bisher hauptsächlich als ein Nachrichtenbüro |
betätigt. Es empfängt von den beteiligten Regierungen die Mitteilungen
über Seuchenausbrüche, welche sie sammelt, sichtet und in einer’ Monats-
schrift, dem Bulletin de l’Office international d'Hygiène publique veröffent-
| licht.
Für Deutschland ' lag das Bedürfnis zur Beteiligung an.dem inter- `
nationalen Gesundheitsamt nicht vor, dä es bereits über einen solchen
Nachrichtendienst verfügte und seit dem Jahre 1877 regelmäßig alle
Mitteilungen dieser Art in den wöchentlich erscheinenden Veröffentlichungen
des Reichsgesundheitsamts bekännt gibt. Außerdem ist durch die Inter-
nationale Sanitätsübereinkunft zu Paris, betreffend Maßregeln gegen
. Pest, Cholera und Gelbfieber vom 17. Januar 1912 (RGBl. 1922, S. 5),
welcher Deutschland beigetreten ist, die unmittelbare Benachrichtigung
über Seuchenvorkommnisse an die konsularischen und diplomatischen Ver-
tretungen der Vertragsstaaten vorgeschrieben. Bekannt ist, daß solche
Verpflichtungen auch in heutiger Zeit nicht immer beachtet werden. So
waren im Juni bis November des Jahres 1920 in Marseille 58 Pestfälle
(mit 20 Todesfällen) und in Paris deren 88 (30) vorgekommen (Veröft.
RGBl. 1921, S. 17), ohne daß die französische Regierung die Vertragsstaaten
davon benachrichtigt hatte. Auch -das Bulletin de l’Office international
d’Hygiöne publique zu Paris vom Jahre 1920 erwähnte diese Pestausbrüche
nicht, sondern brachte sie erst im Jahre 1921 in einer Zahlenübersicht?).
Daß ein derartiges Verhalten das Ansehen des internationalen Gesundheits- -
amts- zu Paris nicht gerade gehoben hat und überhaupt den sonst so
empfehlenswerten Gedanken des internationalen Nachrichtenaustausches
schädigt, ist, ohne weiteres verständlich.
Nachdem eine besondere Unterkommission des Völkerbundes- die
Frage geprüft hatte, in welcher Weise die Aufgaben des internationalen
Gesundheitsamts in Paris von der Gesundheitsorganisation des Völkerbundes
in Genf zu trennen seien, wurde am 15. September 1923 als dauernde
Organisation innerhalb des Völkerbundes das Hygienekomitee (Comité
d’hygiöne, Health Committee) gebildet, in dem sich die genannten Or-
ganisationen Zusammenschlossen. Das internationale Gesundheitsamt in
Paris behält seine bisherige Organisation und Aufgaben bei und dient dem
Hygienekomitee des Völkerbundes als Sachverständigenbeirat (Conseil
consultatif), während das Hygienekomitee die Arbeiten des Völkerbundes
auf dem Gebiete der Hygiene leitet und die vorbereitenden Arbeiten aus-
führt, welche zur Erleichterung der dem Conseil consultatif obliegenden
Aufgaben dienen können.
A Die Saizungen des Hygienekomitees, welche am 20. Februar 1924
genehmigt wurden, bestimmen, daß das-Komitee seinen Präsidenten aus
seinen Mitgliedern erwählt, während der Vorsitzende des Internationalen
Zwei weitere Vizepräsidenten
werden vom Komitee auf die Dauer eines Jahres gewählt und dürfen
während der Dauer ihres Mandats nicht wiedergewählt werden. Präsident
des Hygienekomitees ist zurzeit Prof. Madsen (Kopenhagen), Vizepräsidenten
sind O. Velghe (Brüssel), Sir Buchanan (London) und H. S. Cumming
(Washington). Sekretär des Hygienekomitees ist der ärztliche Direktor der
Hygienischen Abteilung des Völkerbundes Dr. Rajchman. Das Komitee
hält jährlich mindestens 2 Sitzungen, im April und Oktober ab. Der Prä-
sident muß das Komitee auf Verlangen des Völkerbundsrats oder auf
Verlangen von mindestens 7 Mitgliedern einberufen.
Das ausführende Organ des nes ist die Hygienesektion
des Völkerbundsekretariats.
Das Hygienekomitee des Völkerbundes setzt sich aus 16 Mitgliedern
zusammen, zu denen ex officio der Präsident des Internationalen Gesund-
heitsamts in Paris gehört, 9 weitere Mitglieder werden durch das inter-
nationale Gesundheitsamt, 6 durch den Völkerbundsrat gewählt. ‚Ihrer
1) Vgl. Breger, D.m.W. 1922, Nr, 5/6.
21. September
“Nationalität nach sind die gegenwärtigen Mitglieder des Hygiene-Komitees
2 Franzosen (Prof. Leon Bernard [Paris] und Dr. L. Raynaud [Algier]),
- 4 Engländer (Sir George Buchanan [London]), 1 Schweizer (Dr. Carrière
[Bern]), 1 Brasilianer (Dr. Chagas [Rio de Janeiro]), 1 Nordamerikaner
. (Generalarzt Cumming[W ashington ]),lÄgypter(Dr.Granville[Alexandria]),
- Holländer (Dr.Jitta[Haag]), 1 Portugiese(Prof.Ricardo Jorge[Lissabon}),
1 Japaner (M. Tsurumi), 2 Italiener (Dr. Lutzario [Rom], Prof. Ottolenghi
[Bologna]), 1 Spanier (Prof. Pittaluga [Madrid]), 1 Däne (Prof. Madsen
“ ([Kopenhagen)), 1 Peruaner (Dr. Mimbela [Lima]) und 1 Belgier (0. Velghe
[Brüssel ]). | 2
i Der Völkerbundsrat kann ferner 4 Beisitzer (Assesseurs) bestimmen,
die ihm vom Hygienekomitee vorgeschlagen werden und als gleichberechtigte
Komiteemitglieder zu betrachten sind. Auf Vorschlag des Hygienekomitees
hat der Völkerbundsrat 3 solcher Beisitzer bestimmt und zwar aus Deutsch-
land den Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten in Hamburg,
Prof. B.Nocht, den ehemaligen polnischen Gesundheitsminister Dr. Chodzko
uund Dr. Alice Hamilton von der medizinischen Fakultät der Harward-
= Universität. |
Die Arbeitsgebiete, auf denen sich der Völkerbund bisher betätigt
hat, sind außerordentlich vielseitig.
ImNovember1920 entsandte derVölkerbund eine Studienkommission
nach Polen zum Studium des Fleckfiebers und der Cholera und unterstützte
die polnische Medizinalverwaltung durch Gewährung von Zuschüssen und
Überweisung von Sanitätsmaterial, Betten, Krankenbeförderungsmittel usw.
Die ständige Epidemiekommission des Völkerbundes unterhielt in Warschau
ein besonderes Büro und hat in Baranowitschi und Kowno_Quarantäne-
anstalten eingerichtet. | |
Nachdem die Fleckfiebergefahr im Osten Europas im wesentlichen
‚beseitigt ist, hat das Hygienekomitee des Völkerbundes der Malaria-
bekämpfung in Europa seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt und
durch eine ständige Sachverständigenkommission einen Plan für die wissen-
schaftliche Arbeit und das praktische Vorgehen in Rußland, Albanien, Ru-
‚mänien und Griechenland ausgearbeitet. | Ä
Auf Veranlassung der Hygiene-Organisation des Völkerbundes trat
vom 20. bis 28. März 1922 in Warschau eine Europäische Sanitäts-
konferenz zusammen, die sich mit der Abwehr der von Osteuropa her
“drohenden Seuchengefahr befaßte?2). Es waren 24 europäische Staaten,
darunter Deutschland sowie Japan vertreten. Die Arbeiten waren auf drei
Kommissionen verteilt, von denen die erste die gegenwärtige Seuchenlage
in Osteuropa erörterte und die Einrichtung von Ausbildungskursen in
Warschau, Charkow und Moskau empfahl, zu denen Sachverständige der
öffentlichen Gesundheitsbehörden aller Länder eingeladen werden sollten.
In der zweiten Kommission wurden die zur Abwehr der Seuchengefahr er-
forderlichen allgemeinen Maßnahmen beraten, insbesondere die Grundsätze
für zwischen einzelnen Ländern abzuschließende Sanitätskonventionen
aufgestellt. Der 3. Ausschuß erörterte die Grundsätze einer kombinierten
Seuchenbekämpfung in der Ukraine, Großrußland, Polen und an den ent-
sprechenden Landesgrenzen.
Einen neuartigen Weg des internationalen Gedankenaustausches über
wichtige Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege und der Organisation
des Gesundheitswesens in den verschiedenen Ländern hat der Völkerbund
durch die Einrichtung von wissenschaftlichen Studienreisen für
Medizinalbeamte beschritten.
Durch diese Reisen sollte den Medizinalbeamten der verschiedenen
Staaten Gelegenheit geboten werden, die Organisation, die Gesundheitsgesetz-
gebung und die praktische Ausführung des Gesundheitsdienstes in anderen
Ländern kennen zu lernen. | |
An der ersten Studienreise, welche vom 9. Oktober bis 17. Dezember 1922
Belgien und Italien besuchte, nahmen 23 Medizinalbeamte aus Italien,
Österreich, der Ukraine, Belgien, Polen, Rußland, Tschechoslowakei, Bulgarien
und Jugoslavien teil.
Weitere Studienreisen fanden im Jahre 1923 ‘nach Großbritannien,
Österreich, Italien und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, 1924 nach
den Niederlanden und: Dänemark, England und Schottland sowie nach der
‚Schweiz statt, an denen auch deutsche Vertreter teilgenommen haben.
Durch diesen Austausch der Medizinalbeamten hofft man die Gesund-
heitsverwaltungen der einzelnen Staaten einander näher zu bringen, das
gegenseitige Verständnis zu stärken und das internationale Zusammen-
arbeiten zu fördern. |
Neben den allgemeinen Fortbildungskursen fanden im Jahre 1924
auch Informationsreisen für die Spezialgebiete Tuberkulose und Schul-
gesundheitspflege statt,
Für das Jahr 1925 sind weitere allgemeine Besuchsreisen nach
Großbritannien, Belgien, Serbien und Japan und für Spezialisten solche
en
°) Vgl. Veröff. d. Reichsges.-Amts 1922, S. 292.
!
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.38. 200000771848
nach Schweden, Rußland und Frankreich in Aussicht genommen. Die
Kosten der ärztlichen Studienreisen, für welche im Jahr 1925 250000 Fes,
in Aussicht genommen sind, trägt die Rockefeller-Stiftung des Völkerbunds.
Zu den weiteren Zielen des Hygienekomitees gehört die Einrichtung
von Behandlungsmöglichkeiten für geschlechtskranke Seeleute
und Binnenschiffer ohne Unterschied der Nation in allen größeren See-
und Flußhäfen. Zu diesem Zwecke sollen in den wichtigsten Hafenplätzen
von bewährten Fachärzten geleitete Untersuchungs- und Behandlungsstellen |
eingerichtet und Krankenbetten bereitgestellt werden. Durch ein inter-
nationales Abkommen soll den Kranken auch in ausländischen Häfen: die
Fortführung der Behandlung und ärztlichen Beobachtung ermöglicht werden.
Eine Unterkommission des Hygienekomitees bearbeitete unter Teil-
nahme deutscher Sachverständiger die Opiumfrage, die Kontrolle. des
Verkehrs mit Opiaten und die Überwachung der Produktionszentren, um
einen Mißbrauch der narkotischen Mittel zu bekämpfen. .
Die Unterkommission zum Studium der hygienischen Maßnahmen
besuchte die Quarantäneanstalten in Ägypten, Syrien, Palästina und am
Bosporus und studierte die Seuchenabwehr ‚an den.Meerengen und im
Pilgerverkehr zu Lande und zu Wasser.
Als Vorärbeitung für eine Vereinheitlichung des internationalen
Seuchendienstes würde bei den einzelnen Staaten eine Umfrage über
die Organisation der Medizinalverwaltungen, den Aufbau der Medizinal-
statistik und die Beschaffung der epidemiologischen Nachrichten veranstaltet..
Dieser Seuchendienst soll mit dem neugegründeten Internationalen Sanitäts-
büro der Panamerikanischen Union zusammenarbeiten, das seinen Sitz in
Washington hat und den Seuchendienst für den amerikanischen Kontinent
sammelt. Ä |
Für Äquatorialafrika veranlaßte das Hygienekomitee des Völker-
bundes im Jahre 1922 eine Erhebung über die Ausbreitung der Schlaf-
krankheit und Tuberkulose unter den Eingeborenen durch einen aus
einem Engländer, Franzosen und Belgier bestehenden Unterausschuß, dessen
provisorischer Bericht im Jahre 1924 erschienen ist. |
Internationale Fortbildungskurse für Medizinalbeamte
wurden auf Kosten des Völkerbunds in Warschau, Moskau und Charkow
veranstaltet, bei denen auch deutsche Ärzte als Vortragende mitwirkten.
Anläßlich des Auftretens von Fleckfieber und anderen Seuchen unter
den griechischen Flüchtlingen aus Kleinasien im Jahre 1923 stellte der
Völkerbund den griechischen Behörden ärztliche Sachverständige zur Ver-
fügung. Bei dieser Gelegenheit wurde auch ein vom Institut Pasteur zu
Paris. gelieferter, in Pillenform einzunehmender Impfstoff gegen Unter-
leibstyphus und Ruhr angewandt, der sich auch in Rußland haupt-
sächlich bei Bazillendysenterie bereits bewährt haben soll. Ein Bericht
über das Ergebnis dieser Impfversuche wurde von dem französischen
Delegierten der Epidemiekommission des Völkerbunds Dr. Gauthier ver-
öffentlicht. | | Ä
Internationale Konferenzen betr. Standardisierung der Sera
und serologischen Reaktionen wurden vom Völkerbund unter Leitung
von Prof. Madsen, Kopenhagen, und Beteiligung deutscher Sachverständiger
vom 12.—14. Dezember 1921 im englischen Gesundheitsministerium zu
London und vom 20.—26. November 1922 im. Institut Pasteur zu Paris. `
veranstaltet®); ferner fand unter Beteiligung von deutschen wissenschaft-
lichen Instituten vom 19. November bis 3. Dezember 1923 in Kopenhagen
eine technische Konferenz betr. Bewertung der verschiedenen Untersuchungs-
methoden der Serodiagnostik der Syphilis statt®). `
Als weitere Aufgabe hatte sich der Völkerbund die internationale
Wertprüfung solcher Heilmittel (außer Sera und Bakterienpräparate)
gesetzt, deren Wirksamkeit und Unschädlichkeit nur im Tier- .
versuch geprüft werden kann (zunächst Digitalis, Strophanthus, Scilla,
Ergotin, Cannabis indica, Hypophysenextrakt, Adrenalin, Thyreoidinpräparate,
Insulin und Salvarsan). Die Konferenz fand anläßlich des Physiologen-
kongresses vom 19.—21. Juli 1923 in Edinburg statt5).
In seiner letzten Sitzung hat das Hygienekomitee des Völkerbundes
ferner auf Antrag Japans die Schaffung eines besonderen Nachrichten-
amts für den „fernen Osten“ empfohlen, nachdem bereits im Jahre
1922 als Kommissar des Völkerbundes F. Norman White die im fernen
Osten herrschenden Seuchen und den dort eingerichteten Abwehrdienst in
den Häfen in einer längeren Informationsreise studiert und darüber einen
eingehenden Bericht erstattet hatte. Als Sitz des epidemiologischen Nach-
richtenamts ist Singapore in Aussicht genommen. 2
Weiterhin befaßte sich das Hygienekomitee in seiner Februarsitzung
1924 mit dem Krebsproblem und will zunächst versuchen auf statistischem
Wege die Ursache der stark von einander abweichenden Sterblichkeit an
8) Vgl. Neufeld, D.m.W. 1923, Nr. 1, S. 23.
4) Vgl. Sachs, Klin.Wschr. 1924, Nr. 4, S. 174.
5) Vgl. M.m.W. 1923, Nr. 45, S. 1376.
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1346
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 38. 21. September
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Krebs in Großbritannien, Italien und Holland besonders. be
Brust- und Gebärmutterkrebses zu ergründen.
Als Termin für die nächste Sitzung des Hygienekomitees des Völker-
bundes ist der 29. September 1924 in Aussicht genommen.
In den Angelegenheiten des Arbeiterschutzes arbeitet’ das Hygiene-
komitee mit dem Internationalen Arbeitsamt in Genf zusammen,
bei dem bekanntlich Deutschland auch vertreten ist. Außer der Arbeits-
zeit werden hier die Beschäftigung von Kindern, Verbot der Nachtarbeit
für Frauen und Jugendliche, die Verhütung der Bleivergiftung und der
gewerblichen Milzbrandinfektion besonders behandelt. Auf der letzten
züglich des
Tagung des Hygienekomitees wurde eine besondere Kommission zum Studium |
der Milzbrandinfektion im Häute- und Lederhandel gebildet.
Eine Unterkommission des Hygienekomitees für die gesundheitliche
Überwachung der Binnenschiffahrt hat Vorschläge ausgearbeitet,
welche neben der obligatorischen gegenseitigen Benachrichtigung der Ufer-
staaten über jeden Fall von Cholera und Pest auch die Benachrichtigung
beim Auftreten von Fleckfieber, Rekurrens, Pocken und anderen Infektions-
krankheiten bei Gefahr epidemischer Ausbreitung in der betreffenden Gegend
empfiehlt. Ein Entwurf für einheitliche Bekämpfungsmaßnahmen ist bereits
fertiggestellt.
x
In einer stattlichen Zahl von Veröffentlichungen sind die bisherigen
Leistungen des Völkerbundes auf hygienischem Gebiete niedergelegt. Neben
den Protokollen über die 6 Tagungen des provisorischen Hygienekomitees
des Völkerbundes (25.—29. August 1921 in Genf, 20.—22. Oktober 1921
in Paris, 11.—16. Mai 1922 in Paris, 14.—21. August 1922 in Genf,
8.—13. Januar 1923 in Genf und 26. Mai bis 6. Juni 1923 in Paris) liegen
bereits aus dem Jahre 1924 die Berichte des definitiven Hygienekomitees
über die beiden Tagungen in Genf vom 11.—21. Februar 1924 und in
Paris vom 7.—10. Mai 1924 gedruckt vor. Weiterhin. sind erschienen
2 Jahresberichte der Epidemiekommission des Völkerbundes, Berichte über
die beiden internationalen Konferenzen betr. die Standardisierung der Sera
und serologischen Reaktionen in London 1921 und Paris 1922, über die
Sachverständigen-Konferenzen von Kopenhagen 1922 und Edinburgh 1923
die Sanitätskonferenz von Warschau 1922, sowie Berichte über die Orga-
nisation des Gesundheitswesens in Deutschland (Berichterstatter: G. Frey),
in Österreich (H. Schrötter) und Holland (J. Jitta). l
Von weiteren vor kurzem erschienenen Veröffentlichungen sind zu
erwähnen eine Arbeit von Dr. van Boeckel über die Diphtherieprophylaxe
durch künstliche aktive Immunisierung: in den Vereinigten Staaten und ein
Bericht aus dem Kitasato-Institut in Tokio über die Standardisierung
des Dysenterieserums.
Wertvolles statistisches Material über die Ausbreitung der Infektions-
krankheiten aus allen Wettteilen enthält der monatlich in Genf erscheinende
„Rapport epid&miologique mensuel“ des Hygienekomitees des Völkerbundes.
Bei der Vielseitigkeit der bisher vom Völkerbund in Angriff ge-
aommenen Aufgaben konnte in den vorstehenden Ausführungen nur ein
kurzer Überblick über die mannigfachen. Fragen gegeben werden, welche
bereits in Angriff genommen sind. Es kann wohl kein Zweifel bestehen,
daß der Völkerbund allmählich auf allen für eine internationale Bearbeitung
geeigneten Gebieten der Öffentlichen Gesundheitspflege immer mehr an
Boden gewinnt und daß auch für die Zukunft mit einer erfolgreichen Ent-
wicklung des Hygienekomitees des Völkerbundes zu rechnen sein wird.
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Die 88. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher
und Ärzte tagt vom 21. bis 27. September in Innsbruck.
Die letzte Sitzung vor dem Kriege hatte im Jahre 1913 in Wien statt-
gefunden. Nach der durch den Krieg und den Zusammenbruch erzwungenen
Unterbrechung hatte die Gesellschaft im Jahre 1920 in Bad Nauheim ge-
tagt, und die Jahrhunderttagung fand in Leipzig, dem Gründungsort, im
Jahre 1922 statt.
Innsbruck ist schon einmal, im Jahre 1869, Tagungsort der Gesellschaft
ewesen. Damals leiteten 0. Rembold und L. v. Barth die 43. Tagung
der Gesellschaft.
An die großen Männer und Entdeckungen der deutschen
Wissenschaft erinnert das Verzeichnis der in den allgemeinen Sitzungen
‚gehaltenen Vorträge: Helmholtz, Die Entwicklungsgeschichte der neueren
Naturwissenschaft; I. R. Mayer, Die mechanische Wärmetheorie; C. Voigt,
Die neueren Ergebnisse in der Forschung der Urgeschichte; Leidesdorf,
Das Verhältnis der Gesellschaft zu den Geisteskrankheiten und die Mittel,
dem Ausbruch der Geistesstörung vorzubeugen; Virchow, Über die heutige
Stellung der Pathologie.
Das ehrwürdige Alter hat der Gesellschaft nichts von ihrer An-
ziehungskraft genommen.
Ihre Berechtigung zum Leben beweist nicht nur
die Zahl der Teiinehmer an ihren Tagungen. Auch damit beweist sie ihre
unverwüstliche Lebensfähigkeit und Frische, daß die Ziele und leitenden
Gedanken, welche vor 100 Jahren die Gründung der Gesellschaft veranlaßt
haben, heute noch überraschend zeitgemäß und wirksam anmuten.
Der Begründer der Gesellschaft, Lorenz Oken, der philosophisch
gerichtete Professor der Naturkunde in Jena, wollte die Gemeinsamkeit der -
Medizin mit der Naturwissenschaft in diesem jährlichen Zusammentritt der
Naturforscher und Ärzte zum Ausdruck bringen. Die Entwicklung in den
nächsten Jahren offenbarte den Einfluß, den die Naturwissenschaft auf das -
wirtschaftliche und kulturelle Leben der Völker und besonders auch in
dem deutschen Volke in steigendem Maße gewann. Daneben wurde aber
die Empfindung allgemeiner, und auch darin war Oken ihr Verkünder, daß
in diesen Naturforscherversammlungen das politisch zerspaltene Deutschland
sich in seiner geistigen Einheit offenbare. ‘Der „deutsche Gedanke“ lebte
in der Gesellschaft. Im Jahre 1861 hatte Rudolf Virchow vorgeschlagen,
nach Speyer zu gehen, „um auch am linken Rheinufer, wo die Versamm-
lung nur selten getagt, einmal zu sitzen und in der Jetztzeit an den Tag
zu legen, daß die deutsche Wissenschaft stets dabei sein werde, wenn es gilt,
diesen kostbaren alten Besitz Deutschlands geistig und materiell zubehaupten.“
Einen Widerhall dieser Worte ruft der Tagungsort Innsbruck wach.
Er erinnert an die Tagung in Meran im J
ahre 1905 und an das schöne
Land Tirol jenseits des Brenners. i | iiec
Neben dem Bestreben, in der Einheit naturwissenschaftlicher Forschung
zugleich die geistige Einheit des deutschen Volkes zu verkörpern, begegnet
in den Tagungen der fruchtbare Gedanke einer naturwissenschaftlichen
Volkserziehung. Als die Aufgaben der Gesellschaft werden bezeichnet,
die Errungenschaften der Wissenschaft in weite Kreise des Volkes hinein-
zutragen, für die Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu wirken
und den naturwissenschaftlichen Unterricht in den Schulen zu erweitern
und zu vertiefen. Als Anregung und als Vorbild für diese Bestrebungen
sollte nach Virchows Vorschlag auf den Versammlungen von bedeutenden
Forschern die Entwicklung der Einzelzweige zusammengefaßt vorgetragen
werden. Die großen allgemeinen Sitzungen und die Hauptsitzungen der
vereinigten Zweige haben seitdem niemals verfehlt, auf die Teilnehmer ihre
Anziehungskraft auszuüben. Grade sie haben die geistige Einheit der Ge-
sellschaft zum Ausdruck gebracht. Ä
Auch die diesjährige Tagung verspricht in ihren allgemeinen Sitzungen
und Hauptsitzungen der vereinigten Zweige durch die Wahl der Vorträge
und der Berichterstatter Anregung und Belehrung. Die Teilnehmer dürfen
erwarten, in der Hauptstadt Tirols zu einer Versammlung sich zu ver-
einigen, die sich ihren denkwürdigen Vorgängern würdig anreiht.
Die erste Jahreshauptversammlung der Deutschen Gesellschaft
für Gewerbehygiene findet am 29. und 30. September in Würzburg
im Hygienischen Institut statt. Die Tagesordnung enthält zusammen- .
fassende Berichte über: Der Fabrikstaub und seine Bedeutung für die
Gesundheit. der Arbeiter; Staub und Tuberkulose; Neuere Fortschritte auf
dem Gebiete der Staubverhütung und Staubbekämpfung. Die Belehrung
der Arbeiterschaft über die Berufsgefahren und ihre Mitwirkung bei. der
Bekämpfung derselben. — .
Die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie findet
vom 1. bis 4. Oktober im Langenbeck-Virchow-Hause statt. Zusammen-
fassende Übersichten: 1 Nierenbecken und Ureter (allgemeine Physiologie
und Se ee du Bois Reymond (Berlin), Blum
(Wien).
2. Chirurgische Behandlung der Nephritis; Berichterstatter:
Kümmell sen. (Hamburg), Volhard (Halle).
3. Chirurgie der Samen-
wege; Berichterstatter: v. Lichtenberg (Berlin).
In Graz hat der IV. Internationale Antinikotinkongreß
getagt. Vorträge hielten Dozent R. Hofstätter (Wien) über „Gesundheits-
schädigung der Frauen durch das Rauchen“; Prof. M. Hartmann (Leipzig)
über „Die Frauenwelt und das Rauchlaster“; Prof. Hamburger (Graz)
über „Rauchen und Willensschwäche“; Prof. R. Reuter (Graz). über
„Schädigung des Herzens und der Blutgefäße durch das Rauchen“; Prof.
Polland (Graz) über „Syphilis und Tabak“. Die beiden letztgenannten,
durch Lichtbilder und Demonstration pathologisch-anatomischer Präparate
illustrierten Vorträge wiesen nachdrücklich darauf hin, daß die gesundheißs-
schädigenden Wirkungen des Nikotins bisher erheblich unterschätzt wurden;
besonders deletär erweist sich ‘das Zusammentreffen der Trias: Nikotin,
Alkohol und Lues. Der Vorsitzende der Internationalen Antitabakliga
Schmidt (Kopenhagen) referierte über die Antinikotinbewegung in Europa
und Amerika, Longrace über die Tätigkeit der Antizigarett
en in Amerika.
Dr. Grimm (Landskron i. B.) berichtete über seine Bemühungen, die Ju
gend
für die tabakfreie Lebensweise zu gewinnen, und Prof. Stanger (Trautenau
über „Tabak im Spiegel der Literatur“. Die'gutbeschickte tabakgegnerische
Ausstellung brachte Tafeln und Kurven, welche die Leistungsunfäbigkeit
rauchender Schüler und Beamten, die höhere Mortalität der Raucher und
Tabakarbeiter, das Steigen des Tabakverbrauches in letzter Zeit illustrierten,
sowie pathologisch-anatomische Präparate (Tabakherz, Tabakniere) u. &
Die Akademie für ärztliche Fortbildung in Dresden ver
anstaltet einen Fortbildungskurs für praktische Ärzte auf dem Gebiet der
inneren Medizin vom 10. bis 22. November d. J. Näheres im Anzeigentei
sowie durch die Geschäftsstelle der Akademie, Dresden N, Hospitalstr. 1
| (Landesgesundheitsamt). Se
Hochschulnachrichten. Hamburg: Prof. Giemsa zum Mitglied
des internationalen Sachverständigenausschusses der Gesundheitskommission
beim Völkerbund ernannt. — Würzburg: Geheimrat Schieck in Halle hat
den Ruf auf den Lehrstuhl der Augenheilkunde als Nachfolger von Wessely
angenommen. — Wien: Der emerit. Professor der Augenheilkunde Hofrat
Dr. August v. Reuß 83 Jahre alt gestorben.
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
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Berlin, Prag u. Wien, 28. September 1924... XX. Jahrgang
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| er Bis jetzt vertreten allerdings die meisten Inneren Kliniker >
und Pharmakologen, bei voller Würdigung. der psychischen
Komponente, eine. andere Auffassung über die Pathogenese. . |
` Die Frage der operativen Behandlung -
2,0, des Asthma bronchiale. i
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x eE Nr N x KENN, u des Bronchiälasthma als dessen rein psycho-neurogene Ent-
Ä E Von Prof. Dr. Max Kappis, Hannover. - | | stehung: | | Be, el
Außerordentliches Aufsehen machten im Herbst 1923 die Mit- | Nach Stähelin kann man sich die Asthmaentstehung folgender-
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- teilungen Kümmells, daß er 4 Kranken mit Asthma bronchiale maßen vorstellen: Auf Grund irgendwelcher Atembehinderung ‘oder er
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auf Grund von.Erinnerungsbildern entsteht: ein Gefühl von Atemnot, -
-den linken Halssympathikus entfernt und drei geheilt habe, während
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t Fer vierten ne Exstirp to Ge een und ne Diese versetzt das abnorm leicht ansprechende V.aguszentrum in - hl 2
i deshalb wiederge commen seien. Die \rehellten waren eine Oo (Janrıze Erregung (wenn. die Erregung nicht durch das Atemhindernis direkt Ei a
r% Fran, ein 23jähriger und ein 6öjähriger Mann. Sie hatten seit herbeigeführt wird). Die Erregung des Atemzentrums führt zur Reizun ar ti K fi
“Jahren teils an Anfällen, teils an chronischem- Asthma gelitten. | des Lungenvagus, als deren Ausdruck der Bronchospasmus ung Bar HB
i = - Auf dem Chirurgenkongreß 1924 hat Kümmell noch von | die abnormen Sekretionen der Bronchialschleimhaut aufzufassen sind. | p s Kung
el weiteren. erfolgreichen Halssympatbikus-Operationen ` bei Asthma- | Der Bronchospasmus. vermehrt ‘die schon. vorhandene Dyspnoe und - E Y 5; ae
el kranken berichtet. Er hat auch Mißerfolge und Rezidive er- an rn an 2 2 T ne Doch -ist 155. wohl. ih: Se
| Pranger un en BEN . |} möglich, daß auch andere Ursachen den Bronchospasmus’ auslösen. — Win Ar
nu i Se Set en u nn D an nn > Bee = "Wird in. dieser Wechselwirkung von Erregung .des Vaguszentrums, KL & aM N
ei, ee an ban., er. längst beobachtete. ist j Bronchospasmus, Schleimhautse wellung und Er e or rs e
W wa einem. Jahre asiımalrel - et Ä findungen ein Glied ausgeschaltet, so hört der: Anfall auf. — Kine Zu- ER SRRER
ai Über gute Erfolge der Halssympathikusoperation beim sammenstellung weiterer Ansichten von interner Seite gibt Glaser: Ban ilelessh
iil. Asthma berichteten auch Flörcken (3 Kranke), Läwen (1 Kranker), | Nach Goldscheider beruht das Wesen des Bronchialasthma in einer T AGE BE Gh le
he Harttung (1 Kranker), Ringel (8 Kranke), Röpke (2 Kranke), Käß | Lungen-Vagusneurose. Der krankhafte - Erregungszustand des y Beiiehli
je ( Kranke); ich ‚selbst habe eine i9jährige Kranke vor 7 Monaten | Vagus führt zu einem tonischen Krampf der ringförmigen Bronchial- nA pieso r ga
Wir operierts. sie ist seitdem asthmafrei. Über Mißerfolge der Sym- | muskulatur und .zu- einer Hyperämie der Bronchialschleimhaut mit . Kamen TENE
t ` pathikusoperation berichten Jenckel (8 Kranke), Brüning | eigenartiger Sekretion, (kinetisch-vasomotorisch-sekretorische Vagus- . > ~ #07, L
TA f g Eine ganze Anzahl von Mißerfolgen ist wohl nicht mit- | neurose). „Auch Strümp oll meint, dag man das Bronohialasthma, | u $i
ae. geteilt worden. ec Sa De als eine Vagusneurose bezeichnen könne. Morawitz hält vor- oe ve
ne EA u N Na wiegend den Nervus vagus mit seinen pulmonalen Ästen: für die... N.
El E > ung = ass I S a ee zenk ligale Bahn; seine Erregung führt in der Lunge wahrscheinlich En
y D die Beantwortung der Frage, ob man bei Asthma -7 ı | zu einem. Bronchospasmus, außerdem aber sicher noch zu einer rs he
w| überhaupt operieren darf, ob. das Asthma nicht eine psycho- “Schwellung der Schleimhaut ‘der Bronchiolen und Sekretion eines `> > © B ki
| - géne Erkrankung ist. Darin würde sich jeder operative Behand- | sigenartigen Sputums. Nach H. Meyer beruht das Asthma nervosum © . 4 (h
‚ lungsversuch von selbst verbieten. `. - in den .meisten Fällen wahrscheinlich auf einer abnorm starken’ SUN a
ku? _ Ich weiß, daß insbesondere erste Chirurgen diese Ansicht ver- | Reflexerregbarkeit des Bronchiovaguszentrums, mitunter Ed.
nn | er und die bisher ‚berichteten Operationserfolge als psychisch be- a en Be cine der Vagusendapparate . Y $ E
ee E een ae FE | F oder der N 2 | | ee
u Fra a a Er on u Re ` Januschke, dem wir eine besonders sorgfältige Bearbeitung des ` ` el
a. ge As ann, Marx, Costa u. a., für die psychogene nung | Gebiets verdanken, ist der Ansicht, daß das. Asthma hervorgerufen . .'} B
pi es Asthma eingetreten. | =i >} wird durch einen Bronchialmuskelkrampf, dieser wieder ai , et
. Besonders erwähnenswert ist die Auffassung von J. H. Schultz: = 16 durch. eine Turepung des- Bronchiokonetrikiären: : Eur
Er hält das Asthma bronchiale für eine auf psychogenem Wege zu- | zentrums. Die Erregung kann reflektorisch von der Nasen-Bronchia- -. %
stande kommende Neurose des Respirationstraktus; dabei setzt schleimhaut, aber auch von anderen Teilen des Körpers aus, aber auch |
r ein körperlich. bedingtes Organentgegenkommen von seiten der
| nmen, , direkt chemisch vom Blut aus ausgelöst werden.
ungsorgane im Sinne eines locus: mihoris resistentiae voraus. | .
;
RT
D aN | 2. Auch der Vagusstamm kann direkt gereizt werden in einer: — .' Ez i
wo By cho-pathologisch betrachtet handle es sich um eine psychogene | Weise, daß Asthma entsteht; experimentell gelingt dies sowohl durch = : u E
ii 'krankung, die sich,: körperpathologisch betrachtet, in dem Organ | Reizun > des peripheren Endes des durchschnittenen Vagus, wie auch . — È BE
he . anifestiere, das infolge ‘der körperlichen Schädigung zùr psycho- | durch Reizung des zentralen Endes, im letzteren Fall durch Vermitt- ` EN N
ge Snetischen Symptombildung disponiert sei. Be `: | lung des andersseitigen Vagus oder anderer bei der Atmung beteiligter a
u Im Sinne der psychogenen Erkrankung spricht auch | Nerven. l | E E | R BR E pps
gi die Tatsache, daß Asthmakranke schön durch die verschiedensten | 3. Auch die Vagusendigungen im Bronchialgebiet können a
$i Formen’ der Psychotherap; (Marx, Costa, Moos [6 Kranke] .be-. | erregt werden teils durch Gifte (Muskarin usw.), teils durch Peptone. a ES
#%. richten unter -e ZAPF A lch Fall dur h Kurpfuscherei der Das anaphylaktische Asthma scheint durch Erregung..der peripheren PIETA
WA verschi da, anderem über solche Fälle), ee ti Vagusendigungen bedingt zu sein. S pa, E N
ji gehe; J ensten Art, aber auch durch alle möglichen Opera an 4. Bronchialkrampf kann auch durch direkte Reizung der E 2
‚ geheilt wurden, deren ‚Wirkung nur auf psychischem Wege erklärt | Bronchialmuskulatur entstehen, wie es durch Veratrin, Vanadium CE f:
sin werden kann, Operationen, nicht bloß an der Nase oder an den | und andere Gifte bedingt wird. TE lee = un
wi weiblichen Genitalien, sondern auch an Hals, Brust, . Appendix usi; - Außerdem kann die Bronchialstenose noch verstärkt werden art
e D auch durch Lumbalpunktion wurden von Werner Sch ultz | durch eine Hyperämie der Schleimhaut und durch vermehrte Exsudation. Be 13
| esserungen .erzielt. ` | | in den Bronchien. | | uhr,
l DARE or
Jedenfalls hält J. den Vagus für den tonisch erregenden, den.
Sympathikus für den hemmenden Nerven der, Bronca aim uskulatır. »
Von den neueren Autoren spricht nur Werner Schultz gegen
die Theorie der Bronchokonstriktion als Ursache des Asthma. Er
bezeichnet .diese Theorie als konstruktiv entstanden- und ist der An-
sicht, daß die. alte Webersche Theorie ‘der Schleimhautschwellung
den Asthmaanfall völlig erkläre. en |
$ Àsth Ich habe sogar von Psychotherapeuten gehört, die jedes
"i rich ma auf psychischem Wege sollen heilen können. Sollte dies
Be tig sein, so dürfte man wegen Asthma keinesfalls operieren.
f Beh, ‚wäre aber. anderseits verpflichtet, die psychotherapeutische
| Ale: ung viel mehr Asthmakranken zugute kommen: zu lassen,
Pa: es bisher geschieht. . | > | Ä |
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t 5 =: i —— i t s f l a
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1348
Würde die alte Webersche Theorie der einfachen Bronchial-
Schleimhautschwellung durch Gefäßerweiterung richtig sein, so
müßte man allerdin |
gs auch dann eine bestimmte Nervenbeteiligung an-
' nehmen in ganz ander
er Weise, als es z. B. beim Quinck eschen Odem
der Fall ist, bei dem die sympathisch reizenden und parasympathisch
lähmenden Mittel durchaus nicht so regelmäßig und so sicher wirken
wie beim Asthma bronchiale. Nur sehr wenige Astlimakranke reagieren
Kent in der bekannten prompten Weise auf die entsprechenden
ittel. Daß im übrigen der Erklärung des Asthma durch einfache
Schleimhautschwellung noch sehr viele andere Feststellungen wider-
sprechen, darauf sei nur kurz hingewiesen (s. dazu und zur Frage des
Asthma durch Sekretanhäufung bei Januschke [l. e. S. 270 ff).
Als Ursache des Bronchialmuskelkrampfes werden neuer-
dings, in erster Linie von amerikanischen Ärzten, anaphylaktische
Zustände gegen gewisse tierische Hautabsonderungen oder gegen
bestimmte Nahr
ungsmittel angenommen. Auch das würde gegen die
psychogene Entstehung des Asthma sprechen.
ie pathologischen mikroskopischen Beiunde, die Küm-
mell in den Sympathikus-Halsganglien operierter Asthmatiker
feststellte, möchte ich bei der Unsicherheit der Seholopt.chen Anatomie
des Sympathikus nieht gegen die psychogene Entstehung des Asthma
ins Feld führen. . ;
Dagegen sprechen gegen die psychogene Entstehung ins-
besondere auch die spezifischen Wirkungen ganz bestimmter
Arzneimittel, welche beim richtigen Bronchialasthma regelmäßig
wirken, während andere Mittel, in derselben Form und unter dem-
selben Namen eingespritzt, wirkungslos bleiben:
Die Vagusreizung, die als Ursache des Bronchialasthma
angesehen wird, kann unterbrochen werden durch Kokainisierung
der Reizstellen (Nase, Bronchien u. a.) oder Betäubung der zentralen
Reflexapparate mit Mitteln der Morphingruppe, Chloralhydrat
u.ä. oder Narkoticis (Ather u. ä.), oder da aak daß man die moto-
rischen Nervenendigungen durch Atropin oder Lobelin unerregbar
macht, oder daß man ihre Antagonisten, die dilatatorisch wirkenden
sympathischen Nerven durch Suprarenininjektion erregt, wodurch
die Bronchiolen ebenfalls, im Tierexperiment sogar besonders wirksam
erweitert werden. Ä
So sprechen gewichtige Gründe gegen die rein psychogene,
Entstehung des Asthma. Man wird daher den Gedanken an
eine operative Behandlung nicht von vornherein ab-
lehnen dürfen.
Sind aber die eben genannten pharmakologischen und klini-
schen Untersuchungsergebnisse und Erklärungen richtig, so ist es
sehr schwer oder gar nicht zu verstehen, daß bei Belassung
des Vagus, der die Konstriktoren der Bronchiolen 'versorgt, und
bei Durchtrennung des Sympathikus, der ihre Dilatatoren
versorgt, der Spasmus verschwindet.
Kümmell weist darauf hin, daß aus den anatomischen Prä-
paraten der Lungennerven hervorgehe, daß im Plexus pulmonalis
eine innige Durchflechtung von Vagus- und Sympathikus-
fasern stattfinde, und daß es ausgeschlossen erscheine, Stamm und
Ganglien des Halssympathikus zu entfernen, ohne gleichzeitig auch
Ausläufer des Vagus direkt oder indirekt zu durchtrennen. Auch andere
Operateure und Experimentatoren (Cyon, Odermatt u. a.) weisen
auf denselben Umstand hin. Nach meinem Eindruck von der topo-
graphischen Anatomie bei den Halsnervenoperationen glaube ich, mich
ieser Ansicht nicht anschließen zu können; ich glaube, daß bei einer
technisch einwandfreien Sympathikusoperation höchstens ganz unwesent-
liche Vagusfasern in Mitleidenschait Ba werden können, und daß
die Erfolge beim Astlıma bronchiale dadurch nicht erklärt werden können.
Man wird daher nach den Erfolgen der Sympathikusoperationen
annehmen müssen, daß der das Asthma verursachende Krampf
derBronchialmuskulatur durch dieSympathikusoperation
am Hals ausgeschaltet werden kann, obwohl der konstringierende
Nerv erhalten bleibt, der dilatierende durchtrennt wird.
Dies zu erklären, ist nicht einfach.
schiedene Möglichkeiten denken:
1. Es könnten im Sympathikus auch konstriktorische
Nervenfasern für die Bronchiolen verlaufen; nach den bisher
giltigen pharmakologisch - physiologischen Untersuchungsergebnissen
wäre dies nicht anzunehmen. Jedoch ergaben neuere tierexperimentelle
Untersuchungen von Weber, daß die bronchiokonstriktorische Wir-
kung des Muskarins, Pilokarpins und Physostigmins nur aufgehoben
wird bei gleichzeitiger Durchtrennung der Vagi und des Halsmarks;
Weber nimmt an, daß in der Medulla oblongata ein Zentrum für die
Bronchiokonstriktoren liege, das sowohl dwch den Vagus wie auch
Man könnte an ver-
auf dem Wege Rückenmark—Sympathikus mit den Lungen in Ver-
biodaig stehe.
usgehend von dem Gesichtspunkt, daß Vagus und Sympathikus
zu den Organen, die sie versorgen, im allgemeinen sowohl fördernde
wie hemmende Fasern führen, hält Januschke es für möglich, daß
auch im Sympathikus bronchiokonstriktorische Fasern verlaufen. Er
weist darauf hin, daß im Tierexperiment gelegentlich durch elektrische
Vagusreizung eine Bronchialmuskelerschlaffung, durch das (vagus-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
reizende) Muskarin zuweilen starke Bronchialerweiterung hervorgerufen
| wurde.
Andererseits erhielten Dixon und Ransom durch Reizung
des Sympathikus der Katze manchmal Bronchiokonstriktion, und F. L.
Golla und W. L. Symes erzielten in Übereinstimmung damit bei
Kaninchen, weniger bei Katzen, eine mäßige Bronchiokonstriktion
durch Injektion des sympathikusreizenden Adrenalihs.
Bei einem 10 jährigen Mädchen mit Asthma sah 'Januschke
von Atropin und Papaverin keine, wohl aber von Adrenalin und auch
Urethan gute Wirkung. Er nahm deshalb an, daß bei diesem Mädchen
die bronchiokonstriktorischen Nerven nicht’nur über den. Vagus, sondern
auch über den Sympathikus gehen.
2. dem Asthma ein Reflex zu Grunde, so könnte "der
z„entripetale Schenkel der Reflexbahn ganz oder teilweise über
den Halssympathikus on Nimmt man die zentripetale Bahn
weg, könnte der ganze Reflex und so auch die Konstriktion der
Bronchialmuskulatur nicht zustande kommen.
Auch Glaser und Käß sind der Ansicht, daß” die Entfernu
des Halssympathikus durch Unterbrechun
g eines zentripetal leitenden
Reflexweges wirke. |
3. Eine dritte Möglichkeit einer Erklärung wäre die, daß bei
dem Gleichgewichtszustand zwischen Vagus und Sympathi-
kus, der im autonomen System als vorherrschend angenommen werden
muß, die Wegnahme des Sympathikus das Spannungsverhältnis, den
Tonus, die Erregbarkeit und andere Verhältnisse der Muskulatur in
einer Weise ändern würde, die das Zustandekommen des für das Asthma
nötigen Spasmus unmöglich machen würde. Eine Hypothese ohne
Beweismöglichkeit!
4. Es könnte durch die Operation "die Blutversorgung der
Lungen geändert, in erster Linie gebessert werden. Allerdings
wäre da die längere Wirkung schwerer zu verstehen. Immerhin haben
Papilian und Co Tierversuche beschrieben, deren Ergebnisse
für die Möglichkeit sprechen, daß die Halssympatbikusoperation die
Blutversorgung der Lungen ändern oder auch anderweitig auf die
Lungen in erheblichem Maße einwirken kann. Sie bekamen nämlich
nach Halssympathikusexstirpation oder Zerstörung seiner Ganglien
‘oder deren Bepinselung mit ar Nikotinlösung eine Abnahme der
Atembewegungen auf die Hälfte, !
ür etwa 8— 10 Tage; Adrenalinein-
spritzung brachte die Atmung wieder auf die normale Zahl. Einfache
Freilegung der gleichen Gegend hatte keinen Einfluß in dieser Richtung.
Die Autopsie der Tiere ergab eine „mächtige Kongestion des tracheo-
bronchialen Raums und des Diaphragma“, die vielleicht als Ursache
der Atmungsverlangsamung in Betracht kommen und ihrerseits durch
eine Reizung einiger sympathischer Fasern hervorgerufen sein könnte.
5. Möglicherweise handelt es sich um keine kausale, sondern
eine psychische Therapie.
6. Eine weitere Möglichkeit wäre die, daß unsere derzeitigen
Auffassungen über die Pathogenese des Asthma durch Bronchial-
muskelkrampf und Vagusreizung unrichtig sind.
Wie dem auch sei, jedenfalls ist diese letzterwähnte Auffassung
zurzeit die herrschende, dementsprechend geht die ganze Asthma-
therapie darauf aus, den Vagus zu lähmen oder den ym-
pathikus zu reizen. So liegt der Versuch nahe, das Asthma
bronchiale mit der operativen Durchtrennung eines Vagus
zu behandeln.
Diese Operation ist an sich zweifellos
wissen von einer ganzen Anzahl von Vagusverletzungen der ver-
schiedensten Art, daß die Durchtrennung des Nerven auf einer Seite
ohne Störung überstanden wird, und daß auch späterhin, im Laufe
vieler Jahre, keine merkbaren Folgen daraus hervorgegangen sind.
(Über die Einwände von Sauerbruch und Frey gegen derartige
Nervenoperationen s. unten).
Nach diesen Überlegungen habe ich zuerst im Januar 1924
den rechten Vagus unterhalb vom Abgang des Rekurrens
bei einem Asthmatiker durchtrennt (der linke Vagus wäre Ja
unterhalb vom Rekurrensabgang nur sehr schwierig zu erreichen).
Die Technik dieser Operation ist sehr einfach. Anfangs
machte ich einen Längsschnitt am inneren Kopfnickerrand, später emen
Querschnitt über dem unteren Kopfnickeransatz rechts. Anfangs durch-
trennte ich den Kopfnicker an seinem unteren Ansatz, jetzt verziehe
ich ihn, mit ganz wenigen Ausnahmen, nur nach der Seite, dringe an
seinem inneren Rand in die Tiefe und schiebe die Karotis und Jugu
laris auseinander. Zwischen ihnen trifft man den Vagus, den man mit
1/,0/,igem Novokain injiziert und dann, am besten stumpf, brustwärts
verfolgt. Zerren und Drücken am Vagus und Rekurrens muĝ ver-
mieden werden, um keine Lähmungen des letzteren Nerven herbeizu-
führen. erblickt man den Rekurrensabgang deutlich, s
Vagus unterhalb vom Rekurrensabgang mit einer Klemme
unterhalb durchtrennt.
o wird der
gefaßt und
Ich habe im Laufe der letzten Monate eine größere Anzahl
Kranker auf diese Weise operiert. Die Operation wurde stets 0
örtlicher Betäubung ausgeführt. Irgend welche Störungen durch
die Operation sind nicht eingetreten mit Ausnahme von zwel Re-
kurrenslähmungen, die wohl durch Druck oder Zug un
rufen wurden, jetzt nach einigen Monaten in Rückbildung begriffen su
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die Arteria subelayia mit einem
- Operationen am Vagus und am Sympathikus helfen.
beide helfen,
_ &ine so große Rolle spielen und noch so wenig geklärt sind.
‚sehr schwerem
E aD und zu viertelstundenweise.
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‚ganz außerordentlichen Verschlimmerung
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Br
‘
Auch Störungen von seiten der Lungen, des Herzens oder der
~ Bauchorgane wurden nicht beobachtet, weder unmittelbare noch spätere. |
Dagegen habe ich bei einer meiner letzten Operationen einen
‚schweren Zwischenfall erlebt, den ich allerdings für unmöglich .
"gehalten hätte: Bei der Vagusoperation zieht man vorteilhafterweise
aken nach oben rechts.
Zug mit Langenbeckschem Haken (der betreffende Assistent zog,. soweit
-ich es beurteilen konnte, gar.nicht übermäßi
subclavia einer 58jährigen Frau ein. Wie sich bei der folgenden Ver-
sorgung herausstellte, war an diesem Zwischenfall eine 'ganz außer-
ordentliche Morschheit und Brüchigkeit der Arterie, die zu einem fast
völligen Verlust der Elastizität geführt hatte, schuldig. Dieser Zwischen-
fall führte leider weiterhin zu
Tod der Frau zur Folge hatten. en
` Durch diesen Todesfall, der natürlich weder mit dem
Bronchialasthma noch der Vagusdurchtreunung, sondern mit der
Operation im Bereich der großen Halsgefäße zusammenhängt, wird
omplikationen, die nach 4 Tagen den
das Konto der im allgemeinen sehr einfachen und auch ungefähr-
lichen Vagus-Operation sehr schwer belastet. Allerdings wird die ein-
malige trübe Erfahrung genügen, um solche Unglücksfälle für immer
zu verhüten. Eine Ablehnung der Operation könnte dieser
Todesfall nicht begründen, wenn die Operation im übrigen
gegen Asthma helfen kann.
Besondere a eng. erfordert während der Operation
die Sensibilität des Vagus; dieser Nerv hat, entgegen der bisher
giltigen Auffassung, auch unterhalb vom Abgang des Rekurrens noch `
sicher eine gewisse Sensibilität, die meist in den Hals, ganz selten. in
- die Brust, einmal in den Magen lokalisiert würde, die aber durch
Kneifen oder Klemmen regelmäßig auslösbar ist. Schwere Reflexe vom
- Vagus aus sahen wir nicht. Um alle derartigen Störungen zu ver-
meiden, haben wir, wenn die Infiltrationsbetäubung zur Leitungs-
‚ünterbrechung des Vagus nicht sicher ausreichte, jedesmal den Nerven
=- noch endoneural mit einigen Kubikzentimetern Y, iger. Novokain-
lösung injiziert. | u | Ä
| Von unseren mit Vagusdurchtrennung operierten Kranken ist
‚ein großer Teil seit der Operation von ihrem Asthma
‚befreit. Und zwar haben diese Geheilten nicht nur die Anfälle
verloren, sondern auch die Kurzatmigkeit bei Anstrengungen und
: die oft vorhandene Bronchitis, deren Besserung das objektivste
Urteil erlaubt, und andere Begleiterscheinungen des Asthma sind
ganz verschwunden oder wesentlich gebessert. |
= Voden nicht völlig geheilten Kranken sind die meisten
' wesentlich gebessert, sie bekommen viel weniger Anfälle, die
. ‚im allgemeinen mit viel
zu bekämpfen sind.
geringeren Mengen der Asthmagegenmittel
Nur wenige Kranke sind durch die Operation nicht beein-
{lußt worden oder haben schwere Rezidive bekommen (s. unten).
‚Eine Verschlimmerung des Leidens ist nie eingetreten.
Demnach ist die Lage beim Asthma bronchiale jetzt dieselbe
wie bei der Angina pectoris: wie bei dieser sollen auch beim Asthma
Ob
oder ob beide nicht helfen, das kann natürlich erst jahre-
lange Erfahrung lehren. | T |
-_ ‚Pie Frage beim Asthma liegt fast noch komplizierter als bei
der Angina pectoris, da beim Asthma die psychogenen Beziehunge
Sollte sich nun durch jahrelange Beobachtungen herausstellen,
daß die Heilungen des Asthma durch diese Nervenoperationen doch 2
und nicht psychogen bedingt sind, so braucht die Tat-.
objektiv
Sache, daß Operationen am Vagus und am Sympathikus
Nelfen, an sich keinen Widerspruch zu bedeuten. Wir haben:
oberi ausgeführt, wie sich, auch wenn die Vagushypothese der
sthmaerklärung richtig ist, die Wirkung der Sympathikusoperation
erklären ließe.
Nimmt man an, daß der Sympathikus den zentripetalen, der
‚zus den zentriiugalen Schenkel der Reflexleitung unterbricht,
' Könnten sich
„Unterstützen und ergänzen.
vielleicht die beiden Operationen sogar direkt
mmer aber ist das sicher nicht so: Ein '64jähriger Kranker mit
A Asthma wurde durch die Vagusoperation außerordent-
gebessert; aber er war noch nicht ganz geheilt, „pustete“ noch
i l Dieses „Pusten begann mit Schwitzen
Sen, N rechten Gesichtshälfte, demnach mit einer Reizung des rechten
2 athikus. Ich habe daraufhin das untere Hals- und obere Brust-
ganglion des rechten Sympathikus entfernt, mit dem Erfolg einer
erschli | des Asthma; die
nor Inmerung legte sich im Laufe einer Woche allmählich. Aber
ach 3 Wochen, als der Kranke entlassen wurde, war der gute
ustand wie » . ‘ f `
; ‚, Wie er nach der Vagusoperation bestanden hatte, noch nicht
wieder erreicht. a pora Ze
1924 — MEDIZINISCHE RLINIE- Nr.89 000.
Unter diesem
stark) riß die Arteria
oder ob die eine’ mehr oder weniger hilft,
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-Besonderer Überlegung bedarf noch die. Frage, 'wie dann,
wenn die Operationen am Vagus oder Sympathikus objektiv. helfen,
die Mißerfolge der beiden ‚Operationen zu erklären sind.
Man könnte die Ursache der Mißerfolge zunächst darin suchen,
daß man mit einer einseitigen Operation unmöglich. eine Er-
krankung beider Lungen beeinflussen oder ganz ausschalten kann.
Dieser Einwand ist bis zu einem ‘gewissen: Grad richtig; man wird
von einer einseitigen Operation, insbesondere am Vagus, in erster
Linie einen Einfluß auf die Lunge der operierten Seite, erst in zweiter
Linie, auf dem Wege über. die Nervenverbindungen zwischen beiden
Lungen im‘ Plexus pulmonalis posterior, auch eine Einwirkung aul
die andersseitige. Lunge erwarten dürfen. Reicht der. Einfluß der
Operation aus, um in der einen Lunge das Asthma zu beseitigen,
so wäre das Asthma im ganzen wohl beseitigt; denn sollte die Lunge
der nicht operierten Seite den asthmatischen: Zustand bekommen,
so könnte der Kranke mit der Lunge der operierten Seité ruhig
ak >
nicht operierten Seite störend wirken- würde. =
mit der Operation wohl auf den nervösen Zustand beider Lungen
ein auf dem Wege über die Verbindungen in den Plexus pulmonales
‚posteriores: Dann würden wohl diejenigen Asthmakranken . geheilt
werden, deren Reizungszustand der Lungennerven oder Lungen,
durch die - einseitige Vagusoperation herabgesetzt, dem Normalen
nahekommen würde. Diejenigen, bei .denen der Reizzustand
auch nach Ausschaltung der einen Hälfte der Reizleitung
halten, müßten ungeheilt bleiben. (In dieser Beziehung muß
’Asthmaanfälle sich gleichmäßig auf beide Lungen oder Lungenlappen
erstrecken.) — Ferner würden diejenigen Asthmakranken ungeheilt
bleiben, bei denen die Verbindungen der Nerven zwischen
: rechter und linker Lunge ausreichen würden, um den- Bronchial-
muskelkrampf auch in der Lunge der operierten Seite, trotz Ent-
feruung von deren Hauptnerven, noch zustande kommen zu lassen.
Nicht geheilt würden weiter diejenigen Kranken werden, deren
latur ausgelöst würde.
‚Rückfälle auch in folgendem liegen: Die Durchtxennung des Halssym-
pathikus schaltet sicher einen Teil der sympathischen Bahnen, nach
Möllgaard und Kümmell sogar den größten Teil, (Ganglion. cer-
vicale medium und stellatum) aus; es bleiben aber die Verbin-
dungen vom Plexus pulmonalis zum Rückenmark über
die Dorsalnerven erhalten. Nach Läwen, Bradford und Dean
scheinen , derartige sympathische Verbindungen hauptsächlich über
D 3—5, aber auch noch D 6 und 7 zu gehen. Demnach bestehen
auch nach Ausschaltung des Halssympathikus noch eine ganze An-
zahl sympathischer Nervenverbindungen zu den Lungen: ` >
pathikus eine große Rolle in der Asthmaentsiehung spielt, Ursachen,
dié nach Erfahrungen, die wir an zwei Kranken machten, wohl.
möglich scheinen. | | o, T r |
| Eine 67jährige Frau, die seit 20 Jahren. an schwerem Asthma
` (chronische Kurzatmigkeit, unterbrochen durch Anfälle) litt, wurde durch
die rechtsseitige Vagusoperation nicht gebessert. Wiederholte Novokain-
einspritzung an den linken Halssympathikus unterbrach die Anfälle jedes-
mal für die Dauer der Novokainwirkung. Darauf entfernte ich ihr das.
untere Hals- und obere Brustganglion des linken Sympathikus. Sie.
ist seitdem ihr Asthma los. Der
‚aus der Klinik zu Hause noch wesentlich gebessert.
. Bei einem. 42jährigen Mann, Asthmatiker seit Jahren, war die
Wirkung der Vagusoperation, sehr gering, die: Sympathikusoperation
links beseitigte das Asthma sofort und bisher dauernd. Be
Ein weiterer Grund für. die Mißerfolge könnte darin. liegen,
daß die Lungen schon so stark emphysematös verändert
sind, daß auch ein Wegfall des Bronchospasmus dennoch die nor-
male Atmungsleistung nicht wieder herstellen kann. >
. Der Hauptanteil der Mißerfolge fällt jedoch wohl auf solche
‚Kranke, deren Asthma, nach unseren rückblickenden Kenntnissen,
sicher rein psychogen oder doch im wesentlichen psychogen be-
dingt ist, die wir, wenn wir die richtige Diagnose früher gestellt
hätten, natürlich von vornherein nicht operiert hätten. zo
Ich glaube zurzeit, daß man geradezu sagen kann: Je
weniger psychogene Momente bei der Asthmaentstehung mit-
sprechen, desto besser sind die Operationserfolge.
. i
‘
weiter. atmen, :ohne daß der asthmatische . Zustand der Lunge der
'.. Aber wahrscheinlich liegen die Verhältnisse anders; wir wirken `
noch stark genug wäre, um das Asthma aufrecht zu er- .
auch erwähnt werden, daß, nach Werner Schultz, nicht ‘alle.
Asthma durch eine direkte’Erregung der Bronchialmusku-
- Bei den Sympathikusoperationen könnte der Grund der
Mit der Vagusoperation würden“ diejenigen Asthmakranken |
nicht geheilt. werden, deren Bronchialmuskelinnervation über.
den Sympathikus geleitet wird, oder bei denen, doch der Sym-
Zustand hat sich nach der Entlassung- `-
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= Vagusoperation bei Asthma bronchiale. nichts sagen, da
. aber nur sehr vorsichtig weitergehen dürfen.
Entschließt man sich zur Operation, so erhebt sich die’
sagen, ob nicht der andere Nerv doch etwas abbekommen hat, wenn
-Vorentscheidung zu treffen ist, zunächst an den leichter erreichbaren
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18500 © >> > 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
“ Man wird fragen müssen, ob man bei diesen Teilerfolgen be-
rechtigt ist, Asthmakranke überhaupt weiter zu operieren. Die
direkten Operationsgefahren können keinen Hinderungs-
grund abgeben. |
Neuerdings hat Sauerbruch durch seinen Assistenten Frey
vor den Operationen warnen lassen, da die Durchtrennung von
Herznerven bei geschädigtem Herzen einerseits zu schwerer Störung,
ja Stillstand der Herztätigkeit, andererseits zu einer Herabsetzung der
führe. Diese sehr beherzigenswerten Einwände können gegen die
er Vagus
unterhalb vom Abgang des Rekurrens durchtrennt wird und so Herz-
Äste des Vagus kaum in Mitleidenschaft -gezogen werden. Auch
bei der 'Sympathikusoperation. fallen, wenn man nur das untere
Hals- und oberste Brustganglion einer Seite entfernt, nur recht weni
asthmas ist auf die Dauer schädlicher für das Herz, als die Entfernung
dieser wenigen Nervenäste. Zudem. ist ja von den vielen Hals-
sympathikusoperationen bei. Epilepsie, Basedow usw. bisher nichts
gebnisse von Frey sprechen würde. Insbesondere hat Brüning bei
elektokardiographisch genau untersuchten Herzkranken nach den Sym-
pathikusoperationen ‘nie Schädigungen feststellen können. Mit dieser
` Begründung der möglichen Herzschädigung wird man die Asthma-
operationen "nicht ablehnen dürfen.
Auf der ‘Mitteldeutschen ‚Chirurgenvereinigung in Dresden, Juni
1924, hat Harttung über eine Sympathikusoperation bei Asthma be-
richtet, die zu einer vorübergehenden Parese der Muskulatur des
linken Arms. führte. H. nahm, als Ursache der Parese eine trophische
Wirkung an. Ich glaube eher, daß diese Störung durch. eine direkte
operative Einwirkung auf den nahe Ener Plexus (Hakendruck,
Zug o. a.) bedingt war; häufiger scheinen dadurch vorübergehende
Plexusneuralgien ausgelöst zu werden.‘ Auch diese Folgen, die
‘durch vorsichtiges Operieren wohl vermieden werden können, könnten
"nicht gegen die Operation sprechen. | p
Was für den streng denkenden Chirurgen die operative
Asthmabehandlung' so unsicher macht, ist die oben angeführte
Unsicherheit der Erfolge (es ist uns bisher nicht gelungen,
festzustellen, weshalb ein Kranker nicht reagierte, während ein uns
im .einzelnen Fall,
Asthmazustände die gleiche Ursache. RE
Ich sehe ganz davon ab, daß zunächst überhaupt ein Asthma
bronchiale vorliegen muß, daß es sich nicht um ‘kardiale Kurz-
atmigkeit (diese Differentialdiagnose ist durchaus, nicht immer
leicht; wahrscheinlich gibt es auch kombinierte Zustände) oder eine
andere Lungenerkrankung handelt. Diese Krankheitszustände
muß man erkennen und von der Operation ausschließen. - .
Man muß weiter alle’ psychogenen und auch die
psychogen verdächtigen Fälle von vornherein von der
Operation ausschließen.
Auch bei den. übrigen Kranken wird man nochmals versuchen,
heilen. Nur dann, wenn alles versagt, wird man sich zur Operation
entschließen dürfen. = e |
Es wird ratsam sein, sich in der Entwieklungszeit, in der sich
die Asthmaoperationen zurzeit befinden, möglichst zurück-
haltend zu verhalten, weil jetzt schon genügend Kranke operiert
Dauerergebnisse festgestellt werden können,
Grundlage für unser. weiteres Handeln abgeben müssen. Allerdings
wird man, wenn man an: die Möglichkeit operativer Asthma-
heilung glaubt, nicht alle Kranken ablehnen können. Man wird
schwierige Frage: Vagus oder Sympathikus? Ich muß gleich
denster Richtung bisher kein Mittel gefunden haben,’ sicher zu ent-
scheiden, welcher Nerv im einzelnen Fall am besten entfernt wird.
Wir versuchen, die Frage durch Novokaineinspritzung an den rechten
Vagus (Rekurrenslähmung) oder linken Sympathikus (Hornerscher
Symptomenkomplex) zu entscheiden; niemand kann dabei sicher
der eine sicher ausfällt. So wenden wir uns, wenn keine bestimmte
rechten Vagus, dessen Durchtrennung bei den meisten unserer
Kranken ausgereicht "hat. Genügt der Erfolg der Vagusoperation
nicht, so würden wir uns unter Umständen, nach nochmaliger
Reaktion des Herzmuskels auf die Zufuhr von Digitalis oder Strophanthus
Herznervenäste weg. Ich glaube, das Weiterbestehen des Bronchial-
bekannt geworden, was in der Richtung der tierexperimentellen Er-
gleichartig erscheinender geheilt wurde) und insbesondere die
‘Schwierigkeit der Beurteilung der Asthma-Pathogenese
‘Denn wohl sicher haben nicht alle
das Asthma mit innerlichen Mitteln, mit Psychotherapie usf. zu-
zu sein scheinen, 'an denen im Lauf von 2—3 Jahren die-
die dann die -
vorausschicken, daß wir durch genaue Untersuchung in verschie-
genauer Untersuchung und insbesondere nochmaliger sorgfältiger
`
Überlegung, ob nicht doch.ein psychogenes Asthma vorliegt, an den
linken Sympathikus halten und dessen unteres Hals- und oberes
Brustganglion entfernen: © | |
Keinesfalls würde ich im ‚jetzigen Zwischenstadium an
beiden Halssympathiei oder beiden Vagi operieren, wie ich
überhaupt der Ansicht bin, daß vorsichtiges Vorgehen, in
jeder Hinsicht, dem neuen Verfahren, das.noch: im Versuchszustand
steckt, am meisten nützen kann.
= -Die Operationserfolge scheinen mir um so besser, wenn in der
ersten Zeit nach der Operation die. Bronchitis, an der fast alle
Asthmatiker leiden, möglichst gut nachbehandelt wird. Wir
haben nach der Vagusoperation zuweilen eine außerordentliche
. Vermehrung :der Bronchialsekretion gesehen, aber nicht regelmäßig.
Ich hoffe, daß die chirurgischen Vorschläge auch die Innere
Medizin, die. Pharmakologie und die Physiologie zu- neuer Arbeit
auf dem Asthmagebiet anregen und so zu einer weiteren Klärung
der Asthmafrage führen werden.
Leider läßt sich Hinsichtlich der. operativen Asthma-
behandlung nicht alles Wissenswerte auf dem Wege des
Tierversuchs allein ergründen. Vom experimentell - erzeugten
Asthma der Versuchstiere wissen wir nicht, ob es dem menschlichen
Asthma entspricht. Asthma als Krankheit ist zwar bei Tieren
bekannt, aber noch sehr wenig genau erforscht, und insbesondere
- wissen wir dabei ebenfalls nicht, .ob dieses tierische Asthma dem
menschlichen Bronchialasthma entspricht.
So ergibt sich die leidige Tatsache, daß wir die endgiltige .Ent- in
scheidung über die Frage der operativen Asthmabehandlung vom Aus-
gang der Operationen: am Menschen selbst abhängig machen müssen.
Die vorläufigen Ergebnisse berechtigen,. nach meiner Auf-
fassung, zu einem vorsichtigen Weiterschreiten auf diesem Gebiet.
Aber ich möchte im derzeitigen Entwicklungsstadium zu möglichster
Zurückhaltung mahnen, da das endgiltige Urteil über den Wert oder
Unwert der Operationen erst in etwa 2—3 Jahren gefällt werden kann.
Würde es schließlich gelingen, auch nur 30°, der‘ sonst
unheilbaren Bronchialasthmatiker operativ. zu heilen, so würde das
schon einen großen Gewinn darstellen, der einen Operationsversuch
bei allen Kranken, deren Asthma nicht psychogen bedingt ist, nach
‚Ausschöpfung der anderen Behandlungsmittel, berechtigt erscheinen ` |
' lassen würde. ee
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28. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
Abhandlungen.
Die passive Resistenz zur Verhütung lebensgefährlicher
Reaktionen.
Von Prof. Dr. Aufrecht, Magdeburg.
Die Einführung des Begriffs passive Resistenz bedarf zunächst
der näheren Definition. Als Grundlage dieser Definition mache ich
die Anschauung geltend, daß jede Krankheit als eine Kom-
bination zweier Faktoren anzusehen ist: 1. der Krankheits-
noxe (äußere und innere, mechanische und chemische Reizwirkung,
endogener und endokriner Tonus- und Reizmangel) oder des
Krankheitserregers oder beider zusammen; 2. der Reaktion der
betreffenden Organe oder des Blutes. Die Reaktion kann eine febrile,
parenchymatöse, exsudative, im Blute verlaufende, nervöse sein
oder mehrere dieser Funktionen umfassen. Wir wissen zur Genüge,
daß das Vorhandensein eines Krankheitserregers im Organismus
nicht gleichbedeutend mit Krankheit ist. Cholerabazillen können
im Darm vorhanden sein, ohne daß eine Cholera entsteht; Pneumo-
kokken können in der Mundhöhle und in den oberen Luftwegen
hausen, ohne daß eine Pneumonie eintritt; Fremdkörper können
unter der Haut, in ‚der Muskulatur oder in einem. inneren Organ
ohne besondere Schädigung vorkommen. Alle diese Gebilde stellen
den unter 1. zu subsumierenden Krankheitsfaktor dar, der erst zu-
sammen mit den unter 2. angeführten Reaktionserscheinungen das
darstellt, was Krankheit zu nennen ist. Damit es zu einer solchen
kommt, bedarf es der Disposition, die im Körper liegen oder von außen
gegeben sein muß und dauernd oder vorübergehend. bestehen kann.
Nun ist bisher für den Verlauf und den Ausgang einer Krank-
heit dem 1. Faktor, der Krankheitsnoxe bzw. dem Krankheitserreger,
oder beiden zusammen, . die Hauptbedeutung beigemessen worden,
[4
während der 2. Faktor, die Reaktion, als naturnotwendig und zur
Heilung unbedingt erforderlich angesehen worden ist. Nach meiner
Erfahrung ist die letztere Ansicht nicht in vollem Umfange zu-
treffend. Die Reaktion kann in vielen Fällen so hochgradig, so
heftig werden, daß sie in weit höherem Maße das Leben gefährdet,
wie der 1. Faktor. Wenn dies richtig ist, muß es als eine wichtige
Aufgabe der Therapie angesehen werden, die Reaktion über eine
mittlere, ungefährliche Höhe nicht hinausgehen zu lassen.
nachfolgenden Tatsachen dürften die Berechtigung einer solchen
Ansicht erweisen. |
Denn das eben Gesagte ist nicht das Ergebnis theoretischen
Raisonnements, sondern die Induktion aus einer Reihe von Einzel-
beobachtungen, die ich im Laufe von Jahrzehnten gemacht habe, .
und nunmehr unter der obigen Definition zusammenfasse.
Meine ersten Erfahrungen beziehen sich auf die mit befriedi- .
gendem Resultat von mir behandelten Cholerafälle, die ich
während der beiden Magdeburger Epidemien in den Jahren 1866
und 1873 in nicht geringer Zahl zu sehen Gelegenheit hatte. Im
3. Hefte meiner pathologischen Mitteilungen habe ich ‚sowohl über
die Diät als auch über die medikamentöse Behandlung berichtet.
Ich habe Opiate angewendet, so lange nur Diarrhoe bestand. War |
schon Erbrechen hinzugekommen, habe ich Morphium subkutan
injiziert und zwar in der Dosis von 1 cg bis 15 mg. Wenn ich an
der angegebenen Stelle bemerkt habe, daß ich von der Anwendung
dieses Mittels abgesehen habe, sobald Kollaps eingetreten war,
möchte ich jetzt nach der weiterhin mitgeteilten Beobachtung bei
einem Ruhrfalle auch dann noch vom Morphium Gebrauch machen,
zumal bei gleichzeitiger Anwendung von Exzitantien, vor allem von
Kampferinjektionen. Auch würde ich von vornherein zur Bekämpfung
der Diarrhoe statt des Opiums Morphium intern anwenden.
Bei der Behandlung der Ruhr habe ich schon im Beginn
vom Morphium Gebrauch gemacht und bei Erwachsenen 1 cg bis
lö mg 1 bis Qmal täglich angewendet.
je In einem Falle, zu dem ich nach dreiwöchiger Dauer der Krank-
eit hinzugeholt wurde, bestand schon hochgradige Erschöpfung, der
-uls war frequent und klein, die blutigen Entleerungen erfolgten an-
haltend spontan. Dabei ne die Patientin über heftige Leibschmerzen, |
En war Druck auf den Leib sehr empfindlich. Ich wagte es, eine
ie tion von 15 mg Morphium zu machen. Die Schmerzen hörten
‚‚aul, der Stuhlgang erfolgte nicht mehr spontan, der Puls hob sich.
Dat noch eine Injektion war am nächsten Tage erforderlich, Die
lentin wurde gesund.
Suhi Bei ein paar Typhuskranken habe ich gegen sehr häufige
Br Sense, bei denen es auch zu spontanen Entleerungen kam,
T estem Erfolge Morphium injiziert, obwohl schon nicht un-
eträchtliche Erschöpfung der Körperkräfte bestand. Ich würde
Klosett erreichen
Die
aber auch nicht anstehen, gegen allzu häufige Diarrhoen Typhus-
kranker Morphium intern oder subkutan anzuwenden.
In all diesen Fällen fasse ich die Wirkung des Morphiums
dahin auf, daß dasselbe die Heftigkeit der Reaktion gegen die ein-
gedrungenen Schädlichkeiten herabsetzt, also eine nützliche pas-
sive Resistenz der erkrankten Organe herbeiführt. Ich
möchte sogar die Vermutung aussprechen, daß diese passive Resistenz
auch insofern besonderen Wert hat, als sie eine Verringerung der
von den erkrankten bzw. entzündeten Organen in das Blut hinein-
gelangenden schädlichen Stoffe im Gefolge hat. Meiner Ansicht
nach entspricht jeder entzündlichen Exsudation nach
außen eine entzündliche Resorption nach innen d.h.
näch dem Blute hin. |
Am überzeugendsten dürfte für den Wert der passiven Resistenz
folgende Beobachtung sprechen. i
Eines Tages im Januar d. J. hatten ich, meine Schwester und
unser Dienstmädchen zufällig die gleiche Nahrung zu uns Ben
wie am vorausgegangenen Tage; nur war dem Mittagessen Blumenkohl
hinzugefügt worden. Abends um 10 Uhr stellte sich bei mir heftiger
Leibschmerz ein und kurz darauf starker Stuhldrang mit einer massen-
haften diarrhoeischen Entleerung. Nach einer halben Stunde stellte
sich der gleiche Zustand ein, nur war der Stuhldrang so heftig, daß
ein Teil des Stuhlganges herausgedrängt wurde, noch bevor ich das
onnte. Ich nahm sofort eine Tablette von 2 cg
Morphium und ging zu Bett. Aber eine halbe Stunde später mußte
ich der Diarrhoe wegen das Bett verlassen, wobei gleichfalls ein Teil
des Stuhlganges spontan abging. Ich nahm sofort eine zweite Tablette
von .2 cg und trotz einer gestörten Nacht traten weder Schmerzen noch
Diarrhoe wieder auf. Die nächste Entleerung, die am Abend des
folgenden Tages eintrat, war normal. | |
Die gestörte Nacht war die Folge der Erkrankung meiner
Schwester. Bei dieser stellten sich abends um 11 Uhr die gleichen
Symptome ein wie bei mir. Nach dreimaligen stürmischen Entleerungen
erhielt sie von mir 2 cg Morphium und ging zu Bett. Aber sahen
nach einer halben Stunde mußte sie dasselbe verlassen -und dreimal
nacheinander unter Schmerzen und heftigem Stuhldrang das Klosett
aufsuchen, konnte aber dasselbe nicht erreichen, ohne daß ein Teil des
Stuhlganges herausgedrängt wurde. Sie klagte nun über hochgradige
Schwäche, ihr war schwarz vor den Augen, die Sinne wollten i
schwinden. Sie erhielt nun eine zweite Tablette von 2 cg Morphium
` und hatte bis zum Morgen Ruhe; aber als sie, dann wieder zweimal
heftige Diarrhoe hatte, erhielt sie eine dritte Tablette von 2 cg. Sie
lag nun den Tag über schlummernd da, schlief auch in der folgenden
Nacht und war am nächsten Morgen gesund. |
Unser Dienstmädchen hatte nur den kleinsten Teil des Blumen-
lien erhalten. Dafür war sie mit mäßigen Leibschmerzen und
einer dreimaligen Diarrhoe davongekommen, wie ich erst am nächsten
. Tage auf mein Befragen erfahren habe.
Bei meiner Schwester wäre ohne die Anwendung des Morphiums
das Leben in Gefahr gewesen. Wenigstens bin ich vor langen Jahren
zu einer Kranken hinzugeholt worden, die unter gleichen Symptomen
3 Tage vorher erkrankt war und nun kollabiert dalag. Ich kam damals
nicht einmal auf den Gedanken, enge daß ich es gewagt hätte,
Morphium anzuwenden. Schon 12 Stunden später folgte der tödliche
Ausgang:
brigens war der Blumenkohlkopf, an dem jedenfalls die schäd-
lichen Bakterien (Paratyphusbazillen?) gehaftet haben, nur wenige
Minuten angekocht und dann in die sogenannte „Kochkiste* getan
worden. Das hatte wohl nicht ausgereicht, um die Bakterien abzu-
töten oder wenigstens in ihrer: Wirkung abzuschwächen.
Dieses Beispiel spricht vor allem für die Berechtigung der
Anwendung des Morphiums schon im Beginn einer solchen akuten
Darmerkrankung. Auch geht daraus hervor, daß eine verlangsamte
Ausscheidung des schädlichen Agens ohne Bedeutung für den Ver-
lauf der Krankheit war und nur die Hemmung des Übermaßes der
reaktiven Erscheinungen, also die‘ medikamentös erzielte passive
Resistenz, den günstigen Erfolg: gezeitigt hat. |
Ich bin überzeugt, daß. mancher Fall von Fleischvergiftung
günstiger verlaufen würde, wenn durch Morphium die Heftigkeit
der Reaktion herabgesetzt wäre. _ ‘ |
Aber nicht nur bei den bisher erwähnten Erkrankungen der
Darmschleimhaut, bei denen ein massenhaftes, entzündliches Exsudat
nach außen befördert wird, ist die Herbeiführung der passiven
| Resistenz zu empfehlen; eine solche ist auch da am Platze, wo ein
entzündliches Exsudat in ein inneres Organ abgesetzt wird. Ich
habe hier vor allem die Pneumonie im Auge. Das Morphium kann
neben sonstigem Nutzen die Reaktion, welche von den Pleuren oder
vom Gehirn und den Hirnhäuten ausgeht, herabsetzen. Meine eigene
Pneumonie, über die ich in der 2. Auflage meines Werkes über die
1351
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Lungenentzündungen berichtet habe, bietet hierfür ein gutes Beispiel..
Ich hätte wobl ohne die subkutane Anwendung des Morphiums die
mit einer hochgradigen akuten Nephritis einhergehende Krankheit
nicht überstanden. — Vielleicht danke ich auch der Anwendung des
Morphiums die auffallend geringe Zahl von Pleuritiden und Menin-
gitiden bei den im Krankenhause und in der Privatpraxis von mir
behandelten Pneumonien. i Sa
Ferner ist das Bromkali ein geeignetes Mittel zur
Erzielung passiver Resistenz. Seine Wirkung bei der Epilepsie
ist nur auf die Abschwächung oder Unterdrückung der Krämpfe
und der sonstigen Zustände zurückzuführen, die als Reaktion auf
den 1.Faktor, die Krankheitsnoxe, auftreten. Eine längere Zeit
andauernde Besserung des Leidens durch Bromkali kann also nicht
als Einwirkung dieses Mittels auf diesen Faktor angesehen werden.
Eine dauernde Heilung der Epilepsie ist meist nur dann möglich,
wenn sie auf einer lokalen, der Behandlung zugänglichen, Krankbeits-
noxe beruht, die auch weitab vom Gehirn vorhanden sein kann,
wie Narben, Neurome, Fremdkörper u. a. m., oder, wenn sie auf
eine Allgemeinkrankheit zurückzuführen ist. Dies gilt besonders
für die Syphilis. Hier aber bedarf es nicht der Bekämpfung der
reaktiven Erscheinungen, also nicht der Herbeiführung einer passiven
Resistenz, weil die Krankheitsnoxe selbst durch die entsprechenden
Mittel beseitigt werden kann. |
In -analoger Weise wirkt das Bromkali bei den im Gefolge
von Infektionskrankheiten bisweilen auftretenden, heftigen Reiz-
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39. 28. September
i
zuständen des Gehirns im kindlichen Alter. Hier kann ich freilich
nur über eine geringe Erfahrung verfügen. Ich habe zweimal bei
scharlachkranken Knaben im Alter von 9 und ii Jahren, die hoch-
gradige Erregungszustände zeigten, je í g Bromkali abends an-
‚gewendet und rasche Besserung erzielt.
Inwieweit das Chinin hier einzubeziehen ist, das zu
entscheiden, muß ich weiteren Untersuchungen anheimgeben. Hat
doch Binz festgestellt, daß das Chinin eine Beeinflussung der Eiter-
körperchen, speziell eine Einschränkung ihres Austrittes aus dem
Blute, ausübt.
eine passive Resistenz der weißen Blutkörperchen mit dem Ergebnis
einer Verringerung von Eiterungen erzielt werden kann, zumal bei
der gegenüber der internen Verabfolgung weitaus wirksameren schon
im Jahre 1903 in den theurapeutischen Monatsheften von mir em-
pfoblenen subkutanen Anwendung von 5—10 g einer Lösung von
2 g Chininum hydrochloricum, 1 g Urethan in destilliertem Wasser
bis zur Gesamtmenge von 20 g. Einer mehrere Tage nacheinander
erfolgenden Anwendung steht meiner Erfahrung nach nichts im Wege.
Bis die Mittel zur Beseitigung der Krankheitsnoxen gefunden
sein werden, bevor sie zur Reaktion des Körpers geführt haben,
bis zur Heilung mancher Infektionskrankheit der Weg zur passiven
Immunisierung erforscht sein wird, dürfie sich die Anwendung
von Mitteln empfehlen, die eine passive Resistenz ermöglichen,
und auch dann noch können sich diese als brauchbare Beihilfe
erweisen, zumal bei foudroyantem Verlauf der Krankheit.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus der Chirurgischen Universitätsklinik zu Königsberg i. Pr.
| (Direktor: Prof. Dr. Kirschner).
Über den Solästhinrausch. - l
Von Dr. Sigurd Frey. E
‘Das synthetisch hergestellte Inhalationsanästhetikum Solästhin?)
ist Methylenchlorid (Dichlormethan, CH, Cl) und in seinem
chemischen Aufbau dem Chloroform nahe verwandt. Es kommt,
da es sich in Licht leicht zersetzt, in braunen Flaschen in den
Handel, ist eine klare, farblose Flüssigkeit von chloroformähnlichem
Geruch und löst sich leicht in Alkohol und Ather. Solästhin ist
wenig flüchtig — Reste können aufgebraucht werden — und nicht
feuergefährlich. Tierversuche, über die von anderer Seite (Hellwig)
eingehend berichtet ist, ergaben, daß das Methylenchlorid in seiner
narkotischen, Wirksamkeit dem Äther gleichzusetzen ist und angeblich
auf Herz und Atmungszentrum weniger schädlich wirkt als das
Chloroform. Ä
Wir versuchten das Solästhin nach 3 Gesichtspunkten: 1. als
kurzen Rausch, 2. als protrahierten Rausch, 3. als Einleitung zur
Vollnarkose mit Chloroform oder Äther. — Vollnarkosen mit Solästhin
führten wir nicht aus, da diese nach Mitteilungen anderer Kliniken |
(Hellwig u. a.) zu Komplikationen führen können.
i. Zur Erzielung eines Rausches, des : pränarkotischen
analgetischen Stadiums, tropften wir das Selästhin aus einer der
gebräuchlichen Tropiflaschen auf eine Schimmelbusch-Maske, etwa
80—100 Tropfen in der Minute. Nach einer Minute durchschnittlich
trat Bewußtseinsverlust und Unempfindlichkeit ein. Die Pupillen
reagierten auf Lichteinfall, die Reflexe ließen sich auslösen. Das
Stadium analgeticum hielt — ohne weitere Solästhingaben — einige
Minuten an, währenddessen Inzisionen, Einrenkungen, Verband- |
wechsel u. dergl. vorgenommen werden konnten.
Wir haben 150 Solästhinräusche ausgeführt, u. a. bei wenige
Monate alten Kindern, bei kachektischen Kranken, bei sehr alten
Leuten. Von den Patienten wurde das reizlose Narkotikum ohne
Widerstreben eingeatmet. Der Verlauf der Betäubung war regel-
mäßig. Üble Zufälle erlebten wir nicht. Bei Kindern genügten
20—40 Tropfen zur Erreichung des Stadium analgeticum, bei Er-
wachsenen 100—150 Tropfen. Das Einschlafen und Aufwachen er-
folgte langsamer als beim Chloräthyl. Eigentliche Versager sahen
wir nicht. Durch etwas längeres Tropfen gelang es, auch wider-
standsfähige Patienten einzuschläfern. Die Kranken selbst äußerten
sich zufrieden über die Betäubung. Nur selten traten als Nach-
wirkung Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen auf. |
Gegenüber dem Chloräthylrausch bietet der Solästhinrausch
folgende Vorteile: Man ist nicht auf die gelegentlich versagenden
1) Von den Höchster Farbwerken wurde der Königsberger
Chirurg. Univ.-Klinik Solästhin zu Versuchszwecken zur Verfügung
: gestellt.
‚Chloräthylilaschen angewiesen, sondern tropft wie beim Chloroform
aus einer gewöhnlichen Tropfflasche, was eine wesentliche Verein-
fachung bedeutet. Niemals kommt es wie beim Chloräthyl zur Ver-
eisung der Maske; Unregelmäßigkeiten in der Konzentration der
Dämpfe sind infolgedessen nicht zu befürchten.
2. Wir versuchten, das pränarkotische analgetische Stadium,
den Rausch, durch weitere vorsichtige Solästhingaben unter sorg-
fältiger Vermeidung des Exzitationsstadiums über längere Zeit aus-
zudehnen, also einen protrahierten Rausch, eine Halbnarkose zu er-
zielen. Dies gelang in allen Fällen (45). Ohne jegliche Vorbereitung
der Kranken mit Morphium u. dergl. debnten wir bei Kindern und
Erwachsenen den Rausch bis zu 40 Minuten aus und konnten lang-
dauernde Eingriffe auf diese Weise ausführen. (Operationen an
Gesicht und Extremitäten, Gipsverbände usw.). Sämtliche Halb-
narkosen verliefen regelrecht. Die Kranken lagen in rubigem Schlaf
bei erhaltenen Pupillen- und Sehnenreilexen. Der Blutdruck war in
geringem Maße erniedrigt. Nach dem Aufwachen fühlten sich die
Patienten wohl; sie erbrachen nur selten. Urinkontrollen ergaben
normalen Befund; postnarkotische Erkrankungen. beobachteten
wir nicht. Ä Eu ia Ehen
Auch zum protrahierten Rausch ist also das Solästhin geeignet.
Seine Wirkungsbreite läßt sich durch vorherige ‚Gaben von
Morphium usw. noch wesentlich vergrößern. Auch in Kombination
mit Lokalanästhesie erzielten wir gute Erfolge (z. B. hatte em
Patient, der in Lokalanästhesie wegen einer inkarzerierten Hernie
operiert wurde, beim Hervorziehen von Darm und Netz Schmerzen
und wurde unruhig; Zuhilfenahme einer Solästhinhalbnarkose während
des Hantierens an den Eingeweiden ließ die Operation ohne
Störung verlaufen). |
Dem protrahierten Chloräthylrausch scheint die 'Solästhinhalb-
narkose dadurch überlegen zu sein, daß ihr analgetisches Stadium
breiter ist und sich daher leichter und gefahrloser längere Zeit fest-
halten läßt. |
3. Das verhältnismäßig langsame Aufwachen aus dem Solästhin-
rausch ließ uns das Mittel zur Einleitung von Vollnarkosen mit
Chloroform oder Äther besonders geeignet erscheinen. Es wurde
mit einem Solästhinrausch begonnen, nach Eintritt des Stadium
'analgeticum noch ca. 2 Minuten zunächst Solästhin weitergegeben
und dann Chloroform oder Äther auf die gleiche Maske verabiolgt.
Die Kranken konnten dabei ohne nennenswerte Exzitation in das
Toleranzstadium gebracht werden. |
Wenn wir die an der Königsberger Klinik mit dem Solästhin
gemachten Erlahrungen mit den bisherigen Mitteilungen in der
' Literatur vergleichen, so besteht eine weitgehende Übereinstimmung:
Hellwig (Frankfurt), Weiß (Budapest), Hosemann (Freiburg)
haben wie wir gute Erfolge mit dem Solästhin erzielt und halten
es für gefahrlos bei Verwendung zum Rausch, zum protrahierten
‚Rausch und zur Einleitung einer Vollnarkose mit Chloroform oder
Äther. Besonders werden hervorgehoben die ruhig und regelmäßig _
Also läßt sich voraussetzen, daß durch dieses Mittel
|
|
|
98. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
verlaufenden Halbnarkosen, die bei Morphiumvorbereitung oder
Unterstützung durch Lokalanästhesie bis zu 3 Stunden ausgedehnt
wurden und bisher keine üblen Zufälle oder Folgeerscheinungen
zeitigten; einstimmig wird hierin die Überlegenheit des Solästhins
"gegenüber dem Chloräthyl anerkannt.
Dringend gewarnt wird jedoch vor der Vertiefung der Halb-
narkose über das Exzitations- bis zum Toleranzstadium, also vor der
Solästhinvollnarkose.. Hellwig beobachtete bei Vollnarkosever-
suchen’ folgendes: Nach einer Inhalationsdauer von 6 Minuten erhielt
er ein äußerst heftiges Exzitationsstadium mit klonischen Zuckungen,
heftigen Streckkrämpfen und Opisthotonus. Durch weitere große
Gaben Solästhin gelang es, das Exzitationsstadium zu überwinden.
Jetzt trat aber bei allen Patienten ein höchst bedenklicher Zustand
ein: starke Salivation, flache, röchelnde Atmung, tiefe Zyanose,
starre maximal erweiterte Pupillen, kleiner frequenter Puls. Daraufhin
brach Hellwig die Solästhinzufuhr ab.
Wir haben infolgedessen auf Solästhin-Vollnarkosen von vorn-
herein verzichtet.
Ähnliche üble Exzitationen sah Schumacher an der Gießener
Frauenklinik und zwar bei dem Versuch, die Halbnarkose so zu
vertiefen, daß ein Nachlassen des Muskeltonus und damit eine Ent-
spannung der Bauchdecken eintrat. Schumacher lehnt aus diesem
Grunde das Solästhin für die Gynäkologie als unbrauchbar ab; mit
Recht, denn zur Erzielung von Muskelerschlaffung ist eine Vollnarkose
(Toleranzstadium) erforderlich.
Hütten (Chir. Klinik Gießen) beobachtete 9mal unter 65 Fällen
ein stärkeres Exzitationsstadium; er empfiehlt daher das Solästhin
nur für kurze Eingriffe, verwirft es 'aber für länger dauernde Be-
täubungen; bei Kindern will er es überhaupt nicht angewandt wissen.
Hütten hat das Solästhin zweifellos zu reichlich dosiert; (15—30 cem
bei kurzen Eingriffen); daher seine teilweisen Mißerfolge. Nach
unseren Erfahrungen und denen anderer Kliniken besteht keine Ver-
anlassung, auf den wertvollen protrahierten Solästhinrausch zu ver-
zichten; Voraussetzung ist vorsichtige Dosierung und strengste
Vermeidung des Exzitationsstadiums. Bei Befolgung dieser Regel
besteht keine Kontraindikation gegen die Anwendung des protrahierten
Solästhinrausches auch beim Kinde.
Zusammenfassung. In dem Solästhin steht uns ein In-
halationsanästhetikum zur Verfügung, das nach den bisherigen Er-
folgen bei Ausführung des Rausches,- des protrahierten Rausches
'(Halbnarkose) und bei der Einleitung der Chloroform- oder Äther-
narkose anscheinend ungefährlicher als das Äthylchlorid ist.
Zur Vollnarkose ist das Solästhin ungeeignet; bereits das
Exzitationsstadium ist gefährlich. Dem Chloräthyl gegenüber besitzt
das Solästhin noch den Vorteil leichterer Handhabung; des weiteren
ist das Stadium analgeticum breiter und weniger flüchtig als beim
Chloräthyl und läßt sich daher leichter und gefahrloser über längere
Zeit hin festhalten (Halbnarkose).
Literatur: Hellwig, Klin. Narkoseversuche mit Solästhin. Klin. Wschr.
1922, Nr.5.— Hosemann, Der Solästhinrausch. M.m.W. 1924 Nr.13. — v.d.Hütten,
N arkoseversuche mit Solästhip. Ebenda 1922, Nr. 87. — Schumacher, Versuche
einer Solästhinnarkose in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Klin. Wschr. 1928,
Nr.1, — Weiß ‚ Solästhin „Höchst“, ein neues Betäubungsmittel. D. m. W.1923, Nr. 26.
Aus der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Wiener
Kaufmannschaft (Vorstand: Prof. Dr. Hans Lorenz).
Über einen Fall multipler Darmgeschwülste.
(Lipom des Ileums, Karzinoid eines Meckelschen Diver-
tikels, Karzinom des Dickdarms.)
Von Dr. Karl Doppler, Sekundararzt der Abteilung.
Das Auftreten multipler primärer Geschwülste des Intestinal-
traktes ist nicht bloß von klinischem Interesse, weil es sehr selten
ist, es verdient auch vom onkologischen Standpunkt aus Beachtung,
wenn es, wie in dem zu schildernden Falle, Abkömmlinge ver-
‚schiedener Keimblätter betrifft, von denen einer seinen Sitz in einem
Meckelschen Divertikel hat.
Es handelte sich um einen 49jährigen Buchhalter, der am
28. November 1923 auf die medizinische A teilung Prof. Schurs im
Spital der Wiener Kaufmannschaft Aufnahme fand. Nach den Angaben
des Pat. war er vor 3 Monaten zum ersten Male plötzlich von heitigen
krampfartigen, in den Rücken ausstrahlenden Schmerzen im Oberbauch
befallen worden, die nach 1/), Stunde wieder nachließen. Seitdem
traten die Krämpfe verbunden mit Aufstoßen ohne sauren Charakter,
mit Blähungen und dem Gefühl der Völle in mehr weniger langen
Intervallen, besonders aber nach den Mahlzeiten, auf. Nie Erbrechen,
act ständi
Tagen sind die Schmerzen unerträglich geworden.
tum autonomen Charakter und treten
Brechreiz; seither Obstipation und Abmagerung. Seit
Aus dem objektiven Befund sei auszugsweise folgendes nn
teilt: Anämie der Haut und der Schleimhäute;: Vergrößerung beider
Schilddrüsenlappen von Basedowcharakter (Exophthalmus,; Gräfe-
Möbius-Stellwag positiv, Pulsfrequenz 120, Grundumsatzsteigerung um
50 %/,) — Cor mi Pulmo o. B. — Reflexe normal. — Temp. 36,5°.' —
Harn ohne pathologische Bestandteile. — Abdomen: Im Bereich des
Colon ascendens bis zur Leberflexur Darmsteifung sichtbar; zirkum-
skripte Druckempfindlichkeit des Mc Burneyschen Punktes. Rektal: 0.B.
Obwohl mehrfache Röntgendurchleuchtungen und Benzidinproben
des Stuhles ein negatives Resultat ergeben hatten, erwecken die Darm-
. steifungen im aufsteigenden Kolon den Verdacht auf einen stenosšieren-
den Prozeß, wahrscheinlich malignen Charakters, in der Leberflexur
des Dickdarmes, weshalb der Pat. am 27. Dez. 1923 der chirurgischen
Abteilung zur Operation übergeben wurde. _ |
Operation (Prof. H. Lorenz): In Athernarkose Laparotomie
und A aolen der Flexura hepatica. Tatsächlich findet sich hier
ein apfelgroßer, derbknolliger, das Lumen hochgradig stenosierender
Tumor, von dessen Serosaüberzug flächenhaft fibröse Adhäsionen zum
Dünndarm ziehen. Außerdem ist in der Wand des untersten Ileums
ein scharf abgegrenzter kugelrunder Tumor tastbar. — Resectio ileo-
colica bis gegen das halbe Goerkolon: Versorgung Seit-zu-Seit.
Nach ee des Darmes gab es beim Vorziehen des Ileums
zwecks Herstellung der Wiedervereinigung noch einen unerwarteten
Nebenbefund: Sin Meckeliches Divertikel, eine handschuhlinger-
förmige, etwa 6 cm lange und kleinfingerdicke Ausstülpung -der Dünn-
darmwand gegenüber dem Mesenterialansatz, schätzungsweise 90 cm
oberhalb der Ileozökalklappe, mit eigenem gegen die Spitze halbmond-
förmig hinziehenden Mesenteriolum. Kein Strangbildung nabelwärts
noch gegen ein anderes Bauchorgan. Kein Zeichen einer abgelaufenen
Entzündung. — Da in der Divertikelspitze jedoch palpatorisch ein
derbes Knötchen auffällt, das nicht ohne weiteres gedeutet werden
kann, wird das sonst belanglose Divertikel in üblicher Weise zwecks :
gene Untersuchung abgetragen. Es zeigt sich im aufgeschnittenen
räparat, daß das Knötchen ungefähr linsengroß, gelbgrau und unter
der anscheinend normalen Schleimhaut gelegen ist. Dieses wurde von
Doz. Dr. Th. Bauer als „sog. Oberndorfiersches Dünndarm-
karzinoid von durchaus gutartigem Charakter“ identifiziert. Auf
dieses soll weiter unten näher eingegangen werden.
Trotz seiner Basedowstruma überstand Pat. die Operation gut;
Nahtentfernung am 7. Operationstag; Heilung p. p. — Aus dem De-
cursus sei erwähnt, daß beim Pat. am 5. Tag p. op. ein neuerlicher
linksseitiger Glaukomanfall auftrat — einen hatte er badik vor einem
1353"
_
Mönat im Anschluß an eine interne Atropinkur überstanden —, der
auf entsprechende Behandlung abklang. — Pat. fühlte sich vollkommen
wohl und nahm ständig an Gewicht zu, so daß er am 3. Februar 1924
geheilt entlassen werden konnte.
Das zu Demonstrationszwecken derlI. Chirurgischen Universitäts-
klinik überlassene resezierte lleokolon wurde dem Pathologischen
Universitätsinstitut (Vorstand: Prof. Maresch) übersendet und dort‘
folgendermaßen beschrieben: | |
„Reseziertes, 21 cm langes Zökum bzw. Colon ascendens im Zu-
sammenhang mit dem 7 cm langen und i cm im Durchmesser halten-
den Wurmfortsatz sowie mit einem 14 cm langen und 9cm im Umfang
haltenden Stück untersten Ileums. Der 12 cm lange zökale Abschnitt
des Colon ascendens mit gasdurchsetzten Kotmassen prall gefüllt,
16cm im Umfang haltend. Unmittelbar oberhalb davon ist die Wand
desKolons in einer Länge von 3!/, cm von einem zirkulären, das Lumen
hochgradig stenosierenden, tief exulzerierten Neoplasma eingenommen,
An dieser Stelle beträgt der Umfang des Darmstückes 10 cm; auf der
Serosa umfangreiche, bindegewebige Adhäsionen.
Mikroskopisch erweist sich das Neoplasma der Flexura hepatica
als ein typisches Adenokarzinom, das an der der Mitte der Geschwulst
entnommenen Scheibe bis an die Muskularis reicht, dieselbe nicht
durchsetzt. — Der haselnußgroße Tumor in der Wand des untersten
Tleums erweist sich makro- und mikroskopisch als submuköses Lipom.“
Es fanden sich demnach in dem Darm des Operierten mul-
tiple Tumoren und zwar drei ganz verschiedenartige Geschwülste:
1. ein Lipom des Ileums, ` Boo
2. einsog.„Karzinoid“ in einem MeckelschenDivertikel,
8. ein Karzinom der Flexura hepatica.
Ad 1. Die Intestinallipome gehören zu den seltenen Darm-
tumoren, treten hauptsächlich beim Erwachsenen gewöhnlich singulär,
seltener multipel auf und werden onkogenetisch entweder als ver-
sprengte embryonale Keime oder als hyperplastische Wucherung des
Darmiettgewebes aufgefaßt. Die Häufigkeit ihres Vorkommens nimmt
analwärts zu; so findet Ehrlich (1) von 52 in der Literatur ge-
sammelten Fällen 3 Lipome im Magen, 6 im Duodenum, 9 im Ileum,
24 im Dickdarm. Auch Hensel (2) kommt zu demselben Resultat
bezüglich der zunehmenden Häufigkeit in den unteren Darmabschnitten.
Sie entwickeln sich sehr selten subserös, wahrscheinlich von den
Appendices epiploicae ausgehend, meist submukös, entweder breitbasig
aufsitzend oder polypenartig gestielt, zeigen in ihrem langsamen Wachs-
linisch in Erscheinung, wenn
sie infolge ihrer Größe das Lumen verstopfend zum Darmverschluß,
oder wenn sie, was häufiger auftritt, zur Invagination führen. Die
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1354 = 1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 39. . 28: September `.
Ursache für letzteren Vorgang ist offenbar in der Peristaltik zu suchen, |
welche das Lipom analwärts zu treiben bestrebt ist, wobei dieses den
Darm nach sich zieht. | 7 SEE
. Ad 2. Die in mehreren Schnitten untersuchte Geschwulst in
der Spitze des Meckelschen Divertikels ergab folgenden mikroskopischen
Befund (Doz. Dr. Th. Bauer): Das in der Submukosa gelögene Knötchen,
welches sich schleimhautwärts mit der Muscularis mucosae und serosa-
wärts mit der Ringmuskülatur begrenzt, besteht aus Zeilsträngen,
-nestern und -zapfen, die auf den ersten Blick als neoplasmatische |
Elemente angesprochen werden müssen. Das Stroma wird von einem
dichten, zellarmen, fibrillären Bindegewebe gebildet, welches an allen .
untersuchten Stellen frei von Rundzelleninfiltraten entzündlicher Natur
ist. Die Schleimhaut erweist sich über der prominentesten Stelle der
Geschwulst als völlig intakt bis auf die Zeichen katarrhalischer Hyper-
| sekretion, wie sich an den zahlreich vorhandenen Becherzellen leicht
oe . erkennen läßt.. Erscheinungen von Kompressionsatrophie liegen nicht
Krane vor. Die die knötchenförmige Geschwulst aufbauenden Stränge und
t TAi N Bu Nester zeigen durchweg solid-alveolären Bau; letztere setzen sich aus
WER EEE N Tee -. eigenartigen rundlichen epithelialen Zellen zusammen, deren Proto-
Ye ma Mieis . plasma scharf begrenzt, pflanzenzellähnlich und äußerst zart mit Eosin
aibad tingiert erscheint, während der mittelständige große kugelige Kern als
3 \ sehr chromatinreich tiefdunkle Hämalaunfärbung annimmt. Diese
Erlen... Zellen zeigen weder einen Zusammenhang noch auch irgendwelche
SERIE ee Ähnlichkeit mit den Zellen ' der Darmschleimhaut (Krypten usw.).
Morphologisch entspricht diese Geschwulst den Bildern, die von den.
sog. „Appendixkarzinoiden“ und „Oberndorierschen Dünn-
darmkarzinoiden“ her wohlbekannt sind. Spricht die Gleichmäßig-
keit der Zellform und der Zellfärbbarkeit, ferner der gänzliche Mangel
:mitotischer Kernfiguren einerseits für die relative Benignität der Ge- |
schwulst, so muß anderseits doch bemerkt werden, daß die Abgrenzung |
der Geschwulst keineswegs allseits scharf ist; denn insbesondere
gegen die Muscularis mucosae zu kommen einzelne Geschwulststränge
und -nester zwischen Mucosa und Muscularis mucosae. zu liegen. Trotz.:
diesem Befund liegt nach dem übrigen erwähnten Verhalten der
EST SER Bildung kein Grund vor, an der relativen Gutartigkeit. des Neoplasmas-
MMS ÄDD EEE NEE zu zweifeln.“ ee
Lieberkühnschen Kryptenzellen ausgehend ableiteten, traten
andere mit dem Hinweis auf die prinzipielle morphologische Ver-
schiedenheit zwischen den Zellen der Darmschleimhaut und jenen
der Submukosatumoren entgegen, so daß Simon (9) in seinem aus-
führlichen Referat gestehen müß, daß wir keine sichere Kenntnis
über die Entstehung dieser Geschwülste besitzen. | |
Die neuesten Arbeiten scheinen aber Licht in dieses Dunkel
zu:werfen. D. Engel (10) schildert den Vorgang bei der embryo-
nalen Epithelwucherung im Dünndarm, welche zur Bildung der. sog.
„Epithelknospen“ führt; in ihnen tritt eine Vakuole auf, die dann
in das Darmlumen mit einbezogen wird, so daß ein Wanddivertikel
entsteht, welches an seinem Hals eine Abschnürung aufweist. Es
sei vorstellbar, meint Engel, daß diese Knospen mit ihrer oft früh-
zeitigen Einschnürung am Hals im weiteren Entwicklungsverlauf den
Zusammenhang mit dem Öberflächenepithel verlieren und so der
Ausgangspunkt der Karzinoide werden könnten. Zur Bekräftigung
seiner Ansicht führt er die Tatsache an, daß die Epithelknospen
sich meist an der Stelle entwickelten, wo sich hauptsächlich die
Karzinoide fänden, u. zw. im Dünndarm, dem Mesenterialansatz
gegenüber; ferner, daß sie multipel aufträten wie diese und in die .
.Submukosa eindrängen. | | = 7
Engels Ausführungen, der die Karzinoide somit als Chori-
.stome bzw. als Choristoblastome — als Keimversprengung oder
ihre maligne Degeneration in Karzinome — definiert, stimmt Hase-
gawa bei. Er zieht aber aus dem Umstand,. daß sich in den Zellen
der karzinoiden Tumoren ebenso wie in den Schmidt-Ciaccio-
schen Zellen, die sich normal in geringer Anzahl zwischen die
Schleimhautzellen eingeschoben finden, silberreduzierende, chromaffine
Granula nachweisen lassen, den Schluß, daß die Tumorzellen identi-
schen Ursprungs mit diesen seien. Er nimmt also einen vermitteln-
den Standpunkt zwischen den Autoren ein, welche die ‚Karzinoide
\-von Schleimhäutzellen ableiten, und jenen, die sie auf Epithelab-
sprengungen zurückführen.: © — ms
Am oben beschriebenen Tumor erfordert sein Sitz in der Spitze
des Meckelschen Divertikels besondere "Beachtung, weil er da-
durch vielleicht einen Schluß auf seine Genese zu ziehen gestattet.
Soweit ich die Literatur überblicke, wurde ein solches. Vorkommen
erst einmal von Oberndorfer festgestellt, der in seinem Fall IV
„zwei halberbsengroße Tumoren (Karzinoide) in der Spitze eines
Meckelschen. Divertikels“* fand. Im Vorkommen von Karzinoiden
im Wurmfortsatz glaubt Josselin de Jong (11) einen Beweis für.
ihre Genese aus versprengten embryonalen Keimen zu sehen, und
begründet dies nach vergleichend anatomischen Vorbemerkungen
folgendermaßen: „Während der Entwicklung findet also eine Eiñ-
schrumpfung (der Appendix) statt, wobei ein Verschieben oder Aus-
schalten von Zellen leicht möglich wäre... . Eine Ausschaltung
von Keimen braucht uns hier nicht zu befremden. Und wo würden .
wir diese dann zumeist’antreffen? Doch wahrscheinlich an den Aus-
gangsstellen, mit anderen Worten, am distalen oder proximalen Ende,
also an der Spitze oder an der Basis“; daß dem so sei, zeige
Rollestons und Zaayers Statistik. Ä
Die Analogie der „einschrumpfenden“ Appendix mit dem
Meckelschen Divertikel ist gegeben: Das Meckelsche Divertikel ist
der Rest des Ductus omphalomeseätericus, welcher normaler-
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je Der Tumor besteht demzufolge aus einem Komplex von in :
BT ee der Submukosa gelegenen epithelialen Elementen, wo sich normal .
NONE keine Abkömmlinge des Ekto- oder Entoderms finden, er ist .dahe
ee als Gewebsheterotopie aufzufassen. _ | na
©- Obwohl seine Begrenzung gegen die Umgebung keine ganz
| | scharfe ist, durchbricht er doch nicht die Basalmembran der Mukosa
NSS. und zeigt keine Tendenz, in die Ringmuskelschicht einzudringen.
BERN AN ` Aus dem Umstande, daß dem Tumor die Eigenschaft mangelt, in
a ; ‚ seine Umgebung schrankenlos einzuwuchern, sowie aus dem Fehlen
von Mitosen läßt sich schließen, daß er sich im Zustande der Ruhe
befindet ohne Neigung zum infiltrierenden Wachstum. Ein weiteres
Kennzeichen der Malignität fehlt gleichfalls, die- Metastasenbildung .
in den regionären Lymphdrüsen; bei der genauen Absuchung der
Intestina wurden keine infiltrierten Lymphdrüsen vorgefunden, auch
mikroskopisch fand sich kein Einbruch von Neoplasmamassen in
Blut- oder Lymphgefäße, wie er von einigen Autoren bei diesen
Geschwülsten nachgewiesen wurde.
Nach seinem mikroskopischen Aufbau, der Heterotopie von
Zellen entodermaler Herkunft in der Submukosa und wegen seiner
klinischen und ‘mikroskopischen Benignität ist der Tumor in die
Gattung jener Geschwülste einzureihen, die Oberndorfer (3) 1907
von anderen Dünndarmtumoren abgrenzte und sie wegen ihres kar--
zinomähnlichen Aufbaues „Karzinoide* nannte. In einer späteren `
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x i weise im Embryonalstadium verödet; findet dieser Vorgang nicht in |
eine Arbeit (4) betont er ihre Gleichartigkeit im mikroskopischen Bilde | toto statt, dann persistiert der D. o. m. als Meckelsches Diver- |
er y und in ihrer Benignität mit den nicht allzu seltenen „Appendix- | tikel. Die Tatsache, daß die Verödung gerade an der Divortikel- |
| Inge karzinomen“, was die späteren Untersucher. bestätigen konnten. | spitze Halt gemacht hat, ermöglicht eben an dieser Stelle bei dem |
me Allerdings wurden auch sehr seltene Fälle von Metastasierung
See
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Prozeß der Rückbildung eine Zellverschiebung und -ausschaltung |
und: die Möglichkeit einer Geschwulstbildung, wie es Josselin de
Jong für die Appendixkarzinoide annimmt, so daß unter dieser |
Hypothese der Sitz des beschriebenen Tumors und seine Histogenese |
seine Erklärung und die Annahme Oberndorfers, der in den Kar- M
zinoiden embryonale Mißbildungen sieht, und die Auffassung Mar-
chands (12) und Sternbergs (13), die sie für Mißbildungen des
Ductus omphalomesentericus halten, ihre Stütze findet. Es sei noch in.
Kürze erinnert, daß auch aus den peripheren Resten des D. o: m. echte |
Geschwülste sich entwickeln können — Mintzsche Nabeladenome.
Ad3. Der Annahme, daß das Flexurkarzinom aus einer Fern- |
metastase der Divertikelgeschwulst hervorgegangen sein könnte, |
widerspricht ihr hHistologischer Aufbau; ersteres ist ein typisches
Adenokarzinom, letztere zeigt globozellulären-alveolären Aufbau,
Eine Geschwulstimplantation kommt ebenfalls nicht in Frage aus
dem vorerwähnten Grund, auch fehlen sowohl makro- wie mikroskopisch |
die Zeichen von Ulzerationen an dem Divertikeltumor, von denen sich
Geschwulstpartikel hätten loslösen können. Deshalb sind beide Neo-
plasmen als primäre, unabhängig von. einander entstandene an-
'zusprechön. | |
der Dünndarmkarzinoide in regionären Lymphdrüsen und Organen -
ER mitgeteilt. So berichtet als erster Ransom (5) über einen nußgroßen
a -nicht exulzerierten Ileumtumor karzinoider Struktur, der in der Leber
multiple Metastasen gesetzt hatte. Auch in der weiteren Literatur (6)
finden sich spärliche Mitteilungen über ein solches Vorkommnis, doch ,
leugnet Simon (7) nach kritischer Durchsicht der publizierten Fälle -
die Metastasenbildung bei den echten Appendixkarzinoiden. Doch
konnte neuestens T. Hasegawa (8) die Geschwulstinfiltration einer
Mesenteriolumlymphdrüse bei einem echten Appendixkarzinoid nach-
weisen, so daß auch in dieser Hinsicht die Analogie mit den gleichen
Geschwülsten im Dünndarm gewahrt bleibt.
Seit Oberndorfer weichen die Ansichten über die onkolo-
gische Stellung der Karzinoide auseinander; während sie von den
einen für Fehlbildungen epithelialer Abkunft gehalten werden, sehen
andere in ihnen echte Karzinome, jedoch mit langer Latenzperiode
und verhältnismäßig gutartigem Charakter. Auch ihre Histogenese
wurde lebhaft erörtert; der Gruppe von Autoren (Lubarsch,
Burckhardt, Krompecher), die sie als echte Karzinome von den
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28. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
~ 1855
Ist das gleichzeitige Vorkommen multipler primärer Geschwülste
des Darmkanales kein häufiges, so ist eine Vergesellschaftung von |
Karzinoiden mit anderen Geschwülsten eine besondere Rarität. Bei
Hagemann (14) finden sich solche Kombinationen aufgezählt.
Zusammenfassung: Ein Fall von multiplen primären Darm-
geschwülsten, deren eine — Karzinoid — wegen ihres. Sitzes in
der Spitze eines Meckelschen Divertikels in onkogenetischer
Hinsicht von besonderer Bedeutung erscheint.
Der Patient wurde trotz der Komplikationen — Basedowstruma,
Glaukom — erfolgreich operiert.
Literatur: 1. Ehrlich, Zur Kasuistik der Intestinallipome., Beitr. z. klin.
Chir. 1911, 71, S.384. — 2. Hensel, Über Darmlipome und deren Komplikationen.
Diss. Gießen, 1880, zit. nach Ehrlich. — 8. Oberndorfer, Mitteilungen aus dem
pathologischen Institut in Genf. Zieglers Beitr. Bd.29. S.516; Karzinoide Tumoren
des Dünndarmes. Frankf. Zsch. f. Path. 1, S. 426. — 4. Derselbe, Appendixtumoren.
' Lubarsch-Ostertag. 13.1. —5.Ransom, A case of primary carcinome of the ileum.
Lancet 1890, zit. nach J. L. Burckhardt, Zur Lehre von den kleinen Dünndarm-
karzinomen. Frankf. Zschr. f. Path. 1909, 8. — 6. Lit. bei D. Engel, Zur Genese der
Darmkarzinoide. Zschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionslehre, 1921, 7. — 7. W. Simon,
Das Karzinom und das Karzinoid der Appendix. Ergeb. d. Chir. u. Orth. 1916; aus-
führliche Literaturangaben. — 8. T. Hasegawa, Über die Karzinoide des Wurm-
- fortsatzes und des Dünndarmes. Virch. Arch. 1923, 244. — 9. W.Simon, Lo —
10 Engel, 1.c. — 11. R. de Josselin de Jong, Beiträge zur Kenntnis der Ge-
schwülste der Appendix vermiform. Mitt. Grenzgeb. 1908, 8. — 12. Marchand,
Verh. d. Deutschen path. Ges. 1907, S. 115. — 13. Sternberg, Ebenda. — 14. Hage-.
mann, Beziehungen der sogenannten Karzinoide des Darms zu den Darmkrebsen.
Zschr. f. Krebsforsch. 1919, 16, S. 404.
. Aus der I. Internen Abteilung des Krankenhauses der Stadt Wien
(Vorstand: Primarius Dozent Dr. Carl Reitter).
Ein Fall von isolierter Magentuberkulose, zugleich
auch ein Beitrag zur Kenntnis der Wandphlegmone.
Von Dr. Hans Schneider, Abteilungsassistent.
Die Tuberkulose der Magenschleimhaut ist nach dem überein-
stimmenden Urteile der Kliniker und Pathologen im Verhältnis zur
Häufigkeit der anderen Organtuberkulosen eine seltene Erkrankung;
eher findet sie sich noch bei Kindern (Rütimeyer) und bei
Fällen mit Tuberkulose -auch anderer Organe, speziell der Lungen
und des Darmes (Kaufmann). In einigen Fällen nur wird sie als
isoliert auftretend ohne anderweitige tuberkulöse Affektion be-
schrieben (Litten, Alexander, Ruge, Katsurada und weitere
Fälle bei Biernath und Willerding).
Von den Hauptformen der Magentuberkulosse — ulzerös,
hypertrophisch, fibrös — wie sie Leriche und Mouriquand unter-
scheiden, ist nur die ulzeröse die hauptsächlich klinische Form;
die beiden letzteren, sowie der von H. Schlesinger beschriebene
tuberkulöse Wandabszeß, sitzen vornehmlich in Pylorusnähe und
fallen wegen der durch diese Lokalisation bald zu Tage tretenden
Stenosenerscheinungen vorwiegend in die Domäne des Chirurgen.
Nach diesen Erörterungen mag es nicht befremden, wenn die
Magentuberkulose. in den Lehrbüchern der klinischen Differential-
diagnose kurz abgehandelt wird mit der Erklärung, an eine Tuber-
kulose des Magens sei wohl nur zu denken, wenn eine solche auch
anderer Organe, besonders der Lungen, bestehe (Matthes). Da auch
die Prognose als hauptsächlich von der Schwere der Grund-
erkrankung abhängig geschildert wird, so sei im folgenden ein Fall
von Magentuberkulose, den wir klinisch und pathologisch-anatomisch
verfolgen konnten und in dessen Verlaufe auch eine neue Kompli-
kationsmöglichkeit zu Tage trat, mitgeteilt:
‚Der 65jährige Tischlergehilfe J. M. erkrankte 3/4 Jahre vor seiner
Spitalsaufnahme mit allmählich zunehmender Abmagerung an Mattigkeit,
abendlichen Temperatursteigerungen und Nachtschweißen; in letzter
Zeit Atemnot beim Stiegensteigen und Abends Schwellungen der Füße;
Appetit sehr gering, Stuhl angehalten. In seinem 19. Lebensjahre litt
er durch einige Zeit an einer ihm nur mehr als fieberhaft erinner-
lichen Erkran ung; in seinem 50. Lebensjahre machte er eine links-
seitige Lungen- und Rippenfellentzündung mit. Frau und
Ber des Patienten leben und sind gesund. Potus negiert, mäßiger
® Der blasse Patient war abgemagert, ziemlich hinfälligund zeigte außer
leinen indolenten Leistendrüsen Beine sonstigen Drüsenschwellungen.
er pulmonale Befund, dessen Aufnahme durch den starren, schlecht
perkutierbaren Thorax erschwert war, ergab nur die Zeichen einer
inksseitigen Pleuraadhäsion und eines stärkeren Emphysems mit be-
leitender Bronchitis, Das Herz war überlagert, die Töne sehr leise;
es bestand eine mäßige periphere Arteriosklerose; die Pulsfrequenz
um 72; der Blutdruck nie ig (100 mm Hg R. R.) Das normal
onfigurierte Abdomen war weich, nirgends druckschmerzhaft
N keine auffällige Resistenz zu tasten. Der neurologische Befund o. B.
m Harne war nur Urobilinogen vermehrt. Das Blutbild erwies nur
f
eine geringe sekundäre Anämie und ziemlich normale Werte für die
weißen Blutkörperchen. nz | | Ji
Die Röntgendurchleuchtung des Thorax zeigte in den
Lungen Verschleierung der Spitzen mit schlechter Aufhellung, emphyse-
' matöse Helligkeit der Lungenfelder, Hilusschatten stark gefleckt, ver-
ößert, mit dicken Strängen spitzen- und basalwärts. Das Herz aortisch
Ponti iert, leichte Aortenverbreiterung. Die Temperaturen hielten
sich dauernd um 37° C., im weiteren Verlaufe der Beobachtung traten
einzelne abendliche Steigerungen bis über 880 auf. Das Körper-
ewicht sank um 2 kg. Es wurde nur wenig schleimig-eitriges
putum entleert, in dem bei wiederholter Untersuchung keine Tbc.-
Bazillen zu finden waren. i
Okkultes Blut war bei mehrfacher Untersuchung des Stuhles
(Benzidinprobe) nicht nachzuweisen. Die Magenausheberung konnte
dem hinfälligen Pat. nicht zugemutet werden. Ä
Die Röntgenuntersuchung des Magendarmtraktes ergab
‚nur einen hochgelegenen hypertonischen Magen und außer einer etwas
verzögerten Dickdarmmotilität keinen abnormen Befund. Ä
Während der ca.5wöchigen Beobachtung litt der Patient andauernd
an starken Nachtschweißen, und es kam am Ende der 5. Woche zur
Ausbildung einer Miliaria crystallina an Gesicht, Stamm und
Händen. otz entsprechender Behandlung trat unter ansteigenden
Temperaturen im Gesichte ein Erysipel hinzu; die Pulszahl stieg auf
120, die Temperatur über 39°, die Leukozytenzahl war 3000 im Kubik-
millimeter, es stellte sich häufiges Aufstoßen, zeitweise Brechreiz und
geringe Rauchdeckenspannung ein; der Patient wurde somnolent und
2 Tage nach Auftreten des sipels erfolgte der Exitus.
Den von Herrn Doz. Dr. Priesel erhobenen Obduktions-
befund geben wir im wesentlichen unverkürzt wieder.
Allgemeine Decke blaß, leicht Be ich, im Gesichte gedunsen, in -
der Gegend der linken Orbita leicht blutig unterlaufen. Am vorderen
Rande des linken Ohres eine linsengroße, schwarzbraune Borke. Über
dem rechten Jochbeine eine zweite ähnliche, in deren Umgebung die
Weichteile in einem kronenstückgroßen Areale etwas stärker geschwellt
sind. Am Stamme namentlich im Bereiche der Bauchhaut dicht-
stehende, stark vorspringende, tautropfenähnliche, stecknadelkopfgroße
Bläschen mit wasserklarem Inhalte. Beide Lungen bis auf An-
wachsungen der Hinter- und basalen Fläche des linken Unterlappens
frei; Ränder gedunsen, Parenchym substanzarm. In der linken Spitze
eine kleine anthrakotische Schwiele. Die peribronchialen Drüsen bis
haselnußgroß, derb, teils anthrakotisch, teilweise verkäst. Das Herz
größer als die Faust der Leiche. Der rechte Ventrikel etwas weiter
und in seiner Wand verdickt. Myokard weich, brüchig, blaßgelblich-
braun, trüb, Kranzgefäße mit reichlichen, sklerotischen, die Lichtung
einnehmenden Plaques versehen. Schleimhaut des Ösophagus im
untersten Abschnitte leicht postmortal angedaut, ödematös, verdickt;
die Vorderwand des Magens namentlich in der Fundusgegend schmutzig-
rot imbibiert. Das Peritoneum dortselbst sowie in den korrespon-
dierenden Anteilen des linken Leberlappens mit zarten. Fibrinauf-
lagerungen versehen (welche sonst an den Abdominalorganen nicht
auffindbar sind). Im Douglasschen Raume etwa ein Eßlöffel klar-
seröser Flüssigkeit. | |
Nach Eröfinung des Magens zeigt sich die Wand im Bereiche
des erwähnten mißfarbigen Abschnittes auf reichlich 8 mm verdickt,
ödematös dnrchtränkt, stellenweise von. deutlich gelblicher Färbung.
Die Mukosa allenthalben von gröberer oder feinerer warziger Be-
schaffenheit, „mamelloniert“; daneben finden sich im Bereiche der
kleinen Krümmung, vorzugsweise in dem der Kardia benachbarten
Abschnitte, teils vereinzelte, teils in kleinen Gruppen angeordnete
lochförmige, etwa sondenknopfstarke Defekte in der Schleiohänt, aus
welchen bei seitlichem Drucke Eitertropfen hervortreten. Dort, wo
'mehrere solche enger beieinander liegen, stehen sie unter schmalen
trennenden Schleimhautbrücken in Zusammenhang. Ähnliche durch
Mukosabrücken getrennte im Mittel sondenknopfstarke Lücken finden
sich an der Hinterwand des Duodenums unmittelbar neben der
Pylorusfalte, doch kommt aus diesen Lücken bei Druck kein Eiter
hervor. In axialer Richtung durch den Pylorusring und die angrenzende
veränderte Duodenalwandpartie geführte senkrechte Schnitte zeigen,
daß in der Submukosa sich ein umfänglicherer etwa ilj, cm im
Durchmesser großer Defekt findet, dessen Wand von einer dünnen,
eh schmierigen Lage. ausgekleidet wird. An einer ‘Stelle
ührt ein etwa 1 cm langer enger Fistelgang aus diesem Hohlraume
durch die Pylorusmuskulatur hindurch in die Magenschleimhaut, an
deren Oberfläche er in einer freien Lücke ausmündet, Schnitte durch
die entsprechenden Abschnitte der kleinen Magenkrümmung haben ein
ähnliches Ergebnis. Auch hier finden sich umfänglichere flächenhafte
Hohlräume in der Submukosa, von denen kurze. Fistelgänge — den
erwähnten Lücken in der Schleimhaut entsprechend — in die Magen-
lichtung führen; die unmittelbar benachbarten Anteile der Magen-
wand sind z. T. schwielig verändert, stellenweise von gelblichen an-
scheinend verkästen Herden durchsetzt, die sich auch bis an eine etwa `
haselnußgroße, ebenfalls teilweise verkäste Lymphdrüse erstrecken,
welche sich 2cm unterhalb der Kardia außen an der kleinen Kurvatur
findet. Außerdem erscheint die Magenwand hier in größerer Aus-
dehnung verdickt, sukkulent, mißfarbig, und geht die so veränderte
Wandpartie nach vorne und hinten unmittelbar in die eingangs er-
wähnten, in gleicher Weise veränderten Abschnitte des Fundus über,
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1856700000... -.1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 39. 28. September ` |
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er ie Die bakteriologische Utersuchung des aus. den Fistel- | an dieser Stelle hin; der Spitzenprozeß aber ist sicher. noch ‚viel
les öffnungen vortretenden Inhaltes ergab im Grampräparate Strepto- | älter und länger schon .vernarbt, so daß von dieser Stelle kaum die |
PEN E kokken, koliähnliche Stäbchen: und Milchsäurebazillen. Die Kultur | Infektion der etwa lädierten Magenwand (keine anamnestischen
i Nee wurde Me histolorische Un keine, leer Ds Magenbeschwerden im Sinne eines Ulkus!) konnte gestammt haben. |
a Dr. Priesel zu besonderem Danke ver flichtet sind, :ergab die Be- keit m... Fe t S Wege nn aF ke m \
A hs stätigung des makroskopischen Befundes; mit Rücksicht auf die | Zell gegeben, dab zur Zeit als der Vpitzenprozeß noch Horio war,
es Seltenheit des vorliegenden Falles sei dieselbe‘ dusführlicher mitgeteilt. bazillenhaltiges Sputum verschluckt ‚wurde, eine Passage der Schleim- |
le Untersucht wurden folgende Wandpartien: — ` | haut erfolgt und so die epigastrale Drüseninfektion stattgefunden
dolle 1. Infiltrierte Magenwand fern von den spezifischen Ulzerationen, | haben mag. ‘Die Tuberkulose der Magenschleimhaut unseres Falles }
part bh: N g p A g . ; D :
1, dl i E ' am Fundus: Starkes Ödem der äußeren Wandpartien : (Gram: vor- möchten nun auch wir am ehesten auf retrogradem.Wege (Rosset, i
DES: wiegend lange Ketten von Streptokokken und — namentlich in den | Fuji) durch die beschriebene Drüse erklären; die infolge des Em- i
fref i an. E eye er physems, der pleuralen Adhäsionen, durch die Koronarsklerose und
LODANG MEE um äbchen vom Au ‚der . 'In- er . : RE . BR a
ee tration durch polymorphkernige Leukozyten, spärlichere Plasma- und die chronischen Fieber bewegungen en DPrusentuber tulog geschä |
ARTEN: Mastzellen, letztere vorwiegend in der Submukosa. . | digte Herzkraft (Atemnot, .abendliche Odeme !) führte zur venösen |
N N 2% Magenwandvon der kleinen Krümmung, ohne Ulzeration: | und damit auch zur Lymphstauung — sehen wir diese doch im l
o ie ‘Die Veränderungen im wesentlichen wie bei 1., das Ödem der Wand | Verlaufe von dekompensierten Herzfehlern bis zum Platzen von N
By a besonders hochgradig, so daß größere Gewebslücken von Serum und | abdominellen Lymphgefäßen und Auftreten von chylösem Aszites |
De ie Exsudatzellen erfüllt erscheinen, letztere entweder polynukleäre Leuko- | führen (W. Löffler) — und dadurch wieder zur rückläufigen In- iur
EIER zyten oder große, runde, einkernige Formen. Die Schleimhaut ae | fektion der Magenwand. Auch die atypische Lokalisation der ältesten, E
NE a wen enthält gleich der Submukosa spärliche Plasmazellen | bereits fibrösen Veränderungen — es stellt ja diese Form der Magen-
ei ir 3. u. 4. Zwei Partien von der Pylorusgegend, entsprechend tuberkulose ein Ausheilungsstadium vor (Willerding) a f
RR HN FE den spezifischen Ulzerationen. des makroskopischen Befundes: Iymphiollikelarmen Magenwand (Virchow), -dio im Lymphgebiete I
RS E . In der Tiefe des (im Schnitte getroffenen) Fistelganges zentral | der beschriebenen Drüse liegen (Cuneo und Delamare), scheint \
Klee (gegen die Lichtung des Kanales zu) verkäsendes tuberkulöses Granu- | uns im Sinne unserer Auffassung zu sprechen gegenüber der son- ;
MEENTE '. lationsgewebe innerhalb der-Submukosa bzw. zwischen den Lagern der | stigen häufigeren Lokalisation einer direkten Infektion in der follikel-
aTa ' Muskularis. In der Nachbarschaft lymphoidzellige und plasmazelluläre |-reichen Pylorusgegend (Kaufmann). | “=
RZ Infiltration der Magenwand mit relativ reichlichen Mastzellen, daneben | Was die phlegmonöse Infiltration der Magenwand. be- 1;
Klanest auch a un die u un an trifft, so sehen wir sie auch nach den histologischen Befunden von '
Deal wie das Wa m wesentlich geringer als in den kardialen Partien. Pe ii l a |
Earl: An manchen Schnitten ist das „Fortkriechen" des tuberkulösen Prozesses ' kleinen Krümmung bzw. dem: Fundus gegen. den on an
dee in der Submukosa in Form vorgeschobener frischer Epitheloidtuberke] | Intensität abnehmend, also in der Gegend der Kardia am stärksten j l
re deutlich zu sehen. . . “0 | entwickelt; es scheinen ja Verletzungen und Epitheldefekte dieser
ie e hi | 5. Die Partie vom oralen Abschnitte der kleinen Krüm- | Gegend für Streptokokkeninfektionen besonders disponiert zu sein |
Ya le mung, nahe der Kardia ohne Ulzerationen: ` - | (Bossart). KEN = S l |
SPS g ‚, Hier die akutentzündliche Infiltration besonders hochgradig, des- Bei den bestehenden tuberkulösen Ulzerationen dieser Stelle
dr | da die ödematöse Durchtränkung der Wand, ähnlich wie bei 2., in | einerseits und der erysipelatösen Infektion andererseits müssen wir
en Gefäßen vielfach „Leukozytenthromben" (oft von den erwähnten
Gasbazillen durchsetzt), Leukozyten auch reichlich um die Gefäße an- `
‘gesammelt. In der Tiefe des Kistelganges im. Bereiche der teilweise
schwieligen Submukosa verkäsendes tuberkulöses Granulationsgewebe.
Entfernt vom Fistelkanal auch hier frischere und ältere Tuberkel . in
der Magenwand, auch innerhalb der Muskularis, z. T. epitheloidzellig
‘und zentral verkäsend, teils auch in fibröser Umwandlung. no
6. Die im Befunde erwähnte Lymphdrüse von der kleinen
Magenkrümmung: u: | ..
Zentral vollkommene Verkäsung, in deren Peripherie Granulations-
~ gewebe mit deutlicher Tuberkelbildung (Bazillen anscheinend infolge
' langen Liegens des Materiales in Kaiserling Il nur mangelhaft gefärbt);
nun Gewebe schwielig, stellenweise von frischen riesenzellen-
altigen Epitheloidtuberkeln durchsetzt.
Die geschilderten Befunde beweisen die tuberkulöse Natur der
beschriebenen Veränderungen. i
die Wandphlegmone als eine sekundäre, metastatisch bedingte auf-
fassen, wie sie. des öfteren auch bei anderen Prozessen gefunden
wurde, die zu einer Verletzung der Schleimhaut führten (Ulkus,
nach Operationen, Karzinom). | |
Überblicken wir in klinischer Hinsicht den geschilderten
'Fall nach der Richtung der isolierten Magentuberkulose, so ver-
liefen die Fälle latent und bildeten einen Zufallsbefund bei der
Nekroskopie (Litten), oder wurden, wenn sie in das chirurgische
Gebiet gehörten, vielfach als Karzinom operiert (Alexander, Ruge).
Auch die Vornahme der Magenausheberung, die in unserem Falle
unterblieb, scheint die Diagnose nicht zu fördern; die Säureverhält- _
‘nisse werden als ganz uncharakteristisch wechselnd angegeben; da i
die Blutungen aus der tuberkulösen Magenulzeration selten und
nicht stark sind (Leriche und Mouriquand), dürfte auch der
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bei mit. anderweitiger manifester Tuberkulose behafteten Menschen
Ulkuserscheinungen auftreten (Baetzner, Spengler), wobei es ja .
durchaus nicht ausgeschlossen ist, daß ein Tuberkulotiker an einem
gewöhnlichen Uikus erkrankt. | | oe
Für die Erkennung der isolierten Magentuberkulose könnte
vielleicht von Vorteil sein, diese übliche differentialdiagnostische
Regel dahin abzuändern: nicht nur’ bei manifester Lungen-
oder Organtuberkulose auch an eine solche des Magens
zu denken. Diese Erwägung liegt bei einem größeren klinischen
Großstadtmateriale recht nahe, wo ja in fast jedem Falle die Tuber- _
‚kulose .differentialdiagnostisch in Frage kommt und der eminent
winnen waren. | | |
Für die Drüseninfektion unseres Falles müssen wir schließ-
lich doch auch die Passage der Schleimhaut durch den Tuberkel-
_ bazillus (Cornet) — für die der bronchialen Drüsen die Passage
der Lungen — annehmen, welche letztere Annahme uns im Hin-
blicke auf die alte Spitzenschwiele nicht schwer wird. Schwieriger
erscheint die Erklärung der teilweise noch im Fortschreiten be-
‚grifienen spezifischen Veränderungen der Magenwand; die zum Teil
bereits schwielige Umwandlung des Prozesses an der kleinen Kur-
vatur deutet wohl auf eine längere Dauer überhaupt und besonders
T ‚‘ Für die Erklärung der spezifischen Herde in der | Nachweis im Stuhle — wie bei unserem Falle — kaum gelingen
me Magenwand versagt bei dem völligen Freisein der Lungen von | (daß in Spenglers Falle, der gleichzeitig an einem kallösen Magen-
“i itat frischen Veränderungen die landläufige Annahme der. Infektion | ulkus litt, die Blutreaktion dauernd stark positiv war, spricht nicht F
os o wo durch verschlucktes bazillenhaltiges Sputum; an eine Nahrungs- | gegen diese Auffassung). Auch die Röntgenuntersuchung scheint‘
kei, Siy î -infektion wäre eher im jugendlichen Alter zu denken und vielleicht nach unserer Erfahrung ‚und den Angaben der Literatur (Baetzner)
a ge SEE, auch bei abweichendem pathologisch-anatomischem, sich etwa dem | der klinischen Diagnostik nicht überlegen.
Br ER Perlsuchtcharakter näherndem Bilde der tuberkulösen Veränderungen. Nach dem Vorgange von Petruschky durch probatorische .
AR E E Da der übrige Verdauungstrakt völlig intakt war, entfällt auch die | Tuberkulininjektionen, durch die es zu starken lokalen Reaktions-
YTE netiksi Möglichkeit der Annahme des direkten Fortschreitens der Tuber- | erscheinungen des Magens kommen soll, die Diagnose zu. unter-
KETENS Ben kulose vom Endteile des Diinndarmes gegen den Anfangsteil (Roki- | stützen, wird von einigen Autoren mit Rücksicht auf die unter der
ee tansky) oder die auch erörterte Möglichkeit der antiperistaltischen | Tuberkulinwirkung einsetzenden Zerfallserscheinungen und der damit
N Infektion (Kanzow). Eine hämatogene Infektion der Magenwand | verbundenen Perforationsgefahr als zu gefährlich bezeichnet (Schle-
a a aber hätte-nach der Art ihrer Entstehung auf embolischem Wege | singer, Biernath). - ETA a Ea
a Enahn doch auch entsprechende Veränderungen in anderen Organen zur . Auch die hier geschilderten Tatsachen sprechen sehr für die
a ya Folge gehabt; ein Übergreifen des Prozesses von der Umgebung | in der Literatur festgelegte Ansicht (Baetzner, Willerding), daß
ta feronra Bi per contiguitatem hätte auch eine Infektion der umgebenden Serosa | die exakte Diagnose der Magentuberkulose nicht zu stellen ist und
ae 3 > . zur Folge haben und auf ihr zu den entsprechenden Veränderungen | wirklich nur die Wahrscheinlichkeitsdiagnose mehr für sich hat, wenu
führen müssen — wofür aber auch keinerlei Anhaltspunkte zu ge-
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28. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
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1357
I
determinierende Charakter der einmal stattgehabten spezifischen In-
fektion zutage tritt (Behring). | o
Daß die klinische Diagnose der Magenphlegmone in unserem
Falle nicht gelang, wird erklärlich: auch hier sind ja die klinischen
Symptome vieldeutig und können sogar fehlen (Jakoby). Von den
als häufig vorkommend geschilderten Symptomen der reichhaltigen
Literatur als: hohes Fieber, auffällige psychomotorische Erregtheit,
Auftreibung und Schmerzen im Epigastrium, Erbrechen von Eiter,
bestand in unserem Falle nur das Fieber und dieses war wieder
durch das Erysipel völlig zu erklären. Auch die in der Literatur
erwähnte für die Diagnose wichtig erachtete Leukozytose (v. Mi-
kulicz, Münter, v. Stapelmohr) konnten wir nicht feststellen
(3000 in 1 cmm!); hier möchten wir nur ohne bindende Schlußfolge-
rungen bemerken, daß wir in einem jüngst beobachteten autoptisch
verifizierten Falle von primärer Phlegmone des Duodenums gleich-
falls keine Leukozyten feststellen konnten; ja die anfangs ge-
zählten 6000 Leukozyten gingen mit Eintritt der Phlegmone auf
4000 Leukozyten herab. Im übrigen sind die Symptome der Magen-
phlegmone, wie schon Nothnagel aufmerksam gemacht hat, haupt-
sächlich die der Peritonitis; der Ausbildung deutlicher peritonealer
Symptome bei unserem Falle aber gab der perakute Verlauf der
Sepsis in dem durch die chronische Magen- und Drüsentuberkulose
geschwächten Individuum nicht die nötige Zeit. |
Bei der klinischen Beurteilung und der Prognose-
stellung einer eventuell diagnostizierten Magentuberkulose käme
also, wie unser Fall dartut, außer den bereits von Leriche und
Mouriquand fixierten Momenten wie: Blutungsgefahr, Perforation,
Fistelbildung, Perigastritis, gastro-peritoneale Tuberkulose auch die
Möglichkeit der diffusen Wandphlegmone in Betracht.
Neuere Literatur der Magentuberkulose bei: Baetzner, B.kl.W.
1920,52. — Spengler, M.KI.1921,4 — Biernath, D.m.W. 1921,37. — Willer-
ding, Arch. f. kl. Chir. 1924, 128; dann: H. Schlesinger, M.m.W. 1914,18. — Le-
riche und Mouriquan d, Volkmannsche Vorträge, N. F., Nr. 545, 646. — Matthes,
Lehrb. d. Diff.-Diagn. innerer Krankh. 1921. — Rütimeyer, in Kraus-Brugsch spez.
Path. u. Ther. 1921, 5. `
Literatur der Magenphlegmone: v. Stapelmohr, D.m.W. 1918, 44 —
Bossart, Intern. Beitr. z. Path. u. Ther. d. Ernährungsstör. 1912, 4 — Münter,
D.m.W. 1909, 11. — Kaufmann, Lehrb. d. spez. path. Anat. 1922. — W. Löffler,
Über Chylascites, Korr.-Bl f. Schw. A. 1912, 28.
Zur spezifischen Therapie der Lungentuberkulose.
Von Doz. Dr. A. Skutetzky,
Chefarzt der militärischen Landes-Lungenstation in Prag.
Seit mehr als vier Jahrzehnten haben sich nach Koch zahl-
reiche Forscher die. Aufgabe gestellt, Tiere vor oder nach einer
Tuberkuloseinfektion zu immunisieren. ` |
Bisher konnte aber keiner der vereinzelt als gelungen be-
zeichneten Tierversuche von Nachprüfern bestätigt werden. Es fehlt
somit bei allen spezifischen Tuberkulosepräparaten, vom Kochschen
Alttuberkulin angefangen, dieser Beweis, welcher allein objektiv
die Frage entscheiden kann, ob eine günstige Beeinflussung der
Tuberkulose durch spezifische Therapie möglich ist oder nicht. Es
muß’ geradezu wunder nehmen, daß trotz Fehlen dieses Beweises,
der ja sonst für die Anwendung von Heilmitteln in der Praxis als
unerläßlich angesehen wird, die spezifischen Tuberkulosemittel beim
- Menschen ohne weiteres angewendet werden.
Wie Weleminsky in einem im Prager Vereine „Lotos“ ge-
haltenen Vortrage (11. Dezember 1923) über Tuberkuloseimmunität
auslührte, haben sich seit don Versuchen Kochs mit Alttuberkulin,
Landmann mit Tuberkulol, Behring mit Tulase, Ruck und Much
mit Bakterienextrakten, Römer mit dem Serum vorbehandelter
Schafe und Weichhard mit unspezifischen Eiweißkörpern vergeb-
lich bemüht, Tiere gegen nachfolgende Tuberkuloseinfektion zu
Immunisieren, Ä
Auch die scheinbar gelungenen Versuche Behrings und
Ko chs, Rinder durch vorangegangene Behandlung mit den für
diese Tiere avirulenten humanen Bazillen gegen vollvirulente bovine
Infektion zu schützen, hielten nicht, was sie erhoffen ließen.
| Es ist daher verständlich, daß Wassermann und Neufeld
am Tuberkulosekongreß in Bad Elster 192i eine echte Immunität
bei Tuberkulose überhaupt in Abrede stellten und beobachtete
Heilungsvorgänge bei Tuberkulose nicht auf die Bildung spezifischer
antitoxischer Antikörper zurückführten, sondern auf eine Steigerung
der ‚allgemeinen zellulären Abwehrkräfte. Sie begründeten ihre
Ansicht mit den fehlgeschlagenen Immunisierungsversuchen am Tiere
. und mit der Erfahrungstatsache, daß eine abgeheilte Tuberkulose
nicht gegen spätere Neuinfektion schütze, während sonst doch durch
. Weise entgegen.
>
Heilung einer Infektionskrankheit gerade die stärkste Immunisierung
bewirkt wird. - !
Nach dieser Anschauung müßte jede spezifische Therapie der
Tuberkulose zwecklos erscheinen und die Krankheit allein durch.
hygienisch-diätetische Maßnahmen zu beeinflussen sein. x
Dieser Auffassung tritt Weleminsky in sehr überzeugender
Insbesonders scheint ihm die wesentlich erhöhte
Widerstandskraft der seit altersher durchseuchten Kulturvölker im
Vergleich zu den bisher tuberkulosefreien Naturvölkern sehr für
die Immunisierungsmöglichkeit, ‚ja sogar für vererbbare Immunität |
zu sprechen. | | |
Die Möglichkeit einer künstlichen Immunisierung gegen die
Tuberkuloseinfektion durch die spezifische Therapie hält er für er-
wiesen, sobald es gelingt, entweder ein gesundes Tier gegen eine
nachherige Infektion mit Sicherheit zu schützen oder ein bereits
erkranktes zu heilen.
Dieser Beweis ist nun Weleminsky mit seinem Tuberkulo-
mucin anfänglich bei Meerschweinchen nur in: vereinzelten Fällen
und durchaus nicht regelmäßig gelungen, konnte aber mit großer
Regelmäßigkeit bei Kühen, selbst in Fällen vorgeschrittener Er-
krankung, erbracht werden. nun
Diese bedeutsame Beobachtung ist durch alle bisherigen Nach-
untersuchungen voll bestätigt worden. Den ersten bereits mehr als
‘zwölf Jahre zurückliegenden Tierversuchen Weleminskys, deren
systematische Fortsetzung durch den Krieg eine Unterbrechung er- -`
fahren hatte, schließen sich mit gleich günstigem Ergebnisse die
'großzügigen Untersuchungen an, welche Mallat an den großen
Tierbeständen der Schwarzenbergschen Güter angestellt’ hat.
Unter den zahlreichen Versuchen dieses Autors möchte ich als
besonders überzeugend einen an zwei schwertuberkulösen Kalbinnen -
vorgenommenen anführen. Die eine wurde bald nach beendeter Be-
handlung mit Tuberkulomucin geschlachtet. Hierbei zeigte sich eine
iR, abgeheilte schwere allgemeine Tuberkulose, Alle Herde waren
abgekapselt, zum Teile verkalkt. Die andere Kuh wurde am Leben
elassen und erholte sich im Anschlusse an die Behandlung so rasch,
aß sie an Gewicht und Größe bald alle ihre Altersgenossinnen über-
. traf, während sie vor der Behandlung elend und abgemagert war. In
beiden Fällen war also eine sonst sicher zum Tode führende Tuber-
kulose durch Tuberkulomucin geheilt worden.
Auch die noch im Gange befindlichen Nachprüfungen durch
den Landes-Veterinärarzt Hauptmann lassen nach mündlicher Mit-
teilung ‘bisher eine unzweifelhafte Heilwirkung der Tuberkulomucin-
therapie erkennen. 5 RE
Für das Tuberkulomuein ist somit zuerst unter allen spezifischen
Tuberkulosemitteln der Beweis der therapeutischen Wirksamkeit
im Tierversuch erbracht und von verschiedenen Nachprüfern be-
stätigt worden. | |
Die bei den Tieren gewonnenen Erfahrungen stimmen sehr
x $
gut mit den am Menschen gemachten überein.
Ich selbst verwende das Tuberkulomucin seit mehr als zehn
Jahren und berichtete erstmals bereits 1913 auf der Naturforscher-
Versammlung in Wien, sowie in einer späteren Publikation während
des Krieges über dieses Präparat.
Während meine damaligen Mitteilungen schwere Spitalsfälle -
und während des Krieges Kranke betrafen, die durch Strapazen und
ungünstige äußere Verhältnisse stark herabgekommen waren (kriegs-
gefangene Russen, Arbeiter aus großen Militärindustrien), will ich
heute das dem Praktiker näherliegende und ihn daher mehr inter-
essierende Material besprechen, das ich in den letzten fünfeinhalb
Jahren ambulant in meiner Privatpraxis behandelt habe. Ich möchte
diesen Beobachtungen aus dem Grunde mehr Wert beilegen, weil |
sie das tägliche Tuberkulosematerial des praktischen Arztes um-
fassen und weil die genau kontrollierten Fälle unter fortdauernder .
Überwachung gehalten werden, was bei dem früheren Material aus-
t
geschlossen war. ; P a,
Ehe ich an die Besprechung meiner Fälle gehe, sei in Kürze
das Wesentliche über das Weleminskysche Präparat und dessen
Anwendungsweise mitgeteilt.
~ Das Tuberkulomucin ist das einzige, bisher bekannte eiweißartige
ee net der Tuberkelbazillen, über welches Weleminsky
ım e
mehrjährige re eigenartigen Glaskolben und unter ununter-
brochener Auslese allmählich zur maximalen Produktion von Antigenen
gebracht wurden, deren Wirksamkeit wahrscheinlich an das in den
Kulturen gebildete Mucin gebunden ist.
‚Das Präparat wird in dunkle Glasfläschehen von bestimmtem
Härtegrad gefüllt, da die gewöhnlichen Glassorten dasselbe durch Ab-
gabe von Alkali durch Umwandlung von Alkali-Albuminat zersetzen.
2 berichtet hat. Es ist das durch Karbolzusatz sterilisierte -
Filtrat einer Glyzerinbouillonkultur von Tuberkelbazillen, welche durch‘
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1358
Auf diese Weise ist das Tuberkulomucin lange Zeit unzersetzt haltbar,
doch empfiehlt Weleminsky der Sicherheit
alte Füllungen zu verwenden. Von der tadellosen Beschaffenheit des
Tuberkulomucin in eine Eprouvette, die 20 %.Essigsäure enthält, fallen.
Ist das Präparat einwandfrei, so sinkt das Mucin als zusammenhängender
gleichmäßige Trübung von Alkali-Albuminat entsteht.
Bezüglich Dosierung und Technik bemerke ich folgendes:
Man arbeitet gewöhnlich mit einer einprozentigen Verdünnung;
abgekochten und gut ausgekühlten Wassers (bzw. aq. dest. oder physiol.
Kochsalzlösung) gibt man mittels graduierter Glasspritze 0,1 g Tuber-
kulomuein, ch
Fläschchen bereitete. era kräftig un
e
spritzt dann mit der-
selben Spritze und Nadel; die
Gebrauch auszukochen, nicht mit Alkohol oder Äther ‘durchzuspritzen.
Als Injektionskanüle verwendet man zweckmäßig eine Platin-Iridium-
-Nadel, die vor und nach jeder Injektion ausgeglüht wird.
Die Injektionen werden subkutan verabtolgt.
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kleineren Dosen,
3 Teilstriche der 1 %igen Lösung), bei Kindern unter 10 Jahren 1 mg.
Die Injektionen werden wöchentlich einmal ren und zwar
abwechselnd an der Streckseite beider Oberarme.
nn Injektion setzt man vorteilhaft auf der Streckseite des
orderarmes, weil hier die Reaktionsfähigkeit der Haut besonders groß
besonders auffallend in Erscheinung tritt. |
moy ' Ergibt sich aus der Stichreaktion (im Zusammenhalt mit dem
ee objektiven Befund) die Notwendigkeit, die Behandlung fortzuführen, so
el = steigert man die Änfangsdosis erst dann, wenn auf dieselbe keine oder
nur unbedeutende Stichreaktion erfolgt. Die Steigerung erfolgt ge-
wöhnlich um img. ‚In 12—14 Wochen erreicht man .so durchschnitt-
lich die Dosis von 10 mg. Höhere Dosen habe ich bei meinem ambu-
lanten Material nicht angewandt.
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auch mehrere solcher Injektionsserien nötig sein, um die Krankheits-
erscheinungen restlos und dauernd zu beseitigen. So habe ich 3 Fälle
von kavernösen Tuberkulosen in Beobachtung, bei denen innerhalb
4 Jahren 8 Injektionsserien absolviert werden mußten, bis die ge-
wünschte anhaltende Besserung (klinische Heilung) eintrat,
Diese Etappenbehandlung hat sich bestens bewährt, kann
Be aber wohl nur bei intelligenten, einsichtsvollen Kranken so lange
we durchgeführt werden.
e Unerläßlich ist es, den Kranken 24 Stunden nach jeder Unter-
ma
2 mal täglich die Temperatur zu messen, zu notieren und die Auf-
zeichnungen zur nächsten Injektion mitzubringen.
Die bequeme Anwendungsart des Tuberkulomucins darf aber
nie zu unbedachtem, schematischem Handeln verleiten! Es ist selbst-
verständlich, daß man auch mit Tuberkulomuein nur durch strengstes
Individualisieren und gewissenhafte Auswahl der Fälle wirkliche
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kulinpräparaten wesentlich einfacher ist, ist ein hochzuschătzender
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a T sar 3: po ve y FEN
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stimmen wird. Ebenso ist die Tatsache, daß man bei der an-
gegebenen vorsichtigen Dosierung die vom weniger geübten Praktiker
mit Recht gefürchteten Tuberkulinschädigungen nicht zu fürchten
hat, geeignet, dem Weleminskyschen Präparate allgemeine Ver-
‚breitung zu sichern. | i
Die Tuberkulomuein-Injektionen können, gleich anderen spe-
zifischen Präparaten von Lokal-(Stich-), Herd- und Allgemeinreaktion
ers gefolgt sein.
ee a Die Lokal-(Stich-)Reaktion kann bei stark allergischen Per-
DO sonen mitunter übermäßig heftig ausfallen, die Schwellung und
S >i Rötung der Injektionsstelle. hierbei den halben Oberarm betreffen.
E Es klingt aber auch die stärkste Reaktion in 1—3 Tagen völlig
De a _ folgenlos ab. Niemals sah ich nach den vielen Tausenden Injek-
| tionen, die ich verabfolgt habe, irgendwelche schädliche Neben-
wirkungen auftreten. Meist überschreitet die Lokalreaktion aber
‚nicht die Größe eines Tauben- oder Hühnereies.
Der stark positive Ausfall der Stichreaktion schon nach der
ersten, zugleich probatorischen Injektion ist prognostisch sehr günstig
zu bewerten. Wir sehen in diesen Fällen nach Ablauf der Reaktion,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
alber höchstens ein Jahr
Präparates kann und soll man sich vor Herstellung der Verdünnung
durch die Mucinprobe überzeugen. Man.läßt einen Tropfen unverdünntes
Schleimklumpen zu Boden, während bei eingetretener Zersetzung eine
die man sich am Tage der Injektion stets frisch herstellt. Auf 10 com
üttelt. die in einem weithalsigen, gut ausgekochten
i der Entnahme des unverdünnten
Präparates verwendet worden sind, nochmals durch. Die Spritze soll
nur für die Tuberkulomucein-Injektionen reserviert bleiben, ist vor dem
Ein Autor (Sichan)
berichtet über intrakutane Applikation, natürlich mit entsprechend
Als Anfangsdosis gibt man bei Erwachsenen 2—3 mg (= 2 bis
ie erste, zugleich
‘ist und daher die für die Prognose des Falles so wichtige Stichreaktion .
Tritt nach Injektion von 10 mg keine Reaktion mehr ein (positive -
Anergie im Sinne v. Hajeks), unterbricht man die Behandlung für
| 4-8 Wochen, um dann wieder mit der Anfangsdosis von 2—3 mg einen
ee neuen Zyklus zu beginnen. Je nach der Schwere.des Falles können
suchung zu kontrollieren. Derselbe wird auch angewiesen, in den
ersten 24 Stunden nach der Injektion dreistündlich, später dann
. Psoriasis universalis,
Erfolge erzielen kann. Daß das Verfahren gegenüber den Tuber- f
Vorteil, der so manchen Praktiker zur Verwendung des Mittels be:
= ln
i T - J
28. September
anfangs wohl nur für 1—3 Tage ausgesprochene Besserung der sub-
jektiven Beschwerden der Kranken eintreten. Nach den folgenden
Injektionen hält das Wohlbefinden länger an, und nach ungefähr
6 Injektionen erstreckt es sich auf das ganze Intervall zwischen
den einander folgenden Injektionen. Die Stichreaktion ist nach
24 Stunden, seltener erst nach 48 Stunden auf der Höhe und klingt
in 2—3 Tagen wieder ab. Öfters bleibt nach der ersten Injektion
durch Wochen eine Infiltration der Injektionsstelle zurück. Dies ist
als prognostisch günstig zu bewertendes Ereignis anzusehen.
Allgemeinreaktionen : (Kopfschmerz, leichte Temperaturer-
‚ höhung, Mattigkeit) treten in geringem Grade nach den ersten
Injektionen mit ziemlicher Regelmäßigkeit ein. Ganz vereinzelt nur
waren Temperaturanstiege auf oder über 39° C zu beobachten.
Schwere, objektiv nachweisbare Herdreaktionen sind sehr
selten. Dieselben bestehen in vermehrtem Hustenreiz und reichlicherer
Expektoration. Niemals aber sah ich auch in solchen Fällen eine
Propagation des Krankheitsprozesses einsetzen.
Bestehendes Fieber stellt keine Gegenanzeige für die Tuberkulo-
mucintherapie dar. Dasselbe wird vielmehr im Laufe der Be-
‚handlung allmählich zum völligen und dauernden Verschwinden
gebracht. Ebensowenig Zwingt eine bestehende oder interkurrierende
Hämoptoe zur Unterbrechung der Kur.
Aussichtslos ist die Behandlung bei allen schweren exsudativen
Prozessen, die auf die erste und nächstfolgenden Dosen (3—4—5 mg)
keine Stichreaktion zeigen, selbst wenn dabei — vorübergehend —
subjektive . Besserung wahrzunehmen ist (negative Anergie). Solche
Fälle führen erfahrungsgemäß im Laufe von 4—6 Monaten zum
Tode. In diesen Fällen wird auch die toxisch erhöhte Pulsfrequenz
' nicht herabgedrückt und bleibt die von mir beschriebene und als
prognostisch günstig zu wertende Leukozytose aus. Ä
Die geeignetsten Fälle, bei denen nach meiner Erfahrung die
Tuberkulomueinkur mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen ist, sind
die inzipienten Formen der Lungentuberkulose produktiven Charakters,
eventuell auch noch Fälle mitbeginnender Exsudation. Charakteristisch
für solche Fälle mit positivem physikalischen und röntgenologischen
Lungenbefund ist die ausgiebige Stichreaktion nach der ersten
probatorischen Dosis. | |
Die bisherigen Nachprüfungen der Tuberkulomucintherapie bei
der menschlichen Tuberkulose’ergaben ausnahmslos sehr befriedigende
Resultate und erfüllten durchaus die Erwartungen, die man schon
nach den ersten Mitteilungen Weleminskys an das Mittel knüpfte:
Über günstige Beeinflussung der Lungentuberkulose liegt be-
reits eine umfangreiche Literatur vor (Pachner, Poduschka,
Guth, Weiß, Götzl, Skutetzky, Franz, v. Hajek, Feldner,
Landegger, Lilien, Klein, Pribam, Friedmann, Sichan).
Über den Wert des Mittels bei chirurgischer Tuberkulose berichten
Götzl und Sparmann, Schmerz — dieser allerdings mit ge-
wissen Einschränkungen — sowie Springer, bei Tuberkulose des
Ohres Cemach, . Piffl, bei Psoriasis Weleminsky, bei Lupus
Wagner, bei Kehlkopftuberkulose Bumba. | l
Mein heute zu besprechendes Material umfaßt 121 Fälle von
Lungentuberkulose, in je 3 Fällen begleitet von Tuberkulose der
langen Röhrenknochen mit sezernierenden Fisteln und von Lymphomen,
in je einem Falle von Tuberkulose des Peritoneums, bzw. vou
Von den 121 Fällen waren 43 schwere offene
Tuberkulosen. Von diesen wurden 5 = 11,6°/, geheilt (völliges
Schwinden der katarrhalischen Erscheinungen, dauernde Entfieberung,
anhaltender guter Allgemeinzustand, dauernd bazillenfreies Sputum).
In 13 Fällen — 30,2°/, trat besondere Besserung ein, 6 Fälle
— 14,1%, blieben unbeeinflußt und 19 = 44,1°/, starben. Die
sehr schwache oder ganz fehlende Stichreaktion nach den ersten
Gaben, die anhaltende hohe Pulszahl, das Ausbleiben der Leukozytose
ließen hierbei den tödlichen Ausgang von Anfang an erwarten.
Von den 78 Fällen geschlossener Tuberkulose kamen 43
=> 55,10/, zur klinischen und biologischen Heilung (positive Anergie),
29 = 37,1°/, wurden erheblich gebessert, 1 Fall blieb unbeeinflußt,
1 Fall endete durch Suizid und in 5 Fällen ist die Behandlung
noch nicht abgeschlossen.
Interessant war der Verlauf der mit Knochentuberkulose
komplizierten Fälle. In allen drei Fällen hörte die seit Monaten
bestandene Fistelsekretion auf, die Fisteln schlossen sich nach der
4.—6. Injektion, die Konfiguration der Röhrenknochen wurde nahezu
normal. Die komplizierenden Lymphome zeigten eine sichtliche,
aber erst spät und nur langsam einsetzende Rückbildung. Der Fall
von Tuberkulose des Peritoneums endete letal.
Die einen Fall von schwerer, kavernöser Phthise bei einer
32jährigen Frau begleitende allgemeine Psoriasis, welche durch
eaa i x EE tos - ER Yu i j e Pit > : ” i y
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x a.t : Sa , Nu '
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> ren, BR >
: 28, September `
nshezu 10 Jahre erfolglos behandelt worden war, war nach der |
` 8. Injektion restlos geheilt, wie weggewischt, ohne auch nur Pigment- |
Die Hautaffektion war auch bis zu dem
8 Monate später erfolgten Tode. der Patientin nicht mehr aufgetreten.
Auf die einzelnen Jahre verteilt sich mein Material folgender-
spuren zu hinterlassen.
maßen: ef |
u Tabelle 1. Offene!Tuberkulosen: 48 Fälle.
I1910]1920|1921|1922]1923|1924| Summa | Anmerkung.
C geheit ...| 1 |—]| 2 |2:]—]]—]| 5 dauernd bazillenfrei
-` Gebessert.. 2183,4 113 |— 18 p = =i
Unbeeinflußt | — | — | — | 3 1 3|—| 6 zen,
Gestorben... 6 (AI 3 (I JA | 1 19 | —
Tabelle 2. Geschlossene Tuberkulosen: 78:Fälle.
nstolto2oj19ei|t920J1023|1924*)| Summa |. Anmerkung _
| Geheit ... 8 | 7 ls lulul 2 | 48 =
f Gebesset.. 3 716l 7| 5j 11.9 =
ce Unbeeinfußt | — | — | — I—|I—- | — |. — u |
Gestorben. s| == 1 | — — I— I — 1 suieidium
l *) in 5 Fällen Behandlung noch nicht abgeschlossen.
| | = Der in Tabelle 1 ausgewiesene geheilte Fall offener Tuberkulose
-} ° aus dem Jahre 1919 steht am längsten in Beobachtung. Er betrifft
einen 37jährigen Kaufmann, der am 20. Juni 1919 in Behandlung trat.
Expektoration mit stark positivem Bazillenbefund (Gaffky 7). Patient
absolvierte bis Ende 1920 drei Injektionsserien (1. Juli bis 1. Oktober
1919, 3. Februar bis 5: Mai 1920, 7. September bis 4. Dezember 1920).
Seither erscheint er alle zwei Monate: einmal zur Nachuntersuchung,
p
! zum letzten Male am 20. Juni’ 1924, — Physikalischer Befund ergibt
3 nur verkürzten Klopfton über dem rechten Oberlappen mit rauhem
Ab : Atmen, verlängertem, nicht hauchendem Exspirium ‘ohne katarrhalische
uf Erscheinungen. Das Sputum ist seit Ende 1920 dauernd bazillenfrei
af (auch mittels Antiformin). Röntgenuntersuchung ergibt leichte Ver-
| BON, des rechten Oberlappens und stärker ausgeprägten Hilus
i rechts. Patient ist anhaltend frei von Beschwerden, n ‘erheblich
"am Gewicht zu (nahezu 10 kg) und hätte niemals Katarrhe, die ihn vor
A| der Behandlung sehr. oft belästigten. 7
use _ „Ein anderer Fall: 19jähriges Mädchen, blaß, gut genährt. In der.
B] . ` Familio mehrere Fälle von Lungentuberkulose. Im Februar 1921 Grippe,
tf Anfangs März profuse Hämoptoe. Übernahme der Behandlung am
h, 11. März 1921: Verdichtungsherd im rechten Oberlappen mit reichlichem.
" ‘ feinblasigem feuchtem Rasseln, Subfebrile Temperatur. Sputumbefund
on paer (Gaffky 8). In den nächsten Tagen wiederholte Lungen-
ungen. |
‚entfiebert, blühendes Aussehen, katarrhalische Erscheinungen geschwun-
den. Injektionszyklus dreimal seither wiederholt da die Probeinjektion
nach üblicher Pause immer wieder stark positiv ausfiel. Sputum nach,
Absolvierung der zweiten Serie negativ. Letzte Untersuchung 24. Juni
bis auf minimale Schallverkürzung und hauchendes /
über der rechten Spitze normaler. Lungenbefund, durch Röntgen be-
stätigt. Sputum anhaltend bazillenfrei. T |
Die mit Tod abgegangenen Fälle betrafen fast durchgehends
progrediente Formen, kavernöse Tubörkulosen mit Neigung zu pneu-
Monischer Infiltration, bei denen die Behandlung von. vornherein,
In drei Fällen, welche anfangs deutlich den guten Einfluß der Tuber-
A kulomucintherapie durch Abfall der erhöhten Temperatur zur Norm,
Steigerung des Appetits und sogar mäßige Gewichtszunahme er-
kennen, ließen, trat nach einer interkurrierenden Grippe plötzlich
eine akute Progredienz ein, die rasch den Tod herbeiführte. Die-
T SS wer EEan e d. a =” zz =:
werdende, bzw. ganz ausbleibende Stichreaktion. :
er Von den gebesserten Fällen offener Tuberkulose möchte ich ins-
esonders eine kavernöse Phthise bei einem 12jährigen Mädchen aus
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u. ————
Behandlung, die seit 1920 geübt wird, auffallend auf, menstruierte ohne
Eia und zeigt heute auch einen so sebr gebesserteñ la rer
sn Seubefund, daß die Hoffnung berechtigt ist, in absehl l
stehenden Prozeß völlig zur Ausheilung zu bringen. Wesentlich
‚ unterstützend wirken in diesem Falle SOR die gute Pflege und die
KLuEen pien Verhältnisze der am Lande wohnenden Eltern der
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Zusammenfassend möchte ich .die an meinem ambulant be-
undelten Materiale gemachten Erfahrungen folgendermaßen präzi-
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4
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.39.
‚Befund bei der Aufnahme: Infiltration des rechten Oberlappens mit
. : Kavernensymptomen, ‚erhöhter Temperatur auf 37,9, reichlicher.
Sofort mit Injektionen begonnen. Nach 3 Monaten dauernd
xspirium -
- trotz vereinzelter anfänglicher `subjektiver Besserung erfolglos blieb.
endung zum Schlechten manifestierte sich hierbei durch schwächer .
Schwertuberkulöser Familie hervorheben. Das Kind blühte unter der
Beschwerden erstmalig im Jahre 1921, nahm 15 kg!! an Körpergewicht
arer Zeit den
\
-
1. Das Tuberkulomucin Weleminsky ist als ein mildes, besonders
‘wirksames spezifisches Präparat‘ bei Behandlung der Lungen-
tuberkulose zu bezeichnen. ' 3 ie
. 2. Es ist namentlich für die.ambulante Therapie des praktischen
Arztes .(bzw. für Therapie betreibende Fürsörgestellen) zu
‚ empfehlen. . 0 oo ee ee T Ä
3. Die Anwendung ist infolge Fehlens. schwerer Herdreaktionen
oder sonstiger Nebenwirkungen bei. entsprechend ausgewähltem
~- Krankenmaterial und vorsichtiger Dosierung gefahrlos. — '
‘4. Besonders geeignet für die Behandlung sind inzipiente Fälle
produktiven Charakters. ' Exsudative Formen geben eine weniger
günstige Prognose. Fälle progredienter Art mit Ausbleiben einer
Stichreaktion nach probatorischer Injektion sind als. aussichts-
los von der Behandlung auszuschließen. | et
` > Literatur: Weleminsky, B. kl. W, 1912, 28. — Pachner, Brauers
Beitr. z. Klinik d. Tbe. 1912, Bå. 25. — Poduschka, W. m. W. 1918, 6. — Götz],
W. kl. W. 1918,.40. — Skutetzky, Naturforscherversamml. Wien, 1913, 85. —
‚Weleminsky, B. kl. W. 1914, 18.. — Pachner, Zschr. f. Tbo. 1914, 6. — Guth,
ebenda 1914, 6. — Skutetzky, W. m. W. 1914, 15. — Franz, ebenda 1914, 15, —
Götzl und Sparmann, Mitteil. a. d, Grenzgeb. 1914, 1. — Weiss, W. kl. W.
1914, 26. — Weleminsky, ebenda 1916, 89. — Cemach, W.m. W. 1916, 12, —
v. Hajek, Zschr. f. Tbe. 1917, 6 — Weleminsky, W. kl W. 1917, 46. .—
Landegger, Der Amtsarzt 1917, 9-12. — Cemach, W. m. W. 1917, 4 u. 10.
' — Skutetzky, W. kl. W. 1918, 22. — Friedmann, B. kl. W. 1919; 36. — Lilien,
M. Kl. 1921, 48. — v. Hajek, Das Tuberkuloseproblem, Verlag J. Springer, Berlin -
1921, S.206..— Wagner, Verb. des Vereins deutscher Ärzte in Prag, Verlag
' Urban & Schwarzenberg, Wien-Berlin 1922, 8.88. — Bumba, ebenda, S. 89. —
Springer, Die. Tuberkulose und ihre Bekämpfung, herausgeg. von Ghon und
Jaksch,.Verlag E. Heim & Co., Wien 1922, S. 120, — Pribram, ebenda, S. 163,
— Piill, ebenda, 8.258. — Guth, ebenda, S. 297. — Skutetzky, ebenda, S. 376.
— Klein, Zschr. f. ärztl. Fortbildung 1923, 10. — Mallät, Vestnik I. csl. ved
sjezdu prozituberk. 1923. — Sichan, Casopis ceskych 16k., 1924, 4 — Weleminsky,
Naturwissensch. Zschr. Lotos 1924. 2. 7.000000 PARE
Aus der Chirurgischen Universitätsklinik Berlin’
; = (Direktor; Geh. Rat Prof. Dr. Bier).
Der Wert des Chirosoters in der Praxis.
| Von Dr. KarlVogeler. — > 0 0 |
~ - Auf dem diesjährigen Chirurgenkongreß hielt am letzten Tage.
Kausch einen Vortrag über das Sparen in der Chirurgie und
machte - verschiedene beachtenswerte Vorschläge, durch die die
Kosten im chirurgischen ‚Betriebe erheblich vermindert werden
könnten. Leider fehlte jeder Hinweis darauf, auf welche Weise der
teure Gummihandschuh ersetzt werden könnte und wie am schnellsten
und billigsten ein aseptischer Zustand der Hände. zu erzielen sei,
eine Frage von großer ünd eminent praktischer Bedeutung. sowohl
für den Kliniker wie für den in der Praxis tätigen Arzt. ‚Als Er- _
gänzung zu seinen Vorschlägen wies ich deshalb in der Diskussion
auf das von Klapp vor Jahren angegebene, von mir einer erneuten
eingehenden bakteriologischen Untersuchung unterzogene Chirosoter
hin. Da der Hinweis naturgemäß nur ein ganz kurzer sein konnte,
so möchte ich im folgenden vor einem größeren Kreise ganz kurz
"ausführen, welch große Bedeutung dem Chirosoter nicht nur im
Betriebe des Krankenhauses, sondern auch besonders in der Sprech-
stunde des praktischen Arztes zukommt. =: BET
= Vorausgeschickt sei, daß die Keimfixierung des Chirosöters in
zahlreichen genauen bakteriologischen Untersuchungen festgestellt `-
ist, daß es sich im ÖOperationssaal ausgezeichnet bewährt hat, daB
‚seine Konkurrenzfähigkeit mit‘ dem Durchschnittsgummihandschuh
erwiesen ist. Eine einzige gründliche Einreibung der im übrigen .
-ungewaschenen Hände mit einer Menge von etwa einem EßBlöffel:
genügt, um eine praktisch völlige Keimfreiheit derselben zu er- .
zielen. Da die Vorbedingung dazu ein absolut trockener Zustand
der Hände ist, so ist entweder in eiligen Fällen jedes Waschen der
Hände’ vor der Chirosotereinreibung zu unterlassen oder es muß
nach dem Waschen die völlige Trocknung der Hände. abgewartet
werden. Ist die Einreibung. vollendet, haben die Hände einen leicht
glänzenden Überzug erhalten, der ‚sich glatt anfühlt. Jetzt ist die
Hand als keimfrei, als aseptisch anzusehen, ‘operative Eingriffe .
können ausgeführt werden, der Finger darf den Uterus ausräumen,
die Hand kann in den Gebärkanal zur Wendung des Kindes einge- -
tührt werden!). | | re | ee
. Fragen wir uns nun, wo das Chirosoter angewandt werden.
: kann, so lautet die Antwort 1) überall da, wo in der Medizin eine
aseptische Hand verlangt werden muß und 2) da, wo sich die Hand, `
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~ 1) Zur genauen Orientierung ‚über das Chirosoter vorm. ise ich
auf meine beiden Arbeiten: Zbl. f. Chir. 1923, Nr. 35, und Taa
becks Arch. Bd. 128, H. 3. E
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
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des Arztes vor septischen Keimen schützen will. Denn das Chirosoter
schützt auch die Hand vor der Aufnahme infektiösen Materiales.
Für den Arzt in der Praxis ist das Chirosoter das einfachste,
schnellste und billigste Mittel, sich keimfrei zu machen. Am
häufigsten wird er in die Notwendigkeit einer raschen.Sterilisierung |
durch geburtshilfliche Fälle versetzt sein. In ‘der Regel ist das
Vorgehen dann so, daß er mit den Händen schnell einmal in eine
Sublimatschale fährt, jedoch endet der Konflikt zwischen seinem
aseptischen Gewissen und dem verständlichen Wunsch, der Frau
möglichst rasch Hilfe zu bringen, bald mit dem Siege des letzteren,
die eine Hand geht in den Uterus ein und zahllose Keime werden
auf dem besten Nährboden’ der Natur, dem kreißenden Gebärkanal
deponiert, von wo sie bald ihr Unwesen entfalten werden. Ganz
andere Wirkung hat dagegen die kurze Sterilisierung der Hand mit
Chirosoter.
welche wohl als das stärkste Kriterium einer Desinfektionsmethode
angesehen werden kann. Und so kann das Chirosoter in der Praxis
überall angewandt werden, Gummihandschuhe sind viel zu teuer, |
.die Waschung mit den gebräuchlichen Desinfektionsmitteln dauert
viel zu länge und irgendwelche Schwierigkeiten hat die Anwendung
des Chirosoters nicht. Nach der Operation wird es durch eine ein-
. fache Waschung in warmem Wasser und Seife entfernt. |
Von großer Wichtigkeit scheint mir der Hinweis auf die
Schutzmauer, die das Chirosoter auf der Haut der Hände erzeugt
und die‘ das Haften von Keimen, die bei der Berührung mit.
infektifsem Material leicht auf die Hände gelangen, unmöglich
macht. Vor kurzem hat Geh. Rat Payr darauf hingewiesen, daß
die Asepsis der Hände gewissermaßen außerhalb. des Operations-
saales in der Prophylaxe gelegen sei?). Die Wichtigkeit des Hand-
schutzes beruht nicht in der energischen Desinfektion, sondern in
der Fernhaltung der Hände von’ septischem Material. Nun muß
der Arzt auch selbstverständlich solche Kranke berühren und unter-
suchen, und muß daher seine Hände mit den infektiösen Keimen
in engen’ Kontakt bringen. Vielfach werden daher auf septischen
Stationen Gummihandschuhe getragen, aber für den Praktiker ist |
das zu teuer, auch hat das längere Tragen von Gummihandschuhen .
lästige Empfindungen in der Hand zur Folge. Daher ist auch hier
die Anwendung des Chirosoters das Gegebene; nicht nur der Arzt,
sondern auch das Personal kann eine kurze Waschung mit Chirosoter
vornehmen und sich so vor der Ansteckung schützen..
Der Schutz des Chirosoters in der Prophylaxe eröffnet ihm
aber noch ein weiteres großes Anwendungsgebiet, das ist in der
Gewerbehygiene. In vielen: industriellen Betrieben sind die Arbeiter
Hautschädigungen außerordentlich ausgesetzt mit all ihren Folgen.
den: Schrunden, den Rhagaden, der Zellgewebsentzündung und dem
Panaritium. Prophylaktische Chirosotereinreibung wird: auch hier
die Haut schützen und die Erkrankungsmöglichkeit verringern.
Ganz kurz sollen noch die Vorwürfe gestreift werden, die
man dem Chirosoter macht:
~ i. wird ihm vorgeworfen, der Geruch sei sehr unangenehm.
Nun gibt es in der Chirurgie erheblich unangenehmere Gerüche,
die hingenommen werden, ohne daß sich ein Vorwurf erhebt, sogar
das sehr häßlich riechende Sublamin, das den Händen noch tage-
. lang einen fauligen Geruch verleihen kann, wird nicht beanstandet.
. Der Geruch des Tetrachlorkohlenstoffs verfliegt schon bei der Ein-
‚ reibung, kann also höchstens nur eine halbe Minute wahrge-
nommen werden; RES SR | |
2, soll ein brennendes Gefühl in der Haut entstehen. Dieses
tritt nur dann auf, wenn die Hände vor. der Einreibung nicht völlig
trocken waren, jede Spur Wasser verstärkt es. Im übrigen werden
die Hände ganz im Gegenteil durch die Anwendung des Chirosoters
geschützt, die Haut behält einen leichten, sehr angenehmen Paraffin-
überzug, springt nicht\auf und bleibt geschmeidig;
3. würden die Hände durch das.Chirosoter schlüpfrig und
glatt, so daß das operative Hantieren erschwert würde. Dieser Vor-
als beim Gummihandschuh, denn auch diesem haftet dieser Nach-
_ teil, sobald er mit Blut in Berührung gekommen ist, an. Im übrigen
kann ich mitteilen, daß Versuche im Gange sind, mittels einer dem
Chirosoter zugesetzten körnigen Substanz die Schlüpfrigkeit zu be-
heben und die Finger rauh zu machen. Die Ergebnisse der Ver-
. „suche werden mitgeteilt werden. |
Wie sehen, daß das Anwendungsgebiet des Chirosoters recht
groß ist und daß unser Mittel erhebliche Beachtung : verdient.
2) Zbl. £ Chìr. 1928, Nr. 48
u 728. September
Sofort nach. der Einreibung kann die Hand ohne Ge-
fahr jeden Eingriff vornehmen, selbst die Lösung der Plazenta,
| wurden vor allem chronische Bronchitiden,
| gangrän, Grippe, schließlich
: | | | phthisen. |
wurf ist bis zu einem gewissen Grade berechtigt, aber nicht mehr .
Wenn aber davon gesprochen wird, wie man den großen Ausgaben
im klinischen und ärztlichen Betriebe steuern könne, dann ist den '
Unmassen von Gummihandschuhen, die gebraucht werden, die ge-
bührende Aufmerksamkeit zu schenken und als eines vorzüglichen
und billigen -Ersatzmittels wohl des Chirosoters mit einem ‚Worte
zu gedenken. — ` pi | |
| Aus der JI. Inneren Abteilung dès Rudolf Virchow-Krankenhauses Berlin
| (Dirig. Arzt: Prof. Dr. K. Brandenburg).
„Anastil“, ein injizierbares Guaiakolpräparat. .
| Von Dr. Rudolf Unger.
In. der: medikamentösen. Behandlung infektiöser Erkrankungen
der Atmungsorgane spielen das aus einem Gemenge verschiedener
Phenole bestehende Kreosot und dessen Hauptbestandteil, das
Guajakol, eine nicht unwesentliche Rolle.. Anwendung finden sie
vor allem bei chronischer Bronchitis (besonders solcher mit fötidem
Sputum), Bronchiektasien, Lungenabszessen usw., wobei sie die-
örtlichen Erscheinungen wie Husten und Auswurf in hervorragendem
Maße einschränken. Die resorbierten Phenole werden nämlich zum
Teil durch die Lunge ausgeschieden und wirken dabei desinfizierend
auf die Krankheitserreger ein. Außerdem heben die Kreosotphenole
besonders bei längerem Gebrauche häufig in bemerkenswerter Weise
das. Allgemeinbefinden und den Appetit.
Letztere Wirkung ist, wie Klemperer (1) wahrscheinlich gemacht
hat, dadurch bedingt, daß die motorischen Funktionen des Magens er-
höht werden. ` Ein weiteres Anwendungsgebiet des Kreosots und seiner
Derivate ist die Tuberkulose der Lungen, wofür namentlich Fräntzel
(2) und Sommerbrodt (8) eingetreten sind. Eine spezifische Wirkung
auf die Tuberkelbazillen wird zwar von den meisten Autoren abgelehnt.
‚und ist auch nicht wahrscheinlich, da sich bei den zulässigen Gaben
‚solche Konzentrationen, wie sie zur Abtötung der Bazillen notwendig
sind, án den Ausscheidungsstätten in der Lunge nicht erreichen lassen.
Der günstige Einfluß des Kreosots und des Guajakols auf die Phthisis
ulmonum, wie er häufig beobachtet wird, ist vielmehr vermutlich
dach zu erklären, daß durch die Zunahme des Appetits und durch
die Einschränkung von Husten und Auswurf eine Besserung des All-
gemeinzustandes in subjektiver und objektiver Hinsicht eintritt. |
Die Darreichung der Kreosotphenole geschieht meist in Form
der offizinellen Kreosotpillen. Da diese jedoch nicht selten Magen-
beschwerden machen und wegen ihres brennend scharfen Geschmackes .
nicht gern genommen werden, sind in den Handel zahlreiche Ersatz-
präparate gebracht worden. Diese sind zwar nahezu geschmacklos
und beeinträchtigen die Magenfunktion nur wenig, da sie erst im |
Darm in die. wirksamen Komponenten zerfallen; es haftet ihnen
jedoch ein Nachteil an. Um die Anwendung und die Resorption
der Kreosotphenole zu erleichtern, stellte man wasserlösliche Derivate
| her, bei welchen chemischen Bindungen jedoch die Wirkung, ebenso
wie bei anderen Arzneimitteln — vgl. Fränkel (4) —, gahz oder
zum größten Teil verloren ging. | |
- Es ist als ein Fortschritt zu
pharmazeutischer Präparate (Apotheker Bruno Salomon)in Charlotten-
burg ein injizierbaresGuajakolpräparateingeführt wurde, das alsHaupt-
| bestandteil reines, freies, also nicht chemisch gebundenes Guajakol
in Wasser gelöst enthält. Das Präparat, das unter dem Namen
„Anastil“ in den Handel kommt, stellt eine klare, leicht gelbliche
Flüssigkeit dar, die ähnlich wie Kreosot einen Geruch nach Rauch
besitzt und in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar ist. Es wird
als 'einfaches „Anastil“ und als „Anastil verstärkt“ in Am-
pullen zu 1 ccm geliefert. | |
Das Präparat ist in den letzten vier Jahren auf unserer
Abteilung bei zahlreichen Fällen angewendet worden. Behandelt
die durch andere
Mittel nicht weiter zu beeinflussen waren, ferner Bronchiektasien,
Pneumonien, verschiedene Fälle von Lungenabszessen und Lungen-
Anwendungsform war entweder die. intramuskuläre oder die
intravenöse Injektion, letztere besonders mit „Anastil verstärkt
in schwereren - akuten Fällen, bei’ denen es auf eine möglichst.
rasche Wirkung ankam. Subkutane Injektionen sind wegen örtlicher
Reizwirkung des Präparates nicht zu empfehlen, aus welchem Grunde
auch bei intravenösen Injektionen zwecks Verhütung von perivasku-
| lären Infiltrationen auf gute Lage der Kanüle in der Vene geachtet
werden muß. Die Injektionen, bei denen das Präparat entweder
rein oder verdünnt mit physiologischer Kochsalzlösung (1:3) an-
gewendet wurde, wurden -alle 2—3 Tage, in hartnäckigen Fällen
auch täglich ausgeführt. |
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begrüßen, daß von der Fabrik `
auch geschlossene und offene Lungen- .
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28. September -
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39. 1861
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Was nun den therapeutischen Effekt anlangt, so haben wir,
abgesehen von wenigen Versagern, mit dem Anastil sehr gute Er-
folge erzielt. Besonders bemerkenswert war die günstige Wirkung
bei Erkrankungen der Atmungsorgane, die mit starkem Auswurf
einhergingen. Bei chronischen Bronchitiden und Bronchiektasien,
die schon seit mehreren Jahren bestanden und durch keine anderen
Mittel nennenswert zu beeinflussen waren, ging unter Nachlaß von
- Atemnot und Hustenreiz die Menge des Sputums (in einigen Fällen
bis 400 ccm pro die) schon nach 5—6 Injektionen in auffallender
Weise bis auf wenige com zurück. In leichteren Fällen genügten
schon 1—2 Einspritzungen. Fötides Sputum verlor in kurzer Zeit
den stinkenden Geruch. Ähnliche gute Erfolge hatten wir bei
Lungenabszessen und Lungengangrän, wobei jedoch meist eine
größere Anzahl von Injektionen erforderlich war.
Bei einem Fall von Bronchitis foetida und interlobärem Empyem,
entstanden im Anschluß an eine Unterlappenpneumonie, wurde das
Empyem unter längerer Anastilbehandlung bei sehr geringen Be-
schwerden völlig ausgehustet und so die Rippenresektion vermieden,
Bei Pneumonien, besonders Grippepneumonien, wandten wir
Anastil hauptsächlich dann an, wenn es sich um verzögerte Lösung
handelte, wobei dann meist nach wenigen Injektionen völlige Ent-
fieberung eintrat. Auch bei einfacher Grippe hat sich das Anastil
gut bewährt. i
So ging bei einer mit Tracheitis und Bronchitis einhergehenden
aropo die durch 7tägige Salizylbehandlung nicht zu beeinflussen ‘war,
nach 2 intravenösen Ånastileinspritzungen die Temperatur (um 39°)
auf normale Werte herab, ohne daß später wieder Fieber auftrat.
Fast alle mit Anastil behandelten Patienten gaben an, sich
"infolge des Nachlassens des Hustens und Auswurfs bedeutend wohler
zu fühlen. Der Appetit nahm zu und das Allgemeinbefinden besserte
sich selbst in Fällen mit Lungenabszessen und Lungengangrän
in auffallender Weise. |
Diese günstige Wirkung auf den Allgemeinzustand in subjektiver
und objektiver Hinsicht konnten wir auch bei nicht allzu dekrepiden
Phthisikern feststellen. . Auch hier gingen Husten, Auswurf und
Atemnot oft schnell zurück. Bei einigen Fällen ließen auch die
Nachtschweiße nach. |
In überraschender Weise hörten bei einem Phthisiker mit Darm-
tuberkulose die seit einem halben Jahre bestehenden Durchfälle nach
4 Anastilinjektionen auf.
Nebenwirkungen des Präparates konnten wir nur bei 2 Fällen
von Lungentuberkulose feststellen. Bei dem einen traten nach
der Anwendung von Anastil Temperatursteigerungen ein; der andere
erlitt nach einer Injektion eine mäßig starke Hämoptoe. Überhaupt
dürfte Blutungsgefahr bei Phthisikern eine Kontraindikation für
die Anwendung des Mittels sein. Bei allen übrigen. behandelten
Patienten (darunter Siebzigjährige) wurden selbst bei 20 aufein-
anderiolgenden Injektionen keine ungünstigen Nebenerscheinungen
beobachtet.
‚... Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Einführung des
injizierbaren Guajakolpräparates Anastil eine wertvolle Bereicherung
unseres Arzneischatzes für die Behandlung infektiöser Erkrankungen
der Atmungsorgane bedeutet.
Literatur; 1. G. Klemperer, Alkohol und Kreosot als Stomachika.
Zschr. f. klin. Med., Bd. 17, Supplement, S. 824. — 2. O. Fräntzel, Über den Ge-
brauch des Kreosots bei Lungentuberkulose. Charit6-Annal. Bd.4, S.278; D. m. W.,
1887, Nr. 14, 21 u. 22; 1888, Nr. 7. — 8. Sommerbrodt, Über die Behandlung der
Lungentuberkulose mit Kreosot. B.kl, W.1887, Nr. 15. — 4. S. Fränkel, Die
Arzneimittel-Synthese usw. Berlin, 1919, S. 199. ge
Aus der Grazer Dermatologischen Klinik
(Vorstand: Prof. Dr. R. Matzenauer). |
. Behandlung der Säuglingssyphilis mit Merlusan.
Von Doz. Dr. Max Hesse. 2
‚ Im Jahre 1913 haben Buchtala und Matzenauer ein neu-
artiges Quecksilberpräparat unter dem Namen Merlusan in die
Syphilistherapie eingeführt. Es stellt eine Verbindung des Tyrosins |
dar, in welcher je ein Wasserstoff der OH- und NH,-Gruppe durch
eine Valenz des zweiwertigen Quecksilbers und der Wasserstoff der
COOH-Gruppe durch Na ersetzt sind. Einer der wichtigsten
Gesichtspunkte, welcher die beiden Autoren bei der Darstellung des
neuen (uecksilberpräparates leitete, war der, einen chemischen Stoff
zu finden, mit welchem das Quecksilber eine Verbindung eingehen
kann, die keine „Körperfremde Komponente“ enthält. Sie führen
aus, daß die „chemische Komponente, an die das Quecksilber
m seiner Verbindung gekoppelt ist, in Lösung begreiflicherweise
ihre arteigene Wirkung entfaltet, die von ihrer chemischen. Natur,
.
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abhängt und auf den Heilerfolg: einen erfreulichen oder ungünstigen
Einfluß nehmen kann.... Wir möchten ganz besonders eines Faktors
gedenken, der bislang noch zu wenig Berücksichtigung bei den
Medikamenten im allgemeinen und beim Quecksilber im besonderen
gefunden hat, und das ist das Medium, in welchem die
Arzneimittel im Körper kreisen und dessen chemische Natur
doch wohl nicht gleichgiltig ist zum Zustandekommen der ganzen
biologischen Reaktion: es sind das die Gewebssälte und
besonders das Blut.“ Das Tyrosin ist nun von den bekannten
Aminosäuren, welche einen Baustein der bisher bekännten Eiweiß-
körper darstellen, die einzige, welche alle Eigenschaften der
Gewebssäfte und des Blutes in sich vereinigt; es ist also von dem
Tyrosin keine wie immer geartete Schädigung des Organismus zu
erwarten. Tatsächlich verursacht das Merlusan, welches also kein
körperfremdes Eiweiß enthält, infolge seiner Zusammensetzung keine
Anaphylaxie, wirkt selbst nicht ätzend und koagulierend, so daß es
ohne - weiteres zu intravenöser Injektion verwendet werden kann.
Der therapeutische Erfolg einer solchen intravenösen Behandlung
war allerdings kein so günstiger als man hätte denken können,
doch ist man über den Wert einer intravenösen Quecksilber-
behandlung im allgemeinen ohnedies der Ansicht, daß die Ein-
verleibung des Quecksilbers auf: perkutane oder intramuskuläre
Weise vorzuziehen ist. Wenn dennoch die Versuche mit Merlusan
zur intravenösen Injektion vorgenommen wurden, so hatte dies, wie
die beiden Autoren auch anführen, mehr theoretisches Interesse, da
es bisher kein wirksames Quecksilberpräparat gab, welches ohne
Schaden der Gefäße und des Blutes intravenös eingespritzt werden
konnte. Heute gibt es zwar schon einige derartige Quecksilber-
präparate — ich erwähne zwei der letzten Zeit — das Oyarsal und
das Diphasol, doch werden auch diese Mittel nur mit Neosalvarsan
gemischt eingespritzt, da die Wirkung dieser Mittel für sich allein
bei intravenöser Applikation zu gering ist. E
Was das Merlusan aber vor allem aus der großen Reihe von
Quecksilberpräparaten hervorhebt, ist die Möglichkeit, durch interne
Darreichung eine energische Merkurialisierung des Körpers
zu erreichen. In früherer Zeit verwendete man dazu das reine
Quecksilber oder seine Salze. Die Umwandlung des Quecksilbers
geschieht dabei im Magen, und: hängt dies von dem Zustand des
Magens bzw. von dem mehr oder weniger hohen Säuregehalt ab,
so daß sie großen Schwankungen unterworfen ist. Dementsprechend
war die Wirkung auch eine sehr ungleiche. Dazu kommt noch,
daß diese Applikation mit verschiedenen schädlichen Nebenwirkungen
verbunden war, die insbesondere in einer lokalen Reizung der
Verdauungswerkzeuge bestand. Man hat deshalb diese Mittel fast
vollständig verlassen, denn die Wirkung, welche sehr häufig voll-
ständig ausblieb, stand in keinem Verhältnis zur Schädlichkeit
dieser Mittel. In neuerer Zeit wurden von der chemischen Industrie
zwei Mittel in den Handel gebracht, das Mergal und das Merjodin.
Sie werden vom Darm allerdings besser vertragen, doch scheint die
Wirkung eine zu geringe zu sein, da sich auch diese beiden Mittel
keine rechte Geltung verschaffen konnten.
Matzenauer konnten nun bei interner Darreichung des Merlusans
nachweisen, daß die Quecksilberausscheidung durch die
Niere ebenso groß war wie bei einer Kur mit intra-
muskulären Injektionen mit Salizyl- Quecksilber und
doppelt so groß wie bei einer Einreibungskur mit grauer
Salbe. Auch der therapeutische Erfolg: stand dem mit anderen
anerkannten Quecksilbermitteln erreichten nicht nach. .Irgendwelche
schädliche Nebenwirkungen konnten fast niemals beobachtet werden,
nur hie und da stellten sich leichte, rasch vorübergehende Darm-
störungen ein. Die tägliche Dosis waren 5—6 Merlusantabletten,
für eine ganze Kur benötigte man ca. 150 Stück. Nachprüfungen
anderer Autoren (Roth, Lisznyai) ergaben dieselben günstigen
Resultate. Übereinstimmend wird die prompte Wirkung auf die `
luetischen Erscheinungen sämtlicher Stadien der Lües hervor-
gehoben und die völlige Reizlosigkeit und verhältnismäßig geringe
Giftigkeit gerühmt. Gerade diese geringe Giftigkeit des Merlusans
ist ein großer Vorteil und ist zweifellos dadurch bedingt, daß die
Reaktionsbreite, wenn man so sagen darf, dieses Mittels sehr groß
ist. Die therapeutische Dosis ist um vieles kleiner als die giftige,
so daß auch bei längerer und intensiverer Anwendung des
Merlusans kein oder nur wenig Merkurialismus entsteht. So konnte
bei schon vorhandener Stomatitis, welche durch ein anderes
Quecksilbermittel hervorgerufen wurde, die Kur mit Merlusan
anstandslos fortgesetzt werden (Majewski). Auch bei: Nephritis-
konnte Merlusan ohne Reizung der Nieren genommen werden
(Freund). Die Wa.R. wurde ebenfalls in ähnlicher Weise beeinflußt
Buchtala und
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1362
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.39..
28. September
wie durch andere Quecksilbermittel, ja es stand die Wirkung in
dieser Beziehung dem Salvarsan und dem Salvarsan-Embarin nicht
um sehr viel nach (Hesse). Nicht nur bei Syphilis aller drei
Stadien konnten gute Erfolge mit Merlusan verzeichnet werden,
auch bei Tabes wurden die subjektiven Beschwerden günstig.
beeinflußt (Milochnich).
Nach diesen günstigen Berichten war es um so verwunder-
licher, daß das Merlusan nicht in ausgedehnterem Maße Anwendung
fand. Leider hat es aber die Ungunst der Verhältnisse in der
ungarischen Fabrik Dr. Bayer & Co. anfangs des Krieges mit- sich
gebracht, daß in der Herstellung und dem Vertrieb des Merlusans
ein Stillstand eintreten mußte. Auch dürfen wir nicht vergessen,
daß ein internes Luesmittel schon aus althergebrachter Vorein-
genommenheit vielfach beiseite geschoben wird. Wir haben es
seinerzeit sehr unangenehm empfunden, daß die Belieferung der
Klinik einen empfindlichen Eintrag erlitten hat, so daß wir infolge
dieses Mangels gezwungen waren, bei der Indikationsstellung sehr
‚rigoros vorzugehen. Wir haben uns das Merlüsan für jene Patienten
vorbehalten, bei denen erfahrungsgemäß jede antiluetische Be-
handlung mit gewissen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, nämlich
für die Säuglinge und ganz junge Kinder. a |
Es ist ja bekannt, daß die Behandlung von Säuglingen eine
keineswegs leichte und gar nicht ungefährliche Sache ist. In-
jektionen schließen sich söwohl mit Quecksilber als auch mit
Salvarsan oft von selbst aus, und die Behandlung mit grauer Salbe
: in Form von Einreibungen oder Salbenflecken führt oft zu Reizungen
der Haut und schweren Störungen von Seiten des Darmes, die das
Leben der ohnedies oft schwächlichen Säuglinge gar nicht selten
. gefährden. Um so mehr wäre es zu begrüßen, wenn wir in dem
Merlusan ein Mittel zur Verfügung hätten, welches neben der
günstigen therapeutischen Wirkung vielleicht gar keine oder nur
geringfügige schädliche Wirkung entfaltet. Aus den schon früher
angeführten Erwägungen, welche das Merlusan zur internen
Behandlung prädestinieren, haben wir es unternommen, vorsichtig
die Behandlung der Säuglinge mit Merlusan zu versuchen. Der
Versuch ist, wie:ich gleich betonen will, glänzend gelungen.
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Wir haben täglich eine halbe Tablette Merlusan zerstoßen in Milch
oder falls das Kind von der Mutter gestillt wurde, in.etwas Tee
gegeben, ohne daß sich bei sämtlichen behandelten Kindern auch
nur die geringsten Beschwerden gezeigt. hätten, welche man mit
der Merlusantherapie in Zusammenhang hätte bringen können. Nach
einer Woche stiegen wir mit der täglichen Menge gewöhnlich auf
eine ganze Tablette. Diese Behandlung wurde ca. einen Monat
fortgesetzt. Der Einfluß auf die vorhandenen luetischen Er-
scheinungen war’ immer ein durchaus befriedigender. Ich konnte
auf diese Weise auf der Klinik und auch 'in meiner Privatpraxis
über 30 Kinder behandeln und zwar immer mit dem gleich
günstigen Erfolg. Selbstverständlich hat sich die Behandlung nicht
nur auf die Säuglinge beschränkt, sondern auch dann auf ältere
Kinder. Insbesondere konnte ich einige Kinder von Geburt an
chronisch-intermittierend mit Merlusan weiterbehandeln, und sah ich
in solchen Fällen niemals Rezidive. Bei Kindern bis zu 6 Jahren
stieg ich mit der Tagesdosis bis auf drei Tabletten. Gerade bei
diesen dem Säuglingsalter entwachsenen Kindern möchte ich die
Merlusanbehandlung jeder anderen Quecksilberbehandlung vorziehen.
Denn abgesehen von der Schmerzhaftigkeit und der Möglichkeit der
Infiltratbildung bei Injektionen, der Reizung der Haut bei perkutaner
Quecksilberbehandlung, ist der Widerstand der Kinder insbesondere
Injektionen gegenüber kaum oder nur mit Aufbietung großer Gewalt
zu überwinden. Es braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden,
daß dies auf das zarte Gemüt der kleinen Patienten einen tiefen, -
shockartigen, auf die Angehörigen gewiß einen sehr peinlichen
Eindruck hinterlassen muß. Alle diese Unannehmlichkeiten fallen
mit der Behandlung mit Merlusan weg. Sie ist schonend und
milde, in manchen Fällen sogar unmerklich für Uneingeweihte
durchführbar, dabei dennoch genügend wirksam. Wir verwenden
infolge dieser günstigen Eigenschaften ausschließlich nurmehr das
Merlusan zur Behandlung der kindlichen Syphilis und können jedes
andere Quecksilberpräparat missen.
Literatur: Buchtala und Matzenauer, W.m.W, 1913, Nr. 38 u.39. —
Roth, Bud. Orvosi Ujsag. 1913, Nr. 48. — Lisznyai, Orvosi Hetilap. 1914, Nr. 24. —
Majewski, Der Militärarzt. 1914, Nr.9. — Freund, Derm. Wschr. 1914, Nr. 34. —
Milochnich, Österr. Ärzte-Ztg. 1914, Nr. 19—20. — Hesse, B.kl.W. 1914, Nr. 46.
Experimentelle Beiträge zur Insulinwirkung*).
Von Prof. Dr. Julius Citron.
DasProblem der Insulinwirkung kann erst dann geklärt werden,
wenn die Wirkungen des -Insulins in jeder Richtung festgestellt sind.
Erschwert wird die Aufgabe dadurch, daß wir zunächst darauf an-
gewiesen sind, mit Handelspräparaten wechselnder Stärke und nicht
ganz gleicher Zusammensetzung zu arbeiten. Auch die Möglichkeit,
daß konservierende Zusätze einen Einfluß ausüben, ist zu bedenken.
Hier sei über zwei Versuchsserien kurz berichtet, die trotz
ihrer Verschiedenartigkeit einen inneren Zusammenhang haben.
1. Der Einfluß des Insulins auf die Wärmeregulation.
Ä Insulin bewirkt nach den Feststellungen von Dudley,
Laidlaw, Trevaux und Boock, Staub und Laufberger,
Collazo und Händel, Rosenthal und Licht u.a. bei den ver-
schiedensten Versuchstieren und beim Menschen einen Temperatur-
sturz, der auf eine Verringerung der Wärmeproduktion zurück-
geführt wird.
Die intravenöse Injektion von Insulin (1—6 Insulineinheiten)ruft
beim Kaninchen eine Temperaturänderung hervor, die sich meist
zunächst in einer leichten Temperaturerhöhung (bis ca. 1°C.)
äußert und sich nach 4—6 Stunden in der Regel in einem mäßigen
Senken der Temperatur bis 0,5—1°C. unter die Normaltemperatur
fortsetzt. Blutzuckeruntersuchungen, die Herr Dr. Rothmann auf
meine Veranlassung ausgeführt hat, zeigten, daß auch im Stadium
des Temperaturanstiegs schon eine beträchtliche Senkung
des Blutzuckerspiegels eingetreten sein kann.
Kaninchen Nr. VII.
2. VI. 9 Uhr morgens 38,70 C. Blutzucker (Dr. Rothmann) 0,103. 9 In-
saliasinheiten (Brand, Mai) subkutan.
945 39,50 C.
1045 39,50 C. 2 145 890 C.
114 39,30 C. Blutzucker 0;052. 245 388,70 C.
125 38,90 Œ. | . 400 88,70
Weitere Messungen sind nicht erfolgt.
+) Vortrag, gehalten in der. Berliner Mediz. Gesellschaft am
4. Juni 1924.
Am 3. VI. hungert das Tier. Keine Messungen.
4.. VI. 9% 38,50 C.
950 2 Insulineinheiten (Brand, Mai) intravenös.
102° 39,30. C. -
1050 39,50 C. 1200 39,70 ©.
1115 39,70 C. 100 89,80 C.
' Ergebnis: Temperaturanstieg nach Insulininjektion, obwohl Blut-
zucker von 0,103 auf 0,052 gesunken ist.
Kaninchen X.
2. VI. 9 Uhr morgens 38,60 ©. Blutzucker (Dr. Rothmann) 0,09.
915 6 Insulineinheiten (Brand, Mai) intravenös,
945 38,60 C.
1045 38,80 C. |
1145 38,80 C. Blutzuker 0,041. i
1245 38,80 C. 245 38,60 C.
145 88,80 C. 400 38,6 C.
Weitere Messungen sind nicht erfolgt. .
Am 3. VI. hungert das Tier. Keine Messungen.
4. VL 940 38,40 C.
945 6 Insulineinheiten (Brand, Mai) intravenös.
1015 38,50 C.
1045 38,70 C. 130 38,50
1115 38,90 C. 280 38,10
1200 39,10 C. 315 38,10
1245 39,00 C. 400 98,10 |
Ergebnis: Temperatur steigt zunächst leicht an, obwohl der Blut-
zucker von 0,094 auf 0,041 sinkt. Späteres Sinken der Temperatur
unter die Norm. |
Bei Kaninchen, denen ich den Aronsohn-Sachsschen
Wärmestich ins Corpus striatum gemacht hatte, und die auf der
Höhe des aseptischen Fiebers standen, konnte durch intravenöse
Injektion kleiner Insulinmengen (1—2 Insulineinheiten) eine starke
Temperatursenkung kritischer Art ausgelöst werden.
Kaninchen Nr. II.
Normaltemperatur rektal ca. 38,5°C. Erhält am 2. Mai 9 En
morgens einen Stich ins Corpus striatum. Die Tem eratur - steig
allmäblich bis auf 40,1°C. an und hält sich auf dieser Höhe.
Am 3. Mai morgens 9 Uhr, als das Tier 401° C. hat, werden
ihm 2 Insulineinheiten (Marke Brand, Aprilinsulin) intravenös -Injizier
m a Lo AR BEE BE ee |
d| Horgen | Abend! Abend Horgen] Abend | erpen
| temperaturherabsetzend wirken kann, so spricht dies m. E. dafür,
anordnung. nicht ergründen.
98. September” | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK— Nr. 9. — oo 1863. o;
(Kurve I) Die Temperatur sinkt innerhalb zwei Stunden auf 3710 c. Froschherzens beeinträchtigt wird. Am deutlichsten sind folgende
“Hierbei hat das Tier Krämpfe. Um 12 Uhr bekommt das Kaninchen Wirkungen erkennbar:
Kurve I. m Fr ee pte Die Aktion wird langsamer.. Die Zeit EET Vorhofs- und |
Kaninch wr- aber wieder an, ist um 1 Uhr 88°, um 8 sigt Ventrikelsystole wird länger. Die Systolenzahl in der Minute
[sr] ar][ar[sr]: 38,3% um 5 Uhr 885°C. In der Nacht | wird geringer. Die Einzelzuckungen werden kleiner. Es kommt
ir aiii stirbt das Tier, i zu zeitweisem diastolischen Stillstand mit einzelnen Extrasystolen
Kaninchen Nr. VL. und schließlich zu dauerndem Verharren in diastolischem Stillstand.
| Auswaschen mit Ringerlösung stellt die mechanische Leistung
a operatu: um nach | des Herzens wieder her. Jedoch bleibt die Verlangsamung be-
Aronsohn-Sachs. Um 1Uhrbereits 40°C. | stehen. Ebenso wirkt Zusatz von Kalziumchlorid der Insulin-
Am 15.V.9 Uhr 89,4°C0. Um10 Uhr | wirkung gegenüber antagonistisch. -
39,4° C. Hierauf 1 Insulineinheit (Brand, Es zeigt sich dies deutlich bei Betrachtung folgender Kan |
| Aprilinsulin) u. ei bei deren Aufnahme ich von Herm 8. G. Zondek in liebens- _
S nach 8 Stunden 88,3%, nach 4 Stunden 88° C. würdigster Weise unterstützt wurde.
Am 16. V. morgens 9 Uhr ist die: o y hI = l
Temperatur wieder bis zur normalen Höhe 3 e VEESI DAN u
angestiegen und erhebt sich dann Mittags Straubsches Herz. Zusatz von 4 Tropfen Insulin zur Ringer-
Kurve IL wieder zur Fieberhöhe von lösung. (92). Sofort leichtes Absinken der Kurve. Nach 4 Minuten |
on chen NZ 40,6% C. ist die Insulinwirkung scheinbar wieder abgeklungen. Erneuter Zusatz
1%. V. 17 Y.
9 Uhr 40,1°, mittags 12 hierauf deutliche. Verlangsamung und schließlich diastolischer Stillstand.
40,8° (F ebris continua). Um Auswaschen mit Ringer: volle ee aaa mit verlangsamtem
1215 2 Insulineinheiten in- Rhythmus. Neuer Zusatz von Insulin: diastolischer Stillstand, (Kurve III.)
raalelovaslelsuaalslolds ee BADER HIBEIZ HRRZERIEIZ
DEADADO DOEDE ADONAN naars HEN
915
4
f£ 39,800. (s.K holt worden und ergab regelmäßig prinzipiell das Gleiche.: Auf
= Der Ve RER: Wiedergabe weiterer Kurven der gleichen Art verzichte ich aus
die Insulinwirkung selbst | äußeren Gründen. |
'beim gleichen Tier inkon- Versuch I.
en Re aa e Wird das Insulin allmähli ch zugesetzt, so ist die Kurve
angedeutete Temperatur- vielleicht noch lehrreicher. Atropin vermag am isolierten Herzen
Ys L y,
BERANREREHTEFSUDERNTERERRNNN
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senkune ausgelöst. die Insulinwirkung nicht zu beeinflussen. (Kurve en
RA Meine Beobachtungen | EN
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denen von Rosenthal und Licht AN Ei TER a In- - Interessanter noch als die Betrachtung der mechanischen
RuntnEBeBer, aber auch unter ähnlicher nenne wie ich Kurven ist die der gleichzeitig Raser onenen elektrokar dio- i
l Kurvo II, | |
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j ng eu nn o i W \ Il: D j i jli Ni re D M M ! | ) | | l | i ‚ll M | T |:
IM m h iM hi | il N N | II) fi MATAKEN LEY i ili |
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4 Tr. Insal. gt 4 Tr. Insul. | | au an. | . Insul
Kurve IV. | |
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graphischen. An allen den Stellen der Kurven, an denen ein E
sie gewählt habe, arbeiteten. Da .eine gedruckte Mitteilung von
vermerkt ist, wurde ein Elektrokardiogramm gemacht,
osenthal und Licht- z. Z. noch nicht vorliegt, sondern nur
ein Referat von drei Zeilen, ist ‘ein Vergleich unserer Ver-
suche unmöglich. Bei der Vieldeutigkeit des Iufektionsfiebers
halte ich für das Studium der Insulinwirkung die Wärmestich-
. hyperthermie ` jedenfalls für beweisender. Bezüglich der Schluß
folgerung aus meinen Versuchen möchte ich darauf hinweisen, |
daß. wir im Wärmestich sicher einen zentralen Sympathikus-
Teiz zu sehen haben. Wenn wir nun beobachten, daß das Insulin
Kurve V,
daß ‚wir hier eine Wirkung haben, die dem zentralen Sympathikus-
. per er d. h. wir haben entweder einen Vagusreiz
. er eine mpathikuslähmung bzw. -beeinträchtigung. Ob
as eine ader das andere zutrifft, läßt sich aus dieser Versuchs-
2. Die Wirkung des Insulins auf das isolierte Froschherz.
Diese Kurte entenricht dem E (90) E Kurve TV.
Laßt 2 Normales Froschelektrokardiogramm im Straubschen Versuch.
man Insulin auf das Straubsche Froschherzpräparat ein- a = Atriumzuckung, J = Initialschwankung, F = Finalschwankung
| wirken, so sieht man, daß die mechanische Leistungsfähigkeit des dor Vontrikelsystols,
‚Am 17. V. mor hr ‚von 4 Tropfen Insulin (96). Sofort starkes Absinken der Kurve und:
H HH INTEL en er Der Versuch ist von Herrn Zondek und mir mehrfach wieder-
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ee ee ya! * mir Be GEAR;
AE ia ET Tara ale aa
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a“ En 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK— Mr. 39. 00.0 28. September
= 2 t Ta A i n
RA >o -Zum Verständnis des Froschelektrokardio- | = = Ä Kurve IX. . ` | ie,
gramms sei voraus bemerkt, daß die dritte Zacke TE EEE TEE EEE TREE 5
(die Finalschwankung : der Systole) am isolierten Harn LER, SR
Froschherzen stets eine negative Form hat. se
Die Betrachtung der drei hier wieder-
gegebenen Elektrokardiogramme aus dem Versuch II.
‚zeigt folgendes: —ž | ne
Gegenüber dem normalen Elektrokardiogramm
(Kurve V) ist auf der Kurve VI die Entfernung der ein- |
zelnen Herzschläge von einander vergrößert, ferner die
Strecke a J (d.h. die Zeit von der Atriumzuckung
. bis zum Beginn ‘der Ventrikelsystole) länger. Außer-
dem ist die Form der F-Zacke nicht ganz. normal.
Kurve VII zeigt die Insulinwirkung auf. der
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- ee a Er ne eure) sak
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Tropfen Insulin zur Ringerlösung.
Elektrokardiosramm nach Zusatz von 4 Starke
Verlan | amun
p Höhe. Die Herzs chläg e sind ganz selten. Die Ent- Verlängerung der Distanz aJ, Verschwinden der F-Zacke, starke Ver reiterung der J-Zacke, ©
BRACH | | . Karve YL - Atropin sulf. 1/10000 gegeben. Keinerlei Einfluß. Kurve VII zeigt das
völlig normale Elektrokardiogramm, das um 930 aufgenommen wurde.
u Um 9% wird 1 Tropfen Insulin und um 93* werden 3 Tropfen
Insulin zugesetzt. Sofort starke Verlangsamung der Herztätigkeit,
kleinere systolische Zuckungen auf der mechanischen Kurve, zeit-
. weises Aussetzen der Kammersystolen. . Das um 9®* aufgenommene -
Elektrokardiogramm zeigt die Kurve IX.. er
Um 935 wird noch ein Tropfen Insulin zugegeben. Das Herz-
bleibt hierauf diastolisch stehen. Um 938 wird ein Tropfen Atropin
| ` sulf. Yıoooo zugesetzt. Keinerlei Wirkung. Hierauf ‚Auswaschen
are Ne: _ mit Ringerlösung. Sofort beginnt. das Herz kräftig zu schlagen. .
RINGEN YS: (GE anau Meya Das Elektrokardiogramm (Kurve X) zeigt aber charakteristische Ver-
RER OEN PEPEE ya = = änderungen: Verlangsamung und Verlängerung der Distanz a J.
Diese Kurve entspric em 5) der Kurve IV. s i s : 3 en
Zar Ringerlösung waren um 9° und um 9° je 1 Tropten la a a Eee es HR Taka wnd das Verschwinden
s | -© o Kare VII... a der F-Zacke in Kurve IX können wohl nur als Schädigung |
der systolischen Zuckung selbst:erklärt werden. Auswaschen
mit Ringerlösung beseitigt diese Schädigung leicht (Kurve X
und hier nicht wiedergegebene mechanische Kurven). Die
Verlangsamung des Rhythmus dagegen und die
starke Vergrößerung der Entfernung a J (Vorhofs
und Ventrikelsystole) bleiben. |
Meine Versuchsergebnisse stehen im Widerspruch zu
denen von Collezo und Händel, die freilich nicht mit
Hilfe der. Elektrokardiographie, sondern nur mit dem
Kymographion die Wirkung des Insulins auf das Straub sche
Froschherzpräparat studierten und keine Veränderung der
ra
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X Kurve X.
' fernung a J ist sehr. groß. ge-
worden. Die J-Zacke selbst ist
ganz breit geworden. Die Final-
schwankung ist verschwunden.
Daß es sich hier um ganz
typische Erscheinungen handelt,
ist sicher. Im einzelnen hat natür-.
lich jede Kurve ihre individuellen
Eigentümlichkeiten. Namentlich
kann die Wirkung auf die Zacken- |
form auch stärker ausgeprägt
sein. Dies lehrt. der folgende
. Versuch IV. >
| Zur Ringer-Lösung des
E Straubschen Froschherzpräparats
werden um 9?7 zunächst 2 Tropfen
2
Pra
an .
- Blektrokardiogramm nach Auswaschen mit Ringerlösung,. - 2
Herztätigkeit fanden. Ebenso hatten
sie ein völlig negatives Resultat,
wenn sie ‚Insulin Fröschen intra-
muskulär bei freigelegtem Herzen
injizierten. er ER
Meine Versuche scheinen mit-
denen von W. M. Kogan, der am
isolierten Frosch- und Kaninchen-
herzen mit Hilfe kymographiseher
Kurven eine ausgeprägte Wirkung
des Insulins fand, in ihrem Haup
ergebnis, der Wirkung auf den
Rhythmus,übereinzustimmen. Frei-
lich ist mir die russische Original-
arbeit unzugänglich und ich. bin a
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yo Be ».olierten Froschherzens 8 Minuten nach Zusatz von 2 Tropfen Atropin 1/1000
Elektrokardiogramm des isoiier Keinerlei Veränderung.
zur Ringerlösung.
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T g8, Septembar © o O 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39
‚das kurze deitsche Referat?) angewiesen, das ich erst nach Ab-
- schluß meiner. Untersuchungen kennen lernte. Hiernach sah
fa
‚längerung :der Pause.“ ` Nach. Insulininjektionen beobachtete |
Kogan ausgesprochene Bradykardie. Elektrokardiogramme hat
-Kogai nicht gemacht. 0.0
-....""Auch: Wittgensteiner „und Mendel haben ‚Studien - über
-die-Herzwirkung des Insulins gemacht.. Diese’Arbeit ist noch nicht
-— im«Druck. erschienen." "Soweit die sehr kurzen Referate über den
` Kissinger Köngreß ‘für Innere Medizin erkennen lassen, haben diese
Autoren . nicht. am . isolierten. Herzen gearbeitet, sondern Elektro-
kardìogranme. lebender Tiere aufgenommen, denen Insulin injiziert
- war. Hierbei fiel ihnen. vor. allem eine Veränderung der Final-
schwankung auf, die sie gleichzeitig mit dem Erscheinen der
Hypoglykämie bemerkten. ` Die Rhythmusänderung im Sinne
„der Verlängerung der. Distanz a J ist von ihnen nicht. bemerkt
worden.
-
2.2... Was die Schlüsse betrifft, die aus den Versuchen am isolierten
Froschherzen zu: ziehen sind, so weisen die. Rhythmusänderungen
meiner Kurven auf eine Wirkung hin, die einer Vagusreizung
-~ entspricht. Ob ‘die durch: Ringerlösung leicht zu beseitigende Ver-
‚änderung der J-, und F-Zacke wirklich ‘dem Insulin selbst ZUZU-
schreiben ist und nicht vielleicht -eine "Schädigung durch Konser-
yierungsmittel darstellt, lasse ich unentschieden. - Es müssen noch
:Kontrollen mit einem Insulin, das keine Zusätze enthält, gemacht
. werden. Immerhin sprechen die Versuche von Wittgensteiner
' und Mendel dafür, auch hierin eine Insulinwirkung zu sehen. -
FR ¿é sa TAS . È i
<. 1) Zbl £ Herz- u. Gefäßkrkh. 1924, Nr. 10.
i
=- (Vorstand: Prof. Dr. Wasicky).
=... Über Liquor Cadini detergens.
© Von Ludwig Kofler und Alfred Perutz.
. Aus dem Pharmakognostischen ‚Institut der Universität Wien
Bekanntlich wird Teer in Form des Liquor Carbonis detergens | mit Aluminiumsalzen bewirkt. .
in der Dermatologie und Kosmetik häufig verwendet. Wir erinnern
nuar an die. von ‚Jadassohn zur ambulanten Behandlung . der
Psoriasis vulgaris angegebene Salbe, welche je 10% weißes Queck-
Silberpräzipitz
“ Pinselung, an den Zusatz zu Haarwässern und die. Anwendung bei
-u „Die Indikation. für ‘den. Teergebrauch ist eine sehr große, |
‚die zahlreichen im Handel befindlichen Präparate Anthrasol, Oadogel,
‚der Behandlung der Pityriasis capitis.
Pittylen usw. ‚beweisen es. Der. in der .Vorkriegszeit häufig. ver-,
wendete Liguor' Carbonis detergens anglicus (Alkoholis solution of
coaltar). war in seiner. genauen Zusammensetzung unbekannt. Er
wurde 'nach einem Geheimverfahren hergestellt und war den andern
unlichen ` Teerpräparaten überlegen, Daher bestand das Bestreben,
on einheimischen Liquor Carbonis detergens herzustellen, der die
bekannten Vörzüge des englischen Präparates (Farbe, Geruch und.
Konstanz) gegenüber den reinen Teeren besitzt. Das deutsche
Arzneibüch enthält in seinem ‚Ergänzungsbande eine diesbezügliche:
Vorschrift; 0: 070000008 ee K |
= ‚Bin. Teil ‚Steinkohlenteer wird’ mit zwei Teilen Tinctura
Quilläjae- durch acht. Tage unter öfterem Umschütteln extrahiert.
ermutlich werden die meisten in den Apotheken vorrätig gehaltenen
derartigen Präparate nach ähnlichen Vorschriften hergestellt, doch
erreichen sie.nicht- die Vorzüge des ursprünglichen englischen Mittels.
ir haben. nun Proben von Liquor Carbonis detergens aus
verschiedenen Wiener Apotheken bezogen und gefunden, daß die
lüssigkeit ‚häufig trüb ist oder einen Bodensatz aufweist, ferner
eine sehr dunkle Farbe und häufig einen unangenehmen Geruch hät,
“a also als Liquor Carbonis detergens verschiedenärtige Präparate |
von wechselnden Eigenschaften verabfolgt werden. S
, Dieser Übelstand fiel auch schon Herxheimer, der ein aus-
8%eichneter Kenner der Teertherapie ist, auf, so daß er sich be-
mihle, eine, neue Vorschrift auszuarbeiten, wobei er außerdem dar-
au Wert legte, die aus dem.Auslande stammende Quillajarinde
„urch eine einheimische Saponinpflanze zu ersetzen. Am. besten
ewährte sich ihm eine Roßkastanientinktur. "Da ferner bei den’ bis-
konn Präparaten ‘die dunkle Farbe des Mittels speziell für ihre
„„emetische Anwendung störend wirkte, -versuchte er durch ver-
f
vom Nervensystem reguliert wird, ist allein durch die Pigüre -
_ den Einfluß auf den Zuckerstoffwech
es. keine Diskussion. - Es wäre sehr erwünscht, wenn sich ein’ . -$ BR HE.
anderes Verfahren hierfür. einbürgern ließe, a i i e NG
-stillstand des. isolierten Froschherzens ist- ein H | zu 00 A AE E E
auffordert, in Serienuntersuchungen - festzustellen, ob die . anti- I ie
diabetische Wirkung. vorhandener Insuline -einen gewissen Parallelis: A) i
mus zur Herzwirkung zeigt. A EEE e el
Literatur: Dudley, Laidlaw, Trevaux und Boock E
7, März 1928. — Staub, Kİ. Wschr..1923, Nr 45/46 u. 1924, Nr - 2 j yogi:
Händel, D.m.W. 1923, Nr.51. — Rosenthal und Licht, Kongreß für. Innere u li
' Medizin in Bad. Kissingen. 1924. —. M: W.. o 2:
auf das isolierte Herz'und seine therapeut. Anwendun I£ pon br
Nr. 24—26, Ref., Zbl, f. Herz- u. Gefäßkrkh. 1924, S. it gensteiner und El
Mendel, Kongreß für Innere Medizin in Bad Kissingen: : M.KI. 1924, - SR, an
=» Nachtrag bei der Korrektur: Die inzwischen erschienenen Ar- - ` Eh!
. beiten von Rosenthal, Licht und Freund (Arch. I exper. Pathol.. i SA
u. Pharmakol., Bd. 103, -H 1/2, Eh (Zschr, f. exper. Medizin, Bd. 42; ©: gE
H. 4 (6) und Wittgensteiner und endel (Klin. Wschr. 1924) konnten , He radii
nicht mehr berücksichtigt’ werden, ändern ` aber nichts an meiner - Dim oa
Auffassung. $ D na a aK tee G me i
Lan ROE =x
Pharmazeutische Präparate. = > Tiaa a
schiedene Fällungen eine ‚möglichste- Entfärbung herbeizuführen. -
‚Nach. seiner Angabe wird dem Liquor Carbonis: detergens ‚Bleiazetat
| zugefügt und das Blei durch Einleiten von Kohlensäure als Karbonat
| niedergeschlagen.' Der Niederschlag war. nach Herxheimers An-
- Hirschapotheke in Frankfurt hergestellten Liquor Carbonis hippocastani .
| razipitat und Liquor, Carbonis detergens enthält, ‚ferner an |
die bei Ekzemen gebrauchte Vorschrift der Liquor Carbonis-Trocken-
Gleichzeitig scheiden sich klebrige braune Flocken ab. "Auf Zusatz
von Schwefelammon entsteht ein schwarzer ‚Niederschlag; das Prä:
‚parat enthält beträchtliche Mengen Blei. | er
Teer und Lösungsmittel. Als Lösungsmittel wird eine saponinhaltige
‚verhältnismäßig schwer löslich ist. Damit dürfte es auch: zu-
.‚sammenhängen, daß der Liquor hippocastani decoloratus mit Wasser
bei Verwendung von 1 Teil -Teer und 20. Teilen Primulatinktur
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Cl. Bernards genügend bewissen.
den Herzrhythmus koordinieren. 2
_ ` Aber nicht nur theoretische Absic i ; ooi Frl
‚Zwecke 'leiteten mein Handeln. -Die 'Prüfungsmethode des o> pEr ieir t
Insulins auf Kanincheneinheiten ist unzulänglich. Hierüber gibt Rs ale i;
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gabe durch Teerextraktivstoffe dunkelbraun ` gefärbt, während das
Filtrat nur noch schwach hellgelb. war. Ähnliches wird durch Fällen
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"Wir untersuchten den nach Herxheimers Angaben von der -
decoloratus, den wir am 28, ‘Februar aus Frankfurt bezogen. Das `
Präparat ist eine gelbbraune, etwas trübe ‚Flüssigkeit, die nach
Steinkohlenteer riecht und mit Wasser eine schwachgelbe milchige
Emulsion bildet. Beim’ Schütteln entsteht ‚nur wenig Schaum.
' Der Liquor Carbonis detergens besteht aus zwei Bestandteilen:
Tinktur verwendet. ‘Die von Herxheimer vorgeschlagene Roß-.
kastanientinktur erscheint uns deshalb nicht ganz zweckentsprechend,
weil das Roßkastaniensaponin zwar in Wasser leicht, in Alkohol aber
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verdünnt, eine nur geringe Schaumbildung zeigt. De,
. __Von einheimischen Daponindrogen erschien uns die Radix Primula
zur Herstellung einer Tinktur deswegen geeignet, weil das saure
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Primula-Saponin, über welches der eine von uns an anderer Stelle: ae.
ausführlich berichten wird, in 700/, igem Alkohol verhältnismäßig ` IAEN
leicht löslich ist; so daß wir vorschlagen würden, als Lösungsmittel Ba Fern
Primulatinktur.zu verwenden (Wasicky, J oachimovitz, Kofler), nn Wil, Ki
Seit Hebra verwendet man ‚hauptsächlich Holzteere, später ` HEFTE
. wurden diese Teerarten. wegen ihres unangenehmen Geruchs durch . EE E NE
Steinkohlenteere ersetzt, da es ‚inzwischen . gelungen: war, Stein- | o
koħlenteere in reinerer Form mit weniger intensivem ‘Geruch her- HN ER
‚zustellen. ‘Wir stellten. nun zahlreiche.. Versuche an, aus ver- a e a
schiedenen Teersorten mit Hilfe der Primulatinktur ‘einen brauch- Ja E ul
‚baren Liquor detergens herzustellen. Dabei "bewährte: sich für ` a ae
Oleum Cadini das Verhältnis 1 : 20 am besten. Es. ‚entsteht nach. a
vollständiger “Lösung des Teers eine rotbraune, klare, nicht ` un- TE ERR
"angenehm riechende Flüssigkeit. Bei Verwendung von Steinkohlen- ` .\ Be
- teer nach der-erwähnten Vorschrift des deutschen Arzneibuches m ` ER Ira
Verhältnis 1: 2. bleibt der größte Teil des Teers ungelöst, aber auch - Ri | due.
Kehle
bleibt ein ungelöster Rest von Steinkohlenteer. Wir verglicher ="n
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
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4. Präparate in bezug auf Trockenrückstand und Schaumwirkung: | nach der Herxheimerschen Vorschrift icht ir ei RT
ein Handelspräparat „C“, das Frankfurter Präparat „F“, das ben = m an enge
bereitete im Folgenden als Liquor Cadini detergens bezeichnete
| Entfärbung. Doch war das Präparat bleihaltig, ebenso wie d
beschriebene aus 1 Teil Oleum Cadini und 20 Teilen Primulatinktur | Frankfurt bezogene. Verwendet man TREN an Stelle der Se
Präparat und einen aus 1 Teil Steinkohlenteer und 2 Teilen Primula-
tinktur hergestellten Liquor Carbonis- detergens.. Zur Bestimmung
des Rückstandes wurden 100 cem Flüssigkeit auf dem Wasserbade
eingedampft. Beim Präparat „C“ war der Rückstand 6,70 g, beim
Präparat „E“ 817 g, beim Liquor Cadini 5,05 g, beim Liquor
Carbonis 7,03 g. Aus diesen Zahlen geht hervor, daß, obwohl beim
tralen Bleiazetatlösung eine ammoniakalische Bleiazetatlösung, so
wird das Filtrat durch Einleiten von Kohlensäure tatsächlich blei-
frei, Wurde die Bleilösung‘ und der Liquor Cadini detergens im
Verhältnis 1:1 genommen, so erbielten wir ein gut entfärbtes,
schwach gelbliches, kaum riechendes Präparat, doch betrug. der
Trockenrückstand von 100 ccm nur 1 g. Wir halten eine Ent-
l l färbung des nach der früher angegebenen Vorschrift hergestellten
Liquor Carbonis 1 Teil Teer mit 2 Teilen Tinktur extrahiert wird, | Liquor Cadini detergens nicht für zweckmäßig, weil dadurch der
trotzdem der Teergehalt nicht entsprechend höher ist.
Natürlich ist der Abdampfrückstand nur ein annäherndes
Maß für den Teergehalt des Präparats.
Dem Saponin kommt, wie erwähnt, hauptsächlich die Aufgabe
zu, den Teer in Lösung zu bringen und Ausflockungen zu ver-
größte Teil der Teerbestandteile mitgerissen wird, andererseits
aber Geruch und Farbe des Präparates in den üblichen Verdün-
nungen kaum störend wirken.
Bei Vergleichungsversuchen, den Liquor detergens mit Hilfe
HNH von Primulatinktur aus verschiedenen Teerarten zu gewinnen, finden
hindern, daher zeigt sich auch, daß das Präparat mit dem höheren | wir, daß d hei 0 ini "Dräna-
Saponingehalt den anderen in dieser Richtung überlegen ist. en oh 0.
Bei entsprechender Verdünnung der Präparate mit Wasser
und Schütteln zeigt sich, daß die Schaumkraft von „C“ viermal so
groß ist wie bei „F“ und bei Liquor Cadini und Liquor Carbonis
detergens achtmal so groß wie bei „F“. Daß der höhere Saponin-
gehalt tatsächlich eine feinere Verteilung und bessere Emulsionierung
bewirkt, geht aus folgendem Versuch hervor: Je 1 ccm des Präparats
„F“, „C“ und Liquor Cadini wurden mit je 5 ccm Wasser in der
Eprouvette geschüttelt. Nach 36 Stunden war das Bild der drei
Eprouvetten folgendes: „Bei „F“ war die Flüssigkeit klar und fast
- farblos. Am Boden der Eprouvette hatte sich eine schmierige
braune Masse abgeschieden, bei „C“ war die Flüssigkeit milchig
geblieben, doch hatte sich ebenfalls am Boden eine schmierige braune
Masse ausgeschieden
, beim Liquor Cadini war die Flüssigkeit milchig
geblieben, ohne den geringsten Niederschlag zu zeigen. |
Die
durch den hohen Saponingehalt erzielte feinere Verteilung
und Haltbarkeit der Emulsion spielt vermutlich für die therapeutische
Anwendung dieses Präparats insofern eine Rolle, als durch den
höheren Dispersitätsgrad eine intensivere Teerwirkung erzielt werden
kann, was wichtig für die Anwendung des Präparats sowohl in
Salbenform als auch in Lösung ist.
Ein weiteres Anwendungsgebiet
der beabsichtigten Teerwirkung verloren geht.
Verwendet man’ anstatt der angegebenen Mischung den Liquor
Cadini detergens, so läßt sich ein homogenes, je nach der ver-
wendeten Menge mehr oder minder milchiges Bad herstellen,
wobei
sich der Teer in vollständig gleichmäßiger Emulsion befindet.
Auch | Verdünnung eine haltbare Emulsion,
für diese Zwecke ist nach dem oben geschilderten. Eprouvetten-
versuch der Liquor Cadini den anderen Präparaten überlegen.
Noch einige Worte über Entfärbung des Liquor detergens.
Bei Behandlung des Liquor Cadini mit Bleiazetat und Kohlensäure
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 88.)
Therapie. Kommt eine Schwangere mit engem Becken früh-
zeitig zu dem Arzt, so kann er ihr die Prochowniksche Diät
empfehlen; ich babe sie teils. mit teils ohne Erfolg angewandt,
Jedenfalls kann man sie versuchen, da sie sicher nie schaden kann.
Prochownik empfiehlt dieselbe nur in den letzten 2 Monaten,
Fränkel will Erfolg gehabt haben, daß er schon Mitte der
Schwangerschaft anfing. Die Diät besteht in folgendem: Morgens
eine kleine Tasse Kaffee oder Tee mit 25 g Ziwieback, mittags
alle Sorten Fleisch, Ei und Fisch mit wenig Sauce, etwas grünes
Gemüse (fett zubereitet), Salat, Käse. Abends ebenso unter Zugabe
von 40—50 g Brot und Butter nach Belieben.
dagegen 300—400 g Äpfel- oder Moselwein.
Lahmann glaubt ebenfalls durch bewußte Maßnahmen das
Geburtsgewicht männlicher Früchte auf 3000 g und darunter ge-
bracht zu haben. Es kommen, da das Kulturweib zumeist hydrä-
misch ist, die negativen Maßnahmen der Flüssigkeitsentziehung, und
für Liquor detergens über-
haupt ist die zur Herstellung von Teerbädern und Aqua Picis. Die
übliche Art der Teerbäderherstellung (vgl. Croner: Therapie an
den Berliner Universitätskliniken) ist das Eingießen von einer
Mischung von Oleum Rusei, Spiritus saponato-kalinus und Wasser
ins Bad. Dadurch entsteht eine inhomogene Flüssigkeit, bei welcher
der Teer teilweise als schmierige Masse ausfällt, wodurch viel von
i Wasser, Suppe,
Kartoffeln, Mehlspeisen, Zucker, Birnen sind gänzlich untersagt,
rates nicht unangenehmer ist, als des aus Steinkohlenteer bereiteten,
In verdünntem Zustande ist der Geruch des Liquor Cadini detergens
sogar weniger intensiv und läßt sich viel leichter überdecken, Bei
der Herstellung des Präparates macht sich insofern ein Unterschied
zwischen Steinkohlenteer und Holzteer bemerkbar, als beim Steinkohlen-
teer nach der oben angegebenen Vorschrift 1:2 sich nur ein kleiner
Teil des Teeres löst und auch bei Anwendung geringerer Teer-
mengen stets ein Teil desselben ungelöst übrig bleibt, während der
Holzteer bei Verwendung kleinerer Mengen (5°/) sich vollständig
löst, so daß in diesem Präparate sich sämtliche Bestandteile des
Teers befinden. |
Zum Vergleiche der therapeutischen Wirkung beider Präparate
wurden Psoriatiker herangezogen, denen an einer Extremität Liquor
Carbonis detergens und weißer Präzipitat in 10°/, iger Salbe appli-
ziert wurde, an der anderen Extremität dieselbe Salbe mit Liquor
Cadini detergens. Beide zeigten eine gute Wirkung, etwas besser
schien die Liquor Cadini-Salbe. Reizwirkung auch bei Ekzemen
wurde von keiner dieser Salben hervorgerufen. Auch bei der
Neurodermitis konnten wir mit dem Liquor Cadini, wenn nicht
bessere, so zumindestens ebensolche Resultate erzielen. Diese
klinischen Untersuchungen hatten in Ermangelung einer biologischen
Untersuchungsmethode lediglich den Zweck, einen Vergleich zwischen
den aus beiden Teerarten hergestellten Präparaten zu ermöglichen.
Sie sprechen dafür, daß beide Teerarten in ihrer Wirkung ungefähr
gleichwertig sind. |
Zusammenfassung: Zur Herstellung eines brauchbaren
Liquor detergens eignet sich die saponinhaltige Primulatinktur,
als Teerpräparat kann auch Oleum Cadini verwendet werden. Der
aus diesen beiden Bestandteilen hergestellte Liquor Cadini detergens
ist klar, von nicht unangenehmem Geruch, läßt sich für alkoholische
Lösungen und Salben verwenden und liefert mit Wasser in jeder
die sich beispielsweise auch
zur Herstellung von Teerbädern eignet,
Literatur: 1 K. Herxheimer, Über die Teerbehandlung von Haut-
. krankheiten, Halle a. d. S. 1928. — 2. K. Herxheimer, M.m. W. 1928, 70, 8,1276. —
8, R. Wasicky, Pharmaz. Post 19%. — 4. Joachimovitz, W. kL W. 1920. —
56, L. Kofler, Pharmaz. Presse 1922,
Aus der Praxis für die Praxis.
da es dysämisch ist, die positiven Maßnahmen einer nährsalz-
reichen Ernährung in Frage: Früh 1 Tasse Nährsalzkakao, Hafer-
grütze, Milch oder Malzkaffee mit e
twas Butterbrot und Obst (1 bis
2 Äpfel oder 1—2 Löffel Kompott). Als 2. Frühstück Butterbrot mit
Radieschen oder weichem Käse sowie Obst.
Fette Frauen nehmen
Obst, geschwächte besser eine Tasse Milch. Mittags 2mal in der
Woche einen Teller Suppe, sonst das Hauptgeric
ht bestehend in
grünem oder Wurzelgemüse 1!/, Eßlöffel, dazu 1!
ja EBlöffel Reis
oder eine Kartoffel oder 1 Löffel Kartoffelmus, ein Stückchen
Fleisch, tunlichst auch etwas Salat. Je mehr Salat um so wenigef
Gemüse. Als Nachtisch Obst, frisch oder eingemacht. Nachmittags
Milchkaffee oder Obst. Abends gibt es einen Löffel Hafer-, Reis,
Hirse- und dgl. Brei mit Kompott oder etwas Aufgewärmies vom
Br Te Salat und Obst oder ein Butterbrot mit frischem Quark
oder Nüsse sowie Obst. Dazu eine Tasse Milch oder Limonade.
Diese Quantitäten sind reichlich niedrig bemessen und werden
Patienten mit gutem Appetit sie schwer durchführen können. Wenn
wenig gesalzen und nicht zu viel gegessen wird, gibt es keinen
Durst und es ist selten nötig Wasser, Milch etc. zu nehmen. Dazu
viel Bewegung in guter Luft, Luftbäder ete. Kommt die Schwangere
erst später zum Arzt, ist die künstliche Frühgeburt in Betracht 20
28. September | j
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. 28, Soptimbr -1924 — MEDIZINISOHR KLINIK — Nr.39.
nicht erfolgten Eintritt, bzw... Durchtritt, des größten Kopfumfangs
in bzw. durch den .Beckeneingang verschleiern. Fehling ist
‘Gegner der hohen Zange beim engen Becken. Baisch glaubt, daß
der praktische Arzt der hohen Zange nicht entbehren könne, in der
Klinik sei sie zu streichen und durch die Pubitomie zu ersetzen.
Reifferscheid meint, es müsse die für Mutter und Kind gleich
: gelährliche Zange aus der Therapie des engen Beckens ausscheiden.
Bei totem Kind darf natürlich keine hohe Zange angelegt werden
und ist die Perforation am Platze, sowohl am vorausgehenden als nach-
‚folgenden Kopf; auch würde mannureine Wendungmachen dürfen, wenn
. sie ausnahmsweise leicht ist, damit die mütterlichen Weichteile keinen
zu. großen Insulten ausgesetzt sind. Ich habe.selbst manchen hohen
Forceps gemacht und empfehle ihn den Kollegen mit gutem Gewissen et
unter den angegebenen Kautelen.. Das Nähere siehe bei hohem Forceps. OR
Therapie der verschiedenen Beckenarten. Allgemeih SE
verengtes Becken. . Hier muß der Kopf, damit er mit dem
günstigsten , Durchmesser durchgeht, in maximaler Beugung ı
passieren; er soll mit dem Planum suboceipitofrontale durchs .
Becken treten. Die Geburten dauern hier meist länger, besonders
wenn die Wehentätigkeit von Anfang keine genügende ist. . Hier
muß man sich noch länger abwartend verhalten, höchstens Forceps,
nie Wendung, am wenigsten eine prophylaktische, da dabei
“das Kind doch meist verloren ist. Sonst dieselben Prinzipien wie
beim platten Becken. Bei längerer Geburtszeit habe ich ‚hier häufiger.
den Cölpeurynter in dieScheide eingelegt, um auch die Weichteile schon
vorzudehnen. Es dürfte sich dieses besonders bei Erstgebärenden em-
pfehilen, wenn man genötigtist, voraussichtlich mit Forcepszuentbinden.
Zum Schluß wirkt eine Scheidendamminzision noch unterstützend. . Bon
| Schrägverschobenes Becken. Die Behandlung ist’ von nf
dem Grade der Verschiebung und Verengerung und der Einstellung
des vorliegenden Teils abhängig. Von der Symphyseotomie
oder Pubitomie ist bei Ankylose eines Iliosakralgelenks:
ziehen. Die Einteilung nach Litzmann (1. Gruppe Conj. vera -
‚unter 5,5—6, 2. Gruppe Conj. vera von 6— 7,4, 3. Gruppe 7,4— 8,25
und 4. Gruppe Conj. vera über 8,25) kann nur im allgemeinen
orientieren, bei Gruppe 1 kommt natürlich nur der Kaiserschnitt
in Frage. Über Desinfektion, bei der Geburt siehe Allgemeiner Teil.
Als erster Grundsatz bei der Geburt gilt auch heute noch,
‚solange wie möglich, sich exspektativ zu verhalten, selten
` zu untersuchen und die Fruchtblase solange wie möglich zu erhalten.
K Die prophylaktische Wendung spielte früher nach der
_ Empfehlung von Fritsch beim engen Becken eine große Rolle und
wurde öfters ausgeführt, jetzt wird sie von vielen wieder vollständig
verworfen. Ich selbst bin mit ihren Resultaten sehr zufrieden ge-
. wesen, sie ist auch eine ÖOperation,. die jeder praktische Arzt gut
‚ausführen kann. Bei Erstgebärenden freilich stehen große Be--
denken entgegen und unterbleibt der Eingriff, besser ganz, ich
-- habe die Wendung deshalb. auch nur bei Mehrgebärenden.
ausgeführt. Ich hielt mich . stets an die Kaltenbachschen
‚Regeln, die mir seinerzeit gegeben wurden. Kaltenbach empfahl
die prophylaktische Wendung: 1, Wenn die vorausgegangenen Ge-
- burten in Schädellage ungünstig verlaufen waren, 2. wenn sich die
Frucht in ungünstiger Stellung und Haltung einstellte (Stirnlage,
Gesichtslage mit nach hinten gerichtetem Kinn, hintere Scheitelbein-
- einstellung), 3. wenn die Nabelschnur vorgefallen ist. Zieht man
beim nachfolgenden Kopf die schmale. Schädelbasis zuerst durch,
Ä 'so verlängert sich der Schädel bei weiterem Zug. Jedoch geht der
| nachfolgende Kopf nur beim platten Becken leichter durch, wenn
die Quermaße des Beckens normal groß. oder größer sind. Beim
gleichmäßig verengten Becken nützt die prophylaktische
Wendung nichts und ist natürlich kontraindiziert, weil der
Kopf mit dem Kinn an der Linea terminalis hängen bleibt. Man
achte beim platten Becken auch darauf; daß die "Pfeilnaht quer
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selben Frau die Zange angelegt, obgleich die Symphyse schnabel-
förmig vorsprang, sich aber dehnen ließ. Daran denke der Arzt,
der. weit von einer Klinik auf sich allein angewiesen ist, da diese `.
besondere Seltenheit gelegentlich einmal vorkommen kann. l
Das spondylolisthetische Becken. Wird die Erkrankung '
vor dem. Termin erkannt, so könnte bei nicht zu starker Verengung die |
künstliche Frühgeburt eingeleitet werden. Am Ende.der Schwanger-
schaft kommt nur die Sectio caesarea.und Craniotomie in Frage,
letztere bei abgestorbener Frucht und nicht zu. engen Verhältnissen. :
‘ Trichter-Becken. Da hier das Hindernis erst- im Becken-
bei schlechten Wehen und mäßig verengtem Becken Chinin oder
Pituitrin geben soll, besteht zu Recht. Es wird aber auch Fälle
geben, wo dieses nichts nützt oder wie.z. B. bei drohender Uterus-
Tuptur geradezu kontraindiziert ist. Anders liegt der Fall, wenn
man chirurgisch entbinden kann; ist es aber nicht möglich, so
würde in gewissen Fällen nur die Perforation des lebenden Kindes
übrig bleiben, um der Mutter das Leben zu retten. Ehe man zu.
diesem ‚Srausamen und widernatürlichen Vorgang schreitet, sollte
der einigermaßen. geübte und gut vorbereitete Arzt doch noch die
ohe Zange bei Schädellage versuchen. Gelingt sie nicht,
Y | Perforert man dann wenigstens nicht das. lebende, sondern ausgang beginnt, kann der Forceps versucht werden, bei starker;
= Deus. das sterbende ‚oder gerade abgestorbene Kind. Franz. Verengung ist die Perforation am Platze. Ist'eine sehr starke Verenger-
die Fi le hohe Zange in Ausnahmefällen besonders dann, wenn | ung schon vor Wehenbeginn diagnosticiert, so käme noch der Kaiser-
a au nach längerem Kreißen wegen Infektionsgefahr nicht mehr schnitt in Frage. Bei wiederholter Schwangerschaft kommt auch Früh-
3 urgisch entbunden werden kann. Der Kopf müsse mit einem geburt in Betracht, falls das Becken nicht zu hochgradig verengt ist.
ah ins Becken eingetreten und etwas ‘konfiguriert. sein. Von den anderen Becken zeigt das durch doppelseiti ge
toht ES sagt: Die hohe Zange kann, wie überhaupt, so erst | Luxation der Schenkelköpfe abgeplattete Becken meist keine so
größte “K, engen Becken, in Betracht gezogen werden, wenn der starke Verengerung, daß ein Eingreifen nötig. Zwei Geburtsfälle dieser
zum spe umfang die Beckenenge gänzlich. oder doch Art, die ich sah, verliefen spontan. Am besten entbindet man
A gs ten Teil überwunden hat,. also fest im Becken; in Seitenlage, weil die Beine nicht gut gespreizt werden können.
der en Aber der geübteste Greburtshelfer kann sich bei Die anderen Becken sind sehr selten und wird sich speziell beim
niedres eidung dieser F rage erheblich irren, besonders wenn ein. Geschwulstbecken eigentlich nie der Kaiserschnitt umgehen lassen. —
ngor Beckenkanal und eine große Kopfgeschwulst den noch. T 1 (Fortsetzung folgt.) .
eingestellt ist, damit der von außen noch unterstützende Druck g si n
zur vollen Geltung kommt. ` Auch der verstorbene Hallenser Gynä- keine Erweiterung zu erwarten. Die Wendung ‘könnte nur | A ® Le
“kologe Veit erklärte sich als Anhänger der prophylaktischen | dann nützen, wenn es gelingt den Kopf mit der Sagittalis in den , Ill
Wendung nach den Indikationen von Schröder: 1. Völlige Er- langen schrägen Durchmesser einzustellen und der Kopf sich beugen: | skurk.ulnil:
weiterung des Muttermundes, 2. eben gesprungene Blase, | läßt, Die Zange kommt erst nach Eintritt des Kopfesindie IE ler
3. Kopf beweglich über dem Beckeneingang, 4. mittlerer | Beckenhöhle in Frage. In- beiden Fällen muß oft nachträglich - a bran RIERS
Grad von Beckenenge, 5. Abwesenheit von Dehnung des perforiert werden. Kann der Kopf überhaupt nicht eintreten, Poirie y
= unteren Uterinsegments. | i ie ist Schnittentbindung am Platze. ‚Sieht man ein solches Becken RSS
-_ .. Auch Winter empfahl für Mehrgebärende die rechtzeitige | frühzeitig, so ist die künstliche Frühgeburt in Frage zu ziehen. EEr etp
` Wendung abgesehen von der gewöhnlichen strikten Indikation, wenn | Querverengtes Becken. Beim ankylotisch querverengten E uch wun
innerhalb einer gewissen Zeit der Kopf sich nicht anschickt einzu- Becken ist meist die: Schnittentbindung nötig. Beim kyphotisch IFRRSHB
weten. Fehling empfahl sié nur bei Mehrgebärenden mit plattem querverengten Becken beginnt das -Haupthindernis erst auf dem oe RS AL
Becken und bei stehender Blase: Glöckner mahnt dringend ‚Beckenboden. Gelingt Forceps nicht, ist zu perforieren, sonst ei STE,
vor der Wendung’ bei Erstgebärenden. Leisewitz zeigt an | Pubitomie, bei starker Überdachung, des Beckeneingangs A RLI
der Hand des umfangreichen Dresdener Geburtsmaterials, daß die durch die lordotische Lendenwirbelsäule, wird meist nur ` F E RA
Wendung beim‘ engen -Becken für die Mutter günstigere Resultate | die Schnittentbindung indiciert sein. `` 2 i N
hat als die chirurgische Entbindung (Hebosteotomieund Sectio caesarea); Osteomalacisohes Becken. Hier. wird bei den hoch- EBEN
wenn auch die Aussichten für die Kinder etwas schlechter wären, gradigsten Fällen nur der Kaiserschnitt am Platze sein, man macht‘ S Ehe
so empfehle er doch die Wendung dem praktischen Arzt. | dann am besten den Porro. Es kommt, wenn auch selten vor, en
Die Lehre, daß man beim engen Becken in erster Linie ab- | daß die Knochen sich bei hochgradiger Erkrankung o
warten, bei Schädellagen die Hofmeiörsche Impression des Kopfes | dehnen lassen, dann kann man auch versuchen bei lebendem a ar
in Walcherscher Hängelage versuchen, mit Vorsicht auch einmal’ | Kinde mit Zange. zu entbinden. Kaltenbach hat 2mal bei. der- - nepken
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39. . 28. September
= Referatenteil
l a | unter besonderer Mitwirkung von De | | a a
Prof. Dr. 0. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), -Prof. Dr. E.Edens, St. Blasion (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.Gerhartz, .
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. 8. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nason- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a, M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O..Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
l logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), l e
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschönsweide.
Sammelreferate.
Aus dem Gebiete der Geburtshilfe.
Von Prof. W. Liepmann und Dr. W. Brusten.
ee 0°. Mit der Physiologie und der Diätetik der Schwanger-
es schaft beschäftigen sich folgende Arbeiten: A
Br Über ein junges menschliches Ei berichtet P. Meyer (30)
mit. Demonstration der mikroskopischen und makroskopischen Befunde, .
Nach E. Schmitz (38) erfolgt der wesentliche Kalkansatz
der Frucht und damit die Kalkabgabe der Mutter in den
letzten 4 Monaten der Gravidität, einhergehend mit der Notwendig-
_ keit des beschleunigten Kalkansatzes der schnell wachsenden Knochen.
Somit ist auch. die Erklärung gegeben für die Gefahr einer Er-
krankung in bezug auf den Kalkstoffwechsel zwischen Mutter und
Frucht, ‚wenn die Mutter mit dem „Näherrücken“ des Geburts-
=>- termines den Anforderungen nicht mehr nachkommen kann.
>“ Zusammenfassend über die rektale Untersuchung sub
als Ersatzmethode für die vaginale Untersuchung angewandt wissen.
Die vaginale Untersuchung ist nur bei Versagen der äußeren und
‘der rektalen Untersuchung anzuwenden. Vorteile der rektalen .
Untersuchung sind: schnelle Möglichkeit der Untersuchung, da keine
` ` Desinfektion der Hände nötig, geringere Infektionsmöglichkeit als
.. bei der -vaginalen ‚Untersuchung. Natürlich setzt. die rektale Unter-
o suchung eine gewisse Übung voraus. | nr Ä
W. Fick (5) fand, daß sich in der unteren Körperbälfte auch
‘beim normalen ‚Menschen eine Menge Blut befindet, die dem Kreis-
‚lauf entzogen wird. Beim Übergang zur liegenden Stellung verteilt
sich diese Menge auf den ganzen Körper. Dieses „Mehrblut“ steigert
sich an Menge in den letzten Schwangerschaftsmonaten so, daß es
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Während der hochschwangere Uterus in stehender Stellung die
ODER Schenkelvenen komprimiert, kann er in liegender auf die Vena cava inf.
STE aa einen Druck ausüben, bei Linkslagerung wird derselbe aufgehoben.
BE a | Bei Untersuchungen über den respiratorischen Gas-
wechsel bei Schwangeren bemerkte Klaften (19) eine Zu-
‘nahme der Ventilationsgröße bei gesunden Graviden. Die Ursache
wird einerseits im Mehrbedar? an Sauerstoff - durch die gesteigerte
Arbeitsleistung aller Organe gesehen, andererseits in Reizwirkungen
auf das Atemzentrum, die vom Fötus ausgeübt werden. Es folgen
.dann noch Mitteilungen über das Verhalten bei Schwangerschafts-
erkrankungen. | | |
An einem größeren Materiale fand W. Kemper (18) die
terminale Gewichtsabnahme Schwangerer bestätigt. Die-
selbe tritt entweder am 277. Tage der Gravidität ein — stellt also
ein Schwangerschaltssymptom dar — oder tritt als ‚Geburtsfrüh-
symptom 3 Tage ante partum auf.
ausscheidung des in der Gravidität retinierten Gewebswassers an-
‚genommen, p S E |
Untersuchungen über Veränderungen des Stoffwechsels
und des Körpergewichtes in der Schwangerschaft ergaben
nach A. Mahnert (28), daß der Energiebedarf. gravider. Frauen
sich in normalen Grenzen bewegt, also. keine Steigerung des Grund-
umsatzes gegenüber .Nichtschwangeren stattfindet. Bezüglich der
terminalen Gewichtsabnahme fand er mit. derselben einhergehend
eine Steigerung des Eiweißstoffwechsels. Es wird dann noch auf
‚die Beziehungen der Stoffwechselvorgänge und der Körpergewichts-
abnahme zu der Eklampsie hingewiesen.
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gerschaft, Geburt und Wochenbett berichtet W. Kemper (17).
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anzahl und Lebensalter zeigen während der drei erwähnten Stadien
eine Konstanz in bezug auf Art und Intensität der Gewichts-
beeinflussung. Großes Körpergewicht, mehrfache Schwangerschaft
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partu berichtet R. Demme .(4). Er will die rektale Untersuchung
' am Ende derselben fast die doppelte Menge der Norm erreicht hat. -
Als Ursache wird eine Mehr-
ÜberKörpergewichtsverhältnisse während derSchwan- |
Die drei Faktoren: Mütterliches Körpergewicht, Schwangerschafts-
und jugendliches Alter .der Mutter bewirken eine große, deren
Gegenteil eine geringe Gewichtsänderung. , Die Größe der Gewichts-
änderungen ist geringer als bisher angenommen worden ist. Außer-
dem werden besondere Kombinationen, alte Erstgebärende, Zwillings-
schwangerschaft usw. besprochen. ` = |
Bezüglich der Wirkung, eiweißreicher Nahrung auf den
schwangeren Organismus, wobei besonders die Harnstoffbildung '
berücksichtigt wird, kommt .G. Kaboth (16) zu dem Ergebnis,
daß starke Eiweißmast die Hauptfunktion des Eiweißstoffwechsels
nicht störend beeinflußt. Eiweißreiche Kost wirkt auf die Schwangere
nicht schädlich, sofern nur die Kohlehydratzufuhr keine starke Ein-
schränkung erleidet. | : en
-= F. Grzechowiak (11) fand eine Erhöhung des Kapillar-
druckes — Normalwert 140 mm — bei Verminderung des hydro-
statischen Druckes, bei Diabetes, Unterernährung, Erschöpfung usw.,
eine Erhöhung desselben bei Nephritis. Während der Schwan-
‚gerschaft scheint der Kapillardruck zuerst niedriger zu sein, bis
zum 10. Monat findet sich ein normaler Wert, im 10. Monat tritt .
ein Sinken des Druckes ein, um nach der. Geburt zur Norm zurück-
zukehren. Bei Schwangerschaftsnierenerkrankung und Eklampsie
‚wird erhöhter Kapillardruck gefunden. - Bei pathologischem Ver-
lauf des Wochenbettes tritt keine Änderung der sonst gefundenen
Werte ein. Als besonders wichtig werden die starken Kapillar-.
blutungen bei .Eklampsie beschrieben, dieselben. verstärken sich
noch unter der Geburt. Ba |
Zur Pathologie der Schwangerschaft teilt H. G. Schnei:
der (40) Erfahrungen über die Anämie mit. Die Schwanger- .
schaftsintoxikation kann als Hauptangriffspunkt auch den Blut: -
apparat. haben und durch ihre Giftstoffe starke Hämolyse veran-
lassen. Als Namen der Krankheit wird „Haematopathia gravi-
darum“ angenommen. | en
Bei etwa 80 pCt. aller Schwangeren hat Löhlein (25) in
einem bestimmten Stadium der Gravidität bitemporale
Hemianopsie gefunden. Dieselbe tritt in der Regel nicht früher
als 4 Wochen ante partum auf. Sie steigert, sich bis zur Geburt,
läßt in den ersten Tagen post partum nach. Die Einschränkung
des Gesichtsfeldes zeigt sich bei Mehrgebärenden regelmäßiger und
stärker als bei Erstgebärenden. Als Ursache wird Druck der hyper-
trophischen Hypophyse auf den Optikus angegeben. ` i
| H. H. Schmid (37) berichtet über Magenkarzinom und
Gravidität. Er teilt die Diagnostik mit, das jugendliche Alter,
den Einfluß ‘der Gravidität auf die Krebsentwicklung und umge-
kehrt, beschreibt die Komplikationen, berücksichtigt besonders die
‚Metastasierung in den Eierstöcken, die in etwa 1/, der Fälle 'vor-
handen war. Er kommt zu dem Schluß: ungünstiger Ausgang für
die Kinder in ?/ der Fälle, keine Dauerheilung bei den Müttern,
als Behandlung wird radikale Magenoperation und im Bedarfsfalle
Exstirpation -des inneren Genitale empfohlen. Si
Über Initialstadien und Symptome bei Osteomalazie. teilt
Burckhardt-Socin (3) an der Hand von Fällen Beobachtungen
mit. Als Therapie wendet er Adrenalininjektionen an kombiniert
'mit innerlicher Darreichung von Phosphor. a
Über eine seltene Doppelmißbildung berichtet H. Krause
(22). Es handelt sich um einen Cephalo-xipho-omphalo:
pagus, untere Gesichtshälfte, Hals und Brust sind völlig vonein-
ander getrennt. Als Entstehungsursache wurde auch in diesem
Falle „teilweise gemeinsamer Aufbau“ angenommen.
W. Walz‘(48) beschreibt 3 Fälle von kongenitalem Haut-
defekt am Scheitel Neugeborener. Er lehnt die amniogene
Erklärung für die Entstehung ab und nimmt als einheitliche Ent-
stehungsursache eine endogene an. Er setzt die kongenitalen Haut-
defekte am Scheitel in die „Entstehungsreihe* Akranie — Hemi-
kranie — Enzephalozele — kongenitale Defekte am Scheitel.
Alfred Stern (42) berichtet über einen Fall von ango-
borenem Schieihalse, wo das Kind durch Sectio caesarea ent-
28. September
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
bunden wurde. Er gibt an, daß es ein erneuter Beweis wäre, die
' Ursache für angeborenen Schiefhals in anormaler Haltung und in
Raummangel im Uterus zu suchen, was auch für den beschriebenen
Fall in Betracht kam.‘ | |
Bei Untersuchungen, .die F. Unterberger (44) über experi-
mentelle‘ Zwitterbildung und ihren Einfluß auf die Nach-
kommenschaft angestellt hat, fand er, wenigstens bei den Insekten,
` daß der generative Anteil der Hoden die Ovarien in keiner Weise
beeinflußt. |
Die Placenta circumvallata glaubt W. Lahm (23) ent-
wicklungsmechanisch als tiefe Nidation des Eies mit nachfolgender
„Auseinandersprengung der Reflexa am Orte der Implantation“ auf-
fassen zu müssen. Nach ihm wird die fötale Seite der Plazenta
durch einen Deziduaring eingeengt.
A.Gabrieljantz (9) beschreibt einen Fall einer Schwanger-
schaft im 8. Monat, bei welcher nur die skelettierte Frucht
in einem Fruchtsack geblieben ist, der vom Peritoneum parietale
und der erweiterten Tube gebildet wurde. Operation. Heilung.
An Hand histologischer Befunde berichtet G. H. Schnei-
der (39) über sichergestellte primäre Abdominalgravidität. Die
primäre Ansiedlung fand entweder auf der Serosa des Douglasschen
Raumes oder des Ligamentum latum statt.
E. Frey (7). beschreibt einen Fall von traumatischer
Üterusruptur bei einer Gravida im 7. Monat.‘ Die Ruptur ver-
läuft durch die Plazentarhaftstelle, es erfolgte Operation, Genesung.
Die Plazentarhaftstelle wird physiologischerweise als Locus minoris
resistentiae bei der Ruptur angesehen.
In einer ausführlichen Arbeit beschäftigt
Mueller (31) mit der Mechanik der Geburt.
sich Arthur
Nachdem er in
Behandlungsmethode zeigte eine mütterliche Mortalität von 8,68 0/0,
eine kindliche von 51,13 %/,, die aktive Methode drückte die Ziffer
auf 1,730, und 20,730), herab. Vor allem geübt wurde die
Hysterotomia anterior. | "S
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Überlegenheit der Sectio caesarea fest über die konservativen Ent-
.bindungsverfahren. ' Die Mortalität der Mütter bei Sectio caesarea
Vasa praevia des velamentös inserierenden Nabelstranges.
einer früheren Arbeit auf die Grundlagen der Mathematik und |
Mechanik eingegangen war, folgen jetzt allgemeine Betrachtungen
- über Weichteile, Kissen, Polster, Spannungen, Elastizitätswirkungen.
Die mechanischen Verhältnisse der mütterlichen Geburtswege und
des kindlichen Körpers, die Wirkungsart der austreibenden Kräfte,
Physiologie, Pathologie und Therapie der Geburtsmechanik, die
Entstehungsweisen der kindlichen Lagen werden ausführlich be-
schrieben.
Über Eihautstruktur und Blasensprung berichtet
W. Niderehe (32). Er kommt zu dem Ergebnis, daß Verände-
rungen an den Epithelien der Eihäute oder entzündliche Infiltra-
tionen an denselben wohl eine Herabsetzung der Zugfestigkeit der
Bindegewebsplatten bewirken können. Zum „vorzeitigen Blasen-
sprung“ gehört aber außerdem das Zusammenwirken aller mechani-
. schen Faktoren, die bei der Geburt eine Rolle spielen,
H. Füth (8) berichtet über krampfhafte zervikale Um-
schnürung und Verletzung des kindlichen Schädels.- In den von
' Ihm angeführten Fällen war es infolge Kontraktion des inneren
Muttermundes und des nach oben angrenzenden Abschnittes der
Gebärmutter zu einer Umschnürung der Kopfgeschwulst gekommen.
Die Folge war eine Gangrän der geschnürten Partien gewesen.
In Erörterung der Ursachenlehre des hohen Gerad-
Standes kommt W. Haupt (12) zu dem Ergebnis: Das Vorkommen
von hohem Geradstand bei Mißverhältnis, das entweder durch enges.
Becken oder durch großen Kopf bedingt ist, ist häufiger als bei
normalen Verhältnissen. ‘Die ‘primäre Rückenstellung vorne ist
nicht immer Bedingung. In der Mehrzahl der Fälle ist der Schädel
als eigentliche Ursache anzusehen. | |
Stiglbauer (43) berichtet über Stirnhaltungsgeburt und
ihre Behandlung. Als Therapie kommt in erster Linie, besonders
wenn es sich um Beckenverengerungen handelt, der Kaiserschnitt
In Betracht. Sonst ist Abwarten besser als prophylaktisch Wenden.
In jüngster Zeit ist die Kiellandsche Zange mit sehr gutem Erfolge |
angewandt worden. '
= K. Heim (15) beschreibt einen Fall von atypischer
Spontanruptur des Uterus. Dieselbe war ein TorsionsriB an
der linken Seite der Hinterwand des Isthmus. Die Ruptur trat in
Erscheinung erst nach der Geburt eines lebenden Kindes, es be-
. stand kein Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken.
‚Nach E. Waldstein (47) spielen folgende Umstände bei der
Scheidenruptur eine Rolle: 1. Räumliches Mißverhältnis zwischen
‚Frucht und Becken oder Frucht und Scheide. 2. Weiterbestehen
desselben auch nach Verstreichung des Muttermundes. 3. Ist die
| Scheiden-Gebärmutterverbindung ein Locus minoris resistentiae ge-
Tingeren Grades als das untere Uterinsegment.
W. Liebe (24) teilt Erfahrungen über Placenta praevia
mit, die an größerem Materiale gefunden wurden. Die konservative
' Wert der Kiellandschen Zange hervor.
1°/,, die mütterliche 4 9/,.
betrug 4,17°/,, bei den anderen Verfahren 5,9 /,, die kindliche
Mortalität bei der ersten Methode 6,5 %/,, bei der zweiten 35,5 %/,
unter Berücksichtigung der nur lebensfähigen Kinder. Er empfiehlt
die klinische Behandlung; ist sie nicht möglich, so ist die Wendung
nach Braxton Hicks die Methode der Wahl. `
An einem größeren Materiale fand H. Heidler (13) bei der
manuellen Plazentarlösung eine Mortalität von nur 0,5°%,. Er
teilt dann weiter Erfahrungen mit über die Turgeszierung der
Plazenta mittels der „Gabastonschen Auffüllung“. Er kommt zu
dem Ergebnis: Die Turgeszierung ist in ihrem Effekt fraglich. Das
Verfahren der Auffüllung der Plazenta von der Nabelschnur aus
ist ungefährlich, wenn es sich um Retention der Plazenta ohne -
Blutung handelt. In Fällen von Blutung ist die Methode abzulehnen.
Über Ruptur der Nabelschnurgefäße unter der Geburt
an Hand eigener Fälle und der Fälle der Literatur berichtet
Th. Gilfrich (10). Die meisten Rupturen fanden sich bei den
Weitere
Gefäßverletzungen wurden bei den Vasa aberrantia, bei Varizen-
bildung, bei kurzer Nabelschnur und bei Operationen beobachtet.
Am häufigsten wurden die Venen, seltener die Arterien, am seltensten
beide Gefäße zusammen von der Ruptur betroffen. Die kindliche
Mortalität war in allen Fällen sehr hoch.
An der Hand einiger Fälle berichtet E.. Vogt (45) über Uterus-
„Außer vielen anderen Umständen“. nimmt er an,
invagination.
daß die Hauptursache die Atonie des unteren Uterinsegmentes ist.
Ohne dieselbe, glaubt er, tritt keine Invagination des Uteruskörpers ein.
Bezüglich der Eklampsie und Krampfurämie beweist Vol-
hard (46), daß ein allgemeiner Gefäßkrampf all den Erscheinungen
vom Hydrops grav. über die Schwangerschaftsniere'bis zur Eklampsie
zugrunde liegt. „Krampffördernde Stoffe von Peptoncharakter im
Blute“ bewirken eine so große Überempfindlichkeit, daß schon ge-
ringe Reize des Gefäßsystems „gefäßkrampfsteigernd und eklampsie-
auslösend“ wirken können. |
Saenger (35) fand unter 100 Sektionen Neugeborener 73 mal
makroskopisch nachweisbare intrakranielle Blutungen. Jede
nennenswerte Blutung breitet sich auch im Subduralraum aus. Als `
ätiologische Momente kommen Kreislaufstörung und Druckwirkung
auf den kindlichen Schädel in Betracht. Betroffen wird vor allem
der Sinus rectus mit seinen Ästen. Enges Becken, rigide Weich-
teile, heftige Wehen, dünne Schädelknochen, große Köpfe, schwierige
geburtshilfliche Operationen können Druckwirkung auf den Schädel
und damit Tentoriumzerreißungen hervorrufen. |
Erfahrungen über direkte Schulterentwicklung nach
Mueller teilt Abernetty (1) mit. Auf Grund historischer Beweise
glaubt er die Bezeichnung der direkten Schulterentwicklung als
Muellersches Verfahren angeben zu müssen. Das eigene Mate-
rial und die Mitteilung der Ergebnisse anderer Autoren beweisen,
daß die Muellersche Methode besser als die klassische Armlösung
ist. Für die Entwicklung der hochstehenden Schultern empfiehlt
Abernetty den Roßhirtschen Handgriff. `. |
In einer Betrachtung’ über Zangengeburten mit den Zangen
nach Naegele-Breus-Kielland hebt Ernst Puppel (33) den
„im“ Beckeneingange stehenden Kopf, nie bei beweglich „über“
oder fest „auf“ dem Beckeneingange stehenden Kopfe. angewendet
wissen. Bei dieser exakten Indikationsstellung und genügend ge-
übter Phantomtechnik, wobei man den vorderen Löffel „umdrehen“
oder „wandern“ lassen kann, leistet die Kiellandsche Zange gute
Dienste, | | Ä
P. Brandt (2) berichtet über Erfahrungen mit der. Sectio
suprapubica in einem Zeitraum von 10 Jahren. Er trennt den
extraperitonealen Schnitt in einen eingeschränkten und in einen
‚uneingeschränkten. Den Namen Sectio suprapubica wählt er für
alle abdominalen zervikalen Schnittentbindungen. Beckenhochlage-
rung ‘wurde nicht angewandt; die Lumbalanästhesie wird als an-
genehmste Schmerzbetäubung bezeichnet. Drainage. wurde nur bei
Infektion angewandt, oder wenn die Bindegewebswunde nicht blut-
trocken gemacht werden konnte.
- 1369 |
Bei Placenta praevia stellte Schoenholz (41) wieder die
Er will sie nur bei fest.
Die kindliche Mortalität betrug
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Über die Bedeutung der ruhenden Infektion für die
1370.
' H. Krause (22) berichtet über den suprasymphysären
transperitonealen Kaiserschnitt bei engem Becken und
über die Erfolge mit demselben an der Würzburger Frauenklinik.
Von 123 Fällen starben 2 an den Folgen der Lumbalanästhesie,
3 an Peritonitis. Die Kinder wurden sämtlich lebend entwickelt,
während des Aufenthaltes in der Klinik starben 3,25 %,.
ı/, der Fälle wurde durch die Kaiserschnittentbindung, !/, der
Fälle wurde durch diese oder eine andere Kaiserschnittentbindung
zu wiederholten Malen. behandelt,
Nach, Mansfeld (29) gibt Febris sub partu, Fieber beim
Abort und im Puerperium keine Indikation zu lokalen Eingriffen,
da dieselben entweder durch leichte Infektion + Stauung be-
G
wirkt. werden, und dann der Organismus allein die ätiologischen
Momente beseitigt, oder aber eine schwere Infektion spielt die
Hauptrolle, dann ist allgemeine und keine lokale Therapie für die
puerperalen Wundinfektionen am Platze.
Über eine Wochenbettstatistik von 22 Jahren berichtet
U. Franke (6). Das Wochenbett Nichtuntersuchter war besser als
das Untersuchter. Er beschreibt jahrelange Beobachtungen der ver-
schiedenen Arten der Waschung und Desinfektion der Hände. Sie
ist ohne Einfluß auf die Morbidität im Wochenbett der Untersuchten
geblieben. Er berichtet dann weiter über die Fälle von Fieber bei
Dammriß, bei stinkenden. Lochien, über Fieber unter der Geburt.
Bei Fieber unter der Geburt ist die Indikation zur Beendigung
nicht die Tatsache des Fiebers allein, sondern die Zeit zwischen
Blasensprung und Geburt, die Prognose verschlechtert sich mit
ihrem Wachsen. ONE
Auf Grund seiner Untersuchungen an etwa 300 Fällen über
die Virulenzprüfung der Streptokokken kommt C. Ruge II (34)
zu dem Ergebnis. | | |
| Die bisherigen Verfahren werden als zu umständlich abge-
lehnt. Von ihm wird die sogenannte „mikroskopische Virulenz-
probe“ angewandt. Dieses Verfahren gestattet schon nach 3 bis
4 Stunden aus der Vermischung des Vaginalsekretes mit dem Eigen-
blute der Patientin eine Diagnose bezüglich der Pathogenität der
Keime zu stellen.‘ Tritt nach der angegebenen Zeit keine wesent-
liche Keimvermehrung ein, so ist es möglich, eine gute Prognose
zu stellen. Mit Hilfe dieser Virulenzproben, die fast ausnahmlos
in ihrem Ergebnis mit dem klinischen Verlauf übereinstimmten, war
es möglich, prophylaktische und therapeutische Maßnahmen bezüg-
lich gynäkologischer und geburtshilflicher Eingriffe auf ihre Zweck- |
mäßigkeit zu prüfen. Das Verfahren selbst ist einfach und wenig
Geburtshilfe berichtet H. Heidler (14) an Hand eines Falles,
bei dem 6° Wochen ante partum ein Portiopolyp entiernt wurde.
Die Patientin ist dann kurz nach der Geburt an schwerer Sepsis
ad exitum gekommen. Die Sektion ergab eine von der Operations-
stelle ausgehende Pyämie mit reichlichen metastatischen Abszessen.,
Als bemerkenswert wird noch mitgeteilt, daß der Polyp deziduale
Veränderungen gezeigt hat.
F. Klee (20) fand bei 1200 Schwangeren, bei denen er im
Retroplazentarblute die Wa.R. anstellte, 7,8 °/, positive Re-
sultate.
keine Lues nachweisbar. Gelegentlich fand sich im R.Pl.Bl. „par-
tielle Hemmung“. Die Entnahme des R.Pl.Bl. erfolgt in einem vor
die Vulva gehaltenen Röhrchen vor oder nach der Ausstoßung der
Plazenta. Die Methode wird als zuverlässig geschildert,
F. Lönne (26) teilt das Ergebnis mit, das er gefunden "hat
bei experimentellen Untersuchungen über die Wirkung
von Alkohol- und Atherextrakten aus dem Blute trächtiger
und nichtträchtiger Kaninchen und des Menschen auf die Utero-
tonik. Aus seinen Untersuchungen ergibt sich, daß während der
Gravidität „Stoffe mit erheblich größeren uterotonischen Wirkungen“
vorhanden sind als im Blute von nichtgraviden Menschen. Die Stoffe
sind in Äther löslich. |
Bei Kaninchen konnten F. Ludwig und E. Lenz (27) im
Zelluloidbauchfenster die Geburtsvorgänge am Uterus beob-
achten. Es gelang ihnen, die einzelnen Phasen der Uterusperistaltik
zu studieren, die anstreibenden Kräfte zu beobachten. Die Durch-
blutungsverhältnisse während des Kontraktions- und ‚Erschlaffungs-
zustandes, ja sogar die Bewegungen des Fötus konnten verfolgt und
im kinematographischen Bilde festgehalten werden. |
In der Frage der Brauchbarkeit des Gynergens zur
Unterbrechung der Schwangerschaft kommt Schimmel (36)
zu dem Schluß: Gymergen eignet sich zur Beendigung drohender
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39..
Sehr oft war bei den Fällen anamnestisch und klinisch
Aborte. In 2 Fällen gelang die Unterbrechung intakter Schwanger-
schaften im 3. und 4. Monat. Am Ende der Schwangerschaft bringt
seine Anwendung Gefahr für das Kind. Vorzüglich wirkt es bei
-Atonia uteri post partum und bei Subinvolutio uteri im Wochenbett.
Literatur: 1 Carl Abernetty, Die direkte Schulterentwicklung nach Mueller.
`- Zschr. È Gebh. u. Gyn. Bd. 87, H.1.— 2. P. Brandt, 10 Jahre Sectio suprapubica. Ebenda
Bd. 86, H. 3. — 3. 0. Burkhardt-Socin, Initialstadien der Osteomalazie. Arch. f. Gyn.
Bà. 121, H. 1. — 4. E. Domme, Zusammenfassendes über die rektale Untersuchung sub
partu. Ebenda Bd. 122, H. 1 u. 2. — 5. W. Fıck, Über die Blutverteilung im Körper der
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bettstatistik. Arch, f. Gyn. Bà 121, H. 1. — 7. E. Frey, Zur traumatischen Uterus-
rupturin der zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Ebenda Bd. 121, H. 1.— 8. H. Füth,
Über krampfhafte zervikale Umschnürung und Verletzung des kindlichen Schädels.
Zschr. f. Gebh. u. Gyn. Bd. 86, H. 3. — 9. A. Gabrieljantz, Ein Fall von skelettiertem
Fötus bei der extrauterinen Schwangerschaft. Laparotomie. Genesung. Mschr. f.
Gebh. u. Gyn. Bd. 65, H.3 u. 4. — 10. Th. Gilfrich, Über Ruptur der Nabelschnurgefäße
unter der Geburt. Zschr. f. Gebh. u. Gyn. Bd. 86, H. 8. — 11. F. Grzeckowiak, Der
Kapillardruck, besonders während der Schwangerschaft und im Wochenbett. Ebenda
Bd. 87, H,1. — 12. W. Haupt, Zur Ursachenlehre des hohen Geradstandes mit pe-
sonderer Berücksichtigung des Mißverhältnisses von mütterlichem Becken und kind-
lichem Kopf. Ebenda Bd. 86, H. 3. — 13. H. Heidler, Zur Behandlung der Nachgeburts-
periode, mit besonderer Berücksichtigung der „Auffüllung“ der Plazenta durch die
Nabelschnurvene. Mschr. f. Gebh. u. Gyn. Bd. 66, H. 1. — 14. Derselbe, Beitrag zur Be-
deutung der ruhenden Infektion für die Geburtshilfe nebst Bemerkungen über dezi-
duale Veränderung in Polypen der Portio. Arch. f. Gyn. Bd. 121, H. 3. — 15. K, Heim,
Über einen Fall von atypischer Spontanruptur des Uterus. Zschr. £. Gebh. u. Gyn,
Bd. 87, H.1. — 16. G. Kaboth, Über die Wirkung eiweißreicher Nahrung auf den
schwangeren Organismus, mit besonderer Berücksichtigung der Harnstoffbildung.
Arch. t. Gyn. Bd. 121, H. 3. — 17. W. Kemper, Die Körpergewichtsverhältnisse während
Schwangerschaft, Geburtund Wochenbett. Abenda Bd. 121, H. 2.— 18. Derselbe, Über
die terminale Gewichtsabnahme Schwangerer. Ebenda Bd. 121, H.3. — Î9. E. Klaften,
Untersuchungen über den respiratorischen Gaswechsel der Schwangeren. Mschr. t.
Gebh. u. Gyn. Bd. 65, H.1. — 20. F. Klee, Weitere Untersuchungen über die Bə-
ziehungen zwischen Syphilis und Schwangerschaft. EbendaBd.65, H,56.— 21. H. Kranse,
Eine seltene Doppelmißbildung. Zschr. & Gebh.u.Gyn. Bd.87, H.1.— 22, Derselbe,
Der suprasymphysäre transperitoneale Kaiserschnitt bei engam Becken an der Uni-
versitätsirauenklinik Würzburg. Ebenda Bd. 86, H. 8. — 23. W. Lahm, Eine neue Br-
klärung der Placenta circumvallata. Arch. f. Gyn. Bd. 121, EL 2. — 24 W. Liebe,
Unsere Behandlung der Placenta praevia. Mschr. i. Gebh. u. Gyn. Bd. 65, H. 5. —
25. W. Löhlein, Die bitemporale Hemianopsie der Schwangeren. benda Bd. 65,
H.3u.4 — 26. F. Lönne, Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung von
Alkohol- und Ätherextrakten aus dem Blute trächtiger und nichtträchtiger Kaninchen
und des Menschen auf die Uterotonik. (Zugleich ein Beitrag zur Frage der Gründe
des Geburtseintritts.) Arch. f. Gyn. Bd.121, H. 2. — 27, F. Ludwig und E. Lenz, Über
Bauchfenstergeburten. Zschr. f. Gebh. u. Gyn. Bd.86, H.3. — 28. A. Mahnert, Unter-
suchungen über Veränderungen des Stofiwechsels und des Körpergewichtes in der
Schwangerschaft. Arch. f. Gyn. Bd. 121, H.8. — 29. 0. P. Mansfeld, Verminderang der
Mortalität an puerperalen Wundinfektionen, Mschr. f. Gebh. u. Gyn. Bd. 65, H.d.—
80. P. Meyer, Ein junges menschliches Ei mit 0,4 mm langem Embryonalschild. Arch.
f. Gyn. Bd. 122, H. 1 u.2. — 31. Arthur Mueller, Die Mechanik der Geburt. Ebenda
Bà. 121, H. 8. — 82. W. Niederehe, Eihautstruktur und Blasensprung. Zschr. $. Gebh.
operationen}. Mschr. f. Gebh. u. Gyn. Bd, 66, H. 4 u. 5.— 34, C.Rugell, Studien zur Viru-
lenzprüfung der Streptokokken, Arch.f. Gebh.u.Gyn. Bd. 121, H. 8. — 35. H.-Saenger,
Über die Entstehung intrakranieller Blutungen beim Neugeborenen. Mschr. f. Gébh,
u. Gyn. Bd.65, H.5. — 36. H. Schimmel, Eignet sich Gynergen zur Unterbrechung
der Schwangerschaft? Ebenda Bd. 66, H. 2 u. 38. — 97. H. H. Schmid, Magenkarzinom
und Gravidität. (Mit besonderer Berücksichtigung der Krebsmetastasen in den Eier-
stöcken.) Arch. f. Gyn. Bd.121,H.2.— 88, E. Schmitz, Untersuchungen über den Kalk-
gehalt der wachsenden Frucht. Ebenda Bd.121, H. 1. — 389, G. H. Schneider, Sicher-
gestellte primäre Abdominalgravidität. Mschr. £ Gebh. u. Gyn. Bd. 65, E 3 u. 4. —
40. Derselbe, Die Schwangerschaftsintoxikation als Anämie (Haematopathia gravi-
darum). Ebenda Bd. 65, H.6.— 41. L. Schoenholz, Zur Therapie der Placenta praevia.
Ebenda Bd.66, H.2u.8. — 42. Alfred Stern, Zur Ätiologie des angeborenen Schiel-
halses, Ebenda Bd,65, H.3u.4. — 43, R. Stiglbauer, Zur Frage der Stirnhaltungs-
geburt und ihrer Behandlung. Ebenda Bd.66, H. 4 u. 5. — 44. F. Unterberger, Ex-
perimentelle Zwitterbildung und ihr Einfluß auf die Nachkommenschaft, (Bin
Beitrag zur Frage der inneren Sekretion der Keimdrüsen.) Ebenda Bd. 66, H.l. —
45. E. Vogt, Über die Invagination des Uterus. Arch. f. Gyo. Bd.121, H.1.— 46. F. Vol-
_ hard, Eklampsie und Kramrfurämie. Mschr. f. Gebh, u. Gyn. Bd. 66, H. 2 u. 8.— 47. Ed-
. mund Waldstein, Ein Fall von Kolpaporrhexis und Betrachtungen über diese Ver-
letzungsart. Ebenda Bd.66, H.3u.4. — 48. W. Walz, Zur Kenntnis und Ätiologie
der kongenitalen Hautdefekte am Scheitel Neugeborener. Ebenda Bd. 65, EL 3 u. 4.
Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der versicherungs-
| rechtlichen und Unfallmedizin.
Von Prof. Dr. Paul Horn, Bonn. (Schluß aus Nr. 38.)
Für die Diagnostik der Unfallneurosen, insbesondere ihre
Abgrenzung gegenüber Simulation, von besonderer Bedeutung z0
werden verspricht die Löwensteinsche „Methode der unbewußten
Ausdrucksbewegungen“, über die Brunzlow (21) auf Grund eigener
Erfahrungen aus der ohren- und nervenärztlichen Begutachtungs-
praxis berichtet. Durch diese Methode ist es möglich, hysterische
Hörstörungen von Simulation. und echter .Schwerhörigkeit mit einiger
Sicherheit zu differenzieren. Ob sie sich allerdings sehr einbürgern
wird, erscheint mir im Hinblick auf. die. notwendige Apparatur
etwas zweifelhaft.
Aus dem Gebiet der inneren Medizin seien zunächst die Be-
ziehungen zwischen Trauma und Lungenleiden besprochen, soweit
neuere Arbeiten in Frage kommen. Über den Ausbruch von Lungen-
28. September
u. Gyn. Bd. 86, H. 3. — 33. E. Puppel, Naegeli-Breus-Kielland (20 Jahre Zangen-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39:
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1371
pe euer er ŇU a S a a PR N ee ee
tuberkulose im Anschluß an ein Trauma, speziell an Lungen-
schüsse, hat auf meine Veranlassung Warmer (22) statistische
Untersuchungen angestellt, wobei er zu dem Ergebnis kommt, daß
es sich meist um Mobilisierung älterer Herde handelt (bei 95 %/,
der Fälle), nur ganz selten wurde der Grund zu Neuinfektion gelegt
(bei 5 %,). Das Wiederaufflackern älterer Herde erfolgte durch-
schnittlich 3/, Jahre nach der Lungenverletzung, Neuinfektionen
traten bei den beobachteten Fällen zwischen 21/, und 5 Jahren nach
. der Verletzung auf, Zahlenangaben, die natürlich nicht als allgemein-
‚gültig betrachtet werden können. Immerhin erscheint mir die Schluß- `
folgerung von W. eine gewisse Berechtigung zu besitzen, daß, falls
nach etwa 5 Jahren keinerlei Anzeichen von Tuberkulose auf-
getreten sind, die erhöhte Infektionsgefahr, soweit sie durch die
Lungenverletzung bedingt war, als geschwunden oder doch zum
mindesten als stark gemindert angesehen werden kann. Im übrigen
ist das Auftreten von Lungentuberkulose nach Lungenschüssen ein
seltenes Ereignis. Nach den Untersuchungen von Siegfried (23)
fand sich unter 315 früheren Kriegsteilnehmeren des Versorgungs-
amts Potsdam, welche an Lungentuberkulose erkrankten, kein ein-
ziger, bei dem sich das Leiden an einen Lungenschuß angeschlossen
hätte; ebensowenig war unter 83 weiteren Fällen sicherer Lungen-
schüsse eine nachfolgende Tuberkuloseeniwicklung festzustellen. Für
die Auslösung von traumatischer Tuberkulose ist, wie auch Berg-
‚mann (24) betont, das Sekundär- oder Generalisationsstadium
von besonderer Wichtigkeit, d. h. dasjenige Tuberkulosestadium, in
dem von einem primären Herde aus auf broncho-,. Iympho-, oder
hämatogenem Wege eine metastatische Aussaat von Tuberkelbazillen
stattfindet. — Über die Beziehungen zwischen Trauma und Bauch-
felltuberkulose hat Gerhartz (24) unlängst in dieser Zeitschrift
Über Milzruptur und Trauma verbreitet sich Kempf (25)
und kommt nach Mitteilung eines einschlägigen Falles zu folgenden
Leitsätzen: 1. In jedem Falle von Milzruptur ist in der Anamnese
nach einem Trauma zu fahnden; 2. das Trauma braucht keineswegs
sehr schwerer Art zu sein, denn selbst die normale Milz kann
durch relativ unbedeutende Gewalteinwirkungen zum Bersten ge-
bracht werden; 3. auch der Ruptur der pathologisch veränderten
Milz ist so gut wie immer ein Trauma vorausgegangen. Im ganzen
ist aber traumatische Milzruptur kein häufiges Ereignis.
Auch Berstungsrupturen des gesunden Darmes kommen
nur ausnahmsweise vor; insbesondere sind die Fälle, in denen als
Ursache der Ruptur eine Körperanstrengung, ohne jede direkte
Gewalteinwirkung auf den Leib, angeschuldigt wird, stets mit großer
Vorsicht zu beurteilen. Finkelnburg (26) stellt für die Begut-
achtung derartiger Fälle folgende Richtlinien auf: 1. Nur der Nach-
weis einer für den Verletzten außergewöhnlich erheblichen Arbeits-
anstrengung, also entweder einer absoluten Überanstrengung, die
für jegliche Menschenkraft zu groß ist, oder eine relative Über-
anstrengung infolge ungewohnter Betriebsarbeit, gestattet die An-
nahme eines Betriebsunfalls; 2. hat dagegen die Körperanstrengung
den Rahmen der gewohnten Betriebsarbeit nicht überschritten, so
erscheint es überwiegend wahrscheinlicher, daß diese nur die zu-
fällige Gelegenheitsursache für eine Darmberstung gewesen
ist, die auch durch anderweitige, unvermeidliche plötzliche An-
spannung der Bauchmuskeln in oder außerhalb des: Betriebes ver-
ursacht werden konnte. Traumatische Appendizitis an einem
vorher gesunden Wurmfortsatz ist, wie Ludington (27) ausführt,
bisher unbekannt. Dagegen ist es möglich, daß ein chronisch ent-
zündeter Wurmfortsatz nach einem Schlag in die Blinddarmgegend
namentlich bei Anwesenheit von Kotsteinen und: besonders virulenten
Bakterien sich akut verschlimmert. Die Diagnose traumatische Appen-
dizitis ist nach L. ziemlich gesichert, falls sich bei der Operation
ein perforierter Wurmfortsatz sowie Blut in der freien Bauchhöhle
findet und andererseits ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen
Trauma und Erkrankung vorliegt.
. Ein seltener Fall von posttraumatischer Bauchspeichel-
drüsenverkalkung mit Diabetes, der vereinzelt dastehen dürlte,
wird von Wells (28) mitgeteilt. Es handelte sich um einen 32jäh-
rigen Mann, der eine schwere Brust- und Bauchkontusion (Über-
fahrenwerden) erlitt und bei dem 4 Monate später Diabetes mellitus
sowie typische Jacksonsche Epilepsie auftraten. Tod im epileptischen
` Anfall, Bei derObduktion fanden sich außer Infarkten und Erweichungs-
herden in der linken Niere und in der Milz fibröse Degenerationen
der Bauchspeicheldrüse mit zahlreichen verkalkten Drüsenläppehen.
Ein Zusammenhang zwischen Unfall und Hypernephrom ist
nach Rückert (29) nur dann als erwiesen anzusehen, wenn 1. vor
dem Unfalle keine verdächtigen Symptome bestanden; 2. bei und
unmittelbar nach dem Unfalle keine Geschwulst nachzuweisen war;
3. der Unfall nachweislich die Niere geschädigt hat; 4. die Ge- _
schwulstentwicklung eine angemessene Zeit zu ihrer -Entstehung
brauchte und gelegentlich auch zu Erscheinungen führte. Aber auch
dann, wenn alle. diese Vorbedingungen erfüllt sind, kann m. E. doch
‚nur von einer traumatisch bedingten „Auslösung“, nicht aber
etwa von einer posttraumatischen „Entstehung“ der Geschwulst
gesprochen ‚werden. „Versprengte Keime“ im Sinne der Cohnheim-
Ribbertschen Theorie müssen also vorhanden gewesen sein. In
den meisten derartiger Fälle, wie sie in der Literatur sich finden,
handelt es sich übrigens lediglich um eine mehr oder weniger starko
Verschlimmerung einer schon bestehenden Gesch wulst.
. Auch bei den Fällen von Hydronephrose nach Trauma
liegt meist nur Verschlimmerung vor. Einen Fall von echter trauma-
tischer Entstehung einer Hydronephrose hat Stränli (30) mit-
geteilt: Fall auf eine Wagendeichsel mit Quetschung der rechten
Nierengegend, 4 Monate später operative Entfernung einer Hydro-
nephrose rechterseits; als Ursache sieht Str. an die Kompression
-des mit Blut gefüllten Nierenbeckens .mit folgender Behinderung
des Urinabflusses und daran anschließender Erweiterung des Nieren-
beckens. — In einem ähnlichen Falle (Schlag gegen die rechte
Seite, 6 Wochen später Entfernung einer Hydronephrose) nehmen
Reisinger und Gruber (31) an, daß die Hydronephrose schon vor
dem Unfalle bestand, durch letzteren nur verschlimmert wurde.
Eine ausführliche Darstellung der Unfallerkrankungen in der
Geburtshilfe und Gynäkologie bringt Neumann (32). Be- 5
sonders bemerkenswert ist sein Hinweis, daß bei angeblich trau-
matisch bedingter Blutung aus den Genitalien vor Abgabe eines
Gutachtens stets sorgfältig auf das Vorliegen krankhafter Verände-
rungen sonstiger Art (Myom, Karzinom usw.) zu achten ist. Auch
Amenorrhoe kann durch Traumen hervorgerufen werden, vor allem
durch Schreck. Geschwülste können durch traumatische Ein-
wirkung bösartig degenerieren. Als sonstige Folgen von Traumen
werden erwähnt: Pfählungsverletzungen, Stieldrehung von Ge-
'schwülsten, Retroflexio uteri, Aufflackern alter Adnexerkrankungen,
Platzen von Eierstockszysten und Extrauterinschwangerschaften.
Abortus wird nach Ansicht von N. bei normaler Beschaffenheit
der Gebärmutter nur selten durch ein Trauma ausgelöst. Dagegen
kann bei Placenta praevia schon ein an sich geringfügiges Trauma
schwere Blutungen verursachen. Vogt (33) beschreibt einen seltenen
Fall von Aneurysma der Uteringefäße bei einer Frau, die bei
einem Fliegerangriff durch Bombensplitter verletzt wurde, u. a. taler-
großer zerfetzter Einschuß in linker Gesäßhälfte; 5 Jahre später
Aufnahme in die Frauenklinik wegen harinäckiger Parametritis;
links vom Uterus überhühnereigroße Schwellung fühlbar, deren me-
dialer Teil deutliche Pulsation zeigte und bei Operation sich als
Aneurysma arteriovenosum der Arteria und Vena uterina erwies.
Überhaupt haben die Kriegsverletzungen auf die Lehre
von den Unfallerkrankungen und -verletzungen in mancher Hin-
sicht fördernd eingewirkt. Es gilt das z. B. ganz besonders für
die bereits besprochenen Gebiete der Nerven- und der Lungenleiden.
Vor allem haben sich außer zahlreichen Übereinstimmungen von
Symptomatologie und Verlauf auch bemerkenswerte und. durch die
ungleiche Art der Schädigung bedingte Unterschiede ergeben. So
hat z. B. Reichmann (34) die Kriegs- und Friedensverletzungen der
Wirbelsäule mit einander verglichen und erhebliche Abweichungen
hinsichtlich der klinischen Folgeerscheinungen festgestellt. Während
bei den Kriegsverletzungen die Wirbelsäule als solche meist- eine
nebensächliche Rolle spielt und für Therapie wie Prognose vor-
wiegend die gleichzeitige, meist schwerwiegende Schädigung des
Rückenmarks und ‚seiner austretenden Nerven maßgebend ist,
liegen die Verhältnisse bei den Unfallverletzungen meist direkt um-
‚gekehrt. Auch bezüglich der Lokalisation der Schädigung zeigen
sich Unterschiede.
Bei den Kriegsverletzungen überwiegen die
Läsionen des Brustteils, bei den Unfallverletzungen die der untersten
‘ Brust- sowie der Lendenwirbel. Bei etwa einem Drittel sämtlicher
Fälle letzterer Art waren nach Ablauf von 10 Jahren erwerbs-
vermindernde Unfallfolgen nicht mehr vorhanden, während die Schuß-
verletzungen der Wirbelsäule bei gleichzeitiger Rückenmarkskom-
plikation meist tödlich verlaufen oder mehr oder weniger schwereg
Siechtum im Gefolge haben. |
Osteomyelitis nach Unfall beschreibt Rosenburg (35). Zur
Anerkennung eines ursächlichen Zusammenhanges fordert er: 1. daß
der Unfall erwiesen ist; 2. daß die Gewalteinwirkung auf den Körper
derartig war, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
Han u me ug a ee
man a En BIT nr Te nn
bei der chronischen Osteomyelitis innerhalb 14 Tagen).
| Beugungsfähigkeit. — Das klinische Bild unterscheidet sich selbst-
Zschr. f. Chir. Bd. 177, H. 3 u. 4.
un... 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.39. 28. September
|
eine Schädigung” "des Knochens erzeugt wurde: 3, daß der Verlauf
der Osteomyelitis. charakteristisch sich -gestaltete (Auftreten der
ersten Symptome bei der. akuten Osteomyelitis innerhalb 8 Tagen,
zentration das Wachstum ‘von Staphylococcus aureus hemmen, wobei die
Grenzkonzentrationen die gleiche Reihenfolge zeigen wie bei der Giftwirkung
| auf das Herz und bei der Hämolyse. Diese Substanzen vermögen auch in
3%/,iger Lösung nicht die Entwicklung von Typhus- und Kolibazillen zu
verhindern. . Gegen Pneumokokken ergibt sich ein ähnliches Verhalten wie
gegen Staphylococcus aurdus. Es wird die Möglichkeit erwogen, durch
Einverleibung des für den Organismus praktisch ungiftigen dehydrochol-
sauren Natriums eine bakterizide Wirkung bei entzündlichen Erkrankungen
der Gallenwege auszuüben.
Die Anwendung ` der Methode der Gewebskulturen zum Studium
des Rleckfiebervirus befürworten Krontowski und Hach (Kiew) in einem
zweiten Bericht von Versuchen über die Absonderung des Fleckfiebervirus
von dem außerhalb des Organismus wachsenden Gewebe. Die Einimpfung
von 3—5 Tage lang wachsenden, aus Milzstückchen fleckfieberkranker Meer-
schweinchen verfertigten Gewebskulturen (Explantaten) ruft bei gesunden
Meerschweinchen Fleckfieber hervor,
1—2 Tage lang in Ringerscher Lösung bei Körpertemperatur aufbewahrt,
als Regel, ihre Virulenz verlieren. Durch Einimpfung von Esplantaten,
die aus der Milz eines fleckfieberkranken Meerschweinchens in einem, Zyto-
toxine gegen Milzzellen enthaltenden Medium verfertigt wurden und kein
Wachstum aufgewiesen hatten, gelingt es, bei Meerschweinchen ein typisches
Fleckfieber hervorzurufen, ``
Zur Frage der Heilung der Pneumokokkenmeningitis teilt Rieder
(Hamburg) einen Fall mit, in dem es gelang, durch mehrfach wiederholte
Lumbalpunktionen allein ohne Anwendung eines Medikaments Heilung
herbeizuführen,
Seine Erfahrungen mit der Kodamasdkien Ausilockungsreaktion an
1500 Sera faßt Griesbach (Hamburg) dahin zusammen,’ daß auf Grund
der Vorzüge der hohen Spezifität und der einfachen Technik mit einmal
eingestellten cholesterinierten Extrakten die Überschichtungsprobe für die
Serodiagnose der Syphilis zur vorläufigen schnellen Orientierung und den
daraus resultierenden Anhaltspunkten für den Weg der Therapie selbst
für den Praktiker als geeignet zu erachten ist, doch muß die Bestätigung
der Wa.R. in jedem Falle nachgeholt werden. H. Dau.
Den verschiedenen Theorien über die Ätiologie der Dupuy-
trenschen Konträaktur setzt Schubert (86) die Ansicht ent-
gegen, daß zwar eine konstitutionelle Grundlage (z. B. Gicht, Dia-
betes, Arthritis deformans) eine Rolle spiele, daß aber ohne die
Annahme einer herabgesetzten örtlichen Widerstandskraft nicht
auszukommen sei. Jedenfalls sei es bemerkenswert, daß die Kon-
traktur. bei jeder Art von Ulnarisschädigung beobachtet werde,
insbesondere bei Ulnarisverletzung, Neuritis, bei zentraler Schädi-
gung infolge von Syringomyelie oder Tabes usw. Einen Beitrag zur
„traumatischen Ernährungsstörung“ des Mondbeins liefert
Saupe (37). Ursachen sind Verletzungen, wie Bruch, Fissur und
Quetschung, an die sich ostitische und malazische Erscheinungen
infolge Ernährungsstörung anschließen. Klinisch finden sich anfangs
neben Schmerzen Schwellung. und Bewegungsbeschränkung; später
entwickelt sich nach Monaten und Jahren ein ziemlich typisches
Bild:. Schmerzen in der Lunatumgegend, Schwellung, Eingeschlafen-
sein der Finger, harte Vorwölbung vor dem Speichenende, Umfangs-
vermehrung und Verkürzung der Handwurzel unter Vergrößerung
des dorso-ventralen Durchmessers, Beschränkung der Streck- und
redend vollkommen vom chronischen traumatischen Ödem
des Handrückens, das sich schon nach leichteren Traumen, Kon-
tusionen, Distorsionen, Überanstrengung usw. entwickelt, oft ohne
Schmerzen verläuft und, wie Cadenbach (88) hervorhebt, durch
wiederholtes Beklopfen der Hand oder durch Abschnüren auch künst-
lich erzeugt werden kann — ein wichtiger Umstand für die Unfall-
begutachtung, gibt es doch immer wieder Simulanten, die durch
Belbstbeschädigung in dieser Weise Rente zu erhalten versuchen.
Literatur: I. Arztl Sachv.-Ztg. 1924, 5. — 2. Ebenda 1923, 17 u. 18. — 3. Zschr.
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Med. 1923, 3 u. 4. — 10. Ebenda 1924, 2. — 11. D.m.W. 1921, 51 (Vereinsbericht), — 12. D.
Zschr. f. d. ges. gerichtl. Med. 1923, 6. — 13. Arztl. Sachv.-Ztg. 1924, 7. — 14. Ebenda
1924, 5. — 15. Ebenda 1923, 24. — 16. Kompaß 1923, 16. — 17. Z. f. Bahnärzte 1924, 1. —
18. Ztg, d. Vereins d. Eisenbahnverw. 1924, 10. _2. Kompaß 1924, 1. — 20. Inaug.-Diss.
Greifswald 1923. — 21. Arztl. Sachv.-Ztg. 1924,14 u. 15, — 22. Ebenda 1924, 12.— 23. Zschr.
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journ. of the med. scienc. 1922, Okt. — 29. D.m.W. 1923, 12. — 30. Schweizer med. W.
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1. Gyn. Bd. 116, H. 1. — 34. Mon. f. Unfallh. 1923, 7. — 35. Ebanda 1922, 11 u. 12. — 36. D.
Zschr. f. klin, Chir. Bd. 177, H. 5 u. 6. — 37. Bruns Beitr, z, a Ba. 128, H. 1. — 38. D.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 32.
Über die Schutzwirkung der Antisyphilitika (Arsenderivate, Queck-
silber und Wismut) gegenüber der experimentellen Syphilisinfektion be-
richtet W. Kolle (Frankfurt a.M.). Es ist viel schwerer, ein Urteil über
den Grad der Schutzwirkung eines Antisyphilitikums abzugeben, als es
in seinem Heilwert zu bestimmen.
Die Argentumreaktion von Lauge und Heuer: bespricht Franz
Krömeke (Bonn). Sie wird praktisch bedeutend brauchbarer, wenn man
als Lichtquelle eine Quarzlampe benutzt und in 25 cm Abstand 15 Minuten
bestrahlt, (Die endgültige Ablesung erfolgt dann nach 45 Minuten.) Sie
kann ebenso wie die übrigen Salzfällungsmethoden zur Bestimmung der
Aktivität eines mit Gewebszerfall oder Toxinbildung einhergehenden
Prozesses angestellt werden. Als Ersatz für die Wa.R. ist sie nicht geeignet.
Auf die Beziehungen der Thrombozyten zur inneren Sekretion weist
‘Norbert Henning (Berlin) hin. Während der Menstruation besteht eine
physiologische Thrombopenie, eine allgemeine Blutungsbereitschaft, eine
latente hämorrhagische Diathese, die bei dem Zustandekommen der men-
struellen Blutung eine Rolle spielt. Das Blutbild ist von der Tätigkeit
der weiblichen Sexualorgane funktionell abhängig.
Organe stehen vermutlich unter dem Einfluß der von anderen Organen ab-
gegebenen Hormone; sicher ist eigentlich nur die an der Milz auf
' das Knochenmark.)
Die Röntgenbestrahlung des Blutes in vitro bewirkt nach Cäcilie
Jaller (Zürich) keine Veränderung der Senkungsgeschwindigkelt der
roten Blutkörperchen gegenüber dem unbestrahlten Normalblut — bei
Bestimmung der Reaktion der Senkungsgeschwindigkeit direkt nach der
Entnahme und bei Bestrahlung direkt nach beginnender Senkung.
Einen Beitrag zur Entstehung der Leberatrophie liefert Adolf
Mühling (Worms). Sie kann während oder im Gefolge der Salvarsan-
behandlung eintreten bei vorhandener Krankheitsbereitschaft, die
durch die Syphilis herbeigeführt worden ist.
Untersuchungen über Bakterien und Fermente des menschlichen
Dünndarms hat L. Bogendörfer (Würzburg) angestellt. Die Feststellung
abnormer Keimbesiedlung des Dünndarms darf als pathologische Erscheinung
betrachtet werden. Die Vorgänge im Dünndarm sind bedeutungsvoll z. B.
bei der perniziösen Anämie. F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 31.
Zur Anatomie der Splanchnikusgefäße beim Hochdruck äußert sich
Ad. M. Brogsitter (München). Bei Individuen mit Hypertension sind die
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 36.
Über den Einfluß der Leber und der Lunge auf den Wasserhaushalt
haben Pollitzer, Stolz und Brill (Wien) Untersuchungen vorgenommen,
deren Resultate sie in einer zweiten vorläufigen Mitteilung bekanntgeben.
Danach gibt es Komplementärzustände zu den von Pollitzer und Stolz
beschriebenen Erscheinungen der Lebergefäßerregung (Ikterus) und der
Lungengefäßerregung (Tuberculosis latens), bei denen der Organismus sich
durch einen abnormen Tiefstand des Residualwassers auszeichnet. Es gibt
ferner komplementäre Substanzen, die entgegengesetzt dem Novasurol durch
Erregung der Pickschen Sperren bei diesen Fällen einen ebenso jähen
Gewichtsanstieg bewirken, wie es andererseits der Gewichtsabfall war. Die
Wirkung dieser Substanzen ist als eine Förderungswirkung auf die sphinkter-
artigen Systeme des Portalkreislaufes und der Lungenarterien anzusehen.
| Kalziumwirkung und Blutzucker hat Baräth (Budapest) geprüft
und gefunden, daß intravenöse Injektionen von 10°/oiger CaCls-Lösung in
Dosen von 5 und 10 ccm in den meisten Fällen eine leichte, schnell ab-
klingende Erhöhung des Blutzuckerspiegels zur Folge haben. Die Erhöhung
ist. manchmal stärker ausgeprägt, gewöhnlich aber sehr geringfügig.
- » Die Kalium- und Kalziumwirkung auf die Harnazidität haben Benatt.
und Händel (Berlin) untersucht und dabei fostgestellt, daß die Appli-
kation von Kalziumchlorid sowohl beim Menschen wie beim Frosch eine
Säuerung der Ausscheidungen zur Folge hat. Ein entgegengesetzter Aus-
fall wurde bei keinem der ausgeführten Versuche beobachtet. Nach In-
jektionen von KCl oder NaCl konnte eine entsprechende Konstanz in dem
Ausfall der Resultate nicht festgestellt werden.
Vergleichende Untersuchungen über die bakterizide Kraft ver-
schiedener Gallensäuren haben Kauftheil und Neubauer (Wien) vor-
genommen. Es hat sich gezeigt, daß desoxycholsaures, cholsaures, dehydro-
desoxycholsaures und dehydrocholsaures Natrium in relativ geringer Kon- '
während ebensolche Milzstückchen, -
(Die blutbildenden
Nierengefäße gewöhnlich schwerer alteriert als die übrigen Organarterien.
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Zwischen den beiden Möglichkeiten, multiplen Myelomen oder malignem
legen, soll vielmehr selbst weit entfernte Körperteile in die Röntgen-
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98: September. Sw 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39. 1373 i ee
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So können .in der Niere bis zu völliger Obliteration führende. schwerste Arsenbehandlung blieb ohne den ‚geringsten Einfluß.. Nach otwa s SA an
Arteriolenveränderungen vorliegen und dabei die Mesenterialgefäße monatiger Krankheitsdauer (2 Jahre soit dem Auftreten der ws e F k
. ` entsprechender Größe nahezu intakt sein. -Zwischen der Höhe und Dauer .| schwerden) trat der-Tod ein. Die Sektion bestätigte die Diagnose Wet "a HEt,
des Hochdrùcks einerseits und den Wandveränderungen der'Mesenterial- ur en en a a dai E TANE
arterien andererseits besteht gar kein Abhängigkeitsverhältnis. Die physio- |`. ` Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 33 m: 34. . , En
. logischen Alterserscheinungen machen sich an den Mesenterialarterien zu Nr. 83.. Die Kiellandzange ist nach: H, Peters (Wien) keine Achsen- Bullen
' ganz verschiedenen Zeitepochen. geltend und fehlen zuweilen ` trotz der | zugzange. Die Bockenkrümmung hat nur für die Einführung der Löffel eine Fe li
enormen Mehrbelastung selbst im hohen Alter. 20, | Bedeutung, aber. nicht für das Herunterziehen des Schädels.. Ein Nachteil FREE: RE
Zur Behandlung nichtfixierter skoliotischer Einstellungen der | ger Kiellandzange liegt in der zu göringen Kopfkrümmung der Löffel. Die j n En
Wirbelsäule empfiehlt Hans Spitzy (Wien) einen Ausweichapparat, | yon Breus. angegebene Zange wird für den hochstehenden Kopf empfohlen. ee
der es ermöglicht, die noch nicht versteifte, durch Muskelkraf t aus? Sie hat den Vorteil, durch die lockere Fügung der Gelenke am Ansatz der TRS l; hi
gleichbare Deformität durch eine entsprechende Ausweich- oder Abwehr- Zugstange ‚und 'das offene Schloß dem Schädel ein hohes Maß von Eigen- le,
“bewegung aufzuheben. FE en; ~ > | bewegungsmögliehkeiten zu belassen. | BE ET 4 u IHA
Klinisch latente intrathorakale Neubildungen können nach Thomas |. .: Die Kiellandzange wirkt nach H. Heidler (Wien) als Achsenzug- yil =
-Scholz (New York) zu intensiven, klinisch sich stark äußernden Wirbel- | zange, Der Beweis wurde dadurch - geführt, daß bei 3 Kiellandzangen- Eee
metastasen Anlaß geben. Zur möglichst frühzeitigen Diagnostizierung. des | operationen eine seitliche Beckenaufnahme mit Röntgenstrahlen Mr ; BA
A latenten Primärherdes sind wiederholte ' klinische .Gesam tuntersuchungen ausgeführt wurde, wobei das Verbältnis der Zangen zur hinteren. Becken- W ns
sowie frühzeitige Röntgenuntersuchungen erforderlich. Man soll sich aber | wand besonders beachtet wurde. Aus den Aufnahmen geht hervor, daß ' Fer A
- nicht auf den klinisch für die Symptome veranwortlichen Körperteil fest- | der Damm das Senken der Griffe bis zur Auswirkung eines, Achsenzuges | ie
nicht verhindert, Es ist damit bewiesen, daß es auch mit einer Zange | mic)
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untersuchung einbeziehen. ` obne eigenen Zugapparat möglich ist, in der Beckeneingangsachse zu ziehen. | er. wa 3
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anapbylaktischen Erscheinungen reagiert. Die trächtigen Tiere gingen
unter schweren Streckkrämpfen zugrunde. In dem schwangeren Orga-
: nismus sind in erhöhtem Maße Antikörper gegen das väterliche
und fötale Keimdrüseneiweiß ‚vorhanden. Man- wird also bei der.
Frage, Junge oder Mädchen, auch die Unterscheidung der Produkte. von
väterlichem und fötalem Hoden in Betracht zieben müssen. | |
Portiokarzinom und, Extrauteringravidität hat H. Hirschberg
‚rations- und Verdauungstraktes und wird von dort aus auf benachbarte :
Schleimhäute verschlöppt, wie z. B. auf die Konjunktiva und die Genital- `
schleimhaut. . Bei Virusträgern kann es längere Zeit in latentem Zustande ;
bleiben und wird dann durch irgendeine Schädlichkeit, wozu Erkältungs- `
katarrhe zu rechnen sind, zur klinischen Erscheinung gebracht. Die In- .
fektion des äußeren Auges ist ektogen (vom Bindehautsack aus). ' Die In- .
Das Herpesvirus findet sich nach P. Bastai und. A. Busacca | Die Kiellandzange hat den Vorteil, daß die Beokenkrümmung fehlt, ' Fe ai
(Turin) bei äußeren Herpeserscheinungen im Liguor und Blut, bei | welche gerade für den Beokeneingang gänzlich unbrauchbar ist. Außerdem : er EICH,
rezidivierendem Herpes daselbst auch in den Zwischenperioden. | hat sie den Vorteil, daß sie den Kopf biparietal faßt.. eh E E R de
Das Herpesvirus kann sich in latentem Zustand auch bei Individuen - Bemerkungen zu der Arbeit Lüttges (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 21, ? ll
finden, die seit langer Zeit keine wahrnehmbaren Herpeserscheinungen `| S. 1139) macht L. Deak, indem er ausführt, daß durch den Nachweis von A. NIE
hatten: hier kommt es durch Aufflackern der latenten Krankheit zum Herpes. | Hodeninkret in mütterlichem Blute.die Frage, Junge oder Mädchen, nicht En THR ie
g Über das Herpesvirus berichtet Wilhelm Grüter (Bonn). Das mit Sicherheit zu beantworten ist. ‚Bei Versuchen an Kaninchen haben: der a jahe
Virus findet sich meist primär auf den Schleimhäuten besonders des Respi-. | sämtliche Versuchstiere auf die Einspritzung. von Hodenextrakt mit schweren g: Bii tE
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fektion des inneren Auges, z. B. Neuritis optica, Iritis bei Herpes zoster Er sa Koss: J AA Le I
-ist endogen. Die Erkrankungen der Haut: sind, ektogener (z. B. Impetigo (Leipzig) boi einer 32jährigen ‚Frau beobachtet. Die Portio war durch : [r ;
contagiosa, wenn sie:durch Kratzen über die Haut verbreitet wird) oder | eine auf die hintere Muttermundslippe beschränkte Karzinomentwicklung Bu
endogener Natur. Die endogene Verbreitung des Virus geschieht auf dem | zerklüftet. Daneben fand sich ein: kindslaustgroßer linksseitiger Adnex- o] f rl]
Bluilymphwege oder per continuitatem innerhalb des Nervengewebes. Das | tumor, der sich als eine Tubenschwangerschaft jüngeren Datums erwies. a 9 a
Herpesvirus ist ein sehr verbreitetes Krankheitsgift mit besonderer Affinität Uber den Einfluß der Röntgenbestrahlung . auf, den Blutdruck bọ- Ber
zu den ektodermalen Gebilden: Nerven und Haut. richtet C. Schroeder (Leipzig), daß sich in den meisten Fällen nach Be- no
strahlung von Krebs, Eierstöcken und Milz der Blutdruck beträchtlich
senkt. Die Herabsetzung dauert tagelang. . Die Blutdrucksenkung
durch Röntgenbestrahlung ist eine fast gesetzmäßige Erscheinung,
‚welche mit der Erweiterung der Kapillaren in Beziehung steht. . ... ,„
` Uber Sectio caesarea bei narbigem Verschluß des Orificium externam. -
uteri berichtet R. Gudzeit (Neidenburg), daß an der verstrichenen Portio
keine Öffnung festzustellen war. Wegen der Gefahr eines Gebärmutter-
‚Tisses wurde durch Kaiserschnitt entbunden. Während der Nachwehen öffnete `
| sich von selbst der’ Zervixkanal. Als Ursache der Vernarbung wird ein‘
altes Ulcus vermutet, . | Ä en
i Der künstliche Abort und die dabei zu beobachtenden Erscheinungen |
werden von Weißenberg (Ukraine) besprochen, auf- Grund der reichlichen
Erfahrungen infolge des russischen Gesetzes über Freigabe der künstlichen
Fruchtabtreibung. Aus sozialen Gründen ist die künstliche Fruchtabtreibung.
im Krankenhaus innerhalb der ersten 3 Monate, gesetzlich gestattet.. Sie `
wird ohne Narkose ‚ausgeführt, zunächst Erweiterung .mit Hegarstiften, da-
nach Kurettage und im dritten Monat auch Gebrauch der Zängs. + a
Schluß Auswischen mit Jodtinktur; das Ausräumen mit dém, Fihğer gilt-
. Bei der Influenzameningitis findet sich nach Rudolf Leuchten-
berger (Hamburg) eine :vorwiegend über dem Stirnhirn und an der’ Hirn- .
‚basis lokalisierte stark eitrige Hirnhautentzündung, bei der die Arachnoidea
vielfach einreißt: und’ sich die ‚Eitermassen breit in den Subduralraum er-
‚gießen. Die Hirnsubstanz wird nicht betroffen. Bei der bakteriologischen
Untersuchung läßt sich der Pfeiffersche Bazillus meist leicht nachweisen.
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':- -> Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr. 35 u. 36
. Nr.35. Kürten und Happen (Halle) untersuchten in einem Falle von,
Typhusbazillenträger, ob die von Haas angegebene Methode, Harninfektionen.
durch Kombination von ‚Harnantisepticis mit starker Konzentrierung des’
Harns zu behandeln, Erfolg hatte. Durch 2mal täglich verabreichte
‚Schwitzbäder wurde eine Konzentration des Harns zu einem durchschnitt-
‚ lichen spezifischen Gewicht von 1021,6 erzielt, gleichzeitig täglich 4mal
1,0 Aspirin und’ 3mal 1,0. Urotropin verabreicht. Trotzdem blieb -der,
bakteriologische Befund wechselnd, dauerndes- Verschwinden .der Typhus-
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bazillen ‚Konnte nicht festgestellt ren. . 0.0 ‚ | als fehlerhaft. g ne Bed ; ai
y, Nr.36- Berta Aschner (Wien) teilt einen Fall von maltiflem | Nr, 34. Über‘ Teratome (Dermoidkystome) mit Extremitäten im SiH
‘Myelom mit, der eine 46jährige Frau betraf und sich. durch allgemeine | Ovarium berichtet R. Meyer (Berlin). Den mitgeteilten 4 Fällen ist ge-. HER
meinsam das freie Vorragen der. unteren ‚Körperregionen mit Extremitäten
in das Kystom und die .Anheftung der Kopfregion als Basis; Diese :Unter-
'schiede in der Entwicklung von den gewöhnlichen Dermoidkystomen,. -bei
. denen der behaarte Kopfteil frei in die Höhle ragt, sind. zu: suchen in..der
Drucksohmerzhaftigkeit der Knochen und das Blutbild‘. manifestierte, -das
‚nem: uncharakteristischen Reizzustand des Knochenmarks entsprach. Um
: Neoplasma . mit Knochenmetastasen, zu unterscheiden, wurde der Harn
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‚umaligen Fehlen von Benċe-Jones die Diagnose multipler Myelome aus- .
Epithelien durch die Eileiter hindurch in die-Bauchhöhle, Die
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‚auf den Bence-Jonesschen Eiweißkörper' untersucht. Die Probe fiel negativ. | Verwachsung verschiedener Körperteile des Teratoms mit dem Ovarialgewebe. f
aus, Erst 3 Wochen später gelang es, festzustellen, daß die im Harn: | Das Krankheitsbild der heterotopen endometriumähnlichen ‚Bpithel- A
von Anfang an reichlich vorhandene Eiweißmenge fast ausschließlich ‚aus | wucherungen nach der Theorie von Sampson und Lauchg ‚- besprioht | j; : 9
l Bence-J onesschem Eiweißkörper bestand. Es wird daber davor gewarnt, | E. Vogt (Tübingen). Die Theorie führt die Entstehung ‚der. Oyarial- IR OPER |
auf Grund: einer negativen Kochprobe Bence-Jones und ebenso 'aus dem | hämatome ‚zurück auf Schleimhautinseln, welche vom Endometrium l: N
i ıF p des Uterus stammen. Durch Stauung des Menstrualblutes gelangen „die el
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„ZUschließen, In diesem Falle wurden atypischerweise keine sichtbaren. ee Se A ia a a E ln. T
Auftrgibungen an den langen Röhrenknochen, keine röntgenologisch nach- Voraussetzung ist eine Erschlaffung der ne ae Gier angeborenen | ul
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Veisbaren Rnochenveränderungen und keine. Spontanfrakturen beobachtet; . Minderwertigkeit. D e . mplaotato Rivzon H OR aan ” hi T iach
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der Eierstöoke. Sie reagieren äuf die Menstruation genau so wie die
Schleimhäute der Gebärmutter selbst, Die Erkrankung befällt häufig
sterile Frauen.
Über Adenomyome bemerkt B. Linden auf Grund einer Zusammen-
‚stellung von Fällen der Heidelberger Frauenklinik, daß 2 Arten von Krank-
heitsbildern klinisch und genetisch zu unterscheiden sind: einmal handelt
es sich um echte Schokoladezysten beider Eierstöcke mit Epithelwucherungen
vom Bau der Schleimhaut der Gebärmutter. Bei dem zweiten Bilde
handelt es sich um ein Adenomyom, bei dem sich die Drüsenschläuche
: von dem Endometrium aus in die Tiefe senkten. Bei diesem zweiten Bilde
fehlen die bei dem ersten häufigen und reichlichen Verwachsungen.
| Zur Pathogenese der durch die Gestation hervorgerufenen perni-
ziösen Anämie erklärt R. Benda (Prag), daß der Mangel an Cholesterin
und das Ausbleiben der physiologischen Vermehrung des Cholesterins in
der Schwangerschaft von Bedeutung ist. Dadurch können die dem Ei ent-
stammenden blutauflösenden Gifte ungehemmt ihre Wirkung entfalten.
Über meningeale Reizerscheinungen nach Lumbalanästhesie be-
richtet E. Bamb erger (Mannheim). Nach Verwendung der 5°/,igen Novo- |
‚kainlösung, welche die Höchster Farbwerke in Ampullen gebrauchsfertig in
den Handel bringen, trat Temperaturanstieg, Pulsverlangsamung und Kopf-
schmerzen ein, in einzelnen Fällen auch Nackensteifigkeit und das Bild
der Gehirnhautentzündung. Die Untersuchung des Höchster Präparates
ergab eine stark saure Reaktion. Infolgedessen wurde an Stelle dieses
Präparates eine in der Apotheke frisch hergestellte 5°/oige Novokainlösung _
verwendet, welcher bei der Einspritzung 5 Tropfen Adrenalin zugesetzt
wurden. Bei Verwendung dieser Lösung traten keine Störungen mehr auf.
| Für geburishililiche Beckenmessung und Größenbestimmung der
Frucht schlägt B. Archangelsky (Moskau) die Anwendung der Röntgen-
stereometrie vor; für welche er einen eigenen Apparat gebaut hat. K. Bg.
Monatsschrift für - Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie,
58. Je, H. 6.
G. Nobl: infiltrative und granulomatöse Muschelgeschwälste
seltener Art. 1. Pat. hatte weiche, braunrote, durchscheinende, schwammig
aufgetriebene Knoten beider Ohrläppchen. Der Prozeß dauerte schon .
2 Jahre. Die regionären Drüsen normal, die Lymphknäuel der Leisten .
nußgroß, derb. Das anatomische Substrat der Ohrherde bestand aus ein-
förmiger lymphozytärer Zellansammlung in dem auseinander gedrängten
kutanen und tieferen Kollagenlager. Blutbild: Lymphatische Pseudoleuk-
ämie. — 2. Symmetrische Tuberkulide der Ohrmuscheln unbekannter
Art bestanden bei 18 Jährigem seit 2 Jahren. Verf. vermutet, daß Röntgen- '
bestrahlungen wegen Halslymphomen die Ohrmuscheln geweblich beeinflußt
hatten und dies für die Lokalisation der Ohrgranulome von mitentschei- '
dender Bedeutung war. — 3. Um einen Lupus pernio der Ohrmuschel .
handelte es sich bei einer 32 Jährigen. Das Übel bestand seit einem Jahr,
wär als Ekzem behandelt worden, jede Therapie war ergebnislos geblieben.
B. Freystadl: Habituelle Trachealblutungen. Trachealblutungen .
werden oft mit Lungenblutungen verwechselt. Ursache der ersteren sind
umschriebene katarrhalische Veränderungen der Schleimhaut, wodurch Er-
_ weiterung und Zerreißlichkeit der Gefäße herbeigeführt wird. Ob Tracheal-
blutung bei Tuberkulösen häufiger vorkommt als bei Personen mit gesunden
Atmungsorganen ist nicht entschieden. Die Neigung zu. Trachealblutung
besteht Jahre hindurch. Prognose günstig. Therapie: Atzung nach Ein-.
‘ stellung des Tracheoskops.
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Kehlkopftuberkulose. Völlige Heilung ist nur in sölchen Fällen zu er-
‚warten, in denen alle Bedingungen der kurativen Tracheotomie erfüllt sind,
und zwar auf das Innere und auf die Oberfläche des Kehlkopfs lokalisierte
tuberkulöse Prozesse, nicht ausgebreiteter, nicht akuter Lungenzustand. In
sehr vorgeschrittenen Fällen ist nur palliative Wirkung zu erwarten. Bei
jedem mit Stenose einhergehenden Fall von Kehlkopftuberkulose ist Tracheo-
tomie zu empfehlen.
0. Mauthner: Über das Verhalten der Gleichgewichtsnerven und
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keit des Vestibularis für den experimentellen Reiz zu erheben. Schon aus der
Betrachtung der Neurosen ergibt sich, daß der Spontannystagmus treffender
Innenreiznystagmus oder Inkompensationsnystagmus genannt werde.
A. CGzemach: Zur Kenntnis der otogenen endokraniellen Kom-
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sie des Körpergleichgewichts bei den Neurosen. Bei den Neurosen kommen’
Fa nicht nur Störungen des Körpergleichgewichtes beim Stehen und Gehen,
ya ee sondern auch Anomalicn der Körperhaltung vor. Bei einer Gruppe von
e Neurosen ist als objektives Symptom auch eine pathologische Übererregbar-
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Gefäße hatte Mukosaotitis und Kieferhöhlenempyem. Bei Punktion der
Kieferhöhle Zähneknirschen, weite Pupillen, Herabgleiten vom Stuhl, Puls
kaum zu tasten. Erbrechen, Durchfall. Die nächsten Tage Blindheit, An-
Stamberger: Über die kurative Wirkung der Tracheotomie bei
plikationen, Patient im vorgeschrittenen Alter. mit Atheromatose der.
1374 u BL KLINIK — Nr. 39. ° 28. September
fälle von Jacksonscher Epilepsie. Antrotomie deckte großen perisinuösen
und extraduralen Abszeß auf. Nicht, wie angenommen werden mußte, die
Kieferhöhlenpunktion, sondern der Hirnabszeß war Ursache der Anfälle.
G.-Bondy: Die Gefahren der Stapesluxation bei bestehender
Mittelohreiterung. Unmittelbare Folge der Stapesluxation sind labyrinthäre
Symptome, herbeigeführt durch die Eröffnung des perilymphatischen Raumes
bzw. den Abfluß der Perilymphe, der zu Veränderungen der Druckverhält-
nisse im endolymphatischen Apparat und damit zu einer plötzlich ein-
setzenden Schädigung seiner Funktion führen muß. War die Verletzung
gering, so kann es zu einer teilweisen Wiederherstellung - 'des Druckes in
den perilymphatischen Räumen kommen. Bei völliger Stapesluxation wäre
die Remission nicht zu erwarten, da der Druck dauernd tief bleibt. Man
wird meist zu spät kommen, wenn man mit der Operation bis zum Er-
löschen der Labprinthfunktion ‚wartet. o Be Haenlein.
Therapeutische Notizen.
Innere Medizin,
~-
Bei einem {ugendlichen Diabetiker mit Kocian diabetischen
Ödemen bewährte sich Novasurol hervorragend (während Digitalis, - Stro-
phanthin, Diuretin versagten). Es wurde zunächst an 5 aufeinander-
folgenden Tagen zu je 1,0 cem teils intravenös, teils intramuskulär gegeben .
und diese Dosis auch später i im Bedarfsfalle gereicht. Es handelte sich um
eine schwere Schädigung des Herzmuskels und Gofäßsystems durch die
diabetische Stoffwechselstörung. (Eine Nierenschädigung -lag nicht vor.)
Novasurol dürfte seinen Angriffspunkt extrarenal, und zwar in den Geweben
haben. Das Mittel ist bei der Insulinbehandlung wichtig, da Insulin das
| Auftreten der Ödeme zu begünstigen pflegt. Auf die Zuckerausschei-
dung wirkte Novasurol herabsetzend. Es vermag auch anscheinend die
Kohlenhydrattoleranz zu steigern. Auch eine plötzlich auftretende
‚starke Azidose war nach 1,0 Novasurol intramuskulär bereits am folgenden
Tage völlig geschwunden. (D.m.W. 1924, Nr. 31.) F. Bruck.
Brooks: Herz und Zirkulation sind bei Pneumonie das Wichtigste,
deshalb zu schützen und jede Bewegung aufs strikteste zu meiden. Also
keine unnötige Untersuchung; aber bei viszeraler Zyanose Sorge, daß zur
Entzündung nicht noch eine orthostatische Kongestion - der abhängigen
Lungenpartien kommt. Deshalb genügend häufig Veränderungen der Lage
im Bett. Aus diesen Gründen ist er auch gegen Hydrotherapie, - Sina-
pismen und Schröpfen. (New York state j. 1924, 24.)
Bei Perikarditis mit Exsudat empfiehlt Oppenheimer ein künst-
liches Pneumoperikard als gefahrlos und ohne Unannehmlichkeiten: die
Luftinjektion gibt größere Erleichterung als. die Aspiration allein, ver-
hindert die Neubildung des Exsudats und Adhäsionen, erleichtert die
Röntgenaufnahmen. (J. a. m.a. 1924, 21.) v. Schnizer.
Die Anlegung eines künstlichen Pneumothorax empfiehlt J. Neu-
mayer (Kaiserslautern), wenn die konservative Behandlung keinen Erfolg
‚mehr verspricht, um noch möglichst der Bildung von Adhäsionen zuvor-
zukommen. Die Prognose des mit Pneumothorax behandelten Falles richtet
sich in erster Linie nach dem Gelingen der erwünschten Kompression.
Doppelseitige Lungenleiden, Kehlkopfleiden und Schwangerschaft sind keine
Kontraindikationen. Der Ersatz eines serösen Pleuraexsudates durch einen
Pneumotborax ermöglicht die Weiterbehandlung einer durch das Exsudat
ev. verdeckten Lungenerkrankung und soll die Synechie der Pleurablätter
verhindern. Diese Therapie sucht durch Ruhigstellung der kranken Lunge
und durch die hierdurch erzielte bessere Blut- und Lymphversorgung der
‘etwa ergriffenen‘. anderen Lunge schneller und sicherer ein Abklingen der
Intoxikation zu erreichen. (D.m.W. 1924, Nr. 30.) F. Bruck.
in Frankreich hergestellten Pflanzenextrakt, versuchte E. Ladeck -(Hörgas)
Verf. das Mittel ablehnt. (W.kl.W. 1924. Nr. 30.) : Muncke.
Das „Doctojonan“ (Kaliumarsenit-Manganjodat) empfiehlt Th.'Land-
graf (Hannover) bei Lungentuberkulose. Es kommt in Ampullen zu 10
und 20 com in den Handel und wird intraglutäal injiziert, und zwar
2mal wöchentlich in steigenden Einzeldosen von 5 bzw. 10 auf 20 com.
Nur, wenn Fieber danach auftritt, muß die Anwendungsweise des Mittels
Körperzelle keine Reaktion ein, es berührt den allergischen Zustand des
tuberkulös infizierten Körpers nicht. Es stellt lediglich ein Reizmittel dar,
das zur Hebung des Allgemeinzustandes, zur Kräftigung des Körpers bei-
trägt und die Abwehrkräfte zur Bildung erhöhter Heilungsvorgänge anregt.
Das Mittel empfiehlt sich gerade bei schwerer Lungentuberkulose, wo wegen
zu großer Ausgehnung der Erkrankung, wegen Bienen Fiebertemporaturen
Z. 47-2) ee a en > Au u ne Eb ~ 252 Fr. =
Die Behandlung. der Lungentuberkulose mit „Angiolymphe*, einem |
In allen behandelten Fällen fehlte irgendwelche günstige Wirkung, so dab.
entsprechend abgeändert werden. Das Doctojonan geht mit der allergischen
DEF E 9 E F una A
eigenen. Methodik, nicht bloß der- kosmetischen, sondern auch eines recht
"seine vertiefte allgemeine pathologische Auffassung der Krankheitsvorgänge -
vor uns sehen. Der Untertitel,- den Kromayer diesen Ausführungen über
| physikalischen Heilmethoden . und der narbenlosen Operationsweisen“ und
„auch bei der medikamentösen - Behandlung auffallend energische Methoden
ut werden hier empfohlen, und man ersieht aus der ganzen Darstellung, daß
` da in ‚des. Verfassers Hand erfolgreiche Maßnahmen sein müssen, denn `
zurück,. wenn sie ihm nicht den gewünschten Erfolg ergeben. haben. Mildes
Vorgehen erwähnt -er ‚kaum irgendwo, wie er auch von Einschränkungen
` „spricht, ebensowenig. wie ‚von der Möglichkeit, recht viele kosmetische
een. voll und streng indiyiduell gehalten, so haben wir es bei der
zten
schtigen, Weiterentwicklung alter und wenig eingreifender Empfehlungen
dür die ärztliche Behandlung von Hautschönheitsfehlern zu tun. Vor allem, |
‚Auflagen des - ‚Buches, ‚bereitet dio Lektüre der Einleitung, mit miese age
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2 September 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — N-89.
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and: wo bei vorhanden Komplikationen, beginnender oder nicht allzu aus-
. „gedehnter Kehlkopftuberkulose eine spezifische Behandlungsmothode nicht”
‚geeignet ist.. (M.m.W. 1924, Nr. 30.)
` Blektroferrol ist en: Maria Schaefer (Würzburg) ein sehr Brand |
_ bares Mittel -zur Blutbildung. Neben einer spezifischen Wirkung, in |
-erster Linie auf. das Hämoglobin, besteht eine weitere auf den Gesamt-
' organismus, wie bei: der parenteralen Einverleibung anderer körperfremder
- Stoffe, Kein’ Erfolg’ ist bei kachektischen Zuständen zu: erwarten. Die
_ beste Art der Einverleibung ist. die intravenöse mit 1 cem; nur wenn diese
E unmöglich ist, soll die intramuskuläre unter Verwendung von etwas Novokain
p börangezogen. werden. (D. m. W. 1924, Nr. 31.) F, Bruck..
‘über die. Schönheit des ' Körpers und über die normalen Verhältnisse der
Haut.
2
und ältesten „Beispiele, A u ‚ Pinkus.
bigen Abbildungen und 80 Seiten Text. Berlin 1924, Julius Springer.
Der schon nach wenigen Monaten vergriffene Atlas der Autoren er-
scheint jetzt in 2. Auflage.. 14 neue Abbildungen, darunter ‚einige Fälle.
+
Allgemeine Therapie.
pigmentosum, Sklerodermie, Purpura sind hinzugekommen. . Einzelne der
"Leclere empfiehlt das Catechu als ein heute viel zu wenig an-
‚Moulagen sind vorzüglich. Nicht befriedigen Moulagen immer wieder dort,
gewandtes Adstringens. Wenig reizend ist es überall angezeigt, wo Tannin
. in Frage komit., -Also bei den Diarrhöen der Tuberkulösen in der subakuten.
Periode‘ der Nophritis. als Pulver (1—6 g); als Tinktur (5—20 g) oder als
Infus: (8: 1000). Ferner Pinselungen mit der Tinktur. bei Schrunden der
Brust, . Zu Injektionen bei. Gonorrhoe. 12: 160. Ferner gegen Gingivitis,
‘.Pyorrhoe, Stomatitis aphthosa: Tinct. Catechu 40,0; Tinct. Mastix 9,0;
Tinct. Cardamom: 10,0; alkoholischer Cochleariaauszug 45, 0; Rosenöl gtt. U.
` Ify Kaffeelöffel - auf ein Glas gekochten Wassers. Gegen die granulösen
` Pharyngitiden: Extract. Catechu, Glycerin, 90%,iger Alkohol, Aqu. ana 20,0.
1 Kaffeelöffel: auf ein Glas Brombeer- und Odermennigdekokt z zum Gurgeln.
(Pr. med. 1924, 55.) |
-Duroux ‚und Aguettant empfehlen bei ulzerierten inoperablen
Krebsen- eine Bleiazetätsalbe: Plumbum aceticum 4,0; Bismut, subnitr. 4,0;
-Vaselin 70,0; Lanolin-80,0. , Diese Salbe beruhigt die- Schmerzen, erleichtert
ae Verbände und hält manchmal auch den Zerfall auf. (Pr. med. 1924, 60.)
en; Schnizer.
Aber sie geben sonst ausgezeichnete Bilder der einzelnen Haut- ` und
Atlasses einen karzen Überblick über das ganze Gebiet bekommt. : Auch
die. 2. Auflage wird ihren Weg machen: Rietschel (Würzburg).
B, Lipschütz, Ulcus. vulvae acutum. 78 s. m. 23 Abb, Leipzig 1923;
Leopold Voß. M. 4,—. | 22
rung der äußeren weiblichen Genitalien, auf die er in früheren Jahren. schon
' heitlichen bakteriologischen Befund als eine gutisolierbare Art unter den
nichtvenerischen weiblichen Genitalgeschwüren. abgrenzen läßt. Das
04
.
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| Bishrbsreungen |
recht seltenen Erkrankung sind bei Virgines, | sogar bei Kindern gefunden
worden;. auch bei den nichtvirginellen Erkrankten läßt sich Geschlechts- .
verkehr als Ursache vielfach sicher ‚ausschließen. In der Ehe wurde der
Mann frei davon gefunden, wie überhaupt die Affektion beim Mannes sehr
selten zu sein scheint, wenn sie überhaupt schon sicher, bei ihm gesehen .
worden ist. Es handelt sich bei diesen dem Ulcus molle und,
‚schwereren, akuten, vielfach fieberhaft verlaufenden Fällen, . dem Ulcus
phagedaenicum nicht unähnlichen Affektionen um scharfumschriebene Ge-
'schwüre, in deren Sekret das von Lipschütz als Bacillus crassus
_ bezeichnete grobe Stäbchen -mit eckig abgesetzten Enden sich regelmäßig
Kromayer, Die Behandlung der tmenin Hautleiden. 123 S.
| mit T Abb. Leipzig 1923, Georg Thieme. M. 2,70. l
Kromayer. bietet in diesem Werk eine in leroda Übersicht seiner
großen Teils seiner gesamten praktischen. dermatologischen Therapie.
‘Zwischen “den therapeutischen. ‚Beschreibungen kommt an vielen Stellen
immer wieder zum. Vorschein und bereitet uns die Freude, daß wir hier
das ins knifflichst kleine gehende Buch eines umfassenden großen Geistes | mentell nicht erzeugt werden. Der Bacillus orassus ist nach Lipschütz
' mit dem Scheidenbazillus von Doederlein identisch; 'dieser ubiquitäre
-Keim scheint hier und da pathogen zu werden und dies seltene Ulcus zu
kosmetische Hautleiden gibt, lautet. „unter besonderer Berücksichtigung der
erzeugen; es handelt sich also nicht um eine Infektion von außen, sondern
das ist auch der Hauptinhalt des Buches. Starke Röntgen- und Radium-
behandlung, sehr starke Lichtbehandlung mit den von Kromayer erfundenen
'Quarzlampen,. Behandlung mit seinen rotierenden Stanzmessern und Raspeln,
torien.
seiner Monographie eindringlich aufmerksam.
Auf alle:-diese eigentümlichen Verhältnisse macht‘ Lipschütz in
| i Pinkus.
Julius Schmidt, Jahrbuch der organischen hende x Jahrg. Mit
284 S. Stuttgart 1924, uns enschafolteh> Verlagsgesellschaft. Geh. 15 ‚0,
geb. -18,—.
‚Chemische Forschungsergöbnisse und. Fortschritte aus dem Jahre
1923, wobei physiologisch-chemische Probleme berührt werden (Beziehungen.
zwischen Konstitution und physiologischer Wirkung, Hormone, Vitamine):
Bemerkenswert sind die Forschungen über die Anhaloniumalkalöide und .
über die Konstitution des. Colchicins Gadan. E. Rost (Berlin).
schonungslos weist -er eigene, in ähnlicher Richtung angestellte Versuche
a ‚B.bei der Radiumbehandlung von angeborenen Feuermalen) und Gefahren
(z. B. der malignen Degeneration ` von Pigmentnävi) durch den Eingriff nicht
Wünsche der Kranken durch Ablehnen. der Behandlung zu befriedigen.
Das Buch wird von jedem mit Genuß und mit Erfolg gelesen werden, auch
wenn er nicht auf allen Wegen so weit Li kann wie sein . Verfasser.
= Pinkus.
. Albrecht, Diagnose der beginnenden progressiven Paralyse: Wien-
Leipzig 1923, Moritz Perles. i
, Zur "möglichst ‘guten Behandlung der. Paniis enn man an eine `
solche glaubt). “gehört die frühzeitige Kenntnis der Diagnose. Zu ihr ver-
hilft die kluge, ausführliche Zusammenstellung der Symptomatologie und
der. verschiedenen Formen der Paralyse, wie sie Albrecht hier in bequem
faßlicher Form liefert. ‚Kurt Singer.
1
e Kosmetik. für ter 5. Aufl, 367.8. ` Wien-Leipzig 1923.
Hölder-Pichler-Tempski. A.-G. Geh. M. 12,—, geb. M. 14,—.
Ist Kromayers Kosmetik stark therapeutisch: agg ressiv, moderner
Burwinkel, Die ana pootoris. 30 S. Hallo a. S. 1924, Carl Marhold.
M. 0,75. `
Kurze Darstellung von aan: Brschonangan aa Behandlung
der Angina pectoris, Das Heft bringt nichts Neues, ist aber beachtenswert
Edens.
Auflage der beliebten Kosmetik von Paschkis mit einer vor-
wie in. den in dieser Zeitschrift bereits von mir in früheren J ahren referierten
Togon -der großen persönlichen, Erfahrung des Verfassers.
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r philologischier Vorbildung” die Geschichte ie kosmetischen ir l
‚,schildernd, einen großen Genuß, ebenso wie die ausführliche Abhandlung.. en
Lichtbehandlung, Röntgen, Radium und: operatives ‘Vorgehen wird.
_ hier nur kurz und zum größten Teil ablehnend behandelt, von medikamentösen . `
: Vorschriften aber findet man bekanntlich i in Pas chkis Buch die wichtigsten `.
Finkelstein, ‚Galewsky und Halberstacdter, ter ann id u
Syphilis i im Säuglings- und Kindesalter. 2. Auflage.. Mit 137. far- >
von Lues congenita, ferner Neurodermitis, Lupus erythematodes, Xeroderma ~
wo das Gesicht abgebildet wird. . Hier wirken sie ‚unkünstlerisch und hart, -
Syphiliserkrankungen im Kindesalter. Dər Text dazu ist ausführlich, auch
die Therapie ist im Text eingehend besprochen; so daß der Besitzer des `
Lipschütz beschreibt E eine: 6: geschwäürige Yerinde: E
mehrmals von bakteriologischer, mikroskopischer und klinischer Seite in,
der Fachliteratur: aufmerksam gemacht bat, und die sich durch ihren ein-
‚ist sozial und forensisch wichtig; die meisten Fälle dieser. anscheinend |
in ihren AE
findet. Das Geschwür ist vermutlich durch diesen Bazillus erzeugt, es kann
aber durch .Einimpfung seiner auf.Serumagar erhältlichen Kulturen. experi- `
um- eine Autoinfektion an stets an diesen Körperteilen vorhandenen Bak- ° :
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1376 l 2.19% — MEDIZINIS OHE KLINIK — Nr.89. 0 28. September
ec Kongreß- und Vereins-Berichte. -
Ärztlicher Ferienkurs Davos 1924.
Bericht von Dr. Julian Marcuse, München.
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ist die Tuberkulinkur dann indiziert, wenn man mit der klimatischen nicht
vorwärts kommt.
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Der vom 17. bis 24: August stattgehabte Davoser Ferienkurs wies
eine ungewöhnlich zahlreiche Teilnehmerzahl auf, insgesamt 430, darunter aus
Deutschland allein 261. Der umfassende Stoff, der die gesamte Pathologie,
Klinik und Therapie der Tuberkulose in ihren Beziehungen zum Höhen-
klima zu umgreifen suchte, war methodisch eingeteilt.
erster Stelle ein in die Meteorologie und Klimatologie des Hoch-
gebirges einführendes Referat, das nach einer generellen Darstellung der
Komponenten der meteorologischen Vorgänge an sich die spezifischen Merk-
` male einer medizinischen Klimatologie zu begründen. suchte. Abkühlungs-
größe (Wärme) und Austrocknungsvolumen (Wasser) bilden die Grundlagen
dieser Klimatologie, sio haben von der Körpertemperatur des, Menschen als
"Nullpunkt auszugehen. Das Hochgebirgsklima ist gegenüber dem Wald-
‚und Seeklima ein ausgesprochenes Reizklima, der Reiz liegt in der dem
Verdünnungszustand der Luft proportional herabgesetzten Sauerstoffmenge.
Sie veranlaßt zweckmäßige Regulierungsvorgänge (Vergrößerung der Atem-
frequenz und Atemtiefe), gleichzeitig vermehrt sie die Anzahl der Erythro-
zyten und das Hämoglobin, ja in sehr hoben Höhen ändert sich auch die
_ Bindungsweise des Sauerstoffs.
Diese "physiologischen Ergebnisse, Grad zwar auf Grund seiner
„neueren Untersuchungen zur Physiologie und Pathologie im
Höhenklima“ führte Löwy- näher aus. Die unbestrittene Anregung des
Höhenklimas ist in eine vorübergehende und dauernde zu teilen, erstere
ist stärker ausgeprägt und weitumfassender, letztere wird durch Anpassung
schwächer. Im einzelnen konnte Löwy eine Zunahme von Atem- und
_ Pulsfreguenz sowie‘ auch des Gaswechsels beim Übergang. aus der Ebene
zur Höhe feststellen — sie nehmen alle aber wieder ab —, fernerhin eine
gegenüber den bisherigen strittigen Beobachtungen sichergestellte starke
Blutdruckerhöhung, ebenso wie eine Steigerung des Atmungsvolumens mit
ihren Folgen des Sinkens der alveolaren Spannung. Dagegen konnte die
bisher angenommene Gesetzmäßigkeit dieser letzteren Veränderung nicht
festgestellt werde‘. Gegenüber auch allen im Tiefland vorkommenden
diesbezüglichen Wirkungen ‘macht die Strahlungsenergie ` der ‚Höhensonne
eine Ausnahme, ihre kurzwelligen Strahlen und die in ihnen liegenden
aus. Der Nukleinstoffwechsel wird bei Sonneneinwirkung stärker abgebaut,
` der Gaswechsel ist verändert je nach Lage der krankhaften Veränderungen
beim Tuberkulösen, Hämoglobin und Erythrozyten vermehren sich beim
Übergang und kommen später jeweilig zu einem stationären Zustand; die
Atemgröße nimmt zu. Außer der Tuberkulose werden Diabetes, Gicht,
Brönchialasthma und abgelaufene Pleuritiden durch das Höhenklima
günstig beeinflußt. /
Nach einer Darstellung der Pathologie der Tuberkulose ein-
schließlich ihrer Klassifikation von Biland (Davos) unter Zugrunde-
legung der Themata von Turban, Albrecht und Ranke gab Öri (Davos)
einen Überblick über „biologische und physikalische Diagnostik
‚der Lungentuberkulose“. Er verlangt vor allem frühzeitigste Diagnose
mit Zuhilfenahme aller spezifischen Tuberkulinreaktionen. Die subkutane
Tuberkulinprobe ist zu verwerfen, da. sie keine Aufschlüsse gibt, hinsicht-
lich der neuen Wa.R. sind weitere Erfahrungen notwendig. Eine genaue
Beobachtung der lokalen Symptome wie der Allgemeinerscheinungen ist für
die Diagnostik allein entscheidend. Pleuritiden, soweit sie nicht auf rheu-
matische Diathbese und ähnliches zurückzuführen sind, haben innerhalb
5 Jahren in 500/ der Fälle manifeste Symptome infolge hämatogener Pro-
' zesse, ebenso sind Blutüngen auch ohne Befund äußerst suspekt. Der
Nachweis von Bazillen ist immer notwendig, sie müssen ohne jeden posi-
tiven Lungennachweis gesucht werden. Die Diagnose Tuberkulose ist erst
gesichert beim Fortschreiten des Prozesses, nicht etwa beim Vorhandensein
allein, und hierfür müssen lokale, Röntgen- und Sputumuntersuchung zu-
sammenwirken. So wichtig die Feststellung der Körpertemperatur ist, so
hat ihre Erhöhung doch erst in Verbindung mit lokalen Befunden patho-
gnostische Bedeutung. | |
. In einem zweiten Referat über „spezifische Therapie“
gleiche Redner einen kritischen Exkurs in die verschiedenen Gruppen anti-
tuberkulöser Remedien. Von all den zahlreichen parenteralen Einver-
leibungen hat sich das Alttuberkulin Koch am besten bewährt, neben
ihnen kommen noch die Bazillenemulsion und das Beraneck-Tuberkulin in
Betracht, als Methode, bevorzugt Öri die von Sahli angegebene intra-
kutane. Die Dosierung hängt von der individuellen Giftempfindlichkeit ab,
deren Feststellung erfolgt durch Probeinjektionen. Kontraindikationen ’sind
ein ganz akuter Verlauf mit der Unmöglichkeit, Gegengifte zu erzeugen,
Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme, Miliartuberkulose. Im Hochgebirge
birge“
Dorno gab an.
chemischen Wirkungen machen die spezifsche Wirkung des Höhenklimas
gab der
Für die „Behandlung der’ Kindertuberkulose im Hochge-
‘gab J. L. Burckhardt (Davos) einige wichtige Anhaltspunkte;
{für eine Sanatoriumsbehandlung kommen in erster Reihe aktive Fälle und
teilweise auch inaktive in Frage, alle anderen scheiden aus.
Behandlung
wie beim Erwachsenen, Liegekur von etwa 5 Stunden pro Tag, die Sonne
ist bei den exsudativen Formen streng zu meiden. Für prophylaktische
Fälle genügt ein Aufenthalt von 6 Wochen, bei ausgesprochener . Tuber-
- kulose muß (derselbe 6 Monate umfassen.
Desselben Redners „Modern nmnabiolögische@astehlepunkte
in der Tuberkuloseforschung“ gaben ein zusammenfassendes Bild der
Forschungsergebnisse dieses ebenso wichtigen wie schwierigen Problemge-
bietes. Die zwar starke, aber nie dauernde und nach Alter, Geschlecht
und anderem verschiedene Widerstandsfähigkeit ist der Ausgangspunkt
aller diesbezüglichen Bestrebungen. Große Empfindlichkeit ist der Aus-
druck langsamen Abbaus der giftigen Prozesse, nicht Über-, sondern Un-
empfindlichkeit ist der erwünschte Ausdruck der Immunität, daher leitendes
Prinzip der Behandlung, Unempfindlichkeit zu schaffen. Alle Immunisierungs-
versuche sind Nachahmungen der Natur, mithin ist das Überstehen der
ersten Infektion für die spätere Resistenz von ausschlaggebender Bedeutung.
Und für diese letztere sind die äußeren Faktoren, gie angeborene Konstitution
und ‚Disposition entscheidend, daher ist eine immun-biologische Behandlung
nur durch Hebung der allgemeinen Resistenz, d. h. der Lebensverhältnisse,
anzubahnen.
Die „Deutung. des normalen und pathologischen Röhtgen-
bildes der Lungen“ behandelte unter Zugrundelegung einer Fülle Rönt-
genogramme H. Staub (Davos). Nur technisch gute Bilder haben einen
Wert, erforderlich für eine exakte Diagnostik -sind Durchleuchtung und
Aufnahme. Rasche Übersicht, Beobachtung der Organe in ihren Bewegungen,
Atmungstypus sind Sache der Durchleuchtung, das Detailstudium Aufgabe
der Aufnahmen. Wichtigste Aufnahmerichtung ist die dorsozentrale, Expo-
sitionszeit möglichst kurz, Röbren weich.
Im Anschluß hieran sprach Heinrich Staub (Clavadel) über
„Die Diagnose der Hilusdrüsentuberkulose“. Hierfür sind erforder-
lich vier Nachweise: 1. örtliche Symptome durch Volumenvergrößerung,
2. allgemeine tozischer Natur, 3. ein positiv allergischer Zustand, 4. das
Röntgenbild. Zu Punkt 3 ist zu bemerken, daß es gewisse Perioden im
Laufe der Infektion geben kann, wo der Pirquet noch nicht positiv, sondern
dauerndnegativ ist(Kachexie, Masern, Gelenkrheumatismus), sowie Inkubations-
stadium. Zu Punkt 4 hat Autor an einem von jeder Heredität, jedweden
Erscheinungen, von positivem Pirquet freiem Kindermaterial einem abge-
legenen Bergdorf sich ein Plattenmaterial beschafft, das trotzdem durch
Topographie und Größe der an zu Scheindiagnosen Veranlassung
geben könnte.
Hatte den ersten Abschnitt ee Kursus Nägeli (Zürich). mit einer
allgemeinen Darlegung über „Konstitution und Tuberkulose“ begleitet,
so gab als Einleitung des folgenden de Quervain (Bern) einen Abriß
über „die operative Behandlung der chirurgischen Tuberkulose“.
Er stellte als leitenden Grundsatz auf, daß eine tuberkulöse Affektion nur
dann operiert werden darf, wenn man den tuberkulösen Herd zu entfernen
imstande ist, und bekannte sich in der überwiegenden Zahl der Fälle
(Spondylitis, Koxitis, Tuberkulose der oberen Gelenke, der Drüsen usw.)
zu einer konservativen, an erster Stelle helio-klimatischen Behandlung.
G. Burckhardt sprach anschließend über die „chirurgische -
Therapie-der Lungentuberkulose“. Redner verfügt über eine größere
Reihe von ihm teilweise vorgestellter Fälle, bei denen er die Thorakoplastik
nach Sauerbruch vorgenommen und gegenüber den äußerst ungünstigen
Statistiken der konservativen Behandlung dritter Stadien der. Lungentuber-
kulose bei schärfster Indikationsstellung, die nicht nur klinisch, sondern
auch sozial zu bemerken ist, durchaus befriedigende Resultate erzielt hat.
Angezeigt ist dieselbe vor allem bei Rupturblutungen und bei Unterlappen-
kavernen. Die Chancen des Erfolges hängen von drei Momenten ab, vom
operativen Eingriff an sich (Schulung, Übung und vor allem Sicherung der
Nachbehandlung), der Vermeidung der Aspiration durch Aushusten und
endlich der Möglichkeit einer klimatischen Kur zur Hebung der Resistenz.
Auch die Phrenieusexhairese nach Sturz kommt mit oder ohne Pneumothorax
als operativer Eingriff mehr und mehr zur Anwendung.
Über dieses Thema „Der künstliche Pneumothorax“ ‚Indikationen,
Verlauf und Resultate verbreitete sich H. Frey. Die sy mptomatisoben
Erfolge stehen im Vordergrund, die Dauererfolge treten demgegenüber
zurück. Die Indikationsstellung muß vor allem die kontralaterale Lunge
berücksichtigen, absolut betrifft sie schwere unstillbare Blutungen. sowie
primäre progrediente einseitige Farast, relativ vorgeschrittene Fälle mit
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. ` Nierentuberkulose, schwere Larynxtuberkulose.. Von entscheidender Wich-
. ~ giltigen Anlagen der „Deutschen Heilstätte für den Mittelstand“,
erhält man dieselben Reaktionen wie bei Vorbehandlung mit abgetöteten
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39. .
Befunde mehr, für- eine_ direkte Überwanderung: der Noxe von Bulbus zu
Bulbus. sprechen, wird doch zunächst unentschieden gelassen, ob die Er-
krankung des zweiten Auges durch Metastasen auf. dem Blutwege entsteht.
Neben der sympathischen Ophthalmie trat mit noch größerer Regelmäßigkeit
‚auf dem zweiten Auge ein metagtatischer Herpes corneae 8—12 Tage nach
. der Impfung des ersten Auges auf. Übertragungsversuche mit Material
von echter sympathischer Ophthalmie des Menschen nach der neuen Impf-
technik sind im Gange. — > >> i Pay as
Hauptmann: Gedanken zur Pathogenese der Metalues. Die lokale
Anwesenheit der Spirochäten im Nervensystem ist nicht geeignet, alle Er-
scheinungen auf anatomischem und klinischem Gebiet der. Metalues zu er-
klären. Man muß daneben noch die Wirksamkeit einer allgemein toxischen
Komponente annehmen, die zwar auf die Spirochäten, aber nicht unbedingt
‚nur ‚auf die im Zentralnervensystem. befindlichen zurückgeht. Der Ent-
stehungsmodus der toxischen Substanz wird unerörtert gelassen. Es wird
nur den Wirkungswegen dieser toxischen Komponente auf das Zentral-
nervensystem nachgegangen. Vortr. wiederholte die Goldmannschen Ver-
suche der Trypanblau-Injektion in den Spinalkanal und: fand ein bevor-
. zugtes Eindringen des Farbstoffes in die Hinterhörner, deren Ganglienzellen
den Farbstoff aufgenommen hatten, während die Ganglienzellen des Vorder-
horns vollkommen farbstofffrei waren. Hieran anknüpfend wird die Mög-
lichkeit einer Pathogenese des tabischen Prozesses erörtert, wobei es sich
also wiederum neben der lokalen Spirochätenwirkung um das Eindringen
des toxischen Agens handelt. Der Weg des Hineingelangens der toxischen
kleinen aktiven Prozessen kontralateral sowie exsudative - Pleuritis mit.
progredientem Charakter. Kontraindikationen bilden schwere doppelseitige
` Phthise, dekompensierte Herzfehler, parenchymatöse Nephritis, doppelseitige
‚tigkeit ist die Nachbehandlung und dauernde Beobachtung. Eine wesent-
_ liche Erhöhung der Erfolge ist erzielt worden durch ‘die Thorakoskopie
‘und die Durchtrennung der strangförmigen Verwachsungen mittelst der
. Galvanokaustik. — f o . | |
r Eine große Reihe von Besichtigungen der zahlreichen Volksheilstätten
` und Sanatorien schloß sich an die wissenschaftlichen Vorträge, die muster-
r -
-die schon von 7 Frk. an vollen Aufenthalt gewährt, des „Deutschen
Kriegerheims“, der „Thurgauischen Heilstätte“ sowie der „Zürcher
‚Heilstätte“ in Clavadel seien hier als gemeinnützige Anstalten besonders
. genannt. | a | i u
Freiburg i. Br. a
Medizinische Gesellschaft, Sitzung vom 22. Juli 1924. `
Uhlenhuth: 1. Zur Tuberkulinreaktion._.Wenn Tiere mit bakte-
'riellem Eiweiß vorbehandelt werden und darnach Tuberkulin injiziert "wird, '
Tuberkelbazillen. Es handelt sich dabei also nicht um etwas Spezifisches
sondern um eine Eiweiß-Überempfindlichkeit. Von anderer Seite wurde
festgestellt, daß Tiere, die. mit steril filtrierten tuberkulösen Organen vor-
behandelt waren, eine Tuberkulinreaktion gaben. Man erhält aber dieselbe
Reaktion, wenn man die Tiere mit normalen Organen vorbehandelt.
2. Zur Antimontherapie der Trypanosomenkrankheiten. Neben den
5-wertigen wirken auch die 3-wertigen Antimonpräparate gut in der Therapie.
‘der Trypanosomenkrankheiten. Es wurde ein Präparat hergestellt, für
dessen Synthese der Brechweinstein als Ausgangspräparat benutzt wurde.
der Meningealgefäße (oder des Plexus?) bei Metalues, wofür mancherlei
_ Beweise vorliegen. Der Modus einer Intoxikation des Zentralnervensystems
vom Liquor aus ist wahrscheinlich auch bedeutungsvoll für manche andere
Prozesse, wie die System (Pseudosystem?)-Erkrankungen bei Alkohol, Blei;
auch für die Landrysche Paralyse. Tierversuche, die mit syphilitischem,
1877
28. Septombor ` | EENE
Substanzen in den Liquor ist gegeben durch die gesteigerte Permeabilität
Das neue Präparat ist entgiftet und viel wirksamer als der Brechweinstein.
"Mit 2mg sind Trypanosomenmäuse durch eine einzige Injektion zu sterilisieren.
Seiffert: Über inagglutinable Bakterien. Es wurden Varianten
‘ von Typhus-, Paratyphus- und Kolibazillen gezüchtet. Einige Varianten
erwiesen sich als nicht agglutinabel. ' Dieselben steigen im Kapillarsteig-
~ versuch sehr wenig, während die agglutinierenden Stämme sehr gut stiegen.
. Bei Mischung mit Kieselgur werden die inagglutinablen Bakterien sehr
stark, die agglutinablen sehr wenig adsorbiert. Daraus folgt, daß die
paralytischom Material, mit Alkohol im Gange sind, haben u. a. auch zu .
Beobachtungen an Krämpfen geführt, die für das Wesen epileptischer und’ -
paralytischer Anfälle Bedeutung gewinnen könnten. |
Koenigsfeld:.. 1. Weitere experimentelle‘ Untersuchungen über
die biologische Wirkung der künstlichen Höhensonne. Nachdem in früheren
Untersuchungen nachgewiesen : wurde, daß unter dem Einfluß einer Be-
strahlung mit künstlicher Höbensonne eine Steigerung des gesamten Stoff-
wechsels eintritt, war anzunehmen, daß auch der Blutzucker Veränderungen
infolge der Bestrahlung erfährt. Es konnte in Untersuchungen an Kaninchen l
‚als wenn Serum mitwirkte. ` Dasselbe findet sich 8 Tage nach einer künst-
für die sympathische Ophthalmie, die als infektiöse Erkrankung aufgefaßt
- ‚die gleichen Veränderungen wie das sekundär erkrankte, letzteres wies in
gitis zeigen, gerät die Noxe auch in das Gehirn. Obwohl demnach die
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‚Bindung zwischen Antigen‘ und Antikörper von !der Oberflächenspannung -
abhängig ist, nicht von chemischen Bindungen. '
Mittermaier: Phagozytosestudien. Leukozyten von Meerschweinchen
und Kaninchen, die an Abszessen mit Staphylocoecus aureus erkrankt
waren, können den Staphylococcus aureus in Kochsalzlösung phagozytieren,
. und Menschen bei normalen Blutzuckerausgangswerten eins Erhöhung des
Blutzuckerspiegels als Folge der Bestrahlung festgestellt werden. ‚Der Höhe-
punkt der Zunahme ist etwa 5—6 Stunden nach der Bestrahlung zu finden,
die Steigerung klingt in den nächsten 3—4 Tagen langsam ab. Wartet
‚man das Abklingen ‘der Reaktion nicht ab und bestrahlt, während der
' Blutzuckergehalt noch hoch ist, von neuem, so tritt keine weitere Erhöhung
ein oder es kommt sogar zu einem Absinken des Blutzuckerspiegels. Ahn-
‚lichen Infektion von Tieren mit Staphylokokken, ebenso wenn die Tiere
mit einem Kulturfiltrat von Staphylokokken injiziert werden: Es handelt
Sich um eine für Staphylokokkeninfektionen spezifische Reaktion. i
$ v.Szily:DieexperimentelleErforschung der sympathischenOphthalmie
‚und der herpetischen Augenerkrankungen. Der Herpeserreger kann leicht
in das Auge hineingelangen. Es bestand daher die Möglichkeit, daß er
gemacht: bei normalen Anfangswerten Erhöhung, bei hohen Anfangswerten
Herabsetzung des Blutzuckergehaltes. u z
beobachteten morphologischen Blutveränderungen, besonders im’ weißen
Blutbild, auf eine Eiweißzerfallstoxikose zurückzuführen sind,. bei der ja
ähnliche Blutveränderungen festzustellen sind. Nach H. Pfeifer können
A] Igemeinerscheinüngen infolge einer Eiweißzerfallstoxikose bei Versuchstieren
wird, als Erreger in Betracht kommt., Das voin menschlichen Herpes cor-
neae stammende Virus wurde erst auf der Kaninchenhornhaut angereichert
und dann anderen Tieren mit einer besonderen Impftechnik in eine Ziliar- |
‚körpertasche, d.h. in die Suprachorioidea, eingeimpft. Auf dem direkt
geimpften Auge trat in allen Fällen eine schwere plastische Uveitis auf,
ohne Bakterienbefund und ohne jede eitrige Infektion. Das zweite unbe-
rührte Auge zeigte nach’ einer Inkubation von 8-14 Tagen'in einem ver-'
bältnismäßig hohen Prozentsatz die gleichen Erscheinungen von schwerer
‚Iridocyklitis, die sich ‘in einigen Fällen mehr auf den vorderen Bulbus-
abschnitt beschränkte, in anderen in Form einer schweren Papilloretinitis
verlief, meistens aber den ganzen Uvealtraktus in Anspruch nahm. Die
histologische Untersuchung dieser Opthalmien ergab eine schwere entzünd- |
lich-toxische Schädigung mit hauptsächlichster Wirkung auf die adventi-
tollen Zellen der Gefäße, Das primär infizierte Auge zeigte prinzipiell
‚Meerschweinchen im Anschluß an die Bestrahlung künstlich erwärmt. Trotzdem
wurden die gleichen qualitativen und quantitativen Veränderungen im weißen
gefunden. , Es wird daraus ‚geschlossen, daß, diese Blutveränderungen nicht
Kröber und Saeger.) a | oo Ze
2. Anaphylaxieversuche an isolierten Froschherzen. Es wurden
‚Herzen herausgenommen und mit der Straub'schen Methode überlebend
erhalten, Setzt man zu der Durchspülungsflüssigkeit Kaninchenserum, so
der Regel Sogar viel schwerere Erscheinungen auf. Vom primär infizierten
Auge dringt die Infiltration aus der entzündlich verdiekten Aderhaut in
den -Schnervenstamm und in die Scheiden, dabei aber auch entlang der
präformierten Emissarien, in Begleitung der Gefäße und Nerven ins peri-
okulare Gewebe ein. Am spontan erkrankten. zweiten Auge war das okulare
Ende des Sehnerven gleichfalls von Lymphozyten .stark infiltriert. Die
Iymphozytäre Durchdringung des Sehnervenstammes pflanzt sich von Auge
zu Auge, z. T. in den Optikus-Scheiden, z. T. auch zwischen den Septen
fort. Durch Vermittelung der Meningen, welche Zeichen einer Leptomenin-
dann ganz allmählich wieder zu, um gewöhnlich nach 60—80 Minuten etwa
serum sensibilisiertes Herz mit Menschenserum durchströmt, so zeigt sich
koinerlei Reaktion oder höchstens die gleichen Veränderungen die am nicht
sensibilisierten Herzen durch Normalserum hervorgerufen werden. Die be- |
'obachteten Erscheinungen sind also spezifisch und werden als ein protrahierter,
‚langsam abklingender anaphylaktischer Shock gedeutet. Es wird daraus ge-
schlossen, daß in den angestellten Versuchen sessile, an Zellen gebundene
anaphylaktische Antikörper in Wirksamkeit treten. H.Koenigsfeld.
Kl u e sn en
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liche Beobachtungen hat Frenkel-Tissot.bei natürlicher Sonnenbestrahlung
Es wurde weiterhin die Frage untersucht, ob die bei der Bestrahlung `
durch künstliche Erwärmung verhindert werden. -Es wurden. bestrahlte -
Blutbild nach der Bestrahlung wie bei nicht künstlich. erwärmten Tieren
auf eine Eiweißzerfallstoxikose zurückzuführen sind. (Nach Versuchen von
Frösche mit Kaninchenserum sensibilisiert und nach 10—20 Tagen ` die -
fangen. die Herzkontraktionen nach 15—20 Minuten an, kleiner und lang- ``-
: samer zu werden, erreichen nach 30—40 Minuten ein Minimum und nehmen `
wieder die Höhe des Ausgangswertes zu erreichen.: Wird ein mit Kaninchen-. -
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
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ist die Medizinalstatistik die Grundlage jeder Aktivität, jeder Initiative,
- denn nur da, wo ein zahlenmäßiger Beweis’ möglich ist, können Verbesse-
: kennt die wichtigsten Ziffern der Medizinalstatistik für ganz England und
für seine engere Heimat.
-die örtlichen Standesbeamten geben solche Kopien ab. Hatte während der
‘gesetzlich verpflichtet, die Todesursache zu bescheinigen (Abschnitt 20
"Rundschau. E ze =
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` Die Organisation der Medizinalstatistik i in England.
Von Dr. Johannes Breger, Oberregierungsrat im Reichsgesundheitsamt.
Englands bedeutender Minister Disraeli, dem die dankbare Stadt
Liverpool ein großes Denkmal errichtete, hat vor 50 Jahren den Grundsatz
aufgestellt: „Die öffentliche Gesundheitspflege ist die Grundlage, auf welcher
die Wohlfahrt des Volkes und die Stärke der Nation ruht. Die Sorge um
die. Volksgesundheit ist die erste Pflicht eines Staatsmannes“ 1). Diese
Lehre ist den englischen Politikern in Fleisch und Blut übergegangen.
Jeder Parlamentarier, Bürgermeister oder Stadtrat besitzt ein sozial-
‚hygienisches Programm. Er ist genau darüber unterrichtet, welche gesund-
heitlichen‘ Mängel in seinem Wahlbezirk: am dringendsten der. Abhilfe
bedürfen, und läßt keine Gelegenheit vorübergehen, um sich. von Sach-
verständigen die Mittel und Wege 'zur wirksamsten Beseitigung des Übels
angeben zu lassen. . Die zuverlässigste Auskunft über Mißstände auf dem
Gebiete der Volksgesundheit gibt eine. gute Medizinalstatistik, der in England
nicht nur von den beamteten Ärzten, sondern auch von allen politischen
Persönlichkeiten das größto Interesse entgegengebracht wird: Für sie alle
rungen mit Nachdruck vertreten und gegenüber den Widerständen mit
zäher Ausdauer erkämpft werden. Jeder, der im öffentlichen Leben steht,
Oft wird der fremde Besucher mit Fragen über-
rascht: „Wie groß ist die Säuglingssterblichkeit in Berlin?“
Wöchnerinnen sterben in Deutschland an Kindbettfieber?* „Wie groß ist
die Zahl der Totgeborenen?* Aus diesem staatsmännischen Interesse er-
klärt sich auch die Sorgfalt und Umsicht, die man aufgewandt hat, um
die Organisation der Medizinalstatistik nach Möglichkeit zu vervollkommnen.
Die gesetzliche Grundlage für die Medizinalstatistik ist in dem Volks-
zählungsgesetz (Census Act) vom Jahre‘ 1920 enthalten, Dieses schreibt
vor, daß das demographische Zentralamt (Registrar General) die Aufgabe
hat, von Zeit zu Zeit jede ihm erreichbare Auskunft hinsichtlich der Zahl.
> . und der Verhältnisse der Bevölkerung zwischen zwei Volkszählungen zu
sammeln und: zu veröffentlichen.
Ein großer Vorzug der englischen demographischen Statistik. liegt
darin, daß sie zentralisiert und einer selbständigen Behörde übertragen
ist, bei der das gesamte Urmaterial eingebt sowie nach gleichmäßigen
und wissenschaftlichen Gesichtspunkten geprüft und bearbeitet wird. An
der Spitze der Organisation steht das erwähnte demographische Zentral-
amt?) (The Registrar General, General Registrar Office, London W.C.,
2 Somerset House), das über einen Stab von 295 Beamten verfügt?). Die-
Basis der Pyramide wird gebildet von den örtlichen Standesb eamten
(Registrar of Birth and Deaths), deren 1891 vorhanden sind. Diese sind
‚für die Eintragung aller in ihrem Bezirke eingetretenen Geburten und
Todesfälle zuständig. ‚Sie haben die Aufgabe, die gesetzlichen Meldungen
über jeden Geburts- und Sterbefall seitens der Angehörigen‘ entgegen-
zunehmen und sich auch sonst über jede in ihrem Bezirk eingetretene
Geburt und über jeden Todestall zu unterrichten. In der Mitte zwischen
der Zentralstelle und den örtlichen Standesbeamten stehen die oberen
Standesb eamten (Superintendent Registrar), die auf 632 Bezirke verteilt
sind und eine mehr aufsichtführende Tätigkeit haben.
‚Dem demographischen. Zentralamt hat der örtliche Standesbeamte
von Zeit zu Zeit Abschriften aller von ihm gemachten Eintragungen zu
übersenden. Die Abschriften werden in London geprüft, geordnet, ge-
bündelt und dem Archiv .einverleibt, das zurzeit etwa 140 Millionen
solcher Dokumente enthält. Hier kann das Publikum gegen eine Gebühr
Abschriften einer Geburts- oder Sterbeurkunde jederzeit erhalten. Auch
letzten Krankheit eine ärztliche Behandlung stattgefunden, so ist der Arzt
des Gesetzes über die Eintragung der Geburten und Sterbefälle vom Jahre 1874).
Die. Ärzte sind im Besitz. eines Formularheftes für solche Atteste (nach
Art eines Scheckbuches). Dieses enthält zugleich Ratschläge und Auf-
klärungen über den Gebrauch der Krankheitsbezeichnungen sowie eine
Liste der am häufigsten vorkommenden ungenauen, unklaren und daher
unerwünschten Benennungen. Auch wird ein Verzeichnis derjenigen Per-
1) „The public health is the foundation on which repose the happiness
of the people and the power of the country. The care of the public health
is the first duty of a statesman.“
= 2) Die nachstehenden Ausführungen beruhen auf Angaben, die der
Assistant Registrar General Dr. S. de Jastrzebsk6 einer vom Völkerbunde
nach England entsandten internationalen Studienkommission zu machen
die Güte hatte,
„Wieviel
sonen mitgeteilt, die nach dem Gesetze in der Lage sind, dem Standes-
beamten die: notwendigen Auskünfte für seine Eintragungen zu geben.
Dieser Persönlichkeit (meist ein Verwandter) wird auch die Bescheinigung
der Todesursache von dem Arzt. ausgehändigt. Ein solches Verfahren trägt
-allerdings nicht genügend der ärztlichen Schweigepflicht Rechnung. Beispiels-
weise wird es dem Hausarzt kaum möglich sein, eine syphilitische oder
alkoholische "Erkrankung als Todesursache anzugeben. Nach Empfang des
ärztlichen Attestes trägt der Staudesbeamte die Einzelheiten bezüglich der
Todesursache, den Namen und die Stellung (medical qualification) des be-
eine Bescheinigung aus, die bei der Genehmigung der Beerdigung vorgelegt
werden muß.
'Alle Fälle gewaltsamen Todes, gleichgültig, ob der Verstorbene
müssen dem gerichtlichen Leichenschauer (coroner) gemeldet werden.
Seinem Ermessen. bleibt es überlassen, ob er ein amtliches Untersuchungs-
verfahren einleiten will oder nicht, Das Ergebnis der Ermittelung wird
dem örtlichen Standesbeamten mitgeteilt.
Die Zahl der durch Ärzte bescheinigten Todesfälle beträgt alljähr-
lich mit geringen Schwankungen 92°/,. _Die restlichen 30/, betreffen zwei
Gruppen. Eine kleine Anzahl von ‚etwa 1°/ der Todesfälle wird weder
durch einen Arzt bescheinigt noch einer amtlichen Untersuchung unter-
worfen. Bei den übrigen 7°/, findet eine Ermittelung durch den gericht-
lichen Leichenschauer statt.
übrigen handelt es sich meist um Mangel an Pflege in früher Kindheit,
tragungen, die er. während der letzten 4 Wochen in das Sterberegister
Die ärztlichen Todesursachenbescheinigungen ‚werden viorteijährhioh der
Zentralstelle übermittelt.
Diese werden in der Liste des Wohnsitzes des Verstorbenen
eingetragen. Etwa ein Viertel aller ‘Todesfälle ereignet sich in’ den
. Anstalten verschiedener Art, die außerhalb des Wohnbezirkes ‚gelegen sind.
Der örtliche Standesbeamte nimmt zwar die Meldung entgegen, sendet aber
. eine Abschrift über Einzelheiten des Falles an den für den Wohnsitz des
Verstorbenen zuständigen beamteten Arzt. Um das Verfahren bei den
umzuschreibenden Todesfällen Ortsfremder möglichst gleichmäßig und ein-
-heitlich zu gestalten, ist ein besonderes Merkblatt herausgegeben worden
(Memorandum respecting the distribution of transferable deaths). Im Hin-
blick auf die Wichtigkeit dieses Verfahrens ist eine auszugsweise Über-
setzung als Anhang beigegeben. Das. Ausscheiden Ortsfremder ermöglicht
es erst, ein sicheres und von Zufälligkeiten unabhängiges’ Urteil über die
interessante örtliche Verteilung gewisser Krankheiten, z. B. Krebs, ab-
: zugeben. Diese Auszählung wurde vor 40 Jahren zuerst in London ein-
geführt. In der ersten Zeit wurden nur die Todesfälle an den wichtigsten
Infektionskrankheiten in den Listen des Wohnsitzes gezählt, seit dem
bescheinigten Todesursachen nötig, falls ihre Angaben ungenau oder unklar
sind. Es wird darauf hingewirkt, daß diejenigen Krankheitsbezeichnungen
verwendet werden, die von dem Königlichen Kollegium der Londoner Ärite
Zentralamt veranstalteten Rückfragen. beträgt ungefähr 6500. Sie führten
in etwa 4700 Fällen zu einer genaueren Angabe.
Bei der rechnerischen Bearbeitung des Urmaterials in dem demo-
Es sind zwei Systeme i in Betrieb, ein älteres der British Tabulating Company
(Hollerith) und ein neueres dèr Accounting and Tabulating Corporation of
Stanzvorrichtung auf eine Zählkarte übertragen. Nachdem so die Karten
| gelocht sind, laufen sie durch die Zählmaschine, welche die Zahlen der
Todesursachen in den einzelnen örtlichen Bezirken angibt. Diese werden
verglichen mit den Ziffern, die der örtliche Standesbeamte vierteljährlich
berichtet. Ergänzende Listen werden beim Sortieren der Karten unter Be-
rücksichtigung besonderer bei der Lochung gemachter Eintragungen ange-
fertigt. So werden Übersichten über die gewaltsamen Todesarten, über
Krebs der verschiedenen Organe, über Komplikationen bei der Geburt usw.
aufgestellt.
Das Gleiche gilt für komplizierende oder: hinzugetretene
Todesursachen.
`
scheinigenden Arztes in sein Register ein und händigt den Angehörigen .
in ärztlicher Behandlung gestanden hatte oder nicht, und alle Todesfälle,
bei denen während der letzten Krankheit ein Arzt nicht zugezogen war,
Mehr als die Hälfte dieser Untersuchungsfälle
'betreffen Personen, bei denen ein gewaltsamer Tod angegeben ist, Im
Status Iymphaticus, fettige Degeneration des Herzens” usw. An jedem '
. Monatsende überreicht der örtliche Standesbeamte Abschrift aller Ein-
gemacht hat, in doppelter Ausfertigung dem demographischen Zentralamt. .
| Eine besondere Berücksichtigung ‚erfahren die Todesfälle Orts-
fremder.
Jahre 1911 findet aber die Umschreibung in ganz England und Wales
statt. Häufig werden Rückfragen bei den Ärzten wegen der von ihnen
anerkannt sind. Die Zahl solcher jährlich von dem demographischen |
graphischen Zentralamt wird von Zählmaschinen Gebrauch. gemacht.
Great Britain (Powers). Der Inhalt eines Sterbescheins wird mittels einer |
728. September“
Pd
E Ergebnisse der Statistik werden in den Jahresberichten "des
demographischen Zentralamtes veröffentlicht. ' (Registrar General’s Statistical
Bereits vi erteljährlich werden die besonders |
“Review — Annual Report).
wichtigen Tabellen der Todesfälle nach Geschlecht (bei Frauen auch nach
‚ Familienstand) und Lebensalter sowie die Tabellen. der Todesursachen. nach
- Altersklassen für die einzelnen Verwaltungsbezirke bearbeitet... Für die
Nomenklatur wird das internationale- Todesursachenverzeichnis
. ` benutzt, das im Jahre 1920 revidiert wurde. Als Ergänzung: dieser Liste
empfiehlt das demographische Zentralamt zur Förderung der Vergleichbarkeit
-der Berichte die Ausarbeitung eines Internationalen Handbuches mit
` Aufzählung der Synonyma und mit alphabetischem Register: Auch die
Aufstellung von internationalen. Regeln, .nach denen zu verfahren ist, falls
‚gleichzeitig zwei oder mehrere mit einander kombinierte Krankheiten ange-
geben sind, wird erstrebt. Ein derartiges Handbuch wurde in England
bereits für das internationale Todesursachenverzeichnis von 1911 für don ,
: eigenen Bedarf herausgegeben. .
Die Gliederung des internationalen ET EN E ist
“in England in verschiedener Beziehung erweitert worden. Einige Krank- l
‚heitsbegriffe sind aufgespalten, so. ist Krebs nach den einzelnen Organen
“unterschieden und sind die verschiedenen Formen der gewaltsamen Todes-
arten besonders berücksichtigt, Alljährlich erscheinen . auch . ergänzende `
‘Tabellen über Todesfälle in der Narkose nach Art des Narkotikums
‘ „und nach dem Anlaß seiner Anwendung. sowie unter Berücksichtigung des .
. " Geschlechts und des Alters., -Das Gleiche gilt für Todesfälle, in denen der
Alkohol eine mitwirkende Ursache war, alle Sterbefälle an nicht bös- |
artigen Tumoren und alle mit der Entbindung ursächlich zusammen-
l hängenden Fälle. |
Docks werden einer statistischen: ‚Sonderbearbeitung unterzogen. Endlich -
Auch gewaltsame Todesfälle auf Schiffen und in
‚werden Sondertabellen aufgestellt, in denen die mitwirkenden oder .sekun-
dären Todesursachen besonders. berücksichtigt sind. Es ist ‚geplant, für
„die Jahre 1911—1920 die Kombinationen von . primären und sekundären
Todesursachen in einem besonderen Bericht zu bearbeiten und zu veröffentlichen.
Was die Zählung der Geburtön. angeht, so muß jedes Kind inner-
halb 36 Tagen durch den -zuständigen Standesbeamten eingetragen werden. -
.. Daneben besteht eine gesetzliche Vorschrift, wonach der Vater, der bei der ||.
-Entbindung zugezogene.Arzt oder die Hebamme verpflichtet ist, die Geburt
innerhalb 36 Stunden auch dem beamteten Arzt zu melden, damit die
‚Säuglingsfürsorge in Tätigkeit. treten kann. Standesbeamter und beamteter
` Arzt tauschen ihre Listen über eingegangsne : Geburtenmeldungen . aus.
. Ebenso wie bei den Todesfällen schickt der Standesbeamte alle vier Wochen
Abschriften der Eintragungen von Geburten an das demographische Zentralamt.
Sind Kinder in einem anderen Bezirk geboren, als in demjenigen,
- - in dem sich der Wohnsitz der Eltern befindet, so erfolgt die statistische
‚Auszählung für den Wohnort (Transferable Birth). Diese Geburten werden
selbstverständlich von- der Zahl des Bezirks, in dem sie sich ereigneten,
abgezogen und derjenigen des Wohnbezirks zugerechnet. Hierüber geht:
.. gleichfalls dem beamteten Arzte eine Aufstellung zu. Diese enthielt neben. |.
- der Gesamtzahl der in seinem Bezirk, vorgekommenen Geburten die Zahl
der nach außerhalb ‚umzuschreibenden sowie der von auswärts zu über-'
x nehmenden Geburten. unter, Berücksichtigung des Geschlechts und der Ehe- -
| lichkeit oder Unchelichkeit. In einigen - Städten, die Gebäranstalten be-
sitzen, ist die Zahl der ortsfremden Gebärenden naturgemäß groß. Die Ge-
samtsumme der umzuschreibenden Geburten beträgt i im Jahr ungefähr 24000.
Das demographische Zentralamt veröffentlicht auch eine fortlauf ende
Statistik über den Stand der Infektionskrankheiten in England.
‘Das Material dazu liefern die beamteten Ärzte, die wöchentlich auf einer |
‚ - Zählkarte anzugeben haben, wieviel Fälle meldepflichtiger Krankheiten in .
Ihrem Bezirk vorgekommen‘ sind. Es werden dabei folgende. Krankheiten,
. berücksichtigt: Cholera, Fleckfieber, Pest, Pocken, Diphtherie, übertragbare .
Genickstarre, Kindbettfieber, Rückfallfieber, ‚übertragbare Ruhr, Scharlach,
Unterleibstyphus (einschließlich Paratyphus), Augenentzündung der Neuge- .
‚borenen, Tuberkulose der Atmungsorgane, ‘andere Formen von Tuberkulose |
Masern (ausschließlich Röteln), Keuchbusten, Windpocken, epidemische,
` Kinderlähmung, akute Polioencephalitis, Schlafsuchtskrankheit, Pneumonie,
Rotlauf (erysipelas), chronisches Fieber (continued fever), . Schützengraben-
feber (Trench fever), im Inlande erworbene Malaria, im Auslande erwor-
bene Malaria. x
Die eingegangenen‘ Zählkarten ` vedai für eino in den Weekly.
Returns veröffentlichten Tabelle. verwertet.
allen beamteten Ärzten zu. Sie enthält außer Tabellen über Infektions-
Krankheiten in großen und kleinen Verwaltungsbezirken solche über Gə-
Den und Sterbefälle in ausländischen Städten sowie eine Sondertabelle‘
für. London (Todesfälle nach. Alter und Todesursachen). In den’ Viertel-
jahrsberichten (Quarterly .Returns) werden die ‚entsprechenden berichtigten
Au nach Vierteljahren. ‚unter Vergleichung mit früheren Quartalen ge-
a0
ECAR BE hen Ne 89.
Diese - Wochenschrift geht ,
_ı f 58 . ; z y ;
R r b ya
-Dis J T :der' englischen Medizidalstätistik erscheinen in
den Werke: Annual Statistical Review (früher Annual Report).
Diese ‚Berichte sind für die letzten 7 Jahrzehnte durch Ergänzungs-
bände vervollständigt worden. Der Vorzug dieser zebnjährigen Zusammen-
fassungen -besteht darin, ‘daß die Ergebnisse der Volkszählungen für die
Berechnung: der Relativzahlen verwertet werden konnten. Der letzte Er-
gänzungsband ‚enthält eine Untersuchung der. gesamten Todesfälle für die
Jahre 1901—1910 nach Alter und Geschlecht unter Berkobeieäugnng der
vollständigen Liste der Todesürsachen.
“~ Die‘ zehnjährigen Ergänzungsbähde. enthalten aui eine Reihe von
Lebenserwärtungstafeln, sie geben Auskunft über’ die Sterblichkeit, die
Zahl der Überlebenden und die Lebenserwartung für jedes Alter. Erwähnens-
wert sind auch mehrere wissenschaftliche Arbeiten über die Sterblichkeit
‘der Männer in verschiedenen Berufen sowie über. Geburtenziffer und Säug-
lingssterblichkeit ‘unter Berücksichtigung der Beschäftigung der Eltern.
' Die Leistungen des demographischen Zentralamts kommen der örtlichen
Medizinalverwaltung. dadurch besonders zugute, daß jeder beamtete Arzt
alljährlich von der Zentralstelle’ einen statistischen Bericht: über den Ge-
'sundheitszustand seines eigenen Bezirks erhält. Es wird. ihm geliefert, die
Zahl der geschätzten Bevölkerung für die Mitte des Vorjahrs und die Zahl
der Todesfälle nach Geschlecht und Todesursachen. - Dabei werden die be-
amteten Ärzte. gebeten,’ etwaige Unstimmigkeiten zwischen den örtlichen
Zahlen und denjenigen des Zentralamtes en damit e lan:
beseitigt werden.
Zusammenfassend kann man "sagen, - -daß die englische Medizinal-
statistik einen ‚hohen Grad von Zuverlässigkeit erreicht "und auch für
Deutschland in’ `'yieler Beziehung vorbildlich sein. sollte. `
‚Merkblatt des General Register ‚Office, betreffend die Verteilung der
umzuschreibenden Todesfälle l
on respecting the distribution of transferable deaths).
In.nachstehendem werden die Definition der umzuschreibenden Todes-
fälle. und die allgemeinen, em " Gesundheitsminister genehmigten Regeln
hierfür gegeben: '
„Umzuschreibende Todesfälle“ sind - solche bei Personen, dio-
einen festen Wohnsitz in England oder Wales haben, aber in einem anderen
Bezirk als ihrem Wohnbezirk gestorben sind. Der Tod bei Personen ohne `
' festen Wohnsitz ist nicht umzuschreiben, Ausgenommen in den Fällen.
unter 10b. ..
In den: nachstehenden. besonderen Fällen. hat: eine Umschreibung! zu
erfolgen: .
1. Anstalten. Personen, die i in “Anstalten für Kranke, oder Gebrech. :
liche sterben; wie in Krankenhäusern, 'Irr6nänstalten, Anstalten für Geistes- `
schwache, Arbeitshäusern, Pilegeanstalten, müssen als. Bewohner desjenigen'
Bezirks angesehen werden,. in welchem sie zur Zeit der Aufnahme einen
“festen oder gewohnheitsmäßigen Wohnsitz hatten. Ist der Kranke aus
einer ‚solchen Anstalt in eine andere. unmittelbar: verbracht: ‘worden, so ist
der Todesfall für den Bezirk, in dem. der Kranke’ bei der Aufnahme ‚ia z
die erste. Anstalt gewohnt hat, zu vermerken. `
'a) Armenhäuser, Klöster, Bow sihoscheien Industrial
Schools), Blindenanstalten, Internate fürunbemittelte
Kinder (Poor Law Residential Schools) und .andere ähnliche.
Pensionate gelten nicht als Krankenanstalten und sollten daher
als Dauerwohnsitz der Insassen angesehen werden.
b) Heime für Unheilbare sind als Anstalten für Krankenbehand- |
lung -anzusehen. Daselbst vorkommende Todesfälle sind. um-
zuschreiben.
j 6) Armenanstalten. (Book: Law Tnstitutions), die ausschließlich: |
| zu. einem Verwaltungsbezirk. gehören, sind zum Zweck, der Ver- |
. teilung der Sterbefälle als Teil dieses Bezirks anzusehen, selbst
wenn die Anstalt außerhalb des betreffenden Bezirks gelegen ist,
da in solehen Fällen ein früherer Wohnsitz daselbst angenommen
werden kann. Wo jedoch eine Armenanstalt von mehr als, einem '
Verwaltungsbezirk belegt wird, : kańn -der frühere ‚Wohnbezirk
nicht aus der Tatsache des "Aufenthaltes in der ‘Anstalt go-.
` schlossen werden. Folglich‘ sind solche Todesfälle bei fehlender .
Auskunft. über den in Betracht kommenden Bezirk nicht ùm- -
zuschreiben.. In solchen Fällen ist jeder Versuch zu unternehmen,
den früheren Wohnsitz .durch die zuständigen Behörden zu er-
‘fahren... Wenn aber beispielsweise die einzige Auskunft über den‘
' früheren Aufenthalt eines Geisteskranken besagt, daß -er aus dem
möglich, den Wohnbezirk. anzugeben.
d).Gefängnisse. Todesfälle in gewöhnlichen Gefängnissen ind
=. umzuschreiben, jedoch nicht ‚Todesfälle in „Borstal institutions“
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218379
Arbeitshause eines Kreisverbandes in Zugang kam, kann der .
. Todesfall: nicht. umgeschrieben” werden, denn es ist, danach un- -
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1380
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 39.
oder. in Zuchthäusern, mit Ausnahme vòn Anstalten für geistes-
kranke Verbrecher. Diese sind nicht als „Zuchthäuser“, sondern
als Irrenanstalten zu betrachten.
e) Das in der Anstalt wohnende Personal. Es wird an-
genommen, daß es sich hier um einen dauernden Wohnsitz handelt.
2. Asyle für Obdachlose. In Ermangelung des Nachweises eines
mehr dauerhaften sonstigen Wohnsitzes ist das Asyl als der dauernde und
gewohnheitsmäßige Aufenthalt, unabhängig von der Zeitdauer, anzusehen.
3. Hausangestellte werden als Bewohner des Hauses ihres Arbeit-
gebers angesehen, falls freie Wohnung zu den Anstellungsbedingungen gehört.
(Das Elternhaus gilt bei unverheirateten stellenlosen Hausangestellten in
Ermangelung einer sonstigen Wohnung als der gewohnheitsmäßige Auf-
enthaltsort,)
4,..Hotels und Pensionate. Todesfälle in Hotels, Pensionaten,
in denen Verstorbene zeitweise eine Wohnung innehatten, ohne über ein
mehr dauerndes sonstiges Heim zu verfügen, sind nicht umzuschreiben.
5. Pflegekinder gelten als da wohnend, wo sie in Pflege gegeben
sind. Ihr Tod kann daher nicht für den Wohnbezirk der Eltern um-
geschrieben werden.
6. Getrennt lebende Eheleute. Der Tod einer getrennt lebenden
Ehefrau ist nicht auf den Wohnbezirk des Ehemannes umzuschreiben.
71. Seeleute und Binnenschiffer. Es sei denn, daß eine bestimmte
Wohnung an Land vorhanden ist, sind diese Fälle nicht umzuschreiben.
8. Armee und Marine. Todesfälle in der englischen Wehrmacht
und in derjenigen anderer Nationen sind in die Statistik eines örtlichen
Bezirks nicht aufzunehmen. |
9. Säuglinge. Todesfälle bei Kindern, die im ersten Lebensjahr
in einer Entbindungsanstalt oder in einem für die Niederkunft bezogenen
Privathaus eingetreten sind, oder Todesfälle bei Säuglingen in Anstalten,
wohin sie aus dem Orte der Geburt gebracht wurden, sind auf den Wohn-
bexirk der Mutter umzuschreiben.
10. Gewaltsame Todesfälle sind .
a) nach der allgemeinen Regel in dem Wohnbezirk zu zählen;
b) ist dieser nicht bekannt oder hatte der Verstorbene keinen festen
Aufenthalt, so ist der Ort des Unfalls maßgebend, falls er be-
kannt ist;
0) ist dies nicht möglich, so ist der Sterbeort in Betracht zu ziehen,
. falls er bekannt ist; und wenn auch dieser nicht ermittelt wird,
der Ort, wo die Leiche gefunden worden ist.
Der übrige Inhalt des Merkblattes erörtert hauptsächlich die geschäft-
liche Behandlung der Formulare für die Umschreibungen nach auswärts (Out-
ward Transfers). Das Verfahren liegt in den Händen der beamteten Arzte.
Tagesgeschichtliche Notizen.
@lachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Der Bedeutung des deutschen Roten Kreuzes für die Volks-
gesundheit widmet Min.-Dir. Prof. Dr. Dietrich in der „Volkswohlfahrt“
einen Artikel. Die ursprünglich zur Kriegskrankenpflege bestimmten Vereine
mußten ihre Helfer und Helferinnen im Frieden bereits ausbilden, ihnen
Kenntnisse und Übung und sich selbst Rüstzeug verschaffen. So entstanden
die verschiedenen Rote Kreuz-Männer- und -Frauenformationen. Zum Schutz
des Roten Kreuzes als Abzeichen ist in Deutschland durch Gesetz von 1902
nur den Vereinen und Gesellschaften die Erlaubnis zur Führung des Roten
Kreuzes erteilt worden, die sich der Krankenpflege widmen und für den
Kriegsfall zur Unterstützung des militärischen Sanitätsdienstes zugelassen
worden sind. Durch die Beschränkung des Versailler Vertrages war es
nötig, die Bestimmungen dahin abzuändern, daß nicht die Unterstützung
des militärischen Sanitätsdienstes, sondern die des amtlichen Sanitäts-
dienstes für die Zeit öffentlicher Notstände und innerer Unruhen vorgesehen
war. Zu diesem amtlichen Sanitätsdienst gehören vor allem die öffent-
liche Krankenfürsorge, die Seuchenbekämpfung und die Gesundheitsfürsorge.
Außerordentlich wichtig ist aber auch die Belehrung der Bevölkerung und
daher hat sich die Zentralstelle des Roten Kreuzes auch zum Unterricht
des Volkes in sozialhygienischen Kursen entschlossen. Endlich soll das
deutsche Rote Kreuz in internationalem Zusammenwirken mit den anderen |
Kulturstaaten im Interesse der Gesundheit der Völker tätig sein.
Eine Übersicht über die meldepflichtigen Infektionskrank-
heiten im deutschen Reiche, die von den Landesregierungen dem Reichs-
gesundheitsamt gemeldet wurden, ist von diesem für das Jahr 1923
zusammengestellt worden, Fast alle Erkrankungen sind erheblich zurück-
gegangen, so die Diphtherie um etwa 6000 Fälle, Kindbettfieber von 6422
auf 5592, Körnerkrankheit (Trachom) von 1522 auf 1192, Scharlach um
über 5000 Fälle, Trichinose von 110 auf 25 Fälle; nur der Unterleibstyphus
übertraf mit 13162 Erkrankungen die Zahl des Vorjahres (10 993). In
Preußen brachen einige große Typhusepidemien aus, so die Wasserleitungs-
epidemie in Alfeld, die Milchepidemien in Insterburg und Altona, die
Kontaktepidemie in Groß-Ammensleben und die auf Infizierung von Nahrungs-
mitteln durch eine typhuskranke Verkäuferin zurückzuführende Epidemie in
konnte die Erkrankung in keinem dieser Fälle auf Mängel des Gefrier-
28. September
Celle. Auch die Tollwut vermehrte sich, auf 65 gegenüber 52 Fällen. Für
die Encephalitis lethargica liegt noch keine Vergleichsmöglichkeit vor; sie
wurde im Jahre 1923 in 271 Fällen gemeldet. À
Das Reichsgesundheitsamt teilt ferner in seinen Veröffentlichungen
mit, daß im Jahre 1923 aus dem Reich 61 Fälle von Fleischvergiftungen
mit 3039 Erkrankungen und 20 Todesfällen gemeldet worden sind. Die
meisten Erkrankungen traten nach dem Genuß von Pferdefleisch auf, un-
gefähr halb so oft führte der Genuß von Rindfleisch zu Vergiftungen; in
ganz seltenen Fällen der von Kalb-, Schweine- oder Ziegenfleisch; fast
ebenso groß wie die Zahl der Erkrankungen naoh Pferdefleisch war die
nach Wurstgenuß. 590/ aller Krankheitsfälle waren auf den Genuß von
rohem Hackfleisch zurückzuführen, das meistens von Notschlachtungen
stammte. Es sollte daher die Herstellung von Hackfleisch aus Notschlachtungs-
fleisch grundsätzlich verboten werden. Die Zeit der Fleischvergiftungen
war ausschließlich die der Sommermonate von Juni bis September. In 87
von den insgesamt 61 Fällen von Fleischvergiftung wurde eine nachträg-
liche Infektion des Fleisches festgestellt oder vermutet. 4mal wurde der
Bazillus Botulinus nachgewiesen. Bei weitem am häufigsten waren Paratyphus
B-Bazillen; in 3 Fällen war die bakteriologische Untersuchung von negativem
Ergebnis. Obwohl in 4 Fällen bei der Herstellung von Würsten oder Fleisch-
gerichten, die zur Vergiftung führten, Gefrierflieisch verwendet worden war,
fleisches zurückgeführt werden.
Die vom preußischen Ministerium für Volkswoblfahrt unter dem
1. September 1924 verfügte neue Gebührenordnung für approbierte
Ärzte und Zahnärzte enthält kaum Veränderungen, nachdem die Sätze
der letzten Gebührenordnung (vom 25. Februar 1924) durch die Verordnung
vom 25. April 1924 allgemein um 1/, erhöht worden waren. Es bleibt die
Verpflichtung der Ärzte bestehen, bei der Behandlung auf Kosten von
Krankenkassen einen Rabatt von 200/ auf die Sätze der Gebührenordnung
zu gewähren..
Periodische ärztliche Untersuchungen gesunder Personen
werden in den Vereinigten Staaten sehr erstrebt und vielfach durchgeführt.
Über 91 derartige Untersuchungen an Ärzten, Mitgliedern der Medizinischen
Gesellschaft von Kings County wird in The Journal of the American Medical
Association berichtet. Bei Arzten wurden danach fast alle Abweichungen
von dem normalen körperlichen Befinden, die erwartet werden konnten,
auch gefunden. Trotzdem war ihr Gesundheitszustand im Vergleich zu
dem anderer Gruppen gleichaltriger. Menschen günstig. Möglicherweise ist
das auf das Fehlen von Zabnkrankheiten und Verdauungsstörungen zurück-
zuführen. Hypotonie war häufig, vielleicht fehlte bei Ärzten das den Blut-
druck erhöhende nervöse Moment. Ein untersuchter Arzt konnte seinen
Druck durch Rauchen einer Zigarette um 30 mm erhöhen. Das relativ
günstige Ergebnis bei Ärzten mag darauf zurückgeführt werden, daß sie
nach den von ihnen gepredigten Lehren auoh lebten.
Das deutsche Kriegerkurhaus in Davos-Dorf, Schweiz, das
unter der Leitung von Dr. Burkhardt steht, hat die Ermächtigung zur
Annahme eines Medizinalpraktikanten erhalten. Die dortige Tätigkeit
wird bis zur Dauer von 6 Monaten auf das praktische Jahr angerechnet,
aber nicht für die der inneren Medizin gewidmete Zeit. Die Praktikanten
haben vorher die Genehmigung der für die Erteilung der Approbation zü-
ständigen obersten Landesbehörde einzuholen.
Zürich. In einer Volksabstimmung am 31. August wurde die Initiative
für ein Verbot der Vivisektion mit 62641 gegen 27791 Stimmen abgelehnt,
' Düsseldorf. Am 19. d. M. verschied plötzlich an den Folgen eines
schweren Herzleidens der leitende Arzt der-Inneren Abteilung des Evangel.
Krankenhauses Dr. Preyß, ein Schüler von Lenhartz und v. Krehl.
Erlangen. Die medizinische Fakultät veranstaltet vom 18. bis 18.
Oktober einen Fortbildungskursus für praktische Ärzte.
nur eine Einschreibegebühr von M. 10.— erhoben. Anmeldungen und
Auskünfte nimmt das Ambulatorium der medizinischen Klinik entgegen.
Im Allgemeinen Krankenhaus Eppendorf und in der Heilstätte
Edmundsthal-Siemerswalde (Geestbacht, Bez. Hamb
urg) wird vom 26. Ok-
tober bis 1. November ein Tuberkulosekurs veranstaltet. Der erste
Teil (Sonntag bis Mittwoch) findet in der Heilstätte statt; daselbst erhalten
die Teilnebmer Unterkunft und Verpflegung gegen
Erstattung der Selbst-
kosten (täglich 3 M.). Die weiteren Kurse werden im Eppendorfer Kranken-
hause gehalten; hier wird auf Wunsch billige Unterkunft vermittelt. Die
Teilnahme ist unentgeltlich; Einschreibegebühr 5 M. Stu
ndenplan durch
Prof. Brauer (Hamburg-Eppendorf) oder Dr. Ritter (Geesthacht, Bez.
Hamburg).
Die 5. Tagung der Niedersächsisohen Vereinigung für innere
Medizin und Kinderheilkunde findet am 1. und 2. November in
Hildesheim statt. Auskunft durch den Vorsitzenden, Geheimrat Rein-
hold, Hannover, Städtisches Krankenhaus.
Es wird
Hochsohulnachrichten. Bern: Der Privatdozent für Geburts
hilfe und Gynäkologie Max Steiger 44 Jahre alt gestorben. — Erlangen:
Privatdozent Konrad Schübel als Nachfolger von Prof. R. Heinz zum
Extraordinarius der Pharmakologie ernannt. — Wien:
Den Privatdozenten
August Reuß (Kinderheilkunde), Martin Pappenheim (N
eurologie un
Psychiatrie), Joseph Novack (Geburtshilfe und Gynäkologie) und Karl
Lindner (Augenheilkunde) der Titel ao. Professor verliehen.
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
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Aus der II. Inneren Abteilung des Städt. Krankenhauses im Friedrichs-
hain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. Paul:Friedrich Richter).
- ; ‚Über Insulinbehandlung hepatargischer Zustände.
Von Prof. Dr. P.'F. Richter, Berlin.
“Die auffallende. Vermehrung hepatargischer ‚Zustände in den
E letzten Jahren, speziell in ihrem Kulminationspünkt, der akuten Leber-
_ atrophie,ist eine Tatsache, die pathologischen Anatomen und.KRlinikern
geläufig ist, und die einer Diskussion heute nicht mehr: bedarf.
k An Erklärungsversuchen für diese verminderte : Resistenz des
Leberparenchyms gegenüber : Einflüssen . hat ‘es
nicht gefehlt.
Freilich fehlt dafür. noch der stringente Beweis. Einmal: ist
der sichere Nachweis noch nicht geführt, daß mit. der Atrophie
(der Leber auch ein Glykogenschwund einhergeht, 'der nicht als der
gewöhnliche “postmortale zu deuten ist. Umber bezieht ‘sich auf
Untersuchungen von Kimura; bei denen in einer subakut ätrophi-
schen Leber,“ die 2 Stunden -nach Eintritt des Todes untersucht
wurde, in den zu Grunde gegangenen Leberzellen überhaupt kein.
Glykogen nachzuweisen“ war, sondern nur in einigen regenerierten
Zellenkomplexen.' Und in, zwei unmittelbar nach dem’ Tode durch.
fallende Glykogenarmut demonstrieren. Dabei war der Leber bis
' Wege erfolglos ‚bleibt, so eröffnet sich vielleicht eine neue Möglich-
| Adtenalins müßte
in verhältnismäßig kurzer Zeit eine fast völlige Ausschüttung der
N
zuletzt reichlich Kohlehydrat zugeführt worden.
Größere Untersuchungsreihen stehen noch aus. en
-Und andererseits ist es bisher auch nicht geglückt (Umber),
eine Glykogenfixation in der Leber (etwa durch Lävulosezufuhr) zu
erzielen und damit den Verlauf günstiger zu gestalten. .' '
‚Wenn. so die einfache Zufuhr von Glykogenbildnern auf oralem.
‚keit, das Haften des ‚Glykogens in der Leberzelle zu erzielen durch
e Beziehungen des Insulins zur Glykogenbildung und. zur Gly-
kogenlixation. Se Ä | Zu |
Wie steht es. damit? | ae e a i
der kurzen Zeitşpanne seit Entdeckung des Insulins '
existiert gerade -über diesen Punkt schon eine große Menge Ex-
perimente in der Literatur, die freilich nicht eindeutig sind. |
Die Auffassung des Pankreashormons als eines Antagonisten des.
ja von vornherein eine Beziehung zum Glykogen
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Wochenschrift für praktische
Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft
Verlag von
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Insulinbehandlung
Leber in der Regel sehr glykogenarm- ist,. nach
hohe Glykogenwerte in. der Leber. : .- . se Tote Me
- | Ahnlich. fanden Allen-und Sherik bei einem. Coma. diabeti-
cum, das mit Insulin behandelt wurde, -höhere Glykogenwerte in der
Leber; das gleiche. gab Campbell an. © = 0
nur beim: diabetischen Organismus . stattfinde. Marrien und
Dudley, Staub .u. a. konnten. beim hungernden Tier und bèi
Normaltieren,: die sofort nach dem ; Auftreten |
stände verarbeitet wurden, keine Vermehrung der Glykogenbildung,
sondern: sogar eine Verminderung des
treten der hypoglykämischen Krämpfe
den Glykogengehalt herab. . ‚Wartet man ihr Eintreten nicht ab, und
sorgt man dafür, daß “durch Traubenzuckerdarreichung dem ` Or-
ganismus : genügend Material. zur Verfügung steht, ‘dann nimmt, wie
Oollazzo, Haendel und Rubino mit aller Bestimmtheit nach-
bildnern beim Hungertier, große Insulingaben mit Auftreten . hyper-
slykämischer Krämpfe), wie erwähnt, überhaupt nicht geeignet, die
ist die ganze Frage auch nur nach quantitativen Gesichtspunkten
zu entscheiden, d. h. sie st |
Dosen, wie sie beim normalen Tier gegeben worden sind, . wirken
wahrscheinlich auf den gesamten Kohlehydratstoffwechsel,. indem sie
alle Regulationsmechanismen ausschalten, anders ein, als die kleineren `
‚gleichgültig, welches die Gründe sind: Ob die Glykogenbildung
wird, ist wohl für die Theorie
der Insulinwirkung beim Diabetes: wichtig, nicht aber für die bloße |
Registrierung eines Schutzes des Glykogenbestandes.
„Notwendig: ist ‚aber ein gewisser Zuckergehailt der ‘Leber,
den beim Hungertier vorhandenen ‘überschreiten muß: Nach den
Versuchen yon. Cori bildet die Leber nach Kohlehydratzuführ nur i
beträgt. Das Insulin
Glykogen, wenn der Leberzucker über 0,36 %
hypoglykämischer Zu-
| Glykogengehaltes feststellen.
Aber diese Versuche sind ` nicht ganz stichhaltig. Denn. das: Auf--
setzt an und für sich schon .
in Leber und
Muskeln nach Insulinwirkung um 50— 70 %/o gegenüber der Norm zu.
Möglichkeit .einer Glykögenanreicherung zu entscheiden. Dann aber.
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Demgegenüber: ist. behauptet worden, daß diese Glykogen-
speicherung nach gleichzeitiger Darreichung von Glykose und Insulin.
der. .
fördert dagegen die Glykogenhildung derart, daß schon bei viel
geringerem Zückergehalt ein Glykogenansatz erreicht wird. ` |
Unter bestimmten .Kautelen hat also das Insulin eine Schutz-
wirkung auf das Glykogen, vor allem da, wo die Glykogenbildung
gefährdet oder seine Zerstörung befördert wird. Das läßt sich: ex-
perimentell zeigen: Das Insulin hindert, wenigstens bis zu einem ge-
wissen Grade, die Glykogenausschüttung in der Leber nach Adrenalin
(Noble,.Macleod usw.), und zwar wahrscheinlich durch: die Bil-
| dung von Intermediärprödukten, aus denen der Organismus .je nach
Bedarf. wieder‘ das Glykogen aufbaut. Es hebt (Brugsch)..zwar die
diastatische Wirkung in der Leber nicht auf, aber es‘ bewirkt die
. oxydative Synthese zu Glykogen. | ee ae ee
_ ` Wir haben nun von den kurz skizzierten Gesichtspunkten’ aus,
‘das Insulin bei’ verschiedenen "schweren Fällen ` akuter ‘Hepatargie
‘
Wahrscheinlich: erscheinen lassen. Bekanntlich bewirkt das
Tenalin, wie ich zuerst durch Wolownik habe nachweisen lassen,
Ykogenbestände in der Leber, wie wir sie in gleicher Intensität
nur beim Hungertier oder nach Strychnin kennen. In der Tat fand
auch Macleod beim pankreas-diabetischen ‘Hunde, bei dem die
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angewendet. Wir haben. absichtlich nur solche ausgewählt, da bei }
den mehr chronischen Formen, wie.wir heute wissen. eine gewisse
` spontane Heilungsmöglichkeit besteht und auch ein eventueller Er-
folg nicht beweisend gewesen wäre. .
. Wir möchten von vornherein bemerken, daß es in keinem
Falle möglich gewesen ist, eine Heilung zu erzielen. Bei mehreren
Patienten war auch eine Beeinflussung des Verlaufes nicht zu kon-
statieren. Ein Fall jedoch verlief unter der Insulinbehandlung der-
artig merkwürdig, daß dem Insulin eine Einwirkung nicht abge-
sprochen werden kann, und zwar eine Einwirkun
und der Richtung obiger Ausführungen liegt.
. Die Krankengeschichte' ist folgende: ` `. |
£ 44jährige Patientin,. bei. der anamnestisch. kein
heiten von Belang, speziell keine luetische Infektion vorliegen soll,
ist etwa 3 Wochen vor der Aufnahme an Gelbsucht erkrankt; soll
nach Aussage der Angehörigen immer matter und teilnahmsloser ge-
worden sein und wird am 27. Februar
mit schwerer Gelbsucht völlig
bewüßtlos ins Krankenhaus eingeliefert. ` £
Status bei der Aufnahme: Frau in mäßigem Ernährungs-
zustande. Haut und Schleimhäute dunkelgelb. : Völlige Bewußtlosig-
keit mit schwerer psychomotorischer Unruhe,. die sich zeitweise zu
Jaktationen und Konvulsionen steigert. Sehr ausgesprochener Foetor
hepaticus. Hautblutungen. Leberdämpfung kaum perkutierbar. Lieber
auf Druck schmerzhaft. ' Urin: Leuzin.und Tyrosin positiv, zahlreiche
hyaline Zylinder und Zylindroide. Erhält 50 Einheiten Insulin mit
80 ccm einer 400 igen Traubenzuckerlösung intravenös. Während im
Laufe des Nachmittags eine Veränderung im Zustande nicht ersicht-
lich ist, ist Patientin am 28. Februar früh aus’ ihrer Somnolenz er-
wacht und fast völlig klar. Sie antwortet auf die an sie gerichteten
Fragen über ihre Familienangehörigen und gibt auch anamnestische
Daten über ihre Krankheit an. Die psychomotorische Unruhe besteht
noch, wenn auch in geringerem Grade fort. Gegen Mittag
verlangt von selbst Nahrung. G
Zustand,
Der Urin enthält zablreiche Tyrosin-, weniger zahlreiche
1. März.
röse Zustand dauert fort. Wiederholt Krampfanfälle.
8. März. Patientin ist aus ihrem Koma erwacht. Be-
antwortet die an sie gerichteten Fragen; nimmt spontan
Nahrung zu sich. Hin und wieder noch Zustände von psycho-
motorischer Unruhe. Insulineinspritzung wie an den Vortagen.
4. März. Patientin ist völli
ins Einzelne gehende genaue
Jaktationen.
5. März.
6.März. Allmählich zunehm
nicht mehr erwacht. Exitus.
Aus dem Sektionsbefund: (Professor Pick) Leber wiegt
7500. Maße: 29X21X4cm. ‚Sehr schlaff und -weich, mit scharfen
Rändern. Oberfläche mit gelben, vortretenden, verschieden großen und
verschieden geformten Buckeln. Das Gewebe zwischen ihnen ist rot,
eingesunken, derb. Schnittfläche von gleicher Art: Vorstehende opak-
gelbe Herde mit dazwischen liegendem festerem Gewebe, das hier teil-
weise graugrün ikterisch verfärbt ist.
Gallenblase und Gallenwege frei. In der Gallenblase drei Kalk-
konkremente.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. &.
g, die in dem Sinne
o früheren Krank-
wird. die
Patientin wieder schläfriger, der Zustand geht in völligen Sopor über.
Nachmittag erneute Injektion von 50 cem Traubenzucker mit 40 Insulin.
29. Februar. Patientin spricht völlig geordnet und gibt
auf Fragen richtige Auskunft. . Sie erkennt den Arzt und
ie Mittag setzt der soporöse
nur durch Jaktationszustände unterbrochen, wieder ein.
Tıeuzinkristalle.
70 Einheiten Insulin nebst 80 cem intravenöser Trauben-.
zuckerzufuhr sowie Traubenzucker per os. Ebenso 2. März. Der sopo-
bei Bewußtsein, macht bis
‚Angaben über den Verlauf ihrer
Gelbsucht, unterhält sich mit den Ärzten, nimmt spontan Nahrung zu
sich. Zufuhr von Lävulose, die aber erbrochen wird. 20 Einheiten Insulin.
Am Nachmittag wieder Trübung des Sensoriums und Einsetzen der
Patientin ist aus dem benommenen Zustande
wieder erwacht, macht aber nicht den frischen Eindruck, wie an
den beiden Vortagen, schläft in der Unterhaltung mehrfach ein. 10 Ein-
heiten Insulin (nur kleine Dosen, weil der per os eingeführte Zucker
erbrochen wird und es nicht mehr gelingt, intravenös Traubenzucker
einzuführen). Am Nachmittag wieder Benommenheit, schwerste
motorische Unruhe. | |
endes Koma, aus dem Patientin
5 Oktober
Leberzerfall mit den Erscheinungen der Hepatargie immer wieder
‘ aufgehalten wird, ein Spiel zwischen Toxin- und Antitoxinwirkung,
. bei dem schließlich die erstere die Oberhand gewinnt.
der Fall ist, ist bei. den schweren pathologisch-anatomischen
- Schädigungen, die die Autopsie aufdeckt, nicht zu verwundern, viel
wunderbarer, daß der Zusammenbruch so lange aufgehalten werden
konnte.
Daß dies
Zumal wenn man die Schwierigkeiten der kombinierten
Traubenzucker-Insulinbehandlung ermißt, bei der auch das Dichter-
wort gilt, daß leicht bei einander die Gedanken wohnen, aber hart
im Raume sich die Dinge stoßen. . Denn die theoretische Forderung,
auf diese Weise den Glykogenbestand der Leber zu erhalten, stößt
| deswegen in praxi auf so große Schwierigkeiten, weil es bei dem
| Zustande der Verdauungsorgane kaum gelingt, auf die Dauer größere
. "Traubenzucker-. oder .noch , besser Läyulosemmengen per os zuzu-
führen, der rektale Weg zu wenig wirksam und auch der intra-
venöse durch Verödung der Venen allmählich verschlossen wird.
Aber gerade bei der Insulinwirkung ist die genügende Zuckerzufuhr
unserem Falle ergab die. Blutzuckeruntersuchung in den Tagen zu-
reichender Zuckerzufuhr Werte, die nicht unter 0,06°/, herunter-
gingen, während ar den beiden letzten Tagen: der Blutzuckerwert
unter 0,05°%, lag. Es ist die Vermutung nicht von der Hand u
weisen, daß bei den Jaktationszuständen der letzten Tage neben
dem hepatargischen auch der hypoglykämische Zustand eine Rolle
gespielt hat. Wenn sich so der Therapeut zwischen der Skylla des
autolytischen Leberzertalles einerseits und der Charybdis der Hypo-
glykämie andererseits hindurchwinden muß, so geht daraus schon
die große Schwierigkeit hervor, das Lebensschifllein des Patienten
vor dem Scheitern zu bewahren. Und es wird noch vielfacher
tastender Versuche bedürfen, um die Insulindosen im Verhältnis:zu
den' eingeführten Kohlehydraten so abzustimmen, daß sie statt der
erwünschten Glykogenfestigung nicht vielmehr eine unerwünschte
. Ausschüttung des Glykogens zur Folge haben.
Wird nun aber das Glykogen durch das Insulin in der Leber
wirklich festgehalten? Auf diese für unsere ganzen Deduktionen
grundlegende Frage gibt nun in der Tat unser Fall eine unzwei-
deutige Antwort. Die Untersuchung der sofort nach dem Tode
herausgenommenen Stückchen von Leber nach Best, die im patho-
logisch-anatomischen Institute (Prof. Pick) vorgenommen wurde,
ergab im Gegensatz: zu den oben zitierten Befunden von Verse
einen bedeutenden Gehalt von kleintropfigem und mittel-
tropfigem Glykogen in den Leberzellen. . Auch die Muskeln
enthielten zahlreiches Glykogen. Und dasselbe war bei einem
zweiten Fall von akuter gelber Leberatrophie der Fall, der nur
zwei Tage einer Insulinbehandlung unterzogen war. Damit ist die
Möglichkeit einer Glykogenie nach Insulindarreichung bei akuter
Leberatrophie bewiesen.
Inwieweit daraus praktische‘ Konsequenzen für die Be-
handlung abzuleiten sind, müssen weitere Beobachtungen lehren.
Immerbin ermutigt die Tatsache, daß in einem ganz aussichtslosen
Falle akuter Atrophie eine derartige Modifikation des Verlaufes und
temporäre Besserung eingetreten ist, doch zu weiteren Versuchen,
namentlich bei den mehr chronischen Formen und speziell pro-
phylaktisch da, wo bei längerem Verlaufe eines Ikterus das Pro-
dromalstadium einer Atrophie nicht auszuschließen ist.: Eben aus
diesem Grunde scheint mir der Fall trotz des schließlichen Miß-
erfolges der Therapie doch der Veröffentlichung wert. Theoretisch
‘sind Fälle, wie der mitgeteilte, ein weiterer Beweis für die Be-
ziehungen des Insulins zur Glykogenbildung in der Leber und damit
zum Studium des Mechanismus der Insulinwirkung überhaupt.
Vielleicht kann die letztere gerade auf diesem Wege eine Klärung
erfahren. Schon vor Jahren hat Frank darauf aufmerksam gemacht, `
daß es zwei Typen von Glykogenschwund gibt: Die eine, wie nach
Adrenalin, Pankreasexstirpation usw., bei der eine Hyperglykämie ein-
tritt, und die andere nach Vergiftungen, besonders aber nach
ein , dringendes Gebot wegen der Gefahr der Hypoglykämie. In
Mikroskopischer Befund: Typisches Bild der akuten
p
Atrophie. Reichliche Gallengangswucherungen, Leberzellen in ausge-
schweren Leberschädigungen, wie der Phosphorvergiftung, bei der
dehnter Fettmetamorphose. .
der Blutzuckergehalt sich nicht ändert. Hier wird in der Leber-
zelle nicht Traubenzucker, sondern Milchsäure gebildet, die auch im
Harn zur Ausscheidung gelangt. Ähnliches ist auch bei der akuten
Leberatrophie der Fall. Die Verfolgung des Milchsäuregehaltes von
Blut und Urin bei insulinbehaudelten Leberatrophien verspricht
r
= Resümieren wir, so haben wir einen Fall schwerster akuter
gelber Leberatrophie mit einem Verlaufe, wie er wohl kaum je beob-
achtet worden ist. Es ist ein fast 8 Tage dauerndes dramatisches | gerade für die Kenntnis des Stoffwechsels in der Leberzelle ‚unter
Wechselspiel zwischen tieister Bewußtseinsstörung und völliger
Klarheit, bei dem man den Eindruck hat, daß unter dem Einflusse
dem Einflusse des Insulins und damit auch für das „hepatische“
| Problem des Diabetes wertvolle. Aufschlüsse, wie ‚hier nur ah-
der Insulin-Traubenzuckerbehandlung der fortschreitende autolytische . |
deutungsweise bemerkt werden soll. 7
ee
5° Der prinzipielle Unterschied meines Überhäutuugsverfährens :
von. denen Reverdins, Thierschs und v. Mangoldts.ist der, daß `
"das: Transplantat nicht auf die Wund- oder. Granulations- |
-- fläche aufgelegt, sondern —- wie Pflanzensetzlinge — in die.
. Tiefe der Granulationsmasse tatsächlich. eingepflanzt. wird. |
. ‚und’daß deren anregende und heilende Kräfte für die Heilung voll-
. ständig ausgenutzt werden. | | | |
| gesetzt ‚worden wäre. Im Laufe der. Zeit wird auch an solchen
.
y
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-` ‘hain iù Berlin (Direktor: Prof. Dr. W. Braun).
... - ‚Dauerergebnisse der Hautpfropfung. _
2,0%. Von Prof. Dr. W. Braun, Berlin. —
`. In Ergänzung meiner Veröffentlichungen aus den J
der von mir: angegebenen "Methode der Hautpfropfung abgeben.
Die Dauerhaftigkeit des Erfolges konnte von mir an
‚einer großen Reihe, zum Teil .8—4 Jahre - zurückliegender Fälle
- bei. der Nachuntersuchung festgestellt werden. .Den besten Prüf-
.. ‚stein für den ‚klinischen Wert des .Verfahrens:geben ausgedehnte
-- Verbrennungen des Körpers und zirkuläre Ablederungen |.
der Haut der Glieder. Daß man auch in den. verzweifeltsten
. Fällen dieser Art die vollständige Überhäutung der allergrößten |
Wundflächen mit Sicherheit erzwingen kann, habe‘ich bereits wieder-
holt zeigen können: Daß die so gewonnene ‚Haufdecke weit-
gehenden Anforderungen auf die. Dauer genügt, ließ sich nach
‚Jahr-und Tag feststellen.. Daß alles darauf ankommt, die Granu- |
lationen möglichst frühzeitig, d. h. vor. Eintritt stärkerer narbiger
Schrumpfüng, -zu epidermisieren, fanden wir bei der Untersuchung
- der alten ‘Fälle bestätigt: Es besteht ein -ziemlich gesetzmäßiges
~ Jationen: zuweilen eine.keloidartige Verdickung, gitterlörmiges oder
‚pockenartiges Aussehen, ohne daß dadurch die Widerstandsfähigkeit _
Verhältnis zwischen der Dauer des Überhäutungsprozesses und der
Güte des Enderfolges. Flächen, deren Überhäutung schnell, d.h.
etwa 5—8 Wochen nach der ersten Pfropfung, gelungen war,
..zeigen Häufig eine Hautdecke von fast normalem Aussehen. mit
den . Eigenschaften (Weichheit, Verschieblichkeit und Dehnbarkeit)
normaler Haut.: Ein gutes kosmetisches Ergebnis lieferte z. B. ein
Fall von. schwerer Verbrennung der Stirnhaut. Bei Defekten im.
- :Bereich-der ‚behaarten ‘Kopfhaut erzielt man eine Haut, die: der
‚der 'atrophischen Glatzenhaut ähnelt. In andern Fällen fanden sich
gewisse Schönheitsfehler: Neigung zur Schuppung, Trockenheit,
‚braune Pigmentierung, Blässe, Zyanose, Welkheit u. a. Im Gegen-
satz dazu zeigen Stellen, an denen die Epidermisierung erst verspätet
erzielt wurde, infolge .der vorgeschritteneren Schrumpfung. der Granu-
und Funktionstüchtigkeit der Haut für gewöhnlich wesentlich herab-
Stellen die Haut weicher und verliert ihren keloiden Charakter.
| u ‚Solche immer, nur auf kleinere Teile des ursprünglichen :Defekts
beschränkte Störungen des Überhäutungsprozesses beeinträchtigen
.. geblieben.
die Güte des.Endergebnisses sehr wenig. Sogar bei vollständigem
Verlust der Haut an der Beuge- und Streckseite des Ellenbogen-,
Khie- und ‚Handgelenks sind deshalb Kontrakturen, die die Funktion
des _Gelenkes `- in nennenswertem Maße herabgesetzt hätten, aus-
leben. Züm Beispiel war die neugebildete Haut in einem. bereits
erwähnten Fall von schwerer Totalablederung.der Armhaut!) 31/, Jahre
-nach der Verletzung. an der Streck- und Beugeseite des Ellenbogen-
gelenkes_ verschieblich, elastisch und auch über dem.Olekranon ab-
hebbar: Eine mäßige Beugehemmung ist hier durch die gleichzeitige
E Schädigung “des Bewegungsapparats bedingt. Die Haut zeigte in
uen derartigen Fällen trotz der erhöhten Inanspruchnahme keinerlei |
Neigung zu Rhagaden oder. Geschwürsbildung. Im Gegensatz zu diesen
günstigen Ergebnissen. bei rechtzeitiger, planmäßiger Pfropfung steht
| eine Beobachtung von totaler Ablederung: der Kniegelenksgegend bei
&inem Ajährigen Knaben. Hier war es trotz mehrfacher, von anderer
seite ausgeführten Thierschscher Transplantationen nicht gelungen,
Hi Ausbildung einer schweren Beugekontraktur und schwerer zirku-
er narbiger Einschnürung des Gliedes zu verhindern und den
E Defekt an der Streckseite zur Überhäutung zu. bringen. Verspätete .
„suche mit ‚Piropfung und Lappenplastik scheiterten an der Starr-.
oe S narbigen Untergrundes., Der unbefriedigende Zustand er-
a ‘vor einem Vierteljahr bei dem jetzt 9jährigen Knaben die:
ron des subluxierten, im übrigen intakten Gelenks (Abb.1).
) Siehe früh, Veröffentl. M. KI. 1921, Abb. 5—7.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. `
<- Abhandlungen.. . -
“Ein großer, nach der. Durchtrennung des Narbengewebes in der Knie- . + kan
| kehle entstandener Defekt wurde durch einen ungestielten Hautlappen. -f en
| nach Krause gedeckt, die durch eine sekundäre Gangrän vergrößerte -Prti
| ulzeröse: Fläche: an’ der Streckseite durch Hautpfropfung: beseitigt: In = = ©, pirties
. diesem Fall hat.es also jahrelanger, für. den -Patientien qualvöller | |.. kön:
‚therapeutischer Maßnahmen.bedürft, um ein einigermaßen. brauchbares ` `- .-. . fi“;
Glied. zu gewinnen (Abb: 2). und die bei derartigen schweren Ab- . ... RoT:
lederungen früher häufig notwendigen ‚Amputationen:zu umgehen. pi:
Bei frübzeitiger: Pfropfung hätte sicher ‘die Funktion des Kniegelenks © .: ' fr.
us der I. Chirurgischen ‘Abteilung des Krankenhauses im Friedrichs-
ne ahren 1920 (2)
und:.1921 (3) kann ich-heute nach mehr als vierjähriger Erfahrung |
"ein. abschließendes Urteil über: den Wert und’ die Verwendbarkeit |
. vorherige Schaffung einer guten. Granu- pm
lationsdecke über den Knochen. Wo.
. sie sich nicht von selbst bildet, ` muß
‚ihr Wachstum, — insbesondere auch in
des Knochens unterstützt werden. Ich -
-liegenden Fall . von schwerer Ab-
' nur völlige Vernarbung, sondern auch
völlig freie Beweglichkeit des. Fuß-
‘gelenks unter Ausschluß von Spitz-
dußstellung erzielt wurde. Allerdings‘
ist hier die Haut zur: Zeit noch über
guten‘ fast A Jahre zurückliegenden
Jungen mit schwerster Kniegelenksver-
-letzung und weitgehender Entblößung
- der Oberschenkelkondylen?2). Gelegent-
plizierten Gelenkverletzung notwendig
gewordenen -Nachresektion. konnte ich
feststellen, daß auch die den Knochen |
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3 %
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erhalten und die.Beugekontraktur vermieden werden können. -
iu va es ia iy , > l ` | . ` Abbildung 1. = E, > ` A
| Kontraktur des Koiögelenkes. Ulkus übər:der Patella. `
x zn u .
, - P [4
AN In mehreren der nachuntersuchten ‚Falle war 'die Sensibilität:
vollständig wiederhergestellt, andere Male war. sie noch herab- `
gesetzt; ab und zu bestand direkt Überempfindlichkeit. Daß iban `.
auch bei ausgedehnter Bloßlegung von Knochen gute Dauer- `
achtungen. ‚Voraussetzung für ein be-
friedigendes:Ergebnis’ist allerdings die
Abbildung 2. -
alten Knochenhöhlen oder über sklero-
sierter Kortikalis — durch Anfrischung
möchte hier-auf einen. 1!/, Jahre zurück- .
quetschung der Hacken- und Fersen-.
weichteile hinweisen, in welchem nicht
dem Kalkaneus‘ gespannt und etwas
gerötet, in ihrem untern Abschnitt stark .
verhornt. Weiter .erwähne ich einen -
Dauererfolg. bei einem jetzt 16jährigen
lich einer; infolge der schweren kom-
Der gleiche Fall wio Abb.1 nach
der Resektion und Pfropfung.
4
unmittelbar bedeckende Haut trotz einer gewissen Starrheit wider-
standsfähig war und sich gut nähen ließ (Abb: 3 u. 4). Sehr be-
‚währt hat sich mein Verfahren auf die Dauer auch bei schwerer: :
Zertriämmerung der Glieder. Hinweisen möchte ich auf einen '
Fall von schwerer komplizierter Zertrümmerungsfraktur des Unter-.
schenkels mit gleichzeitiger weitgehender Zerstörung der Mus-
kulatur und Haut. ‘Hier ist jetzt — nach Jahren — ein sehr gutes
funktionelles und kosmetisches Resultat zu verzeichnen. Nach meinen '
Erfahrungen hätte dieses Glied: früher amputiert werden müssen.
2) Siehe früh. Veröffentl, M. Kl. 1921; Nr. 14.
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. ergebnisse erzielen kann, lehrte uns eine weitere Reihe von Beob- > . Eins
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1934 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
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5. Oktober i
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In einer Reihe von Fällen konnten wir. die Ausdehnung der | die totale Exstirpation des dicken kallösen: Geschwürsgrundes zu-
Amputation einschränken, weil wir wegen der Möglichkeit der |.rückgreifen müssen, um die neu geschaffene Wundfläche entweder
nachträglichen Pfropfung auf die Bildung ausreichender Hautlappen | sofort mit ungestielten Lappen nach F. Krause?) zu decken oder
verzichten konnten. Wir haben uns z. B.'bei Fußzertrümmerung | nach Züchtung einer frischen Granulationsdecke möglichst bald
auf die Abtragung der unmittelbar zerstörten Teile und die Wund- | zu überhäuten. Die Kombination -von ausgedehnter, tiefgreifender.
versorgung beschränkt und auch große Defekte mit Hilfe der Piropfung Ausrottung des Geschwürsgrundes und möglichst baldiger Pfropfung
, = E hat sich auch in einigen. Fällen von schwerer Röntgenverbrennung
‚ Abbildung, 3. FE | bewährt. Schließlich sei der Vollständigkeit wegen die Abkürzung
—— ‚des Vernarbungsprozesses durch die Pfropfung bei granulierenden
. Wunden und Geschwürsflächen der verschiedensten Herkunft, als
da sind: per secundam heilende Laparotomiewunden,' Dekubital-
geschwüre, Karbunkel, Fingerkuppendefekte, Syndaktylie (Wilde-
gans), Resthöhlen nach Thorakoplastik, Wundhöhlen und Orbita-
austäumung, Radikaloperation des Mittelohres usw. erwähnt, —
Nach rechtzeitiger Pfropfung. können außerdem erwähnte narbige
Ä Verengungen an den Körperöffnungen und Verziehungen, (Ektropium)
5 vermieden werden. Auf die von uns und Pels-Leusden be-
obachtete Möglichkeit, ulzerierte, karzinomatöse Geschwürsflächen
Be ‚zu epidermisieren und ähnliche Versuche bei tuberkulösen Geschwürs-
TI ASNES sr A .- | flächen sei nur aufmerksam gemacht. Ben i
DEsprOnzHEne SYerlstzung, | Technik: An der ursprünglichen Technik habe ich nichts
Abbildung 4. à Wesentliches geändert. : Ich sehe auch in dem Verfahren von
| Bi | Pels-Leusden (5, 7) (Einspritzung eines nach ‚Mangoldt herge-
stellten Epithelbreis) keinen Fortschritt. en
RT, RE ee o Bereits in meiner ersten Publikation. wies ich ganz besonders
EEE AA E AEE NT darauf hin, daß bei meinem Verfahren im Gegensatz zu Reverdin,
l | Thiersch und v: Mangoldt die Epidermisierung trotz schlaffer,
. schmieriger Granulationen, trotz reichen. Keimgehaltes des Wund-
‚| sekretes, ja auch trotz Überschwemmung der Wundflächen mit
D
RR | jauchigem ‘Eiter, Urin und Kot, ohne besondere Vorbereitung der `
RN a Granulationsfläche zu erzielen ist.. | 2
Be... ARE 7 RR | Der an der Entnahmestelle des zur Pfropfung bestimmten
ee | | | RR Hautläppchens entstehende Defekt ist so klein, daß der in dieser
Nach der Pfropfung.
`
Richtung von Reschke (5). betonte Vorteil des Pels-Leusdenschen
| Verfabrens nicht in Frage kommt. Da ich auf . a
| | An TE Lehe Rückfragen von Fachkollegen ‘bis in die letzte Zeit den Eindruc
zur Vernarbung gebracht, so daß der übrige Teil des Fußes erhalten gewonnen habe, daß meine Pfropfungsvorschriften nicht immer richtig -
wurde. Das Gleiche gilt von glatten Amputationen unmittelbar Defolet d d daß hierauf vielleicht Mißerfolee zurückzuführen
‚über den... Zertrümmerungsherden höherer Gliedabsehnitte. Wir | © à 5 hei i die Ri hi an ch inmal 2
konnten unter solchen Umständen entweder ohne weitere Nach- | 57e 1. Dis Pirol iae Bir sofort nach Entwicklun ` einer frischen
operation‘ gute Vernarbung ‚und. funktionstüchtige Stümpfe oder Giinlahonsdecke das heißt, wenn angängig bereits 2—83 Wochen
ar "Heine" Nachoperaimen aka a en > nach Entstehung des Defektes, vorzunehmen, auch wenn noch nicht
A. W. Meyer ausgesprochen. In gleicher Weise ließ sich die Über- alle Nekrosen abgestoßen sind.
häutung der Amputationsstümpfe nach Amputation wegen ER denn ne AE appena AEN
- Sepsis oder Gangrän durch die Pfropfung wesentlich fördern, auch , i
, wenn ausgedehnte Teile der Hautlappen zugrunde gegangen waren. o aoee tne des Dappone in zahlreiche 1 Damm grobe Grobe
. Anf die üb hendschnell der ursprünglichen Reverdinschen) Hautstückchen mit der. Schere. i
' Abbildung 6. Überhä e ee den bk A. ° | -> Æ Reihenweises Einpflanzen bzw. Einstecken dieser Stückchen
| Se: ang unc den brenden- | schräg in die Tiefe (3—4 mm) der unempfindlichen Granulationen
Fremen m (den Anfangserfolg bei’ den x
Bt aut d übel- - mit feiner Pinzette oder Nadel, so daß die Granulationen sich über
gro Bea M sei Tehrz h °= | den Setzlingen an der. Oberfläche wieder zusammenschließen.
: S beni Te de 2. a ahrzebnten 5. Dachziegellörmiges Bedecken der Granulationsfläche mit
l F ak T it en a geöltem Gaudaphil oder Borsalbenlappen für 2—3 Tage.
ape ie fch habe h A Taufe | 6. Nachbehandlung mit in: physiolog. - Kochsalzlösung ge- `
der Zei i be AOPA Reihe dieser tränkten, durch Billroth-Batist abgeschlossenen Verbänden, . die
Falle ae f beid rn dauernd feucht gehalten und täglich gewechselt werden. Später
a 5 na a de ZT n | abwechselnd feuchte Verbände, Bor- oder Höllensteinsalbenverbände;
TE ker n PA on Bäder, frühzeitige Bewegungsübungen. > EE DN
Schon Beer nn has Kommt die Epidermisierung zum Stillstand, so sind in Ab-
ee = _ an ständen von 2—3 Wochen erneute Pfropfungen: der Restfläche. vor-
zidive en: Nenerdines zunehmen. Ebenso wie Bier (1) halten wir es zur Unterstützung‘ der
| habe ich ia Zolelien Fällen Ein schnellen Epidermisierung unbedingt für notwendig, daß die Aus-
Pfropfung mit einer Umschnei-
dung und Zerschneidung des
Geschwürs (Parzellierung) bis in
das gesunde Gewebe "hinein
verbunden, um hierdurch eine
Entspannung und Erweichung
_ des Geschwürsgrundes herbei-
zuführen (Abb. 5).
Parzellierung des Geschwüres. - Die Entspannungsschnitte
klaffen meist infolge des starken.
‚Zurückweichens der Schnittränder 1—2 cm. Die in den ‘Schnitt-
‚{urchen aufschießenden Granulationen werden ebenso wie die frisch
granulierten alten Geschwürsflächen nach etwa 14 Tagen gepfropft.
Aber auch die so gewonnenen Ergebnisse befriedigen. noch nicht
vollständig. Ich glaube, daß wir bei solchen Rezidiven öfter auf
I
t
F
h.
|
!
granulationsfördernde Eiterung nicht gestört wird. Die isotonische
NaCl-Lösung halten wir für besser als die hypertonischen oder antisep
tischen Lösungen. Bei Verwendung der von v. Gaza empfohlenen 5
und 10°/,igen CaCl,-Lösung sahen wir keine günstige Beeinflussung
der Granulationen und eher eine Verzögerung der Überhäutung.
Bleibt die Epidermisierung trotz mehrfacher. Pfropfung aus,
oder zeigen bereits überhäutete Flächen Neigung zum erneuten ge
schwürigen Zerfall, ‘so empfiehlt ‘es sich, eine neue tragfähige
Granulationsdecke zu schaffen. Hierzu genügt meist das bei den
Ulcera‘ cruris oben erwähnte Verfahren der Umschneidung und
Zerschneidung der betreffenden Zone. Nach diesem „Umpflügen“
des schlechten Bodens kommt es zu einer Entspannung und besseren
Durchblutung des geschrumpften Grundes und raschem Aufschießen
>) Frühere Veröffentlichung.
trocknung der Granulationsfläche verhindert, und die nach Bier .
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guter Granulationen und lebhafter durch baldige Pfropfung zu-
unterstützender Epidermisierung.
Biologisches.
Die Klinische und Iutologische, Beobachtung lehi al a. bei _ Geschlechter an akuten Infektionskrankheiten. a
meinem Verlahren — dasselbe gilt sinngemäß für die Methoden von Ma Ta E ee nt AUT ; | Ei
Reverdin, v. Mangoldt und .Pels-Leusden — gelingt, durch | `. ran ARONNE en 5 Mi
einfache Synthese von Epidermiszellen und jugendlichem Granu-
‚ lationsgewebe nicht nur eine gute Hautnarbe, sondern tatsächlich
eine weitgehende Regeneration der Haut als Organ zu erzielen.
. Die Auffassung von Bier (1) in seinen „Beobachtungen über Re- -
generation beim Menschen“, daß eine wahre Regeneration der-Haut
tatsächlich möglich
Natürlich kann man Schlüsse über die Regenerationsfähigkeit der
Mit kurzen Worten sei noch auf einige
biologisch bedeutsame Ergebnisse der Hautpfropfung hingewiesen.
| ist, findet in meinen Befunden an der
- Pfropfungshaut volle Bestätigung. |
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o g Oktobre o o = ` 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK:— Ni; 40. 5 2.1885... 7
Aus der Bakteriologischen Abteilung am Städtischen Krankenhaus
| = im Friedrichshain in Berlin. > Í
-.. Über die ungleiche numerische Beteiligung der
a a na nen
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| Von Dr. -F. ‚Schiff. l |
| ‚Es ist eine‘ seit langem. bekannte Erscheinung, daß die beiden Ei
Geschlechter von akuten Infektionen ungleich schwer betroffen :'.' Ki
werden. Die Sterblichkeitsstätistik aller Länder zeigt mit auffallender _
Gleichmäßigkeit eine höhere Mortalität. bei den Knaben als bei den: >
Mädchen. Das gilt für fast alle Infektionskrankheiten, die einzige - , `
wichtige Ausnahme macht der Keuchhusten, dem regelmäßig mehr `
ITAROA Ta
en.
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`; Haut nur aus solchen Stellen ziehen, die schon klinisch der normalen | Mädchen erliegen. ‚Diese Unterschiede im Verhalten. der Geschlechter BLEEE
. Haut am nächsten kommen. An einem 3'/, Jahre nach der Pfroptung ‘sind im wesentlichen endogen. bedingt. Das.darf.man daraus alke
.. - entnommenen Hautstück aus der Vorderfläche des Oberschenkels ließen nr: Br a te Ber ee a ae SERIE"
a R , | schließen, daß sie schon während der Kindheit deutlich sind, also . ade,
sich starke Papillenbildung, lockeres fibrilläres Bindegewebe und | S99 erh Zeitpunikt. in der 1eiche Gefährdung durch Beruf und SAHS
elastische Fasern einschließlich des subepithelialen Netzes nachweisen. Ei PAR z Me Mom a ee r eidendeR Ole snider. ES l il =
„ Nach der ganzen Sachlage kann es sich in dem eben er- dem Hervorireten des konstitutionellen Momentes liegt das Interesse PSARNE.
" wähnten Falle nur um einen autochthonen Ursprung der elastischen der Erscheinung vom allgemein medizinischen, Stan dpunkt.aus. w eea p
‚Fasern in der Pfropfungshaut handeln, nicht aber um ein Hinein- Für die spezielle Frage der :konstitutionellen Disposition zu = u ja
‚wachsen der elastischen Fasern vom Mutterboden oder von der Infektionskrankheiten ergeben sich aber zunächst —-iso scheint EHE:
« angrenzenden normalen Haut aus, wie Wildegans (6, 7) annimmt. es. wenigstens — aus der Übermortalität der Knaben keine neuen ` ~ a hoi
‚Wenn Wildegans zur Stütze seiner Auffassung. anführt, daß im Gesichtspunkte. Es liegt vielmehr nahe, die größere Empfindlichkeit . trank
„entwickelten Organismus neue elastische Fasern wohl stets aus der Knaben als. eine Teilerscheinuns der Bakennian Anzöbaranen zahl, s piigi?
- :alten, niemals: aber wohl neu in der Zwischensubstanz entstehen, Minderwertiekeit“ anzusehen Bar Auch in dem. Übere ender E al a
so möchte ich -dem entgegenhalten, daß bei der Bildung der. Koboi un = den: Toteebnrteon. und in der all RE 5 Über isch u
Pfropfungshaut Granulationsgewebe d.h. embryonales Binderewebe E S her nn BeleNen. Der Selena
uns PSE : ryona'os >ndegewede | Sterblichkeit der Knaben im ersten Lebensjahr zum -Ausdruck Fl |: RE
mit weitgehenden metaplastischen Eigenschaften beteiligt ist. Ein kommt. Sogar die Mortalität an Unfällen ist: worauf Prinzinge’ Peeta le
abschließendes Urteil über diese schwierigen Fragen behalte ich mir | owie Asch Ser Swiosen haben. ber den Rushan m: BR ; EIRENE
‚„biszur Gewinnung eines größeren histologischen Untersuchungsmaterials Jahr größer als bet den Madahon, elo Beroe aie stark auch bei en
vor. Es wird sich dann auch Gelegenheit bieten, weitere Fragen zu be- scheinbar rein exogen b edingten. Todesureschan: die Konstitution. EEUE TENER
rühren, die Wildegans in seinen sorgfältigen Untersuchungen über - hineinspielt. Als Ursache hat Lenz .die Anwesenheit vererbbarer BR EBEN
~ die histologischen Vorgänge in den ersten Zeiten nach der Piropfung Letalitätstaktoren“ angenommen, die rezessiv und deshalb an das- ur A
' im Bereich des Implantates‘ und Mutterbodens angeschnitten hat. männliche Geschlecht gebunden seien, eine ansprechende Hypothese ER
Daß in der Pfropfungshaut Drüsen.und Haare fehlen müssen, wenn für die ein Beweis aber schwer zu erbringen ist. = ARE I TA
man dünne Thierschsche Läppchen verwendet, ist selbstverständlich. “Eine starke Stütze Tür die Annahme einer venerei erobern o
Vereinzelte von mir in der Pfropfungshaut festgestellte Lanugohärchen Hinfälligkeit der Knaben während der ersten Lebensjahre erblicke ` I%
dürften auf die Mitüberpflanzung von tiefen Hautschichten mit Haarpa- | ;ch in der ganz charakteristischen, ja man kann sagen gesetzmäßigen - : Kurth,
- pillen beruhen. Ob es möglich sein wird, bei planmäßiger Verwendung Verschiebung, die. im Verhältnis der männlichen zur weiblichen : TE @ultgin
tieferer Haufschichten zur P fropfung Haare und Drüsen in höherem | Mortalität im Laufe der Kindheit eintritt. Diese Verschiebung: ist SENSE
abe zur Entwicklung zu bringen, kann ich bis jetzt nicht sagen. | für eine Reihe verschiedener Infektionskrankheiten in den: näch- u
Erwähnt sei weiter der biologisch hochinteressante Einfluß | stehenden Kurven dargestellt. | en War ls.
der Pfropfung auf bis dahin vollständig ruhende, „verkämpfte“ | In den Abb. 1—4 ist für die einzelnen Altersklassen diè Ge- © ` PË
Randnarben und Randgranulationen. Oft kann man 1—2 Tage | schlechisrelation der Mortalität ‚wiedergegeben, d. h. die je- Denen
en der Pfropfung eine starke Proliferation des Randnarbenepithels weilige Mortalitätsziffer. der Männer bezogen auf diejenige der Frauen, ur
I weiter das schnelle Vorrücken einer, der besten Pfropfungs- | letztere = 100 gesetzt!). Werte über 100bedeuten also ein Überwiegen Eoo
at gleichwertigen Randnarbenhaut beobachten. Hierauf ist es der Männer, Werte unter 100 ein.solches der Frauen. Es zeigt sich, DER UNE
is ulühren, daß man häufig später nicht mehr glauben würde, | daß die Kurven vom 1. Lebensjahr bis etwa zur Pubertät sämtlich E e E ENG a
= E ae: der ursprüngliche Defekt eine so große Ausdehnung | absinken |(s. Abb. 1a, 1b und 2), oder, anders: ausgedrückt, der BORAR
p wi at, wenn man nicht durch P hotogramme den Beweis dafür ‚relative Anteil der Knaben an der Mortalität wird mit zunehmendem Penya Al
Yp Ars könnte, Schließlich ist mir noch die ‘Schnelligkeit des | Lebensalter immer geringer. Vom 15. Lebensjahr ab — und das gilt Grini ga
iri 3 EN E und die Stärke der Epidermis bei P nn ‚wiederum nicht etwa nur für einzelne Infektionskrankheiten, sondern Bene
AllersElasser ebensjahrzehnt aufgefallen. Trotz der Neigung bisher anscheinend ganz allgemein — steigt die Kurve-der Sexualrelatin ' . Bess II
‚aber ni n zu atypischen Epithelwucherungen haben wir bisher dagegen an, die Mortalität der Knaben wird wieder größer. Als Beleg BERSHRERE
ıe eine bösartige- Entartung 'des P fropfungsepithels gesehen. gebe ich außer den Kurven für die Kinderkrankheiten noch diejenigen © - lauf
Schluß möchte ich noch einmal betonen, daß ich niemals für zwei sehr verschiedenartige Infektionen, für Typhus und Tuber- Be
| a t gehabt habe, mit meinem Verfähren die Thierschsche kulose (s. Abb. 3u.4). Die Übereinstimmung der Verhältnisse springt Gar haer
Mein s Ca verdrängen, wie K ausch (7 u. 8) anzunehmen scheint. | in die Augen. Einen wesentlichen Anteil an dem Umschwung im In» eh!
da a r großes Verletzungsmaterial lehrt mich aber immer wieder, | 4. Lebensjahrfünft haben’ die erst um diese Zeit deutlich zur Aus- . Kl]
Verf eine große Zahl von Fällen gibt, in denen das Thierschsche wirkung kommenden exogenen Faktoren. . Bi Be T SAk
die Pfronf versagt oder überhaupt nicht verwendbar ist, während | Wie weit daneben auch endogene Momente den Verlauf. der a ce
reich = eha schonend und einfach zum Ziele führt. Von zahl- | Kurve in den höheren Altersklassen beeinflussen, läßt sich ohne ein- ie Sir
Bernd ni ollegen (Bier, Körte-Wildegans, Meyer, Sultan, gehende Einzeluntersuchungen kaum beurteilen. Im weiteren Ver- h ME pyi
E heißt un en anderen) wird dieser Standpunkt anerkannt. | Jauf unserer Betrachtung sollen deshalb in erster Linie die Ver- Eh a
ai ade SE hier nicht, sich prinzipiell für das eine und gegen | hältnisse des Kindesalters berücksichtigt werden. {nahe Au
nebenein N‘ q erfahren zu entscheiden, sondern beide Verfahren S Die Altersverschiebung der Sexualrelation ist, wie die Kurven . el
die Kaken e A Lertanden, daß der gr ößtmöglichste Nutzen für | deutlich zeigen, weitgehend unabhängig von der Art derInfektions- e Ei
ee ' Wire, M | krankheit und vòn“ der Höhe der Sexualrelation an sich. Da REN reg
È Chir. 1920 N ar: 1, A Bier, D. mW. a, Nr. g! a 44. = Braun. Zul EEE | 2O 2 e p Lo E E RTE
nn pa Ba. 37. — 5. Ronähke: Zbl. £ Chir. 1922, H. 21. — 6. Wilde- 1) Als aee für die Berechnung der Géschl.-Rel. dienten die ER ’
sellschaft für a Se assnerhandlungen der Deutschen Ge- | in Prinzings Handbuch für Preußen. und für England gebrachten A ae
Chumaden, W. Braun, ausch, Pio ehe 8. Verban: Bögen der Berliner Ziffern. Genaue Quellenangaben sollen später gebracht werden (in dem ` ld o
| Slschen Gesellschaft, Oktober 1920, Januar 1921, März 1924. Abschnitt „Konstitution und Infekt“ des demnächst erscheinenden Werkes , e
| La Brugsch, Biologie der Person, Berlin und Wien, Urban & Schwarzenberg). Eo a
5 | | | | N PRRI ye
E
P Zu ee
I | k ae
| | | Br
1386 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. 5. Oktober
Die Verschiebung im Kindesalter — darauf ist meines Wissens TE = Abbildung 3. N
noch nicht hingewiesen worden — erfolgt beim Keuchhusten mit Alter [0-5 50 10-20 | 20-30 T 20-20 | #0-50_| 30-60 | 00m | |
seiner konstanten Übermortalität des weiblichen Geschlechts genau
in demselben Sinn, wie bei den Infektionskrankheiten, mit. einer
Übermortalität der Knaben. |
Der Anstieg nach dem 15. Lebensjahr als Ausdruck für einen
wieder stärkeren Anteil des männlichen Geschlechts an der Mortalität
ist nicht nur bei Typhus und Tuberkulose vorhanden, Krankheiten,
die unter den Erwachsenen überhaupt die Männer stärker befallen,
sondern auch bei Scharlach, einer Infektion mit typischer. Mehr-
Abbildung 1b. | =
orealzalssest_ | pa | 1 Tol- _Tonrzlesishiesit | sl-
Abbildung 2.
Alter [5-5 13-70 170-15175.20120.25] 25 135 1 35 #1 #5335 IT 55fes |
GeschERel 99 73 | 95 | 90 79 108 119
730 `
JNE
g0 LA v TOn
vr u, ——
7 oe al |.
so | Diphtherie t
usi a| o ow TI NE ZUR EN
110
100 AEN EEE zu den
m Na Abbildungen 1—4.
l 8 Abb. 1.
0 Geschlechtsreläation
60 d. Mortalität in don
pe einzelnen Alters-
klassen. a) Masern
u. Scharlach, b) Diphtherie u.
9 'Keuchhusten. -~--~ Preußen 1896
u bis 1900. — England 1881 bis
100 1890, berechnet nach den An-
90 gaben von Westergaard.
80 Weibl. Mortalität = 100.
70 Abb.2. Geschlechtsrelation der
60 Mortal. an Diphtherie, Schar-
30
lach, Masern, Keuchhusten
nach Lebensjahrfünften. W eibl.
Mortalitāt = 100.
England 1881—1890.
” Mosern
Abb.3. Geschlechtsrelation der Mortalität an
Abdominaltyphus in den einzelnen Alters-
L) klassen. --- Preußen 1896 bis 1900. —— England
” 1896 bis 1900. Weibl. Mortalität == 100.
7
Abb. 4 Geschlechtsrelation der Tuberkulose-
mortalität in Preußen.
—1%21 ---1909/18. Weibl. Mortalität 100.
toj | \o|-\r5
108| 96 | 9t |92 79 67 72166168 63 60
e 10%.. 93 8 75| 67 63
Anzahl der Todesfälle bezogen auf die Zahl der überhaupt Lebenden,
‚sitzen wir in der Letalitätsziffer oder Letalität („Tödlichkeits-
Englond 11% __ 85°
Prou
700
125
Abbildung 4.
Alter
a lo |3 sl 9 | ms | 132 | no |
y a 70 | se 80 \rr 80 | 9 | m | ts | m
Geschl, Rel.
180
beteiligung der erwachsenen Frauen. Es übt also das Alter als
solches einen in seinem Wesen noch nicht erkannten Einfluß auf
die Geschlechtsrelation bei der Mortalität an Infektionskrankheiten
aus, und zwar bei den verschiedensten Infektionen in der- gleichen
Richtung. Ich möchte dieses Verhalten der Mortalität als die Regel
der Altersverschiebung der Sexualrelation bezeichnen.
Ob es sich um eine Ausleseerscheinung oder. um eine Änderung im
Verhalten der Individuen handelt, kann hier nicht erörtert werden.
Es wäre nun durchaus irrig, aus der Übermortalität des
männliclien Geschlechts und der Regel der Altersverschiebung den
Schluß zu ziehen, daß die Art der Infektionskrankheit auf die
zahlenmäßige Beteiligung der Geschlechter überhaupt ohne Einfluß
sei. Die ausschließliche Berücksichtigung der Mortalität, d. h. der
gibt uns nämlich nur ein unvollkommenes und einseitiges Bild,
unvollkommen, weil uns alle jene Infektionskrankheiten entgehen,
die nicht oder doch nur ausnahmsweise zum Tode führen, einseitig,
weil Unterschiede der Geschlechter in der Mortalität auf zwei ganz
verschiedene Arten zustande kommen können. Eine Übermortalität
des einen Geschlechts wird nämlich entweder herbeigeführt durch
eine größere Häufigkeit der Erkrankungsfälle („Anfälligkeit“,
„Disposition im engeren Sinne“) oder aber durch geringere Wider-
standsfähigkeit gegenüber der ausgebrochenen Erkran-
kung. Die Empfänglichkeit einer Gruppe für die Erkrankung
können wir messen durch die Zahl der Erkrankten bezogen auf die
Gruppenangehörigen (Morbiditätsziffer oder kurz Morbidität), ein
Maß für die größere oder geringere Widerstandsfähigkeit be-
ziffer“), welcheangibt, wieviele von 100 Erkrankten derInfektionerliegen.
Betont sei, daß Morbidität und Letalität, Empfänglichkeit
einer Gruppe für eine Krankheit, und mangelnde Widerstandsfähig-
keit gegenüber der ausgebrochenen Erkrankung, nicht von einander
abhängig sein müssen.
So ist im Kindesalter die Morbidität an akuten Infektionen sehr
hoch, die Letalität dagegen, abgesehen von de
n ersten Lebensjahren,
niedrig, während im Greisenalter einer geringen Erkrankungsziffer er
hohe Tödlichkeitsziffer gegenübersteht. Anschaulich hat L. F. Meyer?)
den Unterschied von Empfänglichkeit und Resistenz (für das Individuum)
an dem Beispiel der Degkwitzschen Masernprophylaxe erläutert: wäh-
rend ein geringfügiger Bestand von Immunkörpern genügt, um das Frei-
bleiben von Erkrankungen zu gewährleisten, müssen zur Überwindung
2) L. F. Meyer, Empfänglichkeit und Resistenz junger Kinder
gegenüber grippalen Erkrankungen. Klin, Wschr. 1922. S. 736.
| und Leipzig 1913.
Ergebn..d. inn. Med. u.
5..Oktober
1924 — MEDIZINISCHE
des Krankheitsanfalles selbst hohe immunisatorische Kräfte mobilisiert
werden. Rechtzeitig, kurz nach der Infektion gespritzt, genügen zur
Vorbeugung der Masern wenige Kubikzentimeter des Rekonvaleszenten-
serums, einige Tage später vermögen auch größte .Dosen des Serums
die Krankheit weder abzuwenden noch abzuschwächen. Ebenso an-
schaulich ist ein zweites Beispiel, das Meyer anführt: dystrophische
Säuglinge sind für Grippe nicht anfälliger als gutgenährte Kinder,
sie erliegen der Infektion aber leichter. gs a
Unsere Kenntnisse. über die Morbidität und Letalität der Ge-
schlechter bei den akuten Infektionskrankheiten sind nun im Gegen-
satz zu denen über die Mortalität noch sehr lückenhaft. Die Gründe
sind technischer Natur. Wir müssen zur Berechnung von Morbidität
und Letalität die Anzahl der Erkrankten in. einer Bevölkerung
kennen, und diese ist viel schwieriger festzustellen als die der Ver-
Eine Meldepflicht, für Erkrankungen besteht nur in
manchen Ländern und meist nur für wenige ‚Krankheiten; wo, sie
‘ storbenen.
vorhanden ist, wird sie nicht immer zuverlässig durchgeführt, oder
aber es fehlt die Unterteilung nach dem Geschlecht. Infolge dieser
Schwierigkeiten Sind wir von einer systematischen Kenntnis der Ver-
hältnisse noch weit entfernt; die wertvollste Zusammenstellung ist
immer noch die von Prinzing®). Es ist charakteristisch, daß die
neueren Arbeiten von Bucurä®) und von Grosser), die das Ver-
halten der Geschlechter bei Krankheiten, insbesondere auch bei
Infektionskrankheiten, monographisch behandeln, für Morbidität und
Letalität fast völlig im Stich lassen. Es gibt aber doch einige
: Länder, die zur Beantwortung der uns hier interessierenden Fragen
ausreichende Unterlagen bieten, das sind insbesondere die- skandi-
navischen Staaten und die Schweiz.: Der folgenden Untersuchung -
sollen die Angaben der norwegischen Gesundheitsstatistik zu-
grunde gelegt werden. | SE
In Norwegen werden außer den schweren akuten. Infektions- |
- krankheiten, wie Diphtherie; Scharlach, Keuchhusten u. a. auch einige -
in der Regel gutartig. verlaufende registriert, über deren Verbreitung
wir im allgemeinen nur unvollständig unterrichtet sind. Ich nenne
hier Röteln (in Preußen mit Masern vereinigt!), Varizellen, Parotitis.
Die Meldungen sind naturgemäß nicht vollständig, aber sie umfassen
doch fast alle Fälle, die überhaupt in ärztliche: Behandlung kommen.
Eine Scheu vor der Meldung besteht nicht, weil Ärzte und Publikum
seit vielen Jahrzehnten, für einzelne Infektionen sogar seit mehr als
; 100 Jahren, an die Meldepflicht gewöhnt sind, Das hohe Niveau des
Arztestandes bürgt für die Zuverlässigkeit der Diagnosen. Mängel und
Unrichtigkeiten der Aufnahme, soweit sie überhaupt vorkommen sollten,
werden die beiden Geschlechter in gleicher Weise betreffen. Das gilt vor
allem für das Kindesalter, und es ist ein weiterer Vorzug der norwegischen
Statistik, daß sie von vornherein eine wenn auch grobe Trennung nach
nämlich in „Kinder“ und „Erwachsene“.
dem Lebensalter durchführt,
(unter und über 15 Jährige).
In den Abb. 5 u. 6 ist nun der relative Anteil der Geschlechter
an der Morbidität der einzelnen Infektionskrankheiten in N or-
Abbildung 5.
Sepsis
Parótitis - Sen
en BER
BE
FIR" ER e E]
"Meningitis ep.
een ee)
p Scharlach
Geschlechtsrelation der Morbidität an akuten Infektionskrankheiten in
orwegen 1913—1919. „Kinder“ (unter 15 Jährige). weibl. Morbidität = 100.
| Narr dargestellt, und zwar zusammengefaßt für die 7 Jahre 1913
‚Telation der Morbidität, wobei wiederum die: Morbidität des weib-
Die einzelnen Stäbe veranschaulichen die Geschlechts-
lichen Geschlechts = 100 gesetzt ist. Eine Geschlechtsrelation über
Re
°) Prinzing, Handbuch der medizinischen Statistik. Jena 1906.
) Bucura, Geschlechtsunterschiede beim Menschen. Wien
rosser, Körperliche Geschlechtsunterschiede im Kindesalter.
indhlkd. 1920, Bd. 22, : 5
. 1807, Sepsis 2834 Fälle). De
Wir können zwei Gruppen bilden, in die sich die meisten der aufge- '
gitis 620, Poliomyelitis weibl. Morbidität => 100:
führten Krankheiten zwanglos einreihen lassen, die knabenbevorzugen-
dèn und die mädchenbevorzugenden. Häufiger sind diejenigen Infek-
tionen, bei denen die Mädchen überwiegen. Dazu gehören sämt- . p
liche aufgeführten exanthematischen Kinderkrankheiten, Masern,
Scharlach, Röteln, Varizellen, ferner aber auch Diphtherie und.
Keuchhusten, schließlich — mit extremer Geschlechtsrelation —
das Erysipel. Infektionen mit Mehrbeteiligung der Knaben sind
Poliomyelitis, „Pneumonie“, ferner, 'in auffälligem Gegensatz zum
Erysipel, Sepsis.
Die Verhältnisse ‚liegen also ganz ánders, als wir es von: der °
Mortalität her kennen. Dort war das Überwiegen der Knaben die
' Regel, und nur der Keuchhusten bildete eine Ausnahme. Bei den
-Erkrankungen dagegen liegen die Verhältnisse eher. umgekehrt;
wenn man von Regel und Ausnahme sprechen wollte, müßte man -
die Mehrbeteiligung der Mädchen als die Regel, die der Knaben als `
die Ausnahme bezeichnen. ‘Diese Verhältnisse gelten. zweifellos nicht
nur für Norwegen. Sie bestätigen sich z. B. auch an dem schwedischen: `
Material; als Stichprobe für Deutschland sei nur auf die Diphtherie
‘verwiesen. Daß: hier die Mädchen häufiger erkranken, ist eine Be-
obachtung, die sich, wofür z. B. Seligmann Belege bringt, zu ganz
verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten, unabhängig von
der Schwere der Epidemie, immer wieder machen läßt. .Die Werte
für die Geschlechtsrelation, die sich aus seinen Angaben berechnen .
lassen, bewegen sich zwischen 89,2 und 94,6, liegen also in der-
selben. Größenordnung wie unser Wert. | = ee
. . Die Kurve der Erwachsenen (Abb. 6) läßt sich mit der der
Kinder nicht ohne weiteres vergleichen. Die unter gleicher nei uns
aufgeführten Erkrankungen sind ihrer Atiologie und ihrem Verlauf nac
bei Kindern und Erwachsenen nicht immer dieselben (z.B. Gastroenteritis,
Pneumonie). Von Kinderkrankheiten sind einige bei den Erwachsenen l
so selten, daß sie. in der Kurve nicht berücksichtigt wurden (Keuch-
husten) oder daß wegen der.zu geringen Zahl der`Erkrankungsfälle
‚das Verhalten nicht mit derselben Sicherheit verallgemeinert werden :
darf, wie bei den Kindern. Im ganzen sind bei den Erwachsenen
die Geschlechtsunterschiede stärker ausgeprägt. ‚Das gilt
unter den mädchenbevorzugenden Krankheiten für Rose, Diphtherie,
| Scharlach, unter denjenigen, die bei den Knaben überwogen, emein.
An Sepsis und Meningitis erkranken nahezu doppelt soviele Männer
wie Frauen, an Parotitis sogar mehr als dreimal soviel. Betrachten '
wir die Gesamtheit der Erkrankungen, so ist. bei den Erwachsenen die
. Gruppe der. männerbevorzugenden Infektionen größer, die der frauen-
bevorzugenden kleiner geworden. ‘Zum Teil hängt das mit der schon
erwähnten größeren Gefährdung des Mannes durch seine Beschäftigung | p
zusammen, daneben aber sind sicher konstitutionelle Momente vón
Einfluß. Wenn überhaupt konstitutionell bedingte Unterschiede in der
Beteiligung der Geschlechter existieren, dann ist ja im allgemeinen
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KLINIK — Nr.40. Be: BET o u
- FERIERE |
HE ' = ' > T ESEHAN PEN).
ne ae Sr w Fön:
100 bedeutet also, daß von einer gleichen Anzahl lebender, Männer 4 eh ln
und. Frauen mehr Männer erkranken, eine Geschlechtsrelation unter hin Fl
100 ist der ng für ein Überwiegen des weiblichen Geschlechts. = Mi 3 1
Betrachten wir zi-: REIHE
nächst das: Kindesalter ` Abbildung 6.. ` l | o i
sat, daß Worte um 100, A LELT TETEE he
also eine annähernd... sek e SiS
| gleiche Beteiligung der 4 | EIRE:
Geschlechter, nur aus- TT I ME a
pramis me LITE a
Abweichungen nich um. [I U E la
en Fehler der kleinen ne. B. artiga
Zahl handeln, da das EEE - E H F a
Beobachtungsmaterial im H H E Ber go
anzen sehr beträchtlich TIILI El
It Es umfaßt z. B. für d $ Ia 1 a
Masern, Scharlach, Keuch- “ES SREEI Est.
husten je rund 30000, ' SEE SN F | i Ei ll
für Varizellen rund 20.000 al bi RE
Fälle. Überdies kehren č Ẹ BASE i Bi a
die Unterschiede in den ol 4 En at
‘einzelnen Jahren immer BE r Ei
moe He AE H 75
‚wenigen Infektionen. ist e a a IE a ps
das Material klein, und sle v l» ls r l» w h w dor w br In Aa
deshalb nur unter Vorbe- Geschlechtsretation, der Me en 5 w ; 2
halt zu verwerten (Menin- - Tofoktonskrankhsiten in Noryogen 1918—1819; . EN
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Varizellen unter den Erwachsenen bei den
1388
erscheinen mögen, befriedigen nicht völlig. Die Übermorbidität der
erwachsenen Frauen an Scharlach läßt sich zwar sehr wohl mit der
erhöhten Infektionsgefahr bei der Pflege kranker Kinder begründen,
es bedarf dann aber wieder besonderer Deutung, warum Masern und
ännern häufiger sind.
Einige Erkrankungen, die im Kindesalter das weibliche Geschlecht
häufiger befallen, bevorzugen unter den Erwachsenen das männliche.
Diese Fälle werden. einer Diskussion erst dann unterzogen werden
können, wenn wir eine vollständige Alterskurve über den Verlauf der
Sexualrelation (auch für Morbidität und Letalität) besitzen werden.
(Vgl. die Kurven für die Mortalität, Abb. 1—4.)
Auch bei der Letalität können wir nach der stärkeren Be-
teiligung des einen oder des anderen Geschlechtes wiederum zwei
Gruppen unterscheiden (Abb. 7 und 8). Im ganzen überwiegt diesmal
Abbildung 7.
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Scharlach
Masern
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$ $| S S
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A| È)
Geschlechtsrelation der Letalität an akuten: Infektionskrankbeiten.
Norwegen 1918—1919. „Kinder“ (unter 15Jährige). weibl. Letalität == 100,
die Bedrohung der Knaben. Ihre Letalität ist u. a. merklich höher
als die der Mädchen bei Masern, Scharlach, Diphtherie, Poliomyelitis,
ferner auch bei Typhus®). Die erkrankten Mädchen sind mehr als
die Knaben bedroht nur durch Meningitis und Keuchhusten. Die
Geschlechter verhalten sich annähernd gleich bei Sepsis und Erysipel,
Abbildung 8 also gerade bei jenen Infektionsformen,
{| husterreger erhöht oder herabgesetzt |
| durch die Eigenart der Erblichkeitsver-
"indirekten Zusammenhang zwischen Ge-
'| koppelteodergeschlechtsgebundene Ver- A,B Ub
die in der Tabelle für die Morbidität
ME die beiden Gegenpole bildeten.
Bei den Erwachsenen sind die
Unterschiede ähnlich wie bei der Morbi-
dität meist stärker markiert, Wiederholt
tritt ein „Umschlagen* der Geschlechts-
relation auf, die Zahl der Krankheiten
mit einer höheren Letalität des weib-
lichen Geschlechts ist unter den Er-
wachsenen größer. Bemerkenswert ist
das sehr starke Überwiegen des weib-
lichen Geschlechts bei der Gastro-
enteritis. der Erwachsenen. Die
deutsche Krankenhaus - Statistik zeigt
gleichmäßig dieselbe Erscheinung.
Vergleichen wir das Verhalten der
Geschlechter nach Morbidität und Leta-
lität, so ergibt sich, daß ein Parallelis-
mus ganz und gar nicht vorhanden ist
(Abb. 9). Es gibt zwar Infektionen, bei
denen sich beide Geschlechter‘ bezüg-
lich der Anfälligkeit und Hinfälligkeit
. gleich verhalten (bei Keuchhusten über-
wiegt nach Morbidität und Letalität
a das weibliche, bei ee das
Geschlechtsrelation der Letall- männliche Geschlecht), daneben aber
tät an akuten ls, steht die Diphtherie mit einer Uber-
„Brwecn ne 1sJähr). morbidität der Mädchen und gleich-
Fr zeitiger Überletalität der Knaben, oder
die epidemische Meningitis, bei der das Verhältnis gerade umge-
kehrt ist.
Dies wechselnde Verhalten zeigt, daß eine besondere „Wehleidig-
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keit" des weiblichen Geschlechts, wie sie in der Krankheitsstatistik
6) Die Übermortalität der Knaben geht also in der. Hauptsache
auf ihre Überletalität zurück.
', 19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
| 5. Oktober
von vornherein zu erwarten, daß diese Unterschiede mit der fort-
schreitenden Differenzierung der Geschlechter verstärkt zur Geltung
kommen. Versuche einer Erklärung ausschließlich durch exogene
Momente, so einleuchtend sie im einzelnen Fall auf den ersten Blick
sonst eine gewisse Rolle spielt, hier nicht entscheidend beteiligt sein
k
ann, wenn es auch auffällig ist, daß eine besonders hohe Erkrankungs-
ziffer des weiblichen Geschlechts sich wiederholt mit besonders Be
Letalität kombiniert. | Ä
_ Worauf beruhen nun die eigenartigen Unterschiede
in Morbidität und Letalität, oder wie wir wohl auch sagen
dürfen, in Disposition und Resistenz der Geschlechter?
Es genügt nicht, daß wir diese Dinge einfach nur als statistische
Kuriosa vermerken, wir müssen vielmehr versuchen, sie auch vom
biologischen Standpunkt aus zu verstehen. Welcher Art können
nun die Beziehungen zur Sexualität sein, die hier vorliegen? Von
vornherein sind zwei Möglichkeiten |
denkbar: entweder es besteht eine
direkte Abhängigkeit der Disposition s
und Resistenz von der Sexualkonsti-
tution als solcher, ‘es wird beispiels-
weise etwa durch geschlechtsspezifische
Produkte der .inneren : Sekretion die
Empfänglichkeit gegenüber dem Keuch-
Abbildung 9.
IN ANINNN
III
SING
URN
v r
INNAN T AN
NIN
= ROSSI
an.
(vgl. z.B. Grosser), oder aber der
Zusammenhang ist ein indirekter,
DEN
NIN
qantu
hältnisse bedingter, indem dieselben
Kräfte, die das Geschlecht bestimmen,
auch die Reaktionsweise gegenüber der
Infektionskrankheit festlegen. Das be-
kannte Beispiel für einen derartigen
~a
wasa
Geschlechtsrelation der Morbidität
unal und Letalität (Norwegen 1913—19;
schlecht und konstitutionellen Eigen- Kinder)in verschiedenenKombinat.
ee A $ z a :Morbidität
tümlichkeiten ist die sog. geschlechtsge- B, b nm Letalität.
en nn on Er
erbung. Die Rotgrünblindheit 2.B.bevor- ° "" vaen des minn 4e
zugt dasmännliche Geschlecht nicht deshalb, weil die männlichen Keim-
drüsen etwa erst durch ihre Funktion das Auftreten derRotgrünblindheit
begünstigen würden, sondern lediglich, weil die Erbanlage für Farben-
blindheit „zufällig“ von vornherein in das Geschlechtschromosom
„hineingepackt“ ist; welches Geschlecht häufiger betroffen
wird, hängt dann einfach davon ab, ob das betreffende.
Merkmal sich dominant oder rezessiv vererbt.
Eine einfache m une hierfür gibt die Chromosomentheorie
der Vererbung. Das geschlechtsgebundene Merkmal ist an das Ge-
schlechtschromosom gebunden. Dieses ist bei der Frau doppelt,
beim Manne einfach vorhanden. Das rezessive Merkmal kann also
ohne weiteres beim Manne in die Erscheinung treten, bei der Frau
‚dagegen nur dann, wenn esin gleicher Weise in beiden Geschlechts-
chromosomen angelegt ist. Dies wird naturgemäß sehr viel seltener
eintreten. Umgekehrt liegen die Verhältnisse für das dominante
Merkmal. Die Wahrscheinlichkeit, daß mindestens ein Chromosom
das Merkmal enthält, und daß somit das Merkmal in die Erscheinung
tritt, ist bei der Frau, die zwei Geschlechtschromosomen besitzt, größer
als beim Manne.
Ich möchte vermuten, daß die ungleiche Beteiligung
der Geschlechter an Infektionskrankheiten im wesent-
lichen auf Beziehungen dieser zweiten Art beruht. Wir
daß das Verhalten
müßten uns demgemäß vorstellen,
gegenüber Infektionskrankheiten von scharf definierten,
für die einzelnen Krankheiten verschiedenen Erbanlagen
bestimmt oder doch mitbestimmt wird, und daß diese
Erbanlagen im Geschlechtschromosom lokalisiert sind.
Handelt es sich um dominante Anlagen, so überwiegt das weib-
liche Geschlecht, handelt es sich um rezessive, das männliche. >
Dabei hätten wir im allgemeinen anzunehmen, daß für Empfäng-
lichkeit und Widerstandsfähigkeit verschiedene voneinander unabhän-
gige Erbanlagen existieren. Bezeichnen wir die dominanten Anlagen mit
großen, die rezessiven mit kleinen Buchstaben, und nennen wir die
Disposition zur Erkrankung A bzw. a,' die Widerstandsfähigkeit
gegenüber der ausgebrochenen Erkrankung B bzw. b, so hätten wir
die folgenden vier verschiedenen Möglichkeiten: AB, Ab, aB, ab.
Das sind die 4 Kombinationen, welche auch in Wirklichkeit vor-
kommen. Beispiele sind in Abb. 9 wiedergegeben.
Trifft unsere Annahme zu, so wird die Mannigfaltigkeit der
beobachteten Erscheinungen ohne weiteres verständlich. |
Für die besondere Beziehung der einzelnen Infektion zum
männlichen oder. weiblichen Geschlecht bedarf es dann keiner Er-
klärung aus der Eigenart der betreffenden Infektion, sondern diese
Beziehung hängt eben nur noch von der Dominanz oder Rezessi-
vität ab. Es würde also beispielsweise kein Grund mehr vorliegen;
sy var se
er ur „Et BETT ES
Micus,
0mal so viel Männer wie Frauen; und diese Infektion ist in der Tat
. eine Rarität.
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0.1924. — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.407
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B e ' ag „
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Keuchhusten steigert. DE EEE NEE
Wenn umgekehrt bei Meningitis und Poliomyelitis das männ-
. "liche Geschlecht häufiger 'befällen ist, so hätten ‘wir. eben für
beide Infektionen rezessiv geschlechtsgebundene' Dispositionen an-
E beim Keuchhusten, wie es Grosser getan :hat, anzunehmen, . daß
: die weibliche Sexualkonstitution als solche die Empfänglichkeit für
k A
`
zunehmen. Ob unter Umständen. ein- und. dieselbe Anlage, etwa
Auch der auffällige Gegensatz’ von Sepsis und Erysipel, zwei
Krankheitsformen, die in der Hauptsache auf den gleichen Erreger
= in unserem Beispiel eine bestimmteSchwächedes Zentralnervensystems,
die Disposition zu mehreren Krankheiten. (Meningitis, Poliomyelitis)
gleichzeitig schafft, darüber läßt sich ohne. weiteres nichts aussagen.
.
`
zurückgehen, würde im Rahmen unserer Erblichkeitshypothese ver-
.. ständlich. Unter. den Erkrankungen an Sepsis überwiegt. das männ-
... liche, unter denjenigen an Erysipel das weibliche Geschlecht (vgl.
Abb: 5, 6). Wir könnten uns nun vorstellen — und manches spricht
. dafür —, daß die Erkrankungsform des -Erysipels auf einer Art
`. Schutzfunktion der Haut beruht; wo diese Schutzfunktion ausfällt,
‘tritt an Stelle der lokalen die allgemeine Infektion. Erysipel über-
wiegt beim weiblichen Geschlecht, die Schutzfunktion müßte sich
.. also dominant geschlechtsgebunden vererben. Fehlen der Schutz-
. funktion = Sepsis wäre demnach als rezessiv anzusetzen: hier müßte
das männliche Geschlecht überwiegen. Dies, Beispiel ‚zeigt, daß
unsere Hypothese auch für die klinische und immunologische Auf-
- 2. fassung mancher Erkrankungen neue Gesichtspunkte vermitteln könnte.
Beachtung verdient noch das Ausmaß. der auftretenden Ge-
I: schlechtsunterschiede. Wenn wir an die Farbenblindheit denken,
, `“ die beim Manne rund zehnmal so häufig‘.ist wie bei der Frau
d (Geschlechtsrelation -also 1000), so erscheinen die bei den akuten
Infektionskrankheiten zu beobachtenden Unterschiede geringfügig.
Gegen die Berechtigung unserer Hypothese spricht die Geringfügig-
keit der Unterschiede aber nicht.
betreffenden Anlagen in der Bevölkerung: verbreitet sind, Je häufiger
-T
Wie stark ‘die Unterschiede: in.
‚ der Geschlechtsbeteiligung sind, hängt nämlich bei geschlechts-
.. gebundener Vererbung. ganz allgemein nur davon ab, wie weit die.
ein Merkmal, desto weniger ausgesprochen ist das Überwiegen des:
einen Geschlechts. Hierauf haben Weinberg und vor allem Lenz
position zu deñ untersuchten akuten Infektionen weit verbreitet
sein muß, und dies ist unzweifelhaft richtig. Ich verweise auf die
‘ Ausführungen und |
zahlenmäßigen Schätzungen von Gottstein
(in Grotjahn-Kaups Handwörterbuch der sozialen Hygiene).
‚. Pie relativ geringen Unterschiede, die in der Häufigkeit der Dis-
position zwischen diesen Krankheiten bestehen, zur Geschlöchtsrelation
Grund der von Lenz angegebenen Formeln ohne: weiteres möglich
die beobachtete Sexualrelation ja noch nicht die „wirkliche“ für die
einem scharf definierten Merkmal wie Farbenblindheit liegen die Ver-
hältnisse viel übersichtlicher, weil hier. alle befallenen Individuen als
solche erkannt werden können.
Bez; Koagegen müßte man erwarten, daß die. theoretisch zu fordernde
ezie
solchen Infektionen hervortritt,. die einen sehr starken Unterschied‘
in der Geschlechtsbeteiligung' erkennen lassen. Derartige Infektionen
ung zwischen Sexualrelation :und Frequenz. des Merkmals bei
hingewiesen. Die Geringfügigkeit der Unterschiede in der .Betei-.
ligung der Geschlechter würde also’ einfach besagen, .daß die Dis-
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.
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müßten erheblich. seltener sein als. die vorgenannten. Mir ist nur
eine Infektion bekannt, bei der das eine Geschlecht viel stärker über-
wiegt als bei allen bisher angeführten, das ist der Singultus epide-
An dieser Infektion, oder Infektionsform, erkranken zumindest
Obwohl die Krankheit in einer ganzen Reihe von Län-
dern aufgetreten ist, hat sie doch- nirgends festen Fuß’ gefaßt. Ihre
Seltenheit ebenso wie die Art 'ihrer‘ Ausbreitung: spricht entschieden
alür, daß nur relativ wenige Menschen für die Krankheit disponiert sind,
Wie steht es nun aber mit den Grundlagen unserer Hypo-
Ist es wirklich erlaubt, von erblichen Anlagen zu den
Infektionskrankheiten zu sprechen und dabei die Erb-
these?
akuten
atomistik so weit zu treiben, - daß wir für jede einzelne Infektions- | für die einzelnen Infektionskrankheiten hat demnach’ nichts Be- `
? fremdendes- mehr, sondern sie wird von den Tatsachen geradezu
ankheit besondere -„Erbanlagen* postulieren, und zwar jedesmal
mehrere getrennt- nach Disposition und Resistenz? ` Der Mediziner
a
.
X
.
hat nicht selten den Eindruck, als würde mit der Annahme von |
„Erbfaktoren“
reichlich freigebig umgegangen, und er hat allen
nlaß, auf seinem. eigenen Gebiet in dieser Richtung. besondere
orsicht walten zu lassen. Ber F #5 =
ir kennen nicht sehr viele einwandfreie Beobachtungen, die
eine erbliche Disposition zu bestimmten akuten Infektionen beim
Menschen dartun, aber schon. die vorhandenen Angaben genügen
\
meiner "Ansicht nach, ‚um die: Tatsache. als- solche sicherzustellen.
‚Die Schwierigkeiten. für die Beschaffung: von Beweismaterial liegen
gerade in. der Häufigkeit der Erbanlagen, denn die erbanalytische
. Methodik weist Erbunterschiede auf, und ‘wo solche. nur selten
‚vorhanden: sind, ‘weil eben. die. meisten‘ Menschen das Merkmal be-
‚sitzen, ist ein Nachweis kaum möglich. So: kommt es, daß die
: bisherigen‘ Beobachtungen sich: mit Vorliebe auf- seltene Neben-
befunde- (erstrecken, familiäres. Auftreten von: besonderen Formen
des Exanthems (v. Pirquet), familiäre Häufung von: wiederholten
Masern- und Scharlacherkrankungen bei derselben Person (Erblich-
keit von :Schutzkörpermangel), familiäre- Disposition bestimmter
Organe.
.
‚Infektion besitzen wir aus dem Pflanzenreich. ' Biffen hat schon
im ‚Jahre..1905 -die Empfänglichkeit" und Widerstandsfäbigkeit des.
Weizens gegen Rost (Puccinia glumarum) genau studiert. Es gibt. < BER
‚hochempfängliche und daneben immune Varietäten, die ihre Eigen- -
schaften nach den Mendelschen Regeln vererben, wobei „Empfäng- ° `
lichkeit“ dominant ist. Auch die Widerstandsfähigkeit mancher `
Getreidesörten gegen die Haferälchen vererbt sich nach Nilsson-
Ehle entsprechend den Mendelschen Regeln. Hier ist dielmmunität.
das dominante Merkmal. = ` z
‚Die‘ Annahme, .daß Immunität und, Resistenz gegen Infekte
von erblichen Anlagen abhängen können, ist demnach für gewisse.
‚Fälle bewiesen. Für den Menschen und die höheren: Tiere haben
wir nun außer ‘der bisher nieht sehr 'ergibigen klinischen Stamm: `
baumforschung noeh ein weiteres Mittel zum Nachweis von hier `
'interessierenden erblichen Beziehungen, das ist. das Studium sero-
logischer Verhältnisse. Wir wissen zwar; daß nicht’ einfach die
Anwesenheit oder. das Fehlen von: in vitro nachweisbaren Serumanti- >
körpern allein für die Krankheitsdisposition. ausschlaggebend ist, °
wir können aber gleichwohl nicht daran zweifeln, daß letzten Endes
den normalen Serumantikörpern und daneben .der normalen.
„Zell-“ oder „Gewebsimmunität“ eine wichtige Rolle für die
Abwehr von Infektionen zukommt. Die Schicksche Reaktion bildet : '.-
ein schönes Beispiel für einen weitgehenden ’Parallelismus. zwischen
Gewebes. —
Krankheitsdisposition und. einer Immunitätsreaktion. `des normalen .
... Die Erblichkeit. normaler Serumeigenschaften ist nun für
gewisse Fälle über jeden Zweifel: sichergestellt. So hat kürzlich: ..
Hyde gezeigt, daß die Fähigkeit des Meerschweinchenserums, als .:
Komplement zu wirken; sich nach den Mendalschen Regeln ver-
erbt, ich selbst habe. Anhaltspunkte dafür,‘ daß- die Anwesenheit
eines Schaflysins im 'Meerschweinchenserum erblich. ist, und -vor
‚allem ‚haben wir beim Menschen in den Isoagglutininen des normalen. ` |
in genaue arithmetische Bezieh tzen — was rechnerisch‘ auf. | Serums Antikörper vor uns, deren Erblichkeit an einem umfassenden
| F a eberan Women ohe werten 'h | Material festgestellt ist (v. Dungern und Hirschfeld, Otten-
‘wäre — ist einstweilen noch nicht zulässig, und zwar deshalb nicht, weil | berg und zahlreiche andere). Die erbliche Bedingtheit anderer
(individueller): Feinheiten der ‚Antikörperstruktur ergab sich bei
geschlechtsgebundenen Anlagen der betreffenden Infektionen: ist. Bei ‚der .serolögischen Untersuchung menschlicher: Zwillinge, über die
ich vor’ längerer Zeit berichtet. habe. Die Zwillinge verhielten sich
in bezug auf feinste Einzelheiten der ‚Serumstruktur gleichartig,
zweifellos infolge der Übereinstimmung ihrer Erbanlage.
>- , Besonders ‘interessant ‚und, für- unsere Frage bedeutungsvoll
ist, daß sich nicht nur Serumantikörper, sondern, auch serologisch
erkennbare Zelleigenschaften vererben: es-sind.dies die von Land-
steiner entdeckten „gruppenspezifischen ‘Blutkörpereigenschaften“,,
nach v.Dungern und Hirschfeld dominant vererbbare Merkmale.
Neuerdings gibt: Hirschfeld an, daß zwischen der Anwesenheit -
bestimmter Blutkörpercheneigenschaften und der Schickschen `
f Diplitberiereaktion Beziehungen bestehen sollen. Auch die an der
Schickschen Reaktion erkennbare Empfänglichkeit für Diphtherie
wäre nach Hirschfeld jetzt als vererbbar erwiesen, und damit
"hätten wir nun einen ganz direkten. Zusammenhang zwischen. einer -
vererbbaren: Immunitätsreaktion und einer spezifischen Krankheits-
disposition. Der Schluß, daß. auch die letztere sich vererbt; ist
unvermeidbar. Die Annahme verschiedener spezifischer Erbanlagen
gefordert. ` Es besteht eine weitgehende, nicht zufällige, sondern
innerlich begründete Parallele zur Serologie, die ihrerseits schon
seit langer Zeit mit der Vorstellung -einer großen Schar unter sich
verschiedener spezifischer Antikörper im normalen Serum vertraut ist,
Ä Weit schwieriger dürfte es sein, über den zweiten Teil unserer
| Hypothese, die Annahme einer Geschlechtsgebundenheit von
‚Erbanlagen zu Infektionskrankheiten,. ein Urteil zu gewinnen. Ein
wirklicher Beweis läßt sich in’ unserem. Falle 'ebensowenig führen,
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, immer zu erreichen waren.
1390
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.:40.
5. Oktober
wie für den Fall der allgemeinen Übermortalität der Knaben im
Säuglingsalter, eine Erscheinung, die Lenz, wie bereits eingangs
erwähnt, auf die Anwesenheit geschlechtsgebundener rezessiver
Letalfaktoren zurückführen wil. Wenn hier von mir versucht
worden ist, dasselbe Erklärungsprinzip wiederum auf Probleme der
Medizinalstatistik anzuwenden, so muß die methodologische Schwierig-
keit einer solchen Deutung ausdrücklich betont werden. Immerhin
glaube ich, daß sich gerade auf dem Gebiete der Infektionskrank-
heiten brauchbare Unterlagen für eine exakte Nachprüfung der.
Auffassung’ gewinnen lassen werden.
Für eine Beweisführung kommt als direkter Weg nur die
Einzeluntersuchung von Familien in Frage. Bei geschlechts-
gebundenem Erbgang darf die Anlage niemals vom Vater auf
den Sohn übergehen. Diese Verhältnisse müßten bei selten vor-
kommenden Anlagen (Singultus epidemicus!) der Beobachtung zu-
gänglich sein. Auch Tierversuche (Kreuzung empfänglicher und
resistenter Haustierrassen) könnten eine Klärung herbeiführen.
(Derartige Züchtungsexperimente würden übrigens auch unabhängig
von der Frage der Geschlechtsgebundenheit an sich für die
Konstitutionslehre von Interesse sein.) Praktisch am leichtesten
durchführbar scheint zunächst aber der Versuch einer indirekten
Nachprüfung und zwar mit Hilfe serologischer Methoden. _Es wäre
zu prüfen, ob nicht auch normale Serumantikörper oder normale
Immunitätsreaktionen von Zellen oder Geweben existieren, welche
geschlechtsgebunden vererbt werden. Die bisher vorliegenden Be-
obachtungen (ån Isoantikörpern und Isoantigenen des Menschen)
haben dafür keinen Anhaltspunkt ergeben, zu einer Entscheidung
der Frage reichen sie aber in keiner Weise aus, dazu werden viel-
mehr Untersuchungen erforderlich sein, die das ganze große Gebiet
der normalen Antikörper umfassen. a
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus der I. Inneren Abteilung des Krankenhauses im Friedrichshain
in Berlin. (Direktor: Prof. Dr. H. Lippmann).
Zum klinischenBilde dersubchronischenLeberatrophie.
Von Prof. Dr. H. Lippmann.
Nachdem 1917 Umber und Huber-Kausch durch operative
Autopsie die Tatsache der Heilbarkeit der früher für letal gehaltenen
akuten gelben Leberatrophie festgestellt hatten, hat sich bisher
hauptsächlich das Interesse der Pathologen diesen Dingen zugewandt.
In einer ausführlichen, umfassenden Arbeit stellt Herxheimer
Literatur, fremde und vor allem eigene Untersuchungen in ausge-
zeichneter Weise zusammen. Aber die Einteilung der bisher beob-
achteten Fälle, für die den Pathologen, wie Seyfarth und auch
Herxheimer, hauptsächlich zeitliche Begrenzungen maßgebend sind,
entspricht ‚nicht dem Bedürfnis des Klinikers.
Die Ausbeute der Literatur für den klinischen Teil ist relativ
klein, da die Diagnose in den meisten Fällen erst auf dem Sektions-
tisch gestellt wurde, und infolge dessen klinische Angaben nicht
So sind trotz der verhältnismäßig großen
Anzahl von Publikationen klinische Angaben nur in 8 Fällen in aus-
reichendem Maße vorhanden. Ä
Das so reiche Material des Krankenhauses im Friedrichs-
bain ermöglichte es, allein aus dem letzten: Jahr 4 derartige
Fälle heranzuziehen, von denen 2 durch Autopsie bestätigt wurden.
. Ein weiterer Fall, dessen Leber im pathologischen Institut des Kranken-
hauses aufbewahrt wird, und den ich der Güte unseres Prosektors,
Professor Dr. Pick verdanke, stammt aus dem Jahre: 1920. . Wir
haben ihn infolge besonderer Charakteristika hinzugenommen.
Soweit pathologisch-anatomische Befunde vorlagen, waren sie
bei allen diesen Fällen im Großen und Ganzen identisch: Makro-
skopisch, das Bild der auffallend großknotigen Leberzirrhose mit
teilweise förmlich tumorartigen Herden, und mikroskopisch breiteste,
derbe, bindegewebige Straßen mit reichlicher Gallengangswucherung
und häufigen entzündlichen Infiltraten. Das Lebergewebe entspricht
in seiner. Form des unregelmäßigen Umbaus, der reichlichen Ein-
lagerung von großtropfigem Fett und Hämosiderin den üblichen
Befunden bei der atrophischen Zirrhose, zeigt aber dabei in mehr
oder minder ausgedehnter Art einen akuten Zerfall: Nekrosen, evtl.
mit galliger Imbibition, und feintropfige Verfettung.
Wenn wir uns nun der klinischen Symptomatik zuwenden, so
sehen wir, daß kein einziges Symptom durch Fehlen oder Vor-
handensein beweisend ist: Nicht einmal der Ikterus ist obligatorisch.
Ella Qu. wurde am 6. Mai 1921 in das Krankenhaus im Friedrichs-
hain aufgenommen. Die Anamnese, die noch post mortem durch Be-
fragen der Mutter ergänzt wurde, ergab, daß das Mädchen — 17 Jahre
alt — bereits Weihnachten 1919 ohne Schmerzen und ohne Gelb-
sucht unter Aussetzen des Unwohlseins an Auftreibung des Leibes
erkrankt war. Sie wurde deshalb im Sommer 1920 für etwa 6 Wochen
ins Urbankrankenhaus aufgenommen; dort sollen — nach Angabe der
Mutter — auch Ödeme der Glieder bei der Aufnahme bestanden haben.
Sie wurde von dort nach Buch verlegt. Dort wurde ein frei ver-
schieblicher Aszites laut Krankenblatt festgestellt. Keine Ödeme. In
.den rund 10 Monaten, die sie dort blieb, verschwand der Aszites, der
nie probepunktiert wurde, allmählich vollständig. Patientin wurde auf
ihr eigenes dringendes Verlangen am 29. August 1920 entlassen,
Ikterus ist nie im Krankenblatt vermerkt.
i1/, Jahr später, am 6. Oktober 1921, erkrankte sie plötzlich
mit stärksten Leibschmerzen der linken Seite, Temperatur 38,6 Grad.
Puls 120, Das Krankheitsbild zeigt einen Flüssigkeitserguß mit peri-
tonitischen Erscheinungen, so daß die Diagnose zwischen Peritonitis
tuberculosa und Abszeßperforation schwankte. Schon am nächsten
Tage erliegt die Kranke. Über die Beschaffenheit des Ergusses, etwaige
infektiöse oder sonstige Schädlichkeiten enthalten die Krankengeschichten
keine Angaben.
Die Autopsie ergab ein sehr auffallendes Bild. Die Leber von `
den Maßen 25,5:20:8,5 cm ist unter völliger Aufgabe ihrer normalen
Oberfläche in zahlreiche bis pflaumengroße, kugelige Tumoren von
fettgelber Farbe verwandelt, die stark hervortretend durch ein
zähes, graurotes, derbes Gewebe getrennt sind. Nirgends Blutungen
oder Änderungen in der Art der er Substanz. Auch in anderen
Organen (serösen Häuten) nirgends Blutungen. |
Einen analogen Fall, bei dem die Kranke 11/, Jahr nach einem
Primäraffekt mit Neosalvarsan, Mirion und Sublimat behandelt wurde,
und 7 Wochen ante exitum Aszites bekam, beschreibt Kutschera
(Fall 8 der Tabelle.) Obgleich Patientin dauernd im Krankenhause
beobachtet wurde, war ein Ikterus nicht festzustellen. Daß der
Ikterus bei einem relativ langsamen Einschmelzungsprozeß fehlen
kann, scheint uns aus einem weiteren am 15. April 1924 im
Krankenhause aufgenommenen Falle Auguste Dz. — 21 Jahre alt
— hervorzugehen. | | |
Hier lagen ätiologisch mehrere Fakten vor, die uns als Leber-
schädigungen bekannt sind: Eine Entbindung am 28. Januar 1924, also
vor 21/, Monaten, eine schwere Tuberkulose, der Patientin am 10. Juni 1924
bereits erlag, und währscheinlich eine luetische Infektion, da die Wa.R.
wiederholt stark positiv gefunden wurde und eine Totgeburt, sowie
eine Ungleichheit der Pupillenreaktion den luesspezifischen Charakter
der Reaktion zu stützen geeignet war. |
Die Patientin kam mit intensivem Ikterus in soporösem Zustande
mit wohl durch die Tuberkulose bedingter hoher Temperatur zu uns.
Leuzin und Tyrosin fehlten im Harn. Die Leberdämpfung war für uns
nur in einem schmalen Streifen nachweisbar, vergrößerte sich aber
unter einer Wismut- und Chininbehandlung. Nach .10 Tagen war
Patientin wieder bei völlig klarem Bewußtsein. Der Ikterus verschwand
fast völlig, nur in den Skleren war eine fragliche gelbliche Tönung und
im Urin eine schwache Bilirubinreaktion vorhanden. Die Sektion er-
gibt das Bild einer subakuten bzw. subchronischen Atrophie, d. h. grobe
gelbe Knoten und Buckel mit sehr breiten, die gewöhnliche Zirrhose
an Ausdehnung weit übertreffenden internodulären Bindegewebsstraßen.
Mikroskopisch: Leberepithelien von groben und feinen Fettropien er-
füllt. Reichliche Gallengangserweiterungen. Keine Zeichen akuten
Zerfalls. Gewicht 1100 g.
Im Gegensatz zu Umbers erster Mitteilung erscheint uns
nach eigener Erfahrung und nach der Literatur — 7 von den ein
gehend beschriebenen 8 Fällen — der Aszites von wichtigster
diagnostischer Bedeutung, besonders in seiner Beschaffenheit.
Frau Anna L. — 49 Jahre — wurde im Juni 1923 von mir
wegen einer rezidivierenden Bronchitis untersucht. Klinische und
röntgenologische Untersuchung ergaben regelrechten Befund. Mit
Rücksicht auf ganz minimale Ödeme wurde noch ausdrücklich vermerkt,
daß die Leber nicht vergrößert und nicht derb sei.
Anfang Januar 1924 — gab Pat, bei der zweiten Konsultation
am 19. April an — habe sie nach einem starken psychischen Trauma
(Feuer im eigenen Fabrikbetrieb) sich dauernd schlecht gefühlt und
über schlechten Geschmack zu klagen gehabt. ‚Seit Ende Februar
habe ihre Umgebung bei ihr eine deutliche Gelbsucht, die besonders
in den ersten Apriltagen schnell zugenommen habe, bemerkt. Sie
habe weder früher noch jetzt irgendwelche Schmerzen gehabt. Der Stuhl
sei in letzter Zeit sehr hell, der Urin dunkler geworden. Ein Vergleich
der Gewichte ergab einen Gewichtsverlust von 12 Pfund in /, Jahren.
Die Aufnabmeuntersuchung ergab bei der subfebrilen Pat. einen
intensiven Ikterus, sowie einen harten, kolbigen Leberrand. user
anazide (keine freie HCl, Gesamtazidität 3, keine Milchsäure). Blut-
befund: Hämoglobin = 58%, Erythrozyten = 4120000, Leukozyten
= 4000, normales weißes Blutbild. Wa.R, einmal schwach positiv,
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5. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
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. und die Literaturbefunde zusammen, so ergibt sich eine besondere
14 Pfund an, gleichzeitig wird Aszites nachweisbar, der in einer Menge
1392 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
Ä | | 5. Oktober
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einmal hemmt die Kontrolle, beim Ehemann negativ. Stuhl blutirei.
Der Stuhl wurde acholisch, dann war wieder Galle nachweisbar. Binnen
weniger Tage bildete sich auffallend rasch ein großer Aszites, dessen
Probepunktion eine klare ikterische Flüssigkeit von negativem Rivalta
und einem spezilischen Gewicht von 1008! ergab. |
Während der Beobachtung traten bald starke, fast kolikartige
Schmerzen und Temperaturen bis 38,5% auf, so daß wir uns trotz der
negativen Rivalta-Reaktion zur Probelaparotomie entschlossen. Dem.
gelungenen Nachweis von Leuzin und Tyrosin im Harn hatten wir
keine entscheidende Bedeutung beigelegt, da wir diesen Befund auch
ohne nächweisbare Leberparenchymschädigung im Sinne einer akuten
Leberatrophie häufiger beobachtet hatten, verliel Pat. nach 48 Stunden
in einen schwer komatösen Zustand, dem sie rasch erlag. Auch hier
gab die Autopsie einen typischen Befund, der sich makro- und mikro-
rn völlig mit dem vorigen Falle — sogar im Gewicht: 1100 g
punkte, doch sei hier auf die ausführlichen Erörterungen der Herx-
heimerschen Arbeit verwiesen (vergl. S. 79).
Besonders auffallend sind gewisse Analogien mit der Leber-
zirrhose. Strauß von klinischer Seite und Seyfarth, Herx-
heimer u. a. von pathologischer Seite weisen auf den Ausgang
‚bzw. auf die Ähnlichkeit mit dem Bilde einer großknotigen Leber-
zirrhose hin. o
Hier sei besonders noch einmal auf die auch bei der Zir-
rhose beschriebenen kolikartigen Schmerzen und auf den durch seine
Menge, geringes spezifisches Gewicht und negative Rivalta-Reaktion
charakterisierten Aszites hingewiesen. Wir legen den größten Wert
auf die Feststellung, daß in den 9 Fällen, bei denen der Aszites
untersucht ist, er ein spezifisches Gewicht von höchstens 1010 ge-
habt hat, und daß mit einer einzigen Ausnahme, bei der zum zweiten
Male punktiert wurde, der Aszites eine negative Rivalta-Reaktion
aufwies.
eckte.
Stellen wir nun, wie es in der Tabelle geschehen ist, unsere
Eigenart des Aszites: schnelle Entstehung großer Mengen, niedriges
spezifisches Gewicht und, soweit geprüft, negative Rivaltasche
Reaktion. Positiv ist sie nur in einem Falle (Lepehne) ange-
geben, und da handelt es sich um eine wiederholte Punktion. Daß
aber bei mehrmaliger Punktion die Reaktion positiv werden kann,
entspricht unseren Erfahrungen, z. B. bei der Leberzirrhose.
Das Zusammentreffen der Symptome: schnell entstehen-
der Ikterus, schnell entstehender großer Aszites mit
niedrigem spezifischem Gewicht, und negative Ri-
valtasche Reaktion bei jugendlichen Individuen mit ge-
sundem Kreislauf erscheint uns so. charakteristisch und patho-
gnomonisch, daß wir in folgenden beiden Fällen die Wahrschein-
lichkeitsdiagnose der subehronischen Leberatrophie stellten.
1. Karl F. — 30 Jahre alt — gibt bei der Aufnahme am
T. August 1923 an, daß er seit 6 Wochen gelb sei, nachdem er schon
eine Woche vorher appetitlos gewesen sei.
Die Aufnahmeuntersuchung des fieberfreien Pat. ergibt einen
intensiven Ikterus bei cholischem Stuhl und ikterischem Harn, in dem
Leuzin und Tyrosin bei vier Untersuchungen nicht nachweisbar sind.
War. +. Binnen 5 Tagen steigt das Körpergewicht um
Ob allerdings die bei der Leberzirrhose angenommene Stauungs-
theorie hier zutrifft, wird in Anbetracht des schnellen Verschwindens
in manchen Fällen nachzuprüfen sein, und manches Problem der
Leberzirrhose wird vielleicht durch unsere Beobachtungen an der
| subchronischen Leberatrophie neue Betrachtung erfordern und erfahren.
Aus der Il. Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses
im Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. M. Katzenstein).
_ Die plastische Bildung von Gelenkbändern.
Von Prof. Dr. M. Katzenstein.
Die Chirurgie der Gelenkbänder ist ein bisher noch wenig
bearbeitetes Gebiet. Das Interesse für diese wichtige Frage in
weitere Kreise zu tragen, ist der Zweck der folgenden Ausführungen.
Die von mir seit 1900 zuerst unter der Leitung des Physiologen
J. Munk ausgeführten Untersuchungen über die Elastizität der Gelenk-
bänder gingen von der Vorstellung aus, daß diese Bänder beim Zustande-
kommen rhachitischer Knochenverkrümmungen, bei den Folgen des
asthenischen Körperbaues, sowie bei den Ausfallserscheinungen nach
Verletzungen eine weit größere Rolle spielen, als im allgemeinen. an-
genommen wird. (Langenbecks Arch. Bd. 130.) =
Daß diese Auffassung nicht die übliche ist, zeigt sich darin, daß
der plastische Ersatz von Gelenkbändern bisher vorzugsweise bei den
Schlottergelenken im Gefolge von Lähmungen gemacht wurde.
| Die erste Gelenkbänderplastik dürfte von mir im Jahre 1902
ausgeführt worden sein. Es handelte sich um die plastische Neubildung
eines zerrissen gewesenen Lig. anulare radii aus Gelenkkapsel zwecks
Heilung einer Luxatio radii (Abb. 1 u. 2). Der Patient wurde am.
7. Januar 1903 in der Berliner medizinischen Gesellschaft geheilt de-
monstriert!).
von 2700 ccm entleert wird. Spezifisches Gewicht 1010! Rivalta
negativ. "Unter energischer. antiluetischer Behandlung vermindert
sich das Gewicht noch nach der Punktion binnen 3 Tagen um
91/ Pfund. Der Aszites ist verschwunden und der Ikterus ebenso
8 Wochen nach der Aufnahme bis auf minimale Spuren.
2. Harry B. — 80 Jahre alt — gibt bei der Aufnahme am.
27. März 1924 an, daß er 1918 an Fischvergiitung gelitten habe. Seit
6 Wochen sei er von seiner Umgebung darauf aufmerksam gemacht
worden, daß seine Augen. gelb seien. Seit einigen Tagen habe er
‚Leibschmerzen, besonders in der Magen- und Lebergegend. Er hatte
auch Übelkeit und Erbrechen. Der Urin ist seit dem Beginn dunkel
efärbt, der Stuhl meist „farblos“; doch vorübergehend auch gefärbt.
autjucken. Seit einer Woche Anschwellung des Leibes!
Bei der Auinahme ist bei dem fieberfreien Pat. ein intensiver
Ikterus nachzuweisen. Der Stuhl ist acholisch (Sublimatprobe), der
Urin ikterisch, ohne Leuzin und Tyrosin. Der Leib ist durch einen
Flüssigkeitserguß stark aufgetrieben. Durch Punktion werden 5250 cem
ikterischer Aszitesflüssigkeit vom spezifischen Gewicht 1010! und von
negativer Rivalta-Reaktion abgelassen. Trotz negativer Wa.R.
wird zur Entleerung des sich rasch wieder ansammelnden Aszites Nova-
surol gegeben, das in 4 Injektionen mit‘ durchschnittlich 3—41/, Liter
Harnmenge das Körpergewicht um 14 Pfund in 10 Tagen senkt. Nach
Verschwinden des Aszites ist die Leber 3 Querfingerbreit unterhalb
des Rippenbogens mit vermehrter Resistenz und scharfer Kante zu
fühlen. Sieben Wochen nach der Aufnahme sind weder in den Skleren,
noch im Harn ikterische Veränderungen noch nachweisbar.
Die Zusammenstellung zeigt uns, daß kein Symptom obliga-
torisch ist. Aber doch findet sich viel Gemeinsames. Die sub-
chronische Leberatropbie kommt nach dieser Statistik vorwiegend
im jugendlichen Alter vor: 8 von den 13 Fällen sind unter 25,
11. unter 32 Jahren! Das weibliche Geschlecht. ist prädis-
poniert: 10 von 13 Fllen! č |
Ähnliche Verhältnisse sind bei der akuten gelben Leber-
atrophie festzustellen (vergl. S: 79 bei Herxheimer).
. DerIkterus ist nicht immer vorhanden, ebensowenig Leuzin
und Tyrosin, auf welche Vertreter pathologischer Aminosäuren
wie gewöhnlich fahnden. Offenbar sind diese beiden Faktoren von |
der Intensität des Leberzerfalls abhängig.
Die Krankheit neigt zu Rezidiven bzw. zu schubweisem Auf-
treten (Fall 4, 5, 7, 9), doch scheint dieses davon abhängig zu sein,
ob es sich um konstitutionelle Faktoren oder um ein exogenes Gift
(Fall 3, Ölsardinen), vielleicht. in Verbindung mit konstitutionellen
Faktoren, handelt. Über die Ätiologie gibt unsere Tabelle Anhalts-
Auf dem zweiten Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Ortho-
pädie am 2. Juni 1903 hat Lange eine vorläufige Mitteilung über
Bildung künstlicher Gelenkbänder aus Seide bei
| | paralytischem Platt-
Spitzfuß, sowie beim Schlotterkniegelenk gemacht. ae
Im Jahre 19072) habe ich die Naht eines zerrissenen Lig. cruciat.
ant. ausgeführt, das bei der 5 Jahre später erfolgten Nachuntersuchung
vollkommen funktionierte. Ein zerrissenes Lig. tib. nav.3) wurde von
mir im Jahre 1911 durch ein neues Band aus Periost ersetzt (Abb. 8).
Die Verletzung (Luxation des Fußes nach hinten) war 2 Jahre vorher
entstanden, und die inzwischen ausgeführte orthopädische Behandlung
hatte nicht zum Ziel geführt, die Patientin litt weiter an häufig sich
wiederholender Subluxation des Fußes. ` Dieselbe Operation habe ich
damals auch wegen Plattfußes dreimal gemacht.
Angeregt durch meine Publikation empfahl Momburg‘) einige
Wochen später dasselbe Verfahren; er hatte in 3 Fällen von Platt
Faszie verwendet. Periost als Material schien ihm nicht geeignet, weil
es nicht widerstandsfäbig genug sei. |
Im Jahre 1911 und 1913 berichten Bartow Bernard and Wm.
Ward Plummer) über gute Erfolge durch Bildung von Seidenliga-
menten beim Schlottergelenk infolge Kinderlähmung.
Finsterer®) ersetzte 1916 ein zerrissenes |
aterales Ligament
vom Sprunggelenk durch Faszie und Steinmann’)
teilte im gleichen
1) Katzenstein, B.kl.W. 1903, Nr.6.
2) Langenbecks Arch. Bd. 98. 2
3) M.Katzenstein, Bildung eines Gelenkbandes durch freien
Periostlappen. Zbl. f. Chir. 1912. Nr.6. Ste
4) Moala. Die Bildung eines Lig. tibio-naviculare durch freie
Faszientransplantation bei Plattfuß. Zbl.f.Chir. 1912, Nr.11. ES
| 5) BurtowBernard andWm.WardPlummer, The use of intra
articular silk ligaments for fixation of.loose joints in the residual of anterior
poliomyelitis. Americ. journ. of orthop.surg. Bd.9 u.Bd.10.
6) Finsterer, W. kl. W. 1916, Nr.49.
1) Steinmann, Klin. Ersatz von Gelenkbändern. Zbl. f. Chir. 1916,
Nr. 49. |
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5. Oktober
1
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. a | 1393.
Jahre den Ersatz des zerrissenen Seitenbandes des Kniegelenkes durch
eine Periost-Knochenlamelle mit, Hölzel®) verwendete zur Rekon-
struktion des zerrissenen vorderen Kreuzbandes im Kniegelenk den eben- '
falls abgerissenen Meniskus. Matti®) hat in einem gleichen Falle
einen guten Erfolg durch extra-artikulare Faszientransplantation erzielt,
Joseph!P) bildete 1917 ein Ligament (intraartikulär) aus Faszie
zwischen Oberarmkopf und Proc. coracoideus zwecks Heilung der habi-
tuellen Oberarmluxation. Dupney de Frenellett) hat im Jahre 1920
durch Sehnen- und Faszienplastik bei einem paralytischen Schlotter-
elenk Besserung herbeigeführt, in ähnlicher Weise hat Groves?)
Bahnen und Faszie als Ersatz des vorderen bzw. hinteren Kreuzbandes
nach Zerreißung verwendet. Bragard1®) berichtet 1923. aus der
Langeschen Klinik über die Verwendung von Seidenfäden als Ersatz
von Glenkbändern am Fuß bei Lähmungen, beim Knieschlottergelenk,
bei kongenitaler Hüftgelenksverrenkung und am Ellenbogen.
A. W. Meyer!:) bildete 1924 ein Ligament aus Faszie am Hüft-
ker: um nach Resektion des gebrochenen und nicht geheilten
'Schenkelhalskopfes den Trochanter in der Hüftpfanne zu fixieren.
Weiterhin hat auch an diesem Abschnitt plastischer Chirurgie
Lexer!5) und seine Schule regsten Anteil genommen. In dem hervor-
ragendenII. Teil der „freien Transplantationen“ von Erich Lexer finden
wir eine Zusammenstellung dieser Leistungen. Bei einer schweren
Kapselzerreißung an der Innenseite des Kniegelenks wurden die Seiten-
bänder durch Aufsteppen einer Rektussehne verstärkt, in ähnlicher
Weise auch das Lig. deltoides neugebildet. Außer der Sehne und Faszie
als Material zum Ersatz der Gelenkbänder wird von E. Rehn die
EIS ana an für diesen und andere Zwecke empfohlen. Rehn
hat Kutis bei Schlottergelenk des Ellenbogens, Kniegelenks bei Patella-
luxation, sowie bei habitueller Ellenbogengelenksluxation angewendet.
Als Material wurde mithin bisher Seide, Sehne, Faszie, Haut
bzw. Kutis, sowie Periost verwendet. Die Empfehlung toten Materials
geht auf Gluck zurück, der in einer Zeit operierte, wo wir Kennt-
nisse über die Verwendung lebenden Gewebes noch recht wenig
hatten. Die von Kirschner für viele Zwecke empfohlene und mit
bestem Erfolg angewendete Faszie ist als Gelenkband sicher recht
gut brauchbar, zumal da sie in großem Ausmaß zur Verfügung steht.
Ich habe für die Bildung eines Gelenkbandes als das nächstliegende
die Gelenkkapsel mit gutem Erfolg verwendet. Bei Überdehnung,
bzw. Zerreißung der Gelenkkapsel, schien -mir aber das Periost ganz
besonders geeignet zu sein. Wissen wir doch aus den zahlreichen
Untersuchungen von Ollier, Lexer, Axhausen u. a., daß es bei
den Periost-Knochentransplantationen das einzige überlebende Gewebe
ist. Dazu kommt, daß Periost am angefrischten Knochen sehr bald
organisch anwächst, während dies weder von der Faszie, vor allem
aber nicht von den Seidenfäden anzunehmen ist. |
Durch die interessanten Untersuchungen Langes ist nach-
gewiesen, daß die Seidenfäden als solche eine Stütze nicht ab-
geben, vielmehr die Grundlage für eine Bildung von Bändern dar-
stellen. Das ist auch der Grund, warum Herz!®) bei der Verwendung
von Seidenfäden sehr schlechte Resultate gehabt hat, die Lange
darauf zurückführt, daß Herz die Seidenligamente zu rasch be-
lastete. Lange”) empfiehlt eine halbjährige, sein Schüler Bragard
neuerdings eine einjährige Nachbehandlung mit Stützapparat, damit
sich um die Seidenfäden, die selbst zu schwach sind, Bindegewebe bildet.
Daßsich Periost für Ligamente funktionell außerordentlich eignet,
ergeben die Experimente von Nicoletti!8), der bei Hunden die seit-
lichen, die hinteren und die Kreuzbänder am Kniegelenk entfernte und
durch gestielte, bzw. freie Faszienlappen oder durch gestielte, bzw.
freie Sehnenstücke, bzw. gestielte oder freie Perioststücke ersetzte,
Die besten Resultate ergaben Periostlappen, die starke Liga-
mente bildeten, während die Faszienstücke sich meist abstießen und
durch Bindegewebe ersetzt wurden.
Ähnlich dürfte sich die zuerst von Löwe empfohlene Haut und
die später von Rehn verwendete Kutis verhalten. Rehn hat in zahl-
8) Hölzel, M. m. W. 1907, Nr.28. |
9) Matti, Ersatz d. zerrissenen vorderen Kreuzbandes durch extra-
kapsuläre feine Faszientransplantation. M.m.W. 1918, Nr.17.
10) Joseph, Eine neue Operation zur Verhütung der habituellen
Schulterluxation.. M.kl.W. 1917, Nr. 22. 1919 Nr. 33.
1") Dupney do Frenelle, Journal de Chirurgie, Bd. 16.
12) Groves, Brit. journ. of surg. ; ,
13) Bragard, Künstl. Gelenkbänder. Zschr. f. orthopäd. Chir. 1923.
14) A.W.Meyer, Zbl. f, Chirurgie. 1924, Nr.ila
Enk 15) ErichLexer, Die freien Transplantationen. I. Teil. Stuttgart.
nke. 1924. |
1) MaxHerz,Diechirurgische Behandlung paralytischer Schlotter-
gelenke usw. M. m. W. 1906, Nr. di. de Mm.W
1) Fritz Lange, Künstliche Gelenkbänder aus Seide. M. m. W.
i 1907, Nr. 17.
18) Nicoletti, Gazz.degli osp.e delleclin. Jg.34, Nr. 95. S.996. 1913.
reichen interessanten Untersuchungen den Nachweis zu führen gesucht;
daß das fibrilläre Bindegewebe der transplantierten Kutis und ebenso
die elastischen Fasern zum großen Teil erhalten bleiben, auch das mit-
verpflanzte Fett bleibt am Leben. Nach Salomon handelt es sich
um eine wahre Regeneration aus den Sehnenstümpfen hervorgehend.
Eigene Experimente: Es wurde beim Hund die Achilles-
sehne total mit Peritenoneum entfernt und durch einen entprechend
langen Hautzylinder ersetzt. Die Haut wurde demselben Tiere entnommen
und vor der Einpflanzung antiseptisch behandelt. (Rivanol 1: 1000
durchschnittlich 10 Minuten; einmal 10% Formalin, einmal Rivanol-
lösung 1: 500.) Es wurden bisher 7 Versuche gemacht, die nach 39,44,
46, 52, 69 Tagen und nach 3 bzw. 12 Monaten unterbrochen wurden.
In dem. 1 Jahr dauernden Versuch war aus der überpflanzten
Haut eine nach Aussehen von der normalen nicht zu unterschei-
dende Sehne entstanden, sie hatte gut funktioniert wie auch die
Sehnen der Versuche von 2 bzw. 3 Monate Dauer.
Die von Herrn Pick ausgeführte mikroskopische Untersuchung
der exzidierten neugebildeten Sehne ergab in allen Fällen die völlige
Resorption der Epidermis, die auch makroskopisch schon vermißt
wurde. In den Versuchen von kürzerer Dauer (bis 52 Tagen) wurde
stets zellreiches, faszikulär angeordnetes Bindegewebe festgestellt,
das sich vom zellarmen parallelfaserigen Sehnengewebe deutlich
. unterschied; „elastische Fasern fehlten. Fast stets wurden Haare
bzw. Haarbälge sowie Fremdkörperriesenzellen festgestellt. Wir
können demnach den Befund von. Rehn, daß das überpflanzte Kutis-
gewebe am Leben bleibt, bestätigen, -die elastischen Fasern scheinen
allerdings zu Grunde zu gehen. Die Streitfrage, ob aus diesem
Bindegewebe sich durch funktionelle Anpassung typisches Sehnen-
gewebe umbildet, oder ob dieses durch Regeneration aus den
Sehnensttimpfen entsteht, ist schwer zu entscheiden. Ich habe den
Eindruck, als bilde das überpflanzte Gewebe nur eine Stütze für
die sich regenerierende Sehne. In dem 69 Tage dauernden Ver-
such lautet Picks Protokoll: „Sehne von typischer Struktur umgibt
einen Komplex noch erkennbarer Haut. Ziemlich zahlreiche Haar-
bälge, aber ein völliges Fehlen von Epidermis. Statt dessen. eine
Anhäufung partiell zerfallener Rundzellen. Kutis gleichfalls vielfach
zellig infiltriert. An anderer Stelle: Anstatt des Hautimplantates
zellreiches Granulom ohne noch erkennbare epitheliale Beimen-
gungen.“ Hiermit ergibt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, daß
'neben dem allmählich der Resorption anheimfallenden Kutisgewebe
sich Sehnengewebe von typischer Struktur gefunden hat.
Nach diesen Versuchen, bei denen es gelungen war, Haut
subkutan zur Einheilung zu bringen, haben wir einige. Male Haut
als Band in den Körper eingefügt, in Fällen, bei denen es nicht
darauf ankam, eine Stützfunktion der Bänder zu erzielen. Bei,
solchen Fällen hat sich das Periost als Gelenkband als außerordent-
lich geeignet erwiesen; denn Schon 4 Wochen nach der Operation
wurde der bis dahin vorhanden gewesene Gipsverband entfernt und
die Bänder konnten belastet werden. |
. Kasuistik. A. Ellbogengelenk.
1. R.B. Vor mehreren Monaten Verletzung des Ellbogengelenkes,
Fraktur der Ulna und Luxation des Radius nach vorn und medialwärts. _
Funktion: Unmöglichkeit der Flexion und Pronation. 1. Operation:
Arthrotomie, Reposition des Radius, darnach Rezidiv. 2. Operation am
12. April 1902: Bildung eines Lig. anulare ‚aus der Gelenkkapsel und
Vernähung mit dem medialen Rest des Ligamentes (Abb. 1 und 2).
Abbildung 2.
- Abbildung 1. ST
Frana eyg 1w- y emo o,
21. Mai 1902 Ergebnis: Stellung annähernd normal, Flexion spitzwinklig,
Pronation fast vollkommen, Streckung vollkommen möglich. .
2. W., Kriegsverletzter. Fistel am Oberarmknochen, Versteifung :
des Ellenbogengelenkes. Bei der am 10. Februar 1923 ausgeführten
Resektion muß wegen der Knocheneiterung ein größerer Teil des Ober-
armknochens weggenommen werden, als sonst bei Mobilisierung. Wegen
des darnach bestehenden hochgradigen Schlottergelenkes am 21. April
1923 Bildung zweier Seitenbänder aus Faszie und am 14. Juni 1923
Bildung zweier Seitenbänder aus Haut. Es erfolgt jedesmal Einheilung
der eingesetzten Bänder aus Haut, das Schlottergelenk bleibt nach wie
vor bestehen. Am 24. April Bildung von drei Bändern
Abbildung 8. aus Periost (Abb.3) an der Rückseite des Gelenkes.
endi Es wird je ein Lig. humero-radiale medial und
lateral gebildet, sowie ein Lig. humero-ulnare.
Darnach ist das Schlottergelenk geheilt; es ist so-
wohl die seitliche Beweglichkeit wie auch die Über-
streckung völlig geschwunden.
in einem Experiment, daß Periost offenbar sehr viel.
geeigneter als Faszie und Haut für die Bildung.
von Ligamenten ist. Während die aus diesen Be-
standteilen gebildeten Ligamente sich allmählich .
immer mehr lockerten und zu. einem vollen Mif-
erfolg führten, zeigte sich, daß die aus Periost ge-
bildeten Ligamente fest blieben und das Schlotter-
gelenk zur Heilung brachten. . |
‘
B. S chulterg elenk.
1. Herr D. Habituelle Schultergelenksluxation.
| Am 29. a 1923 Bandplastik aus Haut von
einem vorderen Spalt des M. deltoideus der Gelenkkapsel entlang zu
einem hinteren Spalt des M. deltoideus. Darnach voller Erfolg; leistet
schwerste Arbeit als Gasarbeiter. |
o '2. Herr R. Habituelle Schulter-
elenksluxation bei Epilepsie. Am
. 25. März 1924 Bandplastik aus Haut
wie bei 1 mit sofortigem Rezidiv.
3. Derselbe Fall. Habituelle
Schultergelenksluxation bei Epi-
lepsie. Rezidiv. Bildung eines Bandes
aus Periost vom Processus cora-
coideus zur medialen Fläche des
Humerus (Abb. 4). |
Abbildung 4.
s m u I x
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C. Hüftgelenk.
1. Ernst L Kinderlähmung.
Es fehlen M. glutaeus maximus, .
M. biceps, Wadenmuskulatur, Pero-
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nei, Quadrizeps erhalten.
Pi Gleichwohl Funktion des Quadrizeps
Fra = nicht möglich. Der Junge geht, - |
IR ELENA Ba als fehle der Quadrizeps, indem er bei a Schritt das Kniegelenk
a N mit der Hand stützt. Eine vorher ausgeführte Plastik zum Ersatz des
} See I Glutaeus maximus ohne Erfolg. Bei Belastung des Beines ist der Ober-
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Re ‘ körper gegen die Extremitäten bis fast zum rechten Winkel gebeugt
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aen a Abbildung 5.. . - Abbildung 6.
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(s. Abb. 5), wohl To
Mommsen!?) beim Ste
der Wirkun
den Oberschenkel fixierte und die eine bessere ‚Belastung des Beines
Fehlens der Wadenmuskulatur, die nach
en eine große Bedeutung hat. Nach Erprobung
einer aus Gips gefertigten Schiene, die das Becken gegen
19) Mommsen, Bedeutung der statischen Einheit von Rumpf
und Bein. D. Zschr, Í. orthopäd. Chir, 1923,
1924. MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
‘zwischen Spina anterior superior: und
ment wird aus Haut
Aus dieser Beobachtung ergibt sich fast wie en
. Jahre später festgestellt. -
Lähmung noch nicht, daher Urteil über
: Erfolg noch. nicht möglich... Belastet man
| ermöglichte, ‘wurde ein Perioststreifen zwischen Becken- und Ober-
schenkelknochen angelegt, um das Bein gogon das Becken zu strecken
(s. Abb. 6). Erfolg: Kann das gelähmte Bein belasten, geht ohne Zu-
hilftenahme der Hand besser, wenn auch noch nicht. normal.
2. Margarete E. Lähmung der vom M.tibialis versorgten Muskeln.
Das Kind läuft mit stark auswärts rotiertem Bein, welche Stellung
- durch Gipsverband nicht gebessert wer-
den kann, daher zwecks Herbeiführung
einer passiven Innenrotation Bildung
eines Bandes am 22. Septeniber 1923
Abbildung 7.
Das Liga-
ildet. Am
16. Dezember 1923 Gang mit einwärts
rotiertem Bein. l
Trochanter major (s. Abb. 2
ge
D. Kniegelenk. >
‘= R.G. Nach einem Sturz mit dem
Pferd Operation am 4. Mai 1907 wegen
Meniskusverletzung, Naht des Lig. cru-
ciatum an die Tibia. Voller Erfolg fünf
Irene Schr. Schlottergelenk des
Kniegelenks bei totaler Beinlähmung.
Schwerste Valgusabweichung bei passi-
ver Belastung. Bildung eines Lig. tibio- .
femorale. Belastet das Bein wegen der
| das Bein bei Rückenlage der
on so scheint die seitliche Abweichung des Unterschenkels
gebessert. | an oo
Olga W. Vor 32 Jabren Kinderlähmung. Lähmung des ganzen
linken Beines. Nach Bauchmuskel-Quadrizepsplastik am 22, Februar 1924
wegen Genu recurvatum und Genu valgum Bildung eines Lig. tibio
femorale aus Periost. Geht ohne Schienenhülsenapparat und belastet
die Extremität. | | |
| = E Fußgelenk.
Bildung eines Lig. tibio-naviculare bei
- 1. Irene Schw. Nach traumatischer Luxation -des Fußes. nach,
hinten häufig sich wiederholende Luxation im Calcaneo-naviculare-
Gelenk infolge Zerreißung des Lig. tibio-naviculare. Heilung (Abb. 8)20),
‚Abbildung 8. u u
`
| Periostlappen
ie längs gefaltet
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Knochenbildende
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Im Krieg gefallen. Ä . |
4. Fritz Br. Am 21. Januar 1913 dieselbe Operation. Guter Erfolg.
5. Max H. Lähmung fast sämtlicher Unterschenkelmuskeln. Pes
calcaneo-valgus. Außer einer Muskelplastik vom Ober- zum Unter-
schenkel wird am 9. Februar 1924 ein Periostlappen von der Tibia zum
Os naviculare heruntergeschlagen. Erfolg schlecht, die Valgusstellung
ist darnach nicht ausgeglichen. Be
“8, Erich Lo. Vor 11/, Jahren Poliomyelitis, Lähmung im Gebiet
des N. tibialis, Calcaneo-valgus-Stellung, Bildung eines Lig. tibio-nav!-
eulare am 12. Februar 19%. Nach 4 Wochen Abnahme des Gips-
vyerbandes. Voller Erfolg. |
20) Zbl. £. Chir. 1912, Nr. 6.
5. Oktober _
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
1395
Daß Periost als Material zur Bildung von Bändern’ vor Faszie
und Kutis den Vorzug verdient, beweisen die Erfahrungen, die wir
bei 2 Fällen gemacht haben. Bei einer habituellen Oberarmluxa-
tion (Abb. 4) erfolgte mach Bildung eines Bandes aus Haut als-
bald ein Rezidiv, während nach Verwendung von Periost eine
Dauerheilung eingetreten sein dürfte. Noch eklatanter ist aber die
Beobachtung bei einem Schlottergelenk des Ellenbogens, nach Re-
sektion entstanden. Zweimaliges Rezidiv nach Bildung von Bändern
aus Faszie bzw. Haut, Heilung nach Verwendung von Periost (Abb.3).
Bezüglich der Technik der Bandbildung aus Periost möchte
ich darauf hinweisen, daß an der Befestigungsstelle des neuen
Bandes der Knochen durch Einschneiden und Beiseiteschieben des
vorhandenen Periosts freigelegt werden muß und daß das eine Ende
des freien Periostlappens mit der Kambiumschicht auf den ange-
frischten Knochen durch Vernähung des transplantierten Periosts-
mit dem vorhandenen Periost gut fixiert wird. Der.freie Periost-
lappen selbst wird vorher so zusammengenäht, daß die Kambium-
schicht sich deckt, nur am oberen und unteren Ende bleibt die
Kambiumschicht zwecks Vereinigung des Transplantats mit dem
Knochen frei. Die Länge des Periostlappens wird so gewählt, daß
das Transplantat nach der Befestigung seiner beiden Enden an die
in Betracht kommenden Knochen und nach dem Redressement straff
angezogen ist. Die korrigierte Stellung der Knochen, wird durch
einen Gipsverband oder durch entsprechende Lagerung fixiert. Als
Nahtmaterial dient stets Seide. Die Operationstechnik ist wie die
von uns bei aseptischen Gelenkoperationen geübte eine rein instru-
mentelle. Die Erfolge waren durchweg sehr zufriedenstellend, mit
Ausnahme des einen Falles von Pes calcaneus valgus, bei dem
wir nicht einen freien, sondern einen gestielten Periostlappen be-
nutzt haben. Er wurde am unteren Ende der Tibia gebildet und
nach unten geschlagen. Da, wo er ümgeschlagen war, war er nicht
befestigt worden und hatte offenbar an dieser Stelle nachgegeben.:
Mit der Chirurgie der Gelenkbänder verfolgen wir den Zweck,
zerrissene oder überdehnte und infolgedessen nicht mehr funktions-
fähige Gelenkbänder in wirkungsvoller Weise zu ersetzen.
Ihre Voraussetzung ist- die Kenntnis der physikalischen Eigen-
schaften der Gelenkbänder und ihrer Funktion. Wenn wir uns
über diese klar sind und wissen, daß die Bänder bei der Rachitis
viel nachgiebiger sind als in der Norm, so werden wir unsere Er-
fahrungen im Gebiete der Gelenkbänderchirurgie auch bei den rachi-
tischen Deformitäten in weitesten Umfang anwenden. Denn wenn
es uns auch gelungen ist einen Plattfuß oder eine Skoliose zu re-
dressieren, so wird nach Abnahme der redressierenden Verbände
Immer wieder ein Rezidiv eintreten, solange wir nicht darauf be-
dacht sind die erschlafften und überdehnten Bänder zu beeinflussen.
~ In einer größeren Anzahl von Fällen dieser Kategorien haben
wir durch Gerbung der Bänder eine Festigung zu erzielen ver-
sucht. Wir haben hierbei im allgemeinen gute Erfolge gesehen,
doch wurde das Verfahren von uns vollkommen aufgegeben, seitdem
wir bei einem Fall eine Schädigung des Knochens beobachtet
haben. Die Stellung des Fußes war ausgezeichnet, jedoch bei der
röntgenologischen Untersuchung stellte sich heraus, daß sich Knochen-
defekte an der Stelle der Einspritzung gebildet haben.
Da wir andererseits durch Neubildung von Gelenkbändern,
auch bei den Folgen der Rachitis sehr gute Resultate haben, so
möchten wir die Bildung neuer Bänder nach dem Redressement des
Plattfußes und der Skoliose in schweren Fällen bei jugendlichen
Individuen empfehlen.
Die Indikation zur Bildung eines Gelenkbandes wäre also |
gegeben bei Schlottergelenk paralytischer und nicht paralytischer |
Herkunft, zur Sicherung des Erfolges nach dem Redressement des
Plattfußes, des Genu valgum ev. der Skoliose sowie bei allen durch
eine Verletzung zugrunde gegangenen Gelenkbändern. |
Wir werden uns jedoch nicht darauf beschränken, solche durch
Trauma oder Überdehnung nicht funktionierende Bänder zu ersetzen,
sondern wir können diese künstlichen Gelenkbänder auch ohne das
Vorbild normaler Bänder neu schaffen, wenn wir die Stellung einer
Extremität hierdurch verändern wollen. Es kommen hierbei die Fälle
` von Lähmungen in Betracht, bei denen infolge partieller Muskel-
lähmung die Antagonisten eine übermäßig starke Wirkung aus-
üben und bei denen es nicht möglich ist, die gelähmten Muskeln
zu ersetzen.
g ; h gemacht, durch ein Lig. spinoso- | l ;
E wir deny argui E . handlung mit Apocynum cannabinum nicht labe überzeügen können.
drehen, und bei einer Lähmung des Glutaeus maximus sowie der |
trochantericum das nach auswärts gedrehte Bein passiv einwärts zu
Unterschenkelmuskulatur, bei der das Becken in Beugestellung ne
emur stand, sobald der Quadrizeps kontrahiert werden s0 e,
Mittel gut vertragen.
haben wir versucht durch ein Lig. pectineo-femorale Becken und
Femur in gestreckte Stellung zu bringen. Hierdurch war die Mög-
lichkeit gegeben den Musculus quadriceps aktiv zu kontrahiere
und einen annähernd normalen Gang zu erzielen. z
Ziel und Zweck der Gelenkbandplastik ist, wie ich schon
früher hervorgehoben habe, die Anwendung äußerer Apparate nach
Möglichkeit auszuschalten und sie durch entsprechende innere Pro-
thesen zu ersetzen. Denn der beste und genialst kon-
struierte Apparat ist ein armseliger Notbehelf. Es muß
das Ziel der plastischen Chirurgie sein, durch zweck-
entsprechendes Eingreifen die wirkliche Ursache der
Deformitäten zu beheben und das Tragen von Apparaten
möglichst überflüssig zu machen. ZZ EN
Therapeutische Verwendung von Extract. Apocyni `
cannabini fluidum bei Herzkrankheiten. ....:
Von E. Stadelmann, Berlin.
Das Extract. Apocyni cannabini fluidum wird aus dem Wurzel-
stock einer in Virginien einheimischen Pflanze der Apocyonaceen
nämlich dem Apocynum cannabinum L. gewonnen. Nach Schmiede-
berg!) sind die wirksamen Bestandteile 1. das Apocynin, ein in.
Wasser fast unlöslicher harzartiger amorpher Körper, und 2. das
Apocynein, ein Glukosid, welches chemisch und pharmakologisch
dem Digitalein nahe verwandt ist. Moore beschreibt demgegenüber
das Apocynin als einen kristallinischen Körper, den er mit. dem
Acetovanillon identifiziert. Jedenfalls wirkt das Extrakt aus der
Apocynwurzel digifalisähnlich, bewirkt am Froschherzen. (te Water,
Schmiedeberg, Moore) systolischen Herzstillstand, beim Warm-
blüter Blutdrucksteigerung und Herabsetzung der Herzfrequenz bei
erhöhtem Schlagvolumen. u |
In Amerika wird die Pflanze unter dem Namen „vegetable
Trocar“ bei Herzkrankheiten viel verwandt, desgleichen in Italien
und Rußland. In neuerer Zeit ist auch in Deutschland mehrfach
über erfolgreiche Behandlung von Herzkranken mit Apocynum
cannabinum berichtet, so von Pawinski, Krämer, Riebold,
Fehsenfeld. Ein Teil dieser Autoren lobt die hervorragende
Wirkung des Mittels und. empfiehlt es warm. Man soll zwei- bis
dreimal täglich 15 Tropfen des Fluidextraktes geben. Unter der
Apocynwirkung wurde der Puls voller, seine Frequenz nahm ab:
Als Nebenwirkung ist mit einer leicht narkotischen Wirkung zu
rechnen, nach längerer Darreichung größerer Dosen trat Gedächtnis-
schwäche..auf. Nach acht- bis zehntägiger Anwendung stellte sich
bei den Kranken Übelkeit ein, im allgemeinen wurde aber das
Man soll es bei Herzinsuffizienzen ver-
schiedenster Art mit Vorteil verwenden können, nur nicht bei Herz-
neurosen.
und kräftiger werden, erhöhe die Diurese und beseitige dadurch
abnorme Wasseransammlungen im Körper. Vermißt wird eine
Wirkung bei Nieren- und Leberkrankheiten (Zirrhose), bei akuten
Nierenerkrankungen sei es direkt kontraindiziert. Einzelne der
. Autoren geben allerdings noch an, .daß das Mittel wiederholt selbst
nach kleinen Dosen und kurzer Anwendung Übelkeit und Erbrechen
hervorgerufen habe. 5
Ich habe schon vor etwa 25 Jahren eine größere Versuchs-
reihe angestellt, über welche Herr Ferdinand Knapp in seiner
. Dissertation 1921 (nicht gedruckt) berichtet hat. Behandelt wurden
60 Kranke mit Herzleiden verschiedenster Art und Herzinsuffizienzen
als Folgeerscheinung anderer Leiden und zwar: Myokarditis 14,
Aorteninsuffizienz 5; Aortenaneurysma 1; Aorten-
und -stenose gleichzeitig 2; Nephritis chronica mit Herzinsuffizienz 10;
' Perikarditis 3; Cirrhosis hepatis 4; Carcinoma hepatis, Miliar-
tuberkulose, Influenza je 1. -
Das Apocyn wurde als Fluidextrakt und zwar in steigender
. Dosis von dreimal 6—12 Tropfen gegeben.
Vor: der Anwendung
wurde, wenn irgend möglich, erst eine mehrtägige indifferente
Therapie verordnet und erst die Einwirkung der Ruhe und ge-
ordneten Krankenpflege im Krankenhause abgewartet, wie ich dies
. zur richtigen Beurteilung. der Wirkung eines Mittels bei ‚Herz-
krankheiten im @gemeinen für absolut notwendig erachte.
Von der ilderung einzelner Fälle kann ich absehen, da
ich im allgemeilen mich von: einem deutlichen Nutzen der Be-
1) Auf genauere Literaturangaben glaube ich in diesem kurzen
Aufsatze verzichten zu sollen.
Es setze die Pulsfrequenz herab, lasse den Puls voller .
und Mitral-
-insuffizienz. gleichzeitig 3; Mitralinsuffizienz 10; Mitralinsuffizienz
ina.
LAT a ee n e ne n a aa A
N
1396
Nur folgende 8 Fälle möchte ich kurz schildern, bei denen eine
deutliche Wirkung, festzustellen war.
1. B.Sch., 65 Jahre, Arteriosklerose. Klagen über Luftmangel,
Husten, Herzklopfen, Schmerzen in der Herzgegend. Es besteht
Knöchelödem, starkes Emphysem, an der Herzspitze leichtes systolisches
| Geräusch. ' Leber groß und druckempfindlich,. Urin enthält Eiweiß,
Puls 104, klein und unregelmäßig. Nach i1tägiger Anwendung von
Apocyn, das gut vertragen wird, ist der Puls kräftig und voll,
Frequenz 60, Urinmenge wesentlich gestiegen (auf 1000 cem), Leber
abgeschwollen, Ödeme geschwunden. Pat. verläßt gebessert das
Krankenhaus. |
2. Frau F., 71: Jahre. Starke Ödeme, hochgradige Zyanose,
Cheyne-Stokessches Atmen, Hydrothorax, Dilatatio cordis, an der Herz-
spitze systolisches Geräusch, Puls 92, irregularis und inaequalis, starke
Arteriosklerose, Diurese gering, im Urin Albumen und granulierte
erhielt 8 Tage lang dreimal täglich 5—7 Tropfen ohne Erfolg,
b) 14 Tage später 5 Tage lang dreimal täglich 5—7 Tropfen mit
bestem Erfolge. Die Diurese steigt von 500 ccm auf 2000 pro die,
das Eiweiß verschwindet vorübergehend, die Ödeme gehen zurück,
Puls ist langsamer und voller, ‘subjektiv Wohlbefinden. Die -Besserung
hält aber nur 10 Tage an, Eine folgende Digitaliskur schafft auch
nur vorübergehenden Nützen. c) 2 Monate später wieder Apocyn,
diesmal ohne jeden Erfolg. Auch Diuretin und Liquor Kal. acetici ver-
sagen, Exitus. Sektion: Hypertrophie d. l. Ventrikels; Dilatation der
Atrien und Ventrikel; Endocarditis valvular. aortae, mitralis et
trieuspidal. Atheromatose der Aorta und der Kranzarterien, Stauungs-
niere, Interstitielle Nephritis. en
3. Frau J.S., 44 Jahre, Starke Dyspnoe, sehr, verbreiterte Herz-
dämpfung, leise Herztöne, keine Geräusche, Puls #20, voll, hebend,
Arterienrohr hart, beiderseitiger Hydrothorax, ausgebreiteter Katarrh
über beiden Lungen. Im Urin Albumen. ií Tage lang Apocyn in
steigender Dosis dreimal täglich 8—10 Tropfen. Danach leichte Besse-
rung, Diurese steigt vorübergehend, Pulsfreguenz sinkt auf 100. Wenige
Tage nach Aussetzen des Mittels Verschlechterung und Tod. Sektion:
hämorrhagische granulierende Pericarditis, exsudative Pleuritis, Myo-
carditis parenchymatosa, chronische Nephritis, u
4. Frau F., 60 Jahre. Aorteninsuflizienz, Herzschwäche, Dyspnoe,
Puls wenig kräftig, 132; Pat. erhält 11 Tage lang Apocyn steigend
Pulsfrequenz sinkt auf 60—90;
pro die auf 1000 ccm. Pat. gebessert entlassen.
5. Frau A. G. Mitralinsuffizienz; Phthisis pulmon. im II. Stadium,
hochgradige Kompensationsstörungen. Hier konnte durch Apocyn-
anwendung viermal
von dreimal 6—8. Tropfen gegebon — der Zustand gebessert werden.
o
Der kleine EOE uls sich und eine wahre Harnilut (bis zu
3400 ccm pro die) schaffte die Ödeme fort.
6. Herr E. Z.; 63 Jahre. Ödeme, Aszites, Hydrothorax, Pulsus
parvus et frequens, Oligurie, Albuminurie, Zylindrurie, Cheyne-Stokes-
sches Atmen, Mitralinsuffizienz, Er erhielt 18 Tage lang dreimal täg-
lich 5—8 Tropfen des Apocynextraktes, Danach steigt Urinmenge bis
auf ALiter, Ödeme und Aszites schwinden, Puls kräftiger und lang-
samer, Atmung wird normal und Urin eiweißfrei. Nach 15 Tagen Ver-
NE die nochmals durch Apocyn gehoben wird, während ein
drittes Mal das Mittel versagt. Diuretin nützt dann noch, während
Digitalis wirkungslos bleibt. . RR | | i
| 7. N.S., 27 Jahre. Insuff., Aort. und Mitralis. Schwere De-
kompensationserscheinungen von Seiten des Herzens. Zyanose, Dyspnoe,
Hydrothorax, Aszites, Hydroperikard, Hiydrops, Puls klein und un-
regelmäßig, Leber groß, ikterische Hautfarbe, Urin spärlich, enthält
Eiweiß. Eine Digitaliskur bleibt erfolglos. Darauf Apocyn dreimal
täglich 6—8 Tropfen. Schon nach 3 Tagen Puls kräftiger, aber noch
irregulär, Frequenz geht um 20 Schläge zurück, Urinmenge steigt auf
3 Liter, Ödeme, Aszites usw. schwinden. Pat. steht auf. Nach 8 Tagen
Verschlechterung. Pat. stirbt an Lungeninfarkt.
8. O.H., 33 Jahre. Insuff. Aort. und Mitraälis. Stauungskatarrh,
Zyanose, Ödeme; kleiner, frequenter, irregülärer Puls, Oligurie,
Albuminurie. Digitalis wir BR. Nach Apocyn, welches 12 Tage
lang dreimal täglich 5—7 Tropfen gegeben wird, gehen die Stauungs-
erscheinungen zurück. Urinmenge steigt von 500—800 ccm auf 1000
bis2000, Puls wird kräftiger, Irregularität geringer. Apotyn wird gut ver-
tragen, während Digitalis dyspeptische Erscheinungenhervorgerufen hatte,
Ich beschränke mich darauf, diese 8 Fälle anzuführen, bei |
welchen eine günstige Wirkung der Behandlung mit Apocyn noch
am deutlichsten ist. Bei allen übrigen war sie, u deutlich, ganz
vorübergehend bzw. vollkommen negativ. Das Resultat ist wenig
günstig, immerhin darf nicht verschwiegen weißen, daß Apocyn
gelegentlich (z. B. Fall. 7) nützte, nachdem Digits versagt hatte.
Von Nebenwirkungen war folgendes zu beobä&hten. Dieselben
erstreckten sich allein auf den Magen und wareh bald leichterer
Natur, bald so schwer, daß die Behandlung ausgesetzt werden
mußte: Sie bestanden in Übelkeit, Würgen und, Erbrechen. Sie |
traten meist schon im Anfang der Behandlung ünd nach kleinen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
6—10 Tropfen) verabreichte.
| wirkung erst nach größeren Dosen eintritt, die ich vermieden habe.
Zylinder. Hier wurde dreimal Apocyn gegeben und zwar: a) Pat.
binierten Mitral-Aortenfehlern.
von dreimal 10 bis dreimal 15 Tropfen. Herztätigkeit danach kräftiger,
rinmenge steigt‘ von 200—600 ccm -
— einmäl wurde das Mittel 40 Tage lang in Dosen `
5. Oktober
Dosen (dreimal täglich 5—6 Tropfen) auf. Jeder zehnte Patient
mindestens hatte unter solchen gastrischen Störungen zu leiden.
Ich kann demnach in das Lob von, der guten Bekömmlichkeit des
Extract. cannabin. fluidum nicht 'einstimmen. Dagegen habe ich
von der narkotischen Wirkung des Präparats, welche andere Autoren
beschrieben haben, nichts gesehen, trotzdem ich das Mittel gelegent-
lich recht lange Zeit, allerdings in kleinen Dosen (dreimal täglich
Es ist möglich, daß diese Neben-
Ich glaube nun, aus meinen doch ziemlich ausgedehnten Be-
obachtungen folgende Schlußfolgerungen ziehen zu können:
Das Extract. Apocyn. cannabin. fluidum ist ein sehr unzuver-
lässiges, . oft unangenehme Nebenwirkungen von Seiten des Magens
hervorrufendes Mittel. Ein wirklich nachhaltiger Erfolg ist selten,
rasch vorübergehende Wirkung wird man etwas häufiger erwarten
dürfen. Am .ehesten angezeigt ist es ‘bei Mitralfehlern und kom-
Dagegen ist es bei Herzmuskel-
entartung und besonders bei schwereren Nierenleiden mit folgenden
Kompensationsstörungen so gut wie wirkungslos.
Die außerordentlich ungleiche Wirksamkeit scheint weniger.
auf der Verschiedenheit der Krankheitsfälle, bei denen es an-
gewendet wurde, als vielmehr in dem Mittel selbst begründet -zu '
sein. Weist doch Schmiedeberg darauf hin, daß das Apocynein,.
jenes dem Digitalein nahestehende Glukosid, wegen seiner amorphen
Struktur vermutlich schwer und ungleichmäßig resorbiert wird, und
daß der zweite wirksame Bestandteil der Droge, das Apocynin,
beim Erhitzen mit verdünnten Säuren in eine unwirksame Substanz
verwandelt wird.
Von einer Überlegenheit des Präparats über die Digitalis-
körper kann wohl kaum die Rede sein. Wenn ich daher vor einer
Anwendung des Apocyns auch nicht gerade warnen möchte, denn,
wie die angeführten kurzen Krankengeschichten lehren, kann man
ja gelegentlich von ihm Nutzen sehen, selbst da, wo Digitalis ver-
sagte, so darf man große Hofinungen auf das Mittel jedenfalls nicht
setzen. Ich wenigstens habe seit meinen damaligen Untersuchungen
keine Veranlassung gehabt, das Apocyn wieder zu verordnen, so
wenig war ich von seiner Wirkung befriedigt. Ich kann mir das
Lob, welches andere Autoren dem Mittel spenden, nur damit er-
klären, daß sie solche gelegentliche günstige Wirkungen, wie ich
sie auch gesehen habe, verallgemeinert haben, ohne sich dabei auf
ein größeres. Untersuchungsmaterial zu stützen. |
Aus der Röntgenabteilung des Städtischen Krankenhauses im
Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Dr. Max Cohn).
Seltene Fremdkörper.
Von Dr. Max Cohn.
Jeder Röntgenologe mit größerem Krankenmaterial hat im
Laufe der Jahre einige Fremdkörper beobachtet, die nach Art, Sitz
und Krankheitserscheinungen ein besonderes ärztliches Interesse
verdienen. Eine Häufung solcher Fälle, wie ich sie in der ersten
Zeit meiner Tätigkeit am Friedrichshain zu sehen bekam, veran-
laßte mich, an der Hand meines und meines Vorgängers Materials
der Psychologie des Triebes, sich Fremdkörper einzuverleiben, etwas
näher nachzuspüren. Dabei ergab sich, daß eine gewisse Gesetz-
mäßigkeit bei einzelnen Kategorien von Menschen bei der Auswahl
der Fremdkörper obwaltet. Bei der großen Zahl meiner Beob-
achtungen, die etwas abseits von dem gewöhnlichen . Fremdkörper-
nachweis liegen, waren aber auch wichtige Schlüsse für die
Indikation und die Art der Entfernung auf Grund der röntgeno-
logischen Untersuchung möglich. In der Kriegszeit hatte sich allzu-
sehr das Bestreben entwickelt, die Fremdkörperchirurgie allein
nach mathematisch-physikalischen Gesichtspunkten zu betrachten.
Und doch gibt es eine große Zahl von Fremdkörpern, wo die phy-
siologische und anatomisch-topographische Einstellung des Rönt-
genologen allein eine Förderung der ärztlichen Kunst bringt. - Bei
den Fremdkörpern, von denen hier die Rede sein soll, handelt es
sich nur. in den seltensten Fällen um reine Zufälle; in der großen
Überzahl entspringt die Einführung der Fremdkörper einer krank-
` halten Bewußtseinseinstellung.. Eine überragende Rolle für den Anlaß
zu den bizarren Handlungen spielt der Trieb, die Freiheit aus einer
Haftstrafe wieder zu erlangen. Die ärztliche Untersuchung wird in
hohem Grade dadurch gestört, daß die Angaben der Patienten
wegen ihrer geistigen Minderwertigkeit keine rechte Glaubwürdigkeit
verdienen. Man muß viele von diesen in doppelter Hinsicht Kranken
gesehen haben, um hinter ihre Schliche und Unwahrheiten zu kommen.
Die erste Gruppe dieser charakteristischen Fälle umfaßt Häft-
linge, welche metallische Fremdkörper schlucken, um ins Kranken-
haus zu. kommen. Hier wollen. sie operiert sein und die Rekon-
valeszenz dazu benutzen, um zu entwischen,. was entschieden
leichter aus dem Krankenhaus als aus dem Gefängnis gelingt.
Bemerkenswert ist, daß die gleichen Fremdkörper bei Personen,
die in verschiedenen Anstalten untergebracht sind, wiederkehren. Mit
Vorliebe werden Federn und Spiralen aus Matratzen verschluckt.
Ein Beispiel ist in Abb. 1 dargestellt. Der Straigefangene hatte.
Ey eine große Anzahl dieser Metallteile verschluckt, deren Zahl und
itz festzustellen mir oblag. Objektive Beschwerden bestanden in zeit-
. weise auftretendem, blutig ge-
Abbildung 1. ' färbtem Erbrechen. Die sub-
ee Jektiven Beschwerden ver-
= dienen wenig Beachtung, weil
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| der Fremdkörper hat. Ferner
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Dieses Aufstoßen und das
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` unbedingt für Lokalisation im
I Magen. Die Röntgenaufnahme
konnte aber feststellen, daß
ein hakenförmiger Teil über
vier andere hinübergriff, die
von oben nach unten rechts
.von der Wirbelsäule lagen.
Ich folgerte daraus, daß die
distalen Fremdkörper im Duo-
denum verhakt waren, und
durch den Haken des erst-
erwähnten, der teils im Magen, teils im Zwölffingerdarm stach, am
Weiterwandern verhindert wurden. Die Gefahr der Perforation in dem
sehr beweglichen und engen Darmteil gab. die Indikation für den
‚Eingriff ab. |
| Nicht jeder Fremdkörper muß operativ aus dem Abdomen
entfernt werden, Viele gehen leicht per vias naturales ab, viele
sind ungefährlich. Bei der Indikationsstellung ist zu berücksichtigen,
daß der glatte Verlauf den Sträfling schnell veranlaßt, das Ex-
periment zu wiederholen, und die zweite Operation nicht so leicht
ist wie die erste. -Im vorliegenden Falle bestätigte die Operation
meine Annahme über den Sitz der Fremdkörper nicht nur, sondern
der Fall kam ein zweites Mal mit denselben Fremdkörpern zur
Beobachtung. Ä | ha
_ Ein Jahr nach der ersten Operation sah ich den Patienten im
Friedrichshain wieder,. während sein erstes Gastspiel im Krankenhaus
Moabit erfolgte. Er erzählte eine große.Geschichte von einer Schnaps-
wette, die er durch das Verschlucken von Metallteilen gewonnen habe.
Als ich ihn dann fragte, woher eine große, mediale Laparotomienarbe
stamme, sagte er, daß er in Moabit am Magengeschwür operiert worden
sei. Es war nun nicht mehr schwer, dieses Fremdkörperrezidiv klar-
zustellen. |
‚ Als Richtlinie für die Röntgenuntersuchung diene, daß. der-
artige Fremdkörper fast immer vielfach vorkommen. Die Verbrecher
wissen, daß ein Stück leicht durch den Darm abgeht: sie haben
dann nur die Unannehmlichkeit des Verschluckens und nicht das.
„Vergnügen“ der Krankenhausfreiheit gehabt. _
Ich habe auch eine weibliche Gefangene, die „Matratzen-
Schluckerin“ war, gesehen. Soziale Stellung und Geschlechtsunter-
schied (anderes Haftlokäl) lassen kaum die Annahme zu, daß einer
vom anderen wußte. 7 i
$ Das Mädchen war Untersuchungsgefangene und sollte bei ihrer
errschaft gestohlen haben. Sie leugnete und saß, angeblich deshalb
SR 6 Monaten in Einzelhaft; diese soll bei ihr einen derartigen Lebens-
2 erdruß hervorgerufen haben, daß sie aus ihrer Matratze Haken und
edern entnahm und verschluckte. ee
Ohne Zweifel ist die Auswahl dieser merkwürdigen Gegen-
stände nicht auf eine besonders rege Phantasie der Gefangenen
zurückzuführen; sie haben in ihrer Umgebung nicht viele Gegen-
Stände, die demselben Zwecke dienen können. Außerdem spielt es
En Rolle, daß Gegenstände verschluckt werden müssen, deren
Kin a längere Zeit nicht bemerkt wird, während später objektive
Ho nXheitszeichen (Erbrechen und Blutung) die Verlegung ins
spital erheischen. Das gehäüfte Vorkommen gerade des Ver-
-~
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK = .Nr. 40.
nahme Schmerzen am Sitz.
blutige Erbrechen sprechen .
sichtig zu sein. 0.000000
Nur zweimal sah ich bei Strafgefangenen andere Fremdkörper
'als Matratzenfedern. und -Haken. . Das. eine.:Mal war, von dem
metallenen Verschluß des Waschbeckens der Hakenteil von:'etwa
15 cm: Länge‘ verschluckt. worden, ‘nachdem der Stöpsel (der .
eigentliche Verschlußteil) abgebrochen : worden war. . Das ‘andere Mal
hatte eine Frau 3 Stricknadeln in voller Länge herüntergeschluckt. :
schluckens von metallenen Matratzenteilen müßte die zuständige e
Behörde veranlassen, in der Auswahl der Liegegelegenheiten vor: ;
X
Dieser Fall ist übrigens. der einzige, der zum 'Tode geführt hat. `
Eine Nadel hatte das Duodenum ‚durchbohrt, war in die Leber ein-
edrungen, und hatte dort eine eitrige’Cholangoitis' mit Abszeßbildung
‘hervorgerufen. Eine zweite Stricknadel muß den Darm an anderer
Stelle perforiert haben und.saß in einem. großen Abszeß, der längs des.
Deo-Psoas entstanden war. Diese Lokalisation hatte zu einer reilek-
torischen Beugekontraktur des Beines geführt, die wegen der Schmerzen |
‚nicht zu überwinden war. | ee a
Ein Pendant zu den „Matratzenschluckern“ stellen die Für-
‚sorgezöglinge dar, die in der gleichen Gedankeneinstellung wie die
Strafgefangenen Teile von Eßbestecken verschlucken. Diese Sorte
vön Häftlingen wird nicht so. streng gehalten wie die Gefängnis- -
sträflinge. Sie. bekommen Messer, Löffel und Gabeln in, die Hand
und werden partienweise damit beschäftigt, ‘die Eßutensilien in
großer Zahl zu säubern. Es fällt nicht sofort auf, wenn ein paar |
Löffel oder Gabeln fehlen. Der Lebensegoismus läßt den Häftling
wohl auch solgt## Dinge ‚auswählen, die stumpf sind. So ist der
Löffel ein Lielggsinstrument. Immer wird die Löffelmulde abge-
broehen, weil siach Eigenangaben nicht „durch den Hals“ geht.
Kaffedlöffel, welche diese Schwierigkeit nicht bieten, kommen nicht
zur Verwendung, weil sie in Fürsorgeanstalten nicht ; gebraucht
werden. Vor einer Reihe von Jahren kam es zu massenhaften Ein-
griffen dieser. Art, die sämtlich der männlichen Fürsorgeanstalt in uy $
Lichtenberg entstämmten. Es trat eine solche Häufung von Fällen
ein, daß geradezu von einer Seuche im Verschlucken von. Löffel-
'stielen und Gabelgriffen gesprochen werden konnte. Von Wichtig-
keit. ist die Beobachtung, daß auch sehr große und breite Teile
von Bestecken durch den Darm ohne Eingriff abgingen.
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‘Daß das Verschlucken von Fremdkörpern ansteckend wirken
kann, beobachtete ich schon vor langen Jahren anläßlich dreier .
Fälle von Nadelschluckens. Im Verlaufe von 6 Wochen sah ich -
:3 Fälle: alle betrafen Dienstmädchen, die in:naher Nachbarschaft - :
wohnten und aus Liebeskummer diese etwas ungewöhnliche Selbst- -.
' mordart gewählt.hatten. Sie wußten durch Erzählen von einander. -:
Diese Nadelschluckerinnen sagten freiwillig nichts von ihrer Tat:
Erbrechen und Blutung führten sie als Ulkuskranke ins Kranken-
haus und zum Röntgenologen. Aus den Erfahrungen, die ich da-
mals machte, zog ich den Schluß, jeden Magenfall im leeren Zu-.
stand zu durchleuchten, weil sonst leicht der Kontrastschatten den
Nadelschatten zudecken kann, wobei. bemerkt sei, daß die Nadeln
‚nicht einmal im Magen sich befinden müssen, um dieses Vorkomm-
nis hervorzurufen. S | > Eu |
Eine überaus interessante Beobachtung über die Anzahl der
verschluckten Nadeln konnte ich bei einem Kellner machen, der
mit Magenbeschwerden zu uns kam und behauptete, er hätte mehrere _
' Nähnädeln aus Versehen. heruntergeschluckt. Auf däs. Sonder- .
bare, daß er: gleich mehrere Nadeln aus Versehen verschluckt
habe, aufmerksam gemacht, erzählte er, daß er lange arbeitslos'sei, k
und daß ‚seine .Frau mehr Erwerbslosenunterstützung erhalte, wenn .
er im Krankenhaus, als wenn ‘er zu Hause sei. Diese Behauptung
erwies sich als falsch: es handelte sich ohne Zweifel um einen
schweren Psyöhopathen, worauf auch epileptische Krämpfe, die der
Patient früher hatte, hindeuteten.. Die Fragestellung an den Rönt- |
genologen war, ob die Lage der Nadeln: einen Eingriff indiziere.
Es mußte dabei berücksichtigt werden, daß es im Dünndarm einen
Fremdkörperreflex gibt, der eine Nadelspitze immer in die'Verlaufs-
richtung der Peristaltik stellt. Deshalb können die meisten Nadeln
den Dünndarm glatt passieren. Im Dickdarm werden sie dann mit
Unterstützung von grober schlackenreicher Kost in Kotballen gut‘
‚eingehüllt und entleert. Gefährlich sind lange'Nadeln vor allem im
Magen und Duodenum, obwohl es auch hier gar nicht selten vor-
kommt, daß vois der Perforation eine Perigastritis oder Periduo-
. denitis entsteht, Rnd der Fremdkörper später in völlig abgekapselten. i
| Räumen aseptisch* außerhalb des Digestionstraktus aufgefunden wird.
. Im vorliegenden Falle ergab das Röntgenbild das eine Mal 2 Nadeln
| auf der: rechten Bauchseite, das andere Mal nach einer Kontrast-
‚ füllung des. Diekdarms 3 (!) Nadeln, 2 an der früheren Stelle, die
{ dritte auf der linken Seite in der Magengegend. Die Aufnahmen `
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ist ausgeschlossen. Wie ist diese Erscheinung zu erklären? Ich.
` "glaube ebenso, wie das Nichterscheinen ‘des Rasters der Potter-
. : Bucky-Blende bei der Bewegung auf. der Platte. Diejenigen Nadeln,
‘die beide Male sichtbar waren, lagen senkrecht zu der Richtung
.. der dritten, die sich sicher im Magen befand und während der Auf-
' nahme lebhaft um ihren Durchmesser bei der Peristaltik bewegte.
‘Die beiden anderen Nadeln lagen im Dünndarm und bewegten sich,
wie man an dem verwaschenen Kontur der Enden sah, um die Längs-
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tung: man kann röntgenologisch nur über das etwas aussagen, was
: man bei der Durchleuchtung oder der Aufnahme sieht. Die Er-
fahrung lehrt, daß selbst metallische Fremdkörper, wie eine große
Nähnadel, nicht immer durch die Röntgenuntersuchung aufgedeckt
: werden müssen!) u | | “m
Ea Ein lehrreiches Beispiel, das viele Jahre zurückliegt,: wird
-mir in dieser Hinsicht immer in Erinnerung bleiben. |
Eine Frau hatte einen Gebißteil verschluckt und behauptete, daß
derselbe in der Speiseröhre drücke. Ein namhafter, Röntgenologe hatte
die Röntgenuntersuchung gemacht und sich gutachtlich géäußert, daß
. sich in der Speiseröhre kein Fremdkörper befinde. Das war falsch:
` der. Fremdkörper war nicht zur Darstellung gekommen. Ich sah die
Patientin 31/, Jahre später mit einer Lungengangrän. Das’ im Öso-
phagus eingekeilte Gebiß war erst nach dieser lagn Zeit in den
‚rechten unteren Hauptbronchus durchgebrochen. der Lunge, die
ganz, andere -Kontrastmöglichkeiten bietet als di@ S
jetzt der Fremdkörper gut zu sehen.
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„untersuchung führt zu einer durch und: durch positiven Betrach-
tungsweise; negative Schlüsse sind nur mit größter Vorsicht und
vielen Einschränkungen zu ziehen. |
Während bisher nur von verschluekten Fremdkörpern die
Rede war, gehört es nieht zu den Seltenheiten, daß Fremdkörper
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‚in die Bronchien gelangen. Meistens handelt es sich um Bleistift-
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bülsen und sog. Vogelpfeifen, die von Kindern. zum Hervorrufen
von Tönen benutzt werden. | -e
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Vor mehreren Jahren aber
einem Jungen im Schlafe ein Backenzahn aspiriert wurde. ‘Der Patient
wußte nichts von dem üblen Ereignis: und kam unter den Erschei-
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Krankenlager währte schon 4 Wochen und war außer durch Fieber
>; Knabe, der unter großer Atemnot litt, beim Aufsetzen stets einen Er-
"> stiekungsanfall. bekam. Dadurch wurde die Röntgenuntersuchung
schattet und erst ‚nach wiederholten Versuchen der Durchleuchtung
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siveren, runden, kleinen Schatten zu erspähen. Jetzt wurde bei dem
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Ergebnis hatte, daß der kleine Patient vór der Entstehung der Krankheit
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wahrnahm, daß ihm ein Backenzahn fehle. Man erkennt den Zahn als
runden schwarzen Schatten gut auf dem Röntgenbild, sieht die Infiltration
und Atelektase der ganzen linken Lunge und bemerkt auch, daß hinter
dem Zahn zwei sich vereinigende helle Sehattenstreifen liegen. Diese
Aufhellungen stellen sicher die Luft in den beiden Hauptbronchien
dar, während der Zahn im linken Stammbronchus liegt. Der Fremd-
körper wurde unter großen Anstrengungen von Weingärtner von
‘der Trachea aus entfernt. Zunächst sah man bei. der Operation im
linken Stammbronchus nur schwammiges Granulationsgewebe, hinter
dem sich. der Zahn verbarg. Ohne Zweifel bestand ein sog. Ventil-
verschluß, durch den einerseits die Erstickungsanfälle beim Lage-
wechsel, andererseits die beiden hellen Schattenaussparungen als Luft
in den’ Hauptbronchien erklärt werden können.: Röntgenologisch ist
es besonders interessant, daß die linke Lunge, die ich bei dem ge-
sundenden Kinde noch zwei Jahre lang nachher untersuchte, von den
schweren Veränderungen sich vollkommen erholte und einem normalen
Aussehen Platz machte.
Den schwersten Fall von Selbstverletzung sah ich
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en Knie, die schon öfters Krankenhausaufenthalt notwendig machten,
unsere Hilfe in Anspruch nahm. Nach ihren Angaben litt sie seit
mehreren Jahren an einem rechtsseitigen Knieleiden, das vor längerer
Zeit zu einer Abszedierung geführt hatte. Eine Narbe an der Außen-
fläche des linken Knies schien die Angaben der Patientin, daß eine
1) Dieselbe Beobachtun
Magen wiederholt.
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g hat sich inzwischen bei einer Nadel im
der‘ Untersuchung. noch eine neue Nadel geschluckt haben sollte,.
-Slächlicher, teils tiefer `
‚eine große Anzahl von
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achse. Unterstützt wurde: vielleicht das Sichtbarwerden der dritten | stücken lag. `
Nadel durch Streustrahlung des intensiv strahlenabsorbierenden Kon- `
trastbreies. Die Erscheinung ist.von eminenter praktischer Bedeu-
'Merkwürdige war, daß .
Teil über das Handgelenk |
Mädchen. bei der Haus-
‚die‘ Bewegungsfähigkeit
einzelner Gelenke erheb-
peiseröhre, war | merksam machten, trat sie
| E am nächsten Tage mit
Man: beherzige darum den grundlegenden Satz: die Röntgen-'
durch Aspiration auf dem Wege über den Kehlkopf und die Trachea
rische’ Patientin sich alle
nungen einer schweren septischen Pneumonie ins Krankenhaus. Das
4
und die linksseitige Lungenentzündung dadurch kompliziert, daß der "|. gezählt. |
| Plan, die unangenehmsten ;|
‚außerordentlich: erschwert: das ganze linke Lungenfeld war stark ver-
und Aufnahme gelang es mir, in der linken Lüngenwurzel einen: inten- |
zum ' Skelett abgemagerten Kinde ein Examen vorgenommen, das das | |
| | in großen Mengen Nadeln
eines Nachts mit einem Hustenanfall aufwachte und am nächsten Morgen
‚im Arm und Oberschen-
Monaten bei einem jungen Mädchen, das wegen Schmerzen im
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‘
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.40. 0°
5. Oktober
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Knietuberkulose vorgelegen habe, zu "bestätigen; unser Erstaunen .
war nicht gering, -als wir auf der Aufnahme mehrere lange Stick-
nadeln sahen. Jetzt durchleuchteten wir das Kniegelenk und seine
Umgebung, und als wir mit der Röhre immer. weiter. nach unten
gingen, sahen wir:mehr und mehr von den gleichen Fremdkörpern.
Die Untersuchung der anderen Extremitäten ergab, daß in allen
vier Gliedern teils ober- Zu ee Zr
Abbildung 2. ``
‘. Es waren zumeist
dicke und grobe, Nadeln,
die zum Teil eine Länge
von 12 cm hatten. Das
auch am Handrücken, zum
nach oben ragend, solche
Nadeln staken, die. dem
arbeit große Beschwerden
verursachten und, wie wir-
wahrnehmen konnten, auch
lich beeinträchtigten. Als-
wir das Mädchen auf ihre
unwahren Angaben .auf-
einer romanhalten Erzäh- Ä Bun
lunghervor,daßihreeigene
Mutter sie betäubt habe. |
und ihr in einer Sitzung -
. diese Unmasse von Fremd-
körpern beigebracht habe.
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Als Ursache wurden merk-
würdige religiöse Gründe
angeführt. Es bestehtkaum
ein Zweifel, daß die hyste-
LEER
2 Is
diese Nadelverletzungen
selbst beigebracht hat,
wahrscheinlich 'obne viel
davon zu spüren, Im rech-
ten Unterschenkel,wurden
allein 23 (!) große Nadeln
Ehe noch der
Fremdkörper zu entfernen, `
ausgeführt wurde, verließ
Pat. unter einem Vorwande:
das Krankenhaus.
Wiederholt sah ich
von Pravazschen Spritzen
keln von Morphinisten.
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Das vielfache Vorkommen solchen Nadelbruchs. wird dúrch die Un- 5
‘sicherheit der Kranken bei der Injektion und die herabgesetzte Emp-
findlichkeit der dauernd unter Morphium stehenden Gewebe unter-
stützt. Hier gilt der Leitsatz, daß nur solche Kanülen entfernt
werden sollen, deren Spitze sicher zu fühlen ist, oder wenn ober-
tlächliche Hautabszesse den Sitz des Fremdkörpers sicher bestimmen
lassen. Die Röntgenaufnahme allein darf nicht zu einem Eingriff
verführen, der oft durch das schöne Bild über seinen voraussicht-
lichen Umfang täuscht. Die Nadeln der Morphinisten liegen. bei
Rechtshändern immer im linken Arm, bei Linkshändern umgekehrt.
Die Oberschenkel sind als Sitz der Fremdkörper in gleicher Weise
‚beteiligt. Bei dem oben erwähnten Falle, bei dem es sich um
eine Rechtshänderin handelte, waren merkwürdigerweise alle Ex-
tremitäten an der Verstümmelung beteiligt.
In vier Fällen sah ich die weibliche Blase als Sitz von Fremd-
körpern. Zweimal hatte sich ein Blasenstein um eine zu mastur-
batorischen Zwecken eingeführte Haarnadel gebildet.
Auf Abb. 2 sehen wir einen solchen Fall dargestellt. Charak-
teristisch ist es, daß die Steinbildung immer von Spitze zu Spitze der
Haarnadeln von statten
eht, während der abgerundete. Teil frei von
Inkrustationen bleibt. Man kann auf dem Bilde gut die einzelnen
Schichten erkennen, aus denen der Blasenstein besteht. Die Beschwerden
bestanden in Schmerzen und einer hochgradigen, blutig-eitrigen Zystits.
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Prozesses von systematisierter Endothelhyperplasie
o5. Oktober = 0 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.40. ` 1
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` Auch hier war es, wie bei den anderen Fällen von Selbstverletzung nicht
; möglich, von dem 14] ährigen Mädchen den wahren Her ang zu:erfahren.
r gezeigt wurde,
‚wollte sie nicht wissen, wi6 "dieselbe in. die Blase gekommen sei. :
Auch nachdem die Haarnadel operativ entfernt war und
Ein weiteres Erotikon stellt der Füllfederhalter in der Blase
dar, der auf Abb. 3 wiedergegeben ist, Nur darf man ja nicht
es handelte sich vielmehr um einen vollständigen Füllfederhalter
Schatten geben. Die genannten Fremdkörper in der Blase sind
‘durch Sectio alta unschwer entfernt worden.
die sich in masturbatorischer Absicht Gallensteine, welche sie ent-
‘wendet hatte, in die Harnblase gebracht ‚hatte. Leider wurde diese-
Kranke seinerzeit nicht röntgenologisch untersucht; es wäre von hohem
Aus dem Path ologischen Institut des Krankenhauses im Friedrichshain
‚in Berlin.
Über den Morbus Gaucher, seine Klinik, pathologische
„Anatomie und histio-pathogenetische Umgrenzung,-
nebst Untersuchungen über den Morbus Gaucher der
Einteilung: |
IL Klinischer Abriß und pathologische Anatomie des Morbus Gaucher.
II. Die Histio- und Pathogenese des Morbus Gaucher; seine histio-pathogenetische
Abgrenzung von ähnlichen Krankheitszuständen, insbesondere der lipoid-
- zelligen Splenohepatomegalie.
~ MI. Beiträge zur Keuntnis des Morbus @aucher der Säuglinge und zur Beteiligung
i
. des Skelettsystems. l ;
I. Klinischer. Abriß und pathologische Anatomie des
Morbus Gaucher. . £
- denken, daß nur der sichtbare (metallene) Teil sich in der Blase befand;
. mit in der Hülse versteckter Feder. Man muß immer daran denken,
. daß natürlich nur spezifisch. dichte Körper sich röntgenologisch dar- |
“stellen lassen, während leichte, wie die Federhalterhülse, keinen
| ı. 8o unglaublich es
` klingt, so wurde im Krankenhaus Friedriehshain eine. Frau beobachtet,
Säuglinge und über die Beteiligung des Skelettsystems.
A - Von Ludwig Pick. Sam n
Der Morbus Gaucher, den 1882 Gaucher selbst als Épi-
Ahélioma primitif de la rate beschrieb, wurde zuerst von Bovaird
(1900) als eine systematisierte Erkrankung der Milz, der Leber und
der Lympbdrüsen erkannt und von Schlagenhaufer (1907) als.
eine Systemerkrankung des lymphatisch-hämatopoetischen
‚Apparates, d. h. der Milz, Leber, Lymphdrüsen und des Knochen-
markes zutreffend gekennzeichnet. ‘Die Affektion findet anatomisch
bei sehr vollkommener ‘Übereinstimmung der einzelnen Fälle ihren
_ Ausdruck in der Einlagerung eigentümlicher großer heller Zellen in
das Gewebe dieser Organe. Milz und Leber erfahren dadurch eine
= bedeutende, an der Milz oft ganz außerordentliche Vergrößerung,
die zu den umfänglichsten des Organs überhaupt gehört.
Bovaird hatte unter Ablehnung der Neoplasmanatur. des
gesprochen,
Schlagenhaufer, wie vorher (1895) Cornil, die charakteristi-
schen großen Elemente von. den Zellelementen des retikulären Stütz-
gewebes abgeleitet. -Diese in der Folge vielfach alternativ erörterien
beiden Theorien der Histiogenese vereinigt die neue und neueste
Lehre [(Eppinger (1920), Barát (1921), Epstein (1924), Waugh `
ud Mac Intosh (1924)], die vom anatomisch-histologischen Stand-
punkt den Morbus Gaucher als Beispiel einer Erkrankung des reti-
kulo-endothelialen Systems charakterisiert.
Die Krankheit ist selten. Von autoptisch oder durch die
. Untersuchung der operativ entfernten Milz gesicherten Fällen finde
2 zur Zeit einschließlich meiner eigenen Beobachtungen. aus der
"malionalen Literatur 32; davon sind nicht weniger als 11, also
Mehr als ein Drittel, in den letzten 5 Jahren (1919—1924) bekannt
ee immerhin ein Hinweis darauf, daß die verbreitetere Kennt-
des Leidens und gesteigerte Aufmerksamkeit wohl zu. etwas
5 anarei Feststellung führt. Die einzelnen Fälle sind in früheren
eitensoolteingehend wiederholt, auch in Tabellenform (deJosselin |
e Jong und Diegenbeek van Heukelom, Sapegno, Knox,
Wahl und Schmeißer), daß eine- kurze chronologisch geordnete
Zusammenstellung der Autoren hier genügt?).
1) Fraglich bzw. ni 5 . En |
G SEAE zw. nicht genügend gesichert als Fälle von Morbus
aucher sind von den anatomisch untersuchten u. a. die Beòbachtungen
| Rn Sapegno, V, Babes, Aurel und A. Babes, Fahr-Stamm (1933),
N pie wiederholt als Morbus Gaucher aufgeführten Fälle von
besondere G nox, Wahl und Schmeißer, Siegmund bilden eine
ruppe, die vom Morbus Gaucher grundsätzlich abzutrennen
|
|
| Schatten Gallensteine in der Harnblase geben, die doch’ in der Gallen-
ı blase nur so äußerst selten als Steinschatten dargestellt werden können.
| Es ist bekannt, daß zu Abtreibungswecken alle möglichen
Fremdkörper benutzt werden; diese rufen oft genug schwere sep-
tische Entzündungen hervor, die das Leben der‘ Kranken ge-
fährden. Daß aber ein solcher Fremdkörper stecken bleibt und zum
Röntgenologen zur Untersuchung kommt, gehört zu den . größten
Seltenheiten. _ ; ei a ae A |
“ Bei einer Frau im sechsten Monat.der Schwangerschaft, die mit
A. Fälle von Morbus Gäucher mit Autopsie: `
1882 Gaucher. . .... 30jähr:w. | 1916 Frank A. Evans . 4J.11M.m.
1895 Collier. ...... 6 „ -„ | 1919 Mandlebaum ... 37jähr. „
1900 Bovaird ......18 -n „| 1921 Rusca ....... 12M p
1905 Brill, Mandlebaum =. . .)'1921 E. J. Kraus... . 1jähr. w.
| Libman......83&-„ m. | 1921 Barät......:.87 „ m.
1907 Schlagenhaufer .; 48 „ w. | 1922 L. Pick .-....&8 po ao
1909 Risel...... dk „ „n | 1922 Nauwerck(LPick) 8M. „o
1909 Brill, Mandlebaum . 1922 Zadek .......4ljähr „.
= Libman...... 38 „ „ } 1924 Epstein ..... A. yo oa
1912 Mandlebaum ... 4,,„ m. | 1924 Epstein ......51 po We
1907 ‘v. Herezel ..... 3l p aa” © Moorhead: .. . . 31/,jähr:w
1910 de Josselin de Jong 1919 Mandlebaum ... 4 p. „
u.Siegenbeek van -~ | 1921 E. J. Kraus-Gerstl 17 „ „
Heukelom .....12 „ „ | 1921 Foot und Ladd.. 8 „ m.
19i3 Stevenson. .... 22 „- m | 1924 Epstein :..... 28 „ w.
1913 Downes ...... 28 „a. „ | 1924 Waugh und Mace .
1913 Wilson). .....277 p po -Antosi srera ee 5, 5
1914 Herrman, Roth 1924 Epstein ...... 35 „
und Bernstein. . 14 „ m.
"Aus dieser Aufstellung sind. zwei Tatsachen unmittelbar er-
sichtlich. Einmal, daß das weibliche Geschlecht unter den Be-
‚troffenen zwar überwiegt (20 weiblich: 12 männlich), aber doch
nicht, wie oft hervorgehoben, in so örheblichem Maße; Rusca (1921)
gibt das Verhältnis der Geschlechter mit 4 weiblich : 1 männlich an,
und ebenso berechnet noch Epstein ganz neuerdings 24 weiblich:
1919), Evans, Barát, Foot und Ladd, Nauwerck (L. Pick),
3—14 Jahren mit 4 Autopsien bzw. 5 Splenektomien), sondern
auch im Säuglingsalter Todesfälle bei voll ausgebildetem Morbus
Gaucher vorkommen. So bei.den beiden 12 Monate alten Säuglingen
‚in den Fällen von Rusca und E. J. Kraus-Gerstl und bei dem von.
mir des näheren untersuchten Fall aus dem Material C. Nau-
wercks, der mit 8 Monaten vor der. Hand den jüngsten ana-
tomisch untersuchten der Reihe darstellt). Bei Kraus-Gerstl
wird die Milz- und Lebervergrößerung im 6. Lebensmonat festgestellt,
auch bei Rusca setzen die ‘ersten (dyspeptischen) Symptome im
Gedeihen des’ Kindes auf. Die Annahme, daß das Leiden schon
‘in sehr früher Kindheit beginnt, vielleicht schon mit auf die Welt
gebracht wird, erhält damit eine bestimmtere Grundlage. Aller-
dings läuft der Morbüs Gaucher nicht, wie Knox, Wahl und
Schmeißer meinen, „im frühen Alter schneller ab“, sondern kann
eben unter Umständen auch schon im Säuglings- und Kindesalter
zum Tode. führen. = = e : H
Um die Kenntnis des klinischen Bildes hat sich besonders
„N. E. Brill verdient gemacht, dem zuerst die 'autoptisch bestätigte
' Diagnose am Lebenden gelang. u
ist (vgl. Teil II). Die demnächst im Virch. Arch. erscheinende Arbeit
Epsteins ist mir durch die Freundlichkeit des Herausgebers des Archivs
Geh. Rat Prof. Lubarsch zugänglich gewesen. `
a nr we ai Falf Giifin bei Epstein. |
3) Reber stellt die Bekanntgabe eines Falles bei ei
alten Säugling durch Rößle in Ansicht j a i nr
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ae apro eae e POOE E EVER era PER er ar o ae ch a s m
5: Pr SP u ee BE, ne > ns e ae a, aano ad e ai Tanne Sr a a a Aya re ng = `
ee re a een r- z - 5 nr = > 4 perami er nn
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’ ee ee a ee a Fr FRE ET aa IE ZI I A en BEN TRETEN man
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6 männlich —.ofienbar irrig; er übersieht die Morbus’Gaucher-Fälle
| bei männlichen Individuen von Rusca, Mandlebaum LP und
Zadek.. Dann aber, daß nicht nur im Kindesalter (9 Fälle von
.6. Monat ein; in Nauwercks Fall fiel schon früh das schlechte
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1400 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK, — Nr. 40. u 5, Oktober
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Die Krankheit ist in einer Anzahl der Fälle ausgesprochen
familiär, aber nicht hereditär, d. h.. sie betrifft mehrere Angehörige der
gleichen Generation. Unter unseren 32Fällen findet sich Familia-
rität 11 mal (Collier, Bovaird, Brill-Mandlebaum-Libman
(Fälle von 1905 und 1909), Schlagenhaufer, Mandlebaum (1912),
Erdmann und Moorhead, Herrman, Roth und Bernstein, |
de Josselin de Jong und Siegenb’eek van Heukelom, L. Pick,
Epstein) = 34,3 %. Das ist also in einem Drittel der anatomisch
sicheren Fälle. Auch hier ist Epsteins Zahl von 40 % zu hoch®). |
; Eine genaue Angabe: über die Zeit des. klinischen Beginns.
. läßt sich nicht machen. Gewöhnlich wird in den Kinderjahren früher
oder später gelegentlich einer ärztlichen Untersuchung der Milztumor |
entdeckt, der in seinem Wachstum stetig fortschreitet und anscheinend
erst bei erheblicher Ausdehnung von einer klinisch festzustellenden
Vergrößerung der Leber gefolgt ist. Auch diese wird im Laufe der
Jahre eine beträchtliche, wenn sie auch relativ hinter dem Milztumor
zurückbleibt. Der Verlauf ist meist, wenn eben auch nicht aus- .-
nahmslos, ein „ultrachronischer“ und zieht sich über Jahrzehnte hin.
Brill-Mandlebaum berechnen den Durchschnitt zwischen der ersten
Feststellung der Krankheit und dem spontanen Exitus (also unter
Ausschluß der nach der Splenektomie Sterbenden) auf 19,3 Jahre
bei einem Maximalspatium von 36 Jahren (Fall Schlagenhaufer).
Die äußerste bisher erreichte. Lebensgrenze beim Morbus Gaucher
. beträgt 51 Jahre (Fall 3 Epsteins). Gelegentlich wird von ein-
. geschalteten Remissionen, d. h. also einem Fortschreiten der Krank-
heit in „Schüben* (Reuben, Rusca u. A.) gesprochen.
| Die Vergrößerung der Organe kann rein mechanisch „ziehende“
Schmerzen im Leibe auslösen; auch durch umschriebene Perisplenitis,
‚ seltener Perihepatitis, werden Schmerzen bedingt. Aber es kann,
worauf besonders Brill-Mandlebaum verweisen, trotz gigantischer
Milz- und Lebertumoren die körperliche. und geistige Leistung der
© Kranken auffallend wenig berührt werden. Bei der bedeutenden
Abmagerung, die in vorgeschritienen Stadien sich. einstellt, ergiebt
das riesig aufgetriebene Abdomen und .der kontrastierende fettlose
Oberkörper ein sehr auffallendes Bild. |
Die äußeren Lymphdrüsen sind nur in Ausnahmefällen von
höchstens Erbsen- bis Bohnengröße zu fühlen. Die Knochen können
im späteren Verlauf manchmal durch Schmerzen. an den unteren
- Enden von Femur und Tibia oder durch Empfindlichkeit von Sternum
. und Rippen: ihre- Beteiligung andeuten — Rusca spricht von „dolores
. osteocopi* —, weiter können die Schmerzen sich auch auf die Mus-
keln von Oberschenkel und Wade ausdehnen. Ascites fehlt bis auf
einen Fall von Brill-Mandlebaum-Libman (1905; etwa 1 Liter)
ausnahmslos. POG E | ee ae, Fe
Schon frühzeitig ist eine eigentümliche gelblichbraune bis
eckerfarbene, andere Male als blei- oder bronzefarbene oder „dunkel-
- subikterisch“ bezeichnete Verfärbung der Haut auffallend, die nicht
immer, aber meist ausschließlich auf die dem Licht ausgesetzten
Teile (Gesicht, Hals, Hände) begrenzt ist, auch die Schleimhäute
frei läßt; die Pigmentierung an Stirn und Wangen kann an Schwanger-
schaftsschloasmen erinnern. Mit Ikterus, der bei - gleichzeitigen
bei 65% Hämoglobin an; gelegentlich kann der Hämoglobinwert
auch stärker. (einige Male bis auf 35%) sinken. Das Verhalten der
Erythrozyten gegen hypotonische Lösungen ist ohne Abweichung.
‚Polychromatophilie oder Poikilozytose spielen keine nennenswerte
Rolle.. Gaucher-Zellen selbst sind bisher im strömenden Blut nicht
gefunden. Die von E. J. Kraus, H. Lippmann und Zadek ge-
fundene Thrombopenie besitzt vielleicht Beziehung zù der nach |
langem Bestehen der Krankheit sich: einstellenden hämorrhagischen
‚Diathese, die sieh in erster Linie in häufigerer Epistaxis, in Zahn-
fleischblutungen, : aber. auch in Blutbrechen, Blutbeimengungen zu
den Stühlen, Metrorrhagien, zuweilen in Blutungen in die Muskeln
(Risel) oder auch in kleinen verschwindenden Konjunktivalblutungen '
äußert. Bei leichten Traümen entstehende Hautblutungen oder auch -
Furunkel bleiben als braune Flecken oder Narben lange auffällig.
Der Tod erfolgt, sofern nicht im Anschluß an eine Splenek-
tomie, meist durch interkurrente Krankheiten. Nur selten, wie bei
| Risel, ist die mit dem Morbus Gaucher. einhergehende Kachexie
: oder, wie bei `dem Säugling im Falle Ruscas, eine rapide progres-
` sive "Anämie als Todesursache heranzuziehen. Ein ander Mal kann
eine 'hämolytische schwere zum Tode führende Anämie, die mit
' und Schleimhäuten .(Zahnfleisch) und schnell zunehmender Braun-
färbung der Haut einhergeht, bei lange bestehendem Morbus Gaucher,
| wie der Fall Zadek erweist, auch durch eine allgemeine septische
Infektion ausgelöst werden. Auch: die Wa.R. im Blut war hier
der Lungen und des Bauchfells, bei Barát Lungentuberkulose, ver- -
bunden mit Pankreaszirrhose und Diabetes Todesursache). Bei
Schlagenhaufer eitrigeCholangitis, bei L. Pick Karzinom. der Leber-
„pforte, bei Brill - Mandlebaum - Libman (1905) hämorrhagische
: Perikarditis, bei Epstein Pleuropneumonie und eitrige Lepto-
meningitis; bei Collier sind es Bronchopneumonien, bei Nauwerck
(L. Pick) Bronchopneumonien und follikulärer Darmkatarrh, bei
E. J. Kraus Bronchopneumonien, chronischer Magendarmkatarrh, zu-
Rhachitis. Ferner werden als Todesursache angegeben Schädelbruch
(Brill-Mandlebaum-Libman, 1909) und dreimal Splenektomie;
bei Bovaird, Mandlebaum (1912) und Mandlebaum (1919), im.
letzten Falle bei dem 18 Tage p. oper. erfolgten Tod zugleich mit
ausgedehnter frischer Pfortaderthrombose.
| Unter den übrigen 14 Splenektomiefällen fehlt zweimal die
Angabe über den Öperationsausfal. Ein Todesfall erfolgte un-
mittelbar nach der Operation (Wilson); kein weiterer Sektions-
bericht.: In den anderen 11 Fällen, in denen die Operation über-
standen war, waren die Patienten 3 mal 5 Monate, 1 mal 10, 1 mal
16 Monate und 1 mal 2 Jahre später am Leben. In 2 Fällen wird
der oifenbare Erfolg der Splenektomie besonders betont: bei Mandle-
baum (Fall.i, 1919) Aufhören der Epistaxis, Besserung des Blut-
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el miie A LERN heterogenen Erkrankungen der Leber und Gallenwege [(eitrige Cho- | E J- Kraus (Fall 2, 10 Monate p. oper.) Verschwinden. der Zahn-
EEEN o E: TIRI E langitis bei eitriger Entzündung -des durch Gallensteine erweiterten Heischblutungen, Rückkehr des Blutbildes fast. zur Norm, en
an PER L Ductus choledochus (Schlagenhaufer), Karzinom der Gallenwege | des Hämoglobingehaltes von 35 auf 75%, Verkleinerung pan enor
EEREN TN (L. Pick)], sich hinzugesellt, im Fall Risel in seiner Genese aller- Wohlbefinden. Auch Foot und Ladd sprechen von sehr =
STE | dings nicht erklärt wird, hat diese Verfärbung nichts zu tun. Sie, mutigenden Ergebnissen der Splenektomie beim Morbus Gaucher.
d RE i | ist ein Ausdruck der allgemeinen Hämochromatose, die die Krank- ‘ Die klinische Diagnose gegenüber der bunten Reihe andere!
he ME heit stets begleitet und mit ihrer Dauer sich verstärkt. Eine etwaige | „Splenomegalien“, der Anaemia spleniea, dem Morbus Banti, dem
SEINES Arsenmelanose-muß natürlich ausgeschlossen werden. Zugleich kann | familiären splenomegalischen acholurischen Ikterus, der Hanotschen
Een CnP Da an der Augenbindehaut im Bereich der Lidspalte nach Art der | Zirrhose usw., ist bei Brill-Mandlebaum (1913) sehr eingehend
ESORUEGER. =- iP] Pinguecula sich eine bräunlichgelbe keilförmige Verdickung mit der | besprochen.. Eine besonders bemerkenswerte klinisch mit Morbus
o Tae a REUS | Basis zum Kornealrand hin ausbilden, zuerst beiderseits nasal, dann | Gaucher verwechselte Form familiärer Spienohepatomegalie stellen die
En auch temporal. Sie entspricht in. Sitz, Ausdehnung und Färbung | von Cornelia de Lange und J. C. Schippers berichteten Fälle
| u d-ta allein einer sehr ähnlichen Bindehautveränderung bei der Ochronose. | von „Riesenwuchs der Milz“ (de Josselin de Jong) dar, die =
SR Peai Ba . Zu den Früherscheinungen gehört auch die als Folge der Krank- | !T Se ee Anklang an Morbus a bei nn.
| PORER heitslokalisation imhämatopoetischen System aufzufassende (vgl. Teill | unter Vergrößerung der Milz und Leber durch Kachexie un
BEE: i Leukopenie, die bald als Neutro- bald als Lg app Aula und | hämorrhagischer Diathese zum Tode führen. |
ER | nur selten höhere Grade (500 p. cebmni) erreicht. Der Hämoglobin- i paa ee RESET
$ ME gehalt und danach auch de nah) geht erst später zurück. 5) Barát und Epstein führen außer ihren eigenen Beobachtungen
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; > : : s Tr jej ] Gaucher,
Pa 1 AS Es kommt zu einer mäßigen hypochromen Anämie („leichten Anämie als Tuberkuloseerkrankungen beiMorbus Gaucher die Fälle von Gau
T 3 aN) i von chlorotischem Typus“), die aber weder an der Haut, noch an | Collier wurde die im hinteren Mediastinum gefundene weiche käsige
DORAS o I Masse nicht weiter untersucht; Lungentuberkulose bestand nicht; der
Fall Knox und Wahl gehört nicht zum Morbus Gaucher, und im Fall
7 Sapegno konnte die Sektion die klinische Diagnose der Tuberkulose
| (des Hodens) nicht bestätigen. Einige miliare Tuberkel in der dure
Mala erhaltenen Gauchermilz finden sich im Fall Erdmann-
Moorhead- | | | | | |
den Schleimhäuten durch besondere Blässe sich geltend macht.
4) Unter dem zu diesem Punkt von Epstein’verwerteten Mate-
rial ist von den beiden Fällen Colliers nur einer mikroskopisch unter-
sucht; Fall Siegmund gehört nicht zum MorbusGaucher; in v. Herczels
Fall fehlt eine Angabe über das familiäre Vorkommen, |
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Brill-M andleb aum geben als Durchschnitt 3 700. 000 Erythrozyten `
Myeloische Elemente im Blut (Myelozyten, Normo- oder Megaloblasten),
starker Thrombopenie, intensiver hämorrhagischer Diathese an Haut . > -
positiv. Bei Gaucher und bei Epstein (Fall 1) ist Tuberkulose
gleich mit Zwergwüchs und Rnochenatrophie bedingender, schwerer _
Collier, Schlagenhaufer, Sapegno; Knox und Wahl auf, Bei
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5. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK— Nr.40. ` 00.1401
Wenn auch keines der Symptome für sich von pathognostischer
Bedeutung ist, so ist doch, wie die Fälle Brills, auch die von
de Jong und van Heukelom oder Mandlebaum (Reuben 1912)
beweisen, bei voller Ausbildung der klinischen Erscheinungen die
Diagnose möglich. Aber es können, am ehesten bei den Säuglingen
und Kindern (vergl. bei Foot und Ladd, Waugh und Mac Intosh),
auch gerade die charakteristischen äußeren Zeichen — Hautverfärbung,
Konjunktivalveränderung — oder die Schleimhautblutungen, auch
die Lebervergrößerung fehlen. Der bedeutende Milztumor ist dann
der einzige klinische Hinweis. | |
Als sicheres Hilfsmittel hat sich bei Bernstein, Reuben
und H. Lippmann die mikroskopische Untersuchung des Milz-
. punktates bewährt, die die großen Gaucher-Zellen ohne weiteres
feststellen läßt. In H. Lippmanns Fall, den ich histologisch mit
ihm gemeinsam untersuchte, ließen auch mikroskopische Schnitte
‘ eines kleinen ausgestanzten Milzpartikelchens die charakteristische
Milzstruktur erkennen. | |
Im Mittelpunkt des pathologisch-anatomischen. Bildes
‘steht die oft riesenhalte, jedenfalls stets bedeutend vergrößerte
Milz. In einem der Fälle von Brill-Mandlebaum-Libman (1909),
erreichte sie ein Gewicht von 8100 g. Das Durchschnittsgewicht
berechnen Brill-Mandlebaum für 13 Fälle auf 3600 g. Ich selbst
finde für 21 Fälle bei Erwachsenen 3200 g. Die allgemeine Form
‚bleibt erhalten, die Konsistenz ist sehr derb, selbst zäh, die ge-
spannte Kapsel bei lange bestehendem Milztumor als Zeichen ab-
gelaufener chronischer Perisplenitis mit weißlichen Verdickungen
und Unebenheiten oder Verwachsungsresten versehen, im übrigen
bräunlich-rosa bis bräunlich-rot („bräunlich lachsfarben“). Die
Schnittfläche, die keinen Saft abstreichen läßt, zuweilen vorquillt,
ist je nach dem Anteil, den an ihrer Färbung die hämatochromatische
Pigmentierung besitzt, rötlichgrau, blaßziegelrot oder auch violett
(Gaucher) oder bräunlichrosa bis bräunlichrot, gelegentlich selbst
schokoladefarben und als makroskopischer Ausdruck der Gaucher-
Zellanhäufungen stets dicht gesprenkelt, marmoriert oder „wie be-
stäubt“ durch zahllose regellos verteilte, feine grauweiße, graugelbe
‚ oder auch graurosa Fleckchen und Streifchen. Letztere können zu
` einem feinen Geäder oder Netzwerk zusammenfließen. Besonders
bei Lupenvergrößerung treten diese kleinen und kleinsten Herdchen
leicht hervor, „chagrinieren“ die Schnittfläche und sind mehr oder
minder durchsichtig, licht, „perlartig“ oder „blaß-gelatinös“, amy-
loiden Malpighischen Körperchen nicht unähnlich (vergl. z. B. Waugh
und Mac Intosh). Ist, wie bei Kindern, die Kapsel zart, so schim-
mern sie an der Oberfläche als dunkle Fleckchen hindurch.
Die Trabekel und Malpighischen Körperchen sind nur im
Ausnahmefall (E. J. Kraus, Fall 1) sichtbar; beim Säugling (Rusca)
‚können wenigstens die Trabekel deutlich sein, beim Erwachsenen
diese und die Knötchen zuweilen „verwischt“ sich andeuten. Punkt-
förmige, auch etwas größere, mehr oder minder zahlreiche Blutungen
sind für das bloße Auge oder die Lupe deutlich. Die Milzvene ist
‚oft bedeutend erweitert, in den Fällen der Erwachsenen zuweilen
leicht sklerotisch. Eine ähnliche Wandverdiekung kann die Milzarterie
aufweisen.
. Außerdem aber finden sich in der veränderten Milzsubstanz
gröbere herdförmige Einlagerungen, deren Art und Genese in
Ihrer Verschiedenheit bisher auffällig wenig gewürdigt ist. Sie
entsprechen nach meiner Einteilung, abgesehen von den schon ge-
nannten Blutungen, entweder Infarkten oder nekrotischen Gaucher-
zellgebieten oder käsig-trockenen Konglomerattuberkeln oder Kaver-
nomen oder derbfibrösen soliden Knoten. | |
Die Infarkte sind klein, rot oder größer, anämisch, hämor-
Thagisch eingesäumt oder mit charakteristischer Oberflächenein-
ziehung schwielig vernarbt. Anämische Infarkte kommen schon in
der Gauchermilz der Säuglinge vor (Rusca). Fibröse Umwandlung
durch Vernarbung von .Infarkten zeigt in "besonderer Ausdehnung
die Milz im Falle Borvairds. |
‚.. Die reinen Nekrösen sind teils hämorrhagischer Art, stellen
Sich als kleine blutige Herde, durchschnittlich 0,5 cm im Durchmesser
haltend, mit graulichen oder gelblichen Zeichnungen dar, oder auch
als 'umschriebene Hämorrhagien mit nekrotischem Zentrum; oder
aber sie sind größer, käsig, gelb, weich, umkapselt, zuweilen bei
tegelloser Form kleiner, grau, transparent. Sie sind unspezifischer
Ischämischer Natur (Barät). | E SA
— Küsige bis kirschkerngroße tuberkulöse Herde in der Milz,
auch in der Leber, zeigt der Fall i Epsteins. Die linsen- bis nub-
großen weißgelben, oft fasrig umschlossenen Knoten im Fall Schlagen-
aufers ‘sind teilweise reine Gaucherzellnekrosen; ' bei einzelnen
schließt sich an das nekrotische Zentrum eine tuberkulöse Zone;
. stehen aus zahlreichen, verschieden dicht stehenden, dunkelroten
Bluträumen, die. dureh ein fasrig .scheinendes. weißliches Gewebe
Tumorknoten erlangen können, beweisen meine eigenen Befunde
(vergl. Teil IN). Auf die Bedeutung dieser Bildungen im Gesamt-
‚bild des Morbus Gaucher wird noch zurückzukommen sein. ne
| ‘Durch totale schwielige Umwandlung, die sich in ihnen ähn-
lich wie in den gewöhnlichen Kavernomen der Leber vollzieht, ent-
stehen manche der derbfibrösen soliden Knoten, während wohl
< Die Kavernome, die besonders von E. J. Kraus besprochen
sind, sind stets multipel und werden von ihm als bis über kirsch-
kerngroße, undeutlich begrenzte knotige Herde geschildert. Sie be-
getrennt sind. Andere Male (wie z. B. bei Barát) erreichen sie,
in Form scharf abgesetzter Knötchen über die Schnittfläche ver- _
streut, nur Hirsekorn- -bis Linsengröße. Kraus ist geneigt, auch
in den von de Jong. und van Heukelom beschriebenen "über
stecknadelkopfgroßen dunkelschwärzen Fleckchen „zumindest stärkere:
Venektasien“ zu-sehen und deutet die kleinen herdförmigen Blu-
tungen, die Brill-Mandlebaum. in der Milzsubstanz schildern,
‚als kavernöse Bluträume. So scheinen ihm’: überhaupt kavernöse
Bildungen in der Milz beim Morbus Gaucher. nicht selten. Daß die
Kavernome auch sehr bedeutenden Umfang. nach Art gröberer
deren größerer Teil aus bindegewebigem Ersatz der nekrotischen
Gaucherzellgebiete hervorgeht. Risel hat die soliden fibrösen Herde
in seinem Fall in erheblicher Zahl und Ausbildung beobachtet. : Sie
markieren sich bei oberflächlicher Lage unter der Kapsel von:
außen und sind als derbe rundliche Knoten von. relativ bedeuten-
der Ausbildung (0,5—4,0 em Dm) durchzufühlen. Auf dem Durch-'
schnitt sind sie entweder fleckiggerötet, mit teilweise noch erkenn- -
baren gelben nekrotischen Einlagerungen versehen, oder sie sind.
fester, fasrigschwielig, streifig oder strahlig, ‘oft 'radiär geordnet.
und zeigen auf weißlichem oder weißgelbem Grund rötliche, gelbe;
bräunliche oder rostbraune verschieden verteilte Fleckungen. Mit‘
zunehmendem Umfang erhalten sie eine mehr oder weniger aus-
gesprochene fibröse Abkapselung. Soweit sie Umwandlungsstadien
von Kavernomen entsprechen, können sie noch von weiten Blat-
‘räumen durchzogen sein. Ä :
Wie män sieht, also eine ziemlich ausgedehnte Reihe wechseln-
der umschriebener Veränderungen, die, ohne die allgemeine ana- .
tomische Erscheinungsform der Gauchermilz zu berühren, in den .
einzelnen Fällen bald von dieser, bald von jener Art hervortreten.
Die Vergrößerung der Leber hält mit der der Milz relativ
genommen keineswegs gleichen Schritt. Als größtes Lebergewicht
fand ich 4800 g bei 5280 g Milzgewicht im Fall Brill-Mandle-
baum-Libman (1905). Als Durchschnittsgewicht berechne ich für
7 Fälle:bei Erwachsenen 3200 g, also eine dem durchschnittlichen
Milzgewicht gleiche absolute Zahl. Gelegentlich ist trotz bedeuten-
den Milztumors die Lebervergrößerung bei’ histologisch typischem
Verhalten unerheblich — 2040 g bei 3500 g Milzgewicht bei Mandle-
baum (Fall 2, 1919). Bei Kindern und Säuglingen, wie in den
von Nauwerck und mir untersuchten Fall, kann. ein Milztumor
ohne makroskopische Leberveränderung gefunden werden. DieKon- ->
sistenz des vergrößerten Organs ist fest, ziemlich zäh, die Ränder
sind plump. Auch hier zeigt bei längerer Dauer der Krankheit die
‚Oberfläche die weißlichen mehr oder weniger umschriebenen Rauhig- - |
keiten und Verwachsungsstränge der abgelaufenen chronischen Peri-
hepatitis. Sonst ist sie bräunlichrot oder graulichbraun, glatt, bei
Jugendlichen und Säuglingen von gelblichrosaroter oder gelblicher _
Farbe. Die Läppchenzeichnung ist gewöhnlich undeutlich, die
Schnittfläche als Ganzes bei den Säuglingen und Kindern ent-
sprechend der Oberfläche gelblichrosarot, bei älteren Fällen bräun-
lichrosa bis bräunlichrot, bei Brill-Mandlebaum-Libman, wie
die der Milz, schokoladebraun oder zuweilen auch mehr gelb (Gaucher),
hier wie dort von feinen grauweißen oder graulichen Streifen und
Linien durchzogen, die unter zarter Serosa auch hier an der:
Oberfläche sichtbar sind.: Diese werden nur in den Fällen der
. Säuglinge (E. J.. Kraus, Nauwerck-L. Pick) vermißt oder sind:
hier nur:schwach (im Bilde einer: „perilobulären Zirrhose“, Rusca)
angedeutet... Umgekehrt kann ‘bei stärkerer Ausbildung gröberer
breiter verästelter weißer Zeichnungen - (0,5—3 cm Dm der Züge).
die Schnittfläche eine leichte oder ausgesprochenere Granulierung
. erhalten,. so daß. ein 'an Zirrhose erinnerndes Bild . entsteht, das.
freilich „weder der gewöhnlichen: noch der hypertrophischen Zir- -
. Those entspricht“ (Gaucher). Gelegentlich finden sich im Parenchym
' oder unter. der:Serosä feine Blutungen: oder (bei Schlagenhauter)
ı graugelbe: trockene Partien in den Zügen: der Glissonschen Kapsel,
' die Gaucherzellansammlungen entsprechen,- oder vereinzelte weiße,
unregelmäßige, nicht scharf begrenzte, etwas erhabene Flecke
1402 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. 5. Oktober
di Er E neh Gaucherzellherde [bei Mandlebaum (1912)
von 0,2:1—1,5 cm Dm] oder schließlich vereinzelte verkäste Kon-
glomerattuberkel wie in der Milz (Epstein).
des Keilbeinkörpers zeigt in intensiv braunem Knochenmark einzelne
kleine weiße Fleckchen. Die weiteren Literaturangaben — die
makroskopische Beschaffenheit des Knochenmarks wird außerdem
Für die Lymphknoten ist das Fehlen merklicher Größen- |. nur noch bei Brill-Mandlebaum-Libman (1909), Mandle-
zunahme an den oberflächlichen, tastbar gelegenen schon hervor- | baum (1912 und 1919, Fall 2), Rusca, E. J. Kraus, Zadek und
gehoben. Im Gegensatz dazu stehen die intraabdominalen, auch | Epstein (Fall 1) vermerkt — sind ziemlich mager. Das Wirbel-
die intrathorakalen (mediastinalen, bronchialen), die stets vergrößert | oder Röhrenknochenmark wird teils als einfach rot oder dunkelrot,
sind, freilich weder in den einzelnen Gruppen gleichmäßig noch | bei E.J. Kraus in den rhachitischen leicht schneidbaren Knochen
Ta | überbaupt in besonderem Maße. Auch in den stärksten Graden | als graurot charakterisiert, teils werden kleine weiße oder gelb-
Fast und in den vorgeschrittensten Fällen geht der größte Durchmesser | liche Pünktchen und Flecken als besondere Einlagerungen genannt.
SE. über 2 cm nicht hinaus, bleibt nicht selten darunter, und zudem | Brill-Mandlebaum-Libman (1909) sprechen von „einigen gelben
N kommen Vergrößerungen solchen Umfangs gelegentlich auch schon | Stellen“ im dunkelroten Femurmark. Bemerkenswert ist der Befund
in den „frischen“ Stadien bei Kindern vor, wie z. B. im Fall des | Ruscas von „kleinen weißen Punkten“ im blaßgraurötlichen bis
4t/ jährigen Knaben bei Mandlebaum (1912), so daß die Größen- | bräunlichen Mark von Femur und Rippen beim 12monatigen Säug-
zunahme bei Erwachsenen erst recht als eine sehr geringe er- | ling. Von ausgedehnten Knochenherden sprach Zadek im An-
scheint. Bei den Säuglingen können makroskopische Lymphknoten- | schluß an die Demonstration meines eigenen unten berichteten
veränderungen wiederum ganz fehlen oder sind unbedeutend. Die | Materials. Im Ganzen gilt, wie für die Lymphknoten, auch für das
‘am stärksten geschwollenen wmesenterialen Lymphknoten bei |. Knochenmark, daß eine charakteristische Abstufung des Befallen-
E. J. Kraus sind „bis kleinbohnengroß*. Beim Fehlen oder ge- | seins je nach der Dauer des Krankheitsprozesses sich nicht aus-
ringer Ausbildung hämatochromatischer Pigmentierung, also in | spricht.
erster Linie, wenn auch nicht ausnahmlos (z.B. Mandlebaum 1912), Dazu kommen nun die makroskopisch auch über das hämato-
bei Säuglingen und Kindern (vergl. u.), sind sie gewöhnlich | poetische System hinausgehenden Befunde der allgemeinen Hämo-
weich, auf dem glatten Durchschnitt blaßrosa, hellrot, rötlich- | chromatose, wie sie in den vorgeschrittenen Stadien regelmäßig
grau oder bräunlichgrau, in älteren Fällen derber, dunkelrot, | an der Haut, an den inneren Organen besonders deutlich z.B. in
gelblichrot, gelb oder ockerfarben, rostbraun oder selbst bräunlich- | den Fällen Schlagenhaufers oder Risels sich ausprägt. So ist
schwarz. Die Pigmentierung kann sich auf die äußeren Schichten | bei Schlagenhaufer die Muskelwand des Uterus der Aljährigen
beschränken. Dazu können sich einfach hämorrhagische oder aber | Frau von brauner Farbe, „wie morsch, brüchig*, auch bei Risels
feine graulichweißliche Flecken oder Streifen oder netzartige Zeich- | 44jähriger Patientin die Uterusmuskulatur rotbraun, die Innenfläche
nungen als Ausdruck der Gaucherzellanhäufungen gesellen. Pig- | intensiv braun. Weiter ist hier die Außenfläche des Pylorusteils
mentierungen und kleinfleckige Einlagerungen sind auch in nicht | eigentümlich bräunlich, die Dünn- und Dickdarmwand auffallend
besonders vergrößerten Lymphknoten zu finden. Zuweilen ist der | braun, die Oberschenkel- und Brustmuskulatur bräunlich und bräun-
Lymphknotendurchschnitt rein weiß (vergl. Risel). Barát ver- | lichrot, die Substanz der Augenmuskeln und die Schleimhaut der
weist auf die allgemeine Anämie der Lymphknoten, als deren Ur- | Keilbeinhöhle deutlich bzw. sehr braun. Da die Oberschenkel-
sache sie die Kompression der Blut- und Lymphgefäße seitens der | muskulatur zugleich von ausgedehnten Blutaustritten durchsetzt ist,
Gaucherzellmassen ansieht. so mag ein begrenzter Teil der Muskelpigmentierung aus unmittel-
barer Umwandlung von Extravasaten herrühren, desgleichen wohl
auch die intensive Bräunung der Synovialmembran des rechten
Kniegelenks, das rotbräunliche Flüssigkeit enthält. Aber der Haupt-
anteil der genannten Organpigmentierungen ist. ohne Zweifel all-
, gemein hämatochromatischer Genese.
Entsprechend der für die späteren Stadien typischen
hämorrhagischen Diathese werden wie in der Milz, der Leber
oder den Lymphdrüsen auch sonst frische Blutungen getroffen, ab-
Auch im Knochenmark kommt die Gaucherzelleinlagerung
zum makroskopischen Ausdruck. Die ersten Untersuchungen des
Knochenmarks (Femur) haben Brill-Mandlebaum - Libman
(1905) und Schlagenhaufer vorgenommen, die ersten positiven
a makroskopischen Befunde stammen von Risel. Hier enthält das
ER graurötliche Mark der Oberschenkeldiaphyse sehr diffus verstreute,
jr grauweiße Herde. Stellenweise etwas dichter liegend bilden sie
„eine Art undeutlicher Knoten und Streifen, die sich durch ihre
etwas derbere Konsistenz und ihre netzartige weiße Zeichnung von
gesehen von den Muskeln, besonders auch in der Haut (Risel).
e dem spärlichen erhaltenen roten Knochenmark abheben“. An anderen | Trotzdem liegt kein Grund vor, die allgemeine bräunliche Haut-
i i Stellen sind gelblichweißliche oder mehr gelbbräunliche zähe Herde |. verfärbung etwa mit Risel als Folge der vielfachen Blutungen im
iy vorhanden, „anscheinend aus nekrotischen Massen hervorgegangen“, | Unterhautgewebe zu begründen. Sie ist, zumal bei ihrer ganz
al | ähnlich also gewissen fibrösen Knoten der Milz. In der oberen und | diffusen Ausbreitung, Teilerscheinung der allgemeinen Hämo-
{ii unteren epiphysären Spongiosa und in der des Brustbeins kommen | chromatose. Auch der unter sämtlichen Fällen nur einmal be-
; Be scharf abgesetzte sehr dichte kleine weißliche Fleckchen zum Vor- | richtete Aszites (vgl. oben) ist von hämorrhagisch-schokoladefarbener
Be l i schein, die miteinander zusammenfließen. Auch der Durchschnitt | Beschaffenheit. (Fortsetzung folgt)
1 | } 3 i
ni Aus der Praxis für die Praxis. |
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ri | i Geburtshilfliches Brevier. | RA nn Ta a CRAE a: on N Atupe an
j Er | R iner tiefen Inspiration tritt dann Schlaf ein,- wobei ;
i | Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden. spiration meist röchelnd ist. Häufen sich die Anfälle zu sehr, so
IE Eklampsie. (Fortsetzung aus Nr.89) | kann es schließlich zu Lungenödem kommen und das Herz versagt.
| i Diese Krankheit gehört zu den gefährlichsten Komplikationen | Es kann oft Tage dauern bis das Bewußtsein zurückkehrt. Die
E der Schwangerschaft und hat uns der letzte Hungerkrieg den Weg | Eklampsie befällt meist Erstgebärende und tritt erst in den späteren
‘i Mi gezeigt, wie wir die Eklampsie am besten bekämpfen können. Denn | Monaten der Schwangerschaft auf, manchmal tritt sie auch nach
ii: mit dem Knapperwerden der Nahrungsmittel, speziell der Fette und | der Entbindung auf. Die Gefahr ist am größten, wenn 851e
he des Eiweißes, wurde, wie aus verschiedenen Kliniken berichtet wurde, | am Ende der Schwangerschaft bei der Entbindung auf-
n die Eklampsie immer seltener. Die Fälle von Eklampsie, die ich | tritt. Es gibt auch eine „Eclampsia sine Eclampsia“, bei
}! früher gesehen, kamen auch fast immer bei sehr gut genährten und | der die Krämpfe fehlen und nur Andeutungen von Zuckungen auf-
| K vollblütigen Frauen vor. Ich unterlasse es hier auf die verschie- | treten, während im Urin dieselben Befunde sind. Bei den an Eklampsie
a denen Theorien der Eklampsie einzugehen. Unter Eklampsie | Verstorbenen findet man besonders in der Leber hämorrhagische Ne-
au. versteht man anfallsweise auftretende klonische und
N ai tonische Zuckungen, die sich allmählich über den ganzen
N 7
krosen, die auf toxischeEinflüssezurückzuführensind. Die Eklampsie
ist als eine placentogene Toxämie aufzufassen. Die Dia-
si Körper verbreiten und mit Bewußtlosigkeit verbunden sind. Oft geht
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den Krämpfen eine Aura (Kopfschmerz, Flimmern vor den Augen usw.)
gnose ist im Grunde einfach, differentialdiagnostisch käme
| Epilepsie und Gehirnkrankheiten in. Betracht. Die Ana-
ji voraus. Bei Häufigkeit der Krämpfe bleiben die Kranken oft lange | mnese bei den Angehörigen ergibt bei Epilepsie, daß diese Krank-
i N im Koma. Meist ist die Harnabsonderung sehr vermindert und | heit schon früher bestanden, es fehlt hier auch der Eiweißgehalt im
\ wenn man den Urin kocht, enthält er große Mengen Eiweiß. Der | Urin. Hysterische Patienten sind nicht bewußtlos, deshalb {ehilen
it Puls ist hart und voll. Im Gesicht sieht man gewaltige Ver- | auch die Bißverletzungen der Zunge. Bei Meningitis haben schon
i t zerrungen und die Zunge wird meist stark zerbissen, es tritt blutiger | vor den Konvulsionen Fieber und die anderen Symptome der Menin-
A y Schaum vor den Mund, die Gesichtsfarbe wird cyanotisch und das | gitis (Schmerzen, Nackenstarre, Opisthotonus, KernigschesPhänomen)
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Ei
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- . kann bei richtiger Behandl
Co Oktoba >
`` bestanden.
“der durch starke Betrunkenheit Eklampsie vorgetäuscht hatte, Pro-
gnose ist stets dubia, je später man eingreift, um so un.
. günstiger. Die während der Schwangerschaft auftretende Eklampsie'
ung wieder zur Ruhe kommen; die im
Wochenbett auftretende hat ebenfalls meist einen günstigen Verlauf, -
\ wenigstens verliefen die Fälle, die ich gesehen, -nie tödlich.
Der Arzt, der frühzeitig. zu einer Entbindung aufgefordert
wird, hat die Verpflichtung, von Zeit zu Zeit den Urin zu unter-
. suchen, selbst wenn keine Ödeme vorhanden sind.. Man schreibe
‚eine. genaue Diät vor, mehr vegetarisch, wenn Eiweiß im Urin VOT-
handen, lasse eventuell Fett und Fleisch ganz weg. In
letzter Zeit wird von Rißmann das Eclampsol, ein Salzgemisch,
„bei den Stoffwechselstörungen der Schwangeren . empfohlen, ent-
„sprechend der Alkalitherapie des Diabetikerkomas. Niemals seien
<.> dabei schwere Stoffwechselerkrankungen (Eklampsie mit oder ohne
` Krämpfe) beobachtet worden. Das Präparat ist von der Firma Hadra,
-Berlin C 2 zu erhalten. Von den früher empfohlenen starken Schwitz-
` -kuren ist man ziemlich abgekommen, die Jaqėtschen . Einwick-
‚lungen lassen sich auch in der Privätpraxis verwenden; .ich sah
. ganz schöne Erfolge derselben, man muß nur eine gewisse Menge.
von kohlesäurehaltisem Wasser (Fachinger, Wildunger) dabei geben.
Ist die Eklampsie ausgebrochen, so suche man so, rasch. als mög-
lich die Ursache aus dem Körper. der Mutter zu entfernen, das
heißt die Entbindung so rasch als möglich in der scho-
nendsten Weise zu. beenden. Die dazu nötigen Operationen.
können aber in den seltensten Fällen von dem allein stehenden
Praktiker ausgeführt werden, zumal alle diese Eingriffe in tiefer
Narkose gemacht werden müssen. Er überweise daher besser die
. Patienten einer guten Anstalt oder ziehe einen erfahrenen Spezialisten
hinzu. Man hat seit einigen Jahren auf die Empfehlung Zweifels
den von den alten Ärzten angewandten Adlerlaß mit Recht wieder
„gemacht, da dieser den Blutdruck herabsetzt. Man lasse etwa 400 bis .
. 500 cem Blut ab. - Eine darauf folgende 0,9 0/,ige Kochsalzinfusion
oder von Ringerscher Lösung (Natrii chlorati 6, Calc. chlorati 0,2,
Kal. chlorati 0,4, Natrii bicarbon. 0,8, Aq. dest. 1000) dürfte das
verloren gegangene Blut ersetzen. Auch 4 °/ ige Zuckerlösung wurde
empfohlen. Unter Umständen kann der Aderlaß noch einmal wieder-
- holt werden. Unterstützend wirken Morphiuminjektionen.
=G. Veit empfahl seinerzeit. große Morphiumdösen (0,03) subkutan;
“er hatte günstige Resultate, während. von anderer Seite weniger
' günstige Erfahrungen gemeldet wurden. Ich hatte auch selbst- eine
sehr wenig ermutigende Beobachtung gemacht, die Mutter kam frei-
‚lich mit dem Leben ‘davon, das Kind wurde mit engen Pupillen
tief somnolent geboren, erwachte nicht mehr und starb nach 2 Tagen.
Die Untersuchung‘ der eingeäscherten Frucht ergab Morphiumvergif-
tung, die Dosen waren für das Kind zu groß gewesen. v. Winckel
porórzniptp Chloralhydrat 1—2 g als Klysma und hätte damit gute
riolge.
..Käusche sind durch Antiphone fern .zu halten. Stroganoff hat die
Behandlung mit Narkotieis zu einem methodischen Verfahren aus-
gebildet, er gibt in 1—2stündigen Zwischenräumen abwechselnd.
. Morphium mit Chloralhydratklystieren. Sein Schema lautet:
_1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.40.
Weiland Spiegelb erg erwähnte seinerzeit einen Fall,
Das Zimmer der Kranken muĝ dunkel sein, störende Ge- .
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1 Stunde später 2,0 (1,25—2,5) Chloralhydrat per:Klysma; 3 Stunden
"nach Beginn der Behandlung 0,015 Morphium subkutan; 7 Stunden
nach Beginn der Behandlung 2,0 Chloralhydrat im Klysma; 13 Stunden
nach -Beginn der Behandlung 1,5 Chloralhydrat; 21 Stunden nach
Beginn der Behandlung usw. bis zum Aufhören der Krämpfe. Durch
diese -Behandlung -sollen alle Reflexe ausgeschaltet werden. Die
‚ Resultate der Stroganoffschen Behandlung sind noch besser
geworden, .seitdem die Injektionen zusammen mit dem
Aderlaß gemacht werden. Diese Behandlung kann jeder Arzt,
der: allein auf sich angewiesen ist, gut vornehmen; er wird die Ent-
‚bindung auch gut beendigen können, wenn die Weite des Mutter-
- mundes es 'erlaubt; sonst lege man zur Erweiterung einen Metreu-
tynter in den Muttermund, am Metreurynter wird ein Gewichtszug
angebracht. Ist aber keine. Öffnung: des 'Muttermundes vorhanden,
nehmen ‚trotz Aderlaß und Stroganoffscher Therapie die Konvul-
sionen zu, dann überlasse der Arzt: die weitere Behandlung und den
nötigen größeren Eingriff, zum ‘Beispiel den Kaiserschnitt;
spezialistisch geschulten Kräften. Nach den neuesten Forschungen
über die. aktive Therapie der Eklampsiebehandlung. äußert sich
Fürst-Zürich dahin, daß die. frühe Schnellentbindung. und zwar
bei uneröffneten Weichteilen durch sectio cervicalis tranperitonealis
der abwartenden- Methode ‚vorzuziehen sei.-
Geburtshilfe meist durch Abwarten mehr
mütterlichen Organismus..
_ Bei dem Transport in eine Anstalt empfiehlt es. sich, eine
Morphiuminjektion zu machen, falls. es noch nicht ‚geschehen. Für -
| den Fall, daß die Eklamptische durch . Verschlucken von Schleim
oder Blut Atemstörungen bekommen sollte, nehme man'.Stieltupfer |
mit Gaze mit, um den Schleim . zu ‘entfernen, vergesse auch nicht `
‘die Kieferklemme: und eine 'Zungenzange (Kugelzange ist. ein guter
Ersatz) und mache bei Atemstörungen künstliche Atmung. Zwischen
die Zähne kann ein, Gummikeil gesteckt werden oder ein mit..
Gaze umwickelter Holzlöffel. Flüssigkeit,. auch der kleinste
Schluck, ist strengstens‘ untersagt, wegen der Gefahr einer. Schluck-
pneumonie. bei der Bewußtlosen.
Von dem Accouchement forcé ist man abgekommen, ebenso `
hat die Anwendung des Bossischen Dilatators ihre große Schatten- .
seiten (unkontrollierbare Risse). Besteht, bei Eklampsie eine
ist die Schnittentbindung am Platze,
Beckenverengung,
sie wird aber auch ohne dieselbe in schwierigsten Fällen.
'von: bestem Erfolge. gekrönt. sein können. Der vaginale
Kaisersehnitt ist jetzt verlassen und wird kaum noch gemacht. Über
die Nierendekapsulation fehlt mir eine größere Erfahrung, ich habe
nur eine Dekapsulation nach Edebohls gemacht, . die anfangs zu
helfen schien; schließlich erlag die Patientin aber doch 'noch ihrer
Wenn man eine Eklamptische über die verschie-
. denen Klippen gebracht hat, so hat man sich im Wochenbett noch
. Niereninsuffizienz,
ganz besonders ihrer Pflege zu widmen. Es kann auch einmal eine
akute Erblindung, die eklamptische Amaurose, eintreten;
‘sie verschwindet meist. innerhalb einiger Stunden bis einiger Tage.
‚und hinterläßt keine Sehädigung der Sehkraft. (Fortsetzung folgt.)
+. Beginn der Behandlung mit 0,015 Morphium subkutan (0,01—0,02),
Gutachten für die Gemeinsame deutsche. Arzneimittel-
kom mission!) im Auftrage der Arzneimittelkommission.
- Über Eisen- und, Arsenpräparate.
_ Von Prof. Dr. Morawitz, Würzburg). | |
| Die Beurteilung. der Wirksamkeit von Eisen- und Arsenprä-
paraten stößt auf große Schwierigkeiten. Bei einer großen Zahl
von Krankheitszuständen, bei denen wir diese Mittel verordnen,
treten Erfolge zu undeutlich oder zu wenig regelmäßig in Erschei-
„uns, als daß man imstande wäre, die Überlegenheit dieses oder
jenen Präparates behaupten zu können. Die echte Chlorose ist die
. _ 1) Die Tätigkeit der Gemeinsamen deutschen Arznejmittelkom-
Mission ruht bis zur endgültigen Regelung der Beziehungen zwischen
‚ Arzten und Krankenkassen. Inzwischen halten es die Mitglieder der
‚von der Gemeinsamen deutschen Arzneimittelkommission eingesetzten
ärztlichen Subkommission für zweckmäßig, die erstatteten Gutachten
zu veröffentlichen. l ;
°) Unter der Mitarbeit von Dr. Rapp (München), Apotheker des
Krankenhauses links der Isar. i
Pharmazeutische Präparate. |
einzige Krankheit, bei der man wirklich überzeugende Wirkungen
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. Bunt ` `
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der Eisenbehandlung sieht und in. der Lage ist, verschiedene Prä-
parate zu vergleichen. Viel weniger sicher ist das bei sekundären
Anämien möglich, noch weniger bei Kachexien verschiedener Art,
wo die „tonisierende“ Wirkung des Eisens in Frage kommt. Die
Wirkung verschiedener Arsenpräparate tritt am. deutlichsten bei
parasitären Erkrankungen (Lues, Rekurrens) hervor, ferner bei Haut-
krankheiten (Lichen). Schwer ist der. Wert der Medikation zu be-
urteilen, wenn man an die Erfahrungen mit Arsen bei Anämien, .
Leukämien, Lymphomen, Kachexien verschiedener Art denkt.
Es ist: nun aber nicht zulässig, ein bei. einer bestimmten
' Krankheit besonders bewährtes Eisen- oder Arsenpräparat — für
letztere gilt das besonders — schlechthin als das wirksamste an-
zusehen. Das beste Beispiel ist hier das Salvarsan, dessen durch- m
aus überlegene Wirkung auf gewisse parasitäre Erkrankungen un-
Trotzdem ist es bei der perniziösen Anämie anderen Ä
bestritten ist. 4 he
Arsenpräparaten sicher nicht überlegen. | Be
Über die Eisenwirkung ist nicht viel bekannt. Eisen ist
wahrscheinlich, ebenso wie andere Schwermetalle, ein Stoffwechsel-
h”
Letztere, trete ein, wo.
klinische Behandlung nicht möglich ist.. Wenn auch sonst in.der .
erreicht wird, so ist es,
hier nicht -der Fall; denn je länger dieser konvulsive Zu- _
stand besteht, um so.größer sind. die Schädigungen des .'
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Ma... 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. - 5. Oktober
gift. Bei subkutaner Injektion ist es, was nicht allgemein bekannt
ist, recht giftig. Die tödliche Dosis beträgt 30—60 mg pro kg.
Bei der gewöhnlich geübten Darreichung per os können dagegen
fast beliebig große Mengen gegeben werden, ohne daß es zu einer
allgemeinen Intoxikation kommt. Folgende Wirkungen des Eisenions
ker | werden angenommen: Wirkung auf die Hämoglobinbildung.
|
Das Ferr. Hydrogen. reductum ist als ein wirksames und billiges
Präparat besonders für die Kassenpraxis zu empfehlen. Auch in
Pillen (Pil. ferri reducti.): | zZ ;
Ferr. reduct. 5,0:
Rad. Liquir. puw: 2,0
Suce. Liquir. dep.
q. s. ut f. pil. 90.
2. Pilal. Ferri carbonici (Blaudsche Pillen) à 0,028 g Fe,
5 und mehr Stück täglich" Die Blaudschen Pillen sind zuweilen
Sicher erwiesen ist diese für die praktisch wenig bedeutsame Anämie
ER | bei eisenarmer Ernährung. Nach starken Blutverlusten, wenn gleich-
"ll zeitig die Nahrungsaufnahme darniederliegt (Ulkus, Karzinom),
irn dürften ähnliche Bedingungen bestehen. Ob die unbestrittene | so fest, daß sie unverdaut abgehen.
Be | Eisenwirkung bei Chlorose und die zweifelhaftere bei verschiedenen | Befriedigende Resultate sah ich
Hi sekundären Anämien, bei denen kein Eisenmangel in der Nahrung | nach Lenhartz’ Vorschrift:
De an spezifischer rouig SR een u l Fer. aulfur. oryst. 12,0 _ Sacch alb. 40 Glyzerin Zu nah
isenionen beruht, ist unsicher. Allgemeine Einwirkung au : rl a rg ?
den Stoffwechsel (tonisierende Wirkung). Darüber läßt sich dann Solut. kal. carb. 6,0 : 12,0, Natr. bicarb. 6,0 mit 7,5 Wasser, Dampf
bad 2 Std., jeßli . ust. 1,0 . Alth 0. Ei in.
natürlich noch wenig aussagen, wenngleich ärztliche Erfahrungen A so ud y 100. ne en ie
in diesem Sinne sprechen. |
mit den Bläudschen Pillen
x
T>
Wen einen, a
Bei
u nn. et:
Von einem guten Eisenpräparat muß Folgendes
| verlangt werden: ` |
er 1.. Es muß resorbierbar sein. Manche Eisenpillen sind so
fest, daß sie im Intestinaltrakt nicht zerfallen und unverändert im
Stuhl abgehen. (Zuweilen bei Blaudschen Pillen beobachtet.) Die
Resorption geschieht, soviel wir bisher wissen, nur in Form des
Fe-Ions. Ist das Eisen fo fest an organische Substanzen gebunden,
~ daß es nur schwer durch die Verdauungssäfte abgespalten werden
kann, so entgeht ein Teil der Resorption. Das ist wahrscheinlich
beim Hämoglobin und den aus ihm gewonnenen Präparaten-der Fall.
| 2. Es soll in therapeutischer Dosis keine schädlichen Neben-
- wirkungen haben. Solche Nebenwirkungen sind vor allem dyspeptische
Symptome und Obstipation. Dyspepsie entsteht dadurch, daß sich
im Magen Eisenchlorid' ‘bildet, das eine adstringierende Wirkung
hat. Daher die Regel, Eisenpräparate nicht auf nüchternen Magen
| Ferr. oxydat. saccharat,, Eisenzucker, etwa 2,8 % Fe ent-
haltend. Süßliches Pulver, in der Kinderpraxis beliebt. Als
'Schachtelpulver mehrmals täglich 1 Messerspitze bis !/, Teelöffel.
Tinct. Ferri compos. Athenstädt, enthält Eisenzucker
mit 02 % Fe. S3mal täglich: 1 Teelöffel. Wohlschmeckend, aber
teurer als die oben erwähnten Präparäte. In der Privat- und Kinder-
praxis beliebt. -— -> l
Tinct. Ferri pomati, 0,5 % Fe mit Tinct. amara aa, Smal
täglich !/, Telöffel. Cave Zähne! | l
3. Liqu. Ferri albuminati (Pharm.), etwa 0,4 % Eisen ent-
haltend. 0,1 g Fe in 25,0 des Liquors. 4—-5 mal täglich 1 Tee-
löffel. Gut verträglich, nicht sehr teuer.
Ferrum peptonat. mit 5-6% Fe in Form der Pilul.
Verti popton, Ferri pepton. dialys. sieci 5,0
a
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an an
Sum
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Rad. Gent. pulv. A;
zu geben. Bekanntlich werden auch die Zähne durch Eisen an- . Extr. Gentian. 3,0
gegriffen. Gibt man Eisen in einer Form, die es mit den Zähnen j = > Pù N. 50.
“ jin Berührung bringt, so lasse man es nicht nach, sondern während |
| 3 mal täglich 2 Pillen. _ | |
Liqu. Ferro-Manganipeptonati etsaccharati (0,6 % Fe, _
0,1 % Mn), wohlschmeckend, mehrmals täglich 1 Kaffee- bis 1 EB-
löffel. Der Zweck des Manganzusatzes ist zweifelhaft.
Von den hier genannten Präparaten der Gruppe I, die nur
eine kleine Auswahl darstellen, möchte ich mit Rücksicht auf Wirk-
samkeit, Preis und Nebenwirkungen das Ferr. reductum am meisten
empfehlen. Bei Patienten, die: weder Pulver noch Pillen nehmen
können, den Liqu. Ferri albuminati. Bei starker Neigung zur
Dyspepsie, die übrigens bei richtiger Art der Eisendarreichung sehr
selten ist, z. T. wohl auch auf Autosuggestion beruht, ferner bei
Kindern die woblschmeckenden, aber relativ teuren Präparate Tinct.
Ferri compos. Athenstädt (wird auch ohne Spiritus als Athensa her- .
gestellt) und den Liqu. Ferro-Mangani peptonati.
der Mahlzeit nehmen, damit der Kauakt alle Eisenspurön aus dem
Munde entfernt. Die ätzende und adstringierende Wirkung des Eisens
im Magen wird durch gleichzeitige Verabfolgung von Alkali ge-
mindert. (Pil. Blaudii). | $
Dosierung: Eine einheitliche, wirksame Tagesdosis gibt es
MEN für Eisen nicht. Es kommt wahrscheinlich sehr darauf an, in welcher
EN -~ Form es gegeben wird. Im allgemeinen wird 0,1 metallischen
vae - Eisens als Durchschnittsmenge angesehen. Doch geht man neuer-
dings mit Recht weit über diese Menge hinaus (bis 3 g p. d.).
Anderseits wird von gewissen organischen Eisenpräparaten, be-
sonders den Hämoglobinabkömmlingen, selten so viel gegeben, daß
‘die Dosis 0,1 erreicht wird. Bei den Eisentrinkkuren werden gar
nur 0,02—0,08 Fe p. d. erreicht. Trotzdem ist ihre Wirksamkeit
; nicht zu bezweifeln. Eisen ist stets kurgemäß längere Zeit hindurch
zu nehmen. Verzettelung der Dosen, Unterbrechungen der Behand- |
lung sollen vermieden werden. Man beginnt etwa mit der Hälfte
der Tagesmenge, steigt in einigen Tagen bis zur Erreichung der
Volldosis (meist .0,1—1,0), setzt die Behandlung mehrere Wochen
lang fort und vermindert in der letzten Woche allmählich die
Mengen.
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I. Präparate, die Eisen in schwer abspaltbarer Form
enthalten. | l |
‘ Diese Präparate enthalten Eisen in ähnlicher Bindung wie
eisenhaltige Nahrungsmittel. Es wird daher behauptet, daß sie als
Eisenpräparate wenig wirksam oder unwirksam sind. Außerdem wird
die Durchschnittsdosis. von 0,1 g Fe p. d. bei Anwendung dieser
Mittel fast nie erreicht. Trotzdem glaube ich, daß diese Mittel,
deren Prototyp das Hämoglobin darstellt, doch gewisse Wirkungen,
besonders auf. die Blutbildung haben. Diese Effekte sind wahr-
scheinlich nicht lediglich als Eisenwirkungen anzusehen, sonden .
an andere Gruppen des Präparates gebunden. Man kann aber. diese
Präparate nicht empfehlen, wenn man schnelle kräftige Einwirkungen
haben will. . In der Behandlung der Chlorose sind sie m. E. dem
Ferrum reductum oder anderen Präparaten der Gruppe I unterlegen.
Für die allgemeintonisierende Wirkung, die den Hämoglobin-
präparaten zugeschrieben wird, fehlt ein brauchbarer Maßstab. Be-
dürfnis nach neuen Präparaten diesen Typs besteht nicht, wir haben
eher schon zuviel davon. Als Indikationen für ihre Anwendung
können wir bezeichnen: Sehr empfindliche Verdauungsorgane, die
kein Präparat der Gruppe I annehmen; Zustände von Unteremährung
und leichter Anämie. Die Präparate sind, wenigstens auf den Eisen-
‚gehalt berechnet, durchweg viel teuerer als die meisten Mittel der
Gruppe I. Einige mögen erwähnt werden:
“ Ferratin (Ferrialbuminsäure), 6—8 % Fe enthaltend, mehr-
mals täglich messerspitzenweise, auch gelöst. ,
Ferratose (Liqu. Ferratini), 0,3 % Fe. Ferratin mit Glyzerin
und Alkohol: Eßlöffelweise, mehrmals täglich. Beliebtes Präparat,
besonders als Tonikum. | |
Organische wie anorganische Eisenpräparate sind wirksam.
Eine Trennung der Eisenpräparate geschieht besser nicht nach dem
. organischen oder anorganischen Charakter des Präparates, sondern
danach, ob das Eisen aus der.Bindung leicht oder schwer abspalt-
bar ist. So ergeben sich 2 Gruppen.
I. Präparate, die Eisen in leicht abspaltbarer Form
enthalten. |
Hierher gehört 1. das metallische Eisen. 2. Anorganische
und organische Eisenoxydul- und Eisenoxydsalze. 3. Gewisse Eisen-
albuminat- und Peptonatverbindungen.
' Die Eisenreaktion mit Ferrozyankali und Schwefelammon ist
bei diesen Präparaten entweder sofort positiv oder wird es nach }
kurzer Vorbehandlung mit künstlichem Magensaft. Die Eisenoxydul-
salzee sowie die Eisenalbuminatverbindungen sollen den Magen
weniger angreifen. Doch ist der Unterschied gegenüber den Eisen-
oxydsalzen nicht erheblich.
1. Ferrum Hydrogenio reductum (metallisches Eisen),
in Pulver- und Pillenform, Dosierung 0,1—3 g p. d. Die letztere
sehr hohe Dosis (3 mal täglich 1,0 in Pulverform unmittelbar vor
dem Essen) wird auffallend gut vertragen, macht selten dyspeptische
Symptome’ und scheint mir wirksamer als die Tagesdosis von 0,1.
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5,.Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
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1405
Triferrin (Ferrum paranuclëinicum), 21,87 % Fe, 2,55 %
Phosphorsäure. Wasserunlöslich, 3 mal täglich 0,3 als Pulver oder
in Tabletten.
Triferrol, 1!/, %ige Lösung von Triferrin.
mehrmals täglich. `
Metaferrin (Fe, Eiweiß 4 Phosphorsäure) 3mal täglich 1—2
Tabletten à 0,25 g = 0,02 % Fe enthaltend.
Ähnlich Fersan, aber nur 0,37 % Fe enthaltend, teelöffel-
weise als Pulver; ferner Perdynamin, flüssig, Fe- und P-haltig,
in Originalflaschen. Erst in 300,0 Perdynamin ist 0,1 g Fe.
Eisentropon, 2,6 % Fe, relativ billig, in Tabletten zu nehmen,
40=0,1 g Fe.
Hämo globinpräparate. Ihre Zahl ist fast unübersehbar.
Ich bin nicht der Meinung, daß man mit ihnen gute Eisenwirkungen
erreichen kann. Die meist verordneten Dosen sind dazu zu klein.
So müßte man vom Hämatogen 142, vom Sanguinal 250 g nehmen,
um 0,1 g Fe zu bekommen. Außerdem ist es auch recht fraglich,
ob das Eisen aus dem Hämoglobin gut resorbiert wird. Daß die
Eßlöffelweise,
. Hämoglobinpräparate andere, vom Eisen unabhängige Wirkungen
haben, soll nicht bestritten werden. Aber das gehört nicht mehr
in den Rahmen der Eisentherapie. Wessen Magen Blutwurst ver-
tragen kann, wird davon wahrscheinlich dieselben Wirkungen sehen
wie von Hämoglobinpräparaten — und viel billiger.: Es wäre not-
wendig zu untersucheu, welche Reaktionen nach Verfütterung von
Hämoglobin im Organismus auftreten. Dann würde eine Grundlage
gewonnen werden, die jetzt fehlt.
Einige Präparate aus dieser Gruppe mögen erwähnt: werden:
Bioferrin (76 %ige Hämoglobinlösung mit Glyzerin und
aromatischer Tinktur).
löffel. Die nötige Eisenmenge wird damit erreicht. Ä Ä
Hämalbumin (Dahmen), wasserlösliches Pulver mit 49 %
Hämatin, mehrmals täglich 1—2 g, sehr eisenarm. | |
Hämatogen (Hommel), dicke Flüssigkeit, mit 70 % Hämo-
globin, tee- bis eßlöffelweise. Eisenarm. 0,1 g Fe in 142 g.
Hämatopan, mit 50 % Malzextrakt und 1,2 % ' Lezithin.
Wasserlöslich, mehrere Eßlöffel täglich. ` | |
Sanguinal (Krewel), lösliches Pulver mit 10 % Hämoglobin
in Pillen oder Pulvern, ferner als Liquor sanguinalis, kaffeelöffel-
weise, sehr eisenarm.
Chlorosan (Bürgi), aus Chlorophyll gewonnen unter Eisen-
zusatz. Jede Tablette enthält 0,005 Eisen und 0,03 Chlorophyll.
Bürgi nimmt eine Sensibilisierung der Eisenwirkung durch Chloro-
phyll an. Die Überlegenheit des Chlorosans über andere Eisen-
präparate ist noch nicht gesichert. |
Die Anwendung der Präparate dieser Gruppe wird sich, so-
weit es sich um Eisenwirkungen handelt, auf Ferratin, Ferratose,
Triferrin, Metaferrin und Eisentropon zu beschränken haben. Zu
bedenken ist dabei, daß diese Präparate durchweg viel teuerer. sind,
als die meisten der Gruppe I. Also in der Kassenpraxis zu ver-
meiden. Die Stellung der Hämoglobinpräparate als tonisierende
Mittel ist noch unsicher.
sie kaum in F rage. (Fortsetzung folgt.)
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C.Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E.Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerh arte,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S.Grätff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt aM. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. B.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
e logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospitel Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Neurologische Therapie.
Von Dr. Kurt Singer, Berlin.
Unsere letzten Übersichtsreferate beschäftigten sich speziell
mit der Behandlung der Paralyse, der Basedowschen Krankheit und
mit der Sympathektomie. Heute soll über eine Anzahl neuer Be-
handlungswege und Medikamente gesprochen sein, die in den letzten
Monaten Gegenstand von Nachuntersuchungen gewesen sind. Der
praktische Arzt ist bei den massenhaften Ankündigungen und Emp-
fehlungen von Medikamenten ja meist auf die Berichte der Fabriken
angewiesen, und so dürfte ihm eine kurze Zusammenstellung wissen-
‚ schaftlicher Untersuchungen über diese Präparate nützlich sein.
Gerade in der neurologischen Disziplin, bei dem ewigen Wechsel
von Beschwerden der Kranken und bei der Unmöglichkeit, mit Er-
folg die gleichen Medikamente zu verordnen, ist ein gewisser Reich-
tum an Präparaten, die ruhig den gleichen Zweck verfolgen können,
praktisch notwendig. Gewiß bedeutet die innerliche Behandlung. von
Symptomen bei den Nervösen nicht viel; aber zu umgehen ist sie
gewiß nicht. Wen das große, immer noch im Mittelpunkt des
Interesses stehende Gebiet der Psychotherapie interessiert, und wer
einen Einblick in die Methoden erhalten will, der wird sich in
dem von höchster wissenschaftlicher Warte und mit außerordentlich
kritischem Blick geschriebenen Lehrbuch der Psychotherapie von
Kronfeld (1) Rat und Anregung holen. Es ist die erkenntnis-
reichste, inhaltschwerste und dialektisch großartigste Gesamtbehand-
lung dieser schweren Disziplin.
Die Möglichkeit, Geburten in Hypnose vor sich gehen zu
lassen, ist oftmals behauptet, öfter geleugnet worden. Meist hilft
man sich (nach dem Vorgehen von Friedländer und Hallauer)
mit einer sehr geringen Dosis von narkotischen Mitteln, an die sich
dann eine Verbalsuggestion anschließt. Lorand (2) berichtet über
2 Fälle von, schmerzloser Geburt mittels Hypnose. Wichtig dabei
war, daß schon lange vor der Geburt ein Dutzend einführende
ypnosen ‚vorbereitend gemacht waren, und daß in der letzten
ypnose die Tätigkeit des Uterus nicht aussetzte. Gesundheits-
Störungen bei Hypnosen kommen fast nur bei Laienhypnosen vor.
Der Facharzt wird gerade im Hinblick auf die Nacherscheinungen
der Hypnose immer bereits vor dem Erwecken diejenigen post-
hypnotischen Befehle geben, die eine Schädigung, ja auch nur
eine körperliche Mißempfindung ausschließen. Die Behandlung; der-
artiger künstlich erzeugter Belästigungen kann nur wiederum eine
hypnotische sein. Serog (3) schildert diesen Vorgang. Er konnte
für die Suggestionen, welche die Ursache für die Beschwerden des
Kranken bildeten, Amnesie schaffen. Das Leiden wurde dadurch
vollkommen beseitigt. | 7
Bezüglich der Sympathektomie gibt Brüning (4) weitere
Erfahrungen zum besten. Die Exstirpation der Ganglien muß als
eine äußerst schwere Operation gelten. Der Erfolg stellt aller-
dings den der Sympathektomie in den Schatten. -Die nach der
Operation bei Angina pectoris und Sklerodermie untersuchten
Ganglien zeigten die klinischen Veränderungen der Entzündung,
Lymphozyteninfltration. Sympathikusoperationen nahm er auch
mit Erfolg zur Herabsetzung des Blutdruckes vor, ohne Erfolg bei
Encephalitis lethargica. Interessant ist die Beobachtung von
Kümmel (5), der durch Resektion des Sympathikus ein trophisches
Geschwür bei Tabes und einmal ein !/, Jahrhundert bestehendes
Asthma bronchiale heilte. Ganz ohne Erfolg ist die Methode bei
der diabetischen oder arteriosklerotischen Gangrän. Worin theore-
tisch das Wesen der Operation besteht, ist noch nicht ‚absolut ge-
klärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Hyperämisierung,
die dadurch zustande kommt, daß die periarteriellen, gefäßverengern-
den Nerven entfernt werden. Diese Theorie findet ihre Unter-
stützung, in gewissen experimentellen Beobachtungen von Elving (6),
der bei mikroskopischen Kapillaruntersuchungen nach der Operation
verbesserte Blutdurchströmung fand. Fälle, die nach einer Sklerose
aussehen, sind gelegentlich auch auf angeborene Anomalien der
Arterien zurückzuführen. Elying glaubt, daß die präsenile Sklerose
bei bestimmten Rassen, besonders bei Juden und Japanern, häufiger
auftritt. Die besten Erfolge der Sympathektomie sind auch nach
neueren Beobachtungen bei der Raynaudschen Krankheit zu ver-
zeichnen. Wenn sie frühzeitig ausgeführt wird, so ist der Erfolg
in bezug auf das Verschwinden der ‚Schmerzen ein wirklich ekla-
tanter. Dennoch mußte auch nach diesem subjektiven Erfolg in
einem Fall von Campbell (7) die Amputation. des Armes vorge-
nommen werden. Ein penetrierendes Geschwir. am Fuß, das
9 Jahre nach einer Schußverletzung am Bein ‚aufürgt, wurde von
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Gut schmeckend, 3 mal täglich 1—2 Eß-
Für eine wirksame Eisentherapie kommen
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106 0 > O 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — N... 54 Oktober
. Gaudier (8) durch Sympathektomie an der Arteria femoralis ge-
` „heilt. Eine ausführliche Schilderung dieser :Behandlungsmethode
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sowie ihrer Indikationen und Erfolge gab. Brüning (9) in der:
Deutschen Gesellschaft für Chiturgioe. DE g
Von der theoretischen Vorstellung ausgehend, daß eine
viszerale Störung nur dann Schmerzen macht, wenn die zerebro-
spinalen Nerven funktionstüchtig sind, schlägt Dani&lopolu (9a)
vor, nicht die Wurzeln, sondern die peripheren Nerven zu exstir-
pieren, also zuerst die linken Interkostalnerven bei Angina pectoris.
Die mitgeteilten Erfolge ermutigen nicht gerade zu diesem Eingriff,
r
wenn er auch natürlich ùngefährlicher ist, als die Exstirpation des
Grenzstranges. Gefäßschädigungen und schwere arterielle Spontan-
blutung nach der Sympathektomie sah Kreuter (9b). Der augen-
blickliche Erfolg ist auch nach seiner Beobachtung sehr stark, doch
treten Rezidive häufig ein. Zur Vermeidung von lebensgefährlichen
Schädigungen empfiehlt er, .die Adventitia des Gefäßes nicht voll-
kommen zu lösen, sondern etwa nur bis zur Hälfte der Zirkumierenz,
Einen kritischen und durch eigene Erfahrung besonders reich-
haltigen Überblick über die peripheren Nervenoperationen bei
` spastischen Lähmungen gibt Lehmann (10). Während die schweren
Fälle für die Förstersche Operation vorbehalten bleiben, müssen,
ist die Stoffelsche. periphere Nervendurchschneidung für die
mittelschweren Fälle der Spasmen zu reservieren, bei leichten
Spasmen genügt die Sehnendurchschneidung. Zur Sicherung eines
Resultates ist die elektrische Untersuchung der Nervenfasern während
der Operation Vorbedingung; es kommt ja darauf an, nur die zu den .
spastischen Muskeln gehörenden Fasern zu durchschneiden. Auch
ist mit der Stoffelschen Operation der Spasmus noch nicht ge-
heilt. Rezidive sind häufig und Dauerheilung, selbst bei jahrelang
fortgesetzter mediko-miechanischer Nachbehandlung nicht so häufig,
wie theoretisch anzunehmen wäre. ao | |
`. — Zu dem Wirkungsgebiet der Stofifelschen Operation. gehört
nach Heile (11) auch die chronische refraktäre Ischias. Sie wird
selbstredend nur bei völligem Versagen jeder konservativen Therapie
.in Frage kommen und auch hier wohl häufiger. bei der Stamm-
ischias als bei der Wurzelischias. Die Herauslösung des Nerven
von Verwachsungen ergibt die Möglichkeit von Heilung. Die
Stoffelsche Operation versagt fast immer. Von 16 Operationen,
_ bei denen der Ischiadikus beim Austritt aus dem Becken freigelegt
wurde, heilten 13. Bei der Wurzelischias ist die Epiduralinjektion
von 4, figer Novokainlösung (30—50 cem) oder physiologischer
Kochsalzlösung (100—200 cm) die Methode der Wahl. Sehr opti-
mistisch rühmt Schurig (12) die Behandlung von Neuralgien mit
Hochfrequenzströmen. Nach der ganzen Art der-Beobachtung und
der Schlußfolgerungen, sowie nach den Erfahrungen anderer Autoren
(denen sich Referent anschließen kann) ist diese Strombehandlung
durchaus nicht so souverän, wie Schurig meint. |
Die akuten entzündlichen und infektiösen Erkrankungen des
Zentralnervensystems, besonders Polyneuritis, lokale, Neuritis und
Meningitis, werden nach Erfahrungen der Hallensischen psych-
iatrischen Klinik: und nach der Darstellung von Schramm (13)
günstig beeinflußt durch die subkutane, intramuskuläre oder intra-
venöse Injektion der völlig ungiftigen Pregischen Jodlösung, wobei
das Jod die Entzündung verringert und bakterientötend zu wirken
scheint. Er
| Gegen die lästigen und einer Therapie bisher kaum zugäng-
‚ lichen Störungen der Blasenfunktion, besonders der Inkontinenz,
schlagen nach dem Vorgang von Cathelin Roger und Aymes (14)
Epiduralinjektionen von physiologischer Kochsalzlösung vor, event.
unter Zusatz von Novokain. Es scheint sich die Besserung durch
eine Beeinflussung der Zirkulationsverhältnisse im Blasenzentrum
einzustellen. Obgleich die Erfolge nicht immer eintreten und nicht
immer lange anhalten, ist bei der Gefahrlosigkeit des Eingriffs ein
Versuch anzuraten. |
Die Eiweißtherapie steht noch immer im Vordergrund des
Interesses. Aus einer Arbeit von Somogyi (15) seien folgende
Erfahrungen mitgeteilt: das beste nicht-spezifische Präparat scheint
ihm die sterilisierte Kuhmilch zu sein, von der in Körpertemperatur
10 ccm. injiziert werden. Bei der Behandlung der Paralyse wird
vor der eigentlichen Proteinkur eine Quecksilber- und Neosalvarsankur
vorausgeschickt. Als Erfolg bucht der Autor: in 25 0/ der Paralyse
vollständige Remissionen, in 30 %/, unvollkommene, in 10 °/, leichte
Besserung, in 85 °/, erfolglose Behandlung, gar keinen Erfolg bei
Dementia praecox und Enzephalitis, vorübergehende Seltenheit der
Anfälle bei Epilepsie, noch schlechtere Erfolge bei Xifalmilch- und
Phlogetaninjektionen. i |
28. Koritschau, W.kl.W. 37, Nr. 12. — Herz, D.m.W, 50, Nr. 14.
` , `
Von neueren schlafmachenden Präparaten- sei das Somnifen
genannt, das bei katatonen Erregungszuständen nachMalachowki(16)
imstande ist, die Dauernarkose zu ersetzen. Als unangenehme Be-
gleiterscheinungen der Dauerbehandlung mit Somnifen nennt Stuur-
mann (17) Erbrechen, Appetitlosigkeit, Verstopfung. Abbrechen
der Kur ist zuweilen .notwendig. Einige Fälle von Schizophrenie
und manisch-depressivem Irresein wurden ganz hergestellt. Andere
zeigten weitgehende Besserung. Auch Strauß (18) bestätigt die
‚gelegentlichen Besserungen der schizophrenen Erregungszustände
mittels mehrtägigem Dauerschlaf durch Somnifeninjektionen. Nur
bei Auftreten von Fieber soll die Kur abgebrochen werden. Ähn-
lich urteilt Neuendorf (19), der den Somnifen Vorteil vor dem
Skopolamin einräumt. Bei den gewöhnlichen Formen der Schlaf-
losigkeit ist die beste Methode der Einverleibung die per os.
(40—60 Tropfen). Eine Kumulierung der“ Wirkung und Ange-
wöhnung scheint selten zu sein [Görber (20). Ein Nachteil des
Somnifens ist, daß es sehr teuer ist. Von den Kombinations-
präparaten, die im Handel sind, rühmt Renner (21) das Somnacetin
. (Medinal 4 Phenazetin -- Kodein) als das beste. Im. übrigen lobt
er besonders als zuverlässig und schnell wirkend das Neuronal,
Adalin, Luminal: (doch nicht bei -alten Leuten!).. Dormiol macht
zwar keine Nebenwirkungen, ist aber unzuverlässig. Nirvanol
macht leicht fieberhaite Exantheme (und ist nach Ansicht des
Referenten, der einen Todesfall. beobachtete, überhaupt nicht zu
verordnen). : Straub und Rad (22) empfehlen als Schlafmittel das
entbitterte Veronal, Paranoval genannt. Es wirkt rascher als
Veronal und ist fast ohne Nebenerscheinungen bezüglich der später
auftretenden Müdigkeit sowie der Appetites und der Verdauung.
Ohne Nebenerscheinungen sedativ scheint Abasin zu wirken Es
ist nach Koritschau (23) bei Angstzuständen, Tachykärdie, allge-
mein: nervösen Reizerscheinungen auch tagsüber zu geben, ohne
Behinderung der Leistungsfähigkeit. Es ist ein Derivat des höchst
bewährten Adalins. Ein neues Morphiumpräparat ist Dicodid..
Nach Herz (24) soll die Gewöhnungstendenz sehr gering sein,
Nebenerscheinungen bei subkutaner Einverleibung' selten;
eine Angewöhnung ist nicht so zu befürchten, wie bei Morphium.
Angst, Depression, Erregung, sowie delirante Zustände und zentrale
Schmerzen wurden günstig beeinflußt.
Literatur: 1. Kronfeld, Psychotherapie. Verlag Springer. — 2, Lo-
rand, Ref. Zbl. f. d. ges. Neurol. 1924, S. 473. — 3. Serog, M. Kl. 1928, S. 1197. —
4, Brüning, Klin. Wschr., Jg. 2, Nr. 41. — 5. Kümmel, Zbl. £ Chir., Bd. 50, Nr. 88. —
' 6. Eiving (schwedisch), ref. Zschr. f. d. ges. ‘Neuro. 1924, S. 848. — 7. Campbell, rəf.
Zschr. £ d. ges. Neurol. 1924, S. 348. — 8. Gaudier, Rev. internat. ‘de med. 34, Nr. 12.
' — 9. Brüning, Arch. £ klin. Chir., Bd. 126, S. 484. — 9a. Daniölopolu, Bull et mém.
de la soc. mêd., Jg. 39, Nr. 25. — 9b. Kreuter, Zbl. f. Chir. 60, H. 46/47. — 10, Leh-
mann, Eirgebn. d. Chir. Bd.316, S. 577. — 11. Helle, Zschr. f, Chir, Bd. 174, H. 1/4. —
Schurig, D.m.W. 49, Nr. 34. — 13. Schramm, Arch. £ Psych., Bd. 70, H. 1. — 14. Roger
und Aymös, Marseille mòd. 1923, Nr. 26. — 15. Somogyi (ungarisch), ref. Zbl. f. Neurol, `
1924, S. 163. — 16. Malachowski, M. Kl. 20, Nr. 14. — 17. Stuurmann, ref. Zschr. f. d,
ges. Neurol. 1924, S. 260. — 18. Strauß, Klin. Wschr., Jg. 3, Nr. 24. — 19. Neuendorf,
D.m.W. 50, Nr. 8. — 20. Görber, Schweiz. med. Wschr. 53, Nr. 48, — 21. Renner,
Jahresk. f. ärztl. Fortb. 14, H. 8. — 22, Straub und. Rad, D.m.W. 50, Nr. IL —
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 37 und 38.
Nr. 37. Über den Einiluß der Keimdrüsen auf den Stoffwechsel
‚haben Plaut und Timm (Hamburg) Untersuchungen im Anschluß an
Röntgenkastrationen bei Frauen vorgenommen und festgestellt, ‘daß mit
dem Beginn der Amenorrhoe ein Sinken des Grundumsatzes um 100 -Pis
Ursache dafür wird eine korrelative Funktionsstörung der Schilddrüse
durch den Ausfall’ des Ovariums angenommen. .Die Kastrationsfettsucht
nicht wieder zurückbildet. -
Uber ‚Spirochäten im Lochialsekret der Wöchnerinnen teilt Zielke
in 19 Fällen = 6,2°/, Spirochäten von verschiedenem Typ nachgewiesen
wurden. Die Möglichkeit, daß durch Spirochäten fieberhafte Erkrankungen
im Wochenbett hervorgerufen werden können, ist beachtenswert.
Spirochaeta pallida gibt Cardaso (Breslau) seine Erfahrungen bekannt
tisch verwendeten Dosen von Bismogenol und Spirobismol verschwinden
die Spirochäten aus dem Reizserum schneller als nach entsprechenden
auch
300 Kal. einsetzt, das sich meist nach einigen Monaten zurückbildet Als '
wird vermutlich dann entstehen, wenn die Stolfwechselerkrankung sich .
(Berlin) mit, daß bei systematischer Untersuchung von 307 Patientinnen.
Über die Einwirkung von Bismogenol nnd Spirobismol auf die
mit Bemerkungen über den Bismutnachweis im Urin. Nach den prak-
Dosen von Quecksilberpräpäraten. Nach beiden Bismutpräparaten tritt i
eine vorübergehende Vermehrung der Spirochäten auf und zwar: nach
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
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Spirobismol sehr schnell, nach Bismogenol wesentlich langsamer. Diese
Bismutpräparate verhalten sich also in dieser Beziehung wie die Salvarsan-
präparate im Gegensatz zu den Hg-Präparaten, Nach Spirobismolinjektion
ist Wismut sehr bald, nach Bismogenol wesentlich später im Urin nach-
zuweisen. |
Nr. 38. Über den Einfluß der Ernährung auf den Gasstoifwechsel
in der Schwangerschaft fassen Haselhorst und Plaut (Hamburg) das
Resultat ihrer Untersuchungen dahin zusammen, daß der Grundumsatz vom
7. Schwangerschaftsmonat meist erhöht ist. Die Steigerung geht der Ver-
tiefung der Atmung parallel; beides sind wahrscheinlich Folgen der Azidose.
Bei der Schwangerschaftsnephropatbie ist die Grundumsatzsteigerung be-
sonders ausgeprägt. Die spezifisch dynamische Wirkung in der Schwanger-
schaft ist von normaler Höhe, zwischen 20 und 30°/,. Durch Darreichung
einer eiweiß- und fett(lipoid)armen Kost wird die spezifisch dynamische
Wirkung herabgesetzt. Reichliche Eiweißzufuhr erhöht die Wirküng, Fett
wirkt in geringerem Grade in demselben Sinne wie Eiweiß. Es liegt nach
Ansicht der Autoren kein Anlaß vor, eine erhöhte Funktion der Thyreoidea
in der normalen und pathologischen Schwangerschaft anzunehmen, ebenso
spricht nichts für eine herabgesetzte Tätigkeit der Hypophyse. Eine ver-
änderte Funktion dieser Drüse in der Anpassung an das Ansatzbedürfnis
des Körpers ist jedoch wahrscheinlich.
Zur Therapie der essentiellen Hypertoniekrankheit befürwortet
Kylin (Eksjö) die Medikation von Kalk und Atropin, von dem Gesichts-
punkt ausgehend, daß das parasympathische System durch Atropin ge-
lähmt wird bzw. durch Atropinmedikation die normale Gleichgewichtslage
zwischen Vagus und Sympathikus wieder hergestellt wird. Durch die Ca-
Medikation soll der bei der essentiellen Hypertonie gesenkte Blut-Kalk-
spiegel wieder zu normalen Werten erhöht werden. In 4 Fällen ist es
Kylin gelungen, den Blutdruck auf normale Werte zu senken.
Beiträge zur Prophylaxe des Wochenbettfiebers bringen Salomon
und Bieringer (Gießen). Auf Grund ihrer Untersuchungen bestätigen
sie den hohen Wert methodischer 0,5 %/yiger Milchsäurespülungen, die
täglich 2—3 Wochen vorgenommen wurden. Nach Verlauf der Behand-
lung zeigte sich stets das typische Bild der physiologischen Scheidenflora,
das auch nach Aussetzen der Behandlung bestehen blieb. Wochenbett-
fieber trat bei derart vorbehandelten Frauen nie auf, Milchsäurespülungen
werden deshalb als hygienische Maßnahme in den letzten 14 Tagen vor
dem Partus empfohlen. H. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 33.
Über Eigenschaften, Wirkungsart und Wertbestimmung des Dys-
enterieserums berichten W. Kolle, H. Schloßberger und R. Prigge
(Frankfurt a. M.). Die Maus ist das Tier der Wahl für die Virulenzprüfung
der Ruhrstämme, für die Auswertung ihrer Gifte und für die Wertbestimmung
der Dysenteriesera. Das Gift der Shiga-Kruseschen Ruhrbazillen dürfte
einheitlich sein. Das Dysenterieserum ist ein echtes antitoxisches Serum.
Es dürfte sich empfehlen, den Mindestgehalt der für die Therapie be-
stimmten Dysenteriesera an Antitoxineinheiten recht erheblich zu erhöhen.
Heinz Küstner (Halle a. S.) fragt: Kann durch Narkose der Mutter
das Kind unter der Geburt geschädigt werden? Man muß bei der Geburt
des Kindes zwei vollkommen voneinander zu trennende Zustände unter-
scheiden: Apnoe und Asphyxie. „Apnoe“ trifft nur für die ersten
Augenblicke nach der Entbindung zu; alle späteren Zustände der Atem-
losigkeit sind mit „Asphyxie“ zu bezeichnen. Diese kann durch Unter-
brechung der Sauerstoffzufuhr und Vergiftung durch Kohlensäure oder auch
durch Narkose der Mutter („Asphyxie durch Narkose“) hervorgerufen
werden. Das letzte ist allerdings selten, weil die Kunsthilfe unter der
Geburt in 800/, im Interesse der Kinder angewandt wird und daher schon
beim Beginn der Narkose eine Störung im Plazentargasaustausch besteht.
Ebenso wie kein Sauerstoff dann dem Kinde zugeführt wird, kann auch
kein Äther auf dieses übergehen. Ausnahmsweise kann dies aber doch
geschehen. Kommt es nämlich durch zu schnell aufeinanderfolgende
Wehen zu einer partiellen Unterbrechung der Plazentaratmung und damit
zu so starker Verlangsamung der Herztöne, daß eine Zunge indiziert ist,
30 wird durch die Narkose und die dadurch hervorgerufene Regulierung
der Wehentätigkeit die intrauterine Respiration des Kindes wieder normal.
Dann kann aber auch der Äther auf das Kind übergehen und so dieses
' Intrauterin narkotisieren.
t Über Ulkussymptome bei Kolitis berichtet Ladislaus v. Friedrich
( udapest). Er hat einige Fälle von Kolitis beobachtet, wo Ulkussymptome
= sowohl klinisch wie röntgenologisch derart in dem Vordergrunde des
klinischen Bildes standen, daß sie differentialdiagnostisch die größten
Schwierigkeiten boten. Bei jedem Falle kam in der Anamnese eine voraus-
Ra vor Jahren überstandene Ruhr vor. Der Prozeß war immer am
der. oder Colon ascendens lokalisiert. Dagegen konnten ähnliche
ymptome bei Prozessen, die sich am Colon descendens oder Rektum ab-
spielen (Geschwüre), nicht beobachtet werden. Bettruhe kann gelegentlich
die Beschwerden verstärken. Dies kann auch differentialdiagnostisch von
Wert sein, da ja der Ulkusschmerz bei Bettruhe meist verschwindet.
Den Einfluß der Magenverdauung auf die Resistenz der roten
Blutkörperchen erörtern D. Acél und P. Spitzer (Budapest). Bei normaler
und Hyperazidität läßt sich 35 Minuten nach Einnahme des Probefrühstücks
eine Resistenzerhöhung der roten Blutkörperchen nachweisen, die nach
11/, oder 2 Stunden den Anfangswert wieder erreicht. Bei Hyp- und An-
azidität findet man 35 Minuten nach Einnahme des Probefrühstücks eine
Resistenzverminderung. |
Auf die Gefahren in der Behandlung der Psychoneurosen weist
Carl Römer (Calw [Württ. Schwarzwald]) hin. Er warnt vor dem Hinein-
analysieren von hypothetischen Schuldgefühlen in seelisch ‘empfindliche
Menschen. Denn sobald diese merken, auf welches Ziel der Arzt lossteuert,
stellen sie sich in ihren Gedanken alsbald in gleicher Richtung ein. Es
ist deshalb gerade auf sexuellem Gebiet die größte Vorsicht geboten.
Gefährlich sind die Traumdeutungen. Die Kranken müssen von einer
Traumdeutung verschont bleiben, die der willkürlichen Kombination Tür
und Tor öffnet.
Eine Methode der Nierenpalpation beschreibt E. Pfister (Dresden).
Sie ermöglicht die gleichzeitige Abtastung beider Nierenlager und er- ,
leichtert damit Vergleiche zwischen beiden Seiten. Man untersucht vom .
Rücken her bei Beugehaltung des Kranken. Dieser stehend beugt _
den entblößten Oberkörper nach vorn und stützt die Hände auf einen
Stuhlsitz und atmet möglichst tief: Dadurch werden die Bauchdecken
maximal entspannt und die Nieren sinken nach vorn und unten (z.B.
bei Wanderniere). Der Arzt steht hinter dem Kranken und läßt die Finger
unter die Thoraxränder beider Seiten langsam tiefer gehend eindringen.
Auch Leber, Milz, Gallenblase, Bauchtumoren können in dieser Stellung
von vorn und unten her gut umfaßt werden. Dabei brauchen die Methoden
der Rücken- und Seitenlage nicht vernachlässigt zu werden. F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 32 und 33.
Nr.32. Probleme der Syphilistherapie erörtert L. Hauck (Erlangen).
‚Beim Salvarsan, Quecksilber und Wismut dürften das eigentlich wirksame
therapeutische Agens Organsubstanzen bilden, die durch die chemischen Mittel
mobilisiert oder aktiviert werden. Dadurch werden Kräfte frei, die die
Spirochäten schädigen. Hingewiesen wird auf die günstigen Erfolge bei
Paralyse durch Injektion von Malariablut oder von Phlogetan (Gemisch
von Abbaukörpern bestimmter Eiweißstoffe). Bei der Erzeugung ‘des künst-
lichen Fiebers kommt es zum Eiweißzerfall. Eiweißabbauprodukte führen
zu energischer Anregung der Abwehr- und Schutzkräfte. Es handelt sich `
hierbei vielleicht um eine unspezifische Leistungssteigerung (unspezifische
Reiztherapie),. Eine solche in anderer Form wäre möglicherweise auch für
älle Syphilitiker nutzbar zu machen.
Über Trigeminusneuralgie und Sympathikus berichtet H. Pette
(Hamburg). Die Trigeminusneuralgie muß in irgendwelcher Beziehung zur
Funktion des sympathischen Systems stehen. Dafür- sprechen alle jene
Vorgänge vasomotorischer Art, die sich in gleicher Akuität und Heftigkeit
wie die Schmerzen selbst gelegentlich einstellen und auf das engste an
das sympathische System geknüpft sind: Hyperämie der Gesichtshaut und _
der dazugehörigen Schleimhäute, in einzelnen Fällen sich steigernd bis
zur Ödembildung, Tränen des Auges, Hypersekretion der Schleim- und
“Speicheldrüsen usw. Nicht selten bemerken die Kranken schon vor Auf-
treten der Neuralgie jene Störungen. Die Neuralgie ist der Ausdruck eines
vasomotorischen Geschehens. Die Tatsache, daß sich die Trigeminus-
neuralgie nicht selten auf nur einen der 3 Äste beschränkt, \1äßt daran
denken, daß hier die den einzelnen Ästen angelagerten sympathischen
Ganglien, d. h. das Ganglion ciliare, das Ganglion spheno-palatinum und
das Ganglion oticum die Schaltstelle für die Beeinflussung der vaso-
motorischen Bahnen bilden. :
Auf die Giftwirkung des: Ziunwasserstoffes weist W. Vaubel
(Darmstadt) hin. Sie kann sich nach dem Genuß von Speisen aus ver-
zinnten Eisenblechbüchsen zeigen. Beim Einwirken von Säuren (in den
Nahrungsmitteln), wie Essigsäure oder Oxalsäure, auf schadhaft ver-
zinntes Eisen bildet sich durch Lösen von Eisen und dadurch freiwerdenden
Wasserstoff Zinnwasserstoff. Dieser bleibt dann im gelösten oder adsorbierten
Zustande in den Nahrungsmitteln und wird dann mitaufgenommen.
Nr. 33. Nach H. Friedrich (Erlangen) erlaubt die positive Kom-
plementbindung der neuen Wassermannschen Reaktion keine sichere Dia-
guose „aktive Tuberkulose“, mn
Es gibt, wie Mayer (Berlin) und W. Böhme (Dresden) ausführen, keine
exakte Dosierung des Alttuberkulins. Diese schwankt vielmehr in so
großen und groben Scheinwerten, daß es berechtigt erscheint, bier aus-
schließlich die letzte Ursache aller bekannten Differenzen und Schwierig-
keiten der Tuberkulintherapie überhaupt zu suchen.
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1408
l Über Uteruskarzinom und alimentäre Leukopenie berichtet Walter
Simon (München). Bei Kranken, die an einem Genitalkarzinom leiden,
‚besteht als Zeichen einer Überempfindlichkeit des Vagus eine
alimentäre Leukopenie, die bei geheilten Fällen schwindet. Bei der
Kopfreizbestrahlung, die nach dem Verfasser in den Rahmen der
Karzinomtherapie gehört und die eine Hypophysenbestrahlung und gleich-
zeitig eine Zwischenhirnbestrahlung ist, kommt es als Frühwirkung zum
Sympathikusreiz, ausgedrückt durch exquisite alimentäre Leuko-
. zytose als Folge einer Vasokonstriktion. Die Leukopenie schlägt
also in Leukozytose um. Hiernach dürfte der Nachweis der alimentären
Leukopenie für die Karzinomdiagnose von Wert sein, von viel größerem
aber noch die Rückkehr der Gefäßreflexe zur Norm (als Ausdruck
der Heilüng). a:
Zur Frage der Erblichkeit des Krebses äußert sich Otto Schneider
(Halle a. S.): Es dürfte sich kaum beweisen lassen, daß eine Krebsanlage
als solche keimverschlechternd wirke, ebensowenig, daß sie mit sonstiger
Minderwertigkeit verbunden sei. Andererseits lassen sich jederzeit genügend
Beispiele von Familien anführen, die bedeutende Leistungen aufzuweisen
haben bei relativ häufigem Vorkommen von Krebs unter ihren Mitgliedern.
Die Furcht, Angehörige von Krebsfamilien zu ehelichen, würde demnach
zunächst zu einem Verlust wertvollen Erbgutes führen. F. Bruck.
-
Therapie der Gegenwart, 7. und 8. Heft, Juli/August 1924.
Heft 7. Über die Entstehung von akuten Wasserretentionen und
Ödemen bei der Behandlung von Diabetikern berichtet Frank. Der
Traubenzucker des Blutes und. der Säfte wirkt wasserbindend, aber nur
dann, wenn er assimiliert wird. Kommt es während der Behandlung der
Zuckerkrankheit zu einer Toleranzsteigerung, wird also ein’ größeres Quantum
Traubenzucker verwertet als vor der Behandlung, so wird auch eine größere
Wasseraufspeicherung die naturgemäße Folge sein, die unter Umständen
sich sogar in Form der Ödeme dokumentieren kann. Um das zu verhüten,
soll man Kohlehydratkuren mit höchstens 40—50 g Kohlehydrate beginnen
und nicht mit so großen Gaben, wie sie ursprünglich die Noordensche
‚ Haferkur vorschrieb. Da auch die Natriumionen dio Wasserbindung der
Gewebe erhöhen, so gehe man auch bei der Verordnung des Natr. bicarb.
selbst im. präkomatösen Stadium über Dosen von 20 g täglich nicht hinaus.
Heft 8. Die Behandlung der kindlichen Tetanie bespricht zu-
sammenfassend Birk. Im akuten Stadium verordne man ein Chloralklystier
(0,5 Chloralbydrat) zur Beseitigung der Krämpfe. Dann gebe man Kalk
in Form von Calc. chlorat., 6—10 g innerhalb von 24 Stunden, oder eine
. 10%/,ige Lösung von Ammon. chlorat. pur. 0,6 g täglich pro Kilogramm
Körpergewicht. Diese Behandlungsweise kann beliebig lange fortgesetzt
werden. Bei latenter Tetanie genügt die Verordnung von Lebertran oder
Bestrahlung mit Höhensonne. Zweckmäßig gibt man auch hier für die
erste Zeit Kalk. In jedem Falle von Tetanie ist die Ernährung richtig-
zustellen. ‚
Zur Schwefelbehandlung des chronischen Gelenkrheumatismus teilen
Teschendorf und Spicker mit, daß sie die besten Erfolge beim sub-
akuten Gelenkrheumatismus gesehen haben. Angewandt werden die von
der Firma Klopfer, Dresden, herausgegebenen Präparate sowie Schwefelöl
und kolloidaler Schwefel (Heyden).
Therapeutische Indikation und Kontraindikation der Lumbalpunktion
unterzieht Eskuchen einer Besprechung. Kontraindiziert ist sie bei Tumoren
der hinteren Schädelgrube und bei frischer Hirnblutung. Dagegen sollte
sie regelmäßig bei Commotio cerebri und ihren Folgezuständen — Pachy- |
meningitis haemorrhagica und subarachnoidale Blutung — angewandt
werden. Bei Meningitis wird die Spülbehandlung warm empfohlen.
Tarnogrocki (Pölitz).
Monatsschriit für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie,
58. Jg, H. 7.
C. Stein und O. Bönesi: Tierexperimentelle und klinische Unter-
suchungen über die Beziehungen des Blutdruckes zum statischen Apparate.
Jene Experimente, welche zur Hyperämie des Gebirns und somit auch der
vestibulären Gefäßbezirke führten, bewirkten keine Änderung im Verhalten
der vestibulären Reflexerregbarkeit, während Maßnahmen, die den Vestibular-
apparat unter Wirkung der Anämie setzten (Injektion von Nebennieren-
präparaten, starke Blutentziehung), seine Reflexerregbarkeit zu beeinflussen
vermochten. Klinische Untersuchungen ergänzten die Tierexperimente.
Ernst Urbantschitsch: Über akute Mittelohrentzündungen vom
Typus der Mucosusotitis ohne Nachweis von Streptococcus mucosus.
Die rosaweißliche Infiltration des Trommelfells, obne sichtbare Eiterung
und Perforation, aber mit gewöhnlich starker Herabsetzung des Hör-
vermögens, Fehlen von Schmerzen, läßt einen harmlosen Prozeß annehmen.
Operationsbefund, letaler Ausgang zeigen Mucosusotitis. Es finden sich
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
jedoch zuweilen Fälle, die klinisch das Bild der Mucosusotitis bieten; der
Streptococcus mucosus läßt sich aber nicht nachweisen. Wahrscheinlich
handelt es sich dann um Vor- oder Übergangsstufen. Der Name Mucosus-
otitis sollte nicht nur von dem bakteriologischen, sondern auch von dem
klinischen Bilde abhängig gemacht werden. |
Ignaz Sommer: Über das Verhalten des spontanen Nystagmus
bei Anwendung optischer und labyrinthärer Reize. Jeder okular aus-
gelöste Nystagmus ist verhältnismäßig leicht durch optische Hilfsmittel,
schwer durch kalorische Reizung zu beeinflussen. Umgekehrt wird der
zentral bedingte Nystagmus leicht durch den kalorischen überlagert, aber
schwer durch optische Hilfsmittel aus dem Geleise gebracht.
Karbowski: Eine einfache Methode zur Untersuchung der Funktion
der Bogengangsapparate mittels Minimalreize. Applikation eines feuchten
Wattetampons (Zimmertemperatur) an das Trommelfell. Für gewöhnlich
ist dieser nasse Wattebausch ein genügend starker Reiz für normal
funktionierenden Bogengang. Vielfach kommt nur die langsame Komponente
des Nystagmus zum Vorschein. HBaenlein.
Aus der neuesten französischen Literatur.
Renaud hat eingehende Untersuchungen über die Nierenfunktionen
der Krebskrauken angestellt: Die Niereninsuffizienz beim’ Krebs ist stets
eine Komplikation, es gibt keine Krebsnierenentzündung. Oft eine späte
Episode, Symptom des organischen Endzerfalls kann es mit der Ulceration
des Tumors zu einer toxiinfektiösen Nephritis kommen durch die Suppuration;
liegt dies vor, so nimmt die Prognose eine sehr ernste Wendung, eins
rapide Entwicklung ist anzunehmen. Bei gewissen Krebsen (Uterus, kleines
Becken) führt der Krebs auf Grund seiner Lokalisation zu Nierenverän-
derungen; die Insuffizienz. ist dann einer der wichtigsten Faktoren der
fatalen Kachexie. (Pr. méd. 1924, 54.) |
Störungen der Psyche sind nach Lhermitte bei multipler Sklerose
wenn auch nicht eindeutig, so doch keineswegs selten. Sie können die
Gesamtheit betreffen. oder einzelne Störungen herrschen vor. So kann das
Gedächtnis für alte und neue Begebnisse affiziert sein. ‘Die Fähigkeit der
Fabulation kann die diffuse Amnesie, maskieren und in manchen Fällen
ein Korsakoffsches Syndrom vortäuschen. ‚Obgleich das Bewußtsein voll
erhalten ist, affektiert der Kranke eine verblüffende Unbekümmertheit in
Bezug auf seine Krankheit. Die gewollte und spontane Aufmerksamkeit
ist geschwächt, die Emotivität erregt, so daß es leicht zu Lach- oder Wein-
krämpfen kommen kann, und zwar gar nicht selten. Veränderungen in
_ der Hirnrinde scheinen die Ursache zu sein. (Pr. med. 1924, 58.)
Bollack führt an der Hand eines Falles aus, daß eine akute Neu-
ritis optica oft der Vorläufer einer multiplen Sklerose ist. Im besprochenen
Falle trat sie 2 Jahre vor den typischen Symptomen auf mit Abnahme
der Sehschärfe und zentralen Skotomen. Erstere besserte sich wieder nach
zwei Monaten. Im Besonderen sind diese okulären Erscheinungen flüchtig,
die funktionellen Störungen gehen spontan wieder zurück. Damit konstrastiert
die typische Entfärbung der Papille. (Pr. med. 1924, 58.)
| Gallavardin hat den Zusammenhang der Anstrengungsangina mit
Syphilis studiert an 450 Kranken und folgende Resultate erzielt: Im Ganzen
‚ betrachtet gaben 21°/, sichere, 9%, zweifelhafte Anhaltspunkte für Syphilis.
Das Bild ändert sich aber, wenn man die Angina pectoris mit Aortenläsionen
betrachtet. Dann erhält man 88°), Syphilis. Besteht aber die Angina
ohne Aortenläsion, so fällt die luetische Ätiologie auf 20%/, und sie ist um
so häufiger, je jünger der Kranke ist. 440), unter 40; 24°/, zwischen 40
und 50; 17°/, über 50. Nun kommt noch ein anginöses Symptom der
Atemnot vor bei solchen, die hohen Blutdruck aufweisen; hier kommt
Syphilis in 14°/, in Frage. Die Anstrengungsangina ist also kein Stigma
der Syphilis. (Pr. méd. 1924, 57.) l
Raul beschreibt einen Fall von Ruptur des äußeren Teils des
Rectus abdominis bei einer 55jährigen Frau, die in der Rekonvaleszenz
von einer Grippe plötzlich starke Schmerzen im Unterbauch, Fieber, Nausea,
Brennen beim Wasserlassen, Anhalten der Winde und des Stuhls verspürte.
Stellung der Diagnose erst auf dem Operationstisch, als sie wegen Appen-
dizitis operiert werden sollte. (Pr. med. 1924, 57.)
Guillain und seine Mitarbeiter weisen auf die Verstärkung des
nasopalpebralen Reflexes als wichtiges diagnostisches Mittel bei den Folge-
erscheinungen der Encephalitis epidemica, besonders des Parkinsonismus
hin: bei Perkussion der Nasenwurzel polykinetischer Verschluß der Palpebra,
sukzessive Kontraktionen der Orbiculares. Keine Steigerung des : Reflexes
findet statt bei den pseudobulbären, thalamischen und hypothalamischen
Syndromen, sowie bei der multiplen Sklerose. Geht auch bei geschlossenen
Augen und ist nicht zu verwechseln mit dem opticofacialen Reflex, dem
Blinzeln der Augenlider beim raschen Annähern eines Objekts. (Pr. méd.1924,55.)
Leconte weist auf die milden Formen der Aortenaffektionen bin,
Ä die maskierte Aortitis, bei der der Schmerz auf das Sternum beschränkt
sein mag, oder dekapitiert, ausschließlich auf die Peripherie, Arme, Hände,
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. + sein.
`` abdominalen Formen vor.
N Das warnende Symptom . bei der progressiven Paralyse ist nach.
oder Manie sollte man nach Syphilis forschen.
" Anreizung des Gehirns zu besonders feiner Arbeit die en Manifestation.
' tation und Inanition.
K - zufuhr.
=. akzessorisches Phänomen, sondern ein konstantes. |
-ist die Hypertensiön ein endokrin- sympathisches Syndrom, ausgeklinkt bald
1924 — MEDIZINISOHE Si IK — Nr. 40.
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` "Kinn. Oft findet man nur Paipitationen oder kurze Anfälle v von Taohykardie:
Röntgen: breiterer Schatten oder Verdunkelung an der Aorta.
gischen und abdominalen Fällen- kann . die Diagnose schwierig sein, Be-
sonders leiten die Schmerzen nach den Mahlzeiten irre. Der mehr oppressive,
~ weniger akute Charakter der Schmerzen, der erregende Einfluß der Tätigkeit,
. das gelegentliche Gefühl der Taubheit oder Schmerzen im Arm führen- auf
‚die richtige Diagnose. Meteorismus, Nausea und Diarrhoe kommen bei den
(Med. Paris 1924, 5.)
"Levy-Valensi eine vorher nicht gekannte Reizbarkeit, -die Unfähigkeit
: sich zu konzentrieren, der Erinnerung- für die letzte Vergangenheit; ‚die
` Selbstkritik fehlt auch für die letzten Stadien nicht, wohl aber möglicher-
‚weise ein + Wa.R.
Kopfschmerzen, Muskelzucken, Schluckbeschwerden, Tremor, ‘Sprach- und
"Schriftstörungen sind oft das erste Signal. In jedem Falle -von Melancholie
- (Ei mèd. Paris 1924, April 19.}
Unter . den klinischen Symbiosen interessieren am Seen die Vok
` einigung des Basedow mit Epilepsie, Chorea und Tabes. Bei der Epilepsie
handelt es sich nach Sainton meist um eine "einfache Koinzidenz, in -manchen
Fällen auch um den gemeinsamen Boden der Syphilis; die Thyreoideatheorie
der Epilepsie ist nicht zu halten. Chorea kann dem Basedow vorausgehen;
häufig beobachtet man bei der Entwicklung des Basedow choreiforme- Be-
:wegungen; dann haben beide einen. gemeinsamen Ursprung (Rheumatismus,
Heredosyphilis). Auch- bei Tabes kann dies vorliegen, meist entwickeln
sich aber beide unabhängig von einander.: (Rev. med. 1924, 4.)
Bei dem unstillbaren "Erbrechen ‚der Schwangeren sind nach
Brindeau und Lantueful drei Arten von Irrtümern ‚möglich: 1. das
‚Erbrechen kommt von einer schweren Krankheit, einer Läsion des Nerven-
‚systems, die an sich gut ertragen erst durch die Schwangerschaft: auftritt,
Dies ist. sehr |
„wichtig, in all solchen Fällen neurologische Untersuchung. 2. Simulation:
oder Übertreibung: Überwachung.
| ee oft ein sehr schweres Bild geben und oft durch einfache Persuasion
eilen.
‚wie bei Tabes, tuberkulöser Meningitis, Gehirntumoren.'
3. Hysterie. Gerade die. letzteren
Aber man kann aus diesem Erfolg’ nicht schließen, daß eine
hysterische Grundlage vorliegt; es gibt kein klinisches Symptom, das die
hysterische von -den anderen Formen unterscheiden läßt.
Suggestion nichts vermag über die sekundären Erscheinungen der Dehydra-
hysterotraumatischen.
(Pr. med. 1924, 61.)
Aubertin und Rime beschreibön als einziges Symptom einer
Endocarditis lenta eine -bei jedem’ Schub. mit leichtem Fieber wiederauf-
. tretende Purpura. (Pr. med. 1924, 61)
z Lian und‘Barrieùu ziehen aus ihren - "Untersuchungen von 206)
Kranken mit dauerndem arteriellem’ Überdruck folgende Schlüsse: Bei
20% ist die Funktion der Nieren gestört. Der N.-Gehalt des Blutes ist
nur in Yo ausgesprochen genug um die Prognose zu trüben. Bohandlung:
‚ N-arme Diät und Diuretica. Die Nierenaffektion : ist demnach nicht ein
+ durch eine. Nephritis, bald durch eine Infektion, Intoxikation oder nervöse
- Störung, am häufigsten durch eine. allgemeine ‚Erkrankung, die auf den
endokrino- -sympathischen Apparat einwirkt und ebenso eine Nephritis her-
vorruft, die dann ihrerseits wieder die erstere Störung vermehrt. (Pr. méd.1924,61. )
Bei Wachstumsverzögerungen soll man'nach Comby an Hypothyreoi-
dismus denken. Er berichtet von einem 13jährigen Mädchen, das 98 cm maß,
also die Größe eines 5jährigen ‘Mädchens hatte, das unter dem Einfluß
“wiederholter Thyreoideagaben. mit 18 Jahren 154 cm maß "und sich geistig
recht befriedigend entwickelte. (Pr. med: 1924, :59.)
Manche Formen der erworbenen Syphilis sind von vornherein 36:
mild, daß sie klinisch irgendwie direkt nicht demonstriert werden können.
Und. manche Ärzte lehnen für solche Formen die‘ Diagnose deshalb schlank-
weg ab. Nun beherrscht die hereditäre Form eine durch die Erfahrung
He bewiesene Tatsache: die Infektion der Mütter kann zu verschiedenen
CAwangerschaften verschieden. virulent sein. Es muß also eine hereditäre
ns Lues geben, bei der die Kinder anscheinend völlig gesund das
ĉio Alter erreichen, ohne daß überhaupt ein spezifisches Symptom irgendwie.
a wäre. . Oder ausnahmsweise kann die Seroreaktion + sein und
ann dabei irgend eine banale Hautöffektion bestehen. Und dann zu
irgend einer Zeit demaskiert- sich die Syphilis oder es treten Epilepsie,
emiplegie, Skoliose oder: eine Herzaffektion auf. Deren Ursprung wird
l „dem, der nicht an hereditärd Lues denkt und auf eingehende Familien-
“mnese verzichtet, dunkel bleiben. Nun gibt es aber auch eine hereditäre
Neurasthenie, mentale Konfusion,. Schlaflosigkeit,
Manchmai ist auch die
‚ Rücksicht auf die Kropioperation.
“variabel.
Zumal da die .
Die Mehrzahl sind bysterischen Ursprungs; vielleicht.
Behandlung: Isolierung, Penn), Wasser |
Nach ihrer Auffassung.
-
Syphilis r mit, klinischen; abor jicht spezifischen Zeichen: Und es ist wichtig,
Wa.R. kann
Kopfschmerzen, Ohnmachten, Gewichtsverlust... Bei den gastral-
diese ‘beim Säugling, wo sie noch. leichter zu kurieren ist; festzustellen.
Dazu gibt’ es sichere uad die lange. Liste der wahrscheinlichen Zeichen.
Diese letzteren lassen viele nicht gelten, weil sie auch durch andere Krank-
heiten: bedingt sein könnten und deshalb beim Fehlen sicherer Zeichen
‚eine spezifische Behandlung nicht rechtfertigen. Man muß also mit einer
Syphilis rechnen, die-nur‘ auf- Vermutungen: beruht und muß für diese eben-
falls die ‚Berechtigung fordern, trotz des Fellens sicherer Symptome. Nun
‚gibt’es ein Mittel, die auf Rechnung der Syphilis kommende präklinische
Phase, auch wenn jedes andere abnorme Symptom fehlt, festzustellen: die
' Untersuchüng.des Blutes. Leredde hat 23 Untersuchungen bei Kindern
und Erwachsenen, deren kongenitale Syphilis bewiesen war, 26 bei Individuen,
deren Mutter mit kongenitaler oder erworbener Syphilis behäftet war und
.22, bei deren Vater dies . zutraf, ausgeführt. Bei keinem fand man ein
normales Blutbild. Man findet nun Hypoglobulie, Hypochromie,. Mono- und
Leukocytose und zwar entweder alle zusammen. oder einzelne. vergesell-
` schaftet.. Die Leukocytosè findet man besonders beim: Säugling: Er. hält
(Pr. med. 1924, 61.)
dieses Blutbild für spezifisch und zwar in allen Ältern.
EB N P ee ‚v..Schnizer.
Aus der E ungarischen. Literatur.
Rud. Valkänyi (Prof. Tibor Vereb6lys chirurg: Klinik): Bei- `.
träge zur Anatomie und Chirurgie der. Parathyreoidea: besonders mit
Die‘ Parathyreoidea ist eine lebenswich- .
tige Drüse, von der eine minimale Menge jedem Menschen unentbehrlich;
J letztere ist gleich der physiologischen Quantität individuell sehr’ verschieden,
In :beiläufig 20%. der Fälle ist nur 1/3—!/g' der Durchschnitts- u
drüsenmenge, somit Hypoplasie vorhanden, was teils mit der.geringen An-
zahl der Drüsen, teils mit deren geringem Umfange zusammenhängt, -wes-
"halb ` die einmalige Prüfung des Chwostek-Symptomes empfehlenswert, _
dessen Vorhandensein zur Vorsicht bei .der Operation mahnen soll. In '
250/, der Fälle sind die- Parathyreoideae ungünstig. gelagert: Am unteren
Pole und an der vorderen Fläche der Trachea, an der konkaven Fläche `
innerhalb der. eigenen, inneren Kapsel
Die Technik der Kropfoperation: l
der Schilddrüse, intrathyreoideal,
der Schilddrüse, oder sehr nahe aneinander.
ist auch von Belang; die Unterbindung der vier Hauptarterien ist an und
für sich gefahrlos, weniger gefährlich die Resektion als die Homistrumektomie, `
die außer Gefährdung der Parathyreoideae mit Risiko eines Rezidivs der © -`
anderen Seite einhergeht. Die Enderlen-Hotzsche doppelseitige Resektion - '
: nach vorheriger Unterbindung der vier Arterien gewährt gegen Kropfrezidive _ |
Bei sämtlichen Resektionen
empfiehlt es sich, auf die vorne unten oberhalb der Thymus und vorne
am unteren Pole der Schilddrüse ziemlich häufig (20 o/o der Fälle) gelagerten - _
oberen unteren Parathyreoideae zu achten, woselbst die Kapsel mit dünner .
und Tetaniegefahr die meiste . Sicherheit.
Schilddrüsenschichte nach Tunlichkeit zu belassen. ist, was, wenn der
.untere Pol nicht, übermäßig diffus kropfig entartet und die Blutung, durch .
vorherige Unterbindung der vier Hauptarterien gehörig gestillt, in der
Überzahl der Fälle durchführbar.
Die oberen Parathyreoideae liegen so
tief, daß ihre Gefährdung: selten; ‘die unteren ‘sind wegen ihrer oberfläch-
lichen Lage und größerem Umfange auch zur Transplantation bei Tetanie
geeigneter und zwar frisch entnommen einem an Kropf leidenden Indivi-
duum, welche sog. Autotransplantation bei entsprechender Asepsis stets
gelingt. Zur Transplantierung istGeübtsein zur Erkennung der Paratbyreoidea .
notwendig,
was am menschlichen Leichenmateriale anzueignen ist.
Bei Mangel entsprechenden Materiales ist die Überpflanzung von. einer
Leiche oder Neugeborenen ev. frisch einem Tiere entnommener Parathbyreoidea
angezeigt, doch ist die Wirkung alsdann stets ‚vorübergehend, während
die bei Operation nur leichter geschädigten eigenen.. Parathyreoideae
sich zu regenerieren vermögen. (Orvosi Hetilap 1924, Nr. 25—26.)
“Rud. Manninger: Derzeitiger Stand der. paratyphösen Erkran-
kungen. Außer dem Bacillus paratyphi A. sind die übrigen Paratyphus- "
bazillen, die biochemisch sich gleichartig verhalten, auf serologischem Wege,
besonders durch mit Hilfe von gut: definierten Bakterienstämmen 'horge-
stellten Serumarten, namentlich mit’ dem Castellani-Versuch, in mehrere
‚scharf abgesonderte Gruppen ’‚einzureihen.
cillus paratyphi B. Schottmüller nur beim Menschen vor, der Bacillus para-
typhi abortus nur beim Pferde. Die in die übrigen Gruppen gehörenden
Bakterien, der Baċillus enteritidis Breslau, der B. enteritidis Gärtner und
der: B. suipestifer können sowohl beim Menschen als Tiere Erkrankungen
verursachen.
Schottmüller, ebenso wie beim Abdominaltyphus, dem Menschen die Haupt-
rolle zukommt, dem Tierfleisch dagegen nur.dann, wenn es’ postmortal bei
bei seiner Aufarbeitung mit den Éxkrementen oder Sekreten eines erkrankten
oder bazillentragenden Menschen infiziert wird, so daß in. letzterem Falle
nicht von Fleischvergiftung, sondern einfacher N ahrungsvergiftung die Rede
‚sei. Demgegenüber ist bei Verbreitung des B. enteritidis Breslau des
7.109
Unter diesen kommt der Bà-
Hiervon folgt, daß bei .der Verbreitung des B. paratyphi.
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Substanz und ist in reinem Zustande zur Wa.R. verwendbar.
1410
2 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
5.: Oktober
B. enteritidis Gaertner und des B. suipestifer die Hauptquelle der Infektion
in dem Fleische an paratyphösen Erkrankungen leidender Tiere zu suchen,
so daß es sich bier um eine echte Fleischvergiftung handelt, was zu ver-
hindern, Aufgabe der Fleischbeschau wäre. Daß Paratyphus B. bei Tieren
autochtbon nicht vorkommt, sei vom Standpunkte behördlicher Verfügungen
sehr wichtig. Seine Folgerungen fußen auf Grund vergleichender Studien
von 60 bekannten Paratyphusbazillenstämmen. (Königl. Ärztegesellschaft,
März 1924.)
Julius Szilväsi (Ödenburg): Über meine Methode der Spirochäten-
färbung. Die Untersuchung im dunklen Gesichtsfelde ist in der Provinz
mangels geeigneter Beleuchtung (Elektrizität) oft unausführbar. Er stellte
eine Triphenylmethanfarbe „Spirsil“* genannt her, die das Wiener chem.
Laboratorium Waldheim in Vertrieb bringt; sie reagiert sauer, ist dunkel-
weinrot und beizt alkalisches Eiweiß; konzentrierter angewandt, färben sich
mit derselben die Spirochäten sehr intensiv und werden dieker. Die An-
wendung gestaltet sich sehr einfach: frisch genommenes, gut ausgebreitetes
Präparat wird 2—3 Minuten lang mit konzentriertem Alkohol fixiert, behufs
Abspülung in Leitungswasser getaucht, ohne getrocknet zu werden mit der
Farbe begossen, die 4—5 Minuten lang liegen bleibt, nachher in Leitungs-
wasser abgewaschen und an der Luft getrocknet; bei alten (2—3 tägigen)
Präparaten ist die Fixierung in konzentriertem Alkohol unnötig, es genügt,
wenn sie mit der Farbe 2—3 Minuten lang begossen und nachher behufs
Abspülung in Leitungswasser getaucht, nach Trocknen an der Luft unter
Mikroskop untersucht werden. Zur Erlangung eines guten Resultates ist
die richtige Herstellung des ausgestrichenen Präparates notwendig, An
fettigen, schmutzigen, schlecht ausgebreiteten Präparaten gelingt‘ die Fär-
bung ebensowenig, wie die Prüfung im dunklen Gesichtsfelde fehlschlagen
muß. Die Färbungsversuche mit „Spirsil* übertreffen die mit Giemsa-Fontana-
Tusch- und Kollargolverfahren erreichten Bilder; die Spirochäten-Anzahl
ist so groß, wie bei der Untersuchung im dunklen Getichtsfelde.
Hetilap 1924, Nr, 14.)
Julius Kiß: Lues-Reaktionen mit Reagentien bekannt chemischer
Zusammensetzung. Bisher ist es mißlungen, die Luesreaktionen einheitlich
zu gestalten. Die Resultate der Wa.R. sind verläßlichere, wie die der
bisherigen Präzipitations-Reaktionen. Er konstatierte, daß die Lezithine
die spezifisch reagierenden Stoffe der Organextrakte seien; Cholesterin ver-
stärkt wesentlich ihre Wirkung, doch allein wirkt es nicht. Das von
Erlandsen „sekundär“ benannte Lezithin, das ist aus vorher durch Äther
extrahiertem Herzmuskel, sekundär durch Alkoholbehandlung gewonnenes
und gereinigtes Lezithin, ist unvergleichlich wirksamer als jede andere
Am empfind-
lichsten wirkt die Mischung von Cholesterin mit sekundärem Lezithin,
wenn wir, statt bei Zimmertemperatur stehen zu lassen, zentrifugieren,
wobei die spezifische Präzipitation schon nach Verstreichen von 5 Minuten
eintritt. (Königl. Ärztegesellschaft, April 1924.)
Arthur Pollermann: Neuere Verfahren zur Durchleuchtung und
Photographie der Speiseröhre wittelst Röntgen, besonders bei Kindern.
Bei Letzteren stößt die Wismutdarreichung auf Widerstand, weshalb er
ein blind endigendes, in verschiedenen Kalibern verfertigtes Gummirohr,
in dessen dünner Wand Blei enthalten, mittelst Sonde einführt und auf-
bläst, wodurch das an 'die Ösophaguswand sich anschmiegende Gummirohr
infolge seines Bleigehaltes die Konturen treu wiedergibt. Bismut wäre
übrigens in der Kinderpraxis nicht in Wasser gelöst, sondern in Mixtura
oleosa-gummosa suspendiert leichter darzureichen. (Ebenda, Februar. 1924.)
Kolom. Pándy: Erklärung der Tabes dorsalis. Er tritt gegen
die Theorie der syphilitischen Hinterstrangserkrankung des Rückenmarkes
auf, plädiert vielmehr für die Auffassung einer luetischen Nekrobiose der
(Orvosi
Hinterstränge infolge luetischer Schrumpfung derseiben durch Stenosierung
der nach abwärts schon normal sich verjüngenden, immer dünner werdenden
Arteriae spinales posteriores, entstanden durch die luetische Vasculitis
generalis. Die Hinterstränge des Rückenmarkes werden im Lumbalmarke
am schlechtesten ernährt, mit Blut versorgt, deshalb beginnt hierselbst
die Tabes; die Ernährung der Seitenstränge hingegen bessert sich nach
abwärts, weshalb die Degeneration der spinalen primären Seitenstränge im
Halsmarke beginnt und nach unten schreitet, ‘Die Paralysis progressiva
kann ebenso Folge der Stenose der Carotis interna, resp. der aus derselben
entspringenden Art. cerebri ant. et media sein. Hierfür spräche, daß die
von’ den Art. vertebrales und Carotis interna gemeinsthaftlich versehenen
Okzipitallobi bei Paralyse auffallend weniger atropbisieren, als die frontalen,
parietalen und. temporalen Lappen, die nur von der Oarotis interna versorgt
werden. Tabes wie Paralyse, richtiger luetische Demenz, sind selbstver-
ständlich syphilitische Erkrankungen. (Orvosi Hetilap 1924, Nr. 9.)
Béla Jakobovics (Aus der Kinderklinik Caronias in Rom): Über
die Caronia-Sindoni-Scharlach-Impfung. Im Jahre 1921 konnte Di Cristina
aus dem Blute und Knochenmarke Scharlachkranker auf entsprechendem
Nährboden ein Virus isolieren, das auf junge Kaninchen übertragen eine
. 36 Fällen.
‚Insuffizienz bei Säuglingen rechtfertigen.
charakteristische mit Kachexie einhergehende tödliche Erkrankung verursachte.
Mit Kulturen des isolierten Virus gesunde Kinder geimpft, konnten die-
selben trotz Verkehrs mit scharlachkranken gegen die Infektion immun
gemacht werden. Diese Versuche setzten Caronia und Sindoni fort und
bewiesen die Spezifizität des Virus. Sie impften mit Keimen von abge-
töteter oder geschwächter Virulenz Kinder, die Scharlach noch nicht über-
standen, ferner machten sie Rachenbepinselungen mit dem Rachensekrete
von im ersten Stadium des Scharlachs befindlichen Kindern und sahen
niemals Infektion auftreten. Sindoni machte systematisch prophylaktische
Vakzine-Impfungen in 222 Fällen bei der Scharlachinfektion ausgesetzten
Kindern. Jakobovics (Assistent Prof. Bökays in Budapest) überzeugte
sich an Ort und Stelle von der Wirksamkeit dieser Schutzimpfung in
(Orvosi Hetilap 1924, Nr. 19.)
J. Duzär (Prof. Heims Kinderklinik, vormals Preßburg): Leber-
funktionsprüfungen bei Säuglingen. Bei der klassischen Form der Lues
congenita ist Störung der Kohlenhydratregulation der Leber nachweisbar,
die sich auf kleine Dextrosegaben in größeren und verschleppteren Blut-
zuckerkurven äußert. In denselben Fällen positive Lävulosurie, milde
Hyperbilirubinanämie und in einzelnen Fällen schon im Mocrgenharne
Urobilinogen. Unter Behandlung der Lues congenita reduziert sich auch
die Blutzuckerreaktion mit. Verschwinden der manifesten Erscheinungen
und auch der Serumbilirubingehalt wird herabgesetzt. Auch bei Leiner-
Dermatitis sind Funktionsstörungen nachweisbar. Bei Ikterus neonatorum
fand er abhängig von der Schwere des Falles größere hyperzlykämische
Reaktion, sohr hohen Serumbilirubin- und Duodenumbilirubingehalt, positive
Laevulosurie, so daß die erhobenen Daten die Annahme partieller Leber-
Bei alimentären Toxikosen sollen
weitere Leberfunktionsprüfungen gemacht werden. (Königl. Ärztegesellschaft,
Mai 1924.)
Zoltän Rökay (Abteil. Prof. Fra Torday): Prophylaxe der
Pertussis. Separierung hat keinen Erfolg. Madsens staatliches Serum-
institut in Kopenhagen führte die Systemisierung der bakteriologischen
Untersuchung ein; mit der dort üblichen Meyer-Chievitzschen bakteriolo-
gischen Methode fand er, daß außer der durch den B. G. (Bordet- Genhou)-
Bazillus bedingten Pertussis, gegen welche die aus letzteren Bazillen be-
reitete Vakzine als Schutzimpfung wirksam, auch andere verschiedene
Krankheitskeime pathogen wirken. Bei dieser Gruppe verwandte er eine
Vakzine, die er aus den Luftwegen des zuerst erkrankten und so die
Infektion vermittelnden Patienten unter optimalen Bedingungen aus sämt-
lichen Mikroorganismen rein züchtete; injizierte in viertägigen- Intervallen
insgesamt dreimal 0,5—1,0 cem subkutan, durchschnittlich mit einem Keim-
gehalte von 20 Millionen, wodurch er die Anstaltsepidemien in 12 Gruppen
bei 125 Kindern in 98,4%, der Fälle unterdrückt häben will. (BEbenda,
Dezember 1923.)
Alex. Fekete (Hebammenanstalt, Docent Lovrich): Über Fieber-
zustände Neugeborener. Reuß und Haller beschrieben im Jahre 1912
zuerst das transitorische oder befundlose Fieber, das verschieden erklärt
wurde. In der Hebammenanstalt fanden sie es in 14,70/, der Fälle unter
820 Neugeborenen bei 121 und fast in der Hälfte bei vorzeitigem Blasen-
sprung Geborenen, wobei die Möglichkeit besteht, daß von der durch die
Scheiden-Uterusflora infizierten Eihöhle in den Darmtrakt der Frucht
infizierende oder pathologische Keime geraten. Rizinusöl sistiert sicher
das Fieber. Nicht nur Austrocknung des Säuglings, unvollständige Wärme-
regulierung, der Geburtsakt 'als Trauma, seien Ursache dieses Fiebers,
sondern auch die oben beschriebene enterogene Infektion. (Ebenda.)
Elemér Scipiades: Mit Thymusimplantation geheilter Fall von
Osteomalazie. An jungen Hunden zu geeigneter Zeit die Thymus exstirpiert,
vermochte er der humanen Osteomalazie ähnliche Knochenveränderungen
hervorzurufen (Thymogene Theorie der Osteom.). H. Müller und Del Gampo
fanden im physiologischem Institute zu Bern, daß durch das Sekret der
Thymus am Wege von Reizung des motorischen Endapparates der Nerven
die Muskelermüdung verhindert wird, wodurch die ähnlichen Nerven- und
Muskelerscheinungen (Myasthenie und Myatrophie) bei Osteomalazie durch
Hypofunktion der Thymus erklärlich werden. Die lebensfähige Thymus
einer frisch verstorbenen Frucht in die Bauchwand einer osteomalazischen
Frau erfolgreich transplantiert, kann man dieselben Heilerfolge erzielen,
wie wir sie bei der Fehlingschen Kastration zu erreichen gewohnt sind,
dies trotz Belassung der Eierstöcke und Weglassen jeder medikamentösen
Behandlung. Er benutzte die Thymusdrüse eines frisch verstorbenen Neu-
geborenen, die ein separates Operationspersonal mit voller Asepsis nach
Umschneidung des Brustbeines hervorholte, während er selbst bei der in
Äthernarkose liegenden Patientin die Bauchwand entlang der inneren
Faszie bis zu den M. recti freilegte, die übernommene Thymusdrüse aus
ihrer Kapsel mit einer Schere ausschälte, auf 8 einige Millimeter dicke
Serienschnitte zerteilte, alsdann 4—4 serienweise unterhalb der inneren
'Faszie und oherhalb der Rekti in stumpf und bilutfrei bereiteten Bauch- |
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hauttaschen implantierte und dieselbe mit einigen knotigen Katgutnähten
fixierte, ohne jedoch die Drüsenpartien einzunähen, verschloß hierauf
schichtenweise die Bauchwand, so daß vom Fruchtode berechnet nur eine .
Zeit von 1!/, Stunden verstrich. Nach dem Eingriffe wurde über die-
Bauchwunde vor- und nachmittags je eine halbe Stunde durch drei Tage :
ein elektrischer Thermophor zwecks Hyperämisierung der Bauchnarbe und
zur sicheren Anhaftung des Transplantates angewandt; am 4. Tage Ent- `
fernung der Herff-Klammer aus der Haut der Narbe und bereits am
10. Tage konnte Patientin -mit per primam geheilter Wunde nach vorher
insgesamt 1!/, Jahre dauerndem Darniederliegen vollkommen schmerzlos
“ohne jede Stütze gehen, ja ihr Becken und Rippenbogen war schmerzfrei
einzudrücken. (Orvosi Hetilap 1924, 26.)
Ivan Büben (Frauenklinik Bärsony): Einfluß des Koitus auf
vorzeitigen Blasensprung und Puerperalerkrankungen. Gesammelte Daten
über 5000 Gebärende. Die in der letzten Zeit der Gravidität vollführte
Kohabitation befördert vorzeitigen Blasensprung und hierdurch Kindbett-
fieber; durch den einige Stunden oder auch Tags vorher vollzogenen Koitus
dringen Bakterien in die Scheide ein; gesellt sich hierzu noch regelwidriger
' früher Blasensprung, so steht die Eihöhle für Infektionskeime offen. Bei
Primiparae kann der Koitus durch Auslösung von Uteruskontraktionen vor-
zeitigen Blasensprung hervorrufen: bei Multiparae mit ihrem durchgängigen
inneren. Muttermund selbst primär. Bekanntlich verschleppt vorzeitiger
_ Blasensprung den Eintritt der Geburt, erfordert häufiger operative Eingriffe
“und steigert die Mortalitätsziffer der Frucht. (Orvosi hetilap 1924, Nr. 25.)
Alex. Fekete (Hebammenanstalt Dozent Lovrich): Heilung der
akuten Adnexentzündung mit. intravenösen Kalziuminjektionen. In
28 Fällen jeden 2. Tag Kalziumchlorid- (Afenil) Injektionen. ohne schäd-
liche Nebenwirkung; Schmerz und Fieber ‘lassen schon in der 1. Woche
nach; lokaler Befund’ in der 2. Woche überraschend gebessert; in durch-
schnittlich 17 Tagen Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit. Die im Zervikal-
kanal vorhandenen Gonokokken werden nicht vernichtet, was pur durch
nachherige Lokalbehandlung gelingt. (Ebenda.)
A. Siegrist (Bern [als Gast]): Pathogenese und Prophylaxe der
Myopie. Cohn (Breslau) führte letztere auf die anhaltende Nahearbeit in
Schulen zurück, welche die Augapfelhinterwand pathologisch erweitere,
welch letztere Erscheinung spätere Forscher zu erklären bestrebt waren.
Steiger erklärte die Myopie biologisch, wies auf die große Bedeutung
biologischer Variabilitäten hin, denn die verschiedenen Achsenlängen und
die so bedingten Refraktionsanomalien werden bei der Geburt als vererbt
mitgebracht und äußere Einflüsse seien irrelevant. Auch bei Tieren findet
sich Myopie, Astigmatismus, selbst Hyperopie. Die pathologischen Ver-
änderungen in myopischen Augen werden jedoch nur durch Steigerung des
intraokulären Druckes und Zerrung der äußeren augenbewegenden Muskeln
erklärt. Eine Prophylaxe wäre allein nur durch Heiratsverbot myopischer
. Individuen wirksam, was unausführbar, so daß wir nur die Progression ver-
hüten können. Wichtig sei bierfür, daß die Arbeit aus genügender Ent-
fernung (30 cm) vor sich gehe, vollständige Korrektion und Einhältung
kurzer Pausen bei der Nahearbeit. (Kgl. Gesellsch. d. Ärzte, Mai.)
"Martin Sugár: Bemerkungen zur Arbeit von Prof. Johannes Ohm:
„Zur Geschichte des Augenzitterns“. Der bekannte Augenarzt Ohm würdigt
In seiner in der Mschr. f. Ohrenhlk. (1924, Nr. 3—4) erschienenen groß-
zügigen Arbeit den verstorbenen ungarischen Experimentälpathologen
Prof. Andreas Högyes, von dem die erste systematische Bearbeitung
der Augenerscheinungen bei Versuchen am Labyrinthe und seinen Nerven
herrührt. Ohm erklärt es für auffallend, daß „die sonst so regsame
ophthalmologische Wiener Schule und die ungarischen Ver-
treter der Augenheilkunde uns die Schätze der Högyesschen
‚Arbeiten nicht erschlossen haben“. Sugár hat sich durch die von
der ungarischen Akademie der Wissenschaften unterstützte deutsche Über-
setzung, der Högyesschen 250 Druckseiten langen Abhandlung nach Ohm
„ein großes Verdienst erworben“. Ohm erklärt, daß sich jeder
Labyrinthforscher mit dem Werke beschäftigen muß, das für die Augenheil-
kunde noch bedeutungsvoller als für die Ohrenheilkunde sei, weil es die
tiefste Erfassung des Problems der motorischen Innervation der Augen dar-
stellt und ein Grundpfeiler ist, auf dem sich ‘die moderne Nystagmuslehre
aufbaut. Högyes arbeitete auf diesem Gebiete viel genauer als. der große
Gräfe und Sugärs Verdienst ist es, das Werk entdeckt und der Welt-
literatur vermittelt zu haben. Über die große wissenschaftliche Polemik
Martin Sugärs mit dem den Nobelpreis erhaltenen, genialen Otiater
R. Bäräny (Upsala), dann mit den Herren H. Burger (Amsterdam),
A. af Forselles (Helsingfors), G. Holmgreen (Stockholm), E. Sehmie-
gelow (Kopenhagen), V. Uchermann (Kristiania) haben. wir bereits in
dieser Zeitschrift („Aus der neuesten ungar: Literatur“ 1923, Aug.) .be-
richtet, den deutschen Fachärzten durch mehrere einschlägige Arbeiten
Sugärs, alle.im Interesse Hö gyes’, wohlbekannt (Arch, f. Ohrenhlk. 1909,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40.
1922, H: 9—10).
1411
81, H. 1—4, Mschr. f. Ohreùhlk. 1912, 6 H. und 1921, H. 10, schließlich
—10). In seiner mit selten kritischer Gabe verfaßten, die
Forschung des 19. Jahrhunderts in grandioser. Weise überbrückenden Arbeit
negiert jedoch Ohm, .daß Högyes sich der Wärme- und Kältereize zur.
Erzeugung des Nystagmus bedient hat. Sugár antwortet hierauf in einer
übrigens auch deutsch im diesjährigen Septemberheft. der. Mschr. f. Ohrenhik.
erschienenen neuerlichen langen Polemik und. entwickelt als genauer Kenner
der Högyesschen Werke und der Weltliteratur über Labyrinthforschung
seinen Standpunkt, laut. welcuem die experimentelle Grundlage auch des
kalorischen Nystagmus von Högyes stammt. Interessant ist hierbei, daß .
der Utrechter hochverdiente Ohrenarzt Dr. Alfred de Kleiyn für- „The
otological room of the Royal Society of Medicine“ in London.
im Auftrage desselben ein großes Porträt von Högyes als eines der, be-
rühmtestet Grundleger der modernen Otologie aus den zentralen Ländern
von Sugär, der Högyes’ Werke den nicht ungarisch verstehenden Völkern
durch seine Übersetzung erschloß, begehrte, so daß. außer dem ungarischen
Gynäkologen Sem melweis heute bereits auch das Porträt Högyes die Wände
der Königl. Ärztegesellschaft in London schmückt, welchen Erfolg der auch
in Deutschland wohlbekannte, hervorragende ungarische medizinische Ge-
schichtschreiber Prof. Tiberius von Györy.als Wahrzeichen kultureller
Suprematie des heute arg bedrängten Ungarntums feierte („Nepegeszsgügy“,
Organ d; Minist, f. Volkswohlfahrt, 3. H.). © Martin Sugár (Budapest). +
Therapeutische Notizen. |
N ervenkrankheilen.
Als Sedativum ‘bei leichten Erregungszuständen empfiehlt Erich
Ebstein (Leipzig) das Abasin (abattre = niederschlagen) = Azetylbrom-
diätbylazetylkarbamid. Es kommt in ‚Tabletten & 0,25 g in den Handel.
Man gibt gewöhnlich 3—4mal täglich 1 Tablette.
einmal kann man reichen. Das Mittel ist in’ Wasser schwer löslich. Zur
rascheren Wirkung ist heiße Flüssigkeit zu bevorzugen. In Baldrianteo'
kann man es unbemerkt den Patienten beibringen. (D.m.W. 1924, Nr. 32.) .
Das von der Krauso-Medico- Gesellschaft (München) hergestellte
Akonit-Dispert ist nach Hans Delbrück (Göttingen) ein gut dosierbares,
gleichmäßig wirkendes Mittel, das bei Migräne und Neuralgie (besonders
Trigeminusneuralgie) warm empfohlen werden kann.‘ Man gibt 3mal .
täglich 1 Tablette (= 0,05 mg des kristallisierten Akonitins). : (D. m.W. 1924,
Nr. 31.) - E. Bruck.
Solomon: ` Prompte Besserung der Kopfschmerzen nach Lumbal-
punktion gibt Hypophysisextrakt. 1 cem intramuskulär oder 100—200 cem
destilliertes Wasser oder die Verbindung beider, weil sie den Druck im
Zerebrospinalkanal vermehren. In ‘manchen Fällen 2. Injektion nötig.
(Journ. amer. med. assoc. 1924, 19.) . V. Schnizer.
Frauenkrankheiten.
. Die zweckmäßigste Behandlungsart der gynäkologischen Blutungen
ist nach J. Borak (Wien) die styptisch wirkende Milzbestrahlung. Danach
dürfte Uterusexstirpation oder Röntgenkastration (Ovarialbestrahlung) bei
gynäkologischen Blutungen nicht mehr in Betracht kommen. Dagegen ist
die Leberbestrahlung eine Blutstillungsmethode, die nicht nur da, wo die
Milzbestrablung versagt, noch von Erfolg begleitet ist, sondern die auch,
primär angewandt, vielleicht noch schneller als die Milzbestrahlung, durch-
schnittlich schon in 2—3 Stunden, zu einem Stillstand oder zu wesent-
licher Abschwächung der Blutungen (auch nichtgynäkologischer Natur)
führt. Bei Bestrahlung parenchymatöser, kernreicher Organe liegt es nahe,
das Sistieren der Blutungen auf Kernzerfallsprodukte zurückzuführen, die
nach Bestrahlung dieser Organe frei werden. Ist die akute Blutung ge-
stillt, dann kommen zur Verhütung des Wiederauftretens bei juvenilen
Blutungen periodische Milz- oder Leberbestrahlungen, bei klimakteri-
schen .Menorrhagien dagegen die Ovarialbestrahlung in Betracht.
(M.m.W. 1924, Nr. 33.) | | F. Bruck.
. Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
= Über die günstige Wirkung parenteraler Einverleibung aseptisch |
gewonnener Milch bei Mittelohrentzündungen berichtet Madritsch. Bei
Erwachsenen wurden 6—10, bei Kindern 2—6 ccm aseptisch gewonnener
Milch intraglutäal injiziert. Jüngere Individuen einmal, ältere mehrmals.
Nur wenn der Hauptraum, ‘das Mittelohr, entzündlich erkrankt ist, kann
fnan unter allen Umständen. die Milchinjektion.. versuchen.-- Sind die Nebon-
räume befallen, dann ist die Auswahl schwieriger. Eiterige Prozesse der
Nebenräume sind operativ anzugehen. (Mschr. f. Ohrhlk., 58. Jg., H. 7.)
Auch 2 Tabletten auf
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` eindrucksvolle Ausblicke über
‘ zur Genüge die Reichhaltigkeit des vorliegenden Bandes an.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40
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Einen äußerst hartnäckigen Fall von chronischem Ekzem der linken
Ohrmuschel heilte Karbowski in 2 Monaten, indem er an verschiedenen
‚Stellen des Lobulus 1 ccm einer 10°%/,igen Kal. jod.-Lösung einspritzte.
Nach 4 Tagen 2 com einer 15°%/,igen Kal. jod.-Lösung, nach 3 Tagen 1 com
einer 25°/,igen Kal. jod.-Lösung und diese 25°/,ige Lösung weiterhin.
(Mschr. f. Obrhlk., 58. Jg, H. 7) Haenlein.
Das Tutokain in der Rhino-Laryngologie’ empfiehlt Georg Riedel
(Erlangen). Da das Mittel nicht so anämisierend wirkt wie Kokain, empfiehlt
sich, den Suprareninzusatz etwas zu erhöhen. Auch tritt die Anästhesie
langsamer ein als beim Kokain; man beginne daher mit der Operation
10—15 Minuten nach der Applikation, Zu diagnostischen Zwecken genügt
eine 1/,%/,ige Lösung, bei therapeutischen. Eingriffen in der'Nase verwende
man aber eine 2,5—5°/,ige (Schleimhautpinselung). Bei endolaryngealen
Eingriffen entsprach die 5%/,ige Lösung nicht der Wirkung der 10—20°/,igen
Kokainlösung. Bei der Infiltrationsanästhesie hat das Mittel in 1/,—1/, "loiger
Lösung das Gleiche geleistet wie Novokain. (M.m.W. 1924, Nr. 24.)
F. Bruck.
Bücherbesprechungen.
Ergebnisse der gesamten Medizin. Unter Mitwirkung hervorragender Fach-
gelehrten herausgegeben von Th. Brugsch. Bd. V. 623 S. mit 69 Abb.
Berlin und Wien 1924, Urban & Schwarzenberg. Geb. 22,50 M.
' Ein jeder neu erscheinende Band dieser „Ergebnisse“ läßt. erneut
das Geschick des Herausgebers bei der Auswahl der einzelnen: Übersichts-
arbeiten und ihrer Verfasser bewundern. Dieser V. Band erscheint ganz
‚besonders inhaltsreich mit rund 25 Beiträgen, deren jeder sein Thema in
einer Weise erschöpft, die dem Leser tatsächlich den ersehnten Einblick
in den modernsten Stand der jeweiligen Frage verschafft. Nur einige seien
'aus der Fülle besonders angeführt: G. Schwarz (Wien) gibt auf knapp
8Seiten restlose Übersicht über „DieRöntgenbehandlung der Basedow-
schen Krankheit“, Elsner (Berlin) bricht erneut eine Lanze für die
„Gastroskopie“, zu deren technischer Vervollkommnung er bekanntlich
führend beigetragen hat. Über „Hypertension“ weiß Fahrenkamp
(Teinach) seine wichtigen Erfahrungen mitzuteilen, die eine Differenzierung
der Prognose je nach der Stabilität des Symptoms ermöglichen. Auf das
reizvollste Gebiet für jeden strebsamen Diagnostiker begibt sich Wolff
'(Berlin-Oberschöneweide) in seiner Arbeit „Über versteckte Fieber-
ursachen“. Abweichend von der gewöhnlichen Betrachtungsweise, patho-
logische Zustände nach ätiologischen Momenten oder auch nach Organ-
systemen abzuhandeln, sucht er die bei versteckten Fieberursachen in
Betracht zu ziehenden Möglichkeiten nach den denkbaren Gesichtspunkten
der pathologischen Physiologie zu erschöpfen. Degkwitz (München) selbst
gibt Bericht über „Immunbiologische Methoden in Diagnostik,
Prophylaxe und Therapie kindlicher Infektionskrankheiten“,
die letzten Neuerungen der Diabetestherapie finden ihre Berücksichtigung
durch Isaac (Frankfurt a. M.) über „Wandlung durch die Entdeckung
des Insulins“ und durch Grafe (Rostock) über „Das Caramel“.
Weitz (Tübingen) gibt auch denen, denen die Materie noch fremd ist,
die Ätiologie*. — Diese kurze; ganz willkürliche Auslese deutet wohl
Durch die
rasche Folge ihres Erscheinens gelingt es den Ergebnisbänden zudem
“ wirklich, an Aktualität mit den Fachzeitschriften zu wetteifern.
Hans Meyer (Berlin- Wilmersdorf).
Pleschner, Praktikum der Urologie für Studierende und Ärzte.
Mit 5 Textabbild. und 60 S. Wien 1924, Julius Springer. GM. 1,70.
Das Büchlein bringt in kurzer für praktische Ärzte. und Studenten
berechneter Weise eine allgemeine Einführung in die Urologie. Die in
Lehr- und Handbüchern an verschiedenen Stellen verstreuten oder nur
flüchtig erwähnten Dinge, Aufnahme der Krankengeschichte, allgemeine
äußere und Harnuntersuchung, Katheterismus, der kurze Überblick über
Zystoskopie, Ureterenkatheterismus, Nierendiagnostik und Röntgenunter-
suchung sind in kurzen, alles Nötige enthaltenden Kapiteln, in leicht ver-
ständlicher Weise mitgeteilt, wie es eben in Kursen und Vorlesungen für
Anfänger zweckmäßig und nötig ist. Ref. selbst hat seit vielen Jahren
die gleiche Methodik geübt und im ganzen großen die gleichen Ansichten
in seinen Kursen vertreten und wie er glaubt, nicht zum Nachteil der
Schüler. Und so wird auch das kleine Buch seinen Zweck voll und ganz
erfüllen und es ist sicher, daß es, ohne ein Lehrbuch zu sein, Teile eines
solchen ersetzt. R. Paschkia.
' hat, dem fehlt manches in dem gegebenen Bilde.
` Malade,
„Die Bedeutung der Erblichkeit für
| ‚INT SE 5. Oktober
Wossidio, Die Gonorrhoe des Mannes und ihre Komplikationen.
Dritte umgearbeitete Auflage. 366 S. mit 66 Abb. und 14 farb. Tafeln,
Leipzig 1923, Georg Thieme. M. 15,—, geb. M. 18,—.
Die dritte Auflage von H. Wossidlos Gonorrhoewerk hat Wossidlos
Sohn nach dem Tode seines Vaters besorgt. Die Bearbeitung ist bis zu
den neuesten Erfahrungen fortgeführt und bietet überall durch die gemein-
same Arbeit von Vater und Sobn geprüfte Ergebnisse. Der’ Hauptwert ist
wie in den früheren Auflagen auf die Endoskospie der Harnröhre gelegt,
deren’ Technik durch Angabe neuer praktischer Instrumente Vater und
Sohn Wossidlo sehr bedeutend gefördert haben. Der negative Gono-
kokkenbefund genügt Wossidlo nicht zur Anerkennung der Heilung, er
verlangt die Beseitigung jeder nachweisbaren Urethralveränderung, jeden
eiterhaltigen Ausflusses und braucht hierzu langdauernde intraurethrale
Behandlung und endoskopische Kontrolle., Neben der eigentlichen männ-
lichen Harnröhrengonorrhoe und ihren lokalen Verschlimmerungen (an den
Organen um die hintere Harnröhre herum und zu den Nieren hinauf) sind
die beiden Geschlechtern zukommenden Metastasen und auch die Mastdarm-
gonorrhoe ein wenig zu kurz gekommen. Namentlich wer das elende Leben
und Sterben des mastdarmgonorrhoserkrankten Menschen bereits gesehen
Von großer Wichtigkeit
ist das Kapitel über die Vakzinetherapie, das hier von dem bei Wright
ausgebildeten Verfasser mit viel größerer Kritik abgehandelt wird, als es
andere Bücher bieten. Im ganzen ist das neue Buch Wossidlos auf der
einen Seite ein pietätvolles Werk gegen den verstorbenen ‚Verfasser der
früheren Ausgaben, aber außerdem stellt es, mehr als die ersten beiden
Auflagen, auch noch einen wirklichen Fortschritt in der Lehre von der
Gonorrhoebehandlung dar. Pinkus.
der Retter der Mütter. Mit 1 Porträt
München 1924, J. F. Lehmanns Verlag. Geh. 2,40,
Semmelweis,
und 125 Seiten.
geb. 3,60.
Das beispiellos tragische Geschick des Pen Semmelweis zwingt
förmlich zu einer dichterischen Bearbeitung. Ein solcher Versuch ist schon
einmal vor 20 Jahren von Alfred v. Berger gemacht worden, und zwar
in seiner lesenswerten Novelle „Semmelweis“ (Berlin 1904, F. Fontane & Co.),
‚die aber leider nicht die verdiente Beachtung gefunden hat. Sonst haben
sich die Dichter diesen so überaus dankbaren Stoff bis jetzt entgehen lassen,
zweifellos ein Beweis dafür, wie wenig bekannt noch in weiten Kreisen —
im Gegensatz zu anderen Heroen der Medizin — der Mann ist, dem wir
die größte und segensreichsto medizinische Entdeckung des 19. Jahrhunderts
verdanken.
Um so freudiger zu begrüßen ist daher der vorliegende, diese Lücke
ausfüllende Roman aus der Feder eines Arztes, Hier wird uns bei aller
poetischen Freiheit im Großen und Ganzen der historische, also der wirk-
liche Semmelweis vor Augen geführt. . Und sein dornenvoller Leidensweg,
der. ihn zum größten Märtyrer macht, den die Geschichte der Medizin
kennt, wird in dichterischer Ausschmückung, aber doch im Kern lebens-
wahr geschildert.
Dieser Roman wird ohne Zweifel den Namen Semmelweis in immer
weitere Kreise tragen, er wird ein mächtiges Schwert sein in dem‘; auch
heute noch — leider — notwendigen Kampf für einen der größten Ärzte
aller Zeiten, der nicht nur der Entdecker der Ursache und Verhütung des
Kindbettfiebers, sondern auch darüber hinaus, was die wenigsten wissen
oder zugeben wollen, der Begründer der Anti- und Aseptik war. In diesem
letzten Sinne ist hier — im Gegensatz zu der oben genannten Novelle —
erfreulicherweise, was Referent mit ganz besonderer Genugtuung hervorhebt,
die Tatsache scharf herausgearbeitet, daß Semmelweis sein Verfahren
zur Verbütung der Infektion auch schon in praxi auf die Chirurgie: aus-
gedehnt hat,
‚Aber auch rein künstlerisch betrachtet schafft der Roman durch
seinen Reichtum an dichterischen Schönheiten, durch seine fesselnde, edle
und überaus anschauliche Sprache dem Leser einen hohen und reinen
Genuß. Dabei bildet den Höhepunkt des Werkes die Schilderung des
Vorgangs, wie Semmelweis plötzlich das Kindbettfieber als eine Pyämie
erkennt, und wie sich mit dieser Erkenntnis folgerichtig alles Rätselhafte
enthüllt, alles Dunkle aufhellt. Was in diesen Momenten in dem Hirn
des Entdeckers vorgeht, wie sich die Gedanken allmählich nach einer
bestimmten Richtung hin formen und schließlich zu einer Offenbarung
zusammenballen, das wird in packender Darstellung meisterhaft entwickelt.
So wirkt diese Dichtung nicht nur belehrend, sondern auch, wie jedes
echte Kunstwerk, erhebend. Alles in allem: Ein Denkmal, würdig des
Helden, dem es gesetzt ist. Franz Bruck (Berlin-Schöneberg).
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. Positionen diagnostiziert.
“bw. E
-
5, Oktober u.
Frankfurt a. M,
Ärztlicher Verein. Sitzung vom 1. September 1924. |
R. Koch: Die moderne Konstitutionspathologie in ihrem Verhältnis
zur Lehre Galens. Vergleicht man die moderne Konstitutionspathologie
mit der antiken, so ergibt sich ohne weiteres, daß es sich nicht um eins
Wiedergeburt der antiken Konstitutionslehre handelt, sondern daß ihr trotz
aller Gemeinsamkeit im Stofflichen die wesentlichen Züge der alten Lehre, -
die Unterbringung aller medizinischen Tatsachen in einem System und die
Ableitung des Heilverfahrens unmittelbar. aus der Diagnose fehlen. Bei
‘der modernen Konstitutionspathologie hat es sich ursprünglich darum
< gehandelt, bei der Pathogenese der Infektionskrankheiten außer der Art‘
des Erregers auch die Beschaffenheit des. Infizierten zu berücksichtigen.
Die Beschaffenheit des Erkrankenden oder zu bestimmten Krankheiten Dis-
ponierten ist dann auch in anderen Krankheitsgruppen wichtig geworden,
der Organismus als Ganzes, die verschiedenen Abhängigkeiten der Organe
voneinander, der Versuch, Typen zu: bilden und die besondere. Art des
_ - Einzelindividuums zu erfassen, kamen neben manchem anderen hinzu, und
so umfaßt die Konstitutionspathologie heute in der Tat einen beträchtlichen
Teil des ärztlichen Wissens; die alte aber ist von einem bestimmten Zeit-
punkte ab die Gesamtheit des ärztlichen Wissens, die unmittelbare An-
Jeitung zur Behandlung gewesen. Von einer Konstitutionspathologie kann
‚men trotz mancher Ähnlichkeit noch bei Hippokrates nicht sprechen,
weil hier das Systematische und alle fiktiven Bestandteile der Medizin
noch stark zurücktreten, weil gerade darin ein Teil der Stärke des Hippo-
kratismus beruht. Auch in der zweiten großen antiken Quelle, bei Celsus,
finden wir im wesentlichen den hippokratischen Zustand. Konstitutions-
pathologien, die auch historisch wichtig geworden sind, aber nicht an-
‚nähernd das Denken der folgenden Zeit so bestimmten wie der Galenismus,
sind die verschiedenen solidarpathologischen Tonuslehren der Methodiker. -
- Der wirkliche Vater der ‚Konstitutionslehre, wie sie schließlich bis ins
19. Jahrhundert weitergelebt hat, ist Galen gewesen. Er hat versucht,
ein System der Medizin zu bilden, das den praktischen Schematismus der
. Mothodiker ausnutzt, aber. ein eigenes Schema mit dem viel reicheren
Gehalt der hippokratischen Medizin und dem Zuwachs bis zu seiner Zeit,
“gestaltet. Dieses System, das der vordere Orient, die ganze Welt des
islams und das Abendland -übernahm, ist im Grunde sehr’ einfach: Es.
handelt sich immer um die Erkenntnis der Beschaffenheit des Einzelnen
. ` Wd um die Erkenntnis, was diesem so beschaffenen Einzelnen an Behand-
‘ Jung notwendig ist. Die Beschaffenheit wird zurückgeführt auf Elemente;
diese Elemente sind aber weder die empedokleischen Elemente: Feuer,
Wasser, Luft und Erde, noch die vier Säfte: Blut, Schleim, schwarze und-
‚gelbe Galle, sondern iu engerer Anlehnung an Aristoteles die Elementar-
Qualitäten: heiß, kalt, trocken, naß. Diese Qualitäten werden nicht als
- Abstraktionen, sondern als Konkreta aufgefaßt. Sie sind nicht fiktiv oder
hypothetisch an sich. Körpertemperatur und Gewebefeuchtigkeit sind echte-
. Eigenschaften der Individuen, nach denen sich eine Gruppierung in der
Tat gut dürchführen läßt. Fiktiv ist nur, daß die praktischen Kriterien
` ‚der Einteilung als echte Elemente genommen werden. An der „Kleinen
Kunstlehre“ Galens (ars parva, Zarpex) r&yın), einer Altersschrift und an
anderen galenischen Schriften läßt sich .die' Durchführung des Systems
gut zeigen. In der „Kleinen Kunstiehre“ werden Krankheitsursachen,
., Organische Veränderungen und Symptome einzeln behandelt. Der Tat-
„.Sachenbestand ist auch in dieser kleinen Schrift . recht reichlich. Mit den
Krankheitsursachen _ werden auch die behebbaren Krankheitsursachen und
damit ein beträchtlicher .Teil der Therapie in das System eingegliedert‘.
Außerdem wird sowohl die Partialkonstitution als die Total- | laterale Schattengrenze gegen Infiltrat, da an der genannten Lokalisation
dargestellt,
konstitution aus dem individuellen und typischen Verhalten der Form-
Verhältnisse, der Art des Lebensablaufs, der Funktion, . aus manchen Dis-
Hieraus ergeben sich bestimmte dogmatische,
streng allopathische therapeutische Indikationen. Was zu heiß ist, muß
gekühlt, was zu trocken ist, feucht gemacht werden usw. Die Möglich-
keit dieser Umänderung des Temperaments wird .weit überschätzt. Die
egriffe des Reizes und der Reaktion treten ganz zurück. Man darf
aber aus alledem nicht auf die Anschauungen Galens im allgemeinen
schließen, die viel naturnäher sind, sondern nur auf die Form seiner Lehre,
die den nachhaltigsten Einfluß ausgeübt hat.‘ Auf die Differenzierung und
den Reichtum des Systems erschöpfend einzugehen, ist in einem Referat
nicht möglich, | |
. Prag. | |
Verein deutscher Ärzte. Sitzung vom 28. Juni 1924.
E. J. Kraus berichtet über 2 Fälle, die klinisch als Leberabszeß
ndokarditis imponierten und bei denen die bakteriologisch-serologische
Kongreß. und Verein Berichte č < >
Untersuchung Typhus abdominalis aufdeckte. In beiden: Fällen war der
Harn reich an Typhusbazillen. | | u
2.0. Laufer und Herrnheiser demonstrieren einen Fall von Pleu-
ritis Costomediastinalis ‘posterior. Aus dem Komplex der mediastinalen
Pleuritiden, deren Symptome von französischen Klinikern eingehend erörtert
worden sind, hat Herrnheiser nach röntgenologischen Beobachtungen von
Schwarten nach. derartigen’ Ergüssen den Begriff der Pleuritis costo-
mediastinalis (anterior und posterior) herausgehoben; also Exsudat-
bildungen nicht im eigentlichen mediastinalen Pleuraraume, sondern in
dem Sinne, entsprechend der Umbiegungsstelle‘der Pleura mediastinalis in
die, Pl. costalis. Der vorgestellte Fall betrifft ein 19jähriges Mädchen,
das seit März.d. J. in Beobachtung des Vortr. steht. Damals bestand seit
3 Wochen Bruststechen, Husten und Auswurf, subfebrile Temperaturen,
allgemeine Schwäche. Pat. mit Tuberkulose "belastet (2 Brüder des Vaters
an Tuberkulose gestorben, 1 Bruder der Pat. wegen Bronchialdrüsenaffektion
seinerzeit in Behandlung des Vortr.).: Lungenbefund: Neben beiderseitiger
Spitzendämpfung mit Einschränkung der Krönigschen Felder Dämpfung
` über dem rechten Unterlappen mit hochbronchialem Atmen, und dichtem
hochkonsonierendem Knisterrasseln, letzteres in abnehmender Dichtigkeit
bis gegen die Spitze zu hörbar. Links ad basim die gleichen, Verände-
rungen in abgeschwächtem Maße. Tüberkulosebazillen in mäßig reichlichem,
rein eitrigem Sputum mehrmals- negativ. Intrakutanreaktion mit 0,0001A.T.K.:
‚(nach der Genesung), positiver Blutbefund: 15 000 Leukozyten, davon poly-
nukleäre 62°, Lymphozyten-31°/,, erstere mit ausgesprochener: Links-
. verschiebung. Es wurde somit zunächst ein Infiltrationsprozeß im rechten
(vielleicht auch linken) Unterlappen angenommen. Gewöhnliche kruppöse
_ Pneumonie schied wegen der mangelnden akuten Erscheinungen aus. Am
ehesten war an die von Bard-W.Neumann beschriebene Tuberculosis..
congestiva zu denken, eine Rudimentärform der käsigen Pneumonie mit
günstiger Prognose.. Aber auch- diese war gleichfalls wegen des hier um
so viel milderen Verlaufes auszuschließen. ‘Ebenso kam einer der selteneren..
Infiltrationsprozesse kaum in Frage: Die Röntgenuntersuchung ergab nun `
überraschenderweise einen dreieckigen, paravertebralen, dem Zwerchfell
rechts aufsitzenden Schatten, den Herrnheiser als hinteren rechtsseitigen
kostomediastinalen Erguß deutete. Die Erscheinungen klangen allmählich
"ab; zurzeit ist Pat. geheilt; es bestand bloß r. h. basal. etwas Schall-
Aus äußeren Gründen
'mußte "eine Probepunktion unterbleiben; doch ergibt, von allem anderen
verkürzung mit leicht abgeschwächtem Atmen.
1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK. — Nr.40. 0.0.0. MIB
abgesehen, .der Vergleich des damaligen mit dem jetzigen normalen Röntgen-
gehandelt hat. Basierend auf den Symptomen dieses: Falles wird versucht,
bisher nicht abgesondert wurde, zu geben. u
Herrnheiser: Röntgenologisch bandförmiger, homogener, paraverte-
eine Symptomatologie der in Rede stehenden Pleuritisform, die klinisch
‚braler Schatten mit scharfer Lateralkontur, nach oben sich verjüngend
' und an Intensität abnehmend. Deutliche, mit dem Zwerchfell gleichsianige,
‚ respiratorische Verschieblichkeit desselben. Nach dem Ergebnis orientierender
Lokalisationsbestimmungen ist das-Substrat des Schattens nahe der hinteren
'Thoraxwand in der Gegend- des unteren medialen: Winkels des. rechten
Thoraxraumes zu suchen.‘ Hauptfrage: Intrapulmonal oder extrapulmonal
(im Pleuraspalt) ‘gelegen. Als intrapulmonaler Prozeß kam nur — da
Tumor, Infarkt usw. auszuschließen — spezifisches oder unspezifisches In-
filtrat in Frage.. Bei Lungeninfiltraten eine scharfe lineare Schattengrenze
bild, daß.es sich ’um ein offenbar seröses Exsudat auf tuberkulöser Basis .
nur bei Ausbreitung an der Grenzfläche eines Lungenlappens und nur,
wenn diese Fläche von den Strahlen tangential getroffen wird (marginale
Tofiltrate, vgl. Fleischner). Im vorgestellten Falle spricht die scharfe
normalerweise: kein entsprechender Lappenspalt vorhanden. Annahme ab-
normer Lappung gezwungen, Vorkommen einer solchen an dieser Stelle
Vortr.. nicht bekannt. Als extrapleuraler Prozeß kam Erguß “oder dicke
Schwarte an der hinteren Umschlagstelle der Pl. costalis in die Pl. me-'
dastinalis (Sinus costomediastinalis posterior) in Frage. Ein. die Pleura-
blätter auseinanderdrängender Erguß könnte als paravertebraler Schatten
zutage treten, infolge seiner durch die Lungenfläche gebildeten äußeren
| Begrenzung scharf konturiert sein und daber das Bild erklären. Bei dicken
Schwarten in dieser Gegend (hintere kostomediastinale Schwarten) jedoch
das gleiche Sagittalbild. Differenzierung durch schräge ünd Erontalunter-
suchung. ‘Der Erguß gibt infolge größerer Schichtdicke — im Gegensatz
zu den k. m. Schwarten — deutlichen’ Schatten. Im vorgestellten Falle im
Schrägbild deutlicher Dreieckschatten, hauptsächlich im Bereich dos Sinus,
wenig im eigentlichen Mediastinalspalt. Vorschlag, derartige Ergüsse nach
Analogie der k. m. Schwarten ebenfalls als „kostomediastinal“ von rein
mediastinalen Flüssigkeitsabsackungen abzutrennen. Im ersten vom Vortr.
beobachteten Falle durch Probopunktion und Operation verifiziertes Empyem.
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- sich vormittags noch recht wohl gefühlt und Dienst gemacht hatte, plötzlich
. Untersuchung ergab außer verzogenen engen und lichtstarren Pupillen, die
‚auf Konvergenz reagierten, nichts Pathologisches.
| Die Pat. befindet sich also vom 30. Mai an bis.heute in diesem gebesserten Ä
\
1414 j - o 1924 = LEITEN. KLINIK — Nr. 40:
Im a Fall spricht wohl der weitere Verlauf, das Schwinden des |
Schattens innerhalb einiger Wochen bis auf einen ganz zarten Schleier und
geringe Beweglichkeitseinschränkung dos medialsten Zwerchfellabschnittes
für Erguß.
Seminarabende des „Wiener medizinischen Doktorenkollegiums“.
Sitzung: vom. 7. April 1924.
Tuberkulose. . -
Löw.enstein, Hofbauer.
O. Pötzl: Operativ geheilte traumatische Frühepilepsie. 52jähriger
Mann stürzte am 25. Mai 1923 die Treppe hinunter, war ‚eine halbe Stunde |
bewußtlos, dann dauernd sensorisch und motorisch aphasisch. Vom 30. Mai |
an gehäufte epileptische Anfälle mit Rechtsdrehung von Kopf und ‚Augen.
Klonismen der Zunge. 1. und 2. Juni Status epilepticus. Bei der Trepanation
durch Schloffer fand sich nun ein bohnengroßes, bereits organisiertes
Hämatom zwischen Leptomeninx und Hirnrinde im Bereich des unteren ,
Drittels der linken vorderen Zentralwindung sowie ein etwas kleineres
Hämatom der gleichen Art nahe der. Sylvischen Furche an der Wernicke-
schen Stelle. Der Duralappen und der Knochendeckel über der Trepanations-
stelle wurden entfernt. Am zweiten Tage nach der Operation sistierten
die Anfälle; nach 3 Wochen war die Apbasie zurückgebildet; (der Pat. ist
jetzt über ein Jahr gesund und anfallsfrei. Während der Operation waren
mehrere epileptische Anfälle abgelaufen; die sie begleitenden Hirnvorgänge |
ließen sieh bei diesem Falle gut beobachten. Ref. bespricht die Bedeutung
dieser Hirnvorgänge und schließt sie dem von ihm und Schüller seiner-
zeit gemeinsam. festgestellten Vorgang. der Entquellung im Verlauf gehäufter
epileptischer. Anfälle an. (Erscheint ausführlich.)
; E. Hirsch: Diagnostisch unklare Meningitis mit günstigem Aus-
gang. Eine 26jährige Beamtin erkrankte am 17. Mai mittags, nachdem sie
Tuberkulose? .
Die biologische Diagnose ` der Tuberkulose ist. auf. dent Boden der
immunbiologischen Forschung entstanden. Wir unterscheiden da 2 Ver-
tination ist bekanntlich bei allen Infektionskrankheiten herangezogen worden.
Als wir ‘die Agglutination für die Tuberkulose heranzuziehen versuchten,
‚mußten wir eingestehen, daß vollständig Tuberkulosefreie eine Agglutination
gezeigt haben. Sogar Ikterische haben Agglutination aufgewiesen. ` Auf
Grund dieser Ergebnisse haben wir dieses Verfahren aufgegeben. Nun ver-
suchte man die Präzipitation. Die Resultate derselben waren ebenfalls
vollkommen wertlos. Eine viel größere Bedeutung als den beiden. vorher
. angeführten Verfahren kommt der Wassermannschen Komplement-
ablenkungsreaktion zu.
dazu, diese Sache für den Syphilisnachweis auszuwerten. Es hat sich hier-
bei ergeben, daß dás Serum des Syphilitikers eigentümlich verändert ist.
Es lag nun 'nahe, das Wassermann-Verfahren auch für die Tuberkulose
heranzuziehen. Die dabei erzielten Resultate‘ sind aber noch nicht be-
mit Kopfschmerzen und Erbrechen, das sich bis abends mehrmals‘ wieder-
holte. Am anderen Tage wurde sie in einem leichten Verwirrtheitszustande
an unsere Klinik gebracht; sie verkaunte die Umgebung, hatte die Erleb-
nisse des Vortages vergessen, verwechselte Personen usw. ‚Die neurologische
das Serum der "Tuberkulösen in ähnlicher Weise verändert ist wie das des
Syphilitikers. Um diese Frage zu entscheiden, haben wir ganze Serien: im
Institute untersucht, aber wir sind nicht viel weiter gekommen. In jüngster
Zeit hat Wassermann eine aufschenerregende Mitteilung gemacht, daß
man nach einem von ihm angegebenen Verfahren entscheiden könne, ob
es sich um eine aktive oder um eine nichtaktive Tuberkulose handle. Wir
haben: jedoch hierbei keine befriedigenden Resultate erhalten. Wir brauchen
eine klare einheitliche Reaktion, die mindestens in 90% der Fälle ein ver:
läßliches Resultat ergibt. Die mangelhaften Ergebnisse liegen darin, daß
Am 3. Krankheitstags
trat Nystagmus. beim Blick nach oben auf und am 4. Krankheitstage, nach-
‚dem bereits die -Pupillenreaktion auf. Licht wieder frei war, ‚kamen unter
neuerlichem Erbrechen und Kopfschmerz meningeale Reizerscheinungen und
basale Symptome: Doppeltsehen, Nackensteifigkeit, Kernig und Babinski. -
Die Prognose erschien also ‚recht, ungünstig und es bestand ein starker
Verdacht auf tuberkulöse Meningitis; dem schien auch die Temperatur zu
entsprechen; sie hatte morgens nie. über 37°, abends 37,7 bis 38,30, In-
dessen war die, Leukozytenzahl auf 16000 bis 19000 erhöht. Allerdings
schließt die hohe Leukozytenzahl Tuberkulose ‚nicht aus.. Im Lumbal-
punktat waren am 2. Krankheitstage 48 Rundzellen, am 3. 160 und am 4,
über 250, darunter eine große Zahl polynukleärer. Nonne-Apelt und Pandy
positiv. Nach wenigen Stunden Stehens zeigte sich ein Fibringerinnsel.
Bei den verschiedenen mikroskopischen Untersuchungen des Liquors wurden |
"keine Bakterien gefunden, Kulturen gingen nicht an und 2 Tierversuche
blieben insofern erfolglos, als 2 Meerschweinchen infolge einer Stallseuche
vorzeitig zugrunde. gegangen waren. Ein dritter Tierversuch ist im Gange,
Im Nasensekret wurden keine spezifischen Erreger gefunden. Da also
tuberkulöse Meningitis wahrscheinlich war, epidemische
Meningitis cerebrospinalis aber nicht ausgeschlossen werden
konnte, injizierten wir der Pat. täglich 10 ccm Meningokokkenserum, nach-
dem wir vorher die entsprechende Liquormenge: abgelassen hatten. Der
Zustand der Pat. änderte sich zunächst nicht, verschlimmerte sich eher
ein wenig, aber am 7. Krankheitstage trat eine bedeutende Besserung ein,
die Pat. fühlte sich subjektiv wohler und freier. Dieser Besserung ent-
sprach auch ein Sinken der Zellzahl in Blut und ‚Liquor. Am 10. Krank-
heitstage trat mit Erbrechen und Kopfschmerzen eine neuerliche Ver-
schlimmerung ein; die Pat. wurde leicht verwirrt, die basalen Symptome .
traten wieder in den Vordergrund und am Il. Krankheitstage bemerkten
wir ein urtikarielles Exanthem von blaßroter bis hochroter Farbe an. der | abgegeben wird, in ausgedehntem Maße benutzt werden. Während es beim
Streckseite der Oberarme und Oberschenkel und im Gesichte.. Der Stamm | Pirquet sehr schwer ist, die traumatische Reaktion von ‘der spezifischen
war fast frei. Die Leukozytenzahl. stieg auf 83.000, ‚darunter 840/, poly- | Reaktion zn unterscheiden, entfällt die erstere bei der Salbenbehandlung.
_nukleäre, die Temperatur bis auf 39,2°. Zugleich mit dem Serumexantbem | Diese. Reaktionen geben an, ob eine tuberkulöse Erkrankung überhaupt
trat die eben fällige Menstruation ein und unmittelbar nachher kam plötz- | stattgefunden habe. — Behufs Hervorrufung einer Herdreaktion wurden
lich eine weitgehende Besserung, die bis zu dem jetzigen Zustande führte. | früher durch Steigerung der Tuberkulindosen Reaktionen hervorgerufen;
| welche mitunter sehr schwere waren. Es ist aber gar nicht notwendig, die
| Dosis zu steigern. Es genügt z. B. bei fraglichen Nierenschmerzen behufs
Auffindung der affizierten Seite viermal hintereinander dieselbe Dosis ein“
ins Blut hineingelangen. Da die Zahl der. Tuberkelbazillen im Blut eine
relativ geringe ist, deshalb haben alle diese Verfahren Schiffbruch erlitten.
Durch die Inhalation der Tuberkelbazillen gelangt das Tuberkeleiweiß in
die Blutbahn. Wir haben nun untersucht, ob die Zellen selbst. für tuber-
kulose sind Miniaturbilder der Serumkrankheit: Wenn Sie. bei einem
tuberkulösen Menschen eine Pirquetsche Reaktion auf Tuberkulose aus-
führen, so sind alle Zellen überempfindlich gegen tuberkulöse Reize, wir
bekommen eine Anaphylaxie, id est einen positiven Pirquet. Man kann,
wenn auch selten, das tuberkulöse Virus auf die Bindehaut oder .die Nasen-
schleimhaut applizieren und dann die Tuberkulinreaktion verfolgen. Zur
Beantwortung der Frage, ob eine Tuberkulose vorliegt, dienen die kutane
Reaktion nach Pirquet; nach'Mantoux oder die Salbenreaktion nach
Moro.
stand seitens der Pat. erfährt. Wir haben eine Salbe hergestellt, welche
die abgetöteten Tuberkelbazillen enthält. ‘Die Anwendung derselben ge-
schieht folgendermaßen: Die Haut wird mit Äther entfettet, dann wird ein
lassen. Nach 24 bis 48 Stunden ‘sehen wir bei positivem Ausfall der
‘ Reaktion ganz charakteristische Veränderungen an der Impfstelle eintreten.
Allenthalben wurden ausgezeichnete Resultate mit dieser Methode bestätigt
'Kinderpraxis sollte diese Salbe, welche von dem serotherapeutischen Institut
bzw. symptomenfreien Zustande, so daß ein Rückschlag wobl kaum mehr
zu. erwarten sein dürfte. Seit dem 10. Juni kein Gerinnsel. .Der neuro- -
logische Status ergibt jetzt außer einem geringgradigen, nur. manchmal
| zuspritzen. : Treten nun auf dieselbe Dosis typische Schmerzen auf derselben
auftretenden Nystagmus i in den Endstellungen keinen pathologischen Befund. | Seite auf, so ist es gar nicht nötig, die Dosis zu steigern. — Auf einige
Die Zellzahl im Liquor ist ebenfalls stufenweise gesunken und beträgt jetzt | an den Ref. gerichtete Fragen antwortete derselbe folgendermaßen: "Eine
18 bis 20 Zellen im Kubikmillimeter.
Die Pat. wurde einerseits deshalb
vorgestellt, weil sie auch heute diagnostisch unklar und interessant ist,
andrerseits aus einem: praktischen Grunde: er zeigt, .daß man bei solchen
unklaren Fällen mit der spezifischen Serumbehandlung nicht warten darf.
bis sich die Diagnose klinisch und bakteriologisch klärt. (Schluß folgt.)
positive Reaktion äußere sich in 3 Graden. Beim schwächsten Grade sieht
man einzelne rote Knötchen an der Einreibestelle, beim zweiten Grade sieht
man einen diffusen roten Fleck. Schon beim ersten Stadium. sagt der Pat.,
daß ihn die veränderte Hautstelle jucke. Beim dritten Grade treten bullöse
| Papeln auf. Dies ist insbesondere beim skrofulösen Habitus der Fall. Diest
fahren, erstens die Serodiagnostik, dann die Organodiagnostik. Die Agglu-
Es gehörte der geniale Blick Wassermanns
friedigend. ‘Sie sind deshalb nicht befriedigend, weil wir nicht wissen, ob.
bei der Tuberkulose die Antikörper an den Zellen sitzen bleiben und nieht
kulöse Reize empfänglich sind. Die verschiedenen Reaktionen bei Tuber- .
Letztere ist das beste und einfachste Mittel, welches keinen Wider- -
Tröpfchen der Salbe mit einem Glasstabe verrieben. und wird der Pat. ent-
)
der negative Ausfall dieser Probe bei Kindern hat ergeben, daß bei weiterer:
Beobachtung diese Kinder vollkommen gesund geblieben sind. In der
ı © Welche Ansichten haben Sie über die biologische. Diagnostik der `
6: Oktober 0 _ 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. Be
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Schwellungen gehen’ in 2 bis 3 Tagen zurück. Fieber wurde nicht beobachtet.
. "Diese Salbe wird unter der Bezeichnung „Hauttuberkulin“ im serothera-.
.peutischen Institut abgegeben. .Die Einreibung wird am besten an der
- rechten.-Brustseite’öder am Obörarm vorgenommen. DasOriginalfläschchen hält
“.. sieh unbegrenzt lange. Die Salbe kann auch zu therapeutischen Zwecken
verwendet werden. Da die bisherige zweijährige Beobachtung noch einen
. relativ kurzen Zeitraum darstellt, läßt sich. ein definitives Urteil derzeit
noch nicht fällen. -Die ‚Leistungsfähigkeit dieses Verfahrens wird bei. Prof.
` Knöpfelmacher jetzt geprüft. Ich möchte empfehlen, nur alle 10 Tage -
` 1Tropfen einzureiben. Der Erfolg ist ein'ganz auffälliger. Auch bei Erwachsenen
'kann.man diese Methode anwenden. Diese Salbe ist kein Alttuberkulin. -
Lungentuberkulose?
Welche sind die Indikationen für die chirurgische Behandlung der
Die: chirurgische Behandlung: der Lyungentuberkulose - ist aufgebaut
“auf der Erfahrung, daß nach Eintritt eines Pnsumothorax Besserungen und
` Stillstände: des. Prozesses: eintraten. Während in früherer Zeit-das Haupt-
feld für die Anlegüng eines Pneumothorax die einseitige Lungentuberkulose |
‚war, versuchte man auch:bei doppelseitiger Tuberkulose, einen Pneumothorax
anzulegen. .Es wurde zu letzterem Behufe zuerst auf einer Seite, dann `
. auf der anderen Seite ein Pneumothorax angelegt. Die:Rippenresektion
` würde bei Verwachsungen der Pleura ausgeführt. Behufs Feststellung der
Indikationen für diese beiden Eingriffe muß. die Röntgendurchleuchtung her-
„angezogen werden. Es muß hierbei nachgesehen werden, ob eine Beweg-
| Zum 50jährigen Eröffnungstag des
welcher
"im Jahre
en städtisches Krankenhaus zu errichten. Dazu kamen in den nächsten
: lichkeit der unteren Lungenränder vorhanden ist. Während -früher der
Pneumothorax als: ein weniger eingreifender chirurgischer Eingriff angesehen -
‘ wurde, bei dessen Versagen die Rippenresektion zur Ausführung gelangen
sollte, sind heute sowohl der Pneumothorax als.der chirurgische Eingriff
- a den Rippen zwei voneinander unabhängige Verfahren.. Wenn. man.
richtig lokalisiert und der. ‚betreffende Lungenherd nach der Pneumothorax-
‚aulegung rüuhiggestellt wird, so ist- damit ein temporärer Erfolg erzielt.
‚Es gibt Fälle, wo man den Pneumothorax 1 bis 2 Jahre unterhalten muß. `
zu den: affizierten Lungenpartien auch. eins geringere Sekretion ein. Bei.
Lungentuberkulose sieht. man nach den erwähnten Eingriffen, daß hoch-
‚fiebernde und .Nachtschweiße aufweisende Pat. sich wohl fühlen. Sobald _
jedoch. der Lungenherd an die Brustwand, -beim Eingehen des Pneumothorax
kommt, fängt der Pat. wieder zu fiebern an, weil. jetzt auf einmal das..
` aufgestapelte Gift in die Zirkulation gelangt.. Durch den: chirurgischen.
‘ Eingriff ist nach, dem eben Angeführten die’ Heilung noch gar nicht.
- gatantiert.. Es müssen ‘deshalb noch andere Maßnahmen herangezogen-
. werden. Bein- Pneumothorax wird man; bevor wir den chirurgischen Ein-
- griff machen, eine absolute Schweigebehandlung des Pat. durchführen, wo-
durch man Fiebertemperatur und Nachtschweiße- zum Verschwinden. bringen
kann. Sobald ferner nach der Anlegung eines Pneumothorax oder nach |
‘einer Rippenresektion der Pat, fieberfrei- wird, muß derselbe langsam an-
fangen Atembewegungen. auszuführen unter Kontrolle seiner Temperatur,
seines Körpergewichtes sowie seines Appetites.. Mah muß, um’ es nochmals .
| zu betonen, den Pat. langsam zu Atembewegungen, erziehen. Wir haben. bei
Pat., bei denen verschiedene: Pneumothoraces ausgeführt wurden, dadurch,
daß wir sie erzogen haben, langsam ihre Atmung zu fruktifizieren, ` keine
: Fiebertemperaturen beobachtet. Nur zur Zeit der Menses tritt bei der-,
artigen Pat. infolge der menstruellen 'Hyperämie wieder ein Rasseln auf. -
Man muß deshalb während der Menses warten, bis man den chirurgischen . .
Eingriff machen kann, Es ist ferner die Kenntnis folgender Tatsachen von
“Wichtigkeit: In Fällen, wo eine Lunge ausgeschaltet wird, kann mitunter
tuberkulöses Material in die andere Lunge hineingeschleppt werden. Wir
haben ferner beobachtet, daß mitunter ein kleiner Herd unter unseren Augen. .. `.
. von einem Unterlappen auf dem Lymphwege weiter vorschreitet. Derartige
Pneumothorax:, `.
(Schluß folgt.) .
rasch wandernde Prozesse sind nicht für die Anlegung eines
geeignet. ee ze
; Durch die Ruhigstellung der Lunge wird dieselbe von ihrer Atemfunktion
Krankenhauses
‘> - im Friedrichshain. =:
en Von K. Brandenburg. a
Das. älteste. der großen städtischen Krankenhäuser Berlins,
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` „das. Krankenhaus im Friedrichshain, ist am 8.: Oktober 1874. für
die Belegung; eröffnet worden. . Seit jenem Tage sind jetzt. gerade
ö0: Jahre verflossen. In dem Wechsel der Zeiten und der Dinge
hente an die 50. Wiederkehr des Eröffnungstages zu erinnern, hat
. „eine: Berechtigung und einen Sinn. Der Bau und die Anlage dieses
‚ersten großen .Krankenhauses, das die Stadt Berlin aus eigenen
Mitteln für ihre Bürger errichtet hat, ist ein Merkstein in der Ge-
‚schichte der städtischen öffentlichen Gesundheitspflege. Die Grün-
dung. steht an der Schwelle einer Zeitwende. Der rasche wirt“
schaftliche Aufschwung nach den großen Kriegen und nach der
‚Reichsgründung stellte die gewaltig heranwachsenden Stadtgemeinden
Reuen: sozialhygienischen Aufgaben gegenüber.
. öffnung, des Krankenhauses im Friedrichshain nicht nur eine örtliche
So hatte die Er-
edeutung; sie eröffnete nicht nur für. Berlin die Reihe der großen
Krankenhausbauten und der übrigen gemeinnützigen Anlagen für
Kranke. und Sische. Seit dieser Zeit sind. .allenthalben im Reiche
und häufig nach dem Vorbild: dieses frühesten Berliner Stadt-
krankenhauses große städtische Krankenhäuser entstanden. Es
mmmt der geschichtlichen Bedeutung des Tages nichts, daß diese
Späteren Bauten jene erste Anlage an Umfang, an. Zweckmäßigkeit:
‚und Schönheit übertroffen haben.
,._, Es darf. nicht unerwähnt bleiben, daß ein -Berliner Bürger
durch eine Stiftung den Krankenhausbau ‚angeregt und ermöglicht
at. Jean Jaques Fasquel, ein Mitglied der Hugenottengemeinde,
Berlin eine große Zahl ihrer. besten Bürger verdankt, hatte
1864- der Stadt 50 000 Taler geschenkt mit der Bestimmung,
ren weitere beträchtliche Legate Berliner Bürger. Auf diese Weise-
waren die Mittel für den Krankenhausbau sichergestellt, und nunmehr
onnte.dem in dor. Bürgerschaft empfundenen: {Jbel abgeholfen werden,
daß die Stadt, Berlin wegen. Mangels an: eigenen Krankenhäusern
gezwungen: war, die Krankenfürsorge den Staatsanstalten und- den
Anstalten geistlicher Orden. zu überlassen. Zum Bauplatz wurde
der große Park im Friedrichshain ausgewählt, der -alle Vorteile für
die Anlage eines Krankenhauses innerhalb einer großen Stadt ge-
`
Rundschau. M
‚worden: sei.
erstrebenswert geltende 'Pavillonsystem gemeint. A
>
Der Plan des Baues wurde mit Hilfe des. Rates des da-
währte.
maligen Stadtverordneten Rudolf Virchow ausgearbeitet. Esmarch
~
spricht sich in seinem Gutachten im Jahre 1868 anerkennend dar--
über aus, daß in dieser Anstalt zum ersten Mal in Deutschland: die
neue Anschauung über den Anstaltsbau. zum Ausdruck gebracht
`,
| Am 8. Oktober 1874 wurde der Betrieb der Anstalt zunächst
mit. 600 Betten eröffnet. Das entsprach einer Aufnahmezahl von
3700 Kranken. im Jahre. Seit jener Zeit ist das Krankenhaus durch ' \ :
Anbauten ‘und Neubauten erweitert worden. Es kamen hinzu eine
'Infektionsabteilung, . eine Röntgenabteilung, eine bakteriologische und . _
chemische Abteilung und ein Ambulatorium für die Tuberkulose- . - .
fürsorge und für Geschlechtskranke.. Er versteht sich von selbst,
daß ein Krankenhaus, das vor 50.Jahren errichtet worden ist, nicht
mehr in allen Teilen .seiner Anlage den heutigen Ansprüchen ge-
nügt. Die Heizung- und Warmwasseranlagen, der Betrieb der Werk- _ .
stätten, die Bauart der .Krankensäle und die Verteilung der Betten
schaftlich ‘gelten und bedürfen einer Erneuerang. > -
Zur Erinnerung an die 50. Wiederkehr des Eröffnungstages
haben die Ärzte des Krankenhauses eine Anzahl -wissenschaftlicher
‘Arbeiten zu einer Festschrift vereinigt: In dieser Ausgabe der
Wochenschrift ist ein ‚Teil der Arbeiten zusammengestellt worden,
‚so daß die heutige Nummer von dem Jahrestag des alten Kranken-
hauses-und dem wissenschaftlichen Geist seiner Ärzte ein Zeugnis
ablegt. _Die übrigen Arbeiten der Festschrift sind in -späteren
Nummern zu finden. >
Aber auch.der gewissenhaften Kleinarbeit des’ Tages geziemt
. es sich, an dieser Stelle zu gedenken und an die wertvolle Tätigkeit
zu erinnern, die. in diesen 50 Jahren in dem Dienst der Kranken
. zum Wohl der Bürger Berlins, am Krankenbett und am Operations: _
tisch geleistet worden ist. In fünf Jahrzehnten sind von den Leitern
der Abteilungen zahlreiche Geschlechter von Ärzten herangebildet `
worden. Es ist dies nicht der Platz, aller. der Toten und Lebenden
zu gedenken, die hier an hervorragender Stelle . gewirkt haben.
Noch weilen von früheren. Direktoren unter den Lebenden
Trendelenburg, Fürbringer und Ernst Stadelmann; vonden
Verstorbenen: sei erinnert an die ausgezeichneten Chirurgen Schede,-
Hahn und Hahns bewährten Schüler Alfred Neumann, an den .
-
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sind von der heutigen Technik überwunden, müssen als unwirt-
‚geistreich lebhaften Internisten. Georg Krönig und an die beiden ..
"ausgeschaltet, ferner wird dadurch, ‘daß das- Wechselspiel der Ansaugung > =
. von Blut. und' Lymphe aufhört, kein Gift von diesem Lungenherde in die
Zirkulation gelangen. Bei, Bronchiektasien. tritt nach Anlegung eines
| Pieumothorax oder nach Rippenressktion infolge des geringeren Blutzuflusses.
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Mit diesen’ neuen Anschauungen war das damals als .
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1416 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 40. 5. Oktober .
bekannten Virchowschüler, die: pathologischen Anatomen Carl’
Friedländer und David v. Hansemann. Das pathologische
Institut des Krankenhauses; an dem diese beiden hervorragenden
Forscher als Prosektoren gewirkt haben, war, was. damals auch eine
grundlegende und bahnbrechende Neuerung . bedeutete, . durch
Rudolf Virchows Einfluß geschaffen worden. Ä x
. Das Krankenhaus im Friedrichshain schließt mit dem heutigen
Jubiläumstage eine 50jährige ruhmvolle, an fruchtbarer Arbeit reiche
Vergangenheit ab. Der Tag fällt in eine schicksalsschwere Zeit,
. die dem Betriebe des’ Krankenhauses eine nicht gewöhnliche Auf-
en gabe auferlegt. Wir wünschen dem ältesten unserer Krankenhäuser,
we daß. sein Jubiläumstag der Beginn einer neuen glücklichen Ara un-
gestörter Arbeit für die-Kranken und. für die Wissenschaft, frei
von: politischen Wirren und Nöten, bedeuten möge.
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. über besonders aktuelle Kapitel aus der Gesamtmedizin. . Honorar. 5 M.
. Für Teilnehmer der Vortragsreihe 1 unentgeltlich. .— ‚3..Vortragsreihe:
` 14tägige seminaristische Kurse über Spezialgebiete. 16.—29..Oktober. Diese
Kurse sind mit praktischen Übungen und’ Krankendemonstrationen ver-
bunden. — 4. Vortragsreihe: 4 wöchige Fortbildungskurse über Spezialgebiete
aus allen ‘Zweigen der Medizin. 2.—-29. Oktober.
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Zum Verwaltungsdirektor der klinischen Anstalten“ der. Universität
Münster wurde der Direktor der Medizinischen Klinik, Geh. Medizinalrat
Prof. Dr. Paul Krause, ernannt. - Sinne |
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Wilhelm Roux f.. Aus Halle kommt die Trauerkunde vom Hin-
scheiden des großen Anatomen. und ‚Biologen. Am 9. Juni 1850 zu Jena
geboren, studierte R. unter Haeckel und. Virchow an der Jenenser
Universität, wo er 1878 promovierte. Seine Doktordissertation behandelte
'„Die Verzweigungen der Blutgefäße“ und legte die hydrodynamisch be-
dingten Gesetze der Gestaltung des Lumens der Blutgefäßverzweigungen
dar. 1878 bis 1879 Assistent‘ am pathologisch-chemischen und hygienischen
Institut in Leipzig, sodann am anatomischen Institut in. Breslau, wo er
1888 die Leitung des für ihn daselbst errichteten: Institutes für Entwicklungs-
geschichte und. Entwicklungsmechanik übernahm.. 1880 für Anatomie an
der Breslauer Universität habilitiert, 1886 daselbst zum Extraordinarius
ernannt, folgte R. 1889 einer. Berufung als Ordinarius für Anatomie nach
Innsbruck, wo er bis zu seiner 1905 erfolgten Borufung nach Halle wirkte.
Von seinen zahlreichen Arbeiten seien zunächst die Studien über „Funktionelle
Anpassung“ hervorgehoben, darunter unter dem Titel „Der Kampf: der Teile
im Organismus“ (Leipzig 1831) eine Theorie dieser Anpassung, die zugleich
eine wesentliche Vervollständigung der Darwinschen Deszendenzlehre dar-
stellt. -Es folgte eine“Reibe. von Beiträgen. zur Entwicklungsmechanik des
Embryos, so. die Studien über den Zytotropismus der . Furchungszellen,
über die Entwicklungsmechanik der Organismen u. a., ferner Arbeiten über
die Dicke der statischen Elementarteile und über die Maschenweite der
Knochenspongiosa, über die polare elektrische Erregung der lebenden
Substanz, über die Bestimmung der Richtung der Medianebene des Embryos
im Froschei durch die Kopulationsrichtung des Eikernes und des Sperma-
kernes. Er war der Begründer der Entwicklungsmechanik und. kausalen
Biologie und: hat der Forschung- neue, in der. Folge viel betretene Wege
eröffnet. —
' Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mittellungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Die 88. Versammlung der Naturforscher und Ärzte in Inns-
bruck vom 21. bis 27. September erfreute sich eines ungewöhnlich zahl--
reichen Besuches. Der Tagungsort hatte eine außerordentliche Anziehungs-
kraft ausgeübt. 6000—7000 Teilnehmer drängten sich in der festlich
geschmückten, fahnenüberflatterten und in der klaren Herbstsonne ihre
sämtlichen Reize entfaltenden Alpenstadt. i
Die großen. allgemeinen Sitzungen ünd die Sitzungen der natur-
wissenschaftlichen Hauptgruppen fanden in. den größten in Innsbruck zur
Verfügung stehenden Räumen statt: in der Alhambra, in dem Theater und
in den Stadtsälen. Nicht. alle der stundenlang harrenden Zuhörer waren,
in der glücklichen. Lage, den Vorträgen in voller Aufnahmefähigkeit folgen
zu können. Ein Teil der Ausführungen ging verloren, weil die Vortragenden
über ein zu geringes Stimmaterial verfügten und die Kunst des Vortrages
allzu sehr "vernachlässigten. Aus der Fülle des Gebotenen sei an dieser
Stelle nur Einzeines hervorgehoben. ee
i, Nach den langgedehnten Begrüßungsansprachen fesselte am. meisten
der Vortrag von Hoche (Freiburg): Das Leib-Seeleproblem, das..unlösbare.
Problem mit der falschen Fragestellung. Ansprechend wirkten die Aus-
führungen von v. Frisch (Breslau): „Sinnesleben und ‚Sprache‘ der Bienen“
und von Penck: „Das Antlitz der. Alpen“, welche durch ihren Inhalt und
durch ihre schönen Bilder fesselten. In den Sitzungen der medizinischen
Hauptgruppen trug Doerr (Basel) einen lehrreichen Bericht über „Idio-
synkrasie“ vor und Dorno (Davos) besprach in ausführlicher Weise die
„physikalischen Grundlagen der Sonnen- und Himmelsstrahlung“. In form- `
rinenbospital, Hofrat Dr. Krailsheimer,
von 73 Jahren gestorben,
Stuttgart. Der frühere Vorstand der Augenabteilung am Katha-
ist am 22. September im Alter
` Egmont Münzer f. In Prag ist vor wenigen Tagen der ao. Professor
für innere Medizin an der Deutschen Universität Dr. Egmont Münzer,
59 Jahre alt, gestorben. Ein Schüler Herings, wandte sich M. 1839 der
internen Medizin zu und wirkte 1889—1894 als Assistent der II. medizini-
-schen Klinik, als welcher er sich 1892 habilitierte. Als Diagnostiker und
Konsiliarius viel gesucht, hat M. außer, seinen anatomisch-physiologischen
Studien (Sebnervenkreuzung, Anatomie des Zentralnervensystems, Sekundärs
Erregung von Muskel zu Muskel) bemerkenswerte klinische Arbeiten ver-
faßt, unter anderem über Ikterusinfektionen, über Phosphorvergiftung, ferner
gemeinsam mit A. Strasser über die Bedeutung der Azetessigsäure für
den Diabetes mellitus, mit H. Winterberg über die sauerstoffbildende
vollendeter . Weise. verbreitete sich Hellpacher (Karlsruhe) über die
„kosmischen Einflüsse im Seelenleben“. ` . | we
"Anregung und Belehrung brachte der Referatvortrag: „Das Kropf-
problem“, das von Wegelin (Bern), Kraus (Berlin) und v. Eiselsberg
(Wien) behandelt wurde. Brachte die diesjährige Tagung keine „blendenden
Ereignisse“, so bot sie in der Fülle und Gediegenheit des wissenschaftlichen
Stoffes ein. Bild von der durch die Ungunst der Zeit nicht zu unter-
drückenden Arbeitsfreudigkeit des in seiner Wissenschaft durch keine künst-
lichen staatlichen Grenzen getrennten deutschen Volkes. H
Als ein Nachteil wurde es von vielen empfunden, daß wichtige.
Sitzungen der verschiedenen Abteilungen sich gegenseitig so kreuzten, daß
die Hörer an der Teilnahme von wichtigen Verhandlungen verhindert wurden.
Infolge der Überfülle des Gebotenen war der Leitung des Kongresses eine
zweckmäßige Einteilung erheblich erschwert worden. Es wäre wünschens-
wert, wenn Erfahrungen früherer Kongresse bei späteren Veranstaltungen
berücksichtigt würden. Warme Anerkennung und herzlichen Dank ver-
dienen die Innsbrucker Behörden und die Innsbrucker Kollegen, welche,
unterstützt durch die Vorzüge ihrer schönen Stadt, der Versammlung der
Naturforscher und Ärzte ein gastliches Heim gewährt haben und den Teil-
nehmern eine Tagung bereitet haben, welche ihnen in bester Erinnerung
bleiben wird. — Die nächste Versammlung findet 1926 in Düsseldorf statt,
Auf dem 12. Verbandstage der Deutschen Bahnärzte in Bad-
Nauheim wurden wissenschaftliche Vorträge gehalten von Prof. Weber
(Bad-Nauheim) über „Die auskultatorische Blutdruckmessung und. ihr Wert
für die Beurteilung der Herzleistung“; von Priv.-Doz. Groedel (Bad-
Nauheim-Frankfurt a. M.) über „Röntgendiagnose der Unfallfolgen“; von
Oberbahnaugenarzt Dr. Vierling (Mainz) über „Altes und Noues aus der |
Farbensinnprüfung“; von Dr. Placzek (Berlin) über „Psychoanalyse“; von
Prof. Möde (Charlottenburg) über „Grundlagen und Stand der psycho- ‘
technischen Untersuchungen bei der Reichsbahn“. Dem Thema „Alkohol
und Verkehrssicherheit“ galten die Referate von Prof. Gonser und Geh.
Med.-Rat Dr. Wagner (Berlin). Als Tagungsort für den 13. Verbandstag 1925
wurde Wiesbaden in Aussicht genommen,
Internationale ärztliche Fortbildungskurse in Berlin
Die Organisationen des Kaiserin Friedrich-Hauses und der Dozentenverein für
ärztliche Fortbildungskurse in Berlin veranstalten unter Mitwirkung der
Berliner medizinischen Fakultät vom 2. bis 29. Oktober 1924 internationale
ärztliche Fortbildungskurse. Das Programm umfaßt: 1. Vortragsreihe: Über-
sicht über die Fortschritte der Gesamtmedizin. 2.—15: Oktober. Honorar
für die ganze Vortragsreihe 40 M. — 2. Vortragsreihe: 10 Abendvorträge
‘ Drack von L, Schumacher in Berlin N 4.
den Titel Hofrat. — Hannover:
Funktion der Leber, mit Wiener über das Zentralnervensystem der Taube.
Hochschulnachrichten. Berlin: Der Direktor des pharmako-
logischen Institutes, Geheimrat Prof. Dr. med. et phil. Arthur Heffter,
ist zum 1. Oktober 1924 von den amtlichen Verpflichtungen entbunden
worden.
Geheimrat Heffter, in Leipzig 1859 geboren, war Schüler von
0. Nasse in Rostock und von Rudolf Boehm in Leipzig. Er habilitierte
sich 1893 in Leipzig, wo er später Extraordinarius wurde, kam 1898 als
Vorstand der physiologisch-pharmakologischen Abteilung an das Reichs-
gesundheitsamt in Berlin; 1900—1908 wirkte Heffter als o. Professor der
Pharmakologie in Bern und siedelte später nach Berlin .als Nachfolger
Oscar Liebreichs über. —. Düsseldorf: ao. Prof. Dr. Eduard Rehn
(Freiburg i. Br.) wurde als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen
Geheimrats Prof. Witzel zum o. Professor und Direktor der chirurgischen
Klinik an der medizinischen Akademie ernannt. — Graz: Der a.o. Professor
der Kinderheilkunde an der Universität, Primararzt Dr. Tobeitz ist aus
dem akademischen Lehramt ausgeschieden und erhielt aus diesem Anlaß
Prof. Dr. Zietzschmann ist zum
o. Professor der Anatomie an der Tierärztlichen Hochschule als Nachfolger
des Geheimrats. Prof. Dr. Boether berufen worden. — Heidelberg:
Priv.-Doz. Dr. med. et phil. Siegfried Tannhauser (München) ist, als
Nachfolger Prof. Fleisners zum Leiter der medizinischen Poliklinik er-
nannt worden.. — Würzburg: Geh. Med.-Rat Dr. Franz Schieck (Halle)
wurde als Nachfolger Wesselys zum o. Prof. für Augenheilkunde und zum
Vorstand der Universitäts-Augenklinik ernannt. Für das Wintersemester
1924—1925 ist mit‘ der Leitung der Würzburger Augenklinik Prof. Dr.
W. Clausen, Oberarzt. an der Augenklinik Halle beauftragt worden. —
Wien: Die Universitätsprofessoren Peham, Hans Horst Meyer und Sorgo
sind zu ordentlichen Mitgliedern des obersten Sanitätsrates für die laufende
Funktionsperiode 1923—1926 ernannt worden. Priv.-Doz. Dr. Julius Haß
ist an Stelle des in den Ruhestand tretenden Hofrats Prof. Dr. Lorenz
mit der Leitung des Ambulatoriums für orthopädische Chirurgie an der
Universität betraut worden. =
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88, 1906.
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geleitet von
‘Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
e GAINIEEEDEDEFTURRRARURERAREDERGBESHRUERTELSRERDERESONHERRRIERS ERRGRRERDIGSZUAAERE
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‚Über Röntgendiagnostik und Röntgentherapie der
Lungentuberkulose.”) Du:
_ Von R. Jaksch-Wartenhorst, Prag.
f M.H! Im 'Nachfolgenden will ich meihe durch 24 Jahre
-
- fortgesetzten Beobachtungen tiber das oben angeführte Thema
Ihnen mitteilen. |
. Icht) bemerke zunächst, daß ich bereits im Jahre 1903 am
28. Juni in der Versammlung des Zentralvereines deutscher Ärzte
in. Böhm.-Leipa Röntgenogramme mit den dazu gehörigen, mit den
Methoden der‘ Auskultation und Perkussion. erhaltenen Befunden.
‚bei Lungenkrankheiten gezeigt. habe. Im Jahre 1905°) ‘habe ich
"mein diesbezügliches Material veröffentlicht: Seither habe ich diesen
Fragen, soweit es meine anderweitigen klinischen Arbeiten ge-
statteten, fortlaufend Beachtung geschenkt, und will nun die Resultate
. dieser Beobachtungen bier mitteilen, wobei ich bemerke, daß ich
‘. mich auf die Tuberkulose beschränken werde, es aber in der Natur
‘der Sache liegt, daß allgemeine insbesondere die Technik be-
'rührende Fragen hier Erörterung finden müssen. In Bezug äuf die
enorme neue Literatur, -welche diesbezüglich existiert, möchte ich
- hervorheben, daß eine Reihe von Vorschlägen, die. ich ‘damals
gemächt habe, nun -Allgemeingut der Ärzte geworden sind, ohne
. daß ich diesen Umstand 'in der vorliegenden Literatur gewürdigt
.. sehe. So habe ich schon damals hervorgehoben, daß Röntgenoskopie
und Röntgenographie sich gegenseitig ergänzen, daß also neben der.
Röntgenoskopie insbesondere für Lungenbefunde die Röntgenographie
` wäentbehrlich ist. Ich habe fernerhin schon damals auf die Wichtigkeit
der. Verwendung von’ Filmen hingewiesen. Vielfach fand diese
Anschauung. keinen Anklang, heute wird wohl allgemein der Zellu-
loidfilm der Platte vorgezogen. Ich machte weiterhin darauf auf-
‚merksam, daß Schwerkranke nur in liegender Stellung untersucht
werden sollen, und empfahl zu diesem Zweck die ventro-dorsale
Aufnahme, wobei ich auch schon bemerkte, daß Aufnahmen in den
- verschiedensten seitlichen Richtungen zu -einer erschöpfenden rönt-
genologischen Untersuchung der Lunge unbedingt erforderlich sind,
í jedoch die Durchführung an den hohen Kosten scheitert. In der
modernen heutigen Durchführung wird diesem Übelstand dadurch
begegnet, daß man womöglich durch Verwendung von Apparaten
_ (Dreh-Sesseln) die Durchleuchtung auch Schwerkranker in ver-
schiedenen Strahlenrichtungen ermöglicht. ea et
So erfreulich es nun ist, daß seither die Röntgenologie der
Thoraxorgane. . Gemeingut wohl. aller Ärzte geworden ist, indem
gewisse ‚Veränderungen, als schwere lobäre Veränderungen 'der
Lunge, der Pneumothorax, das pleuritische Exsudat, Tumoren der
Lungen etc., weiter Aneurysmen, Herzhypertrophien auch von dem
ungeübten Besitzer eines Röntgenapparates sicher. diagnostiziert
B werden können; :so bedauerlich ist es — und stimme ich der Klage
Aßmanns?) vollständig bei —, daß durch die ‘Verwertung der
` Tungenröntgenologie zur Diagnose der Initialstadien der Tuberkulose
durch Unkenntnis der Beobachter schwerer Schaden gestiftet wird,
Indem auf Grund falsch gedeuteter Spitzen- und Hilusbefunde eine
__”) Nach einem in der ordentlichen Frühjahrs-Vollversammlung
des Vereines der Zipser Ärzte und Apotheker in Tatranskä-Polianka
(Wessterheim) am 26. Juni 1924 gehaltenen Vortrag. Ä |
1) Siehe R. v. J aksch, Prager m. W. 28, 495, 1903, ibidem 30,
p 2 R.v. Jaksch, B.kl. W, 42, 881, 1905, sieheauchJaksch u.Rotky.
„Fortschr, Röntgenstr. Ergb.19, > Ä
‘) Aßmann, D.kl. Röntgendg. d. inn. Erkr. Leipzig 1924. Vogel.
- }
© Wochenschrift für praktische Ärzte .
S WE u} Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft en
`. Gen.San.-Rat Professor Dr.Kurt Brandenburg, Berlin
© Berlin, Prag u.Wien, 12. Oktober 1924 AN
Klinische Vorträge.
Verlag von.
'* Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b ai
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davon ist, daß Patient und} END”,
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Ich will nun in dem Nachfolgenden, auf Grund meiner
Erfahrungen, genau auseinandersetzen,' was das Röntgenverfahren `
einerseits für die. Anfangsstadien, andererseits für die .manifesten -
Stadien. der Lungentuberkulose heute leistet, und daran eine Aus-
einandersetzung knüpfen über -die Frage der Röntgentherapie der
des ungeübten Arztes mehr ‚Schaden als Nutzen stiften kann..
m A. Röntgendiagnostik. der Lungentuberkulose.
An die Spitze meiner Auseinandersetzungen stelle ich die Sätze: -
1.:Nur eine genaueste Beherrschung der Technik der
röntgenologischen Lungenuntersuchung; 2. ferner'nur `
die genaueste Kenntnis der Röntgenanatomie der nor-
malen Lunge wird zur Erreichung fehlerloser Röntgen-
diagnosen führen. Nur dadurch werden die in der Einleitung
vermerkten Schäden, welche durch falsche Diagnosen Kranken und.
Arzt treffen, vermieden werden. Wie bei allen Lungenuntersuchungen
ist auch bei der Untersuchung auf Lungentuberkulose Verdächtiger
die Durchleuchtung und Aufnahme vorzunehmen.
‚1: Durchleuchtung. Wenden wir uns zunächst zu der Be- |
sprechung der, Durchleuchtung. Dieselbe , gibt. eine Orientierung
über die Lungenveränderungen im Großen und im Groben. Sie
Adhäsionen, Zackenbildungen, paradoxe Atmung. Sie wird ferner
uns ermöglichen, bei Veränderung‘ der Strahlenrichtung gewisse
sonst dieser Untersuchungsmethode nicht zugängliche pathologische
Prozesse. in den Lungen sichtbar zu machen. Insbesondere sind
dies interlobäre Prozesse, ferner die Diagnose von Kavernen, die
durchaus nicht. immer durch eine dorso-ventrale oder ventro-dorsale
Durchleuchtung gelingt, sondern nur bei Verwendung der ver-
schiedensten Strahlenrichtungen. Dieses Vorgehen ermöglicht auch
bei ausgiebigem Gebrauch der Röhrenverschiebung die räumliche
Lokalisation der Veränderung. Ich verweise diesbezüglich auf die `
sa
Arbeiten von Herrnheisert) und Fleischner°). `
. Noch ein Moment möchte ich hier anführen. Es ist selbst- `
verständlich, daß zu einer solchen Untersuchung eine gute Appa--
ratur, ein entsprechend. eingerichtetes Röntgenzimmer dringend er- :
forderlich ist, und es empfiehlt. sich, daß der Röntgenologe bei
schwacher Blaulichtbeleuchtung durch mindestens. 10 Minuten seine
Retina adaptiert, da es ihm dann erst möglich ist, alle Details, `
welche der Schirm zeigt, zu sehen. Kale ale .
' 2, Aufnahme. Bezüglich der Technik ist zunächst folgendes
zu bemerken: Im allgemeinen empfiehlt sich die Verwendung von
Ionenröhren, wenngleich zugegeben werden muß, daß je nach Er--
fahrung und Geschicklichkeit des Untersuchers auch mit Elektronen-
röhren gute Resultate erzielt werden können. Statt der Platte empfehle
ich nur die Verwendung der modernen, doppelt gegossenen Filme,
weil ein derartiger Film die kontrastreichsten Bilder liefert. Be-
züglich der Expositionszeit, ist zu bemerken, daß dieselbe kurz ü
bemessen sein soll. Die Aufnahme, sollte in jedem Fall die Er-
gänzung der Durchleuchtung bilden, weil ohne Zweifel der Film
Veränderungen zeigt als kleine disseminierte Herde, Veränderungen
in der Spitze usw., die bei der Durchleuchtung oft übersehen werden.
Ferner wird nur der Film die Herde in solcher Deutlichkeit zur
4) Herrnheiser, D.m.W., Bd. 49, S.472, 1928.
‚ 5) Fleischner, Fortschr. Röntgenstr., 30, 8.181, 1923,
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zeigt fernerhin Veränderungen in der Funktion des Zwerchfells, als
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des Prozesses notwendig ist. Das allergrößte Gewicht ist nun zu
legen auf eine genaue Kenntnis der normalen Röntgenanatomie der
Lunge. Es ist nie dabei zu vergessen, daß das Röntgenbild uns
Veränderungen zeigt, welche hintereinander in derselben Ebene
liegen, daher in einer Fläche sich abbilden, und dadurch sich gegen-
seitig verstärken, eventuell — wenn sie durch normales Lungengewebe
unterbrochen werden — sich abschwächen.
der herausgenommenen Lunge immer nur die Veränderungen, welche
ein Einschnitt zeigt. Der Röntgenologe sieht auf einer Fläche die
Projektion zablreicher Parallelschnitte, die ihm dann das sò schwer
zu beurteilende Gesamtbild ergeben. |
a) Normale Lungenzeichnung. Aus dem Vorhergesagten
ergibt sich, daß demgemäß die Beurteilung krankhafter. Lungen-
'prozesse schwierig ist und Irrtümer nur vermieden werden können,
wenn man über das normale Lungenröntgenbild sich Klarheit ver-
schafft hat. |
Schon das normale Lungenbild zeigt eine ganze Reihe von
Schatten, die vom Hilus aus gegen die Peripherie an Zahl und
Intensität abnehmen. Theoretisch ist anzunehmen, daß diese nor-
nalen Schatten durch die Gefäße (Arterien, Venen, Lymphgefäße)
und durch die Bronchien hervorgerufen werden. Über diesen Punkt
existiert eine große Literatur, welche sich an die’ Namen Holz-
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Schellenberg?!®), Arnsperger!!), Aßmann?2), Fränkel und
knüpft. Ohne hier auf Details einzugehen, will ich bemerken, daß
die Frage wohl dahin entschieden ist, daß die normale Lungen-
‘erscheinen als feine parallele Streilchen, viel dünner als die Gefäß-
streifen. Bei alten Leuten, oder wenn auch bei jüngeren Individuen
die Bronchien verkalkt sind, können sie in Erscheinung treten.
Aßmann hat besonders darauf aufmerksam gemacht. Da das
Bronchiallumen lufthältig ist, so erzeugt es keinen Schatten, sondern
‚vielmehr eine Aufhellung und unter pathologischen . Verhältnissen
(Bronchiektasien nach der Entleerung; Aushusten) kann diese Auf-
lappen der Lunge’ begegnet man solchen Bildern nicht selten. Man
kann ferner bei guten Aufnahmen die bandförmigen Aufhellungen
der Hauptbronchien konstatieren. Werden die Bronchiallumina tan-
gential getroffen, so bemerkt man insbesondere im Hilusgebiet
streifenförmige Aufhellungen und ebenso ruft die Überkreuzung von
Bronchien und Gefäßschatten iber den Geläßschaiten quer ver-
laufende Aufhellungen hervor. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß
man die vorwiegend durch die Lungengefäße bedingte Lungen-
zeichnung bis in die Peripherie der Lunge verfolgen kann. Sie
zeigt ein vom Hilus nach allen Richtungen ausgehendes System von
sich teilenden Streifen, die durch ein feineres Maschenwerk viel-
fach untereinander verbunden erscheinen. Dieses Maschenwerk ent-
‚steht durch die Über- und Aufeinanderprojektion der Verzweigungen
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len A normaler Lungen diese Bilder sich einzuprägen. Man wird dann
N. ER | häufig doch einen gewissen Typus in dem Aufbau erkennen, ein
' Gerüst, welches von den Gefäßästen gebildet wird, und bei Zu-
grundelegung dieser Befunde wird es weniger schwer fallen, normale
und pathologische Lungenschatten zu unterscheiden.
b) Hilusschatten. Eine besondere Besprechung bedarf dann
der Hilusschatten. Er wird in erster Linie vom Schatten der
. Pulmonalarterie (Aßmann) gebildet! Die beiderseits in Doppelzahl
vorhandenen Stämme der Pulmonalvenen liegen ganz medial, zu-
meist vom Herzschatten gedeckt. Bei etwas härteren Aufnahmen
A ram]. kann man sie durch den Herzschatten hindurchsehen. Ihre Aste
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2 ©) Holzknecht, Die Röntgendiagnose der Lungenerkrankungen.
u ER 1 Hamburg 1901. L. Graefe u. Sillem. |
EARN am | 7) Albers-Schönberg, Die Röntgentechnik.. Hamburg 1910.
ah, 8) Rieder, Fortschr. Röntgenstr. 1902/03, 6, S. 115. |
29) de la Camp, Physik. med. Monatsh. 1904, Nr. 7.
10) Schellenberg, Zschr. f. Tbe., Bd. 11.
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Leipzig 1909, Vogel.
12) Aßmann, Fortschr. Röntgenstr. 1911, 17, S. 141; Erfahrungen
über Röntgenuntersuchung der Lunge. Jena 1913, Fischer.
13) Fr änkelund Lorey, Fortschr. Röntgenstr. 1909,10, 14, S. 115.
14) Hasselwanderu.Brügel, Fortschr. Röntgenstr. 1911,17,S.9.
18) Weber und Owen, Fortschr. d. Röntgenstr. 1911, 17, S. 322.
20001994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41..
Anschauung bringen, die zur Beurteilung der anatomischen Qualität
der Bildung des Hilusschattens nicht merkbar beteiligt sind. Die
Der Anatom sieht bei
"nalarterie und Pulmonalvene so dicht aneinander projiziert werden,
knecht), Albers-Schönberg”), Rieder®), .de la Camp’),
Lorey), Hasselwander und Brügel!, Weber und Owen!)
zeichnung last ausschließlich bedingt wird durch die Verzweigung `
der ‘Blutgefäße in den Lungen. Gewiß spielen in der normalen
Lungenzeichnung auch die Bronchien eine Rolle. Dieselbe aber ist `
gegenüber den Arterien von untergeordneter Bedeutung. Sie können
hellung eine relativ bedeutende sein. Insbesondere in den Unter-
der Lungengefäßäste. Es empfiehlt sich sehr durch Untersuchung |
11) Arnsperger, Die Röntgenuntersuchung der Brustorgane.
12. Oktober
kreuzen den Hauptbronchus und gesellen sich den Verzweigungen °
der Pulmonalarterie bei. Diese Schattenüberkreuzung, insbesondere
wenn die Arterien schon arteriosklerotisch verändert sind, verführen
häufig zu der Annahme, daß verkalkte Hiluslympliknoten vorliegen.
Ich bemerke, daß zu beachten ist, daß normale Lymphknoten an
Bronchien dagegen bewirken gar nicht so selten Aufhellung des
Hilusschattens. Aber es existieren noch andere Fehlerquellen,
welche Hilusveränderungen vortäuschen können. So hat Herrn-
heiser beobachtet, daß bei bestimmten Strahlenrichiungen Pulmo-
daß dadurch ein verbreiteter Hilusschatten vorgetäuscht wird.
c) Aufnahmetechnik und Projektion. Ich möchte noch
den Einfluß der Aufnahmetechnik und der Projektion auf das Lungen-
röntgenbild besprechen. Bezüglich der Aufnahmetechnik ist zu be-
merken, daß die Lungenzeichnung um so stärker hervortritt, je
weicher die. Strahlen, daß sie fernerhin bei mageren Individuen
deutlicher ist als bei fettleibigen. Auch eine mäßige Unterexposi-
tion führt zu einer gut markierten Lungenzeichnung. Ich bemerke
noch, daß durch Verwendung von Silberlolien, wie ich vor Jahren
angab'®), ähnliche Wirkungen erzielt werden. Bei Verwendung harter
Strahlen, bei Überexposition, bei dicken und muskelkräftigen In-
dividuen tritt die Lungenzeichnung schwächer hervor. Alle diese
Momente müssen bei der Beurteilung des Bildes wohl berücksichtigt
werden. Bei Beurteilung des Röntgenbildes muß weiter beachtet
werden, daß dasselbe von einer Strahlung entworfen wird, die von
einem Punkte divergierend ausgeht. Wie schon früher hervor-
gehoben, muß man sich auch immer gegenwärtig halten, daß im
Röntgenbilde die Projektion eines 3dimensionierten Gebildes auf
einer Fläche vorliegt. Es werden also in Wirklichkeit hinterein-
ander liegende Gebilde auf- und nebeneinander projiziert. Bei der -
Projektion nun werden die verschiedenen Punkte auch nach rechts,
links, nach oben, oder unten und zwar um so stärker verlagert, je
näher sie der Röhre, je weiter sie vom Schirm (Platte, Film) liegen.
Es werden ferner unter gleichen Umständen die Punkte um so stärker.
verlagert, je weiter sie vom Normalstrabl abstehen. Aus diesen
.Auseinandersetzungen erhellt, daß man bei der Betrachtung einer °
Röntgenplatte stets sich dessen bewußt zu sein hat, daß dieselbe kein
Urteil über die räumliche Lage eines Schattengebildes im
Thorax abgibt Das Nichtbeachten dieses Umstandes ist auch wieder-
holt die Ursache von röntgenologischen Fehldiagnosen gewesen.
Zur Frage der Projektion füge ich noch folgendes hinzu:
Liegt eine Strecke derart, daß sie in die Richtung eines einzigen
Strahles fällt, so wird sie punktförmig abgebildet. In der Lunge
nun bilden die Blutgefäße bisweilen solche Strecken. Meist er-
scheinen sie als langgestreckte, zylindrische Gebilde. Ist jedoch ein-
Geläß derart gelegen, daß seine Längsachse mit der Richtung eines
Strahles zusammenfällt, so wird bloß der Querschnitt des Gefäßes,
also ein kreisrunder Fleck abgebildet. Verschiebt man aber die
Röhre, so entsteht das Bild eines Streifens, dessen Länge, Ver-
kürzung, richtige Größe von verschiedenen Faktoren abhängt. Diese
eben besprochenen orthoröntgenograden Gefäßschnitte bilden eine
häufige Quelle für Fehler in der Praxis. Insbesondere werden diese
kreisrunden Flecke, die stets eine größere Schattendichte als die
streifenlörmige Lungenzeichnung besitzen, weil die Strahlen die
ganze 'Blutzeile der Länge nach passieren, als verkalkte Lymph-
knoten gedeutet. Dieser Irrtum ist- vermeidlich, wenn man
bei der Untersuchung die Röhre verschiebt. Dann sieht man
nämlich, daß der anscheinende Kalkfleck in einen Streifen, also
einen Gefäßschatten sich, umwandelt. Das Gleiche, wie für die
orthoröntgenograden Geläßschnitte gilt auch für die orthoröntgeno-
graden Bronehbialquerschnitte, doch erscheinen sie nicht als Flecke,
sondern als kreisrunde Ringe, welche dem Ungeübten als Kavernen
imponieren können. Denn nur die Bronchialwand, nicht das. luft-
hältige Lumen gibt einen Schatten. | |
3. Allgemeine Grundlagen der Lungendiagnostik.
a) Einteilung der Lungenfelder. Zunächst wollen wir uns
mit der Einteilung der Lungenfelder beschäftigen. Graeff und
Küpfierle!”) haben den Vorschlag gemacht, das sagittale Lungen-
bild unter Verzicht auf die Bestimmung der Lappenzugehörigkeit in -
4 Felder zu teilen. a) Oberleld, b) Mittelfeld, c) Unterield, d)
Spitzenfeld der Lunge. Sie nehmen als untere Begrenzung des
Spitzenfeldes den unteren Rand des vorderen Abschnittes der ersten
Rippe, als unteren Rand des Oberfeldes den unteren Rand des
Vorderabschnittes der zweiten Rippe, als unteren Rand des Mittel-
16) R. v. Jaksch, Zschr. £. klin. M. 1907, 64, 316. =
11) Graeifu. Küpferle, DieLurgenpkthise. Berlin 1923, Springer.
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12. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
141 9
feldes den vorderen Abschnitt der 5. Rippe, als unteren: Rand des
Unterfeldes das Zwerchfell an. Mit Recht hat demgegenüber
Fleischner darauf hingewiesen, daß man auf den Versuch,. eine
Lappendiagnostik auszuarbeiten, nicht verzichten soll. Er hat die
Wege gewiesen, mittelst deren es in der Tat in geeigneten Fällen
gelingt, eine richtige Lappendiagnose zu stellen. Für die Be-
schreibung des Sagittalbildes ist gewiß der Graeff-Küpferlesche
Vorschlag, den ich oben mitgeteilt habe, zweckmäßig, da man
gegenwärtig häufig die Lappenzugehörigkeit einer Veränderung nicht
sicher ermitteln kann. Meines Ermessens hat Herrnheiser eine
sehr zweckmäßige Modifikation dieser Einteilung nach Graeff und
Küpferle vorgeschlagen, welche im Folgenden besteht: Bei der
Graeff-Küpferleschen Einteilung sind die einzelnen Lungenfelder
ungleich groß, das Mittelfeld unverhältnismäßig dominierend. Ferner
zeigen sie, dem bogenförmigen Verlauf entsprechend, eine derartige
Begrenzung, daß die medialen Partien viel weiter abwärts liegen,
als die lateralen Partien. Ein anatomisches Substrat liegt dieser
Einteilung nicht zu Grunde Ich halte deshalb folgende von
Herrnheiser!®) vorgeschlagene Einteilung der Felder für ebenso
richtig, jedoch viel einfacher und gleichmäßiger. Herrnheiser
schlägt folgende Einteilung der Lungenfelder vor: Die untere Grenze
des Spitzenfeldes wird durch den Klavikularschatten bezeichnet.
Das Lungenfeld selbst teilt Herrnheiser nach dem Augenmaß
durch zwei horizontale Linien in drei gleiche Felder ein.
Graeff und Küpferle verzichten nach ihrer Einteilung auf
die Lokalisation in Lungenlappen und begnügen sich mit ‘der
Bestimmung der Lage eines Erkrankungsherdes in den oberen,
mittleren oder unteren Lungenpartien. Durch Herrnheisers Ein-
teilung wird dieser Zweck besser erfüllt. Die lateralen oberen
Partien des Mittelfeldes (Graeff-Küpferle) werden anatomisch
wohl noch den oberen Lungenpartien, dementsprechend die oberen
seitlichen Partien des Unterfeldes noch den mittleren Lungenteilen
zuzurechnen sein. Es wird noch bemerkt, daß bei der Untersuchung
im sagittalen Strahlengang die Bestimmung der Lappenzugehörigkeit
speziell auf der Platte nicht möglich ist, da sich schon die Spitze
des Unterlappens in das Spitzenfeld hinein projiziert. Aus diesen
Darlegungen wird ersichtlich, daß die Spitze des Unterlappens eo `
ipso hoch liegt und dieselbe infolge der Projektion im dorsoventralen
Bilde noch höher hinauf projiziert wird. Auf weitere Details dieser
Frage will ich nicht eingehen und verweise auf die einschlägigen
Publikationen von Graeff und Küpferle und Herrnheiser.
b) Tiefenbestimmung. Bezüglich der Tiefenbestimmung
möchte ich in Anlebnung an Herrnheisers Studien folgendes
anführen:
Kennt man den Abstand eines Herdes von der vorderen oder
hinteren Brustwand, so ist ein Schluß auf dessen Lokalisation. in
einem Lappen möglich. Am besten kann dies durch exakte Tiefen-
bestiimmung mit der Holzknechtschen Blendenrandmethode!?)
durchgeführt werden. Jedoch läßt uns dieses Vorgehen im Stich,
wenn ein Herd in der Gegend der Lappengrenze (des Hauptspaltes
oder des Ober-Mittellappenspaltes) liegt.
ergibt die erst kürzlich von Fleischner ausgebaute Methode der
schrägen und frontalen Untersuchung, welche von Herrnheiser
nachgeprült und bestätigt wurde. Fleischner weist darauf hin,
daß man oft, insbesondere bei Tuberkulose, interlobäre Schwarten
beziehungsweise geringste interlobäre Ergüsse bei Durchleuchtung
Im schrägen und frontalen Durchmesser sieht, so daß die Lappen-
grenze durch einen scharfen Strich sichtbar wird. Es ist dann
möglich, den Sitz eines Herdes nach seiner Lage zur Lappengrenze
zu bestimmen. Ferner hat Fleischner gezeigt, daß Infiltrations-
prozesse verschiedener Art, besonders aber exsudative tuberkulöse
Prozesse sich häufig an die Randpartien eines Lungenlappens
lokalisieren und am Lappenrand scharf abschneiden. Diese von
Fleischner-als „marginale Infiltrate“* bezeichneten Prozesse geben
Im schrägen oder frontalen Strahlengang ein sehr markantes Bild,
welches die Lappendiagnose gestattet. Für die Feststellung der
anatomischen Natur des Prozesses und damit der Prognose und
Therapie ist die Kenntnis solcher marginaler Veränderungen von
größter Wichtigkeit. ce
c) Art der Veränderungen. Ferner möchte ich noch
anlühren, daß allgemein auf folgende Veränderungen zu achten ist:
1. Verschattungen,
2. Aufhellungen,
3. Lageveränderungen der Thoraxorgane,
4. Veränderungen in Bezug auf die Bewegung.
#) Herrnheiser, M. KI 1924 im Druck.
") Holzknecht, M, m. W. 68, 485, 1921.
Noch bessere Resultate '
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ad 1 bemerke ich: Es muß vor allem entschieden werden unter
Berücksichtigung der vorher angeführten Projektionsgesetze, wo der
Sitz derselben sich befindet.. Hat man festgestellt, daß er im Lungen-
parenchym ist, so kann es sich um ein Infiltrat, eine Verkalkung, allen-
ialls auch um eine interlobäre Veränderung, also um einen Erguß
handeln. Auch kommt in Betracht, daß solche Verschattungen durch.
einen. Tumor im Lungenparenchym hervorgerufen werden können. Ver-
schattungen werden weiter auftreten bei pleuritischen Exsudaten, Pyo-
Seropneumothorax und Schwartenbildung nach Exsudaten. Natürlich
wird man in jedem einzelnen Fall unter Rücksichtnahme auf die anderen
klinischen Symptome zu entscheiden haben, welcher Prozeß vorliegt,
ad2. Aufbellungen im Lungengewebe werden: auftreten: Bei
Atrophie der Lunge, bei welchen die .klinischen Erscheinungen des
Altersemphysems der Lunge uns den, Fingerzeig geben werden, daß
dieser Prozeß vorliegt. Einschmelzung von Lungengewebe aus den
verschiedensten Ursachen — z. B. Lungenabszeß nach Pneumonie, Gan-
grän
Bronchialeiterungen), am häufigsten aber wird Tuberkulose der Lunge
die Ursache zur Höhlenbildung in derselben und zur Aufhellung des
Lungengewebes geben. Diese Aufhellungen, welche sich in’ätiologischer
Beziehung manchmal röntgenologisch nicht differenzieren lassen, treten
sowohl auf dem Schirm als auf dem Film als mehr oder minder große
kreisförmige, ovale oder unregelmäßige Aufhellungen auf. Die diesen
physikalischen Zeichen, nämlich der Aufhellung, zugrunde liegende ana-
tomische Veränderung die Kaverne, die Vomica, kommt natürlich auch
infolge der durch ulzerös-fibröse Vorgänge entstandenen Erweiterungen
der Bronchien vor. Natürlich — das soll hier noch besonders bemerkt
werden — werden nur nicht mit Sekret gefüllte Hohlräume in der
der Lunge aus den verschiedensten Ursachen (Fremdkörper,
Lunge solche Aufhellungen ergeben. Auch werden erst von einer ge-
wissen Größe an solche Kavernen röntgenologisch sicher festgestellt
werden können. . Auch spielt die Strahlenrichtung eine gewisse Rolle
bezüglich der Sichtbarkeit derartiger Kavernen -und verweise ich .dies-.
bezüglich und bezüglich der Verwechslung mit Bronchialluminis auf
das vorher Gesagte. Die allergrößten Aufhellungen werden auftreten,
wenn in den Thoraxraum Luft eingedrungen, die Lunge dadurch zum
Hilus komprimiert und der zwischen der komprimierten Lunge und
Pleura entstandene Raum mit Luft gefüllt ist. |
Ein solcher Prozeß kann entweder spontan entstehen, oder von
uns künstlich zu therapeutischen Zwecken hergestellt werden.
ad 3. Abgesehen von der Rachitis und ähnlichen Prozessen,
welche zu Deformitäten des knöchernen Thorax und damit 'zu weit-
gehenden Verdrängungen, und Verziehungen der im Thorax einge-
schlossenen Organe führen, die hier nicht weiter besprochen werden
sollen, sind es 2 Prozesse, die bedingt durch Erkrankung: der Lunge
oder Pleura zu solchen sichtbaren Veränderungen führen. Es ist das
die indurative Pneumonie, meist durch Syphilis oder Tuberkulose be-
dingt, welche zu weitgehender Schrumpfung sogar eines ganzen Lappens
führen kann und röntgenologisch durch Schwinden der normalen Lungen-
zeichnung und Auftreten eines dichten Schattens sich kund gibt. Weiter,
abgelaufene Pleuraexsudate mit nachfolgender Schwartenbildung und.
Kompression der unteren Lungenpartie werden desgleichen solche
Lageveründerungen herbeiführen. | oo
ad 4. Hierher gehört in bezug auf das Zwerchfell die Bewegungs-
einschränkung,. die Pcker bildung ferner die paradoxe Zwerchfell-
‚bewegung. Ferner Verziehungen des Mediastinums, die bei Pleuritis media-
stinalis externa adhaesiva, ferner bei Bronchostenose usw. auftreten.
An der Schattenbildung selbst haben wir zu unterscheiden:
1. die Größe. Dieselbe ist sehr verschieden; man beobachtet
stecknadelkopfgroße Schatten (miliare Tuberkulose) bis zur totalen
gleichmäßigen Verdunkelung eines ganzen Lungenfeldes, ja einer
ganzen Lunge, die herrühren kann von Infiliraten, Exsudaten und.
Tumoren. | | ER PA
2. Die Form des Schattens ist verschieden. Man bezeichnet
ihn demgemäß als rundlich oder unregelmäßig, halbmondförmig,
- streifenförmig, bandartig, spindelförmig oder rosettenartig.
3. Was die Begrenzung betrifft, so kann sie scharf oder unscharf i
(verwaschen und zerfließlich) sein.. Die tuberkulöse Lungeninfiltration
zeigt solche Schattenbegrenzungen in den verschiedensten. Formen.
'4. Die Schattenintensität wird als intensiv, mittelstark und
zart bezeichnet. Die Grade der Intensität hängen von der Art der‘
. anatomischen Veränderungen ab, Exsudate und Tumoren geben im
allgemeinen sehr intensive Schatten.
Bezüglich der Lokalisation und Lagebezeichnung verweise ich
auf das früher Gesagte. Es soll'noch einmal zusammenfassend hier
betont werden, daß das anatomische Substrat solcher Schatten be-
‚dingt sein kann durch die verschiedenartigsten Prozesse im Lungen-
gewebe, die zu einer Verdichtung desselben führen., Als solche
führe ich auf: Exsudat in die Lungenalveolen (bronchopneumonische
oder lobär pneumonische Prozesse), ferner Erguß in: die Interlobär-
spalten, dann produktiv - entzündliche Prozesse, fibröse Prozesse,
Kalkablagerung, Infarktbildung, Tumor in der Lunge, Atelektasen,
Parasiten, Fremdkörper.
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-1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.4l.. |
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Den Aufhellungen . können, wie- bereits früher erwähnt,
folgende anatomische Substrate zu Grunde liegen: Kavernen,
Atrophie der Lunge mit‘ lokalem Emphysem, Pneumothorax und
abgesackter Pneumothorax (siehe vorher), Aufhellungen, bedingt
nur durch Kontrast mit der dunklen Umgebung. Auch bei den
Aufhellungen ist wie bei der Verschattung, Begrenzung, Form,
Größe, Lage zu beachten. ' |
Symptome der Initialtuberkulose Erwachsener.
a. Die Spitzentuberkulose. Welche Veränderungen sind in
den Lungenspitzen nachweisbar? Dahin gehört vor allem die Trübung
der Lungenspitze. An und für sich ist sie für die Diagnose nicht zu
' verwerten, denn -eine Reihe von Prozessen, die mit Tuberkulose
nichts zu tun haben, kann zum Auftreten derselben führen. Dazu:
gehören nach Krause?°) von pathologischen Prozessen Veränderungen
der Haut (Sklerodermie), Vermehrung des subkutanen Bindegewebes,
vergrößerte pathologisch veränderte Lympliknoten der Supraklavi-
largruben, weiter Strumen oder anderweitige daselbst befindliche
Tumoren.‘ Unter physiologischen Verhältnissen können derartige
Trübungen auftreten bei starker Entwicklung der Muskulatur und
Aufnahme in ungünstiger Stellung (Deckung durch den Klavikular-
schatten), Eine besondere Vorsicht erheischt die Annahme beider-
seitiger Spitzentrübungen, da schon normaler Weise die Lungen-
spitzen dunkler erscheinen als die tieferen Lungenparlien. Be-
sonders stark tritt dies beim Emphysem zu Tage. Auch kann
durch nicht vollkommen symmetrische Armhaltung, schiefe Kopf-
haltung eine Spitzenverdunkelung vorgetäuscht werden. ‚Nach
unserer Meinung ist die schlechte Aufhellung der Lungenspitzen
beim Husten (Kreuzfuchs) in Übereinstimmung 'mit Aßmann ein
unverläßliches Kennzeichen. Das Gleiche gilt für das Williamssche
` Symptom (verminderte Exkursionsbreite des Zwerchfells auf der
kranken Seite), das Jaminsche Symptom (Zurückbleiben des
medianen Zwerchlfellanteils), das Kaestlesche Symptom (Ein-
kerbungen am Zwerchfellkontur). Schließlich soll bemerkt werden,
daß Verkalkungen des ersten Rippenknorpels sich 'sehr häufig,
finden auch in Fällen, wo keine Tuberkulose vorliegt. Wir wollen
nicht leugnen, daß auch deutliche Spitzentrübungen- bei einem
'tuberkulösen Prozeß sich finden. Aber sie sind nicht häufig, nur
‚dann sind sie diagnostisch zu verwerten, wenn die zählreichen
hier angeführten Fehlerquellen mit Sicherheit ausgeschaltet sind.
In Übereinstimmung mit Aßmann sind nach unserer Meinung
das wichtigste, in der Hand eines geübten Untersuchers auch ver-
läßliche Symptom: herdförmige Schattenbildungen in der
. Lungenspitze.
In vielen Fällen sind sie nur auf der Spitzenplatte erkennbar,
und’ muß deshalb jede verläßliche Beurteilung auf eine Spitzenaul-
nahme der ‚Lunge sich stützen können. Eine Lungenüber-
sichtsaufnahme reicht nicht aus. Solche Aufnahmen wurden
seinerzeit überschätzt, sind dann aus der Mode gekommen, geben
aber bei größerer Erfahrung, guter Technik und entsprechender
Kritik der Befunde verläßliche -Resultate.
Bezüglich der Aufnahme führe ich insbesondere gestützt aul
Herrnheisers Beobachtungen folgendes an: .Die Aufnahmen sollen
bei Atmungsstillstand, damit eine respiratorische Verzeichnung der
Spitzengefäße vermieden wird, kurzfristig erfolgen. | Ä
Die Verwendung von Verstärkungsschirmen ist zu empfehlen,
da einer Verwechslung zwischen Korn der Folie und Spitzenherden |
bei Verwendung. moderner Verstärkungsfolien ausgeschlossen ist.
Ein solcher Schirm hat weiter den Vorteil, die Lungenzeichnung
kontrastreicher zur Darstellung zu bringen als eine Plattenaufnahme
allein. Von einer solchen, also von einer Spitzenplatte, ist unbedingt °
zu verlangen, falls sie zu diagnostischen Zwecken brauchbar sein
‚soll, daß sie eine ausgesprochene Geläßzeichnung zeigt.
-(Albers-Schönberg).
Die Spitzengefäße bilden Y-förmige Zweige und Netze. Ebenso |
finden sich kleine orthoröntgenograde Gefäßquerschnitte (siehe
vorher) in der Spitze.
gefäßzeichnung auf Schwierigkeiten. Man kann in der Lungenspitze
mehrere Gefäßstämme erkennen,: gewöhnlich 4 bis 6 an Zahl, die
vertikal verlaufen. Ein. oder zwei größere Gefäße finden sich im
lateralen Teil, die auf den Schatten. der vorderen ersten Rippen-
partien. sich ‚projizieren. Die von diesen Vertikalgefäßen ausgehen-
den feineren Verzweigungen bilden dann das Netz Y-förmiger oder
vielleicht besser gesagt rhombischer Maschen, in welche an manchen
Teilungsstellen kleinste runde Flecke (orthoröntgenograde Gefäß-
2) Krause, bei„Groedel“, Rgdn. i. d. inn. Med., Münch. 1921,
Lehmann.
Die Unterscheidung, was normal, was.
pathologisch ist, stößt mangels einer genauen Kenntnis der Spitzen-
querschnitte) eingelagert sind. Diese Gefäßzeichnung ist in der Regel
in den mittleren und lateralen Partien weniger dicht. - Pathologische
Herde sind am besten in den mittleren Partien erkennbar. Ebenso
ist die Gefäßzeichnung, im 2. Interkostalraum weniger deutlich als
im 3., und daher für den Nachweis von Veränderungen günstiger.
Bei Betrachtung eines Fleckes in der Lungenspitze muß man sich
stets die Frage vorlegen, ob derselbe nicht von einem Gefäß her-
rührt. Man hat also das bezüglich der Gefäßzeichnung hier Vor-
gebrachte mit dem, was ich früher bereits hier anfülrie, zu ver-
gleichen. Die. vorstehende Darstellung stützt sich auf bisher noch
nicht. veröffentlichte Beobachtungen von Herrnheiser. Werden die
oben angeführten Kautelen eingehalten, dann kann es gelingen,
hanfkorngroße, ja im günstigen Falle stecknadelkopfgroße Herdchen
in der Spitze röntgenologisch nachzuweisen. Für die Diagnose der
| initialen Spitzentuberkulose gibt in der Hand des Geübten dies
` Untersuchung ein entscheidendes Resultat.. u
| Ein nicht leicht zu konstatierender, aber klinisch sehr wich-
tiger Befund ist der Nachweis kleiner, etwa erbsengroßer Ring-
schätten .als Zeichen von Spitzenkavernen. Eine genaue Kenntnis
der normalen Röntgenanatomie ist, um Fehler zu vermeiden, unum-
gänglich notwendig. Unregelmäßigkeiten des Begleitschattens der
Il. Rippe (Albers-Schönberg) sind nach Aßmanns Erfahrungen,
mit welchen Herrnheisers Befunde im Einklang stehen, Sym-
ptome eines anatomisch nachweisbaren Prozesses (Schwielen und
Adhäsionen). Klinisch sind solche Befunde von geringer Bedeutung,
da sie Residuen. längst abgelaufener Prozesse bilden. |
Es wird noch bemerkt, daß die Beurteilung derarliger Spitzen-
prozesse stets durch die klinische Beobachtung ergänzt werden muß.
| b) Ausgedehnitere Spitzenveränderungen. Man findet
ausgedehntere Flecken- und Streifenbildung, konfluierende Schatten,
kleinere und größere Ringschatten, Aufhellungen in verdichteter Um-
gebung nicht selten in unregelmäßiger Form (konfluierende Kaverne).
Oft sieht man schon deutliche Schattenbildungen in den subapi-
kalen Partien, oder in ausgedehnteren Gebieten der Lungenielder.
Größere subapikale Ringschatten ragen nicht selten in das Spitzen-
feld hinein.
Spitzenfelder durch Spitzenkavernen verursacht werden können. In
solchen Fällen fehlt die normale Gefäßzeichnung. Auch deshalb
‚ist in allen solchen Fällen eine Spitzenaufnahme unerläßlich.
œ) Initiale Tuberkulose außerhalb der Lungenspitze.
Bei klinisch initialer Tuberkulose findet man [Grau?!)] Verände-
rungen nicht so selten nur in den subapikalen Partien unterhalb -
der Klavikula, namentlich in den medialen. Partien des Oberieldes,
auch in den lateralen subapikalen Partien können die ersten Ver-
änderungen sich vorfinden, ebenso in den Mittel- und Unterlappen.
Bei Erwachsenen kann es sich da um den Primärherd handeln.
Ausgedehnte Studien bei Kindern müssen die Regelmäßigkeit des
‚ Vorkommens, derartiger Herde mit Affektion der benachbarten
Lymphdrüsen im Sinne von Küss, Ghon und Albrecht ergeben.
Besonders hervorheben möchte ich auf Grund einer eigenen Er-
fahrung, daß nicht so selten bei klinisch negativem Befund die
Röntgenuntersuchung bereits ausgedehnte Veränderungen ergeben
kann, wobei es sich nicht um stationäre, sondern um rasch pro-
grediente maligne Prozesse handeln kann. Den Fall, auf den sich
diese Bemerkungen beziehen, habe ich bereits anderweitig publiziert?2).
d) Bedeutung der Hilusveränderungen für die Dia-
gnose der Frühtuberkulose Erwachsener. Diese Verände-
rungen sind in ihrer klinischen Bedeutung bisher wesentlich. über-
schätzt worden. Wir leugnen nicht ihre prinzipielle Wichtigkeit
für die Tuberkulose des Kindes, doch spielen die Hilusverände-
rungen bei der Tuberkulose der Erwachsenen eine sehr unter-
geordnete Rolle. Es ist in dieser Beziehung schon früher das Nötige
angeführt worden. Hier. sind noch hinzuzufügen die vielfachen Mög-
lichkeiten, welche zu einer Verbreiterung des Hilusschattens führen
können. . Insbesondere sei nochmals betont, daß die so häufig an-
geführten „perlschnurartig“ angeordneten Drüsen nichts weiter sind,
als orthoröntgenograde Gefäße, und daher mit einem pathologischen
Befund nichts zu tun haben. Das Gleiche gilt für die sogenannten
Rieder-Stürtzschen Stränge. Ihre Bedeutung ist durchaus nicht
geklärt. Gewiß hat Aßmann recht, daß es sich meist um Gefäb-
streifen mit und ohne Hyperämie handelt. Für die Diagnoseinitialer
Lungentuberkulose sind sie nicht zu verwerten.
merke ich, daß jedes Lungenfeld abschniltweise (Spitzen-, Ober-,
21) Grau, M.Kl.1910, Jg. 6, S. 782. i
22) R. Jaksch-Wartenhorst, M.KI. 1924, Jg. 20, S. ō.
Es sei noch daran erinnert, daß scheinbar helle freie
5. Ausgebreitete Lungentuberkulose: Zur Technik be-
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Mittel-, Unterfeld) zu durchmustern ist. Auf die häufig große
Differenz zwischen den durch Perkussion und Auskultation ge-
wonnenen Befunden und der röntgenologisch festgestellten Ausdeh-
nung des Prozesses wurde bereits hingewiesen. Nur in wenigen
Fällen findet das Umgekehrte statt. Bezüglich der Lokalisation
weise ich vor allem auf die Wichtigkeit des Nachweises einseitiger
Prozesse hin, wegen der Indikationsstellung für die Pneumothorax-
behandlung solcher Fälle. Auch soll man sich bemühen (s. das vor-
her Gesagte) nach Möglichkeit zu einer Lappendiagnostik zu kommen.
6. Feststellung der anatomischen Natur des Pro-
zesses. Im allgemeinen ist daran festzuhalten, daß der Röntgen-
befund heute in der Hand des Geübten wichtige Schlüsse auf die
Art des Prozesses zuläßt. Doch unterliegt die Differenzierung der
verschiedenen Formen. der Tuberkulose großen Schwierigkeiten, um
so mehr, als die Autoren einer verschiedenen Nomenklatur sich be-
dienen.
zirrhotisch- (Graeff und Küpferle) mit knötchenförmig-, lobulär-
und lobär - pneumonisch-, firrös (Aßmann). Die Entscheidung
über die zweckmäßigste Nomenklatur kann wohl, wie ABmann mit
Recht betont, nur der Anatom treffen. Der Röntgenologe wird sich
auf makroskopisch anatomische Unterscheidungsmerkmale stützen
müssen. Im einzelnen verweise ich bezüglich dieser Fragen auf
das grundlegende Werk von Aßmann und die ebenso. wertvollen
und exakten Untersuchungen von Graeff und Küpferle. Wenn
wir nach diesen Richtlinien vorgehen, ergeben sich folgende rönt-
genologische Merkmale der einzelnen Formen:
1. Knötchenförmige Form = azinös produktiver und-
azinös nodöser Herd. Wir sehen linsen- bis über erbsengroße rund-
liche Flecke mit relativ guter Begrenzung, dabei zentrale Verkäsung
mit manchmal dichterem Zentrum. Durch Zusammenfluß mehrerer
Knötchen entstehen dann kleeblattförmige rosettenartige Flecke, die
Abgrenzung der einzelnen Herde ist auch bei größerer Stellungsdichte
erkennbar. | |
2. Bronchopneumonische und käsig pneumonische Form = ex-
sudativ käsige lobuläre Herdbildung. Wir sehen auf der Platte große,
unregelmäßige, ziemlich intensive unscharf begrenzte (weiche, zerfließ-
liche) Flecke, vielfach konfluierend. Dieselben sind im Zentrum in-
folge der Verkäsung dichter als in der Peripherie. Durch weitgehende
Konfluenz kommt es zur Bildung großer Herdschatten, die bei käsiger
Pneumonie zu einer intensiven flächenhaften Verschattung eines ganzen
Lappens oder auch großer Lappenteile führen. |
3. Die indurative Form = der zirrhotische Herd führt zu runden
bzw. unregelmäßigen intensiven Flecken, oder größeren Herden. Sie
ähneln einer diffusen Infiltration, sind aber meist nicht so homogen.
Die zirrhotische Phthise führt ferner zu intensiven Streifen und unter
Umständen treten ausgebreitete Schrumpfungsvorgänge ein, bei welchen
sogar Lungenlappen wesentlich verkleinert werden. Diese Vorgänge
werden besonders gut sichtbar, wenn die Lappengrenze durch eine
verzogene interlobäre Schwarte Bekunzich
erscheinungen können auch am Mediastinum und an der Trachea auf-
treten. An und für sich ohne Beachtung der klinischen Symptome
sind solche Verziehungserscheinungen noch kein Beweis für die zir-
rhotische Natur des Prozesses. u
. _,% Zerfallserscheinungen. Vor allem kommen hier in Betracht
die Bilder, welche die Kavernen ergeben. Es sind dies Ringschatten
rund, ovoid, elliptisch, bisweilen auch nur halbmondförmig im Zentrum
mit aufgehellter Zone, bisweilen projizieren sich vor oder hinter der
Kaverne liegende Schatten in das Lumen der Kaverne. Oft sind mehrere
Kavernen über- oder nebeneinander projiziert, durch teilweise Über-
deckung der Ringschatten entstehen dann unregelmäßige Bildungen.
Durch Zusammenfluß mehrerer kleiner Kavernen können dann äußerst
bunte Bilder entstehen. Je älter nun die Kaverne und je gereinigter
dieselbe, desto glatter ist der durch die Wand gebildete Ringschatten.
Ist der Zerfall. noch nicht beendet (ungereinigte Kaverne), so ist die
Begrenzung (Kavernenwand) oft unscharf zackig begrenzt. Frische
Kavernen, besonders bei exsudativen Prozessen, können im ersten
Stadium unbemerkt bleiben. Später treten in der verdichteten Um-
gebung unregelmäßig oder bogig begrenzte Aufhellungen ein. Schreitet
er Prozeß rasch fort, so sieht man zahlreiche solche Aufhellungen
nebeneinander und kann man bei weiterem Fortschritt der Erkrankung
deren Verschmelzen beobachten. Eine Verwechslung mit vikariierendem
Emphysem, das öfters zwischen Infiltrationsherden auftritt, ist leicht
möglich. (Siehe das früher Gesagte.) Zur Unterscheidung, die manch-
mal schwierig ist, gehört viel Übung:
großen Höhlenbildungen zur Verwechslung mit Pneumothorax Ver-
anlassung geben können. Auch große Spitzenkavernen (siehe vorher)
können für normale helle Lungenspitzen gewertet werden. |
. __ 5. Miliare Tuberkulose hämatogene, disseminierte Tuberkulose).
Bei dieser Form tuberkulöser ungenerkrankung sieht man über beide
„ungenfelder gleichmäßig ‚verteilte, äußerst dicht stehende. kleinste
Fleckchen, die in den oberen Lungenpartien meist zahlreicher und
größer sind, als in den unteren Partien. Graeff und Küpferle unter-
.Vorsic
Praktisch decken sich die Begriffe produktiv-, exsudativ-,
net ist. Verziehungs-
k Es soll bei dieser Gelegenheit
erwähnt werden, daß die bei fortschreitendem Zerfall eintretenden sehr.
scheiden azinös-produktive und azinös-exsudative Miliartuberkel. : Die
ersteren sollen besser abgegrenzt sein. | | -
Daß Fälle vorkommen, welche klinisch symptomlos sind, rönt-
genologisch dagegen den typischen Befund einer. miliaren Tuberkulose
zeigen, unterliegt gar keinem Zweifel und möcħte ich insbesondere
hier eines von mir?®) mitgeteilten Falles gedenken. Die Anzahl solcher
Fälle, welche man in der Literatur findet, sind nicht gering, so hat
Aßmann, Cohn2), Heineke), Lorey:%)' und Umber?) derartige
Fälle Dan Doch ist in der Suse solcher Fälle größte
t geboten. Nur eine genaue klinische uns wird Ver-
wechslungen mit. den manchmal so ähnlichen Bildern der Koniose
hintanhalten können. i |
Zum Schlusse fügen wir bezüglich. der anatomischen Analyse
der Röntgenbilder noch folgendes hinzu: Reine, produktive, exsu-
dative oder indurative Tuberkulose ist selten. Gewöhnlich handelt
es sich um Mischformen. Es laufen verschiedene Prozesse neben
einander ab. Am häufigsten findet man noch rein die indurative
Tuberkulose in jenen Fällen, in denen Heilung im Gang ist.
Aus einer einzelnen Schattenbildung am Film läßt sich eine
anatomische Diagnose nicht machen. Maßgebend ist das Gesamt-
bild, das je nach dem Überwiegen einer bestimmten Form in einem
Lungenabschnitt, diesem das Gepräge einer der 3 Formen gibt. Es
gelingt praktisch demnach tatsächlich bei entsprechender Technik,
Kenntnis und Erfahrung, den vorherrschenden Charakter einer tuber-
kulösen Affektion zu ermiiteln. Natürlich darf das Endurteil nur
gefällt werden durch Vergleichung des klinischen mit dem Röntgen-
befund. Sehr wichtig für die Diagnose exsudativer Prozesse ist die
Feststellung marginaler Infiltrate (Fleischner). Sie werden bei
schräger, bzw. frontaler Durchleuchtung mit großer Sicherheit fest-
gestellt. Ihre praktische Bedeutung ist deshalb groß, weil sie einen
verhältnismäßig häufigen Befund darstellen, der bei Tuberkulose
mit Sicherheit auf einen exsudativen (käsig-bronchopneumonischen
oder lobär-pneumonischen) Prozeß hinweist. Die einschlägigen An-
gaben von Fleischner werden durch die Nachuntersuchung von
Herrnheiser bestätigt. - | | |
B. Röntgentherapie der Lungentuberkulose.
Ich kann mich in dieser Beziehung kurz fassen und möchte
' auf das verweisen, was ich vor Jahren anläßlich des Tuberkulose-
kurses in Aussig?®) über die spezifische Behandlung der Tuberkulose
gesagt habe. Mutatis mutandis gilt für die Röntgentherapie der
Tuberkulose das Gleiche, wie für die Tuberkulintherapie. Nur aus
der Beachtung des einzelnen Falles, nur unter Berücksichtigung des
Ausfalles der immunbiologischen Reaktionen wird man mit der
'Röntgentherapie Erfolge erzielen. Aber nur dann werden dieselben
reifen, wenn der Therapeut sich auf noch weiter zu beschreibende
bestimmte Formen der Behandlung der Lungentuberkulose mit diesem
Agens beschränkt. Es kann also diese Methode nur ein auf diesem
Gebiete vollständig versierter Fachmann ohne Schaden für den
Kranken ausführen. Schon damit wird das therapeutische Gebiet
in Bezug auf ‘die Verwendung dieser Strahlen wesentlich eingeengt.
Hierzu kommt, wie Bacmeister?®) und Küpferle?°) durch den Tier-
versuch mit Bestimmtheit erwiesen haben, daß der Tuberkelbazillus
durch die Röntgenstrahlen nicht getötet wird, d. h., um mit Bac-
meister zu sprechen, findet eine nachweisbare Einwirkung auf den
Tuberkelbazillus nicht statt. Was die Einwirkung der Röntgen-
strahlen auf den tuberkulösen Prozess betrifit, so ist zunächst
hervorzuheben, daß sie genau wie andere Strahlen, als Licht-
strahlen auf das tuberkulöse Gewebe wirken und nur durch ihr
tieferes Penetrationsvermögen intensivere Wirkung als andere
Strahlen hervorrufen können. Aber in diesem Moment liegt auch
die Gefahr ihrer Anwendung bei nicht dazu geeigneten Fällen.
Meine eigenen Erfahrungen über die Röntgenbehandlung der Tuber-
kulose sind gering, und stütze ich mich bei den nachfolgenden. Fr-
örterungen vorwiegend auf die Mitteilungen von Bacmeister, aus
denen klar erhellt, daß es nur eine. bestimmte Form der Lungen-
tuberkulose ist, bei welcher Erfolge zu erwarten sind. Zunächst sei
nochmals hervorgehoben, daß die Röntgenstrahlen auf die Bazillen
28) R. Jaksch, M.KI. 1924, Jg. 20, S. 5.
24) Cohn, Tuberk. Bibl. Nr. 2. Leipzig 1923, Barth.
25) Heineke, Beitr. z. Klin. d. Tbc., Bd. 41. br a
28) Lorey, Fortschr. d. Röntgenstr. 1922, Bd. 30, Kgr.-H. 1; S. 72.
27) Umber, zitiert nach Cohn. en
28) Jaksch siehe Ghon und Jaksch, Tuberkulose usw. Wien,
Breslau 1922. Haim & Comp. ` BE Be |
29) Bacmeister, Röntgenbehandlung der Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulose. Leipzig, 1924, Thieme. o
3) Küpferle, zitiert nach Bacmeister.
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suchen bei. fibrösen Formen, wobei ich aber jedenfalls empfehlen
verweise ich auf Bacmeisters Erfahrungen. Nach diesem Autor
Die Gefahr des Eintritts der Lungenblutung bei dieser
: Therapie ist gering.
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1422
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. 00.12, Oktober
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keine Einwirkung haben, dagegen wirken sie auf das Granulations-
meisten bei dazu geeigneten Fällen die kombinierte Quarzlicht-
gewebe, welches durch die Einwirkung dieser Strahlen in Narben- | Röntgenthorapie. PAE a. l l
gewebe umgewandelt wird. na | Ich möchte Ihnen noch eine Reihe von geheilten Fällen vor-
Es kann deshalb diese Methode nur .auf langsam progrediente | stellen, worunter einer zeigt, im Gegensatz zu Aschoffs Anschauungen,
Formen Anwendung finden, in denen das Granulationsgewebe über- | daß auch typische Kavernen ausheilen können. Alle diese Fälle
wiegt. Insbesondere ist die Verwendung des Verfahrens zu ver- | sind teils bloß bei entsprechender physikalischer Therapie (Liegekur,
‘ Mastkur, Klima), teils in Kombination mit Lichtbehandlung, ‚aber
olmec Verwendung von Tuberkulin geheilt.
Wenn ich zum Schluß
diese Fälle überhaupt hier anführe, so hat dies den Zweck, die
Kollegen darauf aulmerksam zu machen, daß ich bei der Therapie
der Tuberkulose das größte Gewicht lege auf eine Verwendung der
physikalischen Heilmethoden und bei passenden Fällen Behandlung
mit Lichtstrahlen, Sonnenlicht, Röntgen, entweder in einem Kranken-,
hause oder in entsprechenden klimatisch gut gelegenen und ein-
gerichteten Sanatorien, wie wir sie hier in der Tatra zur Verfügung
- haben. Noch einen Gesichtspunkt möchte ich als Schlußpunkt
meiner Auseinandersetzungen hier anführen. Im Sinne Hajeks
müssen wir uns bemühen, die Tuberkulose in jenen
Stadien schon einer Behandlung zu unterziehen, in der
sie noch nicht Organerkrankung geworden ist. Dann
werden die therapeutischen Erfolge, ganz gleichgültig, welche
am | Methode wir anwenden, wesentlich besser werden.
Abhandlungen.
Aus der II. Medizinischen Klinik (Vorstand: Dr. F.Chvostek)
und dem Neurologischen Institut (Vorstand: Prof.Dr.0.Marburg
E der Universität in Wien.
würde, andere Formen der spezifischen Behandlung (Tuberkulin,
Sonne) nicht zu vernachlässigen. Nochmals möchte ich hervor-
heben, daß also exsudative Formen absolut auszuschließen sind.
Wendet man bei solchen Formen das Verfahren doch an, so tritt
rasch eine Verschlechterung ein. Werden die Fälle entsprechend
ausgewählt, so wird man bei den progredienten Formen, die zum
Stillstand neigen, durch Beschleunigung der Vernarbung Erfolge |
erzielen. Bezüglich der Methode der Verwendung dieser Strahlen
muß vor allem darauf gesehen werden, stärkere Reaktionen zu ver-
meiden.
Die ambulante Therapie ausgeschlossen.
Auch ist sie keine indifferente Methode, und wird sie, wie ich
eingangs erwähnt, nur in der Hand eines erfahrenen Tuber-
kulose-Arztes Erfolge erzielen. Bacmeister empfiehlt
Der negative Ausfall der histologischen Untersuchung brachte
somit eine Bestätigung der bereits aus klinischen Überlegungen
gewonnenen Annahme und veranlaßte uns, jene von uns postulierten
Regulationsstellen in höher gelegenen Abschnitten des Zentral-
nervensystems zu suchen. Nach dem derzeitigen Stande unseres
Wissens werden als übergeordnete vegetative Zentren die im Hypo-
thalamus, Tuber cinereum, Infundibulum und in der Umgebung
des dritten Ventrikels gelegenen Kernmassen aufgelaßt. Wir haben
vorläufig in zwei Fällen von Coma diabeticum unternommen,
diese Gebiete zu durchsuchen, und haben dabei die Überzeugung
gewonnen, daß die in Rede stehenden Kerngebiete keine der-
arligen Veränderungen aufwiesen, die zu dem Schlusse berechtigen
würden, die hypothalamischen Zentren als maßgebende Regulations-
organe für Atmung und Glykosurie zu betrachten.
. Da also das Ergebnis der histologischen Untersuchung der
medullären und mesenzephalen vegetativen Zentren- fast negativ
ausgefallen war, schien es geboten, nach anatomischen Veränderungen
in Gebieten zu suchen, die bisher in dieser Hinsicht keine Beachtung
gefunden haben und die doch nach ihrer Lage, Ausdehnung und
Konstanz der phylogenetischen Entwicklung Beziehungen zu primi-
tiven Funktionen der vegetativen Sphäre vermuten ließen. Es fiel
uns bei der Durchforschung des Hirnstammes unserer am
diabetischen Koma verstorbenen Kranken auf, daß die
einzigen unverkennbaren schweren Veränderungen im
Locus coeruleus der Brückenhaube gelegen waren.
Dieses große, beiderseits an der lateralen. Ecke des vierten
Ventrikels gelegene Kerngebiet reicht vom Niveau des Trigeminus-
kerns bis an das Niveau des hinteren Vierhügels, erfüllt somit ein
an Längendimension beträchtliches Areal und ist: besonders beim
Menschen durch den Typus seiner Zellen markant. Seiner Lage nach
stellt es gewissermaßen eine orale Fortsetzung der Oblongatakerne dar,
die mit vegetativen Funktionen in Beziehung stehen: im kaudalen Ab-
schnitt desZentralnervensystem sind es die Vaguskerne, weiter oral der
mediale Vestibulariskern, der ebenfalls vegetativen Leistungen dienen
dürfte (A:Spitzer), noch weiter oral der Locus coeruleus. Die bisherige
Auffassung, daß es sich bei dem Locus coeruleus um einen Trigeminus-
' kern handle, ist des öftern in Zweifel gezogen worden und die aus dem
Trigeminus abstammenden Fasern, die zum Locus coeruleus in
Beziehung treten, könnten leicht als Reflexfasern aufgelaßt werden,
die vom Trigeminus, diesem auch für die Atmung bedeutungsvollen
Hirnnerven, zu den Ganglienzellen des Locus coeruleus ziehen.
Es erscheint weiterhin bemerkenswert, daß beim Menschen 1m
allen vegetativen Kernen Zellelemente aufgelunden werden, die
durch ein dunkles, schwarzgraues Pigment im Innern der Zellen
ausgezeichnet sind. Dies gilt für den "dorsomedialen Vagus-
kern, der mit solchen Pigmentzellen auch in die Substantia
reticularis hineinreicht und so auf einen diffusen Aufbauplan der
vegetativen Zentren hindeutet; abgesehen von der Substantia nigra,
deren Bedeutung noch nicht völlig klargestellt ist, finden wir eine
Anhäufung pigmentführender Zellen nur noch im Locus coeruleus.
Die pigmentierten Zellen der Spinalganglien kommen für unsere
Zerebrale Dyspnoe.”)
Von Dr. Leo Hess und Dr. Eugen Pollak,
I.
Neben der großen Zahl der kardial, pulmonal und renal be-
dingten Atemstörungen werden an der Klinik dyspnoische Zustände
beobachtet, deren Zurücklührung auf die genannten Organerkrankungen
nicht möglich ist. Solche Atemstörungen sind z. B. für das
Coma diabeticum seit Kussmaul bekannt und werden auf toxische
Einwirkungen bezogen, ohne daß der. Angriffspunkt der hypo-
thetischen Giftstoffe bisher näher angegeben werden konnte. Der
Sitz dieser und ähnlicher Atemstörungen dürlte mit größter Wahr-
scheinlichkeit in den. zentralen Regulationsstätten der Atmung zu
suchen sein. Eine Stütze für diese Annahme bildet die heute mehr
und mehr durchgreifende Erkenntnis, daß bei inkretorischen Er-
krankungen auch eine zentrale Komponente von Bedeutung ist.
Hierbei spielt nach der Meinung älterer und jüngerer Autoren sowohl
das im verlängerten Mark gelegene vegetative Zentrum wie das
Zwischenhirn eine wichtige Rolle. Die räumliche Nachbarschaft des
vagalen Atemzentrums und der von Claude Bernard gefundenen
Pigüre-Stelle könnte zunächst die Vermutung erwecken, ob nicht
Beziehungen zwischen der diabetischen Stoffwechselstörung und den
Anomalien der Atmung bestehen. Ein Versuch, die diabetische
Atemstörung zu lokalisieren, hätte demnach in erster Linie in dem
Oblongatazentrum einzusetzen, bzw. die vegetativen Zentren dieser
Region genauer zu prüfen. Die klinische Form der großen diabetischen
Atmung weicht aber von dem Bild jener Atemstörungen ab, die bei
Erkrankungen des Vaguskerngebietes zur Beobachtung kommen:
diese gehören zumeist dem Cheyne-Stokesschen und Biotschen Typus
an, während die Atmung der komatösen Diabetiker bei vollkommen
erhaltenem normalen Rhythmus sich durch die Vertiefung der in-
und exspiratorischen Exkursionen charakterisiert. Diese Differenz in
dem klinischen Bilde läßt vielleicht auch an eine Differenz in der
Pathogenese und in der Lokalisation des anatomischen Substrates
denken. Unsere Fälle von Diabetes mellitus haben diese Überlegung
insofern bestätigt, als die mikroskopischen Befunde an dem vegeta-
tiven Oblongatakern die markante Atemstörung nicht erklären
konnten. Die Veränderungen, die sich in diesem Abschnitte des
verlängerten Markes fanden, waren relativ geringfügig; die Zellen
des Vaguskernes selbst sowie die von ihm ausstrahlenden Zellzüge
waren im wesentlichen intakt und die leichten Veränderungen, die
sich hier ebenso wie an anderen Stellen des Gehirns nachweisen
ließen, werden kaum anders denn als ein Ausdruck der allgemeinen
Intoxikation zu deuten sein.
*) Herrn Professor Dr. F. Chvostek zu seinem 60. Geburtstag
ehrfurchtsvoll gewidmet.
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-12 Oktober. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.4. 0 O00 MB
anämischenu Dyspnoe in der gleichen Region des - Zentralnerven-
systems zu suchen. De Se a en Sn u,
Die diesbezüglichen ‘Untersuchungen erstreckten sich vorläufig
auf. 3 Fälle. Diese gehören sämtlich nach klinischen und aufoptischen .
Kriterien. zur echten Perniziosa. Die Atemstörungen wurden längere --
Zeit hindurch festgestellt. Die histologische. Untersuchung dieser
Gehirne mußte von vornherein. damit rechnen, daß mehr minder `
ausgesprochene sekundäre. Veränderungen im.. Bereiche des Zentral-
nervensystems vorkommen dürften.. Was aber das Bereich unserer
Untersuehungen anlangt, :so liegen in der’ Literatur keinerlei An- `
gaben vor. ` | | a“ a E A
©” -Anaemia perniciosa. Von dieser Erkrankungsform gelangten `
vorerst 3 Fälle zur Untersuchung: Auch hier ist die Subst. ferrug. |
in allen 3 Fällen am schwersten betroffen. Meist findet >
sich eine intensive Alteration-der pigmentierten Zellen
des Loc. coerul., die vielfach zu schweren. Zellausfällen‘
führt, so daß man statt des zusammenhängenden Zell-
bandes nur eine Menge von Zellhaufen erkennen kann,
die durch ‚Brücken zellireien Gewebes getrennt sind,. `
in welchen Zonen dann statt der Zellen nur Häufchen
von zusammengeballtem dunklem Pigment oder Gliazellen
liegen, die sich mit solchem Pigmentrest angefülltihaben `
und den Transport zu den Gefäßen durchführen, in deren
Nähe dann diese Körnchen deponiert werden. Man sieht
daher vielfach in der nächsten Umgebung der Gefäße,
bzw. in den Gefäßscheiden selbst oder auch schon im
Lumen der Gefäße die dunklen Pigmentkörnchen liegen.
Sonst fällt auch das Ödem dieser. Gegend auf, das in den ver- `
schiedenen Fällen verschieden starke Intensitätsgrade aufweist. Von
den übrigen Teilen .des Zentralnervensystems sieht man z.B. in
einem Falle beträchtliche Ausfälle an Zellen auch im 'vegetativen _
. Vaguskern, man sieht auch Zellschwellungen im Bereiche der `
’retikulierten Substanz und auch mehr oder minder ausgesprochene. -
Zelldegenerationsbilder in diesen Gegenden. Sonst findet man z. B.
im Nucl. caudat. oder Putamen erkrankte große Ganglienzellen und. .
auch. im Pallidum vereinzelte erkrankte Nervenzellen.
| i 2 5,0: Ä
Schon in früheren Stadien der Atherosklerose, wo die klinische .
Beobachtung noch keinerlei Anzeichen, sei es kardialer oder renaler
Affektionen aufdeckt, kommt es nicht selten zu paroxysmaler Dyspnoe,
ohne daß äußere Gründe hierfür angegeben werden könnten, manch-
mal im Anschluß an seelische Erregung. Am häufigsten zur Nacht-
zeit werden diese Kranken plötzlich von Atemnot heimgesucht, die
minutenlang anhält und manchmal plötzlich, manchmal ganz all-
mählich der normalen Respiration wieder Platz macht. Soweit bei
dem schweren Krankheitszustande eine Untersuchung des Herzens.
möglich ist, fehlen Anzeichen akuter Herzschwäche.. Rhythmus,
Frequenz, Spannung des Pulses zeigen keine wesentliche Abweichung.
gegenüber der Norm. Gesicht und Lippen der Kranken sind blaß,
über den angestrengt atmenden Lungen läßt sich außer dem Tief-
stand ' des Zwerchfells und spärlichem Rasseln und Pfeifen nichts
nachweisen. Das paroxysmale Auftreten der Anfälle, die Bevorzugung
der Schlafenszeit, der gelegentlich nachweisbare Zusammenhang mit '
nervöser Erregung und endlich das refraktäre Verhalten gegen Herz-
mittel aller. Art lassen auch für diese Anfälle den nervösen. Ursprung
erwarten. Der Sitz und das Wesen dieser eigenartigen Dyspnoe,. .
die oftmals mit Asthma cardiale verwechselt wird, ist bis heute un-
bekannt. .Das Auftreten der dyspnoischen Anfälle : besonders im. he
- Schlafe, wò ein Überwiegen des vegetativen Systems auch aus „bob
anderen Überlegungen wahrscheinlich: ist, läßt vermuten, ‘daß die ` Zu;
Ausführungen nicht in Betracht. - Vielleicht deutet diese morpho-'
logische Tatsache auf eine funktionelle Verwandtschaft. In ähnlicher.
Weise hat ja auch Spatz in dem Eisenpigmentgehalt. der sub-
kortikalen Ganglien einen Hinweis auf ihre funktionelle Zusammen-
gehörigkeit erblickt. Ob es sich daher in der Analogie um ähnliche
‘ Verhältnisse. handelt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
Interessant ist jedenfalls, daß auch beim Locus coeruleus (Subst.
ferruginea) nicht eine scharf abgegrenzte. Ganglienzellmasse vorliegt,
sondern daß ähnlich wie beim Nucl. pigmentosus vagi in der Med.
oblöngata und auch in etwas geringerem Grade auch bei der Subst.
nigra Zellstreifen in recht weit entfernte Teile des Haubenabschnittes
x hineinreichen. Auch letzterer Umstand spricht dafür, daß hier
. in diesem Kerngebiete des Loc. coer. nicht nur ein trigeminaler:
Kernabschnitt zu vermuten ist, sondern daß dieses Nervensystem
-
0... „anderen Funktionen obliegt. — > Zu
mr . Fassen wir zunächst unsere histologischen Befunde bei Coma,
diabeticum zusammen, so ergibt sich folgendes Resultat: =
‚Diabetes:: Die abgeschlossenen Untersuchungen betreffen vor-
erst 2 Fälle: Zur histologischen Untersuchung gelangte das gesamte
- Hirnstammmaterial, sowie Teile des Kleinhirns und der Rinde. Im
- - -ersten Fall fand sich eine namhafte Hyperämie, -besonders in der
-. Medulla oblongata. Hingegen erweisen sich die dort befindlichen :
- motorischen Kerne und auch die Substantia reticularis relativ intakt,
‚ Erstere sind fast unverändert, letztere zeigt zwar Vöränderungen.
‘ bezüglich der Ganglienzellen, doch sind diese pathologischen Bilder
- keineswegs bedeutend. In der Brückenhaube fällt ‚die Schwellung
der Zellen des. Deitersschen Kernes auf. Die schwersten Ver-
. änderungen aber finden sichin der Substantia ferruginea.
Hier sieht man den größten Teil der pigmentierten Zellen
zerstört, die noch vorhandenen sind sehr schwer ver-
ändert. Es zeigt sich eine allgemeine Auflösung des
Pigments; die Zellen, die stark geschwollen sind, ent-
halten nur mehr wenige Pigmentkörnchen und es liegt,
‚im Gewebe viel Pigment frei herum, bzw. sieht man zahl-
reiche Gliazellen mit Körnchen beladen in der Umgebung
der erkrankten Zellen. Ferner zeigen sich mehrfach im
Areal der Subst. ferrug. Blutungen. Außerdem kann man
an einigen Schnitten dieser Serie sehen, daß in den Gefäß-
Scheiden einesgrößerenGefäßeseinleichtesperivaskuläres
Infiltrat vorhanden ist. Von den weiter oral gelegene Partien
erweist sich -der Thalamus opticus wie die Kernregion um den
I dritten. Ventrikel so ziemlich intakt, der. Globus pallidus zeigt
' meist unveränderte Zellen, hingegen einen sicherlich vermehrten
Eisengehalt. Die Zellen des Kerns der Linsenkernschlinge hingegen
sind schwerer erkrankt. De |
, ` Im -zweiten ‘Falle ist die Thalamusgegend gleichsfalls intakt, -
im Bereiche der inneren Kapsel zeigen sich zahlreiche Gliakerne,
die ‚vielfach perivaskulär. ‚herdförmig zu Gliarosetten angeordnet
‚ Sind. Auffallend auch hier die schwerste Erkrankung
der Subst. ferrug. Die pigmentierten Zellen sind vielfach
zerstört oder zumindest schwer erkrankt. Ähnliche Bilder wie
im Fall 1. Außerdem sieht man auch degenerative Erkrankungen der |
Glia; Dysplastische Zellen oder Zeichen einer produktiven Hyperplasie.
Die von der Subst. ferrug. gegen das Kleinhirn, sowie gegen die Subst:
= -~ Tetic, ausstrahlenden Pigmentzellen zeigen sämtlich schwere Zeichen
p o der, Erkrankung. Die kaudalen Anteile: erweisen sich intakt,
ı . 7 Namentlich zeigt der dorsale Vaguskern keine besonders auffälligen
| Veränderungen. ` | 2 h
t
| 7. Jm Verlaufe der essentiellen Biermerschen Anämie und zwar
Din auch in Stadien, wo manifeste Anzeichen kardialer Schwäche noch
uch in S | in Rede ‚stehenden Attacken von Atemnot mit einer veränderten
nicht vorliegen, werden dyspnoische Zustände beobachtet, die durch Ausprechbarkeit der Atemzentren in Zusammenhang stehen.
po | Te Intensität, ihr Auftreten ohne’ bekannte Ursachen (wie körper- |: . Wir führen aus unseren diesbezüglichen Beobachtungen das
i m e Anstrengung usw.) sowie durch ihre Unbeeinflußbarkeit durch folgende Beispiel .an: | |
EEE : e üblichen therapeutischen Maßnahmen ausgezeichnet sind. , Hof- Sch. A., 70 Jahre. alt, Maurer, erkrankt vor einem halben Jahr
i S og he dur Annahme, daß die arterielle Drucksenkung maßgebend für zum erstenmal an Atemnot, Als er eines Tages eine kurze Wegstrecke
| | r Auftreten sei, scheint uns nicht sichergestelli. Vielleicht weist | von der elektrischen Straßenbahn bis zu seiner Arbeitsstätte zurück-
die periodische Natur der dyspnoischen Attacken auf einen nervösen | legen mußte, wurde er plötzlich von so schwerer Atemnot befallen, .
daß er gezwungen war, sich niederzusetzen und .auszuruhen, ein Vor- |
Ursprung hin. Das Bild der angestrengten, vertieften, oft geräusch-
= Ne Respiration zeigt überraschende Ähnlichkeit mit = großen een nn an an so en) ae als r runs |
un Di : : Tlrımion : rbeit verrichten konnte, Ohne je kurzatmig. zu werden. An diesem lid
; ng dor Diabetiker wie der Urämischen und der Dyspnoe, die Tage ging es auch mit der Arbeit nicht ae recht weiter, da sich wa
‘bereits nach wenigen Hammerschlägen quälende Atemnot einstellte,
In der Folgezeit nahm die Kurzatmigkeit mehr und mehr zu,. bis der
Kranke fast völlig arbeitsunfähig wurde. Was ihn in den letzten
Wochen am meisten belästigte, waren nächtliche Atemnotanfälle, die
‚ihn aus dem Schlafe weckten, so daß er sich im Bette aufrichten und
| an Coma hepaticum beobachtet wird. Ob das gemeinsame Binde-
a A ‚aller dieser Formen von Dyspnoe in der Säuerung zu suchen
EN nn schwer zu entscheiden. Für uns waren die anatomischen
r! |. poude im Gebiete des Locus coeruleus, die wir beim diabetischen
| Ä oma nachgewiesen haben, Veranlassung, nach einem Substrat der
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. | 12. Oktober
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mit beiden Händen an den Bettkanten anhalten a Diese Anfälle [|
von Kurzatmigkeit dauerten Minuten bis zu einer halben Stunde.
Während der Anfälle und nach Ablauf derselben kein Auswurf, wie
Pat. überhaupt wenig hustet und so gut wie nichts auswirft, Be-
klemmungsgefühl, Angst oder Gefühl von Vernichtung besteht während
der Anfälle nicht. Äußere auslösende Momente weiß der Kranke nicht
anzugeben, an Temperatureinflüsse, Indigestionen oder körperliche An-
strengung sind sie anscheinend nicht gebunden. Kein Schweißausbruch
im Anfall. Pat. ist starker Raucher und Trinker, hat seines Wissens
keinerlei venerische Affektionen durchgemacht. Die Wa.R. im Blute
BY, der Befund am Augenhintergrund negativ, im Harn vorüber-
ehend Spuren von Eiweiß, im Sediment vereinzelte Leukozyten, Epi-
thelzellen, hier und da ein hyaliner und feingranulierter Zylinder. Der
Blutdruck nie erhöht, schwankt zwischen 80 und 110, die Herztätigkeit
rhythmisch, von normaler Frequenz, zuweilen besteht Bradykardie
(56 Pulse). Die radiologische Untersuchung ergi
gibt in Übereinstimmung
mit dem klinischen Befunde Erweiterung und Elongation der Aorta,
beträchtliche Vergrößerung beider Herzkammern, namentlich der linken,
Aufhebung der Zwerchfellbeweglichkeit rechts, über den unteren Ab-
schnitten der rechten Lunge zum Teil diffuse, zum Teil streifeniörmige
Verdunklungsherde. Geringes pe
ee Ödem. Der Leberrand kna
unter dem Rippenbogen gegen
p
ruck empfindlich. Aus dem Ob-
duktionsbefunde heben wir hervor: Hochgradige exzentrische Hyper-
trophie beider Herzventrikel, insbesondere des linken. Globulöse Vege-
tationen in der Herzspitze neben zahlreichen schwieligen Verdichtungen
des Endokards nach organisierten globulösen Vegetationen. Abgelaufene
Endokarditis der Aortenklappen ‚mit geringer Insuffizienz und Stenose
des linken arteriellen Ostiums, Residuen abgelaufener Endokarditis der
Mitralis. Die Koronarostien frei, keine Koronarsklerose, Frische hämor-
rhagische Infarkte des rechten Ober- und Unterlappens. Hochgradige
allgemeine Atrophie des Gehirns, insbesondere des Stirnhirns, mit
chronischem Hydrocephalus externus und internus. Die Gefäße der
Hirnbasis zart, jedoch stark geschlängelt. Das Ependym der Ventrikel
verdickt und granuliert. Die Hirnsubstanz fühlt sich ganz gleichmäßig
fest an. Zahlreiche bis erbsengröße Plexuszysten.
Histologischer Befund des Zentralnervensystems: Der vegetative
Oblongatakern ist nur geringgradig affiziert. Einzelne Zellen sind
Be en andere wieder sind degeneriert. Hingegen ist die
ubst. ferrug. sehr intensiverkrankt. Aneinzelnen Schnitten
ist zwar die Zellzahl nicht wesentlich reduziert, doch ist
der ei
mentgehalt der einzelnen Zellen stark vermindert.
Außerdem sieht man in der Umgebung der Zellen vielfreies
Pigment. Die Zellen selbst sind zum Teil degeneriert,
geschwollen oder zeigen starken Verlust der Tigroidzeich-
nung. Die Gefäße in der Umgebung der Zellen zeigen in
den Lymphräumen und perivaskulär größere Anreicherung
von Pigmentkörnern. Sonst zeigt sich eine mäßiggradige
fettige Degeneration der Zellen in der Substantia reti-
cularis pontis. In oralen Teilen des Zentralnervensystems fällt eine
starke degenerative Schwellung der Zellen des Nucl. ansae pedunc. auf.
Der Globus pallidus ist relativ intakt, vereinzelte degenerierte Zellen,
jedoch kein stärkerer Zellausfall. Im Putamen sieht man eine mäßig-
adige Affektion der großen Zellen. Sonst ist nur eine deutlicher
etonte Degeneration von Zellen im Bereiche des Nucl. paraventricularis
hervorzuheben, sonst erscheint diese Kernregion im wesentlichen normal,
In einem zweiten Fall dieser klinischen Gruppe fanden sich so
ziemlichidentische Veränderungen. Auch hier war die Subst.
ferrug. am stärksten betroffen. Hier bestehen schwerste
Zellerkrankungen, diffuser Zelluntergang. Man sieht viel
treies Pigment im Gewebe. Es kommt zur Bildung förm-
licher Pigmentdrüsen.
In die gleiche Gruppe von Atemstörungen dieses Typus fiel
ein Fall unserer Beobachtung, der ohne Zweifel als zentral bedingt
anzusehen war und daher hier zur Bestätigung unserer Annahmen
mitgeteilt werden soll.
S. L., 60 Jahre alt, war am 18. Mai 1924 an epileptiformen An-
fällen erkrankt. Nachher verstört, schwer besinnlich, unsicher in seinen
l er usw. Vor mehreren Jahren antiluetische Behandlung.
Einlieferung in die Psychiatrische Klinik. In der Klinik ist der
Pat. orientiert, zeigt aber Gedächtnisfehler,’ rechnet schlecht, Gibt An-
fälle mit starken Kopfschmerzen an. Lues vor 30 Jahren.
Pupillenstörungen, fehlende Bauchdeckenreflexe, Patellarsehnen-
reflexe links fehlend, Achillessehnenreflexe beiderseits fehlend. Sonstiger
Befund ohne Belang,
2 Tage später Anfall von Bewußtlosigkeit. Am nächsten Tage
ist Pat. etwas somnolent. Meningeale Reizerscheinungen, Kernig +,
Inkontinenz. Temperatursteigerung: 38,50.
4 Tage später Deviation des Kopfes nach rechts, Meningismus +,
schlaffe Lähmung der linken Körperseite, Babinski links +, schwere
Benommenheit, spricht nicht, gibt auch keinen Laut bei Schmerzreizen
von sich. Puls 96—100, Temp. 37,8%, Atmung oberflächlich. Retentio
urinae. Liquor braunrot, hämolytisch,
2 Tage später schwerer komatöser Zustand, große Atmung, Exitus.
Die Obduktion ergab: Erbsengroßes Aneurysma an der Art. basi-
laris unmittelbar an der Teilungsstell
e in die Art. cerebr. sup. u. post.,
durch einen harten grau-rötlichen Thrombuspfropf verschlossen. Frisches
und älteres Hämatom im Subarachnoidealraum, namentlich in der Cisterna
chiasmatis und über dem Pons, an letzterer Stelle ein Durchbruch in
den Subarachnoidealraum, innerhalb dessen sich blutiger Inhalt auch
im Bereiche des Rückenmarkskanales findet.
Der Fall, der terminal die schwere Form der großen
Atmung zeigte, hat nach der Lokalisation geradeinjener
Gegend des Zentralnervensystems eine vaskuläre Er-
nährungsstörung, wo wir bei unseren Untersuchungen die
Gegend des mesenzephalen Atemzentrums annehmen. Die
histologische Untersuchung hatte folgendes Ergebnis:
Im Bereiche der Subst. ferrug. finden sich deutliche
Zeichen von Degeneration. Die Ganglienzellen sind z. T. ge-
schwollen, z. T. bieten sie die Zeichen schwerer Erkrankung.
Das Pigment ist in einem beträchtlichen Teil der Zellen
8
elichtet und man sieht auch freies Pigment in der Nähe
solcher Zellen. Außerdem kann man im
erfolg der Serien-.
schnitte im Querschnitt des Brückenareals, Fuß und Haube
mehr oder minder ausgedehnte Erweichungsherde fest-
stellen, deren einer sh in die Subst. ferrug. hineinreicht.
Auftallend starkes Ödem dieser Gegend und Zunahme der zelligen
Elemente seitens der Glia und der Gefäßelemente.. Schwere entzünd-
liche Veränderungen in’ der nächsten Umgebung des Aneurysmas.
Blutungen und endarteriitische Gefäßerkrankungen im Zentralnerven-
system. |
Dieser Befund brachte also eine vollkommene Bestätigung
unserer Annahme und damit eine positive Beiundbestätigung in
einem Falle, den wir sicherlich als rein zerebrale Atemstörung auf-
fassen müssen.
IV.
Zu den Spätiolgen der Encephalitis epidemica gehören, gleich-,
gültig ob parkinsonähnliche oder andersartigeSymptome vorherrschen,
dyspnoische Zustände von paroxysmalem Charakter. Wir beob-
achten in solchen Fällen Attacken von rhyihmischer Tachypnoe,
die plötzlich einsetzen und wieder verschwinden, oft an Aufregungen
gebunden sind, oft auch scheinbar ohne äußere Veranlassung auf-
treten. Auf ihr Vorkommen, das auch als isoliertes Symptom beob-
achtet werden kann, haben bereits zahlreiche Autoren verwiesen,
ohne daß aber bisher ein Versuch einer Lokalisation unternommen
worden wäre. Klarteld fiel es auf, daß nach abgelaufener Enze-
phalitis im Bereiche der Subst. ferrug. schwere Veränderungen vor-
kommen, eine Deutung dieser Befunde hat Klarfeld nicht versucht,
Es ist von Interesse, daß die von Klarfeld festgestellten `
Veränderungen sich im wesentlichen mit den Befunden
decken, die wir in den früheren Abschnitten skizziert
haben, die wir übrigens auf Grund eigener Unter-
suchungen auch bei der Enzephalitis bestätigen können.
Die Lokalisation des enzephalitischen Prozesses im Mittelhim und
im Gebiete des Höhlengraus lassen daran denken, daß es sich bei
diesem Leiden vielleicht um eine Art systematischer Affektion
handele, die funktionell verwandte Zentren mit verwandter Alfinität
gegen toxische Einflüsse gleichsinnig befällt.
Auf die allgemein bekannten Veränderungen, die bei der
Encephalitis epidemica chronica beschrieben worden sind, brauchen
wir an dieser Stelle nicht einzugehen. Es erübrigt nur, jene
pathologischen Kriterien zu besprechen, die im Rahmen unserer
Ausführungen eine Bedeutung haben. In erster Linie sind es die
Veränderungen der Subst. ferrug. Auch hier zeigen sich, wenn-
gleich in etwas geringerem Grade als in den vorher beschriebenen
Fällen, auffallende Erkrankungsphänomene an dieser Stelle. Auch
hier ist ein beträchtlicher Teil der Zellen erkrankt. Man sieht
auch da eine degenerative Auflösung zahlreicher Zellen und man
findet in der Umgebung der Zellen reichlich freies Pigment herum-
liegen. Auch die Gefäße, die selbst gar keine Zeichen eines entzünd-
lichen Prozesses tragen, sind in den Gefäßscheiden mit dunklen
Pigmentkörnchen erfüllt und auch in der Umgebung der Gefäße liegen
die Körnchen in großen Mengen herum.
Zur . Überprüfung der früher mitgeteilten Befunde wurden
selbstverständlich auch Kontrolluntersuchungen vorgenommen. Ab-
gesehen von den normalen Kontrollpräparaten wurden auch andere
dyspnoische Zustände in den Bereich der Untersuchung gezogen.
Wir erhoben zu diesem Behufe genaue histologische Zentral-
nervensystembefunde in Fällen von kardialer Dyspnoe. In
den beiden von uns untersuchten Fällen waren die Befunde
folgende: Während in einem der beiden Fälle die Untersuchung
des Nervensystems vollkommen negativ war, namentlich im Be-
reiche des Locus coeruleus nicht die geringsten pathologischen
Veränderungen erweislich waren, zeigte sich in dem anderen Falle
eine mäßiggradige Affektion der Subst. ferrug., die zwar quantitativ
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| weit hinter den vorhin beschriebenen Fällen: zurückblieb, ‚aber. |
immerhin erkennbar war. Es wäre immerhin auch die Frage auf-
zuwerfen, inwieweit. die ‚organischen Veränderungen der Lunge bzw.
die schweren Kreislaufstörungen retrograde oder sekundäre Ver-
‘änderungen in den Rhythmus- und Regulationszentren der Atmung .
seizen. Jedenfalls zeigt aber der vollkommen negative Fall’ und
- die relative Geringfügigkeit der Erkrankung im zweiten Falle, daß
dieses Moment gewiß ‘keine große. Bedeutung besitzt und er-
härtet die Annahme, .daß in den früher- beschriebenen ` patho-
logischen Bildern der Ausdruck einer primären Schädigung zu
- sehen. ist.. a ae Sr u
. uns vorbehalten, gestatten die folgenden Schlüsse:
Unsere Beobachtungen, die ausführlich zu beschreiben wir:
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| ‚Eine Anzahldyspnoischer Zustände, deren neurogene
Natur auch aus klinischen Tatsachen zu vermuten ist,
geht mit anatomischen Veränderungen im Gebiete des.
Locus coeruleus einher. Dieser konstante anatomische Be--.
‚fund ermöglicht. eine vereinheitlichende Auffassung bisher
scheinbar völlig differenter Prozesse. Neben den bisherbe-.
kannten die Atmung regulierenden Zentren gebührt auch
dem Locus coeruleus, dessen Funktion bisher ungeklärt
war, die Stellung eines respiratorischen Zentrums., - -
` Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
> Aus. der. I- Universitäts-Hals-, Nasen- und Ohrenklinik in der Charité
zu Berlin (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. A. Passow).
-Beitrag zur Frage über den Sitz des exzessiven
besonders des arteriellen spontanen Nasenblutens.
ee 8. Von Dr. W. Anthon. l | | I
| Beim Nasenbluten sind für den exakten Therapeuten 4 Fragen
untrennbar miteinander verknüpft. Erstens, aus welcher Stelle der
Nase blutet es, zweitens,. welches ist die lokale Ursache für das
+ Nasenbluten, drittens, welches ist in dem jeweiligen Falle das beste
Mittel zur ‚Blutstillung und viertens, kommt eine Organ- oder Kon-
stitutions-Erkrankung ätiologisch für. das Nasenbluten in Betracht?
-Beim gewöhnlichen und nicht .übermäßigen Nasenbluten wickelt
sich das therapeutische Vorgehen zumeist in der Reihenfolge der.
aulgestellten Fragen ab. Besonders dann, wenn es sich um |:
' habituelles -Nasenbluten handelt und der Kranke den Arzt zwischen
zwei „Attacken“ aufsucht. . SE |
Anders verhält es sich beim exzessiven, häufig arteriellen Nasen-
bluten. Obwohl’ gerade hier im Interesse einer exakten Blutstillung
profuser_Nasenblutung, die dı “ch. Arrosion. eines Astes der A. nasalis
posterior bei Siebbeinkaries zustande kam.» `, 0 0000 0 0 0 0
Da die Quelle einer Blutung im hbintern: Abschnitt der Nase .
naturgemäß immer. schlechter zugänglich ist als im _vordern, so
‘ dauern Blutungen, die dort ihren Sitz haben, gewöhnlich länger an. |
Auch aus: diesem Grunde können sie schwerer erscheinen als solche
aus.dem vordern Abschnitt der Nase. Wir erinnern uns einer sehr.
erheblichen. Spontanblutung aus einer Arterie vom Nasenboden nahe
: dem’ Naseneingang und stützen dämit eine Angabe von Onodiund.
Rosenberg (5), daß heftige‘ Spontanblutungen nicht allzu selten
‚einem Gefäß entspringen, , das den vordern Teil des Nasenbodens
durchquert. ` S Bu
=. Daß es manchmal überaus schwierig; ja unmöglich ist, die '
"Quelle. einer 'exzessiven Näsenblutung aufzufinden, wird überein-
stimmend in den großen Spezialwerken hervorgehoben. Die unauf-
‚hörliche Überschwemmung des Terrains mit ‘Blut ist das Hindernis, .
‚aber auch Verbiegungen der Nasenscheidewand oder andere Ursachen .
können es darstellen.. Sogar beim erheblichen Nachlassen der
Blutung kann es schwer sein, das blutende Gefäß aufzufinden.
Rhinoskopie und Tupferanwendung allein ‚genügen dafür auch dem .
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Geübten nicht immer. Die Zuhilfenahme der Endoskopie kann
‚dann manchmal Gutes leisten. a L
So gelang es einem Kollegen unserer Klinik (Dr: Strul) in der
‚die Forderung voranzustellen wäre, zunächst den Sitz der Blutung
aufzusuchen, ist dies in praxi nicht immer möglich, Beim exzessiven
Nasenbluten ergießt sich das Blut förmlich in Strömen. Gewöhnlich
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ist es der am nächsten wohnende Allgemeinpraktiker oder der Arzt `
der Rettungswache oder einer ähnlichen Einrichtung, der vom
Kranken gerufen. oder zu dem er gebracht. wird. Es’ gilt schnelles
Handeln, manchmal unter ungünstigen örtlichen Verhältnissen.
Daher wird. sofort zu dem souveränen Blutstillungsmittel, dem der
Tamponade gegriffen, ganz gleich, ob’ die Quelle der Blutung sicht-
= bar war oder nicht. . Je nach Lage des Falles oder nach der Er-
fahrung des Arztes wird sie als partielle oder totale, oder als
vordere oder hintere Tamponade ausgeführt. Unter der ‚Voraus-
setzung, daß sie kunstgerecht vorgenommen ist und Hämophilie .|
‚Dicht, vorliegt, führt sie schnell und sicher zum Ziele. Die kunst-
gerechte Tamponade seizt indessen Übung und die Bereitschaft.
‚eines zwar kleinen,- aber geeigneten Instrumentariums- voraus und
. wird darum in manchem Falle versagen: Wir haben in: den letzten
4 Monaten Gelegenheit gehabt, foudroyantes Nasenbluten bei
‚2 Nephritikern nachzubehandeln, in denen die Tamponade die Blu-
‚ fung nicht zu stillen vermochte. Der ungewöhnliche Sitz der
lutung, in beiden Fällen ist aber wohl der Hauptgrund, warum.
„Se "versagte. Er gibt uns Anlaß, die ‚Frage über den Sitz des
exzessiven Nasenblutens überhaupt anzuschneiden. o
. . , Unsėre'. Erfahrungen stimmen mit denjenigen, die in .der
. Literatur niedergelegt sind, darin überein, daß das vordere untere
Drittel der - septalen Schleimhaut zwar als Hauptsitz für das ge- `
“wöhnliche, üngefährliche Näsenbluten anzusehen ist, nicht aber für.
das sehr profuse. Die. stärksten Blutungen an jener Stelle, dem
ocus Kieselbachii, sind gewöhnlich venöser Art, seltener ent-.
namen sie ‘einem kleinen arteriellen Gefäßchen, das hier, vom
‚ Nasenboden herkommend, nach oben verläuft. (A. nasopalatina).
die 1 Schrötter (1) macht in erster Linie diese kleine Arterie für
Rs Epistaxis, die durch Arteriosklerose bedingt ist, verantwortlich.
Scat (2) betont, daß die ernsten Blutungen der Arterioskerötiker
meist den: tiefen Ästen oder dem Stamme der Arteria spheno-palatina
„uispringen. Aus mündlichen Mitteilungen von Prof. Zange ist hervor-
Ai P daß exzessive Blutungen besonders aus dem Stamme jener
g Pa ar nicht so selten sind. Katz (3) beobachtete mehrere Male
were Blutungen aus einem deutlich sichtbaren pulsierenden Gefäßchen
.. Vom hinteren Drittel-der unteren Muschel, nahe ihrem unteren Rande.
| = fügt seiner Mitteilung hinzu, daß es sich dabei offenbar um eine
‚ziemlich, konstante Abzweigung von der A. nasalis posterior aus der
‚Sp henopalatina handle. Grünwald (4) erwähnt 2 Fülle von äußerst
4
ganz sistiert.
. Jüngsten Zeit, mit ihrer Hilfe -den Sitz einer sich immer wiederholenden
' stärkeren Blutung nachzuweisen, nachdem das übliche Verfahren dazu
nicht ausgereicht hatte. . In diesem Falle bestand die Quelle der Blutung
in reich vaskularisierten, leicht blutenden kleinen Schleimpolypen, wie ``
sich bei der Kieferhöhlenoperation (Pröf. Güttich) herausstellte. Sie
‚ befand sich an der lateralen Wand im mittleren Nasengang nahe dem
hinteren Ende der. mittleren Muschel. Der Hauptnachteil der endo-
sköpischen Methode ist, daß sie sich nur mit Aussicht auf Erfolg an-
wenden. läßt,‘ wenn die Blutung bereits minimal geworden ist oder
Wir wollen uns nun unseren eigenen Fällen von. sehr pro-
fusem Nasenbluten aus den letzten Monaten zuwenden, bei denen.
es ein kleiner instrumenteller Eingriff ermöglichte, den vorher un-
‚aulfindbaren Sitz der Blutung bloßzulegen und. durch Verätzung der
'spritzenden Stelle mittelst der aufgedrückten Chromsäureperle die:
Blutung fast augenblicklich zum Stillstand zu. bringen. Der Eingriff .
. kommt freilich nur in Betracht, wenn .die Quelle der Blutung in `
| einem bestimmten Abschnitt der Nasenhöhle, nämlich innerhalb, des
unteren Nasenganges, vermutet werden muß. Er ist dem Rhino-
logen durchaus geläufig. Er ist aber gerade in Verbindung mit der
Aufsuchung des versteckten ‘Sitzes heftigsten Nasenblutens’ an-
. scheinend weiteren Kreisen unbekannt. ‘Jedenfalls wird die Methode
in obigem Zusammenhang u..W. weder in den Lehr- und Hand-
büchern noch sonst in. der Literatur. erwähnt.
suchüng soll daher hier beschrieben werden: |
Die ‚blutende Nasenhöhle wird unter Benutzung kleiner Stücke
steriler Gaze, die. mit wenigen Tropfen. einer 20°%/,igen Kokainlösung:
Der Gang der Unter- '
` benetzt und mit Adrenalinlösung 1: 1000 (oder eines andern Neben-
nierenpräparates) getränkt werden, ` systematisch, etwa, wie es’
Onodi und Rosenberg. (5) klar und eingehend schildern, abgesucht. '
Stellt es sich dabei heraus, daß die Quelle der Blutung sich nur
- unterhalb der unteren Muschel befinden. kann, so wird diese mit.
Hilfe des mittleren Killianschen Nasenspekulums (eventuell des
längeren) durch vorsichtiges Drehen des Spekulums um 90° und .
anschließendes allmähliches Spreizen so weit nach oben gedrückt,
daß eine ‚deutliche Infrakturierung der knöchernen Muschel entlang
‚der Umbiegungsstelle eingetreten und ein gutes Überschauen des
unteren Nasenganges. und der begrenzenden Wände möglich ist.
Die untere Muschel federt beim Herausnehmen des Spekulums nur
wenig zurück. Der Eingriff ist demnach der’ gleiche, wie er zur
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1496
Freilegung der lateralen Nasenwand zum Zwecke der endonasalen
Erölfnung der Kieferhöhle (Operation nach Mikulicz, Stur-
mann usw.) gebräuchlich ist. Bei Blutung aus dem mittleren
Nasengang wird niemand zögern, die Abspreizung der mittleren
Muschel vorzunehmen, falls sie notwendig wird.
Daß beim Hochklappen der unteren oder beim Abspreizen der .
mittleren Muschel Schleimhautverletzungen eintreten, steht außer
Zweifel. Bei vorsichligem Vorgehen werden sie so unerheblich und `
gleichgültig sein, daß sie nicht im mindesten stören. Bei Hämo-
philie und hämorrhagischer Diathese liegen die Dinge natürlich
anders. | |
Die systematische Absuchung der Nasenhöhle erfordert nach
den Worten von Onodi und Rosenberg (5) ein ruhiges, kaltblütiges
und geduldiges Vorgehen. Das Auffinden der eigentlichen Quelle
der Blutung kann dadurch erschwert, sein, daß durch die meist
vorausgegangene energische, manchmal nicht ganz sachgemäße Tam-
ponade die Schleimhaut erheblicher lädiert wurde. Bei der Ent-
‚fernung der Tamponade können auch die beschädigten Schleimhaut-
stellen zu bluten beginnen und das Auffinden der Haupiquelle noch
weiter erschweren. Beim foudroyanten Nasenbluten — und nur da-
von ist hier die Rede — wird der Geübte bei der systematischen
Absuchung jene Nebenquellen bald als artefiziell und nebensächlich
Die gering-
fügige Blutung aus den Abschürfungen der Schleimhaut läßt sich
überdies durch Überstreichen mit der Chromsäureperle leicht aus-
schalten. (Daß die Hämophilie ein Kapitel für sich darstellt, braucht
auch in diesem Zusammenhange nicht betont zù werden.) Jede
kleine Erschwerung in der Aullindung der blutenden Stelle durch
die voraufgegangene Tamponade wird übrigens gewöhnlich wieder
dadurch ausgeglichen, daß der nachbehandelnde Arzt (der natürlich
. auch die Tamponade vorgenommen haben kann) eine Blutung zu
bekämpfen hat, die infolge des starken Blutverlustes nicht mehr
Das bedeutet eine
‚gewisse Erleichterung in der Aufdeckung der Quello und in der
erkennen und weiter nach der wahren Quelle forschen.
unter dem gleich hohen Anlangsdrucke sieht.
. Beherrschung der Blutung.
Wir lassen nun das Wesentlichste aus den beiden Kranken-
geschichten folgen:
Fall i: 53jähbriger Herr. Angeblich immer gesund. Nach ge-
schäftlicher Aufregung foudroyante Blutung aus der linken Nasenhöble.
Vordere, partielle Tamponade durch Arzt, auf der Rettungswache.
Kein Stillstand der Blutung. Überweisung zum Spezialisten, der die
Tamponade entfernt, die Quelle der Blutung nicht findet und nun die
totale Tamponade ausführt. Anschließend daran Einsetzen einer gleich-
falls heftigen Blutung aus der rechten Nasenhöhle. Totale Tamponade
nicht zum Stehen kommt,
| er Tampons. Systematische
Absuchung. Sitz der Blutung unterhalb der untern Muschel, sowohl
Rechts, am Über-
gang des 2. zum hintern Drittel der Muschel, ganz dicht am untern
Rande, mehr nach außen zu, ein rhythmisch spritzendes Gefäß. An-
Stillstand der Blutung. Links Sitz der
Blutung nicht ohne weiteres zu erkennen. Hochklappen der untern
Muschel. Pulsierendes Gefäß an der lateralen Fläche der untern Muschel,
dicht an der. Umbiegungsstelle und etwa 1,5 cm von ihrem hintern
Ende entfernt. Andrücken der Chromsäureperle, augenblicklicher Still-
stand der Blutung. Ergebnis der internistischen Untersuchung 8 Tage
auch dieser. Da die beiderseitige Blutun
Aufnahme in unsere Klinik. Entiernun
in der rechten Nasenhöhle wie auch in der linken.
drücken der Chromsäureperle.
‚später: Schrumpfniere. Blutdruck 155/100.
- Fall 2: 44jährige Dame.
Kopischmerzes. Angeblich sonst niemals Nasenbluten.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
ge \ ; i P ; -
Seit dem 13. Lebensjahre mit kürzeren
Unterbrechungen ständiger Kopfschmerz, der in den letzten Jahren an:
Heftigkeit zunahm und beim Bücken unerträglich wurde. Bei der
Menstruation, die immer durchaus normal verlief, Erleichterung des
Am 7. April
12. Oktober
vorbereitet war. Kopfschmerz seit jener übermäßigen Blutung bis jetzt,
rund 4 Monate danach, verschwunden. Diagnose nach internistischer
und neurologischer Untersuchung (Prof. Schilling, Prof. Simons) vor
einigen Wochen: unter dem Einflußrenaler Störungen zustandegekommene
Hypertonie. Blutdruck 185/110.
Epikrise. Bei 2 Nephritikern mit exzessivem Nasenbluten
hatte Tamponade die Blutung nicht zu stillen vermocht. Der Sitz
der Blutung befand sich ‘bei beiden im Bezirk der untern Muschel.
In dem einen Falle handelte es sich um doppelseitiges Nasenbluten.
Während in der einen Nasenhöhle im Verfolg der systematischen’
Absuchung die übliche Rhinoscopia anterior genügte, um die Quelle
der Blutung, ein rbyihmisch spritzendes Gefäß, am untern Rande
der Muschel zwischen 2. und hinterm Drittel festzustellen, führte in
der andern Nasenhöhle erst das Empordrängen der untern Muschel
dazu, den Sitz der Blutung zu erkennen. Auch hier wurde ein
pulsierendes Gefäß: gefunden. Es saß an der lateralen Wand der
‚untern Muschel dicht an der Umbiegungsstelle, etwa 1,5 cm vom
hintern Muschelende entfernt (A. nasalis poster. lateral. höher ge-
legener Ast). Im andern Falle gelang es ebenfalls erst nach Hoch-
klappen der untern Muschel die Quelle der Blutung aufzudecken.
- Sie befand sich am untern Rande der Muschel, etwa ®/, cm'vom
Kopf der Muschel entfernt, und bestand in einem Schleimhautriß,
. der vermutlich im Anschluß an eine Spontanruptur eines arteriellen
Gefäßchens durch ungestüme und unsachgemäße Selbsitamponade
entstanden war. Bei beiden Patienten Verätzung der blutenden
Stellen mit der Chromsäureperle. Augenblicklicher Stillstand der
Blutung. : een
In den großen Handbüchern iindet sich übereinstimmend die.
Angabe, daß bei prolusem Nasenbluten die Quelle manchmal un-
auffindbar sei. Das instrumentelle Hochklappen der untern Muschel
bei Epistaxis im Zusammenhang mit der systematischen Absuchung
der Nasenhöhle und der Begrenzung der Quelle der Blutung auf
. den Bezirk der untern Muschel wird jedoch dort nicht erwähnt. Es
ist denkbar, daß der Sitz der Epistaxis in dem einen oder andern.
Falle jener „okkulten“ Blutungen nach Empordrängen der untern
Muschel erkennbar gewesen wäre.
Literatur: 1. Schrötter, Erkrankung der Geläße. in Nothnagel,Bd.1d. _
S. 120. — 2 Escat, Epistaxzis der Arteriosklerotiker. Presse mäd. 1905, 9. IX. —
3. Katz, Handb. der speziellen Chirurgie des Ohres und der oberen Luftwage.
'Bd. 3. — 4 Grünwald, Die Lehre von den Naseneiterungen, 1896. — 5.Onodi und
Rosenberg, Die Behandlung der Krankheiten der Nase und des Nasenrachens,
1996. — 6.Zarniko, Die Krankheiten der Nase und des Nasenrachens. — 7. Hey-
mann, Handb. d. Laryngol. u. Rhinol.
Tödliche Vergiftung durch Röntgenbrei.
Von Medizinalrat Dr. Althoff, Kreisarzt in Warendorf.
'Der 35jährige Schmiedemeister Fr. wurde am 3. Oktober 1923
von seinem’ Arzte wegen einer Halserkrankung an einen Spezial-
arzt in M. verwiesen und von letzterem zur Röntgenabteilung eines
Krankenhauses in M. geschickt. Kurz nach dem Genusse des Röntgen-
breies wurde Fr. von einer Übelkeit befallen. Er konnte aber noch
eine Stunde weit mit der Bahn nach Hause zurückfahren; indes
verschlimmerte sich das Befinden; zu Hause angelangt legte Fr.
sich sofort zu Bett. Häufiges Erbrechen. und heftige Durchfälle
stellten sich ein. Ein Arzt wurde hinzugezogen, welcher die Ver-
mutung aussprach, das Übelsein rühre von dem Röntgenbrei her;
zur Beruhigung des Kranken wurde eine Morphiumspritze gegeben.
Der Zustand des Kranken verschlimmerte sich ständig, Erbrechen
` 1924 ‘nachts während des Schlafes Einsetzen einer heftigen Nasenblutüng | und Durchfälle hielten an, es traten Lähmungen der Arme, der
` aus der einen Nasenhälfte. Patientin sucht die Blutung durch Eisen-
chloridwatte zu bekämpfen. Stopft immer mehr davon in die Nasen-
Trotzdem unaufbörliches
uziehung eines praktischen Arztes.
Nase ist durch die Eisen-
chloridwatte so fest und ausgiebig verstopft, daß mit Hilfe der vordern `
höhle, da die PEE nicht T will.
Bluten. Erst viele Stunden später 2
Er findet Patientin nahezu pulslos vor. Die
Tamponade nur noch ein kleines
Fortdauer der Blutung. Zuziehung .eines. Rhinologen.
tück
| atte eingeführt werden kann.
Inzwischen
Kochsalzinfusion. Nach Entfernung der großen Mengen Eisenchlorid-
watte systematische Absuchung der Nasenhöhle. Kratz- und Schorl-
stellen durch die energische Selbsttamponade und Benutzung der ver-
önten Eisenchloridwatte. Blutungsherd unterhalb der untern Muschel.
mpordrängen der untern Muschel mit Hilfe des mittleren Killianschen
Spekulums. Etwa 3/4 cem vom Kopf der untern Muschel entfernt, ent-
lang ihrem Rande, ein ungefähr 1!/, cm langer klaffender Riß mit un-
regelmäßigen Rändern. Verätzung mit der Chromsäüreperle. Augen-
blicklicher Stillstand der Blutung. Riß wohl entstanden im Verlauf
der ungestümen, unsachgemößen Selbsttamponade der Patientin, nach-
Beine und der Schlundmuskulatur hinzu;
| vormittags 3 Uhr wurde der behandelnde Arzt nochmals gerufen
und mußte abermals zur Beruhigung eine Spritze Morphium geben.
Unter Zunahme der Erscheiningen allgemeiner Lähmung, etwa
morgens.
Von der Frau Fr. wurde bei der 'Staatsanwaltschalt die ge-
richtliche Untersuchung zur Aufklärung der Todesursache ihres
Mannes beantragt. De
Daraufhin wurde der Rest des zur Anfertigung des Röntgen-
"breies verwandten Pulvers beschlagnahmt und der chemischen Unter-
suchung überwiesen. Es wurde festgestellt, daß das verwandte
Präparat zu rund 90 % aus giftigem Bariumkarbonat (kohlensaurem
Barium) bestand. 4 u
Bei der von mir am 9. Oktober 1923 vorgenommenen gericht-
lichen Leichenöffnung wurde folgendes, für den Tod in Frage
dem dort der Riß durch Spontanruptur eines kleinen arteriellen Gefäßes | Kommende festgestellt:
am 4. Oktober 1923-
17 Stunden nach Einnahme des Röntgenbreies starb Fr. 5 Uhr
m 55
13, Oktober 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — N4 | 17.
u GI u a m arte a an TV
: ermittelt: . ' koblensaures Barium
4 Inhalt des Ma “card F Pir
5, Dal. geus, Magen und Speiseröhre 0,430 0,139
Br ‚Zwölffingerdarm, Dünndarm nebst Inhalt 0,788 0,082
a p ekdarm nebst Inhalt . . . e a 3,274 0,592
y eber und Gallenblase . . . 2 2 2.2.2..." 0,029 0,005
| ieren l4. l p een nn. 0026 0,007.
ej . 7 Im Urin wurden gleichfalls geringe Mengen Barium festge-
s reli, Da nach dem Genusse des Giftes bei Fr. sich häufiges Er- .
3 | ES und Durchfälle eingestellt haben, so. ist zu schließen,. daß
we‘ -Olg tatsächlich eingenommene giftige Bariumkarbonatmenge bedeutend. -
je) ne war, als die in den Leichenteilen noch vorhandene. In
sw ir lichkeit hat Fr. nach dem Berichte des Leiters der Röntgen-
É: abteilung 50 ‚des Pulvers erhalten, so daß er dementsprechend
| und 90% des darin enthaltenen giftigen Bariumkarbonates
A »#9 g des Giftes“ erhalten hat. |
w! a ariumkarbonat ist zwar unlöslich in Wasser, jedoch leicht
Ich in verdünnten Säuren und wird daher von dem natürlichen
|
|
| BELIEBEN >
fordern übergeben werden.
. Apotheke von der Drogengroßhandlung W. im Mai 1923 vier, im
‘ Pakete waren verschnürt, aber nicht plombiert.
die Apotheke am 26. August 1923 noch 1 kg Bariumsulfat aus
Bariumkarbonat.
Die Speiseröhre enthält auf der grauroten Schleimhaut zahl-
reiche gelblich-graue Körnchen von Sandkorn- bis Hirsekorngröße.
Derselbe Befund zeigte sich auf der Schleimhaut , des Magens, des
‘ ‚Zwöllfingerdarms, des Dünn- und Diekdarms; im Dickdarm lagen
diese Körnchen sowohl einzeln, als auch zahlreich in Ballen bis
zu Haselnußgröße vereint. Im übrigen war der ganze Magendarm-
kanal abgesehen von dicklichem dunkelroten Schleim leer. Der
Mageninhalt zeigte schwach saure Reaktion.
Es handelte sich um die Leiche eines 3öjährigen kräftig ge-
bauten Mannes, bei der die Obduktion keine weiteren Verände-
rungen zeigte. | a
| Über die in der vorliegenden Sache angestellten Ermittelungen
ist folgendes zu berichten:
Die Apotheke der Krankenanstalt in M. bezieht das Barium-
sulfat für Röntgenzwecke in größeren Quantitäten in Originalpackungen |
aus der Drogengroßhandlung W. in M., welche ihrerseits das Prä-
parat direkt aus der Chemischen Fabrik in A. bezieht. Die
Apothekenschwesier wiegt aus diesen Öriginalpackungen Portionen von
200 bzw. 100 œ ab, welche dann der Röntgenabteilung auf An-
Nach den vorhandenen Belegen hat die
September zwei Pakete mit je 2,5 kg Bariumsulfat ‘bezogen, die
Außerdem hatte
einer Apotheke in M. in einfacher Düte bezogen. Diese Mengen
sind gemeinsam ausgewogen worden. Am Tage der Röntgendurch-
leuchtung des Fr. waren in der Krankenanstalt vorhanden: 24 ab-
gewogene Düten und zwar 21 gezeichnet mit je 200 und 3 mit je
100 g Barium sulf.,
Die chemische Untersuchung ergab, daß der Rest von dem
zur Röntgendurchleuchtung des Fr. eingegebenen Pulvers 5,95 %
Bariumsulfat und 90,30 % giftiges Bariumkarbonat enthielt.
l In vorgefundenen 4 weiteren Düten, bezeichnet mit je 200 g
- Barium sulf. wurden gefunden: 86,62
bzw. 87,17 bezw. 58,51 bzw.
92,16 % giftiges Bariumkarbonat. en
In den übrigen 19 ausgewogenen Düten war O bis 0,63 %
In dem Rest der angebrochenen Originalpackung
fand sich 0,30 % Bariumkarbonat. In den ungebrauchten 2 Original-
packungen war kein Bariumkarbonat. Im Ganzen -wurden in den
vorhandenen Beständen rund 715g giftiges Bariumkarbonat festgestellt.
Bei einer vorgenommenen Revision der Apotheke der Kranken-
anstalt und der vorgenannten Apotheke in M. wurde im übrigen
kein Bariumkarbonat gelunden. Der untersuchende Medizinal-
beamte nimmt an, daß in der Apotheke der Krankenanstalt die
Verwechselung von Bariumsulfat mit Bariumkarbonat nicht vor-
gekommen sein kann, ebenso nicht in der genannten Apotheke
in M., weil beide Apotheken überhaupt kein Bariumkarbonat hatten.
Die Drogengroßhandlung W. in M. behauptet, daß bei ihr
eine Verwechselung. gleichfalls nicht möglich sei, weil sie nur
Öriginalpackungen der chemischen Fabrik in A. vertreibe. Eine
bei dieser Firma vorgenommene Untersuchung ergab zu Bean-
Standungen keinen Anlaß, eine angebrochene und zwei volle Original-
packungen Bariumsulfat enthielten kein wasser- und säurelösliches
Barium, insbesondere kein kohlensaures Barium. Ein Beutel mit
arium carbonic. tech. war ordnungsgemäß verschlossen mit Gift-
kopfetikett nebst Etikett „200g Barium carbonic. tech. Gilt“, ent-
hielt 96,73 % kohlensaures Barium. Ein Beutel mit Etikett „200 g
Barium sulf.‘ tech.“ enthielt kein, kohlensaures Barium.
. Bei der ‚chemischen Untersuchung der Leichenteile wurden
außerdem ein kleiner Rest einer Original--
packung von 120 g, ferner zwei Originalpackungen à 2,5kg Bariumsull.
Säuregehalt des Magensaftes in Lösung gebracht, um so, seine
schädigende, bzw. tödliche Wirkung auf den menschlichen Körper
auszuüben. aa l
` Eine in der Chemischen Fabrik in A. am 27. Februar 1924
von einem Gerichtschemiker vorgenommene Durchsuchung ergab
eine musterhafte Ordnung und gewissenhafte Trennung der einzelnen
Insbesondere wurde festgestellt, daß in der Nähe von
Präparate.
Bariumsulfat Bariumkarbonat überhaupt nicht lagerte. Das in großen
Fässern lagernde, zur - Röntgendurchleuchtung bestimmte Barium-
sulfat wird zur Abwiegung und, Abfüllung jedesmal in einen. anderen,
hierfür besonders bestimmten Raum geschafft, hier abgewogen, ver-
wogen und sofort mit Signatur versehen. Bariumkarbonat fand sich
in diesem Raume überhaupt nicht. Es wurde gezeigt, daß eine
Verwechselung für den Fachmann deshalb nicht möglich sei, weil |
Bariumkarbonat ein leichteres Gewicht und demzufolge ein größeres
Volumen hat, als Bariumsulfat, daß infolgedessen in die für 2,5 kg
Bariumsulfat bestimmten und tatsächlich verwandten Düten mit
80—90 % Karbonat verunreinigiem Sulfat nur zwei und nicht 2,5 kg
eingefüllt werden können. Ein Verschulden der chemischen Fabrik
war nicht nachzuweisen. 5
Seitens der Staatsanwaltschaft wurde das Ermittelungsverfahre
eingestellt und der Frau Fr. unter folgender Begründung mitgeteilt:
„Nach den angestellten Ermittelungen ist der Tod Ihres Mannes mut-
maßlic
eine erhebliche Menge giftigen Bariumkarbonates enthalten gewesen
ist. Da in dem Krankenhause in M. eine Verwechselung mit Barium-
karbonat, welches dort überhaupt nicht verwandt wird, nicht er-
folgt sein kann, sind bei den allein in Betracht kommenden angeb-
lichen Lieferinnen . . . >- .. unter Hinzuziehung von Sachver-
ständigen, Revisionen und Untersuchungen von Proben vorhandenen
Bariumsulfats. vorgenommen worden, welche zu Beanstandungen
keinerlei Veranlassung gaben.
zustellen, an welcher Stelle die irrtümliche Beimischung des giltigen
Bariumkarbonates zu dem Bariumsulfat erfolgt ist. Da Barium-
karbonat äußerlich sich nur durch das Gewicht von Bariumsultfat-
‘unterscheidet, der Gewichtsunterschied aber bei den Mischungen
‘zweifellos nicht erheblich und nicht auffallend war, kann den mit
dem Abwiegen und Zuteilen des Bariumsulfats beauftragten ge- -
prüften Apothekenschwesiern des Krankenhauses in M.. eine Fahr-
lässigkeit in dem Nichterkennen der unrichtigen Zusammensetzung _
des als Bariumsulfat bezeichneten Präparates nicht nachgewiesen
werden. Sonach hat das Ermittelungsverlahren nicht ergeben, wer
durch Fahrlässigkeit den Tod Ihres Ehemannes verursacht hat“.
Die Frau des verstorbenen Fr. hat sich jedoch mit. dieser
Entscheidung nicht zufrieden gegeben, sondern klagt, nachdem ihr
das Armenrecht zuerkannt worden ist, im Wege des Zivilprozesses
auf Entschädigung. | : S
Im vorliegenden Falle ist durch die Einverleibung eines giftigen
Röntgenbreies, in dem sich 45 g giftiges Bariumkarbonat befanden,
‘ein krältiger junger Mann von 30 Jahren unter den Erscheinungen
`
von heftigem Erbrechen, Durchfällen, Lähmung von Armen, Beinen
und Schlundmuskulatur innerhalb 17 Stunden zu Tode gekommen.
Wo die Verwechslung des Bariumsulfates mit Bariumkarbonat erfolgt
ist, hat sich trotz eingehender Untersuchung nicht feststellen lassen.
Daß aber überhaupt ein solcher Irrtum .möglich gewesen ist, und
evil. ein noch viel größeres Unglück hätte geschehen können, da
in den zu Röntgendurchleuchtungszweeken vorhandenen Beständen
des Krankenhauses 715 g giltiges Bariumkarbonat festgestellt wurden,
so muß man vom gerichtsärztlichen, rechtlichen und menschlichen
Standpunkte verlangen, daß gesetzliche Maßnahmen getroffen werden,
welche einen solchen Irrtum, wie den im vorliegenden Falle, nach
menschlichem Ermessen unmöglich machen. | Der:
Ich möchte als mir gangbar erscheinenden Weg vorschlagen,
daß Bariumsulfat zu: menschlichem Gebrauche bei Röntgendurch-
leuchtungen nut- in Origirlalpackungen von 100 oder 200 g der das
Präparat herstellenden chemischen Fabrik versiegelt und plombiert
abgegeben und vertrieben werden darf. Jedenfalls-ıst alsdann- eine
‘weit größere Gewähr vorhanden, daß Verwechselungen vermieden
werden, als wenn das Präparat von der Fabrik in großen Packungen
zum Grossisten geht, der kilogrammweise Auswiegungen macht,
diese. einer Krankenhausapotheke oder sonst einer Apotheke über-
gibt, die ihrerseits wieder 100- oder ‘200 gweise auswiegen,.und -
man schließlich wie im vorliegenden Falle nicht einmal mehr fest- -
stellen kann, wo statt des ursprünglichen ‚Präparates (Bariumsulfat)
ein anderes (Bariumkarbonat) hergekommen ist.
darauf zurückzuführen, daß in dem für.die Röntgendurch-
leuchtung dem Patienten eingegebenen Speisebrei aus Bariumsulfat
In Anbetracht dessen ist nicht fest-
.
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_ transplantation, daß er diese durch die Alloplastik ersetzt haben
besserung im Gesicht sehr häufig verwendete freie Transplantation -
- Ollier experimentell und klinisch zuerst’ erfolgreich durchgeführt
Hautbekleidung zum Ersatz von Nasenflügeldefekten. Auf diesen
erfuhr sie durch Henle, vor allem aber durch Lexer, welcher das
. bei seinen plastischen Wiederherstellungsarbeiten vervollkommnete.
. der Knorpelzellen bestehen zum Teil in Karyolysis, z. T. in Pyknose
1428 1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 4l. | 12. Oktober
völlige Erhaltensein des Knorpels nachweisen und in
einzelnen Knorpelabschnitten den neugebildeten jungen.
Knorpel feststellen: Ferer ist uns in den langen Jahren. bei
. den vielen Knorpeltransplantationen nie ein Fall zu Gesicht gekommen, `
bei welchem nach erfolgter sachgemäßer. Plastik wegen etwaiger
Schrumpfung des Transplantates im Sinne Eitners ein weiterer
Eingriff notwendig gewesen wäre.
Transplantaten stimmen mit denen der meisten anderen Kliniken
überein. Der Knorpel eignet sich so ausgezeichnet zur Plastik und.
ist in seinen Ernährungsbedingungen so anspruchslos, daß er sich
im histologischen Sinne fast ebensogut homoplastisch verpilanzen '
läßt. Bleiben dem homoplastisch verpflanzten Knorpel bei der ersten
Ernährung durch den Saftstrom genügend viele Zellen am Leben,
Aus der.Chirurgischen. Universitätsklinik Freiburg i. Br.
°- (Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. Erich Lexer). |
. Dur Frage der freien Knorpeltransplantation.
© Von Dr. Herbert Ruef, Assistent der Klinik.
In seiner Abhandlung „Über die Korrektur niederer N asen-
formen“ kommt Eitner (Wien)!) nach löjähriger praktischer Er-
fahrung zu einem ‘derart negativen Ergebnis der freien Knorpel-
will. Seine Befunde wie seine therapeutischen Hinweise stehen in
krassem Gegensatze zu den Erfolgen der meisten anderen Kliniken,
besonders zu denen der Lexerschen Klinik. Beer a
= -© Die heute für die Sattelnase ebenso wie für .die Formver-
setzen.. Wenn wir von der zweiten Methode weniger Gebrauch
machen, so liegt der Grund darin, daß wir autoplastisch fast immer
genügend Material zur Verfügung haben, während sich die Gelegen-
heit zur Homoplastik nur selten bietet.
Die Einheilung der Transplantate erfolgt bei richtiger Technik
rasch und dauerhaft. Selbst bei auftretender sekundärer Infektion
-des Wundbettes wird der Knorpel kaum gefährdet. Selten tritt bei
akuter Infektion eine rasche Knorpelzerstörung ein. Der gut ge-
färbte Knorpel setzt sich im histologischen Sinne von dem stark
eitrig infiltrierten Gewebe der Umgebung scharf ab und zeigt un-
mittelbar daneben gut erhaltene Knorpelzellen mit Bläschenkern,
die sich bis unter die Oberfläche des Knorpels erstrecken, über
welchen ein Wall von Eiterkörperchen 'hinwegkriecht. |
nahmsweise dringen Leukozyten in die Knorpelhöhle oder in: die
. Grundsubstanz ein.
Stellen, an welchen durch das Messer beim Zurechtschneiden der
Knorpelstücke oder durch Stichkanäle infolge falscher Befestigung
| derselben im neuen Lager Knorpelkapseln direkt getroffen werden.
Der Hauptvorteil der Knorpeltransplantation ist abgesehen von
‘einer guten Einheilungsmöglichkeit die Eigenschaft des Knorpels;
sich einfach und rasch durch .Zuschneiden in die richtige Form
bringen zu lassen. Der Erfolg einer jeden Plastik ist jedoch nur
| möglich, wenn man ’'zur freien Übertragung genügend in der Trans-
plantationskunst geübt ist und ihren Anforderungen entspricht. Oft
von Knorpel ist deutschen Ursprungs. Das Verdienst, die freie
Knorpeltransplantation entgegen den mißlungenen Versuchen von
zu haben, gebührt v. Mangoldt, der Rippenknorpelstücke zum Er-
satz von Trachealdefekten, zur Unterpolsterung der Nasenflügel und
des Nasensattels eingepflanzt hat. Fritz König erbrachte zuerst
den Beweis für die freie Verpflanzung des Ohrknorpels samt seiner
ersten Versuchen und auf den durch sie angelegten neueren ex-
perimentellen Arbeiten fußt im wesentlichen die heutige klinische
Verwendung der freien Knorpeltransplantation. Große Förderung
~
Anwendungsgebiet erweiterte und namentlich die operative Technik
Sein erster zusammenlassender Bericht stammt aus dem Jahre 1914.
Vor kurzem erschien von Lexer der 2. Band der freien Trans-
plantationen, in welchem die freie Knorpeltransplantation eine weit-
gehende Bearbeitung erfuhr”). WORTE 00:
Die wichtigste Frage, die sich stets bei der Transplantation
eines bestimmten Gewebes erhebt, ist die seiner Lebensfähigkeit.
Eitner spricht dem transplantierten Knorpel die Lebensfähigkeit ab.
-Er kommt zu der Überzeugung, daß „man auth bei sorgfältiger
Mitübertragung des Perichondriums mit einer Resorption bis. auf !/s
des ursprünglichen Volumens zu rechnen hat, so daß dadurch der
kosmetische Dauereffekt in Frage gestellt wird.“ Bei seinen Trans-
plantationsversuchen stellte er. fest, daß sich das Knorpelgewebe
bei Erhaltensein aller Grundelemente „jedesmal als konserviertes
totes Gewebe erwies, weshalb er zur Alloplastik überging*
Bei dem sehr reichen plastischen Material der Lexerschen
Klinik bot sich uns die beste Gelegenheit, Knorpeltransplantate in
den verschiedensten Zeitabschnitten zu entnehmen und histologisch
zu untersuchen. Unsere Befunde stützen sich vorwiegend auf
klinisches Material. Fassen wir die Ergebnisse der aus einer sehr
großen Anzahl von Transplantaten aufgenommenen Protokolle zu-
sammen, so ist zunächst festzustellen, daß in keinem Falle eine `
sichtbare Schrumpfung des Transplantates auftrat, es er-
folgte aber auch keine Größenzunahme des Knorpels nach der Über-
tragung, auch keine Volumenvermehrung durch Expansion oder
Quellung. Die sich nach der Transplantation abspielenden Vor-
gänge sind sowohl regressiver als auch progressiver Art. Zunächst
findet ein mehr oder weniger starkes Zugrundegehen der Knorpel-
zellen statt, das sich aber nicht auf einzelne Schichten des Knorpels
beschränkt, sondern mehr regellos auftritt und oft auch nur herd-.
oder inselförmig zu finden ist.. Diese regressiven Veränderungen
plantate. Zur Entnahme des Rippenknorpels ist die breite Frei-
ebensowenig nötig; wie die Entfernung des Transplantates mit dem
Messer, wie dies Nelaton und Ombredanne beschreiben. Nach
Lexer wird die Haut über dem Rippenbogen durchschnitten, nur
die äußere Rektusscheide über- den Rippenknorpeln in der Längs-
richtung durchtrennt; dann werden die Muskelfasern mit stumpien
Haken so weit auseinandergezogen, bis ein oder zwei Knorpel frei-
flachen Meißel gewonnen werden. Einige Nähte durch die Rektus-
scheide vor der fortlaufenden Hautnaht sind alles, was zur Ver-
sorgung der Wunde nötig ist, denn bei dieser Entnahme werden
keine Gefäße verletzt, so daß kaum jemals eine Unterbindung er-
folgen muß. Der in örtlicher Betäubung auszuführende Eingriff er-
wird sofort auf 'eine in Ringerlösung getauchte Gazelage gelegt,
vorsichtig mit einer Pinzette festgehalten und dann entsprechend
zugeschnitten. Wer gutes Augenmaß besitzt, wird Größe und Form
schon mit dem ersten Zuschneiden richtig treffen. Es ist daran
' und Kernzertrümmerung. Die progressiven Veränderungen sind stets
festzuhalten, . daß man möglichst mit einem einzigen Transplantat
'umschrieben. Teilweise vermehren sich die Knorpelzellen durch
indirekte Kernteilung in den einzelnen Knorpelhöhlen, teilweise,
und zwar vorwiegend erfolgt die Knorpelneubildung direkt aus dem
Keimgewebe des Knorpels, dem Perichondrium. Diese regenerative
Tätigkeit des Perichondriums. läßt sich auch besonders gut an dem
Heilprozeß von Knorpelwunden verfolgen. Auch die Grundsubstanz
erfährt im Laufe der Zeit eine streifige Umwandlung. Aus allen
klinischen und histologischen Beobachtungen geht mit
Sicherheit hervor, daß der frei verpflanzte hyaline
Knorpel eine sehr ausgesprochene Lebensfähigkeit be-
sitzt. Die Nachuntersuchungen unserer Transplantate erstrecken sich
zwar auf eine kürzere Zeitspanne als bei Eitner. Wir konnten
aber in sämtlichen Präparaten noch nach Jahren das
1) M. Kl. 1924, Heft 29.
2) Die freie Knorpeltransplantation von Reh
der eien Trans lankon P o n Rehn und Ruef. 2, Bd.
das Auftreten von Blutergüssen im Transplantatlager
auch bei der freien Knorpeltransplantation vermieden
werden. ‚ Denn Blutergüsse sind nicht nur der beste Nährboden
für Infektionserreger, sondern auch ein Hindernis für das. aus dem
| Lager in das Transplantat einwachsende und es ernährende Keim-
‚gewebe. Wird dieser wichtigen Forderung der genauen
Blutstillung nicht entsprochen, dann ist abgesehen von
‚der erhöhten Infektionsgefahr Resorption oder tote Ein-
heilung mit narbiger Umkapselung der Transplantate die
Regel. Zur Vermeidung der meist unnötigen Befestigung der
Knorpeltransplantate darf die Haut nur so weit abgelöst werden,
daß das verpflanzte Stück nach seiner Einführung in den Haut-
taschenwänden festen Halt findet. Erweist sich die Hautlücke als
‚zu groß, so werden zur Vermeidung von Verschiebungen seitlich
vom Transplantat einige Stecknadeln senkrecht (durch die Haut ge-
Unsere Erfahrungen 'mit den |
dann kann er zugrunde gehende Abschnitte aus eigenen Mitteln er- u
Nur aus-
Bei den Transplantaten sind es meistens die -
genügen schon geringe Verstöße zur dauernden Schädigung der Trans-
legung des Rippenbogens mit Durchschneidung der Bauchmuskeln -
liegen. Nach Begrenzüngsschnitten durch das Perichondrium wird .
‘die Spange mit einem Hohlmeißel herausgeschnitzt, während breite
dünne Platten. aus dem Zusammenfluß zweier Knorpel mit einem -
ledigt sich daher sehr rasch und einfach. Die. gewonnene Spange i
auskommt. Wie bei allen anderen Transplantationen, muß
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12. Oktober `
spießt. Sinkt bei Nasenplastiken die unterlagerte Knorpelspange
nach der Spitze zu ein, so verwenden wir nach Lexer zu deren
Stützung einen feinen periostgedeckten Tibiaspan, der vom Alveolar-
_fortsatz des Oberkielers her mit Benutzung des häutigen Septums
der Nasenscheidewand eingesetzt wird.
Durch unsere vielfachen histologischen Unter-
suchungen ist experimentell und klinisch der Beweis er-
bracht, daß sich der frei verpflanzte Knorpel dauernd
Wenn ein Schwund des Transplantates wie bei Eitner
beobachtet wird, so sind Fehler der Technik zu beschuldigen, nicht
aber die Art des transplantierten Gewebes. Es wird heute doch wohl
kein in der Transplantationskunst einigermaßen erfahrener Chirurg
bei mißglückter Epidermistransplantation die Schuld des Mißerfolges
auf das Material schieben wollen und behaupten, daß etwa die
Epidermis zur Transplantation ungeeignet sei!‘
Es liegt kein Grund vor, den Rückschritt zur Alloplastik
oder bei der Verwendung von Elfenbein zur Heteroplastik mit
totem Material zu empfehlen, der außerdem noch starke Nach-
teile hat.
Bei der Vornahme plastischer Operationen muß der Operateur
stets in der Lage sein, das Transplantat rasch dem neugeschaffenen
Lager entsprechend zurechtzurichten. Bei der Alloplastik bzw.
Heteroplastik mit Elfenbein ist dies nicht möglich. Die schlechte
Zubereitung des unbiegsamen, harten Materials macht dessen Fertig-
stellung in der Form meist schon vor Beginn der Operation not-
wendig und legt dadurch dem Plastiker in seinem Schaffen einen
Zwang auf. Durch seine Starrheit ist seine Verwendung in der
Gesichtsplastik, besonders aber auch zur Nasenverbesserung besonders
beschränkt.
schreibt, daß bei Einlagen, die von der Nasenwurzel bis zur Spitze
reichen, „bei passiver Bewegung der Nase ein Ende sichtbar wird,
wenn man auf das andere drückt, und die Patienten die Perforation
eines Endes befürchten“, so ermuntert dies wenig zur Nachahmung.
Wie übel der Mangel einer festen Einheilung alloplastischer Trans-
plantate den Patienten :mitspielt, konnten wir erst kürzlich wieder.
bei einem Falle in der hiesigen Klinik beobachten. Bei einem
Patienten war wegen eines größeren Defektes des unteren Augen-
höhlenrandes und des medialen Teiles des Jochbogens nach Granat-
splitterverletzung in einer auswärtigen Klinik vor zwei Jahren eine
plastische Operation mit Elfenbein vorgenommen worden. Zur Er-
zielung der Orbital- sowie Jochbogenbiegungen war wegen der Starr-
heit des Materials die Aneinanderlagerung mehrerer kleiner Elfen-
beinstückchen notwendig geworden. Es war eine narbige Um-
kapselung der Transplantate erfolgt, die, ohne Anschluß an den
‘ Mutterboden zu finden, sich unter der Haut weitgehend hin und
her verschoben, so daß sie schließlich zu einer Verzerrung der
einen Gesichtshälfte führten. Die Haut und das Unterhautzellgewebe
waren verdickt, da als Ausdruck der dauernden Reizerscheinungen
eine Zellinfiltration aufgetreten war. Derartige Infiltrate werden
regelmäßig gefunden, wenn dauernd geringe Schädigungen einwirken.
Solche Reizungen waren bei unserem Patienten schon durch die täg-
lichen Gesichtsreinigungen im Bereich der verschieblichen Trans-
plantate gegeben. Bei der Entnahme der narbig umkapselten Elfen-
beinstückchen wiesen diese an der Oberfläche überall Erosionen
auf als Zeichen stattgehabter Resorption. Bei der nachfolgenden
freien Knorpeltransplantation mit einem Stück heilte das Trans-
see rasch und fest ein und zeitigte ein gutes kosmetisches
esultat.
Bei der Korrektur niederer N asenformen, bei welcher .zur
Hebung des Nasenrückens und der Spitze nach Eitners Vorschlag
zwei sich gegenseitig stützende Elfenbeineinlagen notwendig werden,
muß bei der mangelhaften festen Einheilungsmöglichkeit der Trans-
plantate ein rasches gegenseitiges Abgleiten derselben eintreten.
nn schließlich zur Perforation der Elfenbeinstütze durch die Haut
en.
Eitner in Jodjodkali-Formalin und Salpetersäure zur Erlangung
einer entsprechenden Bieksamkeit’ kann die zur Tranplantation an
und für sich schon wenig brauchbaren heteroplastischen Transplan-
tate nur noch ungeeigneter machen.
Die ausgezeichneten vielfachen Erfolge der autoplastischen
freien Knorpeltransplantation. der hiesigen Klinik rechtfertigen deren
Verwendung und lassen die Einlagerung von Fremdkörpermaterial
aller Art gegenüber der sicheren Einheilung des frisch entnommenen,
lebenswarm verpflanzten Knorpels verwerfen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
Wenn Eitner von seinen heteroplastischen Erfolgen,
Eine chemische Vorbereitung der Elfenbeinstücke nach
Aus der I. Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses
‘im Friedrichshain in Berlin (Direktor: Prof. Dr. W. Braun).
Über die Natur der Darmsteifungen bei Darm-
verschlüssen. |
Von Dr. Brasch, Oberarzt.
Steifungen im Bereich des zuführenden, d.h. des oberhalb
eines Hindernisses gelegenen Darmabschnitts beobachten wir bei
Wegstörungen der verschiedensten Art. Am markantesten sind die
Steifungen dort, wo längere Zeit eine hochgradige Stenose besteht
oder wo auf dem Boden einer chronischen Verengerung ein absoluter
Verschluß entstanden ist; ‘doch finden sie sich auch schon bei
akuten, kurz dauernden Verschlüssen 'jeder Art, wenn ihre Dauer
mindestens 3 bis 4 Tage beträgt. ‘Für die chronischen Stenosen
und die auf. chronischem Boden sich entwickelnden Verschlüsse hat
.Rosenbach die Auffassung vertreten, daß die Steifungen auf eine
Hypertrophie .der Darmmuskulatur zurückzuführen seien. Rosen-
bach hat dabei, wie bei der Muskelhypertrophie des Herzens bei
Herzfehlern, eine Arbeitshypertrophie der Darmmuskulatur .an-
genommen. Es ist durchaus richtig, daß bei den chronischen
Formen an dem Zustandekommen der Steifungen die Zunahme’ der
Muskelmasse ausschlaggebend beteiligt sein kann; allerdings mit
der Einschränkung, daß stets noch andere Gründe mitsprechen.
Es ist verständlich, daß man später die Darmsteifungen ohne
Unterschied auf eine Muskelhypertrophie des zuführenden Schenkels
zurückführte, weil auch bei den Operationen akuter Verschlüsse
mit Darmsteifungen stets nicht allein eine Zunahme des Darmes
in seiner Längs- und Querrichtung, d. h. in seiner Längsausdehnung
und in seinem Umfang, sondern tatsächlich auch eine Verdickung
der Darmwand selbst gefunden wurde. Auch Wilms teilt in seinem
Werk über den „Ileus“ diese Anschauung. Da aber Steifungen er-
heblichen Grades bei akuten und subakuten Verschlüssen (Ab-
schnürungen, Einklemmungen, Abknickungen, Volvuli usw.) schon
nach kurzer Zeit — etwa nach dem 3..und 4. Tage — und bei
der Operation solcher Fälle Verdickungen der Darmwand des zu-
führenden Schenkels beobachtet werden, so ist .es sehr unwahr-
scheinlich, daß sich in dieser kurzen Zeitspanne eine Muskelhyper-
trophie herausgebildet haben könnte. Deshalb hat die Auffassung
Marongas sehr viel für sich, daß eine erhebliche Muskelhypertrophie-
neben einer allgemeinen entzündlich bedingten Massenzunahme der
Darmwand nur da eintrete, wo die Stenose auf eine Verletzung
oder Erkrankung der Darmwand selbst zurückzuführen sei. u
Um in der Frage nach der Natur der Steifungen ein ab-
schließendes Urteil zu gewinnen, habe ich in etwa 30 Fällen von
Darmverschluß den zu- und abführenden Darmabschnitt systematisch
makroskopisch und mikroskopisch untersucht. Es handelt sich um
Fälle von Abschnürung, Einklemmung, Volvulus, Invagination,;
Stenose und Striktur.. Das Material war zum Teil in der Sammlung
des pathologisch-anatomischen Instituts des Krankenhauses (Prof.
Dr. L. Pick) vorhanden, zum Teil wurde es frisch bei den Operationen
gewonnen.
Im allgemeinen zeigte sich-kein Unterschied, ob frischer oder bereits
Jahre lang aufbewahrter Darm zur Untersuchung verwandt wurde.
. Da, wo erhebliche Steifungen vorhanden waren, zeigt der zu-
führende Darm makroskopisch infolge Aufstauung zersetzter Inhalts-
massen eine starke Auftreibung und deshalb eine Volumzunahme
in der Längs- und Querrichtung. Gleichzeitig ist eine Verdiekung.
der Wand des uneröffneten Darmes tastbar; auf dem Querschnitt
des: eröffneten Darmes ist sie ohne weiteres zu sehen. Sie ist um
so stärker, je länger der Verschluß bestanden hat und je gewaltiger
die Steilungen geworden sind. Der Darm hat anfangs eine grau-
rote, später eine, blaurote bis braunrote Farbe: Die Venen im an-
grenzenden Mesenterium 'sind strotzend gefüllt. Nicht selten hat
dann der Darm seine normale Elastizität verloren, ist brüchig- und
läßt Risse in der Serosa erkennen. Ze
` Die mikroskopische Untersuchung gibt je nach der Dauer und
der Form des: Verschlusses verschiedene Bilder. Im allgemeinen
zeigen die auf subakuter oder chronischer Basis entstandenen und
lange bestehenden Wegstörungen (vor allem die chronischen 'Stenosen
und Strikturen) im Stadium des absoluten Verschlusses eine mikro-
skopisch meßbare Verdickung der längs- und quergerichteten. Mus-
kulatur gegenüber dem abführenden Darm. So bot z. B. eine
karzinomatöse Striktur des Colon sigmoideum nach Ttägigem ab-
solutem Verschluß mit Steifungen folgendes mikroskopisches Bild:
1429
Die Herstellung der mikroskopischen Präparate erfolgte 5
im pathologisch-anatomischen Institut (Assistent Dr. Loewenstein).
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1430 1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. 12. Oktober
‚ Die Muskelschicht ist gegenüber dem abführenden Darm sehr viel
breiter, die einzelnen Muskelfasern erscheinen umfangreicher. In
der Submukosa und zum Teil auch in der Subserosa im Vergleich
zum abführenden Darm Auseinanderweichen der Bindegewebsbündel,
kleinzellige Infiltration, Erweiterung und Ausfüllung der Venen mit
roten Blutkörperchen, letztere auch außerhalb der Gefäße. In den,
übrigen Schichten keine Besonderheiten.
Der Nachweis einer Zellvermehrung im mikroskopischen Bilde
ist mir trotz wiederholten Versuches der Zählung wegen der dabei
unvermeidlichen Fehlerquellen nicht gelungen. |
Diesen chronischen Fällen, bei denen eine Muskelhypertrophie
vorliegt, steht der Befund bei akuten und subakuten Verschlüssen
gegenüber. Hier ist nichts von einer Vermehrung der Muskelmasse
zu finden. lst die Zone der Muskelschicht gelegentlich verbreitert,
so sind die kontraktilen Elemente dieser Schicht überdehnt; in
. den dadurch gebildeten Spalten und Rissen liegen rote Blutkörperchen.
- Sehr deutlich ist dies z. B. in einem Fall eines seit 6 Tagen be-
stehenden Volvulus zu sehen, bei dem die Kraft des, zuführenden
Darmes infolge
erschöpft war. Trotz der Überarbeitung des Darmes fand sich keine
Hypertrophie der Muskulatur, dagegen eine blutige Durchtränkung
des Muskelgewebes. Wenn aber das mikroskopische Bild bei diesen
Arten niemals — auch nicht in Spätfällen — eine Zunahme der
Muskelmasse zeigt, so treten dafür hier die anderen hei den chro-
nischen Stenosen erwähnten Veränderungen sehr stark auf. Die
Submukosa und Subserosa des Darmes .sind infolge ödematöser
- Durchtränkung der Gewebe sehr viel breiter als am abführenden
Darm.‘ Die Hohlräume zwischen den auseinandergewichenen Binde-
gewebsfasern sind mit roten Blutkörperchen erfüllt. Die Venen-
lumina sind erweitert und mit Blutkörperchen ausgestopit. Die
übrigen Darmschichten zeigen in der Regel keine Abweichung von
der Norm. Es ist also bei diesen, in kurzer Zeit ablaufenden Ver-
der langen Dauer des akuten Verschlusses bereits
Aus der I. Chirurgischen Abteilung: des Städtischen Krankenhauses |
im Friedrichshain in Berlin (Leitender Arzt: Prof. Dr. Katzenstein).
Über die antiseptische Behandlung der diffusen
eitrigen Peritonitis mit Rivanol.
Von Dr. Friedrich Schulz, Oberarzt der Abteilung.
Im Februar 19221) veröffentlichten wir unsere Erfahrungen,
die wir mit dem Rivanol bei Anwendung in der Bauchhöhle, be-
sonders in der Behandlung der diffusen eitrigen Peritonitis inner-
| halb eines 'halben Jahres gemacht hatten. Es stand uns damals
infolge der kurzen Anwendungszeit nur ein kleines Krankenmaterial
zur Verfügung, aus dem sich endgültige Schlüsse über die Ergeb-
nisse dieser antiseptischen Behandlung nicht ziehen ließen. Pro-
fessor Katzenstein hat ein Jahr später?) über weitere Erfolge
.mit der Rivanoltherapie berichtet. Wir verfügen jetzt über ein
Krankenmaterial aus einer Beobachtungszeit von mehr als zwei
Jahren, in der wir die Behandlung der Peritonitis mit Rivanol-
spülungen durchgeführt haben. Ich babe in folgendem unsere Zahlen
aus: zwei Jahren (1922 und 1923) zusammengestellt.
Vorausschickend will ich bemerken, daß es sich in allen
Fällen um eine diffuse fortschreitende eitrige Entzündung des Bauch-
fells gehandelt hat, die in den meisten Fällen die ganze Bauch-
höhle bis unter das Zwerchfell, zum mindesten aber nach oben hin _
bis zum Querkolon ergriffen hatte. Ich habe an dem Material, das
ich zum Bericht verwende, gerade in dieser Beziehung, die strengste .
Kritik geübt und bin dabei nach den Gesichtspunkten verfahren,
| wie sie von Körte im Handbuch der Chirurgie aufgestellt sind,
der das wesentliche Kriterium für die fortschreitende Peritonitis
darin sieht, daß das entzündliche Exsudat frei zwischen den peri-
tonitisch veränderten Darmschlingen liegt. Dadurch, daß alle Fälle.
einer. ausgedehnten Spülung unterworfen sind, ist weiterhin eine
schlüssen eine ödematöse und blutige Durchtränküng des submükösen
und subserösen Gewebes erfolgt. . ` |
. Diese seröse und hämorrhagische Durchtränkung der Gewebe
ist der Ausdruck der ungünstigen, Zirkulationsverhältnisse in dem
. zuführenden Darm, hervorgerufen durch die starke Blähung, Auf-
treibung und den Inhaltsreiz. Daß Submukosa und Subserosa zuerst
von ihr befallen werden, ist nicht verwunderlich, da das Blut sich
zwischen die Maschen des lockeren Bindegewebes leichter ergießen
kann als zwischen die kontraktilen Elemente des Muskels. .
gewisse Sicherheit dafür gegeben, daß die infizierenden Mikroben
über die ganze Bauchhöhle verbreitet waren. ne
Der Gedanke der antiseptischen Behandlung der Bauchhöhle
bei bakterieller Infektion ist alt. In den neunziger Jahren unter
dem Einfluß der antiseptischen Wundbehandlung tauchte er auf
und ist seit dieser Zeit nicht aus der Therapie der Peritonitis: ver-
schwunden. Es sind die verschiedensten antiseptischen Mittel an-
gewandt worden, auf die ich im Rahmen dieser Betrachtung nicht
eingehen kann. Die Mehrzahl der Chirurgen lehnt heute eine anti-
septische Behandlung der Peritonitis ab, weil durch die bisher zur
| Da also bei akuten und subakuten Verschlüssen jegliche | Desinfektion verwandten Mittel erhebliche Schädigungen lokaler wie.
ji Muskelhypertrophie fehlt, können die Steifungen hier nicht die | allgemeiner Art erfolgt waren, und. weil dadurch die Vorteile, die i
i Folge einer Arbeitshypertrophie sein: Aber auch in den chronischen | durch das Desinfiziens bei der Abtötung der virulenten Keime `
| t j Fällen dürfte die Muskelhypertrophie nicht allein die Ursache der | erreicht werden sollten, gegenüber den milderen, rein physikalischen
SH | ‘z! Steifungen sein, denn man sieht bei vollendetem Verschluß die | Methoden nicht offensichtlich wurden, . sondern vielleicht sogar. ins
Ru et gleichen Veränderungen in der Submukosa und Subserosa wie bei | Gegenteil umschlugen. Die bakterizide Kraft des Bauchfells ist
ER den akuten und subakuten Verschlüssen.. Vielmehr dürfte hier die | nach Nötzel ‘und anderen eine sehr große und bedarf oft nicht
IR Muskelhypertrophie auf die ständige erfolgreiche Mehrarbeit des zu- | einer, Unterstützung durch chemische Agentien, um mit infektiösen
; = iu ; führenden Darms bei Überwindung des Hindernisses vor Eintritt | Keimen fertig zu werden. Die letzte größere Zusammenstellung über
D Ii des absoluten Verschlusses zurückzuführen sein. Denn es bringt
die chirurgische Behandlung der diffusen Peritonitis von H. Wilde-
gans aus der von Körte geleiteten I. Chirurgischen Abteilung des
Berliner Urban-Krankenhauses, in der ein Krankenmaterial. von _
. 32 Jahren einer sorgfältigen Prüfung unterzogen ist, legt ein be-
redtes Zeugnis davon ab, wie ohne. Anwendung _antiseptischer
Mittel durch .die Vervollkommnung des operativen Vorgehens
und durch möglichste Wiederherstellung physiologischer Verhält-
nisse sich Erfolge ergeben haben, die als hocherfreulich zu be-
zeichnen. sind. |
Wenn wir trotzdem die antiseptische Behandlung mit Rivanol
fortsetzen, so fühlen wir uns deswegen dazu berechtigt, weil wir
mit diesem Mittel nie Schädigungen unserer Fälle, sei es lokaler
oder allgemeiner Natur erblickt haben. Durch Untersuchungen von
pharmakologischer Seite (Lipschitz) ist bewiesen, daß die Acridin-
farbstoffe im Gegensatz zu anderen chemischen Desinfektionsmitteln
nùr eine sehr geringe ‚Schädigung des Wirtsgewebes verursachen.
Wir selbst haben uns in, wiederholten Tierexperimenten wie auch
am Menschen davon überzeugen können — das ist inzwischen auch
von anderer klinischer Seite bestätigt —, daß Verwachsungen bei An-
wendung des Rivanols in der Bauchhöhle nicht entstehen, vielleicht
sogar hintangehalten werden. Doch ist über diese letzte Behauptung
nur sehr schwer ein einwandfreier positiver Beweis zu erheben.
‘ Jedenfalls haben wir bei einer Patientin, die vor Jahresfrist
wegen einer Streptokokken-Peritonitis nach Abort mit einer Rivanol-
ja auch sonst nicht eine kurzdauernde große ‘ vergebliche Kraft-
anstrengung, sondern nur eine dauernde stärkere Beanspruchung,
eine Hypertrophie der: Muskulatur hervor.
In Übereinstimmung mit W. Braun bleibt daher nur übrig
anzunehmen, daß die Mehrarbeit des Darmes und damit die
Steifungen in erster Linie auf eine Überreizung des Darmes zurück-
zuführen sind. Als Hauptiaktor kommt der Okklusionsreiz selbst in
Betracht, weiter die reflektorischen Reize, die durch die Veränderung
der Zirkulation, Sekretion und Resorption im zuführenden Darm und
Mesenterium gesetzt sind. Auch der aufgestaute zersetzte Darminhalt
` und die Kohlensäureüberladung des Darmblutes selbst können im
gleichen Sinne als starker Reiz wirken, sei es nun rein mechanisch,
chemisch oder bakteriell. Wie diese gesteigerten nervösen Impulse
im einzelnen die Muskulatur in den schweren Erregungszustand ver-
setzen, ist bis jetzt unbekannt. Nach längerer Dauer der Steifungen,
und damit der nervösen Überreizung des Darmes folgt das Stadium
der Ermüdung und Lähmung, in dem der Darm auf diese Impulse
nicht mehr anspricht, die Kontraktionsfähigkeit der Muskulatur er-
schöpft ist. | 5
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Literatur: W.Braun und W.Wortmann, Der Darmverschl i
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sonstigen Wegstörungen des Darmer. Julius Springer, 1924. — Maronga, rf:
Zentralorg. f. d. ges. Chir. u.i. Grenzgeb. Bd. 12 — i
— Wilms, D, Chir. 46 g. . g ‚H.8.— Rosenbach, D.m.W. 1889,
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1) Nr.5 der Klin. Wschr. ra
) Sitzung der Berliner chirurgischen Gesellschaft vom 12.Mërz1928.
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spülung behandelt war, gelegentlich einer vor kurzem vorgenommenen
zweiten Laparotomie uns überzeugt, daß intraabdominelle Verwachsungen
außer einer adhärenten Fixation des Netzes an der vorderen Bauch-
wand in Höhe des ersten Schnittes nicht vorhanden waren.
Wir wollen mit der Anwendung des . Antiseptikums die
pathogenen Keime bekämpfen, deren Virulenz nächst der Wider-
standskraft des Organismus einer der wichtigsten Faktoren für den
Ausgang der Entzündung ist. Wir sind uns hierbei klar — und
diese Ansicht haben wir auch in unserer ersten Arbeit zum Aus-
druck gebracht —, daß wir keineswegs in der vielbuchtigen Bauch-
höhle durch eine einmalige, wenn auch noch so gründliche Rivanol-
spülung alle Keime abtöten oder unschädlich machen können. Das
beweisen die Fälle unserer Erfahrung, in denen wir nach Ablauf
der allgemeinen peritonitischen Erscheinungen später im Eiter eines
entleerten Douglasabszesses dieselben Erreger finden konnten, die
wir vorher im eitrigen Exsudat der freien Bauchhöhle festgestellt
hatten. Das wesentliche Moment bei der Desinfektion der infizierten
Bauchhöhle liegt darin, daß durch das Rivanol eine Entwicklungs-
hemmung der Keime und eine Herabsetzung ihrer Virulenz erreicht
werden soll, und. daß so der Organismus in seinem Abwehrkampf
gegen die eingedrungenen Mikroben unterstüzt wird. Zu dieser
Anschauung sind. wir. durch die Arbeiten Morgenroths und seiner
Schüler berechtigt, die in zahlreichen tierexperimentellen Unter-
suchungen nachgewiesen haben, daß für Streptokokken ein Virulenz-
sturz durch Rivanol herbeigeführt wird, und die auch auf die prak-
tische Bedeutung dieser Zustandsänderung der Keime hingewiesen
haben. Es kann uns ‚bei dieser Beweisführung der Einwand ge-
macht werden, daß durch die experimentelle Forschung d& Wirk-
samkeit des Rivanols zwar für Streptokokken und Staphylokokken
festgestellt ist, daß wir es aber bei der Mehrzahl der Peritonitis-
. erkrankungen nicht mit einer Streptokokkeninfektion zu tun haben.
Dem wollen wir entgegenhalten, daß wir bei der Operation nicht
in der Lage sind, die Art der infizierenden Keime aus der
mikroskopisch sichtbaren Beschaffenheit des Eiters zu erkennen, und
‚ daß eine Infektion der Bauchhöhle mit. Strepto- oder Staphylokokken
prognostisch zu den sehr gefürchteten gehört und darum mit anti-
septisch gegen sie wirkenden Mitteln bekämpft werden soll. `
Von gynäkologischer Seite (Klinik Geheimrat Bumm) ist der
Versuch gemacht worden, durch Virulenzbestimmungen von Strepto-
kokken mit Hilfe eines einfachen von Runge angegebenen und von
Philipp modifizierten . Plattenverfahrens -bei der Geburt, bei Fehl-
geburten und bei Operationen die Schwere einer Infektion zu beurteilen,
und die Wirksamkeit .der angewandten Therapie zu prüfen. Es liegt
der Gedanke nahe, dieses Verfahren auch zur Prüfung der Rivanol-
Therapie bei der Peritonitis, insbesondere der Streptokokken-Peritonitis,
heranzuziehen. Ob damit eindeutige Ergebnisse für die Wirksamkeit.
des Rivanols zu erzielen sind, ist aber aus manchen Gründen, deren
Besprechung mich hier zu weit führen würde, sehr zweifelhaft. -
. Eine andere Frage scheint mir hier noch der Erörterung’ wert.
Es ist festgestellt, daß in einer Anzahl von Peritonitiden — Wilde-
.gans berechnet 20% seines daraufhin untersuchten Materials — eine
Resorption von Keimen aus der Bauchhöhle in das Blut stattfindet,
daß es also zu einer Bakteriänie kommt. Wenngleich im allgemeinen
die Ansicht besteht, daß die Anwesenheit oder das Fehlen von
Bakterien im Blute bei der Bauchfellentzündung für die Prognose
nicht entscheidend ist, so glaube ich doch, daß wir den Organismus
unterstützen, wenn wir auch die Keime im Blut bekämpfen. Nun
ist von Morgenroth und seinen Schülern nachgewiesen, ' daß wie
andere ı chemotherapeutische Mittel auch das Rivanol eine aus-
gesprochene Organotropie in bezug auf die roten Blutkörperchen hat
und daß durch die Vermittlung des Kreislaufes im Gewebe der
spezilischen bakteriziden Wirkung des Antiseptikums der Weg ge-
bahnt wird. Man kann also vielleicht annehmen, daß mit der
Rivanolspülung der Bauchhöhle auch direkt die Bakteriämie bekämpft
wird, da ich: mir vorstelle, daß das chemische Agens auf dem
‚gleichen Wege wie die Keime in die Blutbahn gelangt.
Ausschlaggebend für die Wirksamkeit der angewandten Therapie
muß für den Kliniker aber der Erfolg am Krankenmaterial sein,
und da stehen mir in der bereits erwähnten Arbeit von Wilde-
gans Zahlen zur Verfügung, die sich zum Vergleich heranziehen
lassen. Ich verhehle mir dabei nicht, daß jede statistische Zu-
Sammenstellung und jeder Vergleich mit dem Material einer anderen
Klinik große Fehlerquellen hat. Schon die verschiedene Länge der
Beobachtungszeit und die dadurch bedingte Verschiedenheit der
Zahlenreihen lassen neben vielen anderen Gründen irgendwelche
endgültigen 'Schlußfolgerungen nicht zu. — Doch so viel läßt sich
immerhin feststellen, ób der therapeutische Effekt der einen Methode
gegenüber dem der anderen weit zurücksteht oder nieht. Wir haben.
im Zeitlauf von 2 Jahren 102 Peritonitiden operiert und mit Rivanol-
spülungen behandelt. Von diesen sind 83 Fälle geheilt = 81,4%
Heilungsziffer, 19 Fälle gestorben = 18,6% Mortalität.
Die Fälle verteilen sich in Bezug auf ihre Entstehungsursache
folgendermaßen: u E |
| ‚- |Heilungs-| Ge- | Mor
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l ; . ~ /0 70
Wurmfortsatz . . 22..168 | 55 |. 878 8 12,7
Weibliche Genitalien. . . .| 18 17 94,4 1 6,6
Fehlgeburt . . .» 2... 16 8 | 50,0 8 50,0.
Gallenblase . . o.o... f 4 3 75,0 1 | 25,0
Metastase (nachPanarit.tendin.) 1 — | — 1 y
Als Erreger wurden bakteriologisch im Eiter festgestellt bei der
STE S'E |. Nicht
ou |EN |2| 8% | 8 |Steril | unter-
383 E size 2 sucht
Wurmfortsatz-Peritonitis .| 10 | 2 ií | — | 21 | 12 17
E ET AHH | En
Gynäkol. Peritonitis. . | Lt] i | — | 2 | — 7 7
E, o (AF)
Post-Puerperal. Peritonitis | 11 | 2 | — | — | 2 —.
EHIH) 1.7)
Gallenblasen-Peritonitis — 1 — | — (t 1
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Metastatischen Peritonitis.| 1 | — | — | - | - | — _
(17)
Wildegans berechnet an seinem Material aus den Jahren
1910—1922 eine Heilungsziffer von 73,5% und eine. Mortalität
von 26,5%. Es lassen sich aber die Gesamtzahlen meiner Statistik
nicht mit diesen Zahlen vergleichen, da hier zu viel Verschieden-
heiten, vor allem auch in der technischen Art des operativen Vor- `
gehens bestehen. Wir haben seit Einführung der antiseptischen `
Behandlung der Peritonitiden, wie wir in der ersten Arbeit schon.
betonten, auf jede Drainage der Bauchhöhle. verzichtet. Wilde--
gans macht auf den Unterschied der 'drainagelosen Behandlung zu
ungunsten der Drainageiherapie an seinem Material aufmerksam.
Er fand bei 55 Wf.P.3), bei denen auf die Drainage verzichtet
wurde, 85,4% Heilung und 14,6% Mortalität. Wir haben bei
63 WE.P. eine Heilungsziffer von 87,3% und eine Mortalität von
12,7%. Der Unterschied zwischen diesen Prozentzahlen: zugunsten
der antiseptischen Methode ist so klein, daß ein endgültiger Schluß
in bezug auf den Vorzug dieser Methode hieraus nicht gezogen
. werden kann. Ich stimme mit Wildegans' darin überein, daß hier
noch ein anderes Moment sehr berücksichtigt werden muß, und das
ist die Frage, wann die Erkrankten nach Beginn der. Erkrankung .
zur Operation kommen. Von unseren 63W£.P. waren 18 Spätfälle,
d. h. Fälle, die erst am 3. und 4. Tag und später ins Krankenhaus
eingeliefert wurden. Unter diesen 18 Spätfällen sind S Todesfälle.
Ich habe gerade in der letzten Zeit an unserem Material, das. hier.
noch nicht zum Bericht verwandt ist, den Eindruck gewonnen, daß.
die Erkrankten infolge wirtschaftlicher Not, die sie daran hinderte,
‚rechtzeitig einen Arzt aufzusuchen, sehr spät in das. Krankenhaus
kommen, und daß. darum die Mortalität der Peritonitis bei uns
wieder zugenommen hat. Übersehen wir das bakteriologische Unter-
suchungsergebnis bei der Wf.P., so erscheint mir erfreulich und
beachtenswert, daß von 10 mit Streptokokken infizierten Fällen.
keiner gestorben ist. _ 2 o ~
Einen zweifellosen und mit Zahlen zu belegenden Fortschritt
hat uns die antiseptische: Behandlung der Bauchfellentzündung bei
der postpuerperalen Peritonitis gebracht. Die Mortalität dieser
Erkrankung in den Jahren. 1917—1921 war an unserer Abteilung
96,3%. Nach Einführung. der Rivanoliherapie haben wir die Mor-
talität auf 50% herabgedrückt®). Sr |
Zusammenfassend will ich bemerken, daß bei der Wf.P. die
Vorteile der antiseptischen Behandlung gegenüber der rein physika-
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lischen Spülbehandlung scheinbar keine sehr wesentlichen sind. .
Sehr erfreulich sind dagegen die Erfolge bei. der Streptokokken-
peritonitis, insbesondere also bei. der postpuerperalen Peritonitis.
Da wir nie Nachteile der antiseptischen Behandlung des Perito-
3) WE P. ist = Wurmfortsatz- Peritonitis. a
| 4) Genauere Angaben: Siehe „Die Rivanoltherapie der gynäko-
logischen Peritonitis“ von E. Katzenstein. Inaug.-Diss. Berlin 1923.
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neums mit Rivanol geselien haben, kann man die Methode in allen
‚Methode der Wahl empfehlen.
Behandlung der. infektiösen diffusen Peritonitis.
Rivanols. Klin. Wschr, 2, Jg, Nr.85. — Lipschitz, Wertbestimmung von Des-
_ Darreichung von Keratin-Abbauprodukten nachgewiesen hatte.
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0.19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
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Fällen, in denen eine Streptokokkeninfektion in Frage kommi, auch
wenn diese bakteriologisch noch nicht nachgewiesen ist, als die
Literatur: Körte, Chirurgie des Peritoneums im Handbuch der prakt.
Chirurgie, 1923, 8. — H. Wildegans, Weitere Mitteilungen über die chirurgische
Arch. klin. Chir, Bd. 127. —
J. Morgenroth und R. Schnitzer, Zur chemotherapeutischen Biologie der
Mikroorganismen.
Zschr. f. Hyg. u. Infektionskrkh. Bd.9. — J. Morgenroth, |
R. Schnitzer und E. Berger, Über die Bakteriotropie und Organotropie des
infektionsmitteln. Ebenda, 2. Jg, Nr.86. — Philipp, Zur Virulenzfrage der Strepto-
kokken. Hhbenda, 2. Jg., Nr. 42, ee 3
Aus dem Röntgen-Institut und der Chirurgisch-gynäkologischen
-~ . Abteilung des Evangelischen Krankenhauses, Oberhausen.
| . (Chefarzt: San.-Rat Dr. A. Schulze-Berge).
| Die Bedeutung | |
der spezifischen Ernährung der Horngebilde durch
Humagsolan, seine Anwendung und Erfolge. .
Von Dr. Heinz-Herbert Matoni,
Leiter des Röntgen-Instituts und Assistent der Klinik.
Das Humagsolan ist nach Zuntz (1) eine durch Hydrolyse
leicht verdaulich gemachte Hornsubstanz, Sie wurde von: ihm in
die Therapie eingeführt, nachdem er durch seine Untersuchungen
die ‚spezifische Ernährung der Oberhautgebilde durch die innere
Abbildung 1.
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| Zu einer Prüfung wurden von mir Versuche angestellt, die
in Kürze angeführt, folgendes Ergebnis zeitigten. Zunächst wurde
nach dem Vorgange von Zuntz das Präparat in den Dosen von
3x2 Pillen pro die ca. 20 Patienten gegeben, hei denen sich infolge
von Infektionskrankheiten (Grippe, Typhus usw.), Erschöpfungszu-
ständen nach Operationen oder Puerperium ein erheblicher Haar-
schwund eingestellt hatte. Der Erfolg war ein prompter.
Nach 3—6 Wochen stellte sich Haarwachstum ein. Mikro-
skopische Untersuchungen zeigen, daß das Haar dichter und dunkler
pigmentiert ist und so gut wie keine Luftblasen im Gegensatz zu
den Haaren vor der Kur enthält... Eine spezifische oder Allgemein-
behandlung neben Humagsolan hat nicht stattgefunden. Gegenüber
den mit Humagsolan behandelten Patienten zeigen die aus derselben
Ätiologie mit Quarzlicht bestrahlten einen geringeren nicht be-
friedigenden Erfolg. Einige Patienten erhielten dann eine kombinierte -
Therapie: Humagsolan-Quarzlicht und spirituöse Haarwässer. Bei
diesen ist der größte Erfolg erzielt worden.
' Fermer erzielte ich gute Erfolge bei einer Reihe von Frauen,
bei denen infolge von längeren Röntgenbestrahlungen sich ein un-
angenehmer Haarausfall bemerkbar machte.
Die besonders ins Auge fallenden Erfolge werden bei der
Behandlung der Alopecia areata seborrhoica mit Humagsolan erzielt.
Bei dem seborrhoischen Haarausfall wurde von den mit Humagsolan
behandelten 18 Patienten bei 15 ein guter Erfolg erzielt, ebenso
Abbildung 2.
21%. Oktober
bei Patienten mit Alopecia areata. Voraussetzung ist, daß der
noch Haarwurzeln vorhanden sind. Wie vorsichtig man mit der
Entscheidung sein muß, ob Haarwurzeln noch vorhanden sind oder
nicht, soll folgender von mir behandelter Fall zeigen.
Es handelt sich um eine 85jährige Patientin, Frau D., J.-N. 318,
die seit 13 Jahren an einer totalen Alopecia leidet und sich wegen
"einer Kniegelenkstuberkulose in meiner Behandlung befindet. Patientin
hat keine Mittel noch Geld gescheut, um sich von ihrem, sie le
un
‚so drückenden Leiden zu befreien. Nach jahrelanger Behan
keine Heilung finden. Nach monatelanger erfolgloser Quarzlichtbe-
strahlung erfuhr sie die Diagnose, daß ihre Haarwurzeln zerstört seien
und jede Therapie aussichtslos sei. Ich gab mich mit dieser Auskunft
nicht zufrieden und behandelte die Patientin selbst on
und spirituösen Haarwässern zur stärkeren Hyperämisierung
kur, die meine Vermutung bestätigte und mir den in den nachfolgenden
Photographien festgehaltenen instruktiven Erfolg gab.. Denn es finden
sich Fälle von derartiger totaler Alopecia, bei denen doch eine Regeneration
d
daß noch lebensfähige Zellgruppen in den Follikeln vorhanden sind.
Bei Beginn der Kor halte atientin einen vollkommen glatten Schädel
-wie eine Billardkugel, ohne eine Spur. von Haaren?).
Tag zu Tag. an Länge, und Stärke zunahmen. Patientin erhielt nach
den oben mitgeteilten Erfolgen von der vierten Woche ab eine
kombinierte Humagsolan-Quarzlichtbehandlung. Diese beschleunigte
den Haarwuchs ganz r
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Abbildung 3.
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der Haare bereits durchschnittlich 5 cm und war der ganze Schädel
bis auf eine kleine handtellergroße Glatze (Abb. 2) behaart.
Nach 16 Wochen zeigte sich ein ausgezeichneter kosmetischer
Erfolg. Kräftige lang
e Haare bedeckten den früher glatten Schädel
(Abb. 8). Die latze hatte sich bis auf ca. 3 cm verkleinert. An diesen
unbehaarten Stellen sind leider die Haarwurzeln zerstört, wie die
weitere Beobachtung ergab.
Wie ist nun die Wirkung der keratinbildenden Substanzen
auf die übrigen Hornhautgebilde? |
Das Urteil:der Mehrzahl der Patienten lautet, daß sich ein
kräftiges Wachstum der Nägel eingestellt habe. Diese Erscheinung
wurde von den meisten als angenehm empfunden. Besonders konnte
‚dies bei solchen Personen festgestellt werden, die an einer weichen,
der Kur wurde diese Absplitterung nicht mehr beobachtet. u
Werden nun die übrigen Hautgebilde sämtlich in dem oben
festgestellten Sinne beeinflußt d. h. wird ein Auftreten von Haar-
wuchs an unerwünschten Stellen oder eine Verstärkung des vor-
handenen beobachtet? Bei den genau kontrollierten Versuchsfällen
konnte bei den normalen weiblichen Patienten keine Verstärkung
der Körperbehäarung wahrgenommen werden.
1) Patientin verweigerte in il d ù Zustand eine photo”
graphische Aufnahme. AE E A EEE EE $
Krankheitsprozeß noch nicht zu weit vorgeschritten ist, daß also
. von
Quacksalbern und Kurpfuschern konnte sie schließlich auch bei Spezialisten‘ `
er Kopi-
haut, jedoch ohne Erfolg. Als letztes versuchte ich eine Humagsolan-
eintritt, vorausgesetzt, daß die Atrophie keine völlige gewesen ist und.
ach 4 Wochen
Humagsolankur zeigten sich unzählbare marginale Härchen, ; die von
apide und lieferte nach der achten Woche den |
Abh. 1 festgehaltenen Erfolg. Nach 12 Wochen betrug die Länge
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' bröckligen, zur Absplitterung neigenden Nagelsubstanz litten. Nach
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12. Oktober
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — MAL. 0.000005
1433
Nach diesen Feststellungen interessierte mich die von anderer
Seite aufgeworfene Frage nach dem Verhalten weiblicher Personen
‘mit außergewöhnlich starker Körperbehaarung (virilem Typ) gegen
Humagsolandarreichung. Bei den beiden von mir ausgewählten und
behandelten Fällen zeigte sich, daß eine Verstärkung der Körper-
behaarung eintrat, die jedoch einige Monate nach Aussetzen der
Humagsolankur zurückging. Ich komme also zu der Schluß-
folgerung, daß dieZuführungvonKeratin-Abbauprodukten
bei normalen Individuen nur die normale physiologische
Entwicklung der gesamten Hautgebilde fördert.
Schließlich sei eine Beobachtung nicht ungesagt, daß bei
älteren Personen das Humagsolan bei bereits ergrautem oder weißem
Haar vorübergehend eine dunklere Färbung hervorruft. Diese
Wirkung konnte ich bei jüngeren Personen, die vorzeitig eine grau-
melierte Haarfarbe bekommen hatten, als eine dauernde: fest-
stellen. Bei Patientinnen in den 20er Jahren, bei denen sich stark
graumeliertes Haar gebildet hatte, konnte ich mit Humagsolan eine
normale Pigmentbildung anregen und die ursprüngliche gleichmäßige
Färbung wieder herstellen.
Zusammenfassend läßt sich sagen: |
Humagsolan ist eine nach besonderem Verlahren durch Hydro-
lyse leicht verdaulich gemachte Hornsubstanz, die eine spezifische
Ernährung der Oberhautgebilde ermöglicht.
Seine Anwendung soll erfolgen bei jeglichem Haarschwund nach
Infektionskrankheiten, Erschöpfungszuständen, Röntgenbestrahlungen
und im Anschluß an das Puerperium; ferner bei dem sogenannten
seborrhoischen Defluvium, Alopecia areata — totalis — syphilitica,
bei Trichorrhexis, sowie bei- jedem vorzeitigen Ergrauen der Haare
und bei allen Nagelerkrankungen. RE
. Bei all diesen Erkrankungen erweist sich das Humagsolan als
ein beachtenswertes Mittel, mit dessen Hilfe es gelingt, das Wachstum
der Haare und Nägel überhaupt intensiv anzuregen; es ist allen
anderen eine Hyperämisierung herbeiführenden therapeutischen Maß- |
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nahmen überlegen; mit denen ein so schnelles, kräftiges und dichtes
Haarwachstum nicht erzielt werden kann.
Eine Verbindung der Humagsolandarreichung mit den eine
Hyperämisierung hervorrufenden therapeutischen Mitteln stellt. nach
unseren heutigen Erfahrungen die erfolgreichste Therapie dar, die
uns in ganz hoffnungslosen Fällen überraschende Resultate liefert.
Am geeignetsten hierfür halte ich Quarzlichtbestrablungen und
spirituöse Haarwässer. |
Voraussetzung für diese Erfolge ist jedoch in jedem Falle,
daß noch lebensfähige Zellgruppen in den Follikeln vorhanden sind,
da nur die Ernährung noch vorhandener Haarwurzeln möglich ist.
Um eine sichere Diagnose stellen zu können, soll, bevor eine
Zerstörung der Haarwurzeln angenommen wird, in jedem Fall eine
Humagsolankur versucht werden. i
Eine Einwirkung der zugeführten Keratin-Abbauprodukte auf
die übrige Körperbehaarung findet bei normalen Individuen nicht
statt, da dieselben keinen anderen als den physiologischen Reiz aul
die gesamten Oberhautgebilde des Körpers ausüben.
Weiblichen Individuen mit ungewöhnlich starker Körper-
behaarung oder mit ausgesprochen virilem Typ soll Humagsolan
nur gegeben werden, wenn sie eine vorübergehende Verstärkung
der Körperbehaarung in Kauf nehmen wollen.
Bei vorzeitig ergrautem Haar läßt sich mit Humagsolan eine
stärkere Pigmentierung und mithin die ursprünglich gleichmäßige
Färbung der Haare wieder herstellen: | |
Das Präparat ist für den Organismus völlig indifferent und
wird reaktionslos vom Magen-Darmkanal vertragen. Die Dosierung:
beträgt 3mal täglich 2 Pillen, größere Tagesmengen sind zwecklos.
Literstur: 1. Zuntz, D.m.W. 1920, Nr.6. — 2. Blaschko, Ebenda.
1920, Nr.19. — 3. Kapp, Ebenda. 1921, Nr.11. — 4 Apel, Ebenda. 1922, Nr.5. —
5.Scharlam, Med. KL 1922, Nr. 25. — 6. Reimer, Ebenda. 1921, Nr.11. — 7. Biber-
geil, :D.m.W. 1920, Nr. 47°— 8, Hautsch, Ärztl. Zentr.-Anz. 1922, Nr. 12., — 9. Prior,
D.m.W. 1920, Nr. 40. — 10. Pulay, Med. Kl. 1920, Nr. 48. — 1i. Stura, Giorn. Ital.
della malattie veneree e della pelle, 1921, Fasc.2. ` i | |
- Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses im Friedrichshain
| in Berlin.
Über den Morbus Gaucher, seine Klinik, pathologische
Anatomie und histio-pathogenetische Umgrenzung,
nebst Untersuchungen über den Morbus Gaucher der
. Säuglinge und über die Beteiligung des Skelettsystems.
Von Ludwig Pick. (Fortsetzung aus Nr. 40.)
‚ An der Aufklärung der Histologie und Histiogenese des
Morbus Gaucher sind besonders Mandlebaum, der nicht weniger
als 12 Fälle histologisch zu untersuchen Gelegenheit hatte und seine
Befunde in zahlreichen Abbildungen erläutert, ferner Schlagen-
haufer, Risel, de Jong und van Heukelom, Downey, Rusca,
E. J. Kraus und Epstein erfolgreich beteiligt.
Für das histologische Studium der Gauc horzeleinageringon in
den Organen — der Zellstruktur an sich, wie besonders der Beziehungen
der Gaucherzellen zu den Retikulumfasern in Milz, Lymphdrüsen und
uochenmark — steht in erster Linie Mallorys Phosphormolybdän-
säure - Anilinblau - Orange - G-Methode, bei der man.nach meinen Er-
ahrungen zweckmäßig die von Mallor angegebene Vorbeizung mit
i Insäure und Ammoniumbichromat nicht unterläßt. Die Versilberung
erSchnitte nach Biels chowsky bildet für die Faserbefunde die brauch-
barsteKontrolle der Ergebnisse. Riselbenutzte eine Lölesche Modifikation
der Mallorymethode. Epstein empfiehitMallorys Phosphormolybdän-
tc . Auch die Risenhämatoxyliomethode Weigerts
u Gieson-Nachfärbung oder Heidenhains Eisenhämatoxylin-
methode sind Jür die Darstellung des Gaucherzellbildes sehr Beine:
de ns ergibt sich zunächst eine Art doppelter Morphologie
Zu aucherzelle als solcher, je nach der Untersuchung im frischen
2 . oder an Schnitten gehärteten Materials. Die frische Unter-
= ng in Wasser oder physiologischer K'ochsalzlösung (an Abstrichen
a eichenmaterial oder im Milzpunktat) zeigt einen gleichmäßig
mogenen opaken Zelleib, der in seinem eigentümlichen matthyalinen
er an eine amyloide Scholle erinnert und beim Zerdrücken den
nta pask eines halbfesten hyalinen Materials macht (Marchand). Mit
förmlich 1, srößerung besitzt der ea oft ein feingestreiftes,
ai a ‚ristalloides Aussehen. An den technisch einwandfrei fixierten
5 ärbten Schnitten ist der im ganzen blasse, helle blasige Plasmaleib
re Der Ye spinnwebartig feinsten linienartigen Fibrillen durchzogen,
i erbind aügemeiner Neigung zu welliger Parallelität durch seitliche
uUmere en ein zartesNetzwerk unregelmäßiger Maschen oder „Inseln“
grenzen‘). So kommt ein eigentümlich zerknittertes, runzliges,
°) Vgl, z, B, Mandlebaum-Downey Abb. 5, 9—13,
rund und ziemlich groß.
„knittrig-wolkiges“ oder auch undeutlich gestreiftes Aussehen der-Zellen
zustande. Längere Formen der Gaucherzellen sind entsprechend fein-
' fibrillär längsgestreift oder gestrichelt. Mehr oder minder zentral ge-
stellte Kerne können: auch von etwa konzentrischen Linien umgeben sein.
Runde vakuolengleiche Räume anstelle der regellos geformten Maschen
sind jedenfalls sehr selten, und die oft beschriebene „wabig-schaumige“,
rund-vakuoläre Struktur gibt es an den. bestfixierten und gefärbten
Schnitten nicht, wenn andrerseits auch die feine Zeichnung in ihren
Einzelheiten nicht an jeder Zelle getroffen wird und des öfteren das
Zellplasma im ganzen oder teilweise von einfach homogener azidophiler
Beschaffenheit sich darstellt. Durchschnitte der zarten Fibrillen bilden.
feine reihenartige Pünktchen und lassen den Zelleib granuliert oder punk-
tiert erscheinen. Auch diese Punktreihen zeigen die Neigung zu paralleler
Richtung. GroßeZelleneinessolcheneigenartigenPlasmatypus
werden in der Tat bei keiner anderen Affektion getroffen.
Marchand nimmt das zarte Netzwerk als den Zellrest, den eine
eingelagerte fremde Substanz nach der Einwirkung bestimmter Re-
acentien S Äther, Chloroform usw.) hinterläßt. Nach Epstein |
wird die fremdkörperartig eingelagerte Masse als flüssiges Kolloid ge-
speichert, drängt anscheinend stark quellend das Plasma zu einem
etzwerk auseinander oder „durchtränkt“ die plasmatische Substanz
und wird, durch die Gewebsfixation zu unregelmäßig begrenzten Tropfen
zusammenfließend, zu geballtem erstarrten Gel, das in den Zellen in
schwacher Hämalaun- oder Malloryiärbung darstellbar bleibt. Die
„knittrige“ Struktur ist Fixations- und Härtüungsprodukt. Danach be-
deutet auf alle Fälle das Netzwerk den Überrest des zwischen der
er Substanz komprimierten Spongio- oder Paraplasmas
(vgl. auch Waugh und Mac Intosh, ° 0 2 0000 >
Im frischen gefärbten Ausstrich der splenektomierten Milz?) oder
des Milzpunktates erscheinen die großen epithelartigen regelmäßig be-
grenzten Zellen von mehr oder minder ndicho Form, auch die Kerne
ea Rer ung: Runzelun |
es Zelleibes ist aber auch hier ausgesprochen. Die Kerne finden sich
in der Einzahl oder Mehrzahl — zwei, drei oder unter Enteprechönder
Zunahme auch der Zellgröße noch mehr. Vielkernige Gaucherriesenzellen,
1
des öfteren auch als „Syncytien“' bezeichnet, können, wie vielkernige .
Zellen überhaupt im Gaucherzellgewebe, bisweilen besonders her-
vortreten. Mandlebaum sah in einer 71,7:100 u messendenin
Zelle aus dem Milzausstrich 13 Kerne (in einer Gaucherzelle im Schnitt
aus einem retroperitonsalen Lymphknoten 21 Kerne). Ich selbst fand -
‘den Zelldurchmesser im frischen Milzpunktat im Da > Pr
Der stets wiederkehrende Typus der mikroskopischen Bilder
in den Schnitten der Organe sei auch hier noch einmal be
hervorgehoben. Die Milzschnitte zeigen in der sinusreichen See
n yg: Abb. 1 bei Brill-Mandlebaum und Abb, 1 bei Mandle-
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oder Granulierung
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1484 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. 12. Oktober
alveolenartigen rundlichen oder auch mehr unregelmäßigen Nester oder
Felder der großen hellen Gaucherzellen eingelagert. Diese Zellalveolen
hängen vielfach zusammen und können in verschiedenen Milzabschnitten
verschieden dicht gestellt sein; sie sind von zarten kollagenen (nach
Rusca elastischen) Fasern eingehüllt und teilweise auch von
„Bndothelien“ in ihrer g
Gaucherzellen mehr oder weniger reichlich vorkommen. Daß die enorme
Vergrößerung, die Mandlebaum beim At/,jährigen Knaben traf, ent-
gegen diesem Autor nicht dem „frischen“ Fall als solchem zukommt
fn
beweist das sonst dem bei Erwachseñen durchaus entsprechende Verhalten
flachen | bei anderen Fällen der Kinder und der Säuglinge, und wenn Epstein Mi
r ganzen Peripherie oder in einem Teil umkleidet. | meint, daß „fast völliges Fehlen unveränderter typischer Milzfollikel‘ m
Außer den großen Zeilkörpern können die Alveolen mehr oder minder | für den Morbus Gaucher charakteristisch sei, so wäre, glaube ich, dabei m
reichlich auch rote Blutkörperchen oder deren Trümmer einschließen, | der Nachdruck mehr auf die Reduktion der Zahl als auf die sonstige ril
die nach Mandlebaum in den endothellosen Nestern fehlen; daneben | Veränderung zu legen. Ohne Zweifel ist das spärliche Vorkommen 5
Lymphozyten oder Plasmazellen. Oder blutführende Hohlräume werden | oder das „Fehlen“ der Körperchen in den mikroskopischen Schnitten in |
í von einer etwas unregelmäßigen ein- oder mehrfachen Lage von Gaucher-
u zellen ausgekleidet (z. B. Mandlebaum 1912, Abk.
). Vereinzelte
Gaucherzellen liegen dann frei in der zentralen Blutmasse (Abb. 3) oder
erweisen sich (WaughundMacIntosh) an Serienschnitten als zungen-
förmige Teile des Wandbelages.
Vorsichtige technische Behandlung des Materials (Fixierung in
EN I Formol-Müller, Schnitte nach Zelloidin- oder kombinierter Zelloidin-
ne Paraffineinbettung [E. J. Krausl) zeigt die Gaucherzellen in den
ee Nestern völlig geschlossen, untereinander sowohl wie mit dem umgeben-
A den Gewebe lückenlos verbunden®). Die viel beschriebenen alveolen-
ähnlichen, mit losen, „dissoziierten" Gaucherzellen gefüllten „Hohlräume“ -
wären nach Kraus Kunstprodukte. Neben den Nestern können auch
ganze Gesichtsfelder, selbst weite Strecken von bedeutendem Umfang
und unregelmäßiger Begrenzung sich aus Gaucherzellen zusammensetzen.
Sie treten im Falle der Nekrose, wie vorher beschrieben, in makro-
skopische Erscheinung und sind wohl wenigstens teilweise durch Zu-
sammenschluß der Nester entstanden. Oder aber es tauchen auch
Gaucherzellen einzeln oder in kleineren Komplexen regelloser Art in
der Pulpa zwischen den Sinus auf, ja, es kann diese unregelmäßige Art
der Gaucherzelleinlagerung im Pulparetikulum unter Zurücktreten der
Alveolen das histologische Bild der Milz in gewissen Fällen?) beherr-
schen. Die frei liegenden Zellen hier oder in den „Hohlräumen“ er-
scheinen rund oder länglich rund oder namentlich bei gegenseitiger .
Abplattung polyedrisch, oft mit kürzeren oder längeren, selbst ver-
zweigten, den Ganglienzelldendriten ähnlichen Fortsätzen versehen, im
Ganzen von stets wechselnder Form. Der. Kontur ist runzlig oder
gleichmäßig, stets scharf. Ihre Maße schwanken im Durchschnitt von
20—A0 u, im Maximum von 60—80 u. Aber auch kleine Formen
charakteristischen Baues von nur Lymphozytengröße kommen vor. Der
Zelleib ist durch Eosin oder Pikrinsäure schwach färbbar, auch bei
Pappenheimfärbung entschieden oxyphil.
Die Mallorysche Phos-
phormolybdänsäure-Anilinblau-Orange-G-Methode färbt ihn schön blau,
etwas heller als das Bindegewebe. Die Kerne sind unbeschadet viel-
fachen Wechsels ihrer Größe kleiner als im Ausstrich des frischen
Materials, besonders unbedeutend im Verhältnis zu dem großen Zell-
leib. Sie sind unregelmäßig konfiguriert mit runzlig oder zackig ge-
schrumpitem Kontur, meist recht dunkelgefärbt, teilweise ausgesprochen
pyknotisch, in Degeneration begriffen. Andere Male in den mehr
homogenen Zellen sind sie aber auch bläschenförmig, plumper und ent-
halten mehrere (1—3) Nukleolen. Sind sie in der Einzahl, so stehen
sie vielfach exzentrisch, oft nach Art der Fettzelle an den Rand gedrängt;
sind sie in der Mehrzahl, so sind sie im Zelleib regellos verteilt. Viel-
kernige Riesenzellen sind hier im allgemeinen selten. Mändlebaum-
Downey bezeichnen als das Hauptcharakteristikum der Gaucherzell-
kerne ihren unregelmäßigen Kontur und ihre exzentrische Lage. Das
„häufige Fehlen“ der Kerne in den Gaucherzellen, insbesondere der
Ne Milz, wie es Einzelne (Epstein, Rusca — nach diesem ist Kern-
h schwund unter Pyknose, Karola und Karyorrhexis in 90—95% der
„alten“ Gaucherzellen erfolgt) beschreiben, müßte wegen des Mißverhält-
nisses von Zellen und Kerngröße durch Serienschnitte belegt werden.
Mitosen in den Gaucherzellen sah Bovaird; Schlagenhaufer traf
sie „nur ganz vereinzelt“. Nach Risel, E. J. Kraus oder Rusca
kommen sie. in den Gaucherzellen nicht vor. Brill - Mandlebaum-
Libman sprechenvon unre
golmaligen, Brill-Mandlebaum von selte-
nen atypischen Mitosen. de
| ongund van Heukelom, Mandlebaum
(1919), Rusca und Barát nennen amitotische Teilungen. Epstein
schreibt den bereits in Gaucherzellen üumgewandelten Zellfiormen all-
emein noch die Eigenschaft der Teilungsfähigkeit zu. Danach bleibt
as Vorkommen mitotischer Kernteilungen der Gaucherzellen zweifel-
haft, während eine amitotische Vermehrung wohl sichergestellt sein
dürfte. Notwendig scheint mir auch dieser Modus nicht, um die „Ver-
mehrung“ der Gaucherzellen zu erklären, da die Proliferationen und
mitotischen Kernteilungen auch in ihren zelligen Vorstufen gesucht
werden können und wohl in der Tat auch hier zu finden sind!%), Es
hat danach sicherlich Bedenken, das Gaucherzellgewebe kurzerhand als
„großzellige Wucherung“ (Œ. J. Kraus) zu kennzeichnen,
Die Malpighischen Körperchen pflegen an Zahl, unter Um-
ständen auch an Umfang reduziert zu sein, können aber auch trotz
starker Abnahme der Anzahl sich sonst normal verhalten (z. B. bei
Schlagenhaufer). InGauchersundColliers Fällen fehlen sie ganz.
Gelegentlich sind sie etwas vergrößert, in erster Linie wohl durch
eindringende* Gaucherzellen. Auch in den zentralen Bezirken können
8) Vgl. Abb. 9 u. 10 bei E. J. Kraus.
9) Vgl.z. B. Epstein, Fall 3.
10) Vgl. bei A in Leber Fall,
erster Linie eine Folge ihrer mechanischen Auseinanderdrängung und
Verteilung auf das Gebiet der Riesenmilz, weniger der von Gaucher
angenommenen „totalen Destruktion“. Rundliche Herde hyalinen Binde-
gewebes, die veränderten Malpighischen Körperchen zu entsprechen
scheinen (Epstein, Fall 1 und 2), düriten vielleicht eher als Querschnitte
hyaliner Trabekel zu deuten sein.
Zuweilen sind diese etwas ver-
breitert oder durchblutet, gelegentlich bis in das um
gob ende Milzgewebe
inein, in dem entsprechend dem makroskopischen
ofund auch mikro-
skopisch Blutungen bei langer Krankheitsdauer in größerem Um-
fang auftreten,
Sie können zu einer förmlichen Dissoziation von
Gaucherzellnestern führen.
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Pigment fehlt ganz oder so gut wie ganz nur bei Säuglingen und
Kindern. Sonst ist es ausnahmslos, wie die Reaktion nach Turnbull lehrt,
in erster Linie als Hämosiderin vorhanden, und zwar in den Trabekeln
oder in den Eindothelien der venösen Sinus oder in den Gaucherzellen
selbst, bei. sehr erheblichen individuellen Schwankungen der einzelnen
Fälle nach Menge und Verbreitung. In den Trabekeln sind dieHämosiderin-
körner zuweilen besonders zirkumvaskulär gelagert, andere Male
sind die Fibrillen der Trabekel bei der Eisenreaktion nur zart und
diffus . blau getönt. , Ausgesprochenste dichte Bestäubung mit den
Pigmentkörnchen in den Sinusendothelien, wie bei Schlagenhaufer,
Risel und Kraus erwies sich einmal (Schlagenhaufer) als gänzlich,
. einmal (Rise!) -teilweise als eisenfrei; ob auch bei der Turnbullmethode,
ist nicht ersichtlich. Die Gaucherzellen selbst, mit deren Pigmentierungen
sich am eingehendsten Epstein beschäftigt hat, sind meist diffus von
elöstem Hämosiderin durchtränkt, wenn auch hier wieder als Aus-
ck der „individuellen Verschiedenheit der Speicherungstendenz“
immer nur in einzelnen Exemplaren und in wechselndster Intensität.
Hämosiderin körniger Form ist in Gaucherzellen anscheinend. weit
seltener. Daneben gibt es (Epstein) eine diffuse Zelldurchtränkung
mit Hämatoidin und ferner Hämatoidinkörner, -schollen und -kristalle
sowohl frei zwischen, wie sekundär aufgenommen auch in den Gaucher- .
zellen, selbst in manchen bei gleichzeitiger diffuser Hämosiderinreaktion. ,
Von grobkörnigem eisenfreien Pigment in Gaucherzellen spricht Barát.
Anderseits liegen Hämosiderinkörner auch extrazellulär, oder es können
auch Retikulumzellen Hämosiderin einschließen.
Im Gegensatz zur Konstanz der Pigmentierungen in den Fällen
längerer Dauer steht der Befund der Hrythronhasie durch die
'Gaucherzellen, die nur von einigen [Kraus, Epstein, Waugh und
Mac Intosh, von diesen auch in den „vielkernigen Synzytien“ der
Gaucherzellentt)\festgestellt ist, während andere (Bovaird, de Josselin
de Jong) ausdrücklich auf ihr Fehlen verweisen. Das ist insofern
von Bedeutung, als der Abbau der roten Blutkörperchen, der sich hier
in der Gauchermilz vollzieht, von erytbrophagischen Vorgängen im
wesentlichensicher unabhängigist und damit der in diesem Sinne z.B. von
Hück allgemein vertretenen Anschauung als Stütze dient (vgl. Epstein).
Einen besonders .aufiallenden Befund bilden typische Knochen-
marksriesenzellen, die zuerst und wiederholt von Mandlebaum,
dann auch von Epstein innerhalb der Alveolen frei zwischen den
Gaucherzellen oder in der Pulpa in Verbindung mit ortho- oder poly-
chromatisch gefärbten Normoblasten oder eosinophilen Myelozyten
teilweise gleichenden Uninukleären gesehen wurden
. Auch ohne
Megakaryozyten kommen eosinophile, neutrophile und basophile
Elemente (Mastzellen) vom Myelozytentypus oder in weiteren Stadien
. der Kerndifferenzierung zwischen den Gaucherzellen vor (Risel,
Waugh und Mac Intosh). Die Bedeutung dieser myeloischen Elemente,
deren Befund sich entgegen Brill-Mandlebaum keinesfalls auf die
Fälle jüngerer Individuen beschränkt, habe ich noch zu erörtern.
Im histologischen Bau der ei
| enartigen Kavernome fällt, wie
Kraus ausführt, die aee dako D
izarre Form der Hohlräume nicht
minder auf wie die wechselnde Art ihrer zelligen Begrenzung. »®
wird teils durch Hämosiderinkörner enthaltende Endothelien, teils durch
das nackte fibrilläre Gewebe der bindegewebigen Septa, teils aber un
mittelbar durch Gaucherzellhaufen gebildet, die regelmäßig von del
Peripherie des Knotens oder auch. von Septen her in die Bluträum®
einbrechen. Sofern nach erfolgtem Einbruch das Gaucherzellnest semen
Inhalt in den Blutraum entleert und andrerseits das Blut die so env
standene Höhle erweitert, also einen neuen Blutraum schafft, sind wohl „die
kavernösen Hohlräume keine genetisch einheitlichen Gebilde“ (Kraus)
Daneben kommen auch, unter Umständen in größerer Zahl, kavernöse e
fäßBerweiterungen rein mikroskopischen Umfangs vor
(Schlagenhaufer)
11) Der positive Erythro
hagiebefund in Zadeks durch lang
dauernde terminale Sepsis komplizi
iertem Fall ist, wie auch der Pigment
befund in der Milz, die Erythrophagie und Pigmentierung in andere
Organen (Leber, Nieren) und die „sich überstürzende Blutregeneration
im roten Mark der langen Knochen wegen der Sepsis ‚nicht eindel
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12. Oktober :
. Auch die unter Umständen sehr ausgebreitete Nekrose des
_ Gaucherzellgewebes in der Milz besitzt ihre histologische Eigen-
art. Es kommt zu keinem ausgesprochenen Zerfall, weder zuKoagulations-
nekrösen noch zu Verkäsungen oder dgl., sondern die einfach nekrotische
Zelle schwindet unter ganz allmählicher Verkleinerung bei gleichzeitiger
interzellulärer Entwicklung eines derben Bindegewebes, dessen Maschen
sich nach völligem Zellschwund schließen. Das Endergebnis ist der
rein schwielig-fibröse Knoten. Manches Mal ist er gemäß der makro-
skopischen Erscheinungsfiorm von gröberen oder spärlicheren gelb-
braunen Pigmentanhäufungen durchsetzt. Sie sind körniger Art, meist
eisenhaltig und sind während des Verödungsprozesses gebildet, liegen
"zunächst innerhalb der noch erhaltenen Gaucherzellen oder der Binde-
'gewebszellen und werden mit deren Zerfall frei. Auch Verfettung
kommt in der Umgebung nekrotischer und fibrös sich umgestaltender
Herde vor. Ohne Zweifel ist die besondere Form dieser Nekrose, das
gleichsam schattenhaite Dahinschwinden der Gaucherzellen, der Aus-
druck der enormen Chronizität, die beim Morbus Gaucher dem Ablauf
dieses geweblichen Vorganges wie zahlreicher anderer ihren Stempel
aufdrückt. Für weitere histologisch unterschiedene Formen homogen-
hyalinen Gewebszerfialles_ ziehen Mandlebaum-Downey die Ver-
‚bindung mit dem Gaucherzellgewebein Zweifel. Sie sind genetisch wohl
in eine Linie mit den nicht seltenen anämischen Infarkten zu stellen.
Um einzelne nekrotische Knoten deckt bei Schlagenhaufer
das Mikroskop eine granulierende tuberkulöse Zone auf, während bei
= Epstein die Verkäsung gröberer tuberkulöser Herde im mikroskopischen
‚Bilde auf Gaucherzellherde übergreift. Tuberkulose findet sich auch
` in der exstirpierten Gauchermilz bei Erdmann-Moorhead in Form
einiger Miliartuberkel. |
. . Die histologischen Veränderungen der Leber haben Brill-
Mandlebaum-Libman als eine diffuse Zirrhose ohne Gallengangs-
wucherung charakterisiert. Das Fehlen der Gallengangswucherungen `|:
ist nicht ohne Ausnahme (vgl. Epstein, Fall 3), und beim Morbus
Gaucher der Säuglinge kann Auch histologisch jede Andeutung der
Zirrhose fehlen. (Betr. Rusca vgl. unten.) Hier sind allein die Blut-
kapillaren der Läppchen von Gaucherzellen erfüllt, und zwar (Kraus)
vorwiegend die Abschnitte um die Zentralvene, die nämlichen, die
sich bei der Stauungsleber in die.sog. Stauungsstraßen verwandeln.
Auch in den Fällen der Erwachsenen werden Gaucherzellen wohl stets
mehr oder minder reichlich in den Läppchenkapillaren gefunden, be-
vorzugen aber hier die peripherischen Bezirke. Sie liegen im Kapillar-
lumen gewöhnlich in der Einzahl, gelegentlich aber auch zu mehreren,
und bei stärkerer Häufung werden die Leberzellbalken zur Atrophie
gebracht. Ihre Unterscheidung von den Leberzellen macht, zumal
‚ mehrkernige Formen gewöhnlich fehlen, zuweilen einige Schwierigkeit.
Die Malloryfärbung ist hier wieder ein vortreffliches Hilfsmittel. Ge-
legentlich ist nebst den zentralen Kapillaren auch die Adventitia der
Zentralvene von Gaucherzellen erfüllt.
| Die „zirrhotische* Bindegewebevermehrung der Glissonschen
Kapsel kann zuweilen „enorme“ Grade erreichen, ist aber niemals eine
EN bloße Bindegewebswucherung, sondern durch meist sehr reichliche
Einlagerungen von Gaucherzellen ausgezeichnet, die in gewissen Fällen
sogar den Hauptanteil der Verbreiterung der interlobulären Binde-
gewebssepten übernehmen. Im ganzen also viel eher eine Pseudo-
zirrhose als eine bestimmte Zirrhoseform. Die Gaucherzellkörper liegen
bier in den Maschen der Bindegewebsbündel einzeln oder zu wenigen
in kleinen dichtgestellten Alveolen, deren Einzelelemente wieder von
feinen durch Silberschwärzung darstellbaren Fasermaschen umgeben
werden, und erscheinen im Gegensatz zu den Gaucherzellen der - Milz,
auch zu denen innerhalb der Läppchenkapillaren, häufig in ge-
. streckten, längsgestrichelten Formen von „zügiger“ Anordnung,
mit der offenkundigen Neigung, lange Syneytien (Mandlebaum-
Downey) zu bilden. Sie umgeben nicht bloß die Pfortaderäste,.
sondern durchsetzen ihre Wand, besonders die Media, ja, gelangen
bis an und in das Gefäßlumen (Mandlebaum-Downey, Fig. 9).
Auffallend ist die oft verschwimmende Abgrenzung des Zelleibes gegon
“die umgebenden Bindegewebsfibrillen bei der Mallory-Färbung oder
Bisenhämatoxylinfärbung nach Weigert (vgl. z. B. Risel, Tafel 6,
‚Fig. 2, Mandlebaum-Downey, Fig. 13).
. Weiter aber dringen Bindegewebsstränge und Gaucherzellenzüge
auch- in die Peripherie der Lobuli, . dissezieren und ersetzen die
ä pchensubstanz, und so werden schließlich unregelmäßig geformte
und ungleich große „Parenchymeinheiten“ von den breiteren oder
schmäleren mit Gaucherzellgewebe erfüllten Bindegewebszügen um-
schlossen. Kleinzellige Infiltration spielt bei allen diesen Wucherungs-
' vorgängen des Bindegewebes keine Rolle. Dagegen fallen gelegentlich
regenerative Vorgänge an den Leberzellbalken (amitotischer Ersatz
er Leberzellen, vgl. Epstein, Fall 1 und 3) auf, . |
b Ein anscheinend seltener (nicht „häufiger“ entgegen Mandle-
vaum 1919) Befund ist das Vorkommen freier Gaucherzeilen
K Lumen größerer, Pfortaderäste (Bovaird, Risel). Weder
‚aus noch Epstein gelang es, sie dort zu treffen. Im dritten Fall
seiner Reihe sah Epstein in den Leberkapillaren Normoblasten,
einzelne Megakaryozyten und Wucherungen der Wandendothelien, zu-
En in „förmlich synzytialem Verband.“ Schlagenhaufer traf
ee Leberlappen typische Miliartuberkel. Die Verkäsung der
A eren tuberkulösen Leberherde in Epsteins Fall 1 bezieht auch
“er wie in der Milz benachbarte Gaucherzellherde ein.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
- Für die Pi mentbefunde der Leber gilt wie für die der Milz,
daß sie mit der Dauer der Krankheit zunehmen. Allerdings bleiben
sie meist überhaupt spärlich und betreffen am wenigsten die Gaucher:
zellen selbst. Eisenhaltiges Pigment in der Glissonschen Kapsel und.
in der Umgebung der kleinen Blutgefäße ist in den vorgeschrittenen.
Fällen nach Brill-Mandlebaum immer zu finden, nicht aber
in Gaucherzellen. Ganz vereinzelte Pigmentierung dieser — durch
Be, körniges oder scholliges Hämosiderin oder gelbe eisen-
"freie Tröpfehen und Schollen -— nennt nur Epstein (Fall 1 und 3).
Auch in Leberzellen kommt. gelegentlich eisenfreies oder eisen- . °
haltiges Pigment vor. Innerhalb der Leberzellen wäre es zunächst
als Gallenpigment zu deuten. Risel spricht ohne nähere .
Charakterisierung von feinsten bräunlichen Körnchen in den Leberzellen
und im Kapillarendothel. Bemerkenswert scheint allein der Befund
eisenhaltigen Pigments — in den Leberzellen wiederum nur spärlich,
in den Kupiferschen Sternzellen oft reichlich —, den Kraus bei .
Morbus Gaucher des Säuglings berichtet. |
Von den Lymphdrüsen enthalten entsprechend dem negativen Ci
Tastbefund .die äußeren wohl meist nur wenige der charakteristischen
Zellen. Intravitala Probeexzision einer Achseldrüse in einem der
sicheren Gaucherfälle Mandlebaums (1919, Fall 1) ergab nichts als
„eine chronische Fibrose.“ Die Anfangsstadien zeigen die hellen, hier
oft wieder sehr vielgestaltigen („jugendlichen* Rusca) und häufiger
als in der Milz mehrkernigen Gaucherelemente zwischen den Zellen
der Follikel und Markstränge, zuweilen ‘auch in den Sinus. ‘Oft
fallen besonders langgestreckte oder synzytiale Formen auf. In den
vorgeschrittenen Graden ist das Gerüstwerk des Lymphknotens,
Kapsel und Trabekel, stark verdickt, aber doch als solches erhalten,
das Lymphdrüsenparenchym bis auf gelegentliche Reste verdrängt durch
Felder der großen Zellkörper, die an den silbergeschwärzten Schnitten
einer Fasermasche gelegen ist. Auch noch erkennbare Sinus ent-
halten Gaucherzellen. Absterbende Zellen können zu einer einheit-
lichen scholligen Masse von eigenartig hyaliner Beschaffenheit zu-
sammenfließen, während eine rein fibröse schwielige Induration, ‚wie
z. B. in der Milz, hier nicht vorzukommen scheint. Barát spricht
auch hier von „unspezifischer ischämischer Nekrose.“ 3 :
Freilich ist nun, wie die Beteiligung der Lymphdrüsen an der
Umwandlung in das Gauchergewebe überhaupt, auch der Grad der
Umwandlung in den einzelnen Lymphdrüsengruppen durchaus wechselnd.
Bei dem nämlichen Individuum sind an verschiedenen Stellen frühe,
mittlere und vorgeschrittenste Stadien zu treffen, so daß die Frage
‚entsteht, ob hier lediglich eine Verschiedenheit des Tempos oder nicht
vielmehr ein ungleichzeitiges Befallensein der Gruppen vorliegt .(vgl.
auch Teil IN). So können die Lymphknoten bestimmter Gebiete auch
beim Kind, z.B. in dem schon genannten Fall Mandlebaum beim‘
4i/,jährigen Knaben, nicht minder schwer värändert sein wie in den:
vorgeschrittensten Graden bei Erwachsenen. Die im gleichen Fall.
von Mandlebaum beobachtete „abnorme Aktivität“ in den stark hyper-
trophischen Keimzentren (Mitosen, phagozytotische Vorgänge) dürfte
nach dem Vergleich mit ähnlichem Material von Säuglingen und Kindern
kaum von allgemeinerer Bedeutung sein. ' Dagegen verdient besondere
Pe das Vorkommen myeloischer Elemente’ im Gaucher-
y
gewebe der Lymphknoten dieser Beobachtung: von eosinophilen und
neutrophilen, (auch basophilen?) Myelozyten nebst -polymorphkernigen
Eosinophilen in den Lymphknoten um die Milzvene und zahlreichen
eosinophilen Myelozyten auch in den Lymphknoten anderer Lokalisationen.
- Der Pigmentgehalt der Lymphknoten ist vergleichsweise im
allgemeinen größer als der der Milz und. der Leber, bei Säuglingen
und Kindern geringer als beim: Erwachsenen und bei weit vorge-
schrittener Umwandlung der Lymphdrüsen bedeutender als im Früh-
stadium. Aber alles das hat seine Ausnahme. ‘So ist z. B. bei
Mandlebaum die Lymphdrüsengruppe um die Milzvene bei weit
wenig ausgebildeter Einlagerung von Gaucherzellgewebe sehr aus-
giebig pigmentiert gegenüber den besonders stark veränderten, aber
pigmentfreien Mesenterial- und retroperitonealen Lymphknoten. In
einem anderen Falle beim Erwachsenen (Mandlebaum 1919, Fall 2)
sind die sonst. leicht veränderten ösophagealen und tracheobronchialen
Lymphknoten stark, die von Gaucherzellgewebe umfänglich durch- -
setzten Mesenterial- und Retroperitoneallymphknoten nur wenig mit
Pigment versehen. Das Pigment liegt in den Anfangsstadien nicht
selten in Form brauner oder gelber Körner innerhalb der Gaucher-
zellen, die wie die Endothelien der intraglandulären Lymphbahnen
auch rote Blutkörperchen oder deren Reste einschließen, gelegentlich
zugleich auch in den Retikulumzellen. Mit vorgeschrittener Fibrose
der Lymphknoten sind die. bindegewebigen Trabekel zwischen den ` |
Gaucherzellieldern und besonders die Innenzone der Kapsel stark
pigmentiert; die braunen Pigmentkörner liegen frei oder in Binde-
gewebszellen oder in noch erkennbaren Sinusendothelien oder wiederum
in Gaucherzellen. Auch Pigmentkristalle kommen vor und können von `
letzteren in größter Ausdehnung phagozytiert werden (vgl. -z. B. Fig. 3 `
und4beiBrill-Mandlebaum-Liebman,1909). Nicht geradeselten sind
hier große Zellen mit roten Een und Pigmentkörnern so über-
laden, daß derbesondere Charakter der Zellen überdecktund zwischen ver-
größerten Sinusendothelien oder Gaucherzellen nicht sicher zu entscheiden `
ist. Das körnige Pigmentist ganz überwiegend Hämosiderin. Zuweilen wird
die Eisenreaktion bob nach Turnbull?) aber auch als negativ angegeben,
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1436
Für das Knochenmark fehlt auch im mikroskopischen Bild
in Art und Grad des Befallenseins jede charakteristische Be-
ziehung zur Dauer der Krankheit. Schon beim Säugling kann,
wie die Befunde in dem sehr gründlich durchuntersuchten Fall 2
Kraus’ lchren, das gesamte Skelettsystem ergriffen sein. Der Gehalt
des Markes der einzelnen Knochen ist dabei von regelloser Ungleich-
heit. Das Gaucherzellgewebe ist bald in Form isolierter Zellindividuen,
bald herdförmig, bald diffus in das Mark eingelagert und in seinen
größeren Komplexen gegen dieses weit weniger scharf begrenzt als
in der Milz oder etwa in der Leber. In letzter Linie rangiert im Fall
Kraus das Schädeldach mit nur wenigen Gaucherzellen. Das an-
grenzende Markgewebe selbst ist ohne Abweichung oder führt als
Ausdruck der Reizung mehr oder minder reichliche Plasmazellen (Kraus).
Eine zweite schon von Brill-Mandlebaum-Libman ge-
fundene und seither von diesen Autoren wiederholt betonte und ab-
gebildete Tatsache?2) ist der ganz besonders auffallende Formen-
wechsel und die Neigung zur Streckung (elongation) der
Gaucherzellen im Knochenmark. Auch Risel sind neben den
Formen, die mit denen in der Milz und in den Lymphdrüsen überein-
stimmen, im Mark längliche oder spindlige Gaucherzellen, an denen die
feinfibrilläre Längsstreifung besonders zum Ausdruck kommt, aufgefallen.
Zarte, zwischen den Gaucherzellen hindurchziehende Retikulumfäserchen
verschmelzen mit dem Zellkontur, scheinen in den Grenzen der Zellen
selbst aulzugehen. Gelegentlich liegen die großen Zellkörper auch im
Lumen erweiterter Blutkapillaren.
Die Pr @laglachen tadien bei der fibrös-schwieligen Um-
wandlung des Gaucherzellgewebes zu makroskopischen Herden —
Absterben und allmähliches
chwinden der Gaucherzellen unter gleich-
zeitiger Verbreiterung und narbenäbnlicher Verdichtung des
inde-
gewebes zwischen ihnen mit Einlagerung von Blutpigment — vollzieht
sich wie in der Milz.
Gesetzlos wiederum scheint auch, an der Dauer der Fälle ge-
messen, der Grad der Pigmentbildung, im besonderen der Pigmentie-
rung der Gaucherzellen sowohl wie ihrer hier zuerst von Risel
gesehenen Erythrophagie. Der satten diffusen Blaufärbung der
Gaucherzellen bei der Turnbull-Reaktion und ihrem besonderen Gehalt
an Erytbrozyten, Erythrozytentrümmern und deren Derivaten beim
Morbus Gaucher des Erwachsenen (z. B. im Fall í Epsteins) stehen
die Befunde im. Knochenmark beim Morbus Gaucher des Säuglings
(Fall2 Kraus) nicht nach: auch hier geben die meisten Gaucherzellen
ausgesprochene Eisenreaktion nach Turnbull; Erythrophagie ist häufig,
hier übrigens von seltener Normoblastophagie begleitet. Auch extra-
zelluläres Hämosiderin kommt vor. Immerhin ist die Pigmentierung in
ihrer Gesamtheit im Knochenmark im allgemeinen gering. Von herd-
förmigen Blutungen nebst vielen pigmentführenden Zellen und typischen
Tuberkeln bei Gaucherzelldurchsetzung des Femurmarkes hat schließ-
lich noch Schlagenhaufer berichtet. —
Sicherlich ist einer der auffallendsten Züge in dem eigenartigen
anatomischen Bild des Morbus Gaucher die immer wieder-
kehrende strenge Begrenzung des Prozesses auf Milz,
Lymphdrüsen, Knochenmark und Leber und das Freibleiben der
zahlreichen anderen Lokalisationen Iymphatischen Gewebes im Or-
anismus wie der anderen Organe (Lunge, Nieren, Magen, Darm,
Pankreas, Gehirn, endokrine Drüsen etc.) überhaupt!3), und es spricht
ohne Zweifel für die die Krankheitsumgrenzung mitbestimmende Bedeu-
tung dieser starren Regel, wenn bisher keine gültige Ausnahmegefunden ist.
Der von Risel im rechten Schilddrüsenlappen gesehene Gaucher-
zellherd, der auch makroskopisch als kleines weißliches Fleckchen in
Erscheinung trat, geht wohl aus der Umwandlung eines Ferien a
Lymphknötchens hervor. Dafür sprechen die Massen dichter einkerniger
Lymphozyten, zwischen denen die Gaucherzellen hier eingelagert sind.
Sodann hat Rusca bei Morbus Gaucher des zwölfmonatigen Säug-
lings den „bis zur Unkenntlichkeit“ vorgeschrittenen Ersatz des Thy-
mus durch Gaucherzellgewebe und das Vorkommen von Gaucherzellen
in den Solitärknötchen des Darmes beschrieben. Die Thymussubstanz
besteht bei einer im Groben erhaltenen Läppchenstruktur hier aus-
schließlich aus „Gaucherzellen“ aller Entwicklungsstadien, im beson-
deren auch aus „jungen“, d. h, unregelmäßigen, dreieckigen oder
spindligen Formen, im Gegensatz zu den „adulten“, zum großen Teil
„kernlosen“ (vgl. oben) der Milz. Nun ist aber der Thymus in dem Morbus
Gaucher-Falle Kraus beim zwölfmonatigen Säugling histologisch ein
getreues Gegenstück des von Rusca beschriebenen bis auf einen hier
noch erhaltenen Rest der kleinen Elemente des Thymus. Im übrigen
besteht dessen Gewebe genau wie bei Rusca aus großen und viel-
gestaltigen Zellen, unter denen „längliche, oft geradezu spindlige. Ele-
mente prävalieren“. „Oft sieht man Läppchen, die sich mit Ausnahme
einiger kleiner Thymuszellen durchweg aus länglichen s
pindligen, oft
sehr Brosen und mehrkernigen Zellen zusammensetzen.
Zweifellos
zutreffend deutet Kraus diesen Befund als die seinerzeit von Lochte
beschriebene „großzellige oder epithelioide Ama lasie“ des Thymus, die
von den Retikulumzellen und Endothelien des se ihren Ausgang
nimmt. Weiterhin bat Lubarsch darauf aufme
rksam gemacht, daß
bei Säuglingen besonders bei den so häufigen Ernährungsstörungen und
12) Mandlebaum 1912, Abb. 9, und Brill-Mandlebaum 1918,
bb. 8 |
1) Vgl. die negativen Befunde bei Risel und E. J. Kraus.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
12. Oktober
Infektionskrankheiten die Retikulumzellen des Thymus, namentlich der
Rinde, mit lipoiden Stoffen (meist auch Hämosiderin) „vollgestopft“
gefunden werden. Sicherlich können diese so ein den Gaucherzellen
äußerlich ähnliches Aussehen erhalten. Bleibt danach die Beziehung
dieser Lubarschschen Befunde zur großzelligen Thymushyperplasie
Lochtes wohl noch zu klären, so liegt jedenialls gewiß keine Ver-
anlassung vor, den Thymusbefund Ruscas als Gaucherzellwucherung
zu deuten, umsoweniger, als Rusca die ausschlaggebende Plasma-
struktur der Zellen keineswegs sicherstellt. Überdies fand Mandle-
baum bei der Gaucherkrankheit des Kindes den Thymus ohne Ver-
änderung, insbesondere frei von Gaucherzellen. |
In den Lymphknötchen des Darmes, die sich übrigens nach Brill-
Mandlebaum im unteren Ileum und Cökum in den Gaucherfällen
häufig durch eine besondere Popii auszeichnen, sollen bei Rusca
typische Gaucherzellen unter die L
ymphozyten geineaht sein. Auch hier
müßte eine andersartige, insbesondere durch
ett- oder Lipoideinlage-
rung bedingte Hypertrophie von Rektikulumzellen, die, wie bereits
Schlagenhaufer betont, im Iymphadenoiden Gewebe unter verschie-
densten Bedingungen vorkommt, durch exakte zytologische Unter-
suchung ausgeschlossen werden. Das von Rusca beigegebene Photo-
gramm (Abb. 28) ist alles andere als überzeugend.
Es ist danach bisher kein histologischer Befund bekannt,
der über den Komplex von Minz, Lymphdrüsen, Leber und Knochen-
mark hinaus eine weitere Lokalisation der großzelligen Ge-
websumwandlung nach dem Typus Gaucher sicherzustellen
vermöchte, |
Auch an der Leiche scheitert der Versuch, die großen Zellkörper
in der Zirkulation, sei es in den Speckhautgerinnseln- oder den Gefäßen
der Organe aufzufinden, mit Ausnahme der kavernösen Sinus der Milz,
der Leberkapillaren und mancher gröberer Pfortaderäste. In diese
können sie von der Milz her gelangen, da die besonders weiten
venösen Milzkapillaren die relativ umfänglichen Gaucherelemente
hindurchpassieren lassen, während sie z. B. in
den engen Leber-
kapillaren festgehalten werden mögen, Da Gaucherzellen, wenn auch
vereinzelt, aber auch zuweilen innerhalb von erweiterten Blutkapillaren
des Knochenmarks gefunden sind (vgl. oben), so könnte eine Ver-
schleppung in das Kapillargebiet der Lungen von hier aus erfolgen.
Aber sie gehen dort dann wohl alsbald zugrunde. Rusca deutet große,
von ihm in den Bluikapillaren der Nebennierenrinde gefundene Zellen
als Gaucherzellen, die den Lungenkreislauf in kleinerer Zahl passieren
und sich „in prädisponierten Organen ansiedeln“. Auch hier bleibt er
den Beweis) für die Gaucherzellnatur dieser Elemente schuldig.
Das Pigment der Hämochromatose von Magen, Darm,
Uterus und willkür
g
licher Muskulatur liegt innerhalb der glatten und
quergestreiften Muskelzellen, wird aber in diesen und anderen Organen
auch im Gefäßendothel, in den glatten Muskelzellen der Gefäße, über-
haupt in der Gefäßwand, auch in perivaskulären Elementen, ferner in
den Zellen des bindegewebigen Interstitiums der quergestreiften Mus-
kulatur oder der Darmwand, im Nierenbindegewebe zwischen den ab-
steigenden Schleifenschenkeln oder in der
eurohypophyse getroffen.
‚Wieweit die gelben oder braunen, oft feinen Körnchen dieser Pig-
mentierungen Eisen enthalten oder nicht, wäre noch festzustellen.
Ruscas „intensive Hämosiderose“ der hämatopoetischen Organe, der
Haut und der Muskeln geht für die beiden letzteren den sicher erwiesenen
Tatsachen voraus und trifft auch für das hämatopoetische System nur
a potiori zu. Bisher ist die allgemeine Hämochromatose nur in den Fällen
längerer Dauer, also nur in den Fällen von Morbus Gaucher bei Er-
wachsenen gesehen worden, wie ja auch der Grad der hämoglobinogenen
Pigmentierung von Milz, Leber und Lymphdrüsen wenigstens im Al-
Br mit der Krankheitsdauer steigt. Rusca z. B. hat in allen
rganen seines Falles beim i2monatigen Säugling überhaupt keine
positive Hämosiderinreaktion erhalten.
In Risels Fall bedeuten übrigens die Veränderungen der Körper-
muskulatur — an den Muskeln beider Oberschenkel, auch an den
Augenmuskeln — teilweise mehr als eine bloße hämatochromatische
Pigmentierung. Namentlich an den Oberschenkeln besteht eine „richtige
Myositis“ mit degenerativen Veränderungen der kontraktilen Substanz
und Regenerationsvorgängen, kleinzelliger Infiltration des Zwischen:
gewebes, Wucherung der Bindegewebs- und Fettgewebselomente und
später hinzutretenden Blutungen. Auch hier bliebe das allgemeinere
orkommen der Befunde zu untersuchen. —
Nach Alledem bedeuten in der pathologischen Anatomie des
Morbus Gaucher zwei Befunde das wesentlich Charakteristische der
Krankheit: erstens die Begrenzung der großzelligen Einlagerung aví
Milz, Leber, Lymphdrüsen und Knochenmark; zweitens der besondere
morphologische Typus der Gaucherzelle, insbesondere die Eigenart
ihres Plasmatypus.
Die Struktureigentümlichkeit der Zelle steht dabei, glaube
ich, in erster Linie. Denn würde selbst der bisher ausstehend‘
Nachweis von der Beteiligung auch anderer Gebiete des lymphatische!
Systems erbracht, so wäre er nur dann als gelungen anzuerkennen
wenn auch hier die Gaucherzelle, deren Typus keiner andere
Krankheit zukommt, in ihren besonderen Eigenschaften erwies®
14) Vgl. auch seine Abb. 30,
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12. Oktober
würde. In diesem Sinne ist die Gaucherzelle das eigentlichste
morphologische Spezifikum des Morbus Gaucher.
Freilich läßt sich auch heute noch .nicht sagen, welcher be-
sonderen Substanz die Gaucherzelle das ihr eigentümliche Aussehen
“verdankt. Wie am frischen Material sind nach den verschiedensten
Fixierungen an den Schnitten alle erdenklichen Reaktionen und
Färbungen versucht worden, um — im weitesten Sinne — die „Ein-
lagerung“ irgend einer deutlich charakterisierten chemischen Substanz,
etwa auch die Anwesenheit von Granulis, von: Fermenten (Oxydase),
Krystallen usw. in den Zellen zu erweisen. Aber alle diese durch die-
optische Prüfung (Polarisation, Vers&'s Reaktion) ergänzten Unter-
suchungen prallen an der mikrochemischen Indifferenz. des Körpers
ab und haben übereinstimmend nur das eine Negative mit Sicher-
-heit feststellen lassen, daß, woran das durchsichtige pseudovakuoläre
Aussehen des Zelleibes denken ließ, Neutralfette oder Lipoide
(Cholesterin und seine Ester, Seifen, Fettsäuren, Phosphatide) irgend-
welcher Art in deu Gaucherzellkörpern nicht erweisbar sind. Zwar
ergibt an den Formalingefrierschnitten die Färbung mit Sudan III
oder Scharlachrot des öfteren einen deutlich gelblichen, rötlich-
gelblichen oder rosafarbenen Schein, der aber mit diesen Methoden
- genau in der nämlichen Art häufig genug an beliebigem amyloiden
oder hyalinen Material zu erzielen ist. Diese auffallende mikro-
. chemische Indilferenz der Gaucherzelle begründet ihre Spezifizität
auch nach der chemischen Seite. |
Risel hat nach dem schwachpositiven Ausfall der Millon-
schen und der Xanthoproteinreaktion und dem positiven Ergebnis
der Pankreas- und,Pepsinverdauung auf einen besonderen noch un-
bekannten Eiweißkörper geschlossen, der vielleicht eine entfernte
‘ Verwandtschaft zum Amyloid und Hyalin haben mag. Man muß
hierbei, worauf ich schon früher aufmerksam gemacht habe, auch
auf die augenfällige Affinität der Gaucherzelle zum Anilinblau der
Malloryfarbmischung verweisen. Die Färbung des Zelleibes bei der
_ Phosphormolybdänsäure - Anilinblau - Orange G.-Methode entspricht,
wie ich mich an zahlreichen Testversuchen überzeugt habe, bei
richtiger ` Vorbeizung mit Pikrinsäure und Ammoniumbichromat in
ihrem satten Blau ganz der des Amyloids, während fett- oder
lipoidhaltige Zellen mit der gleichen Methode stets bräunlich-gelblich
oder graubläulich zur Darstellung kommen. | |
So sprechen weiterhin auch Kraus, Barät, Rusca und
L. Pick von einer Substanz albuminoiden Charakters oder einer
eigenartigen vielleicht dem Hyalin verwandten Eiweißsubstanz.
Auch die chemische Analyse der Gauchermilz ist für die Auf-
klärung dieser prinzipiellen Frage herangezogen worden, zunächst
von Mandlebaum-Downey und Mandlebaum (1919), dann von
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41..
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Aiello und neuerdings von Epstein. Epstein lehnt das Ergebnis der
amerikanischen Autoren, das die besondere Substanz in den Gaucher- :
zellen als einen komplizierten Eiweißkörper, vielleicht in Verbindung
mit Phosphatiden, feststellt, wegen ihrer ungeeigneten Untersuchungs- ..
methodik ab. Nach ihm spielt unter den wesentlichen Bestandteilen
des Stolfkomplexes der eigenartigen „Gauchersubstanz,“ die in den
alkoholischen Extrakt ‘des Milzpulvers übergehen, ein zu den
Sphingogalaktosiden gehöriger d. h. Galaktose enthaltender Körper `
eine wichtige Rolle, der möglicherweise mit Kossels und Frey-
tags Zerebrin identisch. ist.
Phosphatide beteiligt sein. Man wird versuchen müssen, diese
Resultate mit dem mikrochemischen Verhalten in Einklang zu bringen.
Nehmen wir die grundsätzlich wichtigen Ergebnisse zusammen,
‚so ergibt sich also für die pathologische Anatomie des Morbus Gaucher:
1. Der anatomische und histologische ‚Befund des. Morbus
Gaucher kann schon im Säuglings- und im. frühesten‘ Kindesalter
"getroffen werden. Pa g |
2. Die pathologisch-histologische Grundlage: der Krankheit
besteht in der Einlagerung eines bestimmten voluminösen Zelltypus
(der „Gaucherzelle“) in Milz, Leber, Lymphdrüsen und Knochen-
mark. Der Nachweis einer Ausbreitung des Prozesses über die ge-
nannten Organe hinaus ist bisher nicht gelungen. Ebenso wenig
$
sind bisher weder beim Lebenden noch an der Leiche Gaucher-
: zellen frei-in der Zirkulation gelunden worden. : 2
3. Die Gaucherzelle ist für den Morbus Gaucher’ spezifisch in
der Eigenart ihrer Plasmastruktur sowohl wie des in den Zelleib
eingelagerten mikrochemisch indifferenten Körpers, der die besondere
Erscheinungsform des Zelleibes bedingt.. Für seine Zugehörigkeit
zu den Fetten oder Lipoiden hat sich keinerlei Anhalt ergeben.
‚Nach dem mikrochemischen Verhalten kann an einen vielleicht dem
Amyloid oder Hyalin ähnlichen Eiweißkörper gedacht werden, nach
dem Ergebnis der chemischen Analyse (Epstein) an einen zu den
Sphingogalaktosiden gehörigen. zerebrinähnlichen Körper, wohl in
Verbindung mit alkohollöslichen Phosphatiden. '
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4. Die von -der Gaucherzelleinlagerung betroffenen Organe
sind im Allgemeinen parallel zur Dauer des Prozesses: pigmentiert,
in erster Linie durch Hämosiderin. Die Pigmentierung ist also am
geringsten im Säuglings- und frühen Kindesalter. An der
Pigmentierung nehmen auch die Gaucherzellen selbst teil. Darüber
‚hinaus bestelt in gewissen Fällen bei Erwachsenen 'schr ausge-
sprochene allgemeine Hämochromatose. (Teil II und III folgen.)
Pharmazeutische Präparate. E
Gutachten für die Gemeinsame deutsche Arzneimittel-
kommission im Auftrage der Arzneimittelkommission.
_ Über Eisen- und Arsenpräparate.
Von Prof. Dr. Morawitz, Würzburg.
III. Stahlquellen. (Schluß aus Nr. 40.)
‚ Es kommen zwei Typen vor. Solche; die doppelkohlensaures |
Eisen und CO, enthalten, und Quellen, die schwefelsaures Eisen
enthalten. Die ersteren gelten als wirksamer (Steben, Schwalbach,
Pyrmont, Kniebisbäder, Liebenstein, Elster, Teinach). Das Eisen-
bikarbonat zersetzt sich leicht, beim Lagern bildet sich unlösliches
Eisenkarbonat und Eisenoxydhydrat. Die Quellen sind also nur an
Ort und Stelle gut wirksam. | |
‚. Die Eisenmenge, die p. d. während einer Trinkkur genommen
wird, beträgt im Durchschnitt höchstens 0,02—0,03 g, bleibt also
weit hinter der sonst wirksamen Dosis zurück. Trotzdem bestätigen
zahlreiche erfahrene Ärzte den Nutzen einer Trinkkur bei Anämien
verschiedener Art. Wahrscheinlich ist der Erfolg an die Schnellig-
keit der Resorption geknüpft. Man gibt Eisenwässer auf nüchternen
Magen. Die Konzentration des Metalles ist so gering, daß dys-
peptische Symptome nicht auftreten. Infolge der schnellen Aul-
saugung im leeren Darm wird selbst bei Anwendung kleiner Eisengaben
eine wirksame Anreicherung von Eisenionen im Organismus erreicht.
= Trinkkuren an Orten mit Stahlquellen sind indiziert: 1. wenn
häusliche Eisenkuren erfolglos waren, 2. bei sehr empfindlichen
Verdauungsorganen (sehr selten), 3. wenn man mit der Kur auch
andere Indikationen erfüllen kann. a
Im ganzen muß man sagen, daß eine Eisenwirkung der Stahl-
quellen nicht bezweifelt worden kann; |
IV. Parenterale Bisentherapie. SE
Diese, früher oftmals versucht, hat. sich nicht eingebürgert:
Neuerdings wird das Elektrolerrol (Heinz, Firma Heyden) oft an-
gewendet. . Kolloidales Fe-Präparat nit 0,5 % Eisen, kommt in <
Ampullen zu 1,25 und 5 cem in den Handel. Anwendung intravenös
und intramuskulär, event. auch innerlich (2ÖTroplen auf einen Teelöffel
Wasser). Intravenös sollte man über ‚0,5 cem nicht hinausgehen.
Die Wirkung bei parenteraler Injektion entspricht einer Protein-
körperwirkung (Fieber!). Die Reizwirkung, auch auf die blutbildenden
|: 8 S, |
-Organe, ‘ist anscheinend recht stark. Ein Versuch mit intramusku-
lären Injektionen (etwa ‘alle 5—4 Tage je nach Reaktion eine kleine
oder größere Ampulle) kann bei torpiden Anämien, ‘die auf die
Therapie per os nicht reagieren, emplohlen werden. .
_ Fischler und Th. Paul schlagen folgende Einteilung der Bisen- -
präparate vor?®): l
A. Elementares Eisen
-© {. Metallisches Eisen,
2. Kolloidales Eisen. j A:
B. Reichlich Eisenion (Fe: - und Fe - - Ion) bildende Prä-
, parate: ; | Ä | J
1. Einfache Forro- und Ferrisalze und eisenhaltige Mineral-
wässer, u | | |
. 2. Eisendoppelsalze. , i
'C. Wenig Eisenion bildondo Präparato:
1. Schwach komplexe Eisensalze (Fe lact.),
2. Komplexe Eisensalze (Fe oxyd. sacchar.), | |
3. Kolloide Eisenverbindungen(Liqu. ferrioxychloratidialysati),
4. Eisenorganische Verbindungen (Liqu. ferri albuminati,
Blutpräparate). En |
| 3) Nach frdl. Mitteilung von Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Th. P aul
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In de YES A un 2a Win e
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Von seinen streng umschriebenen
chemischen und physikalischen Eigenschalten interessiert besonders -
seine starke Quellbarkeit,; die bei der Größenzunahme der Gaucher-
zellen wesentlich sein könnte: Daneben dürften auch alkohollösliche.
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‚Konzentrationen tötend wirkt, vielleicht durch Hemmung der Oxy-
auf das Blut.
gift. Es vernichtet die Gefäßreaktionen und schädigt die Funktionen
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ale | 12. Oktober Mi
Fischler und Paul fordern für alle Eisenpräparate eine „Nor-
mung“, die sich auf Ben Punkte erstrecken sollte: chemische Zu-
sammensetzung, Zustan
sforın, Zerteilungsgrad, Gehalt an wirksamen
Arsenik ist im Organismus wirksam in Form der Anionen
AsO; und AsO,. Offenbar ist As ein Stoffwechselgift, das in größeren
dationen. Daß geringere Konzentrationen auf den Stoffwechsel der
Zelle erregend, reizend einwirken, wird behauptet, ist aber experi- |
mentell noch nicht bewiesen. Unerklärt ist die Wirkung des Ausens
Außerdem ist Arsen ein ausgesprochenes Kapillar-
des Endothels. Die Indikationen der Arsenanwendung werden
zum Teil recht weit gezogen. Als Tonikum wird es bei Kachexien,
nervösen Zuständen, Dyspepsien verschiedener Art. verwendet. Ein
wichtiges Anwendungsgebiet sind Erkrankungen des Blutes und der
blutbildenden Organe, besonders die perniziöse Anämie, Leukämien,
Granulome, Iymphatische Tumoren. Auch bei manchen Knochen-
erkrankungen (Rachitis, Osteomalazie) ist Arsenik wirksam. Doch
steht er hier hinter dem Phosphor zurück. Als antiparasitäres
Mittel ist der Arsenik unersetzlich (Lues, Rekurrens, Angina Plaut-
Vincenti, Malaria). Die zuweilen glänzende Wirkung des Salvarsans
bei frischer Lungengangrän hängt wohl mit dieser antiparasitären .
Wirkung zusammen. Sehr wirksam ist Arsen auch bei gewissen
‘Hautkrankheiten (Psoriasis, Lichen). Zweifelhaft ist. der Eriolg einer
Arsenkur bei Asthma, Migräne, Neuritis, verschiedenen Nerven-
krankheiten (Tabes, Sclerosis multiplex).
Dosierung: Arsenik ist nur bei regelmäßig kurgemäßem
Gebrauche wirksam. Gibt man Arsenik per os, so beginnt man mit
kleinen Dosen (etwa 5 mg p. d.) und steigt im Laufe von etwa
2 Wochen auf das Dreifache der Dosis oder mehr, wobei die Maxi-
maldosis (15 mg p. d.) getrost überschritten werden darf. Nach
3 Wochen vermindert man wieder langsam die Arsendosis. Bei
_parenteraler Darreichung der anorganischen Arsenpräparate darf da-
gegen die Maximaldosis nicht überschritten werden. Das hängt mit
der sogen. Arsengewöhnung zusammen, die wahrscheinlich zum
größten Teil darauf beruht, daß das Darmepithel während einer |
Arsenkur immer weniger davon resorbiert. Dagegen ist eine
- Arsengewöhnung bei parenteraler Verabreichung nicht sicher
festgestellt. l T
Die organischen Arseriverbindungen sind für gewisse Zwecke
` den anorganischen weit überlegen. Auch sie wirken nur durch Ab-
spaltung von Arsenionen. Da diese Abspaltung aber langsam ge-
schieht, da ferner viele organische Arsenverbindungen infolge ihrer
Löslichkeit in Zellen eindringen, die anorganische Arsensalze schlecht
oder gar nicht aufnehmen, ist ihre Überlegenheit verständlich. Außer-
dem kann man ohne Gefahr einer Arsenvergiftüung infolge der lang-
samen Zersetzung der organischen Arsenverbindungen gewaltige
Arsenmengen einverleiben. So enthält die übliche Dosis von 0,45 g
Neosalvarsan beinahe 100 mg Arsen. In seltenen Fällen scheint
sich aber diese Abspaltung doch schneller zu vollziehen als er-
wünscht. (Arsenvergiftungen durch Kakodyl, Atoxyl.) Man ver-
suche also auch bei Anwendung organischer Arsenverbindungen
zunächst kleinere, sicher unschädliche Dosen.
Die Empfindlichkeit einzelner Menschen gegen Arsenik ist
sehr verschieden. Einmal sah ich eine typische Arsenvergiltung
nach kleinen Mengen Dürkheimer Maxquelle. Andererseits vertragen
manche Kranke (perniziöse Anämie!) gewaltige Arsenmengen’' ohne
toxische Erscheinungen.
Nebenwirkungen: Bei Darreichung per os oft Dyspepsien,
evt. auch Erbrechen. Die individuelle Empfindlichkeit ist sehr ver-
schieden und tritt weniger hervor, wenn Arsen nach Vorschrift nur
nach den Mahlzeiten gegeben wird. Bei Überdosierung organischer
Arsenpräparate (Atoxyl etc.) in einzelnen Fällen Sehstörungen,
Optikusatrophie, Nierenreizung. Bei langem Gebrauch Arsenmelanose.
Anorganische oder organische Arsenpräparate? An-
organische Arsenpräparate werden wir im allgemeinen peroral, or-
ganische parenteral geben. Die parenterale Darreichung anorgani-
scher Arsenverbindungen (Ziemssensche Lösung) hat nur dann
Zweck, wenn Arsen per os nicht vertragen wird. Andererseits wird
man organische Arsenpräparate nur selten, vielleicht bei dyspepti-
schen Zuständen, per os geben. Die Indikationen für die orale und
parenterale Arsentherapie können nicht generell gegeben werden.
Mit der oralen Therapie begnügt man sich im allgemeinen bei
Kachexien und Nervosität, Psoriasis, Lichen. Die Blutkrankheiten
nehmen eine Mittelstellung ein. Die parenterale Therapie ko
bei parasitären Erkrankungen in Frage.
am besten verdünnt ordinieren:
mmt
| I. Orale Arsentherapie.
Acidum arsenicosum, arsenige Säure (As0;) und deren
Salze. Da Arsenik ein starkes Gift ist, sind Pillen die enipfehlens-
werteste. Medikation. In Tropfenform nach Möglichkeit nur stark
verdünnt zu verordnen, da beim Abzählen leicht Fehler entstehen.
Asiatische Pillen: |
Ä Acid. arsenic. 0,
‚Piper. nigr. pulv. 1,
Rad. Liquir. pulv. 3,
Muc. Gummi arab.
> q. 3. ut. f. pil. 50.
=- Enthalten 1 mg As,0;. Sehr empfehlenswerte Verordnung.
Auch Pillen ähnlicher Zusammensetzung mit 5 mg AO, in Ge-
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brauch (Pilul. asiat. fortiores).
Liqu. Kalii arsenicosi (Liqu.arsenicalis Fowleri) 1% Asz0;,
Liqu. Kal. arsenicosi 5,0 |
Ag. Menihae piper. 15,0 Fu:
MDS. 3 mal täglich 5 Tropfen, langsam täglich auf 15 Tropfen steigend.
Liqu. Natr. arsenicosi (Pearsonsche Flüssigkeit), entbehrlich.
- Elarson (Strontiumsalz der Chlorarsinosobehenolsäure) 13%
Arsen. In Tabletten à t/s mg Arsen mehrmals täglich 2 Tabletten,
langsam steigend (Hautkrankheiten, Anämie),
| Arsan, Verbindung von arseniger Säure mit dem Eiweiß-
körper Glidin.
Tabletten à 2 mg Arsen, 2 mal täglich t Tablette,
langsam steigend.
Am billigsten sind von diesen Mitteln die asiatischen Pillen
und der Liqu. Kalii arsenicosi.
keine Veranlassung, Elarson, Arsan oder ein anderes Präparat zu
geben, die bei empfindlichem Magen von Nutzen sind. Stets strebe
man bei der. oralen Therapie hinreichend große Arsendosen an
(wenigstens 5—10 mg p. d.), die langsam im Verlaufe der Kur
erreicht werden. | l |
Neißers Arsenbehandlung der perniziösen Anämie.
Man beginnt sofort mit großen Dosen (15—20 mg As:0; p. d.) in
Form von Pillen oder Tropfen und steigt brüsk jeden Tag um
15—20 mg, bis das Hämoglobin sich zu heben beginnt, selbst wenn
eine Tagesdosis von über 100 mg AsO; dazu nötig ist. Sobald
das Hämoglobin ansteigt, bricht man die Kur plötzlich ab, um bei
Bedarf (Sinken oder Stehenbleiben des Hämoglobins) wieder einen
kurzen, einige Tage dauernden „Arsenstoß“ zu versuchen. Schwerere
Vergiftungen sind trotz der gewaltigen Dosen anscheinend bisher
nicht vorgekommen. Daß die Therapie aber der bisher 'geübien
überlegen ist, kann ich wenigstens nicht finden.
I. Kombinierte orale Arsentherapie. i
Sehr beliebt ist es, Arsen mit anderen „tonisierenden“ Prä-
paraten gemeinsam zu verordnen, mit Eisen, Jod, Strychnin, Chinin.
Ich bediene mich seit Jahren der Pilul. tonicae Erb:
Acid. arsenicos. 0,1
Extr. Strychni 0,5
Ferr. lact.
Chinin. muriat. xua 2,5
| Mass. pù. q. 8. ut. f: pil. 100. K
Steigend 2—6 Pillen p. d. nach dem Essen. Auch ohne das
teuere Chinin brauchbar. :
Von sonstigen hierher gehörigen Präparaten seien erwähnt:
Arsenferratin, Tabletten à 0,25 g 6 % Eisen und 0,06.%
Arsen enthaltend. 3—4 mal täglich 1 Tablette.
Arsenferratose, beliebt, gut verträglich,', 0,3 % Eisen,
0,008% Arsen. 3—4 mal täglich 1—2 Teelöffel.
Arsoferrin, organische Eisenverbindung mit arseniger und
Glyzerinphosphorsäure, jede Tablette = 0,02 g Fe, 0,00058 g As,0;,
2—12. Tabletten, -langsam steigend. Auch Eisenelarson und
Jodelarson sind bewährte Präparate (in Tablettenform). -
IM. Natürliche Arsenwässer. |
Die meisten (Roncegno, Levico, Val Sinestra) enthalten neben
Arsen Eisensulfat oder kohlensaures Eisen. 1 mg arseniger Säure
ist enthalten in: 8 cem Roncegnowasser, etwa 60 cem Dürkheimer
Maxquelle, 115 com Levico-Starkwasser, 250 cm Val Sinestra-Quelle.
Ich bediene mich seit Jahren der Dürkheimer Maxquelle, die
17 mg Arsenik im Liter enthält, außerdem Kochsalz, aber kein Eisen.
Beginn nach den beiliegenden Trinkschematis mit 3 mal 10 com,
langsam bis 3 mal 70 cem steigend.
Will man starke Arsenwirkungen haben (perniziöse Anämie,
Leukämie, Hautkrankheiten) und treten keine dyspeptischen Er-
Werden sie vertragen, so besteht.
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| ups, petia, al.
1%, Oktober | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 4L. En VE in
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scheinungen auf, so möchte ich die asiatischen oder ähnliche Pillen | präparaten besteht.. Das sind hauptsächlich parasitäre Erkrankungen:
in der oralen Arsenbehandlung in erster Reihe empfeblen.. Der | Rekurrens, Angina Plaut-Vincenti, Malaria tertiana, hier als Unter-
Liqu. Kal. arsenicosi scheint mir eher Dyspepsie zu verursachen. | stützung der Chininbehandlung brauchbar, weniger wirksam bei
` Bei empfindlichen Verdauungsorganen kann man sich mit Vorteil | Tropika. Wirkung bei Alveolarpyorrhoe nicht gesichert. Schöne
der organischen Arsenpräparate bedienen (Elarson und Arsan), muß | Erfolge bei frischen Fällen von Lungengangrän. Einige Heilungen
ee
..- í ta Var:
nennt. ne T E E T Rs en Er
3 Et Dee Te pre Pad $
aber darauf achten, daß eine hinreichend große Arsenmenge erreicht | der Periarteriitis nodosa sichergestellt en eigene Beobachtung). i f
wird. Die kombinierte orale ‘Arsentherapie (Erbsche Pillen, Arsen- | Unsichere Resultate bei infektiösen Pyelitiden verschiedener Ätiologie. ke HEN,
ferratose, Arsenwässer) kommt besonders in Frage, wenn man die Dagegen ist Salvarsan bei schweren Bluterkrankhbeiten den ee Bar
tonisierende, appetitanregende Wirkung in den Vordergrund stellen | anderen Arsenpräparaten nicht überlegen. Auch als Tonikum kommt Bierain mied:
will, auf starke Arsenwirkungen aber verzichtet (nervöse Störungen, | es nicht in. Frage. = | l i | en ash ae
sekundäre Anämien usw. . Ä © Bei Tabes und Sclerosis multiplex ist ein Versuch mit dem sa
wenig toxischen Silbersalvarsannatrium anzuraten. Überzeugende TERN
IV. Parenteräle Arsentherapie. | Erfolge habe ich allerdings nicht gesehen. N | ne i di prte |
Diese ist indiziert, wenn Arsen per os nicht vertragen wird Die Salvar iaw nding Wird man Ant Jene ran N y ; i
AE IE ’ De ; . © ° | schränken, bei denen seine Überlegenheit über andere Arsenpräparate . Fe Ball
ferner in allen Fällen, in denen Arsen in organischer Bindung dem | „icheroe Fan = | ll, sE 4i
a TOERE : . a stellt ist. a ief led
Körper einverleibt werden soll. Die organischen As-Verbindungen 3 | | “Ar, ln
zersetzen sich langsam, so daß man sehr große Arsendosen aufl Eisen- und Arsenpräparate des Handels. a . | E an
einmal geben kann, ohne Intoxikationen zu erleben. Sie. dringen, Geordnet nach Preisen der Tagesdosis. _ A Haan
wie man annehmen darf, außerdem in Gewebe und Zellen ein, in Preise vom Frühiahr 194) r en
die sie als anorganische As-Ionen entweder überhaupt nicht oder nicht | en S ji nee) PER,
in der Konzentration gelangen würden. Eine Gewöhnung erfolgt L Eisenpräparate. = ER |: ll
wahrscheinlich nicht, sò daß es nicht angängig ist, mit den Dosen 1. Präparate, die Eisen in leicht abspaltbarer Form enthalten. EA
in derselben Weise zu steigen, wie bei oraler Arsenbehandlung. . 5 we en re a 2. a nn eo. Sn Pig. - we
F : i R ra ag a ensa-Tabletten g.. 4. Sicco arom. Eisentinktur . 5. Sicco Er AIEE
MERE i oe O U Aa Celöst, auf N Bere Eisen Mang. sacch. 8 Pfg. 6. Sicco arom. Lezithin-Risentinktur 8 Pig. i aaria
EEES RET ak =i , 7. Sicco Eisen-Mangan-Peptonat 9 Pig. 8. Lecin 10 Pig. 9. Lecin-, il: PINGS IT
gefüllt, filtriert, mit HCI neutralisiert. | | | tabletten 10 Pfg. . 10. Ferroletten Zyma 10—12 Pig. 11. Ferr. Pepton- en
‚Sterile 1 %ige Lösung von Natr. arsenicosum. ?ıo—2 ccm | pillen 11 Pig. 12. Athensa 14 Pig. 13. Blutan 18 Pfg. 14. Tinct. Ferri EORCH TERRA 3
subkutan (1—20 mg), indiziert, wenn Arsen per os nicht vertragen thenstaedt 18—36 Pfg. 15. Guderin 20 Pfg. 16. Robuston 23 Pfg. sardi
(perniziöse Anämie, Leukämie). 17. Tinct. Ferri Helfenberg 25 Pfg. 18. Confectio Athenstaedt 33 Pfg. Mpe sehet
‚ Solarson (Ammoniumsalz der Heptinchorarsinsäure), 1 ccm 2. Präparate, die Eisen in schwer abspaltbarer Form enthalten. |
1%iger Lösung enthalten 4 mg As,0,. In Ampullen, 1—2 In- Protoferrol 1,5—3 Pfg. ‘2. Eisentropon 1—5 Pig. 3. Duploferrin y sehn Kl
jektionen p. d. TO Pfg. 5 an 12 Pig, d 3 Forroglidino 12 Big a "erratin. Hua, De
| y ä vehninnitrat (i = . T. Ovaradentriferrintabl. 13— . 8. Vophorin-Ferratintabl. ml, a
een 14—30 Pig. 9. Eisensajodin 38 Pig. 10. Triferrintabl, 36 Pig. 11. Ferrar . Nik.
a O A Bon Br E ETE tose 40 Pfg. 12. Triferrol 44 Pfg. 13. Hämoplasma 44 Pig. 14. Eisen- lese Hl We
Solarson und Optarson sind als Ersatz für die früher viel tvlin AG Pfs. - 15. Ei tose 96-105 Plo > | ber Sue it
“+ | protylin g. - 15. Eisensomatose g. | Bo aaah
verwendeten Kakodylpräparate stark in Aufnahme gekommen. Die- Mi : | ANER
a des Arsen aus den’ Kakodylaten soll im Körper oft sehr er AE an Be ee nn td Re
ungleichmäßig erfolgen, so daß eine genaue Dosierung schwer möglich | ` . Bicco-Pillen 6-7 Pig. 2. Hämol 71), Pig. 3: Hümogallo le a A
ist. Beim Solarson soll das richt der Fall sein. Eigene Ere brangen 13—26 Pig. 4. ee A 14 Pig. 5. Sicco-Hämatogen 17 Pig. bio | en
= mit Solarson und Optarson überwiegend günstig (sekundäre Anämie, 6. Perdynamin 80 Pig. (Preise der übrigen nicht bekannt) ' En ir N
: kachektische Zustände verschiedener Art, Erschöpfungszustände). 3. Parenterale Eisentherapie. | ee ih |
Acidum kakodylicum (Dimethylarsinsäure), hauptsächlich 1. Elektroferrol 17—22 Pig. 2. Eisendiasporal 22 Pig. 00. uni
|
gi RUHR
als Natriumsalz verwendet. Per ‘os als Arsykodyle in Pillen IL Ar NEUER ihrer u
à 0,025, 1—4 mal täglich eine Pille, auch als Ferrokodylepillen Be a Sa ae | Me Ein I N
mit 0,025 kakodylsaurem Eisen. Parenteral (0,02 bis 0,05) in | 1. Orale Arsentherapie. Er 2 Be
2—4 iger Lösung. Wenig empfehlenswertes Präparat (s. oben). | , 1. Kompretten As0, 21,—7 Pig., 2. Arsenetten 88—10 Pi > o Paii ie:
Außer der ungleichmäßigen Abspaltung von Arsen und der dadurch | 8- Arsan 10 Fig. 4. Blarson 18—22 Pig. SE 0. Ehe He
gegebenen Möglichkeit der Intoxikation, Knoblauchsgeruch der E 2. Kombinierte orale Arsentherapie. T T TR LEN]
Ausscheidungen störend. | . 1. Kompretten Pilul. Blaudi c. Acid. arsen: 1—3 Pfg. 2. Arseno.. . en Ha
Arsamon = Natr. monomethylarsenic. 1 cem = 0,05 Na. mono- | Protoferrol 2—6 Pig. 3. Arsalecin 2—4 Pig. 4. Pilul. tonic. Erb- 5 bis r i En ui
methylarsenice In Amphiolen zur subkutanen Injektion (Anämie, | 15 Pig. 5. Ferr.-Arsenetten Zyma 6 Pig. 6. Compretten Ferr. c. Asz0s ENTER gh
Lymphome). Im allgemeinen günstig beurteilt. 6—18 Pfg: 7. Arsen-Athensa-Tabletten 7 Pig. 8. Blaudarsin-Gelodurat ARER
7 iccopillen : i : AREE l i
'Arsäzetin = Natr. acethylarsanilinicum. Gut löslich (1 : 10) o mE I I RL a ee Hips eren
Lö , en l Mia ie » | 11. As-Fe-Glidine 12 Pig. 12. Arsenferratin 14—27 Pig. 13. Tinct.' Ferri SE eh
„osungen beständig und gut sterilisierbar. Bei Erkrankungen des | Athenstaedt Arsen. 14—28 Pfg., 14. Eisen-Elarson 4—22 Pfg. 15. Sicco- GEHE bon,
inneren Auges zu vermeiden. In Ampullen oder Lösung. Dosis: | Hämatogen c. As,0, 19 Pfg. 16. Arsenferratose 40 Pfg. 17. Arsen- as a
- 0,02—0,15—0,2 p. d. (subkutan). Indikationen: Schwere Blutkrank- | triferrol 44 Pig. a | u uns FEHLER.
heiten, Malaria, Schwächezustände verschiedener Art, Psoriasis, Lues. i . 3. Parenterale Arsentherapie. Ä Se FE ne f
Arsazetin ist für mich das Präparat der Wahl bei der Be- 1. Atoxyl 12 Pig. 2. Solagen 13 Pig. 3. Natr. arsenicos. M.B.K. I NER ti Ir
handlung der Anaemia perniciosa, Leukämie, Lymphogranulomatose. | 14 Pfg. 4. Natr. monomethylarsenic.-M.B.K. 15 Pig. 5. Ferr. kakodyl- | RN: H ey
‚Schädliche Nebenwirkungen (Augenstörungen, Optikusatrophie, M.B.K. 15 Pfg. 6. Natr. kakodyl. Rosenberg 17 Pfg. 7. Arsacetin A hie E ke
Nierenrei i : P : aR “har | 18 Pfg. 8. Arsen-Elektroferrol 18 Pig. 9. E kakodyl. Rosenber en mie as.
eizung): habe ich nie gesehen, wenn die Dosis nicht über |. = 2 dj ıberg BE
02 p. d. gesteigert wird 18 Pig. 10. Astenin M.B.K. 19 Pi, 11. Arsamon 20 Pig.. 12. Telosan N Haie LA
| 8 l 21 Pig. 18. Calcodylin 22 Pig. 14. Optarson 25 Pfg. 15. Solarson aa Aage eE an,
....Atoxyl=Natr. arsanilicum (Metarsinsäure-Anilid). Wasser- 25—35 Pig. 16. Arsen-Oophorin 31 Pfg. 17. Trophil 44 Pfg. (jetzt C EEEa ar e
löslich, 37,69 % Arsen enthaltend. Subkutan beginnend mit 0,04, | nur 14 Pf.). | | = | el = Hi
langsam steigend bis 0,1 oder 0,2 p. d. Indikationen wie bei Auf Grund dieses Gutachtens hat die ärztliche Subkommission SH a ii
Arsazetin. Auffallend viel Nebenwirkungen. Gefährlich besonders | der Gemeinsamen deutschen Arzneimittelkömmission beschlossen, RER ti
retrobulbäre Neuritis. Gebrauch des Atoxyls daher mit Recht gegen | folgende Präparate zur Anwendung in der allgemeinen Praxis- N le! nr
früher eingeschränkt. Zur: peroralen Therapie wegen häufiger | zu empfehlen: u | | = ee í pEi f
agen-Darmstörungen nicht geeignet. n Ferr. reduct., F. carb. sacch., Pil. F. reduct., Pil. F. carb. Erni 13;
Salvarsan (Dioxydiamidoarsenobenzoldichlorhydrat), 834% | Blaud., F. oxyd. sacch., Tet. F. comp. Athenstaedt, Tet. F. pomat., EEE ne
Arsen enthaltend, Neosalvarsan (mit methansulfinsaurem Natrium | Liqu. F. album., F. peptonat,, Liqu. Ferro-Mangan. pept. et.sacch., BR H
substituiertes Salvarsan), etwa 20% Arsen enthaltend. Neosilber- | F. lactic., Pil..F. lact., F. sulfur., Pil. aloet. ferrat., Tinct. F, chlor. > ie RER
salvarsannatrium. Es soll hier lediglich besprochen werden, bei | aeth., Ferratin, Ferratose, Triferrin, Triferrol, Metaferrin, Eisentropon. Mala. ih
en Erkrankungen außer der Lues eine deutliche Überlegenheit | Ac. arsen., Pil. asiat., Liqu. Kal. arsen, Natr. arsenicos.,. m HAIR En Bi;
es Salvarsans und seiner Derivate gegenüber anderen Arsen- | Elarson, Arsan, Arsenfeyratin, Arsenferratose, Arsoferrin, Eisenelarson,, Iren f e
z l l l e EPEE ER Ph
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Jodelarson, Solarson, Optarson, Arsamon, Natr. arsanilic. (Atoxyl),
. Arsacetin.
Bluteoagula vorhanden.
= Varix, wie es von Fritsch und Stöckel beschrieben, wird nur in
= ser a. ee a
ee i ee a ee ee ie
$ 3 2 am. er GR
nn mM r
1440 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. ål. 12. Oktober
Salvarsan, Neosalvarsan,
Ferr. reduct., F. carb. sacch., Pil. F. reduct., Pil. F. carb.
Neosilbersalvarsan, Silber-
salvarsan.
Blaud., F. oxyd. sacch., Tet. F. pomat., -Liqu. f. album., F. lactic.,
| Pil. F. lact., F. sulfur., Pil. aloet. ferrat., Tet. F. chlor. aeth.,
Für die Zulassung zur kassenärztlichen Verordnung |
hat die Subkommission der Gemeinsamen deutschen Arzneimittel-
Eisentropon.
kommission beschlossen, folgende Präparate zu empfehlen:
Ac. arsen., Pil. asiat., Liqu. Kal. arsen., Natr. arsanilie.
(Atoxyl), Natr. arsenicos., Neosalvarsan, Silbersalvarsan.
Aus der Praxis für die Praxis. Eas
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, B
—
Kind abgestorben, macht man am besten die Perforation. Da Atonia
post partum leicht entsteht, gebe man reichlich Ergotin oder
aden - Baden. Gynergen (hier könnte man die Maximaldosis von 1 cem injizieren)
(Fortsetzung aus Nr. 40) | Schon während der Extraktion und mache im schlimmsten Falle die
| Tamponade. Dührssen empfahl für Kliniken bei lebendem Kinde
den Kaiserschnitt, dieser Empfehlung haben sich Kaltenbach und
ed DE BER andere angeschlossen. Das Accouchement forcé könnte auch ein-
sind, ist die Diagnose leicht; platzt der \ arix in der Scheide, schon mal in Frage kommen, ist aber doch nicht so unbedenklich. Die
schwieriger. Ich sah einmal eine starke Varixblutung, wo die Dia- | leichteren Fälle von vorzeitiger Lösung können oft erst nach der
gnose auf Placenta praevia gestellt wurde. Man konnte aber sehr | Geburt an der Placenta erkannt werden und machen nicht immer
leicht beim Auseinanderhalten der Labien die stecknadelkopfigroße | |
Stelle der Ruptur sehen und Umstechungen machen; öfters genügt
klinische Erscheinungen. Ich sah einmal eine vorzeitige partielle
Lös der Placenta bei schwerer Grippe.
die Umstechung nicht allein, dann kann nachfolgende Tamponade a Be
nötig werden. Die Umstechung ist‘ bei hohem Sitz der
Placenta praevia. Man unterscheidet eine Placenta prae-
Ruptur in der Scheide für den Ungeübten schwer, da die- via marginalis, wo man den unteren Rand des Muttermundes
selbe ober- und unterhalb der blutenden Stelle vorge- gerade noch fühlt; lateralis, wo man im Muttermunde. etwas
nommen werden muß. Prophylaktisch geschieht bei Varicen des Placentargewebe und Eihäute konstatiert und Placenta praevia
Unterschenkels das Wickeln der Beine, Ich betone nochmals, es totalis oder centralis, wo man überall im Muttermund nur
muß nicht unterbunden, sondern umstochen werden. Das auf Placentargewebe en nit sind nn nn nn
öchst seltene Vorkommnis des Platzens eines intraperitonealen el Fällen, wo die tlacenta DiS ın dè-
N, p 2 Nähe des Muttermundes herabreicht, aber nicht gefühlt werden
einer Klinik durch Leibschnitt zu. bekämpfen sein. Hier wird man kann, spricht man vom tiefen Sitz der Placenta. Die Kinds-
nur per exclusionem. ähnlicher Erscheinungen zur richtigen Dia-
| lage läßt sich in solchen Fällen meist nur durch die äußere Unter-
gnose gelangen, die. aber troizdem große Kenntnisse und Erfahrung suchung feststellen. Differentialdiagnostisch käme in Betracht: ge-
an den Diagnostiker stellt. a:
platzter Varix, Blutung aus Schleimpolypen oder Gervixmyomen,
i Tan , Blutungen bei malignen Neubildungen, speziell Carcinom. Man wird
Blutung bei Insertio velamentosa. ‚Bei der Insertio velamen- die richtige Diagnose stellen, wenn man, systematisch an der Vulva
tosa — ein seltenes Vorkonmnis — endigt die Nabelschnur in den beginnend von unten außen nach innen oben untersuchend, vorgeht,
Eihäuten. Beim Tiefertreien des Kopfes kann es zu einer Kom- | eventuell Spekulumuntersuchung zu Hilfe nehmend, Wie soll sich
pression der Gefäße kommen, das Schlimmere ist aber doch beim | nun der praktische Arzt der Placenta praevia gegenüber verhalten?
‚Blasensprung die Zerreißung der Eihäute, wobei das Kind sich meist | In erster Linie muß er an diese Anomalie denken, wenn in den
verblutet. Die Diagnose wird gestellt, wenn gleich beim Blasen- | jetzten Schwangerschaftsmonaten ohne eine äußere Veranlassung und
sprung die Blutung eintritt, die weiter besteht, und wobei die kind- | ohne daß Nephritis besteht, Blutungen auftreten. Solche Blutungen
lichen Herztöne rasch schlechter werden. Placentargewebe wie bei | können auch einmal end. auch selten. durch eine Placenta mar-
Placenta praevia ist nicht zu fühlen. Die Therapie besteht in mög- ginata hervorgerufen werden. Das Fij ist bei Plac.. marg. ein
lichst rascher Entbindung durch Zange oder Wendung, je nachdem schmalbasiges und hier erfolgen amohidie Blutungen ohne
mit Inzisionen ju den Mutiermund, falls er noch nicht ganz er- äußere Veranlassung. Diese Blutungen können ebenfalls einen
weitert ist; meist wird aber das Kind verloren sein. / bedroblichen Charakter annehmen; es. muß an Plac. marg. gedacht
Die vorzeitige Lösung der Placenta bei normalem Sitz. Die
schweren Fälle sind zum Glück ein seltenes Ereignis und die Pro-
werden, wenn keine Anhaltspunkte für Prävia vorliegen. Die Plac,
gnose ist dann eine sehr schlechte, indem fast die Hälfte der Mütter
marg. oder ein höherer Grad derselben, Plac. circumvallata,
sitzt meist in einer Tubenecke. Bei beiden Anomalien wird es
stirbt, und das Kind meist als verloren betrachtet werden muĝ; ich
durch richtiges Eingreifen und unter günstigen Bedingungen meist
kenne zwar einen Fall, wo Kind und Mutter durch günstigen Zu- | gelingen, alle Mütter zu retten. Freilich geschieht dies zum Nach-
fall am Leben geblieben sind. Die vorzeitige Lösung der Placenta | teil mancher Kinder, jedoch darf dies nicht allzusehr in die Wag-
erfolgt durch einen Bluterguß zwischen Placenta und Decidua sero-
schale fallen, da die Kinder, weil oft zu früh geboren, nicht immer
tina, dann kommt erst die äußere Blutung. Nach Fehling und | lebensfähig sind. Die moderne Schule hat nun, wie Reifferscheid
Winter ist Nephritis die häufigste Ursache dieser schweren Er-
krankung. Trauma wird auch die Ursache sein können, ferner zu
einmal sagte, den Grundsatz, so konservativ wie möglich zu sein
| und nicht nur das Leben der Mutter, sondern auch das des Kindes
kurze Nabelschnur oder starke Zusammenziehung des Uterus nach | zu retten, und macht deshalb die Schnittentbindung. Krönig
der Geburt des ersten Zwillinge. Das wichtigste Symptom ist | und Sellheim sind zuerst für dieses Verfahren eingetreten.
hochgradige Anämie, wobei die äußere Blutung voll- | Spezielle Therapie: Bei geringer Blutung ist die Behandlung wie
kommen fehlen kann oder sehr gering ist. Meist entsteht | beim drohenden Abort: Bettruhe, eventuell Opiumtinktur, dagegen
plötzliche Zunahme des Leibes mit starker Spannung. Kindsteile | kein Secale oder. Ergotin. Bei stärkerer Blutung und noch
sind deshalb meist undeutlich durchzufühlen, Herztöne oft auch | nicht eröffnetem Muttermund lege man einen Kolpeurynter ein. Der-
sehr schlecht oder gar nicht zu hören, selbst wenn das Kind noch | selbe wird mit 1/3 %/,iger Lysollösung gefüllt in dıe Scheide ein-
lebt. Wenn der Muttermund genügend erweitert ist, dann Zange | gelegt, nachdem man die äußeren Genitalien gründlich abgeseift,
oder Wendung. Intrauterine Kolpeuryse wird empfohlen, wenn der | rasiert und mit Sublimat 1: 1000 abgewaschen. Man vergesse auch
Muttermund noch eng ist und allmählich gedebnt werden soll; bei | nicht eine vaginale Spülung von 1/,—1 %/,iger Lysollösung mit ge-
rigiden Teilen sind Inzisionen zu machen, allzu forciertes Ein- | linder Ausreibung der Scheide vermitiels Tupfer oder Finger. Der
greifen im Interesse des Kindes, hat geringen Wert, da bei den | vorher auf seine Dichtigkeit geprüfte und gut ausgekochte Kol-
schweren Fällen es doch meist verloren ist. In erster Linie ist | peurynter kann auch mit Eiswasser gefüllt werden, wenn es ZU
Rücksicht auf die Mutter zu nehmen. Tamponade hat meist keinen | haben ist. In seltenen Fällen kann es zu einer Blutansammlung
Nutzen, kann sogar eher schaden. Von Nutzen kann aber das | hinter dem Kolpeurynter im Scheidengewölbe kommen. Dann wäre
Sprengen der Fruchtblase sein, da dadurch ein Spannungsausgleich | es besser, die Cervix selbst durch eingeführte Jodoformgazestreifen
im Uterus stattfindet und die Blutung geringer werden kann, trotz- | zu tamponieren, was aber nur ausnahmsweise empfohlen werden
dem sind aber die Chancen für das Kind meist nicht besser. Die | kann, da durch zu feste Cervixtamponade eine weitere Ablösung der
Blutung steht erst definitiv, wenn der Uterus ganz leer ist. Ist das | Placenta erfolgen kann. Meist wird die Tamponade der Scheide
Blutungen.
Blutungen aus Varicen. Wenn die Varicen äußerlich sichtbar |
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< 12. Oktober
wandert ist oder denselben nicht zur Stelle: hat.
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: "mit Wattekugeln empfohlen. Die Büchse Dührssen No. 3 von Mylius
‘enthält diese sterilisierten Wattetampons. Diese Tampons werden
ebenfalls in die wie oben angegeben gereinigte Scheide eingeführt,
nachdem sie aus der Büchse entnommen in eine 1°/,ige Lysollösung
geschüttet und mit gut desinfizierter Hand ausgedrückt. Die Ein-
führung geschieht mit oder ohne Benutzung eines Spekulums in die
Scheide. Nach 6—8 Stunden können die Tampons entfernt werden,
steht dann die Blutung, so wartet man ab. Ich bin aus verschie-
denen Erfahrungen nicht so begeistert für die Tamponade und emp-
fehle sie nur dringend dem Arzt, der einen Fall nicht weiter selbst
behandeln, sondern einer Anstalt überweisen will, aus Gründen einer
überaus starken Blutung. Daß die Tampons steril sein müssen und
alles aufs Sorgfältigste und Reinlichste geschehen muß, ist für den
` weiteren Verlauf," sogar für das Leben der Schwangeren, bestimmend. °
Lieber gar keine Tamponade, als eine schlechte und mit
zweifelhaftem Material. Besonders sei man bei Blutungen in
der frühen Schwangerschalt wegen der Infektionsgefahr mit der
Tamponade nicht gleich bei der Hand, zunächst ist stets melirtägige
Bettruhe am Platze. Ist die Geburt im Gange, sind die Wehen gut,
ist ein normales Becken vorhanden, ist. der vorliegende Teil der
Kopf, kann der Blasenstich gemacht werden. Diese Wirkung des
Blasenstichs kommt auch bei Behandlung des tiefen Sitzes der Pla-
centa mit Erfolg in Betracht. Es ist günstiger für den Blasenstich-
erfolg, wenn nur ein Teil der Placenta vorliegt und keine totale
Prävia vorhanden ist. Nach dem Sprengen der Blase kann sich
nun der Uterus samt der noch anhaltenden Placenta über die Frucht
nach aufwärts ziehen und es findet keine weitere Ablösung statt.
Der Muttermund muß aber doch eine gewisse Größe haben, etwa
` Taler- (écu de Prusse) groß (3 cm), obwohl auch der Blasenstich ge-
lingi, wenn. der Muttermund schon für einen Finger durchgängig
ist. Will man bei Placenta praevia einmal ausnahmsweise
den Blasenstich machen, so mache man ihn auf der Seite,
wodieÜteruswand dünnererscheintund man vom Scheiden-
gewölbe besser die, vorliegenden Kindsteile fühlt. Hier löse
man erst den kurzen Lappen der Placenta ab, um die Eihäute durch-
bohren. zu können. Die Wehen können noch durch Pituitrin oder
Pituglandol verstärkt werden. Bei engem Becken verzichte man
aber auf den. Eihautstich. und mache gleich die kombinierte Wen-
dung. Ist der Muttermund für 1—2 Finger durchgängig,
so kann man die kombinierte Wendung nach Braxton-
' Hicks ‚ausführen. Der weniger. geübte Geburtshelfer warte so
lange, bis der Muttermund für 2 Finger durchgängig ist, da bei
einem für einen Finger durchgängigen Muttermund die Technik be-
sondere Anforderungen stellt. Bei einer Ipara halte ich es für
richtiger, den Metreurynter in die Eihöhle einzuführen
und dann denselben mit 1/,%/,iger Lysollösung zu. füllen (vorher
auf Dichtigkeit zu prüfen). Ich möchte besonders hervorheben, daß
‘der Gummiballon in die Eihöhle selbst, nicht zwischen Ei-
häute bzw. Placenta nnd Gebärmutterwand eingeführt werden muß.
Liegt die Placenta vollständig vor und kommt man nicht
au. die Eihäute, so muß die Placenta durchbohrt werden.
Der Gummiballon ist vorher gut auszukochen und wird am. besten
zwischen breiten Spekula eingeführt, nachdem man vorher die Portio
Mit einer Kugelzange angehakt hat und der Ballon, zusammen-
gerollt, von. einer Kornzange gefaßt worden ist. Unter Umständen,
besonders. bei -Wehenschwäche, muß man die Hilfeleistung des Me-
treurynters durch Anseilen von Gegenständen, z. B. einer gefüllten
Weinflasche (dieselbe wiegt etwa 21/, Pfund) oder Gewichtssteinen
(1—2 Pfund) erhöhen: Bei Mehrgebärenden würde ich die
kombinierte Wendung aufi den Fuß vorziehen, wenn der.
betreffende Arzt mit der Einführung des Kolpeurynters nicht so be-
Wendung ist jedenfalls auch bei Erstgebärenden vorzunehmen, wenn
as Kind: tot oder nicht lebensfäbig ist; bei lebendem und
lebensfähigem Kinde soll die Metreuryse bessere Resul-
tate geben. Die kombinierte Wendung ist gar nicht so schwer
auszuführen, als man gewöhnlich annimmt; man muß nur hoch ge-
nug hinauf. gehen; während die äußere Hand den Steiß des Kindes
kräftig herabdrückt. Ist der Fuß durch den Muttermund herab ge-
leitet, so kann man denselben eine Zeit lang angezogen halten; man
überlasse aber die weitere Ausstoßung der Frucht den Wehen;
' höchstens käme ein leichtes Anziehen durch Gewichte (1—2 Pfund)
‚1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 41,
Die kombinierte |
`
in Betracht, um das Bein gestreckt zu halten. Es ist ein großer
unverzeiblicher Kunstfehler, wenn man durch Ziehen den Mutter-
mund erweitern will. Wenn das Kind noch lebt, könnte man dazu
noch 'eher in Versuchung kommen; ist es aber abgestorben, ist es
geradezu ein Frevel am Leben der Mutter. Durch, zu rasche Ex-
traktion wird man einen ÖCervixriß hervorrufen und eine oft schon.
"mehr als genug ausgeblutete Frau einem erneuten Blutverlust aus-
setzen, dem sie erliegen könnte. Man helfe erst dann nach,
wenn die Frucht bis zu den Schultern geboren ist. Ist das
Kind geboren und steht die Blutung, so wartet man zunächst ab.
"Blutet es’ stärker, so massiere man den Uterus, um- Wehen anzu- -
regen und exprimiere mit Orede. Man versäume nicht, Gyn-
ergen oder ein Ergotinpräparat zu injizieren, um gute
Kontraktion des Uterus zu bekommen. . Gelingt Credé
"nicht, löse man manuell die Placenta. Blutet es nach Ent-
fernung der Placenta mit darauf folgender heißer intrauteriner Spü-
lung von 50° C weiter, so mache man die Dührssensche Tam-
ponade und im schlimmsten Falle lege der draußen alleinstehende .
Praktiker den Momburgschen Schlauch um. Stets besichtige
man die Placenta sorgfältigst, damit keine Retention von —
Teilen derselben stattfindet. Wenn ein Cervixriß vorhanden,
muß derselbe genäht werden, damit nicht noch mehr Blut verloren
geht; die Naht ist aber meist sehr schwierig und für den auf sich
‚selbst angewiesenen Arzt weniger zu empfehlen als die Tamponade.
Es ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob.eine Atonie des unteren
Uterinsegments allein besteht :oder ob es aus kleinen, nicht fühl-
baren, Rißchen blutet. Einige Fälle von Atonie des unteren Uterin-
segmentes nach Placenta praevia glaubte ich beobachtet zu haben;
Wenn heiße Irri- _
gationen nicht gleich helfen, tamponiere-man den Uterus
dabei war der Uterusfundus gut kontrahiert.
baldigst. Selbstverständlich muß die intrauterine Tamponade auch
‚hier, wie bei den anderen atonischen Blutungen, auf die äußersten’
Notfälle beschränkt bleiben, zumal gerade bei schlaffem Uterus die
Technik der Tamponade schwierig ist. Die Abklemmung der'Para-
metrien nach Henkel ist, wenn sie angewendet werden soll, doch
nur in der Klinik möglich, da der nicht so geübte Arzt leicht Neben-
verletzungen, von Harnblase und Ureter machen kann. 2
In den Kliniken, wo bei bestimmten Fällen von Plac. praevia
die Schnittentbindung gemacht wird, hat außer der Mortalität der
Mütter die der Kinder sich natürlich bedeutend gebessert; die der
Kinder: ist fast Null geworden.
bei der Wendung -und Extraktion ausgesetzt sind, Ob aber die Be-
handlung jedes Plac. praevia-Falles der Klinik zur Schnittentbin-
dung zu überweisen ist, darüber können nur die jeweiligen örtlichen
Verhältnisse und Umstände, ebenso der Zustand, der Kreißenden,
entscheiden.
befolgt, wird nichts zu bereuen haben; er wird zwar manches nicht
lebensfähige Kind verlieren, auch einmal ein anderes, aber die Mutter
erhalten. Ich habe wenigstens alle Mütter am Leben erhalten, wenn
auch die Rekonvalescenz längere Zeit in Anspruch nahm.
Aussprüche bedeutender Geburtshelier: .
. „Wende frühzeitig, extrahiere nicht.“ |
„Jeder unnötig starke Zug ist fehlerhaft, jede Beschleu-
‘ nigung der Geburt ist falsch; selbst wenn der Muttermund
völlig eröffnet ist, ist die spontane Ausstoßung des Kindes
stets abzuwarten. Jede manuelle Nachhilfe ist ein Kunst-
fehler.“ =o
„Eindringlichst muß davor gewarnt werden, nach voll-
'endeter Wendung die Geburt im Interesse des sterbenden
Kindes beschleunigen zu wollen oder gar zu extrahieren.“
„Zu rasche Extraktion, ehe die Austreibungstätigkeit
.des Uterus erwacht ist, kann nach Ausziehung des Kindes
leicht zu bedenklicher Atonie führen;, dazu kommt noch
die Möglichkeit tieferer Zerreißung der Cervix, wenn die
Eröffnung keine vollständige.“
„Da die kombinierte Wendung. für die Mutter
geradezu eine lebensrettende Operation ist, so
sollte ihre einfache Technik jedem Arzte ver-
‚traut sein.“ ehe: l (Fortsetzung folgt.)
-
i 11°
Alle Kinder werden auch eher am
Leben bleiben, da sie nicht so schweren Geburtsschädigungen wie
Der Praktiker, der die oben angegebenen Vorschläge
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1442
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 4l.
12. Oktober
Referatenteil |
| unter besonderer Mitwirkung von j À ta
Prot. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. H. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prot. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl, u. gericht).
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W. Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R. Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtakrank-
beiten), Prot. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin. (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
. logie und Sezualwissenschaft), Prot. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), j
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Alisabeth-Hospital Berlin-Oberschõneweide.
Sammelreferat.
Heiberg (6) gibt zwar die von Ribbert bei hereditärem Diabetes
angenommene, angeborene Resistenzschwäche der Inseln gegen Noxen,
also eine pankreatische Minusvariante zu, er weist aber ausdrück-
Zur Pathogenese des genuinen Diabetes. lich auf Grund .eingehender mikroskopischer Untersuchungen auf
Von Dr. C. Punck, Köln.
Seit 20 Jahren bin ich bemüht, die Resultate der Beob-
achtungen an einem relativ großen Diabetikermaterial in eine mehr .
als schematische Ordnung zu bringen, den Mechanismus, der die
genuinen Diabeteskrankheiten erzeugt, manifest macht und ihre
Symptomatik bestimmt, klarzustellen und dadurch eine kausale an
Stelle der bisher immer noch symptomatischen Therapie zu ermög-
lichen. Daß bei der Pathogenese des Diabetes endogene und kon-
stitutionelle Prämissen einerseits und exogene Noxen andererseits,
von Fall zu Fall verschieden wirkend, sich nicht auf eine einfache,
dem Bequemlichkeitsbedürfnis Rechnung tragende Formel bringen
lassen, setze ich als anerkannt voraus.
Nach den von anderen Autoren und Verfasser (1) veröffent-
lichten Beobachtungen stehen von Organerkrankungen die des Ver-
dauungstraktes an erster Stelle der zu Glykosurie führenden Faktoren.
Von den in der Literatur zerstreuten Mitteilungen guter Beobachter
seien einige kurz erwähnt. Harrower sagt: „Diese Krankheit (Dia-
betes) ist anfangs im wesentlichen eine Form von Indigestion oder
geht wenigstens sehr häufig mit Verdauungsstörungen einher“,
Plönies: „Fälle von Diabetes ohne Erkrankung des Magen- und
Darmkanals habe ich noch nicht gesehen“, und Strauß (2) erinnert
an die Häufigkeit der vorkergegangenen infektiösen Darmerkrankungen
und die engen Gefäßbeziehungen zwischen Darm, Pankreas und
Leber. Während Naunyn die relativ häufige Beteiligung der Leber
(Schwellung, Zirrhose) bei den Diabetikern der zweiten Lebens-
hälfte im allgemeinen beschreibt, faßt Kehr schon konkreter den
sprunges. Hier hatte die Infektion offenbar den ganzen Stamm in
Zusammenhang zwischen Pankreas- und Gallenerkrankungen und | den offenen Lymphspalten durchwandert. Nach längerer Behand-
findet bei 220 Gallensteinoperationen 69mal das Pankreas wesent- | lung und Sanatoriumsaufenthalt bleibt nach 2 Jahren noch eine
lich miterkrankt, wobei berücksichtigt werden muß, daß nur makro- | deutlich verminderte Kohlehydrattoleranz zurück. Kausch (10) be-
skopische Veränderungen registriert wurden, und nach Oser in | schreibt einen solchen Fall universeller Lymphangitis ohne Glykos-
wenigstens 50 %/, der Fälle erst mikroskopische Untersuchung (Insel- | urie und Lunkenbein (11) eine ähnliche Lymphangitis. Den selbst
zählung usw.) die Pankreaserkrankung manifestiert. Gleichsinnig | beobachteten Fall führe ich an, um die vielfachen Wege und ver-
berichtet Reicher auf dem 31. Kongreß für Innere Medizin, daß ! schlungenen Glieder der Kausalitätskette zwischen infizierten Lymph-
Gallensteinkranke oft die typischen Stoffwechselstörungen des Dia- | wegen einerseits und Pankreas andererseits zu illustrieren.
betikers aufweisen und ebenso Gravide, deren während der Gravi- Bei genauer. Erhebung der Anamnese jedes Diabetesfalles und
dität fast stets vorhandene und nach der Geburt oft zu Chole- | kritischer Analyse von Anamnese und Befund wird erst die einer
zystitis und Cholelithiasis führende Veränderungen der Gallenwege | sympathischen Ophthalmie wesensähnliche Miterkrankung des
uns neuerdings bekannt sind und deren verminderte Kohlehydrat- | Pankreas bei infektiöser Erkrankung der Abdominalorgane, ins-
toleranz geradezu als Graviditätsdiagnostikum dient. besondere der Gallenwege, auch für solche Fälle deutlich, wo nicht
Nordmann (8) bestätigt auf Grund sorgfältiger klinisch-opera- | im Verlauf der Krankheit der Pankreaskopf derb mit fibrinösen Ein-
tiver Beobachtungen den engen Zusammenhang zwischen Stauungs- | lagerungen und Eiterkörperchen infiltriert und wo nicht in oder vor
gallenblase, ‚Cholezystitis und chronischer Pankreaserkrankung; er, | dem Koma der im Pankreas schleichende Prozeß in finalem Auf-
wie auch Labbé, der einen Diabète höpatopankreatique kreiert, | flackern Ursache stärkster Pankreaskoliken wird.
sowie Schmidt (4), der häufige Pankreatitis ohne Kreatorrhoe bei Das Bestehen konsensueller Reaktionen der das Pankreas be-
Gallenwegerkrankung beobachtet, betonen in ihren Ausführungen | herrschenden Nerven von entzündlichen Zuständen des Leber-
die für genuinen Diabetes ätiologische Wichtigkeit des hämatogenen | bereichs her wird in Form einer experimentell reflektorisch ent-
oder enterogenen Infekts auch steinfreier Gallenwege (Cholangie | stehenden Krampfischämie im Pankreasgewebe bei Reizzuständen der
Naunyns), wie sie Umber (5) beschreibt. Verfasser selbst hat bei | Gallenblase durch Beneke festgestellt, nachdem Heilig undFrey(12)
vielen Hunderten Fällen von Diabetes bei tiefem Druck unter dem | eine Steigerung der Glykogenolyse sogar durch vom Cavum uteri
rechten Rippenbogen in über 70 °/, der Fälle palpatorisch zum | ausgehende auf das viszerale System wirkende Reize als bedingt
mindesten eine deutlich druckempfindliche Gallenblase bzw. harten | oder wesentlich mitbedingt nachwiesen.
druckempfindlichen Leberrand festgestellt. Auf Grund besonders Wenn schon bei der Untersuchung des pathologisch-histo-
genauer Anamnese wurden in etwa 65 %/, dieser Fälle unverkenn- | logisch Faßbaren der Pathogenese des genuinen Diabetes Plura-
bare, wenn auch teilweise Jahre zurückliegende und vorübergehende | lität oder doch Polymorphismus der Koeffizienten nur generelle Avi-
Gallensymptome eruiert, schlüsse gestatten, so ergibt erst die aus humoral-pathologi-
Die Untersuchung der Pathologie des Kausalkonnexes zwischen | schen Gesichtspunkten erfolgende Erforschung der Pathogenese des
infektiösen Erkrankungen der Abdominalorgane, speziell des Gallen- | genuinen Diabetes noch weniger einheitliche Gesichtspunkte. Die
systems, und anatomischen oder anscheinend nur funktionellen Pan- | Kompliziertheit der Synergismen in der inneren Sekretion, die 0-
kreaserkraukungen führt zu 2 anscheinend ganz verschiedenen Ver- | time Abhängigkeit des vegetativen Systems vom Hirn machen 6s
bindungsketien: der pathologisch-anatomischen und der humoralen.
| schwierig und fast unmöglich, eine genaue Analyse der die Drüsen
kreas. Arnsperger (7) beschreibt schon eingehender die von der
bringt Tuberkelbazillen in die Lymphbahnen des Mesenterium, die
via Pankreas zur Milz wandern. Bei Erkrankungen der Leber und
Gallenblase ist entsprechend häufig Mitbeteiligung der Lymphbahnen
des Kapselgewebes der Leber, der Oberfläche der Gallenblase, des
periportalen Bindegewebes und Lig. hepato-duodenale bis zum Pan-
kreas festgestellt worden, nachdem weit früher schon Felix Hirsch-
feld (8) eine „hämatogene“ Ursprungsgemeinschaft von oft zu zir-
rhotischen Veränderungen führender Hepatitis und pankreatogenem
Diabetes wiederholt aus klinischen Beobachtungen zu beweisen ver-
suchte. Es führen sogar von den Bronchialdrüsen zu den peri-
nuovo (9) beschreibt andererseits einen bisher unbekannten Typ
schleichender Appendizitis mit geringer Lokalreaktion, die sich sub-
hepatogener oder meist biliärer Herkunft erwies. Verfasser hat
7 Fälle von Diabetes (darunter 6 Jugendliche) beobachtet, die sich
im Anschluß an Appendizitis oft lange Zeit später anscheinend
genuin entwickelten. Ein weiterer, besonders instruktiver Fall wurde
bei einem außergewöhnlich Iymphatischen Jungen beobachtet: "Bron-
chitis, im Röntgenbild stark vergrößerte Bronchialdrüsen, Orchitis,
11/, Monat nach Beginn der Erkrankung peritoneale Reizerschei-
nungen, Leberschwellung von 3 cm, stark druckempfindliches Pan-
kreas, Bilirubin -—---, Glykosurie bis 45 g pro die. Beratung mit
hiesigen Chirurgen ergab Diagnose: Peritonitis unbekannten Ur-
die Krankheitsbereitschaft des Iymphoiden Apparates des Pan-
Gallenblass zum Pankreas laufenden Lymphbahnen und Straub
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pankreatischen Lymphdrüsen direkte Kommunikationen und Castro-
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| 12. Oktober |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 4i.
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mit innerer Sekretion beeinflussenden wie auch von ihnen abhängigen
Da ist zunächst das bunte Mosaik aliruistischer. Beziehungen
zwischen Pankreas, chromaffinem System und Thyreoidea; wenn
wir auch noch weit davon entfernt sind, diese Korrelationen völlig
` gu erkennen, kann doch heute schon als erwiesen gelten, daß eine
Störung derselben allein höchst selten zu Diabetes führt, daß viel-
` mehr ein unbekannter Faktor, ein X, eine wesentliche Rolle spielt..
. 1914 stellte ich bei einer Reihe von Diabetesfällen Übergang nicht
neutral abgebauter blut- bzw. artfremder' Eiweißarten durch die
-Darmschleimhaut ins Blut .fest und charakterisierte diesen oft mit
einer besonderen Leukozytenformel verbundenen Vorgang als „Nähr-
‚schaden Erwachsener“ und als wesentlich für die Pathogenese einer
Um Wiederholungen zu
vermeiden, ' sei auf die zitierte Arbeit verwiesen, worin ich zu dem
Schluß komme „Übergang von per os aufgenommenem artfremdem
Eiweiß oder seiner Spaltprodukte oder Übergang blutfremder Eiweiß-
arten aus Zellgruppen mit innerer Sekretion rufen in manchen
` Fällen direkt oder indirekt eine Störung des Kohlehydratstoffwechsels
. „hervor, die auch causa cessa weiter bestehen kann“.
‘Z „Wir kennen den Hochstand des Blutzuckerspiegels, Glykosurie
und Änderung der Leukozytenformel nicht nur bei Passage blut-
fremder Stoffe durch die Darmschleimhaut, sondern ebenso als Folge
experimenteller parenteraler Eiweißzufuhr [Löwy (13)] ebenso wie
die. in vielen Fällen analog der diabetischen verlaufende ’Hyper-
_ aMinosurie, die besonders ausführlich von Galambos und Tausz (14) :
“beschrieben wird. Die atypischen, digestiven Abbauprodukte (bio:
gene Amine), die bei toxisch-digestiven Erkrankungen des ersten
Kindesalters in den Kreislauf‘ gelangen, beobachteten besonders
Schloßmann und Finkelstein in ihren Wirkungen auf den kind-
lichen Organismus, den depressiven und komatösen Bildern des Dia-
‚betikers auffallend ähnlich. Daß die diabetogene Kachexie einen
Proteinogenen Charakter hat, ist wohl anerkannt.
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Ob der Übergang blutfremder Eiweißstoffe aus dem Darm in
die Blutbahn durch eine Erkrankung oder Dysfunktion der Darm-
schleimhaut allein entsteht (Mühsam, Jacobson) oder ob die
Darmflora durch Bildung besönders differenter Eiweißabbauprodukte
[Berthelot und Bertrand (15)] eine Rolle spielt, kann hier nicht
entschieden werden. Eppinger und Gutmann zeigen, daß ge-
wisse im Darmkanal gebildete Eiweißabbauprodukte in den Blut-
kreislauf gelangt, direkt hormonähnlich auf das vegetative Nerven-
system wirken, besonders bei Fleischfressern (Mautner, Pick), und
teinbiß erzeugte bei Kaninchen sogar durch foreierte Fleisch-
fütterung;. Glykosurie; wichtig‘ erscheinen Dale und mir die bei
. Eiweißabbau. entstehenden 'sympathikomimetischen Aminoalkohole
Manche therapeutische, teilweise empirisch ge- -
fundene Beobachtung spricht für, die pathologische Darmschleim--
und Aminoketone.
hautpassage, wie beispielsweise die Toleranzerhöhung nach Darm-
alstringentien, die Wirkung der vom Verfasser 1914 (l. c.) be-
schriebenen und 1923 von Judd „neu erfundenen“ Drainage.
Die hormonale Art der Pathogenese des genuinen Diabetes ist
| also wesensverwandt ‚mit anaphylaktischen Erkrankungen, wie Bron-
Chialasthma, Migräne, Urtikaria und es ist interessant, daß Hajos
ür das Zustandekommen auch dieser Erkrankungen gewisse Ver-
änderungen der Darmschleimhaut und Leber als notwendige Voraus-
— wie. Verfasser sie für gleichsinnige Diabetes-
formen feststellte: Undichtes Darmschleimhaut- und Leberfilter.
Der Einfluß der Diätänderung auf die Glykosurie (der Eiweiß-
beschränkung oder besonderer Nahrungsformen wie Suppe, Falta,
Petrén ‘oder auch oft nur einer irgendwelchen Diätänderung mit
, isprechender Wirkung. auf die Darmflora) und’ das mehr oder
‚ weniger rasche Abklingen dieser Effekte, sobald eine Adaptierung an
ese Änderungen eintritt, können, ebenso wie die Wirkung der Funck-
schen Duodenaldrainage, für. beide Annahmen herangezogen werden.
Neben der gegen unabgebautes Eiweiß nicht dichten Darm-
i haut spielt stets’ die insuffiziente Leberbarriere bei diesen
gängen eine wesentliche Rolle. Galambos und .Tausz (l. c.),
Funck (l. c.) und Hillel (16) betonen die Rolle der funktionellen:
Lebererkrankung, das Versagen des Leberfilters bei Übergang von
abgebautem Eiweiß in den Kreislauf und hier stehen, und
arauf möchte ich besonders hinweisen, die beiden’ großen
‚uellgebiete der Pathogenese des genuinen Diabetes, näm-
lich ‚die zelluläre (meist infektiöse und zwar besonders
\äufig von dem Gallensystem ausgehende) Schädigung
des den Zuckerstoffwechsel beherrschenden Organs (Pan-
kreas) einerseits und der durch gleichzeitige funktionelle
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Erkrankung eben dieses infizierten Gallensystems er-
möglichte Übertritt blutfremder Eiweißabbaustufen ins
Blut andererseits (humorale Genese), in vielmaschigem
Zusammenhang . . ek ER
Noch eine 'andere Quelle hat arifremdes, , Glykosurie er-
zeugendes Eiweiß: Dyssezernierende oder parasezernierende endo-
‚krine Drüsen. Am bekanntesten ist die Thyreoidea, aber jeder
- spezifische endokrine Zellkomplex kann ähnliche Erscheinungen aus-
lösen und selbst die Ovarien..erzcugen knapp vor Eintritt und zu
. Beginn der Menses eine wesentliche Hyperglykämie .(Kahle u. a.).
In diese Erkenntnisreihe, als ‘deren Anfangspfeiler ich von
1911 ab die anaphylaxieähnliche. Wirkung der durch die Darm-
mukosa: oder aus dyssezernierenden Drüsen eindringenden blut-
fremden Eiweißabbaustufen als solche charakterisierte, einige nach
Abderhalden nachwies und ihre Beziehungen zu Glykosurie und
Diabetes ` feststellte, werden durch neuere Untersuchungen weitere
"Stützpunkte gefügt. Cohnheim setzt. durch die Speisen, die ein
Minimum von -Sekretionsreiz auf das Pankreas ausüben,
die Glykosurie am stärksten herab und befürwortet, ebenso wie Ver-
fasser (1. ¢.) und Lazarus deshalb eine möglichste Dekomplizierung
der Nahrung. Experimentell wird ‘die diabetogene - Wirkung des
parasezernierenden oder dyssezernierenden Pankreas durch Wohl-
gemuth und Mochizuki (17) ‚nachgewiesen: Unterbindung des
Ductus Wirsungianus hat eine chronische Symphathikotonie.und zuletzt
Diabetes zur Folge. — Sollte durch diese Experimente in Verbindung
mit den Beobachtungen von Cohnheim, Lazarus, Verfasser u. a.
das Phänomen, daß nach gesteigerter oraler Kohlehydratzufuhr und
damit gesteigerter Pankreastätigkeit die Verschlimmerung des Diabetes
auch causa cessa weiterbesteht, der Erklärung nähergerückt sein?
` Die Nervensubstanz und gerade die viszerale ist der feinste
` Indikator auf im Blut kreisende autotoxische Produkte, und reagiert:
mit einer mehr weniger dauernden Tonusanomalie, einem mutatis
mutandis status hemicranicus der Pankreasgefäße darauf. Dieser
neurogene Faktor der Pathogenese der Diabeteskrankheiten ist also-
verwandt mit der neurogenen sive vasomotorischen des Ulcus ventri-
culi, dessen. Entstehungsmöglichkeit durch Addition örtlicher Reize
(Reitter, Singer) zu infektiös-toxischen (Full, Friedrich, Holler),
endokrinen Noxen(Boenheim)oderzurNeurose[OtfriedMüller(18), ` `
Vecsler (19)] heute wohl nachgewiesen ist. . ii 2
Diesem Parallelismus der genetischen Fakioren entspricht älin-
liche Wirkung therapeutischer Maßnahmen: Die. Wirkung der Röntgen- |
bestrahlung auf Ulzera und ihre antiglykosurische in manchen Fällen.
von Diabetes andererseits, die Pribram auf die bei Bestrahlung
entstehenden Eiweißabbauprodukte zurückführt, zeigen die Versuche
4
*
von Högler (20), Laufberger (21) und Singer (22): nach par
‚enteraler Eiweißzufuhr bei Diabetikern ein Fallen des Blutzuckers,
bei Nichtdiabetikern ein Ansteigen des Blutzuckers und andererseits,
bei manchen Fällen von Ulkus, der therapeutische Effekt. par-
enteraler Proteintherapie. Verfasser führte den Nachweis dieser .
Effekte parenteraler Proteintherapie bei Diabetesfällen schon. vor
10 Jahren (l..c.) und (l. c. M.Kl. 1921) sogar mittels perkutan
applizierter Eiweißabbaustoffe. . i EEE Zee
‘Noch eine bisher nicht gewürdigte bzw. genügend nachge-
prüfte, von Strübe beschriebene Erscheinung spricht für’ „ueurogene“
Genese mancher Diabetesarten. Strübe fand, daß bei manchen
Diabetikern der Urin nach einfachen Magenspülungen oft verblüffend
rasch zuckerfrei wird, bei wesentlich größerer Toleranz. Ich kann
das für einen.gewissen Prozentsatz, besonders jugendlicher Diabetiker,
bestätigen; jedoch sinkt im Lauf von Wochen bzw. Monaten trotz
fortgesetzter Spülung die Toleranz fast regelmäßig wieder auf das
zu Anfang festgestellte Niveau. Es ist im Prinzip wichtig, daß
Strübe bei Asthma bronchiale ähnliche therapeutische Erfolge er-
zielte. Nachdem ich bei Einblasen erwärmter feuchter Luft in den
Magen (l. c. 80. Kongreß f. inn. M.) ähnliche Toleranzbesserung beob:
achtete, ist die Deutung dieser Erscheinung im Sinne\ eines in seiner _
Wirkung sich allmählich abstumpfenden positiven oder negativen.
Reizes auf.viszerale Nerven, den „Pneumogastricus“, (Strübe) wohl
gegeben. — —. . | e i, |
Außerordentlich wichtig‘ wäre es weiter, die therapeutische
Wirkung der Mineralwässer von den erörterten Gesichtspunkten. aus
zu untersuchen. Einen Schritt auf diesem Gebiet machte Verfasser
(l. c.) und weitere wichtige Fingerzeige gibt Klug (23) in seinem
zunächst nur die Wirkung der Acratothermen behandelnden Beob-
achtungen. > > _ i Br 2 on
„Was die. Ätiologie des genuinen Diabetes anbelangt, so hat
das Insulin bisher leider das herrschende Dunkel nicht aufzuhellen
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vermocht“ schreibt Falta — mit Recht. Ebenso bieten bei der Er-
wesentliches Interesse. Die Erörterung der durch arteriosklerotische,
Klärung der Pathogenese des genuinen Diabetes überaus wichtig.
läre einerseits und die hormonal-vaskuläre andererseits.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
12. Oktober
+
örterung: der Pathogenese die Feststellungen in den Stoffwechsel-
fragen und der Metabolie der Diabeteskrankheiten einstweilen kein
lipomatöse, luetische Veränderungen des Pankreas bedingten und
anderer Glykosurien von manifester Genese liegt außerhalb des ge-
stellten Thema. E a.
Fassen wir zusammen: Die Unmöglichkeit einer Normierung
der Mittellage der autonomen und sympathischen Zentren macht die
Erforschung der von ihnen beherrschten lebenswichtigen Stoffwechsel-
organe in ihren Funktionsanomalien unendlich schwer. Wir können
Reflex- und Giftwirkungen nur in den Gleichgewichtsverschiebungen .
dieser Zentren bzw. ihrer Erfolgsorgane nachweisen, ohne zu wissen,
wie weit konstitutionelle Minderwertigkeit, eine mehr minder große
Minusvariante mit dazu beitragen, die Empfindlichkeitsgrenze über
die physiologische Breite hinweg zu verschieben und dem Vorgang
pathologische Dignität zu geben. Vorzüglich das Studium der
fließenden Übergänge der vorübergehenden Hyperglykämie und
Glykosurie zur bleibenden Toleranzschädigung, wie sie selten bei di-
- gestiv-toxischen Erkrankungen der Kleinkinder, wesentlich häufiger
und instruktiver, nach Beschreibung von Max Rosenberg (24) und
Gottschalk (25), bei Graviden unter nachweisbarer erheblicher
funktioneller Leberschädigung erfolgen, ist für die weitere'generelle
Trotz der Schwierigkeit und der bizarren Vielfältigkeit der
Koeffizienten ermöglicht sorgfältige Analyse von Einzelfällen, wie
-sie von Rosenberger (26) und Verfasser (l. c. Beitr. z. Klin. d.
Infektionskrkh.) zusammengestellt sind, verbunden mit synthetischer
Deduktion doch wesentliche Fortschritte auf dem weiten Gebiet der
pathologischen Intoleranz gegen perorale Zuckerzufuhr.
Wenn man versucht, die erörterten, von verschiedenen Ge-
sichtspunkten betrachteten Feststellungen großzügig zu: systemati-
sieren, so wird man nicht eine Genese des genuinen Diabetes, weder
ausschließlich eine im engeren Sinne infektiös-zelluläre, wie sie
‘neuerdings F. M. Allen und seine Schule vertritt, noch die vasku-
läre Hoppe-Seylers oder endlich die rein hormonale als die all-
. gemein gültige für den genuinen Diabetes formulieren; man wird
vielmehr — und auch das wäre von größtem erkenntnistheoretischem
und heuristischem Wert — einen gewissen Dualismus in der
Genese des genuinen Diabetes feststellen: Die primär-zellu-
In diesen
beiden Quellflüssen sich emporarbeitend wird man sich leicht immer
wieder in einem Netz von Verbindungskanälen zwischen diesen Quell-
flüssen verlieren und nur nach genauer Feststellung der Wertigkeit und
Hauptströmung dieser fließenden, kreisenden und gegenströmenden
Übergänge wird man die Forschungsrichtung zielstrebig wahren und
das gesamte Quellgebiet klarlegen können.
Literatur: 1. Fanck, M.m.W. 1909, Nr, 41; Ebenda 1910, Nr.23; D.m.W. 1911,
Nr. 27: M.K]. 1912, Nr. 83 u. 34; 29. Kongr. f. Inn. Med, 1912; 30. Kongr. f. Inn. Med. 1913;
Arch. f. Verdauungskrkh. 1914, H. 4; M. K), 1921, Nr. 85; Beitr. z. Klin. d, Infektionskrkh.
u. Immunitätsforsch. 1918, Bd. 2. — 2. Strauß, Klin. Wachr. 1922, Nr. 18. — 3. Nordmann,
Arch, f. klin. Chir. 1928, 127, S. 600. — 4. Schmidt, D.m.W. 1914, Nr. 24. — 5. Umber, Klin.
Wschr. 1928, Nr. 13. — 6. Heiberg, D.m.W.1916, Nr.9; Krankheiten des Pankreas 1914,
8.2%64{f. — 7. Arnsperger, M.m.W. 1911, Nr.14. — 8. Felix lüirschfeld, B.kl.W.1905,
Nr. 52; 1908 Nr.11; 1912 Nr.5; D.m.W.1909, Nr.4. — 9. Castronuovo, Rinascenza med.
1924, Nr.3. — 10: Kausch, Berl, med. Ges. 16. I. 1918, — 11. Lunkenbein, M.m.W. 1922, -
Nr.1. — 12. Frey, Klin. Wschr. 1924, Nr.29. — 13. Lövy, M.K1.1921, Nr. 40 u. 41. — 14. Ga-
lambos und Tausz, Zschr. f. klin. Med. 80, H.5 u. 6. — 15. Berthelot und Bertrand, C. R.
1912, S.1643 u. 1826; 19183, S.1027.— 16. Hillel, M. K1, 1916, Nr. 13.— 17. Wohlgemuth und
Mochizuki, Klin. Wschr. 1924, Nr.29. — 18. Otfried Müller, M.m.W.1924, Nr. 13. —
19. Vecsler, Arch. f. Verdauungskrkh. 82, H. 5 u. 6. — 20. Högler, W.k1.W. 1924, Nr. 9. —
21. Laufberger, Zschr. £ d. ges. exp. Med.39. — 22. Singer, M. K1.1924, 5.434; W.kl.W.
1924, Nr.7. — 238. Klug, M.KI. 1924, Nr. 28. — 24. Max Rosenberg, Klin. Wschr. 1924,
Nr. 35. — 25. Gottschalk, Zschr. f. d. ges. exp. Med. 1922, 26. — 26. Rosenberger, Die Ur-
sachen der Giykosurie. München 1911, Müller & Steinicke.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 34.
Auf die Gefahren der Probeexzision beim Karzinom des Collum
uteri weist Th. Heynemann hin. Man muß ein keilförmiges Gewebsstück
von etwa 1 cm Länge und 1/2 cm Tiefe und Breite so herausschneiden,
daß die Grenze zwischen dem karzinomverdächtigen und gesunden Gewebe
mitentnommen wird. Entwickelt sich ein beginnendes Karzinom lediglich
im Bereiche des Zervikalkanals, so ist dieser mit einer kleinen Kürette
abzutasten und damit nachgebendes, bröckliges Gewebe zur Untersuchung
zu entnehmen. Da die Gefabr einer Nachblutung bei Vornahme einer
’Exzision besteht, ist die Exzisionsstelle zu tamponieren oder bei spritzenden
‚Gefäßen zur Naht zu greifen. Auch muß man mit der Möglichkeit rechnen,
daß sich an die Probeexzision ein außerordentlich starkes Wachstum des
Karzinoms anschließt. Da ferner der Eingriff sehr häufig in keimhalligem
Gewebe ausgeführt werden muß, findet sehr früh eine Keiminvasion statt,
wobei häufig in den Drüsen des Beckens hämolytische Streptokokken auf-
treten. Es kann sogar nach einfachen Probeexzisionen zu tödlicher In-
fektion kommen. Der Verfasser untersucht daher die exzidierten Stücke
sofort im Gefrierschnitt und schließt bei positivem Ergebnis unmittelbar
die Badikaloperation an. Unter keinen Umständen dürfen .aber der-
artige Bedenken Veranlassung, geben, cine Probeexzision bei auch nur
geringstem Verdacht auf Karzinom zu unterlassen. . Sie ist aber gerade
beim Portio- und Zervixkarzinom nicht harmlos, | |
Zur Frage des Leukozytensturzes nach intrakutaner Injektion äußert
sich Helmut Hahn (Berlin). Dieser Leukozytensturz tritt nicht regel-
mäßig auf. Zeigt er sich nach Hautreizung, so dürfte er. als anaphylakti-
scher Shock bei Allergischen zu deuten sein. Bei der Auswertung von
Schwankungen der bLeukozytenzahlen ist im übrigen große Vorsicht notwendig.
Über Chenopodiumölvergiftung berichtet R. Niomeyer (Köln). Das
amerikanische Wurmsamenöl ist ein zentral angreifendes Krampfgift. und
als solches in eine Reihe zu stellen mit dem Santonin, Atropin und Kokain.
Der Krampf trifft vor allem die Hirnrindenzentren. Diese Erregungs-
. symptome können mit Lähmungserscheinungen in Muskelgruppen oder von
seiten des Bewußtseins kombiniert sein. Der lähmenden Wirkung des Giftes
unterliegen auch die Zentren in der Medulla oblongata (Störungen der
Atemtätigkeit, Apnoe). Post mortem finden sich, wie das bei den schweren
Alkaloidvergiftungen auch meist der Fall ist, keine mikroskopisch erkennbaren
Störungen der Hirnsubstanz, Man muß daher zur Erklärung wohl physi-
. kalisch-chemische. Veränderungen der Zellsubstanzen annehmen. Eine starke
.Hyperämie der Meningen und des Gehirns ist zwar oft festzustellen, aber
sie erklärt nicht die Erscheinungen, etwa wie die Hirnhyperämie beim
_ Hitzschlag oder Sonnenstich. Das Ol. Chenopodi ist als Wurmmittel w-
' gefährlich, wenn folgendes beachtet wird: Dosierung bei Kindern an 2 auf-
einanderfolgenden Tagen 2—3mal täglich so viel Tropfen, wie das
Kind Jahre zählt, bei Erwachsenen 3mal 16 Tropfen. Danach ein zu-
verlässiges Laxans zur gründlichen Darmentleerung. Wiederholung der
Kur nicht vor 10 Tagen. Schwere chronische Erkrankungen, konstitutio-
nelle Schwäche, Gehörschädigungen sind Kontraindikationen. In einem
mitgeteilten Falle, der zum Exitus kam, war die Kur über 2 Tage, nämlich
auf 10 Tage ausgedehnt worden. So konnte eine Kumulierung der Wirkung
eintreten. Auch wurde kein Abführmittel gegeben. ' Dieses soll aber-die
Askariden zutage fördern, die durch das Wurmsamenöl nur betäubt, aber
nicht getötet werden. Zugleich soll aber das Öl, nachdem es seine Schuldig-
keit getan hat, durch das Laxans entfernt und eine Kumulativwirkung ver-
hütet werden. Das Öl selbst wirkt verstopfend. |
Auf einige kongenital-Iuische Stigmata weist N. Hensen (Hamburg)
hin; Pathognomonisch für Lues congenita ist einzig eine Anomalie der
Zahnform, die darin besteht, daß sich die oberen mittleren Schneide-
zähne von der Basis nach der Schneide hin verjüngen, wobei die unteren
Ecken in der Regel dann noch abgerundet sind. Eine weitere ähnliche
Form ist die sog. Tonnenform, die ebenfalls charakteristisch ist. Mit Vor-
liebe befällt die Lues congenita’ gerade die Augen: Keratitis par-
"enchymatosa,ferner einseitige oderbeiderseitige absolute oder reflektorische
Pupillenstarre, auch unvollkommene Starre (Lichtreaktion herabgesetzt,
Konvergenzreaktion noch einigermaßen intakt). Eine noch größere Be-
deutung für die Erkennung der Lues congenita scheint die Untersuchung
des Augenhintergrundes zu haben. Hingewiesen wird auf die Chorlo-
retinitis, die sich häufig nur in der äußersten Peripherie des Augen
hintergrundes zeigt, so daß man nur bei weiter Pupille die Herde eben
noch sehen kann. Zum Schluß wird noch auf cin weiteres kongenital-
luisches Stigma aufmerksam gemacht: die Atrophie des Oberkiofers
(flache Gesichtsbildung), die besonders den Zwischenkiefer betrifft.
Es ist anzunehmen, daß unter der Einwirkung des entzündeten Kiefers
auch die im Kiefer steckenden Zahnkeime geschädigt werden ‚und daß os
so zu jener Zahnformanomalie kommt.
Bei der Dementia praecox finden sich nach Hermann Joseph
(Hamburg) regelmäßig krankhafte Veränderungen des Gehirns, vor allem
der Hirnrinde als Ausdruck eines Prozesses, der fortschreitet. Dabei
handelt es sich um Verfettungen und Sklerosierungen'der Ganglion:
zellen. Es dürfte die Schizophrenie eine toxisch erzeugte Krankheit
sein, bei der irgendwelche Toxine im Blute kreisen. Daher hat der Ver-
fasser versucht, durch intramuskuläre Injektion von Eigenblut aui
den Prozeß einzuwirken. Dies ist aber nur möglich bei den akuten
Schüben der Schizophrenie. Hier sollte das Verfahren nachgeprüft werden.
Über diespraktische Brauchbarkeit der neuen Spirochätenfärbung
mit Spirsil berichtet F. W. Oelze (Leipzig). Zur mikroskopischen Diagnos?
er
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. vorhanden sein und die gleiche Bedeutung haben.
‚grund gestellte konstitutionelle Sonderbereitschaft zu erklären. Das klinische
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12. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. a, T
der Syphilis ist die Dunkelfelduntersuchung die Methode der Wahl.
Wo eine Dunkelfeldeinrichtung fehlt, kommt eine Färbemethode in Betracht,
und zwar die mit Spirsil, an Stelle des unsicheren Tuscheverfährens.
Ä F. Bruck,
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 32 bis 34. `
Nr. 32. Die Beeinflussung des zellulären und humoralen. Eiweiß:
bestandes durch Krankheiten bespricht W. Berger (Innsbruck) im Zu-
sammenhang. Der Einfluß erstreckt sich auf den Gesamteiweißbestand mit
anfänglicher Verminderung und späterer reparativer Vermehrung, auf die
Partiarkonzentrationen und das Auftreten von pathologischen Eiweiß- und
R.N.-Stoffen. Die Eiweißveränderungen sind von der Art des Krankheits-
‚prozesses weitgehend unabhängig. Humorale und zelluläre Eiweißkörper `
stimmen meist überein und zwar besteht immer eine Tendenz zur Ver-
schiebung des Eiweißspektrums nach der labileren Seite. Es scheinen die
‚Verschiebung nach der Globulinseite und die Abnahme des Organeiweißes
die Hauptzeichen eines jeden pathologischen Vorgangs zu sein., |
Zur Frühdiagnose des Magenkarzinoms macht E. Schütz auf die
"Kombination von Anazidität. mit reichlicher Bakterienflora im Magensaft
` aufmerksam. Letztere sind weniger durch Gewebszerfall und Stagnation
als durch das von Karzinom gelieferte Sekret begünstigt. Anazidität allein
und Änazidität mit palpabelem Tumor sind nicht immer für die Karzinom-
diagnose zu verwerten. Die Frühdiagnose wird erleichtert bei Sitz des
Tumors am Pylorus. Außer Milchsäurebazillen-können auch andere Bakterien:
Zur klinischen Bedeutung der Duodenaldivertikel teilt M.Haudeck
(Wien) einen Fall mit, bei dem ein durch spätere Autopsie bestätigtes
Divertikel röntgenologisch als breigefülltes Säckchen mit Gasblase fest-
gestellt werden konnte. Es hatte sich durch Kombination des Divertikels
mit Stauung im Magen und Duodenum ein ileusäbnliches Krankheitsbild
entwickelt, das zum- Tode führte. ` | i
. Über einen Fall von akuter Leberatrophie und Dermatitis nach
Salvarsan berichtet A. Kirch (Wien). Die Erkrankung trat bei’ einer
Pat. mit Lues im Stadium negativer Wa.R. auf und zwar glaubte Verf.
aus dem gleichzeitigen Auftreten einer Salvarsandermatitis auf die ursäch-
‚liche Wirkung des Salvarsans bei der Leberatrophie schließen zu dürfen.
Nr. 33. H. Heidler (Wien) bespricht die Benandlung von Störungen
der Nachgeburtsperiode. Bei Verhaltung der Nachgeburt (Placenta ad-
haerens) soll zunächst dreimal in Abständen von !/, Stunde die Turgeszierung
(Auffüllung der Plazenta mit 300 cem NaCl-Lösung) erfolgen, die aber
häufig ohne Erfolg ist. Erst dann soll man aktiv vorgehen mit dem Credé-
schen Handgriff, und zwar nach der Originalmethode, bei der entweder
beide Hände exprimieren oder eine Hand mit gespreizten Fingern sich auf
den Fundus legt und den Uterus. ins Becken drückt. Schließlich kommt
die manuelle Lösung in Frage, wenn der Handgriff nach Cred& ohne Erfolg
ist. Sie ist sofort anzuschließen, weil dann die Gefährlichkeit am geringsten
ist. Die echte Placenta accreta sitzt fest im Myometrium, so daß ihre
Therapie nur in der Exstirpation des Uterus bestehen .kann. Die manuelle
Lösung stellt bei infizierter Frau im Fieber einen höchst gefährlichen Ein-
grifi dar. — Bei atonischer Blutung ist keine Zeit mit Turgeszierung zu
verlieren, sondern neben den gebräuchlichen tonisierenden Medikamenten
sofort zum.Crede, bzw. zur manuellen Lösung zu schreiten. Ist ein starker
Blutverlust, der das Leben bedroht, eingetreten, so ist die Bluttransfusion |"
am Platze und zwar wendet Verf. auf Grund seiner‘schlechten Erfahrungen
mit der indirekten, nur die direkte Methode an nach vorheriger Auswertung
- des Blutes.
| Die Anwendung des Tutocains ia der urologischen Praxis bo-
Schreiben V. Blum und’A. Glingar (Wien). Zur Infiltrations- und Leitungs-
anästhesie wurde Tutocain (1/,—1/, °/o) mit gutem Erfolge angewandt. Bei
Intravesikalen Operationen war die Anästhesie nach Füllung der Blase mit
100 ccm der 1%,igen Lösung zufriedenstellend.. Für die Anästbesierung
der Harnröhre ist die 2—40/,ige Lösung in Wasser oder (lyzerin das
Optimum. Doch ist die Anästhesie der Pars posterior schwierig und die
Untersuchungen darüber sind noch nicht abgeschlossen, während in der
Pars anterior, nach 2 O/,iger Lösung, nach 5 Minuten kaustische Eingriffe
schmerzlos vorgenommen ‚werden -können. |
Nr. 34. Über postoperative Adhäsionen stellte L. Schönbauer
(Wien) klinisch-experimentelle Untersuchungen an. Die Verschiedenheit
in der Adbäsionsbildung ist nicht allein durch die von Payr in den Vorder-
Material zeigte, daß in erster Linie Erkrankungen der Unterbauchgegend
zu Adhäsionen führen. Dabei ist das Peritonealexsudat von Wichtigkeit,
das neben Bakterien und Eiterzellen auch. Eiweißabbauprodukte, sowie
tryptische und diastatische Fermente entbält. Es kommt dem Peritoneum
außer der exsudativen und resorbierenden Kraft auch eine eiweißabbauende
verdauende Kraft zu, Die durch letztere bedingten chemischen Schädigungen
` anaphylaxie.
die Fermente zur Adhäsionsbildung unbedingt erforderlich sind, wie auch
Tierversuche zeigten. Aus den Untersuchungen ergibt sich der therapeutische.
Weg, der in der, Beeinflussung der Ileusvergiftung und der Verhinderung
der Adhäsionsbildung durch antifermentative Stoffe besteht:
Die -Beziehungen zwischen der menschlichen Idiosynkrasie und,
der tierexperimentellen Anaphylaxie untersuchten B. Busson (Wien) und
"U. Ogata (Tokio). Sie konnten nach Vorbehandlung mit Pferdeschuppen
bei Meerschweinchen Anaphylaxie hervorrufen und zwar genügte Einatmen
des Antigens beim sensibilisierten Tier. Die Sensibilisierung kann aueh.
vom Respirationstrakte aus erfolgen. Verf. schließen auf die Wesensgleich-
heit des durch Einatmen von Stoffen der. Pferdeschuppen hervorgerufenen
Asthmas der Menschen und der experimentell erzeugten Meerschweinchen-
Friedrich E. Löwy (Wien) beobachtete in zwei Fällen Pseudo-
gallensteinkoliken bei Leberzirrhose bzw. subakuter Leberatrophie, die
„ur Laparotomie mit tödlichem Ausgang führten. Ursache der: Schmerzen
ist wohl toxische Reizung des die Gallenwege versorgenden vegetativen
Nervensystems. -Differentialdiagnostisch ist zu verwerten die Form und
Konsistenz der Leber, ev. Milztumor, Aszites, Anämie und indirekte Diazo-
reaktion im Serum und schließlich besonders die . Röntgenuntersuchung
nach _Anlegung eines Pneumoperituneums, während . die Leberfunktions-
prüfungen nichts aussagen.
Über den duodenalen Pylorusreflex berichten Th. Barsony und.
B. Hortobagye (Budapest) auf Grund ihrer Untersuchungen. Danach
gibt es weder einen Reflex, der durch Einwirkung der Magensäure im’
Duodenum auf den Pylorus wirkt, noch eine Beeinflussung ‘des Antrums >
vom Duodenum aus. Verf. verlangen. deshalb Beseitigung der, sich auf'
den Hirsch-Mehringschen Pylorusreflex gründenden Anschauungen in
Pathologie und Physiologie. l | i
Finen Beitrag zur Kiinik der Grippe liefert B. Joachimowitz `
Er beobachtete ‘an über 50 Fällen, daß nach Abklingen der Grippe-
erscheinungen und oft wochenlangem Intervall mit Wohlbefinden eine oft
abgeschwächte Wiederholung des Krankheitsbildes auftritt, der noch eine
dritte Attacke folgen kann. ı Muncke.
Wiener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 33 bis 36.
Die Klinik der postenzephalitischen Krankheitszustägde bespricht og
E. Redlich (Wien). Die Haupterscheinungen lassen sich auf den Par-
kiosonismus zurückführen, der. zu einer Verarmung an willkürlichen Be-
wegungsimpulsen führt und zu einer Erhöhung des Muskeltonüs, einem
Rigor. Letzterer unterscheidet sich von anderen Spasmen durch das gleich-
mäßige. Ergriffensein von Agonisten und Antagonisten, wodurch der Wider-
stand gegen Bewegungen gleichmäßig wird. Durch diese Momente kommt
es zu der charakteristischen Körperhaltung und den Bewegungsanomalien.
Zu diesem akinotisch-bypertonischen Zustand kommen mitunter hyper-
. kinetische Erscheinungen, wie Zittern und Zuckungen. Fazialisgebiet und
Zunge sind häufig beteiligt, während Augenerscheinungen (äußere und
innere Augenmuskeln) seltener sind. Konstant ist die Sprache beeinflußt.
Störungen der Sensibilität fehlen fast immor. Vegetative Störungen wie
Reizung des Halssympathikus (weite Pupille, Retraktion des Oberlides usw.)
und Speichelfluß sind häufig,, ebenso auch im chronischen Stadium eine
Leukozytoso. Auf psychischem ‘Gebiete stehen Störungen des Willens und
Affektlebens im Vordergrund. Die Prognose ist sehr ungünstig und alle
bisher. versuchte Therapie mehr oder weniger machtlos. . ie
Auf organische Veränderungen des Ovars als Grundlage der’
Punktionsstörungen weist E. Herrmann hin. Sowohl konstitutionell ‘oder
durch Stauung oder Entzündung kann eine Verdickung der das Ovar um-
hüllenden Bindegewebsschichten eintreten, die durch Behinderung der .
Follikelberstung zu klein-zystischer Degeneration usw.. und damit zu:
Funktionsstörung führt. Solche organische Veränderungen des Eierstocks
stellen im geschlechtsreifen Alter. das Hauptkontingent dar, während
Menarche und Menapause rein funktionelle Störungen ohne anatomisch
nachweisbares Substrat meist aufweisen. Bei letzteren ist. Organotherapie
und Röntgenbestrahlung fast immer von Erfolg, während im ersten Falle
die Resektion der Ovarien vom’ Verf. warm empfohlen wird. ` p
. F. Brüning (Berlin) widerspricht in einer Mitteilung zur Angina
pectoris-Frage der Behauptung .Wenckebachs vom adäquaten Schmerz-
reiz an Hohlorganen durch die Dehnung und weist auf die überragende
Bedeutung der Kontraktion bei der Schmerzentstehung hin. Auch: die
Arterien verhalten sich ‚so, woraus sich mit Wahrscheinlichkeit das Gleiche‘
auch für den Aortenanfangsteil annehmen läßt: Die’ Wirkung der Operation l
nach Eppinger und Hofer beruht auf Tonusherabsetzung eines sym-
pathischen Nervengebiets, wenn ein Teil desselben unterbrochen wird.
Verf. bespricht sodann die von ihm wegen verschiedener Leiden mit peri-
arterieller Sympathikektomie behandelten Fälle. i |
sind primäre Ursache der Giftwirkungen bei Ileus und Peritonitis, während
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1446
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 4l. 12. Oktober
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Jodschäden beobachtete F. Kaspar (Wien) durch „kleine“ Jod-
dosen, die aber im Verhältnis zu den bei der Kropfbehandlung gebräuch-
lichen Mikrodosen noch 'sebr hoch waren. Verf. fordert Beginn mit 1 mg
pro Monat und allmähliche Steigerung auf 7—8 mg. Ferner ist eine ge-
naue Überwachung des Körpergewichtes nötig und bei einem Sinken des-
selben um mehr als 1/> kg im Monat setzt man die Jodbehandlung aus,
Eine Auswahl der Fälle derart, daß solche mit Neigung zur Hyperthyreose
ausgeschlossen und in erster Linie juvenile und Parenchymstrumen be-
handelt werden, schützt ebenfalls vor unangenehmen Zufällen. |
Die Balneo-Hydrotherapie der chronischen Gelenkkrankheiten läßt
sich, wie A. Strasser (Wien) ausfübrt, unter dem Gesichtspunkte der
Reiztherapie nur teilweise betrachten. Außerdem gehören auch Kreislauf-
einflüsse zum Komplex der Bäderwirkung, letztere stellen die resorptive
Komponente vor, während die Reizwirkung die mobilisierende ist. Die
Thermotherapie nimmt die erste Stelle ein, daneben erweisen sich auch
thermische Kontrastreize als wirkungsvoll.
Temperaturmaximum und
Optimum der Wirkung fallen nicht zusammen. - Außer den genannten
Wirkungen spielen die minimalen Mengen Jod, Schwefel und Radium in
einzelnen Bädern sicher eine besondere Rolle. |
Wärmeapplikationen bei Fieberkrankheiten empfiehlt 2. Dalmady
(Budapest). Es wird bezweckt durch die Wärme die unangenehmen Be-
gleiterscheinungen des Fiebers zu beheben und dem Organismus bei der an-
gestrebten Hebung der Bluttemperatur behilflich zu sein. Schwitzen soll ver-
mieden werden; es kündigt sich Steigen der Pulszahl an. Benutzt worden
warme Bäder oder erwärmte Stammumschläge. Bei noch steigendem
Fieber im Verlauf von Infektionskrankheiten, besonders bei Beteiligung
des Atemapparates ist die Wirkung am besten und gefahrlosesten. Kontra-
indikationen sind in Herzschwäche, Neigung zu Blutungen, Schwanger-
schaft usw. zu sehen. Es kommt der Wärmeapplikation nicht nur eine
symptomatische, sondern auch eine effektive Heilwirkung zu, besonders auf
dem Wege über das Hautorgan (Esophylaxie). |
J. Weinstein (Wien) stellte die lebensrettende
Bluttransfusion bei einer Anämie im Verlaufe einer Ernährungsstörung im
Säuglingsalter fest. Bei dem Kinde wurde zweimal nach Vornahme der
Voruntersuchungen 80 bzw. 70 ccm Zitratblut in den Sinus infundiert, was
gut vertragen wurde und zu einem fortlaufenden Anstieg der Erythrozyten
führte. Verf. möchte außer der von Opitz angenommenen Schonungs-
therapie durch Substitution auch von einer Reizwiikung auf das erythro-
poetische System sprechen. |
Auf Grund seiner Statistik der beruflichen und gewerblichen
Dermatitiden macht M. Oppenheim (Wien) auf die Häufigkeit derselben
aufmerksam. Die weitaus häufigste Form ist das Ekzem, viel seltener
ist Dermatitis artefieialis und Toxidernie. Den 3 Formen entspricht eine
allergische, normale oder idiosynkrasische Hautbeschaffenheit. Verf, fordert
eine viel genauere Beobachtung und Erforschung der häufigen und prak-
tisch bzw. nationalökonomisch wichtigen Erkrankungen.
Den praktischen Gebrauch von Insulin bespricht R. E. Mark
(Wien) und zwar in erster Linie beim Koma bzw. Azidosis. Wichtig ist
exakte Laboratoriumsuntersuchung auf Blutzucker, Alkalireserve des Blutes
und besonders Plasmaazetonreaktion, die den Maßstab der Wirkung des In-
sulins angibt. Daneben reichlich Flüssigkeitszufuhr bis zur Besserung,
zusammen mit Glukose (10g). Im weiteren Verlauf knappe Biweiß-Kohle-
hydratkost und auch weiterhin möglichste Fettfreiheit. Dabei 4mal täglich
20 Einheiten Insulin (davon eine Mitternachtsdosis). Ebenso wie das Koma
läßt sich nach gleichen Gesichtspunkten dio diabetische Gangrän beein-
flussen; dabei ist hinreichende Insulindosierung auch nach der Operation
unbedingt nötig. Ob eine Heilung auch des leichten Diabetes durch In-
sulin möglich ist, läßt Verf. dahingestellt. Muncke.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 35.
Hungerzustände und Eklampsie werden von Erich Opitz (Freiburg)
besprochen. Die in dieser Form gefaßte Theorie nimmt an, daß ursprüng-
lich erhöhte Ansprüche in der Schwangerschaft an den mütterlichen Orga-
nismus gestellt werden. Hierbei kommt in Frage ein Hunger nach einzelnen
bestimmten Nahrungsmitteln, z. B. Kalzium.
Ein durch Thymusimplantation geheilter Fall von Osteomalazie
wird von Elemer Scipiades (Ungarn) mitgeteilt. Durch die Einpflanzung
einer aus dem frisch verstorbenen Neugeborenen herausgenommenon Thymus-
drüse in die Bauchwand ohne Diät oder medikamentöse Behandlung und
trotz der Erhaltung der Eierstöcke können die gleichen Heilerfolge erzielt
werden, wie man sie nach der Kastration zu erreichen gewohnt ist.
Die Geburtsleitung bei syphilitischen Prauen und die Methodik der
Syphilisbekämpfung bespricht E. Klaften (Wien). Die Blutuntersuchung
hat zu erfolgen nach der Wa.R und nach der Meinicke-Trübungsreaktion.
Auf diese Weise wird eine größere Anzahl latent luetischer Mütter erkannt.
Die Meinicke-Trübungsreaktion eignet sich besonders für die Unter-
Wirkung einer
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suchung des Retroplazentarblutes und des Blutes während der Geburt,
Von 162 latent syphilitischen Müttern, die auf Grund der Retroplazentar-
blutuntersuchung erfaßt wurden, :wurden 76°/, tote und syphilitische Kinder .
auf die Welt gebracht. Die Untersuchung des Retroplazentar-
blutes nach der Meinicke-Trübungsreaktion ist als Standard-
methode für die Erkennung der Syphilis bei Geburten zu be-
zeichnen.
Ein Fall von Positio occipitalis pubica alta, kombiniert mit
Eklampsie. Beendigung der Geburt mittels subkutaner Symphysiotomie
wird 'von Rudolf Fischel (Brünn) mitgeteilt. Es handelt sich um das
Zusammentreffen von hohem Geradstand bei rachitischom Becken mit
Eklampsie, der durch die Symphysiotomie mit gutem Erfolg für Mutter
und Kind beendet wurde, Die Symphysiotomie ist nicht angezeigt in
Fällen von stark verengtem Becken und unregelmäßig verengtem Becken
und bei Erstgebärenden wegen Unnachgiebigkeit der Weichteile.
Plastische Deckung nach Mammaamputation hat E. Schepelmann
(Hamburg) in der Weise ausgeführt, daß die gesunde Brust nach der
kranken Seite so verpflanzt wurde, daß sie in die Mitte der Brust zu
liegen kam. Dadurch gelang es, alle Lücken mit fettunterpolsterter, ver-
schieblicher und unempfindlicher Haut zu beseitigen.
Bemerkungen zum Aufsatz Vogts: Zur Kritik der Uterus-Scheiden-
tamponade macht Hans Zacherl (Graz). Erst nach Versagen der Uterus-
massage und der Einspritzung von Sekale- und Hypophysenpräparaten und
nach heißen intrauterinen Spülungen und Kompression der Aorta wird die
Uterus-Scheidentamponade vorgenommen mittels feuchter, in Pregische
Lösung getauchter Jodoformgaze. Besonders hervorzuheben ist der Vorteil
derintramuskulären Binspritzung von Sekalo- und Hypophysen-
präparaten unmittelbar in die Portio vaginalis.
Ein selbsthaltendes Instrument zur Tubendurchblasung beschreibt
Erwin Koch (Mainz). Das Metallröhrchen mit Gummikonus zum Abschluß
des Muttermundes trägt ein Lager für die Kugelzange und verhindert deren
Abgleiten. Der Konus wird durch Federdruck gegen den Muttermund an-
gepreßt (Firma P. A. Stoß, Wiesbaden). K, Be.
Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie,
Bd: 56, H. 4—6, Bd. 57, H. 1.
Krisch entwirft Richtlinien für eine extrapyramidale lokalisatorische
Analyse des epileptischen’Anfalles und seiner Varianten. Der generalisierte
tonische Krampf ist ein Erregungszustand der motorischen Haubensysteme,
bei dem die zerebellaren, striären und kortikalen Regulierungen durcb-
brochen sind. Die klonische Komponente im epileptischen Anfall liefert
der Kortex. Das Pallidum spielt beim Zustandekommen der tonischen
Komponente eine besondere Rolle. | | |
Fischer und Leyser: Die zentralen Anteile derKrampfmechanismen.
Die Tetanie wird in das Extrapyramidium lokalisiert, die Hysterie in das
Pyramidensystem, der elementare Krampf ist eine polyvalente Hyperkinose,
ein Enthemmungssymptom infolge Zerfalles intrazerebraler Verknüpfungen
im Motilitätssystem. |
Joßmann und Steenaerts berichten über die Malariabehandlung
der Paralyse in der Charité. Geimpft wurde mit einem Stamm von Malaria
tertiana, der 38 Passagen durchgemacht batte. Erzielt wurden in 49°), der
Fälle Remissionen, darunter 21%, Vollremissionen. Die Malariabehandlung
bedingt ein rascheres Abklingen der Exazerbationen im Initialstadium, die
Remissionen dauern länger als bei nichtbehandelten Kranken.
Redlich erörtert an der Hand von zwei Krankengeschichten das
Wesen der Psendologia phantastica. In Fall 1 fiel zweimal die pseudo
logische Produktion mit einer Exazerbation einer Hirnlues zusammen, II
Fall 2 entwickelte sich der mit Gedächtnisstörungen und hysterischen An
fällen einhergehende Zustand nach einem Trauma (Lawinenverschüttung
Peter bespricht den anatomischen Befund in zwei Fällen von Chore
im Greisenalter. Es fand sich in Fall 1: Erkrankung der kleinen Ganglier
zellen im Striatum, progressive Gliatätigkeit, in Fall 2: Ausfall der kleine
Striatumzellen und gliöse Vernarbung, Status fibrosus. Die Huntingtonscl
Chorea läßt sich zurzeit w
eder symptomatisch noch pathologisch von d
senilen trennen.
Bernhard: Zur Frage der Mikrographie. Verf. fand Mikrograpt
bei Enzephalitis, Paralysis agitans, arteriosklerotischer Muskelstarre, p
gressiver Paralyse, Hemiplegie mit striären Symptomen und bei Kataton
Die Mikrographie beruht auf Verlangsamung der Bewegungen, Fizatio
starre, vielleicht auch auf Adiadochokinesie und kortikaler Antriebsstöru
= Suckow: Atemstörungen bei Encephalitis epidemica. Verf.
obachtete Mikropnoe, Bradypnoe, Tachypnoe. Die Mikropnoe beruht
Hypertonie der Atemmuskulatur, die Tachypnoe auf Veränderungen 1M
die Atmung regulierenden Zentren. 2
Hönig-Siedersleben macht eingehende . Ausführungen !
Instinkte, Triebe und Gefühle und zeigt, wie aus der Verschiedenheit
a ED ee N an
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| 12. Oktober '
.der-Thyreoidea mit 11. Adrenalin mit 16 Wochen.
selben sich die charakteristischen seelischen Geschlechtsunterschiede ab-
-leiten lassen. sr
Bresowski versucht an der Hand von vier Krankengeschichten
nachzuweisen, daß das Ergebnis eines ‚hebephrenischen Prozesses eine
psychopathische Konstitution im Sinne einer konstitutionellen Erregbarkeit,
‚ einer Psychopathie mit Debilität usw. sein kann.
H. Bernhard erstattet ein kritisches Referat über die Ergebnisse
"der Arbeiten über Körper-, Hals-, Stell- und Labyrinthreflexe.
Peter bespricht die Nirnpunktion als Hilfsmittel der klinischen
Diagnostik in der Neurologie und Psychiatrie. Es gelang ihm in Fällen
von Paralyse, Lues cerebri, Gliom die Diagnose zu sichern, in anderen
“ Fällen gewisse Affektionen auszuschließen. Eine Schädigung durch Punktion
| “wurde nicht beobachtet. a Ä
Galants Bemerkung über „Springfedergang“ bei Paralysis agitans
- . incipiens bezieht sich auf einen Fall mit durchaus unsicherer Diagnose.
Henneberg.
Aus der neuesten englisch-amerikanischen Literatur.
Über die glaudnläre Tätigkeit beim menschlichen Fötus schreiben
Keene und Hewer: Die fötale Niere beginnt in der 11. Woche ihrer Ent-
- wicklung zu funktionieren, die fötale Leber als Exkretionsorgan mit 12 Wochen.
Die Magenschleimhaut enthält mit 16 Wochen Pepsin, HOL noch nicht bei
der reifen Frucht. Das Pankreas enthält Trypsin und Trypsinogen mit
16 Wochen, Amylase mit 24, Lipase mit 32 Wochen. Intestinale Permente
liegen mit 32 Wochen, noch nicht vor, Enterokinase mit 16, Schleim mit 8.
Das aktive Prinzip der Hypophysis findet man mit 3 Wochen, Produktion
Zur sicheren Diagnose der Blasenruptur empfehlen Vaughan und
Rudnick Lufteinblasung durch den Katheter in die Blase, unter Röntgen-
beobachtung; es läßt sich so intra- und extraperitoneale Ruptur leicht
‚ unterscheiden. Vorführung von 5 Fällen. (J.a.m.a. 1924, 1).
Harris hat die Perawirkungen von Spättoxämien inder Schwanger-
-schaft untersucht, um festzustellen, ob nach präeklamptischer Toxämie
und Eklampsie dauernde Nierenschädigung oder eine gewisse Immunität
gegen Eklampsie auftritt. Wohl war ein Rezidiv der Eklampsie bei späteren
'Schwangerschaften nicht - festzustellen. Aber ‘von 27 Frauen, die eine
o Eklampsie überstanden hatten, wiesen 3 noch nach einem Jahr eine
Chronische Nephritis auf; dasselbe traf zu bei 60% der Frauen, die eine
präeklamptische Toxämie überstanden hatten und zwar noch 1 Jahr nach
der Geburt. Hierfür macht er die lange Dauer. der toxämischen Zustände
verantwortlich. Wenn auch die toxämischen Symptome. 3 Wochen nach der
Entbindung geschwunden waren, so lag doch die Möglichkeit einer dauernden
Nierenschädigung vor. Dauerten aber diese Zustände länger, so ist diese
in: hohem Grade. wahrscheinlich.
1924, :398).- | | |
Die Stoffwechselveränderungen nach Röntgenstrahlen- und Radium-
behandlung bestehen nach Dodds und Webster: in keiner Veränderung
bei Bestrahlung des’ Kopfes, Thorax und der Glieder. Bauch und Milz:
das Volum. des Harns nahm ab, ebenso’ der Gehalt an Harnstoff und Harn-
säure, Ammoniak, titrierbarer Säure, N und P. Nach 3 Tagen wieder
normale Verhältnisse und zwar erfolgte eine Zunahme dieser Bestandteile,
i die . dann nach einigen Tagen wieder die Norm erreichte. Im Blut: Ab- |
nahme des Harnstoffgehalts, in den Stühlen: Zunahme des Fettgehaltes. -
Also’ sind die Funktionen der hauptsächlichsten Abdominaldrüsen, Leber,
‚Pankreas und Nieren inhibiert. Auch die Bestrahlung der Zervikalregion
hatte keine Veränderungen‘ zur Folge, ebensowenig wie ausgesprochene
Fälle, bei Röntgenkrankheit. (Lancet 1924, XD). | |
Bei Kinderatrophie kommen bei anfänglich normaler Entwicklung
. unter Gewichtsverlust nach Parsons folgende Ursachen in Frage: unge-
nügende Nahrungszufuhr, auch anatomisch (Pylorusstenose), unzweckmäßige
Ernährung (künstlich, Mangel an Fett, Proteinen, Vitaminen oder Über-
maß der ersten beiden); Diarrhoe oder Erbrechen; Infektion (Pyelitis,
. Pneumonie); falsche hygienische Umgebung; pränatale und konstitutionelle
inflisse.. Die beiden letzteren Faktoren sind sehr wichtig. Übersteigt
der Gewichtsverlust 20% des zu erwartenden Gewichts, so ist die Aus-
‚Wübzung der Nahrung in Frage gestellt. Hand in Hand mit der Abnahme
des Stoffwechsels geht eins progressive Abmagerung. Also hochkalorige
Nahrung. Die Absorption vom Darm aus ist abgesehen von gewissen Zu-
ständen wie Diarrhoe, manche Formen von Fett-, Kohlehydrät- und Protein-
Stoffwechselstörungen normal: -Nun kann man aber die verschiedenen
nügestionsformen nicht genau von einander trennen. Der respiratorische
uotient zeigt, daß Fette und Kohlehydrate, wenn sie absorbiert. werden,
Auch ausgenützt- werden. Es besteht sogar manchmal ein richtiger Zucker-
Die Grenze dafür ist die Fermentation und das Auftreten von
hunger.
iari Es empfiehlt sich ein weniger fermentabler Zucker wio Dextrimaltose.
anche dieser Kinder absorbieren mehr Fett als normale Kinder. Aber
1924 — MEDIZINISCHE.
(Lancet 1924, 111).
(Bull. John Hopkins hosp. Baltimore
re
KLINIK — Nr. 41.
4
' bei viel Fett | kommt auch wieder Diarrhoe. und die- stört wieder die Ab-
sorption. Bei einer fett- und kalziumarmen Diät ist die Absorption. schlecht.
Im allgemeinen ist Proteinstörung. selten und nur wenn lange viel Protein
‘gegeben wurde. Dann kommt auch ein gestörter Salzstoffwechsel zustande.
(Lancet 1924, XD...‘ v. Schnizer.
"Aus der neuesten italienischen Literatur. .
de Blasi (Neapel) hat ‘auf Grund experimenteller Untersuchungen u
' festgestellt, daß nicht alle Typhusbazillenkulturen eine gleiche Agglutina- _
bilität zeigen. ` Die einen können eine größere Zahl von Typhuserkrankungen .
aufdecken als die anderen; wieder andere Kulturen verhalten sich ganz
insensibel gegenüber dem Serum von Typhuskranken. Daraus folgt, daß
die in den Laboratorien vorhandenen Kulturen von Zeit zu Zeit auf ihre
Agplutinabilität geprüft werden söllen, nicht bloß mittels Immunsera mit
hohem Agglutinationstiter, sondern auch mit Blutserum von Kranken, bei
'
1924, Nr. 1.) >
denen die einwandfreie klinische Diagnose auf Typhus lautet. (Poliel.
Bilancioni (Rom) fand bei einem 10jährigen Mädchen, bei dem er: i |
7 Jahre vorher die Tensillen und adenoide Vegetationen radikal entfernt
hatte, links eine neougebildete, enorm vergrößerte Tonsille, welche die
"linke Rachenhälfte vollkommen ausfüllte, sogar die Mittellinie nach rechts
überschritten hat und an ‘der Oberfläche tiefe Furchen erkennen ließ. Die.
mikroskopische Untersuchung ergab das Bild einer gewöhnlichen. hyper-
trophischen Rachenmandel. Tonsillektomie, Heilung. (Poliel. 1924, Nr. 1.)
Bussa Lay (Venedig) gibt an, daß er laut einer statistischen Zu-
sammenstellung, die sich auf zwei Dezennien erstreckt. (1900—1920) und
sich auf die chirurgische Abteilung des Zivilspitals in Venedig bezieht;
320 Fälle von Mammakarzinom bei Frauen und nur 5 Fälle bei Männern |
sammeln konnte. Die Diagnose wurde in jedem Falle auf Grund. histo-
logischer Untersuchung gestellt. und mit Hilfe dieser konnten die ver-
schiedensten Formen nachgewiesen werden. In seinen 5 Fällen handelte
es sich um Adenokarzinom, Alveolarkarzinom, papilläres Zystikarzinom,
tubuläres Karzinom und Adenofibrom. Der Verlauf war in 3 Fällen ein
sehr langsamer, in'2 Fällen rapid. Nurin einem Falle kam es zu Rezidiven.
Die Operationstechnik ist die gleiche wie bei Abtragung von Mamma-
karzinom bei Frauen. (Policl. 1924, Nr. 3.) : . | | |
= Alessandrini und Doria (Rom) berichten über ihre Beobachtungen,
welche sie mit dem nach der Methode von d’H6relle hergestellten Lysat,
_ dem Bacteriophagum antityphicum polyvalens gemacht haben. Sie wandten
ihr. Bakteriophagum in 18 Fällen von Abdominaltyphus an und kamen
dabei zu folgenden Ergebnissen: Das Mittel ist, per os, subkutan oder
intramuskulär eingeführt, auch bei schwerstem Verlauf unschädlich. Die . `
Dosis steigt von 2 bis 5 ccm. Intravenös eingespritzt-kann es zu einem.
Shock führen. Vorübergehend stellt sich mitunter Temperaturerhöhung \
und Lokalreaktion ein. In etwa 50°/, der Fälle beginnt unmittelbar nach
‚der Einspritzung der Fieberabfall und nach 6—8 Tagen tritt vollkommene
Entfieberung ein. Die besten Erfolge erzielt man bei Anwendung des -
‚Lysates in den ersten 2 Krankheitswochen. Wird der aus dem Blut des -
Patienten gezüchtete Typhusbazillus vom eingeführten Bakteriophagum
mehr oder weniger vollständig aufgelöst, dann ist der Erfolg: fast sicher.
(Poliel. 1924, Nr. 4.) Ä
Redi (Siena) beschreibt einen Fall von Prolapsus ani bei einem .
Tjährigen Knaben, akut ‘entstanden als Folge einer Harnretention : bei
Blasenstein, und erklärt die Enstehung desselben mit dem stark erhöhten
intraabdominellen Druck, der infolge des fortwährenden, teils willkürlicben,
teils unwillkürlichen Drückens behufs Entleerung der Blase vorhanden war.
Operativer Eingriff; Sectio suprapubica. Beiderseitige aszendierende Pyelitis.
Exitus. (Policl. 1924, Nr. 4.) | | = =:
: Magnani und Morandi (Cervia) beobachteten in ihrem Wohnort
(Mittelitalien) im Laufe von einigen Monaten 10 sporadische Fälle von
' Maltafleber. Darunter waren 4 Schäfer, weshalb die Untersuchungen auf
3 Schafherden ausgedehnt wurden, und dabei stellte sich heraus, daß die -
Schafe Träger des Micrococcus melitensis waren. Die Diagnose kann sero- |
logisch auch bei starken Verdünnungen rasch gestellt werden. Therapeutisch
bewährte sich die entsprechend& Vakzine bestens. (Policl. 1924, Nr. 6.)
Condorelli (Rom) konstatierte bei einem 17jährigen Kranken’ mit
chronischer Nephritis eine noch nicht beschriebene Eiweißart, die folgende
Eigenschaften zeigte: Die Kochprobe mit nachfolgender Ansäuerung mittels
Essigsäure ergab keinen Niederschlag; alle übrigen Eiweißproben fielen
positiv aus. Weitere Beobachtungen ergaben, daß der Nachturin ein
thermopräzipitables Eiweiß enthielt, während der bei Tag entleerte, leicht
saure Harn eine Eiweißart nachweisen ließ, ‚welche durch Erhitzen “nicht
fällbar wär. Aus den Untersuchungen ging hervor,. daß dieses: Verhalten
auf das Vorhandensein von sauren Phosphaten zurückzuführen war. Dieses
Albumen war. durch etwa 8, Tage beim Patienten nachweisbar, dann
schwand es, um den gewöhnlichen Eiweißarten Platz zu machen. Nach
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1448
2: 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. | 12. Oktober
| . EEE EEE A RETTEN SEE ET RIESEN E E — "
Ansicht des Verf. handelte es sich um ein Eiweißabbauprodukt, vielleicht
den Peptonen ähnlich. Keinesfalls kommt demselben eine spezifische
klinische Bedeutung zu und ist nur insofern von Interesse, daß die Koch-
probe bei reichlichem Eiweißgeh
alt des Harns (40/0) negativ ausfallen kann.
(Poliel. 1924, Nr. 7.) |
Lucherini (Rom) hatte zwei Typhuskranke in Behandlüng, die in
der Rekonvaleszenz Erscheinungen von Chondroperichondritis laryngea er-
kennen ließen. Der Verlauf dieser Komplikation gestaltete sich vollkommen
symptomlos und führte in beiden Fällen zum tödlichen Ausgang. Be-
merkenswert ist, daß in einem Falle in den nekrotischen Massen der
Abszeßwände nur Typhusbazillen nachweisbar waren. (Policl. 1924, Nr. 9.)
Fronticelli (Rom) empfiehlt ein sehr zuverlässiges differential-
diagnostisches Verfahren, nämlich eine Harnprobe vorzunehmen, wenn es
sich darum handelt, Typhus und Malaria voneinander zu unterscheiden.
Die Probe besteht darin, daß 5 cem filtrierten Harns, während der Fieber-
periode gewonnen, mit 2—3 ccm einer 5°/„igen Lösung von Plumbum
aceticum neutrum versetzt werden. Färbt sich das Präzipitat rosa, so
deutet dies auf Vorhandensein von Uroerythrin hin und spricht mit Sicherheit
für Malaria; bleibt der Niederschlag weiß oder leicht gelblich, so spricht das
neben anderen entsprechenden Symptomen für Typhus. (Policl. 1924, Nr.10.)
Duner (Montagnana) konnte bei einem 26jährigen Patienten einen
mannskopigroßen Tumor in der Milzgegend feststellen. Da bei demselben
Kranken vor 10 Jahren eine Echinokokkenzyste der Milz eröffnet wurde,
nahm er an, daß es sich um ein Rezidiv handle. Der operative Eingriff bestä-
tigte die Diagnose. Splenektomie. Heilung per primam. (Policl. 1924, Nr. 10.)
Lüttichau (Forli) bekam eine 39jährige Pflegerin in Behandlung,
die über typische Erscheinungen von Zystitis klagte. Weder in der früheren,
noch in der näheren Anamnese wies irgendetwas auf eine luetische Infektion
hin. Die zystitischen Beschwerden konnten therapeutisch durchaus nicht
beeinflußt, geschweige denn geheilt werden. Endlich wurde eine Wasser-
mannsche Probe gemacht, die stark positiv ausfiel. Nach energischer intra-
venöser Arsenobenzolkur promptes Sistieren der zystitischen Störungen.
Verf. faßt diesen Fall als eine Lues der Harnblase auf. (Policl. 1924, Nr. 13.)
Marinacci (Rom) zystoskopierte eine 30jährige Frau, die über
Blasenstörungen geklagt hatte, und fand bei dieser Gelegenheit drei
kirschengroße Steine in der Blase, außerdem eine nußgroße, rundliche
Masse in der Nähe der linken Blasenwand,: die ebenfalls für einen Stein
gehalten wurde. Bei Eröffnung der Blase (Cystotomia suprapubica) stellte
sich heraus, daß die nußgroße Masse eine Dermoidzyste war, die mittels eines
sehr dünnen Stiels mit der Blasenwand verwachsen war und an deren unterem
Pol einige Haare sichtbar waren. Exstirpation. Heilung. (Policl. 1924, Nr. 13.)
Pighini (Reggio Emilia) stellte in einem Dorfe der Provinz Emilia. |
wo endemischer Kropf herrscht, Untersuchungen an, um der Ätiologie des
endemischen Kropfes näher zu kommen, und dies schien ihm um so leichter,
da alle übrigen Nachbardörfer von dieser Krankbeit verschont sind. Auf
Grund seiner Beobachtungen und experimenteller Nachprüfungen kommt er
zu dem Sehluß, daß die Ursache des endemischen Kropfes dort im Trink-
wasser zu suchen sei und daß es sich dabei um ein chemisches Agens und
nicht um bakterielle Infektion handle. Durch Verabreichung von Tabletten,
bestehend aus Natr. jod. 0,01, Tinet. jodi gtt. 1, Thyreoid. sicca 0,02, mit
Kakaopulver und Zucker entsprechend vermengt, erzielte er in einigen
Wochen zumeist Heilung. (Policl. 1924, Nr. 14.)
Pantaleoni (Forli) spricht der von Sga mbati angegebenen Harn-
reaktion alle Spezifizität und jeglichen differentialdiagnostischen Wert ab,
da sie erst nachweisbar wird, wenn alle Zeichen der Peritonitis bereits
vorhanden sind und bei ein und derselben Krankheit verschieden ‚ausfallen
kann, je nachdem, ob der Beginn akut oder schleichend war. Gewiß darf
die Reaktion nicht als Grundlage eines chirurgischen Eingriffs oder dessen
Unterlassung dienen. Die obengenannte Reaktion besteht darin, daß einige
Kubikzentimeter frischen Harns mit 2—3 ccm reinster Salpetersäure unter-
schichtet werden, dabei entsteht an der Grenze der zwei Schichten ober-
halb des gewöhnlichen braungelben Ringes ein zweiter azurblau-grauer
Ring, der bei auffallendem Licht und auf hellem Grund deutlich sichtbar
wird und der eine Läsion des Peritoneums anzeigen soll. (Poliel. 1924,
Nr. 15.)
J. F.
Therapeutische Notizen.
Innere Medizin.
Die Morosche Karottensuppe empfiehlt Ed. Enderlein (Mannheim)
bei schweren,‘ mit Exsikkation und Intoxikationen einhergehenden
akuten Magendarmstörungen im Säuglingsalter. Besonders augenfällig
war der Erfolg der Suppe in Fällen von Toxikosen schwer dystrophischer
Brustkinder. Bei leichteren dyspeptischen Störungen kommt die Suppe
dann in Betracht, wenn Schleim, Eiweißmilch u. dgl. versagen. Wird hier
ein Tag Karottensuppendiät eingeschaltet, so kann in der Regel rasch über
Kasein-Mondaminmischungen zu Normalkostformen übergegangen worden.
(M.m.W. 1924, Nr. 33.)
Zur Behandlung des Ulcus ventriculi empfiehlt A. Zahn (Bensheim
a. d. Bergstraße) 4mal täglich Argentum colloidale 0,05, das in einer Brot-
krumenpille eingeknetet wird, um eine vorzeitige Lösung im Munde zu
verhindern. Durch Vereinigung der HCl des Magens mit dem Silber- .
molekül wird eine Chlorsilberverbindung- und -abscheidung auf der rauhen
Geschwürsfläche erzielt. Der Verfasser bat das kolloidale Silber mit Extr.
Belladonnae kombiniert, unter Hinzufügung von Natr. phosphoric. als Be-
einflusser des vegetativen Magennervensystems und als Tonikum. Dieses
Präparat kommt als Ulcusin (Cachetsform, im Magen sofort löslich) in den
Handel (Chemisch-pharmazeutische Fabrik Karl Engelhard, Frankfurt a M.).
Man gibt davon 3—4mal täglich 1 Cachet mit Wasser vor den Mahlzeiten.
Das Präparat empfiehlt sich auch, durch die Phosphor- und Belladonna-
komponente, bei rein nervösen, hyperaziden und spastischen Zuständen
ohne Ulkus und beim akuten Brechdurchfall. (D.m.W. 1924, Nr. 34.)
Tritt die kryptogenetische perniziöse Anämie infolge nach-
lassender Giftwirkung in das Stadium der Remission en. —
kenntlich zuerst an der plötzlich erniedrigten Sauerstoffzehrung der Erythro-
zyten mit Rückgang der Hämolyse —, so ist nach J. Zadek (Berlin-
Neukölln) trotz niedriger Blutwerte jede Therapie überflüssig. (D.mW.
1924, Nr. 34.) s
Gegen Tuberkulose empfiehlt Hubert Kahle (Köln) Kupier. Die
Cu-Zufuhr beträgt wöchentlich 0,4, also täglich 0,057, entsprechend einer
Menge CuSO, von 1,0 wöchentlich, also 0,14 täglich. Man verordne: Cupri
sulfur. exactiss. pulveris. 1,0, Solve in Ag. commun. coct. 23,0, filtra et
adde Gelatinae albae solutae in Aq. eoct. q.s. ad solutionem 0,1, adde
ad mixtur, refrigerat. Sol. Adrenal. (1 : 1000) 1,0. M.D.S. Vor dem Gebrauch.
zu schütteln. Nie darf das Kupfer nüchtern genommen werden, da sonst
Brechreiz entsteht. Man gebe von der Mixtur 5 Tropfen in 1/, Glase
Wasser oder Kaffee oder Suppe oder dergl. jede Stunde, auch beim Er-
wachen in der Nacht. (Peinliche Regelmäßigkeit ist notwendig.) Zur
Kontrolle koche man eine Harnprobe bis zur Trockene ein: CuSO, haftet .
fest an der Glaswand und wird nach einer Viertelstunde an der blauen
Farbe erkannt, Wenn keine Blutungen vorhanden sind, kann das Adrenalin
in obiger Mixtur wegbleiben. Gegen das Fieber lasse man von 3—9 Uhr
nachmittags alle 2 Stunden einen Eßlöffel einer 1°/,igen Pyramidonlösung
nehmen. (M.m.W. 1924, Nr, 33.) F. Bruck.
Heiße Teilwasserbäder bei Herzkranken haben nach Hauffe eine
sehr günstige Wirkung. Das Wesentliche ist ein allmählicher Temperatur-
anstieg. Nur dann tritt eine Entlastung des Herzens durch vermehrte
Durchblutung der Peripherie ein, und die Rückstauung nach dem Herzen
wird vermieden. Die Erfolge sind gerade bei dekompensierten Herzfeblern
sehr sinnfällig. Die Atmung wird tiefer und langsamer, der Puls wird
voller, seine dikrote Welle höher, das Elektrokardiogramm zeigt eine Ver-
kürzung der Systole und ein Längerwerden der Diastole sowie ein Größer-
werden der Vorhofzacke und der Finalschwankung. Röntgenologisch ist
eine Verkleinerung des Herzumfanges und eine Verschmälerung der Aorta
nachweisbar. (Ther. d. Gegenw. 1924, H. 7.) Tarnogrocki (Pölitz).
Hautkrankheiten. |
Arata (Pisa) erzielte sehr günstige Resultate bei kongenitaler un
erworbener Lues des Säuglings- und Kleinkindesalters mittels subkutane
Injektionen von Sulfarsenol. Die Einspritzungen werden jede 4 bis 7 Tag
wiederholt, beginnen mit geringen Dosen (0,005—0,08), um die Tolerar
zu prüfen, und werden dann rapid und gradatim gesteigert bis 0,015 p
Kilogramm Körpergewicht. Die Lösung wird in der Phiole selbst bereite
1 ccm Wasser genügt für 0,06 Sulfarsenol. Schon nach den ersten I
jektionen schwinden die Hauterscheinungen und die Wa.R. wird negat
Auf Grund seiner Erfahrungen hält Verf, das Sulfarsenol für das beste U
praktischste Heilmittel, welches baldigste Verbreitung in der täglich
Praxis finden sollte. (Poliel. 1924, Nr. 12.) J. F
Mit Hilfe des Reargous ist nach Hugo Popper (Berlin) e
Abortivheilung der männlichen Gonorrhoc möglich. Die Patienten $
anzuweisen, sich von einer 5°/,igen Reargonlösung alle 1— 1t, Stun
eine Einspritzung zu machen, so daß sie 100 g der Lösung in 24 Stun
verbrauchen. Nach 48 Stunden Untersuchung des Sekretes. Zur Vors
noch 4—5 Tage 4—5mal täglich Einspritzungen. (D.m.W. 1924, Nr.
Lokale Behandlung paraurethraler Gänge mit Gono-Yalren empf
E. Forster (Buer). In einem Falle kam es zu einem Durchbruch €
gonorrhoischen Abszesses nach dem Sulkus. Gleichzeitig bestand
Kommunikation mit der Harnröhre. In den Kanal wurde Gono- Ye
(Stärke B. 5 und 6) injiziert. Nach der 3. Einspritzung floß das Inji
nicht mehr durch die Harnröhre ab, es kam zur Obliteration des Ka
und schließlich schloß sich auch die Fistelöffnung im Sulkus. Die ri
Ausheilung des paraurethralen Ganges führt der Verfasser auf die
Anwendung des Gono-Yatrens zurück, (M.m. W. 1924, Nr. 33.) F. Bru
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“ anderen gebräuchlichen Mitteln. (W.kl.W. 1924, Nr. 30.)
Erfahrungen mit Reargon teilt H. Lamprecht (Wien) mit. Verf. ,
bestätigt die Reizlosigkeit und anästhesierende Wirkung des Mittels, er-
zielte aber in keinem Falle eine Abortivheilung. Auch in anderen Fällen
ergaben sich außer den genannten Vorteilen keine besonderen Nele vor
uncke.
Das Hypernephrin (Gesellschaft für Feinchemie, Berlin) empfiehlt
u Rapp (Berlin) als Ersatz des Suprarenins (Höchst). Es kommt als
1,7%/g0ige Lösung zur Verwendung. (D.m.W. 1924, Nr. 34.) F. Bruck.
- Über Juvenin berichtet Rotschild. Er wendet das von der Firma
Bayer hergestellte Mittel bei Prostatikern an, wenn bei heruntergekommenen
Kranken oder hohem Blutdruck neben oder vor der Lokalbehandlung noch
eine andere Therapie indiziert erscheint. Er erzielt bei pathologisch, ge-
steigertem Blutdruck eine Blutdrucksenkung, die auch längere Zeit anhält,
und. bei Blasenstörung eine Verbesserung der Blasenfunktion. (Ther. d..
Gegenw. 1924, H. 8.) Tarnogrocki (Pölitz).
Normacol, und-zwar Spezial-Normacol (ohne Frangulazusatz)
“empfiehlt R. Schindler (München) bei Zivilisationsobstipation (in-
folge von Fleisch-Milch-Fettnahrung) als Kotvermehrungsmittel.
Man gibt 1—2 mal täglich 2 Teelöffel, die mit einem Schluck Wasser un-
gekaut hinabgespült werden. Es könnte vielleicht auch vielen solchen
Obstipierten als ständiger Zusatz zur Nahrung gereicht werden. Das
Normacol mit Frangulazusatz dagegen wäre indiziert bei Prokti-
tiden, Analfissuren und Hämorrhoiden, aber auch in der ersten
Woche der alimentären Obstipation. (M.m.W. 1924, Nr. 338.) F.Bruck.
Bücherbesprechungen.
Halban-Seitz, Biologie.und Pathologie des Weibes. Lief. 7—9, mit
. zahlreichen Abbildungen im Text und auf Tafeln. Berlin und Wien 1924.
Urban & Schwarzenberg. Lief. 7 M. 14,40, Lief. 8 M. 6,—, Lief. 9 M. 14,40.
‚Konnten wir bei dem Referat der ersten Lieferungen dem groß-
zügigen Werke die allerbeste Prognose stellen und Herausgeber und Ver-
` leger in gleicher Weise beglückwünschen, so erweist das Erscheinen jeder
weiteren Lieferung die Berechtigung unseres Urteils.
In dem ersten Abschnitt, der sich mit den Fehlbildungen der
weiblichen Geschlechtsorgane, des Harnapparates und der
Kloake beschäftigt, hat Kermauner eine Arbeit geleistet, die an Über-
siohtlichkeit und Gründlichkeit ihres gleichen sucht. Erfreulich ist die
bestehende Klarheit der Diktion, und es wäre in Anbetracht der vielfach
vorzüglichen Bilder zu wünschen, daß bei der, hoffentlich bald notwendigen
Neuauflage, Abbildungen, wie z. B. Fig. 48 und 92, durch klare didak-
tische Zeichnungen ersetzt werden. Ä |
-~ Das wichtige Kapitel: Lage- und Gestaltveränderungen der
weiblichen Genitalorgane, wird von Reifferscheid behandelt. Die
im ganzen gründliche Arbeit läßt in ihrem theoretischen wie in ihrem
praktischen Teil die für ein Handbuch notwendige literarische Vollständig-
keit vermissen. Es geht nicht an, Atlaswerke, z. B. von der Bedeutung
wie die von Sellheim, einfach zu übergehen. der in seinem Fall IX un-
schätzbares Material zur Genese der Retroversio-flexio erbringt. Es ist unzweck-
mäßig, in einer großen Handbucharbeit gute Bilder, die in der Literatur vorhan-
den sind, durch schlechte zu ersetzen, man vergleiche nur die Bilder auf Tafel VII
mit den gleichlautenden Bildern in Döderleins operativer Gynäkologie.
. Im Gegensatz hierzu ist die Arbeit von Ludwig Nürnberger
über Sterilität von erfreulicher Frische und Originalität. , Hier ist einmal
eine grundlegende Monographie über dieses interessante Problem allseitig
abgehandelt und mit Gewissenhaftigkeit die Literatur berücksichtigt. Für
Jeden, der auf diesem Gebiete arbeitet, wird die Nürnbergersche Arbeit
als Grundlage und Nachschlagewerk dienen müssen. Die Tabellen zur
Diagnose der Zeugungsfähigkeit des Mannes sind zum ersten Male in einem
' gynäkologischen Buche gebracht und haben ihre volle Berechtigung, der
Gang der Untersuchung einer Frau auf Sterilität ist von geradezu er-
frischender Klarheit und wird jedem Universitätslehrer zur Anregung dienen,
| Der künstlichen Sterilisierung ist von den Herausgebern ein
besonderes Kapitel gewidmet, das Pankow bearbeitet hat. Es ist ein
Genuß, die Pankowschen Ausführungen über die Indikationen .zu lesen.
Der Forderung von Pankow wird sich, wie ich meine, die Mehrzahl der
deutschen Ärzte anschließen: „die dauernd operative Sterilisierung aus
rein sozialen Gründen ist nicht berechtigt. Hingegen können die sozialen
Verhältnisse wohl eine temporäre Sterilisierung wünschenswort erscheinen
lassen, und der Arzt hat das Recht und die Pflicht, sie nun auch seiner
Klientin anzuraten. Mustergültig in Form und. Inhalt sind die medizini-.
sehen Indikationen dargestellt, ebenso mustergültig die operative Sterili-
erung und die Röntgenbestrahlung. Besonders hervorgehoben werden
muß die gründliche, vollständige und absolut objektive Literaturangabe. :
pot j
ep a a Ce von Gr;
1924 — MEDIZINISCHE
KLINIK — Nr. 41.
Einen besseren Bearbeiter wie Robert Schröder konnten die
‘ Herausgeber für die Behandlung des Kapitels: die Pathologie der -
Menstruation, nicht finden. Schröder hat um die Erforschung der
Menstruationsvorgänge, in Fortsetzung der Arbeiten von Hitschmann
und Adler, sich so allgemein bekannte Verdienste erworben, daß os Eulen
nach Athen tragen hieße, wollte man diese noch im einzelnen hier her-
vorheben, nur ein Vergleich seiner Arbeit mit den vielfach zersprengten
Darstellungen im Veitschen Handbuch zeigt die Fortschritte. dieses wich-
tigen Kapitels der Gynäkologie. Und hier merkt man in jedem Satze,
daß nicht ein fleißiger Kompilator, sondern ein auf diesem ‚Gebiete grund- .
legender Forscher am Werke ist. Die farbigen Menstruationstäbellen
sollten an allen Kliniken Eingang finden, weil nur sie, ebenso wie die
Fieberkurven, eine exakte Beobachtung und Erforschung ermöglichen.
Stickel behandelt kurz und übersichtlich die Vor- und Nach-
behandlung gynäkologischer Operationen. Alle Vorschläge
Stickels wurzeln in der erprobten Technik der Franzschen Klinik und.
sind für jeden Operateur beherzigenswert.. Hier ist nichts am grünen Tisch
erdacht, sondern alles aus dem praktischen Können heraus für die Praxis:
geschrieben. Bedauerlicherweise. ist Stickel bei der Erwähnung der Drei-
Tupferprobe ein Druckfehler hinsichtlich des Autors unterlaufen, der bei
der Neuauflage wohl abgeändert’ werden wird. |
Schließlich behandelt Thaler die Allgemeinnarkose und Lokal- `
Die Bevor- > >
anästhesie in der Geburtshilfe und Gynäkologie.
zugung des Äthers vor dem Chloroform ist, wie Thaler mit Recht be-
merkt, wohl allgemein. Die Hypnose und Narkohypnose (Hallauer) ist
kurz erwähnt. Die Bedeutung der Äthernarkose für die Geburt nach dem.
Vorgehen von Wederhake wird anerkannt. Ausführlich geht Thaler
auf den geburtshilflichen Dämmerschlaf. ein und ist der Meinung, daß
dieser nur in Anstalten, niemals im Privathause Anwendung finden solle,
Ref. hält dieses nicht für richtig, nämlich nicht für diejenigen Fälle, in.
denen auch im Privathause eine ständige ärztliche Kontrolle möglich ist.
Die Lumbalanästhesie will Thaler in der Gynäkologie nur ausnahmsweise,
in der Geburtshilfe gar.nicht mehr zur Anwendung bringen. Ebensowenig
dürfte die Epidural- und Paravertebralanästhesie weiteren Eingang finden.
Vorzüglich sind die Bilder zur Technik der parametranen Infiltrations-
anästhesie, deren Ungefährlichkeit Thaler besonders hervorhebt, und der
è
er für die vaginale Technik eine gute Prognose stellt. `.
Alles in allem beweisen auch diese drei Lieferungen, daß kein Prak-
tiker, der auf der Höhe seines Faches stehen will, und kein Wissenschaftler
auf dieses Standardwerk verzichten kann. Wilhelm Liepmann.
Schlegel, Die Augendiagnose des Dr. Ignaz von P6czely. 4. Aufl.
68 S. mit Abbild. und 3 Tafeln. Leipzig 1924, Krüger & Co. M. 6,—.
Die Schrift zerfällt in zwei Teile, in deren. erstem das Wesen der
„Augendiagnose“, die Untersuchungstechnik, die Feldereinteilung, die Ent-
stehung der „Zeichen“, die Farbänderungen, Flecken, Wolken und regionären
Zeichen der Iris und deren Bedeutung sowie die. Leistungen der Augen-
diagnose an der Hand von Beispielen, endlich die Therapie P6czelys
kurz geschildert werden. Es folgt im zweiten Teil eine Aufzählung und
Skizzierung der bisher erschienenen Schriften über diese Richtung.
Verf., homöopathischer Arzt, ist bemüht, aus dem Wuste der dom °
Referenten wohlbekannten Schriften das von Bofriedigung und Begeisterung
‚des Laien Diktierte abzustreichen, weist auch’sonst auf manche Unstimmig-
keiten hin, die er sich nicht erklären kann, spricht sich selbst auch
gelegentlich nicht genügendes Vertrautsein bzw. ungenügende Technik zu,
er ist also bestrebt, einen gewissen Abstand gegenüber dieser Richtung '
sich zu erhalten. Jedenfalls bleibt es — und hierin schließt sich Ref.
dem Urteil von Schleich vollauf an — ein unlösbares Rätsel, wie sich
naturwissenschaftlich gebildete Ärzte der Augendiagnose ergeben haben,
die nur als Verirrung und Verwirrung.durch Mißdeutung und Mißverstehen
der Ergebnisse ernster Wissenschaft bezeichnet werden kann. Übrigens
verdient hervorgehoben zu werden, daß neuerdings auch die Homöopathie das l
Bedürfnis fühlt, diese Richtung von sich abzuschütteln. Gilb ert(Hamburg).
Die ansteckenden Kinderkrankheiten in Wort und. Bild .dargestelit
für Schule und Haus von Prof. Dr. Hans Rietschel heißt ein im Verlag
von J. F. Lehmann (München) erschienenes Wandplakat. Die wichtigsten
fieberhaften Erkrankungen, Masern, Röteln, Scharlach, Mandelentzündung,
Diphtherie, Windpocken und Blattern, werden iu gutgelungenen lehrreichen
farbigen Abbildungen dargestellt. Die Bilder werden umrahmt durch. kurze- |
und klare Erläuterungen über Ansteckung, Entwicklungszeit der Ansteckung
und Verhütung. Die einzelnen Krankheiten werden in ihrem Verlauf und - -
in ihren Erscheinungsformen kurz geschildert. Dabei wird auf’ die Neben-
erkrankungen, die Ansteckungsfähigkeit und die Entfernung .aus der Schule
und die Schulversäumnis mit kurzen Bemerkungen hingewiesen. Die Wand-
tafol erfüllt in ausgezeichneter Weise ihren Zweck, Eltern und Lehrer der
Kinder über -die wichtigen Fragen gemeinverständlich und sachlich zu `
unterrichten. 'K. Bg.
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mit. der Yatrentherapie.
die Malariaerkrankungen, abgesehen von den Goschlechtserkrankungen, in
1450 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41. 12. Oktober
Kongreß- und Vereins-Berichte.
| Kolonialkongreß am 17. und 18. September 1924,
© Es wurden in der Abteilung MI für Tropenmedizin und -hygiene
folgende Vorträge gehalten: i e si
Erkrankungen innerer Organe, wie Herz, Nieren, Gehirn usw., was für die-
Frage der Kriegsdienstbeschädigung von größter Wichtigkeit werden kann.
Die provokatorischen Methoden zur Diagnose der Malaria werden im ganzen
abgelehnt. Der neuerlich einsetzende Kampf gegen das Chinin ist durch-
aus ungerechtfertigt. Dringend empfiehlt Ziemann mehr wie bisher Chinin.
sulfuricum bzw. Chinidin und prinzipiell bei Perniziosa 2 g am Tage bis
8 Tage nach der Entfieberung. Die täglichen prophylaktischen Chinin-
dosen à 0,3 g haben sich im Kriege nicht bewährt, wohl aber die Zie-
mannsche Methode Mittwochs und Sonnabends 1 g. Bei der Chininresistenz
unterscheidet Ziemann drei Arten: a) bedingt durch Prädilektionssitz der
Parasiten in gewissen inneren Organen, b) durch endogene Chininresistenz
gewisser Parasitenstämme, c) durch Fehlen von Immunkräften (letztere
wohl im Kriege am wichtigsten). Der mechanische Schutz hat im all-
gemeinen bei den Kriegsverhältnissen versagt. — Schwarzwasserfieber wurde
auch im Kriege mehrfach beobachtet, auf dem Balkan hauptsächlich in der
kühleren Jahreszeit. — Zum Schluß die Hoffnung, daß Deutschland die:
erwähnten Richtlinien batd wieder in eigenen Kolonien anwenden: könnte.
l b) Malariabehandlung der Paralyse, von Prof, Claus
Schilling. (Tropenmedizinischer Teil.) Zur Behandlung der Paralyse
eignete sich am besten Tertiana. Gearbeitet wurde mit zwei Tertiana-
stämmen, von denen der eine bereits seit einer ganzen Reihe von Generationen
gametenfrei sein soll. Cl. Schilling hat die Vorstellung, daß die Malaria-
impfung nicht ganz als einfache Eiweißkörpertberapie zu betrachten wäre,
und daß event. die durch Malaria gebildeten Antikörper in ganz spezifischer
Weise auf das Stadium der Spirochäten wirkte, welches im Gehirn Anlaß
zur Bildung der progressiven Paralyse gäbe.
Am 1. Tage:, a) Trypanosomenkrankheiten, von Öberstabs-
arzt a. D. Dr. Fischer. Redner ging nur auf die Wirkung des Germanin
(Bayer 205) auf die verschiedenen Trypanosomenerkrankungen ein. Bei
Schlafkrankheit hat sich Germanin nach wie vor glänzend bewährt. Es ist
damit zweifellos ein.ungeheurer Fortschritt erzielt. Die Wirkung bei dem
Erreger der Tsetsekrankheit war weit weniger deutlich. Es scheint bei
Anwendung zu kleiner Dosen auch zu einer Germaninfestigkeit. der be-
treffenden Trypanosomen kommen zu können. ‚Fast garnicht wirkte das
Mittel bei dem von Ziemann entdeckten Trypanosoma vivax, einer
bei Rindern, Ziegen, Schafen und Pferden in Afrika weit verbreiteten
Trypanosomenart. Die Bestrebungen, eine weitere Verbesserung dieses
Mittels zu erzielen, werden seitens der Fabrik fortgesetzt.
' b) Spirochätosen, von Medizinalrat Prof. Kudicke. Es wurde
ein sehr umfassender, klarer Überblick über die wichtigsten, heute in Frage
kommenden Spirochätenerkrankungen mit ihren biologischen und thera-
peutischen Beziehungen gegeben.
c) Amöbenruhr, von Generalstabsarzt Prof. Ruge. Die ätiologische -
Bedeutung der Ruhramöben sei nicht leicht zu beurteilen, auch die
Differentialdiagnose der gewöhnlichen Darmamöben gegenüber den eigent-
lichen Ruhramöben sei durchaus nicht so leicht, wie es in den Lehrbüchern
geschildert würde. Es wäre z.B. auch möglich, daß in den gewöhnlfthen
Darmamöben rote Blutkörperchen unter Umständen aufgenommen würden,
was bisher nur als ein Charakteristikum der eigentlichen Ruhramöben be-
trachtet worden wäre. — In der Aussprache erwähnte Ziemann die von
ihm ausgearbeitete Methode der kombinierten Anwendung von Karlsbader
Salz mit Bismut nach vorbergegangener Reinigung des Darmes mit Oleum
rieini. Dadurch glänzende Erfolge sowohl bei Bazillen- wie bei Amöben-
ruhr. Ziemann empfiehlt vergleichende Versuche mit dieser Methode wie
c) Den psychiatrischen Teil der Malariabehandlung der
Paralyse erörterte in Vertretung des verhinderten Oberarztes Dr. Schulze
der Direktor der Irrenanstalt Dalldorf. Klinisch ist diese Behandlungs-
methode gegenüber den bisherigen ein ungeheurer Fortschritt. Niemals
wäre bisher mit irgend einer anderen Methode eine 3—4 jährige Remissions-
periode bei progressiver Paralyse erzielt worden. Es schlossen sich daran
Betrachtungen. über das Verhältnis der Malaria und der progressiven
Paralyse in den Tropen bzw. in Malariagegenden. Die Aussprache war bei
fast allen Vorträgen eine äußerst rege, die Beteiligung ebenfalls, kurz, es war
ein erfreulicher Erfolg der ganzen Tagung zu buchen.
d) Wurmkrankheiten, von Prof. Fülleborn. Erwähnt wurde
hauptsächlich die Therapie; besonders-glänzend hat sich bei der Ankylostoma-
erkrankung, wie neuerdings gefunden, der Tetrachlorkohlenstoff bewährt.
Manche bei uns als harmlos bezeichneten Würmer können, wie z. B.
Trichocephalus, in den Tropen erhebliche pathologische Bedeutung gewinnen.
e) Serumtherapie der Rinderpest in Deutsch-Ostafrika,
von Stabsveterinär Richters. Die Therapie hat sich sehr bewährt.
Am 2. Tage fanden folgende Vorträge statt: a) Kriegsmalaria,
von Prof. H. Ziemann. Im Weltkriege erreichten beim deutschen Heere
H. Ziemann.
Wien.
Seminarabende des „Wiener medizinischen Doktorenkollegiums“,
Sitzung vom 7. April 1924. (Schluß aus Nr. 40)
Wie sind Ihre Ansichten über die’ bakteriologische Diaguostik der
den: vier Kriegsjahren die höchsten Ziffern, und zwar 15,96%/,0 beim Feld- | Tuberkulose? |
heer, 5,61°/g0 beim Besatzungsheer. Im 4. Kriegsjahr fiel auf dem türkischen
Kriegsschauplatz die Zahl der Erkrankungen erheblich, während sie auf
dem Balkan gegenüber dem 3. Kriegsjahr noch weiter anstieg. Ziemann
führt das auf die in der Türkei im allgemeinen stärkere Prophylaxe zurück
und auf die intensivere Behandlung der Perniziosa mit prinzipiell 2 g
Chinin täglich und entsprechender Nachbehandlung. Bei den Engländern
und Franzosen waren die Erkrankungsziffern noch erheblich größer. Ent-
sprechend den Erfahrungen früherer Kriege stieg während des Weltkrieges
auch die Zahl der Erkrankungen bei der Zivilbevölkerung erheblich an.
(In Deutschland 1918 sogar 4311 Fälle, 1919 noch 3157.) Seitdem Abfall,
Hauptsächlich betroffen war der Kreis Emden. Auch in Großstädten wurden
eine Anzahl von Fällen beobachtet, darunter sogar Perniziosafälle (im ganzen
bisher 70). Geradezu fürchterlich ist die Zunahme der Malaria seit und
nach dem Weltkriege in Rußland. "Allerdings fehlt infolge von Hunger
und Elend dort die relative Immunität. Oft fehlt auch Chinin. Parasito-
logisch hat die Kriegsmalaria- Neues nicht ergeben. Auffallend häufig waren
Ausschwemmungssporulationsformen bei Perniziosa deutscher Truppen in
Palästina nach dem Zusammenbruch. Die Theorie von Roubaud und
Wesenberg-Lund, wonach der Hauptmalarjaüberträger in Mitteleuropa
sich mehr und mehr an Tierblut gewöhnt hätte, wodurch die Malaria-
abnahme zu erklären sei, hat sich durch die Kriegserfahrungen nicht be-
stätigen lassen, ebenso auch nicht die Annahme, daß die Malariaerkrankungen
im Frübjahr bedingt seien durch Überwinterung von Malariasichelkeimen
in überwinternden weiblichen Malariamücken. Sebr wichtig wurde die
Tatsache, daß die primären und sekundären Latenzperioden bei Malaria
sehr lange dauern könnten. Indes dürften längere als 3jährige Latenz-
perioden zu den größten Seltenheiten gehören. Ziemann erörterte dann
die event. ätiologische Bedeutung der Kriegsmalaria für eine Anzahl anderer
Bluterkrankungen, wie die perniziöse Anämie, Leukämie, Polyglobulie, sowie |
Es sind 3 Nachweismethoden, und zwar die Färbung, der Kultur-
versuch sowie der Tierversuch. Bezüglich der ersteren möchte Ref, betonen,
daß die Ziehl-Neelsensche Färbung der Tuberkelbazillen Sie am besten
vor Täuschungen bewahren wird. Es gibt aber Eiterungsprozesse, bei denen
es nicht gelingt, Tuberkelbazillen nachzuweisen, dies ist ‘bei Knochen-
prozessen und Nierenprozessen der Fall. Die Knochenprozesse sind deshalb
so ungeeignet, weil sie mit großen Massen von Eiter vermengt sind. Ebenso
ergeben sich Schwierigkeiten bei der Nierentuberkulose. Dieselbe gibt sehr
oft im Sediment keinen Aufschluß, weshalb der Tierversuch herangezogen
werden muß. Zu diesem Behufe wird der fragliche Eiter in die Mitte des
Oberschenkels injiziert und man sieht zu, ob eine nachträgliche Erkrankung
der entsprechenden Inguinaldrüsen auftritt. Diese Methode ist keinesweg
verläßlich. Es lag nahe, ein direktes Kulturverfabren heranzuziehen, das
selbe scheitert aber daran, daß der Tuberkelbazillus nur. mit seinesgleichei
aufgeht, sobald aber ein anderer Bazillus neben demselben sich vorfinde!
so geht er nicht auf. Es gelingt, die Tuberkelbazillen kulturell aus der
Eiter heranzuziehen, wenn sie direkt überimpft werden. Es ist auf dies
Weise gelungen, die tuberkulöse Natur vor Erkrankungen sicherzustelle!
die sonst nicht erkannt worden wären. Mit dieser Methode konnte |
Fällen von Mittelohrentzündungen die tuberkulöse Natur derselben erkanı
werden, bei denen der Tierversuch negativ ausfiel. — Eine besondere Wie
tigkeit kommt der rechtzeitigen Diagnose einer Hühnertuberkulose bei
Menschen zu. Charakteristisch für diese Erkrankung sind Fieberperiode
die durch Pyramidon nicht zu beeinflussen sind. Bei solchen periodisch
Fieberanfällen ist es von Wichtigkeit, den Urin auf Tuberkelbazillen
untersuchen. Bei einem fälschlich als Polycythaemia rubra mit Fiel
angenommenen Krankheitsfalle wurde Tuberkulose in der Leber und N
nachgewiesen und wurde eine Hühnertuberkulose konstatiert. Patholögis
anatomisch sind derartige Fälle dadurch charakterisiert, daß sie gen
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‘Veränderungen machen, sie verursachen keine Verkäsungen, klinisch, daß | Welche Ansichten ‚haben Sie‘. bezüglich der Chemotherapie der | ol
gie schubweise Fieber machen. Für die Therapie :ist wichtig, daß diese |. Tuberkulose ?. | | il
‚Fälle auf Alttuberkulin nicht reagieren, hingegen auf ein.zu. diesem Behufe . Bei der Chemotherapie liegt; der Gedanke nahe, eine . Sterilisatio ES
ei Hühnertuberkulin. Die Stellung der Diagnose Hühnertuber- | magna. herbeizuführen. Schon Behring hat gefunden, . daß wir mit allen do A IS
“kulose ist deshalb von großer Bedeutung. Desinfektionsmitteln. wenig Aussicht auf. Erfolg haben. Mit 40%i iger TERASA i
Welche diagnostische Uaterscheidung besteht zwischen einem Schwefelsäure, ebenso mit- 20% i iger Natronlauge behbandeltes- Sputum wies Na N
spezifischen und unspezifischen Spitzenkatarrh? ` nach 1 Stunde lebende Tuberkelbazillen auf. Lysol und Lysoform in Knall
. Als Paradiagmen mögen folgende täglich vorkommende Fälle TER 100/,iger Lösung waron nach 4 Stunden : nicht imstande, die. Tuberkel- |
‘Bei blassen Kindern tuberkulöser Aszendenz mit einem scheinbar phthisischen | bazillen abzutöten. Auch Sublimat ist im- Sputum unwirksam: Selbst [EEE ar
Habitus, tiefen Supraklavikulargruben und. Temperaturerhöhungen wird | 1°/,ige Lösungen desselben vermögen in 24 Stunden die Tuberkelbazillen Bess
häufig voreilig eine Lungentuberkulose angenommen. Ref. möchte dringend | nicht abzutöten. Es wurden ferner die Goldsalze herangezogen, insbesondere RE AN
warnen, voreilige Schlüsse zu ziehen. Ref. hat Fälle mit Defekten an der | hat man bei Anwendung des Krysolgans Erfolge beschrieben.. Ich habe. 2; li
Nase gesehen, die wie moribunde Phthisiker aussahen, bei denen nach | Meerschweinchen schwach infiziert und dann ‚mit Krysolgan behandelt. g pe Ali E
chirurgischer Beseitigung des Nasen- oder Gaumendefektes eine Rückkehr | Trotzdem sind die Tiere viel früher zugrunde gegangen: als die Kontrolltiere. E
zur völligen Gesundheit eingetreten ist.. Die Ursache der Kachexie ist, | Eine Heilwirkung war jedenfalls nicht zu sehen. Eine Heilwirkung sieht fefee
daß die betreffenden Pat. nicht wie gesunde Menschen atmen. Während | man bei,der Anwendung des Krysolgans bei Lupus erythematosus. In Ai ideen i
der Gesunde die durch den engen Weg (Nase) feuchtwarm präparierte Luft | letzterem Falle handelt es sich um eine Gefäßerkrankung und ist hierdurch. , x palee 5
einatmet, bekommt bei Wegfall des engen Weges der Betreffende die Luft | die Heilwirkung zu erklären, dagegen wird’ der Lupus vulgaris nicht be- ee
ohne vorherige Präparation auf weitem Wege. In diesem Fall atmet der | einflüßt. Bei intravenöser. Krysolgananwendung hat‘ man: hämolytischn. Pens
‚Mensch mit den unteren Partien des. Zwerchfelles, die Lungenspitzen jedöch | Ikterus beobachtet, dies ist eine Warnung, die Goldsalze in großem Maß- . a a i
„werden nicht zum Atmen herangezogen. Er wird blaß, weil sich seine. |- stabe anzuwenden. ‚Kupfersalze ‚sind gänzlich ungeeignet, die Tuberkel- oe Ei
Sekrete zersetzen, durch Luftmangel entsteht ferner eine Spitzendämpfung. |: bazillen abzutöten. In jüngster. Zeit werden solche Kupfersalze in den ` Kabel
‚Aus dem Angeführten ergeben sich folgende Richtlinien: Bei der Diagnose | Handel gebracht; Ref. warnt vor solchen ‘Experimenten. Da wir aus dem. | Eh delt
= „Spitzenkatarrh“ ist es wichtig, eine genaue Untersuchung des Kindes be- |. Angeführten ersehen, daß wir mit der. direkten Abtötung der Tuberkel- . Si ji
zäglich der Wegsamkeit der oboren Luftwege einschließlich des Rachens: | bazillen nichts erreichen, so müssen die Widerstandskräfte des Organismus | | TEN 4
vorzunehmen. Es ist hier auf Tonsillarbypertrophie, adenoide Vegetationen | gesteigert werden durch eine spezifische Behandlung; durch eine allgemein | Bi tikete
„im Nasenrachenraum zu fahnden. Durch richtiges Atmen erfolgt eine | roborierende Behandlung, ferner durch Jod, indem. es. durch eine Binde- N
‚Lüftung der Lungenspitzen, wodurch'Dämpfungen: und Atelektasen ver- |- gewebsproliferation ‚wirkt. - Den Kalziumsalzen wird eine große Heilkraft E Knai
schwinden. Bei spezifischer Spitzeninfiltration kann man aber nach tiefen | zugeschrieben, es sprechen jedoch eigene, Beobachtungen nicht hierfür. | la I
“ Atembewegungen plötzliche Temperatursteigerung bekommen, weshalb in | Man glaubte. an eine Heilwirkung. des Kalziums, weil manche Schwielen Er; ESS] H
‚derartigen Fällen Vorsicht am Platze ist. Bei der Differentialdiagnose des | verkalkt sind. Es kommt jedoch bei nekrobiotischen Prozessen eine Ab- ee. ki 2 e
‚spezifischen und unspezifischen Spitzenkatarrhs lassen wir den Pat. bei | lagerung von Kalksalzen zustande. Der Heilwert der Kieselsäure ist ‚noch. | Mi EL
der. Röntgendurchleuchtung husten und beobachten, ob eine früher nach- | ein sehr fraglicher. ..Erst jahrelange Beobachtungen können hierüber .ent- : ja Bells
' gewiesene Dämpfung verschwindet. Beim Verschwinden derselben handelt | scheiden. Quarzlicht hat sicherlich einen Einfluß auf die Widerstandskraft, IE i HEI
es sich nicht-um eine spezifische ‚Spitzeninfiltration, sondern nur um eine | auf die Bazillen wirkt es jedoch nicht, denn nach 4 Stunden waren noch ie
| Atelektase, $ | die Tuberkelbazillen lebensfähig. m ne sa |: PERT
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a Rundschau. | Be
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Beschreibung eines Falles von Syphilis congenita durch einen. | i abet incedens, crebrisque ingressibus eius Eee eh
` - französischen Humanisten des 12. Jahrhunderts. | E a Aue tibia we brevi, © e g El
i : ; BE et pieturatae caligae mentita colorem a7 A ENEE RREN
Von Dr. Philipp Hildebrand, Duisburg. | . seribitur assiduo tibia rubra foco. T u si
i Wilhelm von Blois — Guilelmus Blesensis, ein französischer | . accumulata palus hodiernae hesterna paludi Paridhi]
Humanist des 12. Jahrhunderts, führt uns in seiner humarvollen, Ovidsche calciat et contra frigora munit eum. Á = o; praam
i Grazie atmenden, aber stark pornographischen, in den Ausgaben als, Komödie“ ‘Zur -Textgeschichte bemerke ich, daß die Verse 177 und 178 in iis a
| bezeichneten Elegie „Alda“: einen Knecht vor Augen, einen Ausbund von | zwei nicht recht befriedigenden Rezensionen überliefert sind. Lohmeyer ltr
3 Unsauberkeit und. Häßlichkeit, der offenbar an den Folgen von Erblues | hat in den Text statt „os simul“ die Leseärt „nascens“ aufgenommen. HERE HIHAHERTEN:
ä leidet. Die Beschreibung dieser abscheulichen Gestalt spricht so für sich | Ich habe für die Übersetzung „os simul“ den Vorzug gegeben und außerdem Mil Prag) ‘i
á selbst, daß sie eigentlich keines Kommentars mehr bedarf. Da sie den | „sinum“ beibehalten, an dessen Stelle die zweite Rezension „supra“ liest. half J
z Medizinhistoórikern bisher entgangen zu sein scheint, erlaube ich mir, sie Die Verse 181 und 182 möchte ich einklammern, da sie offenbar eine Gr SU
e weiteren Kreisen bekanntzugeben. i Glosse zu dem folgenden, denselben Inhalt bietenden Distichon darstellen, - re, AN
> Ich bediene mich der bequem zugänglichen Ausgabe Karl Loh- | dessen Hexameter mit seinen schweren ‚Spondeen den helketnen Gag P SRR
i meyers „Guilelmi Blesensis Aldae Omen die i im Jahre 1892 | des’Spurius vortrefflich malt. a T pEr Aout
: bei Teubner in Leipzig erschienen ist. | Pyrrhus besaß einen Knecht, Spurius hieß er, der’ seinem Namen ee Perepe Sef Pt
Die uns interessierende Stelle, Vers 169—192, 9, 61 und 62, lautet |. alle Ehre machte: (spurius, Sprößling eines unbekannten Vaters und einer ee 377 ERER i
- folgendermaßen: | gemeinen Buhldirne, Hurenkind). Gleich einem schmutzigen Schaffell war Hat Bi ii
f Pyrrho servus erat et nomen Spurius illi -> | E ' |. sein Haupthaar von zähen, nässenden Borken zusammengeklebt, so daß ne
nn nec deerat talis nominis omen ei. das ‘Ganze eine einzige unentwirrbare Haube bildete (Spurius cristatus, i ao ki
y velleris instar erat scabie concreta tenaci | Vers 357 der Dichtung). Es verunstalten das unter der- Stirnhöhle ver- | ER I
A caesaries, unus tota capillus erat. E u | grabene Augenpaar der Busch der Brauen und der beständige schläfrige ERE i
A 'đeturpant oculos.sub frontis valle sepultos Gesichtszug. Die Nase, die Urheberin der Meckerstimme, ist plattgedrückt, Nail j;
= , Silva supereilii continuusque sopor. als ob sie eine Art Verletzung davongetragen hat, und sitzt in einer Ebene pez F
. nasus caprizans quasi quodam vulnere fractus “mit den. Wangen, ohne. Erhebung.” Zugleich beschreibt der Mund, vom pral R
a ` aequatusque genis absque tumore sedet. | | oberen Lippenrande beginnend, ringsherum einen mächtigen, weitklaffenden BE
f os simul a labris in latum surgit hiatu | Bogen. Es verpestet die Luft abscheulicher‘, der Nase entströmender : Es h
A ~ amplo seque retro flectit agitque sinum. = Gestank. Beim Gehen schreitet sein Bauch. voran und das Gesäß folgt, i Ai T
= morbidat et laedit auras a nare vaporans . | . s0 daß man den, Eindruck eines Doppelgängers bat. Nichts konnte:seinen he.
2 peior quam partis inferioris odor. | BEE Ze; mächtigen, bodenlosen Bauch zufriedenstellen, weder Bacchus noch Ceres . iu p
2 [tenditur in ‘ventrem. longe post terga relictis o durch ein verderbenbringendes Übermaß ihrer Gaben. Wenn er einher- ih iji
4 . natibus, hunc sequitur lentus easque trahit.] Fe į schreitet, hinkt er; beim häufigen Gehen bewegt sich sein langes Bein. S Baaj 5
7 venter praecedit: natesque secuntur euntem ` i dem kurzen im Takte des Jambus. Die Beine erscheinen infolge der ; seh '
f | et sequitur corpus et praeit ipse suum, a ; ständigen Entzündung gerötet und täuschen die Parbe eines bunten Stiefäls E n fi
. nil poterat ventris satiare capacis abyssum, ` vor. Tag für Tag. gesammeltes und ergänztes Riedgmas dient. als Fuß- EPG Eh p
„et Bacchi et Cereris exitiale chaos. ` | : bekleidung und anne an: gegen Kälteschauer. Pe e | TE a Ki i] Fi
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Überblicken wir diese Personalbeschreibung, so treten uns bei.
‘Spurius unverkennbar die Symptome der Syphilis congenita entgegen:
' die, starke Zerstörung des knöchernen Nasengerüstes, die-Sattelnase mit
ausgesprochener Rhinitis atrophica foetida sypbilitica, die Knochen-
erkrankung der 'einen verkürzten Unterextremität, die wohl als Osteo-
‘ehondritis syphilitica aufzufassen ist, der abnorm “ausgedehnte und
gewaltig vorgewölbte Unterleib, der auf Leberlues, verbunden mit Milztumor:
und Diabetes mellitus, schließen läßt. Daher das kolossale EB- und Trink-
bedürfnis.: Die Scabies tenax der Kopfhaut ist entweder eine Impetigo
-specifica capitis mit frambösieartigen Effloreszenzen, oder wir haben jenes
Krankheitsbild vor uns, das, durch starke Verlausung der Kopfhaare und
. die nachfolgenden Reizerscheinungen der Haut hervorgerufen, eine un--
entwirrbare Verfilzung der Kopfbehaarung darstellt und als Weichselzopf,
' Plica polonica, bezeichnet wird; höchstwahrscheinlich handelt es sich bei.
Spurius um eine Kombination zweier Prozesse: von Kopfsyphilid und Ver-
lausung der Haare nebst deren Folgen. Der continuus sopor ist wohl der
: Ausdruck von allgemeinem Marasmus. | |
Alles in allem ein anschauliches Bild der Erblues, wie es in der
- mittelalterlichen Literatur wohl einzig dasteht! |
Die Dichtung des Guilelmus Blesensis erhärtet weiter. die durch
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
. a 3 | | oz : 12; Oktober
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des Hinterlandes. mit frischen Fischen wird vorgeschlagen, die Einleitung der
Königsberger Abwässer und: der Sulfitlaugen in das Frische Haf abzustellen,
Vorschläge zu einem Fürsorgegesetz für Geistes- und Gemüts-
kranke macht Oberregierungsrat Dr. Beyer in der Volkswohlfahrt, Nr. 19,
Da das Reich auf die Verabschiedung eines Irrengesetzes verzichtet, ergibt
sich für Preußen die Notwendigkeit, ein Landesgesetz vorzubereiten.
Als vorbildlich‘ wird das badische Gesetz bezeichnet. Neu an den Vor-
schlägen ist die Aufsicht ‘und Entscheidung durch den Landrat als Ver-
‚treter der staatlichen Behörden. Dadurch soll den Berichten über rechts-
widrige Internierung Gesunder vorgebeugt werden. Die Verwahrung in einer
Anstalt erfolgt nur auf Antrag, bei minderjäbrigen Kranken auf Antrag
des gesetzlichen Vertreters, bei Volljährigen auf Antrag der Angehörigen.
Außer dem Antrage ist ein ausführliches ärztliches Zeugnis nötig, das die .
Notwendigkeit der Anstaltspfiege bescheinigt. Die Aufnahme erfolgt, wenn
der zuständige Landrät, in kreisfreien Städten die Polizeibehörde, die Unter-
_ bringung für statthaft erklärt. Die Verwahrung darf jedoch nur angeordnet
` werden, wenn der zuständige Kreisarzt außer der Geisteskrankheit die Not-
wendigkeit der Anstaltspflege bezeugt. Dem Kranken, oder dem Antrags-
berechtigten muß Beschwerde- und Klagefreiheit gewährt werden. In Fällen
unmittelbarer Gefahr kann die sofortige fürsorgerische Unterbringung eines
Geisteskranken in einer Heil- und Pflegeanstalt ohne landrätliche Statthaft-
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erklärung auf Grund eines kreisärztlichen Attestes erfolgen. Der Anstaltsleiter
‚hat binnen 24 Stünden von jeder erfolgten Aufnahme Mitteilung zu machen, -
Zur Überwachung sämtlicher privaten und öffentlichen Heilanstalten
ist ein Zentralbeirat zu wählen und für jede einzelne Provinz ein Über-
wachungsausschuß. Zu Mitgliedern dieses Ausschusses werden ernannt:
ein Medizinalbeamter, ein beamteter Arzt und eine in fürsorgerischen An-
die Forschungen Sudhoffs, Vorbergs und des Verfassers bereits fest-
stehende Tatsache, daß die Lustseuche auch als erbliche Form schon
\ lange während des Mittelalters in interessierten Kreisen bekannt
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war, und versetzt damit der Theorie von dem ausschließlich amerikanischen
Ursprung der Syphilis, die namentlich an Iwan Bloch einen so begeisterten
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' Vertreter 'gefunden hatte, wohl endgültig den Todesstoß.
| Anmerkung: Die Meckerstimme wohl Zeichen von offener Nasen-
gelegenheiten erfahrene Persönlichkeit. Der Überwachungsausschuß muß
jede private und öffentliche Heilanstalt mindestens jährlich einmal un-
sprache, Rhinolalia aperta, infolge von Perforation des weichen und
. harten Gaumens. ,
Literatur: 1. Guilelmi Blesensis, Aldao comoedia edidit Carolus
Lohmeyer, Lipsiae in aedibus B. G. Teubneri 1892. — 2. Karl Sudhoff, Über den
Ursprung der Syphilis. Vortrag, Leipzig 1913. — 8. Gaston Vorberg, Über den
Ursprung der Syphilis. Quellengeschichtliche Untersuchungen. : Stuttgart 1924. —
.:4 Philipp Hildebrand, Zur Geschichte der Syphilis. M.m.W. 1924, Nr. 31. —
5. Iwan Bloch, Über den Ursprung der Syphilis, 2 Abteilungen. Jona 1901—1911. —
6. Alexander Baumgartner, Geschichte der Weltliteratur. 4. Band: Die
"lateinische und griechische Literatur der christlichen Völker. 3. u. 4. Aufl. Frei-
burg i. Br. 1905. Über Guilelmus Blesensis und seine Elegie „Alda“, daselbst S. 403
. u. 404. — T. Lehrbuch der Haut- und Goschlechtskrankheiten. Herau
Erhard Riecke. 5. Aufl, Jèna 1920
_ Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Über die sogenannte Haffkrankheit, die in verschiedenen Haff-
dörfern beobachtet worden ist, berichtet Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Lentz in
der Volkswohlfahrt, Nr. 19. Die Erkrankungen sind seit Ende Juli auf-
getreten. Erkrankt sind bisher nur Haffischer sowie einige wenige Personen,
die in ünmittelbarer Nähe des Hafis gearbeitet haben. Die Krankheit
befällt die Fischer vorwiegend in den Morgenstunden, während der Dunst,
noch auf dem Wasser- liegt. In einigen Fällen hat sich die Krankheit,
. während die Leute noch auf dem Wasser waren, bereits mit einem deut-
lichen Schwächegefühl eingeleitet. - Sohr bezeichnend ıst die Krankheit in
‚ dem Dorfe Marmeln insofern aufgetreten, als dort sämtliche Haffischer er-
krankt sind, während die Ostseefischer, die dort wohnen, freigeblieben sind.
Im ganzen sind bisher 300 Erkrankungen festgestellt worden, davon
“sind 3 Kranke gestörben. | |
Als einzige Veränderung ist eine Nekrose des. Nierenepithels und:
‘ eine Verstopfung der Harnkanälchen mit granulierten und Blutkörperchen-
. zylindern gefunden worden. |
Die Leute erkranken unmittelbar nach der Rückkehr von der Arbeit
auf dem Haff mit schweren Muskelschmerzen. Die Muskeln der Arme
und Beine, die Rückenmuskein ünd auch die Nackenmuskeln sind schlaff
und druckempfindlich. Die Temperatur ist kaum erhöht. Bereits der
' erste Urin nach dem Einsetzen der Krankheitserscheinung ist kaffee-
. braun gefärbt und enthält 4—5°/,, Eiweiß. Nach 24 Stunden lassen die
Schmerzen in den Muskeln nach und nach 2—3 Tagen ist das Eiweiß aus
. dem. Urin verschwunden. Es fehlen Reizerscheinungen an den Schleim-
-. häuten. Die roten Blutkörperchen sind nicht verändert, die weißen dagegen
sind bis auf das doppelte und vierfache vermebrt. Hämolyse ist nicht
. beobachtet worden.
Es drängt sich die Vermutung auf, daß ein gäsförmiges Gift mit
' der Atemluft von den Fischern eingeatmet wird und diese eigenartige
' Krankheitserscheiaung hervorruft.
Von den Fischern wird die Krankheit damit in Verbindung gebracht,
daß die Abwässer von Königsberg in das Haff gelangen und daß diesen |
. Abwässern die konzentrierten Sulfitlaugen aus den Zellulosefabriken zu-
_ geführt werden. Infolge der zunehmenden Verschmutzung des Frischen
Haffs ist der Fischbestand erheblich zurückgegangen. Dazu kommt die
zunehmende Versalzung des Haffs infolge des Ausbleibens des Zufiusses
a | reicherer Süßwassermengen aus der Weichsel und Nogat, die durch die
' Anlage eines Elektrizitätswerkes abgeleitet werden.
| Im Interesöe der sozialen Lage der Haffischer, die durch die Krankheit
in Not geraten sind, und im Hinblick auf die Versorgung der Bevölkerung
vermutet besichtigen. Bei diesen Besichtigungen haben die Mitglieder des Aus-
schusses den Kranken Gelegenheit zu geben, ihre Beschwerden anzubringen.
Unterbringung nervöser Kinder bei Arztfamilisn. Infolge
reger Inanspruchnahme der Vermittlungszentrale werden weitere Ärzte mit
heilpädagogischen Interessen (auch in Berlin und anderen Großstädten,
nicht nur auf dem Lande!) gebeten, unter näheren Angaben ihre Bereit-
willigkeit zur Aufnahme und Erziehung nervöser Kinder zu melden an:
Organisationsamt des Kaiserin Auguste-Victoria- Hauses, Berlin- Charlotten-
burg, Mollwitz-Frankstr. (zu Händen von Dr. Carl Pototzky).
Seitens eines vorbereitenden Komitees englischer Röntgendlogen ist
an eine Reihe von Mitgliedern derDeutschen Röntgen-Gesellschaft die Aufforde-
rung ergangen, sich an einem im Sommer 1925 stattfindenden internatio-
nalen Kongreß zu beteiligen. Anläßlich der Tagung der Deutschen Röntgen-
Gesellschaft während der Naturforscherversammlung in Innsbruck wurde be-
schlossen, an dem Kongreß teilzunehmen.
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Berlin. Das Institut für Wirtschaftspsychologie an der
Handels-Hochschule ist ab 1. Oktober 1924 mit dem von Professor Dr. Moede
geleiteten Laboratorium für industrielle Psychotechnik der
Technischen Hochschule verschmolzen worden, in dessen Rahmen 6s
als Abteilung für kaufmännische Psychotecbnik fortbestehen wird. Die
Arbeiten des alten Instituts werden fortgesetzt und es soll Forschungs
und Prüftätigkeit ausgeübt werden. Neben dem Entwurf und der Durch-
führung kaufmännischer Eignungsprüfungen wird die Rationalisierung kauf-
männischer Einrichtungen nach psychotechnischen Gesichtspunkten Berück-
sichtigung finden. ; a nn u i
Hamburg. Die medizinische Fakultät ladet zu einem Zyklus
von Vorträgen ein, welche von den wissenschaftlichen Mitarbeitern der
optischen Werke Karl Zeiß, Jena, Prof. Köhler und Prof. Dr. Siedentopf
' über Neuerungen in Mikroskopie, Mikrophotographie und Projektion gehalten
werden. Die Vorträge finden am 12. Oktober mittags und am 13. un
14. Oktober abends im Hörsaal der Universität statt. |
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Vom 11. bis 14. Oktober finden die Vertretertage des Deutschen
Akademischen Assistentenverbandes und des Bundes deutscher
Assistenzärzte statt. Hauptgegenstände der Beratungen: Die Zulassung
zur Kassenpraxis, fachärztliche Fragen und die Regelung der Assistenten-
'besoldung in den süddeutschen Staaten. ne
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Danzig. Der ao. Professor und Oberarzt an der chirurgischen
Klinik der Universität Frankfurt a. M., Dr. Heinrich Klose, ist als Nach-
folger des am 1.Oktober in den Ruhestand getretenen: Professors Dr. Arthur
Barth zum Leiter der chirurgischen Abteilung am städtischen Kranken- -
hause berufen worden. — zi i
Auf der diesjährigen Tagung des allgemeinen Bäderverbandes
in Altheide ist der Wiederaufbau der Balneologischen Zeitung im Verein
mit der Reichszentrale für Deutsche Verkehrswerbung beschlossen. _
Wilhelmshaven. Der Direktor des Werftkrankenhauses, Marine
Generaloberarzt a. D. Dr. Knoke, ein Schüler Helferichs, ist gestorben.
Japan. - Nach einer Meldung vom 30. August herrscht eine Epidemie
von ansteckender Hirnhautentzündung in allen Teilen des Landes.
Die meisten Opfer fielen in den Städten Yokohama und Kobe. Es sit
bisher 1776 Todesfälle gemeldet. Anfang September wird: berichtet, dab
die Schlafkrankheit um sich greift; besonders in Kobe und den Provinzen
Kagawa und Toyama trat sie auf. Bisherige Zahlen: 2500. (900).
Druck von L. Schumacher in Berlin NA
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Becht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden. Origimalteifräge vor “> A |
Nr. 42 (1036)
| Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft | ER,
Geh. San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin % Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedr\chstr;105b :' .
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Berlin, Prag u.Wien, 19. Oktober 1924
XX. Jahrgang
Klinische Vorträge.
` Aus der II. Abteilung für Geschlechts- und Hautkrankheiten. (Vor-
stand: Prof. S. Ehrmann) und dem Universitätsambulatorium für
orthopädische Chirurgie (Vorstand: Prof. A. Lorenz) im Allgemeinen
Krankenhause in Wien. |
` Über syphilitische Gelenksafiektionen und deren
Ä | - Erkennung.
2
| | Einleitung. | |
Die Syphilis der Gelenke ist ein Grenzgebiet kat’exochen und
wie alle Grenzgebiete noch immer nicht genügend geklärt, trotz
der vermehrten Hilfsmittel, die uns hier zur Diagnosenstellung zur
Verfügung stehen, in ihren einzelnen Krankheitsbildern noch
immer nicht genügend abgegrenzt. Die Tatsache, daß syphilitische
-Affektionen der Gelenke keineswegs zu den Seltenheiten gezählt
werden müssen, ist wohl seit langem schon bekannt.
Schon in der medizinischen Literatur des 15. Jahrhunderts finden
sich bei den einzelnen Autoren hie und da Hinweise, daß auch die
Gelenke bei den an Syphilis Erkrankten nicht immer verschont bleiben,
aber im allgemeinen wurde dennoch die Möglichkeit einer luetischen
Gelenksaffektion lange Zeit hindurch geleugnet; Hunter, Ricord, ja
sogar noch H. v. Zeißl und Lewin nahınen in dieser Frage eine
durchaus ablehnende Stellung ein, und selbst unter den wenigen Autoren
ieser vergangenen Periode, die dennoch einen Zusammenhang der
Gelenksaffektionen der Luiker mit dem Grundleiden anzunehmen ge-
neigt waren, wurden’ vielfach die Gelenksveränderungen auf eine all-
gemeine Kachexie der Kranken oder auf eine schlecht geleitete Queck-
silberkur (Colles) zurückgeführt. Erst der fortschreitenden pathologisch-
anatomischen Erkenntnis, den Sektionsbefunden von ee,
dmannson, Riesel, Chiari, Schüller, Virchow, Volkmann
gelang es, der Annahme ciner rein syphilitischen Gelenksaffektion zur
unumstrittenen Anerkennung zu verhelfen und dem von Richet auf-
gestellten klinischen Bilde auch die entsprechende pathologisch-anato-
‘ mische Grundlage zu geben. Seither mehren sich nun in auffallender
Weise die Arbeiten über dieses Thema, zum Teil in der grundlegenden
Form umfassender Zusammenstellungen — hier seien nur unter anderen
die ausgezeichneten Arbeiten von Finger, Harttung, Jastrebow,
Weil, Axhausen hervorgehoben —, zum Teil als kasuistische Bei-
. träge, wobei namentlich unter den letzteren oft nur bestimmte, jetzt
uns schon vielfach eläufige Krankheitsbilder geschildert werden;
weitaus seltener werden, und auch dies nur .dank dem steten Vor-
wärtsschreiten der klinischen Erfahrungen, der serologischen und ins-
besondere der Röntgentechnik atypische Krankheitsbilder luetischer
Gelenksaffektionen übermittelt, und doch ist gerade die Erkenntnis
dieser letzteren, wie dies jüngst erst von H. Schlesinger betont
wurde, von ganz besonderer Bedeutung in klinischer, wie auch nament-
lich in therapeutischer Hinsicht. Nicht zum geringsten Teil ist dieser
letztere Umstand darauf zurückzuführen, daß
luetischen Gelenkserkrankung in solchen Fällen gewöhnlich nicht allzu
schwierig ist, daß aber anderseits es doch „kaum möglich ist, spezielle
Symptome, die sie ohne weiteres anderen Gelenkserkrankungen gegen-
über charakterisieren, anzugeben“ (Harttung). Schon früher hatte
Finger sich- ähnlich geäußert, und auch heute noch besteht trotz aller
Fortschritte diese Tatsache vollauf zu Recht.. Wysocki hebt hervor,
daß „es überhaupt kein klinisches Bild gibt, das spezifisch für Lues
7 der ‚Gelenke wäre und Gelenkserkrankungen auf anderer Basis nicht
á zukäme", Dominici, Dupont, Eisler, Stein, Rosenow, um nur
j enige hervorzuheben, bekennen sich zu derselben Ansicht.
Is. Es mag daher einigem Interesse begegnen, wenn wir im
hr Folgenden über Untersuchungen und Beobachtungen berichten, die
+, Wir aneiner Reihe von einwandfrei festgestellten Fällen von Gelenks-
«es anstellen und sammeln konnten, wobei wir unsere Ergebnisse,
J ‘entsprechend der Verschiedenartigkeit unserer klinischen Betrach-
ASETERN
Von Ass. Dr. Stefan Robert Brünauer und Priv.-Doz. Dr. Julius Haß.
ie Diagnose einer
tungsweise, sowohl vom chirurgischen, wie auch vom dermatologischen
Standpunkt aus beleuchtet und unsere Anschauungen gegenseitig
ergänzt haben. Die-Fälle entstammen zum Teil der orthopädischen
Klinik, zum Teil der II. Abteilung für Geschlechts- und ‘Hautkrank-
heiten des allgemeinen Krankenhauses in Wien, sie wurden durch-
wegs einer eingehenden klinischen und auch röntgenologischen Unter-'
suchung unterzogen; soweit es möglich war, wurde auch in jedem
einzelnen Falle ein Gelenkspunktat gewonnen und serologisch unter-
‚sucht — auf die Bedeutung derartiger Untersuchungen hat ins-
besondere Reschke, aber auch Ickelheimer verwiesen —, so daß
unser Material dem gegenwärtigen Stand unserer Untersuchungs- `
methoden entsprechend, als nach allen Richtungen: gründlich durch- |
gearbeitet gelten darf. | |
Allgemeine Betrachtungen.
Was zunächst die Häufigkeit der luetischen Gelenkserkran-
kungen betrifft, so sind die Angaben sehr verschieden. Während
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v. Zeißl in seinem Lehrbuch erwähnt, daß an Syphilitischen nur
äußerst selten 'Arthropathien vorkommen, zeigte Gué in einer von
ihm zusammengestellten Statistik, daß unter 3527 luetischen Männern
im Frühstadium 19 (0,5%), im Spätstadium 71 Fälle (5°%,); von
Gelenkserkrankungen sich fanden; bei Frauen waren unter 1058 Früh-
fällen 3 (0,2°%/,), unter 845 Spätsyphilitikerinnen 26 Fälle (8°/,) von
Gelenkssyphilis nachweisbar. Weljaminow. wieder konnte in
30 Jahren etwa 700—800 Lueskranke beobachten, bei welchen Er-
krankungen der Gelenke in Erscheinung traten, und Axhausen
fand unter 121 wegen Verdacht auf Kniegelenkstuberkulose .unter-
suchten Patienten 33mal Gelenkssyphilis, so daß sich diese zur
Kniegelenkstuberkulose wie 1:2,5 verhält. Die Verschiedenheit der
Angaben hängt zweifellos mit der Verschiedenheit des Materials zu-
sammen. Es ist sehr begreiflich, daß in den dermatologischen
Stationen hauptsächlich jene Fälle zur Beobachtung kommen, die -
mehr den früheren Perioden der Syphilis angehören, während aul
den internen Stationen sich eher diejenigen Fälle häufen, die unter
dem Bilde des akuten Gelenksrheumatismus oder einer deformierenden .
‚Arthritis verlaufen, in den neurologischen Kliniken wiederum sind
es jene Patienten, dereu Erscheinungen bereits auf das Gebiet der
tabischen Arthropathien hinüberleiten, in den chirurgischen An-
stalten aber finden sich jene schweren Formen, die mehr oder minder `
dem Bilde einer Gelenkstuberkulose oder eines Tumors ähneln.
Wenn es auch richtig ist, wie dies von vielen Autoren hervorgehoben
wurde, daß man in der Beurteilung der Gelenkserkrankungen noch:
immer nicht genug an die Lues denkt, so darf andererseits die-
| Häufigkeit der echten Gelenkssyphilis nicht überschätzt werden. In
dieser Hinsicht könnte die Statistik unserer orthopädischen Station
maßgebend sein, als sie eine’ Sammelstelle der verschiedenartigsten
Gelenksprozesse darstellt, die ihre Patienten nicht nur aus der Groß-
stadt und deren Umgebung, sondern auch vom flachen Lande her
bezieht.
5 Fälle von Gelenksiues kommen. | , |
Daß die Diagnose der luetischen Gelenkserkrankungen
‚großen Schwierigkeiten begegnet, haben wir bereits eingangs er-.
wähnt; sie sind hauptsächlich darin begründet, daß das Symptomen-
' bild ein äußerst: wechselndes und vielgestaltiges ist und Erschei-
nungen umfaßt, die kaum für Lues allein charakteristisch sind und’
auch verschiedenen anderen Gelenkserkrankungen angehören können.
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Es wurden hier. nämlich in den Jahren 1922 und. 1923.
unter 584 Gelenkserkyankungen verschiedenster Form 11 Fälle von
sicherer Gelenkssyphilis festgestellt, also kaum 20%.. Gegenüber.
der Tuberkulose ist das. Verhältnis derart, daß auf 100 Fälle von
Gelenkstuberkulose — unsere Statistik zugrunde gelegt — ungefähr .
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früher oft betonte, geringere Schmerzhaftigkeit der syphilitischen
Gelenkserkrankungen durchaus nicht immer zutrefiend. Harttung
hebt hervor, daß sie schmerzlos, aber auch schmerzhaft sein können,
und daß gerade in den Frühstadien, aber auch bei den akuten Ge-
lenksschwellungen der Spätlues olt ganz beträchtliche Schmerzen an-
gegeben werden. H. Schlesinger hat diesen letzteren Umstand
neuerlich hervorgehoben und Axhausen betont ausdrücklich, daß
das Axiom von der Schmerzlosigkeit der späten Gelenkslues fallen
gelassen werden muß, so daß man höchstens in einem etwaigen
Exazerbieren der Schmerzen in der Nacht eine Stütze für die An-
nahme einer luetischen Atiologie derartiger Alfektionen erblicken
kann. Was hier von der größeren oder geringeren Schmerzhaftig-
keit der syphilitischen Gelenkserkrankungen gesagt wurde, gilt in
gleicher Weise für die oft als differentialdiagnostisch bedeutsam
bezeichnete geringe Einschränkung der Beweglichkeit syphülitischer
Gelenke (Weil). Bei den beginnenden Prozessen hängt die Ein-
schränkung der Bewegungsfreiheit mit der Schmerzhaltigkeit des Pro-
zesses innigst zusammen, denn die Fixation ist wie bei den Gelenks-
erkrankungen anderer Ätiologie im Beginn rein muskulärer, spasti-
scher Natur. Die spastische Fixation ‚ist reflektorisch, wird durch
den Schmerz ausgelöst und verfolgt den Zweck, das schmerzhafte
Gelenk vor jedem mechanischen Insult zu schützen. Läßt die
Schmerzhaftigkeit nach, so schwindet auch der Muskelspasmus, nur
in jenen Fällen, die zu dauernden Veränderungen der Gelenkkapsel
und der Knochenkonstituentien geführt haben, wird entsprechend
dem Ausmaß der mechanischen Hemmung eine dauernde Ein-
schränkung der Bewegung resultieren.
Bewegungseinschränkung
findet sich also vorwiegend bei den akuten, intensiv schmerzhaften
Prozessen, ferner bei den schweren destruktiven Prozessen. Hand
in Hand mit der spastischen Fixation der schmerzhaften Gelenke
geht eine Kontrakturstellung derselben einher, die der Mittel- und
Entspannungsstellung entspricht, durch eine mäßige Flexion cha-
rakterisiert ist, aber niemals jenen Grad erreicht, wie es bei den
tuberkulösen Prozessen der Fall ist. |
Und nicht anders wie hinsichtlich des dolor und der functio
laesa verhält sich auch die Gelenkslues, was die anderen Zeichen
der Entzündung betrifft: Die erkrankten.Gelenke können geschwollen
sein, einen mächtigen Erguß aufweisen, aber auch nur wenig oder
gar nicht verändert sein, sie können eine lebhafte Rötung der Haut
zeigen und sich heiß anfüblen, in anderen Fällen aber blaß und kühl
erscheinen. Bezüglich der Körpertemperatur war früber vielfach der
Anschauung gehuldigt worden, daß syphilitische Gelenkserkrankungen.
nur von geringen, nicht aber von höheren oder länger dauernden
Fiebertemperaturen begleitet zu sein pflegen; wie wenig dies zu-
trifft, zeigen Fälle, die Harttung anführt, aber auch jene von
Bonnet, Candela, Jones, Wysocki u. a., bei welchen Tempe-
raturen auftraten, die völlig jenen bei akutem Gelenkrheumatismus
entsprechen, manchmal einen leicht remittierenden Typus zeigen
(Harttung); aber auch dieses Verhalten ist durchaus nicht immer
zu beobachten (Wysocki).
Aus diesen kurzen Andeutungen ergibt sich schon die große
Schwierigkeit einer exakten Diagnosenstellung; namentlich sind es
der akute Gelenksrheumatismus und die verschiedenen Formen der
Tuberkulose, die hier differentialdiagnostisch in Betracht kommen;
auch die Arthritis deformans, die ja mehrfach in Beziehung zur
Lues gebracht wurde (Heckmann, Stühmer, Dufour-Geismar,
Dufour-Ravina, Haguenau-Bernard u. a.m.), kann nicht un-
erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Gegenüber dem Gelenks-
rheumatismus wird vor allem das Versagen der Salizyliherapie
und das Fehlen irgendwelcher Erscheinungen von seiten des
Herzens (Harttung, Finger, Schlesinger) maßgebend sein,
doch hat gerade Salomone über einen Fall berichtet, im
welchem neben sicher luetischer Gelenksaffektion eine ausge-
sprochene Kardiopathbie bestand, so daß in difierentialdiagno-
stischer Hinsicht hauptsächlich Veränderungen des Endokards in
Frage kommen, die bei länger dauerndem polyartikulärem Rheu-
matismus fast stets, bei sypbilitischen Arthritiden nie in Er-
scheinung treten. |
Gegenüber der Tuberkulose wird man durch Zusammen-
fassung einer ganzen Reihe von Faktoren in der Lage sein, zu
einem abgrenzenden Urteil zu gelangen. Bezeichnend für die lueti-
schen Gelenksaffektionen ist vor allem, daß sie doch in der Regel,
wenn man von jenen Formen, die als maligne Formen der Knochen-
syphilis bezeichnet werden, absieht, im allgemeinen mehr oder
weniger an der Gelenkskapsel Halt machen, während die Tuber-
kulose zu jenen schweren atrophischen und destruktiven Zuständen
Knochenatrophie im ‚Röntgenbilde der
oo 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. . 19. Oktober
Was zunächst die subjektiven Beschwerden betrifft, so ist die.
und zu Zerlallsprodukten führt, wie sie eben für die Tuberkulose
charakteristisch sind. Damit hängt auch zusammen, daß wir an
unserem Material wenigstens niemals Fälle von Vereiterung syphili-
tischer Gelenke beobachten konnten. Niemals führt ferner die Ge-
lenkslues zu so hochgradigen Kontrakturstellungen, zu derartig aus-
gesprochenen spastischen Fixationen, wie wir sie bei der Tuber-
kulose in der Regel zu sehen bekommen. Wenn also auch gewisse
Erscheinungsiormen beiden Krankheitsprozessen als gleichartige
Reaktion des Organismus auf verschiedene Krankheitserreger zu-
kommen, so wird dennoch die Beobachtung sonstiger Symptome,
insbesondere aber des ganzen Verlaufes der Erkrankung die je-
weilige Atiologie eines solchen Falles klarlegen, den wahren Cha-
rakter der Erkrankung verraten. Die Pirquetsche Reaktion wird,
da es sich doch, von der hereditären Lues abgesehen, zumeist um
Erwachsene handelt, nur mit gewissen Einschränkungen verwendet
werden können. Von allergrößter Bedeutung in dilferentialdiagnosti-
scher Hinsicht ist das Fehlen der Muskelatrophie, sowie der
luetischen Ge-
lenkserkrankungen.
Die Bedeutung des Röntgenphotogramms für die Diagnose der
Gelenkssyphilis , zeigt vor allem die Monographie von L. Freund,
aber auch neuere Arbeiten von Axhausen, Bering, Cattaneo,
Eisler, Gastou, Parounagian, Plate, Skinner, Stümpke u.a.
Uns erschien insbesondere der Mangel der regionären Knochen-
atrophie im Röntgenbilde, die wir sonst bei allen entzündlichen
nichtluetischen Erkrankungen schon sehr bald zu Beginn der Er-
krankung zu sehen gewohnt sind, von größter Wichtigkeit, da wir
auf diese Weise sichere Anhaltspunkte für die luetische Grundlage
der Gelenksaflektionen erhalten können. Es ist bier nicht der
Ort, auf das Wesen der Knochenatrophie und auf die Erklärung
dieses merkwürdigen Verhaltens einzugehen; mag für die Entstehung
der arthrogenen Knochenatrophie die Erklärung Strümpells von
der toxischen Natur zutreffen, mag die Knochenatrophie auf dem
Wege des Reflexbogens zustande kommen und trophischer Natur
sein (Charcot), mag sie in einfacher Weise durch Zixkulations-
störungen infolge regionären Ödems zu erklären sein, sicher ist,
daß sie in allen Formen der Gelenkssyphilis zu vermissen ist, so
daß wir damit ein wichtiges, differentialdiagnostisch überaus ver-
wertbares Moment in der Hand haben, das die luetischen Gelenks-
'erkrankungen vor allen anderen Gelenksaffektionen verschiedenster
Ätiologie scheidet. Nur bei lange bestehenden Prozessen mit be-
trächtlicher Funktionsstörung tritt mit der Zeit ein gewisser Grad
von Atrophie auf, der sich jedoch nicht auf die gelenksbildenden
Knochenteile allein beschränkt, sondern diffus auch auf die an-
grenzenden Diaphysen übergreift und daher nicht als Ausdruck
einer effektiven Knochenschädigung, sondern als Inaktivitätsatxophie
‚gedeutet werden muß; selbst in diesen Ausnahmefällen erreicht die
Atrophie niemas so hohe Grade, wie wir sie sonst bei Tuberkulose,
Polyarthritis rheumatica, Gonorrhoe, und zwar schon in den ersten
Anfängen der Erkrankung finden.
Ferner wird in zweifelhaften Fällen die serologische Unter-
suchung zur Diagnosenstellung heranzuziehen sein, die namentlich
dann, wenn sie, positiv ausfällt, ein’ wichtiges Kriterium darstellt;
man darf sich aber dabei keineswegs begnügen, die Wa.R. mit dem
Serum des Patienten anzustellen, sondern wird insbesondere auch
das Gelenkspunktat einer solchen Untersuchung unterziehen müssen
(Reschke). Eindeutig geklärt werden namentlich jene Fälle er-
scheinen, bei welchen etwa einem negativen Ausfall der serologi-
schen Blutuntersuchung ein positives Ergebnis der am Gelenks-
punktat vorgenommenen Prüfung gegenübersteht, ein Vorkommen,
das allerdings von mancher Seite (Poehlmann) geleugnet wird.
Endlich wird — vorausgesetzt, daß es sich nicht um abgelaufene
Prozesse handelt — auch das therapeutische Experiment in manchen
Fällen zur Klärung beitragen und es ist durchaus berechtigt m
jenen Fällen, in denen man: nicht weiter zum Ziele kommt; be-
sonders gegenüber den ıheumatoiden Erkrankungen wird das Ver-
sagen der Salizyltherapie, der prompte Erfolg der Joddarreichung
— oral, intramuskulär, intravenös oder wie jüngst von H. Schle-
singer für spätluetische Gelenkserkrankungen empfohlen wurde intra
ariikulär —, sowie einer Quecksilber-Neosalvarsanbehandlung event
der Verabreichung von Wismut (Dufour, Duchon und Duraud
Gastou) von Bedeutung sein; der Tuberkulose gegenüber ist die
natülich cum grano salis zu nehmen, da auch hier das Quecksilbei
und insbesondere das Jod, den Krankheitsprozeß günstig zu beem
flussen vermögen. Dagegen wird bei der Tuberkulose die Strahler
behandlung, insbesondere das, Röntgenverfahren in den meiste
Fällen einen deutlichen Effekt auslösen.
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dem Bilde einer. Polyarthritis rheumatica verlaufen’ und viel-
` - Syńovia bestehen, erschwert natürlich eine Klassifizierung der Ver-
wurde. Vor allem muß jeder‘ Versuch einer Einteilung mit der
Prozesse an der Synovia oft schon ein ‘Jahr nach stattgehiabter In-
fektion auftreten können. Aber auch eine pathologisch-anatomische
.. analog der Gelenkstuberkulose — ist unseres Erachtens nicht völlig
. „ . Stichhaltig, da es fungöse Formen gibt, die sich nicht auf die Kapsel |
.. Gruppen zusammenfassen möchten.
. _ €s sind dies. polyartikuläre Fälle, die entweder als. verhältnismäßig | Incontinentia urinae et alviund die Re
- . ‚leichte Schmerzattacken mit ‚geringgradigen Allgemeinerscheinungen, J- Heurologische Untersuchung ergab,
Temperaturanstiegen und geringfügigen lokalen Erscheinungen in | die Wahrscheinlichkeit einer leich-.
der Frühperiode der Syphilis auftreten, und zwar zumeist zur’ Zeit | ten Meningomyelitis. Lumbalpunk- E aA
‚oder sogar noch vor (Harttung, Montpellier und ‘Lacroix, | Sa a a Era ‚Ze el SUR
Bonnet). Ausbruch des ersten Exanthems; diese Erscheinungen. sind P en vol | De i ae paa a RL
. zumeist ganz flüchtiger Natur und klingen olt schon nach wenigen (11. Jan. 1922) S Das rechte Kai er HN
| Tagen ab, weshalb „sie auch vielfach vou verschiedenen Autoren gelenk ae sndaderid -stark DIRS
` mit jenen len: Allgemeinerscheinungen zugehörigen Gelenksschmerzen schmerzhaft, die- Haut darüber a
‚identifiziert wurden, die, auch bei‘ anderen, ‚Infektionen vielfach. in leicht gerötet, die Schwellung ct- BC
‚Erscheinung treten. Harttung weist indes nachdrücklich darauf | was geringer; . Umfang, über’ der ANEA GN
hin, daß dies fälschlich geschieht, da wir jà mitunter sehen, daß | Patella gemessen,. 29cm. Die en
bei neuen Exanthemschüben diese ‚Gelenkseischeinungen oft .ex- een en er- RES
azerbieren, anderseits nicht selten zum vollausgeprägten Bilde- einer Re do ee be a N
- schweren Arthritis sich entwickeln. Das vollausgeprägte Bild einer | 5754m fallendo Verschmilerion Bei:
'Polvarthritis r EE A T l RE „| eine ‚auflallende Verschmälerung RAN.
„Olyarthritis rheumatica bieten jene schweren Formen, die in der des früher cher verbreiterten Ge-
Frühperiode. und auch in den späteren Perioden der Syphilis als lenksspalts, ‚Usurierung der Ge- N.
polyartikuläre Gelenkserscheinungen in Erscheinung treten, ver- | lenksfazetten, keine Atrophie (Ab- DE
bunden "mit sehr hohem, gelegentlich intermittierendem Fieber, bildung 1). In der Folgezeit wird RD
a heftigen, ‚zuweilen des Nachts exazerbierenden Schmerzen und in- |. eine neuerliche gemischte Behand- RN
tensiven lokalen Erscheinungen; derartige Gelenke fühlen sich .heiß | u Quecksilber | ES
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‚au, zeigen regionäres Ödem und Rötung und mehr oder minder | (Piphasol) eingeleitet und’am2. Juni, ' SEN
beträchtliche Schweihn ee | x shaftiekeit be- 1922 kann Pat. wesentlich gebessert | ERS
wellung. . Entsprechend, der Schmerzhaftigkeit be- | - SR > K ; ' :
DEE VHUNS. | À en ; j in ambulatorische Behandlunge ent- ` GN SES C O
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steht auch Einschränkung der Beweglichkeit ‘und Neigung zür Kon- | Jassen warden. Be: > N]
hier auszugsweise wiedergegeben.
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° irgendwelche Erscheinungen. Wa,R. positiv (25. Oktober 1921), weshalb
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Feine’ komplette antiluetische Therapie mit: Neosalvarsan- und Queck-
Klinik. ° a ee
Das Tneinandergreifen der verschiedenen pathologisch-anato- |
mischen Vorgänge, von denen später die Rede‘ sein soll: und’ die,
kurz zusammengefaßt, bald in einer gleichmäßigen Verdickung: der
Synovialmembran. bald in Gelenk ergüssen, Bildungen . papulöser .
b-
und gummöser Infiltrate, in Wucherungen und Zottenbildungen der
‚silberinjektionen (Diphasol) -eingeleitet wird. 0 4 o
`» Verlauf: 31. Oktober. Starke Schmerzen im linken Kniegelenk,
‚ welches mäßig geschwollen und leicht gerötet ist. Temperatur ist seit
| gestern auf 30,10 gestiegen 00
u 2. November. Das linke’ Kniegelenk wieder vollständig normal,
‘das rechte dagegen stark angeschwollen, ‚außerordentlich schmerzhaft,
so daß dieses Bein überhaupt nicht bewegt werden kann. |
< _. 8. November. Das’ rechte Sprunggelenk ebenfalls geschwollen und
stark:schmerzhaft.. Temp. ständig. über 390, . Anorexie. . `
"` T. November. Die Schmerzhaftigkeit erstreckt. sich nunmehr auch
'auf das rechte Hüftgelenk, das ‘ganze Bein, besonders aber das Knie-
gelenk stark ödematös. Da Pat: gegen Salizyl (5,0—10,0 per Klysma
täglich) .sich refraktär verhält, wird Jadnatrium .10,0/100,0 dreimal
täglich èin Eßlöffel verabreicht. Pa RER eh
` < 10. November. Röntgenbefund: Im 'Knie- und im Sprunggelenk
keinerlei anatomische Veränderungen nachweisbar; die Gelenkstlächen
erscheinen glatt und ebenmäßig, an keiner Stelle lädiert,. der Gelenks-
spalt’ erscheint -von normaler Breite; insbesondere auch keine Zeichen
‚von Knochenatrophie.e. 0 E o RR !
`` 14- November. -Schmerzen im rechten Kniegelenk andauernd schr
heftig; Umfang: des stark geschwollenen Gelenks, über der Patella gc-
. messen, 88 cm, Ballottement der Kniescheibe; Temp. andauernd hoch,
' bis über 892° ansteigend. -. 02.0 a
. -21.November. Starke Schmerzhaftigkeit'an.der Tuberositas tibiae,
- Schmerzen im Kniegelenk etwäs geringer, ebenso auch die Schwellung,
änderungen bei Gelenksaffektionen luetischer Ätiologie -(Harttung), |
und zwar vom Gesichtspunkt des Pathologen wie auch des Klinikers,
obwohl solche Einteilungen oft und: oft versucht worden sind, -so
von Virchow, Borchart, Finger, Schüller, Lang und Ull-
mann, Stümpke u. a; es erklärt aber auch vielleicht die.
Schwierigkeit bei der Diagnosestellung, auf die oben‘ verwiesen
Tatsache‘ rechnen, daß ‘die verschiedenen Erscheinungsformen der'
Gelenkslues von den zeitlichen Phasen der konstitutionellen Syphilis
ziemlich unabhängig sind; so verweist Plate darauf, daß. gummöse
Trennung in irritativ-entzündliche und. gummöse Formen, wie sie
von vielen Seiten versucht wurde, ist nicht recht aufrechtzuerhalten,
weil die klinischen Entwicklungsformen außerordentlich verschieden
sind, teils in Form bekannter, teils als seltenere atypische Krank-
heitsbilder auftreten und jeder Schematisierung ausweichen. Auch
die. Trennung in zwei Formen — in die synoviale.und ossäre Form,
Umfang: derselben, über der: Patella gemessen, 36 cm. Eure
a 5 November. Gipsverband zwecks Ruhigstellung ‘des erkrankten,
- noch immer. schmerzhaften .Gelenks. aa win, De eN
.,, 90. November. Schmerzen etwas geringer, leichte Bewegungen
sind bereits möglich. . Temp. etwas niedriger bis 38,30,
1. Dezember. Kniegele nkspunktat: Wa.R. komplett positiv. Am
“Nacken ein deutliches Leukoderma syphiliticum, entsprechend den Efflo-
‚reszenzen des vorangegangenen Exanthems. Schmerzen'im Kniegelenk.
allein beschränken, sondern- auch: auf den Knochen übergreifen:
‚Wenn also auch eine Einteilung, . entsprechend den aufeinander-
folgenden Stadien der Syphilis oder in anatomischer Hinsicht, kaum.
` einzuhalten ist, so.lassen sich dennoch vom Standpunkt des Klinikers
gewisse Typen. in der Fülle der Krankheitsbilder erkennen, die |.
Y ' K] Ar = i T D t3 pa u i
wir aus praktischen - wie aus didaktischen Gründen in folgende Temperaturanstieg* bis 88,2%, die Schmerzen ließen wesentlich nach,
| ebenso die Schwellung des Kniegelenks. In den letzten Tagen des
Dezembers dagegen trat wieder eine Verschlimmerung des Befindens
ein, die Temperaturen stiegen wieder an, es traten wieder Schmerzen .
in: den Beinen, namentlich‘ aber En e
‚ im rechten Knie aut (24. Dezember); -
es zeigten sich Erscheinungen von __.
+
Zur ersten Gruppe gehören jene Fälle, die klinisch unter
= ee i i Z : "Abbildung i PO
fach auch unter dieser Bezeichnung ein unerkanntes Dasein führen; J
takturstellung; ein hierher gehöriger Fall eigener Beobachtung sei,
= F. F. käuferin. 1 i inderkrankheiten : Be -7 Purna - en
hat Pa. nur Masern und Keuchhusten durdigomacht at 15 Jahren | Makulöses Exantkom aufwies, unter heftigen Schmerzen und Tem-
erste Menstruation, vor einigen Monaten erster Koitus, vor 3 Monaten | Peraturanstieg bis über 39° Schwellungen beider Kniegelenke, des
letzter Verkehr. Vor etwa 3 Wochen trat bei der Pat. ein Exantbem auf, | rechten Sprung- und Hüftgelenks auftraten; während aber die Er-
das sie veranlaßte, am 25. Oktober 1921 Spitalsbehandlung aufzusuchen. | scheinungen im linken Kniegelenk, sowie im rechten Sprung- und
Status praesens: Mittelgroße Pat. in' gutem Ernährungszustayd; | Hüftgelenk bald’ wieder geschwunden waren, also der ersten Unter- .
an, der Haut des Stammes und der Extremitäten ein großmakulöses | | rürd
xanthem, dessen -einzelne Efifloreszenzen deutlich urtikariell über das
autniveau. leicht emporragen. Nach aufwärts- reicht das Exanthem
acken- bis an die Haargrenze;, nach abwärts erstreckt es
ee den Hand-, bzw. Fußrücken; die Anordnung der einzelnen,
5 Ls größeren, teils kleineren Effloreszenzen entspricht der Spaltrichtung
aer Haut., Weder im Mund noch an der Vulva und sonst am Körper
‚entwickelte sich im rechten: Kniegelenk ein schwereres, dem akuten
Gelenksrheumatismus außerordentlich ähnliches Krankheitsbild. Das
‚auffallend refiaktäre Verhalten gegenüber Salizylpräparaten, das
gleichzeitige Vorhandensein sekundär-luetischer Erscheinungen ließen
die Annahme einer einheitlichen Ätiologie als zumindest möglich
erscheinen; der komplett positive Ausfall der Wa.R., vorgenommen
sich bis auf
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‚.In den folgenden Tagen trat nun. eine:merkliche Besserung ein; o!
. die Temperaturen gingen zurück, sanken gelegentlich.bis zur Norm ab, : .
allerdings zeigte sich in der. Fieberkurve auch wieder stellenweise- rr
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‚bei einer 17jährigen Patientin, die ein der Frühlues angehörendes
abteilung dieser Gruppe unserer Einteilung entsprechen würden, >
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
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am Gelenkspunktat, rechtfertigte diese Annahme vollauf, obwohl
dieses Bild durchaus nicht den milden Typus aufwies, den Fournier
im Vergleich zu den stürmischen Erscheinungen des akuten Gelenks-
rheumatismus hervorhebt, sondern gerade durch seine Akuität außer-
ordentlich an diese letztere Affektion erinnerte. Derartig stürmisch
verlaufende Krankheitsbilder sind durchaus nicht so selten, Bering,
Bonnet, Candela, Finger, Gastou, Harttung, Mracek,
Pirilä, Scheuer, Wysocki haben über derartige Fälle berichtet,
die unter ziemlich heftigen lokalen und Allgemeinerscheinungen im
'Frühstadium der Lues zur Beobachtung gelangen, meist gleichzeitig
mit irgendwelchen anderen Erscheinungen von sekundärer Lues.
Es gibt indes Fälle, wo das Auftreten der Gelenksaffektion dem
Exanthem voraneilt; Harttung erwähnt dies, Bonnet schildert
einen derartigen Fall von frühzeitigem Auftreten von Gelenks-
alfektionen vor der Roseola, schon zur Zeit der ersten Drüsen-
schwellung und außerordentlich instruktiv in dieser Hinsicht ist
namentlich der Fall von Montpellier-Lacroix, bei dem es bei
einem Patienten mit abgeheiltem Ulkus des Sulcus coronarius und
Lymphadenitis noch vor Ausbruch des makulo-papulösen Exanthems
zur Schwellung beider Kniegelenke kam und das Gelenkspunktat
komplette Hemmung aufwies. In pathologisch-anatomischer Hinsicht
handelt es sich bei den frühluetischen Gelenksaffektionen um ein-
fache Arthralgien, wie man sie ja auch sonst bei Infektionskrank-
heiten beobachten kann — auf Gelenksaffektionen bei Dysenterie
hat der eine von uns (Brünauer) gelegentlich einer früheren Mit-
teilung hingewiesen —, um einfache Arthritiden und Synovitiden,
die sich vollständig zurückbilden können, wie dies am linken Knie-
gelenk, sowie am rechten Sprunggelenk und rechten Hüftgelenk
unseres Falles zu beobachten war. Es kann aber auch ein seröser
Erguß sich entwickeln, der nun lange Zeit bestehen bleiben kann,
ohne daß die Gelenksbestandteile irgend eine Veränderung aufzu-
weisen brauchen. Diese Erscheinungen sind Reaktionen der Synovia,
hervorgerufen durch Anwesenheit von Spirochäten, die wieder auf
dem Blutwege in das Synovialgewebe gelangt sind und hier entweder,
wie geschildert, zu einer gleichmäßigen Verdickung der Synovial-
membran und Gelenkserguß oder aber zur Bildung papulöser und
summöser Infiltrate, zu Wucherungen und Zottenbildungen der
Synovia führen, zu Erscheinungen, die vielleicht schon der späteren
Lues angehören, aber auch schon sehr frühzeitig auftreten können.
Harttung hebt dies besonders hervor und auch Plate weist nach-
drücklich darauf hin, daß gummöse Prozesse oft schon ein Jahr nach
stattgehabter Infektion nachweisbar sind. Wir können uns also
vorstellen, daß diese Prozesse ganz analog wie bei der Tuberkulose
durch eine Überschwemmung des Organismus mit den Krankheits-
erregern entstehen, wobei aber die Frage offen bleibt, ob es sich
in diesen Fällen um eine rein seröse Synovitis, um papulöse oder
vielleicht sogar gummöse Veränderungen handelt; auf jeden Fall
bleiben aber die Veränderungen zum großen Teil doch auf die
Kapsel beschränkt, während die Tuberkulose nicht mehr locker läßt
und zu ausgedehnten destruktiven und atrophischen Zuständen führt,
wie sie zum Bilde der Gelenkstuberkulose gehören; aus diesem
Grunde finden wir auch bei dieser Form luetischer Gelenksaffektionen
im Röntgenbilde zumeist keine gröberen Veränderungen der
Gelenkskörper.
Derartige syphilitische Pseudorheumatismen treten aber nicht
nur in der Frühperiode der Lues auf, sie kommen, allerdings selten,
auch in den späteren Stadien der Syphilis zur Beobachtung. Schon
in der alten Literatur finden sich derartige Fälle, so wurden solche
von Duffin beschrieben, Bäumler erwähnt das nicht so seltene
Auftreten rheumatoider Erscheinungen in der sogenannten tertiären
Periode, Schuster, Harttung und zuletzt H. Schlesinger haben
auf derartige, in der späteren Lues auftretende Gelenksprozesse
bingewiesen; sie sind charakterisiert durch ihre ebenfalls akuten,
der Polyarthritis rheumatica ähnlichen, allgemeinen und lokalen
Erscheinungen, wobei die Schmerzen außerordentlich intensiv sein
können und des Nachts zumeist exazerbieren, ferner durch ihr gegen
Salizylpräparate refraktäres Verhalten und das außerordentlich
prompte Reagieren auf Jod (Bäumler, Duffin, Harttung,
Finger u. A). Differentialdiagnostisch kommen bei diesen luetischen
Pseudorheumatismen die echte Polyarthritis rheumatica, die
gonorrboischen und tuberkulösen Gelenksaffektionen in Betracht.
Bei der Gonorrhoe sind es nur gewisse frische Formen, die ein
ähnliches Bild aufweisen, unter den tuberkulösen Erkrankungen der
Gelenke der tuberkulöse Rheumatismus (Poncet), eine mehr oder
weniger akut auftretende, stets polyartikuläre, synoviale Tuberkulose,
die klinisch ganz ähnliche Erscheinungen wie der akute Gelenks-
rheumatismus hervorruft. Für die Diagnose der syphilitischen
Gelenksaffektionen ist das Fehlen der Knochenatrophie im Röntgen-
bilde eines der wichtigsten Merkmale. Durch den Mangel der
Knochenatrophie ist der Pseudorheumatismus lueticus von dem
echten Gelenksrheumatismus, von den gonorrhoischen und tuber-
kulösen Pseudorheumatismen eindeutig geschieden. Zeichen einer
früher stattgehabten luischen Infektion oder manchmal gleichzeitig
vorhandene syphilitische Manifestationen, sowie insbesondere der
positive Ausfall der Wa.R., zumal im Gelenkspunktat, eventuell der
Nachweis von Spirochäten in der Gelenksflüssigkeit sichern in diesen
Fällen die Diagnose. Neben diesen ausgeprägten Krankheitsbildern
sind noch Fälle zu beobachten, . in welchen, ohne daß akute Er-
scheinungen den Beginn des Prozesses anzeigen, sich ganz all-
mählich ein Hydrops der Gelenke entwickelt, der aber in ein
ehronisches Stadium übergeht, in welchem die Gelenke schmerzlos,
freibeweglich bleiben und niemals die Neigung zu Kontrakturen
zeigen. Bemerkenswert ist, daß in diesen Fällen, für deren Erkennung
das oben Gesagte gilt, der Hydarthros doch keine höheren Grade
erreicht, von relativ kurzer Dauer ist und auch auf die eingeleitete
spezifische Behandlung prompt reagiert. (Schluß folgt.)
Die Beziehungen zwischen Ovulation
und Menstruation. *)
Von Prof. Dr. Otto Grosser, Prag.
Es ist eine heute feststehende Tatsache, daß das Ovarium das
führende Organ im menstruellen Zyklus ist; und da die Ovulation
den auffälligsten und wichtigsten Vorgang am Ovarium darstellt,
so ist es begreillich, daß man diese führende Rolle auf die Ovulation
übertrug und namentlich in den letzten zwanzig Jahren eifrigst be-
müht war, die in der Funktion des Uterus herrschende Regelmäßig-
keit auch für die Ovulation zu erweisen, mit anderen Worten einen
festliegenden Ovulationstermin aufzufinden. Bekanntlich hat Fränkel
durch direkte Beobachtung an Ovarien lebender Frauen den 18. oder
19. Tag post menses ine. als Ovulationstag bezeichnet, weil er durch-
schnittlich zu dieser Zeit ein großes, hochrotes, leicht blutendes
Corpus luteum fand, aber später eine gewisse Vordatierung des
Termins zugelassen. Zweifellos braucht nun ein derartiges Corpus
luteum eine gewisse Zeit zu seiner Entwicklung. Auf histologischem
Wege sind Robert Meyer, Ruge d. J, Marcotty, Robert
Schröder u. A. zu einem früheren Termin gelangt, der sich aber
schließlich doch nicht zu weit von dem Fränkelschen entfernt
(nach Schröder ist es der 14.16. Tag), so daß man sagen kann,
*) Nach einem im Verein deutscher Ärzte in Prag am 2. Mai 1924
gehaltenen Vortrag,
| dings besonders
| Fränkel diese
Abhandlungen.
die Ovulation findet hiernach etwa in der Mitte des Intervalls statt
und entspricht auch annähernd dem sogenannten Mittelschmerz.
Auch beim Affen (Macacus) findet sich nach Corner (1928) eine
(spontane) Ovulation etwa am 14. Tag, bei 27tägigem Zyklus. Wir
selbst haben wiederholt eine andere Meinung vertreten. Aus allen
Statistiken geht hervor, daß das Konzeptionsoptimum ungefähr auf
den 8. Tag (den 5.—10. Tag nach den verschiedenen Angaben) fällt,
und diesen Termin haben wir auch als den häufigsten, aber nicht
ausschließlichen Ovulationstermin bezeichnet. Hier liegt wirklich
ein Naturexperiment vor, welches den Zeitpunkt größter Vitalität
der Geschlechtsprodukte erkennen läßt.
Es ist natürlich längst bekannt, daß Konzeption so ziemlich
jederzeit — vielleicht mit Ausnahme des 1. Menstruationstages —
‘eintreten kann; und alle Autoren, die einen einigermaßen festliegen-
den Ovulationstermin annehmen, sind genötigt, entweder die Spermien
oder die Eier, je nach der Lage der Termine, tagelang, ja wochen-
lang auf die Imprägnation (Befruchtung) warten zu lassen, Ja manche
(Pryli) sind so weit gegangen, die Verschiedenheit zwischen Kon-
zeptionsoptimum und Övulationstermin geradezu als Beweis für ein
regelmäßiges Überleben der Spermien im weiblichen Genitale bin-
zustellen. Ein solches Überleben der Geschlechtszellen lehnen eh
nun auf Grund vergleichend entwicklungsgeschichtlicher Befunde
für die meisten Fälle durchaus ab. Für die Spermien kann aller-
auf Grund der Angaben von Nürnberger =
Möglichkeit nicht ganz in Abrede gestellt wer en.
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19: Oktober 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. | a 1457
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‚Aber in der Regel werden Höhne und Behne Recht haben, die, Hiernach begann die Entwicklung: e
wie das für die meisten Säuger gilt, den Spermien in einem gesunden am 2. Tag imal, Fall Merttens,
weiblichen Organismus nur eine kurze Lebensdauer zuschreiben. Am „on Lan B |
Ort der Befruchtung können sie ohne weiters in 1—2 Stunden an- n A ” A no» Sranl-Beheke | en >
gelangt sein. Keinesfalls kann man das Konzeptionsoptimum aus ” 12. ee ? j en
einem förmlichen physiologischen Reifungsprozeß erklären, den die >40. 9 ternod Grat Spee-Gle.,
, Spermien während mehrerer Tage, bis zum normalen Ovulations- > 15.. 1i > 5, Graf Spee-v.H. DE
.termin, in der Tube durchmachen müßten. „16. „ 2 „ „ Grosser-Sch.3, Rossenbeck,
Viel bestimmter noch kann man sich über die Eizelle aus- „17. „ 1, „ Grosser-Kl.13, |
sprechen. Das aus dem ee Ei Bu u n o n i no on N | ZZ: on
Stunden befruchtungsfähig, und hierfür gibt es zwei Gründe. Ein- n i% y nm Mall a9, 7 '
mal stehen bei allen Säugern, auch beim Affen (Corner 1923), die n o n $ non mar iE- SCH., Delporte, Bee
_ Reifungsteilungen des Eies in fester, wenn auch nicht immer ganz oag a” " Bryce-T eacher, Reichert, zZ
gleicher Beziehung zur Ovulation; sie werden aber spontan nur. bis ” o "1. > Möllendorff-OP. -
bekannt sind,
zur zweiten Richtungsspindel geführt und erst unter dem Einfluß
der Besamung beendet. Das Ei verharrt also auf einer sehr labilen
Entwicklungsstufe, mitten in der Mitose, und wartet auf das Sper-
mium; dringt dieses nicht ein, so degeneriert das Ei. Andererseits
wird jedes Ei, befruchtet oder nicht, vom Mechanismus des Eitrans-
portes erfaßt und gegen den Ausgang des Genitales geführt. Es
braucht eine bestimmte Reihe von Tagen, um zur Anheftung an
die Schleimhaut befähigt, implantatiensreif, zu werden (Sippel,
Hitschmann und Lindenthal). Wäre es selbst noch verspätet
. befruchtungsfähig, so wäre es doch nicht mehr imstande, rechtzeitig
auf seiner Wanderung die Implantationsreife zu erlangen, sondern
würde vorher . ausgestoßen... Tatsächlich sehen wir auch bei den
Säugern immer wieder, daß nur bei frischgelösten Eiern die Be-
‚Iruchtung gelingt, bzw. Gravidität eintritt.
Ein solcher Versuch wurde von L.L.Lewisi) in größerem Maß-
stab gemacht. Beim Schwein sind die aus den Follikeln entleerten
Eier noch am 6. oder 7. Tag ziemlich unverändert im Uterus zu finden
(Corner 1921), die Befruchtbarkeit aber ist nach Lewis auf die ersten
Stunden beschränkt. Auch die zytologisch scheinbar normalen Eier
sind demnach binnen kurzem nicht mehr entwicklungsfähig..
Nun gibt es bei den Säugern zwei Typen ‘der Ovulation, die
spontane, wie beim Schwein, und die durch den Koitus provozierte,
wie beim Kaninchen, bei welchem ein Corpus luteum ohne Gravidität
nur durch besondere Kunsigriffe (Belegen durch einen Bock mit
resezierten Ductus deferentes, Moreaux) zu erzielen ist. Es ist wohl
am einfachsten, auch für den Menschen beide Möglichkeiten anzu-
nehmen, wie dies schon einzelne Gynäkologen, z. B. Zangemeister,
und unter den Anatomen Triepel getan haben; dann ist die
Ovúlation zur Zeit des Konzeptionsoptimums eine provozierte oder
artefizielle, und der Schrödersche oder Fränkelsche Termin
entspricht der Spontanovulation. Man darf nur beim Vergleich mit
den Säugern nicht übersehen, daß bei diesen die Ovulation viel
fester an einen physiologischen Termin geknüpft ist, während beim
Menschen, wahrscheinlich erst als Folge der Domestikation, beide
Möglichkeiten zeitlich verschieden liegen.
.., Es gibt aber auch einen direkten Weg, um zu zeigen, daß
nicht nur die Konzeption, sondern auch die Imprägnation (Ver-
einigung der Geschlechtszellen) so gut wie jederzeit eintreten kann.
Wir haben aus der Literatur die Fälle junger Graviditäten mit
bekannten Konzeptions- und Menstruationsdaten zusammengestellt.
Hier gestattet der jeweilige Entwicklungsgrad eine strenge Anord-
nung nach dem Alter. Von 17 Fällen, in denen beide Termine
‚fügen sich. 8 ganz zwanglos zu einer aufsteigenden
Reihe; von den anderen ist wenigstens bei einem die Differenz
(zwei Tage) so klein, daß sie aus dem Überleben der Spermien
ohne weiteres erklärt werden kann. Von den restlichen 8 Fällen
ist in einzelnen, bei denen der Embryo sicher älter ist als angegeben,
offenbar die Anamnese falsch; in den anderen, bei denen er jünger
ist, muß es heute noch offen bleiben, inwieweit an ein Überleben
der Spermien zu denken ist. Jedenfalls sind solche Fälle für eine
Altersbestimmung unverwendbar. In der ersten Hälfte der Fälle
ist es schon wegen der Geschlossenheit der Reihe ganz sicher, daß
die Entwicklung in gleichen Abständen von der befruchtenden Kohabi-
tation, aber
ein kleiner sein kann, wird sich noch im Folgenden ergeben. Diese
Fälle ergeben nun mit 13 weiteren Fällen der Literatur, von
denen nur die Menstruationsdaten bekannt sind, eine Tabelle, aus
der sich der Entwicklungsbeginn, bezogen auf den menstruellen
Zyklus, für alle Fälle mit großer Sicherheit bestimmen läßt:
| 1) Bull. Okla. Agric. Exp. Station, Oklahama 1911, zit. nach Hart-
Mann, Am. Journ. Obst. a. Gyn., Vol. 7, 1924.
zu sehr ungleichen Zeiten innerhalb des menstruellen
Zyklus, begonnen hat. Daß der Abstand von der Kohabitation nur.
Die Namen d
durch den Druck hervorgehoben. | |
. Die Fälle verteilen sich ziemlich gleichmäßig über den ganzen
Zyklus. Bis zum 15. Tag einschließlich sind 9 Fälle verzeichnet, nach
dem 15. Tag 12 Fälle?). Merkwürdigerweise tritt das Konzeptions-
optimum hier gar nicht in Erscheinung: die späten Fälle sind sogar’
in der Majorität. | | | | u
Entwicklungsbeginn und Ovulation fallen nun nach unseren
vorstehenden Ausführungen zusammen; die spät gezeugten Fälle ent-
stammen einer entsprechend gelegenen Ovulation. Es ist daher nicht
möglich, ‘allein mit der Annahme einer Provokation der' Ovulation
vor dem normalen Termin, also einer Frühovulation, auszukommen,
sondern es'muß auch eine Spätovulation geben. Die Hauptschwierig-
'keit bleibt dann immer die ofienkundige Unregelmäßigkeit in der Ent-
wicklung. der inkretorischen Apparate des Ovariums. Triepel hat
zwar zur Stütze seiner Annalme einer provozierten Ovulation die
Meinung ausgesprochen, solche Ovulationen seien in der Regel von
Gravidität gefolgt, und deshalb komme eine Störung der Menstruation
I 1 re |
der Fälle mit bekanntem Konzeptionsdatum -sind
‚ dureh verfrühte Corpus luteum-Bildung. nicht zur Auswirkung. Doch
versagt diese Hypothese bei den Spätkonzeptionen. Vielleicht ‚aber
ist folgender Ausweg gangbar. Ä
Zwischen zwei Menstruationen muß es nicht unbedingt zur
Ovulation, d. h. zur Ruptur eines Follikels kommen, sondern der
Follikel kann auch ohne Störung des Zyklus atretisch zugrunde gehen,
wobei das Ei noch eine Zeitlang, bis nahe an den Eintritt der Blutung,
in ihm lebendig bleiben. kann. Wir sehen ja auch beim Kaninchen
die nächste Brunst bei unterbliebenem Belegen ohne Corpus luteum,
also wohl unter dem Einflusse der atretisch gewordenen Follikel, ein-
treten,. und der Unterschied zwischen einem solchen Follikel und
einem Corpus luteum ist vielleicht kein gar so großer. Von gynäkolo-
gischer Seite (Leopold) wird schon lange die Ansicht vertreten,
daß Menstruation ohne Ovulation auftreten kann, und gerade hierfür
haben in letzter Zeit die schon mehrfach zitierten Beobachtungen
Corners an Macacus?) eine neue und ziemlich gesicherte Grundlage
gebracht. Freilich gehen diese Befunde noch weiter als unsere An-
nahme, und es braucht hiernach überhaupt nicht immer zur Vernichtung
eines -Follikels zwischen zwei Menstruationen zu kommen: die heute‘
scheinbar so gesicherte Beziehung zwischen Follikel resp. Ei und
Zyklus wird hier durch direkte Beobachtung stark in Frage gestellt.
. Zusammenfassend möchten wir also unsere Hypothese in
folgender Weise formulieren: Es gibt beim Menschen. eine 'Spontan-
ovulation in der'Mitte des Intervalls, die aber auch ohne Störung des
Zyklus aus unbekannten Gründen (sofern man sich nicht mit dem
. Schlagwort der Domestikation begnügen will) ausbleiben kann; dann
kommt es zur Atresie des betreffenden Follikels, in dem aber das Ei
noch nahezu bis zum Einsetzen der Menstruation am Leben bleiben
kann. Kohabitationen können nun entweder am normalen Follikel vor .
der Normalzeit oder am überfälligen (atresierenden) Follikel nach
dieser Zeit zur Ruptur und zur provozierten (artefiziellen) Ovulation
führen. In allen Fällen tritt in Zusammenhang mit der Follikelruptur.
die Reifung der Eizelle ein, oder vielmehr sie kann eintreten und Kon-
zeption im Gefolge haben. Nun ist sowohl bei Früh- wie bei Spät-
konzeptionen der Sexualakt der unmittelbare Anlaß zur Ovulation,
und dies ist der Grund, weshalb wir annehmen, daß die Besamung
2) Im Wesentlichen bringt dieses Ergebnis nichts Neues. Aber
‘Fränkels Behauptung: Vom Beginn der Menses bis’ zum 18. oder
19. Tag nachher „ist die Frau steril“ (auch im Original gesperrt
gedruckt, Kapitel Physiologie der weiblichen Geschlechtsorgane, S. 577,
in Bd.Ivon Halban-Seitz, „Biologie und Pathologie des Weibes“; 1928)
ist damit definitiv widerlegt.. Sie hat aber sicherlich auch die schon
bisher bekannten Tatsachen Selen einer-Theorie übersehen.
3) Carnegie Contrib. to Embryol., 1923, Nr. 75. '
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in zwei Arbeiten des Verfassers: „Junge menschliche Embryonen (der -
` dritten und vierten Woche)", Ergebn. d. Anat. u. en ehe
| 70.4924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.42. =. 19.’Oktober.
in den meisten Fällen der Befruchtung nur um wenige Stunden
voraus geht. u ee |
'Selbstverständlich ist diese ganze Annahme nur eine Arbeits-
hypothese, und es liegt vor allem in der Hand der Gynäkologen, sie
zu bestätigen oder zu widerlegen. - Aber eine Widerlegung müßte
hauptsächlich zwei Punkte erklären können: Den Widerspruch zwischen
Konzeptionsoptimum und spontanem Ovulationstermin und die Mög-
lichkeit einer Konzeption auch nach diesem Termin. Die Vorstellung
vom Überleben des Eies aber darf als Erklärungsprinzip nicht mehr .
herangezogen werdeh. | l
Die ausführliche Kasuistik und die übrige Literatur findet sich
1924, Bd.25, und „Altersbestimmung bei jungen menschlichen Embryonen“,
sich auch Robert Meyert) gestellt.
Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft anf der 38. Versammlung
in Halle a.S. 1924. -
` Nachtrag.. Auf den Standpunkt eines- nicht unveränderlich
festgelegten, daher von außen beeinflußbaren Ovulationstermins hat
Er sagt, daß der Follikel
bald früher, besonders durch äußere Einwirkung, bald später, durch
mechanische Behinderung, platzen könne. Die Weiterentwicklung
des Follikels zum Corpus luteum hänge nicht vom Follikelsprung
.ab. Allerdings können wir uns nicht seiner Meinung anschließen,
daß auch die Eireifung nicht vom Follikelsprung und dem Austritt
des Eies abhänge.. + | Ä ZZ ir
4) Zbl. f. Gyn. 1920,
- - Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus der Geburtshilflichen Klinik der Deutschen Universität in Prag
. (Vorstand: Prof. Dr. G. A. Wagner). |
- Über indirekte Bestimmung der Muttermundgröße
nach Schatz-Unterberger.
Von Dr. Egon Weinzierl, I. Assistent der Klinik.
Die Kenntnis vom Wesen und den Entstehungsursachen, somit
auch von der Prophylaxe des Wochenbettfiebers hat es mit sich
gebracht, daß man in der modernen Geburtshilfe immer mehr be-
strebt ist, im Sinne der Noninfektion die vaginale Untersuchung,
während der Geburt: als wichtige Infektionsquelle weitgehend ein-.
zuschränken, womöglich überhaupt. gänzlich auszuschalten. Dem-
entsprechend mehren sich die Stimmen, die den Methoden der
äußeren Untersuchung das Wort sprechen, durch die es, wie
Unterberger sagt, gelingt, „in den allermeisten Fällen all das
festzustellen, was tür die Beurteilung des einzelnen Falles nötig
ist“ und so die innere Untersuchung überflüssig zu machen. Die
meisten dieser Untersuchungsverfahren sind nicht neu, sind aber
durch genaue Überprüfung verfeinert und erweitert worden; -anderer-
seits wieder wurden Methoden neu ersonnen, die. geeignet sind,
als wertvoller Ersatz der inneren, Untersuchung zu gelten. Eine
Zwischenrolle gleichsam spielt die rektale Untersuchungstechnik,
die sich als ganz ausgezeichnet erwiesen hat und deren Anhänger-
kreis immer größer wird, deren Gegner aber, abgesehen von der
Unannehmlichkeit für die Gebärende, gewisse Bedenken bezüglich
. .. der Aseptik ins Treffen führen. Die rein äußeren Methoden lassen ii
` sich leicht in zwei Gruppen gliedern. Mittels der. einen erhält.
man genauen Aufschluß über die Lage, Stellung und Haltung der
Frucht, ebenso über die Größe, die Einstellung und das Verhalten
des vorliegenden Teiles zum Becken.. Die Methoden der anderen
Gruppe ermöglichen außerdem ein klares, recht zuverlässiges Bild
über den jeweiligen Stand und Fortschritt der Geburt und ihre
. weitere Prognose. 'Poeck hat in einer interessanten Arbeit die
verschiedenen Arten und Hilfsmethoden der äußeren Untersuchung
verglichen und prozentuell ausgewertet. Er erwähnt die Hand-
griffe von Budin, Ahlfeld, Winckel, Keilmann, Pawlick,
Fuchs u. a., die allerdings vorwiegend für die Diagnose der Kindes-
lage Wert haben; immerhin konnte er zeigen, daß schon durch die
Anamnese allein (= gespürte Kindesbewegungen) in 85 %/, die richtige
Position festgestellt werden kann. Kautsky gab den Druckversuch
` an, durch den es wohl meist gelingt, in unklaren Fällen die Diffe-
rentialdiagnose zwischen Kopf- und Beckenendlage zu stellen.
- Zweifellos hat der. IV. und namentlich der III. Leopoldsche Hand-
griff große Bedeutung. Diese Handgriffe, aus denen andere Autoren,
griffe das Verhalten des Kopfes während der Geburt genau beob-.
achten können, sind wir im Gegensatz zu anderen äußeren Unter-
suchungsverfahren bei diesen auch in der Lage, den Fortschritt
der Geburt zu erkennen und die Prognose derselben bei genügen-
‚der Übung — die selbstredend für alle Handgriffe unerläßliche `
Voraussetzung ist — in verschiedener Hinsicht zu stellen. >
| Eine andere Methode, die ausschließlich über den Stand und
‚, Fortgang der Geburt orientiert, ist das von Schatz angegebene
und von Unterberger überprüfte und in verdienstvoller Weise neu
eingeführte Verfahren, aus dem Stand des „Grenzringes“ die Größe
‘des: Muttermundes zu bestimmen. Dieser einfache, unschwer zu
erlernende Handgriff hat bedauerlicherweise bisher wenig Anklang
in. der Fachwelt gefunden; auch Seyffardt erscheint es sonderbar,
.| daß dieses Verfahren „verhältnismäßig. wenig geübt zu .werden
scheint“. Dieser und Hoehne berichten über sehr günstige Er-,
fahrungen mit der Methode, ebenso A. Labhardi und Jegge.
Gauß hingegen. und Ahlfeld lehnen sie ab, Lange-Nielsen.
kann. die Ergebnisse Unterbergers auf Grund seiner Beob-
achtungen nicht bestätigen. Es ist klar, daß man mit ‘den ver-
schiedenen, hier nur zum Teil angeführten Hilfsmethoden, besonders
| in ihrer Kombination oder bei gleichzeitiger Anwendung, wohl in
. den meisten Fällen zur Beurteilung des: Geburtsverlaufes hinreichend
sichere Anhaltspunkte gewinnt, die eine vaginale Untersuchung
überflüssig machen können, doch sind wir durch keines dieser
äußeren Verfahren imstande, auf indirekte Weise die Eröffnung des
Muttermundes, also: den Fortgang der Eröffnungsperiode zu be-.
stimmen. In diesem Sinne nimmt die Methode Schatz-Unter-
bergers eine isolierte, daher umso beachtenswertere Stellung ein.
Im Wesen beruht sie auf einem rein mechanischen Problem:
auf dem Verhältnis zwischen ‚geleisteter Arbeit des Uterusmoters
‘und dem Effekt derselben àm passiven Durchtrittsschlauch. Dieser
‚Effekt ist nun ein zweifacher, einmal das Höhersteigen des Re-
traktionsringes, also der 'Grenzfurche, infolge fortschreitender Re-
traktion des Uteruskörpers und passiver Dehnung der Zervix und
dann die gleichzeitige Entfaltung des Muttermundes. ` Auch zwisehen
diesen beiden Erscheinungen besteht ein bestimmtes Verhältnis, das
für die normale, unkomplizierte Geburt als konstant gilt. Auf der
Basis dieser Gesetzmäßigkeit ist eben das Schatz-Unterbergersche
System aufgebaut. Doch hat es nach Ansicht der meisten Autoren
nur für die normale Geburt Wert und Geltung. Denn wenn sich
— kurz gesagt — irgendwelche Widerstände einschalten, und: zwar.
naturgemäß zwischen Grenzfurche. und Muttermund, so soll es zu.
einer Störung dieses normalen Syndroms kommen, indem das Höher-
steigen der Grenzfurche raschere Fortschritte macht als die Ent-
faltung des Muttermundes. | . Ä -
wie Ahlfeld, Gauß, Pawlick, Demme u. a. eigene Beobachtungen
abgeleitet haben, lassen weitgehende Schlüsse zu über das günstige
oder ungünstige Verhältnis des Kopfes zum Becken, gestatten ferner
die genaue Differenzierung der verschiedenen Grade der Flexions- .
und Deflexionshaltungen. Nach eigenen Beobachtungen zeigt starke
Prominenz des Schädels gerade oberhalb der Symphyse Hinter-
scheitelbeineinstellung an, andererseits kann man einen vorderen.
Asynklitismus oft dann annehmen, wenn vom gut beweglichen
' Schädel nur eine flache und kleine Zone zu tasten ist. Ein im
Verhältnis zur übrigen Größe des Kindes scheinbar auffallend
kleiner Kopf deutet auf hohen Geradstand, wie wir uns mitunter
überzeugen konnten.. Erwähnt sei ferner aus den vielen in der
Literatur niedergelegten äußeren Hilfsmethoden der Schwarzen- | sprochen wurden und als bekannt vorausgesetzt werden müssen.
bachsche Hinterdammgriff zur Beurteilung des Kopistandes. Da- Wir haben die Methode systematisch an 1000 Gebärenden
durch aber, daß wir mittels dieser verschieden modifizierten Hand- | angewendet. ‘Wir untersuchten nicht, wie es Unterberger un
Die sicher unverkennbaren Vorteile dieser Methode bewogen
uns, die indirekte Bestimmung der Muttermundgröße an unserem
großen klinischen Material zu üben und eingehend zu überprüfen,
um ein eigenes Urteil zu gewinnen vornehmlich über ihren prak-
. tischen Wert, ob sie geeignet ist, allein oder mit. anderen. Verfahren
kombiniert, die vaginale und rektale Untersuchung entbehrlich zu
machen. Es interessierte uns dabei auch, die in der Literatur
niedergelegten Ansichten zu revidieren, daß die Methode nur für
die normale Geburt Gültigkeit habe. e
Es erscheint überflüssig, auf die Technik, die Bedingungen
und Fehlerquellen des Verfahrens einzugehen, da diese von anderen
Autoren, in besonders instruktiver Weise von. Seyffardt be
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.19..Oktober © ne
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
‚Hoehne angaben, nur während der Wehe, sondern richteten uns
nach dem Vorschlage Seyffardts, „daß man am.besten vor Be-
ginn einer Wehe mit der Untersuchung anfängt und sie durch die
- ganze Wehe hindurch in die Wehenpause hinein fortsetzt“. ‚Bei diesem
. Vorgehen ließ sich die ‚Technik der Untersuchung am besten. er--
‚lernen. Die Methode wurde zunächst unter ständiger Kontrolle der
‘Befunde durch die rektale Untersuchung geübt. Aufangs freilich
hatten wir manche Fehldiagnose zu verzeichnen, doch in kurzer
Zeit erlernten wir es, unter den verschiedenen irreführenden Ge-
=. websverdickungen den wirklichen -„Grenzring“ zu tasten, der. als.
. quergestellte Furche zwischen dem dicken, mehr gewölbten Hohl-
muskel und dem dünnen, flachen unteren Üterinsegment imponiert.
Ich halte daher die Bezeichnung, Grenzfurche“ für besser als „Grenz-
ring“. Denn der Grenzring ist als ein in sich geschlossener, also
zirkulär verlauiender „Ring“ ja nur bei intrauteriner Untersuchung
zu tasten, bei der äußeren Untersuchung aber, auf die es ‚doch
lediglich ankommt, findet man an der Stelle des nach innen vor-:
springenden „Ringes“ eine „Fürche“, die aber nur auf: einer Teil-
strecke, entsprechend der’ tastbaren Vorderwand des Uterus, zu
| o beobachten ist. Bald beherrschten alle Arzte der Klinik. diesen
Handgriff einwandfrei, so daß auch die rektale Untersuchung (die
vaginale wird nur in besonderen Fällen und zum Studentenunter-
richt angewendet) seltener Verwendung fand. Bei sehr vielen Ge-
burten ließ sich der Fortschritt der Geburt, namentlich bei gleich-
“zeitiger Anwendung anderer äußerer Handgriffe, sehr gut verfolgen
und machte jede innere Untersuchung überflüssig. Ebenso wurde
: eine große Reihe von Geburten nur durch die Kontrolle der.Grenz-
furche geleitet, die sich uns als ganz verläßlich bewährt hat. Denn
bei 1000 Geburten (abzüglich der später erwähnten pathologischen
Fälle) konnten wir so gut wie immer „eine genaue Übereinstimmung
‚zwischen dem Grenzringabstand von der Symphyse und der Größe
des Muttermundes“ (Seyffardt) feststellen; ebenso fanden die von
Unterberger angegebenen Maße (der Stand der Grenzfurche 2, 3,
4 Fingerbreiten über der Symphyse entspricht Fünfmarkstück- bzw.
Kleinhandtellergröße, schließlich völligem Verstreichen des Mutter-
mundes), die sich im wesentlichen mit denen der anderen Autoren
decken, bei unseren Untersuchungen ihre Bestätigung. Nur bei
‚sehr straffen, namentlich aber sehr fettreichen oder ödemaiösen
‘ Bauchdecken war die Methode nicht anwendbar, wie auch von
anderer Seite hervorgehoben wird. Wir gaben, den Abstand der
Grenzfurche in Fingerbreiten, ‚die Maße des Muttermundes in der
üblichen Form des Vergleiches mit Geldstücken und Handteller-
größe an, da diese Maße im allgemeinen leichter vorsiellbar sind
-als die Zentimetereinteilung, andererseits es bei diesem System
nicht auf feine Maßbestimmung ankommt, sondern nur auf ein be-
stimmtes Verhältnis der . Maße untereinander. Gewisse Schwan-
kungen spielen da wohl nur eine unwesentliche Rolle, die nicht
nur auf die verschiedene subjektive Auffassung des Untersuchers
zurückzuľühren sind, sondern auch durch andere Momente, wie z. B.
Größe des Uterus, Stand der Portio, Höhe und Neigung der Sym-
physe u. dgl., bedingt sein können. In Analogie mit anderen Be-
richten fanden wir bei den unkompliziert ablaufenden Geburten
zwischen Erst- und Mehrgebärenden, ebenso im Alter, keinen.
wesentlichen Unterschied, doch schließen wir uns Hoehnes Ån-
Sicht an, daß bei Erstgebärenden die Grenzfurche gewöhnlich deut-
licher und markanter hervortritt als bei Vielgebärenden.
Sehr bewährt hat sich uns die Meihode der ‚indirekten
Muttermundsuntersuchung“ dann, wenn infolge eines angewendeten
Ballonverfahrens eine andere Untersuchung überhaupt nicht möglich
war, wie bei der Metreuryse, der Kolpeuryse und der: Prokteuryse.
Namentlich bei letzterer?), die wir wegen der so günstigen Resultate
- zur Wehenanregung oder -verstärkung aus verschiedener Indikation
sehr gern anwenden,. haben wir die Methode Schatz-Unter-
bergers besonders schätzen gelernt. Denn gerade in solchen Fällen
st es wertvoll, die Wirkung des Ballons und damit den erwünschten
Fortgang der Geburt beurteilen zu können. Bei 5 Fällen von
Metreuryse oder Kolpeuryse bei Querlage zeigte uns im Verlaufe der
Geburt der Stand der Grenzfurche das Verstrichensein des Mutter-
' mundes und somit den richtigen Zeitpunkt an zur Entfernung des
Ballons und zur Ausführung der Wendung.
Unsere Beobachtungen an den 1000 Fällen haben nun er-
geben, daß das Schatz-Unterbergersche System durchaus nicht
nur für die normale, ohne Störung ablaufende Geburt, sondern auch
für eine große Reihe von pathologischen Geburten Geltung besitzt.
Hoehne erwähnt erhöhten Widerstand oder erschwerten Geburts-
fortschritt, der zur abnormen-Überdehnung führt, Seyffardt sagt:
1) Siche P. Klein, Zbl. f. Gyn. 1922, Nr, 32.
„Jedes Mißverhältnis zwischen Geburtsobjekt und Geburtskanal
äußerte.sich in einem mehr oder weniger beschleunigten Aufsteigen
des Grenzringes,* und fand sogar bei solchen Fällen eine bestimmte
. Gesetzmäßigkeit im abnormen Grenzfurchenabstand.- Diese Ansicht
' können wir nicht bestätigen. Es ist gewiß eine alte Tatsache, daß
daß es bei stark erhöhtem Widerstand zur erhöhten Arbeitsleistung
.des Uterusmotors kommt, die namentlich bei fehlendem Fortschritt.
der Geburt zu deutlichen Dehnungserscheinungen und im weiteren
Verlaufe zur drohenden Uterusruptur fülıren kann. Solcher Fälle,
die ein abnormes Dehnungsbild sowohl in der Eröffnungsperiode als
‚auch größerenteils in der Austreibungsperiode boten, konnten wir
40 beobachten, die Gegenstand einer gesonderten Abhandlung sein
‚sollen. Hier handelt es sich aber um ganz bestimmte ‘Umstände,
die diese Komplikätion hervorriefen.. Im übrigen aber sahen wir
bei den zahlreichen pathologischen Geburten unter den 1000 Fällen
das -Verhältnis zwischen Höhe der Grenzfurche und Größe des
Muttermundes gewahrt. Es handelt sich dabei — bei Erst- und
“Mehrgebärenden — um Deflexionslagen, Fälle von hohem Gerad-
stand, Beckenend- und Querlagen, Gemini, Mißbildungen, vor
allem aber um enge Becken verschiedenen Grades und verschiedener
' Ätiologie, oft um recht’ protrahierte Geburten. In keinem der Fälle
war bei sorglältiger Beobachtung ein Höhersteigen der Grenzfurche
zu bemerken, das nicht der Größe des Muttermundes entsprochen
hätte. Unterberger selbst fand auch bei einer Reihe von patho-
logischen Fällen keine Abweichung von seinem System. Nur bei 16
von den oben erwähnten 40 Fällen kam es in der Eröflnungs-
periode zur Ausbildung von Dehnungserscheinungen. Es entspricht
dies einer Prozentzahl von 1.6; Unterberger berichtet aus seiner
| Versuchsreihe über 1°, von Fällen, wo das Höhersteigen des
'„Kontraktionsringes“ nicht mit seinem Schema übereinstimmte, Bei
unseren Fällen stieg die Grenzfurche schon in der Eröffnungsperiode
bis zu Handbreite über die Symphyse, ja bis zur Nabelhöhe an,
während der Muttermund höchstens die Größe eines 5 K-Stückes
erreicht hatte. Bemerkenswsrt ist die Tatsache, daß oft bei diesen
Fällen das schon zu Beginn der Eröffnungsperiode beobachtete und
durch die rektale Untersuchung im Verhältnis zur Muttermundsgröße
bestätigte raschere Steigen. der Grenzfurche den ersten Hinweis aul
pathologische Verhältnisse irgend welcher Art bildete und uns auf
die richtige Fährte wies.
Nach unseren Erfahrungen kommt der Methode der indirekten . K
Bestimmung -der Muttermundsgröße ein hoher didaktischer und
praktischer Wert zu. Abgesehen von der Schärfung des Tastsinnes
wird durch die Ausübung derselben das besondere Augenmerk und
Interesse ’auf die Grenzfurche gelenkt, wodurch bei guter Beherrschung
der Technik nicht nur falsche Diagnosen vermeintlicher Dehnungs-
erscheinungen vermieden werden können, sondern vor allem auch
ein pathologisches Höhersteigen der-Grenzfurche rechtzeitig erkannt
und das therapeutische Handeln entsprechend beeinflußt werden: -
kann. ‚Außer diesen ebenso praktischen Vorteilen liegt der große
Nutzen der Methode für Unterricht und Praxis in. der Möglichkeit,
in den meisten Fällen in exakter Form die Größe des Muttermundes
durch äußere Handgriffe zu erschließen, und 'so über den Fortgang
der Geburt orientiert zu werden. Namentlich in .Verwendüng mit
anderen ausgezeichneten Hilismaßnahmen ist die Methode. wohl be-
fähigt, wertvolle Dienste zu leisteh, selbstredend, unter Berück-
sichtigung der Grenzen ihrer Leistungsfäbigkeit, was auch ver- tg
Heute, 12 Jahre nachdem Unter-
schiedentlich betont wird. | |
berger die Methode neuerlich empfohlen hatte, in der Ära der
Noninfektion verdient sie weitgehende Beachtung. Als weiterer
Stützpunkt dazu ist diese Mitteilung gedacht.
Literatur: R. Demme, M.m.W. 1924, Nr. 18. — Gauß, Med.Klin. 1911,
Nr. 40—41. — Hoahne, Zbl. f. Gyn. 1914, Nr. 14. — Jegge, Korrespbl. f. Schweiz.
Ärzte 1919, Nr. 28 — Kautsky, Zbl. i. Gya. 1921, Nr: 22, A.
Schweiz. m. Wschr. 1922, Nr.8. — Lange-Nielsen, Ref. Zbl £. Gyo. 1928, Nr.38. —
Poeck, Mschr. f. Geb. u. Gyn. Bd. 65, H. 6. — Seyffardt. Zbl. f, Gyn. 1923, Nr. 38.
(Literatur!). — Unterberger, Mschr. f. Gebh. u. Gyn. 1912, Jg. 35, S. 525. — Der-
selbe, Abi. £. Gyn. 1914, Nr. 4. |
Aus der Deutschen Psychiatrischen Universitäts-Klinik Prag
o (Prof. Dr. O. Pötz]). . |
Zwangmäbige Bewegungen bei der Encephalitis
a epidemica.
Von Dr. Bruno Fischer, Assistent der Klinik.
Die letzten Jahre der Encephalitis epidemica haben die er-
müdende Gleichartigkeit der chronischen Form durch eine zu-
nehmende Häufigkeit neuartiger Symptome unterbrochen und ins-
besondere myoklonische. Zuckungen, tonische Krämpfe und
unwillkürliche Bewegungen in den Vordergrund treten lassen.
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sie anfallsweise, sei es, daß sie dauernd auftreten, sind keine seltene
mit den Augen zu folgen, in gerade Mittelstellung, dann blieben
‘ein tonischer Blickkrampf -nach oben auftrat, der die ständigen
z. B. rekurvierter Ellbogen, Genu valgum.
bewegungen des Körpers beim Gehen wiederzugeben.
. Ruhighalten der Beine unmöglich machten. „Es waren keine Krämpfe,
hatte, konnte ich sie nicht ruhig liegen lassen.“ Die Zuckungen dauerten
_ phalitis. Ann. de méd. 1922, 15, No. 15.
1460 war 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. PE 19. Oktober
| Krebst) teilt die myoklonischen Erscheinungen auf Grund
der klinischen Analyse in drei Gruppen ein, von denen sich die
erste durch Asynchronismus bzw. unregelmäßige Muskelzuckungen
ohne synchrone Beteiligung mehrerer Muskeln, bald mit fehlendem
lokomotorischem Effekt, bald mit positiver Auswirkung, die zweite
durch Syncehronismus bzw. mit Zuckungen rhythmischer und syu-
chroner Natur, aber abnormen Synergien — es fehlt der physio- '
logischen Bewegungen zukommende lokomotorische Effekt —, die
dritte durch Synergien, die wirkliche sakkadierte Bewegungen dar-
stellen, auszeichnet.
Auch die tonischen lokalisierten Muskelkrämpfe, sei es, daß
und im Schlaf verschwanden. Im Winter 1928 kam ein mäßiger
_ Blepharospasmus dazu, auch verspürte Pat. einen allmählich immer
stärker werdenden Zwang, den Kopf nach rechts zu drehen, den er
wohl mit seinem Willen überwinden konnte, ihm aber zeitweise nach-
| geben mußte. Eu:
‚Der Status praesens. ergab einen angedeutet starren Gesichts-
ausdruck, eine spurweise geringere Innervation des linken Mundfazialis,
hochgradigen Tremor der Zunge, einen etwas steifen Gang, herab-
gesetzte Kornealreflexe; die aktive Beweglichkeit des linken Armes
ist bis auf eine geringe Ungeschicklichkeit der Finger bei feineren Be-
wegungen normal, es besteht sowohl im linken Ellbogen wie Hand-
an eine -mäßige Hypertonie, die Torsionsbewegungen in diesem
ereich geschehen ruckartig, ‘setzen eine Zeitlang aus, um dann wieder
ohne einen bestimmten Rhythmus von neuem zu beginnen. Dabei wird
der Unterarm, stark proniert, das Handgelenk und auch die Finger
etwas flektiert, die M. biceps, brach. int. und. die Beuger des Unter-
arms kontrabiert. Bei passiver.Supination der Hand ist erst nach
einiger Zeit das Auftreten dieser torsionsartigen Zuckun
on zu be-
obachten, durch die allmählich und etappenweise der Unterarm in
: extreme Pronationsstellung gerät. |
Dieser Fall ist durch drei verschiedene Formen von unwill-
kürlichen Bewegungen bemerkenswert. Im Jahre 1919 bekam Pat. .
unmittelbar nach dem Stadium der Schlaflosigkeit choreilorme
Zuckungen in beiden Beinen, die immer wieder zu einem Über-
kreuzen derselben führten (einen ähnlichen Fall beobachteten Gerst-
mann und Schilder) und durch 8 Wochen andauerten. 4 Jahre
später, im Mai 1923, traten krampfartige Torsionsbewegungen im
linken Unterarm auf, die ohne einen bestimmten Rhythmus zeitweise
die Finger und das Handgelenk beugten und den Unterarm im
Elibogengelenk nach innen rotierten bzw. extrem pronierten. Es
mag kein Zufall sein, daß der Pat., solange er noch arbeitsfähig:
‘war, beim Heben schwerer Lasten sehr angestrengt den linken Arm
proniert halten mußte, und zur Annahme berechtigen, daß hier mit
dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit die gleiche Innervation, nachdem
ihr das frühere Objekt entzogen worden war, sich im Überschuß
produzierte und diese eigenartigen Torsionszucküngen herbeiführte.
Es wird, eine Masse von Einstellungserregungen produziert, die au
eine bestimmte Situation geknüpft ist, und wenn ihr die Situation
entzogen wird, einen Überschuß zur Folge hat, der sich im Tik
oder irgendeiner unwillkürlichen Bewegung kundgibt. Als letzte
Bewegungsstörung kam im Winter 1923 eine zwangsartige
Deviation des Kopfes nach rechts hinzu, die der Pat. in unregel-
mäßigen Intervallen und nur zeitweise verspürt; er ist wohl imstande,
sie mit seiner Willenskraft zu unterdrücken, muß ihr aber doch
| schließlich nachgeben. |
Fall B. P., 22 Jahre alt. Im Frühjahr 1920 Grippe, danach etwa
i Jabr Atembeschwerden, bestehend in hastigem Atmen und nächtlicher
Schlafstörung; später vollkommenes Wohlbefinden. Im Oktober 1923
tauchten Zwangsvorstellungen, Gedanken von Grübelsucht auf, „warum
die Frauen Kleider tragen, warum die Männer keine langen Haare
haben, warum sie in Hosen gehen, warum die Menschen auf den Füßen
und nicht auf dem Kopf gehen“ usw., denen im Dezember 1923, also
2 Monate später, eine zwangsweise Drehung des Kopfes nach links
folgte. Gleichzeitig trat eine spastische Parese im rechten Arm und
in letzter Zeit Zittern in beiden Beinen auf, Im April 1924 in die
Klinik aufgenommen, klagte Pat. über kurzdauernde melancholische
Anwandlungen und Zustände von „Wortlosigkeit“, in denen sie die
Worte nicht finden kann, und obgleich sie sich zu sprechen zwingt,
es doch nicht kann; so wollte sie einmal vom Theater sprechen und.
konnte es nicht, obgleich sie sich anstrengte. Daneben traten auch
kurzdauernde katatonieartige Zustände mit halbseitiger Starre der
rechten Extremitäten und Desorientierung am eigenen Körper auf.
Über einen solchen berichtet Pat.: „Ich habe geglaubt, ich sitze am
Bett und.habe die Jacke an, aber es war nicht wahr; in Wirklichkeit
bin ich gelegen und wußte davon, nur das Gefühl hatte ich, zu ’sitzen.
Die rechte Hand und der rechte Fuß waren so starr, daß ich geglaubt
babe, ich sei tot, deshalb-habe ich mich auch gefürchtet, aufzustehen,
habe gedacht, der Körper sei tot und die Seele ]
? ebt. Sonderbarerweise
habe ich nur deutsch- gedacht und konnte ungarisch nicht denken
— Pat. ist Ungarin und spricht nur schlecht Deutsch —, habe mich’
selbst darüber Enge daß ich doch eigentlich nicht recht deutsch
kann und nur deutsche Gedanken habe; der Zustand dauerte etwa eine
halbe Stunde.“ In den letzten Wochen der Beobachtung zeigte sich
auch eine in einer Schreibstörung bestehende Zwangsvorstellung, bei
welcher die Pat. den Drang verspürte, Worte verkehrt, beginnend mit
dem Endbuchstaben, nicht in Spiegelschrift niederzuschreiben.
‚Die körperliche Untersuchung ergab: Mäßig ausgeprägte steile
Haltung des Körpers, steifen Gang, geringen Tremor der rechten Hand
und des rechten Fußes; der Kopf wird, wenn ihn die Pat. nicht stützt
und in der. Mittellinie hält, ruckweise nach links gedreht. Pat. ist
imstande, diese Deviation wohl zu unterdrücken, muß aber schließlich
nachgeben, bewegt den Kopf zunächst etwas nach links, hält. ihn in
dieser Richtung eine Zeitlang, gibt dann einem neuerlichen Ruck nach,
Erscheinung und in der Literatur in den mannigfaltigsten Formen,
z. B- als Dauerkontraktur der Schulterheber, Blepharospasmus,
Hypoglossuskrampf, antallsweiser vertikaler?) oder seitlicher Blick-
krampf usw., bekannt. Sie sind von den klonischen Zuckungen
nicht allzu scharf getrennt, können gemeinsam bei ein und dem-
selben Individuum vorkommen, sich abwechseln oder aber, wie ich
bei einzelnen Fällen von vertikalem Blickkrampf beobachten konnte,
aus ihnen hervorgehen. Ließ man z.B. einen Patienten, der gerade
im tonischen Krampf den Blick maximal nach oben gerichtet hielt,
ein breiteres Objekt, z. B. ein Blatt Papier — der vorgehaltene
Finger erwies sich dazu nicht sonderlich geeignet — fixieren und.
brachte die Bulbi durch Aufforderung des Patienten, dem Blatt Papier
die Bulbi uur wenige Sekunden in der normalen Stellung, um all-
mählich in klonischen nach aufwärts gerichteten Zuckungen und
gleichzeitigen ruckartigen Bewegungen des Kopfes nach hinten wieder
in eine extreme Kopineigung zu gelängen. |
Hier sei auch ein Ambulanzfall mit tikartigen Zuckungen des
Gesichtes und der Lider erwähnt, bei dem eines Tages plötzlich
`
klonischen Erscheinungen mit einem Schlag zum Verschwinden und
erst nach seinem Aufhören (nach etwa 2 Stunden) wieder zum Vor-
schoin brachte. | ,
Im Gegensatz zu den myoklonischen Zuckungen stehen weiter
die rhythmischen, unwillkürlichen Bewegungen, die nicht so blitz-
artig und kurz verlaufen wie die Myoklonie, sondern eine längere
Dauer, einen längeren Kontraktionszustand aufweisen. Es sind nicht
Zuckungen, sondern Spasmen, die meist einseitig sind, hauptsächlich
Torsionsbewegungen, vorwiegend Innen-Außenrotationsbewegungen
darstellen und nicht selten in gewissen Gliedabschnitten sämtliche
Muskeln befallen. Neben diesen krampihalten rhythmischen Torsions-
bewegungen der Rumpfmuskulatur, spastischer Tortikollis finden sich
auch manchmal Deformationen im Bereiche der Wirbelsäule (Skoliose
mit Konkavität auf die krampfende Extremität zu) und der Gelenke,
Zu diesen unwillkürlichen Bewegungen kommt nun, anscheinend
in letzter Zeit etwas gehäufter, eine Art psychische Komponente
hinzu, die geeignet ist, solche Torsionsbewegungen nicht als un-
willkürlich, sondern als zwangsartig erscheinen zu lassen, und
darum berechtigt, in folgendem drei Fälle mit zwangsartigen Be-
wegungen des Kopfes im Sinne einer Deviation bzw. Manege-
Fall M. K., Elektriker, 24 Jahre alt, Grippe Februar 1919. Nach
sechswöchiger Schlafsucht traten Schlaflosigkeit mit Kopfschmerzen,
später Zuckungen in den unteren Extremitäten auf, die dem Pat. ein
sondern Zuckungen, die mir die Beine immer hinübergeworfen, so
überkreuzt haben, das ist ganz von selbst gekommen und hat immer
vom frischen angefangen; auch wenn ich die Beine gerade ausgestreckt
etwa 8 Wochen und traten unmittelbar nach der Schlaflosigkeit auf.
Nach diesem Stadium (noch im Jahre 1919) fühlte sich Pat. bis auf
zeitweise „Herzkrämpfe“ und Kopischmerzen, die ihn vorübergehend |
am Arbeiten verhinderten, wohl, er arbeitete in, den darauffolgenden
Jahren sehr intensiv, strengte 'sich bis zum Jahre 1923 insbesondere
mit dem Tragen von Kisten übermäßig an, mußte bei dieser Arbeit
den linken Arm pröniert, nach innen rotiert halten, während der rechte
in gewöhnlicher Stellung belassen werden konnte. Im Mai 1923 traten
nun im linken Arm, und zwar zuerst im linken Zeigefinger, ein Zucken
im Sinne einer Beugung, später Torsionsbewegungen des linken Vorder- -
armes nach innen auf, die jedoch die aktive Beweglichkeit des Armes
in keiner Weise behinderten, bei Aufregung keine Verstärkung zeigten
1) Krebs, Über die feineren Merkmale der myoklonischen
Zuckungen und unwillkürlichen Bewegungen bei epidemischer Enze-
2) Vgl. Bruno Fischer, Über vestibulare Beeinflussung der
Augenmuskelstarre bei Encephalitis epidemica. D.Zschr. f.N. 1923, Bd.81.
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bis der Kopf schließlich maximal seitwärts gedreht ist. Zeitweise
fehlende Mitbewegung des rechten Armes beim Gehen. > `
Die Untersuchung der Vestibularapparate zeigte eine normale
Erregbarkeit, hatte einen dauernden Brechreiz zur Folge, der bereits
über Wochen anhält und besonders morgens stark auftritt.
` Die Examina ergaben eine Reihe von psychogenen Momenten,
darunter eine starke Bindung an den Vater, die Sehnsucht, vom Eltern-
haus, zumal sie eine Stiefmutter hat, fortzukommen und zu heiraten.
Eine Zeitlang wohnte ein ihr sympathischer Herr bei der: Schwester,
zu dem sie, da sein Zimmer im linken Trakt der Wohnung lag, stets
mit links gedrehtem Kopf hinüberschauen mußte; als er übersiedelte,
war sie traurig, mußte oft an ihn denken.
Interessant in diesem Falle ist das ursprüngliche Auftreten
von in Grübelsucht bestehenden Zwangsvorstellungen, denen erst
‚etwa 2 Monate später die zwangsartige Deviation des Kopfes nach
rechts nachfolgte. Diese Aufeinanderfolge ist eine bei der Ence-
phalitis epidemica keine so seltene Erscheinung und erweckt den
Anschein, daß die vorangehenden Zwangsvorstellungen manchmal
eine Art psychologisches Substrat für spätere Zwangshandlungen
darstellen. 0 |
Fall V. F., ein in der Literatur bisher einzigartiger
Fall, 13 Jahre alt, Grippe im März 1920 mit 14tägiger, unter chorea- ,
tischen Zuckungen und Doppeltsehen einhergehender Schlafsucht;
nachher eine derartige Besserung des Zustandes, daß Pat. in die Schule
gehen konnte und recht gut lernte. Als Resterscheinung blieb nur ein
eringer Tremor im rechten Arm zurück, der sich ganz allmählich im
aufe der nächsten 3 Jahre in seiner Intensität steigerte und schließlich
auf das rechte Bein übergrif. Im Jahre 1923 erkrankte der Knabe an,
einer rechtsseitigen Mittelohreiterung, die ziemlich rasch mit einer
trockenen Perforation des Trommelfells ausheilte und keine Spuren
einer Schwerhörigkeit hinterließ, Zu Beginn dieses Jahres (1924) ver-
schlimmerte sich der Zustand, es trat eine zwangsweise Störung hinzu,
mit welcher Pat. auf der Klinik aufgenommen wurde.
Die somatische Untersuchung ergab die typische steife Körper-
haltung, eine allgemeine Steifigkeit des ganzen Körpers, bei der
Prüfung auf Beweglichkeit der Bulbi ruckartige sakkadierte Augen-
bewegungen, einen anfallsweisen Blickkrampf nach rechts oben mit
mäßiger Drehung 'des Kopfes nach rechts, einen rechtsseitigen starken
Hemitremor mit eigenartig krampfhafter Beugestellung des rechten
Armes, eine trockene Perforation des rechten Trommelfells bei normalem
Gehör, normaler Stimmgabel- und Vestibularapparatsprüfung als Rest
einer abgelaufenen Mittelohreiterung ohne Labyrinthse ee ie
Prof. Piffl). Der Gang war schwer gestört und in gerader Richtung
nach vorne unmöglich; wurde der Kranke aufgefordert, zu gehen,
begann er zunächst den Kopf und die Augen nach rechts zu drehen,
um sich schließlich um seine eigene Körperachse in manegeartigen,
nach rechts gerichteten Drehbewegungen — die Kreise betrugen durch-
schnittlich 1.m im Durchmesser — so lange fortzubewegen, bis er ent-
weder infolge auftretenden Schwindelgefühls nach rechts umfiel und,
regungslos, ganz steif, mit angezogenen Beinen liegen blieb oder sich
irgendwo, falls -er Gelegenheit dazu hatte, anhielt und stehen blieb.
Dauerten die Drehungen' längere Zeit an, so nahmen sie einen aus-
gesprochen. hüpfenden Charakter an und erinnerten geradezu an die
‚hüpfenden Bewegungen einer Tanzmaus. Durch. energische Aufforde-
rug gelang es nicht selten, einen geraden Gang zu erzielen, ebenso
konnte man den Kranken, wenn man neben ihm herging oder ihn ganz
leicht am Ärmel faßte, zu geradem Gehen bewegen. Auch beim Stiegen-
steigen war eine Unterdrückung der tanzmausartigen rotierenden Be-
R gungen für längere Zeit möglich, nur daß Pat., statt in gerader
Richtung zu ehen, ebenso wie bei den eben erwähnten Versuchen,
eine starke Tendenz zum Abweichen nach rechts zeigte. Zu Zeiten
des anfallsweisen Blickkrampfes nach oben, der gewöhnlich mit, einer
leichten Deviation des Kopfes nach rechts begleitet zu sein pilegte,
schien eine Beeinflussung der Gangstörung beträchtlich schwieriger,
wenn nicht unmöglich zu sein. Der Versuch einer vestibularen Beein-
flüssung ergab ein wechselndes Verhalten; am konstantesten zeigte
‘sich der Einfluß bei starker, bis zum Auftreten eines Schwankens nach
links durchgeführten kalten Auss ülung des linken Ohres — offenbar
olge des zwangsweisen Zuges des Körpers nach rechts war die Fall-
reaktion nach links herabgesetzt —, der einen geraden Gang nach
vorne für kurze Zeit zur Folge hatte. Bei rechtsseitiger kalorischer
usspülung war zeitweise, nicht immer, ein Drehen in kleineren
Kreisen die Folge, auch fiel der Kranke häufig und leichter nach rechts
um; doch "wechselten die Beobachtungen derart, daß eine Gesetzmäßig-
eit nicht festzustellen war.
Diese Form von Gangstörung, die in manegeartigen
Drehbewegungen des Körpers um seine Achse nach rechts
besteht, ist in der Literatur der Encephalitis epidemica
einzig, bisher noch nicht bekannt und eine recht bemerkens-
werte Erscheinung. Sind wir doch bisher gewohnt, bei derartigen
rehbewegungen an, einen vestibularen oder zerebellaren Ursprung
zu denken, während bei dieser Affektion zweifellos eine Lokalisation
der basalen Hirngebiete zugrunde liegt.
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 42.
ist geneigt, für diese Art von Zwangsden
u. Neur., Bd. 52.
vo.
= Dreh- bzw. Rollbewegungen kennen wir aus den Tierexperi-
menten, so nach. Labyrinthexstirpationen, einseitigen . Kleinhirn-
exstirpationen, die allerdings speziell bei letzteren beim Aulsteigen
in der Tierreihe immer geringer werden und sich z. B. beim Allen
nur sehr leicht und unterdrückbar vorfinden; ‚doch haben diese
Rollbewegungen. etwas Krampfartiges, sind nicht unterdrückbar, so
daß in unserem Falle ein zerebellarer Ursprung wohl kaum“in Be-.
tracht gezogen werden kann. `.
Von Wichtigkeit ist weiterhin die rechtsseitige Mittelohreiterung, `
die zunächst den Gedanken an eine Labyrinthschädigung auftauchen
ließ und einen Zusammenhang immerhin ‘möglich machte. Doch:
liegt in diesem Falle weder eine Schwerhörigkeit noch eine Labyrinth-
schädigung vor, so daß es sich höchstens um einen ganz geringen
Defekt peripherer Art handeln kann, der kaum. eine Rolle spielt.
Am ehesten wird anzunehmen sein, daß diese Gaigstörung ein Bei-
spiel des Wegfalles zentraler Einflüsse, welche in elektiv gerichteter
Weise vestibulare Richtungen dämpfen, darstellt. | x
Fassen wir die zwangsartigen Bewegungen der drei ge-
schilderten Fälle zusammen, so. finden wir bei allen eine aus-
gesprochene Deviation des Kopfes nach der Seite, die im letzten
Falle noch mit einer manegeartigen Drehbewegung des ganzen
Körpers nach rechts einhergeht, dieselbe gleichsam einleitet.' Bisher.
waren wir es gewohnt, solche Deviationen des Kopfes mit oder
ohne Augendrehung vor epileptischen Anfällen oder überhaupt bei
Rindenerkrankungen, wie z.B. aus eindm Falle von Schilder und
Bonvicini hervorgeht, in: welchem ‘ein operiertes Endotheliom in `
der Gegend des Gyrus angularis vorlag und zugleich mit einer
lokalen Meningitis ähnliche Reizerscheinungen auslöste, zu 'be-
obachten, und können nun aus derartigen Fällen von Encephalitis: .
epidemica den berechtigten Schluß ziehen, daß auch das Corpus
striatum zu derartigen seitlichen Kopf- und Rumpfbewegungen, sei
es direkt oder indirekt, Anlaß geben kann. Allerdings weisen diese
striären Zwangsbewegungen gegenüber den kortikalen und
vom motorischen System ausgehenden Affektionen insofern einen
Unterschied auf, als die striär bedingten Zwangsbewegungen psychisch
beeinflußbar und mehr oder weniger leicht unterdrückbar erscheinen,
während die kortikalen Deviationen Krampferscheinungen von ele-
mentarem Charakter sind; die dem Einfluß des Individuumis in
keiner Weise unterstehen. Auch den psychischen, bei der Zwangs-
neurose vorkommenden Zwangsbewegungen gegenüber stellen sie
wohl eine gesonderte Gruppe dar, indem sie olt ohne psychische
Wurzel und ohne eigentlich psychologisches Substrat auftauchen,
dabei aber dennoch der Psyche zum Teil untergeordnet sind. Nichts-
destoweniger ist ein Unterschied in dieser Hinsicht vorläufig noch
schwer fixierbar, zumal sich gerade bei der Encephalitis epidemica
psychische (Zwangsdenken, Formulierungszwang usw.) und motorische
Zwangserscheinungen (Palilalie, Paligraphie, Iterativerscheinungen)
nebeneinander vorfinden und dadurch die Grenzen der, Zwangs- u
neurose gegenüber mehr oder weniger 'verwischen. Unter anderen
Autoren beschreibt Herrmann?) einen Fall von: Encephalitis- epi-
demica, der bei Anblick eines hohen Turmes oder eines hohen
Objektes den Drang verspürte, hinaufzusteigen und hinunterzu-
springen, ferner Fälle von Paligraphie und ‚anderen Iterativerschei-
nungen, bestehend in stereotypem Fallenlassen des Körpers auf den
Boden oder auf die Hände, Erscheinungen, welche durch energisches’
Eingreifen- zum Stillstand zu bringen waren, bestätigt auch an der
Hand weiterer Fälle die Bemerkungen A. Picks über ‘das nicht
selten zwangsmäßige Wiederholen bestimmter Sprachformeln, und
wie für die Palilalie und Paligraphie anzunehmen.
Sichten wir in dieser Beziehung den zweiten geschilderten
Fall, so finden wir auch da neben der striären Motilitätsstörung
psychische Erscheinungen wie Grübelsucht, ein Zwangsdenken: in
einer der Pat. weniger geläufigen Sprache, schließlich eine zwangs-
artige, jedoch unterdrückbare Schreibstörung, die, einzelnen Worte
verkehrt, beginnend mit. den Endbuchstaben — nicht in Spiegel-
schrift —, niederzuschreiben, Symptome, denen wir sonst in unver-
änderter Form bei der Zwangsneurose zu begegnen gewohnt sind.
und. die wir rein psychogen werten, | Ä
Nehme. ich hier noch einen Fall von Encephalitis epidemica
hinzu, ‚den ich in der Ambulanz zu beobachten: Gelegenheit hatte,
der laut Anamnese im Jahre 1917 zwangsneurotische Erscheinungen
wie Stenographierzwang, andauerndes. Schnalzen mit den Fingern,
zeigte, im Jahre. 1920 eine mit ‘Schlafsucht einhergehende Grippe
2) G. Herrmann, Zwangsmäßiges Denken und andere Zwangs-
erscheinungen bei Erkrankungen des striären Systems. Mschr. f. Psych;
1461
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1462 19. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
durchgemacht und ein halbes Jahr später die früheren Zwangs-
erscheinungen. in etwas heftiger Intensität wieder bekam, so wird
daraus nur noch mehr ersichtlich, wie schwer striäre und psychische
Zwangserscheinungen von einander zu trennen sind bzw. wie nahe
verwandt sie einander erscheinen. |
Die Zahl stieg dann in der 8. Woche auf 5 Kinder, betrug in
der 9., 11., 12, Woche je ein Kind und im Laufe des vierten
Monats 2 Kinder.‘ Bei einem dieser Kinder, deren Erkrankung mit
| ren die Papeln
Auffällig bleibt, daß man jetzt, wie auch aus der Literatur | sich auf die Analgegend beschränkten. Ä
zu ersehen ist, mehr als sonst derartige Zustände, die wie psychische © I pi
Zwangszustände imponieren, bei der Encephalitis epidemica zum Teil e S EB BE Er Er gr:
als Vorläuler von ausgesprochenen Torsionsbewegungen beobachtet. Termin 8 È S
Es wäre natürlich möglich, daraus den Schluß zu ziehen, daß OTa dda S Na giydi o
'Zwangszustāände überhaupt auch ähnlich lokalisierbar wären wie die |
pathologischen motorischen Erscheinungen der Enzephalitis; selbst-
verständlich vorausgesetzt, daß sich hier eine Regel herausstellen
würde, die umsomehr möglich ist, da wir ja die Wandelb a
des Krankheitscharakters der Encephalitis epidemica im Laufe der |
Jahre kennen gelernt haben, die teils auf eine Änderung. der N ee a a ol
Intensität der Erkrankung, teils auf eine Anderung der Lokalisation |
schließen läßt. Jedenfalls ist es -notwendig
, in Zukunft. diesen
Dingen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ze
Manifestwerden der Lues bei 40 Säuglingen.
Die letzteren Fälle erscheinen besonders beachtenswert, weil
sie uns einen Hinweis dafür geben, wie außerordentlich lange man
noch unter Umständen mit dem ersten Auftreten von Manilestationen
rechnen muß. Das, was bei diesen 40 Säuglingen zuerst aulfiel,
waren in 19 Fällen Hauterscheinungen, davon 3 mit einer Rhinitis
kombiniert, 7mal allein eine Rhinitis, 2mal Ikterus, 3mal eine
Pseudoparalyse, imal eine Periostitis und imal Kubitaldrüsen-
schwellungen mit gleichzeitiger Rhinitis.
Die Erfassung syphilitischer Kinder . bereitet große
Schwierigkeiten. Nicht einmal die Hälfte unserer luischen Patienten
| kam mit der eindeutigen Diagnose „Lues“ in die Klinik. Zum
großen Teil waren es durchaus andere Erkrankungen z. B. der Re-
spirationsorgane, um deren willen die Kinder in die Klinik geschickt
wurden. Die genaue Erhebung der Anamnese’ haite die schon an
anderer Stelle geschilderte Bedeutung. Zum Teil war die Lues vor-
her auch nicht erkannt worden und wurde erst in der Klinik fest-
gestellt. Bei einer größeren Zahl später gestorbener Kinder läßt
sich vielleicht sagen, daß sie verspätet in Behandlung gekommen
sind, olıne daß natürlich damit gesagt wäre, daß eine früher ein-
geleitete spezifische Therapie ihnen mit Sicherheit das Leben ge -
rettet hätte. Sehen wir doch umgekehrt, daß andere Kinder, die
auch nicht prompt, nachdem die Krankheitserscheinungen aufgetreten
waren, in Behandlung kamen, dadurch nicht sicher nachweisbaren
Schaden erlitten haben. : Jedenfalls erscheint uns die Zahl der
Kinder, die verspätet in Behandlung gelangten und gestorben sind,
verhältnismäßig hoch zu sein. | | |
Bei einigen unserer Kinder bestanden überhaupt keine klinisch
wahrnehmbaren Zeichen der Lues, während die Wa.R. positiv und
die Lues anamnestisch zu erfragen war. SE
‘ Bei nicht weniger als 4 Fällen dagegen war das Verhalten
der Wa.R. gerade umgekehrt. Es bestanden typische, zum Teil
recht schwere Hauterscheinungen und die Zeichen vis-
zeraler Lues bei diesen Kindern, während die Wa.R. nega-
tiv war. In einem dieser Fälle wurden im Reizserum Spirochäten
nachgewiesen, ein anderes von diesen Kindern kam später zur
Sektion und zeigte auch pathologisch-anatomisch die Zeichen von
‚kongenitaler Lues. Der Umstand, daß bei vorhandenen Haut-
erscheinungen doch die Wa.R. negativ ausfallen kann, sollte in der
Beurteilung ihres Wertes gerade bei verdächtigen oder unklaren
Hauterscheinungen doch große Skepsis walten lassen. |
| Wie war nun im allgemeinen der Verlauf der Erkran .
kung?‘ Die hohe Mortalität in unserer Statistik, die fast 50 %
beträgt, hat nicht nur die Schwere der Krankheit zur Ursache,
sondern auch die Tatsache, daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl
Kinder moribund oder doch wenigstens nahezu moribund in die
Klinik eingeliefert wurde. So betrug unter 32 Todesfällen die Aul-
enthaltsdauer in der Klinik bis zum Tode bei 11 Kindern nur
3 Tage und weniger. Das klinische Krankenmaterial kann also
kaum annähernd ein absolutes Bild der Mortalität bei kongenitaler
Lues vermitteln.
Aus der Universitäts-Kinderklinik Hamburg-Eppendorf
(Direktor: Prof. Dr. H. Kleinschmidt).
Bemerkungen zur Klinik der Lues congenita.
Von Dr. C. Nelken.
Im Interesse einer nachdrücklichen Behandlung der Lues con-
genita muß die Diagnose möglichst frühzeitig gestellt werden. Bei
der Geburt weist aber nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von
überhaupt lebensfähigen Kindern manifeste Zeichen der Lues auf.
Die Anamnese vermag uns in einer Reihe von Fällen auf die
‘richtige Fährte zu bringen. So gelang es uns, unter 65 klinischen
Fällen, die dieser Arbeit zu Grunde liegen, fast in der Hälfte der
Fälle durch die Anamnese einen Hinweis auf Lues zu erlangen,
Davon war es der Vater allein nur in zwei Fällen, die Mutter
18mal und beide Eltern gemeinsam in 10 Fällen, die sich als in-
fiziert oder infiziert gewesen bekannten., Es muß dabei aber in
Betracht gezogen werden, daß bei den unehelichen Kindern — bei
uns waren es 10 Kinder — Angaben über den Vater kaum oder
doch nicht mit Sicherheit zu erhalten waren. |
Die Tatsache einer zu frühen Geburt sollte stets an Lues
denken lassen. Waren doch 13 Kinder unter unseren Fällen zu
früh geboren; es waren das 6 Achtmonatskinder, 3 Siebenmonats-
kinder und 4 Frühgeborene mit einer nachträglich nicht mehr genau
feststellbaren Abweichung vom normalen Geburtstermin. Diesen
13 Kindern stehen 83 rechtzeitig geborene und 19 Kinder mit un-
bekanntem Geburistermin gegenüber. Ist die Zahl von 20 % der
zu früh geborenen unter unseren luischen Kindern auch eine
relativ hohe, so überrascht es doch, daß unter den Frühgeborenen
unserer Klinik überhaupt der Prozentsatz der luischen Kinder
nach den Erhebungen von Framm nur 5 % beträgt, eine Tatsache,
über die noch: vielfach falsche Vorstellungen bestehen, wenngleich
z. B. Ylppö bereits mit Nachdruck hierauf hingewiesen hat.
: Weitaus die größte Zahl der Kinder, nämlich 48, war
ehelicher Geburt, nur 10 Kinder waren unehelich, während die
Herkunft der übrigen ungewiß blieb. Auch dieses Zahlenverhältnis
der ehelichen zu den unehelich geborenen Kindern steht im Wider-
‘spruch mit den geläufigen Anschauungen über die Zahl der unehe-
lichen luischen Kinder, die meist im Verhältnis zu den ehelich ge-
borenen bei weitem überschätzt wird. —
Wir haben hervorgehoben, daß bei der Geburt nur eine ver-
hältnismäßig geringe Zahl von Kindern Manifestationen der Lues
aufweist. Nach Rietschel soll der Prozentsatz der Fälle, in dem
die Lues manifest wird, in der vierten bis sechsten Woche erheb-
lich ansteigen. Wir konnten. für diese Annahme ebensowenig wie
Pfitzner und auch Fischl und Steinert eine Bestätigung finden.
- In 7 Fällen waren laut Anamnese oder klinisch schon bei der
Geburt auf Lues hinweisende Symptome vorhanden, und zwar be- |
stand in 4 Fällen eine Rhinitis, zweimal nicht näher beschriebene
spezifische Hauterscheinungen und einmal Pemphigus. Im ganzen
sun während der ersten 4 Lebensmonate bei 40 Kindern die Lues
eutli
ch, und zwar, außer den oben genannten 7 Fällen:
in der 1. Woche bei 3 Kindern, |
in der 2. Woche bei 3 Kindern,
in der 3. Woche bei 6 Kindern,
in der 4. Woche bei 6 Kindern,
in der 5., 6., 7.Woche bei einem, zwei und zwei Kindern.
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Bedeutungsvoll für das Schicksal ist vor allem der Umstand
der verminderten Resistenz gegenüber anderweitigen In-
fekten. In allen Säuglingskrankenanstalten gibt es eine mehr oder
weniger starke Häufung von Respirationskatarrhen; aber ihr so häufig
deletärer Verlauf fällt bei den Iuischen Säuglingen immer wieder
besonders auf. So ‚wurden unter 23 sezierten Kindern nicht weniger
als 17mal Komplikationen von seiten der Lungen pathologisch-
anatomisch festgestellt. Überhaupt waren unter den Komplikationen
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' . untersucht würde,
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42,
- des Krankeitsverlaufes die der Respirationsorgane stark vorherrschend,
. Etwa zwei Drittel aller Kinder machte mindestens einen solchen
‚Infekt in der Klinik durch oder war von vornherein damit behaftet;
Und von welcher unheilvollen Wirkung diese Infekte sind, zeigt deut-
lich die Mortalitäts-Statistik zusammen mit den Sektionsbefunden.
Erwähnenswert scheint uns die Tatsache, daß wir gelegentlich von.
fieberhaften Infekten der Atmungswege das spezifische Exanthem
- aulflammen sahen, bei Kindern, die vorher erscheinungslos gewesen -
waren, ja sogar vorher negative Wa.R. aufgewiesen hatten. So z.B.
‘wurde ein ò Wochen altes Kind mit Schnupfen und den Zeichen
einer Ernährungsstörung am 2. Dezember aufgenommen. Die Wa.R.
war negativ. Am 25.—26. Dezember Fieber bis 39°, Husten,
Schnupfen; über den Lungen auskultatorisch massenhaft groß-
'blasige R.G. Am 31. Dezember Auftreten eines über den ganzen.
Körper verbreiteten papulösen Exanthems; daraulhin erneute Vor-
nahme der Wa.R., die nun positiv ausfällt.
Bezüglich der Einzelerscheinungen ist zu sagen, daß sich
©
eine Rhinitis sehr häufig bei den luischen Säuglingen fand, zu-
weilen sogar als erstes verdächtiges Sympiom.' Doch muß immer
wieder differentialdiagnostisch an die katarrhalische Rhinitis ge-
dacht werden, die auch schon bei Neugeborenen vorkommt und
des ölteren mit blutig-schleimigem Ausfluß einhergeht, auch ohne:
daß eine Sekundärinfektion mit Diphtheriebazillen vorliegt.
Ebenso kritisch muß das nicht seltene Vorkommen von Ku-
bitaldrüsen betrachtet werden. Diese sollten, wenn sie doppel-
seitig und verhältnismäßig groß sind, stets Aufmerksamkeit erregen,
doch finden sich‘ solche Drüsen — und nicht nur auf einer Seite —
verhältnismäßig häufig bei etwas älteren Kindern ohne Lues.
Unter den Exanthemen .kamen. uns vor allem papulo-makulöse
zu Gesicht; viel seltener war der Pemphigus und das papulo-pustu-
löse Syphilid. Die Lippenrhagaden, die ebenfalls an einer nicht
‚geringen Zahl von Säuglingen auffielen, zeichnen sich dadurch aus,
daß sie meist über das Lippenrot hinaus bis in die eigentliche
Jedoch konnten wir bei einem
sicher nicht syphilitischen zweijährigen Kinde Lippenrhagaden beob-
achten, die von typisch luischen Rhagaden nicht zu unterscheiden
waren. -
- Bei: der Häufigkeit der luischen Veränderungen des Knochen-
systems erscheint es uns angebracht, die röntgenologische Unter-
erst dann werden uns Verände-
die bei der klinischen Untersuchung dem Auge und
Tastsinn des -Untersuchers entgehen. Bei 40 Kindern wurde das
Skeleltsystem röntgenologisch untersucht, davon wiesen 27 Kinder
und zwar meist eine Periostitis, 4 Kinder
eine Osteochondritis, die fast stets mit periostitischen Erscheinungen
kombiniert war, auf. Bei nicht röntgenologisch untersuchten, zur
Sektion gelangten Kindern, wurde in mehr als der Hälfte der Fälle
ein krankhafter Knochenbefund erhoben, so daß insgesamt unter
54 Kindern, bei denen das Skelettsystem auf Veränderungen
nicht ‚weniger als in 37 Fällen solche gefunden
wurden.
Die Tatsache, daß die kongenitale Lues eine: große Be-
deutung als anämisierende Infektion besonders im ersten
Lebenshalbjahre hat, ist allgemein bekannt. Unter 25 Kindern, bei
denen genaue Blutstaten gemacht wurden, wurde in 17 Fällen
. weniger als 60°/, Hämoglobin bei zum Teil nicht sehr erheblich
verminderter Erythrozytenzah] festgestellt, während in. 10 Fällen
weniger als 3 Millionen Erythrozyten gezählt wurden. Eine Repa-
ration der Anämie wurde während der antiluischen Behandlung
keineswegs immer beobachtet; zum nicht geringen Teil mögen auch
Interkurrente Erkrankungen dabei mitgespielt haben. In anderen
Fällen wurde eine Besserung der Anämie im Laufe der antiluischen
. Behandlung beobachtet, so in einem Falle, in dem der Säugling zu
eginn der Kur bei einem Hämoglobinwert von 480/, etwa 2,6 Millionen
roter Blutkörperchen aufwies, ‘während nach der Kur der Hämo-
globingehalt auf 680/ und die Zahl der Erythrozyten auf 8,6 Millionen
gestiegen war; bemerkenswerterweise hatte sich der Ausfall der
Wa.R. nicht geändert, und war nach wie vor positiv geblieben. In
einer nicht unerheblichen Reihe von' Fällen sahen wir im Laufe der
wöchentlich vorgenommenen Harnuntersuchungen pathologische
Befunde. Unter 48 Fällen, in denen der Harn regelmäßig unter-
Sucht wurde, traf das bei 18 Kindern zu. Von diesen fand sich der
pathologische Befund meist schon bei der Aufnahme, also vor Beginn
der Behandlung, und war dann oft schon
„on Quecksilber und Salvarsan gewichen.
engi, Pothologischen Harnbefund verloren
nach wenigen Injektionen
6 Kinder starben, ohne
zu haben und vor Be-
Sung einer Kur, meist sogar schon zu deren Beginn. Zweimal
auch liessen Hautfarbe und Turgor nichts
trat während der Kur ein vorübergehender Befund auf. In einem
dieser Fälle hatte das Kind klinisch‘ keine Anzeichen der Lues.
Nur die Anamnese war hinweisend, außerdem die Wa.R. positiv.
Nach den ersten 5 kombinierten Neosalvarsan-Cyarsal-Injektionen
war der Urinbefund stets negatiy gewesen. Nach der. 6. Injektion
trat‘im Harn eine leichte Eiweißtrübung auf ohne Sedimentbefund.
Nach der 7. Injektion lautete der Urinbefund: „Eiweiß: kleine Kuppe;
im Sediment: reichlich Leukozyten; einzelne Erytlırozyten, Epithelien,
gramulierte und -hyaline Zylinder.“ Es trat beiden folgenden In-
jektionen weder eine Verschlechterung des Allgemeinbefindens noch
eine solche des Harnbefundes auf. Nach der 10. Injektion besserte
"sich der Urinbefund zusehends und verschwand endgültig nach der
11. Injektion. Re:
| Bei 5 Kindern stellte sich die Nierenschädigung ’erst kurz
vor dem Tode ein, ohne daß es sich entscheiden ließ, ob es sich
dabei um eine Schädigung: durch die Kur oder durch die Lues
handelte. Die pathologisch-anatomische Untersuchung einer Nieren-
allektion, die erst während: der Behandlung aufgetreten war, zeigte .
das Bild einer interstitiellen Nephritis,: also einer Form .der. Nieren-
erkrankung, die Frank als die häufigste bei Lues congenita an- `
sieht. Nach diesen, allerdings nicht sehr umfangreichen, Erfahrungen
scheint es, als wäre ein pathologischer, Harnbefund, der nicht im
Verlauf der Behandlung weicht, als signum. mali ominis zu bewerten.
Bei einer Anzahl von Fällen mag die Lues ohne spezifische ‚Ver-
änderungen in der Niere zu einer Nierenreizung geführt haben ‚ ist
doch die Säuglingsuiere und zumal die Niere des jungen Säuglings,
wie Finkelstein hervorhebt, von einer besonders großen Empfind-
lichkeit, sehen wir doch schon bei einem banalen Schnupfen zuweilen
beim Säugling einen positiven Urinbefund auftreten. |
Nach Lage der Dinge mußte der Ernährung der luischen
Kinder ein besonderes Interesse entgegengebracht werden. Wir
mußten darauf bedacht sein, die natürliche Resistenz der Kinder
durch die Art der Ernährung aufrecht zu erhalten bzw. zu heben. `
Weiterhin mußten nach Möglichkeit Komplikationen durch das Auf-
Demgemäß
treten von Ernährungsstörungen verhindert werden.
wurde schwächlichen jungen Säuglingen,
soweit nur irgend ver-
fügbar, abgespritzte Frauenmilch
gegeben. Andernfalls wurde bei
ihnen die Ernährung mit Buttermilch begonnen, dann Einbrenne X
und Zucker in vorsichtiger Steigerung zugegeben. Bei anderen, .
stark untergewichtigen Kindern, die ernährungsgestört in die Klinik
kamen, wurde nach anfänglicher Darreichung von Eiweißmilch die
Ernährung erfolgreich mit Buttermehlnahrung fortgesetzt. Die An-
wendung fettangereicherter Nahrungsgemische schien uns bei syphi-
litischen Kindern aus den oben genannten Gründen besonders án-
gezeigt. In der Tat ließ sich bei einer Reihe von Kindern im Verlaufe
der spezifischen Behandlung eine gute Gewichiszunahme erzielen;
zu wünschen übrig.
Andere Kinder nahmen erst gegen Ende der Behandlung zu, nach-
dem ihre Gewichtskurve vorher Schwankungen und langsames, un- |
regelmäßiges Fortschreiten gezeigt hatte. Auch bei der ambulanten
Behandlung spielte die Ernährungsfrage eine wichtige Rolle,
die von ihren Müttern gestillt wurden, haben wir prinzipiell, wenn
der Allgemeinzustand nicht allzu schwer war, zu Hause weiterstillen
lassen und ambulant behandelt. Daß diese Aıt des Vorgehens
richtig ist, darüber wird kaum ein Zweifel aufkommen. Im übrigen
ist aber die Frage, ob ambulante oder Krankenhausbehandlung vor-
| zuziehen ist, verschieden beantwortet worden. u
Unsere Erfahrungen in der Poliklinik bewiesen, daß nur |
verhältnismäßig wenige Mütter für eine ganze Kur mit ihren Kindern
wieder und wieder kamen. Allerdings mag die ziemlich ungünstige
‚Lage unserer Poliklinik (an der Peripherie der Stadt), der mit dem poli-
klinischen Besuch verbundene Verlust an Zeit und, was für dieInflations-
zeit nicht unwesentlich war, das Fahrgeld eine Rolle im ungünstigen
Sinne gespielt haben. So wurde eine Anzahl Kinder mehr oder
weniger olt zur Injektion gebracht, blieb dann aber anbehandelt
fort, nachdem womöglich die den Eltern erkennbaren Zeichen der
Krankheit geschwunden waren. Auch ‚briefliche Aufforderung der
Eltern blieb meist fruchtlos.
scheinen, solchen in nicht unerheblichem Maße ausgeseizt, wurden
aber doch zumeist nicht vor
geholt. Jedenfalls, ob die Behandlung nun in der Klinik oder Poli-
klinik erfolgte, sahen wir uns vor die Aufgabe gestellt, in mög-
lichst kurzer Zeit eine möglichst nachhaltige Kur zu ver-
abfolgen. In den letzten Jahren wurden, um diesen Anforderungen
zu entsprechen, ausschließlich Mischspritzen nach Linser gegeben,
indem Neosalvarsan mit Oyarsal oder auch Novasurol, in der ersten
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In der Klinik dagegen waren die
Kinder, die ja für Infekte der Respirationsorgane besonders disponiert
Beendigung der Kur von den Eltern
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Zeit auch Sublimat kombiniert wurde. Es geschah das nach der
bekannten Technik, indem zuerst das frisch gelöste Neosalvarsan,
dann das Quecksilberpräparat in die gleiche Spritze aufgezogen und
nun schnell injiziert wurde.
wurden Infiltrate bemerkt, die jedoch stets nach kürzerer Zeit ver-
schwanden. Bei dem Gebrauch von Cyarsal-Ampullen, die, wie
sich später herausstellte, etwa 3 Jahre alt waren, traten nach fast
jeder Injektion erhebliche Infiltrate auf. In diesen Fällen war die
Neosalvarsan-Cyarsal-Mischung in der Spritze aber nicht klar ge- |
blieben, sondern es hatte sich jedesmal alsbald eine graue Trübung
der Lösung ausgebildet. Abszesse wurden gelegentlich, jedenfalls
nicht mehr als bei anderen ‚Behandlungsmethoden beobachtet.
Einige Kinder reagierten auf die -Einspritzung jedesmal. mit einer |
leichten 'Temperaturerhöhung, die aber stets bald wieder der
normalen Temperatur wich. Ob die Injektion intravenös oder
intramuskulär erfolgte, schien hier nicht von maßgeblicher -Bedeu-
tung zu sein. | A: | =
"Im ganzen erhielten |
Kur, 6 Kinder zwei Kuren, 1 Kind drei Kuren. Von der Beur-
teilung der Kinder, die keine vollständige Kur bekamen, soll im
Folgenden abgesehen werden. Dabei verstehen wir unter voll-
ständiger Kur 12 Injektionen der genannten Mischungen in meist
5tägigen Intervallen. ' a
Den einzigen in gewisser Hinsicht gleichmäßig zu verwerten-
“den Maßstab für den Behandlungserfolg bietet die Wa.R,, ohne
daß der Umschlag der Reaktion zum Negativen übermäßig bewertet,
sondern mehr als das Verschwinden eines wichtigen Symptoms
angesehen wird. Das Verschwinden irgendwelcher luischer Er-
scheinungen, z. B. von Hauterscheinungen, kann nur mit Vorsicht
als Behandlungserfolg gebucht werden, sieht man doch solche selbst
ohne Behandlung oft bald verschwinden. |
- In den letztgenannten 26 Fällen bestand zu Beginn der Kur
positive Wa.R. Bei den 10 Kindern, die mit der Neosalvarsan-
Novasurolkombination behandelt wurden, blieb nach Beendigung
der Kur zweimal die Wa.R. positiv, einmal war sie zunächst negativ,
wurde einen Monat nach..der ersten Kur, als schon die zweite Kur
eingeleitet war, positiv, um nach der zweiten Kur wieder negativ.
. zu werden.
In einem anderen Falle blieb die
der ersten wie zweiten Kur positiv.
In den’ 12 Fällen, die mit der Neosalvarsan-Oyarsalmischung
behandelt wurden, blieb die Wa.R. nach der ersten Kur dreimal
positiv. Außerdem war in einem Falle die Wa.R. zunächst positiv,
um nach kurzer Zeit negativ zu werden, blieb während. und un-
WaR. sowohl nach
mittelbar nach der zweiten Kur negativ, wurde nach einiger Zeit
darauf wieder positiv, um nach der dritten Kur wieder negativ zu
‚werden.
delten 4 Fällen blieb die Wa.R. zweimal positiv, während sie
einmal sofort und im vierten Falle einige Zeit nach der Kur
negativ wurde.
Wir sehen aus dem sprunghaft wechselnden Verhalten der
Wa.R. bei einzelnen dieser Fälle deutlich, daß die Wa.R. kein zu-
verlässiges Kriterium für den Erfolg einer Kur abgibt. Ein ähn-
liches Verhalten zeigt die WaR. ja auch bei luischen Erwachsenen.
So konnten wir denn mehrfach erleben, daß die Eltern unserer
Patienten recht überrascht waren, wenn sie erfuhren, was ihren
Kindern fehlt.
die Mutter uns berichteten, sie hätten zwar Lues gehabt, hätten
dann eine oder auch mehrere Kuren durchgemacht und ihr Blut wäre
darauf „gesund“, d. h. die Wa.R. negativ gewesen; ja einmal wurde
von den Eltern ein Schein, auf dem der negative Ausfall der Wa.R.
verzeichnet war, vorgewiesen, als Beweis für ihre angebliche Ge- |
sundheit. Allzusehr scheint uns im Publikum der gefährliche Glaube
verbreitet zu sein, daß der einmalige negative Ausfall der Wa.R. der
Heilung gleichzusetzen ist. Darum sollte von den Ärzten, die
es mit der Lues der Erwachsenen zu tun haben, ebenso wie von }
den Kinderärzten, immer wieder und wieder auf die langdauernde
Behandlungsnotwendigkeit der Lues hingewiesen werden, und dann
vor allem auch darauf, daß der einmalige negative Ausfall der Wa.R.
keineswegs nun die Gesundung von dieser heimtückischen Krank-
heit bedeutet.
Literatur: Ylppö, Zschr. f. Kindhlk. 1919. — Rietschel, M. Kl. 1909, —
Pfitzer, Zschr. f. Kindhlk. 1918. — Fischl und Steinert, Arch. £ Kindhik. 1921.
— Frank, Zschr. f. Kindhlk. 1922. — Finkelstein, Lehrb. d. Säuglingskrkh.
1924. — Linser, M. KL 1919, l f
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
y a l 2219, Oktober
Bei etwas älteren Kindern geschah das
zumeist intravenös, bei jüngeren häufig intramuskulär. Mehrmals |
der neueren Literatur nur vereinzelte Berichte, in denen über
dern es sich um das Aushusten multipler Steine handelt. Auch die |
Röntgenära hat in dieser Beziehung keine wesentlichen Fortschritte
-Röntgenbilder gefunden, die aber weniger durch die Ansammlung
en 26 Kinder mindestens eine vollständige |
zu identifizieren waren. Umsomehr erschien uns ein Patient, der
sund gewesen zu sein. Mit dem 14. Lebensjahr kam er in einer kleinen |
gab er an, daß es bei der Arbeit üblich ist,
staub eingeatmet wurde, während der schwerere Granit sofort zu Boden
‚sank. Bis zu seinem 38. Lebensjahr übte
| auf einem Militärfriedhof hinter der Front beschäftigt. Bis zum Jahre
beschwerden, die sich wieder in Husten und Atemnot äußerten, aus
In den gleichzeitig mit Neosalvarsan-Sublimat Behan..
| blutüngen, während deren er weiterhin zahlreiche. Steine aushustete.
sichtbaren Schleimhäute sind mäßig durchblutet. Am. Herzen ist kein
Mehr als einmal kam es vor, daß der Vater oder | 36,4. An.den Konkrementen sollen einmal Tuberkelbazillen nach-
in.‘
Aus der Röntgenabteilung des Städtischen Krankenhauses im
“Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Dr. Max Cohn).
Über die Beziehungen zwischen Steinhauerlunge
a Fe ` und Lungensteinen.
Von Dr. Ernst Brock.
"Während Lüungensteine auf dem Sektionstisch häufiger zur `
Beobachtung kommen, finden sich sowohl in der älteren wie auch
klinische Befunde von sicher ausgehusteten Lungensteinen Angaben
gemacht werden. In ganz besonderem Maße ist dies der Fall, so-
gebracht. Man hat zwar bei den Pneumonokoniosen typische
von Stein- oder ‚Metallstaub an lokalisierten Stellen bedingt waren
als durch die bindegewebige Reaktion der Lunge auf den chronischen
Reiz der Einatmung spezifisch schwerer Stoffe. Auch in den Fällen,
in denen. Steine ausgehustet wurden, zeigten sich im Röntgenbilde
selten Schatten, die mit Sicherheit mit den ausgehusteten Steinen
der Röntgenabteilung durch die Lungenfürsorge überwiesen wurde,
durch sein -eigenartiges Röntgenbild geeignet, über eventuell be-
stehende Beziehungen zwischen Lungensteinen und Steinhauerlunge
Aufschluß zu geben.
~. » Der Patient August W., 47 Jahre alt, gab an, als Kind stets ge-
Stadt Schlesiens in die Lehre zu einem Steinmetz und Bildhauer,
welchen Beruf er seitdem ununterbrochen ausgeübt hat. Auf Befragen
en Steinstaub, der beim
inmeißeln der Schrift oder von Ornamenten euitsteht, mit den Lippen
fortzublasen, um das aufgezeichnete Muster dauernd sehen zu können.
Hierbei beobachtete er, daß besonders bei Sandsteinarbeiten der Stein-
W. seinen Beruf, zuletzt in
Berlin als Grabsteinfabrikant, ohne jede Beschwerden aus. Als er aber
1914 eingezogen wurde und größere körperliche Anstrengungen zu be-
wältigen hatte, traten Husten und Atemnot auf. Vom, Jahre 1915 an
wurde er daher nicht mehr an der Front, sondern in seinem Beruf
1917 konnte er ohne wesentliche Beschwerden den Anforderungen dieses
Dienstes nachkommen, mußte aber dann wegen dauernder Lungen-
dem Heeresdienst entlassen werden. Im Jahre 1920 hatte Patient eine .
akute Lungenentzündung und hustete jetzt zum ersten Mal im Anschluß
daran unter starken Blutungen zahlreiche Steine ‚aus. Durch seinen
Arzt veranlaßt, gab W. jetzt seinen Beruf vollständig auf. Von 1920
bis zum Frühjahr -1923 litt er unter anfallsweise auftretenden Lungen-
Die Pausen zwischen den Anfällen schwankten zwischen ein paar
"Wochen und mehreren Monaten. Seit dem Frühjahr 1923 haben die
Anfälle aufgehört, die Kurzatmigkeit bei den geringsten körperlichen
tr de besteht fort. | %
Bei der Untersuchung zeigt sich der Patient als ein grazil ge- `
bauter Mann von mittlerer Körpergröße. Ernährungszustand ist mäßig,
das Körpergewieht beträgt 60 kg. Die Gesichtsfarbe ist gebräunt, -dio
pathologischer Befund nachzuweisen. Es besteht zurzeit mäßiger Aus |
wurf; auch klagt Patient über Nachtschweiße. Die Temperatur ist
gewiesen worden sein. Bei der Perkussion sind die Te i
wenig verschieblich, über dem linken Oberlappen ist der Klopfschall
abgeschwächt und bei der Auskultation ergeben sich dortselbst klein-
blasige Rasselgeräusche, sonst kein wesentlicher Befund.
Die Röntgenuntersuchung der Lungen ergibt: Bei der Durch
leuchtung ‚sind beide Lungen in ihrem Luftgehal
| alt stark herabgesetzt
und das Zwerchfell beiderseits in seinen Exkursionen etwas beschränkt.
Der Hilus ist stark verbreitert. Die Lungenfelder zeigen i
ihren oberen Partien eine eigenartige Tüpfelung, die an eine indurative
Tuberkulose erinnert. Die Röntgenphötographie zeigt den Hilus
wiederum stark verbreitert, kräftige bindegewebige Stränge besonders
in die unteren Lungenfelder sendend. Beide Lungenfelder zeigen, M
ihrer ganzen Ausdehnung, besonders aber oben, zahlreiche, kieme,
runde, scharf abgesetzte intensive Schattenherde, die. zum Teil wie
Perlen auf einer Schnur angeordnet sind. Im Hilus haben diese Herde
einen größeren Durchmesser. Der intensive Kalkgehalt und die An
ordnung der Herde spricht gegen eine frische Tuberkulose,
- Die ee Steine etwa 20—25 an der Zahl zeigen ein®
verschiedene Größe von Stecknadelkopf- bis ungefähr Erbsengröße.
Zum Teil bilden sie eine Stange wie ein Korallenast, bei: dem größere
Auftreibungen von Einschnürungen unterbrochen sind. Anamnese,
klinischer Befund und Röntgenbild schienen in diesem Falle restlos
besonders in
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übereinzustimmen in der Diagnose: „Steinhauerlunge“, die auch auf
den ersten Blick das eigenartige.Röntgenbild restlos zu erklären schien.
Zur Bekräftigung wurden daher die ausgehusteten Steine chemisch
analysiert, ließen aber die erwartete Übereinstimmung mit dem ein-
` geatmeten Steinstaub nicht nachweisen, sondern erwiesen ‘sich als aus
ohlensaurem und phosphorsaurem Kalk zusammengesetzt. (Martin
Jacoby.) Die einfache, besonders durch Form und Anordnung der
Steine als in den Bronchien abgesetzter 'Steinstaub einleuchtende Er-
klärung erschien daher nicht mehr haltbar. ER,
| In der uns zugänglichen Literatur fanden sich Angaben über
9 identische Fälle. Zwar waren ähnliche Bilder wie unser Fall
als hochgradige Fälle von Pneumonokoniose häufiger beschrieben,
in keinem dieser Fälle waren aber Lungensteine als die Urheber
der Schatten wirklich ausgehustet worden. . |
Bei dem einen Fall handelt es sich um eine 35jährige Patientin,
die etwa 35 Steine zwischen Stecknadelkopf- und Erbsengröße ausgehustet
hat. Die Pat. hatte 7 Jahre vorher eine Brustfellentzündung, danach
zweimalige Häimoptoe durchgemacht. Die Steine wurden bei. Husten-
anfällen, die zwei- bis dreimal jährlich auftraten, ausgehustet. Besonders
intensive Berührung mit Steinstaub lag nicht vor. Die chemische Unter-
suchung ergab kohlensauren und phosphorsauren Kalk. |
In dem andern Fall handelt es sich um eine Gärtnersfrau,
die sonst stets gesund gewesen war. 1914 machte sie eine In-
fluenza durch und litt seitdem unter Husten und Auswurf.
die Patientin eine erneute fieberhafte Erkrankung und hustete unter
heftigem Husten und Atemnot einen Knochen aus. Seitdem litt Patientin
dauernd unter Husten. 3%, Jahre danach erlitt Patientin einen gleichen
Anfall. Die zutage geförderten Steine waren etwa pflaumengroß,
_ korallenartig gezackt und zeigten Knochenstruktur. |
Drei Tatsachen sind. unsern drei Fällen gemeinsam: Erstens
die multipel ausgehusteten Steine, zweitens die Tuberkulose (denn
auch bei den fremden , Fällen muß man wohl aus der Anamnese,
— Hämoptoe, Pleuritis, dauernder Husten — Tuberkulose. annehmen),
drittens die chemische Zusammensetzung der Steine.
| Während also der Zusammenhang zwischen dem Steinstaub,
der auch nur in einem Falle in möglicher Nähe liegt, und. den
Lungensteinen nicht nachzuweisen ist, scheint dagegen die Tuberkulose
wesentlichen Anteil an der Entstehung der Lungensteine zu haben..
Bereits 1898 hat Pollack an einem großen Leichenmaterial
bei Untersuchungen über Verknöcherungen in der Lunge in der
überwiegenden Zahl der positiven Fälle Tuberkulose nachgewiesen.
‘Aber auch außerhalb der Lungenpathologie findet sich die Affinität
des tuberkulösen Gewebes zum Kalk. Der röntgenologische Nach-
weis der Bronchialdrüsentuberkulose fußt auf der Kalkinfiltration
des Drüsengewebes, da die markige Schwellung allein sich nach
Lage und Zusammensetzung zumeist dem röntgenologischen Nach-
weis entzieht. Auch Knochen- und Nierentuberkulose zeigen an
den erkrankten Partien eine Anreicherung des Kalkgehalts, was
bei der Knochentuberkulose mit einer Atrophie in den peripheren
Partien verbunden ist. Bei einem Fall von Nierentuberkulose führte
der starke Kalkgehalt des tuberkulösen Eiters zur irrtümlichen Dia-
gnose von Nierensteinen. |
~ [n dem von uns beschriebenen Fall ließe sich speziell die
eigenartige Form und Bildung der Steine logiseherweise dadurch
erklären, daß bei bestehender Lungentuberkulose die Bronchial-
schleimhäut durch die feinen Steinstaubpartikel verletzt wurde und bei.
‚dem Heilungsprozeß sich Kalk in derartiger Menge dort, angereichert
hat, daß das Lumen der Bronchialäste vollständig ausgefüllt wurde.
Zusammenfassend ergibt sich danach:
1. Ein direkter Zusammenhang zwischen Lungensteinen und.
Steinhauerlunge besteht nicht. |
2. Die Lungensteine sind nicht als direkte Derivate des ein-
geaimeten Steinstaubes bei einem Steinhauer aufzufassen.
3. Die Bildung von Lungensteinen scheint vielmehr abhängig
von sekundärer Tuberkuloseaffektion zu sein.
-
Aus der Chirurgischen Universitäts-Klinik und Poliklinik der Charite,
Berlin. (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Hildebrand.)
Über Daumenkontrakturen bei kleinen Kindern im An-
schluß an das Krankheitsbild des schnellenden Fingers.
Von Dr. Gustav Hauck. 2
Fingerkontrakturen bei kleinen Kindern sind’ entweder an-
geboren wie die kongenitale Kontraktur des Kleinfingers oder er-
worben wie dieNarbenkontrakturen nach Verbrennung oder Quetschung.
Daneben gibt es auch noch eine Kontraktur, die ohne ein sinnfälliges
rauma an einem anscheinend gesunden Finger ganz plötzlich auf-
tritt und die Mutter des Kindes meist in große Aufregung versetzt. -
Der befallene Finger zeigt äußerlich weder an dem gebeugten Ge-
© 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 2. 0 00 o
1915 hatte
' kurzer
teilen je einen Fall von
lenk, noch an der Haut irgendwelche Veränderungen, die die Beuge-
stellung erklären könnten. Aus den Lehrbüchern ist uns über diese
Kontraktur nichts bekannt. Durch vergleichende Untersuchung, aus
‚einigen anamnestischen Angaben und den Mitteilungen in der
“Literatur haben wir erkannt, daß diese Kontraktur eine Begleit-
erscheinung des schnellenden Fingers ist. Als Schnellen des
Fingers bezeichnet man ‚bekanntlich eine Störung im gleichmäßigen
Ablauf seiner Bewegung. Der Finger wird dabei während der
Beugung oder: Streckung plötzlich gehemmt, um dann mit einem
kurzen Ruck in seine Endstellung zu springen. Diese Bewegungs-
hemmung wird hervorgerufen durch. ein mechanisches Hindernis,
meist in Form einer knotigen- Verdickung der Sehne oder -der
Sehnenscheide. Der Knoten wird aber selten so groß, daß er die
Überwindung des Hindernisses durch forcierte aktive Beugung oder
Streckung unmöglich machte. Und trotzdem geschieht es oft, daß
der Patient den Finger nicht mehr über das Hindernis hinaus-
bewegt, sondern ihn in der Winkelstellung ‚gebeugt hält, in der bei
der Streckung das Schnellen einzutreten pflegt. So entsteht. die
Kontraktur des Fingers. Am schnellenden Finger des Erwachsenen
ist sie seltener zu finden und nur bei Leuten von großer Indolenz.
Bei Kindern tritt sie fast regelmäßig auf, besonders in den ersten
Lebensjahren, da diese Kinder in dem Augenblick, wo das Schnellen
anfängt, Schmerzen zu verursachen, die aktive Bewegung des Fingers
über das -Hindernis hinaus überhaupt: einstellen und den Finger
lieber gekrümmt lassen: Bei.ganz kleinen Kindern kann die Kon-
traktur längere Zeit unbemerkt: bestehen, bis sie eines Tages von
der Mutter ganz zufällig beim Waschen des Kindes entdeckt wird.
Ältere Kinder schreien nach Angabe der Mutter plötzlich ganz.
unmotiviert auf und klagen über Schmerzen am Finger, den die
Mutter dann in gekrümmter Stellung fixiert findet.. An dem er-
krankten Finger haben aulmerksame Mütter auch schon vorher ein
Schnellen beobachtet. In andern Fällen hat die Kontraktur jahre-
lang bestanden, ohne daß sie vom Patienten oder seinen Angehörigen
richtig erkannt und gewürdigt worden wäre.‘ Durch die dauerhde
Beugestellung des betreffenden Fingergelenkes tritt dann leicht eine
Kapselschrumpfung ein, so daß selbst nach Beseitigung des Knotens _
im tendovaginösen Apparat die Streckung nicht mehr ganz voll-
kommen ist.. Meistens aber wurde von der Mutter, sowie sie: die
Kontraktur bemerkte, der gekrümmte Finger sofort in die Streck-
stellung gedrückt. Der zu Rate gezogene Hausarzt fixierte mittels
einer Schiene den Finger in. der Streckstellung. Jedoch hatte sich
nach Abnahme des Verbandes mit dem ersten ‚Faustschluß die
In dieser Weise waren -
Kontraktur wieder regelmäßig eingestellt.
die meisten unserer kleinen Patienten schon mehrfach vorbehandelt,
ehe sie in die Poliklinik kamen. - EL ou?
Wir beobachten die
Affektion 4—5 mal im
Jahre unter durchschnitt-‘
lich 15—20000 Patienten.
Ausnahmslos war der Dau-
men befallen, einer allein
‘oder beide zusammen, ent-
weder gleichzeitig oder in
Aufeinanderfolge. |
Dies stimmt im wesent- : |
lichen überein mit den An-
gaben verschiedener Auto-
ren in der Literatur. Nur
Leisrink und Poulsen
ee u Zee
Kontraktur' des Mittelfin- '
ers mit. Berger und eo. en rt
enzer haben bei ihren Fällen am . Ring- und re nur
das Schnellen beobachtet. Mehrere Male : waren Brüderchen und
Schwesterchen erkrankt und ‚zwar waren die ersten Anzeichen auf-
fallender Weise im gleichen Lebensalter. aufgetreten. Es handelt sich
gewöhnlich um eine Kontraktur des Endgelenks.
unter der Beugefalte des Grundgelenks einen bis erbsengroßen Knoten,
der sich -bei aktiven Bewegungen meist mitverschiebt, also vermutlich
der Sehne angehört. Von der Winkelstellung aus kann das Endglied |
noch weiter aktiv und passiv gobougt werden; gestreckt wird es von
hier aus. nur noch passiv, aber unter Schmerzensäußerungen. Wird von
der Streckstellung aus das Endglied passiv gebeugt, so geht es beim
Nachlassen des Beugedruckes meist selbst wieder in die Streck-
stellung zurück. | | E E 2
“Die Operation ist sehr’ einfach und führt in jedem Falle. zur
vollkommenen Beseitigung des Übelstandes.. Durch einen kleinen
Hautschnitt wird „die laterale Seite der Sehnenscheide freigelegt
und hier seitlich ein Stück weit aufgeschlitzt. Hautnaht..
bande soll der Daumen noch etwas beweglich sein.
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= kann man beim Kinde nicht annehmen.
bei seinem Fall die Entstehung des Sehnenknotens auf das Fest-
1466
In den meisten unserer Fälle handelte es sich um eine gleich-
mäßige spindelförmige Anschwellung der Sehne, wodurch die freie
Passage durch den kurzen osteofibrösen Kanal des Ligamentum anulare
am Daumengrundgelenk behindert wurde. Histologisch bestand dieser
Sehnenknoten aus normalem Sehnengewebe oder es war höchstens
das Epitenon und Endotenon etwas verdickt und verdichtet. Pels-
Leusden fand zwischen den auseinandergedrängten Sehnenbündeln
ein dickes Gefäßknäuel, Hiller hyalines Knorpelgewebe mit quer-
R Muskelfasern, Hoffmann Sklerose und Endarteriitis der
efäße. Viel weniger häufig liegt der Knoten der Sehne als Höcker
auf. Dann ist aber auch meist das Epitenon verdickt und milchglas-
artig getrübt. Einmal fand sich der proximal vom Ligamentum ge-
legene Abschnitt der Sehnenscheide hernienartig vorgestülpt. Darunter
lag der Selinenknoten, der sich beim Öffnen der Sehnenscheide wie
der Balg einer Ziehharmonika auseinanderzog. Es hatte sich also die
Sehne vor dem etwas engeren Ligament zu einem Knäuel aufgerollt
und nach der operativen Erweiterung des Sehnenscheidenkanals wieder
geglättet. In einem Falle war die Sehne frei. Dafür befand sich aber
> Sehnenscheide eine hypertrophische Synovialzotte in Form eines
O
ypon, der sich bei den Bewegungen der Sehne unter das Ligamentum
einklemmte und die bekannte Störung verursachte.
Solche Fälle bilden aber immer eine Ausnahme von der Regel.
Wie auch aus der Literatur ersichtlich, ist es meist die spindlige Auf-
treibung der Sehne, welche die Ursache zum Schnellen und dann
späterhin zur Kontraktur abgibt.
Die Ätiologie dieses Leidens ist unklar. Eine traumatische
Genese wie beim Erwachsenen, der schwere Handarbeit verrichtet,
Tilmann glaubt zwar
halten an der Kante eines Gehstubles zurückführen zu können.
Dem stehen aber wieder so und soviele Fälle gegenüber, wo ein
ähnliches traumatisches Moment nicht vorliegt, ganz abgesehen da-
von, daß dieses zuerst an der Sehnenscheide Veränderungen hervor-
zurufen pflegt. Viel wahrscheinlicher handelt es sich um eine
kongenitale Veranlagung, eine Ansicht, wie sie von Pels-Leusden,
Baumann, Genzer und andern vertreten wird. Dafür spricht der
Umstand, daß mehrere Kinder derselben Familie im gleichen Lebens-
alter von der Krankheit befallen werden, und weiterhin, daß bei
einseitiger Erkrankung sehr oft auch am andern Daumen ein kleiner
Knoten gefühlt wird, der aber keine Erscheinungen macht.
Die spindelförmige Verdiekung der Sehne bleibt auch nach der
Operation noch deutlich fühlbar. Wir haben sie auch noch nach3 Jahren
unverändert gefunden. Beschwerden oder Funktionsstörungen hat sie
in der operativ erweiterten Sehnmenscheide nie wieder verursacht.
Literatur:
2. Berger, D.Zschr. f. prakt. Med. 1875. — 3. Genzer, W.kl.W. 1892, Nr. 48. —
4, Hauck, Über eine Tendovaginitis stenosans der Beugesehnenscheide mit dem
Phänomen des schnellenden Fingers. Arch. f. klin. Chir. 1928, 123. — 5. Hiller,
Über den schnellenden Finger. Zschr.f.orthop. Chir. 1908, 20. — 6. Hoffmann,
Zur Ätiologie des schnellenden Fingers. Diss. Jana 1914. — 7. Leisrink, Über
den schnellenden Finger. ZbL f. Chir. 1884. — 8. Pels-Leusden, Über Sehven-
geschwülstchen bei Kindern. D.m.W. 1907. — Poulsen, Der schnellende Finger.
Arch. f. klin. Chir. 1911, 9. — 10. Tilmann, Der schnellende Finger. B.kI.W.
1900, Nr. 43.
Aus der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses Bielefeld
(Oberarzt: Dr. Wichern).
Zur Kasuistik der Periarteriitis nodosa.
Von Dr. von Spindler, Assistenzarzt.
Es sind zwar in der letzten Zeit häufiger Beobachtungen über
Periarteriitis nodosa veröffentlicht worden, das Krankheitsbild ist
aber in seiner Genese, Ätiologie und zum Teil auch Symptomatologie
so wenig bekannt, daß die Veröffentlichung der Krankheitsfälle vor-
läufig noch gerechtfertigt erscheint.
Auf die Literatur genauer einzugehen, erübrigt sich, da das von
anderer Seite schon zur Genüge getan ist. Ich lasse die Krankheits-
geschichte des von uns beobachteten Falles folgen:
Aus der Familienanamnese des 40jährigen Mannes ist nichts zu
erwähnen.
Während des Krieges traten vorübergehend ähnliche Beschwerden auf.
Zeitweilig hat er dem Alkohol sehr reichlich zugesprochen, Seit Kriegs-
ende litt er viel an Gelenkschmerzen, zuweilen sollen die Füße ge-
schwollen Vor einigen Jahren soll ein Arzt einen
„typischen Herzfehler nach Gelenkrheumatismus“ bei ihm festgestellt
haben. Anfang 1923 hatte er eine verdächtige Ulzeration am Penis,
die zunächst von’ einem Hautarzt als luisch angesprochen und dem-
entsprechend behandelt wurde. Später wurde die Diagnose Lues nicht
aufrecht erhalten und die Behandlung nach anderthalb Kuren ab-
gebrochen. Die Wa.R. war wiederholt negativ. Seit einigen Wochen
vor der Krankenhausaufnahme, die am 26. Januar 1924 erfolgte, fühlte
er sich nicht recht wohl, hatte stärkere Schmerzen in den Fußgelenken,
Druckgefühl in der en und zeitweilig heftige Schmerzen im
Öberbauch und der rechten Bauchseite. Er fühlte sich bald so elend,
ewesen sein.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
1. Baumann, Der schnellende Finger. M.m.W. 1917. — |
. getretener Lähmun
Patient selbst war 1912 einige Wochen magenleidend.
19. Ökteber
daß er nicht mehr gehen konnte. Einige Tags vor der Krankenhaus-
aufnahme hatte er einen Schüttelfrost.
ei der Aufnahme war bereits ein reduzierter Ernährungszustand
festzustellen. Dem Patienten selbst fiel besonders auf, daß seine Waden,
die sehr stark ausgebildet gewesen, erheblich zurückgegangen waren.
Die Hautfarbe war blaß, die sichtbaren Schleimhäute genügend durch-
blutet, es bestanden keine Ödeme, kein Ausschlag, keine Blausucht,
keine Atemnot. Schmerzhaftigkeit wurde bei Bewegung der Schulter-,
Ellenbogen- und Sprunggelenke angegeben, in den Schulter- und Knie-
gelenken war Knarren zu fühlen. Kopf und Hals o. B., Lungen o. B.
Herz o. B. Puls regelmäßig, gleichmäßig, von mittlerer Füllung und
Spannung, 96 in der Minute. Blutdruck R.R. 120 maximal, 60 mini-
mal mm Hg. Leib weich, nicht aufgetrieben, Druckempfindlichkeit in
der Magengrube und nach links bis unter den Rippenbogen. Leber
und Gallenblase o. B., Milz weder perkutorisch noch palpatorisch ver-
größert. Geringe Druckempfindlichkeit in der Nierengegend. Drüsen-
schwellung in der Leistenbeuge und im Nacken. Nervensystem o. B.,
keine besondere Druckempfindlichkeit der Nerven, keine Bewegungs-
störung, keine Sensibilitätsstörung. Augenhintergrund normal. Urin
frei von Eiweiß und Zucker, Sediment oB. Urobilin und Urobilinogen
negativ, Diazo negativ, Temperatur 37,8%. Stuhl geformt, frei von krank-
haften Beimengungen. Untersuchung aufTyphus und Paratyphüs negativ.
Wa.R. im Blut negativ. Blutplatten steril. Blutstatus: Rote 4 500 000,
Weiße 8000, Hämoglobin 80%, Segmentkernige 75%, Stabkernige 5%,
Eos. 6%, Lymphozyten 6%, Große Mononukleäre 8%.
gendeine besondere organische Veränderung konnte also nicht `
nachgewiesen werden, und doch machte der Patient einen schwer-
kranken Eindruck.
Im weiteren Verlauf stieg die Temperatur, nahm remittierenden
Typus an, schwankte zuweilen zwischen 37,0° morgens und 39,0° abends.
Die Schmerzen in den Füßen nahmen wesentlich zu, sie erstreckten sich
jetzt vom unteren Drittel des Oberschenkels bis zur Mitte des Fußes
und am rechten Fuß auch auf die große Zehe. Der ganze rechte Fuß
bis auf die Zehen war teigig geschwollen, schon die leiseste Berührung
empfindlich. Die Bewegungen in den Gelenken waren noch alle mög-
lich. Der linke Fuß war zunächst weniger beteiligt, bot aber nach
‚einiger Zeit das gleiche Bild wie der rechte. Das Anlegen der Stau-
ung am Arm zur Blutentnahme bzw. Injektion war so schmerzhaft, daß
schließlich Injektionen gar nicht mehr ausgeführt werden konnten. Bei
der Stauung wurde das Auftreten des Endothelsymptoms nicht beob-
achtet, allerdings konnte die Stauung auch nur ungefähr eine Minute
liegen gelassen werden. Das Allgemeinbefinden verschlechterte sich
immer’ mehr, Patient magerte auffällig ab. In den beiden Achselhöhlen
wurde je ein etwa kirschgroßer, gut verschieblicher, nicht schmerz-
hafter, derber Knoten fühlbar, an den Ellenbeugen ein etwa erbsen-
roßer. In der Oberarmgefäßfurche wurden an beiden Armen im Ver-
auf der Gefäße — aber frei gegen diese selbst beweglich — kleine
nicht schmerzhafte Knötchen palpabel. Die Nervenstämme des Radialis
und Ulnaris wurden beiderseits auf Druck sehr empfindlich, weniger
der Medianus. Einen Monat nach der Krankenhausaufaahme waren die
Schmerzen im Oberbauch fast völlig geschwunden, dagegen steigerten
sich die Schmerzen in den Unterschenkeln und Füßen immer mehr,
so daß häufig Morphium nötig wurde. Die Berührung der Füße, be-
sonders der Zehen, war außerordentlich schmerzhaft. Allmählich ent-
wickelte sich an beiden Beinen eine Peronäuslähmung. Nach ein-
ließen die Schmerzen nach, besonders auch die
sehr starke Berührungsempfindlichkeit. Die Temperaturen waren
niedriger und das Allgemeinbefinden schien sich zu bessern, die teigige
hatte, ging mehr und mehr zurück und war schließlich fast verschwun-
den. Am 28. Februar 1924 ist die Zahl der Leukozyten etwas vermehrt,
13 800, Erytbrozyten 4 500 000, Hämoglobin 70%, Segmentkernige 71%,
Eos. 5%, Stabkernige5%, Lymphozyten13%, Übergangsformen 6%. All-
mählich hatte sich ein taubes Gefühl in den Händen entwickelt, ohne
daß im übrigen eine Sensibilitäts- oder Motilitätsstörung festzustellen
wäre. Dann traten ziehende Schmerzen in den Armen auf, aber lange
nicht so heftig wie an den Beinen. Es stellte sich eine geringe teigige
Schwellung und Schmerzhaftigkeit in der rechten Ellenbeuge ein, die
nicht in Zusammenhang mit einer intravenösen Injektion gebracht
werden kann, da in dieser Zeit gar keine erfolgte. Nach einiger Zeit
war die Erscheinung wieder verschwunden. Die oben beschriebenen
Knötchen waren stets in unveränderter Form und Lage zu fühlen. Auf
eine Probeexzision ging der sehr empfindliche Patient nicht ein. Eines
Morgens trat ganz plötzlich eine rechtsseitige Radialislähmung_auf,
nach einigen Tagen ebenso plötzlich auf der linken Seite. Die Puls-
beschleunigung war inzwischen immer mehr gestiegen und betrug an:
nähernd 140. Im Urin wurden bei ständiger Kontrolle nur hin un
wieder einzelne Leukozyten gefunden. Herzbefund o. B., ebenso Blut-
druck. Das Allgemeinbefinden verschlechterte sich wieder wesentlich,
und die Schmerzen in Armen und Beinen nahmen erheblich zu. Patient
magerte zum Skelett ab und wurde schließlich bewußtlos. Neun Wochen
nach der Krankenhausaufnahme trat der Tod ein. In den letzten Tagen
vor dem Tode waren ganz leichte spontane Zuckungen, die sich wellen-
förmig fortpflanzten, in den Muskeln der Unterarme zu bemerken.
Der Harn war frei von krankhaftem Befund. l
Zunächst war uns eine Diagnosenstellung in diesem Falle
überhaupt nicht möglich, nach Hervortreten der neuritischen Beschwerden
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Schwellung, die sich bis auf die Mitte der Unterschenkel fortgepflanzt
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ri; und die Möglichkeit zu, daß bei der Entwicklung des Leidens
ie Appendizitis eine Rolle spielt in dem Sinne, daß von hier die-
N i emeininfektion: ausgegangen ist. Daß die Appendizitis ein Teil-
st da des Gesamtzustandes gewesen sei, können wir nicht annehmen,
/ am Vermis keine entsprechenden herdförmigen Veränderungen
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.42 |
1467
An die Periarteriitis nodosa dachten wir auch, aber eine Probeexzision
der fühlbaren Knötchen wurde vom Patienten abgelehnt, und da die
. "zu fühlenden Knötchen nicht‘ den Gefäßen angehörten, war klinisch die
Diagnose nicht mit Sicherheit zu. stellen. Da aber der infektiöse Ur-
sprung sicher schien, wurde eine Beeinflussung mit ae Salizy]
und Attritin intravenös versucht, aber ohne Da s konnten aller-
dings im ganzen auch nur wenige intravenöse Injektionen gemacht
werden, da Patient sich wegen der Schmerzhaftigkeit der. Stauung
heftig dagegen sträubte. Linderung gegen die Schmerzen brachte nur
Eukodal und manchmal sogar nur Morphium. Da bei der zweifelhaften
Vorgeschichte trotz wiederholt negativer Wa.R. eine luische Erkran-
kung nicht unbedingt von der Hand zu weisen war, wurde Jod ge-
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. rundlichen Flecken zum Teil mit rotem Ho
setzen sich diese Flecken teilweise keilförmig fort. Im übrigen waren
_ lärer Bindegewebsvermehrung.
liche Erscheinungen nur in geringerem Maße.
Ein Effekt der Therapie wurde nicht sichtbar.
Weitere Klärung brachte die Obduktion (Dr. Kurzak). Die
Schädelhöhle wurde auf Wunsch der Angehörigen nicht geöffnet. Die
Sektion zeigte den Schwund fast bee Fettpolsters. Die Organe
‚der Brusthöhle boten bis auf geringe Hypostasen in den unteren Lungen-
teilen keinen krankhaften Befund. Der Klappenapparat des Herzens
war intakt. Auch am Herzmuskel und an den Kranzgefäßen war makro-
eben.
skopisch keine wesentliche Veränderung zu beobachten.. Dagegen war
in der Bauchhöhle ein positiver Befund zu erheben. Der Wurmfortsatz,
der im ganzen fixiert war, zeigte eine injizierte Serosa, der Wurm
selbst schien etwas geschrumpft, herdförmige Veränderungen fanden
sich nicht. Im Mesenterium waren einige vergrößerte Drüsen vor-
handen. Der Darm zeigte im übrigen weder an der Serosa noch an
der Schleimhaut eine makroskopische Veränderung. Die Milz war
nicht vergrößert, die Pulpa weich, aber nicht zerfließend. Magen und
Pankreas wiesen keinen Befund auf. Die Leberoberfläche war spiegelnd
glänzend und glatt, dagegen zeigte die Schnittfläche im linken Leber-
lappen einige herdiörmige Veränderungen, die sich um die Gefäße loka-
lisierten. Die Wandungen waren um das drei- bis vierfache verdickt
und von ihr ging eine ausgedehnte Bindegewebsentwicklung in der
Umgebung aus. Die Nieren waren nicht vergrößert, die Kapsel ab-
“ziehbar, an der Oberfläche waren an der linken Niere eine große An-
zahl von stecknadelkopf- bis fast pionne re ren mW
0 ul der Schnittlläche
noch eine Anzahl diekwandiger, klaffender Gefäße zu sehen ohne wesent-
liche Bindegewebsentwicklung in der Umgebung. An Mark und Rinde
sonst makroskopisch keine Veränderung. Die rechte Niere zeigte ähn-
“Am Nervus radialis des
rechten Armes und an der A. brachialis ist mit ünbewaffnetem Auge
keine Abweichung vom Normalen zu erkennen.
| Die histologische Untersuchung im Pathologischen Institut
der Universität Köln (Prof. Dietrich) ergab: In Leber und Nieren
‚der typische Befund einer ‚Periarteriitis nodosa, bestehend in Gefäß-
wandzerstörung, Organisation und Aneurysmenbildung mit perivasku-
Auch an der A. brachialis gleiche
Knötchen der Vasa vasorum.
radialis ließ an kleineren Gefäßen des Nerven Infiltrate in der Adven-
titia,. aber keine Aneurysmenbildung erkennen. Die Nervenfasern wiesen
keine Degeneration auf. Die Mikroskopie der eingesandten Mesen-
terialdrüsen und kleinen Drüsen in den‘ Oberarmfurchen zeigte Erwei-
' terung der Lymphbahnen und erhebliche Vermehrung der Sinusendö-
thelien. Die Follike] waren gut erhalten.
j Die anatomische Diagnose ist somit geklärt, aber die Fragen
über Ätiologie und Genese bleiben offen wie in den anderen ver-
öffentlichten Fällen. | |
‚ Nach den Impfversuchen von Hauns ist die spezifische In-
fektion eines unbekannten Virus sehr wahrscheinlich gemacht.
Auch der Krankheitsverlauf, Schüttelfrost und Fieberkurve bei
unserm Patienten sprechen durchaus hierfür. Daß-in der Blutkultur
keinerlei Erreger zu züchten waren, kann nicht gewertet werden.
Primäre mechanische Schädigungen werden von anderen Autoren
für die Genese bei wechselnder Ätiologie verantwortlich gemacht.
unserem Falle könnte schon der reichliche Alkoholgenuß diesen :
` Faktor darstellen. .
Die Lues, die von manchen angesehuldigt wird, kann in
unserer Beobachtung trotz. der zweifelhaften Vorgeschichte als aus-
geschlössen gelten, da klinisch, anatomisch und serologisch keine
Anhaltspunkte dafür vorhanden sind. E
Andere Erkrankungen: Grippe, Angina. Glomerulonephritis
sale als Ursprungsleiden bei unspezifischer Ätiologie in Betracht
ommen. In unserem Krankheitsfall muß an Appendizitis gedacht
werden. Wenn auch die vorgeschichtlichen Angaben die Beschwerden
~ in der rechten Bauchseite nicht als die ersten und wesentlichen
bezeichnen und bei der klinischen Untersuchung keine darauf deu-
ine eingehende Untersuchung des Nervus .
war bei dem ganzen Verlauf eine infektiöse Polyneuritis zu- erkennen. gefunden wurden. Natürlich braucht die Blinddarmentzündung aber
mit der Periarteriitis nodosa überhaupt nicht im Zusammenhang zu
stehen, sondern kann einen zufälligen Nebenbefund darstellen.
Eine weitere Frage in der Literatur ist. die, von welchem
Gefäßwandteil die Krankheitserscheinungen ihren Ausgang nehmen.
Die Mehrzahl der Untersucher hat sich wohl für die Adventitia ent-
schieden und nach den uns gewordenen Mitteilungen von Prof. Diet-
rich würde das hier auch zutreffen. i | ;
Gerlach?) beschäftigt sich mit dem Gedanken, ob es sich
bei den Nervenveränderungen um. rein toxisch bedingte ‚Zustände
handelt oder um Einwirkungen von den Nervengefäßen. Die er-
hobenen mikroskopischen Befunde lassen für uns die letzte An-
nahme als die richtige erscheinen. Dabei ist es merkwürdig, daß
trotz der voll ausgebildeten Radialislähmung anatomisch an dem
Nervengewebe selbst kein krankhafter Befund zu erheben ist. |
| Die Ansicht Veszpremis?), daß es sich um nicht hochgradig
` virulente Bakterien als Erreger handeln sollte, können wir nicht teilen,
denn unser Patient ist nicht den Folgezuständen erlegen, wie in
anderen beobachteten Fällen (Rupturblutung, Perforationsperitonitis
oder Urämie), sondern den zehrenden Folgen der Krankheit selbst,
ohne daß an irgend einem Organ so schwere Veränderungen vor-
handen gewesen. wären, daß ein Weiterleben nicht mehr denkbar war.
Die Annahme Meyers?), daß für. die starke Pulsbeschleuni-
gung Knötchenbildung an den.Kranzgefäßen verantwortlich gemacht
werden könnte, erscheint mir nicht erforderlich bei einem so schweren: _
Marasmus, wie ihn diese Krankheit. zeigt.
Soweit mir bekannt, ist in den bisher veröffentlichten Fällen j
Drüsenschwellung nicht erwähnt, während sie bei uns schon
. klinisch einen auffälligen Befund bot und somit auch ein Zeichen -:
bildet für .den: Charakter der Erkrankung als Infektionskrankheit.
. Was nun die klinischen Symptome anlangt, so sollen chloro-
tischer Marasmus, Polyneuritis, Polymyositis, Erscheinungen von
seiten des Magen- und Darmkanals am häufigsten vorkommen.
Dazu kommt noch eine Nierenbeteiligung teils diffuser teils herd-
förmiger Art, und schließlich, was für die klinische Erkennung be-
sonders’ wichtig, wenn auch nicht unbedingt nötig ist, subkutane
Knötchen, die zuweilen perlschnurartig an den Gefäßen aufgereiht
sind. In unserem Fall waren die häufigsten Erscheinungen autoptisch
mehr oder weniger alle vorhanden. Klinisch waren subkutane
Knötchen bzw. Drüsen, Polyneuritis, Polymyositis, Abdominalschmerz,
Marasmus und Fieber festzustellen. Als polymyositische Erschei-
. nungen möchten wir die schmerzhafte, teigige Schwellung am. rechten
Arm und an den Füßen ansprechen. Die Nierenbeteiligung machte
sich klinisch kaum bemerkbar. Die Schmerzen in der linken Nieren-
gegend im Beginn der Krankheit könnte man vielleicht katamnestisch
auf Infarkte beziehen. Die geringe Leukozytenausscheidung konnte
man kaum als pathologisch ansehen.
dann die herdförmigen anatomischen Veränderungen in der Niere,
die die Sektion ergab. Die Herde in der Leber haben klinisch
keine Erscheinungen gemacht. |
Der Marasmus war sehr ausgesprochen, aber die chlorotische
Komponente trat gänzlich in den Hintergrund, weshalb mir — im
Gegensatz zu Meyer — die Annahme möglich erscheint, daß die
Blutveränderungen, wenn sie vorhanden sind, auf direkter Beteili-
gung der blutbereitenden Organe beruhen und nicht ihre Ursache
in einer toxischen Wirkung haben. Als auffällig an dem Blutbefund-
' möchte ich noch die verhältnismäßig hohe Zahl der eosinophilen
Zellen erwähnen. Auch die subkutanen: Rnötchen waren in unserem
Falle zu finden, die aber zum Teil aus Drüsenschwellungen bestanden.
. So waren die Symptome derart, daß man an eine Periarteriitis
nodosa sehr wohl denken konnte, ohne aber bei fehlender Probe-
exzision die Diagnose mit einwandfreier Sicherheit stellen zu können.
bo.
Dicodid im Kindesalter. _ u.
(Insbesondere bei der Keuchhustenbehandlung.
Von Dr. Walther Kaupe, Kinderarzt in Bonn.
Fast jeder Arzt, der häufig Keuchhusten zu behandeln hat,
wird eine bestimmte Behandlungsform: vorziehen, eben die, bei der
er die besten Erfolge erzielt zu haben glaubt. Er wird dabei
natürlich die Maßnahmen bevorzugen, die nach |
gegen die Krankheitsursachen vorgehen. Aber dennoch kann er
oft nicht umhin, auch gegen einzelne, besonders quälende Krankheits-
erscheinungen vorgehen zu müssen.
1) Gerlach, KLW. 1922 10. | |
2) Veszpremi, zit. nach Brinkm ann, M.m.W. 1922, Nr. 19.
3) Meyer, B.kl.W. 1921, Nr. 19, |
Um so erheblicher waren
seiner Meinung |
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Harmlosigkeit und weil es außerdem (pulverisiert mit Wasser oder
1468
die nächtlichen Hustenanfälle, die jeweils wegen ihrer Häufigkeit
oder wegen ihrer Stärke oder endlich, weil sie so oft wieder Er-
scheinungen, wie Erbrechen und Schlafmangel im Gefolge haben,
. das Kind nicht zur Ruhe kommen lassen und es derart schwächen,
daß sie in mancher Hinsicht eine große Gefahr bedeuten.
Es liegt nahe, gegen diese Erscheinungen Beruhigungsmittel
(Narkotika) zu geben, so ungern man sich dazu auch bei Kindern
und vor allem auch bei Säuglingen oder Kleinkindern entschließt.
Handelt es sich doch auch meist nicht um eine nur einmalige, |-
sondern um öfter notwendig werdende Darreichung. Das unschul-
digste Mittel in der Hinsicht, das Kodein, läßt uns durchaus im
Stich. Auch das Parakodin, daß ich hier häufiger verordnet habe,
wirkt scheinbar in den üblichen Dosen nicht stark genug. Von
den ausgesprochenen Schlafmitteln, die ich auch nicht gar selten
. - versuchte, hat mir den besten Erfolg noch das Luminal gezeitigt.
Um so günstiger war das Ergebnis, das ich mit dem Präparat
„Dicodid“ (Knoll &Co. in Ludwigshafen) erzielt habe. Im letzten Winter |
und Frühjahr herrschte in Bonn derKeuchhusten in starker Verbreitung.
| Meine, eigenen beiden Kinder, damals fünfdreiviertel und zwei-
einhalb Jahre alt, wurden durch den Nachthusten sehr gequält und in
ihrem Kräftezustand stark beeinträchtigt. Das ältere, ein Mädchen,
| Bei ihr gab ich deshalb zum
hatte in der Nacht bis zu 31 Anfälle.
ersten Male das Dicodid, obwohl von dessen Anwendung im Kindes-
alter noch nichts berichtet worden war. Aber gerade die guten Erfolge,
die bei seiner Darreichung bei Reizhusten der Erwachsenen aus anderen
Ursachen beobachtet worden waren, ermutigten mich, es vorsichtig
auch im Kindesalter schon nehmen zu lassen. So gab ich bei meinem
Töchterchen zunächst bei der Abendmahlzeit ein Drittel der 0,01 g
Dicodid enthaltenden Tablette. Ich gestehe, daß ich es nicht ohne
Besorgnis tat, die aber durch den guten Erfolg durchaus nicht gerecht-
fertigt ward. In der folgenden Nacht schon
auf 6 oder 7 herunter!!! Das Kind fand dadurch endlich mehr Ruhe:
ein nicht zu unterschätzendes Ergebnis bei dieser gerade das Nerven-
system so stark in Mitleidenschait ziehenden Erkrankung. Die Stärke
der Anfälle wurde vorab. noch nicht beeinflußt. Aber mit der ab-
nehmenden Zahl der .Anfälle vergesellschaftete sich dann auch all-
‚mählich — unter Fortführung der von mir sonst bei Keuchhusten ge-
übten Behandlungsweise — ein: Schwächerwerden der einzelnen An-
fälle selbst. Bald ging ich denn auch, nachdem ich die Ungeführlich-
© keit des Mittels auch bei Kindern dergestalt festgestellt hatte, dazu
über, allabendlich (solange es unbedingt notwendig war) eine halbe
Tablette zu reichen; ja ab und zu wurde auch im Laufe des Tages sogar,
‘wenn es mir unerläßlich schien, die zweite Hälfte der Tablette gegeben.
Bei diesem sehr zarten Mädchen und auch nachher bei dem
kräftigeren, aber doch immerhin erst 21/, Jahre alten Knaben, der auch
0,005 g Dicodid . abends erhielt, habe ich keinerlei unangenehmen
- Folgeerscheinungen gesehen. -Vielmehr glaube ich mich zu der Annahme
berechtigt, daß die, wie sonst auch hier, von mir angewandte Behand-
lung (Drosithym, ausgiebige Freiluftzufuhr) im Verein mit der Dicodid-
darreichung den Erfolg zeitigte, daß die beiden Kinder trotz des letzten,
gerade für Keuchhustenkranke sehr ungünstigen Winters in verhältnis-
mäßig sehr kurzer Zeit völlig gesundeten.
' Diese Beobachtung an meinen eigenen Kindern. veranlaßte
mich, das Dicodid nunmehr in allen Fällen, wo nächtlicher (und |
gelegentlich auch am Tage auftretender) Krampihusten es notwendig
machten, zu verordnen. Ich gab es nachher sogar schon Säuglingen
in Dosen von !, oder !/s Tabletten: selbst in diesem zarten
- Alter habe ich in keinem einzigen Falle unangenehme
Folgeerscheinungen gesehen.
Immer handelte es sich um in der Sprechstunde oder im
Hause behandelte, leider niemals um im Krankenhause verpflegte
Kinder, wie das ja wohl nur selten vorkommt. Bis auf einen
(vielleicht auch zwei) Fälle wurde der Keuchhusten durch das
Dicodid außerordentlich günstig beeinflußt. Die wenigen Ausnahmen
scheinen mir nur die Regel zu bestätigen.
mich berechtigt, dieses Mittel wegen des guten Erfolges, seiner
dergl.) gut genommen wird, bei der Behandlung des Keuchhustens
angelegentlich empfehlen zu sollen.
Ä Durch diese Erfolge ermutigt, habe ich das Dicodid nachher
auch mehrfach bei Reizhusten aus anderer Ursache (z. B. Masern,
Bronchitis chron.) nehmen lassen. Auch da mit bestem Erfolge.
Zusatz bei der Korrektur: Inzwischen verstarb ein Kind
im Alter von 14!/ Monaten, das wegen seiner nächtlichen Keuch-
hustenanfälle schon 8 Mal abends Dieodid in der geschilderten
Weise bekommen hatte, .in der Morgenfrühe (Darreichung abends
um 9 Uhr!). Der Umstand, daß das Kind bis 4 Uhr morgens, wo
die Mutter einschlief, in durchaus unverändertem Zustande gewesen
war, daß man das Kind etwa um %/, vor 6 Uhr tot, aber noch
völlig warm vorfand, daß der Tod also frühestens doch etwa
7 Stunden nach -Einnahme des Präparats eingetreten war, spricht
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
ing die Zahl. der Anfälle.
Jedenfalls glaube ich
unbedingt dagegen, daß es etwa an einer Idiosynkrasie gegen
Dieodid zugrunde gegangen sei. Es wäre sonst nicht zu verstehen,
daß sich diese Idiosynkrasie erst nach achtmaliger, abendlicher
-Darreichung und da auch erst 7 Stunden nach der letzte
| gezeigt haben sollte,
n Einnahme
Bemerkungen zu der Arbeit „Erfahrungen mit
Stovarsol“ (in Nr. 28 d. Wochenschr.).
Von Dr. Kurt ‚Heymann, Spezialarzt für Dermatologie, Berlin.
‘Die von H. Weitgasser in Nr. 28 der Medizinischen Klinik be-
richteten 6 mit Stovarsol "behandelten Fälle sind in mehr als einer Be- `
ziehung interessant, und ihre Veröffentlichung ist dankenswert. Leider
enthält sie aber einige, auf ungenauen Zitaten beruhende, irrtümliche Schluß-
folgerungen, und, ferner stehen W.’s Stovarsoldosierungen derart im Wider-
spruch zu den französischen Originalvorschriften, daß mir der folgende
Hinweis gestattet sei. | i
= W. bemerkt, mehrmals: „Nach Angabe der französischen Autoren
wird eine Behandiung von 16 g als ausreichend angesehen“. Dies Zitat ist
-durch Weglassung eines wichtigen Zusatzes irreführend. Levaditi und
Mitarbeiter haben das Stovarsol in die Pr
sind von ihnen tatsächlich
| . 1. für die Unterdrückung der Lues während der ersten Inkubations-
periode, also vor Ausbruch der Primärsymptome festgesetzt? |
axis eingeführt; welche Dosierungen
9. welche für die Therapie der manifesten Lues empfohlen. worden?
In seinem bekannten Vortrag: „Die Prophylaxe. der Syphilis“ (ge-
' halten im Institut Pasteur im April 1923) stellt Levaditi zu Punkt.1
folgende Richtlinien auf (wörtlich S. 22):
„Ich glaube, daß in der Praxis, wenn es sich um jemand handeln
wird, der verdächtigen Geschlechtsverkehr gehabt bat, eine Kur von 2—8 g
Stovarsol nüchtern am folgenden Morgen genügen wird. Im Fall. einer
sicheren oder sehr wahrscheinlichen Ansteckung (wiederholter Verkehr mit.
einer floridsyphilitischen Person) wird eine Kur von 4—5 g, d.h. 1g pro
Tag = 4 Tabletten, zweckentsprechend sein.“
Konnten die Richtlinien für diese Fälle mutmaßlicher frischer In-
fektion, die durch eine noch geringe Anzahl im Organismus befindlicher Spiro-
chäten gekennzeichnet sind, eine feste Form erhalten, so istin der Therapie
der bereits manifesten Lues bekanntlich die Aufstellung einer allgemeine
Gültigkeit beanspruchenden Totaldosis eines Antiluetikums unmöglich. Zu
Punkt 2 sagen die französischen Autoren (Levaditi, Navarro-Martin,'
Fournier, Guénot und Schwartz) wörtlich (Ann. de Vinst. Pasteur 1922,
T. 36, 11, 729):
echten, in Wasser
„Wir haben 80 Syphilitiker mit intern dargerei
` aufgelösten Stovarsoltabletten (0,25) behandelt, die wir des morgens nüchtern .
in der Dosis von 4 Tabletten = 1 g und in Perioden von 5—7 Tagen,
‚ die durch gleich lange Intervalle voneinander getrennt waren,
verabfolgten, so daß die Totaldosis von 12—16 g im ersten
Monat erreicht wurde. Wir haben die Verordnungsweise des Medikaments
aber variiert (z. B.: 1 g jeden zweiten Tag, eine Woche lang, dann Pause
von 3—4 Tagen, dann Wiederaufnahme der Behandlung), um einerseits
eine bessere Durchdringung des Organismus mit Arsen zu erreichen, um
andererseits die Symptome der Kumulation zu verhindern“. — Aus dem
‘Folgenden geht noch hervor, daß es den Autoren meist gelungen sei, das
bei der ersten Stovarsolgabe zuweilen auftretende Fieber zu vermeiden,
indem sie mit niedrigerer Dosis anfingen.
Es ist demnach, laut den französischen Vorschriften, in jedem.
Stadium und bei beiden Behandlungsmethoden àuf die zwischen die
Stovarsoltage zu schiebenden Intervalle Wert zu legen. Ferner ist nur
ein Stovarsolmonatsquantum von 12—16 g erwähnt, nicht aber gesagt
worden, daß diese Dosis überhaupt ausreichend sei; auch wird keineswegs
empfohlen, seronegative Primärfälle (vgl. W.’s Fall 2 und 5. Bei letzterem
waren die Abortivheilungsaussichten wegen der sehr großen Drüsenschwellung
doch überhaupt fraglich!) mit Stovarsol allein zu behandeln. Te
Die Grazer Dermatologische Universitätsklinik weicht also mit ihren
täglichen Stovarsolgaben von den wichtigsten Vorschriften. der französischen
Autoren ab. Darin sehe ich einen Grund für die wenig günstigen Resultate?).
M. Oppenheim hat gegenüber Gruss ähnliche Hinweise gegeben (W.K. W.
1924, Nr. 17). Daß bei dem Arsengehalt des Mittels (27,2°/, Arsen) die
Verordnung so hoher Stovarsolmengen ohne Ausscheidungspause, 2. B. 29 g
in 29 Tagen bei Fall 5, auch gefährlich ist, muß gleichfalls gesagt werden-
Es ist zu verlangen, daß, bis es etwa gelingt, auf Grund umfangreicher
klinischer Erfahrungen neue, speziellere Richtlinien für die Stovarsoltherapl®
1) Anmerkung bei der Korrektur: Ich habe mich inzwischen
von der Berechtigung der obigen Behandlungsvorschrift, sowie von der
starken antiluetischen Wirkung des Stovarsol an einer großen Anzahl von
Luesfällen überzeugt, worüber ich demnächst berichten zu können hoffe.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
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aufzustellen, wobei zu beweisen wäre, daß mit einer anderen Verordnungs-
weise bessere Resultate erzielbar seien, bis dahin die Originalvorschriften
“eingehalten werden. Wer den löjährigen Streit um die Salvarsandosierungen
kennt, wird mir Recht geben. on |
Schlußwort von Dr. Weitgasser.
In Erwiderung auf Dr. Heymanns Bemerkungen muß ich darauf
_ hinweisen, daß ich nirgends die französischen Autoren wörtlich genau zitiert
babe, weshalb die Bemerkung Heymanns „über einige auf ungenauen
Zitaten beruhende Schlußfolgerungen“ mir nicht gerechtfertigt erscheint.
l Heymann beaoständet ferner, daß wir die Intervalle in der Kur
nicht eingeschaltet haben; er sieht darin die Ursache unserer Mißerfolge.
Auch dieser Einwand scheint uns nicht gerechtfertigt. Wir haben mit Ab-
sicht die Verordnungsweise des Stovarsols abgeändert, da wir bei Bei-
behaltung der französischen Behandlungsmothode eine Unterbehandlung
befürchteten, die wir vermeiden wollten. Die Resultate, von denen in den
Ann. de l’Inst. Pasteur 1922 berichtet wird, daß nur 6mal von den er-
wähnten Fällen (30 Primäraffekte, 42 sekundäre, 8 tertiäre Fälle) die
Wa.R. negativ wurde, schien uns in unserer Auffassung zu bestärken. Wir
sind der Meinung, daß die Durchdringung des Organismus mit Arsen besser
gelingen wird, wenn kein behandlungsfreies Intervall eingeschaltet wird,
sondern wenn ununterbrochen eine Zufuhr von Stovarsol stattfindet. Die Bin-
schaltung von Intervallen erscheint uns nur dann gerechtfertigt, wenn durch
fortgesetzte Behandlung eine akkumulative Wirkung zu befürchten ist. Dies
ist nach unseren Ergehnissen nicht der Fall. Die Patienten haben das
Stovarsol — 1 g fortlaufend pro die — in den meisten Fällen gut, ohne
toxische Erscheinungen vertragen; ein Temperaturanstieg wird meist nur am
ersten Tag beobachtet, der sich aber auch natürlich bei angegebener
. Methode der Franzosen. nicht ‘vermeiden läßt, wenn man mit einem ganzen
Gramm beginnt. |
` Aus der Entwicklung der gegenwärtigen Salvarsantherapie haben wir
die Überzeugung gewonnen, daß eine unzureichende Behandlung oft mehr
schaden als nützen kann. Dürch eine zu schwache, nicht ausreichende
Kur können wir zwar ein vorübergehendes Schwinden der luetischen Er-
| scheinungen bewirken, die Lues heilt aber nicht aus, sondern geht. weiter
und gerade in der unzureichenden Behandlung, in.dem sog. „Anbehandeln“ >
erblickt män ja einen. Hauptfaktor, der das Auftreten späterer Nerven-
syphilis begünstigt. | | | Br
Im übrigen verweise ich in dieser Beziehung auf Uhlenhuth, der
in der mikrob. Gesellschaft -— 13. Juni 1924 — in Göttingen zum Vortrag
Worms sprach: „Bei der per os-Verabreichung prophylaktischer chemo:
therapeutischer Mittel muß auf die große Gefahr der Unterbehandlung hin-
gewiesen werden, die zur Nervensyphilis usw. ‚führen kann; denn die
Mittel lassen sich ‘per os sehr schwer dosieren, die Resorption ist- eine sehr
ungleichmäßige. Auch bei der Schlafkrankheit hat die Verabreichung des-
Atoxyls per os, wie es scheint, versagt.“ . |
„Was das Stovarsol betrifft, das mit. so großer Reklame in die
Welt gesetzt wurde, so scheint mir'durch die Franzosen noch nicht eine
‘auch die Versuche von Herrn Worms beweisen.“
genügend "ausreichende tierexperimentelle Grundlage gelegt zu- sein, was
Von Jadassohns Arbeit zur Stovarsolfrage heißt es im Auszuge:
in der M.m.W.: „Unter gewissen Bedingungen ist das 'Stovarsol in’ der .
Praxis verwendbar; im übrigen muß die ganze Frage erst weiter wissen- `
schaftlich verfolgt werden.. Die Methode ist noch nicht genügend durch-
gearbeitet, um bei einer Krankheit wie Syphilis als Kurativum empfohlen
zu werden.“ | ER sia m i
In diesem Sinne, als ein weiterer klinischer Beitrag' soll unsere
Arbeit „Erfahrungen mit Stovarsol“ bewertet werden; denn wo “sonst
anders als an einer Klinik sollen die Versuche gemacht werden, um
„neue speziellere Richtlinien“ für therapeutische Maßnahmen auf-
zustellen. ` |
Zum Schluß sei noch auf die Notiz über Stovarsol von Professor
Leo v. Zumbusch: in der Münchener medizin. Wochenschrift Nr..24 vom `
13. Juni 1924 verwiesen. i
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus der I. Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses
im Friedrichshain in Berlin (Arztl. Direktor: Prof. Dr. Lippmann).
= Organkolloide und Blutkolloide in der klinischen
IE Pathologie. | |
Von Dr. Ernst Bloch.
=. Wenn die Körperflüssigkeiten heute ‘wieder in erhöhtem Maße
die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, so ist hier wie stets die
Forschungsrichtung wesentlich durch. den methodischen Fortschritt
bedingt: eine notwendige Folge des Aufblühens der Kolloidchemie
war die Anwendung kolloidehemischer Methoden auf die Körper-
füssigkeiten., Ä |
t
Die Abweichungen von der normalen Kolloidstruktur des
Blutes sind ‘das Hauptthema der neneren Arbeiten dieser Richtung,
ihr bevorzugtes Objekt die Eiweißkörper des Blutplasmas. Aus-
gegangen ist man einerseits von den alten Arbeiten der Hofmeister-
schen Schule (1), nach denen die verschiedenen Eiweißkörper des
Blutes sich durch ihre verschiedene Labilität gegen Salzflockung von
einander unterscheiden, und den Arbeiten Sven Odens (2) an
Schwefelsolen, die bewiesen, daß die Labilität kolloider Teilchen
‚eine Funktion ihres Dispersitätsgrades ist. Andererseits war die
Hypothese von Herzfeld und Klinger (3) richtunggebend, die
gröber dispersen Eiweißfraktionen des Blutserums stellten abgebautes
Zelleiweiß dar, das in gleitenden Übergängen zu den Eiweißkörpern
Vorstellung kommt es bei im Organismus sich abspielenden de-
Siruierenden Prozessen zu einer Überschwemmung des Blutes mit
gröber dispersen und damit labileren Globulinen des . befallenen
ea und dadurch zu einer Verschiebung des Eiweißquotienten
hohe Gehalt der Organe an Globulinen gegenüber dem Serumeiweiß
ist von Gutzeit (4) experimentell sichergestellt. Ein Ausdruck
- dieser Globulinvermehrung ist dann die erhöhte „Kolloidlabilität“
des Blutplasmas, die sich in leichterer-Ausflockbarkeit des Plasmas
u Flockungsmittel (Salze, Alkohol, Hitze) (5) einerseits, in der
SENKUN
‚äußert. Alle diese vermehrte Kolloidlabilität des Blutplasmas_ an-
z&genden Reaktionen sind also aufzufassen als die Folge des Über-
tritis von Zelleiweiß ins Blut; sie lassen den Schluß zu auf ge-
steigerte Abbauvorgänge im weitesten Sinne, ohne daß sich nach
höheren Dispersitätsgrades abgebaut wird. Im Einklang mit dieser
es Serums im Sinne einer relativen Globulinvermehrung — der |
gsbeschleunigung (6) der roten Blutkörperchen andererseits |
dem Ausfall der Reaktion allein etwas über Art und Tokalisshion:
des destruierenden Prozesses aussagen ließe. Sie fallen dement-
sprechend bei Tumoren, Lues, Tuberkulose, entzündlichen und de- -
generativen Prozessen positiv aus.
weisen, war durch die Arbeiten Ronas (7) gegeben, die die
Differenzierung von Organfermenten und Serumfermenten nach ihrer
Empfindlichkeit gegen Gilte gestatten. So wie nämlich Fermente
sich gegen Gilte wie Lebewesen verhalten, d. h. durch den Zusatz
von Giften zu der Fermentlösung in ihrer Tätigkeit geschwächt bzw. `
durch größere Giftkonzentrationen völlig gehemmt werden, gleichen
sie den Organismen auch darin, daß die individuelle Empfindlichkeit
verschiedener Fermente gegen dasselbe Gift eine andere ist: die
Dosis tolerata ist variabel. Dabei hat sich im allgemeinen ergeben, `
daß Organfermente gegen die Einwirkung von Giften resistenter sind
als die normaler Weise im Serum vorhandenen Fermente. So wird
Serumlipase durch Chinindosen' völlig gelähmt, die die lipolytischen
Fermente der Niere und Leber gänzlich unbeeinflußi lassen; ebenso .
verhält sich die Lipase, die man aus Pankreasextrakten und aus
roten ‚Blutkörperchen erhält, refraktär gegen Atoxyldosen, die die
Fettspaltung. durch Serumlipase vollkommen aufheben. Über die
. Gründe dieses Verhaltens wissen wir nichts. Klinisch ist der Nach- -
weis von Organlipase im Blutserum schon wiederholt geführt worden,
indem 'bei ausgedehnter Organerkrankung im Blut giftunempfindliche.
Lipasen auftreten, die für normales Serum „blutfremd“ sind (5). Es
kommt diesem Nachweis, wie sich aus Obigem ergibt, eine begrenzte
, Organspezifität zu. Es ist denkbar, daß sich auf diese Weise eine
‚Reaktion auflinden läßt, die den Nachweis eines eindeutig einem
bestimmten Organ zugehörigen Fermentes gestattet.
. Das Ergebnis dieses kurzen Überblieks über die einschlägigen
Arbeiten wäre also dies: bei destruierenden Prozessen kommt es zum
‚Übertritt von Organeiweiß, ausgezeichnet durch seinen gröberen
Dispersitätsgrad und die damit verbundene große Labilität, und
Organfermenten, charakterisiert durch. ihre Resistenz gegen Gifte,
‘ins Blut. Der Nachweis dieser „Organkolloide“ im Blutplasma 'ge- `
stattet quantitative Schlüsse über den Umfang der pathologischen
Abbauprozesse, ist dagegen nicht oder nur in einem gewissen Grade
orgauspeziäisch, wie das bei einer Flüssigkeit verständlich ist, die `
wie das Blut an so zahlreiche Organe angrenzt. |
Dies ist ein Grund, weshalb meines Erachtens das eigentliche
Feld kolloidehemischer Arbeitsweise in der Untersuchung der Körper
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flüssigkeiten liegt, die im Gegensatz zum Blut nur
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. p
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19. Oktober
an ein Organ
grenzen. Es handelt sich also wesentlich um den Liquor cerebro- .
spinalis und den Urin, die durch die Meningen bzw. das Nierenfilter
wie durch Membranen gegen das Blut abgegrenzt sind. Ihre Zu-
sammensetzung hängt also im wesentlichen vom Zustand dieser
einen lebenden Membran ab, und wird bei hier ablaufenden De-
struktionsprozessen prinzipiell die gleichen Veränderungen durch
das Auftreten von Organkolloiden erleiden wie das Blut. Nur läßt
der Nachweis -von Zerfallsprodukten in ihnen eben eindeutige Schlüsse
auf den Zustand des angrenzenden Organs zu. Beispielsweise ist
der Nachweis von Lipoiden im Urin eindeutig charakteristisch für |
degenerative Vorgänge an den Nierenepithelien, während Cholesterin-
vermehrung im Blut sich zwar auch bei Nephrosen, aber auch bei.
einer Reihe anderer Erkrankungen findet.
Ferner ist in Betracht zu. ziehen, daß sowohl der Liquor wie
der Urin in weiterem Sinne Ultrafiltrate des Blutplasmas darstellen,
indem Meningen und Nieren für kolloide Blutbestandteile praktisch
undurchlässig sind. Permeabilitätsstörungen des Membranfilters, wie
sie als Begleiterscheinung von entzündlichen Prozessen auftreten,
führen zum Übertritt von „Blutkolloiden“ in den Liquor bzw. Urin.
Und der kolloidchemischen Untersuchung fällt nun die Aufgabe zu,
Blut- und Organkolloide zu. differenzieren, um aus den Befunden
Schlüsse auf den Umfang der zu Grunde liegenden Prozesse zu ziehen.
Wieweitdiesheute möglich ist, sollkurz an zwei Beispielen gezeigtwerden.
Es war das große Verdienst Langes (9), die kolloidehemische
Arbeitsweise auf die Liquorpathologie anzuwenden, und die zahl-
reichen Kolloidreaktionen des Liquors, die seit Langes erster Ver-
öffentlichung über die Einwirkung von Liquor auf Goldsol entstanden
sind, haben seiner Entdeckung nichts prinzipiell Neues hinzugefügt.
Lange fand bekanntlich, daß pathologischer Liquor auf rotes Goldsol
im Sinne einer Dispersitätsvergröberung der Goldsolteilchen einwirkt,
ein Vorgang, der sich in einer Farbverschiebung des Sols von Rot
über Violett nach Blau, schließlich in Ausflockung äußert, während
normaler Liquor bei der Langeschen Versuchsanordnung das Goldsol
nicht verändert. Verschiedene Erkrankungen unterscheiden sich von
einander durch die Liquorkonzentration, bei der die Farbänderung
des Goldsols eintritt. Setzt man Verdünnungsreihen des Liquors
an, so resultieren, der verschiedenen Lage der maximalen Farb-
änderung entsprechend, verschiedene Kurven, die in gewissem Aus-
maß für verschiedene Erkrankungen des‘ Zentralnervensystems
spezifisch sind,. und zwar lassen sich drei Kurventypen unter-
scheiden: die „Lueszacke“ bei einer Liquorverdünnung 1 :40—1:80,
die „Paralysenkurve“, eine breit in das Gebiet hoher Liquor-
konzentrationen hinreichende Flockung, und die „Rechtsverschiebung‘“
bei Meningitiden, d. h. Farbänderung bzw. Ausflockung bei geringeren
Liquorkonzentrationen. Es handelt sich bei der Langeschen Re-
aktion um einen Flockungsvorgang, der sich zwischen dem Liquor-
eiweiß und den Goldsolteilchen, also zwischen zwei Kolloiden, in
salzhaltiger Lösung abspielt. Der Schwellencharakter der Reaktion
zeigt sich darin, daß die Eiweißkonzentration des normalen Liquors
nicht ausreicht, um. eine Dispersitätsänderung der Goldsolteilchen
hervorzurufen; jede positive Reaktion zeigt also eine quantitative
Eiweißvermehrung an. Die verschiedenen Typen der Reaktion sind
der Ausdruck für das Auftreten qualitativ differenter Eiweißkörper (10).
Wesentlich ist auch hier der Eiweißquotient Albumin : Globulin (11);
Albumine verschieben die Flockung nach rechts, Globuline nach
links. Erstere stammen vornehmlich aus dem Blutserum bei ent-
zündlichen Erkrankungen der Meningen und bei Blutungen; relative
Globulinvermehrung wurde von je als typisch für luische Er-
krankungen des Zentralnervensystems angesehen. Diese Anschauungs-
g
weise wurde durch Befunde von Bloch und Biberfeld (12) gestützt
und erweitert. Es läßt sich nämlich zeigen, daß für die verschiedenen
Kurventypen der Goldsolreaktion Unterschiede in der elektrischen
Ladung des Liquoreiweißes verantwortlich sind. Es lag sehr nahe,
an diese Erklärung zw denken, da es bekannt ist, daß sich Albumine
und Globuline in ihrem elektrischen Verhalten von einander unter-
scheiden; und zwar sind die Albumine stärker ‚negativ geladen,
was sich wahrscheinlich durch ihren einfacheren Bau mit Zurück-
treten der basischen Diaminosäuregruppen erklärt. Durch diese
Differenzen in der elektrischen Ladung erklärt auch Höber das
Zusammentreffen von Globulinvermehrung im Blutplasma und
Senkungsbeschleunigung der roten Blutkörperchen. Der Eiweiß-
quotient des normalen Liquors entspricht also auch einer definierten
elektrischen Ladung des „endogenen“ Liquoreiweißes; wenn, wie bei
Tabes dorsalis und den nicht meningitischen Formen der Lues
cerebri dies Eiweiß im Liquor vermehrt ist, beobachten wir die
Lueszacke der Goldreaktion. Bei progressiver Paralyse läßt sich
ein besonderes Globulin mit relativ viel basischen Valenzen nach-
weisen. Die meningitische Rechtsverschiebung der Flockung ist
bedingt durch das Überwiegen elektrisch stark negativ geladener
Albumine. Physikalisch-chemisch bedeuten diese Befunde einen
Einblick in das Wesen der Goldreaktion, deren differenten Kurven-
typen Unterschiede in der elektrischen Ladung des Flockungs-
mittels, d. i. des Liquoreiweißes, entsprechen, wie bei zahlreichen
anderen Kolloidreaktionen. Vom pathologisch-physiologischen Stand-
punkt gesehen, lassen sie uns, mit den Ergebnissen der erwähnten
Autoren kombiniert, drei verschiedene, zu Grunde liegende patho-
logische Prozesse unterscheiden. Wenn wir das im normalen Liquor
vorhandene Eiweiß als Produkt autolytischer Prozesse auflassen, wie `
‚sie sich in geringer Menge in jedem lebenden Gewebe abspielen,
so bedeutet seine Vermehrung eine Steigerung der Abbauprozesse,
und man könnte die Erkrankungen, die hierdurch charakterisiert
sind, als einfach degenerative zusammenfassen. Das Auftreten eines
‚besonderen, wahrscheinlich unter Eintritt von relativ viel Diamino-
säuren kompliziert gebauten Globulins bei der progressiven Paralyse
läßt auf eine Steigerung ‚und qualitative Abänderung- der Abbau-
prozesse schließen; dies Globulin wäre der reine Typus eines Organ-
kolloids im oben entwickelten Sinne: Das Überwiegen der Albumine
bei der Meningitis endlich läßt sich erklären durch eine gesteigerte
Durchlässigkeit der entzündlich veränderten Meningen gegen die
einfacher gebauten Eiweißkörper des Blutplasmäs; es bedeutet ein
Kommunikationssymptom im Sinne Langes, die Pexrmeabilitäts-
störung führt zum Auftreten von Blutkolloiden im Liquor. -
Ganz ähnlich lassen sich die Eiweißkörper des Harns bei der
Albuminurie differenzieren; da aber die Verhältnisse bier noch nicht
so geklärt sind wie im Liquor, möchte ich das zu Grunde liegende
Prinzip an dem Resultat der Lipaseuntersuchungen im Urin auf-
zeigen (13). Die Zugehörigkeit. der Urinlipase zu den Blut- bzw.
Nierenfermenten wurde mit der oben erörterten Methodik der ver-
schiedenen Giftempfindlichkeit untersucht. Normaler Urin enthält
sehr geringe Lipasemengen, die völlig chininresistent sind; es handelt
sich also um Nierenlipase, die wahrscheinlich durch den Urin aus
den Nierenzellen ausgewaschen wird. Diese Lipase ist nun bei
allen Nierenerkrankungen, die mit stärkeren Degenerationsprozessen
an den Epithelien einhergehen, stark vermehrt, erreicht sehr hohe
Werte bei den Nephrosen, die höchsten bei Sublimatnieren, zugleich
mit dem. massenhaften Auftreten von zerfallenden Nierenepithelien
im Urinsediment. Ihr quantitativer Nachweis ist also ein Maß für
den Umfang der in der Niere ablaufenden Degenerationsprozesse.
Das normale Nierenfilter ist für Serumlipase völlig impermeabel;
Serumlipase findet sich aber im Urin bei allen Nierenerkrankungen,
am stärksten ist-sie vermehrt bei den chronischen. Mischnephritiden.
Ihr quantitativer Nachweis ist also ein Maß der Permeabilitäts-
störung des Nierenfilters und damit in gewissem Sinne der exsudativ-
entzündlichen Vorgänge in der Niere. Daß sich Serumlipase bei
Nierenkranken immer neben Nierenlipase im Urin findet, ist ein Be-
weis dafür, daß es rein degenerative Nierenerkrankungen, also reine
Nephrosen, nicht gibt; die Ergebnisse der Eiweißuntersuchungen
lassen sich in gleichem Sinne deuten. Hieraus läßt sich auf eine
Einheitlichkeit der diffusen Nierenerkrankungen, des alten Morbus
Brightii, schließen, von dessen rein vaskulären Formen zu den vor-
‚wiegend tubulären fließende Übergänge existieren. Der variable,
für jeden Einzelfall verschiedene Faktor ist der „nephrotische Ein-
schlag“ der Nephritis, als dessen Korrelat in unseren Untersuchungen
das Auftreten von Organkolloiden im Urin erscheint.
Die Eigenart der hier entwickelten Anschauungs- und
Forschungsweise scheint mir darin zu liegen, daß sie versucht, unter
Beiseitelassung ätiologischer und funktioneller Fragestellung, möglichst
direkt die in den erkrankten Organen sich abspielenden. Prozesse
zu erfassen. Für die Frage, wieweit sie für die Klinik noch
fruchtbar gemacht werden kann, ist vor allem die Entwicklung der
noch in: den Anfangsstadien sich befindenden Methodik maßgebend.
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ges. exp. Med. 1924, 40, 850. — 18, Bloch, Ebenda. 1923, 35, 416; Bloch wBinsteln
Ebenda. 1924, 40, 811,
_ vorderen Scheidengewölbe.
19. Oktober - . .. ,
1924'— MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 41.)
Ruptura uteri. Die gefährlichste Verletzung des Uterus ist
‘die Ruptur, speziell wenn sie-im Privathause bei einer Geburt sich
ereignet. In einer gut geleiteten Klinik sollte eine Ruptur kaum
vorkommen, kommt ‚sie einmal doch vor, so muß die Wöchnerin
auf alle Fälle gerettet werden können. Auch während der Schwanger-
schaft kann eine Ruptur schon eintreten, dann trifft sie ‘aber das
Corpus uteri, welches durch vorausgegangene Narbenbildung nach
Kaiserschnitt oder nach durch Cürette und Kornzange geheilter
Perforation prädisponiert ist. Bei der Geburt findet die Zerreißung
gewöhnlich im Durchschnittsschlauch statt und geht erst dann auf
das Corpus über; sie wird eintreten, wenn mechanische Mißverhält-
nisse (enges Becken, Querlage, Hydrocephalus, abnorme Einstellung
des Kopfes, besonders Hinterscheitelbeineinstellung, Collumkrebs,
Tumoren der Geburtswege) bestehen, sonst kann sie auch durch
brüskes oder unangebrachtes Vorgehen passieren. In seltenen Fällen
können auch einmal abnorme Strukturverhältnisse der Weichteile
(Hypoplasie) Ursache einer Zerreißung werden; zuweilen ist auch
die Stelle, wo einmal die Placenta gesessen hat, so verdünnt, daß
durch ein Trauma während der Geburt Ruptur erfolgen kann: Bleibt
das Peritoneum erhalten, spricht man von inkompletter Ruptur,
zerreißt es mit der Muskulatur, von kompletter. Die inkomplette
Rupfur ist nur dann weniger gefährlich, wenn keine stärkere Gefäß-
zerreißung mit Verblutung eintritt. Ferner unterscheidet man
spontane und violente Zerreißungen, die meisten sind violente.
Bandl (Wien) hat uns gelehrt, daß im Collum der typische Sitz
der Ruptur ist; zieht sich aber wie z.B. bei Querlage auch ein Teil
des Scheidengewölbes mit nach oben, dann kann natürlich auch die
Scheide abreißen; meist entsteht dann ein Querriß im hinteren oder
Woran erkennt man eine drohende
Uterusruptur? Zuerst an den stets auffallend stärker und
schmerzhafter werdenden Wehen, die schließlich in einen
Tetanus uteri ausarten. Es bildet sich dann der Kontraktions-
ring (bei sehr dünnen Bauchdecken durch Blick, sonst durch Tasten
zu konstatieren), der immer höher steigt, bis er schließlich als
schräg unterhalb des Nabels verlaufende Fürche sich zeigt; dann
aber. kann jederzeit bei noch höherem Steigen die Ruptur ein-
treten. Erfolgt dieselbe, so hören plötzlich die Wehen
auf und es tritt Kollaps ein. Ist dieselbe noch nicht erfolgt,
so fühlt man auch öfters die Ligamenta rotunda als stramm ge-
spannte Stränge, es besteht auch starke Druckempfindlich-
keit des Unterbauchs. Meistens ist es nicht möglich, von außen
zu bestimmen, welche Kindslage vorhanden ist. Untersucht man
innerlich, so kommt man bei kompletter Ruptur in die freie Bauch-
höhle und fühlt Darm, derselbe kann auch schon in der Scheide
zu fühlen sein, ebenso Netz. Es sind bei diesen Fällen schon die
tollsten Verwechselungen vorgekommen, indem z. B. Darm für
Nabelschnur gehalten, herausgezogen und abgeschnitten wurde.
‚Reißt bei der Ruptur die Uterina durch, so kann die
Blutung so stark sein, daß die Kreißende in kurzer Zeit
verblutet; blutet es nicht nach außen, so können sich innen
große Hämatome entwickeln, die auch den Tod herbeiführen können.
Wird kein größeres Gefäß. verletzt, so ist natürlich die Blutung
auch geringer; es tritt dann aber eine allmählich zunehmende
| Anämie ein, Oft gibt die Kreißende auch an, daß ihr plötzlich im
Leibe etwas zerrissen ‚sei, und sie sieht dann stets verfallen aus
. (Shock). Hier ist ja die Diagnose sehr erleichtert. Wir kommen
Ks Zu einer anderen Möglichkeit einer Ruptur, und zwar durch
m mit Zange, Wendung oder Placentarlösung, wo dieselbe
auch einmal übersehen und nicht diagnostiziert werden könnte,
. Verblutet sich die Gebärende nicht gleich, so wird sie voraussichtlich
In poa Zeit aber an septischer Peritonitis zugrunde gehen. Des-
ey muß der Arzt den Symptomenkomplex kennen, denn von der
rg Diagnose hängt das Leben der Wöchnerin ab. Man
Die ee auf den Puls, der klein und schneller wird.
nei utung nach außen tritt nicht immer stark auf,
dar vo Gmg. Der Leib wird aufgetrieben und gespannt.. War
bews 1 ernle Teil fixiert, so bleibt er unverändert; war er noch
mia ‚ 50 kann das ganze Kind mit Nachgeburt durch den per-
ar daai a in die freie Bauchhöhle getreten .sein, hier fühlt
Nabels r ‚den ‚Uterus tiefer stehend als harte Kugel unterhalb des
- Die Prognose richtet sich nach dem Zeitpunkt ‘der Diagnose,
!
I a
~t = i i N
—— TAAA Ve
‚Resultate nur allein durch die Operation
werden. Durch Leibschnitt geschieht alles übersichtlicher, die _
Aus der Praxis für' die Praxis.
je früher das Platzen erkannt, um so günstiger. So ganz ver-
zweifelt ist sogar in den Fällen nicht die Prognose, wo den Frauen
die ganze Gebärmutter herausgerissen wurde. Günstiger sind natürlich
die inkompletten Risse, ich habe seinerzeit zwei Fälle gesehen, die
bei Tamponade- und Opiumbehandlung heilten, trotzdem
ist aber die Tamponade nur ein Notbehelf und sollte auch
nur bei dringender Gefahr im Privathause angewandt
werden. Weiland Bandl (Wien) hat uns auch die Prophylaxe
der Uferusruptur gelehrt. Haben wir die Zeichen derselben (Höher-
steigen des Kontraktionsrings, abnorme Schmerzhaftigkeit der Wehen
ohne Pausen, Hochstand: des Blasenscheitels, Spannung der Ligamenta
rotunda), so kommt alles darauf an, in schonendster Weise den
Uterus zu entleeren. Selbst bei noch beweglicher Frucht über dem
Beckeneingang — bei fixiertem - wäre es ein noch größerer Kunst-
fehler — ist die Wendung kontraindiziert, denn schon das Vorbei-
bringen der Hand, um zu den Füßen zu gelangen, kann das untere
Uterinsegment zum Platzen bringen, erst recht natürlich, wenn man
die Umdrehung versucht. Eine Zangenanlegung bei Sohädel-
lage kann auch selbst bei Fixation des-Kopfes gefährlich
werden, da hierdurch das untere Uterinsegment einer stärkeren
Zerrung ausgesetzt werden kann, und unterbleibt deshalb auch |
| besser bei dem Nichtspezialisten oder weniger Geübten die Zangen- |
anlegung. Nur der erfahrene Faclimann dürfte die Zange
versuchen. Sonst empfiehlt sich bei Schädellage allein die Kranio-
tomie, bei Querlage die Dekapitation, zumal ja in dem meisten °
Fällen doch das Kind abgestorben sein wird oder abstirbt. Selbst
wenn es nicht der Fall, müßte das kindliche Leben der Mutter zu
Liebe geopfert werden. Ist aber die Ruptur erfolgt, ist das Kind '
in die freie Bauchhöhle ausgetreten, so kann nach zwei Arten ver-
fahren werden: entweder man geht durch den Riß, ergreift einen
Fuß und extrahiert daran, dann holt man die Nachgeburt, falls sie
ebenfalls in der Bauchhöhle liegt; mit Hilfe der Nabelschnur, die
man als Leitseil benutzt, gelangt man leicht zu ihr. Sollte sie
ausnahmsweise noch in der Gebärmutter sein, wird zuerst durch
Credé zu exprimieren versucht; hat dies keinen Erfolg, muß. manuell
gelöst. werden. Dieses Verfahren hat auch gewisse Nachteile, obwohl
' es für den Praktiker draußen unter ungünstigen Verhältnissen das
gegebene ist, Es erklären zwar einige Autoren, daß die Befürchtung,
der Riß könnte. dadurch vergrößert werden und die Blutung wieder
neu angefacht, meist nicht zutreffe. Etwas anders ist es natürlich
bei der inkompletten Ruptur, wenn das Kind nicht. in der freien
Bauchhöhle liegt, sondern im subperitonealen Bindegewebsraum;
hier würde ich obiges Verfahren besonders empfehlen. Man tam-
poniert dann den Riß mit feucht gemachten Gazen, die durch-
geschoben werden; bei Uteruserschlaffung ist auch das Cavum zu
tamponieren. Dann macht man auf das Abdomen einen Kompressions-
verband, der den Uterus in starker Anteflexio hält, oder legt Eis-
blase auf, dabei Opiumgaben. Wenn aber doch die Laparo-.
tomie gemacht werden soll, so halte ich es bei voll-
kommenem Austritt der Frucht in die Bauchhöhle stets
für vorteilhafter, auch das Kind durch den Leibschnitt
zu extrahieren und dann den Riß zu nähen. Ist der Uterus
sehr zerrissen, amputiere man ihn. entweder supravaginal oder
mache die Tötalexstirpation, . untersuche genau, ob die Harnblase
in Mitleidenschaft gezogen, und mache möglichst exakte Blutstillung.
So wird jedenfalls der Verblutungstod am besten ausgeschaltet und
bei nicht zu später Operation die Gefahr der septischen Peritonitis
sehr herabgesetzt. In der Klinik ist bei drohender Uterusruptur
mit Querlage und lebendem Kinde die Schnittentbindung von vorne-
herein gemacht worden, speziell ist O. Küstner für den. extra-
peritonealen Kaiserschnitt eingetreten. Aber auch bei totem Kinde
und verschleppter Querlage, wo die Weichteilschwierigkeiten für
die Dekapition sich als zu groß erwiesen, ist von Lichtenstein
ihm der Vorzug gegeben worden. Wenn in den Kliniken manchmal
schlechte Resultate mit der Operation erzielt wurden, so war es
meistens bei solchen Frauen, die durch einen weiten Transport ge-
schwächt waren; in einer Stadt, wo Krankenwagen vorhanden, würde
ich den Transport trotzdem empfehlen, nachdem vorher tamponiert
worden ist 'oder bei sehr starker Blutung aus größeren
Gefäßen Klemmen angelegt worden sind. Gegen kurze
Eisenbahnfahrten ließe sich bei gewissen Fällen auch nichts ein-
wenden. Denn es ist klar und bewiesen, daß die besten
geschaffen
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Naht von oben ist im Vergleich 'zu der von unten
während letztere oft selbst einem gewandten Operateur Schwierig-
keiten machen kann. Ich muß noch bemerken, daß bei Uterus-
Tupiur vor - vaginalen Spülungen
dringend gew
Scheidenkeime‘
y d i Gutachten forensischer Fälle -
die Erfahrung gemacht daß der Ar |
_19%4 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ñr. 42.
und wichtigste Frage
burtsverlauf die Bed
und ob die Zerreißung auch ohne den Ein
Die zweite würde sein:
und hätte die Zerreißung durch einen Ein
mieden werden können?
mn:
n Sa Sr i 3
| 19. Oktober
Was sonst die gerichtliche Seite betrifft, so wäre die erste
an den Sachverständigen), ob durch ‚den Ge:
ingungen zur Zerreißung bereits gegeben waren |
griff eingetreten wäre,
War der unternommene Eingriff angezeigt
griff anderer Art ver-
Endlich kann die Frage aufgeworfen p
, Zt oft auf zweifelhafte | werden, ob der Arzt nach Zustandekommen des Risses alle Mittel
Hoffnung hin, das Leben des Kindes zu retten, Mutter angewandt hat, um die Entbundene zu retten.
und Kind opferte. Forcierte Operationen seien zu meiden Aussprüche erfahrener Geburtshelfer: | |
-Einen er besonders traurigen Fall von violenter Uterusruptur, | „Das Beste ist die Prophylaxe, das beweisen die Ent-
der eine jährige I para (Fall L.) mit engem Becken, sogar in einer bindungsanstalten, in denen man kaum eine Zerreißung |
Anstalt, zum er fiel, möchte ich zum Schluß dieses. Kapitels, noch sieht, die in der Anstalt selbst entstanden wäre.“ l i
als ganz besonders abschreckendes ‚Beispiel, erwähnen. Der Fall war Es nicht zum Riß kommen zu lassen, ist leichter als ri
auch seinerzeit der Staatsanwaltschaft angezeigt worden und zeigt, wie in. heilen “ | ' l er "A
durch rohes uud unsachgemäßes Vorgehen Mutter un Kind ums Leben 1an zu heilen,
kommen können. Trotzdem der betreffende Chef die
weder gesehen noch u
weisung gegeben, die W
rreißung der Gebärmutter gelang es `
) ößten Anstrengung nach Verlauf von
mehr als einer. Stunde nicht,. das Kin herauszuziehen. Er schritt
chwieriger war als vor der.
mußte, nachdem zuvor der.
—1 Stunde nach der O e-
Der Tod wäre vermieden eari
i ) en, welche das Mädchen untersucht und.
zum Kaiserschnitt geraten hatten, den Auftr
engen Becken die Wendung zu machen. Fer |
ı Vorgehens darin, daß der Chef, nachdem den Assistenten in über 1 Stunde |
| Pen Bemühen die Wendung nicht gelungen, nicht sofort die
= Embryotomie machte, sondern wit aller
ihm angeordnete Wendung zu erzwingen suchte!
Referatenteil a
nnter besonderer Mitwirkung von
St. Blasien (Herz
‚Prof. Dr. 0. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prot.Dr. Ð, E dons,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose),
.S, äff, Heidelberg (Pathologische Anatomie),
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder,
Medizin), dirig. Arzt Dr.
krankheiten), Prof. ‚ Wien (Röntgenologie), ' Prof. Dr. H. Gerhartz,
Oberstabsarzt Dr. Haenlein ‚ Berlin (Hals-, |
„Das Vorkommen einer Uterusruptur wird um so häufiger
sein, je größer die Zahl der Beekenenge mittleren Grades
ist, je größer ferner die Operationslust des Geburtshellers, f
‚je weniger derselbe operativ g :
n
eübt ist, je häufiger die
Assistenten gewechselt werden,
je gewaltsamer der
Arzt mit seiner Faust eindringt.*
„DieRupturistin derMehrzahlderFälle dieFolge
ý '
einer nicht entsprechenden Leitung der Geburt.“ |
„Außer Prophylaxe, Einhaltung der richtigen operativen |
Indikationen.“
„Handelt es sich um ein
die rationellste Behandlunr
e komplette Ruptur, so besteht
SunzweifelhaftinderLaparotomie.“ :
-nEs unterliegt keinem Zweifel, daß für alle kompletten Zer- i
i
N
k
reißungen der Leibschnitt, sofern er sofort und unter günstigen
„ Bedingungen ausgeführt werden kann, die beste Prognose gibt.“
„Der Verblutungstodist.die Hauptgefahrfür die Kreißende.“
„Der praktische Arzt kann bei vollendeter Ruptur nicht
viel machen, die Klinik allein kann noch helfen.“ |
„Je früher die Laparotomie nach ‚erfolgter Ruptur, um
so wahrscheinlicher ein günstiger Ausgang.“
„An den in der Klinik entstandenen Rupturen ist keine
. Patientin gestorben.“ Ze |
i
„Der Tod an Sepsisbeweist, daß es ganz und gar falsch i
ist, eine Uterusruptur unbehandelt zu lassen, auch wenn
augenblicklich keine dringende Indikation zum sofortigen
Eingreifen vorhanden ist.“ (Fortsetzung folgt.)
l
Yo
N
`
Dr, L. Freund
Nasen- u. Or enkrankheiten), Geh,-Rat
Frankfurt a.M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, x
| Laqueur, Berlin (Physikal, Therapie), Prof. Dr, W. Lie |
Schöneberg (Chirurgie),
Dozent Dr. R. Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Pelt
heiten), Prof. Dr. Riets chel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K., Singer,
; logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H, Zie
, ` geleitet von Dr. Walter Wolfi
Berlin
Sammelreferate.
Syphilis. SENEN
‚Von Prof. Pelix Pinkus und Dr. Ludwig Kleeberg, a!
Wirz (12) verteidigt seine früher vertretene Auffassung und
teilt einen Fall’ mit, bei dem mit dem spezifischen makulopapulösen
. Exanthem gemeinsam ein Lichen ruber planus-Ausschlag am ganzen
Körper auftrat. Das syphilitische Exanthem heilte auf Grund der
spezifischen Behandlung rasch ab; der Lichen ruber bildet sich erst
am Ende der Kur in der Hauptsache zurück. Bestehen bleibt die
alte Lichenaffektion im Munde und am Skrotum. |
Nach W. liegt kein Grund vor nach neuen Erklärungsmöglich-
keiten für die nur scheinbare Häufung der sogenannten lichenoiden
Salvarsanexantheme zu suchen. ` Der größte Teil ist polymorph, mit
wenigen lichenoiden Herden; ‘es bleiben die Kombinationsformen
von echtem Lichen ruber mit Lues oder Salvarsanschädigung; nur
der dritte, der kleinste Teil zeigt reine lichenoide Formen, über
die man diskutieren kann über die Diagnose echter Lichen oder
lichenoides toxisches Exanthem. | i >
Hoffmann (4) berichtet hierin über seine über 17 Jahre sich
ckenden mühevollen Versuchsserien (unter Beifügung ausführ-
r Protokolle) über das primäre Hornhautsyphilom des Kaninchens. |
erstre
liche
Pmann, Berlin (Prauenkrankheiten u. Geburtshilfe),
esohn, Berlin (Orthopädie),
mann, Berlin (Hygiene,
9 dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-
| —
\
l
- j
| $i
i \ ` : $ .
\
|
Bonn (VersicherungsrechtLl u. gerichtl.
Prof. Dr. O.Nordmann, Berlin- |
f Prof. Dr. F. Pin kus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
(Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho ° '
Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), y
\
Oberschöneweide, | À
e Augenkammer — zeigte sich
-erst gegen Ende der Inkubationszeit
| I (Vermehrung der Spirochäten
im Bereich der Endothelien der vorderen Kammer, Vermehrung dieser
Zellen durch Wuch
Das primäre Syphilom an der einfach gebauten Hornhaut ist
sehr vielgestaltig. Ein ei
gentliches Ulcus externum ‚wurde nie ge-
sehen, dagegen fanden sich, besonders häufig unmittelbar oberhalb
der Infiltrate, Epithelveränderung (Wucherung und Bläschenbildung).
Tuberkelähnliche Granulome zeigten sich erst bei länger dauernden
Prozessen (Zerfall von Keimen unter der Einwirkung von Anti-
körpern).
. Bei (8) fand, daß die Mischung von Wismutverbindungen AN
erum weniger Wismut durchfiltrieren ließ als die wäßrige mn
lösung. Je mehr Wismut diese Verbindungen enthielten,- desto
weniger Wismut ging durch das Filter hindurch, während.in wäßriger
Lösung das Wismut quantitativ passierte. Diesen Funden ge
waren die wismutreicheren Verbindungen sowohl therapeutise
samer als auch weniger toxisch als die wismutärmeren. \
2 t
`~ 5 .
|. tn u o
—— nn un 7
9, Oktober ` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. . er 1a
Eliassow und Sternberg: berichten ‘über eine Beobachtung
‘bismogenolresistenter Spirochäten und schließen daraus, daß „Bismo;
enol dem Salvarsan nicht. gleichwertig angesehen werden kann“.
illmann (11) schließt dagegen: Therapeutische Versager kommen
bei beiden Mitteln vor.
Darauf erwidern E. und St., daß sie den Fall nur mitgeteilt
È haben, weil ihnen noch, keine Beobachtung in der Literatur bekannt
sei, bei der unmittelbar nach Beendigung der Wismuikur Spiro-
chäten gefunden wurden. |
Ebenso wie Blei ünd Quecksilber kann nach Engelhardt (2)
das Wismut mit Hilfe der kolorimetiischen Methode von Auten-
rieth in Grenzen von 0,025—0,3 bestimmt werden. .
Aus der Beobachtung von mehr als 100 mit Silbersalvarsan
behandelten Syphilisfällen kommt Satke (7) zu dem Ergebnis, daß
das Mittel zwar symptomatisch stärker wirke als die anderen Sal-
‚varsanpräparate, daß es aber toxischer sei, weniger Dauerwirkung
als die kombinierte Quecksilber-Neosalvarsankur besitze und auch
zur Abortivbehandlung nicht so geeignet sei wie diese. Argyrie ist
"zu befürchten.
Brünaner (1) fand bei der Verwendung einer wäßrigen Lösung
.merkurierter Oxybenzoesäure (Diaphasol) in 2/; der Fälle einen An-
stieg der Lymphozytose im Blut. von 12—19 °/, auf 24—31 Po.
Jadassohn (5) erwähnt das Stovarsol als Prophylaktikum
‘ bei Frauen, die mit einem Manne mit forider Lues verkehrt haben —
Zervikaluntersuchung auf Spirochäten vorher! J. warnt vor Stovarsol
als Behandlungsmittel. Das Stovarsol allein darf als Prophylaktikum
nicht gelten, denn des Trippers wegen dürfen wir uns sowieso
_ nicht auf die interne Syphilisprophylaxe mit Stovarsol beschränken,
sondern müssen wie bisher die.örtlichen Desinfektionsmittel energisch
. befürworten. = u:
Brucks neue Methode (Mischung von kochsalzverdünntem
menschlichem Herzextrakt mit schwefelsaurem natron-verdünntem
‘Serum und Zentrifugieren) ist nach Margarete Stern (9) als
'Syphilisdiagnostikum gut verwendbar, wenn man nur die starkposi-
tiven Resultate betrachtet.
Doch ist die Zahl der positiven Re-
“ sultate nicht so groß wie bei. der Wa.R.
Strempel (10) fand die 3. Methode .der Trübungsreaktion
.. Meinickes als bequemen Luesnachweis brauchbar. Zu 0,2 aktivem
Serum wird 1,0 10fach mit 3 ®/,iger Kochsalzlösung hergestellter
'“Extraktverdünnung hinzugefügt, 1 Stunde bei Zimmertemperatur
. stehen gelassen, dann abgelesen (Extrakt der Adlerapotheke in Hagen).
-
Übereinstimmung mit Wa.R. ergab sich in 89,5 %/,, mit den Flockungs-
reaktionen in 93,7 0/,. Indessen ist auch diese Reaktion, wie
Strempel ausdrücklich bemerkt, nicht etwa eine Methode der ärzt-
lichen Sprechstunde, sondern erfordert, abgesehen von noch zu 'er-
wartenden Verbesserungen, einen geübten Serologen zur Ausführun
trotz ihrer anscheinenden außerordentlichen Einfachheit. _ >
‚Der aktive Liquor gibt in Frühfällen von Lues häufiger eine
positive Reaktion als der inaktive. i
‚.. Unspezifische Reaktionen konnten von Förtig (3) bei 140 ak-
tiven Kontrolluntersuchungen nicht festgestellt werden.
Pick (6) macht auf 2 Schwierigkeiten bei der Goldsolreaktion
des Liquor. cerebrospinalis aufmerksam, die ungenügende Genauig-
keit der Herstellungsmöglichkeit des Reagens und die Unsicherheit
. in der Beurteilung der Reaktionsausfälle. . Von diesen möchte er
die fraglichen und die ganz schwachen Reaktionen ausschalten, da
sie auch im normalen Liquor vorkommen. Die Goldsolreaktion weist
keinen besonderen pathologischen Bestandteil des Liquors nach,
‚sondern nur Verschiebungen in den Eiweißverhältnissen, und diese
en normaler und unspezifisch veränderter Liquor auch enthalten,
0 stark die Reaktion bei Paralyse, Lues cerebrospinalis und Tabes
‚auch ist, können schwächere ‘Reaktionen nur im Zusammenhalt
‚mit sonstigen Anzeichen bestehender Syphilis als positiv angesehen
>
‚kleinster W
werden, ‚weil sie bei nichtsyphilitischen ebenso stark vorkommen.
hans Reaktionen finden sich aber zuweilen auch bei nichtsyphili-
ischen, unter Picks Material je einmal bei Staphylokokkenmenin-
gitis, Endotheliom der Dura und bei Tumor cerebri.
Frl, Literatur: St. R. Brünauer, Spezifisch-unspezifische Quecksilbertberapie
Der ues. Experimentelle und klinisch - experimentelle Untersuchungen. Arch. f.
m. u. Syph. 1923, 146, S. 185—146. — 2. Engelharät, Über quantitative Bestimmung
Über de a engen im Harn. Derm. Zschr. 1924, 41, H. 4 u. 5, S. 287,— 8. H. Förtig,
£. Derm Ba usfall der Wa.R. im aktiv und inaktiviert untersuchten Liquor. Arch.
de Kani at, S. 280. — 4. Hoffmann-Zurholle, Über das primäre Hornhautsyphilom
Klin, W. m 16n e Derm, Zschr. 1924, 41, H. 4 u. 5. — 5, Jadassohn, Zur Stovarsolfrage.
im sy a Nr.27, 8.1221. — 6. E. Pick, Zur Bewertung der Goldsolreaktion
TV. e schen Liquor cerebrospinalis. Arch. 1. Derm. 1928, 144, S. 104—113. —
%, Über die Wirkung des Silbersalvarsans. Derm, Zschr. 1928, 89, 8. 849 bis
+
Hierin stehen Salvarsan und Bismogenol
‘auf einer Stufe. i | u
'nie beobachtet.
866. — 8. S. Sei (Hamburg), Über das Verhalten. von Lösungen einiger Bismutyl-
tartarate bzw. deren Mischungen mit Blutserum bei der Ultrafiltration. Arch. f.
Derm. u. Syph. 1928, 146, S. 48—54. — 9. M..Stern,. Über die Brucksche Ausflockungs-
reaktion bei Syphilis. Arch. f. Derm. u. Syph. 1923, 146, S. 78—85. — 10. R. Strempel
(Bonn), Meinickes Trübungsreaktion zum Lussnachweis mit cholesterinfreien Balsam-
extrakten._ Derm: Zschr. 1923, 39, S. 821—828. — 11. Willmann, Kritisches zur Wismut-
therapie der Syphilis. Klin. Wschr. Nr. 27, S. 1224. — 1% Wirz, Lichen ruber planus
und Lues, lichenoides Salvarsanexanthem. .Derm Zschr. 1924, 41, H. 4.u. 5, S. 269.
Neuere Arbeiten über Magen- und Darmkrankheiten.
` Von Walter Wolfi, y on ti
- .
' Felix Fleischner-Wien (1) teilt 2 Fälle mit, in- denen ein
kardianahes Magendivertikel röntgenologisch beobachtet und ana-
tomisch kontrolliert wurde.. Der Verfasser hält diese Fälle, von
-denen weitere bereits in der Literatur beschrieben sind, für eine
besondere Krankheitsgruppe. Sie entstehen als Pulsionsdivertikel _
und werden unter der Voraussetzung, einer lokalen Disposition der
Magenwand durch mechanische Belastung hervorgerufen. Von. pene-
3 Fingerbreit unterhalb der. Kardia an der kleinen Kurvatur (? Ref.),
durch ihre glattrunde Begrenzung und das Fehlen der Infiltration
der Magenwand in der Umgebung zu unterscheiden.
Den wirtschaftlichen Nöten der Zeit trug Boas (2) Rechnung,
indem er versuchte, Magengeschwürskuren ambulant und ohne
Berufsunterbrechung durchführen zu lassen. Dabei wurde allerdings
die Diät ganz streng gehandhabt. Obwohl nur sicher diagnostizierte
Fälle mit klinisch-charakteristischem Krankheitsbilde, positivem ' -
Röntgenergebnis und mehrfach festgestellten okkulten Blutungen
ausgewählt wurden, waren die Resultate so gut, daß Boas die
Liegekuren nur noch bei. schweren Magen- und Duodenalblutungen
für erforderlich hält. Neben der Diätbehandlung erhielten fast alle
Kranken ein alkalisches Mischpulver mit Extractum Hyoscyami.
Die subjektiven Beschwerden verschwanden meist. schon innerhalb '
der ersten 1—2, die objektiven Symptome häufig in. 4—6. Wochen.
Die Indikation zu .chirurgischen Eingriffen bei ernsten Blu-
‘tungen von Magen- oder. Duodenalgeschwüren bespricht
Arthur F. Hurst (3)... Von seinem eigenen Material der Jahre 1911 -
bis 1920 starben nur 2. Kranke, bei denen eine genaue Diagnose
vor dem Eintritt der tödlichen Blutungen möglich gewesen .wäre,
und die daher vielleicht durch eine vorhergehende Operation hätten
gerettet werden können. Da aber zu gleicher Zeit auch 2 Patienten
mit schweren Blutungen trotz der Operation, und nicht weniger
als 7, deren Geschwüre vorher niemals geblutet hatten, nach der
Operation an Blutungen zugrunde gingen, so kommt der Verfasser
zu dem Schluß, daß weder das .Auftreten von Blutungen in der-
Vergangenheit, noch die Gefahr von solchen in der Zukunft eine
chirurgische Behandlung ratsamer erscheinen lassen als die innere.
Einzig entscheidende Anzeigen zur Operation bestehen in der Bil-
dung eines Sanduhrmagens oder einer Pylorusstenose. Beide Kom-
plikationen sind nach Hurst vermeidbar, wenn die Diagnose. des
Leidens rechtzeitig gestellt, die. Behandlung streng genug und von
ausreichend langer Dauer ist, alle septischen Herde sorgfältig aus-
geheilt werden und genaueste Nachbehandlung eingerichtet wird.
L. v. Friedrich-Budapest (4) teilt 3 Fälle mit, in denen
Ulkussymptome auf eine Kolitis zurückzuführen waren. Nach
vor Jahren überstandener Ruhr waren jetzt die Magenbeschwerden
im Vordergrunde des Krankheitsbildes, und zwar nicht nur die für
Ulcus duodeni typischen anamnestischen Angaben über Aziditäts-
beschwerden, Spätschmerzen und Periodizität,, sondern ‚auch ‘die
objektiven Symptome des Hypertonus und der Hyperperistaltik im.
Röntgenbilde, der Hyperazidität des Mageninhaltes. Die Lokalisation
des Prozesses war am Zökum oder Aszendens, bei Entzündungen und
. trierenden oder Krebsgeschwüren sind sie durch ihren Sitz 2- bis
t
Geschwüren des Deszendens oder Rektum wurden Magensymptome -
Die Bettruhe. half nicht nur 'nicht, sondern ver-
stärkte in einem Falle die Beschwerden, was differential-diagnostisch
von Wert sein kann. Die Therapie ist sonst symptomatisch. Pan-
kreaspräparate bewähren sich, die Bekämpfung der Obstipation ist
wichtiger als die der Diarrhoe. ^> > ~ -> |
E. Schütz-Wien (5) veröffentlicht die Krankengeschichte eines Ä
Falles, in dem ein haselnußgroßer, nicht über die Mukosa hinaus-
reichender Karzinomknoten im Magen diagnostiziert und re-
seziert werden konnte. Die klinische.Diagnose stützte sich auf den
Befund von Anazidität, Makro- und Mikroretention und zahlreicher
kurzer. Stäbchen. Der Röntgenbefund bestätigte durch die Fest-
stellung eines kleinen Füllungsdefektes an der Pars pylorica die
Diagnose. Den Hauptwert: legt der Verf. auf den Nachweis dieser
reichlichen kurzen Stäbchen im Mageninhalt,
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1474
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
DaB auch das Zusammentreffen von Anazidität und fühlbarem
Tumor Karzinom noch nicht beweist, wird durch einen Fall doku-
mentiert, in welchem trotz Vorhandenseins dieser beiden Symptome
Ulkus durch den röntgenologischen Nachweis eines Schattenvor-
sprunges diagnostiziert wurde, |
Einen Fall von Magenkarzinom als Komplikation einer
myeloischen Leukämie teilt Burg (6) mit. Bei der ersten Kranken-
hausaufnahme wurde die 42jährige Patientin nach 2 Radiothor-
injektionen sehr erheblich gebessert, so daß sie nach 3 Monaten ent-
lassen werden konnte, Bei der Wiederaufnahme nach weiteren vier
Monaten palpabler Magentumor, der in kurzer Zeit zum Exitus führte.
Isaac-Krieger (7) beleuchtet die Frage der Pankreas-
diagnostik aus dem Duodenalinhalt. Er hebt hervor, daß
die Verschiedenheit der Methoden der einzelnen Untersucher eine
erhebliche Schwierigkeit bei den Vergleichungen der Resultate be-
reitet. Es ist nur möglich, untere Grenzwerte für den Ferment-
gehalt des Duodenalinhalts aufzustellen. Dieser Gehalt unterliegt
auch ‘bei Gesunden großen Schwankungen, die aber für die 3 Fer-
menie nicht parallel gehen. Der Duodenalsaft ist eben ein wenig
gleichmäßiges Untersuchungsmaterial, auch seine Menge schwankt
beim Gesunden. Durch den Ätherreiz wird das Mischungsverhältnis
im Duodenum geändert, wahrscheinlich die Pankreassekretion an-
geregt und die Gallensekretion gehemmt. Auch das Deloch’sche
Verfahren, durch Salzsäureeingießung in das Duodenum die Sekretion
anzuregen, ist nach dem Verfasser entbehrlich und setzt auch keinen
physiologischen Reiz. Die Duodenalsondierung soll nur an Stelle
der bisher 'geübten Fermentbestimmung im Stuhle treten. In diesem
Umfang angewandt, läßt sie den Schluß zu, daß ein wiederholt fest-
gestellter Mangel an Fermenten im Duodenalsaft eine Störung der
äußeren Pankreassekretion beweist. Das ausreichende Vorbanden-
sein der Fermente erlaubt hingegen keinen bindenden Schluß auf
intakte Drüsentätigkeit. i
Hans Schneider-Wien (8) sieht die Ursache des so häufigen
Mißerfolges von Bandwurmkuren in der unsicheren Wirkung der
Anthelminthika, wenn sie durch den Mund gereicht werden. Er gab
infolgedessen Bandwurmmittel durch die Duodenalsonde, und
hat mit 2,0 g Extract. fil. mar. und 4,0 g Extract. cort. pun. granat.
in allen Fällen eine erfolgreiche Kur erzielt. Die Technik der Kur
ist: Abführmittel am 'Vorabend, am nächsten Morgen Duodenal-
sondierung im nüchternen Zustand, durch die Sonde zunächst die
Hälfte eines Sennainfuses von 5,0 : 50,0 und nach einer Viertelstunde
das Bandwurmmittel mit der anderen Hälfte des Sennainluses.
| Die Ursachen, wodurch manche Malariafälle trotz systema-
tischer Therapie Neigung zur Chronizität haben, im Gegensatz
zu anderen, die nach der Chininbehandlung sofort dauernd anfalls-
frei werden, sind augenscheinlich verschiedene. J. David und J. Sé-
gal (9) gingen davon aus, daß jedem Rezidiv eine Phase von Stö-
rungen in der Konstitution der Erythrozyten vorangehe. Sie glaubten
deshalb, in den die Erythrozyien schädigenden Ursachen auch die
oder jedenfalls eine der Ursachen der Chronizität der Malaria suchen
zu sollen. Aus diesen Überlegungen heraus untersuchiea sie 84 Malaria-
kranke im Laufe von 2 Monaten auf die Anwesenheit von Darm-
parasiten. Technisch verfuhren sie so, daß sie zunächst eine kleine
Probe des Stuhles mit physiologischer Kochsalzlösung mischten und
auf den Objektträger brachten. Nur wenn sich keine Wurmeier fanden,
wurde eine Anreicherung vorgenommen, indem der Stuhl mit 30°/ ‚iger
Kochsalzlösung angesetzt und 4 Stunden stehen gelassen wurde, wobei
sich vorhandene Eier als spezifisch leichter an der Oberfläche sammeln.
Es fanden sich unter 52 chronisch Malariakranken 48 (92 %/,) Para-
sitenträger, während unter 28 frischen Malariakranken nur 15 (54 9/0)
Wurmträger waren. Bei weiten die häufigsten Parasiten waren
Trichocephalen, sehr viel seltener Askariden. Auch die Zahl der |
bei den einzelnen chronisch Malariakranken gefundenen Eier war
sehr groß. Die möglichen Schlüsse sind, daß chronische Malaria
zu Darmparasiten disponiert oder daß Darmparasiten die Chronizität
der Malaria begünstigen. Beide Möglichkeiten können nebeneinander
bestehen. Der Gedanke, durch Enifernung der Parasiten chronische
Malaria zu heilen, leuchiet sofort ein. Seine Ausführung scheitert
vorläufig daran, daß wir keine sicheren Mittel gegen Trichozephalen
besitzen. Immerhin gelang es den Autoren, mit einer Chloroform-
emulsion in Rizinusöl oder Thymol (abwechselnd) fast alle Kranken
parasitenfrei zu machen, und damit einen ausgezeichneten Einfluß
auf die Malaria hervorzurufen.
Georg B. Gruber und H. v. Haberer (10) fügen den bis-
her bekanntgewordenen Fällen von ernsthaften, durch Tricho-
cephalus trichiurus bedingten Krankheitserscheinungen 2 neue
in Schmerzen, die von .der Blinddarmgegend ausstrahlten, Blut-
kolloidale System und seine einzelnen Bestandteile zu schädigen imstande
19. Oktober
hinzu. Der erste, einen 42jährigen Mann betreffend, äußerte sich
beimengungen zum Stuhl und einer tumorartigen Resistenz in der
rechten Unterbauchgegend. In der Annahme eines dysenterischen
oder vielleicht krebsigen lleozökaltumors wurde operiert. Das re-
sezierte Darmstück zeigte 2 fast handteller- bzw. fünfmarkstück-
große geschwulstariige Vortreibungen. In der Mitte der ersteren
ein Geschwür, in der Schleimhaut der letzteren, teils eingebohrt,
teils frei, etwa ein Dutzend Peitschenwürmer. Auch in dem zweiten
Fall eines 38Sjährigen Mannes waren kramplartige Schmerzen im
rechten Unterbauch und Geschwulstbildung eingetreten. Hier nahm
man einen tuberkulösen Tleozökaltumor an; in dem ebenfalls re-
sezierten Darmstück fand sich „entzündliche, tumorähnliche, aus-
gedehnie Infiltration des Darmes infolge der Helminthiasis“.
Die Autoren schließen, daß „die eben mitgeteilten Erfah-
rungen wiederum ein Gegenbeweis gegen die ..... Anschauung
von der Harmlosigkeit des Peitschenwurmes sind“. Es ist dem Re-
lerenten eine besondere Genugtuung, daß dicse von ihm vertretene
Auffassung mehr und mehr Boden gewinnt.
Literatur: 1. Felix Fleischner (Wien), Klin. Wschr. 1924, Nr, 36. — 2. Boas,
D.m.W. 1924, H.21.—3, Arthur F. Hurst, The Lancet Vol. 206, Nr. 5257. — 4. L. v. Friedrich
(Budapest), D.m.W. 1924, Nr. 83. — 5, E. Schütz (Wien), W.kl.W. 1924, Nr. 32. — 6. Burg,
D.m.W. 1924, H. 26. — 7. Isaac-Krieger, Klio. Wschr. 8. Jg., Nr. 13. — 8. Hans Schneider
(Wien), W. kl.W. 1924, Nr. 14. — 9. J. David und J. Segal, Presse médicale 1924, Nr, 28, —
10. Georg B. Gruber und H. v. Haberer, W.m.W. 1924, Nr. 39.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 35.
Über komplexe Konstitution des Komplements und kolloidchemische
Struktur des Serumeiweißes berichtet Felix Klopstock (Berlin-Dahlem).
Die Untersuchungen, die die komplexe Konstitution des Komplements er-
weisen wollen, führen nur den Nachweis der komplexen Konstitution des
Serumeiweißes. Alle physikalischen und chemischen Einflüsse, die das
sind, führen zur Zerstörung der Komplementwirkung. Die Komplement-
wirkung ist nur dann restituierbar, wenn das kolloidale System wieder
bergestellt wird. |
Seine Versuche einer biologischen Behandlung der peritonealen
Adhäsionen teilt H. Naumann (Leipzig) mit. Gorade bei den konstitutio-
nellen, zu Adhäsionen neigenden Asthenikern dürfte man eino gewisse
Fermontarmut des Organismus annehmen, die durch die Einbringung fertig
vorgebildeter Leukoproteasen in die Bauchhöhle behoben werden könnte.
Diese Leukoproteasenbehandlung als rein biologische Adhäsionsprophylare
hat sich im Tierversuch bewährt. Am Menschen wird zurzeit die Pepsin-
Pregl-Lösung nach Payr in nur schwacher Konzentration als Adhäsions-
propbylaktikum zum Teil mit sehr gutem Erfolg benutzt.
Mit dem gegen Gonorrhoe empfohlenen Reargon sind V. Nagel
(Halle a. S.) Abortivheilungen überhaupt nicht gelungen. Das Mittel
ist gut verträglich, aber trotz der energischen Reargonbehandlung ist in
den meisten Fällen keinerlei Besserung erzielt worden. Darüber hinaus
ist die große Zahl der im weiteren Verlauf auftretenden Komplikationen
auffallend. Der Verfasser warnt daher davor, sich von der anscheinenden
Reizlosigkeit des Reargons verführen zu lassen und Abortivkuren damit
zu versuchen. Dazu kommt der teure Preis des Mittels (5 g = 100 com
Lösung = 3,05 M.).
Aug. Blencke (Magdeburg) betont, daß man als Skoliose nur die
dauernde seitliche Abweichung der Wirbelsäule bezeichnen dürfe, nicht
aber jede vorübergehende schlechte Haltung, die auf mangelhafter Muskel-
anspannung (schwacher Rückenmuskulatur} beruht. Hier findet man bel
einer zweiten Untersuchung oft eine entgegengesetzte oder überhaupt keine
seitliche Ausbiegung mehr. Der Verfasser weist ferner darauf hin, da
auch bei hohem Fußgewölbe ein ganz starker Pes valgus vorliegen könne
und daß dieser weit häufiger vorkomme als der eigentliche Pes planus
mit durchgetretener Wölbung.
Auf die Bedeutung der Haut und des vegetaliven Nervensystems
für Herdreaktionen, besonders bei der Bäder- und Reiziherapie,. weist
Rudolf Stahl (Rostock) hin. Warme Bäder entsprechen in ihrer Wirkung
einer Vagustonisierung, kalte einer Sympathikustonisierung. Die
Bäder wirken gleichsinnig auf die gesamte Körperoberfläche (F ernwirkung
auch auf die vom Reiz nicht direkt betroffene Körperoberfläche). Diese
Wirkung kann man sich in ihrer schnellen Entstehung und ihrem raschen
Abklingen eigentlich nur als von der Tonuslage des vogetativen
Nervensystems abhängig vorstellen, durch dessen Vermittlung die
Bäder auf das Verhalten der Haut einwirken. (Subkutane Injektionen von
ut 1
Dee
19. Oktober
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Atropin haben die gleichen Hautallergien wie kalte Bäder zur Folge,
. Suprarenin- und Pilokarpininjektionen ergeben einander entgegen-
gesetzt verlaufende Allergiekurven.) Die zu starker Vagusreizung führenden
. Morphium- oder Pilokarpininjektionen lösen bei Tuberkulösen sehr
erhebliche Herdreaktionen aus. Durch gleichzeitige Gaben von Atropin, .
das die vagotonisicrende Komponente des Morphins außer Wirkung setzt,
wird auch die Herdreaktion unterbunden. (Wichtig bei Hämoptoe, wo es
gilt, schädliche, durch Morphium auszulösende Herdreaktionen zu ver-
meiden.) Die Fernwirkungen erklären die Besserung auch nicht direkt
bestrahlter Krankheitsherde bei nur partieller Sonnenbestrablung; bei
- multiplen Gelenkerkrankungen die Besserung nieht nur der direkt mit
` Heißluftprozeduren behandelten, sondern auch. der nicht behandelten Gelenke.
So wirkt bei Erbrechen das Schlucken von Eisstückchen durch Er-
regung der sympathischen Elemente der Schleimhaut dem Vagusreiz-
zustand günstig entgegen. So werden Pneumonie, Typhus, Gonorrhoe
' durch heftiges Erysipel, Paralyse durch Malariainfektion gebessert.
Intensive Reizungen kleiner Hautpartien können zu Erkältungen, zum Auf-
flackern latenter Krankheitsherde führen. |
Die Beurteilung der Erythropoëse und der Anämien nach dem
. „Dicken Tropfen“-Präparat erörtert Viktor Schilling (Berlin). Die
Beobachtung der basophilen Erythrozytenreste im dicken Bluttropfen stellt
ein sehr objektives und sicheres Werkzeug zur Beurteilung von anämischen
; Zuständen dar, wenn man sie richtig zu verwenden weiß. Vermehrte Poly-
chromasie ist stets ein Zeichen irgendeiner. körperlichen Störung, manchmal
` noch unter der Schwelle des eigentlich Krankhaften, aber immer zur Nach-
forschung auffordernd. i F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 34.
Über krankhaite Persönlichkeitsveränderungen berichtet A.Bostroem -
(München). Es scheint, als ob nur organische Hirnschädigungen echte
‘ Persönlichkeitsveränderungen ‚nach sich ziehen, und zwar kann es sich
. dabei. um grobe Hirnherde: und mehr diffus angeordnete Allgemeinerkran-
(Auch bei der Schizophrenie dürfte man
. kungen des Zerebrums:handeln.
- organische : Veränderungen voraussetzen) Auch chronische -Intoxi-
kationen (Alkoholismus, Morphinismus, Kokainismus) können
Peisönlichkeitsveränderungen... hervorrufen. Beim Auftreten einer echten -
. Persönlichkeitsveränderung spielt aber die ganze Konstitution, insbesondere
"die.psychische Widerstandskraft eine sebr große Rolle. Diese Widerstands-
fähigkeit kann sich nun nicht nur konstitutionell, sondern auch bei dem
’ “gleichen Individuum in den einzelnen Lebensperioden verschieden verhalten.
u Über Verknöcherung und über die. Grundlagen der bisherigen Er-
gebnisse der Einspritzungen von Phosphatlösungen, besonders des Natrium- :
~ ` Glykokoll-Phosphates . bei verzögerter Frakturheilung, berichtet Rudolf
Eden(Freiburg i.Br.). In dem Natrium-Glykokoll-Phosphat (als, Ossopbyt“
‚von C. F. Boehringer & Söbne, Mannheim-Waldhof in den Handel gebracht)
‚soll die Phosphorsäure die Kalkanreicherung und die Entstehung der Kalzium-
Phosphat-Eiweißverbindungen begünstigen. Man injiziere von diesem Mittel
© 4—5 cem im Beginn und gehe bei täglicher Einspritzung mit der Dosis
bis zu 10 ccm in die Höhe. Nach etwa 10 Tagen pausiere man einige
Tage. Das’ Präparat muß in die Nähe der Bruchstelle gebracht werden.
‚ Kranke, die Brüche der unteren Gliedmaßen haben, kann man in gut und
eng anliegenden Gips- oder ähnlichen Verbänden während der Behandlung
umhergehen lassen, falls die Stellung der Bruchenden es zuläßt, Die mit
.der Funktion und. Belastung verbundene Beschleunigung der Blut- und
Lymphzirkulation und damit die des Stoffumsatzes ist von großer Wichtig-
keit für die Wirkung des Einspritzungsmittels und für die Entstehung der
„gewünschten chemischen Verbindungen im Gewebe. Die Bruchstelle selbst
aber muß ‚zuverlässig fixiert werden. F. Bruck.
= Schweizerische medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 34 bis 36.
Finen Beitrag zur Röntgenbehandlung von Augentumoren liefert
. Knapp (Basel), Er konnte. eine ausgesprochen günstige Wirkung
ei Tumoren in. und‘ auf dem Auge nicht feststellen, sodaß ‚bei sicher
. malignen Tumoren die Enukleation das Verfahren der Wahl bildet und
nur bei ino
| perablen Tumoren oder. bei Verweigerung der Operation be-
strahlt werden soll.
| Norte während Retina und Sehnerv durch hartgefilterte Strahlung nicht
ngegrilfen werden. Daneben tritt als Komplikation häufig das Glaukom
ein tn. en: M | $
a primäre Ursache noch fraglich ist. Veränderungen der äußeren
Zeria nicht: der. Retina sind entweder auf den Tumor selbst oder seine
stoxine Infolge der Bestrahlung zurückzuführen.
PR ‚Korrektur i gleichseitiger Hemianopsien empfichlt J. Strebel
der Ausfälle: Frismenbritle ‚mit der Basis der Prismen nach der Seite
nach nn Ic. Es gelingt hiermit eine Verschiebung des Gesichtsfoldes
Daneb s: intakten Netzbauthälfte durch einen optischen Prismeneffekt.
| en tst mitunter ein durch Vorsetzen von Prismen mit der Basis zur
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK. — Nr. 42.
‚ lagerungen.
Schädigungen des Auges betreffen in erster Linie die
‚daß solche auftreten, sehr groß.
~
sehenden Hälfte der Netzhaut zu erzeugender . motorischer Prismeneffekt
.von,therapeutischem Wert, doch ist die optische Methode von größerem
Wert, da ihre Dosierung. exakter ist. Prismen von größerem Winkel als 9°
werden nicht vertragen. |
Untersuchungen über Adrenalin und Synergismüs zeigten, wie
N. Seifert (Basel) mitteilt, einwandfrei eine toxikologisch herbeigeführte
Hypertoniebereitschaft der .Gefäßmuskulatur und ihr Ansprechen auf ein
natürliches Hormon. Die Verkürzung von überlebenden Gefäßstreifen durch .
_ Bieiazetat wird durch Adrenalin außerordentlich verstärkt. In der Intima
und .Media bleibehandelter Gefäßstreifen fanden sich einzelne Partikelchen
(Blei), in den mit Blei und Adrenalin behandelten dagegen reichliche Ab-
Hierdurch: ist eine Potenzierung der Bleiwirkung durch
Adrenalin erwiesen. Klinisch ist hierdurch die Möglichkeit der Annahme
gegeben, daß alltägliche Reize durch. Gifte. (Alkohol usw.) eine latente
Hypertonicbereitschaft erzeugen können und zwar durch einen potenzieren-
den Synergismus mit dem im Blute kreisenden Adrenalin.
| Die Diagnose der Spondylitis tuberculosa im Röntgenbild er-
örtert H. J. Schmidt (Leysin). Nach einem Hinweis auf die mitunter
vorkommende Irreführung der Diagnose durch den Schmerz bezeichnet er
. als sichere Symptome den sichtbaren Abszeß, Defekte der Wirbelkörper und
Veränderungen der Bandscheiben und Wirbelsäulenachse. Unsicher ist die
Verwertung der Atrophie, da Täuschungen leicht möglich sind. ferner sind
‚geringfügige Unregelmäßigkeiton an den Corpora und Zwischenwirbel-
‚scheiben mit Vorsicht zu bewerten. Die Diagnose ist immer erst in einem
vorgeschritteneren Stadium möglich, deshalb sagt. der negative Röntgen-.
befund allein nichts aus. Schließlich bespricht Verf. andere differential- .
diagnostisch wichtige Erkrankungen, wie Spondylitis deformans, Sp. rheu-
matica und Sp. posttraumatica. Ä | |
J. Baumgartner und G. Moppert (Genf) teilen einen Fall mit,.
bei dem: sich zu einer geheilten Osteochondritis deformans juvenilis coxae
eine Tuberkulose des Trochanter major gesellte.
sammenhang beider Erkrankungen in diesem Falle ab. Ä
Auf die Ostitis tuberculosa multiplex cystica weist Schmid
(Leysin) hin. Der Prozeß beginnt an Händen und Füßen zentral im
Knochen, der blasig-wabigen Bau zeigt. Meist. besteht Kombination. mit
Lupus. Differentialdiagnostisch sind gegen Spina ventosa ' wichtig das
Fehlen von Granulationen, Fisteln und Sequestern, gegen Ostitis fibrosa |
generalisata -intakte Diaphysen, geordnete Aussaat und Fehlen von Spontan-
; Troc | Letztere trat im
16. Lebensjabro auf, nachdem die Gelenkerkrankung 5 Jahre symptomlos
. gewesen war, und wurde durch Operation geheilt. ‚Verf. lehnen einen Zu- .
frakturen. Gegen parasitäre Infektion und maligne Tumoren spricht die
Multiplizität, während das Fehlen des für Chondromatose charakteristischen
Sitzes und der Wachstumsstörungen gegen diese spricht.
Klinische Bemerkungen über die Röntgendiagnostik
des Ver- |
dauuhgstraktus macht F. de Guervain (Bern).und weist auf die Wichtig-
keit der Kontrolle -durch die Operation für die richtige Beurteilung der
röntgenologisch erhobenen Befunde hin. Im Zusammenhang mit der Be-
sprechung von Einzelheiten, über die hier nicht referiert werden kann,
betont Verf., daß die Röntgenüntersuchung nur eine Vervollständigung der
klinischen Untersuchung darstellt, und daß die Vernachlässigung letzterer
‚neue Irrtümer mit sich bringt. ` |
‚Über Konstitution und Morphologie äußert sich H. Frey (Zürich)
und warnt vor oiner zu engen Fassung des Begriffs der Norm eines Merk-
mals. Als Beispiel wählt er die sog. Scapula scaphoides, ‘die als Zeichen
einer angeborenen Minderwertigkeit betrachtet wird, und kommt durch
vergleichende Untersuchungen zu dem Resultat, daß dies nicht. zutrifft,
sondern daß die Form der Scapula das Resultat der funktionellen , Be-
anspruchung ist und zwar ist der Margo. vertebralis konkav, wenn große
Anforderungen an die Exkursionsbreite des Schultergelenks gestellt werden. °
Weiter untersuchte Verf. die Verhältnisse bei'der als Degenerationszeichen
angesehenen Costa X fluctuans. Er kommt zu dem- Ergebnis, daß die
Costa X fluctuans das Zeichen eines | progressiven Zustandes im phylo-
genetischen Sinne ist; die aufrechte Körperhaltung bewirkt eine Ver- .
schiebung des Beckengürtels kopfwärts und mit dieser Verkürzung bzw.
Änderung der Zahl der Wirbel verschiebt sich auch das Verhältnis der
sternalen und asternalen Rippen. — Der Normbegriff muß sehr weit befaßt
werden, ist bei verschiedenen Rassen verschieden. Varietäten sind bedingt
‚durch äußere Verhältnisse, durch die phylogenetische Entwicklung; sie
können aber auch Übergaugsformen zu degenerativen Zuständen darstellen.
‚ Stovarsol und Luesprophylaxe. bespricht Br. Bloch (Zürich). Nach
Würdigung der wissenschaftlich hochinteressanten Entdeckung, daß ‚das
' Präparat bei stomachaler Zufuhr spirochätizid wirkt, warnt Verf. vor Über-
schätzung und vor einer wahllosen Anwendung, bevor ausreichende Unter-
suchungen ein abschließendes Urteil erlauben. Insbesondere ist über Neben-
wirkungen noch nichts Genügendes bekannt und die Wahrscheinlichkeit,
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1476
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
19. Oktober
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 36 u. 37. |
Nr.36. Den tiefen Bauchdeckenschnilt empfieblt D. Kulenkampff
(Zwickau). Der Mittellinienschnitt beginnt 4—5 Finger unterhalb des
Nabels und wird bis über die Symphyse geführt, bis an den Ansatz
des Penis oder der vorderen Kommissur. Auf diese Weise gelingt es viel
besser, an die Blase und in die Tiefe des kleinen Beckens zu gelangen.
Für die Behandlung der Patellariraktur ist nach Ferd. Schultze
.(Duisburg) das Wesentliche die Beseitigung der Retraktion des
M. quadriceps. Durch äußeren Bogenschnitt wird die Patella und der
Seitenstreckapparat freigelegt. Nach vertikaler Luxation der Patellar-
fragmente wird der seitliche Streckapparat herangezogen und genäht.
Dadurch wird der Streckmuskulatur die normale Spannung wiedergegeben
und der Muskelschwund vermieden.
Säuglings- und Altersperitonitis als Ausdruck der verschiedenen
Resorptionsfäbigkeit des jugendlichen und alten Peritoneums bespricht
B. O. Pfibram (Berlin). Es wird. als biologische Regel bezeichnet, daß
das alte Peritoneum in der Abwehr gegen Infektionen hauptsächlich mit
Abkapselung und Verschwartung arbeitet, das jugendliche mit Re-
sorption. Daher kann man sich beim Säugling nach Entfernung der
Infektionsquelle zu einem drainagelosen Verschluß des Bauchfells ent-
‚schließen.
Bei den älteren Kranken wird eine kurze Drainage die Heil-
bestrebung fördern.
Zur Technik der Operation bei akuter Cholezystitis . empfiehlt
P. Walzel (Wien), die erweiterte und entzündete Gallenblase zu eröffnen,
den Inhalt auszuräumen mit Hilfe des Saugers der Wasserstrahlpumpe.
Sodann wird der mit Jodtinktur ausgewischte Hohlraum mit Gummi-
schwammstücken ausgefüllt. Durch die prall-elastische Konsistenz
der Gallenblase wird ihre glatte Auslösung aus dem Leberbett erleichtert.
In Fällen von diffuser Blutung aus dem Leberbett hat sich die Stryphnon-
gaze bewährt,
Zur Frage der echten Schrumpfung nach Gastroenterostomie und
der Magenausgangsstenose nach Biliroth I berichtet B. O. Pribram
(Berlin) über einen vor 4 Jahren wegen Magengeschwürs operierten Fall,
bei dem das Loch der Gastroenterostomie verschlossen war und der Pylorus
trotz der Faltungstamponade wieder durchgängig. Es scheint, daß manche
Individuen zu Schrumpfungsprozessen besonders neigen.
Nr.37. Ersatz des Ureters durch eine Plastik aus der Harnblase
schlägt Rud. Demel (Wien) vor nach Versuchen an Hunden. Die
Harnblase wurde durch einen Schnitt vom linken Rande aus, der nach
rechts oben zieht, eröffnet und nach oben aufgeklappt wie der Deckel
einer Dose. Die Blasenwunde wurde in 3 Schichten geschlossen und in
der obersten Stelle des neugebildeten Blasenschlauches der abgeschnittene
Ureter eingepflanzt. Auch bei großen Defekten des Ureters kann auf diese
Weise noch eine Verbindung mit der Harnblase hergestellt werden.
Über die sogenannte Prostatahypertrophie berichtet Kulenkampff
(Zwickau). Er unterscheidet die subvesikalen Adenome in Hantelform
und Kugelform, welche karzinomatös entarten können, von den echten
Prostataerkrankungen, der Prostataatrophie und -hypertrophie und
dem echten Prostatakrebs. |
` Über die Gasstofiwechseluntersuchung in der chirurgischen Klinik
berichtet H. W. Knipping (Hamburg). Er empfiehlt einen von ihm an-
gegebenen und von der Firma Albert Dargatz, Hamburg, hergestellten
Apparat, Ein Spirometer, eine Waschflasche und eine Motorpumpe sind
durch Schlauchleitungen zu einem kreisförmigen System zusammengeschlossen,
in dem eine bestimmte Menge Sauerstoff kreist. Der Patient holt durch
einen Dreiwegehahn aus dem System seine Atmungsluft und atmet sie
wieder hinein. Bei ihrem Kreislauf wird die Luft in der Waschflasche
durch Kalilauge von der Kohlensäure freigemacht. Die Verminderung der
Luftmenge, gemessen am Stand der Spirometerglocke, entspricht dem Sauer-
stofiverbrauch.
Über Depressionsiraktur des Jochbogens berichtet I. C. Lehmann
(Rostock) nach den Erfahrungen an 2 Fällen. Äußerlich war nur eine
flache Einsenkung über dem linken Jochbogen wahrzunehmen, ohne Ver-
färbung der Weichteile. Die wesentliche Krankheitserscheinung war eine
Kieferklemme infolge der Festkeilung des Schläfenmuskels durch die
eingedrückten Teile des Jochbeins. Unter Lokalanästhesie wurde nach
Einschnitt am oberen Rande des Jochbogens durch Zug mit einem kräftigen
Einzinker der Bruch wieder eingerichtet, worauf die Kieferklemme sofort
verschwand.
Ein Fall von isolierter Luxation des Talus wird von G. Rechess
(Ekaterinoslaw) berichtet, Nach Fall von einer Treppe mit Einhaken des
Fußes war durch eine offene Wunde am Knöchel die untere Fläche des
Talus herausgetreten. Nach Erweiterung der Wunde wurde der Talus
wieder eingerenkt und Kapsel und Haut verschlossen.
Die Funktion hatte
nicht gelitten.
K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 36.
Über die intraperitoneale Kochsalzinfusion in der Geburtshilfe und
Gynäkologie und die Möglichkeit einer Eklampsiebehandlung nach Ganter
berichtet Th. Heynemann (Hamburg). Es gelingt größere Flüssigkeits-
mengen, bis zu 2000 cem, ohne Schwierigkeit einzuspritzen, nachdem unter-
halb des Nabels unter Lokalanästhesie ein kleiner Einschnitt bis auf die
Faszie gemacht worden ist und dann eine stumpfe Kanüle eingestoßen.
worden ist. Bei Fällen von Eklampsie kann dadurch Herzkraft und Diurese
angeregt werden und durch die Verdünnung des Blutes kommt es zur Aus-
schwemmung von Stoffen aus den Geweben ins Blut. Die Untersuchung
der wiedergewonnenen Flüssigkeit aus der Bauchhöhle’ ergab einen Gehalt
an Rest-Stickstoffsubstanzen, der etwas geringer war, als der des Blutes,
Für die Fälle, nach denen eine Besserung nach .der intraperitonealen Ein-
spritzung nicht eintritt, könnte man daran denken, nach dem Vorschlage
von Ganter die Flüssigkeit aus dem Bauch wieder abzusaugen und damit
in die Flüssigkeit übergetretene schädliche Substanzen zu entfernen,
Über die Beziehungen der Menstruation zur Haut berichtet A.Hirsch-
berg (Berlin) an Hand des Falles einer 35jährigen Frau. 8—10 Tage vor
Eintritt der menstruellen Blutung traten an beiden Oberschenkeln an der
Außenfläche, entsprechend dem Verlauf der Vasa circumflexa ilei, handteller-
große blutunterlaufene ‚Stellen von dunkel blauroter Färbung auf, welche
nicht druckempfindlich waren nd mit dem Einsetzen der Genitalblutung
verschwanden. Die Bedingungen für den Eintritt der Gefäßdurchlässigkeit
gerade in diesem Gefäßgebiet waren nicht zu ermitteln. |
Schwangerschaft und Geburt bei hypoplastischem Uterus (abdomi-
naler Kaiserschnitt) wird von Th. Micholitsch (Wien) beschrieben. Nach
längerer Dauer der Vorwehen bei der nervösen Kranken wurde mit Kaiser-
schnitt entbunden; dabei fiel auf, daß die longitudinale Faserschicht
der Gebärmutter fehlte.
Über die Beeinflussung der primären Sterblichkeit bei Radium-
behandlung des Üteruskarzinoms durch im kleinen Becken lokalisierte
Eiterherde berichtet I. Belugin (Petersburg). Eiteransammlungen in dem
kleinen Becken sind bei Radiumkuren ge
fährlich, weil sie zu einer Bauchfell-
entzündung führen können. |
Eine Prolapsoperation beschreibt H. Thomson (Odessa). Der in
eine Anteversionsstellung gebrachte Uterus wird mit zwei Fäden gefaßt,
welche zugleich eine kleine Wundflläche der vorderen Scheidenwand mit
einer Wundfläche der hinteren Scheidenwand vereinigen.
Seitlich von den
quervereinigten Scheidewänden sind Öffnungen gelassen, welche den Abfluß
‚aus dem äußeren Muttermund ermöglichen. Danach ausgiebige Scheidenplastik.
K. Bg.
Aus der neuesten französischen Literatur.
Levi schreibt über die fazialen Hemispasmen peripheren Ursprungs:
Es gibt zwei Arten; heilbare Lähmungen ohne Kontraktur durch. Reizung
der Nerven und nichtheilbare, mit Kontrakturen, primär oder Folge der
Lähmungen. Man kann sie wie bei Gliedmaßen als physiopathische Syndrome
des Gesichts auffassen; die Kontraktur ist ein reines sympathisches Muskel-
syndrom obne Haut- und vasomotorische Manifestationen. Folge. eines Hyper-
tonus des Sarkoplasma durch Reizzustand der Sympathikusfasern des Fazialis.
Therapie: Elektrolytische Dekortikation des Fazialis. (Pr. méd. 1924, 64.)
Golay betont an der Hand von 5 Fällen, wie wichtig es ist, bei
unklaren, besonders ‘der üblichen Medikation trotzenden Krankheitsbildern
nach Syphilis zu forschen, bei den Eltern, Geschwistern und beim Gatten;
selbst gewisse Anzeichen bei den Kindern geben oft einen Fingerzeig. Eine
eingehende Anamnese ist oft viel wert und in zweifelhaften Fällen ist der
therapeutische Versuch gerechtfertigt. Im 1. Falle handelte es sich um
eine 65jährige Dame mit Neurasthenie und psychischen Störungen; die
‚ Fehlgeburten wiesen hier den Weg. Der 2. Fall betraf eine 34 jährige Dame
mit mukomembranöser, hartnäckiger Enteritis und abundanten Blutungen;
die positive Wa.R. besonders beim Gatten bestätigte hier die Richtigkeit
der antispeziischen Behandlung. Im 3. Falle handelte es sich um omen
42jährigen Herrn, der seit 12 Jahren an einem Uleus duodeni litt; 10 Jahre
vorber Gastroenterostomie mit nachfolgender hämorrhagischer Nephritis ua
Diarrhoe. Auch in der Familie keine Anhaltspunkte. Wa.R. — Bi und
Salvarsan gaben hier unerwartete Besserung. 4. Fall: 44 jährige Dame mit
obstinater schwerer Anämie, die als perniziöse aufgefaßt wurde und fal
zu werden schien. Hier gab die Lues des Mannes den Ausschlag: rapide
Heilung. Endlich ein 38Jähriger, der seit 18 Monaten an den Folgen eme
akuten, als tuberkulös operierten Appendizitis laborierte: die Heredo
syphilis eines Bruders bestimmte hier das therapeutische Handeln. (Rei
med. Suisse rom. 1924, 7.)
Trunecek weist auf die Stase der Venen der Brustwandung YA
als ein Zeichen pulmonärer Hyperämie hin, bei Erwachsenen gewöhnlic
eine oder zwei auf jeder Seite, bei Kindern mehr und kürzer. Man t
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19. Oktober
tumoren der Mamma; besonders häufig aber bei Mitralinsuffizienz und
-Stenosc der linken Venenmündung, manchmal auch bei chronischer Schwäche
des linken Myokards, bei Lungenemphysem und exzessiver Skoliose. Die
Erscheinung hängt wesentlich von der Entwicklung der Anastomosen ab:
je zahlreicher sie sind, um so besser werden die Unregelmäßigkeiten des
kleinen Kreislaufs ertragen, um so leichter schwellen die Venen an. Er
hält dies für ein reparatorisches Zeichen, um die Lungen von dem über-
flüssigen Blut zu befreien. Es würde also auf eine Überfüllung des kleinen
Kreislaufs deuten, der direkter Exploration nicht zugänglich ist. (Rev. med.
‘Paris, 1924, 5.) =
Nach Heitz können Frauen, die eine Bklampsie überstanden haben,
leicht auch in späteren Jahren noch bypertensive Krisen bekommen, deren
Symptomatologie in allen Punkten an die bei Bleivergiftung erinnert mit
ihrem plötzlichen Auftreten ohne Ursache anscheinend, durch die sekundären
zerebralen Störungen, durch das rapide Verschwinden. Solche Rezidivo
sind noch sehr spät möglich: in einem Falle war die Eklampsie mit 32 Jahren,
die Krisen mit 47, im anderen mit 50, nachdem die Eklampsie mit 27.
überstanden war. Im ersten Falle Hemiparese, im zweiten Albuminurie
und Kopfschmerzen. (Arch. mal. coeur, vaiss., sang, 1924, 5.)
An der Hand von 14 Fällen führen Laroche und Desmouliere
über chronische Nephritiden ohne arterielle Hypertension aus: Diagnose
recht schwierig. Albuminurie selten, oft nur Spuren, keine Blutkörperchen
oder Nierenzellen, manchmal hyaline oder granulierte Zylinder. Urinmenge
sehr variabel, oft normal. Kardiovaskulär fehlen die klassischen Zeichen,
arterielle Hypertension und Herzhypertrophie ebenfalls oft oder meist. Das
Herz ist ganz normal, die funktionellen und allgemeinen Symptome bieten
nichts Charakteristisches. Intellektuelle oder physische Arbeitsunlust,
Neuralgien oder Myalgien, ständige anfallsweise Kopfschmerzen, selbst
` migränoide Krisen, Schlaflosigkeit, digestive oder Herzstörungen (Extra-
systolen), Asthma sind die gewöhulichen Beschwerden. Im Vordergrund
steht die Ermüdung, namentlich die intellektuelle. Industrielle, Literaten
köonen plötzlich nicht mehr arbeiten. Nur das Blut, der N-Gehalt ‚und
dio Ambardsche Konstante gibt Aufschluß: ersterer ist vermindert 0,5—0,8;
kann auch normal sein, letztere ist erhöht. Elimination des Wassers ist
im Liegen und Stehen vermindert. Prognose quoad vitam, wenn erkannt
und behandelt, nicht schlecht; aber die Fernprognose ist düster. Dauernde
Überwachung, weil Rückfälle. Heilung ist außerdem unwahrscheinlich,
Ätiologie: Infektionen, Intoxikationen, Jängerdauernde Verdauungsstörungen,
besonders alte Syphilis und Heredosyphilis. Anatomische Veränderungen
. sind mangels Sektionen unbekannt. (Pr. med. 1924, 67.)
Francon und Hutinel schreiben über die Amöbenaffektion der
Leber: Seit dem Kriege nicht selten muß man in Betracht ziehen, daß
autochthone Infektionen nicht selten sind und daß in vielen Fällen die
ätiologische Forschung völlig negativ bleibt. Das Protozoon kann ohne
andere Keime die Purulenz realisieren. Gewöhnlich folgende Formen: die
akute Kongestion, die in Abszeß ausgehen kann, die eigentliche akute -
Hepatitis, der akute und chronische Abszeß. Seltener trifft man die sub-
“ akute. eiterige oder nichteiterige Hepatitis, die chronische einfache Hepatitis
und chronische Formen mit spezifischen Knötchenherden usw. Bei dem
großen Polymorphismus ist die Diagnose nicht leicht: man muß cben bei
allen schmerzhaften Lebervergrößerungen daran denken. Unter Umständen
Versuch mit Emetin und Neosalvarsan. (Brux. mód., 1924, 51/52.)
‚ Über psychische Störungen mit längerer Entwicklung bei Encephalitis
epidemica sagt Robin: Die Diagnose ist unter Umständen aus der Anamnose
und. den Resten sehr leicht; es kann aber besonders beim Kinde, dessen .
somatische Heilung oft von schweren Charakterstörungen begleitet ist, kein
organischer Rest vorliegen. Hier können oft Konvergenzstörungen den
Gedanken näherlegen. Beim Erwachsenen findet man oft außer der De-
pression das konfusionelle Stadium: eine dauornde somnolente Psychose,
‚Psychische Asthenie, leichte Ermüdbarkeit, Aufmerksamkeitsstörungen,
Bradyphrenie, oft rapider Übergang von der Depression zur Heiterkeit.
Diese Konfusionszustände können sogar späterhin Rezidive solcher Stärke
zeigen, daß Internierung nötig sein kann. Dann das hebephreno-kata-
tonische Stadium, das an die Dementia praecox erinnert; hier führen die
Wirbelpunktion und physische Zeichen. Die Charakterstörungen beim Kinde
sind sehr polymorph: Schläfer, Indisziplinierte, Ausreißer. Pädagogische
Mißerfolge, Prognose reserviert. Jedoch können sich die Störungen mit
der Zeit heben; Erhaltung der Affektivität, Fehlen einer dementen Schwächung, .
einzelne günstige Erscheinungen berechtigen zu guter Prognose. (Journ.
med. franç. 1924, 5.)
„Ver gely berichtet von drei Fällen von Kopfschmerzen durch Neben-
Niereninsuffizienz: Ermüdbarkeit, die weiße Linie, Hypotension, Anorexie
ließen auf die Grundursache schließen. Die Anwendung von Adrenalin.
besserte den Zustand. (Journ. de méd. Bordeaux 1924, 9.)
Legueu injizierte einem ‚50jährigen Steinkranken. mit leichter
Erosion in der Harnröhre yor einer Zystoskopio 6 ccm cjner 3% igen Kokain-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
‚lösung, die einige Minuten festgehalten wurde: rapider Exitus unter epilepti-
formen Erscheinungen. (Pr. med. 1924,65.) - 0 > |
Calmette und seine Mitarbeiter experimentieren seit 20 Jahren mit
Taberkelbazillen, denen sie ibre tuberkelproduzierende Kraft, indem sie
sie 13 Jahre durch 250 Kulturen hindurch auf Kartoffeln mit Ochsengalle
und 5°/,igem Giyzerol abschwächten. © Diese Kulturen waren auch in
hohen Dosen für Tiere einschließlich des Affen avirulent. 50—100 mg
dieser lebenden Bazillen in das Bindegewebe eines Kalbes injiziert, machten
es gegen 5 mg virulenter, boviner, intravenös injizierter Bazillen für 3 bis
18 Monate immun. Diese Dosis verursacht eine miliare Tuberkulose in
6—8 Wochen bei einem nicht inokulierten Kalb. Sie haben bis jetzt -
. 127 Kälber so geimpft. Außerdem aber 217 Kinder in den ersten neun “
Tagen nach der Geburt, indem sie ihnen 6 mg dieser Bazillen ‘per os
fraktioniert !/, Stunde vor der Nahrung jeden zweiten Tag gaben. Keine
Veränderungen im Allgemeinzustand und in der Verdauung. Pirquet
negativ.in 880/,. 169 haben sich normal’ entwickelt. Die Inokulation ist
nur wirksam bei solchen, die frei von irgend einer tuberkulösen Infektion.
Spät nach der Geburt kann sie immer noch die Mortalitätsziffer günstig
beeinflussen. Geeignet für Neger, die in Länder alter Zivilisation über-
siedeln. (Bull. acad. med. Paris 1924, 91.)
Unter die verschiedenen Faktoren, die die Möglichkeit des syphi-
Hitischen Ursprungs bei Gelenkaffektionen in irgend einem Alter suggerieren
sollten, rechnet Fatou den’ purulenten Charakter der Gelenkflüssigkeit,
gleichgültig, ob die Arthritis akut oder torpid chronisch ist; die maximal
positive Wa.R. dieser Flüssigkeit, auch wenn sie im Blut negativ ist; die
gewöhnliche Symmetrie dieser Läsionen; die Prädilektion für größere Ge-
lenke ‘und den allmählichen Übergang vom Akuten ins Chronische. Die
hereditäre Syphilis kann für 15—20 Jahre latent- bleiben und länger bei
normaler Entwicklung und dann plötzlich recht virulent für Gelenke auf-
flackern. Intensive, längere spezifische Behandlung, obne lange Zeit zu
verlieren mit diagnostischen Irrtümern. (Bull. méd. Paris 1924, 38.)
Vulliet beschreibt fünf Fälle von Trennung der Epiphyse des
Femurkopfes bei Mädchen im Pubertätsalter, die noch nicht menstruiert
hatten. Alle hatten Übergewicht und zeigten den adiposogenitalen Typ.
Klinischer Verlauf: Schmerzen in der Hüfte, leichtes intermittierendes
Hinken, Reduktion der Bewegungen. Irgend ein leichter Unfall ver-
schlimmerte plötzlich diese Symptome und man kam so zur Diagnose.
Dieses Trauma hatte natürlich stets sekundäre Bedeutung. Ätiologie: un- |
bekannt. Behandlung: Pflasterverband. (Pr. med. 1924, 32.)
Dor bringt die multiple Sklerose mit pathogenen Zuständen der
Zähne in Zusammenhang; nicht mit den akuten, sondern mit den periapikalen
Wurzelzysten und der Pyorrboe, Gerade die ersteren können einen ge-
sunden Zahn erschüttern und verlaufen ohne Schmerz, oft dem Patienten
‘unbewußt. Er argumentiert so: Man, weiß, daß zwischen der multiplen
Sklerose und der Neuritis optica Beziebungen bestehen und daß beide
ethmoidalen und sphenoidalen Sinusitiden folgen; können nun letztere
nicht direkte Folgen der obengenannten dentalen Alfektionen sein? Zu-
mal da er in der Anamnese der Sklerotiker mehrfach feststellte, daß die
Zähne schon mehrere Jahre vorher locker waren. Die Ansicht verdient
jedenfalls der Erwähnung. (Pr. méd. 1924, 71.) vi Schnizer. .
Aus der neuesten amerikanisch-englischen Literatur. _
Hinsichtlich der Behandlung der Ohrschmerzen macht Layton darauf
aufmerksam, daß, wenn im Ohr keine Ursache dafür entdeckt werden kann,
der Mund zu untersuchen ist. Oft ist ein kariöser Molaris schuld, meist
ein unterer oder eine Entzündung im Rachen, Tonsillitis, eine akute
Pharyngitis; auch nach Operationen an den Tonsillen. Hier kann sich die
Entzündung durch die. Tuba Eustachii dem Mittelohr- mitteilen; deshalb
ist in solchen Fällen eine Untersuchung des Trommelfells immer nötig.
Bei Erwachsenen kommt bei einer subakuten Pharyngitis, wenn diese den
Nasopharynx und namentlich das lymphoide Gewebe seitlich des Pharynx
ergreift, Obrschmerz beim Schlucken vor. Dann ist auf einen Schmerz zu
achten, den der Patient als Ohrschmeız, die Untersuchung als Schmerz
oder ‘Empfindlichkeit neben dem: Ohr bezeichnet durch eine vergrößerte
Lymphdrüse über dem Mastoid neben dem Ohrläppchen oder nach vorn zu.
Die Vergrößerung kann von einer kleinen Hautläsion im Gehörgang aus-
gehen, die an sich keine Schmerzen verursacht, oder durch den Biß einer
Laus. Oft- ist die Unterscheidung einer Schuppe von einer Nisse recht
schwer, Auch Verletzung der Kopfhaut durch eine Haar- oder Hutnadel
kann schuld sein. Endlich können die Schmerzen vom Temporo-mandi-
bulargelenk oder von der Parotis ausgehen. . Manchmal findet man auch
gar keine Ursache. Ein kleines Stückchen Ohrschmalz, das am Trommel-
fell klebt, ein an seinen Vorderzahn drückender kommender Weisheitszahn
(Röntgen) oder überhaupt ein kommender Molaris mag dann die Ursache
‚ sein, Endlich Krypten in der Fossa supratonsillaris. (Lancet 1924, XVIL.)
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 42
19. Oktober
Über den Wert der Malariabebandtung -bei progressiver Paralyse | und Masern nicht, beeinflußt aber ‘die Strenge dieser - Infektionen. Sie .
geben Yorke und Macfie folgenden Bericht: von 84 so behandelten scheint das Vorkommen der Diphtherie zu mindern. Ebenso Herzkrank: -
Patienten starben ‘14 unmittelbar oder kurz nach Beendigung der Behand- | heiten; Chorea und Rheumatismus dagegen beeinflußt sie garnicht. Sie
lung: trotz der Chininbehandlung, trotz des Verschwindens der Parasiten beseitigt die Unterernährung bei den operierten Kindern. (Jsa. m. a. 1924, 1.
aus dem Blut ist es nicht unmöglich, daß der Tod durch die Malaria be- | - Nach: Mörsch treten in etwa. 15% der Migrägeiälle psychische
schleunigt wurde. Keine Veränderung in geistiger oder körperlicher Hin- | Störungen auf in Form von geistiger und körperlicher Depression, Apathie,
sicht wurde bei 20 Patienten beobachtet; manche von ihnen können. jetzt- | Schlafsucht, Energieverlust, Angstlichkeit. Nur in einem Falle lag eine
gestorben sein. Bei 10 wurde eine deutliche körperliche, aber keine geistige: | endokrine Störung vor. (J. a. m. 2. 1924, 26). Br l
Besserung festgestellt. Bei 17 große körperliche und geistige Besserung; Die Hämatoporphyrie ist nach Harbitz der Ausdruck eines kop-.
de bei 23 so gros war, daß sie entlassen werden konnt a Ba seen hat stitutionellen Zustandes einer speziellen, unvollständigen Stoffwechsel-
i u Besserung ein Jahr lang angehalten und manche sind wieder in ihrer störang. Die akute Form betrifft bauptsächlich Frauen, besonders neuro-
früheren B eschäftigung. Wenn auch über die Dauer der Besserung heute pathische: Kolik, (oft biliöses) Erbrechen, hartnäckige Konstipation mit
noeh nichts Bestimmies gesagt werden kann, so ist doca der Erfolg, ein | blutigem Schleim. In die Lenden und Beine ausstrahlender epigastrischer
wesentlicher. (Lancet 1924, XX). E o’ T Schmerz mit epigastrischer Hyperästhesie. Das klinische Bild gleicht der
An der Hand zweier Fälle führt Ruddock aus, wie es durch Pica, | Appendizitis, der Leberkolik, der Darmokklusion, um so mehr als eine
Parorexie, bei Kindern zu Bleivergiftung kommen kann. Man kann 2 Arten gewisse Dilatation des Magens und des oberen Darmtraktus durch die
won Parorexie beobachten, bei gesunden Kindern und bei solchen, deren ' Krämpfe besteht. Vesikaler Tenesmus, in der 'Hälfte‘der Fälle Fieber.,
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in Allgemeinzustand durch irgend eine chronische Krankheit geschwächt ist. Urin: braun, rötlich, ‚wie Malaga, Portwein; enthält Hämatoporphyrin,
Și i Im ersteren Falle vergeht der Zustand mit zunehmendem Alter wieder, im |: Urobilin, Urofusein; ist stark sauer und selten. Zylinder und Eiweiß io
ni zweiten bessert er sich mit dem Aligemeinzustand. Hauptsächlich sind es "einem Drittel.der Fälle. Wiederholung der Anfälle mehrmals im Jahr mit
ine farbige Gegenstände die das Kind gewohnt ist in den Mund zu nehmen | allmählichen nervösen Symptomen: 'Sensibilitätsstörungen, neuralgische
j oder abzulecken. Wichtig ist genaue Anamnese. Ebenso die sekundäre | Schmerzen, Hyperästbesien, Schlaflosigkeit, epileptiforme Anfälle, psychische
a _ Anämie. Das Kind wird reizbar, ängstlich, “unruhig namentlich bei Nacht, Störungen, Delirium, schließlich Polyneuritis, (kubitale, radiale) Lähmungen,
a5 > fauler Atem, schlechter Appetit, Zahnfleischhämorrhagien. Schmerzen im |. allgemeine progressive fatale Lähmung, gewöhnlich einige Wochen nach
AN ‚ Epigastrium und in den Beinen. In chronischen Fällen dauernde und | einem akuten Anfall, mit okulomotorischen und Sphinkterlähmungen. Sektion:
A | starke Schmerzen im Abdomen, Konstipation, Erbrechen. ist selten. Ge: Leberveränderungen. Es kommen ganz akute Fälle mit zerebralen Symptomen -
Pi sichtsnervenlähmung, besonders der motorischen Augennerven ist gewöhnlich (Konvulsionen, Stupor) vor. Auch toxischen Ursprunges kann die Hämato-
Ei da, wird aber oft von den Eltern mit der Anämie übersehen. Konvulsionen, | porphyrie sein: bei Sulfonal- und ` Trionalmißbrauch, beim chronischen
iji die nichts Typisches haben, sich nur dadurch von anderen unterschieden, Saturnismus und infolge einer Chloroformnarkose. Letzteres ist dann nur
Zu. daß sie sehr anhaltend und sehr fatal sind. Unter Umständen dann Fieber. | die auslösende Ursache. Verlauf ganz gleich. Endlich kommt eine chronische
el Sehr häufig Kolik. Zahnfleischsaum ist selten, wohl kleine schwarze oft | kongenitale Form vor: selten, familiär, bei Neuropatben, wenn sie starkem
BER nur mit der Linse zu sehende Flecken. Nachweis. des Bleis besonders in | Licht ausgesetzt werden, mit Erythem, Hydroa, Pigmentation. Ödem, -
REET den Fäzes. Man unterscheidet paralytische Fälle, symmetrisch mit hängenden Konjunktivitis, Diarfrhoe und Porphyrinurie für 2—5 Tage. (Arch. int med.
E o | * Händen und Füßen und Spasmus der Wadenmuskel, dann neurotische reiz- | Chicago 1924, 5). | er
E | BR bare Kinder mit Schmerzen im Leib ind in den Gliedern, habitueller Kon- | . Die normale Größe des Herzens liefert die Radiologie nicht. Die
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oE stipation. Ferner dio okulare Neuritis, den Opukus, h _ Perkussion hat hier größeren Wert. Der. Querdurchmesser des ‚Herzens.
E o -© motorius und den Trochlearis befallend.” Endlich cklamptische Fälle mit | entspricht nach umfangreichen Versuchen von Fossier genau einer Linie,
Se r dauernden schweren Krämpfen, fatal. Behandlung: symptomatisch gegen | die vom Handgelenk Radialseite bis zum mittleren Gelenk des 4. Fingers
ah rt die Krämpfe Chloroforminhalationen, sonst Fe und As, gegen die Lähmungen | geht, wenn die Hand zur Faust geballt ist. (J. a. m. a. 1924, 25).
E T A e a ee A o chreibt eine Atophanvergiitung, die ganz unter den
hi Bei o) sulfat morgens. Gibson hat “ro ge mit einem Serendei: uminium- | "Bilde . eines schweren allergischen Shocks verlief. Der 44jährige Patient
np pa platte am negativen Pol, gesehen: dort schlägt sich dann das Blei nieder. | hatte sich wahrscheinlich selbst sensibilisiert, dadurch daß er seit Jahren
Ba l 11 (J. a. m. a. 1924, 21). `. | Ñ | bei allen möglichen Gelegenheiten Atophan: nahm. Man sollte, diese `
8 ad Tenney hält Kranke, die gelegentlich über Konstipation klagen | toxischen Nebenwirkungen und deswegen den Urin im Auge behalten.
ai Hd > und dann durch Abführmittel gebessert werden, immer für verdächtig, weil |. (J. a. m. a. 1924, 25). |
al | gw | die mangelhafte Ansprache des Darms auf eine normale Nahrung immerhin | Bazin berichtet von einer Borsäurevergiftung bei einem 15jährigen.
Sei | BR . Obstruktion oder sonst etwas Pathologisches im Darm anzeigt. Namentlich | Jungen, der wegen Verstopfung einen Einlauf von 6 Teelöffeln gepulverter
Di } ii wenn Nausea, Erbrechen und Leibschmerzen beobachtet werden und die | Borsäure auf 6 Tassen Wasser enthielt. 2mal täglich. Am nächsten
N b. Ei ‚ Abführmittel einen flüssigen suppenähnlichen Stubl fördera.‘ Es kann sich |. Abend Erbrechen, Hautausschlag, Am 4. Tage Aussetzen der Binläufe,
2 AB dann um einen Enterolithen mit Konstriktionen im lleum, Obstruktion dort |. am 6. Tage wieder 2: Leibschmerzen, Fieber, Stupor, dauerndes Erbrechen. .
mit Dilatation, .Knickung des Ileum, doppeltes Adenokarzinom des Kolon | Intravenös 900 cem 5O%iger Glukoselösung, 950 Ringerlösung, Herz
und Obstruktion im Zökum handeln. (Boston med. surg. ]. 1924, | tonika konnten den Tod am 8. Tage nicht aufbalten. (Kanad. med. ass. )-
April 17). EEE Montreal 1924, 14).
Howard betont folgende wichtige Zeichen. im Frühstadium der | Me Lester gibt einige Winke zur Behandlung Jer Fettsucht,
Pneumonie: vermehrte Respirationsrate, frühe Leukozystose, Rasseln beim | 2 Gesichtspunkte: Anregung des Stoffwechsels, Verkürzung der Nahrungs
Husten, mit oder ohne Schallveränderung, aber mit vermindertem rauhem | zufuhr. Ersteres erreicht man mit milden, lang fortgesetzten, regelmäßigen
as (Newyork state j. med. 1924. 24). | | - | Übungen und kalten Bädern, die bei gesundem Herzen und nicht ZU
Über einen, Fall von Kampfervergiftung berichtet Lang: Ein artoriosklerotischen Arterien keineswegs schaden. Nicht zu empfehlen
44jähriger Gefangener erbielt 9 Uhr abends ca. 30 cem Kampferliniment solchen, die nicht reagieren ‚oder einige Stunden nach dem Bad frieren. .
"statt Rizinus. 10 Uhr 45 epileptiforme Krämpfe für € Minuten, klagt über j| Hinsichtlich der Nahrungsverkürzung: im Ganzen 18—22 Kalorien pro kg
Schwäche, Unfähigkeit aufzustehen, Nervosität, Kopfschmerzen, Schmerzen | des idealen Gewichts. Dann Erhaltung des N-Gleichgewichts, also eine
in den Augen, dann Semidelirjum, Muskelzucken in den Beinen besonders, | Nahrung, die materiell’ unter dem Bedürfnis des Patienten ist, aber reichlich
bleiche kalte Haut, rapider Puls, 75—120 Blutdruck, rapide, oberflächliche | Protein enthält. Etwa 1,5—2 g pro kg idealen Gewichts. Um die Nieren
Atmung, mit tiefen Seufzern. Therapie: Magenspülung, Magnesiumsulfat. möglichst wenig zu schädigen, biologisch hochwertiges Protein: Fleisch,
Am nächsten Morgen keine Erinnerung At den Fall, leichte Nausea. | Eier, Milch. Kohlehydrate als Quelle der Energie und Wärme dürfen nicht
(J. a. m. &. 1924, 26). außer Acht gelassen werden: bei dem bohen Proteinsatz känn man ruhig
Kaiser hat eine Gruppe von 1200 Kindern, die tonsillektomiert den Rest bis zur erlaubten 'Kalorienhöhe darin geben. Fett Jäßt man aM
waren, mit ebensoviel niehttonsillektomierten verglichen. Der Enderfolg besten ganz weg. Vitamine nicht vergessen. Wasser regt den: Stoffwechsel
tritt erst nach einigen Jahren auf und hängt letzten Endes vom Kind ab. | an; mäßig, weil viel trinken wieder mehr essen läßt. Dann ist der Sal
Die Tonsillektomie gibt beträchtliche Erleichterungen bei allgemeinen gungswert zu beachten: deshalb Fleisch, gekochte Eier, Kartoffel (besser
Klagen und Erkältungen des Murdes und Halses., Ebenso bei Ohren- | wie Brot). Einfache Süßigkeiten innerhalb der gestatteten Kalorienmeng®
erkrankungen und deren Komplikationen. Sie gibt einigen Schutz gegen | sind erlaubt. Wiederholtes Fasten, aber Azidosis überwachen. Keine rapid
Drüsenaffektionen, garantiert aber nicht dafür, auch verschwinden Zervikal- Gewichtsabnahme. (J. a. m. a. 1924, 26).
drüsen nicht unmittelbar. Infektionen des Larynx, der Bronchien und der An der Hand 2 Fälle führt Boles aus wie schwierig oft die Diagnos?
Lungen kamen in beiden Gruppen gleichermaßen vor. Sie verhütet Scharlach Tuberkulose oder Karzinom des Peritoneums ist. Gastrointestinal® ö-
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19. Oktober
' Körperkraft.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK Nr. 42.
sungen, Abmagerung, Schwäche, Fieber, Leibschmerzen kommen bei beiden
vor. Bei jungen Leuten ist Tuberkulose häufiger. Die Tuberkulinprobe
gibt nicht genügend Unterlagen. Eine Anamnese mit früheren Anfällen
von Aszites, Nachtschweißen, Tachykardie spricht für Tuberkulose, Fieber,
Bradykardie mehr für Karzinom. Karzinomatöse Massen fühlen sich mehr
'hölzern an, aber beim Kolloidkrebs weich. Da Krebs häufig eine Magen-
komplikation ist, Magenuntersuchung: motorische Insuffizienz, Verminderung
der HC1, Vorliegen von Blut, Blutpigment, Eiterzellen, Milchsäure ‚spricht
für Karzinom. Selbst die Probelaparotomie kann täuschen, weil beides
gleichzeitig vorliegen kann.
die Tuberkulose. (J. a. m. a. 1924, 26). .
Friedlander schreibt_über die klinischen Typen der Hypotension.
Hypotension ist ein Symptom, keine Krankheit, keineswegs immer Mani-
festation einer Krankheit, vielmehr zeigen manche solcher Leute eine große
110 systolischer Blutdruck bei. jungen Erwachsenen ist mit
Die Erfahrung der Lebens-
völliger Gesundheit und Körperkraft vereinbar.
. versicherungen lehrt, daß hypotensive Personen mittleren Alters eine bessere
last des vasomotorischen Tonus die Ursache zu sein.
Lebenserwartung haben, als der Durchschnitt. Die 3 Hauptfaktoren, die
den arteriellen Blutdruck unterhalten, sind Kraft und Häufigkeit des Herz-
'schlages, periphere Resistenz und das Blutvolum. So klar diese Faktoren
liegen, so schwer ist eine befriedigende Erklärung über das Zustande-
kommen zu geben. Hypotension kann vorübergehend oder dauernd sein.
Beim anaphylaktischen Shock scheint das geringe Blutvolum und def Ver-
Beim trauma-
scheint ein toxischer Faktor, das Histamin oder eine
die vasodilaticrend wirkt, ‚die Hauptrolle zu
tischen Shock
histaminähnliche Substanz,
spielen.
Störungen im Vasomotorentonus und im Blutvolum. Von akuten Infektionen
zeigen niedern Blutdruck: Cholera: Plasmaverlust,. also Veränderung im
Blutvolum: Diphtberie: myokardiale Degeneration und Wirkung des
Diphtheriegifts auf die Vatomotoren. Malaria: Veränderung des kapillaren
Blutstroms durch die 'Plasmodien in gewissen Stadien. Pneumonie: die
tozämischen Faktoren. Das Verhältnis zwischen Puls und Blutdruck ist
prognostisch wichtig: wenn der arterielle Blutdruck in mm Hg unter die
Pulszahl fällt, so ist der Ausblick düster. Bei Typhus spielt der toxische
Faktor, bei Blutungen das Volum eine Rolle. Bei Tuberkulose kommt die
toxische Wirkung aufs Vasomotorenzentrum und vielleicht aufs Myokard'in.
‚Frage. Bei Syphilis die im If. Stadium häufig beobachtete Aortitis, die
spezifische Myokarditis und die Läsion der Nebennieren. Letzteres auch
bei Addison. Beim. Status Iymphaticus und Iofantilismus ist Hypoplasie
bzw. Schwäche des Herzens Schuld. Bei myokardialer Degeneration. wie
bei Influenza kommt Verlust des Vasomotorentonus.in Frage, man muß
8
. eine Rolle spielen.
aber dabei daran denken, daß Hypotension hier oft dekompensierte Hyper-
tension und somit ein ernster Zustand ist. Ebenso bei kardialen Arrhythmien.
Bei manchen Fällen von essentieller Hypotension mögen fokale Infektionen
Über die inneren Drüsen als Ursache sind die Akten
noch nicht geschlossen. (J. a. m. a. 1924, 3).
Gaither beschreibt einen praktisch wichtigen Fall von Obstruktion
nach ‚einem Seidlitzpulver: ein Söjähriger Chirurg nahm wegen Kopf-
schmerzen morgens beim Erwachen ein Seidlitzpulver; nach 25 Minuten
‚ reichlich Stuhl; etwas später mächtige Leibschmerzen, Stuhldrang, lediglich
klares. ‚Wasser. Dann starke Schmerzen neben der Spina ant. sup. sin.,
die in den linken Hoden ausstrahlten. Erbrechen, Nausea, was noch am
folgenden Tag anhielt, absolute abdominelle Ruhe. Leichte Scehlafsucht.
Am 4. Tag starker Meteorismus; Laparotomie beabsichtigt. Vorher ver-
schiedene‘ wirkungslose Einläufe. Auf Wunsch des Patienten nochmals Ein-
lauf, dann auf dem Fußboden Überrollen auf die linke, dann auf die rechte
Seite unter Anziehen der Beine an den Bauch. Durch diese systematischen.
noch 2mal in 4 Stunden wiederholten Übungen Wirkung. Es lag also eine
Torsion des Darmes vor mit Obstruktion, die durch die Lageveränderungen
beseitigt wurden. (J. a. m. a. 1924, 3).
Die Einatmung von verdüanter C0, (5—10%ige Lösung in Luft
oder 0) vermehrt das Atemvolum auf das fache und ist eine durchaus
sichere Methode, von der im weitesten Maße Gebrauch gemacht wird bei
der Wiederbelebung bei CO-Vergiftung und zur rapiden Entätberung nach
"Operationen. Gerade bei ersterer, wo die langsame Elimination und die
' verlangsamte Atmung oft recht kritisch werden kann, fand man, daß O allein
zu langsam wirkt. Die Entfernung dieser flüchtigen Stoffe legte Hunter
und Mudd den Gedanken nahe, auch andere flüchtige Stoffe wie Alkohol
auf diese Weise aus dem Blut zu entfernen. Dies gelang beim alkoholischen
Koma, das lediglich: durch die Aufnahme letaler Alkoholdosen zustande
kommt, leicht, ebenso bei i Methylalkohol. (Boston med. surg. j. 5. Juni 1924),
V. SONALAR
Heliotherapie gibt oft Auskunft: sie bessert.
(Compt. rend. soc. biol.
Wirkliche myokardiale Schwäche ist dabei nicht so wichtig wie-
V
Therapeutische ‚Notizen.
Ian ere Krankheiten.
Zur Therapie der Plaut-Vincentschen Erkrankungen: der Mund-
höhle empfiehlt Wichels eine 10°/,ige wässerige Lösung von Pyoktannin-
(Merck). Es ist ein zusammengesetzter Farbstoff aus der Reihe der Methyl-
violette und Auramine.. Die Pinselungen der Ulzerationen der Mundhöhle
mit Pyoktannin’ ist nach den Erfahrungen des Verf. -das ‘zurzeit beste
Mittel bei der Bekämpfung der. Plaut-Vincentschen Angina.‘ Unterstützend
wird Gurgeln mit H20, yerordnen (Ther. d. Gegenw. 1924, H. 7) |
| Tarnogrocki Blitz).
Nach Bluns Erfahrungen: ist die Anwendung von Insulin durch
Zersprayen auf der Zunge ebenso wirksam wie die Injektion. 10 mg
reduzierten auf diese Weise in 3 Stunden bei einem Nichtdiabetiker fast
um die Hälfte. Die Dosen sind bier etwas höher als bei der: Injektion.
, Paris, Juni 1924, 27.) I
Gall behandelt inoperable Krebse mit Liquor Potassas. 15 Minims
(1 = 0,06); Kal, nitr. 10 Grains (1 = 0,06); Aqu. Mentbae 1/, Unze
(= etwa 15 ccm). Davon 3ma] täglich etwa 1 Kaffeelöffel. Die Besserung
der Symptome schreibt Gall einer spezifischen Wirkung der Kalisalze auf
den Krebs zu: Die roten Blutkörperchen und die ‚Krebstumoren enthalten
reichlich Kalisalze, eine Art Selbsthilfe des Körpers, die durch diese
Administration unterstützt wird. (Lancet 1924, 1.)
Die Diät bei Nephritis ist nach Snowden im wesentlichen diktiert
durch die Funktion der Niere: Deren funktionelle. Kapazität kann durch
die Phenolsulphophthaleinprobe bestimmt werden hinsichtlich der N-Gruppe;
klinisch verursachen zurückgehaltene- N-Zerfallsprodukte Kopfschmerzen,
'Schläfrigkeit, Koma, hohen "Blutdruck und intestinale Störungen. Bei
Säureretention: Atemnot. Bei. Störungen der Ausscheidung von Salz und
Wasser: Ödem. Es gilt also zu bestimmen, welche Ausscheidung gehemmt
ist. Also: Fleisch und Zerealien hinterlassen Säureresiduen, frische Früchte,
Vegetabilien, Kartoffeln basische Residuen. Bei Störungen der Salz- und,
Wasserelimination: salzfreie Diät. : Werden Salze schwierig eliminiert, so
wird Wasser zurückbehalten, bei mangelnder Wasserelimination Salz. (Atlant.
med. journ., Harrisburg: 1924, 27.)
Nach den Untersuchungen von Burke und Grieve ee die
bakteriostatische Wirkung der Farbendesiafektionsmittel wesentlich zu im `
In Betracht ‘kommen in
dieser Hinsicht Kristall- und Methylviolett, Brillantgrün, basisches Fuchsin,
‚Malachitgrün.
alkalischen Medium (Hydrogenionkonzentration).
Es empfiehlt sich also, gleichzeitig bei Anwendung, dieser
Mittel bei Infektionen innerlich Natrium bicarbonicum zu geben oder alkalische
Spülungen zu machen. (Amer. journ. med. sc., Philadelphia 1924, 168.)
Reimann und Pucher haben bei chronischen Gelenkafiektionen
Schwefel versucht: Schwefelblumen. 7 mg in 1 com fettsäurefreien Olivenöls,
das bei 150° 2 Stunden lang sterilisiert wurde, intramuskulär alle 5—7 Tage
injiziert (Glutaei), jedesmal um 1l ccm steigend, 7—8 Dosen im ganzen.
In manchen, nicht in allen Fällen wesentliche Besserung. (Amer..journ.
med. sc., Philadelphia 1924, 168.) | ' v. Sehnizer.
Zur Behandlung des Erysipels empfiehlt Rudolf Loewenstein
(Steele-Ruhr) eine 16°%/,ige Argentum nitricum- Lösung, mit der die er-
krankte und angrenzende gesunde Hautstelle gründlich eingepinselt
wird. Innerhalb von zweimal 24 Stunden pflegt die Temperatur zur Nörm
zurückzukehren. Die Schmerzempfindlichkeit schwindet.
der eingepinsolten Stelle beginnt sich dann in größeren Schuppen abzulösen.
Darunter erscheint normale Epidermis. (M.m.W. 1924, Nr. 34.)
funkel. Während es bisher mit keiner Behandlungsmothode gelungen ist,
eine positive Tuberkulin-Kutanreaktion in eine dauernd negative um-
zuwandeln, hat dies der Verfasser erreicht durch subkutane Injektion
der Vakzine eines völlig avirulenten, saprophytischen Bazillus
aus der Gruppe der Wurzelbazillen, der mit dem Tuberkelbazillus
nicht verwandt, z. B. nicht säurefest ist (Firma: Chemische ‚Fabrik
Dr. Gauff in Stettin). Man beginne zunächst mit der Tuberkulin- Kutan-
reaktion und schließe nach 8 Tagen die subkutane Injektion der Vakzine
an. Die Vakzine hat eine ausgesprochene Affinität zu jedem tuberkulösen
‚Herd, deckt verborgene Herde auf, erkennbar an Herdreaktionen. Dosierung
und Methodik werden genauer angegeben. Das Hauptanwendungsgebiet ist:
sondern vorerst nur
Einen Schutz vor Infektion mit.
die große Zahl der noch nicht tuberkulosekranken, `
infizierten Kinder mit positivem Pirquet.
dem Tuberkelbazillus gewährt. das Mittel nicht, es vermag aber eine solche
Infektion zu en besonders in ihrem Anfang. (M. m.W. 1924, Nr. 34.)
k Bruck.
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Über die Behandlung der Kindertuberkulose berichtet Hans Kar-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. ` 19. Oktober
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Bücherbesprechungen.
Robert Bing, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. 3. Aufl. mit 184
zum Teil mehrfarbigen Abbildungen. 709 S. Berlin und Wien 1924.
Urban & Schwarzenberg. Geh. 21,60, geb: 24,30 RtM.
Wer (wie Ref.) das Schicksal und den Erfolg des vorliegenden Lehr-
buchs von Anfang an gegrüßt hat, der staunt nicht mehr über Belesenheit,
Erfahrung, Formsinn des Autors, sondern nimmt die Wertsteigerung, die in
der Reichhaltigkeit seines Inhalts und Schönheit des im Wort geprägten
klinischen Materials liegt, als selbstverständlich hin. Es ist in das Herz und
in die praktischen Notwendigkeiten des strebenden Arztes hinein geschrieben,
ein Werk, das man immer wieder zur Hand nimmt und als ständigen Berater
lieb gewinnt. Den Erfahrungen eines solchen Lehrers und Könners, Forschers
und Arztes darf man unbedingt trauen, auch da, wo er Probleme streift und
wissenschaftlichen Streitfragen nachgeht. Eine Persönlichkeit spricht, und
es schadet gewiß nichts, wenn in späteren Auflagen der Forscher den halb
erforschten Gebieten andere Gesetze zugrundelegt. Musterbaft die klar
erläuterten „Fälle“, logisch das Urteil, einprägsam die Schlüsse, gefällig,
die Sprache, anregend der eigene Gedanke —, dieses Buch verdient wahr.
haftig sein Schicksal und seinen Erfolg: Es gibt, von einem Einzelnen ge-
schrieben, kein besseres Lehrbuch der Nervenkrankheiten, keines, das uns
notwendiger und förderlicher erschiene. Kurt Singer.
W. Engelmann (Bad Kreuznach), Balneologie und Balnsotherapie.
Was der praktische Arzt davon wissen muß. München 1924, Verlag der
Ärztlichen Rundschau. 36 S. GM. 1,—. |
Die Fühlungnahme des praktischen Arztes zur modernen Balneologie
und Balneotherapie ist zweifellos vielfach noch eine recht unvollkommene.
Das liegt nicht nur an dem Mangel an Zeit zum Studium der einschlägigen
größeren Werke, sondern auch an der Spärlichkeit kurzer und doch mit
wissenschaftlicher Gründlichkeit geschriebener Einführungen in dieses
für jeden Arzt so wichtige Gebiet. Es muß daher als ein sehr verdienst-
volles Unternehmen des Verfassers bezeichnet werden, daß er in der vor-
liegenden Schrift eine anschauliche Schilderung des Wesens der Bäder-
behandlung bringt, aus der besonders auch die engen Beziehungen der
Balneologie zu den modernen Lehren von der unspezifischen Reizbehandlung
und von der Konstitutionspathologie ersichtlich sind. Trotz der Kürze des
zur Verfügung stehenden Raumes werden dann auch die Heilanzeigen der
Bäderbehandlung bei den einzelnen Krankheitsgruppen so weit besprochen,
daß der Leser ein Bild davon bekommt, worauf es- hierbei in der Balneo-
therapie ankommt. Alles in allem kann die kleine Schrift bestens zur
Lektüre empfohlen werden. A. Laqueur (Berlin).
Möller-Müller, Grundriß der Anatomie des Menschen. 4. Aufl. Mit
91 Abbildungen. Berlin-Leipzig 1924, Walter de Gruyter.
Die neue Auflage des Grundrisses ist in seiner klaren Darstellung —
von Broesike in Einzelheiten neu überarbeitet — ein vorzüglicher Führer
durch die Anatomie. In der Eingeweidelehre wäre die Aufnahme einiger,
besonders in der pathologischen Anatomie unentbehrlicher, begründeter
und eingebürgerter Benennungen einzelner Organteile, so bei Lungen, Magen,
Gebärmutter, erwünscht. S. Gräff (z. Z. Niigata).
Muizer, Diagnose und Therapie der gonorrhoischen Erkran-
kungen. 2. Auflage. 123 S. München 1924, I. F. Bergmann. M, 4,20.
Mulzers Diagnose und Therapie der Gonorrhoe umfaßt zum größeren `
Teil die männliche Gonorrhoe. Der weibliche Teil, etwas kürzer und mehr
nach der Kenntnis des Krankenhausarztes als des private Praxis aus-
übenden Dermatologen abgehandelt, ist, wie es in den bisher vorhandenen
Beschreibungen der weiblichen Erkrankung stets der Fall gewesen ist;
weniger vertieft; er geht zwar vom wünschenswerten Prinzip vollständiger
Gonokokkenbeseitigung aus, aber vielleicht doch etwas zu schematisch und
zu optimistisch. Ganz kurz wird die Frage des Ehokonsenses besprochen,
d. h. eigentlich mehr ihre alles andere überragende Bedeutung für das
Schicksal der letzten 2/, des Lebens aller Menschen kurz erwähnt. Frei-
lich stellt ja eigentlich das ganze Buch die Grundlage für die Herbei-
Castagna (Anticoli) macht bei Hyperemesis gravidarum intra-
venöse Injektionen von Calcium chloratum. Es werden täglich 1—2 ccm
einer 35°%/yigen Lösung eingespritzt. Es sind höchstens 3 Injektionen not-
wendig, oft aber genügt eine Einspritzung, um das Erbrechen vollkommen
zum Stillstand zu bringen. (Policl. 1924, Nr. 8.) J. F.
Beck unterbricht bei Eklampsie die Schwangerschaft nur bei geburts-
hilflichen Indikationen. Hauptgesichtspunkte: Vermehrung der Ausscheidung,
Verminderung der nervösen Reizbarkeit, Fernhalten aller äußeren Reize.
Also Aderlaß; fällt der Blutdruck auf 100 oder wechselt der Puls rasch,
dann Unterbrechung, sonst Entnahme von 1000 cem. Die Erfolge damit
sind so schlagende, daß dadurch andere Maßnahmen in den Hintergrund
treten; so sind Magenspülungen überflüssig, Kolonspülungen waren nur
einmal in 24 Stunden nötig. Ferner Morphium !/, Grain (= 0,03) sofort,
stündlich wiederholt bis zum Schwinden der Krämpfe in !/, Graindosen
oder bis die Atmung merklich langsamer wird. Dunkler Raum, Vermeiden
aller nicht notwendigen Maßnahmen. Aderlaß unmittelbar nach dem Anfall
im Koma, in dem auch, wenn nötig, hypodermische Applikationen bewerk-
stelligt werden können. Häufige Blutdruckbestimmungen und Katheteri-
sationen sind nötig. (Amer. journ. obstetr. gyn., St. Louis 1924, 7.)
Wilson hat bei 36 Fällen von Hyperemesis gravidarum in 35 Fällen
rapide Besserung gesehen durch intravenöse Injektion von 350 ccm 3°/,iger
Natriumbikarbonatlösung. (South. med. journ., Birmingham 1924, 17.)
v. Schnizer.
Klimakton zur Bekämpfung der Beschwerden der Wechseljahre
empfiehlt A. Heddäus (Mannheim). Das Mittel enthält Ovaraden;
Thyraden, Bromural und Calcium-Diuretin. Die ersten beiden Kompo-
nenten stellen eine Art Kausaltherapie dar, das Diuretin soll durch eine
energische Anregung der Nierentätigkeit die sehr lästigen Schweißausbrüche
bessern. Das Kalzium ist mit dem Diuretin verbunden, weil der Kalk-
gehalt des Blutes im Klimakterium herabgesetzt ist. Das Bromural soll
einen nervenberuhigenden und die Schlaflosigkeit bekämpfenden Einfluß
ausüben: Man verordne in der Regel 3mal täglich 2 Bohnen (in schweren
Fällen mehr). Meist kann man die Behandlung sehr bald unterbrechen,
um sie bei Eintritt erneuter Beschwerden wieder aufzunehmen. (M.m.W.
1924, Nr. 34.) F. Bruck.
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Haut- und Geschlechtskrankheiten.
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Benard hat bei einer jungen Frau, bei der ein Ekzem der Nates
21), Jahre jeder Behandlung trotzte, auf Grund geringer Anzeichen
mangelnder Tätigkeit der Thyreoidea diese Behandlung eingeleitet mit
Thyreoidinpräparaten, und schon am Ende der zweiten Woche war das
Ekzem verschwunden. (Bull. soc. med. höp., Paris, Juni. 1924, 6.)
| EE Marie und Kohen haben bei Neurosyphilis Wismut mit der thera-
PSE peutischen Shockbehandlung kombiniert. In 90 Fällen waren bei etwa
50°/, allgemeiner Paralyse deutliche Remissionen zu verzeichnen und die
Mortalität war wesentlich weniger als in den Kontroligruppen. Jedoch
war der Erfolg hier weniger wie in den anderen Formen von Neurosyphilis,
besonders bei Tabes, wo er exzellent war. Sie haben 3 Formen dieser
Leukopyretotherapie mit Milch, Natriumnukleinat und Tuberkulin. Das
letztere hat sich am wirksamsten erwiesen. Dosis so, daß sie Fieber und
Leukozytosis erzeugte, aber ohne zu starke Reaktion. Am nächsten Tage
wurde dann das Wismut injiziert. Solche therapeutischen Shocks wurden
im allgemeinen in 3—4tägigen Intervallen 10—12 gegeben. Verschwinden
oder Wiederauftreten von Argyll-Robertson waren das Signal für Aufhören
oder Wiederaufnahme der Bebandlung. Bei Tabes besonders Verschwinden
der Schmerzen für über 10 Monate, Geschäftsfähigkeit. Sie nehmen an,
daß Wismut eine größere Kapazität hat, Nervenzentren zu durchdringen,
als Hg und As. (Bull. med., Paris 1924, 38.)
Shepard empfiehlt bei Verbrennungen offene Luftbehandlung:
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i Lagerung ohne Verband auf sterilen Schichten in einem mit elektrischem daß das ganze Buch eine Abhandlung über die Bedingungen ist, die der
nd Licht auf etwa 39° erwärmten Kasten; dreimal täglich wird flüssiges steriles | Arzt stellen muß, wenn er vom ärztlichen Standpunkt aus keine Einwen-
nd Petroleum appliziert. ‚So im ganzen Verlauf unter möglichst wenig Störungen dungen gegen die Eheschließung gonorrhoisch erkrankt Gewesener mehr
N 2 des Patienten. Vorteile: möglichst wenig Eiter, weiche, leicht und schmerzlos erheben soll. Die Besprechung der männlichen Gonorrhoe ist gut, in
'i | zu entfernende Krusten, gute Narben. (U.S. Naval med. Bull., Washington | „jücklicher Weise aus .den eigenen Erfahrungen des praktisch geübten Ver- |
D 1924, 20.) v. Schnizer. fassers und den in der Literatur niedergelegten Ansichten der bedeutendsten
L | I Die Gonorrhoetherapie mit Reargon empfiehlt R.Weiskopf(Kladno).
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Andrologen zusammengearbeitet. Das Werk stellt dem praktischen Arzte
alle Vorkommnisse, die praktischen Handgriffe und die Grenzen semer
Macht dar, klar und lückenlos geschildert. Im Vordergrund steht die
aktive antiseptische Behandlung. Wo diese ihre Grenzen findet, bei der
für die gesamte Prognose besonders wichtigen Erkrankung der Adnexe,
männlicher wie weiblicher, bei ersteren also besonders in der Frage der gonor-
Í rhoischen Ergriffenheit der Samenblasen und der Nebenhoden, dürfte in Zukunft
F. Bruck. | die Ausführung noch umfassender gestaltet werden müssen. Pinkus.
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Betont wird die völlige Reizlosigkeit des Mittels (50/%ige Lösung). Ein
Spritzen mit einstündigen Intervallen war bei keinem der Kranken aus
äußeren Gründen möglich. Auch bei größter Vorsicht sind die Flecke in
der Wäsche unvermeidlich (nach dem Spritzen sezerniert die Harnröhre in-
folge der starken Imbibition noch lange Reargonlösung). Empfehlenswert
ist daher das Tragen einer dunklen Schwimmhose. (M.m.W. 1924, Nr. 34.)
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_ 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 42.
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Kongreß- und Vereins-Berichte.
VI. Internationaler ärztlicher Fortbildungskurs in Karlsbad
| (T. bis 13. September 1924).
Prof. Dr. Eduard Allard (Hamburg): Die Behandlung der
Pyelitis. Die primäre Nierenbeokenentzündung bietet ein typisches und gut
abgrenzbares Krankheitsbild, bei dem Schüttelfrost und heftige Schmerzen
im Vordergrund stehen. Der trübe Urin mit reichlichem Eiter zeigt sich
allerdings mitunter erst später. Gynäkologen, Chirurgen: und innere
Mediziner haben das Bild eingehend beschrieben; auch bei Säuglingen ist
es. schon länger bekannt. Trotzdem wird die Krankheit selten richtig
erkannt und mit Blinddarmentzündung usw. verwechselt. In der Mehrzahl
aller Fälle wird das Bacterium coli als einziger Erreger gefunden und
zwar auch in denjenigen Fällen, “in denen andere Krankheitserreger nach-
weisbar sind, z.B. die Gonorrhoe. Über die Entstehungsweise der Pyelitis
- herrschen noch verschiedene Meinungen, ob die Infektion auf dem Blut-
wege, auf dem Lymphwege oder auf dem Harnwege erfolgt. Bei ver-
schiedenen Krankheiten konnte man eine Überschwemmung des Blutes mit
Bacterium coli feststellen, aber doch trat nur selten eine Nierenbecken-
entzündung auf. Seitdem man Lymphbahnen zwischen dem Colon ascendens
und der rechten Niere nachgewiesen hat, glaubte man den Weg zur Ent-
stehung der Pyelitis durch das Bacterium coli gefunden zu haben. Aber
auch hier ist nichts Genaues erwiesen. Die dritte Möglichkeit ist der Weg
der Bakterien von der Harnröhre über die Blase und den Harnleiter nach
dem Nierenbecken entgegen dem Harnstrome. Dieser Weg erklärt sehr
einfach die ungemeine Häufigkeit der Nierenbeckenentzündung bei der Frau
. gegenüber ‘der Seltenheit beim !Manne durch die Kürze der Harnröhre,
durch die Nähe des Afters und den unsicheren Verschluß der Harnröhre.
Unterstützt wird noch diese Auffassung durch die Tatsache, daß die ge-
nannten Unterschiede beim Säugling verschwinden. Aber die Anwesenheit
` des Erregers bedeutet keineswegs immer den Ausbruch der Krankheit, da
bei Schwangeren vielfach der Harn Bakterien enthält und keine Nieren-
beckenentzündung entsteht. In der Behandlung steht historisch an erster
Stelle die Durchspülung und Auswaschung des Nierenbeckens von oben
durch Erregung einer starken Harnflut. Zu diesem Zwecke wird wochen-
und monatelang die Zufuhr großer Mengen von Lindenblütentee und harn-
treibenden Mineralwässern empfohlen. Vielfach tritt hierauf auch bei
schwer aussehenden Fällen schnell eine Heilung ein. Ein zweites Ver-
fahren ist die Harndesinfektion durch Urotropin. Man muß nur dabei
berücksichtigen, daß durch die großen Durchspülungsflüssigkeiten das Uro-
tropin zu stark verdünnt wird und seine Wirksamkeit dadurch leidet.
Wichtig ist ferner die Reaktion des Urins, da Urotropin nur bei saurer
Reaktion des Harnes wirken kann. Dazu kommt, daß alkalischer Harn
den besten Nährboden’ für das Bacterium coli abgibt. Daher soll man die
Flüssigkeitszufuhr während der Urotropindarreichung auf 600 g täglich
herabdrücken und zugleich eine Säuerung des Harnes durch Phosphorsäure,
Salizylsäure usw. erstreben. Die vielen Arzneimittel gegen die Pyelitis
sind alle gut, da sie aus Urotropin’ und einer Säure bestehen. Argoflavin,
Argochrom und andere Silberfarbstoffe baben sich bei intravenöser Injektion
' bewährt. Von Bedeutung ist noch die Vakzination und die Reizkörper-
behandlung. Die Vakzination geht am besten durch Eigenvakzine vor sich,
die jeder Arzt leicht selbst herstellen kann. Als Reizkörper kommen
Milch, Aolan oder ähnliche Stoffe in Frage. Besonders hartnäckige Fälle
müssen mit örtlichen Spülungen der Blase und des Nierenbeckens be-
handelt werden. Am besten empfiehlt sich eine Höllensteinlösung von
2%), für die Blase und 0,1—1°/, für das Nierenbecken unter Anwendung
der Zystoskopie und des Ureterenkatheterismus. Mit der Erzielung des
bakterienfreien Urins ist die Behandlung noch nicht beendet. Vielmehr
muß jetzt noch die Beseitigung der katarrhalischen Erscheinungen durch
Trinkkuren mit Karlsbader, Wildungen, Brückenauer und ähnlichen Quellen
erfolgen, | |
Prof. Dr. A. Brüggemann (Gießen): Die moderne Behandlung der
Kehlkopftuberkulose. Kehlkopftuberkulose ist fast stets mit Lungen-
tuberkulose verbunden; solange die Lungentuberkulose nicht ausgeheilt ist,
besteht auch für den Kehlkopf immer die Gefahr des Wiederauftretens
der Krankheit. Zunächst ist bei jeder Kehlkopftuberkulose das Haupt-
augenmerk auf die Allgemeinbehandlung zu richten. Aber nur aus der
Verbindung der allgemeinen und örtlichen Behandlung läßt sich der go-
wünschte ‚Erfolg erreichen. In der Allgemeinbehandlung spielt das
Tuberkulin eine herrschende Rolle und zwar das Alttuberkulln Koch, das
eine Herdreaktion im Kehlkopf schafft, die gefährlich werden kann. Ein
weiteres Mittel gegen die Kehlkopftuberkulose ist das Krysolgan, das
intravenös in Mengen von 0,1 langsam steigend bis 0,5 in 2—3 wöchigen
Zwischenräumen eingespritzt wird. Fieber ist vor der Krysolganbebandlung
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zu beseitigen, da auch hier eine Herdreaktion entsteht. . Die Tatsache
daß Schwangerschaft sehr ungünstig auf-eine bestehende Kehlkopftuberkulose
einwirkt, gibt die Weisung,' Schwangerschaften möglichst früh zu unter-
brechen. Sehr zu empfehlen ist eine vollständige Rubigstellung des Stimm- |
organs. Aber diese Schweigekur ist für längere Zeit schwer durchzuführen, |
da auch das Flüstern verboten ist. Sie erschien aber maßgebenden
Forschern so wichtig, daß man sich für berechtigt hielt, sie durch den
Kehlkopfschnitt und Einlegen einer Kanüle zu erzwingen, was unbedingt
abzulehnen ist. Auch die Ruhigstellung der Stimmlippen durch künst- ..
liche Lähmung des Nervus recurrens auf operativem Wege oder durch
Einspritzung von Alkohol oder durch Vereisung ist für diesen ‚Zweck
empfohlen worden. Am besten war das letzte Verfahren, das eine Ruhig-
stellung von einigen Monaten veranlaßt. Bei der örtlichen Behandlung
steht im Vordergrund die Strahlenbehandlung. Von dem vielgerühmten
Bestrahlen des Kehlkopfes mit Sonnenlicht und künstlichen Lichtquellen -
ist man abgekommen, da sie durch Ödembildung schaden können und nur
wenig nützen. Viel Erfolge versprach man sich von der Röntgenbestrahlung.
Da aber die destruktive Fähigkeit der Röntgenstrahlen schwere Schädigungen .
im Kehlkopf erzeugen kann, ist man von den großen Zerstörungsdosen zu
den kleinen Reizdosen übergegangen, um die Reaktionsfähigkeit des Körpers
zu steigern und die Heilungsvorgänge zu fördern. Die Erfolge sind bei
produktiven Formen günstig, bei den geschwürigen Formen dagegen weniger .
günstig. Verboten sind sie überall da, wo die Abwehrkräfte ‘des Körpers
darniederliegen. Durch Lokalbehandlung, namentlich mit Krysolgan, läßt
sich die Empfindlichkeit des erkrankten Gewebes für Röntgenstrahlen
steigern. Auch ist die Kombination von Röntgenbestrahlung und örtlicher
Galvanokaustik oder Pinselungen mit Ätzmitteln vorteilhaft. Die teilweise,
Entfernung des erkrankten Gewebes auf chirurgischem Wege oder durch
Galvanokaustik ist. eine zweckmäßige Grundlage für weitere örtliche Be-
handlungen mit Medikamenten, unter denen nach wie vor die Milchsäure
im Vordergrund steht. Ein vorzügliches, Milchsäurepräparat ist das von
Blumenfeld angegebene Trilaktat des Glyzerins, das Dianol. Schmerz-
lindernde Pulver können eine vorübergehende Wirkung ausüben. Auch
die Jodtherapie hat sich ‘bewährt. Bei hochgradiger Kehlkopftuberkulose
steht die Bekämpfung der Schmerzen, die in den letzten Stadien furchtbar
sein können, obenan. Beim Auftreten von Atemnot ist die Tracheotomie
möglichst frühzeitig vorzunehmen. | | r
Prof. Dr. Klewitz (Königsberg -i. Pr.): Moderne Anschauungen
über die Behandlung der Nierenkrankheiten. Das Grundprinzip -beruht
darin, eine. möglichste Schonung des kranken Organs zu erstreben. In
erster Linie steht‘ bei der Niere als einem Ausscheidungsorgan die Schonung
der Funktion durch diätetische Maßnahmen. Bisher hat man in der Haupt-
sache die Schädigung der Ausfuhr von Wasser, Kochsalz und Stickstoff
ins Auge gefaßt, die klinisch besonders wichtig und durch unsere Methoden
besonders erkennbar sind. Damit ist aber die Funktion der Niere nicht
restlos erfaßt; vielmehr sollte man. das Ionen- und speziell wieder das
Säure-Basengleichgewicht in den Gewebssäften aufrechterhalten, was für
eine normale Funktion der Zellen von grundlegender Bedeutung ist. Die
gesunde Niere wird mit erstaunlicher Vollkommenheit dieser Aufgabe
gerecht, indem die Niere einen Harn von wechselnder Konzentration und
wechselnder Reaktion ausscheidet. Die Gefrierpunktsbestimmung nach
Koranyi war der erste Schritt auf diesem Wege; eine Klärung der ver-
wickelten Verhältnisse brachten aber erst die Untersuchungen von H. Straub.
Bei Erkrankungen der Niere nehmen nicht nur die Stickstoffsubstanzen an
den Schwankungen teil, sondern auch die anderen Serumbestandteile. Die
kranke Niere verliert vielfach auch die Fähigkeit, die ungefähr neutrale
. Reaktion des Blutes aufrechtzuerbalten. Vielfach stehen der kranken
Niere zur Bindung der Kohlensäure nur abnorm wenig basische Werte
zur Verfügung, weil sie die Fähigkeit verloren hat, die nicht gasförmigen
Säuren mit dem Urin auszuscheiden. Ebenso kann eine Funktionsstörung
der Nieren ‘umgekehrt die Ausscheidung überflüssiger Gase verhindern.
Die einseitige Bewertung des Reststickstoffgehalts als Ausdruck der Schwere
der Erkrankung ist nicht statthaft, da nur der Reststickstoffwert des. Serums
bestimmt wird, nicht aber der in die Gewebe abgewanderte. Der Kochsalz-
stoffwechsel bei Nierenkranken ist auch noch nicht genügend geklärt,
Zurückhaltung von Kochsalz hat gewöhnlich auch eine Zurückhaltung von
Wasser zur Folge, die allerdings nicht ständig. zu sein braucht, In unserer |
Nahrung wird der Kochsalabedarf des Organismus immer um das Vielfache
überschritten. Das Blut entledigt sich des Kochsalzüberschusses durch
Ablagerung in’ die Gewebe. Von hier aus scheint das Kochsalz in die
Nieren überzugehen. Bei den einzelnen Nierenleiden finden nun besondere
Störungen des Kochsalzstoffwechselg statt. Sie werden durch Bilanzversuche
festgestellt, bei denen allerdings der intermediäre Kochsalzstoffwechsel nicht
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Gewebseisen und der Oxydasereaktion.
1482
erfaßt wird. Die Störungen des Wasserstoffwechsels haben zu denen des
Kochsalzstoffwechsels die engsten Beziehungen, die allerdings mitunter
gelöst sein können. Der Wasserversuch zeigt die feineren Störungen im
Wasserstoffwechsel nicht, vor allem bewährt er sich nicht zur Erkennung
der Odembereitschaft. Im allgemeinen können wir behaupten, daß unsere
übliche Kost im allgemeinen einen Säureüberschuß enthält und daß es
darauf ankommt, dem Organismus mit der Nahrung einen Überschuß von
basischen Werten zuzuführen, besonders im Beginn der Behandlung. Eine
Kost, die diesen Ansprüchen genügt, ist die laktovegetabilische. Das haben
die alten Ärzte auch empirisch erkannt. Wo eine Störung in der Aus-
scheidung stickstoffhältiger Schlacken vorliegt, muß die Eiweißzufuhr vorerst
| | Störungen im Kochsalzstoffwechsel erfordern eine
Einschränkung der Kochsalzzufuhr, wie Störungen im Wasserhaushalt eine
Beschränkung der Wasserzufuhr notwendig machen. Ob man eine stockende
Wasserausscbeidung durch den „Wasserstoß“ in Gang bringt, ist Geschmacks-
sache; er scheint doch ein zu brutales Verfahren zu sein.
ausnutzen. In der Ernährung sollten scharfe Gewürze wie Pfeffer, Senf,
Paprika grundsätzlich vermieden werden. Das gilt nicht für die vegetabili-
‚schen Gewürze, von denen mehr Gebrauch gemacht werden soll. Bei den
schwersten Formen von Funktionsstörungen der Nieren, der Urämie, hat
sich die Einführung von Zuckertagen bewährt, an denen die Patienten
pro ‘Tag 200—300 g Traubenzucker in einem Liter Wasser erhalten. Die
kritiklose Verordnung von Mineralien .bei Nierenkranken hat dazu geführt,
Brunnenkuren abzulehnen, wiewohl sie jahrhundertelang ihren Wert er-
wiesen haben.
sondern in der Ionenverschiebung, die man mit ihnen erzielen kann.
Prof. Dr. Katsunuma (Nagoya, Japan): Zellfunktion und Oxydase-
reaktion. Die Geschichte der Oxydasereaktion ist auf die Untersuchungen
von Paul Ehrlich im Jahre 1885 zurückzuführen, die darauf gerichtet
waren, das Maß der oxydierenden und reduzierenden Eigenschaften der
Zellenkomplexe der einzelnen tierischen’ Organe festzustellen. Die Reaktion
wurde später zum Nachweis von Oxydaseferment in Organextrakten ver-
wendet. Es wurde auch festgestellt; daß die Reaktion nur durch den
Extrakt der Zellen verursacht wird, aber nicht durch die Körperflüssigkeiton-
Daraus wurde der Schluß gezogen, daß die Sauerstoffüberträger nur in den
Zellen selbst enthalten sind. Sie ist eine wertvolle differentialdiagnostische
Methode zur ‘Unterscheidung lymphatischer und myeloischer Elemente.
Bei Gefrierschnitten zeigt sich die Reaktion in lebenswichtigen Gewebs-
zellen sehr deutlich, im Stützgewebe nur sehr gering.
Flimmerepithelien, Spermatozoen, den einzelnen Elementen der Nieren-
kanälchen, im Muskelsystem, im Nervensystem zeigt sich ein Parallelismus
zwischen den Funktionen und dem. Oxydasegehalt. Im Uterus und in der
Scheidenmuskulatur zeigt sich eine Steigerung der Oxydasereaktion in der
Schwangerschaft. An Winterschläfern hat sich die Bedeutung dar Oxydase-
reaktion für die Beurteilung der Reaktion deutlich gezeigt. Beim mensch-
lichen Hoden zeigte sich die Oxydasereaktion der Zwischenzellen beim aus-
gewachsenen und kindlichen Hoden nur sehr gering, beim embryonalen
Hoden und vor der Pubertät sehr deutlich. Bemerkenswert ist die Tat-
sache, daß die Samenfäden im Hoden keine Oxydasereaktion zeigen, während
sie vom Nebenhoden aufwärts eine stark positive Oxydasereaktion auf-
weisen. Im embryonalen Gewebe läuft die Oxydasereaktion deutlich der
Funktion parallel. Bei älteren Personen ist das Nachlassen der Oxydase-
reaktion deutlich wahrnehmbar. Auch bei akuten Infektionskrankheiten
wird sie vermindert. Durch die Oxydasereaktion läßt sich auch die oxydative
Leistungsfähigkeit der Zellen nachweisen. Es besteht ein Zusammenhang
zwischen Zellatmung und dem Eisenkatalysator und zwischen der Zell-
atmung und der Oxydasereaktion, also auch Beziehungen zwischen dem
Die Oxydasereaktion scheint über-
haupt mehr eine katalysatorische Eisenwirkung zu sein, als eine Ferment-
reaktion, so daß der Name vielleicht nicht ganz zutrefiend- ist. —
Prof. Dr. Leon Asher (Bern): Die Leber, mit besonderer Berück-
sichtigung der Balneotherapie. Vortr. geht aus von den bahnbrechenden
Arbeiten Manns von der Mayo Clinic am leberlosen Hund. Der Tod des
leberlosen Hundes in den ersten 34 Stunden erfolgt durch Hypoglykämie.
Die nach 3 Stunden eintretenden schweren hypoglykämischen Erscheinungen
lassen sich prompt durch Injektion von Traubenzucker beseitigen. Die
Leber ist unerläßlich für den Kohlehydratbestand des Organismus. Die
Bildung von Gallenfarbstoff außerhalb der Leber ist einwandfrei bewiesen.
Harnstoff aber wird nur in der Leber gebildet. Aminosäuren können ohne
die Leber nicht verwertet und nicht in Zucker umgewandelt werden. Die
physiologische Gallenbildung steht im engsten Zusammenhang mit der
Arbeit der Leber, insbesondere mit der Verarbeitung von Eiweiß, Fett und
Kohlehydraten, wobei der Eiweißverarbeitung wohl die dominierende Rolle
zukommt. Außer Gallenbestandteilen gibt es keine spezifischen cholagogen
Mittel. Die heilsamen Mineralwässer wirken durch Zustandsänderungen in
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42.
Zeigt eine
kranke Niere eine vollwertige Funktion, dann soll man diese doch nicht
Der Wert liegt nicht in der Flüssigkeitsmenge allein,
Auch an den
den Leberzellen und Gallenwegen. Die Lebertätigkeit untersteht auch dem
regelnden Einflusse des Nervensystems, vermittelst der autonomen Nerven.
Der Vagus übt einen fördernden Einfluß auf die Gallenabsonderung aus,
Die Größe ‘des regulierenden Einflusses des Nervensystems hängt zum guten
Teile von der Stimmung der Leberzellen ab, die ihrerseits der balneo-
therapeutischen Beeinflussung unterliegt. Im gewissen Sinne besteht ein
Antagonismus zwischen den hauptsächlichsten Stoffwechselprozessen in der
Leber. Neben dem längstbekannten Antagonismus zwischen Fett und
Glykogen: tritt neuerdings der Antagonismus zwischen Eiweiß und Kohle-
hydratstoffwechsel in der Leber in den Vordergrund des Interesses. Eiweiß-
abbauprodukte, übermäßige Eiweißzufuhr und Schilddrüsenpräparate ver-
mögen die Leber um ihren Glykogenbestand zu bringen. Therapeutisch
liegen hier wichtige Probleme vor. Die Leber wirkt in doppelter Weise
regelnd auf die Herztätigkeit ein, mechanisch, indem sie ein vorgeschaltetes
Wasserreservoir ist, aber auch hormonal oder chemisch, indem sie an das
durchströmende Blut einen Stoff abgibt, welcher im Sinne der sympathi-
schen Förderung auf die Herztätigkeit einwirkt. Die Leber ist ein Ferment-
fänger, indem sie im Pfortaderkreislauf befindliche Enzyme dem Kreislauf
entzieht. Schließlich steht die Leber in enger Wechselwirkung mit der
Milz, welch letztere einen ‚aktivierenden Einfluß auf die Leber ausübt.
Prof. Dr. R. Magnus (Utrecht): Die physiologische und patho-
logische Bedeutung des Cholins für die Magendarmtätigkeit. Unter-
suchungen aus dem Laboratorium des Vortragenden haben folgendes ge-
zeigt. Die Bewegungen das Magens und Darmes werden von einem peri-
pheren Nervensystem, dem Auerbachschen Plexus, beherrscht. Die Auto-
matie dieses Nervenzentrums ist chemisch bedingt. Die Darmwand enthält
während ihrer Lebenstätigkeit Cholin in freiem diffusiblen Zustande in
solchen Konzentrationen, daß dieselben den Auerbachschen Plexus erregen
müssen. Der normale Cholingehalt wird während des Lebens selbst bei
Krankheiten mit großer Zähigkeit festgehalten, er sinkt bei der Morphin-
vergiftung. Durch Auswaschen läßt sich ein großer Teil des Darmcholins
entfernen. Die wechselnde bisher unerklärte Wirkungsweise des Atropins
auf die Bewegungen des Magendarmkanals ist von diesem Cholingehalt
abhängig und läßt sich durch Veränderung desselben willkürlich be-
herrschen. Die Wirksamkeit oder Nichtwirksamkeit der Salze verschiedener
organischer Säuren läßt sich auf deren Vermögen zurückführen, mit Cholin
Ester von verschiedener relativer Wirkungsstärke zu bilden. So ergibt sich
im Gewebe ein chemischer Angrifispunkt für eine Reihe von Arznei-
wirkungen. Auf verschiedene Weise experimentell erzeugte Magendarm-
lähmungen lassen sich im Tierversuch durch Einspritzung von Cholin in
die Blutbahn glatt heilen. Die Einspritzungen sind unter bestimmten ex-
perimentell. ausgearbeiteten Bedingungen unschädlich, so daß man selbst
große Dosen einverleiben kann. Die Schwierigken, reine Ohbolinpräparate
zu bekommen, sind nunmehr behoben. Auch beim Menschen läßt die
Cholesterintherapie sich ohne Schaden durchführen, wie Prof. Klee in
München gezeigt hat.
Prof. Dr. G. von Bergmann (Frankfurt a. M.): Die funktionellen
Störungen in den Gallenwegen und ihre Bedeutung für die Pathologie
der Gallenblasenerkrankung. Bei den Störungen der Gallenwege und der
Pathologie der Gallenblasenerkrankungen treten nicht die anatomischen
Verhältnisse ‘in den Vordergrund, sondern die funktionellen Abweichungen.
Das Vorkommen von Gallenblasenstörungen durch seelische Attacken wie
Schreck, Ekel ist häufig, auch durch Ärger und Aufregung. In der Gallen-
blase und in den. großen Gallenwegen findet sich die glatte Muskulatur in
größerem Maße. Das war bisher wohl bekannt, hat aber bis vor kurzem
niemanden veranlaßt, ihre Funktion bei Erkrankungen der Gallenblase und
der Gallenwege besonders zu beachten. An der Mündungsstelle des Cholo-
dochus liegt ein reiches Gebilde in verschiedenen Richtungen ineinander
geflochtener Fasersysteme . von glatten‘ Muskeln, unter denen die Ring-
muskulatur das Übergewicht hat. Die Gallenblase selbst hat eine große
Menge glatter Muskelfasern, die netzförmig angeordnet sind, sich ver-
Schiedentlich. kreuzen, längs und ringförmig verlaufen. Was die Nerven-
tätigkeit angeht, so soll man keinen zu starken Antagonismus zwischen
Sympathikus und Vagus annehmen, sondern soll auf das Zusammenspiel
beider Innervationsapparate achten. Der Neurose der Gallenwege soll man
keine zu große Bedeutung beilegen. Es kann ja vorkommen. daß dadurch,
daß der Ringmuskel des Gallenausführungsganges eine vermehrte Tendenz
zum Schluß hat und die Gallenblasenmuskulatur gegen den Verschluß an-
arbeitet, Koliken entstehen, auch ohne daß eine Gallenblasenentzündung
vorhanden ist und ohne daß Steine da sind. Aber den meisten Fällen
gegenüber soll man recht zurückhaltend sein. Die alte Angabe, daß
Stauungen die Grundbedingung für jede Steinbildung sind, kann nicht m
vollem Umfange aufrecht erhalten werden. Fast nur die Zwerchiell-
bewegungen sind imstande, den Gallenblasenfiuß zu fördern. Aber die
Hauptgründe zum Verstehen des Stauungsmomentes sind uns bisber ent-
gangen. In der Gallenblase sind Kolibazillen ungemein häufig. Kommt
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` ‚eine Stauung oder eine Rückstauung hinzu, so ist die Beschickung. der
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‚blasenentzündung die häufigste Ursache für. die Steinbildung ist, so ist der
Zusammenhang zwischen Stauung und Gallensteinen ohne weiteres gegeben.
Aber für die Steinentstehung kömmt noch die Fähigkeit der Gallenblase
zur Wasserresorption hinzu. Je stärker die Neiguog der Ringmuskulatur
zu häufigen und langen Verschlüssen der Gallenblase ist, um so größer
ist die Gefahr der Infektion und der Eindickung der Galle und damit Ver-
mehrung der Bedingungen zur Steinentstehung. Es wäre aber falsch, diese
- drei Momente als getrennte Kreise anzusehen, sondern man sieht deutlich,
wie diese drei Kreise sich in ihrem größten Anteil überschneiden.
Prof. Dr. R. Staehelin (Basel): Über Insulin. Die Entdockung von
`. Banting und Best hat bewiesen, daß die Langerbansschen Inseln das
innere Sekret des Pankreas produzieren, daß dieses Sekret eine wirksame
Substanz enthält, die in ähnlich kleinen Mengen wirksam ist wie das Schild-
drüsensekret, und daß der: gewöhnliche Diabetes des Menschen durch den
Ausfall der inneren Sekretion des Pankreas bedingt wird. Durch die In-
jektion des Insulins gelingt es, alle Symptome des Diabetes zu beseitigen.
_ Theoretisch könnte man also durch Iosulin einem Diabetiker trotz normaler
Kost das Leben verlängern, wenn die praktische Durchführung nicht daran
scheiterte, daß das Insulin nur auf den Nahrungsreiz hin ausgeschieden
und rasch verbraucht wird. Am einfachsten wäre es, wenn man dem.
Diabetiker zugleich mit den Kohlehydraten die nötige Insulinmenge ver-
abreichen könnte; aber das Insulin wird im Magenkanal zerstört. Man
muß es also kurz vor der Mahlzeit subkutan injizieren. Die Bestimmung
der Insulindosis ist schwierig. Die optimale Insulindosis muß in jedem
Falle besonders bestimmt werden. Bei starkem Sinkon des Blutzuckers .
stellen sich gewisse Vergiftungserscheinungen ein, die man aber schnell
beseitigen kann, wenn man dem Körper am besten intravenös Glukose in-
jiziertt. Daher braucht die Furcht vor der zu starken Herabsetzung des
Blutzuckers niemals von einer energischen Insulinbehandlung abzuschrecken.
Bei leichten Fällen von Zuckerkrankheit ist die Insulinbehandlung nicht:
. nötig, dagegen bei mittelschweren und schweren Fällen, bei denen der.
Rest des Inselgewebes ständig in Anspruch genommen wird, so daß das
Organ sich nie erholen kann. Für diese Fälle ist die Insulinbehandlung
ein besonderer Fortschritt, indem sie die Erholung der darniederliegenden
Funktion der Pankreasdrüse erstrebt. Die Hungerbehandlung hat sich beim
Diabetes nicht bewährt. Ebensowenig die reine Gemüse-Fettkost. Zu
empfehlen ist die Bebandlung mit einer Kost, die etwas weniger Kalorien
enthält und die aus verhältnismäßig wenig Eiweiß, viel Fett und dem zur
Verhütung der Azidosis notwendigen Kohlehydrat bestoht. Wird ein
Diabetiker bei einer solchen Diät zuckerfrei, dann kann man auch ohne
Insulin auskommen. Scheidet er noch Zucker aus, dann muß man mit
dem Insulin beginnen und erlebt während der Zeit des Versuchens und
Tastens noch eine ganz bedeutende Ausscheidung von Keton. Dann muß
man neben Insulin auch nóch Alkalien geben. In erster Linie soll man
sich nach dem Blutzucker richten. Die Behandiung muß mit großer Geduld -
durchgeführt werden, bis der Patient ohne Insulin auskommt. In den
schweren Fällen muß man sofort sehr große Dosen Insulin intravenös geben.
Zeigen sich die Erscheinungen von zu starker Senkung des Blutgehaltes,
dann gibt man Traubenzucker, in den schwersten. Fällen intravenös.
Besondere Sorgfalt verlangen -die Fälle von Diabetes, die besondere Kompli-
kationen zeigen oder die sich einer Operation unterziehen müssen. Um
die vorhandenen Funktionen zu schonen, ist es auch zweckmäßig, bei
leichteren Fällen von Diabetes Insulin zu geben. Die Insulinforschung ist
noch nicht am Ende, sondern dürfte . auch wissenschaftlich noch manche
wertvolle Klärung. bringen. s ae
Prof. Dr. Schur (Wien): Die nervösen Funktionsstörungen. des
Magens, Neue physiologische Anschauungen zwingen immer die Kliniker,
die Grundlagen ihrer nosologischen Begriffe zu überprüfen. Daher muß
die Fülle der neuen Tatsachen auf dem Gebiete der Lebensnerven und
der Drüsen .mit innerer Sekretion uns veranlassen, Begriff und Krankheits-
bild der nerrösen Dyspepsie, das Leube im Jahre 1879 aufgestellt hat,
sehr wesentlich abzuändern. Neue Untersuchungen haben gezeigt, daß der
vom Zentralnervensystem vollständig losgelöste Darm seine automatische
Tätigkeit in vollkommen physiologischer Weise fortführen könne, daß er
aber trotzdem zur Ermöglichung einer Regulation auf doppelte Weise mit
dem ‚Zentralnervensystem verbunden sei. Die beiden Systeme, das sym-
pathische, und das parasympathische, ermöglichen durch entgegengesetzte
Arbeit die Regulation. Da aber die Klinik derart entgegengesetzte Typen
nur selten liefert, kann- die Allgültigkeit der Theorie nicht anerkannt.
werden, wenn auch die Grundsätzlichkeit besteht. Bekannt ist, daß Adrenalin
‚das sympathische System erregt, während das Cholin das parasympathische
System zur Tätigkeit anregt. Bei der Addisonschen Krankheit ist das
Physiologische Gleichgewicht durch die Verminderung des Adrenalins zu-
gunsten des Cholins gestört: Wichtig ist auch die Tatsache, daß viele
.
Fälle von Verstopfung auf Verminderung der Schilddrüsenfunktion beruhen. `
Auch von Erkrankungen anderer Organe wird die Magendarmfunktion oft
erheblich beeinflußt. Viel zu wenig gewürdigt wird die Art der Regelung
der Nahrungsaufnahme. Das Auftreten von Appetit und Sättigungsgefübl
hängt nicht vom Füllungszustand des Magens ab, sondern von anderen
Vordauungsorganen, vor allem der Leber, wobei es vorläufig offen bleibt,
ob die Regulierung auf nervöse oder hormonale. Weise erfolgt. Sonst
wäre es nicht verständlich, daß z. B. beim Pylorusverschluß trotz über-
füllten Magens ein Hungergefühl vorhanden ist. Ausschlaggebend ist für
das Hungergefühl auch die Funktion sämtlicher Reservedepots für Eiweiß,
Kohlehydrat und Fette. Individuen mit schlecht .entwickeltem: Fettpolster
leiden oft an zu schneller Sättigung und essen wenig, weil sie nicht dick
werden können. Die Angabe, daß nervös-dyspeptische Zustände geradezu
ausschließlich als psychopathisch aufzufassen sind, ist nicht haltbar. Die
Frage, ob es neben den psychogen bedingten dyspeptischen Störungen rein
nervöse Störungen im Sinne Leubes gibt, muß bejaht werden, z. B. Nikotin-
vergiftungen, .Tabes usw. — Auch Sekretionsstörungen können nervös be-
dingt sein; jedoch .kommen 'sie nur selten vor, da das Symptomenbild der
nervösen Hyperazidität fast ausschließlich dem Magengeschwür. angehört.
Die nervösen Magenstörungen sollten nicht zusammengefaßt, sondern nach
ihrem Charakter getrennt werden. |
Prof. Dr. Max Nonne (Hamburg): Kongenitale Syphilis und Nerven- :
system. ‘Als eines der deutlichsten und charakteristischsten Zeichen der .
kongenitalen Sypbilis stellt er die ausgesprochene’ verlängerte, verschmälerte ;
und nach der Wirbelsäule zu ausgehöhlte Form. der Schulterblätter dar.
Charakteristisch für die angeborene Syphilis sind ferner die altbekannten u
Hutchinsonschen Zähne, deren Wesen- nicht in dem Schmelzverlust gekenn- .
zeichnet ist, sondern in den abgerundeten Ecken und in der Knospenform.
Häufig sind diese Zähne das einzige Zeichen der ererbten Syphilis. Oft
kommt es auch vor, daß nur ein einziger Zahn dieses Zeichen zeigt und
doch eine angeborene Syphilis vorhanden ist. Relativ häufig ist die Syphilis: -
der Zirbeldrüse, und als charakteristische Erscheinung dieser Erkrankung
zeigt sich eine besondere Form der Fettsucht, Zurückbleiben in-der Ent-
wicklung, Schwund. der Haare und der Geschlechtsmerkmale, geistiger
Defekt, Kachexie und übermäßige Harnflut. Wenn die Fälle von Heilung
auch sehr selten sind, so können sie doch vorkommen. Die. angeborene
Syphilis kann auch die Stammganglien im Gehirn befallen und- Schüttel-
lähmung und Athetose hervorrufen. Ein besonders wichtiger Punkt ist.
die isolierte reflektorische Pupillenstarre, die in ihrer Bedeutung durch die
Untersuchung des Liquors erklärt wird, allerdings schematisch. nicht sicher
ist, Oft ist die reflektorische Pupillenstarre das einzige Zeichen der an-
geborenen Syphilis. In einzelnen Familien schwankt die angeborene Syphilis
nach Art und Ausdehnung regellos. Das erste Kind kann gesund und ein --
'späteres krank sein und umgekehrt, und gesunde. und kranke Kinder
können miteinander abwechseln und unter den kranken Kindern können
die einzelnen Zeichen der Erkrankungen schwanken. Auch in der dritten
Generation ist die angeborene Syphilis möglich. und nicht so ‚selten, wie
man glauben möchte... Die angeborene Syphilis kann geheilt werden; aber .
die Kinder. zeigen im allgemeinen einen ‚geringen Widerstand gegen In-
fektionskrankheiten. Die Wa.R. kann ebenso vorhanden sein wie fehlen,
auch im Liquor. Quecksilberkuren sind immer noch das beste Heilmittel. . a
M.Hirsch. :
Wien, E: E
Seminarabende. des „Wiener medizinischen Doktorenkollegiums“,
Praktische Serumtherapie.
Ref.: R. Kraus. ` en = E
Welche antiinfektiöðsen Sera geben unzweifelhaft günstige Resultate?
Ich möchte kurz‘ zusammenfassen, was ich das letzte Mal‘ gesagt
häbe, da die heutige Auseinandersetzung eine Fortsetzung der früheren: ist.
Ich besprach die Therapie mittels antitoxischer Sera und betonte,. daß die
bestbegründete Serumtherapie diejenige ist, welche wir mit antitoxischen
Seris durchführen, wozu das Diphtherie-, Tetanus- und. Dysenterieserum
gehören. Ich habe bezüglich der Propbylaxe betont, daß beim Tetanus
durch Statistiken erwiesen ist, daß die prophylaktische Anwendung des
Tetanusserums günstige Resultate ergibt, weshalb dasselbe in allen Fällen
indiziert ist, wo. eine, Vermutung besteht, daß eine Infektion mit. Tetanus- - .
bazillen stattgefunden haben konnte. In derartigen Fällen ‘sind wir yor-
pflichtet, das Tetanusserum prophylaktisch zu injizieren. Wir*haben dann
noch die Wirküngsweise der Sera besprochen und hervorgehoben; daß das
Prinzip. der antitoxischen Sera die Neutralisation der Toxine mittels Anti- -
toxinen sei. Die Neutralisation mittels dieser Sera erfolgt gleichwie in.
vitro auch im Organismus. Auf die Details, wie die Wirkung zustande
komme, will ich heute nicht eingehen. Wir können aber. tatsächlich.
demonstrieren, daß wir die Gifte, ‚welche in die Zellen eingedrungen sind,
noch im Beginne neutralisieren können. Haben jedoch .die Toxine bereits”
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schwere Schädigungen in den Zellen gesetzt, dann geht der Organismus
zugrunde. — In der Folge hat man antiinfektiöse Sera hergestellt und zur
Behandlung mancher Infektionskrankheiten verwendet. Bekanntlich konnte
Pfeiffer zeigen, daß das Blutserum von Tieren, welche mit Cholera-
bazillen vorbehandelt wurden, mit den betreffenden Bakterien gemischt
und in die Bauchhöhle gesunder Tiere gespritzt, die Bakterien in kurzer
Zeit löst, mithin die Tiere bakterienfest macht. Die Zerstörung der
Bakterien erfolgt auch in anderer Weise. Man hat kennengelernt, daß die
antiinfektiösen Sera dadurch noch wirken, daß dieselben die Bakterien für
die Phagozytose günstig beeinflussen, indem die Bakterien angelockt, ver-
daulich gemacht und leichter von den Phagozyten gefressen werden. Man
nennt diese spezifischen Schutzstoffe des Blutes Bakteriotropine In der
Praxis sind wir mit diesen Seris nicht weiter gekommen und hat die Be-
handlung mit denselben in Epidemien versagt. Es hat sich gezeigt, daß
außer den angeführten Sera noch antiendotoxische Sera nötig sind, um
bessere Resultate zu bekommen. Aber auch mit diesen Seris konnten bei
genauer Beobachtung keine günstigen Resultate erzielt werden. Jedenfalls
haben wir mit den antinfektiösen Seris bei Cholera, Typhus und Pest
keine so auffallenden Heilwirkungen gesehen, wie bei den eingangs er-
wähnten antitoxischen Sera. Es ist deshalb die Serotherapie der Cholora,
des Typhus sowie der Pest heute als noch nicht gelöst anzusehen, Trotz
aller gemachten Anstrengungen sind in dieser Richtung keine Fortschritte
gemacht worden. Bei der Cholera kommen wir offenbar viel zu spät. Ich
möchte hier noch Kurven von Pest demonstrieren, welche mit abgetöteten
Pestbazillen behandelt wurden. Von den akuten Infektionskrankheiten
interessieren uns der Typhus abdominalis und die Meningitis cerebrospinalis
epidemica. — Den Typhus abdominalis anlangend, haben verschiedene
Forscher sich bemüht, denselben mit Serum zu behandeln. Ich selber
konnte solche Sera in Epidemien verwenden und gelangte ich zum Resultate,
daß frühzeitige Behandlung des Typhus günstige Resultate ergeben hat.
Ende der zweiten oder am Anfang der dritten Woche ist jedoch mit dem
spezifischen Serum nichts mehr zu erzielen. — Ein Serum, welches bei
richtiger und rechtzeitiger Anwendung günstige Resultate ergibt, ist das
Meningokokkenserum. Dasselbe ist wahrscheinlich wirksam durch den
Gehalt an bakteriotropen Substanzen. Notwendig ist, daß dieses Serum
spinal injiziert wird. Das Meningokokkenserum wird mit lebenden Kulturen
von Pferden gewonnen. Wir haben bier die bakteriotropen Eigenschaften
geprüft und tatsächlich Antisubstanzen in diesen Seris nachgewiesen. Ich
bestehe darauf, daß diese Sera bakteriotrop geprüft werden. Tatsache ist,
daß diese Sera, seitdem sie in Epidemien angewendet wurden, ausgezeichnete
Resultate ergeben haben. Wichtig ist, daß die Anwendung des Meningo-
kokkenserums rechtzeitig geschieht. Wenn man in einem Falle von
Meningitis cerebrospinalis 'epidemica am dritten Tage 30 ccm Meningo-
kokkenserum spinal injiziert und eventuell diese Dosis in 24—48 Stunden
wiederholt, so kann man eine Mortalität von 10°/, aufweisen. Nach drei
Tagen steigt bereits die Mortalität, nach 7 Tagen steigt dieselbe bis über
700/,. Dies beweist, daß der frühzeitigen Injektion eine große Bedeutung
zukommt. Es sei hier noch auf einen wichtigen Punkt verwiesen. Es ist
wichtig, daß diese Sera mit den Stämmen der betreffenden Epidemien ge-
wonnen werden. Man muß deshalb, wenn man Meningokokkenserum an-
wendet, dasselbe mit den Typen erzeugen, welche in dem betreffenden
Lande vorkommen, weshalb bei der Herstellung solcher Sera die betreffenden
Typen vorher zu bestimmen sind. — Neben diesen Seris werden verwendet
das Pneumokokkenserum und das Streptokokkenserum. Beim ersteren
ist es wichtig, daß das Serum mit dem Typus 1 erzeugt wird. Die Be-
handlung mit dem Pneumokokkenserum hat sich noch nicht durchgesetzt
und bestehen noch Zweifel bezüglich seiner Wirkung. Wir kommen nun
zu einem anderen wichtigen Serum, nämlich dem Milzbrandimmun-
serum, welches mit lebenden Bazillen gewonnen wird. Bei uns herrscht
der Milzbrand seltener als in Argentinien. Durch das Milzbrandimmun-
serum wird die Mortalität herabgesetzt. Damit hätte ich die antiinfektiösen
Sera besprochen, welche in der Praxis verwendet werden können.
Auf einige an den Ref. gerichtete Fragen antwortete derselbe
folgendermaßen: Die Behandlung des Milzbrandes mit Neosalvarsan kann,
wenn auch diese Behandlung nicht allgemein durchgeführt wird, günstige
Resultate ergeben. Letztere kann man auch mit intravenösen Jodinjektionen
erzielen. Von Wichtigkeit ist beim Milzbrand die Kenntnis folgender Tat-
sachen: Die Pustula maligna heilt auch spontan, es kann aber auch eine
Septikämie al$ Komplikation auftreten. Das Neosalvarsan kann möglicher-
weise eine Septikämie günstig beeinflussen. — Bezüglich der'Resultate der
Pneumoniebehandlung mit Autovakzinen sei folgendes angeführt: Ich
behandle Fälle von chronisch-katarrhalischer Pneumonie mit Autovakzine,
welche mit den Bakterien gewonnen ist, hingegen habe ich wenig Erfahrung
über die Vakzinebebandlung bei der kruppösen Pneumonie. Im allgemeinen
kann ich sagen, daß man bei chronisch-infektiösen Prozessen, wenn man
mit Vakzinen arbeitet, die am Lager sind, nichts ausrichtet. Man hat auch
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 42. | 19. Oktober
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bei chronischer Bronchitis versucht, aus dem zu diesem Behufe gewaschenen
herzustellen. Zu diesem Behufe wurde das Sputum, nachdem dasselbe auf
Resultate der Kliniker lauteten, daß sie mit dieser Vakzine, wenn sie zwei-
handlung fällt die Zahl der Anfälle ab, das Erbrechen hört auf, es kommt
Vakzine hergestellt werden. Eine Hauptbedingung der günstigen Wirkung
präventiv zu verwenden, um bei Pertussis eine Pneumonie zu verhüten,
jiziert. nach 10—12 Tagen einen Krankheitszustand hervorrufen kann, den
jizierten Serummenge ab; wenn man große Mengen injiziert, so kann man
ia 60°/, dieses Phänomen heobachten.
reinjiziert, so kann die sogenannte sofortige Reaktion mit gleichzeitigen
Herzbeschwerden und Dyspnoe auftreten.
lassen. Die Serumkrankheit tritt am häufigsten nach Pferdeserum auf.
jizieren. Die Anschauungen hierüber sind allerdings noch geteilt. Man
bindung von Kalziumchlorid und Harnstoff, d.i. das Afenil, versucht, dabei
Sputum eine Vakzino herzustellen und sind Erfolge nach Anwendung des-
selben beschrieben worden. Jch bin in der Folge dazu gekommen, bei
Keuchhusten aus dem Sputum am Ende der ersten Woche eine Vakzine
Tuberkulosefreiheit und Sterilität geprüft und mit Äther behandelt worden
war, subkutan injiziert. Es wurde diese Vakzine sehr gut vertragen. Die
bis dreimal angewendet wurde, die besten Erfolge. im Vergleich zu anderen
Behandlungen erzielt haben. Diese Behandlung wurde in Brasilien in aus-
gedehntem Maße ebenfalls mit Erfolg verwendet. Allerdings gibt es auch
refraktäre Fälle. Bekanntlich wurde gegen Keuchhusten auch die Äther-
behandlung, ebenso die Milchbehandlung. empfohlen, die besten Resultate
ergibt jedoch nach meiner Erfahrung die Vakzinebehandlung mit dem
spezifischen Antitussin. An einer vorgezeigten Tabelle ist der Erfolg
der letzteren Behandlung besonders markant. Mit dem Beginn der Be-
das Kind in die Rekonvaleszenz. Kontrollversuche mit dem Sputum von
Gesunden zeigten keine Beeinflussung der Krankheit. Ich habe unlängst
auf diese Therapie aufmerksam gemacht, weil ich finde, daß die europäischen
Kliniker sich refraktär verhalten. Man muß das Sputum von Spitälern
bekommen. Wenn Sie in der Privatpraxis einen Fall haben, so kann eine
ist die frühzeitige Behandlung. Ich habe auch empfohlen, dieses Mittel
Verhütung der Serumkrankheit.
Wir wissen, daß fremdes Eiweiß, z.B. Pferdeserum, parenteral in-
wir Serumkrankheit nennen. Dies Phänomen können wir als die primäre
Serumkrankheit bezeichnen. Die Heftigkeit desselben hängt von der in-
Sobald man nach 6 Wochen
Eine nach Monaten oder Jahren
ausgeführte Injektion wird die beschleunigte Reaktion in Erscheinung treten
Behufs Verhütung der Serumkrankheit wurde die Desensibilisierung nach
Besredka versucht. Derselbe hat bekanntlich empfohlen, dem Menschen
zuerst 1/, ccm subkutan und nach Stunden die große Serummenge zu in-
hat ferner zur Bekämpfung der Serumkrankheit das Kalzium sowie die Ver-
aber keine sicheren Resultate erhalten. Bei der intravenösen Injektion muß
man deshalb vorsichtig sein, weil man nach letzterer einem anaphylaktoiden
Schock ähnliche Bilder ‘beobachten konnte. Behufs Vermeidung dieser
Zufälle bei der intravenösen Injektion ist es angezeigt, das Serum vor-
gewärmt und ganz langsam zu applizieren. Um die Serumkrankheit aus-
zuschalten, haben wir das normale Rinderserum verwendet und auch nach
großen Dosen keine Symptome derselben beobachtet. Nur sehr selten
traten Urtikaria, Fieber und Albuminurie auf. Da das Rinderserum der-
artige Vorzüge vor dem Pferdeserum aufweist, schlage ich vor, das normale
Rinderserum zu verwenden. Endlich wäre noch eine Methode zur Be-
kämpfung der Serumkrankheit anzuführen, die Eigenblutbebandlung. Es
wird hierbei aus der Kubitalvene mittels Venenpunktion entnommenes Blut
dem Patienten. subkutan injiziert. |
Auf einige an den Ref. gestellte Fragen antwortete derselbe folgender-
maßen: Eine Reinjektion von Diphtherieserum ist in den ersten 38—10 Tagen
bei Erstinjizierten gefahrlos. Anders ist es bei reinjizierten Fällen. Hier
muß man vorsichtig sein. Es ist in letzterem Falle angezeigt, die De-
sensibilisierung nach Besredka auszuführen. — Das Rinderserum ist teurer
als das Pferdeserum und für die momentane Situation würde, da die An-
schaffungskosten ‘der Rinder sich viel teurer stellen als der Pferde, eine
Behandlung mit Rinderserum höher kommen wie Insulin. Man kann ferner
vom Rinde keine so große Ausbeute erhalten wie beim Pferde. Ein Vorzug
der Behandlung mit Rinderserum ist,‘ wie bereits früher angeführt wurde,
daß niemals bei derselben schockartige Symptome gesehen wurden. K.
(Schluß folgt.)
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde. (Interne Sektion.)
Sitzung vom 8. Mai 1924.
E. Lauda stelit einen Pat. vor, der wegen chronischer Ruhr or-
folgreich mit Yatren behandelt wurde. Pat. erkrankte 1907 an Ruhr und
wurde damals ohne rechten Erfolg mit Tannin, Wismut und Tierkohle be-
handelt. Auch die Appendikostomie, die angelegt wurde, um durch Dick-
darmspülungen den Zustand zu bessern, brachte keinen Erfolg. Im 8. Monat
der Erkrankung bildete sich ein Leberabszeß, der operativ behandelt wurde;
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nach dessen Heilung gingen die dysenterischen Beschwerden zurück.: Pat..
‘fühlte sich etwa ein halbes Jahr wohl. Doch sind später wieder: dysen-
terische Zustände aufgetreten, die Pat. veranlaßten, Spitalspflege aufzusuchen.
Wismut war erfolglos, Emetin bewirkte ` ein Sistieren der Durchfälle durch
mehrere Monate.
im Tag, im Stuhl wurden immer Dysenterieamöben gefunden. Pat. bekam
, Emetininjektionen (subkutan bis 0,07). Die Stühle nahmen an Zahl ab, |
"die Amöben verschwanden aber nicht. Auch eine angeschlossene Salvarsan-.
kur bewirkte weder vollständiges Sistieren der Diarrhoen noch Verschwinden.
der Amöben. Auch Dermatoleinläufe fruchteten nichts. Ein. im . Jahre
1923 aufgetretenes Rezidiv wurde mit Yatren per os und Yatreneinläufen
behandelt. Pat. bekam 1,0 Yatren dreimal täglich per os und 200 ccm
einer 3 higen Yatrenlösung per anum zwoimal täglich. Diese Behandlung
wurde 3 Tage lang durchgeführt und bewirkte rasche Besserung. Nach
“ 6tägiger Pause wurde diese Behandlung, wiederholt. Am' 12. Behandlungs-
`. tag war der Stuhl geformt; der Stuhl ist anhaltend amöbenfrei, die Ge-
‚schwüre des Rektums sind narbig geheilt. Seit einem Jahre hat Pat. mehr
‘als 10 kg an Gewicht zugenommen. Die mit den Amöben zugleich beob-
- achteten Spirochäten sind mit ihnen zugleich verschwunden. |
A. Luger bemerkt, daß der Wert der Yatrenbehandlung noch um-
‘. stritten ist. So haben die meisten deutschen Beobachter gute Resultate
mit Yatren erzielt, die italienisen Tropenärzte verhalten sich ablehnend.
A. Arnstein demonstriert einen Mann mit Mitralinsuffizienz und
»stenose, bei dem zugleich mit einer Nierenembolie ein Herpes zoster in
dem der Niere entsprechenden 10. Dorsalsegment auftrat. Herpes.zoster mit
dieser Lokalisation wurdebei Steinbildung oder Eiterung in der Niere beobachtet.
A. Luger führt aus, daß der Herpes zoster die Folge der Lokali-
‚sation verschiedener Schädlichkeiten i im Spinalganglion ist. Auch das Varizellen-
virus und der Erreger des Herpes febrilis können von Bedeutung sein.
A. Arnstein ist eber der Meinung, daß der nicht in Verbindung mit
“ anderen Infektionskrankheiten auftretende Zoster durch ein spezifisches Virus
‚hervorgehoben ist und daß soxikationen nur ein pradisponteronges Moment
vorstellen.
D. Adlérsberg. stellt eine‘ Frau mit schwerer postoperativer
Tetanie: vor. Bei der Pat. besteht eine schwere Tetanie, seitdem vor
3 Jahren eine Resektion beider Schilddrüsenlappen vorgenommen wurde.
Zweimalige Epithelkörperchentransplantation hatte ‘keinen Erfolg. Unter.
Monoammoniumpbosphat, auf dessen Wirkung bei Tetanie zuerst Adlers-
‚berg und Porges aufmerksam gemacht haben, besserte sich der Zustand
- der Pat. bedeutend; die Anfälle verschwanden aber.nicht ganz. Aussetzen
` des: Monoammoniumphosphates bewirkte rapide Verschlechterung, zur Zeit
der Menses- traten- sogar epileptische Anfälle auf. ‚Vortr. verwendete nun
Kalziumchlorid, das in einer Menge von 10 g täglich noch. besser wirkte
als das Ammoniumphosphat. Aussetzen der Kalziumtherapie bewirkte
wiederum Verschlechterung des Zustandes und Abnahme des Kalzium-
gehaltes im Serum. Vortr. erörtert die Theorie der Tetaniebehandlung. .
Das sauer reagierende Ammoniumphosphat vermehrt die Kalziumionen im
Blut, aber nicht die- Gesamtkalkmenge. Die stärkere, therapeutische Wir-
kung. des ‚Kalziumchlorides zeigt, daß die antitetanische Wirkung den
Kalziumionen zukommt.
die üblichen kleinen Mengen von Calcium laeticum reichen nicht aus. Freilich
ist der schlechte Geschmack des Kalziumchlorides eine große Schwierigkeit.
0. Porges berichtet über Untersüchung des Kohlensäuregehaltes
der Alveolarluft;, aus denen hervorgeht, daß die Azidose nicht das maß-
gebende Moment bei der Tetanie ist.
F. Freund ‚berichtet über relative Enge der Venen der gelähmten
Extremitäten von Hemiplegikern. Vortr. läßt es dahingestellt, ob es sich
um funktionelle Vorgänge oder anatomische Veränderungen handelt. Vortr. .
ist eher geneigt, funktionelle Zustände allein nicht anzunehmen, weil auch i
bei Anlegung, einer Stauungsbinde die Differenz nicht verschwindet.
A. Müller bemerkt, daß lokale Erwärmung Venen zur Erweiterung
bringt, die unter der Wirkung der Stauungsbinde verengt geblieben sind. Wir-
kungslosigkeit der Stauungsbinde schließt also funktionelle Vorgängenicht aus.
H. Schlesinger hat Krämpfe von Extremitätenvenen beschrieben,
die bei Stauung eng geblieben und sich bei der Obduktion als anatomisch
unverändert erwiesen.
H. Kahler ‘verweist auf die bei Bonera oft zu beobachtende
Blutdrucksteigerung im Bereich. der geläbmten Extremitäten, die auf einen
zentral bedingten Kontraktionszustand der Arterien zurückgeführt wird.
- Durch besondere Lokalisation des Herdes könnte es auch zur Entwicklung
‚nes Spasmus der Venenwandung kommen. |
E. Freund hat auch an die Möglichkeit eines Spasmus in Venen
- gedacht, allein das viele Monate dauernde Gleichbleiben des Zustandes der
Venen erschien schwer glaublich, wenn anatomische Veränderungen fehlten.
1922 trat wieder ein Rezidiv. auf, das Pat. zwang, sich
-in klinische Behandlung zu begeben. Er hatte damals bis zu 40 Stühlen
‘der Blase und des Nierenbeckens behandelt.
: unternommen, weil man mit Umgehung des Blutweges Bakteriophagen an
den Ort der Infektion heranbringen kann. Durch Injektion von Bakterio- -
phagen kommt es zur Bildung von antibakteriophag wirkenden Substanzen,
welche die Lyse hemmen. Bei den Koliinfektionen von Blase und Niere kann
Große Dosen von Kalziumeblorid sind nötig;
F Redlich berichtet. über einen Fall von Hernia diaphragmatica
dextra oesophagea. ` Pat. gab an, in der letzten Zeit bei Anstrengungen |
‚Herzklopfen zu- baben . und dyspnoisch zu, werden. Die Untersuchung er-
gab rechts hinten eine Dämpfung vom 6. Dorn angefangen, deren Intensität
'vom Füllungszustand des Magens. abhängig war. Das Atemgeräusch über
der Dämpfung war etwas abgeschwächt, ebenso der Stimmfremitus. Die
Herzdämpfung ‚war etwas nach links verschoben. Über dem Herzen war
ein leises systolisches Geräusch -zu hören., Außerdem bestand eine geringe
Anämie; Der. sonstige Befund war normal, Die Röntgenuntersuchung er-
gibt einen Schatten rechts vom Herzen, der, wie. die Durchleuchtung in
mehreren Richtungen ergibt,. durch ein hinter dem. Herzen rechts von der T f
Wirbelsäule liegendes Objekt bedingt ist. Der Schatten ist. bogenförmig
. konturiert und stellt ein Stück des ‚Magens vor. Kontrastmasse ‚gleitet
‘durch den Ösophagus, der über dem Diaphragma einen rechtskonkayen.. `
‚Bogen beschreibt, in Zwerchfellhöhe in den 'schattengebenden Hohlraum
ein, passiert einen schmalen Kanal.und füllt dann den’ hypodiaphragmati- n
schen Teil des Magens aus. Die Pars pylorica liegt normal... Das Duo- >
denum ist normal, Das rechte Diaphragma ist deutlich zu seben und be-
wegt sich normal. Der hyperdiaphragmatische Teil des Magens zeigt keine
wesentliche respiratörische Bewegung auf, rückt auch nicht’ bei Becken-
hochlagerung kranialwärts, wohl aber bei ‚Inspiration. bei geschlossener T
Glottis. (Demonstration der Röntgenbilder.).
E. Zdansky berichtet über die Gewinnung spezifischer. Bakterio-
phagen und über bakteriophagentherapeutische Versuche. Wenn. man
einen Tropfen keimfreien Stuhlfiltrates zu irgendeiner lebenden Bouillon- ,
kultur zusetzt, kommt es gelegentlich zur vollständigen Klärung der Kultur, `
wenn man die so behandelte Kultur im Thermostaten hält: Das Bakterium. .
wurde aufgelöst. Das lösende Agens ist ‚auf ' Kosten des Bakteriums, ge-
bildet worden. Aus dieser Kultur kann män den spezifischen Bakterio- : pa
phagen weiterzüchten. Ein Typhusbakteriophage z B. löst nicht jeden ` .
Typhusstamm auf, sondern nur manchen; das Wert spezifisch hat nicht
die weite Bedeutung wie z. B. bei hämolytischen ‘Versuchen. Jede Bak-
teriophagen enthaltende Flüssigkeit enthält auch die durch die Bakteriolyse
freigewordenen Bakteriumsubstanzen, ist also-aüch eine Vakzine, Thera-
peutisch verwendbar sind Bakteriophagen dann, wenn sie einen in dem
bestimmten Krankheitsfalle krankmachenden Stamm lösen. : Man gewinnt
die Bakteriophagen aus Fäkalwasser unter Zusatz von 1°/o Pepton durch
Belassen im Thermostaten während 24—48 Stunden bei’ einer bestimmten
Wasserstoflionenkonzentration und Filtrieren nach dieser. Zeit. Durch Aus-
probieren verschiedener Filtrate findet man fast immer für Koli- und
‚Dysenteriestämme 'Bakteriophagen; man muß 1—2cem von dem Filtrat
zur Kultur 'hinzusetzen. Vortr. hat mit Kolibakteriophagen Koliinfektionen
sich der Bakteriophag in dem ganzen affızierten Kavum verbreiten; indemKavum
kann die Bakteriophagenwirkung sich entwickeln. Es wurden 100—200 cem
Bakteriopbagenflüssigkeit in die Blase oder 5 ccm in das Nierenbecken ein-
‚gebracht. In einem von. 5 Fällen trat Heilung ein, doch kann es sich bei `
der jugendlichen Pat. auch um Spontanheilung: handeln. In den anderen
Fällen ‘erwiesen sich die Bakterienstämme als ]yseresistent: Es ist ein in
Zukunft zu lösendes Problem, ob es gelingt, die Bakteriolyse im ‘Organismus ai
ebenso vollkommen ablaufen zu lassen, wie in vitro. Ob es sich bei der
Hemmung der Lyse um Wirkungen der Gewebskolloide handelt, ist fraglich. |
O. Porges hat mit einem Flexner-Dysentericbakterion und Koli-
stämme auflösenden Bakteriophagen. in einem Falle von Proktosigmoiditis :
einen Erfolg erzielt, in anderen Fällen nicht.
A. Luger fragt, ob die im Organismus resistenten Stämme auch
in vitro resistent waren.
E. Zdansky antwortet, daß dies der Fall war. Die Lyseresistenz
kommt dann zustande, wenn der Bakteriophage nicht za genug ist, :
oder wenn seine Konzentration zu niedrig ist. _ | E,
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet, )
Berlin. Das Provinzialschulkollegium der ProvinzBranden-. .
burg und von Berlin hatte in Ausführung des ministeriellen Erlasses,
welcher ihm die Aufsicht über das Unterrichtsfach der Heilkunde übertrug,
beabsichtigt, einen Fachbeirat zu errichten. Dieser Fachbeirat ‚sollte
gutachtlich gehört werden bei der Entscheidung über Erteilung von Unter-
riehtserlaubnis und der Beaufsichtigung des Unterrichts, und die Auswahl
sollte erfolgen unter ‚Berücksichtigung der in Frage kommenden Gebiete,
der Naturheilkunde und der Zahntechnik. Danach waren für den ‚Beirat -
'in Aussicht genommen je .ein Vertreter der Ärztekammer für die Provinz
Brandenburg und den in, Berlin, der ihn für ns
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1486
Dentisten im Deutschen Reiche e.V. und als ärztlicher Sachverständiger
für die Fragen des Unterrichts in der Naturheilkunde Prof. Dr. Schönen-
berger als persönliches Mitglied. In der Sitzung erklärte der Vertreter
der Ärztekammer, daß er den Auftrag erhalten hätte, nur informatorisch
an der Sitzung teilzunehmen und sich deshalb an einer Behandlung der
Beratungsgegenstände (Antrag eines Privatlehrers auf Genehmigung seines
Lehrinstituts für physikalisch-diätetische Heilkunde und Beschwerden über
eine private Dentistenschule) nicht beteiligen könne. Der Vertreter der
zahnärztlichen Kammer schloß sich dieser Erklärung an. Weitere Sitzungen
fanden nicht mehr statt. |
Infolge der ablebnenden Haltung der Ärztekammer hat das Provinzial-
schulkollegium seine Absichten aufgegeben und auf die Mitarbeit eines
Fachbeirats in den Fragen des Unterrichts in der Heilkunde verzichtet.
Nach der Mitteilung des Reichsministers des Innern an den Generalsekretär
des deutschen Ärztevereinsbundes kommt die Bildung eines Fach-
beirats für die Fragen des Unterrichts in der Heilkunde nicht
mehr in Betracht. Die Angelegenheit dürfte somit erledigt sein.
Berlin. Die Medizinaluntersuchungsanstalten sind durch
die Stadt- und Landkreise größtenteils durch Jahresbeiträge in dio Lage
versetzt worden, den Kreiseingesessenen die unentgeltliche Ausfübrung
bakteriologischer Untersuchungen bei übertragbaren Krankheiten zu sichern.
Die Gebühren an den preußischen Universitäten und Technischen
Hochschulen sind wie folgt festgesetzt worden: Unterrichtsgeld 2,50 GM. für
die Wochenstunde,. Studiengebühr 50 GM. für die Studierenden der Theo-
logie, 60 GM. für die Studierenden der übrigen Fakultäten. Außerdem haben
an den Universitäten die Studierenden der Naturwissenschaften und der
Medizin an Stelle des früberen Praktikantenbeitrages ein Ersatzgeld von
30 GM. zu zahlen. Für den Gebührenerlaß sind Beträge in solcher Höhe bereit-
gestellt worden, daß wiederum 20°/, der Studierenden von allen Gebübren
oder 400%/,derStudierenden von der Hälfte der Gebühren befreit werden können,
In der bei Gelegenheit der Naturforscherversammlung stattgehabten
Generalversammlung der Vereinigung der deutschen medizinischen
Fachpresse in Innsbruck wurde bezüglich der Beanstandung von
Anzeigen folgende Entschließung gefaßt:
„Die Vereinigung der medizinischen Fachpresse hält in der Frage
der Ankündigung von Arzneimitteln in der Fachpresse fest an den von der
ehemaligen Arzneimittelkommission des Kongresses für innere Medizin auf-
gestellten Grundsätzen. Sie faßt diese dahin zusammen;
Arzneimittelanzeigen in der medizinischen Fachpresse müssen regel-
mäßig die Angabe der wirksamen Bestandteile enthalten; bei differenten
Stoffen ist das Mengenverhältnis beizufügen.
Anzeigen, in denen über Herkunft, Darstellung, Zusammensetzung,
ferner über Heilwert oder Unschädlichkeit der angezeigten Mittel irreführende
Behauptungen aufgestellt werden, sind abzulehnen.“
Hessen. Wie in anderen Ländern, 2.B. in Württemberg, Bayern
und der Schweiz, bat man auch in einzelnen Teilen Hessens, insbesondere
auch im Kreise Heppenheim, starke Verbreitung des Kropfes — Vergröße-
rung der Schilddrüse — nachgewiesen. Man will nunmehr, dem Beispiele
Württembergs folgend, in den Schulen eine Kropfprophylaxe mit Jod
einführen. Es soll an jedes Kind in l4tägigen Pausen je eine Tablette,
enthaltend eine ganz geringe Dosis Jod verabfolgt werden. Der Kreis-
ausschuß des Kreises Heppenheim hat die zur versuchsweisen Durchführung
der Maßnahmen nötigen Mittel bewilligt, so daß mit der Verteilung der
Tabletten durch die Lehrer der in Frage kommenden Orte des Kreises in
Kürze gerechnet werden kann.
Auch in Bayern wird soeben mit einer umfassenden Kropf-
bekämpfung nach Schweizer Muster, durch Herstellung eines jodierten
„Vollsalzes“, das den Haushaltungen an Stelle des gewöbnlichen jodarmen
Salzes zur Verfügung gestellt wird, begonnen. Das Vollsalz wird von der
Saline in Reichenhall unter gesundheitsbehördlicher und fachwissenschaft-
licher Aufsicht hergestellt; es enthält einen Zusatz von 0,5 g Jodkalium
Da der Erwachsene täglich etwa 20 g Kochsalz auf-
nimmt, würde die tägliche Jodaufnahme des Erwachsenen im Kochsalz. bei
ausschließlicher Verwendung von Vollsalz 0,07 mg betragen. Durch die
Erfahrungen in der Schweiz ist die Unschädlichkeit so kleiner Jodmengen
wie ihre Wirksamkeit zur Verbütung des Kropfes sichergestellt. . Den An-
stoß zu dieser Aktion gaben Vorträge, die Herr Dr.G.Eggenberger (Herisau)
in München und im übrigen kropfigefäbrdeten Gebiete Bayerns zur Avf-
klärung der Bevölkerung und der Ärzte gehalten hat.
Die Frage, ob die Entfernung der Tonsillen Kindern Schutz
verleiht gegen spätere Infektion mit Diphtherie und Scharlach, ist
statistisch niebt einwandfrei beantwortet. Die oft geäußerte Ansicht, daß
die Empfänglichkeit für diese Krankheiten bei Hypertrophie der Mandeln
zunimmt, gründet sich meist auf den persönlichen Eindruck einzelner Ärzte.
Der Hygieniker der Johns Hopkins Universität in Baltimore, James A. Doull
(Publ. Health. Rep.), hat nun an einem größeren Material (5659 Kinder im
Alter von 5 bis 14 Jahren) das Verhältnis der Erkrankungshäufigkeit der
entmandelten und der nichtentmandelten Kinder untersucht. Von den
5659 Kindern erkrankten in der zweijährigen Beobachtungszeit 224 Kinder
an Diphtherie. Während nach der Häufigkeit der Tonsillektomie in der
untersuchten Kinderzahl (6,9—19,1°/, in den verschiedenen Altersklassen)
zu erwarten war, daß unter den erkrankten Kindern 26 Entmandelte ge-
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
deutlich; unter 193 erkrankten Kindern waren 19 operierte, gegenüber der
erwarteten Zahl von 25,6. —
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.42. 19. Oktober
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des deutschen Vereins der Naturheilkundigen e.V. und des Verbandes der
wesen wären, waren es tatsächlich nur 2, was zu dem Schlusse veranlaßt,
daß die operierten Kinder ausgesprochen weniger empfänglich für Diphtherie
sind als die nichtoperierten. Bei Scharlach war der Unterschied weniger
Berlin. Der 50jährige Jahrestagder EröffnungdesKranken-
hauses Friedrichshain ist am 8. Oktober in feierlicher Weise begangen
worden. Vormittags versammelten sich auf eine Einladung des Bezirksamts
Friedrichshain in den Räumen des der Anstalt angegliederten Viktoriahauses
die Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden, der Korporationen
und Vereine aller Art mit.den Ärzten, Schwestern und Beamten des Kranken-
hauses zu einem eindrucksvollen Festakt. Der Direktor der chirurgischen
Abteilung, Próf. Braun, gab ein fesselades Bild von der Entwicklung der
Anstalt und ihren Leistungen. Bürgermeister Scholz feierte das Kranken-
haus als Zeugnis der Tätigkeit der Selbstverwaltung. Für die Freie Ver-
einigung der leitenden Krankenhausärzte sprach Prof.L.Kuttner. Ministerial-
rat König überbrachte die Wünsche des preußischen Wohlfahrtsministeriums.
Eine Ergänzung fand der offiziello Festakt durch ein gemeinsames Essen
und einen Festkommers im großen Festsaal des Berliner Rathauses, der
eine stattliche Zahl ehemaliger Friedrichshainer Ärzte in anregender Fest-
stimmung vereinigte und dem Gedenktage einen harmonischen und würdigen
Abschluß gab, —
Wien. Gegen zwei Tuberkuloseärzte ist die gerichtliche Unter-
suchung eingeleitet worden, weil ihre gelegentlich der Ausstellung von Zeug-
nissen erhobenen Lungenbefunde an zwei tuberkulösen Schwangeren, die
nach Einleitung des künstlichen Abortus (eine infolge Perforation durch die
Hebamme) ad exitum und zur gerichtlichen Obduktion gekommen waren,
durch letztere ihre volle Bestätigung nicht gefunden haben. Die Wiener
Ärztekammer hatte bezüglich der ‘Sachverständigentätigkeit bei der künst-
lichen Unterbrechung der Schwangerschaft im November des Vorjahres an
das Bundesministerium für Justiz ein Memorandum gerichtet: „Mit immer
mehr wachsender Besorgnis beobachtet die Ärzteschaft die Rechtfindung
und Rechtsprechung bei Delikten, welche den Ärzten wegen angeblicher
Verletzung des § 144 St.-G. zur Last gelegt werden. Die Beunruhigung,
die in den weitesten Kreisen der Ärzte entstanden ist, hat einen solchen
Umfang angenommen, daß die Wiener Ärztekammer eine nachteilige Be-
einflussung des allgemeinen Wohles der Bevölkerung befürchtet, da gar
viele namhafte Ärzte ihre wissenschaftliche Überzeugung zurückstellen, um
nicht unverschuldete Opfer einer Justiz zu werden,. die nicht mehr in die
Hände gelehrter Richter, sondern in die von Sachverständigen gelegt wird,
deren Fachkenntnis auf dem Gebiete der klinischen Medizin den Ärzten keine
sichere Gewähr für eine objektiv richtige Würdigung des Einzelfalles bietet.“
Die Mitarbeit der deutschen Studenten an der Verwaltung
der deutschen Universität in Prag. Soeben wurden in einer Be-
kanntmachung des Rektors der Prager deutschen Universität die näheren
Bestimmungen für das den Studenten nunmehr eingeräumte Mitbestimmungs-
bzw. Mitberatungsrecht in akademischen Angelegenheiten festgelegt: - Die
Gewählten sind berufen, die deutschen Studenten in den Fragen zu ver-
treten, die sie in ihrer Gesamtheit betreffen. ‚Insbesondere haben sie die
studentische Selbstverwaltung, vor allem auf dem Gebiete der sozialen
Fürsorge, im Einvernehmen mit den bereits bestehenden Organisationen
wahrzunehmen und bei der Verwaltung und Gewährung der akademischen
Benefizien mitzuwirken. Sie haben an der Aufrechterhaltung der akademi-
schen Ordnung und Disziplin bezüglich der von ihnen vertretenen Studenten
teilzunehmen. Die Vertreter sollen an der Erledigung allgemeiner
wirtschaftlicher und Bildungsfragen (Bibliotheksangelegenheiten), an der
Pflege der geistigen und geselligen Gemeinschaft der deutschen Studenten
und an der Pflege der Leibesübungen mitarbeiten. Sie werden vor der
Wahl des Rektors als des Vertreters der gesamten Universität nach außen
gehört werden. er GEN
Würzburg. Die Vereinigung südwestdeutscher Dermato-
logen tagt am 25. und 26. Oktober. Am 25. Oktober, abends 8 Uhr, Im
Nebensaal des Bahnhofshotels Vorträge mit anschließender Besprechung;
Meinicke (Ambrock), Neuere Ergebnisse der Serodiagnostik der Syphilis:
Birnbaum (Würzburg), Syphilis, Syphilisbebandiung und Leber. Am
26. Oktober: Krankenvorstellungen im Hörsal der Hautklinik. Anmeldungen
an Priv.-Doz. Dr. Birnbaum (Würzburg) unter Beifüguog von 1 RM.
Münster. Zum Oberarzt der medizinischen Universitätsklinik wurde
der Assistenzarzt Dr. Franz Krömeke ernannt.
Berlin. Prof. Dr. Rotter, seit 1890 bis 1922 Leiter der chirurgi-
schen Abteilung des St. Hedwigskrankenhauses, ist am 29. September ge
storben. Er hat bahnbrechend auf dem Gebiet der Bauchchirurgie gewirkt
und war einer der geschätztesten, beliebtesten und erfolgreichsten Chirurgen.
Hochschulnachrichten. Wien. Von den vakanten Lehrkanzeln
sind nunmehr zwei zur Besetzung gelangt. Die durch den Rücktritt
H.H.Meyers erledigte Lehrkanzel für Pharmakologie übernimmt dessen
Schüler Prof. Æ. P. Pick, während der durch den Tod Schattenfrohs
vakante Lehrstuhl für Hygiene durch dessen Assistenten Prof. R. Graß-
berger besetzt worden ist. Der Nachfolger Paltaufs (allgemeine un
experimentelle Pathologie), als welcher der der Wiener Schule entstammende
Prof. Dörr, derzeit in Basel, in Aussicht genommen wird, ist noch nicht
ernannt. Der für ein Jahr beurlaubte Prof. J. Tandler wird vom
Assistenten und Prosektor Dr. A. Hafer] suppliert werden. Als Prüfer
wird der Professor für Embryologie Dr. A. Fischel fungieren.
ediz
ae Wo ch enschrift für Das Ärzte
| l l PERA von Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft ` sWe ag von
. Geh. San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr‘ ©
] i E ataa T a A a T: 8 sosponensararonresss3 BUFSBIRSSERARRUGSSERENTELE
. Der Verlag behält sich das ausschließliche Becht-der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen. gelangenden Originalbeiträge
i * COOPURUNRNNENDUGLLUCVOSUNOUSUSESEERE snsssenmi EFSREBAUNENBUTEANVIRERLERAUFUTURSENOGREAASITENAABGESTESTEESDELBNOTETSETDETCENONSNITETTRRRRERSERDTRRETDENETRNANDN ENGE"
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| Nr.43 (1037) Berlin, Prag u.Wien, 26. Oktober 1924 XX. Jahrgang
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3 © © (AJ
| Klinische Vorträge.
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H: ' Ausder Medizinischen Universitätsklinik R. Jaksch-Wartenhorst in Prag. | glaube jedoch, daß die Verhältnisse gerade durch „unsere ‚neuen |
i `; eg, ee | Kenntnisse noch komplizierter geworden sind, so daß wir vorläufig
Über ‚Autotoxikosen ). | noch nicht in der Lage sind, eine einwandfreie ruppierung vor-
i Von Prof. Dr. Hugo Přibram, I. Assistenten der Klinik. zaschlagen.' 2
Ich möchte, bevor ch auf mein Thema zu sprechen komme, |
h Den exogenen Toxikosen, die man im allgemeinen als Ver-
l = >- giltungen schlechtweg bezeichnet und deren Formenreichtum un- 2 As weiteren i ze pi eraa einsehen, Pr a B Se
Y ` absehbar ist, stehen die Autotoxikosen gegenüber, deren Kenntnis le z De Olgen. er No a Gift i "Kö oxi ei Se
zV © = nicht alt ist. Der erste, der den Begriff der Autotoxikosen in grund- . ae ar bei a D i i er ans una ann
; legenden Arbeiten behandelt hat, war Bouchard im Jahre 1887. | Xörpereigenen Stollen a Maren erivaten en SF ak ‘t
"| ` Daran schlossen sich zahlreiche Arbeiten aus der französischen k Auf an > d ition, AS wr die m u
| ‚ Literatur. Lange vor ihm beschrieb aber als erster Betz Fälle von ‚tozikosen unterscheiden, und zwar die exogenen T . = ga
a Autointoxikationen im Sinne der früheren Nomenklatur (1864). | Pie exogenen. sind ee A welchen. die i AO b
„I . Unter den Autoren deutscher‘ Zunge sind es besonders Jaksch, des Körpers gelegen a nn ift aber mi örper ar ana, gi
Hi Albu und Martius, welche sich um die Frage der Autotoxikosen | 8ewebe entsteht, z. B h x a a nn h inlich is do ogise w
bi. verdient gemacht haben. Įm Laufe der Zeit hat sich jedoch unsere schieden exogen, Be ee be ~ a ge o ch.
p! Auffassung mit dem Fortschreiten der Wissenschaft wesentlich ge- gibt es auch Ansichten; welche den 1 mn... a Br
e, ändert, da ja durch die. tieferen Kenntnisse der Störungen der. a D a Pe Kr a N age a Me =
i inneren Sekretion, 'der Stoffwechselstörungen usw. der Kreis unserer Ei be > der lio en ren B. das Co 2 diaketicum. aa |
„| | ` Vorstellungen wesentlich erweitert und modifiziert wurde. ae Fir pe en Kr E; t 1 ol nicht durehreführt werd
ni Jaksch teilte (1897) die Vergiftungen i in seinem en hi ine weitergehende Einteilung soll nicht duro Si werden, ;
3 Werk Iolgendermaßen ein: ierzu kann auf die Einteilungen von Jaksch und Martius hin-
ai Exogene Toxikosen. ‘gewiesen werden. Ich möchte einige Beispiele von Autotoxikosen
ki Endogene Toxikosen: mit Berücksichtigung ihrer Pathogenese anführen, wobei ich mich
i. Retentionstoxikosen: durch Vaai en den Haut, durch | zum Teil auf eigene Arbeiten stütze und eigene Theorien, ent-
fi Retention vom Darm .aus, durch Retention seitens der wickeln möchte.
t. ` Atemorgane (CO2), durch Retention seitens derNiere (Urämie), Wir sagten, das Material, aus welchen das Gift bei der Auto-
iĝ | durch Retention seitens der Gallenwege (Cholämie); toxikose gebildet wird, sei körpereigene Substanz, und es erhebt
A | Nosotoxikosen: Diabetes, Karzinom, oxalsaure Diathese, | sich nun die Frage: Sind die Substanzen, aus welchen unser Körper
S Gastroxynsis mit Milchsäureproduktion, Gicht. aufgebaut ist, giftig? Die wichtigsten Bestandteile des Körpers sind
si Toxikosen durch ein Contagium vivum (Infektionskrankheiten); | bekanntlich Eiweiß, Fett und.Kohlehydrat, auf die übrigen soll hier
i Toxikosen durch unbekannte Stoffe und Erreger: Morbus ht id Das kö y £ Eiweiß er it
g Addison, Alkaptonurie, Morbus Basedow, Zystinurie, Leuk- nicht eingegangen werden. Das körpereigene Eiweiß ist in weitem
23, ämie, perniziöse Anämie, Polioencephalitis infantum spastica Maße ungiftig; von der Giftwirkung des artiremden Biweißes (Ana-
und Poliomyelitis acuta, Polyneuritis, Helminthiasis, Lyssa. phylaxie) soll hier nicht weiter gesprochen werden. E
2 Autotoxikosen: Azetonämie, Ammoniämie, Hydrothionämie, | - Anders verhält es sich mit den Abbauprodukten des Riwoißes.
w Urikazidämie. Das niederste Abbauprodukt des Eiweißes, die Aminosäuren, sind
k Die Einteilung von Martius (1899) ist im Prinzip Io genaer | weitgehend ungiftig, jedoch in der Reihe zwischen. Eiweiß und
$, mäßen aufgebaut: | . Aminosäuren finden sich giftige Substanzen. Ich 'erwähne. nur als.
1% 1. Y Eg durch präformierte Gifte (gewöhnliche Vergiftungen). bekannteste ‘die Peptone. Doch gibt es noch eine Reihe anderer
f -2 Vergif durch metabolische, d. h. im werde ent- | höhermolekularer Abbauprodukte mit Giftwirkung: (Schittenh elm
g stan Ars ifte: ` |
po t} a) Infektionskrankheiten; -
f | | | b) Vergiftung dürch endogene Gifte, die sent werden:
PS | = ` vọm Darm aus: enterogen:-die Gifte sind im Harne nach-
=“ Zu zuweisen: Hydrothionämie, Alkaptonurie, Zystinurie,
' na enterogene Azetonämie;
f, | unbekannte Gifte: bei Ileus, Tetanie usw.;
I von den Geweben aus: histiogen: normale Stoffwechsel-
p ~ produkte: durch JInsuffizienz der Elimination: CO,,
rämie, Cholämie, Verbrennung; durch Insuflizienz der
. Entgiftung: Myxödem, Diabetes, akute gelbe Leber-
‚atrophie; durch Überproduktion der Gifte: Morbus
| Basedowi, Gicht, Diabetes, Oxalurie;
-- abnorme Stoffwechselprodukte: ‚Coma diabeticum und carci-
nomatosum.
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den Formenreichtum der sogenannten endogenen Vergiftungen und
zeigen, wie heterogene Prozesse letzter Linie als Vergiftungen auf-
gefaßt werden müssen. Anderseits sieht man, wie die Fortschritte
‚der Forschung eine Modifikation der ‚Einteilung nötig machen. Ich
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*) Nach einem:am 27. Juni 1924 im Verein deutscher Ärzte in
Brünn gehaltenen Vortrage. |
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Beide Einteilungen geben einen orientierenden Überblick über
"und Weichardt). Ich möchte darauf hinweisen, daß ich'im normalen.
menschlichen Harn kolloidale: stickstoffhaltige Stoffe — sie seien
kurz als Harnkolloide bezeichnet — nachweisen konnte, die eine
Giftwirkung auszuüben imstande sind, z. B.-bei intravenöser Injektion i
beim Tiere unter. anderem einen ' Schlafzustand hervorriefen.
Das Fett ist desgleichen kaum als giftig zu bezeichnen, schon
auf Grund der bekannten Regel: Corpora non agunt nisi soluta seu
solubilia, und die: Fette sind eben schwer löslich. Von den Spalt-
produkten der Fette sind die Fettsäuren giftig, und es wurden
vielfach Krankheiten, wie die hämolytischen Anämien, die perniziöse
Anämie,’ besonders die durch den Bothriöcephalus latus hervorge-
rufene Anämie auf Schädigung der Erythrozyten ‘durch Fettsäuren
zurückgeführt, eine Ansicht, die übrigens nicht ohne Widerspruch
geblieben ist.
denen der Traubenzucker sicher keine bewiesene Giftwirkung besitzt.
Fassen wir. kurz zusammen, so müssen wir sagen, daß unter
den Abbauprodukten unserer Körpersubstanzen giftige Stoffe sich
reichlich finden, und daß es eigentlich zu verwundern ist, daß Auto-
toxikosen beim normalen Ablauf der Lebenserscheinungen, ‚die im
Wesen doch ununterbrochener Auf-, Ab- und. Umbau sind, so selten
in Erscheinung treten. „Es besitzt anscheinend der Organismus
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Am wenigsten giftig sind die Kohlehydrate, ‘unter
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1488
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
26. Oktober
eine Reihe von Einrichtungen, welche eine Giftwirkung im weiten
Maße verhindern; solche können sein: das rasche Passieren der
giftigen Stadien und rascher Übergang in nicht giltige Derivate,
Elimination der Gifte, Bindung derselben u. v. a.
Es ist interessant, daß gerade der normale Abbau über giftige
Stoffe geht, während die Zwischenprodukte, welche wir bei patho-
logisch gerichtetem Abbau sehen, wenig oder garnicht giftig sind.
Erwähnt sei diesbezüglich die Unschädlichkeit der Pentosen,
vielleicht auch des Bence-Jonesschen Eiweißkörpers, des Al-
kaptons und dergl.
Wir kommen nunmehr zur Besprechung einiger Beispiele von
Autotoxikosen. Wohl die größte Literatur liegt bezüglich des Coma
diabeticum vor. Die übliche Ansicht über die Genese des Coma
diabeticum ist folgende. Beim Diabetes mellitus besteht bekanntlich
eine Störung im Kohlehydratstoffwechsel in dem Sinne, daß einer-
seits eine Störung in der Fähigkeit der Leber, durch Auf- und Ab-
bau des Glykogens den Blutzucker zu regulieren besteht, und
andererseits die Verbrennung des Zuckers in den Geweben gestört
ist. Im Feuer der Kohlehydrate verbrennen die Fette. Ist die
Störung der Zuckerverbrennung bis zu einem gewissen Grade ge-
diehen, so leidet die Fettverbrennung und es kommt zur Bildung
abnormer Produkte, Azeton, Azetessigsäure und $-Oxybuttersäure,
die übrigens zum Teile sicherlich auch aus Eiweiß entstehen können,
wie Jaksch vor Jahren nachgewiesen hat. Die Vergiftung mit den
genannten sauren Produkten, die Azidose, ist das Wesen des Komas.
Ich bin auf Grund eigener Untersuchungen zu einer anderen
Ansicht ‘gekommen, bei der, wie ich zugebe, noch manches hypo-
thetisch ist, für deren Richtigkeit jedoch manches spricht, auf das
ich hier nicht weiter eingehen kann. Etwas schematisch und kurz
ausgeführt, stelle ich mir das Wesen des Komas folgendermaßen vor.
Bei dem Falle von leichtem Diabetes ist ausschließlich der
Kohlehydratstoffwechsel gestört. Bei kohlehydratarmer Kost inner-
halb der Grenze der Toleranz ist der Diabetiker nicht als krank
zu erkennen und erst nach entsprechender Kohlehydratbelastung
‚kann man seine Krankheit nachweisen. Ich sehe hier natürlich ab
von der Hyperglykämie, welche die Glykosurie überdauern kann.
Beim schweren Diabetes leidet der Kohlehydratstoffwechsel der-
maßen, daß der Organismus auch das Eiweiß angreift, und es ist
erwiesen, daß bei schwerem Diabetes auch der Kiweißstoffwechsel
in Mitleidenschaft gezogen wird. Es gibt bekanntlich eiweiß-
empfindliche Diabetiker, welche auf eine Eiweißzulage mehr Zucker
ausscheiden, als auf eine Kohlehydratzulage. Beim schweren Dia-
betiker wird aus Eiweiß Zucker gebildet oder abgespalten.
Ich glaube nun auf Grund verschiedener Beobachtungen!),
daß vom Eiweiß Abbauprodukte gebildet werden, vom Charakter
der früher genannten hochmolekularen Abbauprodukte, die, wenn
sie sich anhäufen, das Bild des Komas hervorrufen. Daneben geht
die Bildung der Azetonkörper aus Fett und aus Eiweiß. Die Azeton-
körper wären also nicht das giltige Prinzip, das dem Koma zu
Grunde liegt, sondern nur ein Indikator der schweren Schädigung
des Kohlehydratstoffwechsels, das Koma wäre eine Eiweißzerfalls-
toxikose. l
Von dieser Basis ausgehend, lassen sich verschiedene Be-
obachtungen, welche jeder am Krankenbette oft gemacht hat, und
deren Erklärung sonst auf Schwierigkeiten stößt, leicht verständlich
machen. Was provoziert beim schweren Diabetes oft das Koma?
i. Eine Infektion, z. B. mit Pneumonie. Es hat jeder erfahrene
Arzt gesehen, daß der Diabetiker, wenn er eine Pneumonie be-
kommt, unverhofft einem akuten Koma erliegt. Bedenken wir, daß
bei jeder Infektion durch die Toxine Körpereiweiß angegriffen wird,
daß die Eiweißabbauprodukte sich zu denen beim schweren Diabetes
ohnehin vorhandenen summieren, so ist die Erklärung leicht und
ungezwungen. 2.Ein weiteres Moment, das oft ein Koma provoziert,
ist eine Operation, z. B. eine Amputation. Auch hier ist die Bil-
dung von Eiweißabbauprodukten von der Wundstelle aus anzu-
nehmen.
Magendarmerkrankung. Die Erklärung scheint nach der vorge-
brachten Theorie einfach: Resorption mangelhaft abgebauter Nahrungs-
bestandteile (Eiweißabbauprodukte).
Betrachten wir von diesem Standpunkte aus die Therapie.
Bekanntlich wird bei drohendem Koma eine große Zahl der
verschiedensten Diätnormen empfohlen, es seien nur erwähnt: die
Unterernährungskur von Allen, welche übrigens von vielen ab-
gelehnt wird, die Kur von Petren, der geringe Eiweißmengen
1) Ich verweise auf verschiedene eigene Arbeiten: M.m.W.
1912 u. 1913, Zbl. f. inn. Med. 1918 u. 1921, Biochem. Zschr. Bd, 115 u. a.
(z. T. gemeinsam mit Löwy, Herrnheiser, Eigenberger).
3. Manche Diabetiker bekommen ein Koma nach einer
5 -
und sehr viel Fett zuführt, in einer Menge, wie sie von der
Bevölkerung in unseren Landen meist nicht vertragen wird,
die Hunger-, Obst- und Gemüsetage, die Hafertage von Noorden, `
die Mehlfrüchtekuren von Falta usw. Allen diesen ist das
eine gemeinsam: die Eiweißarmut der Kost. Demgegenüber wird
der Kohlehydratzufuhr in der neuesten Zeit in Form der- Röst-
produkte (Satrose usw.) das Wort geredet (Grafe). Das Ei-
weiß wird vom schweren Diabetiker schlecht vertragen, eine
kohlehydratfreie Kost verträgt er auf die Dauer nicht. Ich habe auch,
ohne daß bisher der strikte Beweis erbracht ist, die Vermutung, daß
zugeführter Zucker giftige Eiweißabbauprodukte ihrer giftigen Wirkung
zu berauben vermag. Jedenfalls ist das Wesen der Therapie des
schweren Diabetes und des Komas: Eiweißarmut?) der Kost, Zufuhr
von Kohlehydraten, per os oder als Zuckerinfusion. Die von den
Anhängern der Azidosetheorie postulierten Sodainfusionen sind
wirkungslos. In neuester Zeit stehen wir dem Koma viel weniger
ohnmächtig gegenüber als zuvor. Das Insulin kann einen großen
Teil der frühzeitig nach Ausbruch des Komas in die Behandlung
gelangten Diabetiker retten. Wie ich glaube, wirkt das Insulin,
dessen Wirkungsweise noch in Diskussion steht und sicher komplex
ist, zum Teile derart, daß Zucker verbrannt wird, daher wird das
Eiweiß nicht angegriffen und damit schwinden die Bedingungen für
die Entstehung des Komas. Das Schwinden der Azetonkörper geht
meist, aber nicht immer mit dem Zurückgehen des Komas parallel.
Auf die verschiedenen für die Komabehandlung wichtigen Angriffs-
punkte des Insulins einzugehen, ist an dieser Stelle nicht möglich
und soll an anderer Stelle geschehen. Hier kann nur das für die
Systematik der Autotoxikosen Wichtige besprochen werden.
Sehr nahe steht dem Coma diabeticum die Urämie. Wir unter-
scheiden seit Jaksch zwei Formen der Urämie, welche nach Volhard
als eklamptische und echte Urämie bezeichnet werden, und nur von
letzterer soll hier die Rede sein. Man stellte sich im allgemeinen
die Genese derselben derart vor, daß giftige harnpflichtige Stoffe
retiniert werden, und somit eine reine Retentionstoxikose vorliege.
Derart wurde sie auch von Jaksch und Martius klassifiziert. Ich
selbst war anfänglich auch der Meinung, daß eine einfache Retention
vorliege und zwar dachte ich an die Retention der früher erwähnten
Harnkolloide. Neue Untersuchungen von Klein und mir haben
jedoch gezeigt, daß diese Ansicht einer Ergänzung bedarf. Wir
konnten auf Grund unserer Untersuchungen feststellen, daß man bei
der Entstehung der echten chronischen Urämie drei Stadien unter-
scheiden kann: 1. Chronische Nephritis mit den üblichen Symptomen
bei gut erhaltener Nierenfunktion. 2. Retention, beginnende Nieren-
insuffizienz, präurämisches Stadium mit Retention von Harnstoff und
demgemäß Reststickstofferhöhung im Blut. 3. Ausgesprochene Urämie,
bei der sich der Retention Eiweißzerfall zugesellt. Ä
Es wäre somit die echte Urämie eine Autotoxikose durch
Retention und Eiweißzerfall. Wie beim diabetischen Koma liegt
nach meiner Meinung auch bei der echten Urämie eine Vergiftung
mit Eiweißabbauprodukten zu Grunde. Auch klinisch muß man
sagen, daß die Symptome beider Autotoxikosen sich manchmal zum
Verwechseln ähneln (Koma, Hypothermie, Kußm aulsches Atmen usw.).
Auch die Therapie ist eine ganz analoge. Bei schwerer Nephritis
wird das Eiweiß in der Kost wesentlich eingeschränkt, zum Teile
wegen der Schonung der Niere, zum Teil aber ist auch sicher die
Vermehrung der Eiweißabbauprodukte im Blute von Belang. Man
verordnet eine kohlehydratreiche Kost, und manche Autoren haben
bei drohender oder vorhandener Urämie auch Zuckerinfusionen
empfohlen. Ich verweise diesbezüglich auf das früher über die
„entgiftende“ Wirkung des Zuckers Vorgebrachte. Auch noch auf
anderem Wege gelingt es, die Menge des Blutzuckers zu steigern,
und zwar durch Aderlaß, dem eine Hyperglykämie in der Regel
folgt. Übrigens möchte ich nur erwähnen, daß Klein und ich bei
echter Urämie in der Regel schon spontan eine Vermehrung des
Blutzuckers gefunden haben, welche ich als einen spontanen Ent-
giftungsversuch auffassen möchte. Zum Teile wirkt wohl der Aderlaß
durch Giftentfernung und Giftverdünnung; wenn man .aber bedenkt,
wie wenig Blut im Vergleiche zum Gesamtblute man dem Kranken
abnimmt, so muß man noch zu einer anderen Erklärung greifen.
Der Aderlaß, dem, wie schon erwähnt, in der Regel eine Hyperglykämie
folgt, ist ein Mittel, das ebenso wie die Zuckerinfusionen ‚bei ver-
schiedenen Eiweißzerlalltoxikosen von hohem therapeutischen Wert ist.
Zu den Retentionstoxikosen wird auch in der Regel die
Cholämie gerechnet. Beim Stauungsikterus werden alle Bestand-
es Pflanzen- und
2) Bezüglich des Unterschiedes der Giftigkeit d
Tiereiweißes verweise ich auf eine frühere Arbeit (Zbl. f. inn. Med. 1918).
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| 26. Oktober |
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lang als Materia peccans (Flint).
“bei Stauungsikterus,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. 714889
teile der Galle retiniert. Die wichtigsten sind Cholesterin, Gallen-
farbstoff und Gallensäuren. Das Cholesterin galt früher eine Zeit
Cholesterin in weitem Maße ungiltig. ist. Dies haben mir sowohl
Fütterungsversuche, welche ich mit Kaninchen vorgenommen habe,
' als auch die Verlütterung an Menschen gezeigt, denen ich von der
früher erwähnten Ansicht ausgehend, die perniziöse Anämie könne
eine Folge einer Fettsäurewirkung auf die Blutkörperchen sein,
zwecks Bindung derselben zugeführt habe, nebenbei bemerkt ohne
einen Heileffekt, aber auch ohne eine nachweisbare Giltwirkung?).
Der Gallenlarbstoff soll auch ungiltig sein, so bleiben uns nur noch
die Gallensäuren übrig, auf welche.man die hämorrhagische Diathese
das Hautjucken, die Bradykardie usw.
zurückführt. i
Noch ein Wort über die sogenannte hepatische Intoxikation.
Diese wird darauf bezogen, daß die schwer erkrankte Leber nicht
im Stande ist, ihrer entgiftenden Aufgabe gegenüber den Produkten
des normalen oder pathologischen Stoffwechsels nachzukommen.
Vielleicht ist in dieser Richtung eine Beobachtung von Klein. und
mir von Interesse. Wir fanden bei einer Kranken, bei welcher
unter Ikterus der Tod unter den Erscheinungen des Coma hepaticum
eintrat, und bei der autoptisch eine schwere Cirrhosis hepatis fest-
gestellt wurde, eine geradezu überraschende Verminderung des
Bluizuckers (18 mg °/, bei mehreren Kontrollbestimmungen); es sei
hier auf das über die Bedeutung des Blutzuckers bei den Auto-
- toxikosen früher Gesagte hingewiesen. Es ist anzunehmen, daß die
Hypoglykämie nicht bloß als Indikator der schweren Leberinsuffizienz
aulzulassen ist, sondern daß sie für das Auftreten des hepatischen
Komas von Bedeutung ist. Dafür sprechen neben alten Beobach-
tungen von Roger, welcher fand, daß die entgiftende Tätigkeit der
Leber mit ihrem Glykogengehalt parallel geht, auch neuere Be-
obachtungen von Silberbrinck, der Zuckerinlusionen empfiehlt.
Wir sahen, daß ein Koma bei Diabetes, bei Urämie, und bei
der Leberinsuffizienz in ihren höchsten Graden auftreten kann.
Auch beim Karzinom kommt es unter Umständen zur Entstehung
eines komatösen- Zustandes und man hat dasselbe direkt als: Coma
carcinomatosum bezeichnet. Es sei hier nur erwähnt, daß der
Eiweißzerfall beim Krebs in Analogie mit den früher genannten
Erkrankungen der Vergiftung zugrunde liegen dürfte Wir sehen
das Gemeinsame der 4 Autotoxikosen, die sämtlich mit Koma
‚einhergehen und zwanglos auf Vergiftung mit Abbauprodukten
zurückgeführt werden können. |
Eine reine Retentionstoxikose liegt vielleicht der Gicht
zugrunde. Von den heutzutage miteinander ringenden Theorien
‚über die Entstehung der Symptome der Gicht seien nur die
zwei Ansichten genannt, welche Gudzent und Thannhanser
vertreten. Während ersterer meint, die Harnsäure werde
‚direkt von den Geweben an sich gerissen und daher retiniert
(Uratohistechie), geht die Ansicht Thannhausers, der ich mich
anschließen möchte, dahin, daß eine Störung der Elimination der
Harnsäure durch die Niere das Primäre darstelle, deren Folge die
Anhäufung der Harnsäure im Blute und schließlich in den Geweben
ist.. Die Gicht wäre dann eine reine Retentionstoxikose. Es sei noch
‚erwähnt, daß die Folgeerscheinungen der Gicht in manchem eine
hnlichkeit mit einer exogenen Toxikose, der chronischen Bleiver-
siftung aufweist. Unter den Folgeerscheinungen sei nur der Hoch-
druck erwähnt, bei welchem man übrigens vielfach eine Hyperuri-
kämie nachweisen konnte. | Ä
Eine große Gruppe von Autotoxikosen wird von den Störungen
der inneren Sekretion geliefert. Als Beispiei sei hier nur der
Morbus Basedowi, der eine Hyper- oder Dysthyreotoxikose darstellt,
genannt. Durch Schilddrüsenverfütterung, durch Jodzufuhr läßt sich
bekanntlich eine Reihe von Symptomen der endogenen Toxikose
imitieren und wir. sehen auch hier wiederum die Verwandtschaft
der exogenen und endogenen Toxikosen. Nebenbei sei nur hervor-
gehoben, daß bei der Basedowschen Erkrankung der Eiweißstoff-
wechsel erhöht, eine Neigung zur Hyperglykämie und Glykosurie
besteht, und eine eiweißarme Kost empfehlenswert ist.
Von den zahlreichen anderen endokrinen Toxikosen soll nur
“noch die Tetanie erwähnt werden, deren parathyreogene Entstehung
derzeit sicher steht. Vergiftungen verschiedener Art, auch exogene
können infolge relativer Insuffizienz der Parathyreoidea zu Tetanie-
erscheinungen führen. Von den verschiedenen Ursachen, welche
mm >
3) Die durch Cholesterin im Tierversuch bewirkte Arteriosklerose
kann hier unerwähnt bleiben, da sie einerseits nicht hierhergehört,
andererseits die Bedeutung des Cholesterins für die Arteriosklerose
des Menschen noch ‚fraglich ist,
Es ‚ist jedoch sicher, daß
eine. Tetanie hervorrufen können, und bei denen eine Giftwirkung
anzunehmen ist, sei hier nur die Tetanie bei fieberhaften Erkran-
kungen, wie ich solche selbst beobachten konnte, und die viel
bäufigere bei Magendilatation erwähnt. `- |
Zu den Autotoxikosen gehören ferner die Infektionskrankheiten.
Die Bakterien bilden die Toxine, welche das Körpereiweiß angreifen,
somit entsprechen die Infektionskrankheiten mit ihren Toxämien den
eingangs aufgestellten Postulaten der Autotoxikasen. Es sei nur
nebenbei erwähnt, daß bei vielen Infektionskrankheiten bereits spon-
tan eine Hyperglykämie besteht, und daß ich von den früher er-
wähnten Vorstellungen ausgehend, bei Infektionskrankheiten mit
stark toxischen Symptomen wiederholt Zuckerinfusionen angewendet
habe und ich diesen harmlosen und doch aussichtsreichen thera-
peutischen Versuch bei einschlägigen Fällen empfehlen möchte. Zum
Schluß möchte ich noch: Beispiele einer enterogenen Autotoxikose
anführen. Es ist nur zu sagen, daß es nicht ohne weiteres sicher
ist, ob derartige Vergiftungen der eingangs aufgestellten Definition
entsprechen.
Hierher gehören die bekannten Symptome bei hochgradiger Ob- |
stipation, die zwar sicher zum Teil mechanisch (Zwerchfellhochstand),
zum Teil reflektorisch, aber doch zum Teil als toxisch aufzufassen
sind. Man hat an verschiedene Gifte, das Indol, Skatol, den Schwefel-
wasserstoff u. a. bei derartigen Vergiftungen, welche besonders beim
Darmverschluß auftreten, gedacht. Die Ausscheidung des Indikans
in solchen Fällen bietet einen Indikator für die Resorption anderer
giftiger Stoffe, | s
"Ich möchte an dieser Stelle die Fälle von Augenerkrankungen,
2. B. Iridozyklitis erwähnen, bei deren bisher zum Teil unklaren
Pathogenese Elschnig an eine enterogene Toxikose gedacht hat
und daraus: auch seine therapeutische Konsequenz gezogen hat. Man
findet bei derartigen Fällen Indikan im Harne und im Blute in
vermehrter Menge vor. Indikan im Blute findet man sonst in der-
artigen Mengen .nur bei Niereninsuffizienz und drohender Urämie
als Zeichen der weitgehenden Störung des Ausscheidungsvermögens
der Niere, ohne daß dem Indikan vielleicht eine Giltwirkung zuzu-
schreiben wäre. Auch hier ist wohl das Indikan nur ein Indikator
dafür, daß abnorme Eiweißabbauprodukte (Fäulnisprodukte) zur
Resorption kamen. Die Ursache, daß es zu derartigen Störungen
kommt, kann zum Teil daran liegen, daß die Darmwand in ihrer
Permeabilität verändert ist; ob dieses Moment oder noch andere
eine Rolle spielen, ist nicht sicherzustellen. Sicher ist, daß die
Erfolge der Therapie der Ansicht Elschnigs, daß ein engerer Zu-
sammenhang der Stoffwechselstörung mit dem Augenleiden besteht,
recht gibt. Die folgerichtig abgeleitete Therapie in derartigen Fällen
bestand in eiweißarmer laktovegetabilischer Kost, in Purgierung mit
Karlsbader Salz oder Bitterwasser oder Kalomel, in Zufuhr von Tier-
kohle von Zeit zu Zeit zwecks Bindung der im Darm verbliebenen
giftigen Stofie, in Umstimmung der Darmflora durch Yoghurt. Der
Erfolg in derartigen Fällen war: Rückgang der Augenerkrankung
und Verschwinden der Indikanämie und Indikanurie. -
Zu den. enterogenen Vergiftungen wird vielfach die perniziöse
Anämie gerechnet, und neben der Theorie der Giftwirkung der Fett-
säuren wurde auch an eine Giftwirkung von Eiweißkörpern gedacht.
Grawitz wies darauf hin, daß der bei den meisten Fällen von
perniziöser Anämie vorhandene Salzsäuremangel des Magensaftes in
vielfacher Richtung sich geltend machen könne: mangelhafte Schädi-
gung derin den Magen gelangenden Bakterien der Mundhöhle, mangel-
hafte Denaturierung 'artfremder in den Magen gelangender Eiweiß-
körper, mangelhafter Eiweißabbau. Auf diese Ansicht baute er eine
Therapie auf, von der er ausgezeichnete Wirkungen 'sah. Er ver-
ordnete Salzsäure per os, eine laktovegetabilische Kost, Magendarm-
spülungen, Darmdesinfektion mit Salol usw. An Stelle der Spülungen
und der fraglichen Wirkung der Darmdesinfizientia kann die adsor-
bierende Wirkung der Kohle (Wiechowski, Lichtwitz) verwendet
werden. Diese Therapie wirkt nie heilend, kann jedoch manchmal
von einigem Erfolge im Sinne einer leichten Besserung begleitet
sein. Die Theorie von Grawitz wird übrigens von vielen und
namhaften Forschern abgelehnt. Die neuesten Arbeiten von Seyder-
helm gehen übrigens desgleichen von einer ähnlichen Ansicht aus,
daß nämlich es sich um einen enterogenen Prozeß handelt, nur legt
er den Schwerpunkt auf die Darmflora (Coli). Seine Theorie gab
Veranlassung zum Versuche, die perniziöse Anämie mit Coli-Auto-
vakzine zu behandeln. Die angeführten Beispiele mögen genügen,
um einen Überblick über das große Gebiet der endogenen Ver-
giftungen zu geben.
Zusammenfassend seien noch die therapeutischen Gesichts-
punkte wiederholt, welche sich aus obigen Ausführungen ergeben:
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1984 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
26. Oktober |
ößten Schwierigkeiten bereiten
Difterentialdiagnose, namentlich
Ider gegenüber den tuber- -_
d diese Schwierig-
enseins aufzustellen.
e: eiweißarme, also lakto- aul
| die hierhergehörlgen
ngen: Therapi : t
r os und intravenos,
Kohlehydraten pe
1. Eiweißabb
vegetabile Kost, Zufuhr von
kulösen Gelenkse
Kost, nötigenfalls Salz- ( |
keiten sein können,
ikosen: Eiweißarme |
durch Tierkoble, Ü
2. Enterogene Tox
Harttungs er-
alle von Harttung selbst, von
säurezufuhr per 08,
wucherung der geg
urt, Multaflor
1] thologisch eränderten Darmflora . wähnten und beschri |
ler. - | Gaucher und Fouguet der und Qu6rat.
Bezeichnend
hier . besonders unterstrichen
chen dem klinischen
Beschwerden und
klinischen Untersuchung
ose verwertbar ist.
für diese Fäle — un
sein — ist eine.
Bilde einerseits,
dem Röntgenbild
charakteristisch u
“ein Symptom, das
ermeidung der Zufuhr der Nahrungs-
chädlichen Substanze
tion der Materia peccans,
‘Kost und Atophan.
Bildung der s e Diskrepanz zwis
e andererseits
Differentialdiagn
funktion von Drüsen derselben (Operation,
n und welches
Fungus die Schwellung
aufweist, während
tent, „wie aus-
hiedenen Bau des .
SR: | sich dahin äußert,
vielfach Hypothesen und jene allgemein bekannte,
Beobachtungen und
der Hypothesen
eg iv. weiche Konsistenz
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‚Experimente auf
kann man verschie
thesen. bei anderen,
wenn das Tatsachenm
tuberkulösen und syp
Umstand, der für de
- nehmen aber selbst doch Zuflu
daß es hier nie
aterial nicht me mals zu einer.
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ch bei den schwersten
führt, „es kann im
| kommt, daß an und für
Prozessen niem
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an Platz machen:
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er. echten Eiterung wir
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oder auf dem.
Hypothesen ni |
keim von außen
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brige klinische Bild
durch geringe Schmerz- |
Störung der Bewegungs’
und der Kontrakturen.
Infektion durch die Einschmelzun
lichen Gelenke gelangt.“
nnzeichnet, wie
ur enges Wirkungs-
hen können. Die’
Kenntnis des Zu-
Gerade in dieser
inderlich Erwiesene:
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Symptome, der
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rationelle symp on hervorgehoben,
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nöglichkeit eine Einschränkuäg _
ngen. Im Röntgen-
keine Veränderungen der Gelenks-
derungen handelt, .
welche genug trag-
herapie aufzubauen, deren
gkeit der Gedankengänge
en Ausführungen auf-
Andersdenken an-
Widerspruche
orien: überbrückt w
um. darauf eine T
en Beleg für di
m Sinne sind die
e zum Nach-, Weiter-,
und sei es, auch nur zum
Hypothesen und The
fähig sein müssen,
_ Erfolg wiederum ein
zufassen, welch
regen, jedenfalls aber,
anregen sollen.
- und Hautkrankheiten (Vor-
Universitätsambulatorium für
A. Lorenz) im Allgemeinen
für Geschlechts
Ehrmann) un
e (Vorstand: Prof.
Krankenhause in Wien.
Gelenksaffektionen un
Erkennung.
Aus der II. Abteilung
' stand: Prof. S.
orthopädische Chirurgi
ee EU scheinungen me
Über syphilitische eiden Kinder waren S
(Schluß aus Nr. 42) |
Flechte beunruhigte ihn, um.
Schmerzen im rechten Knie-
als Erscheinungen daselbst aui-
einigen Woche
so mehr, als er au
gelenk verspürte, obwo
|
|
Stefan Robert Brünauer und Priv.-Doz.Dr.
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#1
Hi
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der luetischen ‚Gele
die unter dem Bilde e
nksveränderungen
ines Geleuiks-
Blick: scheinbar
Zur zweiten Gruppe | |
Mai 1922: Mittelgro
‘zählen wir jene Formen, in gutem Erni
in gu |
SE tr Eu
Ber, kräftiger Mann
Stirne und Nasen
die Haut des Körpers
elche -auf den ersten
fungus verlaufen,
tuberkulöser Fungu
= nicht anders als wurzel ein typ
zeigt sonst k
Re
hen sind. Diese
Kniegelenk etwas
der Patella gemessen beträgt 36 cm
es Ballottement der
worauf schon Bäumer,
zn sein Umfang. üb
aufmerksam gemacht est
Formen gehören
Finger, Harttung,
haben, bei ihn
der Synovia oder au
minder beträch
m ZT Er
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ch des Gelenksknorpe®
Erguß in das Gelenk
des Knorpels oder
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re nd tal
enkspunktat (10.
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stehen Bilder,
an tuberkulöse Gelenks
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Befund vollständig -ne
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fehlt. Neurologischer
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en nachweisbar,
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s wurde nun J00-
el) verabreicht und eme
eitet, bestehend aus 425 |
und zwar mit Diphasch
“sche Wirkung andernorts
im ersten Falle da-
dlichen Hydarthros
nartikulär auf, am
zuweilen sind aber
Es sind aber auch
kali (10,0/200,0, dre
komplette antil
Neosalvarsan un
auf dessen besondere s
verwiesen worden ist (
al täglich ein EBlö
he Behandlung eingel
d 15 Quecksilberinjektionen,
ezifische und unspezif
Tumor albus 'syphili
R e E N,
nr
„in
chronischen, nicht
treten vorwiegend mo
das Kniegelenk befallen,
‚oder Hüftgelenk erkr
=
= 5 u O
auch das Sprung-
Injektionen nahm
rechten Kniegelenks außerordentlich ZU, so
diese Erscheinungen gingen aper rast
. die’ Schmerzhaftigkeit des
daß Pat. kaum gehen konnte;
zurück so, daß am 17. Juni
ts ein Gelenk der oberen
ere Gelenke ergriffen
Befallensein der Ge-
in welchen einersei
der in welchen mehr
de das multiple
m
Fälle beschrieben,
Extremität befallen war o
. waren. Im allgemeinen 1922 die Differenz b
PA EET A E A u
a en nase
N
eider Kniegelenke :
Pat. auch bewogen haben. e
als die Hauterscheinungen bis
sichtbarer . Narben vollständig
nur noch 0,5 em: betrug. , Dies mag
/ \lenden, um so mehr,
auf die Hinterlassung kleiner, kaum
‚geschwunden waren. |
Eine kurze Epikrise de
für die früheren Luesstadie
bereits eine gewisse
ist und die Spirochäten, die im
n sind, sich mit Vorliebe einzelne
| Kur nicht zu vo
big soy wE a a
lenke als charakteristisch
während „im späteren Stadium,
Immunität im Körper eingetreten
Körper kreisen, spär
® F -
AN DA
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PR vi
s vorliegenden Falles ergibt als
o, daf
nach einer lange zurück-
nksschwellungen aui-
lokale Erscheinungen
Allein der genannte Autor
nicht immer zutrifft und
bezüglich der Art des
Gelenke befallen zeig
selbst fügt hinzu,
daß es verfehlt wäre,
en“ (Harttun g). bei dem Patienten im mittleren Lebensalter
liegenden luetischen Infektion (20 J
traten, und zwar ohne daß irgendwelche akute
= -
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bestimmte Regeln
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26. Oktober. ` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. a 1491:
Neon A N N AGCA
TELNR Aa NA, TUN S
N
N
.. vollkommen
richtig erfaßt worden,
x
- vorangegangen waren. Die genaue Anamnese, die Anwesenheit
“eines Spätsyphilids ließen die Möglichkeit einer luischen. Ätiologie
der Gelenksaffektion nicht ausgeschlossen erscheinen. ` Der positive
Ausfall der serologischen Untersuchung des Gelenkspunktates, deren
Wichtigkeit namentlich Reschke betont, insbesondere ‚aber das
` Fehlen der regionären Knochenatrophie bestätigten diese. Annahme.
Wie wichtig das Fehlen dieser letzteren Erscheinung für die Dia- |
gnose ist, welche Irrtümer aus dem Übersehen dieses so wichtigen
Symptoms erwachsen können, ist aus folgendem Falle ersichtlich.
l A. H., 5ljähriger Offizier, war bis zum Jahre 1917 angeblich
gesund; zu dieser Zeit traten zeitweilig stechende
Schmerzen und Erguß im linken Kniegelenk auf, es wurde eine Tuber-
' kulose angenommen, weil der Betreftende ‚vor Jahren eine -Pleuritis
durchgemacht hatte; demzufolge wurde ein entlastender Hülsenappärat
verordnet und der Aufenthalt in einer-Heilstätte empfohlen, wo der.
-. Pat. ein Jahr lang eine Liege- und Sonnenkur durchmachte. Im
Januar 1919 kam Pat. in unsere Beobachtung. Linkes Knie in Streck-
stellung, hochgradige fungöse Schwellung der linken Kniegelenkskapsel,
. Patella ballotierend, gut verschieblich, Flexion bis zu etwa 30° mög-
lich, dann gehemmt, ‘Muskulatur mäßig atrophisch. Röntgenbefund,
der von seiten eines namhaften Röntgenologen erhoben wurde, lautete
auf geringfügige Usurierung der Gelenksflächen, der Gelenksspalt etwas
verschmälert und von unregelmäßiger Begrenzung, kleine arthritische
Veränderungen, Randwülste. „Es handelt sich demnach um einen
Fungus tuberculosus mit Beteiligung des Knochens.“ Auf Grund dieses
` Befundes wurde Pat. in eine Heilanstalt der Schweiz geschickt, wo er
fast zwei Jahre verweilte mit dem Effekt, daß zwar der Prozeß des
linken Knies unverändert blieb, daß jedoch ein ganz ähnlicher Prozeß
auch am andern Knie in Erscheinung trat. In diesem Zustande hatten.
wir Gelegenheit, den Pat. wiederzusehen. Das vollkommen refraktäre
. Verhalten gegenüber der Ruhigstellung und Sonnenbehandlung, das
Auftreten eines ganz gleichartigen Prozesses. auf der andern Seite
legte den Verdacht einer luetischen Gelenkserkrankung nahe; es wurde
eine Wa.R. angestellt, die dann auch. komplett positiv ausfiel. Eine
neuerliche Röntgenuntersuchung ergab auf dem früher erkrankten
linksseitigen Knie keine nennenswerten Veränderungen gegenüber der
seinerzeitigen Aufnahme, auf dem später erkrankten rechtsseitigen Knie
zeigten die (relenksflächen überhaupt keine Veränderungen, sie waren
überall glatt, an keiner Stelle lädiert, der Gelenksspalt war normal:
' und ebenmäßie.
Ganz besonders bemerkenswert erschien uns, daß in
beiden Kniegelenken keine Zeichen einer regionären Knochenatrophie
nachweisbar waren. Nunmehr wurde das seinerzeit angefertigte
Röntgenbild hervorgeholt und es zeigte sich, daß auch auf dieser, da-
mals angefertisten Aufnahme jegliches Zeichen einer Knochenatrophie
fehlte. Auf eine einzige Schmierkur trat eine vollständige Heilung
beider Kniegelenke ein. Wäre also zu Beginn das Fehlen der regionären
Knochenatrophie erkannt und in seiner pathognomonischen Bedeutung.
so wäre dem Patienten mancher Schaden er-
spart geblieben. -
Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß gegenüber den
‚Erkrankungen der früheren Gruppe, die Fälle dieser, der ‚zweiten
Gruppe unserer Einteilung sich dadurch unterscheiden, daß, während .
es sich dort um eine mehr oder minder gleichmäßige Verteilung
der luetischen Erkrankung auf alle oder viele Gelenke handelt, hier
eine ‘volle Ausbildung des Prozesses in ganz wenigen oder zumeist
nur in einem. einzelnen Gelenke statthat. Die Diagnose wird vor
allem mit Schwierigkeiten in der Abgrenzung gegenüber .der Tuber-
. .kulose zu ‘kämpfen haben. Als besonders charakteristisch ist das
' Mißverhältnis zwischen dem ausgeprägten klinischen Bilde einerseits,
sowie den geringen Beschwerden und den relativ geringfügigen Ver-
änderungen im Röntgenbilde anzusehen, von besonderer Wichtigkeit
ist das Fehlen der regionären Knochenatrophie im Röntgenogramm.
_ Etwa vorhandene luetische Manifestationen, der positive Ausfall der
Serum- und insbesondere der Gelenkspunktatuntersuchung, eine
eventuell vorgenommene Luetinprobe können in diesen Fällen die
Diagnose sichern. |
‚ Im Anschluß an die eben geschilderten Krankheitsbilder
dieser Gruppe muß auch der Fälle von symmetrischen Knie-
gelenkserkrankungen fungösen Charakters gedacht werden, die
wohl auch hierhergehören und welche so häufig bei Kindern im
Alter von etwa 10—12 Jahren zu beobachten sind; eine eindeutige
Erklärung für das häufige Befallensein der Gelenke der unteren
Extremität, sowie für das eben erwähnte symmetrische Befallensein
der Kniegelenke ist noch nicht gegeben worden, sicherlich aber
‚spielen ebenso wie bei anderen Erkrankungen, z. B. Tuberkulose,
die vermehrte Inanspruchnahme, mechanische Irritationen eine ge-
wisse Rolle. Daß gerade das Kniegelenk eine besondere Lieblings-
‚stelle für die Ansiedlung von Spirochäten bildet, mag vielleicht in
Seiner anatomischen Eigentümlichkeit, in den zahlreichen Buchten
und Winkeln, in der Lage der Ligg. cruciata bedingt sein ‚(Hart-
tung). Die zuletzt erwähnten Fälle von Kniegelenkserkrankungen
4
mr. : 9)» .
verlaufen . meist afebril, fast vollständig -schmerzlos und gehören
zweifellos in das Gebiet'der Lues hereditaria, wofür auch das ge-
legentlich zu beobachtende. gleichzeitige Vorkommen einer. Keratitis
parenchymatosa, von Hutchinsonschen Zähnen, angeborener Schwer-
hörigkeit oder anderweitiger luetischer Stigmäta, wie ausgesprochene .
Sattelnase, radiäre Narben um den Mund usw. hinweisen. = —
m.
k -
Unter die dritte Gruppe unserer Einteilung möchten wir nun '
bergangsformen darstellen -
‚und zu welchen jene deformierenden Arthritiden gehören, bei:
jene Fälle subsummieren, die gewisse
welchen. die Lues eine Rolle spielt. H. Schlesinger hat erst
jüngst wieder hervorgehoben, daß monartikuläre, mit Fieber ver-
laufende oder afebrile Arthritiden von deformierendem Charakter
in jedem Lebensalter auf Syphilis verdächtig sind. Kommt es
nämlich bei syphilitischen Gelenksaffektionen zu tiefergreifenden
Veränderungen der Synovia, des Knorpels und auch des Knochens,
so können Bilder entstehen, ‘die jener der Arthritis deformans
außerordentlich ähneln. Das mag auch der Gründ gewesen sein,
daß Heckmann, Stühmer, später Dufour und seine Mitarbeiter
Geismar’und Ravina, dann Haguenau und 'Bernard den Be-
ziehungen zwischen echter Arthritis .deformäns . und Lues ihre be-
sondere Aufmerksamkeit zugewendet. haben. Dies war ja auch
schon früher bekannt und vielfach studiert worden, so von Virchow,
Billroth, Gies, Harttung, und inbesonders Virchows Verdienst
ist es, die pathologisch-anatomischen Unterschiede beider Erkran-
kungen — scharfrandige,. eckige Knorpeldefekte, weißliche, strahlige :
Narben im Knorpel, Herde von gesundem Knorpel in einem binde-
.gewebigen Maschenwerk bei der luetischen, Knorpelschwund, Ent-
blößung des Knochens, Eburneation bei der deformierenden Arthritis
— erkannt und hervorgehoben zu haben. Auch Harttung meint,
daß es Fälle von Arthritis deformans gibt, welche ursprüng-
lich von einer luetischen Erkrankung ihren. Ausgang genommen
haben: „Dahin gehören wohl die .polyarthritischen Formen, die in
‘den mittleren Jahren entstehen und als echte. Arthritis deformans -
imponieren. Das sind meines Erachtens jene Fälle, in welchen die
Lues zunächst nur den Anreiz |
Entwicklung der konstitutionellen Erkrankung, an den anderen Ge-
lenken zu Narbenprozessen und trophischen Störungen, die eigent-
lich nicht mehr der Lues zugehören. Klinisch erscheinen sie als z
‘echte Arthritis deformans und sind es doch: nicht in ihrer ersten
Ätiologie“ (Harttung). Wie richtig diese Anschauung ist, beweist
ein von H. Schlesinger geschilderter Fall von Gelenkslues, der
unter dem Bilde einer Polyarthritis deformans verlief und der auch
auf der Abteilung Ehrmann mit in Beobachtung stand. Vielleicht:
leiten diese Fälle schon hinüber zu gewissen Formen der tabeti-
schen Arthropathie, nicht zu jenen bekannten, ausgeprägten,. ex-
zessiven Bildern der Arthropathia tabetica, sondern zu mehr rudi-
mentären, milderen Formen, wie sie des öfteren, zuletzt von
Lemmierre-Kindberg-Deschamps, Levin, Parounagian und’
Rulison u. a. beschrieben wurden und die sich wahrscheinlich auf
dem Boden einer Gelenkssyphilis allmäblich entwickeln. Klinisch
verlaufen diese Fälle zumeist unter dem Bilde einer Arthritis de-
formans, und zwar vorwiegend einer Monarthritis deformans, . nur .
ganz ausnahmsweise als deformierende Polyarthritis, gewöhnlich mit
Erguß einhergehend, : mit geringen oder nicht allzu bedeutenden i
Schmerzen und geringer Einschränkung der Beweglichkeit, oft deut-
lich von periartikulären Veränderungen begleitet; ganz besonders
sind gewisse torpide, jeder Therapie trotzende Fälle von Arthritis
deformans verdächtig. Im Röntgenbilde finden wir nicht nur keine ` ~
regionäre Atrophie des Knochengewebes, sondern sogar Verdichtung, '
'amorphe Beschaffenheit des Gewebes, Neigung zu Hyperostose; hier
‚überwiegen also nicht mehr die konsumptiven Veränderungen,
sondern sie werden durch die appositionellen aufgewogen, oft sogar
übertroffen. Als Paradigma derartiger Fälle sei folgender Fall.
unserer Sammlung hier angeführt. | | |
F. F., Arbeiter, erscheint am 22. Mai 1922 zur ambulatorischen
Behandlung und gibt an, im Jahre 1906 ein Geschwür am. Glied, eine
linksseitige Leistendrüsenschwellung und ein Exanthem aufgewiesen zu
haben, weshalb er an .der Klinik Finger einige Schmierkuren ab-
solvierte. In der Folgezeit traten dann keinerlei Erscheinungen mehr
auf; die serologische ns vor 3 und 6 Jahren hatte ein nega-
einerlei Behandlung mehr unterzog.
tives Resultat, weshalb Pat. sich
Nun zeigt sich, während bis dahin niemals Veränderungen am Be-
linken Kniegelenks, verbunden mit einer ganz leichten Rötung der
darüberliegenden Hautpartien; Fiebererscheinungen konnte Pat, nicht
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gegeben hat, an einem Gelenk zùr.
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beobachten, auch die Schmerzhaftigkeit und die Einschränkung der
Bewegungsmöglichkeit waren verhältnismäßig gering, erst in der letzten
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ió Beschwerden etwas mehr zu, so daß Pat. gezwungen
Status praesens: 38 jähriger, blasser, etwas schwächlieher, ab-
semagerter Mann, der weder frische Erscheinungen noch Residuen
\uetischer Manifestationen aufweist. Das linke Knie ist stark geschwollen,
34 cm der gesunden seite, die Patella ballotiert, die Gelenkskapsel
erscheint palpatorisch leicht verdickt, die das Gelenk bildenden Knochen.
sind nur wenig druckempfindlich. Leichtes a err bei. den übrigens
nicht sehr schmerzhaften Bewegungen. Die i ]
ist kaum gerötet. Pupillen reagieren prompt, Patellar- und Achilles-
sehnenreflexe sind deutlich auslösbar, Romberg negativ, Wa.R: (26. Mai
1922) im Serum negativ, im Kniegelenkspunktat komplett
(Abbildung 2.
——
schnitt. gleichmäßi , von glatter
Begrenzung, medial Abbröcke-
lung und Abschrägung des Con-
dylus internus der Tibia. Keine
Atrophie,im Gegenteil Kalkver-
dichtung der Spongiosa un |
amorphe Bescha fenheit-. der-
Spongiosastruktur (Abb. 2).
Pat. erhält nun Jodnatrium
(10,0:200,0 dreimal täglich einen
EBßlöffel) und eine "komplette
antiluetische Kur (20 intramus-
kuläre Quecksilber- u. ZW. Di-
phasolinjektionen, ‘sowie ins-
gesamt 4,05 Neosalvarsan in-
fravenös). Nach den ersten In-
- jektionen trat nun auffallender-
weise eine deutliche Verschlim-
merung der Gelenkserschei-
"nungen ein, dergestalt, daß
nach der ersten Quecksilber-
bzw. Neosalvarsaninjektion die
Schwellung und die Schmerz- '
haftigkeit des erkrankten Ge-
lenks zunahmen; gleichzeitig
kam es auch Zu einem leichten
=. Ansteigen der Körpertempera-
“tur. Diese Erscheinungen gingen
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22
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|
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.
schwächer in Erscheinung zu treten und schließlich nach der fünften
Quecksilber- bzw. dritten Neosalvarsaninjektion ganz auszubleiben.
Gleichzeitig. damit ; zeigte sich eine mehr und mehr fortschreitende
Besserung, So daß dann gegen Ende der Kur .die Differenz beider Ge-
lenke schließlich nur mehr 1 cm betrug (17. August 1922), das rechte
Bein ist, wenn auch nicht vollständig, so doch wieder. ziemlich ge-
brauchstähig geworden. DU” E E T
Die Epikrise des vorstehend geschilderten Falles ergab also
auch hier bei einem im mittleren Lebensalter stehenden Patienten,
bei welchem die luische Infektion 17 Jahre zurücklag, das Auftreten
einer Gelenksschwellung in einem Kniegelenk, u..zw. ohne daß
irgendwelche ‚stürmischere Erscheinungen vorausgegangen waren.
Die Schwellung, die einen ziemlich beträchtlichen Grad erreichte,
erfolgte im "Anschluß an ein Trauma. '
Arthritis (Dupont) eine Iuetische Gelenkserkrankung provozieren
können, ist ja bekannt und das Gleiche gilt wohl auch für die
mechanischen Insulte, wobei‘ man sich vorstellen kann, daß der
durch das Trauma resultierende Krankheitsherd als. Locus minoris
resistentiae zum Ansiedlungsort für. die im Organismus vorhandenen
Spirochäten wird. ‚Die Anamnese, noch mehr: aber die serologische
Untersuchung des Gelenkspunktaies, deren Ergebnis namentlich in
Hinblick auf die Untersuchungen Pochlmanns bemerkenswert ist,
endlich auch die röntgenologische Untersuchung des erkrankten
Gelenks vermochten die Ätiologie des Falles zu klären, obwohl
gerade derartige Fälle gegenüber der echten Arthritis delormans
oft in differentialdiagnostischer Hinsicht bedeutende Schwierigkeiten
zu bieten vermögen. Das therapeutische Experiment. vermag in
solchen Fällen oft nicht völlig aufklärend zu wirken, da gerade bei
Gelenkserkrankungen dieser Gruppe vielfach Veränderungen vor-
handen sind, die als solche nichts mehr mit der Lues zu tun haben, :
kaum mehr rückbildungsfähig sind und darum auch auf die spezi-
fische Behandlung nur bis zu einem gewissen Grade reagieren. Auf
. eine andere Beobachtung, die in dem vorstehend geschilderten Falle
augenfällig in Erscheinung trat, sei hier noch verwiesen. Nach
den ersten :Quöcksilber- bzw. Neosalvarsaninjektionen kam es zu
leichten Temperaturanstiegen, -die Gelenksschwellung nahm etwas
zu und auch die Schmerzen war
"azerbationen waren indes nach 24 Stunden wieder abgeklungen, um
|. wahrscheinlich.“
| Daß die verschiedensten
‚Noxen, z. B. eine anderweitige Infektion, wie etwa eine dysenterische
26. Oktober
en etwas intensiver. Diese Ex-
jedoch bei den folgenden Injektionen wiederum, allerdings in immer
schwächerem Ausmaße in Erscheinung zu treten und schließlich
ganz ‘auszubleiben. Diese Erscheinungen, auf die manchmal ver-
wiesen wurde (Finger, Harttung, Wysockiu. a.), sind ein Ana-
Jogon zu ‘jener uns heute schon SO geläufigen Reaktion, die nach
Injektionen von spezifischen, aber auch unspezifischen Mitteln an
Juetischen Manifestationen als quaddelförmiges Anschwellen und
akute. Rötung einige Stunden nach erfolgter Injektion beobachtet
werden kann und. die als J arisch- Herxheimersche Reaktion wohl
allgemein bekannt ist. Was das Wesen dieser Reaktion betrifft, so
sind darüber die verschiedensten Ansichten verbreitet. Während.
Ehrlich sie darauf zurückführt, daß durch das Salvarsan die Spiro-
chäten in den sypbilitischen Herden-in eine Art Reizzustand versetzt
werden, vertritt eine große Gruppe von Autoren die Ansicht, daß die
Reaktion auf den sogenannten Endotoxinsturm zurückzuführen sei, dab
nämlich durch Abtötung der Spirochäten Endotoxin frei wird und
Entzündungserscheinungen auslöst. Wieder andere Autoren nehmen
neben dem Endotoxinstüurm auch noch eine direktetoxische Wirkung
des verwendeten Präparates auf das Gewebe an, Matzenauer und
Hesse erklären lediglich eine gefäßwandschädigende Wirkung der
Antisyphilitika als Ursache der Reaktion, weil sie auch bei nicht-
luetischen Dermatosen, bei welchen von einem Endotoxin keine
Rede sein kann, eine solche Reaktion auslösen konnten. Oppen-
heim sieht in ihr den „Ausdruck einer Heilentzündung, die aller-
dings bei Syphilis am regelmäßigsten und stärksten anzutreffen ist,
weil bei dieser Erkrankung das Arzneimittel vom erkrankten Ge--
webe reichlicher aufgenommen “und: gespeichert wird.“ Diese
Speicherung hatte. Finger schon 1912 vermutungsweise ange-
nommen —, „daß dabei auch Endotoxine ‚eine Rolle spielen, ist
Böhme endlich hat zuletzt die Jarisch-Herx-
heimersche Reaktion als eine Erscheinung erklärt, „welche an die
nervösen Elemente der Gefäße, an die Vasomotoren gebunden ist“.
Zusammenfassend läßt sich also über die Fälle dieser dritten
Gruppe sagen, dab sie bereits zu jenen Bildern hinüberleiten, wie
wir sie in oxzessiven Formen bei der Tabes so oft finden; hier
aber. fehlen einerseits die Zeichen einer Tabes,. es fehlen aber auch
anderseits die hochgradigen grotesken Veränderungen der Gelenke,
nach 24'Stunden wieder zurück, um bei den folgenden Injektionen immer |. welche die tabischen. Arthropathien charakterisieren.
Die Diagnose
wird vor allem mit Schwierigkeiten in der Abgrenzung gegenüber
der Arthritis deformans zu kämpfen haben, in. vielen Fällen wird
eine solche sogar nicht. möglich sein. Anamnese, serologische
‚Untersuchung, namentlich des Gelenkspunktates und das Röntgenbild,
welches insbesondere Fehlen der regionären Knochenatropbie, da
neben aber auch Verdichtungen, amorphe Beschaffenheit des Ge-
webes, Neigung zu Hyperostosenbildung aufweist, wird die Dia-
gnosenstellung die Klarlegung der Ätiologie des einzelnen Falles
erleichtern können. = AT 7 |
T Im Vorstehenden haben wir den Versuch unternomm a jene
Gelenksaffektionen, welche intraartikulär an der ‘Synovia beginnen
und eventuell, erst später Knorpel und Knochen in Mitleidenschaft
'jiehen, zu ordnen und in einzelne Gruppen. einzuteilen. Dieser
unser. Versuch wäre unvollständig, wenn wir nicht jener Formen
von Gelenkslues gedenken wollten, die mit schweren Erscheinungen
an den Knochen beginnen und vòn dort aus in das Gelenk durch-
brechen. Wir bezeichnen aber diese Formen nicht als primäre
syphilitische Gelenksaffektionen, weil sie im Knochen entstehen UN
nicht nur auf das Gelenk, sondern. auch auf die Diaphyse über-
greifen,. also bereits dem Gebiete der syphilitischen Ostitis ID
Osteomyelitis angehören. | | 5 4
Literatur. Bezüglich umfassender Zusammenstellungen der Lite-
ratur sei auf die Arbeiten von Finger. Harttung, Jastrebow, Ickelheimer
Lang und Ullmann, Lewin, Mracek, Weil, Wysocki verwiesen. —
Axhausen, Fortschr.. d. Med. 1922, S.14L — Bering, D. m.W. 1912, Nr. —
Böhme, Arch. £ Derm. u. Syph. Bd. 146, S. 69. — Bonnet, Ref. Zbl. £ Haat '
Geschlechtskrh. Bd. 3, 8.244. — Broca, Presse méd. 1921, S. 873. — Brouardel,
Giroux und Lory, Ref. Zbl f. Haut- u. Geschlechtskrh. Bd. 8, S. 881. — Brünsuef
W.kLW. 1916, Nr. 5. — Dorselbe, Klin.Wschr. 1923, S. 1637. — Derselbe, Arch
f. Derm. u. Syph. Bd. 146, S. 136. — Candela, Ref. fi. Haut- u. Goschlechtskrh-
34.7. S. 62 — Cattaneo, Ref. Ebenda, Bd. 5, S. 503. — Domini, Bet Al
f. Haut- u. Geschlechtskrh. Bd. 8, S. 60. — Dominici, Ref. Ztschr. f. orth. ChY
Ba. 18, S. 270. — Dufour, Duchon et Durand, Bull.et mém. de la £00- méd.
des höp. de Paris Bd. 89. S. 732. — Dufour und Geismar, Ref. Zbl. Í Haute I.
Geschlechtskrh. Bd. 7, S. 410. — Dufour und Ravina, Ref. Hbenda Bd. 3, 8247
Dupont, Ref. Ebenda, Ba. 3, S. 74. — Bisler, Med. Klin. 1924, Nr, 17. — Folsı
Wiener med. Presse1904, Nr.49.— Finger, E. W. m.W.1884, Nr. 28 und Fortsetzung?
Finger, Arch. f. Derm. u. Syph. Bd.118, 8.285. — Gaston, Bull.de Ja soc. frang de
derm. et de syph. Bd. 30, 8.3. — Ders olte, Paris méd. 1928, 8.200. — Hagi san
und Bernard, Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh. Ba. 9; S. 288. — Harttunf!
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96. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
. M.EI. 1909, Nr. 27. — Derselbe, Allg. Med. Zentral-Ztg. 1909, S. 7. — Derselbe,
Syphilis der Gelenke im Handbuch der Gescblechtskrankheiten von Finger, Jadassohn,
Ehrmann, Groß. Bd.3, 1, S.706. — Hughes, E. C., Ref. Zschr. f. orth. Chir. Bd. 82,
8.651.— Ickelheimer. Über die Syphilis der Gelenke, Inaug.-Diss. München, 1917. —
Jastrebow, Westnik 189, f. a Harttung sowie Lang und Ullmann. —
Jones, Brit. med. Journ. 1914, July 118. — Lang und Ullmann, Lubarsch-Oster-
tag, Ergeb. III, 1896, S. 304. — Lechelle, Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh.
Bd. 6, S. 376. — Lemierre, Kindberg und Deschamps, Ref., Ebenda, Bd. 3,
S. 486. — Levin, Arch. of deim. and syph. Bd.3, S.465. — Lewin, Charité-Ann.,
4 Jahrg. — Montpellier und Lacroix, Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh,,
Bà. 7, S. 410. — Mracek, Wiener med. Presse 1882. — Oppenheim, W.kl.W,
1921, Nr. 23. — Parounagian und Rulison, Arch. of derm. and syph. Bd. 4.
S. 261. — Pirilä, Ref. Zbl..f. Haut- u. Geschlechtskr. Bd. 9, S. 58, — Plate,
M.m.W. 1914, S. 787. — Poehlmann, D, Zschr. f. Chir. Bd. 182, S. 161. — Pollak,
M.m.W. 1911, Nr. 48.. — Reschke. Arch. f. klin. Chir. Bd.'111, S. 527. — Rosenow,
Zschr. f. ärztl. Fortbildg, 1921, S. 396. — Salamone, Ref. Zschr. if. orth. Chir.
Bd. 24, S. 574. — Scheuer. W.m.W, 1910, S. 41. — Schlesinger, H., Ebenda 1924,
8.1422. — Derselbe, M. KL 1923, S. 417. — Spillmann, Bull. de la soc. franç. de
derm. et də syph. 1921, S. 8. — Stühmer, M, m. W. 1910, Nr. 7. — Stümpke,
Ebenda 1918, S. 968. — Todd, Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh. Bd. 8, S. 486. —
‚Weil, Tberapia 1922, S. 7, — Weil, E.. Beitrog zur Lehre von den syphilitischen
'Gelenkkrankheiten.
Inaug.-Diss. Straßburg 1876: — Weljaminow, Ref. Zbl,
f. Chir..1910, S. 1405. — Wile U. J., Journ. of cut. dis. 1914, Jan. 20. — Wysocki,
Arch, f: Derm. u. Syph. Bd. 107, S. 805. Ä l u
Abhandlungen.
Zur Physiologie und Pathologie des Knochen-
wachstums.*) | Ä
Von Dr. Hugo Maaß,
Facharzt für Chirurgie und Orthopädie in Berlin.
Der Knochen wächst durch Zweierlei. Er wächst einmal
durch die vegetative Wachstumsenergie seiner Knochenmatrix,
‚welche an den periostalen und enchondralen Wachstumszonen das für
den Knochenaulbau erforderliche Knochengewebe proliferiert bzw.
von den Markräumen her das entbehrlich gewordene wieder zur
Resorption bringt; und er wächst zugleich durch den Knochen-
aufbau (bzw. -abbau) selbst, welcher durch das räumliche Fort-
schreiten der Appositions- und Resorptionsprozesse in ihrer physio-
logischen Wachstumsrichtung bewirkt wird, und der im Gegensatz
zu den vegetativen Prozessen der Apposition und Resorption die
mechanische Arbeitsleistung des wachenden Knochens darstellt.
Während die vegetativen Wachstumsvorgänge der Apposition
und Resorption in den Lehr- und Handbüchern der Anatomie und
Entwicklungsgeschichte sehr eingehend und bis in ihre feinsten
histologischen Details dargestellt sind, findet sich über die mecha-
nische Arbeitsleistung des wachsenden Knochens in diesen Dar-
stellungen — ja in der gesamten medizinischen Literatur — ver-
hältnismäßig wenig, so gut wie nichts; .und doch ist diese mecha-
nische Arbeitsleistung, wie ich im Folgenden kurz zeigen möchte,
ebenso für die Physiologie wie für die Pathologie des Knochen-
wachstums ein Faktor von nicht minder großer Bedeutung als das
vegetative Knochenwachstum.
. .. Wollen wir uns von der mechanischen Arbeitsleistung des
wachsenden Knochens ein zutreffendes Bild machen, so können wir
das naturgemäß nur da, wo der Knochenaufbau — insonderheit der,
Aufbau der spongiösen Knochenarchitektur — statthat, an den
‚enchondralen Wachstumszonen; denn an den periostalen Wachs-
tumszonen ist von einem eigentlichen Knochenaufbau kaum nennens-
wert die Rede; hier wächst der Knochen in der Haupisache vege-
tativ, indem die- vegetative Wachstumsenergie des Periosts‘ eine
kompakte Knochenlage an die andere fügt und nur die für den
En der Gefäße und Nerven erforderlichen Lücken und Kanäle
eiläßt. |
Auch an den enchondralen Wachstumszonen wächst der
Knochen zunächst vegetativ, aber das an den Knorpelknochen-
_ grenzen proliferierte Knochengewebe wird hier nicht in kompakten
Lagen apponiert, sondern wird durch die mechanische Arbeits-
leistung der enchondralen Wachstumszonen zum spongiösen Knochen-
aufbau verwandt, wodurch das, was uns in der Hauptsache als
„Wachstum“ imponiert — die Größenzunahme und Gestaliverän-
derung des wachsenden Knochens — ungleich schneller und aus-
giebiger bewirkt wird als durch die kompakte Apposition des Perlosis.
Die mechanische Arbeitsleistung der enchondralen Wachstums-
zonen wird in erster Linie von den Markzellen bestritten. Sie sind
gewissermaßen die Bohrmaschinen des wachsenden Knochens, die
— durchaus vergleichbar den Bohrmaschinen bei unseren Tunnel-
bauten — den gewucherten und verkalkten Wachstumsküorpel an-
bohren und ihn durch den Vorgang der Markraumbildung in den
verschiedensten Richtungen tunnellieren, und erst hierdurch den
eigentlichen Bauarbeitern des wachsenden Knochens, den Osteo-
blasten und anderen Formelementen die Möglichkeit geben, die
einzelnen Tunnellierungen der Wachstumsknorpel mit jungem
Knochengewebe auszumauern, und hiermit an Stelle der zugrunde-
E enden Knorpelwucherung das spongiöse Knochengerüst erstehen
zu lassen.
„Mit dieser mechanischen Arbeitsleistung des spongiösen
Knochenaufbaues gehen natürlich die vegetativen Prozesse der
*) Vortrag in der Berliner medizinischen Gesellschaft am
18, Juni 1924. f
. in dem kritischen Augenblick, in dem durch die Markraumbildung
Markzellenwucherung, der Gefäßsprossung, der Proliferation von
Knochengewebe usw. Hand in Hand. Aber das für den spongiösen
Knochenaufbau Entscheidende liegt nicht so sehr in diesen vege-
tativen Vorgängen an sich, nicht in dem quantitativen Ablauf. der-
selben, sondern weit mehr noch in der Geschwindigkeit und Rich-
tung ihres räumlichen Vordringens; denn von der Geschwindigkeit
dieser Bewegungsvorgänge steht die Schnelligkeit des spongiösen
Wachstums, von ihrer Richtung Struktur und Gestalt der spongiös
wachsenden Teile in unmittelbarster Abhängigkeit.
Das spongiöse Knochenwachstum ist also in weit höherem
"Maße mechanischer als vegetativer Wachstumseffekt; das werden.
wir uns unbedingt vor Augen halten müssen, wenn wir in die
Physiologie und Pathologie des Knochenwachstums einen klaren Ein-
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blick. gewinnen wollen. Ä Ä
Der Wachstumsknorpel verhält sich bei der mechanischen
Arbeitsleistung des spongiösen Knochenaufbaues keineswegs passiv.
Er ist zwar kein Proliferationsorgan von Knochengewebe — dieses
wird ausschließlich von der osteogenen Zone des Knochens selbst,
den ursprünglichen Abkömmlingen des Perichondriums geliefert —,
aber er erfüllt andere für den spongiösen Knochenaufbau bedeut-
same Funktionen.
tum sowie durch die Bildung der Knorpelzellensäulen Geschwindig-
keit und Richtung der unaufhaltsam vordringenden Markraum-
bildung; denn die Markraumbildung kann in dem Wachstumsknorpel
natürlich nicht schneller vordringen, als der Knorpel selbst wächst;
und die longitudinal gerichteten Knorpelzellensäulen bilden in dem
verkalkten Knorpel leicht aufschließbare Gänge, die dem Vordringen
der Markraumbildung den verhältnismäßig geringsten Widerstand
enigegensetzen.
Es bildet mithin der wuchernde und verkalkende Wachstums-
knorpel den hauptsächlichen Regulator für die Geschwindigkeit und
Richtung des spongiösen Wachstums. Zugleich aber erfüllt er un- -
zweifelhaft auch eine andere bedeutsame Funktion, ohne welche.
die mechanische Arbeitsleistung des spongiösen Knochenaufbaues
gar nicht denkbar wäre: er bietet dem in der Bildung begriffenen
‚anfänglich noch weichen spongiösen Knochengerüst so lange einen
festen und sicheren Halt, bis dasselbe durch die. Kalkaufnahme
seine physiologische Druck- und Zugfestigkeit erlangt hat.
Wir können Sinn und Zweck des enchondralen Wachstums
‘überhaupt nur verstehen, wenn wir uns gegenwärtig halten, daß
alles Knochengewebe — wie wir durch Pommer!) wissen — in
ursprünglich kalklosem Zustande abgelagert wird, und daß der
spongiöse Knochenaufbau aus diesen osteoiden Geweben an der
freien Oberfläche des Knochens eine mechanische Unmöglichkeit
wäre; denn die osteoiden Bälkchen und Strebpfeiler würden nicht
nur jeden inneren Halts entbehren, sondern müßten auch dem auf
ihnen lastenden physiologischen Wachstumsdruck — den in jedem :
wachsenden Organismus die einzelnen Teile gegeneinander aus-
üben — sofort nachgeben. Und gerade auf den spongiösen Wachs-
tumszonen lastet infolge ihrer schnellen räumlichen Ausdehnung
ein verhältnismäßig sehr. hoher physiologischer Wachstumsdruck!
. Diese Vorgänge des enchondralen Knochenaufbaues müssen
wir mehr mit dem Auge des Architekten betrachten, um sie in
ihrer Wesenheit zu erfassen, um: zu verstehen, daß es zu dem
Aufbau der spongiösen Knochenarchitektur aus dem kalklosen
osteoiden Gewebe durchaus umfangreicher und ausgiebiger Ab-
steifungen bedarf, die erst dann wieder entbehrlich werden, wenn
das weiche osteoide Gewebe zu, festem kalkhaltigen Knochen er-
starrt. Diese Absteifungen bildet. der wuchernde Wachstumsknorpel .
und durch seine Verkalkung gibt er zugleich dem in ihm und
unter seinem Schutz’ entstehenden Knochengerüst die Möglichkeit,
1) Pommet, Osteomalazie und Rachitis. Leipzig 1885.
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1494
die Knorpelverkalkung zur Lösung kommt und die Knorpelwuche-
RDIZINISCHE KLINIK — Nr. t E 26. Oktober
nicht im vegetativen Knochenwachstum, sondern in der mechanischen
Arbeitsleistung des’ wachsenden Knochens finden; denn hier wird —
solange die Knochenmatrix selbst intakt ist — tatsächlich nichts
mehr und nichts weniger proliferiert bzw. resorbiert als in der Norm.
Auch die Auftreibungen der Diaphysenenden bei den chondro-
dystrophischen Zwergen sind keine vegetativen Störungen des
Knochenwachstums, keine pathologischen Neubildungen von Knochen-
gewebe, sondern sind’ physiologische Gewebsmengen, deren An-
häufung an den Knorpelknochengrenzen sich lediglich aus dem
Stillstand des Knorpelwachstums und dem dadurch bedingten Still-
stand des enchondralen Knochenaufbaues erklärt. Die Situation ist
etwa die gleiche wie auf einem Bauplatz, auf dem andauernd Steine
angefahren und aufgestapelt werden, der Bau selbst aber aus irgend
welchen Gründen nicht ‚in Angriff genommen werden kann.
Und auch das exzessive Diekenwachstum der Röhrenknochen
ist keine pathologisch gesteigerte Apposition des Periosts, sondern er-
klärt sich ebenfalls sehr einfach ausrein mechanischen Gesichtspunkten,
weil mit dem Ausfall des spongiösen Knochenaufbaues und dem da-
durch verminderten Längenwachstum der Röhrenknochen auch der
Periostschlauch sehr schnell seiner physiologischen Längsspannung
verlustig geht (etwa wie ein in die Länge gezogenes Gummidrain
beim Nachlassen der Längsspannung), und weil infolge dessen die
schichtweise abgelagerten Rindenlamellen — gerade weil die peri-
ostale Apposition in durchaus physiologischer Menge fortschreitet —
im Maße ihres verminderten Längenwachstums entsprechend an Um-
fang zunehmen müssen. Das können wir an jedem Röhrenknochen
beobachten, sobald sein Längenwachstum eine nennenswerte Ein-
buße erfährt, so auch am rachitischen Röhrenknochen, woraul ich
später noch zurückkommen werde, und ebenso an Röhrenknochen,
deren Längenwachstum experimentell gehemmt wird, wie ich in
meiner Arbeit „Über die mechanischen Störungen des Knochen-
wachstums“ schon vor langen Jahren gezeigt habe #),
Der chondrodystrophische Zwergwuchs führt uns also den Aus-
fall der mechanischen Arbeitsleistung des wachsenden Knochens und
seine Folgezustände für das enchondrale und periostale Wachstum
besonders instruktiv vor Augen und zeigt uns sehr prägnant und '
"sinnfällig, ein wie bedeutsamer Faktor die "mechanische Arbeits-
leistung des wachsenden Knochens für das normale Längenwachstum
des Skeletts ist, bzw. wie wenig das rein vegetative. Knochen-
wachstum hierfür zu leisten vermag! l |
Wegen der Auftreibungen der Diaphysenenden und der Dicken-
zunahme der Röhrenknochen ist die tötale Chondrodystrophie viel-
fach mit fötaler Rachitis zusammengeworfen worden. Aber bei der
Chondrodystrophie findet die Kalkaufnahme prompt statt und ist
von pathologischer Knochenweichheit keine Rede. Diese Knochen
werden im Gegenteil exzessiv hart und sklerotisch, weil an Stelle der
spongiösen Diaphysenenden hier mehr weniger kompakte Knochen
massen verkalken, und diese Massen schließlich die ganze Mark-
höhle ausfüllen. Es entsteht ein Knochen, der etwa dem von
Albers-Schönb erg?) beschriebenen „Marmorknochen” gleicht,
und ich möchte glauben, daß auch diese Marmorknochen sowie
manche unklaren Fälle von „diffuser Osteosklerose“ letzten Endes
nichts anderes sind, als Knochen, deren Proliferationszonen zwar IN
Tätigkeit geblieben sind, deren mechanische Arbeitsleistung aber
aus irgendwelchem Grunde zu vorzeitigem Stillstand gekommen ist,
Was wir bei der fötalen Chondrodystropbie und verwandten
Skeletterkrankungen (Chondrodystropbia thyreopriva, Myzödem u. 8)
im Großen sehen — den Ausfall der mechanischen Arbeits-
leistung des enchondralen Knochenaufbaues — das wiederholt sieh
im Kleinen bei den örtlichen Verletzungen und Erkrankungen ef
Wachstumsknorpel, tritt hier aber nicht so rein in Erscheinung,
weil bei den engen anatomischen Beziehungen von Knorpel w
Knochen derartige örtliche Verletzungen oder Erkrankungen der
Wachstumsknorpel meist mit gleichzeitigen Verletzungen bzw.
krankung des Knochens selbst verbunden sind, so daß hier anoh
vegetative Störungen seitens der Knochenmatrix das anatomisch
und klinische) Bild mehr weniger komplizieren.
Yon den mechanisch bedingten Wachstumsfehler)
möchte ich hier nur diejenigen herausgreifen, die wir im Gefolge
der aufrechten Körperhaltung in Erscheinung treten sehen,
sog. „Belastungsdel ormitäten“ — die Rückgratverkrümmung
das X-Bein, den Plattfuß üsw. — weil ‚sie wegen ihrer Häufig
und praktischen ' Wichtigkeit Interesse beanspruchen, titten ist
rung zugrunde geht, äußerst schnell — fast momentan — ZU
physiologisch druck- und. zugfestem Knochen zu erstatten.
Erst mit der Kalkaufnahme ist das Gelingen des spongiösen
Knochenauibaues gesichert, werden die Knorpelabsteifungen ent-.
behrlich und kann die mechanische Arbeitsleistung des enchon-
dralen Knochenaufbaues in der nächsten Ossifikationszone des in-
zwischen weiter gewucherten und verkalkten Knorpels ihren Fort-
nische Arbeitsleistun des spongiösen Knochenaufbaues sehr bedeutsamen
Faktor darstellt, und wenn an einzelnen Skeletteilen, Z. B. den flachen
‘des Knorpels geschieht, so dürfen wir nicht ‘übersehen, daß auch hier
die Bildung der Diploe nicht im weichen Bindegewebe der Nahtlinien
vor sich geht, sondern erst, nachdem dieses durch präparatorische
Kalkaufnahme ausgiebig sklerosiert ist, womit für die mechanische
Arbeitsleistung des spongiösen Knochenaufbaues hier die gleichen
mechanischen Voraussetzungen erfüllt. sind, wie an den knorpelig prä-
{ormierten Skeletteilen. Ä
Ich hoffe, die vorstehenden Darlegungen zeigen zur Genüge,
daß Knochenwachstum und Knochenaufbau sehr zweierlei sind.
Der Knochen wächst an allen seinen Wachstumszonen durch die
vegetative Arbeitsleistung seiner Knochenmatrix; aber er baut auf
nur an den enchondralen Wachstumszonen durch die mechanische
Arbeitsleistung der Markzellen, "Osteoblasten USW., eine Arbeits-
leistung, für deren Gelingen ebensowohl der physiologische Ablauf
des Knorpelwachstums, wie der normale zeitliche Ablauf der physio-
logischen Knochenverkalkung integrierendo Faktoren sind.
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Ich glaube, auch für die Pathologie des Knochenwachs-
tums, insonderheit des enchondralen Wachstums ist es von Wichtig-
keit, zwischen der vegetativen und mechanischen Arbeitsleistung
des wachsenden Knochens, bzw. zwischen Störungen desKnochen-
wachtums und Störungen des Knochenaufbaues schärler zu
unterscheiden, als wir das bislang getan haben. |
Gerade die häufigsten und praktisch wichtigsten enchondralen
Wachstumsstörungen finden ihre Angrifispunkte nicht in der vege-
tativen, sondern in der mechanischen Arbeitsleistung des wachsenden
Knochens, sind also keine eigentlichen Störungen des Knochen-
wachstums, sondern Störungen des Knochenaufbaues, die die Pro-
liferations- bzw. Resorptionslähigkeit der Knochenmatrix entweder
gar nicht oder doch nur sekundär in Mitleidenschaft ziehen.
Verletzungen und Erkrankungen der Wachstumsknorpel, und gilt
ausnahmslos von allen mechanisch bedingten Wachstumsfehlern und
t — wie ich bereits früher an dieser Stelle?) darzulegen bemüht
war — gleicherweise von der racbitischen Wachstumsstörung. Ich bin
überzeugt, daß nicht nur die Pathogenese, sondern ebenso die ana-
tomischen (und klinischen) Bilder dieser Wachstumsstörungen. durch
eine strenge Trennung der vegetativen und mechanischen Arbeits-
leistung des wachsenden Knochens ganz wesentlich an Klarheit ge-
winnen dürften. j
Von den Verletzungen bzw. Erkrankungen der Wachs-
tumsknorpel interessieren uns in erster Linie diejenigen, bei denen
das Knorpelwachstum zu einem vorzeitigen Stillstand kommt, die
Knochenmatrix selbst aber nicht mitverletzt bzw. miterkrankt ist.
Denn der vorzeitige Stillstand des Knorpelwachstums muß notge-
dringen auch die mechanische Arbeitsleistung des enchondralen
Knochenaufbaues vorzeitig zum Stillstand bringen, während — bei
intakter Knochenmatrix — das vegetative Knochenwachstum an den
Knorpelknochengrenzen keineswegs zum Stillstand zu kommen braucht,
quantitativ vielmehr seinen durchaus physiologischen Ablauf nehmen
kann und nehmen muß. ae l
Ein besonders eklatantes Beispiel scheint mir der chondro-
d strophische Zwergwuchs; insonderheit die von Kaufmann’)
beschriebene „hyperplastische” Form desselben, bei der nicht nur
die Diaphysenenden der zu kurzen Röhrenknochen durch anscheinend
überreichliche Anbäufung von Knochengewebe keulenförmig auf-
etrieben sind, sondern auch das periostale Dickenwachstum eX-
i igert erscheint. s
Re Be elaube, daß wir gerade am wachsenden Skelett mit der
anatomischen Diagnose der Knochenhyperplasie oder Hypertrophie
lasie oder Atro hie äußerst vorsichtig sein müssen, | ; : ] A
a P rlenigen Wachstumsstörungen, die ihre Angriffspunkte ihre Pathogenese unzweifelhaft noch am meisten "
— } Bd. 163.
2) Maab, M.KI. 1922, Nr. s. 5) Alb ers-Schönberg, Fortschr. Röntstr. Bd. 14.
8) Kaufmann, Beitr. z. path- Anat. u. allg. Path. Bd. 18.
/
26. Oktober
Die aufrechte Körperhaltung ist.für das vegetative Knochen-
wachstum völlig irrelevant; denn eine an sich intakte Knochen-
. matrix wird in der aufrechten Haltung nicht weniger und nicht
mehr Knochengewebe proliferieren bzw. resorbieren als in der
. Horizontallage. Aber für die mechanische Arbeitsleistung des
wachsenden Rnochens bedeutet die aufrechte Haltung unzweifelhaft
‘ ein beträchtliches Plus ’an Arbeit, wenigstens für diejenigen enchon-
dralen Wachstumszonen, die in der aufrechten Haltung die Körper-
last zu tragen haben. |
Aus den einfachsten mechanischen und dynamischen. Ge-
sichtspunkten erscheint es undenkbar, daß die Bewegungsvorgänge
dieser Wachstumszonen, ‚das räumliche Vordringen der Markraum-
- bildung, die Knorpeltunnelierungen usw. in, der aufrechten Haltung.
mit gleicher Geschwindigkeit vor sich gehen können als in der
‘ Horizontallage; so wenig es denkbar erscheint, daß ein Schiff sich
gegen den Strom gleich schnell fortbewegt als mit demselben, oder
daB bei unseren Tunnelbauten die Bohrmaschinen in hartem Ge-
stein mit gleicher Geschwindigkeit arbeiten als in weichem.
Ä Die alte klinische Erfahrung, daß Kinder durch ein langes
- Krankenlager in ihrem Längenwachstum gefördert werden, dürfte
hiermit in Zusammenhang stehen, und vielleicht scheint es nicht
zu viel gesagt, daß wir alle ein gutes Stück größer wären, wenn
wir die wichtigsten Wachstumsjahre dauernd im Bett verbracht
hätten! Ä
Wir können das freilich nicht kontrollieren, weil es uns an
Vergleichsobjekten fehlt. Aber wir erhalten solche Vergleichs-
objekte und können den die Wachstumsgeschwindigkeit hemmenden
Einfluß des Belastungsdruckes sehr wohl kontrollieren, sobald der- |
selbe sich auf die betreffenden enchondralen Wachstumszonen nicht
mehr gleichmäßig, sondern äsymmetrisch verteilt, wie das in den
Ermüdungshaltungen der Fall ist, wenn an Stelle der ermüdeten
Muskulatur zur aufrechten Haltung an den einzelnen Artikulationen
‘ der Wirbelsäule bzw. unteren Extremität die knöchernen Hem-
mungen und Bandspanuungen in Anspruch genommen werden, wie
beispielsweise in der kyphotischen bzw. skoliotischen Ermüdungs-
haltung unserer Schulkinder. . | | |
An jedem skoliotischen Wirbel können wir uns leicht über-
zeugen, daß das spongiöse Höhenwachstum des Wirbelkörpers auf
seiner stärker belasteten Seite nur noch langsamer von statten geht
als an seiner weniger belasteten Seite; aber wir können mit gleicher
Leichtigkeit feststellen, daß diese Wachstumsasymmetrie keineswegs
vegetativ bedingt ist; denn im Maße als der. Wirbelkörper auf
seiner stärker belasteten Seite niedriger bleibt, verdichtet sich hier
seine spongiöse Struktur zu kompakterem Gelüge und wächst er
te verlangsamien Höhenwachstum entsprechend stärker in die
reite. ; 3
:ı Das sind keine vegetativen Störungen des Knochenwachstums,
keine „vitalen Reaktionen des wachsenden Knochens auf veränderte
statische Inanspruchnahme“; — denn hier wird nichts. weniger und
nichts mehr proliferiert bzw. resorbiert als in der Norm —, sondern
das sind rein mechanisch bzw. dynamisch bedingte Störungen
der Wachstumsgeschwindigkeit bzw. Wachstumsrichtung, aus denen
sich alle weiteren Veränderungen der skoliotischen Wirbelsäule und
des skoliotischen Thorax nach der gleichen mechanischen bzw.
ynamischen Gesetzmäßigkeit. ohne weiteres herleiten lassen. Ich
kann diesbezüglich auf meine frühere ausführliche Arbeit: „Über die
mechanisch bedingten Wachstumsfehler‘ 6) verweisen. -
‚, Ein zweiter Gefahrenpunkt der aufrechten Körperhaltung für
die mechanische Arbeitsleistung des enchondralen Wachstums liegt
im proximalen Tibiaende, in welchem wegen. seiner hohen Wachs-
| tumsenergie die den Knochenaufbau vollziehenden Bewegungsvor-
gange In besonders vehementem Tempo ablaufen, und welches des-
halb auf einen asymmetrischen Belastungsdruck ganz besonders
schnell und empfindlich reagiert. Ee Bu
„ Das Kniegelenk wird in der Ermüdungshaltung durch die
Körperlast in extreme Valgusstellung gedrängt, so daß die volle
Orperschwere auf dem lateralen. Gelenkteil der Tibia lastet, das
sponziöse Längenwachstum des Knochens hier also unter ge-
steigerte Druckspannung, auf seiner medialen Seite hingegen unter
verminderte Druckspannung bzw. gesteigerte Zugspannung gerät.
Sie sehen hier (Abb. 1, 2) das Wachstum einer solchen Tibia
valga im Vergleich zu dem physiologischen Wachstum des proxi-
malen Tibiaendes schematisch dargestellt; und Sie erkennen auf
den ersten Blick, daß die pathologischen Druck- und. Zugspannungen
(Pfeile D und Z) nicht an den. Epiphysen ihre Angriffspunkte
%) Maaß, Arch. £ klin. Chir. Bd. 129.
| © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.43. RS
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1495
finden [wie das noch Hüter?) und v. Volkmann®) annahmen],
sondern im enchondralen Wachstum des Diaphysenendes, da, wo
die schnell ablaufenden Bewegungsvorgänge der Einwirkung patho-
logischer Druck- und Zugspannungen die allergünstigsten Angriffs-
punkte bieten; und Sie erkennen ohne weiteres, daß die veränderte
Wachstumsrichtung des Diaphysenendes lediglich aus 'der rein
mechanischen bzw. dynamischen Beeinträchtigung dieser Bewegungs-
vorgänge zu erklären ist; denn sie ist offenbar &ar nichts anderes,
als die Resultante aus der physiologischen Wachstumsrichtung einer-
seits, der Wirkungsrichtung der pathologischen Druck- und Zug-
spannungen andererseits, wie dies nach dem Gesetz vom Parallelo-
gramm der Kräfte ja auch gar nicht anders zu erwarten ist. Und
Sie erkennen zugleich, daß durch diese veränderte Wachstums-
richtung des Diaphysenendes die Epiphyse mit ihrer Artikulations-
fläche erst sekundär im Sinne der Valgusstellung verlagert wird.
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Abbildung 1. Abbildung 2.
-Den -dritten Gefahrenpunkt für die aufrechte Körperhaltung
bietet das spongiöse Höhenwachstum von Talus und Kalkaneus an
den enchondralen Wachstumszonen des oberen und unteren Sprung-
gelenks, welches in der Ermüdungshaltung durch die Körperlast
ebenfalls in Valgusstellung gedrängt wird, wodurch-— ganz ähnlich
wie an den skoliotischen Wirbeln — ein asymmetrisches Höhen-
'wachstum von Talus und Kalkaneus ausgelöst und damit die Ent- |
stehung und Entwicklung des Pes valgus eingeleitet wird. |
Ein vierter Gefahrenpunkt liegt in der Epiphysenfuge des
Schenkelhalses. Aber im Vergleich zu dem spongiösen Höhenwachs-
tum ‘der Wirbelkörper, dem spongiösen Längenwachstum der Tibia
und dem spongiösen Höhenwachstum von Talus und Kalkaneus ist die
mechanische Arbeitsleistung der Schenkelhalsepiphyse von der auf-
rechten Körperhaltung verhältnismäßig weniger bedroht, aus dem sehr
einfachen Grunde, weil die -Epiphysenfuge des Schenkelhalses in der
aufrechten Haltung nicht wie die enchondralen Wachstumszonen der
Wirbelkörper, der Tibia usw. horizontal steht, sondern um etwa 45°,
zur Horizontalen geneigt ist, so daß das spongiöse Wachstum des
Schenkelhalses weit mehr zum Breitenwachstum der Hüften als zum
tremen Abduktionsstellung der Hüftgelenke, wie sie häufig von länd-
lichen Arbeitern eingenommen wird, oder in der extremen Adduktions-
stellung derselben — z. B. in der hockenden Stellung der Orientalen —
kann bei eintretender Muskelermüdung die aufrechte Haltung dem
Längenwachstum der unteren Extremität beiträgt. Nur in der ex-
spongiösen Wachstum des Schenkelhalses verhängnisvoll werden und.
dessen Wachstumsrichtung im Sinne der Coxa vara bzw: Coxa valga
ablenken. | | l |
Ich will hierauf nicht des Näheren eingehen — ich kann auch
diesbezüglich auf meine früberen Arbeiten (l. ec.) verweisen. — Mir
kam es hier nur darauf an, darzutun, daß alle diese mechanischen
bzw. dynamisch bedingten Wachstumsfehler keine. vegetativen
Störungen des Knochenwachstums darstellen, keine „vitalen Reak-
tionen des Knochens auf veränderte mechanische Beanspruchung“,
heute noch vielfach dargestellt finden [z. B. auch in W. Müllers!o)
Buch über die „normale und pathologische Physiologie desKnochens“),
. wie das J. Wolff?) seinerzeit annahm, und wie wir das auch .
sondern daß es sich hier um rein mechanisch bzw. dynamisch be-
dingte Störungen des Knochenaufbaues handelt, bei denen die Pro-
n Hüter, Arch. f. klin. Chir., Bd. 2 u. Virch. Arch., Bd. 25.
8) Volkmann, Virch. Arch., Bd. 24 u. Pittha-Billroth, Bd. 2.
9) J. Wolff, Das Gesetz der Transformation der Knochen.
Berlin 1892. | I
10) Ambr. Barth. Leipzig 1924.
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liferations- bzw. Resorptionstähigkeit der Knochenmatrix überhaupt .
nicht oder doch höchstens nursekundärin Mitleidenschaft gezogen wird,
bei denen also der „trophische Reiz der Funktion“ unzweifelhaft
nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt.
Das beweist auch unzweideutig der Tierversuch, wenn wir
z. B. die hintere Extremität eines jungen Versuchstiers in künst-
licher Genu valgum-Stellung eingipsen und das Wachstum der ein-
gegipsten Seite mit dem der freiwachsenden Extremität vergleichen.
Eine solche eingegipste Extremität wird von den betreffenden Ver-
suchstieren in extremer Abduktion nachgeschleppt, wird weder be- -
wegt noch statisch beansprucht, wird also durch den .Gipsverband
völlig außer. Funktion gesetzt; gleichwohl sehen wir auch hier am
proximalen Tibiaende schon nach verhältnismäßig kurzer Versuchs-
dauer ganz die gleichen Wachstumsstörungen in Erscheinung treten
wie beim statischen Genu valgum des Menschen. |
Ich habe bereits vor langen Jahren (l. c.) über derartige, Ver-
suche berichtet. Sie ‚sehen hier eine. schematische‘ Darstellung
dieser Versuchsergebnisse nach zwei- bzw. vierwöchiger Versuchs-
dauer, und ich zeige Ihnen. einige meiner früberen Präparate, an -|
denen Sie die charakteristischen Wachstumsstörungen, wie ich
glaube, noch sehr gut erkennen können (Demonstration).
Dieser einfache und gerade wegen seiner Einfachheit sehr
` übersichtliche Versuch verdient wohl der Vergessenheit entrissen
zu werden; denn er zeigt mit kaum zu überbietender Klarheit, daß
‘ mechanische Einwirkungen bzw. die durch diese ausgelösten patho-
logischen Druck- und Zugspannungen lediglich. in der mechanischen
Arbeitsleistung des wachsenden Knochens — in den Bewegungs-
vorgängen der. enchondralen Wachstumszonen — ihre Angriffspunkte
finden, und daß diese Bewegungsvorgänge.den Gesetzen der Mechanik
und Dynamik durchaus in gleicher Weise unterworfen sind, wie alle
Bewegungsvorgänge, auch die der leblosen Materie. È
Ein Schiff wird durch konträre Strömungen in seiner Fahrt-
geschwindigkeit verlangsamt, durch gleichgerichtete entsprechend be-
schleunigt und durch seitliche Strömungen nach dem Gesetz vom
. Parallelogramm der Kräfte aus seiner Fahrtrichtung seitlich abgelenkt.
In gleicher Weise wird die durch den Wachstumsknorpel unaufhaltsam
vordringende Markraumbildung durch pathologische Druck- und Zug-
spannungen, sofern diese in der Wachstumsrichtung einwirken, ver-
langsamt bzw. beschleunigt, sofern sie aber tangential zur Wachstums-
richtung einwirken, ebenfalls nach dem Gesetz vom Parallelogramm
der Kräfte aus der physiologischen Wachstumsrichtung in fehlerhafte
Wachstumsbahnen abgelenkt.
‚Dieser Tierversuch ist aber auch noch insofern von Interesse,
als er unzweideutig beweist, daß temporäre, diskontinuierliche
Einwirkungen pathologischer Druck- und Zugspannungen, wie sie-
in den Ermüdungshaltungen wirksam werden, das Knochenwachstum
ganz in gleicher Weise zu schädigen vermögen, wie die kontinuier-
lichen Einwirkungen derselben im Tierversuch. Das kann m. E. nicht.
weiter überraschen, denn für Geschwindigkeit und Richtung von
Bewegungsvorgängen ist es durchaus einerlei, ob dieselben durch
mechanische Einwirkungen kontinuierlich oder diskontinuierlich be-
einträchtigt werden, es kommt vielmehr lediglich darauf an, wie
olt und wie lange und in welcher Stärke derartige Einwirkungen
Sich wiederholen. ne ie .
Für den Effekt einer 3tägigen Seefahrt ist es ganz einerlei, ob kon-
träre Strömungen die Fahrtgeschwindigkeit während eines der 3 Tage
kontinuierlich verlangsamen, oder an jedem der 3 Tage je 8 Stunden;
und auch für die mechanische Arbeitsleistung des wachsenden Knochens—
für seine Wachstumsgeschwindigkeit bzw. Wachstumsrichtung — ist
es völlig einerlei, ob dieselbe während eines Monats kontinuierlich egen
athologische Wachstumswiderstände anzukämpfen hat, oder während
der Dauer eines Jahres täglich je 2 Stunden.
Das verdient betont zu werden, weil im Gegensatz zu der
- alten Hüter-Volkmannschen Lehre von der Entstehung der Be-
lastungsdeformitäten (l. c.) neuerdings mehr und 'mehr die An-
schauung Platz gegriffen hat, daß die. temporären Einwirkungen
pathologischer Druck- und Zugspannungen, wie: sie in den Er-
müdungshaltungen wirksam werden, das Wachstum eines an sich ge-
sunden Skeletts überhaupt nicht zu schädigen vermögen, daß die
wahre Ursache der Belastungsdeformitäten vielmehr in ganz anderen —
im Skelett selbst gelegenen — pathologischen Faktoren zu suchen
sei, wie in kongenitalen oder erworbenen Skelettanomalien, in patho- |
logischer Knochenweichheit usw.
Ich vermag dieser Anschauung, zu der ich anderenoris!!) ein-
gehend Stellung genommen habe, in keiner Weise beizupflichten,
11) Maaß, Zschr, f. orthop, Chir. Bd. 44.
u 1996 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. 0 00000
‚und Zug
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ebensowenig wie der von J. Wolff seinerzeit vertretenen Anschauung
von der funktionellen Pathogenese dieser Wachstumsfehler (l. c.),.
glaube vielmehr, daß sowohl die klinische Beobachtung wie die
pathologische Anatomie der Belastungsdeformitäten in Verbindung
mit dem Tierversuch keinen Zweifel lassen können, daß die Er-
müdungshaltungen bzw. die durch diesein denenchondralen Wachs-
tumszonen ausgelösten pathologischen Druck- und Zugspannungen
für Entstehung und Entwicklung der Belastungsdeformitäten der aus-
schlaggebende Faktor sind, und daß die alte Hüter-Volkmannsche
Lehre, die in manchen anderen Punkten gewiß reiormbedürftig er-
scheint, in diesem Punkt auch heute ‘noch ‘durchaus zu Recht be-
steht, und daß kein Anlaß vorliegt; diese Lehre so. völlig über Bord `
‚zu werfen, wie das von einzelnen Seiten neuerdings geschehen ist,
Natürlich, können an der Wirbelsäule und unteren Extremität
| gerade so wie am übrigen Skelett Wachstumsfehler sich aus den
allerverschiedensten Ursachen entwickeln, so aus kongenitalen Ano-
malien, auf traumatischer Basis, infolge pathologischer Knochen-
weichheit usw.; und unter dem Einfluß der Belastung können diese
Wachstumsfehler eine schnelle und sinnfällige Zunahme erfahren,
und markante klinische Manifestationen oft genug- erst durch die
aufrechte Körperhaltung ausgelöst werden. Aber das sind keine Be-
lastungsdeformitäten im eigentlichen. Sinne, keine Belastungsdefor-
mitäten im alten Hüter-Volkmannschen Sinne!
Unter. „Belastungsdeformitäten“ können und dürfen wir nur
essentielle Wachstumsstörungen begreifen, die sich unter dem
Einfluß der aufrechten Körperhaltung an einem gesunden, anatomisch .
wohlgebildeten, physiologisch druck- und zugfesten, lediglich durch
die Plastizität des Wachstums noch nachgiebigen Skelett ent-.
wickeln; und es kann m. E. keinem Zweifel unterliegen, daß die
überwiegende Zahl aller Rückgratverkrümmungen, aller X-Beine und
Plattfüße, sowie der selteneren Schenkelhalsabbiegungen in diesem
Sinne Belastungsdeformitäten sind. | o
Gerade in den Ermüdungshaltungen finden wir die ein-
fachste und zwangsloseste Erklärung der scheinbar paradoxen Tat-
sache, daß gleiche mechanische Einwirkungen bei einem Teil der be
troffenen Kinder die schwersten Skelettdeformitäten zur Folge haben,
während sie von einem anderen Teil derselben ohne jede Be digung
ihres Knochenwachstums vertragen werden! Skoliotische Haltung un
‚skoliotische Ermüdungshaltung ist eben sehr zweierlei. Die Mehrzahl
aller Schulkinder sitzt tagtäglich stundenlang in skoliotischer Haltung;
aber diese skoliotische Haltung an sich löst keine pathologischen Druck-
spannungen aus und bedeutet.keine Gefahr für die mechanische
Arbeitsleistung des Wirbelwachstums, solange die aktive Tätigkeit der
Rückenmuskulatur den asymmetrischen Belastungsdruck auff ängt und ihn
über die betreffenden Artikulationdn gleichmäßig verteilt. Erst mit
der Ausschaltung der aktiven Muskeltätigkeit, mit. der Ermüdungs-.
haltung, werden jene pathologischen Druck: und Zugspannungen wirk-
sam, welche das spongiöse Höhenwachstum der Wirbelkörper asym-
metrisch beeinflussen, und dadurch die vorher geschilderten anatomischen .
Veränderungen der skoliotischen Wirbel in die Wege leiten.
Das geschieht an jeder gesunden Wirbelsäule, so lange sie wächst, _
mit der gleichen Sicherheit — wenn auch vielleicht nicht mit gleicher
Schnelligkeit — wie an einer krankhaft verbildeten oder ee
weichen; doch ist es wohl verständlich, daß die schweren un
Kyphoskoliosen — abgesehen von denen auf kongenitaler oder rachi-
he Grundlage — sich vorwiegend bei Kindern von konstitutioneller
Minderwertigkeit entwickeln, bei denen alle Lebensenergien mehr weniger
niederliegen, daher auch die mechanische Wachtumsenergie des Skeletts
‚schneller und ausgiebiger versagt als bei gesunden Kindern. O"
Schließlich dürfen wir auch die phylogenetisehen Gesichts-
punkte nicht außer acht lassen. Die Wirbelsäule mit ihren 24 Arti-
kulationen ist für den Vierfüßer gewiß ein ausgezeichnetes Bewegungs-
organ, aber sie ist mit ihren 24 enchondralen Wachstumszonen kein
- ideales Belastungsorgan, wenigstens nicht während der Entwicklungs-
periode; und Ahnliches gilt für die untere Extremität. FRE
Unser Skelett hat sich hinsichtlich der mechanischen ATB
leistung seines enchondralen Knochenaufbaues dem Erwerb er 4
rechten Körperhaltung wenig oder gar nicht angepaßt. Ledig K l
der Skelettmuskulatur bzw. ihrer funktionellen Anpassung an die a
rechte Haltung fällt die Aufgabe zu, die Gefahren zu parállelisieron,
die der mechanischen Arbeitsleistung des spongiösen Knochenanfbaues
aus der aufrechten Haltung drohen; eine ‚Aufgabe, die von a
kräftigen und leistungsfähigen Muskulatur wohl erfüllt werden kann,
| | ntwi Ihaft inner-
die aber von einer schlecht entwickelten oder mange | |
vierten Muskulatur gegenüber den Anforderungen unseres modernen
| i i ‘sei es an unsere
Kulturlebens — sei es an unsere Schulkinder, sei e er
jugendlichen Arbeiter usw. ei als unerfüllbar betrachtet er DE
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schwersten:
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26. Oktober |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
4
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
_ Aus der I. Medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses
in Wien (Vorstand: Prof. Dr. Pal).
Zur Wirkung der Hypophysenextrakte auf einige
Formen von Dyspnoe.
Von Dr. Fritz Brunn, Assistent der Abteilung.
Der Einfluß der Hypophysenextrakte auf die Respiration ‚des
Menschen ist schon Gegenstand von Untersuchungen gewesen
, [Eeschke (1), Rosenow (2) u.a.]. Trotz der im großen Ganzen
negativen Resultate schien uns eine Prüfung dieser Frage an einer
größeren Reihe von Fällen mit Dyspnoe wünschenswert. ,
Wir haben Hypophysenextrakte (Hypophen Gehe, Pituglandol,
Piutitrin Heisler, Pituitrin P. D., Hypophysin Hoechst) bei verschie-
denen Formen von Dyspnoe angewendet. Wir injizierten stets den
. Inhalt einer Ampulle, meist intravenös, und haben wiederholt die
schwand zunächs
Atmung graphisch registriert. Beobachtungen in 65 Fällen "haben
uns gelehrt, daß Hypophysenextrakte geeignet sind, bei ganz ver-
schiedenen Grundprozessen das Symptom der Atemnot zu beseitigen.
Hypophysenextrakte wirken nicht wie Morphin auf jede Art von
Dyspnoe. Unter den Fällen, wo eine Wirkung nachweisbar ist,
lassen sich zwei Formen unterscheiden:
In der ersten Gruppe sehen wir nach der Injektion sofortige-
Kupierung der Dyspnoe. In der zweiten fühlt der Patient eine
erhebliche subjektive Erleichterung seiner Atemnot. Sofortiges Auf-
hören schwerer Dyspnoe, wobei die Frequenz der Atmung wie mit
einem Schlage absinkt und die Atmung weniger tief und angestrengt
wird, sehen wir nach der Injektion von Hypophysenextrakten nicht
nur bei Anfällen von Asthma bronchiale und Asthma cardiale,
sondern auch bei Zuständen anderer Art. So kann die wochenlang
währende Dyspnoe von Emphysematikern auf eine Pituitrininjektion
mit einem Male verschwinden.
_ Fall 1. Alois B., 55 Jahre, Kutscher (Spitalsaufenthalt 6. März
bis 26. April 1924). Seit zwei Jahren Husten, Atembeschwerden, Herz-
klopfen. Im Sommer fühlt Patient sich wohl, im Winter geht es ihm
schlecht. Seit 10 Wochen wieder Husten, Atembeschwerden, Herz-
klopfen. Der Zustand wurde bis zur Spitalsaufnahme immer schlechter.
Aus dem Status praesens: Breiter, faßförmiger Thorax. Tief-
‚stand der Lungengrenzen, hypersonorer Schall. ber der ganzen
Lunge Giemen, über der Basis beiderseits kleinblasiges, klingendes
Rassen. Herzdämpfung verkleinert, Herztöne rein, leise. Keine
Eosinophilie im Blute. Im Sputum keine eosinophilen Zellen, Asthma-
kristalle oder Spiralen. | _ |
-1/3 ccm Pituitrin P. D. intravenös gegeben bewirkte sofortiges
Nachlassen der langdauernden Dyspnoe (7. März 1924). Nach der Ín-
jektion völliges Wohlbefinden, das mehrere Tage andauerte. Als sich
die Atemnot langsam wieder einstellte, hatte eine neuerlichePituitrindosis
wieder vollen Erfolg. Koffein war bei diesem Patienten wirkungslos.
'Fall 2. Johann K., 52 Jahre, Platzmeister (Spitalsaufenthalt
T. bis 17. November 1928). Seit 5 Jahren Husten und Kurzatmigkeit.
Seit drei Wochen Schwellung‘ der Beine und wechselnde Intensität der
Kurzatmigkeit. Wann und bei welchen Anlässen die Beschwerden
stärker wurden, konnte Patient nicht sagen. |
g Aus dem Status praesens: Patient ist orthopnoisch, faß-
förmiger Thorax. Über demselben hypersonorer Schall. Schlechte
Verschieblichkeit der Lungengrenzen. Reichliches Giemen und feuchtes,
nicht klingendes Rasseln.
Auf Í ccm Hypophen Gehe (7. November 1923) intravenös ver-
t die höchgradie Zyanose und machte einer Blässe
Platz. Die Atmung (vorher 66 pro Min.) ist sofort weniger mühsam.
Nach etwa 5 Min. ist die Atemfrequenz auf 48 gesunken. Patient
fühlte sich einige Stunden vollkommen wohl. Nach mehreren Tagen
' neuerlich starke Dyspnoe, die auf-Aderlaß besser wird. Später Delirien.
‚xitus unter Erscheinungen von Herzschwäche. `’
Aus dem. Obduktionsbefund: Hochgradiges Emphysem.
Rechte Lunge adhärent an der Brustwand. Ödem und Hyperämie des
ehirns. Bronchitis. Mäßiges Hydroperikard.. Stauung der inneren
Organe. . j
Wir sahen. weiters bei einer großen Anzahl von Kranken, die
an Dyspnoe litten, zwar keine auffallenden objektiven Erfolge, doch
gaben diese Kranken nach der Hypophysenextraktinjektion an, es
sei ihnen eine Last von der Brust gefallen, sie sögen die Luft
leichter ein usw. Angaben, die vielfach ganz konform lauteten und
eiwa dem entsprechen, was Patienten sagen, die wegen Dyspnoe
Morphin erhalten haben, wonach sich auch oft trotz ausgezeichneter
subjektiver Wirkung der Atemtypus nicht zu ändern braucht.
op y Lall 3. Alois A., 65 Jahre, Tischlergehilfe (Spitalsaufenthalt
ö. November 1923 bis 8. Januar 1924). Vor 18 Jahren Gelenkrheuma-
“
1
Oberlappen.
Rechts oben klingendes Rasseln, gegen die Basis zu Bronchialatmen.
heftiger Schmerzanfall.
tismus. Vor 12 Jahren zuerst Herzklopfen und Atemnot bei Anstren-
gungen. Zeitweise Husten. Täglich 3—4 Krügel Bier. j
Aus. dem Status praesens: Zyanose, keine Ödeme. Faß:
förmiger Thorax. Untere Lungengrenzen am 10. bzw. 11. Dorn, wenig
verschieblich. Hypersonorer Schall, ‘reichlich Rasselgeräusche, ver-
längertes Exspirium. Herz nach rechts und links stark verbreitert. An
der Herzspitze systolisches Geräusch. Herzaktion dauernd arrhythmisch.
Akzentuierter 2. Pulmonalton.
Klinische Diagnose: Emphysema pulmonum, insufficientia
valvulae mitralis. Auf intravenöse Injektion (26. November) von
Hypophen Gehe stieg die Frequenz der Atmung zunächst von 88 auf 42
ro Minute und wurde tiefer. Schon da gab Patient an, er atme be-
eutend .leichter. Nach einer halben Stunde sagte Patient, er ver-
spüre eine wesentliche Erleichterung, Respiration 26. `
Auch zwei reine Fälle von Mitralinsuffizienz haben wir, was
Dyspnoe betrifft, günstig auf Hypophysenextrakt reagieren sehen.
Fall 4 Anna Sch,.54 Jahre, Pfründnerin. Spitalsaufenthalt
9. Januar bis 28. Februar 1924. Seit 3 Jahren Herzbeschwerden, be-
sonders in der Nacht. Seit 2 Jahren Husten und Zunehmen der Atem-
beschwerden. |
Aus dem Status praesens:' Geringe Zyanose, Vergrößerung des
Herzens nach rechts nd links, mitrale Konfiguration (Röntgen: Kugel-
herz). Lautes systolisches Geräusch mit punctum max. an der Spitze.
Dauernd unregelmäßiger Puls. Stark vergrößerte Leber.
Nach intravenöser Injektion (19. Januar) vòn 1 ccm Hypophen
schon nach einer halben Minute wesentliche, sichtbare Besserung der
Atemnot. Die Respiration wird langsamer. Pat. kann sich niederlegen,
'sie verspürt wesentliche Besserung der Dyspnoe durch einige Tage.
Ebenso deutlich war der Effekt bei einer Mitralinsuffizienz
mit Stenose.
Fall 5. Karl H., 47 Jahre, Geschäftsdiener.
11. Dezember 1923 bis 12. Januar 1924. Vor 10 Jahren öfters Hals-
entzündung. Vor einem Jahre zuerst Atembeschwerden, oft bei’ ge-
ringster Anstrengung. Lunge bis auf trockene Rasselgeräusche o. B.
Herz: Spitzenstoß im 6. Interkostalraum. 1 Finger von der Axillarlinie.
Mitrale Konfiguration. Blasendes systolisches, rauhes diastolisches
Geräusch über der Mitralis, akzentuierter 2. Pulmonalton. Ro
Am 11. Dezember 1923 wegen starker Atemnot schlaflos, ortho-
pnoisch. Hypophysin Höchst 1 ccm intravenös. Erst Erblassen, ge-
ringe Übelkeit, dann erklärte Patient, er atme leicht, schleppe keine |
große Last mehr mit. Das Ziehen sei leichter, er werde einschlafen.
Fall 6. Michael W., 45 Jahre, ohne Beruf. Spitalsaufenthalt
31. Oktober bis 15. November 1922. Seit 6 Jahren
schmerzen, Atemnot. = |
Aus dem Status praesens: Mäßige Zyanose. Dämpfung beider
Untere Lungengrenzen in der Höhe des 11. Dornes.
usten, Brust-
Links infraklavikulär großblasiges Rasseln und Knistern. _ |
Patient bekommt, während er im Bette sitzend. mit großer Mühe
atmet, subkutan 1 ccm Hypophen (9. November). Nach 10 Minuten '
lassen die Atembeschwerden nach. Patient atmet ruhig und schläft: ein.
Das Wohlbefinden dauert bis-zum nächsten Tage. Tags darauf wieder
Zyanose, Atemnot, Unter Zeichen von Kreislaufschwäche nach einigen
Tagen Exitus. a RR | | |
Aus dem Obduktionsbefund: Tbc. beider Oberlappen, Bronchi-
ektasie rechts.
Fall 7. Johann W., 47 Jahre, Spitalsaufenthalt 14, April bis
Dyspnoe. Neuroretinitis
23. Mai 1924. Seit zwei. Tagen zunehmende
oculi d. Hyposthenurie. Blutdruck 200—220 mm Hg. Nach Hypo-
physininjektion intravenös sagte Pat., er könne wieder Luft. aufziehen .
und tiefer atmen; er könne im Zimmer so schnell wie er wolle herum-
gehen, früher habe er kaum einen Schritt machen können.
Die angeführten Fälle sind als Beispiele ausgewählt. "Der.
folgende Fall ist vorläufig eine vereinzelte Beobachtung.
Fall8. Marie D., 54 Jahre, Spitalaufenthalt 16, Mai bis 5. Juni 1924.
Seit 3 Wochen bei der geringsten physischen Arbeit oder Auf-
regung drückende Schmerzen, die vom linken Rippenbogen in das
Brustbein den Hals und den linken Arm ausstrahlen. Dabei Atemnot, x
Schwitzen und Angstgefühl. | |
Aus dem Status praesens: Patientin ist sehr blaß. Blutdruck
200—220 mm Hg. Das Herz wenig nach .rechts und links vergrößert,
aortal konfiguriert. 2. Ton an der Aorta akzentuiert.
radialis hypertonisch, weit.
logischer Befund. | |
Bei einem kurzen Spaziergang im Garten (17. Mai) besonders
Schmerzen beginnen unter dem Brustbein,
linken Arm aus. Pat. gelangt mit Mühe ins Kranken-
strahlen in
zimmer. Zur Zeit der Nachmittagsvisite hat Pat. noch starke’ Schmerzen; :
ist auffallend blaß, der Druck 260 mm H . Nun entwickelt sich ganz
plötzlich vor unseren Augen in wenigen Minuten hochgradiges Lungen-
ödem. Die Pat. wird sehr zyanotisch, fürchtet zu sterben, die Atmung
1497.
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1498
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
26. Oktober
immer mühsamer und schneller, über der ganzen Lunge dichtes Rasseln.
Man hört Trachealrasseln. Der Zustand der Patientin scheint sehr be-
drohlich. In diesem Momente bekommt sie intravenös 1 cem Hypo-
physin Höchst. Schon nach 2 Minuten haben sich Dyspnoe und Zyanose
wesentlich gebessert. -Patientin entleert etwas rosa tingiertes, schaumiges
Sputum. Nach wenigen Minuten sind alle Erscheinungen abgeklungen,
die Patientin wie verwandelt, geradezu glückselig. Gleich nach der
Injektion war der Druck von 260 auf 245 abgesunken.
Über günstige Beeinflussung von stenokardischen Anfällen
durch Pituitrin habe ich (3) bereits berichtet. Auch damals wurde
eine gleichzeitige Drucksenkung beobachtet. Bald darauf hat Kauf-
mann (4) Lungenödem, das sich aus einem stenokardischen Anfall
entwickelt hatte, mit Asthmolysin beheben können. Ohne auf eine
Erklärung dieser bemerkenswerten Tatsachen eingehen zu können,
wollten wir an dieser Stelle nur die diesbezüglichen Beobachtungen
registrieren. Ä
Ungeklärt ist die Frage nach dem Angrifispunkt der Hypo-
physenextrakte bei Dyspnoe. | l
Jagič (5) fand das Adrenalin bei verschiedenen Dyspnoe-
formen wirksam. Jagič meint daher in Ansehung der bekannten
Bronchialmuskelwirkung des Adrenalins, daß es vielerlei Zustände
in der menschlichen Pathologie gäbe, in denen Bronchialmuskel-
krämpfe eine Rolle spielen, Versucht man die Wirkung der Hypo-
physenextrakte ebenso zu erklären, so stößt man auf Widersprüche.
Die Hypophysenextrakte wirken nämlich auf die Bronchien im Tier-
experiment nicht erweiternd, sondern verengernd [Bähr und Pick (6)].
Demgegenüber steht ihre günstige Wirkung in vielen Fällen von
Asthma bronchiale.
Januschke (7) suchte die Differenz zwischen tierexperi-
menteller Erfahrung und iherapeutischer Wirkung zu überbrücken,
indem er meinte, das Pituitrin wirke auf spastisch kontrahierte
Muskeln anders als auf normale. Er belegt diesen Satz mit Analogien
anderer Mittel und der klinischen Tatsache, daß eben Pituitrin
beim Menschen das Asthma bronchiale, id est den Bronchialmuskel-
krampf aufzuheben imstande sei.
Es käme schließlich die Möglichkeit in Betracht, daß einem
kurzen Spasmus eine länger dauernde Erschlaffung folgt, wofür wir
nach unseren Beobachtungen am kranken Menschen indessen keinen
Anhaltspunkt haben. | |
' Eine Wirkung der Hypophysenextrakte auf die Gefäße der
Bronchialschleimhaut ist bisher nicht beobachtet worden, erscheint
jedoch nicht ausgeschlossen und könnte unter Umständen mit von
Bedeutung sein. Indessen können wir nicht annehmen, daß in allen
den pathologischen Zuständen, wo Hypophysenextrakte die Dyspnoe
günstig beeinflussen, Verengerung der Luftwege die Hauptrolle spielt.
Bei dem Versuche, den Mechanismus der Hypophysenextrakt-
wirkung auf die verschiedenen dyspnoischen Zustände zu erklären,
wäre zunächst an das Tierexperiment anzuknüpfen. Beim Kaninchen
tritt nach intravenöser Injektion eine ganz charakteristische Änderung
der Respiration auf. Der Hypophysenextraktinjektion folgt alsbald
ein Stillstand der Atmung, der ganz kurze Zeit dauert [Lan glois
et Garrelon (8), Pankow (9), Fühner (10).
Pankow unterschied einen primären und sekundären Atem-
stillstand. Dieser ist durch Atropin beeinflußbar. Fröhlich und
Pick (11) kamen zu dem Ergebnis, daß der primäre Atemstillstand
auf einem Krampf der Bronchialmuskeln beruhe, der sekundäre durch
Anämisierung der Medulla oblongata hervorgerufen sei, und durch
Amylnitrit verhindert werden könne. Houssay (12) injizierte
Hypophysenextrakt in den Liquor, und sah darauf Atemstörungen.
- Aus Versuchen von Roberts (13) geht hervor, daß parallel mit der
Wirkung des Pituitrins auf die Atmung Veränderungen an den Gefäßen
des Circulus arteriosus Willisii beobachtet werden können. Auf
eine geänderte Durchblutung der Zentren wäre die Atemwirkung
des Pituitrins zurückzuführen. KR
Daß Hypophysenextrakte auch beim Menschen eine Einwirkung
auf die Gefäße des Zentralnervensystems haben, darauf deuten
gewisse Symptome wie Schwindel, Kopfschmerz usw., die man gelegent-
lich besonders nach intravenöser Injektion sieht, nach der auch vor-
nehmlich die Atemwirkung beobachtet werden kann. Kaum anders
als durch einen Gefäßkrampf können wir uns die ca. ‚10 Minuten
lang währende Amaurose einer Patientin erklären, die von uns
wegen Dyspnoe schon zweimal mit gutem Erfolg Hypophysenextrakt
erhalten hatte, nach einer dritien Injektion aber angab, sie sehe
nicht, es sei, wie wenn sie in den Keller gestiegen wäre.
Daß der Einfluß der Hypophysenextrakte auf die Atmung in
einer Einwirkung auf das Zentralnervensystem besteht, geht a.
hervor, daß regelmäßige Atmung nach Pituitrininjektion perio =
werden kann, was wir mehrmals beobachtet haben. Es kann nac
en FA
der Injektion wogende Atmung aultreten [vgl. Hofbauer (14)], es
kann sich auch ein typischer Cheyne-Stokesscher Atemtypus
ausbilden. Letztere Erscheinung sahen wir sofort nach der Injektion
bei einer Patientin (L. Sch.), die mehrere Tage vorher schon
` Cheyne-Stokessches Atmen gehabt hatte, zur Zeit der Pituitrin-
injektion aber völlig regelmäßige, wenn auch mühsame Atmung
aufwies [vgl. Leschke, Eppinger, V. Pap und Schwarz (15)].
| In zwei Fällen sahen wir, als wir Pituitrin während einer Phase von *
Cheyne-Stokesschem Atmen anwandten, eine enorme Beschleu-
nigung und Vertiefung der Atmung sich einstellen. Daraus ersieht
man nicht nur, daß durch Hypophysenextrakte die Respirations-
zentren beeinflußbar sind, sondern auch, daß der Endeffekt ein
verschiedener sein kann. Er ist vom augenblicklichen Zustand des
Zentralorgans bzw. der Zirkulation in demselben abhängig. Unseres
Erachtens sind Gefäßspasmen in cerebro für. diese Erscheinung
verantwortlich zu machen. Ea
Die günstige Wirkung der Hypophysenextrakte bei Anfällen
von Asthma bronchiale ist von einigen Autoren festgestellt worden
[Riese (16), Weiland (17), Borchardt (18)]. Wir haben selbst
bei mehreren Fällen gute Wirkung gesehen. Beim Versuch, den
Mechanismus dieser Wirkung verstehen zu lernen, wären zunächst
die Bedingungen zu untersuchen, unter denen der Bronchialmuskel-
krampf im Tierexperiment und als Grundlage des Asthma bronchiale
beim Menschen auftritt. Der Bronchialmuskelkrampf des Tierex-
perimentes bei Muskarinvergiftung, beim Anaphylaxieversuch am
Meerschweinchen [Biedl und Kraus (19)] ist peripherer Genese.
E. Weber (20) hat zwar einen zentralen Angrifispunkt des Muskarins
behauptet,. doch gibt auch er einen peripheren auf die Nerven-
endigungen in der Bronchialmuskulatur zu. Jedenfalls wird sich
der peripher erzeugte Bronchialmuskelkrampf vorzugsweise durch
peripher angreifende Dilatatoren beseitigen lassen. Im Tierexperi-
ment wirken in diesem Sinne Adrenalin und Atropin, Koffein und
Papaverin, nicht?!) äber die Hypophysenextrakte. In vielen Fällen
von Asthma bronchiale des Menschen ist aber für das Auftreten der
Anfälle ein pathologischer Zustand in den Zentren maßgebend. Von
diesen fließen den Bronchialmuskeln Reize zu, die den Anfall aus-
lösen. Wir meinen nun, daß ein solcher zentral bedingter Broncho-
spasmus durch Hypophysenextrakte dadurch gelöst werden kann,
daß sie in dem Bronchokonstriktorenzentrum durch Veränderung der
Zirkulation einen pathologischen Reizzustand beseitigen. Wir wissen,
daß Hypophysenextrakte nicht in allen Fällen von Asthma bronchiale
den gewünschten Erfolg haben. Wir wissen aber auch, daß es An-
fälle von Asthma bronchiale gibt, wo die Zentren eine mehr unter-
geordnete Rolle spielen. Hierher gehören die Fälle, in denen das
Anfall auslösende Agens den Bronchialmuskeln auf dem Blutweg®
zufließt, und jene, bei denen die zelluläre Überempfindlichkeit der
Bronchialschleimhaut bzw. der Bronchialmuskeln eine Reaktion auf
sonst unterschwellige Reize zeitig. Nach der hier vorgebrachten
Unterscheidung dürften wir in diesen Fällen, wo analog dem Tier-
experiment der Bronchialmuskelkrampf peripher ausgelöst ist, bei
| Anwendung der Hypophysenextrakte nicht so sicher auf Besserung
rechnen. Selbstredend wirken die peripher angreifenden Bronchial-
muskelerweiterer, Adrenalin und Atropin, ferner Koffein und Papa-
verin in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ohne Rücksicht auf
die Genese des Bronchialmuskelkrampfies, ob zentral oder peripher.
Praktisch wichtig ist, daß man von Koffein und Papaverin, welche
Pal (21) in die Therapie dieser Zustände eingeführt hat, oft größere
doppelte Dosen als sonst üblich braucht. Die Beliebtheit und die
Sicherheit der Wirkung des Asthmolysins (Lysasthmins) ist offenbar
darin begründet, daß hier das peripher wirkende Adrenalin mit dem
zentral wirkenden Hypophysenextrakt kombiniert ist?). Die Ver-
stärkung der Adrenalinwirkung durch Hypophysenextrakt hat
Krause (22) in Analogie zur Wirksamkeit des Schilddrüsenhormons
als Sensibilisierung des Atemzentrums oder der Bronchialmuskulatur
erklären wollen. |
Beim Asthma bronchiale wurde den respiratorischen en
schon vielfach besondere Aufmerksamkeit geschenkt. F. A. Ho -
mann (23) nannte das Asthma bronchiale eine Neurose Im Boe
der Respirationsnerven. Nach Neußer (24) setzt sich das Kran
heitsbild des Asthma bronchiale aus drei Komponenten gusan ma
der ` katarrhalischen, der nervösen und der pulmonalen. Dr
A. Fraenkel (25) ist es eine Refllexneurose. Sahli (26) a =
Ursache des Anfalles in einer Erregbarkeitssteigerung des Ate
1) Vgl. auch Löhr, Zschr. f. d. ges. exp. M. 1924.
2 Lenziois et Garrelon (l.c.) und Roberts (l. > Sr
auch für das Adrenalin angegeben, daß es eine zentrale Wirkung
die Atmung besitzt.
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gentrums. Avellis (27) erklärt eine Affektion des Zentralnerven-
systems für das Wesentliche, ebenso neuestens Morawetz (28).
Nach englischen Autoren wäre dagegen die Hälfte aller Anfälle
anaphylaktischer Natur [Coke (29)]. Eine besondere Disposition
` des Zentralnervensystems wird man bei den von Curschmann (80).
beschriebenen Fällen von Asthma bei Fellgerbern, die mit Ursol zu
‘tun haben, sicher nicht annehmen dürfen. Curschmann (31), der
bei der Therapie des Asthma bronchiale mit Hypophysenextrakten
keine Erfolge sah, vermutet, Beziehungen zwischen Hypophyse und
Asthma. Es sei erwähnt, daß bei Asthma bronchiale mit Erfolg die
' -© Hypophyse bestrahlt wurde [Ascoli, Fagiovoli (32)] und auch
-Hypophysenextrakt per os gegeben wurde [Lawrence (33)]. Ob
die Erfolge der Bestrahlung tatsächlich auf Hypophysen- und nicht
auf Nervensystemeinwirkung zurückzuführen sind, scheint uns noch
des Beweises zu bedürfen.. Unseres Erachtens genügt der von
‘Curschmann beschriebene Fall (Diabetes insipidus mit akromega-
lischen Symptomen und Bronchialasthma) nicht, um einen Zusam--
menhang zwischen gestörter Hypophysenfunktion und .dem Asthma
bronchiale zu konstruieren. Bei der Therapie mit Hypophysen-
extrakten handelt es sich hier um keine Substitutionstherapie,
sondern um pharmakodynamische Wirkungen auf glatte Muskeln (Ge- .
jäße), aus denen ebensowenig ein Schluß auf die Pathogenese ge-
‚ zogen werden darf, wie etwa aus der Tatsache, daß Adrenalin eine
hyperämische Konjunktivalschleimhaut zum Erblassen bringt. `
- Das Zentralorgan spielt nach -der Ansicht einiger Kliniker
~ auch beim Asthma. cardiale eine wichtige Rolle. F. A. Hoffmann
‚nannte das Asthma cardiale eine Neurose im Gebiete der Herznerven.
Neußer pflichtete ihm bei und meinte, daß reflektorischen Reizungen
. des. Zentralnervensystems für das Zustandekommen eines Anfalles
von Asthma cardiale große Bedeutung beizumessen sei, Er betont,
. daß das Asthma cardiale mit einer anderen -Neurose der paroxys-
habe. F.A. Hoffmann kommt auf Grund der Befunde von Leyden
malen Tachykardie das plötzliche Auftreten und Nachlassen gemein
(34), A. Fraenkel (35), Huchard (36) zu dem Wahrscheinlichkeits-
schluß, daß den Fällen von Asthma cardiale, welche eine patholog.-
anatom. Veränderung aufweisen, eine Arteriosklerose der kleinen
Herzmuskelgefäße zugrunde liegt. Auch Neußer, Pal (37), Rom-
berg (36), Heß (37) wiesen darauf hin, daß eine enge Beziehung
zwischen Erkrankung der Koronararterien und Asthma cardiale besteht.
Eppinger, v. Pap und Schwarz (15) machten die Ent-
deckung, daß bei Anfällen von Asthma cardiale die Strömungsge-
'schwindigkeit des Blutes erhöht ist, die bei Insuffizienz des linken
Ventrikels den Anfall auslöst. Durch Pituglandol wird die Strömungs-
geschwindigkeit herabgesetzt und der Anfall koupiert, indem das Herz
vor-dem anströmenden Blutschwall durch periphere Sperrungen —
die Autoren denken an die aktive Beteiligung der Lebervenen im
Sinne von Mauthner und Pick. (40) — beschützt wird,
.- Eppinger, v.Pap und Schwarz (15) sahen ferner eine
gewisse Abhängigkeit der Strömungsgeschwindigkeit von Erregungen
und dem Einfluß psychischer Affekte auf das Asthma cardiale. Das
erregende Kokain steigert die Strömungsgeschwindigkeit, die anderer-
seits durch Morphin, soweit es beruhigend wirkt, herabgesetzt wird.
Die Wirkung des Pituglandols bei Asthma cardiale möchten wir |
uns so zustande gekommen denken, daß es hauptsächlich Gefäß-
spasmen in cerebro sind, welche die Zirkulation daselbst verändern,
wodurch die Erregbarkeit der Zentren herabgesetzt wird. Es. kommen
dabei die Zentren für die Respiration und die Blutbewegung in
Betracht. Die Annahme, daß die erhöhte Strömungsgeschwindigkeit
des Blutes durch einen abnormen Zustand einzelner Teile des Zentral-
nervensystems bedingt ist, steht in keinem Widerspruch mit den
Befunden von Eppinger, v. Pap und Schwarz. iz
_ Daß es nicht allein die allgemein zirkulatorischen Wirkungen
' des Hypophysenextraktes sind, welche sich letzten Endes in einer
Entlastung des Herzens und kleinen Kreislaufes auswirken, dafür
scheint die von uns mehmals beobachtete klinische Tatsache zu
sprechen, daß Pituitrininjektion und Aderlaß in ihrem Einflusse auf
‚die Dyspnos durchaus nicht parallel gehen.
Beim Abbinden der Extremitäten, einer Maßnahme deren
häufiger Erfolg scheinbar zugunsten der Auffassung spricht, daß es
die Entlastung des rechten Herzens ist, welche die Erleichterung
mit sich bringt, hat schon Peller (41) reflektorische Wirkungen in
Betracht gezogen.
Derart wäre die günstige Wirkung der Hypophysenextrakte
f
Eindruck von Hast, aber auch von Er-
müdung und Schlaffheit. (Abb. 1.) .
-| in den Knie- und Hüftgelenken.
In diesem Sinne sprechen auch eigene Be-
obachtungen an einer Patientin, deren Dyspnoe stets schon beim '
- Aufblasen der Armmanschette behufs Druckmessung nachließ.
| nahme einer Gefäßwirkung innerhalb der nervösen Zentren bis zu
- einem gewissen Grade in einheitlicher Weise erklärt.
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W. kl. W. 1928, Nr.10. `
Gang und Fußbildung.
A Eih Beitrag zur Ätiologie und Therapie des Plattfußes.
a Von Dr. Karl Wilhelm Fischer, Stuttgart. -
Der Gang ist von größtem Einfluß auf die Bildung des Fußes,.
da beim Gehen ja jeweils nur'einem Fuße die volle Aufgabe des
Tragens der Körperlast — in vertikalem Sinne —, und gleichzeitig
— in horizontalem Sinne — die. der Fortbewegung 'zufällt, und.
‚zudem sind es in manchen Phasen nur einzelne Teile des Fußes,
die in dieser zwiefachen Hinsicht in Anspruch genommen werden.
Die Art des Ganges bedarf daher für die Ätiologie und Therapie
von Fußdeformitäten einer ganz besonderen Beachtung. — >
Wenn man darauf achtet, wie viele Menschen, besonders in den
Großstädten, gehen, läßt sich das ungemein häufige Vorkommen von -
Fußgewölbeinsuffizienz und Plattfuß verstehen: Die Beine sind beim
| Gehen gespreizt;; Oberschenkel, Kniee und Füße sind nach außen
gedreht; es fällt der Mangel an. Streckung in Hüft- und Knie-
gelenken auf. In der Regel besteht auch eine Vorneigung: des
Beckens,. während der Rumpf ebenfalls vorgeneigt ist, oder nur im
oberen Teile aufgerichtet wird, sodaß |
eine Lendenlordose zustande kommt. In
dieser Haltung wird der Fuß mit dem
äußeren Fersenrande weit nach vorne und
in weitem. seitlichen Abstande von der .
Körperachse hart aufgesetzt: Unter `
Steifhaltung des Fußgelenks, dessen Ex-
tension durch Beugung im Kniegelenk
ersetzt wird, erfolgt die Abwicklung in
querer Richtung nach dem Innenrande
des ‘ersten Mittelfußköpfchens und der
großen Zehe, weshalb sich dort auch'-
eine Schwiele zu befinden pflegt. -Der
Gang ist durch die Flexionsstellungen
dem Laufschritt ähnlich und macht den
+ Abbildung 1/
Auf Anzeichen. einer gewissen
Rückentwicklung dürfte zu schließen sein
aus' der Beeinträchtigung der Körpersenk-
rechten und dem Fehlen extremer Streckung
| Diese
Flexionsstellungen, sowie die Auswärts-
drehung der Oberschenkel, Kniee und Q
Füße und der weite Abstand des aufsetzen- | i |
den Fußes von der Körperachse nach außen sind nach Weidenreich
Charakteristika für den Gang der übrigen Primaten. Den weiten seit-
lichen Abstand der Füße erklärt Weidenreichso, daß das Tier von den
Beinen seitlich unterstützt wird und gewissermaßen zwischen den Beinen
aufgehängt ist, weshalb es breitbeinig geht, während beim Menschen die
’ | Femora unter dem Becken zusammenlaufen und der Rumpf über den .
el wesensverschiedenen dyspnoischen Zuständen durch. die An- . unterstützenden Beinen sich befindet. Nun machen sich in unserem ..
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betätigung herbeiführt,
. 1500 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
u 26. Oktober
Falle die anderen anatomischen Verhältnisse in der Phase der Ab-
wicklung geltend: Beim Abheben der Ferse kommt die Abwicklung
in der Richtung der Längsachse des nach außen gedrehten Fußes nicht
zustande, sondern das gespreizte Bein strebt vielmehr wieder nach
der Medianlinie, was die Abwicklung über den inneren Fußrand bewirkt.
In welcher Weise die statischen Verhältnisse bei dem fehler-
halten Gange wirken, ist aus Abbildung 2 ersichtlich; es fehlt tat-
sächlich kein Moment zur Ausbildung eines typischen
Pes planovalgus, selbst nicht des oft mit ihm
vergesellschafteten Genu valgum (a) mit Außen-
rotation des Unterschenkels (b). Besonders schädlich
ist die Abbiegung über den inneren Fußrand, die
auch durchaus unphysiologisch ist, da sie normaler-
Abbildung 2,
|
|
|
| und einer Vertauschung des. rechten und linken
Fußes entspricht, als ob die kleineren Zehen nicht
| mehr lateral, sondern medial’von der großen Zehe
| ständen. Die Fußwurzel wird proniert (c), der Vorder-
|
|
|
deren der als gemeinsamer Stützpfeiler des Längs-
und Quergewölbes’ dienende erste Mittelfußknochen,
- Dexion im. Fußgelenk gleitet die Tibia auf der
Talusrolle nach vorne, wodurch auch die zumal bei
der vorgeneigten Körperhaltung besonders starke
| un vordere Belastung nach vorne verschoben und ein
Ä i a Tiefertreten des Sprungbeinkopfes bewirkt wird. Die
. te Mißbildungen kommen umso leichter zustande, als
% der Fuß, wie Bardenheuer sich treffend ausdrückt,
nur als Stelze gebraucht wird, d. h. die Fuß- und Unterschenkel-
muskulatur wird größtenteils gar nicht mehr, oder höchstens nur
passiv in Anspruch genommen. Von den Zehen ‘spielt die große
Zehe funktionell in geringem Umfange vielleicht noch eine Rolle,
sofern sie nicht schon in Valgusstellung geraten ist, während die
übrigen ganz untätig bleiben, in Hammerstellung geraten und da-
durch an den hochstehenden Gelenkenden dem Stiefeldruck aus-
gesetzt sind. Unter diesen Umständen ist es daher ganz verständ-
lich, wie ein Chirurg sich dazu verstehen kann, zum Zwecke von
Transplantationen die vier letzten Zehen leichten Herzens zu opfern,
da „die vier kleinen Zehen eher stören als Vorteil bringen“).
Die Ansicht ist nicht unbegründet, sofern man den fehlerhaften
Gang in Betracht zieht. | | |
Nun erhebt sich die Frage, wie es zu dieser typischen, vielen:
Menschen gemeinsamen Fehlerhaftigkeit des Ganges kommt. Das
moderne Berufsleben bringt zweifellos eine stärkere Beanspruchung
der Füße in vielen Fällen mit sich, die eine Übermüdung der
Muskulatur bewirkt und dadurch. deren Erschlaffung und Nicht-
Andererseits scheint aber auch unsere
Fußbekleidung mit Schuld daran zu tragen. Durch einen eng an-
liegenden Stiefel mit steifer Sohle und hohem Absatz wird dem er-
müdeten Fuß wohl der stets als so angenehm empfundene „Halt“
gegeben und durch Mehrleistung der an sich stärkeren Hüftmusku-
latur das Gehen scheinbar erleichtert, jedoch wird dadurch, wie
Bardenheuer sehr einleuchtend ausführt, die Fuß- und Unter-
schenkelmuskulatur weiter geschwächt. Der Fußmüde und Fuß-
Schwache, zumal wenn er, wie es z. B. bei den Arbeiten der Haus-
_ frau der Fall ist, häufig wenige Schritte hin- und hergeht, geht
und steht auch sicherer und mit geringerer Anstrengung, wenn er
die Beine etwas spreizt und die Füße nach außen dreht, während
sonst der Körper bei schnellem gleichmäßigem Gang durch die
häufig wechselnde Unterstützung leichter das seitliche Gleichgewicht
halten kann. Das unsichere Gefühl beim Auftreten auf den Rand
des vielleicht noch hohen und schmalen Absatzes wird den Be-
treffenden wohl auch mahnen, gespreizt aufzutreten. Das Tragen
eines Absatzes überhaupt bewirkt, daß durch die Verlängerung der
Ferse (im Sinne des Hackenfußes) einerseits der Schritt nach vorne
größer wird, und andererseits die Ferse früher aufsetzt, noch bevor
das Bein wieder vollends gestreckt ist; so sind, ähnlich wie beim
Treppensteigen, Hüft- und Kniegelenke stärker gebeugt, und der
Körper wird vorgeneigt, damit der Schwerpunkt leichter unter den
Unterstützungspunkt gelangt. Die Abwicklung des nach außen ge-
drehten Fußes erfolgt einfacher und müheloser um die nächstgelegene
Achse, welche den inneren Rand des Absatzes mit der Großzehe
verbindet, zumal wenn der Absatz hoch, schmal und nach der Fuß-
mitte zu angebracht ist. Für den unbekleideten Fuß ist die fehler-
1) J, F. S. Esser, M.m.W. 1923, Nr. 24, S. 888 r. u.
. weise über die Zehengrundgelenke erfolgen müßte,
fußB wird supiniert und abduziert (d), und im beson-
auf dessen Köpfchen die ganze Körperlast ruht, wird
durch Überlastung reflektiert (e). Durch die Dorsal-
hafte Abwicklung äuf die Dauer gar nicht möglich, da, was der
„Halt“ des Schuhwerks verhindert, der Fuß bei jedem Schritt bald
so schmerzhaft gedehnt würde, daß der Betreffende in nützlicher
Anspannung seiner Plantarflektoren und Supinatoren die Abbiegung
über die Reihe der Zehengrundgelenke vorzieht.. Daher hat man
schon mit Recht den heilenden Einfluß des Barlußgehens (Bier)
oder wenigstens des Sandalentragens (Bardenheuer) hervorgehoben,
| Bei den sehr hohen Anforderungen, die der Gang an den
Fuß stellt, wird jede Änderung der Gangart zu einer entsprechen-
den Formveränderung des Fußes füren, weshalb wir in einer zweck-
mäßigen Gangform ein sehr wirksames Mittel besitzen, welches im-
stande sein dürfte, auf die Plattfußbildung verhütend und heilend
zu wirken. Dabei ist es erforderlich, daß, -wie auch Bardenheuer
ausführt, sämtliche Fuß- und Unterschenkelmuskeln zu intensiver
Tätigkeit herangezogen werden, wofür aber gymnastische Übungen
allein keineswegs genügen dürften, sondern ein dauerndes Üben
‘durch zweckmäßige Gehweise nötig ist. Von dem Wadenmuskel ab-
gesehen bildet ja ihrer Wirkung nach die Fuß- und Unterschenkel-
muskulatur in ihrer Gesamtheit ein Kraftzentrum, welches man sich
in der Mitte des Fußes gelegen vorstellen kann, und daher im-
stande ist, das Längs- und Quergewölbe zu bilden und zu erhalten.
Man lasse den Patienten eine Gangart einüben, welche der
soeben beschriebenen möglichst entgegengesetzt ist: Der Fuß wird.
bei gestrecktem Knie, wobei die Kniescheibe nach vorne gerichtet
ist, und die Fußspitze nur gemäß der zwangsmäßigen Schlußrotation
nach außen steht, unter geringer Flexion im Hültgelenk so medisl
aufgesetzt, daß die Medianebene etwa die Fußwurzel, oder (höch-
stens) das 3. Mittelfußköpfchen schneidet (Abb. 3, die Schluß-
rotation wird in der Regel größer sein, als in der ee
Zeichnung. wiedergegeben); der hintere Fersen- AbbRdNDES
rand soll zuerst: den Boden berühren, wozu der
Fuß ein wenig proniert gehalten wird. In der
weiteren Entwicklung wird bei der ungewohnt
stark medialen Unterstützung des Körpers das Be- .
streben nach einer lateralen Unterstützung sich
geltend machen. Die Ferse wird daher nur
flüchtig den Boden berühren,: die nach außen
gerichtete Fußspitze senkt sich rasch, und schon
während die ganze Sohle Standfläche ist, werden
sämtliche Zehen mit Kraft sich gegen den Boden
stemmen, um durch diese Vergrößerung der
Standfläche ein- Fallen nach außen seitlich und
vorne zu verhindern. Bei der geringen Hüftflexion
gelangt das Schwergewicht des Körpers bald vor
den Unterstützungspunkt, so daß der Fuß ge-
zwungen ist, eine Gegenbewegung zu machen, um
ein Vornüberfallen des Körpers zu vermeiden. Er
wird also versuchen, den Körper nach hinten
zu schleudern, indem er unter Beugungsbestreben
derZehen denFuß starkplantarflektiert(Strasser).
So kommt es zum Fersenhochstand, und zwar er-
folgt die Abbiegung um eine Achse, welche vom
Capit. metat. V nach dem Capit. metat. I von
außen hinten schräg nach vorne innen verläuft, ent-
sprechend einer Abwehrbewegung bei der für den
. Körper bestehenden Gefahr des Fallens nach vorne und nach der Seite.
Der Fuß macht also eine ‘Plantarflexion mit gleichzeitiger Supi-
nation. Die Gefahr, nach außen zu fallen [Abb. 3 (a)], erscheint
.dem Körper aber immer noch nicht behoben, weshalb ein Spreiz-
versuch des Beines ihn medialwärts zu verschieben sucht (b). Da-
durch - wird die Wirkung des therapeutischen Ganges in hohem
Maße verstärkt: Das Knie wird in Varusstellung gedrängt. (c), der
Unterschenkel einwärts gedreht (d), die Fußwurzel supiniert (e) und
der Vorderfuß wird adduziert (f). ‘Während bei dem fehlerhaften
Gange der Körper zwischen den ihn wechselseitig seitlich unter
stützenden Beinen getragen wird, hat nun der in der Mitte unter-
stützende Fuß ihn zu balancieren, wozu die sämtlichen Flektoren, :
"Abduktoren und die (als Supinatoren wirkenden) Adduktoren des
Fußes eifrig tätig sein müssen. Der Fersenhochstand erfolgt also
unter Bedingungen, wie sie günstiger nicht sein können. Trotz der
starken Belastung des Vorderfußes wird durch. mächtige Muskel-
wirkung auch das Quergewölbe gespannt, was ich durch die Angabe
von Patienten, welche bei Affektion des 2. und 3. Mittelfußköpfchens
bei der beschriebenen Gangart schmerzfreier gehen konnten, be:
stätigt fand. Es erfolgt nun eine möglichst’ starke Extension IM
Hüftgelenk unter kräftiger Entgegenwirkung der Zehenbeuger
wobei auch der doppelköpfige Adductor hallueis durch Gegenwirkung
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26. Oktober
gegen das Spreizbestreben des Beines in kräftige Aktion tritt und
durch Spannung des Quergewölbes das 2. und 3. Mittelfußköpfchen
im besonderen vor Insulten schützt. Während die Zehen den Boden
verlassen, erfolgt erst die Beugung des Knies unter Aufhebung
der Schlußrotation. Die Adduktion der Großzehe beim Abheben
bewirkt einen etwas nach innen gerichteten Bogen des neuen
Schwungbeines, was dieses befähigt, den Fuß wieder in der Median-
linie aufzusetzen. Es ist bemerkenswert, daß, während beim fehler-
haften Gange mit gespreizten Beinen die Ferse an den inneren
Knöchel des Standbeines anzuschlagen pflegt, dieses bei dem be-
schriebenen Gang mit adduzierten Beinen nicht vorkommt.
Eine Bestätigung der Richtigkeit der angegebenen Wirkung des
beschriebenen Ganges auf die Fußbildung, soweit sie das breit- und
das engspurige Auftreten betrifft, findet man in den Abbildungen von
Gangspuren Platt- und Hohlfüßiger, wie sie Hohmann?) in seinem
vor kurzem erschienenen, vorzüglich ausgestatteten Buche: „Fuß und
Bein“ auf Tafel VI wiedergibt. Die Plattfußspur eines 12jährigen
Mädchens zeigt einen ziemlich großen seitlichen Abstand des rechten
und linken Fußes, und zwar stehen die Fußachsen genau parallel der
Gangrichtung, ein Beweis dafür, daß auch das Geradeausrichten der
Füße, wie es häufig empfohlen wird, wenigstens bei einem ausge-
bildeten Plattfuße, nichts nützt. Hingegen stehen die rechten und
linken Gangspuren eines Hohlfüßigen bei auswärtsgerichteten Füßen
alle fast genau voreinander wie auf einer Linie.
Als Fußbekleidung, soweit sie nicht überhaupt entbehrt
- werden kann, kommen entweder leichte Sandalen oder nicht zu enge
Halbschuhe aus dünnem Leder, möglichst absatzlos, mit gut bieg-
samen, bei Fettpolsterschwund weichgefütterten Sohlen in Betracht.
Die Regeln, welche zur Einübung des kompliziert beschriebenen
Ganges gelten, sind sehr einfach: 1. Man soll so gehen, als ob man die
Füße auf einen Strich setzen müsse. 2. Man trete mit dem hinteren
Rande der Ferse auf; die Fußspitzen halte man so, wie es am be-
quemsten ist. 8. Man schreite nach vorne kurz, aber weit nach hinten
aus, wobei man die Ferse tüchtig hochhebt. 4. Die Knie bleiben
gut durehgedrückt und nur das Schwungbein darf das Kniegelenk
beugen. Alles andere ergibt sich dann von selbst, ja die Regeln
ließen sich noch kürzen, was aber in
Anbetracht, daß der eine oder andere
Punkt gelegentlich doch vergessen wird,
vielleicht nicht zweckmäßig wäre. Die
fehlerhafte Vorneigung des Beckens wird
gewöhnlich auch von selbst korrigiert,
andernfalls gibt man die Anweisung,
eine Hand auf das Kreuzbein zu legen
und, wie es in der Reitschule heißt, „die
Unterpositur nach vorne zu schieben“.
- Die korrigierte Bein- und Beckensiel-
lung wirkt der vorgeneigten Körper-
haltung stark entgegen; der Patient ist
: gezwungen, zur Erhaltung seines Gleich-
gewichtes, Kopf und Rumpf energisch
zurückzunehmen, wodurch der Körper
nach hinten straff wie ein Bogen ge-
spannt wird. (Abb. 4).
Abbildung 4.
liche Wirkung dieser Gangart die die
Muskulatur schwächende künstliche
Stütze nicht in allen Fällen entbehrlich
zu machen. Personen, welche sehr viel
.stehen müssen — und das sind vor-
zugsweise Plattfüßige — und ältere
Leute, bei denen die Muskeln schon
kraftlos geworden sind, werden Träger
von Plattfußeinlagen in festanliegendem Stiefel bleiben müssen,
aber überall da, wo noch Aussicht vorhanden ist, eine Erhaltung
. oder Besserung der Fußform durch eigene Kraft zu erzielen, ist die
Ganggymnastik angezeigt, sei es als Hauptbehandlung, sei es zur
Nachbehandlung nach Redressement. Zur Verhinderung von Rezi-
diven muß sie dem Patienten allerdings zur steten und bleibenden
Gewohnheit werden. `
ns x
2) Verlag J. F. Bergmann. 1923.
Leider vermag die zweifellos erheb-
a N ! K
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.43. 0, 0 I0
Über Frühbehandlung der kindlichen Phimose.
Von Dr. Kurt Ochsenius, Chemnitz,
Facharzt für Kinderkrankheiten.
Die Frage der Behandlung der kindlichen nicht entzündlichen
Phimose, die ein Jahrzehnt hindurch in der Literatur nahezu völlig
geruht hat, ist wieder aktuell geworden, was aus der Tatsache her-
vorgeht, daß fast gleichzeitig zwei Arbeiten erschienen und zwar
von Glaß-Hamburg!) und von Sievers-Leipzig?). Beide also von
chirurgischer Seite und beide von der Mahnung zum Konservatismus
„erfüllt. Eine sehr wichtige und bedeutsame Tatsache und Erschei-
nung, besonders erfreulich für die Pädiatrie, die seit einem Viertel-
jahrhundert den gleichen Standpunkt vertritt. E
Man muß .auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens
leider allzusehr den Autoren recht geben, die beide sagen: es wird
zu viel und zu früh wegen Phimose operiert. Wer hätte sich nicht .
schon oftmals von der betrüblichen’ Tatsache überzeugen ‚können,
daß Säuglinge in den ersten Lebenswochen wegen „Phimose“. operiert
wurden! Ich selbst habe an einem unendlich großen Material noch
niemals eine Anzeige für eine Operation in den ersten Lebens- '
monaten gegeben gesehen. Wenn die Vorhaut wirklich einmal sehr
eng war, so daß das Urinieren behindert wurde, — ein Vorfall, der
alle paar Jahre einmal vorkommt —, so genügt ein leichtes ma-
nuelles Zurückschieben des Präputiums, um dem Mißstand abzu-
helfen. Den Vorschlag Glaß’, prinzipiell in der ersten Lebenswoche
bei jedem Knaben die Vorhaut zurückschieben zu lassen, möchte
ich als in diesem Lebensalter zu gefährlich unbedingt ablehnen;
vor allem aber seinen Gedanken, dies von der Hebamme ausführen
zu lassen, denn: in der Praxis könnte das bei dem üblichen Bildungs-
niveau derselben geradezu katastrophale Folgen haben.
Der Grund dafür, daß zuviel und zu früh operiert wird —
von praktischen Arzten noch mehr als von Chirurgen — liegt in
der fehlenden Kenntnis der Tatsache, daß die Vorhautverklebung
und -verengerung eine physiologische Erscheinung ist. (Entwicklungs-
geschichtliche Hinweise bei Sievers 1. c.). Nun gibt es aber von
dieser Pseudophimose, wie Glaß sie ganz treffend bezeichnet, bis.
zur wirklich ausgebildeten rüsselförmigen Phimose, die unbedingt
eines ärztlichen Eingreifens bedarf, unendlich viele fließende Über-
gänge, von denen das ringförmig verengte Präputium ohne Rüssel-
bildung besonders der Erwähnung bedarf. | |
Wenn auch im allgemeinen die Bedeutung der Phimose und
ihrer Folgeerscheinungen überschätzt wird — so hat z. B. Peiser?)
die Ansicht ihrer Mitwirkung beim Entstehen der Hydrozele wider-
legt — so gehört die Überwachung der Geschlechtssphäre doch
ebenso obligatorisch zu der Aufgabe des ärztlichen Familienberaters
wie jede andere. Und derselbe muß sich darüber klar sein, wann
und wie er zu handeln hat.
Eingreifen das Verpassen des Momentes, in dem schonend und
unter völliger Erhaltung der Form desGliedes infolge der. Weichheit der
Gewebe diese Störung beseitigt werden kann, andererseits kann eine,
unterlassene Operation dem Träger der Phimose das Lebensglück
zerstören. Wie manche Ehe ist nicht schon dadurch zerrüttet worden,
daß ein Mann aus falschem Schamgefühl die Operation ablehnte,
nachdem in der Jugend der Eingriff unterblieben war. Und auf der
anderen Seite, wie schwer leidet mancher sensible Mensch sein
Leben lang unter der Entstellung seines Gliedes, das ein allzu
energischer Arzt ihm verschandelt hat; abgesehen davon, daß das
brüske Freilegen der Glans durch das fortwährende Reiben. der
Kleidungsstücke stark irritieren, ja den kleinen Patienten direkt
zur Onanie bringen kann. Als Beweis dafür, wohin solch rücksichts-
loses Operieren führen kann, führe ich die Tatsache an, daß ich
mehrmals Eltern ihren Wohnort im Voraus angeben konnte, da ihre
Knaben die gleiche Verschandelung des Penis zeigten. Solche
Steckbriefe sind für den betreffenden Arzt nicht angenehm!
Wann und in welcher Weise soll nun vorgegangen werden?
Auf Grund mehrtausendfacher Erfahrung möchte ich das Alter
von 3/, Jahren als den Termin ärztlichen Eingreifens bezeichnen.
Erstens ist die Immunität des kindlichen Organismus in diesem
Alter bereits eine erheblich größere — eine schlechte Erfahrung
bei einem jüngeren Kinde veranlaßt mich besonders darauf hinzu-
weisen —, zweitens hat. sich bis dahin bei sehr vielen Knaben das
anfänglich — normalerweise! — enge Präputium spontan erweitert,
so daß eine unnötige Polypragmasie vermieden wird und drittens ist
1) D.m.W. Nr. 5. | -
2) M.m.W. Nr. 6.
8) B.kl.W. 1912, Nr. 49.
Denn einerseits bedeutet verspätetes,
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. weis für die Tatsache, daß für jede Blasenentleerung mehrere
wählt — und sei es.auch nur darum, daß man. durch Entfernung
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1502
es der Zeitpunkt, in’ der mit dem Abhalten der Kinder in der
Regel begonnen wird, wobei sich ergibt, ob eine Behinderung der
Urinentleerung vorhanden ist oder nicht. Denn ich halte ein Vor-
gehen auch bei nicht extrem ausgesprochener Phimose für unbedingt
angezeigt, wenn die Mutter angibt, daß das Kind nicht in einem
kontinuierlichen Strahl, sondern in Absätzen uriniert. Die Berechti-
gung unseres therapeutischen Handelns wird bald danach erhärtet
durch die Bestätigung seitens der Mutter, daß ‘die Zahl der Miktionen
wesentlich zurückgegangen ist, da das Kind vorher niemals imstande
war, seine Blase völlig zu entleeren. Bei Kindern in diesem Alter,
die noch nicht abgehalten werden, darf bei richtiger d. h. vor-
wiegend — noch besser ausschließlich — breiiger Kost die Zahl
der Windeln keine allzugroße mehr sein. Werden noch immer so
viele Windeln wie im Anfange gebraucht, so ist auch dies ein Be-
Windeln gebraucht. werden. |
Schließlich richtet man auf keinen Fall Schaden an, wenn
man bei jedem Knaben am Ende des dritten Vierteljahres das Glied
inspiziert — vorausgesetzt, daß man die richtige Art des Handelns
des Smegma eine spätere Balanitis verhütet.
Wie soll man nun vorgehen? | |
Unzweifelhaft ist als Therapie der Wahl zunächst das unblutige
Vorgehen zu bezeichnen, die manuelle Dehnung, wie sie auch bereits
Hamburger‘) beschrieben hat, Sollte man mit ihr nicht zum
Ziele kommen, so bleibt die Operation — die schonende Zirkumzision —
immer noch übrig. Ich selbst habe bei ringförmigen Verengerungen
des Präputiums keinmal, bei echter rüsselförmiger Phimose es erst
zweimal — also rund in 1% der Fälle — erlebt, daß ich mit dem
unblutigen Verfahren am Ende des ersten Jahres nicht zum Ziele
gekommen wäre. Bei älteren Kindern, speziell von Ende des
9. Jahres an, ist der Erfolg allerdings bereits sehr zweifelhaft.
Der Vorteil des Vorgehens ist erstens die große Einfachheit
— bei Erfahrung und Geschicklichkeit fließt gewöhnlich kein Tropfen
Blut — und zweitens erhält es dem Glied seine ursprüngliche Form.
Der Hergang. ist folgender: ` Ze
Das Glied des gut fixierten Kindes — in der Sprechstunde
liegend auf dem Schoß der Mutter, wobei das Becken des Kindes |
auf dem linken Oberschenkel der Mutter ruht — wird mit der
linken Hand möglichst proximal bei maximal ausgespannter Haut
festgehalten. Die rechte Hand faßt lateral — nicht oben und unten,
da sonst das Frenulum leicht eingerissen wird — das Präputium
und führt es über die Glans herüber, wobei vorsichtig die Adhäsionen
gelöst werden. Das Glied. ist infolge der gewöhnlich eintretenden
Erektion bequem zu halten.
Bei der echten Phimose geht es gewöhnlich nicht ohne eine
gewisse Kraftanstrengung ab; das Ganze muß aber doch zart und
. vorsichtig geschehen, damit Einrisse, besonders tiefergehende, ver-
mieden werden, da sonst Narbenbildung das günstige Resultat ver-
eitelt. Dieses Vorgehen wird in derselben Sitzung einigemale wieder-
holt, Smegmaansammlungen werden mittels Borwassertupfers ent-.
fernt und zum Schlusse zur Vermeidung einer erneuten Verklebung -
als desinfizierendes Isoliermittel einige Tropfen folgenden Öles
zwischen Präputium und Glans geträufelt:
Rp. Acid. carbol. liquef. 0,05 -
Ol. olivar. sterilis. ad 10,0.
Für den gleichen Tag wird den Eltern der Rat erteilt, dem
Kinde viel Flüssigkeit — Tee oder Fruchtwasser — zu reichen,
-da ein hochgestellter, konzentrierter Urin dem Kinde bei der Ent-
leerung naturgemäß leichter Schmerzen verursacht und die Kinder
daher oft nach den ersten Tropfen den Urin lange retinieren.
Um dies zu vermeiden, verordnet man ferner ein ausgedehntes
warmes Bad. Zur Vorbeugung der Anschwellung des Gliedes dienen
gegebenenfalls kühle Umschläge mit Borwasser oder Kamillen-.
tee — nur scheitert diese Verordnung mitunter an technischen
Schwierigkeiten. |
Längstens nach 4 Tagen wird das Kind wieder vorgestellt,
“ wobei der Arzt die Prozedur wiederholt. Handelte es sich um
leichtere Grade, so. kann, nachdem eins der Eltern in der nach.
weiteren 2 Tagen stattfindenden Beratung in Gegenwart des Arztes
seine Fähigkeit bewiesen hat, den Eingrilf auszuführen, das Kind
den Eltern überlassen werden, mit dem Hinweis, daß das zunächst
täglich vorzunehmende Verfahren am leichtesten im Anschluß an
das Bad gelingt. Handelte es sich um eine echte Phimose oder
um schwerere Grade der Pseudophimose, so muß bis zum gleichen
© M.m.W. 1910, S. 209.
"1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
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26. Oktober
Endeffekt der Arzt im Abstand von 1—2 Tagen die Prozedur
vornehmen.
'. Als zweckmäßig hat es sich erwiesen, die ersten Versuche
seitens der Eltern zur Zeit der ärztlichen Sprechstunde ausführen
zu lassen, damit das Kind, sollte eine Paraphimose zustande kommen
.— bisher in 3 Fällen — sofort behandelt werden kann. Daß diese
Paraphimose das allerdings recht drastische aber therapeutisch
wirksamste und jedes weitere Eingreifen ersparende Mittel darstellt,
kann nicht geleugnet werden.
‚Die Eltern setzen, je nach der Schwere des Falles die Mani-
pulation 2—83 Wochen lang täglich fort — unter Benutzung oben
erwähnten
Abständen, später überzeugen sie sich nur von Zeit zu Zeit von dem
richtigen Zustand, jedoch soll auch in diesem Alter die Aufmerk-
samkeit des Kindes nicht allzulange auf das Geschlechtsorgan wegen
der Gefahr der Onanie gelenkt werden.
Öles — dann alle 2 Tage, in langsam zunehmenden
Gelingt das unblutige Verfahren nicht, wovon man sich ge-
wöhnlich in der ersten Sitzung überzeugen kann, spätestens in der
. zweiten an der Bildung von Narben, so lasse man das Kind im
zweiten Lebensjahr operieren; aus dem ebengenannten Grunde
möglichst nicht später. Die‘Operation der Wahl ist die Zirkumzision.
Aber man zieht dabei das Präputium nicht zu stark nach vorn, denn
sonst resultiert aus dem Verfahren die freiliegende Glans. Bei
einfacher Ringbildung habe ich noch niemals operieren zu. lassen
brauchen.
Im Gegensatz zu den beiden eingangs erwähnten Arbeiten,
die im Übrigen aber ein erfreulicher Beweis sind für die Annäherung
des Standpunktes der Chirurgen an den der Pädiater, möchte ich
prinzipiell an erster Stelle das unblutige Verfahren stellen; dieses
-aber im Gegensatz zu vielen Pädiatern auch bei den Fällen von
ringförmiger Präputialverengerung angewendet sehen, da bei dieser
Form die Spontanheilung oftmals ausbleibt und eine Spätoperation
notwendig wird. | SUE
Aus der Inneren Abteilung des- Paul- Gerhardt- Stift- Krankenhauses
‚in Berlin (Chefarzt: Prof. Dr. F. Munk).
Beitrag zur Pathologie der Stillschen Krankheit.
Ä Von Dr. Albert Muncke.
Im Jahre 1897 beschrieb Still- eine besondere Form der kind-
lichen chronischen Polyarthritis, die sich durch Schwellung der Milz
und der Lymphdrüsen von den übrigen Formen unterschied. Bei
diesem Krankheitsbild fehlt jede Destruktion des Knochens und
Knorpels, obwohl die Gelenke äußerlich verdickt, später versteift
- sind und sich frühzeitig eine hochgradige Muskelatrophie entwickelt.
Der Prozeß befällt die Gelenke, an denen zuerst die Streckfähigkeit
behindert ist, bilateral symmetrisch; zuerst die Kniegelenke, ergreilt
dann die Handgelenke und die Wirbelsäule, macht aber vor keinem
Gelenke halt, so daß völlige Starre resultiert. Dabei besteht re- oder
intermittierendes Fieber, das den Patienten auffallend wenig alteriert.
Allgemeine Symptome wie wachsgelbe Hautfarbe, ‘Hyperidrosis,
Exophthalmus, häufiges Erbrechen und Anämie wurden beobachtet.
Janzen fand bei den fieberhaften Exazerbationen mit Gelenkschmerzen
und Milz- und Drüsenschwellung Leukopenie mit Lymphozytose.
Schließlich wurde eine auffallende Häufigkeit von Prozessen an den
serösen Häuten wie Perikarditis usw. festgestellt, was auf einen
Zusammenhang mit Tuberkulose hinzudeuten schien (Chauffard,
Ibrahim). In Deutschland wurde dies Krankheitsbild verhältnis-
mäßig selten beobachtet und beschrieben. Aus diesem Grunde hat
eine Klärung der Ätiologie und Pathogenese noch nicht statt-
gefunden, so daß es angezeigt ist, einen bei uns in Beobachtung
stehenden Fall dieser Art kurz mitzuteilen; besonders auch deshalb,
weil sich bei der langen Krankheitsdauer in diesem Falle die körper-
liche und geistige Entwicklung gut überblicken ließ, der Fall
dauernd frei von Komplikationen war, so daß wir ein gewissermaßen
reines Krankheitsbild vor. uns haben, das eine klarere Beurteilung
der ätiologischen und pathogenetischen Verhältnisse gestattet.
. Zunächst eine kurze Schilderung des Krankheitsverlaufes: Der
jetzt 12jährige Knabe machte nach normaler Geburt und weiterer ent-
sprechender Entwicklung mit 31/, Jahren eine „skrophulöse Bauchfell-
entzündung“ durch. Heilung nach Operation und weiter gute Ent:
wicklung, obwohl dauernd eine Neigung zu Drüsenschwellungen aM
Hals bestand. 1917 fieberhafter Gelenicheumatismns, der nach zwei
Monaten unter Behandlung ohne Residuen ausheilte. Dann war Ca
Kind bis 1920 bei normaler geistiger und körperlicher Entwicklung
gesund und munter. Sommer 1920 Gelenkschmerzen mit Schwellung
an den unteren Extremitäten, einige Wochen später Hinzutreten VON
4 der Gelenke sind bis auf leichte Verschattung der Gelenke und Kalk-
t. armut der Knochen normal. Epiphysenkerne dem Alter entsprechend.
L Sämtliche biologische Reaktionen auf Tuberkulose zu den ver-
r` schiedensten Zeiten des Verlaufs negativ. — Wa.R. negativ. — Mehr-
; malige Blutkulturen steril. |
2" Während der seitdem dauernden klinischen Beobachtung schwankt
die Temperatur zwischen 36,5 und 40°, beeinträchtigt ebenso wie das
i ziemlich häufige Erbrechen das Befinden wenig. Starke Neigung zum
; Schwitzen. — Es zeigte sich eine völlige Wirkungslosigkeit aller
medikamentösen und physikalischen Therapie. Auch Reizbehandlung
er verschiedenster Art ist erfolglos. Überstehen der Varizellen übt keinen
3 Einfluß auf den Verlauf aus. Der Zustand verschlimmert sich dauernd,
P die Versteifung schreitet fort, die Muskelatrophie nimmt höchste Grade
g an Dabei häufige Fieberattacken und Erbrechen mit Schmerzen und
a! Schwellung der verschiedenen Gelenke. Oft ist damit eine Schwellung
| der Milz und regionären Lymphdrüsen mit Druckschmerzhaftigkeit ver-
' bunden. Mit der Zeit bildet sich ein mäßiger 'Exophthalmus. heraus.
' Das Blutbild wechselt stark, läßt keinen charakteristischen Zusammen-
z hang mit den Fieberattacken und den Gelenkerscheinungen erkennen.
| Leukozyten schwanken zwischen 8000 und 16000, Linksverschiebung
zwischen 2/, und !/,,, wobei die frühen Jugendformen der Neutrophilen
R dauernd fehlen. Lymphozyten stets an der oberen Grenze der Norm.
© Der Färbeindex schwankt um 0,5 bei stark wechselnden Gesamtzuhlen
der en (5,25 bis 2,3 Mill.). — Die Bestimmung des Fibrinogen-
Fi gehaltes des Blutes zeigt erhöhte Werte, auch im fieberfreien Stadium,
was ne unseren sonstigen Befunden für eine infektiöse Polyarthritis
- spricht.
k . Während der ganzen Zeit ist der Horz- und Lungenbefund normal.
z, Deformierende Prozesse an Knochen und Knorpel der befallenen Gelenke
A können nicht festgestellt werden, nur tritt eine Verschmälerung der
5 Gelenkspalte ein. Das Wachstum vollzieht sich dem Alter entsprechend.
5 Die geistige Entwicklung ist nicht beeinträchtigt, so daß der Junge
2 die Schule des hiesigen Krüppelheims besucht, wo seine Leistungen
y . gut sind. Er schreibt mit der linken Hand. |
. Eine bohnengroße exzidierte Kubitaldrüse, deren histologische
Hi ‚Untersuchung ich Herrn Dr. Gohrband verdanke, zeigt eine einfache
s yperplasie mit geringer Bindegewebsvermehrung; keine Anzeichen
= für Tuberkulose.
g ‚. Die Stellung der Diagnose nach dem klinischen Befunde ist
bei der Stillschen Krankheit leicht, die Frage nach der Ätiologie
E und Pathogenese nicht sicher zu beantworten. Die oft in Erwägung
gezogene Beziehung zur Tuberkulose (Chauffard, Ibrahim u. a.)
hat sich nicht beweisen lassen; vielmehr spricht sich die Mehrzahl
A der jüngeren Autoren für ein selbständiges, infektiös-toxisches
T Krankheitsbild aus (R-oeppe, Piske, Janzen u. a.).
n l Strauß hält die Stillsche Krankheit für die ausgebildete Form
K der kindlichen Polyarthritis, die übrigen ohne Drüsen- und Milz-
7 schwellung verlaufenden Formen für „formes frustes.“ Rhonheimer
> N der Stillschen Polyarthritis die besondere Stellung ab und
6 glaubt, daß sämtliche kindlichen chronischen Polyarthriden — von ihm
ii Arthritis deformans chron. juvenilis genannt — durch eine neurogene,
P peripher angreifende Noxe bedingt seien; Milztumor und Drüsen-
p schwellung seien nur durch Komplikationen verursacht, und. in den
. bisher in der Literatur publizierten Fällen zur Auito uns eines selbst-
y ständigen Krankheitsbildes nicht beweiskräftig genug. Jede kindliche
o Polyarthritis zeige in einem 2. Stadium deformierende Gelenkprozesse, .
zf nur werde dieses Stadium oft wegen letal endigender interkurrenter
5 ankheiten nicht erreicht. — Im allgemeinen wird die Milz- und Drüsen-
2 schwellung aber als charakteristisc angesehen. Klare histologische
p’, t efunde ehlen bisher. Piske fand ein der Lymphogranulomatose
i, ähnliches Bild in exzidierten Drüsen. Chauffard erklärt die Drüsen-
g schwellung durch Stauung infolge des entzündlichen Gelenkprozesses
5 auf tuberkulöser Basis. Nur Müllhofer und Edsall fanden tuberkel-
j bazillenähnliche Erreger, sonst 'erwies sich Gelenk- oder Milzpunktat,
g sowie das Blut kulturell oder im Tierversuch als steril. (Janzen.)
96. Oktober
_ Fieber und Erkrankung der Handgelenke. Drüsenschwellungen be-
sonders in den Leistenbeugen. Seitdem Fortschreiten trotz aller Therapie
“ und Versteifung der zuerst befallenen Gelenke; zunehmende Muskel-
atrophie, Übergreifen auf die Wirbelsäule, Schulter- und Ellenbogen- .
elenke. Dabei normaler Fortgang des Wachstums und der geistigen
Fntwieklung. September 1921 Krankenhausaufnahme. Der Aufnahme-
befund zeigt ein geistig normal entwickeltes Kind mit dem Alter ent-
sprechendem Längenwachstum. Blässe der Haut und Schleimhäute.
Starke, allgemeine Muskelatrophie, Fixierung der Wirbelsäule, be-
sonders im Halsteil Die Kiefer-, Finger- und Hüftgelenke, sowie das
linke Schulter- und Ellenbogengelenk sind aktiv und passiv frei beweg-
lich. Alle übrigen Gelenke sind aktiv kaum, passiv nur sehr wenig
beweglich. Die rechte obere Extremität ist bis auf die Finger völlig
versteift. An keinem Gelenke Rötung oder Schwellung, Schmerzhaftig-
keit auffallend gering. Am Hals und in den Leistenbeugen sowie an
den Ellenbogen und in der Achselhöhle kleine harte Drüsen.
Herz und Lungen sind physikalisch und röntgenologisch frei.
Abdomen gegen den flachen-Thorax aufgetrieben. Milz deutlich
schmerzhaft, zeitweise palpabel.
Urin frei von pathologischen Bestandteilen. Die Röntgenbilder
DR > 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. SD |
Lt NN
1503
Aus unserem Falle, dessen Diagnose wohl feststehen dürfte,
ergibt sich, daß ein Zusammenhang mit Tuberkulose abgelehnt
werden muß; denu sonst hätte wenigstens eine der biologischen
Reaktionen zu irgend einem Zeitpunkt einmal einen positiven Befund
ergeben müssen. Andrerseits ist an einer infektiös-toxischen Noxe
kein Zweifel, wofür die mit dem Fieber und Gelenkschmerzen zu-
sammen auftretenden Milz- und Drüsenschwellungen sprechen trotz
negativen bakteriologischen Befundes.: Wir möchten annehmen, daß
es sich, wie bei der Polyarthritis exsud. inf. chron. der Erwachsenen,
um eine Art Analphylaxiereaktion des durch einen Infekt allergischen
Organismus, wie es Weintraud zuerst für die akute, Polyarthritis
wahrscheinlich gemacht hat, handelt (Munk.) Das Eintreten dieser
Reaktion ist aber von einer besonderen Konstitution des Organismus
abhängig. Es liegt nahe, diese bei den zunächst starken weichen,
später unter Induratlion zurückgehenden Schwellungen der Milz und.
der Drüsen in der gerade beim Kinde oft ausgeprägt vorhandenen
lymphatischen Konstitution zu suchen. Denn hierbei neigen die
Drüsen, wie Bartel, Wiesel u. a. gezeigt haben, nach einem
Stadium erhöhter Reaktionsbereitschaft mit entzündlichen Schwel-
lungen zur Fibrose, einer Erscheinung, die sich nicht nur an den
Drüsen, sondern am gesamten Stützapparat ausprägt. Wir finden
deshalb in diesen Fällen, wo der Gelenkprozeß eine reine Weichteils-
erkrankung darstellt, ebenso wie an den Drüsen nach entzündlicher
Schwellung starke Fibrose und Schrumpfung des periartikulären
Gewebes, die die Gelenke völlig fixiert, während Knorpel und
Knochen intakt bleiben. Beim Erwachsenen läßt die physiologische
Rückbildung des lymphatischen Apparates eine derartige Reaktion `
nicht mehr zu, wodurch das Fehlen von Lymphdrüsenschwellung `
bei chronischer Polyarthritis Erwachsener eine Erklärung findet.
Wieweit endokrine Momente im Verein mit der Konstitutions-
anomalie eine Rolle spielen, läßt sich nicht beurteilen. Gegen die
neurogene Theorie Rhonheimers spricht der normale Verlauf des
sonst gegen nervöse Einllüsse so empfindlichen Wachstums.
halten wir uns entgegen Rh. für berechtigt, aus dem Milztumor, der
bier sicher nicht durch Komplikationen bedingt war, sowie aus den
trotz jahrelanger Dauer fehlenden Destruktionsvorgängen an den
Gelenken auf die selbständige Stellung dieses Krankheitsbildes zu
schließen. ne
Zusammenfassung: Die Stillsche Krankheit stellt einen
infektiös-toxischen Gelenkprozeß dar, der sein charakteristisches `
Gepräge durch das Auftreten eines besonderen allergischen Zustandes.
im Verein mit einer Iymphatischen Konstitution erhält. Ein Zu-
sammenhang mit Tuberkulose wird abgelehnt.
geistige Entwicklung werden nicht beeinträchtigt.
‚ Literatur: Still, Med. chir.Transact. 1897, 80, 8.47”. — Ibrahim, in Pfaund-
ler-Schloßmann 1906, 1. — Koeppe, Jahrb. f. Kinderhlk. 1912, 76, S. 707. — Rhon-
Wachstum und
heimer, Ergebn. d. inn. M. u. Kinderbik. 1920.18. — Janzen , Jahrb. f. Kinderhlk. 90,
S. 256 (dort ausführliche Lit.). — Piske, M. KI. 1913. 5.1908. — Pollitzer, Ebenda,
1914, S, 1511. — Munk, Kraus-Brugsch, Spez. Path. u. Ther, (mit zahlreicher Lit.).
— Hart, Stat. thymico-lymphat. Bergmann, München 1923.
Aus der Gynäkologischen Abteilung der Städtischen Krankenanstalt
zu Königsberg i. Pr. (Leiter: Prof. Dr. Benthin).
Pseudodiphtherie am weiblichen Genitale.
Von Dr. Heinz Sachs. |
Auf das Vorkommen von Diphtherieinfektionen des puerperalen
Wundbettes hat Bumm (1) im Jahre 1895 zuerst hingewiesen; auch
später sind Fälle von primärer Diphtherie der Vulva und Infektionen
"im Wochenbett beschrieben worden (2). Man fand Diphtheriebazillen
ferner bei Schwerkranken,. unterernährten Kindern-an der Vulva und
Vagina, wo das Krankheitsbild differentialdiagnostisch gegen Soor
und Noma Schwierigkeiten machte (3). Am Genitale der erwachsenen
Frau sind Infektionen mit Diphiherie sehr selten. Jedoch hat sich
uns bei systematischer Untersuchung gezeigt, daß sich dort häufiger,
als man annimmt, Pseudodiphtheriebazillen ansiedeln, was bisher
noch nicht hinreichend bekannt ist. Aus. der Zahl .der beobachteten
Fälle sollen drei besonders typische beschrieben werden. |
Fall 13). M. L., 33 Jahre alt, hat früher angeblich niemals schwere :
innere Krankheiten durchgemacht. Insbesondere hat sie niemals eine
Diphtherie gehabt. 1915 Infektion mit Lues. Sie hat 3 kombinierte
Kuren (Salvarsan + Quecksilber) durchgemacht. 1917 Infektion mit
Gonorrhoe. 1922 im August normaler Partus mit fieberhaftem Wochen- :
bett. Das Kind starb im Alter von einem Jahr an Grippe und Lungen-
'entzündung. . Für Diphtherie kein Anhalt. Im Wochenbett Aszension
1) Der Fall wurde in der Nordostdeutschen Gesellsch. f. Gyn. am |
5. April 1924 von Dr. Naujoks kurz demonstriert.
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26. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
der Gonorrhoe. Seit Oktober 1923 resorbierende Behandlung in der
Ambulanz der Universitäts-Frauenklinik, daneben Ätzbehandlung der
Harnröhre. Da Pat. ganz allein wohnte und ihr auch sonst über einen
Fall von Diphtherie in ihrer näheren Umgebung nichts bekannt war,
erscheint Ansteckung sehr zweifelhaft.
Pat. kommt am 21. Januar 1924 zur spezifischen Behandlung auf
die gynäkologische Station unserer Anstalt. Sie klagt außerdem über
Schmerzen beim Wasserlassen, die seit Dezember 1923 (Atzungen mit
Arg. nitr.) besonders heftig geworden sind. |
Status: Grazile, schwächliche, mäßig genährte Frau, nicht be-
sonders anämisch. Die inneren Organe bieten keinen besonderen Befund.
Harnröhrenmündung stark verdickt, am Rande eitrig belegt, sehr schmerz-
empfindlich. Abstrich: Go. +. Diagnose: Chronische Gonorrhoe mit
starker entzündlicher Reizung der Schleimhäute. Therapie: Keine
Ätzbehandlung der Harnröhre, wöchentlich 1 mal Gonokokkenvakzine,
100 Millionen Keime intravenös. Antiphlogistische Umschläge, daneben
Salvarsan + Quecksilberschmierkur. l
T. Februar. Die Schmerzen beim Urinlassen sind fast unerträglich
gewonen, auch sonst unangenehme Sensationen in der Harnröhre. Die
ündung ist trotz antiphlogistischer Maßnahmen noch stark wulstig
geschwollen, zeigt besonders auf der linken Seite eine’ blaurote Ver-
färbung und fühlt sich hart an. An dieser Stelle liegt ein feiner grau-
weißer Belag, der sich schwer abwischen läßt. Scheide vollkommen
frei. Abimpfung von den Belägen auf Löfflerplatte. 8. Februar. Auf
Löfflerboden sind reichlich Diphtheriebazillen gewachsen (Stäbchen
mit typischer Neißerscher Polfärbung). An der Iunenfläche des rechten
Labium majus einige stecknadelkopf- bis kleinerbsengroße, nicht belegte
’Epitheldefekte, die klinisch als diphtherische oberflächliche Hautnekrosen
angesprochen werden. Endoskopie der Harnröhre: Im Verlauf
der ganzen Urethra mehrere konfluierende, ganz flache, schmierig be-
legte Ulzera. Nochmalige Abimpfung von der Harnröhre und den
Epitheldefekten. Isolierung. Polizeiliche Meldung wegen Diphtherie.
9. Februar. Abimpfungsresultate: Urethra Di ++, Labium majus Di +.
Die -Epitheldefekte an der Vulva sind größer geworden. 11. Februar.
Nochmalige Abimpfung und Einsendung des Materials in das Hygienische
Institut der Universität. Ergebnis: Urethra Di +, Labium majus ++,
Rachen und Nase Di —. 12. Februar. Diphtherieserum 4000 E. intra-
muskulär. Keinerlei Lokalbehandlung. 15. Februar. Keine Besserung
der Beschwerden. Die Urethralmündung ist noch stark geschwollen,
keine Beläge mehr. Die Hautnekrosen an: der Vulva sind nicht ge-
bessert und machen der Pat. Schmerzen. 16. Februar. Diphtherieserum
2000 E. intravenös, 2000 E.. intramuskulär. 18. Februar. Nach der
zweiten Seruminjektion, die gut vertragen wurde, ist die Harnröhren-
mündung etwas reizloser, sie fühlt sich weicher an als vorher. Die
diphtherischen Ulzera an der Vulva sind unverändert. Abimpfung:
Urethra Di —, Labium majus ++. 23. Februar. Der am 11. Februar
durch Herrn Dr. Hilgers am Hygienischen Institut freundlichst an-
gestellte Tierversuch mit den Di htheriebazillen der Harnröhre ist
negativ ausgefallen. Es handelt sich nach Mitteilung des Hygienischen
Instituts um Pseudodiphtherie. Die Isolierung der Pat. wird daraufhin
aufgehoben. Die Schmerzen beim Wasserlassen sind fast vollständig
verschwunden. ee: |
Die Pseudodiphtherie der Harnröhre ist als geheilt zu betrachten.
Die Hautdiphtherie der Vulva wurde durch Serumbehandlung nicht be-
einflußt. Von höute ab Lokalbehandlung der Hautulzera mit 2%igen
Trypailavinpinselungen. 7. März. Ulzera vollständig abgeheilt. Ab-
np gan; Urethra Di —, Labium majus —. Pat. hat keine Schmerzen
mehr. 14. April. Die bläuliche Verfürbung der Urethralmündung ist
noch angedeutet. Gonokokken sind nach Behandlung mit Delegon-
stäbehen nicht mehr nachzuweisen. Pat. hat sich auffallend gut erholt
und an Körpergewicht zugenommen.
Fall®. H. N., 24 Jahre, alt, wird auf der Station wegen Lues II
uud Fluor behandelt. Am 23. Februar 1924 Stomatitis mercurialis, die
am 3. März abgeheilt ist. Pat. beginnt mit der Schmierkur von neuem.
Am 14. März wird in der linken Schenkelbeuge ein markstückgroßes,
leicht nekrosierendes Ekzem bemerkt, das schmierig belegt ist. Um-
gebung nicht entzündlich verändert. Temp.37,1°. 15.März. Abimpfungen:
Rachen.und Nase Di—. Ekzem: Di +4. Tierversuch wird nicht an- `
gesetzt, keine Isolierung der Kranken. Therapie: Trypallavinpinselungen.
19. März. Geheilt.
Fall3. Th. B., 27 Jahre alt, wird wegen Adnexentzündung und
Gonorrhoe behandelt. Ab 8. März 1924 starker Zervikalkatarrh, der
oßen Schamlippe
ein erbsengroßes, nicht belegtes, leicht nekrosierendes und nässendes
oberflächliches Ulkus. 3. April. Abimpfungen: Rachen und Nase Di —.
Ulkus Di++. Tierversuch nicht angesetzt. Therapie: Pinselungen
mit: Trypaflavin 2%ig. 6. April. Ulkus vollständig abgeheilt.
Es handelt sich demnach in den drei Fällen um Pseudo-
diphtherie der gereizten Vulva. Besonders interessant erscheint uns
der Fall I, bei dem die Harnröhre der primäre Sitz der Erkrankung
war. Die Epithelnekrosen an der großen Schamlippe sind erst lange
nach dem Auftreten der Harnröhrenveränderung, die schon bei der
Aufnahme bestand, und nach dem Beginn der Beschwerden ent-
standen. Über primäre Diphtherieinfektion der Harnröhre finden wir
in der Literatur nichts. Winckel (4) berichtet nur, daß Geschwüre
diphtherischer. Natur von der Vulva auf die Harnröhre übergehen.
Diphtheriebazillenträger sein können.
Unsere Patientin war lange Zeit mit Ätzungen der Harnöhre be-
handelt worden, und diese hatten für die Diphtherieinfektion einen
locus minoris resistentiae geschaffen.
Zur Ätiologie der Erkrankung ist zu bemerken, daß neben
dem verschlechterten Allgemeinzustand, der wohl überhaupt für die
‚Diphiheriegiftwirkung ein wesentlicher Faktor ist, Schädigungen.
des Gewebes für die Ansiedlung eine große Rolle spielen. Es ist
bekannt, daß sich auf Ekzemen bei Kindern, besonders am Ohr und’
an der Nase, die jeder Therapie hartnäckig trotzen, oft Diphtherie-
bazillen ansiedeln, und daß diese Ekzeme bald heilen, wenn, man
‚eine spezifische Lokalbehandlung einleitet oder in schwierigen Källen
Diphtherieserum spritzt. Schon Baginski (5) hebt ausdrücklich
hervor, daß die Affektion kaum je an gesunden Hautpartien be-
ginnt, sondern fast immer nur da, wo Exkoriationen stattgefunden
haben. Diese Exkoriationen entstehen jedoch meist durch äußere
Reize auf ein Gewebe, das eine gewisse Resistenzsenkung zeigt, _
dessen Immunität herabgesetzt ist. Ein solcher Reiz ist z. B. nach
Leick (6) ein vorhergegangener Fluor oder eine katarrhalische
Reizung durch die angesiedelten Diphtheriebazillen selbst. Winkel.
sagt, daß Blasen- und Nierenkrankheiten zur Diphtberieinfektion
prädisponieren; und wenn Katheterschädigungen der Harnröhre
hinzukommen, entstehen die Ulzerationen.
Auf die Diagnose Pseudodiphtherie wies im ersten Fall die
blaurote Verfärbung und Verhärtung der Harnröhrenmündung. Diese
Symptome waren für Diphtherie recht charakteristisch; denn An-
schütz und Kißkalt (7) bezeichnen sie für das durch Diphtherie-
. bazillen infizierte Gewebe für typisch. Doch auch diese klinischen .
Zeichen hätten fehlen können, da völlig harmlos aussehende Wunden
Allerdings zeigt sich meist
eine ganz oberflächliche Gewebsnekrose (8); auch auf der Haut,
was die Fälle 2—3 besonders gut zeigten. Je nachdem die Re-
sistenz des Gewebes herabgesetzt ist, wird es zu einer oberflächlichen
oder tieferen Gewebsschädigung kommen. Man sollte häufiger an
die Möglichkeit der Ansiedlung von Pseudodiphiheriebazillen denken.
Hat man bei hartnäckigen entzündlichen Effloreszenzen auf den
Schleimhäuten und dem von Haut bedeckten Gebiet der weiblichen
Genitalien durch gewöhnliehe Behandlungsmaßnahmen keinen Erfolg,
so impfe man auf die Löfflerplatte ab. Werden Diphtheriebazillen
nachgewiesen, so kann man nach den später zu erwähnenden Vor-
schlägen behandeln. Die Hautaffektionen mit ihrem leicht nekroti-
sierenden Charakter sind für Pseudodiphtherie meist so typisch,
daß man allein aus dem klinischen Bilde auch ohne bakteriologische
Untersuchung die Diagnose stellen kann.
- "Differentialdiagnostisch kommt neben Noma, Soor und
Ekzem vor allem die echte Diphtherie in Betracht. Die wichtigsten
klinischen Anhaltspunkte für echte Diphtherie an den weiblichen
Genitalien sind: "o.
1. Gleichzeitiges Bestehen einer extragenitalen echten Diphtherie-
infektion; 2. das für Diphtherie typische Fieber; 3. diphtberische
Lähmungen und andere toxische Schädigungen (Herzerkrankungen
usw.); 4. prompte Wirkung des Heilserums ohne unterstützende
Lokalbehandlung. |
Dazu kommt das eventuelle Feststellen eines epidemiologischen
Zusammenhanges der Erkrankung und der Ausfall des Tierversuches.
Wie Leick betonte, ist das gleichzeitige Bestehen einer
Rachendiphtherie bei echter Diphtherie der Vulva meist vorhanden.
Er fand zirka 2—Smal im Jahre bei 300 bis 400 Diphtheriepatienten
sekundäre Infektion der weiblichen Genitalien. Auch der von
Silberstein (9) beschriebene Fall hatte gleichzeitig eine Rachen-
diphtherie. Infektion des Rachens von diphtherischer Erkrankung
der weiblichen Geschlechtsorgane her ist theoretisch natürlich auch
durchaus möglich. Das für Diphtherie typische Fieber zwischen
38 und 39° wird'bei einer Erkrankung der Haut oder Schleimhäute
mit Belägen den Verdacht sicher auf Diphtherie lenken. Fieber
über 400, wie z.B. im Falle von Bumm, deutet auf Mischinfektion.
Fieber war in unseren Fällen nicht aufgetreten. Es kann ganz
fehlen, kann aber auch bei Pseudodiphtherie in dem Grade vor-
handen sein, wie es der lokalen Entzündung entspricht. Bei Fieber
ist die Entscheidung, ob Pseudodiphtherie oder echte Diphtherie
vorliegt, rein klinisch besonders schwer. : Toxische Schädigungen
durch Diphtherie der weiblichen Genitalien scheinen noch nicht
beobachtet zu sein. Wo jedoch Giftwirkungen auftreten, ist an
Pseudodiphtherie natürlich nicht mehr zu denken, sondern die
sofortige Serumbehandlung indiziert. Bei echter Diphtherie pflegen
überdies die lokalen Erscheinungen (Bazillenbefund) durch die all-
gemeine Behandlung völlig zu verschwinden, jedenfalls ist der Erfolg
der Serumtherapie eklataut im Gegensatz zur Pseudodiplitherie.
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-= infektionsmaßnahmen nötig.
© des Diphtherieserums hier eine spezifische ist; wahrscheinlich wirkt
26..Oktober © > © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. Be
Über die Bedeutung des epidemiologischen Zusammenhanges für Es handelt sich um eine 54jährige Patientin M. Alb. mit aus-
die Dilferentialdiagnose ist nicht viel zu sagen. Wo er so klar ist
wie in den Fällen von Haupt und Bumm wird er die Diagnose
wesentlich stützen. Im Zweifelsfalle entscheidet der Tierversuch,
ohne den eine exakte Diagnose „echte Diphtherie“ überhaupt nicht |
gestellt werden kann. Mögen auch auf dem Löfflernährboden noch
so reichlich Diphtheriekulturen gewachsen sein, — wo der Tierversuch
negativ ausfällt, handelt es sich um Pseudodiphtherie, i
| Der Verlauf der Pseudodiphtherie ist dadurch gekennzeichnet;
daß es sich nach den bei uns beobachteten Fällen um eine rein
lokale Erkrankung handelt. Deshalb ist auch die Prognose der
Pseudodiphtherie sowohl quoad vitam als auch quoad sanalionem
günstig zu stellen. . Es ist wichtig, daß solche auf der Oberfläche
angesiedelte Diphtheriebazillen nicht virulent. werden, wenn sie auf
das Tier übergeimpft werden. Die Meerschweinchen waren trotz
Injektion enorm hoher Gaben der von der Harnröhre gewonnenen
Bazillenaufschwemmung am‘. Leben geblieben. Dementsprechend
. scheint es auch unnötig, bei klinisch sicherer Pseudodiphtherie an `
. den Genitalien zu melden. Ebensowenig sind Isolierung und Des-
‘ Aorteninsuffizienz. Die Infektion liegt 25 Jahre zurück. Menopause
seit 7 Jahren. | ae 2 |
. Seit "Ende Oktober 1993 bestehen. krisenartige Schmerzen in
beiden Mammae, die mit Abträufeln von ca. 3—4 ccm einer milchig-
trüben Flüssigkeit einhergehen. Mikrosk.: Reichlich Kolostrumkörperchen,
vereinzelt Fetttröpfchen. ` | a E
~- Die Schmerzattacken, die anfangs seltener, in letzter Zeit mehr-
mals wöchentlich auftraten, sind jedesmal von Abfließen dieses Sekretes
begleitet.. In der anfallsfreien Zeit läßt sich Kolostrum 'nur tro pfenweise
herauspressen. Die Mammae selbst sind schlaff und atrophisch, Drüsen-
parenchym ist nur wenig palpabel. |
Es handelt sich .also hier um einen Fall von typischer Tabes
dorsalis, bei dem 7 Jahre nach der Menopause im Zusammenhang
mit Schmerzen im Gebiet der Mammae eine spontane Sekretion von
Kolostrum ‘aufgetreten ist. -i | |
. Biberstein (7) stellt 5 bisher mitgeteilte Fälle zusammen, bei
denen ein Zusammenhang zwischen Tabes und Mammasekretion
angenommen wird. Von diesen können aber nur die von Schmidtpott
(8), Biberstein (7) und der eine von Siding (9) als echte Mamma-
‚Die Therapie ist sehr einfach. Die Lokalbehandlung ist bei | krisen bezeichnet werden.
Pseudodiphtherie unerläßlich und steht im Vordergrunde der Therapie.
Am besten und fast spezifisch haben sich uns Pinselungen mit einer
1—2 Y%igen Trypaflavinlösung bewährt. , Trypaflavinsalben hatten
keinen guten Effekt. Haben sich Pseudodiphtheriebazillen auf
‚Schleimhäuten angesiedelt (Scheide, Harnröhre), so scheint die Serum-
injektion. von Nutzen zu sein. Es werden dadurch die subjektiven
Beschwerden bald gebessert, und die Lokalbehandlung wird unter-
stützt. Man kann ferner auch bei der Pseudodiphtherie der Haut
Serum spritzen, aber nur dann, wenn die Eflloreszenzen ausgedehnt
Sind oder fortschreiten. Wir wollen nicht sagen, daß die Wirkung
die Fälle von Halban (Ì0) und der zweite Fall von Siding irgend-
welche Schmerzsensationen, die mit der Milchsekretion in Beziehung.
stehen, vermissen lassen.
sich hier — wie von den Autoren angenommen — um eine mit der
Tabes in Zusammenhang stehende Mammasekretion handelt; vielmehr
dürfte bei bestehender Tabes ein Zusammenhang mit der Ovarial-
funktion vorliegen, da bei beiden Patientinnen die Milchsekretion
unmittelbar bzw. kurze Zeit nach der Menopause eingesetzt hat.
das Serum nur protoplasmaaktivierend. Die kleinen Hautulzera
heilen durch Lokalbehandlung allein. |
| Wahrscheinlich wird die Diagnose „Diphtherie“ am weiblichen -
Genitale viel zu oft gestellt, und ein großer Teil der veröffentlichten
Fälle ist nicht ‘als echte Diphtherie anzuerkennen; fehlt doch bei
manchen sogar die bakteriologische Untersuchung. Vor allem aber
‚ist fast niemals ein Tierversuch angesetzt, das einzige Mittel, was
der Bakterivlogie zur Verfügung steht, um Pseudodiphiherie von
echter Diphtherie zu unterscheiden. Nach unseren Erfahrungen
dürfte demnach größte Zurückhaltung beim Stellen der Diagnose
auf Diphtherie am weiblichen Genitale geboten sein. Sollten weitere
- Fälle beschrieben werden, so bedarf es stets des Tierversuches als
Beweis für die Tozis der nachgewiesenen Bazillen.
. Literatur. 1, Bumm, Zschr. f. Gebh. u. Frauenkrankh,, Bad. 33, S. 326. — |
2% Haupt, Walter, M.E1.1921, Nr. 17; Loick, D.m.W. 1900, Nr. 12, S.196; Klein-
. schmidt, Arch. f. Derm. u. Syph., 1921, 130, S. 515; Peiper, ref. D.m.W, 1918,
Nr. 24, S. 870; Winckel, Handbuch, Ba. 8. v.Herffund Waltharà,1906, S. 461. —
. 8 Mondolf 0, ref. Jahresberichte über die Fortschritte auf dem Gebiete der Ge-
burtshilfe und Gynäkologie 1918. — 4, Win ckel, Handbuch der Frauenkran kkeiten,
Krankheiten der weiblichen Harpröhre, S. 45. — 5. zit. bei Leick, l.e. — 6,1... —
T Anschützu. Kißkalt, M. m. W. 1919, Nr. 2, S. 83. — 8. Haupt, l. œo — 9, Silber-
. stein, D. m. W, 1900, Nr. 85, S. 566. :
drüse` auf verschiedene Reize hin erfolgen kann. So berichten
Auftreten von Milchsekretionen im Anschluß an die-Menopause bzw.
nach Ovariektomie. | | a
vorzuliegen.
stellten, neben der Tabes noch eine Beziehung zwischen der Ovarial-
tätigkeit und der Milchabsonderung bestanden hat, muß dahin
gestellt bleiben. Be
Literatur: 1. Dauwe, H. L’Hyperssoretion au cours des crises gastriques
1912. — 4. Piazzo, Zschr. f. ges. Neurol. u, Psych. 1910,1. — 6, Müller, Mitt. d. Ges.
f. inn. Med. u. Kindb)k. 1918, 17, 84. — 6. Sandbe rg, Dt. Zschr. f£. Nervhlk. 1920, 65,
120. — 7. Biberstein, Klin. Wschr. 1922, Nr.2. — &. Schmidtpott, Inaug.-Diss,
Freiburg 1908. — 9. Siding, W. kl. W. 1909, Nr.8u.9. — 10. Halban, Arch. f. Gyn.
18. Alsberg, Zbl, f, Gyn. 1907, Nr. 51.
‘ Aus der Inneren Abteilung des Krankenhauses der J üdischen.
Gemeinde in Berlin (Direktor: Geh,-Rat Prof. Dr. H. Strauß).
Ueber gehäuitesVorkommenvon schwerem Singultus.*)
Von Dr. L. Nelken. |
Im folgenden möchte ich über. drei zu gleicher Zeit auf der
Abteilung von Herrn Geh.-Rat Strauß zur Beobachtung gelangte -
Fälle von schwerem Singultus berichten. Es handelt sich um
folgende Fälle: re
. a) Der:1. Fall betraf einen 63 jährigen Hypertoniker mit
. Granularatrophie der Nieren ohne urämische Symptome; der Blutrest-
stickstoff betrug bei wiederholter Untersuchung niemals über 60 mg %.
Der Patient begann über Schläfrigkeit und Eingenommensein des Kopfes
zu klagen, und geriet allmählich in einen Zustand von Somnolenz. |
Am 5. Mai trat bei ihm ein Tag und Nacht ununterbrochen 5 Tage
hindurch anhaltender Singultus auf; der Exitus- erfolgte unter den
‚Zeichen der Kreislaufsinsuffizienz. Zen |
= b) Im 2. Falle handelt es sich um einen 54 Jahre alten
Mann mit apoplektiformer Hirnlues, der früher wegen Hysterie, Epilepsie
und Alkoholismus in Nervenheilanstalten behandelt worden war. 1922
erlitt er den ‘ersten’ Schlaganfall’ mit Lähmung der linken Seite, im
November 1923 den zweiten, seit welchem er nur noch einen Schimmer
vor den Augen sah und an Gedächtnisschwäche litt; damals wurde
positive Blut- und Liquor-Wa.R., positiver Nonne und Pandy im Liquor
Aus der]. Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses Neukölln |
in Berlin.(Direktor: Prof. Dr. R. Ehrmann).
Mammakrisen bei Tabes.
Von Dr. J. Preuß und Dr. A. Jacoby.
Unter den bei Tabes auftretenden Krisen kommen bekanntlich
auch solche der drüsigen Organe vor, die mit Sekretionsanomalien
einhergehen. So finden sich mehrfach Angaben über derartige Krisen,
Z. B. der Tränendrüsen mit Lichtscheu, Tränenfluß und Konjunktivitis
(12,8), der Speicheldrüsen mit Salivation (4) sowie der Magen- und
choon (5 A mbantdrüsen mit Magensaftfluß bzw. profusen Diar-
oen (5, 6),
.., Über Krisen der Mamma, die wohl zu den seltensten der.
drüsigen Organe gehören, finden sich nur vereinzelte Angaben; in
allen erwähnten Fällen ist eine Absonderung eines Sekretes vorhanden.
erariige Mammakrisen sind also charakterisiert durch zeitweise auf- :
tretende Schm erzattäcken im Bereiche der Brustdrüsen, in deren Verlauf
‚oder Gefolge es zu einer lebhafteren Sekretion von Milch oder mileh-
ähnlicher Flüssigkeit kommt. Infolgedessen sind Sensationen im
ereich der Mammae, die ohne Sekretion verlaufen, nicht als Mamma-
‚sen, sondern als Interkostalneuralgien aufzufassen. l
Mann E hatten Gelegenheit. in letzter Zeit eine Patientin mit echten
ammakrisen zu beobachten. u |
\
*) Nach einen Vortrag in der Sitzung der Hufelandischen Ge-
sellschaft vom 26. Juni 1924, | |
gesprochener, seit 4 Jahren bestehender Tabes dorsalis und luischer -
Hier sind gleichfalls typische „Krisen“, „Heftige Schmerzen“ |
bzw. „Stechen in den Brüsten“ mit Sekretion vorhanden, während :
Infolgedessen möchten wir auch Zweifel daran hegen, ob es u |
Bekannt ist ja die Tatsache, daß ein Sezernieren der Brust- -
Halban (10), Grünbaum (11), Landau (12)und Alsberg (18) über `
Ein ähnlicher Zusammenhang scheint auch in diesen zwei Fällen j
Ob in dem Fall von Schmidtpott, bei dem Schmerzattacken |
mit Sekretion Awöchentlich einige Tage nach den Menses sich ein-.
du Tabes, — 2, Knauer, Schmidts Jahrb. 1908, 2, II. — 3. Fabinyni, Neurol. Zbl.
Bà. 75.— 11. Grünb aum, D. m. W. 1907, Nr. 26. — 12. Lan dau, D, m. W. 1890, Nr. 83, — i
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` Zyrerchfellkrampf von vornherein neben anderen klonischen Muskel-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. 26. Oktober
von postoperativem Singultus gehören, in denen eine Harnstoff-
vermehrung im Blute nachzuweisen war — und akuten Infektions-
krankheiten wurde der schwere Singultus bei organischen Hirn-
erkrankungen beobachtet wie Apoplexien, tuberkulöser Meningitis,
als Frühsymptom von Syringomyelie (S ollier), als Singultuskrisen
bei Tabes (Stembo), bei Encephalitis pontis (Öppenh eim). Krank-
heitsherde im Stirnhirn können nach Knapp durch unmittelbare
Reizung des Zwerchiellzentrums im Fuße der zweiten Stirnwindung
(Bechterew, O. und C. Vogt) Ursache von Singultus werden. In
den Fällen von Strümpell, der den Phrenikus mehrere Male in
den Exsudatmassen einer iuberkulösen Mediastino-Perikarditis ein-
gebettet fand, und in den seltenen Fällen, in denen ein Aorten-
aneurysma einen schweren Singultus zur Folge hatte, handelte es
sich. wahrscheinlich um eine über die sensiblen, dem Phrenikus bei-
gemischten Fasern gehende reflektorische Reizung der bulbären
Zentren. Im Anschluß an allgemeine Kachexie hat Herr Geheimrat
Strauß mehrfach Singultus gravis mit letalem Ausgang beobachtet,
ohne daß ein Anhaltspunkt für organische Veränderungen am
Gehirn, am Phrenikus oder am Zwerchfell vorlag.
Eine Therapie des schweren Singultus ist wenig aussichts-
reich. In unseren Fällen hatten die verschiedensten Narkotika und
Luminal keinen Erfolg. Die Machtlosigkeit der internen Therapie
hat infolgedessen zu Versuchen eines chirurgischen Vorgehens ge-
führt. Je nachdem, ob ein ein- oder doppelseitiger Zwerchlellkrampf
dem Singultus zu Grunde liegt, wurde ein- oder doppelseitig die
temporäre Ausschaltung des Phrenikus durch Novokaininjektion in
den Nerven empfohlen. Erst wenn diese erfolglos blieb, schritt
man zur Vereisung, zu partieller oder totaler Durchschneidung oder
zur Exairese des Phrenikus. _ Bei letzteren Prozeduren ist auf
Schleifenbildung mit dem Nervus subelavius zu achten (Goetze).
Indessen riet erst kürzlich Kappis Skepsis gegen die Aussichten der
chirurgischen Therapie an, da er in einem seit 3 Jahren bestehenden
Singultusfall trotz völliger Zwerchfelllähmung nach Pbrenikusdurch-
schneidung und Phrenikusexairese den Singultus in Form von klo-
nischen Kontraktionen der Hals-, Schulter-, Brustmuskulatur und
anderer Atmungsmuskeln fortbestehen sah und nach weiteren ver-
geblichen chirurgischen Eingriffen erst durch eine auf psychogenem
Wege wirkende Kompression des Larynx den Singultus beseitigen
konnte.
Literatur: Aronowicz, K1. W. 1923, Nr.35. — Bittorf,B.kl.W. 1920, Med.
Sekt. d. schles, Ges. f. vaterl, Kultur. — Kappis, KLW. 1924, Nr. 94. — Knapp:
Mschr. f. Psych. u. Neurol. 1921, 50. — Kremer, Ergebnis d. Chir. u. Orıhop. 1922,15. —
Küttner, D. m. W. Nr. 15. April 1921. — Lange, D. Zschr. f. Chir. 1922, 169. —
Oppenheim, ‚Lehrbuch der Nervenkrankheiten. 1924. — Pick, D. m.W, 1921, Ver-
ein deutscher Ärztein Prag. — U mber, D.m.W. 1921, S. 282.
und linksseitige Hemianopsie festgestellt. Im Februar 1923 erlitt er
den dritten Schlaganfall mit Lähmung der rechten Seite und fast
völliger Unfähigkeit zu sprechen. Neurologisch fanden sich bei der
Aufnahme ganz geringe rechtsseitige Hemiparese, Steigerun der
Sehnenreflexe und positiver Babinski rechts; die Sensibilität, die Blasen-
und Mastdarmfunktionen waren ungestört. Die Pupillenreaktion auf
Lichteinfall und Konvergenz war beiderseits gleichmäßig und ausgibig;
die rechte Pupille war etwas weiter als die linke. Im Augenhinter-
grund erwies sich die linke Papille eine Spur abgeblaßt; eine Hemianopsie
ließ sich, wenigstens bei grober Prüfung nicht feststellen; Finger wurden
in t/s m Entfernung erkannt. Die Sprache war monoton; der Patient
sprach hastig in kurzen Absätzen. Die intellektuellen Fähigkeiten
waren nicht wesentlich gestört. Der Patient war stets depressiv ge-
stimmt, klagte über Schlaflosigkeit und schreckhafte Träume und äußerte
wegen seiner Hilflosigkeit häufig den Wunsch, zu sterben. Bei ge-
wöhnlicher Kost hatte der Patient ständig zwischen 1—2 % schwankende
Glykosurie. Der Zustand des Kranken besserte sich unter antiluetischer
Tage setzte ein Tag und Nacht ununterbrochen anhaltender Singultus
ein, mit einer Pause von einigen Stunden am 5. Tage dauerte der
Singultus im ganzen 8 Tago und hörte erst 3 Tage vor dem unter
fortschreitendem Verfall und zunehmender motorischer Unruhe er-
c) Der 3. Fall betraf einen 96 Jahre alten Patienten mit schwerer
Phthise, vorwiegend des linken Oberlappens, mit Amyloidnephrose und
ulzeröser Dickdarmtuberkulose. Am 25, Mai wurde er plötzlich von
uälendem Singultus befallen; während des 7 Tage hindurch, Tag und
Nacht ohne Unterbrechung anhaltenden Singultus war das Bewußtsein
des Patienten nicht getrübt; erst unmittelbar vor dem Exitus trat Be-
nommenheit ein.
Das gleichzeitige ‘Vorkommen der hier kurz erwähnten‘ drei
Fälle läßt zunächst an eine Zugehörigkeit zum epidemischen
Singultus denken wie er im Zusammenbaug mit dem Auftreten der
Encephalitis epidemica beobachtet wurde. Es wurde dabei wieder-
holt Übergang in Encephalitis epidemica gesehen, oder es bildete der
krämpfen nur ein Symptom der myoklonischen Form der Encephalitis
epidemica. Die ersten Berichte hierüber stammten aus dem Winter
1919/20 aus Wien und Budapest. Es folgten bald Beobachtungen
aus der Schweiz, aus Paris, Prag und verschiedenen Orten Deutsch-
lands, aus Italien, Petersburg usw. Die von Bittorf in Breslau,
Pick in Prag und Aronowicz in Petersburg mitgeteilten Fälle
schlossen sich an eine leichte Rhinopharyngitis an und dauerten
9—12 Tage. Der Verlauf war durchweg gutartig. Eigenartig da-
bei war, daß fast ausschließlich Männer im Alter von 25—45 Jahren
erkrankten. Wir halten es indessen nicht für wahrscheinlich, daß
es sich in unseren Fällen um epidemischen Singultus handelte.
Denn abgesehen davon, daß in letzter Zeit weder epidemisches Auf-
treten von Enzephalitis noch von Singultus in Berlin bekannt ge-
worden ist spricht auch das schwere klinische Krankheitsbild und
der in allen 3 Fällen tödliche Verlauf in gewissem Grade gegen die
Zugehörigkeit zum epidemischen Singultus. In den beiden zuerst
geschilderten Fällen könnten organische Veränderungen des Gehirns
selbst den Singultus hervorgerufen haben. Denn jm ersten Falle
bestand neben einer Arteriolosklerose der Nieren und einer fühlbaren
Sklerose aller peripherischen Arterien eine Arteriosclerosis cerebri,
die sich in Schlafsucht, Erschwerung des Gedankenablaufes und der
Sprache, Gefühl des Kopfdrucks und des Eingenommenseins des
Kopfes äußerte, während echt urämische Symptome fehlten. In dem
zu zweit angeführten Falle handelte es sich um eine Lues cerebri.
In dem Falle des Phthisikers waren von geläufigen: Ursachen des
Singultus weder eine Peritonitis noch eine tuberkulöse Meningitis
vorhanden. Auch die Nierenerkrankung war nicht als Ursache anzu-
schuldigen, da sie ohne Urämie einherging. Es wäre zur Erklärung
des Singultus in diesem letzteren Falle vielleicht an die Möglichkeit
zu denken, daß die im Phrenikus verlaufenden zentripetalen Fasern
an irgend einer Stelle ihres Verlaufes im Thorax gereizt wurden
und dieser Reiz reflektorisch auf das Zwerchfellzentrum im ver-
längerten Mark übertragen wurde. Auf diese Weise wäre das
merkwürdige Zusammentreffen dreier Fälle von schwerem sympto-
matischem Singultus dem Verständnis nahegebracht und die Mög-
lichkeit der Häufung dieses Krankheitsbildes auch ohne infektiöse
Ursache plausibel gemacht. Schwerer Singultus ist zwar bei Deus
und Peritonitis als ominöses Symptom allgemein bekannt, stellt aber
bei anderen Erkrankungen immerhin ein selteneres Vorkommnis dar.
Außer bei echter Urämie — dazu würden nach Marion auch Fälle
Zwei Jahre „Phlogetan-Erfahrung‘“ in der Augen-
| heilkunde. Ä
Von Dr. Heinz Heim, Bukarest,
Spezialist für Augenkrankheiten.
Seit Einführung der Reizkörpertherapie auf geordneter wissen-
schaftlicher Grundlage in die Medizin, haben sich außer der Milch und
ihren Abarten, vielleicht nur wenige Präparate behaupten können;
darunter in erster Linie das Phlogetan nach Oskar Fischer.
| Speziell in der Augenheilkunde, welche wie wenige Zweige
der Medizin verlangt, daß sowohl vom internen, als auch dermato-
logischen, syphilidologischen und neurologischen Standpunkt aus
gearbeitet wird, hat sich das „Phlogetan“ eine besondere Stellung
errungen.
Der Schreiber dieser Zeilen hatte als einer der ersten unter
den Augenärzten Gelegenheit, das genannte Präparat von der Fab
„Norgine“ in Außig zu erhalten, und konnte demgemäß an einem
reichen Krankenmaterial genügend Versuche unternehmen, welche
nach 2 Jahren zu einem ziemlichen Abschluß gelangt sind.
Es soll nur gleich gesagt werden, daß sich Phlogetan, sowi®
jedes andere Präparat der Reizkörpertherapie bei Lid- und Binde-
hauterkrankungen des Auges, sowie bei ulzerösen Prozessen der
Hornhaut nicht bewährt hat. Ausgenommen ist die Blennorrho®
der Neugeborenen und der Erwachsenen, wo Phlogetan die Schrecken
dieser Krankheit sehr vermindert, ja bei den Fällen von Blennorrho®
der Neugeborenen sich als eine der wichtigsten Hilfen erwiesen hat.
Ähnlich sind die Verhältnisse bei der Conjun etivitis eczema-
tosa. Wir hatten Gelegenbeit in 2 Jahren ungefähr 4932 Fälle dieser
Krankbeit zu behandeln und zwar sind in diese Statistik nur die
Fälle aufgenommen, welche ganz ausgesprochene Plyktänen au"
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‘zuweisen hatten, wo es.aber doch nicht zu ulzerösen Prozessen in
der Kornea gekommen war. Diese Fälle wurden neben der lo-
kalen Behandlung, welche in Applikation von Borstaub und Kollar-
golsalbe bestand, jeder einer Phlogetankur unterzogen und zwar
wurden je nach Bedarf von 2—5 cem intraglutäal gespritzt. Hervor-
heben möchten wir hier schon, daß es notwendig ist, sehr tief in
den Muskel zu injizieren und dabei sehr langsam zu spritzen, weil
dadurch die Injektionen beinahe ganz schmerzlos werden. Die
Patienten wurden immer darauf aufmerksam gemacht, daß sie fiebern
werden und sich die Injektionsstelle röten werde; damit wurde allen
unliebsamen Weiterungen von Seite des Patienten ausgewichen. Bei
allen diesen Fällen ist es zu keinen unangenehmen Nebenerschei-
nungen gekommen. Hier und da mußte zur Beruhigung etwas Brom-
Natrium gegeben werden. Auffallend war es, wie besonders die
Nasenaffektionen, die ja bei der Conjunctivitis eczematosa immer
‚einhergehen, in einigen Tagen gebessert wurden und bald ver-
schwanden, so daß durch Unterbrechung des Circulus vitiosus Nase —
Auge — Nase, durch Ausschaltung des einen Teiles, die Heilung
des anderen anheben konnte.
Ganz merkwürdig war, daß die mit Phlogetan behandelten
Patienten, von denen die Mehrzahl im Alter von 3—14 Jahren stand,
sich auch somatisch erholten, mehr Appetit bekamen und so der
allgemeinen Therapie, welche ja in erster Linie in guter Nahrung
besteht, einen Angriffspunkt bieten konnten. Es haben ja inzwischen '
andere Autoren (Sorgo-Weidinger) über die Phlogetanbehandlung
bei Tuberkulose Günstiges .zu berichten gewußt und es ist darum
erklärlich, daß bei den Ekzematosafällen, welche ja meistens und |
in erster Linie auf Skrofulose beruhen, Phlogetan eine wie oben ge-
schilderte gute Wirkung haben konnte.
Bei der Keratitis parenchymatosa und Keratitis inter-
stitialis wurde Phlogetan von 2 Gesichtspunkten aus verwendet.
Es wurde bei den luetischen Fällen als ein das Virus entankerndes
Mittel verwendet und zwar in der Weise, daß einer Salvarsan- und
Quecksilberkur eine Vor- und Nachbehandlung mit Phlogetan an-
gegliedert wurde. Es sollen hier nicht einzelne Krankheitsgeschichten
angeführt werden, sondern es soll nur durch 47 Keratitis parenchyma-
tosa-Fälle der Beweis erbracht werden, daß die therapeutischen Er-
folge ohne Phlogetan beileibe nicht die gewesen wären, die sie durch
Anwendung des Mittels wurden. Es ist tatsächlich gelungen, frische
Parenchymatosafälle bei Verwendung von Injektionen im Gesamt-
ausmaße von 25 ccm und anschließender Hg-Schmierkur in 14 Tagen
vollständig zu heilen, während langwierige Fälle — die einer jahre-
langen spezifischen Behandlung trotzten — durch eine kombinierte
Phlogetankur zu einem gedeihlichen Resultat geführt wurden. -
Sehr schön und besonders schnell reagierten Fälle von inter-
stitieller Keratitis, von denen uns 19 Fälle zur Verfügung standen,
auf Phlogetan allein.
Die Iridozyklitis, war sie nun luetischen, tuberkulösen,
gonorrhoischen, rheumatischen oder anderen Charakters, ‚bot gleich-
sam der Phlogetantherapie ein reiches Betätigungsfeld und wir
möchten uns erlauben, in einigen Krankengeschichten besonders
Interessante Fälle zu demonstrieren.
N. V., Gutsverwalter in U. bei Ploesti, Rumänien, erscheint eines
Tages mit folgenden Symptomen: Außerstarkerziliarer und konj unktivaler
Injektion des Bulbus, ist die Iris in ihrer Struktur total verwaschen
und geschwollen, Pupille ganz eng und mit Exsudat erfüllt. Am
Pupillarrande der Iris gegen 2 Uhr ein zirka 4 mm breiter und 11/ mm
dicker graubrauner Höcker, an den sich gegen 3 Uhr zwei andere
kleinere Höcker von gleicher Farbe anschließen. Der Bulbus ist
schmerzhaft, der intraokuläre Druck erhöht (zirka 29 Hg). Der Patient
will vor einem Jahre eine frische luetische Infektion mitgemacht haben,
welche er mit Salvarsan und Quecksilber behandelt hat und soll die
- gegenwärtige Augenerkrankung ungefähr 2 Monate alt sein. Er war
vor zirka 4 Wochen bei einem Augenarzt, der ihn lokal mit Atropin
und heißen Umschlägen behandelte, und hat bisher 2 Serien Salvarsan
; erhalten und nebenbei 3 Touren Hg geschmiert. Er gab an, daß sich
seine Sehschärfe von Tag zu Tag verschlechtert habe. |
Wir verordneten neben lokaler Behandlung mit etwas Eserin und
Dionin (wegen der bestehenden Drucksteigerung) eine Phlogetankur,
und zwar. wurden am 1. Tage sofort 5 ccm injiziert, welcher am 4. Tage
wieder die gleiche Dosis folgte. Der Patient kam am Tage nach der
: jektion zu uns und erklärte, daß er in der Nacht „furchtbare“
chmerzen im Auge gehabt habe. Der Befund war folgender:
Abgeschen von starkem Tränenfluß und heftiger ziliarer Injektion,
war die Pupille bis zur Mittellage erweitert und die Iris haftete nur
mit dem Zipfel, an welchem sich das syphilitische Gumma befand, an
er vorderen Wand der Linsenkapsel; eine übriggebliebene Exsudat-
scheibe im Zentralbereiche der Pupille und dichte Glaskörpertrübungen
verhinderten den Einblick auf den Fundus. | |
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — m4. > 150
Wir begannen jetzt die Behandlung mit Neosalvarsan und
spritzten alle 5 Tage 0,4—0,5 ccm intravenös. Am zweiten Tage
nach jeder Salvarsaneinverleibung spritzten wir 3 com Phlogetan. Am
27. Tage der Behandlung war folgender Status praesens:
Fehlen jedweder konjunktivaler und ziliarer Injektion, Pupille
maximal erweitert, Irisstruktur deutlich sichtbar. An der Linsenkapsel,
der früheren hauptsächlichen Anhaftungsstelle. der Iris entsprechend,
anz kleine Pigmentfleckchen. Beim Durchleuchten fanden wir feinste
laskörpertrübungen, ansonsten ist der Fundus gut sichtbar, Papillen-
enzen vollkommen scharf, der Perimeterbefund zeigt noch ein .
eutliches Zentralskotom.
Die Lokalbehandlung besteht nun tagsüber im Einträufeln einer
Skopolamin-Atropinlösung, abends Applikation von kleinen Mengen
Dionin. Die Salvarsan- und Phlogetankur wird fortgesetzt, bis der
Patient im ganzen zirka 8 g Salvarsan und zirka 60 g Phlogetan er-
halten hat. — Nach Abschluß dieser Kur wird der Patient mit einer
Sehschärfe von 6/6 ? Jäger 1 vollkommen geheilt entlassen, nachdem
das Verschwinden des Zentralskotoms, welches allein für uns ein
sicheres Kriterium einer abgeheilten Iridozyklitis bedeutet, bewiesen
Sa Sa nun auch nicht mehr der geringste pathologische Befund
estehe. =
Unter den vielen Iridozyklitisfällen, welche wir zu beobachten
Gelegenheit hatten, hat es sich gezeigt, daß das Phlogetan bei gar
nicht stürmischen- Allgemeinerscheinungen, tatsächlich, wie es sich
viele Autoren vorstellen, am meisten das Punctum minoris resi-
stentiae angreift: und z. B. in dem oben geschilderten Falle die
Iris ohne Wirkung eines Mydriatikums von der Linsenkapsel los-
gelöst hat. i
Wir haben seither Phlogetan bei allen Affektionen der Iris
und bei allen entzündlichen Veränderungen des Ziliarkörpers reich-
lichst verwendet und damit auch bei der sympathischen Ophthalmie,
und -zwar in vier Fällen während zweier Jahre ein promptes posi-
tives Resultat erzielt. | u
‘ Diese günstigen Erfahrungen haben dazu geführt, daß wir bei
allen intraokulären: Verletzungen sofort prophylaktisch große Phloge-
tandosen injizierten, um einer plastischen Iridozyklitis vorzubeugen
und vor allem eine sympathische Opbthalmie zu verhüten. 2 Kranken-
geschichten werden auch hier beweisend wirken. en
Am 22. April 1922 wurde mir von Dr. R. in Ploesti ein 37jähriger
Arbeiter, N. L., in der Petroleumraffinerie Aquila Franko Romano be-
schäftigt, zugewiesen, dem kurz vorher bei der Arbeit ein Metallsplitter
in das rechte Auge geflogen war. Der Befund war kurz folgender:
Im lateralen Teile des Bulbus, zirka 6 mm vom Limbus entfernt,
eine zirka 12 mm breite, von oben nach unten ziehende Schnittwunde,
in welcher neben Glaskörpermassen ein etwa hellergroßer, metallischer,
scharfer Fremdkörper steckte. Bis zur Vorbereitung der Operation
wurden sofort 5 ccm von dem mir damals als Neulingspräparat zur
Verfügung stehenden. „Phlogetan“ injiziert. Die Operation bestand im
Anlegen von je 4 Doppelnähten an jedem Wundrande, ganz losem
Knüpfen über dem Fremdkörper, Extraktion desselben mit dem Magneten.
Hierauf aus der definitiven Naht der Sklera, Abkappen der Glaskörper-
massen. Nach Einträufelung einer 20°/,igen Kollargollösung wurde
auch die Konjunktiva, genäht und darauf das Auge verbunden.
Die Wunde heilte primär ohne jede Komplikation. Zirka 8 Tage |
wurde die Glaskörperblutung mit Kochsalzinjektionen behandelt und
dabei eine Gesamtmenge von 34 ccm Phlogetan gespritzt: Nach’ Ab-
schluß der Behandlung war die Sehschärfe 6/18 und der Perimeter-
befund des rechten Auges zeigte ein Skotom entsprechend der Narbe
in Chorioidea und Retina. AR
Am 5. Oktober 1922 erscheint abends der ge Metalldreher z
D. J., welchem kurz vorher beim Hämmern eines Kupferröhrchéns ein
Splitter in das rechte Ange geflogen war. Der Befund ist folgender:
5 mm vom lateralen Hornhautrande eine zirka 2 mm große
Perforationsöffnung in der Sklera. Die vordere Kammer ist total mit
Blut erfüllt, so daß Durchleuchtung und Spiegelbild vollkommen
negativ sind. Der Bulbus ist stark schmerzhaft und weicher ‘als
normal. Die Sehschärfe, Lichtempfindung in 6 m mit schlechter
Projektion. Farben rot und grün werden erkannt. — Mit Rücksicht
darauf, daß auch eine versuchte Magnetextraktion ohne jedes Resultat
blieb und das Extrahieren des Fremdkörpers mit .der Pinzette ganz
:nutzlos gewesen wäre, wurde der Patient auf die Schwere und den
Ernst seines Zustandes aufmerksam gemacht und ihm eine eventuelle
Enukleation in Aussicht gestellt. Nebst lokaler Behandlung mit 200),
Kollargol und Verband, erhielt der Patient. sofort 5 ccm Phlogetan
und wurden hierauf an jedem zweiten Tage weitere 8 cem gegeben,
bis eine Gesamtdosis yon 40 ccm erreicht war. Die Sehschärfe nahm
täglich mehr und mehr ab, bis nach 14 Tagen nur mehr Licht-
empfindung auf 5 m und Projektion nach unten vorhanden war; eine
vorgeschlagene Enukleation des Bulbus wurde abgelehnt. Es blieb
daher für später nur eine lokale Behandlung mit Dionin in Substanz
übrig und wurde auch von Zeit zu. Zeit Phlogetan injiziert. Das ge-
sunde Auge wurde dabei genau beobachtet und es waren zwei Monate
später die. allerärgsten Reizerscheinungen an dem verletzten Auge
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auf ein Minimum reduziert. Nach einem Jahre teilte uns der Patient,
der inzwischen übersiedelt war, mit, daß das verletzte Auge voll-
kommen reizlos sei, er mit dem linken vollständig normal sehe „und
auf jeden Fall dankbar sei, daß ihm seln rechtes Auge, wenn auch
unbrauchbar, so doch erhalten blieb.“
Wir glauben, daß gerade das Gebiet der sympatbischen Ophthalmie,
welches ja noch so dunkel ist, durch das günstige Einwirken der
Reiztherapie etwas Aufhellung erfahren wird; eines aber ist klar er-
wiesen, daß diese furchtbare Erkrankung, in der oben genannten
Therapie einen Meister gefunden hat und wir ihr nicht mehr machtlos
gegenüber stehen. |
Wie schon bei der Iridozyklitisbehandlung erwähnt wurde,
hat sich Phlogetan bei Glaskörpertrübungen als ein hervorragendes
Mittel erwiesen. Glänzend waren die Erfolge bei Glaskörper-
trübungen besonders dann, wenn diese frisch waren, seien sie nun
]Juetischer, tuberkulöser, arteriosklerotischer oder traumatischer Natur
gewesen. Es stehen uns aber auch Fälle chronischer Glaskörper-
trübungen zur Verfügung, welche monatelang mit den üblichen
Mitteln, Salvarsan, Jod und subkonjunktivalen Kochsalzinjektionen be-
handelt wurden, welche auf Phlogetan hervorragend reagierten und
schon nach den ersten Injektionen bedeutende Remissionen zeigten.
Die Erkrankungen der Chorioidea und Retina wurden gleichfalls
durch Phlogetan mit mehr oder weniger Erfolg angegangen. Be-
sonders günstig sind Fälle von frischer Chorioiditis. In Fällen von
Retinitis diabetica wurde gleichfalls Phlogetan verwendet und es
zeigten sich auch hier auffallende Besserungen, welche wir vielleicht
damit erklären, daß die Reiztherapie, wie Singer berichtet, auf
Diabetes einen günstigen Einfluß ausübt. Alte retinitische und
chorioiditische Veränderungen blieben unbeeinflußt, weil ja selbst-
verständlich Phlogetan. dauernde Veränderungen nicht mehr regene-
‘tieren kann. Die Neuritis optica und vor allem die Neuritis
retrobulbaris boten ein dankbares Betätigungsfeld für unsere
Therapie. Wir hatten Gelegenheit, während einer Grippeepidemie zahl-
reiche Neuritis retrobulbaris-Fälle zu beobachten, und konnten
mit Phlogetan überraschend gute Erfahrungen erzielen. Es ist aber
gleich zu bemerken, daß man sich mit kleinen Dosen einschleichen
muß, und damit ist wieder der Beweis erbracht, daß gerade Phlo-
getan, welches schon in ganz kleinen Dosen durch die Leukozyten-
vermehrung wirkt, dem Arzte einen wichtigen Heilbehelf bietet.
Es war selbstverständlich naheliegend, daß wir Phlogetan ent-
sprechend den O. Fischerschen Erfolgen bei allen Erkrankungen
des Nervenapparates des menschlichen Auges versuchten, wenn sie
rheumatischer oder luetischer Natur waren, und bei allen Augen-
symptomen, die für Metalues, Tabes, Paralyse und multiple Sklerose
sprachen. Wir wollen hier gleich vorausschicken, daß die Erfolge
bei multipler Sklerose für uns noch keinen ausschlaggebenden Be-
weis bilden, weil das Sehvermögen bei dieser Erkrankung solchen
Variationen unterworfen ist, die von fast naher Erblindung bis zu
einem glänzenden Sehvermögen hin und her pendeln, vielleicht
Scheinerfolge, die auch ohne Phlogetan erzielt worden wären.
Anders steht es bei Augenmuskel-, Sphincter pupillae-Läh-
mungen und Ptosis. Es liegen uns hier 28 Fälle vor, bei denen
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
26. Oktober
wir in 21 Fällen günstige Resultate erzielten und zwar mit einer
kombinierten. Phlogetan-Salvarsankur, genau nach den Vorschriften
von O. Fischer.
Isolierte Fälle von Rectus internus-Lähmungen und Ab-
duzensparesen reagierten kombiniert mit Salvarsan bzw. Aspirin
auf Phlogetan in ganz hervorragendem Maße. Bei der Neuralgie
des Trigeminus besonders in den Fällen, wo sie den ersten Ast
des Nerven betrafen, Neuralgien, die durch die Bildung von Herpes-
hläschen auf der Kornea, abgesehen von der großen Schmerzhaftig-
keit für das Sehvermögen des betroffenen Auges sehr fatal werden
können, hat sich Phlogetan sehr gut anwenden lassen. lllustrierend
soll eine Krankengeschichte wirken: |
G. M., 62 Jahre alt, erscheint bei uns und klagt, daß er seit
8 Tagen „ganz furchtbare" Schmerzen in der linken Stirnseite und im
Auge habe. Beim Abnehmen des Verbandes sehen wir zahlreiche
Eifloreszenzen, entsprechend dem Verlaufe des ersten Astes des
Trigeminus und zwar teils Bläschen, teils solche schon geplatzt, zu
kleinen Geschwürchen zerfallen. — An der Kornea des linken Auges
finden wir gleichfalls ein: Bläschen, außerdem ist das Auge stark
ziliar gereizt, stark lichtscheu und der Bulbus bei der geringsten Be-
rührung schmerzhaft. Außer einer lokalen Behandlung des Auges, die
aus Einstäuben von geringen Dosen Dionin in Substanz und Ein-
streichen von Kollargolsalbe bestand, behandelten wir die Herpesefflores-
zenzen des Stirnbereiches mit etwas Noviformsalbe und injizierten s0-
fort 5 cem Phlogetan intraglutäal. Schon am nächsten Tage erklärte
der Patient, daß die Schmerzen vollkommen geschwunden seien.
Objektiv fanden wir die Bläschen im Trigeminusbereiche eingetrocknet,
auch die Kornea war frei von jedwedem pathologischen Befunde.
Wir setzten die Phlogetantherapie noch fort, injizierten in zweitägigen
Abständen je 3 cem und nnser Patient war. vollkommen geheilt.
Vier analoge Fälle von Trigeminusneuralgie, mehr oder minder
schwer, wurden mit gleich günstigem Erfolge behandelt.
Was die Behandlung der Atrophia nervi optiei anbelangt,
stehen uns trotz ungefähr 1!/,jähriger Erfahrung in der Behandlung
dieser Krankheit noch nicht genügend beweiskräftige Fälle zur
Verfügung. Auf jeden Fall kann aber schon gesagt werden, daß
beginnende Atrophien aufgehalten werden können. Bei totaler Ab-
blassung erhoffen wir uns aber keinen Erfolg, da ja Zugrunde-
gegangenes nicht mehr restituiert werden kann.
Zusammenfassend möchten wir sagen:
Phlogetan bietet dem Augenarzte durch seine einfache An-
wendung und dadurch, daß der Patient sehr wenig belästigt wird,
ein ausgezeichnetes Mittel für die Behandlung, sei es durch die
Reiztherapie allein, sei es dadurch, daß Phlogetan durch „eine
Entankerung der Toxine“ anderen spezifischen Medikamenten die
Bahn öffnet.
Wir müssen uns aber immer vor Augen halten, daß wir
Phlogetan nur in dem Maße anwenden, daß der Reiz ein schwacher
bleibt, damit wir Bestehendes erregen, nicht aber durch zu große
Intensität zum Absterben bringen.
(Ähnliche Resultate erzielten wir auch bei Lähmungen im
Bereiche des Nervus facialis.)
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus der Universitätsklinik für Psychische und Nervenkrankheiten
in Göttingen (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Schultze).
Zur Frage der Kollargolreaktion.
(Vorläufige Mitteilung.)
Von Dr. Hans Delbrück, Assistenzarzt der Klinik.
Die Veröffentlichung von Schmitt und Gebhardt!) zur Ver-
wendung geschützter Silbersole zur Liquordiagnostik veranlaßt mich,
über Untersuchungen zu berichten, die ich, unabhängig von beiden
Autoren, in letzter Zeit über die Kollargolreaktion angestellt habe,
wenngleich diese Versuche noch keineswegs abgeschlossen sind.
Ich muß zunächst bemerken, daß ich einen vollkommen
anderen Zweck mit der Kollargolreaktion verbinde wie Schmitt.
Schmitt will die Kollargolreaktion als einen Ersatz für die
Gold- und Mastixreaktion benützen. Ich lasse es dahin ge-
stellt, ob eine Notwendigkeit zu einer solchen neuen Reaktion
vorliegt.
Ich beabsichtige, im Gegensatz zu Schmitt aber, mit meinen
Untersuchungen eine Reaktion zu finden, die weniger empfindlich
1) Schmitt und Gebhardt, Zschr. Í. d. ges. Neurol. u.
Psych. Bd. 87.
| ist als die Gold- und Mastixreaktion, und die es dadurch gestattet,
die Paralyse von Erkrankungen, die gelegentlich mit ihr verwechselt
werden können, zu trennen, vor allem von der Tabes (Tabes-
psychose) und der multiplen Sklerose, die ja auch bei der Gold-
und Mastixreaktion zum mindesten sehr ähnliche Kurven liefern.
Es ist Schmitt offenbar entgangen, daß die geringe Empfindlich-
keit der Stern und Poensgenschen Kollargolreaktion von den
Autoren beabsichtigt war. So kommt es, daß er, sowohl in seiner
früheren Arbeit, wie auch in den jetzigen Mitteilungen, von dem
„Nachteil“ spricht, den die geringe Empfindlichkeit der Reaktion
mit sich bringt.
Daß es mit dem Kollargol gelingt, eine Reaktion anzustellen,
die diese Differentialdiagnose zwischen Paralyse und den genannten
Krankheiten gestattet, zeigen außer Sterns Untersuchungen un
Nachuntersuchungen, die in dieser Klinik durch Gerecht im
vorigen Jahr angestelit sind, auch die jetzigen Mitteilungen von
Schmitt, der ja berichtet, daß einige der von ihm ver-
wandten Präparate diesen „Nachteil“ der geringen Empfindlichkeit
gehabt haben.
Im übrigen stimmen meine Ergebnisse mit denen von
Schmitt und Gebhardt in vielen Punkten überein. Ic
habe verschiedene andere Präparate der Firma Heyden unter-
EB bei 4 %.
> ag. Oktober" 27.0. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48. >: ne
‘sucht und fand auch hier eine starke Difterenz hinsichtlich
ihrer Elektrolytempfindlichkeit, so daß ein Präparat. bei 0,85 %iger
-= NaCl-Konzentration ausllockte, . ein anderes bei 1,5.%, ein drittes
Ich
daß die Kolloidempfindlichkeit von der Elektrolytempfindlichkeit
stets abhängig sei und daß man deshalb nur Kollargole bei der
` Reaktion verwenden könne, die bei geringer Kochsalzkonzentration ..
ausflocken. Gewiß läßt sich in manchen Fällen die pathologische
‚ keit ist aber keineswegs. proportional. Denn. ein von mir ver-
= wandtes Präparat, das bei 1,5 % NaCl elektrolytische.. Fällung
‚zeigt, gibt auch -bei höchster, Kochsalzkonzentration keine
“pathologische Fällung, während ein anderes, das erst bei 4 %
NaCl ausflockt, deutliche pathologische Ausflockung ergibt. Es.
gibt offenbar und .elektrolytempfindliche
Kollargole. |
Den Nachteil, den Schmitt bei manchen Präparaten ge-
kolloidempfindliche
‚iunden hat, daß-die elektrolytische Fällung sich bis in die stärkste
- Liquorkonzentration durch schwärzlich grüne Verfärbung bemerk- |
Tiere, denen nur 10 und 15 g Rivanol pro Kilogramm des Körper-
bar macht, so daß eine Unterscheidung der pathologischen von der
‚elektrolytischen Fällung unmöglich wird, babe ich bei meinen
Untersuchungen vermeiden können, da ich stets eine Koch-
- salzkonzentration wählte, die etwas unter
grenze ag. ` : u 2
Über die endgültigen Ergebnisse meiner Untersuchungen wird
an anderer Stelle ausführlich "berichtet werden, insbesondere,
welches Präparat für die Zwecke, die Stern und Poensgen,
. wie auch ich, mit der Kollargolreaktion verbinden, am geeignetsten
‚sen id. 0 S T;
Aus der 1L-Chirurgischen Abteilung: des
~ im Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. Katzenstein).
© > Experimenteller Beitrag >
zur Anwendung des 1% Rivanols in der Bauchhöhle.
| = Von Dr. Max Libowitz, Assistenzarzt.
= ZurFrage der antiseptischen Behandlung derPeritonitismitRivanol.
‚ist in der Literatur mehrfach auf meine Versuche über die Anwendung
- des1%,, Rivanols ìn der Bauchhöhle von Hunden zurückgegriffen worden.
Ich habe bis.jetzt meine einfachen Versuche nicht veröffentlicht. Da sie
- Geburtsbililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 42.) .
Alonia post partum. Die Blutungen in dèr Nachgeburtsperiode
stellen die größten Anforderungen an die Kenntnisse des Arztes,
‚und muß derselbe stets die Ursache und Quelle der Blutung genau.
zu erforschen suchen, d. h. ob es eine atonische oder Rißblutung .
ist. Sind gute Nachwehen vorhanden und ist der Uterus hart, so ist
höchstwahrscheinlich eine Rißblutung vorhanden. Eine Ausnahme hier-
von macht die isolierte Paralyse der Placentarstelle, wo man bei
im großen und ganzen. gut kontrahiertem Uterus eine von außen
begrenzt. eindrückbare Stelle findet; diese Fälle sind aber
‚ enorm ‚selten, und habe ich nur zwei Fälle gesehen, die auch
starben (damals kannte man die Dührssensche Tamponade noch |
nicht).. Ist die Gebärmutter im ganzen schlaff, so kann sowohl
‚eine'Rißblutung als auch eine atonische Blutung bestehen. Massiert
man. den Uterus, kontrahiert er sich dann fest und blutet es trotz- .
dem weiter, so wird in den meisten Fällen eine Rißblutung vor-
liegen. Die Rißblutungen kommen seltener als die atonischen vor. :
Sio beginnen. auch meist sofort nach der Extraktion der Frucht,
während die atonischen erst allmählich zunehmen (siehe auch
= - Blutungen bei Placenta praevia) Akute transitorische Er-
blindung post partum infolge sehr starken Blutverlustes
kann auch einmal vorkommen. Man suche bier zunächst die auf
| Urämie „beruhende Amaurose, die quoad visum et vitam eine viel
ungünstigere Prognose bietet, auszuschließen. Diese Fälle von kurz-
dauernder Erklindung während der Nachgeburtsperiode sind wenig
kannt und sehr. selten beschrieben. Man denke daran wegen der
kann aber Schmitt’ nicht- beistimmen, wenn er meint,
der Elektrolyt-
Städtischen Krankenhauses -
Aus der Praxis
“kleiner ‚Dosis.
aber anscheinend für: die Anwendung des ‚Rivanols in der Bauch-
höhle beim Menschen wichtig geworden sind, möchte ich sie doch
bekannt geben. ; | | OF
- Bevor wir an der. II. Chirurgischen Klinik des Krankenhauses
im Friedrichshain das Rivanol in der Bauchhöhle beim Menschen an-
wandten, wurde mir die Aufgabe gestellt, experimentell nachzuprüfen,
ob das Rivanol wie die meisten.. anderen chemotherapeutischen
| ee | ee Veränderungen ‘lokaler und allgemeiner Natur
| | hervorruft. . ee | Be Ari
Fällung durch Erhöhung der Kochsalzkonzentration steigern; das |
Verhältnis von - Kolloidempfindlichkeit und Elektrolytempfindlich-
Als Versuchstier wählten wir zu diesem Zwecke den’ Hund, da
“bei diesem die Bedineingan in der Bauchhöhle denen beim Menschen
sehr nahekommen. Es wurde durch Mittelschnitt im Oberbauche die
‚ Bauchhöhle eröffnet, eine bestimmte Menge 1/,, Rivanol pro Kilogramm
. Körpergewicht, bezogen auf das Gesamtgewicht des Hundes, eingegossen
und durch Naht die Bauchhöhle fest geschlossen. Im ganzen wurden
so fünf Hunde behandelt, denen wir pro Kilogramm Körpergewicht je
. 60, 40, 20, 15'und 10g i% Rivanol’ injizierten. Hierbei zeigte sich
‘aber die Schwierigkeit, daß 60, 40 und 20 g 1°/,, Rivanol pro Kilogramm
Körpergewicht so enorm große Flüssigkeitsmengen. ergaben, daß durch
den Hochstand des Zwerchfells die Hunde nicht .mehr durchatmen
konnten. So starb der.erste Hund nach 8 Tagen an Bronchopneumonie,
zwei andere bereits nach 12 Stunden an Atemnot. Die’ letzten beiden
nn. injiziert waren, blieben ohne jede Störung des Allgemein-
efindens am Lieben. Ihr Urin. war stets- frei von Eiweiß. Sie mußten
' zur Untersuchung nach zwei.Monaten getötet werden. Bei allen 5Hunden
war das Peritoneum spiegelnd glatt. Es, bestanden keinerlei Verwach-
sungen. Beiden ersten 3 Hunden ergab diepathologisch-anatomische Unter-
suchung von Leber, Nieren und Herz stärkere Verfettung, die zwanglos
durch dieBronchopneumonie- und Atembehinderung; vielleicht auch durch-
eine geringfügige Intoxikation erklärt werden. Die letzten beiden...
' Hunde zeigten makroskopisch ‚nichts Pathologisches, mikroskopisch ganz .
vereinzelt Fettinfiltration, sonst war das Gewebe vollkommen normal... -
. ~ Im Gegensatz hierzu zeigte.die einfache Desinfektion der Haut mit .
10%/,iger Jodtinktur bei der Laparotomie eines Hundes trotz sorgfältiger `
Abdeckung. mit Tüchern und trotz Vermeidung. jeglichen Peritoneal-
defektes (die Därme wurden einfach nur 5 Minuten herausgewälzt) nach
Mengen, die beim Menschen in Betracht kommen (5 g.pro Kilogramm
Körpergewicht), selbst. in doppelter und dreifacher Menge. beim.
Hunde noch vollkommen unschädlich ist. Es verursachte nicht
einmal wie. die einfache Joddesinfektion der Haut Verwachsungen .
am Peritoneum, trotzdem es direkt in die Bauchhöhle eingegossen
! und von dort resorbiert worden war. — ` Ir
für die Praxis.
Prognose und: lasse in zweifelhaften Fällen den Augenhintergrund `
durch Augenspezialisten untersuchen. Die Prophylaxe. der ato--
nischen Nachblutungen gipfelt in der richtig geleiteten.
Nachgeburtsperiode,. Es ist absolut sicher und auch allgemein
anerkannt, daß seit Einführung der abwartenden Methode wirkliche,
d. h. schwere Atonien in gut geleiteten Anstalten höchst selten
oder kaum vorkommen. In mehr als 95°), der Geburten wird die .
Nachgeburt innerhalb !/,—2 Stunden spontan geboren. Wie soll
‘man sich nun verhalten?. In erster Linie abwarten, bis Zeichen der
Nachgeburtslösung vorhanden (siehe bei Eihautreteniionen), dann
exprimieren. Prophylaktisch kann ‘bei Fällen, wo Atonie . schon
vorkam — Anamnese auch hier wichtig — oder solche wahrschein- ` ``
lich eintritt (rasch beendigte Geburten, Hydramnion, zu frühes festes - :'
| Massieren, Zug an der Nabelschnur, ` Sturzgeburt) Ergotin oder
Gynergen,, je eine Spritze, gegeben werden, jedenfalls in nicht zu
Es sollen durch zu ‚große Dosen zwar krampfhafte.
Strikturen vorkommen, ich habe aber nie solche bei diesen Dosen
entstehen sehen. Es dauert bei intramuskulärer oder subkutaner
Einspritzung meist 10—15 Minuten “bis zur Wirkung. Von Guggis-
Gynergen als Uteruserregungsmittel „par excellence“ in
der Nachgeburtsperiode empfohlen (siehe das Kapitel „Wehen-
schwäche“). Dann übörwacht man den Uterus dauernd, bei Neigung . -
Weiland Kumpf (Wien) `
empfahl die sog. Zitterdrückung“. ‘Zu kräftiges und lange fort-
' gesetztes Massieren macht eher später Erschlaffung der Gebärmutter,
die. Gebärmutter mehr „kitzeln“, wie Liepmann empfiehlt. Man
exprimiere niemals die Placenta zu früh und dann nur bei fester
zur Erschlaffung massiere man leicht.
Zusammenziehung des Organs.
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Die Placenta muß stets nach Ab-
-6 Wochen schwerste Adhäsionen, so daß jede Orientierung in der Bauch- `
-höhle unmöglich war. ar RE ER
Unsere Versuche ergeben somit, daB das 1°/, Rivanol in den.
berg wird in der letzten Zeit auf Grund seiner Beobachtungen das .
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gang genau besichtigt werden, bei Verdacht auf Nebenplacenta oder
sonst abgerissenen Cotyledo gehe man gleich digital ein und ent-
ferne die zurückgebliebenen Teile nach gründlicher äußerer Des-
infektion und einer vaginalen 1°/,igen Lysolspülung, damit keine
Scheidenbakterien in den normalerweise davon freien Uterus ge-
bracht werden. Ist die Gebärmutter sicher leer, blutet es aber
trotzdem noch weiter, können heiße uterine Spülungen von
50° C — nicht nach Gefühl schätzen, da lauwarme Ausspülungen
sehr erschlaffend wirken — mit 1/,°/,iger Lysollösung oder 70°/,igem
Alkohol gemacht werden. In der Hallenser Frauenklinik wurde
unter dem Direktoriat Kaltenbachs Chlorwasser in der Ver-
dünnung 1—3 bevorzugt. Vielleicht ist Chloramin-Heyden
ein gutes neues Präparat (1—2 : 1000). Die heißen Spülungen
müssen genau mit dem Thermometer kontrolliert werden, da bei
unkontrollierten zu heißen Spülungen schon Verbrühungen vor-
gekommen sind, die ein gerichtliches Nachspiel hatten. Statt dieser
50°C heißen können auch eiskalte Spülungen gemacht werden; bei
zu großer Anämie verzichte man aber lieber und mache die heißen.
Diese Ausspülungen kann man auch unterlassen, besonders wenn
nicht ein gut ausgekochter Irrigator zur Verfügung steht, denn das
souveräne Mittel ist nach meinen Erfahrungen die feste Gaze-
tamponade der Gebärmutter, wie sie Dührssen 1889 zuerst empfahl.
Man kann Jodoform- oder Vioformgaze nehmen, die in !/,°/,ige
Lysollösung gelegt und dann, gut ausgedrückt, benutzt werden.
Lieber einmal zu viel als zu wenig tamponieren. Die Gaze kann
gut 24 Stunden liegen bleiben. Man halte sie stets bereit. Der
erste Gazestreifen muß gleich in den Fundus kommen, die. Gaze
sollen mit jedem Teile des Uterus in Berührung kommen; nur keine
zu schmale oder spitze Kornzange zur Tamponade wegen der Per-
forationsgefahr nehmen. Auch soll der weniger Geübte nicht gleich
den Uterus mit Zangen anhaken, da er leicht Scheidenschleimhaut
fassen kann. Der Geübte kann gleich anhaken, muß aber hoch
ansetzen, da sonst das Gewebe leicht ausreißt, besonders bei Placenta
praevia, und der Cervicalkanal zu sehr in die Länge gezogen wird.
Der Ungeübte drücke sich den Uterus bis zum Introitus herunter,
was post partum leicht geschieht, er kann dann nach dem Einbaken
einer Muzeuxschen Zange oder Kugelzange auch mit der Hand die
Gaze einführen oder er benutzt eine breite Kornzange, damit die
Tamponade eine möglichst feste wird. Zum Schluß sind Cervix
und Scheide fest zu tamponieren, letztere am besten mit
sterilisierter oder Salizylwatte?2). Man kann auch alles nur
mitGazestreifen tamponieren, die aber 10— 20m lang sein müssen, damit
fest tamponiert werden kann und keine Höhlenblutung entsteht.
Die Gaze soll besonders blutstillend wirken, wenn sie
in 50/,iger Natrium carbonicum-Lösung getaucht worden
ist. Eisenchlorid einzuspritzen oder Eisenchloridwatte in die
Gebärmutter zu bringen ist nicht gestattet. Bei schlechter Ge-
rinnung des Blutes geschah es früher manchmal in verzweifelten
Fällen, aber es unterbleibt auch hier besser wegen Bildung zu
ausgedehnter Thrombosen und zu starker Verschorfung der Gewebe.
Kaltenbach verwarf hier Eisenchlorid strengstens und ich habe
es infolgedessen auch nie angewandt. Versagen alle diese an-
gegebenen Mittel (Ergotin, Massage, Uterustamponade, die am besten
bei jeder protrabierten Geburt und bei operativen Fällen schon vor-
bereitet ist), so nehme man in verzweifelten Fällen die Mom-
burgsche Umschnürung des Abdomens vor, trotzdem sie ein
nicht ganz gefahrloses Verfahren ist. Der Gummischlauch wird in
Beckenhochlagerung zwischen Beckenschaufel und unterem Rippen-
rand angelegt, während man den Uterus symphysenwäris zieht.
Man mache 2—4 Touren und ziehe so lange, bis der Puls in der
Femoralis verschwindet. In Ermangelung eines Momburgschen
Originalschlauches kann man auch sehr gut einen Irrigatorschlauch
von etwa 2 m Länge benutzen.
Momburg selbst empfahl bei
Anämischen und Herzkranken große Vorsicht. Sellheim hat einen
Fall von tödlicher Cava-Thrombose mitgeteilt. Aber auch bei Ab-
nahme des Schlauches ist große Vorsicht nötig, länger als eine
Viertelstunde lasse man ihn nicht liegen. Oft hat die
Momburgsche Schlauchumschnürung lebensrettend gewirkt, ins-
besondere auch bei Blutungen von Cervixrissen, die der Praktiker
nicht nähen wollte oder bei ungenügender Assistenz nicht nähen
konnte. Es ist noch zu warnen vor reichlichen Getränken
und der Kochsalzinfusion, bevor die Blutung definitiv
gestillt ist. Nur nicht den Schlauch zu locker anlegen, da dann
eine venöse Stase erzielt wird, ohne die arterielle Blutung ganz
2) Watte ist bestimmt weniger imbibitionsfähig als Gaze.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
Cognak mit Tee verdünnt per os ge
26. Oktober
abzuschneiden. Während der Schlauch liegt, können die Vor-
bereitungen zu jedem Eingriff in Ruhe unter Wahrung der Anti-
sepsis gemacht werden. Durch diese Blutstillung nach Momburg
können wir auch gut die bimanuelle Kompression des Uterus, wie
sie seinerzeit Breisky (Wien) angegeben hat, entbehren, zumal
man bei dieser Methode in die Scheide mit der Hand eingehen und
längere Zeit verweilen muß, um die Portio gegen den Uteruskörper
zu drücken. Fritsch brachte den Uterus in starke Ante-
flexio durch Herabziehen desselben nach der Symphyse, wo er
dann mittels eines stark angezogenen Handtuches fixiert wird,
Dadurch, d.h. durch Druck der vorderen Uteruswand auf die hintere,
wird meist ein weiterer Blutverlust vermieden.
Es ist auch empfohlen worden, mit der: Fritschschen Me-
thode eine feste Scheidentamponade zu verbinden, welches Vorgehen
Liebmann in seinem geburtshilflichen Seminar erwähnt. Kalten-
bach hielt die alleinige Tamponade der Scheide für falsch
und nur in Kombination mit der Uterustamponade für an-
gebracht, weil sich hinter der Scheidentamponade Blut in der
Uterushöhle ansammeln könnte. Entgegengesetzt sprach sich Menge
auf dem oberrheinischen Gynäkologentag 1924 dahin aus, daß allein
eine feste Scheidentamponade bei Atonia uteri genüge. Man sieht
also, daß nach den Erfahrungen dieses bedeutenden klinischen
Lehrers auch allein mit der Scheidentamponade Erfolge erzielt
worden sind. Ich persönlich habe es nie gewagt, bei Atonia uteri
die Scheide allein zu tamponieren, und kann deshalb nicht aus Er-
fahrung urteilen. Aus eigensten Erfolgen heraus behaupte ich: Ist eine
schwere atonische Blutung vorhanden und sind die oben angegebenen
einfachen Mittel erfolglos, so ist das souveräne Mittel die nicht zu
spät angewandte Tamponade des Uterus nach Dührssen (nicht
trockene Gaze, welche drainiert, sondern, wie oben angegeben, feuchte
Gaze, die tamponiert) und in den ganz verzweifelten Fällen,
die Momburgsche Umschnürung mit den oben angegebenen
Kautelen.
Was die Behandlung der akuten Anämie betrifft, so ist die
erste Hauptaufgabe die Belebung der sinkenden Herzkraft. Außer
Tieilagerung des Kopfes, Autotransfusion durch Einwickeln der
Beine mit Flanellbinden, Höberstellen des unteren Bettrandes, gebe
man zunächst einige Spritzen CGampheröl und zwar Oleum cam-
phoratum forte (filtrierte Lösung von Campher in Olivenöl 1:4).
Die Erfahrung hat gelehrt, daß der Campher in starken Gaben ge-
geben werden muß, wenn er Verläßliches leisten soll. Man habe diese
Lösung stets in der Geburtstasche bei sich. Ferner ist zu empfehlen
1—2 Spritzen von Coffeini®) natrio-salieyl. Aq. dest.. ana 5,0, später
kann auch bei sebr beschleunigtem Puls eine Spritze Digalen inji-
ziert werden. Inzwischen kocht man dann die Nadel und den
Gummischlauch zur Infusion (mit 0,9 °/,iger Kochsalzlösung) aus,
wovon man dann unter jede Mamma 500,0 spritzt. Wenn kein
Brechreiz vorhanden, kann auch starker Wein, heißer Kaffee oder
geben werden, sonst warme
Rotweinklystiere. Man vergesse auch nicht Wärmflaschen und die
Wöchnerin in warme wollene Decken einzuhüllen. Im besonderen
merke man sich noch: Erst muß die Blutung stehen, dann
ist die fehlende Menge Blutes durch physiologische Koch-
salzlösung zu ersetzen. Um atonische Blutungen zu stillen,
sind auch Instrumente angegeben worden (Gauß, Sehrt, Riediger,
Füth, Becker), die aber meiner Ansicht nach mehr für klinische
Fälle passen.
Der Praktiker könnte noch am ersten das Riß-
mannsche Aortenkompressorium benutzen, da es das kleinste In-
strument ist. Am besten verzichtet man aber auf all diese Instru-
mente, eher komprimiere man die Aorta mit der Hand, wie dieses auch
von einem Kollegen, dessen Namen mir entfallen ist, zur Methodeerhoben.
Je verständiger die Nachgeburtsperiode geleitet wird, um
so geringer ist die Zahl der Atonien.
Inversio uteri. Selten vorkommend. Hier wird die Innen-
fäche zur Außenfläche des Organs, der Fundus kann bis vor die
äußeren Genitalien herabtreten. Nur ein total erschlaffter Uterus
kann sich. invertieren. Durch Sturzgeburt entstehend, am bäufigston
aber wohl durch manuellen Zug an der Nabelschnur bei noch fest
sitzender Placenta oder durch Ausführung
des Cred&schen Hand-
griffs bei schlaffem Uterus. Die Erscheinungen bestehen in starkem
Kollaps und Blutung, die Frau kann im Kollaps zugrunde gehen;
in einzelnen Fällen kann sich der Uterus in seiner abnormen Lage
zurückbilden und man sieht dann die veraltete Inversion. Ist man
8) Coffein soll nebenbei auch noch ein gutes Wehenmittel sein.
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26. Oktober
. bei dem Vorgange zugegen, so fühlt man von außen am Fundus
zunächst eine kleine Vertiefung, später ist der Uterus vom Ab-
domen überhaupt nicht mehr zu fühlen und in der Scheide oder
vor der Vulva liegt das umgestülpte Organ. Man sollte annehmen,
daß dieser Befund leicht und richtig zu deuten wäre, trotzdem sind
aber schon die allergrößten Irrtümer begangen worden, es ist sogar
schon das invertierte Organ abgeschnitten worden und wurden diese
Fälle Gegenstand gerichtlicher Untersuchung. Die Therapie besteht
in Folgendem: sitzt die Nachgeburt noch fest, löst. man sie ab, | ist dann am besten in der Klinik vorzunehmen.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48. > > an
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darauf umfaßt man das Organ und drückt es abwechselnd nach
der einen oder andern Seite aufwärts; es ist dieses vorteilhafter,
als zuerst den Fundus als den zuerst invertierten Teil zurückzu-
schieben. Nach der Reposition sind heiße Einspülungen zu machen,
und Gynergen oder Ergotin zu geben. Vor der Reposition streiche.
man alles mit Jodtinktur an.. Sieht der Arzt den Fall später und
kann er nicht mehr reponieren, tamponiere er entweder die Scheide
oder lege einen Kolpeurynter ein. Die Operation bei veralteten Fällen
(Fortsetzung folgt.)
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
\
\
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St.Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Grāff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W. Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. 8.Peltesohn, Berlin (Ortbopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr.K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Rlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide,
Sammelreierat.
Physikalische Therapie.
Von Dr. A. Laqueur, Berlin.
Unter den neuen Veröffentlichungen aus dem Gebiete der
Hydrotherapie hat die Monographie G. Hauffes über die Be-
handlung der Herzinsuffizienz mit langsam gesteigerten
heißen Teilwasserbädern (1) besondere Beachtung gefunden. Es
ist über diese Mitteilung bereits an anderer Stelle berichtet worden 1).
Hier sei nur noch einmal darauf hingewiesen, daß das Wesentliche des
Hauffeschen Verfahrens in einer allmählichen Veränderung der
allgemeinen peripherischen Zirkulationsvorgänge unter Vermeidung
einer jeden primären Reizwirkung besteht; diese Einwirkung
wird bewerkstelligt durch warme Arm- oder Fußbäder, eventuell
auch Sitzbäder, deren Temperatur von 370 ganz langsam bis auf
etwa 45° C erhöht wird. Es erfolgt hierbei nach etwa 10 bis
20 Minuten ein allgemeiner Schweißausbruch (wenn der übrige
Körper des Patienten gut bedeckt wird). Darnach läßt man noch
etwa 10 Minuten weiter schwitzen und den Kranken dann aus-
ruhen, aber nicht „nachschwitzen“. Hauffe legt nun den Haupt-
wert darauf, daß bei dem geschilderten Vorgehen primäre Reiz-
wirkungen, die sonst nach plötzlich einsetzenden Kälte- oder Wärme-
applikationen einzutreten pflegen, also Blutdruckerhöhung, starke Ver-
mehrung der Pulsfrequenz, Kontraktion der peripheren Gefäße usw.
ausbleiben. Es erfolgt im Gegenteil nach diesen warmen Teilbädern
eine Blutdrucksenkung, die Vermehrung der Pulsfrequenz hält sich
in mäßigen Grenzen, die Füllung der peripheren Gefäße nimmt zu,
kurzum es treten Veränderungen ein, welche eine Entlastung
des Herzens durch Erleichterung der peripheren Zirku-
lation bedeuten; dabei findet gleichzeitig eine günstige Beein-
flussung des Herzens selbst statt, was aus Untersuchungen des
Elektrokardiogramms, des Röntgenschattens, sowie aus Messung des
Schlagvolumens, das zunimmt, 'erkenntlich war. Dementsprechend
wird das Verfahren zur Behandlung von Insuffizienzerscheinungen
der Kreislaufsorgane zwecks Verbesserung des Blutumlaufes und der
Herzarbeit empfohlen, wobei naturgemäß genaue individuelle Berück-
sichtigung und eventuelle Modifikation der Methode (Abbrechen des
Bades bei Zeichen von Überanstrengung) erforderlich sind.
Die theoretischen Grundlagen, von denen Hauffe ausgeht,
stehen in mancher Beziehung im Gegensatze zu den bisher in der
Hydrotherapie geltenden Ansehauungen. Er legt vor allem Wert
darauf, daß bei der sog. „Reaktion“ nach Kälteapplikationen die
kapillare Hautrötung nicht etwa auch eine Erweiterung der tiefer
gelegenen peripheren Gefäße bedeute, die im Gegenteil dabei ver-
engt bleiben und somit eine Vermehrung der Herzarbeit bedingen.
Dementsprechend verwirft er auch die hydrotherapeutischen Kälte-
anwendungen als Mittel zur Abhärtung (2), weil sie eine Belastung
des Kreislaufes bedeuten, und er zieht zu Abhärtungszwecken
die allmählich gesteigerten heißen Teilbäder und an ihrer Stelle
auch die Luftbäder vor, welche ebenfalls als langsam einwirkender
1) Vgl. Referat von Brugsch in Nr. 25 dieses Jahrgangs.
Reiz eine Umstellung des peripheren Gefäßgebietes in Erweiterung
zur Folge haben. (Ähnlich wirken übrigens auch Bewegungs-
spiele und ein vernünftig betriebener Sport). Denn das Wesen
der Abhärtung liegt nach Hauffe in einer Erweiterung der Ein-
stellungsbreite des gesamten Gefäßgebietes und in einer Milderung
der Reizstärke äußerer Temperatureinflüsse durch die Oberflächen-
vergrößerung der peripheren Gefäße. Schroffe Reize hingegen wirken
diesen Zielen entgegen, da sie durch Verengerung peripherer Strom-
gebiete die Einstellungsmögliehkeiten des Gefäßsystems vermindern. .
Es mag dahin gestellt bleiben, inwieweit alle diese An-
schauungen Hauffes zutreffend sind. Praktisch verdient das von ihm
empfohlene Verfahren der Behandlung der Herzinsuffizienz jedenfalls
eine weitgehende Nachprüfung, auch wegen seiner Einfachheit und
seiner relativen Unschädlichkeit. - | Ä
Der früher gültigen Ansicht, daß das Auftreten einer re-
aktiven Hautrötung nach kalten Wasseranwendungen stets
als Zeichen einer guten Gefäßreaktion auch an den tiefer liegenden
Gefäßen anzusehen. ist, tritt übrigens neuerdings auch Strasser (8). |
entgegen. Wenn auch in den meisten Fällen Hautreaktion und
zweckentsprechende Regulierungsvorgänge im gesamten Gefäßgebiete
parallel gehen, so ist doch von einer Gesetzmäßigkeit dabei keine
Rede; insbesondere können auch trotz genügender Hautreaktion schäd-
liche Einwirkungen auf das Nervensystem, den Stoffwechsel usw.
auftreten. Man darf also auch in dieser Hinsicht nicht schemati-
sieren. Überhaupt wird vor einer allzu mechanistischen Auf-
fassung der Wirkungsweise hydro- und thermotherapeutischer Ein-
griffe gewarnt. So betont Strasser an anderer Stelle, daß die
Ansicht, man ‚könne die Blutfüllung eines Organs oder einer Körper-
region mit solchen Eingriffen 'beherrschend ändern, nur mit großen
Einschränkungen annehmbar ist. Beispielsweise ist das Dastre-
Moratsche Gesetz vom Antagonismus des Kreislaufs im Körper-
innern und an der Peripherie durch viele Ausnahmen unterbrochen,
und es sind auch die kompensatorischen Bestrebungen des
Organismus zum Ausgleich von Kreislaufveränderungen so mächtig,
daß eine sichere Grundlage für Berechnung der Effekte thermischer
Eingriffe fehlt. Diese Ausführungen Strassers sind auch deshalb
bemerkenswert, weil sie zu einer gewissen Kritik der obigen von -
Hauffe aufgestellten Theorien. mahnen, die in mancher Beziehung
auf mehr mechanische Vorstellungen vom Verhalten des Kreislaufs-
systems aufgebaut sind.
Einen wichtigen Beitrag zur Lehre von der Wärmeregula-
tion nach thermischen Eingriffen bilden Untersuchungen
Strassers (4), aus denen hervorgeht, daß bei hydrotherapeutischen!'
Kälteeinwirkungen sich durch Reiben der Haut, also durch Be-
seitigung des subjektiven Kältegefühls, der Eintritt der
chemischen Wärmeregulation erheblich verzögern bzw. auch
ganz verhindern läßt. Man wußte schon früher durch die Win-
ternitzschen Versuche, daß das Reiben der Haut im kühlen Bade
die Wärmeabgabe des Körpers erhöht. Die Strassersche Versuchs-
anordnung zeigt aber, daß dieses Ausbleiben der chemischen Wärme-
regulation zunächst nur durch das fehlende subjektive Frostgefühl,
das reflektorisch sonst die Regulationsvorgänge (Gänsehaut, Muskel-
zittern) hervorruft, bedingt ist. Natürlich hat aber dieser Vorgang
seine Grenzen: kommt es durch intensive Kälteeinwirkuug zur Ab-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
| | | 26. Oktober
kühlung der Bluttemperatur, so treten dann auch Wärmeregu-
lierungsvorgänge auf, die durch Einwirkung des abgekühlten Blutes
auf das Wärmezentrum ausgelöst werden. Die Strasserschen Beob-
achtungen: finden ihre Analogie in den früheren Befunden von
Liljestrand und Magnus, daß im kühlen Koblensäurebade
eine erhöhte Wärmeabgabe gegenüber dem gleichtemperierten Süß-.
wasserbade stattfindet, weil das durch die CO,
-Bläschen auf der
Haut hervorgerufene subjektive Wärmegefühl den Eintritt einer’
Wärmeregulation verhindert?). In einem gewissen Gegensatze dazu
steht die Beobachtung von Moog, van den Emde und Ange-
nitzky (5), daß der unmerkliche Gewichtsverlust im kühlen
Kohlensäurebade — allerdings im künstlichen — durch die
absolute Wassertemperatur bestimmt wird, da er prinzipiell
gleich ist dem im entsprechend temperierten einfachen Wasserbade
gemessenen. Betrachtet man also den unmerklichen Gewichtsverlust
(Wasserabgabe durch die Lungen mit vermehrter Kohlensäurepro-
duktion) als Zeichen der Wärmeregulation, so ergibt sich somit ein
Widerspruch zu den obigen Befunden.
Die Erklärungen von der Wirkungsweise der Kohlensäure-
bäder sind in neuerer Zeit in 2 Richtungen erweitert worden. Ein-
mal wendet man der Einwirkung des mechanischen Druckes,
der im Bade auf dem Körper lastenden Wassermassen erhöhte Auf-
merksamkeit zu, nachdem E. Schott, wie im vorjährigen Berichte
erwähnt, gefunden hatte, daß dadurch der Druck im Venen-
system erhöht wird. K. Lurz (6) zeigte, daß insbesondere. bei
Kranken mit Mitralstenose die Druckwirkung des Wannenbades
eine erhebliche Rolle spielt, und daß auf diese, nicht etwa auf |
Temperatureinflüsse, die häufig in den ersten Bädern auftretenden
dyspnoischen Erscheinungen solcher Patienten zurückzuführen
sind; bei
Gewöhnung und Anpassung verschwinden dieselben dann
allerdings oft bei den späteren Bädern. Bei Kranken mit Aorten-
insuffizienz ist dagegen mehr die Temperatur des Bades für
die Verträglichkeit von ausschlaggebender Bedeutung (7), wobei
meist kühler temperierte Bäder bevorzugt werden, während die
Druckwirkung des Bades bier keine Rolle spielt.
Die zweite neuere Theorie über die Wirkungsweise von OO;-
Bädern betrifft deren Einfluß auf innersekretorische Vorgänge,
der durch die Untersuchungen von Arnoldi sowie von Groedel
und Mez wahrscheinlich gemacht worden ist). Über den Mecha-
nismus dieser Einwirkung wissen wir noch wenig Positives. Die
Vermutung von A. Martin (8), daß dabei die Resorption von
Kalzium aus dem Thermalbadewasser eine Rolle spielt, be-
darf noch der experimentellen Begründung. |
Unter den neueren balneotherapeutischen Indikationen
sei hier die Empfehlung der Anwendung von Moorbädern bei
pluriglandulärer Fettsucht durch Porges (9) erwähnt. Diese
Bäder wirken hierbei einmal durch Erhöhung der allgemeinen Körper-
temperatur günstig ein, dann auch durch Hervorrufung einer Hyper-
ämie der Genitalorgane. Mit der Gewichtsabnahme geht eine Besserung
des Allgemeinbefindens und eine allgemeine Roborierung einber.
Als Neuerung auf dem Gebiete der Bäderbehandlung werden
die sog. „Hellerbäder“ 'von A. Alexander und C. v. Noor-
den (10) empfohlen. Es sind dies Wannenbäder, durch die mittels
besonderer Apparatur ein starker galvanischer Strom hindurch-
geleitet wird, nachdem dem Badewasser ein Extrakt von verschie-
denen pflanzlichen Bestandteilen, die u. a. aus der Baumrinde ge-
wonnen sind, zugesetzt worden ist. Die Technik des Bades ist eine
besondere, da zunächst der Patient etwa 15 Minuten lang in dem
von starkem Strome (3 Ampere) durchflossenen Wasser, das ihm
etwa bis zum Knie heraufreicht, auf und abschreitet; dann erst legt
or sich bei allmählich abgeschwächtem Strome für etwa 1/, Stunde
in das Bad hinein, das auf 36—38° C temperiert ist. Die Erfolge
dieser Bäder waren bei chronisch-rheumatischen und gichtischen
Gelenkleiden, bei Neuralgien, manchen nervösen Störungen, leichten
Fällen von essentieller Hypertonie und von Herzschwäche sowie
bei Pruritus, recht gute. An sich ist die Verwendung von starken
galvanischen Vollbädern mit verschiedenartigen Zusätzen bel
chronisch-rheumatischen und gichtischen Leiden nicht neu. So hat
früher Buß elektrische Lohtanninbäder zu diesem Zwecke emp-
fohlen, und auch bei den von Kohlrausch und C. Mayer ange-
gebenen sog. Radiumkataphoresebädern (starke galvanische
Bäder mit Zusatz von Radiumemanation), die Referent seit etwa
15 Jahren mit gutem Erfolge bei den genannten Leiden anwendet,
2 Vol, Referat in Nr. 37, Jg. 1922 dieser Wochenschr.
3 VEL den vorjährigen Bericht in Nr. 48 dieser Wochenschr.
‘Ansicht von Alexander wid
Therapie beim P
der akuten spinalen Kinderlähmung mi
hörnern das entzündliche Ödem des
dürfte die Reizwirkung des galvanischen
Stromes auf die Haut-
oberfläche das eigentlich Wirksame sein.
Doch leisten nach der
v. Noorden die Original-Heller-
bäder besseres als die früheren Formen der galvanischen Vollbäder.
Für die ausgedehnte Anwendung des Luftb ades im Rahmen
einer Badekur spricht sich ©. Weichert (11) aus; die Luit-
bäder sind dabei wenn möglich vor dem speziellen Bade im Bade-
orte zu nehmen, sonst in den späteren Nachmittagsstunden. Ins-
besondere als Abhärtungsmittel ist das Luftbad von großer Be-
deutung und seine Anwendung sollte auch in Kurorten mehr als
bisher gepflegt werden. Vor einer Verwechslung des Luftbades
mit dem Sonnenbade ist zu warnen; das letztere bedarf einer
besonderen Dosierung und ist in vielen Fällen, z. B. bei Kranken
mit geschwächtem Herz- und Gefäßsystem und bei Neigung zu
Lungenblütungen, direkt kontraindiziert. |
In der Behandlung der Folgezustände der Encephalitis.
lethargica, insbesondere des Parkinsonismus, sind naturgemäß
auch physikalische Methoden verschiedenster Art versucht worden,
ohne daß dabei aber entscheidende Beeinflussungen dès Krankheits-
bildes erreicht wurden. Von französischer Seite [Chartier (12)]
wird die günstige Wirkung der elektrischen Lichtbäder,
zwischen denen anch prolongierte Warmwasserbäder ange-
wandt wurden, zur Bekämpfung der Rigidität und der Muskelkloni
gerühmt; auch L. Mann (12) schließt sich dieser Empfehlung an.
Vorsicht scheint dem Referenten bei deren Befolgung, wenigstens be-
züglich der Lichtbäder, doch geboten; denn gewöhnlich sind solche :
Kranke gegen alle ermüdenden und anstrengenden Eingriffe recht
empfindlich. Wir haben mit galvanischen Vierzellenbädern
und nachfolgender Massage mit passiven Bewegungsübungen beim
Parkinsonismus noch am ehesten günstige Resultate erzielt. Auch
Bardachzi (13), der sich über die Wirksamkeit einer aktiven
arkinsonismus nicht so pessimistisch wie andere
Autoren ausspricht, empfiehlt hier neben Ruhe und kleinen Hyoszin-
gaben Massage und Turnübungen (letztere eventuell rhythmisch
nach Musik) sowie lauwarme Vollbäder
Unter neueren Indikationen des Diathermieverfahrens sei
zunächst eine Mitteilung von H. Picard (14) über die Behandlung
t Diathermie erwähnt.
Picard ging dabei von der Anschauung aus, daß bei der Ent-
stehung der Zerstörungen in den Vorderhornzellen bzw. den Vorder-
Rückenmarks und der
Meningen eine wesentliche Rolle spielt, und er beabsichtigte, durch
Diathermiebehandlung der betreffenden Segmentteile eine
resorptive Wirkung auf diese entzündlich-ödematösen Prozesse
auszuüben. Dementsprechend wurde eine Querdurchwärmung
der Wirbelsäule an der den befallenen Segmenten entsprechen-
den Stelle vorgenommen, also vorzugsweise an der Hals- oder
Lendenanschwellung. Bei diffusen Prozessen trat an deren Stelle
ein Längsdurchwärmung vom Nacken bis zum Kreuzbein
herunter. Eine Reihe von Kindern, die an akuter Poliomyelitis
mehrere Wochen vorher erkrankt waren, wurden auf diese Weise
behandelt, und es zeigte sich dabei ein unverhälinismäßig rascher
Eintritt der funktionellen Besserung sowie ein im Vergleiche zu
unbehandelten Fällen auffallend günstiger klinischer Verlauf (über
50 %/, vollständige Heilungen). Bei Erwachsenen waren die Er-
folge viel weniger günstig, was Picard darauf zurückführt, daß
hier die völlig ossifizierte Wirbelsäule dem Hochfrequenzstrome
einen so großen Widerstand entgegensetzt, daß eine nennenswerte
Wärmewirkung innerhalb des Wirbelkanals nicht mehr möglich ist.
Auch im Auslande wird die Diathermie bei Poliomyelitis an-
gewandt, allerdings erst in einem etwas späteren Stadium und in
Verbindung mit Röntgenstrahlen. Bordier (15) geht in der
Weise vor, daß das Rückenmark selbst mit Röntgenbestrahlung
behandelt wird; gleichzeitig erfolgt eine Diathermiebehandlung
der gelähmten Glieder, serienweise, die Serien zu 3—4 Sitzungen
von etwa 10 Minuten Dauer. In einem späteren Stadium der Er-
krankung erfolgt dann die übliche Elektrotherapie. Die Resultate
dieses Vorgehens ‚waren sehr befriedigende, wenn damit frühzeitig,
d. h. 20—30 Tage nach Einsetzen der Lähmung begonnen wurde;
die Erfolge werden auch von Bergamini (16) bestätigt.
Eine Kombination von Röntgenbestrahlung und Dia-
thermie wird auch zur Behandlung hartnäckiger Fälle von lschias
von Fritz Kraus (17) empfohlen. Es wird dabei zunächst eine
einmalige Röntgenbestrahlung der Gegend der-Cauda equinè, vor-
genommen (Fokus-Hautabstand 25 cm, 5 H mit 4mm Aluminium),
| dann folgt eine Diathermiebehandlung des erkrankten Beines während
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E .
= 26. Oktober 4
- bestimmt.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48: 00.01
RAA E N EEE E E Er E —
10—14 Tagen, am 21. Tage nach der ersten Röntgenbestrahlung
eine nochmalige, und eventuell, wenn die Schmerzen noch nicht
_ inzwischen verschwunden sind, eine 3. und 4. Bestrahlung nach
4.bzw. 6 Wochen. (Schluß folgt.)
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 36.
Auf die Wichtigkeit einer direkten Untersuchung der Galle in der
Diagnose von Gallenblasenaffektionen weist Max Einhorn (New York)
hin. Die Untersuchung muß mit aller Vorsicht ausgeführt werden, der
Duodenalschlauch in gutem Zustande sein. Die Gallenprobe muß gleich
“nach ihrer Gewinnung, während sie noch frisch -ist, innerhalb einer
halben bis einer Stunde, untersucht werden. Normale Galle ist, wenn sie
im nüchternen Zustande gewonnen wird, goldgelb und klar, während eine
pathologische Galle stets trüb ist und außerdem vielfache Variationen von
Farben aufweist. Eine gelbgrüne, erbsensuppeähnliche Galle ist ein häufiges
Vorkommnis bei den schwereren Erkrankungen der Gallenblase. Gallen-
blasenkranke sollen nur dann operiert werden, wenn unter den objektiven
Befunden einer Gallenblasenerkrankung auch schwere subjektive Symptome
vorhanden sind, die nach längerer interner Behandlung unbeeinflußt bleiben.
Im Gegensatz zu Schloßmann, der beim Krupp für möglichste Ver-
meidung der Tracheotomie und Intubation eintritt, behauptet G. Bessaù
(Leipzig): Bei der diphtherischen Stenose gibt es nicht nur, sine Erstiokungs-
angst, sondern auch eine Erstickungsgefahr. Und bei dem in Er-
stiekungsangst befindlichen Kinde ist, wenn interne Mittel versagen, die
sachgemäß und schonend ausgeführte Intubation das humanste Be-
ruhigungsmittel.
Auch Johann v. Bökay (Budapest) ist im Gegensatz zu Schloß-
mann der Meinung, daß das Zögern mit dem operativen Eingriff bei
diphtherischer Larynxstenose über einen gewissen Zeitraum hinaus ein
Versäumnis des Arztes darstelle. i
Über Protargol (Bayer), Kollargol (Heyden) und ihre Ersatzprodukte
berichtet F. Utz (München). Protargol und Kollargol lassen sich durch
Ultrafiltration von den Ersatzprodukten unterscheiden. Ihre Suspensionen
haben einen feineren Zerteilungsgrad als die der Ersatzprodukte.
Daber ist die .Heilwirkung der’Originalpräparate besser als die der
Ersatzpräparate; auch die Tiefenwirkung ist intensiver. Selbst wenn beide
chemisch vollkommen identisch wären, was aber noch nicht erwiesen ist,
so besteht doch ein wesentlicher Unterschied in dem physikalischen
` Verhalten.
Die Epicondylitis humeri stellt nach Kurt Wachendorf (Köln-
Lindenburg) eine primäre Erkrankung des Periosts und Knochens am Epi-
condylus medialis dar, hervorgerufen durch rein mechanische Druck-
wirkung. Die Röntgenveränderungen (Unterbrechung der Kontur, Auf-
hellungsherd im Epikondylus) sind die Folge dieses Druckes und als
Knochenatrophie aufzufassen. |
Die Leukozytose darf nach A. Kobryner mit der Verdauung nicht
in Zusammenhang gebracht werden. Zur Bestimmung der physiologischen
Leukozytenzahl muß das Blut in, mehrstündigen Abständen untersucht
werden — das arithmetische Mittel der gefundenen Werte gibt die ge-
‚wünschte Leukozytenzahl. Wegen der fortwährenden Schwankungen der
Leukozytenzabl kann die Leukopenie bei der Crise h6moclasique Widals
zur Funktionsprüfung der Leber nicht verwendet werden.
Eine neue .minimetrische Methode zur Bestimmung des Harnstofis
im Biutserum, in der Spinalfiüssigkeit und im Urin mit Hilfe von
Permutit empfehlen Grifols y Roig und Kurt Helmholz (Barcelona).
Sie beruht darauf, daß der Harnstoff durch das Ureaseferment in Ammonium-
karbonat umgewandelt und dieses mit ammoniakfreiem Permutitpulver zu-
sammengebracht wird. Das Ammoniak wird dann aus dem Permutit mit
Natronlauge in’ Freiheit gesetzt und mit Nesslers Reagens kolorimetrisch
| F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 35.
Ernst Wiechmann (Köln) zeigt, wie innige Wechselbeziehungen
zwischen Körper und Schlaf bestöhen. Bei den funktionellen Hypertensionen
mit der abnormen nächtlichen Blutdrucksenkung liegt die Heil-
wirkung des Schlafes klar zutage. Die Nierentätigkeit ist im Schlaf ein-
geschränkt, ‚Die Nachturinmenge steht. zur Tagesurinmenge in einem Ver-
hältnis von 1:4 bis 1:2. Aber Herz- und Nierenkranke, vor allem Hyper-
toniker, scheiden in den Nachtstunden häufig eine relativ größere Harnmenge
aus als in der ‚gleichen Zeiteinheit des Tages. Auch die Tätigkeit der
Tränendrüsen, der Speicheldrüsen, der Schleimdrüsen ist im Schlafe herab-
gesetzt. Die pathologisch gesteigerte Nasensekretion beim Schnupfen beginnt
fast regelmäßig mit dem Moment des Einschlafens aufzuhören. Die Horn-
hauf. trocknet im Schlaf etwas aus. - Nur die Schweißdrüsen sezernieren oft
während des Schlafes stärker. Kurz hingewiesen wird auf den Winterschlaf.
der Tiere (zu ihrer Erhaltung, da sie sonst keine Nahrung finden oder er-
.frieren würden). Der Eintritt des Winterschlafes wird durch regressive
Veränderungen in den Schilddrüsen bewirkt (durch den Mangel an Schild-
drüseninkret werden, wie beim Myxödem, die Oxydationsprozesse herabgesetzt).
‘Über das Verhalten der Leukozyten nach Hautreizen berichten.
Wilhelm Gundermann und Alfred Kallenbach (Gießen). Der Leuko-.
zytensturz nach intrakutaner Injektion wird dureh die Schmerzbahnen ver-
mittelt. Schmerz führt zu. Vagusreizung. Diese ist- also. eine Folge. der
intrakutanen Injektion. Nach einer gewissen Zeit wird der Leukozyten-
sturz abgelöst durch eine Zunahme der Leukozyten. Wärmereize und auch
kurzdauernde Kältereize führen zu einer Leukozytenvermehrung, sofern sie
nicht schmerzhaft sind. Auch der .einfache Einstich in die Fingerbeere,
falls er schmerzhaft ist, hat eine Leukozytensenkung zur Folge.
Auf die Vererblichkeit des angeborenen Klumpfußes weist J. Kochs
(Köln) hin. Er teilt den Stammbaum einer Klumpfußfamilie mit, in der unter
anderem die klumpfußfreie Tochter einer mit einem Klumpfuß behafteten.
Mutter 16 Kinder hatte, von denen 6 einen mehr oder weniger hochgradigen
Klumpfuß aufwiesen. Dabei war das männliche Geschlecht ungefähr doppelt
so oft von der Deformität betroffen wie das weibliche. Der Vererbungsträger
in dem mitgeteilten Stammbaum war stets nur das weibliche Geschlecht.
` Einen Pipettierapparat zum Einfüllen der Reagentien bei der Wa.R.
und den Ausfiockungsreaktionen beschreibt Joseph Hohn (Essen). Sein
Hauptvorzug ist, daß mit ihm die Verbrauchsmenge, auf die er eingestellt
“ist, so absolut gleichmäßig abgegeben wird, wie es mit der Pipette auf die
Dauer niemals erreicht werden kann. Der Apparat eignet sich für alle
Reagentien bei der Wa.R. und den Ausflockungsreaktionen. Man kommt
mit 2 Apparaten aus, einem für Kochsalzlösung und Komplement, einem ` |
für den Extrakt. . Zur Ambozeptor-Hammelbluteinfüllung (eine Stunde
später) Kann man einen von den beiden gebrauchten wieder herrichten lassen. '
Einen elektrischen Heißwasserapparat „Aquafix“, der an die Licht-
leitung angeschlossen nach wenigen Sekunden Wasser bis zu 80° C liefert,
fertigt die Firma Wigginhaus & Heese (Plettenberg i. W.) an. Die auto-
matische Schaltung des Stromes durch den Druck des einströmenden
Wassers verbindert das Durchbrennen des Heizkörpers. F. Bruck.
| Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 38. |
Gastroskopie mit tödlichem Ausgang beschreibt F. Sauerbruch
(München). Das von Sternberg angegebene Instrument wurde von dem
Erfinder in Gegenwärt mehrerer Chirurgen einer in der von ihm empfohlenen
Knie-Ellenbogenlage befindlichen Kranken eingeführt. Trotz mehrfacher
Bemühung gelang die Gastroskopie. nicht. Man veranlaßte Sternberg,
von weiteren Versuchen abzustehen, doch kam die Mahnung zu spät.‘ Bei
der Kranken entwickelte sich das Bild einer Mediastinitis. Bei der Frei-
legung der Speiseröhre fand sich eine jauchige Phlegmone des Mittelfell-
raumes. Bei der Autopsie stellte sich heraus, daß im oberen Abschnitt
der Speiseröhre die Muskulatur bei unversehrter Schleimhaut
zerrissen war. Infolge eines gewaltsamen Stoßes war die äußere Schicht
gequetscht und die Schleimhaut hatte sich handschuhfingerartig vorgestülpt.
Die Gastroskopie ist wesentlich gefährlicher als die Probe-
laparotomie, denn dieser Todesfall ist nicht. der einzige.
Die Muskelplastik ist nach G. Perthes (Tübingen) der Nerven-
pfropfung. vorzuziehen für die Behandlung irreparabler Fazialis-
lähmungen. Bei einem vor: 10 Jahren mit Anastomose des Fazialis-
Hypoglossus behandelten Kranken war. die Fazialislähmung durch die
Nervenoperation unbeeinflußt. geblieben, aber das gelähmte Muskelgebiet
zuckte bei Bewegungen der Zunge und beim ‚Schlucken. Durch Über-
pflanzung eines Muskelstreifens des M. masseter an die Mundwinkel wurde
der Mundwinkel gehoben und konnte willkürlich angezogen werden. In
einem zweiten Falle von Fazialislähmung nach Mittelohreiterung wurde aus
dem Schläfenmuskel ein Streifen für die Augenlider und aus dem Kau-
muskel ein Streifen für die Mundwinkel verpflanzt. Nach einigen Monaten
war eine Neuinnervation der gelähmten Muskeln von den ver-
pflanzten Fasern aus eingetreten, so daß die Kranke ihre Augen
schließen und ihre Lider heben konnte, ` |
Über abriegeinde Bigenblutinfiltration mit nachfolgender Inzision.
zur Behandlung fortschreitender pyogener Prozesse im Gesicht und Nacken
berichtet A. Läwen (Marburg, Lahn). Das Wesentliche und. Neue an dem
Verfahren ist die Umwallung und Abriegelung des fortschreitenden
und hochvirulenten Prozesses mit einer großen, möglichst lückenlos
prall infiltrierenden Blutmasse. Neue Beobachtungen in zwei sehr
schweren Fällen. von fortschreitenden Nackenkarbunkeln, von. denen der
eine an allgemeiner Sepsis starb, bestätigten, daß das Wirksame die lücken-
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1514 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. 26. Oktober
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lose Abriegelung des Herdes ist. Dadurch wird die Resorption von Toxinen
und Bakterien aus dem Herd herabgesetzt und die Weiterverbreitung des |
Prozesses mechanisch verhindert. Die Abriegelung mit Eigenblut ist
technisch nur möglich im Gesicht und im Nacken. An anderen
Körperstellen läuft das eingespritzte Blut auseinander. — Das Blut muß
in die gesunde Umgebung eingespritzt werden, nicht in die infiltrierten
Randpartien. — Um reichlich Blut aus der Vene zu erhalten, empfiehlt
es sich, die Vene freizulegen, zu unterbinden und in das periphere Venen-
stück eine Kanüle einzubinden, so daß mühelos große Blutmengen ab-
gesaugt werden können. — Nach der Umspritzung wird die infiltrierte
Partie ausgedehnt eingeschnitten. — An der Stelle, wo die Infiltration
weitergeht, muß erneut mit Eigenblut umspritzt und inzidiert werden. K.Bg.
200,0%/,ige Natriumzitratlösung aufgefangen und mit der gleichen Menge
0,90/yiger Kochsalzlösung körperwarm in die Armvene eingespritzt. Am
Abend des Operationstages wurde der Urin fast schwarz. Am 6. Tage
nach .der Operation hörte die Urinausscheidung vollständig auf, Der Tod
trat im urämischeon Anfall ein. Todesursache war die Hämoglobin-
ämie. Wahrscheinlich war älteres, mehrere Tage in der Bauchhöhle `
liegendes Blut wieder eingespritzt worden und batte als Blutgift gewirkt.
_ Die Gefährlichkeit der Eigenbluttransfusion liegt darin, daß bei der Operation
nicht leicht zu entscheiden ist, ob es sich bereits um zersetztes und un-
brauchbares Blut handelt. Die Einspritzung von Eigenblut ist also kein
harmloser Eingriff.
Geburt bei Stirnlage mit querverlaufender Stirnnaht‘ beschreibt
C. Eisenberg (Hamburg). Ein kräftiges Kind mit großem Schädel wurde
bei regelrechtem Becken nach kurzer kräftiger Geburtsarbeit in der Art
geboren, daß die Stirnnaht in querem Durchmesser stand. Die Ursache
für die ausgebliebene Drehung der Stirn nach vorn war nicht zu ermitteln.
Ein einfaches Instrument zur Prüfung der Tubendurchgängigkeit
beschreibt G. Schubert (Beuthen). Eine 30 cm lange dünne Motallröhre
trägt 61/2 cm unterhalb der Spitze eine tellerförmige Platte, auf welche
kleine Gummiplättchen aufgelegt werden, um einen luftdichten Verschluß
des äußeren Muttermundes herbeizuführen. Am unteren Ende der Metall-
röhre ist ein kleines Federmanometer aufgesteckt, auf das untere Ende
der Röhre wird entweder eine Glasspritze oder ein Gummigebläse angesetzt
(Firma Paul Reimann, Breslau). Nach Bestreichen der Scheide und Portio
mit Jodtinktur wird das Instrument ohne Dilatation der Zervix in dio
untere Scheide eingeführt. Gegenanzeigen sind Erkrankungen der Adnexe
und Blutungen. Der Eingriff soll nicht ambulant ausgeführt werden.
K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 37 und 38.
Nr. 37. Virulenzprobe und Operationsmortalität bospricht E.B umm
(Berlin). Ungefähr 20°/, der Krebsfälle enthalten virulente Keime und diose
Fälle bedingen die Operationssterblichkeit bei der Radikalexstirpation des
Uterus bei Kollumkarzinom. Die Virulenz spielt eine große Rolle in den
Folgen, die nach der Operation eintreten. Dieselben Erfahrungen von
der Bedeutung der Virulenz der Keime ergeben sich bei der Radium-
behandlung und bei der Operation des Vulvakarzinoms. Mittels der ört-
lichen Desinfektion wird man mit den virulenten Streptokokken nicht fertig.
Auch die Vakzination gibt keine Gewähr für glatten Operationsverlauf.
E. Bumm steht auf dem Standpunkt, überall, wo virulente Strept
0-
kokken gefunden werden, nicht zu operieren.
Eine Verschleppung virulenter Keime erfolgt besonders durch Kranke,
welche Grippe überstanden haben. In dem Falle eines anaeroben Strepto-
kokkus ist die Übertragung durch die Hände auch nach 24 Stunden noch
festgestellt. Daher ist E. Bumm wieder zu dem Gebrauch der Gummi-
handschuhe grundsätzlich zurückgekehrt.
Über Virulenzsteigerung von Streptokokken berichtet Ernst
Philipp (Berlin). Hochvirulente Keime wachsen in jedem Menschenblut,
avirulente werden in jedem Blut in wenigen Stunden getötet. ‘Ein hoch-
virulenter Streptokokkus bekommt seine Eigenschaft in der Regel nur
langsam. Die Virulenz wird gesteigert durch die Stauung des Sekretes
unter Luftabschluß. Aus Stauung mit gleichzeitigen Fäulnisvor-
gängen kann sich bei einzelnen Streptokokkenstämmen eine virulente
Infektion entwickeln.
Über die intrauterine Radiumbehandliung gutartiger gynäkologischer
Blutungen berichtet Gustav Halter (Wien). Zur Verwendung kam ein
Radiumröhrchen mit 43 mg Radiumelement, das 10—12 Stunden innerhalb
der Gebärmutter verblieb. Schädigungen traten nicht auf. Die Be-
handlung bewährt sich bei präklimakterischen und klimakterischen
Blutungen, wenn palpatorische Veränderungen fehlen. Bei Jugendlichen-
Blutungen kann der Versuch einer schwachen intrauterinen Radium-
bestrahlung gemacht werden Das Erhaltenbleiben einer, wenn auch
schwachen Menstruation ist wertvoller als eine Daueramenorrhoe.
Gesichtsieldbeschränkung während der Gravidität hat E. Holm
(Kopenhagen) untersucht. Er hat aber in seinem gesamten Material nur
einen Fall von bitemporaler Gesichtsfeldbesohränkung gefunden.
Nr. 38. Zwei Einzelheiten aus dem Bau der Umgebung des lebens-
frischen menschlichen Eierstockes berichtet H. Hinselmann (Bonn). Bei
der Untersuchung einer frischen Eizelle kam es zur Sprengung des Gefüges
der Corona radiata. Dabei zeigte sich, daß ein schmales Band von Proto-
plasma zwei Zellen miteinander verband, und daraus geht hervor, daß die
Zellen untereinander zusammenhängen. Ferner zeigte sich, daß die großen
glänzenden Körnchen der Korona innerhalb der Zellen der Radiata lagen.
Einen Fall von Spontangeburt in dorsoanteriorer (hinterer) Vorder-
hauptslage teilt H. Rossenbeck (Gießen) mit. Der Kopf schnitt im
zweiten schrägen Durchmesser durch, indem die große Fontanelle dauernd
führte. Als Hypomochlion stemmte sich ein Punkt zwischen großer und
kleiner Fontanelle an, bis der kleine Anteil der Gesichtsfläche von der
Stirnmitte bis zur Nasenwurzel passiert hatte. Der ganze übrige Teil des
Kopfes wurde gleich schnell geboren. Für das Zustandekommen der un-
gewöhnlichen Lage werden Skelettveränderung angeschuldigt, die Fissura
sterni des Kindes und eine fötale Rachitis.
Eigenartige Fortleitung kindlicher Herzschläge beschreibt Ernst
Poeck (Königsberg). Während der kindliche Kopf im Beckenausgang stand,
wurde vor Anlegung der Zange ein Katheter in die Blase geführt, und
dabei zeigte sich, daß der Katheter gleichmäßig zuckte, entsprechend den
kindlichen Herztönen. |
Eigenbluttransfasion mit tödlichem Ausgang beschreibt H. Groß-
mann (Frankfurt a. M.). Bei einer ausgebluteten, geplatzten Extrauterin-
schwangerschaft wurden 500 g Blutflüssigkeit aus der Bauchhöhle in
Zeitschrift für ärztliche Fortbildung 1924, Nr. 11—18.
Aus seiner reichen Erfahrung heraus weiß Ockel (Guben) das
qualitative Blutbild als Untersuchungsmittel des praktischen Arztes sehr
zu rühmen. Von Bedeutung ist, daß zwar das Blutbild des gesunden Indi-
viduums keine konstante Größe ist, sondern in gewissen Grenzen aus viel-
‘fach nicht übersehbaren Gründen schwankt, dagegen diese Schwankungen
proportional einem das Blutbild verändernden pathologischen Einfluß ab-
nehmen. Da die klinische Beurteilung und Verwertung ausgedehnte Er-
fahrung erfordert, befürwortet O. Einsendung von Biutausstrichen mit
_ orientierenden Angaben an ein Zentrallaboratorium.
Über Pathogenese und Therapie der chronischen Typhus-, Para-
typhus- und Rubrbazillenträger macht Hegler (Hamburg) Angaben, welche
die Wichtigkeit dieser Fragen in helles Licht rücken. Denn seit langem
muß man damit rechnen, daß von 100 Typhuskranken 3—4, von 100 Para-
typhuskranken 9—10 Dauerausscheider bleiben. Dabei kommen sonder-
barerweise auf 1 Mann nicht weniger als 9 Frauen. Bei etwa !/, aller
Typhuserkrankungen sollen Dauerausscheider die nachweisbare Ursache
bilden. Angesichts dieser Tatsachen ist gewiß von schwerwiegender Be-
deutung, daß die Schwierigkeit der Therapie zu dem lapidaren Satz geführt
hat: „Einmal Bazillenträger, immer Bazillenträger.“ Die Gallenwege haben
überragende Bedeutung als Bazillenlieferanten sowohl für Typhus- wie
Paratyphuskeime. Chirurgisches Vorgehen hat durch Gallenblasenexstirpation
in vielen, doch längst nicht allen diesen Fällen Schwinden der Ausscheidung
erzielt. — Bei der Ruhr sind sogar in etwa 140/, Dauerausscheider fest-
gestellt, doch haben diese nicht die große epidemiologische Bedeutung wie
die Typhusbazillenträger. — Zusammenfassend ist zu bedauern, daß die
Gesetzgebung noch viele Lücken aufweist, die zu beseitigen sind, um den
beamteten Ärzten eine feste Grundlage im Kampf gegen die Verbreitung
der Infekte zu geben.
Aus einer jetzt über 15jäbrigen Erfahrung heraus bespricht Loening
(Halle) die Untersuchung des Magens mit dem Magenspiegel. Auch er
stellt die Notwendigkeit in den Vordergrund, Schädigungen unbedingt vor-
zubeugen, und ist der Meinung, daß dieser Anforderung auch bei plötz-
licher Unrube des Kranken allein der weiche Magenschlauch entspricht.
Nach dessen Prinzip ist denn auch bis heute sein Instrument konstruiert
geblieben. Durch die Magenschau bat man überhaupt erst die Verhältnisse
des gesunden Magens kennen gelernt, und zwar nicht nur das Aussehen
der Schleimhaut, sondern auch ihre Bewegungen und die Funktion des
Pylorus. — Die Frage, ob es gelingt, Frühkarzinomdiagnosen zu stellen,
die mittels keiner anderen Methode möglich wären, ist zu bejahen. Es ist
zu fordern, daß bei Menschen über 30 Jahren, die einige Wochen an
Magenbeschwerden leiden und dauernd an Gewicht abnehmen, ohne dab
eine Ursache festgestellt werden kann, daß bei diesen die Gastroskopi®
versucht wird. Hans Meyer (Berlin-Wilmersdor!).
26. Oktober
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Monatsschrift für Ohrenheilkunde und araro iiias,
58. Jg, H. 8..
V.Zimányi: Bin seltener Fall von unstiilbarom Schlucken, a
mit hochgradigem Stimmritzenkrampf. 2ljährige Erzieherin wurde beim '
Spielen mit Kind von diesem vor die Brust gestoßen.
Schlucken, Blut aus Mund und Nase, Erstickungsanfälle. Wegen: sich |
steigernder Atemnot Tracheotomie. ‚Faradisierung des N. phrenicus. Heilung.
Außer der zentralen Ätiologie des Spasmus glottidis wirkte noch periphere
Ursache mit. Bei dem eh gerieten die Zentren sowohl des
N. recurrens als auch des N. phrenicus gleicherzeit i in Erregung. Der Luft-
röhrenschnitt wirkte hier lebensrettend und in gewissem Grade heilend.
G. Hofer: Zur Innervation des Ösophagus. ‚Ausschaltung des Vagus
führt zur Atonie der Speiseröhre derart, daß eine normale Peristaltik
anfangs ausbleibt und das Hindernis der Kardia nicht überwunden werden
~ kann. Gelingt es, Tiere nach Vagotomie ‘längere Zeit am Leben zu er-
halten, so tritt eine‘ Art Automatie des unteren Ösophagusabschnittes ein.
Die Darchschneidang der sympathischen Fasern des Halssympathikus mit
dem Ganglion stellatum und beider N. splanchnici hat keinerlei Einfluß
auf die motorische Funktion der Speiseröhre der Versuchstiere. Zum
Studium des etwa nach Vagotomie -pathologischen Schluckaktes eignet sich‘
die Osophagoskopie allein deswegen nicht, weil durch die Einführung des
Tubus abnorme Reize im unteren Osophagus gesetzt werden.
E. Pogany: Ein Beitrag zur Aufklärung der Ozänatherapie, Verf.
spritzte Paraffın unter die Septumschleimhaut zwecks Verkleinerung des
. . Naseninnern bei einer Ozänapatientin. Es bildete sich ein Septumabszeß,
der 6 Wochen bestand, bis er operativ beseitigt wurde. Borkenbildung,
'Fötor der Ozäna waren beseitigt.
` H. Brunner: Über Lateropulsion. Aus den Beobachtungen einer
multiplen Sklerose, einer Encephalitis pontis et cerebelli und einer dritten
Gehirnerkrankung, bei der keine Diagnose gestellt wurde, ergibt sich, daß
es eine primäre und sekundäre Lateropulsion — Angabe der Patienten,
daß sie sich nach einer Seite (in der Regel des Herdes) hingezogen fühlen —
gibt. Die primäre ‘oder echte Lateropulsion tritt in spontanen Anfällen
. verschiedener Intensität unabhängig vom Drehschwindel auf, die sekundäre
Lateropulsion ist eine Begleiterscheinung des Drehschwindels. Die primäre
_ Lateropulsion ` wurde. bis jetzt am häufigsten bei multiplen nichteitrigen
Erkrankungen des Hirnstammes gefunden. In Fällen, in welchen differential-
diagnostisch ein otogener Kleinhirnabszeß in Frage kommt, spricht das
Auftreten von echter "Lateropulsion gegen Abszeß. "Die Lateropulsion kann
als eine mit dem Labyrinth bzw. dem zentralen Vestibularsystem im Zu-
Ana stehende Empfindung betrachtet werden. Haenlein.
Aus der neuesten amerikanisch-englischen Literatur.
Über die Radiodiagnose der normalen und. anormalen Schwanger-
‚schaft schreiben Speidel und Turner: Besonders wertvoll zu Beginn ist
es bei schlecht geregelten und abdominal voluminösen Frauen unsicher.
In ‘Verbindung mit dem Pneumoperitoneum sieht man schon von der.
6. Woche ab eine Vergrößerung des Uterus und ‚eine Verbreiterung des
Isthmus an der Vereinigang des. Zervikal- mit dem Korpussegment, 1!/, bis
. 2 Liter CO, eignen sich besser wie O oder Luft; aber Vorsicht: es sind
‚Todesfälle berichtet. Bei Extrauteringravidität leicht vergrößerter Uterus
mit ausgedehnter Tube. Der Fötus hat schon von der 16. Woche ab Kalk-
salze in seinem Skelett; zeigt ein Uterus etwa den Zustand des 4. Monates,,
aber diese Konturen nicht, so ist, Schwangerschaft auszuschließen. Eine
` analoge Überlegung läßt auch die Mole diagnostizieren. Wichtig ferner in -
der Menopause, wo die Zunahme häufig als‘ Schwangerschaft genommen
wird. Asymmetrie und Übereinanderlagerung der Knochen beim Fötus:
Tod desselben. Endlich erhält man Auskunft über Beckenverhältnisse,
fehlerhafte Lage, Zwillinge, Wehen. (Amer. journ. obstr. gyn. 1924, 6.)
Bei Utcus duodeni weist nach Gray der Magen eine vermehrte
motorische und sensible Tätigkeit auf durch Störung des neuromuskulären
‚Gleichgewichts. Die Hyperaktivität, die zum Ulkus prädisponiert, beruht
auf Hypertonie des Hypogastrikus, schlecht ausgeglichen durch die
hemmende Wirkung des Sympathikus. Da das Nikotin die sympathischen
Ganglien lähmt, ist das Ulkus bei Rauchern. häufig. Analog ist es bei
den abgemagerten Frauen mit Viszeroptose und Mesenterialläsionen. Die
Ulzeration hervorrufenden Faktoren: Säure, Ausdehnung, Traumen, In-
fektionen, Alkohol. Häufig besteht Sodbrennen, namentlich bei Rauchern
(Byperchlorhydrie), konstant meist aber wechselnd, der Hungerschmerz
beruht auf akzessorischen Ursachen mechanischen Ursprungs. In der Mehr-
zahl der Fälle kommt Gastroenterostomie in Frage. ' (Brit. med.. journ.
1924, 3311.)
ER Major nähert sich der Frage des hohen Blatdrucks von einer neuen
A her: bei chronischer Nephritis ist die Niere nicht fähig, Harnstoff,
m Kreatin und Kreatinin auszuscheiden, sowie- jene unbestimmte
Gruppe von Substanzen,, die aus dem Proteinstofiwechsel resultiert, die
Fortdauerndes .
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. te
die Guanidinverbindungen einschließt. Während nun. die ersteren keinen
Einfluß auf den Blutdruck haben, üben die Guanidinverbindungen sogar
einen sehr starken aus. Es scheint also, daß die durch chronische Ne-
phritis oder nur leicht dureh Arteriosklerose geschädigten Nieren unfähig
sind, gerade diese Substanzen auszuscheiden. “So lange diese Substanzen
nicht zerstört oder weiter verbraucht sind, können sie sehr wohl Ursache‘
der Blutdruckerhöhung sein. (Journ. amer, med. assoc. 1924, 2.)
Mayers beschreibt einen Fall von. Durchbruch eines Aorten-
aneurysmas. in die Vena cava superior, der aus diagnostischen Gründen
interessant ist. Das Ödem und die extreme Zyanose, die plötzlich Gesicht,
Nacken und den oberen‘ Thorax befällt, manchmal auch die Arme und den
Thorax in der Taillenlinie, die Turgeszenz. der Venen, die sich in die
Cava superior entleeren, ‘deuten wohl auf eine.Obstruktion dort, sagen aber
noch nichts über die Ursache. Diese liegt erst nahe, wenn das Aneurysma
durch Röntgen bestätigt. ist. Ferner‘ durch richtige Interpretation. der
übrigen Symptome. Ein blasendes Geräusch mit systolischer Exazerbation
über der Tümormasse kann von größer Bedeutung sein; aber auch sonst
kommen bei Aortenaffektionen Geräusche vor. Extreme Dyspnoe, Dys-
_ Phagie, paroxysmaler Husten, hämorrhagische Expektoration können sekundäre
Phänomene des Aneurysmas sein. Ruhelosigkeit, Parese, Paralyse, Delirium,
Stupor, Koma deuten auf Gehirnkongestion und-ödem. Differentialdiagnostisch -
kommt eine extrakavale Obstruktion durch Tumor, intrakaval durch Thromben
in Frage, aber hier findet allmähliche Entwicklung statt. (Journ. amer.,
med. assoc. 1924, 8.)
Nach Leake und Bacon sind. im roten Knochenmark indi in der
Milz erythropoetische . Substanzen enthalten, die, trockenbeständig, bei
100 Grad thermostabil sind, wasserlöslich, durch Alkohol und Äther in-
aktiviert werden, oral „dministriert werden können, biologisch. verwertet
werden, in steriler Lösung sich halten und keine ‚unangenehmen Neben-
wirkungen haben. (Journ. pharm. exper. ther. 1924, 23.) - | |
| Über‘ den - Chloridstoffwechsel bei Röntgentherapie schreiben `
Cameron und McMillan: Bei massiven Dosen ausgesprochene Vermin-.
derung der Urinsekretion, ausgesprochene Chloridretention, wenn das obere
Abdomen bestrahlt wird, weniger bei anderen Körperteilen. Ist die Chlorid-
exkretion aber schon vorher gering, so wird dadurch die Neigung zu Krank-
heiten ceteris paribus größer. Dem kann man zuvorkommen, wenn .man
NaCl, schon vor und während ‚der Bestrahlung verabfolgt. Das Blut-
chlorid ist nicht notwendig dabei: affiziert, obgleich os manchmal prozentual `
vermindert ist. Ebenso ist gewöhnlich eine geringere N-Exkretion während
der ‚Bestrahlung zu beobachten, .aber hierüber ebenso wie betreffend der
Phosphate sind die Ergebnisse zu inkonstant. Es dürfte sich aber letzten .
Endes nicht nur um eine Chloridretention, sondern auch um eine Chlorid-
verminderung des Blutchlorids handeln. (Lancet 1924, 8.)
| Stallyb rass und Mc Nell weisen an der Hand einer Anzahl von
Fällen, die in drei nahe beieinander wohnenden Familien vorkamen, bei
13 Personen auf das nicht seltene Auftreten von Abortivfällen von Ence-
phalitis epidemica hin. Gewöhnlich sind langanhaltende Schlaflosigkeit,
Nervosität, Kopfschmerzen .die Folgen und das verläßlichste Zeichen, das
- auf die Krankheit hinweist, ist Nystagmus, der fast in all diesen Fällen
nachzuweisen war. (Lancet 1924, 6.)
Clarke und Dow schreiben über die Frühdiagnose der Polio-
myelitis anterior: Man muß sich dabei klar machen, daß in manchen
Fällen. eins Lähmung überhaupt nicht. auftritt. ' Deshalb sind einige Sym-
ptome von besonderer Wichtigkeit. "Zunächst muß man von Juni bis Sep-
tember die Krankheit immer im Auge haben und bei jeder leichten Er-
krankung danach forschen, weil eben die meisten klinischen Symptome
| ganz unbestimmt sind. Konstipation, Diarrhoe, Erbrechen, Koryza, Bron-
chitis gehören zu dem Krankheitsbilde, brauchen aber nicht immer da zu
sein. Auch Reizbarkeit, Schlafsucht. . Konstant ist aber eine Angina vor-
handen, leichtes, Fieber. Das wichtigste Symptom ist Nackensteifigkeit. -
Es ist zwar oft schwer festzustellen, gelingt aber mit Geduld doch: es ist.
das verläßlichste Symptom. Dann kommt die Hyperästhesie, die sich oft
in einem gewissen Widerstand des Kindes gegen die Untersuchung äußert,
Auch profuse Schweiße sind typisch, wenn vorhanden. Ebenso Kernig,
dessen Abwesenheit die Krankheit nicht ausschließt. Die Patellarreilexe.
sind. schon früh verstärkt; ob ihnen eine wesentliche Bedeutung zukommt,
wird weitere Forschung zeigen. Jedenfalls ist Paralyse keines der Früh-
symptome; wenn sie auftritt: immer spät. Verf: hat von Rosenows
spezifischem Pferdeserum gute Erfolge gesehen, besonders in solchen
Fällen, wo eine Frühdiagnose nicht möglich ‚war. Da es für den Kliniker
noch nicht möglich ist, Abortivfälle von anderen -zu unterscheiden, emp-
fiehlt er es als rationelle Behandlung in allen Fällen. (Journ. amer. med.
sans, 1924, 83.)
‘ Nach Riggs sind die charakteristischen nervösen Störungen, die in
80 %/, bei perniziöser Anämie vorkommen, und die Farbe des Blutserums
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so typisch, daß sie dem Praktiker schon recht früh eine Diagnose ermög-
lichen. Das blasse Gelb des normalen Serums, das strohfarbene der sekun-
dären Anämie ist mühelos von dem butterblumenfarbenen der perniziösen
Anämie zu unterscheiden. (Minnesota med. St. Paul 1924, 55.) l
Douglas berichtet über 11 Fälle von subdiaphragmatischem Ab-
szeß: 9 waren rechts, 2 links. 9 genasen, 2 starben. 8 wären präoperativ,
3 postoperativ, eine Komplikation während der Rekonvaleszenz. 5 wahr-
scheinlich durch ein perforiertes Duodenalulkus, 3 durch Appendizitis,
1 durch Aktinomykose, 1 durch Leberechinokokkus und 1 durch eine
Schußwunde in der oberen Leber bedingt. In den meisten Fällen kam es
zu einem Irrtum in der Diagnose oder mindestens zu einer Verzögerung,
dadurch, daß man die Läsion über dem Zwerchfell annahm. Bei 6 der
akuten Fälle schwere abdominale Schmerzen, oft mit Rigidität, manchmal
mit Erbrechen. Röntgen ergab in den meisten Fällen erhöhtes Zwerchfell
und manchmal Gas darunter. Jedoch fanden sich die physikalischen
Zeichen. Über der Lungenhasis: gewöhnlich Kompression durch das hohe
Zwerchfell, was als Pneumonie oder Pleuritis genommen wurde oder als
ein sekundärer pleuritischer Erguß durch ‚die abdominelle Infektion.
(Ann. surg. Philadelphia 1924, 79.)
Herzfehler kongestiven Typs bei Hyperthyreoidismus beruhen nach
Hamilton darin, daß das Herz das venöse Blut nicht rasch genug weg-
schafft, und führen zu einer Kongestion in den Lungenvenen mit Vermin-
derung der vitalen Kapazität, Orthopnoe, Rasseln in den abhängigen Partien,
manchmal produktiven Husten und Hämoptose. Weiterhin zu Kongestionen
im Venensystem, Vergrößerung der Leber mit Empfindlichkeit und Schmerzen
der Nackenvenen und Ödem. Sie sind gewöhnlich das Endbild bei rheu-
matischen Herzerkrankungen, kardiovaskulärer Syphilis, Arteriosklerose und
verlängerter Hypertension. Unter 900 Thyreoideakranken fanden sich 50
solche Fälle, die oft nicht diagnostiziert wurden, weil nicht daran gedacht
wurde, daß Hyperthyreoidismus auch solche Herzstörungen verursacht und
weil der unterliegende Hyperthyreoidismus nicht erkannt wurde, Daraufbin
deutet mehr weniger plötzliches Einsetzen mit nachfolgender Besserung der
Störungen und ein schwerer gegen jede Bebandlung obstinater Nachlaß,
der länger dauert. Symptome von seiten des Herzens: Vergrößerung,
diastolische (seltener) und systolische Geräusche, letztere fast immer, aber
ohne diagnostischen Wert. Aurikuläre Fibrillation, hober Pulsschlag, oft
bis 200. Also hartnäckig erhöhter Puls mit Fibrillationen, trotz Digitalis
und Ruhe, suggeriert einen möglicherweise unterliegenden Hyperthyreoi-
dismus. Aber Verlangsamung schließt ihn noch nicht ohne weiteres aus,
Exophthalmus braucht keineswegs immer zu bestehen. Vergrößerung der
Schilddrüse ebenfalls nicht; ihr Fehlen schließt Hyperthyreoidismus nicht
aus. Bei jedem Herzfehler sollte die Schilddrüse genau untersucht werden.
Abmagerung, Ödem. ` Oft war Apathie vorhanden (für Hyperthyreoidismus
suggestibel), selten Erregung, manchmal Konfusion. Pigmentation, be-
sonders an den Augenlidern. (Journ. amer. med. assoc. 1924, 6.)
Blackford und Dwyer führen auf Grund einer Analyse von
1650 Fällen aus, daß eine relative approximative Häufigkeit von Dyspepsie
bei abdominalen Erkrankungen für Magenulkus 1, für Magenkarzinom 2,
für Reflexappendizitis 4, für Duodenalalkus 6 und für Gallenblasenerkran-
kungen 12 ergab. Bei Erwachsenen kommt Dyspepsie als Folge von Gallen-
blasenerkrankung in etwa 20°/, vor. (Journ. amer. med. journ. 1924, 6.)
Hurst weist nachträglich darauf hin, daß Migräne im wesentlichen
durch Augenstörungen verursacht wird, und daß durch die Korrektion
dieser Besserung bzw. Heilung erfolgt. Nur muß letztere durch eine gründ-
liche Untersuchung und ‚Beobachtung bewerkstelligt werden.
1924, 5, Juli.)
Aycock und Eeaton haben seit über 10 Jahren das Auftreten
der Kinderlähmung studiert und gefunden, daß im Sommer, und gewöhnlich
im März oder April, eine Zunahme der Fälle erfolgt. Und zwar in allen
Teilen der Vereinigten Staaten. Sie schließen daraus, daß zwei Über-
tragungsarten vorliegen müssen. (Amer. journ. hyg.. 1924, 4.)
Baltodano hat in 3 Fällen von Hyperemesis gravidarum in
24 Stunden wesentliche Besserung erzielt durch Bluttransfusion vom
Gatten. In 2 anderen Fällen, wo Transfusion nicht möglich war, ebenfalls
Erfolg durch intramuskulare Injektion von 4 ccm Blut, verdünnt mit 1 ccm
1 %/,iger Natriumzitratlösung. (Journ. amer. med. assoc, 1924, 8.)
House: Syphilis kann in Verbindung mit einer Psychose entweder
als Ursache oder als Komplikation vorkommen. Dann ist aber in allen
Fällen genaue Nachforschung und namentlich Anamnese nötig, .vor allem
aus prognostischen und therapeutischen Gründen, sowie der Überwachung
wegen. Ganz besonders ist diese scharfe Trennung nötig bei Epilepsie,
Neurasthenie, Dementia praecox, manisch-depressivem Irresein und Paranoia.
Denn zunächst kann die Psychose gar nicht mit der Lues zusammenhängen,
es kann sich aber im weiteren Verlauf, gleichsam parallel, progressive
Paralyse entwickeln. In seltenen Fällen können auch multiple Psychosen,
z. B. Paranoia und Paralyse, zusammenfallen. Die spezifische Behandlung
(Lancet
muß aber ohne Rücksicht auf die Psychose durchgeführt werden. (Journ.
amer.. med. assoc. 1924, 4.) i
Gentianaviolett in schwachen Lösungen hat eine ausgesprochene
bakterizide Wirkung auf grampositive Bakterien. Dies hat Saurman
veranlaßt, es bei Diphtherictrāgern anzuwenden. Nach Reinigung der
Nase und des Schlundes mit einer leichten Salzlösung beim Erwachen und
nach den drei Hauptmahlzeiten wird eine 20/ige wäßrige Gentianaviolett-
Jösung mit einem gewöhnlichen Zerstäuber so in Nase und Schlund einge-
führt, daß sie überall hinkommt; dies wesentlich und sicherer als Ab-
wischen mit einem Wattebausch. Aussetzen damit, wenn zwei Abnahmen
negativ waren. Gewöhnlich nach 48 Stunden. (Journ. amer. med. assoc.
1924, 4.)
Die landläufige Ansicht, daß Hyperchlorhydrie auf ein Uleus
peptisum deute, ist nicht ganz haltbar. Man findet sie häufig bei Duodenal-
ulkus, COholezystitis und gewissen nervösen Störungen chronischer Appen-
dizitis. Die pathologische Deviation des Säuregehaltes neigt aber mehr
zur Anazidität. Eggleston hat bei seinen Studien über sekretorische
Magenstörungen ähnlich wie Moynihan bei 73°/, von Duodenalulkus
Hyperchlorhydrie festgestellt, während 50 °/, der Magenulzera subnormale
Kurven zeigten. Der natürliche Regulator der Säureverhältnisse im Magen
ist die Regurgitation alkalischer Sekretion aus dem Duodenum und der
funktioniert nicht bei temporärer oder permanenter Pylorusobstruktion.
Wie überhaupt in den Säureverbältnissen des Magens auch bei Gesunden
von Tag zu Tag wechselnde recht verschiedene Zustände herrschen.. Es
dürfte also die Hyperchlorhydrie mehr als motorische Störung mit sekun-
därer Hypersekretion, denn als bestimmte Störung des sekretorischen
Mechanismus imponieren. Pathologisch viel wichtiger ist die Achlorhydrie.
Im allgemeinen ist die Persistenz von Symptomen einer. chronischen
Gastritis nicht besonders suggestibel für ein Duodenal- oder Magenulkus.
Auch kann dasRöntgenbild bei Verwachsungen die Deformität einesDuodenal-
ulkus unter Umständen vortäuschen, und dies sind die Fälle, bei denen
sekundär nach Achlorhydrie oder Achylie eine chronische Gastritis ent-
steht, die auf künstlichen Magensaft und blande Diät sehr gut reagiert.
Bei schweren, namentlich primären Anämien findet man Achlorhydrie, und
diese geht der Anämie oft lange voraus, weshalb ihre Feststellung oft
recht wertvoll ist. Auch wenn keine digestiven Symptome vorliegen. Sie
ist kein entscheidender Faktor in der Ätiologie von' Kolonstörungen, wabr-
seheinlich durch Einführung von ungenügend vorbereiteten Nahrungsmitteln
mangels peptischer Digestion in den Darmtrakt, Hypermotilität, Aktivität
putrefaktiver und fermentativer Bakterien spielen dabei mit eine Rolle
und führen zu Reizung und intestinaler Toxikämie. Vielleicht geht die
Achlorhydrie auch Gallenblasenstörungen voraus. (Journ. amer. med. assoc.
1924, 4.) n
Über Exsanguination-Transfusion bei schweren Toxämien schreibt
Roberson: Der Effekt ist um so dramatischer und nachhaltiger, je mehr
man Patientenblut durch fremdes ersetzt. Sammlung aus der Basilica
mediana des Gebers in 100 com-haltigen Glasspritzen, von denen jede mit
100 cem 3,5 %/,iger Natriumzitratlösung. gefüllt ist. Auf diese Weise kann
man etwa dieselbe Menge Bluts bekommen, die im Patienten zirkuliert,
d. i. etwa 35 cem pro Pfund: Körpergewicht. Bei Kindern Longitudinal-
sinus oder Femoralvene; bei kleinen Kindern kann man 60—160 ccm
entziehen. Bei den ersten Anzeichen eines schwachen Pulses wird eine
der 100 cem-Spritzen injiziert und gleichzeitig die Entziebung unter weiterer
Zufuhr fortgesetzt. Bei schweren Toxämien und Septikämien, schweren
Verbrennungen hat sich dies Verfahren bewährt und die Mortalität von
100 auf 50%, herabgesetzt. Ebenso beim Erysipel der Neugeborenen, bei
schwerem Scharlach und bei akuter intestinaler Intoxikation. Bei Staphylo-
kokkeninfektion und Endokarditis war nur ein vorübergehender leichter
Erfolg zu verzeichnen. (Arch. surg. Chicago 1924, 9.) v. Schnizer.
Therapeutische Notizen.
Chirurgie.
Die Verwendung der Tanninwasserlösung zur Händedesinfektion
empfiehlt W. L. Pokotilo (Odessa). Die Hände werden in Leitungswasser
mit Bürste und Seife gewaschen und danach mit dem Gazetupfer, der in
einer 5°/,igen wässerigen Tanninlösung getränkt ist, kräftig abgerieben.
Hände, die mit dieser Tanninlösung abgerieben sind, scheinen mit einem
glänzenden Überzug wie mit einer Hülle bedeckt zu sein. Die Impfung
auf Nährböden ergab, daß von den auf diese Weise behandelten Händen
nur wenige Kolonien angingen. — Damit die Hände vom Tannin nicht
leiden, müssen sie nach der Operation sorgfältig mit Bürste und Seife
gewaschen werden. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 36.) K. Bg.
Die „Ria“-Binde (Schweitzer & Co., München) empfiehlt Hans Berger
(München). Es handelt sich um ein Papierfabrikat, das aber der Mulibinde
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der Epidermis abgebeilt. (M.m.W. 1924, Nr. 35.)
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an Festigkeit nicht nachsteht. Die benutzten : Binden können wieder auf-
gewickelt und nochmals verwandt werden. Die „Ria“-Binden kosten un-
gefähr den dritten bis vierten Teil der, starkfädigen Mullbinden. (M.m.W.
1924, Nr. 34.) F. Bruck.
Bazy erzielt bei Hydrozele dauernde Heilung, indem er nach
Kokainisierung und Entfernung der Flüssigkeit durch Punktion 30—60 cem
Jodtinktur injiziert. Kontraindikationen: kongenitale Form, die mit dem
Peritoneum kommuniziert, Dupuytrens Form und die mit dicken Wandungen.
(Bull. acad. méd., Paris 1914, 91.) v. Sohnizer.
Infektionskrankheiten.
Die Ruhr behandelt Hans Ziemann (Berlin) wie folgt: Sofort Bett-
ruhe, Wärmflasche auf den Leib, Knierolle unter die Knie, um die Bauch-
presse zu entspannen. 1 Eßlöffel Ol. Ricini, nach einigen Stunden noch
ı/, EBlöffel Ol. Ricini, am Abend I Teelöffel Karlsbader Salz in 300 com
' warmen Wassers (auch das Salz in Oblaten und das Wasser hinterher).
Vom Morgen des anderen Tages an: morgens und .abends je 1 Teelöffel
Karlsbader Salz und außerdem am Tage 6—8—10 mal Bismut. subnitr. à 0,5.
‘Bei Verstopfung mehr Karlsbader, weniger Bismut, bei Durchfall um-
gekehrt. Regel muß sein: höchstens 2 dünnbreiige Stühle Nach Eintritt
normalen Stuhls noch 5—7 Tage Karlsbader und Bismut, um dann
allmählich mit beiden herunterzugehen. Das Karlisbader Salz führt zu
einer Hyperämie des Darms und das Bismut schafft eınen kolloidalen
Belag, der die erodierten Darmstellen gegen den Reiz der Ingesta schützt.
Koliken und Tenesmen schwinden bei dieser Therapie sehr schnell. (D.m.W.
1924,.Nr. 36.) ze
Ommadin (Immun-Vollvakzine Much), Eiweiß, Lipoid und Fett
- enthaltend, versetzt den Organismus in einen hochaktiven Zustand, der
ibn- befähigt, Infektionserreger abzutöten. Es wird von W. Reichmann
(Charlottenburg) bei Grippe, besonders Grippepneumonie, Schweißdrüsen-
entzündungen, Neuralgien (besonders Ischias), Sepsis erfolgreich
angewandt. Injiziert wird I’ Ampulle = 2 ccm, auch bei Kindern. Wird bei
der ersten Injektion keine prompte Wirkung erzielt, so wiederhole man
dieselbe Dosis den nächsten Tag oder noch am selben Abend. Man injiziere
so früh wie möglich und warte nicht erst, bis die Abwehrtätigkeit des Orga-
nismus nachläßt. (D.m.W. 1924, Nr. 36.)
Einen schweren Fall von Tetanus hat Siegfr. Löber (Vacha) nach
Mandl erfolgreich mit. einer Injektion von 50 ccm einer 1%igen Novo-
kainlösung epidural in den Sakraikanal behandelt. (D.m.W. 1924, Nr. 34.)
"In einem Falle von Erysipeloid (Schweinerotlauf) wurden !/; ED.
Röntgen ohne Filter verabreicht und Umschläge mit 8°%/,iger essig-
saurer Tonerde verordnet. Schon am nächsten Tage stand der Prozeß
still und nach 3—4 Tagen war das Erysipeloid unter starker Schilferung
F. Bruck.
N ervenkrankheiten.
_ , Bei der Enzephalitis sind nach Ludwig Mann (Breslau) noch am
wirksamsten Trypaflavin und Elektrokollargol (beide intravenös). Man
gebe von Trypaflavin 10 g als Einzeldosis, etwa alle 2—3 Tage. Bei dem
chronischen Nachstadium der Enzephalitis, besonders dem Parkin-
sonismus (Rigidität, Tremor), empfiehlt sich neben dem symptomatisch
außerordentlich günstig wirkenden Hyoszin das von Alwens angegebene
Strontium bromatum (intravenös 10—20 ocm einer 10°/oigen oder 10 com
einer 20%/yigen Lösung). Das Mittel hat einen wenigstens 24 Stunden an-
haltenden, den Tremor beruhigenden, die Rigidität mildernden Einfluß.
(D.m.W. 1924, Nr. 35.)
Das Tetrophan (J. D. Riedel, Berlin) kommt jetzt in Tabletten zu
0,1 g (Röhre mit 20 Tabletten) in den Handel. Man beginnt im allgemeinen
mit 1 Tablette am 1. Tage und steigert die Dosis jeden 2. Tag um 1 Tablette
bis zu 3mal täglich 1 Tablette. In besonderen Fällen können Smal täglich
3 Tabletten gegeben werden. Indikationen: multiple Sklerose, Tabes, -
Polyneuritis, postdiphtherische Lähmungen. (M.m.W. 1924, Nr. 34.)
| Ä F. Bruck.
Matthew gibt bei epidemischer Enzephalitis von einer 25°0/% igen
Magnesiasulfatlösung 4 ccm, die zweite Injektion 12 Stunden nach der
ersten, die folgenden in 24stündigen Pausen. (Lancet, Juni 1924, 7.)
| v. Schnizer.
Frauenkrankheiten und Geburtshilfe.
Über Gynergen berichtet F. v. Mikulicz-Radecki nach den Er-
sen aus der Universitäts-Frauenklinik zu Leipzig. Es ist eine
linische Substanz, welche aus dem Mutterkorn gewonnen wird und
zur therapeutischen Verwendung in ein wasserlösliches Salz, Ergotamin-
fahrun
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43.
tartrat, übergeführt worden ist. Es hat sich als ein hervorragendes
Sekalepräparat bewährt zur Bekämpfung von Nachgeburtsblutungen,
Spätblutungen im Wochenbett und von Nachblutungen nach Aborten. Eine
propbylaxische Gabe von Gynergen empfiehlt sich bei drohenden
Uterusatonien, bei Fiebergefahr im Wochenbett und nach Ausräumungen-
Vor Anwendung des Gynergens während der Geburt ist zu warnen. Die
beste Wirkung entfaltet das Gynergen in der Nachgeburtsperiode. In
einer Dosierung von 1 com subkutan ist das Präparat unschädlich. (Zbl.
f. Gyn. 1924, Nr. 36.) oS K. Bg.
Gynergen gibt E. L. Zöllner (Hamburg) in der Geburtshilfe in
einer Einzeldosis von 0,5 cem intramuskulär. Bei gynäkologischen
Blutungen genügen 0,25 ocm pro dosi. Bei größeren Dosen bleiben un-
angenehme Nebenerscheinungen nicht aus. Bei der Behandlung des Abortes,
vor allem.des fieberhaften, hat es sich gut bewährt (2mal täglich 0,5).
Die Frucht und die ganze Plazenta werden fast ausnahmslos ausgestoßen,
auch wenn keine Wehen mehr bestehen. Bei Plazentarresten hat man nur
in der Hälfte der Fälle Erfolg. Zur Einleitung der Frühgeburt bei lebens-
fähigem Kinde ist es unbrauchbar, da es dürch die zunächst einsetzende
: Dauerkontraktion das Leben des Kindes aufs äußerste gefährdet. Bei
Blutungen nach Geburt und Abort, desgleichen bei gynäkologischen
Blutungen hat es die Eigenschaft eines sehr wirksamen Ergotinpräparates.
(D.m.W. 1924, Nr. 36.) 3
Die aktive Behandlung der fieberhaften Fehlgeburt bespricht Walter
Simon. ' Bei drohender fieberhafter Fehlgeburt gebe man Bettruhe, Opium
und Eisblase. Bei beginnender fieberhafter Fehlgeburt und noch nicht
eröffnetem Muttermund warte man die spontane Eröffnung und Aus-
stoßung des Fötus unter Chiningabe' ab. (Gewaltsame Dehnung des Mutter-
mundes ist bei infizierter Uterushöhle gefährlich.) Ist der Muttermund für
den Finger durchgängig, so soll unbeachtet der Fieberhöhe jede un-
komplizierte fieberhafte Fehlgeburt, die nicht vorbehandelt ist und nicht
länger als 3 Tage blutet, sofort. mit Eizange und Kürstte ausgeräumt .
werden (Heilung innerhalb von 8 Tagen in 99,4%). Jeder Tag Zuwarten
verschlechtert die Prognose der aktiven Behandlung. Ist der Fall vor-
behandelt, so ist der Erfolg der aktiven Nachbehandlung immer ungewiß.
Trotzdem bringt erst die instrumentelle Entfernung der Eireste den Fieber-
abfall. Kontraindiziert ist die aktive Behandlung bei extrauteriner Lokali-
sation der Infektion. Bei den mit Peritonitis und Sepsis komplizierten
Fällen wird weder die aktive Therapie noch eins andere etwas nützen
können. (M.m.W. 1924, Nr. 35.) F. Bruck.
Bücherbesprechungen.
Lehmanns Medizinische Atlanten, Bd. 7. Groedel, Lehrbuch und Atlas
der Röntgendiagnostik. I. u. II. Halbband. Mit 712 autotypischen
Abbildungen auf 179 Tafeln und 720 Textabbildungen. 1109 Seiten
München 1924. J.F. Lebmanns Verlag. Je RtM. 28,—.
Das Groedelsche Handbuch zählt zu den besten Veröffentlichungen,
die auf dem Gebiet der Röntgendiagnostik existieren. Sein hoher Wert
wird nicht eingeschränkt, seit ähnliche, gleichfalls vorzügliche Werke von
anderer Seite erschienen sind. Für jeden praktisch arbeitenden Röntgeno-
logen ist das Groedelsche Buch unentbehrlich und es ist hocherfreulich,
daß die Herausgabe der einzelnen Neuauflagen nur in längeren Zwischen-
räumen erfolgt. So ist es möglich durch stete Neubearbeitung und die
entsprechenden Zusätze das Werk auf jener stolzen Höhe zu erhalten, die
es seit seinem ersten Erscheinen vor 15 Jahren eingenommen hat, Über
ein Buch, das die gesamte Röntgendiagnostik mit allen ihren zahlreichen
Teilgebieten behandelt, wäre unendlich viel zu sagen und ich müßte den
mir zur Verfügung stehenden Raum um ein vielfaches überschreiten, . wenn
ich diesem unendlich reichen Inhalt auch nur in der bescheidensten Form
gerecht werden wollte Ich muß mich daher darauf beschränken nur die
neuen Kapitel zu besprechen. Groedel hat dem Werk einen Absatz
über Konstitution eingefügt, der im wesentlichen das wiedergibt, was
er schon .an anderer Stelle ausgeführt hat. Er greift dabei wieder zurück
auf die alte Lehre von Eppinger und Heß, worin ich ihm auf Grund
meiner eigenen Spezialarbeiten auf diesem Gebiet zustimmen möchte. Neu
ist ferner das Kapitel über das Pneumopoeritoneum von Goetze.
Diese Betrachtung ist vorbildlich in Form und Inhalt. Jamin hat
dem Werk noch einen kurzen Absatz über die Röntgenuntersuchung
im Kindesalter angefügt und damit eine mehrfach empfundene Lücke
in ausgezeichneter Weise geschlossen. Jamin hat sich in der Darstellung
der Veränderungen des Skeletts sehr knapp gefaßt, was mit Rücksicht
darauf, daß die Knochenerkrankungen in diesem Buche von Alban
Köhlers Meisterhand behandelt sind, auch verstehbar ist. In manchen
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den Gipfel geistigen Strebens bedeutete. Denn es sind nicht nur solch aus-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43. $ 26. Oktober
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Dingen (z. B. Hydrocephalus internus usw.) häfte ich eine etwas ausführ- | 2umal bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Als weitere Indikation
sichere Darstellung gern gesehen. Eine Veränderung gegenüber der letzten | zur Unterbrechung betrachtet Verf. die durch Schwangerschaft meist ver-
Auflage brachte die Darstellung der Röntgenuntersuchung der Kiefer und | schlimmerte Otosklerose, da eine durch Gravidität bervorgerufene hoch-
Zähne. Sie stammt von Loos (Frankfurt a. M.) und erfreut durch ihren | gradige Schwerhörigkeit oder drohender Gehörsverlust als schwerste Gesund-
hohen wissenschaftlichen Gehalt: — Ein besonderer Vorzug des Groedel- | heitsschädigung zu bezeichnen sei; ferner hält er für richtig, auch bei
schen Buches besteht darin, daß auch alle technische Neuerungen darin | -Chlorose, die unter Umständen während der Gravidität in eine perni-
Erwähnung gefunden haben. Zum Schluße sei noch hervorgehoben, daß | ziöse Anämie übergehen könne, die Schwangerschaft zu unterbrechen.
die Atlastafeln nach einem neuen Glanzdruckverfahren hergestellt sind | Sicher enthalten die sehr lesenswerten Ausführungen von Br. vieles Richtige;
und ihren Zweck hervorragend erfüllen. Otto Strauß (Berlin).
im ganzen scheint mir aber seine Indikationsstellung zur Unterbrechung
ge A SE ade in ihrer Verallgemeinerung eine allzuweitgehende zu sein; gerade auf diesem
L. faa Eee u Bi a S a Gebiete ist nicht Schematisieren, sondern Individualisieren und schärfste
in ipag een ee Aussonderung der wirklich Gefährdeten am Platze, wobei selbstredend auch
die sozialen Umstände, auf die Verf. mit Recht Gewicht legt, mit zu
berücksichtigen sind. Das gerade im letzten halben Jahre. durch die be-
kannten Forderungen von Boeters aktuell gewordene Gebiet der Rassen
hygiene und Eugenik behandelt Br. mit einer gewissen, nicht un-
| berechtigten Zurückhaltung, bält aber in gewissen Fällen, wo eine statistisch
begründbare Wahrscheinlichkeit für die Übertragung eines schweren Leidens
auf das Kind besteht, die medizinisch-eugenetische Indikation zur Unter-
brechung mit anschließender Sterilisation für gegeben. P. Horn (Bonn),
l Der dritte Band der „Medizin der Gegenwart“, der die „Autoergo-
graphien* von John Hemmeter, Al. Korányi, Ad. Lorenz, E. Payr,
Petrén, L. Rehn und Tendeloo enthält, bestätigt unsere Anschauungen
über die Bedeutung des Werkes, der wir bereits bei den beiden ersten
Bänden Ausdruck gegeben haben. Gerade die hier vereinigte Forscher-
gruppe setzt sich aus Persönlichkeiten zusammen, deren Individuali-
täten nicht nur in der Arbeitsrichtung und Bewältigung sich vielleicht
deutlicher als üblich ausprägen, sondern die auch ganz bewußt die Ver-
bindungsfäden von Eigennatur und Schicksal mit ihren Arbeitsleistungen
zu verfolgen vermögen. Diese bewußte Abkehr von der „Unpersönlichkeit
der Wissenschaft“ oder wenigstens der Versuch ihrer Einschränkung, in dem
ja der modern empfindende Herausgeber den Hauptzweck der Zusammen-
stellung sieht, muß als ein bedeutsames kulturgeschichtliches Moment einer
Zeit angeseben werden, in der die sogenannte wissenschaftliche Objektivität
Löhlein +, Über die sogenannte follikuläre Ruhr. 508. mit 9 Text-
abbildungen. Jena 1923, Gustav Fischer. |
Die Arbeit ist erschienen als 13. Heft der „Veröffentlichungen aus
der Kriegs- und Konstitutionspathologie“ und bringt eine zusammenfassende
Darstellung des formalen Ablaufs der Ruhrformen. unter Berücksichtigung
der kausalen Genese, wobei. einige heut im Vordergrund stehende Streit-
| fragen eingehend besprochen werden. Der Begriff der follikulären Ruhr
wird abgelehnt; dieses anatomische Bild stellt lediglich eine Teilerscheinung
der diphtherischen Ruhr dar. Zahlreiche gute Abbildungen ergänzen den
Test vortrefflich. Bei der großen Erfahrung des Verf. in dem einschlägigen
Gebiet wird diese nachgelassene Arbeit die gebührende Beachtung finden.
| | | S. Gräff (z. Z. Niigata).
Würzburger Abhandlungen, Band 1, Heft 9. Stübler und Brandeß, Zur
Pathologie und Klinik der Ovarialtumoren. 112S. Leipzig 1924,
gesprochene akademische Außenseiter wie Adolf Lorenz und L. Rehn,
aus denen eine solche Einstellung spricht oder die sich sogar offen dazu
bekennen, wir finden sie wohl am schärfsten ausgedrückt und motiviert bei
Erwin Payr, der doch im ganzen den herkömmlichen akademischen Weg
gegangen ist. .Der spätere. Medizinhistoriker des 19. und 20. Jahrhunderts
wird an diesen Persönlichkeitsäußerungen nicht vorübergehen können, wenn
er die medizinische Geistesgeschichte dieser Zeit in ihrer Vollständigkeit
erfassen will. Für ihn wird es u. a. auch bedeutungsvoll sein, wie ver-
schieden hier derselbe Meister von zwei Schülern (Nicoladoni von Lorenz
und Payr) gewertet wird. Eine besondere Prägung erhält dieser Band
noch durch die Aufnahme der Selbstschilderungen: von vier Ausländern,
die nicht nur den Ausblick auf die Pflege unserer wissenschaftlichen und
ärztlichen Arbeitsweise außerhalb unserer Grenzpfähle eröffnet und die
tiefen Beziehungen zwischen deutscher und ausländischer Heilkunde offen-
bart, sondern uns vor allem diese selbst in ihrer ganzen Eigenart darstellt.
Die behagliche epische Breite einer Vollnatur wie Hemmeter gegenüber
der konzentrierten Gedrungenheit Tendeloos — ein Gegensatz, der sich
bei dem Vergleich Petr6öns mit Korányi, wenn'auch nicht in derselben
Schärfe wiederholt — erweckt eine Reihe von Vorstellungen, die für die
Beurteilung ausländischer Persönlichkeiten und Verhältnisse nicht hoch
genug angeschlagen werden kann. Neben diesen allgemein-kulturgeschicht-
lichen und personalhistorischen Werten enthält das Buch für die Beurteilung
einer Reibe von Fragen, die seit Jahrzehnten im Mittelpunkt des medi-
zinischen Interesses stehen, reichen Stoff. Alles in allem kaon man dem
Herausgeber Grote auch nach Kenntnis dieses Bandes zu seinem Unter-
nehmen nur Glück wünschen und für seine Arbeit dankbar sein, deren
gleichsinnige Fortsetzung uns weiter die wertvollsten Aufschlüsse verspricht.
Für die schöne Ausstattung des Buches und besonders für die gute Aus-'
führung des Porträts verdient auch diesmal der Verlag vollste Anerkennung.
G. Honigmann (Gießen).
Brupbacher, Wann ist eine ärztliche Abtreibung rechtswidrig?
96 S. Zürich 1924, Arnold Bopp & Co. Schw. Fres. 3,—.
Curt Kabitzsch. 4,50.
Verf. verwerten in ihrer Arbeit das Material der Tübinger Klinik
aus den Jahren 1907 bis 1922, insgesamt 682 Fälle von Ovarialtumoren.
An Hand der beobachteten Fälle werden die histologische Beschaffenheit
der verschiedenen Oyarialgeschwülste, ihre Häufigkeit, die jetzigen und
früheren Anschauungen über ihre Entstehung und ihre Behandlung be-
schrieben. Besonderes Interesse ist den Komplikationen gewidmet: der
Stieldrehung, dem Zusammentreffen mit Gravidität, Geburt, Wochenbett,
Extrauteringravidität und Spontanabort. Für diese Fälle sind Richtlinien
für die Behandlung auf Grund der Erfabrungen an der Tübinger Klinik
aufgestellt. Die Monographie wird für jeden, der auf diesem Gebiete
arbeitet, von Interesse sein. l W. Liepmann.
| Szymonowicz, Lehrbuch der Histologie und der mikroskopischen
Anatomie. 5. verb. Aufl. 579 S. mit 422 Textabbild. und 102 Tafeln.
Leipzig 1924, Curt Kabitzsch. Br. 19,20, geb. 22,20.
Die 5. Auflage des bekannten und bewährten Lebrbuches ist ge:
'meinsam von Szymonowicz und R. Krause, dem Berliner Anatomen,
bearbeitet worden. Neue Forschungsergebnisse sind in ausgedehntem Maße
aufgenommen worden, z.B. auf dem Gebiet der Mitochondrienforschung, bei
einzelnen Organsystemen (Nervensystem, Geschlechtsorgane). In anderen
Kapiteln könnte das Lehrbuch durch Ausmerzung veralteter Anschauungen
(z.B. bei Blutplättchen) noch gewinnen; bei der Milz vermißt man die
s Ba í Erörterung der Splenozyten. Die Abbildungen sind meist gut und at-
Unter sorgfältiger Berücksichtigung der Literatur untersucht Br., ob | schaulich: Tafel X und XI kommen in der Ausführung den andern
und in welcher Weise eine bestehende Schwangerschaft auf verschiedene, | nicht gleich. S. Gräff (z. Z. Niigata).
besonders wichtige Krankheitsformen einzuwirken pflegt und ob sich daraus
Indikationen zur Vornahme des künstlichen Abortes herleiten lassen.
Be- | Hans Petersen, Histologische und mikroskopische Anatomie.
züglich der Tuberkulose, die ja praktisch die wesentlichste Rolle spielt, Dritter Abschnitt. Mit 221 Textabbild. München 1924, J. F. Berg
kommt Verf. zu dem Resultate, daß bei einer jeden, auch latenten Tuber-
mann. GM. 12,50.
kulose, da sie jederzeit durch die Schwangerschaft zu einer manifesten
Der vorliegende dritte Abschnitt: Spezielle Histologie und mikro-
werden könne, möglichst früh die Fehlgeburt herbeizuführen sei. Bei einer | skopische Anatomie des Menschen behandelt nach allgemeinen Ausführungen
manifesten Tuberkulose, die unter dem Einfluß der Schwangerschaft sich | das Bindegewebe, den Knorpel, Knochen und den Muskel. Verf. bat e
sozusagen stets verschlimmere, sei das Nichteingreifen geradezu ein Kunst- | verstanden, den Stoff in anschaulicher, klarer Weise, unter eingehende
fehler. Br. belegt seine Auffassung mit eingehendem statistischem Material, | Verwertung auch der neuesten Literatur zu verarbeiten; Physik und Chemi
aus dem hervorgeht, daß bei Nichtunterbrechung etwa 3/4 der beobachteten | werden tunlichst herangezogen. Die zahlreichen Abbildungen sind duro
Fälle sich verschlechterten, während bei Unterbrechung der Schwangerschaft | weg ganz vorzüglich. Wer sich mit Einzelproblemen der Histologie zu be
etwa 3/4 der Fälle sich besserten. Auch bei organischen Herzaffektionen | fassen hat, dem steht mit Petersens Histologie ein vortreffliches Nac
sowie bei Nierenleiden hält Br. frühzeitige Unterbrechung für notwendig,
schlagebuch zur Verfügung. S. Gräff (z. Z. Niigata).
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BEP. 2 oe
26. Oktober.
(Bufo vulgaris).
merkmale entwickeln. konnten.
demselben Jahre unabhängig auf experimentellem Wege Benoit, der nach
Fortnahme des -linken Ovariums bei jungen Hühnern aus dem sonst im |
weiblichen Geschlecht rudimentär bleibenden Geschlechtsstrang der rechten
Seite einen. funktionsfähigen Hoden und im Zusammenhang damit alle
übrigen Merkmale des Männchens sich entwickeln sah. — Das Gemeinsame
- Vogelweibchen) entwickelt sind.
bei
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
Kongreß. und Vereins-Berichte. Fr | i X | E. ® Br z
Frankfurt. a. M.
Ärztlicher Verein. Sitzung vom 6. Oktober 1924... :
Breßlau: Über die Umstimmbarkeit des Geschlechts nach dem
- heutigen Stande der Experimentalforschung. - Aus den in den letzten
10 Jahren zum Abschluß gebrachten Untersuchungen über den Mechanismus
der Geschlechtsbestimmung und aus den glänzenden Versuchen R. Gold-
schmidts über die Entstehung der Intersexe beim Schwammspinner ergibt
sich mit Bestimmtheit, daß in der befruchteten. Eizelle stets die Anlagen
beider Geschlechter vorhanden sind, : und daß gewisse quantitative
Faktoren darüber entscheiden, welche von diesen Anlagen ‚sich bei der
Entwicklung des Individuums durchsetzen. Auf der Grundlage dieser An-
schauungen ist in neuester Zeit auch die Frage nach der Umstimmbarkeit
.geschlechtlich bereits differenzierter Tiere der Lösung ein Stück
näher gebracht worden. Die bekannten Versuche Steinachs und anderer
Autoren bilden nur einen ersten, bereits überholten Schritt auf diesem
Wege. Sie haben wohl eine Ausbildung dieser oder jener Merkmale des
entgegengesetzten Geschlechts, aber niemals eine vollkommene Geschlechts-
umstimmung herbeigeführt. . Erst das Jahr 1923 brachte diesen Erfolg,
vor allem durch die zielbewußten Versuche von Harms an der Erdkröte
Hier besitzen beide Geschlechter neben den eigentlichen
Sexualdrüsen noch die aus Resten der Keimdrüsenanlagen hervorgegangenen
sog. Bidderschen Organe, die den Charakter rudimentärer Ovarien tragen
‘ und in bestimmter Weise in den Sexualzyklus eingreifende Inkrete erzeugen.
Werden nun bei den Männchen die Hoden exstirpiert, so bilden sich bei.
zweckmäßiger Ernährung der Tiere allmählich auf der Grundlage der
Bidderschen Organe Ovarien, aus Rudimenten der Müllerschen Gänge Ei-
. leiter, sowie nach und nach auch alle übrigen weiblichen Merkmale aus,
während der männliche Habitus und die männlichen ‚Instinkte verschwinden, -
so daß schließlich im Laufe von 3—4 Jahren aus Tieren, die vorher als
Männchen kopuliert hatten, vollkommen funktionstüchtige Weibchen werden;
Harms hat in diesem Frühjahr von einem dieser in Weibchen umgewandelten
Männchen Laich ‚erhalten, der allerdings mangelsgleichzeitigreifer geschlechts- |
. reifer Männchen nicht befruchtet werden konnte.
Versuchen bildet der gleichzeitig und unabhängig davon erschienene Bericht
von Crew über Geschlechtsumstimmung beim Huhn. Zur Beobachtung
gelangten 8 Fälle, die eine vollständige Serie darstellen und deren Ab-.
schluß ein Tier bildet, das ursprünglich. als Henne Eier gelegt hatte, sich
aber im Verlauf von 2 Jahren in einen geschlechtstüchtigen Hahn ver-
wandelte, der mit einer jungfräulichen Henne normale Küken erzeugte.
Die Untersuähung ergab, daß es sich um eine Art Naturexperiment.handelte,
indem durch Tuberkulose das Gewebe des. bei den meisten Vogelarten
allein zur Ausbildung gelangenden linken Ovariums zerstört wurde, so daß
sich nunmehr von den rechts und links erhalten gebliebenen Sexualsträngen
aus Hoden und im Anschluß daran auch alle übrigen männlichen Geschlechts-
Zu dem gleichen Ergebnis gelangte in.
dieser Fälle von gelungener Geschlechtsumstimmung. ist zunächst, daß es
sich allemal bei den umgewandelten Tieren um Angehörige des hetero-
‚gametischen Geschlechts — bei den Kröten um Männchen, bei den Hühnern
um Weibchen — handelt, und ferner .um Vertreter solcher Tierarten, bei
denen im 'heterogametischen Geschlecht nicht nur die für dieses typischen
Keimdrüsen, sondern latent auch noch die Anlagen des entgegengesetzten
Geschlechts (Biddersches Organ der Krötenmännchen, Sexualstränge der
Aus den Versuchen kann daher der
Schluß gezogen werden, daß bei Individuen, die. genetisch zu Kröten-
Männchen oder zu Henneh prädestiniert ‘sind, die jeweils vorhandenen
Anlagen des entgegengesetzten Geschlechts unter dem quantitativen Über-
gewicht der Inkrete des dominierenden Geschlechts in ‘ihrer Entfaltung
gehemmt werden, daß aber nach Fortfall dieser Inkrete infolge einer die
"Keimdrüsen beseitigenden Operation oder einer Erkrankung. jene vorher go-
hemmten Anlagen sich weiter entwickeln und vermöge der nunmehr in
Aktion tretenden Inkrete des vorher unterdrückten Geschlechts auch alle
für dieses Charakteristischen sekundären Merkmale sich ausbilden können:
Von ‘dem Ausfindigmachen geeigneter Versuchsobjekte wird es abhängen,
ob es gelingen wird, das Experiment der Geschlechtsumstimmung auch
Säugetieren erfolgreich. durchzuführen.
t
Eine Parallele zu' diesen.
.nach links.
Prag:
Verein deutscher Ärzte. . Sitzung ` vom 10. ‚Oktober 1924.
Sittig demonstriert mikroskopische Präparate eines Falles von
multipler Sklerose, bei dem sich in vielen Herden dichte Lymphozyten- .
mäntel.um Gefäße fanden — ein Beweis für die. entzündliche Natar des
pathologischen Prozesses der multiplen Sklerose. |
Bruno Fischer demonstriert ein Gehirn mit zwei Tümoren (Gliomen) |
im Kleinhirowurm und Mark des linken Stirnhirns. Der Kleinhirntumor
entwickelt sich anscheinend von der Lingula und dem Velum medullare’ `-
anterius, breitet sich über den vorderen Partien des Unterwurms aus und
dringt tief in die linke Kleinhirnhemisphäre ein, dabei den vorderen und
unteren Teil des Nucleus dentatus zerstörend.! Der Boden der Rauten- |
grube im Bereich des Deitersschen Kerngebietes ist von Tumormassen in-.
filtriert, in den. röchten Recessus lateralis ragt ein zaptenförmiger Fortsatz
die basale Fläche des Putamen, ‚scheint nach vorn ‚bis zu den Orbital-
windungen, nach rückwärts zum. vorderen Pol des Thalamus zu dringen.
Als erstes Symptom ‘trat bei der 32jährigen Patientin eine Unregelmäßig-
keit der Menses, 3 Monate später, ein Stillstand der Menses ein, dem ein
halbes Jahr darauf häufiges Erbrechen am Morgen, anfallsweises. heftiges _
Schwindelgefühl, wobei sich ‘die Gegenstände vor den Augen Hin- und
herbewegten, Kopfschmerzen, eine leichte Ungeschicklichkeit der linken
Hand, zeitweises Doppeltsehen folgten, Beschwerden, die sich innerhalb
2 Monaten derart steigerten, daß Pat. kaum stehen oder gehen konnte. Die
neurologische Untersuchung ergab einen spontanen horizontal-rotatorischen
Nystagmus bei seitlicher Blickrichtung in entgegengesetztem- Sinne des
Uhrzeigers, einen vertikalen Nystagmus nach oben bei Blick nach oben,
keine. Stauungspapille, linksseitige Anosmie und Ageusie, Zwangshaltung
bzw. Drehung des Kopfes nach rechts mit rechter. Seitenlage, Hypotonie
aller Extremitäten, besonders der linken, linksseitige Hemiataxie, links.
Adiadochokinese, Gewichtsüberschätzung, kein spontanes Vorbeizeigen,
spontanes Fallen nach links hinten, das experimentell. weder durch kalori-
sche Spülung noch durch Dreħreize` beeinflußbar war.
Der Fall dient wiederum als Beweis für die Richtigkeit des Sitzes
dér Zentren für die Bäränyschen Fallreaktionen im Kleinhirnwurm und
läßt hinsichtlich -der entgegengesetzt gerichteten Zwangshaltung: des Kopfes
— die Zwangshaltung ist im allgemeinen bei Kleinhirnerkrankungen nach
des Tumors. hinein. Das Gliom im linken Stirnhirn, in seinem Zentrum ``
erweicht, grenzt medialwärts an das Septum pellucidum, 'lateralwärts .an
1
der Seite der Läsion gerichtet. — die Deutung zu, daß hier eine Wechsel-
Schädigung‘ des linken Stirnhirns und des dadurch bedingten enthommten
Einflusses die rechte Kleinhirnhemisphäre das Übergewicht im Sinne einer.
Kopfdrehung nach rechts erfährt.
wirkung zwischen Stirnhirn und Kleinhirn insofern besteht, als. infolge R
Die Pat. starb frühzeitig . und unmittelbär naak ‚einer Morphium- !
injektion,
konnte.
bevòr noch ein chirurgischer Eingriff vorgenommen . werden
und Morphiuminjektionen sehr rasch einen letalen Ausgang nahmen, und
hält daher eine gewisse Vorsicht bei der Darreiebung narkotischer Mittel u
in solchen Fällen für angezeigt.
E. Adler demonstriert aus der Klinik Prof. R. Schmidt 2 Fälle
einer linksseitigen Thrombose der Arteria cerebelli posterior inferior.
Der eine ‚Pat. erkrankte am 23. August d. J. plötzlich mit Hinterhaupt-
kopfschmierzen, Erbrechen, Schluck- und Sprachbeschwerden. und stumpfem
Der ältere Pat. hatte schon zu Beginn `
in der zweiten. Augusthälfte i
Stumpfes Gefühl in der
Beide Pat. klagten über Fallen
Bei der Aufnahme: zeigte der erste. Pat. zerebellaren Gang
Der zweite Pat, der .
Ende September. kam, hatte nurmehr angedeuteten zerebellaren Gang und. `
Gefühl in der linken Gesichtshälfte.
desselben Monats starke Kopfschmerzen,
mehrere Ohnmachtsanfälle und wurde heiser.
linken Gesichts- und rechten Körperbälfte.
mit Fallen nach links, hatte Schluckbeschwerden.
Linksfallen. Auf der linken Körperhälfte war bei beiden Pat. zu kon-
statieren: engere Lidspalte als. rechts, engere Pupille (beim ersten ebenso
wie rechts reflektorische Lichtstarre, beim zweiten ein abgelaufener Iris-
prozeß), stark herabgesetzter Korneälreflex,. Hypästhesie für Schmerz und
Temperatur in allen drei Trigeminusästen. Bei dem einen linksseitige
Rekurrensparese. Bei dem ersten. Ataxie in Arm :und Bein. . Auf der
rechten Körperhälfte zeigten beide von der Scheitel-Ohr- Kinnlinie abwärts
starke Hypästhesie für Schmerz und Temperatur. Vergrößerte Webersche `-
Tastkreise. Alle anderen Sensibilitätsqualitäten intakt. . Sonst keine patho-
Die Grundlage des Arterienverschlusses bildet bei dem
logischen Befunde. .
einen eine hereditäre Lues Kupllenstne ulm Keratitis parenchy-
Ref. beobachtete bereits früher drei Fälle von drucksteigernden
Prozessen der hinteren Schädelgrube, die nach Luminaldarreichung (0,3) _
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1520
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
26. Oktober
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matosa, Blut Wa.R. positiv, Goldsollueszacke), bei dem anderen wahr-
scheinlich eine Arteriosklerose, | |
F. Kraus: Physikalische Therapie peripherer Lähmungen im Tier-
versuch. Der Vortr. berichtet über tierexperimentelle Untersuchungen,
deren Resultate er bereits in einem früheren Vortrage im März 1924 an
einem weit kleineren Tiermaterial hekanntgab. |
27 Kaninchen wurden in gleicher Weise der linke N. ischiadicus
entweder hoch, knapp am Austritt aus dem Foramen ischiadicum, oder
tief in der Höhe der Mitte des Oberschenkels durchschnitten, der periphere
und zentrale Stumpf unter aseptischen Kautelen End an End vernäht.
6 Tieren wurde außerdem noch der N. femoralis knapp unter dem Liga-
mentum Pouparti durchsebnitten, so daß diese Extremitäten nur noch
einen unversehrten N. obturatorius haben. Von diesen Tieren blieben 6
als Kontrolltiere unbehandelt, 8 mit Röntgen behandelt (Induktor: 25 cm
Fokushautabstand, 14 Wehnelt, 4 mm Aluminium, 5 Holzknechteinheiten);
6 Kaninchen wurden außer diesen monatlichen Röntgenbehandlungen
zweimal wöchentlich längsdiathermiert. Zur Erkennung der ersten
Zeichen der Motilität benutzte Kraus das Magnus-de Kleynsche Zeichen,
einen Bogengangsreflex, der bei Progressivbewegung des Versuchstieres
auftritt, das darin besteht, daß das Tier, wenn man es an den Ohren
langsam hebt und senkt, die Zehen spreizt. Die Sensibilität wurde nur
von der Haut aus durch Nadelstiche geprüft.
Es ergaben sich nun als Bestätigung der seinerzeitigen Resultate
folgende Befunde: Von 6 Kontrolltieren zeigte kein einziges „Zehen-
spreizen“, während von 14 behandelten Tieren 8 in der 6. bis 10. Woche
bereits Zehenspreizen zeigten. Die Sensibilität war meistens auch dann
nicht wiedergekehrt, wenn die Motilität schon wieder normal war. Von
den 6 Kontrolltieren zeigten 5 schwerste trockene Gangrän, die von den |
Zehen beginnend rasch bis übers Knie an Ausdehnung zunahm. Bei den
Röntgentieren zeigte sich nach viel späterer Zeit ebenfalls an 1—2 Zehen
beginnende Gangräön, die nach den weiteren Bestrahlungen abheilte. .Am
auffälligsten war schließlich der Befund, daß von 6 Röntgen-Diathermie-
tieren 5 gangränfrei blieben und nur eines leichteste Gangrän aufwies.
Nach diesen Mitteilungen glaubt der Verf. annehmen zu können, daß die
kombinierte Röntgen-Diathermiebehandlung auf die Regeneration künstlich
gelähmter peripherer Nerven einen guten, fördernden Einfluß hat.
Wien.
Seminarabende des „Wiener medizinischen Doktorenkollegiums“.
Praktische Serumtherapie.
Ref.: R. Kraus. |
Unspezifische Therapie?
Man hat gefunden, wenn man Typhösen intravenös Typhusvakzine
injiziert, daß kurze Zeit nach der Infektion ein Schüttelfrost, dann ein
Temperaturanstieg und nachher ein Temperaturabfall eintreten. Auch ich
hatte Gelegenheit, Behandlung des Typhus mit Typhusvakzine durch.
zuführen, und dachte hierbei an eine Anaphylaxie. Ich habe dann vor-
geschlagen, Typhusfälle mit Kolivakzine intravenös zu injizieren, und
hat man hierbei dieselben Phänomene wie bei Verwendung der Typhus-
vakzine gesehen. An vorgezeigten Kurven kann man sich hierüber leicht
orientieren. Wir konnten auch bei puerperalen Infektionen ganz analoge
Phänomene sehen. Auf Grund dieser Beobachtungen glaube ich, daß es
sich um eine Heterobakteriotberapie, welche mit der jetzt vielfach ver-
wendeten Proteinkörpertberapie identisch ist, handle. Nach der Empfehlung
von R.Schmidt wird die Milchinjektionsbehandlung bei den ver-
schiedensten Prozesson mit Vorteil angewendet. — Außer den früher er-
wähnten, mit Kolivakzine bei Typhösen in 24 Stunden eingetretenen ver-
blüffenden Resultaten einer vollkommenen Entfieberung haben wir ferner
Versuche mit normalem Rinderserum und mit Elektrargol gemacht und
eine fast gleich günstige Beeinflussung bekommen. Man hat ferner ver-
sucht, das Pepton bei den verschiedensten Infektionskrankheiten an-
zuwenden. Durch intramuskuläre, täglich durchgeführte Injektionen einer
10°%/,igen Peptonlösung wurden günstige Resultate erzielt. Der nach
intravenöser Injektion eintretende Schüttelfrost ist in der Privatpraxis sehr
unangenehm und wird deshalb das Pepton subkutan und intramuskulär
angewendet. Die Peptonbehandlung ist, sobald man die Fälle nicht recht-
zeitig zur Vakzinebehandlung bekommen bat, indiziert. Zusammenfassend
läßt sich sagen, daß die Milchbehandlung sowie die Peptonbehandlung bei
vielen Krankheiten die Behandlung des praktischen Arztes ist. Nach
Weichardt handle es sich bei der Proteinkörpertherapie um eine Proto-
plasmaaktivierung. Andere, wie Bier, haben die Reiztheorie, andere die
Kolloidtheorie aufgestellt. Durch keine dieser Theorien ist diese Frage
klar gelöst. Jedenfalls hat die Proteinkörpertberapie große Fortschritte
gemacht und ist in der Hand des praktischen Arztes ein wichtiges Heilmittel:
- Über einige an den Ref. gestellte Fragen äußerte sich derselbe.
Das Omnadin sowie ähnliche Präparate wirken wie die Milchinjektionen,
(Schluß aus Nr, 42.)
alle wirken wie Protein. Wenn Sie in der Praxis mit einem Präparate
gute Resultate haben, so bleiben Sie dabei. Auch die sterilisierte Milch
wird lokale und allgemeine Erscheinungen machen. Sobald man die Milch
bei 60°, sterilisiert, wird man günstige Resultate erzielen, es ist deshalb
die schwachgekochte Milch vorzuziehen. Eine nach Milchinjektion auf-
tretende Fieberreaktion kann eine günstige Wirkung bewirken. — Mit
_ Pferdeserum bzw. mit Rinderserum kann man Blutungen günstig beein-
fiussen. Namentlich sind es die Englobuline des Pferdeserums, denen eine
günstige Wirkung zukommt und würde ich empfehlen, das Englobulin zu
verwenden. Bei Urämie würde ich ferner empfehlen, eine Injektion mit
Nierenvenenblut von Ziegen zu machen. Ein anderes Serum ist das von
Möbius von Ziegen, denen die Schilddrüse herausgenommen wurde, ge-
wonnene, gegen Morbus Basedowi.
Sitzung vom 5. Mai 1924.
| Sexualpathologie.
‚ Ref.: Alfred Adler, Oswald Schwarz.
Was halten Sie von der Yohimbin-, bzw. von der Hormon-
behandlung?
Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß das Yohimbin und die Hormon-
präparate eine gewisse Wirkung bei sexualen Störungen entfalten. Es
kommt hier insbesondere die Impotenz in Betracht. Auf Grund eigener
‚ Erfahrungen möchte ich betonen, daß ich bei derartig lediglich psycho-
therapeutisch boeinflußten Patienten mit den Erfolgen zufrieden bin. Es
gelingt zweifellos durch reine Psychotherapie alle Arten der sexuellen
Störungen zu heilen. Da aber auch bei medikamentöser Behandlung günstige
Resultate erzielt werden, so entsteht die Frage, wie diese scheinbaren Gegen-
sätze zwischen letzterer und einer ausschließlichen Psychotherapie zu ver-
stehen sind. Da alle sexuellen Störungen psychogen sind, so stellt infolge-
_ dessen die Psychotherapie die einzig rationelle Behandlungsmethode dar.
Daß aber auch körperliche Eingriffe helfen, ist hieraus verständlich, daß
jede Medikatiön mit einer suggestiven Wirkung verbunden ist. Es müssen
desbalb bei der Abschätzung therapeutischer Erfolge die angeführten
Momente berücksichtigt werden. Das Yohimbin und andere ähnlich wirkende
Präparate, z.B. das Muriazithin, wirken durch Hyperämisierung der Sexual-
organe. Eine jede sexuelle Störung beruht auf einer Störung der refektorischen
Vorgänge. Ist eine zerebrale Hemmung keine überaus starke, so ist es
möglich, daß mittels der angeführten Mittel leichte Hemmungen überwunden
werden. Alle diese Mittel wirken ähnlich wie bei Onanie. Es ergibt sich
hieraus, daß durch Yohimbin dann eine günstige Wirkung eintreten kann.
wo eine vorübergehende Erregung erzielt werden soll. Auch die Hormone,
die eine erotisierende Wirkung entfalten, können bei leichten Hemmungen
vorteilhaft Verwendung finden. Ähnlich wie im leichten Alkoholrausch die
Erotik stark gehoben wird, liegt die Annahme nahe, daß mit den ver-
schiedenen Präparaten leichte Hemmungen durchgeschlagen werden. Nicht
nur leichte, auch schwere und schwerste Fälle können mitunter reagieren,
Hierbei ist aber folgendes zu berücksichtigen. Nicht jeder Fall ist als ein
schwerer anzusehen, der nach seinem Verlauf als solcher eingeschätzt werden
könnte. Weder die lange Dauer noch die Resistenz gegen verschiedene
therapeutische Eingriffe stempeln den Fall als schweren. Ich sehe Fälle,
welche bereits von Urologen vorbehandelt wurden und durch eine ent-
sprechende Therapie nachträglich geheilt wurden. Diejenigen Patienten,
die die sexuellen Störungen in den Vordergrund schieben, sind nicht als
sehr schwere Fälle anzusehen. Ist jedoch ein derartiger Patient in seiner
ganzen Einstellung zum Leben gestört und benimmt er sich ebenso in der
Sexualität, so ist der betreffende Fall ein schwerer. Gerade ein solcher,
gleichsam lärmender Fall ist als ein leichter anzusehen und mit Yohimbin
zu heilen, während ein Patient mit scheinbar leichten Störungen bei Be-
rücksichtigung der früher angeführten Momente ein schwerer sein kann.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Arzt die früher angeführten
Mittel versuchen kann; sobald sich herausstellt, daß der Patient ein
Neurastheniker ist, muß die Psychotherapie herangezogen werden. — Aul
einige an den Ref. gerichtete Fragen antwortete derselbe folgendermaßen:
Ich babe mich in meinen Ausführungen über die Impotenz lediglich auf
eino bei sonst gesunden Menschen vorkommende beschränkt und die bei
einer Gruppe von Organerkrankungen oder Stoffwechselanomalien mitunter
eintretende Impotenz nicht in den Rahmen der Besprechung einbezogen,
z. B. die diabetische Impotenz. Priapismus kommt beispielsweise bei
multipler Sklerose, bei kleinen Polypen der hinteren Urethra vor, diese
Prozesse müssen selbstverständlich ausgeschlossen werden. Vom pie
gnostischen Standpunkt wird eine periodisch auftretende Sexualstörung eine
bessere Vorhersage gestatten. Es ist ein erfreuliches Moment, wenn ©
sich bei derartigen Anomalien in der Sexualsphäre um kurzfristige Perioden
handelt. — Mit der Diagnose der senilen Impotenz müssen wir äußerst
vorsichtig sein. Mitunter tritt der Sexualtrieb bereits zwischen dem 40. bis
90. Lebensjahre zurück, Solche Fälle sind psychotherapeutisch zu beein-
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26. Oktober
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 43:
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fussen. Man muß dem Patienten sagen: „Sie werden können, wenn Sie
wollen.“ — Sobald nach Yohimbinanwendung eine Ejaculatio praecox
einmal eintritt, so wäre zu erwägen, ob es sich nicht um eine psychische
Impotenz handle. Wir sehen häufig die Form der. Sexualstörung wechseln.
Bei psychischer Impotenz kann man die Behandlung mit einer organischen
einleiten, aber auch ein kombiniertes Verfahren, wie ein medikamentös-
psychisches oder ein hydrotherapeutisch-psychisches kann zum Ziele führen.
Mitunter kann das Einleiten einer - organischen Therapie bei Impotenz
schädlich sein, indem die Aufmerksamkeit des Patienten auf das sexuale
Moment hingelenkt wird. Die Möglichkeit einer Aggravation sowie einer
- Perseveration ist hierdurch gegeben. Sobald der Arzt die Psychotherapie,
(Schluß folgt.)
beherrscht, wird dies wohl selten der Fall sein. .
Rundschau.
Ein Beitrag zum Hysterieproblem. - -
Von Sanitätsrat Dr. Richard Traugott, Nervenarzt in Breslau.
Immer noch streiten die Kunsthistoriker über die Bedeutung
der beiden Frauengestalten auf dem wundervollen Tizian, der in
der Kunstwelt unter der Bezeichnung „himmlische und irdische
Liebe“ bekannt ist. Ich möchte glauben, daß dem Meister keine
andere Absicht vorgeschwebt hat, als die, auf die nahe. Verwandt-
schaft zwischen der Religion und der Erotik hinzuweisen. Denn
beide haben eine gemeinsame. Grundlage: das Gefühl der Unzu-
länglichkeit der eigenen Persönlichkeit. Die Nichtbefriedigung oder
. die ungenügende oder auf falschen Bahnen sich bewegende Be-
friedigung des geschlechtlichen Liebesbedürfnisses galt früher
allgemein als die Ursache der Hysterie, deren typische Vertreterinnen
man ja immer in dem großen Heer der. „alten Jungfern“ erblickte.
Aber während die Unzulänglichkeit auf dem Gebiet der Erotik
sich — durch Paarung mit dem Liebespartner — verhältnismäßig
leicht ausgleichen läßt, besteht auf dem Gebiete jenes Unzulänglich-
Keitsgefühls, das wohl jeder normale Mensch ganz allgemein der
Welt gegenüber empfindet, eine viel größere Schwierigkeit. Auf
primitiven Kulturstufen und bei großer Suggestibilität ist es hier
der Glaube an die Götter oder an den einen Gott, der dieses
peinliche Gefühl überwinden hilft. Auf höheren Stufen der Kultur,
bei schon- entwickelter Skeptik, kommt dies Glaubensgefühl nur
noch schwer oder garnicht mehr zustande: aber das Bedürfnis nach
der Überwindung des Unzulänglichkeitsgefühls bleibt bestehen, es
bleibt das durchbohrende Gefühl der Nichtigkeit und Vergänglichkeit
der eigenen Person gegenüber der Unendlichkeit und Ewigkeit des
Alis. In diesem Sinne - könnte man. vielleicht sagen: ein wenig
hysterisch ist jeder; und in der Tat sind die Grenzen zwischen
‘Gesundheit und Krankheit gerade auf diesem Gebiete durchaus
fließend. Das "Unzulänglichkeitsgefühl in der Erotik wie in der
Religion ist.an sich etwas ganz Normales; als krankhaft wird es
' erst empfunden — sowohl von dem Individuum selbst, wie von
dessen Umgebung —, wenn die Reaktion auf dieses Gefühl die
normalen Grenzen überschreitet. Die Intensität und Extensität der
‚Reaktion ist ja auch sonst dasjenige, was für den Ernst und die |
Gefährlichkeit einer Erkrankung das. Ausschlaggebende ist. Ein
Splitter im Finger kann durch eine kleine umschriebene Eiterung
ausgestoßen werden — dann ist der ganze Schaden beseitigt; oder
es kann sich in allzu starker Reaktion. an diese Eiterung eine
Phlegmone oder eine allgemeine Sepsis anschließen und so der
Verlust des Armes oder des Lebens überhaupt erfolgen.
Während die Hysterie in früberen Zeiten fast ausschließlich
als eine Weiberkrankheit galt — Hysteron = Gebärmutter — war
es der in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts auf-
kommende Begriff der „traumatischen Hysterie“ oder Unfalls-
hysterie (jenes so vielgestaltigen, durch die moderne soziale
"Gesetzgebung geradezu gezüchteten Nervenleidens), der die An-
wendung der Krankheitsbezeichnung. „Hysterie“ auch auf das
Männliche Geschlecht eine weitere Verbreitung finden ließ. Im
allgemeinen galt und gilt ja in gewissem. Sinne auch heute
noch von den beiden großen „Neurosen* — Neurasthenie- und
‚Aysterie — die Neurasthenie als die dem männlichen Geschlecht,
die Hysterie als die dem weiblichen Geschlecht im wesentlichen
vorbehaltene Erkrankungsform;. hauptsächlich wohl deshalb, weil
die Neurasthenie mit ihren körperlichen Schwäche- und Reiz-
‚Symptomen als eine Aufbrauchserkrankung gilt, der vielfach das
intensivere Arbeiten des Mannes und seine größere Gelährdung
‚durch Alkohol und Tabak zu Grunde liegend gedacht wird, während
die Hysterie als mehr auf seelischem Gebiete sich abspielend ohne
Jene äußeren Schädlichkeiten entsteht, die für das Leben des
Mannes eine.so große Rolle spielen. Unseres Erachtens handelt es
' Sich: sowohl bei der neurasthenischen wie bei der hysterischen
‚eurose, die durchaus unter einem Gesichtspunkt zu betrachten
sind, "um Ausdruckserscheinungen des Anpassungskampfes der
Kultur mit der Natur.
e
nervenschädigenden Wirkungen des Kampfes ums Dasein anderseits
gilt, — fassen wir hier im wesentlichen den Begriff der Hysterie
ins Auge, so finden wir bekanntlich sowohl bezüglich der Um-
grenzung dieses Krankheitsbegrilis als bezüglich der Ursachen dieses
Leidens die größten Meinungsdifferenzen. Und dennoch ergeben
sich uns bei nur einigermaßen genauem Hinblicken der „hysterische
Charakter“ sowohl wie die körperlichen hysterischen Krankheits-
symptome, insbesondere die Lähmungs- und ekstaseähnlichen Krampf- .
zustände usw. ohne weiteres als Auswirkungen des allzu stark emp-
fundenen Unzulänglichkeitsgefühls, das sowohl für die Entstehung
der Hysterie, wie für das Eigenartige ihrer einzelnen Erscheinungs-
formen die Ursache und die Erklärung abgibt. In.der Liebe er-
scheint sich das eigene Ich als ein Nichts, wenn es nicht durch ein
anderes, Ich — den Liebespariner — Anlehnung, Ausgleich, Be-
friedigung gewinnt, und genau so verhält sich das Ich auf dem
religiösen Gebiet, wo es nach Erbauung und Aufrichtung schmachtet.
Ganz sicher besteht die Schleiermachersche Auffassung vom reli-
giösen Grundgefühl zu Recht, nach der wir uns von dem abso-
luten Weltgrund in unserem Tun, in unserem Schicksal, in unserem
‘ganzen Dasein „schlechthin abhängig“ fühlen. Es ergibt sich aus
dieser Seelensituation .das Gefühl des relativen Nichts des eigenen '
Ichs, also seiner Unzulänglichkeit, solange es auf sich selbst allein
angewiesen ist, und es ergibt sich die Notwendigkeit, nach einem
Gegengewicht zu suchen, gegen das aus dem Unzulänglichkeits-
gefühl entspringende Gefühl der Vergänglichkeit, der Nichtigkeit.
Das zunächst psychologisch orientierte, aus dem Gefühl des
eigenen Nichts resultierende religiöse Unzulänglichkeitsgefühl wird
noch verstärkt durch gewisse logische Momente, die sich für jeden
denkenden Menschen aus der quälenden Frage nach dem Wesen
der Unendlichkeit und Ewigkeit, nach dem Woher und Wohin der
Welt und des Lebens ergeben und die für viele die Ursache zu
einer höchst unangenehmen „intellektuellen Unbehaglichkeit“ ab-
geben, solange sie. sich noch nicht zu der Erkenntnis durchgerungen
haben, daß alles Vergängliche nur ein Gleichnis ist.
Daß es sich bei beiden, bei der Liebe wie bei der Religion,
um ein identisches Grundgefühl, nämlich das Unzulänglichkeits-
gefühl, : handelt, spricht sich ganz besonders deutlich auch in
den Außerungen beider Gefühlsarten, oder, wie man auch sagen
könnte, in den Kulthandlungen sowohl der Liebe wie der Religion
aus. Denn beide sind ja dadurch bedingt, daß das Individuum in
seiner seelischen Hilflosigkeit nach einem außer ihm Befindlichen
hinstrebt, das ihm helfen könnte. Völliges Aufgehen in diesem
anderen, völlige Hingabe, völliges Sichverschenken und Sichversenken
in das andere kommt im Liebeskult wie im Religionskult zum Aus-
druck. In einer solchen Form mitunter, daß man. zweifelhaft sein
kann, handelt es sich um Erotik oder um Religion oder um ein
' Gemisch von beiden? Wir brauchen hier nur an das Hohe Lied .
Salomonis zu denken, das ebensogut ein Liebeslied wie einen reli-
giösen Psalm darstellen könnte. Sexuelle und inystisch-religiöse
Elemente finden wir aufs innigste gemischt im Astarte- und-Cybele-
kult, im Phalluskult, in der Institution der indischen Tempel-
bajaderen, im Marienkult, im Kult des „himmlischen Bräutigams“
usw. Aus dem erotischen Unzulänglichkeitsgefühl, aus dem sexuellen
Anlehnungsbedürfnis und dem Verlangen, sich von dem andern. -
stützen zu lassen, resultiert auch die Neigung, dem. andern die Ver-
antwortung zu überlassen, resultiert die große Suggestibilität und.
‘ die Verblendung des Liebenden ebenso wie‘ sein mystisches Be-
dürfnis, d. h. das Bedürfnis zu allerhand Zauberhandlungen oder `
zauberähnlichen Handlungen, zu Liebestränken, . zum Karten-
legen, zu Traumdeutungen seine Zuflucht zu nehmen. Und ähn-
liche Strebungen finden wir auch durch die Auswirkung, des: reli-
giösen Unzulänglichkeitsgefühls bedingt, das sich, wenn der alte
Kirchenglaube nicht mehr genügt, schließlich allerhand mysti-
schen Bewegungen, wie dem Spiritismus, der Anthroposophie,
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Sehen wir hier von der Neurasthenie ab, deren Begriff ja
verhältnismäßig gut umgrenzt ist und die wohl, ziemlich allgemein
als das Produkt einer nervösen Veranlagung . einerseits und der.
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1522
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
26. Oktober
ja neuerdings sogar dem Wotanskult
Auch im sprachlichen Ausdruck macht sich die Ähnlichkeit oder
vielmehr die Identität von erotischem und religiösem Grundgefühl
geltend: der Liebesbrunst steht die religiöse Inbrunst gegenüber,
der verliebten Entzücktheit die religiöse Verzücktheit. Unter den
zahlreichen Parallelen, die zwischen den Auswirkungen des religiösen
und des erotischen Unzulänglichkeitsgelühls bestehen, sei hier nur
noch auf die sexuelle Hörigkeit hingewiesen, die sich mit der ein-
fachen sexuellen Hingabe nicht begnügt, sondern — im Masochis-
mus — dem sexuellen Partner für jede Demütigung, jede seelische
und körperliche Qual noch dankbar ist, und auf die religiöse Askese
andererseits, die sich iu keiner Selbstpeinigung genug tun kann.
Selbstgeißelung, Fasten, Kasteiung jeder Art, sind die Ausdrucks-
mittel des religiösen Masochismus, Mittel, von denen besonders gern
dann Gebrauch gemacht wird, wenn dem amor dei oder der himm-
lischen Liebe Gefahr zu drohen scheint von seiten der irdischen
sexuellen Liebe und daher eine Abtötung des Fleisches angebracht
erscheint: man denke hier etwa an die bei manchen Sekten übliche
Kastration, an die Keuschheitsgürtel und vieles ähnliche. Wo das
erotische Unzulänglichkeitsgefühl infolge der gegebenen Umstände,
z. B. infolge Fehlens der Liebespartner, wie etwa in Nonnenklöstern,
nicht behoben werden kann, da verschiebt sich das Unzulänglichkeits-
gefühl ganz auf das mystische oder religiöse Gebiet hinüber und
kann sich hier eruptionsartig in hysterischen Massenerkrankungen
— es sei hier nur an die zahlreichen Besessenheits- und Krampf-
epidemien mit oft sehr ausgesprochen erotischen Allüren erinnert —
austoben. Die Tanzwut, die Geißelungsepidemien und viele andere
Ausgeburten des religiösen Fanatismus zeigen ein ähnliches hyste-
risches Gepräge. Andererseits gibt es kaum ein wirksameres Mittel
gegen die verschiedensten hysterischen Krankheitsformen als den
Glauben: man denke nur an die Wunder von Lourdes.
Da die Hysterie im Gefühlsleben, nämlich im Unzu-
länglichkeitsgefühl und den sich aus diesem ergebenden weiteren
Unbehaglichkeitsgefühlen ihre Wurzel hat, so kann auch ihre Heilung
im wesentlichen nur durch Einwirkung auf das Gemüts- und Gefühls-
leben erzieltwerden. Beseitigung oder Milderung des Unzulänglichkeits-
gefühls durch individuelle seelische Beeinflussung — dies allein
kann der Zielpunkt jeder rationellen Hysteriebehandlung sein; daß
sich eine solche Behandlung in Kassenambulatorien und ähnlichen
Gesundheitsfabriken nicht durchführen läßt, müßte einem jeden
Einsichtigen klar sein. Der Arzt, der erfolgreich die Hysterie be-
handeln soll, muß im wahrsten Sinne des Wortes der Arzt des Ver-
trauens sein; nur dann kann er, was er nervösen Kranken gegen-
über in gewissem Sinne sein muß, auch ein guter Seelsorger sein.
Andererseits aber sollte auch der Geistliche mit dem Arzt Hand in
Hand gehen und ein Verständnis dafür zu gewinnen suchen, daß das
mystische Bedürfnis zwar in gewissem Umfange befriedigt werden
muß, daß aber eine allzu große Hingabe an das Mystische das Übel
der Hysterie nur verschlimmern kann.
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Berlin. In der Sitzung der Berliner medizinischen Gesell-
schaft vom 15. Oktober 1924 demonstrierte Herr Gohrbrandt das Prä-
parat einer Magenwandpblegmone. Hierauf hielt 1. Herr L. Pick den
angekündigten Vortrag: Weitere Untersuchungen zum Morbus Gaucher (mit
Projektion) (Aussprache: Herr Lubarsch, Schlußwort: Herr Pick); 2. Herr
Louros seinen Vortrag über altgriechische Geburtshilfe.
Berlin. Ein ministerieller Erlaß vom 30. September ergänzt die
Schluß- und Übergangsbestimmungen zur Prüfungsordnung
für Ärzte vom 5. Juli 1924. Diese Bestimmung ermöglicht es, daß alle
Studierenden, die nicbt später als im Frühjahr 1923 ihr medizinisches
Studium begonnen haben, dieses bei regelrechtem Studien- und Prüfungs-
verlauf nach den Bestimmungen der Prüfungsordnung für Ärzte vom
98. Mai 1901 im Frübjahbr 1928 vollenden können. Sie findet aber nicht
mehr auf diejenigen Studierenden Anwendung, die das medizinische Studium
erst im Herbst 1923 aufgenommen haben. Die Ausbildung dieser Stu-
dierenden regelt sich nach den Bestimmungen der Prüfungsordnung für
Ärzte vom 5. Juli 1924. Nach $ 66 Absatz 1 der Prüfungsordnung für
Ärzte vom 5. Juli 1924 haben die Kandidaten den Nachweis zu erbringen,
daß sie während des praktischen Jahres über einen Krankheitsfall aus dem
Gebiete der Versicherungsmedizin oder des Versorgungswesens ein schrift-
liches, von dem Direktor oder Leiter ($ 63 Absatz 1) oder von einem be-
amteten Arzte als genügend befundenes Probegutachten ausgearbeitet
haben, in dem der von den Kranken erhobene Rechtsanspruch (Unfall-
rente, Invalidenrente, Versorgungsrente usw.) gewürdigt wird. Diese Vor-
schrift wird auf alle Kandidaten angewendet, die die ärztliche Prüfung
nicht vor dem 1. Oktober 1925 vollständig bestanden haben. Hierzu wird
bestimmt, daß außer dem vorstehenden Nachweis (Urteil des Anstalts-
in die Arme wirft. |
leiters usw.) auch die Urschrift des Probegutachtens selbst mit dem
Approbationsgesuch vorzulegen ist. 2
Berlin. Eine ministerielle Bekanntmachung bestimmt, daß vom
1. Oktober ab die Apotheker im besetzten Gebiet nicht mehr berechtigt
sind, zu den Ansätzen für Arzneimittel und Gefäße, sowie zu den Vorkaufs-
preisen der Arzneimittel und Arzneien, die in einer zur Abgabe an das
Publikum bestimmten fertigen Packung aus dem Handel bezogen und in
dieser Packung abgegeben werden, einen Zuschlag von 10%, zu erheben.
Die Vertreter des Bundes deutscher Assistenzärzte und
der Medizinischen Fachgemeinschaft des Deutschen Akademi-
schen Assistentenverbandes haben beschlossen, die Medizinischen
Fakultäten als die berufensten Führer der ärztlichen Jugend um Stellung-
nahme in dem anhebenden Berufs- und Standeskampfe zu bitten.
Es gilt vor allem, eine Spaltung zwischen „alten“ und „jungen“,
das heißt zwischen den zur Kasse zugelassenen und den ausgeschlossenen .
Ärzten zu vermeiden. Der Kampf richtet sich gegen die gesetzgeberische
Maßnahme. Sein Ziel ist die Beseitigung der Notverordnungen vom
30. Oktober 1923 und 13. Februar 1924.
Die Medizinischen Fakultäten werden gebeten, bei den Regierungen
der Länder und des Reiches auf die schweren Gefahren hinzuweisen, welche
über dem ärztlichen Stande in materieller und mehr noch in ideeller Be-
ziehung schweben. Die materiellen Sorgen, von denen sich der Nachwuchs
und ein großer Teil der älteren Ärzte bedroht sieht, sind geeignet, die
ärztliche Moral zu untergraben und auch den wissenschaftlichen Wert des
ärztlichen Handelns in Frage zu stellen.
Am 18. Oktober fand eine außerordentliche Versammlung der
Berlin-Brandenburger Ärztekammer statt unter Beteiligung einer
großen Reihe medizinischer Vertreter der Berliner und auswärtiger Universi-
täten, Vertreter mehrerer Ministerien und auswärtiger Ärztekammern. Das
Thema lautete: „Die Gefährdung des Arztestandes als freier Beruf — ein
Kulturproblem des deutschen Volkes.“ . Das Referat hielt Dr. Ritter und
es wurde von der Versammlung folgende Entschließung einstimmig an-
genommen: Die Ärztekammer für die Provinz Brandenburg und den Stadt-
kreis Berlin schließt sich der Forderung des Deutschen Ärzteverbandes an,
daß die Notverordnungen vom 30. Oktober 1923 und 13. Februar 1924 auf-
gehoben werden müssen, da diese Notstandsmaßnahmen, die als solche
niemals eine praktische Wirkung gehabt haben, für -die Ärzteschaft un-
erträglich sind. —
In einem auf der diesjährigen Versammlung deutscher Naturforscher
und Ärzte in Innsbruck über „Bakteriologie und Patentrecht“ von Patent-
anwalt Dr. Fritz Warschauer (Berlin) gehaltenen Vortrage wurde zum
ersten Male die Bakteriologie ausführlich im Lichte des Patent-
rechtes behandelt. An Hand zahlreicher Patentschriften wies der Vor-
tragende nach, daß das Patentamt sich allmählich der berechtigten Forderung,
auch bakteriologische Verfahren zu patentieren, nicht habe verschließen
können. Nach früheren Entscheidungen war eine Erfindung nur dann
patentfähig, wenn es sich bei ihr um eine mechanische oder chemische
Bearbeitung oder Verarbeitung von Rohstoffen handelte, wenn also durch
ein technisches Mittel ein technischer Erfolg herbeigeführt wurde, In der
Praxis hat jedoch das Patentamt, wohl mit Rücksicht auf die Entwicklung
der bakteriologischen Forschung, diesen Standpunkt verlassen und in einer
neueren Entscheidung hat es ausdrücklich auch solche Verfahren als patent-
fähig anerkannt, die sich der Lebensvorgänge der lebenden Natur bedienen.
Aus einer vom Vortragenden zusammengestellten Liste konnte man dann
ersehen, daß bedeutende Forscher und führende chemische Fabriken Erfinder
und Inhaber der bakteriologischen Patente sind. Der Vortragende gab
schließlich die Anregung, auch die Mediziner mögen bei den jetzigen
Arbeiten der Reform des Patentgesetzes mitwirken, um die auf ihrem
Gebiete strittigen Fragen zu klären, ähnlich wie dies beispielsweise die
Chemiker von ihrem Standpunkte aus tun.
Die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte konnte,
wie aus dem Bericht ihres Direktoriums über das Geschäftsjahr 1923 hervor-
geht, trotz der Schwierigkeiten der Inflationszeit den Betrieb ihrer Heil-
verfahren bis Ende September uneingeschränkt nach kurzer Unterbrechung
wenigstens für die Bekämpfung der Tuberkulose aufrecht erhalten, um am
21. Januar 1924 auch das übrige ständige Heilverfahren wieder aufzunehmen.
Von den über 43000 Anträgen. wurden 61,4%/, durch Bewilligung erledigt,
von denen über 16000 ständige Heilverfahren, über 10000 Zahnheilverfahren
und 240 Gewährung größerer Heilmittel betraf. Fast die Hälfte der ständigen
Heilverfahren wurde in Lungenheilstätten, die übrigen in Sanatorien und
Bädern, ein geringer Teil in spezialärztlicher Behandlung durchgeführt.
Die durchschnittliche Kurdauer betrug in den Lungenheilstätten 80, in den
Sanatorien und Bädern etwa 30—35 Tage.
Ein Tuberkulosc-Fortbildungskurs für Ärzte findet In der
Zeit vom 17. bis 23. November 1924 in den Heilstätten in Hohenlyeber
statt. Für Verpflegung und Unterbringung sind für den Tag 2 M. 0
zahlen. Meldungen an San.-Rat Dr. Koch, Hohenlychen, Kreis Tempie:
Hochschulnachrichten. Braunschweig: Geb. Med.-Rat Prof.
Krukenberg, Leiter der Frauenklinik, 61 Jahre alt, gestorben. — Leipzig:
Zum o. Professor der Psychiatrie als Nachfolger von Prof. Bumke wurde
der o. Prof. Paul Schröder aus Greifswald ernannt. — München: Der
ao. Professor für Chirurgie Alwin Ritter von Ach im 50. Lebensjahrt
gestorben. — Münster: Der ao. Prof. Aurel von Szily in Freiburg/Br
hat den Ruf als Ordinarius der Augenheilkunde angenommen.
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
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Z Wochenschrift für praktische Arzte
GREE < o | Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft | | ur
Geh; San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
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geleitet von Verlag von
‘ Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erschein VE gl ingenden Originalbeiträge vor
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š ZO æ JE ee % ;
| Nr. 44 (1038).
m SE a Klinische Vorträge.
Diät, Diätkuren und diätetische Küche.”)
- _ Von Privatdozent Dr. Julius Weiß, Wien.
| M. H.! Das umfangreiche Thema, welches ich mir zum Gegen-
stande meines heutigen Vortrages gewählt habe, eingehend zu‘ be-
handeln, würde‘ nicht einen einzelnen Vortrag, sondern eine ganze
' Reihe von Vorlesungen beanspruchen. Deshalb ist es mir nur mög-
Eich, die Hauptrichtlinien der Diätetik zu kennzeichnen und wesent-
lich auf -jene Momente einzugehen, welche Sie vom Standpunkte
des ärztlichen Praktikers interessieren. - u
Da Sie als Hausärzte häufig in die Lage kommen, auch Ge-
sunden eine: Diät‘ vorzuschreiben, hauptsächlich im Sinne einer
Prophylaxe, um Krankheitsanlagen zu bekämpfen, um Dispositionen
zu bestimmten Krankheitszuständen (Tuberkulose, Fettleibigkeit,
Zuckerkrankheit, Gicht usw.) wirksam zu begegnen, so will ich. zu- |
nächst über die rationelle Diät für Gesunde sprechen.
=- Bei unserer Arbeitseinteilung, die uns von früh morgens bis
‚in den späten Abend in Anspruch nimmt, sind die üblichen fünf
Mahlzeiten zweckmäßig. Hervorragende Diätetiker wie Bornträger,
Boas u a. sind der Ansicht, es wäre die englische Arbeitszeit viel
: angezeigter und es würden auch drei Mahlzeiten vollständig ge-
: nügen.. Jedem, der in seinem Berufe die englische Arbeitszeit ein-
‚halten kann, ist auch das System der englischen Mahlzeiten, welches
mit einem starken Frühstück beginnt, das zweite Frühstück für die
Mitte der Tageszeit festsetzt und die Hauptmahlzeit auf die Stunden
zwischen 6 und 7 Uhr abends verlegt, jedenfalls die hygienisch
zweckmäßigere. Es wird nämlich dann die Arbeitszeit nicht durch
das reichliche Mittagessen beschwert, es wird die unnötige Mittags-
Siesta überflüssig und die Arbeitsfreiheit dem ruhebedürftigen Körper
nach der Hauptmahlzeit zugesichert. Ich bin auch der Meinung, daß
die Sitte, nach englischer Art zu speisen, für viele Berufe mit genau
oder. annähernd genau zu fixierendem Arbeitspensum leicht zu
akzeptieren ist, für Beamte, Handelsangestellte, Lehrer, Richter u. a.,
dagegen glaube’ ich, daß für freie Berufe, deren Tätigkeit : von
tausend äußeren Umständen abhängig ist (Ärzte, Rechtsanwälte, Groß-
kaufleute usw.) und für alle geistig sehr intensiv arbeitende Per-
sonen, die Teilung der Arbeit in eine Vormittags- und in eine
Nachmittags- bzw. Abendarbeit, wieder zweckmäßiger erscheint als
die durchlaufende Arbeit. Durch das in die Mitte. des Tages ein-
gesetzte Mittagessen mit der darauffolgenden mindestens 1 bis
I!/sstündigen Ruhe, hat der Körper,- namentlich das Gehirn und
die Nerven, Zeit auszuruhen und sich für die Nachmittags- und
‚Abendarbeit frisch zu stärken. Für Personen, die zur Fettleibigkeit
neigen, ist es empfehlenswert, auch bei der durchlaufenden Arbeits-
zeit die Mahlzeiten auf drei zu. beschränken. - z
Ein großer Fehler, den wir meist alle machen, ist der, daß
wir in der- Regel erst zur Mittagszeit Wasser trinken und eventuell
zu Abend Wasser oder irgend ein alkoholisches Getränk genießen.
Es soll jeder darauf ‘achten, womöglich schon in den Früh- und
Mittagsstunden dem Körper Wasser zuzuführen, um die so not-
an Spülung des Körpers den ganzen Tag über in Gang zu
en. - | ra
‚. Die Erhaltung, des stofflichen Gleichgewichtes bei
einem gesunden, arbeitenden Menschen ist durch den Bedarf an
Eiweiß, Kohlehydraten und Fett bedingt. Er ist durch die be-
kannten Untersuchungen v. Voit’s bei .einem Standardgewicht von
70 kg ‘bestimmt worden mit Eiweiß 118g, Kohlehydraten 500 g,
Danm l | :
*) Fortbildungsvortrag, gehalten am 26. Mai d. J. in der wissen-
schaftlichen Versammlung des Ärztevereines Wien X. |
Berlin, Prag u.Wien, 2. November 1924
$ TA
i ~w
u & iM '
l N: 7 = j
Fett 56 g.- Diese Durchschnitt g HÐ: aiti A schwer arbeiten-
den Erwachsenen gilt noch heg“ ti Abwohl durch die
Untersuchungen zahlreicher Forscha Ser, G. Klemperer,
Albu, Zuntz, Abderhalden u. a.) festgestellt wurde, daB der
menschliche. Organismus, ohne an,Leistungsfähigkeit zu verlieren,
schon mit einem Eiweißquantum von etwa 80g auskommen könne.
Dieses Existenzminimum an Eiweiß für alle Individuen, insbesondere
für.Schwerarbeiter, gelten zu lassen, ‘ist nicht angezeigt, da immer
zu berücksichtigen ist, daß Krankheiten aller Art die Kraft der-
artig mit einem Minimum ernährter Individuen viel leichter und
entsprechende Eiweißmenge genießen. |
schneller erschüttern können, als die, welche eine der Voitschen Zahl:
Der Energiewert der
Rubner der Brennwert von T
1gEiweß.... . = 4,1 Kalorien x
i g Kohlehydraten . .. = 41 . „ 2
1gFet......=98 N
Wenn wir den Gehalt der ‚Nahrungsstoffe an Eiweißkörpern,
Kohlehydraten und Fetten kennen, so kann durch die Multiplikation der
Kalorienwert bestimmt werden. Die. Tabelle von Pfeifer’ gibt. uns
die Übersicht über den Gehalt der wichtigsten Nahrungsmittel an
Eiweiß, Fett und Kohlehydraten. |
| © L Animalische Nahrungsmittel. — ~
- Eiweiß Fett ‚Koble- | Eiweiß- Fett „Kohle-
hydrate | hydrate
Ochsenfleisch . . 21,89 819 — | Lachs ...... 13,1 4,57 4,67
Kalbfleisch .. . 18,88 74 — Karpfen ..... 20,61 109 — `
Hammelfleisch . 18,11 5,77 — Hecht ...... 20,11 0,69 0,92
Schweinefleisch. 19,91 6,81 — | Seezunge .... 11,4 095 ' —
Schinken (ge- `` Leber ...... 56 11
salzen). . . ... 22,32 8,68 6,38 | Spe
Hasenfleisch. . . 28,84 1,18 0,19 ühnerei ...
Rehfleisch . . . . 19,77. 1,42 1,24 | Kuhmilch .... 381 3,66 4,92
Leberwurst . . . 15,93 26,33 Käse (fett) .. . 27,16 30,43 2,58
Hühnerfleisch . . 19,72 1,42 — > „n (mager). . 32,65 841 6,8
Entenfleisch. . . 22,62 311 — | Butter ..:... 086 83811 07
Schellfleisch. . - 17,09 0,85 |
I. Vegetabilische Nahrungsmittel. Eu.
Eiweiß Fett Koble- Eiweiß Fett Koble-
g hydrate hydrate `
| Weißbrot Gurke ...... 1,02 0,09 2,28
(Semmel) ... 96 10 60,1 Kopisalat .... 141 081 219 :
Schwarzbrot .. 85 13 528 | Zucker. ..... — — 96,72
Kartoffel.. ... 1,79 0,16 20,56 | Honig....:.. 129 — 81,44
Möhre ....... 104 021 94. | Apfel....... 0389 — 129
Kohlrübe (weiße Birne. ...... 0,836 — 118
. Rübe) ..... 096 0,16 5,98 | Pflaume ..... 04 — 824
Radieschen ... 1,23 015 8,79 | Kirsche ..... 062 — 11,15
Schwarzwurzel. 1,04 0,5 14,8 | Weintraube... 059 — 15,32
Kohlrübe .... 2,95 0,22. 8,85 | Verschiedene í | j
Spargel ..... 1,98 0,28 2,74 Beeren ...ca. 05 — 70
Erbsen (grüne) . 5,75 05 10,86 | Walnuß ..... 16,37 62,86 7,89
Schneidebohnen 2,77 0,14 7,02 | Kastanie..... 5,48 1,37 38,34
Blumenkohl... 253 0,88 5,01 | Bier ....... 049 — 455
Winterkohl ... 3,99 0,9 11,68 | Weißwein.... — — 1182
Rosenkohl.... -4,88 046 6,22 | Sherry..... >. — — 2286
Rotkraut. .... 1,83 0,19 5,86 | Champagner .. — — 1%
Sauerkraut ... 1,77 0,2 4,07 ognak ..... — — 695
Weißkraut. .. . 189 02 487 | Kaffee ...... 0,16 05 14
Spinat ...... 3,15 0,54 334 | Tee...... ..08.— 06
Champignon. .. 2,57 0,13 4,76 | Dünne Suppe.. 11 15 5,7
Das Kostmaß für den normal arbeitenden Erwachsenen be-
| trägt 2500 Kalorien, muß jedoch für Schwerarbeiter um mindestens
einzelnen Nahrungsstoffie wir nach
Kalorien berechnet und beträgt auf Grund der Untersuchungen von’
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in passierter Form. Diese Püree-Haschee-Diät nennt Boas das
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1524
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 44.
2. N ovember
1000. Kalorien, d. i. auf 3500 Kalorien erhöht werden. Eine andere
Frage ist die, ob. wir die genannten Nährstoffkomponenten kalorien-
mäßig vertreten lassen können. Das ist nicht der Fall, Selbst bei
überreichem Kalorienangebot in Form von Kohlehydraten und Fetten
wird ein Minus an Eiweiß nicht ersetzt, der Körper nimmt ab, weil
wegen Fehlens des Eiweißes in der Nahrung ständig Körpereiweiß
zersetzt wird. Die Kohlehydrate führen dem Organismus, ins-
besondere der Leber und den Muskeln, Kraftstoffe in Form von |
Glykogen zu, während der. Überschuß in Fett umgewandelt wird.
Das zugeführte Fett wird zum Unterhalt der Wärmeproduktion be-
nötigt, ein Überschuß als Fett im Körper abgelagert. Das beste
Verhältnis zwischen der Zufuhr von Eiweißkörpern und stickstofl-
freien Substanzen beträgt 1:6.
Außer den genannten Nahrungsstoffen bedarf der Organismus
noch Wasser und gewisser Mineralsalze und endlich jener Stoffe, die
als Vitamine bezeichnet werden und deren konstante Zufuhr un-
bedingt notwendig ist, falls der Organismus von gewissen Krankheiten
(Skorbut, Rachitis, Pellagra und Beri-Beri) behütet werden soll. Die
genannten Werte an Eiweißkörpern, Kohlehydraten und Fett, haben
selbstverständlich aber nur so lange Geltung, als der Körper normal
‚arbeitet, d. h. diese Stoffe normal ausnutzt, oder kurz gesagt gesund
ist. Bei Krankheiten verschiebt sich das Verhältnis nach der einen
oder anderen Richtung, insbesondere je nachdem die Eiweiß-Kohle
hydrate- oder Fettverarbeitung gestört ist. Ä
Zu der Diät bei Krankheitszuständen übergehend, will ich zu-
nächst von der Fieberdiät sprechen. Wir unterscheiden zwischen
einer Diät bei akut fieberhaften und bei chronisch fieberhaften Krank-
heiten. Was die letzteren betrifft, so lassen sich allgemeine Richt-
linien für die Diät überhaupt nicht angeben. Sie konstruieren sich
nach dem speziellen Zustande des Patienten, nach den Symptomen
seiner Krankheit, nach der Art und Höhe des Fiebers. Dagegen
. möchte ich für akut fieberhafte Fälle den Satz aufstellen, daß in
erster Linie eine rein flüssige Diät angezeigt erscheint. Das Kalorien-
bedürfnis kann durch Verabreichung von Suppen mit Eidotter, Milch,
teils pur, teils gemengt mit Kaffee, Tee, Kakao, von flüssiger Milch-
creme, Weinschaudeau, Fruchtsäften so vollkommen gedeckt werden,
daß man der breiigen und festen Nahrungsstofie entbehren kann.
_ Unbedingt -notwendig ist diese Diät in allen jenen Fällen, wo es sich
um sog. gastrisches Fieber, um alle Arten paratyphöser Krankheits-
zustände, insbesondere aber um echten Typhus abdominalis
handelt. Ich kann mich absolut nicht jenen neueren Autoren an-
schließen, welche bei typhösen Erkrankungen die breige Diät ge-
statten, ja sogar die Verabreichung fester Speisen erlauben. Der
Typhuskranke soll bis zur vollständigen Entfieberung eine absolut
flüssige Diät, wie ich sie oben skizziert habe, genießen. Ich habe
wiederholt mit der Sicherheit eines physikalischen Experimentes ge-
sehen, daß, wenn in einem Typhusfall zu früh von der flüssigen. zur
breiigen Diät übergegangen wird, Krankheitsrezidive eintreten. In
einer Debatte, die im vorigen Jahre in einer Sitzung. der .„Gesell-
schaft der Ärzte“ geführt wurde, habe ich auch diesen meinen Stand-
punkt gegenüber einer Reihe von Kontrarednern vertreten.
l Die Hauptgebiete der Diätetik sind die Magen- und Darm-
krankheiten. Da gibt es nun eine sog. Schonungsdiät, die in
großen Zügen für die Mebrzahl der Magen-Darmkrankheiten paßt.
Das Wesen derselben besteht in der Verabreichung des Fleisches in
faschierter oder Haschee-Form und die Zubereitung der Gemüse
„diätetische Universalrezept“. Nun aber ist es einerseits unbedingt
notwendig für einzelne Magenaffektionen Modifikationen dieser Diät
vorzuschreiben, andererseits wird auch der mit chronischer Gastritis
oder Achylie behaftete Patient auf die Dauer diese Diät zu nehmen,
sich entschieden weigern und es ist auch gar kein Grund vorhanden,
das Gemüse unpassiert in gut verkochtem, reichlich mit Butter ver-
setztem Zustande zu verabreichen. Ist die Anazidität sicher kon-
statiert, dann ist insbesondere die Verabreichung jener Nahrungs-
stoffe empfehlenswert, welche nach den Untersuchungen von Bickel
als starke Sekretionserreger gelten. Das sind die alkohol- und
kohlensäurehaltigen Getränke, Kaffee, Fleischbrühe und Gewürze, und.
dann die gesalzenen Fleischarten, wie insbesondere Schinken., Die
gleichen Stoffe sind natürlich zu meiden inFällen von Superazidität,
und in besonders hohen Graden dieses Zustandes ist rein lakto-
vegetabilische Kost durch einige Wochen entschieden angezeigt. Daß
wir bei einem blutenden oder stark schmerzhaften Ulcus ventriculi
und duodeni uns auf die rein flüssige Kost beschränken müssen, daß
wir in den akutesten Fällen nur schluckweise eisgekühlte Milch ver-
abreichen dürfen, ist wohl jedem erfahrenen Praktiker bekannt. Bei
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den nicht biutenden, chronisch verlaufenden Fällen von Magen-
geschwür tritt die oben erwähnte Haschee-Püree-Diät in ihre Rechte.
In Fällen von Magenatonie und Magendilatation sind in erster
| Reihe jene Nahrungsstoffe zu berücksichtigen, welche schon normal
relativ rasch den Magen verlassen. Nach den Untersuchungen von
Penzoldt wissen wir, daß Wasser, purer Tee und purer Kaffee
schon in 1—2 Stunden, Milch, Milchkaffee, weiche Eier, Fleischbrühe,
gekochter Schinken, Fische, Kartoffelpüree und weißes Brot und
Kalbfleischmengen bis zu 10 dkg schon in 2—3 Stunden, daß da-
gegen Fleischmengen von 20—30 dkg, die meisten Gemüse, die
Hülsenfrüchte, Salate erst nach 3—5 Stunden den Magen verlassen.
Auf Grund dieser Kenntnisse müssen wir die Diät bei Magen-
erweiterung und Magenerschlaffung vorschreiben.
Bei akuten Darmkatarrhen mit Diarrhoen ist die möglichste
' Einschränkung der Nahrungszufuhr das erste Erfordernis. Passierte
Schleimsuppen und Wasserkakao soll in den ersten Tagen bei strengem
Verbot von Milch die einzige Nahrung sein. Bei chronischen Diarrhoen,
bei der sog. Gärungsdyspepsie gilt gleichfalls als oberster Grundsatz,
| daß Milch durch Kakao, Eichelkakao, Eichelkaffee, russischen Tee
ersetzt werden soll. Dagegen wird Butter in nicht zu reichlicher
Menge gut vertragen und gut ausgenutzt. Auch Eier, weichgekocht
oder in Schleimsuppen verrührt, können gegeben werden. Als
Kuriosum möchte ich die von Boas empiohlenen Eierschalen er-
wähnen. Sie werden gründlich gereinigt, getrocknet und im Mörser
feinst pulverisiert und je eine Messerspitze dieser pulverisierten Sub-
stanz dem Ei zugesetzt. Die günstige Wirkung der Eierschalen be-
ruht auf ihrem hohen Kalkgehalt:
In gleicher Art wird „Kalk-
zwieback“ und „Kalkbrot“ in den Handel gebracht. Mageres Fleisch
in gekochtem Zustande, gekochte Fische können bei chronischen
Diarrhoen gegeben werden. Dagegen sind Gemüse und Kartoffeln
zu verbieten. An ihre Stelle soll Reis, Grieß, Graupen und die
bei uns in Österreich so beliebten Mehlspeisen, Makkaroni, Nudeln, .
Nockerln, Fleckerln, mit guter Butter zubereitet, gegeben werden.
Der Zucker als e
in Hauptgärungserreger wird durch Saccharin
ersetzt. | | i
Bei chronischer Obstipation besteht unsere Hauptaufgabe,
den geschwächten Darm zu tonisieren und Darmperistaltik anzuregen.
Ais Darmperistaltika gelten alle zuckerhaltigen Substanzen, wie.
Zucker, Honig, James, zuckerhaltige Früchte (Trauben, Feigen,
Datteln, Orangen usw.), ferner organische Säuren enthaltende
Nahrungsmittel, wie saure Milch, Fruchtsäfte, dann stark salzige
. Substanzen: Salzwasser, Salzheringe, Sardellen usw., und endlich
| kohlensäurehaltige Wasser.
Hierzu zählen auch Kefir, Yogurth.
Jeder chronisch ÖObstipierter bedarf der Zufuhr reichlicher Fette,
als deren vornehmster Repräsentant die Butter zu gelten hat.
von Noorden legt den Hauptwert auf die Darreichung von kleien-
haltigem Brot (Grahambrot, Schrotbrot, Simonsbrot). Die Ursache
vieler Verstopfungszustände beruht in der einseitigen Fleischnahrung.
In diesen Fällen ist es daher empfehlenswert, das Fleisch vollständig
durch eine rein vegetabilische, fetthaltige Diät zu ersetzen.
Ist die Nahrungszufuhr per os unmöglich oder wegen indi-
‚zierter Rubigstellung des Magens (Hämatemesis, Vomitus e causis
variis usw.) verboten, dann werden Nährklysmen verordnet. Ich
habe auf Grund meiner praktischen Erfahrungen den Wert der
Nährklysmen von jeher bezweifelt und sie nur gezwungen und
ungern angewandt. Ich habe den raschen Abgang der Nährklystiere
mehr oder minder bald nach der Applikation beobachtet; die Re-
sorption der eingeführten Nährstoffe von den untersten Darm-
abschnitten ist eine minimale. Ich freue mich, daß Boas in der
neuesten Auflage seiner „Vorlesungen über Diätetik* den gleichen
Standpunkt einnimmt und den „Kredit der Nährklystiere ganz er-
heblich im Sinken begriffen“ erklärt. Ich bin ganz seiner Meinung,
daß nur Tropfklystiere behufs Wasserzufuhr angewendet werden
sollen, nicht bloß, wie Boas sagt, mit physiologischer Kochsalz-
lösung, sondern auch mit Traubenzuckerlösung, versuchsweise: mit
reiner Milch unter Zusatz von Opiumtinktur.
Die Hauptdomäne der Diätetik liegt auf dem Gebiete der
Stoffwechselkrankheiten. Gegen Fettsucht sind seit Jahrzehnten
gewisse Kuren in Gebrauch, Am bekanntesten sind hiervon die
Bantingkur, die Ebsteinkur, die Örtelkur. Das Wesen der Bantingkur
besteht in einer fast ausschließlichen Ernährung mit Fleisch und
der vollständigen Entziehung der Fette und Kohlehydrate. Die
Ebsteinkur entzieht nur die Kohlehydrate allein und gestattet neben
Fleisch auch Fett. Die Örtelkur legt den Hauptwert auf die Ent-
ziehung der Flüssigkeit. Jede Abmagerungskur ist mit Hungerkur
zu identifizieren, d.h. es muß auch die Quantität der erlaubten
Nahrungsstoffe auf ein möglichstes Minimum reduziert werden-
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- Gemüse sind selbstverständlich verboten.
2, N orember
Die zweckmäßigste Diät für Gichtkranke ist die 'mit der
nötigen Quantität von Pflanzeneiweiß ausgestattete vegetarische
Diät. Die pflanzensauren Alkalien verdienen nach Ebstein bei
Behandlung der Gicht die weitgehendste Berücksichtigung und des-
halb sind Früchte, welche reich an pflanzensauren Alkalien sind,
Gichtkranken zu empfehlen. So erklärt sich der Erfolg von Kirschen-,
Erdbeer-, Zitronen- und Traubenkuren. Gichtikern sind ungefähr
‘die gleichen Speisen zu verbieten wie Fettleibigen, also alle fett-,
mehl- und zuckerreichen Nahrungsstoffe. Statt Essig soll durchaus
nur Zitronensäure verwendet werden.
Etwas ausführlicher muß ich über die Diät der Diabetes-
kranken sprechen. Wenn ein Kranker, bei dem die Zuckeraus-
scheidung sicher konstatiert ist, in meine Behandlung kommt, so
pflege ich in der Regel die mehl- und zuckerhaltigen Stoffe nicht
brüsk, sondern innerhalb einiger Tage zu entziehen. Es gibt Dia-
betiker, die die vollständige Entziehung aller Kohlehydrate auch
durch längere Zeit sehr gut vertragen. Es gibt aber auch solche, bei
denen die totale Kohlehydratabstinenz mit einer sofortigen Azeton- .
= urie, ja sogar mit dem Auftreten von Azetessigsäure und Oxybutter-
säure im Harn beantwortet wird. In diesen Fällen müssen wir eine
in jedem Einzelfalle zu. ermitteltende Menge von Kohlehydraten in
Form von Brot oder Kartoffeln gestatten, um das Gespenst der
Aietonämie zu bannen. | | |
Als Suppen bekommt den Diabetikern Bouillon mit einem
Dotter legiert oder Gemüsesuppen. Fleisch kann in jeder Form ge-
kocht, gedünstet oder gebraten gegeben werden, doch soll die ein-
mal verabreichte Feischquantität 15 dkg und die täglich gegebene
Fleischquantität 25 dkg womöglich nicht überschreiten. Eier sollen
in der Regel nicht mehr als vier pro Tag gestattet sein. Die Ge-
müse müssen englisch, mit Butter zubereitet werden. Zuckerhältige
Eine große Rolle in der
Diät der Diabetiker spielen die Salate (grüner Kopfsalat, Endivien-
salat, Krautsalat, Fisolensalat), Endlich kann man den Zucker-
kranken auch süße Speisen verabreichen, aber nur solche, die in
spezieller Art zubereitet sind. Nur in leichteren Fällen sind Mehl-
speisen mit sogenanntem Diabetikermehl gestattet. Die Saccharin-
süßspeisen ohne Mehl werden aus Eiweiß, Butter-und Saccharin in
Form von Schneeomeletten und Soufle, aus Eiern, Mandeln, Butter
und Saccharin oder Topfen, Eier und Butter als Pudding und Aul-
lauf und endlich in der Form von Creme aus Eidotter, Milch, Vanille
oder Fruchtsaft mit Beimengung von Gelatine zubereitet. Diese
Saccharinsiüßspeisen werden von den Diabetikern sehr gerne genommen.
= Ist der Zuckergehalt trotz vollständiger Kohlehydratentziehung
nicht wesentlich zu erniedrigen, dann muß man den Zuckerkranken
durch 2 Tage das Fleisch vollkommen entziehen, „sogenannte Ge-
müsetage“. An diesen Tagen erhält der Patient zum ersten Früh-
stück Tee mit Kognak, 1 Ei, Luftbrot und Butter, zum zweiten
Frühstück 1 Ei mit einem Gläschen Kognak, zu Mittag eine Ge-
müsesuppe, eine Gemüseplatte mit reichlich Butter zubereitet und
als Dessert schwarzen Kaffee. Nachmittags dasselbe wie zum Früh-
stück und zum Abendessen ein Gemüse und einen Salat mit 2 Eiern
und 1 Gläschen Wein. Kommt man auch damit nicht aus, so werden
die Eier ganz weggelassen und nur Gemüse, Gemüsesuppe, Butter
und Luftbrot verabreicht; als ultima ratio werden Hungertage ver-
ordnet. In diesen Tagen bekommt der Zuckerkranke nur schwarzen
Kaffee, Tee mit Zitrone, Bouillon, Wein und Kognak. Er bleibt
während des Tages im Bette liegen. | o ga
‚ Eine ganz andere Kostordnung ist notwendig, wenn die Azeton-
ure zunimmt, bzw. Azetessigsäure und Oxybuttersäure in beträcht-
licher Menge im Harne auftritt. Nach der strengen Vorschrift Noor-
dens ist zunächst ein Hafertag anzuordnen. Er läßt die für den
ganzen Tag zubereitete Hafersuppe (250 g Hafermehl mit 3 Litern
Wasser 2 Stunden gekocht und mit 300 g Butter verrührt) in 8 Por-
tionen einnehmen und erlaubt außerdem an diesen Hafertagen Rot-
wein, Bouillon, Tee, Kaffee und Kognak. Da ich die Erfahrung ge-
macht habe, daß diese großen‘ Quantitäten Hafersuppen von den
Patienten meist nicht gerne genommen werden, pflege ich den Hafer-
tag derart zu modifizieren, daß ich die Hafersuppe zum zweiten Früh-
stück, zu Mittag, zur Jause und zum Abendessen, also in Summa
4mal gebe und die zweite Hälfte des Hafermehles in Form von
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Hafer-Pudding verabreiche. |
i Bei chronischen Azetonurien ist die Anordnung sogenannter
ehlfrüchtetage geboten. Es werden 7 Portionen Amylazea, da-
Tea 3 in der Form von Suppen während des Tages verabreicht.
nn Portion wird mit 30 g angenommen und zwar Hafermehl, Linsen,
F sen, Reis, Nudeln. Statt dessen kann auch einmal 100 g Kar-
offeln gegeben werden.
u 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44. Ä
+
1525
Als Beispiel käme nachfolgende Verordnung: I. Frühstück: Tee
mit‘ Zitrone, 25 g Lithonbrot und Butter. — II. Frühstück: 1 Suppe,
bereitet aus 30 g Hafermehl, Butter, Luftbrot. — Mittag: 2. Portion
Hafermehlsuppe aus 30 g Hafermehl, Erbsenpüree aus 30 g getrockneten
Erbsen, Tufiheot, Butter, schwarzen Kaffee. — 4 Uhr nachmittags: Tee
mit.Zitrone, 25 œ Lithonbrot und Butter: — 6 Uhr nachmittags: 3. Portion
Hafermehlsuppe aus 30 g Hafermehl. — 8 Uhr abends: Kartofielpüree
aus 100 g Kartoffeln, Risotto, bereitet aus 30 g Reis mit einigen Pilzen
und etwas Pärmesan, 1 Glas Wein. |
Auch die Kombination eines sogenannten Mehlfrüchtetages
mit einem Gemüsetag ist für jene Fälle empfehlenswert, in denen
nebst relativ hoher Zuckerausscheidung die Azidosis in gefahrdrohen-.
der Weise sich bemerkbar macht. An solchen Mehlfrüchte-
Gemüsetagen werden 5 Portionen Mehlfrüchte nebst der üblichen
Gemüseplatte zu Mittag und Gemüse des Abends verabreicht.
Wie Sie.also,. meine Herren, sehen,: muß bei jedem Diabetiker
ganz individuell die Kost variiert werden. Nicht. immer ist dies im
Hause des Patienten durchzuführen, umsomehr, da es sich ja um
die Zubereitung ganz spezifischer Speisen handelt. Es ist daher
zweckmäßig, Zuckerkranke wenigstens temporär in einem Sanatorium
oder, wo die Mittel nicht ausreichen, in eine Klinik unterzubringen.
Ist nach klinischen: Prinzipien die individuelle Art der Ernährung ,
fixiert, dann kann dieselbe auch zu Hause unter Aufsicht des Haus-
arztes fortgeführt werden. Obwohl die Frage der Insulinbehandlung
zum Thema meines heutigen Vortrages nicht gehört, so möchte
ich nur ganz kurz bemerken, daß Insulininjektionen die Toleranz
für Kohlehydrate ganz entschieden erhöhen, daß die Insulinbehand-
lung in Fällen von drohendem oder schon eingetretenem Koma
lebensrettend wirkt, daß Kranke, für die operative Eingriffe not- .
wendig erscheinen, unter Zuhilfenahme der Insulinbehandlung rasch
von Zucker und Azeton frei gemacht werden können, daß aber
leider die Insulinbehandlung nur temporär. wirkt, indem Zucker und
Azeton mit dem Aufhören dieser Therapie sofort wieder rasch an-
steigen, so daß schließlich die diätetische Behandlung des Diabetes
ihre alten, unveräußerlichen Rechte fordert. . i . |
Ich komme nun zu dem Kapitel der Mastkuren. Die For-
derung der Zunahme des Körpergewichtes wird ja an uns Arzte all-
täglich gestellt. Die zahlreichen durch Konstitution, Überarbeit,
durch soziale Verhältnisse. unterernährten, uns fast täglich konsul-
tierenden Patienten sollen „gemästet* werden. Dann kommt das
Heer der anämischen Mädchen, Phthisiker in allen Graden und
der durch überstandene, andere Krankheiten geschwächten Personen.
Jemand, der gemästet ‘werden soll, soll den größten Teil des
Tages ruhen. Mastkuren werden daher bei absoluter Bettruhe
durchgeführt. Die Mahlzeiten: müssen mehr als 5 Mal des Tages.
gegeben werden, am besten in der Form der sogenannten 2stündigen
Diät. Die beliebteste Mastkur ist die Milchkur. Man läßt neben
den üblichen Mahlzeiten den Kranken alle zwei Stunden ein Tasse |
voll Milch allein-oder mit verschiedenen Zusätzen einnehmen. Wenn
man es dazu bringen kann, daß der Kranke neben 40 dg Fleisch,
15 dg Gemüse, 15—20 dg Fett, 50 g Weißbrot, noch mindestens
2- Liter Milch zu sich nimmt, dann wird man bald eine rasche Zu-
nahme des Körpergewichtes konstatieren. Es gibt aber eine große
Reihe von Patienten, welche so große Mengen von Milch nicht ver-
tragen, ja sogar solche, welche Milch zu nehmen sich überhaupt
In diesen Fällen wird die Milch durch Yoghurt ersetzt
weigern.
oder. falls auch dieser vom Patienten verweigert wird, durch Kakao,
sogenannten schwedischen Tee (Tee mit Milch aufgegossen), Milch-
kaffee, vor allem aber durch Mastsuppen, die 2—3mal täglich
verabreicht werden können. Die Mastsuppe ist eine Suppe, welche
nebst der Einlage (Gries, Reis, Nudeln usw.) mindestens‘ 3 dg
Butter enthält und dadurch zu einem kalorienreichen Nahrungsmittel
wird. Nebst der Milch ist es ja überhaupt die Butter, welche als
Maststoff dient und zwar nicht nur die Butter, die auf Brot gegessen
wird, sondern auch Butter, die, wie erwähnt, in Suppen verrührt,
zur Bereitung der Gemüse und’ der. Mehlspeisen verwendet wird.
Unsere österreichischen Mehlspeisen gehören zu den besten und
ausgiebigsten Mastnahrungsstoffen. Sie. können bekanntlich in ver-
schiedener Form, speziell den, Launen des Patienten entsprechend,
verabreicht werden. a Sr ee
Selbstverständlich wird bei jeder Mastkur darauf Rücksicht
genommen werden, inwieweit Magen und Darm funktionsfähig sind.
Die Mästung ist schwierig, wenn der Patient an Appetitlosigkeit
leidet und dann müssen: alle. Faktoren mobil gemacht werden, um
zunächst diese Appetitlosigkeit zu beheben. Unüberwindliche Hinder-
nisse bildet oft da ein schweres Grundleiden, z.B. eine Tuberkulose.
Der fiebernde Organismus, der Patient, dessen Magen’ und Darm
mit verschlucktem Lungenschleim belastet ist, der Patient, dessen
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
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Kräfte durch eine chronische Eiterung konsumiert werden, ist selbst-
verständlich viel schwieriger zu mästen, als der, bei denen so schwere
Grundleiden nicht vorhanden sind.
Jeder Arzt, welcher die Diät als Heilmittel für Kranke be-
trachtet, soll auch Kenntnis von der Küche, insbesondere von der
diätetischen Küche haben. Die Zubereitung der Speisen ist.
von großem Einflusse auf den Appetit, auf die Bekömmlichkeit und
die Verdaulichkeit der zugeführten Nahrung. Für Magen-, Darm-,
Nieren-, Zuckerkranke usw. muß auf Grundlage wissenschaftlicher
Kenntnisse gekocht werden und diese Kenntnisse müssen vom Arzte
dem Küchenpersonal beigebracht werden. Der Arzt soll somit die
Grundprinzipien der Kochkunst kennen und die Diätköchin die
Fundamente der Ernährungslehre wissen.
Ich kann unmöglich in alle Einzelheiten der Speisenzubereitung
für Kranke eingehen. Ich will nur an einzelnen Beispielen deren
Wichtigkeit demonstrieren. Das Fleisch hat im rohen Zustande
einen Eiweißgehalt von 22°/,, im gesottenen oder gebratenen Zu- |
stande einen solchen von 34°%,. Desgleichen steigt auch sein Fett-
gehalt von 4,5°/, auf 7,5°/, (gesotten) und 8,2®/, gebraten. Die
Ursache liegt in dem Wasserverlust, infolgedessen 100 g Roh-
Die Küche gebraucht die Hitze in der Form des siedenden
Wassers (Kochen), in der Form des: heißen Fettes und der heißen
Luft in offener Pfanne oder in geschlossenen Röhren. Man spricht
von Braten, wenn es sich um Fleisch, vom Backen, wenn es sich
um mehlhältige Stoffe handelt. Beim Kochen geht die Hitze in
die Tiefe. Beim Braten und Backen haftet sie mehr an der Ober-
fläche.
Gekochte Speisen sind daher durchaus verdaulicher, als
sebratene und gebackene. |
Sehr wichtig ist die Verwendung guten Fettes für die Küche,
in der Diätküche soll ausschließlich nur beste Butter als Fett ver-
wendet werden. i
Eine besondere Kunst ist der Zusatz von Würzstoffen zu
den Speisen, weil diese die Speisen appetitanregender und ver-
daulicher machen. Anderseits darf ein Zuviel an Würze für Kranke
nicht verwendet werden, weil alle Würze Reizstoffe sind, nicht nur
für den Magendarm, sondern auch für das Herz, die Nieren und
Am schwierigsten ist es daher, jene Kranke zu be-
handeln, welche aus dem Orient, aus Ungarn, aus dem hohen Norden
stammen und stets eine scharfe Kost gewohnt waren.
Es kostet aber ebenso viel Mühe, Kranke aus Polen-Rußland
zu belehren, daß speziell die Gemüse einen wichtigen Bestandteil
Abhandlungen. |
der Krankenkost bilden. Aber auch in unseren Gegenden gibt es
Personen, die von Kindheit an nie Gemüse gegessen haben und
deren Genuß durchaus perhorreszieren. Der Wert der Gemüse liegt
in ihrem Gehalte an Nährsalzen. Ebenso diätetisch wichtig ist der
Gehalt der Gemüse an sogenannten „schmeckenden Substanzen“,
meist in der Form der ätherischen Öle, denen die Fähigkeit zu-
kommt, die Magensaftsekretion beträchtlich anzuregen. Der Zellulose-
gehalt der Gemüse übt einen mächtigen Reiz auf die Darmtätigkeit
aus. Die rohen Gemüse (Salate) sind am zellulosereichsten, sie
eignen sich aber nicht für jene Diäten, bei denen eine Schonung
der Verdauungsorgane verlangt wird. Die Gemüse werden kurz im
siedenden Wasser gekocht und dann unter Zusatz von Fett ge-
dünstet (französische Art der Gemüsebereitung). Schwerer verdaulich
ist die in Österreich und Süddeutschland übliche Art des Gemüse-
kochens, indem Mehl zur Bildung der sogenannten „Einbrenn“ dem
kochenden Gemüse zugesetzt wird. TEA:
Die Meblstoffe (Reis, Gries, Hafermehl, Weizenmehl, Kartoffeln,
Tapioka) werden gekocht in Wasser als falsche Suppen, in Bouillon
als echte Suppen, in Milch als Brei zubereitet. Sie werden zu’
Teigen verarbeitet, wobei Fett und Ei als Zusatz verwendet werden.
Der Teig wird dann in der Pfanne oder Röhre gebacken und so
mit Zubilfenahme verschiedener Zusätze zu Kuchen, Torten, Omeletten
usw. verwandelt. Andererseits wird der Teig geknetet, zerschnitten
und in Wasser gekocht, zu Nudeln, Fleckerln, Knödeln usw. zubereitet.
Kochbücher, in denen Sie genaue Rezepte für die Zubereitung
der Speisen finden, gibt es eine Unzahl. Das gleiche gilt für die
diätetischen Kochbücher. Ein gutes diätetisches Kochbuch soll in
der Bibliothek keines ärztlichen Praktikers fehlen. Wer sich jedoch
für den „Geist der Kochkunst“ interessiert, dem muß man als
klassisches Buch das Werk „Physiologie des Geschmackes“ von
Brillat-Savarin empfehlen. Es enthält eine Philosophie der
Gastronomie und sein Übersetzer C. Vogt nennt es das „Iranzösischste“
aller französischen Bücher. Das, was wir Arzte an dem berühmten
Buche schätzen, ist die Tatsache, daß der Autor gegen die Völlerei
und Trunksucht zu Felde zieht und daß er ein Lehrbuch der Hy-
giene des Essens und Trinkens geschaffen. Einige seiner Apho-
rismen seien als besonders denkwürdig hervorgehoben: „Die Tiere
fressen, der Mensch ißt; der gebildete Mensch allein ißt mit Be-
wußtsein“, oder „das Schicksal der Nationen hängt von der Art ihrer
Ernährung ab“ oder endlich „die Entdeckung eines neuen Gerichtes
ist für das Glück der Menschheit wichtiger, als die Entdeckung
eines neuen Gestirnes“.
Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses im Friedrichshain
in Berlin. .
Über den Morbus Gaucher, seine Klinik, pathologische
Anatomie und histio-pathogenetische Umgrenzung,
nebst Untersuchungen über den Morbus Gaucher der
Säuglinge und über die Beteiligung des Skelettsystems.
Von Ludwig Pick. (Fortsetzung aus Nr. 41.)
U. Die Histio- und Pathogenese des Morbus Gaucher, seine
histio- und pathogenetische Abgrenzung von ähnlichen Krank-
heitszuständen, insbesondere der lipoidzelligen Splenohepato-
megalie (Typus Niemann).
Histiogenese des Morbus Gaucher und Befunde bei dia-
betischer Lipämie.
Das Problem der Histiogenese der Gaucherzelle geht, wie
schon eingangs angedeutet, grundsätzlich im wesentlichen in der
Frage des retikulumzelligen oder endothelialen Ursprungs der großen
Zellkörper auf. Bovaird, Collier, neuerdings Downes, Wilson,
Erdmann und Moorhead haben sich für die Abstammung
der Gaucherzellen von den Endothelien, Schlagenhaufer, Rusca,
E. J. Kraus, Foot und Ladd sich für ihre Bildung aus den
Elementen des retikulären Stützgewebes eingesetzt. de Jong und
vanHeukelom, Marchand-Risel, Mandlebaum-Downey haben
neben der retikulären Genese die endotheliale nicht ausschließen
wollen, nachdem zuvor Brill-Mandlebaum-Libman (1905 und
1909) die eine wie die andere gleichmäßig hatten gelten lassen.
Seine These von der Ableitung der Gaucherzellen aus großen atypi-
schen Lymphozyten der Keimzentren in den Lympbiollikeln des
hämatopoetischen Systems (1912) hat Mandlebaum weiterhin (1913,
1916) zugunsten der Retikulumzellen der Keimzentren geändert.
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Die Schwierigkeiten in der nur langsam vorschreitenden Ent-
‚scheidung dieser Frage liegen nicht nur in der Deutung der zelligen
“Übergangangsbilder“, sondern nicht zum wenigsten in den ver-
wiekelten, durch technische Hindernisse stark komplizierten normal-
histologischen Verhältnissen der Organe des lymphatisch-hämato-
poetischen Systems nebst der Leber. Namentlich Risel, Mandle-
baum-Downey und Kraus haben die teilweise sehr erheblich
abweichenden Meinungen der Autoren über den normalen Aufbau
des retikulären Gewebes in Milz, Lymphdrüsen und Knochen-
mark und die morphologischen Beziehungen : zwischen Retikulum-
zellen und Endothelien eingehend erörtert und auf die Schwierig-
keiten hingewiesen, die sich für die Ableitung genetischer Schlüsse
aus dieser Unsicherheit ergeben. Von besonderer Bedeutung ist
hier die von Rössle-Yoshida vertretene Identität des retikulären
Stützgewebes in den Lymphknoten mit den Gitterfasern und den
an sich durchaus uncharakteristischen Gitterfaserbildungszellen, die
weder von den adventitiellen Zellen der Kapillaren und Geläße
noch von den Endothelien der Lymphsinus zu unterscheiden sind,
in dem indifferenten Zustand „halber Ausreifung“ beharren und
mit der Möglichkeit weiterer Differenzierung sei es zu Bindegewebs-
zellen oder zu Endothelien begabt sind. In gleichem Sinne fabt
Matsiu Yoshio für die Milz Sinusendothelien und Retikulumzellen
unter dem gemeinschaftlichen Namen der Gitterfaserbildungszellen
zusammen. Thomé, Weidenreich, Rössle-Yoshida, Downey
und andere setzen das Endothel der Sinus in den Lymphknoten
als einen Teil des allgemeinen Retikulums.
Aber neben der rein morphologischen Untersuchung macht
sich neuerdings in der Erforschung der Histiogen
ese des Morbus
Gaucher eine andere Methodik geltend. Sie knüplt an die
Aschoifsche Lehre vom „retikulo-endothelialen Apparat“, ode
genauer genommen an die umfassendere des Aschoff-Kiyon®
schen „Histozytensystems“ an.
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Wie bekannt, ist die Grundlage für die Aufstellung dieser
Systeme im Gegensatz etwa zum myeloischen oder Iymphatischen eine
wesentlich funktionell-biologische. Intravenöse Injektion bei Tieren von
sauren kolloidalen Farbstofflösungen der Azo- oder der ee le
` (Pyrrholblau, Trypanblau) oder von Lithiumkarmin, wie sie E. Go
mann und unter Aschoff namentlich Kiyono zur Vitalfärbung vor-
genommen haben, führt zu einer Speicherung des Farbstoffes in den
fixen Histiozytenstammzellen (Histioblasten), d. i. den Retikulumzellen ı
und Endothelien der hämatopoetischen Organe, auch der Nebennieren
und den Kupfferschen Sternzellen der Leber. Ein Teil dieser Elemente
aber wird zu freien Histiozyten, rundet sich, gewinnt an Speicherungs-
fähigkeit, wird zum wandernden speichernden histiozytären Mikro-
hagen. Überfütterung von Kaninchen, weißen Ratten, Mäusen mit
holesterin (Chalatow, Anitschkow, Versé a. A.), mit Lipoid-Ei-
. weißgemischen oder parenterale Einverleibung von Nutrose-Kaseinogen-
natrium (Kuszynski) bewirkt phagozytäre Speicherung im nämlichen
Zellsystem, was Anitschkow für die „Cholesterinesterphagozyten“
durch gleichzeitige intravitale Trypanblaufärbung noch besonders ver-
deutlichen konnte. Auch experimentelle Bakteriämien vermögen, wie
insbesondere für die Typhusbazillen Mallory bereits 1898 erwies, die
jetzt als „Histiozyten“ gekennzeichneten Zellen der Milz, Leber, Lymph-
lasten und des Knochenmarks zur Abwehrreaktion (defensiven Re-
aktion), zur Wucherung und Bakteriophagie zu verlassen (vergl.Mandle-
allorys endo thelale Leukozyten, Goldmanns
Pyrrholzellen, a EES RER Histiozyten, Lubarschs Makro-
hagen sind gleichwertige Elemente des funktionell zusammengefaßten
ystems. Zu dem Histiozytensystem zählen auch die Klasmatozyten
Ranviers oder Maximows ruhende Wanderzellen, im besonderen
(Aschoff, Eppinger) auch die adventitiellen und periadventitiellen
Elemente an den Blutgefäßen. Wie im Tierexperiment durch die
Speicherung des fremdartigen Körpers, so wird im menschlichen Or-
ganismus die funktionelle Bedeutung des Systems durch seine hervor- -
ranne Beteiligung am Pigment- (Eisen-) und Fettstoffwechsel deut-
lich. Fette und endogene Pigmente werden aufgenommen oder erst
in den Zellen gebildet. Lubarsch hat durch seine umfassenden Unter-
suchungen über die Ablagerung fetthaltiger Substanzen und eisen- -
haltiger Pigmente bei Säuglingen die weite Ausdehnung des „Makro-
hagensystems‘ aufgedeckt, das namentlich in seinen perivaskulären
(auch peribronchialen) Lokalisationen weit über die Retikuloendothelien
sensu strictiori hinausreicht. |
Da auch beim Morbus Gaucher eine Speicherung durch Elemente
der retikulo-endothelialen Gruppe vorliegt, so werden die experimentellen
Ergebnisse Goldmanns, Aschoff-Kiyonos oder Kuszynskis, wie
neuerdings bei Epstein, für die Beantwortung der Histiogenesefrage
der Gaucherzellen herangezogen und kurzerhand zu histiogenetischen
Analogieschlüssen benutzt. Da Nachweis der gleichen Reaktions-
fähigkeit von Endothelien und Retikulumzellen bei der Karminspeiche-
rung in Aschoff-Kiyonos Versuchen läßt die scharfe Abtrennun
der beiden Zellarten nicht mehr gerechtfertigt erscheinen (Barät), un
nachdem durch Aschoff und seine Schule neben der morphologischen
auch die enge funktionelle Zusammengehörigkeit der beiden Zell-
arten gezeigt ist, ist bei der prinzipiellen Wesensgleichheit der
Retikulum- und Endothelzellen der Streit über diese oder jene Histio-
enese „ziemlich müßig“ (Fahr). Offenbar knüpft die histiogenetische
efinition des Morbus Gaucher als Systemerkrankung des gesamten
_ retikulo-endothelialen bzw. histiozytären Apparates in Milz, Leber,
Lymphdrüsen und Knochenmark durch Epstein nicht sowohl an die
rein morphologischen Befunde, als besonders an die Vorstellung der
retikulo-endothelialen biologisch-funktionellen Zusammengehörigkeit,
die als beherrschender Gesichtspunkt in Epsteins Ausführungen immer
wieder erkennbar wird.
Eppinger und H. Jaffe, vielleicht auch bei Barát und’ Waugh
und Mac Inthosh zu, wenn sie die Gaucherzellen von den „Retikulo-
endothelien“ ableiten.
‚, Ich halte es bei aller Anerkennung der Aufklärung funktionell-
biologischer Beziehungen für verfehlt, in die rein morphologische Frage
genetischer Zellbeziehungen funktionelle Gesichtspunkte entscheidend
einzuführen, Zellkategorien, die sich im Speicherungsexperiment gleich
verhalten, trotz offensichtlicher mo hologischer Unterschiede zu ver-
schmelzen und vor allem die Ergebnisse des Speicherungsversuches
der einen Art ohne weiteres auf eine Speicherungsform der anderen
zu übertragen. Mandlebaum-Downey, die zuerst für die Histio-
ponosoirago des Morbus Gaucher die modernen experimentellen zyto-
ogischen Ergebnisse Aschoff-Kiyonos, Anitschkows usw. zum
Vergleich heranzo en, und weiterhin auch Mandlebaum selbst (1919)
haben bereits mehrfach auf mancherlei Unstimmigkeiten und grund-
sätzliche Verschiedenheiten in dieser Richtung hingewiesen. Es gibt
bei der Mobilisierung des Histiozytensystems nicht nur die von
Kuszynski und Epstein betonten individuellen Unterschiede der
Speicherungstendenz unter den zelligen Einzelindividuen einundder-
selben Gewebsart, sondern die Verschiedenheit betrifft auch ver-
schiedene Gewebsformen des Systems als Ganzes bei gleicher Ätiologie
und erst recht bei verschiedener Ätiologie. Das Endothel der Blut-
und Lymphgefäße zeigt keineswegs dieselbe Aktivität der Phagozytose
wie das Endothel der Lymphsinus. Bei der Intravitalfärbung besitzen
phdrüsensinusendothel und die Retikulumzellen der lympha-
en Substanz eine erhebliche Avidität für den Farbstoff, die den
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Und sicherlich trifft dies: ähnlich bei
Retikulumzellen der Keimzentren fast ganz oder überhaupt abgeht.
Ferner laufen die histiozytären Reaktionen bei experimenteller Lipo-
idämie und Vitalfärbung keineswegs ganz parallel; sie sind weit aus-
ee bei ersterer, ja, betreffen bei Chalatows Cholesterin-
ütterungsexperimenten in erster Linie auch Epithelzellen („Myelinose“
der Nebennierenrindenzellen, der re und Leberepithelien).
Die histiozytäre Reaktion bei der Intravitalfärbung wirft große ein-
kernige farbstoffkörnchenhaltige Makropbag n aus Milz, Leber, Knochen-
eren Bildung sich auch die Pulpazellen
mark usw. in das Blut, an
der Milz als „Splenozyten“ beteiligen (Kiyono); die Cholesterinester-
phagozyten Anitschkows werden dagegen kaum in der Zirkulation
getroffen, und die Pulpazellen spielen bei sonstigen ‚Speicherungen
keine Rolle, werden überhaupt als Glied des retikulo-endothelialen
Systems z. B. von E. J. Kraus entschieden abgelehnt. Sicherlich ge--
nügen diese Beispiele als Unterlage für den zutreffenden Schluß
Mandlebaum-Downeys, daß die Elemente des retikulo-endothelialen
Systems auf verschiedene Reize auch wechselnd reagieren (they „react
in various ways to many forms of irritation"). Ea
Man kann die Gaucherzellen also gewiß als durch die Speicherung
der Gauchersubstanz spezifisch veränderte Histiozyten auffassen. Aber
gleichwohl wird man z.B. nicht mit Epstein aus der Beteiligung
„der histiozytären Elemente der Milz und zwar sowohl der Retikulum-
zellen als auch der diesen sehr nahe verwandten Sinusendothelien“ an
der Karminspeicherung schließen dürfen, daß auch „die Gaucherzellen
histiogenetisch mit den Sinusendothelien und den retikulären Pulpa-
elementen in Zusammenhang stehen“, oder mit Barát, daß nach der
durch Aschoff und Kiyono gezeigten gleichen Reaktionsfähigkeit
von Retikulum- und Endothelzellen auch bei Morbus Gaucher nun
„dieselbe unbekannte Ursache an den beiden Zellarten dieselbe morpho-
logische pnd biologische Veränderung hervorruft“.
Es dürfen danach also für die Histiogenese der Gaucher-
zellen allein die rein histiologischen Ergebnisse den Ausschlag
geben und zwar auf einer Grundlage, die Retikulumzellen und Endo-
ihelien morphologisch als zwei selbständige Gewebsarten trennt.
Auch hier ist der Hauptgegenstand der Untersuchung die
Milz, und die Erörterung des endothelialen oder retikulären Ursprungs
der Gaucherzellen hat von diesem Organ ihren Ausgang genommen.
Immer wieder entsteht die Frage, ob die scharf begrenzten, mehr
oder minder rundlichen Gaucherzellnester, die in die Pulpa ein-
gelagert sind, den erweiterten venösen Sinus entsprechen und, was
nicht dasselbe ist, hier die.Gaucherzellen durch die Wucherung und
Vergrößerung der Sinusendothelien geliefert werden. Eindeutig er-
wiesen durch E. J. Kraus ist nun in der Milz allein die Entwick-
lung der Gaucherzellen aus dem Retikulum, das bei seiner rein
zelligen Natur (Weidenreich, v. Ebner und Helly) ein netz-
artigesSynzytium darstellt. In Kraus’ „frischem, noch progredientem“
Säuglingsfall zeigt sich außerhalb der Gaucherzellnester die Um-
bildung der in der Norm kaum sichtbaren Retikulumzellen zu großen,
geweihartig verzweigten Zellkörpern und die. Loslösung der sich
charakteristisch umgestaltenden ganglienzellähnlichen oder lang-
spindligen Gaucherzellen aus dem synzytialen Verband (l. c.Abb.1—7).
Epstein traf bei den Bildern gleichartiger Genese eine lebhaft ge-
steigerte Anbildung retikulärer Histiozyten, d. h. also der Vorform
der Gaucherzellen. Häufen sich diese an umschriebener Stelle und .
drängen solche Nester die benachbarten Sinus- und Pulpastränge
zur Seite, so können sie, wie schon Risel fand, eine scharfe Um-
grenzung erhalten und gefüllten „venösen Sinus zum Verwechseln
ähnlich sehen“. Ich möchte dabei (vgl. meine Befunde Teil IT)
besonders betonen, daß Endothelien angrenzender, total komprimierter
‚ und verödender Sinus in die Begrenzung des Nestes eingehen,
wohl auch die umgebenden Pulpaelemente durch den Druck
des sich vergrößernden Gaucherzellkomplexes abgeplattet und zu
völlig endothelähnlichen Formen. umgewandelt werden können, :
während die Retikulumfasern der Umgebung notwendig eine ent-
sprechende zirkuläre, tunikaartige Anordnung erfahren. Ein Teil
der fasrigen Zellfortsätze mag in diesen Nestern intravital verloren
gehen oder postmortal abbrechen. Aber Mallorys und Biel-
schowskys Methoden der Darstellung der kollagenen und Gitter-
fasern erweisen in ihnen stets ein zartes Fibrillennetz [de Jong '
und van Heukelom, E. J. Kraus (Fall 1), meine Befunde, Mandle-
baum (1912) an einem Teil der Nester (und Epstein)], das nicht
selten „sehr vollständig“ ist, einzelne Zellen oder einige wenige in
kleinen Gruppen maschenartig einscheidet und oft mit dem Zell-
kontur innig verschmolzen ist — wiederum eindeutige Hinweise auf
die genetische Beziehung zum Retikulum. Dieselbe enge Verbindung
zwischen Fasernetzwerk und eingelagerten Zellen sowie Fasern und
Zellkontur ergibt sich in den größeren Feldern von Gaucherzellen,
nur daß hier die ‚Retikulum-(Gitterfaserbildungs-)zellen mehr zur
Produktion kollagener, d. h. auch nach van Gieson darstellbarer
Fibrillen neigen. Endlich gehen auch innerhalb der Malpighischen
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1528 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK —.-Nr., 44. 2. November
Körperchen die Gaucherzellkörper aus den Retikulumzellen hervor.
Der Schwund der Körperchen erfolgt durch zentripetalen Ersatz des
` Iymphadenoiden Gewebes (Epstein, Fall 3). |
Die Anordnung der Gaucherelemente in Nestern ist nach
E. J. Kraus dadurch bedingt, daß die großen lichten Zellen über die
ganze Milz im Maschenwerk des Retikulums diffus eingebettet sind,
daß aber die Milzsinus, die an der Umwandlung unbeteiligt sind,
das „Bild einer kontinuierlichen diffusen Zellmasse“* verhindern;
sie „zerteilen dieses Meer von Zellen in annähernd gleichgroße
runde Herde“, und diese topographische Beziehung bedingt den „alveo-
lären“ Charaker, bis zu gewissem Grade die Größe auch der Alveolen.
Ich halte diese Vorstellung nicht für zutreffend. Denn wenn auch
Gaucherzellnester öfters rings von komprimierten, vielfach spalt-
förmigen leeren Sinus umgeben sind (vgl. u. Abb. 5),.also hier in ihrer
.. - Form einer Masche des Venensinusgeflechts entsprechen, so sind
doch, wie Kraus’ eigene Abbildung (l. c. Abb. 9) lehrt, zwischen
.den Nestern allermeist reichliche breite Pulpastränge mit zahlreichen
Sinus gelegen, so daß ein formengebender Einfluß der letzteren auf
die Anordnung der Gaucherzellen hier nicht anzunehmen ist. Die
Nester sind also kaum etwas Anderes als der Ausdruck der poly-
zentrischen, an zahllosen Punkten der Pulpa. einsetzenden und sich
zentrifugal ausbreitenden Wucherung, Vergrößerung -und Umbildung
der Retikulumzellen. |
- Aber in anderer Richtung der Histiogenese ist das Verhalten
der Sinusendothelien in dem Kraus’schen Fall von besonderer
Bedeutung. Sie sind hier unbeteiligt an der Produktion der Gaucher-
zellen, aber durch dichte Einlagerung feiner Hämosiderinkörnchen
wie bestäubt, so daß sie auf den Schnitten bei der Turnbuliblaureaktion
in Pulpa und Gaucherzellmasse besonders scharf hervortreten. Nichts
. spricht eindrucksvoller für die funktionelle Unabhängigkeit der Reti-
kulumzellen und Sinusendothelien bei der Histiogenese des Morbus
` Gaucher und für die Unzulässigkeit, die Zellbeteiligung bei den
histiozytären Speicherungen verschiedener Atiologie von der einen
auf die andere im Sinne der Histiogenese grundsätzlich zu über-
tragen, als dieser. Befund, der beim Morbus Gaucher keineswegs
vereinzelt ist, sondern sieh in morphologisch durchaus gleicher Art
' bei Schlagenhaufer und in meinem eigenen Material wiederholt.
Karminspeicherung oder Lipoidspeicherung zeigt keinen Unterschied
im Verhalten der Retikulumzellen und der Endothelien der Milz.
_ grenzender obliterierender Sinus entstanden, und das Fehlen des zarten
Faserretikulums im Innern der Nester kann sicherlich als sekundär.
gedeutet-werden, weil es auch in den Nestern zweifelsohne retikulum-
zelliger Herkunft nicht selten mehr oder minder defekt sich darstellt.
_ Auf der anderen Seite läßt es sich nun freilich nicht leugnen,
daß in der Tat — wie häufig sei dahingestellt — auch Gaucher-
‚zellen einzeln, in kleineren. oder größeren Komplexen tatsächlich
auch innerhalb. der venösen Sinus zu treffen sind, die als solche,
wie z. B. im Fall Risels, durch Endothelien mit dichtem bräunlichen
körnigen, teilweise eisenhaltigen Pigment zweifelsfrei gekennzeichnet
sind. Aber ebenso sicher hat sich erweisen lassen, daß in solchen.
Fällen Gaucherzellen sekundär in die Sinus hineingelangen und- .
zwar durch Einrisse der Sinuswand (de Jong und van Heukelom,
Risel, Mandlebaum-Downey, Waugh und Mac Intosh).
| Mandlebaum (1919, Fall 1), ebenso Waugh und Mac Intosh
vermochten sie in Form von Kommunikationen -der Sinusräume
mit der Pulpa oder mit Nachbarsinus festzustellen 15). Die eìn-
wuchernden Gaucherzellen durchmischen sich mit dem blutigen Inhalt,
| breiten sich mehr oder weniger. regelmäßig über noch erhaltene
Endothelien der Wand. aus, wachsen buckel- oder zungenförmig in
das Lumen oder füllen den Sinus gänzlich, erweitern ihn und gelangen
von einem Sinus in den anderen. Mandlebaum-Downey möchten.
in dieser Art des Einwachsens die Haupiquelle der Gaucherzellen
innerhalb der venösen Sinus sehen, E. J. Kraus, der abgesehen .
von den Biuträumen der Kavernome keine Gaucherzellen in den
Blutgefäßen der Milz zu Gesicht bekam, läßt den Vorgang höchstens
als Ausnahme gelten. Immerhin wird er als solcher von niemand
bestritten und wird gerade von Kraus selbst in der Wand der
kavernösen Hohlräume als Regel festgestellt. Es liegt auf der
Hand, daß bei der Ansiedlung und Ausbreitung eingewucherter
Gaucherzellen an der Innenfläche der Sinuswand das Endothel teils
erhalten bleibt, teils zugrunde geht und die Durchmischung der
Gaucherzellen mit den Endothelien zu täuschenden „Übergangs-
bildern“ führen kann. |
Die Frage der Entstehung der Gaucherzellen aus dem Sinus-
endothel der Milz ist danach noch immer eine offene, trotz der
‚neuerlichen Befunde Epsteins, die sämtlich der Darstellung von
Kraus gegenüberstehen ®). |
; ! n u En Eine histiogenetische Beziehung von besonderer Eigenart haben
f a Hier dagegen speichern die retikulären Histiozyten die. Gaucher- | für die Gaucherzellen der Milz ganz neuerdings Waugh und Mac
i pei | substanz, die endothelialen Histiozyten auf das Intensivste hämo- | Intosh berichtet). Sie beschreiben in der durch Splenektomie
A pa globinogenes Pigment! 5 E gewonnenen Gauchermilz eines jährigen Mädchens neben der Um-
‘ I = > Es ist somit zum mindesten so viel sicher, daß es Fälle von | wandlung der. Sinusendothelien in Gaucherzellen die Genese der
a BE u Morbus Gaucher gibt, in denen die Quelle der Gaucherzellen in | letzteren aus den spindligen und sternförmigen Adventitialzellen
| h É . der Milz ausschließlich in den Retikulumzellen gegeben ist.
nackter größerer und kleinerer Arteriolen („Marchands Adventitial-
zellen“, „Perithelien“) in der Umgebung der‘ Malpighischen
Körperchen (S. 601). Über das Stadium kleiner undifferenzierter
basophiler Elemente, die sich mitotisch teilen, kommt es zunächst
zur Myeloblastenbildung, und aus diesen Elementen gehen unter:
Umwandlung des basophilen in oxyphiles Plasma, wie sie auch bei
der Gaücherzellbildung aus dem Sinusendothel erfolgt, die reifen
Gaucherzellen hervor. Das Fehlen der Oxydase in den Myeloblasten
fällt, da auch sonst an Schnittpräparaten vorkommend, nicht ins -
Weit weniger beweiskräftig sind die Argumente, die zugunsten der
Gaucherzellentwicklung aus den Sinusendothelien beigebracht werden:
die scharfe. Abgrenzung der „Sinusnester“, die dichte Fibrillenhülle,
die Erfüllung mit Blut, das nur wenige freie Gaucherzellen ein-
schließt oder andere Male von Gaucherzellen eingefaßt ist, die „aus |
den Endothelien hervorgegangen sind“, das Fehlen von interzellulären
Fibrillen innerhalb der Alveolen, endlich das Verhalten der Endothelien
selbst, das allerdings nicht gleichsinnig verwertet wird. Abgesehen von
'bypertrophischen „vakuolisierten“ Endothelien und den Dhersiigei
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Ann andot: Gewicht. Die endo- und perithelialen Zellen sind die embryonalen
1 (z. B. Epstein, Fall 1 und 2), die bei Waugh und Mac Intosh, | Blutbildnuer und posiiötal der Sitz schlummernder Myelopotenz.
en r auch bei Epstein abgebildet werden und nach Barát stufenweise | Freilich gehen aus ihrer myeloiden Metaplasie hier nur wenig normale
un Er auf dem ‘Wege über kubische und zylindrische Form erfolgen sollen, | Zellen hervor — neben den Myeloblasten auch Eosinophile oder
; ri. wird das völlige Fehlen von Endothelien an den „sinusfüllenden“ | uninukleäre Neutro- und Basophile. Die überwiegende Zahl zweigt
; j 2.08 Alveolen teils gegen (E. J. Kraus), teils für (Mandlebaum- | in der Weiterdifferenzierung der Myeloblasten (l. c. Abb. 1 und 3)
7 ; Pign Downey, auch Barát) die endotheliale Genese angeführt. Ebenso | zu, einem Seitenweg ab und wird unter Vergrößerung und diffuser
1 siah, das Vorhandensein von Endothelien unterhalb aufgelagerter Gaucher- | Oxyphilie zur Gaucherzelle. Die oxyphile Substanz bedeutet für
i i Mu zellen‘das eine Mal gegen deren endotheliale Herkunft (beim „Fehlen | Waugh und Mac Intosh eine Steigerung oder Perversion normaler
} i IE : von Übergängen“, Mandleb aum, 1912), ein anderes Mal wiederum | Reifungsvorgänge mit Anhäufung azidophiler Stoffwechselprodukte,
1 ihr zu ihren Gunsten. Nach Epstein, auch nách Waugh und Mac
der ganze Vorgang der Gaucherzellbildung eine perverse Myelopoes®
Intosh werden die Sinusendothelien unterhalb der von ihnen pro- | oder Dysmyelopoese. Möglicherweise entwickelt „später“ das eng
- duzierten Gaucherzellen wahrscheinlich erst von einer gewissen
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i ER. Höhe des Innendruckes ab nicht mehr ersetzt. Daß die scharfe | 15) Risel läßt die Sinuswandrisse als Fólge der Zerrung durch
i 1.5 alveoläre Umgrenzung der Nester keineswegs die Retikulumzellen- | die kolossal schwellenden Retikulumzellen entstehen.
? E f genese ausschließt, wird auch da zugegeben, wo die Deutung eines 16) Auch die Vermutung Epsteins, daß im Anfangsstadium des
Hi | Pt Teiles der Alveolen als von Gaucherzellen erfüllte, dilatierte Sinus | Prozesses mehr die Retikulumzellen, im späteren mehr die Sinus-
E ae außer Zweifel gelassen wird. Blutungen aus Rupturen komprimierter, | endothelien zu proliferativer ae ‚und Umwandlung in Gr
i | pal partiell gedehnter Sinus in geschlossene Alveolen hinein können Gaucherzellen gelangen, wird sicherlich dadurch nicht gestützt,
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| den Zelkomplex völlig aufwühlen und bis auf eine peripherische
In Zellage vernichten. Die fibrillären Hüllen und ihre Auskleidung
Be durch „endotheliale* Zellen sind, wie schon vorher angedeutet,
we Artefakte, als Folge des gleichmäßigen Druckes aus den Nachbar-
Bu elementen der Pulpa und durch Anlagerung von Endothelien an-
'z. B. im Falle an nach mindestens 36jährigem Abla
für die ‘Histiogenese des Gaucherzellgewebes allein die Retikulum-
zellen in Betracht gezogen werden konnten. |
17) Histologisch ähnliche bzw. gleiche und von ihm gleichartit
gedeutete Befunde erhob schon 1913 Sapegno. Doch ist sein F
als Morbus Gaucher nicht ganz sicher; vgl. Teil II,
aiik
. gellen sind.
2. November. | |
[e , i : z
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44. l 1529
verwandte Retikulum eine ähnliche Tätigkeit, deren Andeutungen
in Gestalt einer Azidophilie und Hypertrophie der Adventitialzellen
der kleinen Arterien auch Foot und Ladd nicht entgangen seien.
Ohne diese histiogenetische Ableitung, die die Gaucherzellen hier
zu den Klasmatozyten der Adventitia und Periadventitia in Beziehung
setzt, irgendwie zu bestreiten, ist die Deutung der Autoren ohne
Zweifel abwegig. Denn es gibt, von den Befunden in anderen
Organen, z. B. in der Glissonschen Kapsel der Leber (vgl. u.) ab-
gesehen, in der Milz gleich „frühe“, der histiogenetischen Feststellung
günstige Stadien, wie z. B. beim Säugling im Falle E. J. Kraus,
wo weder Endothel, noch adventitielle oder periadventitielle Histio-
zyten, sondern ausschließlich Retikulumzellen Quelle der Gaucher-
Weiter werden myeloische Zellformen in manchen
ällen von Morbus Gaucher in weit ausgeprägterer Form — neben
baso-, eosino- oder neutrophilen Myelozyten und eosinophilen Leuko-
zyten auch Normoblasten und Megakaryozyten — und nicht nur in
der Milz, sondern auch in Lymphknoten und in den Leberkapillaren
getroffen.
medullärermyeloischerReaktion, sondern umgekehrt dasmyeloische
Gewebe ein gelegentliches Begleitprodukt der Gaucher-
zellbildung. | :
Je mehr neben den Retikulumzellen an der Speicherung der
Gauchersubstanz und der Gaucherzellbildung in bestimmten Fällen
such die adventitiellen und periadventitiellen Histiozyten sich be-
teiligen, desto eher kann unter Umständen zugleich die in den
Gefäßwandzellen von der Embryonalzeit her schlummernde Fähigkeit
zur Blutzellbildung belebt werden, die (vergl. auch bei Epstein)
für die postfötale extramedulläre Myelo- und Erythropoese von
R. Paltauf besonders betont wurde und z. B. auch bei der
myeloiden Umwandlung der Milz die Lokalisation der ersten An-
fänge des Prozesses im perivaskulären Bindegewebe bestimmt. Das
Zutreffende dieser Deutung, die die myeloische Produktion als eine
Art fakultativer Leistung der speichernden perivaskulären Elemente
anspricht, wird sicherlich dadurch besonders unterstrichen, daß auch
bei der experimentellen Lipoidophagie, wie Vers& mitteilt, „in der
Milz, wie beim Morbus Gaucher, Knochenmarksriesenzellen neben
anderen myeloischen ‚Elementen auftreten“. So ist die adventitielle
und periadventitielle Gaucherzellbildung an den Arteriolen in der Milz
' wiederum nichts als ein besonderer Ausdruck des histiozytären Speiche-
rungsprozesses, der die Bildung der Gaucherzellen überhaupt veranlaßt.
Schwierig ist die Frage nach der Histiogenese der Gaucher-
zellen in derLeber. Sie ist im Histiogenesekapitel recht eigentlich .
das Schmerzenskind der Autoren. Der genetische Zusammenhang
der Gaucherzellen in den Kapillaren der Läppchen mit dem Kapillar-
endothel oder der mit diesem identifizierten Kupfferschen Stern-
zellen, bisher bestritten (vergl. Risel, Mandlebaum-Downey,
E. J. Kraus), wird neuerdings von.Barät und Epstein vertreten.
Sicher ist demgegenüber auch nach meinen Befunden, daß die Gaucher-
zellen im Kapillarlumen und die Leberzellen nicht selten durch
platte Endothelien, die in voller Passivität verharren, getrennt sind.
So hat de Jong und van Heukeloms.sowie Risels Theorie der
lienogenen Einschleppung, die sich besonders auf die gelegentlichen
Befunde von freien Gaucherzellen in der Lichtung von Pfortader-
ästen ‚stützt, bei einigen (Mandlebaum-Downey, Rusca) Zu-
stimmung gefunden, wenn freilich auch der Schluß de Jong und
van Heukeloms, daß das Wachstum der Leber nach Milzexstir- .
pation, wie in ihrem Falle, für eine Vermehrung des lienogenen
Gaucherzellmaterials in der Leber spricht, schon deswegen unzu-
lässig ist, weil ja ein bedeutender Teil des Gaucherzellbestandes
der Leber gar nicht innerhalb der Läppehenkapillaren, sondern in
den Zügen der Glissonschen Kapsel gelegen ist, für deren Gebiet
eine Embolie auf dem Pfortaderwege ausscheidet. E. J. Kraus
lehnt die „Einschleppungstheorie“ u. A. deswegen ab, weil die
intrakapillären Gaucherzellbefunde beim Säugling gerade die Zentren
der Läppchen (die „Stauungsstraßen“) bevorzugen, Anzeichen von
‚Zirkulationsstörungen bei Verschleppung so bedeutender Zellmassen
fehlen und andrerseits eine starke Verdiekung der Gitterlasern
gerade in den von Gaucherzellen besetzten Läppchengebieten zu
finden sei, die am einleuchtendsten durch den Einfluß von Ver-
änderungen autochthoner Zellelemente erklärt wird. Als Matrix
käme 'etwä das „Grenzhäutchen“ der Leberkapillaren in Betracht,
eine .dem protoplasmatischen Retikulum der blutbildenden Organe
"ähnliche Bildung, . die auch zugleich Matrix der Gitterfasern ist.
Diese Art der Genese füge sich am ehesten in den Rahmen des
Morbus Gaucher als Systemerkrankung.
Die kleinen Gaücherzellgruppen und -alveolen in den Zügen
‘der Glissonschen Kapsel, die, wie der Säuglingsiall Ruscas und
Nicht die Gaucherzelle ist hier der „Abzweig“ extra-
meine Befunde (vergl. Teil II) erweisen, erst nach der Erfüllung der
Läppchenkapillaren entstehen, hatte Bovaird von den „Lymph-
spaltenendothelien“ hergeleitet. Die jüngste Auffassung (Epstein)
greift auf die präexistenten Klasmatozyten des’ interazinösen Binde-
‘ gewebes zurück, die „wohl als Wandbelag der interlibrillären
Lympbhspalträume“* aufzufassen sind. Also kaum etwas anderes als
eine Änderung im Namen. Denn ein Endothel im üblichen Sinne
wäre auch natürlich die diskontinuierliche Auskleidung der Lymph-
spalten "nicht. Besteht die von Mandlebaum-Downey wieder-
gegebene Ansicht J. S. Fergusons zu Recht, daß Gitterfasern
nebst ihren Bildungszellen sowohl im kollagenen Bindegewebe wie
in der Wand der Blut- und Lymphgefäße regelmäßig und in der
Gefäßwand sogar in größter Menge zu finden seien, so würden die
Gaucherzellen im Gebiet der Glissonschen Kapsel, in der Umgebung
und innerhalb der Adventitia, überhaupt in der Wand der Portal-
venen ebenso Abkömmlinge von Gitterfaserbildungszellen, d. h. also
wiederum von Retikulumzellen wie von Bindegewebshistiozyten
(Klasmatozyten) sein können. In dieser Richtung vermögen Mandle-
baum-Downey sich nicht bestimmt zu entscheiden. Die eigentüm-
lichen Züge oft langgestreckter und synzytial verschmolzener Gaucher-
zellen, die sei es aus dieser oder jener Zellmatrix besonders um die
Pfortaderäste und in ihrer Wand sich entwickeln, haben Mandle-
baum-Downey geschildert und abgebildet (1. c. Abb. 13; auch Abb.9).
Ähnlich würden auch die Gaucherzellen in -der unmittelbaren Um- .
gebung mancher Zentralvenen der Läppchen entweder .aus peri-
adventitiellen Klasmatozyten oder aus Fergusons Retikulumzellen
hervorgehen. Für die individuell wechselnde Zunahme des Kapsel-
bindegewebes muß die Bildung der Gaucherzellen den Wachstumsreiz
abgeben. Denn die Bindegewebsvermehrung erfolgt nie ohne gleich-
zeitige Gaucherzelleinlagerung. Mandlebaum hatte dabei besonders
an zerstörte und zerfallende Elemente gedacht. |
Auf sichererem Boden steht wieder die Gaucherzellgenese in
den Lymphknoten. Da sich diese im Einzelfall durch sehr ver-
schiedene Grade des. Befallenseins auszeichnen und neben vor-
geschrittenen auch frühe Stadien der Umwandlung aufweisen, so
haben Mandlebaum-Downey sich für die Aufklärung der Histio-
genese dieses günstigen Objektes bei einem 4!/,jährigen Knaben
bedient. Die Bilder, die sie hier an bedeutend vergrößerten Lymph-
knoten aus dem Retroperitoneum und besonders aus der Umgebung
der Milzvene erhielten, stehen an Beweiskraft den von E. J. Kraus
aus der Säuglingsmilz berichteten nicht nach und lehren wie diese
zwingend die Herkunft der Gaucherzellen vom zelligen Retikulum.
Der erste Beginn der Gaucherzellbildung erfolgt in der Um-
gebung der Lymphknötchen und gleichzeitig in den Keimzentren
(vgl. Mandlebaum-Downey, Abb. 1—4), also an den Stellen,
wo das Retikulum physiologisch besonders stark entwickelt ist
(Downey) und auch unter anderen pathologischen Bedingungen
in erster Linie reagiert. Die sich entgegenstrebenden und ver-
einigenden Zonen treten dann an die Stelle des Knötchens. In
diesen ersten Gaucherzellansammlungen gehen aus dem proto-
plasmatischen, feinfasrigen Netzwerk lange, oft synzytiale Bänder
und Züge hervor, deren Plasma und Kerne unter Aufnahme der
Gauchersubstanz Gaucherzellcharakter annimmt. Extrem lange und
dünne Einzelzeillen lösen sich aus diesem Verband; Retikulumfasern
(Gitterfasern) können mit dem Zellkontur oder mit dem Plasmaleib,
in diesen eingelagert, in fester Verbindung bleiben, als zartes
Maschenwerk erbalten sein oder zugrunde gehen nel. Mandle-
baum-Downey 1916, Abb. 5 und Mandlebaum 1919, Abb. 4).
‚Die Umwandlung langer, schmaler, „oft geradezu spindliger‘‘ Gaucher-
zellen in runde und rundliche in den zentralen Teilen der Lymph-
follikel und Markstränge sah außerdem auch E. J. Kraus. Da
Mandlebaum-Downey wiederholt im allgemeinen sowohl wie für
-die Lymphknoten und die Glissonsche Kapsel (auch für das Knochen-
mark, vgl. Teil III) gestreckte Formen der Gaucherzellzüge und den
synzytialen Zusammenhang der Zellen durch Kompression, also als.
Folge mechanischer Einwirkung erklären, so sei besonders hervor-
gehoben, daß bei der Genese der Gaucherzellen aus den histio-
zytären Retikulumzellen der Lymphdrüsen, der Milz oder den
Klasmatozyten der Glissonschen Kapsel langgezogene Zellformen
oder synzytiale Verbindungen des Gaucherzellplasmas als morpho-
logische Phasen des Ablaufs der Histiogenese an sich auftreten,
ohne irgend eine ersichtliche formgebende äußere Einwirkung.
Offenbar wird dieses Moment von Mandlebaum-Downey selbst
nicht verkannt. Wären die gestreckten Spindelformen Folgen der
Kompression, so wären Gaucherspindelzellen in gleicher Häufigkeit
z.B. auch gewiß in den dichtzelligen Alveolen der Milz zu er-
warten. =
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‚' zyten) Mutterelemente von Gaucherzellen. Man muß ihn anatomisch-
' histologisch in die allgemeine Gruppe der Histiozyten- oder Makro-.
der ersten, später aufgegebenen Anschauung Brill-Mandlebaum-
. zelligen Natur sowohl in den früheren wie in den späteren Stadien
und der Leberkapillaren, das im Experiment, z. B. bei Karmin-
` speicherung, eine besondere Aktivität entwickelt, bei der Speiche-
zung der Gauchersubstanz sich passiv verhält.
. geringen Zahl eingehender histiologischer Untersuchungen, die
‚logisches Stützgewebe des Knochenmarks von E. Neumann schon
lehnt Kraus, wie in den Lymphdrüsen, ausdrücklich ab. Epsteins
bzw. endothelialen Histiozyten*“ der Lymphräume autochthon ent- |
. zellen aus retikulären Histiozyten endgültig festgestellt, für das i
-= Milz können adventitielle und periadventitielle Histioz
Fällen die Quelle von Gaucherzellen abgeben..
‘ die Sinus der Lymphdrüsen, die Lymphgefäße des Knochenmarks
die Leber auch sichere Beweise der „Einschleppungstheorie“ noch aus,
_ gebnissen der tierexperimentellen Speicherungen die gesetzmäßig
' Knochenmark, durch die spezifische Plasmastruktur und die mikro-
alle zur Zeit bekannten Reaktionen auf Fett oder fettähnliche Stoffe
u‘
=
4 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — N. 4. , 2. November
Für eine Beteiligung des Sinusendothels tritt, wenn man von folgt daraus von selbst die grundsätzliche Verschiedenheit gewisser Zu-
stände, die allzu bedenkenlos ihm entweder morphologisch gleich-
gestellt oder geradezu selbst als Morbus Gaucher aufgefaßt wurden
und jedenfalls auf diesem Gebiet bereits einige Verwirrung an-
gerichtet haben. > = 222
Hier kommen zunächst Befunde inbetracht, die als erster
H. W. Schultze (1912) in einem Fall hochgradiger diabetischer
Lipämie in der Milz eines 27jährigen Mannes erhob. |
Das mäßig vergrößerte Organ (17:9:4 em) auf dem Durchschnitt
milchschokoladefarben mit spärlichen Malpighischen Körperchen, ent-
' hielt mikroskopisch in der Pulpa zwischen den komprimierten Sinus-
Reihen’ und Bälkchen großer heller Zellen von 30—60 u Dm. Das Plasma,
| am nicht gefärbten Gefrierschnitt glänzend homogen, war am ein-
gebetteten Gefrierschnitt exquisit -wabig-schaumig (vgl. l. c. Abb. 1),
voll rundlicher Vakuolen, ergab bei negativer Doppelbrechung die für
Lipoide, insbesondere Phosphatide positive Reaktion nach Smith-
‚Dietrich und intensive Schwärzung der Zellen durch die Weigertsche
Eisenhämatoxylinfärbung. Die Zellen entsprachen umgewandelten Reti-
kulumzellen. Die Sinusendothelien waren unbeteiligt.. Die Veränderun
charakterisiert Schultze als großzellige oder lipoidzellige Hyperplasie `
bei Diabetes; sie war auf die Milz beschränkt. PE
~ ' Weitere Beobachtungen der gleichen Kategorie stammen von .
Lutz (1914), J. R. Williams und M. Dresbach (1917) und Stamm: °
Fahr (1924). | |
Libmans (1905 und 1909) absieht, allein Epstein ein, anscheinend
ohne eigene Befunde, und auch hier wohl in bloßer Übertragung
der tierexperimentellen Speicherungsversuche. Risel,. der in dem
Lymphknoten die Genese aus den Retikulumzellen für die Regel
hält, möchte die Beteiligung für später, gegen Ende des Prozesses,
zulassen. Nach. den sehr exakten Befunden Mandlebaum-
Downeys und Mandlebaums ist das Sinusendothel unbeschadet
seiner von manchen Autoren (vgl. oben) ‚behaupteten retikulum-
der Lymphdrüsenumwandlung ohne Veränderung, und so bleibt
auch hier der Neigung zu. histiogenetischen Analogieschlüssen aus
den Ergebnissen der Speicherungsversuche am Tier die auffallende
Tatsache entgegenzuhalten, daß gerade das Endothel der Lymphsinus .
' Am stiefmütterlichsten behandelt ist, entsprechend der relativ
Histiogenese der. Gaucherzellen im Knochenmark. Das als physio-
1868 erkannte „Netz zarter verästelter Zellen“ kehrt in den An-
gaben der meisten Autoren als „zelliges Retikulum“ wieder. Die
genetische Verbindung der Gaucherzellen. mit diesem erschien |
Risel noch deutlicher als in Milz und Lymphdrüsen, und auch
Mandlebaum-Dow.ney halten, ähnlich wie E.J. Kraus, diese
Histiogenese für sehr wahrscheinlich. Eine endotheliale Abstammung
In den beiden Lutzschen Fällen diabetischer Lipämie bei einem
53jährigen Mann und einer 36jährigen Frau waren die Milzen (215 bzw.
200 g) kaum vergrößert, überhaupt makroskopisch ohne besondere Ver-
änderung. Die wabigen Zellen messen in Fall 1 20—30 u, sind rund, ..
der stets einfache Kern liegt exzentrisch, zuweilen ganz am Rand. Die
Hauptmasse der Zellen enthält ein Phosphatid, zuweilen zugleich mit
- Neutralfett oder mit Hämosiderin. Die Mallory-Methode stellt ein feines,
‚hellblau gefärbtes Maschenwerk in ihnen dar. Auch hier gehen sie meist
aus Retikulumzellen hervor und bleiben in ein fasriges Maschenwerk
eingelagert. Stellenweise entstehen sie aber auch aus den Endothelien
der Sinus, die überhaupt die wabigen Zellen in großer Zahl enthalten.
Im Fall 2 ist der Inhalt der Zellen fast stets Neutralfett. Nur ganz’
wenige geben „bereits dieselbe Reaktion wie die Hauptmenge im
ersten Fall“. Lutz nimmt allmähliche „myelinartige“ Umwandlung des
. Neutralfettes. in Phosphatid an. Br | en en
Auch hier ist: der Prozeß beide: Male auf die Milz beschränkt,
insbesondere auch das: Knochenmark beide Male frei. Nur finden sich
‚im ersten Fall auch zitronengelbe Herde in der Aorta und der Lungen-
arterie, ähnlich wie sie Anitschkow in Fällen seiner experimentellen
Lipoidzellhyperplasie durch die Speicherung‘ doppeltbrechender Chole-
sterinester bei Kaninchen traf. AR: TE
Im Williams-Dresbachschen Fall, dessen Material auch vot
'Mandlebaum untersucht wurde, bestand bei dem im Koma ver-
storbenen 27jährigen Diabetiker „wahrscheinlich“ Lipoidämie. Die leicht
vergrößerte. Milz (330 g) war an der Oberfläche und auf dem Schnitt
| obne u Sie enthält die meist runden oder ovalen ver-
schieden großen Zellen, beim Fehlen von „Riesenzellen“, reichlich in
der Pulpa; auch in die Peripherie. der sonst normalen Malpighischen
Körperchen eindringend. Sie fanden sich ferner, weniger zahlreich
und kleiner, auch in Lymphknoten aus dem „Duodenalmesenterium‘;
einige, wohl von der Milz ‘dorthin gelangt (Mandlebaum), auch in
den Leberkapillaren. Pigment (in den Lymphknoten) fehlt. Die großen
Milzzellen enthalten Neutralfett in beträchtlicher Menge und RN
‚brechendes Lipoid (Cholesterinester). Letzteres findet‘ sich auch in
den Kupfferschen Sternzellen und in deutlicher Vermehrung in den
‚hypertröphischen Zellen der Nebennierenrinde, besonders den Zellen
| der Zona fasciculata, wieder entsprechend der experimentellen Lipoid-
einlagerung bei Anitschkows Kaninchen und Meerschweinchen.
~ In Fahr-Stamms Fall eines fast 6jährigen Mädchens lag ein
atypischer Diabetes vor — atypisch sowohl ‘durch den gleichzeitigen
Status pop ans wie durch die Komplikation mit pyelonephritischer
Nierenschrumpfung, wie schließlich durch den Intensitätswechsel dar
Glykosurie. Lipämie fiel für das Auge nicht. auf; chemisch wurde das
Blut nicht untersucht. Hier traten auf der hellbraunen Schnittfläche
der nicht erheblich vergrößerten Milz sehr zahlreiche feinste graue
Sprenkel, Striche und: Pünktchen hervor, hellgraue Einsprengungen
auch in dem: im ganzen sehr hellen, graugelblichen Leberparenchym.
Im Iymphatischen Portalring und: in den Mesenterialdrüsen dichte Bin--
lagerung opaker mattgrau gefärbter Massen. Die Durchsetzung, mit
den im Alkoholpräparat feinschaumigen Zellen (histiologische und histio-
enetische Einzelheiten fehlen) war am stärksten in den Mesenterial-
üsen, nächstdem im Iymphatischen Portalring, etwas schwächer m
der Milz, am schwächsten in den Kupfferschen Sternzellen der Leber.
Die Kerne waren teils gut erhalten, rund oder länglich, teils klein,
pyknotisch, mit zackigen Rändern. Das intrazelluläre Lipoid gab posi-
tive Doppelbrechung. Sudan und Nilblau negativ. Keine weiteren
mikrochemischen Angaben. Gelegentlich einige Cholesterinkristalle.
Dementsprechend erwies die chemische Analyse der Milzsubstanz unter
den vermehrten Gesamtlipoiden vor allem ein starkes Vorherrschen der
Cholesterinester (gegenüber freiem Cholesterin, Lezithin und.Fettsäuren).
Angabe, daß die Gaucherzellen im Knochenmark „aus retikulären
standen sind, ‚bleibt hinsichtlich der 'endothelialen Abstammung
ohne Beweis. Dagegen lassen sich „gerade in den Knochenmarks-
präparaten alle Zwischenstufen zwischen unveränderten retikulären
Elementen und typischen Gaucherzellen zeigen“: . |
Auf der Grundlage aller dieser Befunde wird. man zugeben
müssen, daß im Kampfe der beiden Hypothesen zur Histiogenese
der Gaucherzellen — der Retikulumzellen- und der Endothelhypo-
these — allein die erstere sicheren Boden gewonnen hat.
Für Milz und Lymphdrüsen ist die Histiogenese der Gaucher-
Knochenmark wahrscheinlich, für die Leber kommen als gesicherte-
Matrix der Gaucherzellen zunächst allein die Klasmatozyten der
Glissonschen : Kapsel und die Adventitia- und Periadventitia-
zellen. der Zentralvenen in Betracht. Auch an den Arteriolen der
yten in manchen
..Die endotheliale Abstammung der Gaucherzellen bleibt nach |
wie vor unerwiesen, sowohl für die venösen Sinus der Milz wie für
und die Kapillaren der Leberläppchen. Ebenso freilich stehen für
Danach kann der Morbus Gaucher nicht schlechthin zu den
Krankheiten des retikulo-endothelialen Systems (Eppinger) oder als
eine Systemerkrankung des gesamten histiozytären Apparates in Milz,.
Leber, Lymphdrüsen und Knochenmark (Epstein) definiert werden.
Ebensowenig rechnet er zu den rein retikulumzelligen Erkrankungen
vgl. bei H. Jaff6), denn in Leber und Milz sind auch Klasmatozyten
einen adventitielle und periadventitielle Histio-
phagenkrankheiten (Krompecher) setzen und gegenüber den Er-
elektive Beteiligung bestimmter Histiozytenformen, vor-
wiegend der Retikulumzellen, in zweiter Linie auch von Klasma-
tozyten unter Ausschluß von Endothelien hervorheben. In diesem
Sinne kann man mit Mandlebaum-Downey den Morbus Gaucher
auch als ausgezeichnetes Beispiel einer anatomisch umschriebenen
Veränderung einer spezifischen Zellgruppe, die sich in bestimmten |
klinischen Symptomen äußert, kennzeichnen.
Erhält so der Morbus Gaucher durch die Ausschließlichkeit
der großzelligen Einlagerung in Milz, Leber, Lymphknoten und.
chemische Beschaffenheit der Gaucherzelle, an deren Leibessubstanz
scheitern, und seine retikulumzellig-klasmatozytäre Histiogenese eine
feste anatomische, histiologische und kistiogenetische Umgrenzung, so
a. November 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44. 1531
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auch Mandlebaum-Downey mit bestem Gründ hinweisen, höchst
eindringlich die je nach der besonderen ‚Ursache verschieden abge-
stufte spezifische Reaktion im „retikulären“ aysan, und nicht minder
deutlich erweist die bald rein retikuläre, bald retikulär-endotheliale
Reaktion bei der diabetischen Lipoidspeicherung die Reaktion ver-
schiedener Histiozytenklassen bei gleicher Atiologie.
: Endlich nennt Vers6& kurz eine Beobachtung Marchands (1914), :
die das Vorkommen der großen Zellen bei Diabetes außer in der Milz
im Knochenmark beweist18), | | | u Ja
Es kann also bei diabetischer Lipämie oder auch bei Diabetes
.ohne grob ausgesprochene Lipämie1) in der Milz, der Leber, den
- Lymphdrüsen und dem Knochenmark zu einer Speicherung von fettigen
oder lipoiden Substanzen-kommen, die, soweit genauere, Angaben der
Histiogenese vorliegen, in retikulo-endöthelialen Elementen (Retikulum-
zellen, Sinusendothelien der Milz, Kupfferschen Sternzellen) erfolgt. Die
Ansammlungen dieser Lipoidophagen können in Milz oder Lymphknoten
zu großzelliger oder lipoidzelliger Hyperplasie der Organe führen, auch‘
in Milz und Leber in Form heller grauer punkt- oder. strichförmiger
: Sprenkel, in der Milz ferner durch diffuse milchschokoladeartige Farbe
- der Schnittfläche, in den Lymphknoten als diffuse graue. opake Ein-
lagerung deutlich werden. . Er E =
W. H. Schultze [auch Marchand (1914)] hat nun geglaubt, daß es
bei seinem Fall sich um die gleichen Zellen handle wie bei Morbus Gaucher
und möglicherweise auch beim Morbus Gaucher eine lipoide Substanz zur
Ablagerung komme. Ebenso sieht Lutzin.derForm, Größe, Struktur, An-
ordnung und Genese Übereinstimmung mit den Gaucherzellen. Daß er hier
„Mehrkernigkeit, Zellfortsätze oder: Erythrophagie nicht finden konnte,
scheint ihm „von geringerer Bedeutung“. Nach Anitschkow entspricht
das Bild der lipämischen Milzveränderungen W.H.Schultzes durchaus
dem der „experimentellen großzelligen Splenomegalie“. Beiden sind „zahl-
reiche morphologischeMerkmale der sogenannten Splenomegalie Gaucher
eigen“. Auf der anderen Seite haben Williams-Dresbach die nur
oberflächliche Ähnlichkeit dieser Lipoidzellen und der Gaucherzellen zu-
treffend hervorgehoben. Ebenso wendensichB.J.Kraus,Mandlebaum-
. Downey und Fahr-Stamm mit: Entschiedenheit gegen die Gleich-
stellung der beiden Zellformen und die daraus gezogenen Schlüsse. Inder
Tat sind bei der diabetischen Lipämie, wie übrigens auch bei der experi-
mentellen Cholesterinesterphagozytose Anitschkows, nach allen
Richtungen die Unterschiede gegen den. Morbus Gaucher durch-
greifende. x 5 TA 2 ka Sa
E Zunächst in der Lokalisation. Sie ist nicht nur innerhalb des lympha-
tisch-hämatopoetischen Systems in den einzelnen Diabetesfällen wechselnd,
betrifft — vielleicht in Abhängigkeit von’ der Dauer der Lipämie —
allein die Milz (W. H. Schultze, Lutz) oder Milz, Leber aad anpi:
- drüsen (Williams-Dresbach, Fahr-Stamm) oder auch das Knochen-
: -mark [Versé20)],, sondern geht zugleich auch über das lymphatisch-
hämatopoetische System hinaus, bezieht die Intima der Lungenarterien
und Aorta (Lutz) und die Nebennieren (William's-Dresbach) ein,
hierin ganz entsprechend der experimentellen Cholesterinesterablagerung.
Yon einer gesetzmäßigen Beschränkung auf Milz, Lymphdrüsen, Leber .
und Knochenmark nach Art des Morbus Gaucher ist also hier nicht
‚die.Rede, auch nicht, wieder wohl wegen der relativ kurzen Zeitdauer
des einwirkenden Agens, von irgendwie erheblicher Vergrößerung der
. Milz bei der diabetischen Speicherung. In Anitschkows Versuchen war
Be tägiger Dauer das Organ immerhin um das Dreifache ver-
-~ gröbert. | = | "
‚, „ Sodann in der Natur der abgelagerten Substanz. Sie erweist
sich in den einzelnen Fällen keineswegs einheitlich, ist bald Neutral-
fett, bald ein. Phosphatid, bald doppeltbrechendes Lipoid (Chole-
sterinester), - zuweilen auch ein Neutralfett-Lipoidgemisch (Lutz,
Fall 1), gibt aber jedenfalls ausnahmslos die Neutralfett- oder Lipoid-
reaktion, ` | | |
.. Weiter in der Histiogenese. Sie ist in verschiedenen Fällen ver-
schieden und zeigt im ‘Gegensatz zum Morbus Gaucher auch eine
sichere Beteiligung der Endothelien.. So können in der Milz das eine
Mal ausschließlich die Retikulumzellen, das andere Mal Retikulumzellen
‚und Endothelien der venösen Sinus die großen Zellen hervorgehen
lassen. Bei der künstlichen Lipoidzelle erplasie spielen neben
Retikulumzellen und Endothelien in Milz und Knochenmark und neben
den Kupfferschen Sternzellen in der Leber auch die „Intimalympho-
Ta (hämatogene Makrophagen, Polyblasten) der Aorta, die Endo-
elion und Muskelfasern der kleinen Arterien sowie die glatten Muskel-
fasern und Fibroblasten der Trabekel und Kapsel der Milz eine Rolle,
also Zellkategorien, die beim Morbus Gaucher selbst für die bloße Dis-
kussion ganz außer Betracht liegen, ganz abgesehen von der Beteiligung
gewisser Epithelien (Chalatow vgl. oben). Gerade der histiogenetische
Vergleich der intrazellulären Speicherung beim Diabetes, bei der expe-
rimentellen Lipoidophagie al beim Morbus Gaucher zeigt, worauf
7 18) 2bjähr. Diabetiker mit Lipämie; Tod im Koma. ‘Große Zellen
in der Milz im frischen Präparat homogen, mattglänzend; nach Os-
mierung „feinkörnig"; große Zellen aus dem Femurmark im frischen
Präparat mit glänzenden Tröpfchen gefüllt, bei Sudanfürbung etwas
blaßgelblich. Der Ätherextrakt des lipämischen Blutes erwies den
größten Teil des Cholesterins frei, nicht als Ester. — Siegmund er-
wähnt einen eigenen, wie bei W. H. Schultze auf die Milz beschränkten.
Fall von lipoidzelliger Hyperplasie bei diabetischer Lipämie. Ein
weiterer aus meinem eigenen Material wird des näheren mit eteilt.
19) Ein Parallelismus zwischen Cholesteringehalt des Blutes und
dem Erscheinen von li oidhaltigen Zellen in der Milz brauchte wenigstens
bei der diabetischen ipämie nach Ep; nun nicht zu existieren.
”) Also, keineswegs stets allein die ilz, entgegen H. Jafie.
_ Schließlich das morphologische Verhalten der großen Zellen,
auf dessen Unterschiede. bei der diabetischen und experimentellen
Lipoidophagie auf der einen, beim Morbus- Gaucher auf der anderen
Seite bereits Mandlebaum-Downey ausführlich eingegangen sind.
‘ Gegen die vielgestaltigen, oft mit Fortsätzen versehenen, nicht selten
langspindligen Gaucherzellen stehen bei diabetischer und experimen-
teller Lipoidzellenhyperplasie die einfach rundlichen und ovalen Formen;
niemals zeigen sie sich wie beim Morbus Gaucher in Synzytien ver-
bunden. Mehrkernigkeit, beim Morbus Gaucher häufig, ist bei der
diabetischen pol uop age nicht berichtet, bei der experimentellen als .
Zweikernigkeit nicht selten. Hier gibt es ‘auch symplasmatische viel-
kernige Schaumzellgebilde (umfangreiche Riesenzellen oder -plasma-
massen, vgl. bei Vers6), die den vielkernigen Riesenzellen des Morbus
Gaucher wenigstens äußerlich ähnlich sind. Bei der diabetischen Lipämie
fehlen sie aber. ganz,. worauf Williams-Dresbach besonders ver-
weisen. . Pyknotische, zackig geschrumpfte. Kerne gibt es hier wie dort,
‚beim Cholesterinfütterungsexperiment auch von exzentrischer Lage.
‚Ändrerseits siebt Anitschkow in den Cholesterinesterphagozyten
basophile und eosinophile Granula und nicht selten: Mitosen, von denen
die ersteren in der Gaucherzelle überhaupt nicht vorkommen, die letzteren
als seltenste Befunde umstritten sind.- Vor allem aber steht die runz-
lige, zerknitterte Plasmastruktur der Gaucherzelle mit ihrem unregel-
mäßigen Fäsernetz, die feine Längsstrichelung im Plasma der gestreckten
Formen in ausgesprochenem Gegensatz zu den gleichmäßig runden
: Vakuolen des in der Tat schaumigen 'Cytoplasmas der Lipoidophagen
beim Diabetes: und im Tierexperiment. Dazu kommt, was ich wieder
hervorhebe, das gegensätzliche Verhalten bei der Mallorymethode:
leuchtende Blaufärbung ‚des .Leibes der Gaucherzelle; in den fett- oder
Apoisalugen Elementen ein feines hellblau gefärbtes Maschenwerk
(Lutz) bei einem im Ganzen stets graugelblichen oder graubläulichen
Gesamtton des Plasmas. Endlich scheint auch die Art der Einlagerung
der gespeicherten Substanz verschieden, woraufMandlebaum-Downey
hinweisen. In den Gaucherzellen ist das Cytoplasma gleichmäßig von
- der fremden Einlagerung durchsetzt. In den: Cholesterinesterphagozyten
bleibt die Gegend um den. Kern frei von Lipoid. .
Am nicht gefärbten Gefrierschnitt bzw. frischen Präparat kann
übrigens gelegentlich auch der Lipoidophage beim Diabetes sich in dem
bei den Gaucherzellen regelmäßigen homogenen Aussehen darstellen.
Andere Male aber enthält er tropfige Fettsubstanzen (Lutz); der von
Lipoidsubstanz erfüllte histiozytäre Makrophage bei diabetischer Lipämie®
kann in die allgemeine Zirkulation übertreten (Kawamura), was für
die Cholesterinesterphagozyten (vgl. 0.) bisher nicht sicher, für die
Gaucherzellen nach den bisherigen Erfahrungen unerwiesen ist.
Ohne Zweifel muß auf Grund aller dieser Tatsachen die Vor-..
stellung irgendwelcher morphologischer Übereinstimmungen ‘der dia-
betischen und der experimentellen Lipoidzellhyperplasie mit dem Morbus
Gaucher einfürallemal aufgegeben werden. | |
An und für sich ist diese wenigstens in gewissen Umrissen
systematisierte Art der Speicherung von Neutralfett und Lipoiden beim
Diabetes, worauf bereits Fahr treffend hinweist, nur eine .der ver-
schiedenen Formen, in denen die Fett- und Lipoidablagerungen beim
Diabetes überhaupt sich anatomisch ‘darstellen können. Es’ kann
Neutralfett in den Nieren oder an anderen Stellen zur Speicherung
kommen, oder es entstehen als anatomischer 'Ausdruck des gestörten
. Fett- und Lipoidstoffwechsels die als symptomatische diabetische `
Xanthomatosen (Xanthelasmen‘Aschoff’s) bekannten Zustände, entweder
äußerlich sichtbar als multiple Xanthome der Haut, deren Lipoid
‚(Cholesterinester)-zellnatur und Zusammenhang mit der 'diabetischen
Oholesterinämie ich in Gemeinschaft mit Felix Pinkus seinerzeit _
selbst erwiesen habe, oder andere Mäle als „innere“ diabetische
Xanthomatosen. Zu letzteren würde diese wesentlich in den lympha-
tisch-hämatopoetischen Organen lokalisierte und anscheinend in erster
‘Linie wohl an gröbere Lipämie gebundene Form wenigstens dann
zählen, wenn sie, wie im Falle Fahr-Stamm, zum makroskopischen
‘Ausdruck kommt. Die besondere chemische Art und Mischung der
‚Neutralfette und Lipoide ist dabei, wie gezeigt, wechselnd und wohl,
obschon Näheres über’ die feineren Vorgänge bei der Auswahl der
gespeicherten Stoffe durch die Zelle oder über intrazelluläre Um-
wandlungsprozesse, wie sie Lutz annimmt, nichts bekannt ist, von
der besonderen chemischen . Art der Lipämie oder Lipoidämie ab-
hängig. i
Übrigens ist die Lipoidzellenbildung in der Milz in erster Linie aus -
Retikulumzellen, aber auch Sinusendothelien, wie Kusunoki erwies,
-ein gewöhnlicher Befund. Sie kommt bei den verschiedensten Krank-
heiten vor, ist bei Kindern hauptsächlich in Malpighischen Körperchen
bei Erwachsenen fast ausschließlich in der Pulpa lokalisiert; das Lipoi
selbst ist zum größten Teil nicht doppelbrechend. und gibt eine positive
Ciacciofärbung. h on |
(Fortsetzung folgt.)
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(l. c.) gezeigt habe,
sondern einzig und allein in der mechanischen Arbeitsleistung
Knochenaufbaus herbeiführen.
1582
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
— rina r
y
| | | 2. November .
Zur Physiologie und Pathologie des Knochen-
z5 | wachstums.
Von Dr. Hugo Maaß, (Schluß aus Nr. 43.)
Facharzt für Chirurgie und Orthopädie in Berlin.
-
Ich darf in diesem Zusammhange vielleicht an die interessante
Arbeit von Klapp!?) über den Erwerb der aufrechten Körper-
haltung erinnern, und möchte hinzufügen, daß die mechanische
Arbeitsleistung des wachsenden Knochens unzweifelhaft eine der-
jenigen Körperfunktionen ist, die sich dem Erwerb der aufrechten
Körperhaltung am allerwenigsten angepaßt hat, und ihrer Natur
nach auch gar nicht anpassen konnte, weil die trophischen Reize
der Funktion wohl für das vegetative Knochenwachstum von ent-
. scheidender Bedeutung sind, nicht aber für die Bewegungsvorgänge
im wachsenden Knochen, die Wachstumsgeschwindigkeit bzw. Wachs-
tumsrichtung. |
Es scheint mir nach alledem ein verhängnisvoller Irrtum,
wollten gerade die Orthopäden die Gefahren verkennen bzw. unter-
schätzen, die auch dem Wachstum eines gesunden Skeletts aus der
aulrechten Körperhaltung drohen. Diese Gefahren sind lediglich
in der mechanischen Arbeitsleistung des wachsenden Knochen be-
gründet, in den Bewegungsvorgängen des enchondralen Wachstums,
die hinsichtlich ihrer Geschwindigkeit und Richtung den. „ewigen,
ehernen“ Gesetzen der Mechanik und Dynamik genau so unter-
. worfen sind, wie alle Bewegungsvorgänge; und es sind in der Tat
‘die einfachsten Gefolge der Mechanik und Dynamik, die den Wachs-
tumsstörungen im Gefolge der aufrechten Körperhaltung bzw. deren
anatomischen Auswirkungen zu Grunde liegen.
Zum Schluß noch einige wenige Bemerkungen über die rachi-
tische Wachstumsstörung, deren enge Beziehungen zu den
mechanischen Störungen des Knochenwachstums ich bereits mehr-
fach — auch an dieser Stelle?) — darzulegen bemüht war.
Gerade für das Verständnis des rachitischen Wachstums scheint
es mir von Wichtigkeit, die vegetative und mechanische Arbeits-
leistung des wachsenden Knochens strenger auseinanderzuhalten,
als wir das bislang getan haben. Denn auch die rachitische Wachs-
tumstörung findet ihre Angriffspunkte, wie ich bereits früher
nicht im vegetatiren Knochenwachstum,
des wachsenden Knochens, ist also keine eigentliche Störung
des Knochenwachsiums, sondern eine Störung des Knochen-
aufbaus! Die Unterbrechung bzw. Verzögerung der physiologischen
‚ Knochenverkalkung ist für das vegetative Knochenwachstum un-
zweifelhaft völlig irrelevant; denn sie wird eine an sich gesunde
Knochenmatrix weder in ihrer. Proliferations- noch in ihrer Re-
sorptionsfähigkeit irgendwie alterieren. Aber für die mechanische
Arbeitsleistung des spongiösen Knochenaufbaus ist, wie wir schon
eingangs gesehen haben, der normale zeitliche Ablauf der physio-
logischen Knochenverkalkung in der Tat von allerhöchster Be-
deutung, denn jede Verzögerung der Kalkaufnahme gibt das in
der Bildung begriffene spongiöse Knochengerüst vor seinem Erstarren
der Einwirkung des auf den spongiösen Wachstumszonen ‚lastenden
physiologischen Wachstumsdrucks preis und muß deshalb
aus Gründen rein mechanischer Natur mit fortschreitendem Wachs-
tum einen mehr minder umfangreichen Zusammenbruch des spongiösen
Zu dieser mechanischen Wirkung kommt die dynamische
Einwirkung des physiologischen Wachstumsdruckes auf das räumliche |
Vordringen der Markraumbildung und der dadurch bewirkten
Knorpeltunnellierungen.
Denn wie sollen unter der Einwirkung des physiologischen
Wachstumdruckes die Markzellen ihre mechanische Arbeitsleistung
der Knorpeltunnellierungen noch mit physiologischer Geschwindigkeit |
bewerkstelligen, sobald mit dem Weichhleiben der spongiösen
Wachstumszonen auch der Wachstumsdruck derselben tief unter seine
physiologische Werte sinkt, und damit die vis a tergo entfällt, die
die Markraumbildung in den verkalkten Knorpel hinein und in
diesem vorwärtstreibt? Ä
Entsprechend dem sinkenden Wachstumsdruck der spongiösen
Wachstumszonen muß sich auch das. räumliche Vordringen der Mark-
raumbildung 'sukzessive entsprechend verlangsamen, genau so wie
sich bei unseren Tunnelbauten das räumliche Vordringen der Bohr-
maschinen verlangsamt, wenn ihr hydraulischer oder sonstiger Antrieb
12) M.m.W. 1900, Nr. 11/12.
1) M.KI. 1922, Nr. 37.
: Knorpelwucherungszone resultiert, und nicht mehr mit jener
aus irgend welchen Gründen defekt wird, und die Bohrmaschinen
nur noch mit halber Kraft arbeiten können.
Erst aus diesen mechanischen bzw. dynamischen Gesichts-
punkten, diesich ausdemgestörten zeitlichen Ablauf der physiologischen
Knochenverkalkung ohne weiteres ergeben, kann uns der rachitische
Prozeß in seinen anatomischen Auswirkungen klar und verständlich
werden. Nun erst können wir verstehen, daß die Manifestationen des-
selben zuerst an den Knorpelknochengrenzen in Erscheinungen treten, -
da, wo die mechanische Arbeitsleistung ‚des spongiösen Knochen-
aufbaus am intensivsten vor sich geht, und wir können verstehen,
daß die Diapbysenenden mit hoher Wachstumsenergie diese Mani-
festationen des raclitischen Prozesses früher und ausgiebiger in
Erscheinung treten lassen als die langsam wachsenden Diaphysen-
enden, da ja auf jenen infolge ihrerschnelleren räumlichen Ausdehnung
| ein weit höherer physiologischer Wachstumsdruck lastet als auf diesen.
Und wir verstehen, daß infolge des verlangsamten Vordringens
der Markraumbildung bzw. der Knorpeltunnellierungen auch der
spongiöse Knochenaufbau und damit das Längenwachstum des
Röhrenknochens nur noch langsamer vorschreiten kann als-an einem
normal verkalkenden Knochen. Und da die vegetativen Wachstums-
vorgänge bei alledem keine Unterbrechung erfahren, quantitativ
vielmehr ihren durchaus physiologischen Ablauf nehmen, so ver-
stehen wir auch, daß die spongiöse Apposition der Diaphysenenden
im Maße ihres _verlangsamten räumlichen Vordringens sich mehr
und mehr zu kompaktem Gefüge verdichtet — ganz ähnlich wie
‚auf der Druckseite des skoliotischen Keilwirbels — und verstehen,
daß unter der Wirkung des physiologischen Wachstumdrucks die
spongiöse Apposition schließlich auch hier einen Ausweg in der
druckfreien Richtung sucht ‘und findet, und im Maße ihres ge-
hemmten Längenwachstums stärker in die Breite wächst; woraus
dann jene kolben- oder becherförmigen ‚Auftreibungen der -Dia-
physenenden resultieren, die wir — nicht ganz zutreffend —
| als „Epiphysenauftreibungen“ zu bezeichnen pflegen. |
Und wir verstehen: schließlich, daß mit der längeren Dauer
des rachitischen Prozesses das gehemmte Längenwachstum der
Röhrenknochen die gleichen Rückwirkungen auf das periostale
Dickenwachstum auslöst, wie wir sie bereits beim chondrodystro-
phischen Zwergwuchs kennen gelernt haben; denn mit dem ver-
| minderten Längenwachstum geht auch am rachitischen Röhren-
knochen der Periostschlauch allmählich seiner physiologischen Längs-
spannung verlustig und apponiert deshalb Rindenlamellen von
| verminderter Länge und entsprechend vergrößertem Umfang. Weil
aber diese einzelnen Lamellen weich bleiben und mit der Zunahme
ihrer Durchmesser immer weiter und weiter auseinander rücken,
- entfällt allmählich der Seitendruck, den bei physiologischer Längs-
spannung die einzelnen Lamellen auf einander ausüben, und deshalb
lockert sich an ihrer Oberfläche ihre kompakte Struktur zu mehr
spongiösem Gefüge, so daß auf dem Knochendurchschnitt die
lamellöse Struktur der Knochenrinde viel deutlicher zu Tage tritt
als an einem gesunden Knochen, da Lagen kompakten Knochen-
gewebes mit solchen von mehr spongiöser Struktur abwechseln.
Alle diese Veränderungen des rachitischen Röhrenknochens
sind uns ja an sich seit langem bekannt, aber sie blieben uns In
ätiologischer und genetischer Hinsicht bislang ein Buch mit sieben
'Siegeln! Erst die hier entwickelten mechanischen und dynamischen
Gesichtspunkte lassen uns die Genese dieser rachitischen Skelett-
veränderungen klar übersehen.
Aus diesen Gesichtspunkten können wir auch die charak
teristischen Veränderungen an der Knorpelknochengrenze selbst —
die Verbreiterung der Knorpelwucherungszone und die Unregel-
mäßigkeit der Ossifikationslinie — ohne weiteres erklären. Sie sind
offenbar nichts anderes als der anatomische Ausdruck des verlang-
samten räumlichen Vordringens der Markraumbildung;- denn durch
das langsamere Vordringen der Markraumbildung kann auch der
gewucherte und verkalkte Wachstumsknorpel nur noch langsamer
in Knochen umgewandelt werden, woraus die Verbreiterung a
eich-
mäßigkeit und Regelmäßigkeit, die wir am normal verkalkenden
Knochen beobachten, wie sie nur unter physiologischen Druck- und
Zugspannungen denkbar ist. |
Diese Veränderungen der Knorpelknochengrenzen sind deshalb
auch gar kein Spezifikum der Rachitis, sondern finden sich überall,
wo der spongiöse Knochenaufbau an den Knorpelknochengrenzen mit
pathologischen Druck- und Zugspannungen zu kämpfen hat, s0 auch
bei örtlichen Wachstumswiderständen, wie das analoge Befunde bei
den verschiedensten Belastungsdeformitäten (Skoliose, Coxa var
Genu valgum u. a.) zur Genüge beweisen.
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-1583
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Auch experimentell lassen sich, wie ich bereits früher (l. c.)
‘mitgeteilt habe, durch mechànische Hemmung des Längenwachs-
‘tums von Röhrenknochen anäloge Befunde erzielen. Ich zeige Ihnen
‚hier eine solche in ihrem Längenwachstum mechanisch gehemmte
-= Tibia, an deren proximalem — schnell wachsendem — Diaphysenende
Sie die in Rede stehenden Wachstumsstörungen. noch sehr deutlich
` erkennen können (Demonstration). Und ich möchte in diesem Zu-
sammenhange auch kurz auf die neuerlichen Versuche W. Müllers!#)
hinweisen, welcher bei jungen Tieren nach Radiusresektion an dem
distalen — schnell wachsenden — Ende der Ulnadiaphyse ganz die
-gleichen Wachstumsstörungen in Erscheinung treten sah.
Müller faßt diese Wachstumsstörungen als „vitale Reaktion
des wachsenden Knochens auf veränderte mechanische Bean-.
- spruchung“ auf.
- physiologische Wachstumsdruck nach: der Radiusresektion auf der
M. E. liegt die Ursache allein darin, daß der
enchondralen Wachstumszone .der Ulna allein lastet und rein
mechanisch an dem schnell: wachsenden distalen Ulnaende das
räumliche Vordringen der Markraumbildung verlangsamt.
Die Befunde Müllers sind namentlich insofern von Interesse,
als sie auch die histologische Übereinstimmung dieser experi-
-= mentellen Wachstumsstörungen mit den rachitischen Veränderungen
der Knorpelknochengrenzen ergaben, und damit eine Lücke meiner
. eigenen — bereits über zwei Dezennien zurückliegenden — Ver-
suchsergebnisse ausfüllen.
Ich hoffe Sie durch das Beispiel des rachitischen Röhren-
knochens überzeugt zu haben, daß die rachitische Wachstumsstörung
in der Tat keine vegetative Störung des Knochenwachstums ist,
sondern eine rein mechanische — oder richtiger ausgedrückt —
dynamische Störung des spongiösen Knochenaufbaus, die also. ihre
- primären Angriffspunkte ausschließlich in der mechanischen Arbeits-
leistung des enchondralen Wachstums findet, und erst sekundär
auch die periostale Apposition in Mitleidenschaft zieht; dabei er-
fahren die vegetativen Prozesse der Apposition und Resorption gar
keine Unterbreehung, sondern.nehmen quantitativ allenthalben ihren
durchaus physiologischen Ablauf. | u
Nirgends wird am rachitischen Skelett mehr odör weniger
Knochengewebe proliferiert bzw. resorbiert als in der Norm; aber —
wie bei allen mechanischen bzw. dynamischen Störungen des
Knochenaufbaus — gehen auch am rachitischen Skelett durch die
pathologischen Druck- und Zugspannungen die geometrischen Pro-
‚ portionen des "Wachstums mehr weniger verloren, ‚wodurch es auch
hier zu scheinbaren Atrophien bzw. Hypertrophien der Knochen-
bildung kommt,. die in Wahrheit aber nur. räumliche Störungen: des.
Knochenaufbaus darstellen. Das gilt nicht nur für das verminderte
Längenwachstum der Röhrenknochen‘ und ihr gesteigertes Dicken-
wachstum, die Epiphysenauftreibungen u. a., sondern in gleicher
Weise auch für die 'Osteophyten am Schädeldach sowie an den
-. Insertionen von Sehnen und Faszien, für die periostalen Auflage-
rungen an der Konkavität von Kurvaturen u.s.w. Auch das alles
„sind keine pathologischen Neubildungen von Knochengewebe, keine:
vegetativen - Wachstumsstörungen, sondern physiologische Gewebs-
14) Beitr. z. klin. Chir. Bd. 127.
Nürnberg (Vorstand: Prof. Dr. E. Nathan).
Über toxische Hauterscheinungen im Verlaufe der
Wismutbehandlung der Syphilis.*)
Von Dr. Kurt Boas, |
' Facharzt für Haut- und Harnleiden in Crimmitschau, aa
ehemals Volontärassistent der Abteilung.
M.H.! Die moderne Syphilistherapie steht unter dem Zeichen
des Wismut, -Lösliche und unlösliche, Präparate, intramuskuläre
und intravenöse Anwendungsform ringen um die Gunst des Arztes.
Die klangvollsten Namen der pharmazeutischen Großindustrie ar-
beiten mit Hochdruck an der Vervollkommnung ihrer Wismut-
Szeugnisse. Der Wismuttherapie wird nur dann ein dauernder
latz in der Sypbilistherapie beschieden sein, wenn sie sich dem
Quecksilber und Salvarsan in klinischer, treponizider und serologi-
scher Hinsicht als ebenbürtig oder womöglich gar als überlegen
erweist, Wenngleich in all diesen Fragen noch nicht das letzte
rn EEE
*) Vortrag, gehalten am 10. April 1924 in der Nürnberger medi-
na)
'zlnischen Gesellschaft und Poliklinik.
mehr und me |
lenke und der verringerte Tonus der Muskulatur resultiert. Schließlich -
‘werden auch die zum Skelett in besonders engen anatomischen Be-
ziehungen stehenden inneren Organe, besonders die nervösen Zentral-
‚meinen heutigen Vortrag schließen.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
_ Aus der Dermatologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses |
mengen, die nur durch die pathologischen Druck: und Zugspan-
nungen aus ihrer physiologischen Wachstumsrichtung in fehlerhafte
Wachstumsbahn gedrängt sind. `
für die anatomischen Auswirkungen der rachitischen Wachstums- _
störung die aus dem Gebrauch des Skeletts resultierenden me- -
'chanischen Faktoren — der Belastungsdruck, Muskelzug, Luft-
druck usw. — verantwortlich zu machen seien. Ä
Der Belastungsdruck, Muskelzug, Luftdruck usw. `
bewirken die bekannten rachitischen Deformitäten — die Ver-
nicht der Fall.
krimmungen des Rückgrats, des Brustkorbs, der Extremitäten u: a.;
aber für die rachitische Wachstumssiörung als solche — das ver-
minderte Längenwachstum der Röhrenknochen, ihr vermehrtes
‚Diekenwachstum, die Epiphysenauftreibungen, die Veränderungen
an den Knorpelknochengrenzen, das verminderte Flächenwachstum
der Schädelknochen, das Caput quadratum, die Zunahme physiolo-
gischer Kurvaturen, die. Spontaninfraktionen usw. — sind die aus
dem Gebrauch des Skeletts resultierenden mechanischen Faktoren
nicht von ursächlicher Bedeutung, sondern lediglich der auf den
weichbleibenden spongiösen Wachstumszonen lastende physiolo-
gische Wachstumsdruck; und die anatomischen Auswirkungen
der rachitischen Wachstumsstörung würden unzweifelhaft in ganz
gleicher .Weise in Erscheinung treten, wenn es möglich wäre, das
rachitische Skelett während der ‘Dauer der Erkrankung völlig außer |
Funktion zu setzen.
Ich würde- mein Thema nicht erschöpfen, wenn ich nicht kurz der '
Gefahren gedächte, welche die rachitische Störung des Knochenaufbaus,
wie überhaupt jede ausgiebige Störung desselben, für die Weichteile,
insonderheit die Knochenweichteile, involviert. . Vom Periost war schon
die Rede. Nicht minder empfindlich wird das Markgewebe und die
Gefäßzirkulation des Knochens durch den Zusammenbruch des spongiösen F
Knochenaufbaus in Mitleidenschaft gezogen. Durch das verminderte
Längenwachstum der Röhrenknochen werden ferner die Insertionen
der Gelenkkapseln und Gelenkbänder, der Muskeln und Sehnen einander
genähert, woraus die Schlaffheit der rachitischen Ge-
organe, die in den Knochenkanälen verlaufenden Nervenstämme usw.
von dem Zusammenbruch des spongiösen Knochenaufbaus auf die Dauer
nicht völlig unberührt bleiben, und manche ‚Symptome im -klinischen
. Bilde der Rachitis dürften hierauf zu beziehen. sein.
Indem ich hinsichtlich dessen und aller weiteren Einzelheiten
auf meine früheren Arbeiten über die Rachitis15) verweise, kann ich
Ich bin mir wohl bewußt,
Ihnen nichts wesentlich Neues gebracht zu haben, weder in anato-
mischer und physiologischer, noch in pathologischer und klinischer. -
Beziehung; aber ich hoffe, dem Altbekannten einige neue Gesichts- `.
punkte abgewonnen zu haben, die vielleicht geeignet sind, einige’
Schwierigkeiten in der Physiologie und Pathologie des Knochen- `.
wachstums, mit denen wir uns bislang nicht recht abzufinden ver- -
mochten, endgültig aus. dem ‚Wege zu räumen.
15) Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 95 d. Zschr. f. Chir: Bd. 197.. Arch.
f. Orthop. _ Bd. 22.
Wort gesprochen ist, so liegen doch zahlreiche Mitteilungen von
‚berufener Seite darüber . vor, die mich der Aufgabe entheben,
darüber. in Ihrem Kreise referierend Stellung zu nehmen. ` Meine
| heutigen Ausführungen bezwecken vielmehr, näher auf die in der `
Literatur etwas stiefmütterlich wegkommenden Nebenwirkungen der
Wismuttherapie einzugehen. Dabei sollen‘ die bekannten Neben-
| erscheinungen am Zahnfleisch und an, der Mundschleimhaut als
bekannt vorausgesetzt werden, ‚ebenso möchte ich Schädigungen `
der Niere, wie sie sich als leichte Albuminurie und Zylindrurie:
dokumentieren, aus der Erörterung ausscheiden und mich auf ge-
wisse toxische Nebenwirkungen, an der Haut beschränken.
Wenn wir zunächst die klinischen Formen der Wismutdermatosen
Revue passieren lassen, so finden wir eine weitgehende Koinzidenz
mit den toxischen Hautschädigungen durch Salvarsan und Queck-
silber., Von der banalen .Urtikaria führt eine Linie über die ein- |
fachen skarlatiniformen Erytheme und die ihnen nahestehenden
Purpuraformen zu den langwierigen Erscheinungen des: trockenen.
erythemato-squamösen Typus. Dem Verständnis dieser Erscheinungen
‚ kommen wir näher, wenn wir von der gewissermaßen noch im
‚Rahmen des Physiologischen liegenden Herxheimerschen Reaktion.
ausgehen. Ohne daß wir bis jetzt einen Einblick in den feineren
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Noch einen Irrtum möchte ich kurz berichtigen, daß nämlich |
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44. 2: November
Symptom der Wismutidiosynkrasie, sondern es finden sich, wie in
dem Falle Galliets, Erscheinungen stärkerer Gingivitis und leichter K,
Albuminurie, die sich noch über den Ablauf des Urtikariaschubes |
längere Zeit erhielten als Indikator dafür, daß sich die Über-
der biologischen Kräfte haben, die
ist doch auf folgende Faktoren hin-
zuweisen, welche die Herzheim ersche Reaktion beherrschen: ein-
namentlich hinsichtlich ihres
harmlose als rasch vorübergehende Komplikation, im Verlaufe der
Wismuttherapie darstellt. Hudelo und Rabut!0) "beobachteten eine
typische, regionär auf die oberen Extremitäten beschränkte Purpura
im Anschluß an eine Muthanolinjektion. Ähnliche Fälle teils groß-,
. teils kleinileckigen Charakters hat H. Müller zu Gesicht bekommen.
Die zweite große Gruppe von Hautschädigungen durch die
Wismuttherapie umfaßt die Erytheme bzw. im weiteren Sinne die
Von Interesse ist, daß bereits vor der Ära der
zis die innerliche Verabreichung von,
Auftreten von Hauterscheinungen
= Toxizitätsgrades, ihrer Affinität zu besonderen Organsystemen (Haut, empfindlichkeit gegen Wismut nieht allein auf die Haut beschränkte.
[> nt Meningen, Leber), der Intensität und Schnelligkeit des Zerfalls ” An die Besprechung der Wismuturtikaria kann anhangsweise
$ a unter der spezifischen Therapie, der biologischen Umsetzungen, die | gleich die Wismutpurpurä angeschlossen werden, die eine ebenso
Be sich dabei im Organismus vollziehen usw. An zweiter Stelle kommt
a jener Komplex in Betracht, den wir mit einem kurzen Schlagwort als
vo die Summe der Immunitätsenergien zusammenfassen können, die
a: dem Organismus im Kampfe gegen die Treponemen und die von
porig ihnen erzeugten Toxine zu Gebote stehen. Nur der dritte Faktor,
‘ ` der sonst noch ins Spiel kommt, unterliegt bis zu einem gewissen
a Grade unserer Herrschaft: die pharmakodynamische Valenz des
Po Präparates, das wir zum Schlage der Spirochäten bereitstellen.
pa In dieser Beziehung zeigen die zahlreichen Präparate ein ver-
daß wir in dem Auftreten und der Stärke
Wismutpräparaten bisweilen zu
I: schiedenes Verhalten, so
poola der Herxheimerschen Reaktion his zu einem gewissen Grade geführt hat. So beobachtete z. B. Dubreuilh?!) nach dreimaligen
fen: | einen Indikator für die Bewertung der einzelnen Wismutpräparate innerlichen Gaben von je 2g Wismutnitrat iù einem Fall von
Diarrhoe ein universelles Erythem. Diesen episodären Ereignissen
ne erblicken können. |
j "i Als die leichteste und zugleich häufigste Form der toxischen steht die unzweifelhafte Häufung toxischer Erythrodermien seit Bin-
Ba Hautschädigung im Verlauf der Wismuttherapie stellt sich die | fürung des Wismuts ın den Heilschatz der Syphilis gegenüber. Wir
oii Urtikaria dar. Die Literatur der letzten Jahre verzeichnet eine haben Gelegenheit gehabt, längere Zeit. hindurch einen derartigen
Ws ganze Reihe hierhergehöriger Beobachtungen [Galliet?), Leissner Fall'2), wohl einen der ersten dieser Art, der ın Deutschland beob- `
à und Reichenbächer?), Lepinay®), H. Müller‘), H. Müller, achtet wurde, zu verfol; en. . J -
TA hd Blass und Kratzeisen?), Neuendorff®), Smechula?), Sloth®), | . in pome E: ai riges Maa u Gogoaren
I. Blass Ind Beutel?) u. a). Urtikarielle Eruptionen traten RI eingeliefert wan Dei Primärattekt der Ben Labie mit in
f a den verschiedensten französischen und deutschen Präparaten auf, A TEA WaR. +++ +++ ++ F E idae +
| a, u B. nach Quinby (Lepinay), kolloidalem Wismut (Galliet), Wir leiteten daraufhin eine reine Wismutbehandlung ein, wobei
lc "Wismuthydroxyd (Galliet). Von deutschen Präparaten führe ich | wir uns des von den Pharmazeutischen Werken Bad Homburg her-
td das Bismogenol (Leissner und Reichenbächer, Smechula, | gestellten Spirobismols bedienten. Beginnend mit einer Anfangsdosis
Bee Sloth) und Nadisan (H. Müller, H. Müller, Blass und | von 1,0 cem gingen wir wegen der guten Verträglichkeit der ersten
Re Kratzeisen) an. Die urtikariellen Erscheinungen setzen meist | Injektion zu 2 ccm über, die ebenfalls gut vertragen wurde. Nat
ji erst nach wiederholten (3., 5.) Injektionen ein, um meist ebenso | Me 2tägigen Intervall gaben wir die leiche Menge. Diesmal ae
es schnell zu verschwinden wie sie gekommen. In klinischer Be- e eohujekten an dor Ein, tohn te Eo Ts : eh 2 2
1 P, a ziehung unterscheidet sich das Krankheitsbild in keiner Weise von | wesentliche Beschwerden gut vertragen hatte, trat unter plötzlichem
E Urtikariaformen anderer Provenienz. Bemerkenswert ist die. Neigung | hohen Fieber (39,6) allgemeines Unwohlsein, Schüttelfrost und Kopf-
ie zu fixen Erythemen, wie sie H. Müller, Blass und Kratzeisen | schmerzen iin xanthem von blaßroter Farbe und teils scheiben-
Eo beschrieben, bzw. zu rezidivierendem Verlauf. Diese Schübe scheinen | förmigen makulösen, teils papillären Charakters auf. Die einzelnen
4 N dadurch ausgezeichnet zu sein, daß sie an Intensität hinter den Flecke waren etwa steeknadelkopf- bis linsengroß. Im Zentrum der
Bo vorhergegangenen wesentlich zurückstehen. So beschränkte sich | Flecke bestand eine hochrote Verfärbung, die sich deutlich von dem
oI a in dem Falle Lepinays der zweite und dritte Eruptionsschub nach ou Per Hot, abc. EG ae Ben an
we weiteren gleich dosierten Quinbygaben auf einige Stunden. In Wan = tie en ee ä an das a a en ik
ooa RENA Fällen nn r abortive Urtikaria, w A Ta Falle | er onen itromitäten de Se eckaciion teils da Tol, teils
f von Leissner und Reic enbächer, wo es nach Wiedera nahme | intensiver befallen als die Be ton; sicht waren die Flecke
Pia T . der Wismuttherapie, eine Woche nach der letzten von Urtikaria | dadurch ausgezeichnet, en re Bläschen
Bo i begleiteten Injektion, noch nicht wieder zu emer kutanen Über- | erkennen ließen. Das Gesicht zeigte eine in den nächsten Tagen
S empfindlichkeit kommt, sondern wo nur ein plötzlicher Fieberanstieg zunehmende starke ödematöse Infiltration; besonders stark machte sich
a die abnorme Reaktionsweise des Organismus auf Wismutgaben an- | das Ödem um die Augenlider herum bemerkbar.
Me TaS zeigt und erst die zweite Wiederholungsdosis nochmals ein vorüber- | _. Diesem beginnenden. Exanthem entsprach im Mund und Rachen
he Ni gehendes urtikarielles Zustandsbild hervorruft. Von besonderem ein Enanthem, an welchem Tonsillen, Uvula, Wangenschleimhaut UN
o Ea Interesse ist, daß anscheinend die Wahl des Präparates dabei von Paayan PE gleicher Weise beteiligt waren. Zunge stark belegt. Sen
s : untergeordneter Bedeutung ist. Wenigstens spricht hierfür eine Beob- an den dem Ausbruch des Exanthems folgenden Tage war gin
| on achtung Lepinays, der eine Urtikaria auch nach Ersetzung des | gleichmäßiges Fortschreiten des Prozesses unverkennbar: das zanthem
|> aa unlöslichen Quinbys durch ein lösliches Wismutpräparat rezidivieren | war im ganzen dichter geworden, die anfangs blaßrote Farbe hatte
S sah. Ebensowenig scheint die Dosierungsfrage das Entscheidende | einem tiefen Purpurrot Platz gemacht und nahm jetzt den ganzen
E SES zu sein, da in dem erwähnten Falle die minimale Wismutmenge Rücken, die Streckseiten der Ober- und Unterarme, in geringerer
Be ei von 0,015 metallischem Wismut zur Aui E einer Kutanreaktion re no, e GE Ar EÙ a DI o R pa Sien
ten D 3 i 3 1 1 nm s ngen ase un as sonstige S1C I
e: ei genügte. Nicht selten ist die Urtikariä Mas einzige alarmierende Bauch und die Ktreckseiten, sowie in en Grade auch die Beuge-
ug | seiten der Unterschenkel. Fußsohlen nd Handteller waren frel,
N i 1) a m cas a Ele Bullet. de la een an den Handrücken vereinzelte Flecken bemerkbar WR
Beet soc. franç. de derm. et de syphilogr. , Nr. 4. i egensatz zum vorher ehenden Tage war eine weitgehende 100-
a 2) Leissner und Reichenbächer, Wismut in der Syphilis- | fluenz oe Exanthems ae etreten, TH nur a. inselförmig®
An behandlung. a. Kl. 1924, Nr. 6. EN Partien normaler Haut frei ließ. Die einzelnen das Exanthem bildenden
KERE: ) Lepinay, Urticaire provoquee par des injections de sel de | Flecke waren im ganzen ödematös und urtikariell, hochrot, über das
Si bismuth. B ir la H irene oe ermat. et de sy hilogr. 1923, Nr. 3. | Hautniveau erhaben und größer als am Vortage. Das peripbere For
Je : E a en an an andlung der Syphilis. bl. f. Haut- u. schreiten des Exanthems zeigte sich ferner an dem efallensein der
N; 5; H Müller, Blass und Kratzeisen, Experimentelles, Mikro | Ohrläppchen- und ränder, wä end die Partie hinter den Obren oz
i ix š ° . e . ° ’ g e l 1
pe i ar nn u er Wismutbehandlung bei Syphilis (N adisan- l 1) Hudelo und Rabut, Réactions de la bismuthothérapie anti-
7 e). M.m.W. , Nr. 20. syphilitique sur le tube digestif, la peau et le système nerven
e) Nouendorfi, Wismutbehandlung bei Syphilis (Bismọ i
Derm. Wschr. 1923, Nr. 14. = n PER)
7) Smechula,
der Syphilis. M.KI. 1924, Nr. 24/25.
8) Sloth, Wismutbehandlung der Syphilis.
1992, 65, Nr. 49. Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrkh. 1923, 8,
9) Tryb und Beutel, Trepol in der Syphilistherapie.
Wschr. 1923, Nr. 27,
Derm.
Über unsere Erfahrungen mit der Wismuttherapie
Hospitalstidende
S, 297. | verwandten Diszi
Bull. de la soc. frang. de derm. et de syphiligr. 1924, 31, 34.
Zbl. f£. Haut- u. Geschlechtskrh. 1924, Ba. 12, S. 321.
u) Dubreuilh, Bullet. gen. de thörapeut. 1897, p- 229, zit. nach
E. Merck, Wismutverbindungen. E. Mercks wissenschaftlich® Ab-
handlungen aus den Gebieten der Pharmakotherapie, Pharmazie W8
linen. Nr. 41, S.19. Darmstadt 1924.
RE Der Fall ist bereits in der Arbeit von Nathan (Über Spiro-
bismolbehandlung der Frühsyphilis. M.m. W. 1924, Nr. 20) kurz erwähnt.
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2. November
blieb. An einzelnen Stellen war im Zentrum der Flecke eine leichte
Aufhellung erkennbar mit einem grauen Farbenton hervorgerufen durch
beginnende Bläschenbildung. |
Am folgenden Tage fast vollständige Konfluenz des Exanthems
auf Rücken und Kreuzbein. Die Bläschen sind abgebeilt. Auf Brust
und Bauch ganz großfleckiges, zum Teil aber wenig konfluiertes Ex-
anthem. Jetzt auch Flecke auf den Handtellern, dagegen nicht auf
den Fußsohlen. Auf den Wangen fast konfluierende Rötung, die noch
die Entstehung aus der Konfluenz einzelner Flecke deutlich erkennen’
läßt. Von subjektiven Beschwerden wurden Kopfschmerzen, Schwindel
sowie Jucken angegeben.
Die folgenden Tage brachten einen allmählichen, von Tag zu
Tag fortschreitenden Rückgang der Erscheinungen, begleitet von zu-
nehmendem subjektiven Wohlbefinden. Das Exanthem zeigte anfäng-
lich ein Zurückgehen der Rötung. Nach etwa 4 Tagen setzte eine Ab
- schilferung der Haut ein, zunächst‘ auf Brust und Bauch, später in
immer weiteren Hautbezirken. Die Abstoßung der Haut vollzog sich
in Form von euren und -schuppenden Plaques und ging
mit einem gewissen der Pat. lästigen Spannungsgefühl der Haut einher.
Mit beginnender Abblassung klagte Pat. vorübergehend über Stiche
in der linken Brust, Hustenreiz und Schmerzen in der linken Seite
beim Atmen, Beschwerden, denen ein Baer Lungenbefund
nicht gegenüberstand. Nach etwa 10 Tagen war der Schuppungs-
prozeß, der zuletzt im Gesicht eingesetzt hatte, beendet, die Pat. selbst
subjektiv wieder völlig wohl. | |
Der weitere Verlauf gestaltete sich in der Weise, daß die bis-
herige Wismutbehandlung durch eine reine Neosalvarsankur (insgesamt
6,715 g Neosalvarsan) substituiert wurde. Die einzelnen Injektionen
wurden reaktionslos, ohne Allgemeinerscheinungen oder Erscheinungen
von seiten der Haut vertragen Die Wa.R.. war kurz vor der Entlassung
fast negativ.
Wir nahmen im Verlauf der Behandlung Veranlassung, das
Blutbild fortlaufend zu kontrollieren. Die Ergebnisse dieser Unter-
suchungen sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt:
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
Keank- Poly- e | Eosino-| Mono- | Baso- !Übergangs-
heits- | Leuk. nüklehro Lymph. phile |nukleäre| phile len
ha in % | in % | in% | in% | in% in %
2 6700 62 29 1,5 6,0 — 1,5
3. | 6500 63 31 — 5,0 1,0 —
4. | 4100, 62,5 34 — 2,0 0,5 1,0
6. | 4200 45 87 3,0 13,0 — 2,0
7. | 5000 48 40 2,5 8,0 — 1,5
- 8. | 5900 53 34 3,0 7,5 1,0 1,5
9. | 5400 | 45 35 3,5 15,0 = 1,5
10. | 8400 49 42 3,5 4,0 1,5 0 —
11. | 8700 45 47,5 2,5 4,0 0,5 1,5
13. | 9400 42,5 | 48,5 1,0 10,5 1,0 ,1,5
14. | 7600 | ` 47,5 42,5 1,0 6,0 1,5 1,5
15. | 9100 50 42,5 2,0 2,0 0,5 3,0
16. | 6800 46 45,0 3,0 5,0 0,5 0,5
17. | 7500 | 45,5 49,0 4,0 1,0. — 0,5
18, | 7600 37 55,5 3,0 2,5 1,5 0,5
24. |: 6700 40 53,0 4,0 2,0 | 10 —
30. | 7300 ‘45 45 2,0 3,0 2,0 830 `
35. | 6100 45 45 5,0 4,0 — 1,0
42. | 6800 46.5 46,5 2,0 1,5 2,0 1,5
49. | 7100 46 45,0 4,0 5,0 1,0 —
Setzen wir unseren Fall in Beziehung zu den in der Literatur
niedergelegten Beobachtungen, so läßt sich auf Grund der bis-
herigen Erfahrungen folgender Überblick über die Klinik. der
Wismuterytheme gewinnen:
Von den bisher veröffentlichten Wismuterythemen fällt die über-
wiegende Mehrzahl französischen Präparaten zur Last, und zwar je zwei
dem Trepol [de Buy-Wenniger!3), Nicolar-Gato-Lobeniiii bzw.
deren Wismuthydroxyd [Pinard-Marassi!) und Hudelo-Simon-
18) de Buy-Wenniger, Le traitement de la syphilis par les sels
bismuthiques. Acta derm.-venerol. 1922, S. 256. Ref. Zbl. f. Haut- u.
Geschlechtskrh. 1923, 9, 419; Derselbe, Wismuttherapie bei Syphilis,
65. Sitzung der Niederl. Derm. Vereinigung vom 25. März 1923. Ref,
Zbl. f. Haut- u. Gesthlechtskrh. 1923, 10, 109. |
1t) Nicolas-Gat&-Lebouf, Eruption lichénoide d'origine bis-
muthique chez une malade ayant présentó antérieurement un örythöme
scarlatiniforme post-arsénobenzolique. Bull. de la soc.. franç. de
dermat. et de syphiligr. 1923, Nr.5. Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh.
1923, 9, 482.
., $) Pinard-Marassi, Dermatite exfoliatrice consécutive à des
injections intramusculaires de bismuth. Bull. et mémoires de la soc.
ts a nep: de Paris 1922, Nr. 38. Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh.
5.
7 "3
Richon!e], in je einem Falle kamen Quinby Luovy-Iraon iii
Wismutbenzost [Galliet], Neotropol [Säinz de Aja19)] und ein
chemisch nicht näher charakterisiertes kolloidales Wismutpräparat der
Firma Robin [Gaston und Pontoizeau!®)]zur Anwendung. Lehner 29)
arbeitete mit dem ungarischen Präparat Bismoluol. Von deutschen
Autoren liegen bis auf einen kurz von Voehl?!) erwähnten Fall von
vorübergehendem Bismogenolerythem bei einem Neurastheniker Be-
richte über das Auftreten von Wismuterythemen nicht vor. Die beiden
nach Abschluß der vorliegenden Arbeit von Jähnke und Schäcker2)
mitgeteilten Fälle von Wismuterythem kommen ebenso wie die
Fälle von Biberstein2%), Freudenthal?) und Görl und Voigt?)
Ae auf das Konto des Bismogenols, während H. Müller28) und
utmann?”) über mehrere Fälle von erythematösen Hauterscheinungen
nach Nadisan und Sternberg®%) über einen Fall von toxischer
Dermatose nach Casbis berichten. Über den Wismutgehalt der vor-
genannten Präparate unterrichtet folgende Zusammenstellung: |
‘In 1 ccm Trepol 0,064 g met. Bi.
Quinby 020g „ n
Bismogenol 0,10 g „p a
Spirobismol 0,035 g „
Wismuthydroxyd hat einen Wismutgehalt von 79 oh,
Mit. Ausnahme zweier von Gaston und Pontoizeau und
Hudelo und Rabut mit intravenösen Injektionen eines kolloidalen
Wismutpräparates sowie eines weiteren von den beiden nen
mit Wismutinjektionen behandelten Falles wurden sämtliche Präparate,
intramuskulär einverleibt, und zwar bestand mit Ausnahme der noch
später zu erwähnenden Fälle von Nicolas-Gat6&-Lebauf und
Schreus2) die Behandlung ausschließlich in Wismutinjektionen. In
mehreren Fällen trat die Wismutidiosynkrasie schon nach wenigen In-
jektionen auf, und zwar in einem Falle (Lehner) nach der ersten, in
zwei Fällen (Levy-Fraenkel, Nicolas-Gat6)-Lebauf) nach der
zweiten und in einem weiteren Falle (de Buy-Wenniger) nach der
dritten Injektion auf. Die übrigen Fälle boten ein längeres Intervall,
so der Fall von Hudelo-Simon-Richon mit 7, der von Pinard-
Marassi mit 12 und der von Görl und Voigt mit 14 Injektionen
reaktionslos vertragenen Injektionen. In dem zweiten Falle von Jähnke
und Schäcker: war etwa 2/ą der reinen Bismogenolkur (Gesamtmenge
des injizierten Wismuts: 17,5 ccm) anstandslos absolviert worden. >
Gehen wir mit einigen Worten auf die klinischen Formen
der Syphilis, die in den angeführten Fällen die Indikation zur ` `
Wismuttherapie abgaben, ein, so setzt sich das überlieferte Material
aus fast allen Stadien der Syphilis zusammen. Zwei Beobachtungen
betrafen spätsyphilitische Prozesse des Rückenmarks bzw. der Kreis-
laufsorgane, ein Fall eine kongenitale Lues, ein weiterer eine seit
17 Jahren bestehende, unregelmäßig und ungenügend behandelte
alte Syphilis. = =
16) Hudelo-Simon-Richon, Stomatite bismuthique avec erythro.-
dermie cutanée. Bull. de la soc. franç. de derm. et de syphiligr. 1928, Nr.2.
17) Levy-Fraenkel, Diskussion zu dem Vortrage von Hudelo-
Simon-Richon. Bull. de la soc. franç. de derm. et de syphiligr. 1923, Nr.2. _
18) Sáinz de Aja, Diskussion zu dem Vortrage von Oovisa:
"Behandlung der Syphilis mit Neotrepol, Actas dermo-sifilograf. 1923,
15, Nr. 1. Ref. Derm. Wochenschr. 1924, 79, 88.
19) Gaston und Pontoizeau, Erythrodermie consécutive au
traitement bismuthique colloïdal intraveineux. Bull. de la soc. franç.
‘de derm. et desyphiligr. 1922, Nr.8. Ref. Zbl. i. Haut. u. Geschlechtskrh.
` 1923, 8, 80.
20) Lehner, Toxisches Erythem und Herpes zoster nach intra-
muskulärer Bismutinjektion. Derm. Wschr. 1923, Nr. 37. — Derselbe,
Ein Fall von toxischem Erythema und Herpes zoster nach Wismut-
injektion. Börgyögyäszati urol. es. venerol. szemle. 1923, 1, Nr. 7.
Ref. Zbl. f. Haut- u. Geschlechtskrh. 1924, 11, 177.
: 21) Voehl, Zur Therapie der Syphilis mit Wismutpräparaten:
D. m. W. 1923, Nr. 7.
22) Jähnke und Schäcker, Über Wismutbehandlung der Syphilis
MLK.
und-die Aufnahme des Wismuts in den Liquor cerebrospinalis.
1924, Nr. 22. i | |
2) Biberstein, Über dieWismutbehandlung der Syphilis. D.m.W.
1923, Nr. 50. | |
. 2) Freudenthal, Lokales embolisches Bismogenolexanthem.
Arch. f. Derm. u. Syph. 1924, 147, 155.
| 2) Görl und Voigt,
Wismutbehandlung. M.m.W. 1924, Nr. 27.
26) H. Müller, Wismutbehandlung der Syphilis. Verhandlungen |
der Deutschen Demo Gesellschaft. XIM. Kongreß 1928. Arch. f.
Derm. u. Syph. 1924, 145, 341. i |
27) Omanin Erfahrungen mit dem Wismutpräparat Nadisan,
in Kombination mit Neosalvarsan bei der. Behandlung der Syphilis.
Derm. Wochenschr. 1923, 77, Nr. 27/28. |
289) Sternberg, Wismutschädigung. Vers ammlung südwest-
deutscher Dermatologen, Frankfurt a. M.. 1924. Ref. Zbl. f. Haut- u.
Geschlechiskrh. 1924, 13, S. 34.
22) Schreus, Über Wismutbehandlung der Syphilis. D. m. W.
1923, Nr. 15. | Ze |
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_ nächst gut vertragen, bis -nach einer Gesamtmeng® von 9 g Bis-
‚neuerliche Provokation erfuhr.
Beweis erbringen, daß sie ausschließlich auf das Konto des Wis-
. die Schädigung des Organismus durch das Salvarsan, noch nieht
. genols die Verantwortung für die Entstehung der Dermatitis zu-
_ Wismuterytheme der gleiche: nach einer gewi
i erscheinungen (bei den bisweilen angegebenen starken Kopfschmerzen
- kann z: B. an eine’ plötzliche Überladung des Liquors mit Wismut
- Fällen (Sáinz de Aja) macht sich wie auch bei unserer Patientin von
Salvarsandermatitis niemals’ nässenden Charakter, ‘der Juckreiz
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1536 E T: MEDIZINISCHE KLINIK — Nr, 44: OoN BE Noveraber. .
Nur in dem Falle Lehners kann von einer Universalität des `
- Exanthems gesprochen werden. In allen anderen Fällen bleiben .
mehr oder minder große Hautgebiet® ausgespart. Häufiger sind
die Erscheinungen auf Gesicht und. Stamm beschränkt, unter Frei-
lassung der Extremitäfen. Auch vor dem behaarten Kopf macht,
wie‘ eine Beobachtung von. Hudelo-Simon-Richon lehrt, die -
Atiektion keineswegs halt und kann bei. etwaigem isolierten Auf- .
treten zu differentialdiagnostischen Erwägungen gegenüber dem
seborrhoischen Kopfekzem V eranlassung geben. In anderen Fällen, .
wie in einem von Levy-Fraenkel mitgeteilten Fall, kann nur ein
begrenzter Bezirk, beispielsweise die Leistengegend, Sitz des Ex-
anthems sein. . In unserem. Falle zeigte das Exanthem in ausge-'
sprochenem Maße. die Tendenz, unter Besitzergreilung auch der-
| periphersten Partien, sich universell zu gestalten. Von der äußeren
Haut: greift es ferner auf die Schleimhäute über und ruft das
klinische Bild eines Exanthems der Mund- und Pharynzschleimhaut
hervor. Mitunter kann. ein Exanthemtypus einem anderen Platz .
machen. In dem Falle Bibersteins bestand ursprünglich ein
‚sudaminaähnliches Exanihem am Bauche. ' Dieses wich gegen Ende‘
der Kur einer stark juckenden. Dermatitis an Stamm und Extremitäten,
die längere Zeit hindurch klinisch unverändert blieb. Bemerkens-
wert an der Lokalisation dieses zweiten Exanthems war, daß dabei
der Sitz des ersten völlig ausgespart blieb. Das Allgemeinbefinden. .
war in allen Fällen ein gutes. Komplikationen traten mit Ausnahme
eines von Görl und Voigt mitgeteilten Falles nicht zutage, in `
welchem sich 2 Tage nach dem Erscheinen eines skarlatiniformen
Exanthems schmerzhafte Gelenkschwellungen wandernden Charakters
unter Bevorzugung großer Gelenke einstellten. (Schluß folgt)
Bemerkenswert ist, daß fast die Hälfte der Fälle vor der
Wismutbehandlung eine Überempfindlichkeit gegen Salvarsan'
dargeboten hatte. In dem Falle von. Hudelo-Simon-Richon
hatte neben toxischen Allgemeinerscheinungen (zerebrale und gastro-
intestinale Störungen) 1 Jahr vor der Wismutbehandlung ein in
der Schamgegend lokalisiertes Salvarsanexanthem vorgelegen.
zwei weiteren Fällen (Nicolas-Gat&-Leboeuf, Smechula) war
der Wismutbehandlung ein Salvarsanerythem unmittelbar voran-
gegangen. Eine weitere Patientin von J ähnke und Schäcker hatte
im Verlaufe einer kombinierten Neosalvarsan-Bismogenolkur ein aus-
gedehntes Salvarsanexanthem mit nachfolgender geringer Arsen-
melanose bekommen. Eben dies Moment lieferte die Indikation zur
Ersetzung des Salvarsans, gegen das offenbar eine Idiosynkrasie
bestand, durch Wismut. Dabei bedurfte es nur geringer, zum Teil
nur einmaliger Wismutgaben, 2. B. in dem Falle Smechula mit,
einer Dosis von 0,5 Bismogenol, um eine eben abgeklungene Sal-
varsandermatitis zum Wiederaufilackern zu bringen. n dem er-.
wähnten Falle von Jähnke und Schäcker wurde Bismogenol zu- '
einnehmendes, stark juckendes Exanthem auftrat, das in einer Woche
abklang und bei Ersetzung des Wismuts durch Salvarsan keine
‚mogenol an den Ellenbogen beginnend, später den ganzen Rumpf
In. mehreren der genannten Fälle läßt sich nicht strikt der
muts zu setzen sind, weil augenscheinlich die frühere Noxe, d. h.
völlig eliminiert war. In anderen Fällen, wie- in dem Schreus-
schen Falle, wo Bismogenol mit Salvarsan umschichtig zur Anwen-
dung kam, läßt sich gleichfalls nicht. mit Sicherheit entscheiden,
welchem der beiden Mittel die Rolle der toxischen Schädigung zu-
zuschreiben ist, obgleich manches dafür spricht, in dem erwähnten
Fall den allein schuldigen Teil im Wismut zu erblicken, nament-
-
lich der Umstand, daß der Patient auf das später gegebene Trepol
Ans der Deutschen Psychiatrischen Universitätsklinik in Prag
nee (Prof. Dr. O. Pötzl). Ä |
Eigenartige Veränderungen des Anfalisbildes
- bej Epileptikern. =
_ Von Dr. G. Herrmann, Assistent der Klinik.
die Annahme von Schreus, der Salizylkomponente des Bismo- Zr | l
Die Analyse von Symptomen bei Epileptikern, besonders: ihre
Aura, kann, abgesehen von ihrer lokaldiagnostischen Bedeutung’),
In fast allen Fällen ist Art des Auftretens und Verlauf der-
issen Inkubationszeit
tritt -nach mehr oder minder ausgeprägten toxischen Allgemein- wickelten Form eine Bereicherung unserer Kenntnisse, sondern vor.
allem die Art des Beginnes der Anfälle. Die gegenwärtige hirn-
pathologische 'Betrachtungsweise gestattet es, allmählich auch solche
Frscheinungen in diesem Sinne. zu verwenden, die anscheinend dem
Grenzgebiet der Hysterie und Epilepsie angehören, SO Z B. die
Auslösung der Anfälle durch von ‚außen gegebene Momente, das
Eingehen psychischer Erlebnisse in die Aura, sowie das viel
umstrittene Gebiet der Reflexepilepsie. | u g |
Im Folgenden soll deshalb an zwei besonderen Fällen versucht -
werden, derartige Mechanismen einzeln herauszugreifen und auf
ihre Entstehungsweise hin zu untersuchen.
I. 36jähriger Arbeiter, der seit 3. März 1922 dauernd in Be-
_ obachtung der Klinik steht. Nach seiner eigenen Angabe hatte er im
Alter von 10 Jahren beim Kühehüten vorübergehende „Schwäche“
"Zustände, wobei ihn fror (petit mal?). Große Anfälle hatte er zu dieser
Zeit keine. Im. Alter von 18 Jahren fiel er als Dachdeckerlehrling
vom Dach. Es ist möglich, wie er selbst zugibt, dab er damals eine
solche „Schwäche“ hatte und deshalb zum Fallen gekommen sei. Nach-
her habe er oft Schwindel bekommen, eine vorübergehende Schwäche,
sei aber dabei nie umgelfallen. Es sei wie eine „Zurücksetzung
"meint damit, daß er nicht so fort konnte, er sei auch langsamer 8%
gangen) gewesen; er habe nicht gleich alles gesehen, gespürt habe er
nichts, außer der Schwäche oder ein wenig Gruseln. Der Blick sel
geradeaus gewesen, SO wie steif. In den Händen sei ein Gruseln ge-
wesen. (macht dabei Zitterbewegungen mit den Händen). „OP:
wenn ich die Schwäche bekommen Tabs, wollte ich mich alten,
wenn ich mich aber anhalten wollte, hat es mich nach der rechten
Seite und. vom Gegenstand weggezogen, SO daß ich ihn nicht ergreliet
konnte und hingefallen bin. Dabei verdreht es mir das Gesicht auf
die rechte Seite“. | | |
‘Im Jahre 1916 hatte er einen Unfall als Eisenbabnarbeiter; er
verletzte sich dabei den rechten Fuß und die rechte Hand. Erst seit
dieser Zeit bat er eigentlich schwere Anfälle bekommen und zwar den
ersten. ungefähr !/, Jahr nach dem Unfall. Die Anfälle waren mels!
béi Nacht, seltener bei Tag. Er hat dabei geschrien und Harn g°
lassen (was früher nie vorgekommen sei). Er spürte ein Zucken (Pak
nennt es „Rucksen“) in der seinerzeit verletzten Zehe auf dem
gedacht werden, die eine vorübergehende leichte toxische -Menin-
gitis zur Folge hat) plötzlich ein Exanthem auf. In manchen |
Anfang an eine ödematöse Schwellung des Gesichtes, besonders um:
die Konjunktiven herum, bemerkbar, . die mitunter den Auftakt zu
der Eruption des Exanthems darstellt. Mit dem. Aufschießen des-
selben erreicht die Erkrankung ihren Höhepunkt, wenngleich die
Temperaturkurve in den. folgenden Tagen noch eine steigende
Tendenz erkennen läßt. Das Exanthem hat im Gegensatz zur
ist individuell verschieden, manchmal sehr ‚stark, manchmal
nur gering. Der Eifloreszenzform nach setzt sich das Exanthem vor-
wiegend aus erythematösen und papulösen Eifloreszenzen zusammen.
In unserem Falle traten auch vorübergehend Bläscheneruptionen
hinzu. Dem klinischen Charakter nach steht das Wismuterythem
“dem Scharlachexanthem nahe und ist oft rein klinisch von diesem
kaum zu unterscheiden. Auch in dem zweiten Falle von Jähnke
und Schäcker ist das Exanthem dem skarlatiniformen. Typus der
Erythrodermie zuzurechnen. In seltenen Fällen (Nicolas-Gate6-
Leboeuf) verleiht die Eruption von rosa- bis dunkelroten liche-
noiden Papeln mit feiner Schuppenkrause dem Erythem den Cha- :
rakter eines Lichen, ein Bild, das in manchen Beziehungen an
die Lichen ruber-ähnlichen Salvarsanexantheme erinnert, mit denen
uns die letzten Jahre in größerem Umfange bekannt gemacht haben.
Andere Fälle, wie z. B. eine von Sternberg mitgeteilte Beobachtung,
zeigen als Primäreffloreszenz rötliche Flecken, die im Zentrum‘
hochrote Papeln mit leicht gelblichem Rande führen. Das Exanthem,
das zu gleicher Zeit noch bei anderen mit dem gleichen Mittel
behandelten Patienten erschien, erinnerte in seinem klinischen Aspekt
lebhaft an eine Stauungsdermatose bzw. eine Purpura teleangiectoides.
Wieder andere Exanthemiormen nahmen die Maske eines sudamina-
ähnlichen Exanthems (H. Müller, Biberstein) an. Die Loka-
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lisation und ' Ausdehnung des Exanthems ist eine verschiedene: 1) Vgl. M. KI. 1924, Nr. 12.
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2, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
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rechten Fuß, dann einen Stich, dann schlafe das Bein ein.
Nachher sei er hingefallen, der ganze Körper sei steif gewesen. Das
Zucken kam immer vom rechten Fuß und ging stets von der
Stelle aus, die verletzt gewesen war. Ä
Aus seinen früheren Angaben (bedingt,durch Einstellung auf
eine Unfallrente?), war zunächst nicht’frecht herauszubringen, daß
er schon vor dem Unfall an Anfällen litt. Der erste Eindruck war
der, daß es sich hier um einen typischen Fall von Reflexepilepsie
handelte, d. h. einen Fall, bei dem durch eine periphere Läsion
epileptische Anfälle ausgelöst werden. Wie aber die scharf ge-
faßte, durch die Angabe der Frau unterstützte Fassung des Krank-
heitsverlaufes ergab, hatten die Anfälle schon früher bestanden.
Es fragt sich nun, was hat diese immer in gleicher Weise ge-
schilderte Aura zu bedeuten?
Ich möchte hier vor allem auf eine auch in der Literatur
geläufige Beobachtung hinweisen, die ich in zwei Fällen machen
konnte: Bei einem Paralytiker mit Status paralyticus konnte man
regelmäßig, wenn man die linke Hand, das war die Seite, wo der
Krampf einzusetzen pflegte, bewegte, einen Krampfanfall auslösen.
In einem zweiten anderweitig (Z.f.d.g.N.u.Ps.) veröffentlichten
Falle von Thalamustumor trat der erste Anfall ein, als zum Zwecke
der neurologischen Untersuchung passive Beuge- und Streck-
bewegungen mit dem rechten Arm zum Zwecke der Tonusprüfung
gemacht wurden. In beiden Fällen wurde der Anfall dadurch aus-
gelöst, daß von der Seite aus, von der der Krampf beginnen sollte,
ein Reiz gesetzt wurde2). Etwas ähnliches, aber mit großer Spiel-
breite zeigte ja auch der von A. Pick?) (S.64) erwähnte Fall „mit
Resten alter Kinderlähmung, dessen symptomatische Anfälle in der
paretischen Körperhälfte besonders leicht durch ein Erschrecken
„vom Ohre“, der geschädigten Hemisphäre entsprechend, ausgelöst
werden“. In diesen beiden Beobachtungen löst die Wirkung der
. passiven Bewegungen, bzw. der akustische Reiz (der normalerweise
höchstens zu einem Zusammenschrecken oder einer Abwehrreaktion
führt) einen drohenden Anfall aus; man kann annehmen, daB seine
Wirkung zentral gerade an der Stelle der epileptogenen Reizzone
angreift; in unserem Falle können die dauernden Beschwerden von
Seiten der Narbe dieselbe auslösende Wirkung haben. Dafür spricht,
daß die Verletzung gerade den rechten Fuß betrifft, also die Körper-
seite, die nach der Schilderung, die er von den früher bestandenen
Anfällen gegeben hat (Rechtsdrehung des Kopfes) als die ge-
schädigte anzusehen ist; überdies verursachte die Narbe dauernde
Beschwerden, so daß er, besonders wenn er mehr gehen oder etwas .|
tragen mußte, Schmerzen hatte. |
Diese hier gegebene Erklärung ist gewiß nicht von der Hand
. zu weisen; der weitere Verlauf des Falles zeigt aber, daß sie nicht
als alleiniges. Moment in Betracht kommt. |
Am 9. Januar stürzte er zu Hause von einer etwa 14 Stufen
hohen Holzstiege herunter. Seiner Schilderung nach war das am
Morgen, als ihn die Frau zur Arbeit weckte. Er meint, er müsse er-
schrocken sein, es sei dann eine „Schwäche“ über ihn gekommen, er
habe das Geländer ergreifen wollen, habe es aber nicht mehr erwischen
können, so daß er über die Stiege heruntergefallen sei. Er zog sich
dadurch eine komplizierte Fraktur am linken Fuß zu. Während der
darauffolgenden italsbehandlung stellten sich immer häufigere
ei spueehe Ausnahmszustände ein, so daß er der psychiatrischen
inik übergeben werden mußte.
, „Pat. zeigte nun während der Beobachtung auf der Klinik noch
eine Reihe anderer Aurasymptome, die von Bedeutung für das Ver-
ständnis des Zusammenhanges sind. |
Er sei mit seinem Schwager einmal bei einer Unterhaltung ge-
wesen, da sei eine solche Schwäche über ihn gekommen. Der Schwager
habe ihn geholt, ihn gepackt und gesagt, er solle ruhig sein und nach
Hause gehen. Wenn er dann einen Anfall hatte, so sei es immer ge-
wesen, wie wenn er den Schwager sehen würde, es sei, wie wenn er
mit jemandem eine Feindschaft hätte und der Schwager ihn zurück-
halten wollte. Es sei nur wie ein Lichtschein, wie ein Gedanke. Das
sel Immer so gewesen, bevor er zur Klinik kam.
„Ungefähr nach 2monatigem Aufenthalt an der Klinik hatte
Pat. eines Nachmittags einen Aufregungszustand. Ob damals Konvul-
sionen bestanden, wurde nicht sicher ermittelt; doch ist es anzunehmen.
esen Erregungszustand schloß sich ein epileptisches Delir, das
etwa 3 Tage dauerte. |
Nachher gab er an, daß er einen ganz kleinen Anfall hatte,
„das war eine Bescheinigung im Bette; ich habe gedacht, es steht
jemand darin, der umfällt und da wollte ich ihn halten, ich bin aber
nicht aufgestanden, sondern habe mich wieder umgelegt“. „Es war
H 2) vgl Röper und Sauerbruchs Experimente, [Redlich:
andb. 475] und Herschmann, M.m.W. 1917, Feldärztl. Beil. Nr. 23.
Rare o neurologische F orschungsrichtung in der Psychopathologie.
vorgängen (vgl. Schilder).
. bei der Arbeit mitgeholfen und dabei habe ich mic
ar nichts, es ist mir nur so vorgekommen“. Objektiv verhält sich die
ache so, daß er gegen die Türe hin lief, dort in der Luft herum-
fuchtelte, dabei etwas unklar von Anfällen schrie und widerstrebend
vom Personal ins Bett gebracht werden mußte. |
Es ist mindestens sehr wahrscheinlich, daß hier eine Objekti-
vierung oder Exoprojektion von Körpergefühlen sich geltend gemacht
hat. Diese Erscheinung hat ihre bekannten Analogien in den Er-
scheinungen des zweiten Gesichtes und bei Depersonalisations-
Daß es sich tatsächlich um etwas
derartiges handelt, wird aus einer Anfallssituation vom 19. Januar
dieses Jahres noch wahrscheinlicher. | | B
~ (Sie haben einen Anfall gehabt?) Ja. (Wann?) So ungefähr um
4 Uhr. (Was wissen Sie davon?) Nichts, ich habe gestern dem Wärter
sehr angestrengt,
ich habe mir. dann den ganzen Tag goan daß der Pusch (Mitpatient,
der nie an Anfällen litt) keinen Anfall bekommen möchte, sonst könnte
man ihn nicht halten, das mußte ich gestern den ganzen Tag denken.
(Haben Sie das früher auch schon gedacht?) Nein, 6 Wochen hatte ich
jetzt keinen Anfall und dabei dachte ich mir, wenn ich jetzt nur keinen’
kranken Menschen sehen müßte. Ich habe gestern 2 |
im Traum gesehen, welche sagten, der Purkhardt (Name des Patienten)
ärter so wie
hat einen Anfall, und wenn die zwei das zu einander sagen, dann kommt
gewöhnlich ein Anfall. — 3 Tage später stellte sich ein epileptischer
Ausnahmezustand ein. - o |
Daß er in seinen 2 Jahre später erfolgenden Auskünften diese
damäls als „Bescheinigung“ zugegebene Situation für real hält, ist
in dem hier behandelten Zusammenhang irrelevant. Er gibt näm- _
lich weiter Folgendes an: Wenn er jetzt einen Anfall bekommt, so
hat er immer diese Erscheinung: Das ist wie der Gedanke, das ist
das Bild, das geht geschwind, das ist nur ein Gedanke und dann
habe ich einen Anfall gehabt, das ist eine Sekunde. |
Während er vor der Einlieferung zur Klinik immer die Er-
scheinung mit dem Schwager hatte, bevor ein Anfall kam, so trat
nach diesem (halluzinatorischen) Erlebnis immer als Aura diese
Situation ein. 2 Jahre nach diesem Erlebnis schildert er es in
folgender Weise: |
"Wie ich bin in die Klinik gekommen, habe ich jemanden gesehen,
wie er einen Anfall hatte und der Wärter ist dort gesessen und ich
wollte dem Mann helfen, der Wärter hat mich ins Bett hineingeschmissen.
Wenn ich daran gedacht habe, dann habe ich den Anfall bekommen.
Der Mann hatte den Anfall gerade wie ich, er hat eine Weile ge-
schaut und da habe ich gesehen, wie es ihn zurückgerissen hat. Der
Wärter hat mich zusammengepackt und hat’mir gesagt, ich habe nichts
dabei zu tun... ich habe gesagt, der Mann hat einen Anfall, der
Wärter hat mir gesagt, Sie haben einen, ich habe aber ausdrücklich
gesehen, daß der Mann einen Anfall hat. Ich habe keinen Anfall ge-
habt, aber nachher habe ich den Anfall gehabt und seit der Zeit, wenn.
ich den Gedanken gehabt habe, dann ist der Anfall gewesen. In der
Früh habe ich Kenntnis davon gehabt, daß ich einen Anfall hatte, weil
ich diesen Gedanken gehabt habe. |
In der gleichen, nur etwas umständlicheren, echt epileptischen
Weise schildert er immer wieder seine Anfälle.
Wir sehen hier also folgenden Verlauf: Bei einem seit dem
10. Lebensjahre an Petit mal leidenden Menschen traten nach einem
Schädeltrauma (Sturz vom Dache) große epileptische Anfälle mit “
Déviation conjugée nach rechts auf. Nach einem zweiten Unfalle,
den er mit aller Wahrscheinlichkeit während eines Anfalles erleidet
und bei dem er eine Verletzung der rechten Zehe davonträgt, tritt
eine bisher nicht gewesene Aura hinzu, so daB das Ganze den Ein-
druck der Reflexepilepsie erwecken würde, wenn man nicht durch
genaueres Befragen eruieren würde, daB schon vorher Anfälle be-
standen. Weitere Veränderungen, die mit Erlebnissen zusammen-
hängen, macht die Aura während der Beobachtung durch. |
Zuerst war es die Situation mit dem Schwager, an der Klinik |
die Situation mit dem Wartepersonal. Diese letzteren Zustände sind
rein deskriptiv als „treamy states“ bei Epileptikern ja bekannt,
wenn einfache frühere Erlebnisse, besonders Erlebnisse in der Kind-
heit als Aura erscheinen. Nicht genügend gewürdigt sind diese
Erscheinungen aber in der Form, wie sie unser Fall zeigt; in unserem
Falle treten zunächst körperliche, dann psychisch traumatisch
wirkende Faktoren in die Aura mit ein. Wenn die gleiche inner-
liche Anfallssituation mit ihren gleichen Spannungen erscheint, wird
auch die äußerliche Situation mitreproduziert; sie treten als „Er-
innerungen“, wie sich unser Patient u. a. ausdrückt, vor dem An-
fall auf. l |
Auf diese Weise wird es verständlich, wenn Epileptiker nach
Schädelverletzungen mit oder ohne organische Aura vor den Anfällen
Zustände haben, die von den hysterischen sich durch nichts unter-
scheiden lassen. So’ beobachteten wir einen Patienten mit sicheren
epileptischen Anfällen nach einer Schußverletzung der rechten
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1538 | = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
2. November
Schläfegegend, der neben einer akustischen Aura ganz präzise an-
gab, daß er immer Soldaten zum Sturm laufen sah, eine Situation,
die seiner Angabe nach sich mit der deckte, als er die Ver-
letzung erlitt.
Die Anfälle beschreibt Pat. folgendermaßen: es sei eine körper-
liche Unruhe, wie wenn alles einschlafen würde, dann sei es wie ein
Glockenläuten, es gehe wie Schallwellen durch den Körper, an Stärke
an- und abschwellend, aber in der Tonhöhe immer gleichbleibend. Das
An- und Abschwellen behält das gleiche Tempo, der Ton werde aber‘
dabei immer stärker und wenn der Ton am stärksten sei, steigen die
Bilder auf. Die Bilder seien immer vom Kriege. Dabei ziehe es ihm
die Augen zu und er wisse nicht, was um ihn her sei.
Die gewöhnliche Funktionsprüfung der Acustici ergab, wie zu
erwarten, keinerlei Störung. Auch eine mit der geschlossenen Stimm-
gabelreihe vorgenommene Prüfung ergibt keine groben Ausfälle. Der
Auraton wurde bei wiederholter Prüfung immer genau an die gleiche
Stelle der Tonskala verlegt (zwischen c” und d”). Dabei war jedesmal
der Ton von einer Reaktion des Wiedererkennens begleitet, die mit
einem starren Gesichtsausdruck verbunden: war.
Eine Oktave höher und tiefer werden die Töne ungenau von den |
vorhergehenden unterschieden, und zwar bezeichnet er die höheren
Töne entweder als gleich oder als tiefer (fast nie als höher); tiefere
Töne unterscheidet er richtig.
Das An- und Abschwellen der Töne, sowie das Stärkerwerden
derselben läßt sich gut dadurch nachmachen, daß die auf den Auraton
eingestellte Stimmgabel gedreht und dem Ohre nähergebracht. wird.
(Zwischen rechtem und linkem Ohr sind bei diesen Prüfungen keine
Unterschiede. Galtonpfeifchen rechts 1,4—1,2, links 1,0.
Diese hier vorgebrachten Tatsachen sollen nicht dazu führen,
den Unterschied zwischen Hysterie und Epilepsie zu verwischen
oder die Hysteroepilepsie in ihrer alten Form wieder aufleben zu
lassen, sondern nur zeigen, daß die Differentialdiagnose oft schwieriger
ist, als es den Anschein hat, und daß die Analyse und Wertung der
Symptome über diese Schwierigkeit hinweghillft. |
Andererseits zeigt dieser Fall, daß es Wirkungen peripherer
Verletzungen bei Epilepsie gibt, die dem Mechanismus der Reflex-
epilepsie nahestehen, dabei aber zu klinischen. Erscheinungen führen,
die bei oberflächlicher Betrachtung des Falles mit Jackson-An-
fällen verwechselt werden können. Man kann sich derartige Vor-
gänge im Sinne der Uxküllschen Auffassung erklären, daß nicht
' nur das Zentrum das Erfolgsorgan, sondern auch das Eriolgsorgan
das Zentrum spezifisch beeinflußt.
II. 24jähriger Patient (untersucht in der Ambulanz der Klinik
19. Oktober 1923 und Juni 1924). Im Mai 1918 bekam er einen Kolben-
T auf den Kopf. Nachher einige Stunden bewußtlos, und erst auf
dem Hilfsplatz erwacht. Am 8. Tage nachher der erste Anfall. Vor
dem Anfall habe er gar nichts gespürt; es wurde ihm schwarz vor den
Augen, und er stürzte zusammen. Nach der Angabe seiner Umgebung
habe er Schaum vor dem Munde und Zuckungen der rechten Seite
gehabt. 4 Tage später hatte er den nächsten Anfall, dann alle 3 Tage
Anfälle; bei Aufregungen traten sofort Anfälle auf. Kein Benässen,
kein Zungenbiß. Dauer der Anfälle 5—10 Minuten. In der letzten Zeit
bis 4 Anfälle täglich.
(Bei einer anderen Gelegenheit gab er an, daß die Anfälle nach
einem Zugzusammsnstoß auftraten. Die ersten Anfälle seien klein ge-
’ wesen, manchmal ohne Bewußtseinsverlust, beginnend mit einem Krampf-
zittern in der rechten Schulter. Die Krämpfe begannen gewöhnlich
mit einem Zittern in den rechten Extremitäten, das in klonische Krämpfe
übergeht. Die Krämpfe gingen dann rasch in den ganzen Körper über.)
Aus dieser Darstellung geht nicht mit absoluter Sicherheit
hervor, ob es sich um epileptische Anfälle handelte. Besonders
die Divergenz seiner Angaben über die Ursache dieser Anfälle, so-
wie sein ganzes renten-neurotisches Verhalten deuten darauf hin,
daß es sich möglicherweise um rein psychogene Anfälle gehandelt hat.
Am 12. November 1921 wurde er, unbekannt von welcher Indi-
kation ausgehend, über der linken Zentralwindung operiert, und dabei
ein Stück Rinde exzidiert. Gleich nach der Operation trat eine Aphasie
und rechtsseitige Hemiplegie auf. Die Aphasie hatte seiner Beschreibung
nach einen motorischen Charakter. Die Aphasie besserte sich in einigen
Wochen. Nur eine Verlangsamung. der Sprache blieb zurück.
‘ Die Anfälle blieben nach der Operation ein Jahr lang aus. Erst
zu Beginn des Jahres 1923 traten neuerlich Anfälle auf. Diese Anfälle
beginnen mit einem Zittern des Unterkiefers und Schleimbildung im
Halse, dabei könne er nicht sprechen. Das Ganze dauert 2 Minuten.
Die Besinnung verliert er dabei nicht. - |
Es ist nicht sicherzustellen, ob die vor der Operation bestandenen
Anfälle epileptischer Natur waren. Dagegen spricht einerseits das
rasche Auftreten nach dem Unfall und das Fehlen von Zungenbiß
und Harnlassen; doch ist dies nicht entscheidend. Für den Fall
sind also zwei Auffassungen möglich:
Waren die Anfälle vor der Operation tatsächlich epileptisch,
so haben wir hier die Erscheinung, daß vor der Operation allge-
meine Anfälle mit rechtsseitiger Extremitätenaura bestanden, nach-
her aber partielle von Jackson-Typus mit einer motorischen
Apbasie. |
Dann wäre hier durch die Rindenläsion eine Verschiebung
und Konzentration der epileptischen Erregung auf das operativ
lädierte Rindengebiet erfolgt. Der Fall wäre dann ein Beispiel für
einen Vorgang, der dem gewöhnlichen Vorgang der Verallgemeinerung
von Jacksonanfällen gerade entgegengesetzt ist.
-. Handelt es sich aber um die zweite, nicht mit Sicherheit
auszuschließende Möglichkeit, daß die vor der Operation bestandenen
' Anfälle hysterische waren, dann haben wir hier eine scheinbare Um-
wandlung hysterischer Anfälle in epileptische mit einem spezifischen
Bild, das der operativen Hirnrindenläsion entspricht.
Welche der beiden Auffassungen auch richtig sein mag, sicher
ist, daß hier ein Anfallstypus, der nach traumatisch einwirkender
Situation aufgetreten ist, verändert wurde durch eine Hirnoperation.
Die Veränderung .erscheint‘ bedingt durch die Exstirpation eines
| Zentrums. In diesem Sinne ist der Fall ein Gegenstück zu dem
erst hier beschriebenen Falle, in dem die rein zentralen Bedingungen
durch die Wirkung von Situationen der Umwelt nachweisbar ver-
ändert worden sind.
Die hier mitgeteilten Beobachtungen haben theoretisch be-
sondere Beziehungen zu der Frage der Wandelbarkeit des Anfalls-
bildes bei Epileptikern, dessen hohe Konstanz nach allgemeiner
Anschauung nur durch das Auftreten spiegelbildlich entgegengesetzt
verlaufender Anfälle und, durch Erscheinungen der Verallgemeinerung
unterbrochen werden. Die Beobachtungen zeigen, daß in einzelnen
Fällen noch besondere Wechselwirkungen zwischen Innenwelt und
Umwelt dazutreten, die die Frage, ob hysterische oder epileptische
Mechanismen hier wirksam sind, im einzelnen schwer entscheidbar
machen. Aus diesem letzteren Grunde haben die hier mitgeteilten
Beobachtungen auch eine gewisse praktische Bedeutung für die
Unfallsbeurteilung. Es zeigt sich an ihnen z. B., wie leicht man
aus der bloßen Schilderung eines Anfalles den Eindruck gewinnen.
kann, daß es sich um psychogen bedingte Anfälle handelt, wodurch
man gelegentlich dem zu Beurteilenden Unrecht zufügen könnte.
%
Aus der Medizinischen Universitäts-Klinik Rostock
(Direktor: Prof. Dr. Hans Curschmann). -
Zur Symptomatologie der Biermerschen Krankheit.
. (Auf Grund von 165 Fällen.)
Von Dr. Fritz Strieck.
Die Symptomatologie der Biermerschen Krankheit ist bereits
in vielen Lehrbüchern und Monographien abgehandelt worden. Wenn
sie in dieser Arbeit nochmals dargelegt wird, so geschieht es des-
halb, weil in der Literatur eine ausführliche statistische Arbeit an
Hand eines besonders großen, seit Jahren einheitlich beobachteten
und untersuchten Materials in Deutschland nicht zu finden ist,
während in der amerikanischen und skandinavischen Literatur der-
artige Zusammenstellungen bereits vorliegen.
Zunächst lasse ich eine graphische Darstellnng aller Fälle
folgen, die die Verteilung auf die einzelnen Jahre erkennen läßt.
Es sind sämtliche Fälle von Biermerscher Krankheit, die von 1
bis 1922 in der Rostocker Medizinischen Klinik zu Beobachtung
kommen, im ganzen 165 Fälle.
Kurve 1.
TIITıLILTALT
EEREERELTGN,
HERE AA AHEM
NFASZHRENEE
REED
Auf die Morbiditätskurve möchte ich an sich keinen besonderen
Wert legen. Die Annahme. einer wirklichen Steigerung der Er-
krankungszahlen möchte ich aus ihr nicht schließen, denn es könnte
sich sehr wohl nur um eine häufigere Diagnostizierung des
Leidens gehandelt haben. Dies um so. mehr, als ja bekannt ist, daß
sich besonders im Greisenalter die Biermersche Krankheit recht
häufig unter der Maske einer „chronischen Herzinsuffizienz“, eines
„Marasmus senilis“ (Hans Curschmann) oder endlich unter der w-
BE GE N En
-
„nn
r =r m a A o Mg en u
-
- kennen.
CR. u MAM, Ere Mh O e e o’
2. N ovemiber 5
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
` geklärten Diagnose „Karzinomverdacht“ verbirgt. Immerhin beweisen
die Zahlen, die Steigerungen der Fälle bis zu 20 pro Jahr zeigen,
‚daß die Biermersche Krankheit eine häufige Krankheit hierzulande
ist, weit häufiger jedenfalls als eine Chlorose mit wirklich typischem
Blutbefund. Davon, daß die zweifellos abnehmende letztere Krank-
heit gleichsam durch die Biermersche Anämie abgelöst, bzw. ver-
‚drängt worden sei (im Sinne etwa einer Mutation), kann natürlich
keine Rede sein, da die beiden Krankheiten ganz verschiedene
Lebensalter und Konstitutionen zu befallen pflegen. u g
Auf das Blutbild möchte ich absichtlich hier nicht eingehen,
= da wir es ja aus den zahlreichen Arbeiten der letzten Jahre genau
Daß es sich in allen unsern Fällen um echte Biermersche,
Anämie handelt, darf auf Grund mehrfacher Blutbefunde und zumeist
lange dauernder Beobachtung als einwandfrei festgestellt gelten.
Beginnen wir mit den Frühsymptomen, d.'s. den Angaben,
die uns die Patienten in der Anamnese als erste von ihnen bemerkte
Beschwerden geben, so stehen die Beschwerden von Seiten des
Digestionstraktus in der überwiegenden Mehrzahl (d. i. in 86%) der
Fälle im Vordergrund: Magenstörungen, die sich in wöchselndem,
E Appetit, Aufstoßen, unregelmäßigem Stuhlgang, Diarrhoeneigung
ù. a. m. äußern. Sehr häufig ist bekanntlich eine Glossodynie,
(in 91% der Fälle), die sich später zur sogenannten Hunterschen
Glossitis entwickelt: Leichtes Brennen und Schmerzen der Zunge,
besonders der Spitze und der Ränder, einem Gefühl, das von einigen
Patienten mit dem einer verbrannten Zunge bei zu Starkem Tabak-
- rauchen identifiziert wird. Etwas seltener, als subjektive und ob-
jektive Zungensymptome sind solche von Seiten der Schleimhaut
der Gingiva, der Wangen und des Rachens. |
Was das Nervensystem anbetrifft, so ist neben den im Voll-
- bilde so ausgesprochenen Parästhesien, die sich in geringem Grade
auch als Frühsymptom sehr: oft finden, die ausgesprochene Spinal-
erkrankung (d. i. die’ funikuläre Myelitis verschiedener Form). als
Frühsymptom beachtenswert. Sie ist ein Syndrom, das neben dem
glossitisch-dyspeptischen unbedingt zu denen des „Initialstadiums“
zuzurechnen ist. Wenn die ausgebildete Spinalerkrankung auch
gegenüber den einfachen Parästhesien und Schmerzen an Häufigkeit
sehr nachsteht, so ist sie doch zur Frühdiagnose wichtig, zumal wir
durch Nonne, Hans Curschmann u.a. wissen, daß die Myelitis
dem Manistwerden der Blutveränderung bei der Biermerschen
Krankheit um Jahre vorausgehen kann.
Wenn wir nun einen Patienten mit dem Vollbilde der Biermer-
sehen Krankheit vor uns haben, so sind es meist die hochgradige
Schwäche, die als besonders quälend von den Patienten empfunden
wird, die gastrointestinalen Erscheinungen und die Nervenbeschwerden,
die. im Vordergrund der Klagen dieser Patienten stehen. Bei der
Untersuchung ist die hochgradige Blässe des Gesichtes mit der der
Biermerschen Krankheit so ungemein typischen gelblich-grau bis
- süubikterischen Verfärbung neben dem leidenden Gesichtsausdruck
so auffällig. Eine Gedunsenheit des Gesichtes ist kein hervor-
. stechendes Symptom, da es sich nur in verhältnismäßig wenigen
Fällen findet, meist nur da, wo auch Ödeme der verschiedensten
Art, an den Knöcheln und Unterschenkeln besonders, vorhanden sind.’
Der Ernäbrungszustand ist meist ein schlechter, zumal sich ja in
den allermeisten Fällen gastrointestinale Störungen zeigen, die in
Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfällen bestehen. Die Zunge ist
‚meist von der schon im Stadium der initialen Latenz erwähnten
Glossodynie bzw. Glossitis befallen (in 91% unserer Fälle). Die
: Kranken leiden sehr unter den Schmerzen, die sie meist an die
Spitze und den Rand, mitunter auch über die ganze Zunge lokali-
sieren. Viele klagen neben diesem Zungenschmerz über Wundsein
des Zahnfleisches, des Rachens, manche geben an, im Bereiche des
. ganzen Mundes, Schlundes und der Speiseröhre lebhafte Schmerzen
und starkes Brennen zu haben. Daß unter diesen Umständen die
Nahrungsaufnahme eine schlechte und demzufolge der Ernährungs-
zustand sich verschlechtert, ist zu verstehen. . Die Zunge er-
scheint in diesen Fällen gerötet, oft leicht mit kleinen Schrunden
und Rissen bedeckt und die Papillen leicht erhaben und hochrot.
Recht oft aber fehlte in unseren Fällen jede objektive
Veränderung der so schmerzhaften Zunge, abgesehen von der
im Alter so häufigen Schleimhautatrophie. |
Kleinere Haut- und Schleimhautblutungen wurden ge-
Jegentlich (in nur 6%) beobachtet, meist von Stecknadelkopfgröße
und am harten Gaumen lokalisiert. Zu erwähnen wäre noch das.
Nasenbluten, ein in schweren Fällen ziemlich häufiges Symptom.
, Die Haut war meist typisch verändert (in 62% unserer Fälle).
Die erscheint matt, nicht glänzend, fühlt sich trocken an und zeigt
einen abnorm blassen, leichenfarbenen Ton, der leicht ins strobgelbe
rs y T 2
A :
` . =
`
`
spielt. Die Haut läßt sich in Falten abheben, der Turgor ist er-
heblich herabgesetżt. Epidermisschüppchen liegen meist in großer
Menge lose 'äuf der Unterlage, so daß die Haut beim Berühren leicht
schuppt. Jedoch ist dieses Symptom nicht häufig. und’ charakte-
ristisch, wie die oben erwähnten.. Eine Neigung zu leichten ekze-
matösen Veränderungen, die gern rezidivieren, ist ‘in einigen Fällen
(3,6%) beobachtet, ebenso Urtikaria in zwei Fällen im Verlauf der
- Behandlung (1,2%).
Das Herz erscheint sowohl perkutorisch wie röntgenologisch
in etwa 30% der Fälle vergrößert. Der Spitzenstoß ist öfter etwas
andrängend. Auskultatorisch finden sich in den meisten Fällen,
d. i in 81%, anämische Geräusche, meist systolische. an der Pulmo-
nalis und der Spitze, oft über dem ganzen Herzen hörbar. Dia-
‚ stolische Geräusche waren äußerst selten (1,3% und natürlich stets
verdächtig auf gleichzeitige aortitische Klappenprozesse). Die Puls-
frequenz ist öfter gesteigert bis 110, meist aber normal. Der Blut-
druck ist meist normal, in wenigen Fällen vermindert, nie gesteigert.
Natürlich gilt diese Angabe nicht vom präfinalen Stadium, sondern
von der Zeit des üblichen Aufnahmebefundes. Es ist dabei zu ver-
muten, daß es sich bei dem „normalen“ Druck häufig um eine
relative Hypotension bei Individuen handelt, die ihrem Alter und
ihrer Arteriosklerose entsprechend eigentlich einen erhöhten Druck
gehabt hätten. Die Kranken klagen oft über Herzklopfen und
Druckgefühl am Herzen. so 2° | |
An den Lungen finden sich meist keinerlei objektive Er-
scheinungen; insbesondere scheint die Kombination von Lungen-
tuberkulose und Biermerscher Krankheit enorm selten.
biniert., Die Patienten haben nur selten über Lungenbeschwerden,
Atemnot oder Husten zu klagen. In 12 Fällen fand sich ver-
schärftes Atmen, das aber durch eine gleichzeitig bestehende leichte
Bronchitis erklärt wird. RE ne |
Am Magen findet sich als charakteristisches Symptom die
Achylia gastrica, die in fast allen unseren Fällen von Biermerscher
Krankheit gefunden wurde (98%). Lange Jahre vor Beginn irgend-
welcher Blutveränderungen ist sie oft festzustellen und neben den
Nervensymptomen der sicherste Fingerzeig für eine frühe Diagnose-
wir an der Martiusschen These fest, daß eine Anaemia gravis mit
positiven HCl-Werten meist keine echte Biermersche Krankheit
ist, wenn auch bisweilen das Blutbild dafür zu sprechen scheint. .
Röntgenologisch findet sich meist eine Hypermotilität des Magens -
‘mit beschleunigter Entleerung.
Eine geringe Erweiterung ließ sich
in 2 Fällen feststellen. Erbrechen und Aufstoßen sowohl nach dem
Essen wie unabhängig von der Nahrungsaufnahme. ist sehr häufig.
Je schwerer der anämische Zustand ist, desto heftiger sind die Er- `
Unter
unseren Fällen war nur ein einziger mit Lungentuberkulose kom- `
1589
‚stellung. Trotz der gegenteiligen Befunde von Knud Faber halten |
scheinungen von seiten des Magendarmkanals. Die Diarrhoen, die
seltener mit Obstipation wechseln können, sind ein Symptom, das `
sich schon früh findet und auf der Höhe des Leidens immer vor-
handen ist, in dem meist die Diarrhoen vorwiegen. Eine Druck-
empfindlichkeit oder Auftreibung des Leibes wird seltener festgestellt.
Milz und Leber sind in verhältnismäßig wenig Fällen (23%)
vergrößert, sind immer glatt und allermeist nicht druckempfindlich.. _
Insbesondere können wir die Angabe der Literatur von .der Häufig-
‚keit eines palpabeln Milztumors durchaus nicht bestätigen. Ä
Im Urin fand sich nie Zucker, in wenigen Fällen Albumen
8,4%), In vielen Fällen findet sich Urobilin und Urobilinogen,
% — es entspricht dies ja ganz der bisherigen Kenntnis —, die
Diazoreaktion war stets negativ. Das spezifische Gewicht war meist
normal, die Gesamtmenge ebenfalls, wenn auch im Ödemstadium
natürlich Oligurievorkam. Die Farbe istdunkelgelb, der Geruch normal.
Der Stuhl war meist frei von Parasiteneiern, in.einigen Fällen
wurden Askarideneier gefunden. Niemals fanden sich unter unseren:
165 Fällen solche mit Botriocephalus latus und Aneylostomum
duodenale. . Blut fand sich in einigen wenigen. Fällen im Stuhl.
In psychischer Hinsicht waren die meisten Patienten normal,
abgesehen von der Depression, die durch den allgemeinen Schwäche- '
zustand und: die übrigen quälenden Symptome bedingt ist. In
schweren Fällen ist Apathie, bisweilen Somnolenz zu beobachten,
die meist vor dem Tode auftritt. Halluzinationen und Delirien sind
in unseren Fällen nicht beobachtet. Einige Patienten klagten über
Träume, die sie oft sehr quälen.
erhöhte Reizbarkeit sind oft schon so frühzeitig vorhanden, daß
diese Patienten lange Jahre vor Auftreten der Anämie als „Neur-
astheniker“ behandelt werden. Jedoch haben auch wir in unseren
Fällen eine Reihe von anscheinend typischen konstitutionellen Neur-
asthenien gesehen, wenn auch im ganzen selten.
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Starke motorische Unruhe und
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2. November
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|, n 1540 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
|
‚ Bezüglich des Nervensystems zeigten sich häufig (in nicht
weniger als 86% der Fälle) Parästhesien an Händen und Füßen.
Die Angaben der Kranken über «Kribbeln und Ameisenlaufen an
nl Händen und Füßen sind ungemein charakteristische Symptome und
| i sind meist wieder neben der beginnenden Schwäche das erste An-
| zeichen, daß die Kranken in ein neues Rezidiv ihrer Erkrankung -
verfallen. Neben den Parästhesien sind auch oft Hypästhesien vor-
handen, weniger häufig Hyperästhesie, nie Analgesie. An den Re-
flexen sind sowohl Hyporeflexie als auch Arellexie bemerkenswert;
sie sind nicht häufig (15% der Fälle). Besonders sind die Knie-
und Achillessehnenreflexe herabgesetzt bzw. fehlend. Die eingangs
ee i erwähnten pseudotabischen Symptome sind zwar selten, doch muß
So i man sie zur Frühdiagnose kennen.
Der Klopfschmerz der langen Röhrenknochen und besonders
am Sternum ist ein Symptom, das häufig vorhanden ist und sich
meist in hochgradig anämischen Fällen findet. !
Die Sexualiunktion ist in etwa 1/, unserer Fälle gestört, bei
Frauen besteht Dysmenorrhoe bis Amenorrhoe, bei Männern finden
sich Potenzstörungen. |
Der Schlaf ist bei fast allen Patienten in schwer anämischen
Zuständen schlecht, bessert sich aber mit der Besserung des Blut-
bildes meist. | | er
An den Sinnesorganen sind häufig Störungen zu beob-
achten. Unter den subjektiven Symptomen waren es Öhrensausen
und das surrende Karotidenklopfen, die unangenehm und quälend
Be, Bit von den Patienten empfunden wurden. Herabsetzung der Hörfähig-
Se | | keit wurde in wenigen Fällen beobachtet. Während die Kranken
bereits von Hans Curschmann (im . Kurve 2,
Gegensatz zur bisherigen Lehrbuch-
meinung) hervorgehoben. Die Biermer-
sche Krankheit ist also allermeist ein
Leiden des Rückbildungsalters,
bzw. sie erreichtihren typischen Höhe-
punkt in diesem, genau so wie die
Chlorose in der Postpuberlätszeit des
. Weibes ihren typischen Termin hat.
Es ist diese Feststellung für die von
manchen angenommene pathognomo-
nische Bedeutung endokriner Vorgänge
für die p. A. von Bedeutung, wenn
auch immer wieder betont werden
muß, daß der Beginn des Leidens
lange Zeit vor aller weiblichen oder
männlichen Klimax liegt.
Zum Schluß lasse ich eine
Tabelle folgen, die den zahlen- | |
mäßigen Nachweis des Vorkommens und der Häufigkeit der einzelnen
Symptome darstellen sol. ` | k
Es fanden sich:
Symptome | Fälle | Symptome Fälle
m j
Früh-Symptome:
Diastol. Geräusche . | 3= 18
0... an dan Augen subjektiv außer Flimmern oder herabgesetzte Seh- | Nnkengenurörungen |19 = Ge | Bekeenkwanien || 462 3
a. | schärfe in einigen wenigen Fällen klagten, ist die en Spinalerkrankung ... | 3= 18| Achylia gastrica. . . |168= 98
| hintergrundsveränderung häufig und typisch. Kleine und | Vollbild: Gesteigerte Motilit. . | 124 = 73
| größere striehförmige Blutungen in die Netzhaut (in nicht weniger | Typ. Aussehen .... |1589= 96 | Milz-und Lebervergr. | 38= 28
als 61% der Fälle) heben sich scharf von dem blassen Hintergrund
Ödeme: & Beine... | 89= 55 | Albumen im Urin...
ab. Die Papille erscheint abgeblaßt. Die Blutungen sitzen meist j
b) Gesicht. | 8= 4,8| Urobilin, Urobilinog. |189 = 84
Z
-
He la a FE = Beine
Te, 5 5 = 2
Treten A Se
in der Makulagegend, oft neben den stark geschlängelten Gefäßen | Ernährungszustand Parästhesien ..... |143 = 86
verlaufend. Die Blutungen erfolgen schubweise, ‚denn neben alten a ash ve = BE en a í t u 7
i er ee a sioh bai wiederholten Unter- x a ERS u = n r ee a EN i k = n
4 | En sodynie... = 1, enbeschwerden . =
W Erhöhte Temperaturen finden sich in der großen Mehrzahl Hantbiotungen ji ... | 10= 6 Augenbeschwerden .| 21= 12
ii: der Fälle (86%), teils kontinuierlich hoch, teils subfebril mit einigen | Nasenbluten....... 43 = 26 | Retinablutungen .. . |112= 61
y Aufwärtsbewegungen. Ein charakteristisches Verhalten des Tempe- | Typ. Hautbeschaffenh. |103 == 62 | Erhöhte Temperatur |142 = 86
ve raturverlaufes findet sich nicht, doch kann man sagen, daß die | Ekzem ......... 6= 3,6| Schwitzen. ...... 26
T ` Progression ohne Zweifel mit Neigung zum Fieber (besonders noch | Urtikaria ....... 2= 1,2| Erhöhte Pora a t
7 ad finem) verläuft, während gegen die Remission zu die Tempe- | Dilatatio cordis... 30 | Anormal. psych.Verh. =
raturen normal zu werden pflegen. Anäm.Geräusche syst. |134 = 81 |Lues...... ee 8
Weiter ist noch ein Symptom zu erwähnen, das sich in 26%
‘der Fälle findet und mir bei der Durchsicht der Literatur in keiner
Arbeit erwähnt scheint: die oft sehr starken Schweißausbrüche.
Sie werden sowohl anamnestisch, wie in der klinischen Behandlungs-
en i zeit beobachtet. Meist findet sich das Schwitzen in schweren Fällen.
EEEE: i | Mit der Besserung des Blutbildes und dem Zurückgehen der übrigen
Burn klinischen Symptome verschwindet auch das Schwitzen. Irgendein
Aus der II. Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses
im Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. M. Katzenstein).
Erfahrungen mit der Funktionsprüfung des Herzens.
Zusammenauftreten von diesem Symptom mit der Höhe oder den |; Von Dr. Franz Sobolowski, ehemaligem Assistenzarzt der Abteilung.
ed Schwankungen der Temperatur oder mit „Blutkrisen“ besteht nicht. Die von Katzenstein 1904 angegebene Methode der Herz-
. | Die Verteilung der Biermerschen Krankheit auf die Geschlechter
A P
funktionsprüfung (F. P.) durch Kompression der Artt. femorales habe
Fa Merle - war in unseren Fällen derart, daß sich 109 Männer und 56 Frauen | ich selbst in den Jahren 1920/21 und später andere Assistenten an
fanden, also doppelt soviel Männer, als Frauen. Es entspriclit das
A SE dem Material der II. Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses im
a | keineswegs der bisher meist angenommenen größeren Morbidität der | Friedrichshain nachgeprüft und sie ist seitdem eine vor großen
en Frau (Morawitz, Laz arus), kann aber wohl auch durch Zufälle | Operatiónen stets ausgefübrte und unentbehrliche Untersuchungs
bedingt sein. — 0 l . l : methode geworden. Bereits 1915 hat Katzenstein seine Er-
Von Wichtigkeit scheint mir auch die Verteilung auf die | fahrungen mit dieser Methode an etwa 3000 Fällen veröffentlicht,
En AE einzelnen Lebensjahre zu sein. Ich lasse eine Tabelle und Kurve
i
N | folgen, die die Verteilung erkennen läßt.
Zweck der F. P., speziell für den Chirurgen ist: festzustellen,
Es waren erkrankt von:
wie weit das Herz fähig ist, den gesteigerten Anforderungen der
Operation und Narkose noch zu genügen. Die übliche Auskultation
Nr. 1: 10—20 Jahren — Nr. 5: 51—60 Jahren 73 Fälle und Perkussion gibt über die wahre Herzkraft keine Auskunft.
Se ee. a | Die Ergebnisse, die ich mit der Prüfung gemacht habe, decken
” 3: 81—40 „ 16 ” N 7: 71-80 ” 3. m
4: 4-50 „n 42
Wir sehen in der graphischen Darstellung steiles Ansteigen
der Werte, das sein Maximum bei 5, d. h. in einem Alter zwischen
50 und 60 Jahren hat, und dann ein ebenso steiles Absinken der
Zahlen. Praktisch hat diese Feststellung folgenden Wert: Die
Biermersche Krankheit findet sich, wenn auch sehr selten, in den
zwanziger Jahren, sie wird häufig erst vom 41.—50., erlebt aber die
bei weitem größte Steigerung zwischen dem 51. und 60. Jahre
(73 Fälle!). Aber auch das eigentliche Senium ist relativ oft be-
fallen: 25 Fälle zwischen 61. und 70. und 3 zwischen dem 71. und
SO. Jahr. Diese Häufigkeit der senilen Biermerschen Anämie wurde
Ir)
sich im allgemeinen mit den von Katzenstein veröffentlichten
Erfahrungen.
Wir haben, wie es Katzenstein angegeben hat, am auf dem
Rücken liegenden Patienten mit den 3 Mittelfingern jeder Hand die
Artt. femorales direkt am Lig. inguinale getastet und zunächst ohne
jeden Druck den Puls der Femorales pro Minute gezählt. Nach
| Feststellung desselben werden für 2 Minuten beide Arterien al
derselben Stelle mit denselben Fingern abgeklemmt. Nach Ab
lauf der 2 Minuten wird der Puls unter Fortdauer der Abklemmung
wieder gezählt und mit dem vor der Kompression ermittelten ver
glichen. Ist die Pulszabl bei der Kompression gegenüber der vorber-
gehenden vermindert oder auch gleichbleibend, so nehmen wir das
. Operation teils mit Recht abgelehnt, teils nur auf dringenden
2. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
1541
an mn ne E ED EEE Vor ES EEE EEE EEE EEE EEE EEE. —
Vorhandensein ausreichender Kraft des Herzens an. Ist die Puls-
zahl um 2 bis 6 Schläge in der Minute vermehrt, so ist das Herz
zwar als geschädigt, aber nicht als funktionsuntüchtig anzusehen.
Vermehrung der Pulszabl bei der Kompression um 8 bzw. mehr
Schläge läßt auf einen schwer geschädigten Herzmuskel schließen.
Dabei haben wir in keinem Fall die Perkussion und Auskultation
vernachlässigt.
Zu bemerken ist noch, daß Katzeustein auch die Blutdruck-
messung vor und bei der Abklemmung der Artt. fordert.
Wir führen sie aus, um einen Unterschied festzustellen. Da
aber in der Praxis schon die Pulszählung brauchbare Resultate er-
zielt, berichten wir in Folgendem nur über diese. |
Aus der großen Zahl der geprüften Fälle, die den Wert der F. P.
nach Katzenstein mit Sicherheit beurteilen lassen, will ich nur die
prägnantesten anführen. | i
1. Frl. C., 22 Jahre alt, wird am 27. Dezember 1920 wegen Duo-
denalulkus eingeliefert. Sie ist durch Schmerzen im Oberbauch in ihrem
Ernährungszustand (E. Z.) außerordentlich heruntergekommen. Bei der
Herzuntersuchung wird über allen Herzostien, am schärfsten über der
Pulmonalis, ein systolisches Geräusch festgestellt. Der Puls ist trotz
normaler Temperatur und mehrtägiger Bettruhe auf über 90 Schläge
erhöht, klein, regelmäßig. Bei mehrmaliger Abklemmung der Artt.
femorales wird jedesmal eine Herabminderung der Pulszahl von 2—6
Schlägen festgestellt. Die Operation wird deswegen ohne Bedenken
in Allgemeinnarkose auagetührt: Sie ergab zwar kein Duodenalulkus,
aber eine schwer veränderte Gallenblase mit großem Solitärstein im
Ductus cysticus. Die Gallenblasenexstirpation gestaltete sich wegen
zahlreicher Verwachsungen sehr schwierig und länger dauernd. Trotz-
. dem glatter Heilungsverlauf ohne Komplikationen.
2. Anton L., 50 Jahre alt, wurde am 27. Januar 1921 wegen
Tumor in abdomine mit blutigen Stühlen und Erbrechen eingeliefert.
Die Erkrankung bestand bereits 3 Wochen.
Befund: Außerordentlich kachekt. Allgemeinzustand. Trockene
borkige Zunge. Wegen eines das Colon ascendens und transversum
See gleichmäßigen Tumors wird die Diagnose Invagination
gestellt,
Herz: Dämpfung nach links, fingerbreit über die linke Mamillar-
linio hinausreichend. Töne unrein. Aktion unregelmäßig. Bei der
Abklemmung der Femoralis nimmt die Irregularität des Pulses nicht
zu. Die Pulszahl selbst wird um 4 vermindert. Deswegen wird die
Operation im Chloräthylrausch riskiert. Die vor der Operation ge-
stellte Diagnose bestätigt sich: Es handelt sich um eine Invagination
des Dickdarms, hervorgerufen durch ein eigroßes Fibrom. Resektion
des invaginierten Dickdarmstückes und Schluß der Bauchwunde in
einer Sitzung. Glatter Heilungsverlauf.
In diesen beiden Fällen haben wir uns durch den Auskultations-
und Perkussionsbefund des Herzens nicht beeinflussen lassen, sondern
allein der F. P. vertraut, die eine genügende Kraft des Herzmuskels
anzeigte, so daß man den Kranken die eingreifenden Operationen einer
Gallenblasenexstirpation und Diekdarmresektion zumuten durfte.
Alugegen haben wir bei Fällen, wo Auskultation und Perkussion
nichts besonderes am Herzen ergab, aber die Abklemmung der Femo-
ralis eine Vermehrung des Pulses um 8 und mehr Schläge zeigte, u
unse
des Kranken oder seiner Angehörigen ausgeführt.
3. Frau Luise M., 65 Jahre alt, wurde am 6. September 1920 wegen
Magenschmerzen, Gelbsucht und angehaltenem Stuhl auf die chirurgische
Abteilung eingeliefert. . l :
Befund: Sehr hinfällige Frau in stark reduziertem E. Z., stark
auigetriebener Leib und Druckschmerzhaftigkeit im Oberbauch.
Diagnose: Gallensteine, Ileus.
~ Auskultation und Perkussion des Herzens ergeben außer einer
geringen Verbreiterung des Herzens nach links und rechts nichts
besonderes. Die F. P. aber, die an drei auf einander folgenden Tagen
k einmal ausgeführt wird, ergibt eine Vermehrung des Pulses um 8
is 10 Schläge. Die Operation wird deswegen abgelehnt. Nachdem
der Stuhl einigermaßen in Gang gebracht und der Leib abgeschwollen
ist, wird M, zur Weiterbehandlung auf die innere Abteilung verlegt,
wo sie nach 3 Wochen gestorben ist. Die Sektion ergibt außer Gallen-
steinerkrankung eine schwere parenchymatöse Degeneration und Lipo-
matose des Herzens.
4, Frau Anna F., 57 Jahre alt, wurde am 5. März 1921 einge-
liefert. Es bestanden bei ihr seit 7 Tagen heftige Schmerzen in der
Gallenblasenge end, seit 60 Stunden E
gang von Winden.
Befund: Sehr verfallener Zustand. Leib sehr aufgetrieben.
Sensorium frei. Puls deutlich abgesetzt, regelmäßig, aber klein. Herz:
enzen und Töne o. B. Die sofort angestellte F. P. ergibt eine Ver-
mehrung des Pulses um 16 Schläge.
Diagnose: Gallensteine, Peritonitis.
Ich Professor Katzenstein, der bei der Einlieferung zugegen ist,
Eee Operation wegen des schlechten Ausfalls der F. P. als aus-
den Vertreter des Chefs doch zur Operation. Sie erfolgt 6 Stun
nach der Aufnahme. Bei der Laparotomie ergibt sich, daß die Peri-
rbrechen, kein Stuhl, kein .
os ab. Inzwischen sind die Verwandten gekommen und ran. bin I
en
tonitis, die von der Perforation der Gallenblase ausgegangen war, schon
sehr vorgeschritten war. Es wurde daher von jedem weiteren Eingriff
abgesehen. 8 Stunden post operationem Exitus. Die Sektion ergab
schlaffes, braunes Herz, Dilatation beider Herzventrikel, parenchymatöse
Degeneration von Herz, Nieren, Leber. Mesaortitis luetica.
5. Frau Bertha B., 53 Jahre alt, wird am 2. April 1924 wegen
Struma mit Atemnot und .Schluckbeschwerden eingeliefert.
Befund; Schwächliche Frau mit schlechtem E. Z. Faustgroße ..
Struma zu beiden Seiten des Halses, die wahrscheinlich auch unter
das Sternum reicht.
Große Atemnot, deutlicher: Stridor, Sprache heiser.
Herzgrenzen nach links einfingerbreit über die linke Mamillar-
linie verbreitert. Töne o. B. Aktion regelmäßig, 80 Schläge pro
Minute. F. P. des Herzens am folgenden Tage ergibt selbst nach
Morphiumgabe einen schlechten Ausfall. Steigen des Pulses um
12 Schläge. Die Operation erscheint daher aussichtslos.. Da aber die
Atemnot trotz Morp N zunimmt, und eine Tracheotomie wegen .
der großen Ausdehnung der Struma nicht zum Ziele führen kann, wird
dennoch die Operation gewagt, weil man die Patientin nicht ersticken
lassen will. Die Operation wurde in Lokalanästhesie rasch und ohne
nennenswerten Blutverlust ausgeführt, und ergab keine allzu großen.
Schwierigkeiten. Es wurden beide Artt. thyreoideae sup. und die
inferior dextra unterbunden, die Struma selbst bis auf kleine Reste
reseziert. 24 Stunden post operationem unter den Zeichen der Herz-
schwäche Exitus. Die
des Herzmuskels und Hypertrophie des linken Ventrikels. Die mikro-
skopische Untersuchung des Struma ergab: Einfache Struma, vereinzelte
Stellen mit kleinen Kolloidknoten, in der Umgebung schlechte Kern-
zeichnung Rundzellenansammlung. l
Aber nicht nur für die Tüchtigkeit des Herzens gab uns die
F. P. brauchbare Resultate. Wir hatten außerdem Gelegenheit, bei
Karzinomkranken eine interessante Beobachtung zu machen. Die
F. P. ‘ergab in Fällen, wo das Karzinom sich als noch operabel
erwies, meistens ein gutes Resultat, d. h. eine Verminderung der
Pulszahl. Hierfür ist besonders folgender Fall lehrreich.
6. Wilhelm H., 66 Jahre alt, am 10. November 1920 wegen
Geschwulst in der Magengegend, die bereits ein Vierteljahr vom
Patienten selbst wahrgenommen wird, und zunehmender Abmagerung
eingeliefert.
Befund: Kachektischer Mann im stark reduzierten E. Z. Herz: `
Grenzen o. B. Erster Ton an der Spitze un Puls regelmäßig.
Arteriosklerotische Verhärtung der fühlbaren Arterien. In der Magen-
grube Besen Tumor fühlbar.
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agnose: Carcinoma ventriculi. Befund.und langes Bestehen |
lassen auf Inoperabilität schließen. _ Ä
Die F. P. des Herzens zeigte im Verhältnis zu dem schlechten
Allgemeinzustand auffallenderweise eine Veränderung der Pulszahl um
nur 4 Schläge. Trotz: der anscheinend noch genügenden Kraft des
Herzens sollte wegen der Aussichtslosigkeit, den Tumor zu entfernen,
von der Operation Abstand genommen werden. Sie wird aber auf
ganz besonderen Wunsch des Patienten doch ausgeführt.. Es zeigt
sich hierbei, daß das Karzinom nur die Vorderwand des Pylorus
befallen hat. Keine fühl- oder sichtbaren Metastasen. Der Pylorus läßt
sich mitsamt dem Karzinom ausgezeichnet entfernen. Dieselbe Beob-
'achtung, gute Funktion bei Operabilität, machten wir bei 15 von
20 Fällen. (Carcinoma uteri, ventriculi, coli, mammae.)
Wir haben uns das so erklärt, daß bei gut entfernbarem i
Karzinom 'die Intoxikation des Körpers im allgemeinen und des Herzens `
m besonderen noch nicht so weite Fortschritte gemacht hat, daß der
Herzmuskel wesentlich geschädigt ist. |
- Eine weitere Nachprüfung dieser Erfahrung an einem größeren
Material dürfte sehr zu empfehlen sein, besonders bei Carcinoma
uteri, da ja hier, abgesehen von ganz desolaten Fällen, nur die
Probelaparotomie über die Operabilität Aufschluß gibt. n
Man hat in früheren Entgegnungen der F. P. nach Katzen-
stein vorgehalten, daß sie bei nervösen Patienten versage, 'weil bei
diesen während der Ausführung der Prüfungen auch ohne vor-
handene Herzschädigung eine Vermehrung der Pulszahl eintrete.
Auch wir haben diese Erfahrung: hin und wieder bei Frauen gemacht
und kamen darauf, bei derartigen Patienten Morphium eine Stunde
vor der F. P. zu geben. Es ergab dann die F. P. auch hier ein
brauchbares Resultat. | |
Nicht allein an operativen Fällen haben wir die F. P. nach-
geprüft, sondern auch an Kranken, die für eine Operation nicht in
Betracht kamen. So z. B. an zahlreichen Frauen, die wegen Sepsis .
nach Abort im Friedrichshain. eingeliefert wurden. Hier zeigte die
F. P. parallel mit zunehmender Besserung ein Abnehmen und bei
fortschreitender Verschlimmerung ein Zunehmen der Pulszahl, so
daß man in der Lage war, dubiöse und sich lang hinziehende Fälle
prognostisch richtig zu beurteilen. |
In den letal verlaufenden Fällen letzterer Art wurde durch. .
die Sektion entsprechend der Vermehrung des Pulses auch ein
entsprechend degeneriertes Herz nachgewiesen. |
Starke Venenzeichnung an Hals und Brust. |
ektion ergab schwerste fettige Metamorphose
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‘Zusammenfassend ergab sich aus den systematischen Beob-
achtungen für die F. P. des Herzens nach Katzenstein:
1. Der gute Ausfall der F. P. ermutigte uns, Kranke schweren
radikalen Operationen zu unterziehen, die sonst wegen des un- .
günstigen Auskultations- und Perkussionsbefundes abgelehnt oder
nur Notoperationen unterzogen worden wären, und wir haben gute
Erfolge gesehen. | |
2. Hingegen wurden Fälle, die auskultatorisch und perku-
torisch nichts Besonderes boten, aber eine schlechte Herzfunktion
zeigten, vor unnützen Eingriffen bewahrt. Mit der Operation wäre
een nur eine Beschleunigung des letalen Ausganges erreicht
worden.
3. Bei bösartigen Geschwüsten der inneren Organe scheint
die F.P. ein guter Indikator für die Operabilität zu sein.
4. Bei sonstigen schweren Erkrankungen, z. B. Sepsis, bietet.
die F. P. einen Anhaltspunkt für die Prognose.
5. Bei leicht erregbaren Patienten wird die nervöse Kompo-
nente am zweckmäßigsten durch Morphium vor der F. P. ausge-
‚schaltet. -
Literatur: 1. Kocher, Chirurg. Operationslehre 1907. — 2. D.m;W. 1904,
Nr. 22 u. 23. — 3. Zschr. f. klin. Med. 1906, Bd. 60. H. 1 u. 2. — 4. D.m.W. 1915, Nr. 16. —
5. Zsobr, f. Geb. u. Gyn. Bd.87. — 6. Q. Schapiro, Russki Wratsch 1881, Nr.10, 11, 30.
Krätzebehandlung mit Ecrasol.
Von Dr. Eblinger, Leipzig,
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Welche Bedingungen muß ein allen Ansprüchen gerecht-
werdendes Antiskabiosum erfüllen?
1. muß dasselbe eine möglichst große Tiefenwirkung
haben, da sich bekanntlich die weibliche Sarcoptes hominis im
Stratum corneum bis zum Rete Malpighii einbohrt, Es genügt also
nicht, daß das Mittel, ähnlich wie bei einer Epizoenbehandlung,
lediglich die Oberfläche der Haut therapeutisch beeinflußt, sondern
es muß unbedingt bis in die tiefsten Schichten der Epidermis ge-
langen, um die dort befindlichen Milben, deren Gänge immer zwischen
verhornten Zellen gelegen, stark gekrümmt und geknickt und daher
schwer erreichbar sind, mit Sicherheit abtöten zu können. Zu diesem
Zweck muß das Medikament von der Haut absorbierbar sein. Dies
ist aber nur möglich, wenn es wasserlöslich ist, damit es, in
den wäßrigsalzigen Absonderungen der Haut gelöst, weiter in die
Poren eindringen kann, und nicht, wie dies bei verschiedenen Salben
und öligen Präparaten der Fall ist, schon an der Oberfläche durch
fettige Verklebung weniger wirksam wird.
2. ist die absolute Reizlosigkeit und Unschädlichkeit
des Mittels ein wesentlicher Faktor, der bei dessen Auswahl eine
große Rolle spielt. Da die zwischen den Hautschichten herum-
kriechenden Tiere das Gewebe unterhalb des Milbenganges reizen
. und lädieren, darf das Antiskabiosum keinerlei Reizstoffe enthalten,
um die entzündlichen Vorgänge nicht noch zu steigern, anstatt die-
selben zu heilen. Vor allen Dingen ist dies wichtig bei Kindern,
Frauen mit zarter Haut, Gravidität, Albuminurie, chronischen: Er-
krankungen nnd intensiven Pyodermien. i
3. verlangt man von einem erstklassigen Präparat größte
Sauberkeit, Geruchlosigkeit und bequeme Anwendungs-
möglichkeit. |
Die früheren Medikamente (Perubalsam, Teer, Styrax) ließen
da in jedem dieser 3 Punkte viel zu wünschen übrig. Besonders
war es der penetrante Geruch, der die ambulante Behandlung, zu-
mal in der Privatpraxis, erschwerte und meistens unmöglich machte,
dann aber auch die unbequeme, unsaubere Art der Applikation
neben der empfindlichen Beschmutzung und Schädigung der Wäsche,
die dem Arzt wie dem Patienten die. Therapie erschwerten und
manchen Verdruß bereiteten. |
4. ist es die Billigkeit neben größter Leistungslähigkeit,
die einem Antiskabiosum den Vorrang verleiht. Gerade dieser Punkt
war stets in der Kassen- und Massenbehandlung die größte Crux,
da man sich immer auf die billigsten (natürlich auch entsprechend
mangelhafteren) Mittel beschränken mußte.
Ich möchte die Aufmerksamkeit auf ein Präparat lenken, mit
dem ich etwa 2 Jahre an ungefähr 70 Skabiesfällen Versuche an-
gestellt habe und das ich, allen obigen Bedingungen entsprechend,
sehr brauchbar halte. Es handelt sich um Eerasol-Schuerholz,
ein Styraxsalizylsäurepräparat, welches neben den wirksamen
Bestandteilen des Styrax noch die juckstillenden und
hornhautlösenden Eigenschaften der Salizylsäure enthält.
Außer mir hat sich das Mittel schon anderen, Richter (1), Muel-
ler (2), Kiess (8), Schaefer (4), Fuchs (5), Vitting (6), El-
binger (7), Haller (8), als zuverlässig erwiesen.
Die Anwendungsweise war stets folgende: Nach einem gründ-
lichen heißen Seifenbad wurde der ganze Körper, vom Hals bis zu
den Finger- und Zehenspitzen, an 3 aufeinanderfolgenden Abenden
-mit Ecrasol kräftig eingerieben. Am 4. Tage Reinigungsbad. Körper-
und Bettwäsche wurden ausgekocht und die während der Krankheit
getragenen Kleidungsstücke geklopft und mehrere Wochen gründ-
lich gelültet. |
Das Jucken verschwand meistens schon nach der ersten Ein-
reibung. Es. trat niemals eine medikamentöse Reizung der Haut
oder der Nieren auf; dies bezieht sich hauptsächlich auf das seit
Jahresfrist nach verbesseriem Fabrikationsverlahren hergestellte _
Ecrasol, welches auch bei längerer Lagerung stets konstant bleibt,
ohne irgendwelchen Bodensatz zu bilden; auch wurde, was bei
früheren Behandlungsmethoden sehr verpönt war, keine Schädigung
der Wäsche beobachtet. Manchmal stellte sich ein postskabiöses
Jucken ein, das aber nur eine Folge der artifiziellen Hautreizung
‚war und auf Zinkpuderbehandlung hin sehr bald verschwand. Es
kamen bei genauer Befolgung der Vorschriften, vor allen Dingen.
bei richtiger Wäschedesinfektion, keine Rezidive vor, wohl aber sah
ich verschiedene Neorezidive, die auf ungenügende Desinfektion der
Körper-, Bettwäche oder der Kleidungsstücke zurückzuführen waren.
Ich mußte diese Rückfälle deshalb für Neorezidive halten, da der
frische Ausschlag an ganz neuen, vorher nicht infizierten Stellen
auftrat, während die alten Herde abgeheilt waren und die üblichen
. reaktionslosen Pigmentationen zeigten. Nach. erneuter Ecrasolkur,
bei genauer Einhaltung der Desinfektionsvorschriften, heilten_ auch
diese Fälle restlos ab.
Außer bei Skabies versuchte ich das Eerasol mit gutem Er-
folg bei Pseudokrätze, postskabiösen Eczemen, impetiginösen und
pruriginösen Ekzemformen, Trichophytien und war manchmal von
der guten Wirkung überrascht.
Zusammenfassend läßt sich Folgendes sagen:
Das Ecrasol stellt ein Antiskabiosum dar, das alle
Bedingungen eines erstklassigen Krätzemittels restlos
erfüllt. Es besitzt, da es völlig wasserlöslich ist, eine
unerreichte Tiefenwirkung, garantiert also bei richtiger
AnwendungvollenErfolg,verbreitetkeinen unangenehmen
Geruch, schädigt die Wäsche nicht, ist absolut reizlos
und nicht teurer, eher billiger als die anderen paten-
tierten Skabiesmittel. Eine 1I00g-Originalflasche, gleich-
zeitig Kassenpackung, kostet ab 1. September 1,50 Mk. (früher 2 Mk.).
Ich kann also das Ecrasol als ein ideales Anti-
skabiosum sehr empfehlen und möchte zu weiteren Ver-
suchen, auch bei obenerwähnten, nichtskabiösen Er-
krankungen, hierdurch Anregung geben:
Literatur: 1. Richter, M. m. W. 1923, Nr. 52, S. 15%8. — 2. Mueller,
D.m. W. 1921, Nr.18, S. 510. — 3. Kiess, M. m. W.1922, Nr.37, S.1835. — 4. Schae-
for, Ther. Monatsh, Jahrg. 88, 19. Dez. — 5. Fuchs, Arztl. Zentralanz., 23. Juli
1921. — 6. Vitting, Rhein. Ärztekorresp., Barmen, Okt. 1922. — 7. Elbinger,
Fortschr. d. Med. (einger.), — Haller, Guogyaszat Budapest, Okt. 1921.
‚Buccotropin,
ein neues Kombinationspräparat in der Urologie.
(Vorläufige Mitteilung.)
Von Dr. Wilhelm Karo, Berlin.
Das zuerst von Ehrlich wieder zur Geltung gebrachte uralte
Prinzip der Kombinationstherapie hat uns im Laufe der letzten
Dezennien eine Reihe wertvoller Präparate beschert, als deren
neuestes mir das Buccotropin von der Firma Dr. Laboschin, A.-G.
Berlin, zur Begutachtung zur Verfügung gestellt wurde. Die Bucco-
tropintableiten enthalten als wirksame Bestandteile Extr. Bucco,
Hexamethylentetramin, Natriumsalizylat, Natr. benzoieum und Mono-
bromkampfer. Aus dieser Komposition ergibt sich von selbst das
Indikationsgebiet, sind doch Buccoextrakt und Hexamethylentetram!n
die souveränen Mittel bei entzündlichen und infektiösen Prozessen
innerhalb der Harnorgane, ebenso ist die in Form des salizylsauren
Natriums dem Präparat einverleibte Salizylsäure ein alibewährtes,
schmerzlinderndes und zugleich antiseptisch wirkendes Heilmittel.
Ein prinzipielles Novum gegenüber den bisher. gebräuchlichen
urologischen Kombinationspräparaten bedeutet das Natr. benzolcuM
im Buccotropin. Die Benzoesäure und deren Salze, ganz besonders
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aber das Natr. benzoicum, besitzen ganz hervorragend antiseptische
Eigenschaften; ohne örtlich zu reizen, übertrifft das Natr. benzoic.
an fäulnishemmender Wirkung bei weitem die Salizylsäure, daher
wirkt es verblüffend rasch und intensiv z.B. bei der Koliinfektion
auf den Darm, insbesondere aber auch auf die Harnwege. Zweifellos
ist gerade diese Komponente des Präparates die Ursache für die
prompte harnklärende Wirkung des Buccotropins bei der bakte-
riellen Zystitis und Pyelitis. Die Einführung des Monobromkampfers
in die Komplexe des Buccotropins entsprach dem Wunsche, das
Buccotropin zu einem wirksamen Mittel gegen die speziell bei
akuter Urethritis posterior so lästigen und gefährlichen Erektionen
zu gestalten. Dank dem Monobromkampfer hören unter dem Ge-
brauch des Buccotropins die schmerzhaften Tenesmen auch bei
Cystitis colli und Schrumpfblase auf. Die Pausen zwischen den
Miktionen werden größer. Ebenso günstig wirken die Tabletten auf
die speziell bei der akuten Gonorrhoe so überaus lästige, krankhaft
gesteigerte Libido sexualis.
Aus der Zusammensetzung des Buccotropins ergibt sich von
selbst die Indikation für dessen Anwendung. Die Erwartungen,
die sich auf Grund seiner Komposition mit dem Buccotropin ver-
knüpfen, haben sich in der Praxis voll und ganz erfüllt. In einer
späteren Arbeit sollen die einzelnen Gruppen der urologischen
Krankheitsbilder, ‚die erfolgreich mit Buccotropin behandelt worden
sind, ausführlich beschrieben werden. Mit der weiteren Anwendung
des zweifellos recht guten Präparates wird sich der Indikations-
kreis sicherlich erweitern. Ä
Die Buccotropintabletten werden
lästige Nebenerscheinungen habe ich bei deren Anwendung nie
beobachtet. Die. durchschnittliche Dosis betrug 3 bis 6 Tabletten
pro die, am zweckmäßigsten unmittelbar nach der Mahlzeit.
Als Ergänzung zu dem Buccotropin stellt das Buccosan
derselben Firma einen überaus wirksamen Tee dar, in dem als
besonders therapeutisch wirksam die kieselsäurehaltigen Drogen
nach einem eigenen Verfahren mit Natrium benzoic. und Hexa-
methylentetramin imprägniert sind. Buccosan erscheint mir bei
den Krankheiten der Harnorgane als ein vollwertiger Ersatz der
üblichen, für‘ viele Kranke jetzt unerschwinglich teuren Mineral-
wasserkuren. |
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus der II. Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses im
Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. P. F. Richter).
Über den Einfluß parenteraler Proteineinverleibung
auf die Funktion des gesunden Magens.
Von Dr. Hans Jacoby.
Nach Weichardt (1, 2) und der Mehrzahl der jüngeren
Forscher beruht das Wesen der unspezifischen Proteinkörpertherapie
in einem durch parenteral einverleibte Proteine ausgeübten Reiz auf
sämtliche Zellen des Organismus. Die Folge davon muß eine ver-
mehrte Bildung von spezifischen antikörperartig wirkenden Substanzen
und eine erhöhte Funktion aller Organe mit spezifischer Tätigkeit,
wie Drüsen u. a., sein (Leistungssteigerung Weichardts [1, 3]).
Diese Anschauung, als Grundlage der Proteinkörpertherapie, läßt
sich an keinem Organ, bei dessen Krankheiten die Proteinkörper-
‚therapie angewandt worden ist (Krankheiten der Haut, der Gelenke,
des Harnapparats, des Auges, des Ohres usw.) so gut experimentell
prüfen, wie gerade beim Magen- mit seinen leicht zu gewinnenden
Sekretionsprodukten. Nun ist auch von einigen Klinikern (4, 5, 6)
der Mageninhalt nach Proteineinverleibung untersucht worden. Diese
Autoren waren jedoch gezwungen, den Mageninhalt mittels Magen-
schlauchs oder Duodenalsonde zu gewinnen. Da aber diese Methodik
unberechenbare Reize bedingt, so mußten durch sie die Versuchs-
bedingungen derart verdunkelt werden, daß diesen Versuchen nicht
die Stelle exakter physiologischer Experimente zukommen kann.
So erklären sich wohl auch die verschiedenen Ergebnisse der
einzelnen Autoren. |
Wir waren durch Zufall in die Lage versetzt, den oben ge-
stellten Ansprüchen weitgehend zu genügen. Es lag gerade ein
14jähriger Patient auf der Abteilung, bei dem vor einem Jahre
wegen einer Säureverätzung der Speiseröhre mit nachfolgender
Striktur derselben eine Gastrostomie gemacht worden war. Dank des
vom Chirurgen damals in den Magen eingelegten Dauerschlauchs
fiel also hier das bei allen Forschern bisher notwendige Aushebern
mittels Magenschlauchs bzw. Einlegen einer Verweilsonde fort und
damit eins der vom Beobachter nicht zu übersehenden, die Ver-
suchsbedingungen wesentlich beeinträchtigenden mechanischen und
psychischen Momente.
‚, „Als Maßstab für die Magenfunktion wurde die Titrationsazidität,
die H-Ionen-Konzentration und der Fermentgehalt des Mageninhalts
genommen, in der Vermutung, daß die normale Produktion der Magen-
rüsen an Salzsäure und an Ferment quantitativ durch Proteinkörper
beeinflußt werde.
Bei dem Patienten wurde im Laufe von zwei Monaten im ganzen
an 24 Versuchstagen der Mageninhalt untersucht, 12 mal mit und 12 mal
Qane vorangehende Injektion; und zwar wurde der Magen in jeder
oche am Mittwoch und ee nach Injektion und anschließen-
lt, Boasschen Probefrühstück, und Dienstag und Freitag ohne In-
jektion, bloß nach Probefrühstück, entleert. |
Als Injektionsmittel wurde „Novoprotin“ (Grenzach in Baden)
7 wandt Da die Kliniker (4, 5, 6,7) mit diesem Präparat ihre besten
da ge am kranken Magen zu verzeichnen hatten, so schlossen wir
la daß es am geeignetsten sein müsse, elektive Wirkung auf die
2 auch des gesunden Magens auszuüben; wir glaubten so, der
schauung Schittenhelms (8) und Weichardts gerecht zu werden,
die annahmen, daß immer bestimmte ÖOrganzellen durch besondere
Gruppen von Eiweißkörpern bestimmter Herkunft und Zusammen-
une beeinflußt werden.
0 Stunden vor jedem Versuch wurde der Patient im wesent-
lichen gleichmäßig ernährt. Auf nüchternen Magen erhielt er 10 Minuten
nach der intraglutäalen Injektion von anfangs 1, später 2 und 3 ccm
„Novoprotin“ das Boassche Probefrühstück. Dann warf er alle 15 Minuten
5/; Stunden lang etwa 15 ccm Mageninhalt aus. Es verursachte ihm
dies keinerlei Anstrengung. Ebenfalls alle 15 Minuten wurde die
Temperatur des Patienten unter der Achselhöhle gemessen.
Die einzelnen Portionen wurden mit n/10 Natronlauge und
Dimethylamidoazobenzol und Phenolphthalein als Indikatoren titriert.
Ferner wurde die H-Ionen-Konzentration jeder Portion elektrometrisch
untersucht, was mir dank der großen Liebenswürdigkeit meines Lehrers
Prof. Rona an der Gaskette des chemischen Laboratoriums der Charité
möglich war. Schließlich wurde der Pepsingehalt infolge Fehleng einer
einfachen, im klinischen Laboratorium durchzuführenden, zuverlässigen
Methode 1) folgendermaßen geprüft: Als Substrat wird die Sulfosalizyl-
säure-Biweißlösung nach Michaelis (10) benutzt. Als willkürlich fest-
gelegte Einheit, auf welthe die zu untersuchende Pepsinlösung bezogen
wird, dient eine n/10 Salzsäurelösung, die mit der Eiweißlösung ver-
setzt wird, in dem Verhältnis 2:3 ccm. Von den zu untersuchenden,
filtrierten, dreifach verdünnten Magensaftportionen werden je 0,5 ccm
mit 1,5 ccm Puffer (1 ccm n/2 primäres weinsaures Natrium : 16 ccm
n-Weinsäure) und 3 ccm der Sulfosalizylsäure-Eiweißlösung versetzt;
die PH jeder Pepsinmischung beträgt 19. Die Reagensgläser sollen
alle dieselben Maße haben. Sie werden gleichzeitig angesetzt und die
Zeit notiert. Dann werden alle Röhrchen, einschließlich der Testlösung,
so lange an der Luit stehen gelassen, bis hinter ihnen in gleicher
Entfernung angebrachte Druckschrift, bei stets derselben Helligkeit,
eben anfängt, unterschieden zu werden. Auch diese Zeiten werden -
notiert. Dann ge der Quotient der bis zu diesem Trübungsgrad
erforderlichen Verdauungszeit der Testlösung einerseits, des Magen-
saftes andererseits, die in dem fraglichen Magensaft enthaltene Pepsin-
einheit an.
Wegen Raummangels muß auf Wiedergabe der Untersuchungs-
ergebnisse an allen 24 Versuchstagen, d.h. von 120 Mageninhalts-
portionen verzichtet werden. Es mögen als Beispiel nur die Resultate
an drei Versuchstagen Raum finden, am 26. Februar, wo der Magen
ohne Injektion, und am 27. Februar und 29. März, wo er
Injektion entleert wurde. (Siehe umstehende Tabelle.)
Wie aus diesen Beispielen hervorgeht, bestehen geringe Unter-
schiede zwischen den zu Vergleich stehenden Untersuchungsergeb-
nissen. Indessen sind diese Unterschiede nicht größer als die an
einer Reihe von Magenentleerungen, welche unter sonst gleichen
Versuchsbedingungen, aber ohne vorherige Injektion, am Ende der
ganzen Arbeit mehrere Tage hintereinander vorgenommen wurden.
Diese Versuche können also unbedenklich als Kontrollen bezeichnet
werden. | | |
Dieses Resultat steht im Einklang mit den von Grote (5) bei
8 Kranken mit Magenulkus erhobenen Befunden. Fraktionierte Aus-
heberungen nach Alkoholprobefrühstück in Abständen von 10 Minuten
während 11/, Stunden ergaben, daß unmittelbar nach der Novoprotin-
injektion keine Herabsetzung der Magensalzsäure folgte. Die Kurve
der iraktionierten Ausheberung verlief genau so wie ohne Injektion.
Klinisch wurden unter 100 Fällen 52 gebessert. — Anders Pribram (4):
1) Eine ausführliche Beschreibung dieser Methode behalten wir
uns für eine spätere Arbeit vor.
ausnahmslos gut vertragen,
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5. 10590 „ 38,0 9,9 11050 „ 36,7
92 Uhr: 3 ccm a ee
Novoprotin Norcmrötine
S Inampekalär injektion:
= 11938 Uhr: P.F. | 935 Uhr: 36.2
= (| 1. 95 Uhr 0,0006 |Spuren| 950 „ 86,2
a || 2. 10% „ ‚027 „110% „36,5
a 11 3.10% „ 4,6 24 1102 „ 36,6
4. 1085 „ 10,5- 5,1 lios „ 36,6
5. 1050 „ 28,5 6,0 11050 „ 36,6
Er stellte freilich nur einmal vor und nach der Kur die Aziditätswerte
fest, Unter 31 Magenkranken waren diese Werte bei 18 zum Tei
il |
sehr erheblich gesunken, bei 7 gleich geblieben und bei 6 gestiegen.
Pribram betont, daß das Sinken der
äurewerte nicht nur die Fälle
von ausgesprochener Hyperazidität betrifft, sondern daß auch bei
Hypaziden Jie Werte noch weiter sinken können. Doch wurde keine
Beschwerde, sondern Besserung erzielt. — Fermentbestimmungen
wurden von beiden Autoren nicht vorgenommen. |
Während die beiden letztgenannten Forscher mit Novoprotin
behandelten, wandte Holler (9) „Vakzineurin“ an. Er beobachtete
unmittelbar nach der intravenösen Injektion einfache Hypersekretion
des Magens mit Achlorhydrie, aber hohen Fermentwerten. Unter der
Wirkung weiterer Injektionen zeigte sich ein Hin- und Herschwanken
der Säure- und Pepsinwerte, und bald näherte sich die Zusammen-
setzung des Magensaftes der Norm. Auch nach Hollers Vakzineurin-
behandlung schwanden die subjektiven Beschwerden,
Die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der einzelnen
Autoren mögen u.a. darauf zurückzuführen sein, daß die Unter-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
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suchung der Magenfunktionen infolge der besonders leichten An-
sprechbarkeit des Organs auf äußere Reize sehr schwierig ist.
- Wir waren durch Zufall in die Lage versetzt, Versuchs-
bedingungen zu genießen, die eine Reihe von Unbekannten aus-
zuschalten gestatteten. So näherten sich unsere Versuchsbedingungen
ein wenig denen von Laboratoriumsexperimenten; andererseits darf
nicht vergessen werden, daß im Gegensatz zu den anderen Autoren
wir unsere Untersuchungen an einer magengesunden Person an-
| stellten. Vor allem war bei unserem gastrostomierten Patienten
ein Magenschlauch a priori vorhanden, so daß das Einlegen einer
Duodenalsonde oder gar eines Magenschlauchs mit der damit ver-
bundenen Änderung des Allgemeinzustandes fortliel. Unser Patient
warf durch leisen Druck der Bauchpresse hne jede Schwierigkeit
beliebig große Speisemengen durch seinen Fistelschlauch aus. Ferner
wurde dafür gesorgt, daß das Milieu des Patienten stets dasselbe
war, und endlich wurde er 20 Stunden vor jedem Versuch gleich-
artig ernährt.
Zusammenfassend sind wir zu folgendem Ergebnis gekommen:
‚Eine Änderung auf die Funktion des gesunden Magens, gemessen
an den Titrationswerten, der H-Ionen-Konzentration und dem Pepsin-
gehalt, hat sich bei- unseren Untersuchungen nicht ergeben. Das
kann seine Ursache einerseits darin haben, daß „Novoprotin“ keinen
Einfluß auf die Magenfunktion ausübt. Andererseits könnte es
daran liegen, daß die genannten Untersuchungsmethoden zu ungenau
sind, um nach intramuskulärer Injektion verhältnismäßig geringer
Dosen (1—3 ccm „Novoprotin*), bei einer Fieberreaktion von durch-
schnittlich 5 Teilstrichen, scharfe Ausschläge zu geben. Dieser
Einwand kann aber nicht für die elektrometrische Bestimmung der
H-Ionen-Konzentration gelten. Sie ist bekanntlich eine der feinsten,
überhaupt existierenden Meßmethoden und damit auch zur Be-
stimmung der aktuellen Azidität geeignet. — Wir wären also zu dem
Ergebnis gelangt, daß die Novoprotininjektion, sowohl die einzelne,
als auch eine Reihe von 12 Injektionen auf 2 Monate verteilt, keinen
Einfluß zum mindesten auf die PH-Werte und so, diese umgerechnet,
auf die Näherungswerte der „freien Salzsäure“ eines gesunden
Magens hat.
Dabei muß nochmals betont werden, daß unsere Fragestellung
‘der Funktion des gesunden Magens galt, und daraus ein Schluß
auf die Verhältnisse am kranken Magen nicht zu ziehen ist.
Literatur: 1. Petersen u. Weichbardt, Protein- Therapie und un-
spezifische Leistungssteigerung. Julius Springer, 1923. — 2. Kaznelson, Ergeb-
nisse der Hygiene 1920, S. 249/281. — 3. Starkenstein, M.m.W. 1919, 8.205. —
4. Pribram, M.KI1. 1922, S. 968/962; M. m.W. 1922, S. 1041/1042. — 5. Grote, M.mW.
1923, S.89%. — 6. Hampel, M.Kl 1923, S. 901/903, — 7. Perutz, M. m.W. 19%,
S. 1527. — 8. Schittenhalm, Ebenda 1922, S.949/954. — 9. Holler, Arch. f. Ver-
dauungskrkh. 1922, 29, FL 8 u. 4, 5u.6. — 10. Michaelis u. Rothstein, Biochem.
Zschr. 1920, 105, 60. . ' pa“
Ärztliche Gutachten aus dem Gebiete des Versicherungswesens
E (Staatliche und Privatversicherung)
redigierv von San.-Rat Dr. Hermann Engel, Berlin.
Über die Entstehung von Senkfiußbeschwerden
bei Beinamputierten und über ihre Behebung durch
Einlagen oder orthopädisches Schuhzeug.
Von Reg.-Med.-Rat Prof. Dr. M. zur Verth, Hamburg.
Gutachten über die Frage, „ob der linke Fuß des
9. Steuermanns Leonhard August D. durch die Mehr-
belastung des linken Beines infolge Amputation des
rechten beschädigt ist und dafür orthopädische Hilfs-
mittel, evtl. welche, erforderlich sind“.
D. erlitt am 10. Februar 1923 an Bord eines Dampfers an
der Winde außer anderen hier nicht zur Erwägung stehenden Ver-
letzungen einen schweren mit Quetschungen verbundenen Knochen-
bruch des rechten Unterschenkels. Der Bruch führte zur Abnahme
des rechten Beines, die eiwas oberhalb des rechten Kniegelenks im
März 1923, nachdem ein Versuch, nur den Fuß zu amputieren, nicht
zum Ziele geführt hatte, vorgenommen wurde. D. wurde am
17. April 1923 zu ambulanter Behandlung entlassen und im August
1923 mit einem Kunstbein ausgerüstet. Ein Antrag des D. auf
Ausrüstung mit einem Paar Stiefel wurde zunächst von der Berufs-
S a
genossenschaft als über den Rahmen der gesetzlichen Vorsorge
hinausgehend abgelehnt, dann aber unter Berücksichtigung der
von D. geschilderten mißlichen Verhältnisse zur wirtschaftlichen
Erleichterung ausnahmsweise genehmigt. Die Schuhe wurden als
„ein Paar Box-Calf-Stiefel mit eingearbeiteter Einlage“ am
26. September 1923 geliefert. Im Dezember 1923 erhielt D.
das zweite Kunstbein. Ein zweites Paar orthopädischer Schuhe,
das D. zum Wechseln der Schuhe, und weil die ihm gè
lieferten Stiefel reparaturbedürftig seien, beantragte, wurde von
der Berufsgenossenschaft unter dem 6. Dezember 1923 abgelehnt.
Gegen diese Ablehnung legte D. am 10. Dezember 1923 Be
rufung ein. |
Seinen Anspruch auf orthopädische Stiefel begründete er mit
der Überlastung des gesunden Beines, die eine Senkung der Mitte
des Fußes zur Folge hatte. Diese Senkung habe ihm „ungeheure
Schmerzen verursacht, so daß er häufig habe überhaupt nicht auf-
treten können. Plattfußeinlagen hätten ihm nicht genutzt. Für die
Berechtigung der Forderung des zweiten Paares führt er im wesent-
lichen an, daß ihm schon einmal orthopädische Stiefel geliefert seien,
„das wäre doch ganz gewiß nicht geschehen, wenn ich es nicht
dringend benötigte“. Die Berufsgenossenschaft begründet ihre Ab
lehnung damit, daß ein Anspruch auf Lieferung des orthopädischen
2: November 00 N
= Schuhwerks für den unverletzten Fuß nicht besteht, daß aber für-
das Kunstbein besonders angefertigte - Schuhe nicht: erforder-
~. lich seien. | Ä 5 a |
" Bei der
sonders beim Gehen und Stehen, lebhafte Schmerzen auftreten. Die
Untersuchung gibt D. an, daß im linken Fuße, be-
‚Schmerzen sitzen unterhalb und etwas vor dem inneren Knöchel
. und über dem Spann. Nachts’seien. die Schmerzen nur nach längerem
Laufen vorhanden. Zeitweise seien sie so stark gewesen, daß er
- nicht auftreten konnte. Am meisten habe er unter den Schmerzen
. gelitten, als er an Krücken ging vor Erlangung des Kunstbeins. Er
trage z. Zt. einen orthopädischen Schuh, ‚der ihm die ' Schmerzen
mildere, zeitweise auch zum Verschwinden bringe. Er sei beschäftigt |
als Lagerarbeiter, besonders würden schriftliche Arbeiten von ihm
© verlangt. | SP =.
`` D. ist ein 29jähriger, untersetzter, ziemlich kräftiger Mann
‘von mittlerem Ernährungszustand. i |
=.. Das rechte Bein ist kurz oberhalb des Kniegelenks. abgesetzt.
Die Stumpflänge beträgt 31 cm. Die Narben liegen an typischer
Stelle am hinteren Umfang des gut gepolsterten Stumpfes, sind fest
` und reizlos und nicht besonders empfindlich.- D |
| Der linke Fuß steht in ausgeprägter Knickfußstellung,, das
heißt, der Fuß ist nach außen gegen die Längsachse des Unter-
schenkels im Sinne der Pronation abgeknickt. Zwischen Erdboden
und innerem Fußgewölbe bleibt bei Belastung ein freier Raum be-
stehen. Ein Plattfuß ist also nicht vorhanden. Die Bewegungen
des unbelasteten Fußes sind nach allen Richtungen frei. Anzeichen
für Kontrakturen liegen nicht vor. Der linke Unterschenkel zeigt
Neigung zu Krampfadern. Hautverfärbungen oder Hautwassersucht
sind am linken Fuß nicht vorhanden. Die Fußsohle zeigt keine
Schwielen oder Verhornungen. , ` | | r
=, D, ist am amputierten Bein mit einem gut passenden Kunst-
bein und ‚links mit einem. orthopädischen Schuh :mit eingebauter
Einlage ausgerüstet. Der Gang des D. ist sicher und gut. Er
. zeigt. die Charakteristika des Ganges der Kunstbeinträger.
‘ Es handelt sich also um einen typischen Knickfuß bei einem
Prothesenträger mit gutem Oberschenkelstumpf und gutem Kunst-
bein. Knickfüße können wesentliche Schmerzen bereiten, die an
den von D. angegebenen Stellen ihren Sitz haben können. Die
‚ Klagen des D: sind also glaubhaft. | we |
Es fragt sich zunächst, ob die Knickfußbeschwerden als Folgen
' der Verletzung: anzusehen sind. Viele Amputierte ziehen vor, ihre
Kunstbeinseite beim Gehen und besonders beim Stehen stärker zu
belasten als das gesunde Bein. - In der ersten Zeit jedoch, in der
‚der Amputierte. auf den Gebrauch von. Krücken angewiesen ist,
. und zunächst nach Erlangung des Kunstbeins, bevor es ihm zu
einem sicher beherrschten Teil seines Körpers geworden ist und
ihm volles Zutrauen einflößt, kann das gesunde ‘Bein fraglos über-
lastet werden, zumal oft ein langes Krankenlager vorausgeht, während-
dessen ‘die unteren Gliedmaßen der Belastungsfunktion. entwöhnt
würden. Wenn sich auch nicht abweisen läßt, daß derartige Knick-
füßbeschwerden auch ohne diese Überlastung bei den in der nord-
deutschen Tiefebene so häufigen Knickfüßen sich einstellen können,
ae e deg bei, elnem, a fan | are Aulete, in gielen Ken sine uhr miloane Auigte
bewirkten Üb F en u A bet dem doh eni zu deren Lösung viel Geduld von seiten des Arztes wie des Hilfe-
lichen D- hal e B die ee in die zeitlich J durch, | Suchenden erforderlich ist, In manchen Fällen — bei allen entzünd-
aus mit den ersten Gehversuchen nach der Amputation zusammen-
treffen, für eine Folge der Verletzung vom 10. Februar 1923.
-> _ Die Frage nach der Notwendigkeit orthopädischer. Hilfsmittel
für den geschädigten Fuß ist zu bejahen. Durch orthopädische
Hilfsmittel gelingt es gemeinhin, die Schmerzen zu bannen und
dadurch die Erwerbsfähigkeit des Amputierten zu heben. —
‚. In der letzten Frage‘ nach der Art der orthopädischen Hilfs-
‚mittel pflegen Versicherungsträger und ` Versiċhungsnebmer zu
divergieren. „Sie grundsätzlich zu beantworten ist erforderlich. Der
Knickfuß bedarf zur Behebung seiner Beschwerden und zur Be-
hinderung seiner Verschlimmerung einer Stütze. Die Stütze muß
nach Form und Größe dem Fuße des Trägers und dem Grade
seiner Fußverbildung angepaßt sein, beständig und bei. Form-
veränderung des Fußes nachformbar sein. : Bei gleichwertigen Ver-
fahren zur Erzielung: der Stütze verdient das billigere den Vorzug.
'zweckmäßige Abstützung erstrebt- wird und nicht selten vor-
kommt, ist eine Anpassung des orthopädischen Schuhes nicht
möglich. - Der -orthopädische Schuh ist teuer. Der Preis des
Paares (einseitig Normalschuh) beträgt zurzeit etwa M. 50,—.
Der orthopädische Schuh hat den. Vorteil der. Bequemlichkeit für
| den Amputierten und überhebt ihn der eigenen Fürsorge für seine
Fußbekleidung. on
-Die nicht festeingearbeitete Stütze läßt sich als Einlage über
dem Gipsabdruck auf das Exakteste nach der Fußform und dem
Grade der Abknickung formen. Sie. läßt sich‘ leicht ändern und
nacharbeiten. Sie läßt ‚sich in. den gangbaren fest gebauten Schuh
‚unverschieblich einlegen und gestattet dadurch . ausgiebigen Schuh-
wechsel. Sie ist. wohlfeil (4,50 M. bis 10 M.). Es gibt Formen
von Einlagen, die den Schuh strapazieren. Zweckmäßig gebaute
. Einlagen vermeiden das. Es gibt auch Schuhe, die für Einlagen
nicht brauchbar sind. Zu enge Schuhe, zu hohe schmale Absätze,
im Gelenk schmal oder schwach ‚gebaute Schuhe, niedrig gespannte
Schuhe schließen Einlagengebrauch aus. ‘Nichts aber zwingt den
Amputierten gerade solche für ihn nicht dienliche Schuhe vorzu-
ziehen. Aber selbst wenn die Einlagen den Schuh schädigen, teilen
sie dies nur mit andern Ersatzmitteln. Auch das Kunstglied stra-
einfach herzustellen ist. Doch genügen für einfache Senkfüße die
beherrschen.
Unbeliebtheit bei dem Knickfüßigen hat mehrere Gründe.
Versorgung mit orthopädischen Einlagen ein, unheilvoller Schema-
| tismus eingerissen.
halten einfache Plattiußeinlagen vorrätig. "Als ihre wesentlichste
"Eigenschaft werden häufig Wohlfeilheit betrachtet. Sie werden: wahl-
los dem Knick- und Plattfüßigen verabfolgt. Daß dieses Verfahren
lung vorausgehen oder sie begleiten.. _ m,
. Nach diesen grundsätzlichen Erwägungen bedarf es noch der
Anwendung auf den vorliegenden Sonderfall. . Es handelt sich ùm
veränderungen. Voraussichtlich wird. es leicht gelingen, ihn mit
orthopädischen: Schuhen zu behandeln. Objektiv sicherer ist seine
jektiv sicherer. Einlagen sind dazu für den Versicherungsträger'
ökonomischer als Schuhe. Die ‚letzte Frage ist also dahin zu beant-
worten, daß als orthopädische Hilfsmittel Einlagen in der oben
gekennzeichneten Maßgabe erforderlich sind. ne |
5 Zusammenfassend gebe ich mein Urteil dahin ab: Eine Schädi-
gung des linken Fußes durch die Mehrbelastung des linken Beines
infolge Amputation des rechten liegt vor.. Orthopädische Hilfsmittel
in Form gut angepaßter Einlagen sind für den linken Fuß erforderlich.‘
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paziert Wäsche und Kleider, ohne daß dafür von, irgendeiner Seite. -
besonderer Ersatz gewährt wird. Die Einlage hat den Nachteil,
daß sie in gut angepaßter Form bei schwierigen Füßen nicht ganz
im Handel befindlichen Formen und für schwierigere Füße gibt
es genügend orthopädische Fachanstalten, die ihre Herstellung `
Ärztlich ist also die gut gebaute Einlage vorzuziehen. Ihre `
Einmal:
zieht der Fußleidende gewiß die kostenlose Ausstattung mit einem `. A
gutgemachten Schuh der ‘Ausstattung mit nur einer Einlage vor. >: ..
Ferner zählt zu ihrem Gegner aus naheliegenden Gründen meist ` `:
auch der orthopädische Schuhmacher. Endlich sachlich ist in der .. - `
Krankenkassen und . ähnliche Einrichtungen
' das Zutrauen zu Plattfußeinlagen erschüttert, ist nicht überraschend; F a
Die Anpassung und Anfertigung einer Plattfußeinlage ist stets eine -`
lichen Zuständen — muß ihrer Verabfolgung eine ärztliche Behand- A
‘einen einfachen Senkfuß ohne Kontrakturen und ohne Knochen- Sa
Behandlung mit Einlagen, aus naheliegenden Gründen nicht sub- `
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Nur bei Rücksicht auf ökonomische Verfahren. läßt sich die soziale J IN il
‚Versicherung aufrecht erhalten. DE and ne | a kl
... Die Stütze kann mit dem Schuh gearbeitet und im Schuh ln
fest eingearbeitet werden. . Es entsteht -der orthopädische -Schuh. K pie ihi
Ein orthopädischer Schuh läßt. sich nicht über einem Gipsabguß BIER
anfertigen. Die Stütze dieses Schuhes genügt daher nicht sicher O Hih ni
den. Anforderungen an völliges Passen. Die fest im orthopädischen a ER
Schuh eingebaute Stätze unterliegt weiter bei dem dauernden Druck DUB BER
_ des Körpergewichts ‘der Formveränderung. Ihre Wiederherstellung f i 2
ist ausgeschlossen. Der orthopädische Schuh wird daher vor der O TEGEL
Zeit zwecklos. Er wird zum Normalstiefel, dem durch eine ortho- | N: I
pädische Einlage wieder nachgeholfen werden muß. Auch bei fein
Formveränderung des Fußes, die im Sinne einer Besserung durch Il a
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Pharmazeutische Präparate.
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Ausider I. Inneren Abteilung des Städtischen Rudolf Virchow-Kranken-
hauses in Berlin (Direktor: Geh. San.-Rat Prof. Dr. L. Kuttner).
1. Zur Behandlung der Infektion der Harnwege
| mit Cylotropin. °
Von
Dr. K. Isaac-Krieger, Oberarzt, und Dr. G. Noah, Volontärassistent.
Das vor Jahren in die Therapie der akuten Zystitis und
Pyelitis eingeführte Urotropin hat bekanntlich die großen Hoffnungen,
die man auf dieses Mittel gesetzt hatte, nur in sehr beschränktem
Maße erfüllt. Wohl ließen sich mittels oraler Medikation des Uro-
tropins in manchen Fällen Besserungen erzielen, aber nur allzu
häufig und besonders bei schon lange dauernden Prozessen in Harn-
blase und Nierenbecken ' konnte weder mit Urotropin noch mit
andern Harndesinfizientien ein dauernder Erfolg erzielt werden.
Von der Annahme ausgehend, daß bei oraler Zufuhr eine
ausreichende Konzentration des sich aus dem Hexamethylentetramin
abspaltenden Formaldehyds nicht erzielbar sei, ist man dazu über-
gegangen, 40 % ige Urotropinlösungen intravenös zu injizieren. "Wohl
- sind hiernach bisweilen Besserungen gesehen worden, die Neben-
erscheinungen aber, die sich hauptsächlich in lästigem Harndrang
und Nekrosen an der Injektionsstelle — auch bei einwandfreier
Technik — zeigten, ermunterten nicht sehr zur Durchführung dieser
Applikationsart. |
Daß jedoch die Idee, auf intravenösem Wege eine starke An-
reicherung des Urotropins in den erkrankten Organen zu erzielen,
eine recht glückliche war, ersieht man aus den mittels Cylotropin
erzielbaren Erfolgen. Es handelt sich hier um ein von der chemischen
Fabrik Schering, Berlin, hergestelltes, intravenös zu gebendes Kom-
binationspräparat, das 2 g Urotropin, 0,8 g Natrium salieylicum,
0,2 g Coffeinum natrio-salicylicum pro Ampulle (5 ccm) enthält. Über
günstige Erfahrungen mit diesem Mittel haben bisher Picard (1),
Schwarz (2), Quack (8), Bloch (4) berichtet.
Es ist nach unseren Erfahrungen durchaus anzuraten, in allen
Fallen von akuter Zystitis und Pyelitis, die sich mit dem bisher
üblichen therapeutischen Rüstzeug nicht bald bessern lassen, Oylo-
tropininjektionen in Anwendung zu bringen. Auch die lange be-
stehenden Formen dieser Erkrankung sind oft noch durch Oylotropin
beeinflußbar. Hier allerdings wird sich die Besserung oft auf die
entzündlichen Prozesse beschränken, die chronische Bakteriurie (in
der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle handelt es sich um Koli-
infektion) bleibt meist bestehen und birgt die Gefahr erneuten
Aufflackerns des Prozesses in sich.
: Wir konnten an etwa 20 Patienten beobachten, daß die un-
angenehmen schmerzhaften Empfindungen in Blasen- und Nieren-
gegend meist schon nach wenigen Injektionen nachließen und sich
die Besserung auch objektiv in dem klarer werdenden Urin, in der
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden.
(Fortsetzung aus Nr. 43.)
Die Entfernung der ganzen Nachgeburt oder von Placeniar-
resten. Die manuelle Lösung der Nachgeburt ist die ge-
fährlichste geburtshilfliche Operation, die aber bei richtig
geleiteter Nachgeburtsperiode sehr selten nötig sein wird, da eigent-
liche Verwachsungen (Placenta accreta partialis oder totalis) ein
recht seltenes Vorkommnis ‘ist. Sie darf erst dann vorge-
nommen werden, wenn es nicht durch Credé gelingt, even-
tuell in Narkose, zu exprimieren. Man achte auch darauf,
daß die Harnblase durch Katheter entleert ist, da bei
leerer Blase die Expression noch in vielen Fällen gelingt. Es muß
aber auch das Credösche Verfahren richtig angewandt werden:
Einstellung der Gebärmutter in die Mitte des Abdomens, Umfassung
derselben mit den gespreizten Fingern einer Hand, wobei der Daumen
an der vorderen Uteruswand liegt, Auspressen auf der Höhe der
Wehe durch Aneinander- und Abwärtsdrücken der Uteruswände.
Indikationen: 1. Wenn die Expression nach starker, atonischer
Blutung selbst in Narkose nicht zum Ziele führt. Der Vorschlag von
Galveston, in die Nabelschnurvene sterile Kochsalzlösung ein-
zuspritzen, ist nicht so leicht vom Praktiker draußen durchzuführen,
schnellen Abnahme der Leukozytenzahl im Urinsediment zeigte,
Besonders in den akuten Fällen mit septisch remittierenden Tempe-
raturen und abendlichen Schüttelfrösten war der günstige Einlluß
oft eklatant. Wir pflegen hier an 2 bis 3 aufeinanderlolgenden
Tagen Cylotropin zu geben, um, ‚sobald die stürmischsten Erschei-
nungen abgeklungen sind, die weiteren Injektionen in > bis 4 tägigem
Abstand zu machen. Ungünstige Erscheinungen haben wir weder
während der langsam auszuführenden Einspritzung noch in den der
Injektion folgenden Stunden jemals beobachten können. Eine nennens-
werte Vermehrung der Tagesurinmenge war nicht feststellbar, jedoch
reagierte der Urin nach der Injektion meist sauer.
Aus der Reihe unserer günstig beeinflußten Patienten seien
einige wenige, besonders typische und besonders schöne Eriolge
herausgegrilfen. | |
| Bei einer 16 jährigen Patientin, die seit Monaten wegen eines
schweren Diabetes mellitus behandelt wurde, traten unter hohen Fieber-
steigerungen Schmerzen in Blasen- und Nierengeger auf. Gleichzeitig
zeigte sich trotz sachgemäßer diätetischer un Insulinbehandlung ver-
mehrte Glykosurie und Azidosis. Im Sediment waren massenhaft
Leukozyten, bakteriologisch Kolibazillen nachweisbar. Die Schmerzen
lokalisierten sich bald auf die Lendengegend; hier bestand eine so er-
hebliche Druckschmerzhaftigkeit, daß ein paranephritischer Abszeß in
_ differentialdiagnostische Erwägung gezogen wurde. Nach 6 Oylotropin-
injektionen, die während des Zeitraumes von. 10 Tagen gegeben wurden,
war die bei einer jugendlichen Diabetika besonders gefährliche Kom-
plikation. weitgehend gebessert und nach weiteren 8 Tagen völlig ab-
goungen. |
ei einer anderen Patientin, die in 2 früheren Schwangerschaften
eine langanhaltende Pyelitis nn hatte und auch bei der der-
zeitigen Krankenhausbehandlung das Bild einer Zystopyelitis bei be-
stehender, im 7. Monat befindlicher Gravidität darbot, waren nach
7 Cylotropininjektionen die Beschwerden geschwunden, der objektive
Befund fast völlig normal. l
Es ist selbstverständlich, daß mit Cylotropin nicht- in allen
Fällen eine Besserung oder Heilung zu erzielen ist. Dies gilt ganz
besonders für chronische Formen, zumal wenn sie durch anatomische
Veränderungen am Nierenbecken kompliziert sind. Hier haben auch
wir einige Versager zu verzeichnen gehabt. Auch bei den hart-
näckigen Krankheitsformen, die durch Lähmung der Blase infolge
Erkrankung des Zentralnervensystems hervorgerufen sind, dürfte
nach unseren Erfahrungen kaum ein Erfolg zu erzielen sein.
Vielleicht lassen sich die Erfolge der Auto- oder Hetero-
vakzinetherapie (ev. auch des Koli-Yatrens), in Fällen mit chronischer
Bakteriurie angewandt, durch Cylotropin verbessern.
Sicherlich ‘bedeutet das Präparat, dessen Anwendung völlig
gefahrlos ist, eine wesentliche Bereicherung in der Behandlung ent-
zündlich-infektiöser Prozesse der Harnwege. |
Literatur: 1.Pica’rd, Vortrag am 11. Januar 1923 vor der Hufelandischen
Gesellschaft zu Berlin. — 2. Schwarz, M.m.W. 1923, Nr. 50. — 3. Quack, D.mW.
1924, Nr. 30. — 4. Bloch, Zschr. f. Urol. 1924, 18.
| Aus der Praxis für die Praxis.
in einer Klinik kann man dieses Verfahren versuchen. Eigene Er-
fahrungen hierüber habe ich nicht, es ist aber einleuchtend, dad
durch das Füllen sich die Cotyledonen von der Uterusmuskulatur
abheben; 2. um einer Zersetzung des Uterusinhaltes vorzubeugen,
wenn die Placenta über mehrere Stunden zurückgeblieben ist un
die Eihäute in die Scheide herabhängen (s. auch Eihautreiention);
3. sonstige Gefahren für die Mutter: Fieber, Erschöpfung. Nur bei
hochgradigster Anämie verzichte man auf die Narkose,
sonst mache man sie. Sorgfältigste Desinfektion der Wöchnerin und
des Operateurs. Operation am besten auf dem Querbett in Steib-
rückenlage; nur wenn die Placenta an der vorderen Wand sitzt, ist
Seitenlage vorzuziehen. Stets ist nach gründlicher Abseifung un
äußerer Desinfektion, am besten mit Jodiinktur, zum Schluß eine
vaginale Spülung mit Ausreibung der Scheide (1 °/.iges Lysol) zu
‘machen. Man entfernt auf diese Art einen großen Teil des Vaginal-
sekrets und macht die Vagina möglichst keimarm, bringt also bel
späterem Eingehen eine auf ein Minimum reduzierte Bakterien-
menge mit nach oben in den Uterus. Unter Leitung der Nabel-
schnur, falls dieselbe noch vorhanden, suche man einen Placentar-
rand auf und versuche die Placenta von ihrer Unterlage ]oszuschälen.
Bei diesem Eingriff ist es besonders wichtig, den ganzen Unterarm
bis zum Ellenbogen hinauf bestens zu desinfizieren. Die andere
Hand muß stets den Uteruskörper fest entgegendrücken. Erst wenn
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hineingeraten.
Drunck gemacht werden.
2.N ovember
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‘der Mutterkuchen ganz gelöst ist, ziehe man ihn langsam unter
drehenden Bewegungen heraus. Wenn die Placenta entfernt ist,
gehe man zur Sicherheit nochmals mit der Hand ein und suche
speziell Fundus und Tubengegend ab, da hier noch Stückchen Pla-
centa sitzen könnten (Tubeneckenplacenta). In den meisten Fällen
ist schon ein Teil der Placenta abgelöst; ist sie aber noch im Ganzen
adhärent und steht kein freier Rand vor, so hebe man die Eihäute
an irgendeiner Stelle der Uteruswand ab und reiße sie ein, weil
man innerhalb der Eihäute nicht so fein fühlen kann, ob man in
der richtigen Trennungsschicht ist. Hier und da findet man auch
strangartige Verbindungen, das sind aber meist keine eigentlichen
Verwachsungen, sondern die dickeren Aste der Chorionbäumchen.
Die lösenden Finger haben sich dann zu weit von der physio-
logischen Trennungsschicht entfernt und sind in das Zottengewebe
Die Placenta accreta ist ein sehr seltenes Vor-
kommnis, von ihr zu trennen ist die Placenta adhaerens,
‘welche durch Störung des muskulären Ablösungsmechanismus ent-
‚steht (Tubeneckenplacenta, Placenta praevia). Es sind auch schon
Fälle vorgekommen, wo die Nachgeburt auf keine Art zu lösen
war und der Uterus total exstirpiert werden mußte. Besondere
Schwierigkeiten hat es für den Unerfahrenen, wenn der Uteruskörper
in starker Anteflexion und die Nabelschnur vorher abgerissen worden
ist. Hier vermeidet man durch Umfassen des Uterus und Entgegen-
schieben von außen ein Vorgehen in gefährlicher Richtung. Was
die Lösung bei krampfhaften Stenosen betrifft, siehe Kapitel Krampf-
wehen. Bei sehr starker Kontraktion des Uterus erlahmt oft die
Hand und ist dann die Hand zu wechseln, besonders wenn die Pla-
centa nach vorne oder auf der der eingeführten Hand gleichnamigen
Seite sitzt. Sehr große Vorsicht ist bei den regelwidrig festen Ver-
wachsungen des Kuchens nötig, hier halte man sich bei zweifel-
haften Stellen näher an die Placenta als an die Uteruswand. Unter
besonders schwierigen Verhältnissen ist bisweilen ein
stückweises Entfernen des Kuchens nicht zu vermeiden.
Wenn man der Überzeugung ist, daß alles entfernt und die Uterus-
höhle leer ist, muß noch eine intrauterine Spülung unter niederem
lch bemerke aber, daß nur dann, wenn
der Uterus wirklich leer ist, auch von Coagula, die verschiedenen
Mittel zur Blutstillung richtig wirken können. Man nehme zur
intrauterinen Spülung entweder 1—2 Liter 0,5—1 °/„iger Lysollösung
oder 1 Liter 70 %/,igen Alkohols. Von Kaltenbach wurde seiner-
zeit mit Vorliebe Chlorwasser im Verhältnis 1:3 oder 1:2 benutzt.
Das Chlorwasser in dieser Verdünnung hat eine sehr große anti-
septische Kraft, dabei ist die Giftigkeit eine geringe. Die: Zer-.
setzlichkeit desselben ist leider aber eine große und muß es deshalb
stets frisch bereitet und in dunkeln Gläsern unter Wasser auf-
gehoben werden. Chloramin-Heyden in Lösung 1: 1000 oder 2 : 1000
könnte Ersatz dafür bieten. Niemals verwende man Karbol (wegen
Karbolzufall) oder das noch gefährlichere Sublimat. Auch Chinosol
1:1000 dürfte wegen seiner blutstillenden Wirkung angewandt
werden, ebenso Choleval 1/,—1 oo. Durch. die intrauterine Spülung
werden einzelne Keime, die man eventuell mit der Hand nach oben
gebracht, entweder herausgespült oder unschädlich gemacht. Zum
Schluß nochmals eine Ergotin- oder Gynergeninjektion®) in die
Glutäen. Die uterine Spülung wird am besten 50° C warm ge-
nommen. Die Temperatur der Flüssigkeit muß mit dem Thermo-
meter gemessen werden, da bei zu heißen Spülungen schon Ver-
brennungen ‚vorgekommen und Schadenersatzklagen erfolgt sind.
Lauwarme Ausspülungen sind auch gefährlich, da sie die Blutung
bei Atonie von neuem anregen können. Wer keine Eisblase auf-
legen will, mache einen Druckverband nach Fritsch: Uterus wird
in starker Anteflexion auf die Symphyse gepreßt und mittels stark
' angezogenem Handtuch fixiert. Bei sehr ausgebluteten Frauen sind
Analeptica zu geben, und warme Krüge im Bette beizulegen. Nach-
geburtsstücke, die nach einer rechtzeitigen Geburt zurückbleiben.
müssen ebenfalls so bald als möglich entfernt werden. Man gehe
dann gleich mit der ’ganzen Hand in den Uterus ein, und schäle
sie von der Unterlage ab. Ist man 14 Tage bis 3 Wochen später
genötigt, zurückgebliebene Cotyledonen zu entfernen, so kann man
nur mit 1—2 Fingern eindringen, da der Cervicalkanal zwar noch
offen, aber sich verengt und verlängert hat. Eine Dehnung mit
legarschen Stiften ist meist noch nicht nötig. In noch späterer
Zeit, etwa 4—6 Wochen, wo der Uterus wieder fester geworden,
kann man auch kleinere Reste mit der stumpfen Curette ausschaben,
nach vorheriger Dehnung mit Hegarschen Stiften. Überall sind
aber dieselben Vorsichtsmaßregeln der Desinfektion angebracht, be-
1) Über Gynergen siehe auch bei Wehenschwäche,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
1547
sonders wenn die Dilatatoren gebraucht werden. Man dehne lang-
sam und vorsichtig, nach vorheriger Lagefeststellung des Uterus,
damit keine Risse oder Perforation entstehen.
. Eihautretention. Unter den pathologischen Vorkommnissen post
partum spielt das Zurückbleiben von Nebenteilen der. Frucht, von.
Placentarresten, Chorion-, Amnion- und Deciduafetzen eine große
Rolle. Als Ursache dieses Zurückbleibens sind uns bekannt: unregel-
mäßige oder unvollkommene Kontraktion des Uterus, unzeitgemäße
Eingriffe zur Herausbeförderung der Nachgeburt, endlich patho-
logische Veränderungen in der histologischen Struktur der Eihüllen.
Unter den letzteren spielen pathologisch-anatomische Veränderungen
in den verschiedenen Abschnitten der Decidua wohl die größte
Rolle oder sind am besten bekannt. Das Zurückbleiben von Eiteilen
kann einesteils zu Blutungen, anderseits zu Fäulnis und Zersetzungs-
vorgängen mit ihren weiteren Gefahren führen. Über die Behand-
lung beim Zurückbleiben membranöser Teile herrschten lange Zeit
Meinungsverschiedenheiten. Die Gefahren der Eihautretention wurden
von den einzelnen Geburtshelfern verschieden groß taxiert. Kalten-
bach wies als erster nach, wovon es abhänge, ob Fäulnis eintrete
oder nicht, und stellte ganz bestimmte Grundsätze für die Behand-
Jung der Eihautretentionen auf: „Die Gefahr des Zurück-
bleibens wird nicht durch das Zurückbleiben von Eiteilen
oder Blutgerinnseln an sich, sondern durch das Zusammen-
treffen dieser Körper mit Spaltpilzen bedingt.“ Die Folge-
rungen und Schlüsse, welche Kaltenbach auf Grund klinischer -
Erfahrungen zog, sind später von Döderlein und Winter. durch
bakteriologische Untersuchungen in vollem Umfange bestätigt worden,
nämlich: Die Keimfreiheit der gesunden Uterushöhle. Die
Prophylaxe besteht in einer richtig geleiteten Nachgeburtsperiode.
Exprimiert man die Placenta erst dann, wenn die charakteristischen
Zeichen der vollendeten Lösung vorhanden: ausgesprochene Ab-
flachung des Uterus von vorn nach hinten, Höhertreten
des Fundus bei guter Kontraktion, weiteres Hervortreten
der Nabelschnur, wenn die Entbundene einen mehr oder
minder ausgesprochenen Druck auf den Mastdarm, unter
Umständen Preßwehen fühlt; so wird man fast nur bei patho-
logischen Veränderungen ein Zurückbleiben von Eiteilen beobachten.
Eihautretentionen kommen daher bei gut geleiteten Geburten nur
vereinzelt vor, ebenso sind Retentionen der Placenta, die.
zu einer manuellen Entfernung von der Scheide aus nötigen, in
den Kliniken etwas enorm Seltenes. Ist die Placenta ge-
boren und hängt noch an den steckengebliebenen Eihäuten, so dreht
man den Kuchen so lange nach einer Seite herum,. damit die Eihäute
sich zu einem Strange aufdrehen, dann läßt man den Steiß der
‘Mutter sich so weit langsam erheben, daß die Schwere der Nach-
geburt die Eihäute nach sich zieht. Man kann auch so lange mit
der Nachgeburt nach einer Seite drehen, bis sie beraus kommen.
Waren die Eihäute schon abgerissen und sind sichtbar, kann man
sie auch mit einer Kornzange fassen und, nachdem sie zum Strange
gedreht sind, langsam aus dem Uterus herausziehen. Wer nicht in
die Scheide eingehen will und die Eihäute manuell entfernen, kann
auch die vor der Vulva liegenden Eihäute mit einem Nabelschnur-
band abbinden. Sie sollen dann nach einigen Stunden abgestoBen
werden. Eigene Erfahrung habe ich mit diesem Verfahren nicht.
Selbstverständlich muß die Nachgeburt genau besichtigt werden;
sieht man, daß Eihäute in utero zurückgeblieben sind, so
lasse man, was in utero liegt, ganz ruhig zurück; man
entferne nur das, was in die Scheide ragt durch Ein-
gehen mit 2—3 Fingern. In den Uterus gehe man nicht
ein. Um in den nächsten Tagen nun eine möglichst große Keim-
freiheit der Scheide zu haben, muß man morgens und abends eine
vaginale Spülung machen. Man nehme entweder !/,—1°/,iges Lysol,
4%/,ige Borsäurelösung, Acid. lact. 20:1000, Chinosol 1:.1000, .
Liq. Alsoli 20 : 1000. Von Sublimatlösung 1:3000 sehe man besser
ab. Um die weitere Ablösung der in utero zurückgebliebenen Mem-
branen zu begünstigen, gibt man noch einige Tage Ergotin oder
Secacornin, z. B. Secacornini, Tinct. cinnamomi ana 10,0 D. S. drei-
mal täglich 15—20 Tropfen oder den ersten Tag bei stärkerer
Blutung 2stündlich 20 Tropfen. Ich bemerke besonders, daß nur
vaginale Spülungen vorgenommen werden sollen und daß.
diese vollständig genügen. Intrauterine Spülungen sind hier
absolut unnötig und können schaden. Bei dieser Behandlung
wurde in der Hallenser Frauenklinik unter Kaltenbach ein voll-
ständig fieberfreies Wochenbett erzielt, auch ich bin in meiner
28jährigeu Tätigkeit in Köln diesem Verfahren treugeblieben mit
denselben schönen. Erfolgen. Nie wurde Fieber beobachtet, selbst
nur.
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1548
bei totaler Retention der Eihäute. |
unbemerkt abi oder sie wurden nach einigen Tagen fast vollständig
_ die Fruchtblase entweder mit
. man die Blase mit dem Finger sprengen, so suche man bei einer
Wehe auf die sich vorwölbende Blase einen Druck. auszuüben oder
= streiche rasch über die Oberfläche. Dieses nützt aber meist nichts,
- wenn die Eihäute fest anliegen und kein Vorwasser da ist.
faßt sie da -am besten vorsichtig mit einer Kugelzange "und.
Blasenstich spricht man, wenn die Fruchtblase höher oben zer-
. rissen wird. | Aa a - Na
=, Im Großen und Ganzen sucht man die Fruchtblase so lange
"wie möglich zu erhalten, z: B. wenn eine Wendung gemacht werden
` soll. Ist das Fruchtwasser aber vorzeitig abgeflossen, empfiehlt es
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Die Eihäute gingen entweder
frisch und- geruchlos ausgestoßen. Mit Recht kann daher dieses Ver-
fahren empfohlen werden; Durch dieses präzise Verfahren ist der
früheren Unsicherheit ein Ende gemacht und die Frage nach der
praktischen Seite als endgültig gelöst zu ‚betrachten. a
Anomalien der Eihäute. ‚Das Sprengen der Fruchtblase.
Der frühzeitige Blasensprung bei geringer Widerstandsfähigkeit
der Eihäute hat den Nachteil, daß die Erweiterung des Muttermundes
dem vorliegenden Kindsteil allein überlassen bleibt; liegt der Kopf |
.- yor und ist das Becken normal, ist es von keiner so großen Be- |
Ist der Muttermund ver-
deutung als zum Beispiel bei Querlage.
strichen, sollen auch die Eihäute ‚platzen; platzen sie nicht, so muß
dem Finger oder einem Instrument
zerrissen werden. Im ersteren Falle spricht man von künstlichem
Blasensprung, während ‚man von Blasenstich spricht, wenn der
Eingriff mit: einem Instrument: (Sonde, Kugelzange) erfolgt. will
Man
reißt ein kleines Loch in die Eihäute. Von hohem
sich, noch einen Kolpeurynter einzulegen. Nach Abfluß des Frucht-
wassers erfolgt eine Verkleinerung der Uterushöhle. Bei Einleitung
der künstlichen Frühgeburt
darf man den Blasenstich
aber nur machen, wenn die Frucht in einer Längslage (am
.
1994 — MEDIZINISCHE KLINI
a
K — Nr.44
besten Schädellage) sich. b
Becken vorhanden. RR oe
Indikationen des Sprengens der Frruchtblase:
die Eihäute zu rigide sind. - Man merke sich aber, daß das Sprengen
der Fruchtblase nur geschehen darf, wenn: der Cervix entfaltet und
d. h. kommt man noch, mit dem Finger durch einen längeren Kanal,
so unterbleibt ‘besser das. Sprengen der Blase..
- 8. Wenn das Kind in der sogenannten „Glückshaube“ geboren
ist (Ahlfeld nannte sie besser „Unglückshaube“). |
"mund fast vollständig erweitert ist. er |
Ä 5. Bei Placenta praevia (siehe diese) oder: bei Blutung infolge
Lösung der.normal sitzenden Placenta. |
ei e
%. Zur Beschleunigung bei Hydramnion (Zwillingen), wenn der
Uterus sehr -überdehnt ist. 2.
7, Wenn die Blase vor der Vulva sichtbar wird.
Liegen Nabelschnurschlingen vor: und ist das Becken verengt,
ist das Sprengen der Blase nicht. am Platze, auch nicht bei Quer-
'lagen; hier wartet man die vollständige Erweiterung des Mutter-
mundes ab und schließt dann gleich die Wendung an. Man muß
sich stets überlegen, ob der kleine ‚Eingriff, der- aber die schwer-
wiegendsten Folgen bei: falscher Indikation haben kann, angebracht
der Blasenstich eher zu viel als zu wenig ausgeübt wird.
Dadurch sind oft schwere Geburtsanomalien entstanden. |
= ` Man spricht von falschem Blasensprung, wenn eine kleine
Flüssigkeitsmenge, die sich zwischen den Eihäuten bilden kann,
wasserabgang aufgefaßt ‘werden. (Fortsetzung folgt)
Referatenteil .
unter besonderer Mitwirkung von 0.
= Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H: Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie),
Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. OÖhrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof.’Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (V ersicherungsrechtil. u. gerichtl. .
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Pfof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtsbilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie); Dozent Dr: R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S. Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u: Geschlechtekrank‘
heiten), Prof. Dr. Riets chel, Würzburg (Rinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin. (N ervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapies,' mödizinische Psycho-
-| logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr.H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, ‚Infektions- und Tropenkrankheiten), i
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Blisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
i Sammelreferat. a
©- Physikalische Therapie.
Von Dr. A. Laqueur, Berlin. . (Schluß ans Nr. 43)
| Über die Anwendung der Diathermiebehandlung bei Erkran-
‚ kungen des Zirkulationssystems,
tension, ist im vorjährigen. Berichte näher referiert worden. Hier
insbesondere bei Hyper-
sei noch nachgetragen, i
Duhem (18) bei Blutdruckerhöhungen günstige Resultate erzielt
haben. Lunnern wandte dabei die Diathermie mittels des Kon-
densatorbettes an, während Duhem eine Querdurchwärmung
des Thorax mittels großer Plattenelektroden vorzieht. Er hat mit
dieser Methode unter 15 behandelten Fällen von Hypertension nur
= einmal, in einem Falle von Nephritis, einen Mißerfolg gesehen.
Demgegenüber sei darauf hingewiesen, daß bei den Untersuchungen
E. Schott und F. Schlumm (19) über die Wirkung der All-
gemeindiathermie eine dauernde Beeinflussung der Blutdruck-
höhe danach nicht beobachtet worden ist, und diese Autoren, im
Gegensatze zu anderen (Grober, Humphris u. a.) auch klinisch-
therapeutische Erfolge bei Hypertonikern damit nicht erzielt haben.
Auch Duhem war von den Resultaten der zuerst von ihm ver-
suchten Allgemeindiathermie (Köndensatorbett) nicht befriedigt ge-
wesen und deshalb zur direkten Thoraxdurchwärmung übergegangen.
Die Diathermiebehandlung der männlichen Urethral-
gonorrhoe ist neuerdings wieder von M. Serés (20). mittels einer
besonderen, von Roucayrol in Paris angegebenen Methodik ver-
sucht worden; das Charakteristikum dieser Methode besteht einer-
seits in der gleichzeichzeitigen Anwendung multipler Elektroden
(innerhalb der Urethra, außen am Penis sowie Lumbosakralgegend),
daß französische Autoren, Lunnern sowie.
| andererseits in der Ermöglichung einer Temperaturmessung der be-
handelten Region und entsprechender Temperaturregulierung (was
übrigens auch schon bei der ursprünglichen Methode von Börner
frischer, mikroskopisch sichergestellter Infektion, noch bevor
sich eine akute-Urethritis entwickelt hatte; ebenso: in chronischen
Fällen von Gonorrhoe. Bei entwickelter akuter Urethritis
wurden dagegen keine Resultate erzielt. |
Lindemann (21) beachtenswerte Winke.
vor dem für Unerfahrene naheliegenden Fehler gewarnt, bei
schlecht ansprechender Funkenstrecke durch. stärkere Ein-
stellung des Apparates die ursprünglich6 Stromintensität wieder
erreichen zu wollen; denn wenn dann unvermutet die Funkenstrecke
Über das Verhalten des Hautwiderstandes bei der Diathermi®
berichtet Kowarschik (22). Er zeigt, daß der Widerstand der
Haut bei der Diathermie bei weitem nicht -die große Rolle spi t,
wie bei der Anwendung des galvanischen und faradischen Stromes.
Für die Dosierung dieser Stromarten ist der Widerstand der Hau
von entscheidender Bedeutung, der Widerstand der übrigen Körper
gewebe kommt hier demgegenüber kaum in Betracht. Bei der Dis-
thermie beträgt hingegen der. Widerstand der Haut beispielsweise
nur doppelt so viel als der der Muskulatur. Er wird: auch durch
Anfeuchtung der Haut unter den Elektrode sowie andererseits
durch deren Einfettung nicht beeinflußt. Die Ursache dieser Ver-
schiedenheit des Hautwiderstandes den Hochfrequenz- W
anderen Strömen gegenüber ist darin zu suchen, daß .der m
Hautwiderstand bei galvanischen und en near s
| rt ieh,
Frequenz durch Polarisationserscheinungen bedin
2. November
efindet und kein zu enges
1, Als vorbereitende Operation (Wendung, Zange usw.). .
> Um die Frucht rascher und besser austreten zu lassen, wenn
die Muttermundsränder verdünnt sind; ist der Cervix noch erhalten, -
| 4. Um eine. Fixation des vorliegenden Teiles zu erreichen;
beim engen Becken. darf es aber. nur. geschehen, wenn der Mutter- `-
ist. Ich glaube zu der Annahme berechtigt zu sein, daß `.
ausläuft. Es kann dieses von der Kreißenden als wirklicher Frucht:
‚und Santos der Fall war). Die Erfolge waren sehr. gute bei ganz |
Zur Vermeidung von Diathermieverbrennungen gibt
Es wird insbesondere’.
wieder voll anspricht, kann es leicht zu Verbrennungen kommen.
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2. November
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44. 1549
De seele nur een te m mr Hin mi a sel
vornehmlich in der Haut ihren Sitz haben. Mit zunehmender
Frequenz des die Haut passierenden Stromes nehmen diese
Polarisationserscheiungen ab; sie sind bei Hochfrequenz-
strömen nur minimal.
Daß gewisse Arten von Strömen, die den Hochfrequenzströmen
in mancher Beziehung nahestehen, doch auch elektrochemische
Wirkungen ausüben können, zeigen Untersuchungen von Rumpf (23)
über die von ihm in die Therapie eingeführten sog. oszillieren-
den Ströme. Nach Rumpfs neuerlichen Versuchen ist der den
Glaskondensatoren seiner Apparatur zugeführte Strom als Wechsel-
strom mit wesentlichem Überwiegen des Öffnungs - Induktions-
stromes und somit nahezu äls unterbrochener Gleichstrom
aufzufassen. Daher erzeugen diese Ströme in der interpolaren
Strecke zwischen den Glaselektroden Erscheinungen des Gleichstroms
mit Kataphorese und Elektrolyse. Daneben treten andere
elektrische Erscheinungen auf, die als hochfrequente oszillatorische
Entladungen aufzufassen sind. Die erwähnten elektrolytischen Er-
scheinungen konnten experimentell an Abscheidung von freiem Jod
in Jodsalzlösungen nachgewiesen werden, und auch die klinischen
Resultate der oszillierenden Ströme mit oder ohne gleichzeitige
Joddarreichungen sprechen für elektrolytische Wirkungen, die durch
diese Ströme im Körper erzeugt werden. So konnte bei einer
tuberkulösen Mediastinaldrüsenschwellung durch Kombi-
nation von äußerlich applizierten oszillierenden Strömen mit jedesmal
vor der Sitzung intern verabreichtem Jod ein deutlicher, objektiv
nachweisbarer Erfolg erzielt werden (24). Außerdem: werden aber
durch die Rumpfschen Ströme Reizwirkungen hervorgerufen,
auf denen die bekannte therapeutische Beeinflussung von Herz-
erkrankungen, besonders von Herzschwäche, bei Applikation der
Ströme auf die Herzgegend beruht.
Die Fülle der Veröffentlichungen auf dem Gebiete der Licht-
therapie ist, insbesondere seitdem uns die ausländische Literatur
wieder zugänglich geworden ist, geradezu erdrückend geworden.
Aus Raumgründen und auch um den Leser durch Aufzählung all
dieser Mitteilungen, die sich auch vielfach wiederholen oder schon
Bekanntes bringen, nicht zu sehr zu ermüden, können wir im Folgen-
den nur eine Auswahl bringen, wobei allerdings auch manche
wichtige, mehr theoretische Publikation unerwähnt bleiben muß.
Die Beeinflussung des Blutbildes durch ultraviolettes
Licht drückt sich beim Normalen im allgemeinen nur an Veränderungen
der weißen Blutkörperchen aus. Die Erythrozyten werden
gewöhnlich nicht beeinflußt. Anders liegen die Verhältnisse aber
bei Anämischen und bei künstlich anämisch gemachten
Versuchstieren. Nachdem schon früher Kestner sowie H. Ho-
bert (25) ähnliche Versuche gemacht hatten, konnte Margarethe
Levy (26) neuerdings an derartig geschädigten Tieren zeigen, daß
durch Ultraviolettbestrahlung dashämatopoetischeSystem
zu energischer Tätigkeit angeregt wird und sowohl die Re-
generation der roten wie der weißen Blutkörperchen in auffallend
raschem Maße nach der Bestrahlung erfolgt. Das ergibt wichtige
Fingerzeige für die Indikationsstellung; tatsächlich erzielt man
ja auch bei sekundären Anämien mit der Höhensonnenbestrahlung :
die besten Erfolge, während Blutkrankheiten, die mit gesteigerter
Leuko- oder Erythropoese einhergehen, z. B. die Leukämie, gar
nicht oder sogar in unglinstiger Weise auf die Ultraviolettbestrah-
lung reagieren. N
Das Verhalten des weißen Blutbildes verwendet Fecht (27)
als Kriterium für die Indikationsstellung und Wirkung der
Höhensonnenbestrahlung bei Lungentuberkulose. In pro-
gnostisch günstigen Fällen zeigt sich nach der Probebestrahlung
eine Zunahme der Lymphozyten und Rechtsverschiebung des Arneth-
schen Blutbildes. In weniger günstigen Fällen tritt nur Lympho-
. zytose, aber keine oder doch nur verspätete Rechtsverschiebung ein;
in ungünstig reagierenden Fällen bleibt beides aus. Bezüglich der
klinischen Indikationsstellung stimmt Fecht mit früheren
Autoren überein, daß sich im allgemeinen nur die stationären und
zur Latenz neigenden zirrhotischen bzw. nodös-produktiven ge-
Schlossenen Formen der Lungentuberkulose zur Behandlung mit der
künstlichen Höhensonne eignen; bei exsudativen und offenen Formen,
besonders solchen mit Kavernenbildung, ist diese Behandlung kontra-
indiziert, und es können hier selbst schon mehrere Probebestrah-
lungen schaden.
Zu den für die Quarzlichtbehandlung dankbarsten Formen
der Tuberkulose gehört die tuberkulöse Peritonitis. Bei
derartig behandelten 43 Patienten hat A. Pfefferkorn (28) in
76,8%), der Fälle bedeutende Besserungen gesehen, 9,3 %/, wurden
nur wenig gebessert, 70/, kamen ad exitum, 7 0/, verschlechterten
sich. Am günstigsten sprechen die kindlichen exsudativen
Formen der Bauchfelltuberkulose auf Strahlenbehandlung an. Auch
Bufnoir (29) sah unter Anwendung der natürlichen Sonnen- .
bestrahlung die besten Erfolge bei mit Aszites einhergehenden
Fällen von Peritonitis tuberculosa; ebenso waren die Resultate bei
Knötchenaussaat und bei rein fibröser Bauchfelltuberkulose gute,
während bei fibrinös-eitriger und ulzerierender Peritonitis Kombi-
nation der Sonnenbestrahlung mit chirurgischer Behandlung . not-
wendig ist. u: |
Über das wichtige Anwendungsgebiet der Höhensonnen-
"behandlung im Kindesalter hat in dieser Zeitschrift (Nr. 15)
vor kurzem Weltring zusammenfassend berichtet. Ergänzend sei
hinzugefügt, daß R. Stern (80) bei der Quarzlichtbehandlung der
Tetanie der Säuglinge zwar vielfach gute Erfolge erzielt hat,
jedoch zur Vorsicht rät, da in etwa 1/ aller Fälle im An-
fange reaktive Verschlimmerungen auftraten, die vereinzelt
sogar einen lebensgefährlichen Grad erreichten. Als Vorsichts-
maßregel wird empfohlen, in den ersten Tagen neben der Be-
strablung Kalk oder Salmiak zu verabfolgen, und auf jeden Fall
die Patienten unter dauernder klinischer Beobachtung zu halten.
Günstige Erfolge mit der Quarzlichtbestrahllung haben auch
H. Casparis und B. Kramer (31) bei der Tetanie erzielt, wobei
als Ausdruck der tatsächlich eingetretenen Heilung der Kalkgehalt
und der Gehalt an anorganischem Phosphor im Serum anstieg.
Als neue Indikationen der Quarzlichtbehandlung seien die
von Langemak (32) empfohlene Kombination dieses Verfahrens
mit innerlichen Jodgaben bei der Kropfbehandlung sowie die.
prophylaktische Behandlung der Eklampsie genannt, die
von A. Hochenbichler (33) empfoblen wird. In 50 Fällen von
Eklampsieverdacht wurde durch künstliche Höhensonnenbestrablung
der Blutdruck und der Eiweißgehalt herabgesetzt und nach Ansicht
des Verfassers der Eklampsieausbruch verhindert. Namentlich die
Bilutdruckerhöhung wird als Zeichen der drohenden Eklampsie
angesehen und in solchen Fällen die Anwendung der Quarzlampen-
bestrahlung dringend angeraten.
Im vorjährigen Referate wurde bereits erwähnt, daß die
blutdrucksenkende Wirkung der Quarzlampenbestrahlung von
Hamburger Forschern (Kestner, Kimmerle, Peemöller) nicht
als Lichtwirkung als solche, sondern lediglich als die Folge der
Einatmung des in der Luft bei der Bestrahlung entstehenden
Stickoxyduls (N,O) aufgefaßt wird. Vergleichende Untersuchungen,
die Pollitzer und Stolz (84) über die Wirkungen der Höhen-
sonnenluftinhalation einerseits, von Injektionen von in Wasser
gelöstem Stickoxydul andererseits bei Hypertonikern anstellten,
zeigten, daß beiden Maßnahmen eine blutdruckerniedrigende Wir-
kung zukommt. Ob nach Stickoxydulinjektionen allein eine Dauer-
wirkung eintritt, wie man sie nach läuger fortgesetzter Höhen-
sonnenbehandlung öfters sieht, konnte angesichts der nicht sicheren
Ungiftigkeit des Stickoxyduls bisher nicht festgestellt werden.
Die Vermutung Kestners, daß nicht nur die Blutdruck-
wirkung, sondern auch anderweitige physiologische Beeinflussungen,
die man nach Ultraviolettlichtbestrahiung beobachtet, zum Teil auf
der Einatmung der durch das Licht ionisierten Luft beruhen,
scheint sich nach Versuchen von H. Picard (35) mit der von ihm
konstruierten Bestrahlungskammer zu bestätigen. Diese Be-
strahlungskammer hat die Form eines Ellipsoids; sie ist 3 m lang,
2m tief und 2,20 m hoch und im Innern mit Metallhochglanz-
flächen aus Aluminium ausgekleidet. In den beiden Brennpunkten
des Ellipsoids befindet sich je eine Quecksilberdampflampe („Uli“-
Lampe). Die Einrichtung ermöglicht es, daß der sich im Innern
der Kammer aufhaltende Patient einer intensiven direkten und
indirekten Bestrahlung ausgesetzt ist. Außerdem atmet er.’
aber in der Kammer eine durch das Licht stark ionisierte Luft
ein. Es zeigte sich nun, daß bei Behinderung einer Strahlen-
wirkung durch völlige Bekleidung der Versuchspersonen (ein-
schließlich des Gesichts) bei diesen ebensolche Veränderungen `
des Blutkalkgehaltes eintreten, als wenn sie unbekleidet bei
verhinderter Einatmung der Innenluft den Strahlen ausgesetzt
waren. In beiden Fällen erfuhr die Zahl der roten Blut-
körperchen eine Zunahme, der Hämoglobingehalt dagegen.
nur nach der Inhalation, nicht nach der reinen Bestrahlung.
Bei künstlich anämisch gemachten Hunden konnte unter der ent-
sprechenden Versuchsanordnung die Regeneration des Blutes
schon durch bloße Inhalation der Innenluft der Kammer erheb-
lich gesteigert werden. Jedenfalls kann Picard aus seinen Ver-
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. dann Eiweißansatz), und daß außerdem durch Ultrasonnenbestrahlung
= Licht enthält auch reichlich die langwelligen Liehtwärmestrablen)
"ausscheidung in den ersten Bestrahlungstagen hervorgerufen |
Licht der „Ultrasonne“ nicht. vorhanden.
_ durch die vaginale Ultrasonnenbestrahlung,.
’
1924 — MEDIZINISCHE K
LINIK — Nr. 44. | 2. November
Neuerdings hat nun Ph. Keller ein Verfahren beschrieben (44), bei
dem als Photometer lichtempfindliches photogr aphisches Papier
verwandt wird (Chlorsilberauskopierpapier). Da dieses Papier natur-
gemäß auch schon durch die sichtbaren langwelligeren Strahlen-
arten geschwärzt wird, so wird dasselbe zur Feststellung des An-
teils der erythemerzeugenden Strahlen an der Schwärzung auf drei
verschiedene Arten bestrahlt: 1. unbedeckt; 2. durch ein Glas-
filter, das die erythemerzeugenden Strahlen sämtlich absorbiert;
3. durch ein Uviolglasfilter, das die erythemerzeugenden Ultra-
violettstrahlen von längerer Wellenlänge passieren läßt und nur
die kurzwelligen Ultraviolettstrahlen absorbiert. Durch Vergleiche
des Anteils der verschiedenen Strahlengattungen an der Schwärzung
"kann man nun eine Bestimmung der erythemerzeugenden Dosis
vornehmen. (Der Apparat wird unter dem Namen Erythemdosi-
meter von der Hanauer Quarzlampengesellschalt in den Handel `
gebracht werden.) Doch betont Keller, daß in bezug auf die
erythemerzeugende Dosis des Ultraviolettlichtes große indivi-
duelle Verschiedenheiten bestehen. Wegen dieser Verschieden-
heiten schlägt Z. Rausch (45) vor, in jedem Falle vor Beginn der -
Bestrahlungskur durch sukzessive Bestrahlung kleiner Hautpartien
am Rumpfe die individuelle Hautempfindlichkeit des Patienten zu be-
stimmen, und auf demselben Prinzipe beruht auch ein von C. Dahl- .
suchen schließen, ‚daß neben ‘der unmittelbaren Strahlen-
aufnahme durch die Haut auch die Inhalation der ioni-
sierten Luft als biologisch wirksamer Faktor zu gelten
hat. Man kann daher — dafür sprechen auch Picards klinische
Beobachtungen — die therapeutische Wirkung der Lichtbehandlung
durch Anwendung der Bestrahlungskammer steigern.
Daß neben den Ultraviolettstrahlen (von, denen bisher aus-
schließlich die Rede war) auch andere, nicht ganz SO kurz-
wellige Strahlengattungen biologische Wirkungen auszuüben
imstande sind, ist ja seit langem bekannt. Neuere Untersuchungen.
mit der Landekerschen „Ultrasonne“*, deren Licht in seinem
ultravioletten Anteil mit einer Wellenlänge von 300 ur nach unten
hin abschließt, bestätigen diese Anschauung. So fand A. Ander-
sen (86), daß nach Bestrahlung mit der „Ultrasonne* der Blut-
zuckergehalt bei Gesunden und bei Diabetikern abnimmt, und
er erzielte damit auch klinisch gute Resultate bei einigen Fällen
von Diabetes. H. Wiener (37) kam bei Stoffwechselver-
suchen zu dem Resultate, daß die Wirkungen der Bestrahlung
mit der „Ultrasonne“ auf den Eiweißstoifwechsel denen der
Quarzlichtbestrahlung ganz ähnlich sind (erst erhöhter Umsatz,
eine erhebliche Steigerung der Harnsäure- und Purinbasen-
wird. Das wichtigste bei den Wienerschen Versuchen ist der
Beweis, daß Stoffwechseländerungen durch das Licht auch ohne
Beteiligung der erythem- und pigmentbildenden Strahlen. |
hervorgerufen werden können. Denn diese Strahlenarten sind im
_ Literatur: 1. Physiologische ‘Grundlagen der Hydrotherapie. Berlin 1924,
Fischers med. Buchhandlung. — 2. Zschr. £ ärztl. Fortbild. 1928, Nr. 20. — 3. Irrtümer
1994, Nr. 5. — 7. Eben da 1924, Nr. 13. — 8. M.m.W. 1924, Nr. 6. — 9. D.m.W. 1924, Nr. 8, —
`. 10. Ebenda 1924, Nr. 81. — 11. Zschr. f. d. ges. phys. Ther. Bd. 27, H.5 u. 6. — 12. Ref.
Ebenda Bd. 27, H. 5 u. 6, S. 179. — 13. M. K1. 1923, Nr. 20. — 14. Klin. Wschr. 1923. Nr. 45;
Mschr. f. Kinderblk. Bd. 28, Juni 1924. — 15. Ref. Zbl. f. d. ges. Neurol. u Psych. BaB, `
S. 386; Bd. 32, S. 255. — 16. Ref. Zschr. f. d. ges. phys. Ther. Bd.28, H. 4, S. 217. — 17. Ebenda
Bd. 28. H. 4 — 18. Ref. Ebenda Ba. 27, H. 5 u. 6, S. 180. — 19. Eben da Bd. 28, H. 5 w 6 —
90. Ref. Ebenda Bd. 28, H. 5 u. 6, S 357. — 2L. Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 7a. — 22. W%kl.W.
1924, Nr. 11. — 23. Zbl. £ Horz- u. Gefäßkrh. 1928, Jg. 15, H. 17 u. 18. — 24. D.m.W.
1924, Nr.7. — 25. Klin. Wschr. 1928, Nr. 26. — 26. Zschr. £. klin. Med. 1924, 99, H. 5 ù 6.
'.97. D.m.W. 1924, Nr. 4. — 28. Zbl. f. inn. Med. 1928, Jg. 44, Nr. 22. — 29. Journ. möd. frang.. :
19:3, Nr. 7. — 30. Zschr. £ d. ges. phys. Ther. Bd. 28, H. 4 — 31. Ref. Ebenda Bd. 98,H.2
und 3, 8.101 — 32. D. Zschr. f. Chir. 1923, 177, H. 5 u. 6. — 33. Mschr. f. Geb. u. Gyn.
1923, 62. H.5.u. 6.— 34. M. m.W. 1924, Nr. 29.— 35. Klin. Wschr. 1923 Nr. 45. — 36. M.m.W.
- 1928, Nr. 50. — 37. Zschr. f£ d. ges. phys. Ther. Bd. 29, H.1. — 88. Zbl. f. Gyn. 194,
Nr. 7.—39. Zschr. f. d. ges. phys. Ther, Bd. 29, H. 1 — 40. W.kl.W.1923, Nr. 42.— 4L MR
1923 Nr. 8. — 42. Mschr. £ Ohrblk. 1922, H.8 u. 9; Zschr. fî. phys. u. diät. Ther. Bd. 25.—
43. Ther. Halbmb. 1920, H. 28. — 4t. Klin. Wschr. 1924, Nr. 87. — 45. Zschr. f. d. g8.
phys. Ther. Bd. 28, H. 5 u. 6. — 46. Strahlenther. Bd. 16, H.L
Über die therapeutischen Wirkungen der „Ultrasonne“,
deren wichtigste Indikationen in das Gebiet der Gynäkologie
fallen, ist im vorigen Jahre näher berichtet worden. Auch Hasel-
horst und Peemöller (88) haben mit der intravaginalen
Ultrasonnenbestrahlung bei entzündlichen Erkrankungen,
der weiblichen Adnexe im allgemeinen gute Erfolge erzielt, die
aber den mit anderen Maßnahmen erreichbaren nach Ansicht der
genannten Autoren nicht überlegen sind. Referent hält jedoch auf
Grund eigener vergleichender Beobachtungen jenes Urteil für zu
pessimistisch; besonders angesichts der häufigen und raschen günstigen
Beeinflussung der Schmerzen und. des Allgemeinbeiindens
Außer der „Ultrasonne“ wurde neben anderen Lichtquellen
auch die in der Filmtechnik bekannte „ Jupiterlampe“ neuer-
dings als Ersatzmittel für die Quecksilberquarzlampe genannt (durch
Hartmann, s. vorjähriges Referat). Der Apparat ist jetzt zu thera-
peutischen Zwecken verbessert worden und diese Kohlenbogenlampe
wird von Albert E. Stein (39) sowohl wegen des außerordentlich
reichen Gehaltes ihres Lichtes an ultravioletter Strahlung als auch
wegen dessen Ähnlichkeit mit der natürlichen Sonnenstrahlung (das
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.) |
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 37.
Weitere Studien über Heilung der experimentellen Kaninchensyphllis
veröffentlicht W. Kolle (Frankfurt a. M.). Die geringe experimentell
nachgewiesene Heilwirkung des Salvarsans in den späteren Stadien der
experimentellen Infektion fordert zur möglichst frühzeitigen Salvarsan-
behandlung in der Frühperiode der Syphilis auf. Zwar läßt sich,
_ wenigstens in den ersten Wochen nach der Infektion, mit Quecksilber:
präparaten ein erheblicher Prozentsatz der Tiere heilen. Ein Teil der.
Tiere geht aber an den zur Wirkung notwendigen hohen Dosen des Queck-
silbers chronisch: zugrunde. Deshalb dürfte für die Frübperiode bis &
weiteres das Salvarsan das Mittel der Wahl bleiben. mi on
| Das Gutachten der Deutschen gemeinsamen ArzneimittelkommisstoN
über Bisen- und Arsenpräparate teilt Morawitz (Würzburg). mit. A
gezählt werden zum Schluß die für die allgemeine und die insbesondere
für die Kassenpraxis empfohlenen Präparate. F !
Über die Untersuchung inuerer Orgaue mit Hilfe der Stimmgabel
berichtet Erich Eisner (Hindenburg [0.-8.]). Es handelt ‚sich um eine
_Untersuchungsmethode, mit: Hilfe der Stimmgabel die Grenzen und IM
einzelnen Fällen auch die Qualitäten innerer Organe zu bestimmen. Die
_ Grenzen des tönenden Organs werden durch Auskultation festgestellt. Die
Stinmmgabel-Auskultationsmethode hat sich als besonders brauchbar 6r
wiesen bei der Untersuchung. solider Organe, in erster Linie des Herzens,
der Leber, des Rückenmarkskanals (da, wo das Rückenmark ‚aufhört und
sich auflöst in die Cauda equina), in zweiter Linie der Lunge und andere!
Organe, sowohl im gesunden als auch im kranken Zustande.
Die Biuttransfusion ist nach Hans Opitz (Berlin) keine Reis,
sondern eine Substitutjonstherapie. Die zugeführten roten Blu
körperchen bleiben längere Zeit lebens- und funktionstüchtig. l
Auf die doslerbare Hydrotherapie weist Buttersack (Münster 1. v.)
hin. Er erwähnt die Bemühungen Hauffes, die Wasseranwendung &
| exakte Grundlage zu stellen, sie dosierbar zu machen. Hauffe geht von dem
warm empfohlen.
Als Lichtquelle, die vornehmlich Lichtwärmestrahlen aus-
sendet, kommt die „Sollux“-Lampe der Hanauer’ Quarzlampen-
gesellschaft mehr und mehr in Aufnahme. Ihre Indikationen sind
gegeben, wo es sich um Applikation der strahlenden Wärme
handelt. Neuerdings wurde der Apparat mit Erfolg von L. Freund (40)
bei auf Gefäßspasmus beruhender Hemikranie in Verbindung mit
der künstlichen Höhensonne angewandt; auch bei Nebenhöhlen-
erkrankungen der Nase [C. Nürnberg (41)) hat sich diese
Form der Applikation der strahlenden Wärme sehr gut bewährt.
In der Ohrenheilkunde ist die „Sollux“-Bestrahlung ebenfalls -
im Gebrauch; sie wird von Cemach (42) sowie von Oeken (43)
zur Behandlung von akutem Mittelohrkatarrh und von akuter Mastoi-
ditis empfohlen. |
Zum Schlusse noch ein Wort über Meßvorrichtungen zur
exakten Dosierung der Ultraviolettstrahlen. Diese Frage ist
bisher noch nicht vollständig gelöst worden. Gegen die Verwendung
' des Fürstenauschen Aktinimeters wurde eingewandt, daß
dieser Apparat hauptsächlich nur gegen die sichtbaren Lichtstrahlen
empfindlich sei; auch das Graukeilphotometer, das von Eder
und Hecht empfohlen war, hat sich deshalb nicht bewährt, weil
das dabei verwandte Glas gerade die kurzwelligen Ultraviolett-
strahlen, auf deren Messung es ankommt, nicht durchläßt. Die an
sich zuverlässige chemische Methode der Titrierung einer Jod-
salzlösung, in der durch die Ultraviolettstrahlen das Jod frei wird,
die von Bering und Meyer angegeben und dann von Keller aus-
gearbeitet wurde, hat immerhin den Nachteil der Umständlichkeit.
2. November
Grundgedanken aus, daß bei Anwendung heißer oder kalter Bäder weniger
- die Temperatur als der positive oder negative Reiz an sich wirke. : Die
gereizte Haut treibt durch Verengerung der Kapillaren die Blutmasse ins
‚Innere. Da die Haut bis zu 2/3 der gesamten Blutmenge aufnehmen kann,
-go bewirkt diese plötzliche Verschiebung einer so großen Masse eine starke:
Belastung des Herzens. Die Wärmereize müssen auch langsam ansteigen.
Ein langsam steigendes Teilbad bewirkt eine Erweiterung der peripherischen
Gefäße im ganzen Körper, die Widerstände sinken, das. Herz wird 'ent-
- lastet. Die bessere Durchblutung (größere Strömungsgeschwindigkeit) führt
zu einer Verbesserung der peripherischen Triebkräfte.- . .F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 36.
Über die Häufigkeit einzelner wichtigerer Klagen und anamınestischer
“Angaben bei Kranken mit arterieller Hypertension berichtet Friedrich
Kauffmann (Frankfurt a.M.). BHingewiesen wird auf: Migräne seit der
Jugend, oft seit dem Kindesalter, morgendlichen Kopfschmerz nach dem.
Erwachen, angiospastische Insulte, Schwindel, rheumatische. Beschwerden,
besonders bei "Witterungswechsel, Überempfindlichkeit gegen höhere äußere
Temperaturen,. Insuffizienzgefühl, Ermüdbarkeit, Abnahme der geistigen
. Spannkraft bei abnormer Reizbarkeit, Herzklopfen neben Druck- und
Beklemmungsgefühlen. | ZZ |
- Die Tuverkulose der Porzellanarbeiter bespricht Brinkmann (Jena).
Der Porzellanstaub setzt sich besonders leicht in den. Lungen an. Die
'Porzellanstaublunge entspricht dem Begriff der Chalikosis. Die Staub-
"partikelchen werden um so eher niedergeschlagen, je höher ihr spezifisches
Gewicht ist. Von dem Porzellanstaub gelangt deshalb auch nur ein geringerer
‘ Teil in die apikalen Partien als z. B. vom Ruß. Porzellanstaub wird eben
schon vorwiegend in der Umgebung des Hilus abgelagert und besonders
in den tieferen Partien. Und die rechte Lunge muß daher mehr von
Staub betroffen werden als die linke, weil der rechte Bronchus weiter und
gestreckter verläuft als der der ahderen Seite. Dagegen bevorzugt die
eigentliche Tuberkulose, wenigstens 'bei Erwachsenen, die Spitzen. Dem
kleinen Phthisikerherz steht bei der Chalikosis als Ausdruck chronischer
Widerstände im kleinen Kreislauf ein ‚großes Herz (Hypertrophie und Dila-
tation namentlich des rechten Ventrikels) gegenüber. Wichtig ist das für
die Pneumonokoniose ausgesprochen charakteristische Mißverhältnis zwischen
dem ansgedehnten röntgenologischen und dem unerheblichen perkussorisch-
auskultatorischen Befund. | l u | |
| Die Wassermannsche Reaktion auf Tuberkulose ist nach Otto
Wiese (Landeshut im Riesengebirge) zur Diagnose aktiver Tuberkulose
beim Kinde abzulehnen. ` | Ao g
» Auf die isolierte Gonorrhoe paraurethraler Gänge (das sind fötale
; Hemmungsbildungen meist in der Raphe an der ventralen Seite des Penis)
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
äußert sich S. Gatscher.
t
chronischen striären Stadium vorkommen, bei letzterem besonders bei
-akuten Schüben. Die Inkubationszeit muß zwischen 6 und 21 Tagen an-
‚genommen werden. Verf. weist auf die Wichtigkeit der Isolierung hin
und empfiehlt Spülungen des Nasenrachenraums mit Kal. permangan. oder .
Pregischer Jodlösung. -»- = ae.
| Allgemeine Gesichtspunkte bei der Behandlung von Sportverletzungen
teilt F. Mandl (Wien) mit. Von Vorteil ist der unbedingte Wille des‘
Patienten zur Genesung, von Nachteil die geringe. Geduld. Umnbedingte, `
frühzeitige, exakte Prognosenstellung ist erforderlich. Die Beurteilung des
Resultates ist insofern. wichtig, als sich. die Begriffe „arbeitsfähig“ und
„sportfähig“ bei weitem nicht decken. Bei der Frakturbehandlung ist die `
Vermeidung von Weichteilschäden wichtiger als die von. leichten Dislo-
kationen. . Deshalb baldige Bewegung und Massage. Zur Vermeidung der
' Atrophie der um die Fraktur herumliegenden Muskeln ist die wiederholte
. Injektion von 1/,°/,iger Novokainlösung sehr gut. Gipsverbände sind zu
meiden, höchstens bei der Malleolarfraktur ist Ihre. Anwendung unum-
gänglich. Operative Frakturbehandlung wird vom Verf. möglichst ver-
mieden. Gelenkverletzungen sind auch möglichst konservativ zu behandeln,
der Kniegelenkserguß aber frühzeitig von zwei Stellen aus zu punktieren.
Bei chronischer Arthritis gibt Reiztherapie vorübergehende ‚Erfolge. Weich-
teilverletzungen müssen entweder mit Ruhigstellung (Sehnenscheidenentzün-
dungen usw.) oder mit sofortiger Bewegung (Muskelhämatome, Tennisbein)
behandelt werden. Zum Schluß empfiehlt Verf. bei blutigen Verletzungen
die prophylaktische Tetanusantitoxineinspritzung in jedem Falle.
Über die Empfindung des Bodenschwankens bei Neurasthenikern
| Es handelt sich im Gegensatz zum Schwindel,
der darauf beruht, daß der Patient durch einen inneren Vorgang zu einer
Vorstellung über seine Gleichgewichtsiage kommt, die den Tatsachen nicht Zr
entspricht, darum, daß der Otolithenapparat sich in. einem gesteigerten
Energiezustande befiadet, so daß die rhythmischen Gangbewegungen, die.
. sonst ‚nicht perzipiert werden (der. Gewöhnung wegen), zum . Bewußtsein `
gelangen. Es besteht also eine Täuschung über den Ort eines Vorgangs.
‘ Über Hemmungsbildungen an einem Neugeborenen durch Röntgen- .
einwirkuog in früher Fötalperiode berichtet H. Abels (Wien) auf Grund
eines Falles, wo ein Kind mit auffallend kleinen Dimensionen ohne Zeichen
einer Frühreife von einer Frau geboren wurde, die im Beginn .der Gravi-
dität wegen Menorrhagien ziemlich intensiv bestrahlt worden war. Das
Kind wies einen. Mikrozephalus, sowie Mikrokornea und Mikrophthalmus
auf, und hatte an den langen Röhrenknochen an luetische Periostprozesse
erinnernde Veränderungen: Lues konnte bei Mutter und Kind ausgeschlossen
werden. ‘Diese Fälle sind selten, da die Zone zwischen zum Abort infolge
Abtötung führender Strahlendosis und derjenigen, die den Fötus nicht
schädigt, sehr schmal zù sein scheint, Sa u
Die Therapie der Psoriasis bespricht L. Kumer (Wien) sehr. ein-
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weist H. Mühlpfordt (Allenstein) hin. Eine Erkrankung der Harnröhre
| kann hierbei ursprünglich fehlen. Häufig findet aber dann eine nach-
tägliche Infektion der Urethra vom Gang aus statt. F. Bruck.
. gehend. Er fordert zunächst ein Empfängliehmachen der Herde für die
Therapie durch warme Bäder. Von äußeren Mitteln am energischsten
wirkt Chrysarobin, dem aber Cignolin mindestens gleichwertig zur Seite
steht. Der Wert der Strahlentherapie ist begrenzt; ebenso ist die innere
Verabreichung von Arsen nur bei hohen Dosen und nur einmal im Leben
wirksam. ÖOrganotherapie und Diätkuren sind ebenfalls unsicher in ihrer
. ? .
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Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 35 und 36. _
Einen Beitrag zur Klinik und Statistik der Gebärmuttersarkome
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schiedenen Fällen wurde eine Dyspnoe beobachtet, die eine Angina pec-
toris einleitete oder mit ihr zusammen auftrat; Verf. nimmt an, daß diese
_ Dyspnoe, die schmerzhaft oder drückend empfunden wird und mit Be-
klemmung und Angst einbergeht, ein der Angina parallel gehendes Sym-
_ ptom ist, und zwar wird es ausgelöst vom Aörtenanfangsteil. ‚Der Mecha- `
nismus stellt, einen aortico-bulbären Reflex dar, dessen zentripetaler
Schenkel wahrscheinlich durch den: Nervus depressor verläuft, da seine
Bestrahlungserfolge bei inoperablen Tumoren
warden nicht beobachtet, | SR
Die Kapillaren der Extremitäten bei Akrozyanose beobachtete
E. P. Boas (Now York) und fand. bei vasomotorischer Störung an den
temitäten niedrigen kapillaren Blutdruck und verlangsamten Blutstrom.
ènn die normale Farbe der Finger wieder eintritt, kehrt auch normaler
Druck und Strömung in den Kapillaren wieder. Im allgemeinen sind die
Apillaren -länger und breiter ‚als beim Gesunden und man findet öfters
Verschlingung und bizarre, Architektur, | a
. Weitere Beobachtungen über die Kontagiosität der Encephalitis
Iethärgica teilt G. Stiefler (Linz) mit. An Hand mehrerer Kranken-
` geschichten zeigt Sich, daß eine Kontagiosität meist von Mensch zu Mensch
besteht, daß Infektionen. meist im akuten Stadium, aber mitunter auch im |
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n 3 ; f 3 : í | et
liefert B. Steinhardt (Wien). Einen Übergang von Myomen in Sarkom Wirkung. Es gelingt wohl in allen - Fällen. die Herde zu beseitigen, doch i TRA
fand Verf. in etwa 2%. Es überwiegen die Wandsarkome bei weitem | ist die Verhütung des Rezidivs nicht alt Sicherheit: möglich. Die uni Es
über die Schleimhautsarkome. Bevorzugt wird das Corpus uteri. Die | Yerselle Psoriasis verlangt die mildeste Behandlung. a ai Baar
Symptomatologie ist unklar. Bei- submukösen Geschwülsten ist die Dia- ‚ „Die Sexualpathologie bespricht O. Schwarz (Wien) und verlegt . E
gase unter Umständen zu stellen,” wenn der Tumor brüchig ist, fisch- | die Ursache der Sexualstörungen in der größten Mehrzahl der Fälle in firii -
' fleisohähnlich aussieht, nach Entfernung rasch nachwächst, und Kachexie | die Psyche, während das Erfolgsorgan bzw. die Körperlichkeit (Hormone) AERE i
mit Ödemeh eintritt. Das interstitielle Sarkom entzieht sich im Anfang.| nur indirekt ‘wirksam sind. Der Schwerpunkt der Sexualstörung liegt im Re
` vollkommen der Diagnose und auch rasche Ausbreitung bzw. Vergrößerung Konditionellen und zwar in der Seele, als dem führenden Organ mensch- Me a
Sind kein . sicheres Kriterium gegenüber Myom. Häu fig sind in. vor- licher Anpassung. Aus ‚dieser Anschauung ergibt sich auch der Weg der s glih i
geschrittenen Fällen Allgemäinerschei nungen, dann ist auch mitunter übel- einzuschlagenden Thorapie; es muß die Psychotherapie immer mehr in den in A
riechender Ausfluß vorhanden. : Immerhin kann ‘von charakteristischen | Vordergrund treten. E TAE | N IM i
Symptomen nicht gesprochen werden.. Die Erfolge der Behandlung, für Über eine bisher unbeachtet gebliebene Atemstörung bei der Angina Be
die, wenn möglich, die Operation in Frage kommt, sind schlecht, da in | pectoris (Aortendyspnoe) berichtet S. Wassermann (Wien). In ver- It} ne
609%, Rezidive auftreten. ii nn
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Durchschneidung wie die Angina auch die Dyspnoe beeinflußt,
Einen Beitrag zur Therapie der Ziegenmilchanämie im Säuglings-
alter liefert H. Czickeli (Graz). Auf Grund mehrerer Fälle erklärt er,
daß das einfache Ersetzen der Ziegenmilch durch Kuhmilch, wie: es
Kirsch-Hofer und Kirsch angegeben haben, zur Behebung der Anämie `
nieht genügt, vielmehr trat einmal. trotz Kuhmilch -F Gemüse + Eisen
+ =f
. . . Pi N
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1552 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44. ' E 2. November
daß der Pylorusring, der an den Beschwerden schuld ist, mittels Durch-
“ schneidung unschädlich gemacht wird. - |
Zur Ätiologie des Volvulus bemerkt B. Woecsner (Jekaterinoslaw),
daß in Rußland eine ungewöhnlich hohe Zahl von Volvulusfällen beob-
achtet worden ist. Die Bedingungen für die Entstehung des Volvulus sind
gegeben- durch die Fettarmut des Körpers infolge der Hungersnot und
: durch die schlechtverdauliche Kost.
i Die „ideale“ Prostatektomie empfiehlt G. Mertens (Bremen). Die
" Wunde in der hinteren Blasenwand, die bei der Ausschälung der Prostata -
' entsteht, wurde primär vernäht. Dadurch wurde die Nachblutung gering,
der Urin wurde schneller blutfrei und die Kontinenz trat schnell ein. In
allen Fällen wurde eine fistellose, glatte Heilung und eine kontinente
i Harnblase erzielt. Ä |
x Einen Tampon gogon schwere Bintungen bei der suprapubischen
_Prostatektomie empfiehlt E. Bouvisr (Graz). Ein 4—6 cm breiter, 6 fach
` gelegter Gazestreifen wird mit einem 30 cm langen Aluminium-Bronzedraht
durchstochen und ander einen Seite mit dem Gazestreifen verknotet. Das
längere Drahtende wird bei starker Blutung durch die Urethra durchgeführt
und beim Anziehen legt sich der Streifen in gleichmäßige, ziehharmonika-
! artige Schichten, welehe die Wundhöhle verschließen. | |
| Die Anwendung der Schanzschen Verschraubung bei Genu valgım
und varum empfiehlt G. Riedel (Frankfurt a. M.). Eine Beinverkürzung
und eine Verschiebung der Fragmente bei der suprakondylären Osteotomie
1äßt sich vermeiden, wenn von einem modial gelegenen Schnitt aus dicht
oberhalb des Intermediärknorpels 2 Schrauben eingebohrt werden und
- zwischen ihnen keilförmig osteotomiert wird. Durch das Verdrahten der
Schrauben werden die Fragmente fest aneinander gehalten. K. Bg.
Exitus ein.. Alle Kinder zeigten Rachitis, waren im zweiten Lebenshalb--
jahre. Zwei hatten Milzschwellung, davon eins auch Leberschwellung.
Verf. glaubt, daß neben der alimentären Noxe der Konstitution ätiologisch
eine große Bedeutung zukommt. BE |
Die Strahlenbehandlung der malignen Tumoren sollte, wie A. Czep&
(Wien) ausführt, nicht in Mißkredit gebracht werden, sondern mit allen
Mitteln an ihrer Vervollkommnung gearbeitet-werden. Hierher gehört auch
die Kombination mit’ chirurgischer Behandlung, sowie der Versuch bei
allen inoperablen Tumoren, sofern Kachexie und Metastasierung nicht zu
groß sind. Man kann nie sagen, wie ein Tumor auf die Strahlen reagieren
wird, weil dabei die Konstitution eine große Rolle spielt. Gegen den
. Röntgenkater wirkt Kochsalz sehr gut, auch kann er durch verteilte Dosen
` vermindert oder vermieden werden. Ferner soll die Strahlentherapie durch
‘ energische Arsenmedikation (Solarson II 2—3 mal wöchentlich) unterstützt
werden. | 0 R l Muncke.
Zentralblatt für innere Medizin, 1924, Nr. 37 u. 40.
Nr. 37. Eskil Kylin vergleicht die Adrenalin- und -Biutzucker-
reaktion bei verschiedenen Formen von Diabetes mellitus. Die Unter-
suchungen wurden morgens nüchtern vorgenommen, zunächst der Blutdruck
gemessen und eine Blutprobe für die Zuekerbestimmung entnommen; dann
wurde 1 mg Adrenalin subkutan eingespritzt und im Anschluß daran der
Blutdruck, zunächst in Zwischenräumen von 2, dann in solchen von
5 Minuten bestimmt, Bilutproben 10, 20, 40, 60, 90 und 120 Minuten
= nach der Einspritzung entnommen. Bei Gesunden steigt nach Adrenalin-
injektionen der Blutzucker, um nach einer Stunde seinen maximalen Wert
zu erreichen. Ebenso steigt der Blutdruck, diese Steigerung erreicht aber
schon nach etwa 10 Minuten ihren Gipfel. Bei 6 jungen Diabetikern ohne
Blutdrucksteigerung fand sich nach Adrenalin ein erheblich höheres An-
steigen des Blutzuckers als bei Gesunden. Auch die Blutdrucksteigerung
war in 4 Fällen höher, einmal ebenso hoch und einmal geringer als bei
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Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 39.
Ein seltener Fall von Tubargravidität wird von W. Fischer (Rostock)
beschrieben. Die Untersuchung der beiden operativ entfernten Tuben ergab,
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f Tk Gesunden. Dagegen finden sich bei Diabetikern mit Hypertonie und auch | daß links eine Tubarschwangerschaft bestand und die rechte Tube auf
f a bei Hypertonikern ohne Glykosurie Sinken -des Blutdrucks und nur un- | einer ganz kurzen Strecke völlig verschlossen war. Die Untersuchung
N A: bedeutende Steigerung des Blutzuckers. Die von verschiedenen Seiten ge- | dieser Stelle zeigte, daß hier die Reste einer Tubenschwangerschaft yor-
oder V l forderte Einteilung des Diabetes in 2 Gruppen, eine mit und eine ohne |. lagen, bei der es zu tubarem Abort mit ausgedehnter Organisation ge
i e, Blutdrucksteigerung, findet in diesen Beobachtungen eine Stütze. | kommen war. . | | | Ze:
N ; i ' | "Nr. 40. Simnitzky (Kasan) bespricht seine Methode der klinischen Meustruationsdauer und fötale Entwicklung besprechen Szenes
o Magenfunktionsprüfung, die in der fraktionierten Ausheberung des Magen- und Mondr6 (W ien) nach den Erfahrungen der Universitäts-Franenklinik.
Pi. inhalts mit einer dünnen Sonde nach Genuß von 200 cem Fleischbrühe besteht. Zusammenstelluhgen einer größeren Reihe von gesunden Frauen nach ihrer
Menstruationsdauer hatten das Ergebnis, daß im allgemeinen Frauen, die
länger menstruiert sind, durchschnittlich schwerere und längere
Kinder gebären. Der Zusammenhang wird noch deutlicher, wenn man
nur Erstgebärende berücksichtigt oder erstgebärende Mütter von Knaben
und Mädchen gesondert in Betracht zieht. Wenn auch Menstruationsdauer
und fötale Entwicklung von zahlreichen anderen Umständen, wie Krankheit
der Mutter, des Fötus, der Plazenta, Größe der Eltern, beeinflußt worden,
so bleibt dieser Zusammenhang doch auffallend. Als Erklärung wird ar
genommen, daß bei länger menstruierten Frauen größere Mengen für den
Fötus wichtiger Stoffe zurückgehalten werden und daß. die Einstellung der
Eierstöcke hyperhormonal verändert ist. | |
Zur Deutung von Kreuzschmerzen in der Gynäkologie weist
R. Joachimovits (Wien) hin auf die Erkrankungen des hinteren
Anteils des Beckenringes. Auffallend war, daß Retroversione2
der Gebärmutter sich häufig gleichzeitig finden mit Erkrankungen
desIliosakralgelenkes. Die Sacrocoxitis tubereulosa wird häufig
übersehen. Sie zeigt sich ah durch gesteigerten Kreuzschmerz nach Gehen,
Sitzen und Stehen, zumal bei einseitiger Belastung, forner in frühzeitig
einsetzender Abmagerung der kranken Gesäßhälfte bei freier Beweglichkeit
im Hüftgelenk und Schmerzen beim Überkreuzen des gesunden und kranken
‘Beines. Die arthritischen Erkrankungen der Articulatio sacro-
iliaca sind ein häufiges Krankheitsbild. Sie geben den lokalisierten
Schmerz beim Überkreuzen der Beine und bei Druck auf die Synehondrost.
Die traumatische Sacrocoxitis ist die häufigste Form der chronischen
Gelenkerkrankung an dieser Stelle und häufig verursacht durch das Traums
der Geburt und die späte Schwangerschaft, ferner durch die tiefe Londen-
skoliose der Wirbelsäule. BE l
Serologische Geschlechtsbestimmung des Fötus während der Grani-
dität hat W. Oppenheimer (Frankfurt a. M.) an der Frauenklinik vor
genommen mit Hilfe der Gersbachschen Modifikation der Abderhaldensebe
Reaktion, die ein Arbeiten mit ganz geringen Serummengen gestattet. DIE
Versuche wurden zu gleicher Zeit mit Hoden- und Rierstocksubstanz 20°
gestellt. Überwog die Stärke der Hodenreaktion, SO wurde ein Knave,
umgekehrt ein Mädchen vorausgesagt. Es stellte sich heraus, dab zw
nicht in allen Fällen eindeutige Ergebnisse erzielt wurden, daß jedoch bei
_ den meisten die Voraussage eintraf. | K. Bg.
Nach Verlauf einer Stunde wird der ganze Mageninhaltausgehoben und dieselbe
Prozedur — Fleischbrühefrühstück und Teilausheberung alle 15 Minuten —
wiederholt. Es kann sich dann zeigen, wenn die Zahlen. der freien HCl
und der Gesamtacidität für die beiden Stunden getrennt addiert werden,
daß die Summe der zweiten Stunde die der ersten a) etwas, b) sehr er-
heblich übertrifft oder daß sie 0) etwas geringer ist als die der ersten
. Stunde. a) ist der normale Typus der Magenfunktion, b) der inerte, c) der
asthenische oder labile Typus. Die Unterscheidung dieser Typen ermöglicht
es der Therapie, die „asthenischen, sehr reizbaren und bald ermüdbaren
Magenzellen zu beruhigen und die inerten mit Pharmaka zu reizen“. W.
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Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 39.
Wundinfoktiouen nach aseptischen Operationen mit primärem
Wundverschluß schildert C. Teichert (Königsberg) nach den Erfahrungen
der chirurgischen Universitätsklinik. Das Operationsfeld wird mit 7,5%/oigem
Tanninspiritus,. dem etwas Fuchsin zugesetzt ist, einmal reichlich bepinselt.
Die Tücher zum Abdecken werden in 2 cm Entfernung mit Mastisol an-
geklebt. Die Hände werden 5 Minuten unter fließendem Wasser und
5 Minuten in denaturiertem 60°%/,igem Spiritus gewaschen. Die Hände
werden mit weißen Zwirnhandschuhen bedeckt und bei aseptischen Er-
krankungen mit Gummihandschuhen, Die meisten Infektionen sind im
März zu verzeichnen. Die Tatsache wird dadurch erklärt, daß in diesem
Monat nach Semesterschluß die Famuli bei den Operationen assistieren.
Die erste oder zweite Operation des Tages führt seltener zu Wundinfektionen
als die späteren. Die regelmäßig durch Staphylokokken bedingte Wund-
infektion trat meistens am 6. bis 8. Tage auf. Die Dauer der Operation
war von geringem Einfluß, An einem Tage vereiterten zuweilen mehrere
Fälle; die Ursache dafür war eine Infektion durch einen der beteiligten
Ärzte. Die Zahl der Wundinfektionen bei aseptischen Operationen betrug
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im Jahre 1922 3,1%, und 1923 1,3%. |
Die Durchschneidung des Pylorus beim Magen-Duodenalgeschwür
empfiehlt F. Oehlecker (Hamburg). Abgesehen von der wichtigen internen
Behandlung soll man beim Magengeschwür möglichst die Resektion und
zwar am besten möglichst die Methode Billroth I machen. An Stelle der
Gastroenterostomie soll die Gastroduodenostomie mit Durch-
schneidung des Pylorusringes ausgeführt werden. Es ist wichtig,
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2. November o
Therapeutische Notizen.
-` - Innere Medizin.
Die Kalziumbehandlung bei Erkrankungen des Intestinaltraktus
empfiehlt Wiesenack (Jena). Er gibt bei-Erwachsenen intravenös 8 bis
10 ccm einer 5°/,igen Lösung von Calcium chlorat. erystall. puriss. (Merck),
und zwar bei Dysenterie, Paratyphus, Botulismus (hier wirkte es auch
‚günstig auf die zerebrale Intoxikation), Icterus catarrhalis (dadurch, daß
der Darmkatarrh schwindet), Salvarsanikterus (ein durch Kalzium an-
gereicherter Organismus wird in hohem Maße tolerant gegen Salvarsan).
(D.m.W. 1924, Nr. 36.) i F, Bruck.
Zur Behandlung des Bronchialasthmas empfehlt L. v. Gordon ein
neues Präparat „Felsol“ (Fabr. pharmaz. Spezialitäten „Roland“ in Essen).
Es ist ein Pulver, gemischt aus Metozin, Koffein, Digitalis und Strophanthus-
‚Glykosiden. Vorbeugend, am Tage vor dem Anfall genommen, genügt ein
Pulver, um den Anfall zu verhindern oder abzukürzen. Im Anfall selbst
genügen 1—2 Pulver. Das Mittel hat den Vorteil, frei von Narkotieis zu
sein; ferner eignet es sich zu längerem Gebrauch, da kumulative Wirkung
nicht beobachtet wurde. (Schweiz. med. Wschr. 1924, Nr. 36.) Muncke.
Bei sehr starkem fustenreiz, wie er bei schwerer Lungentuber-
vorkommt, verordnet Karl Heinz Blümel (Halle): Luminal 1,0,
Morph. mur. 0,1, Mass. pilul. q. s. ut f. pilul. Nr. X. D.S. Abends 1 Pille.
(M.m:W. 1924, Nr. 35.) . | Ä F. Bruck.
Frauenkrankheiten.
Röntgenstrahlen gegen Epilepsie und Migräne empfiehlt M.Fränkel
(Berlin). Die Gegend der Eierstöcke wurde mit kleinen Dosen bestrahlt. Die
Anfälle setzten danach auf längere Zeit aus. (ZbL f. Gyn. 1924, Nr. 37.)
Die Bedeutung der Resorptionswirkung der Diathermie bei gynä-
kologischen Erkrankungen bespriebt I. v. Büben (Budapest). Es
=- wurde dreimal wöchentlich 20—30 Minuten lang behandelt, gewöhnlich
1924, Nr. 37.)
durch Einführung der Elektrode in die Scheide und einer platten Elektrode
auf Bauch oder Rücken. Die Behandlung empfiehlt sich besonders bei den
chronischen Formen mit geschrumpften' Strängen. Bei akuten Zuständen
kann sie schädlich werden. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 36.) |
Erfahrungen mit Ovo-TMansannon bei Ausiallserscheinungen nach
operativer und nach Röntgenkastration berichtet E. Schwarzkopf nach
den Erfahrungen der Universitäts-Frauenklinik in Leipzig. Das von der
Firma Gehe & Co. in Handel gebrachte Präparat wird in Bohnen genommen,
‘von anfangs dreimal 1 bis auf dreimal 3 täglich steigend. Ausfallserschei-
= , nungen nach Entfernung beider Eierstöcke oder nach Röntgenkastration
wurden in den meisten Fällen mit Erfolg behandelt. Nachteilige Wirkung
wurde nicht beobachtet. . (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 36.)
Erfahrungen mit Dicodid bei frisch Operierten'an Stelle von Morphium
bespricht Karl Heusler (Leipzig) nach den Erfahrungen der Universitäts-
Frauenklinik. Das Mittel wurde in der Menge von 0,015 g subkutan ein-
gespritzt, die erste Einspritzung abends 8 Uhr, die zweite am nächsten
Tage vormittags 12 Uhr. Die Einspritzung begünstigt den Eintritt des
Schlafes und steht in der Wirkung dem Morphium nicht wesentlich nach.
Unangenebme Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. (Zbl. f. Gyn.
Die Anwendung der menschlichen Nabelschnur anstatt Katgut hat
S. G. Bykow (Saratow) erprobt. Die vom Blut sorgfältig gereinigte Nabel-
schnur wird der Länge nach wiederholt gespalten und die Fäden getrocknet.
Die in Bündeln aufgerollten Fäden werden in eine Lösung von Jod und
Jodkali in Glyzerin und Alkohol gebracht und während 2 Wochen sterili-
siert. Die Nabelschnur hat bei der Naht den Vorteil, daß die Fäden schnell
und reizlos aufgesaugt werden. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 38.)
Die bisherigen Erfahrungen mit Rivanol an dem Staatlichen Institut
für Geburtshilfe in Hamburg bespricht C. Eisenberg. Es wurden 50 bis
100 ccm einer Lösung 1:500 täglich endovenös eingespritzt, bis zu 10 Tagen
hintereinander. Bei fieberhaften Aborten empfiehlt es sich, die endovenöse
Rivanolverabreichung mit der Einspritzung von Dispargen zu verbinden,
ichtig ist die. präventive Anwendung. Lokaltherapeutisch. wurden von
dem Rivanol 50—150 ecm einer Lösung 1:500 in die Bauchhöhle ein-
gegossen. Die Ergebnisse waren nicht regelmäßig gut. (Zbl. f. Gyn.
1924, Nr. 87.) ° Ä
Hautnaht des frischen Dammrisses mit Michelschen Klammern
empfiehit E. A. Koch (Tuckum). Der Scheidenriß .und die Dammwunde
werden mit Katgutnaht geschlossen unter Vermeidung von Nisehenbildung.
Durch die tiefgreifenden Katgutnähte werden die Hautränder nahe an-
einander gebracht und dann zum Schluß mit Michelschon Klammern ver-
einigt. Auch unter den schwierigen Verhältnissen der Privatpraxis heilten
die Wunden mit glatten und widerstandsfähigen Narben. (Zbl. f. Gyn.
1924, Nr. 88.) K. Bg.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
Allgemeine Therapie.
Leo Lührse (Stettin) berichtet über einen Fall von fortschreitender
Arseniknekrose des Unterkiefers, wo vor vielen Jahren Zu einer: Zeit, als
man von. einer therapeutischen Wirkung der Röntgenstrahlen noch nichts
wußte, zu diagnostischen Zwecken eine Röntgenaufnahme gemacht worden
war (Belichtungszeit von 45 Minuten). Dänach kam es zu einem un-
beabsichtigten Erfolg . (Heilung), indem die gelockerten Zähne fest
wurden und Geschwulst und Knochenauftreibung zurückgingen. (M.m.W.
1924, Nr. 25.) . u u F. Bruck.
R. Gilbert (Genf) macht an Hand von zwei Fällen auf’ die Röntgen-
behandlung der Lymphogranulomatose aufmerksam, und zwar waren die
Bestrahlungserfolge bei der regionären Form durchaus gute, während zwei
generalisierte Lymphogranulomatosen ungünstig .bzw. nicht reagierten.
(Schweiz. med. Wschr. 1924, Nr. 35.) | Muncke.
Der parenteral einverleibte Alkohol ist nach B. Spiethoff (Jena)
ein Reizmittel, das allen Ansprüchen und Indikationen der heutigen
Reiztherapie entspricht. Man kann sich jede dem Fall angemessene Dosis
darch Verdünnung mit gekochtem Wasser (oder mit einwandfreiem, nicht
gekochtem Leitungswässer) herstellen. Die Injektion erfolgt in die Gesäß-
` muskulatur. Die Dosis ist meist 0,1—0,3 ccm Alcoh. absol., aufgefüllt auf
l com Wasser. Zur Behandlung kamen u. a. Trichophytia profunda,
größere Furunkel, Drüseninfltrate der Achsel, Bubonen, umschriebene .
Phlegmonen. Bei all diesen Affektionen gebe man 0,3 Alcoh. absol. mit
` Intervall von einem Tage, also 3mal wöchentlich. Es kommt zu: schneller
Erweichung oder Rückbildung. (M.m.W. 1924, Nr. 24.) F. Bruck.
| Bücherbesprechungen.
Julius Löwy, Die Klinik der Berufskrankheiten. 483 S. Wien und
Breslau 1924, Emil Haim & Co. . Brosch. 15,— M.
Unter sorgfältigster, gründlichster Auswertung der einschlägigen
Literatur und. unter Berücksichtigung des seit langen Jahren angesammelten
Materials der Prager medizinischen Klinik hat Löwy ein Werk geschaffen,
das vor allem die klinische und diagnostische Seite der Berufskrank-
heiten in den Vordergrund rückt. Selbstredend ist auch der Pathogenese
in jedem Falle Rechnung getragen, wobei überall auf Probleme der Sozial-
und Gewerbehygiene eingegangen wird. Auch wichtige Fragen, der Berufs-
beratung werden in ausreichender Weise erörtert.
Im ganzen bildet das Löwysche Werk zweifellos eine wertvolle
Bereicherung der medizinischen Literatur, und zwar sowohl für den prak-
tischen Arzt, für den die Kenntnis der Berufsschädigungen ja unerläßlich
ist, als auch für den spezieller interessierten Versicherungsmediziner und
Gewerbehygieniker, die in dem Löwyschen Werk nicht nur eine zusammen- -
fassende Darstellung aller in Frage kommenden Berufskrankheiten, sondern
auch wertvolle Hinweise sozialmedizinischer Art finden werden. Es sollte
in keiner Bücherei fehlen. P. Horn.
Herm.Dersch, Die neue Angestelltenversicherung. 1248. Berlin1924,
‚ Julius Springer. Brosch. 2,10 M.
Durch das neue „Angestelltenversicherungsgesetz“ vom 28. Mai 1924
ist statt der bisherigen Fülle von Verordnungen, Ergänzungsvorschriften
und Einzelgesetzen für das ganze Gebiet der Angestelltenversicherung eine
einheitliche Rechtsquelle geschaffen worden. Wie die Invalidenversicherung
so muß auch die analoge Angestelltenversicherung der Ärzteschaft, die ja
die Untersuchung der Versicherten hinsichtlich Heilverfahren usw. aus-
zuführen hat, wenigsten in ihren Grundzügen bekannt sein. Diese Kenntnis
vermittelt in leicht verständlicher Weise das vorliegende Werkchen von
Herm. Dersch. Den Mediziner interessieren selbstredend in erster Linie
die Ausführungen über die Organisation der Angestelltenversicherung
sowie die Versicherungsleistungen; er findet aber auch im übrigen
in den klaren Darlegungen des Verf. viel Wissenswertes mehr allgemein-
versicherungsrechtlicher Natur. | . P. Horn.
Strümpell, Leitfaden für die Untersuchung und Diagnostik der
wichtigsten Nervenkrankheiten. Mit 6 Abbildungen. 151 Seiten.
Leipzig 1924, F. C. W. Vogel. RtM. 6,—. =
Eine Propädeutik der Neurologie. Nachdem Goldscheiders be-
kanntes Büchlein, das den gleichen Zweck verfolgt, nicht mehr erscheint,
füllt Strümpell eine literarische Lücke aus. Untersuchung, allgemeine
Diagnostik, spezielle Diagnostik — in 130 Seiten wird in der ‘bekannt
leichtflüssigen Diktion Strümpells der Extrakt eines praktischen Lehr-
und Fortbildungskurses gegeben. Wer in Ruhe und mit innerem Interesse
diesen Fragen nachgeht, wer sich die Prinzipien dieser. Untersuchungen
und Kenntnisse zu eigen macht, kann in Wesentlichem kaum straucheln.
Mehr will das Büchlein nicht. Es macht seinem Autor als Lehrer ‚Ehre,
und es erfüllt seinen didaktischen Zweck vollendet. Kurt Singer.
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Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 15. Oktober 1924.
| Offizielles Protokoll.
` Vorsitzender: Zuerst Kraus, dann. Bumm. Schriftführer : Benda.
` Herr Kraus begrüßt die Ankunft des Zeppelin-Luftschiffes in Amerika
mit begeisterten Worten. Lebhafter Beifall.
y | Werstorben: die Herren Max Meyer, Rotter, R. Flatow. Die
pe Gesellschaft erhebt sich zu ihrem Andenken von den Sitzen. Herr Kraus
gedenkt ferner des Hinscheidens von Wilhelm Roux, der leider nicht
Ehrenmitglied war. Die Gesellschaft erhebt sich zu seinem Andenken.
Zur Aufnahme vorgeschlagen, zum Teil während der Ferien,
die Herren: Dr. Benno Grünfelder, Lessingstr. 24, Dr. Albert Wunder-
lich, Elsholzstr. 12, Dr. Samy Spiro, leitender Arzt der Lungenheilstätte
Birkenhaag in Lichtenrade, Dr. Max Michael, Grunewald, Auerbachstr. 5,
sämtlich von Herrn Dünner; Dr. Johannes Carney, Kastanienallee 3,
von Herrn Nathanson; Dr. Jason A. Stathacopoulo aus Athen von
Herrn Brandenburg. |
Vitamin B enthielt, konnte bei Tauben, Katzen und Ratten experimentelle
Beriberi erzeugt werden. Der Vitamingehalt der Organe von Beriberileichen
ist auffallend niedrig. Mit Vitamin B kann Beriberi verhütet und geheilt‘
werden. Je größer der Vitaminmangel, desto rascher entwickelt sich die
Krankheit. Vortr. meint, daß auch die Kohlenhydrate der Nahrung für
den Ausbruch der Beriberi wichtig sind, weil bei größerem Gehalt der
Nahrung an poliertem Reis die Erkrankung früher manifest wird. Durch
' geeignete Nahrung kann man experimentell bei Menschen, Hunden, Katzen
und Ratten ein gleiches Krankheitsbild erzeugen. Es scheint dem Vortr.
erwiesen ZU sein, daß Beriberi eine Avitaminose ist.
F. Fleischner berichtet unter Demonstration von Bildern über
mediastino-interlobäre Pleuritis. Sie findet ‚sich oft als Begleitzustand
bei Tuberkulose der mediastinalen und der Hilusdrüsen. Bei dorsiventraler
Durchleuchtung findet man neben der Vergrößerung der Hilusdrüsen mäßig
dichte Flächenschatten im Unterfeld medial. Bei transversaler Durch-
-leuchtung kann man den Schatten manchmal als interlobären Erguß er-
kennen. Bei Durchleuchtung in Kreuzhohlstellung nimmt man scharf
begrenzte, dichte Schatten wahr, die dem Herzen aufsitzen. Die interlobäre
Pleuritis ist rechts viel häufiger als links. Die anatomische Untersuchung
hat ergeben, daß Gruppen von subpleuralen Lymphknoten in den Inter-
lobärspalt hineinragen. i
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| | Tagesordnung: |
1. L. Pick: Weitere Untersuchungen zum Morbus Gaucher (mit
Projektion). (Erscheint unter den Originalien dieser Wochenschrift.)
Aussprache: Lub arsch; Schlußwort: Pick.
9. Louros: Über altgriechische Geburtshilfe. (Erscheint unter den
Originalien dieser Wochenschrift.) Ä |
Ä Nach der Tagesordnung:
Gohrbrandt: Demonstration eines durch Operation gewonnenen
Präparates einer Magenwandphleginone. | we
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Seminarabende des „Wiener medizinischen Dokiorenkoilegiums“.
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Sitzung vom 5. Mai 1924.
| Sexualpathologie. (Schluß aus Nr. 43.)
Ref.: Alfred Adler, Oswald Schwarz. |
Welches. sind die{Ursachen der sogenannten psychischen Impotenz?
| Wien. | | _ Wenn man über solche Fragen etwas Bleibendes und der Kritik
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde. (Pädiatrische en soll, so muß man seiner Sache sicher nein, DL
2 i s .) | Impotenz haben wir ein psychogenes Symptom zu sehen. Die Impotenz
Sitzung vom 28. Mai 1924. ist eine jener Ausdrucksformen, welche wir als die eines ganz entmutigten
K. Dietl stellt zwei Kinder vor, bei denen der tuberkulöse Primär- | Menschen bezeichnen können. So verstehen wir, dab bei der Melancholie
affekt mit großer Wahrscheinlichkeit lokalisiert werden kann. I. Pat. ist die Impotenz in den Vordergrund tritt. Wenn Sie bloß auf die äußere
: 6 Jahre alt; es sind an einer umschriebenen Stelle des rechten Unter- | Einstellung des Impotenten zum anderen Geschlecht achten, $0 werden Sio
lappens feuchte Rasselgeräusche zu hören und auf der Höhe des Inspiriums feststellen können, daß sich eine Distanz zwischen Mann und Frau ein
pleurales Reiben. Pirquet-Reaktion stark positiv. Röntgenbefund: Ein stellt. Die Annäherung an das andere Geschlecht kann erzielt werden,
rundlicher Herdschatten im rechten unteren Lungenfelde. II. Pat. ist | wenn jemand mit einem Wort dem Patienten beispielgebend zuspricht.
12 Jahre alt. Vor 2 Jahren wurde folgender Befund erhoben: Links vorn | So kann man derartigen Patienten in mindestens 50°/, wieder Courage
unter der Klavikula Dämpfung, nach abwärts in die Herzdämpfung über- machen. Durch 'freundschaftlichen Zuspruch müß deshalb der Arzt dio
gehend; über der Dämpfung Bronchialatmen und klingendes Rasseln. Sonst | meisten psychisch Impotenten beeinflussen. In solchen Situationen ist 8,
normaler Lungenbefund. Im Verlaufe der Beobachtung dehnte sich der | wie wenn gleichsam ein Riegel vorgeschoben wäre. Pat. möchte vorwärts
Prozeß in die linke Spitze und die axillaren Lungenpartien aus. Heilung | gehen, er möchte eine Ehe eingehen. Die Impotenz ist der Ausdruck für
durch Pneumothoraxbebandlung. Der Röntgenbefund ergibt, daß der Haupt- | das Nein des Pat. Gegen die Beeinflussung wird eine Unzahl von Gegen
teil der Veränderungen links vorn oben an der Basis des Oberlappens gründen aufmerschieren. Pat. löst immer seine Gedankengänge auf, or
lokalisiert war. Die genaue Verfolgung iozipienter Fälle dürfte Licht auf | leistet eine Penelopearbeit. Pat. möchte ganz gern, aber er hat sich eine
die Pathologie des Lungenprozesses werfen. Die Heilungschance ist bei viel wichtigere Aufgabe gestellt, nichts auf das Spiel zu.setzen. Es gibt
solchen Fällen groß. verschiedene Beziehungen des Lebens, wo es ein gewisses Risiko gibt.
K. Omori (Tokio) spricht über den gegenwärtigen Stand der Beri- | Forschen wir in der Vergangenheit des Pat. nach, so finden wir, daß der
beriforschung in Japan. Die durch Ernährung mit poliertem Reis zu er- | Betreffende bereits im Elternhause eine gewisse Distanz von seiner Mutter
zeugende Vogelberiberi ist von der Menschenberiberi in einigen Punkten | innehatte. Ein Mann, der solche schwere Erlebnisse bezüglich seiner Mutter
verschieden, so daß dem Vortr. die in Europa allgemein angenommene gehabt hatte, gerät in eine von früher Jugend trainierte Unsicherheit. Sein
Ätiologie der Menschenberiberi noch nicht mit Sicherheit ermittelt zu sein | ganzer Körper spricht: „Halte dich in Distanz.“ Dieser Mensch macht
scheint.. Die Unterschiede sind: Vogeiberiberi ist zu jeder J ahreszeit zu | gleichsam einen Bogen um seine Libido, er onaniert unausgesetzt. Dieser
erzeugen, Menschenberiberi ist im Sommer und Herbst häufiger als im | Mann befindet sich in einem Irrtum. Es erwächst daraus in. der Individual-
Winter. Vogelberiberi verläuft ohne Zirkulationsstörungen, Menschenberiberi | ‚psychologie die Aufgabe, solche Irrtümer mit Worten zu beseitigen. ZU
zeigt Zirkulationsstörungen von großer Heftigkeit. Vogelberiberi befällt nur | diesem Behufe können wir dem Pat. seine falsche Ansicht zeigen. ir
abgemagerte Tiere, Menschenberiberi meist gut genährte, kräftige Personen. | werden durch passende Hinweise seine Aufmerksamkeit auf seinen Irrtum
Menschenberiberi zeigt Lähmungen, Vogelberiberi mitunter auch Ataxie und | lenken und denselben zu korrigieren trachten. Gerade boi der psychische?
Krämpfe. Vogelberiberi zeigt Temperatursenkung mit Abnahme von Puls- | Impotenz liegen die Dinge außerordentlich einfach. Sobald sich derartig?
- und. Atemfrequenz, Menschenberiberi Temperaturerhöhung mit Puls- und | Pat. für andere interessieren, so reagieren sie auch auf Ermutigung. ol
Atemfrequenzsteigerung. Vogelberiberi zeigt Magen-Darm-Störungen als | denjenigen Fällen, welche zum Arzte gehen, genügt jede Methode, jedes
Hauptsymptome, Menschenberibert nur als Nebensymptome. Die anatomische Medikament. Das Symptom der psychischen Impotenz ist eine Ausdrucks
Untersuchung ergibt: Vogelberiberi zeigt keine Herzhypertropbie, keine form des entmutigten Menschen. — Über einige an den Ref. gerich
Stauungsorgane, dagegen starke Anämie, Lymphopenie und schwere Ein- Fragen äußerte sich derselbe folgendermaßen: Es kommt mitunter vor,
geweideveränderungen, Menschenberiberi zeigt vor allem Stauungserschei- | eine Frau ihren Gatten beim Verkehr auslacht. Dieser ausgelacht® Man
nungen als Hauptbefund, Eingeweideveränderungen als Nebenbefund. Die | kommt um seine Überlegenheit. Es gibt eine roße Anzahl von Frauen,
von Moszkowski im Selbstversuch erzeugte Beriberi war von der gewöhn- | die ihre Unterlegenheit fürchten Bei jeder Fr a besteht das Bestreben,
a nn a sehr en Japanische Untersucher konnten dem Manne gleichwertig zu sn Das Gefühl "der Minderwertigkeit,
sic c avon überzeugen, daß Ernährun mit poliertem Reis i- - aaa al si je Gäru$
beri führt. Sicher entsteht Beriberi durch Mangel des en a T Bun an Be la
= i iget von dort beginnt das Lachen. Eine Frau, die ihren Bhega ,
D. Shimazoew gezeigt hat. Durch Fütterung mit einer Nahrung, die kein | wird dies nicht nur im Eheleben tun, sondern sie wird auch sonst Si
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2. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
1555
über denselben lustig machen. Bei eventuell vom Arzte bezüglich an-
geblicher Impotenz gewünschten Bescheinigungen muß: derselbe äußerst
zurückhaltend sein und rate ich ein diplomatisches Vorgehen. Man ver-
suche, zwischen Mann und Frau durch eine wohlwollende Diplomatie eine
Aussöhnung herbeizuführen.
Ist die Onanie schädlich?
Diese Frage ist eine der wichtigsten der sexuellen Pathologie.
Zweifellos weist die Mehrzahl derartiger Menschen irgendwelche somatischen
Störungen auf. Die Bestimmung der Schädigung durch die Onanie ist eine
schwierige. Was bei dem einen noch in den Bereich des Normalen fällt,
ist bei dem anderen schon Exzeß. Überhaupt resultieren die somatischen
Störungen bei der Onanie, daß eine Neigung zum Exzeß bei derselben besteht,
Die Onanie ist eine abnormale Form der Geschlechtsreaktion, indem sie
den umgekehrten Weg im Vergleich zum normalen geht. Während unter
normalen Verhältnissen die erotische Erregung von auswärts bezogen wird,
muß der Onanist seine eigene Phantasie erregen. Dies ist eine wider-
natürliche Richtung. Derartige Menschen haben somatische Symptome
nicht durch die Onanie, sondern neben der Onanie. Alle diese Magen-,
Herz- oder sonstigen Neurosen sind Ausdrücke, ‚welche der Pat. auf eine
andere Weise nicht sagen kann. Diese Symptome sind der Ausdruck eines
Menschen, welcher nicht sehr aktiv zum Leben steht. Die Onanie ist eine
sexuelle Betätigung des Einsamen. Sämtliche Störungen, die wir bei der
Onanie beobachten (die blasse Gesichtsfarbe, die Horzneurose, der Gedächtnis-
schwund usw.) sind nicht Folgen der Onanie, sondern sie sind ihr koordiniert.
Da bekanntlich die Ansichten der Laien über die Folgen der Onanie höchst
ungünstige sind, gerät der Onanist in die schwerste Bedrängnis. Aufgabe
des Arztes ist es, diese im Irrtum jiber die Bedeutung der Onanie be-
fangenen Menschen entsprechend aufzuklären. — Auf eine diesbezügliche
Frage antwortete Ref.: Die Onanie ist etwas Physiologisches. Das Milieu
. spielt eine große Rolle, ob ein Mensch zur Onanie kommt. Die Verführung
ist oft ausschlaggebend. Man kann sagen: Onanista non nascitur sed fit.
Bezüglich der Prognose, ob jemand ein Onanist bleibt, ist außer dem Milieu
entscheidend, daß der Pat. von der Autoerotik zur Frauenerotik übergeht.
Wie zügelt man den Geschlechtstrieb in der Pubertät?
Die Beantwortung dieser Frage fällt in das Gebiet der Weltanschauung.
Der Hedonist wird eine ganz andere Einstellung zu dieser haben als einer,
dem höhere moralische und sittliche Werte vorschweben. Schon im Kindes-
alter wird ein oft schwer zu bändigender sexueller Trieb beobachtet.
Wenn Sie solche Kinder in der Pubertät beobachten, so sehen Sie, daß sie
- mit ihrer Familie zerfallen sind, wie sie überhaupt in ihrer ganzen Gedanken-
richtung vom Sexualtrieb beherrscht werden. Es handelt sich um Menschen,
die auf einem falschen Standpunkte sich befinden. Damit kommen wir
auf das Gebiet der Erziehung und Weltanschauung. Schon Pestalozzi
hat sich mit der Erziehung derartiger Kinder eingehend befaßt. Der Sexual-
trieb kann gesteigert, aber auch abgedämpft werden. Sobald sich im
Kindesalter -besonders vordringliche Erscheinungen desselben zeigen, ist es
das Wichtigste, auf das Kind einen Einfluß zu gewinnen. Erst wenn eine
freundschaftliche Beziehung zwischen dem betreffenden Kinde und seinem
Erzieher entsteht, kann man erwarten, daß die Gründe des letzteren auf
einen fruchtbaren Boden fallen. . Die sexuelle Frage ist eine Frage der
Weltanschauung. Wir stehen auf dem Standpunkte, den sexuellen Trieb
den Kulturforderungen einzuordnen. Es ist sicher, daß ein Kind, welches
richtig in die Familie eingefügt ist, niemals einen vordringlichen Sexual-
trieb zeigen wird. Letzteren kann man mitunter provozieren, sobald die
Eltern diesem Umstande eine besondere Aufmerksamkeit beimessen. ı So
entsteht erst dann ein maßloser Sexualtrieb, wenn die Kinder bemerken,
daß man früh und abends peinlich darauf achtet, daß die Hände nicht
unter der Decke sich befinden. Es liegt nahe, insbesondere wenn ein
Knabe im Mittelpunkte der Betrachtung steht, den Rat zu geben, ihn zu
einer Prostituierten zu führen. Das ist besonders landläufg und führt zu
schlechten Resultaten. Die Folgen können schwer sein. Da es sich hier
um eine Weltanschauungsfrage handelt, so kann eine Banalisierung des
Geschlechtstriebes für die Entwicklung eines jungen -Menschen sehr schäd-
lich sein, Da es sich bei derartigen Menschen um Fehlschläge in der Er-
ziehung handelt, so werden sich die Erziehungsfehler insolange auswirken,
-als es nicht gelingt, dieselben in die Familie oder in einen Kreis von
Freunden einzufügen. Eine sexuelle Erregung kann bei Mädchen wie bei
Knaben auftreten im Falle einer dieselben bedrückenden Schwierigkeit.
So wird eine solche bei Schulkindern bei schwierigen Aufgaben beobachtet. -
‘Es handelt sich um Kinder, die sich in die Anforderungen des Lebens
nicht richtig hineingefunden haben. Man empfiehlt in solchen Fällen in
der Regel sportliche Übungen, wodurch eine sexuelle Erregung teilweise
wegfällt, a i K.
88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Innsbrück,
21. bis 27. September 1924. l
Bericht von L. Pincussen, Berlin.
Die erste allgemeine Sitzung brachte zunächst einen Vortrag. von
Hoche (Freiburg) über das Leib-Seele-Problem. Im Gegensatz zu den
philosophischen Bemühungen, eine Erklärung. des Zusammenhanges von:
Materie und Geist zu versuchen, beschränkt sich die naturwissenschaftliche
Betrachtungsweise auf die Feststellung von Tatsächlichkeiten. Wir haben
Anlaß zur Überzeugung, daß das Vorkommen geistigen Lebens an die Grund-
lage bestimmter chemischer Verbindungen, vor allem an das Vorhandensein
bestimmter Gewebsstrukturen gebunden ist. Die hierbei sich abspielenden
physiologischen Prozesse sind die Bedingungen des geistigen Geschehens.
Die geistige Welt, von deren Existenz wir dauernd zu sprechen gewohnt
sind, existiert nur insofern, als sich in einigen Hundert Millionen Gehirnen
untereinander ähnliche geistige Prozesse abspielen, zwischen denen ein
Rapport möglich ist. Alle Bemühungen, das Seelenleben im einzelnen zu
lokalisieren, halten schärferer Kritik nicht stand. Die Frage des Einflusses
der Hirnstruktur auf den Geist muß anders gefaßt werden. Eine bisher
zu wenig beobachtete gesetzmäßige Abhängigkeit ist in dem gegeben, was
Hoche als Projektionszwang bezeichnet.. Es war ein großer Abschnitt in
der Entwicklung der lebenden Wesen, als ein Bewußtsein anfing, seine
eigenen Veränderungen auf etwas zu beziehen, das außerhalb seiner selbst
lag, und somit sich eine Außenwelt erschuf. Es ist als eine Episode zu -
bezeichnen, wenn wir in der jetzigen Phase der Menschenentwicklung mit
den fünf Fühlfäden (Sinnen) uns aus der Unsumme der sich kreuzenden
Vorgänge im All das herausfischen, was wir jetzt gerade Weltbild nennen.
Fernste Enkel, die über andere Sinne verfügen werden, werden ganz andere
Begriffe in dieser Hinsicht haben.
Der Projektionszwang, der bei Geisteskranken zur Ursache der Sinnes-
täuschung wird und der als einer der elementarsten Betätigungen in den
Beziehungen von Materie und Bewußtsein zu betrachten ist, wirkt nicht
nur für die Sinneswahrnehmungen. Unser ganzes geistiges Leben wird von
einem Projektionsdrang beherrscht: er erschuf den Unsterblichkeitsgedanken,
eine Projektion des Selbsterhaltungstriebes. in alle Zukunft. Er schafft
noch heute die wahnhaft aufgefaßten Weltveränderungen bei den Geistes-
kranken mit verändertem Ichgefühl. Im engsten Zusammenhang mit dem
Leib-Seele-Problem steht auch die Frage des Ich. Einheitlich ist hierbei
nur ein nicht näher zu definierendes elementares Ichgefühl, welches für
jeden unlöslich mit seinen seelischen Prozessen verbunden ist. Ein wahres
Dauer-Ich gibt es nicht. Das Ich ist nur ein Schauplatz, auf’dem nach-
einander in einer im großen und ganzen gleichbleibenden Richtung und
Färbung, aber mit wechselndem Inhalte, allerhand Seelisches sich abspielt.
Das Ich stellt keine Linie dar, sondern eine Reihe aufeinanderfolgender
Schichten, die durch eine gesetzmäßige, aber durchschaubare Illusion für
uns zur Einheitlichkeit verschmolzen werden. Das Leib-Seele-Problem
gebört zu den grundsätzlich unlösbaren Fragen, ebenso wie die nach der
Freiheit des Willens, dem Wesen der Zeit und der Unendlichkeit der Welt.
Gruhle (Heidelberg) referierte über Konstitutlon und Charakter.
Bei den Beziehungen zwischen diesen beiden Dingen handelt es sich eigent- |
lich nicht um ein naturwissenschaftliches Problem, sondern mehr-um ein
laienhaftes. Gruhle gibt einen Überblick über die Ideengänge, die zu
verschiedenen Zeiten über diese Frage Geltung hatten. Er spricht vom
Temperament, unter dem man früher etwas Körperliches verstand und das
man mit der Besonderheit der Säfte des Körpers in Verbindung brachte.
Er erwähnt sodann die Versuche, aus dem äußeren Habitus des Menschen.
auf das Temperament schließen zu können, bespricht die Lehren von Gall,
der aus äußeren Eigenschaften nach einem bestimmten Schema auf: die
seelischen Eigenschaften schloß, erwähnt die Lehren der französischen
Schule, welche den Körpertypen gewisse seelische Eigenschaften zuordnete.
Von dieser Anschauung hat einiges eine gewisse Berechtigung, wie z. B. das
Sportgesicht-auf einen bestimmten Typus schließen läßt. Eine italienische
Schule nahm als Grundlage der seelischen Veranlagung das Größenwachstum:
der Größte ist der Tüchtigste. Alle diese Theorien hahen sich als nicht
stichhaltig erwiesen. Wenn Tandler den Boticelli als Hypotoniker an-
spricht, weil er nichts als hypotonische Gestalten gemalt hat, 'so ist das
weiter. nichts als ein liebenswürdiges Bonmot. Neuerdings sind bemerkens-
werte Anschauungen von der Leipziger Germanistenschule vertreten worden,
die darauf hinausgehen, daß aus den Elementen der Sprache Rückschlüsse .
auf die Körperlichkeit gezogen werden können, indem Rhythmus und Ton-.
fall körperlich bedingt seien. Neuere Auffassungen gehen dahin, daß äußere
Einflüsse den Körper und mit ihm den Charakter verändernd bestimmen.
Das gilt zunächst von der Tierzucht. Ein unter bestimmten Bedingungen
in der Gefangenschaft geborener und aufgezogener Wolf bekommt eine.
besondere Kopfform. Großstadtkinder erreichen im allgemeinen eine höhere
Körpergröße als Landkinder. Sehr interessant sind die Angaben von Boas
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
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westeuropäer, Italiener, galizischer Juden — unterschieden sich nur un-
wesentlich, auch wenn sie ganz kurze Zeit nach der Einwanderung. der
Eltern in die Staaten geboren wurden. Es spielen da Einflüsse des Klimas,
der Umgebung und andere, die noch nicht genau analysiert sind, eine aus-
schlaggebende Rolle, vor allem auch die sozialen Verhältnisse. Die Ver-
änderung der Seele bei gewissen Veränderungen des Körpers ist in manchen
Fällen zweifellos. Ein Einfluß der Organe mit innerer Sekretion auf die
Seele besteht vielfach. Beweis dafür bildet die Häufigkeitskurve von
Geisteskrankheiten und Selbstmorden, die Beeinflussung der Seele der
Frauen durch den Krieg, die religiösen Stigmata als körperliche Folgen
seelischer Vorgänge, Eheleute werden nach längerem Zusammenleben ein-
ander ähnlich, der Beruf prägt eine besondere Gesichtsform aus,’ wie dies
oben schon von dem Sportsmann erwähnt wurde. Material über die Be-
ziehungen zwischen Konstitution und Charakter liegt bereits. ziem-
lich reichlich vor:
zu bindenden Schlüssen reicht es aber in der Regel
noch nicht. | j
Als letzter Redner der ersten allgemeinen Sitzung sprach Thoms
(Berlin) über die Erdbebenkatastrophe in Japan, deren Folgen er ganz
kurz nach dem Unglück selbst besichtigen konnte. Er schilderte die all-
gemeinen Veränderungen, die außerordentlichen Verluste: beinahe 100000 Tote,
über 40000 Vermißte und 350000 zerstörte Häuser, und ging dann auf die
Analyse des Erdbebens ein. Das Erdbeben war ein tektonisches, dessen
Zentrum in der Sagami-Bai lag: der erste und stärkste Stoß war die Folge
einer Senkung im Seebett der Sagami-Bai, der zweitstärkste wurde durch
eine Verwerfung im Meerbusen nicht weit von Yokohama verursacht. Er
verbreitet sich dann über die rein praktischen Folgen, vor allem über. die
Möglichkeit, in späteren Fällen solche Zerstörungen und Feuersbrünste
durch entsprechende Bauweisen zu verhindern bzw. abzuschwächen.
In der zweiten allgemeinen Sitzung am 23. September wurden natur-
wissenschaftliche Themata behandelt. Zunächst sprach, äußerst eindrucks-
voll und von der Versammlung mit größtem Beifall und Aufmerksamkeit‘
aufgenommen, K. v. Frisch (Breslau) über die Sinnesphysiologie und
Sprache der Bienen. Frisch konnte Bienen durch Fütterung mit Zucker-
wasser, das auf farbigem Papier aufgestellt war, auf bestimmte Farben
dressieren und so zeigen, daß ihnen im Gegensatz zu den Angaben des
verstorbenen Ophtbalmologen v. Heß ein gewisser Farbensinn zukommt.
Nur Scharlachrot wird von ihnen nicht als Farbe gesehen, dagegen nehmen
sie ultraviolettes Licht als Farbe wahr, Neben der Farbe der Blüten
spielt auch der Duft für die Aufsuchung der Nahrung eine wichtige Rolle,
Auf einen bestimmten Duft dressierte Bienen unterscheiden diesen — z. B.
Pfefferminzduft — von anderen mit großer Sicherheit. Es scheint aber,
daß die Fähigkeiten in dieser Beziehung über diejeines gut entwickelten
menschlichen Geruchsorganes nicht binausgehen. Sehr interessant sind die
Versuche über das Verständigungsvermögen der Bienen, ihre „Sprache“,
mit welcher die eine Biene die anderen über die Futterplätze unterrichtet.
Durch ein ingeniöses und trotzdem einfaches System wurden die einzelnen
Bienen gezeichnet, indem auf dem Rücken an drei verschiedenen Stellen
mit Schellackfarbe gewisse Farbenklexe aufgetupft wurden; so konnten die
Bienen bis zur Zahl 600 numeriert werden. Es zeigte sich nun, daß die
von einem Probefluge zurückgekehrte Biene, wenn sie einen guten Futter- .
platz gefunden hat, gewisse tanzartige Bewegungen ausführt, durch welche
die (fenossinnen aufmerksam gemacht werden, sich ihr nähern und augen-
scheinlich den ihr anhaftenden Duft übernehmen, nach dem sie dann mehr
oder weniger schnell zur Futterstelle geleitet werden. Über den Ort der
Futterstelle besagt diese Mitteilung nichts, doch finden die Bienen die so
bekanntgegebenen Futterstellen noch in weitem Umkreise, wenn auch nach
entsprechend langer Zeit. Bei einer Futterstelle, die 1000 m vom Stock
entfernt war, trafen die ersten Bienen nach 5—6 Stunden ein. Ganz ähn-
liche Verhältnisse finden sich bei den Pollensammlern; sehr interessant ist
es, daß eine Täuschung der Bienen nicht gelang, wenn man z. B. die
Pollen der einen Blüte in eine andere übertrug. Der äußere Aspekt der
Blüte spielte gar keine Rolle.
Fr. Knoll (Prag) besprach die Blütenökologie und Sinnesphysio-
logie der Insekten, besonders die Wechselbeziehungen zwischen den Blumen
und den sie besuchenden Tieren. Als Beispiel wurden die Wechsel-
beziehungen zwischen Blüten und einem bei uns häufig vorkommenden
Tagschwärmer, dem Taubenschwanz (Macroglossum stellatum), dargestellt.
Es wurde das Farbensehen und die Fähigkeit, bestimmte Zeichnungen
(Saftmale) an Blumen wahrzunehmen und beim Aufsuchen des Nektars
zu verwerten, geprüft. Die Blütenzeichnungen weisen ihm teils unmittelbar,
teils über das Gedächtnis den Weg zum Nektarium der Blüten. Die
Größe der Blütenteile trägt ferner dazu bei, dem Tiere das Auffinden des
Nektars am Grunde langer, enger Röhren zu erleichtern. Der Blütenduft
spielt anscheinend beim Blütenbesuch des untersuchten Schmetterlings
keine Rolle,
. aus New York. Kinder Eingewanderter ganz verschiedener Rassen — Nord- |
Als dritter. Redner sprach Otto Porsch (Wien) über Zukunfis-.
aufgaben der Vogelblumenforschung auf Grund des neuesten Tatbestandes,
Vogelblumen sind gegenwärtig ausschließlich auf die Tropen und Subtropen
beschränkte Blumen, für deren Bestäubung nicht. Insekten, sondern in
ihrem Körperbau an die Honiggewinnung. angepaßte Vögel ausschlaggebend
sind, wie Kolibris, Honigfresser, Pinselzungenpapageien ‘usw. Diese Blumen
sind ausgezeichnet außer durch Honigreichtum durch Duftlosigkeit, aber
vor allem durch leuchtende Farben: sie appellieren an den Farbensinn
des Blumenvogels, der im Gegensatz zum fast oder ganz vollständig zurück-
gebildeten Geruchssinn hoch entwickelt ist. Sowohl die Zahl der Vogel-
blumen wie auch die Zahl der Blumenvögel und der Anteil der Vogelwelt
an der Blumenbestäubung wird weit unterschätzt. Porsch gibt an Hand
seiner eigenen Versuche hierüber ausführliche Mitteilungen und zeigt, daß
nicht weniger als 31 tropische und subtropische Vogelfamilien an der
Blumenbestäubung beteiligt sind, darunter über 1600 Arten hochangepaßter
Blumenvögel, so daß eine genaue. Erforschung dieser sehr wichtigen Ver-
hältnisse dringend erwünscht ist..
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| Die Sitzung der medizinischen Hauptgruppe brachte zunächst ein
Referat von Dörr (Basel) über Idiosynkrasie. Der Redner ging von einem
bistorischen Überblick aus und erwähnte, daß man früher eine Idiosynkrasie
nur beim Menschen, vor allem bei hochentwickelten Rassen, angenommen
habe, während Tiere von dieser Erscheinung befreit sein sollten. Man hat
bei diesen früheren. Untersuchungen -drei wesentliche Merkmale übersehen.
Diese sind die Spezifizität der monovalenten Idiosynkrasie, zweitens die
Tatsache, daß die Symptome von der Natur des auslösenden Stoffes un-
abhängig sind, und drittens, daß die Erscheinungen der Überempfindlichkeit
selbst auch bei ganz verschieden ' auslösenden Ursachen untereinander
außerordentlich ähnlich sind.
Die Symptome der Idiosynkrasie haben sehr große Ähnlichkeit mit
denen, welche man nach Sensibilisierung des Organismus mit einem ge-
wissen Antigen und darauffolgender Reinjektion desselben Stoffes beobachtet,
Erscheinungen, welche in großem Maße am Tier studiert worden sind und
allgemein unter dem Namen Anaphylaxie bekannt sind. Die Hauptfrage,
die sich aufdrängt und die der Redner ausführlich behandelt, ist die, ob
die Anaphylaxie und die Idiosynkrasie gleiche Erscheinungen sind oder
nicht, insbesondere, ob sich auch der Mensch, ähnlich wie die Tiere, durch
Vorbehandlung mit entsprechenden Stoffen — im wesentlichen Eiweil-
substanzen — in gleicher Weise sensibilisieren läßt wie das Tier. Diese
|. Frage muß generell bejaht werden. Andererseits gibt es auch bei Tieren
eine erworbene und eine vererbte Überempfindlichkeit, so daß grundsätz- .
liche Unterschiede zwischen Mensch und Tier nicht bestehen. Die Am
nahme, daß nur eine eng begrenzte Zahl von Substanzen imstande ist,
beim Tier anapbylaktische Symptome hervorzurufen, dürfte darauf zurück- .
zuführen sein, daß der anaphylaktische Versuch mit unzureichender Methodik
ausgeführt worden ist. Wenn z. B. behauptet wurde, daß gegen Blut-
körperchen eine Anaphylaxie nicht entsteht, so liegt das daran, daß die
Vorbehandlung der Tiere nicht richtig erfolgte. Während bei Pferdeserum
für das Meerschweinchen eine einmalige Vorbehandlung genügt, um nach
der entsprechenden Latenzzeit durch Reinjektion den anaphylaktischen
Shock herbeizuführen, muß bei Blutkörperchen eine dreimalige Vorbehandlung
stattfinden, ähnlich ist es bei Pollen usw. Auch der Nachweis der Über-
empfindlichkeit läßt sich nicht immer so einfach erbringen wie beim
sensibilisierten Meerschweinchen, bei welchem die Reaktion so stark ist,
daß sie zum Tode führt. Häufig kann man z. B. nur am Uteruspräparat
den Nachweis der Überempfindlichkeit erbringen. Redner geht kurz auf
den Mechanismus der Antikörperproduktion ein; es ist ihm gelungen, die
zwei Phasen des Vorgangs, die Bildung in der Zelle und die Abstoßung
der Antikörper in das Blut, zu trennen. Eine passive Übertragung der
Überempfindlichkeit ist nur möglich, wenn auch die zweite Phase abläuft:
fällt diese fort, wie z.B. wenn man Meerschweinchen gegen Blutkörperchen
aktiv anaphylaktisch macht, ‘so ist die Übertragung der Überempfindlich-
keit nicht möglich, und es ist sicher, daß solche Zustände sich unter
Umständen auch beim Menschen finden. Die vom Redner vertretene These,
daß Idiosynkrasie und Überempfindlichkeit wesensgleich wären, wird dureh
eine Reihe von Beispielen belegt, nach denen bei beobachteten Idiosynkrasiet
eine Sensibilisierung vorausgegangen ist. Eine definitive Entscheidung bt
sich mit absoluter Sicherheit freilich nicht treffen. Das ist besonders
darauf begründet, daß wir bei der Idiosynkrasie des Menschen häufig nur
den Anfall sehen, aber nicht feststellen können, ob die Anlage bereits
bei der Geburt vorhanden war oder erst im Leben erworben wurde. Solche
Erwerbung kann dadurch erfolgen, daß z.B. eiweißähnliche Partikelched,
die in der Luft schwebend sich befinden, inhaliert werden und s0 die
Sensibilisierung herbeiführen, Manche Beispiele sprechen für diese Möglich-
keit. Es muß ferner angenommen werden, daß die verschiedenen Indi-
viduen gegen die Sensibilisierung sich verschieden verhalten, dab Unter-
schiede bestehen, sowohl der verschiedenen Rassen wie auch einzelaef
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2.N ovember
Personen. Wenn ein mit Serum vorbehandelter Mensch nach der Reinjektion
nieht serumkrank wird, so dürfte das darauf zurückzuführen sein, daß das
injizierte Eiweiß nicht mit den Zellen in Reaktion tritt. In Frage käme
auch eine veränderte Reaktion der Kapillaren; eine abnorme vererbte
Durchlässigkeit der Kapillarwandungen und damit. eine gesteigerte Reiz-
` barkeit, welche hereditär bedingt sein könnte, bildet vielleicht eine Brücke
zur Vererbung der Idiosynkrasie. Übrigens können auch Unregelmäßig-
keiten im Salzstoffwechsel bei der- Empfindlichkeit eine gewisse Rolle
‚spielen. Die Übergänge zwischen Idiosynkrasie und Nichtidiosynkrasie
sind fließende. Es handelt sich im wesentlichen um gleiche Erscheinungen,
und man wird die Idiosynkrasie als eine ins Extreme gesteigerte Abwehr-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 44.
reaktion aufzufassen haben. Im einzelnen ging Vortragender nur auf die
wichtigste Form der Überempfindlichkeit, nämlich die gegenüber Eiweiß-
stoffen ein. Er erwähnte aber auch die Überempfindlichkeit ‘gegenüber
Nichteiweißstoffen, insbesondere den Arzneimitteln, deren Mechanismus der
der Eiweißüberempfindlichkeit sehr ähnlich ist. Man wird den Antigen-
begriff erheblich weiter fassen müssen. Experimentelle Untersuchungen:
haben gezeigt, daß auch hier die Übergänge fließende sind, und es ist
sicher, daß das bisher noch nicht verwirklichte Problem, mit Nicbteiweiß-
stoffen Überempfindlichkeit zu erzeugen, sich in Zukunft wird verwirk-
lichen lassen. (Schluß folgt.)
Rundschau.
Außerordentliche Sitzung der Berlin-Brandenburger Ärztekammer.
E Von San.-Rat Dr. Wreschner, Berlin. |
E ` Das Thema „Die Gefährdung des Ärztestandes als freier Beruf —
ein Kulturproblem des deutschen Volkes“, das nicht bloß für die Berliner,
sondern auch für alle deutschen Ärzte ein schwer wiegendes Interesse hat,
rechtfertigt wohl einen ausführlicheren Bericht in diesem Blatte.
Der Berichterstatter Dr. Ritter wies auf den Niedergang aller freien
geistigen Berufe als Nachwirkungen des Krieges hin. Besonders aber
hätte der Ärztestand zu leiden, denn während anderen Berufen bei günstiger
wirtschaftlicher Entwicklung eine Selbstgesundung ermöglicht sei, ist der
Ärztestand durch die unglücklichen Eingriffe der Gesetzgebung und die
Politik der übermächtigen Krankenkassenverbände, die fast einen Staat im
Staate bilden, in seinem Fortbestande als freier Beruf am meisten gefährdet.
Die Leser dieses Blattes sind über die Vorgänge von seiten der Gesetz-
'.gebung sowohl, wie der Krankenkassen durch meine Berichte bereits im
~ wesentlichen unterrichtet. Ich habe auch schon darauf hingewiesen, daß
die Vorgänge gerade in Berlin von symptomatischer Bedeutung, nicht bloß
für die Berliner, sondern für die ganze deutsche Ärzteschaft sind. Die
unglücklichen Verordnungen vom 30. Oktober 1923 haben ja ohnehin für
alle Ärzte Geltung, aber außerdem macht es auf den aufmerksamen Beob-
achter den Eindruck, daß das systematisch feindselige, nun schon seit
Dezember 1923 dauernde Vorgehen der hiesigen Krankenkassen nur Vor-
postengefechte sind, die geführt werden im Sinne und vielleicht im Auf-
trage aller Orts-, Landkrankenkassen und wohl auch der meisten Betriebs-
krankenkassen. Denn wenn die hiesigen Kassen ihr Bestreben fortsetzen,
die ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen durch immer
weitere Errichtung von Ambulatorien. und durch festangestellte, von ihnen
wirtschaftlich abhängige Ärzte, wird dies edle Beispiel sehr bald in weiteren
Bezirken des Reiches Nachahmung finden. Und dio Folgen? Der Unter-
gang des Ärztestandes als freier Beruf, sein Verfall, Niedergang seiner
Leistungen, Ausschluß des ärztlichen Nachwuchses von der Praxis, und
als weitere Konsequenz weitere Abnahme der Medizin Studierenden, Nieder-
gang der deutschen medizinischen Fakultäten, der Forschung und des An-
sehens der. deutschen Heilkunde im In- und Auslande, Überhandnehmen
von Volksseuchen, weitere Ausbreitung des Kurpfuschertums und damit:
schwere Bedrohung der Kulturhöhe des deutschen Volkes und seiner Ge-
sundheit. Der Berichterstatter weist darauf hin, daß die Behauptungen
der Kassenvertreter, daß sie die hohen Ausgaben für Arzthonorare nicht
zahlen könnten, noch nie von ihnen hätten nachgewiesen werden können,
das aber müsse endlich verlangt werden. Im Reichsausschuß, der die
Richtlinien für die Beziehungen zwischen Ärzten und Kassen festlegen
soll, geben drei hohe Verwaltungsbeainte als Unparteiische den Ausschlag.
Ihre Unparteilichkeit und ihr Bestreben, einen Ausgleich zwischen den
Parteien zu schaffen, sei sicher hoch einzuschätzen. Beamte jedoch, deren
Tätigkeit ständig nur auf Verwaltungsmaßnahmen eingestellt sei, könnten
aum die Erfordernisse eines freien Berufes richtig beurteilen. Vor allem
wandte er sich gegen das Verhalten des Arbeitsministeriums den Ärzten
gegenüber, dessen Vertreter sich durch seine Äußerungen und Maßnahmen
direkt ärztefeindlich zeige. Die Versprechungen, die von dieser Stelle ge-
geven worden seien, die Kassen zur Befolgung der Anordnungen zu zwingen,
ne nicht gehalten worden. Die Kassen richteten sich auch nicht nach
en Anordnungen der Versicherungsbehörden und handeln ganz nach
en Ermessen, während man auf der anderen Seite den' Ärzten durch
Ei den Zwang zur Behandlung auferlegt habe. Die Ärzteschaft stehe
er sozialen Versicherung, auch der Einführung der Familienversicherung
Es no Einbeziehung wirtschaftlich schwacher Kreise, wie Kleinrentner u. a.
nn aus bejahend gegenüber, aber als freier Beruf, nicht unter der Herr-
u der Krankenkassen. Sie müsse jedoch verlangen Ausscheiden aller
er Kreise aus der Krankenversicherung, die für sich selbst sorgen können.
a der Anlage der RVO. sei os: schon ein Fehler gewesen, einen freien
Beruf, ohne gesetzliche Einführung der freien Arztwähl, in den Dienst der
Zwangsversicherung zu stellen.
Die Einrichtung von Eigenbetrieben der Krankenkassen sei nur dann
volkswirtschaftlich zu rechtfertigen, wenn sie wirklich erforderlich sind und
nicht geeignete Örtliche Einrichtungen zu angemessenen Bedingungen zur
Verfügung stehen, andernfalls sind sie eine 'Vergeudung der Mittel der
Versicherten. Die Einrichtung von Ambulatorien, eigenen Krankenhäusern,
diagnostischen Institüten müsse von der Genehmigung des Oberversicherungs-
amtes abhängig gemacht werden. Die Bestrebungen der Krankenkassen,
ihren Machtbereich in einer Weise auszudehnen, der dem Zwecke. der
‚ Krankenversicherung in keiner Weise mehr entspricht, erfordern dringend
eine gesetzliche weitere Ausgestaltung des Aufsichtsrechtes der zuständigen
Behörden. Der gegenwärtige Zustand, daß die Ärzte den Kassen gegenüber .
lediglich auf das zivilrechtliche Verfahren angewiesen sind, sei unhaltbar,
sie müßten die Möglichkeit erhalten, ihre Rechte auch im Beschwerde-
verfahren geltend zu machen. Es sei weiter zu fordern, daß den von -den
Kassen mehr oder weniger abhängigen Berufen ein entsprechender Einfluß
bei der Gestaltung der Versicherung und den Maßnahmen zu ihrer Durch-
führung gegeben werde. Jeder, der sich dem ärztlichen Berufe widme,
müsse sich von vornherein darüber klar sein, daß es immer Unbeschäftigte
geben wird, aber die.Arbeitsmöglichkeit müsse vorhanden- sein. Ein Über-
schuß von Ärzten sei schon volkswirtschaftlich erforderlich für die Zeit
von Epidemien, um nicht auch noch an Kriege zu erinnern.
Auf der einen Seite sperren die Kassen den Nachwuchs aus, ‚auf.
der anderen suchen sie diesen für ihre Ambulatorien usw. zu ködern mit
der Angabe, daß sie sonst erst in nicht absehbarer Zeit zur Kassenpraxis
kommen könnten, um so die ärztliche Organisation zu unterhöhlen und sich
eine Reservearmee zu verschaffen, mit der sie die ärztliche Versorgung nach
ihrem Willen einrichten könnten. Da eine Zulassung zur kassenärztlichen
Tätigkeit nur durch den gesetzlich bestimmten Zulassungsausschuß erfolgen
dürfe, hätten die Kassen nie das Recht, unter dessen Umgehung Ärzte an-
zustellen. Sonst muß es allmählich dahin kommen, daß die Ärzte nicht,
wie es die Anhänger der Sozialisierung wünschen, Staatsbeamte, ‚sondern
Angestellte der Kassenvorstände werden. |
Die ursprünglich als Teil des Lohnsystems für den Arbeiter ge-
dachte Sozialversicherung ist heute durch die drohende Vernichtung des
freien Ärztestandes zu einem Kulturproblem des deutschen Volkes ge-
worden, denn nur als freier Beruf kann die Ärzteschaft die ihr im Interesse
des Volkswobles obliegenden Aufgaben erfüllen. Mit der Ausschaltung der -
Ärzte als freier Berufsstand beginne auch eine Gefährdung der übrigen
freien Berufe. Die heutige Sitzung solle daher ein Weckruf und. eine
Mahnung sein än' alle verwandten Berufe, an die Regierungen, die Parla-
mente und die Universitäten, sowie an alle überhaupt, denen die Freiheit
der Wissenschaft und die Wahrung der Volksgesundheit am Herzen liege.
Von den Diskussionsrednern sind zu. erwähnen der Rektor der
Berliner "Universität, Professor Holl, als Vertreter für die anwesenden
medizinischen Fakultäten Geheimrat Lubarsch und als Vertreter der
Berliner medizinischen Fakultät Geheimrat Bier, sowie der Vorsitzende der
Gesellschaft zur Bekämpfung des .Kurpfuschertums. Alle Herren unter- -
striehen in erfreulicher Weise die Ausführungen des Referenten, betonten
den Ernst der Lage und den’ drohenden Niedergang der medizinischen
Wissenschaft und des ärztlichen Berufes bei weiterem Fortschreiten. des
von der Regierung geduldeten Verfahrens der Kassenvertreter. l
Geheimrat Lubarsch, derzeitiger. Dekan der Berliner medizinischen
Fakultät, gab im Namen der anwesenden Dekane und Vertreter der Uni»
versitäten Breslau, Freiburg i. Br., Gießen, Göttingen, Greifswald, Halle,
Hamburg, Königsberg, Würzburg und Berlin folgende Erklärung ab:
„Der ärztliche Beruf ist ein freier. Zu seiner praktischen Betätigung
gehören hohe ethische Eigenschaften. Gesetze und Verordnungen, die den
Arzt moralisch von den Organen der Krankenkasse ‚abhängig machen, dem
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Volke die Zahl der Ärzte, dem einzelnen Kranken sein Selbstbestimmungs-
recht beschränken, die den ärztlichen Nachwuchs hemmen und die wissen-
schaftliche Forschung bedrohen, verletzen die Würde und Freiheit, des
deutschen Arztes und des deutschen Volkes und müssen schleunigst be-
seitigt werden. Es ist Pflicht der deutschen Hochschullehrer, als Vor-
posten in Wort und Schrift für die Freiheit des ärztlichen Berufes mit
einzutreten, und die medizinischen Fakultäten — darauf können Sie sich
verlassen — werden diese Pflicht stets erfüllen.
Wir halten eine Reform der Krankenversicherung für dringend not-
wendig; die für die Leistungsfähigkeit des Arztes maßgebenden Grundlagen
müssen sichergestellt werden. Wir halten die Unterstellung der Kranken-
kassen unter ein wirksames Aufsichtsrecht für eine Notwendigkeit und
sehen in dem Ziel, die ärztliche Tätigkeit von der der Krankenkassen, wie
in anderen Ländern, zu trennen, einen geeigneten Weg, um Frieden zwischen
Ärzten und Krankenkassen herzustellen und den Ärzten die unbedingt er-
forderliche Unabhängigkeit und Berufsfreudigkeit wiederzugeben, deren sie
nicht nur im eigenen Interesse, sondern mehr noch in dem des ganzen
deutschen Volkes bedürfen.“
Vom Referenten sowohl wie in der Diskussion wurde auf das Ver-
halten des Abgeordneten Dr. Weyl hingewiesen, der beim Etat des Wohl-
fahrtsministeriums so unglaubliche Angriffe gegen den Ärztestand gerichtet
habe, daß es schwer sei, sie ernst zu nehmen. Weyl hätte behauptet,
daß es den. Ärzten am liebsten sei, wenn es recht viele Kranke gebe, sie
denken nur an materielle Privatinteressen. Die Streikandrohung der Kassen-
ärzte halte er für geradezu unsittlich, offenbar also entspreche es seinen
ethischen Empfindungen, daß sich Ärzte den Kassen zur Verfügung stellen
und den der Weisung der Organisation folgenden in den Rücken fallen.
Dr. Weyls Angaben, daß die hiesigen Kassen wegen Raummangels in den
Krankenhäusern selbst solche errichten müßten, seien unrichtig. Er wisse
genau, daß 140/, der Betten in den hiesigen Krankenhäusern leerstehen,
daß charitative Krankenhäuser und Privatkliniken von der Allgemeinen
Ortskrankenkasse nicht belegt würden und daß man an eine Schließung
des Kinderkrankenhauses in Rummelsburg denke.
Im übrigen hielt sich die Diskussion leider nicht auf der erwünschten
Höhe. Besonders bedauern muß ich, daß nicht die anwesenden Vertreter
von auswärtigen medizinischen Fakultäten, von auswärtigen Ärztekammern
und des. Parlaments zu Worte kamen oder sich zum Worte meldeten.
Wäre es nicht zweckmäßig gewesen, wenn in einer so wichtigen, doch
nicht bloß den Ärztestand, sondern das ganze Volk angehenden Frage auch
ein Vertreter der Behörden sich geäußert hätte?
Es ‚wurde einstimmig folgende Entschließung angenommen: „Die
Ärztekammer für die Provinz Brandenburg und den Stadtkreis Berlin schließt
sich der Forderung der deutschen Ärzteverbände an, daß die Notverord-
nungen vom 80. Oktober -1923 und 13. Februar 1924 aufgehoben werden
müssen, da diese Notstandsmaßnahmen, die als solche niemals eine prak-
tische Wirkung gehabt haben, für die Ärzteschaft unerträglich und für die
Volksgesundheit schädlich sind.
Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellen-
angabe gestattet.)
In letzter Zeit sind im Ausland, aber auch in Deutschland, mehrere
Todesfälledurch die Anwendung von Bariumsulfat als Röntgen-
kontrastmittel beobachtet worden. Das Bariumsulfat hat sich in diesen
` Fällen als mit löslichen oder im menschlichen Magensaft zur Lösung ge-
langenden Bariumverbindungen stark verunreinigt erwiesen. Um im Einzel-
falle jedem Arzt und nötigenfalls auch dem Hilfs- und Pflegepersonal die
Möglichkeit zu geben, mit einfachen Hilfsmitteln und ohne größeren Zeit-
verlust die einwandfreie Beschaffenheit eines unbekannten oder verdächtigen
Präparats festzustellen, wurde auf Grund der Prüfungsvorschrift in dem
vom Deutschen Apothekerverein herausgegebenen Ergänzungsbuch zum
Deutschen Arzneibuch im Reichsgesundheitsamte die nachstehende An-
weisung zur Prüfung von Bariumsulfat auf einen Gehalt an Bariumkarbonat
und löslichen Bariumverbindungen ausgearbeitet. Durch die Probe kann
ein Bariumkarbonatgehalt von 0,05°/, noch sicher, ein solcher von 0,01°/,
gerade noch nachgewiesen, werden. Hierzu wird bemerkt, daß Bariumsulfat-
gemische, wie sie z. B. die Handelspräparate Citobarium, Eubaryt, Roe-
baryt, Idrabarium darstellen, auf diese einfache und sichere Weise nicht
geprüft werden können, da sich ihre Aufschwemmungen in Wasser nicht
ohne weiteres klären und filtrieren lassen. Nach den bisherigen Erfahrungen
und den neuerlichen Feststellungen im Reichsgesundheitsamte dürfte ein
Anlaß zur Prüfung der genannten Sonderpräparate im allgemeinen nicht
vorliegen. Besteht im Einzelfall aus irgendeinem Anlaß ein Verdacht be-
züglich eines dieser Präparate, so darf es nur verwendet werden, nachdem
es zuvor in einer Apotheke oder in einem amtlichen chemischen Unter-
suchungslaboratorium sorgfältig geprüft und rein befunden worden ist. —
19% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.44. 2. November
Ungefähr 5 g des zu untersuchenden Bariumsulfats werden in einem Glas-
kolben oder Becherglas mit etwa 50 cem 10°%/,iger Essigsäure angeschüttelt,
wobei darauf zu achten ist, ob Kohlensäureentwicklung eintritt. Da diese
gegebenenfalls auf das Vorhandensein von Bariumkarbonat schließen 158
so erscheint das Präparat schon hierdurch stark verdächtig und ist für
Zwecke der Röntgendurchleuchtung abzulehnen. Im Regelfalle — wenn
Kohlensäureentwicklung. nicht zu beobachten ist —, läßt man nach dem
Aufkochen der Ausschüttelung kurze Zeit das ungelöste Bariumsulfat ab-
setzen und gießt dierüberstehende Flüssigkeit durch ein Papierälter ab,
Das meist trübe Filtrat wird dann zweckmäßig mit einer kleinen Messer-
spitze Tierkohle. umgeschüttelt und durch ein neues glattes Filter filtriert,
Wenn nötig, wird das Filtrat, bis es vollständig klar durchläuft, noch ein-
oder zweimal auf das Filter zurückgegeben. Etwa 25 ccm des klaren
Filtrats werden mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure versetzt.
Tritt innerhalb einer halben Stunde eine Trübung ein, so ist das Präparat
zu verwerfen, da es 0,10/, oder mehr Bariumkarbonat oder lösliche Barium-
verbindungen enthält. Im anderen Falle darf das Bariumsulfat für Zwecke
der Röntgendurchleuchtung verwendet werden.
An dem im September d. J. zu Graz abgehaltenen 19. Deutschen
Orthopädenkongreß wurde von Hohmann (München) die Patentfrage
besprochen. Die Fälle häufen sich, wo „Erfinder“ zu Patenten gelangen,
obwohl der Gegenstand ibrer „Erfindung“ längst bekannt und als Methode
von Ärzten geübt, ja sogar publiziert war. Aus Unkenntnis des Patent-
amtes mit der ärztlichen Fachliteratur entstehen solche Mißstände. Häufig .
bedrohen solche patentierten „Erfinder“ die Ärzte, wenn sie ein technisches
Hilfsmittel, eine bestimmte Einlagen- oder Korsettform anwenden wollen,
die, wie gesagt, längst Allgemeingut ist, mit Entschädigungsansprüchen.
Diesem Kranke und Ärzte schädigenden, dazu die Entwicklung der Ortho-
pädie hemmenden Mißstande abzuhelfen, werden eine Eingabe an die zu-
ständigen Stellen und sonstige energische Schritte vorgeschlagen, Der
Kongreß beschloß in diesem Sinne.
Berlin. Der Kongreß für Verdauungs- und Stoffwechsel-
krankheiten hat vom 22. bis 25. Oktober im Kaiserin Friedrich-Haus
unter der Leitung von Rosenfeld (Breslau) getagt. Die verständnisvolle
Arbeit des vorbereitenden Ausschusses hat dafür gesorgt, daß eine Anzahl
der wichtigsten Gegenstände in vielseitiger Weise und von verschiedenen
Gesichtspunkten aus besprochen worden ist. Dem Lauf der Verhandlung
war von vornherein ein bestimmtes Bett zugewiesen dadurch, daß die
Aussprache durch umfassende Berichte eingeleitet wurde. Es behandelten
A. v. Wassermann und Ferdinand Blumenthal das Krebsproblem
und Rudolf Schmidt (Prag) die Proteinkörpertherapie. Die Zusammen-
arbeit des Internisten und Chirurgen kam in ausgezeichneter Weise zum
Ausdruck in den Berichten von Haberer (Graz) und Finsterer (Wien)
über ihre Erfahrungen bei Magenoperationen. Hier hat das Bestreben des
vorbereitenden Ausschusses seine Früchte getragen, in diesem Kongreb
eine Stelle zu schaffen für die dringend notwendige Aussprache zwischen
Chirurgen und Internisten, Den Erkrankungen des Pankreas, die in der
gleichen grundlegenden und systematischen Weise behandelt wurden, war
ein Vormittag, und den Beziehungen der Konstitutionslehre und der inneren
Sekretion ein weiterer Verhandlungstag gewidmet. Hier spendete Biedl
(Prag) aus der Fülle seines Wissens.
Der Kongreß, der sehr zahlreich besucht war, hat die Teilnehmer
vor allen Dingen dadurch angezogen und belehrt, daß die Verhandlungen
durchgehend auf dem Boden der praktischen Medizin standen und dab
neben der wissenschaftlichen Forschung die Erfahrungen am kranken
‚Menschen das Leitmotiv der Verhandlungen bildeten.
Das Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswesen veranstaltet
gemeinschaftlich mit der Deutschen Gesellschaft für Gewerbehygien®
drei Vorträge, die besonders geeignet sind, den Arzt in dieses wichtige
. Gebiet einzuführen. Am Dienstag, dem 11. November, wird Herr Prof.
Curschmann (Wolfen) über allgemeine Fragen der gewerblichen Hygiene
sprechen, am Mittwoch, dem 12. November, Herr Ministerialrat Prof. Koelsch
(München) über gewerbliche Vergiftungen und am Donnerstag, dem 13. No
vember, Herr San.-Rat A. Peyser (Berlin) über Ohrenschädigungen durch
gewerbliche Betriebe. Die Herren Kollegen sind zu diesen Vorträgen böl
lichst eingeladen. Da die Vorträge nur für Ärzte bestimmt sind, so WI
gebeten, beim Eintritt in den Saal sich als solche zu legitimieren (Rezept
formular, Besuchskarte usw), ——————
Der Tuberkuülose-Fortbildungskurs in Hohenlychen kan
nicht, wie geplant, im November stattfinden; er ist auf die Zeit vom 1. b
14. Dezember verschoben worden. Für Verpflegung und Unterbringui
wird ein Kostenbeitrag von 2,— M. pro Tag erhoben.
Hochschulnachrichten. Erlangen: Dr. Gerh. Kohlman!
Leiter der Röntgenabteilung der Medizinischen Klinik, ist zum Jeitendt
Arzt der inneren Abteilung des Peter-Friedrich-Ludwig-Hospitals 1m Olde
burg mit der Dienstbezeichnung „Medizinalrat“ gewählt worden. n
der Berufung zum 1. Januar 1925 Folge leisten. — Jena: Am 20. Okto
wurde die neuerbaute Universitäts-Hautklinik in Jena eröffnet und
Universität durch den Staatsminister Leutbeusser übergeben. Direk
der Klinik ist Prof. Dr. B. Spiethoff.
FOr ATIE Sy ATON HTD ODLONNOTEN o enna ana
Auf Seite 14 des Anzeigenteils findet der Leser einen zum Ausschneid
und Sammeln geeigneten kurzen Abriß: Über Bleivergiftung-
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
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Wochenschrift für praktische Ärzte
geleitet von
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Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft
Geh. San.-Rät Professor Dr. KurtBrandenburg, Berlin x Urban & Schwarzenbera AANI |
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Verlag von
‚uriedrichstr. 105b
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-Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum H igin Pam Adk NO iginalbeiträge vor
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Nr.45 (1039)
Klinische Vorträge.
Aus der Universitäts- Kinderklinik zu Berlin.
Über die Reizbarkeit im Schlafe.*)
Von Albrecht Peiper.
Zu den vielen Fragen, die uns der Schlaf aufgibt, gehört die
herabgesetzte Erregbarkeit: Reize nämlich, die im Wachen sofort
starke Reaktionen hervorrufen würden, lassen den Schlafenden
scheinbar ganz unbeeinflußt. Man hat dieses Verhalten benutzt, um
an der Stärke des geringsten zum Wecken gerade noch ausreichenden
Reizes den zeitlichen Verlauf der Schlaftiefe zu bestimmen. Sie
steigt abends nach dem Einschlafen rasch an und erreicht in den
ersten 2 Stunden den Höhepunkt. Dann fällt sie wieder, anfangs
schnell, später langsamer. In den Morgenstunden erhebt sie sich
noch. einmal vorübergehend, doch nicht so sehr wie am Abend
vorher.
Aber selbst wenn der Schlafende nicht erwacht, bleiben die
- Reize nicht ohne Einfluß auf ibn, wie die genauere Untersuchung
' ergibt. Die dabei auftretenden Reaktionen lassen sich in zwei Gruppen
einordnen, nämlich: in die örtlichen Reaktionen, die nur bei Reizung
eines bestimmten Sinnesgebietes auftreten, und die allgemeinen
Reaktionen, die von jedem Sinnesgebiet aus hervorgerufen werden
können. Eine örtliche Reaktion ist es z. B., wenn der Schlafende
bei plötzlicher Belichtung der Augen die Lider fester zusammenpreßt;
denn dieser Reflex tritt nur auf einen Lichtreiz auf. Wenn dagegen
der Schlafende auf einen starken Reiz beliebiger Art plötzlich zu-
sammenfährt, so handelt es sich um eine allgemeine Reaktion.
Auf Schmerzreize (Nadelstiche) erfolgen Bewegungen, die bald
zu den örtlichen, bald zu den allgemeinen Reaktionen gehören. Die
einfachste Reaktion auf einen Nadelstich ist eine Bewegung der ge-
reizten Körperstelle, also eine Fluchtbewegung. So wird das Bein
aus der gleichen Haltung bald gebeugt, bald gestreckt, die Hand wird
zurückgezogen, der Kopf auf die andere Seite gelegt. Diese Be-
wegung erfolgt immer gleich nach dem Reiz, ähnlich wie im Wachen
nach einem Schreck. Es handelt sich um örtliche Reaktionen. Das
gleiche ist der Fall mit der Kratzbewegung, die ebenfalls mit einem
Nadelstich ausgelöst werden kann. Am leichtesten tritt sie bei
Reizung des Gesichtes auf. Im allgemeinen kratzt die linke Hand
auf der linken Körperseite und die rechte Hand auf der rechten, die
Mittellinie wird dagegen von beiden Händen ziemlich gleichmäßig
gekratzt. Auch wenn die andere Hand nahe an der gereizten Körper-
stelle liegt, benutzt der Schlafende gewöhnlich die gleichseitige Hand.
Häufig erreicht die Kratzbewegung nicht ihr Ziel; so wischt die Hand
wohl über das Gesicht, trifft aber nicht genau die gereizte Körper-
stelle. In anderen Fällen wird die Bewegung nicht bis zum Ende
durchgeführt; von- einem bloßen Zucken in der Hand zum halben
Erheben und zum richtigen Kratzen kommen alle Übergänge vor.
Hinterher gleitet die kratzende Hand manchmal wieder in die Aus-
gangsstellung zurück, in anderen Fällen bleibt sie in der Nähe ‚der
sereizien Körperstelle liegen. Da die Kratzbewegung schon beim
großhirnlosen Frosche auftritt, stellt sie eine ganz primitive Re-
aktion dar.
‚Bei stärkeren Schmerzreizen kommt es schließlich zu einer all-
gemeinen motorischen Unruhe. Die Bewegung beschränkt sich nicht
auf die gereizte Körperstelle, sondern greift auf. andere Gebiete
über. So werden bei einer Reizung des Gesichtes die Beine gebeugt
oder die Arme gestreckt oder es wird der ganze Körper auf die
andere Seite gewälzt, Bei Reizung anderer Sinnesgebiete, z. B. bei
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s) Antrittsvorlesung am 16. Mai 1924.
Berlin, Prag u.Wien, 9. NovemBer 1924 ie ge
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starken Schallreizen, tritt die gleiche Reaktion auf, es handelt sich
also um eine allgemeine Reaktion. Sie zeigt an, daß die Schlaftiefe
verringert und das Erwachen nicht mehr ferne ist. Nicht selten
wird der Körper nach. einigen allgemeinen Bewegungen auf die
andere Seite gewälzt, der Kopf wird nach vorne gebeugt, Arme
und Beine werden angezogen, so daß der Schlafende schließlich
eine neue zweckmäßige Haltung (verringerte Wärmeabgabe) ein-
nimmt. Bleiben jetzt alle äußeren Reize fern, so stellt sich die
alte Schlaftiefe rasch wieder her. Wirken aber gleich wieder neue
Reize auf den Schlafenden ein, so erwacht er schließlich. Es gelingt
so, durch Summierung von Reizen, die einzeln nicht zum Wecken
ausreichen, den Schlaf schließlich doch zu unterbrechen. Daraus
geht hervor, daß der einzelne Reiz, auch wenn er nicht zum Er-
wachen führt, die Erregbarkeit des Schlafenden vorübergehend
steigert, also seine Schlaftiefe senkt. 5
Ä In diesen kurzen Zeitabschnitten können nun auch manche
dauernd vorhandenen inneren Reize, die vorher nicht störten, auf
einmal wirksam werden. So erklärt es sich, daß der Schlafende
‚auf den Reiz eines beliebigen Sinnesgebietes plötzlich zu husten an-
fängt. Manchmal veranlaßt der Reiz beim Kinde eigentümliche
rhythmische Bewegungen des Mundes, die bereits von Trömner
beobachtet und als Schmeckbewegungen beschrieben wurden. Nun
ist aber nicht einzusehen, warum das schlafende Kind plötzlich zu
schmecken anfängt. Der Vorgang ist vielmehr anders zu erklären:
Manche Kinder stecken nämlich im Schlafe den Finger in den Mund.
Untersucht man nun ein solches Kind, so beginnt es an dem Finger
zu saugen, sobald es von dem Reize getroffen wird, schläft aber
dabei weiter. Auf diese Weise beruhigt es sich wieder, bis die
alte Schlaftiefe erreicht ist. Manche Kinder stecken sogar auf den
Reiz hin überhaupt erst den Finger in den Mund, um daran zu
saugen, und wieder bei anderen erfolgen nur noch rhythmische
Saugbewegungen, die also nichts anderes sind, als die letzte Er-
innerung an ein Fingerlutschen. i
Gleichzeitig mit den beschriebenen Reaktionen des Zentral-
nervensystems laufen auch im autonomen System Reflexe ab, dieses
reagiert sogar nach unseren Beobachtungen schon bei geringerer Reiz-
stärke. Die autonomen Reflexe sind von jedem. Sinnesgebiet aus
hervorzurufen, stellen somit allgemeine Reaktionen dar. Zu ihrem
Nachweis bedarf es der verschiedensten Verfahren.
Schon lange ist es bekannt, daß im Schlafe die Pupillen-
reaktion auf äußeren Reiz erhalten bleibt. Je tiefer der Schlaf ist,
desto stärker sind die Pupillen verengt. Bei genügender Reizstärke
läßt sich nun von jedem Sinnesgebiet aus eine Pupüllenerweiterung
hervorrufen. Sie kommt durch eine reflektorische Erregung des
Sympathikus zustande, der den Dilatator pupillae versorgt.
Ebenfalls für eine Reizung des Sympathikus spricht das Auf-
treten des galvanischen Hauireflexes. Bei gleichstarken Reizen bleibt
er in leichtem Schlafe. erhalten, ohne daß dabei die Versuchsperson
erwachte, im tiefen Schlafe verschwindet er dagegen und ist erst
bei stärkeren Reizen wieder auszulösen. Sein Auftreten ist offenbar
abhängig von dem Verhältnis der Schlaftiefe zur Reizstärke. Ebenso
wie die Versuchsperson jederzeit durch einen genügend starken
Weckreiz ganz aulzuwecken ist, läßt sich auch stets durch einen
entsprechend geringeren Reiz der galvanische Hautreflex auslösen.
Im großen und ‚ganzen verhält er sich demnach nicht anders als
die Pupillenerweiterung. Das ist leicht erklärlich, da beide Reflexe
durch einen nervösen Impuls des Sympathikus zustande kommen.
Ein anderer Reflex des autonomen Nervensystems ist am Hirn-
puls festzustellen. Schon häufig hat man sein Verhalten auf äußeren
Reiz untersucht, die Versuche, die damit im Schlafe angestellt wurden,
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1560 © > 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
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führten aber nicht zu eindeutigen Ergebnissen, nach unserer Ansicht |
deshalb, weil das Verhalten der. Schlaftiefe nicht genügend be-
rücksichtigt wurde; denn die Reizstärke muß der Schlaftiefe angepaßt .
sein, wenn man erkennbare Reaktionen erhalten. will. Außerdem
werden die Kurven leicht durch Allgemeinbewegungen gestört, die
der Reiz gleichzeitig hervorruft. Um sie ‚auszuschalten, ist es. nötig.
mit Reizen zu arbeiten, die das autonome Nervensystem gerade noch
erregen, das Zentralnervensystem aber noch: unerregt lassen. . Dies
. gelingt nach einiger Übung nicht allzuschwer, denn erfahrungs-
gemäß reagiert das autonome Nervensystem schon bei kleineren
Reizen. | |
Zu Versuchspersonen eignen sich Menschen, ®@eren .knöcherne
Schädeldecke einen Teil des Gehirns frei läßt. Ich arbeitete mit
2 Kindern, und zwar mit einem 7jährigen Mädchen, bei dem durch
Operation wegen Epilepsie ‘eine Knochenspange des Schädels entfernt
war, und mit einem it}, jährigen rachitischen Kinde, bei dem’ sich der
` Schluß der großen Fontanelle verspätet hatte. Schrieb man bei diesen -
Kindern im Schlafe das Hirnplethysmogramm, so zeigte sich mit großer
. Regelmäßigkeit folgendes Verhalten auf äußeren Reiz: Das Hirnvolumen
stieg kurze Zeit an, gleichzeitig wurden die Pulse kleiner, dann sank
es rasch unter den alten Stand, während die Pulse wieder ihre alte
‘Größe erreichten. Die Gehirnanämie dauerte etwa 3—4 mal so lange
als die vorausgehende Hyperämie. Schließlich stellte sich dann der,
ursprüngliche Zustand wieder her. Diesen Reflex habe ich bei beiden
Kindern zusammen etwa 60 mal beobachten können. Man darf daher
wohl von einem gesetzmäßigen Verhalten sprechen. Die Hirngefäße,
werden, soweit. bisher bekannt, vom Sympathikus versorgt, - dessen
Reizung Verengerung und Erweiterung herbeiführen kann.
Es liegt also wieder ein Beweis dafür vor, daß äußere Reize
im Schlafe zu einer Sympathikusinnervation führen.'
Besondere Aufmerksamkeit verdient noch das Verhalten der :
Atmung im Schlafe. Schon bei der einfachen Beobachtung werden
die Störungen des Atemrhythmus..auf den Reiz hin deutlich er-
kennbar. In den Kurven stellt sich heraus, daß der Reiz die Atmung
bald verflacht oder ganz zum Stocken bringt, bald aber ‘auch ver-
tiefte Atemzüge auslöst. Fraglich ist nun, wie der zentripetale
Schenkel dieses Reflexes verläuft. Das verwickelte Zusammenspiel
. höherer und niederer Zentren mit dem autonomen Nervensystem,
wodurch die Atmung reguliert wird, ist heute wohl noch nicht end-
gültig geklärt. Im allgemeinen nimmt man an, daß der Vagus den
Atemmuskeln den Impuls übermittelt.. Ist diese Auffassung richtig,
so hätten wir darin den paräsympathischen Anteil eines Reflexes,
der im autonomen Nervensystem abläuft. |
Während die oben beschriebenen örtlichen Reflexe, z. B. die
Kratzbewegung, den Reiz abschwächen,- erhöhen umgekehrt die
Reflexe des autonomen Systems die Bereitschaft des Schlafenden.
Die Pupillenerweiterung durch den Weckreiz soll wahrscheinlich den
Geweckten sofort an die Dunkelheit der Nacht adaptieren. Mit
seinen vom Schlafe noch verengten Pupillen wäre er sonst längere
Zeit unfähig, die Augen zu gebrauchen. Hat auch dieser Reflex
heute seine Bedeutung für den Menschen verloren, so war er doch
für ihn auf einer . früheren Entwicklungsstufe von großer
Wichtigkeit. |
Eine ähnliche Bedeutung besitzt wohl der Hirngeläßreflex. Im
Schlafe ist das Gehirn hyperämisch, wie die Beobachtungen von
Czerny, Brodmann und Berger gezeigt haben. Der Reiz macht
es vorübergehend anämisch, stellt also einen Zustand her, wie er
sich sonst im Wachen findet. Gleichzeitig vergrößert sich die Erreg-
barkeit, ein Vorgang, der wohl von der Hirnanämie abhängig ist. -
"Weil der Schlafende jetzt leichter erwacht, kann er auch eine drohende
Gefahr eher erkennen. Auch dieser Reflex schützt ihn also. Ohne
daß sein Schlaf unterbrochen würde, überwacht er ständig bis zu
einem gewissen Grade die. Vorgänge der Außenwelt. Damit diese
Schutzvorrichtung ‚arbeiten kann, muß sie von jedem Sinnesgebiet
‚aus hervorzurufen sein, wie -es bei den allgemeinen. Reflexen der
Fall ist. Ä
Der Mensch bleibt also auch im Schlafe nicht ohne Schutz,
Sobald die von außen kommenden Reize eine gewisse Stärke erreichen,
lösen sie Reflexe aus, die bald die Reizwirkung vermindern, bald
die Schlaftiefe senken und damit die Bereitschaft des Schlafenden
vermehren. Das alles geschieht, ohne daß der Schlaf ganz unter-
brochen zu werden braucht. Diese Reaktionen bilden daher eine
sehr zweckmäßige: Einrichtung: |
f. Kindhik.
Sahlischen Hämoglobinometer. |
Talguistschen Streifen 80—100 ,, dann kann man sicher sein,
Ausführliche Beschreibung der Versuche und Literatur erscheinen im J ahrb,
Über einige einfache Blutuntersuchungsmethoden
| _ für den ärztlichen Praktiker.”
Von Dr. C.S. Engel, Berlin.‘
Wenn es sich für den Praktiker darum handelt, schnell und '
ohne Anwendüng des Mikroskops einen ungefähren Einblick in die
Blutverhältnisse eines Kranken zu. gewinnen, .'dann: kann er sich
. folgender einfacher Untersuchungsmethoden bedienen. Zum. Einstich
verwendet man am besten die Frankesche, Nadel, die man in
_ einer Holzhülse mit sich herumtragen kann. Man sticht die Schneide
11/,—2 mm tief in die untere Seite des ersten Gliedes eines Fingers,
in der Richtung der Fingerachse, ein. i | |
1. Der einfachste Blutuntersuchungsapparat ist ein gewöhn-
licher Objektträger. Die Objektträgerprobe dient, |
a) zur Feststellung der Gerinnungszeit: Mit der Schmal-
seite eines Objektträgers „schippt“ man einen größeren Blutstropfen-
vom verletzten Finger ab und läßt ihn an dem senkrecht gehaltenen
Glase herunterlaufen. Von Minute zu Minufe fährt man mit einer
Nadel durch die entstandene Blutlinie. "Bevor die Gerinnung ein-
getreten ist, bleibt ander. Nadel nichts haften. Nach Eintritt der-
selben — normal nach 5—6 Minuten — bleibt das Fibrin als zu-
sammenhängender Faden an der Nadel und läßt sich -aus der Blut-
straße, einen Winkel bildend, herausziehen (Spült man das Hämo-
globin mit Wasser ab, dann bleibt das weiße Fibrin zurück). Bei
Blutern tritt die Gerinnung erheblich später ein als normal. Diese.
einfache Probe kann bei Verdacht auf Hämophilie vor jeder Operation
ausgeführt werden. fs } ae |
b) zur Erkennung einer schweren Anämie. Liegt eine solche
Blutveränderung vor, dann ist der Blutstropfen wenig. viskös, und,
er läuft, nur eine dünne Schicht beim Herabfließen auf dem. Glase.
zurücklassend, fast wie Wasser den Objektträger herunter.
c) zur Erkennung einer pathologischen Klumpenbildung .der
roten Blutkörperchen (Verklumpungsanämie, Engel, : Folia
haematologica 1924). Bei dieser relativ seltenen Blutveränderung
bilden sich auf dem Objektträger sofort nach der Aufnahme des °
Blutstropfens 1/+—2 mm. große Klümpchen. Das normale Blut bildet
erst später — meist erst nach !/;,—2 und mehr Minuten — kleinere
Häufchen. Die Verklumpungsanämie kann unter den Erscheinungen
einer schweren Anämie selbst zum Tode führen — siehe ebenda. —
2. Die Hämoglobinbestimmungsmethode mit den Talquist-
schen roten Streifen ist zwar weniger genau als ‘die mit dem
Findet man jedoch mit den
daß eine gefährlichere Blutkrankheit nicht vorliegt. Bei 50—70 %
handelt es sich meist um eine Anämie, bzw. um Chlorose — bei
jungen Mädchen. — Je geringer der- Hämoglobingehalt, umso
schwerer ist die Blutkrankheit. Deckt sich die Farbe des Bluts- .
tropfens mit keiner der roten Streifen, dann ist an Leukämie zu
denken und besonders auf eine Milzvergrößerung — myeloische —
bzw. auf Lymphdrüsenschwellungen — lymphatische Leukämie —
zu fahnden. In solchen Zweilelsfällen muß, damit. für die Therapie
rechtzeitig die Diagnose gestellt wird, ein Fachmann zugezogen -
werden. | en | j
3. Die Wasserprobe dient zur makroskopischen Erkennung
‚einer Leukämie. In ein Reagensglas mit etwa 3 ccm Wasser bringt
man mit einem Spatel 2—3 Tropfen Blut. Das leukämische Blut
bleibt wegen der zahlreichen weißen Blutzellen trübe, ‘das nicht
leukämische Blut wird. klar und durchsichtig. |
4. Die Feststellung der Widerstandskraft der roten Blut-
körperchen gegen verdünnte Kochsalzlösungen ([sotonie) kann zur
Unterscheidung des katarrhalischem vom hämolytischen Ikterus ver-
: wendet werden. Normales Blut löst sich noch nicht in einer
0,46 °/,igen Kochsalzlösung. Bei dem katarrhalischen Ikterus sind
die roten Blutzellen widerstandsfähiger, sie behalten ihr Hämoglobin
noch in einer Kochsalzlösung von 0,38 P/,. Demgegenüber sind die
Erythrozyten beim hämolytischen Ikterus weniger widerstandsfähig
als normale rote. Blutzellen. Sie verlieren ihr Hämoglobin schon in
einer Kochsalzlösung von 0,6 %,. Zur Prüfung bringt man in das
eine von 2 Reagensgläschen (a) von einer 10 %/,igen Kochsalzlösung
0,4 ccm und in das zweite Röhrchen (b) 0,6 ccm. Beide füllt man
mit Wasser auf je 10 ccm auf. In jedes der Röhrchen bringt man
dann mit. einem Spatel einen Tropfen Blut. Bleibt die Flüssigkeit
in beiden Röhrchen trübe, dann handelt es sich um katarrhalischen
*) Nach einem am 23. Mai 1924 im ärztlichen Standesverein-
Südwest gehaltenen Vortrag. ©- — - a re T
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9. November |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
1561
Ikterus, wird die Flüssigkeit in beiden Röhrchen klar, dann liegt
. - ein hämolylischer Ikterus vor. |
5. Das spezifische Gewicht ändert sich gleichsinnig mit
dem Hämoglobin. Seine Bestimmung kann, wenn .ein Hämometer
nicht vorhanden ist, einen solchen zum Teil ersetzen: Man gießt
50 ccm Benzol mit 20 cem Chloroform einmalig zusammen. Die .
Mischung hat das spezifische Gewicht von 1053 und kann, nach
dem Gebrauch filtriert, immer wieder benutzt werden.‘ Dieses
Gemisch bringt man zum Versuch in ein Zylinderglas und läßt
einen Tropfen Blut mittels .eines Spatels hineinfallen. Geht der
Tropfen unter, ist er also schwerer als die Mischung, dann fügt
man wenige Tropfen des schwereren Chloroforms hinzu, vermischt
vorsichtig und bestimmt das spezifische Gewicht der Mischung,
sobald der oder die Blutstropfen in der Schwebe bleiben. Geht
der Tropfen nach oben, weil das Benzol-Chloroformgemisch schwerer `
als das Blut ist, dann fügt man das leichte Benzol hinzu, vermischt
durch vorsichtiges Neigen des Gefäßes die Flüssigkeiten und stellt
das Gewicht fest, wenn die Blutstropfen weder steigen noch fallen.
Normales Blut hat das spezifische Gewicht von 1055—1060. Bei
schwerer Anämie kann es bis auf 1030 heruntergehen. Bei Chlorose
und bei leichteren Anämien sowie bei Leukämie findet man Zahlen
von 1085—1050. Mit dieser Probe kann die unheilbare Polyzythämie
von der unschuldigen.Vollblütigkeit unterschieden werden. Bei der
ersteren, bei welcher 8—12 Millionen und mehr rote Blutzellen in
Í cmm Blut enthalten sind, ist das spezifische Gewicht stets er-
höht, bis 1075, auch 1080. Bei der Vollblütigkeit, bei der 1 cmm
Blut nicht mehr als 1 cmm normalen Blutes an roten Blutkörperchen
besitzt (etwa 5 Millionen), ist das spezifische Gewicht normal.
6. Der Eiweißgehalt des Blutes läßt sich wie der des
Harns annähernd mit der Salpetersäure-Überschichtungsprobe be-
stimmen. Wie ich festgestellt habe, bekommt man bei genauer
Abmessung der zu untersuchenden Blutmenge Werte, die sich im
groBen und ganzen mit denen’ decken, welche man nach Kjeldahl
erhält. Das Blut hat unter normalen Verhältnissen einen Eiweiß-
gehalt von etwa 20°/,, das Blutserum etwas über 8°. Diese
Werte sind bei Anämien, je nach der Schwere derselben, erheblich
herabgesetzt. Die Feststellung der Eiweißmenge einer Flüssigkeit
fußt auf der Erfahrung, daß eine Flüssigkeit, in der 1g kristallisiertes
Eiweiß in 30 Litern Wasser aufgelöst ist, wenn sie über konzentrierte
Salpetersäure geschichtet wird, nach 2—3 Minuten einen sehr feinen
weißen Ring an der Grenze erkennen läßt. Eine derartige Flüssig-
keit hat also 0,0033 °/ Eiweiß. In ähnlicher Weise, wie der Harn
bis zur Erreichung der Endreaktion mit bestimmten Mengen Wasser
verdünnt wird, kann es auch mit dem Blute geschehen. Die Ver-
dünnungszahl gibt mit 0,0033 multipliziert den Prozentgehalt an
Eiweiß. Da das Blut 20 %, Eiweiß enthält, erhält man die Endreaktion
bei 6000 facher Verdünnung. Das normale Blutserum ist 2500 mal
zu verdünnen, bis die Endreaktion eintritt (6000 X 0,0033 . . .= 20;
2500 X 0,0083...=8,3). Zur Bestimmung der Eiweißmenge im
Blut stellt man sich zuerst eine 1000fache Verdünnung (a) desselben
her, indem man mittelst einer genauen Pipette eine bestimmte
Menge Blut (z. B. 0,02 oder 0,05 cem) dem verletzten Finger ent-
nimmt und diese entsprechend verdünnt — im Beispiel auf
‚20 bzw. 50 cem. — Eine 6000fache Verdünnung erhält man, wenn
' beim Auftupfen eines Tropfens Blut auf rotes Lackmuspapier beim
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der Adlerapotheke in Hagen (Westfalen).
man 1 cem dieser Flüssigkeit a weiterhin mit 5 cem Wasser ver-
mischt (b). Ist das Blut normal, dann erhält man mit dieser
6000fachen Verdünnung (b) den Salpetersäurering. Bildet er sich
nicht, dann wiederholt man die Überschichtung mit einer 5000lachen
Verdünnung (la-+4 Wasser). Diese zeigt 16,66 % Eiweiß an. Die -
Mittelwerte erhält man durch Vermischen von 1 Teil a mit 4,5 usw. _
Teilen Wasser. In gleicher Weise verfährt man mit dem Blutserum. _
7. Die Bestimmung der Alkaleszenz des Blutes, welche bei
Diabetes, Urämie, Kachexie herabgesetzt ist, gehört ebenfalls zu .
den einfachsten Blutuntersuchungsmethoden: Man entnimmt dem
verletzten Finger mit der Pipette 0,05 cem Blut und bringt diesen
Tropfen in 5 ccm destillierten Wassers.
licher Fleck. Man titriert das Blut bequem mit 75 Weinsäure, ‚das
ist 1g Weinsäure — C,HeOs — auf 1 Liter destillierten Wassers.
Handelt es sich um Blut. eines Gesunden, dann kann man
8S—10 Tropfen — 0,4—0,5 ccm — dieser verdünnten Weinsäure
zu den 5 cem verdünnten Blutes hinzusetzen, bis die Endreaktion
eintritt. Diese besteht in einem deutlichen roten Kreis, der sich
Einziehen bilde. Aus einer, einfachen Berechnung — 1 Liter
Normalweinsäure (75g Acidum tartaricum in 1 Liter Aq. dest. gelöst) -
neutralisiert 40 g Natriumhydrat — ergibt sich, daß jedem Tropfen
— 0,05 cem verdünnter Weinsäure, die zur Blutlösung bis zum
Eintritt des roten Ringes erforderlich ist, auf 100 cem Blut be-
rechnet — ein Alkaleszenzgrad von 53,3 % entspricht. Da zur
Neutralisierung des normalen Blutes. 8—10 Tropfen Weinsäurelösung
erforderlich sind, beträgt also der Alkaleszenzgrad des normalen `-
Blutes 426—533 mg Natriumhydrat. Bei Herabsetzung der Blut-
alkaleszenz tritt der rote Lackmusring bereits nach Zusatz von
3—6 Tropien TE Weinsäure auf. Das entspricht einem Alkaleszenz-
grad von 160—320 mg Natriumhydrat. |
S. Von Serumuntersuchungsmethoden, die schnell auszuführen
sind, ist die letzte Meinickesche Trübungsreaktion für Syphilis
in erster Linie zu nennen. Das Reagens beschafft man sich aus
In einem Wasserbade
erwärmt man ein Reagensglas, welches 1 ccm 3 %iger Kochsalz-
lösung enthält, und ein zweites, in welchem 0,1 ccm des Reagens
enthalten ist, 10 Minuten lang bei einer Temperatur, die zwischen
37 und 45°C gehalten werden soll. Dann gießt man beide Flüssig-
keiten zusammen und das gut geschüttelte Gemisch in ein drittes
Röhrchen, welches 0,2 ccm des Blutserums des ‘Kranken enthält,
das vorher nicht — wie es bei der Wa. R. geschieht — erwärmt
werden soll. Die Syphilisreaktion ist negativ, wenn nach ein- —
stündigem Aufenthalt des Röhrchens im Zimmer nur eine leichte.
Träufelt man von dieser .
‚ klarroten Flüssigkeit mit einem Glasstabe einen Tropfen auf rotes
‚Lackmuspapier, dann entsteht auf demselben ein schwacher bläu-
milchige Trübung im dritten Röhrchen entstanden ist, durch die
‚hindurch man in 2m Entfernung vom Fenster das Fensterkreuz
noch leicht erkennen kann. Bei positiver Reaktion bildet sich eine
starke Trübung, die das Hindurchsehen nicht gestattet.
9. Bei Typhus- und Paratyphusverdacht leistet das Fickersche
Diagnostikum gute Dienste. Den käuflichen Bazillenaufschwem-
mungen ist die Gebrauchsanweisung beigegeben. |
Abhandlungen.
Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses im Friedrichshain
in Berlin. |
Über den Morbus Gaucher, seine Klinik, pathologische
Anatomie und histio-pathogenetische Umgrenzung,
nebst Untersuchungen über den Morbus Gaucher der
Säuglinge und über die Beteiligung. des Skelettsystems.
Von Ludwig Pick.
Die lipoidzellige Splenomegalie (Typus Niemann)
. als neuaufgestelltes Krankheitsbild.
Von größerer praktischer Bedeutung als die mit der Gaucher-
zellbildung verglichene Lipoidzellhyperplasie bei diabetischer Lipämie
ist nun eine zweite mit dem Morbus Gaucher nicht bloß verglichene,
(Fortsetzung aus Nr. 44.)
sondern irrigerweise ihm zugerechnete Affektion. Sie bildet, wie
ich schon. früher (M.Kl. 1922, S. 1450) begründet habe und hier ein-
gehend zeigen möchte, eine pathologisch-anatomisch und klinisch
fest umrissene sehr eigenartige Erkrankung, die tödlich abläuft
und nach den bisherigen Erfahrungen in dieser perniziösen Form
dem Kindesalter eigentümlich ist. Zu den hierher zählenden Fällen
hat A. Niemann 1914 in seiner Aufstellung eines „unbekannten
Krankheitsbildes“ den Grund gelegt. Zwei Beobachtungen von
Knox, Wahl und Schmeißer (1916) und eine von Siegmund
(1921) bilden das weitere pathologisch-anatomische Material.
In Niemanns Fall war das im Alter von 18 Monaten ver-
storbene Mädchen seit Beginn des zweiten Lebensmonats krank. Schon
damals bestand ein Milztumor. Das ‘Kind gedieh nicht, wurde immer
elender, während der Leib dauernd an Umfang zunahm, Bei der Auf-
nahme (einen Monat vor dem Exitus) recht elender Ernährungszustand.
Kind in der ganzen Entwicklung zurückgeblieben. Haut im Gesicht
auffallend blaßbräunlich. Kolossaler Leber- und Milztumor. ° Etwas
Aszites. Leibesumfang 50 cm. Stauungskatarrh der Lungen, Ödem
der Füße und Augenlider. Blut normal, kein Ikterus. (Die hier vor-
handene stark positive Wa. R. im frühen Kindesalter gestattet nach
Niemann keinen sicheren Schluß). Zunahme der Stauungserschei-
nungen, Durchfälle, Exitus.
Sektion: Die Milz erweist sich als sehr groß, nicht allzu hart,
zeigt auf der Schnittfläche gelblichweiße etwa linsengroße Herde, oft
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1562
1924 — MEDIZINISCHE KL
NIK — Nr. 45. 9. November
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zu größeren Komplexen konfluierend, nur schmale Milzsubstanzstreifen
zwischen sich lassend. Schnittfläche aus einiger Entfernung völli
.weißgelb.e Auch die Leber, kolossal vergrößert, bietet Farbe un
Zeichnung einer exquisiten Fettleber, „wie wohl in Fällen von Phosphor-
‚ vergiftung“. Abdominale Lymphknoten nur mäßig geschwollen, von
' eigentümlich gelber, dem Fett ähnlicher Farbe und ziemlich weicher
Konsistenz. Nieren etwas verfettet, Nebennieren sehr groß mit auf-
fallend gelber Rinde. l ; |
! Histologisch ist beinahe das ganze Milzgewebe umgewandelt in
. sehr große unregelmäßig geformte Zellen, die regellos aneinander ge-
lagert sind. Kerne in der Einzahl, klein, rund. Plasma, auffallend hell,
azidophil, mit ziemlich großen Vakuolen. Auch in der Leber finden sich
kaum mehr normale Zellen. Das ganze Gewebe ist in die charakte- .
ristischen Elemente umgewandelt. Sie sind im Vergleich zur Milz hier
mehr in Strängen angeordnet, die den normalen Leberzellbalken zu
entsprechen scheinen. Feine Bindegewebsbündel ziehen zwischen den“
Zellen hindurch. In den abdominalen Lymphdrüsen sind die großen
Zellen in einzelnen Gruppen in das normale Lymphdrüsengewebe ein-
gosprengt, am dichtesten gewöhnlich in der Nähe der Bindegewebs-
züge. Niere und Nebenniere (abgesehen von „etwas Verfettung")
ohne besonderen Befund. Nebennierenzellen trotz oberflächlicher
Ähnlichkeit von den. großen Zellen in Milz und Leber unterscheidbar.
Zellinhalt gibt mit Sudan keine typische Fettfärbung, erscheint „in
einer etwas veränderten mehr dunklen, schmutzigroten Modifikation,
so daß es sich wohl um Lipoide handeln könnte“. In der Milz sind
die Endothelien der Sinus unverändert. Niemann möchte allgemein
Retikulumzellen als Matrix annehmen, ohne sich definitiv entscheiden
zu wollen. In der Leber scheinen die Leberzellen selbst an Ort und
“ Stelle in die großen Zellen umgewandelt zu werden. —
Die beiden Fälle von Knox, Wahl und Schmeißer betreffen
zwei Schwestern unter im ganzen 11 Geschwistern.
aufgenommen. Die Haut ist leicht bräunlich, besonders im Gesicht
und an den dem Licht exponierten Teilen (den Armen). Zervikal- und
Achseldrüsen leicht vergrößert. Große Leber und Milz. Mäßige Anämie
mit relativer Lymphozytose. Fortschreitender Gewichtsverlust. Tod
an Erschöpfung im Alter von 11 Monaten.
Sektion: Milz 86 g, derb, mit abgerundeten Rändern. Durch-
schnitt ziemlich: feucht, zeigt zahlreiche leicht durchscheinende rote
Flecke, mit weicher, schwach rötlichgelber Peripherie, die ähnlichen
Saft wie die Leber abstreichen läßt. Diese wiegt 415
leicht: vermehrt, Oberfläche graulichrosa, Schnittfläche blaßgelb. oder
gefleckt, läßt gelblichen Saft von der Konsistenz konden-
sierter Milch abstreichen. Leichte fleckförmige Fibrose. Leistendrüsen
erheblich vergrößert, derb. Um den Ductus choledochus drei zitronen-
Die eine, von
Anfang an nicht recht gediehen, wird in stark abgemagertem Zustand
; Festigkeit
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contorti oft mit kleinen Vakuolen; ebenso Glomerulusendothelien
vakuolisiert, gelegentlich so stark, „daß sie den großen Milzzellen
leichen“. Stark verbreitertes Mark der Nebennieren; bei schwacher
ergrößerung wie Fettgewebe aussehend; massenhaft schaumige Zellen
wie in der Milz. Nur noch geringe Markreste. Viele Zellen der Inseln
im Pankreas sind groß und vakuolisiert; im Stroma einzelne kleine
‚Herde großer vakuolisierter Endothelien. Herzmuskelzellen stark
vakuolisiert. Bindegewebszellen des Lungeninterstitiums groß, fein
vakuolisiertt. Im Gebiet der, interstitiellen Pneumonie des rechten
Unterlappens innerhalb der Alveolen: große Zellen; auch um die
Muskularis kleiner Arterienäste.
Die an den Paraffin- und Zelloidinschnitten so stark hervor-
tretenden Vakuolen beruhen nach den Gefrierschnitten frischen. und
formalingehärteten Materials auf der Einlagerung von homogenen
Tropfen. Schwarzfärbung der Zellsubstanz mit Weigert-Pal. Manche
Tropfen werden durch Ciaccio gefärbt. In manchen großen Zellen der
' Milz und Leber reichlich anisotrope Substanz in Tropfen und Nadeln,-
besonders aber in denen der Lymphknoten und der Nebennierenrinde
(vgl. auch bei Wahl und Richardson). In den. meisten Organen,
namentlich Milz, Leber und Lymphdrüsen bei Scharlachrotfärbung
ferner alle Übergänge zwischen kai Zellen und solchen mit
stark gefärbten Tropfen. (Viele Neutralfett enthaltende Zellen im
Thymus, zerstreute in Milz, Leber und Lymphdrüsen). Große Zellen
des periportalen Gewebes mit positiver Scharlachrotfärbung; mehr oder
weniger an den Nebennierenrindenzellen, Markzellen nicht oder nur
blaß gefärbt. Rotfärbung (aber keine Osmiumreaktion) auch der
pronen Glomeruluszellen; wenig Neutralfett in den Nierenepithelien.
akuolen der Herzmuskelzellen gegen Sudan und Osmiumsäure negativ.
Die mikrochemischen Reaktionen dieser Fälle sind identisch mit den
von Lutz erhaltenen und sind sehr ähnlich denen von Schultze
(Wahl und Richardson). Entweder bildet sich in den großen Zellen
eine fettähnliche Substanz in Neutralfett um, oder es ist auf die Lipoid-
metamorphose Verfettung aufgepfropft (l. c. 8.10). —
Die andere Schwester starb im Alter von 15 Monaten, war von.
Anfang an immer kränklich und mager. Hautfarbe graulichgelb, wieder .
besonders im Gesicht und an den sonst dem Licht ausgesetzten Teilen.
Milz und Leber vergrößert. Zervikaldrüsen palpabel, Inguinal- und
Achseldrüsen leicht vergrößert. Im weiteren Verlauf Furunkel und
Otitis media. Mäßige Anämie und relative Lymphozytose. Radium- .
applikation auf den Milztumor. Zwei Monate vor dem Tode Lymph-
knoten-Probeexzision vom Nacken und aus der Axilla: zahlreiche Stellen
bestehen aus den großen Zellen. Im Gefolge der Radiumanwendung
Leukozytenverminderung und leichte Milzverkleinerung, aber Pat. wird
stupurös ünd zeigt Intoxikationserscheinungen. Kirschrote Flecken
im Augenhintergrund an den Makulae beiderseits wie bei amauroti-
scher Idiotie.
Sektion: Starke Abmagerung. Milz 100 g, mit glatter Kapsel,
vermehrte Konsistenz, abgerundete Ränder. Fleckiger Durchschnitt,
kleine grauliche und hellrote Flecke von etwa 2 mm Durchmesser
wechseln mit rs gelblichrosafarbenen oder grauen.. Trabekel
und Malpighische Körperchen nicht sichtbar. Etwas zäher („sticky“)
Abstrich. - Leber 420 g, Kapsel glatt. Glaserkittähnliche Konsistenz.
Läppchen mit gelber Peripherie, winzigem rosafarbenen Zentrum.
Etwas zäher Abstrich wie in der Milz. Alle Lymphknoten vergrößert,
ziemlich derb, an der Oberfläche und auf dem Schnitt gleichmäßig grau-
gelblichrosa, am stärksten betroffen um Pankreas und am Leberhilus.
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gelbe Lymphknoten von . 3—8 mm Durchmesser. Lymphknoten am
Pankreaskopf 1—2 cm Durchmesser; überhaupt on Lymph-
drüsenvergrößerung. Alle mehr oder weniger. hellgelb, ziemlich derb.
Vom Durchschnitt fließt etwas gelbes viszides Material. Thymus un-
ewöhnlich gelb. Nierenrinde blaßgelb. Nebennieren groß,: je 5,5 g
ewicht. Mark blaßgelb. Rinde sehr ausgesprochen gelb. Darm-
schleimhaut hyperämisch mit einigen kleinen Blutungen. Peyersche
Haufen und Solitärknötchen geschwollen, letztere mit hyperämischer.
Zone. Interstitielle Pneumonie des rechten Unterlappens. |
Histologisch: Zwischen den Sinus der Milz Säulen und Haufen .
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großer blasser runder, ovaler und polyedrischer granulierter und
vakuolisierter Zellen; oft Bindegewebszüge oder Retikulumfasern
zwischen’ ihnen, auch Einzelzellen umgebend. Öfters zwei, selten drei
Kerne. Große Zellen auch in den an Zahl verminderten Malpighischen
Körperchen, zuerst im Zentrum. Blutpigment besonders in den großen
blassen Zellen um die Malpighischen Körperchen. In einzelnen der
oßen Elemente rote Blutkörperchen, auch Kernfragmente, doch ist
Phase nicht häufig. Gelegentlich Mitosen in den vergrößerten
Sinusendothelien und „alle Übergänge“ von diesen zu den großen
Zellen. Leberstruktur aufgehoben, Ersatz der Leberzellbalken durch
mehr oder minder vakuolisierte große Zellen, teils dunkler, teils heller
N erstere scheinen Leberzellen, letztere Endothelzellen zu sein.
inige vakuolisierte lange Zellen auch im periportalen Gewebe. Es
ist vermehrt, erstreckt sich auch in die Läppchen. Auch in allen
Lymphknoten mehr oder weniger ausgedehnte Einlagerung großer
Zellen, wenn auch selbst bei totalem Ersatz des Iymphadenoiden Ge-
webes das allgemeine Gerüstwerk erhalten bleibt.. In manchen großen
Zellen rote Blutkörperchen und Leukozyten. Mitosen und Übergänge
in die großen Zellen von den Endothelien der „Blut- und Lymphsinus“.
Andrerseits auch genetische Beziehungen zu den Retikulumzellen. In
den größeren Lymphknoten alveoläre Abteilung des großzelligen Ge-
webes durch Bindegewebsstränge. Thymusgewebe völlig ersetzt durch
einzelne oder gehäuft liegende große Zellen; Iymphoide Elemente
waren nur noch um Hassalsche Körperchen erhalten. Im Magendarm-
traktus große Schaumzellen, im ödematösen Schleimhautstroma zwischen
den Drüsen, besonders in der Appendix. An der Oberfläche der Zökum-
serosa eine Schicht lymphoiden Gewebes mit eingelagerten großen
Zellen. Auch unter der Serosa und zwischen den verschiedenen Schichten
des Dünndarms große Zellen in kleinen Herden. Große Zellen in allen
lymphatischen Herden des Verdauungstraktus, doch wiegen die Lym-
Knochenmark Eee gelb. - Thymus wie Lympliknoten. Leichte
Schwellung der Nierenrinde mit gelblichem Ton. Nebennieren groß,
je 8g, Marksubstanz gelber als normal. Peyersche Haufen, namentlich
zur Klappe hin, vergrößert. Mukosa des Zökum nahe der Klappe
hyperämisch. l i
Die mikroskopischen Befunde sind im wesentlichen die näm-
lichen wie vorher. In der Milz erscheinen die großen Zellen auch im
‚ Lumen der Arterien, ebenso in der Leber „alterierte“ Leberzellen
und große Zellen in Intima und Lumen der Portalgefäße. In den
Lymphknoten Ersatz durch die großen Zellen namentlich im Mark. In den
teilweise sehr ne rochenen Keimzentren große Zellen, hier rote
Blutkörperchen unc Kenfiesante einschließend; an Stellen von be-
sonderer Hyperplasie und Blutung mehr oder minder reichlich von
grünlichgelben Pigmentkörnchen erfüllt. ` Abdominaldrüsen stärker
als die äußeren betroffen. Im Knochenmark fehlt Fettgewebe gänz-
lich, dafür sind bedeutende Mengen der großen Zellen vorhanden.
Im Thymus sind die meisten Iymphoiden Elemente in Mark und Rinde
durch mehr oder minder große Zellen wie im vorigen Fall er-
setzt. Im Magendarmtraktus in der unteren Mukosalage einige
große Zellen. Kleine Vakuolen in Magendrüsenzellen und Kolon-
epithel. Große Zellen häufig in-den Glomerulusschlingen, zwischen den
bulis und gelegentlich in Kapillaren. Nebennierenmark :wie ım
vorigen Fall, schwer gegen die Rinde abzugrenzen. In der Adventitia
einer großen Kapselarterie ein Haufen: der großen Zellen. In anderen.
Kapselabschnitten jugendliche Stadien des Typus, mehr granuliert,
weniger Tropfen enthaltend, stark ähnelnd den „Polyblasten“ des
Bindegewebes. In vielen dieser Zellen rote Blutkörperchen. er
ergänge von ihnen zu den großen Elementen. Azinus- und Insel-
zellen des Pankreas etwas geschwollen, granuliert, vakuolisiert. Lung®
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9, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
1563
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in die Lichtung ragend, mit Tropfen gefüllt. Vakuolen auch im Epithel
der Tubuli und des Ausführungsganges der Glandula submaxillaris. In
Pia, Cerebrum und Cerebellum große Zellen, reichlich in der Nachbar-
schaft der Purkinjezellen. Kleine Tropfen auch in den Purkinjezellen selbst,
‘den größten Teil des Zelleibes füllend. Ebenso in den Ganglienzellen
der Vorderhörner des Rückenmarks, des Ganglion intervertebrale und
‚in den Markscheiden der peripherischen Nerven. —
Im Fall Siegmund war bei dem 9 Monate alten weiblichen
. Säugling schon in den ersten Lebenswochen der dicke Leib auffallend.
Starke Vergrößerung von Milz und Leber. Mäßige Anämie. Urin ohne
Eiweiß und Zucker. Wa.R. on Tod an interkurrenter Pneumonie.
Eine Schwester war gleichfalls im ersten Lebensjahre an Milz- und
Leberschwellung gestorben. |
Sektion: Milz 310 g, hart. Graugelblichrote Schnittfläche mit
rötlichen Höfen um die Follikel. Lieber vergrößert, sehr hart, eigen-
'tümlich graugelb. An Milzhilus und Leberpforte Pakete intensiv
elb gefärbter Lymphdrüsen, Auch die vergrößerten mesenterialen
rmpkidaen sind graugelb. An den übrigen Organen, insbesondere
am Knochenmark nichts Auffallendes. Keine sichtbare Lipämie. Blut
chemisch nicht untersucht.
Mikroskopisch: Pulpa und Retikulumzellen der Milz in große,
bei Mallorylärbung feinvakuoläre Elemente verwandelt. Endothelien
der Venensinus nicht beteiligt. Gleiche Umwandlung der Kupfferschen
Sternzellen sowie der Retikulumzellen von Lymphdrüsen und Knochen-
mark. Neben der Lipoidzellenhyperplasie in der Leber „beginnende
‚ Zirrhose“, Gewebe der Glissonschen Kapsel vermehrt, Leberzellen ver-
größert und gequollen.
Große Zellen im frischen Präparat eigentümlich transparent,
wachsartig. Keine Doppeltbrechung, auch Vers6s Reaktion negativ.
Färbung nach Smith-Dietrich, mit Spielmeyers Markscheiden-
färbung und mit Weigerts Eisenhämatoxylin positiv. Ciaccio leicht
positiv, ebenso leichte Reaktion mit Nilblau und Scharlachrot. Eisen
und Kalk nicht nachweisbar. Reichlich doppeltbrechende Tropfen in
einigen Sinusendothelien der Milz und in abgestoßenen Endothelien der
m hsinus. Die gleichen Reaktionen wie die Schnitte bot ein durch
Alkohol- Ather-Chloroformextraktion aus Milz und Leber gewonnener
wachsartiger, leicht gelblicher Stoff. Die Analyse ergab nur wenig
Cholesterinester und N. Dagegen reichlich Fettsäuren und namentlich
Phosphor (als Lezithin.. Färbung nach Smith-Dietrich zeigte die
Anwesenheit großer lipoidhaltiger Gefäßendothelien auch in der Haut,
im Herz und in der Niere (Abb. 8); in letzterer lipoidhaltige große
Zeilen in den Glomerulis, in den Epithelien der Harnkanälchen, vor
allem der Hauptstücke, sowie Lipoidzylinder. —
Ohne Zweifel hätte Siegmund das ihm fehlende „Gegen-
stück in der Literatur“ zu seiner Beobachtung in Niemanns Mit-
teilung und der Arbeit der amerikanischen Autoren finden können.
Die Erkrankung betrifft in allen vier Rällen Mädchen, davon (unter
elf Geschwistern) zwei Schwestern (Knox, Wahl und Schmeißer).
Auch bei Siegmund war eine Schwester im ersten Lebensjahr an
„Milz- und Leberschwellung“ zugrundegegangen. Die Kinder starben
im Alter von 18, 11, 15 und 9 Monaten. Die Anschwellung des
Leibes kann schon, wie im Falle Siegmund, in den ersten Lebens-
wochen auffallen, die Milz- und Leberschwellung schon in dieser
frühen Zeit festgestellt werden. Auch bei Niemann wird: der
Krankheitsbeginn und der Befund des Milztumors für den Beginn
des zweiten Lebensmonats angegeben. Die Kinder gedeihen nicht,
bleiben in der Gesamtentwicklung zurück, werden immer elender.
Der Leibesumfang nimmt stetig zu. Leichter Aszites und Stauungs-.
erscheinungen (Ödem der Füße, der Augenlider, Stauungskatarrh .
der Lungen) können auftreten. Das Hautkolorit namentlich an
den dem Licht ausgesetzten Teilen (Gesicht, Arme) wird aul-
fallend blaßbräunlich oder graulichgelb. Der Urin bleibt frei von
Eiweiß und Zucker. Die äußeren Lymphknoten (Zervikal-, Axillar-,
Inguinaldrüsen) sind mäßig, zuweilen aber auch bedeutend ver-
srößert. Der Blutbefund ist der einer mäßigen Anämie mit relativer
Lymphozytose. Milz und Leber können einen kolossalen „Umfang“
erlangen. Niemann gibt beim achtmonatigen Säugling 50 cm
Leibesumfang an. Der Tod erfolgt unter Fortschreiten der all-
gememen Abmagerung schließlich an Erschöpfung (Knox, Wahl
und Schmeißer), bei Niemann unter Zunahme der Stauungs-
erscheinungen und Auftreten von Durchfällen, bei Siegmund an
Interkurrenter Pneumonie. Im zweiten der amerikanischen Fälle
war durch Radiumanwendung Leukozytenverminderung und leichte
Milzverkleinerung erzielt worden, freilich nicht ohne gleichzeitige
Intoxikationserscheinungen. Die Milz erweist sich im jüngsten der
e (Siegmund) von enormer Größe: 310 g schwer beim neun-
monatigen Säugling. Auch in den anderen Fällen ist sie stark
vergrößert, 86—100 g. Sie ist mehr oder weniger derb und hart,
mit gerundeten Rändern. Die Schnittfläche ist entweder fleckig-
unt, rot, gelb und grau in verschiedenen Tönen und Kombinationen
oder diffus graugelblichrot mit rötlichen Höfen um die hier sicht-
i
baren Follikel; bei Niemann zeigt sie etwá linsengroße dicht-
stehende, gelblichweiße, oft zusammenfließende Herde, so daß „die
Schnittfläche aus einiger Entfernung völlig weißgelb“ erscheint.
Gleichartiger ist der Durchschnitt der: stark vergrößerten Leber
(415—420 g Gewicht bei Knox, Wahl und Schmeißer). Er ist
gelb oder graugelb, bei Niemann in Farbe und Zeichnung einer
exquisiten Fettleber gleichend, „wie wohl in Fällen von Phosphor-
vergiltung“. Die Konsistenz wechselt. Sie ist sehr hart bei Sieg-
mund, leicht vermehrt in Fall 1 und glaserkittähnlich in Fall 2
bei Knox, Wahl und Schmeißer. Die letzteren sprechen in Falll
auch von einer leichten flecklörmigen Fibrose. - ee
Die äußeren Lymphknoten (Leistendrüsen, Knox, Wahl und
Schmeißer) können erheblich geschwollen sein, ja, es kann die
Vergrößerung überhaupt eine allgemeine sein, wie in den beiden
amerikanischen Fällen. Besonders betrifft sie die abdominalen, die
1—2 cm Durchmesser — sicherlich ein sehr erhebliches Maß bei
den Kindern des ersten und zweiten Lebensjahres — erreichen
können. Entweder sind sie ziemlich weich oder derber, mit grau-
gelbrosafarbener, graugelber, mehr oder weniger fettgelber oder
geradezu zitronengelber Oberfläche und gleichem Durchschnitt. Die
bedeutendsten Vergrößerungen in förmlichen Paketen finden sich
um das Pankreas, am Leber- und Milzhilus. Sowohl von der
Schnittfläche der Leber wie der Lymphknoten, auch von den gelb-
lichen Stellen des Milzdurchschnittes ist zäher gelblicher Saft von
der Konsistenz kondensierter Milch abstreifbar. Das Knochenmark
ist gelb, „hyperplastisch“ (Knox, Wahl und Schmeißer, Fall 2),
wird freilich ein andermal (Siegmund) als frei bezeichnet. Der
Thymus ist in den beiden amerikanischen Fällen ungewöhnlich gelb,
von der Art der Lymphknotenveränderung. Auffallend ist die Ver-
größerung der Nebennieren in drei der vier Fälle.
kanischen wiegen sie je 5,5 bzw. 8 g.
groß mit hervorstechend gelber Rinde; umgekehrt ist die anderen
Male gerade das Mark blaßgelb bzw. gelber als normal. Die Nieren-
rinde ist in den gleichen drei Fällen blaßgelb, der Darm (Knox,
Wahl und Schmeißer, Fall 1 und 2) im Zustand follikulären
oder einfachen Katarrhs. Dazu kommen die Befunde der inter-
stitiellen Unterlappenpneumonie im ersten, anscheinend ähnlich auch
im zweiten Fall der Amerikaner. Siegmünds kurze Angaben
lassen den besonderen Befund der als Todesursache angegebenen
Pneumonie außer Betracht. Ä
Mikroskopisch ergibt sich als Grundlage der grob sichtbaren Ver-
änderungen in Milz, Leber, Lymphdrüsen und Knochenmark, Thymus
und Nebennierenmark in allerweitester Ausdehnung, aber überhaupt
auch in makroskopisch unveränderten Organen (vgl. die sehr zahl-
reichen Abbildungen der amerikanischen Autoren, Taf. I—IV) eine
Einlagerung großer blasser, teilweise auffallend heller Zellen, die ihr
besonderes Aussehen einem ausnahmslos nachweisbaren Einschluß
von Neutralfett oder namentlich von Lipoiden verdanken. Im
frischen Präparat (Siegmund) erscheinen .die großen Zellkörper
wiederum eigentümlich transparent, „wachsartig“, im mikroskopischen
Schnitt gehärteten Materials von runden Vakuolen erfüllt, die homo-
genen Tropfen entsprechen, wabig oder schaumig mit azidophilen
Plasmaresten. Die Zellform ist rund, oval oder polyedrisch, un-
‚regelmäßig. Die Kerne sind klein, rund, in der Ein- oder Zweizahl,
selten zu dreien. Ä
In der Milz liegen sie zwischen den Sinus in Säulen oder
Haufen, oft durch Bindegewebszüge getrennt oder im Maschenwerk
‚feiner Retikulumfasern, erscheinen ferner in den an. Zahl ver-
minderten Malpighischen Körperchen, zuerst im Zentrum, oder sie
durch- und ersetzen das ganze Milzgewebe bis auf geringe Reste
der normalen Zellen; auch im Arterienlumen werden sie sichtbar
(Knox, Wahl und Schmeißer, Fall 2). Sie gehen aus Retikulum-
‚zellen (Niemann, Siegmund) und Pulpazellen (Siegmund), aber
auch aus vergrößerten Sinusendothelien hervor; diese zeigen ge-
legentlich Mitosen und „alle Übergänge“ zu den großen Zellen
(Knox, Wahl und Schmeißer, Fall 1). Besonders in der Um-
gebung der Malpighischen Körperchen können diese Blutpigment,
sonst auch manchmal rote Blutkörperchen und Kerniragmente ein-
schließen, wenn auch Phagozytose nicht häufig ist.
Auch in der Leber kann der Ersatz des Parenchyms so weit
gehen, daß wenn schon die Anordnung sich noch einigermaßen
strangartig erhält, kaum mehr normale Leberzellen sich finden. Die
großen vakuolisierten Zellen entstehen: hier teils aus den Kapillar-
endothelien (Kupflerschen Sternzellen), teils aber aus’ den Leberzellen
selbst. Neben der unter Umständen schon makroskopisch aus-
-gesprochenen „ilecklörmigen Fibrose“ besteht auch histologisch
beginnende Zirrhose. Auch im vermehrten periportalen Bindegewebe
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1564
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
können 'vakuolisierte lange Zellen vorkommen; große Zellen liegen
ferner in der Intima und im Lumen der Portalgefäße.
In den Lymphknoten entstehen sig aus den Retikulumzellen
und den Endothelzellen der Biuträume und Lymphsinus, die Mitosen
und Übergänge aufweisen (Knox, Wahl und Schmeißer, Fall 1).
In das Iymphadenoide Parenchym sind sie in Gruppen eingesprengt
oder ersetzen es völlig; umfänglichere Abschnitte der großen Zellen
werden dabei durch Bindegewebszüge alveolär geteilt; das allgemeine
Gerüst der Lymphknoten bleibt erhalten. Auch hier findet sich
zuweilen Erythrophagie oder Einschluß von Leukozyten und Kern-
iragmenten, besonders im Bereich ausgesprochener Keimzentren.
An Stellen stärkerer Hyperämie oder Blutung sind grünlichgeibe
Pigmentkörnchen in den großen Zellen eingeschlossen.
Der Thymus ist bis auf geringe Reste der lymphoiden Zellen
um die. Hassalschen Körperchen völlig durch die großen Zellkörper
substituiert. Ebenso ist das Knochenmark, auch wo es makro-
skopisch unbeteiligt erscheint, von diesen durchsetzt; sie entstammen
hier den Retikulumzellen.
auch bei starkem Lipoidgehalt anscheinend von den großen Zellen
unterscheidbar. Aber das Mark, bei sehwacher Vergrößerung ge-
wöhnlichem Fettgewebe gleichend, ist von diesen bis auf geringe
Reste aufgezehrt. Knox, Wahl und Schmeißer treffen in der
Adventitia einer Nebennieren-Kapselarterie Haufen großer Zellen, in
anderen Kapselabschnritten mehr granulierte als vakuolisierte
„jugendliche Stadien des Typus“, ähnlich den Polyblasten des
Bindegewebes und häufig rote Blutkörperchen einschließend. Schaum-
zellen sind ferner in allen Iymphatischen Herden des Magendarm-
traktus enthalten und liegen auch mehr oder minder reichlich im
ödematösen Schleimhautstroma und in den übrigen Darmschichten
«bis unter die Serosa hin. Knox, Wahl und Schmeißer nennen
auch „kleine Vakuolen“ im Magendrüsen- und im Kolonepithel.
Sie finden sich ebenso in der Niere im Epithel der Tubuli contorti;
Siegmund führt die Epithelien der Harnkanälchen, namentlich die
der Hauptstücke, ausdrücklich unter den lipoidhaltigen Zellen des
Falles auf. Sonst entsteben die Schaumzellen in der Niere aus den
Glomerulusendothelien, liegen innerhalb der Schlingen; finden sich
ferner frei zwischen den Tubulis und gelegentlich in den intertubu-
lären Kapillaren, hier wieder den Endothelien entstammend. Auch
Lipoidzylinder kommen vor (Siegmund).
Das Pankreas enthält im Stroma einzelne kleine Herde
vakuolisierter Endothelien, zeigt ferner Vakuolen auch in großen
Azinus- unä Inselzellen. Stark vakuolisiert können die Herzmuskel-
zellen sein, die Endothelien der Blutgefäße des Organs groß, lipoid-
tropfenhaltig wie die der Blutgefäße der Haut. Tropfen oder
Vakuolen enthalten auch die Epithelien der Thyreoidea, der Schläuche
und des Ausführungsganges der Unterkieferspeicheldrüse. Die großen
Zellen in den Alveolen im Gebiet der interstitiellen Pneumonie.
(Knox, Wahl und Schmeißer) entsprechen wohl den diesem
Prozeß als solehem eigenen Veränderungen der Alveolarepithelien.
Aber sie sind auch in die Adventitia kleiner Lungenarterienäste
und in das Lungeninterstitium eingelagert. Selbst das zentrale und
peripherische Nervensystem ist nach Knox, Wahl und Schmeißer
nicht verschont. Schaumzellen finden sich in Cerebum, Cerebellum
und Pia, Tropfen in den Purkinjezellen, in den Ganglienzellen der
Vorderhörner des Rückenmarkes, des Ganglion intervertebrale und
sogar in den Markscheiden der peripherischen Nerven.
Mikrochemisch charakterisiert Niemann die den Zellen ein-
gelagerte Substanz schlechthin als „Lipoide“. Bei Siegmund sind
es „vorwiegend Phosphatide“. Knox, Wahl und Schmeißer'
schließen auf ein „myelinähnliches“, wahrscheinlich dem Lezithin
nahestehendes Lipoid, also gleichfalls ein Phosphatid. Dazu stimmt
bei Siegmund genau das mikrochemische Verhalten der durch
Alkohol-Äther-Chloroformextraktion aus Milz und Leber erhaltenen
wachsartigen Substanz und die chemische Analyse der Milz, die
unter den durch Alkohol-Ather-Chloroformextraktion gewonnenen
Gesamtlipoiden — 11,6 % gegen 1,1 °/, der Normalmilz — 6,4 %
auf Lezithin berechnete P-Werte gegen 0,08 der Normalmilz ergab.
Die Analyse der Milz des ersten Falles von Knox, Wahl und
Schmeißer durch Wahl und Richardson erwies eine Ver-
minderung der osmierbaren Fette und eine Vermehrung des
Cholesterins und Lezithins. |
Freilich sind namentlich in den beiden amerikanischen Fällen,
wie die obigen Angaben zeigen, die mikrochemischen Befunde doch
. etwas komplizierter. ‘ Scharlachrotfärbung erweist in den meisten
Organen, besonders in Milz, Leber und Lymphdrüsen auch Zellen
mit stark gefärbten Neutralfetttropfen sowie alle Zwischenstufen
von den ungefärbten zu diesen, und weiter enthalten manche große
| 9. November
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Schultze gefundenen.
Die Nebennierenrindenzellen bleiben .
Zellen in Milz und Leber reichlich anisotrope Substanz in Form von
Tropfen und Nadeln. Auch bei Siegmund waren doppeltbrechende
: Tropfen in einigen Sinusendothelien der Milz, im Glissonschen Ge-
webe der Leber und in abgestoßenen Endothelien der Lymphsinus
reichlich zu finden. Esgibt also auch bier wie in Lipoidophagen bei
den diabetisch-Äipämischen Zuständen Mischungen von Lipoid und
Neutralfett in den nämlichen Zellen, d. h. es variieren Zellen des
gleichen ‚Falles: in ihren mikrochemischen Befunden. Wahl und
Richardson erklären die mikrochemischen Reaktionen im Fall 1
Knox, Wahl und Schmeißers als identisch mit denen, die Lutz
bei diabetischer Lipämie erbielt und sehr ähnlich den hierbei von `
Knox, Wahl und Schmeißer nehmen
für ihre Fälle allgemein. eine auf die Lipoidmetamorphose auf-
gepfropfte Verlettung oder aber eine Umbildung fettähnlicher
Substanz zu Neutralfett in den großen Zellen an — umgekehrt wie
Lutz, der (vergl. o.) gerade auf eine allmähliche myelinartige Um-
wandlung der Neutralfette in Phosphatide schließt. Aber natürlich
ändern diese individuellen Schwankungen und Unterschiede nichts
an der Tatsache, daß das chemische: Charakteristikum der großen
auffallenden Zellkörper in sämtlichen Fällen dieser Gruppe durch die
Einlagerung fettiger und vor allem lipoider' Substanzen, in erster
Linie anscheinend von Lezithin gegeben ist. l
. Eigentlich ist es auffällig, daß abgesehen von der neuerlichen
Ablehnung der Knox-Wahl-Schmeißerschen Fälle durch Mandle-
baum (1919) alle diese vier Beobachtungen von Mandlebaum-
Downey, Kraus, Fahr-Stamm, Reber und Epstein?!) ohne
Kritik dem Morbus Gaucher zugezählt werden. Wird doch der
Niemannsche Fall von so exakten Untersuchern wie Mandlebaum-:
Downey als „unzweifelhafer* Gaucherfall gedeutet. Und nicht
minder auffällig sind‘ die Anschauungen der Autoren (Niemann,
Knox, Wahl und Schmeißer bzw. Wahl und Richardson sowie
Siegmund) selbst über die Stellung ihrer Fälle zur Gaucher-
krankheit. |
Niemann nimmt die pathologisch-anatomische Einheit seiner
‚Befunde mit denen bei Morbus Gaucher, übrigens auch mit denen
Schultzes bei diäbetischer Lipämie an, hebt aber gegen den
Morbus Gaucher gewisse klinische Unterschiede hervor. Siegmund
glaubt Anbaltspunkte für die Möglichkeit einer Umwandlung oder
Weiterverarbeitung aufgespeicherter Fettsubstanzen in komplizierte
eiweißartige Stoffe zu haben, wie sie in der Gaucherzelle zur Ab-
lagerung kommen; so könnte „die experimentelle Lipoidzellhyper-
plasie mit gespeicherten anisotropen Cholesterinestern, sein Fall
mit vorwiegend phosphorhaltigem Lipoid und die sogenannte Spleno-
megalie Gaucher ohne färberisch darstellbares Lipoid“ verschiedene
Stadien eines prinzipiell gleichen Vorganges, sein eigener Fall also
ein „Frühstadium“ des Morbus Gaucher darstellen.
Den radikalsten Standpunkt vertreien Wahl-Richardson
und Knox, Wahl und Schmeißer. Sie leugnen vollends jede Spezi-
fizität der Gaucherzelle sowohl wie des Morbus Gaucher. Es ist
nach ihnen kein Zweifel hinsichtlich der Identität der Gaugher-
zellen mit den großen blassen lipoidhaltigen Zellen ihrer beiden
Fälle, die wiederum die nämlichen sind wie die Lipoidophagen bei
diabetischer Lipämie oder bei chronischen eitrigen Entzündungen
‚im Granulationsgewebe. Sind Gaucherzellen, wie die Lipoidophagen
von Kawamura bei der diabetischen Lipämie, im strömenden Blut
bisher nicht gefunden, so hat man vielleicht nicht genug danach
gesucht. Die Gaucherkrankheit beruht auf einer Störung des Lipoid-
und Fettstofiwechsels, die in einer Lipoidanhäufung im Plasma der
Gaucherzelle zum Ausdruck kommt. In die „Gauchergruppe‘ ge-
hört jede Krankheit, bei der die Milz für sich oder in Verbindung
mit anderen Organen zahlreiche große blasse, granulierte oder
vakuolisierte Zellen einschließt, die mikroskopische Lipoidreaktion
geben und die Neigung zu ausgedehnter und diffuser Verbreitung
besitzen. Jeder Versuch, den Befund auf ein Organ oder auf eine
bestimmte Gruppe von Organen zu beschränken, ist willkürlich,
und je mehr Fälle beschrieben werden, desto größer ist die Zahl
der betroffenen Organe, | l
So viele Sätze, so viele Unrichtigkeiten. Die durch zahlreiche,
regelmäßig wiederkehrende Befunde erwiesenen Gesetzmäßigkeiten
des Morbus Gaucher, seine genau umschriebene Lokalisation 1
Milz, Lymphdrüsen, Leber und Knochenmark, die morphologisch®
und mikrochemische Spezifizität der Gaucherzelle, die nach den
immer aufs neue wiederholten Untersuchungen gerade zu den Fetten
und Lipoiden keinerlei nachweisbare Beziehung aufweist, sind sichere
Tatsachen. Man muß im Gegenteil sagen, daß, wenn man von 6%
21) Betr. Epsteins jüngster Stellung zum Fall Siegmund vgl u
9. November
Von mt Sum mc = e
wissen klinischen _ Anklängen und der rein oberflächlichen
morphologischen Ähnlichkeit der eingelagerten großen Zellen
absieht, nichts als Unterschiede durchgreifendster Art für die
Fälle der oben aufgestellten Gruppe gegen den Morbus Gaucher
| sich ergeben.
Da durch E. J. Kraus, Rusca und die von mir untersuchte
Beobachtung C. Nauwerks der Morbus Gaucher des Säuglings-
und frühesten Kindesalters klinisch und anatomisch genau bekannt
ist, so besteht die Möglichkeit unmittelbaren Vergleichs. Die ersten
klinischen Erscheinungen können, wie beim Morbus Gaucher?2), in
. eine so frühe Zeit fallen, daß auch hier mit gutem Grund die
Krankheit als angeboren betrachtet werden kann, umsomehr als
hier sogar schon in den ersten Lebenswochen und mit Beginn des
zweiten Lebensmonats Milz- und Lebertumoren festgestellt werden.
Daß unter der allerdings kleinen Gesamtzahl ausschließlich weib-
liche Säuglinge erkrankt sind, zu der Milz- und Leberschwellung
‚ auch eine gelbliche oder bräunliche Hautverfärbung und eine mäßige
Anämie mit relativer Lymphozytose sich gesellt, sind weitere Über-
einsimmungen. Was aber einen bedeutenden und grundsätzlichen
Unterschied ausmacht, ist das offenbar weit schnellere Wachstum
der Milz- und Lebertumoren, das, wie schon hervorgehoben, im Falle
Niemanns bereits im achten Lebensmonat einen Leibesumfang
von 50 cm zustande bringt. _ |
Zeigen ferner die im Ablauf oder am Ende des ersten Lebens-
jahres zur Obduktion gelangten Gaucherfälle in allem einen anatomisch-
histologisch genau so vollkommenen Typus wie dieGaucherfälle irgend-
eines Erwachsenen, so erinnern die Befunde in unserer Gruppe an
diesen Typus in nichts. Die weit bedeutendere, allgemeinere und
diffusere Einlagerung der Lipoidzellen läßt die umschriebenen Sprenke-
kungen und Äderungen im Parenchym der Iymphatisch-hämato-
poetischen Organe nicht zustande kommen. Sie kann schon beim
Säugling eine Riesenmilz erzeugen (von 310 g Gewicht im Fall
Siegmund), und sie führt mikroskopisch zu schwerer, selbst voll-
kommenster Auflösung der normalen Struktur. So entstehen an
der Milz die wechselnden gröber gefleckten oder diffus veränderten
Bilder der Schnittfläche, an der Leber mehr oder weniger das Aus-
sehen einer Fettleber, die diffuse gelbe Hyperplasie des Knochen-
markes und die starke Vergrößerung der Lymphdrüsen, die schon
beim Säugling umfängliche fett- oder zitronengelbe Pakete bilden.
Fettig-emulsiver Saft fließt von dem gelben Durchschnitt der Organe
oder läßt sich von ihm abstreichen. Auch die äußeren Lymph-
knoten, z. B. in der Leiste, können hier erheblich vergrößert sein,
und zur Probe exzidierte Nacken- oder Achseldrüsen lassen, was
beim Morbus Gaucher, auch bei viel längerer Krankheitsdauer, beim
rwachsenen nicht gelingt, zahlreiche Einlagerungen der großen
Zellen erkennen. Der fast völlige lipoidzellige Ersatz des Thymus
ist: hier im Gegensatz zum Morbus Gaucher Teilerscheinung des
Krankheitsprozesses. Die Nebennieren gelangen zu sehr bedeutender
Hyperplasie, teils durch Vergrößerung der Rindenzellen, teils durch
ausgedehntesten lipoidzelligen Ersatz des Markes. Groß ist die
ahi weiterer Organe und Gewebe, in denen das Mikroskop die
inlagerung der schaumigen Lipoidzellen feststellt: in den Lymph-
knötchen des Magendarmtraktus und in den einzelnen Schichten
der Darmwand selbst, in der Niere, in der bindegewebigen Kapsel
der Nebennieren, in Pankreas, Schilddrüse, Glandula submaxillaris,
Im Herzen, in der Lunge, in der Haut, auch (Fall 2 Knox, Wahl
und Schmeißer) im Zentralnervensystem nebst der Pia und in
den Intervertebralganglien. Tropfige Einlagerung besteht sogar auch
in den Markscheiden an den peripherischen Nerven ??).
Fast noch mannigfaltiger ist die Art derjenigen Gewebs-
elemente, die an der Histiogenese der Lipoidzellen sich beteiligen.
Beim Morbus Gaucher erschöpft sie sich in den Retikulumzellen
a gewissen Gruppen von Klasmatozyten, in der Glissonschen
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heitsbild“, da er ein Kind „jüngsten Alters“ betraf und „schnell und
deletär endigte“,
en neueren Fällen des schon bei Säuglingen und Kindern unter Um-
ständen tödlich endigenden Morbus Gaucher aber besteht eine Gegen-
Sätzlichkeit des klinischen Krankheitsbildes in diesen Richtungen zum
orbus Gaucher nicht.
”) Da die mikroskopischen Bilder der Hirnrinde des Falles. mit
denen der familiären amaurotischen Idiotie übereinstimmen (vgl. L. c.
Abb. 19 und 20 mit 21 und 22), auf die auch der Augenspiegelbefund
verweist, mag hier eine Kombination mit diesem Zustand vorliegen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. | |
typus im Bindegewebe der Nebennierenkapsel.
der Wand der Portalvenen oder in der Adventitia und.
Niemann charakterisierte seinen Fall als „unbekanntes Krank-
entgegen dem Morbus Gaucher, der immer bei Er-.
wachsenen beobachtet werde und in mehreren Dezennien ablaufe. Nach
1565
Periadventitia derZentralvenen der Leberläpp chen und kleiner Arterien
der Milz. Hier dagegen sind es in den am weitesten entwickelten
Knox-Wahl-Schmeißerschen Fällen außer den Retikulumzellen die
Milzpulpazellen, die Endothelien der Sinus der Lymphknoten (Mi-
tosen, „Übergänge“), besonders auch die Blutgefäßendothelien, seien
es die der venösen Sinus der Milz oder der Gefäße der Lymphknoten,
die Endothelien der Kapillaren der Leber, der Glomeruli, der inter-
tubulären Kapillaren der Niere, die Gefäßendothelien von Herz,
Haut, Pankreas; die adventitiellen Klasmatozyten in der Neben-
nierenkapsel oder an den Arterien der Lunge; die Klasmatozyten
‚(junge Bindegewebszellen und Fibroplasten) des Nebennierenkapsel-
bindegewebes selbst, des Nebennierenmarkes (oder dessen spezi-
fische Elemente?), des Nieren- und Lungeninterstitiums, der Darm-
wandschichten; „möglicherweise auch große Lymphozyten“. Das
grundsätzlich Besondere aber ist, daß außer allen diesen Gliedern
des Histiozytensystems an dem Speicherungsprozeß auch die spezi-
fischen Organparenchyme sich beteiligen. Es speichern die Epi-
thelien der Leber, der Magendrüsen und der Dickdarmschleim-
haut, der Tubuli contorti, der Inseln und Tubuli des Pankreas, der
Schilddrüse, der Tubuli und des Ausführungsganges der Unter-
kieferspeicheldrüse; weiter auch die Muskelzellen des Herzens, im
Zentralnervensystem und in den Intervertebralganglien neben Glia-
zellen anscheinend auch die Ganglienzellen. Epithelien der Leber
und Niere, besonders die der Hauptstücke, werden zu großen Lipoid-
zellen genau von der Art der histiozytären, lassen in der Niere
echte Lipoidzylinder hervorgehen und können an der Entstehung
der makroskopisch ausgesprochenen blaßgelben Tönung der Nieren-
rinde stark beteiligt sein. l
Rein morphologisch decken sich die Lipoidzellen dieser Gruppe
mit denLipoidophagen bei der diabetischen Lipämie, sind nur zum Teil
etwas unregelmäßiger konfiguriert, zumal wo sie aus Epithelien hervor-
gehen, haben wie jene ein bis zwei, selten drei Kerne, erscheinen nicht
als vielkernige Riesenzellen oder Synzytien, färben sich nach Mallory
blaß, sind als „Schaumzellen“ von gleichmäßig runden Waben oder
Vakuolen erfüllt, also genau wie dort gegen die von Lipoid freien
Gaucherzellen verschieden2), Da Knox, Wahl und Schmeißer
histiologisch die großen Zellkörper auch im Lumen von Arterien zu
Gesicht bekamen, so würde auch hier an die Möglichkeit der intra-
vitalen freien Zirkulation wie bei den ‘Makrophagen der diabeti-
schen Lipämie gedacht werden können. Lutz sah in einigen der
phosphatidhaltigen großen Zellen seines ersten Falles bei diabeti-
scher Lipämie zugleich Eisenpigment. Knox, Wahl und Schmeißer
fanden in Lipoidophagen der Milz Erythrophagie und Kernfragmente,
Blutpigment namentlich in solchen aus der Umgebung der Mal-
pighischen Körperchen; in großen Zellen der Lymphknoten, be-
sonders innerhalb gut entwickelter Keimzentren ebenfalls zuweilen
Erythrophagie, Kernfragmente oder ganze Leukozyten; grünlichgelbe
Pigmentkörnchen nur an Stellen stärkerer -Hyperämie oder Blutung,
häufiger Erythrophagie in jugendlichen Formen des großen Zell-
Die oflenkundigen morphologischen Übereinstimmungen der
Lipoidzellen bei den diabetisch-lipämischen Zuständen auf der
einen, den Fällen dieser durch Niemann eingeleiteten Gruppe auf
der anderen Seite haben dazu geführt, in der Pathogenese der
letzteren gleichfalls einer Stoffwechselanomalie die bestimmende
Rolle zuzuerteilen. Niemann hielt eine Stoffwechselstörung für
mehr als wahrscheinlich. Ähnlich Knox, Wahl und Schmeißer;
sie lassen bei dieser die in ihren beiden Fällen gefundene In-
filtration des Markes der Nebennieren „mit wichtiger Rolle“ be-
teiligt sein, vielleicht auch die Milz als Organ des Fettstoffwechsels.
Da die lipoidzelligen Einlagerungen im Nebennierenmark, wie ich
glaube, in gleicher Linie mit denen der übrigen Organe erst sekundär
als Folge der: Stofiwechselstörung zustandekommen, können sie für
deren Ursache unmöglich etwas zu bedeuten haben. Dagegen wäre
es, worauf schon Niemann hinweist, theoretisch in der Tat mög-
lich, daß die Einlagerung der lipoiden Stoffe in die Zelle „erst
sekundär“ erfolgt, nachdem „primär die Umwandlung (d. i. die Er-
krankung) derselben infolge irgend eines Reizes (Lues? Tuber-
kulose?) stattgefunden hat“. Es könnte also etwa die Milz zugleich
mit den Lymphdrüsen,. in denen beiden für die Verarbeitung des
Fettes tätige Lipasen erwiesen sind (Bergell), oder überhaupt der
gesamte im Fettstoffwechsel wirksame „retikulo-endotheliale Apparat“
24) Um so mehr wäre vielleicht auf das frischen Gaucherzellen
gleichende, glänzend homogene oder eigentümlich transparente wachs-
artige Aussehen des Zellkörpers (Schultze, Marchand bzw. Sieg-
mund) im frischen Präparat hinzuweisen.
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für wahrscheinlich hält. Das primäre und ausschlaggebende Moment
-liegenden Material weder eine Lipämie beobachtet, noch überhaupt
"besondere -Phosphatiden' führt, und da die Krankheit als eine kon-
- Exzeß des Angebots. gleichsam erzwungen. Hier sehe ich auch
= muß der Tod im Säuglings- oder frühen Kindesalter erfolgen, weil Anatomie und der Sektion für Physiologie und physiologisch
1566 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. 9. November
primär erkrankt sein und zwar nicht ‚sowohl durch einen „Reiz“
als im Sinne einer angeborenen funktionellen Abweichung. In
dieser primären zellulären Störung - könnte die krankhafte Um-
stellung des Fett- und Lipoidstoffiwechsels sieh begründen. Sieg-
munds Fragestellung, ob die Lipoideinlagerung in den Zellen Folge
vermehrten Angebots oder gestörter Verarbeitung und Abgabe sei,
läuft im Prinzip auf dasselbe hinaus. Mir scheint auch diese Auf-
fassung der primären zellulären Dysfunktion nicht wahrscheinlich:
Wie besonders die Befunde von Knox, Wahl, Schmeißer und
Siegmund übereinstimmend lehren, greift die Lipoidzellgenese hier
im weitesten Umfang über das retikulo-endotheliale oder überhaupt
das ganze Histiozytensystem hinaus und bezieht, wie gesagt, auch
die spezifischen Parenchyme ein. Es werden darum wohl am ein-
leuchtendsten alle Lipoidzelleinlagerungen genetisch von einem ge-
meinsamen Gesichtspunkte aus erklärt, nämlich dem der primären
Überladung des Blutes und der Gewebssäfte mit dem lipoiden Material. |
Für eine Genese in diesem Sinne ist ja die diabetische Lipämie mit.
ihren prinzipiell gleichen Zellveränderungen das bereits gegebene
Beispiel. Siegmund widerspricht sich selbst, wenn er das Wesen
der Erkrankung in der Unfähigkeit einer geordneten Verarbeitung
und Abgabe durch die Zellen — wie für das Eisen bei der Hämo-
chromatose — sieht, andrerseits eine Vermehrung der Blutlipoide
gesetzt werden. Ob es auch hierhergehörige Fälle milderen und
. chronischen Verlaufs gibt, die in die späteren Lebensjahre hinein-
reichen, bleibt abzuwarten. A priori sei diese Möglichkeit ausdrücklich
zugelassen?®). Natürlich müßten hier in erster Linie diabetisch-
lipämische Zustände exakt ausgeschlossen werden. An dem Typus
als solchem würde dadurch Nichts geändert.
Es ist in dieser Richtung vielleicht bemerkenswert, daß mir
der Fall Niemann geradezu das Experimentum crucis für die von mir
gelolgerte Spezifizität der Krankheitsgruppe ermöglichte. Niemann
hatte ihn anatomisch-histologisch mit dem Morbus Gaucher identi-
fiziert, dabei als Fett- und .Lipoidreaktion lediglich die Sudan-
färbung herangezogen. Meiner Auffassung gemäß gehörte der Fall
nach seinen klinischen und anatomisch-histologischen Eigenschaften
an die Seite der Fälle von Knox, Wahl, Schmeißer und Sieg-
mund, und die großen Zellen mußten wie dort Lipoidzellen sein.
Meine Nachprüfung des von Niemann aufbewahrten und mir seiner-
zeit freundlichst überlassenen Milzmaterials (Stücke der anderen
Organe waren nicht mehr zur Hand) ergab in der Tat in den Zellen
positiven Ausfall der Smith-Dietrich-Färbung und positiven Aus-
fall der Weigertschen Eisenhämatoxylinfärbung, also, wie zu er-
warten, ein Phosphatid. |
Es bleibt die Benennung dieser Krankheitsform. Niemann,
der das in seinem Fall gegebene „unbekannte Krankheitsbild“, den
Morbus Gaucher und die Lipoidzellenhyperplasie bei dem diabetisch-
lipämischen Zustande lediglich als drei verschiedene klinische Äuße-
ist nach meiner Auffassung das letztere. Da in dem bisher vor-
eine chemische Untersuchung des Blutes am Lebenden oder an der -
Leiche auf Feit und Lipoide vorgenommen ist, so würde die tatsäch-
liche Unterlage für diese Auffassung bei erster Gelegenheit erbracht
werden müssen. Ferner würde wohl auch zu versuchen sein, die
Ursache der als primär aufzufassenden Stofiwechselstörung (etwa in
innersekretorischen Vorgängen?) aufzufinden.
`- Ich möchte also in den Mittelpunkt der Pathogenese dieser
Fälle eine primäre Störung des Stoffwechsels stellen, die zu einer
Überladung des Blutes und der Gewebe mit Lipoidsubstanzen, ins-
als Benennung „großzellige Drüsenmetamorphose“ vor. Das Haupt-
gewicht würde hierbei auf die „Umwandlung“ gelegt und zugleich
würde „die Affektion nicht als auf eine Drüse, etwa die Milz, be-
- schränkt, sondern eine Mehrzahl von Drüsen: in. Mitleidenschaft
ziehend gekennzeichnet“.. Es wird nicht deutlich, ob Niemann
diese Bezeichnung nur für das „unbekannte Krankheitsbild“ oder
zugleich auch für den Morbus Gaucher und die diabetische. Lipoid-
zellenhyperplasie angewendet wissen will. Abzulehnen ist sie in
jedem Fall. Ganz abgesehen davon, daß die Gleichstellung der
Milz und der Lymphdrüsen (auch des Knochenmarkes) mit der
Leber als „Drüsen“ nicht dem üblichen medizinischen Sprach-
gebrauch entspricht, sagt der Name über den wesentlichsten Punkt —
die chemisch-biologische Verschiedenheit der großen Zellen ins-
besondere gegen den Morbus Gaucher — nichts aus. -
Ich möchte die von mir in diesen Ausführungen aufgestellte
Krankheitsgruppe gegenüber der Splenohepatomegalie Typus Gaucher
als lipoidzellige Splenohepatomegalie kennzeichnen. Damit
würde die auch das klinische Bild beherrschende Organveränderung
und die für die Gesamtbefunde wesentliche Zellveränderung Mm
gleicher Weise charakterisiert. |
Bestätigt sich die von Epstein aus der grobchemischen Milz:
analyse gefolgerte Identität des Gaucherstolfkomplexes mit einem
cerebrinähnlichen Körper?”), so wäre allerdings diese Bezeichnung
nicht ausreichend. Denn auch das Cerebrin mit seinen chemischen
nächsten Verwandten — dem Pseudocerebrin, dem Kerasin (Homo-
cerebrin) und dem Cerebron — wird nach der heutigen Auffassung
bei den Lipoiden untergebracht. Nach den mir von Herrn Martin
Jacoby freundlichst zur Verfügung überlassenen Ausführungen
„stehen diese Körper im System so an der Grenze“, dab ihre Bin-
fügung bei den Lipoiden „mehr einer konventionellen Nomenklatur
entspricht, wie man sie auch sonst „vorläufig in Grenzgebieten
anwendet“. ' Immerhin würden diese Momente bei der Benennung
stitutionelle Abweichung mit auf die Welt gebracht wird und fami-
liären Charakter besitzt, so würde sie in die Reihe anderer angeborener
konstitutioneller gleichfalls familiärer Stoffwechselstörungen treten,
wie die Alkaptonurie, die Cystinurie usw., die zum Teil — ich
erinnere an die alkaptonurische Ochronose — gleichfalls ihren be-
sonderen anatomischen Ausdruck finden.
Die Speicherung des {remdarligen Stofikomplexes erfolgt
in erster Linie durch die Histiozyten und bei dem besonderen
Reichtum von Milz, Lymphdrüsen, Knochenmark und Leber an
speichernden „Retikuloendothelien“ wohl zunächst hier und unter
besonderer Vergrößerung dieser Organe. Die weite Verbreitung des
Makrophagensystems und seine lebhafte Speicherungstendenz, wie
sie Lubarsch gerade für das Säuglingsalter gezeigt hat, veranlaßt
die Lipoidzelleinlagerung an zahlreichen Stellen und in zahlreiche
Organe, bis nach der Übersättigung und Verstopfung der natür-
lichen Speicherungsorte jede „Systematisierung“ ihr Ende erreicht
und auch die Parenchymzellen. (Epithelien, Herzmuskelzellen) zur
Speicherung gedrängt werden. Ihre Beteiligung wird durch den
den Schlüssel für die Besonderheiten, die die Fälle dieser Gruppe
in so starken Gegensatz zum Morbus Gaucher bringen. Es ist die
quali- oder quantitative oder in beiden Richtungen gegebene besondere
Intensität des im Blute kreisenden stofllichen Reizes, die alsbald
die Speicherungsmöglichkeit des gesamten Histiozytensystems in An-
spruch nimmt. Sie ist es, die die diffusen‘ ungeordneten Ein-
lagerungen der Lipoidzellen in den Iymphatisch-hämatopoetischen
Organen, deren a nn nn ke
frühesten Lebenswochen, die ebenso schnell vorschreitende Erschöpfun ' , PENGET: , :
des physiologischen Speicherungsapparates, die außersewölinlichen Ker ) Er Ne a a L am Material Bpsteinsn
und Ausgedehnten Speicherungsorte und durch die Störung und | 1 ies Ganıherai geldidenen ükshelnfeher Phafzhaie an
Ausschaltung wichtiger Funktionen der Organe frühen Erschöpfungs- | ihm nur alkohol-, nicht ätherlöslich, also keine Cholesterinester, kein
tod bewirkt*5). Lecithin oder dgl. Epstein hat laut brieflicher Mitteilung an mt
Der Morbus Gaucher kann im Säuglings- oder frühen Kindes- | insbesondere über die Identität des Gaucherstoffkomplexes mit oo.
alter zum Tode führen unter dem dieser Krankheit gesetzmäßig auf der Naturforscherver sammlung in Innsbruck (Sitzungen u $A
eigentümlichen anatomischen Bild. In den Fällen unserer Gruppe tember 1924 der Sektion für allgemeine Pathologie und patbo ne mie)
Ba 2 5 nähere Mitteilu ; ie ich selbst in den
die Organe mit Lipoidzellen überschwemmt und außer Funktion yorsichenden Aufführungen Be oo ih ve sovi in rs
| | ortrage auf der Tagun an] er Deu
25) Der Exzeß des Lipoidgehaltes im Blute mag auch als Antigen Pathol” Gesellschaft in ATE noA), die dabenei Lipoid-
für das Zustandekommen einer positiven Wa.R. wirksam sein können. | zellenhyperplasie und den Fall Siegmunds mit seiner enormen Ver
Niemann fand sie stark positiv (vgl. o.) bei völliger Unwirksamkeit
mehrung der üätherlöslichen Lipoid dsätzlich vom Morbus
antisyphilitischer Behandlung, Siegmund negativ. Gaucher ab, a a
2) Vgl. z.B. den als Morbus Gaucher nicht sicheren Fall
Sapegnos. An solchen Fällen wäre auch die Frage der Heredität
zu prüfen. l
rungen einundderselben anatomischen Veränderung annimmt, schlägt
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| 9, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
der Krankheit zu berücksichtigen sein, und darum wäre die
Bezeichnung als lipoidzellige Splenomegalie Typus Nie-
mann wohl die zweckmäßigste, die zugleich von vornherein das
Vorhandensein einer Gegensätzlichkeit zum Typus Gaucher
- betont.
Nach den bisherigen Erfahrungen ist die lipoidzellige Spleno-
hepatomegalie Typus Niemann eine angeborene und konstitutionelle,
eventuell familiäre tödlich ablaufende Erkrankung des Säuglings-
und frühesten Kindesalters.. Im allgemein-pathologischen System
‚würde man sie, im Gegensatz zu den symptomatischen, zu den
essentiellen inneren Xanthomatosen zählen können und sie würde
wohl deren. großartigste Form darstellen, wenn man den Begriff der
Xanthomatose nicht für ausschließlich histiozytäre Lipoidspeiche- -
rungen reservieren will. (Fortsetzung folgt.)
Berichte über Krankheitsfälle und Behaändlungsverfahren.
Aus der Deutschen Chirurgischen Klinik in Prag
(Vorstand: Prof. Dr. H. Schlöffer).
- Ist die Spina bifida occulta als pathologischer Befund
anzusehen? |
Von Dr. Walter Altschul, Privatdozent für Röntgenologie.
. Die Spina bifida occulta gehört mit zu den Varietäten bzw.
_ Hemmungsmißbildungen, deren Häufigkeit erst durch die Einführung
der Röntgenuntersuchung erkannt wurde. Denn früher war man auf
den anatomischen Nachweis an Leichen angewiesen und, da nur in
Ausnahmsfällen eine Sektion an der Wirbelsäule durchgeführt wird,
so mußte natürlich die Mehrzahl dieser Fälle der Aufmerksamkeit
entgehen. Durch die Röntgenuntersuchung am Lebenden hat sich
aber gezeigt, daß -die Spina bifida occulta einen verhältnismäßig
häufigen Befund darstellt. Auch hier hat sich. die Röntgenologie
als wertvolle Unterstützung und Ergänzung der Anatomie erwiesen.
Besonders akut wurde aber die Frage der Spina bifida occulta,
als Fuchs?) das Krankheitsbild der Myelodysplasie aufstellte, deren
hervorstechendstes Symptom gerade die Spina bifida occulta ist.
In der Literatur finden wir seit dieser Zeit eine ganze Reihe von
Arbeiten, die sich mit der Häufigkeit der Spina’bifida occulta bei
verschiedenen . Krankheiten, vornehmlich bei Bettnässern und bei
orthopädischen Erkrankungen der unteren Extremität befassen.
- Auch ich habe mich mit dieser Frage eingehend beschäftigt und
auf die Veränderungen in den unteren Wirbelabschnitten mein be-
sonderes Augenmerk gerichtet. Mein Material ist ziemlich mannig-
laltig und umfaßt Kinder und Erwachsene zu gleichen Teilen mit
den verschiedensten Symptomen: Bettnässen und sonstige nervös
bedingte Erscheinungen, sowie auch orthopädische Erkrankungen,
namentlich Verbildungen an den Füßen (Klumpfuß u. ä.). Ich will
hier nicht eine genaue statistische Bearbeitung dieses Materials
geben, das teilweise aus der Deutschen Chirurgischen Klinik in
Prag (Vorstand: Prof.Schloffer) und teilweise aus dem Ambulatorium
des verstorbenen Prof. Raudnitz, der sich besonders mit der Frage
der Spina bifida occulta bei Bettnässern beschäftigte, stammt; ich
behalte mir vor, darüber anderen Ortes ausführlich zu berichten.
Ich möchte mich nur mit der Frage beschäftigen, inwieweit der
röntgenologische Nachweis einer Spina bifida occulta als patho-
logischer Befund gedeutet werden kann. Denn jeder, der die Spalt-
bildungen an der Lendenwirbelsäule und am Kreuzbein studiert,
findet derartige Veränderungen auch bei Personen, die gar keine
Krankheitssymptome aufweisen, welche mit der Spina bifida in Zu-
sammenhang gebracht werden könnten. Über die Häufigkeit des Vor-
kommens der Spina bifida bei Gesunden gehen die Angaben ziem-
lich weit auseinander. Es ist dies nicht zu verwundern, denn
-wenn man sich mit dieser Frage überhaupt beschäftigt, so ist es
. selbstverständlich, daß man einerseits auch kleine Spaltbildungen,
die man sonst leicht unbeachtet läßt, namentlich bei Übersichts-
‚aufnahmen, die zur Beantwortung einer anderen Fragestellung ge-
' macht wurden, feststellt, und daß man anderseits auch häufiger
Kreuzbeinaufnahmen macht, z. B. wenn man eine stärkere Behaarung
oder eine leichte Delle in der Kreuzbeingegend findet. Bei einiger
bung lassen sich derartige Dellen leicht konstatieren, und man
kann schon im vorhinein in den, meisten Fällen den positiven
Röntgenbefund vorhersagen. Die statistischen Angaben sind also
für die Beantwortung der Frage der Häufigkeit der Spina bifida
mit allergrößter Vorsicht zu bewerten. Hintze?), der eine um-
fassende Arbeit nicht nur klinischer, sondern auch pathologisch-
anatomischer Natur, über die Häufigkeit der Spaltbildungen ge-
schrieben hat, will zwei Arten unterschieden wissen, nämlich die
pathologische Spina bifida occulta und eine normale Spaltbildung,
e er als eine den Schädeliontanellen analoge ansieht und daher
mit dem ‚Namen Fontanella lumbosacralis bezeichnet. Hintze hat
an > |
21) W. m. W. 1909. | |
2) Arch. f. klin. Chir. 119, S. 409.
nun gefunden, daß die Spina bifida bzw. die Fontanella lumbosacralis
etwa in 10% aller üntersuchter Fälle vorkommt. Er schließt dar-.
aus, daß ein großer Teil, den er eben als Fontanelle bezeichnet,
eine Anomalie oder Varietät ist, der keine pathologische. Bedeutung
zukommt. Dieselbe Prozentzahl findet auch Gräßner?), während
Beck*) nur 31/,% angibt. Bei meinem Material habe ich in 8%
der Fälle eine Spina bifida occulta nachweisen. können, doch `
handelte es sich in den meisten positiven Fällen teilweise um ortho-
pädische Erkrankungen, teilweise um Bettnässer, die aus dem Ambu-
latorium erst nach Feststellung einer Delle an die Klinik. zur
Röntgenuntersuchung kamen. Dadurch, daß das Ambulanzmaterial |
ein ausgesuchtes war, steigt natürlich der Prozentsatz der positiven
Befunde sehr an. Als Zufallsbefund, d. b. bei Fällen, wo die Frage-
stellung nicht auf Spina bifida lautete, habe ich eine solche nur in
etwa 1% der Fälle gefunden. Hintze faßt solche Fälle, welche
klinisch keinerlei Symptome ‘einer Myelodysplasie zeigen, als Folgen
eines ausgebliebenen Verschlusses der Fontanella lumbosacralis und
nicht als angeborene Hemmungsmißbildung auf. .Er stellt sich da
in Widerspruch mit den bisher gültigen Ansichten: über .die Ent-
stehung dieser Anomalie, welche in die blastomatöse Periode ver-
legt wird. Ich habe selbst®) zwar die Möglichkeit zugegeben, daß
in Ausnahmefällen auch in einem späteren Stadium eine Hemmung
der relativ späten Vereinigung der beiden .Bogenhäliten stattlinden
kann, doch glaube ich, ‘daß dies nur ausnahmsweise der Fall ist
und daß man es nicht als Regel aufstellen kann. Wir müssen die
Entstehung dieser Hemmungsmißbildung in die ersten Entwicklungs-
perioden verlegen, und ihre verschiedenen Formen lassen sich
leicht durch das Puttische®) Schema der Elementarform eines
Wirbels ableiten: 3 Achsen, eine anterioposteriore und zwei dia-
gonale schneiden sich in der Mitte des Wirbelkanals und bilden so
in jeder Hälfte 3 Komponenten, nämlich Körper, vordere und hintere
' Bögen. Dadurch, daß dieser oder jener Teil sich nicht bildet oder
die Orientierungslurchen zwischen den einzelnen Elementen per-
sistieren, kommen die verschiedenen Formen der Wirbelmißbildungen
zustande. Eine Unterscheidung, wie sie Hintze zwischen normalen
und pathologischen Formen konstruieren will, kann meiner Ansicht
nach nicht aufrechterhalten werden. `
Wir müssen uns aber mit der Tatsache abfinden, daß es eine
Reihe von vollständig gesunden Personen gibt, bei denen sich
röntgenologisch eine Spina bifida occulta nachweisen läßt, und daß
anderseits Fälle mit ausgesprochener Myelodysplasie ein vollständig
normales Röntgenbild ergeben (pathologische Befunde z. B. bei Bett-
nässern nur in etwa ®/, der Fälle). Die Erklärung für diese Tat-
sache ist darin zu suchen, daß die (klinisch nicht nachweisbaren)
‚Veränderungen am Conus terminalis die Symptome der Myelodysplasie
bedingen und die Spina bifida nur das sichtbare Zeichen dieser
Veränderungen ist. Sind derartige Rückenmarksveränderungen ohne
Knochenveränderungen vorhanden, so haben wir einen negativen
Röntgenbefund bei klinisch sicheren Myelodysplasien. Dies erklärt. |
uns die immerhin große Zahl. der röntgennegativen Fälle. Bezüg-
lich“ der röntgenpositiven Fälle von klinisch Gesunden ist die ana-
loge Erklärung, daß bei bestehendem Knochendefekt ein intaktes
Rückenmark vorliegen kann, wohl sehr anfechtbar. : Denn eine der-
artige in den frühe-ten Entwicklungsstadien aufgetretene Hemmungs-
mißbildung .der Wirbelsäule muß auch mit Veränderungen am
Rückenmark verbunden sein, wenn auch dieselben bei manchen ..
Fällen nur einen geringen Grad aufzuweisen brauchen. Derartige
Fälle mit nur wenig geschädigtem Rückenmark müssen_ gar keine
Trotzdem liegt aber hier ein .
Symptome der Myelodysplasie zeigen.
geschädigtes Gewebe vor, das auf einen äußeren Reiz anders ant-
wortet als ein gesundes Gewebe. Dieser Reiz braucht gar nicht _
sehr stark zu sein und. wird vom Körper glatt überwunden, wenn
8) Festschr. d. Akad. f. prakt. Med. in Köln, 1915.
4) Ergebn. d. Chir. u. Orth. 1922, 15. o
5) Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. 27. |
6) Fortschr. a, d. Geb. d. Röntgenstr. 14, S. 285, u. 15, S. 65 u. 243.
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1568 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. 9. November
Le
er gesundes Gewebe betrifft. Das kranke Gewebe antwortet aber
schon auf einen geringen Reiz mit mehr oder weniger schweren
Symptomen.
‚ In diesem Sinne fasse ich die Spina bifida occulta bzw. die
mit derselben verbundenen Veränderungen am Conus terminalis
‘als Konstitutionsanomalie auf, die eine Disposition darstellt für das
Auftreten des Symptomenkomplexes, den wir mit Myelodysplasie
bezeichnen. Selbstverständlich muß nicht immer der ganze Sym-
ptomenkomplex vorhanden sein, bisweilen finden wir nur ein einziges
Symptom. Ä
Der Beweis für meine Annahme wäre dann erbracht, wenn
bei bisher gesunden Leuten mit einer röntgenologisch nachweis-
baren Spina bifida plötzlich, durch einen geringen äußeren Reiz
bedingt, Symptome der Myelodysplasie auftreten würden. Ich ver-
j füge nun tatsächlich über 3 derartige Fälle, die ich kurz hier an-
al führen möchte:
nn | Fall 1. 40jähriger Mann, bisher niemals irgendwelche Zeichen
| einer Myelodysplasie, als Kind zur normalen Zeit kontinent geworden,
a erkrankt plötzlich an Enuresis nocturna im Anschluß an eine Er-
u 1423| ‘ kältung, die er sich durch Stehen in einem teilweise mit Wasser an-
ee en gefüllten Schützengraben zugezogen hat. Nach Angabe des Patienten
De | sind bei keinem seiner in demselben Schützengraben ri Kame-
Ei | as Röntgenbild
lichungen im Laufe der letzten Monate beweisen. Leider sind die
Erwartungen, die sich daran knüpften, nicht erfüllt worden, wie
aus den meisten Arbeiten hervorgeht, die wir bei der kurzen Zeit
seit ihrer Veröffentlichung nicht anzuführen brauchen.
Auch unsere Ergebnisse mit der Tb.Wa.R. entsprechen nicht
. dem Optimismus, der aus den Berichten v. Wassermanns und
Klopstocks spricht. Trotzdem glauben wir, daß es durch Verbesse-
rung des Antigens vielleicht gelingen wird, die Komplementbindung
zu einer klinisch brauchbaren Methode auszugestalten. In der
gegenwärtigen Form entspricht der diagnostische Wert nach unseren
Erfahrungen, mit denen die andernorts gemachten übereinstimmen,
keineswegs dem Aufwand an Zeit und Material. Wir behalten uns
vor, an anderer Stelle und in anderem Zusammenhang ausführlich
über unsere Untersuchungen und die klinischen Einzelheiten zu be-
richten und wollen hier nur eine kurze Zusammenstellung unserer
Ergebnisse zur Begründung obigen Urteils über die Tb.Wa.R. geben.
Wir haben die neue Methode an insgesamt 155 Seren bisher
nachgeprüft und dabei besondere Aufmerksamkeit der kindlichen
Tuberkulose (64 Fälle) gewidmet, für die ja nach v. Wassermann
die Reaktion besonders wertvoll sein sollte.
Am besten läßt sich das Ergebnis aus den folgenden Tabellen
ersehen.
| raden irgendwelche ähnliche Folgen eingetreten.
Dola cire si A | zeigt einen kartenherzförmigen Defekt im Bogen des ersten
ae |;
Bar I. Erwachsene.
| beinwirbels. | a) Aktive Lungentuberkulose.
ran EE: I Dieser Fall ist besonders instruktiv. Von mehreren Personen, Form 'ZahlderFälle +++ ++ + =)
Be Rule) die die gleiche Schädigung erlitten haben, erkrankt nur der mit azinös-produktiv. . . . . 18 3 . í u 3 ii
a a N a N einer Spina bifida behaftete an Enüresis. Ich bin mir allerdings N und kavernösı, . o s : i
ee: EEN wohl bewußt, daß man gegen diese Behauptung mit Recht den E a Anaabo d Form 6 9 = | x
ae il Einwand erheben kann, daß die übrigen Kameraden nicht unter- Milia tuberkuloso f 1 = „= i =
OMA Tany TRAN | RE sucht wurden. Es kann natürlich unter denselben ebenfalls ein 1 58 rei Tr T
ERRES" IEE i Mann mit Spina bifida gewesen sein. Das würde aber trotzdem | " 5anzen N l
Ae Sala nicht gegen meine Erklärung der Bedeutung der Spina bilida sprechen. b) ‚Inaktive (ausgeheilte) Tuberkulose.
BREI) | = © Fall 2. 11jähriger Knabe, Arztsohn (also genau beobachtet). 29 6 4 3 16
Niemals Enuresis, als Kind zur normalen Zeit kontinent geworden,
Sr > Ne auch sonst keine nervösen Symptome, machte vor einem halben Jahre
E Ka! einen schweren Keuchhusten durch. Seit dieser Zeit schwerste Form
Eu Ta Nia A einer Enuresis, verbunden mit einer teilweisen Incontinentia alvi. Das
Röntgenbild zeigte einen schmalen Längsspalt im Bogen des 1. Kreuz-
beinwirbels. |
Fall 3. 12jähriges Mädchen, das vorher vollkommen gesund
c) Erwachsene ohne Tuberkulose (Grippe, Pericholangitis, Emphysen,
| Ca. hepatis usw.).
24 5 1 4.14
II. Kinder.
a) Lungentuberkulose.
E 8 6
aktiv . E E — — 2
a rg gewesen war, erhielt einen Fußtritt in die linke Flanke. Seit dieser | inaktiv . . . 2 22 =. 8B 1 — — 2
ee "IR Zeit hinkt das Mädchen und klagt über Schmerzen in der linken Hüfte, b) Bronchialdrüsentuberkulose
ee | die eine leichte aktive Bewegungseinschränkung zeigt. Das Röntgen- | aktiv 10 = ai = 10
ne Bas et bild ließ weder an der Hüfte noch am Becken irgendwelche Verände- | inaktiv FR Bee 23 8 1 1 18
banie rungen erkennen. Hingegen zeigte der Bogen des 1. Kreuzbeinwirbels TE ER E e a 1
u | A a | _ eine deutliche Spaltbildung. Der Bogen des 5. Lendenwirbeils war c) Kinder ohne Tuberkulose. BR 48
a rail ziemlich schmal, der Dornfortsatz desselben stark verkümmert, , eine 22 2 1 1
a A | direkte Spaltbildung an diesem Wirbel nicht zu konstatieren.
EE FIAR Also bei einem sonst gesunden Kinde mit Spina bifida löst
Wir erhielten demnach einen positiven Ausfall dor Tb.Wa.R.
ein geringes, nur fortgeleitetes Trauma nervöse Störungen in einem
bei klinisch aktiver Tuberkulose der Erwachsenen in rund 68%
em der Fälle, in 37% einen negativen Ausfall. Bei den exsudativen
t Beine aus. , , Formen war in fast 100% die Reaktion positiv, während bei den
Mi Diese drei Fälle haben also meine Annahme vollkommen | zzinös-produktiven Fällen nur in 41% die Reaktion positiv ausfiel.
o bestätigt. EN Bei der kindlichen Lungentuberkulose, die bei allen unseren Fällen
E E EE E E Zusammenfassung: Die Spina bifida occulta kann man an | einen überwiegend exsudativen Charakter hatte, war das Ergebnis
Ber. : Nez = und für sich nur als Anomalie bezeichnen, welche zwar von der | noch ungünstiger, denn unter 8 aktiven Fällen fiel die Reaktion
a Sao Norm abweichend, aber nicht ohne weiteres als pathologisch auf- 4
T A | A
bei 2 negativ aus. Wie wenig sich die Tb.Wa.R. zur Feststellung
einer aktiven Tuberkulose eignet, zeigt sich aber besonders bel den
klinisch inaktiven Fällen; hier hatten wir in 44% der Fälle em
positives Resultat, bei sicher nicht Tuberkulösen in 2%!
Bei der Bronchialdrüsentuberkulose der Kinder, für die die
Tb.Wa.R. bei der großen Schwierigkeit ihrer einwandfreien Fest
stellung mit den uns bisher zu Gebote stehenden Mitteln von aller-
größtem Werte sein könnte, versagt dieselbe nach unseren Br
fahrungen ebenfalls: bei 10 klinisch aktiven Fällen war die Reaktion
immer negativ, während bei den ausgeheilten bzw. klinisch inaktiven
Fällen 22% positiv reagierten. Bei nichttuberkulösen Kindern er
hielten wir in 18% einen positiven Ausfall.
Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß wir auch wie andere
Autoren bei einigen wiederholt untersuchten Seren derselben Patienten,
ohne von diesem Umstand Kenntnis zu haben, zu verschiedenen
Zeiten in kurzem Abstande einmal ein positives, das andere
ein negatives Resultat erhielten, ohne daß in dem klinischen Befun
eine maßgebende Änderung eingetreten wäre.
Zusammenfassend ergeben also unsere Untersuchungen, dal
die Tb.Wa.R. sich nicht als ein diagnostisches Hilfsmittel ur Fest
*) +++ positiv, -+4 schwach positiv, -+ verzögerte Himo
lyse, — negativ,
zufassen ist. Die Spina bifida occulta bzw. richtiger ausgedrückt
die mit derselben verbundenen Veränderungen am Conus termi-
nalis stellen nur eine Disposition dar für Symptome, deren Ge-
samtheit man mit dem Namen Myelodysplasie bezeichnet. Dem-
| zufolge kann bei Individuen mit einer Spina bifida ein für normale
ER t Menschen unwirksamer Reiz Symptome aus, dem genannten Sym-
= x ptomenkomplex auslösen.
Aus der III. Medizinischen Universitätsklinik Berlin
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Goldscheider).
Erfahrungen über die Wassermannsche Tuberkulose-
Reaktion.
Von Privatdozent Dr. Kretschmer und Dr. Leopold Bodenheimer.
Die Bekanntgabe einer neuen Komplementbindungsreaktion
auf aktive Tuberkulose (Tb.Wa.R.) durch v. Wassermann Anfang
des vorigen Jahres hat allgemein großes Aufsehen und angesichts
des Bedürfnisses. nach einer solchen Reaktion für die Klinik große
| Hoffnungen erweckt. Nachdem das Antigen in ausreichendem Maße
| zur Verfügung stand, sind überall die Untersuchungen mit der neuen
; Reaktion aufgenommen worden, wie die zahlreichen Veröffent-
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Gerüst -herab und schlug mit dom Gesäß auf eisernen Boden auf, Er
- wurde, bewußtlos in ein Berliner Städtisches Krankenhaus gebracht.
Nach: 24 Stunden kehrte das Bewußtsein wieder, die Sprache blieb
einige Zeit noch etwas lallend. Es wurde im Krankenhaus ein Bruch
des ersten Lendenwirbels röntgenologisch festgestellt, mit völliger Läh-
mung beider Beine, Blasen- und Mastdarmlähmung und ausgedehnten
"Gefühlsstörungen an den Beinen, am Gesäß und an’ den Genitalien. _
Unter konservativer Behandlung hat sich im Krankenhaus die motorische `. ,
Lähmung der. Beine wieder so weit gebessert, daß er nach etwa eli
Wochen. an 2 Stöcken herumgehen konnte.‘ In diesem Zustand wurde
stellung einer aktiven Tuberkulose, ja auch nicht einer tuberkulösen:
OO Erkrankung an sich bewährt hat, da bei aktiven Tuberkulosen in:
©. einem großen Prozentsatz die Reaktion negativ, bei inaktiven Tüber-
-~ kulosen und sicher nicht tuberkulösen Erkrankungen. aber in einem
' erheblichen Prozentsatz positiv ausfällt. a ee 3 |
a
`
ee. Aug der Chirurgischen Universitäts-Klinik und Poliklinik der Charité
2... zu Berlin (Direktor:. Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Hildebrand): |
= oa Eh k vonleaita dan ler von dort, entlassen. - _ O E | N Dr
A. Über subkutane Fibrome an der Dor salseite der Die Gefühlsstörungen an den Beinen blieben unverändert, ebenso.
DEES Fingermittelgelenke. ' | am Gesäß. und: den Genitalien. Desgleichen ‚waren Blase und Mast- `
gro! | Von Dr Gustay Hauck. ` darm völlig gelähmt. Über dem Steißbein bildete sich ein Dekubitus,
ebenso am Penis (durch Druck eines Gummiurinoirs, das ihm ein Arzt
. verordnet hatte). In diesem Zustand suchte er das Krankenhaus. der ., >
‚Jüdischen Gemeinde auf. a l AA 7
a 0. Bei Erwachsenen jeden Alters und Standes finden sich an der |
| ‚Wir konnten’ bei der Aufnahme 'am 13. März 1924 im wesent- =
Dorsalseite der Fingermittelgelenke ziemlich häufig kleine runde bis
längliche Knötchen unter der Haut. Bevorzugt sind die ulnaren
‘Finger einer oder beider Hände, doch können auch alle Finger mit
‚ Ausnahme des Daumens befallen sein. Die Knötchen ‚treten an
einem oder mehreren Fingern gleichzeitig oder in kurzer zeitlicher -
. . Aufeinanderfolge auf. Anfangs sind sie meist ‚rund, von der.Form.
“. und Größe einer Linse und sitzen etwas seitlich am. Gelenkrücken.
Mit dem weiteren Wachstum werden sie später länglich und er-
strecken sich quer über das Gelenkdorsum hin (s. Abb.).: Auf
ihrer Unterlage, der Dorsalaponeurose, bzw. der Gelenkkapsel sind
Sn Rn sie wenig verschieblich,
aber niemals ganz fest
verwachsen, sondern im-
mer durch einige Lagen
lockeren Bindegewebes
von ihr getrennt, so daß
sie sich leicht ablösen
lassen. Nähere Bezie-
hungen zum Gelenk, der
'Gelenkkapsel, bzw. der
Dorsalaponeurose beste-
hen demnach.nicht, die
i kleine Geschwulst liegt
4 ausschließlich , im . lok-
` kern subkutanen Ge-
webe. Die darüberlie-
gende Haut läßt sich
mit Leichtigkeit in Fal-
ten abheben. Mikrosko-
Tn a a . — . pisch bestehtderKnoten
© - ausineinandergeflochtenen Bindegewebsfasern mitentsprechender Blut-
geläßentwicklung. . Es handelt sich um ein Fibrom. Die Ent-
stehungsursache - ist unklar. Ob es durch dauernde traumatische
Reize als bindegewebige Schwiele, oder mehr als -ein ‚echter Tumor
<> aufzufassen ist, läßt sich nicht ohne weiteres entscheiden. Das
„ . Symmeirische Auftreten, die Art seines Wachstums und sein Ver-
“ hältnis.zur Umgebung spricht für die letztere Annahme.
Pa
lichen folgenden Befund erheben: STON i Ne m el,
.. "Wirbelsäule: Im oberen Teile der Lendenwirbelsäule besteht >.
eine Vorbuchtung, die beim Beklopfen empfindlich ist, am stärksten im `
: Bereich des ersten Lendenwirbels. Die Röntgenuntersuchung er-
ibt einen Kompressionsbruch des ersten Lendenwirbels mit
erdickung der Gelenkfortsätze’ und Verschmälerung der. Zwischen- `.
wirbelräume. . re BIN ae
Es besteht eine deutliche Parese beider Beine mit Andeutung -`
von Spasmen. Gang gespreizt, stampfend. Die Schmerzempfindung ` `
fehlt: am Gesäß und an den Genitalien (Reithosen-Anästhesie),: weiter-
hin an der. Beugeseite der Oberschenkel, Waden, an den Fußsohlen _°
und Zehenspitzen. Im ganzen entspricht diese Störung haarscharf den ..
Nervenwurzeln L 5, S 1—S 6. In ‘diesem Bereich ist auch der Tem-
peratursinn aufgehoben,. während: die Tastempfindung nur in einem
etwas. schmäleren Umkreis um den After herum fehlt. Bewegungs-
empfindung und Müskelsinn sind in beiden unteren Gliedmaßen er-. `
‚halten, desgleichen die aktive und passive Beweglichkeit der Gelenke
| Reflexe: Kniesehnenreflexe, beiderseits erhalten, hingegen fehlt
der Achillessehnenreflex und der Fußsohlenreflex. Völlige Lähmung
des Sphincter.urinae et Sphincter ani. Talergroßer Dekubitus
'am.Gesäß, in Abheilung befindlicher Dekubitus am Penis. DEE
‘ Psychische Symptome: Leicht erregbar, jähzornig; Gedächt-,
' nisschwäche, | eh Die m, ® |
‚Nach diesem Befund handelte es sich zweifellos um eine Affektion
‚des.Conus-medullaris, die im engsten Zusammenhang mit der Fraktur
des ersten Lendenwirbels steht. ea | ee a
| ‚Man stand nun vor der Frage, ob man den Versuch machen
solle, dem Kranken auf operativem Were zu helfen. Herr Prof. -Cas- .
sirer, der so freundlich war, den Kranken mehrfach zu untersuchen,
riet zur. Operation, da er mit der Möglichkeit rechnete, „daß auch jetzt
` noch eine Kompression des untersten Abschnittes des Marks bzw. der
austretenden Wurzeln vorliegt, die durch Operation beseitigt werden -`
könne“. Natürlich war auch mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die
Symptome alle durch eine unmittelbare Verletzung des Konus bedingt
seien, die operativ: nicht zu beeinflussen wäre. . DEE
‘ Am 17. März 1924 habe ich darauf hin — in Vertretung von
Herrn Prof. Rosenstein — die Operation vorgenommen. Fi
| Bauchlage. In örtlicher Betäubung wurden die Bögen des ersten
Lenden- und .12. Brustwirbels fortgenommen. Es zeigt sich nunmehr
ein plennigsroßes, abgestoßenes Knochenstück, dasvordemBogen
ne:
> re re) = mu, arm araae, tagen Ao Hg
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nn en nenn = ae 4 2SN am en on en m =. 7 ~e . = ya =
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RR | i De Ä tn | des ersten Lendenwirbels liegt und augenscheinlich: die
Be e han dieser F ibrome sind nicht ganz a Dura komprimiert. Dieses Knochenstück wird entfernt. Schwielige.
© 219 Sagen über Spannungsgefühl am Gelenkrücken und Emplindlich- | Granulationsmassen, die der Dura aufliegen, lassen sich relativ leicht
f keit gegen Kälte. Die Geschwulst wird deshalb vom Laien als
„Erost“ angesehen, sehr oft aber auch mit Gichtknoten verwechselt.
‚ Abgesehen von den geringen, subjektiven Beschwerden stellt der
‚kleine Tumor eigentlich nur einen Schönheitsfehler dar, der besonders
n zarten Frauenhänden sehr störend wirkt. Dies mag auch der Grund
dafür sein, daß wir hauptsächlich von Frauen wegen dieser Knötchen
konsultiert werden. Die Therapie besteht in der Exzision des kleinen
umors bei sorgfältigster Schonung der Dorsalaponeurose und der
Gelenkkapsel. Ein Rezidiv haben wir nach gründlicher Entfernung
des Fihroms nicht gesehen. | Zu 7
scharf exstirpieren, so weit, bis: die Dura in ganzer Ausdehnung spiegel-
glatt vorliegt. Gute Pulsation der Dura. Punktion mit feinster Kanüle‘: .
ergibt klaren. Liquor. Eine weitere Öffnung des Duralsacks erscheint
nicht geboten:. Naht der Muskulatur in 3 Schichten. Hautnaht. Bauch-
lage. Sandsack Fa ERS, mE Be
Der Wundverlauf war im großen und ganzen gut, bis auf ein
paar Fiebertage, die durch ‘ein seröses Hämatom ihre Erklärung fanden. -
Ä Bereits am 1.‘April 1924, also 14 Tage post operationem, kann
der Kranke unter einigem Pressen Urin lassen, ohne sich naß zu
machen.\ Er hat bereits deutlich das Gefühl der Kontinenz. ` |
` Am 11. April fühlt er auch, daß der Stuhlgang kommt, kann
ihn aber nicht halten. ' | en ET |
‘15. April. Stuhl wird jetzt ziemlich gehalten. Im weiteren Krank-
_ heitsverlauf kam es gelegentlich wieder zu leichten Verschlimmerungen
der Urin- und Stuhlkontinenz, besonders des’ letzteren, angeblich nach
Faradisationsbehandlung. Im ganzen aber war das Resultat ein zu-
friedenstellendes. Die Sensibilitätsstörung hat sich bis zum 2. Juni.
nur wenig geändert. Nur am Fußrücken und am Gesäß ist sie in,
einigen Bezirken zurückgegangen. Die Dekubitalgeschwüre 'sind: völlig _
verheilt. Der Gang ist noch etwas stampfend, aber erheblich sicherer.
Pat, kann an einem Stock ziemlich gut gehen, "mitunter auch schon `
ohne Stock, wobei er jedoch bald ermüdet. Urin wird stets spontan
gelassen, mit guter Kontinenz. Beim Katheterversuch wird kein Rest-
harn nachgewiesen. Bei Untersuchung des Afters mit dem Finger
wird eine leichte Spannung des Schließmuskels bemerkt. Stuhl meist .
angehalten, wird durch Abführmittel alle 2—38 Tage geregelt. Gelegent- 3
-a iera een gu
-ma
-~ Aus dem Krankenhaus der J üdischen Gemeinde zu Berlin,
| * Über dekompressive Laminektomie.
| | - Von Dr. Georg Wolfsohn,
| D Leiter der Chirurgischen Poliklinik. , y
-Im Folgenden soll über 2 Fälle von Rückenmarkskompression
| ‚ berichtet werden, in denen eine druckentlastende Laminektomie er-
l olgreich vorgenommen wurde. In beiden Fällen- handelte es sich.
zufälligerweise um eine Affektion des ersten Lendenwirbels.
C, „Fall i. Kompressionsfraktur des ersten Lendenwirbels.
Pat, W., 20 J ahre alt; fiel am 19. November 1923 von einem 8 m hohen
SAE 1570 Zu 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.45. 9. November
Nr Han EEE ll ER
lich erfolgt noch spontaner Stuhlabgang. Rohe Kraft der Beine gering.
Längeres Stehen auf den Fußspitzen unmöglich.
| Fall 2. Osteomyelitis paratyphosa des ersten Lenden-
wirbels. Krankheitsgeschichte und Operation dieses Falles liegen
8 Jahre zurück. Der Pat. kam neuerdings zufällig in meine Behand-
j lung wegen eines anderen Leidens.
! Pat. K., 24 Jahre alt, erkrankt nach unbestimmtem Prodromal-
Rs) ] | stadium plötzlich am 7. Februar 1916 mit hohem Fieber, Kopfschmerzen,
ee | | häufigem Erbrechen und starken Durchfällen.
die Bauchlage gehören, sind die unmittelbaren Gefahren der Lamin-
ektomie erheblich herabgemindert worden. Hat man durch vor-
herige exakte Untersuchung eine genaue topische Diagnose gestellt,
so geht man zunächst daselbst ein und entfernt den betreffenden
Wirbelbogen. Je nach Lage und Ausdehnung der Affektion können
noch 1—2 benachbarte Wirbelbögen fortgenommen werden ohne
Schaden für den Kranken. Die prinzipielle Entfernung von noch
mehr Bögen (5—6, ja bis 9), die von manchen Chirurgen gefordert
wird, erscheint mir nicht ratsam. Man vergrößert damit den Ein-
griff unter Umständen erheblich.
Unter der üblichen Behandlung gingen die gastro-intestinalen
i Erscheinungen nicht zurück, so daß K. der inneren Abteilung eines .
Lazaretts überwiesen wurde. Hier stellte man mehrfache Symptome
2 | tts über ne | , ‚Ebenso erscheint mir das Postulat übertrieben, in jedem Falle
a 1 fest, die die Diagnose eines Typhus bzw. Paratyphus sehr wahrschein- | prinzipiell die Dura zu öffnen. Ist der Symptomenkomplex |
ee lich machten, u. a. EN LEE LUCh, Roseola, Diazoreaktion. Hin- | durch den extraduralen Befund hinreichend geklärt, so |
en ETNE: gegen ließen die bakteriologischen ntersuchungen im Stich: Stubl, | soll man sich m. E. mit dem extraduralen Eingriff begnügen,
E rin, Blut wurden bei wiederholter ‚Untersuchung frei von Typhus-, | Die Gefahren der Infektionen und des Liquorflusses sind nach Br-
: bzw. Paratyphusbazillen gefunden. Die Widalreaktion war 1: 200 posi- | sernuns der D Böch niemal torschitsen!
tiv für Typhus und Paratyphus. (Mehrere Impfungen waren voran- | OHnung der Vura doch niemals zu Unlersonaizen- |
gegangen.)
Bei dem Kranken mit Spondylitis paratyphosa habe ich mich
damit begnügt, die der Dura aufliegenden Granulationsmassen zu
entfernen, ‘ohne den Knochenherd im Lendenwirbel anzugreifen. Es
wäre dadurch der Eingriff erheblich ‚vergrößert worden. Der Er-
folg hat gezeigt, daß die Druckentlastung völlig genügte, und daß
der paratyphöse Knochenherd später spontan zur Ausheilung kam.
Derartige Fälle von Ostitis und Osteomyelitis typhosa (bzw. para-
Im Verlauf der Erkrankung traten nun Störungen des Zentral-
ee ZN nervensystems auf in Gestalt von starken Kopfschmerzen, Nacken-
ee Sl Mi steifigkeit (nur angedeutet), starken Kreuzschmerzen. Es wurde mehr-
ee | fach eine Lumbalpunktion vorgenommen, die stets klaren Liquor unter
| ee: i hohem Druck entleerte. Diese Punktionen haben den Kranken immer
orep" | | nur ganz vorübergehend erleichtert.
Be T | Anfang April 1916 ns die Temperatur, die vordem zurück-
ae. | TUN gegangen war, plötzlich wieder an. Gleichzeitig _exazerbierten - die
typhosa) sind in der Literatur mebrfach beobachtet worden; die be-
Ze X a Rückenschmerzen. Weiterhin traten Parästhesien und Lähmungserschei- treffenden Chirurgen kamen dabei mit einfacher Auslöffelung der
ee: | LEN nungen im linken Beine auf, sowie zeitweise Blasen- und Mastdarm- Abszeßhöhle sehr oft zum Ziel. Verzögert sich die Heilung sehr,
Tn. PEK IA schwäche. Eine ausgesprochene zirkumskripte Druckempfindlichkeit
so kann man, wie ich gezeigt habe, dieselbe durch Typhus- (bzw,
Paratyphus-) Vakzine wirksam unterstützen.
M. E. sollte die dekompressive Laminektomie etwas häufiger
angewendet werden, als das bisher geschehen ist. Sie ist angezeigt,
sobald durch Druck auf den Duralsack Reiz- oder Lähmungserschei-
nungen aultreten, die sich bei konservativer Behandlung nicht sehr
schnell beseitigen lassen, insbesondere bei Verletzungen der Wirbel
und bei entzündlichen Prozessen, die von ihnen ausgehen.
lenkte die Aufmerksamkeit auf den ersten Liendenwirbel.
E Eine alsbald vorgenommene Rö AERD UR orent ung zeigte mit
Bene EIEN einiger Wahrscheinlichkeit einen Herd im Körper des ersten
| S ANE Lendenwirbels, Nach none durch einen erfahrenen Neuro-
ae a logen (Robert Hirschfeld) wurde Pat. zwecks Operation auf die
£ x RE Chirurgische Abteilung verlegt.
sa EE T 16. April Operation (Wolfsohn). Bauchlage. Lokalanästhesie.
' RRA Es werden nach stumpfem Abschieben der Muskulatur die Wirbel-
DR: | ni bögen des 12. Brustwirbels, des ersten und zweiten Lendenwirbels
M a | “| fortgenommen. Dadurch gewinnt man hinreichend Übersicht und guten
BLU BER Eee CHR 2 Zugang. Man kommt auf schwammiges, mit Eiter durchsetztes |.
en ee Granulationsgewebe, das sich hauptsächlich vor dem Bogen des
ersten Lendenwirbels findet und mehr nach der linken Seite zu lokali-
siert ist. Von hier aus führt ein Gang links an der Dura vorbei zentral-
I } = wärts in die Gegend des ersten Lendenwirbels. Es erschien mir nicht
Es | ar diesen Kanal noch weiter zu verfolgen und den Herd im ersten
TEn | endenwirbel freizulegen. Ebensowenig hielt ich es für indiziert, die
Fe | | Dura zu ‚eröffnen. Ich begnügte mich mit der Druckentlastung und be-
Intrathorakale Auskultation 11.)
Von Doz. Dr. S. Bondi, Wien.
Um der intrathorakalen' Auskultation eine breite Verwendung
zur Diagnose von Herzerkrankungen zu sichern, ist nur eine der-
artige Technik von Bedeutung, welcher das Prädikat „klinisch
brauchbar“ in vollem Ausmaße zukommt. — Die von Richardson?)
1892 beschriebene Methode, die H. Gerhartz®) 1906 in einer — in
folge ihres Titels schwer auffindbaren — Notiz wiederbringt, ver-
wendet den Magenschlauch, um Herziöne vom Ösophagus her
abzuhorchen. — Da aber dieses Instrument dauernd zu starken
Würgreiz auslöst und vom Patienten daher nicht durch längere
Zeit behalten werden kann, hat diese Technik die intrathorakale
Auskultation nur in eine Art Dornröschenschlaf versenkt, aus dem
sie selbst die 1907—1908 erschienenen Arbeiten über das Ösophagt-
kardiogramm nicht zu erwecken vermochten. |
Ganz im Gegensatz zum Magenschlauck kann der Ein-
hornsche dünne Duodenalschlauch von jedem Patienten viele
Stunden ertragen werden. — Durch die ausführlichere Wiedergabe
des von Külz herrührenden tragenden Gedankens über die besondere
Eignung der Herzhinterwand für die Herzauskultation blieb in der
früheren Arbeit die Mitteilung unerwähnt, daß mich nur langjährige
Beschäftigung mit dem Duodenalschlauch zu der beschriebenen
Technik der intrathorakalen Auskultation führte. — Die Halbsteile
des dünnen Mercierkatheters gewährleistet’ nur die leichtere Ein
führung. |
freite die Dura von der ihr locker aufliegenden Granulationsmasse.
ER Ä ji Ein loser Tampon. Im übrigen exakte Schichtnaht der Wunde.
ER | In den entfernten Granulationsmassen wurden bakteriologisch
u Paratyphusbazillen nachgewiesen. Der Wundverlauf war ein glatter.
Ee TEGA Die Drucksymptome von seiten des Rückenmarks bzw. Conus termi-
er AA ia nalis gingen sehr schnell zurück.
MERES Am 3. Juni ist der Gang des Kranken schon ziemlich frei. Stö-
rat 3 . rungen der Harnblase und des Mastdarmes, die unmittelbar nach der
a | Operation exazerbiert waren, sind jetzt nicht mehr vorhanden. Die
a i Sensibilität an den unteren Extremitäten ist intakt. |
IR i Eine Untersuchung am 20. Oktober 1916 hat dieses Resultat be-
o | stätigt, desgleichen die jetzige Untersuchung (März 1924), bei der von
o seiten des Nervensystems nichts Krankhaftes nachzuweisen ist.
Die beiden mitgeteilten Berichte ermutigen zu einem aktiven
Vorgehen in Fällen, in denen eine Rückenmarkskompression sicher
oder wahrscheinlich ist. Der allzu resignierte Standpunkt mancher
Neurologen, die bei den schweren Erkrankungen und Verletzungen
der Wirbel sich keinen Erfolg von der Operation versprechen, er-
scheint keineswegs berechtigt. Allerdings darf man mit der
druckentlastenden Trepanation nicht zu lange zögern. In
dem ersten meiner beiden Fälle waren von der Verletzung bis zur
| Operation 4 Monate vergangen. Das ist schon eine recht lange
u | i Zeit, während welcher der komprimierte Conus medullaris stark ge-
; litten hat. Hier war denn auch das funktionelle Endresultat kein
on ideales. Es wurde zwar eine Kontinenz der Harnblase erzielt, aber
-i keine völlige Stuhlkontinenz. Auch die Sensibilitätsstörungen im
ʻi | Bereich der geschädigten Nervenwurzeln gingen nur wenig zurück.
en i
i
Aus der Städtischen Fürsorgestelle für Geschlechtskranke
in Berlin-Neukölln.
Zur Prophylaxe der kongenitalen Syphilis.
Von Dr. Ernst Levin,
leitendem Arzte der Fürsorgestelle.
Der nachfolgend besprochene Fall, der ein zwar schon einigo
Male beschriebenes, aber immerhin selteneres Vorkommnis darsiell,
dürfte Gelegenheit zu einigen praktisch wichtigen Bemerkungen geben.
1) S. Bondi, M. KI. 1924, Nr. 18, S. 602.
2) Richardson, The Lancet 1892.
°) H. Gerhartz, Notiz zur Technik der Ausheberung des Magen"
saltes. M. KI. 1906, Nr. 11 und 1924, Nr. 34, S. 1184.
Im zweiten der mitgeteilten Fälle wurde die Operation bereits zwei
z Wochen nach Auftreten der Drucksymptome ausgeführt. Hier konnte
2 | durch die einfache Druckentlastung eine völlige restitutio ad in-
tegrum erzielt werden.
Wir brauchen heutzutage in der Indikation zur Laminektomie
nicht mehr so zurückhaltend zu sein wie früher. Die Gefahren sind
bei sonst gesunden, kräftigen Menschen keine großen. Durch tech-
nische Fortschritte, zu denen vor allem die Lokalanästhesie und
5 9, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
1571
= Das Kind G. St, geboren am 20. Juni 1924 am normalen Ende
der Schwangerschaft, zeigte bei der am 11. August 1924 auf Veran-
lassung der städtischen Säuglingsfürsorgestelle IT vorgenommenen
- Untersuchung diffuse rote Infiltrate der Fußränder, beginnendes pustu-
löses Syphilid der Fußsohlen; Wa. R. ++--++. Die Mutter gab an,
“Ende 1921 an Syphilis erkrankt zu sein und 5 Kuren (zu je 6—10 Sal-
varsaneinspritzungen, die letzte August-September 1923) gemacht zu
haben. Eine im Dezember 1928, also im 3. bis 4. Monat der Schwanger-
schaft vorgenommene Blutuntersuchung war negativ ausgefallen; von
der Schwangerschaft hatte sie dem untersuchenden Arzte keine Mit-
teilung gemacht, mit Rücksicht auf die negative Wa.R. hielt er eine
erneute Kur nicht für erforderlich. Zur Zeit der Untersuchung des
Kindes fiel die Wa. R. bei der Mutter wiederum negativ aus. Der
Vater des Kindes, von dem die Syphilis der Mutter nicht stammte,
soll mehrfach untersucht und syphilisfrei befunden worden sein.
Es handelt sich also um einen der Fälle, in denen bei
negativer Wa. R. der Mütter bzw. beider Eltern kongenital syphili-
tische Kinder geboren wurden. Derartige Fälle sind z. B. in den
letzten Jahren von Kleeberg, Värö, Arzt, Szirmai, Golay,
Stransky und Schiller, Handorn und Georgi beschrieben
worden, sie sind jedoch nach umfangreichen Untersuchungen von
Nob&court und Bonnet sehr selten und Wilfried Fox spricht
sich ganz neuerdings dahin aus, daß die Mutter eines kongenital
syphilitischen Kindes immer eine positive Wa. R. hat. |
Wie die Geburt eines solchen bei diesem Befunde zu er-
klären ist, erscheint noch völlig rätselhaft. Für einen Teil der
Fälle mag unzulängliche - Serumuntersuchung in Frage kommen.
Hat doch Váró bei negativer Wa. R. der Mütter kongenital syphi-
litischer Kinder positive SGR. gefunden, die, wie er hervorhebt,
ohne den Befund an den Kindern als unspezilisch hätte angesehen
werden können. Schwangerschaft und Puerperium sind nämlich
vielfach zu den Körperzuständen gerechnet worden, die auch bei
nichtsyphilitischen Personen eine positive Serumreaktion bewirken
können, nach Stühmer und Dreyer sogar sehr häufig, während
allerdings Handorn und Georgi für die unbedingte Spezilität
positiver Reaktionen in der Schwangerschaft — einwandsfreie
Technik vorausgesetzt — eintreten. |
Die Bekämpfung der Syphilis stellt mit Recht die Prophylaxe
in den Vordergrund; diese findet das günstigste Feld für ihre Be-
tätigung bei der Verhütung der kongenitalen Syphilis. Es kann
wohl keinem Zweifel unterliegen, daß durch energische Behandlung
syphilitischer Schwangerer gesunde Kinder zu erzielen sind; da
wir schwerlich dahin kommen werden,. die Schwängerung syphili-
tischer Personen bzw. die Infektion Schwangerer zu verhüten,
müssen wir, danach streben, möglichst jede syphilitische Schwangere
zur Behandlung zu.bringen. Kleeberg hat bereits auf die Not-
wendigkeit hingewiesen, jede Schwangere, die früher syphilitisch
war, zu behandeln, d. h. auch wenn keine manifesten Erscheinungen
vorliegen und die Wa. R. negativ ausfällt. Das ist unbedingt
richtig, da wir ja auch sonst der negativen Serumreaktion keinen
allein ausschlaggebenden Einfluß bei der Frage der Behandlung
beimessen können. Und Fälle, wie der von uns beschriebene,
mögen sie auch noch so selten sein, beweisen, daß trotz mehrfach
negativer Wa. R. der Mutter kongenital syphilitische Kinder geboren
. werden können.
| Die Forderung, jede, früher syphilitische Schwangere. zu be-
handeln, scheint mir jedoch für eine ausgiebige Prophylaxe nicht
zu genügen, da die Patientinnen oft keine Veranlassung sehen,
dem Arzte von dem Vorliegen einer Schwangerschaft Mitteilung zu
machen. So war es auch in unserem Falle, in dem der behandelnde
Arzt wohl trotz der negativen Wa. R. zu einem anderen Urteil
bezüglich einer vorzunebmenden Kur gekommen wäre, wenn er von
der Schwangerschaft Kenntnis gehabt hätte. Wir müssen deshalb
bei der Untersuchung jeder weiblichen Person, . die an Syphilis
leidet oder früher gelitten hat, besonders wenn es sich um die
Frage einer Wiederholungskur handelt, stets durch Befragen oder
Untersuchung auf Schwangerschaft fahnden, àm wirklich möglichst
alle syphilitischen behandeln zu können, und allen weiblichen Per-
sonen, die an Syphilis leiden, es dringend ans Herz legen, ihren
a auf das Bestehen einer Schwangerschaft aufmerksam zu machen.
EE negative Wa. R. der Eltern gibt, wie Stransky und Schiller
etonen, keine Gewähr für ein gesundes Kind; sie entbindet also
nicht von der Verpflichtung, auf etwa bestehende Schwangerschaft
Ah achten, und darf kein Grund sein, von einer energischen Kur
stand zu nehmen. Die wesentlich bessere Chance, die die
Prophylaktische Behandlung der schwangeren Mutter für die Er-
. elung eines gesunden Kindes gibt gegenüber der Möglichkeit, ein
kongenital syphilitisches Kind wieder völlig zu heilen, dürlte wohl
'
i
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GE
en EN
die kleine Mühe der etwas vermehrten Aufmerksamkeit des
Arztes lohnen. Mi
Literatur: Arzt, Wiener Dermatol. Ges. Sitzg. v. 20. Oktbr. 1921. Ref. Derm.
Wschr. 1922, 8. 292, — Wilfried Fox, The Wassermann Reaction as a guide to diag-
nosis and therapy of syphilis. Brit. journ. of derm. and sypbilis. März/April 1924. Ref.
Derm,Wschr. 1924, 79, S. 808. — J.Grolay, Klinische Betrachtungen über die konzep-
tionelle Syphilis. Ann. mal.vén. 1923, 18, Nr. 5. Ref. Derm. Wschr. 1928, S.1090. — L.H a n -
dornu.F.Georgi, Die Zuverlässigkeit der Serodiagnostik der Lues in der Schwan-
gerschaft, unter der Geburt und im Wochenbett. Zbl f. Gyn. 1923, Nr.23. — L. Klee-
berg, Syphilis und Ehe. M. K1. 1921, Nr. 32. — P. Nob&ecourtu.H.Bonnet, Röac-
tion de Bordet-Wassermann et syphilis chez les nourrisons, leurs möres et les fommes
en état de gestation. Presse méd. 1920, Nr. 76. — E.Stransky u.E. Schiller, Bei-
träge zur Klinik der Lues congenita. M. Kl. 1922, 8.11. — A.Stühmeru.K.Droyer,
Die Unzuverlässigkeit der Serumuntersuchungen auf Syphilis bei Schwangeren und
Gebärenden. Zschr. f. Geb. u. Gyn. Bd.84, 8.289. —. Fr. Szirmai, Serologische
Untersuchungen bei Lues congenita. Orv. Hetilap. 1923, Nr. 48. Ref. Derm.Wschr. 1924.
S. 831.— B. Váró, Die Bedeutung der Sachs-Georgi-Reaktion in der Gynäkologie bei `
Lues latens-Fällen. Orvosi Hetilap. 1922, Nr. 5. Ref. Derm.Wschr. 1922, S. 607.
Aus der Dermatologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses .
Nürnberg (Vorstand: Prof. Dr. E. Nathan).
Über toxische Hauterscheinungen im Verlaufe der
Wismutbehandlung der Syphilis.
Von Dr. Kurt Boas,
Facharzt für Haut- und Harnleiden in Crimmitschau,
ehemals Volontärassistent der Abteilung.
_ Dem zeitlichen Auftreten nach ist dem Wismutfrühexanthem
das Wismutspätexantbem gegenüberzustellen. Das Frühexanthem’
erscheint zu Beginn oder im Verlaufe der Behandlung, meist noch
am gleichen Abend bzw. am folgenden Morgen nach der kritischen
Injektion. Es ist meist regionär beschränkt, kann aber auch Gene-
ralisierungstendenz zeigen, ist sehr juckend und kann mit Ödem
und Fieberbewegungen einhergehen. Meist verschwindet es bereits
wieder nach 12 bis 48 Stunden, kann aber wie in einem Falle
Galliets auch bis zu 10 Tagen anhalten. Ze
= Die Spätexantheme setzen gegen Ende der. Kur nach Ver-
abreichung einer Anzahl von Injektionen ein. Sie bevorzugen den
' Stamm. Klinisch erinnern sie einerseits an die Ekzematide, ander-
seits bestehen gewisse Analogien mit den Quecksilberexanthemen.
4—6 Wochen verstreichen meist bis zu ihrem definitiven Verschwinden. _
Von den Spätexanthemen sind die Herxheimerschen Spät-
reaktionen, die sich zwischen der fünften und zehnten Wismut-
injektion einzustellen pflegen, ebenso scharf zu trennen wie die
Herxheimerschen Frühreaktionen vom Frühtypus der Wismut-
exantheme. i | Ä
Die Differenzierung der Wismutfrühexantheme von den Spät-
exanthemen ergibt sich jedoch nicht nur aus ihrem zeitlichen Ver-
halten, sondern bestimmt auch den klinischen Typus. Das Früh-
. exanthem charakterisiert sich in den einfach gelagerten, ephemeren
Fällen im wesentlichen als papulo-squamöses Erythem. Bei den
einfachen Formen dieser, Abart handelt es sich um umschriebene
Herde ohne funktionelle oder allgemeine Erscheinungen von etwa
zehntägiger Dauer.
in eine Purpura erfahren. We es zu stärkeren toxischen Früh-
reaktionen kommt, gelangt meist ein generalisiertes skarlatiniformes
Erytbem (Lortat-Jacob und Roberti) zur Ausprägung, das von
Ödem und später Exsudation begleitet ist und relativ schnell
Schilferungstendenz zeigt. Im Gegensatz zu den geschilderten Formen
des Frühreaktionstypus charakterisieren sich die Späterytheme als
stets trockene exythemato-squamöse Formen.
In der Mehrzahl der Fälle bleibt die Wismutidiosynkrasie nicht
auf die Haut beschränkt, vielmehr läßt sich meist auch eine Schä-
digung des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut im Sinne einer
Gingivitis bzw. Stomatitis, gelegentlich auch eine leichte Albuminurie,
als Symptom -einer toxischen Nierenschädigung nachweisen. Nicht
selten treten die erwähnten Begleiterscheinungen mit stärkerer
Vehemenz auf, als wir dies sonst im Verlauf der Wismuttherapie
zu sehen gewohnt sind und überdauern. teilweise den Ablauf der
Hauterscheinungen. |
Ist auch die Diagnose meist gesichert, so gibt es doch Fälle,
in denen eine klinische Abgrenzung gegenüber anderen infektiösen
Exanthemformen bisweilen auf große Schwierigkeiten stößt. Wichtig
ist das Befallensein der Gegend hinter den Ohren, im Gegensatz
zu Masern, während das Freibleiben des Kinnes und der Nasolabial-
‚Ialtenpartie als differentialdiagnostisches Moment gegenüber dem
Scharlach herangezogen werden kann. In manchen Fällen gelangt
die Entscheidung darüber, ob eine unter der Wismutbehandlung
erscheinende Komplikation von seiten der Haut auf deren Konto zu
(Fortsetzung aus Nr. 44)
Sekundär kann das Erythem eine Umwändlung.
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setzen ist, nicht. über ein non liquet hinaus. Ein Beispiel aus der
jüngsten Literatur. o | 08 i
In einem Falle Schuberts30), in welchem sich im Anschluß an
eine Bismogenolinjektion unter leichtem Fieber stark schmerzhafte
- Erythema nodosum-artige Knoten an beiden Knien und Unterschenkeln
ae die rasch verschwanden und unter neuerlichen Injektionen
es gleichen Präparates nicht rezidivierten, ließ sich nicht mit Sicher-
. heit entscheiden, ob eine lustische Manifestation, ein toxisches Erythem
oder ein banales Erythema nodosum, das sich bekanntlich auch einmal
einer Lues aufpfropfen kann, vorlag. |
Gutmann gibt als Kriterium für die Frage, ob eine Wismut- `
schädigung vorliegt oder nicht, die spätere Verträglichkeit des Wismut-
präparates bei fortgesetzter Applikation des gleichen Mittels an.
- Nach Ansicht Gutmanns kann eine Angewöhnung an das Mittel
nicht so schnell einsetzen, und das von ihm in einem seiner
Fälle a limine erwartete Erythemrezidiv ist nicht zustandegekommen.
Wir hatten nach Abfassung der vorliegenden Arbeit Gelegenheit, in
einem weiteren Falle von ausgedehntem pustulo-squamösen (pso-
riasiformen) Syphilid ein regionär umschriebenes Rezidiv nach
` Wiederaufnahme der Wismutbehandlung aufireten zu sehen.
Es handelte sich um eine Patientin, die bereits früher. im An-.
schluß an eine Hg-Salvarsanbehandlung eine langdauernde Dermatitis
‚ durchgemacht ‚hatte. Die Patientin hatte angeblich kurz vor ihrer
‘ Einlieferung eine Skarlatina. Zu uns kam: sie mit den bereits oben |
kurz. skizzierten Erscheinungen, die unter Bismogenol eine gute Be-
einflussung zeigten. Plötzlich erkrankte sie unter: skarlatiniformen
Erscheinungen. .Da Patientin einige Monate vorher selbst Skar-
' latina durchgemacht hatte und zudem zufällig eine andere Patientin
auf unserer Abteilung an.Skarlatina kurz vorher erkrankt war, dia-
nostizierte der Interne Scharlach, während wir -selbst differential-
iagnostisch ernstlich mit einer Wismuttoxikose rechneten. Auffallend
war das starke Ödem. Das mehrfach kontrollierte Blutbild entsprach
dem einer Toxikodermie und nicht dem des Scharlachs. Die Scharlach-
farbe blaßte in sehr kurzer Zeit ab. Ebenso schnell trat Entfieberung
und Abschuppung, besonders im Gesicht, ein. In: der linken Leisten-
beuge waren zu Anfang mehrere urtikarielle Herde zu beobachten.
Der weitere Verlauf gab unserer Auffassung recht, wenn man
nicht einen atypischen Scharlach hätte annehmen wollen. Das ex-
perimentum crucis, das die Annahme einer Wismutschädigung definitiv
sicherstellte, war das Erscheinen einer fleckigen Rötung an 'beiden
Ober- und Unterarmen im Anschluß an die Wiederaufnahme der
Wismuttherapie. Bemerkenswert ist, daB auf weitere Bismogenol-
'- injektionen keinerlei toxische Ausfallserscheinungen mehr eintraten,
daß sich also unter unseren Augen eine zunehmende Toleranz gegen
Wismut vollzogen : hatte. Interessant ist der Fall namentlich auch
wegen seiner Intoleranz gegenüber Salvarsan, Hg und Wismut.
Wertvolle differentialdiagnostische Aufschlüsse,: besonders im
Anfangsstadium der Erkrankung, liefert uns ferner die syste-
matische Untersuchung des Blutbildes.. Nathan?!) hat in
einer vor einigen Jahren erschienenen Arbeit den Blutbildtypus der
- Arznei-, insbesondere des Salvarsan- und Quecksilberexanthems durch
das Vorhandensein einer Leukopenie, bedingt durch‘ Abnahme der
polynukleären Leukozyten, charakterisiert. Dabei ist die Zahl der
Eosinophilen nicht erhöht. Wir fanden, wie aus obiger Tabelle
hervorgeht, in Bestätigung der Nathanschen Befunde, z. B. im
Gegensatz zu den infektiösen Exanthemen,. Scharlach und Masern,
die durch eine Hyperleukozytose im ‘Beginn und eine starke
Eosinophilie auf der Höhe der Eruption ausgezeichnet sind, eine
Deukopenie, verbunden mit normaler Eosinophilie. |
Episodär wie die Urtikariaeruption nach Wismut ist der
: Wismutzoster. Wir begegnen einer derartigen Komplikation in der
Literatur in einem Falle Lehners und sind in der Lage, diesem
Falle ein Analogon an die Seite zu setzen. e
Eine 19jährige Schneiderin ging uns mit Erscheinungen schwerster
Lues sowie spitzen Kondylomen zu. Unter anfänglich reiner, später
mit Bismogenol kombinierter Salvarsanbehandlung gingen die manifesten
Erscheinungen rapid zurück. Einige Tage nach der’5. Bismogenol-
D
injektion, die auf der linken Gesäßhälfte appliziert wurde, trat nun
an der Injektionsstelle sowie um diese herum ein typischer Herpes
zoster auf, der nach mehreren Tagen abklang, doch blieben die erythe-
matösen Flecke unter leichter Schuppung noch längere Zeit sichtbar.
30) Schubert, Lues Il mit Erythema nodosum. Verhandlun
der.Deutschen Dermatolog. Gesellschaft in der techscheslorakisch
1924, 13, 27. | |
31) Nathan, Das Verhalten des Blutbildes bei. toxischen Ex-
anthemen nach Quecksilber und Salvarsan und seine allgemeinpatho-
logische Bedeutung. Verhandlungen der Deutschen Dermatologischen
nn XI. Kongreß 1921. Arch. f. Derm, u. Syph. 1922, 138,
1572.. > >- "1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
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Republik. Sitzung vom i1. Mai 1924. Ref. Zbl. £.Haut-u. Geschlechtskrh.
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9 N ovember |
Die weiteren, auf der anderen Gesäßhälfte vorgenommenen Injektionen
blieben ohne Nebenerscheinungen. | | A
Die Duplizität des Lehnerschen Falles mit dem hier mit-
geteilten läßt sich bis ins Einzelne verfolgen. Bemerkenswert ist
vor allem die völlig gleiche Lokalisation der Zostereruption an der
Injektiensstelle unter dem Bilde des Herpes zoster glutaealis. Von‘
weiterem Interesse ist der Umstand, daß Lehners Beobachtung
eine beginnende Tabes betrifft, von der wir wissen, daß sie ebenso
| wie die Päralyse, namentlich unter der Salvarsaniherapie nicht
selten zu Komplikationen mit, Herpes’ zoster Anlaß gibt. Es wird
sich an anderer Stelle32) Gelegenheit finden, das episodäre Auftreten
von Herpes zoster im Verlaufe metasyphilitischer Erkrankungen des
‚Zentralnervensystems ausführlicher zu erörtern.
In der Dosierungsfrage machen sich zwischen beiden Fällen
gewisse Abweichungen bemerkbar, indem sich Lehners Pat. von An-
fang an als wismutüberempfindlich erwies, während unsere Pat,
erst nach 5. Wismutinjektionen mit einem Gesamtgehalt von 6,319
metallischem Wismut von ihrer Wismutüberempfindlichkeit Zeugnis
ablegte.e. Ähnlich wie beim - Wismuterythem waren auch beim
Wismutzoster anderweitige toxische Nebenerscheinungen vorhanden,
in unserem Falle eine der Zostereruption vorhergehende irrelevante
Albuminurie, bei Lehner eine gleichzeitige universelle Erythrodermie,
Im Anschluß an die vorliegenden Beobachtungen ist auf die
zosteriformen Exantheme nach Wismutinjektionen hinzuweisen,
die durch drei Beobachtungen Freudenthals illustriert werden.
Es handelt sich dabei um klinisch der Livedo racemosa nahestehende
lokale Exantheme an der Einstichstelle., Freudenthal führt diese
lokalen Schädigungen auf embolische Veränderungen zurück und
- glaubt in diesem Sinne die Ergebnisse seiner histologischen Befunde
interpretieren zu sollen. Das Zustandekommen dieser Embolien ist
in dem Eindringen des Injektionspräparates in eine tiefer gelegene -
Arterie und von dort aus in ein Hautgefäß zu erklären. Wenn
Freudenthal der diagnostischen Deutung des Lehnerschen Falles,
in dem gleichzeitig ein universelles Exanthem bestand, eine andere
Richtung weist, so kann man sich seinen Argumenten durchaus
anschließen. Anderseits ist festzustellen, daß in unserm Falle ein
typischer Zoster mit charakteristischer Bläschenbildung auf erythe-
matöser Basis bestand, so daß zum mindesten für unseren Fall die .
Auffassung eines embolischen Lokalexanthems nicht Platz greifen kann.
M.: H.! Damit wären Ihnen die wichtigsten Repräsentanten
der toxischen Wismutdermatosen vor Augen geführt und es bleibt
nur noch der Hinweis auf einige seltenere Krankheitsbilder übrig,
die ihres ephemeren Auftretens wegen von geringer praktischer
Bedeutung sind. Hierhin gehören Fälle, die dem Schweißexzem
klinisch nahestehen,. gewisse bullöse Exantheme, Typen, die eine
enge klinische‘ Verwandtschaft mit der Dermatitis herpetiformis
Duhring zeigen, endlich gewisse banale Krankheitsbilder wie der
einfache Furunkel und der Pruritus. Der toxische Pruritus tritt
ohne objektiv. nachweisbare Veränderungen meist universell in
Erscheinung. _ Zeigt er nur lokalen Sitz, so etabliert er sich
meist in der Nachbarschaft der Injektionsstelle, seltener an einer
anderen Körperregion. ' Meist handelt es sich um. ein flüċhtiges
Phänomen, doch ‘kann sich der Zustand auch in Permanenz er-
klären und bis zur Beendigung der Wismutbehandlung erhalten.
Nur in einem Falle bedeutete er die ‚alarmierende Einleitung zu
einer Eryihrodermie. Häufiger scheinen Furunkel während der
Wismutbehandiung vorzukommen, ohne daß damit irgendetwas
Bestimmtes über den ursächlichen Zusammenhang ausgesagt werden
sol. [Biberstein, Milian®)]. Auffallend ist, daß fast all die
genannten Erscheinungen von ein und demselben Autor (H. Müller)
beschrieben und. vorwiegend bei Nadisan, vereinzelt auch ba
Bismogenol (Biberstein) beobachtet worden sind. Von Interesse ist
weiterhin, daß über vorübergehende isolierte einseitige Konjunkti-
vitis, wie man sie nach Salvarsaninjektionen hin und wieder zu seben
bekommt [Fuchs®%), Nathan?5)], auch nach Wismutinjektionen von
- H. Müller berichtet wird. Wir werden in Analogie mit dem Verhalten
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nach Salvarsan auch hier von einem sog. „fixen lokalen Enanthem
32) Boas, Beitrag aus dem Grenzgebiete der Psychiatrie und
Dermatologie: er Herpes zoster im Verlaufe metas hilitischer Er-
krankungen des Zentralnervensystems. Arch. f. Psych. u. Vorvenkrh. ae
| s) Milian, Diskussion zu dem Vortrage von Hudelo und
Rabut, l c. | ;
34) Fuchs, zit. nach Tachau. Salvarsannebenwirkungen. Kri-
tische Übersicht. Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem T
biete der Dermatologie und Syphilodologie N. F. H. 1. Halle a. d. `.
1923. Carl Marhold. ` | 5
8) Persönliche Mitteilung. | z
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= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. = |
sprechen dürfen. Nehme ich schließlich das von Schreus ge-
meldete wiederholte Auftreten einer Balanitis erosiva gegen Ende
der Wismutkur hinzu, die dieser auf eine Dekomposition durch
wismuthaltigen Urin zurückführt, so hätte ich damit in großen
Zügen den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von den toxischen
Wismutdermatosen entwickelt. |
Was das Auftreten einer Toxikodermie für den weiteren Ver-
Jauf und die Prognose der Lues im Einzelfalle bedeutet, steht zurzeit
noch mangels hinreichender Erfahrungen außerhalb der Diskussion,
zumal diese Frage auch bei der Salvarsan- und Hg-Toxikodermie
noch nicht einheitlich beantwortet ist. B
Daß übrigens die Wismutschädigung manchmal auch ihr
Gutes hat, lehrt eine Beobachtung von Görl und Voigt, in welcher
eine durch Bismogenol hervorgerufene Dermatitis einen bis dahin
- jahrzehntelang gegenüber jeder Therapie refraktären Lichen ruber
verrucosus zum Verschwinden brachte. `
Auf die Therapie. der Wismutexantheme möchte ich hier
nicht näher eingehen, da sie sich mit dem üblichen therapeutischen
Programm beim Salvarsan- und Hg-Exanthem deckt. Einen Hin-
weis verdient die zuerst von amerikanischer Seite propagierte und
dann von Hoffmann und Schreus?®) empfohlene Anwendung von
wässeriger Natriumthiosulfatlösung, die mutatis mutandis auch der
Behandlung der Wismuttoxikodermie günstige therapeutische Ex-
spektativen eröffnet. : |
Ä Es liegt Ihnen gewiß die Frage auf der Zunge, ob die ge-
nannten Nebenerscheinungen unser Werturteil über die Wismut-
therapie der Syphilis wesentlich zu modifizieren geeignet sind. Die
geringe Zahl der beschriebenen Fälle im Verhältnis zu den vielen
tausenden von Wismutinjektionen und ihre relative Harmlosigkeit
sind m. E. nicht dazu angetan, den Kredit der Wismuttherapie
ernstlich zu erschüttern. Mit der weiteren Verbesserung der Wismut-
präparate werden wir mehr und mehr dazu gelangen, die toxischen
Nebenerscheinungen des Wismuts zu beherrschen; daneben wird
freilich‘ immer ein gewisses Kontingent von Idiosynkrasikern übrig
bleiben, deren organbiologisches Verhalten gegenüber dem körper-
fremden Wismut eine Gegenanzeige zur Wismuttherapie bildet.
Während der eine ein vielfaches der Maximaldosis für Wismut, wie
in dem bekannten Falle Praters?”), sozusagen spielend überwindet,
und darauf weder mit sofortigen und mit Spät- oder gar Dauer-
schädigungen antwortet, genügen bei dem wismutüberempfindlichen
Individuum unter Umständen schon unterschwellige Reize zur Pro-
vokation einer Wismutschädigung. Es wird Aufgabe weiterer For-
schungen sein müssen, solche Idiosynkrasiker mit Hilfe feinster .
Hautreaktionsprüfungen als solche zu ermitteln, um von ihnen
Arzneimittelschädigungen von vornherein fernzuhalten. |
- Aus der IL. Inneren Abteilung des Städt. Krankenhauses im Friedrichs-
hain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr.. Paul Friedrich Richter).
Über verschiedenartige Formen der Idiosynkrasie.
Von Lucie Adelsberger, = Ä
bisher. Assistentin, derz. Assistentin im Waisenhaus der Stadt Berlin.
= Das Problem der Idiosynkrasie im engeren und weiteren
Sinne. ist so wenig gelöst und die verschiedenen Formen der Über- -
empfindlichkeit sind noch so umstritten, daß es gerechtfertigt sein
dürfte, mit neuen Gesichtspunkten an diese Fragen heranzugehen. `
Es seien zunächst 2 Fälle mitgeteilt und im Anschluß an diese
und an frühere Untersuchungen verschiedene Formen der Idio-
synkrasie dargestellt.
1.. Fall von erworbener Überempfindlichkeit.
Der 29jährige K. R., J.-Nr. 5221, März 1923, wird am 8. März,
‚wegen Frysipel ins Krankenhaus eingewiesen. i
Er gibt an, aus gesunder Familie zu stammen. Asthma in der
Familie,
Kameraden furcht eg
war damais Landwirt von Beruf — kam er eines Tages sehr erhitzt
nach Hause. Am Abend bekam er große Quaddeln auf der Brust, die .|
. am nächsten Bo verschwunden waren. Eine Ursache a N
erufs-
zu eruieren. 1920 und 1921 nicht wieder aufgetreten.
4 3) Hoffmann und Schreus, . Natriumthiosulfat als Heilmittel
T Salvarsan- (und Hg-) Dermatitis. M. m. W. 1923, Nr. 50.
4
8°) Prater, Überdosierung mit Bismogenol. Ein Beitrag zur
ar Ungiftigkeit dieser Wismutverbindung.. Derm. Wschr. 1923, .
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Ausschläge irgendwelcher Art, insbesondere Nesselsucht, .
demkrankheiten besonderer Natur, Migräne werden negiert. Er selber .
sei immer gesund gewesen. Aufgefallen sei ihm nur, daß er im Kriege .
nie von Wanzen gebissen worden sei, selbst dann nicht, wenn seine.
Bar darunter gelitten hätten. Im August 1919 — er
wechsel: Eintritt in eine Papierfabrik. Bald danach seien Quaddeln
aufgetreten, zuerst seltener, dann etwa alle 14 Tage, und zuletzt selır
häufig, so daß Patient im letzten Halbjahr kaum mehr davon frei ge-
wesen sei. Eine te a von bestimmten Nahrungsmitteln,
Witterungs- oder sonstigen Einflüssen sei ihm nicht aufgefallen. Jetzt
seit 3 Tagen: heftig schmerzende Rötung und Schwellung im Gesicht.
Kein Fieber. — |
hafte, schuppende Rötung auf beiden Wangen bis hinter die Ohren.
Augengegend etwas geschwollen und ödematös. Die übrige Haut ist
frei. Innere Organe o..B., starker Dermographismus. Bulbusdruck-
versuch
im Gesicht blaßt im
Patient klagt über starkes Brennen der Augen und sehr starke wäßrige
Sekretion. Am 13. März Quaddeln an beiden Unterschenkeln und zeit-
weilig am Gesäß. Unter Atropin und Kalzium Rückgang der Quaddeln.
und Nachlassen des Brennens, ‚so daß Patient am 20. März geheilt.
entlassen wird. ! us
Am 23. März 1923 Wiederaufnahme. Sofort nachdem Patient die
Arbeit wieder aufgenommen hatte, erneutes Auftreten der brennenden
Röte im Gesicht, furchtbares Jucken, Tränen der Augen, Quaddeln an
den Händen und Oberschenkeln. Heilung im -Krankenhause binnen
weniger Tage. Eine eingehende Prüfung, ob der Patient gegen irgend- Ț
welche Substanzen überempfindlich ist, zeigt, daß er auf orale Verab-
reichung der verschiedensten Nahrungsmittel (Eier, Wurst, Fleisch)
nicht in nennenswerter Weise reagiert. 200 cem Milch ee
nüchtern sind ohne Wirkung. Im Gegensatz dazu eine äußerst heftige
Reaktion auf 1 ccm Kaseosan i. v. Nach 20 Minuten Brennen und
starke Röte im Gesicht, heftiges Jucken, Quaddelbildun
einzelt an den Oberschenkeln. Eine Ergänzung der Anamnese unter
Berücksichtigung der besonderen ar gogon Kaseosan er-
gibt, daß Patient in der Fabrik ständig mit Papier hantiert, das mit
einer Kaseinfarbe gefärbt ist. Intrakutaninjektion einer wäßrigen Lösung
| (1:100000) des reichlich eiweißhaltigen Farbpulvers erzeugt sofortige _
Rötung. Die Impfstellen waren noch lange sichtbar. n
Da Patient bei dem erneuten Versuch, die Arbeit aufzunehmen,
wieder dieselben Beschwerden bekommt, wird eine desensibilisierende
nr eingeleitet. Beginn mit kleinsten Dosen: Farbverdünnung.
1:100000. Tägliche Intrakutaninjektionen in langsam steigenden Mengen.
Nach der 15. Impfung am 27. April schwerste Urtikaria, allgemeines
Übelsein, ödematöse Schwellung im Gesicht, die immer mehr. zunimmt
und erst am ..3. Tage wieder ab lingt, Seitdem ist Patient beschwerde-
frei und hat im Verlauf von 11/, Jahren keine Überempfindlichkeits-
erscheinungen mehr gezeigt. | 5
Bei einem 29jährigen Manne, in dessen Familie Über-
empfindlichkeitserscheinungen nicht nachweisbar sind, tritt also
durch die Beschäftigung mit Kaseinfarbe eine Neigung zu urtika-
riellen Erkrankungen auf, die im Verlaufe eines Jahres rasch zu-
nimmt. Durch intrakutane Desensibilisierung!) mit der auslösenden
Substanz gelingt es den Patienten praktisch?) von seiner Idiosynkrasie
| zu heilen.. Ähnlich wie die meisten Berufsidiosynkrasien — vgl.
dazu Ursolasthma der Fellfärber (H. Curschmann); Asthma der
Bäcker durch Überempfindlichkeit gegen Weizen- oder Roggenmehl
(Rosenbloom); Überempfindlichkeit von Sattlern gegen Pferde-
schuppen, von Juwelenputzern gegen Orangen- oder Buchsbaumholz
(Walker) — ist es eine erworbene Idiosynkrasie, die zu einer
bestimmten Lebenszeit einsetzt und durch exogene Einflüsse
ausgelöst wird. Man könnte fast von einer experimentellen Über-
empfindlichkeit reden, bei der eine allmähliche Sensibilisierung
stattgefunden hat, in die die Desensibilisierung eingreift. Allerdings
hatte der Patient K.R. früher schon einmal eine Urtikaria un-
bekannter Ätiologie und seine Unempfindlichkeit gegen Wanzen-
bisse dürfte als Ausdruck einer „Allergie“ angesprochen werden.
Die allergische Konstitution (Kämmerer, Storm van Leeuwen,
Eskuchen) gibt hier vermutlich den Boden ab, auf dem die
spezifische Sensibilisierung sich entwickelt. Ob sie eine notwendige
Bedingung für alle Idiosynkrasien dieser Art darstellt, wie es eine
große Zahl der Autoren annimmt (Rackemann, Widal, Wiede-
mann u. 2.), ist eine Frage, deren Beantwortung für die Erkenntnis
der. Genese dieser Form der Überempfindlichkeit wie für deren
Therapie und Prognose gleich wichtig ist.
Übrigens bietet dieser Fall, der im ganzen nicht wesentlich i
aus dem Rahmen der Berufsidiosynkrasien herausfällt, im einzelnen
eine Reihe von Besonderheiten. Trotzdem er eine typische Über- .
1) Bei der :desensibilisierenden Behandlung ist größte Vorsicht
am Platze. Es muß mit minimalen Dösen (1: 100000 der 1 : 1000000)
veponnon und langsam de werden. Zur Warnung sei an den
Fall von Boughton (zit. bei: Doerr) erinnert. Ein Patient mit Über-
empfindlichkeit gegen Pferdeserum starb auf einen Tropfen intravenös
nach 40 Minuten iin Shock. = — ` `) meri
Praktisch in dem Sinne, als wohl die spezifische Sensibilisierung,
o 2
nicht abe die konstitutionelle Disposition beeinflußt wird. +
1573
. Am 8: März Krankenhausaufnahme. Befund: Im Gesicht schmerz: `
ositiv. E Arhythmie. Kein Fieber. Die Röte
erlauf der nächsten Tage langsam ab, aber der _
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1574 | 1924 — ME
'zugeführte Milch ohne irgend welche Reaktion. Die Tatsache,
Chemospezifität- der anaphylaktisierenden Eiweißkörper). Wahr-
. empfindlichkeit, auf die immer wieder hingewiesen wird und die,
. wie Apolant zeigte, so weit gehen kann, daß nur bestimmte Haut- |
= ein ‚positiver Ausfall durch eine lokale Überempfindlichkeit der
` betreffende Hautpartie überempfindlich machen können. Eine all-
~ gemeinere Bedeutung als der Intrakutanreaktion kommt der
- überein?) — u.a. abhängig von Tonusschwankungen im vegetativem
dazu darnach keine Beschleunigung der Senkungsgeschwindigkeit der
=- EAV FS
DIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. 9. November
R. G., J.-Nr.1388. 61/,jäühriger Junge, der wegen Icterus catarrhalis
in Behandlung war. Bekam am fünfzehnten Krankheitstage, als der
Ikterus bereits abblaßte, 1 ccm Kaseosan i. v. Wenige Stunden danach
heftige Kopfschmerzen, Fieber von 40°, In der darauffolgenden Nacht
plötzlich einsetzender Anfall bedrohlicher Atemnot und blutige Durch-
fälle.: Am nächsten ‚Morgen Temperaturabfall zur Norm, Stuhl ohne
Blut, völliges Wohlbefinden. Nie vorher oder nachher. ein ähnliches
Zustandsbild, auch nicht in milderer Form. |
‚Diese Überempfindlichkeit gegen Kaseosan ist am: ehesten ver-
ständlich, wenn man annimmt, daß zu Beginn der ikterischen Er-
krankung Milcheiweißkörper (bzw. höhere Abbauprodukte derselben)
durch die insüfliziente Leber ins Blut gelangt sind und dort sensi-
bilisierend gewirkt haben. Ahnlich läßt sich auch die häufig im
Symptomenkomplex von Gallenstein- bzw. Leberleiden angeführte
' Urtikaria erklären. ` E =
. In diesem Zusammenhang sei noch auf eine Beobachtung von
H. Wiedemann hingewiesen; sie berichtet über einen 54 jährigen
empfindlichkeit gegen eine Kaseinfarbe hat, verträgt er die peroral |
daß er auf die intravenöse’ Injektion von Kaseosan mit einer schweren
Urtikaria, jedoch nicht mit einem shockartigen Zustand reagiert,
ließe daran denken, daß das Kasein der Farbe gegenüber dem
Eiweiß des Kaseosans, bzw. der Kuhmilch modifiziert war und-daß
sensibilisierende und auslösende Eiweißkörper chemisch nicht voll-
kommen identisch waren (vgl. Doerr und Landsteiner über die
scheinlicher ist jedoch, wenigstens was die oral aufgenommene Milch
anbelangt, daß die Überempfindlichkeit auf die Haut beschränkt
war, umsomelhr, als kein Grund vorlag, einen Übertritt von Milch-
eiweiß aus dem Darm ins Blut anzunehmen. Die lokäle Über-
partien überempfindlich sind, sollte zur Vorsicht mahnen bei der
Bewertung von intrakutanen Testproben. Durch Fehlen der Haut-
sensibilisierung (Eskuchen) oder besser durch Fehlen speziell der
.gesäuerte Milch. Anamnese o. B. Die Überempfindlichkeit sei gleich-
'Hautsensibilisierung kann die Probe negativ sein. Umgekehrt kann
zeitig mit den Beschwerden in der Lebergegend aufgetreten, spontan
1919 wieder geschwunden. I ;
Auch die temporären Idiosynkrasien, die im Anschluß an
einen Darmkatarrh oder eine ähnliche Erkrankung (z. B. Diätfehler,
Dale) plötzlich einsetzen und spontan wieder verschwinden, dürften
hierher zu rechnen sein. Des weiteren noch die Überempfindlich-
keit, die bei manchen Infektionen manifest wird. Auch Rolleston
und Coke weisen auf die Bedeutung der Leber für die Entstehung
dieser Überempfindlichkeit hin. Gegenüber Rolleston, der eine
indirekte Mitwirkung der Leber annimmt und’ glaubt, daß durch
Veränderung der Leber der Stoffwechsel alteriert und artfremdes
Eiweiß erzeugt werde, spricht sich Coke für einen Übergang von
„ungeeigneten Abbauprodukien“ -aus dem Pfortadersystem durch.
die durchlässig gewordene Leber aus.
Allerdings dürfte die’ Überlegung berechtigt. sein, ob diese
Form der Überempfindlichkeit unter die Idiosynkrasie im engeren
Sinne einzureihen ist. Denn zur Idiosynkrasie gehört. die hereditär
konstitutionelle. Komponente, während es sich hier um eine echte
enterale oder besser diahepatische Sensibilisierung handelt, für
die. dispositionelle Momente nicht entscheidend. sind. Immerhin ist
es durchaus möglich, daß individuelle Besonderheiten, wie gesteigerte
Haut vorgetäuscht werden. Dazu kommt noch, worauf Bessau
bereits hingewiesen hat, daß auch Intrakutaninjektionen sensibili-
sierend wirken können. Auch wir hatten den Eindruck, daß Intra-
kntaninjektionen mit menschlichen Blutkörperchen, bzw. -serum die
'Widalschen Hämoklasie zu (Eskuchen, P. Schiff), die nicht nur
der Ausdruck einer bestimmten Organüberempfindlichkeit ist, sondern.
den Übertritt der Eiweißkörper ins Blut anzeigt. Selbstverständlich
dürfen nicht die Leukozyten, die — darin stimmen wir mit Glaser
Nervensystem sind, als Kriterium der Hämoklasie herangezogen
werden. Es müssen vielmehr Methoden angewandt werden, die der -
direkte Ausdruck der kolloidalen Veränderungen im Blute sind
(Adelsberger und Rosenberg), denen die Umstellungen im
vegetativen Systein möglicherweise erst folgen (H. Rosenborg).
Wir haben, um eine Beeinflussung des vegetativen Nervensystems,
die bei den Leukozytenverschiebungen eine Rolle spielen kann, aus-
zuschließen, unter anderem vorgeschlagen, die Senkungsgeschwindig-
keit der roten Blutkörperchen zu untersuchen. Wir haben Wert
darauf gelegt, sie nicht ausschließlich als Leberfunktionsprüfung
— wo sie, wie wir seinerzeit bemerkten, unter Umständen versagen
kann (besondere Sensibilisierungsverhältnisse, Fibrinogenmangel,
vgl. neuerdings auch Adler) — hinzustellen*), sondern als Methode
zur Feststellung hämoklasischer Veränderungen im allgemeinen
(Rosenberg und Adelsberger). Der Patient K.R., der orale
Milchzufuhr mit einer Leukopenie beantwortete, zeigte im Gegensatz
'Plasmakolloide die Reaktivität erhöhen, können. | |
_ Wenn trotz der Häufigkeit von Leberschädigungen eine Über-
empfindlichkeit im Vergleich dazu relativ selten auftritt, so dürfte
das besondere Gründe haben. Nicht bei jeder Erkrankung der
Leber, die funktionell ein höchst komplexes Organ darstellt, braucht
gleichzeitig die proteopexische Funktion der Leber (Widal) gestört
durch die Leber kommt, müssen erst besondere Umstände eine
Sensibilisierung begünstigen. Im Gegensatz zum anaphylaktischen
| Tierexperiment, bei dem die Vorbehandlung :in sowohl örtlich
wie zeitlich genau abgrenzbarer Weise. durchführbar ist, liegen die
| natürlichen Verhältnisse, besonders beim Menschen, viel ver-
wickelter. Wells konnte beim Meerschweinchen nachweisen, dab
die orale Sensibilisierung mit Hühnereiweiß nur dann gelingt, wenn
die Zufuhr zu einem bestimmten Zeitpunkt unterbrochen wird. Wird
dagegen überdosiert und die Fütterung mit’ Hühnereiweiß längere
Zeit fortgesetzt, so kommt es dadurch zu einer allmählichen De-
sensibilisierung. Auch. beim Menschen ist es wahrscheinlich, da)
beim enteralen (und sonstigen?) Übertritt von Eiweiß in die Blut-
‚bahn Sensibilisierungs- und Desensibilisierungsvorgänge ineinander-
| greifen und daß dadurch der Zustand von Überempfindlichkeit
bäufig nicht deutlich zur Ausbildung kommt®). Das dürfte mehr
noeh als für den diahepatischen für den rektalen Übertritt von
Proteinen zutreffen. Ob überhaupt beim Menschen .eine rektale
. Sensibilisierung erfolgt, wie sie experimentell beim Tier dargestellt
wurde, muß noch dahingestellt bleiben.
3. Schließlich sei noch erwähnt, daß neuere Forschungen
vielleicht eine :weitere Form der Idiosynkrasie abzutrennen W
der Klärung näher zu bringen erlauben. Untersuchungen YON
Schiff und Adelsberger haben gezeigt, daß es gewisse Gruppa
von Menschen gibt, ‘die in ihrem Blute Antigene haben, die tei”
| weise auch in den Organen bestimmter Tiere vorkommen und Sl
Erythrozyten. Seine Reaktionsweise auf die intravenöse Zufuhr von
Kaseosan die keineswegs der Norm entsprach, wird an anderer
Stelle noch ausführlich besprochen werden.
2. Fall von diahepatischer Überempfindlichkeit.
‚In früberen Versuchen (Adelsberger und Rosenberg)
wurde nachgewiesen, daß bei rektaler Zufuhr von Milch beim Ge-
sunden und nach stomachaler Einverleibung bei gewissen Leber-
kranken dieselben Veränderungen in der Kolloidstruktur des Blutes
auftreten wie nach der intravenösen Erstinjektion von Proteinen.
Außerdem wurde gezeigt, daß bei rektaler Milcheinführung tatsächlich
sensibilisierende Kiweißkörper resorbiert werden und in den allge-
meinen Kreislauf gelangen. Dementsprechend gelingt es beim
Hunde (Adelsberger und Rosenberg) und beim Meerschweinchen
(Shin Maio) auf rektalem Wege die Vorbehandlung durchzuführen
und ebenso einen anaphylaktischen Shock auszulösen. Wir haben
schon damals die Vermutung ausgesprochen, daß möglicherweise
auch bei manchen Leberkranken besondere Sensibili-
sierungsverhältnisse vorliegen und bei länger andauernder Un-
diehtigkeit des. Leberfilters ebenso wie bei rektaler Einverleibung .
ein Übergang von anaphylaktisierenden Eiweißkörpern in die
- Blutbahn zustande komme. Wir verfügen über eine Beobachtung,
die die Annahme einer Sensibilisierung über die Leber nahelegt.
3) Vgl. ferner E. F. Müller, Hoff und Walter, Worms u.a.
4) Dagegen scheinen Glaser, M.m.W. 1924, Nr. 21, S. 674, diese
wesentlichen Ausführungen der von Rosenberg und mir stammenden
Arbeit, denen wir eine experimentelle Begründung gegeben haben,
entgangen zu sein. Seine Ablehnung der Widalschen Symptomatik
berührt das Wesen der echten Hämoklasie in keiner Weise.
5) Die Bedeutung der schleichenden Desensibilisierung en
'Menschen ist vorerst noch garnicht abzuschätzen. Wie sie ‚einerse”
die Entstehung der Ueberempfindlichkeit - hintansetzen könnte, ne
vermöchte sie andererseits die Ausbildung des antianaphylaktis
oder desanaphylaktischen (Pesci) Zustandes zu verhindern.
Mann wit Gallensteinleiden und Idiosynkrasie gegen Margarine, Ölund .
Erregbarkeit des Gefäßnervensystems oder besondere Labilität der
zu sein. Und in den Fällen, wo es zu einem Durchtritt von Eiweiß
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9, November.
Seal er,
licher
bei manchen Tieren nicht nur in den Organen, sondern auch in
den Blutkörperchen und im Blutserum finden (Hammel, Huhn). Es
.: wäre demnach die Möglichkeit zu erwägen, daß gewisse Menschen
entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Blutgruppen die
Einverleibung der Organe bzw.. des Blutes dieser Tiere ähnlich wie
die Transfusion des Blutes nicht geeigneter Individuen mit einer.
- besonderen Reaktion beantworten. Natürlich liegen die Verhält-
nisse nicht so einfach wie bei der Isoagglutination des Menschen.
Wie bereits erwähnt, wurden die Menschen- und Tierrezeptoren -
nur teilweise identisch befunden und es müssen: deshalb besondere
Umstände ibre Wirksamkeit begünstigen. Welcher Art diese sind,
ob allgemeine Eigenschaften des Organismus oder besondere Ver-
. änderungen der gruppenspezifischen Antikörper dafür verantwort-
. lich zu machen sind, müssen erst weitere Untersuchungen ergeben,
zumal eine Identität der gruppenspezifischen Antikörper des Menschen
‘mit den Antikörpern der Tiere bisher (auch teilweise) nicht nach-
:" gewiesen wurde. Immerhin dürfte ein Vergleich zwischen den
gruppenspezifischen Antigenen und Antikörpern mit den „Reaginen*
“der Idiosynkrasie, auf deren Ähnlichkeit mit den Isoagglutininen und
Isohämolysinen bereits Doerr aufmerksam gemacht hat, geeignet
sein, gewisse Eigentümlichkeiten der Idiosynkrasie (d. d. einer be-
stimmten Form der Idiosynkrasie) einer anderen Auffassung zugäng-
“lich. zu machen. Es sei zunächst die Heredität der Idiosynkrasie
-, ‚angeführt. Sie ist unvereinbar mit dem phänotypischen Verlauf der
"Anaphylaxie (Coca), die sich nur von der Mutter auf das Kind
und nie vom Vater vererben kann (Otto, Rosenau und Anderson).
Sie findet‘ dagegen. ein Analogon in dem Verhalten der gruppen-
spezifischen Antikörper, die sich nach den Mendelschen Gesetzen
vererben. Des weiteren sei auf die in einzelnen Fällen beobachtete
Thermostabilität des auslösenden Agens (z. B. Prausnitz und
Küstner bei einem Falle von Fischüberempfindlichkeit) hingewiesen.
Besonders wichtig scheint es ferner zu.sein, daB die Berücksichtigung
der gruppenspezischen Antigene’ und Antikörper eine Erklärung
dafür abgibt, daß die passive Übertragung der Idiosynkrasie |
auf das Tier (nách Art der passiven Anaphylaxie) so häufig ver-
s sagt. Es ist möglich, daß ein Tier deshalb nicht reagiert, weil es
- den Antikörper oder einen Teilrezeptor des die Idiosynkrasie aus-
lösenden Agens schon normalerweise besitzt (Adelsberger). Speziell
für die Meerschweinchenorgane konnte eine Rezeptorengemeinschaft
‚.mit, Menschenblutkörperchen der Agglutinationsgruppe II und IV,
. die das Agglutinogen a besitzen®),. nachgewiesen werden. Und es
‚ist dem entsprechend vielleicht gerade das Meerschweinchen, das
wegen seiner Brauchbarkeit für Anaphylaxieversuche . besonders
häufig zur Übertragung der Idiosynkrasie. ausgewählt wurde, für
zeptoren daraufhin geprüft werden. x
> _ Auch für die Kasuistik der Idiosynkrasie ergeben sich durch
die Berücksichtigung einer, Rezeptorengemeinschaft zwischen den
gruppenspezilischen Antigenen des Menschen und den Antigenen .
gewisser Tiere nene Gesichtspunkte. Der Teilrezeptor (a,) des
Agglutinogens a z. B. findet sich bei ganz bestimmten Tieren (Meer-
‚schweinchen, Hammel, Huhn, Pferd u. a.), die durch die Beob-
achtungen von Forssman sowie von Doerr und Pick über die
Erzeugung eines heierogenetischen Antikörpers eine besondere Ein-
. 8fuppierung erfahren haben”?).. Und es sei in diesem Zusammenhang
betont, daß- besonders häufig von einer Überempfindlichkeit gegen
‚die Organe bzw. das Blut dieser Tiere berichtet wird (s. o.). Be-
merkenswert dürfte dabei. auch sein, daß die Idiosynkrasie bei
manchen Menschen nicht nur gegen eine bestimmte Tierspezies ge-
Tichtet ist, sondern polyvalent sein kann und durch verschiedene,
allerdings scharf umgrenzte Substanzen ausgelöst wird. Inwieweit
Ä re eine Rezeptorengemeinschaft von Bedeutung sein könnte, läßt
ch vorerst nicht entscheiden. Alle diese Fragen können erst durch
‚engehende experimentelle Prüfung eine Beantwortung erfahren.
Br Zusammenfassung. Bei Gegenübersiellung verschiedener.
a der Überempfindlichkeit dürften sich vorläufig 2 Gruppen
| „erausheben, die sich scharf unterscheiden. |
Mr ‘) Es sei hier nur angedeutet, daß es zwei Agglutinogene a und b
tund daß sich dementsprechend vier Gruppen unterscheiden lassen.
m übrigen muß für die Agglutinationstypen auf die diesbezüglichen
= eiten verwiesen werden. Vgl. dazu auch Oppenheimer, Hand-
uch der Biochemie, II. Auflage, Abschnitt über Agglutination von
g Schiff; und Lattes, Isoägglutination, übersetzt von F. Schiff.
Pringer 1924, | | | k
1) Es würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, ausführ-
aui die heterogenetischen Antikörper einzugehen.
i ye u ‘ E < :
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. 0000 0 1575)
. Bei'der einen dieser Gruppen kommt die Überempfindlichkeit
dadurch züstande, daß eine echte Sensibilisierung erfolgt, indem
die die Überempfindlichkeit -auslösenden Substanzen aul die ver-
schiedenste Art und Weise in den Organismus gelangen und ihn
_ lokal oder allgemein anaphylaktisieren. Neben dem üblichen Modus
der Sensibilisierung wird besonders der enterale Übertritt von
Eiweiß bei offenem Leberwege (Widäl) als Ursache für eine tem-
poräre Überempfindlichkeit hervorgehoben. Von dieser Überempfind-
‚lichkeit, ‘die einer konstitutionellen Basis anscheinend nicht immer
- bedarf, wird die. erworbene Idiosynkrasie. abgetrennt, die zwar auch
durch eine spezifische Sensibilisieruig manifest wird, aber mehr
oder -minder konstitutionell: bedingt ist... Bas
Prototyp der Idiosynkrasie im engeren Sinne entspricht, ganz andere
Ursachen für die abnorme Reaktionsweise wahrscheinlich gemacht.
Es wird darauf hingewiesen; daß gewisse Rezeptoren, die im Tier-
reich (und möglicherweise auch im Pflanzenreich?) weit verbreitet
sind, auch bei gewissen Gruppen von Menschen sich finden (Identität
der Teilrezeptoren). Die Analogie zwischen den gruppenspezilischen
Antigenen und Antikörpern und den „Reaginen“ der Idiosynkrasie
"läßt. sich weitestgehend durchführen. Es wird dadurch einerseits
' möglich, zahlreiche kasuistische Beobachtungen von Idiosynkrasie
von einem einheitlichen Standpunkte aus zu betrachten. Anderer-
‚seits dürften charakteristische Merkmale der Idiosynkrasie, die sich
mit den vom Anaphylaxiekomplex abgeleiteten Grundsätzen nicht
in Einklang bringen lassen (Heredität, Versager bei der passiven
“Übertragung der Idiosynkrasie), einer Klärung näher zu bringen sein.
Die Schwierigkeiten, die sich einer methodolögischen Analyse
jedes einzelnen Falles entgegenstellen, sind nicht zu unterschätzen.
Mit der Sensibilisierung des Menschen gehen vermutlich" De-
sensibilisierungsvorgänge. einher, abgesehen davon, daß der Mensch
nicht wie das Laboratoriumstier in einheitlicher Weise sensibilisiert
| und in identischer Weise gepiüft werden kann (Doerr). Der Nach-
weis von gemeinsamen -Teilrezeptoren dürfte wohl im Einzelfalle
gelingen, aber häufig deshalb scheitern, weil neben den bereits be-
‚kannten — v. Dungern und Hirschfeld konnten auch ein Vor-
noch zahlreiche andere Rezeptoren Mensch und Tier gemeinsam sind.
| berger, Disk. zum Vortrag Schiff und Adelsberger äuf der Mikrobiologen-
tagung in Göttingen 1924. Zbl. f. Bakt. — Adler, KI.W. 1924, Nr. 22, S.978.. —
“"Apolant, Derm. Zschr. 1899, 6, S. 67.— Bessau, Jb. f£. Kindhlk, 1915, 81, S.183. —
Coca, Journ. of Immunol., Vol.5, 1920, 3.368. — Coke, Brit. med. journ. 18. Aug. 1921.
journ. 14. Jan. 1922, S.44. — Doerr, Schweiz. med. Wschr. 1921, Nr. 41, S.937.—Der-.
die Übertragung mancher Idiosynkrasien anscheinend nicht geeignet. | 321°: Weichardts Ergeb. d.ges. Hyg. Bakt. u. Immun. 1922, 5, S.71. — Doerr und.
Es sollte ‚deshalb bei dem negativen Ausfall eines Übertragungs- -
, Versuches immer .noch eine andere Tierspezies mit anderen. Re-
Pick, Bioch. Zschr, 1913, 50, S. 129. — Dungern und Hirschfeld, Zschr; f.
' Immunitätsf., 4, S. 537; 6, 5. 284: 8, S. 526. — Eskuchen, Zbl. t. Hals-, Nasen- ù.
86, S.. 343. — Otto, Zschr. f. Hyg. 1922, Bd. 95. — Pesci, Journ. de Phys. et de
Path. gén. 1921, 19, S. 226. — Prausnitz und Küstner, Zbl. f. Bakt. Orig. 1921, 86,
S. 160. — Rackemann, Arch. of intern. med. Aug.1922, 30, S.221. — Rolleston,
Zschr, f. Immunitätsf.1922, Orig., 34, S.86.— Rosenbloom, Amer. journ. of the Med.
Scienc. 1920. 160, S. 414. — P. Schiff, Rev. med. de la Suisse rom. 1921, Jg. 41, Nr. 8.
— F. Schiff und Adelsberger,.Zschr. t. Immunitätsf.1934. — Dieselben, Vortr.
auf der Mikrobiologentagung in Göttingen 1924. Zbl. f£. Bakt. — H. Schmidt, Beitr.
z. Klin. d. Tbe. 1922, 62, 8.83. — Shin Maio, Biochem. Zschr. Bd. .182, H. 4/6. —
Storm van Leeuwen, Bien und Varekamp, M.m. W. 1922, Nr. 49, S. 1890. —
Taniguchi, Journ. of path, a. bact. 1920/21. — Walker, The Oxford med. 1919,
3.128. — Wells und Osborne, The Journ. of Inf, Diss. 1911, 8, S. 66. — Widal,
1921,18. |
Aus der ChirurgischenAbteilun g des Johanniter-Krankenhauses Stendal
Zr. (Chefarzt: Priv.-Doz. Dr: Warstat).
Von Dr. Kurt Fritzler, Assistenzarzt.
scher Beziehung bedeutsam und lehrreich ist, abgesehen davon,
daß diese Fälle wegen ihrer Seltenheit!) der Erwähnung wert sind.
L. Sch., 10 Jahre, kräftiges Mädchen, wurde am 17. Februar 1994
erschienenen Arbeit D.m.W. 1924, Nr. 5, 2
- Im Gegensatz dazu werden bei der. zweiten Gruppe, die dem
kommen des B-Agglutinins beim Kaninchen nachweisen — sicherlich
Literatur: Adelsbergerund Rosenberg, D:m.W. 1928, Nr.®0.—Adels-
3168, 8.236. — H.Curschmann, M.m.W. 1921, Nr.7, 8.195. — Dale, Brite med. `
Ohrenhlk. 1922, 1, H. 7, S. 281. — Forßman, Biochem. Zschr. 1911, 37, S. 78; 1912.
44, S. 386; 1914, 66, S. 808. —.Freeman, Brit. med. journ. 13, Aug.1921, S.285; The `-
Lancet, 81. Juli 1920. Nr.5. 8.199. — Glaser, M.KI. 1922, S.831,9.46.— Kämmerer, ©.:
M.m.W. 1924, Nr.11, S 459. — Landsteiner nnd Lampl, Biochem. Zeitschr. 1918, . °
Brit. med. journ. 18. Aug. 1921, 8163, S. 231. — Rosenau und Anderson, Hyg.
Laborat. Bull..1907, Nr. 86. — H. Rosenberg, I. Mitt. in DöllEen und Rosen- -
‚berg, Zschr. f, ges. exper. Med. 1923, 86. 5. 865. — Rosenberg und Adelsberger,.
AbramietPasteur, Vallery-Radol, Pr. méd. 1921, Nr. 79.— Widal,Abrami ` '
et Lermoyez, Ebenda. 1922, Nr.18. — H.Wiedemann, Zschr. f. ärztl. Fortbildg: `
Ein Fremdkörper im Magen (Gastrotomie). Eo
Über einen Fremdkörper im Magen soll im Nachfolgenden
berichtet werden, da der Fall in, röntgenologischer und chirurgi- - .
abends aufgenommen, weil sie vor 4 Stunden eine Stecknadel versehent-
1) Darüber und. a Literatur siehe. in meiner kürzlich
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'auf und verließ am 16. Tage frisch und blühend das Krankenhaus.
verändertem Organbefund in einem auf keinen Fall aseptischen
1576
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 45.
9. November
RRR
lich verschluckt hatte. Sie gab Schmerzen im Halse —.Kehlkopfhöhe —
an, äußerte sonst keine Beschwerden. Nach dem Unfall hatte sie nichts
gegessen, nicht erbrochen.
hat sie eine größere Portion Fleisch mit Kartoffeln und Kohl zu sich
genommen. |
Im Rachenraum war weder eine Nadel noch ein Trauma nach-
zuweisen. Dagegen wurde vor dem Röntgenschirm nach vielem Suchen
eine feine Nadel sichtbar, welche 1 cm links des Nabels in horizontaler
Ebene mit ihrem kugelförmigen Kopfende dem Pylorus abgewendet lag.
Sie maß etwa 3cm. Bei Verschiebung des Magens mit der Hand machte
sie seine Bewegungen mit. Kein Zweifel, daß es sich um eine im
Magen befindliche Stecknadel handelte, die mit der Spitze nach dem
Magenausgang wies. Auch nach 40 Min. bei Wiederholung der Durch-
leuchtung bildete die Spitze den führenden Teil. Die Nadel lag etwa
4cm höher als zuvor und senkrecht über der ersten Lage und maß
wieder etwa 3 cm. |
_ Wir entschlossen uns zur sofortigen Operation (Dr. Fritzler).
Chloroform- Äther-Tropfnarkose. -Kurzes initiales Erbrechen. Mittel-
schnitt Proc. ensif. — Nabel. Der gesund aussehende Magen liegt ballon-
artig in der Bauchwunde, erstaunlich voll (10 Stunden nach der letzten
Mahlzeit!). Nach einigem Suchen gelingt es den von hinten und vorne
den Magen abtastenden Fingern, die Nadel im kardialen Magenteil zu
fassen, in den sie, wie vermutet, durch das Erbrechen bei Narkose- -
beginn geschleudert worden war. Im nächsten Moment entgleitet sie
zwischen all den im Magen befindlichen Speisen und wird nicht mehr
gefunden. Damit mußten wir uns leider der Möglichkeit begeben, die
Nadel von außen her an geeigneter Stelle durch die Magenwand zu
stoßen, den nachfolgenden dickeren Teil mit dem etwa 2 mm starken
Kopf zu extrahieren und den Defekt mit einer seroserösen Naht zu decken.
Deshalb Gastrotomia anterior verticalis 4cm lang.. Es entweicht
einiges Gas, die Magenwände fallen zusammen. Digital wird, eine an-
sehnliche Menge Kartoffelbrei und Kohl entleert. Dann gelingt es, die
hoch An der Kardia liegende Nadel mit 2 Fingern zu fassen und zu
entfernen, Doppelschichtige Magennaht, Bauchdeckennaht, Heilung usw.
Das Kind überstand den Eingriff ganz ausgezeichnet, stand am 14. Tage
Die Nadel ist eine
eine scharfe Spitze.
Röntgenologisch wichtig war bei diesem Fall, daß das ver-
hältnismäßig kleine Objekt zu finden war. Denn trotz gleich gut
arbeitendem Instrumentarium war bei der zweiten Durchleuchtung die
Nadel bedeutend schwerer zu finden als zuvor und zeichnete sich
lange nicht so deutlich wie erst. .Das lag sicher an der Fülle des
Magens und Darms und den wechselnden Lagebeziehungen der
Nadel zu dem Inhalt beider.
daß der Patient einen ausgewachsenen, gar adipösen Körper hat,
so ist durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen, daß solch ein
kleiner. Gegenstand nicht gelunden wird oder besten Falls nach
gewöhnliche Stecknadel, 3cm lang und hat
gründlichem mehrtägigem Abführen auf einer Röntgenplatte ein
Bild gibt. Har i |
Im Vordergund der Dinge stand von Anfang an die Frage,
ob es notwendig und richtig ist, in solch einem Fall zu operieren,
oder ob es besser ist, mit kompakten Mahlzeiten (Kartoffelbrei,
Nudeln u. dergl.) eine’ Elimination der. Nadel per vias naturales
anzustreben. |
Kein Chirurg besitzt auf diesem Gebiet so umfassende Er-
fahrungen, daß er konkrete Behandlungsmaßnahmen empfehlen
kann. Es finden sich dann auch in der Literatur nur ganz allge-
meine Bemerkungen in dieser Richtung. Nadeln und Nägel sollen
sich im allgemeinen mit ihrem stumpfen Ende so einstellen, daß
es der führende Teil wird. Hier zeigte die Nadel nach Östündigem
Verweilen im Magen absolut keine Neigung dazu.
Es ist ein eigen Ding in einem Magen eine Nadel zu sehen
und sie liegen zu lassen, obgleich keine Garantie gegeben ist, daß
sie nicht doch an einer vorher nicht bestimmbaren Stelle im Di-
gestionstraktus eine Perforation mit Abszeßbildung oder gar eine
Peritonitis herbeiführt. Mit anderen Worten: Die aktive Therapie
gibt die Möglichkeit einer zu selbstgewählter Zeit auszuführenden
typischen Operation unter normalen somatischen Verhältnissen, die
abwartende dagegen zwingt eventuell dazu, unter sicher nicht un-
Gebiet einen atypischen Eingriff vorzunehmen, wobei noch Ort und
Zeit des Eingriffs nicht selbst gewählt werden können.
Es kommt dazu, daß eine rite ausgeführte Gastrotomie unter
unkomplizierten Verhältnissen, wie sie vorlagen, nicht als sonder-
lich großer Eingriff zu werten ist.
Aus diesen Erwägungen heraus entschlossen wir uns zu der
aktiven Therapie und taten recht daran, wie. der Erfolg lehrt.
Für sie spricht ferner nach der Erfahrung dieses Falles der
Umstand, daß der Magen noch 10 Stunden nach der letzten Mahl-
Mittags — vor fast 10 Stunden also —.
Kommt in solch einem Falle dazu, `| bei der er findet, daß Pr. 3
zeit so reichlich gefüllt war, obgleich unter Würdigung der viel-
leicht etwas schweren Kost kein Grund dafür vorhanden war.
Das Mädchen war in bestem Körperzustand, hatte stets guten
Appetit, und der Magen sah absolut einwandfrei aus. Ich bin der
Überzeugung geworden, daß die recht spitze Nadel wiederholt durch
Anspießen der Magenwand in der Pars pylorica die Magenfunktion
irritiert hat. in der Weise, daß ein wechselnder Pylorospasmus. die
normale Magentätigkeit behinderte. So sperrte die Nadel sich
selber den Weg, und er wäre erst frei geworden, sobald das stumpfe
Ende der Nadel zum führenden Teil geworden wäre. Ä
Über „Vergleichende Prüfung verschiedener Baryum-
| | präparate‘“. -
Von Dr. W. Bauermeister, Braunschweig.
` In Nr.31 dieses Jahrganges veröffentlicht Dr. Curt Wittkowsky
eine Arbeit „Vergleichende Prüfung verschiedener Baryumpräparate“,
Die in dieser Publikation verkündeten Resultate sind m. E, zu be-
anstanden, weil die Conditio sine qua non derartiger Vergleichs-
prüfungen — die Herstellung gleicher Ausgangsbedingungen —
außer acht gelassen wurde. |
W. sagt über die Zubereitung seiner Vergleichsobjekte, „es
wurden zunächst Verdünnungen hergestellt, entsprechend den in
den Gebrauchsanweisungen der verschiedenen Firmen angegebenen
Mengen: wo die zuzusetzende Wassermenge auf 200—400 cem frei
’ e . O
gelassen wurde, wurde jedesmal die mittlere Menge von 300 cem
genommen.“ |
Daraus geht hervor, daß beispielsweise die von W. mit 1 und 2
bezeichneten Präparate mit 300.ccm, das Präparat 3 mit 250 ccm,
4 wiederum mit 300, 5 dagegen mit 400 cem Wasser verdünnt wurden.
| 150 g Substanz pr to 120 œ Substanz
300 ccm Wasser’ 300c
Diese Verdünnungen Pr. 1 300 cem Wasser’
Pr. 4
200 g Substanz.
Pr. 3 250 ccm heißes Wasser’
150 g Substanz
400 ccm kaltes Wasser
‘150 g Substanz
300 cem Wasser
unterzieht W. einer vergleichenden Prüfung,
200 & Substanz |
350.ccm heißes Wasser 4°" dichtesten
Schatten gibt. Die wichtige Frage, wie sich z. B. das Präparat o
und Pr, 3
“von dem, der Gebrauchsvorxschrift entsprechend, wohlbemerkt zu
nur 150 g Substanz 400 cem kalten Wassers gegeben wurden, ver-
halten hätte, wenn es entsprechend 3 (200 g Substanz zu 250 ccm
heißen Wassers) zubereitet worden wäre, bleibt offen. |
Gleich unzulänglich ist Wittkowskys Schlußfolgerung bezüg-
lich ‘der Ausfällung. Hängt doch die Sedimentierung en
3 nes 5 a „ 200 g Substanz
lich von dem Grad der Verdünnung ab. DasPräparat 3 550 ccm Wasser
soll nach Wittkowsky das beste Ergebnis zeigen; es hat nach
24 Stunden keine Spur abgesetzt, während die Präparate 1 und 2 eine
. 150g Substanz
h od TTAR oeo ® aj ? in s. sehr
starke, Pı 100 ccm Wasser dagegen nur eine allerding |
geringe Ausfällung zeigen. Auch hier ist wieder die Frage nicht
beantwortet, wie sich wohl das Präparat 5 bei gleicher Zubereitung
wie 3 bezüglich der Sedimentierung verhalten. hätte. Nach meinen
Erfahrungen ist es gar nicht unmöglich, daß trotz der Wittkowsky-
schen Prüfungsreihen das Präparat 5 de facto das emulsions-
. beständigere ist.
Bezüglich der Kostenfrage glaube ich, vor dem Fehlschluß
' warnen zu müssen, beispielsweise das Präparat 5 als teurer zu be-
. zeichnen, weil 450 cem gebrauchsfertiger Kontrastspeise davon mehr
. kosten als 300 ccm gebrauchsfertiger Speise eines anderen Präparates.
Zudem wird der Zwang der Konkurrenzfähigkeit schon auf die
' Preise nivellierend wirken.
Zum Schlusse noch eine Bemerkung zu der Empfehlung
..Wittkowskys, Baryumpräparate durch Kochen susp ensionsfähiger
zu machen. So wahr, wie vorheriges Kochen manche Kontrast-
mablzeiten überhaupt erst einigermaßen beständig macht, ebenso
wahr würde die allgemeine Rückkehr zum Kochtopf einen technischen
Atavismus bedeuten; gerade das Bestreben, von der Kochküche frel
zu sein, beherrscht die Herstellung der Kontrastpräparate der
ganzen letzten Jahre. an
EEE a e a u .
RES OT NY
we.
Lk- =
9, November '
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 45.
1
1577
pa a S
Schlußwort zur. vorstehenden Arbeit.
Von Dr. Curt Wittkowsky.
1. Gleiche Mengen der Präparate, wie Herr Bauermeister
will, würden ihres verschiedenen Baryumgehaltes wegen zu falschen
Resultaten führen. Trotzdem habe ich derartige Versuche angestellt,
die aber zu so merkwürdigen Resultaten führten, daß nichts weiter
übrig blieb, als die jeweilige Gebrauchsanweisung der Fabriken zu
‘befolgen; denn man muß es wohl als selbstverständlich ansehen, daß
diese nur die für ihre’ Präparate besten Bedingungen zugrunde legen.
2. Ist starke Verdünnung beim Präparat 5 (Citobaryum) nicht
angebracht, so hätte die Fabrik eine solche nicht empfehlen sollen;
| wenn meine Versuche in dieser. Hinsicht zu Verbesserungen der
Gebrauchsvorschrift für Citobaryum führen sollten, so haben sie ja
auch Nutzen gestiftet. Übrigens bleibt das Präparat 3 (Röntyum)
nach vielfachen Versuchen meinerseits auch in großen Verdünnungen
noch gut verwendbar; vergleichende Versuche mit Citobaryum
‚hierüber anzustellen, lag keine Veranlassung vor. =
3. Auf die Kostenfrage, die sich ja alle Tage ändern kann,
erübrigt es sich einzugehen. Ä
| 4. Für alle, die die Kochküche scheuen, muß hervorgehoben
werden, daß Röntyum und Citobaryum Präparate darstellen, die ein
Kochen überflüssig machen und in dieser Hinsicht sich gleich-
stehen. | | | u
Forschungsergebnisse aus Medizin und N aturwissenschaft.
Aus der II. Internen Abteilung (Prim. Dr. Mager) der Mährischen
Landeskrankenanstalt und dem Pathologisch-anatomischen Institut
der Masaryk-Universität (Prof. Dr. Neumann) in Brünn.
Über Blutkörpercheneinschlüsse bei Icterus gravis.
Von Muc. Karl Blum,
Wenn auch den Erkrankungen, welche mit Ikterus einher-
gehen, kein charakteristisches Blutbild zukommt und gerade die
aus theoretischen Erwägungen . sich ergebenden Veränderungen an
den roten Blutkörperchen nicht nachzuweisen sind, so konnte
Weigelt!) nach seinen Untersuchungen feststellen, daß es sowohl
im Verlaufe des Ikterus als auch der akuten gelben Leberatrophie
zu gesetzmäßigen Reaktionen des myeloischen und Iymphatischen
Apparates kommt, hierbei also die weißen Blutelemente eine Ver-
änderung erfahren. |
Es ist nach allen Untersuchungen feststehend, daß eine Ver-
mehrung der Leukozyten mit Verschiebung nach links im Sinne
Arneths jenen Formen des Ikterus zukommt, welche aus entzünd-
lich septischen Prozessen resultieren, und können wir diese Pro-
zesse sofort aus diesem Blutbilde diagnostizieren. Neben diesen
zahlenmäßigen Verschiebungen an den Leukozyten fand nun Weigelt
in 4 Fällen von akuter gelber Leberatrophie einen ganz besonderen
Befund, indem ihm in den polynukleären neutrophilen Leukozyten
der Nachweis von Vakuolen gelang, die er histochemisch als Fett-
tröpfchen (Cholesterinester) analysieren konnte. Neben Weigelt
haben Naegeli und Adler diese Befunde von Vakuolen bei schwerst
infektiöstoxischen Zuständen feststellen können. Weigelt hält die
Vakuolenbildung in den Leukozyten als ein für die Erkrankung an
akuter gelber Leberatrophie charakterisches Symptom.
Wir hatten nun Gelegenheit an der Abteilung eine Patientin
zu beobachten, in deren Blut ebenfalls die von Weigelt erwähnten
Veränderungen an den Blutkörperchen vorhanden waren. Die
Krankengeschichte dieses Falles ist folgende: .
Pat. M. L., 74 Jahre alt, wurde am 12. November 1923 auf die
Abteilung gebracht. Sie war vor 3 Tagen plötzlich nach Genuß einer
Preßwurst mit starken Schmerzen in der Magengegend und Durchfall
erkrankt. Die Schmerzen wiederholten sich später in Anfällen. Am
‚dritten Tage der Krankheit trat Gelbsucht auf. Pat. war angeblich
am 1i. November bewußtlos, jieberte und delirierte. Vor ungefähr
3 Jahren hatte die Pat. einen ähnlichen Anfall und auch. damals trat
Gelbsucht auf. Seit längerer Zeit hat- Pat. starkes Durstgefühl.
Status praesens: 13. November. Früh: Pat. groß, gut ge-
nährt, 107 kg, Haut und Skleren ikterisch verfärbt, etwas somnolent,
gibt auf Fragen nur schwer Antwort. Befund der Hirn- und Rücken-
marksnerven normal. Lunge: leichte Bronchitis beiderseits ad_basim.
Herz: perkutorischer Befund unmöglich wegen Korpulenz der Pat. zu
erheben, II. Aortenton. stark akzentuiert, Herztöne leise. Abdomen:
Venter pendulus, palpatorischer Befund fast unmöglich, Leber scheinbar in
normalen Grenzen, ziemlich starke Druckschm erzhaftigkeit in der Gegend
der. Gallenblase. Temperatur am 12. November 1923 abends: 39,0%.
13. November früh: Temp. 38,5, Puls 96. Pat. zeigt nachmittags
am Hals und oberen Extremitäten kleine purpuraähnliche Blutungen.
Harnbefund am 13. November: Spez. Gewicht 1034, Reaktion sauer,
Albumen positiv, Saccharum positiv (4%), Azeton negativ, Azetessig-
säure negativ, Urobilin positiv, Urobilinogen positiv, Bilirubin star
positiv, Chloride 0,1%, Sedimeht ikterisch verfärbte granulierte Zylin-
der, Leukozyten, Detritus. Im Wasserbadsediment Leuzin und Tyrosin
positiv. Diazoreaktion negativ, Indikan positiv. Blutdruck 150 mm Hg.
Decursus: 14. Nov., Pat. etwas munterer, Temperatur subfebril
37,4%, Puls 80, klagt über Schmerzen im Bauch und Durstgefithl. Läßt
Harn unter sich. Ikterus in der gleichen Stärke, Schmerzhaftigkeit
1) Weigelt, D.m.W. 1921, S. 1222,
bei Leberpalpation, Boas beiderseits positiv, keine neuen petechialen
Blutungen, EBbach !/s %00, Stuhl normal verfärbt (Sublimatprobe positiv).
Harnbefund: Spez. Gewicht 1021, Reaktion sauer, Albumen positiv,
Saccharum 1,3%, Azeton, Azetessigsäure negativ, Bilirubin- positiv,
Leuzin und Tyrosin negativ. —
Wassermann-Reaktion negativ. Zählung der Blutzellen: Rote
Blutkörperchen 4800000. Weiße Blutkörperchen 14100. Hg]. (Sahli) 80%.
F.I. 0,83. Thrombozyten 175000. Hämolyse: H1 : 0,48, H2 : 0,42, H3 : 0,36.
15. November. Pat. ohne Fieber, Puls 76, fühlt sich subjektiv
wohler, gibt. auf Fragen präzise Antworten. Keine neuen Blutungen,
Ikterus anhaltend, doch etwas abgeblaßt. Harnbefund: Spez. Gewicht
1023, sauer, Albumen: Spuren, Saccharum 2,1%, Azeton negativ, Azet-
essigsäure negativ, Bilirubin schwach positiv, Leuzin und Tyrosin negativ.
l 16. November. Ohne. Fieber, Puls 80, Ikterus im Schwinden
begriffen, Stuhl normal verfärbt, Haima negativ. Harnbefund: Spez.
Gewicht 1024, sauer, Albumen: Spuren, Saccharum 2%, Azeton negativ,
Azetessigsäure negativ. Bilirubin negativ, Urobilin, Urobilinogen
schwach positiv. l | | =
17. November. Ikterus fast verschwunden, Pat. beschwerdefrei,
nimmt genügend Nahrung zu sich. Harn: Saccharum 2%, Leuzin und
Tyrosin negativ. i S |
18. November. Status idem. - | | a
19. und 20. November. Pat. steht zeitweise auf, geht ihres großen
Körpergewichtes wegen beschwerlich. a%
21. November. Pat. wurde, nachdem der Ikterus verschwunde
war, auf eigenes Verlangen häuslicher Pflege überlassen. |
Differentialzählung des weißen Blutbildes:
Neutr. |Neutr. | Neutr. Eosino-| Baso-
segm. | stabk. jjugendl. Lymph.| Monoz. phile | phile Myeloz.
13. Nov.| 62,5% | 5,8% | 4,2% | 22,5% | 2,5% — — | 25%
14. „ 176,7% | 2,5% | 0,8% |19,2% | 0,8% — — —
15. „ 1725% | 4,2% | 0.8% | 184% | 3,8% | 08% | — er
16. „ 160 %| 0,8% | 0,8% | 34,3% | 3,5% | 0,8% | — —
20. „ {54.2%]| 1,7% | 0,8% | 41,6% | — 1,7% | — —
In den nach May-Grüqwald-Giemsa gefärbten en
fanden wir nun hauptsächlich in den polynukleären neutrophilen Leuko-
zyten und in den Thrombozyten (vereinzelt aber auch in den Mono-
zyten) Einschlüsse (Vakuolen). Von diesen Einschlüssen waren bis
zu 11 in einem weißen Blutkörperchen und verdrängten und über-
lagerten anscheinend die Granula, die. jedoch zwischen ihnen nach-
weisbar waren. | r
Es waren: . | | Ä | |
am 13. November unter 100 weißen Zelen . . . 22,5 mit Vakuolen
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„ 21. n p- 100 » 0,0 ”
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Die histochemische Analyse, die im Pathologisch-Anatomischen
Institut der Masarykuniversität ausgeführt wurde, ließ diese Einschlüsse
als Fetttröpfchen (Chlosterinester) erkennen. =
Es bandelt sich also in der mitgeteilten Beobachtung utin Ea
eine Patientin, bei der neben starker Adipositas und einem Diabetes
mellitus unter Schmerzen, hohem Fieber plötzlich Ikterus auftrat.
Die Befunde von Leuzin und Tyrosin im Harne einerseits, der
Nachweis der Veränderungen an den Blutzellen anderseits hätte uns
wohl zur Diagnose akute gelbe Leberatrophie führen können. Nun
sahen wir aber unter den Beobachtungen, daß mit dem Schwinden
des Ikterus auch. die oben erwähnten Veränderungen an den Blut-
zellen einerseits, das Leuzin und Tyrosin aus dem Harne anderseits
verschwanden, und so wurden wir. dazu gedrängt, die Affektion als
eine akute, in den Gallenwegen sich abspielende Cholelithiasis-
Cholangitis anzusehen, um so mehr, als die Pat. nach einer Woche
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1578.
. Krankenstand entlassen werden konnte. . ` |
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Ursache des aufgeiretenen Ikterus ein Abschluß der Gallenwege
durch Gällensteine mit konsekutiver Cholangitis festgestellt und |
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. allgemeine Adipositas, die Veränderungen in: Pankreas, . welche sich
Sicherheit zu entscheiden ist. ` |
Cholangitis, Ca hepatis, Ikterus bei Lues und Leberzirrhosen, weiters
Ikterus nach Filix Mas) erhoben haben, haben uns die oben be- -
- schriebenen Blutkörperchenveränderungen, das Auftreten von Vaku-
olen nicht finden lassen. Auch in Fällen von Adipositas allein
` Moment, sondern das Zusammentreffen von verschiedenen Ver-
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-diese Veränderungen darstellt, geht aus der Beobachtung hervor,
_‚einzelt auch in Monozyten auftraten und so lange nachzuweisen
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Am 11. Januar 1924 wurde Pat. auf die interne Klinik (Prof.
Vanysek) gebracht. Aus der Krankengeschichte, die mir von der
Klinik freundlichst zur Verfügung gestellt wurde und wofür ich auch
an dieser Stelle bestens danke, geht hervor, daß Patient am 11. Januar,
bewußtlos umfiel und. seither schlecht spricht. Die Bewußtlosigkeit
dauerte ‘kurze Zeit, seither. klagt Pat. über ‘äußerst. starke, Kopf- |’
schmerzen: . Die klinische Untersuchung. ergab. eine Haemofrhagia
cerebri neben einem Diabetes (4% Zucker, . Azeton, Azetessigsäure | AERE ee u | Se
‘Aus der II. Ohirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses. .
im Friedrichshain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. Katzenstein).
| Über- die verdauungshemmende Wirkung von Anti-
pepsin des Blutserums bei Magengesunden und Magen-
negativ). Am.13. Januar trat Ikterus ein (Bilirybin im Harn positiv).
Leichte Purpurablutungen bestanden schon bei ihrer Aufnabme,
‚Am 14. Januar unter Zeichen einer Herzschwäche 8 Uhr abends
Exitus letalis. |
zur Verfügung gestellt wurde, besagt:
Das Sektionsprotokoll, das mir freundlichst von der Prosektur Ä
Haemorrhagia cerebelli, sanguis partim coag. in ventr, IV, etin |
, ventr. lateral. utriusque. Haemorrhagiae punctiformes praec. ventr..
lat.. utr. Atherosclerosis universalis praec. ad basim cerebri. le
1epatis. |
' Steatosis universalis, Cholestasis. Cholelithiasis. Hydrops oystidis.
felleae. Struma cystica fibrosa colloides. Atrophia senilis ovar. —
~- _ Auch durch die histologische Untersuchung wurde keinerlei
Zeichen für akute gelbe Leberatrophie gefunden... = ° >
um utfiusque. Hyperaemia organorum. Hypertrophia
Wenn: wir die ‚ganzen klinischen Beobachtungen und den
pathologisch-anatomischen Befund , zusammenfassen, -so wurde als
eine allgemeine Steatösis auch bei der Nekropsie gefunden. Das,
was uns bei unserer Beobachtung. von Interesse erscheint, ist .der
Nachweis von Einschlüssen in den Blutzellen. Wir konnten nach |
. einer lıisto-chemischen Analyse diese. Vakuolen mit jenen identi-
fizieren, welche Weigelt bei seinen Fällen von akuter gelber Leber-
. atrophie fand, und können wir demnach aus unserer Beobachtung.
‘den Schluß ziehen, daß das Anftreten von Vakuolen, die als Fett-
. tröpfchen anzusehen sind, nicht bloß bei jenem Krankheitsbild vor- |
kommt, welches wir als akute’ gelbe Leberatrophie bezeichnen,
Sehr wahrscheinlich ist es, daß die durch den Ikterus. bedingte
Stofiwechselstörung eine besonders schwere sein mußte, um zu den -
genannten . Veränderungen zu führen, da wir ja auch im Harne |
Leuzin und-Tyrosin als Endprodukte eines schwer gestörten Stoff-
- ` wechsels nachweisen konnten, die Störung des Stoffwechsels also |
gewisse Ähnlichkeit mit jenen Veränderungen zeigt, welche zu akuter
-~ gelber Leberatrophie führen, ohne daß aber in unserem Falle die
Leberveränderungen der akuten gelben Leberatrophie selbst: be-
standen. Daß es in unserer Beobachtung zu eben dieser schweren
Stofiwechselstörung kam, dürfte wohl nicht allein durch den Ab-
schluß der Gallenwege bedingt sein, es dürfte gewiß die bestehende
durch das Auftreten von Zucker im Harn dokumentierten, eine
mitbestimmende Rolle gespielt haben, wenn auch dies nicht mit
Unsere Befunde, die wir durch zahlreiche Unsersuchungen
bei Fällen von intensivem Ikterüs (Icterus catarrhalis, Cholelithiasis,
oder von Diabetes in Verbindung mit Fettleibigkeit haben wir diese
Befunde nicht mehr erheben können. Es muß daher nicht ein
änderungen maßgebend sein, um eine derartige schwere Stoffwechsel-
störung hervorzurufen, daß das Knochenmark mit einer bestimmten
‚Veränderung, der Bildung von Vakuolen in den Blutzellen reagiert; -
daß. aber der Ikterus tatsächlich die direkt auslösende Ursache für
daß mit dem Schwinden des Ikterus auch die Veränderungen an
den Blutzellen nicht mehr nachweisbar waren. |
Wenn wir daher das Resultat unserer Beobachtung zusammen-
fassen, so konnten wir feststellen, -daß bei einer Kranken, die an
Fettleibigkeit und Diabetes litt, unter einem cholangitischen Gallen-
abschlusse Vakuolen, die aus Chlesterinestern gebildet waren, in
den polynukleären neutrophilen Leukozyten und Thrombozyten, ver-
waren, als der Ikterus bestand, mit dem Schwinden des Ikterus
aber. ebenfalls aus dem Blutbilde schwanden,
C: © 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.45.
ohne Ikterus und ohne Beschwerden von seiten der Leber aus dem’
‚Fermentes (oder Profermentes) ein.
u- ?
Ber 9. November -
Es zeigt unsere Beobachtung daher, daß der Nachweis dieser -
Vakuolen bei Erkrankungen, welche mit Ikterus einhergehen, wohl: -
für eine schwere Stoffwechselstörung und.eine Störung des Cholesterin- .
stoffwechsels ‘charakteristisch ist, aber -das Auftreten derselben nicht `
wie. bisher nach den Beobachtungen von Weigelt nur der akuten _
. gelben. Leberatrophie zukommt, sondern auch bei Ikterus aus anderer
Ursache, z. B. bei. cholangitischem Ikterus, vorhanden sein kann. ` |
| geschwürskranken.
. Von Otto Einstein, Medizinalpraktikant.
In Experimenten am Hunde hat Katzenstein (1) einen Jii-
. sammenhang zwischen dem normalen Anpassungsvorgang des Magens
an das Pepsin einerseits und dem Entstehen des Magengeschwäürs
| anderseits nachzuweisen versucht. Er schrieb den Schutz des’
Magens vor der Selbstverdauung der Gegenwart eines Antipepsins
iñ der Magenwand zu’ und untersuchte, ob es nicht möglich sei, .
‚durch eine Schädigung dieses Schutzstoffes, durch eine Beeinträchtigung
dieses Anpassungsvorganges, (nebst andern Insulten) ein Ulcus
pepticum ventriculi zu erzeugen. o,
Tatsächlich gelang es auf diesem Wege Magengeschwüre dar-
zustellen, die im Aussehen und klinischen Verhalten den aus der
‚menschlichen Pathologie bekannten glichen. Katzenstein schloß
aus diesen Untersuchungen, daß eine lokale Antipepsinverminderung -
einer der wichtigen Faktoren in der Pathogenese - des Ulcus ven _
triculi sei. j
Dieser, auf experimenteller Grundlage aufgebauten Erkenntnis
| gebrach es bisher an einer klinischen Stütze, ein Postulat, daş `
. sondern. daß auch Ikterus aus anderer Ursache zu jenen Verände- |
rungen an den Blutzellen führen kann — war ja der Ikterus in |
unserem Falle durch den cholangitischen Gallenabschluß bedingt. ,
schöonLieblein (2) dahingehend formulierte, daß beiMagengeschwürs-.
kranken .der Antipepsingehalt im Blutserum vermindert sein müsse!).
' Eine Schwierigkeit wird -bei allen diesen Untersuchungen zu
‚überwinden sein: Der Magensaft bzw. das Pepsin wirkt nur im
sauren, das Antipepsin nur .im alkalischen Milieu. Frühere :
Arbeiten (3—11) haben nicht, oder, Oguros Methode (12) folgend,
zumindest in nicht einwandfreier Weise diese Tatsache berücksichtigt.
. Die Ergebnisse der Theorie der elektrolytischen Dissoziation,
die Forschungen von Michaelis (13) zum Teil benutzend, war.folgende -
Betrachtung anzustellen: —. Ws IR j
= _Versteht man mit Michaelis unter „Pufferung“ das Vermögen
einer Flüssigkeit, ihre Reaktionsart (Wasserstoffionenkonzentration, Pu)
- festzuhalten, so ist Blutserum als eine im alkalischen liegende, stark.
_ gepufferte Flüssigkeit anzusprechen. Fügt man nun einfach Blutserum
: in renden. Mengen zu Pepsin-Magensaft, so läuft man also Gefahr, ..
le einer spezifischen Antifermentwirkung eine unspezifische
an ste
Milieuwirkung zu setzen. Die Hemmung der Verdauung kommt dann
eben nicht durch eine Absättigung des Pepsins, sondern durch eine
'Alkalinisierung des Milieus zustande). Es mußte also eine Nivellierung
der pg der beiden Flüssigkeiten vorgenommen werden, eine Nivellierung,
die im Magensaft z. B. um so unbedenklicher erschien, als Dauwe (14)
nachwies, daß Pepsin auch in neutralem, ja alkalischem Milieu aktiv
bleiben kann. Dauwe legte nämlich Kolloide, z. B. Fibrin, in.alkalische
Pepsinlösung, wusch nach bestimmter Zeit die Flocken ab und ver-
brachte sie in bestimmte HCI-Konzentrationen. Und erst in der Salz-
säure trat Verdauung des an das Fibrin offenbar adsorptiv gebundenen
:' Würde. es gelingen, Serum und Magensaft zu nivellieren, also
z. B. auf den Neuiralpunkt einzustellen, und würde man dann beide
Flüssigkeiten -aufeinander einwirken lassen, so müßte das im Serum .
‘enthaltene Antipepsin das Pepsin des Magensaftes- „paralysieren“.
Das müßte dadurch nachweisbar sein, daß eine Fibrinflocke von
bekanntem Gewicht in diese Mischung der beiden Flüssigkeiten
gebracht, ausgewaschen und, nach bestimmten Zeitabständen, 1m
1) Auf nähere Einzelheiten kann hier nur so weit eingegangen
werden, als festzustellen ist, daß hier nur der allgemeine Antipepsin-
mangel, der auch seinen Ausdruck in einom verminderten Antipepsin-
gehalt im Blutserum findet, berücksichtigt wird. De RN
2) Dieser Tatsache ‘Rechnung tragend, schlägt Michaelis eine .
Verdünnung von Serum und Wasser = 1:12 vor. ‚Da die Pufferung
des Blutserums eine wechselnde sein kann, so ist das Wechselnde er
Resultate bei Lieblein erklärlich. Kohler, der. Serum im Val
1:3, Magensaft 1:2 mit Aqua verdünnt, kam zu‘ Resultaten, welche
die These Katzenstein bestätigen. | N |
eine 0,5 g schwere Fibrinflocke, die,’ frisch vom Schlachthof bezogen,
. saft plus neutralisiertem Serum im einzelnen Röhrchen betrug. Hier-
+. Fibrinflocke absorbiert werden. Diese Fibrinflocke wird beim Ver-
mit geringer Streuung nebenstehender Tabelle entsprechen.
"9: November
08 % HCI gelegt, weniger verdaut wird, als wenn man die Flocke
in eine— vergleichsweise— Mischung von Puffer- und (neutralisiertem)
- - Magensaft gelegt hätte. In die Praxis umgesetzt ergibt dies folgende
Untersuchungsmethode:
. Magensaft und Blutserum werden mit Phosphatpuffern genau
‚ „neutralisiert?). Hierauf werden bei konstanter Gesamtmenge steigende
Mengen von neutralisiertem Serum zu neutralisiertem Magensait zu-
gesetzt. Als Kontrolle wurde unter den‘ gleichen Bedingungen ein un-
verdünntes Röhrchen neutralisierten Magensaftes sowie sämtliche Ver-
“dünnungsverfahren mit Phosphatpuffern an Stelle des Serums benutzt.
` Die Gemische neutralisierter Magensaft plus neutralisiertes Blutserum
werden 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen, dann. wird
gewaschen und unter reinem Glyzerin aufbewahrt nicht älter als vier
Wochen sein darf, zu den abgestuften Röhrchen hinzugegeben%). Hierauf
‚wird dekantiert und die Flocken werden mit Agua dest. von den Puffer-
bzw. Serumresten im Gläschen durch Abspülen entfernt. Dann wird so viel
0,25 %/, HCl zugefügt, als die Gesamtmenge von neutralisiertem Magen-
nach Bestimmung des in Lösung gegangenen Eiweißes mit dem Ein-
tauchrefraktometer von Zeiß-Jena. |
Also: In der Misehung (neutralisierter) Magensaft plus (neutrali-
'siertes) Serum (Pepsin. plus Antipepsin) wird bei Anwesenheit von
Antipepsin eine gewissö Menge Pepsins „paralysiert“. Beim Zufügen
der Fibrinflocke kann dieses „paralysierte“ Pepsin nicht mehr von der
bringen in die Salzsäure weniger gut verdaut als eine solche, die in
einer Mischung neutralisierter Magensaft plus neutralisiertes Serum.
- weniger Antipepsin, also weniger „paralysiertes“ Pepsin, vorfand. -
-< __Aus der Verminderung der Verdauung ist somit ein Schluß auf
das Vorhandensein und in zweiter Linie auch auf die Menge von Anti-
‚pepsin möglich: Antipepsingehalt = Pepsinbindung = Ver-
dauungshemmung. . | | nn
Bis jetzt wurden mit dieser Methode 31 Untersuchungen aus-
geführt (die Untersuchungen werden fortgesetzt), von denen 8 Ulcera
ventrieuli, 2 Ule. duod., 5 Ca ventriculi und 16 Normalfälle betreffen),
. Die Diagnose konnte in einwandireier Weise bei den Ulcera meist
bioptisch gestellt werden. Die Resultate können hier natürlich nicht
‚alle veröffentlicht werden, dies ist aber auch nicht notwendig, da sie
`- ` © Die Ulkusfreien zeigen somit als Zeichen der Hemmung durch
das Antipepsin. eine deutliche Verminderung der Verdauung, die
‚Ihren Ausdruck findet in einem Abfall der Verdauungskurve von
(neutral. Magensaft ohne Serumzusatz) 28 bis (1 Teil neutral. Magen-
saft plus 4 Teile neutral. Serum) 21 Refraktometer-Skalenteile. Im
. Gegensatz hierzu zeigen die Ulkuskranken, die sämtlich dem jugend-
lichen, höchstens dem mittleren Lebensalter angehören, bei der.
‚gleichen Versuchsanordnung eine beinahe horizontal verlaufende
Verdauungskurve. Die Beeinflussung der Verdauung ist eine äußerst
- %) Über den hierzu. anzustellenden Verschiebungsversuch vgl,
Bloch-Einstein, Zbl. f. d. ges. exper. Med. 40 (1924) Š. 31.
4) Es ist sehr notwendig, ganz trockenes, glyzerinfreies und
absolut reines Fibrin zu verwenden, das aus der Aufbewahrungs-
llüssigkeit heraus mit warmem Wasser abgespült und zwischen zwei
sauberen Tüchern so länge ausgepreßt wird, bis es absolut trocken ist,
ritt im — neutralen — Gemisch Verdauung auf, so ist dies — in der
_ Regel — nur dem Fibrin zuzuschreiben,
gm. °) Im ganzen 45 Untersuchungen mit 20. Ulc. ventr., 7 Ca ventr.,
2 Ule, duod., 16 Normalfällen. . |
m : N 5 z
i hauses in Berlin (Direktor: Geh. San.-Rat Prof. Dr. L. Kuttner).
U. Zur Behandlung chronischer Gelenkerkrankungen |
Sue mit Schwefel. |
ey. u | Von |
Dr. K. Isaac-Krieger, Oberarzt, und Dr. G. Noah, Volontärassistent.
` Seit mehreren Jahren ist auch in Deutschland die zuerst von
„auzösischen Autoren angegebene parenterale Zufuhr von Schwefel
iM die Therapie, insbesondere diejenige der chronischen Gelenk- .
efkrankungen eingeführt worden. Es ist gewiß nicht verwunderlich,
E die Zahl der sich ‘mit dieser Heilmeihode beschäftigenden
De eiten schon: in kurzer Zeit eine relativ große geworden: ist.
enn die Behandlung chronischer Gelenkleiden gehört zu. den lang- .
„ierigsten und undankbarsten Aufgaben der internen Therapie.
n mtramuskulären Injektionen wurden bisher in der Hauptsache
.
m.
1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45:
: therapie.
Molnar (4) über sehr gute Erfolge mit 1%iger Schwefelölemulsion
‚in Fällen von chronisch, deformierender Arthritis.
erkrankungen sowie bei der Arthritis deformans.
| mit Sufrogel Besserungen in Fällen von Arthritis deformans und
ty
E23
%
piji
Mpg? 4M418 8M+2825M-4255 IM+48
Erklärung zur Tabelle.
|E = die Werte des Eintauchrefraktometers.
.Mpg7 = neuträlisierter Magensaft.
H . TE T a
4M +18 = 4 Teile. (neutral.) Magensaftes + 1 Teil (neutral.) Serums.,
= Ulkusfrei. Ulkus. >
Die Klammer deutet die Hemmung der Verdauung an.
ë —
um u man m
.
geringe, ‘sie beträgt (s. Kurve) nur 0,4 Refraktometer-Skalenteile 6),
Die Kontrollen, die, wie erwähnt, mit,der' Pufferlösung anstelle des
Serums angestellt wurden, ‘ergaben alle etwa dem neutralisierten
Magensalt entsprechende Werte, ohne auch nur ‘entfernt an die.
Verdauungshemmung der normalen Fälle heranzureichen. ‚In einigen
Ulkusfällen verschwand dieser, meist feststellbare. Unterschied.
Mit. großer Wahrscheinlichkeit besitzt somit die von Katzen-
stein aufgestellte These, wonach das Ulcus pepticum ventriculi durch -
ein Mißverhältnis. zwischen dem Pepsin des Magensaftes und dem
‚Antipepsin der Magenwand im Sinne der Verringerung des letzteren
mitbedingt sei, Gültigkeit. E |
daß nämlich ‘beim Ulcus. ventriculi ein verminderter Antipepsin-
‚gehalt zu finden sei, hiermit erfüllt. Su Fr |
Literatur: 1. M.Katzenstein, Arch. £ klin. Chir: 100,101; B.kl.W. 1908,
Nr. 88; D.m.W.1907; Berl. Gesellsch.£,Chir. 20.Jan.1918.— 2, Lieblein, Mitt. Grenzgeb.
‚1913, 26, 3.890. — 3. Cantacuzöneu.Jonescu-Mihaiesti, De l’action empöchante
` du sérum sur la digestion par la pepsine. Compt. rend. hebd. de la soc. de biol. 1908, 65,
9.273. — 4. Decani, Contributo allo studio del’ P’antipepsina, R. accad. delle scienze
Torino. Sitzung v. 19. Februar 1911, Ref. Zbl f. Biochem, XI, 3051: — 5. Kohler,
Über wechselseitige Beziehungen von Magensaft und Blutserum bei Gesunden und
bei Dlkuskranken. Mitt. Grenzgeb. 1928, 37, S.87. — 6. Lieblein, Über den Anti-
'pepsingehalt des Blutes in Fällen von Ulous ventriculi, Ebenda 1912, 25, 8.390. —
‚7. Perin, Sur le pouvoir antipepsique dù sérum sanguiù ` Compt. rend. hebd. de
la soc. de biol. 1902, 54, 8.938. — 8. Rubinstein; Girault-Rubinstein, Ebenda
1911,2, 71, 8.116; 1912,1, 72, 8.28; 1912, 2, 73, 8.205. — 9. Schw arz, Zur Kenntnis
der Antipepsine. Hofmeister Beitr. 1905, S. 5%. — 10. Weinland, Über Anti-
fermente Iu. II. Zschr. f Biol. 44, S.1; 45. — 11. Zunz, Contribution à P’ötude des
propriötes antiprotöolytiques. Bull. d; Pacad. royale de méd. de Belgique. ‚1905, XIX,
‚| 8.729, 679. — 12. Biochem. Zschr. 1909, XXII, S. 265. — 18, Wasserstoffionenkonzen- >
tration, Physikal,-chem. Praktikum. — 14. Hofmeister Beitr. 1905, VI.
e) Auf Einzelheiten in der Untersuchun ; auf die Ergebnisse bei
Magenkarzinomkranken, auf die Literatur und ganz besonders auf die
Arbeit eingehen zu können.
Diskussion des Antifermentbegriffs hoffe ich in einer ausführlichen
Pharmazeutische Präparate. |
. ‚Aus der I. Inneren Abteilung des Städtischen Rudolf Virchow-Kranken- | verwandt Aufschwemmungen von Sulfur pr aecipitatum in Olivenöl
(19/0 — 10/0), Sulfur colloidale , (chem. Fabrik von Heyden, pro
Ampulle 0,2 g, 6°/, S. enthaltend) und Sufrogel (chem. Fabrik von
Heyden, Schwefelsuspension in Gelatine, 0,8%/,ig). Schwefel Diasporal
(Fabrik Volkmar Klopfer) gestattet. intramuskuläre und intravenöse :
Anwendung. ae: | A |
Ein Überblick über die wesentlichste diesbezügliche Literatur
ließ einen guten Einfluß des Schwefels Ä
D
— innerhalb der Breite anatomischer Möglichkeiten — erwarten. .
Aus Frankreich stammende Arbeiten von Bory (£), Delahaye und `
Piot (2) lenkten die Aufmerksamkeit. auf die parenterale Schwefel-
Viele Jahre später berichteten Meyer-Bisch (8) und
1 ‚ Dengler (5)
empfiehlt die Schwefeltherapie bei den primär chronischen Gelenk-
Deist (6) hat
Auch ist das Postulat Liebleins,
auf die erkrankten Gelenke
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i924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
9. November
chronischer Polyarthritis gesehen. Meyer und Meyer-Bisch (7)
halten nach ihren Erfahrungen Sufrogel bei chronischen Gelenk-
erkrankungen für indiziert und aussichtsreich. Jüngst haben Tes chen-
dorf und Spicker (8) über gute Erfolge bei subakutem, über
weniger gute Erfolge beim chronischen Gelenkrheumatismus durch
Schwefelbehandlung berichtet, während sie bei der Arthritis deformans
objektive Besserungen vermißt haben. en: ER.
Munk (9) steht. der parenteralen Schwefelbehandlung ab-
lehnend gegenüber sowohl in Hinsicht auf seine praktischen Er-
jahrungen wie auf die. theoretische Grundlage, die durch Arbeiten
Meyer-Bischs geschaffen worden ist. |
Auch Weskott (10) kommt zu dem Ergebnis, daß dem
Schwefel gegenüber den anderen Proteinkörpern ein Vorzug nicht
_ einzuräumen ist, die Nebenerscheinungen mitunter äußerst unan-
. genehmer Art sind.
Wir haben insgesamt 16 Fälle einer Schwefelbehandlung unter- .
zogen. Es handelte sich hierbei in keinem Falle um einen akuten
oder subakuten Gelenkrheumatismus, sondern es bestanden fast
stets jahrelange, immer progressive Gelenkprozesse und -verände-
rungen, die meist schon -im Laufe der Jahre mit dem ganzen
Arsenal symptomatischer und Proteinkörperpräparate behandelt
worden waren, bei denen auch hydrotherapeutische Maßnahmen
bereits ausgiebigst in Anwendung gekommen waren. Diese unter.
einer großen Zahl unserer an Gelenkaffektionen erkrankten Patienten
getroffene. Auswahl muß selbstverständlich bei Beurteilung der
Erfolge und Mißerfolge berücksichtigt werden. |
In 5Fällen haben wir eine Besserung in der Beweglichkeit
der betroffenen Gelenke sowie eine Abnahme der Schmerzhaftigkeit
derselben erzielen können. |
Darunter handelte es sich einmal um eine 76jährige Patientin, die
seit 30 Jahren an Gelenkrheumatismus litt und seit einem Jahr völlig bett-
Jägerig war; bei ihr bestand eine destruierende chronische Polyar
z. T. exsudativer, z. T. produktiv-ankylosierender
Allgemein- und Herderkrankungen auslösten, wie wir sie sonst nicht
zu sehen gewohnt waren. Nach Abschluß der Behandlung konnte die
Patientin Doido Arme und Hände leidlich unter nur geringen Schmerzen
bewegen, so daß sie z. B, was seit Jahren unmöglich gewesen war,
ohne fremde Hilfe essen konnte.
konnte nicht erzielt werden.
Bei einem 2. Patienten, der seit 22 Jahren an Versteifung der |
Wirbelsäule und deformierenden ‚Prozessen fast aller Gelenke ein-
schließlich der Kiefergelenke litt, konnte auch durch Sulfur colloidale
‚eine zwar nicht sehr erhebliche, aber doch deutliche Besserung er- -
zielt werden.
Bei einer weiteren Patientin, die seit der Kindheit häufige Hals-
eutzündungen und vor einem Jahr einen leichten akuten Gelenk-
rheumatismus durchgemacht hatte, bestand bei der Krankenhausäufnahme `
das Syndrom einer
mit Beteili
Befund im
sekundär-subehronischen Polyarthritis rheumatica
ng des Endokards und positivem Streptococcus viridans-
lut (den wir in letzter Zeit bei Gelenkerkrankungen häufig
feststellen konnten) (11). Hier konnte durch Sulfur colloidale eine `
Besserung bewirkt werden. u
Den 5 Fällen, bei denen ein Erfolg zu verzeichnen war, stehen
nun 11 weitere gegenüber, bei denen eine günstige Beeinflussun
weder objektiv noch. subjektiv festgestellt werden konnte. |
So bei’ einer Patientin mit chronischer rheumatischer Poly-
arthritis, bei der sämtliche Gelenke in Mitleidenschaft gezogen und
starke periartikuläre Schwellungen vorhanden waren, weiter unter
dauernden subfebrilen Temperaturen eine ‚doppelseitige Pleuraaffektion.
lut); hier konnte `
durch keine Behandlungsmethode und kein Mittel Besserung erzielt
bestand (positiver Streptococcus viridans-Befund‘ im
werden. - | |
. Die übrigen durch Schwefel unbeeinflußbaren Patienten, bei denen
sämtlich eine primär chronische progressive deformierende Arthritis
bestand, erwiesen sich auch anderen Präparaten gegenüber gleicher-
maßen refraktär, konnten aber doch z. T. durch langdauernde Hydro-
therapie gebessert werden. 7 |
Was die. Frage der Dosierung anlangt so gaben wir vom
{%igen Schwefelöl 1/4 bis 4 cem intramuskulär in Abständen von
mindestens 4 Tagen, nachdem wir vorher gleiche Quanten der
1%/oigen Lösung versuchsweise injiziert hatten. Hier waren die
schmerzen an der Einstichstelle doch so erheblich und die Neben-
erscheinungen (Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen) mitunter derart
Stark, daß wir von der Anwendung des Schwefelöls bald absahen.
Schon nach kleinen Dosen kamen Temperatursteigerungen zur
Beobachtung. - Das Sulfur colloidale ‚verursächte in Mengen von
1/, bis 4 cem einer 0,6 %igen Lösung injiziert wesentlich geringere
Schmerzen. | [ nger e | )
festgestellt, insbesondere keinerlei Nierenschädigungen gesehen. Die
itis,
Natur. Sie erhielt
insgesamt 10 Injektionen Sulfur colloidale (1/, bis 5 ccm), die so starke .
Eine Gebrauchsfähigkeit der Beine `
Hiermit wurden nie unangenehme Nebenerscheinungen |
Temperatur erzeugende Dosis ist durchaus individuell; mitunter
wurden schon nach t/a cem Temperatursteigerungen gesehen, meist
erst nach größeren Dosen.
am folgenden Tage auf. . Die nächste Injektion wurde immer erst
nach Abklingen der gesetzten Reaktion gegeben, durchschnittlich am
5. Tag. Wir machten wiederholt die Beobachtung, daß die gleiche
Dosis, ‘die anfänglich keinerlei wahrnehmbare Reaktion auslöste, im
weiteren Verlauf der Behandlung Fieber sowohl als auch Herd-
reaktion bewirkte, was wir wohl im Sinne einer Sensibilisierung
deuten dürfen.
Fast stets jedoch trat das Fieber erst
Das Sufrogel hat den Vorzug, nicht die geringsten Schmerzen .
zu verursachen. Schon geringe Dosen (0,1 bis 0,5 cem der 0,3 %igen -
Schwefelgelatine) genügen hier. - |
In keinem Falle wurden während der Zeitdauer der Schwefel-
behandlung anderweitige therapeutische Mittel benutzt.
Nach unseren Erfahrungen kann durch Schwefel unter Um-
ständen auch bei chronischer Polyarthritis eine Besserung erzielt
`
werden, jedoch kann ihm eine besondere Stellung in der Reihe der
zur Behandlung chronischer deformierender Gelenkerkrankungen
angewandten Reizkörper nicht eingeräumt werden.
' Literatur: 1. Bory, Compt. rend. soc. biol, 1907. — 2. Delahaye und
Piot, Ebenda. 1907, 68. — 3. Meyer-Bisch, M.m.W. 1921, Nr. 17; Zschr. fi. klin,
Med. 94,' 8.237; Klin. Wschr. 1922, Nr.12. — 4. Molnar, B.kl.W. 1921, Nr. 43. —
5. Dengler, Klin. Wschr. 1924, Nr.8. — 6. Deist, Ther. d. Gegenw. 1924. H.6. —
7. Meyer und Meyer-Bisch, Klin. Wschr. 1923, Nr. 49. — 8. Teschendorf und
Spieker, Ther. d. Gegenw. 1924, H. 8. — 9. Mun k, Handb. v. Kraus-Brugsch, Bd. 9,2,
— 10. Weskott, M. m.W.1922, Nr. 18. — 11. Isaac-Krieger und Friedlaender,
D.m.W. 1924, Nr. 20. l ' l -
Aus dem Ambulatorium für Geschlechtskrankheiten am Krankenhaus
Moabit zu Berlin (Leitender Arzt: Dr. Felix Moses).
Über Neo-Cutren.
Von Dr. Hans Abrahamsohn.
Wir hatten Gelegenheit, an dem reichhaltigen Material unseres
Ambulatoriums ein neues Wismutpräparat Neo-Outren zu erproben,
hergestellt- von der Firma Passek & Wolf, Hamburg 26..
Neo-Cutren ist eine sehr feine und gut haltbare 5°/,ige ölige
Suspension der durch Kupfer aktivierten Wismutsalze der Jodortho-
oxychinolinsulfo- und Salizylsäure. Im folgenden wollen wir über
die Ergebnisse reiner Neo-Cutren-Kuren berichten.
Nach Aussonderung der unvollständigen Kuren bleiben 27 Pa-
tienten — 20 Männer und 7 Frauen — übrig, die wir in den Monaten
Januar bis März 1924 mit reinen Neo-Cutren-Kuren ausschließlich
ambulant behandelten. Zu einer vollständigen Kur gehörten jedes-
mal 15 intraglutäale Injektionen von je 1,5 cem von der Suspension.
Die Verträglichkeit des Mittels war eine sehr gute. Nur ab und an
gaben Patienten auf Befragen an, ein leichtes Ziehen in den Glutäen
zu verspüren. Eine genaue chemische und mikroskopische Verfolgung
des Harnbefundes hat in keinem Falle eine Nierenschädigung er-
kennen lassen. Schleimhauterscheinungen irgendwelcher Art haben
wir niemals erlebt, trotzdem wir unseren Patienten eine besondere
| Mundpflege absichtlich nicht empfahlen.
haben wir nur einmal — und bei einer Frau — nach der fünften
und nach. der siebenten Injektion an der Haut der Nates um die
Injektionsstelle herum ein nach wenigen Tagen wieder abgeklungenes
Erythem auftreten sehen. Auch bei dieser Patientin war keine
Nierenschädigung festzustellen. Die übrigen Injektionen wurden an-
‚standslos vertragen. Man sieht: Kein Vergleich mit den starken
Nebenwirkungen der Hg-Therapie. |
An Hauterscheinungen
| So sind-auch nur wenige Pa-
tienten aus der Behandlung fortgeblieben, während das bei'intramus-
kulären Hg-Injektionen ja kein seltenes Ereignis ist,
Bei unseren 27 Patienten handelte es sich in 22 Fällen um
seropositiven Primäraffekt, in einem Falle um tertiäre Lues, in allen
übrigen um Fälle des früheren und späteren sekundären Stadiums.
Seronegative Primäraffekte wurden nicht mit reinen. Neo-Cutren-
Kuren behandelt, weil wir an Papeln und Primäraflekten die Br
fahrung machten, ‚daß erst nach mehreren "Wismutinjektionen die
'Spirochäten verschwanden. In einem Falle konnten noch nach fün
Injektionen Pallidaspirochäten in dazu erodierten Papeln nachge
‘wiesen werden. Im allgemeinen verschwanden die Spirochäten nat
(der dritten Injektion.
Die Wirkung des Neo-Cutren auf die‘spe”
fischen Erscheinungen war eine ausgezeichnete. ‘Nach zwei bis ver
‚Spritzen verschwanden ausgedehnte Exantheme und nach fünf 2
'sieben Spritzen waren die beiden erwähnten, etwa 10 Pfennigstü®
großen, ‘schon wochenlang bestehenden und Spirochäten 1n. reicher
‘Menge. enthaltenden Primäraffekte abgeheilt. Nach fünf Neo-Outren-
w mn. na u VD w’
9, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.. 71881
Injektionen war eine Patientin mit recht schmerzhafter Periostitis
am rechten Oberarm subjektiv beschwerdefrei, und auch objektiv
war der Befund wesentlich gebessert.
Die Wirkung des Neo-Cutren auf die Wa.R. ist gleichfalls
eine gute. Bei den Fällen von seropositivem Primäraflekt und früh-
sekundärer Syphilis wurde die Reaktion mehrfach schon nach sechs
bis sieben Injektionen negativ, nachdem sie am Anfang der Kur
stark positiv gewesen war. Versager haben wir in diesem Stadium
nicht erlebt. Von vornherein war zu erwarten, daß die Beeinflussung
der Seroreaktion in den späteren Stadien eine weniger prompte
sein würde, wie wir das ja ebenso von den anderen Antisyphilitica
wissen. Tatsächlich sind auch Fälle zu verzeichnen, in denen keine
Beeinflussung zu erzielen war. In denselben Fällen war meist auch
Salvarsan von keinem oder nur geringem Erfolge. In anderen u. z.
der Überzahl der Fälle von spätsekundärer Syphilis wurde die Wa.R.
negativ, selbst in Fällen, die sich allen anderen Antisyphilitica
| gegenüber resistent gezeigt hatten. Anführen will ich einen Fall,
wo in fünf kräftigen Salvarsan-Hg-Kuren die Seroreaktion höchstens
auf +-+- herabgedrückt werden konnte, wo Jodkali ebenso wie
ein anderes Wismutpräparat ohne Erfolg war und wo die Wa.R.
nach 7 Neo-Cutren-Injektionen auf -+ herunterging. Wir möchten
annehmen, daß infolge der langsamen Wismutausscheidung beim
Neo-Cutren die Patienten in manchen Fällen sich nach der Kur
noch bessern werden. Erst gegen Ende der Kur konnte in wenigen
der untersuchten Harne Wismut festgestellt werden. Wir behalten
uns vor, über die Dauerresultate der Neo-Cutren-Behandlung später
zu berichten. Doch glauben wir schon heute das Neo-Cutren als
ein gut dosierbares, wirksames und verträgliches -Wismutpräparat
empfehlen zu können.
' Die Ausscheidungs-Untersuchungen wurden freundlicherweise von
Herrn Prof. Jacoby, Vorsteher des chemischen Laboratoriums unseres
Krankenhauses, vorgenommen. $
t
Ärztliche Gutachten aus dem Gebiete des Versicherungswesens
(Staatliche und Privatversicherung) | |
redigiers von San.-Rat Dr. Hermann Engel, Berlin.
Bewertung hysterischer Reaktionen.
Von Dr. Erich Romberg, Generaloberarzt a. D., Berlin-Tempelhof.
S. hat sich nach einer offenbar ganz belanglosen Quetschung .
des linken Unterschenkels im Januar 1909 im eine derartig schwere
Hysterie hineinsuggeriert, daß alle Behandlung vergeblich war,
auch die von ihm selbst gewünschte und 1910 ausgeführte Amputation
des linken Unterschenkels. Zunächst schien diese Amputation Er-
folg gehabt zu haben, so daß eine Rente von 60 % festgestellt wurde,
S. nahm aber sofort den Rentenkampf wieder auf und erreichte 1911
. vor dem Schiedsgericht für Arbeiterversicherung, daß ihm die Voll-
rente gewährt wurde, während die höchste Rente vor der Amputation
nur 75% betragen hatte, das Schiedsgericht hat damals allerdings
ausdrücklich in den Gründen seines Urteils diese Vollrente nur auf
kürzere Zeit gewähren wollen, damit S. sich noch etwas mehr an
den Amputations-Zustand gewöhnen sollte. -
Entgegen den Absichten des Schiedsgerichts hat daun aber
die Berufsgenossenschaft die Vollrente bestehen lassen, Nachunter-
suchungen erfolgten 1912 und 1917, sie ergaben keine wensentliche
Anderung, S. war inzwischen im Siechenhaus.
Am 31. März 1924 ergab eine Untersuchung keinen Befund
. am Nervensystem, keine Hysterie, also eine wesentliche Besserung
und die Gewöhnung an den Amputations-Zustand, die Rente wurde
auf 75% herabgesetzt, die Ehefrau hat Berufung eingelegt, das
Leiden sei schlimmer als je. Die Berufsgenossenschaft hat darauf -
hingewiesen, daß die Vollrente schon 1911 nur als Übergangsrente
gedacht war, und daß S. manche Arbeit im Sitzen verrichten könne.
Das Ehepaar ist heute erschienen, die Frau will die an den
Mann gestellten Fragen beantworten, will ihm bei allen Verrichtungen
helfen, er humpelt am Stock und von ihr unterstützt, anscheinend
ganz hilflos ins Zimmer, will sich in Allem helfen lassen, es geht
aber auch ohne die verschiedenen Hilfen und Unterstützungen wenn
auch ‘langsam. |
Angaben und Klagen (zugleich zur Kennzeichnung des
Verhaltens und der Intelligenz): Er ist zur Untersuchung hier, wegen
Seiner Rente, sie soll wieder erhöht werden, man hat ihm etwas
abgezogen, wieviel weiß er nicht, vorher bekam er im Monat
66,75 M., wieviel jetzt, weiß er nicht, Er bekommt die Rente da-
für, daß ihm der Fuß abgenommen worden ist. Arbeiten kann er
nicht, weil ihm der Kopf weh tut, das ist als ob sich das Gehirn
im Kopf hebt, manchmal ist er ganz weg, weiß nicht, was er tut,
‘ er hat dann solchen Schwindel. Die rechte Rückenseite kann er
garnicht anfassen, der Beinstumpf tut weh und fliegt, im andern
Bein hat er auch, Schmerzen, das Herz zuckt, als ob es ordentlich
weh tut. Das kommt alles vom Unfall, auch Rheumatismus in der
Schulter und im Spitzknochen (Stumpf).
Er arbeitet also nichts, lebt von der Rente, die Frau ist auch
krank. Der Unfall ereignete sich 1909, bis 1923 war er im Siechen-
aus, genauere Zeiten kann er nicht angeben.
N Die Intelligenzprüfung hat Schwierigkeiten, da S. in der
chule nichts gelernt hat, er kann nur seinen Namen schreiben.
Der Eindruck, den er macht,. ist der eines hochgradig Schwach-
Sinnigen, so nennt er z. B. die Wochentage rückwärts: Sonntag,
Freitag, Mittwoch, Donnerstag. Die Monate: 12, 11, 1, 2, Aber
der Schwachsinn ist nach dem gesamten Verhalten nicht so groß,
als S. glauben machen will. Ä
Körperlicher Befund: 57 kg schwer, ausreichender Ernährungs-
und Kräftezustand, Aussehen gesund, dem Alter entsprechend, dichtes
Haar, nur an den Schläfen ergraut. Das linke Bein ist dicht über
dem Knie nach Gritti amputiert, der Stumpf bietet keinerlei Be-
sonderheiten und ist als günstig zu bezeichnen, die Wirbelsäule ist
seitlich in mäßigem Grade verkrümmt. Ein Stelzbein wird ge-
tragen, S. benimmt sich, als ob er erst jetzt damit anfängt, laufen |
zu lernen. |
Die gesamte Untersuchung wird durch Versuche von S. be-
stimmt, kränker zu erscheinen, als er ist, er tut wie hilflos, besonders
als er auf den Untersuchüngstisch steigen soll, kommt dadurch in
Stellungen, die statisch recht schwierig sind und Befürchtungen
erwecken, aber es geschieht nichts, S. fällt nicht, kommt dahin, wo
er soll. Was er z.B. an Händedruck, Beinbewegungen, bei Ataxie-
prüfungen produziert, steht in lächerlichem Gegensatz zu dem tat-
sächlichen Zustand. Auch bei diesen körperlichen Untersuchungen
offenbart sich eine Übertreibung eines vorhandenen Schwachsinns.
Objektiv ergibt sich: Lungen ohne Krankheitsbefund, Herz in
regelrechten Grenzen, Töne rein, Puls 80, regelmäßig, Schlagadern
mäßig hart. | zZ | |
Der Kopf tut angeblich überall weh, die Pupillen sind nicht
ganz rund, reagieren prompt. Knie- und Achillessehnenreflexe rechts
schwach, Hautempfindung ohne Störung, auch im übrigen am Nerven-
system kein Krankheitsbefund. |
Nach beendeter Untersuchung gibt die Frau an, daß er zu
Hause grundlos schimpft, mit dem Stock um sich schlägt und die
Familie bedroht. Das sind die „Anfälle“, von denen sie schreibt.
Nach langsamem Anziehen, nunmehr unter Hilfe der Frau,
verläßt S. mühsam, langsam, humpelnd, gestützt das Zimmer, ich
war nach einiger Zeit überrascht, das Ehepaar in wesentlich flotterer
Gangart und in lebbafter Unterhaltung, bei der er hauptsächlich das
Wort führte, eine längere Strecke vor mir her auf der Straße gehen .
zu sehen.
Urteil: Es handelt sich um eine Hysterie ungewöhnlicher
Stärke. Es ‘ist doch immerhin selten, daß sich Jemand, um eine
höhere Rente zu bekommen, ein Bein abschneiden läßt, auch sonst
bot der Zustand von 1909—11 wissenschaftlich Besonderes, die |
(vasomotorischen) Störungen der Gefäßversorgung waren ganz auf-
fällig, zu ihnen gehörte das Ausfallen und Weißwerden der Haare,
die nun wieder in dichtem Wuchs und nur an den Schläfen ergraut
vorhanden sind.
Als Heilmittel der Hysterie war die Amputation von 1910 er-
folglos, der hysterische Seelenzustand wurde dadurch fixiert, aber
nicht verringert. Insofern war die verfrühte Herabsetzung der Rente
von 75 auf 60% damals ungerechtfertigt und das Schiedsgericht im
Recht, als es den Zeitpunkt der Rentenherabsetzung noch nicht für
gekommen hielt, man mußte’ damals noch auf einen Erfolg der
Amputation und auf die Gewöhnung an den Amputations-Zustand
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en 1994 — MEDIZINISCHE KLINIK —
Heute ist S. der Hysteriker, wie damals, seine Rente ist ge-
fährdet, also ist er krank und damit man das sieht, übertreibt er
maßlos und bewußt, es liegt in seiner seelischen Konstruktion,
daß ein Teil seiner Reaktion auf die Rentenherabsetzung und Unter-
suchung unbewußt ist, man nennt das eben Hysterie. Insofern muß
festgestellt werden, daß der heutige Zustand keine wesentliche
‘Besserung gegenüber dem von 1911 zeigt, als das Schiedsgericht
die Vollrente gewährte. un
Ich glaube aber mit dieser Feststellung doch der Sachlage
nicht, genügend gerecht zu werden. Am 31. März 1924 hat Pro-
fessor H. ganz ausdrücklich festgestellt, daß S. frei von den
hysterischen Reaktionen war. Diese Feststellung ist von ganz be-
sonderer Bedeutung, sie beweist, daß die hysterischen Reaktionen
und von ihnen untrennbar die bewußten Übertreibungen und Simu-
lationen im Frübjahr 1924 nicht bestanden.
begründet gewesen, als S. damals zur Untersuchung ging, brauchte
er nicht eine Herabsetzung der Rente zu befürchten, denn man hat
sie ihm ja schon 12 Jahre unbeanstandet belassen, 1917 war dazu
auch kein Aufwand besonderer Hysterie ‘nötig geworden.
Die unerwartete Rentenherabsetzung 1924 hat wieder hysterische
Reaktionen nötig und frei gemacht, . womit‘ ihre psychologischen
Grundlagen besonders klar geworden sind, die Hysterie ist nicht
Folge des Unfalls, sondern Folge der Auswertung des Unfalls. ı
Ich bin nun in der Meinung, daß es erwiesen ist, daß noch
am 31. März 1924 die rein hysterischen Reaktionen auf den Unfall,
Das ist auch völlig
Nr. 45. 9. November
_ die nun mal früher als Unfallfolge anerkannt waren, beseitigt waren.
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Sie waren zwar nie eigentliche Unfallfolgen gewesen, aber es bestand
die rechtliche Bindung, daß sie als solche anerkannt waren. Am
3i. März 1924 bestand die weitere Folge der hysterischen Konstitution,
nämlich der Amputationszustand weiter, dieser Zustand: bleibt nach
wie vor Gegenstand der Rentenversorgung. Aber auch nur dieser
allein, denn es scheint mir bewiesen, daß die neuen hysterischen
Begehrungsreaktionen eben neu und nieht mehr Unfallfolgen sind.
Es ist in diesem Sinne auch nötig, darauf hinzuweisen, daß es sich
nicht um hysterische Reaktionen allein, sondern auch um bewaußte
Simulation handelt, die obigen Ausführungen dürlten besonders ein-
leuchten, wenn man den Anteil dieser Simulation am Gesamtzu-
stande recht hoch bemißt. 7:
Was sonst noch vorhanden ist, hat mit dem Unfall keinen
Zusammenhang, weder der Schwachsinn mit Erregungszuständen,
noch die beginnende Arteriosklerose oder der Rheumatismus von 1911.
Die mir gestellten Fragen beantworte ich dahin: |
i. Seit der Beurteilung von 1911 war am 31. März 1924 eine
sehr wesentliche Besserung. des‘ Zustandes vorhanden, die rein
hysterischen Zeichen waren beseitigt. Ihr erneutes Hervortreten
nach der Rentenherabseizung steht mit dem Unfall von 1909 in
keinem ursächlichen Zusammenhange mehr, es handelt sich auch .
nicht um Hysterie allein, sondern zum Teil um bewußte Übertreibung.
2. Nach dem 1. Juni 1924 bestand infolge der Amputation, also
des Unfalls jedenfalls keine höhere Erwerbsminderung als von 75%.
Aus der Praxis für die Praxis.
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden- Baden.
E (Fortsetzung aus Nr. 44.)
Das Nähen verletzter Weichteile.
Je früher die Naht erfolgt, um so besser; ist die Patientin
aber sehr ausgeblutet und die Naht eine sehr schwierige, so kann
man auch, bis geeignete Hilfe’ vorhanden, die Tamponade nach
Diührssen machen. Muß man Cervixrisse nähen oder hoch hinauf-
gehende Risse, nehme man zur Freilegung möglichst lange und
breite Specula. Am besten Narkose mit Steißrückenlage in Quer-
lagerung. Das.Schwierigste beim Nähen ist meist die Anlegung der
ersten Naht an der höchsten Stelle des Risses und das Nähen winkliger
Risse. Alle Nähte müssen den ganzen Grund umfassen und unter
demselben hergehen, sie müssen fest angezogen werden, damit sich
in der Tiefe keine Blutansammlungen bilden.
"Dammrisse. |
Fast alle größeren Dammrisse reichen verschieden hoch in die
Scheide und umgreifen links oder rechts die Columna rugarum post;,
oft auch gabelig. Meist ist immer zuerst ein Scheidenriß vorhanden,
der sich anzeigt, daß es beim Durchschneiden des Kopfes
blutet, daran anschließend folgt der Dammriß. Es kommen auch
zentrale Dammrisse vor, wo das Einreißen zunächst in der Mitte
des Dammes erfolgt; es kann darauf beschränkt bleiben, oft reißt
aber noch die nach vorne gehende Brücke ein, Es kann also der
Damm in den verschiedensten Richtungen reißen, weshalb man sich
stets das ganze Operationsfeld sorgfältigst freilegen muß, um richtig
zu nähen. Wegen des Durchtritts verschieden großer Plana hat man
daher bei Stirn- und Vorderscheitellagen, besonders bei Erstgebärenden,
die größten Rißverletzungen. Man kann durch langsames Durch-
tretenlassen der Frucht in den kleinsten Durchmesser (wichtig beim
Zangenzuge, s. diese) größere Risse verhüten, besonders den mit so
roßen Unannehmlichkeiten verbundenen kompleten Mastdarm-
scheidenriß (incontinentia alvi et flatus).
bedingen,
Arzt muß nach jeder Geburt auf Risse nachsehen.
besten in Seitenlage, auch kann
Naht anlegen. Scheidennähte
vermieden werden kann.
Man achte auch auf kleine
Risse in der Clitorisgegend, die meist eine stärkere venöse Blutung
en. diese müssen umstochen werden. Blutet es einmal
aus der Umstechung weiter, So tamponiere man noch. Der
Es geschieht am.
man in Seitenlage eine einfache
sind in Seitenlage nicht gut anzu-
legen. Prophylaktisch kann hier viel geschehen, um wenigstens
nicht einen Mastdarmscheidenriß zu bekommen, der eigentlich immer
durch eine rechtzeitig gemachte seitliche Inzision (s. Episiotomie)
Bei besonders engen Scheiden, speziell
von solchen, an welchen schon einmal eine Dammplastik gemacht
worden ist, habe ich stets einen Kolpeurynier in die Scheide gelegt
und durch allmähliches stärkeres Anfüllen desselben die Narbe ge-
dehnt. Als abschreckendes Beispiel möchte ich folgenden Fall er-
. wähnen:
Es handelt sich um einen Fall von allgemein gleichmäßig
verengtem Becken bei einer 25 jährigen Ipara, wo der Hausarzt
nach Wehentätigkeit von einigen Stunden den Forceps angelegt und
dabei einen großen hochhinaufgehenden Mastdarmscheidenriß gemacht
hat. Trotz sofortiger Naht war nur der Damm geheilt und eine über
| 2 em lange Mastdarmscheidenfistel geblieben, so daß. der meiste Kot
. durch die Scheide ging. Später habe ich dann durch Lappenspaltung
die Fistel geschlossen. Nach mehreren Jahren abermals Schwanger-
schaft. Außer dem engen Becken bestanden bei der zarten, gracilen
Frau die Damm- und Scheidenmastdarmnarben. Einlage eines
Kolpeurynters®), der allmählich stärker gefüllt wurde, half die
Narben dehnen. Es gelang mir. so trotz abermaligem Forceps mit
Hilfe einer Scheidendamminzision, ohne daß die alten Narben rissen,
ein lebendes Kind zu entwickeln. Die dritte Entbindung leitete: ich
ebenso, nur legte ich dieses Mal den Kolpeurynter früher ein, də
primäre Wehenschwäche ‘auftrat. Nach 36stündiger Geburtszeit
wurde abermals mit Forceps ein lebendes Kind entwickelt. Auch
dieses Mal Scheidendamminzision auf der anderen Seite, die eben-
falls per I heilte und die 'Mastdarmscheidennarben blieben intakt.
| Vor Ausstoßung der Placenta die Naht zu machen, wie dieses
seiner Zeit Ahlfeld wünschte, ist nicht absolut nötig, wenn mal
nur die Wunde gut bedeckt hält. Ist die Placenta noch nicht aus
gestoßen, so können leicht beim Nähen stärkere Blutungen ex Atonia
störend wirken. Man schiebe deshalb einen dicken Gazebausch in
die Vagina, der das Blut möglichst abhält, davor kommt ein breites,
längeres Speculum, wodurch man die Rißstelle- noch besser über-
sehen kann. Wenn die Patientin in Narkose ist, näht man besser
gleich, sonst muß man ja bei der Naht eines größeren Risses noch-
mals narkotisieren. Man nähe alles mit Jodcatgut, jedenfalls die
Scheidennähte. Ich habe stets, Kaltenbach folgend, den Damm
mit Silberdraht oder Silkworm genäht, da man dieses Materi
länger in der Wunde liegen lassen kann. Seide ist hier nicht 50
vorteilhaft, da sich dieselbe leicht imbibiert und in die Tieto
drainiert. Versenkte Catgutnähte wird man am besten nur da legen,
wo tiefe Buchten bei seitlicher Zerreißung vorhanden. Fortlaufende
` Catgutnaht gibt nicht immer ein so schönes Resultat als die Knop!-
naht; es hat die fortlaufende Naht auch den Nachteil, daß sieh bel
einem infiziertem Faden die Infektion längs des ganzen Fadens der
ganzen Naht fortpflanzen kann, während bei Knopfnaht die Infektion
meist nur einen oder einige Stiche betrifft. Am besten päht mal
auf dem Querbett, man lege sich alles bereit, Tupfer ett.,
fädele sich viele Nadeln ein, mit Hilfe der Hebamm®
6) Der Kolpeurynter könnte viel mehr in der allgemeinen Prasis
vom Geburtshelfer angewendet. werden.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
1583
kann man so selbst eine komplizierte Naht gut machen.
Nur, wo der Dammriß ein hochhinaufgehender Mastdarmscheidenriß
ist, sorge der weniger Erfahrene erst für genügende Assistenz,
und nähe erst dann. Wenn solche Risse inzwischen gut mit anti-
septischer und steriler Gaze bedeckt sind, heilen sie auch noch,
wenn sie einen Tag später genäht werden. Bei jeder Naht
müssen die zerfetzten Wundränder mit der Schere ge-
glättet werden. Das Operationsfeld wird am besten mit Kugel-
' zangen oder durch Fadenschlingen freigelegt. So sieht man gut,
was zusammengenäht werden muß. Bei den einfachen Rissen
beginne man ander höchsten Stelle, bei gabeligen Rissen
müssen zuerst beide Wundspitzen genäht werden. Da sich
die Columna rug. post. ebenso die abgerissenen Scheidenlappen
meistens retrahieren, muß man bei der Naht gut angezogen halten,
so daß alles an die richtige Stelle kommt; erst wenn beide Kom-
missurenränder in ‚gleicher Höhe liegen, näht man die Dammhaut.
Bei Zentralrupturen durchtrenne man stets die eventuell stehenge-
bliebene Kommissur, damit man gut die Wundverhältnisse in der
Tiefe übersehen kann. Risse in den Mastdarm, auch als Damm-
risse dritten Grades bezeichnet, stellen die größte Anforderung
an die Tüchtigkeit und erfordern unbedingt Narkose. Man übereile
sich als Unerfahrener nicht, wenn auch einmal ein stärkeres Bluten
beunruhigend wirken sollte. Zur Freilegung nimmt man Kugel-
zangen. Nur wenn der Scheidenriß sehr hoch hinaufreicht,
beginnt man mit der Naht desselben, sonst näht man zuerst die
Mastdarmrändee. Dazu sucht man sich die zerrissenen
Sphincterenenden auf und faßt sie je mit einer Kugel-
zange, bringt sie zusammen und zieht dann an; so bekommt
man die Länge des Mastdarmrisses gut vor sich, und näht dann von
oben nach unten. Die rektalen Wundränder müssen zunächst durch
mehrere dünnste Catgutnähte geschlossen werden; Kaltenbach
- legte Wert darauf, daß dieselben dicht vor der Mastdarmschleimhaut
aus- und eingestochen werden, und diese nicht mitfassen, sie werden
nach der Wunde hereingeknüpft und möglichst kurz abgeschnitten.
Es empfiehlt sich, den Sphincter isoliert zu nehmen, wozu
ich stets Silberdraht genommen habe. Man muß mit einer stark-
gekrümmten Nadel subkutan weit fassen, damit der Muskel gepackt
wird. Bevor nun dieser Silberdraht zusammengezogen wird, habe
ich noch mit einem sehr dünnen Catgutfaden den Sphincter isoliert
geknüpft. Es ist also eine doppelte Sicherung für den Sphincter
vorhanden. Fehling legte tiefgreifende Seidegnähte in den Mast-
darm und knüpft dieselben auch nach dem Mastdarm zu, da-
zwischen kommen oberflächliche Catgutnähte. Es hat dieses Ver-
fahren insofern große Vorteile, als bei eventuell vorhandenen Kot-
resten die Wunde länger zusammengehalten wird. Diese Seidennähte
müssen aber später enifernt werden, wenn sie sich nicht von selbst
abgestoßen haben; keinesfalls darf dieses aber zu früh geschehen,
frühestens nach 14 Tagen.. Die,weitere Naht ist wie beim ein-
{achen Dammriß. Sollten zu starke Zerreißungen vorhanden und
der Arzt nicht in der Lage sein, eine korrekte Naht auszuführen,
‚ müßte die Verletzung zwecks Transport in eine Klinik mit sterilen
azen tamponiert werden. Der Darm muß gut entleert sein, dann
kann nach der Operation gut 4 Tage bis zur Erzielung des ersten
Stuhlgangs gewartet werden. Die ersten Tage gibt man nur flüssige
- Kost: Milch, Eier, Suppe. Am Abend des 4. Tages ein Abführmittel,
das des anderen Morgens wirkt. Am Morgen auch noch ein Glas
Bitterwasser nüchtern oder Rizinusöl. Man lasse nicht mehr wie
2 bis 3 Entleerungen folgen, sonst gebe man einige Tropfen Opium-
tinktur. Von jetzt ab jeden 2. Tag für Stuhlgang sorgen. Klystiere
unterbleiben besser die ersten vierzehn Tage bis drei Wochen. Da
ich die Dammwunde stets mit Silberdraht — mit Silberdraht kann
aber nur der Erfahrene nähen, da die Naht erlernt sein muß —
genäht, habe ich niemals vor dem 12.—14. Tage die Nähte entfernt.
Wer mit Seide näht, müßte die Naht wohl spätestens am 10. Tage
entfernen. Silkworm kann auch so lange wie Draht liegen bleiben.
Die Silberdraht-Nähte genieren am wenigsten, wenn man sie nicht
abschneidet, sondern alle zusammengedreht nach vorne und oben
schlägt. Wer sie kurz abschneidet, muß durchbohrte Schrotkügelchen
mit kleiner Zange fest aufdrücken, weil sie sonst stechen. Letzteres
erfahren hat Sänger angegeben. Gut genähte Dammrisse,
besonders die selbst gemachten Inzisionen, müssen stets
Per primam heilen, sonst hat entweder der Operateur einen
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die Wunde berührt, um so besser heilt sie.
gelindem Drucke abspülen, dann abtrocknen und wieder Dermatol-
Fehler gemacht, oder die Asepsis ist nicht genügend gewahrt
worden. Ist aber das Unglück: passiert, daß eine Dammwunde nicht
geheilt ist, so lasse man sich nicht drängen, die zweite Operation
zu früh zu machen. Man warte möglichst lange, bis jeder Wochen-
fluß aufgehört hat und die weichen Gewebe wieder normale Festigkeit
erlangt haben, also etwa 6 Wochen. Bei Nichtbefolgung dieser
Vorschrift könnte sonst abermals ein Mißerfolg, sogar eine Pyämie,
eintreten. In letzter Zeit wird durch Rudolphson wieder empfohlen,
sobald nur normale Temperaturen vorhanden sind, den granulierenden
Dammriß zu nähen; man müsse aber die Nähte im Gesunden an-
legen. Ich möchte zu diesem Vorgehen nicht zuraten. Selbst wenn
aber ein primärer Erfolg nicht nach Wunsch eintritt, soll man nie
im schlimmsten Falle die Wunde aufmachen, man entferne aber alles
nicht resorbierbare Material, insbesondere die Seidenfäden, die ich
überhaupt für eine Dammnaht nicht so geeignet halte. Wenn man
kein anderes Nähmaterial zur Hand hat, muß man feuchte des-
infizierende Kompressen vorlegen, da die Seidenfäden nach innen
drainieren; sonst habe ich die Trockenbehandlung mit Vioform-
oder Dermatolgaze angewandt. Noch eins sei bemerkt, je
weniger man dann nach richtiger Naht bei antiseptischem Vorgehen
Man lasse nur unter
oder Jodoformgaze vorlegen. |
Die klinische Bedeutung der tiefen Cervixrisse be-
ruht auf ihren schweren, selbst tödlichen Blutungen, die
sie bewirken können. Die beste Behandlung besteht in einer ex-
akten Naht, wie sie Kaltenbach zuerst beschrieb. Freilegung und
Nabt sind leicht ausführbar, wenn sich der Uterus durch Druck von
oben in den Introitus herabdrücken läßt, was meist leicht geschieht.
Dann kann der weniger Erfahrene leicht Hakenzangen in die Mutter-
mundslippen einsetzen.
vom Cervikalkanal aus zu nähen. Gelingt die Naht nicht, so tam-
poniere man nach Dührssen, was aber nachteilig werden kann, da
beim Entfernen der Gaze durch Ablösen von Thromben Nachblutungen
entstehen können. Tiefe seitliche Cervixrisse sind von inkompleten
Uterusrupturen manchmal schwer zu unterscheiden.
Die-blutige Erweiterung der Scheide und der Schamspalte.
Wenn man sieht, daß beim Dammschutz während einer Wehe
am Frrenulum oder in der Mitte des Dammes die Epidermis einzureißen
beginnt, suche man das voraussichtliche Weiterreißen durch einen.
Einschnitt zu verhindern. Die mediane Episiotomie von Michaelis
-ist nicht so praktisch, als die von Scanzoni empfohlenen seitlichen
Einschnitte in der Richtung gegen das Tuber ossis ischii. Cred&
empfahl statt der beiderseitigen’' nicht so tiefen einen einseitigen
tieferen Scheidendammschnitt. Die Technik dieser kleinen Operation
ist verschieden. Narben in der Scheide spaltet man in der. Längs-
richtung der Scheide, besser mehrere nicht so tiefe als ein-
zelne tiefe Einschnitte. Besteht ein Septum, spaltet man mit
der Schere das ganze Septum der Länge nach. Sollte bei ange-
borener Enge des Introitus im Interesse der Frucht eine sehr rasche
Entwickelung nötig- sein, empfiehlt sich ebenfalls durch die Epi-
siotomie einer starken Rißbildung vorzubeugen. Besonders emp-
fiehlt sich der Einschnitt bei Durchtritt der größten Kopf-
ebenen (Vorderhauptslagen mit dem Planum fronto-oceipitale und
Stirnlagen mit dem Planum parietale posticum). Am besten nimmt
man eine Knie- oder Cowpersche Schere und führt das eine Blatt
auf der Höhe einer Wehe zwischen Kindesteil und Beckenboden ein
— auch kann ein geknöpftes Messer genommen werden — und
schneidet seitlich von der Mittellinie gegen den Sitzbein-
knorren 1—2 cm tief ein. Die Schere legt man sich am
besten gleich am Anfang in eine antiseptische Lösung, so
daß sie jederzeit zur Hand ist. Eine weißliche Verfärbung der Ober-
haut des Dammes zeigt ebenfalls an, daß er jederzeit bersten kann.
Wichtig ist, daß nicht oberflächlich die Schleimhaut,
sondern der Schließmuskel durchtrennt wird. Nähen ist
notwendig. Die erste Naht wird am oberen Wundwinkel unterhalb
des Wundgrundes bis zum unteren Wundwinkel gelegt, dann der
Schnitt in der Scheide, zuletzt außen genäht. Es muß stets eine
prima intentio eintreten. Vor der tiefen Scheidendamminzision, die
auch den Levator ani durchschneidet, wie sie Dührssen angegeben
hat, möchte ich warnen, da die Naht eine’ sehr schwierige ist. |
(Fortsetzung folgt.) `
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Kaltenbach empfahl, hochgehende Risse.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. 9. November
-~ Referatenteil
Prof, Dr. C.Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Räntgenologie),
Prof. Dr. H. Gerhartg,;
. . Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg @Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Rat,
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, ‚Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl,
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), “Prof. Dr. 0.Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkia, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus,. Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
' heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), -Dr. W.Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische. Psychos
s o logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), .
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferafe.
Von den Herzmitteln, die in der Praxis nur noch selten Ver-
wendung finden, ist das Spartein, aus 'spartium scoparium, dem
Besenginster, von Hildebrandt näher studiert worden. Über die
Wirkung des Spartein war bekannt, daß es auch nach Vaguslähmung
die Pulsfrequenz herabsetzt, ohne die absolute Kraft des Herzens
zu beeinflussen. Diese Tatsache wird nun von Hildebrandt dahin
aufgeklärt, daß das Spartein die Reizleitung hemmt. Je nach Kon-
zentration und Empfindlichkeit desHerzenstreten leichtere Störungen— `
Verlängerung der Überleitungszeit — bis zur völligen Lähmung der
Reizleitung — totaler Block — auf. Bohnenkamp und Hilde-
brandt zeigten weiterhin; an Hand von elektrokardiographischen
Untersuchungen, daß das Spartein die Überleitung von Vorhof zur
Kammer verlangsamt und den normalen Sinusantrieb verzögert,
ohne die Automatie der Kammer im Falle völliger Blockierung des
Atrioventrikularknotens zu beeinträchtigen. Ob aber das Spartein
imstande ist, ähnlich wie das Chinidin, die Arrhythmia perpetua
wirkungsvoll zu beeinflussen, bleibt vorerst abzuwarten. Ä
‚Von den Untersuchungen über die Digitaliswirkung sind für
den Praktiker jene von besonderem Interesse, die den Verhältnissen
bei der therapeutischen Anwendung dieser Droge nahekommen.
Dabei müssen. Gaben angewendet werden, die von. der toxischen
weit entfernt sind, also gewissermaßen als therapeutische angesehen
werden können. Solche Dosen, 30 °/, der letalen, rufen am nor-
malen Tier nach Planelles und Werner keinerlei grobe Schädi-
gungen am Herzen und Kreislauf hervor. |
| Ungeachtet dessen, können solche Dosen und noch kleinere
eine meßbare Wirkung z. B. auf die Gefäße entfalten, wie die Ver-
suche von Schemensky beweisen. Dieser Autor prüfte nämlich
den Einfluß kleiner Digitoxingaben auf die Nieren- und Darmgefäße
mit der üblichen plethysmographischen Methode. Schon bei Ya
der Dosis letalis von Digitoxin erhielt er eine Reaktion der Nieren-
Untersuchungen über Herzmittel.
Von Dr. Erich Hesse, Breslau.
Bei der experimentellen Prüfung der Herzwirkung des Kampfers
und seiner Derivate unterscheidet man. zweckmäßigerweise die Wir-
kung auf das normale und auf das geschädigte Herz.
Joachimoglu, der die drei. Kampferisomeren am normalen
isolierten Froschherz prüfte, fand, daß die Herzen nach großen
Dosen alsbald in Diastole stillstehen, daß sie sich aber. spontan je
nach dem Grade der Vergiftung erholen können. Verdünnte Kampfer-
lösungen, 1:4000 etwa, bedingen eine geringe Vergrößerung der
“ Pulsamplitude, und darin sieht Joachimoglu den Ausdruck der
therapeutischen Wirkung des Kampfers. An Hand von Elektro-
kardiogrammen, die ebenfalls an isolierten Froschherzen gewonnen
‚wurden, weist er nun erneut darauf hin, daß alle drei Kampfer-
isomeren gleichsinnig wirken und die Herzaktion im Sinne negativ
‚ ehronotroper Veränderung mit Neigung zur Blockbildung 1:2 be-
einflussen. | |
Die leistungssteigernde Wirkung des Kampfers auf das
normale Froschherz ist aber, wie aus den Untersuchungen von
Junkmann hervorgeht, nur unbedeutend und an sehr geringe
Kampferkonzentrationen gebunden. | |
Erhöht man die Kampferkonzentration in der Nährflüssigkeit
des Herzens, so ist immer eine erhebliche. Leistungsminderung die
Folge, die j6 nach Intensität der Vergiftung spontan reversibel ist,
ein Befund, den auch Handowsky 'erheben konnte. Die thera-
'peutische Wirkung des Kampfers kommt im Experiment besser zum
Ausdruck, wenn man ein mit Chloralhydrat oder Alkohol geschä-
digtes Herz unter Kampfer setzt. Dann fördert “dieses die Herz-
© Areale aktion sowohl durch Vergrößerung des Pulsvolumens wie auch durch | Sowie der Darmgefäße, die bald zu einer Erweiterung, bald zu einer
pe PE r Frequenzzunahme. Junkmann aber. betont, daß die erreichte | Verengerung führte, ohne daß dabei eine Gesetzmäßigkeit erkennbar
Be EEE HG ‚Besserung immer sehr schwach, inkonstant und vorübergehend ist. wurde. Offenbar hängt der wechselnde Effekt von dem jeweiligen
BR ERRER Die übliche Erklärung der Kampferwirkung, daß es „die erlöschende Zustand der Gefäße ab. f Pae ee
fi bi Reizerzeugung wiederbelebt“, lehnt er ab. | Führt man längere Zeit hindurch täglich solche kleine Gift-
SE EE EES Einen Fortschritt auf dem Gebiete der Herzmittel stellt die | mengen dem Organismus zu, so. bedingt eine derartige Vorbehand-
u MEAE ‚Einführung des „Hexeton“ dar, des 3-Methyl-5-isopropyl A 2. 8. | lung nach Takayanagi bei Fröschen eine langdauernde Über-
i4 T 2 Cyelohexenons, das dem natürlichen Kampfer isomer ist. Dieser | emplindlichkeit für Digitalisstoffe, die man sich ‚am besten mit einer
I ir p Substanz, die nach Gottliebs Untersuchungen kampferähnliche
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Speicherung der Digitalisglukoside in relativ fester Bindung im.
Wirkungen auslöst, widmet Amakawa eine eingehende Studie mit | Herzen erklärt. Dabei läßt sich an den Herzen, die durch Vor-
der Fragestellung, ob das Hexeton zu verschiedenen biologischen | behandlung z. B. mit Gitalin für diese Substanz überempfindlich
Testobjekten sich ebenso verhält wie der natürliche Kampier. . waren, auch eine solche für Strophanthin nachweisen und umgekehrt.
Dies scheint nun tatsächlich der Fall zu sein. Ähnlich wie Es ist den Klinikern seit langem bekannt, daß kranke Herzen
der Kampfer ruft das Hexeton an Fröschen eine zentrale Lähmung | auf die Digitalisglukoside erheblich empfindlicher reagieren als ge
: hervor, der eine kurareartige Lähmung der motorischen Endapparate | sunde. Man kann nun auch, wie aus den Untersuchungen von Schoen
nachfolgt. Die erregende Wirkung des Hexetöns auf das mit Morphin | hervorgeht, im Tierexperiment ähnliche Bedingungen durch Zufuhr
gelähmte Atemizentrum tritt stets prompt ein. Ebenso bessert es | von muskellähmenden Schwermetallen, Antimon und Kupfer, schaffen.
in viel geringeren Konzentrationen als der natürliche Kampfer die | Die so geschädigten Herzen reagieren schon auf Strophanthinkon-
‚durch hemmende oder lähmende Herzgifte verursachte Verlang- | zentrationen von 1:20 Millionen, während bei normalen Herzen
samung oder Schädigung der Herzaktion. | Konzentrationen von. 1:800000 etwa die Grenze der Wirksamkeit
| Das Hexeton hat sich im Experiment an allen untersuchten | darstellen. | | | | Si
Angriffspunkten als zwei- bis dreimal so stark erwiesen als der Diese Tatsache, daß Herzmittel auf geschädigte Herzen anders
Kampfer. Und mit diesen experimentellen Ergebnissen stehen die | einwirken wie auf gesunde, kann unter Umständen für eine strengere
in letzter Zeit mitgeteilten klinischen Erfahrungen bei Verwendung
IE klinische Indikationsstellung der verschiedenen Herzmittel mab-
EN: des Hexetons als Kampferersatz im’ besten Einklange (Senner). gebend werden. So hat Simon an isolierten Froschherzen be
ee | ' Eine weitere. Substanz, die dem natürlichen. Kampfer an | stimmte Rhythmusstörungen durch Kokain und Strychnin gesetzt,
TES Wirkungsstärke überlegen zu sein scheint, ist nach Leo der p-Oxy- | die auf einer Verlangsamung der refraktären Phase der Herzkammer
de kampfer. Leo teilt nun neuerdings mit, daß seine Vermutung, durch | beruhen, und untersucht, wie sich Pharmaka solchen Herzen geget-
Fe Einführung einer zweiten Hydroxylgruppe ließe sich die pharmako- | über verhalten. Er findet, daß diese Form der Herzschädigung sich
Pe. f I: 3 dynamische Wirkung weiter erhöhen, nicht bestätigt werden konnte. | durch Koffein, Suprarenin, Kalzium und menschliches Serum be-
ac Das p-Dioxykamphan nämlich, in dem beide Ketogruppen durch | seitigen läßt, während Strophanthin, Liquitalis; Kampfer, PilokarpiD,
om peci CHOH-Gruppen ersetzt sind, wirkt schädigend auf das Herz, was | Atropin u. a. m. unwirksam sind. nn a
Gi pi natürlich eine therapeutische Verwendung dieser Substanz aus- | Für die Praxis ist schließlich voch die Mitteilung von
a | f j ponet, Joachimoglu und Bose wichtig, daß in der Digitalistinktur nach
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
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1—2jähriger Aufbewahrung saure Produkte entstehen. Durch Zu-
satz einer schwachen Säure (Weinsäure) läßt sich durch Pufferung
eine Konstanz der Wasserstoffionenkonzentration und damit eine
bessere Haltbarkeit der Digitalistinktur erreichen.
Literatnr: Amakawa, Arch. f exp. Path. 1924, 101, 100. — Bohnenkamp und
Hildebrandt, Ebenda 1924, 102, 244. — Handowsky, Ebenda 1923, 98, 117.— Hildebrandt,
Ebenda 1924, 101, 136. — Joachimoglu und Mosler, Ebenda 1923, 98, 1. — Joachimoglu
und Bose, Ebeoda 1924, 102, 17. — Junkmann, Ebenda 1923, 96, 63. — Leo, Ebenda
1924, 103, 135. — Planelles und Werner, Ebenda 1923, 06, 21. — Schemensky, Ebenda
1923, 100, 367”. — Schoen, Ebenda 1928, 96, 158. — Senner, Ebenda 1924, 103, 289. —
Simon, Ebenda 1923, 100, 807. — Takayanagi, Ebenda 1923, 98, 17.
Diagnostische Fortschritte auf dem Gebiete
der Röntgenstrahlen.
Sammelreferat (Bd. 32).
Von Prof. Dr. Leopold Freund, Wien.
Pathologie des Skeletts.
Lilly Pokorny faßt die Spalthand als endogene vererb-
liche Mißbildung auf. Am häufigsten sind männliche Individuen
betroffen. Das Merkmal dürfte rezessiv sein. Die Vererbung durch
‚die Mutter scheint glaubhaft (H. 3/4). — Zwei Fälle von Verkürzung
der Daumenendphalangen, Kolbendaumen, Brachyphalangie,
einer hereditären Verbildung teilen H. Knote und R. Grashey mit
(H. 3/4). — H. Wimberger ergab die Dauerbeobachtung schwerer
Kinder-Skorbutfälle im Röntgenbilde, daß die. nicht völlig ab-
gebauten Reste der Trümmerfeldzonen als grobgenetzte Querbänder
in den Diaphysen durch 3 Jahre und noch länger erhalten bleiben
können. Die normale endochondrale Ossifikation wird über den
Trümmerfeldzonen bereits 2—3 Wochen nach Beginn der klinischen
Heilung in Form von weichen epiphysenwärts scharf abschneidenden
Schattensäumen sichtbar. Das Längenwachstum einzelner Röhren-
knochen kann also von lange bestehenbleibenden Resten des Trümmer-
foldes aus gemessen werden und ist nach Skorbut als ein rasches
zu bezeichnen. Der typische periphere Schattensaum um die rascher.
wachsenden Knochenkerne, den Trümmerfeldern an den Schaftenden
entsprechend bleibt bei schwerem Morbus Möller-Barlow als distinkte
Linie durch Jahre bestehen, um die nach allen Seiten, ausgenommen
' die Epiphysenfuge, neue gesunde Knochenmasse anwächst (H. 1/2). —
Als Ostitis tuberculosa multiplex cystoides schildert
F. Fleischner die röntgenographischen Befunde bei Lupus pernio
und dem Boeckschen Miliarlupoid. Dieselben treten in drei
Formen auf a) als runde scharfbegrenzte Aufhellungsherde in den
Phalangen der Hände und Füße innerhalb einer fast unveränderten
knöchernen Umgebung; b) die langen Knochen der Hände und Füße
zeigen ohne besondere Prädilektionsstelle eine grobe unregelmäßige
(mitunter wabige) Bälkchenstruktur; c) durch Narbeneinschnürungen
und vaskuläre Störungen kommt es zu trophischen Störungen (Ver-
schmächtigung, Verkürzung, Zusammenbruch, Mutilation) der Knochen
(H. 3/4). — Viele Fälle von Nackenschmerzen werden nach F. Polgár
fälschlich als Lungenspitzenprozesse gedeutet, bei denen die Röntgen-
untersuchung eine deformierende Arthritis der Gelenke zwischen
Rippen und Wirbelquerfortsätzen ergibt (H. 3/4). — Verkalkte Ge-
hirn-Konglomerattuberkel, die vielleicht von der Verkalkung eines
früheren traumatischen Hämatoms herrührten,. beobachtete bei einem
lOjährigen Jungen Otto Kingreen (H. 1/2). — Ernst G. Mayer
zeigt, daB man mittels der bekannten typischen röntgenologischen
Untersuohungen des Schläfenbeins, der besonderen Aufnahmetechniken
von Schüller und Stenvers, zu welchen er noch eine neue eigene
bekannt macht, zahlreiche Aufschlüsse über Erkrankungen des Ohres
und über die topographischen Verhältnisse erhält. Bei der akuten
Otitis vermag man Einschmelzungsherde zu erkennen und aus den
Strukturveränderungen Schlüsse auf die Tendenz des Prozesses zur
Einschmelzung oder Ausheilung zu ziehen. Auch bei der chronischen
Otitis- sind Einschmelzungsherde nachweisbar. Cholesteatome sind
auch bei geringer Ausdehnung röntgenologisch zu diagnostizieren.
Sie zeigen ganz charakteristische Formen. Die Art ihrer Begrenzung
gibt Aufschluß über ihr Verhältnis zum Knochen. Die Tuberkulose
des Mittelohres führt zu eigenartiger Erweiterung des Antrums und
des Aditus bei gleichzeitiger Atrophie des umgebenden Knochens.
Bei Zerstörung des Labyrinthes durch tuberkulöse Prozesse lassen
sich Yöntgenologisch verschiedene Formen unterscheiden. Maligne
umoren geben in vorgeschrittenen Stadien charakteristische Ver-
änderungen. Auch kleinere Tumoren dürften als solche erkennbar
sein. Für die Differentialdiagnose kommt die Form des Defektes
und die Beschaffenheit des umgebenden Knochens in Betracht.
Exostosen und Atresie sind der Röntgendiagnose gut zugänglich.
Dabei lassen sich auch Anhaltspunkte über die Beschaffenheit der
Paukenhöhle gewinnen (H. 1/2). — Harry A. Goalwin schildert
eine’ noue Apparatur und Methodik zur röntgenographischen Dar-
stellung sowie zur Berechnung des wirklichen Durchmessers des
Canalis opticus (H. 3/4).
Respirationsapparat.
Nach M. Sgalitzer und W. Stöhr kommt für die Röntgen-
untersuchung der Luftröhre Kropfkranker neben der Aufnahme in .
zwei auf einander senkrechten Projektionsrichtungen die Durch-
leuchtung in Betracht, um eine Malazie der Luftröhrenwand
zu erkennen, die eine strikte Indikation für einen operativen Ein-
griff abgibt. Bei intratrachealer Drucksteigerung mittels des Val-
salvaschen Versuches und mit dem Müjllerschen Versuche der
intrtrachealen Drucksenkung ist die starke Erweiterung bzw. Ein-
engung des Tracheallumens zu erkennen. Bei schwereren Fällen
ist die Erweiterung schon bei der Drucksteigerung infolge eines
Hustenstoßes, die Verengerung bei einer kurzen Inspiration durch
die Nase, die eine momentane Drucksenkung bewirkt, zu erkennen
(H. 3/4). — Nach Strumektomie kann nach Mukai und Karp
die Trachea normale Form und Lage zeigen, wenn sie noch nicht
erweicht, ihr Knorpel noch elastisch ist und keine Schilddrüsen-
reste oder Schilddrüsenrezidive einen Druck auf sie ausüben. Wo
diese Voraussetzungen nicht zutreffen, trifft man Abweichungen von
der Norm. Nach der Operation schwinden die Atembeschwerden,
die Kompression und die Deviation der Trachea. Oft kommt es zu
einer Verschiebung nach der anderen Seite. — Nach Küchemann
gibt es kein typisches Röntgenbild derLungenanthrakose. Stärkere
zu differentialdiagnostischen Schwierigkeiten gegenüber Tuberkulose
führende Veränderungen des Hilus sind bei Anthrakose häufig vor-
handen; tumorartige Formen sind selten. Daß der Sättigung der‘
Luft mit Kohlenstaub ein heilender Einfluß auf die Tuberkulose
zukomme, kann nach K.’s. Erfahrungen nicht zugestanden werden .
(H. 1/2). — Der genaue klinische Nachweis eines Lungeninfarktes
ist nach Gerd Kohlmann meist sehr schwierig. Das Röntgenbild
des Lungeninfarktes, vor allem des sogenannten hämorrhagischen In-
farktesundzwar besonders bei vereinzeltem Auftreten mehr im mittleren
Lungenfelde sowie bei randständigem Sitze, zu Beginn des Leidens,
wenn die Lungenstauung noch nicht überhand genommen hat, ist
meist deutlich erkennbar. Der häufige, rein embolisch entstandene
hämorrhagische Infarkt tritt im Röntgenbilde je nach der Lage
des Kegels in dreieckiger, eirunder oder querovaler Form in Er-
scheinung. Der Stauungsinfarkt zeigt uns die runde Form. Er ist
mehr medialwärts gelegen und weniger scharf begrenzt. Am häu-
figsten bei Frauen im mittleren Alter ist die rechte Seite in den
unteren Partien befallen. Eine Prädilektionsstelle scheint die Inter-
lobärspalte zwischen rechtem Ober- und Mittellappen zu sein. Bei
der Röngenuntersuchung ist große Vorsicht und Rücksichtnahme
auf den Zustand des Kranken geboten (H. 1/2). — Nach E. Schiffer
kommen nicht selten Pleuritiden vor, wo neben Exsudat im freien
Pleuraraume auch eine Beteiligung der Interlobärspalten besteht,
Im akuten bzw. subakuten Stadium kommt es zu einer Kommuni-
kation beider Exsudate, die es ermöglicht, daß unter Umständen
bei der Inspiration Flüssigkeit vom freien Pleuraraume in die Inter-
lobärspalten, bei der Exspiration hinwiederum in umgekehrter Rich-
tung strömt. Dies läßt sich röntgenoskopisch oft direkt nachweisen
(H. 3/4). — Das Residuum des Ergusses der Pleuritis media-
stinalis posterior, die sogenannte hintere mediastinale Schwarte
erscheint im Röntgenbilde oft als dreieckiger Schatten, welcher sich
nach Briegers Beobachtungen auch in Jahresfrist nicht ändert.
Die Pleura diaphragmatica bildet immer die Basis des Dreieck-
‚ schattens. Seine flächenhafte Projektion verdankt er nicht einer
kostalen Komponente, Das mediastinale Empyem kann eine durch-
aus milde Verlaufsform zeigen und einen eminent chronischen Ver-
lauf nehmen, so daß die Differentialdiagnose gegen eine Schwarte
‘unmöglich werden kann (H. 1/2). — Ein Fall von rechtsseitigem
Pyopneumothorax mit extremer Verdrängung des ganzen
Mediastinums, der einen ungemein schwierig zu deutenden Röntgen-
befund ergab, wird von Herta Kalcher berichtet (H. 1/2.
Zirkulationsapparat.
Nach E. Gäberts Untersuchungen ist der linke Vorhof in
situ an der hinteren Herzfläche in erster Linie formgebend für die
Anatomie, und dementsprechend auch am hinteren Herzrande bei
irontalem Strahlengange hauptsächlich formgebend für die Röntgen-
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winkels zustande. — Nach E. Gäbert bedeutet bei Herzkrankheiten
Die normale Milz ist 8:5 bis 10:7 cm groß. Ihre Exkursionsbreite
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.45. 9. November
diagnostik. Die Beteiligung der linken Kammer an der hinteren
Grenzbildung des Herzens ist sowohl an dem anatomischen Prä-
parat wie 'bei der Röntgendurchleuchtung von untergeordneter Be-
deutung. Sie gewinnt einen etwas größeren Umfang bei stärkerer
Vergrößerung des linken Ventrikels ohne Erweiterung des linken
Vorhofes (H. 3/4). — Die röntgenologischen Größenbestiimmungen
des Herzens ergeben nach E. Vogt beim lebenden Neugeborenen
sichere und brauchbare Resultate. Es ist dabei zu beachten, daß bei
Totgeburten und bei Frühgeburten das Herz regelmäßig größer- ge-
funden wird. Die Struma congenita geht mit einer Vergrößerung
des Herzens einher, ebenso wie die Thymushypertrophie. Als Haupt-
formen des Thymus lassen sich im Röntgenbilde die knollige und
gestielte Form, sowie die Säulenform unterscheiden. Seltener sind
die asymmetrischen Formen und das Bild der Thymoptosis (H. 1/2). —
Die Dreiecksfiorm des Herzens tritt nach O. Moog sowohl im
Anschlusse an organische Herzerkrankungen auf, oder sie ist der
Ausdruck eines „schlaffen“ Herzens. Sie kommt durch den Verlauf
‚des rechten Vorhofibogens sowie durch das Verhalten des Herzleber-
Nieren |
Bei der Nierenröntgenographie erwies sich Lilly Pokorny
die interne Verabfolgung von Tierkohle als ein gutes Mittel, den
.störenden Meteorismus zu beseitigen (H. 1/2). — M. Sgalitzer
und Th. Hryntschak geben eine radiographische Methode (die
„schräge“ Pyelographie) an, mittels welcher Nierenbecken- und
Nierenkelchschatten in ihrer größten räumlichen Ausdehnung, der
Ursprung der Ureteren aus dem Nierenbecken am besten zur Dar-
stellung: gelangen. Bei ptotischen Nieren wurde im seitlichen Pyelo-
gramm wiederholt eine vollkommene Achsendrehung der Niere beob-
achtet. Organische Herzerkrankungen bilden eine ernste Kontra-
indikation gegen die Vornahme einer Pyelographie. Bericht über
einen diesbezüglichen Todesfall (H. 1/2). `
Technisches. =
Zur Extraktion von Nadelstücken unter Kontrolle des
Röngenlichtes gibt C. Santos ein praktisches Instrument an
(H. 3/4). — Eine einfache Vorrichtung zur genauen Messung
der Röhrenneigung (Zentralstrahlgoniometer) wird von.R. Gold-
hamer angegeben (H. 3,4. — Eine Aufnahmemethode zur isolierten
Darstellung der distalen Fußwurzel- und Mittelfußknochen gibt
J. Schütze an, Otto Behn eine solche zur Aufnahme von Schulter
oder Hüfte in der Frontalebene. Mann] empfiehlt zur Verbesserung
von Röntgenbildern die Anfertigung von Doppeldiapositiven von
demselben, die dann zur Deckung gebracht die Schattendetails
besser hervortreten lassen. Franz Pick gibt ein Endoskop zur
Röntgenuntersuchung 'von Rektum und Vagina an. Von H. Schleu-
ning wird Röntyum als ein vorzügliches Röngenkontrastmittel zu
Magen-Darmdurchleuchtungen bezeichnet. Es genügen 100—1650 g
zu einer Durchleuchtung (H. 1/2). `
das Maß der Osophagusverdrängung einen wertvollen Hinweis auf
den Grad der Vergrößerung des linken Vorhofes, der namentlich
für die Diagnostik der Mitralfehler Bedeutung hat (H. 3/4). — Ein
rundlicher oder ovaler allseitig umgrenzter Schatten innerhalb des
basalen Teiles des Herzschattens, besonders bei gleichzeitiger Vor-
wölbung der nicht pulsierenden Vorhofsgegend ist nach Th. Scholz
bei bestehender Mitralstenose für Thrombus des linken Vor-
hofes pathognomonisch (H. 3/4). — Ein Fall von Panzerherz
mit starker Kalkeinlagerung um die Vorhöfe wird von H. Heim-
berger mitgeteit (H. 1/2). — Den Röntgenbefund eines typischen
Falles von Myokardverkalkung publiziert Th. Scholz (H. 3/4).
Zwerchfell.
Bei Verdacht auf subphrenischen Abszeß empfiehlt Kohl-
mann zuerst das Abdomen ohne Kontrastmittel sorgfältig abzu-
suchen. Findet sich kein Abszeßspiegel, obwohl der Verdacht weiter-
besteht, ‘so ist die Probepunktion mit anschließender Lufteinblasung
indiziert. Zeigt sich ein Spiegel, gibt man einige Bissen vom
Baryumsulfat, um festzustellen, welche Lage diese zum betreffenden
Spiegel einnehmen. Die Untersuchung in der Seitenlage dient dem-
selben Zwecke. Differentialdiagnostisch sind Ileus, die Relaxatio
und Hernia diaphragmatica, eine Interposition des Diekdarmes bei
Hepatoptose, eine Pankreaszyste in Erwägung zu ziehen (H. 3/4). —
Einen Fall von Hernia diaphragmatica dextra parasternalis
vera beobachtete H. Sielmann (H. 3/4. — Röntgenuntersuchungen
der Milz an einer großen Zahl von Malariakranken nach
rektaler Lufteinblasung ließen K. Gläßner, W. Wieser und K. Bar-
renscheen erkennen, daß die sekundären Veränderungen dieses
Organs auf seine Verschieblichkeit, Drehung, Exkursionsbreite großen
Einfluß besitzen, ferner daß die Schmerzpunkte die Zonen der Reibe-
geräusche innige Beziehungen zu der Art der Milzdislokation haben.
Ähnliche Verhältnisse sind wahrscheinlich bei der Leber vorhanden.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe anuch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 40.
| Eine weitere Mitteilung über die Pathogenese des Diabetes insipidus
bringen Meyer und Meyer-Bisch (Göttingen). Es handelt sich um einen
frischen Fall von Diabetes insipidus, der vom Augenblick der Entstehung
bis zu seinem Verschwinden genau untersucht wurde. Autoptisch zeigte
sich eine völlige Zerstörung des Hypophysenhinterlappens und des infundi-
bularen Anteils, sowie die Durchsetzung eines großen Teiles des Zwischen-
hirns mit Tumorgewebe, ausgehend von einem Sarkom der Schädelbasis
und der oberen Halswirbel. Die Analyse des Wasser- und Salzhaushaltes
ergab eine rein renale Störung. Es bestand Temperatursteigerung und
Hyperglykämie, der NaCl-Gehalt des Blutes war erniedrigt. Aus Durst-
versuch und NaCl-Belastung ergab sich eine primäre Konzentrationsschwäche
der Niere ohne Gewebsstörung. Pituglandol war ohne Erfolg. Im Zu
sammenhang mit einem früher beschriebenen traumatischen Fall wird gè-
schlossen, daß die bei gewissen Formen von chronischem Diabetes insipidus
neben der Nierenstörung bestehende Gewebsstörung sekundärer Natur ist. —
Vom Standpunkt des Pathologen aus betrachtet erörtert Stämmler
(Göttingen) denselben Fall als Beitrag zur Lehre vom hypophysären
Diabetes insipidus. Auf Grund des Sektionsbefundes kommt er zu der
Ansicht, daß zum Zustandekommen des Diabetes bei Zerstörung des Hinter-
und Mittellappens der Hypophyse eine Funktionstüchtigkeit des Hypo
physenvorderlappens erforderlich ist.
Zur Frage der prophylaktischen Digitalisverabreichung vor 0pe
rationen teilt Hoffmann (Köln) das Ergebnis seiner experimentellen
Untersuchungen am Frosch mit. Es gelingt beim Kaltblüter durch Vor-
behandlung eines gesunden Tieres mit Digitalissubstanzen das Herz selbst
gegen tagelang später erfolgende Belastung mit Herzgiften widerstands-
fähiger zu machen. Die Wirkung am isolierten, in Ringerlösung normal
schlagenden Herzen ist latent und tritt erst bei Belastung mit Herzgiften
in Erscheinung. Bei großen Gaben kommt es zu toxischer Wirkung. Die
Versuche sind zugleich ein neuer Beweis dafür, daß Digitalissubstanzen
im Herzen gespeichert werden.
Die unblutige Bestimmung des Biutdrucks in der Aorta beschreiben
Rusznyák und v. Gänczy (Budapest). Nach ihren Untersuchungen ergibt
die Riva-Roceische Methode nicht den wirklichen Blutdruck, sondern ist
| ein relatives Maß der kinetischen Energie des Pulses. Die Methode der
Messung mit dem Gärtnerschen Tonometer ergibt angenähert den hydro-
dynamischen Seitendruck in dem Arcus volaris. Bestimmt man den
maximalen Druck im Finger mittels der Gärtnerschen Methode, während
man den Arm mit einer Manschette komprimiert, so findet man den hydro-
dynamischen Seitendruck der Aorta. Der Aortendruck ist vom Riva-Root!
beträgt 3—4 cm. Bei der Malariamilz kommt Hypertrophie, akute
oder chronische Perisplenitis vor. Bei ersterer kommt es zu Ab-
weichungen von der, normalen axialen Bewegung, bei beiden
Letzteren zur Einschränkung der Verschieblichkeit und Drehungen
infolge von Adhäsionen oder perisplenitischen Auflagerungen. Akute
und perisplenilische Veränderungen können sich funktionell rück-
bilden, das Studium der perisplenitischen Reibegeräusche, das Ver-
halten des linken oberen Bauchdeckenreflexes ist für die Diagnose
bei akuter oder chronischer Perisplenitis bedeutungsvoll (H. 3/4).
Digestionsapparat.
Von der Schilderung eines Falles von riesiger idiopathischer
Ösophagusdilatation ausgehend erörtert L. Fedder die mannig-
fachen auslösenden Ursachen für die Entstehung des Kardiospasmus
(Traumen, Magenulkus, Ösophagitis, primäre oder sekundäre Affektion
des Vagus). Die unmittelbare Causa movens ist die Störung des
koordinierten Zusammenwirkens des sympathischen und parasym-
pathischen Nervensystems (H. 3/4). — Ein Fall von exzessiver
Ösophagusdilatation alsKonsequenz eines chronischen Kardio-
spasmus teilt W. Drügg mit (H. 1/2). — Zwei Fälle von Öso-
phagusstenose, verursacht durch gutartige Ösophagus-
tumoren (Polypen und Fibrome) mit letalem Ausgange teilen
M. Zehbe und F. Haenisch mit (H. 3/4).
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` vordere Bauchwand festzunähen.
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9. November
Wert unabhängig; in normalen Fällen stimmen beide Werte entweder
‘ überein oder der Aortendruck ist etwas geringer als der Riva-Rocei-Wert,
bei Erkrankungen des Myokards findet man jedoch oft neben normalen
oder erhöhten Blutdruckwerten kleine Riva-Rocei-Werte und bei Insuffizienz
der Aortenklappen das umgekehrte Verhältnis. H. Dau.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 40—42.
Nr. 40. Über die Bedeutung der Lymphoglandulae gastricae für die
operative Indikationsstellung am Ulcusmagen berichtet E. Schneider
(Erfurt). Die entzündlich geschwollenen Drüsen längs der großen Kurvatur
zeigen die Schwere der Gastritis an und sind regelmäßig bei Magengeschwüren
vorhanden. Der Nachweis dieser Drüsen ist von Wert in der oft schwierigen
Frage, ob die Galle oder der Magen der Ausgangspunkt für die
Beschwerden ist. ee
Blutsparung bei Magenresektion wird nach A. Rupp (Chemnitz)
dadurch erreicht, daß nach Einritzen der Serosa an der Vorder- und Hinter- |
wand alle in der Serosa zur Schnittfläche ziehenden Gefäße unterbunden
werden. Desgleichen werden zwischen der schichtweisen Durchtrennung
die Gefäße in der Muskelschicht und in dem Sehleimhautmantel unter-
bunden. Die Durchtrennung gelingt auf diese Weise fast blutleer.
Zur Technik der Operation an den Gallenwegen empfiehlt P. G.
Tschassownikoff (Odessa), das Lig. teres hepatis zu durchschneiden
und die untere Leberfläche aus der Wunde hervorzuziehen. Zum Schutz
der freien Bauchhöhle vor Infektion wird empfohlen, das Mesokolon an die
Um die Infektion der Bauchnaht zu ver-
hüten, wird die vordere Bauchwunde ganz geschlossen und die Tampons
und Drains werden in einem schrägen kurzen Lendenschnitt aus der Wunde
herausgeleitet. a
- Die Bedeutung des Insulins für den Chirurgen bespricht G. Dütt-
mann (Gießen). Kleine Dosen, wobei 30 Einheiten nicht überschritten
‚ werden, sind wiederholt zu verabreichen in Zwischenräumen von mindestens
3 Stunden. Es genügt eine I—2stündliche Untersuchung des Urins
auf Zucker, um die Stärke der Erkrankung abzuschätzen und die Gefahr
der Überdosierung zu vermeiden. Auf diese Weise gelingt es, das für den
Chirurgen in Frage kommende Ziel zu erreichen, nämlich den Diabetiker
iñ kurzer Frist operationsfähig zu machen. Auch bei Nichtzucker-.
kranken, bei Kranken mit Zeichen von Säurevergiftung im An-
schluß an Narkose und Operation ist das Insulin zu empfehlen. In
diesen Fällen wurden 25 ccm einer 50°%oigen Traubenzuckerlösung intra-
venös und gleichzeitig Traubenzuckerlösung subkutan verabreicht. 5 Minuten
nach der Einspritzung erhielten die Kranken 5—10 Einheiten Insulin intra-
muskulär. Danach trat rasche Erholung ein.
Über eine Modifikation des Epithelisierungsverfahrens vermittels
”
` des Epithelbreies berichtet H. Hilarowicz (Lemberg). Bei trophischen
Fußgeschwüren und nackten Fingerstünpfen wird der alte, nicht mehr
wachstumsfähige Hautrand mit frischen Epithelzellen geimpft. Am Rande
des Geschwürs wird parallel zur Hautoberfläche 6—8 mm in die Tiefe
eingestochen, zwischen. Epidermis und Korium eindringend. Die Tasche
- wird vermittels einer Sonde mit trocken gehaltenem Epithelbrei gefüllt.
Schon in den nächsten Tagen erscheint an den Pfropfungsorten ein schmaler
zungenförmiger Saum. | | i |
Zur Frage über die Chloroformnarkosen bei Splenektomierten
. haben E. L, Beresew und L. M. Nissnewitsch (Moskau) Untersuchungen
an splenektomierten Hunden angestellt, welche ergeben haben, daß: die
Tiere die Chloroformnarkose schlecht vertrugen.
Nr. 41.
fbrome) mit Röntgenstrahlen bespricht E. Schempp nach den Erfahrungen
der chirurgischen Klinik und der Universitäts-Nasen- und Ohrenklinik der
Universität Tübingen. Von 9 Fällen wurden 7 durch Röntgenbestrablung
ausgezeichnet beeinflußt. Die Verkleinerung begann nach einigen Wochen
' und dauerte noch nach Monaten an. Es genügte eine Herddosis von 50 bis
70, der HED., die von einem vorderen und zwei seitlichen Feldern aus
mit harter, gefilterter Strahlung bei einem Abstand von 30—40 cm an den
Ort der Wirkung gebracht wurden.
| Primäre Naht bei offenem Kniescheibenbruch hat Th. Naegeli
(Bonn) mit Erfolg ausgeführt, Der offene linke Kniescheibenbruch mit
| beschmutzter, gequetschter Wunde wurde behandelt mit Herausschneiden
. der eingeris
senen Weichteile und Waschung des Gelenkes mit physio-
ochsalzlösung ohne Anwendung chemischer Desinfektionsmittel
üblichen Joddesinfektion. Der anfänglich erhebliche Erguß ver-
schwand ohne Verdickung der Kapsel und der Gang wurde vollständig
logischer K
TE. Langdauernde Armlähmung nach Plexusanästhesie am Oberarm
eibi G. Raeschke (Lingen-Ems) bei einem wegen Sehnenscheiden-
uberkulose an den Streoksehnen der linken Hand operierten Kranken.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK + Nr. 45.
Behandlung der Basalfibroide (typischen Nasenrachen- |
Es entwickelte sich eine Lähmung der Schulter und der Arm- und Hand-
muskulatur, die erst nach 3 Monaten vollkommen zurückgebildet war.
Zur Technik der Nierenoperation (Anästhesie und Schnittführung)
bemerkt E. Pflaumer (Erlangen), daß grundsätzlich in Lokalanästhesie
operiert wurde. Vom 9. Brustwirbel und 2. Lendenwirbel werden je 5 com
lohiger und 5 cem 1/,0/,iger Novokain-Adrenalinlösung eingespritzt. —
Die Schnittführung erfolgt im Verlauf der 12. Rippe, welche re-
lager unter dem Quadratus zu eröffnen und den Hilus und den oberen
Pol zu übersehen. P an
Zur Besichtigung der Innenfläche des Magens und des Zwölf-
fingerdarms bemerkt E. Heymann (Berlin), daß weder die Betrachtung
- mit einem Rektoskop noch die unmittelbare Betrachtung zum Erfolg führt,
| wenn sich das Geschwür nicht an der von außen erkennbaren Veränderung
ofienbart hat. | 2
Die Segmentierung hochgradiger rachitischer Verkrümmungen be-
spricht Springer (Prag). .Nach Anstrich der Haut mit 5°/,igem Provido-
form und Biutleere wird das Periost scharf am Knochen abgeschoben und
im ganzen als Mantel erbalten. An der oberen und unteren Grenze der
Verkrümmung wird der Knochen durchgemeißelt oder durchgesägt und das
berausgenommene Knochenstück in 1 cm- hohe gleichförmige Scheiben zer-
sägt. Nach scharfer Durchmeißelung der Fibula von der Wunde aus
werden die Knochenscheiben in den Periostsack gleichmäßig geschichtet
eingebracht und das Periost sorgfältig genäht, ` |
Nr. 42. Über lokale Azidose der per primam heilenden Wunden
berichtet S. Girgolaff (Petersburg) nach Untersuchungen von Wunden
in der Rückenhaut von Kaninchen. Die Messung der Wasserstoffionen-
konzentration in den verletzten Gewebsabschnitten wurde nach der Gas-
kettenmethode ausgeführt. Es erwies. sich, daß der Heilungsvorgang bei
einer deutlich mehr sauren Reaktion der Gewebe als in der Norm verläuft.
Die Steigerung der Wasserstoffionenkonzentration ist bereits einige Stunden
nach der Verwundung nachweisbar und zeigt an, daß eine gesteigerte
Tätigkeit der Zellenelemente stattfindet.
bespricht H. Harttung (Eisleben). Bei einem operierten Fall hatte sich
‚ein Zustand von Schwäche und von Abmagerung der Muskulatur
linksseitig an der Schulter, am Arm und an der Brust eingestellt. Ferner
entwickelte sich eine Atrophie der linken Zungenhälfte, des linken Kopf-
nickermuskels, und des linken Trapezius. Die Asthmaanfälle blieben einige
Zeit nach der Operation vollständig aus und die Atrophie bildete sich
zurück. Durch die ausgedehnte Resektion des Sympathikus wurde der
Tonus in den Halsnerven herabgesetzt und dadurch die Abmagerung
der Muskulatur veranlaßt.
Zur Operation des Hallux valgus schlägt A. Alsberg (Kassel) vor, |
von der medialen Großzehenseite aus die Grundphalanx der großen
Zehe auszulösen. Danach wird das Köpfchen des Metatarsus modelliert
und der Schleimibeutel entfernt. Durch den Eingriff verschwindet die Hallux
valgus-Bildung und wird eingetauscht gegen eine Verkürzung und ein
Schlottern der Großzehe. Das Schlottern verliert sich im Verlauf der
nächsten Wochen und verursacht. bei dem mit einem Stiefel bekleideten
Fuß keine Gehstörungen. Die von der Schwielen- und Schleimbeutelbildung
herrührenden Schmerzen sind beseitigt. K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 40.
Histologische Untersuchungen gravider und puerperaler Uteri, mit
Berücksichtigung der Peroxydasereaktion beschreibt R. Hornung (Leipzig).
Bei der Ausstoßung der Nachgeburt erfolgt die Trennung in der Art, daß
von der spongiösen Schicht der Schleimhaut eine breite Schicht stehen -
bleibt. Die. nach innen gelegenen Teile der Schleimhaut verfallen der
'Nekrose und werden abgestoßen und in den tieferen Schichten häuft sich
ein Wall von weißen Blutzellen an. Diese Zone der Reaktion im puerperalen
Uterus ist nach Hornung nicht auf die Mukosa beschränkt, sondern er-
streckt sich auch, auf tiefere Teile des Gefäß-Bindegewebsapparates der
Uteruswand. Dabei entwickeln sich die indifferenten Zellen des Binde-
gewebes, die Abkömmlinge der Gefäßwandzellen, und die Gefäß-
wandzellen selbst zu morphologisch und funktionell verschie-
denen Zellarten. Mit Hilfe der Benzidin- und Wasserstoffsuperoxyd-
behandlung an Förmolgefrierschnitten wurden die Oxydasegranula der
Zellen dargestellt und gezeigt, daß granulierte Zellen im Gewebe
entstehen und durch zahlreiche Übergänge zu den neutrophilen
Leukozyten des Blutes hinüberleiten. — Der puerperale Uterus ist
im Kampf gegen Schädlichkeiten nicht angewiesen auf die ihm durch das
Blut zugeführten Leukozyten, sondern es entstehen im Gewebe Gra-
nulozyten. — Mit nahendem Ende der Schwangerschaft wird auch das
Bindegewebe des Uterus in einen Zustand erhöhter Reaktionsbereitschaft
versetzt,
| 1587
seziert wird. Vom Lager der Rippe aus gelingt es leicht, das Nieren-
Sympathikusresektion bei Asthma bronchìale und ‚Muskelatrophie
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| ` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45. 9. November
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Über Züchtung von menschlichem Ovarialgewebe in vitro berichtet
B. Zondek und E., Wolff (Berlin). Als Nährlösung wurde eine Mischung
aus Menschenserum, Kaninchenplasma und Ringerscher Lösung benutzt.
Aus dem Eiferstock eines Fötus von 8 Monaten gelang die Züchtung von
Keimepithel. Aus dem Eierstock einer 36jährigen Frau gelang es, Granulosa-
zellen zu züchten. Bei der Züchtung einer Nabelschnur wurde das Wachstum
von Amnionepithel festgestellt. j /
Transplantatiou konservierter menschlicher Ovarien haben B. Zon-
- dek und E. Wolff (Berlin) untersucht und festgestellt, daß aus Eierstöcken,
die 14 Tage im Eisschrank. konserviert waren, gut wachsende
Kulturen erhalten werden konnten. Es wird der Vorschlag gemacht, die
histologisch und bakteriologisch geprüften Eierstöcke in einer Petrischale
in einem von der Firma Labag (Berlin) gebauten Eiskasten einfrieren zu
lassen und vorrätig zu halten. Die langsam wieder aufgetauten Eierstöcke
werden an der Außenseite des Oberschenkels durch einen kleinen Schnitt
auf die Faszie gelegt. | |
Entzündung und Schwinden einer Struma nach intranteriner
_ Mesothoriumanwendung beschreibt G. Braun (Berlin). Bei einer 54 jährigen
Frau mit einem faustgroßen Kropf und unregelmäßigen Blutungen wurden
80 mg Mesothorium 22 Stunden lang in die Höhle der Gebärmutter ein-
gelegt. Danach Fieber und schwere Atemnot infolge akuter entzünd-
licher Schwellung des Kropfes. Einige Wochen später Rückgang
der Beschwerden bis zum vollständigen Schwinden des Kropfes. Nach
dieser Erfahrung empfiehlt es sich, bei Kropf und Metropathie nur mit
äußerster Vorsicht zu bestrablen und lieber die Entfernung der Gebär-
mutter vorzuschlagen. |
Über ‚Spätrupturen bei Tubargravidität berichtet L. Kraul (Wien).
Die Zeichen der Zerreißung sind nicht so stürmisch, wie sie sonst be-
obachtet werden und es kam nicht zu einem Zusammenbruch. Es wird
angenommen, daß die nach Austritt des Eies überlebenden Zotten die
Wand nur in geringem Grade schädigen, so daß sie nur allmählich zerreißt
und die Blutung gering ist. Der vorausgegangene Tubarabort erschwert
die Erkennung der Spätrisse und gibt Anlaß zu Verwechslungen mit An-
fällen. von Beckenbindegewebsentzündungen.
Pruchttod bei Serumkrankheit der Mutter beschreibt E. Fischer
in zwei Fällen der Universitäts-Frauenklinik in Berlin. Die Frauen wurden .
gleichzeitig mit Streptokokkenvakzine und Streptokokkenserum . gespritzt
wegen Nierenbeekenentzündung. Nach Ablauf von 8 Tagen trat unter heftigem
Jucken ein Quaddelausschlag auf mit Schwellung der Schleimhäute und.
der Drüsen. Zugleich setzten stürmische Wehen ein. Das eine Kind
starb während der Geburt, das andere wenige Stünden nach der Geburt.
Nach diesen Erfahrungen empfiehlt es sich, das Serum erst zu geben,
wenn der Geburtsvorgang im Gange ist, damit bine Serumkrankheit das
Kind nicht mehr in utero trifft. | K. Bg.
Wiener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 37 bis 40.
Nr. 37. Über das viszerale Nervensystem schreibt L. Heß, aus-
gohend von der Feststellung von Langley und Dickinson, daß das Ver-
halten von Ganglienzellen und präganglionären Fasern gegen Nikotin die
Unterscheidung vom willkürlichen Nervensystem ermöglicht; daneben spielt
auch das morphologische Verhalten eine Rolle (Einschaltung von Ganglien-
zellen in den Faserverlauf). Letztere ist der Ausdruck der Autonomie
des Systems. Pharmakologisch ist durch das Verhalten gegen Adrenalin
. und Histamin ` (Vagotonie) eine weitere Trennung in 2 Gruppen möglich.
Wahrscheinlich existiert in der willkürlichen Muskulatur eine doppelte
Innervation, einmal motorisch vom willkürlichen, zweitens tonisch vom
viszeralen Nervensystem aus..
Zur Bewertung irradiierender Schmerzen. bei der Frübdiagnose
der Lungentuberkulose bemerkt Fr. Fanelli (Neapel), daß sich häufig
bei frischen Infiltrationsherden ünd kortiko-pleuritischen Affektionen der
rechten Spitze ein spontaner Schmerz in der rechten Flanke findet; er ist
konstant, strahlt nicht aus, von wechselnder Stärke, die Intensität wird
durch Druck nicht gesteigert. Verf. glaubt, daß die Entstehung auf dem
Wege über den N. phrenicus vor sich geht, und zwar nur rechts, was die
anatomischen Differenzen zwischen den Nn. phrenici beider Seiten bedingen. °
Nr. 38. Zur Frage der Angina pectoris erklärt J. Pal (Wien),
daß Fälle von anginösen Zuständen im Zusammenhang mit Pneumatose
des Magens nicht zur reinen Angina pectoris gehören, sondern durch ent-
sprechende Behandlung des Verdauungsapparates allein beschwerdefrei ge-
macht werden können. Aortalgie und Angina pectoris decken sich nicht,
da letztere auch ohne Schmerz vorkommen bzw. nach seiner Beseitigung
fortbestehen kann. Es liegt ihr ein angiospastischer Zustand zugrunde.
Daher rührt die gute Atropiowirkung. Bei operativer Behandlung müssen
die gefäßverengernden Nerven mit durchtrennt werden. Vor der Operation
ist eine paravertebrale Injektion von 1/,°/,igem Novokain im II. Dors
al-
segment zu versuchen.
. krankung des Hüftgelenkes analoge Bilder.
Den arteriellen Hochdruck und seine Behandlung bespricht H. Kahler
(Wien). Die Ursache liegt in allen Fällen in einer Störung der vasos
motorischen Gefäßregulationen; diese kann zentral oder peripher, funktionell
oder anatomisch bedingt sein. Die sogenannte essentielle Hypertonie umfaßt:
mehrere Untergruppen, deren erste die „zentral-toxische“ ist, wo sich ana-
mnestisch Hinweise auf zentrale Schädigungen (Schwindel, Kopfschmerz)
ergeben, sowie klinisch bei intakten Nieren Augenhintergrundsveränderungen.
' Therapeutisch sind Lumbalpunktion, Aderlaß und intramuskuläre Vakzi-
neurininjektionen zu verwenden. Ähnlich verhält sich die zentrale Hyper-
tonie mit sklerotischen zentralen Prozessen, wo der Blutdruck außer-
ordentlich hoch ist, und Jod neben Vakzineurin therapeutisch an erster
Stelle stebt. Sehr gutartig ist der psychisch bedingte Hochdruck, bei dem
sich niemals Herzhypertrophie findet. Vorübergehender Natur sind Hyper- -
tensionen bei Tabes, Basedow, in der Pubertät und im Klimakterium,
"Letztere reagiert gut auf Eierstocksmedikation. Bei Aortensklerose und
Mesaortitis luetica beruht der Hochdruck auf dem Fortfall des Depressor-
reflexes. Jod- bzw.. antiluetische Therapie sind hierbei zu versuchen.
Fehlt jedes Zeichen einer Beteiligung der Zentralorgane, so handelt es sich
um den „peripher-toxischen“ Hochdruck, der fast regelmäßig mit chronischer
Arthritis, auch mit Klappenfehlern endokarditischer Herkunft vergesell-
'schaftet” ist. Hier wirkt der. Aderlaß gut, die Lumbalpunktion nicht, ,
Ferner gibt man mit Erfolg Nitrite, Atropin, Papaverin. Bei der Hoch-
druckstauung bei dekompensierten Vitien ist Digitalis zu empfehlen, die
auch sonst nicht absolut kontraindiziert ist. Bei der „anatomischen“
Hypertension stehen die Klagen über das Herz im Vordergrund, die Pro-
gnose ist ungünstiger und nur vom Jod etwas zu erwarten. Zum Schluß
bespricht Verf. die verschiedenen bei Nierenerkrankungen vorkommenden.
Blutdrucksteigerungen. . - |
Nr. 39. Die Arthritis deformans des Schultergelenkes untersuchte
F. J. Lang (Innsbruck) pathologisch-anatomisch und fand derselben Fr-
Es handelt sich um eine. Ver-
bindung von Gelenkknorpelveränderungen mit Vaskularisierungs- und Ossi-
fikationsprozessen. Die Randwulsterhebungen sind bedingt durch eine
von den subcehondralen Markräumen in den Gelenkknorpel vorgreifende
Gefäß-, Markraum- und Knochenbildung. Gute subchondrale Knochen -
rindenschicht und breite Knorpelverkalkungsregion wirken der Arthritis
.deformans entgegen. Die verschiedenen Abarten sind bedingt durch gra-.
duelle Unterschiede desselben Prozesses. Verf. glaubt, daß die funktionelle
Entstebungstheorie die beste Erklärung abgibt. Die ‚Schmerzen werden
verursacht durch die im Bereiche der Randwulsterhebungen herrschende
' Gelenkkapselspannung. |
J. Lindiger (Innsbruck) teilt zwei Fälle von zufälligem Erhängen
mit, wo die: gerichtlich-medizinische Untersuchung einwandfrei die Schuld-
losigkeit anderer erwies und auch die selbstmörderische Absicht der Ep-
hängten ausgeschlossen werden konnte, | |
Nr. 40. Über seröse Tenonitis und Glaukom berichtet R. Soe-
felder (Innsbruck); es besteht bei ersterem eine seröse Entzündung
des den Buibus dicht umschließenden Tenonschen Raumes, die sich in
Exophthalmus, starker Chemosis der Conjunctiva bulbi und Beeinträchtigung
sowie Schmerzhaftigkeit der Augenbewegungen äußert. Das Auftreten ist
akut, Ursache meist Rheumatismus. Deshalb günstige Prognose und gutes
Reagieren auf Salizylate. Verf. beobachtete einen Fall dieser Art, der
mit beiderseitigem akutem Glaukom kombiniert war, das sich aber thers-
peutisch gut beeinflüssen ließ und ohne Schaden heilte. Verf. glaubt die
Stauung der Vortexvenen durch das Exsudat für die Entstehung des
Glaukoms verantwortlich machen zu müssen. . |
Pharmakologische Untersuchungen an der menschlichen Bronchial-
muskulatur stellte R. Rittmann (Innsbruck) an und fand im Gegensatz
zu den von Brüning auf Grund operativer Erfolge mit Sympatbikus-
resektion bei Asthma bronchiale gewonnenen Anschauungen, daß die tier-
experimentell gewonnene Ansicht vom Antagonismus von Vagus und
Sympatbikus nicht zu Recht bestehe, eine konstriktorische Funktion des
Vagus und eine dilatatorische des Sympathikus. Trotzdem können die
Operationserfolge damit erklärt werden, daß entweder zentripetale Fasern
die Reize zum Konstriktionszentrum vermitteln, durchtrennt werden, oder
daß der Sympathikus auch bronchokonstriktorische Fasern, die zum Vagus
gehören, führt. . ae
Binen kasuistischen Beitrag zur Frage der Knochenzysien liefert
F. Metzler (Innsbruck): Bei einer Patientin trat eine pathologische Fraktur
der zystisch erkrankten Femurkondylen auf. Das Resektionspräparat zeigte
histologisch Riesen- und Spindelzellen, dürfte aber trotzdem keine Neu
bildung im Sinne eines Riesenzellensarkoms sein, sondern eine auf trat-
matische bzw. mechanische Einwirkungen hin sich entwickelnde chronische,
entzündliche, resorptive Neubildung (Lubarsch).' Befallen werden jugend-
liche Individuen, meist Röhrenknochen in der Nähe der Epiphysenlinie.
Vorausgeht ein Trauma mit Blutung in die Markr&ume und es folgt fibros
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45.
‚Umwandlung. Nach den vorhandenen Druckverhältnissen richtet sich der
© Reiz zum Wachstum von neuem Gewebe.
Die „Rezidivblase* nach Cholezystektomie entsteht, wie O. Maier
(Innsbruck) an Hand eines Falles darlegt, dadurch, daß ein tiefliegendes .
Gallenabflußhindernis einen Bedarf nach einer druckvermindernden Höhle’
hervorruft. Dies kann ein Stein sein, kann aber auch durch zeitweiligen
starken Verschluß des Papillensphinkters. bedingt sein. Dieser ist nach
“der Ektomie anfangs insuffizient, und nach Rückkehr des Verschlusses
kaon es durch einfache Choledochusdehnung zu Schmerzanfällen kommen.
Voraussetzung zur Bildung‘ einer Rezidivblase ist ein Rest vom Zystikus
und Gallenblase. | Muncke.
Wiener Archiv für Innere Medizin 1924, Bd. 8, H, 2.
D. Adlersberg und. O. Porges beschreiben eine neue klinische
Tetanieform, die neurotische Atmungstetanie. Sie knüpfen an ältere
Beobachtungen früberer Autoren an, aus denen hervorgeht, daß durch
höhergradige Überventilation bei jeder normalen Versuchsperson alle Tetanie-
symptome hervorgerufen werden können, da Überventilation durch Ver-
minderung der Blutkohlensäurespannung: zu einer Erhöhung der Blut-
alkaleszenz führt, dieso die Ionisation des Blutkalkes herabsetzt und auf
diese Weise eine Kalkarmut schafft, die in der Pathogenese der Tetanie
_ eine wichtige Rolle spielt. Sie scheiden die Erscheinungsformen der Tetanie
in vorübergehende Anfälle von vermehrter und vertiefter Atmung bei
nervösen Personen, .längerdauernde Anfälle ebenfalls bei Nervösen und
eine dritte Gruppe, bei denen eine gleichzeitig bestehende Herzerkrankung
durch Palpitation und Arhythmie unangenehme Sensationen ‘und Be-
angstigung erzeugt und unter Mitwirkung der erregbaren Psyche Über-
ventilation auslöst. Die Fälle zeigen bei verschieden starker ‚Dyspnoe
mehr oder minder deutlich die Zeichen der Tetanie: Therapie: CO,-Gemisch
wird bei akuten Fällen veratmet. Bei chronischen Fällen führt weder
diese Therapie noch eine die Alkalose bekämpfende Diät (Kohlehydrat-
entziehung) noch saures Ammonphosphat, intern gegeben, zum Ziele.
Leo Reich. stellte den Einfluß des Pneumoperitoneums auf das
Lungenemphysem fest. Einblasung von etwa 400 cem Luft in die Bauch-
höhle bewirkt bessere Ventilation der Lünge: größere respiratorische Be-
wegungen des Zwerchfells, größeres Volumen der Respirationsluft, höhere
- 02-Sättigung des Kapillarblutes, Abnahme von Dyspnoe und Zyanose,
Schwinden der Bronchitis, Ausbleiben der asthmatischen Anfälle, Besserung
des subjektiven Befindens. Diese Wirkung wird durch mechanische Hoch-
drängung des Zwerchfelles hervorgerufen. Mehrere Wochen langes Unter-
halten des Pneumoperitoneums wird beschwerdelos ertragen und bewirkt
Dauererfolge im obigen Sinne. Koutraindikationen: Adhäsionen am Zwerch-
fell, Emphysem bei Lungentuberkulose und alle für das Pneumoperitoneum
geltenden Kontraindikationen. |
. Rudolf Rittmann studierte den Blutkalziumspiegel bei Menstruation
und fand ebenso häufig Vermehrung äls Verminderung desselben. — Ovarium
bzw. Corpus luteum beeinflussen den Ca-Spiegel durch Förderung von
Schilddrüse, Nebenniere und Hypophyse. Die Ausfallserscheinungen während
der Menstruation und im Klimakterium sind pathogenetisch basedowoiden
Symptomen gleichzustellen.
Hans-Pollitzer und Ernst Stolz gingen dem bekannten Phä-
nomen der Opsiurie und Oligurie bei Icterus catarrhalis und anderen
Leberfunktionsstörungen. nach. Sie verwenden als „Novasurolprobe“ zum
Nachweis des Einflusses der Leber auf die Wasserausscheidung den Um-
stand, daß Lebergeschädigte über eine höhere Menge von Residualwasser
verfügen, die sich dadurch erfassen ‚läßt, daß Leberkranke nach einer
Novasurolinjektion bis zu 3000 Liter Wasser und bis zu 31,—4 kg an
Gewicht verlieren, während Normale nur bedeutend weniger verlieren. Nur
Kranke mit Hilustuberkulose hatten auch Gewichtsverluste von 2 kg.
Karl Hitzenberger und Leo Reich beschreiben Größe, Form und
Lage des gesunden Magens bei kyphoskoliotischen Menschen, hierbei
Rechtsverlagerung des Magens, die Querdehnung oder Ptose oder Atonie: vor-
täuschen kann. Starke Einkerbung der großen Kurvatur (Körpertaillen-
furche),. seltener auch der Vorderwand des Magens und auch der Hinter-
wand. — Schon im aufrechten Sitzen der Kypboskoliotiker kommt häufig
eine Abknickung des Magens zustande, die für die Entstehung eines Ulcus
ventriculi von Bedeutung sein könnte. |
Karl Hitzenberger und Leo Reich ‚studierten ferner den Magen
des sitzenden Menschen im Röntgenbild. Der Magen wird beim vor-
geneigten Sitzen zwischen vordere Bauchwand und Retroperitonealorgane
gequetscht,. Zu gleicher Zeit erfährt der Magen in Taillenhöhe eine
Knickung. Die Begünstigung der Genese des Ulkus auf mechanischem
Wege durch diese Verhältnisse wird erörtert und ferner die Möglichkeit,
aß längeres- Sitzen Ulkusschmerzen auslösen kann. |
. F. Depisch fand unter 15 Tetaniekranken zwei Fälle mit für den
Qastrospasmus totalis charakteristischem Röntgenbefund; Mikrogastrie,
Hochlagerung und vermehrte Rechtsdistanz, offenstehender Pylorus und
fehlende Pefistaltik. Es bestanden anfallsweise auftretende Schmerzen im
. Magen, die in dem einen Falle ganz im Vordergrund der Erscheinungen
standen. Diese Schmerzen schwanden auf Atropin.
B. Samet und A. Schott beschreiben eine paroxysmale Vorhof-
tachykardie mit ventrikulären Extrasystolen und Pulsus alternans bei
einem Fall von luetischer Aorteninsuffizienz. Prompte Beseitigung der
Anfälle durch intravenöse Chinininjektion. ! |
Ottokar Horäk sah positiven physikalischen Befund über der
rechten Lungenspitze ohne Lungentuberkulose bei allen Erkrankungen
des Herzens, die zu einer beträchtlichen Blutstauung im rechten Herzen,
in der Vena cava sup. und ihren Ästen führen ‘und auf diese Weise eine
Kompression der rechten Lungenspitze herbeiführen. |
Ludwig Petschacher: Im Tierversuche führte Störung des Gas-
austausches in der Lunge zu einer Erhöhung der Viskosität des Serums
bei ungestörten Verbältnissen der Eiweißbestandteile des Blutes. — Auch -
die Befunde an Kranken mit pulmonaler Dyspnoe sprechen dafür, daß-
auch bei diesen eine derartige Veränderung der Viskosität stattfindet. -—
Auf Grund der bisherigen Erfahrungen über. den Einfluß der pulmonalen. e
Dyspnoe auf das Blut ist es wahrscheinlich, daß die Änderungen des
osmotischen Druckes und Ionenverschiebungen im Blute für die Veränderung.
der Viskosität des Serums verantwortlich gemacht werden müssen.
C. St. Radoslaw studierte die Wirkung des Insulins anf den Biut- -
zucker beim Menschen. Diese ist in allen Fällen — beim normalen, beim
Nierenglykosuriker wie beim Diabetiker — abhängig vom Blutzucker-
ausgangswert. Paul Saxl (Wien).
. Aus der neuesten amerikanisch-englischen Literatur. .
An der Hand von 4 Fällen führt Dawson den in den Handbüchern.
wenig betonten Zusammenhang zwischen Blindheit und anderen Augen-
störungen und Nasenerkrankungen aus. Von 600 Fällen orbitaler Ent-
zündungen waren 400 Folge von Sinuserkrankungen. Holmes nimmt an,
daß 400/ aller Augenläsionen in der Nase ihren Ursprung nehmen. Folgen
der (meist) Sinuserkrankungen: Schwachsichtigkeit, Kongestion der Konjunk-
tiva, Vergrößerung der Karunkel, Ödem der Lider,, Kornealulzera, Iritis,
Chorioiditis, orbitale Zellulitis, Tränen, Neuritis optica. Gerade diese ist
der Beobachtung wert. Einmal liegt die Scheide : des Optikus direkt auf
den oft papierdünnen Wandungen der hinteren. Ethmoidalzellen, dann
gehen Nasenvenen direkt in die der Orbita und Dura. Es handelt sich”
also einmal um eine direkt kontinuierliche Infektion der Gewebe oder um
eine solche auf dem Wege der Venen und Lymphgefäße. So erklären sich
die oft als toxisch angesprochenen Fälle, die ohne .nachweisbare Ursache
als eine rarefizierende Ostitis ohne Eiterung infolge einer Erkältung oder .
Influenza, als Folge einer Kongestion, wobei in der Nase nichts zu ent-
decken ist. Gerade die kongestiven Fälle scheinen in höherem Grade pene-
trierend ‚zu sein als die eiterigen. Man muß aber noch andere Faktoren
in Betracht ziehen: Syphilis, disseminierte Sklerose, Tabak, Alkohol, intra-.
kranielle Tumoren, toxämische Zustände, die von den Zähnen, Mandeln
oder Eingeweiden ausgehen. Gewöhnlich kommt es einige Wochen nach
einer Erkältung oder einer Influenza zu einseitigem Sehverlust, tief hinter
der Orbita sitzenden Schmerzen, okzipitalen Kopfschmerzen, Ohrenschmerzen,
schmerzhafter Beweglichkeit der Orbita, postnasaler Sekretion. AÄußerlich
am Auge nichts Abnormes. Sonst Papillitis, dilatierte Retinalvenen.
Permanente Blindheit nach 2—3 Wochen. ‚Röntgen gibt oft Aufschluß.
. (Lancet 1924, 7.) er
Nach McIntyre bietet Kafgut die Gefahr, sich zu früh zu resor-
bieren oder die Knoten nicht zu halten, wodurch die nötige Spannung
Er empfiehlt deshalb eine Verbindung - von Katgut mit '
verloren geht.
feinem Silk in sterilen Tuben und hat damit ‚namentlich bei der Sectio
caesarea sehr gute Erfolge. Das Material ist etwas teurer als bloßes
- Katgut. (Lancet 1924, 7.)
An der Hand einiger Fälle gibt Harris recht interessante Aus-
führungen über Hyperinsulismus und Dysinsulismus. Diabetes ist —
analog den Verhältnissen bei der Thyreoidea — Hypoinsulismus (= —]).
Und wie. bei anderen Drüsen usw. auf Hypertrophie und Hyperaktivität
Degeneration, Atrophie und Funktionsverlust folgt, so scheint es auch bei
den Langerhansschen Inseln zu sein. Es muß also auch hier noch andere
Dysfunktionen geben (= I). So einen Hyperinsulismus (+ I); eine Re-
duktion des Blutzuckers unter 0,07, die typische. Insulinreaktion. Nun
gibt es auch Nichtdiabetiker, die die typischen Symptome des + I auf-.
weisen, nämlich Hunger, Schwäche und Angstneurosen. Diese = I kann
man nun. genau am Zuckergehalt des Blutes nachweisen und studieren.
-} I ist eine Krankheitseinheit mit- den bestimmten Symptomen der Hypo-
glykämie, wahrscheinlich verursacht durch exzessive Aufnahme glukose-.
bildender Nahrung, also Überaktivität durch Überessen, Erschöpfung der.
1589
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oder ganz pankreatischen Ursprungs sein und nicht Ausdruck des leeren -
- die durch Überfunktion der Langerhansschen Inseln benötigt wird. Tat-
von zweien niedriger Blutdruck bei der Hypoglykämie gefunden wurde,
Steapsin absondern, ebenfalls mitergriffen sind und entweder Hyper- oder
Hypofunktion aufweisen. . (Journ. am. med. ass. 1924, 10.)
im oberen Abdomen; hageres, aschgraues oder sehr blasses Gesicht oft
. förmiger, rapider Puls, meist arhythmisch; wenn überhaupt palpabel, ein
leichtes, kurzes Fieber mit polymorphonuklearer Leukozytose — im Gegen-
bose der linken Koronaria. (Am. journ. med. scienc. 1924, 168.)
` Magen- oder Ösophaguskarzinom, Achylie, beginnende Tuberkulose, Gallen-
‚bei Nichtdiabetikern keine Beziehungen zu Pankreasdysfunktion. Wahr-.
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1590 en ‚1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 45. | 9. November
Langerhansschen Inseln, — I = Diabetes. Das Hungerphänomen des + I
ist ebenfalls eine Folge des Überessens, ebenso die dem Diabetes oft vor-
ausgehende Fettsucht. -i I, wahrscheinlich eine Zu- oder Abnahme der
Insulinsekretion, kann Folge einer Infektion oder eines Traumas des Pan-
kreas sein. Da nun exzessiver- Hunger ein Symptom der Hypoglykämie
ist, mag der normale Hunger der Ruf nach Glukose sein und so teilweise
Apoplexie und Nephritis auf und zwar nach dem mittleren Lebensalter,
Bei der zweiten Familie 7 Fälle, wovon. 5 die Kindheit und die Adoleszenz +
betrafen. Sie waren keineswegs frisch, sondern schon einige Jahre alt,
wie die verdiekten Arterien, der hohe Blutdruck und der hohe nicht-
'proteinogene N-Gehalt des Blutes bewiesen: Ein bestimmter ätiologischer
Faktor konnte nicht gefunden werden. Sypbilis, Influenza oder Scharlach
negativ. In einem Falle ging eine Erkältung dem Einsetzen der Krankheit
voraus, In 2 Fällen Streptokokken: vom Blut und Urin bei der Lazarett-
aufnahme, die biochemisch identisch waren mit denen von den Zähnen und
Mandeln. Sie mögen also als harmlose Parasiten im Munde gelebt haben
und erst durch die Infektion virulent geworden sein. Sie mögen also
. neben dem: inneren Faktor der Schwäche 'der Niere als äußerer eine Rolle
' spielen, insofern als die Zähne und Mandeln wahrscheinlich die Eingangs-
pforte der hämatogenen Infektion waren. (Lancet 1924, 13.)
Crawford: Verminderung der Bintplättchen bei perniziöser Anämie,
Jymphatischer Leukämie, Purpura haemorrhagica.. Zunahme bei Lymph-
adenom und myelogener Leukämie. Also ganz allgemein gesprochen, Zu-
nahme bei Hyperaktivität des Knochenmarks und umgekehrt, was annehmen
1äßt, daß sie dort entstehen. In einem Fall von Splenektomie erhebliche
Zunahme. Vermehbrte Blutungszeit geht mit niederem Blättchengohalt
Hand in Hand. Aber zur Koagulationszeit. bestehen keine Beziehungen.
(Lancet 1924, 12.). a -
Bannerman hat Blutplättchenzählungen. bei 65 Fällen von Lungen-
tuberkulose in 5000 Fuß Höhe vorgenommen, wo die normale Zahl der
roten Blutkörperchen 6,5 Millionen pro cmm beträgt. Die Normalzahl ist
im Durchschnitt 300 000; Wechsel zwischen 250 000—380 000 pro omm.’
Ihre Beziehungen sind nach neueren Untersuchungen zu Mikrobeninfoktionen
. Agglutination bei Injektion gewisser Bakterien. in die Blutbahn und -damit
ihr Verschwinden. Ihre Verminderung deutet immer auf eine Herabsetzung
des Widerstands gegen eine Infektion. Diese Thrombopenie kann auch
durch Vitamin A-Vorenthaltung oder entsprechende Applikation von Radium
oder Röntgen erzielt werden. Dies erhöbt seinerseits wieder die Empfäng-
lichkeit für infektive Zustände. Bei aktiver Lungentuberkulose sind. sie
immer vermehrt; also je ernster der Zustand, um so größer die Thrombo-
zytose.. Besserung wenn sich die Zahl mehr nach der Norm hin bewegt
und sich vor allem ‘hält; üble Prognose, wenn Zunahme; in den unter-
suchten Fällen über 500 000. Also lediglich wichtig für die noch ganz
unbestimmte Basis der Prognose; aber keine Beziehungen zur Pyrexie, zum
anatomischen Zustand und besonders hinsichtlich der Ausdehnung und zu
dem Vorhandensein von Keimen. (Lancet 1924, 12.)
Eine recht interessante Zusammenstellung _über Diabetes und Insulin
gibt die Metropolitan Life insurance Company, die 500 frische Fälle darauf-
hin analysiert hat. In. weniger als der Hälfte dieser fatalen Fälle war
‚Insulin verordnet worden (in 62°/, etwa 1 Monat vor dem Tode, in 31 %
1 Woche vor dem Tode); Koma war die häufigste Ursache. Insulin war
häufiger in der Hospitalpraxis und in größeren Städten angewandt worden.
Als Komplikation wiesen 24,8 0, Arteriosklerose, 28,4 °/ọ chronische
Nephritis, 23,4 %/,- Gangrän auf. (Journ. amer. med. assoc. 1924, 10.)
-© ` Über das diabetische Problem heute schreibt Joslin: Eine neu®
Rasse diabetischer Patienten ist aufgetreten. Die Dauer des Diabetes unter
den Hospitalpatienten 1923 war 5,6 Jahre; 2 Jahre größer als 1921
und 1922. Die Länge der Krankheit der lebenden Diabetiker überschreitet
um ein. Jahr die ganze Dauer aller fatalen Fälle von 1914 ab. Der
Diabetiker heute ist älter als der eine Dekade vorher: 52 gegen 41 Jahre.
Die zunehmende Morbidität des Diabetes hat ihr Maximum erreicht, . Bal
. den Kindern hat keine Zunahme stattgefunden, der Typ ist milder, die
Diagnose sicherer. Dieser Halt in der progressiven Tendenz des Diabetes
hat aber nur Wert, wenn Präventivmaßregeln ergriffen werden: Jedes Kind,
das von Diphtherie und Scharlach gerettet ‚wird, jeder. junge Mann, der
von Typhus und Tuberkulose geheilt wird, ist ein Kandidat für zukünftigen
Diabetes. Diabetes ist 15mal so ‚häufig über 40 Jahre wie darunter. Bei
der früheren Generation war die mittlere Lebenserwartung 38, jetzt ist siè
57 Jahre, Die Hauptkomplikation des Diabetes ist ein frühzeitiges Alter.
Er ist ferner 10—20mal so häufig unter den Fetten, 21/mal so häufig
unter den Juden und diese Tatsachen müssen. bei der Bekämpfung unter
sücht werden. Der Jude ist nicht deshalb, weil er Jude ist, für Diabetes
prädisponiert, sondern weil er fett ist, und eine Statistik von je 1000 Juden
und Nichtjuden hat ergeben, daß 85°), übergewichtig sind und nur 4,1%
untergewichtig bei Juden, gegen 70°/ und: 12,2%, bei Nichtjuden. Von
den heutigen Diabetikern leidet 1/4 an chirurgischen Komplikationen, 1, a2
Gefäßstörungen, 1/, an allgemeinen Störungen und 1/, an Azidose. (Journ.
amer. med. assoc, 1924, 10.) |
Allison: Bei der Kniegelenkstuberkulose gibt frühzeitige Diagnos?
und operative Behandlung die besten Chancen. Die Resultate der physi-
kalischen Untersuchung haben nur afürmatorischen Wert; auch die Rōntger
untersuchung. Nach Walkey kann wohl ein Röntgenogramm mit einförmig
Magens. Es kann also möglicherweise bei einem Magen- oder Duodenal-
ulkus irgend eine Störung des Pankreas gleichzeitig vorliegen, und die
häufige Nahrungszufuhr, die das Ulkus bessert, mag die Glukose ersetzen,
sächlich wurde in. einem Ulkusfalle — er analysiert 5 Fälle — niedriger
Blutzucker gefunden. Da nun bei allen Nichtdiabetikern mit Ausnahme
scheint +4 I mit Hypoadrenalismus Hand in Hand zu gehen. Sekretorische
Störungen der Langerhansschen Ioseln scheinen ‚also mit Dysfunktionen
der Thyreoidea, der Hypophysis und anderen inneren Drüsen vereinigt zu .
sein. Dagegen geben systematische Untersuchungen der Magensekretion
scheinlich -hinwiederum ist, daß, da der = I Folge einer chronischen
Pankreatitis sein dürfte, die Drüsenteile, die Trypsin, Amylopsin und
.
'
Die wichtigsten Symptome der Koronararterienokklusion sind nach
Gordinier: ein plötzlicher, starker, anginoider Schmerz substernal oder
mit.dem Gefühl der drohenden Auflösung; akute emphysematöse Erweiterung
der Lungen mit Dyspnoe oder extremer Orthopnoe, Rasseln an der Lungen-
basis, akute Dekompensationserscheinungen; leicht unterdrückbarer, faden-
diffuser, schwacher Herzstoß, entfernte Herztöne, Galopprhythmus; plötz-
licher Fall des systolischen Drucks nach -den schweren Sebmerzen, früh-
zeitige myokardiale Erschöpfung; lokalisiertes perikardiales Reiben, wenige
Stunden oder 1—2 Tage nach den agonisierenden Schmerzen einsetzend;
satz zur‘ einfachen Angina pectoris; dazu eine große empfindliche Leber
und die Symptome eines Lungeninfarktes: suggestiv für eine Thrombose
der rechten Koronaria; plötzliches Einsetzen eines Lungenödems ev. mit
Rückfällen, Verstopfung der Arterien des Gehirns, der Eingeweide, der
Extremitäten mit charakteristischem Kardiogramm sprechen für eine Throm-. |
Nach Thomas kann eine chronische lIadigestion verschiedenen
Grades das Hauptsymptom sein von Zuständen, die sich später recht ernst
als Magen- oder Duodenalgeschwür erweisen können, als Splanchnoptose,
blasenerkrankung, Tabes, Herzerkrankung, myokardiale Insuffizienz, Angina
pectoris, Addison oder ‘chronische Appendizitis. (Atlantic med. journ.
Harrisburg, Pa. 1924, 27.) | | en
Was auch immer nach Wright die primäre Ursache der Migräne
sein mag, die Haupteffekte beziehen sich immer auf den Sympathikus und
das Gefäßsystem mit dem Erfolg eines mehr weniger lokalisierten zerebralen
Vasomotorenkrampfes. Dies läßt ungewöhnliche atypische Fälle, besonders
die paralytischen, aphasischen und hemianopischen Phänomene richtig
verstehen. Glücklicherweise ist sie eine benigne Affektion, aber es sind
- Fälle dauernder motorischer oder sensorischer Folgen berichtet. Praktisch
verschwindet sie nach dem 50. Lebensjahre; besteht. sie aber noch in die
degenerative Periode hinein und liegt eine Gefäßerkrankung vor, so können
die Anfälle nicht ohne Gefahr sein. (Atlantic med. journ. Harrisburg, Pa.
1924, 27.) |
Chipman diskutiert an 1733 Fällen die Wehen: oin physiologischer
Prozeß, der für Mutter und Kind am sichersten ist, wenn sie spontan auf-
treten und wenn man die Frau allein läßt. Deshalb sind alle künstlichen
Ersatz- und Anregungsmittel, die prophylaktische Zange usw. unsicher
und zu verdammen. Mortalitätsrate 0,4°%/,; 2 an Sepsis, 3 an Toxämie
eklamptischen Typs und eine an Hämorrhagie einer Placenta praevia.
Jede Frau, die früher an Eklampsie gelitten, sollte bei einer. späteren
Schwangerschaft im letzten Trimester reichlich ins Bett gesprochen werden,
gleichgiltig, ob man im Urin und Blut etwas findet oder nicht. Von den
17 Placenta praevia-Fällen (3 zentralen) erlagen eine Mutter und 4 Kinder.
Bei allen schmerzlose uterine Hämorrhagio im letzten Trimester. Hier
hält er die spätere Entbindung für die bessere. Bei toxischen Fällen:
200 ccm einer 20°/,igen Glukoselösung intravenös 2—3 mal täglich geben
den besten Erfolg. (Cancd. med, ass. journ. Toronto 1924, 14.) |
Über hereditäre und familiäre Nephritis schreiben Eason und
Smith an der Hand der Genealogie von zwei Familien: eine familiäre
Prädisposition zu Nephritis existiert; in einer Familie trat bei 6 Mitgliedern
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9, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.45. > | Ä
1591
verdünnter Kortikalsobicht, mit Verdichtung und Verbreiterung der Kapsel,
Zerstörung oder Schwund des Knorpels, Mangel an Knochenneubildung,
mit Knochenherden, meist in der Epiphyse, mit der Tendenz, eher das
Gelenk anzugreifen, als sich längs des Schaftes auszubreiten, suggestibel
für Tuberkulose sein; aber auch sie neigt unter Umständen zu Knochen-
neubildung; Herde kommen auch bei anderen Infektionen vor und auch
die Tuberkulose kann den Schaft ergreifen; Syphilis und Gonorrhoe geben
endlich oft ähnliche Bilder. Kurz, auch hier nur affiimatorischer Wert.
Serologische Proben: kein bestimmter Schluß dadurch; sie mögen vielleicht
wertvoller sein bei negativem Ausfall, als bei positivem. Viel mehr ver-
spricht das — technisch richtige — Tierexperiment und die histologische
Untersuchung, wozu recht früh ein operativer Eingriff in allen Fällen
indiziert ist. (Journ. amer. med. assoc. 1924, 10.) v. Schnizer.
. Therapeutische Notizen.
Innere Krankheiten.
Über Krysolgan bei Tuberkulose berichtet Carl Stuhl (Gießen).
Das Mittel kann auch in der Ambulanz mit gutem Erfolg gegen manche:
Tuberkuloseformen verwendet werden.
Blutungen und Abort hervorzurufen. Es ist daher bei Schwangerschaft
kontraindiziert. Will man die Gravidität unterbrechen, dann ist das
Kurettement immer noch das kleinere Übel. Fälle offener Lungentuber-
kulose, die sich noch zu einer solchen Behandlung eignen, können danach
ihre Bazillen im Sputum verlieren. (D.m.W. 1924, Nr. 37.)
. Über die perorale Behandlung der Lungenphthise mit „Tuberkulin-
Anfigen-Scheitlin“ („Tasch“) berichten Georg AßBmann und Georg Gruber
(Beelitz). Das Präparat kommt in Tabletten (0,025 g wirksame Substanz)
in den Handel. Man gibt anfangs 1/,—1 Tablette täglich. Steigerung
und Dauer der Kur werden nach dem Erfolg geregelt. Eine Tagesdosis
von 0,5 g sollte im allgemeinen nicht überschritten werden. Bei allen
vorgeschrittenen, ausgesprochen progredienten, besonders durch Fieber,
Blutungsneigung, Kehlkopftuberkulose, nicht abgelaufene Pleuritis kompli-
Krysolgan vermag aber uterine
. zierten Fällen darf das Mittel nur in einer geschlossenen Anstalt an-
gewendet werden, da die Gefahr schwerer Herd- und Allgemeinreaktionen
danach besteht. Dabei kann gelegentlich im Wege der Herdreaktion hoch-
virulentes, kavernöses Krankheitsmaterial abgestoßen werden. Dagegen
können unkomplizierte Fälle ohne ausgesprochene Progredienz auch ambulant
mit „Tasch“ behandelt und sehr günstig beeinflußt werden. (D.m.W.
1924, Nr. 37.) F. Bruck.
Eine kombinierte perorale Kalzium-Digitalistherapie hat E. Nathorf
erprobt, nachdem die Erfolge intravenöser Kalziumeinspritzungen mit gleich-
zeitiger Digitalisbehandlung diese Kombination als wirksam gezeigt hatten.
Er wandte Tabletten an, die 0,025 Pulvis fol. digital. titr. und 0,2 Calc.
lact. enthielten. (Die Tabletten werden unter dem Namen Cordical von
Simons Chemischer Fabrik in den Handel gebracht.) Es wird die gute
diuretische Wirkung von Kalzium-Digitalisgaben hervorgehoben sowie die
Beobachtung, daß durch Digitalis allein nur langsam zu kompensierende:
Herzstörungen durch, die Verbindung beider Medikamente bei erneuten
. Dekompensationen rascher und durch kleinere Digitalisdosen gebessert
werden konnten. Kleinste Dosen — 2—3 mal täglich 1 Tablette — konnten
wochenlang hintereinander gegeben werden. Das Kalzium vermindert an-
scheinend die Nebenwirkungen der Digitalis. (Ther. d. Gegenw. 1924,
Nr. 10.) W.
Ein neues Mittel zur Behandlung des arteriellen Hochdruckes
fand H. Kahler (Wien) in einem Lupininderivat. Es erwies sich als herz-
kräftigend bei leichteren Herzinsuffizienzen und führte bei allen Hyper-
'tensionen, äußer der arteriosklerotischen, nach intravenöser Applikation
zur Blutdrucksenkung. Der Dauererfolg war aber gering oder fehlte. Nur
bei dem peripher-toxischen Hochdruck, der sich von anderen Formen durch
das Fehlen von zerebralen Symptomen in der Anamnese und die günstige
Wirkung des Aderlasses auszeichnet, zeigte schon nach wenigen Injektionen
starken Abfall des Blutdruckes und zwar für dauernd, daneben. Hebung
des subjektiven Befindens. Noch verbessert wurde die Wirkung durch
Kombination mit 20 ccm hypertonischer (50°/oiger) Traubenzuckerlösung.
Der Angrifispunkt sind wohl die peripheren Gefäße, die erweitert werden..
(W.k1.W. 1924, Nr. 37.) Muncke.
Ohirurgie.
Als ein brauchbares Einlege- und Verstärkungsmaterial für. Gips-
verbände empfiehlt H. Hilarowicz (Lemberg) ein von den Modistinnen
gebrauchtes Material, genannt „Spaterie“. Es ist ein feines Geflecht aus
schmalen Holzstreifen, die sich in nassem Zustande in alle möglichen
Formen bringen lassen. Aus dem Bogen wird eine entsprechende Form
für Hüfte, Brust und Oberschenkel zugeschnitten; die Platten werden in
heißes Wasser gelegt und mit Gipsbrei gut eingerieben. Die Platten
werden auf die inzwischen gewickelte einfache Lage gepolsterten Gips-
verbandes aufgelegt, den Körperformen angepaßt und durch mehrere Lagen
von Gipsbinden befestigt. Die Verbände sind fest, elastisch und von
geringem Gewicht. (Zbl. f. Chir. 1924,. Nr. 39.)
Über die Verbesserung der Unterbindungs- und Nahttechnik und
maximale Verbilligung im Katgutgebrauch berichtet M. Blumberg (Berlin).
Er empfiehlt, am äußersten Ende des Katgutfadens eine kleine Metall- .
plombe mittels besonders konstruierter Zange anzubringen. Diese Plombe
gibt den Fingerspitzen einen Halt, so daß der Faden nur auf wenige Milli-
meter beim Knüpfen gefaßt zu werden braucht. Die Plomben werden
mittels einer Flachzauge, in welche der Plombenstreifen eingeklommt wird,
auf den Faden aufgedrückt (Herstellerin der Zange und der Plombe: Firma
Max Kahnemann, Berlin N 24). (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 39.) K..Bg.
Rivanol in der Chirurgie empfiehlt Walter Bock (Duisburg-Beeck),
Es kommt in 0,1°/,iger Lösung zur Verwendung, und zwar ohne chirurgische
Eingriffe und zur Unterstützung bei Operationen. (D.m.W. 1924, Nr. 37.).
F. Bruck.
Zur Operation der Mastdarmfistel empfiehlt A. Frank .(Charlotten-
burg), von der Fistelöffnung aus eine wässerige Methylenblaulösung
einzuspritzen. Die verzweigten Gänge werden dadurch deutlich gefärbt
und unterscheiden sich von den umgebenden Weichteilen bis zu. ihrem
Verlauf in'das Darmlumen. (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 39.) K. Bg.
Haut- und Geschlecktskyankheiten.
Die Röntgentherapie der Hautkrankheiten bespricht H. Fuhs (Wien)
und betont die Wichtigkeit vorsichtiger Dosierung und sorgsamster Technik.
Im allgemeinen sind Teildosen zu verwenden und genügende Pausen zu
machen. Vor allen Dingen ist eine temporäre Kontraindikation gegeben
durch vorhergehende reizende physikalische oder chemische Behandlung,
eine dauernde Gegenanzeige durch vorangegangene Röntgenschädigung der
Haut. In Betracht ‚kommt die Strahlenwirkung zur Epilation, bei Haut-
tuberkulosen, besonders Lupus hypertrophicus und exulcerans. Für Ery-
thema induratum, Acnitis usw. ist die Quarzlampe besser. Auch Aktino-
mykose reagiert gut; proliferative bzw. hypersekretorische entzündliche
Vorgänge im Bereiche der Hautdrüsen, besonders der Schweißdrüsen, sind
ebenfalls sehr geeignet. Schließlich rühmt Verf. die X-Strahlen zur Be-
seitigung von Pruritus, Ekzemen verschiedener Art und umschriebenen
Keratosen. Bei Angiomen und Keloiden war Radium besser. Zum Schluß
werden die malignen Hauttumoren besprochen, wo günstige Wirkung nicht
nur durch hoho Einzeldosen, sondern auch durch Teildosen zu erzielen ist.‘
(W.kl.W. 1924, Nr. 35.) ` Muncke.,
Die Lupusbehandlung mit Kupferdermasan (Dr. Reiß, Rheumasan-
und Lenizet-Fabrik) empfiehlt Gertrud Bettin (Godesberg). Es kommt
Kupferdermasan a) mit Tiefen-, b) mit Oberflächenwirkung zur Ver-
wendung. Man trägt 2x 24 Stunden das-Tiefenpräparat auf, dann weitere -
2 X 24 Stunden eine Mischung von 4 Teilen Tiefen- mit 1 Teil Oberflächen-
präparat. Darauf Mischung beider 3:2, 2:3, 1:4, schließlich das reine
‚Oberflächenpräparat (zur Überhäutung), jede Mischung 2 x 24 Stunden.
Einfache, unkomplizierte Fälle werden hierbei sehr günstig beeinflußt. Es
kommt schließlich zu weichen, glatt überhäuteten Narben. Bei Rezidiven
"innerhalb alter Herde mit derbem Narbengewebe oder bei vernachlässigten
Fällen trage man die jeweilige Kupferdermasankonzentration, von der
stärksten angefangen, so lange auf, bis die elektive Wirkung erlaubt, in
der Konzentration hinunter zu gehen. Dauernde Urinkontrolle ist
erforderlich. Das Kupferdermasan ist wenig schmerzhaft. Ist eine Licht-
behandlung nicht möglich, so kommt man mit Kupferdermasan bei ent-
sprechender Geduld allein aus. Gegen das Weitergreifen des lupösen
Prozesses empfiehlt sich das Mittel auch prophylaktisch. Umgibt .
man den unter Kupferdermasan abgeheilten Lupusbezirk abschnittweise
mit einer Zone des-Tiefenpräparats, so reagieren alle im scheinbar Ge-
sunden etwa vorhandenen Lupusmetastasen in typischer Weise: Eitrige
Einschmelzung der kleinen Herde, die unter dèr üblichen Behandlung ab-
heilen. So wird eine von Zeit zu Zeit zu wiederbolende Sicherheitskur
ermöglicht. (M.m.W. 1924, Nr. 36.) | F. Bruck.
Als Ersatzpräparat des Ichthyols (etwa 150/% Schwefel ent-
haltend) empfiehlt H. Holzamer (Frankfurt a. M.) das Schieferöl zur
lokalen Bebandiung der gonorrhoischen Epididymitis. Das von den
Jura-Ölschieferwerken in Stuttgart gelieferte rohe Schieferöl wird so, wie
es zur Herstellung des Ichthyols geschieht, behandelt, wodurch man ein
ähnliches wasserlösliches Präparat erhält. Auch in akuten Fällen wird
sofort abends das Skrotum bepinselt und mit Zellstoff umhüllt, auf den
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und dann Hochlagerung auf einem Schenkelbrettchen. Dieser. Verband
' Zur Uretbralbehandlung über, da sich dies häufig durch ein Wiederauf-
‚fälle ‘nicht annähernd’ so häufig wie bei der kombinierten Salvarsan-
-von Mund: und Nasopharynx mit 1: 1000 Kaliumpermanganat. Möglichst
Ù. U. ein Anästhetikum. Gegen die ängstigenden, aber ungefährlichen Atem-
` physische und psychische Rube. In manchen Fällen war Autofahren von
K. Ziegler, Punktionen und klinische Zytologie Lommel, Nervenkrank-
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1592 | 1924 — MEDIZINISOHR KLINIK — N..4. -> L 9. November
man das Schieferöl noch einmal dünn aufträgt; darüber Billrothbattist
. heiten allgemeiner Teil Jamin, spezieller Teil Finkelnburg, Augen-
untersuchung Hertel, Infektionskrankheiten, Verdauungsorgane, Röntgen-
untersuchung der Herausgeber. ._
Der seit Erscheinen der letzten Auflage verflossene Zeitraum von
drei Jabren hat unter den bisherigen Mitarbeitern manche Lücke gerissen,
‚An ihre Stelle sind Autoren getreten, die mit dem betreffenden Gebiet
. durch ihre Forschungsrichtung gleichfalls besonders vertraut sind. Das
Lehrbuch ist recht vollständig und kritisch bearbeitet. Der Leser findet
auf die klinisch wichtigen Fragen eine zuverlässige Antwort. Die Be-
schreibung der meisten Methoden ist so genau, daß sie danach auch aus-
geführt werden können; sie werden frei von Einseitigkeit eingeschätzt und -`
in den ganzen klinischen Zusammenhang gut eingefügt. Wir sprechen-es
gern aus, daß alle Beteiligten ihre Aufgabe erfüllt haben. Die zahlreichen
. Abbildungen sind fast durchweg vortrefflich und instruktiv.
Die biographischen Notizen des Herausgebers über die bekanntesten
Forscher auf diagnostischem Gebiete sind eine Bereicherung und eine An-
' regung zu historischem Verständnis. Es ist ein gutes Zeichen, daß dieses
anerkannte Lehrbuch hat neu erscheinen können. Die Verbesserungen und ,
Änderungen gegenüber der letzten Auflage sind gewissenhaft berücksichtigt
: worden. Wir begrüßen die neue. Auflage als eine willkommene Gabe zur
Förderung ärztlichen Könnens und wünschen ihr einen vollen Erfolg.
ne W. Zinn (Berlin).
. Kostner und Knipping, Die Ernährung des Menschen. 136 Seiten:
Berlin 1924, Julius Springer. Brosch..4,80.M.
Das vorliegende, in Gemeinschaft mit dem Reichsgesundheitsamt ver
faßte kleine Werk wendet sich nicht nur an die Ärzteschaft, sondern weit
darüber hinausgehend an alle Kreise, die an der Volksernährung interessiert
sind. Auf Grund der wichtigsten Forschungsergebnisse über den Nahrungs-
bedarf des. Menschen werden in klarer, allgemein-verständlicher Weise
sowohl die allgemeinen physiologischen Grundlagen als auch die für die
Ernährung hauptsächlich in Frage kommenden Lebensmittel hinsichtlich
ihrer Zusammensetzung, ihres Wärmewertes, ihrer "Ausnutzbarkeit usw. be-
sprochen. Wesentlich erhöht wird der Wert des Werkchens, das trotz
seiner gedrängten Kürze über alle Fragen der Ernährung erschöpfende
Auskunft gibt, durch die Einfügung zahlreicher praktischer und übersicht-
licher Tabellen. l | P. Horn.
Sternberg, Der heutige Stand der Lehre von den Geschwülsten,
insbesondere der Karzinome. 98 S. Wien 1924, Julius Springer.
M. 2,75. | T
Die Schrift des bekannten Pathologen erscheint unter den. „Abhand-
lungen aus dem Gesamtgebiet der Medizin“. In 9 Kapiteln wird das Wesent-
liche der Geschwulstlehre mitgeteilt; ohne daß Verf. sich in pathologisch-
anatomische Streitfragen zu sehr verliert, gewinnt der Leser einen vollen
Einblick in den Bestand und die Lücken unseres heutigen Wissens. Der
Weg geht von der Geschwulstdefinition über die Morphologie zur Ätiologie,
zur experimentellen Forschung und zur Erklärung der Geschwulstentwick-
lung; als letztes werden einige, für den Kliniker besonders wichtige Fragen:
Vererbung, Trauma, Spontanheilung usw. besprochen. Nach Aufbau, Art
der Darstellung und Auswahl des Gebotenen scheint dem Ref. eine meister-
hafte Übersicht gewonnen zu sein; die Sprache ist einfach-natürlich. So
-kann die Schrift besonders dem Praktiker aufs wärmste empfohlen werden.
| R S. Gräff (z. Z. Niigata).
Bauer-Beck, Atlas der Histopathologie der Nase und ihrer Neben:
= höhlen. 1. Lieferung, mit 8 farbigen Tafeln und Text dazu. Leipzig 19%,
Curt Kabitzsch. M. 5,—. | Te
| Die auch technisch vorzüglich ausgeführte erste Lieferung (8 Tafeln)
des Atlas verspricht ein schönes Werk. Die Präparate stammen aus kur
post mortem entnommenem Material. Genaue "Beschreibungen begleiten
die Abbildungen. Haenlein.
Finckh, Schlaf und Traum in gesunden und kranken Tagen. 38 S.
‘ München 1924, Otto Gmelin. M. 1,—. n
Der Verfasser, von dem wir ein ansprechendes kleines Schriftohen
über die „Nervosität“, das auch für die Patienten recht viel Gutes gibt,
kennen, hat hier versucht, in ähnlicher Weise sich mit Schlaf und Traun
zu beschäftigen. Das Heft gehört in die Sammlung „Der Arzt als Erzieber
und bietet dem nicht ungebildeten Kranken gutes Verständnis für die Vor-
gänge in Schlaf und Traum, soweit sie überhaupt für ihn. ‘verständlich
sind. Im allgemeinen suchen die Laien hinter diesen Vorgängen mehr
Geheimnisvolles, als dahinter steht. Die Parallelen des Traum- zum Wach-
zustande, dor Übergang der Halluzinationen in ersterem zu den Vorstellunge®
: des letzteren, die Einfügung des Schlafes in den physiologischen Ablauf
| des Lebens und der.Einfluß von Krankheiten auf Schlaf und Traum werden
verständlich dargestellt. A me PE l
Das Heftchen kann dem Arzt bei geeigneten Kranken sehr nützlich 308.
| I. Grober (Jen)
bleibt über Nacht liegen, während am Tage ein Dunstverband mit essig-
saurer Tonerde oder.Borwasser angelegt wird. Man gehe nicht zu früh `
flackein der Epididymitis rächt. Wesentlich zeigt sich die Wirkung des `
Schieferöls auf die Infiltration. Diese schwindet teilweise in 2—3 Wochen
schon völlig. Das Präparat reizt die Haut fast gar nicht und ist außer-
ordentlich billig. (M.m.W. 1924, Nr. 36.) |
Bismogenol bei Syphilis empfiehlt V, Nagel (Halle a. S.) Er hat
bei pünktlichen Kuren nie klinische Rezidive ‚gesehen, serologische Rück-
Hg.-salieyl.-Kur. (D.m.W. 1924, Nr. 37.) F. Bruck.
Infektionskrankheiten.
Über die Behandlung der Encephalitis lethargica schreibt Hall:
Die frühzeitige Diagnose ist deshalb wichtig, weil andere Krankheiten
ebenso verlaufen (Gehirntumor und Abszeß, zerebrospinales Fieber, zerebrale
Syphilis, Urämie, Vergiftungen), aber eine ‘ganz andere Behandlung erfordern, :
deren Unterlassung großen Schaden stiftet. Auch das Umgekehrte -kann
der Fall sein. Endlich mildert frühzeitige Behandlung auch die unan-
genehmen Folgen namentlich bei Kindern. In erster Linie Desinfektion
früh ins Bett. Isolation und frische Luft, womöglich im Freien. Diät: |
immer für genügende, leichte, schmackhafte Nahrung sorgen, weil späterhin.
oft rapide Abnahme.: Medikamentös: Fixationsabszeß, reines Influenza-
antigen, Rekonvaleszentenserum, Natriumsalizylat intravenös (1:30, 1—3 g
täglich); neuerdings gaben 'intrathekale Injektionen von Levadittiserum.
teils ermutigende Erfolge, teils schwere meningeale Reizungen — noch zu |
geringe Erfahrung darüber. Am häufigsten wird heute Hexamin gegeben :
in vollen Dosen über eine lange Zeit (cavo Nierenreizung). Bei unruhigen,
‘choreiformen Fällen besondere ‚Pflege (cave Verletzungen); Hydrotherapie,
Kurzscheren der Kopfhaare, bei Frauen nur in schweren Fällen. Sedativa:
Brom, Chloralhydrat, Hyoscinum hydrobromicum. . Im allgemeinen ist dieses
akute Stadium nicht fatal. Nur’ selten erfordern maniakalische Symptome
Spezialbehandlung. Gegen die Neuralgien helfen die üblichen Mittel selten;
ein Doverpulver, Morphium sind das Gegebene. Gegen die myoklonischen
Spasmen, die sehr schmerzhaft, lokaler Druck durch Binden, heiße Fomen-
tationen, Senfpflaster in Magengrube, schmierzstillende Linimente, Morphium.
störungen Sedativa, Sauerstoff. Gegen die Konstipation im akuten Stadium
Seifenklystiere. Reinigung der Zunge. Nachbehandlung sehr individuell,
Wert. . Parkinson: Skopolamin usw. Choreiforme Attacken: regelmäßige
Übungen, einfache kallisthenischoe Armbewegungen, u. U. Stricken bei
Mädchen. Gegen die Schlaflosigkeit: Sedativa, Milchinjektionen nach Lust.
(Lancet 1924, 12.) v. Schnizer.
Bücherbesprechungen.
Marle, Lexikon der gesamten Therapie. 2. Aufl., 3. Bd. S. 1565 bis
2200, mit 186 Abbild. Berlin und Wien 1924, Urban & Schwarzenberg.
Geh. 14,40, geb. 16,80. | u.
Zur restlos glücklichen Vollendung des vielseitigen und lehrreichen
Werkes ist dem Herausgeber und seinem Mitarbeiterstab sowie dem Verlag
herzlich zu gratulieren. Alle Beteiligten haben „durchgehalten“ bezüglich
der Qualität des Gebotenen. Am Schlusse werden wir ‘durch 2 Anhänge,
einen Arzneimittelteil, enthaltend die wichtigsten und klinisch gebräuch-
lichsten Arzneimittel, und ein Verzeichnis der wichtigeren Kurorte und
. Mineralbrunnen, überrascht. Sie sind. kleine Nachschlagewerke für sich
und dem sonstigen Inhalte des ganzen Buches. ebenbürtig.
= | Ä Emil Neißer (Breslau).
Paul Krause (Münster i. W.), Lehrbuch der klinischen Diagnostik
. innerer Krankheiten, mit besonderer Berücksichtigung der Unter-
suchungsmethoden. Dritte neubearbeitete Auflage. Mit. 3 Tafeln und
499 teils farbigen Abbildungen im Text. 866 Seiten. Jena 1924, Gustav
Fischer. Geb. 23 GM.
Das Lehrbuch erscheint in dritter Auflage, die A. von Strümpell
gewidmet ist. Die Arbeitsteilung für die einzelnen Gebiete ist folgende:
Vorgeschichte und Allgemeinbefund Wandel, oberste Luftwege Lommel,
Respirationsapparat Bittorf, Kreislauforgane Ed. Müller und Schenk,
Urogenitaltraktus Winternitz, Stoffwechselkrankheiten derselbe, Blut
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1924 — MEDIZINISĊHE KLINIK —. Nr. 45.
Kongreß- und Vereins-Berichte. a
88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Innsbruck,
21. bis 27. September 1924. (Fortsetzung aus Nr. 44.)
Bericht von L. Pincussen, Berlin. | |
Weitere Vorträge derselben Sitzung behandelten die Physiologie
der Arbeit. Als erster Redner sprach Heß (Zürich) über dio Physiologie
des Muskelapparates und seine Beziehung zum Gesamtorganismus.
Pbysiologische Arbeit bedeutet im allgemeinsten Sinne aktives Eingreifen
des Individuums in die Gestaltung seiner Umwelt. Für die Umschreibung
dessen, was wir körperliche Arbeit nennen, ist der Umstand wichtig, daß
deren Ziel die Gestaltung der Lebensbedingungen des Individuums in
seiner Einheit ist. Jeder Arbeitsleistung liegt eine Kraft zugrunde. Heß
` bespricht kurz die Verhältnisse bei der Muskelarbeit, die Verkürzung des
‘Muskels und die dabei auftretenden chemischen und thermodynamischen
„Prozesse, deren Kenntnis wir den Arbeiten von Hill, Meyerhof und
&mbden verdanken. Zu unterscheiden sind drei Phasen: erstens der
. Zerfall des Grundstoffes der Muskelkraft, des Laktazidogens in Milchsäure
und Phosphorsäure, zweitens der Übergang der Milchsäure an andere
Stellen, drittens die Verwandlung der Milchsäure, die nur teilweise oxy-
diert, zum größeren Teil aber in Glykogen zurückverwandelt wird. Thermisch
findet ebenfalls ein Dreitakt statt: erstens Wärmeentwicklung gleich Ver-
kürzung, zweitens Verflachungsprozeß gleich Bindung und drittens eine
langgezogene Phase. Die Ianervation geht nicht von einer einzelnen Stelle
aus; es findet ein Zusammengreifen von unteren Schichten und höheren
statt. Eine entscheidende Bedeutung für die Erreichung eines fein ab-
gestuften Zusammenspiels der verschiedenen Muskeln hat die Mitwirkung
der sensorischen Apparate. Durch sie fühlen wir uns zum größten Teil
unbewußt in die zu überwindenden Widerstände ein; sie zeigen uns auch
Unüberwindbarkeit von Widerständen und veranlassen ein Rückgängie-
machen von Bewegungen. Für die Vollkommenheit, mit welcher ein Arbeits-
ziel erreicht wird, ist die Übung von höchster Wichtigkeit. Sie beruht
auf einer Anpassung des Skeletts, der Muskulatur und ganz besonders des
'Innervationsapparates an die Besonderheiten eines speziellen Bewegungs-
. ablaufes. Der Erfolg der Übung zeigt sich in einer feinen Kräftedosierung,
einer sicheren Beherrschung des zeitlichen Ablaufs der Bewegung und in
einer größeren Treffsicherhoit in bezug auf die Bewegungsrichtung. Es
folgt daraus eine größere Vollkommenheit des Arbeitserzeugnisses, größere
Ausdauer und bessere Ökonomie. Die Beanspruchung des Muskelapparates
steht im engen Zusammenhang mit den Funktionen des Kreislaufes und
des Atmungsapparates. Die Verschlechterung der Funktionsbedingungen
der Muskelfasern während ihrer Tätigkeit infolge größeren Sauerstoff-
verbrauches und vermehrter Kohlensäureproduktion wird durch die Regu-
lationseinrichtungen dieser Systeme ausgeglichen. Diese Regulationen be-
stehen im wesentlichen in einer Erweiterung der Kapillaren im arbeitenden
Muskel, hierzu kommt eine Steigerung der Herzarbeit und eine Erhöhung
der respiratorischen Tätigkeit ‚mit Steigerung des Blutdruckes und Be-
schleunigung der Pulsfrequenz. Als Folge geleisteter Arbeit tritt Ermüdung
auf. Dieser Begriff ist scharf von dem der Erschöpfung zu trennen, die
im Gegensatz zur Ermüdung auf irreversible Änderungen zurückzuführen
ist. Die Ermüdung muß als ein Schutz gegen die Erschöpfung aufgefaßt
werden; sie ist begründet auf Hemmungen, welche sich besonders im
Innervationsapparate geltend machen; in gewissem Grade kann sie durch
verstärkte Willensimpulse, überwunden werden. Als Ursache der Ermüdung
kommen Ermüdungssubstanzen, vielleicht spezifische Reizstoffe in Frage.
Wir finden hier ein abwägendes Spiel zwischen dem animalen und dem
sympathischen System; im Schlaf wird das animale: durch das vegetative
System in akzentuiertester Form beherrscht. In der Arbeitsunlust bei
Ermüdung und in der restituierenden Wirkung des Schlafes haben wir
eine oberste Regulationsvorrichtung zu sehen, welche die körperlichen und
‚geistigen Arbeitsleistungen im Einklang mit der Arbeitsfähigkeit der
funktionierenden Gewebeelemente setzt. |
Atzler (Berlin) wies in seinem Vortrage über „Berufliche Arbeit
alg physiologisches Problem“ darauf hin, daß in allen Kulturstaaten
ängenieure, Wirtschafter, Ärzte und Naturwissenschafter eifrig daran
arbeiten, nicht nur die Maschinen, sondern auch den Menschen mit einem
möglichst hohen Wirkungsgrad arbeiten zu lassen. Dje Voraussetzung für
jede rationelle Organisation ` eines Betriebes ist es, daß der rechte Mann
am rechten Platz steht. Zur Erkenntnis der physiologischen Eignung für
bestimmte Berufe genügen die allgemein ärztlichen Untersuchungsmethoden
nicht. Ebensowenig können in dieser Hinsicht die aus rein anatomischen
Daten berechneten Indizes befriedigen. Man ist mangels einer geeigneten -
‚Allgemeinprobe für die Leistungsfähigkeit gezwungen, die Organe einzeln
u untersuchen. Interessant ist ein Vorschlag von Magne, der dahin
: Schwierigkeiten bereitet.
geht, die Höhe der Kohlensäurekonzentration, die in der Lungenluft ver-
tragen wird, als Indikator für die körperliche Leistungsfähigkeit anzusehen. -
Der Vortragende selbst hat mit Herbst eine Methode ersonnen, die es
gestattet, das Volumen’ der unteren Extremitäten zu messen und somit
die größere oder geringere Befähigung eines Arbeiters, Arbeiten in stehender
Stellung auszuführen, zu -untersuchen. an
Neben der physiologischen Eignungsprüfung ist die Frage der.
Rationalisierung der menschlichen Arbeitskraft von’ besonderer Bedeutung,
Mit einem Minimum von Energieverbrauch sollen Maximalleistungen aus-
geführt werden. Eine modernen Ansprüchen genügende Rationalisierungs-
methode soll die Leistung steigern, ohne daß, wie beim Taylorsystem, die:
Gefahr einer übermäßigen Beanspruchung des Arbeiters besteht. Durch
die Übung gestaltet sich das Zusammenspiel der einzelnen Muskeln immer
zweckmäßiger. Dadurch wird. der Energieverbrauch für die gleiche Arbeit
sehr viel kleiner, die Bewegungskurven eines gut trainierten Arbeiters
zeigen eine auffallende Stetigkeit. Der Ungeübte führt ruckartige, un-
harmonische Bewegungen aus. Man kann zwischen primitiven Bewegungen,
die jedem Menschen geläufig sind, und komplizierten Bewegungen, die ein
neuartiges Zusammenspiel der einzelnen Muskeln erfordern, unterscheiden.
Bei einer primitiven Bewegung wird die maximale Leistungsfähigkeit schnell
erreicht, während sie bei komplizierten Bewegungen, je nach der Ge-:
schicklichkeit des Arbeiters, mühsam erlernt werden muß. Durch den.
Respirationsversuch kann man .den Energieverbrauch für jede Arbeit messen.
Dem Vortragenden ist es gelungen, alle im Fabrikbetrieb vorkommenden
Bowegungsformen auf eine begrenzte Zahl von Elementarbewegungen zurück-
zuführen. Durch die. Untersuchung dieser Elementarbewegungen ist das
Problem der. Rationalisierung der menschlichen Arbeit experimentell faßbar
geworden. In Versuchen, die gemeinsam mit Lehmann, Herbst und
Müller ausgeführt‘ wurden, wurden vom Vortragenden von derartigen
Elementarbewegungen das ‚Drehen einer Kurbel, das Heben von Lasten,
das Ziehen und Stoßen in wagerechter Richtung, das Schieben und Ziehen
von Karren untersucht. Der Vortragende konnte mit Hilfe erläuternder
kinematographischer Aufnahmen zeigen, wie es möglich ist, für alle diese
Elementarbewegungen mit Hilfe des Respirationsapparates die Optimal-
bedingungen. festzulegen. An dem einfachen Beispiel des Hebens von
Lasten wurde gezeigt, wie durch die richtige Wahl der Ausgangshöhe, der
Hubhöhe und der Last eine Energieersparnis. bis zu 50°), erzielt werden.
kann. Als Beispiel, wie wichtig die Wahl des richtigen Arbeitstempos
für die Ökonomie- der Arbeitsleistung ist, werden Untersuchungen über
das Drehen einer Kurbel besprochen. Dabei zeigte es sich, wie wichtig
es für jede von Hand betriebene Maschine ist, daß die bewegte Masse in
richtigem Verhältnis steht zu der gewählten Geschwindigkeit, und daß >
diese Geschwindigkeit der Optimalgeschwindigkeit des arbeitenden Körper-
teils entspricht. . | | Di
Durch die Rationalisierung wird der Eintritt der Ermüdung auf- die
denkbar natürlichste .Weise hinausgeschoben. Um über die Frage der
günstigsten täglichen Arbeitszeit und die günstigste. Anordnung der Pausen
Angaben machen zu können, sind Bestimmungen der Ermüdung notwendig.
Alle bisher angegebenen Methoden zur Erfassung der-Gesamtermüdung sind `
unbrauchbar, während die Messung der Ermüdung einzelner Organe weniger
So besitzen wir in der Krapelischen Addier-
methode ein brauchbares Verfahren zur Messung geistiger Ermüdung. Der
Eintritt der Ermüdung eines Arbeiters ist dadurch gekennzeichnet, daß er
zur Ausführung einer bestimmten Bewegung Hilfsmuskeln heranziehen muß.
Die Folge der Verwendung weiterer Muskeln ist ein Anstieg des Energie-
verbrauches für die Arbeitseinheit. Somit wäre es mit Hilfe des Respi-
rationsversuches möglich, den ersten Beginn einer Ermüdung festzustellen.
Bei der Kompliziertheit eines Respirationsversuches wäre dieses Verfahren
praktisch kaum durchführbar. Da aber der Grund für den erhöhten Energie-
verbrauch bei der Ermüdung in der veränderten Ausführung der Bewegungen
liegt, so ist der gleiche Moment der eintretenden Ermüdung' auch an der
Bewegungskurve zu erkennen. An einem Film wurde die typische Änderung
einer Bewegung bei Eintritt der Ermüdung gezeigt. Durch systematische
Anwendung dieser. Methode des Studiums des Bewegungsbildes läßt sich
die Frage der optimalen Arbeitsdauer wissenschaftlich lösen.‘ Am Schlusse
seines Vortrages wies Atzler darauf hin, daß der Arbeitsphysiologe nicht
nur den einzelnen Arbeiter, sondern auch das Volk als Ganzes im Auge
behalten muß, und daß in dieser Beziehung vor allem rassenbiologische
Fragen eine Rolle spielen. | |
Die Sitzung der naturwissenschaftlichen Hauptgruppe beschäftigte
sich mit den Neuerungen der Atom- und Molekularforschung,. Sommer-
feld (München) sprach über die Grundlagen der Quantentheorie und des
Bohrschen Atommodells. Die bis in dio neueste Zeit geltende Anschauung, `
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daß die Atome, die Grundbestandteile der chemischen Elemente unteilbar
sind, ist erst vor wenig mehr- als 10 Jahren revidiert worden. Diese Um-
wälzung datiert von dem englischen Physiker Rutherford, der.vor un-
gefähr 15 Jahren die Annahme aussprach, daß am Atom ein Kern und
sogenannte Elektronen zu unterscheiden sind, die in ähnlicher Weise, wie
die Planeten die Sonne, den Kern umkreisen. Vor allem die genaueren
Studien der radioaktiven Substanzen gaben den Anstoß zu dieser neuen
Lehre. Schon 10 Jahre vorher hatte der Berliner Physiker Planck seine
Quantentheorie aufgestellt, deren Hauptiehre darin besteht, daß man
gewisse Zustände in der Materie bzw. des Atoms als physikalisch aus-
gezeichnet betrachtet und von diesen stationären oder „gequantelten“
Zuständen nur eine abzählbare Anzahl annimmt, so daß die Atomzustände
nach der Quantentheorie eine diskontinuierliche Reihe bilden. Die Elementar-
prozesse, welche das Atom aus einem dieser Zustände in einen anderen.
überführen, haben einen sprunghaften Charakter. Die ganze Zahl, welche
die diskontinuierliche Reihe der Atomzustände ordnet, wird zur Be-
Die Arbeiten des dänischen
Forschers Bohr verbinden die Rutherfordsche Idee des Kernatoms ‚mit
der Planckschen Quantentheorie. Das einfachste Atom ist. das: Wasser-
stoffatom, das aus einem Kern und einem Elektron besteht. lò ähnlicher
Weise sind auch die anderen Atome gebaut, mit dem Unterschiede, daß
die Zahl der Elektronen und ebenfalls die Anzahl ihrer Bahnen eine ver-
schiedene ist. Wie im Planetensystem, sind es auch im wesentlichen
Ellipsen, in welchen die Elektronen um den Kern kreisen. Die Diskontinuität |
der stationären Atomzustände spiegelt sich wieder in der diskontinuier-
lichen Linienfolge der Serienspektren, in. den Linien, welche im Spektral-
bild der betreffenden Substanz auftreten. Sommerfeld besprach dann
weiter die Zuverlässigkeit der modernen Vorstellungen über den Bau des
Atommodells und berührte auch die große Frage nach der Natur des
Lichtes. Es ist augenblicklich nicht zu entscheiden, ob die Auffassung,
daß das Licht durch Schwingungen hervorgerufen wird, welche den
akustischen Luftschwingungen analog sind, mit dem heutigen Tirfahrungs-
material verträglich ist, oder ob die Physik gezwungen werden wird, zu
einer Art von Lichtkorpuskeln im Sinne Newtons zurückzukehren. Ein-
stein hofft. vielleicht die Wellenlehre beibehalten zu können; das gegen-
teilige Extrem einer radikalen Quantentheorie des Lichtes geht in seinen
Anfängen ebenfalls auf Einstein zurück; der dritte Weg, welchen Bohr
und andere gehen wollen, ist als ein Kompromiß aufzufassen. Wie auch
diese Fragen entschieden werden mögen und welche Wandlungen unsere
- Grundanschauungen in nächster Zeit durchmachen mögen, so ist es doch
sicher, daß die Quantentheorie in irgendeiner Form, ebenso wie die Atom-
modelle von Bohr, ein unveräußerlicher Besitz der Physik bleiben werden.
Es sprach dann Kramers (Kopenhagen) über die chemischen
Eigenschaften der Atome nach der Bohrschen Theorie und Kratzer
(Münster) über die Moleknlareigenschaiten und Bandenspektren. Aus
dem Aufbau eines Moleküls läßt sich die Lage seiner Auslöschungsstreifen
im Spektrum vorausberechnen. Auf Grund der Beziehungen zwischen
Bandenspektrum und Molekularaufbau' kann man mit einer bisher un-
bekannten Genauigkeit den Abstand der einzelnen Atome voneinander
bestimmen. Ferner bestehen Beziehungen der Bandenspektren zu dem
periodischen System der Elemente. Eudlich kann man sebr wahrscheinlich
.durch diè Banden eine Reibe von Verbindungen einzelner Atome nach-
weisen, die unter gewöhnlichen Umständen anscheinend nicht beständig
sind und sich daher der chemischen Analyse entziehen. Auch die spezifische.
Wärme der Gase läßt sich durch das Bandenspektrum bestimmen, auch
der Zusammenhang der Bewegungen der Elektronen mit dem Magnetismus
dürfte auf diese Weise einer Klärung näher gebracht werden können.
E. Warburg (Berlin) sprach dann über die Bedeutung der Quanten-
regeln ia der Photochemie. Mit Hilfe des Einsteinschen Äquivalent-
gesetzes ist es möglich, den Betrag der photochemischen Wirkung aus
dem Betrag der absorbierten Strahlung zu berechnen und damit das
fundamentale Problem der Photolyse zu lösen, der Zersetzung der Moleküle
durch das Licht, ein Vorgang, welcher mit der Blektrolyse, der Zersetzung
durch den elektrischen Strom verglichen werden kann. (Fortsetzung folgt.)
Wien.
Österreichische otologische Gesellschait. Sitzung vom 12. Mai 1924.
V. Hammerschlag: Hereditäre Ohrenkrankheiten und Gravidität.
Alle hereditären Ohrenkrankheiten, die hereditärdegenerative Taubheit, die
echte Otosklerose, die Bezoldsche Dysakusis sowie die progressive Schwer-
hörigkeit Manasses sind eine Gruppe in der ‚großen Familie, die alle
hereditär-pathologischen Zustände des menschlichen und tierischen Orga-
nismus umfaßt. Wird eine von Ötosklerose befallene Frau gravid, so übt
die Gravidität einen deletären Einfluß auf die Otosklerose aus. Es soll
daher diese Krankheit eine Indikation zur Unterbrechung der Schwanger-
schaft abgeben, und zwar besonders dann, wenn die Gravide diese wünscht,
weil sie im Erwerb stebt und auf ihr Gehör angewiesen ist. So weit ist
die Indikation nur eine soziale. Die seugenische Indikation bezieht
sich aber auch auf das zu erwartende Kind. Hier handelt es sich aber
dann nicht nur um die Otosklerose, sondern auch um alle oben erwähnten
hereditären pathologischen Zustände des Gehörorgans.. Wenn also der
Stammbaum der beiden Eltern ergibt, daß die Familie derselben oder eines
Eiters von einer hereditären Ohrenkrankheit heimgesucht ist, so soll man
die Gravidität unterbrechen dürfen, damit die Zahl der befallenen Individuen
nicht noch weiter vermehrt werde. Doch wird man Individuen aus patho-
logischen Familien darüber zu- belebren haben, daß Verwandtschaftsehen
selbst im weitesten Umkreis‘ der Verwandtschaft gefährlich sind und daß
eine gesunde Nachkommenschaft mit einiger Sicherheit nur dann zu er-
warten ist, wenn die beiden Individuen, die eine Ehe eingehen wollen,
auch nicht im entferntesten Verwandtschaftsverhältnisse zueinander stehen,
C. Stein: Gravidität und Otosklerose (mit Bericht über 23 Fälle),
Auf Grund seiner Untersuchungen und Erfahrungen stellt St. fest, daß die
Otosklerose bei vorbandener Disposition durch mehrfache Einflüsse ‚geweckt
werden kann und daß alle Faktoren, die das abnorm beschaffene Gehär-
organ schädigen, die Otosklerose manifest oder die schon bestehende Ohr-
erkrankung verschlimmern werden. Andererseits kann dic Krankheit bei
Fehlen irgendwelcher Beeinflussung der auslösenden Momente latent bleiben
bzw. können Ruheperioden des pathologischen Prozesses eintreten. Die
Einleitung des künstlichen Abortus bzw. der künstlichen Frühgeburt vermag
in vielen Fällen den in Entwicklung begriffenen Prozeß der Otosklerose
aufzuhalten, die subjektiven Symptome wesentlich zu mildern und nicht
selten eine Besserung der Hörfunktion herbeizuführen. ‚Das erklärt sich
damit, daß mit dem Ende .der Gravidität eine ganze Reihe von Schädlich-
keiten, die auf dem Wege der Nerven- und Blutbahnen sowie hormonal
Umbau und Wachstum in der Labyrintbkapsel fördern und das innere Ohr .
schädigen, wegfällt. Mit Lebensgefahr wird sich bei Otosklerose die
Graviditätsbeendigung höchstens in jenen sehr seltenen Fällen begründen
lassen, wo die Pat. durch qualvolle Steigerung der subjektiven Beschwerden
zum Suizid getrieben werden könnte. Die Indikation ergibt sich vor allem
aus medizinischen bzw. medizinisch-sozielen Gründen, insofern die beider-
seitige hochgradige Ausbreitung des Leidens eine schwere Gesundheits-
schädigung für die Gravide bedeutet und ihre - Wirksamkeit in der Familie
bzw. im Berufe schwer beeinträchtigt oder unmöglich macht. Diese Gefahr
erscheint gegeben: wenn die Erkrankung der zweiten Seite oder Fort-
schreiten der beiderseitigen Erkrankung schon zu Beginn der Gravidität
einsetzt; wenn schwere hereditäre Veranlagung, speziell betreffs des Ohres
vorliegt, aber auch bei schwerer neuropathischer Veranlagung, insbesondere
wenn diese schon bei vorhergehenden. Graviditäten sich durch Psychose,
Epilepsie, Chorea usw. manifestiert hat; bei Zeichen hochgradiger Erregbar-
keit des vegetativen, speziell des kardio- und vasovegetativen Nervensystems;
bei Erscheinungen, die auf Funktionsstörung irgendeiner Drüse mit innerer
Sekretion hinweisen und bei Symptomen einer Graviditätstozikose. Es ist
nach diesen Darlegungen die Frage der Indikation zur Unterbrechung der
Gravidität einer an Otosklerose leidenden Frau nur von Fall zu Fall unter
fortgesetzter genauer Beobachtung der Pat. hinsichtlich der subjektiven
und objektiven Obrsymptome und nach eingehender interner Untersuchung
zu beantworten und die Unterbrechung der Schwangerschaft bei Bestehen
einer oder mehrerer der früher genannten Momente entschieden. indiziert.
A. Cemach: Mittelohrtuberkulose und Gravidität. In der Regel
bat bei Tbe. der Lungenarzt die Indikation zu stellen, doch kommen Fälle
vor, in denen die Entscheidung dem Otiater zufallen kann. Eine 28jährige l
Erstgravide, die an Tbe. pulm. litt, und der der konsultierte Arzt mit
Rücksicht auf den benignen fibrösen Lungenprozeß gestattet hatte, aus-
zutragen, bekam im dritten Lunarmonate eine akute Otitis, die von allem
Anfang bösartig verlief und nach 3 Wochen schon Mastoidsymptome zeigte.
Die Frau wollte die Gravidität nicht unterbrechen lassen. Bei der in der
fünften Krankbeitswoche notwendig‘ gewordenen Operation fand C. bereits
einen Extraduralabszeß und eine Labyrinthsequestrierung. - 2 Wochen später
abortierte die Frau spontan und von da ab zeigte der Ohrprozeß gute
Heilungstendenz. Es ist also bei jeder in der Gravidität auftretenden
akuten und bei jeder sich da verschlimmernden chronischen - Otitis bet
positivem Tbe.-Befund die Schwangerschaft sofort zu unterbrechen.
G. Bondy: Zur Beeinflussung der Mittelohreiterungen darch die
Gravidität. B. berichtet über 3 Fälle von Mittelohreiterung, welche durch
die Gravidität äußerst ungünstig beeinflußt wurden. In dem ersten kam
es bald zur Arrosion der Labyrinthwand. Nachdem wegen der bestehenden
Lungenphthise die Gravidität unterbrochen worden war, ging die Obr-
erkrankung spontan zurück, das Fistelsymptom verschwand, das Mittelohr
wurde trocken und eine weitere Behandlung überflüssig. In einem zweiten
Falle ging der Ohrprozeß, der im vierten Lunarmonate eingesetzt hatte,
trotz Mastoid- und späterer Radikaloperation weiter bis zur Zerstörung des
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 45: 0002000001895
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Labyrinths. Nach dem Graviditätsende spontane Heilung. Der dritte Fall
betrifft eine Frau, die in der dritten Gravidität ebenso wie in den zwei
_ vorangegangenen eine Zunahme ihrer seit Kindheit bestehenden Otorrhoe-
bemerkt hatte. Gegen Ende des siebenten Lunarmonsts stärkere Be-
schwerden, die im Beginn des achten Lunarmonats die Radikaloperation
erforderten. 11 Tage später Sinusoperation notwendig. 7 Wochen danach
Labyrinthfistel. Am folgenden Tage Einleitung der Frühgeburt. 8 Tage
später kein Fistelsymptom mehr auslösbar, kein Schwindel, Eiterung gering.
2 Monate post partum volle Heilung. Dieser Fall zeigt deutlich die radikale
„Umstimmung“ des Organismus durch die Beeudigung der Gravidität
sowie die Berechtigung dieses Eingriffs in Fällen, wo bei Fortdauer der -
Schwangerschaft der Eintritt von lebenbedrohenden Komplikationen zu be-
fürchten ist.
H. Frey: Gravidität und Otosklerose. „Endokrine Krisen“ sind
` sicherlich auslösend für Verschlimmerungen der Otosklerose, und die
Gravidität sowie, das Puerperium stellen solche Krisen dar. Auch sind
die psychischen Emotionen, die vielfach mit der Gravidität einhergehen,
gewiß nicht ohne Einfluß auf das Auftreten solcher Krisen. Da die Pro-
|
gression der.Otosklerose ruckweise erfolgt, durch die Gravidität ein solcher
Anstoß sehr oft gegeben ist, so ist bei Eintreten von Progression der Ohr-
erkrankung die Graviditätsunterbrechung indiziert. Die Frage, ob man
Otosklerotikern das Heiraten verbieten soll, kann aber nicht so strikt bejaht
werden, da diese Leute in höherem Alter wohl bloß auf den Verkehr mit
den nächsten Angehörigen angewiesen sind. Man wird also ev. eine erste
Schwangerschaft zum normalen Ende gehen, weitere aber unterbrechen lassen.
H. Neumann: Aus den Vorträgen . ergibt sich bezüglich der Ohr-
eiterungen, daß sie, wenn die anderen therapeutischen Maßnahmen nicht
mehr zur Beherrschung der Ohrerkrankung ausreichen, eine Indikation zur -
Was die Otosklerose an- `
Unterbrechung der Schwangerschaft darstellen.
langt, so wird die wirkliche Otosklerose durch die Gravidität sehr ee
beeinflußt.
R. Leidler stellt den Antrag, ein Komitee zu wählen, das einen
der otologischen Gesellschaft zur Annahme bzw. Abänderung vorzulegenden
Gesetzentwurf ausarbeiten soll, um ihn, falls es im Parlamente zur Ände-
rung des jetzt gültigen Gesetzes kommen sollte, den berufonen Faktoren
zu übergeben.
Rundschau.
~
Gedanken zur neuen Prüfungsordnung.
Von Generalarzt a. D. Dr. Buttersack,
Die Frage, ob die Medizin eine Wissenschaft oder eine Kunst sei,
ist nicht bloß eine müßige theoretische Spielerei. Sie hat auch ihre große
praktische Bedeutung; denn je nach der Antwort wird sich der Aufbau der
Ausbildung gestalten. Die neue ärztliche Prüfungsordnung hat sich für
eine Vermehrung des Unterrichtsstoffes entschieden und samt dem Wissen
den Vorrang vor dem Können zuerkannt.
Man kann diese Auffassung wohl verstehen: sie entspringt der Prä-
| ponderanz des mathematischen und technischen Denkens und des Intellek-
tualismus, welche unserer Zeit noch die Signatur aufdrücken.
Allein auf der anderen Seite ist die Frage erlaubt, ob damit den
Bedürfnissen der leidenden Menschheit entsprochen wird. Nach jener Auf-
fassung müßte der kenntnisreichste und technisch ee Arzt eo ipso
der beste sein.
Allein das Publikum urteilt anders. Wohl jeder von uns hat in
seinem Bekanntenkreise Kollegen mit profundem Wissen, die es aber nie
über eine höchst bescheidene Praxis hinausbrachten. Auf der anderen
Seite sehen wir die Kranken zu Ärzten strömen, die sich mit den aller-
nötigsten Examenskenntnissen begnügt hatten und welche die Fortschritte
der Wissenschaft nur von fern mit unbeteiligtem Interesse verfolgen. Die
Mortalität in ihrer Klientel ist jedoch nicht größer als bei Koryphäen der
Wissenschaft. Man kann daraus verschiedene Schlüsse ziehen, z. B. daß
die vis medicatrix naturae dem hochgelehrten wie dem weniger gelehrten
Doktor gleich hilfreich zur Seite steht, daß das Wissen überhaupt nicht das
Wesen -der Medizin ausmache u. dgl. Jedenfalls ist so viel sicher: Das
Publikum sucht beim Arzt nicht sowohl verstandesmäßiges Wissen, sondern
noch andere, darin nicht enthaltene Eigenschaften. Diese anderen Eigen-
schaften sind aber völlig im Hintergrund geblieben, und deshalb kann man
Sagen: Die ärztliche Prüfungsordnung ist gemacht ohne die, die am meisten
dabei beteiligt sind: ohne die Kranken.
Schon Hippokrates sagte: Drei Komponenten bilden die Kunst:
die Krankheit, der Kranke und der Arzt (% redyun dıd rprüv: tò voompa xa
ó vooewv zal ó Iyrpös). Streichen wir den Kranken, dann ändert die
„Kunst“ ihren Charakter. Krankheit und Arzt treten zur abstrakten
Wissenschaft zusammen.
Der Königliche Geheimde Rat und Senior der medizinischen Fakultät
der Friedrichs- Universität Halle, Friedrich Hoffmann, setzte. in seinem
„Politischen Medicus“ als erste Regel: „Ein Medicus soll ein Christe sein,
barmherzig, nicht geizig oder hoffärtig, sondern demütig.“ Alsdann soll
er ein „Philosophe“ sein; und erst die dritte Forderung lautet, ein Medicus
‚soll auch gelehrt sein.
Von den beiden ersten Punkten steht nichts in unserer Prüfungs-
ordnung; und erst wenn er alle Examina — meinethalben summa cum
laude — absolviert hat, merkt der angehende Arzt, daß er ganz fremden
Aufgaben gegenübersteht; oder vielmehr, er merkt es nicht, sondern wundert
sich, daß die Leute nicht zu um strömen, der er doch das Allerneueste
gelernt hat.
Die Patienten ihrerseits zahlen mit der gleichen Münze heim: streicht
die ärztliche Ausbildung die Kranken, so streichen sie die Ärzte und gehen |
lieber zu solchen Personen, welche eben jene anderen, in der Prüfungs-
ordnung nicht vorgesehenen Eigenschaften besitzen.
Was der Kranke sucht, ist Teilnahme, Verständnis, Herz. Solcher-
maßen ausgestattete Ärzte hat es immer gegeben, gibt es auch heute noch.
= Wissenschaft in seinem Kopf zu beherbergen.
Am Himmel meiner persönlichen Erinnerungen glänzen neben berühmten
Zierden der Wissenschaft eine Reihe namenloser Ärzte. Was jene an
Leuchtkraft voraus hatten, ersetzten diese durch die Wärme ihrer Strahlung.
Ähnlich mag König Alfons I. von Aragonien gedacht haben, als er —
durch die Lektüre von Quintus Curtius Rufus wiederhergestellt — :
ausrief: „Valeant Avicenna, Hippocrates et medici caeteri! Vivat Curtius,
sospitator meus!“
Die „geborenen Ärzte“ bringen ihre feinsten ärztlichen Eigenschaften
von Hause mit. Das Studium ist ihnen — ich möchte beinahe sagen, eine
sekundäre Angelegenheit: es soll ihnen nur die Anleitung geben, ihre-
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immanente ärztliche Begabung in die richtigen Bahnen zu lenken.
Heute ist das anders geworden. Da wähnen viele, sie könnten auf der .
Hochschule Kenntnisse kaufen, um später mit ihnen weiteren Handel treiben
zu können. Man wird dabei an das Epigramm von Grillparzer erinnert:
„Durchforscht den Boden, sucht und grabt,
„Bringt Wachstum auf Mechanik.
„Wenn ihr dann keine Blumen habt,
„Habt ihr doch eine Botanik.“
Wir dürfen nicht die Augen verschließen vor der Tatsache, daß die
Zahl der nichtapprobierten Heilbeflissenen erstaunlich groß ist und eher
zu- als abnimmt. Darin kommt zum Ausdruck, daß sie einem allgemeinen
Bedürfnis entsprechen, mit anderen Worten, daß sie eine Lücke ausfüllen,
welche die staatlich zugelassenen Ärzte teilweise offen lassen. Anscheinend
fehlen manchen — um einen Ausdruck von Jac. Grimm und Harnack
zu gebrauchen — „die Heimlichkeiten des Könnens“. Wer einem kranken
oder bekümmerten "Mitmenschen helfen will, muß oben ein Künstler sein,
und jeder Künstler ist ein Metaphysiker.
Sobald wir erkannt haben, daß ‘das Manko nicht so sehr auf dem |
Gebiet der Kenntnisse und Fertigkeiten liegt, sondern auf dem des Gemüts-
lebens, werden wir es unzweckmäßig finden, jenes Manko durch Vergrößerung:
des Wissensstoffes zu beseitigen. Der Durstige will Wasser haben, nichts
als Wasser, und lehnt alle Eßwaren, auch die feinsten Delikatessen, energisch
ab. Aber die neue Prüfungsordnung, welche die Pflichtvorlesungen von
3 auf 8 und die Prüfungsfächer von 7. auf 14 erhöhte, nimmt auf diese
Bedürfnisfragen keine Rücksicht.
Und doch, wie sagte schon Helmholtz vor mehr al: einem halben
Jahrhundert? „Wir sehen die Gelehrten unserer Zeit vertieft in-ein Detail-
studium von so "unermeßlicher Ausdehnung, daß auch der größte Polyhistor
nicht mehr daran denken kann, mehr als ein kleines Teilgebiet der heutigen
übersehen, wer die Fäden des Zusammenhangs in der Hand behalten und -
sich zurechtfinden?“ — Das war 1862! Die Kapazität des menschlichen
Gehirns hat sich seitdem nicht wesentlich geändert; die Organisation der
funktionellen Wechselwirkung zwischen seinen einzelnen Teilen ist nicht:
merklich verfeinert worden. Das hält uns aber nicht ab, in das Behältnis
des Wissens mehr hineinzustopfen, als hineingeht, dadurch zugleich aber
den notwendigen Prozeß des Ordnens, des Verdauens zu stören. Auf diese
Weise wird bald. Wunderlichs Klage von 1851 aufs neue wahr werden:
„Anstatt der doktrinären Starrheit der früheren ROnDIEU Sagogùon wir heute
der vollkommensten Anarchie.“
Ich weiß nicht, ob bei der neuen Pifängsordriubg aan: Studenten,
mitgewirkt haben; sie hätten wahrscheinlich manchen Forderungen ein
kategorisches non possumus entgegengesetzt.
Niemand wird vom Arzt von vornherein eine unzulängliche, be-
schränkte Bildung verlangen. Niemand wird ihn auf Galen oder ein mittel-
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- durch praktischen Dienst im Krankensaal jeder medizinische Anwärter
Laboratorium. Daran mögen sich dann, je nach dem Fortschreiten der
tbeoretischen Ausbildung, praktische Dienstleistungen als: Famulus, Prak-
‘der angehende Kollege dabei den gesunden und den kranken Menschen
(Lothar Bucher). Nur auf diese Weise läßt sich die leidige Tatsache
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1596 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — N... 9. November
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alterliches oder ein neuzeitliches System verpflichten wollen. Mit möglichst
reichem Wissen und mit geschulter Kritik soll der Arzt den Erscheinungen
im Mikro- wie im Makrokosmos gegenübertreten. Er soll alles Erforderliche
mitbekommen, um jederzeit ein selbständiges Urteil zu gewinnen über
alles, was er im Physischen und im Psychischen beobachtet. Denn wann
wäre sein Studium je abgeschlossen? „La. destinée des théories est d’être
ephémère ou fausse“ (H. Poincaré). — „La science ne progresse qu’en se
detruisant tous les 25 ans“ (Pasteur). Eine fertige Wissenschaft gibt es.
nicht, sogar die Einzelwahrheiten — auch wenn sie noch so exakt bewiesen
sind — verändern ihre Bedeutung und ihren Wert je nach ihrer Einfügung
in das Gesamtbild. l | l
Wir müssen uns mit Friedrich dem Großen trösten, der — ein
Feldherr von Gottesgnaden — am Ende seines Lebens bekannte: gar nicht
auszulernen sei ‘die Kunst des Krieges. Und von Beethoven stammt der
Satz: „Strebe hinan mit aller Kraft zum niemals erreichten Ziel; bilde
aus bis zum letzten Atemzug die Gaben, welche des Schöpfers Milde dir
verliehen und höre nimmer auf zu lernen!“
' Indessen, nicht um das Quantum von Kenntnissen handelt es sich,
sondern um das Quale. Deshalb müssen die exakten Kenntnisse des Arztes
ihre Ergänzung finden in gemütlichen Eigenschaften, welche — so ver-
schieden sie auch individuell sein mögen — doch allesamt an der Psyche
des Kranken wie an einem Hypomochlion einsetzen.
Zunächst ist festzustellen, ob der junge Mann, welcher Arzt werden
will, ‚überhaupt die Fäden in sich trägt, welche er später um das Herz,
um die Psyche seiner Pflegebefohlenen schlingen kann. Ich glaube, mancher
täuscht sich darüber. Aber ein Arzt ohne Herz gleicht einem Licht ohne
Wärme. Deshalb scheint es mir geboten, daß vor allen Dingen einmal
Über altgriechische Geburtshilie.*)
Von Nicolas Louros, Berlin.
Zum 60. Geburtstage meines Vaters.
Es ist ein Gesetz des Lebens, von seinen Vätern zu lernen. Die
väterliche Lehre empfangen wir teils aus Imitation, teils aus innewohnender
Affinität des Geistes und teils aus dem Zwange der äußeren Verhältnisse,
. Bei unserem ersten Blick ins Leben sehen wir die Welt unserer Väter und
diese Welt ist der Ausgangspunkt unserer weiteren Entwicklung. Die
geistige Evolution ist ein relativer Begriff, der immer ein „Plus“ darstellt
dessen, was unsere Väter uns gelehrt haben. Die Entwicklung des Menschen
. und die Fortschritte der Zivilisation entfernen uns aber immer mehr yon
‘dem Urgedanken, so daß derselbe selbst beim ersten Einblick ins Leben
verwischt wird. Es bleibt uns nur von unseren Ahnen eine gewisse
traditionelle Auffassungsverwandtschaft übrig, die wir Kultur nennen.
Die Kultur mag der Grund sein, weswegen wir ein Interesse immer wieder.
finden, der Vergangenheit nachzuforschen, „Geschichte“ zu lernen. Wir
finden die Notwendigkeit eines vergleichenden Rückblickes, der uns unsere
geistige Entwicklung erklärt.
Heute, wo wir sechstausendjährige Dokumente des menschlichen
Geistes besitzen und wo wir durch die geistige Entwicklung des Menschen
so sehr bereichert sind, empfinden wir schwindelndes Gefühl, wohin wir
auch blicken. Wir fühlen uns gleichsam inmitten eines offenen Meeres.
Die Lehre der Vergangenheit ist unendlich, und unbegrenzbar sind die An-
gebote der Zukunft. } |
‘
Das Leben ist ein Geschehen; seine Eigenschaft und seine Unter-
haltung ist das Streben nach vorwärts. l
Die Elemente, die jede Generation zum Aufbau des unendlichen geistigen
Monumentes bringt, stützen sich gegenseitig, und das Oberste würde sich
‘nicht halten können, wenn das Unterste nicht da wäre! Um etwas Neues
zu schaffen, stützt man sich auf die Erfahrung; und die Erfahrung ist die
Vergangenheit. Ein Rückblick in das Geschehene ist somit für das Werdende
ein Anlauf. Gerade was die größte menschliche Aufgabe anbetrifft, die
Erhaltung des Lebens und somit die Heilkunde, glaube ich, daß es nicht
unzweckmäßig ist, unsere Kenntnisse durch die Erinnerung an den primären
Gedanken aufzufrischen. s
Eine historische Studie über altgriechische Geburtshilfe anzufangen,
ist eine schwierige und zum Teil undankbare Aufgabe. Schon längst sind
die Schätze der altgriechischen medizinischen Literatur von bedeutenden
Männern entdeckt und durchforscht worden. Zahlreiche Dissertationen .
sind über dieses Thema erschienen, und wir verfügen über glänzende Lehr-
bücher der Geschichte der Geburtshilfe, wie die von Siebold, Fasbender
und die illustrierten Werke von Holländer, Milne u. a. Man dürfte
also von mir nicht viel Neues erwarten in bezug auf die Quellen, aus
denen die folgenden altgriechischen Gedanken stammen. Es sind dies die
bekannten Werke der altgriechischen Meister, aus denen ich nur Brüche,
und zwar was mir am wesentlichsten erschien, herausgenommen und zu-
sammengestellt habe. Wenn man daraus Vergleiche zu’ unserer modernen
Wissenschaft ziehen und seine Gedanken auffrischen möchte, so wäre der
Zweck und das Ziel dieser Schrift erreicht, einen zusammenfassenden Bin-
blick in die altgriechische Geburtshilfe zu geben. Es scheint wohl, als ob
aus den alten Schriften nichts mehr zu schöpfen wäre. Diesen Eindruck
gewinnt man, wenn man die Schriften nur wortgetreu, aber nicht immer
sinngemäß übersetzt. Es gibt unter dem Geschriebenen zwischen den
Zeilen, ja beinahe unter den Buchstaben vieles Ungeschriebene, vieles An
gedeutete, vieles Konzentrierte, welches der Aufmerksamkeit des Über-
setzers leicht entgehen kann und welches doch oft ausschlaggebend für
den Sinn des Satzes ist. Es genügt besonders bei der altgriechischen
Sprache nicht, einen Satz wörtlich zu übersetzen, der in wenigen Worten
einen vielfachen Sinn enthalten oder voraussetzen kann. Ich habe mir
erlaubt, als geborener Grieche, eigene Übersetzungen zu wagen, die viol-
-leicht irgendwo jene lokale Auffassungsverwandtschaft zeigen, die Völker,
welche Jahrtausende auf demselben Boden leben, behalten. Es. mag 50M,
daß meine Übersetzungen nicht immer genau mit dem Vorausgegangenen
übereinstimmen. Ich habe mich der sogenannten freien Übersetzung be-
dient, obwohl ich an vielen Stellen möglichst die originale Ausdrucksform
wiederzugeben versucht: habe.
Wenn wir die Hippokratische Zeit, etwa 460-377 v. Chr. als die
erste Anlage der Medizin als Wissenschaft betrachten dürfen, so würde
von der Hippokratischen Schule und von einigen sich auch mit medizinischen
Problemen beschäftigenden Philosophen der Ursprung des menschlichen Lebens
von dem Sperma hergeleitet. Die Ovarien und die Tuben waren den Hippo
darüber aufgeklärt wird, was ihn seinerzeit in der Praxis erwartet; das ist
einfacher und richtiger, als kniffliche Eignungsprüfungen im psychologischen
tikant, Assistent usw. anschließen. nn
Abgesehen von den auf diese Weise erlernten Technizismen würde
als Ganzes mit seinem seelischen Verhalten und seinem seelischen Bedürfnis
kennen lernen und die Geschicklichkeit erwerben, auf diesen verschiedenen
Klaviaturen zu spielen. „Solche Erfahrung ist ganze Bibliotheken wert“
kompensieren, welche der große Menschonkenner Ranke in diesen Sätzen
scharf präzisiert hat: „Zeitgenossen pflegen einander doch nur äußerlich
zu kennen. Von den inneren Antrieben Anderer bildet man sich gewöhnlich
nur einen sehr oberflächlichen Begriff.“ l
Joh. Stoll erklärte es 1802 für „sehr nötig, daß man die Finger-
spitzen durch barte Arbeiten, Niederdrücken des brennenden Tabaks und
andere Dinge dieser Art nicht verderbe“. Wie unvergleichlich viel not-
wendiger ist es, das Organ der psychischen Resonanz, diese Brücke und
diesen Schlüssel zu den letzten Kammern unserer Patienten, so fein als
möglich auszubilden! |
„Der Arzt kann des Kunsttalentes oder der Fähigkeit, das Besondere
und Individuelle in seinen feineren Abstufungen, im Gefühl aufzufassen,
nicht entbehren. Kein Beruf fordert stärker auf, den Menschen als Menschen
zu behandeln, als der des Arztes, und so läßt kein anderer gottähnlicher
handeln.“ Diese alte Wahrheit steht schon im Magazin für die psychische
Heilkunde von Reil und Kayßler 1805. Und in der Stiftungsurkunde
hohen Schule ebensowohl auf sittliche als auf wissenschaftliche Bildung
gerichtet sein müsse“. Ä
Von den rationalistisch veranlagten französischen ‚Ärzten hat
Bouillaud gesagt: „La médecine, en un mot, est la mécanique, la phy-
sique et la chimie de l’économie vivante“; und Bichat erklärte: „la méde-
cine est une méditation sur la mort“. Auf die Medizin als Wissenschaft
mag das zutreffen. Für den Arzt aber sind das nur Vorstufen. Gelangt
er nicht darüber hinaus zur Meisterschaft, so bleibt er Kunsthandwerker.
„Nur ein guter Mensch kann ein guter Arzt werden!” hat Noth-
nagel programmatisch seinen Schülern zugerufen und damit einen Gedanken
wieder aufgegriffen, welchen 21/, Jahrtausende vor ihm Kungfutse in den
Satz gekleidet hatte: „An einem Roß schätzt man nicht die Stärke, am
Menschen nicht die Talente, sondern den Charakter.“ |
Es ist an der Zeit, solchen Auffassungen neues Leben einzuhauchen.
Nur durch gleichmäßige Ausbildung der intellektuellen wie der gemüt-
lichen Eigenschaften können wir Ärzte unserer göttlichen Kunst den Platz
erobern, welcher ihr im Dasein der Menschen gebührt. |
Nicht der Verstand, „das Herz adelt den Menschen“ (Mozart).
*) Nach einem Vortrage, gehalten in der Berliner medizinischen
Gesellschaft am 15. Oktober 1924.
In
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9. November
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 45.
1597
: . i
kratikern nicht bekannt, und so nahmen sie an, daß nur das Sperma allein und warm ist und infolgedessen strebend das Sperma aufzunehmen, ist
den Menschen erzeuge !).
Mykipos und Zenon, etwa 490 v. Chr., charakterisierten das
Sperma als einen Körper, der seelische Eigenschaften besitzt; Pythagoras
(660 v. Chr. Samos?), Platon (429—337 v.Chr.), Aristoteles (334—323
v. Chr.) vergleichen die Zeugungskraft des Spermas dem „bewegenden Geist“.
Das Resultat dieser Kraft soll die „körperliche Materie“ sein. Ebenfalls
Straton und Demokritos schlossen sich dieser Ansicht an2).
Was den Anteil des Weibes bei der Anlage des Menschen anbetrifft,
so glaubte Aristoteles, daß die Frau dabei „nicht beteiligt wäre“, jedoch
betrachtet er die Menstruation als ein Phänomen, welche doch einen Zu-
sammenhang mit der Anlage des Menschen haben soll.
Diese Auffassung scheint für die Allgemeinheit vier Jahrhunderte
hindurch gegolten zu haben. Die Entdeckung der Eierstöcke ist jedoch
Herophilus zu verdanken, etwa 300 Jahre v. Chr. Herophilus ist auch
der erste alexandrinische Arzt, der Vivisektionen bei zum Tode verurteilten
Menschen und Sektionen bei Toten ausführt. Bis dahin wurden die
anatomischen Kenntnisse nur bei Zergliederungen von Tieren erhoben.
Seine Lehre wurde aber erst später durch Galen der Allgemeinheit bekannt-
gemacht, der nunmehr wußte (etwa 130 Jahre n. Chr.), daß „auch die Frau
ein Sperma erzeuge, denn sie hat Begleiter oder Helfer (rapaotäros), die
dazu bestimmt sind“. Auch die irrige Auffassung der Hippokratiker, daß
das Sperma von dem ganzen Körper vorbereitet wird, wird von Galen
bestritten, indem er die Hoden für das Depot des Spermas ansieht. „Das
Sperma ist eine Flüssigkeit, welche in Begleiter enthalten ist, die aus
warmem Geist stammt und aus der der Mensch geschaffen wird.” So wußte
man schon 130 n. Chr., daß zur Anlage des Menschen männliche und
weibliche Keime notwendig waren (l. c.).
Die Beobachtung der Menstruation scheint schon die Hippokratiker
beschäftigt zu haben. Dies geht hervor aus der genauen Beschreibung der
Periode, welche nach Hippokrates „zwei bis drei Tage dauert), Auch
der Menge des Menstrualblutes schrieben sie eine Bedeutung zu, wie dies
von Hippokrates genau beschrieben wird, ungefähr „!/2 Liter oder etwas
mehr oder etwas weniger“, mit der Bemerkung, daß diese Verhältnisse zu
treffen sind, wenn die Frau gesund ist. Also die Anomalie der Periode
wurde schon von Hippokrates als ein pathologisches Phänomen be-
achtet. Aristoteles beobachtete, daß die Periode
aufhört, wenn sie aber diese Zeit überschreitet, bleibt sie bis zum 50. Jahr“ $).
Also schon eine Andeutung auf die klimakterischen Blutungen,
Aristoteles bemerkt auch, daß, „wenn die Milch ausfließt, meistens die
Periode nicht stattfindet“. Im Anklang zu den Hippokratikern beobachtete
ferner Aristoteles, daß „die Frauen, bei denen die Menstruation primär
ausgefallen ist, meistens kinderlos bleiben“. Jedoch auch in diesem Falle
konzipieren manche?).
Auf die Sterilität kommen wir weiter unten zu sprechen, hier sei
nur darauf aufmerksam gemacht, daß das primäre Ausfallen der Menses
schon von Aristoteles als eine Ursache der Sterilität angesehen wurde.
Aristoteles meint weiter, „es ist auch möglich, daß bei Schwangeren
gegen das Ende der Gravidität die Menstruation erscheint“. Ich glaube,
daß dieser Satz auf einer falschen Auffassung der Placenta praevia oder der
vorzeitigen Plazentarlösung beruht.
Richtiger beschreibt Hippokrates diesen Umstand, „wenn bei
einer wehenden Frau vor der Geburt des Kindes viel Blut abfließt ohne
Schmerzen, besteht die Gefahr, daß das Kind tot geboren wird oder nicht
mehr lebensfähig“. Die Einschränkung „ohne Schmerzen“ weist auf einen
dem Hippokrates bekannten Unterschied zwischen Placenta praevia und
vorzeitiger Lösung).
Hippokrates diagnostiziert durch das Ausbleiben der Menstruation
die Schwangerschaft. Jedoch unter der Einschränkung, daß bei Fehlen
der Menstruation auch keine Fröste und kein Fieber eintreten”). In diesem
Satz findet man angedeutet, daß die Menstruation bei fieberhaften Krank-
ee ausbleiben kann, ohne auf eine Gravidität zu schließen. Die enorme
p oachtungsgabe führt die Hippokratiker zur Feststellung der günstigen
En der Konzeption, „nach der Reinigung durch die Blutung nehmen die
re im Bauch auf“ 8), Eine Beobachtung, die auch Galen bestätigt®).
nn eobachtung wird erst 1000 Jahre später durch Oribasius besser
rar „Nach dem Aufhören der Reinigung, wenn der Uterus blutreich
1) Aparoréns, Ilepl owy yevészwg. ed. Bekkeri 1831, A., S. 729.
2) Talnvös. ed. Kuhn 1821, S. 301. | |
‚Irrorpdrng. Twvaweiov Al ed. Littré 1851, S. 30.
5 TORE: lep? za Cõa toropıüv. ed. Bekkeri 1831, S. 585.
j „zprororking, l. c. S. 582. | |
ep TOXPÉTNS. Ilep èmxvýsews. ed. Littré 1852, S. 482.
o OPETI. Agoptonot. ed. Littré 1844, IV, S. 554.
o pn Roxadrng. ed. Littré 1851, VII, S. 494.
aln»ös. ed. Kuhn 1821, S. 442.
Ar -...- ER
„gegen das 40. Jahr‘
die günstige Zeit zur Konzeption 10),
Oribasius sah ferner als günstiges Moment für die Imprägnation
die Tatsache an, daß während des Koitus Kontraktionen des Uterus vor-
kommen, die auch subjektiv empfunden werden können 11).
Aetius im 7. Jahrhundert n. Chr., also 100 Jahre später, sieht in
der Rauheit der Gebärmutter nach der Menstruation die Ursache der zu
dieser Zeit günstigen Konzeptionsgelegenheit!2). Eine ähnliche Meinung
findet mar in der zusammengesetzten Schrift des Moschion über Frauen-
leiden einige Jahre früher 18). |
Sehr hübsch ist die Beschreibung des Aetius der Symptome der
Menarche. „Bei Virgines wird die kommende Periode angemeldet. durch
Jucken der Brüste, Bauchschmerzen, Kreuzschmerzen und Kopfschmerzen,
gallisches oder auswurfähnliches Erbrechen.“ Wenn diese Symptome gegen
das 14. Jahr vorkommen, soll der Arzt annehmen, daß die Periode eilt!®),
Mit welcher Aufmerksamkeit die Alten die Funktionen des Körpers
beobachteten, beweisen die Anschauungen über die Sterilität.
Hippokrates weist darauf hin, „daß, wenn die Frau die keimende
Substanz nicht empfängt, obwohl die Periode normal erscheint, ein Hindernis
vorhanden sein muß“, „und wenn ein Ausfluß besteht, so kann der Keim
sich nicht einbetten“ 15). Galen beobachtete, daß die Ursache der Sterilität
auch auf ein steriles männliches Sperma zurückgeführt werden kann. Ferner -
behauptet derselbe Autor, daß eine Konzeption nicht erfolgt, wenn das
Sperma nicht in gerader Linie entladen wird 16), Moschion führt als
Ursache der Sterilität den Verschluß des Muttermundes mit einer Haut
(womit wahrscheinlich die Atresie gemeint ist), oder die Knickung der-
selben oder wenn eine Wunde am Muttermunde vorhanden ist17). Wie
diese Veränderungen beobachtet wurden, wird nicht geschildert; Sektionen
müssen äußerst selten, wenn überhaupt, ausgeführt worden sein. Es geht
.aber hervor, daß bei der lebenden Frau die Ärzte spekulumartige Instrumente
besessen haben müssen, um den Muttermund einzustellen. Derartige
Instrumente sind auch in Griechenland und bei den pompejanischen Aus-
grabungen aufgefunden worden.
In der Schrift des Moschion wird behauptet, daß die Sterilität
auch künstlich hervorgerufen werden kann, eine Behauptung, die auch in
.der hebräischen Schrift, dem Talmud, 1600 v.Chr. aufgestellt wird, „Sehr
kaltes Wasser oder sehr warmes zerstören das Sperma.“
Betrefis der Entwicklung der Frucht schreibt Aristoteles, daß,
„sobald sich das Sperma eingebettet hat, Aaßyjoa: tò onepua Ts borspas
za‘ &yypovs9y, umhüllt es sich mit einer Haut. Die Früchte, die vorzeitig
herausfallen (Abort); gleichen einem Ei, welches in einer Membran eut-
halten ist, nachdem man die Schale entfernt hat. Diese Membran ist
voll Gefäße“ 18). ` ; | i
Galen hat eine.genaue Kenntnis der Allantois. Die Allantois ist
durch den Urachus mit der Blase verbunden und ihre Aufgabe ist, den
Urin der Frucht zu empfangen. In geistreicher Weise unterscheidet Galen
die Flüssigkeit der Allantois von dem Fruchtwasser. „Es ist besser,“ erklärt
Galen, „daß die Frucht nicht aus dem Damm uriniert, sondern wie es
der Fall ist, aus dem Nabel.“ : Weil eben das Amnion eine andere Art
Flüssigkeit enthält, welche die Frucht umfaßt, wäre es nicht zweckmäßig,
daß sich der Urin damit mischt. Außerdem schreibt Galen, „unterscheidet
sich die Flüssigkeit der Allantois dadureb, daß sie dünner ist und heller
als die des Amnions und noch dazu einen scharfen Geruch besitzt. Außer-
dem ist der Urin besonders vom Amnion getrennt, damit er durch seine
Schärfe die Umgebung nicht schädigt“ (I. o.). | nm
Besonders hervorragend. ist die Auffassung von Galen über das
Fruchtwasser. „Das Fruchtwasser umgibt die Frucht, damit nichts. die
Haut der Frucht zu beschädigen imstande sei“ (L c.). Ferner erkennt
Galen an, daß „das Fruchtwasser nicht nur zum besseren Gleiten des
Fötus notwendig ist, sondern auch um die Erweiterung des Muttermundes :
zum größten Teil vorzubereiten“. Somit ist Eröffnungs- und Austreibungs-
periode bekannt und voneinander getrennt (l. ce). Auch die Superfecondatio
war dem Hippokrates bekannt und wurde von ihm Entxönars genannt
und ihrer Besprechung ein Kapitel seines Werkes gewidmet. Super-
fekondiert werden die Frauen, die sehon geschwängert sind 19),
10 ? e 4 N [4 \ | ?
% Le Sa ed.Daremberg 1858. Ilspi aviindews xa? erwxufeews,8,69,
F o und dspßod. ` Ağva. 1901, S.5.
7 Mon i e e zat&y. ed. Dewez 1793, S, 9.
) "Irmoxpdens. Tovarxeiwv. Al ed. Litt
16) Iainvös. Kuhn 1821, S. 328. ne
17) Mooyiow. 1. c. 8.91, Ä
18) "Aptororeing. Ilepl za Cüa loropıav.
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18) "lnnoxpdrng: Ilepi Enzunoews. sd, Bekkeri 1881, S, 586.
ed. Littré, VIII, 1851, S, 476,
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1598| | | | Be u; Novémber.
zweites geboren werden kann“ 20), .
des intrauterinen Absterbens der Frucht. Hippokrates unterscheidet die |
Bewegung des toten Fötus im Uterus durch die Passivität, die mit der
. die Schmerzen am wenigsten). Hippokrates empfiehlt bei übermäßig
- Dieses Ende soll durchgestochen sein und zwar nicht mit großen Löchern,
' dreht hat), dreht sich die Nabelschnur um den Hals, verhindert den Aus-
gang des Fötus und schiebt den Kopf zum Steiß, und. die Hand wird
_ meistens vorfallen. Dieser Vorfall der Hand. sagt voraus, daß das’Kind
` nun vorliegt, so wird die Nabelschnur, wo sie auch sei, in der Gebärmutter
' angezogen, und bei der Entwicklung des Fötus wird sich die Nabelschnur
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
` über 100 000 (insgesamt 16 738 000) Einwohnern ist allerdings die Geburten-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — .Nr. 45.
‚. Oribasius bestätigt diese. Anschauung aus der Beobachtung, daß
„nach kürzerer oder längerer Zeit nach der Geburt des einen Kindes ein:
zahl um fast 300, dafür aber die Zahl’ der Gestorbenen um mehr als 3000
zurückgegangen. Ähnlich liegen die Verhältnisse in den Orten mit 50000
bis 100000 (im ganzen 2 788 000) Einwohnern, wo einer Senkung der Ge- .
burten um 250 eine solche der Todesfälle um 600 gegenübersteht. In
. den Orten von 30.000 bis 50 000. (im ganzen 2 500 000) Einwohnern sind
die Geburten um 23, die Todesfälle um über 500, und in den Orten von’
15 000:bis 30 000 (im ganzen 4200 000) Einwohnern die Geburten um 400,
die Todesfälle um über 800 seit dem Vorjahre geringer geworden. Im
ganzen ergibt sich alsə für`334 deutsche Städte mit einer Gesamteinwohner-
zahl von über 26 000 000 eine Verminderung der Anzahl der Lebend-
geborenen um 974, eine Verminderung der Sterbefälle um 4984, so daß
. also eine Vergrößerung des Geburtenüberschusses um 4010 Fälle verbleibt.
| Hippokrates beobachtete, daß die schwangere Frau „blaß wird,
weil die Reinheit ihres Blutes täglich abnimmt“ 2t),
Die Hippokrätiker und Aristoteles beobachteten, daß bei allen.
Tieren die normale Geburt mit vorangehenudem Kopf erfolgt. Die Erklärung
dazu wird dadurch gegeben, daß der Fötus, an der Nabelschnur hängend,
einem Wagebalken gleicht. Da der oberhalb des Nabels gelegene Teil
schwerer ist, geht der-Kopf voran).
Besonders wertvoll ist die Beobachtung von Hippokrates betreffs
`
Als die Umstände, die der erfolgreichen Tuberkulosebekämpfung
‚in der Schweiz bisher erschwerend im Wege gestanden haben, bezeichnet
"0. Weber (Zug) in der Schweiz. med. Wschr. die Unkenntnis und Interesse-
losigkeit sowohl der unteren wie der oberen Volksklassen vom Wesen der
Tuberkulose und von den heutigen Heilungsmöglichkeiten, die mangelhafte
oder fehlende finanzielle staatliche Unterstützung sowie die mangelhafte
. systematische Zusammenarbeit der Ärzteschaft als, solche bei der Tuber-
kulosebekämpfung, dem weitverbreiteten Vertrieb uud Verkauf von an-
geblichen Tuberkuloseheilmittelin durch Kurpfuscher usw., zum Teil mit
Billigung der.Behörden. Der Sinn des schweizerischen Tuberkulosegesetzes
liegt nach dem Verfasser in der staatlichen finanziellen Hilfe zur wirksamen
Tuberkulosebekämpfung, in der Beschützung der Gesunden gegen die massige
Ansteckungsgefahr und im Schutze der Kranken gegen die Ausbeutung:
In derselben Nummer der gleichen. Wochenschrift bringt I. Aebly
(Zürich) eine Statistik der Krebsmurtalität in der Schweiz in dem Viertel-
“jahrbundert von 1896—1920, aus der hervorgeht, daß diese Krebsmortalität
in Anbetracht des großen Zeitraums und der großen Zahlen auffällig stabil
ist, nämlich stets rund 12,5—13,0 auf das Jahr und 10000 Einwohner
beträgt. Aus dieser Stabilität wird geschlossen, daß ein ziemlich konstant
_ bleibender Ursachenkomplex der Krebsmortalität zugrunde liegen muß,
Bei äußerlichen ‘Momenten ist solche Konstanz äußerst unwahrscheinlich,
Man müsse infolgedessen das konstitutionelle Moment, bei diesem wieder die
' erbliche Übertragung einer Krebsdisposition mehr in den Vordergrund stellen.
Bewegung -der ganzen Frau zusammenfällt, gegenüber der. davon. unab-
hängigen Bewegung des lebenden Kindes. Hippokrates schreibt, „das
tote Kind fällt nach der Seite, nach der die Frau sich wendet, wie ein
Stein oder sonst etwas lebloses“ 2%), | =
Nach Hippokrates’ haben in der Geburt meistens und besonders
die Primiparen Schmerzen, weil sie die Wehen nicht kennen. Sie empfinden
die Schmerzen im ganzen Körper, besonders aber gegen das Kreuz. Die
Frauen, die die Erfahrung einer Geburt bereits hinter sich haben, empfinden
starken Schmerzen, wenn „die Frau gebärt, bevor sie die Wehen hat,
zuerst die Arzneimittel zu geben, die die Schmerzen mildern“. ‘Er besitzt
also schierzstillende Mittel®5), Hippokrates beschreibt mit großer Ge-
nauigkeit die Spülungen des Uterus und die dazu anzuwendende Kanüle:
„Man spült den Uterus folgendermaßen: Nachdem Pferdemilch zweimal
gekocht wurde und durch ein möglichst feines und reines Sieb durch-
gesiebt, spüle ich den Uterus mit einem dazu angefertigten Klysteren.
Das Ende des Klysteren muß glatt sein wie eine Sonde und aus Metall.
sondern mit kleinen und engen. Das andere Ende, der Griff, soll fest
sein: und ‘das Übrige hohl wie eine Flöte“ (l. c.). Wahrscheinlich wurde
bier mit einer Kanne die Flüssigkeit eingegossen. Ä
-Betreffs der. Querlage schreibt Hippokrates: „Wenn bei einer
Die vierte Tagung für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten hat
Gebärenden das Kind quer liegt (und dies geschieht, wenn es sich so ge-
ihre Sitzung vom 23. bis 26. Oktober abgehalten. Die fünfte Tagung wird im
: Jahre 1925 in Wien stattfinden unter dem Vorsitz von Geh.-Rat L. Kuttner
(Berlin). Es wurde eine Gesellschaft für Verdauungs- und Stoff-_
‚wechselkrankheiten gegründet, welcher die Veranstaltung künftiger
Tagungen obliegen wird. Die Mitgliederzahl beträgt bis jetzt gegen 250.
Weitere Anmeldungen erbeten an das Bureau der Gesellschaft. Berlın NW6,
Luisenstr. 8. Der Meldung muß der. diesjäbrige Beitrag in Höhe von 6 M.
beigefügt sein. — ne ET ia a
Der vom Höhenkurort Semmering gestiftete Preis für Höhenphysio-
logie und Höhenpathologie von 1000 Goldkronen wird an den Autor
der besten in den letzten zwei Jahren durchgeführten oder veröffentlichten
Arbeit über die Wirkung des Höhenklimas auf den Menschen von der
mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissen-
schaften in Wien 'verliehen. Der in erster Linie für Österreicher bestimmte
Preis kann auch an Ausländer fallen, wenn ihre Arbeit an einer öster-
"reichischen‘-Höhenstation oder einem Österreichischen Institut ausgeführt
wurde. Bewerbungsarbeiten bis 31. Dezember .d. J. an die Kanzlei der
Akademie der Wissenschaften, Wien I, Universitätsplatz 2.
tot geboren wird. Wenn aber die Hand nicht vorgefallen ist, so lebt das
Kind, aber trotzdem besteht Gefahr“ (siehe unten Soranus). Also die
verschleppte Querlage und ihre Gefahr war Hippokrates bekannt?%).
Betreffs des Vorfalls und ‘der Umschlingung der Nabelschnur schreibt
Hippokrates: „Die Umschlingungen der Nabelschnur stellen eine neue
Gefahr dar, die Nabelschnur ist oft am Muttermund sichtbar. Wenn sie
entweder um den Hals oder um die Schulter des Fötus schlingen. Da-
durch wird die Nabelschnur bei der Geburt angespannt. In diesem Fall
wird die Frau bei der Geburt mehr leiden müssen oder das Kind wird
absterben oder es wird schwer herauskommen”), (Schluß folgt.)
Die Vereinigung ‚Südwestdeutscher Hals-, Nasen- und
Ohrenärzte hat auf ihrer am 26. Oktober in Frankfurt a. M. abgehaltenen
Sitzung beschlossen, die nächste Mitgliederversammlung am 7.und 8. März 1925
in Wiesbaden ‚abzuhalten. _—
In der Volkswohlfabrt werden die Zahlen der in den letzten Vor-
kriegsjahren und in den Jahren nach dem Kriege durchgeführten ärztlioben
Vorprüfungen und’ Prüfungen mitgeteilt. Danach haben sich in Preußen
der ärztlichen Vorprüfung im Jahre 1913/14 2260 "Prüflinge unterzogen,
von denen 1543 sie bestanden haben. Nach einem erheblichen Nachlab
der Zahlen der Prüflinge 1918/19 auf 1358 folgt ein außerordentlicher An-
stieg im nächsten Jahre, wo von 3655 3042 die Vorprüfung bestanden
haben. In den 3 nächsten Jahren sinkt die Zahl der Prüflinge dauernd
herab auf 2665, 1914, 1515. Bei weitem die größte Zahl der Prüfungen M
dem letztmitgeteilten Prüfungsjahr 1922/23 fand in Berlin statt, nämlich 478.
Dann folgen Bonn, Breslau, Kiel und Marburg mit 140—162 Prüflingen.
Die Zahl der ärztlichen Prüfungen war in Preußen im Jahre 1913/14 904.
. Im Gegensatz zu den Vorprüfungen ist hier im Jahre 1918/19 ein leichter
' Anstieg festzustellen auf 1059. Die höchste Zahl wird auch hier im Prüfungs-
jahr 1919/20 erreicht. Aber nur im Jahre 1920/21 sinkt die Zahl der Prüf
linge auf 1607, während sie in den beiden folgenden Jahren auf über 200
bleibt. Es scheint daraus ersichtlich zu sein, daß eine Abnahme des Medizin-
studiums seit etwa 1919/20 eingetreten ist, die sich in der Zahl der ärst-
lichen Vorprüfungen schon 1922/23. bemerkbar machte, während eine Ab-
nahme der Zahl. der ärztlichen Prüfungen erst in diesem oder im kommenden
Jahre zu erwarten sein ir. —— |
E Tagesgeschichtliche Notizen.
l Berlin. In der Sitzung der Berliner medizinischen Gesell-
'sehaft vom 29. Oktober 1924 demonstrierten vor der Tagesordnung die
Herren G. Klemperer und C. Benda ein Präparat eines Todesfalles durch
infantile Koronarsklerose. Hierauf hielt Herr Axhausen den angekündigten
Vortrag: Heilverlauf und Behandlung der Schenkelhalsfraktur (Aussprache:
Herren Muskat, Dzialoczinski) und Frl. Wittgenstein ihren Vortrag
über Tabesprobleme und. Tabesbehandlung. i
, Die in regelmäßigen Zwischenräumen vom Reichsgesundheitsamt ver-
öffentlichten ‚statistischen Angaben über Geburts- und Sterblichkeits-
verhältnisse. in deutschen Städten (über 15000 Einwohner) liegen
jetzt für den Juli 1924 vor. Ein Vergleich mit dem entsprechenden Monat
. des Vorjahres läßt eine Besserung durchweg erkennen. In den Orten mit
`
20) ’Operßaosıos. ed. Daremberg, ILL, 1858, S. 70.
21) * Inzoxpdrng. Tbvarzeiwv Al ed. Littré 1851, S. 78.
22) * Apsroreing. Ilep tà Cõa leropıöy. ed. Bekkeri 1831, I, S. 777.
28) ‘ Inmoxpärns. ’Apoptopoi. IV.. ed. Littré. 1844, S. 554.
24) ‘Innoxpärms. Ilepè puorag rardiov. ed. Littré 1851, VII, S. 538.
25) “ Inmoxpdrns. Ilepl yuvarzeiov vóowy, ed. Littré 1851, VIII, S. 114.
26) “ Irnozparns. Dept èyxataropñs nardiov. ed. Littré 1851, VIIL, S. 514.
27) ‘Innoxparmg. Ilep} öxtaunvov. ed. Littré 1851, VII, S. 454.
Hochschulnachrichten. Mün chen: Priv.-Doz. WilhelmJansed
zum Oberarzt an der II. medizinischen .Klinik ernannt. - m
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. Druck von L., Schumacher in Berlin N 4.
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Ers
Nr.46 (1040)
Klinische Vorträge.
Der Dammriß, seine Entstehung, seine Verhütung
und seine Behandlung. |
Von Med.-Rat Dr. Kupferberg,
Direktor der Hess. Hebammenlehranstalt in Mainz;
Es ist und bleibt immer wieder wunderbar, wie die weibliche
Natur sich allmählich im Verlaufe der Schwangerschaft mehr und mehr
den gewaltigen Erfordernissen anpaßt, die die Geburt an sie stellt.
Der ungemein stark vermehrte Blut- und Saftreichtum in den ganzen
Weichteilen des geburtshilflichen „Durchtrittsschlauches“, die ver-
| mehrte Elastizität, die hierdurch diesen Weichteilen gegeben wird,
diese „Weiterstellung“ Sellheims ermöglicht es der Natur, selbst
bei der Erstgebärenden, also bei noch nicht durch frühere Geburten
= vorbereiteten Weichteilen, und selbst ohne besondere „Geburts-
leitung“, die gewaltige Dehnung, Erweiterung und „Auswalzung“
der den Beckenboden verschließenden Weichteile ohne wesentliche
Einrisse auszuhalten). | Ä
Der Stützapparat des Beckenbodens besteht aus einem binde-
gewebigen und einem fasziären Bestandteil neben einem mächtig
„entwickelten Muskelapparat, der einen quer ausgespannten, nach
unten trichterförmigen Verschluß des Beckenbodens bildet, welch
letzterer nur durchbrochen ist von dem Scheiden- und dem
. Mastdarmrohr. Der wichtigste Muskel dieses Beckenbodens ist der
Levator ani, der, wie gesagt, trichterförmig, mit der Spitze nach
unten, den Beckenboden abschließt. Unterstützt wird dieser mächtige
Tragemuskel noch durch den Transversus perinei profundus, den.
Tranversus perinei superficialis und den Constrictor cunni. Diese
Muskeln zusammen bilden das Diaphragma uro-genitale und dieses
Diaphragma, mit seinen bindegewebigen, fasziären und muskulösen
': Bestandteilen wie eine Hängematte am Beckenboden aufgespannt,
muß durch den an- und durchdrängenden Kindsteil so gewaltig ge-
dehnt, erweitert und ausgewalzt werden, daß es der durchschnittlich
etwa 35 cm im: Umfang messenden längsliegenden „Fruchtwalze“
ohne- Verletzung den Austritt ermöglichen soll; ohne Verletzung
und oline wesentliche Beeinträchtigung‘ des nachherigen Wieder-
zusammenziehens, d. h. der Wiederherstellung des früheren festen
‚Verschlusses des Beckenbodens. | |
Es hängt natürlich die Entstehung von Einrissen in dem
_ Beckenbodenverschluß und namentlich von Einrissen am Damm
‚von den verschiedensten Faktoren ab. Mit der wichtigste dieser
Faktoren ist das Alter der Erstgebärenden. Es ist durchaus nicht
ewiesen, wenn es auch vielerorts behauptet wird, daß abnorm |
junge Erstgebärende zu stärkeren ZerreiBungen am Beckenboden
disponieren. Nach den Erfahrungen an unserer Klinik haben wir
jedenfalls auch bei Geburten von 14—17 jährigen Mädchen, trotz
, ausgetragener Kinder, keinerlei erwähnenswerte Dammverletzungen
gesehen. Anders jedoch bei den sogenannten alten un |
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an ab man eine Erstgebärende als „alt“ bezeichnen soll, į des ganzen. Dammes und. eine technisch ' erleichterte Ausführung
` des Dammschutzes selbst, wodurch man einerseits befähigt. ist, den
‚Kopf weit langsamer durch die Schamspalte treten zu lassen, und
ist allerdings individuell ungemein verschieden, wie überhaupt das
Altsein nach der hierdurch ausgelösten Empfindung und Wirkung
auf den Einzelnen ungemein verschieden ist. Hier entscheidet nicht
Man beobachtet Frauen, deren Geburtsverlauf
aut uns, trotzdem sie erst 26 Jahre alt sind, schon den Eindruck.
das Geburtsalter.
machit, daß sie als „alte Erstgebärende“ zu bezeichnen seien, ander-
a rabon wir 385—40jährige Erstgebärende entbunden, - ohne nen af
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den Eindruck der „alten Erstgebärenden“ zu babeu. Mi | bestens kontrollieren kann (nach' jeder Wehe), was bei der Seiten-
| lage natürlich nur schwer möglich ist.: Dieser letztere Punkt scheint .
anderen Worten, die Unnachgiebigkeit und Rigidität der Weichteile
hadi E? Selbst bei „Sturzgeburten“ und „Straßengeburten“ kommt es’
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‘selten zu einer wesentlichen Dammverletzung.
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Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft 2 79
— Geh.San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin *+ Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr.105b
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Berlin, Prag u. Wien, 16. November 1924 fi &
' vorzügliches Mittel zu einer schonenden
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kaaletlden. Originalbeiträge vor
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! beginnt nicht mit einem bestimmten obeis fer, sondern schwankt `
nach vielen Richtungen, - bedingt‘ durch erbliche Anlagen, Kon-
stitution, Art der Erziehung und der Lebensweise, namentlich in
Bezug auf Kleidung, Ernährung und Betätigung. Fette Frauen
haben entschieden neben einer schlechteren Wehentätigkeit auch
eine geringere Nachgiebigkeit des Beckenbodens. Weitere Faktoren
für die Entstehung oder Nichtentstehung eines Dammrisses sind die
Höhe des Dammes, event. verengernde Narben daran, angeborene
Weichteilverengerungen (Infantilismus, Muldendamm, Verschluß-
bildungen (Vaginismus), die Größe des Kindes, die Haltung des kind-
lichen Körpers (besonders des Kopfes), die Schnelligkeit des Geburts-
verlaufes, die Weite des Schambogens und schließlich die Güte
der Geburtsleitung (Dammschutz). .Es liegt auf der Hand, daß,
wenn die Austreibungsperiode zu schnell verläuft, wenn der
Kopf in einer Deflexionslage -durch das Becken geht, wenn er
sehr groß ist, oder wenn der Schambogen verengt ist, daß
dann, sage.ich, ein Dammriß wahrscheinlich wird. Es. liegt
ferner auf der Hand, daß, wenn geburtshilfliche Eingriffe vor-
genommen werden, wobei die Einführung der Hand des Arztes
neben einem Kindsteil oder. die gewaltsame Einschiebung der
Hand in -die noch nicht genügend erweiterte Schamspalte, oder `
das schnelle Durchziehen des Kindskörpers durch diese (wie bei
Extraktion am Beckenende, Zange, Arm- und Kopflösung), daB. E
dann, sage ich, die. Gefahr eines Dammrisses bedeutend -vermehrt
wird. Es ist dies auch der Grund, weshalb an unserer An-
stalt prinzipiell bei allen Geburten Erstgebärender, ‘die etwa durch
einen der eben genannten Eingriffe beendet werden müssen, zwecks
sicherer Verhütung des Dammrisses unmittelbar vor dem betreffenden
| Eingriff eine ausgiebige Episiotomie gemacht wird. Wenn wir bei
Erstgebärenden durch die Lage des Falles genötigt werden, in ab- .
sehbarer Zeit einen der eben. genannten Eingriffe ausführen zu
müssen, ehe die Weichteile dazu genügend vorbereitet und erweitert.
sind, so empfehlen wir zu deren Erweiterung vor dem Eingriff, falls
Zeit hierzu, die Einlegung eines Kolpeurynters. (zugfester Ballon
‘Arthur Müllers), den wir mit etwa 800—400 ccm sterilen Wassers
auffüllen und dann entweder durch die Wehenkraft von selbst. aus-
stoßen lassen, oder, wenn die Zeit drängt,. langsam extrahieren.
. Es ist dieses Vorgehen in den einschlägigen :Fällen, abgesehen von
der glänzenden Wirkung der kräftigen Wehenanregung durch den
Kolpeurynter. (durch Druck auf die Parazervikalganglien) ein ganz
‚schonenden, der Natur angepaßten
vorbereitenden Erweiterung des Beckenbodenverschlusses. —
| . Nun zum Dammschutz selbst. Hier kommt ‘immer. wieder die
' Streitfrage zur Diskussion, soll man in Seitenlage oder in. Rücken:
} lage den Dammschutz ausüben? Beide Methoden haben ihre Vor- -
| teile und ihre Nachteile. Die Vorteile der Seitenlage sind ein lang- -`
; sameres Durchtreten des Kopfes, da die Frau: hierbei die "Wehen .
‚ nicht so gut verarbeiten kann, ferner eine größere Übersichtlichkeit
wodurch man andererseits. einem etwa drohenden Dammriß (Tief-
, blauwerden des Dammes und bald darauf Schneeweißwerden des-
selben) weit besser vorbeugen kann.: Der Dammschutz in Rücken: _
lage läßt diese Vorteile größtenteils vermissen, hat’ aber dafür den '
großen Vorzug, daß maii hier dauernd die Herztöne des Kindes
mir aber ausschlaggebend für: die "Empfehlung ‘des Dammschutzes'
i in Rückenlage zu sein, da: die Erfahrung lehrt; daß eine nicht:kleine
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was wohl erklärlich durch ihre. mangelnde Übung ist, keine guten
' sonders vermehrt dadurch, daß bei diesen pathologischen Haltungen
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1600 . . 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. | 16. November °
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Zahl von Kindern gerade während der Dammschutzzeit, z.B. durch
Nabelschnurumschlingung, ganz kurz vor der Geburt absterben,
Selbstverständlich muß der Dammschutz in Rückenlage. aber so
ausgeführt werden, daß die Frau mit ihrer Kreuzbeingegend auf
ein 8 bis 10 cm hohes kleines, aber sehr festes Kissen gelagert
wird, wodurch man dann befähigt wird, auch den Hinterdamm der
Frau stützen zu können. |
Wir haben die Erfahrung gemacht, daß Ärzte im allgemeinen,
eine Episiotomie gemacht werden. Man kann auch um den
Kopf langsamer durchtreten zu lassen, in der Wehenpause den
| Kopf durch den Kristellerschen . Handgriff von oben auf den
Fundus uteri mit der einen Hand, oder durch den Ritgenschen
Handgriff, mit der anderen Hand vom Hinterdamm aus, den Kopf
langsam heraushebeln. Die Methode von Olshausen, mit ein:
oder zwei Fingern in den Mastdarm einzugehen und nun am Ober-
kiefer oder unter dem Kinn des Kindes durch das Septum recto-
vaginale hindurch leicht anhakend, den Kopf herauszuhebeln, kann
von uns nicht empfohlen werden, da .hierbei oft gerade statt den
Dammriß zu verhüten ein solcher gemacht wird. Andererseits ist
aber der Olshausensche Handgriff, wenn etwa die Geburt wegen
schlechtwerdender Herztöne schnell zu -beenden wäre und eine
Zange nicht bereit liegt, mit oder öhne gleichzeitige Episiotomie;
sehr zu empfehlen, wenn er richtig und schonend ausgeführt wird,
Zeigt sich vor dem Einschneiden des Kopfes ein leichtes Ödem
der Schamspalte, als Ausdruck eines schon länger anhaltenden
starken Drucks auf die rigiden Weichteile, so ist hier sicher mit
einem Darmriß zu rechnen und sollte hier prophylaktisch unbedingt _
eine Episiotomie gemacht werden. Auch eine in der Austreibung:-
periode entstehende stärkere Kopfgeschwulst des Kindes beweist
enge und rigide Weichteile, die Kolpeurynter und Episiotomie
evil. .prophylaktisch nötig machen.
Am besten schon direkt nach der Geburt des Kindes, spätestens
aber nach der Ausstoßung der Nachgeburt, muß der Damm stets
genauestens kontrolliert werden, und man mache es sich zur
Pflicht, jeden, also auch den kleinsten Dammriß, d. h. wenn er
mehr wie nur das Frenulum verletzt hat, post partum zu nähen,
Hier wäre aber nachzutragen, daß gar nicht so selten (namentlich .
bei sehr großen Kindern oder unvollkommenem Dammschutz) der
Dammriß nicht bei dem Durchschneiden des Kopfes entsteht, sondern
erst bei dem Durchschneiden der Schultern, namentlich der hinteren -
Schulter. Es liegt dies sehr häufig an einer mangelhaften Technik
der Geburtsleitung hierbei. Nach der Geburt des Kopfes, nach der
Abwaschung der beiden Augen (von außen nach innen) und des
Mäulthens des Kindes, muß jetzt, wenn das Gesicht des Kindes sich
nach dem Schenkel der Mutter zu gedreht hat, der Kopf des Kindes
zunächst so weit stark gesenkt werden, bis die vordere Schulter
unter der Schoßfuge sichtbar wird; dann muß der Kopf aber sehr
stark gehoben werden, damit die hintere Schulter unter starker seit-
licher Biegung des kindlichen Rumpfes über den Damm schneiden
kann, ohne ihn einzureißen. Auch hier ist, namentlich bei sehr
großen Kindern, bisweilen noch eine Episiotomie nötig, da sonst
fast stets noch nachträglich ein Dammriß entsteht.
. Wir haben ‘oben schon betont, daß jeder Dammriß unbedingt
genäht werden sollte, und zwar aus verschiedenen Gründen:
1. Pflegt der Dammriß stets etwas zu bluten, 2. pflegt ein nicht
genähter Dammriß eine mangelhafte Rückbildung der Schamspalte
im ‚Gefolge zu haben, wodurch diese klaffend bleibt, was wiederum
zu Scheidenkatarrhen nnd evtl. zur späteren Sterilität führen kann,
und 3. disponiert jeder nicht genähte, oder mangelhaft genähte,
oder nicht geheilte Dammriß zu späteren Senkungen und Vorfällen;
und dies um so mehr natürlich, je mangelhafter die Kontraktilität
des Beckenbodenverschlusses an und für sich ist (alte Erstgebärende,
sehr rigider Damm, sehr kurzer Damm). i ;
Die Dammrißnaht muß im Querbett, bei peinlichster Asepsis
ausgeführt werden, und zwar ungemein exakt. Handelt es sich um
einen tiefergehenden Dammriß, so müssen erst einige versenkte
Katgutnähte gelegt werden, und das Bestreben des Arztes bei der
Naht des Dammrisses muß ganz besonders darauf gerichtet sem,
keine Buchten oder Hohlräume unter der Naht entstehen zu lassen,
. so daß also nirgends Hämatome sich unter der Naht bilden können.
Die Schlußnaht an der Mukosa der Scheide und an der äußeren
Dammhaut muß besonders exakt geschehen, damit nicht der Wochen-
fluß, der ja schon wenige Stunden nach der Geburt pathogene Spalt-
pilze enthält, sekundär in die mangelhaft genähte Wunde eindringl.
Namentlich wenn der oberste Wundwinkel in der Scheide nicht
exakt durch die Naht geschlossen wird, gibt dies Veranlassung ZU
sekundärem Auseinanderweichen, d. h.. Nichtzusammehheilen der
Wundränder; in die hierbei bleibende Öffnung sackt sich dann der
Wochenfluß und bringt so sekundär allmählich den ganzen Damm
riß zum „Verbuttern“. Dun | ,
Ebenso wie jeder Scheidenriß, jeder Dammriß und jeder
Scheidendammriß, so muß auch jede Episiotomie ungemein S08
fältig und exakt alsbald wieder vernäht werden. Be
In seltenen Fällen kommt es vor, daß der kindliche Kop!
(besonders bei sehr hohem, rigidem Damm) statt durch die Scham
Dammschützer sind, und daß z. B; der diensttuende Arzt der ge-
burtshilflichen Abteilung einer Klinik oder die diensttuenden Heb-
ammen dieser Abteilung meist einen weit besseren Dammschutz aus-
üben, wie ein alter Facharzt oder der Chef der Klinik selbst. Es erklärt
sich dies ja hinreichend aus der großen ständigen Übung der genannten
Personen, durch ihren täglich mehrmals ausgeübten Dammschutz.
=~ Es gehört in der Tat auch eine sehr große Übung zu der
korrekten Ausführung des Dammschutzes. -Der Dammschutz be-
ginnt zwar schon, wenn der Kopf zum „Einschneiden“ kommt, aber
eigentlich erst, wenn der Kopf zum „Durchschneiden“ kommt. Mit
anderen . Worten: erst dann, wenn der bereits weit in der Scham-
spalte beim Pressen sichtbar gewordene Kopf auch in der Wehen-
pause unverändert sichtbar stehen bleibt. Hier steht der Kopf in
dem „Geburtsknie“, an der Stelle, wo die Führungslinie sich scharf
nach vorn umbiegt. Hier haben wir also den Kopf aus der bis-
herigen Flexionshaltung (bei Hinterhauptslagen) in die Deflexions-
haltung langsam hebeln zu helfen. Besonders schwierig wird die
Ermessung dieses Zeitpunktes bei den Deflexionslagen (Vorder-
haupts-, Stirn- und Gesichtslagen), wo also der Kopf aus der mehr
oder weniger starken Streckhaltung in die Beugehaltung gehebelt
werden muß. Die Gefahr eines Dammrisses wird hier noch be-
ein weit größerer Kopfumfang durch die Schamspalte treten muß.
(Eine Ausnahme macht nur die hintere Hinterhauptslage, bei. der
der Kopf in Flexionshaltung einschneidend, beim Durchschneiden
noch stärker gebeugt wird). Jetzt haben die beiden Hände des
Geburtshelfers reichlich zu tun. Wenn wir jetzt touchierten,
könnten wir feststellen, daß die kleine Fontanelle noch der tiefste.
Punkt des Kopfes ist, und daß ungefähr die Gegend der Nacken-
haargrenze am unteren Rand der Schoßfuge angelangt ist. Der
Kopf ist also, noch in starker Beugehaltung, aus dem knöchernen
Becken bereits herausgeboren, steht aber noch völlig in dem riesen-
haft abgehobenen, erweiterten und ausgewalzten Durchtrittsschlauch
des Beckenbodens, noch zu 3/4 von den Weichteilen überdeckt. Der
bis zu diesem Zeitpunkt ausgeübte Dammschutz bezweckte also
einesteils eine Zurückhaltung des Hinterhaupts während der Wehe
mit den zwei Fingern der Hand, die ihn von oben her zurück-
drängen, während andernteils die über den Damm gelegte Hand-
fläche der anderen Hand, durch den Damm hindurch, das Vorder-
haupt noch zurückhalten soll, d. h. den Kopf noch nicht aus der
Beugung in die Streckung gehen lassen soll, Dabei darf diese
letztere Hand aber den Damm nicht so stützen, daß er für das
Auge völlig unsichtbar wird, sondern die ersten 2—3 cm des
Dammes, vom Frenulum aus gerechnet, müssen zur Kontrolle eines
etwaigen Auftretens der obengenannten Verfärbung dauernd sicht-
bar bleiben. Bleibt aber der Kopf auch in der Wehenpause in der
stark erweiterten Schamspalte bei gleichzeitig stark klaffendem
Altereingang (dieser wird durch ein steriles Wattestück bedeckt,
um die stützende Hoblhand nicht zu beschmutzen) stehen, so beginnt
eigentlich erst die Hauptgefahr für den Dammriß. Während. wir
vorher mit der von oben kommenden Hand den Kopf mehr nach
hinten, nach dem Steißbein zu gedrückt halten, ziehen wir ihn jetzt mit
denselben zwei Fingern nach vorn, vom Damm weg, während wir
gleichzeitig mit der anderen Hand, vom Hinterdamm aus, den Kopf
langsam aus der Beugung in die Streckung hebeln, wobei wir
gleichzeitig noch mit den 4 Fingerspitzen dieser Hand einer-
seits und mit dem Daumen der gleichen Hand andererseits,
von den beiden Sitzbeinhöckern her, das Mitteldammfleisch
nach der Raphe des Damms zu zu falten versuchen. Bei
diesem letzten Teil des Dammschutzes liegt die Hauptgefahr des
Dammrisses. Je größer diese Gefahr, um so langsamer müssen
wir den Kopf durchtreien lassen, um so energischer müssen wir
der. Frau das Mitpressen verbieten (durch Entziehung der Preß-
riemen und durch Aufforderung: an die Frau, sie solle laut zählen
oder laut schreien). Bereitet sich trotzdem der Dammriß vor (zuerst
Blau- dann Weißfärbung desselben), so muß jetzt sofort durch einen
blitzschnellen Scherenschlag, der vom Frenulum aus in der Richtung
nach dem linken Sitzbeinhöcker ungefähr 3 cm tief geführt wird,
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
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spalte auszutreten, vorher das Septum recto-vaginale sprengt und
dann durch einen entstehenden zentralen Dammriß geboren wird,
oder gar durch den Alter selbst. Im ersteren Fall pflegt dieser
zunächst nur zentral aufgeplatzte Damm sekundär noch nach der
Schamspalte oder nach dem Mastdarm oder sogar nach beiden Öff-
nungen zugleich weiterzureißen, so daß .ein-totaler Dammriß daraus
noch entsteht. Im anderen Fall kann der Damm äußerlich ganz
intakt bleiben?). Bisweilen sieht man auch, daß, während‘ der Kopf
durch die Schamspalte schneidet, gleichzeitig ein kindliches Händ-
chen aus dem Mastdarm herauskommt, was ebenfalls nur bei vor-
heriger Sprengung des Septum recto-vaginale möglich ist. Alle
diese Verletzungen sind besonders schwer exakt zu vernähen, und
wir raten daher auch hier dringend, solche schweren Septum- un
Dammverletzungen durch einen Facharzt oder, nach Verbringung
in ein Krankenhaus, in dessen Fachabteilung nähen zu lassen.
Sieht sich aber der Praktikerganz allein einerderartigenschweren
. Verletzung gegenüber (ohne daß ihm irgendwelche Spezialhilfe möglich
ist), so tut er besser, gar night zu nähen, um nach etwa 6—10 Wochen
‘einen sekundären plastischen Verschluß durch einen Facharzt aus-
führen zu lassen. Die ersten sechs Tage des Wochenbetts bleibt
dann die Wöchnerin, durch Opium verstopft, mit zusammengebundenen
Knien recht ruhig liegen. Denn es bleiben sonst sehr leicht bei
mangelnder Nahttechnik hier Fisteln zurück, die diese Frauen
- ungemein quälen (Scheidendammfisteln, Mastdarmdammfisteln und
Scheidenmastdarmfisteln) mit sekundärer Incontinehtia alvi et
flatuum. Besonders dünne Stühle und auch etwaige Klystiere
können bei allen diesen Mastdarmfisteln, zumal wenn deren Rektal-
öffnung oberhalb des Sphincter ani externus liegt, nicht zurück-
gehalten werden. Auch quälende Vulvarkatarrhe sind die Folgen
solcher 'restierender Fisteln?). |
Dem Anfänger passiert es bisweilen, daß er bei der Naht
eines Dammrisses zu tief sticht, so daß seine Naht durch die Rektal--
mukosa durchgreift, was natürlich die primäre Heilung (durch Ein-
wanderung von Darmspaltpilzen in die Naht) sehr ungünstig be-
einflußt. Ja, wir haben sogar zweimal gesehen, daß von jungen
Kollegen bei einer allzutiefgreifenden Scheidendammnaht der Mast-
darm umstochen, also ganz zugenäht wurde!
der Naht namentlich größerer Dammrisse einen sehr dicken Hegar-
dilatator (Nr. 16 bis 18) tief in den Mastdarm ein, und zur Ver-
hütung des zweitgenannten unangenehmen Vorkommnisses touchiert
man zweckmäßig nach Fertigstellung der Naht nochmals vom
Rektum aus.
Ganz besonders wichtig ist die exakte Naht bei etwa ent-
standenen totalen Dammrissen. Hier bedenke man, daß man
außer einer tiefen Wunde im Septum recto-vaginale, die durch ver-
senkte Nähte exakt geschlossen werden muß, noch zwei Röhren zu
schließen hat, das Scheidenrohr an seiner hinteren Wand und das
Mastdarmrohr an seiner vorderen Wand ‘incl. Sphincter ani externus
und zum Schluß noch eine Dammhaut. Da die Technik dieser
Naht außerge wöhnlich schwierig ist, bei mangelhafter Ausführung
diese Naht aber nicht oder nicht ordentlich heilt, so daß also ein
totaler Dammriß mit all seinen für die Patienten so schauderhaiten
Folgen (Incontinentia alvi et flatuum) dann dauernd bestehen bleibt,
so raten wir dringend, diese Naht entweder von einem Facharzt vor-
nehmen zu lasseu, oder die Wöchnerin alsbald post partum zwecks
, exakter Naht einer Klinik zu überweisen (vor Transport T-Binde
anzulegen!). oo
Es versteht sich von selbst, daß der Arzt, wenn er die Geburt
selbst überwacht oder geleitet hat, auch für den Dammriß, oder
richtiger gesagt, für alle evtl. Folgen dieses Dammrisses verantwort-
' lich ist und bleibt, so daB er also bei einem evtl. übersehenen oder
mangelhaft genähten oder gar nicht genähten Dammriß für alle
dessen Folgen haftbar gemacht werden kann. Wir empfehlen daher,
nochmals dringend, jeden Dammriß ohne Ausnahme im Querbett,
‘ bei bester Beleuchtung und guter Assistenz sehr exakt und sehr
aseptisch zu vernähen. Ä
Einer Narkose zu diesem Eingriff bedarf es eigentlich niemals,
oder höchstens nur einmal bei einer ganz besonders ängstlichen
Ööchnerin, wo aber auch ein kurzer Rausch (einige Tropfen Chlor-
äthyl oder Äther aufgeträufelt) genügen dürfte. Dagegen empfiehlt
| ns selten sieht man auch bei einem mehr.oder weniger
Intaktbleiben des Dammes selbst eine teilweise oder völlige Absprengung
der Columna posterior vaginae. ar
3) Bisweilen sieht man nach diesen Nähten wohl die Scheiden-
dammwunde heilen, aber der Sphincter ani externus klafft und macht
Inkontinenz, . | Bun er
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Zur Verhütung des .
- Einstechens in die Mastdarmschleimhaut führt man zweckmäßig vor
sich, vor der Ausführung der Naht ‘eine exakte Infiltrations-
anästhesie der Umgebung der ganzen Dammwunde mit 1%iger
Novokainsuprarenin-Lösung (Höchst) auszuführen.
Zum Schluß soll noch die Frage der Sekundärnaht des
Dammrisses im \Vochenbett besprochen werden. Nach Becker
machte schon am Ende des 17. Jahrhunderts Viardel den ersten
Versuch, einen Dammriß 3 Tage nach der Geburt zu nähen. Eine
größere Zusammenstellung von sekundären Dammnähten machte
dann im Jahre 1903 Abuladse; 1904 publizierte Karl Hegar
unter Verwerfung der primären Naht seine Erfahrungen mit der
sekundären Dammnaht. Obschon alle diese Publikationen über recht
gute Erfolge berichten konnten, wird doch von der überwiegenden
Mehrzahl der Gynäkologen die sekundäre Dammnaht abgelehnt.
Wenn wir unter einer primären Dammnaht eine Naht des
Dammrisses innerhalb der ersten 12 Stunden nach Ausstoßung der
Nachgeburt verstehen, so sprechen wir von einer sekundären
Dammnaht, wenn diese Naht erst 3 bis 14 Tage nach der Geburt
stattfindet. Wir wissen, daß der Wochenfluß bereits 2 Stunden nach
der Geburt pathogene Spaltpilze enthält, und es erscheint daher
begreiflich, daß man es vermeidet, eine frische Wunde später als
‘12 bis höchstens 18 Stunden post partum zu setzen, denn das Ein-
stechen bei der Naht ist doch gleichbedeutend dem Setzen einer `
Immerhin spricht die Erfahrung der genannten '
frischen Wunde.
Autoren (neuerdings. noch‘ vermehrt durch eine Publikation von
Dr. Rudolfsohn aus der Sachsschen Klinik in Berlin®) dafür, daß
man auch noch ungestraft zwischen dem 3. und 14. Tage. des Wochen-
betts einen Dammriß sekundär nähen darf. Allerdings ist aber die
erste Vorbedingung hierzu, daß die Wöchnerin bis dahin entweder
dauernd fieberfrei war oder etwa bestandenes Fieber seit mindestens
3mal 24 Stunden völlig abgeklungen sein muß. Die zweite Vor-
bedingung ist, daß der Dammriß,' sei er primär genäht odet nicht, .
keinesfalls irgendwie belegt sein darf, und die dritte, daß der Wochen-
fluß keinesfalls übelriechend sein darf. Es scheint, daß man unter
diesen Bedingungen die Sekundärnaht eines Dammrisses riskieren
kann, wenn uns selbst auch jede Erfahrung hierüber fehlt; denn
wir stehen auf dem Standpunkt, einen nicht genähten oder nicht
geheilten Dammriß frühestens 6 Wochen post partum, und dann
nur nach ausgiebiger Anfrischung wieder zu vernähen. Will man
den eben genannten sekundären Dammriß ausführen, natürlich unter
den genannten Vorbedingungen, so muß die Dammrißwunde selbst-
verständlich vorher nochmals etwas angefrischt werden, was durch .
ausgiebiges Abkratzen der gut aussehenden, evtl. schon gut granu-
lierenden Wundfläche geschehen muß. Jedenfalls raten wir dringend
ab, einen primär genähten und etwa vereiterten Dammriß vor Ab-
lauf von 6 Wochen zum zweitenmal zu nähen. |
- Nach Ausführung einer Dammnaht lasse man die Wöchne-
rinnen nicht zu früh aufstehen. Für Stuhlentleerung ist besser durch
“ Abführmittel statt durch Einläufe zu sorgen; beim Aufstehen sollte
die Wöchnerin anfangs stets eine T-Binde tragen. Hat man die.
äußeren Nähte mit Seide oder Garn gemacht, oder hat man bei
einem "kleinen Dammriß. etwa nur äußerlich Wundklammern an-
gelegt (was hier ganz zweckmäßig ist), so empfiehlt sich deren
Entfernung am 7. bis 8. Tag. 2:
Nach der Naht eines totalen Dammrisses sollte man die
Wöchnerin 6 volle Tage verstopfen, am 7. Tag ein Abführmittel und
gleichzeitig eine kleine Öleinspritzung in den Mastdarm zur Er-
leichterung dieses ersten Stuhlgangs nach der Operation geben und
dann stets: erst wieder nach 'je 2 Tagen ebenso für Stuhlgang
sorgen. an
- Bildet sich der überdehnte Beckenboden nicht vollständig nach
der Geburt wieder zurück, so muß die. Folge eine herniöse: Aus-
stülpung dieser Teile nach unten sein, da sie ja die ganze Last
der Baucheingeweide mit zu tragen haben. Es werden deshalb
klaffende, Vulva, Descensus: der vorderen, der hinteren oder beiden
Vaginalwände, Inversionen derselben, evtl. mit Hineinstülpung von
Blase und Mastdarm (Cystocelen, Rectocelen), Descensus uteri retro-
versi, Prolapsus uteri partialis und totalis, Elongatio colli intra-
vaginalis und supra-vaginalis, Hypertrophia portionis uteri, Ektropion,
Vaginalkatarrhe, Zervikalkatarrhe, Stauungsmetritiden und -Endo-
metritiden, Descensus der Eierstöcke, mangelhafte Urinkontinenz, .
Fluor, sekundäre Sterilität und eine Reihe hochgradiger hieraus
resultierender Beschwerden die Folgen einer mangelhaft geleiteten
Geburt und eines übersehenen oder gar nicht oder nur mangelhaft
genähten Dammrisses sein, Folgen, die den Arzt in der pein-
lichsten Weise, namentlich auch zivilrechtlich, belasten könnten.
1) Vgl. Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 7a.
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1602
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.46.
N
16. November
Abhandlungen.
. Aus der II. Medizinischen Universitäts-Klinik Berlin
| (Geh.-Rat Goldscheider)
und der Chirurgisch
Die Behandlung der perniziösen Anämie durch
Entmarkung der Röhrenknochen.*)
Von Prof. Georg Walterhöfer und Dr. 0. Schramm.
Die Behandlungsmethode der kryptogenetischen perniziösen
. Anämie, über die im Folgenden berichtet werden soll, ist das Er-
gebnis von Erwägungen, die sich aus dem Studium der Milz-
exstirpation und aus Beobachtungen über die Einwirkung von
Röntgenstrahlen bei Erkrankungen im myeloischen System ergaben:
Erweiterte Kenntnisse von der Milzfunktion und günstige Erfahrungen
über die: Milzexstirpation bei einer Reihe anderer Krankheiten, in
denen die Milz als führender Schädling angesehen wird, hatten
dazu geführt, auch bei der Biermerschen Anämie solche von der
Milz stammenden schädigenden Faktoren anzunehmen und sie durch
Entfernung des Organes mit zu beseitigen. Über das eigentliche
wirksame Prinzip dabei herrscht keine Übereinstimmung. Eppinger
sieht den Erfolg in der Beseitigung des vorwiegend in der Milz
lokalisierten und faßbaren blutzerstörenden Faktors, der deshalb
von so weittragender Bedeutung sein soll, weil der hämatopoetische
Apparat aller derer, die an perniziöser Anämie erkranken, als
minderwertig anzusehen ist. Der Annahme einer Minderwertigkeit
des Knochenmarkes fehlt die feste Unterlage. Auch gegen die
Vormachtstellung der gesteigerten Blutzerstörung sind Bedenken zu
erheben. Wir bewerten allerdings die Hämolyse als ein Symptom,
das in ausgezeichneter Weise ein Bild vom jeweiligen Stande der
Erkrankung gibt. Indes halten wir die Erscheinung für ganz un-
spezifisch, etwa von der gleichen Bedeutung, wie hier die Senkungs-
beschleunigung der Erythrozyten, zwischen welchen beiden Er- `
scheinungen übrigens ein weitgehender Parallelismus besteht.
In der Splenektomie erblickten wir vielmehr in teilweiser
Übereinstimmung mit Hirschfeld, Weinert und Klemperer die
Auslösung eines Reizes auf das Knochenmark, der imstande ist,
die schwer betroffenen Zellen des durch innige Beziehungen ver-
bundenen Partners zu beleben und zu weiteren Leistungen anzu-
fachen.
punkt aus eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten. Die Vor-
stellung, als ob die Erzeugung dieses Reizes nur auf dem Umwege
über die Milz möglich sei, wurde als zu eng gefaßt aufgegeben.
Größere Aufmerksamkeit wandten wir der direkten Reizung des
Knochenmarkes zu. Wir wählten als direkten Reiz die Entmarkung
eines Röhrenknochens und stellten uns vor, daß der ausgelöste Reiz
durch die sich an den Eingriff anschließende Wiederherstellung des
Knochenmarks unterhalten und wirksamer gestaltet wird. Das ist
im Prinzip kein anderer Vorgang, als wie wir ihn bei der Behandlung
der myeloischen Leukämie oder der Polyzythämie mittels Röntgen-
strahlen so wirksam und sinnfällig kennen gelernt haben.
Wir haben diesen Eingriff vor drei Jahren zum ersten Mal
ausgeführt und seit dieser Zeit 42 Fälle operiert. Die jetzt ` aus-
schließlich angewandte Operationsmethode ist folgende:
Durch subkutane Umspritzung an der Vorderfläche der Tibia,
dicht unterhalb der Tuberositas tibiae, bzw. oberhalb der Malleolen
wird ein kleiner Bezirk anästhesiert. Hier wird oben wie unten
ein Knopflochschnitt durch Haut und Periost bis auf den Knochen
angelegt, das Periost beiderseits etwas zurückgeschoben und mit
einer Kugelfraise oben ein Loch von etwa 4 mm, unten von etwa
8—9 mm angelegt. Am unteren Rande dieses Loches wird mit
Luerscher Zange eine kleine Rinne in der Tibialläche angebracht,
deren Zweck gleich zu ersehen ist. Jetzt geben wir den Pat. ein
paar Tropfen Chloräthyl.
kommt man in der Regel mit wenigen Tropfen aus. Während der
Einleitung des Rausches setzen wir eine krältige Spritze von
100—150 cem, deren Konus exakt abschließend auf das obere,
kleine’ Bohrloch aufgepaßt sein muß, in dieses. Bei Eintritt des
Rausches pressen wir mit krältigem Druck Normosallösung in die
Markhöble. In den meisten Fällen sehen wir sodann das Mark
wurstförmig aus dem unteren Bohrloch herausquellen. In diesem
Moment soll der Chloräthylrausch beendet sein. Jetzt führen wir
eine Babcocsonde in das untere Bohrloch ein und zerstören stehen-
*) Nach einem in der Berliner medizinischen Gesellschaft am
2. Juli 1924 gehaltenen Vortrage. © © > ne
en Universitäts-Klinik Berlin (Geh.-Rat Bier).
. gespült.
Die Betrachtung der Zusammenhänge von diesem Gesichts-
Bei dem labilen Zustand derselben
gebliebene Knochenmarkreste und Spongiosateile. Um eine schnelle
und glatte Einführung der Sonde zu ermöglichen, ist die vorher
erwähnte Knochenrinne angelegt, da ohne dieselbe durch Abknickung
der Sonde eine Verzögerung in der Ausräumung eintrilt. Nach
weiteren 2—3maligen Spülungen kommt die Spülllüssigkeit klar
und ohne Fettbeimengung heraus. Die Entmarkung ist beendet, es
erfolgt jetzt wasserdichte Hautnalıt und Kompressionsverband.
In einzelnen Fällen gelingt es nicht, das Mark durch Spülung
heraus zu bekommen. Dann wird die Sonde in der beschriebenen
Weise eingeführt und nach Zerstörung des Markes die Höhle aus-
Wir haben die Operation in der Regel in Blutleere aus-
geführt, etwa 10 Fälle haben wir ohne dieselbe operiert, ohne jemals
klinische Anzeichen einer Fettembolie zu sehen. ‘Bei dem einen
‚von diesen Fällen, der zur Obduktion .kam, : wurden: zwar. kleine
Fettembolien in den Lungen mikroskopisch festgestellt, nach Ansicht
des obduzierenden Pathologen waren sie" aber wegen ihrer Gering-
fügigkeit nicht als Todesursache anzusehen. Ich erwähne dies be-
sonders, da das Liegen der Blutleere auch bei Esmarchscher Binde
von. empfindlichen Pat: äußerst unangenehm durch seine Schnür-
wirkung empfunden wird. Dies ist das.Einzige, worüber- die Pat.
während der Operation Klage führen. Den Verband lassen wir
14 Tage liegen. Besondere Lagerung der operierten Extremität ist
nicht notwendig. |
Bei allen 42 Operierten handelte es sich um Fälle, die bereits
mehrere Remissionen durchgemacht hatten. In dem Rückfall waren
sie mit den verschiedensten internen Mitteln ergebnislos behandelt
worden. Zum Teil war die Krankheit so weit vorZeschriiten, daß
mit einem ungünstigen Ausgange in- ganz kurzer Zeit zu rechnen
war. Im Jahre 1921 haben wir neun, 1922 acht, 1923 zwanzig und
1924 fünf Fälle operiert. Es waren je 21 Männer und Frauen.
Von den 42 Operierten leben heute noch 19; davon zwei aus dem
Jahre 1921 mit einer Lebensdauer von '36 bzw. 37 Monaten, einer
aus dem Jahre 1922 mit einer Lebensdauer von 20 Monaten. Von
den 1923 Operierten leben '14 Fälle, von denjenigen aus 1924 zwei.
Die gesamte durchschnittliche Lebensdauer nach der Operation
betrug 7!/, Monat. Im Anschluß an die Operation reagierten 28 Pat.
und zwar 16 Frauen und 12 Männer. Es fand sich elfmal rotes
Knochenmark, neunmal gemischtes Mark und achtmal Fetimark. In
12 Fällen wurden in einer Sitzung zwei Röhrenknochen entmarkt,
sonst wurde die Operation nur an einem Röhrenknochen vorgenommen.
In 5 Fällen wurde später eine nochmalige Entmarkung aus
geführt, die zweimal Erfolg hatte, dreimal ohne Erfolg blieb.
Von den Operierten standen im vierten Lebensjahrzehnt 8, im
fünften 14, im sechsten 17, über 60 Jahre alt waren 3 Pat. Zwischen
30 und 40 Jahren reagierten 100°/, prompt auf die Operation;
zwischen 40 und 50 haben ‚71 °%/,, zwischen 50 und 60 470, und
jenseits des 60. Lebensjahres 66 °/, reagiert. |
Im unmittelbaren Anschluß an die Operation trat regelmäßig
Fieber bis 38,5%, in einzelnen Fällen auch etwas höher, auf. Das
Fieber pflegte in wenigen Tagen lytisch 'abzufallen. Von den
operierten Fällen sind alle bis auf zwei p. pr. geheilt. In einem
Falle führte die schon vor der Operation vorhandene Incontinentia
urinae zu einer Sekundärinfektion. Der andere Fall bekam emo
geringfügige Stichkanaleiterung. Die Gefahr einer Osteomyelitis
durch Infektion ist nicht hoch einzuschätzen, vorausgesetzt, dab
aseptisch operiert wird. Irgend welche durch den Eingriff bedingten
funktionellen Schädigungen der Extremitäten haben wir nicht
beobachtet. Ä we l
Die folgenden Beispiele sollen in erster Linie zeigen, wie die.
Entmarkung wirkte. Zu diesem Zwecke waren zahllose Einzel-
untersuchungen erforderlich, die nur ermöglicht werden konnten
durch die unverdrossene Unterstützung meiner Mitarbeiter, der
Herren Fritz Blumenthal, Hellenbrand und Neuburger.
Durch systematische Bearbeitung jeder neu auftretenden Frage ent-
standen so im Laufe der Jahre Kurven, die einen erweiterten Einblick
in die Pathogenese der anämischen Komponente des Krankheits-
komplexes Morbus Biermer gestatten. In eindeutiger Weise war
zu ersehen, daß die Hämolyse ein sekundäres Symptom ist, das
erst einsetzt, wenn das Knochenmark Zeichen der Schwäche dar
bietet. Der primäre Angriffspunkt des immer noch unbekannten
Giftes ist das erythropoetische Gewebe. Intervalle und Anfälle
konnten mit vielen Einzelheiten zur Darstellung gebracht werden.
Wir sehen immer wieder die Bemühungen des Knochenmarkes, sich
des Giltes zu erwehren. Dank zweckmäßigster Kompensationsvor
gänge und Schutzmaßnahmen, die eng verknüpft sind mit dem
TI an Paesana te S
völlig gesund zu fühlen. Au
“ stellte. Seit
jun
i6.N ovember 2
= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. ` iT
7.1608
bisher dunklen und schwer verständlichen Verhalten des Hämo-
globins, bleibt es oft genug Sieger, bis immer von neuem sich
‚ wiederholende Angriffe eine wirksame Ausbildung der Abwehr-
maßnahmen unmöglich machen: und damit das Schicksal der Kranken
besiegeln. Erst nach dem richtigen Erkennen aller dieser Vorgänge
konnte der Therapie das unsicher Tastende genommen und die
Wege einem sicheren Zugreifen frei gemacht werden.
i. Theodor Trö.!), 85 Jahre. Im Felde Malaria mit Rezidiven.
1920 angeblich letzter Anfall. Juli 1920 Appetitlosigkeit und Schwäche,
.bis November bettlägerig, dann Besserung. Januar 1921 Verschlimme-
rung. Wiederholt starkes Nasenbluten.
12. März 1921: Wegen starker Blutung aus der Nase Aufnahme
in die Klinik. Leidlicher Ernährungszustand. Blaßgelbbraune Ver-
: färbung der Haut. Skleren subikterisch. Milz +; Leber +. Keine Ödeme.
Schwerhörigkeit. Linkes Ohr o. B. Rechtes: feine punktförmige Blu-
tungen an einzelnen Stellen des Trommelfelles. Sehstörungen. Atrophie
der Nn. optici. In der Umgebung der Papillen mehrere Blutungen.
"Temperatur 37,8. Malaria —. Blutbefund: Hgl. 30; E. 2000000; L. 4000.
14. März: Starkes Nasenbluten. Bellocqsche Tamponade. Di.-
Serum 3000 A-E. | i
23. März: Fortschreitende Verschlechterung. 3 ccm Hammel-
serum i. V. | l
31. März: Erbrechen. Unorientiert. 3 ccm Hammelserum i. v.
1. April: Entmarkung der linken Tibia in Lokalanästhesie. Knochen-
mark von roter Farbe. Eigentümliche Verfärbung des Knochens in der
` Markhöhle.
Verlauf: E. und Hgl. sind am 8. Tage nach der Operation an-
gestiegen und erreichten bei der Entlassung normale Werte. .
Am Tage nach der Operation Nahrungsaufnahme ohne Erbrechen.
Völlig klar. Am nächsten Tage wahrer Heißhunger. Er gibt an, sich
ıch im weiteren Verlaufe bleibt der All-
gemeinzustand ein ausgezeichneter. Körpergewicht stieg von 50 kg
bei Aufnahme auf 71 kg bei der Entlassung.
2. Willy H., 37 Jahre. Als Kind schwächlich. Immer blaß.
"Mit 15 Jahren Keratitis, die sich über 2 Jahre hinzog. Dann gesund.
November 1920 plötzlicher Ohnmachtsanfall. Seit dieser Zeit Schwäche-
gefühl und appetitlos. Sein Aussehen wurde jetzt schlecht, er bekam
eine auffallende blasse Gesichtsfarbe. Da er immer matter wurde,
suchte er im Ta 1921 einen Arzt auf, der eine-Blutarmut fest-
Mai 1921 dauernd bettlägerig. Juni 1921 Krankenhaus-
behandlung mit Arsen und HCl. Danach leichte Besserung, so daß er
zeitweise außer Bett sein konnte.
1. Juli 1921: Verlegung nach der chir. Univ.-Klinik. Leidlicher
‚Ernährungszustand, sehr blasse Gesichtsfarbe. Herz dilatiert. Systo-
‚lisches Geräusch an Spitze.und Pulmonalis. Nonnensausen. Milz +.
Leber + Anazidität. Augenbefund: Rechts Hornhauttrübungen.
Linke rapie blaß. Nervensystem o. B. Temperatur: 36,8. Wa.R.—.
~ _ 6. Juli: Entmarkung des rechten Öberschenkels Rotes Mark mit
einzelnen gelben Bezirken. er.
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` Verlauf: Der Eingriff wurde außerordentlich gut überstanden.
Auffallende Appetitsteigerung. Nach der Operation Stägiger Tempe-
raturanstieg. ‘Die Werte für Hgl. und E. steigen unmittelbar nach der
Peration an und erreichen normale Zahlen. F.I. wird kleiner als 1
und hält sich so Jahre lang. H. ist seit seiner am 17. August 1921
=
DE Se
Dr m
Var Z
BE =
Er =
x En
= E
m =
kaal ES
= a
I BE
- erfolgten Entlassung bis zum heutigen Tage arbeitsfähig. Fast 2 Jahre
ang ist-er auch völlig beschwerdefrei gewesen. Ende Juni 1923 trat
rennen auf der Zunge und im Rachen auf. Die Zunge war spiegelnd
látt, an den Rändern hochrote Flecke. Gleiche rote Stellen am harten
aumen und än der Lippenschleimhaut. Im Juli vorübergehend Durch-
fälle. Seit Mitte ‚August verschwanden die Beschwerden, Pat. erhielt
damals 100 ccm Humanserum intravenös. .
EEE
|
"150
7800 |
, 1 ee: Re _
a Wunsch der RE sind nur ne un ab |
Allein durch die Operation am Oberschenkel wurde hier sehr
rasch ein Knochenmark wieder hergestellt,. das in dem sich an-
schließenden Intervall von fast 2 Jahren nicht. nur seine Funktion
normal erfüllte, sondern auch neu einsetzenden Anfällen sich ge-
wachsen zeigte. Der. Anfall vom Juni 1923 mit Zungenerscheinungen
und Durchfällen läßt das erythropoetische Gewebe unberührt. Erst
ein 7 Monate später sich wiederholender Anfall löst Erscheinungen
am blutbildenden Gewebe aus. : E
8. Frl. M., 55 Jahre. Familienanamnese o. B. Sie selbst früher
nie krank. 1918 trat ohne erkennbare Ursache Mattigkeit auf. Sausen
im Kopf. Blasse Gesichtsfarbe. Nach Arsenbehandlung Besserung, die
1 Jahr anhielt. 1920 im Mai wiederum Schwäche, Mattigkeit, Kopf-
schmerzen, Appetitmangel, Gelbfärbung.. Auf Arsen wieder Besserung.
1921 im Januar erneut Verschlechterung. Am 10. Februar deswegen
Röntgenvolldosis auf Milz. Ohne Einfluß. Arsen. Trotzdem jetzt -
weiter Verschlimmerung. | ' m ee
= 17. Juni: Aufnahme in die Klinik. Starke Blässe mit leichtem
elblichem Farbenton. Herz dilatiert. . Systolisches Geräusch an der
Spitze. Nonnensausen. Milz +; Leber +. Keine Ödeme. Augenbefund:
Papillenblässe, sonst o. BB Temperatur 378: Wa.R. —. Hgl. 50,
E. 1000000, L. 3600. Poikilozytose. Megalozyten. Plättchen spär-
. lich,- groß.
20. Juni: Entmarkung der linken Tibia. Rotes Mark, vereinzelt
gelbe Bezirke. Mikroskopisch: spärlich Megaloblasten, reichlich
Erythroblasten. Im Anschluß an die. Operation Temperaturanstieg, der
am 4. Tage 39,1 erreicht und 10 Tage anhält. Während der ersten .
Tage Erbrechen, dann auffallende Appetitsteigerung und rasche Besse-
rung. Vom 21. Tage an außer Bett. Hgl. und E. steigen bald nach
der Operation rasch an. Die E. überholen das Hgl., so daß monate-
lang der Färbeindex kleiner ist als l. Vor der Operation betrug er 2,5.
Ungefähr ein Jahr nach der paian fallon die E. wieder rapide ab,
mählichen unerheblichen Rückgang er- .
kennen läßt. Die Patientin klagt jetzt zuweilen wieder über Mattig-
während das Hgl. nur einen al
keit, sie geht aber nach wie vor ihrem Berufe weiternach. Dezember
1922 erlitt die Kranke durch Unfall eine Verletzung des Schienbeines
des nicht operierten Unterschenkels. Etwa14 Tage später erfolgte die
Einlieferung in die chirurgische Universitätsklinik wegen eines hand-
tellergroßen stark sezernierenden Unterschenkelgeschwüres. Hgl. und E.
waren 'auf sehr geringe Werte herabgesunken. Auf Arsazetininjektionen
trat dieses Mal prompt Erholung ein. Besonders bemerkenswert war
das rapide Emporschnellen der E.
Am 15. März 1923 wurden der rechte und: linke Oberschenkel i
entmarkt. Es fand sich rotes Mark mit vereinzelten gelben Bezirken.
Mikroskopisch sehr reichlich Erythroblasten jeder Entwicklungsstufe.
Spärlich Megaloblasten. Reichlich Myelozyten und Leukozyten. Nach
der Operation 5 Tage geringer Temperaturanstieg bis 37,8. Der Ein--
griff selbst wurde gut überstanden, sie fühlt sich gesund, hat aus-
ezeichneten Appetit. Reaktionslose Heilung. 5 Wochen nach, der
‚Operation klagt die Pat. über äußerst heftige Knochenschmerzen, be-
sonders im Brustbein und in den Armen. Die Schmerzen sind besonders
nachts äußerst heftig und stören den Schlaf. Erst ganz allmählich‘
lassen sie nach und ‚verschwinden endlich. Die Pat. kommt in volle
Remission. Auch die Leukozyten halten sich auf der normalen Höhe.
Im Blut ist das Bilirubin nicht mehr vermehrt. Die -Senkungs-
“geschwindigkeit der E. ist jetzt normal,
Auch dieser vorher ergebnislos behandelte Fall zeigt, wie
durch die Entmarkung allein ein günstiger Umschwung im Krank-
heitsbilde herbeigeführt wird. ° Darüber hinaus beansprucht er be-
sonderes Interesse noch dadurch, daß in 4jähriger ununterbrochener :
Beobachtung mehrere Anfälle und .2 Intervalle zu kurvenmäßiger ``
Darstellung gebracht werden konnten. Die Intervalle umiassen Zeit-
räume von 8—12 Monaten. Ein Anfall markiert sich durch jedes-
maliges deutliches Stürzen der Erythrozyten. Im ersten Anfalle
wurde die Entmarkung ausgeführt, als die Werte für Erythrozyten
tiefer und tiefer sanken, während der Blutfarbstoff auf gleicher Höhe
verharrte. Ende April 1922 setzten neue Anfälle ein. Bevor eine `
Erholung des Markes eingetreten war, erfolgte ein abermaliger An-
sturm, der das Mark zum Erliegen bringt. Der in diesem Stadium
begonnene therapeutische Eingriff mittels Arsazetin erweist sich als
wirksam. Durch prompten Anstieg des Blutfarbstoffes antwortet das
Knochenmark zunächst kompensatorisch, bis unter dem Schutze der
megaloblastischen Regeneration sich die schwer getroffene normo-
.blastische Blutbildung so weit erholt hat, daß sie allein nun wieder
ihre Tätigkeit. aufnehmen kann. Im Prinzipe dasselbe : wiederholt
sich in einem Anfalle im März 1924, nur mit dem , Unterschiede;
daß hier die überaus kräftig einsetzende megaloblastische Schutz-
wirkung obne unser Zutun den Anfall leicht überwindet.
4. Karl R., 57 Jahre. Früher nie ernstlich krank. 1920 infolge
Betriebsunfalles Verlust der Sehkraft des linken Auges. Seit Früh- >
jahr 1923 bemerkt er eine Abnahme der Kräfte, die ständig zunimmt,
so daß er schließlich- arbeitsunfähig wurde. Mitte August Aufnahme
in die III. Med. Klinik, wo eine kryptogenetische perniziöse Anämie
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Entmarkung ein verblüffender.
: - 5. Richard Z., 36 Jahre. Als Kind Masern, sonst stets gesund. .
1604
1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. |
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16. November
festgestellt wurde. Behandlung mit Arsen und später intramuskulären
Injektionen kleiner Humanblutmengen führten zu keinem Erfolge.
10. September 1923 zur Entmarkung nach der chirurgischen
Klinik verlegt. Schwerkranker Mann, Haut und Schleimhäute sehr
blaß mit leichtem gelblichem Farbentone. Zunge glatt, spiegelnd.
Herz verbreitert, an der Spitze systolisches Geräusch. Milz +. Leber +.
Magensaft: freie HCl fehlt. Ges. ac. 7. Sanguis — Milchsäure —.
Augenhintergrund o. B. Wa.R. negativ. Fäzes: keine Parasiteneier, kein
okkultes Blut. Temperatür nicht erhöht. Hgl. 30. E. 1000000. L. 3700,
. 10. September. Entmarkung der linken Tibia. Fettmark. Nach
der Operation Temperaturanstieg nur am folgenden Tage bis 37,2.
Schon vom dritten Tage an macht der Pat. einen frischeren Eindruck.
'. Die Besserung des Allgemeinbefindens ist bald eine augenfällige, und
parallel damit beginnt ein rasches Ansteigen der Blutzahlen. 4 Wochen
nach der Operation ist eine volle Remission erreicht. Auch in diesem
Falle war der Umschwung im Krankheitsbild
1916 in Mazedonien Malaria. Letzter Schüttelfrost März 1917. Seit
19i9 in ‚jährigen Abständen Schwächeanfälle und Verdauungs-
beschwerden. Absterber der Finger. Mit Unterbrechungen bestanden
die Beschwerden bis 1921, so daß er oft in ärztlicher Behandlung war.
1921 plötzlich Verschlimmerung. Wegen Blutarmut 24 Eisenarsen-
injektionen, ohne Erfolg. 7 Wochen Erholungsheim Gütergotz brachte
Besserung.
1922 10 Wochen im Urbankrankenhause mit Arsen behandelt;
. danach soll Hgl. auf 70% gestiegen sein. Nach Aufnahme der Arbeit
sofort wieder schwerer Rückfall.
März bis Mai 1923 abermals im Urban behandelt, ohne daß
dieses Mal Hgl. über 30% heraufgegangen wäre. Erst ein anschließender
4wöchiger Landauienthalt soll Besserung gebracht haben. Bald jedoch
wieder Verschlimmerung, deshalb am 22. Aug. Aufnahme in die III. Med.
Klinik. Haut und sichtbare Schleimhäute wenig durchblutet. Leichter
Ikterus. Zunge und Rachenorgane o. B. Cor nach rechts "und links
dilatiert. Über allen Ostien, besonders über der Spitze systolisches
Geräusch. Puls 90. Blutdruck .118/55. Milz +. Leber +. Magen:
freie HCl —. Ges. ac. 4. Sanguis —. Milchsäure —. Keine Sensibilitäts-
störungen. Urobilin, Urobilinogen +. Wa.R. —. Stuhl kein Blut,
keine Parasiteneier. Subfebrile Temperatur. Knöchelödeme. Zeit-
weise somnolent. Hgl. 20. E. 1700000. L. 3900.
5. September 1923. Entmarkung der rechten Tibia. Rotes Mark
mit Fettmark gemischt. Im Anschluß an die Operation 5 Tage Tempe-
ratur bis 37,8, dann dauernd fieberfrei. Am 3. Tage verwirrt. Am
5. große Unruhe. Pat. verläßt das Bett und wirft unter gellenden
Hilferufen Gegenstände durch die Fensterscheiben. Vom nächsten Tage
an wird er ruhiger. Am 7. Tage nach der Operation ist er plötzlich
völlig klar. Unter erheblicher Steigerung des Appetits setzt jetzt
rapide Besserung ein. Hgl. und E. steigen an und nach kurzer Zeit
befindet er sich in voller Remission. Im Blute findet sich keine Ver-
mehrung des Bilirubins mehr, auch die Senkungsgeschwindigkeit der
E. ist normal. | F
Einzig und allein durch die Entmarkung konnte auch dieser
Pat. in eine Remission gebracht werden, und zwar so vollständig, wie
sie seit dem Bestehen der Erkrankung mit keiner’ anderen Behandlung
erzielt werden konnte. Aus den Angaben des Pat. war zu entnehmen,
. daß bei ihm die Neigung zu bösartigen Rückfällen ganz besonders aus-
geprägt ist. Wir hatten ihn bei der Entlassung darauf aufmerksam
gemacht und ihn vor frühzeitiger Arbeitsaufnahme gewarnt. Die un-
günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse zwangen ihn jedoch zum so-
fortigen Erwerb. Er hatte sehr.schwer zu arbeiten und trug Säcke von
mehreren Zentnern Gewicht. Schon Ende November 1923, zu einer
Zeit, in der sich der Kranke noch auf der Höhe körperlicher Leistungs-
fähigkeit zeigte, läßt der Verlauf der Kurve erkennen, daß nicht alles
so ist, wie es sein soll. Anfang März 1924 setzt dann die verhängnis-
- volle Wendung ein und trifft das Knochenmark.so schwer, daß auch
die Entwicklung der Schutzmaßnahme unterbleibt. Eine nochmalige
Entmarkung war deshalb auch erfolglos. In den ersten Tagen des
“Mai erliegt der Kranke dem Anfalle. -
6. Frau Sch., 84 Jahre. Familienanamnese o. B. 5 Geschwister
leben und sind gesund. Als Kind Masern, Keuchhusten. Öfters Hals-
schmerzen. 1916 Brennen auf der Zunge und kleine Bläschen. Leib-
schmerzen, Magenbeschwerden. Deswegen stationäre Behandlung der
Anazidität, 1920 wieder Magenbeschwerden und taubes Gefühl in den
Fingern. 1922 im Dezember Ohrensausen, Übelkeit und zunehmende
Schwäche. Ohnmachtsanfälle. Gelbliche Verfärbung der Haut und
zunehmende Blässe. Kopfschmerzen, Abnahme der Sehschärfe auf dem
linken Auge. 1923 im März im Hedwigskrankenhause mit Arsen be-
handelt, da erfolglos Milzbestrahlungen. Danach einige Tage auf-
fallende subjektive Besserung, bald aber wieder Verschlimmerung.
3. August 1923 verlegt nach der chirurgischen Klinik. Fett-
olster gering, Muskulatur schlaf. Haut und sichtbare Schleimhäute
laßgelb. Knöchelödeme. Zunge glatt, nicht belegt. Cor verbreitert.
Über allen Ostien systolisches Geräusch. Puls 90, leicht zu unter-
drücken. Blutdruck 95. Milz ++. Leber +. Magen: Freie HCl —,
Ges. ac. 6, kein Blut. Fäzes o. B. Wa.R. negativ. Urobilinogen ++.
Nervensystem o. B. Unregelmäßiges Fieber bis 38,2. Blutbefund:
Hgl. 22. E.900000. L. 4600. Starke Poikilozytose. Megalozytose.
befinden gestört.
e unmittelbar nach der
_ Hautfarbeblaßgelblich.Keine
'0.B. Augenbhintergrund keine
15. August Entmarkung beider Tibien. Rotes Mark. Nach der
Operation Temperaturanstieg bis 38,9, dann allmählicher Abfall. Vom
8. Tage ən fieberfrei. Das Befinden bessert sich bald auffällig. Appetit.
steigerung. Parallel dem Wohlbefinden steigen Hgl. und E. an. |
6. September Schmerzen im Leib, Durchlälle. Allgemein-
11. September. Zur Erhaltung der im Gange befindlichen Kom-
pensation der Markfunktion prophylaktisch: 150 ccm Humanserum
(Spender: Mann). Kurz vor Beendigung der Infusion Urtikaria. Der
Ausschlag beginnt unter dem linken Auge. Nach 10 Stunden wieder fort,
ach der Infusion schnelle weitere Besserung des Befindens,
Trotzdem noch 6 Injektionen von Arsazetin.
Mit stetig wiederkehrender Gesetzmäßigkeit treten nach fünf-
monatigem Intervall neue Anfälle auf. Dank der sofort einsetzenden
kräftigen megaloblastischen Regeneration hat das normoblastische
Gewebe Zeit, sich gründlich zu erholen und den Anfall zu überwinden,
T. Frau A., 47 Jahre. Als Kind Masern und Diphtherie. Mit
15 Jahren menstruiert, stets regelmäßig. 1903 wegen Echmardan in
der Nierengegend und hohen Fiebers 3 Wochen bettlägerig krank. -
1907 nach Halsentzündung Gelenkschmerzen, deshalb 4 Wochen im Bett
gelegen. Verheiratet, 3 lebende Kinder, 2 Fehlgeburten. 1919 während
der Schwangerschaft Mattigkeit und Appetitlosigkeit, die auch nach
der Entbindung fortbestanden. 1920 im Herbst wurde Auftreten einer
gelblichen Hautiarbe bemerkt. Die Mattigkeit nahm ständig zu.
Pfingsten 1922 rapide Verschlimmerung; Brennen auf der Zunge und
im Halse. Widerwillen gegen scharfe Speisen.
1923 Mitte Juni Aut-
. nahme in die HI. Med. Klinik. Kurve 2.
12 Injektionen vonArsazetin;
ohne wesentlichen Einfluß,
Mittelgroße Frau in leid-
lichem Ernährungszustande.
BRRAERIEZERENENTIE
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j 1.923
9100 Tibial rel. A
Ödeme. Systolisches Ge-
räusch an der Spitze, be-
sonders laut über Pulmonalis.
Nonnensausen. Leber +.
Milz nicht fühlbar. Magen:
Anazidität. Nervensystem
Fettmork,)
Blutungen. Keine Parasiten-
eier. aR., —.
13. Juli 1923. Entmar-
kung beider Tibien. Makro-
skopisch reines Fettmark.
Mikroskopisch vorwiegend
Fettmark. Zwischen den
Sf
au #800 | 6700 |2700 | 6700 | #200 | 5000 | 5200 | 6800 | 6200 | 7500
‘ Septen vereinzelte Erythroblasten und Granulozyten. Wenige große
blaßkernige Iymphoide Zellen.
Nach der Operation: Temperaturerhöhung bis 38,4. Am 8. Tage
fieberfrei. Subjektiv tritt am 9. Tage ein Umschwung im Krankheits-
bilde ein. Das lästige Brennen an Zunge und Hals ist verschwunden.
Der Appetit. steigert sich von Tag zu Tag. Pat. fühlt sich wohl und
macht einen absolut frischen Eindruck. Hand in Hand mit dieser
Besserung steigen E. und Hgl, schnell an. Um die E. auf noch höhere
Werte zu bringen und vor allem zur. Umwandlung des immer noch
hyperchromen Färbeindexes erhält die Patientin in der 4: Woche nach
der Operation Arsentropfen und 110 ccm Humanserum intravenös. Im
Anschluß daran steigen die E. rapide auf normale Zahlen an. Sechs
Wochen nach der Operation wird die Patientin in voller Remission
entlassen. Bun
8. Wilhelm S., 38 Jahre. Familienanamnese o. B. Selbst stets
gesund. Bis März 1923 ohne Unterbrechung gearbeitet. Im März 198
traten plötzlich starke Durchfälle mit heftigen Leibschmerzen ein, die
2 Monate lang anhielten. In den Stühlen soll Blut gewesen sel.
Völlige Appetitlosigkeit, in kurzer Zeit Gewichtsverlust von 30 Pfund.
Weiter stellten sich Anschwellung der Beine, pelziges, totes Gefühl in
den Füßen ein. Häufiges Eingeschlafensein der Arme. Brennen und
Entzündung der Zunge. Auffallende Blässe der Haut- und Gesichtsfarbe.
9. Juli 1923. Aufnahme in die chirurgische Klinik. Kräftig ge:
bauter Mann in reduziertem Ernährungszustande. Blaßgelbe Haut- un
Gesichtsfarbe. Ödeme an den Unterschenkeln. Nonnensausen. Milz
Leber -+. Magen: Anazidität. Blut —. Milchsäure —. Nervensystem
o. B. Blutungen im Augenhintergrund. Temperatur 38,3. Bilirubin
im Serum um fast das Dreifache vermehrt, stark verzögerte Reaktion.
Hgl. 32. E. 800000. L. 5400. Ausstrich: Megaloblasten, Myeloblasten,
Polychromasie, rote Punktierung der E. Cabotsche Ringe. Poikilozytos®.
10. Juli. 100 cem Humanserum intravenös. (Spender nicht
blutsverwandt.)
Juli 1923. Entmarkung beider Tibien. Vorwiegend Fett
mark. Mikroskopisch: Fettmark überwiegt, vereinzelt Erythrozyten-
haufen eingelagert. Auch Erythroblasten.. Links stellenweise remes
Erythroblastenmark. Unmittelbar im Anschluß an die Operation Tem-
peraturanstieg bis 39,2 unter Schüttelfrost. In den folgenden Tagen
fällt das Fieber lytisch ab. Vom 9. Tage ab im allgemeinen fieberlrel
'nur vereinzelt treten subfebrile Zacken auf. Vom 4. Tage an ist sub-
yraran
NT NN TI.
16. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.46. . E
1605
iektiv und objektiv ein Umschwung im Krankheitsbilde zu erkennen.
Pat. der bis dahin teilnahmslos war, nimmt Interesse an seiner Um-
gebung. Der Appetit hebt sich. Die Odeme an den Unterschenkeln
verschwinden, das pelzige Gefühl in den Gliedmaßen klingt ab. Hgl.
steigt bald nach der an an, zunächst langsam, dann aber in
raschem Zuge. Die E. bleiben demgegenüber zurück. Auch nach
Arsen wird hier kein schnelleres Tempo erzielt. Mitten im besten
Wohlbefinden tritt plötzlich eine schwere Glossitis auf. Die ganze
Zunge ist flammend rot.
3. September. 85 ccm Humanserum. Auffallender Erfolg. Glossitis
verschwindet schnell. Außerordentliche Appetitsteigerung. Schon am
nächsten Tage macht der Pat. einen frischen und gesunden Eindruck.
Im weiteren Verlaufe steigen die E. jetzt flott an. In voller Remission
kann der Kranke entlässen werden.
9. Frau Gl, 50 Jahre. Familienanamnese o. B. Als junges
Mädchen Bleichsucht, 1914 wegen Leistenbruchs operiert. 1916 Grippe.
Im Frühjahr 1922 wurde sie matt und elend. Es trat hartnäckige
Verstopfung auf; "Widerwillen gegen Essen und Beschwerden bei der
Nahrungsaufnahme wegen Brennens auf der Zunge. Zu diesen Be-
schwerden trat ein taubes Gefühl an den Händen. Da die Erscheinungen
trotz ärztlicher Behandlung weiter zunahmen, suchte sie im Juli 1923
die III. med. Klinik auf, wo als Ursache der Beschwerden eine perniziöse
. Anämie festgestellt wurde. Nach vierwöchiger Arsenbehandlung wurde
die Mattigkeit etwas besser, Zungenbeschwerden und völlige Appetit-
losigkeit hielten an. Blaßgelbe Haut- und Gesichtsfarbe. Skleren sub-
ikterisch. Zunge nicht belegt, an den Rändern und an der Spitze
hochrote Flecke. Herz verbreitert, an.der Spitze unreiner erster Ton.
Nonnensausen. Leber +. Milz nicht zu fühlen. Magen: Anazidität.
Urin: Urobilinogen +. C. N.S. o. B. Bilirubin im Blute stark ver-
mehrt (fach). Wa.R. —. Keine Parasiteneier. Blutausstrich: starke
Poikilozytose.-Megalozyten. Polychromasie. Hgl.44. E.2100000. L.4200.
27. August 1923. Entmarkung der rechten Tibia. Fettmark.
‘Im Anschluß an die Operation Temperaturerhöhung bis 38. Nach
5 Tagen fieberfrei. Nach anfänglichem geringfügigem Zurückgehen
der Zahlen für Hgl. und E. tritt bald eine Steigerung ein. Die E.
überholen schließlich die Werte für Hgl., so daß der Färbeindex unter
.1 heruntergeht. Hand in Hand mit dem Steigen der Blutwerte geht
` die Zunahme’ der Besserung des Befindens. Die Pat. wurde in voller
Remission entlassen.
10. Herr Fa., 65 Jahre. Seit 1889 wegen zeitweilig auftretender
Magenbeschwerden ständig diät gelebt. 1897 schwerer Gallenkolik-
anfall. Im Dezember 1922 mußte er wegen Mattigkeit seine Tätigkeit
unterbrechen. In schneller Folge traten Gefühle der Völle im Leibe
auf und drückender Schmerz. Er hatte Widerwillen gegen die Speisen.
Schmerzen auf der Zunge erschwerten die Nahrungsaufnahme. In
Händen und Beinen bestand taubes Gefühl. Der Umgebung fiel jetzt
auch die zunehmende Blässe auf. Da die Krankheitserscheinungen sich
trotz Arsen weiter steigerten, erfolgte am 5. März 1923 Aufnahme in
die hydrotherapeutische Anstalt, von wo er der chir. Klinik zur Ope-
ration überwiesen wurde. |
Mäßiger Ernährungszustand, blasse Haut- und Gesichtsfarbe.
Skleren deutlich gelb. Zunge spiegelnd, an der Spitze und an den
Rändern hochrote Flecke. Herz dilatiert. Töne rein. Arterienrohr
et Leber +; Milz -+. Urin: Urobilin -+; Urobilinogen ver-
mehrt. Magen: Anazidität. C.N.S.: 0.B. Im Blute Bilirubin um das
3fache vermehrt. Wa.R. —. Ödeme an beiden Unterschenkeln. Hgl. 40;
E. 1200000; L. 8200. |
19. März: Entmarkung der linken Tibia. Fettmark. Mikroskopisch
Fettmark mit > vereinzelten Strängen von Zellmark. |
Verlauf: Nach der Operation dreitägige mäßige Temperatur-
erhöhung. Schon am Tage nach der Operation setzt eine auffallende
Appetitsteigerung ein. Beim Essen Beschwerdefreiheit. Pat. ißt Wurst
und Käse, die er vorher nicht hatte sehen können. Auch in diesem
Falle wurden nach eingetretener Reaktion in Intervallen. neue Reiz-
mittel gegeben, um dem Knochenmark jede Unterstützung zu gewähren,
falls neue Anfälle sich zeigen sollten. Es werden deshalt 6 Injektionen
einer 10%igen Arsazetinlösung gegeben. ‚Am 27. April 1923 intravenöse
Injektion von 110 cem Humanserum. |
. Hgl. und E. sind bald nach der Operation rapide angestiegen.
Sie erreichten normale, zeitweilig sogar übernormale erte. Auch das
iirubin war im Blute auf normale Werte zurückgegangen. Der Kranke
wurde in voller Remission entlassen.
11. Frau K., 45 Jahre. Familienanamnese o. B. Verheiratet.
8 mal gravide, davon 5 Fehlgeburten, 3 Kinder leben und sind gesund.
Seit 8 Jahren Menopause. Menses früher immer regelmäßig. 1916
angeblich Bleivergiftung. Dabei stark geschwollenes Gesicht, nach
Entfernung sämtlicher Zähne des Oberkielers Besserung.
Oktober 1922 plötzlich erkrankt mit starkem Magenkatarrh, Er-
brechen, Schwellung der Beine. Deswegen 14 Tage im Bett. Beim
Aufstehen bemerkt Bat. Gefühllosigkeit in beiden Armen, große Mattig-
oit, Schwindelgefühl und Kurzatmigkeit. Wegen einer auffallenden
Blässe wurde sie mit Eisen ohne Erol behandelt. Im März 1923 wird
die Erkrankung als perniziöse Anämie festgestellt. Vom 1.—14. März
Röntgenbestra. lung des Brustbeines, beider Schulterblätter und beider
üftknochen. Danach tritt ganz rapide Verschlechterung ein. Deshalb
am 20. März Transfusion von 500 ccm Blut nach Oehlecker. Spender
ist der Sohn. Am Tage nach der Transfusion auffallende Appetit-
. Pat. völlig klar. Am nächsten
steigerung und Wohlbefinden. Nach Arsazetininjektionen erholt sich
die Pat. weiter ausgezeichnet und macht schließlich den Eindruck einer
gesunden Frau. Das Wohlbefinden hielt 5 Monate an. Wegen plötz-
lich einsetzender rapider Verschlimmerung suchte .die Kranke am
31. Oktober 1923 die Klinik auf. ; |
Reduzierter Ernährungszustand. Wachsgelbe Haut- und Gesichts-
farbe. Herz verbreitert. Systolische Geräusche an Spitze und. Pul-
monalis. Nonnensausen. Leber +. Milz nicht zu fühlen. C.N.S.: o. B.
Magen: Anazidität. Ödeme an beiden: Unterschenkeln. Temperatur
nicht erhöht. WaR.—. Im Stuhl keine Parasiteneier. Hgl. 30;
E. 1000000; L. 1700. Im Blutausstrich starke Poikilozytose, Megalo-
zyten, Erythroblasten, Polychromasie. Ä
2. November 1923: Entmarkung der linken Tibia. Proximal
etwa 8/, der gesamten Menge rotes Mark, im unteren Teil reines Fett-
mark. Mikroskopisch auffallend reichlich Myelozyten, auch Myeloblasten.
Zellteilungen häufig. Erythroblasten und Megaloblasten.
Verlauf: Nur zweitägige Temperatursteigerung nach der Ope-
ration. Am. 2, Tage mäßige Äppetitsteigerung. Vom 3. Tage an wahrer
Heißhunger. Nach 9 Tagen tritt unter leichter Temperatursteigerung
in der Aufwärtsbewegung eine Unterbrechung ein. Im Blut eine Leuko-
zytose mit starker Linksverschiebung, sowie zahlreiche Megaloblasten
und Myeloblasten. Der deshalb vorgenommene Verbandwechsel läßt
erkennen, daß aus den Stichkanälen des oberen Spülloches dicker grün- .
licher Eiter a ne Nach 10 Tagen hat die Eiterung aufgehört,
Temperatur abgefallen. Im Allgemeinbefinden tritt jetzt eine wesent-
liche Besserung ein, der Appetit steigert sich wieder bis zum Heiß-
hunger. Hgl. und E. beginnen erst nach Abklingen der Eiterung anzu-
steigen. ährend aber das Hgl. weiter steigt, bleiben die E. auf
2,5 Millionen stehen. Durch intravenöse Serumgaben, durch Arsen-
tropfen, Arsazetininjektionen gelingt es wohl, das Hgl. noch weiter zu
steigern. Die E. bleiben unbeeinflußt. Erst Anfang März folgt nach einer
erneuten kräftigen Seruminfusion ein merkbarer Aufschwung, der sich
vorläufig erst in einem weiteren Emporschnellen des Hg]. und im Auf-
treten erhöhter Leukozytenzahlen bemerkbar macht. Eine 4 wöchige
Behandlung mit Koli-Autovakzine hat nichts Außergewöhnliches er-
kennen lassen. |
12. Herr Spr.,46 Jahre. Familienanamnese o. B. Vor len
Erkrankung stets gesund. Seit 10 Wochen Mattigkeit, DA om
Arzt wurden Würmer gefunden, die beseitigt werden,
keine Besserung. Seit 5 Wochen zunehmender Kräfteverfall, Blässe,
Ohrensausen, taubes Gefühl in der linken: Hand, völlige Darmträgheit.
Deswegen Aufnahme in einem Krankenhaus, wo eine perniziöse Anämie
festgestellt wird.. Die Behandlung bestand in Solarsoneinspritzungen
und in Injektionen von Humanblut. Da keinerlei Besserung eintrat,
am 24. Juni Überweisung zur Operation. E
Sehr blasser Mann, örtlich und zeitlich unorientiert, sehr unruhig.
Herz erweitert. Systolisches Geräusch an Spitze. Nonnensausen.
Milz +; Leber +. Magón. Anazidität. Urin: Urobilin +. Odeme an
den Unterschenkeln. Im Augenhintergrund kleine herdförmige Blutungen.
Temperatur 38,5. Wa.R. —.
Megaloblasten, Jollykörper, basophile Punktierung, Cabotsche Ringe,
Rote Punktierung. Blutplättchen spärlich, groß. a
27. Juni 1921: Entmarkung der linken Tibia. Rotes Mark mit
einzelnen .gelben Bezirken. Mikroskopisch zahlreiche Erythro- und
Megaloblasten. Bakteriologische Untersuchung des Knochenmarks auf
aerobe und anaerobe Erreger negativ. (Hyg. Univ.-Institut, Berlin.)
Verlauf: Schon wenige Stunden nach der Operation wird der
orgen entwickelt er einen sehr lebhaften
Appetit. Ohrensausen verschwunden. Nach etwa 10 Tagen' bekommen
Kurve 8.
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die Lippen ihre rote Farbe wieder. Er fühlt sich kräftig und völli
gesund. Die Tarpon hält sich auch nach der Operation noc
längere Zeit um 38. Vom 10. Tage an sinkt sie ab, vom 18. an ist
sie dann normal. Die Werte für Hgl. und E. steigen in unmittelbarem
Anschluß an die Operation an. 4 Monate nach der Operation haben
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‚sie den Höhepunkt erreicht, der aber zahlenmäßig unter der Norm liegt.
` verrichtete. Im 6. Monat nach der Operation sinken beide Werte
‘während das Hgl. unbeeinflußt bleibt. Es bestehen jetzt dauernd sub-
-am rechten Oberschenkel (rotes Mark. vorwiegend Erythroblasten, '
- Jugend Typhus, Blinddarmentzündung und Gelenkrheumatismus. Später
| er und sehr leistungsfähig. Nach Aussage der Angehörigen bis
dem er sich nur langsam erholte. Er bekam aber nie wieder die
Frühjahr 1921 trat Schlaflosigkeit, Schwindel, auffallende Blässe und `
der Haut auf. Arztliche Behandlung bleibt ohne wesentlichen Einfluß.
. Erfolg. Sein-Zustand wurde immer bedrohlicher. Vor der Operation
. reichlich. Myeloblasten, viele mit azurophiler Punktierung. Spärlicher
nachweisbar.
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nach der Operation wird
‚fähigkeit wieder, ist den ganzen Tag auf den Beinen, nimmt Obst ab,
. seiner besten Zeit, schreibt, liest und macht weite Spaziergänge.
. 8 Monate nach der Operation trat plötzlich eine Verschlechterung ein.
- Hgl. und E. sanken rapide ab.
hat sich aber nie mehr recht wohl gefühlt, war. immer matt.
. Februar -1922 litt er lange Zeit an Furunkulose. Während dieser Er- `
glatt, spiegelnd, nirgends wunde Stellen. Temperaturverteilung un-
. gleichmäßig. Temperatur 36,6. Brustkorb faßförmig. “ Arterienrohr
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> 1894 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.46: `
16 Norenia:
Auch die Leukozyten zeigen die gute Reaktion an. .6 Wochen nach
Nach der Operation 8 Tage lang, unregelmäßige geringgradige
der Operation nahm er seine Arbeit wieder auf, die er 4 Monate voll
. Temperatursteigerungen. Schon am Tage nach der Operation anf-
fallende Steigerung des Appetites. Fortschreitende Zunahme der
. Körperkräfte und des Wohlbefindens. -Er betont wiederholt, wie auf-
fallend die Umwandlung seines ganzen Zustandes nach der Operation sei.
Die fast 13/, Jahre währende weitere Beobachtung des Kranken
bestätigt in allen Einzelheiten das, was mehrfach hier ausgeführt
wurde. Auch hier. haben im Laufe der Zeit wiederholte Anfälle
stattgefunden. Besonders der am 14. Juni 1923 eingezeichnete
Anfall läßt erkennen, wie das Knochenmark auch ohne von außen
‘kommende Hilfe den Anfall überwindet. Wir erkennen sogar eine
| dem Anfalle folgende überschießende Tätigkeit des Knochenmarkes.
Diese Tatsache erklärt uns ein weiteres der Deutung bisher nicht
leicht zugängliches Symptom im Krankheitsbilde der perniziösen
Anämie. . Es zeigt sich hier ein Vorgang in milder Form, der sich
völlig. mit dem deckt, was sich im Großen dann abgespielt, wenn
aus einem schwersten Zustande heraus ohne Zutun von außen
krisenartig eine Spontanremission einsetzt. Im November 1923 be-
findet sich der Kranke in einem. neuen Anfalle. Auf der Kurve
erkennen wir wiederum die Maßnahmen des Markes zur Überwindung
des Anfalles. Die erfolgreiche Kompensation des megaloblastischen
' Markes berechtigt zu der Hoffnung, daß auch dieser Anfall gut
- überwunden wird. Bei Abschluß der Kurve sind die Anfänge
hierzu bereits erkennbar.. Ä
15. Hermann Jaap, 42 Jahre. Familienanamnese o. B. Als Kind
Lungenentzündung, Masern, -Diphtherie. Im Felde Ruhr. 1917 Ver-
letzung -der rechten Hüfte durch Hufschlag. November 1919 beim Rad-
fahren Luftmangel. Anfang 1920. bemerkte er, daß alle Speisen im-
Munde brannten. Zeitweise war das Brennen fort, dann kam es sehr.
schlimm wieder. Seit Frühjahr 1922 war es dauernd. Juli 1922 Ver-
schlimmerung des Allgemeinbefindens. Völlig appetitlos. Hartnäckige
Verstopfung. Große Mattigkeit und Luftknappheit. Seiner Umgebung
fiel die blaßgelbe Gesichtsfarbe auf. Am 12. Juli 1922 sah ich den
Kranken zum ersten Male. Nach. 12 Arsazetininjektionen sofortige
Erholung bis zur Arbeitsfähigkeit. Februar 1923 erneuter Schwäche-,
| ' anfall. Auch jetzt wieder nach 6 Arsazetininjektionen rasche Erholung.
Eindruck. Atmet mit. regelmäßigen tiefen Atemzügen. Am 5. Tage | Oktober 1923 wieder matt und schwach, völlig appetitlos. Besonders
der Pat. völlig klar. Es setzt.eine auffallende | stark tritt jetzt das taube Gefühl an Händen und Füßen auf. Arsen-
Appetitsteigerung ein, zeitweilig Heißhunger. Hgl. und E. steigen a los. Hel. 40; E. 2200000; L. 4800. |
nach anfänglichem Abfall bald rasch an. Bei aufsteigenden Werten 16. November 1923 Einlieferung zur Operation. Blaßgelbes Aus-
wurde Arsazetin gegeben. Sechs Wochen nach der Operation zeigten .| sehen; Zunge spiegelnd, an den Rändern einige rote, wunde Stellen.
die Zahlen iliren höchsten Stand, obne jedoch normale Werte zu er- | Odeme an beiden Knöcheln. Herz erweitert. An der Spitze systo-
reichen. In diesem Zustande erreichte der Pat. seine volle Leistungs- | lisches Geräusch. Arterienrohr geschlängelt. Blutdruck 160,90.
Leber +. Milz +++. Anazidität, Röntgen: Magen keine Aussparung.
Nach 3 Stunden Magen leer. Kein okkultes Blut. Keine Parasiten-
‘eier, WaR.neg. Temperatur 37,7. Rel, +.
20. November 1923: Entmarkung der linken Tibia. Fettmark. Nach
der Operation Temperaturanstieg. Somnolent. Nahrungsaufnahme mäßig.
Am 5. Tage Temperatur 89,4. Vom 8. Tage an Temperaturabfall. zur
Norm. Zugleich beginnt. leichte Besserung des Allgemeinbefindens.
| Doch bald folgt Stillstand und leichte en |
7. Januar 1924: 100 ccm Humanserum ohne Erfolg. Auf Arsen
Verschlimmerung und Temperaturanstieg. Arsen fort.
3. Februar 1924: Starkes Nasenbluten. Weiter Verschlimmerung.
14, Februar 1924: 70 ccm Humanserum i. v..ohne Erfolg. Taubes
Gefühl in den Händen nimmt zu. Zeitweise werden die Fingerspitzen
leichenblaß und völlig gefühllos.
29. Februar 1924: Koliautovakzine, aus Duodenum gezüchtet.
Starke Schweißausbrüche, Zunehmende Parästhesien.
6. März 1924: Kolivakzine. Sehr schlechtes Befinden.’ Starkes
Nasenblusen. Brechreiz. Hochgradigste Parästhesien in den Händen,
so daß er sein Eßbesteck nicht mehr halten kann und gefüttert werden
muß. Schwund der Interossei an beiden Händen. Schwäche der Hände.
Gesteigerte Reflexe am linken Bein; Fehlen der. Reflexe rechts. Un-
sicherheit in der Lageempfindung der Zehen. Schmerz und Berührung
richtig angegeben. (Befund RE von Prof. Forster, Charité.)
März 1924: 76 ccm Humanserumi. v. . Temperaturanstie
auf 88. Zum ersten Male gibt der Kranke an, daß er dieses Mal sl
nach der Infusion wohler fühle. An den folgenden Tagen ist auch
objektiv eine leichte Besserung zu merken. Wir hielten den Zeitpunkt
für einen erneuten Eingriff für günstig. |
| 24. März 1924: 2. Operation. Entmarkung des linken Ober-
schenkels. Rotes Mark. Im Anschluß an die Operation 1 tänger
Temperaturanstieg bis 38,6. Dann fieberfrei. Am 9. Tage wieder lang:
samer Temperaturanstieg. Klagen über Schmerzen an der Operations
stelle. 'Fluktuation. Auf Inzision reichlich rahmiger Eiter. Von jetzt
an Wohlbefinden. .Appetitsteigerung. Lippen und Ohren bekommen
eine rote Farbe. Zunge und ee oom sich ebenfalls. —
| 11. Juni 1924: Steht täglich auf. Weitere Zunahme des Kräfte
zustandes. Der überaus schwer verlaufende Fall bot uns Gelegenheih
alle gesammelten Erfahrungen praktisch anzuwenden.. Die erste D
markung.hatte zwar insofern eine Einwirkung, als der Blutlarbain”
anstieg. Die Erythrozyten fielen aber immer weiter ab und der r
stand wurde bald schlechter, nicht 'zuletzt ‚durch die Zunahme er
wieder ab. Auf Arseninjektionen tritt ein Heraufgehen der E. ein,.
febrile Temperaturen. Die Steigerung auf Arsen erwies sich als vorüber-
gehend... Am 25. Januar 1922 wird versucht, durch. eine 2. Entmärkung '
vereinzelt Megaloblasten jeder Entwicklungsstufe, Myeloblasten, Myelo-
zyten, Leukozyten) der fortschreitenden Verschlechterung Herr zu werden.
Ein Erfolg blieb aus. Am 13. März 1922 trat der Exitus ein.
18. Herr Schm., 57 Jahre. Familienanamnese o. B. ‚In frühester
10 ein selten kräftiger Mann von blühendem Aussehen. 1910 nach
starker körperlicher Anstrengung schwerer Erschöpfungszustand, von:
frühere Frische. 1918 Bruchoperationen. Die Wunden heilten schlecht.
Das Aligemeinbefinden wurde mit der Zeit immer schlechter und im
Gewichtsabnäbme auf. Aufenthalt im Odenwald hatte keinen Erfolg.
Bei seiner Rückkehr fiel den Angehörigen jetzt die gelbliche Verfärbung -
Im Januar 1922 setzte Fieber ein. Schwäche und Schwindel nahmen
zu. Er sah sehr gelb und elend aus.: Zwei Arsenkuren blieben ohne
wird folgender Befund erhoben: Somnolent, unorientiert, Temperatur 39.
Gelbblasse Farbe. Zunge zeigt wunde Stellen am Rande. Herz erweitert,
systolisches Geräusch an der Spitze. Nonnensausen. Puls klein, 126.
Milz +. Leber +. Ödeme an beiden Unterschenkeln. Hgl. 22;
E. 800000; L. 1500. o on sgi = a
10. Juli 1922. Entmarkung des linken Oberschenkels. Rotes
Mark mit einzelnen Partien von Fettmark. Mikroskopisch sehr
eosinophile und neutrophile Myelozyten.
Vorwiegend Normoblasten,
‚weniger zahlreich Megaloblasten.
aryorrhexis an vielen Zellkernen
Verlauf: Temperatur abends 88. Pat. macht einen ruhigen
beschäftigt sich im Garten,- ist geistig und körperlich frisch wie in
Am 24. November 1922 wurde eine
‘2. Entmarkung (rechte Tibia, Fettmark) vorgenommen, die ohne Erfolg
blieb. Am 27. November 1922 trat der Exitus ein. -
14. Carl K., 59 Jahre. Bis zum 45. Lebensjahre stets gesun
gewesen. 1908 begannen sich bei sonst gutem Wohlbefinden die Zähne
zu lockern und auszufallen. Nach und nach mußten alle Zähne ent-
fernt werden. 1910 Mittelohrentzündung. : Seit dieser Zeit hatte 'er
viel unter Schwindelanfällen, Übelkeit und Erbrechen zu leiden. 1913
schwerer 'Obnmachtsanfall. 1914 elf Schwindelanfälle, 1915 neun. Von
1916 ab traten sie seltener auf; 1918 nur noch ein kleiner Anfall. Er
krankung wurde er von’Kollegen auf sein schlechtes. Aussehen und |.
auf die gelbe Hautfarbe aufmerksam gemacht. Ende August 1922
plötzliche Verschlimmerung, die Mattigkeit wurde hochgradig, es be-
stand Erbrechen, Ekel vor Speisen. Der Arzt stellte Fehlen der Salz-
säure fest, und später auf Grund einer Blutuntersuchung eine perniziöse
Anämie. Trotz Salzsäure und Arsen nahmen die Erscheinungen ständig
zu. 15. November 1922 Aufnahme in die chirurgische Klinik,
Blaßgelbe Haut- und Gesichtsfarbe. Mäßiges Fettpolster. Zunge
geschlängelt, Puls leicht unterdrückbar. Herz nach beiden Seiten ver-
ößert, Töne rein. Zweiter Aortenton verstärkt. Leber +. Milz -r.
agen: Anazidität. Nervensystem o. B. Knöchelödeme. Im Blut starke
Vermehrung des Bilirubins. Senkungsgeschwindigkeit der E. be-
schleunigt. Augenhintergrund (Univera E nn): Bds. neu-
ritische Atrophie des Nervus opticus. Wegen der Blässe des Gewebes
dem Grad nach schwer zu beurteilen. Gesichtsfeld nur links stark
eingeengt. Bds. zahlreiche alte Blutungshberde, innen bds. zahlreiche
frische, kleine Blutungen. Wa.R.—. Fäzes: keine Eier. Hgl. 50;
E. 2400000; L. 5100.
20. November 1922. Entmarkung des linken Oberschenkels.
Rotes Mark. ee le sehr zahlreiche Erythroblasten jeder Ent-
wicklungsstufe, mäßig Megaloblasten. Neutrophile, eosinophile Myelo-
zyten, Metamyelozyten, vereinzelte segmentkernige Leukozyten. Zahl-
reiche lymphoide Zellen, einzelne mit Kernteilung.
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16. November
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. ee
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mptome von seiten des Nervensystems. In Übereinstimmung mit |
anderen Fällen mußten wir uns auch hier wieder davon überzeugen,
daß im Zustande allzu heftiger Giftwirkung alle Reizmittel schlecht
. vertragen werden. Eine therapeutische Einwirkung konnten wir also
durch die sich anschließende Regeneration.
begründete Aussicht, daß sich der anregende Reiz analo& den Vor-
leichter Harnverhaltung. Früher immer gesund
fizieller Abortus.
Pat, auf die Klinik aufgenommen und es ließ sich folgender objektiver
f besonders beim `
von keiner Methode erwarten. Wenn wir trotzdem nicht aus blieben,
so lag die Absicht zu Grunde, gewissermaßen sondierend den Zeitpunkt
zu bestimmen, an dem wir mit Aussicht auf Erfolg therapeutisch wieder
eingreifen konnten. Als Sonde haben wir vorwiegend intravenöse
Humanseruminjektionen und auch Arsen in kleinsten Dosen benutzt.
So vorgehend, zeigte zum ersten Male eine am 18. März 1924 vor-
enommene Seruminjektion eine günstige Wirkung.
haben wir den linken Oberschenkel entmarkt mit dem Ergebnis, daß
es seit dieser Zeit im Befinden aufwärts geht. Br
Zusammenfassung: Zur Wiederherstellung einer leistungs-
fähigen Beschaffenheit der blutbereitenden Organe wurde bei kryp-
togenetischer perniziößser Anämie die Entmarkung von Röhren-
knochen. ausgeführt. Der Einfluß des Eingriffes wird zurückgeführt
auf die Auslösung eines Reizes und Unterhaltung dieses Reizes
Dabei bestand. die
gängen bei Milzexstirpation und Röntgenbestrahlung auf das gesamte
hämatopoetische System ausbreitet.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren. f
' klinik: am rechten Auge beginnende Stauungspäpille. Am linken.
Aus der I. Medizinischen Klinik der Deutschen Universität in Prag
| . (Vorstand: Prof. Dr. R. Schmidt).
- Stauungspapille bei multipler Sklerose.”
Von Dr. Edmund Adler. i
B. C., 20 Jahre. alt, im Haushalt beschäftigt, erkrankte ziemlich
plötzlich zu Beginn November 1923 mit Schmerzen im Kreuz und in
den unteren, Extremitäten; dazu gesellten sich nach einer Woche
- Parästhesien in den Beinen und Gehbeschwerden. Schon damals soll
von einem Ärzte eine Sensibilitätsherabsetzung an den unteren Extremi-
täten konstatiert worden sein. Dazu kamen noch Erscheinungen von
ewesen. Ein arti-
Familienanamnese o. BB Am 30. November wurde
Befund erheben: spastische Paraparese der Beine, sic
Gehen äußernd, welches nur mit großer Mühe möglich ist. Keine
Ataxie. Vom Nabel abwärts Herabsetzung der oberflächlichen. Sensi-
bilität für alle Qualitäten, nach unten ‘zu an Intensität zunehmend.
Tiefensensibilität intakt. Retentio urinae. Ausgesprochene Druck-
empfindlichkeit des V. Brustwirbels. PSR und ASK beiderseits bis
zum Klonus gesteigert, beiderseits Babinski und Oppenheim positiv.
Bauchdeckenreflexe fehlen. Rachen- und Kornealreflex vorhanden.
Püpillen mittel- und gleichweit, prompt auf Licht und Akkommodation
reagierend. Sonstiger Organbeiund durchaus negativ. Im Liquor
21 Zellen (Lymphozyten) bei negativem Globulinbefund und negativer
Goldsoi- und Mastixreaktion. Röntgenbild der Brustwirbelsäule ergibt
keine Veränderung derselben.‘ Wa.R. im Blut und Liquor negativ.
Am 3. Dezember war bereits die Retentio urinae geschwunden. Gegen
Ende des Monates Dezember hatte .sich allmählich .der Gang weit-
Renendet gebessert, war kaum mehr angedeutet spastisch. Auch die
ensibilitätsstörung war nur mehr wenig herabgesetzt. Babinski nicht
mehr so konstant auszulösen. Der Brustwirbel’ zeigte keine Spur von
Klopfempfindlichkeit. | "
‘ Am.80. Dezember klagte Pat. bei der Frühvisite, daß sie am
‚linken Auge nicht sehe, und gab nachträglich an, daß sie seit 2 Tagen
chmerzen in der linken Die Augenklinik
Prof. Elschnig konstatierte:
skotom, Visus Mingerzählen 1jam. Rechts normaler Befund. Bis Mitte
Januar 1924 waren Motilität und Sensibilität völlig normal geworden.
Babinski negativ, kein Klonus mehr, konstantes Fehlen der Bauchdecken-
reflexe. Auf eigenes Verlangen wurde Pat. Ende Januar entlassen.
Während ihres Aufenthaltes wurde Pat. einer Proteinkörperbehandlung
opfhälfte gehabt hätte.
"unterzogen, sie bekam zunächst in 3tägigen Intervallen gewöhnliche
Milch, später Hypertherman, ein neues nach den Angaben des Herrn
Prof. Schmidt von den Sächsischen Serumwerken hergestelltes Prä-
parat, das. ein Gemisch von steriler Milch und genau dosierter Bacterium
colivakzine darstellt. (Diese Therapie wurde in dem Bestreben durch-
geführt, in dem oder den vorhandenen entzündlichen Herden Herd-
reaktionen hervorzurufen und so’ihre Abheilung eventuell zu beschleu-
nigen. Über das Post oder Propter des therapeutischen Effektes sei
bei der Natur der Krankheit selbstverständlich nichts ausgesagt.) Die
Pat. ließ sich erst wieder am 6. März sehen und gab an, daß sie vor
4 ron plötzlich Schmerzen im rechten Auge gespürt hätte und jetzt
auf diesem Auge’ schlecht sehe. Das linke Auge hätte seine alte
Sehkraft wieder erlangt. An diesem Tage konstatierte die Augen-
am 6. uni 1924,
6 Tage später
inks Stauungspapille, absolutes Zentral- -
‚Sklerose ein sehr ungewöhnlicher Befund ist.
dem Gebiete der multiplen Sklerose so erfahrener Autor, erwähnt
‘in seiner bekannten Monographie einen einzigen Fall, der sonst
typische Zeichen von multipler Sklerose mit doppelseitiger Stauungs- - |
Dieser direkte Reiz ist in allen den Fällen angezeigt, in denen
mit internen Mitteln keine oder nur unvollständige ‚Anderung im
Krankheiisbilde hervorgerufen werden kann. Nach diesen Gesichts-
punkten wurden 42 Fälle operiert. Von den 42 Fällen reagierten
28 mit Ansteigen der Blutwerte, und zwar 100% im vierten Lebens-
jahrzehnt (8 Fälle), 71% im fünften, 47% im sechsten und 66%
der Kranken jenseits des 60. Lebensjahres.
e — Das Ergebnis kann deshalb noch nicht als Höchstmaß der
Leistungsfähigkeit der Operation angesehen werden, weil erst die
Grundlagen einer festen Indikationsstellung geschaffen werden müßten. ,
Von außerordentlicher Bedeutung war hier ‘die. Klarstellung und `
Bewertung der megaloblastischen Regeneration als Kompensations- .
vorgang. Bei unvollständiger Auswirkung vorhandener Kompen- .
sationsvorgänge im Knochenmark kann der. Eingriff jederzeit mit _
Aussicht auf Erfolg vorgenommen werden. Bei erlahmender Kom-
. pensation ist Zurückhaltung geboten. In solchen Fällen ist vor
jeder Operation eine Funktionsprüfung des Knochenmarks vorzu-
nehmen, die am schonendsten mit intravenösen Humanserum-
infusionen ausgelührt wird. Kontraindiziert ist- der Eingriff, wenn
schwere Symptome von seiten: des Nervensystems im Krankheits- .
bilde überwiegen. TE Ye en ’
Auge war die temporale Papillenhälfte etwas blässer, sonst normal.
Sehschärfe rechts = $/,, links 8%. Rechts konzentrische Einengung
des Gesichtsfeldes, links normal. Farbensinn normal. Am 20. März
kam Pat. mit der Angabe, nun mit dem rechten Auge fast gar nichts
mehr zu sehen. Es fand sich rechts ausgesprochene Stauungspapille,
Visus = te, absolutes großes Zentralskotom. Bis zum 15. April hatte
sich aber auch dieser Befund wieder zurückgebildet und die Augen-.
klinik konstatierte am 15. April: rechts Venen weit, keine Stauungs-
papille, Grenze noch etwas unscharf. Sehschärfe, Fingerzählen !/; m.
Gesichtsfeld großes Zentralskotom. Links normal, nur Venen etwas `
weit. Pat. stellte sich im Juni d. J. wieder vor. Sie klagte nur noch
über ehe Nebelsehen.am rechten. Auge, fühlte sich sonst voll-
kommen beschwerdefrei und gesund. Der einzige abnorme Befund am
Nervensystem sind die fehlenden Bauchdeckenreflexe. Am 14. Juni
lautete der Befund der Augenklinik: rechts Sehschärfe =.®%, o. C.,
links S = $/, mit + !/, a Rechts Papille scharf.-begrenzt, temporal
abgeblaßt. Stauungspapille vollständig zurückgegangen. Links Papille
` scharf begrenzt, temporale Abblassung. Gefäße beiderseits o. B. Gesichts-
feld beiderseits normal.
Der Verlauf des Falles bis zum heutigen Tage mit dem a
Kommen und ziemlich raschen Verschwinden der verschiedenen
Symptome mit den derzeit noch restierenden Symptomen der fehlenden . Ä
Bauchdeckenreflexe und der beiderseitigen temporalen Papillen-
abblassung läßt wohl an der Diagnose einer multiplen Sklerose
keinen Zweifel aufkommen. Ist nun schon der Beginn der Erkrankung.
bei unserer Patientin unter dem Bilde einer Querschnittsläsion ' des
Rückenmarkes — sogar der klopfempfindliche Wirbel fehlte. eine.
Zeit hindurch nicht, und es konnte’ zunächst tatsächlich auch am
ehesten an eine vom Wirbel ausgehende Rückenmarkskompression
gedacht werden —, wenn auch nicht für die multiple Sklerose
gerade sehr selten, doch auch nicht häufig, so ist aber das Auf-
treten einer Stauungspapille, zumal noch auf’beiden Augen wechselnd
‚ und ohne jedes Zeichen einer Gehirndrucksteigerung eine ganz große
Seltenheit. In der überreichen Literatur dieser wohl häufigsten
organischen Nervenerkrankung findet man kaum 10 Autoren, die
Stauungspapille bei multipler Sklerose selbst gesehen haben. Auch
in der neuesten Auflage des Oppenheimschen Lehrbuches heißt
es wieder, daß eine ausgesprochene Stauungspapille bei multipler
papille ohne ausgesprochene Hirndruckerscheinungen hatte. Uht-
hoff, einer der besten Kenner der Optikusveränderungen bei mul-
tipler Sklerose, erwähnt in seiner Statistik im Handbuche. von
'Graefe-Saemisch keinen Fall von ausgesprochener Stauungs-
papille und erst später ist von Langenbeck aus seiner Klinik:
ein solcher Fall publiziert worden, der einen 13jährigen Knaben betraf,
der eine einseitige Stauungspapille hatte und bei dem erst nach
t 2 Jahren weitere Symptome der m. S. hinzukamen. Die Fälle von m. S.
mit Stauungspapille von Bruns-Stölting, Tschirkovsky, Frank,
Rosenfeld, Hillel, Wilbrand-Saenger und neuestens die von
A Nank as a E A" | - Ärzteverein | Marburg hatten alle wenigstens zeitweise Symptome von gesteigertem
Nach einer Demonstration im Prager DeUlECheL Arse = | Hirndruck und Lokalsymptome, die meist an einen Herd in der
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E 1608 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
16. November
IR: Je = 400:500 = 4:5. Diese Ungleichmäßig- Abbildungfi.
keit läßt sich auf ein ideales Maß verringern,
wenn wir mit der Röhre weiter in die Höhe
F
gehen, ohne die bestrahlte Fläche zu vergrößern. Ä
Abb. 2 skizziert die Verhältnisse für den F.H.A. |
40 cm. Die Berechnung ergibt jetzt Jr: Je =
1600 : 1700 = 16:17. Dieser Fortschritt ist 20cm
aber teuer erkauft. Um’nämlich die gewünschte
Zentralwindung denken ließen. Nur der Fall von E. Müller hatte
schon ausgesprochene Symptome einer m. S. und der Fall von
Oloff war dem unseren insofern ähnlich, als. bei ihm gleichzeitig
mit der akut mit Amaurose einsetzenden doppelseitigen Stauungs-
li papille sich auch Querschnittssymptome zeigten. Es liegen auch
i Sektionsbefunde derartiger Fälle vor. Am bekanntesten ist der Fall
er von Rosenfeld geworden, der neben einem großen Herd im Chiasma
Dr in beiden Opticis Herde unmittelbar hinter der Lamina cribrosa
a fand, wo der Optikus noch in der Duralscheide gelegen ist, der in
Hl diesem Fall auf das Volumen des ÖOkulomotorius reduziert war.
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| hinteren Schädelgrube, weniger oft an einen im Gebiet der vorderen
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Intensität Je (= Dosis im Zentrum) im Falle der
Abb. 2 zu erzielen, müssen wir 4 mal so lange
bestrahlen als im Falle der Abb. 1. Das folgt R Mcm C
ebenfalls aus dem quadratischen Abstands-
gesetz. Mit dieser Methode erkaufen wir die
Gleichmäßigkeit auf Kosten der Ökonomie. ung i
Dieser Umstand schadet aber nicht bloß der
Apparatur, sondern, besonders bei höheren
F
Dosen, auch dem Patienten, für den es durch-
aus nicht gleichgültig sein kann, ob er in der s i
unzuträglichen Atmosphäre des Bestrahlungs- l
raumes 1, 2 oder 4 Stunden liegen muß.
Diesem Mangel hat Holzknechts Me-
thode der mehrstelligen Totalbestrahlung in |
genialer Weise abgeholfen. Ich entnehme eine
für unsere Zwecke gekürzte Darstellung dem “em - :
„Handb. d. Röntgen- u. Radiumther.* von
Wetterer (Abb. 3). |
‚Über der breiten Fläche a—b sind 2 Röh-
Ganz ähnliche Befunde hat auch Tschirkovsky in Kasan erhoben.
Die Herde waren in beiden Opticis und im Chiasma, es bestand
| venöse Stase und. auch die perivaskulären Lymphräume waren er-
Bu weiter. Herde im Optikus bei m. S. sind ja sonst nichts gerade
|| Ungewöhnliches. Sie können bei Lebzeiten sogar ganz symptomlos
EERE: bleiben, führen aber doch exzeptionell selten zu einer ausgesprochenen
| Stauungspapille.. Das Vorhandensein einer solchen ist besonders
auch dann irreführend, wenn sonst durch die Lokalisation der Herde
das Symptomenbild eines Hirntumors entsteht, was tatsächlich auch
in.den meisten Fällen vorzukommen scheint. In den wenigen vor-
handenen Arbeiten wird nicht weniger als 7 mal erwähnt, daß em
solches Bild vorlag. Es wurde auch einigemal deswegen operiert.
Längeres Zuwarten bringt allerdings meist die richtige Aufklärung.
Es ist auffallend, daß die meisten dieser Fälle ziemlich frische Er-
krankungen darstellen und daß die Stauungspapille ziemlich bald
und meist völlig restlos wieder sich zurückbildet; immerhin weiß
aber Marburg von einem Fall zu berichten, der bei mehrjähriger
Beobachtung amaurotisch blieb. Mag nun das Wesen der Stauungs-
papille ein EntzündungsprozeßB oder eine wirkliche Stauung sein
— entzündliche Veränderungen, eine Neuritis optici kommt bei m. S.
ja ziemlich häufig vor, nach Uhthoff in etwa 50% der Fälle —,
praktisch wichtig bleibt es auf jeden Fall, daß bei der m.S,.,
wenn auch überaus selten eine Stauungspapille vor-
kommen kann. In unserem Fall wanderte sie sogar.nach
Abheilung auf dem einen Auge auf das andere und ver-
lief ohne Symptome des gesteigerten Hirndruckes bis zu
ihrer Ausheilung. |
‚ Literatur: Bruns-Stölting, Zschr. Í. Augblk. 1900. — Hillel, M. KI.
1919. — Langenbeck. Graefes Arch. 1914, 57. — Oloff, Arch. f. Psych. 58. —
Marburg, D. Zschr. f- Nervenhlk. 68/69. — Rosenfeld, Neurol. Zbl, 1918. — Tschir-
.kovsky, Kl. Monatsh. f. Aughlk, 1914. — Uhthoff,
. Wilbrand-Saenger, Neuro). a. Auges, 4, 2.
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u eg Ma rear A mr g e m
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ren bzw. dieselbe Röhre in 2 Positionen o und oʻ
angebracht. Von o aus wird®/, der gewünschten
Dosis verabreicht. Das restliche ?!/, unter o R T
kommt aus der Position 0° und umgekehrt.- Über * Wem
die Gleichmäßigkeit belehrt die oben mit-
geteilte Kurve. Zu den einzelnen Punkten der bestrahlten Haut-
fläche a—b gehören die Ordinaten p, q, g, r, s. Ihre Höhe ver-
anschaulicht die Dosengröße in den Punkten a, c, e, d, b. Wir
sehen: Über c und d je ein Maximum, leicht absinkend gegen das
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Abbildung 3.
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Graefe-Saemisch, Bd. 11 IIa.
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Aus der Deutschen Chirurgischen Klinik in Prag
(Vorstand: Prof. Dr. H. Schloffer).
ER Wie bestrahlt man gleichmäßig und ökonomisch
Eee | große Körperflächen mit hohen Dosen von Röntgen-
A strahlen, ohne komplette Raine zu lassen.
Von Dr. Egon Reiser, Röntgenassistent.
t . i
2, Das Problem, große Hautflächen und das darunterliegende
PESH) Gewebe möglichst gleichmäßig mit Röntgenstrahlen zu beschicken,
A hat den Röntgentherapeuten schon frühzeitig, besonders auf dem
Gebiete der Hautkrankheiten, beschäftigt.
Das Problem, zu dessen Lösung vorliegende Arbeit einen
Beitrag liefern möchte, enthält aber noch eine komplizierende
N Forderung: Es sollen im ganzen bestrahlten Gebiete Keine Raine,
N d. h. keine völlig unbestrahlten Gewebskeile zurückbleiben. Diese
TEL SER Forderung besteht dann zu Recht, wenn der Erkrankungsprozeß,
a ; | bzw. sein Ausbreitungsgebiet,: von der Haut in die Tiefe reicht,
Be‘) z. B. beim Mammakarzinom; in diesem Falle kann ein von Strahlen
BR Ä ungetroffenes Gebiet zum Zentrum weiterer Wucherung werden und
den Effekt der ganzen Bestrahlung in Frage stellen. Da die einzelnen
Punkte unserer Frage prinzipielle Bedeutung haben, ist ‘es not-
wendig, einige Grundtatsachen in Erinnerung zu bringen, deren
Kenntnis wohl beim Röntgenologen, nicht aber in weiterem Leser-
kreise vorausgesetzt werden darf. |
~ Bestrahlen wir eine größere Fläche, z. B. von 20 X 20 cm, aus
r AR einem Fokushautabstande (F.H.A.) von 20 cm, so erhalten nicht alle
a Punkte dieser Fläche die gleiche Dosis. Diese ist abhängig von
| der Entfernung des betreffenden Hautpunktes vom Röhrenbrennileck.
: EN Nach dem quadratischen Abstandsgesetz verhält sich (Abb. 1) die
Intensität der Strahlen (= Dosis) am Rande Jr zur Intensität im Fuß-
punkte (= Zentrum der Fläche) also zu Je wie (FC)?: (FR)?. Setzen
wir die Zahlenwerte ein, die die A. enthält, so lautet die Proportion:
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Zentrum e (g), stärker abfallend gegen die Ränder a (p) undb ©.
Diese Gleichmäßigkeit genügt in der Hauttherapie noch vollkommen,
und dementsprechend wird dieser Bestrahlungsmodus dort mit vollem
Rechte allgemein angewendet. u
Sind wir aber einmal gezwungen, höhere Dosen in Anwendung
zu bringen, so können wir uns vor die Alternative gestellt sehen,
am Rande zu wenig oder im Zentrum (eigentlich in c und d) zu viel
Röntgenlicht zu verabfolgen; dies wäre bedenklich in allen jenet
Fällen, in denen zwischen Heilungsdosis und Hautschädigungsdosis
ein enger Spielraum herrscht. A
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übereinstimmt.
16. November
Vor diese Alternative stellt uns u. a. die prophylaktische Be-
strahlung des operierten Mamma-Karzinoms, die ich schon oben
als geläufigstes Beispiel herangezogen habe.
Hier machen wir uns die scflechten Erfahrungen von Perthes
einerseits, die günstigeren von Hellmann und Anschütz anderer-
seits zunutze. D. h. wir verzichten auf eine allzu radikale Durch-
strahlung des ganzen Thorax, die aus biologischen, noch nicht
erforschten Gründen Schaden zu stiften scheint, und geben ?/; der HED
in Abständen von 6—-8 Wochen, im Ganzen etwa sechsmal. Zwei-
mal unter 0,5 mm Zinkfilterung, 4 mal unter 4 mm A! Filter. Die
Dosis drücken wir in beiden Fällen nach Holzknecht-Einheiten (H)
aus: ?/ HED=8H. |
In Parenthese sei bemerkt, daß die Barium-Platin-Cyanür-Pastille
bei höheren Filterungen gut mit der biologischen Reaktion der Haut
Wir bekommen: unter 4 mm Al bei 12 H, abgelesen
am Radiometer, die gleiche Reaktion wie bei 12 H unter 0,5 mm Zn
bei der gleichen Ablesung. Die Haut zeigt nach 8 Tagen eine leichte
Die Haut des Gesichtes
Rotini nach 4 Wochen eine zarte Bräunung.
und Halses reagiert unter gleichen Umständen etwas stärker.
Die Patientin wird mit der erkrankten Brustseite leicht gegen
die Röhre gedreht, etwa 40°, und nun das ganze Ca-Terrain mit
dessen Seitenlänge 30 cm beträgt.
Die Grenzen des Feldes liegen bei dieser Größe im Gesunden, was.
einem Quadrat umschrieben,
wir bald als bedeutungsvoll erkennen werden.
a Dieses Feld teilen wir uns in die Quergürtel I, II, IT. Die
Röhre steht (in Abb. 4-7 durch einen Ring angedeutet) mitten über
è
- der Grenzlinie a in einem F.H.A. von 30 cm. Die Linie a pflegt knapp
unterhalb der Klavikula zu liegen. Dort wird sorgfältiglängs a abgedeckt,
so daß nur Gürtel I freiliegt. Jetzt werden 4H— 1/3 HED verabreicht.
Abbildung 4.
Abbildung 6.
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Tr T #4
Abbildung 7.
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HE -
N
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Abbildung 6.
He sH
Sodann wird (Abb. 5) Gürtel I abgedeckt und auf I und Il zusammen
H verabreicht. Röhrenposition bleibt. Gürtel I hat 8H erhalten
und wird zugedeckt. Dann entblößen wir Gürtel HI und stellen die
Röhre über Linie 4. Diese Situation stellt Abb. 6 dar. Es erhalten
I und M 4 H. Mithin hat II seine 8 H und wird zugedeckt. Ohne
Veränderung der Röhre (Abb. 7) erhält I seine restlichen 4 H.
ermit hat das ganze Terrain 8 H erhalten. Eventuell kann man
für die Axilla noch eine kleine Zusatzdosis (6 H) unter Zink hinzu-
fügen. Diese erhält die Patientin von rückwärts durch ein Einfalls-
feld, das nicht größer als 8X 8 gewählt wird.
., „Die Gleichmäßigkeit innerhalb des Thoraxfeldes von 30 x 30
Ist eine recht zufriedenstellende. Bezeichnen wir die Dosis im
Zentrum mit 10, so fällt diese gegen die Querränder auf 9. Gegen
e Längsränder ist der Intensitätsabfall um eine Kleinigkeit stärker,
doch.liegen die Ränder — wie oben bereits erwähnt — schon im
Gesunden. de
Die Tiefenwirkung ist im herangezogenen Beispiel eine be-
trächtliche. Sie ist bei konstanten Betriebsbedingungen, konstantem
Filter und konstantem F.H.A. abhängig von der Größe des Einfalls-
feldes, durch das die Strahlen in den Körper dringen. Dieses
£infallsfeld variiert bei unserer Anordnung. Das kleinste Ausmaß
ct 10x30. Diese Größe hat es in Abb.4 und Abb.7. D. h.
Gürtel I und IM erhalten die halbe Dosis als Feld 10x30. Die
maere Hälfte erhalten sie mit dem Nachbargürtel II zusammen als
veld 20 X 80, Gürtel II erhält die ganze Dosis in einem Feld-
ausma von 20 x80
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46,
1609
Aus dem oben Gesagten ergibt sich aber auch. die Möglich-
keit, die Tiefenwirkung abzuschwächen, falls dies einmal notwendig
wird. Man hat dann die große Fläche nur in schmälere Gürtel zu
zerlegen, im übrigen aber genau so vorzugehen, wie es die Abb. 4—7
darstellen. Derartige Indikationen sind zwar selten, sollen aber
nicht übergangen werden. Ich denke an die Furunkulose über
Organen, die vor Röntgenlicht geschützt werden sollen, z. B. ‚alle
Drüsen mit innerer Sekretion, vor allem Nebennieren, Milz, Ovarium.
Oder die Epilation ganzer Extremitäten bei Frauen. Hier verlangt |
der Hautschutz eine hartgefilterte Strahlung, die Gleichmäßigkeit |
der Wirkung einen ziemlichen Abstand. So kann als Hemmung der
Tiefenwirkung nur das kleine Einfallsfeld Hilfe bringen. Daß die
unerwünschte Nebenwirkung auf das kreisende Blut und die strahlen-
empfindlichen Zellen im Knochenmark eine Kontraindikation gegen
derartige Bestrahlungen bildet, ist mir aus meiner Wiener Lernzeit
geläufig. Ich verweise auch auf die Ausführung des bekannten
Büchleins von Lenk, Röntgentherapeutisches Hilfsbuch.
, Nun wird man mir den Einwand entgegenhalten, daß die
Manipulation, die ich vorschlage, recht zeitraubend ist. Es wäre
ebenso gut, 2 Gürtel 15 X30 abzuteilen und jeden für sich mit 8 H
zu bestrablen. Damit wäre aber erstens die Möglichkeit gegeben,
bei ungenauer Abdeckung in der obersten Hautschicht doch einen
Rain zu lassen, zweitens wäre der Effekt knapp unter der Haut
wesentlich ungünstiger, wie wir jetzt zeigen wollen.
Denken wir uns die bestrahlte Fläche im Gebiete der Grenz-
linie « und das darunter gelegene Körpergewebe im Querschnitte.
Abb. 8 zeigt die Verhältnisse bei unserem Vorgehen, Abb. 9 die
Verhältnisse bei der Methode, die uns als praktikabler entgegen-
gehalten werden könnte. |
Die Grenzlinie a er- Abbildung 8.
scheint als Punkt. Sie läuft Röhre
in Wirklichkeit durch die
Zeichenebene von vorn nach
hinten. Sie ist die Schneide
eines (in; der Zeichnung
doppelt schraflierten Drei-
eckes, weil quergeschnitten)
Keiles, in dem sich die Rönt-
genstrahlen überkreuzen. Die
Linie a erhielt laut Abb. 4
und 5 je 4H, also 8H.
Knapp unter a kommen aber
weitere 4 H hinzu (laut
Abb. 6), die aus der 2.
Röhrenposition stammen;
diese treffen zwar die Ober-
fläche selbst nicht — denn
diese zeigt Abb. 6 bereits
mit Blei abgedeckt —, wohl
Luft
P
„
W
Abbildung 9.
1Röhre 2 Röhre
| aber das knapp darunter ge-
legene Gewebe. In diesem
schraflierten Keil-haben wir
also (laut Abb. 8) 12 Hmax,
in Wirklichkeit etwas weni-
ger, entsprechend der Ab-
sorption; mit zunehmender
Tiefe bleibt von dieser Dosis
natürlich immer weniger
übrig. Im eingewendeten
Falle der Abb. 9 kommt in
diesen Keil eine Dosis von 8 H + 8 H = maximal 16 H. Darin läge
aber ein wesentlicher Nachteil. Bei höheren Dosen auf der Oberfläche
müssen wir die Toleranzdosis unter der Haut überschreiten. Ferner
zeigt uns die Zeichnung, daß unser Keil schmäler ist — dadurch,
daß der Randstrahl senkrecht in « eindringt — als im Falle der
Abbildung. | |
Die besprochenen Überkreuzungen werden sich bei rainlosen
Bestrahlungen nie umgehen lassen. Nur erscheint ihre Gefährlich-
keit bei unserem Verfahren auf ein Minimum herabgemindert. Man
achte darauf, bei Wiederholung der Bestrahlung die Lage der Linie a
immer ein wenig — 1 bis 2 cm — zu verschieben, um einer Spät-
schädigung vorzubeugen. |
bemerkung von G. Herrnheiser, die volle Beachtung verdient.
EH NN
N 8h
Über die Ökonomie der Methode ist wohl kein Wort zu ver-
lieren. Sie Ikommt der bei Holzknechts Totalbestrahlung sehr
nahe. Für jene Röntgentherapeuten, die mit Radiometer bzw. Kien-
böckstreifen dosieren, wird der Zwang, nach der halben Zeit das
2Röhre
Dieser Rat entstammt einer Diskussions- .
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"positiven Befunden von’ Bullock,
Siemerling, Jensen, Schroeder, Schuster, Schloßmann,
° Büscher, Speer u. a. stehen die negativen Untersuchungsergeb-
erstemal ablesen zu müssen, _sehr vorteilhaft sein. . Falsche Filter-
wahl bzw. Fehlen 'des Filters wird sich rechtzeitig durch die Färbung
Das Mammakarzinom ist hier nur .als Beispiel herangezogen
. worden. Die chirurgische Röntgentherapie wird (vor allem bei den Sar-
komen) öfters Gelegenheit haben, die vorgeschlagene Methode zu
erproben. Hoffentlich wird der Erfolg mit. der Plausibilität des
Prinzipes harmonieren. Ä ee
Meinem Chef, Herrn Prof. Schloffe
| r, sage ich für seine Unter-
stützung und |
Anregung 'meinen besten Dank.
Impfungen mit der Spirochaeta Duttoni bei multipler
En: Sklerose. - | |
- Von Dr. Emil John, ‚Innsbruck.
Immer mehr lichtet. sich das Dunkel in der Frage der ätio- f
logischen Genese des Krankheitsbildes der multiplen Sklerose. -
Hatten zuerst Oppenheim und Pierre Marie Infektionskrank-
heiten (Typhus, Variola, Scarlatina, Morbilli), Oppenheim dann
chemisch-toxischen Reizen (Blei, Arsen, Zinn) und noch später dann
Strümpell vorwiegend endogenen Ursachen, in einer dispositionellen,
zur Wucherung inklinierenden trophischen Störung der Neuroglia
fußend, für die Entstehung des Krankheitsbildes eine besondere
. Bedeutung beigemessen, so sprechen die neueren, z. T. auf patho-
logisch-anatomischem; z. T. auf biologischem Wege gewonnenen Unter-
suchungsergebnisse zugunsten der Auffassung der multiplen Sklerose
. - als Infektionskrankheit mit einheitlicher Ätiologie; einer Spirochätose
mit dem allerdings fraglichen Übertragungsmodus durch eine Zecke.
Diese Auffassung’ entspricht gegenüber der Vielfältigkeit der früher
angeführten ätiologischen Momente auch besser der Einheitlichkeit
des -Krankheitsbildes, wie sie sowohl .in ihrem pathologisch-ana-
© tomischen Substrat, wie auch in’ ihrem klinischen Symptomenbilde
zum Ausdrucke kommt. Seit der im Jahre .1917 erfolgten ersten
Mitteilung des im Tierversuche ‚geführten Nachweises einer be- |.
sonderen Spirochätenart als. vermutlichen Erreger der multiplen
Sklerose, der Spirochaeta argentinensis, durch Kuhn und Steiner
haben sich zahlreiche Nachuntersucher auf verschiedenen Wegen
und mit wechselndem Glück um :den Nachweis dieser Spirochäte
in ihren Beziehungen zum erwähnten Krankheitsbilde bemüht; den
Kalberlah, Marinesco,
nisse von Freund und Homorock, Rothfeld, Plaut und Spiel-
meyer, Hauptmann, Birley, Dudgeon u.a. gegenüber. Lassen
© sich so die bisherigen Ergebnisse auch noch nicht zu einem ein-
'heitlichen Standpunkte in dieser Frage abrunden, so sprechen sie
doch mit großer Wahrscheinlichkeit für die spirochätogene Aus-
lösung der multiplen Sklerose. |
Erstreckte sich früher die Behandlung‘
vielfach nur auf rein symptomatische Behandiangsmatho en, die dann
in Verbindung mit interner Arsen-, Jod- und Sübermedikation zur An-
wendung kamen, so suchen die neueren Behandlungsverfahren' mehr
den Forderungen nach einer kausalen Therapie gerecht zu werden.
Auf dieser Grundlage baut sich die Salvarsantherapie der multiplen
Sklerose (Neo- und Silbersalvarsan. -Dreyfuß, Kalberlah) auf, neben
der allein oder in Verbindung mit der ersteren die Vakzine- (Staphylo-
kokken- bzw. Typhusvakzine. Groß, Mattauscheck) und die Protein-
körpertherapie (D annhauser) angewendet wird. Erwähnt sei noch
die Kombination des Salvarsans mit Thorium X (Hilpert), das von
Mann angegebene Tetrophan, neben dem schon früher von Poh
hl an-
` .gewendeten Hydratophan und schließlich das schon lange gebräuchliche.
Weygandt machte Impfversuche mit
Fibrolysin (Thiosinamin).
Malaria bei anne Sklerose, Bonsmann empfahl in letzter Zeit
: Bayer 205. Die Urteile über die Behandlungserfolge mit
den ver-
schiedenen Verfahren sind aber durchaus keine einheitlichen.
= Waählte ich nun in dem Bestreben, auf dem Wege spezifischer
Reize eine günstige Beeinflussung des Krankheitsbildes der multiplen
Sklerose zu erzielen, als das mir geeignet erscheinende Mittel die
Rekurrensspirochäte, so geschah es auf Grund ähnlicher immun-
biologischer Erwägungen, wie sie F. Plaut und G. Steiner bei
der Einführung ihrer Rekurrenstherapie der Dementia paralytica
zur Anwendung brachten.
l Ich ging dabei von der Vorstellung aus, durch die durch die
Setzung des künstlichen Infektes mit dem der multiplen Sklerose-
spirochäte vermutlich gruppenverwandten Rekurrenserreger aus-
gelöste Bildung von Immunkörpern, wie sie von der Rekurrens-
'spirochäte erzeugt oder im Organismus des Rekurrenskranken ge-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. `
T e en 0.200,16, November
‚thetische Charakter dieser Annahme wohl im Auge behalten wurde.
‘wägung der Möglichkeit schädigender Einflüsse durch die in Form .
des .Rückfallfiebers zur Grundkrankheit "hinzuiretende zweite Er-
krankung den Versuch erlaubt erscheinen.
-krankungen zu beeinflussen, . bekannt. In Verfol;
der multiplen Sklerose |
_ durch die Forschungsanstalt für Psychiatrie in München vom Hamburger
Von dem gewonnenen, in etwa 2—83 ccm pbhysiologischer Kochsalz-
| Schüttelfrost ein und erreichten Temperaturen von 398—414, wohe
Tr
bildet werden, die multiple Sklerosespirochäte selbst in ihrer Ent-
wieklungsmöglichkeit und ihren Lebensbedingungen treffen zu können
und so vielleicht auch analog den von F. Plaut und G. Steiner.
‚angewandten Vorstellungen eine’Überlagerung der Immunität, wie
sie vom Tierexperimente mit verschiedenen Trypanosomenstämmen.
her bekannt ist, zu. erzielen. Durch eine durch die fieberhafte Er-
krankung als solche hervorgerulene. unspezifische Protoplasma- '
aktivierung sollte anderseits eine Mobilisierung von Abwehr- und
'Heilkräften und .damit eine Umstimmung und Stärkung des ge
schwächten Organismus ‘den bei der multiplen Sklerose schädigenden
Faktoren gegenüber erzielt werden, ‚wobei der allerdings rein hypo-
Inwieweit bei der Behandlung mit fieberhaften Erkrankungen direkt
bakterizide Wirkungen im Sinne der Versuche von Weichbrodt
durch die erhöhte Körpertemperatur im menschlichen Organismus
zustandekommen oder inwieweit noch andere Faktoren eine wesent- `
liche Rolle spielen, müß dahingestellt ‘bleiben,
"Die bei. der Rekurrenstherapie ‘der Dementia paralytica ge-
wonnenen Erfahrungen, nach denen das bei derselben künstlich er-
zeugte Krankheitsbild als leichtes oder höchstens mittelschweres
bezeichnet wird (F. Plaut und G. Steiner, P. Mühlens ud
W. Kirschbaum, Weygandt, Sagel) ließen trotz der noch nicht .
einheitlich gelösten ‚ätiologischen Fragestellung und. bei der Fr-
Bezüglich der thera- -
peutischen Beeinflußbarkeit der Rekurrensinfektion im Falle einer
erwünschten Unterbrechung der gesetzten fieberhaften Erkrankung
konnte ich allerdings keine bestimmten Voraussetzungen machen,
da ja-F. Plaut und G. Steiner auf Grund ihrer Erfahrungen dem
Salvarsan die früher angenommene sterilisierende Wirkung bei Re-
kurrens absprechen mußten. Es sei im vorhinein vorweggenommen,
daß alle Impfungen nur nach vorher eingeholtem Einverständnis der
zurechnungsfähigen Kranken vorgenommen wurden. |
Ich habe nirgends in der.Literatur eine Mitteilung über Impf-
versuche mit dem Rekurrenserreger bei multipler Sklerose gefunden,
weshalb es wohl berechtigt erscheint, über die an 9 Fällen klinisch
einwandfrei festgestellter multipler Sklerose durchgeführten Imp
- versuche zu berichten, die ich als- Assistent der Psychiatrisch-
Neurologischen Klinik Innsbruck, deren Vorstand Prof. C. Mayer
ich zu besonderem Danke verpflichtet bin, vornehmen konnte.
~ ` Außer der von F, Plaut und G. Steiner bei Dementia paralytica
zuerst durchgeführten Überimpfung des ‚Rekurrenserregers auf den
Menschen sind u. a. die Versuche A. Rosenblums aus dem Jahre 1874/75,
durch Erzeugung einer künstlichen Rekurrensinfektion psychische- Er-
| ng experimentell
athologischer Ziele hatten weiters Münch, Motschutkowski,
arnek Rekurrensblut auf Gesunde überimpft, .Metschnikoff: hat
sich selbst mit Rekurrens geimpft und so -eine künstlich erzeugte
Rekurrenserkrankung mitgemacht. Dr |
“Herr Prof. F. Plaut hatte die große Güte, mir eine mit dem
Tropeninstitut übernommenen Stamme des: afrikanischen . Rekurrens-
erregers, der Spirochäte Duttoni, geimpfte Maus zu überlassen. ; Die
Weiterzüchtung der Spirochäte erfolgte durch Mäusepassagen, die Über-
tragung von Maus zu Maus jeden 2. oder 3. Tag je nach der in'einem
aus dem gekappten Schwanzende der Maus entnommenen Blutstropfen
vorgefundenen Spirochätenmenge, die Überimpfung auf den Menschen. .
immer mit vollvirulentem Material unter Spirochätenkontrolls nach
einer Reihe von Tierpassagen, da es so zu ausgiebigeren Fieberreaktione
kam, wie bei allerdings nicht in Fällen’ von multipler Sklerose durch
geführter direkter Überimpfung der Rekurrensspirochüäte vom Rekurrens.
kranken. Die Gewinnung des. Blutes der Maus zur "Übertragung auf
den Menschen erfolgte an der mit Äther. betäubten Maus na Auf
klappung des Brustielles meist aus den bequem erreichbaren Gefäßen
der Klavikulargegend oder direkt aus dem Herzen bzw. Thoraxinneren.
lösung aufgeschwemmten Blute wurden dem Kranken 0,5 ccm ‚an der
Außenseite des Oberarmes subkutan injiziert. Meist sahen wir keinerlei
lokale Reaktion an der -Impfistelle, hin und wieder nur eine Jeichteste,
in’ 1 bis 2 Tagen abklingende Rötung, nie dabei eine Temperatur-
steigerung auftreten. ‘Die Inkubationszeit betrug durchschnittlich & bis9,
meist 7 Tage. Die Fieberanfälle kündigten sich in einem Teile der
Fälle einige Stunden, einige Male einen halben Tag zuvor durch leichte,
zuweilen aber auch stärkere Allgemeinerscheinungen wie Madigköin.
Abgeschlagenheit, Schwindel, Kopfschmerz, Brechreiz, gele en
Erbrechen, in einem Falle bei. sonstigem Wohlbefinden. durch 8°
heftigen, außerordentlich hartnäckigen Singultus an, der bis zum jedes-
maligen Temperaturabiäll andauerte. Die Fieberanfälle selbst setzten
dann ganz plötzlich, meist mit steilem Temperaturanstieg ‚und. unter
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16. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. = 1611
die höchste Temperatnr unregelmäßig bei irgendeinem Anfalle, in
einigen Fällen in gleicher Höhe bei jedem Anfalle erreicht wurde. Die
Entfieberung erfolgte kritisch unter starkem Schweißausbruch bis zu
"häufig subnormalen Temperaturen wie 35,9. Die einzelnen Fieber-
erioden dauerten 1, meist 4 Tage mit täglichen Temperaturanstiegen;
Tor ersten Fieberperiode folgte nach einer in ihrer Dauer in einem
gewissen zahlenmäßigen Verhältnis zur Inkubationsdauer — die anderer-
seits wieder von Virulenz und dem Spirochätengehalt des Impfblutes
abhängig ist — stehenden fieberfreien Zwischenzeit von 3—16 Tagen,
die sich nach jeder weiteren Fieberperiode immer wieder etwas ver-
längerte, noch 3—4 Fieberperioden. Wegen der von Relaps zu Relaps
immer stärker aultretenden Allgemeinerscheinungen (Müdigkeit, Ab-
eschlagenheit, allgemeine Schwäche) — eine auch bei der Paralyse-
Behandlung beobachtete Eigenheit der Rekurrensinfektion —, die sich
besonders in den schwereren Fällen stark geltend machten und im
Gegensatz zu den Herdreaktionen fast während der ganzen Zeit der
Apyrexie bestehen blieben, wurde in den meisten Fällen das Fieber
nach der 4. Fieberperiode durch intravenöse Einverleibung von 0,15
Silbersalvarsan nach vorausgegangener oder darauffolgender Lumbal-
punktion, durch die ich den Übertritt des Silbersalvarsans in den Liquor
begünstigen zu können glaubte, zu unterbrechen versucht. - In keinem
Falle kam es so nach der Silbersalvarsaninjektion noch zu einer
Temperatursteigerung, was uns jedoch nicht zur Annahme einer sterili-
sierenden Wirkung des Silbersalvarsans bei Rekurrens berechtigt, da
G. Steiner auch dann, wenn nach Salvarsaninjektion im Blute keine
Spirochäten mehr zu finden waren und keine Rekurrensanfälle mehr
auftraten, im Tierversuche das Vorhandensein von Spirochäten im
Gehirn nachweisen konnte. Buschke und Kroó haben dasselbe für
die russische Rekurrenserkrankung nachgewiesen. In 2 klinisch be-
sonders schweren Fällen kam es das eine Mal nach der 3. (bei weniger
ausgiebigen, mehr protahierten Fieberreaktionen), das andere Mal nach
der 5. Fieberperiode zu einer spontanen nun Letzterer Fall
bot insofern eine Besonderheit, als dem ersten 3 Tage dauernden Fieber-
insulte zuerst nach 6, dann nach je 3 Tage andauernder fieberfreier
Zwischenzeit je ein 1 Tag andauernder Fieberanfall (Höchsttempe-
ratur 40,1) folgte. — Versuche einer Reinfektion mit vollvirulentem
Material (Blut) 6—8 Wochen nach Ablauf des letzten Relapses blieben
ohne Erfolg. G. Steiner berichtet diesbezüglich, daß es ihm im Zeit-
raume bis zu bisher 2!/, Jahren‘zwischen Erstinfektion und der Neu-
imping in keınem Falle gelang, eine Reinfektion zu setzen.
| hne der nötigen Kürze halber die Krankengeschichten mitteilen
zu können, sei, was die engere Symptomatologie anlangt, erwähnt, daß
es außer den schon angeführten Prodromal- und Allgemeinerscheinungen
während der Fieberperioden selbst zu mehr oder minder starken Herd-
reaktionen kam, die sich in vorübergehender Zunahme fast aller bei
dem Kranken bestehenden Symptome (Zunahme von Nystagmus, In-
tentionstremor, Ataxie, der Spasmen und Paresen — in einem Falle
bis zu vollkommener vorübergehender Paralyse — Spracherschwerung,
Blasen- und Mastdarmstörungen) äußerten, denen in einzelnen Fällen
in den fieberfreien Zwischenräumen eine während derselben andauernde
Besserung mit Zurücktreten aller Symptome bei. weiterbestehenden
Allgemeinerscheinungen folgte. In einem in der Ausprägung der Symptome
sehr vorgeschrittenen Falle mit vorwiegend bulbären und zerebellaren
Störungen — Fälle, die sich für Fieberbehandlungsmethoden, die mit
Herdreaktionen einhergehen, überhaupt weniger eignen — kam es zu
ganz akut bedrohlichen asphyktischen Erscheinungen mit schwerer
Atemnot, Schluckstörung, Eıbrechen, das leicht und ohne Übelkeit vor
sich ging, in einem anderen Falle kam es zur Steigerung schon vor
der fung bestandener intellektueller Ausfälle zu einem Verblödungs-
zustand, außerdem zu psychischen Störungen vom Charakter des Be-
schäftigungsdelirs während der Fieberperioden und zum Auftreten einer
azialisparese, wie sie auch G. Steiner bei der Rekurrenserkrankung
erwähnt und wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Syphilisrezidiven als
„Rekurrensneurorezidiv“ bezeichnet, In keinem Falle kam ein aus-
esprochener Milztumor, in 2 Fällen eine mäßige Milzvergrößerung zur
eobachtung. In:beiden Fällen fand sich eine Druckempfindlichkeit
der Lebergegend ohne Vergrößerung des Organes. In einem Falle kam
es zum Auftreten eines akuten Schubes einer alten Iridozyklitis, wie
sie auch als Komplikation bei Rekurrens beschrieben wird. Hingegen
wurde keine von den anderen bei der natürlichen Rekurrensinfektion
beschriebenen Komplikationen wie Ikterus, Otitis media, Erkrankungen .
es Respirations- und Digestionstraktes, wie auch nie ein meningoen-
zephalitisches Syndrom (Cawadias) auftreten gesehen. Nie kam auch
eine Roseola zur Beobachtung. Die in den Fällen erhobenen Liquor-
befunde sind wegen ihrer geringen Zahl nicht verwertbar.
So war in allen Fällen das Krankheitsbild ein milderes als bei
der natürlichen Infektion mit dem Erreger des afrikanischen Rückfall-
fiebers. Und auch im Spirochätenbefunde bestanden gewisse Unter-
schiede. Während schon R. Koch und seine Nachuntersucher auf das
außerordentlich spärliche Vorkommen der Spirochaete Duttoni im Blute
. der an afrikanischer Rekurrens Erkrankten inwiesen, fand ich sowohl
' im Kranken-, wie im Mäuseblut zu gewissen Zeiten, aber. durchaus
Nicht regelmäßig, so ganz kurz vor Auftreten und während des
Fieberanfalles, besonders in seiner ersten Zeit hin und wieder reich-
ch Spirochäten. Aber auch gegen Ende des Fieberanfalles, wie
im fieberfreien Intervall nach dem 1, 2. und 3. Anfall, gegen
nde der Apyrexie, konnte ich bei sehr genauem Durchsuchen
Spirochäten finden, während sie in den späteren .fieberfreien Inter-
vallen seltener zu werden scheinen. Versuche, Mäuse mit dem Blute
von im fieberfreien Intervalle befindlichen Kranken zu infizieren, ge-
langen fast immer, auch in Fällen von anscheinend negativem Spiro-
chätenbefund im Blute, während die Zahl der Versager bei Versuchen
von Überimpfungen nach dem letzten Anfalle wachsend zunahm.
Arthur Mayer berichtet diesbezüglich über das Vorkommen von
Spirochäten im Blute bis 19 Tage nach dem letzten Fieberanfalle. -
Regelmäßig gelangen die allerdings nur in wenigen Fällen durch-
geführten en von Mäusen mit Liquor, sowohl im fieberfreien
Intervalle, wie auch nach dem letzten Anfalle. In einem Falle konnte
ich mit dem 11 Tage nach dem letzten Insult, an den sich eine
Salvarsaninjektion angeschlossen. hatte, entnommenen Liquor eine
Maus infizieren, ohne daß es gelungen wäre, im Zentrifugate des
Liquors Spirochäten nachzuweisen. F. Plaut und G. Steiner. be-
richten über den regelmäßigen Nachweis von. Spirochäten im Lumbal-
punktat, besonders um die Zeit des ersten Rezidivs, sie konnten aber
andererseits auch nach ausgiebiger Salvarsanbehandlung noch Spiro-
chäten im Liquor nachweisen; sie weisen‘ darauf hin, daß trotz des
Vorhandenseins von Spirochäten im Liquor der Kranke rezidivfrei
bleiben kann. Es gelang ihnen mit dem Liquor bis zu 45—51 Tage
nach dem letzten Anfalle Mäuse zu infizieren, während Buschke und
Kroó noch 5— 14 Wochen nach der Infektion durch den biologischen
Versuch Spirochäten im Mäusegehirn nachweisen konnten.
Was nun das Ergebnis dieser Versuche der Beeinflussung des
Krankheitsbildes der multiplen Sklerose durch die Rekurrensinfektion
anlangt, so ist mir wegen der geringen Zahl der Fälle, noch mehr
aber wegen des Umstandes, daß die Kranken in den verschiedensten
Krankheitsstadien verschiedener Symptomenbilder der multiplen
Sklerose, ganz wahllos, wie sie eben an die Klinik kamen, der
Impfung unterzogen wurden, ein zusammenfassendes und abschließen-
des Urteil nicht erlaubt und dies um so weniger, als sich unter
den 9 Fällen 5 schwerste Krankheitsbilder — wobei uns in der
Beurteilung der Schwere des Krankheitsbildes neben’ der Dauer
des Leidens vorwiegend die Schwere der Symptome als Maßstab
dienen muß —, finden. .Konnten wir doch nicht erwarten, daß
unter dem Einflusse der künstlich gesetzten fieberhaften Erkrankung
schwere, schon lange Zeit bestehende, in schweren organischen
Veränderungen des Z.N.S. wurzelnde klinische Ausfallserscheinungen
zur Rückbildung gebrächt werden könnten. |
An Stelle der Mitteilung der Krankengeschichten möge ein
Gruppeneinteilungsversuch in aller Kürze einen kleinen Überblick
über die Fälle geben: |
Von den in die erste Gruppe fallenden schwersten Fällen, bei _
denen es z. T. infolge schwerer spastisch-paretischer Erscheinungen,
z. T. infolge der außerordentlich starken zerebellarataktischen Koordi-
nationsstörung zu einer mehr oder minder lange zurückreichenden
Bettlägerigkeit bzw. äußerster Einschränkung der Gehfähigkeit ge-
kommen war, reichen bei Fall 1, einer 39jähr. Frau, die ersten Sym-
ptome auf 21 Jahre, die Gehunfähigkeit auf 1 Jahr — bei Fall.2,
einem 52jähr. Eisenbahner, einer multipen Sklerose mit Verblödungs-
zustand die ersten Symptome auf 10 Jahre, die Gehunfähigkeit auf
1 Jahr — bei Fall 3, einem 23jähr. Landarbeiter, die ersten Sym-..
Bone auf 1 Jahr zurück mit infolge der starken zerebellarataktischen
törungen bald darauf eintretender Einschränkung der. Gehfähigkeit zu
einem mühsamen Gehen mit zwei Stöcken — bei Fall 4, einer 37jähr.
Wirtin die ersten orpomme auf 16 Jahre, die Gehunfähigkeit auf
mehrere Monate — bei Fall 5,. einer 30jähr. Frau, die ersten Sym-
ptome auf 7 Jahre zurück, wobei das Gehen nur mit ausgiebigster
Unterstützung bei breitspurigem, unsicherem, stampfendem Gang mög-
lich war. Se | |
Von den in die zweite Gruppe fallenden mittelschweren Fällen
mit leichteren, vorwiegend spastisch-paretischen Symptomen traten bei
Fall 6, einer 56jähr. Köchin die ersten Symptome vor 19 Jahren —
bei Fall 7, einer 40jähr. Ordensschwester vor 10 Jahren, und von den
der dritten Gruppe einzureihenden zwei klinisch leichten Fällen bei
Fall 8, einem 28jähr. Arbeiter die ersten Symptome vor 3/, Jahren
‘mit vorwiegend zerebellarataktischen Störungen — bei Fall 9, einem
20jähr. Mädchen, die ersten Symptome vor
Jahren mit Hirnnerven-
störungen und migräneartigen Anfällen auf,
Bezüglich der bei den Fällen nach Überstehen der Infektion
bzw. in den Fällen, wo es möglich war, während einer {jährigen
Beobachtungsdauer erhobenen Befunde läßt sich sagen, daß im
Falle 2 eine vorübergehende Besserung der Gehfähigkeit neben
einer Progredienz des Verblödungsprozesses zu vermerken ist, im
Falle 1 und 5 das Krankheitsbild ziemlich unbeeinflußt geblieben, `
im Falle 6 eher eine Verschlechterung eingetreten ist. Im Falle 8
kam es zu einer leichten, aber nur vorübergehenden Besserung, im
Falle 4, 7, 8 zu einer ziemlich weitgehenden, bis in die letzte Zeit
anhaltenden günstigen Beeinflussung des Krankheitsbildes, im Falle 9
zu einem bis jetzt anhaltenden, fast völligen Schwinden . aller
Symptome. | :
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162% © O o, 19 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. °>. © ° 716: November
Das häufige Auftreten von Remissionen im Verlaufe einer | | Ber:
multiplen Sklerose muß uns allerdings in der Einschätzung einer |
Besserung. im klinischen Krankbeitsbilde als Behandlungserfolg zur
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Tabelle 1.
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= Vorsicht mahnen, Daß'aber auf dem ‘Wege der künstlichen Re- Sektions- © AARE 3 : È E A
_ kurrensinfektion das Krankheitsbild der multiplen Sklerose zu be- | ~ ummier Diagnose |4 Infektion 2535| Ras) +5 |888
no ums i s Ps. . e e a un: Er Nn uns| 00 oo?
einflussen ist, dafür sprechen die in allen Fällen beobachteten, manch- |`- D A TIMES 3 San.
mal besonders. stark ausgeprägten Herdreaktionen, wie. die trotz der. oO H a ATO
ungünstigen Auswahl offensichtlich günstige Beeinflussung der er- | ——7 Ar PER =
wähnten Fälle. Einen tieferen Einblick in diese Zusammenhänge | 1922/ 683|Mitral-u.Aorten-|m.| mit 12 Jahren. TEMO.
könnten jedoch -nur Beobachtungen an einem größeren Máäterial | — insuffizienz |. Ki NIT ji
klinisch günstiger liegender, vor allem inzipienter Fälle bieten. Es: .| 1921/ 342] Mitralinsuff. |w.| „ 10 „ 68 | 8
soll daher in dieser Mitteilung lediglich über die bei den Impf- | 1921/:144|Myodegeneratio|w.| ', 2 n TENER
'versuchen gemachten Beobachtungen und Erfahrungen berichtet, en 1 Mr a ara Wil. 15 n z A
keineswegs aber der Rekurrensbehandlung der multiplen Sklerose 19221 467 do a na 55 0
e i ; a . a X . . 39
‚als Methode der Wahl das Wort geredet werden, ` | {992,499 Myo degeneratio le OR 53 l 0.
Literatur: F. Plaut und G. Steiner, Rekurrensimpfungen bei Para- | 1922/ 779) 0. ar rd Te 49 i
. lytikern. Zschr. f. d. ges. Neurol, u. Psych. 1919, 53, H. 1 u. 2, S. 108; Weitere Erfab- 19292 | 433 Aorteninsuff. |m. = 14 z: 51 8-
rungen bei Rekurrensinfektion. D.m.W. 1920, Jg. 46, Nr. 40; Über das Auftreten von | 1921 /'688| Aorteninsuff., |w. 14 49 0
‚Spirosomen und entzündlichen Veränderungen im Liquor bei Rekurrenskranken. + HMERlina:t EN i 3
Arch. f. Schiffs- u. Trop.-Hyg. 1920, 24, ref. Kongreßbl. f. d. ges. inn. Med, Bd. 12, S. 481.— |, 1928/1067| Mit lin : if $ i 9 40 g
G. Steiner; Über die Infektionsbehandlung der Metasyphilis des Nervensystems 9 | A ANTAUNSUL = | Wei» a ” 97
~ undihre theoretischen Grundlagen, Jahreskursef, ärztl. Fortb. 1924,Jg.15.—Mühlens, 1923/1129 h ‚ao. w.| „ 10 n. 0 E
'. Weygandt und Kirschbaum, Die Behandlung der Paralyse mit. Malaria- und | 1921/ 278|Mitralins.u.Sten.|w.| „ 17 „ 42 3
- Rekurrensfieber. M.m.W.1920, 29, S. 881. — Mühlens und Kirschbaum, Para- | 1923/ 891 ]Myodegeneratio|w.| „ 16 „ 34 0
sitologische und klinische Beobachtungen bei künstlichen Malaria- und Rekurrens- 1921 / .7141Mitral-u. Aorten-| w. k 19 R 46 18,
übertragungen. ' Zschr. f. Hyg. u. Intkrkh. 1921, 94, H.1. — Kirschbaum, Über insuffizienz
Malaria- und Rekurrensfieberbehandlung bei progressiver Paralyse. Zschr. fd. ges. | 1999 | 656 do wi 90 i 24 0
- Neurol. u. Psych. 1922, 75, S. 635. — Weichbrodt und Jahnuel,: Einfluß hoher | 199%} 1] Mitral; iS uff xs 2 25 n 60 6
` Körpertemperatur auf die Spirochäten und Krankheitserscheinungen der Syphilis | - 199 N orl - Ir Pa f |» PR: .” 98 56 0
. im "Tierexperiment. D.m.W. 1919, 18. — Sagel, Beitrag zur Behandlung der De- | l 0. h wW. IK ”
mentia paralytica. Zschr.f. d. ges. Neurol u. Psych. 1928, 84, H.4u.5. — Buschke 1922/ 974 do. W. „a 22 9 19 5i 10
und Kroó, Experimentelle Untersuchungen über die Immunität bei Rekurrens. | 1922/ 605 |Mitral-u.Aorten-|m.| „ 3 „ 12 | 42 | 7
' Klin. Wschr. 1922, 47; Histologischer Nachweis von Spirochäten. Ebenda. 1922, 50. — insuffizienz
A. Oawadias, Le syndrome möningo-enc$phalique au cours de la fièvre an :1921/ 526 do: - fm > 2A m st! 0
rei. Kongreßbl. f. d. ges. inn. Med. Bd. 21. — A. Mayer, Spirochäten und Blutbild ` : "
beim Rückfallfieber. Zsehr. £ klin, Med. Bd. 93, H. 1 a2 S-14 © | aa BAS Mitralins eten. A = ; í = ;
5 . y @ 1
| 1921/ 478| Mitralinsuff. a 80"; 13 | 58 | 10
| | ee; 1923/ 879] Aorteninsuff, 87 10 | 49 |. 2
Aus der I. Inneren Abteilung des Städtischen. Krankenhauses ` 1922) i | u an | n n : 2 | 3 a
' im Friedrichshain zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. H. Lippmann). 1921/ 83 Mitralins.ú.Sțen z 32 $ ılaglı
Von Dr. Frida Thormeyer:
'1923/1108| Myodegeneratio
| rn a: ao 18 | 64
Über den Einfluß, den die Infektionskrankheiten auf die Pro- | 1923/1126] Mitralinsuff. „57 i 14 | 72
gnose der Herzerkrankungen ausüben, sind bisher keine zusammen- | 1922/1282] Myodegeneratio
hängenden Arbeiten . veröffentlicht worden. Aus dem großen, mir
‘zur Verfügung stehenden Krankenhausmaterial habe. ich sämtliche |
in den letzten zwei Jahren ad exitum gekommenen Herzlälle zu-
1921/ 268|Mitralins.u.Sten.| w.
1923/1144] Aorteninsuff... |.
1923/ 66] Mitralinsuff.
1992) 87 | do.
1921/ 478| Aorteninsuff.,
die Sektion bestätigt wurde. Es ergaben sich 299 Fälle, von denen
ormuüacs
Mitralins. u.Sten. za |
nach Durchsicht der für die Aufstellung wichtigen Anamnesen | i922/ 92i| Mitralinsuff. . nicht -angegeben | - — | 62 | %
-122 Krankheitsgeschichten für die Statistik verwertbar waren. Neben | 1922/ 428] . do. g Masern — | 2i
‚der Myodegeneratio cordis kommen hauptsächlich die absoluten | 1922/ 163| do. . | nicht angegeben — | & a
Mitraliehler und Aortenklappenfehler bzw. die kombinierten Mitřal- | 1921/ 6141] do. te — w | 8
und Aortenfehler in Betracht. Von den Klappenaffektionen sind nach a a e DES en beni el Iwl a
Zahlen, die sich beiläufig aus meiner Statistik ergeben, am häufigsten 19221108 Er = MEDNANSSESDEN — gold
dieFehler der Mitralis mit 51,28%, diesen folgen die Aortenklappen- | 1922, 451 des O” Erysipel — |63| 0
fehler mit 30,77 %, eine relativ hohe Zahl, die wohl durch die syphi- | 1922) 265 do. Chorea — |74| 0
litische Durchseuchung des Berliner Materials bedingt ist, und schließ- |
lich die kombinierten Formen mit 17,95%. Schmitt aus der Jenaer
Klinik gibt folgende Zahlen an: 57% Mitralfehler, 18% Aortenfehler,
16% Mitral- und Aortenfehler. Die Erkrankungen der Mitralis kommen
häufiger bei Frauen, die der Aortenklappen häufiger bei Männern vor.
Die Veränderungen an den Klappen schließen: sich meist an
eine Endokarditis an. .Die Ursache derselben ist nach Mengel in
drei Vierteln der Fälle in einer Infektionskrankheit zu suchen. Die
in überwiegender Zahl zu Klappenerkrankungen führende Infektions-
krankheit ist der Gelenkrheumatismus;. der dritte Teil der durch-
gesehenen Krankheitsgeschichten weist diese ursächliche Erkrankung
Abstand von der Infektion zur ersten Kompensationsstörung ist.
Den längsten Zeitraum zeigt ein Fall mit Mitral- und. Aorten-
insuflizienz, wo der Gelenkrheumatismus mit 12 Jahren aultrat und |
‚die erste Dekompensation mit 74, Jahren. : Wie praktisch wichtig
für die Prognose die Frage ist, ob die Kompensationsstörung durch
eine Gelegenheitsursache hervorgerufen oder begünstigt wird, erklärt
folgendes Bild mit einer Mitralinsuffizienz: Im 10. Lebensjahr er-
krankte eine Patientin an Gelenkrheumatismus, mit 37 Jahren
stellten sich im Anschluß an einen Partus Herzschwäche, Atemnot
und Ödeme ein. 8 Monate darauf erfolgte schon der Exitus. Unter
den mir zur Verfügung stehenden Krankengeschichten waren durch
den Krieg hervorgerulene Schädigungen als Dekompensationsursache
nicht zu verzeichnen. Die kürzeste Kompensationsdauer- bei. den
im jugendlichen Alter an Gelenkrheumatismus Erkrankten ist aus
einem Beispiel mit Mitral- und Aorteninsuffizienz ‘ersichtlich, WO
14 Jahre nach der Infektion Atemnot einsetzte. Greife ich alle die
Fälle heraus, die zwischen dem 1. und 20. Lebensjahr einen Ge-
lenkrheumatismus in der Anamnese aufweisen, so ergibt sich im
Höchstfalle eine Kompensationsdauer von 62 Jahren; der Kleinste
Zeitraum erstreckt sich. über 14 Jahre. Nach-genauer Berechnung
beträgt die durchschnittliche Kompensationsdauer 33,68. Jahre.
andere Infektionskrankheiten an. Auch bei der chronischen Myo-
karditis entsteht die ursprüngliche Schädigung des Herzmuskels oft
‚durch eine Polyarthritis rheumatica. Die Häufigkeit des Vorkommens
eines Gelenkrheumatismus in der Anamnese bestimmten mich, zu-
nächst systematisch alle die betreffenden Fälle, die diese Er-
krankung aufwiesen, zusammenzustellen und die Zeit von der In-
Sektion bis zur ersten Dekömpensation zu berechnen. |
| Dabei fällt von vornherein auf, wie groß bei den im: jugend-
lichen Alter von Gelenkrheumatismus betroffenen Individuen sowohl
bei den Klappenfehlern als auch bei der Myodegeneratio cordis der
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‚1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
Bereits im dritten Jahrzehnt tritt eine beträchtliche Ver-
schiebung der Zahlen nach unten ein. Eine verhältnismäßig lange
'Kompensationsdauer hat eine Patientin mit Mitralinsuffizienz, die
im 25. Jahr an Polyarthritis rheumatica erkrankte und deren erste
- Herzbeschwerden mit 54 Jahren auftraten. Hingegen treffen wir in
diesem Jahrzehnt schon auf ein Beispiel, wo ein Jahr nach der
Infektion Luftknappheit einsetzt. Aus der Tabelle resultiert für das
dritte Jahrzehnt ein Durchschnitt von 14,71 Jahren für die un- |
gestörte Kompensation. | |
Betrachten wir auch das vierte Jahrzehnt besonders, so sinkt
die Zahl noch um ein Bedeutendes; denn die längste Kompen-
sationszeit, die ich feststellen konnte, fand ich bei einer Mitral-
insuffizienz, mit 35 Jahren bekam die Patientin ihre Polyarthritis
rheumatica und im 48. Jahr die ersten Herzbeschwerden. In einem
Fall von Mitralstenose setzten Atemnot und Herzklopfen unmittelbar
im Anschluß an den Gelenkrheumatismus ein. .Nach der Tabelle
ergibt sich ein Durchschnitt von 5,66 Jahren als Kompensations-
dauer. Die gesamten Beispiele der ‚über dem 30. Lebensjahr an
Gelenkrheumatismus Erkrankten ergeben eine durchschnittliche Kom-
pensationsdauer von 8,53 Jahren. |
Stellen wir diese Ergebnisse nebeneinander, so ist leicht zu
ersehen, wie günstig die Prognose für die im jugendlichen Alter
bis zum 20. Lebensjahr an Gelenkrheumatismus Erkrankten ausfällt
im Verhältnis zu den in späteren Jahren davon Betroffenen. Der
Kompensationsdauer von 33,68 Jahren: bei Jugendlichen steht nach
‘dem 30. Lebensjahr eine Zeit von 8,53 Jahren gegenüber, das ist
‚ nur der vierte Teil. Die vor dem 20. Lebensjahr an Gelenkrheuma-
tismus Erkrankten zeigen also nach meinen Berechnungen eine
_ viermal günstigere Prognose, als die nach dem 80. Lebensjahr Er-
krankten. i | 1
Im Anschluß an die Herzerkrankungen nach Gelenkrheumatismus
"möchte ich noch einige Fälle nach Scharlach erwähnen, die sich in’
. meiner Statistik in relativ hoher Zahl vorfanden. Es sind dies
Patienten, ‚bei denen aus der Krankheitsgeschichte der Scharlach
als einzig mögliche Infektion als Ursache der Endokarditis bzw. der
Myodegeneratio in Frage kommt. In sämtlichen Beispielen wurde
der Scharlach als Kinderkrankheit durchgemacht, und in verschie-
denen Abständen, schwankend zwischen 15 und 62 Jahren, traten
Kompensationsstörungen auf. Da beim Scharlach das Infektionsjahr
nicht angegeben war, sondern derselbe nur als Kinderkrankheit ver-
zeichnet war, habe ich in der folgenden Übersicht die Infektionszeit
willkürlich in einem Alter von 6 Jabren angenommen.
Tabelle 2.
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3 2 214538] 212390
Sektions-| 7: 2 | Infektion |E84| 885 SEE
nummer Diagnose r Ho kE 8 Te Mic. E a S
77] | "alae =. sag
S| Scharlach |5 # =”) #|6%
(ss Ver EEE or Se IS EEE ur ar DEE a SSGIRBRREO.EFR
. 1922/743 Myodegeneratio m.| mit 6 Jahren | 72 | 66 | 2 | 0
1922/690 0. m| „6 „ 66 | 60 | 66 0
1921/456 ‘do. w| „6 „ 55 | 49 | 75 | 20
1922/ 44 | Aorteninsuf. |m.| „6 %„ 54 | 48 | 64 | 10
1822/810 |Myodegeneratiolm.| „6 %„ 51 | 45 | 51 0
1922/.46 [Mitral-u.Aorten-|w.| „ 6 „ 50 | 44 |52] 2
‚ insuffizienz
1922/380 | Mitralstenose. |m.| „6 ; 35 | 29 | 39 4
6 y 25 | 19 | 50 | 25
Stenosė
Daraus ergibt sich für die ungestörte Kompensation ein
Durchschnitt von 45 Jahren, das ist eine Zeit, die praktisch ge-
. nommen die Lebensdauer fast nicht beeinflußt.
‚. Im Zusammenhang mit den Infektionskrankheiten ist noch in
gewisser Hinsicht die Lues anzuführen. Die durch die Syphilis
hervorgerufenen krankhaften Vorgänge an den Aortenklappen ent-
stehen oft erst Jahre nach der Infektion durch Übergreifen der
Aortitis auf dieselben, Die Zeit der Infektion ist also nicht identisch
mit dem Beginn der Endokarditis. In einigen Fällen ist das Alter
der Infektion aus der Anamnese nicht ersichtlich, nur die positiven
d a. R. weisen auf eine Lues hin. Die beschwerdefreie Zeit, von
ter Infektion an gerechnet, erstreckt sich meist über 20 bis 30 Jahre,
einmal sogar über 39 Jahre. Kraus gibt einen Zeitraum von 15
bis 20 Jahr ; x a
Tabelle ein. en an. Zur Erläuterung füge ich wiederum die
+
Tabelle 3.
[91.85 2
| U a S gjss] 8 |&3e
Sektions- ar S| Luetische |E3äla2as2| # |SS}
nummer | Diagnose E Infektion 338 FEE S 825
2 a asqa E -EG
1922/ 363į| Mitralinsuff. |m.| mit 30 Jahren | 69 39 70 1
1922/1042 |Mitral-u.Aorten-| w.| „ = 61 | 38 61 0
; ' insuffizienz BE e |
1921/ 227|Myodegeneratio|m.| „ 24 „ 62 | -38 65 3
1922/ 447| Aorteninsufi.- |m.| „ 19 „ 54 | 35 | 55 1
1921/ 844|Myodegeneratiolm.| „ 2t „ | 50 | 29 |. 55 5
1922/ 753 itralinsuff. |m.|:„ 18 „ | 46 | 28 | 47 i
1923/ 238| do. W| na 2 y 49 | 297 | 50 j- í
1922/ 797| Aorteninsuff. |m.| „ 18 „ 44 | 26 | 44 0
1922/1217 do. m.| „ 9 } 54 | 25 | 541. 0
1922/ 33 do. m.| „ 3 „ 60 | 25 | 60 | 0
1922/ 302 do. m.| „ 20 y 45 | 235 | 45} 0
1923/ 146} . d. . |m] „ 4 „ 59 | 25 | 59 | 0
1922/1250|Myodegeneratio|m.| „ 1 „` | 438 | 2:| 73 30
1921/ 875 0. m.i „ 20 , 42 | 22 | 57 | 15.
1921/ 724| Aorteninsuff. |w.| „ 19 „ .| 33 14 | 3 | 0
1923/ 141 do. m.| „ 393 „ 151 | 142 | 51 |. 0-
1921/ 630|. _ . do. w| a 4 y 44 3 | 4 0
1922/ 157 do. m.| Wa.R. positiv | 35 — 42 | 7
1922/ 616 . do. w. Fe 67 | — |1 69 2
1921/ 320 do. w. N "4 49 | — | 50] 1
1921/ 870 .do. w. = er 59 | — | 59 0
1922/ 201] ` do. w. Ri E 58 | — | 53 0
1923/ 100 “do. m. Š R 62 | — | 62 0
1923/ 151 do. | m; % 72 | — |722| 0
Die Dekompensation tritt bei der Lues im Durchschnitt
25,47 Jahre nách der Infektion ein, immerhin ein für die Prognose
als günstig zu bezeichnendes Alter. |
. Ich wende mich jetzt zu den einzelnen Klappenfehlern, um
einige prognostische Betrachtungen aus meiner Statistik über die
Kompensationsdauer nach der ersten Dekompensation anzuschließen, .
und beginne mit der häufigsten Klappenerkrankung, der Mitral-
insuffizienz. Dieselbe führt sehr selten während der ersten De-
kompensation zum Tode. Drei, vier, ja sehr viele Kompensations-
störungen in größeren und kleineren Abständen, meist mit starken
Ödemen, bilden die Regel. Die längste Zeit, über die sich die
Dekompensationen erstreckten, fand ich bei. einer Patientin, die mit
42 Jahren ihre ersten Herzbeschwerden bekam und nach zahlreichen
Wiederholungen derselben nach 20 Jahren starb. Eine Dekompen-
sationsdauer von 10 Jahren konnte ich mehrmals verzeichnen. Nach
den Zahlen der Tabelle 1 erstreckt sich die Dekompensationsdauer
bei. der Mitralinsuffizienz durchschnittlich über 4 Jahre, bei
konkomitierender Lues, wie aus Tabelle 3 ersichtlich, beträgt sie
‚nur 1 Jahr. |
Anders bei der Aorteninsuffizienz.. Während -bei den: andern
Herzleiden der Hydrops eine so große Rolle spielt, fand ich bei.
dieser Klappenerkrankung eine größere Anzahl von Fällen, die bis
zum Tode keine Ödeme aufwiesen. Stelle ich in Tabelle 3 die
Fälle zusammen, deren Aorteninsuffizienz die Folge einer Lues ist,
so sterben diese-Leute meist noch an den Folgen der ersten De-
kompensation, ohne je wieder in ein latentes Stadium gekommen
zu sein. Fortschreitende anatomische Veränderungen der Klappen,
die Erweiterung des Anfangsteiles der Aorta durch die Mesaortitis
luetica, vor allem die Mitbeteiligung der Koronargefäße, deren
Mündungen der luetische Aortenprozeß einengt, und die daraus
sich ergebende Myokardschädigung erklären diese Tatsachen. Nach
Berechnung ergibt sich für die Aorteninsuffizienz ein Durchschnitt
von 0,68 Jahren, das, sind rund 8 Monate für die Kompensations-
zeit nach der ersten Dekompensation. Im Vergleich zur Mitral-
insuffizienz mit 4 Jahren ist die Prognose der Aorteninsuffizienz
mit 8 Monaten Dekompensationsdauer ein durchaus ungünstiges
Resultat. cr
Es ‚bliebe nun noch übrig, einige prognostische Ergebnisse
über die Lebensdauer bei den einzelnen Vitien anzuschließen, so-
weit diese aus der Statistik hervorgehen. Bei weitem am
ungünstigsten gestaltet sich die Lebensdauer der mit kombinierten
Klappenfehlern behafteten Patienten. Die Berechnung ergibt, daß
diese im Durchschnitt nur eine Lebensdauer von 46,65 Jahren auf-
weisen. Bei den Aorteninsuffizienzen tritt der Tod nach den be-
obachteten Fällen selten vor dem 40, Lebensjahr ein, aber das
d Alter überdauert nur in wenigen Beispielen das 6. Jahrzehnt. Den
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‚höhere Zahlen zeigt die Myodegeneratio cordis mit einer durch-
© fehler. D. Arch. f. klin. M, Bd. 132. — Citron, Über Aorteninsuffizienz und:
1614 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.46. 16. November
NEE nm TESTER mr Tan ne an ee nr mem era nere nem en mann]
Durchschnitt der Lebensdauer berechnete ich auf 53,6 Jahre. Die
Patienten mit einer Mitralinsuffizienz erreichen in ?/, der Fälle ein
Alter von über 50 Jahren, durchschnittlich von 57,26 Jahren. Noch
iede äußerlich sichtbare Narbe zu vermeiden. Ich ging links ‚im
Vestibulum nasi ein, hebelte das Periost des Nasenrückens bis zur
Radix nasi ab, bis ich auf den Tumor stieß. Es gelang, ihn mittels
eines kräftigen Raspatoriums von seiner Unterlage loszulösen und
endonasal in toto zu entfernen. Nach seiner Entfernung blieb an der
. Stelle, an der die Geschwulst gesessen war, eine wohl durch Druck-
atrophie bedingte tiefe Einsenkung der Nasenwurzel zurück. Der hier-
durch entstandene Höcker hätte das kosmetische Resultat der Operation
gefährdet und wurde daher von mir sofort korrigiert. Heilung in
wenigen Tagen mit kosmetisch gutem Resultat.
Der exstirpierte Tumor war von Kirschgröße, rundlich, von
glatter Oberfläche und zeigte an der Stelle des Ansatzes eine sattel-
förmige Einsenkung. Er war von fast knochenharter Konsistenz. Sein
Gewicht betrug beinahe 2g. Die histologische Untersuchung (Pathol.
anat. Institut Prof. Ghons) ergab: Hartes Fibrom mit teilweiser Ver-
kalkung. Keine Zeichen von Malignität. |
Der Fall bietet aus mehreren Gründen besonderes Interesse;
Zunächst wegen des Sitzes der Geschwulst. Bei Durchsicht der
rhinologischen Literatur konnte ich Fibrome an dieser Stelle nicht
veröffentlicht finden. Ihr Sitz ist meist im Naseninnern, wo sie
an allen möglichen Stellen und in den verschiedensten makro-
skopischen und mikroskopischen Formen vorkommen können. Seltener -
finden sie sich‘ an den äußeren Teilen der Nase vor. ` So beschreibt
Wolff!) ein Fibrom außen am Nasenflügelknorpel, Heymann?)
spricht von Fibromen an der Außenwand des unteren Nasenganges.
Am Nasendach kommen von gutartigen Tumoren eigentlich haupt-
schnittlichen Lebensdauer von 63,55 Jahren.
Zusammenfassend ist also zu sagen:
1. Die durchschnittliche Kompensationsdauer beträgt bei den
Herzkranken, die
zwischen dem 1. und 20. Lebensjahr einen Gelenkrheumatismus
durchgemacht haben, 33,68 Jahre;
zwischen dem 21. und 30. Lebensjahr einen
durchgemacht haben, 14,71 Jahre;
zwischen dem 31. und 40. Lebensjahr einen Gelenkrheumatismus
durchgemacht haben, 5,66 Jahre.
2. Die Kompensationsdauer nach Scharlach erstreckt sich
über 45 Jahre, eine Zeit, die die Lebensdauer fast nicht beeinflußt.
3. Das Intervall zwischen der luetischen Infektion und der
1. Dekompensation beträgt im Durchschnitt 25,47 Jahre.
| 4. Die Kompensationsdauer nach der ersten Dekompensation
beläuft sich durchschnittlich
bei der Mitralinsuffizienz auf 4 Jahre,
„ konkomitierender Lues nur auf 1 Jahr,
„ der Aorteninsuffizienz auf 0,68 Jahre.
5, Das durchschnittliche Todesalter beträgt
. bei den kombinierten Klappenfehlern 46.65 Jahre,
Gelenkrheumatismus
sächlich Osteome vor?). Man mußte also — nach dem für ein
»„ »„ Aorteninsuffizienzen 3 = Fibrom abnormen Sitze und der knochenharten Konsistenz — in
» » Mitralinsuffizienzen 5726 „ erster Linie an ein Osteom denken. Diese Vermutung haben auch
„ der Myodegeneratio cordis 63,5 5: F
die meisten Untersucher, obwohl der Röntgenbefund eigentlich da-
gegen sprach, geäußert und deshalb die Entfernung von außen
vorgeschlagen. Erst die histologische Untersuchung des exstirpierten
Tumors deckte seine wahre Natur auf. Der Fall lag also auch
‘nach der diagnostischen Seite keineswegs einfach.
Schließlich ist der Fall deswegen bemerkenswert, weil der
Tumor hier endonasal entfernt wurde, also mit Vermeidung jeder
Narbe auf dem ‘Nasenrücken. Diese Art zu operieren ist uns von
den kosmetischen Operationsmethoden geläufig; sie läßt sich aber,
wie unser Fall lehrt, auch bei pathologischen Prozessen mit
Erfolg anwenden. Da wir endonasal nicht nur den Tumor mit dem-
selben Resultat entfernen können wie extranasal, sondern auch jede
äußerlich sichtbare Narbe dem Patienten ersparen, stellt das endo- '
nasale Verfahren für gewisse Affektionen m. E. die Methode der
Wahl dar. Ä | |
6. An dem durchgearbeiteten Material zeigt sich eine höhere
Zahl für die Beteiligung der Aortenklappen als in den bisher ver-
öffentlichien Statistiken, was auf die syphilitische Durchseuchung
der Berliner Bevölkerung zurückzuführen ist.
7. In den zur Verfügung stehenden Krankengeschichten
imponieren durch den Krieg hervorgerufene Schädigungen nicht als
Dekompensationsgelegenheitsursache. |
Literatur: Adlmühler, Zur Ätiologie der erworbenen Herzklappen-
Lues. B. kl. W. 1908, Nr. 48. — Guttmann, Zur Statistik der Herzklappenfehler-
Diss. Breslau 1890. — Heinrich, Zur Prognose der Herzklappenfehler. B. kl. W.
1918, Nr. 16. — Leuch, Statistisch-klinische Mitteilungen über Herzklappenfehler.
Diss, Zürich 1889. — Leyden, Über die Prognose der Herzkrankheiten. D. m. W.
1889, Nr. 20 £. — Mengel, Zur Statistik der Herzklappenfehler. Diss. Leipzig 1899
— Romberg, Die Krankheiten der Kreislauforgane; Über die Erkrankungen des
Herzmuskels bei Typhus abdominalis, Scharlach und Diphtherie. D. A. f. klin.
Mod., Bd. 48. — Schmaltz, Zur Kenntnis der Herzstörungen beim Scharlach und
ihrer Folgen. M. m. W. 1904. Nr. 32, — v. Schjerning, Handbuch der ärztlichen
Erfahrungen im Weltkriege 1914—18; Bd. III Innere Medizin v. Krehl; Bd. IV Er-
kungen des Herzens und der Gefäße, v. Kraus. — Schmitt, Statistisch-klinische
Mitteilungen über Herzklappenfehler. Diss. Jena 1893. — Schott, Zur Ätiologie
der chronischen Herzkrankheiten. Verhandl, d. Kongr. îi innere Med. 1892. —
Schwalbe, Zur Klinik der Aortenklappeninsuffizienz.. D. Arch. f. klin. Med,
Bd. 44 u. 45.
Aus der Abteilung für Infektionskrankheiten des Rudolf Virchow-
. Krankenhauses in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. U. Friedemann).
Beitrag zu dem Krankheitsbild der „Angina
agranulocytotica“.
Von Arthur Elkeles, Volontärassistent.
Im Jahre 1922 haben W. Schulz und U. Friedemann ein
neues Krankheitsbild unabhängig von einander beschrieben, das
durch ulzerös-gangränöse Prozesse in den Mund- und Rachenorganen
und durch ein eigenartiges Blutbild charakterisiert ist. Wenn in
der Literatur bisher nur wenige Fälle .dieser neuen Krankheit be-
schrieben worden sind, so liegt es wohl nicht an der Seltenheit der
Krankheit, sondern daran, daß die Angina agranuloeytotiea noch
zu wenig bekannt ist. Es handelt sich um eine außerordentlich
schwere: Erkrankung, die in den bisher beobachteten Fällen im
kürzester Zeit letal endete und nur das weibliche Geschlecht be
troffen hat. Friedemann weist zwar in seiner Arbeit daraufhin,
daß sicherlich auch leichtere Erkrankungen vorkommen, da bel
einer neu beschriebenen Krankheit zuerst die schweren Fälle beob-
achtet werden; zu der Annahme veranlaßte ihn auch die Beob-
achtung eines Falles, bei dem die Angina und das Blutbild deutliche
Heilungstendenz zeigten, und eine hinzugetretene Pneumonte als
Todesursache angesehen werden mußte. — Das Krankheitsbild der
Angina agranulocytotica ist jedoch noch reichlich ungeklärt, und
so ist es von Wichtigkeit über zwei weitere Fälle zu berichten, die
neuerdings auf unserer Abteilung zur Beobachtung kamen.
Die 57jährige Näherin Berta H. wird am 1. April 1924 abends
wegen Diphtherieverdacht bei uns aufgenommen. Von den Angehörigen
1) Wolff, Mschr. f. Ohrenhlk. 1907, S. 429. | |
2) Heymann, Handb. d. Laryng. u. Rhinol. Bd. 3, S. 796. _ Nase
ws e EE o menn, 1.c. S. 847; Zarniko, Die Krankheiten der Nast,
. Endonasale Entfernung eines harten Fibroms
der Nasenwurzel.*)
Von Dr. Ernst Wodak, Prag,
Ohbren-, Nasen-, Halsarzt.
Die 32 jährige Patientin E. L. bemerkte seit etwa 31/, Jahren
eine Qeschwulst am Nasenrücken, die knochenhart war und in der
letzten Zeit wuchs. Sie verursachte ihr zwar keine Beschwerden, be-
wirkte aber eine beträchtliche Entstellung, weshalb Pat. deren Ent-
fernung verlangte. Die zu Rate gezogenen nn wollten die
Geschwulst von außen entfernen, wogegen sich Pat. wegen der '
Narben sträubte. |
. Am 12. Juni 1924 konnte ich folgenden Befund erheben: An der
Nasenwurzel, zwischen den Augenbrauen, tastet man einen über kirsch-
großen, . kuochenharten Tumor, der mit dem darunter befindlichen
Nasenrücken fest verwachsen scheint. Die Haut über der Geschwulst
ist unverändert und verschieblich. Der Tumor sitzt dem Nasenrücken
vollkommen symmetrisch auf und wölbt sowohl die seitlichen Partien
des Nasenrückens als auch die Nase im Profil deutlich vor, wodurch
eine gewisse Entstellung der Pat. bedingt ist.. Das Innere der Nase
sowie der übrige Befund normal. Röntgenuntersuchung (Dr. Weil):
Homogener, kugeliger, scharf abgegrenzter und mit der knöchernen
Unterlage kaum zusammenhängender Verdichtungsherd, angehörend
einem möglicher Weise vom Periost der Radix nasi ausgehenden Tumor.
Am 13. Juni 1924 nahm ich in Lokalanästhesie die Entfernung
des Tumors vor, nachdem ich Pat. versprochen hatte, nach Möglichkeit
*) Nach einer am 20. Juni 1924 im Prager deutschen Ärzteverein
gehaltenen Demonstration.
ni
Fr
My
Se we
-war Pat. nie ernstlich krank.
16. November
erfahren wir nur, daß Pat. seit langer Zeit an Magenbeschwerden
leidet, daß sie vor 10 Jahren eine größere gynäkologische Operation
mitgemacht hat. Die jetzige Erkrankung begann am 30. März 1924
lötzlich mit Mattigkeit, Kreuzschmerzen, Appetitlosigkeit und. Hals-
schmerzen. Sehr schnell verschlechterte sich der Zustand, so daß Pat.
dem Krankenhause überwiesen werden mußte.
Mittelgroße Pat. in gutem Ernährungszustand, reichlichem Fett-
polster, macht einen schwerkranken Eindruck, subikterische Verfärbung
der Haut und der Konjunktiven, keine Ödeme, kein Exanthem, kein
Enanthem, keine Ulzerationen am Körper, keine Drüsenschwellungen,
beschleunigte stridoröse Atmung, starker Foetor ex ore, ängstlicher
Gesichtsausdruck, das Sprechen fällt der Pat. schwer, sie kann nur
flüstern, Sensorium ist frei, keine Zeichen von hämorrhagischer Dia-
these, Körperwärme 39°, Puls: 110 Schläge in der Minute, weich, leicht
unterdrückbar, klein und unregelmäßig.
Zunge ist von bräunlichen Borken belegt, trocken, Mundschleim-
haut gerötet, nicht ulzeriert. Blaurote Verfärbung des Rachens, grau-
elbliche zusammenhängende Beläge an den Tonsillen, Uvula und
Onsmonbögen sind frei. Halslymphknoten nicht wesentlich vergrößert.
ber den Lungen normaler Klopischall, nur vereinzelt bronchi-
tische Geräusche.
Cor: Grenzen normal, Töne rein, leise, rhythmisch, frequent.
Abdomen: Zwischen Nabel und Symp yse eine gut verheilte,
etwa 12 cm lange Operationsnarbe. Leib weich, nicht druckempfindlich,
keine pathologische Resistenz fühlbar. Milz, Leber nicht vergrößert
tastbar. Ä
Gynäkologisch: kein pathologischer Befund zu erheben. Nerven-
system: intakt. | |
Urin: Alb. +, Sediment massenhaft granulierte Zylinder, Erythro-
zyten und vereinzelt weiße Blutzellen.
Es besteht der Verdacht einer Diphtherie, denn neben den vielen
leichten Fällen von Diphtherie haben wir auch in letzter Zeit Fälle
vòn Diphtheria fulminans beobachtet, die klinisch einen ähnlichen Aspekt
bieten können; wir gaben der Pat. daher 10 000 1.-E. intrav., 10 000 L.-E.
intram. Das Blutbil zeigt nun einen auffallenden Befund: Leukozyten
1000, Polymorphkernige Neutrophile 2 %/,, Eosinophile O °%,, Mastzellen
0°, Lymphozyten 740/,, große mononukleäre 24 %,, Erythrozyten
3500 000, Thrombozyten 180 000.
2. April Weitere Verschlechterung, Pat. wird unruhig, wirft:
sich hin und her; Koffein, Kampfer, Hexeton und Strophanthin haben
keinen Einfluß auf die schlechte Tätigkeit des Herzens und des Gefäß-
apparates; es wird der Versuch gemacht Salsarvan Dos. III. zu inji-
zieren, doch Pat. komimt mittags ad exitum.
Die intra vitam vorgenommene Blutaussaat bleibt steril, Di-
Abstrich negativ.
Die Obduktion ergibt: schwere Nekrose beider Tonsillen und des
peritonsillären Gewebes, ebenso der hinteren chen der Zunge;
. Zäpfchen frei, die geschwürige Infiltration geht auf die verkürzte Epi-
glottis über, die Arygegend ist stark gerötet und geschwollen. Kehl-
kopfeingang ist verengt und verzogen; aus dem Ventr. Morgagnii kommt
etwas eitriges Sekret; die wahren Stimmbänder besonders rechts kaum
erkennbar, Trachea gerötet, keine Beläge, keine Ulzerationen, die para-
trachealen Drüsen sind in Kettenform geschwollen, keinen Thymus
dersistens, kein Zeichen von Arteriosklerose; die übrigen Organe zeigen
keine nennenswerten Veränderungen, bemerkenswert ist nur, daß wir
in den Röhrenknochen teilweise rotes Knochenmark fanden.
“ Von den mikroskopischen Befunden ist hervorzuheben, daß wir
keine morphologischen Veränderungen an der Milz und Leber nach-
weisen konnten, keine Anhaltspunkte für eine extramedulläre Bildung
von weißen Blutzellen; auch in den Gefäßen der Organe waren keine
weißen Blutzellen zu sehen. Das Knochenmark zeigt Erythroblasten
und Megakaryozyten in normaler Zahl, ferner fanden wir äuch mye-
loische Zellen und Zellen, von denen sich nicht mit Sicherheit sagen
läßt, ob es Lymphozyten sind oder Kerne der Erythroblasten.
“Anden Nieren finden wir zwar eine Hyperämie in den Glomerulus-
schlingen und ein Fehlen der Kernfärbung in den Epithelien der Tubuli
contorti, doch da die Sektion erst 36 Stunden nach dem Tode statt-
pendon hat, kann es sich auch um eine postmortale Veränderung
andeln. Dafür spricht, daß in den Tubuli contorti die Lichtung über-
all deutlich zu erkennen ist. |
Fall 2, Pat. Agnes M., 40 Jahre alt, wird wegen Diphtherie-
verdacht bei uns aufgenommen. Von dem Manne erfahren wir, daß
Pat. vor 8 on ein Zabngeschwür hatte, vor 3 Tagen erst plötzlich
schwer erkrankt ist, heftige Halsschmerzen auftraten, so daß vom be-
handelnden Arzt eine schwere Diphtherie angenommen wurde. Früher
Ziemlich kräftige Pat. in gutem Ernährungszustande, ` sehr
schwerer Krankheitseindruck, am Körper zahlreiche kleinerbsengroße
läschen, von einem. roten Hof umgeben (septische Hautembolien);
Pat. kann kaum sprechen, Sensorium ist etwas getrübt, Puls sehr klein,
stark beschleunigt, weich, leicht unterdrückbar, regelmäßig, Körper-
wärme: 40,2, Foetor ex ore. Zunge trocken, borkig belegt. Zahn-
fleisch stark gerötet. An beiden Tonsillen graugrüne, zusammen-
‚aängende Beläge mit schmierig eitriger Einschmelzung des tonsillären
und peritonsillären Gewebes, auch auf die Uvula übergreifend. Die
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
t
-
`
.
“Halslymphknoten sind geschwollen und etwas druckschmerzhaft. Brust-
. organe o. B. Milz und Leber nicht vergrößert: fühlbar.
Die übrige Untersuchung ergibt nichts Abweichendes. Pat.
kommt bereits nach wenigen Stun en ad exitum. Di-Abstrich —,
Wa.R. —. Die intra vitam vorgenommene Blutaussaat ergibt hämo-
lytische Streptokokken, ebenso die Abimpfungen aus den Hautembolien.
In der Zeißschen Zählkammer finden wir trotz mehrmaligen Zählens
keine Leukozyten, im Ausstrichpräparät 11 Lymphozyten. Die24 Stunden,
später vorgenommene Sektion ergibt auch hier die nekrotisierende
Kehlkopf übergreift. In den Röhrenknochen findet sich reines Fett-
' mark. Akute Splenitis. Die übrigen Organe zeigen keinen abweichenden.
. Befund. Aus den Organen . werden |
züchtet.- Auch hier finden wir in der mikroskopischen Untersuchung
ämolytische Streptokokken ge-
keinen Anhaltspunkt für die schwere Veränderung des Blutbildes.
Veränderungen an den Schleimhäuten, wie wir dies so häufig bei den
Leukämien sehen, oder sind es primäre Veränderungen an den Rachen-
organen, die eine abnorme Blutreaktion zur Folge haben? .
Schwund des Granulozytensystems ist bei alymphämischen
Lymphomatosen beschrieben worden, die auch klinisch ähnlich ver-
laufen können, bei denen mitunter nur minimale Drüsenschwellungen
beobachtet wurden; auch Nägeli weist darauf hin, daß die Lymph-
sine qua non sind. Diese Erkrankungen gehen aber: häufig mit
hämorrhagischer Diathese einher und zeigen charakteristische patho-
logisch-anatomische Befunde, bei denen wir mikroskopisch Zer-
störung der Lymphknotenstruktur finden, wo wir Iymphomatöse
Metaplasien und lymphomatöse Infiltration in Milz, Lymphknoten
und Niere sehen, wo wir in der Leber periportale Lymphozyten-
infiltration beobachten und wo uns die rücksichtslose Wucherung
Iymphoider Elemente im Knochenmark die Verdrängung des Granü-
lozytensystems erklärt. | u
hergehen, wie der Typhus, Malaria, Miliartuberkulose und Masern,
können wir das eigenarlige Blutbild nicht in Parallele stellen.
apparat keine tiefgreifende Schädigung; ist es doch bekannt, ‘daß
bei komplizierten Erkrankungen auch‘ diese Infektionskrankheiten
mit Leukozytose antworten, was eine Funktionstüchtigkeit . des
Granulozytenapparates beweist. f E Es.
| Ebensowenig können wir zu der 1886 zum erstenmal von
Ehrlich beschriebenen aplastischen Anämie Beziehungen herleiten;
auch hier. finden wir ulzeröse Prozesse an den Rachenorganen, aber
auch eine ausgesprochene hämorrhagische Diathese und klinisch und
pathologisch-anatomisch schwerste Schädigung nicht nur des leuko-
poetischen, sondern auch des eryihropoetischen Apparates, während
Diathese und die Unversehrtheit der Erythropoese betonen.
Hinweisen möchte ich auch, daß eine schwere Diphtherie
ähnlich verlaufen kann, wo aber das Blutbild und der‘ bakterio-
logische Befund leicht die Entscheidung treffen lassen. Auf den
ziehungen zu den septischen Erkrankungen hat, wie sie von
Marchand, H. Stursberg und Türk beschrieben worden sind.
H. Stursberg berichtet: Ein 4ljähriger Pat. (Mann) erkrankt
akut mit hohem Fieber, Blutungen aus Mund und Nase und einem
hämorrhagischen Exanthem, Aus dem Blut werden Streptokokken
ezüchtet. Der Blutbefund war sehr auffallend: 900 weiße Zellen im
Leukozyt, sondern es handelt sich ausschließlich um
und einige vom Typus der großen Mononukleären. Intra vitam wurde
deswegen an die Möglichkeit einer neben der Streptokokkensepsis be-
lich eine Streptokokkensepsis und keinerlei leukämischen Befund:
Türk: Am 17. Dezember 1906 wird eine 45jährige Hilfsarbeiterin,
die mit Frösteln, Kopfschmerz, ee T und Diarrhoen erkrankt
ist, ins Spital eingeliefert. In der Haut septische Embolien. An der
Unterlippe rechts ein a AESA begrenztes Goschwür, das mit einem
festhaftenden schmierigen Belage bedeckt ist, zwei kleinere Geschwüre
an der Zungenspitze. Zahnfleisch geschwellt, gerötet, den mittleren
unteren Schneidezähnen entsprechend eine weile. nekrotische Partie.
Mandeln stark entzündlich gerötet, etwas geschwollen, ohne Beläge,
Milz nicht zu tasten, Leber nicht vergrößert, pneumonischer Herd an
der Basis der rechten Lunge, sonst o. $.
Geräusch an der Spitze; Alb. Spuren, Diazo —; klinisches Bild ent-
sprach einer Sepsis bei bestehender Insuffizienz der Mitralis, frische
Mitralendokarditis. Blutbild: 5240000 Erythrozyten, 92% Hämoglobin,
940 weiße Blutkörperchen. Unter 532: weißen Blutkörperchen nicht
eine einzige polymorphkernige . Zelle vorhanden.. 93,5% tragen den
1615 .
ntzündung der Tonsillen und des peritonsillären Gewebes, die auf den
Handelt es sich nun um eine primäre Blutkrankheit mit sekundären
_ knotenschwellung bei akuten lJymphatischen Leukämien keine Conditio
Auch zu den Infektionskrankheiten, die mit Leukopenie ein `
Wenn auch bei diesen Erkrankungen die lymphoiden Zellen im
Knochenmark ‚vermehrt sein können, so zeigt der Granulozyten-
wir bei der Angina agranulocylotica das Fehlen der hämorrhagischen
ersten Blick scheint.es, als ob die Angina agranulocytotica Be-
ubikmillimeter und unter 400 Zellen war kein ee |
ymphoide Zellen _
stehenden akuten Leukämie gedacht, die Obduktion ergab aber ledig-.
Herz verbreitert, systolisches
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Sinne B.kl. W. 1916, Nr. 18 u. 19. — Naegeli, Die Blutkrankheiten. — F. Mar-
einer Lym homatose besteht. Die Lymphdrüsen zeigen einen durch- | chand, Über ungewöhnlich starke Lyımphozytose im Anschluß an Infektionen,
‚aus normalen Aufbau, in der Milz liegt keine Inaphaid- Infiltration | D. Arch. f. klin. Med. 1913, 110
- apparat an, was wir als das Wahrscheinlichste ansehen. Es ist
1616 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. 16. Novsihber
Charakter von Lymphozyten, nür sind. sie zumeist ‘auffallend blaß ge-
färbt und etwas größer. 4,4%, die den mononukleären entsprechen,
1,5% Plasmazellen. Blutplättchen kaum etwas zahlreicher (?). Myelo-
zyten, Eosinophile, Mastzellen fehlen vollständig. Am 20. Dezember
itus, Blutaussaat steril. |
Die Sektion, von Dr. Helly vorgenommen, ergab nun zunächst
das Bestehen einer Sepsis; anscheinend im Verlauf einer von den Ton- |
sillen ausgehenden Allgemeininfektion war auf der von früher her
leicht insuffizienten Mitralis eine frische Endokarditis entstanden. Aus
dem steril entnommenen Herzblut ging eine einzige Kolonie von
Staphylococcus pyogenes aureus auf. Im Unterlappen der rechten | locytotica durch die ulzerös-gangränösen Prozesse an den Mund- und
Lunge fand sich ein embolischer Eiterherd mit entzündlicher Infiltration | Rachenoreanen: und durch das eigenartire Blutbild charakterisiert
der Umgebung, die Milz war ganz mäßig geschwollen, die Drüsen- S, > 2
eh wellungen waron geringeradig und sahen malroskonisch wie: rein ' ist. Wir fassen die Angina agranulocytotica als eine Infektions-
entzündlich aus. Thynuus klein, fettig. Das Knochenmark eines Ober-
- krankheit mit noch unbekanntem Erreger auf, die mit einer isolierten.
schenkels, Schienbeines und Oberarmknochens war bis auf eine einzige | Schädigung ‚des Granulozytenapparates einhergeht; die mit Sepsis
erbsengroße Hämorrhagie und einige schwach rötlich schimmernde | einhergehenden Erkrankungen sind als Sekundärinfektionen anzu-
Flecken ein ganz gewöhnliches Fettmark, das Mark des Brustbeins | sehen. Wir betonen die Intaktheit des erythropoetischen Apparates,
sah wie ein normales rotes Mark aus. Die makroskopisch-anatomische | das Fehlen der hämorrhagischen Diathese und die Beobachtung,
Untersuchung ner. aan. a rar daß bisher nur. Frauen von der Krankheit betroffen wurden.
einer primären: Lymphomatose und ließ auch wenig Wahrscheinlichkei . U. Fried ‚ Über Angl 1 ica. M. KI. 18.
für einen derartigen mikroskopischen Befund bestehen. Die mikro- Literatur: U. Friedemann, Uber SENE Sn Eno e e;
i o - s Nr.41. — Baader, Die Monozytenangina, D. Arch. i klin. Med. 1922, 149. — Stern-
skopische Untersuchung sämtlicher blutzellbildenden Organe hat er- | berg, W. kl W. 1911, Nr. 47. — E. Frank, Die essentiell»
geben, daß tatsächlich nirgends eine Iymphoide Wucherung im
- und :Rachenorganen ihre Eintrittspforte haben. Wie bei anderem
. den Organismus in der Abwehrkraft schwer schädigenden Erkrankungen’
kann auch hier durch andere Erreger eine Sekundärinfektion statt-
. finden, wie, wir dies auch in unserm zweiten Fall beobachten konnten,
| Über die Kontagiosität der Erkrankung ist bisher nichts bekannt,
Die therapeutischen Maßnabmen versagten in den bisher beob-
achteten Fällen; dies liegt vielleicht zum Teil daran, daß die Fälle.
in schwerstem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert wurden. 3
| Zusammenfassend möchte ich sagen, daß die Angina agranu-
vor. Die Architektur des Knochenmarks ist gut erhalten, eine In-
filtration oder Zellwucherung liegt nicht vor. Die Markbälkchen
zwischen den rundlichen Fettzellgruppeu erscheinen vielmehr geradezu
dürftig und vor allem fällt die geringe Zahl von Leukozyten auf,
während der Erythrozytenbildungsapparat ziemlich normal entwickelt
ist. Das Bemerkenswerte ist, daß die zwischen den Erythrozyten und
Erythroblasten eingelagerten nicht eben reichlichen weißen Zellen ge-
radezu ausschließlich nur Lymphozyten und Plasmazellen sind, aber
sie erzeugen keine Iniltration, neutrophile Zellen und Myelozyten sind
spärlich. , i
— Schulz, D. m. W. 1922, Nr. 44. — Leon,
D. Arch. $. klin. Med., Bd. 143, 1. u. 2. l
Aus der I. Chirurgischen Abteilung des Kaiser Franz J osefs-Ambula-
toriums, Jubiläumsspital in Wien (Primarius: Dr. Julius Sternberg).
Die Behandlung tuberkulöser Erkrankungen
mit Angiolymphe in der Chirurgie.
Von Dr. J. Rosner, Assistent.
Nach Dr. Rous ist Angiolymphe ein chemo-therapeutisches
Präparat, hergestellt aus den zu den Irideen gehörigen Pflanzen .
Ixia rosea, Morea sinensis, Orchis maculata und enthält als wirk-
samen Bestandteil Glykoside dieser Drogen, aber keine Alkaloide,
Die Angiolymphe soll bei allen Arten von tuberkulösen Erkran-
kungen anwendbar sein. Eine Kontraindikation soll es nicht geben.
Angiolymphe wird in Phiolen zu 2 ccm intramuskulär eingespritzt
und auch äußerlich zu Umschlägen verwendet. Über die Art der
Wirkung der one finden sich in der Literatur nur spärliche
Angaben. Danach soll sie als eine Art „Modifikator des Organismus“
zu betrachten sein, der diesen instand setzt, durch vermehrte Phago-
zytose der Infektion Herr zu werden und die Körpersäfte derart zu
modifizieren, daß der Organismus den durch die Infektion verursachten
Störungen widerstehen kann und die Bazillen degenerieren müssen.
Die therapeutische Wirkung der Angiolymphe tritt um so deutlicher
in Erscheinung, je leichter und rascher diese Reaktionen bzw. Modi-
fikationen in dem kranken Organismus eintreten. Ob und inwieweit
diese Erklärung zutrifft, können wir natürlich nicht untersuchen, da
wir lediglich die therapeutische Wirkung erproben wollten.
Wenn ein neues vielgepriesenes Heilmittel in den Handel ge-
bracht wird, so wird man naturgemäß demselben mit Skeptizismus
begegnen. Trotzdem muß man sich bemühen, ein solches Heil-
mittel zu versuchen und ganz objektiv festzustellen, inwieweit dasselbe
den Erwartungen in bezug auf Heilerfolge entspricht. Dies haben
wir getan und beschränken uns darauf, darüber kurz zu berichten.
Es gibt eine Reihe von tuberkulösen Erkrankungen der Lymph
drüsen, der Weichteile, der Schleimbeutel!) und des Knochenskeletis,
die einen chirurgischen Eingriff nicht unbedingt erforderlich er-
scheinen lassen (z. B. ein Gelenksfungus, multiple erkrankte Hals-
lymphdrüsen) und welche trotz der blutigen Behandlung nicht
immer zur Gesundung bzw. zum Stillstand des Prozesses führen,
wenngleich für bessere Ernährung und günstigere Lebensbedingungen
gesorgt werden kann.
Wenn also ein Heilmittel gegen derart tuberkulöse Erkran-
kungen günstig wirken sollte, und eine Kontraindikation nicht gè
geben ist, wie dies von der Angiolymphe behauptet wird, so lohnt
es sich schon, Versuche damit anzustellen. i
Ich verwendete Angiolymphe zuerst in Fällen, die trotz chir-
urgischer Behandlung nicht zur Heilung gebracht werden konnten,
weiter dann, wenn ein chirurgisches Eingreifen noch nicht angezeigt
war, und drittens in Fällen, bei welchen trotz chirurgischer und
anderer therapeutischer Maßnahmen keine Tendenz zur Heilung
vorhanden war. Ich muß sagen, daß ich in allen diesen Fällen
Ich erwähne die Fälle so ausführlich, weil sie in ihrem
klinischen Verlauf und in den makroskopisch-anatomischen und
mikroskopischen Befunden mit unserm Krankheitsbild weitgehende
Übereinstimmungen aufweisen. Türk spricht nun von Sepsis bei
Verkümmerung des Granulozytensystems, nimmt also a priori eine
Hypoplasie des Granulozytenapparates an, wo ein geringer Infekt
genügt, um eine schwere Allgemeinschädigung herbeizuführen. Für
diese Hypothese lassen sich keine Anhaltspunkte finden. Gegen
diese Auffassung spricht auch ein Fall, der im April 1924 auf
der Il. Inneren Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses von
Prof. Brandenburg beobachtet wurde und von Dr. Lauter be-
sonders publiziert wird. :
Hier handelt es sich um eine 25jährige Frau, die mit hohem
Fieber und einer ulzerös-gangränösen Angina und Stomatitis erkrankte,
das Blutbild ergab 800 weiße Blutzellen, keinen einzigen neutrophilen
polynukleären Leukozyt, sondern nur Lymphozyten und wenige Mono-
nukleäre. Nach wenigen Tagen bessern sich die Mund- und Rachen-
veränderungen, ebenso das Blutbild, Pat. entfiebert; eine Drüse am
Kieferwinkel vereitert und erweicht, während dieser Zeit steigt die
Leukozytenzahl auf 14500, reichlich stabkernige Leukozyten enthaltend.
Die Blutaussaat blieb 2 mal steril, imal wurden Pneumokokken ge-
funden. Die Erkrankung ging in vollkommene Heilung über.
Dieser Fall ist von besonderem Interesse, weil er beweist,
daß a priori keine Konstitutionsanomalie im Sinne der Verkümmerung
des Granulozytensystems vorliegt, und weil bei dieser Erkrankung
zum ersten Mal eine Heilung beobachtet wurde.
Man könnte ein schädigendes Agens annehmen, das die granu-
lierten Zellen im kreisenden Blut angreift, dann müßten wir kompen-
satorisch regenerative Prozesse am leukopoetischen Apparat erwarten,
die wir aber klinisch und histologisch nicht nachweisen konnten,
oder das schädigende Agens greift direkt am Granulozytenbildungs-
nicht richtig, diese Fälle zu den septischen Erkrankungen zu rechnen,
denn nur in wenigen Fällen fanden sich im Blut Streptokokken,
Staphylokokken und einmal fand Friedemann sogar Pyozyaneus;
die meisten Fälle blieben in der Blutaussaat steril, und auch die
Abimpfungen aus den Organen ergaben ein negatives Resultat; wir
müssen die mit Sepsis einhergehenden Erkrankungen daher als
Sekundärinfektionen aufiassen.
Es ist gerade ein Verdienst von W. Schulz und U. Friede-
mann, daß sie aus dem noch unklaren Komplex der septischen
Anginen das Krankheitsbild der Angina agranulocytotica heraus-
geschält haben. | l
Wir nehmen eine schwerste isolierte Schädigung des Granu-
lozytenapparates an, die ganz akut durch noch unbekannte Erreger
i S 1) J. Rosner, Die
oder durch ihre Toxine hervorgerufen wird, und die in den Mund-:
rimäre tuberkulöse Schleimbeutelentzündung-
W.m.W. 1924, Nr. 47 und 48: Be,
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16. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.46.
init dem Erfolg recht zufrieden war. Ich halte es daher für zweck-
‘“ mäßig, meine Erfahrungen über die Behandlung mit Angiolymphe
bekannt zu geben, damit die ‚Aufmerksamkeit auf dieses Heilmittel
gelenkt wird und weitere Versuche gemacht werden. Die mit
Angiolymphe behandelten Fälle werden seit ungefähr einem Jahr
beobachtet. Nachfolgend führe ich von diesen Fällen 3 an, bei
welchen die Wirkung der Angiolymphe am markantesten hervortritt.
Fall 1. Eine 37jährige Frau M. S., deren Bruder mit 27 Jahren.
an Lungentuberkulose und deren Mutter mit 37 Jahren an Darmtuber-
kulose gestorben waren, A de um die Weihnachtszeit 1922 Schmerzen
im linken Knie. Einige Wochen später bemerkte die Pat. eine Schwellun
des linken Knies und Beschwerden beim Beugen. Da die Pat. auc
Krampfadern am linken Unterschenkel aufwies, wurde diese Erkrankung
zuerst als Folgeerscheinung der Krampfadern aufgefaßt. Pat. bekam
Salben und Umschläge. Im März 1923 war die passive Bewegung im
linken Kniegelenk bereits wesentlich eingeschränkt, die SP
nahm zu, die Schmerzen waren verstärkt, die aktive Beweglichkeit
ebenfalls stark' eingeschränkt. Der . Verdacht .auf. Gonitis gonorrhoica
erwies sich als haltlos. Pat. wurde mit Jod gepinselt, es wurden
warme Umschläge angeordnet und das Bein ruhig gestellt. Da sich
der Zustand im Juni verschlimmerte, wurde eine Röntgenaufnahme
gemacht und die Diagnose „Fungus“ gestellt. Die Krampfadern wurden
stärker, auf Heißluftbehandlung, Sonnenbestrahlung und Umschläge
wurden die Schmerzen zwar geringen aber die aktiven und passiven
Bewegungen im linken Kniegelenk waren aufgehoben. Die Pat. wurde
vom behandelnden Arzt in eine spezifische
eilanstalt geschickt, wo-
selbst sie 7:Wochen in Behandl stand.
Es wurden Tuberkulin-
- injektionen gemacht, mit Quarzlampe behandelt. Pat. mußte vollständige
Ruhe, wahren, liegen, die linke untere Extremität wurde vollständig
ausgeschaltet. |
-Der Mann der Pat. hörte von der Behandlung mit Angiolymphe;
er nahm die Frau aus der Anstalt und brachte sie im Herbst 923
zur Behandlung. Ein Gipsverband wurde abgenommen und folgendes
festgestellt: Aktive und passive Bewegung im linken Kniegelenk auf-
Ben: die Umfangsdififerenz beider Kniegelenke etwa 5cm. Am
inken ‚Unterschenkel Krampfadern,. am rechten Knie eine Bursitis prae-
atellaris. Auf Grund der Untersuchung, der Krankengeschichte und
es Röntgenbefundes wurde diagnostiziert: „Fungus des linken Knies,
Bursitis praepatellaris tuberculosa des rechten Knies. Herz- und Lungen-
befund normal“. Es wurde sowohl auf der rechten, wie auf der linken
unteren Extremität eine elastische Gummibinde angelegt und mit Angio-
Iymphebehandlung begonnen. Pat. konnte sich nur mit einom Stock
und nur mit Unterstützung ihres Mannes fortbewegen. Pat. bekam
jeden 2. Tag eine Injektion, im ganzen 5, hierauf 9 Injektionen, je eine
täglich.. Nach einer Pause von 14 Tagen bekam Pat. 6 Injektionen,
täglich, eine, dann 6 Injektionen, jeden 2. Tag eine. Pat. wurde rönt-
genisiert. Diagnose: „Fungus nicht auszuschließen, jedoch nicht absolut
sicherzustellen.“ Nach einer abermaligen Kur von 12 Injektionen und
zwar 6, je eine täglich, und 6, jeden 2. Tag eine, wurde eine Pause
eingeschaltet und zum drittenmal eine Röntgenaufnahme gemacht. Dia-
nose: „Destruktive Veränderungen mit Sicherheit nicht nachweisbar.“
e Injektionen wurden sehr gut vertragen, Temperatur blieb immer
gleich. Schon nach den ersten 2 Injektionen konstatierte Pat. ein all-
emeines Wohlbefinden. Nach weiteren Injektionen schwanden die
chmerzen im linken Knie immer mehr, aktive und passive Bewegungen
waren allmählich wieder möglich. Pat. konnte mit Stock viel besser
gehen. Nach der zweiten Serie der Injektionen konnte Pat. ohne Stock.
und Stütze anstandslos gehen und Stiegen steigen. Die Schmerzen im
nken Knie waren fast verschwunden, die Umfangsdifferenz beider
Kniee betrug 4cm, die Druckempfindlichkeit im rechten Knie war
weitaus geringer, die Bursitis praepatellaris auf der rechten Seite war
anscheinend in Rückbildung begriffen. |
Nach der dritten ‚Serie der Injektionen konnte Pat. maximal
beugen und strecken, war schmerzlos, die Umfangsdifferenz betrug
ll, cm. In der linken Kniegegend konnte man eine Bursitis praepa-
tellaris nicht mehr konstatieren. Die elastischen Binden wurden nicht
mehr angelegt, die Pat. konnte so wie früher einmal gehen, Stiegen
steigen und jede Arbeit in der Hauswirtschaft verrichten.
‚ „Primarius Dr. Robinsohn, welcher die Pat. dreimal röntgeno-
logisch untersuchte, war so liebenswürdig, über diesen Fall seine
Ansicht nachstehend mitzuteilen: „Wenn ich retrospektiv den Fall be-
trachte, so kann ich ihnen folgendes sagen: Untersuchung 1 ergab
einen Befund, der nach der allgemeinen Erfahrung als Tuberkulose ge-
deutet wird und zwar Knochenatrophie, periostale Apposition über dem
Condylus lateralis femoris und Verdichtung der intraartikulären Weich-
teile mit Vorwölbung des Ligamentum patellae. Untersuchung 2 ergibt
noch immer eine deutliche Atrophie und Exostosenbildung an den Emin.
Intercondyloideae, die möglicherweise bei der Untersuchung 1 schon
vorhanden war, aber infolge der Knochenatrophie nicht gesehen werden
konnte, und eine Zunahme der periostalen Apposition über dem
Condylus lateralis femoris, ferner einen Rückgang der intraartikulären
Verdichtung, also teils reparative, teils progressive Vorgänge zwischen
der ersten und der zweiten Untersuchung. Untersuchung 8 ergibt
am Knochen keine neuen Erscheinungen, dagegen eine Zunahme der
Weichteilverdichtungen. Destruktive Verändorngen konnten während
er ganzen Zeit nicht festgestellt werden. Absolut objektiv präsentiert
OnT _
| 15 g Novasurol.
sich der Fall demnach so: 1.’ Arthrosynovitis mit Verdichtung und
Vermehrung der intraartikulären Weichteile mit wechselnder Intensität,
also Erguß oder Weichteilschwellung oder Kombination beider. 2. Deut-
liche Knochenatrophie, Tendenz zum Rückgang, 3. Verkalkungen an
den Ansatzstellen der Kapsel (über dem Condylus lateralis femoris
bzw. an den Ansatzstellen der Bänder, Emin. intercondyloideae). Die
ätiologischo Natur des Leidens kann in Anbetracht des Fehlens
destruktiver Veränderungen mit absoluter Sicherheit röntgenologisch
allein nicht festgestellt werden, namentlich läßt sich nicht mit absoluter
Sicherheit die im ersten Befunde von mir festgestellte Diagnose „Fungus“
aufrechterhalten aber ebenso wenig behaupten, daß nicht ein Fungus
vorhanden war, der durch die Behandlung zum Stillstand und zur `
‚Rückbildung gebracht wurde“. |
Fall 2. Ein 32 jähriger Tischler L. R., dessen Vater 72 Jahre
alt ist, dessen Mutter an Bauchfellentzündung im frühen Alter gestorben
sein soll, gibt an, daß von seinen 4 Geschwistern eine Schwester an
Tuberkulose mit 29 Jahren gestorben sei, eine 29 jährige Schwester
wegen Lungentuberkulose in ärztlicher Behandlung stehe. Ein Bruder
sei angeblich gesund. Pat. selbst hat mit 3 Jahren eine Meningitis _
durchgemacht, ist seither taubstumm und war angeblich immer gesund.’
Wir sahen den Pat. zum erstenmal im März 1923, als er in der Ambu-
lanz wegen Schmerzen im linken Kniegelenk, Stechen in der Brust:
und im rechten Schultergelenk erschien. Die Untersuchung des Pat.
ergab: Beiderseits Induration der Lungenspitzen, mehr rechts, inaktiv
(Lungenbefund des Dr. Knotek), Herz normal, Gewicht des Pat.
45 Kilo, Temperatur 37,1; in der linken Achselhöhle tastbare Drüsen.
An der Beugeseite des linken Oberarmes, zwei Finger unter dem `
Schultergelenk, ein kleiner apfelgroßer weicher Tumor, über dem
Manubrium sterni ein kleiner apfelgroßer, nicht sehr harter Tumor
ohne Fluktuation. Die Haut über diesem Tumor zeigt die normale
‚Beschaffenheit, die Gegend fühlt sich wärmer an. Das linke Knie ge-
schwollen, schmerzhaft, aktive und passive Beweglichkeit möglich. Die
Umfangsdifferenz im Vergleich zum rechten Knie 4 cm, am linken
Unterschenkel Krampfadern. Der Tumor am linken Oberarm wurde
estirpiert und nach Jodoformapplikation eine Naht angelegt. In einigen
Tagen Heilung. Der histologische Befund ergab „tuberkulöses Granu-
lationsgewebe“. Pat. bekam durch 14 Tage je eine Angiolymphe-
Injektion täglich. Die Injektionen wurden gut vertragen, keine Tem-
peraturerhöhung. Nach der 4. Injektion berichtete der Pat. spontan
über sein außerordentliches Wohlbefinden und großen Appetit. Nach -<
einigen Tagen konnten wir ein auffallend besseres Aussehen konstatieren,
nach der 10. Injektion waren die Schmerzen im linken Knie ver-
schwunden, der Tumor über dem Manubrium sterni kleiner. Nach der
14. Injektion machten wir eine l4tägige Pause. Als .der Pat. nach
14 Tagen wiederkam, war der Tumor über dem Sternum’ fluktuierend.
Im Chloräthylrausch wurde inzidiert, exkochleiert und Jodoformpulver
gen Pat. bekam weitere 10 Injektiönen, täglich eine und: die
unde heilte glatt. Pat. befand sich sehr wohl und wir konstatierten
eine Gewichtszunahme von 3 kg. | l
Pat. war während des Sommers unserer Beobachtung entzogen.
Im August ließ er sich wegen heftiger Schmerzen am linken Knie-
elenk und wegen eines AP zenes in der Brustbeingegend in eine
eilanstalt aufnehmen. Um den 20. Oktober berichtete seine Schwester,
daß es ihrem Bruder sehr schlecht gehe. Es sei eine große Operation
an der Brust vorgenommen worden.:. Pat. hätte nn ee im
tige, eine Operation `’
linken Knie, könne garnicht-gehen und man beabsic
am linken Knie, ev. eine Amputation vorzunehmen. Die Schwester
bat um Aufnahme ihres ‚Bruders in unsere Anstalt. a
Am 26. Oktober wurde der Pat. mit der Tragbahre bei uns ein-
geliefert. Gewicht 43 Kilo, Temp. 38,4, mächtige Schwellung des
linken Knies, aktive und passive Bewegung unmöglich, Schmerzen in
der ganzen linken unteren Extremität, Schwellung der linken Inguinal-
gegend, offene Wunde am Sternum nach radikaler Operation. Äbszeß
am linken Oberarm. Der Abszeß wurde geöffnet und nach Entleerung
des Eiters wurde die Angiolymphe hineingeträufelt. Die Wunde 'in
der Sternalgegend und das linke Knie wurden mit Umschlägen (hydro:
Br Gaze mit Angiolymphe getränkt). behandelt. Ferner wurden täg-
ich Injektionen von Angiolymphe gemacht. Pat. erholte sich zu-
sehends, begann ordentlich zu essen. Die Schmerzen im Kniegelenk
wurden geringer, die Beweglichkeit in demselben besser. Nach 6 In-
jektionen, also ungefähr einer Woche, konnte Pat. das Knie aktiv be-
wegen, sich aufrichten und ohne Stütze stehen. Pat. bekam weitere .
6 Injektionen und Umschläge mit ern Die bis auf den
Knochen reichende, ungefähr 15 cm lange und 5 cm breite Wunde in
der Sternalgegend begann zu granulieren. Nach der 12. Injektion war
die Schmerzhaftigkeit im linken Knie geschwunden, die a all |
bedeutend besser. Pat. wog 47 Kilo. Wir ließen nun eine Röntgen-
aufnahme des linken Knies vornehmen (Dr.. Meyer) und die ergab
folgendes: | | | |
„Die Struktur am oberen Tibiadrittel hochgradig verändert,
zahlreiche kleine Aufhellungsherde wechseln mit sklerosierten Partien
ab. Die Kortikalis beträchtlich verdickt, mit unregelmäßigen leicht-
zackigen Konturen: Befund: „Osteoperiostitis luetica‘“.
Auf Grund dieses Befundes wurde eine Blutuntersuchung vor- `
enommen, die Wassermann „positiv“ ergab. Nun wurden dem Pat.
Linser-Injektionen gegeben und zwar im ganzen 4,8 Neosalvarsan und
ährend dieser. Behandlung wurden die Injektionen
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„einen Prozeß von Tuberkulose und Lues handelt, und nach der Nco-
. den. Die aktive und passive Beweglichkeit im linken Knie war wieder
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..ein. Pat. nimmt an Gewicht zu. Nach ungefähr einer Woche Heilung.
_ nach allein durch Behandlung mit Angiolymphe zur Besserung bzw.
- Organismus: außerordentlich günstig einwirkt.
-- angedeutet. In diesem Falle konnte die Behandlung mit Neosal-
varsan nicht jene Besserung des Zustandes hervorrufen, wie die
“und Knochenerkrankungen nach auffallend kurzer Zeit
Kemer
und ohne Nebenwirkung erscheint, hinweisen.
Bismogenolbehandlung in der Sprechstundenprazis.
. nicht genügend pflegen kann; nicht selten kommt Nachlässigkeit hinzu.
. therapie das Bismogenol der Firma E. Tosse & Co., Hamburg, verwendet
UT 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. . °.16. November -
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tigen Patienten wurde auch 3mal wöchentlich 1,0- gegeben; ‘doch
strengte diese Behandlung die Patienten bereits etwas an. Es’wurde.
‚eine Doppelkur verabreicht — entsprechend dem Vorschlag von
E. Hoffmann, Bonn, für Quecksilber — jedesmal 14 Spritzen zu
. 1,0 mit einem -freien Zwischenraum von 3 bis 14 Tagen. Meine
"Kranken erhielten also für gewöhnlich 28 Bismogenolspritzen zu
' 1 cem. = 1,68 Bi; dies innerhalb. von 12 bis 16 Wochen. Als Weiter-
behandlung würde ich, falls nötig, nach 4 bis 6 oder mehr Monaten,
‘abermals ejne Doppelkur folgen lassen. Bis jetzt ist keiner der
Patienten, die vor einem halben Jahre und länger die erste Kur
abschlossen, mit einem Rezidiv wieder gekommen. Das spricht für
gute Dauerwirkung des Mittels. 5
Der allgemeinen Ansicht, daß das Bismogenol gut vertragen
wird und, wie man sagt, bekömmlich ist, kann ich nur beistimmen,
Die Einspritzungen sind, abgesehen vom Einstich-an sich, nicht
schmerzhaft; das geben selbst empfindliche Frauen zu. Auch In-
| filtrate oder „Knoten*, wie der Patient sagt, treten nicht auf, auch
‚nicht bei einer Doppelkur. Die Patienten klagen nicht über Be-
schwerden. Diejenigen, welche schon Quecksilbereinspritzungen er-
halten haben, rühmen die Schmerzlosigkeit und die Tatsache, daß -
sie bei der Arbeit nicht durch Schwellungen behindert werden.
. Man kann sagen: das Bild in der: Sprechstunde hat sich geändert.:
Während sonst die Patienten mit ängstlicher Miene, bisweilen zitternd
zur Injektion des Hydrargyrum salieylicum das Sprechzimmer be- .
traten, kommen sie jetzt fröhlich und lassen sich gern die Ein
spritzung des Bismogenol machen. Jucunde ist also das Mittel.
. Unverständlich ist mir, wie Citron!) vom Bismogenol sagen kann,
daß es häufig Nebenwirkungen :verursache. Das gerade Gegenteil
ist der Fall. mA E
salvarsankur, während welcher Pätient an Gewicht abnabm und
appetitlos war, wurde wieder die on eingesetzt. Nach
12 Injektionen, täglich eine, war die Schwellung. des Knies verschwun-
normal. Pat. wog nach dieser Kur 53 Kilo und zeigte freudestrahlend,
daß er tiefe Kniebeuge machen und tanzen kann. Ende Dezember
wurde Pat. entlassen, konnte seine Arbeit aufnehmen und kam..nur
zur ambulatorischen Behandlung wegen seiner. granulierenden Wunde
in der Sternalgegend. Anfangs März klagte der Pat. über Schmerzen,
der rechten Rippen und bekam 12 Injektionen mit Angiolymphe, sechs
täglich je eine und sechs jeden zweiten Tag. Schon nach einigen
Tagen war die Schmerzhaftigkeit geschwunden. |
© Fall 3. Ein 15jähriges Lehrmädchen, B. F., gibt an, daß sie
‚seit 4 Monaten eine Wunde am rechten Unterschenkel habe. Diagnose:
„Hautttuberkulose“. Trotz verschiedenartiger Behandlung mit Salben,
‚Jodoformpulver, Umschlägen usw. keine Tendenz .zur Heilung. Im
Ätherrausch wurde exkochleiert, Jodoformpulver appliziert.. Trotzdem
‘kein Anzeichen . einer Heilungstendenz. Es werden nun Umschläge
mit Angiolymphe gemacht und. alsbald tritt auffallende Heilungstendenz
Die angeführten drei Krankheitsprozesse sind meiner Meinung |
zum Stillstand gebracht worden. Sie werden weiter beobachtet und
es soll’ über dieselben später weiter berichtet werden. u
Meine bisherigen Beobachtungen gehen dahin, daß
die Angiolymphe sowohl intramuskulär injiziert, alsauch
äußerlich zu Umschlägen verwendet, auf den kranken.
Ich nehme an, daß die im Körper vorhandenen Antitoxine
‚angeregt werden, daß den Krankheitskeimen die bereits günstigen | Ich habe die Überzeugung, daß bei dieser angenehmen Be-
Lebensbedingungen erschwert werden, bzw. daß die Widerstands- handlung die Patienten die Kur besser durchführen und sie weniger -
‚kraft des Organismus wesentlich erhöht wird. SR | [oft abbrechen, während das bei den schmerzhaften Quecksilber-
Es wäre nicht ausgeschlossen, daß die Angiolymphe auch in | einspritzungen häufiger geschieht. Ich glaube auch, daß sie bei
den verschiedensten anderen Krankheitsfällen ebenso günstig wirkt, | Rezidiven sich eher zu Wiederholungskuren mit Bismogenol ent-
wie bei der Tuberkulose. Das habe ich durch die Erwähnung des | schließen werden. Und es ist doch wohl sicher, daß 'eine durch- `
Falles 2, in welchem es sich um Tuberkulose und Lues handelt, |. geführte Bismogenolvollkur mehr Wert ‚hat, als eine abgebrochene
Quecksilberkur oder eine nicht genügend durchgeführte kombinierte
Hg-As-Kur. Ä | | | |
Behandelt habe ich mit Bismogenol 35 Patienten, davon 2l,
die schon vorher mit Quecksilber oder mit Quecksilber und Salvarsan
behandelt worden waren, und 14 erstmalig. Es handelte sich um
Primäraffekte, teilweise verbunden mit Phimose; von sekundärer `
Syphilis um Exantheme, nässende Papeln ad genitalia, Angina
specifica, papulöse Syphilide und Icterus syphiliticus; um tertiäre
Syphilis mit Ulzerationen- der Haut und um latente Fälle, teilweise -
älterer Natur, mit positiver Wa.R. | | | er
Die Krankheitserscheinungen gingen nach. den. Bismogenol-
einspritzungen bald zurück und schwanden nach 4 bis höchstens
8 Spritzen vollkommen. Nach 4 Spritzen waren Primärallekte ge-
schlossen, nässende Papeln und Roseolen geschwunden, Phimosen
beseitigt. Papulöse Exaniheme, meist schon etwas älteren Datums,
erforderten 6—8 Spritzen zur völligen Beseitigung. Tertiäre Ge -
schwüre schlossen sich sehr bald, besonders unter gleichzeitiger An-
wendung von Jodkali. Letzteres scheint mach meinen. Erfahrungen
ein sebr gutes Unterstützungsmittel des Bismogenol zu sein, nament-
lich wenn es auf schnelle Beseitigung der Krankheitserscheinungen
ankommt. ‘Im ganzen habe ich den Eindruck gewonnen, daß die
Heilwirkung des. Bismogenol auf die manifesten Symptome zum
mindesten der des Hydrargyrum salieylicum gleich zu achten ist.
_ Bei der ersten Einspritzung trat in einer Reihe von Fällen
die Herxheimersche Reaktion auf.
'Unangenehme Nebenwirkungen sind nicht aufgetreten. Eiweiß-
ausscheidung ist in keinem Falle beobachtet worden; es wurde
regelmäßig bei Beginn der Kur und nach je 3—4 Spritzen unter-
sucht, Ebenso ist. niemals Zahnfleischentzündung vorgekommen,
trotzdem die Patienten, wie sie zugaben, weiter rauchten und nur
die alltägliche Mundpflege machten. Auch im Allgemeinbefinden
sind keine Störungen aufgetreten; die Patienten fühlten sich während
der Kur wohl, sie magerten nicht ab und’ konnten ungehindert ihrer
Arbeit nachgehen. Auch die Doppelkur machte keine Schädigung;
der eine oder andere fühlte sich danach vorübergehend etwas, matt,
l Die Wa.R. ist bei 8 Erkrankten nach der Bismogenoldoppelkur
geprült worden, und zwar zuletzt 1—2 Monate nach Kurende. Dreimal
wurde positive Reaktion negativ, darunter einmal bei einem Primär
affekt; in den übrigen Fällen ergab sich nur eine Abschwächung.
Behandlung mit Angiolymphe. ee
© Die weiteren Versuche sollen ja ergeben, ob Angiolymphe
nur bei Tuberkulose oder auch bei anderen Erkrankungen anzu-
wenden wäre, weiter, ob eine Dauerheilung zu erzielen sei. |
© ' Jedenfalls muß ich auf die Schmerzlinderung,
Euphorie, Gewichtszunahme, - Rückbildung von Drüsen
bei Behandlung mit Angiolymphe, die technisch einfach
`
ni Spezialarzt für Hautkrankheiten.
- Die intraglutäalen Einspritzungen der unlöslichen Quecksilber-
präparate in öliger Aufschwemmung haben zwei große Nachteile,
die besonders stark bei der ambulanten Behandlung, d. i. in der
Sprechstundenpraxis, hervortreten. Es sind die -starken Infiltrate
an den Einspritzungsstellen und die leicht auftretende Zahnfleisch-
entzündung. Erstere, die ja trotz vorsichtiger Technik. niemals ganz
vermieden werden können, sind überaus störend für die arbeitende
Bevölkerung; sie beeinträchtigen die freie Bewegung des Körpers,
besonders der Beine, und dadurch die Arbeitsfähigkeit des Be-
handelten, heben die Arbeitsfähigkeit nicht selten. ganz auf. Auch
die Zahnfleischentzündung tritt sehr häufig bei der berufstätigen
Bevölkerung“ auf, da diese während der Arbeitszeit meist den Mund
Von Dr. Krulle, Generaloberarzt a. D., Brandenburg (Havel),
Infiltrate und Stomatitis zwingen häufig die Kur für kürzere
oder längere Zeit zu unterbrechen. Öfters bricht auch der Patient
selbst wegen der Störungen und Beschwerden die Kur ab, besonders
wenn die sichtbaren Erscheinungen beseitigt sind. A k
=. Bei Injektionen geeigneter Wismutverbindungen treten, wie
Literaturveröffentlichungen besagen, die unangenehmen Erschei-
nungen nicht auf. Die Einwirkung des Wismut auf die Krankheits-
erscheinungen ist aber eine gute. Ich habe deshalb zur Syphilis-
und zwar habe ich lediglich mit Bismogenol behandelt.
‚Das Bismogenol wurde intraglutäal nach der gegebenen Vor-
schrift eingespritzt und zwar 2mal in der Woche 1,0. Bei kräf- . 1) Zschr. f. ärztl, Fortb. 1. A pril 1924
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 46. >
1619
Unter diesen Fällen aber befanden sich 3 Fälle von alter Lues
latens, die zuvor bereits mit Hg und Salvarsan erfolglos — hin-
sichtlich der Seroreaktion — behandelt worden war. Ich habe
den Eindruck, daß bei frischen Krankheitszuständen die Wa.R. durch
Bismogenol befriedigend beeinflußt wird. Bei inveterierter Lues
nützt manchmal keinerlei Therapie, und es dürfte auch kaum er-
forderlich sein, einen Umschlag durch gehäufte Kuren : erzwingen
zu wollen. |
Nur wenige Patienten haben nach Beseitigung der Erschei-
nungen die unvollendete Kur abgebrochen, weil sie der törichten
Meinung waren, es sei genug geschehen. Einzelne kamen, als sie
ihren Irrtum erkannten, wieder, um die Kur fortzusetzen. Sie hatten
nur 8—10 Spritzen erhalten und bekamen nach 2—3 Monaten neue
Krankheitserscheinungen. Also schützt eine geringe Menge Bismogenol
vor Rezidiven nicht, während die energischen Doppelkuren offenbar
eine gute Dauerwirkung haben, welche derjenigen des Quecksilbers
überlegen sein dürfte. Bei den unterbrochenen Kuren zeigte sich,
daß die wiederaufgetretenen Krankheitserscheinungen der nach mehr-
monatiger Pause fortgesetzten Kur langsamer wichen. Das besagt,
daß eine energische, planmäßig im Zusammenhang durchgeführte
Bismogenolkur dem Kranken mehr nützt, wie die gleichen Wismut-
gaben, wenn sie unregelmäßig in verzettelter Weise gereicht werden.
. Nach meinen Erfahrungen in der Sprechstundenpraxis, die sich
bis jetzt über 10 Monate erstrecken, kann ich der günstigen Be-
‘ urteilung des Bismogenol nur beistimmen. Es beseitigt die Krankheits-
erscheinungen mindestens ebenso schnell wie das Hydrargyrum sali-
cylicum; seine Dauerwirkung ist wahrscheinlich besser. Auch die
Wa.R. wird, zumal in frischen Krankheitsfällen, meist günstig be-
einflußt. Die Anwendung des Mittels ist für den Kranken angenehm;
es behindert ihn nicht; störende Nebenwirkungen treten nicht auf.
Bei der ambulanten Behandlung in der Sprechstunde bedeutet das
Bismogenol für Arzt und Patienten eine große Erleichterung; es
erscheint berufen, die unlöslichen Quecksilbersalze zu ersetzen.
Spitalul de femei, Ambulatorul policlinie, Cluj. Rumenia.
(Director medic sef: Dr. Dominic Stanca).
Die konservative Behandlung der Lymphadenitis
chancrosa mit Phlogetan.
Von Dr. Alexander Lörinczi, Abteilungs-Vorstand.
Die durch den Ducreyschen Streptobazillus hervorgerufenen
Veränderungen zeigen verschiedenen Ablauf. - Wir bezeichnen sie
je nach dem Grade der Infektion, bzw. ihrer Art, sowie nach dem
Modus ihrer Entwicklung, nach ihrer Ausbreitung, Form und Heilungs-
tendenz, sowie auch nach ihren Komplikationen verschieden: als
entzündliches, phagedänisches, serpiginöses, gangränöses oder ato-
nisches Ulcus molle usw.
| Abgesehen von den Bakterienbefunden fehlen vom histopatho-
logischen Standpunkte aus die charakteristischen Anzeichen, so daß wir
sie nach Tomaszevsky als eine durch Invasion der Streptobazillen
hervorgerufene Bindegewebsreaktion auffassen können. Wir sehen die
kleinzellige Infiltration der Basis und der Ränder voll mit Strepto-
bazillen. Die Papillarschichte geht bis zum Korium, ev. auch bis zum
Bindegewebe zugrunde. Nach manchen (Cornill) bleiben die Gefäße
. unverändert. Nach anderen (Bäumler) ist insbesondere auch die klein-
es Infiltration der Adventitia zu beobachten. Am wichtigsten ist
die Erfahrung bzw. Feststellung Fingers, nach der die ern
an der Basis des Geschwürs sozusagen frei einmünden. ichtig ist
dies darum, weil die allerhäufigste Komplikation, der Bubo, die Ent-
zündung der regionären Drüsen, auf dem Wege der Lymphgefäße zu-
stande kommt. |
Als Komplikation des Ulcus molle tritt in etwa 8—10°/, der
Fälle die Lymphadenitis chancrosa auf (Bubo inguinalis) und etwas
seltener die Lymphangoitis chancrosa. Die Tendenz zur raschen
Suppuration ist derartig charakteristisch, daß sie sich in etwa 80
bis 90°), der Fälle tatsächlich auch einstellt. Das Auftreten, bzw.
die Entwicklung des Bubos ist nicht unabhängig zunächst von dem
Ort der Infektion, aber auch von ihrer Art nicht, weil es unleugbar
ist, daß die schweren oder mit lokalen Komplikationen gemischten
Infektionen nicht selten ohne diese Gewebsveränderungen ausheilen,
während an mit Lymphgefäßen reichlich versehenen Gebieten, ins-
besondere am Frenulum und Sulcus coronarius des Mannes, wie
der Fossa navicularis des Weibes, auch eine an und für sich nichts-
sagende Ulzeration ohne diese Komplikation sehr häufig überhaupt
nicht abläuft. |
In manchen Fällen tritt der Bubo schon in den ersten Ta ren
nach der Infektion, ev. foudroyant auf, in anderen wieder, hauptsäch ich
atonischen Fällen, überrascht er nach 4—5 Wochen, ev. Monaten, häufig
erst nach Verheilung des Geschwüres. Gewöhnlich erkrankt die regionäre
Drüse. an der Seite der Infektion, nach Geschwüren an Frenulum,
sowie näch solchen, .die in der Medianlinie oder beiderseits gelegen’ sind,
tritt er bilateral auf. a $
Die Bubonen kommen also auf die Weise zustande, daß die
Streptokokken auf dem Wege der Lymphgefäße in die regionären
Drüsen gelangen und deren Erkrankung hervorrufen. Die regionäre -:
Drüse ist als vergrößerter, bald druckempfindlicher Knoten palpabel;
der sich manchmal sehr rasch entwickelt und alsbald mit der Haut
verschmilzt. Die darüber befindliche Haut ist ödematös, von teigiger
Konsistenz und rot. Die Drüsengeschwulst fluktuiert bald, ver-
eitert,. durchbricht die darüber befindliche verdünnte Haut, kann
sich aber ev. auch zurückbilden. Es ist nun erwähnenswert, daß
dieser Ablauf nicht immer von eventuellen Komplikationen frei ist.
Die Therapie kann. eine rein konservative sein, ist aber in
den meisten Fällen operativ. Die rein konservative Behandlung `
war insbesonders in solchen Fällen anwendbar, in denen der Prozeß
nicht zu vorgeschritten, bzw. bei denen Fluktuation noch nicht
nachweisbar war.
Außerdem war die Verwendung der verschiedensten resorptions-.
befördernden Tinkturen und Salben schon seit längerer Zeit im
Schwunge. Der operative Eingriff war und ist eine der häufigsten
Therapicmaßnahmen, deren Indikation auch bei der kaum wahr-
Punktion, sei es der Inzision. |
© Seit neueren Zeiten ist es die auf rein empirischer Grundlage
nehmbaren Fluktuation schon aufrecht besteht; sei es in Form der
festgestellte, immer mehr Platz greifende, sogenannte unspezilische
Therapie, über deren immer genaueren Ergebnisse die verschiedensten
Autoren berichten. Die Aufstellung, die Entwicklung und in den
allerletzten Zeiten auch die Auswahl des Materials, bzw..seine genaue
Feststellung war es, worauf sie däs Hauptaugenmerk gerichtet haben.
Die praktischen Ergebnisse waren von geistreichen Theorien
und Erklärungen gefolgt. Ich will nicht mit deren Aufzählung be-
Bonn, sondern nur auf die Tierbluttransfusion Biers als auf die erste
ewußte Proteintherapie. hinweisen, sowie auf die Feststellungen
Fingers noch aus dem Jahre 1895, daß interkurrentes Fieber gewisse
gonorrhoische Prozesse sehr günstig beeinflußt habe. Von der so-
enannten Heilfiebertherapie wissen wir heute schon, daß wahrschein-
ich im Prinzip nicht die hohen Fiebertemperaturen (die gleichfalls
nur als Folgen in Betracht kommen) es waren, welche die Heilwirkung
ausgelöst haben, sondern daß es sich um den Einfluß von Zerfalls-
bzw. Abbauprodukten handelt, auf die dann Schmidt seine Protein-
körpertherapie begründete, und sich die von Weichardt!) ausgearbeitete
Protoplasmaaktivierung und Fischers Leukozytosetherapie aufbaut.
Für erwähnenswert erachte ich noch die diesbezüglichen Unter-
suchungen Reiters, Rumpfs, Fränkls, Linders und Hirschwalds.
Als Faktum können wir es buchen, daß die bei der. unspezi-
fischen Therapie verwendeten Mittel, seien sie die unspezilische
Vakzine, Serum, Milch oder irgend ein Eiweißstoff oder ein chemisches
Präparat, ja sogar destilliertes Wasser, organisches wie anorganisches
Material auf. den kranken Organismus eine. gewisse. wohltätige Heil--
wirkung entfalten. | a
Diese Wirkung kann eine lokale und allgemeine sein. Die lokale
(Herdreaktion) besteht in Schmerz, ne Zunahme und plötzlicher _
Abnahme des Ödems im erkrankten Gebiet. Die: allgemeine Reaktion
ist subjektiv und. objektiv. Die ‚subjektive besteht in Kopfschmerz,
allgemeiner Mattigkeit, Niedergeschlagenheit, Fieber.
Die objektive: |
1. in- einer im hämatologischen Bilde nachweisbaren, auf eine |
vorübergehende
Lymphozytose, | RN
2. in einer serologisch feststellbaren Antikörperbildung und
Komplementbindung, . |
3. bakteriologisch in der Bakteriolyse,
4. in der leistungssteigernden Wirkung;
nach’ Weichardt:
Ä a) in der Einwirkung auf den hämatopoetischen Apparat,
b) in der Anfikörperbildung, | |
c) in der Steigerung der Drüsentätigkeit,
3 in der Fermentbildung, > `
e) in der Muskelwirkung,
fÍ) in der Leistungssteigerung. |
Ob diese Einwirkungen. Aktion oder Reaktion, chemischer oder.
physikalischer Natur sind, ist nicht festgestellt worden.
Mag das. Fieber Zerfalls- oder Abbau- oder Resorptionseffekt
sein, mag es durch toxische oder spezifische Produkte hervorgerufen
sein, es kann-jedenfalls nur als konsekutives Fieber angesehen werden.
Leukopenie . folgenden Leukozytose, Phagozytose,
Es ist festgestellt worden, daß nach Anwendung dieser Substanzen
1) M. m. W. 1918-19,
Sie bestand in Ruhe, in Applikation von. Kälte, .
ev. Eis, in manchen Fällen in der Anwendung von Hitze (Thermophor)..
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auch bei Nichtzustandekommen. von Fieber die Protoplasmaaktivierung
bzw. die Heilwirkung eintritt. |
Das natürliche Bestreben richtet sich dahin, die mö lichst
besten, nach Bedarf größte Wirkung zei enden Präparate herzu-
stellen, welche differenziert bei gewissen rkrankungen mit unspezi-
fischen Mitteln, spezifische Wirkung auslösen. Wichtig ist jene Fest-
stellung Weichardts; wonach diese Stoffe nicht gleichmäßig wirken,
bzw. die Protoplasmaaktivierung nicht im gleichen Maße stattfindet,
woraus natürlich folgt, daß auch ihre Heilwirkung eine verschiedene ist.
Die Behandlung der Bubonen mit diesen unspezifischen Mitteln
bat als neues wirkungsvolles Agens der rein konservativen Therapie
einen ganz besonderen Wert. |
Antoni? berichtet über mit Aolan behandelte Fälle, deren
Ergebnisse im Vergleich zu denen der von mir mit Phlogetan behandelten
Fälle nur in einer allgemeinen Beeinflussung bestehen. Die Vereiterung
hat er nicht verhindert und hat auch in den punktierten Fällen zum
größten Teil noch Eiter gefunden.
Ich erlaube mir aus meinen mit Phlogetan behandelten Fällen
einige Krankengeschichten zu reproduzieren.
i. L. J., 46 Jahre alt, Eisenhöndler, kommt am 3. Januar 1923
in meine Behandlung mit beiderseitiger, in der u hona gelegenen,
ungefähr walnußgroßen und auch schon auf geringer ruck, sowie
spontan schmerzhaften Lymphadenitis. — Am 3. Januar 5 ccm Phlogetan
subkutan, Fieberreaktion nach 4 Stunden 38,2. Am 5. Januar Ð, ecm
Phlovetan subkutan, Fieber 36,6.— Am6. Januar hat die Schmerzhaftigkeit
und Empfindlichkeit der Drüsen aufgehört. Patient bekommt jeden
2. Tag noch je 5 ccm Phlogetan ohne Fieberreaktion. Nach 10—12 Tagen
nach der ersten Injektion sind die Drüsen nachweisbar verkleinert,
ihre Rückbildung dauert auch nach Aufhören der Phlogetananwendung
an, Nach 3 Wochen vollkommene Restitution.
Die Lymphadenitiden, þei denen eine Ulzeration nicht nach-
weisbar war, haben schon nach der 2. Phlogetaninjektion ihre Empfind-
lichkeit und Schmerzhaftigkeit verloren und sich vollkommen rück-
zubilden begonnen. Nach 5 Monaten Status idem. Das war der erste
Fall, welcher auf die Möglichkeit der Phlogetananwendung bei Be-
handlung des Drüsenapparates gelenkt hat, 2
9%, N. E., Journalist, meldet sich am 3. Februar 1923 ‚mit einem
am Dorsum penis gelegenen, ungelähr 8 mm langen und 3 mm breiten
Ulcus molle, Spirochätenbefund negativ, Streptobazillen positiv. Das
Geschwür trotzt jeder Behandlung, breitet sich nicht aus, zeigt aber
auch keine Heilungstendenz. — Am 25. März. Thermokauter. — Am
6. April Anzeichen von Heilung. — Am 12. April Epithelisation.
Unterdessen wurden zweimal je 3 ccm Phlogetan zur Beförderung des
Heilungsprozesses ohne Effekt angewendet. — Am 20. April zeigt sich
in der linken Leistenbeuge ein ungefähr walnußgroßer, schmerz after,
roter, mit der Haut verklebter, luktuierender Bubo. Patient verweigert
einen operativen Eingriff. Am 20. A ril 5 ccm Phlogetan s. c., der
Bubo ist vergrößert, erhöhte Schmerzhaftigkeit sowie erhöhte Fluktuation,
Temperatur 88,2. — Am 22. April 6 cem Phlogetan subkutan, am 23. April
Temperatur 38,6. Schmerzhaltigkeit nach Angabe des Patienten wie
abgeschnitten. Die Entzündung ist augenscheinlich geringer, der rote
Hof verschmälert, livider. Noch viermal je 6 ccm "Phlogetan ohne
Fieberreaktion, Fluktuation nimmt immer mehr ab. Nach 14 Tagen
ist an der Stelle des Bubo eine livide Verlärb
ung zu sehen und eine
nicht schmerzhafte, haselaußgroße Drüse -zu tasten.
Heilung.
Beim atonischen Geschwür ist ungefähr 11 Wochen nach der
Infektion und ungefähr 8 Tage nach seiner Abheilung, ein Bubo auf-
etreten, der, obwohl sehr schmerzhaft und schon fluktuierend, nach
uftreten einer Herdreaktion vollkommen geheilt ist.
8. Z. L., Fleischhauer, kommt am 12. April 1923 in meine Be-
handlung und hat Ulcera mollia sulci coronari et ulcus molle ad
rupturam frenuli. — Aut eine unregelmäßige Behandlung nach 2 Wochen
in beiden Leistenbeugen multiple fluktuierende Bubonen. — Am 26. April
5 ccm Phlogetan subkutan, Reaktion 38,9. Die Schmerzhaftigkeit ist am
27. April vollkommen era am 28, April 5 ccm Phlogetan,
Temp. 381 — das Erythem ist geringer, keine Suppuration. Noch
ieden 2. Tag dreimal 5 cem Phlogetan ohne Fieber, alle Bubonen in
ückbildung, vollkommene Restitution.
Schon auf die 1. Injektion hat also die Schmerzhaftigkeit bei |
Bubo multiplex aufgehört. Der Patient kann seinem anstrengenden
trotzdem vollkommene Heilung.
4. K. L., Puella publica, kommt am 2. Mai 1923 in meine Be-
handlung. Vor2—8 Wochen bestanden Ulcera mollia vulvae et vaginae.
In der linken Leistenbeuge ein ungefähr kastaniengroßer, schmerzhafter
nicht fluktuierender Bubo. 5 ccm Phlogetan subkutan, Temperatur 38,9 a
Herdreaktion. Dreimal alle 2 Tage 5 ccm Phlogetan, kein Fieber.
Keine Suppuration des von Tag zu Tag kleineren Bubo. Dieser ist
nach 10 Tagen vollkommen verschwunden.
In diesem Falle ist also der Schmerz schon nach der 1. Injektion
verschwunden. Es wurden im ganzen 4 Injektionen angewendet,
2) M. m. W. 1918.
s
o E MEDIZENISOHE E S Adi
| et bubo inguin. lat. dextri.
' aber die Fluktuation verbleibt, zeigt allerdings unbedingt Besserung,
‚ antiphlogistische Behandlung, Anwendung von
Vollkommene |
5. B. L., Artist, kommt am 20. Mai 1923 mit Ulcus molle glandis
Der Bubo ist schmerzhaft, mit der Haut
verklebt; die Haut ist rot, Fluktuation. ..5 ccm Phlogetan, Temperatur
38,2 — Herdreaktion. — Am 29..Mai 5 cem Phlogetan, Temperatur
87,6 — Schmerz geringer, am 24. Mai 6 ccm Phlogetan, Temperatur
37,4 — Schmerz geschwunden. Eine lokale, antiphlogistische Behand-
lung wurde nicht angewendet. Die akuten Entzündungssymptome
bilden sich zurück, Fluktuation besteht noch. Noch zweimalige An-
wendung von 6 cem bzw. 8 ccm Phlogetan. Die Fluktuation besteht
ohne Entzündungssymptome. — Am: 27. Mai Punktion: rein seröse
Flüssigkeit, im mikroskopischen Präparat keine Erreger, neben Eiter-
zellen Lymphozyten. Noch ee. tägliche Punktion; bei jeder
Gelegenheit rein seröse Flüssigkeit. Aikroskopischer Befund Lympho-
zyten, 18 Tage nach Beginn der Behandlung vollkommene Restitution,
. In diesem Falle also hat die reine Phlogetanbehandlung keine
vollkommene Heilung gebracht, der Patient wird wohl schmerzfrei,
da die Punktionen überhaupt keinen Eiter ergeben, aber neben Eiter-
zellen mikroskopisch auch Lymphozyten nachweisbar sind. “
| 6. Frau Sz. J., kommt am 19. Juli i923 mit Ulcera mollia urethrae
et vulvae in meine Behandlung. Nach 2 Wochen Bubo multiplex lat.
sin, Lymphangoitis et oedema lab. maj. lat. sin. Große lokale Re-
aktion, lokale Komplikationen, Spirochäte negativ, Wa. R. negativ
(Lues latens), Fluor albus. — ‘Am 2. August 5 ccm Phlogetan subkutan,
noch am $. Temperatur 38,9, starke Kopfschmerzen, neben der allgemeinen
lokalen Reaktion. — Am 4. August 5 ccm Phlogetan, lokale Therapie
Ung. Hydrarg. cin., Ab-
nahme der Schmerzen, keine Veränderung des Entzündungsprozesses. —
Am 6. August 6 ccm Phlogetan, Temperatur 38,9. Die Entzündun
bessert sich, Schmerzen verschwinden, Patientin kann gut gehen. Noch .
dreimal je7 ccm Phlogetan, worauf sich der Entzündungsprozeß zurück-
gebildet hat. Fluktuation, viermalige : Punktion an 3 Stellen, seröse
Flüssigkeit. — Am 16. August rein seröse Flüssigkeit, neben Eiterzellen
Lymphozyten. Fistel, aus der sich seröses Sekret entleert. Nach
6 Wochen Heilung. |
Bei einer verhältnismäßig schweren Mischinftektion mit Bubo
multiplex, dessen Behandlung schwerer ist, ist ohne operative Behand-
lung Heilung eingetreten nach Punktionen zu einem Zeitpunkt, wo
wiederholte Eingriffe notwendig gewesen wären. G EYN
1. K.M. zeigt am 28. Juli 1223 Ulcera ` mollia praeputii et sulci
coronarii et urethrae cum bubone inguinali lat, dextri. Ein schmerz-
hafter, kleinapfelgroßer, mit der Haut verklebter, erythematöser,
fluktuierender Bubo. Sechsmal 5—8 ccm Phlogetan, nach den ersten
drei Injektionen Fieber, nach den anderen keine Fieberreaktion. Der
Entzündungsprozeß ist gemildert, bald abgelaufen. Fluktuation bleibt
im großen Bubo bestehen. In drei Punktionen wird eiterfreie, rein
_seröse Flüssigkeit entleert, die sich wieder erneuert, danach Inzision
wegen der starken Spannung. Sehr große Periinfiltration. Es entleert
sich seröse Flüssigkeit. Rasche Reinigung und Heilung.
Die vollkommene Rückbildung des großen,
scheinlich halbsuppurierten Bubo, ist durch reine Phlogetanbehandlung
goluagen. Der operative Eingriff war wegen der unangenehmen
pannung notwendig, doch ist es sehr wohl möglich, daß der Prozeß,
auf sich selbst belassen, auch so vollkommen abgeheilt wäre.
8. M.: P., Beamter, meldet sich am 10, August 1923 mit Bubo
incipiens lat. sin. Vor zwei Wochen Ulcus molle; in der linken Leisten
beuge ein a Ro schmerzhafter, druckempfindlicher Knoten.
Auf dreimal 5 ccm P er starke Allgemeinreaktion, Temperatur 89,1,
Schmerzhaftigkeit geschwunden, der Enzündungsprozeß greift nicht
weiter, die Heilung beginnt und ist nach ganz kurzer Zeit vollkommen.
In diesem beginnenden einfachen Fall ist also durch eins ver
palrni mabig geringe Medikation schon vollkommene Heilung erzielt
worden. |
Auch in meinen übrigen Fällen habe ich ähnliche Resultate
erzielt.
Die Anwendung des Phlogetans ist immer subkutan erfolgt
und zwar abwechselnd in den linken oder rechten Oberarm. Ich
habe feststellen können, daß die intramuskuläre oder an einem
anderen Orte stattgehabte Applikation nicht die gewünschte Re
aktion auslöst, selbst am Orte der Injektion nicht. Auch die Wir
kung ist eine geringere. Die lokalen Reaktionen bilden sich nach
3—4 Tagen zurück, so daß wir die zweite Injektion an derselben
Stelle machen können. Die hohe Dosierung ist scheinbar nicht zu
umgehen, doch war in keinem Falle dauernd’ eine unangenehme
Nachwirkung zu konstatieren. Fieber zeigte sich gewöhnlich pur
nach den ersten Injektionen, obwohl die lokale Reaktion auch späte!
nicht geringer war.
.
fluktuierenden, wahr,
‚beider hat sich seine präventive Anwendung nicht bewährt.
Vielleicht ist der Kontakt‘;der in den Lymphgeläßen aszendierte
Streptokokken mit dem Gewebe kein derartiger, daß eine Herd
reaktion zustande kommen kann, oder durch allgemeine Reaktion
eine nennenswerte Beeinflussung der Kokken möglich wäre.
"a 9,7
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 46. E = 1621
16; N oveınber
Die intrakutane' Anwendung des Phlogetans, insbesondere beim:
Ulcus molle ist nicht schmerzhafter.als die eines anderen Therapeuti-
kums. Ich werde mir erlauben hierüber nächstens zu referieren.
... Es kann also das Phlogetan den operativen Eipgriff über-
flüssig machen, und andererseits ist es auch gelungen, den Heilungs-.
prozeß zu verkürzen. Die konservative Behandlung dauert durch-
schnittlich 12—14 Tage, die operative, als die radikalste, dauert
zumindest solange. - Als. einzigen Nachteil könnte man viel-
‚leicht die Schmerzhaftigkeit der Applikation erwähnen; das
Fieber verschwindet nach 4—5 Stunden, die Lokalreaktion in etwa
24 Stunden, eventuell hält sie 2—3 Tage an. Wir haben im
Phlogetan ein ausgezeichnet bewährtes, für die konservative Be- '
handlung der Bubonen bisher das vielleicht geeignetste unterstützende
Agens gefunden, zumal es gelungen ist, in den mit Phlogetan be-
'handelten Fällen in etwa 60% vollkommene Heilung, in 40% eine
ganz nennenswerte Beeinflussung zu erzielen.
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
>
Aus der Bakteriologischen Abteilung am Städtischen Krankenhause
im Friedrichshain, Berlin (Abteilungsdirektor: F. Schiff).
- Zur mikroskopischen Diagnose der Bleivergiftung.
| Von F. Schiff. nz
Seit E. Grawitz die basophile Punktierung der Erythrozyten
als Frühsymptom der Bleivergiftung beschrieben hat, ist die Be-
deutung der Blutuntersuchung für die Sicherung der klinischen
Diagnose Bleivergiftung und insbesondere für die Auffindung der
Frühstadien mehr und mehr anerkannt worden, so daß heute die
Blutuntersuchung als unentbehrliches Hilfsmittel des Klinikers wie
auch des Gewerbearztes gelten darf. Für die Technik der Unter-
suchung sind in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Ab-
änderungen vorgeschlagen worden, ein Beweis für das Interesse,
das der Methode entgegengebracht wird, gleichzeitig aber auch ein
Zeichen, daß die bisher angewandten Verfahren nicht in jeder Hin-
sicht befriedigen. Als der wichtigste Fortschritt in technischer Hin-
sicht darf wohl die Einführung der Methode des dicken Tropfens
angesehen werden, auf deren Wert für die Diagnose der basophilen
Punktierung, speziell auch bei derBleivergiftung, zuerstV.Schilling!)
hingewiesen hat, und die.im Anschluß an Schilling dann auch
von L. Schwarz2), Seiffert®) u. a. empfohlen wurde.
Ein. gewisser Nachteil der Methode scheint mir darin zu liegen,
daß die Untersuchung immerhin recht subtil ist. Die basophilen
Granula, insbesondere in ihren feineren Formen, sind sehr kleine
zarte Gebilde, und die Durchmusterung vieler Präparate, wie sie
bei Reihenuntersuchungen erforderlich ist, stellt an das Auge recht
hohe Anforderungen. Ich möchte mir- deshalb erlauben, auf ein
Verfahren hinzuweisen, welches das Auffinden der basophil gekörnten
Erythrozyten sehr erleichtert, nämlich die Anwendung der sog.
Leuchtbildmethode- nach E. Hoffmann“). Das Leuchtbildverfahren,
die Betrachtung gefärbter Präparate im Dunkelfeld, hat bisher,
trotz aller Anerkennung, die der Schönheit der Bilder gezollt wird,
doch nur wenig Verwendung gefunden. In der Laboratoriumspraxis
kommt es eigentlich nur für den Nachweis der Tuberkelbazillen in
Betracht, und auch hier wird man es, darin stimme ich Gersbach?)
zu, trotz seiner zweifellosen Überlegenheit nur in Ausnahmefällen
heranziehen. Zum’ Nachweis der basophilen Punktierung scheint
` mir die Leuchtbildmethode dagegen das Verfahren der Wahl zu sein):
die basophile Körnelung tritt in ungewöhnlicher Schönheit und
Deutlichkeit hervor, die Körner erscheinen wesentlich größer als im
Helfeld, die Farbe ist überaus charakteristisch, im Mansonpräparat
ein kräftiges, ins Braune spielendes Goldgelb, bei Giemsafärbung
ein helles Grüngelb. Die Körner heben sich von dem dunkeln Unter-
grund ausgezeichnet ab, so daß sie geradezu das Gesichtsield
beherrschen und auf den ersten Blick erkannt werden. Von anderen
Blutelementen zeigen nur noch die polychromatischen Erythrozyten
denselben Farbenton, ganz wie das auch im Hellfeld der Fall ist.
"Wichtig ist, ebenso wie bei der Betrachtung im Hellfeld, die Unter-
scheidung der Polychromasie von der basophilen Punktierung. „Man
muß wissen, daß die Polychromasie auch nicht homogen, sondern
als feinziselierte blaue Netzzeichnung erscheint“ (V. Schilling),
und man muß berücksichtigen, daß sich die Polychromasie im
3) V, Schilling, M.m.W. 1917, F.B. 230; Anleitung zur Diagnose
im dicken Bluttropfen, Jena 1920. Vgl. auch Folia haematol. A.11, 327.
2) L. Schwarz, M.Kl. 1921, Nr. 22, S. 569; L. Schwarz und
Hefke,D.m.W.1928, Nr.7;vgl.auchL.Schwarz,Klin.Wschr.1922,Nr.49.
8) Seiffert, M.m.W. 1921, S. 1580. .
4) Vgl. den einschl. Abschnitt von Hoffmann in Kraus-Uhlen-
‚huth, Handbuch der eg Technik, Berlin-Wien 1922.
| r
Gersbach, M.Kl. 1924, Nr. 23.
6%) L, Michaelis hat.bereits 1905 die basophilen Granulationen
als „hervorragend schönes Objekt“ zum Studium gefärbter Präparate
m unkelfeld” |
erkannt (Virch. Arch. Bd. 179, S. 195.).
Dunkelfeld, wie bereits P. Schmidt?) vor Jahren gefunden hat,
in feinste Körnchen auflösen läßt. Da bei der Wesensverwandtschaft
der beiden Erscheinungen gelegentlich alle Übergänge vorkommen
können, so ist eine gewisse Vorsicht erforderlich. Schwierigkeiten
lassen sich aber leicht vermeiden, wenn 'man zur Einübung die-
selbe Stelle des Präparates nachträglich im Hellfeld betrachtet, was
durch eine einfache Hebelverschiebung möglich ist?). Es bleibt
natürlich jedem Untersucher unbenommen, vor Abgabe der Diagnose
stets auch einige charakteristische Stellen im Hellfeld zu betrachten.
Ob eine solche Kontrolle für den mit dem Leuchtbild des normalen
Blutes gut vertrauten stets oder auch nur oftmals notwendig ist,
möchte ich, da ein Urteil hier sehr subjektiv ist, dahingestellt sein
lassen. Jedenfalls bedeutet die Doppeluntersuchung praktisch nicht,
wie es bei der Schilderung scheinen könnte, eine Komplizierung,
sondern eine Erleichterung gegenüber den bisherigen Verfahren, weil
eben die Auffindung der verdächtigen Stellen, besonders in den
Fällen mit nur wenigen basophil punktierten Erythrozyten, ver-
einfacht ist. | F
Wenn ich somit das Leuchtbildverfahren zur Diagnose de
basophilen Punktierung sowohl im Ausstrichpräparat als auch vor
allem im dicken Tropfen empfehle, so möchte ich doch gleichzeitig
betonen, daß nun nicht ohne weiteres alle für die Untersuchung
im Helifeld aufgestellten Normen auch für das Leuchtbild als gültig
angesehen werden dürfen. Das gilt sowohl für die als „beweisend“
anzusehenden Minimalzahlen („Schmidtsche Zahl“), wie auch für
die Einzelheiten der Fixierung und Färbung?). Hier werden die-
jenigen Stellen, die über ein großes und vielseitiges Material ver-
fügen, die Entscheidung zu treffen haben.
Aus der II. Medizinischen Klinik der kgl. ung. Pázmány Peter-
Universität in Budapest (Direktor: Prof. Dr. Baron A. v. Korányi).
Experimentelle Untersuchungen
über den zeitlichen Verlauf der Doppelwirkung
` des Kalziums auf das vegetative Nervensystem. *)
Von Dr. Eugen Baráth.
Die bekannte Lehre von Kraus und Zondek, nach welcher
der Antagonismus von Kalium und Kalzium, vielleicht auch anderer
Ionen, als Grundlage der vegetativen Nervenwirkungen anzunehmen
ist, hat in Versuchen an überlebenden Organen, sowie in Tier-
versuchen, ihre Bestätigung gefunden. Nach den Untersuchungen
von Zondek ist „die Vagusreizwirkung immer dem Effekt einer
Erhöhung der Kalziumkonzentration gleich, während die Sympathikus-
reizwirkung dem Effekt der Kalziumkonzentrierung entspricht“. Nerv-
und lonenwirkung sind nach Zondek absolut identisch. Was sich
durch Reizung der vegetativen Nerven erzielen läßt, kann auch
durch das betreffende Kation erreicht werden. Die Ionen gehören
zu den Werkzeugen, deren sich der Nerv bedient, um seine Funktion
zu erfüllen. Nach den Ergebnissen dieser Lehren war es nahe-
liegend, die Kativnenwirkung auch auf das vegetative Nervensystem
des Menschen zu prüfen. Wir wissen doch seit Langley, daß die
Ergebnisse der Tierversuche gerade auf dem Gebiete der Fragen
der vegetativen Nervenwirkungen nicht ohne weiteres auf die mensch-
liche Pathologie übertragen werden können.
7) P. Schmidt, Arch. f. Hyg. 1907, 63, S.1. Schmidt beschreibt
hier auch das Verhalten von Methylenblaupräparaten im Dunkelield.
8) Sowohl der Wechselkondensor nach Siedentopf (Carl Zeiß,
Jena) wie der Helldunkelfeldkondensor von Leitz sind gut verwendbar.
9) Die wissenschaftlichen Grundlagen für die Auswahl der geeig-
neten Färbung bietet die Farbfiltermethode von Berek. Ä
*) Vorgetragen auf dem 36. Kongreß der Deutschen Gesellschaft
für innere Medizin in Bad Kissingen am 22. April 1924. Wie ich es
aus .den Mitteilungen der Verhandl. d. Deutschen Ges. f. inn. Med.
1924 ersehe, ist der Auszug meines Diskussionsvortrages aus mir un-
bekannten Gründen nicht erschienen,
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Menschen zu prüfen, wurden- nit
Die Versuchspersonen, unter denen
mit Neurasthenie, M. Basedow, Diabetes,
Weite der Pupillen, Dermograpbismus usw. wurden auch beachtet:
f mydriase geprüft und der Bulbusdruckversuch ausgeführt. Es wurde
` Die Ergebnisse der
dem bekannten starken Wärmegefühl der Patienten.
: Bulbusdruckversuch wird stark positiv; wir können weitere Verlang-
= steigerungen, wie Jansen angibt, habe ich nie beobachten können.
. über;
-
i622. nA
Die Untersuchungen, die ich ‘in 27. Fällen ‚angestellt habe,
um die Kalziumwirkung auf das vegetative Nervensystem des
folgender Methodik ausgeführt:
sich auch kranke Menschen
Ulcus ventriculi bzw.
duodeni usw. befanden, wurden früh morgens nüchtern untersucht.
Es wurden zunächst Pulszahl und Blutdruck, sowie der Ausfall des
. Aschnerschen Bulbusdruckversuches und der Prüfung auf Adrenalin-
mydriäse registriert. Zugleich wurde der Blutzuckerwert ermittelt
(Bangsche Mikromethode), sowie das qualitative Blutbild ausgezählt.
Nachher bekamen die Versuchspersonen 5 ccm ‘einer 10 %igen
CaCl,-Lösung intravenös. Die Injektion erfolgte ungefähr innerhalb
30 Sekunden. Nach Beendigung der Injektion wurde jede Minute -
-die Pulszahl und der Blutdruck: bestimmt und der Aschnersche
o Bulbusdruckversuch. ausgeführt, dann nach 10, 25, 45 und 90 Minuten
der Blutzuckerwert bestimmt, das qualitative weiße Blutbild aus-
gezählt, sowie Pulszahl und. Blutdruck kontrolliert, auf Adrenalin-
auch auf die Allgemeinerscheinungen. geachtet.‘ Nach 10 Tagen
Wiederholung des ‚Versuches mit - 10 cem 10 %iger CaCl- Lösung.
Untersuchungen wurden tabellarisch registriert. i
Wir können die Kalziumwirkung — auf Grund dieser Unter-
suchungen — folgendermaßen charakterisieren: Sofort nach der In-
jektion, sehr oft auch schon während der ‚Injektion, erfolgt eine
auffallende Pulsverlangsamung um 12—35 Schläge pro Minute, nebst.
sank in einigen Fällen bis 45—50 Schläge pro Minute. Der Aschnersche
samung des Pulses bis um 90—25 Schläge nach dem Bulbusdruck
beobachten. Die schon vor der ‚Kalziuminjektion vorhandene posi-
tive Bulbusdruckwirkung wird noch ausgesprochener. Die Pupillen
werden etwas enger. Der Blutdruck, oft nach initialer Senkung,
steigt etwas in die Höhe. Die Blutdrucksteigerung betrug in meinen
Fällen 10—20.mm Hg nach Riva-Rocci. Größere Blutdruck-
Alle die genannten Symptome haben eine sehr, kurze Dauer. 5 bis
10 Minuten nach erfolgter Injektion ist die Pulsverlangsamung. vor-
der Aschnersche Versuch fällt nicht mehr positiv aus. Der
Reduktionswert des Blutes steigt in den folgenden 11/2 Stunden,
oft nach initialer Senkung, um 10—20% des Anfangswertes. :- Die
Pupillen werden etwas weiter; in manchen Fällen können wir jetzt
eine Erweiterung der Pupille auf Adrenalineinträufelung beobachten.
EEE
Aus dem Gottfried von Preyerschen Kinderspital Wien |
(Primarius: Dozent Dr. H. Koch), _ |
ein Ersatzpräparat des Lebertrans.
Von Dr. Karl Pollak, Assistent. |
Apotheker Mag. pharm. Franz Pietschmann hat in seinem
„Resanol“ ein dem Lebertran für die Kalktherapie gleichwertiges
und dabei wolhlschmeckendes Präparat in Pulverform hergestellt,
dessen Bestandteile Calc. jod., Calc. lact., Calc. phosph., . Pepton,
Extract. Malti, Sacch. lact. sind. . | |
Das Anwendungsgebiet des Resanol entspricht nicht nur dem
Bereich des Lebertrans, sondern dem der gesamten Kalktherapie. So
wird nicht nur jede Knochenwachstumstörung (Fall 1), die auf Kalk-
armut beruht, durch Resanol günstig beeinflußt, sondern. auch die
bei Kindern so oft auftretende Übererregbarkeit des Nervensystems
mit. seinen bekannten Erscheinungen (Fazialis-Phänomen, 'spasmo-
phile .Diathese) erfolgreich bekämpft. Eine besondere - Wirkung
zeigt auch Resanol auf jene Formen des Bettnässens, deren Ursache
eine Form der Reizblase ist. Durch Resanol ist die Herabsetzung
des abnormen Reizzustandes des nervösen Miktionszentrums erreichbar
und in Verbindung mit anderen therapeutischen Maßnahmen (Diät-
regelung usw.) das .hartnäckige, lästige Leiden zu bessern. (Fall 2.)
| Aus dem übrigen Medikationsgebiet des Resanol sei außer
der bereits besprochenen Anwendung bei Rachitis und latenten
Krampizuständen, deren hauptsächlichstes Symptom. das Fazialis-
Phänomen ist, wo ein mehrwöchiger Gebrauch von Resanol. dieses
Sturmzeichen schwinden läßt (Fall 8), noch das weite Gebiet der
Resanol,
exsudativen Diathese hervorzuheben, deren mannigfache Formen
‚des -Kalziums im Resanol
durch die entzündungshemmende Wirkung
rascher abklingen. (Fall 4) > |
= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK ze Nr. 46. !
Blutdruck und Pùlszahl zeigen oft eine leichte Erhöhung. Im
. Polynükleose,
hang gebracht werden könnte.
Die Pulszahl |
| senkung, als eine amphotrope Wirkung mit initialer Vagusreizung
Pharmazeutische Präparate.
wer de Sr Na Fe
16: November.
qualitativen Blutbilde sehen wir meistens eine absolute und relative
mit Reduktion der Eosinophilenzahl. A
Die initiale Wirkung des Kalziums — wie wir sehen — ist
schwerlich als eine Sympathikusreizwirkung zu deuten. Wie es
auch Jansen in seiner letzten Mitteilung angibt, kommt es gesetż: -
mäßig zu einer initialen, kurzdauernden, starken Bradykardie. Jansen .
hat außerdem eine starke Verlängsamung und Vertiefung der
Atmung beobachtet, was nach. seiner Ansicht vielleicht mit einer-
depressorischen Wirkung auf das Atmungszentrum in Zusammen-
Die anfängliche. Bradykardie läßt
sich durch Atropin. aufheben. - Wird vor der Kalziuminjektion
0.0005. g Atropinsulfat subkutan gegeben — wie ich es in einigen
Fällen tat —, dann
vermissen auch die Bradykardie nach Bulbusdruck. Beide Wirkungen
lassen sich auch durch die intravenöse Injektion von 0,0001 g Atropin,
auf.der Höhe der Kalziumwirkung gegeben, sofort aufheben. Nach
alledem scheint die ’Kalziumwirkung am Menschen durch eine Doppel- .
wirkung gekennzeichnet ünd' zwar durch eine initiale stärkere Vagus-
reizung, nach deren Abklingen. sich die Zeichen einer schwächeren,
länger anhaltenden Sympatbikusreizung einstellen. Demnach wäre
die Kalziumwirkung auf das vegetative Nervensystem des Menschen
als eine 'amphotrope Wirkung aufzufassen. Solche amphotrope
Wirkungen einiger vegetativer Pharmaka haben schon früher manche
Autoren angenommen. So wurde z. B. die schon seit langem be
kannte paradoxe Wirkung des Adrenalins bei subkutaner Anwendung,
charakterisiert durch initiale Pulsverlangsamung und Blutdruck-
gedeutet. (Siehe bei Friedberg, Schenk und Heimann-
Trosien usw.) Einige Autoren, wie Danielopolu und seine
Mitarbeiter, sprechen von Amphotonie bei den vegetativen Giftwirkun
gen, wobei die Wirkungsweise durch die Dosierung bestimmt wird.
Die einzelnen Komponenten der zusammengesetzten Wirkung
des Kalziums können je nach den individuellen Verschiedenheiten
des Organismus schwächer oder stärker hervortreten. Es wäre dem
nach daran zu denken, auf Grund der Kalziumwirkung verschiedene
Reaktionstypen zu unterscheiden. , Diesbezügliche Untersuchungen
sind im Gange. | = Sen
Literatur: Friedberg, Erg. d. inn. Med. u. Kindhik., Bd. 20, 8.178. —
Schenk u, Heimann - Trosien, Zachr. f. d. ges. exp. Med. 1922, 29, S. 40L —
'Kraus: D. m. W. 1920, Nr. 8, S. 201. — Usenór, Zschr. $. Kindhlk., 1921, Orig, 9.
8,262. — Jansen, KL W. 1924, Nr. 17, 5. 715. — Danielopolu, Draganesco ot
Capaceano, Bull. et mèm. de la soc. méd. des höp. de Bucarest 1922, 4, Nr.2, 8. al
_ _ Hingewiesen . sei noch auf die Krankheiten, die ‚sich im
Kapitel der bämorrhagischen Diathese vereinigen: von der Purpur
simplex bis zum Morbus maculosus, bei welchen der günstige Bin
fluß der Kalktherapie nicht zu leugnen ist. —. en
Fall 1. J. M, 16 Monate alt, mit hochgradigem rach. Hydro- '
zephalus und rach. Sitzkyphose der oberen Brustwirbelsäule, große
Fontanelle 12: 8 cm, Kraniotabes, starker rach. Rosenkranz, stump!
winkeliger. 'Gibbus im Bereich der oberen Brustwirbelsäule. denpi
Lordosierung der Wirbelsäule durch Gipsbettlagerung, gemischte ost,
nach jeder Mahlzeit eine Messerspitze Resanol I, Sonnenbestrahlung.
Nach se Behandlung: fast are Verknöcherung der
l
Fontanellen, Kyphose ausgeglichen (Photokontrolle Rosenkranz zarter
und über 4 kg Swichteiunahnge: . n i S
Fall 2. K. P., 4, Jahre alt, als Säugling bei jeder fieberhaiten
- Erkrankung „Fraisen“, seit einem th J N st "täglich Bottmässen.
Harn von normaler Beschaffenheit, Genitale ohne pathologische Ver-
änderung, dagegen Fazialis Bar Kind ‚sehr ängstlich, zuckt oft m
Schlafe zusammen und verlangt bei jeder kleinen. Aufregung (Aus
schelten) den Topf. Nach Flüssigkeitseinschränkung, ` roborierender
men wöchigem Resanolgebrauch verliert sich "vollständig:
Fall 3. J. Sch., 4 Monate alt, vor einem Monat von der Brust
abgestillt, zeigt plötzlich "allgemeine Krämpfe am ganzen Körper
(Fraisen). Die Untersuchung ergibt negativen Befund bis auf stark
ositiven Fazialis. Therapie: Kupierung der Krämpfe mit 1/4 g Choral
hydratklysma und Resanol dreistündlich 1 Messerspitze mit Teo ge
mischt, verhindert eine Rezidive der Krämpfe, so .d
isch das Rind m
häusliche Pflege übergeben werden kann. Nach dreiwöchiger Kontrolle
Fazielis kaum angedeutet, nach weiteren 4 Wochen vollständig negat"
Fall 4. J. S., 21, Jahre alt, Flaschenkind, Pirquet negoti
— .
Trotz mehrfacher Salbenbehandl is i y oitmalg
Rezidive am Hals, : Kopi und Gesicht. lie Rest
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bleibt die initiale Pulsverlangsamung aus; wir - '
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16.. November | |
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1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 46.
ächen zusehends ab.
Resanol entspricht in jeder Beziehung den pharmakologischen
ee heilen unter der üblichen Salbenbehandlung sämtliche Ekzem-
l -
Vorschriften und wird als billiges und wohlschmeckendes Kalk-
präparat sich als unentbehrlich erweisen, besonders dann, wenn
Lebertran zu ersetzen notwendig ist.
Aus der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses Potsdam.
Über ein neues Expektorans: „Kresival“.
Von Chefarzt Dr. Max Schmid.
Die günstige Wirkung der Kreosotpräparate bei der Behandlung
der akuten und chronischen Bronchialkatarrhe, Bronchopneumonien
“und der Tuberkulose der Lungen steht allgemein fest. Sie besteht
in der Erleichterung der Expektoration, Minderung des Hustenreizes
und rascheren Abheilung der Entzündungsprozesse der Schleimhäute.
Die meisten der vorhandenen Präparate werden aber nicht immer
gut vertragen und da gerade die Hebung des Appetites und des
Ernährungszustandes bei tuberkulösen Kranken von größter Wichtig-
keit ist, ist trotz der zahlreichen auf dem Markt befindlichen Prä-
parate eine neue gut verträgliche Verbindung durchaus zu begrüßen.
Während nun bisher als die Hauptbestandteile des alten |
mit Erfolg angewandten Kreosot Kreosol und Guajakol gegolten
'haben, haben neuerdings analytische Versuche ergeben, daß im
nur etwa 20°, und im Kreosol etwa 30—840/,, gefunden’ hat.
Hieraus ergibt sich, daß bei der bisher ausgenützten Wirkung des
Holzteers die Kresole eine wichtige Rolle spielen müssen.
Den naheliegenden Gedanken, diese Kresole für die Therapie
. nutzbar zu machen, haben nun die Farbenfabriken vorm. Friedr.
Bayer & Co., Leverkusen, in die Tát umgesetzt. Die Firma hat
vor kurzem unter dem Namen Kresival ein Präparat in. den
Handel gebracht, das in 6°/,iger Lösung kresolsulfosaures Kalzium
enthält und von allen Patienten gut vertragen wurde. -
Die mit dem Präparat angestellten Versuche haben durchaus
günstige Resultate ergeben. Darreichungsform und Bekömmlichkeit
können als sehr gut bezeichnet werden. we
- Nach Anwendung des Kresivals kommt es zu einer leichten
schmerzfreien Expektoration und Verminderung -des Hustenreizes,
was sich besonders bei hartnäckigen Hiluskatarrhen, vorherrschend
auch bei ‘der Hilusiuberkulose der Kinder zeigt. Das Präparat
leistete aber auch bei fibrinöser Pneumonie, Grippe und. besonders
bei der chronischen Lungentuberkulose der.Erwachsenen gute Dienste.
Infolge des entzündungswidrigen und sedativen Einflusses des
Kalziums empfehlen sich auch weitere Versuche mit dem Präparat
bei katarrhalischen Zuständen infolge von exsudativer Diathese und
bei Pertussis. Die Dosis: 3—4 mal täglich ein EBlöffel, Kinder ein
Teelöffel voll mit gleichen Teilen Wasser verdünnt, kann anstandslos
längere Zeit gegeben werden, da das Präparat in diesen thera-
peutischen Gaben die Verdauungsorgane nicht reizt und seines an-
Kreosot bis zu 40°/, Kresol enthalten ist, während man im Guajakol | genehmen Geschmackes wegen gern genommen wird.
Aus der Praxis für die Praxis.
Grundzüge. der ärztlichen Psychologie (Psychodia-
gnostik und Psychotherapie) in der täglichen Praxis.
Von Dr. Heinz Fendel, Höchst a. M.,
Facharzt für innere und Nervenleiden
Kapitel 1.
Einleitung. |
Wenn Friedrich Nietzsche die Ahnung hatte: „Tausend
Pfade gibt es, die noch nie gegangen worden sind, tausend Gesund- -
-heiten und verborgene Eilande des Lebens“ — so ist es in Anbetracht
. der spezifisch Nietzscheschen Erfassungsweise der Lebensprobleme
selbstverständlich, daß diese neuen Lebens- und Gesundungs-
möglichkeiten nicht im Erfahrungsbereich der äußeren —
körperlichen — Sinne, sondern in dem desinneren — geistigen —
Sinnes liegen sollen. Worum handelt es sich bei dieser erkennenden
Betätigung des inneren Sinnes? Um den persönlichen offenen Ein-
blick in eigenste intimste seelische Tatbestände und um eine
solche Erforschungsweise der fremden Seele, die auf Analogieschlüssen
dieser Selbsterkenntnisse beruht. Es hat sich herausgestellt, daß
diese Betrachtungsweise des Seelischen, das subjektive Verstehen
anstelle des objektiven .Erklärens, das introspektiv orientierte Sich-
einfühlen in seelische Zusammenhänge die einzig zureichende Methode
zur kausalen Erforschung seelisch bedingter Erscheinungen ist.
Grundlegend und von genialer Meisterschaft auf diesem wichtigen
Gebiet psychologischer Arbeit sind, wie gesagt, Nietzsches Schriften.
„In Nietzsche lag eine besondere Fähigkeit, sein Leben und Schaffen
zum Gegenstand der Betrachtung zu machen, eine Gabe, sein Ich
mit scharfkritischem Blick zu mustern, mit dem Seziermesser zu
zerschneiden, mit der Lupe zu durchforschen“ (Oehler). — Von
dieser durch Einfühlung in die Stimmungen, Wünsche und Be-
fürchtungen des Anderen die seelischen und seelisch bedingten Er-
scheinungen dieses Anderen „genetisch verstehenden“ Psychologie
ist hier die Rede. Die ärztliche Psychologie ist ein Teil der all-
gemeinen verstehenden Psychologie, jener Teil nämlich, der sich
mit der Einfühlung in krankhafte Phänomene befaßt.
‚ , Die überlegene Bedeutung der introspektiv- psychologischen
Einsichten für die Erkennung und Beseitigung von — gewissen —
Krankheitsursachen ist mit besonderem Nachdruck von der psycho-
analytischen Schule, deren Begründer der Wiener Neurologe
Sigmund Freud ist, betont worden. Freud hat in den „Vor-
lesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ (Wien 1920) eine
zusammenfassende Darstellung seiner Lehren gegeben. Diese Lehren
sind vielfach auf- Widerspruch gestoßen. Kraepelin!) sagt von
ihnen, daß „Sie sich mehr durch eine derbe Anschaulichkeit als
1) Kraep elin, Klin. Psychiatrie. . S. 1679. Leipzig 1915,
durch die Zuverlässigkeit ihrer psychologischen Grundlagen aus-
zeichnen“. Für die Darstellung der introspektiv- psychologischen
Probleme ist nun Anschaulichkeit ein großer Vorzug. Deshalb
machen wir uns die psychoanalytische Terminologie gerne zu' eigen,
wenn auch nur in dem Sinne, wie beispielsweise Paul Ehrlich
seine Seitenkettentheorie erdacht hat, mehr zur Verbildlichung
als zur Erklärung der immunbiologischen ‚Wirkungen.
Bezüglich des Inhaltlichen freilich werden wir solche
Gewährsmänner bevorzugen, die, nicht durch die Zugehörigkeit zu
einem bestimmten Kreise dogmatisch eingeengt, die Vielseitigkeit
der: Betrachtungsmöglichkeiten tiefer erfaßt und früuchtbringender
zum Ausdruck gebracht haben.
Kapitel 2.
Vom Unbewußten.
Als Objekt der Psychologie betrachtet man zunächst die Tat-
sachen des Bewußtseins. „Das Bewußtsein begrenzt das Gebiet des
Psychischen gegen dasdesPhysischen“ 2). Demnach ist seelischesErleben
oder Seele schlechthin alles das, was — bildlich gefaßt — inner-
halb desBewußtseinfeldes liegt. Nun ist aber mehr als für irgend-
eine andere psychologische Methode in der vorstehenden Psychologie
die Fiktion verschiedener Bewußtseinsgrade zweckmäßig. |
Um im Bilde zu bleiben: Man kann sich vorstellen, daß in
den einzelnen Zonen des Bewußtseinsfeldes eine verschiedengradige,
Helligkeit herrscht. | Zr
Im hellsten Zentrum sind diejenigen seelischen Gebilde ent-
halten, die wir unmittelbar und klar erkennen, mit dem deutlichen
Gefühl der Aktivität erleben, verwerten und anderen mitteilen können,
deren Einfluß auf unser gesamtes Verhalten wir kontrollieren können.
In den nach außen folgenden Zonen nimmt die Bewußtseins-
helligkeit immer mehr ab, die Vorstellungen werden unklar, ver-
schwommen, kommen nicht mehr recht zum Bewußtsein, ihr Ver-
hältnis zu uns wird mehr und mehr unkontrollierbar.
| ‚ Ohne scharfe Grenze gehen die äußersten Zonen in das völlige
seelische Dunkel, in das im eigentlichen Sinne Unbewußte, in das
nicht mehr Psychische über. Be
Hinsichtlich der Nomenklatur ist noch folgendes anzumerken:
Von den seelischen Gebilden reden wir ‘allgemein als von
Vorstellungen und denken bei diesem Terminus „nur an das ein-
fache Vor-uns-stehen eines Inhalts“ (Natorp). Je nach der Stellung
des Inhalts innerhalb des Bewußiseinsfeldes haben wir klare und
unklare Vorstellungen. | '
Tatsache ist weiterhin; „daB die Vorstellung nie ohne ein
Moment des Gefühls und Strebens sein kann“ (N atorp). Tritt
dieses Moment besonders hervor, dann reden wir von affekt-
2) Natorp, Allgem, Psychologie, Marburg 1910,
1623
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1624
betonten Vorstellungen. Selbstverständlich können
wieder mehr oder minder deutlich bewußt sein.
auch diese
Endlich müssen wir noch wissen, daß für die zwischen der
hellen Tagesseite der Seele, alias: dem Oberbewußtsein, und der |
völligen Seelennacht liegende Dämmerungszone verschiedene Aus-
drücke gebraucht werden: Schilder?) und Kretschmer sprechen
von der Sphäre; Forel*) bevorzugt mit Max Dessoir5) die 'Be-
‚zeichnung: das Unterbewußtsein. Freud nennt auch sie das Un-
bewußte. — Die mannigfachen Termini können als Hinweis gelten,
wieviel Problematisches und zugleich Bedeutsames das Unbewußte
(im Sinne Freuds) für die medizinische Psychologie in sich birgt.
Das Unbewußte enthält nun Verschiedenes:
Einmal das nur vorübergehend Unbemerkte, besser:
nicht deutlich Bemerkte, aber bei Hinlenkung der Aufmerk
leicht Bewußtwerdende, Vollbewußtwerdende; | |
sodann das wegen Uninteressantheit Vergessene;
. schließlich das wegen seines peinlichen oder ansiö
das
samkeit
a Bigen
--Charakters Verdrängte.
Von der Verdrängung seelischer Vorgänge ist im nächsten
"Kapitel die Rede, | | =
Zunächst sei schon hier als feststehend erwähnt, daß all diese
«
mehr oder minder unbemerkteh oder vergessenen oder verdrängten
Erlebnisse, die. im Unterbewußtsein versteckten Vorstellungen für
unseren jeweiligen psychischen Zustand nicht gleichgültig sind, viel-
mehr beeinflussen sie unser bewußtes Denken und Handeln auf ganz
bestimmte, freilich unbemerkte Weise. Es sind die Gedanken, von
‚denen Balsac gesagt hat, daß „wir ihnen gehorchen ohne daß wir
sie kennen“. | E B |
Jede augenblickliche „Konstellation“, unter der sich ein
_ psychischer Vorgang abspielt, ist die Resultante bewußter und un-
bewußter Prozesse, wobei bald die einen, bald die andern in ihrer
Wirkungsstärke überwiegen [0. Vogt#®)].
‚Als sehr bedeutsam hat sich weiterhin erwiesen, daß für viele
. ` Äußerungen des Seelenlebens mehr unbewußte wie bewußte Vor-
stellungen und Strebungen verantwortlich zu machen sind. N amentlich
‘da, wo außergewöhnliche und abnorme Auswirkungen des Vor-
stellungsmechanismus zutage (treten. Wir werden noch sehen, daß
das Unbewußte hierbei oft eine absolute, selbsttätige und dabei
gleichsam den innersten Kern unseres Wesens entspringende Macht
zeigt. Freud sagt: „Das Unbewußte ist das eigentliche reale
Psychische, uns nach seiner inneren Natur so unbekannt wie das
Reale der Außenwelt, und uns durch die Däten des Bewußtseins‘
ebenso unvollständig gegeben, 'wie die Außenwelt durch die An-
gaben unsrer Sinnesorgane [Freud?)].
| Das Bewußtsein erscheint hiernach als ein Sekundäres, wie
auch schon Eduard v. Hartmann gelehrt hat. Es repräsentiert
“aber zugleich „das Höhere“, insofern „aller Fortschritt in der Ver- |
größerung und Vertiefung der . im Bewußtsein aufgeschlossenen
Sphäre besteht“ [E. v. Hartmann®)]. Wenn wir also unsre bildliche
Betrachtungsweise zu Grunde legen, so gilt es, die im Unbewußten
verborgenen seelischen Gebilde (Vorstellungen, Affekte, Wünsche,
Strebungen) in das helle Zentrum des Bewußtseinsfeldes zu rücken.
Tatsächlich ist dies die Hauptaufgabe bei der psychologischen
Krankenbeurteilung und Krankenbehandlung. ©
Kapitel 3.
Die Verdrängung.
Oberbewußtsein und Unterbewußtsein, das sind also die beiden
polaren Hilfsbegriffe, nach denen sich alle ärztlich-psychologischen
Gedankengänge orientieren. |
Man beachte num, daß es für eine ersprießliche geistige
Tätigkeit im normalen psychischen Wachzustande notwendig ist, daß
nur eine beschränkte Zahl von Gedanken im Oberbewußtsein ver--
bleibt, nämlich nur diejenigen, welche mit der leitenden Idee in
eine fördende Verbindung gebracht werden können. Zugunsten dieser
leitenden Idee, deren Beibehaltung und Förderung uns erwünscht
ist oder zweckmäßig erscheint, müssen solche Gedanken unterdrückt,
3) Schilder, Über Gedankenentwicklung. Zschr. f. d. ges. Neurol.
u. Psych. 59.
4) Forel, Der Hypnotismus oder die Suggestion und die Psycho-
therapie, Stuttgart 1921.
Max Dessoir, Das Doppel-Ich. Berlin 1889.
0.Vo gb: Zur Kenntnis des Wesens und der psychologischen
Bedeutung des Hypnotismus. Zschr. f. Hypnot. 1895—96. Leipzig.
1) Freud, Die Traumdeutung. Leipzig 1919.
8), E.v.Hartmann, Philosophie des Unbewußten. 11. Aufl. 1904.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
fassungen in Schwierigkeit bringen.
„verdrängt“ (Freud) werden, die — wie wir uns mit H. Fried.
mann®) zunächst ganz allgemein ausdrücken wollen — . zir
Unfruchtbarkeit verurteilt oder schädlich sind“. Die Auswahl der
zu verdrängenden und der zu verwertenden Vorstellungen
richtet sich einerseits nach dem erstrebten Gedankenziel, ist andrer-
seits bestimmt durch die geistige Eigenart des Denkenden,
Im Sinne der Lebensweisheit (Eudämonologie), also im Sinne
der Kunst, das Leben frei von Leid zu gestalten, werden fernerbin
solche Denkelemente ausgeschaltet, welche wegen ihrer peinvollen
Affektbehandlung das seelische Wohlbefinden bedrohen, werden solche
Regungen unterdrückt, die uns mit den allgemein herrschenden Aul-
Beispiel: „Jetzt will ich nicht darüber nachdenken, später
werde ich es tun, wenn ich ruhiger geworden bin“, sagt .„Anns,
Karenina“ (Tolstoi) im Gedanken an ihre Sünde. „Aber diese Ruhe
trat nie ein. Im Schlafe, während dessen sie keine Macht über ihre
Gedanken hatte, stellte sich ibr ihre Lage in ihrer ganzen ungeheuren
Nacktheit vor Augen.“ — Dieses Beispiel zeigt uns, daß die Ver-
drängung nicht gleichbedeutend ist mit einer Beherrschung des
Gedankens. Im Gegenteil: Die verdrängten Vorstellungen machen
uns am meisten zu schaffen, sie drängen sich auch am Tage’ immer
wieder auf und verfolgen uns nachts in unseren Träumen. Die Tat-
sache ist eine der wichtigsten, mit denen der psychologisch arbeitende
Arzt zu rechnen hat. 'Feuchtersleben!?) hat sie — bereits im
Jahre 1838 — folgendermaßen ausgedrückt: „Man muß erst eines
Objektes Herr werden, ehe man es verwirit. Was nur so auf die
Seite geschoben wird, drängt sich mit verschärftem Trotze immer
wieder auf. Nur der wirkliche Tag besiegt alle Nachtgespenster,
indem er sie beleuchtet.“ In moderner Prägung hieße dieser letzte
Satz: Nicht das Verdrängen, d. h. also das gewaltsame Unbewußt-
machen unliebsamer ‘Vorstellungen und Gefühle, ‚sondern nur die
zweckmäßige Verknüpfung derselben mit oberbewußten Gedanken:
gängen vermeidet die Klippen, welche auf der einen Seite. von der
zügellosen Herrschaft der Triebe, auf der anderen Seite von der
Neurose drohen.
Ein zweites Beispiel entnehmen wir der Tragödie „Der
'Scheiterhaufen* von Strindberg: Gerda wird von ihrem Bruder
über die unerlaubten Beziehungen ihres Mannes zu ihrer Mutter aui-
geklärt; sie erwidert: „Das habe ich schon gewußt, aber ich wußte
es doch nicht. Es erreichte mein Bewußtsein nicht, denn es war
zu viel.“ — Hier fordert die obligatorische Hochachtung vor. der
Sittenreinheit der eigenen Mutter und vor der Treue des Gatten die
Unterdrückung, das Unbewußtbleiben eines Gedankens, der an sich
sehr wohl möglich und glaubhaft, aber für die bewußte Vorstellung
‘zu ungeheuerlich, der deshalb, wie der Kunstausdruck lautet,
bewußtseinsunfähig ist. — Die Verdrängung erscheint also hier
in Form eines halbbewußten Übersehens einer peinlichen Wahr-
nehmung. Te |
Ein solches Übersehen kann aber auch gänzlich unbewußt
sein, wie im folgenden Beispiel: In der „Gespenstersonate“ von
Strindberg sieht der Alte das’ Milchmädchen nicht, weil der An-
‚blick ihn an sein früheres Verbrechen erinnern müßte. — Eine
solche Auswirkung der Verdrängungstendenz in einer negativen
Halluzination zeigt so recht die autonome Machtstellung, welche
die unbewußten Prozesse im körperlichen und geistigen Gesamtgellg?
einnehmen; sie modifizieren selbsttätig die gesamte Innervation, 5%
wohl die efiektorische wie die rezeptorische.
Auch dem Vergessen können Verdrängungs- und Verschleie
rungsabsichten zugrunde liegen. Man erinnert sich eines bestimmten
Namens oder Ausdrucks, eines Gegenstandes oder einer Person nicht
in.der — unbewußten — „Absicht, die Erweckung von Unlust durch
Erinnern zu vermeiden“ [Freud!t)]. Das Automatisch- Dynamische
solcher Vorgänge hat Nietzsche zuerst erfaßt: „Dies habe ich
getan, sagt mein Gedächtnis; dies kann ich nicht getan haben, sagt
mein Stolz; schließlich gibt das Gedächtnis nach“ — B
handelt sich hierbei also um eine ganz besondere Form des Ver-
gessens, nicht etwa um einen wirklichen Verlust der Gedächtnis-
dispositionen, sondern nur um eine temporäre Unfähigkeit zu
Reproduktion. |
Was nun das Vergessen im allgemeinen, das Schwinden der
Gedächtnisdispositionen anlangt, so ist dieses für den praktischen
‚9 H. Friedmann, Bewußtsein und bewußtseinsverwandte Er
scheinungen. Ztschr. f. Philosophie und philos. Kritik. 1910, Bd, 19
: 10) Feuchtersleben, Zur Diätetik der Seele. Reclam.
u) Freud, Zur Psychopathologie des Alltagslebens, Wien 192
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Vernunftgebrauch ebenso wichtig wie das Verdrängen, welches ge-
wissermaßen nur ein aktives Vergessen ist, und beide sind in diesem.
Sinne ebenso wichtig wie das Erinnern. Ein vernünftiges Denken
wäre gleicherweise unmöglich, wenn wir uns an nichts erinnern
- könnten, wie wenn wir uns immer an alles erinnern müßten.
- Und genau so grundlegend für das Zustandekommen eines
brauchbaren, gesunden und förderlichen Denkproduktes ist die
“richtige Auswahl der zu benutzenden und der zu unterdriüickenden ,
‘Gedankengänge. Wer eine — von einer besonderen Gefühlsbe-
tonung getragene — Vorstellung einseitig überwertet, dieser „über-
‚wertigen Idee“ [Wernicke!2)] alles opfert und jede noch so be- .
gründete Gegenvorstellung zurückweist, kann ebenso wenig zu einem
richtigen Urteil gelangen, wie der, welcher durch die überpeinliche
Berücksichtigung aller Gegenargumente gehemmt wird: —
Bezüglich der überwertigen. Idee muß noch gesagt ‘werden,
daß sich aus ihr ein „paranoischer“ (besser vielleicht: paranoider)
Zustand entwickeln kann. . Nach einem schamvollen Erlebnis fühlt
i man, als ob man überall beobachtet und abfällig beurteilt würde.
12) Wernicke, Grundriß der Psychiatrie. Leipzig 1906. -
= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
16. November = > en wer:
SE
!
Nach einer wirklichen, mehr noch nach einer vermeintlichen
Zurücksetzung oder Ungerechtigkeit, die man erfalıren hat, sieht
man bald überall Feinde und Widersacher. Man projiziert ein
Erlebnis auf die ganze Auffassung der Welt. Und man ist, wie
gesagt, dazu am meisten dann geneigt, wenn das Erlebnis subjektiv,
irrtümlich, eingebildet war, während man wirkliche und offene Feind-
seligkeit aufGrundanderer, vielleicht wiederum überwertig aber anders
orientierter Gedankenschlüsse, gering anschlägt oder verachtet. —
Unter dem Gesichtspunkt der Verdrängung betrachtet, werden
nun.auch viele neurotischen Symptome unserem Verstehen zugängiger.
Darüber sagt Kraepelin!?): „Eine Lähmung oder Empfindungs-
losigkeit, die sich an die erschreckende Berührung oder Verletzung
eines Gliedes anschließt, könnte dadurch zustande kommen, daß die
begleitende Gemütserschütterung die gesamte seelische Vertretung
jenes Gliedes aus dem Bewußtseinsinhalte des Kranken verdrängt.
Er vergißt es so vollständig, daß kein Reiz von daher über die
Schwelle des Bewußtseins gelangen kann, daß er keinen Willens-
antrieb dorthin zu senden vermag“. 5
=—— i (Fortsetzung folgt.)
189) Kraepelin, Psychiatrie, S. 126.
Referatenteil
l l unter besonderer Mitwirkung von |
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.
Gerhartz,
- Bonn a. Rb. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Gräff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), i Geh.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtil. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie). Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O.Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtakrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexzualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolti, dirig. Arzt am Königin Elissbeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide,
Sammelreferat.
: Tuberkulose.
Von Prof. Dr. med. et phil. H. Gerhartz, Bonn.
| Während ursprünglich die Tuberkelbildung dem Tuberkel-
bazillus im ganzen zugeschrieben wurde, wurde von Jaffé (1) zuerst
nachgewiesen, daß ‚sich mit Chloroformextrakten von Tuberkel-
bazillen, also mit den toxischen Substanzen des Tuberkelbazillus,
ebenfalls echte Tuberkel erzielen lassen. Ray und Shipman (2)
erreichten das Gleiche mit Äther- und Alkoholextrakten, Morse
und Shott (3) nur mit Alkoholextrakten. Sie bestreiten, in Über-
einstiimmung mit Jaffé, daß es möglich sei, mit entfetteten Tuberkel-
bazillen Tuberkel hervorzubringen. Es bleibt vorläufig noch am
wahrscheinlichsten, daß die toxischen Wachssubstanzen des Tuberkel-
bazillus allein die Tuberkelbildung bewirken. Interessant ist die
Beobachtung von Guillery (4), daß auch durch Fernwirkung von
einem tuberkulösen Herde aus eine Bildung von Epitheloidzellen
und Riesenzellen erfolgen kann. :Guillery brachte Schilfsäckchen,
in denen sich lebende Tuberkelbazillen befanden, deren Gift also
aus den Säckchen heraus diffundieren konnte, Kaninchen in die
Bauchhöhle und beobachtete darnach an entfernten Stellen Tuberkel-
bildung. Ob durch Giftwirkung entstandene Tuberkel auch ver-
käsen können, ist bisher experimentell noch nicht erwiesen.
‚. Nach .außen hin werden die Tuberkel durch einen entzünd-
lichen Prozeß begrenzt, .der für die Propagation der Tuberkulose
von großer Bedeutung ist. Von Pagel (5) wurde gezeigt, daß als
quivalent der perifokalen Entzündung auch nichtentzündliche Ge- .
websveränderungen, z. B. Blutungen, ohne sonstige Zeichen der Ent-
zündung, vorkommen können, die wohl auch auf Toxinwirkung be-
ruhen (Autotuberkulinisation).
_ Als besonders gutartig verlaufende Tuberkulosen sind die tuber-
kulösen Solitärknoten, die zirrhotische Tuberkulose, die chronische
fibröse peribronchitische Knötchentuberkulose, die großknotige und
homogenherdige fibröse Tuberkulose anzusehen. Genaueres hierüber
und über ihre Unterscheidung habe ich an anderer Stelle mitge-
teilt (6) und bereits 1916 das röntgenologische Bild einer gutartigen
generalisierten, nach Art der Miliartuberkulose disseminierten Tuber-
kulose beschrieben (7). Die genaue klinische Schilderung dieses
Typs verdanken wir Grau (8). Neuerdings hat E. Fraenkel (9) |
En milde generalisierte Tuberkulose des Erwachsenen zum
egenstand eines Vortrages gemacht, die klinische Bedeutung dieser
Orm unterstrichen und auch auf ihr Äquivalent, die primäre Pleu-
ritis, hingewiesen. Für ihre Erkennung sind‘ außer letzterer der |
Nachweis der Tuberkelbazillen im Blut, die Tuberkulinproben, der :
Erfolg einer Tuberkulinbehandlung, bestimmte Störungen des vege-
‚tativen Nervensystems, also toxische Allgemeinstörungen und un-
spezifische örtliche Symptome, allein nicht ausreichend. Erforder-
lich ist der charakteristische röntgenologische Befund und im übrigen
am ehesten verwendbar noch die Tuberkulinherdreaktion. Kranke
mit milder generalisierter Tuberkulose sind besonders gefährdet,
später an chronischer, allerdings gutartiger, manifester Lungentuber-
kulose zu erkranken. In therapeutischer Hinsicht bewährte sich
Fraenkel Arsen, natürliche und künstliche Besonnung, äußere :
Tuberkulinanwendung (Ponndorf, Ektebin), nicht dagegen die sub-
kutane Tuberkulinbehandlung. |
Die Schwierigkeit der Diagnose der metastasierenden Tuber-
' kulose macht sich auch besonders fühlbar bei der Erkennung einer `
traumatischen Tuberkulose. Hier vergeht vom Unfall bis zum
Manifestwerden der Tuberkulose mit örtlichen Krankheitserschei-
nungen ein Latenzstadium. Grau (10) nimmt an, daß frühestens
1—2 Wochen nach dem Unfall, spätestens aber nach 3—6 Monaten
sich die ersten sicheren Zeichen der Tuberkulose zeigen müssen.
Nur dann, wenn die Tuberkulose infolge einer traumatisch bewirkten
Verschlechterung der Konstitution und der Abwehrverhältnisse au: `
gelöst werde, sich also an den Unfall ziemlich unmittelbar Ab-
magerung, Mattigkeit, Verminderung der Leistungsfähigkeit als
Brückensymptome anschlössen, dürfe die Latenzzeit weiter, bis. ein
Jahr und sogar noch länger, angenommen werden. Letztere Fälle
von Aktivierung einer latenten Tuberkulose auf dem Wege über
eine konstitutionelle Schädigung des Körpers sind aber selten; im
allgemeinen handelt es sich bei der traumatischen Tuberkulose um
eine unmittelbare Verschlimmerung eines bereits vorhandenen aktiven
oder inaktiven tuberkulösen Herdes durch ein in der Nähe der Er-
‚krankung einwirkendes Trauma, eventuell mit metastatischen Neu-
infektionen.
Daß eine endogene Reinfektion vorkommen kann, ist
durch einige wenige Beobachtungen sehr wahrscheinlich gemacht.
‚In letzter Zeit haben Ghon und Kudlich (11) für das Vorkommen
einer endogenen lymphoglandulären Reinfektion bei abgeheiltem
Primäraffekt Material beigebracht, also für einen Infektionsmodus,
bei dem eine exogene Reinfektion ausgeschlossen ist und die neuen
tuberkulösen Herde durch Exazerbation der sekundären Lymph-
drüsentuberkulose entstehen. Diese Feststellungen scheinen mir von
' großer klinischer Bedeutung, insofern sie die von mir wiederholt -
gemachte Beobachtung, die aber von Anderen bestritten wurde, be-.
1635.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. 16. Novembör
stätigen und erklären, daß sich bei einer ausgedehnten Tuberkulose 6.
einer Seite die ersten Herde der anderen Seite- lediglich um den |
Hilus gruppieren, die Tuberkulose sich also zentral von einem Hilus
auf den anderen verbreitet (12). Ich habe, um dies zu verhindern,
vorgeschlagen, operativ die Bronchien der ersterkrankten Seite zu
stenosieren.
retrosternales lästiges Druckgefühl bei Bronchialdrüsentuber-
kulose und bei Mediastinitis fibrosa nach schwieliger Pleuritis
und Lymphadenitis, rm
. Retrosternalschmerz bei akuter Bronchitis,
. Herzschmerzen infolge Perikarditis,
. Stechen in den Flanken, Schulterschmerzen, „Brennen“ zu
beiden Seiten der unteren Brustwirbelsäule infolge Pleuritis
diaphragmatica, ` E
. Gefühl einer „inneren Zerreißung“ bei Spontanpneumothorax.
_
o o N
Über die größere praktische Bedeutung des einen oder anderen
Reinfektionsmodus ist im übrigen noch wenig Sicheres bekannt. In |.
letzter Zeit sind sowohl für die eine, wie für die andere Reinfek-
tionsart statistische, klinische und anatomische Unterlagen. beige-
| Druckschmerzhaftigkeit kommt vor: T
bracht worden, die aber leider noch kein sicheres Urteil zulassen.| 1. als Empfindlichkeit der Dornfortsätze der Brustwirbel hei
[Ballin (13), Bräuning (14), Brinckmann (15), Hillenberg (16)]. Bronchialdrüsentuberkulose, |
Daß ein Locus majoris praedispositionis für eine tuberkulöse Infek- 2
tion eine Rolle für die Lokalisation der tuberkulösen Metastase
spielt, zeigt eine Beobachtung von Terplan (17), wo es bei einem |
tuberkulösen Kinde im Anschluß an ein schweres Trauma zu einem
Konglomerattuberkel des Gehirns an der Stelle des Traumas, im
weiteren Verlauf zu einer Tuberkulose des Seitenventrikels und zu
einer diffusen basalen tuberkulösen Meningitis kam.
Hinsichtlich der noch ‘umstrittenen Frage nach der. klinischen
Bedeutung der Kavernen ist Grau (18), wie die meisten Kliniker, ,
der Ansicht, daß eine Kaverne die Prognose sehr trübt. Die Vorher-
sage wird aber in erster Reihe durch die Grundrichtung des tuber-
kulösen Erkrankungsvorganges bestimmt. Kommen doch die Höhlen-
bildungen hauptsächlich . bei den knotigen und pneumonischen
Prozessen vor. Bei den zirrhotischen. Tuberkulosen können sie
eventuell jahrzehntelang ertragen werden. Ich selbst fand auch bei
den kleinknotigen disseminierten Tuberkulosen, bei denen Kavernen
oft vorkommen, ohne Kavernen eine geringere: Mortalität als beim
Vorhandensein von Höhlen, ferner bei der ersteren Form häufiger
die Zeichen einer Schrumpfung der Herde, weniger oft Blutungen;
geringeres Fieber, eine geringere tägliche. Auswurfmenge und eine
bessere Reaktion auf die Liegekur. |
i Ein wenig bekannter, aber auch in klinischer Hinsicht gut
' charakterisierter Krankheitstyp ist die durch Hühnertuberkel-
bazillen entstandene Tuberkulose (Löwenstein [19]. Das
klinische Bild ist bestimmt dürch einen sepsisartigen Verlauf mit
anfänglichen großen Temperaturamplituden, zeitweisen fieberfreien
Intervallen, mit starken Nachtschweißen, Milztumor, Zeichen der
Knochenmarksreizung (Polyzyihämie), Massenschüben von Hühner-
tuberkelbazillen im Harn, bzw. mit außerordentlich großem Bazillen-
reichtum in sonstigen Ausstrichprävparaten.. Der Meerschweinchen-
versuch mit Eiter, Harn oder Reinkulturen fällt negativ aus. Die
Kulturen entwickeln sich am besten auf Glyzerinkartofiel, 4%/,igem
Glyzerinserum oder Dorsetschem Eiernährboden. Bezeichnend ist
auch das leuchte, schleimige Wachstum. In therapeutischer Hin-
sicht soll sich Vogeltuberkulin bewährt haben. |
Von Brieker (20) wurden interessante Versuche über die
Beziehungen der Tuberkulose zu den Geschlechisdrüsen
ausgeführt. Kastriertie Kaninchen mit experimenteller Tuberkulose
hatten eine größere Lebensdauer als nicht kastrierte. . Während die
letzteren kurz’ nach der Impfung mit Tuberkelbazillen an Gewicht
abzunehmen begannen, hielten sich die kastrierten Kaninchen sehr
lange auf ihrem Gewicht. Von Stuhl (21) wurde die Pubertäts-
. als Mussyscher diaphragmaiischer Druckpunkt an dem Schnitt-
punkt der verlängerten 10. Rippe mit der Parasternallinie in-
folge Reizung des N. phrenieus bei Pleuritis diaphragmatica,
3. als Druckempfindlichkeit des Plexus cervicalis bei Spitzen-
tuberkulose, | T
4. als Refleshyperästhesie im M. trapezius und in den Haut-
bezirken der 3.—4. Zervikal- und 3.—9. Dorsalzone.
Ä Über die klinische Beurteilung geringfügiger Lungenspitzen-
- tuberkulosen ist von Romberg und Kerber (24) eine’ sehr
lesenswerte Übersicht ‘erschienen. | |
Zu den bereits bekannten, zur Spitzentuberkulose disponieren-
den angeborenen Momenten kommen nach Zeitschel (25) noch
a) erworbene Anomalien der Weichteile: 1. postoperative Lähmung
des Akzessorius beiderseits, 2. Atrophie des M. pectoralis, bY er-
worbene Anomalien des Knochengerüstes: 1. Hochstand des Schulter-
blattes, 2. Wirbelsäulenversteifung, 3. Ankylose einer Schulter.
Wolif-Eisner (26) verhält sich auf Grund eigener Beobachtungen
und nach kritischer Durchmusterung der Literatur der disponieren-
den Rolle gegenüber, die die Verknöcherung der 1. Rippe nach
Freund und Hart spielen soll, sehr skeptisch. u
Schneider (27) erinnerte an die beträchtlichen Unterschiede,
die bisweilen zwischen dem Bereiche der auskultatorischen Er-
scheinungen und der tatsächlichen Ausdehnung des tuberkulösen
Prozesses gefunden werden, und die. dadurch bedingt sind, daß die
katarrhalischen Erscheinungen bei der Lungentuberkulose nicht nur
durch spezifische Katarrhe, sondern auch durch unspezifische Ver-
änderungen der Bronchialschleimhaut, infolge‘ Hypertrophie und
Atrophie der Schleimhaut, kleine Erweiterungen und Verengerungen
des Lumens der Bronchialäste, wechselnde Schwellungszustände der
Schleimhaut mit sekundärer Sekretstauung, selbst über vernarbtem
‘Gewebe, entstehen können. Von Simon (28) wurde neuerdings
wieder darauf aufmerksam gemacht, daß nicht alle fleckigen und
strangförmigen Verschattungen in den Lungenröntgenbildern von
Kindern etwas mit Tuberkulose zu tun haben, sondern auch bei
‚anderen Infektionskrankheiten mit Beteiligung der Lungen und der
Luftwege und bei chronischen Katarrhen der tieferen Luftwege vor-
kommen. Den Ausschlag gibt die Tuberkulinreaktion. =
v. Frisch (29) stellte sich die Aufgabe, die spezifischen Toxine,
|‘ die bei der Tuberkulose wirksam werden, im Blute nachzuweisen.
Diese Versuche fielen negativ aus, so daß es wahrscheinlich ist,
daß die Giftwirkung von den Zerfallsprodukten des körpereigene
tuberkulösen Gewebes ausgeht: wa |
Wie Beobachtungen von Gänsslen und Maier (80) zeigen,
fällt mit der Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Refrak-
tionswert des Blutserums stark ab und zwar steigt dabei der Glo-
bulinanteil gegenüber dem Albuminwert. Die Globulinvermehrung
prüfte Kruchen (31) mittels der Daranyischen Reaktion. Nach
seinen Untersuchungen hat die Bestimmung der Kolloidlabilität keine
große praktische Bedeutung, vor allem nicht für die Erkennung
der beginnenden Tuberkulose, da ein negativer Ausfall der -Probe
nicht gegen das Vorhandensein einer tuberkulösen Lungenerkrankung,
nicht einmal einer aktiven Tuberkulose, spricht. Doch kann die
Reaktion wertvoll sein für die Beurteilung der Art und Ausdehnung
der Erkrankung und die Prognose, insofern eine positive nn
im allgemeinen für Aktivität spricht. Leider fällt aber auch 4
sicher aktiven ulzerösen Prozessen in 23 °/ der Fälle die Pro
negativ aus. Bei inaktiven Fällen ist die Reaktion immer negats
Die Lezithin-Kalziumchlorid-Ausflockungsreaktioß nach Such
und Klopstock, sowie die Fornetsche Agslutinationsmethode iS
amenorrhoe mit der Tuberkulose in ursächlichen Zusammenhang
gebracht. Sie soll der spezifischen Behandlung sehr zugänglich
sein. Maendl (22) wies darauf hin, daß die klinische Untersuchung
beim Bestehen eines aktiven oder noch aktivierbaren spezifischen
Prozesses zur Zeit der Menses besonders ergiebig ist. Namentlich
Rasselgeräusche finden sich oft während der Menstruation über
Lungenteilen, über denen sie außer dieser Zeit nie zu hören sind
(Mensesreaktion). Auch die Schmerzen der Tuberkulösen werden
dann stärker, wie Schick (23) in einer kurzen Übersicht über
deren Vorkommen berichtet. | |
Schick unterscheidet folgende Schmerzphänomene:
1. Schmerzen in der Schulter oder zwischen den. Schulterblättern
infolge Reizung des N. phrenieus durch eine Pleuritis,
2 in die oberen Extremitäten aussirahlendes Ziehen infolge Peri-
neuritis des Plexus brachialis, verursacht durch eine Spitzen-
pleuritis, |
8. Otalgie infolge Nackendrüsenschwellungen, nach Brünecke (32) für die Aktivitätsdiagnose der Tuberkulos
4. reflektorisch entstandene Trigeminusneuralgie, nicht brauchbar. & P
5. Kopfschmerzen, besonders bei Bronchialdrüsentuberkulose und Hinsichtlich der Verwendbarkeit der Komplementbindung
bei gutartigen tuberkulösen Spitzenprozessen,
zum Teil ‘durch | gaben Versuche von Seiffert und Meier (33) an Rindern,
Tuberkulotoxine ‘hervorgerufen,
Methode spezifisch und neben den übrigen diagnostischen Hilfsmit
zur Feststellung der Aktivität eines tuberkulösen Herdes von Wert
ist. Vorderhand ist aber der praktische Nutzen des Verfahrens
und Sonnenfeld (34), die bei der klinischen Prüfung in nur 60 9),
der Fälle Übereinstimmung von serologischem und. klinischem Be-
fund, in den übrigen 40 °/, Versager fanden.
`”. Der Wert der Grafe-Reinweinschen Methode, mit Hilfe
einer kombinierten Anwendung von Tuberkulininjektion und Senkungs-
reaktion die Differenzierung von aktiver und inaktiver Tuberkulose
vorzunehmen, wurde von Tegtmeier (35) bestätigt.
Nach den Untersuchungen von v. Frisch und seinen Mit-
arbeitern Klimesch und Silberstern (36) verschwindet Tuber-
kulin, das Kaninchen intravenös injiziert wird, sehr rasch aus dem
Blute. Dabei ist es gleichgültig, ob die Kaninchen gesund oder
tuberkulös sind. Über die Beziehungen zwischen der Tuberkulin-
reaktion und dem Wasserhaushalt wurden aus den Versuchen von
v, Frisch und Braun (37) folgende Auffassungen abgeleitet: „Das
injizierte Tuberkulin ruft eine Herdreaktion hervor, als deren Folge
ein vermehrter Zellzerfall und damit Ausschwemmung von Fibrinogen
in das Blut resultiert. Diese Hyperinose nun hat einen Anstieg des
Quellungsdruckes im Blut zur Folge. Es steigt das Wasserbindungs-
vermögen des Blutplasmas, daher ist die Diurese vermindert. Sistiert -
: in der Folge der Zellzerfall und wird das Fibrinogen allmählich in
höher disperse Fraktionen aufgespalten, so wird der Quellungsdruck
sinken, es wird Wasser frei und der Niere zur Ausscheidung an-
geboten und wir werden eine Harnflut beobachten können.“
Langer (38) teilte mit, daß es mit einem von ihm her-
gestellten, aus abgetöteten Tuberkelbazillen gewonnenen Impfstoff
gelang eine echte Allergie zu erzeugen, so daß tuberkulosefreie Meer-
schweinchen dadurch tuberkulinempfindlich wurden und gegen eine
tuberkulöse Infektion in gewissem Grade geschützt waren. Es ge-
' lang auch Säuglinge mit einmaliger intrakutaner Injektion des Impi-
. stoffes für viele Monate tuberkulinempfindlich zu machen. Vielleicht
ist es auf diesem Wege möglich Säuglinge gegen eine tuberkulöse
Infektion zu schützen.
‚Zur Tuberkulintherapie schlug Fischer (39) vor, um
Fehler in der Konzentration der injizierten Tuberkulinlösung zu
vermeiden, das reine Tuberkulin mit dem Serum des Kranken zu
mischen: 1 mg AT gemessen im 20. Teil eines Impfröhrchens, das
0,05 Taberkulin faßt,. wird mit 0,2 com Zentrifugenserum des Kranken
vermischt und damit eine 1—1!/, °/,ige Tuberkulinautoserummischung
in der Spritze hergestellt. Die eingespritzte Menge beträgt die
Hälfte oder 1—11, mg T K. Bei dieser Technik sollen keine All-
_ gemeinerscheinungen auftreten. Ä
Baumann (40) bewährte sich das Tebeprotin als ein gutes,
dem AT in vielem überlegenes, sehr gut dosierbares Diagnostikum,
während Lydtin (41) es für dem AT gleichwertig hält. Leider
treten auch beim Tebeprotin, wie Schröder berichtet, bisweilen
Schädigungen auf. Es empfiehlt sich höchstens einmal wöchentlich
und nur kleine Dosen zu spritzen. Auch das Ektebin erwies sich
als ein brauchbares Unterstützungsmittel der Allgemeinbehandlung,
das imstande war bei 70 °%/, leichter Fälle subfebrile Temperaturen
zur Norm zurückzubringen. Klinekmann (42) fand, daß das
Ektebin nicht mehr und nicht weniger leistet als jedes andere Tuber-
kulin. Nach Eicke (48) kömmt auch die Ponndorfimpfung nur
für fieberfreie Fälle von Lungentuberkulose in Betracht, nicht für
Schwerkranke. Das Verfahren ist sicher spezifisch.
Deycke (44) gab eine neue spezifische Behandlungsart be-
kannt, die den Vorteil hat, daß sie viel billiger als die bisherige
Methodik ist, insofern bei Leichtkranken in den ersten drei Wochen
keine besondere ärztliche Überwachung notwendig ist. Von der
Erfahrung ausgehend, daß die unlöslichen Teilstofe des Tuberkel-
bazillus durch die Verdauungssäfte nicht beeinträchtigt werden,
läßt Deycke das Partigengemisch M.Tb.R., enthaltend das unlös-
liche Eiweiß A und die beiden Fettkörper F und N, in Tropfen-
form gebrauchen. Es wird mit der schwächsten Konzentration
(1 : 100000 Millionen) der M.Tb.R.-Aufschwemmung begonnen und
täglich nach einem einfachen Richtplan gestiegen, z. B. in fol-
gender Weise: | |
1]. Tag: M.Tb.R. 1:100000 Millionen = 2 Tropfen,
er „ 1:10000 ,ẹ = 4 ,„
8 y „ 1;100000 , =6 ,
4 y „ 1:10000 , = 9 ,
5 a „ 1:100000 ,„, =12
6. „ „ 1:100000 5 = 15 ,
Un „ l; 10000 „ =2 ,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
16. November zu RG | |
noch nicht erwiesen. Zu dem gleichen Ergebnis kamen Kalcher.
: 8. Tag: M.Tb.R.1:10000 Millionen = 4 Tropfen.
9. „ „ 1:00 , =6 „
10. „ 2.1200 „, =9 „.
1l. „ „ 1100 , =12 ,
12. , „ . 1:1000 ,„ =15 „
13. „ = 1: 1000 7 = 2 E
14. „ 2» 1: 1000 = 4 ,
b>]
und so fort.
Die Kur ist im allgemeinen bei der Verdünnung 1:1 Million
abzubrechen, noch früher, wenn sich Grenz-Allgemeinreaktionen ein-
stellen (Unbehagen, Kopfschmerzen, leichtes Benommensein, Ab-
geschlagenheit, Temperatursteigerung). © nE Ä Ä
Grass (45) empfahl als gutes Symptomatikum Inhalationen
mit Cortalit-Scheriog (aus Eichenrinde), die die Expektoration
erleichterten, den Hustenreiz besserten und die Auswurfmenge oft
erheblich verminderten. Ä
‘ Bei der Behandlung der trockenen tuberkulösen Pleuritis
bewährte sich Bársony und Holló (46) die Röntgenbestrahlung.
Winkler (47) untersuchte den Wert der reizlosen und sehr
bakteriziden Preglschen Jodiösung für die Behandlung des tuber-
| kulösen Pyopneumothorax. Da die Gewebsflüssigkeit beim Pyo-
pneumothorax reich an CO, ist und die CO, aus der Preglschen
Jodlösung Jod in Freiheit setzt, so ist eine Abspaltung von Jod
sicher. Das Jod wird aber sehr bald an die Körperzellen gebunden
und übt nun eine deutliche Heilwirkung aus, so daß der Pyopneumo-
thorax in einen Seropneumothorax umgewandelt wird. Das beste
Verfahren ist, eiterige Exsudate so schnell als möglich zu entfernen,
dann mit Borwasser die Pleurahöhle auszuwaschen, nun mit der
Preglschen Jodlösung gründlich durchzuspülen und einen kleinen
Rest (erst 50 ccm, später bis 300 com) Jodlösung zurückzulassen.
Diese Behandlung muß möglichst schnell durchgeführt werden, um
die Bildung von Pleuraverdickungen zu ‚verhindern.
Literatur: 1. Rud. Jaffe, Zschr. íi. Tbe. 1924, 40, H.4, S;284—286. — 2. Ray
und Shipman, Amer. rev. of tbe. 1923, 7, Nr.2, 8.88, ci.1. — 3. Morse und Shott,
Journ. lab. and clin, med. 1916, 11, S.159, cit, 1. — 4. H. Guillery, Zschr. f, Tbe. 1924,
40, H.4, S.286 u. Bd. 86, H.1. — 5. W. Pagel, Beitr. z. Klin. d. Tbc. 1924, 59, H. 1/2,
.8.261—266. — 6. H. Gerhartz, Ebenda 1922, 51, H.3, S. 252 ff. — 7. Derselbe, Ebenda |
1916, 84, H.2, S. 198. — 8. H. Gran, D.m.W. 1919, Nr.82. — 9. E. Fraenkel, Zachr.
i. Tbc. 1924, 40, H.8, S.181. — 10. H.-Grau, Ebenda 1924, 40, H.8, S.176. — 11. A. Ghon
| und H. Kudlich, Ebenda 1924, 41, H.1, 8.1. — 12. H. Gerhartz, Beitr. z. Klin. d. Tbe.
1916, 34, S.202 u. 1922, 51, H.3, 8.274. — 18. Ballin, Żschr. f. Tbe. 19%, 40, H. 1,
S.42. — 14. Braeuning, Ebenda 1924, 40, H. 1, S. 38. — 15. E. Brinckmanı, Beitr. z. Klin.
d. Tbe. 1924, 58, H.2, S.215. — 16. Hillenberg, Zschr. f. Tbe: 1924, 40, H. 2, S.88. — `
17. K. Terplan, Ebenda 1924, 41, H.1, S.41. — 18. H. Gran, Ebenda 1924, 40, E 2,
S.81. — 19. E. Löwenstein, Ebenda 1924, 41, H.1, 8.18. — 20. F. M. Bricker, Ebenda
1924, 40, EL 3, S. 198. — 21. Stuhl, Ebenda 1924, 40, H.3, S.189. — 22. H. Maendl,
W.kl.W. 1924, Nr.18. — 28. A. Schick, Ebenda — 24. E. Romberg und Br. Kerber,
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1924, 58. H. 4, S. 349. — 25, C. Th. Zeitschel, Ebenda 1924, 69,
H. 1/2, S.26. — 26. A. Wolff-Eisner, Ebenda 1924, 59, H. 1/2, S.300. — 27. A. Sohnelder,
Zschr. f. Tbe. 1924, 40, H 5, S. 849. — 28. G. Simon, Ebenda 1924, 40, H. 1, S. 84. —
29. A. V. v. Frisch, Beitr, z. Klin. d. Tbe. 1924, 58, H. 8, S. 280. — 30. M. Gänsslen und
0. Maier, Zschr. £. Tbe. 1924, 40, H.5, 8.821. — 81. C. Kruchen, Beitr. z. Klin. d. Tbe.
1924, 58, H. 3, S.301. — 32. K. Brünecke, Ebenda 1924, 59, H 1/2. S. 190. — 33. G. Seiffert
und J. B. Meier, Ebenda 1924, 58, H. 4, S.370. — 34. H. Kaicher und A. Sonnenfeld,
Zschr. f. Tbc. 19214, 40, H, 6, S. 420. — 35. Tegtmeier, Ebenda S. 442. — 36. A.V. v. Frisch
und E. Klimesch, Beitr. z. Klin. d Tbe: Bd. 68, H. 8, S. 261; A. V. v. Frisch und
E. Silberstern, Ebenda S. 264. — 87. A. V. v. Frisch und J. Rraun, Ebenda S. 272, —
38. H. Langer, Klin. Wachr. 1924, Nr. 43, S. 1914—1947. — 89, C. Fischer, Zschr, £. Tbe.
1924, 40, H. 1, 8.28. — 40. Fr. Baumann, Beitr. z. Klin. d. Tbe.. 1924, 59, H. 1/2, S. 18. —
41. K. Lydtin, Zschr. £ Tbe. 1924, 40, H. 4, S.261. — 42. E. Kliuckmann, Beitr. z. Klin.
d. Tbe. 1924, 58, H. 4, S. 414. — 48. 0. Eicke, Ebenda 1924, 59, H. 1/2, S. 204. —
44. @. Deycke, Zschr. f. Tbe. 1924, 40. H.8, 8,161. — 45. H. Grass, Ebenda 1924, 40,
H. 4, S. 287. — 46. T. Barsony und J. Holló, Ebenda 1924, 40, H. 4, S. 278. —
47. U. Winkler, Beitr, z. Klin. d, Tbo. 1924, 69, H.1/2, S. 218,
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 41 u. 42.
Nr. 41. Die Diagnose des spinalen Subarachnoidalblocks mittels .
kombivierter Lumbal- und Zisternalpunktion erläutert Eskuchen (Zwickau)
an 4 Beispielen. Die Diagnose gründet sich auf die verschiedene Beschaffen-
heit des lumbalen und zisternalen Liquors, auf das unterschiedliche Ver-
halten des lumbalen und zisternalen Drucks bei der Anfangsmessung, beim
'Queckenstedtschen Versuch und bei der Liquorentnahme, ferner auf das
Fehlen des Farbstoffübertritts von einer Punktionsstelle zur anderen und
auf die Unmöglichkeit des Luftübertritts vom lumbalen Liquorraum in die
Zisterne und in die Ventrikel. Für die Diagnose der Liquorstase ist
weiterhin außer dem klassischen Kompressionssyndrom (Frouin bzw. Nonne)
das Verhalten der Weichbrodtreaktion und der Kolloidreaktion von be-
sonderer Bedeutung. Charakteristisch ist die Rechtsflookung der Gold-
reaktion. — Eskuchen empfiehlt die Zisternenpunktion als eine der
Lumbalpunktion gleichwertige Methode, die vor dieser noch eine Reihe .
Vorzüge besitzt.‘ Die kombinierte Anwendung beider Methoden kann
diagnostisch und therapeutisch besonders fruchtbar sein, l A
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1628 01986 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. 16. November
Zur Symptomatologie und symptomatischen Therapie der Poly-
zythämie beschreiben Beltz und Kaufmann (Köln) einen Fall von Poly-
cythasmia rubra (Vaquez), der dadurch charakterisiert ist, daß bei er- |
höhter Blutmenge das Gesamtplasma absolut vermindert ist. Das Plasma
EH besitzt infolge Flüssigkeitsverarmung einen der Bindickung entsprechend
W Ajai erhöhten Eiweißprozentgehalt. Ausgiebige Aderlässe mit nachfolgenden
AENA Salzinfusionen sind in derartigen Fällen besonders bei Neigung zu Throm-
bosen angezeigt.
Über die antianaphylaktische Wirkung von Mineralwässern be-
richtet Cahn (Berlin) auf Grund seiner Versuche an Meerschweinchen.
Sämtliche mit Vichywasser behandelten Tiere wurden vor dem anaphylak-
| | tischen Shock geschützt. Bei Versuchen mit deutschen alkalischen Mineral-
Ba NT -= wässern zeigte sich bei Anwendung von Emser und Wildunger Wasser eine
URHRSRRRIE deutliche Desensibilisierung, wenn auch nicht so sicher wie bei Vichy-
wasser, mit Fachinger Wasser dagegen gelang die Desensibilisierung nur
HA ‘in einem Falle. Lösungen aus den Verdampfungsrückständen des natür-
MIE ` lichen Vichy- und Emser Salzes übten bis auf eine Ausnahme (Vichysalz)
keine desensibilisierende Wirkung aus. Das Vorhandensein von Alkalien
(En kann deshalb nicht als Ursache der desensibilisierenden Wirkung an-
Bir gesehen worden. |
und’ auch wohl Struma nodòsa) Zum Zustandekommen des Hypo-
thyreoidismus ist keine besondere (extrathyreoidale) Disposition notwendig,
wohl aber zu dem des Hyperthyreoidismus. Hier muß das Schilddrüsen-
-sekret in den Nerven den günstigen Boden finden. So kommt es unter
dem Einfluß eines Nervenshocks plötzlich zum Ausbruch der Basedowschen
Krankheit. Das vorher schon geschwächte Nervensystem wird durch die :
plötzliche Schädigung für das Schilddrüsensekret insuffhizient. Viele Menschen
zeigen schon auf geringste Dosen von Jod Erscheinungen erheblichen Hyper-
thyreoidismus (Jodbasedow). Das Jod wirkt verkleinernd auf die Struma
und veranlaßt einen Übertritt des in der Schilddrüse angestauten Kolloid
(also Sehilddrüsensekrets) in den Säftestrom. Es läuft also die Wirkung
, des Jods auf eine Überschwemmung des Organismus mit Schilddrüsensektet |
hinaus, aber nur bei einer Disposition des Nervensystems kommt es zum
Hyperthyreoidismus. Sa FREE
Die Ätiologie des Kropfes liegt nach O. Hildebrand noch im
Dunkeln. Immerhin sollte in Kropfgegenden nur abgekochtes Wasser ge-
nossen werden. Die Erfolge mit systematischer Darreichung kleiner Jod-
dosen lassen sich noch nicht endgültig beurteilen. Es.könnten auch da-
durch Schäden hervorgerufen werden. | un
Über teleangiektatische und livedoartige Spätsy
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philide berichtet
ae , hund Nr. 42. Über die Lebervenensperre und die alimentäre Hämo- | Erich Hoffmann (Bonn). Ein beträchtlicher Teil der als essentielle (maku-
: o ab, MAME AR klasie bei Prurigo vulgaris faßt Brack (Basel) seine Erfahrungen dahin | löse, diffuse und progrediente) Teleangiektasien und Livedo racemosa be-
| v2 zusafnmen, daß die alimentäre Hämoklasie für sämtliche Formen von Prurigo
Se kl WS vulgaris ein charakteristisches Phänomen und in unbeeinflußtem Zustand
der Krankheit stets vorhanden ist. Den Mechanismus der Hämoklasie erklärt
Brack damit, daß die Blutdruckerniedrigung und Blutverdünnung durch
die Aktion der Lebervenensperre zustande kommt auf Grund einer abnormen
Schwäche des Vagus und dadurch bedingter. Reizung des Sympathikus.
un er en a) | Über die alimentäre Beeinflussung der Leukozytenzahl berichten
schriebenen Fälle ist auf Syphilis zurückzuführen.
Nr. 39. Zur Psychologie der Aussage über das Geisterhafte nnd
Wunderbare äußert sich R. Sommer (Gießen). Man darf niemals deshalb,
weil man das Zustandekommen einer Erscheinung im Gebiete des Mediumismus
und Okkultismus nicht sofort begreifen kann, auf übernatürliche Ursachen
schließen. Der Eindruck des Wunderbaren ist ein subjektives Phänomen,
das dann eintritt, wenn eine Erscheinung plötzlich zustandekommt, ohne
daß man die eigentliche Ursache in dem betreffenden Augenblick begreift,
“ Auf die Bedeutung der Insulintherapie des Diabetes für die Ophtlial-
mologie weist Eduard Grafe (Frankfurt a. M,) hin. Am imponierendsten
ist das. Verschwinden der Hypotonie der Bulbi und der schnelle Rückgang
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er RN Göttehe und Waltner (Budapest) auf Grund ihrer Untersuchungen an
RE MAS AERE RAS . Säuglingen und Kindern. 680/ der Kinder zeigten vor der Mahlzeit eine
SAUN RAE rI wenigstens 20°/, erreichende Spontanschwankung der Leukozytenzahl, nach
der Mahlzeit zeigte die Hälfte der Kinder eine 20°, betragende Schwankung
BAIE nl MIRESE N, und zwar reagierten davon die einen mit einer Leukozytose, die anderen | der Erscheinungen der Lipämie. Einen großen Fortschritt bedeuten die sehr
DESEE A ERRI TERANE `. mit einer Leukopenie. Ein ähnliches Resultat fand sich bei Säuglingen. | günstigen Operationsaussichten unter dem Schutze des Insulins. Daher
te. NS TREE MeeR A Nach diesem Ergebnis kann nach der Ansicht von Göttche und Waltner | kann die echte diabetische Katarakt bei schwerster Erkrankung erfolgreich
k E E DAA A = von irgendwelcher digestiv bedingten Leukozytenschwankung (Verdauungs- | operiert werden. Die chronischste Form diabetischer Augenveränderungen,
TE SEE E leukozytose, Verdauüngsleukopenie) überhaupt nur mit größtem Vorbehalt | die Retinitis, wird aber durch Insulin am wenigsten beeinflußt.
SR . gesprochen werden. | E. Dau. Chloramin-Heyden empfiehlt Lenz (Ober-Mockstadt) anstatt des
Sublimats zur Händedesinfektion. Es koaguliert nicht, ätzt nicht, wird
daber auch von empfindlicher Haut vertragen. Es ist sehr wenig giftig.
(Zu Spülungen und zur Reinigung von Geschwüren ist übrigens das Sublimat
nicht zu gebrauchen, weil es einmal seine eigene Wirkung dürch Gerinnungen
Be. URET -= Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 38 u. 39.
te ER EL oo = Nr.88. Über Bewußtseinszentren berichtet M. Rosenfeld (Rostock).
Bu | a e Kar i Man wird sich vielleicht die Auffassung bilden können, daß die verschiedenen
ee aeii oih Grade seelischer Luzidität und Bereitschaft an verschiedene nervöse Terri- | StÖrt und ferner eine Resorption Vergiftung herbeiführen nn Bruck
aa a rien ASIA torien des Gehirns gebunden seien. Die Tiefe einer Bewußtseinsstörung | po un
ee N) scheint nicht davon abhängig zu sein, daß ein und dasselbe Bewußtseins- en ne T a Een
SE DESSEN zentrum — vielleicht das am Boden des 4. Ventrikels — einmal leicht Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 37 u. 38.
und ein andermal schwer in Mitleidenschaft gezogen wird, sondern davon, Nr. 37. Die Sinusreflexe vom Sinus caroticus werden nach
ein, alle Krankheitserscheinungen mit Rücksicht auf den Gesamtorga-
= Ni nismus zu betrachten und zu behandeln. Häufig genug ergibt die ver-
a pi % | tiefte Allgemeinbehandlung, die Regelung der Verdauung, der Zirku-
a IRANA lation, der Hautatmung, der Menstruation usw. schon die Ausheilung des
PE BER A jeweiligen Organleidens ohne besondere Lokalbehandlung. Es ist keines-
wegs ein und dasselbe, ob man einer etwa 34jährigen Frau wegen Metro-
"a ' | pathia haemorrhagica den Uterus exstirpieren muß oder ob man ihr durch
7 4 MEHR IEI Behandlung der zugrundeliegenden Stoffwechselstörung oder Verdauungs-
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a ob die biologischen -Vorgänge. sich einmal im verlängerten. Mark oder in | H. E. Hering (Köln a. Rh.) durch einen Nerven (Sinusnerv) ver
D n pS einem anderen Falle in übergeordneten Zentren des Hirnstammes oder im | mittelt, der ein Ast des Nervus glossopharyngeus ist. Durch-
oas Zwischenhirn abspielen. . - j schneidung des Sinusnerven unmittelbar nach Abgang vom N. glosso-
a. Die Konstitotionslehre und Humoralpathologie, mit besonderer | pharyngeus bewirkt ein Ansteigen des Blutdruckes und bringt die Sinus-
ne . Berücksichtigung des weiblichen Organismus erörtert B. Aschner (Wien).. | reflexe durch Entnervung des Sinus zum Fortfall, so daß auch der Verschluß
EN i Die Bichat-Virchowsche Organ- und Zellularpathologie ist durchaus nicht | der Carotis communis nicht die bekannten Wirkungen bat.
T Ei | die einzige oder beste medizinische Weltanschauung. Durch dieses System Auf spezifische und unspezifische Therapie weist Georg Scholz
ee", sind wir.zwar zu einer großen Reihe glanzvoller, vorwiegend technischer | (Erlangen) hin. Durch die Bezeichnung „Reiz“ allein ist das Wesen der
ES ER Errungenschaften gekommen, anderseits aber auf einem toten, den weiteren | Proteinkörpertherapie und der unspezifischen Therapie überhaupt nicht zu
u 3 Fortschritt hemmenden Punkt angelangt. Der Verfasser tritt nun dafür | kennzeichnen. Mit dem Ausdruck Aktivierung ist eine Umstimmung der
Zellen oder ihrer Funktionseinheiten zu verstehen. Sie reagieren dann in
ausgesprochener Weise auf die gleichen Reize, die sie vorber wenig oder
gar nicht beeinflußten. Es ist scharf zwischen spezifischer Therapie (Chemo-
und Immunotherapie) und unspezifischer Proteinkörpertherapie zu scheiden.
Auf ein Symptom der ÖOsophagusdilatation weist Hugo Friedrich
(Berlin-Steglitz) hin. Es handelt sich um einen unstillbaren Husten,
der sich bei einem 10jährigen Mädchen jeden Abend, wenn 6s ZU
Bette ging, Jahre hindurch einstellte und nicht eher aufhörte, als bis
das Kind erbrochen hatte. Durch einen bestehenden Kardiospssmus
füllte sich der Osophagus mit Speisen an, Weil nun der Füllungsspiegel
ım Liegen den Larynxeingang erreichte, mußte das Kind jeden Abend
husten, und der Husten hörte erst auf, wenn der Ösophagus durch Er-
brechen entleert war. |
trägheit den Uterus erhalten und normale Menses wieder herstellen kann.
| Diese Gesichtspunkte lassen sich auf die gesamte Medizin anwenden und
TERRE. - EL| erfordern eine vollständige Neuorientierung in allen Spezialfächern. Für
Bu RR ET sehr viele Krankheiten bedeutet der Aderlaß ein geradezu kritisch
wirkendes Heilmittel (bei vielen Entzündungen, Stoffwechselstörungen und
A Br aa Frey N t Blutdrüsenerkrankungen, krampfartigen und schmerzhaften Zuständen). ` Über Höchstleistungen durch seelische Einflüsse und durch Daseins-
: AE nA | ji Die Schilddrüsenpathologie bespricht Ad. Oswald (Zürich). Hypo- | notwendigkeiten beoriehtet August Bier (Berlin). Was zunächst dio
2 | x 118: thyreoidismus besteht nicht nur bei zu geringer Drüsentätigkeit an und | Höchstleistungen durch seelische Einflüsse betrifft, so bestehen diese
ae - RR SER für sich, sondern auch bei Abgabe einer unzureichenden Sekretmenge an | nicht in Ausschaltung des Willens, sondern sind gewaltige aktivo
2 : Er k p He den Organismus (durch Behinderung des Sekretabflusses bei Struma colloides | Kräfte, sind.Erregungen. Tatsache ist, daß seelische Reize im höchsten
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16. November 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. | M 1629
Grade die Ermüdung und Ermüdbarkeit beeinflussen. Sie wirken
auch in gewissen Fällen ebenso im höchsten Maße auf Kraft und Geschick-
lichkeit. Die Übung ist unser weitaus bedeutendstes Erziehungsmittel.
In diesem Sinne sollten wir auch die seelischen Einflüsse verwenden.
Bei Lungentuberkulose fand Friedr. Wilh. Knipping (Morsbach
[Kr. Waldbröl]) meist Anazidität oder Hypazidität des‘ Magensaftes.
Fast immer handelte es sich hierbei um vorgeschrittene Fälle, wobei
sich ein gewisser Parallelismus zwischen dem Grade der Hyp- oder An-
azidität und dem der Lungentuberkulose zeigte. 2 Fälle im Anfangsstadium
wiesen Hyperazidität auf.
Nr.38. Über Wundinfektion, Wundheilung und Ernährungsart be-
Er wirft die Fragen auf: „Unter
welchen Bedingungen ist eine Infektion bei einem vollgesunden Menschen
überhaupt möglich? Spricht die Ansiedlung von Keimen mit pathologischer
Wirkung im Organismus nicht vielleicht dafür, daß er schon vorher krank
oder minderwertig war, daß also die Krankheit begann, ehe die Keime
überhaupt in Tätigkeit traten?“ Aus einer allgemeinoren Bejahung der
zweiten Frage würde nach dem Verfasser folgen, daß die Keime nur
Schmarotzer wären, die sich auf einem kranken Boden ansiedeln und ent-
wickeln. Bei der Gasphlegmone ist die ausgedehnte mechanische Gewobs-
zerstörung die Hauptvorbedingung des Brandes, die Gasentwicklung ein
nebensächlicher, sekundärer, vielleicht autolytischer Vorgang. Diese Form
der Gasphlegmone hat primär mit der Fränkelschen Infektion nichts zu
‚tun. In diesen Fällen müssen die zerfotzten, zu giftiger Zersetzung neigenden
Gewebe bis weit ins Gesunde hinein entfernt werden. Wichtig ist die Art
und Menge der Ernährung für den Wundverlauf. Die örtliche Azidose
und die Herabsetzung der Alkalireserve im Blute, die man bei allen Kranken
mit eiternden Wunden findet, sind nicht Ausdruck einer Schädigung des
Körpers durch den Entzündungsvorgang oder die Bakterien, sondern viel-
mehr Voraussetzung der Heilung. Alkalische Kost hebt nun die Alkali-
reserve des Blutes und fördert damit die Entsäuerung des Entzündungs-
gebietes; saure Kost bewirkt das Gegenteil. Günstige Einflüsse auf die
Wunden sind daher von einer Nahrung mit Säureüberschuß (Trockenlegung
der Wunde!), ungünstige von einer solchen mit Basenüberschuß (starke
Sekretion der Wunde!) zu erwarten. So wurde ein gehäuftes Auftreten
von Wunddiphtherie beobachtet bei einer an Fleisch, Eiern, Fett und
richtet F. Sauerbruch (München).
Körnerfrüchten, also an sauren Bestandteilen, armen Kost.
Über die Höchstleistungen durch Daseinsnotwendigkeiton berichtet
August Bier (Berlin). Er weist auf die ungeheuren Flugleistungen der
Zugvögel hin, die, um nicht zu verhungern, während der kalten Jahres-
zeit in wärmere Länder ziehen, und bespricht dann das Fieber und die
Entzündung. Beides gehört durchaus zusammen. Es handelt sich hier
um denselben Vorgang, nämlich um eine ganz ungeheuer vermehrte Tätig-
keit im Körper. Sie sind die wahrhaft großen Heilmittel, von denen bei
jeder ernsten Schädlichkeit das Heil kommen muß. Sie entstehen bei
jeder beliebigen Schädlichkeit, nicht nur als Reaktion auf bakterielle
Infektionen. Das Wesentliche des Fiebers ist die gewaltige Erhöhung des
Stoff wechsels, nicht die Erhöbung der Körperwärme (diese ist nur die sinn-
fälligste Erscheinung). Der Stoffwechsel ist aber das Maß für die Tätigkeit
des Körpers. Er wird beim Fieber am stärksten erhöht. Das Fieber ist |
daher die gewaltigste Höchstleistung des Körpers. Die Daseinsnotwendig-
keit verlangt, daß jeder Mensch, der leben will, diese Leistung aufbringt.
Auch die Entzündung stellt eine gewaltige Höchstleistung des Körpers dar.
F. Bruck.
Schweizerische medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 37 bis 40.
Die Vermehrung der Durchlässigkeit der Meningen für Nitrate bei
ascplisch erzeugter Meningitis untersuchte S. Katzenelbogen (Genf).
Benutzt wurde Kasein in Dosen von 0,5—2 mg in 8—10 cem Liquor (Soiu-
protine [Roche]) endolumbal. Hierdurch wird die „barrière hémato-
encöphaligue“ für Nitrate durchgängiger. Die Durchlässigkeit ist bei den
pathologischen Meningitiden nicht immer gleich stark. Ein direkter Zu-
sammenhang zwischen dem Grad der Durchlässigkeit und der Stärke der
Meningitis besteht nicht,
. Zur Behandlung der chronisch fortschreitenden Formen der Encepha-
litis epidemica benutzten M. M. Roch und S. Katzen elbogen (Genf) endo-
umbale Injektionen von Kasein. Nicht geeignet zur Behandlung jeder Art
sind ‚die Formen mit Parkinsonismus, die seit langer Zeit stabil sind, da |
ihnen manifeste Läsionen, wie Narben und Degenerationsherde, entsprechen.
su sind. die schubweise fortschreitenden oder die periodisch auf-
De neuden Fälle geeignet. Die Resultate waren durchaus ermutigend.
le Methode erwies sich als absolut unschädlich und nach 24—48 Stunden
Na die Erscheinungen der Meningitis, wie Kopfschmerzen, Fieber,
in ensteifigkeit und positiver Kernig ab. Verff. hatten die besten Erfolge
_ een, Reaktionen, so daß sie als Anfangsdosis 0,5 mg Kasein
piehlen, mit Steigerung bei Ausbleiben der Meningitis.
H. Ryser (Biel) teilt einen Fall von hämolyfischem, famillärem
Ikterus mit, der im hämolytischen. Anfall tödlich endete. Verf. fordert
deshalb in allen Fällen, wo schwerere Anfälle aufgetreten sind, die Vor-
nahme der Milzexstirpation, da sie allein gute Dauerresultate zeitigt und
.das beste Vorbeugungsmittel gegen den tödlichen Anfall vorstellt.
Technisches zur Prostatektomie teilt E. Borchers (Tübingen) mit.
Neben einigen operationstechnischen Bemerkungen weist er auf die Wichtig-
keit eines ungehinderten Urinabflusses aus der Blase für die Heilung der
Bauchwunde hin. Hierzu ist der Harteltsche Tropfensauger sehr geeignet.
Es wird dadurch dauernd der in der Blase sich sammelnde Urin sofort
abgesaugt, ohne daß besondere Pflegemaßnahmen erforderlich sind.
Über die experimentelle Erzeugung von Röntgenkarzinomen beim
Kaninchen berichtet Br. Bloch (Zürich). In 2 Fällen gelang es, durch
_ wiederholte Bestrahlungen des Kaninchenohres ein echtes metastasierendes
Karzinom zu erzeugen. Die Dauer vom Beginn der Bestrahlung bis zur
Entstehung des Tumors betrug 32 bzw. 22 Monate. Es ergab sich, daß
eine bestimmte Strahlenmenge notwendig ist; ober- und unterhalb der-
selben entsteht kein Karzinom. Verf. glaubt, daß alle diejenigen Reize
karzinogen wirken, die-’am Kerne angreifen, da auch die Röntgenstrahlen
in erster Linie den Kern schädigen. Es wird das die Zellvermehrung
hemmende Prinzip der Zelle bzw. des Kernes geschädigt, während die
Proliferationsfähigkeit bestehen bleibt.. Es muß der schädigende Faktor
eine Affinität zu dem Regulationsfaktor des Zellwachstums bzw. der Zell-
vermehrung haben. |
Die Vitalfärbung der Blasenschleimhaut des Menschen mit Methylen-
blau untersuchte G. Huber-Pestalozzi (Zürich). Er füllte die gespülte
Blase mit 5°/,iger Methylenblaulösung für 5 Minuten und stellte bei der
. danach vorgenommenen Zystoskopie Färbungen der ‚Blasenschleimbaut ver-
schiedener Art fest. Betroffen wird in erster Linie das Trigonum. Verf.
ist der Ansicht, daß nicht eine Vitalfärbung vorliegt, sondern daß sich nur
Zellen färben mit herabgesetzter oder erloschener Vitalität, d. h. solche, die
der Desquamation verfallen. Es zeigt sich danach, daß auch in gesunden,
besonders aber in krank gewesenen, aber praktisch gesunden Blasen er-
hebliche Desquamationsvorgänge stattfinden. | |
Das weiße Blutbild bei den verschiedenen funktionellen Zuständen
der Schilddrüse bespricht A. Niederberger (Bem). Es ergab sich kein
charakteristischer Einfluß der einzelnen Strumaformen auf das Blutbild.
Das rote Blutbild wird überhaupt nicht beeinflußt. ' Die Gesamtzahl der
weißen Blutzellen ist überwiegend normal, etwas häufiger Vermehrung als
Verminderung. Neutrophile Leukopenie ist beim Basedow am deutlichsten, -
die Lymphozyten bei Hyperthyreoidismus am stärksten vermehrt. Verf.
glaubt an eine funktionelle Beeinflussung des weißen Blutbildes durch die
Schilddrüse, doch ist diese zu inkonstant und zu unzpezifisch, als daß sie
diagnostisch verwertbar wäre. | Wr i
Über die Beeinflussung des Kretinismus durch die Entfernung von
Kropfgewebe stellte S. Chaitan (Bern) Untersuchungen an. Die Operation
war nötig, weil Kompression der Trachea mit Atembeschwerden eingetreten
war. Es zeigte sich das psychische Verhalten in 61%, unbeeinflußt, in
210/, gebessert, in 18°, verschlimmert, wobei letztere vor der Operation
die schlechteren waren. Das weiße Blutbild zeigt eine leichte Verminderung
der Gesamtzahl bei Verminderung der Polynukleären und Vermehrung der
Lympbozyten. Ein Zusammenhang zwischen geistiger Veıschlimmerung
. oder Besserung sowie Menge des entfernten Kropfgewebes und Veränderungen
des Blutbildes wurde nicht festgestellt. | ze
Das Geburtstrauma in seinen Folgen für Gehirn und Säugling
wurde von B. Fischer (Frankfurt a. M.) und seinen Mitarbeitern eingehend
untersucht. Es wurde dabei eine auffallende Häufigkeit von Gehirnläsionen
in Gestalt von Blutungen, Auflösungs- und Auflockerungsprozessen fest-
gestellt. Diese lokalisieren sich im allgemeinen im Großhirn in der Gegend
der Ventrikel sowie als Blutungen im Bereich der V. terminalis. Die
Schädigungen sind am häufigsten und ausgedehntesten bei Frühgeburten.
Die Art der Geburt ist von Bedeutung, doch kommen die beschriebenen
Veränderungen auch bei leichten Geburten vor. Venöse Stauung und
Quetschung sind die ursächlichen Faktoren. Folgen dieser Läsion sind
Porehzephalie verschiedenen Grades, Idiotie und Littlesche Krankheit. Für
letztere wird ein kongenitaler Krankheitsprozeß abgelehnt. Ebenso wie
bei Gebirnerschütterungen der Erwachsenen zeigt sich klinisch eine Affektion
des Vestibularisapparates. Verf. betont, daß der Befund von Fettkörnchen-
zellen im Gehirn von Neugeborenen immer einen pathologischen Befund
‚darstellt. Zum Schluß erklärt Fischer, daß die Pathologie des frühen
Säugliogsalters mit seinen zahlreichen Todesfällen von Geburtsschädigungen
des Gehirns beherrscht wird.
Beim traumatischen Shock stellten J. H. und H.Oltramare (Genf)
ebenso wie andere Untersucher eine Verminderung der zirkulierenden Blut-
menge fest. Diese kann bedingt sein entweder durch periphere oder
Splanchnikus-Gefäßdilatation oder durch Konzentrierung des Blutes durch
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
16. November
Filtration des Plasmas durch die Gefäß wand. Letztere Erklärung hat den
Vorteil, daß sie nicht nur die Volumenänderung des Blutes, sondern auch
die zytologischen Veränderungen erklärt: Muncke.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 41 u. 42.
Nr. 41. Über Arthropathia vvaripriva berichtet I. Novak (Wien)
und bestätigt die Anschauung Menges über einen Zusammenhang zwischen
dem Funktionsausfall der Eierstöcke und zwischen deformierenden Gelenk-
erkrankungen. Der ursächliche Zusammenhang mit der Klimax ist der
Grund dafür, daß die Gelenkerkrankungen beim weiblichen Geschlecht
früher und häufiger als bei den Männern auftreten.
Über Einleitung der Geburt bei Übergröße und normalem Becken
‚berichtet R. Baer nach den Erfahrungen der Universitäts- Frauenklinik
Marburg. Die von Zangemeister empfohlene palpatorische Ab-
schätzung der Kindsgröße gestattet, die Fruchtgröße bis auf einige
hundert Gramm genau zu beurteilen. Auf Grund der Schätzung der
Fruchtgröße wurde die Geburt zum gewünschten Zeitpunkt in Gang ge-
bracht mit Hilfe der Metreuryse. Es genügt das Zweifelsche Bläschen.
Die Methode ist, wie jeder geburtshilfliche Eingriff, mit gewissen Gefahren
verbunden, doch sind diese nicht vergleichbar mit den Schäden, welche
die abnorme Fruchtgröße in sich birgt. .
Gleichzeitige Schwangerschaft beider Tuben beschreibt H.Schreiber
(Bonn). Bei der wegen Verdacht auf Tubenabort vorgenommenen Eröffnung
des Bauches fanden sich beide Tuben verdickt, blaurot und blutend. Die
histologische Untersuchung sicherte das Besteben einer beiderseitigen
Tubarschwangerschaft.
Ein Fall von entzündl
herige Laparotomie wird von F. Zeller (Zürich) beschrieben. Bei einer
Kranken mit gonorrhoischer Erkrankung der Adnexe wurde am unteren
Rande des Omentum ein zwiebelförmiger harter weißgrauer Tumor bei der
Laparotoimie festgestellt. Histologisch erwies er sich als abgekapselter
Abszeß mit Verkalkung.
Zur Behandlung der frischen subperitonealen parametranen Abort-
verletzungen teilt A. Streibel (Halle a. S.) zwei Fälle mit, bei denen die
Cervix linksseitig verletzt war und das Parametrium eröffnet war. Bei
dieser Sachlage ist grundsätzlich zu laparotomieren, wenn eine Ver-
letzung des Bauchfells nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Fails das Bauchfell des Wundgebietes bei der Operation verändert ge-
funden wird, so ist das Wundgebiet extraperitoneal von dem
Bauchschnitt aus freizulegen und zu drainieren.
Ein Fall von erfolgreicher Wiederbelebung eines asphyktischen-
Neugeborenen durch intrakardiale Adrenalininjektion wird von E. A. Koch
(Tukum) berichtet. Bei dem asphyktischen Kinde, bei dem trotz Wieder-
belebungsversuchen ein Herzschlag nicht mehr nachweisbar war, fing das
Herz unmittelbar nach einer Einspritzung von 0,4 cem Suprarenin (Hoechst)
an zu schlagen. Eingespritzt wurde im 4. Interkostalraum, etwa 2 cm
links vom Sternum. | E
Nr. 42. Periodische, vom Òvarialzyklus abhängige Schwankungen
des Biutgehaltes der Bauchdecken beschreibt I. Novak (Wien). Der
. Blutgehalt der Bauchdecken ist unmittelbar nach der Menstruation
am niedrigsten und wächst an bis zur Bildung des jungen Corpus luteum,
so daß eine um diese Zeit ausgeführte Operation mit einer lebhaften Blutung
aus den Bauchdeeken verbunden ist. Der Blutgehalt bleibt bis zur Men-
struation hoch und sinkt während der Menstruation rasch ab, so daß es
schon im Verlauf der Menstruation aus dem Bauchschnitt auffallend wenig
plutet. Die Erscheinung ist zu bezeichnen als ein viszerovasomotori-
scher Reflex. Die Hyperämie der gesamten Genitalorgane und der
Bauchdecken von der Zeit vom Follikelsprung bis zur Menstruation ver-
anlassen, in Fällen, wo die Wahl zur Vornahme einer Operation freisteht,
die Zeit des frühen Postmenstruums zu wählen. |
Ein Fall von Sarcoma uteri polymorphocellulare wird von F. Azzola
(Wien) beschrieben. Auf der kuglig aufgetriebenen Gebärmutter saß an
der Hinterwand eine kindskopfgroße höckrige Geschwulst. Die Zellen
hatten einen spindeligen Charakter. Außerdem fanden sich Riesenzellen.
Zwei Fälle isolierter Stieldrehung der Tube beschreibt Schwarz-
wäller (Stettin). In dem einen Falle war die Tube mehr eiförmig, in dem
zweiten Falle mehr wurstförmig. Auf der einen Seite der durch die Stiel-
drebung gebildeten Furche war die Tube bläulichschwarz verfärbt, die
Eierstöcke waren unverändert. Eine auslösende Ursache für die Axen-
drehung war nicht zu finden.
Suspension der Portio durch die Sakro-Uterinligamente empfiehlt
W. Pfeilsticker (Stuttgart). Nach den vorbereitenden Maßnahmen zur
Interposition der Gebärmutter wird durch die Sakro-Uterinligamente eine
Fadenschlinge geführt. Diese Fadenschlinge wird durch ein in der Höhe
des inneren Muttermundös in dem breiten Mutterband angelegtes Loch
ichem Tumor des großen Netzes ohne vor-
durchgeführt und der Schenkel der Ligamentschlinge hervorgezogen. Dis
Ligamentschlingen werden an der Gebärmutter angenäht. Dadurch wird
die Portio stark nach oben erhoben, _ |
Eine seltene Komplikation bei Placenta praevia beschreibt H. Sieben
(Bürstadt). Bei der Wendung des in Querlage feststehenden Kopfes wurden
die beiden Klumphände versehentlich für Füße gehalten. Die Hand-
wurzelknochen waren vollkommen luxiert, und was bei der Wendung für
die Ferse gehalten wurde, war das untere Ende der Ulna. K. Bg.
u Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie,
Band 38, Heft 1. |
Rost (Mannheim) prüfte das Verhalten der Magen- und Darm-
sekretionen nach Entfernung der Gallenblase. Bei Hunden konnte eine
Veränderung der Magen- und Pankreassekretionen weder in der chemischen
Reaktion noch in dér Fermentsekretion festgestellt werden.
Schlesinger (Wien) berichtet über unbekannte viszeromotorische
Reflexe des Verdauungstraktus und ihre Bedeutung für die Diagnostik.
Bei Magenkarzinomen konnte er in mehrfachen Fällen als erstes Symptom
einen Ösophagusspasmus feststellen, der reflektorisch ohne anatomische
Veränderungen des Ösophagus und seiner Umgebung entstand und bisweilen
auch bei Magengesunden zu finden war. Der Reflex wird wahrscheinlich
durch Läsionen im Vaguskerngebiete erleichtert. Ferner beobachtete er
bei Pyloruserkrankungen (Ulkus und Karzinom) bisweilen einen reflek-
torischen Dünndarmkrampf. |
Koller-Aeby (Winterthur) erklärt die Wirkung des kolloidalen
Silbers kolloidchemisch. Bei Einführung der Präparate in die Blutbahn
wird das Silber durch das Blutserum in ein anderes durch Eiweiß geschütztes
Kolloidpräparat verwandelt. An bestimmten Stellen des Körpers, die ov.
lokale saure Reaktion aufweisen, wird das Präparat gefällt, langsam in
lösliche Silbersalze umgewandelt, die nun bakterizide und eiweißfällende
Wirkung entfalten. Besonders in entzündlich veränderten Geweben konnte
das gefällte Silber nachgewiesen werden. |
| Kazda (Wien) untersuchte die Ursache für die Lokalisation von
Gefäßerkrankungen an den unteren Extremitäten an dem reichen Material
der II. chirurgischen Universitätsklinik. Die arteriosklerotische Gangrän
wird am häufigsten am Arbeitsbein beobachtet, das bei Rechtshänden
oft das linke Bein ist. ` Embolische Gangräh' findet sich gleichfalls häufg
am linken Bein wegen des: geraden Abgangs der Arteria iliaca sinistra
von der Aorta. Auch Varizenbildung fand sich bei Männern häufiger am
linken Bein als am rechten. Im allgemeinen war auch hier das Arbeits
bein in höherem Grade betroffen. | =.
Kohlmann (Erlangen) teilt. eine Anzahl . von Fällen von Magen
Kolonfisteln bzw. Magen-Jejuuum-Kolonfisteln mit. In den letzten Jahren
sind besonders im Anschluß an die hintere Gastroenterostomie häufiger
derartige Fisteln aufgetreten, meist infolge Durchbruchs eines peptischen
Jejunalgeschwürs in das Querkolon. Die Hauptsymptome sind : fäkulentes
Erbrechen, stark fetthaltige, gelblich glänzende Stühle, Auftreten vo
Röntgenkontrastbreien im Querkolon 1/2 Stunde nach der Mahlzeit, bav.
Füllung des Magens ‚mit Röntgenbrei nach Darmeinlauf. Die eigentliche
Fistel ist röntgenologisch nur äußerst selten sichtbar .zu machen. Die
Behandlung der Erkrankung kann nur im operativen Vorgehen mit Be
seitigung der Fistel bestehen. |
Neuberger (Sumatra) teilt seine Erfahrungen über Iuetische Pseudo
tumoren mit. Er sowie Galloway konnten mehrfach bei nicht behandelten
Luetikern große Magentumoren feststellen, die bei der Operation inoperabl
schienen, pathologisch-anatomisch am probeexzidierten Stück als gyphilitiseh
erkannt wurden und dann auf energische antisyphilitische Kur vollkommen
verschwanden. Abgesehen von diesen Pseudomagentumoren beobachte
er große Tumoren in der Gegend des lleopsoas, die ein Sarkom IN de
Beckenschaufel vortäuschten und zu vollkommener Kontraktur des Bei
geführt hatten. Es handelte sich um eine Myositis fibrosa sypbilitica 1
Vereinigung mit einem Gumma. Als dritten Fall beschreibt er ein retr
bulbäres Gumma, welches zu vollkommener Blindheit des Auges und hoch
gradigem Exophthalmus geführt hatte und auf antisyphilitische Behandlur
vollkommen verschwand. | =
Gold (Wien) lenkt die Aufmerksamkeit auf ein differentialdiagnosts
verwertbares Zeichen ` bei Heus. Er konnte bei tiefsitzendem Düondarı
verschluß nahezu konstant vom Rektum aus im Douglas mit Rot gefüll
sich peristaltisch bewegende Dünndarmschlingen tasten. Bei Dickdarmilt
war dies Zeichen nicht vorhanden, weil der ausgedehnte Jufthaltige Die
darm das Hinuntersinken der Diekdarmschlingen ins kleine Becken Y
hinderte. Dieses Dünndarmsymptom konnte Gold 14 mal unter 16 =
von Dünndarmverschluß nachweisen. In einer zweiten Arbeit i
Gold über nach Röntgenstrahlen operabel gewordene maligne B |
geschwülste. Sowohl die Hodentumoren selbst wie ihre Metastasen WI
16. November i
| außerordentlich radiosensibel, das sarkomatöse Gewebe fiel rasch der Ne-
krose anheim. Es wurde dadurch die anfangs aussichtslos erscheinende
Radikaloperation ermöglicht.
Dietrich (Gießen) konnte durch pathologisch-anatomische Unter-
suchungen der Epithelkörperchen bei schweren septischen Erkrankungen
in einer ganzen Anzahl Fälle eine chronisch embolische Entzündung in
denselben nachweisen. Klinische Symptome waren bei seinen Fällen nicht
vorhanden, dagegen konnte bei früher beobachteten Fällen mehrfach Tetanie
im Anschluß an die Sepsis beobachtet werden,
= Pfab und Hoche (Wien) studierten das Verhalten der Kapillaren
-þei chirurgischen Gefäßerkrankungen vor und nach der Lericheschen
Operation. Bei Beginn der Gangrän konnten sie mehrfach für einige Tage
gute Durchströmung und Kapillarbewegungen nach der Operation beob- -
achten, die vorher gefehlt hatten. Dieser Anfangserfolg verlor sich aber
. besonders bei der diabetischen Gangrän schon nach 2 Tagen, während bei
einem Fall von Raynaudscher Erkrankung ein vollkommener Erfolg durch
die Operation erreicht wurde.
` Raue (Dortmund) hebt den diagnostischen Wert des Pneumoperi-
| . toneums hervor. Zur Vermeidung von üüblen Zufällen wird das Pneumo-
peritoneum nach sorgfältigem Abführen in Beckenhochlagerung mit stumpfer
‘Nadel, die seitlich eine Öffnung hat, ausgeführt, Sauerstoff’ mittels des
Pneumothoraxapparates nicht mehr als 2 Liter eingelassen. Dann wird
der Patient erst in Rückenlage, darauf in rechter und linker Seitenlage,
schließlich in Bauchlage durchleuchtet und zuletzt vor den Röntgenschirm |
gestellt. Teleaufnahmen ermöglichen genaue Größenbestimmung der kom-
pakten Beckenorgane. Leber, Milz und Nieren sind leicht darstellbar, wo-
gegen Retroperitonealtumoren auch bei dieser Methode von Milz und Nieren
durchaus. nicht immer sicher abzugrenzen sind. Adhäsionsstränge an der
Leber und Milz, die besonders bei Seitenlagen deutlich hervortreten, findet
man. am häufigsten bei Erkrankungen des Peritoneums, Tuberkulose und Katr-
zinose. Bei Hydronephrose kann man bisweilen das Nierenbecken als dichteren
' Kern um die stark erweiterte Niere sehen. G. Dorner (Leipzig).
Aus der neuesten italienischen Literatur.
Crescenzi (Florenz) ist es gelungen, bei einem 56jährigen Mann,
der seit.ungefähr 6 Monaten über Beschwerden im Mastdarm geklagt hatte,
' ein nußgroßes, von normaler Schleimhaut bedecktes, in der vorderen Wand
der Ampulla recti sitzendes Neoplasma ohne weitgehende Gewebsabtragung
zu entfernen, von dem die histologische Untersuchung nachwies, daß es
sich um ein nicht pigmentiertes Spindelzellensarkom handle. Heilung per
primam; kein Rezidiv. Derartige Fälle sind etwa an 30 in der Literatur
bekannt. (Riforma med. 1924, Nr. 2.) l ;
Martini (Ripi) sah bei einem 1lOjährigen Jungen im Anschluß an
Gesichtsrose Ophthalmoplegie, beiderseitige Fazialislähmung, Dysarthrie,
Dysphagie auftreten, was eine Läsion des Pons und des Bulbus anzeigte.
Außerdem war hochgradige Asthenie der Rücken- und Extremitätenmusku-.
latur nachweisbar. Bei absoluter Ruhe und roborierender Therapie gingen’
‚alle diese. Erscheinungen zurück und nach ungefähr 3 Monaten war Patient
vollkommen hergestellt. Verf. nimmt an, daß es sich um Entzündungs-
erscheinungen in dem Pons und der Medulla oblongata handeln mußte, die
wieder schwanden, ohne bleibende Veränderungen zu hinterlassen. (Riforma
med. 1924, Nr. 3.), |
"Viola (Turin) berichtet über einen’ Fall von Fremdkörper im
Unterleibe. Es war eine 32jährige Frau, der eine Hebamme behufs Ein-
leitung: einer Fehlgeburt eine 20 om lange Sonde in die Scheide eingeführt
hatte,. ohne dieselbe wieder herauszunehmen. Die Sonde hatte die Gebär-
mutter oder das Scheidengewölbe durchbohrt und kam unter der Haut
der linken Leistengegend, einen großen Abszeß bildend, zum Vorschein,
von wo sie dann operativ entfernt wurde. Ein weiterer Beweis für die
bewundernswerte Kraft der Natur, Fremdkörper auszustoßen. (Riforma
med. 1924, Nr. 5.) | i
~ _ Cassuto (Rom) weist an der Hand eines einschlägigen Falles auf
die nicht gerade seltene Folge der Prostatektomie hin, die sich in einer
Stenose oder sogar einem vollkommenen Verschluß der Urethra äußert. In
seinem Fall ‘war es ein vollkommener Verschluß der Urethra, der sich
l Jahr nach der Prostatektomie einstellte und nur mittels einer Oystotomia
epigastrica behoben werden konnte, wobei die Narbe zwischen Blase und
Harnröhre behufs Anlegens eines Dauerkatheters durchbohrt wurde. Heilung.
(Riforma med, 1924,. Nr.6)
1 Quaranta (Messina) liefert einen interessanten Beitrag zur Frage
or Pluriglandulären Grundlage der Geschlechtsfunktionen, der mit der
| a von Voronoff und Steinach in offenem Widerspruch steht. Verf.
en Gelegenheit, einen Mann zu beobachten, bei dem im Alter
scheint: Jahren eine vollkommene Kastration vorgenommen wurde, wahr-
Sinlich wegen Hodentuberkulose. Seine Potenz und Muskelkraft blieb
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.46. ` 1631
trotzdem bis zu söinem 45. Jahr intakt, nur die Haaro des Stammes, der
Extremitäten und des Gesichtes fielen aus. Von dem genannten Zeitpunkt
ab begann die Potenz abzunehmen, um im Alter von 55 Jahren vollkommen
zu erlöschen. Er fühlte sich subjektiv ganz wohl, war arbeitsfähig, nur
entwickelte sich, eine auffallende Fettleibigkeit und Gynäkomastie. Radio-
logisch fand man die Sella tureieca gleichmäßig verengt. Zur Erklärung
‚dieser Erscheinungen nimmt Verf. an, daß die männliche Potenz sowohl
vom Hoden, wie auch von den Hormonen anderer Drüsen, vor allem den-
jenigen der Hypopbyse und der Nebennieren aufrechterhalten wird. (Riforma
med. 1924, Nr. 8.) |
Amabile (Neapel) stellte eine Reihe, von Versuchen an, um zu
sehen, ob das Blutserum von Tuberkulösen eine Agglutination des Micro-
cocous melitensis herbeiführt, wie dies von mehreren Autoren behauptet:
wurde, und kam dabei zu folgendem Ergebnis: Das Blutserum von Tuber-
kulösen zeigt durchaus keine Agglutinationsfähigkeit -gegenüber dem ge-
nannten Mikrokokkus. In Fällen, wo diese Seroreaktion positiv ausfällt,
handelt es sich entweder um Mischinfektionen oder um eine vorangegangene
Mikrokokkusinfektion; auch in schweren Fällen von, Tuberkulose fällt die
Reaktion negativ aus, auch bei solchen Kranken, die mit Tuberkulin be-
handelt waren. (Riforma med. 1924, Nr. 10.)
Aiello (Milano) stellte an 15 Individuen mit Hypertension Unter-
suchungen an, um die Beziehungen dieser zur Hyperglykämie genauer zu
studieren, und fand, daß zwischen Hypertension und Hyperglykämie kein
Parallelismus besteht; hingegen konnte in jedem Fall, wo Nierenläsionen
vorhanden waren, auch eine Zunahme des Blutzuckers festgestellt werden,
gleichviel ob es sich um akute oder chronische Nierenaffektionen handelte,
die mit erhöhtem Stickstoffgehalt des Blutes einhergehen. Bei Beurteilung
des glykämischen Zustandes müssen außer der Niere auch andere Faktoren
berücksichtigt werden, die den N-Stoffwechsel beeinflussen, ferner der Um-
stand, ob Ödeme vorhanden sind oder nicht. (Riforma med. 1924, Nr. 10.)
Milani (Ravenna) empfiehlt auf Grund seiner Nachprüfungen zur
Feststellung der Nervenlues die von französischen Autoren angegebene _
Kolloidalbenzoinreaktion, die sich als viel empfindlicher und zuverlässiger
erwies, als die übrigen Metallkolloide. Ebendeshalb soll dieselbe bei
Nervenlues, insbesondere aber bei Paralyse, wo sie von größter Wichtigkeit
ist, unbedingt ausgeführt werden. Bei tuberkulöser Meningitis ist die Re-
aktion nur von geringem Wert; sie kann, in zweifelhaften Fällen höchstens
zur Differenzierung der luetischen Meningitis von anderen Formen dienen. >
Die Reaktion basiert auf dem erhöhten Vorhandensein von Globulinen im
Liquor und- zeigt gleiche Resultate mit den übrigen Globulinreaktionen,
während Albumine keinen Einfluß auf sie haben. Die Benzoinreaktion gibt
keine für andere Krankheiten charakteristische Kurven, wie dies bei der
Goldsolreaktion der Fall ist. (Riforma med. 1924, Nr. 10.) ' J. F.
| Therapeutische Notizen.
Frauenkrankheiten. er
Die Saugglockenbehandlung der chronischen Zervizitis empfiehlt
W. Fernhoff (Wien) bei hartnäckigen Fällen, wo andere Mittel versagt
haben. Die Saugglocken werden am besten 38 mal wöchentlich für höchstens
10 Minuten angelegt. Die Beobachtung subjektiver Reaktionen und der
Temperatur ist für die Ausdehnung der Behandlung wichtig. (W.kl.W.
1924, Nr. 37.) m | Muncke,
Röntgentherapie der Bartholinitis gonorrhoica empfiehlt H. Sieber
(Stuttgart) auf Grund eines Falles von hartnäckiger Drüsenerkrankung.
Durch wiederholte vorsichtige Röntgenbestrahlung gelang es, das Drüsen-
sekret endgültig frei von Gonokokken zu machen. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 39.)
K. Bg.
Moorer behandelt Pruritus vulvae, vaginae und seroti mit Infil-
trationen der Haut und des darunterliegenden Gewebes; Reinigung mit
Seife, und warmem Wasser, als Antiseptikum Merkurochrom 220, dann
nicht mehr wie 10 com 1°/,ige Prokainlösung, dann Infiltration mit 0,25
bis 0,5°/,igem Chinin und Ureahydrochloridlösung 200—300 ccm; von Urea
nicht mehr wie 0,5%/,ig. Da der Pruritus meist auf neurotischer Basis,
vorher 0,01 Morphium subkutan. Meist genügt eine Injektion für Monate.
(Journ. am. med. ass. 1924, 10.) | v. Schnizer.
_ Über ein neues Sekalepräparat berichtet J. Finger (Berlin). Das
Ergotitrin wurde von Wiechowski in der Weise hergestellt, daß das
durch Wasser aufgeschwemmte Drogenpulver durch bakterielle Gärung
frei von Zucker und kolloiden Stoffen gemacht wurde. Die Einspritzung
von 1 cem Ergotitrin bewirkt nach Beendigung der Geburt eine kräf tige
Zusammenziehung der Gebärmutter. Für die meisten Fälle von
leichteren Nachblutungen eignet sich Ergotitrin in Verbindung mit Pitu- .
glandol. Das Mittel wurde tief in die Glutäen eingespritzt. Bei Fällen von
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1632 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
16. November
schlechter Rückbildung der Gebärmutter wurden dreimal täglich 20 Tropfen
per os mit gutem Erfolg gegeben. (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 39.) 3: K. Bg.
Foote empfiehlt bei intrakranialer Hämorrhagie des Neugeborenen,
als prophylaktische Maßnahme nach rapider, längerdauernder oder instru-
menteller Geburt 20 com Vollblut vom Vater intraperitoneal oder subkutan
dem Kinde zu injizieren und zwar alle 6 Stunden, im ganzen 3 Injektionen,
Ersatz: 10 ccm Thromboplastin subkutan oder frisches Pferdeserum. (South.
med. journ., Birmingham 1924, 17.) v. Schnizer.
Allgemeine Therapie.
Chandler empfiehlt statt Morphium bei Tuberkulose, Magenkarzinom
und anderen Krankheiten, wo der Tod ein langsamer ist, Kokain. Die
Kranken werden danach ruhiger, das Rasseln hört auf, oft kommt ein `
Lächeln auf ihre Lippen.. Morphium versagt hier oft und seine Neben-
wirkungen (Erbrechen, Nausea, Leibschmerzen, Flatulenz, Meteorismus) sind
dann recht störend. Er gibt schon seit Jahren !/, grain (1 = 0,06) Cocainum
hydrochloricum subkutan oder dieselbe Dosis per os in Apfelsinensaft mit
Wasser und Zucker, so oft wiederholt als es gewünscht wird. (Lancet
1924, 12.) : | |
| Daniepolu und seine Mitarbeiter beobachteten, daß eine intravenöse |
Injektion von 1—3 cg Papaverin beim Menschen eine vorübergebende Stimu-
- lation mit starken, sogar spasmodischen Kontraktionen des Magens hervorruft, `
die dann wieder von einer Lähmung gefolgt ist, also gleichbedeutend mit
einem Reiz des Vagus. (Compt. rend. soc. Biol. Paris 1924, 91.)
Higgins und Fisher injizieren 15 com chemisch reine 30%,ige
Natriumzitratlösung in die Glutaei — vorher Prokain; völlig gefahrlose
Methode, um die Koagulationszeit auf die Dauer von 1—38 Stunden prompt
zu reduzieren mit ullmählicher Rückkehr zur Norm innerhalb 24 bis
48 Stunden. (Ann. surg. Philadelphia 1924, 80.) v.Schnizer.
Rivanol hat sich ‘nach Otto Blaß (Bielefeld) in Konzentrationen
von 1:500 und 1:1000 meist als gutes, reizloses Tiefen- und Oberflächen-
antiseptikum erwiesen. Daneben wirkt es granulationshemmend, was er-
wünscht ist zur Verhinderung von Verklebungen (Gelenke, seröse Höhlen,
Sehnenscheiden). Ist diese Eigenschaft störend, so muß sie durch granu-
. lationsanregende Mittel kompensiert werden. Auch höhere Konzentrationen
(1%) wirken. granulationsanregend, auf der äußeren Haut epithelisierend.
Rivanol in dieser Konzentration darf daher zur Behandlung seröser Höhlen,
von Gelenken und Sehnen nicht verwandt werden. Ausgezeichnet wirken
1%/,ige Rivanolumschläge bei Pyodermien und anderen paräsitären Haut-
erkrankungen. (D.m.W. 1924, Nr. 37.) Ä F. Bruck.
In der alten Medizin spielte die Haselnuß eine gewisse Rolle: das
Öl, Oleum heraclinum gegen Epilepsie, die Abkochung der Schoten als
. Entfettungsmittel und die Nuß selbst als steinlösendes Mittel. Auch als
Analeptikum und während der Relkonvaleszenz kommt sie in Betracht.
Leclerc gibt hierfür eine sehr annehmbare Vorschrift: 5 Teile frischer
oder getrockneter Nüsse mit etwas Zucker fein zerstoßen und dann mit
dem vierfachen Gewicht feinen Rahms zu einer homogenen Masse zerreiben.
(Pr. méd. 1924, 72.) |
‘ Gegen die Seekrankheit gibt Clair: Stovain 1,0, Menthol 0,5,
Atropinsulfat 0,01, Morphinum hydrochl. 0,2, gesättigtes Chloroformwasser 30,
Im Tag 15—20 Tropfen; jedesmal 3—4 Tropfen in etwas warmem Selter-
wasser. (Pr. méd. 1924, 63.) v. Schnizer.
Arzneimittel.
Das dem Kampfer nahestehende Hexeton „Bayer“ empfiehlt
0. Butzengeiger (Elberfeld). Bei intramuskulärer Injektion hob sich
.die Herzkraft in stärkerem Maße, als es nach Kampferölinjektionen gewöhn-
lich der Fall ist. Auch wirkt das Hexeton viel rascher als diese (schon
nach 1—2 Minuten). Die Dauer der Wirkung erstreckt sich gewöhnlich
auf 2—3 Stunden. Dann muß eventuell die Injektion wiederholt werden
(in Notfällen aber schon nach 1—2 Stunden). Der Verfasser empfiehlt
daher, nach größeren schwächenden Operationen am Schlusse Hexeton intra-
muskulär prophylaktisch zu injizieren. Auch gelingt durch Einspritzung
von Hexeton am Schluß der Operation das Erwachen rascher. (M.m.W.
1924, Nr. 37.) F. Bruck. -
Ludarin, eine neue Schlafmittelverbindung, empfiehlt H. Schmitz
(Oberneuland-Bremen). Es besteht aus Veronal 0,3, Neuronal 0,3, Eukodal
0,008 g (erhältlich bei Woelm, Spangenberg, Bez. Kassel). Bei leichteren
Graden nervöser Schlaflosigkeit genügte meist eine Tablette. Bei schwereren
Graden von Schlaflosigkeit, wie z. B. bei Melancholischen, waren 2 Tabletten
nötig. Meist 3 Tabletten mußten gereicht werden bei schwereren psychoti-
schen Erregungszuständen. Gegenüber dem Veronal hat das Mittel den
`
Vórzug der schnelleren Wirkung und des Fehlens unangenehmer Naoh.
wirkungon. Allerdings war seine Schlaftiefenwirkung etwas geringer als
die des Veronals. (M.m.W. 1924, Nr. 38.) |
Das Schlafmittel Noktal, ‚ein Derivat der Isopropylbarbitursäure,
in Tabletten à 0,1 g erhältlich, empfiehlt F. Hartmann (Chemnitz). Man
gebe. 11/,, meist 2 Tabletten. Dabei trat in der großen Mehrzahl der Fälle
nach 1—2 Stunden ein tiefer, ruhiger Schlaf ein, der bis in die Morgen-
| stunden anhielt. (D.m.W. 1924, Nr. 39.)
Eine neue Tonerdeverbindung Alacetan (Dung) empfiehlt Rug-
mann (Freiburg i. Br.) Es handelt sich um ein Aluminium-Trocken-.
präparat, und zwar um ein essigsaures, milchsaures Aluminium, Die
| Lösung dürfte von unbegrenzter Haltbarkeit sein. (M.m.W. 1924, Nr. 36.)
Ein Zahnpflegemittel hat nach H. J. Mamlok (Berlin) in erster
Reihe den normalen Zustand des Zahnfleisches und der Mundhöhlen-
organe zu erhalten oder wiederherzustellen. Grobe Desinfektionsmittel und
Zahnsteinlösungsmittel , sind überflüssig, wenn nicht sogar schädlich,
Dagegen hat die Strahlung radioaktiver Substanzen eine anregende
Wirkung auf das Zabnfleisch. In diesem Sinne wirkt die radioaktive
Zahncr&me „Doramad“ (Chemische Werke vorm. Auergesellsch., Berlin 0 17),
„Doramad“*-Zahneröme hat folgende Zusammensetzung: Calcium carbonic.
praec. levis 51,0, neutrale Natronseife 6,0, Glyzerin 25,5, ätherische Öle 0,98,
Aq. dest. 16,48, Thoriumbydroxyd, aktiviert mit langlebiger radioaktiver
Substanz (1500 M.E.) 0,04. Das Mittel wird angelegentlichst empfohlen.
(D. m. W. 1924, Nr. 26.) F. Bruck.
_ Bücherbesprechungen.
‚Bauer, Vorlesungen über allgemeine Konstitutions- und Ver-
erbungslehre. 2. Aufl. Berlin 1924, Julius Springer. GM. 6,50.
Nach 2 Jahren erscheint die Neuauflage der Vorlesungen; sie sind
vielfach ergänzt und vereinzelt erweitert, wobei neue Forschungen durchweg
mitverarbeitet sind. Die zahlreichen, gut ausgewählten Abbildungen und
Tafeln erleichtern und ergänzen die mit voller Beherrschung des Stoffes
gegebene Darstellung. Wir besitzen in dem Buche eine vortreffliche, auch
für den praktischen Arzt besonders wertvolle Einführung in das schwierige
und doch sp bedeutungsvolle Gebiet. Papier und Druck. sind ausgezeichnet.
S. Gräff (z. Z. Niigata).
‚Brüning und Schwalbe, Handbuch dor allgemeinen Pathologie und
der pathologischen Anatomie des Kindesalters. 2.Bd., II. Abt.
106 S. mit 31 Abb. München 1924, J. F. Bergmann. GM. 8,—.
Das Kapitel behandelt die pathologische Anatomie -der Leber, der:
Gallenblase und des Pankreas und ist von Schmincke (Tübingen) verfaßt,
Die Bearbeitung umfaßt die neueste Literatur, das Kapitel ist ein aus
gezeichneter Führer durch dieses Gebiet ünd beendet den 2. Teil des
2. Bandes. Leider steht immer noch der 3. Band aus (Nervensystem)
. Wir möchten hoffen, daß das Werk, das schon vor dem Kriege erschienen
Rietschel
Rauch, Die Funktionsprüfung,des akustischen und statischen
Labyrinths. 71 S. mit 13 Abbild. Wien 1924, Julius Springer. M. 2,55.
Die Abhandlung ist eine Erweiterung der in Kursen gehaltenen Vor-
lesungen. Für den Praktiker, für den die Arbeit wohl bestimmt ist, viel-
leicht schon etwas viel Spezialwissenschaft. Instruktive Abbildungen, über-
sichtliche Anordnung und Fassung gestatten rasches Orientieren.
| Ä | | Haenlein.
Martin, Richtlinien für Körpermessungen. 60 S. Mit 20 Abb.,
4 Tafeln. München 1924, J. F. Lehmann. Geh. 2,—. i
Verf. gibt in vorliegender Arbeit in erster Linie Anweisung über die
statistische Verwertung von Körpermessungen mit besonderer Berück-
sichtigung von Schülermessungen. Die bisherigen Untersuchungen hält M.
vielfach für unzureichend. Nur ein Material, das für eine gewisse Frage
stellung als gleichartig betrachtet werden könne, liefere Resultate, die
für Wissenschaft, Sozialhygiene und Schule brauchbar seien.
| P. Horn (Bonn).
Beck-Kerl, Die. Angina necrotioa und ihre Differentialdisgnos®.
Mit 3 farbigen Tafeln und 50 Seiten. Wien-Leipzig 1924, Moritz Perles.
Rhinologe und Dermatologe verfaßten gemeinsam die Abhandlung
über die Plaut-Vincent-Angina. Die Differentialdiagnose ist eingehender
behandelt. Krankheitsbild,» Bakteriologio kommen nicht zu kurz. Thers-
peutisch hat sich Salvarsan, lokal angebracht, am besten bewährt; intravenöse
Applikation soll für schwere oder rezidivierende Fälle reserviert worden.
X Í Haenlein.
ist, bald seinem Ende zugeführt wird.
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16, November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
1633
Kongreß- und Vereins-Berichte.
4. Tagung für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten in Berlin
vom 23. bis 25. Oktober 1924.
Das erste Diskussionsthema betraf die Diagnostik des Krebses im
Bereich des Verdauungskanals. In seinem Referat ging von Wassermann
die Methoden der Serodiagnostik durch, um die bestehenden alle zu ver-
werfen und die Möglichkeiten und Aussichten für die Zukunft zu besprechen.
Endgültig gescheitert ist ebenso wie die Suche nach dem Krebserreger die
spezifische Serodiagnostik, welche auf eine solche einheitliche diagnostische
Noxe eingestellt ist, etwa wie die Widalsche Reaktion auf den Eberth-
schen Bazillus. Wir befinden uns in einer zweiten Phase, die nicht nach
dem Erreger, sondern. nach der serologischen Auswirkung des spezifisch
veränderten Gewebes sucht in Analogie mit der von dem Vortragenden mit
Neißer und Bruck erfolgreich ausgearbeiteten Syphilisdiagnostik. Die
erreichten Erfolge können nicht befriedigen. Weder die Abderhalden-
sche Methode, welche auf die Anwesenheit von Abwehrfermenten gegründet
ist, in ihren zahlreichen Gestalten und Nachfolgemethoden konnte die Ärzte
befriedigen, noch die von Freund und Kaminer, bei welcher das Karzinom
aus dem Verlust der Fähigkeit des Serums, Krebszellen aufzulösen, erkannt
werden sollte. Andere Untersucher wollten in einer Änderung des Ehrlich-
schen Blutkanons, der Gesamteigenschaften des Blutes, charakteristische
Veränderungen erkannt haben, wie Brieger und Trebing, welche das
antitryptische Vermögen zunehmen, oder Kelling, der ein hämolytisches
gegen Hühnerblutkörperchen auftreten sah. Erstere Methode entbehrt der
Spezifität, ebensowenig hat sich letztere bestätigt. Weiter hat man sich
mit den physikalischen Eigenschaften des Serums beschäftigt. Izarund Kahn
und Potthoff haben Flockungsreaktionen beschrieben, die Meiostagmin-
reaktion (Bestimmüng der Tropfungszahl) ist herangezogen worden, und zu-
letzt hat Herbert Kahn die Verminderung der am leichtesten aussalz-
baren Eiweißfraktion betont. All diese Methoden bewähren sich einem in
zwei Dritteln der Fälle — das ist schlimmer als gar keine Methode. Für
die Entwicklung der Methodik ist entscheidend, ob sich Unterschiede
zwischen Krebszelle und Wirtszelle auffinden ‚lassen. Zum Teil ist dies
geschehen betreffs der anorganischen Salze (Neuberg und Gottschalk),
der Fermente (Neuberg und Blumenthal u. a.), der gesteigerten Glykolyse
(Warburg): aber nicht solche quantitativen, sondern qualitative Differenzen
müssen benutzt werden. Der Vortr. schließt mit der Versicherung, daß er
beim Tierkrebs solche kenne, Krebs- und Wirtszelle können als heterolog
nachgewiesen werden. Diese Untersuchungen hofft er am Menschen be-
stätigen zu können, woraus zuvörderst ein diagnostischer, in naher Folge
aber auch ein therapeutischer Gewinn zu erwarten sei.
In einem Korreferat ging darauf Ferd. Blumenthal die anderen
Methoden der Kriegsdiagnostik durch und besprach in ihren Schwächen
und Stärken die histologische Diagnose mit Hilfe der Probeexzision, die
endoskopische und die radioskopische Diagnose, die er in den Vordergrund
stellt. Auch sie setzt einen sichtbaren Tumor voraus und kommt daher
oft zu spät. Daher das Bedürfnis frühdiagnostischer Methoden. Diese
. stoßen auf die Schwierigkeit, daß die Geschwulstkrankheiten nichts Einbeit-
liches sind. Kein Kardinalattribut des Krebses ist spezifisch, keines konstant.
Zwischen den Infektionskrankheiten, bei denen es gelungen war, eine blut-
ätiologische Diagnostik zu schaffen, und dem Krebs, bei dem man das
gleiche anstrebte, besteht indessen ein großer Unterschied.
Jedenfalls bleibt als wichtige Tatsache bestehen, daß im Gegensatz
zu den künstlichen Reizmitteln, wie’ dem Teer, und zum Tierversuch an
bestimmten Versuchsobjekten (Ratte, Huhn) zum erstenmal aus mensch-
lichem Krebs ein Krebserreger isoliert werden konnte, eine Tatsache, welche
vielleicht auch für die Blutdiagnostik des Krebses ihre Bedeutung ge-
winnen kann,
Frau Rhoda Erdmann ist es gelungen, außer den Tumorzellen
auch die zugehörigen Stromazellen isoliert weiterzuzüchten mit Hilfe eines
durch besonderes Verfahren an Glykogen angereicherten Rattenplasmas.
Sie beschreibt die sehnenartige Beschaffenheit der Stromakultur im Gegen-
satz zur gewöhnlichen Bindegewebskultur, allein durch die Hinzufügung
von reingezüchtetem Stroma erlangt die Reinkultur der Tumorzellen die
bertragbarkeit auf das Versuchstier, die das benutzte Tumormaterial ur-
Sprünglich besaß. Es muß bei der Züchtung also etwas verlorengegangen
‚sein, das es jetzt zu suchen gilt. Sie nimmt an, daß die verlorengegangene
Irulenz einem spezifischen Virus anhafte.
. Nachdem noch einige Redner über gastroskopische Resultate berichtet
haben, drückt Kuttner (Berlin) schwere Bedenken gegen die Methode aus,
die er nur mit größter Zurückhaltung und strengster Indikation angewendet
wissen will; wo sie nicht spielend gelingt, soll man auch keinen Versuch
zur Wiederholung machen, sondern lieber probelaparotomieren. Keinesfalls
=- Ma SE D a a w
gehört das Gastroskop in die Hände des Praktikers oder auch nur jedes
.
Spezialisten.
- An der weiteren Aussprache heteiligen sich die Herren Schindler
und Hohlweg, der ebenfalls meint, das Gastroskop gehöre nur in wenige
geübte und geschickte Hände, müsse aber solchen auch zur Verfügung stehen.
. — R. Schmidt (Prag): Proteinkörperiherapie bei Erkrankungen des:
Verdauungstraktes und des Stofiwechsels. Die empirische Anwendung
von Proteinkörpern ist alten Datums. So injizierte z. B. schon 1796 der
Großvater Darwins bei putridem Fieber intravenös Menschen-, Schaf- und
Eselsblut. Neu und eine Errungenschaft erst der letzten Jahre ist aber
die Erkenntnis, daß vielen scheinbar sehr verschiedenartigen Behandlungs-
methoden, so mit Iso- und Hoterovakzine, mit Serum, mit Blut, mit Albu-
mosen und Nukleinlösungen, mit Tuberkulin u. dgl. ein gemeinsamer Kern
innewohnt: die Proteinkörperwirkung. In dieser Erkenntnis hat der Ref.
im‘ Jahre 1916 den Begriff der „Proteinkörpertherapie“ geprägt. Unter
den Wirkungskomponenten der parenteralen Proteinkörpertherapie sind
‚u. a. besonders hervorzuheben die fieberhafte Allgemeinwirkung, wo-
durch gewissermaßen der Gesamtorganismus zur Sanierung lokaler Störungen
aufgerufen wird und mächtige Einwirkungen auf die Säftebewegung, Tonus-
zustände u. dgl. ausgelöst werden.‘ Eine wichtige Rolle spielen fernerhin
die durch Proteinkörperinjektionen ausgelösten Herdreaktionen, welche
sich nicht nur auf Entzündungsherde, sondern auch auf abnorm eingestellte
Tonuszustände und Sekretionsanomalien beziehen können. Sehr beachtens- '
wert ist ihr zweiphasiger Ablauf mit negativer Phase im Sinne einer
Steigerung des krankhaften Geschehens und einem positiven Pendelausschlage
im Sinne einer ausgesprochenen therapeutischen Wirkung. _
Ref. hält den Versuch einer Proteinkörperbehandlung bei hartnäckigen
Fällen von ulzerösen Erkrankungen des Magens und Duodenums im Sinne
von Holler und Pribram für durchaus gerechtfertigt. Behufs Erklärung
der günstigen therapeutischen Wirkungen wäre an Herdreaktionen im Ulkus-
gewebe, aber auch an Herdreaktionen lokaler Spasmen zu denken. Günstige
Wirkungen ergeben sich auch bei Crises gastriques und bei konstitutionell-
neurogenen Gastralgien, so auch in Fällen von Tuberkulose. Blutungen
sind im allgemeinen nicht zu befürchten. Ref. bestätigt die günstige
Wirkung intravenöser Novoprotininjektionen. Ebenso lassen sich aber auch
durch Hypertherman 0,05—0,1 ccm intravenös oder 3—5 ccm intraglutäal
gleich günstige Erfolge erzielen. Die Proteinkörper sind im allgemeinen
untereinander substituierbar. Bei intravenöser Behandlung ist im all-
gemeinen Bettruhe wünschenswert. Ref. warnt davor, aus Proteinkörper-
wirkungen Rückschlüsse zu ziehen: auf- eine bestimmte Pathogenese der
Ulkusfälle, etwa im Sinne einer Vagusneuritis u. dgl. Die spasmolytischen
Wirkungen der Proteinkörperinjektionen verdienen besonders bei Pylorus-
und Ösophagusstenosen sowohl funktioneller als organischer Art volle Be-
achtung. Auf dem Gebiete der Stoffwechselstörungen gelingt es durch
Koppelung von Proteinkörpern, z. B. Hypertherman mit Schilddrüse, gute
Erfolge auch in..sehr hartnäckigen Fällen von konstitutioneller Fettsucht
zu erzielen. Die von Singer befürwortete Proteinkörperbebandlung des
Diabetes bedarf noch weiterer klinischer Überprüfung. Günstige Ein-
wirkungen auf Diabetikergangrän und Furunkulose sind schon per ana-
logiam zu erwarten. Ref. empfiehlt eine Testdosis von 4 ccm Hypertherman
behufs Überprüfung des pyrogenetischen Reaktionsvermögens bei Diabetes-
fällen. Der asthenische Diabetes steht im allgemeinen im Zeichen eines
pyrogenetischen Torpors, falls es aber durch Insulinbebandlung zu einer
allergischen Umstimmung kommt, kehrt das pyrogenetische Reaktions-
vermögen meist gleichzeitig mit den Patellarsehnenrefilexen zurück. Sehr
günstig sind vielfach die Proteinkörperwirkungen bei den verschiedenen
Formen dyskrasischer Arthropathien. Auch bei echter Gicht sind günstige
Einwirkungen zu erwarten. Insofern verschiedene Krankheiten wie Krebs,
konstitutionell-sklerotischer Hochdruck, Arteriosklerose vielfach anscheinend
auf dem Boden einer. uratischen Diathese sich entwickeln, eröffaen sich
hier Ausblicke auf eine Prophylaxe dieser Zustände durch rechtzeitige
Proteinkörperanwendung. (Fortsetzung folgt.)
.88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Innsbruck,
21. bis 27. September 1924. (Fortsetzung aus Nr. 45.)
Bericht von L, Pincussen, Berlin. |
Eine gemeinsame Sitzung der interessierten theoretischen und klini-
schen Abteilungen brachte eine Besprechung des Kropfproblems, dessen
Referate Wegelin (Bern), F. Kraus (Berlin) und v. Eiselsberg (Wien)
übernommen hatten. Wegelin führte in seinem pathologischen Referat
Folgendes aus: Die Kropfendemien verschiedener Länder sind einander
nicht ohne weiteres gleichzustellen und scheinen auch pathologisch-
anatomisch nicht identisch zu sein. Der Vortragende beschränkt sich
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allgemein feststellbare Vergrößerung der Schilddrüse läßt sich vom Kropf |
= länder in seinen ersten Anfängen stets eins epitheliale Hyperplasie, die in
fast ausnahmslos jodfrei. An diese angeborene Struma schließt sich die
das Kolloid ist spärlich, Jod fehlt oder ist nur in sehr geringer Menge
‚nach der Pubertät. die diffusé Kolloidstruma entwickeln, was histologisch
. drüsen kropffreier Länder finden. Die Lymphgefäße sind stark gefüllt,
Wand der großen Bläschen die Sandersonschen Polster als Proliferations-
-schwankend. Auf dem Boden der diffusen Struma entsteht sehr häufig.
.... die Struma nodosa. Histologisch entspricht sie in ihren einzelnen Formen
"> ` bis zu'einem gewissen Grade den’ Entwicklungsstadien der normalen Drüse. |
‚Je stärker die Endemie, desto häufiger und frühzeitiger sind die Knoten.
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ist zu berücksichtigen, daß die vorhandene Kolloidmenge von Sekretion
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_ Im Vergleich hierzu ist die diffuse Kolloidstruma als besser funktionierende
Für das klinische Bild ist die individuelle Empfindlichkeit gegen das
è Schilddrüsensekret ebenso wichtig wie die histologische Struktur des Kropfes.
_ Grundlage der Kropfentwicklung anzusehen ist, nieht restlos erklären. Es
ist wahrscheinlich, daß die Hyperplasie, falls sie eine Folge vermehrter
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in der Hauptsache eins Hypotbyreose.
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. die Konstitution gleichzeitig im Funktionswert zur Geltung nach Individuen
- Hormon, das Thyroxin; diese Substanz hat als chemische Grundlage einen
= formale Differenzierung, eine Eigenschaft, die auch dem Jod für sich eigen-
löslich, und die Bindung von Jod an Eiweiß erfolgt nur mit gleichzeitiger
. (Imino-) Gruppe im Thyroxinmolekül gegeben. In alkalischer Lösung öffnet
772
"1984 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46. ` 00716, November
Hormon in eine inaktive Form überführt, wie es im Organismus als Reserve-
stoff gestapelt wird. Bei sauerer Reaktion wird der Ring wieder geschlossen, .
“indem die Elemente des Wassers wieder austreten, und das Hormon wird
wieder aktiv. Nach Untersuchungen von H. Zondek liegt dementsprechend
‘die Grenze der Wirksamkeit zwischen pja 6,4—7,0, während bei der physio-
logischen Reaktion des Blutes das Hormon unwirksam ist. Die verschiedene
Wirkung der geschlossenen und’ offenen Form läßt sich in der Einwirkung
darum auf den Kropf der Alpenländer, Die in den Endemiegegenden fast
nicht trennen, sie ist vielmehr die Grundlage, auf welcher sich’ die’ klinisch‘.
hervortretenden Kröpfe entwickeln. Histologisch ist der Kropf der Alpen-
Bern meist schon in der fötalen Periode einsetzt und zur Struma congenita
führt. Diese besteht aus soliden :Zellsträngen, einfachen und verzweigten
Schläuchen und kleinen meist kollöidfreien Bläschen. Im Gegensatz zur | auf den Stoffwechsel demonstrieren, indem 10 mg der wirksamen Modifikation `
jodhaltigen Schilddrüse des Neugeborenen in kropffreien Ländern ist, sie, | den oxydativen Stoffwechsel um 800/, erhöhen, während die offene Ring-
. form mit demselben Jodgehalt.so gut wie einflußlos ist. Das Gleichgewicht
zwischen Stapelung und Zirkulation kann unter sehr verschiedenen Be-
dingungen gestört sein. Die Lokalisation des ausgeschütteten Hormons
erstreckt. sich auf die Energieproduktion aller Zellen. Thyroxin beseitigt
das ganze Syndrom eines vorhandenen Myxödems. Anderseits ist. bei
Kranken mit kompletter Atrophie der, Schilddrüse immer noch mehr als.
die Hälfte des normalen oxydativen Grundumsatzes erhalten; es gibt augen-
scheinlich noch andere chemische Stoffe, welche sich in ähnlicher Weise,
umstellen. wie das Thyroxin. Recht ähnliche Verhältnisse bestehen ja
. zwischen Kreatin und Kreatinin. Es scheint, daß die Einverleibung von
Thyroxin in den Organismus einen schon vorhandenen Prozeß bloß‘ auf
ein normal hohes Maß steigert, wobei Aminosäuren begünstigend wirken,
Im Vordergrund steht aber, immer die Reaktion. Ähnlich wie saure
Reaktion wirkt auch Verbindung des Hormons mit Kalzium. Wichtig ist,
daß das aktive Thyroxin nicht rapide und auch in massiven Dosen nicht:
direkt toxisch wirkt. Für die experimentelle Anwendung sind kontinuier-
lich zugeführte kleine Mengen am günstigsten; bei langdauernder Gegen-
wart von Thyroxin in den Erfolgsorganen erfolgt. Kachexie, event. Tod.
Morbus Basedow kann durch Injektion von Thyroxin nicht allgemein und.
_ regelmäßig hervorgerufen werden; es handelte sich hierbei um einen kon-
stitutionell bedingten Spezialfall, der'mit anderen Formen des Thyreoidismus
nicht ohne weiteres zusammengebracht werden darf. Nach den Versuchen
‚mit. Thyroxin wird man im allgemeinen ein Gleichgewicht anzunehmen
‚haben zwischen Schilddrüse, Blut und Erfolgsorganen; je nach dem physio-
logischen Bedarf, wahrscheinlich auch unter dem Einfluß- anderer Hormone
wird ein periodisches Schwanken. des Thyroxingehaltes in den Geweben
anzunehmen sein. Kraus bespricht dann weiter die Beziebung zwischen.
Thyroxin und oxydativem Grundumsatz, die besonders für Wachstum und
Entwicklung wesentlich ist, und geht auf das Verhältnis Spaltung : Oxydation
ein. Dies sehr wichtige Verhältnis zwischen oxydativer Atmung und
Spaltung wird durch Schilddrüsensubstanz erheblich modifiziert; hierzu
gehört auch die von Asher gefundene abnorme Unempfindlichkeit schild-
‚drüsenloser Ratten gegen Sauerstoffmangel, die duroh Fütterung mit Schild-
drüse in das Gegenteil ümschlägt. Der Redner kommt dann auf die
Blektrolytwirkungen zu sprechen, besonders auf den von ihm viel studierten-.
Antagonismus zwischen Kalium und Kalzium und ihren richtenden, Einfluß,
der jedoch nicht in allen Organen der gleiche ist. Die Verhältnisse sind außer-
ordentlich kompliziert. Die Kalziumwirkung ist auf die Abgabe von H-Ionenge
‚richtet und ist aus diesem Grunde von Wichtigkeit bei der Thyroxinwirkung.
Was die klinische Untersuchung und .Bewertung der Strumen be-
trifft, so ist zunächst zu erwähnen, daß nur ein Viertel der exstirpierten
Kröpfe auch wirklich mit Symptomen von Thyreotoxikose verknüpft sind. _
Als maßgebendes klinisch-diagnostisches; Verfahren ist in erster Linie die
Bestimmung des Grundumsatzes anzusehen, als Ergänzung wird die Messung _
des sogenännten mittleren Effektes nach Weber im Ermüdungsversuch
vorgeschlagen. Von Interesse ist ferner die Prüfung des vegotativen
Systems auf pharmakologischem Wege: die Adrenalinblutdruckprobe von
Basedowkranken zeigt vor der Operation oder Bestrahlung meist einen
sympathikotropen Ablauf, während nach dem Eingriff die Erregbarkeit ab-
nimmt, die Kurve sogar vagotrop werden kann. Bezüglich der Behandlung
scheint die Kropfprophylaxe mittels dauernder Darreichung allerkleinster
Joddosen günstige Erfolge zu haben, wobei aber nicht vergessen werden
darf, daß Jod absolut kein indifferentes Mittel. ist. Die überall in der
Welt beobachtete Zunahme des Kropfes wird uns zwingen, uns mit dieser
Frage in zunehmendem Maße zu befassen. u
Als dritter Referent behandelte v. Eiselsberg (Wien) die operative
Seite der Frage. Aus seiner reichen Erfahrung heraus besprach er die
Indikationen und die Durchführung der Operationen. Bei richtiger Auswahl
der Fälle und guter Technik ergibt die Operation fast in allen Fällen
gute Ergebnisse. Neuerdings ist auch die Strahlenbehandlung vielfach 1
Wettstreit mit der operativen Behandlung getreten; auch durch dieses Verfahren
werden im allgemeinen bei passenden Fällen günstige Erfolge gezeitigt.
Eine sehr lebhafte Diskussion schloß sich an diese Referate ar
Betont wurde die Notwendigkeit einer sehr sorgfältigen Durchführung der
prophylaktischen Joddarreichung und die Gefahr übermäßiger Gaben.
Eine Sondersitzung der medizinischen Hauptgruppe behandelte dit
Einflüsse des Klimas auf den Menschen. Als erster sprach Dorno (Davos)
diffuse parenchymalöse Struma des Kindesalters an. Diese ist kleinfollikulär
und zeigt meistens deutliche Sprossungserscheinungen des Follikelepithels;
vorhanden. Hieraus kann sich in späterem Kindesalter oder auch erst |
eine mehr oder weniger vollständige Rückkehr zur Norm bedeutet, indem
die großen kolloidhaltigen Follikel sich in gleicher Weise in den Schild-
was für lebhafte sekretorische Tätigkeit der Drüsen spricht. Die Epithel-
wucherung kommt entweder zum Stillstand oder geht weiter, wobei in der
zentren auftreten. Der absolute Jodgehalt ist meist vermehrt, der relative
Die einzelnen Epithelformationen können sich in demselben Knoten kom-
binieren, auch ist ‘eine Kombination von Struma nodosa mit Struma diffusa
sehr häufig. In den Knoten können sich,. teils infolge von Zirkulations-
störungen, die mannigfältigsten. Rückbildungsprozesse abspielen. Der Jod-
gehalt ist sehr wechselnd, die parenchymatösen Knoten sind oft jodfrei.
Mit der Stärke der Endemie nimmt die Zahl der parenchymatös gebauten
Kropfknoten zu. Für die Beurteilung des Funktionszustandes der Kröpfe
und Resorption abhängig ist. Bei der Struma diffusa parenchymatosa des
Neugeborenen. und des Kindes ist zur Zeit des lebhaftesten Epithelwachs-
tums die sekretorische Leistung gering, zu anderen Zeiten wohl genügend..
Drüse anzusehen; sie neigt nicht selten zur klinischen Hyperthyreose.: Bei
der Struma nodosa sind die funktionellen Verhältnisse äußerst variabel.
Die Jodmangeltbeorie kann die primäre epitheliale Hyperplasie, die als
funktioneller Beanspruchung ist, von anderen Stellen des Körpers ausgelöst
wird. Es kommen hier `z. B. in Betracht -eine bestimmte Bakterienfiora
des Darms, Infektionskrankheiten, mangelhafte Belichtung, Übermaß an
bestimmten Nährstoffen, vielleicht auch radioaktive Substanzen. Immerhin |
kann auch der Jodmangel ein wichtiger Teilfaktor in der.Entstehung des.
Kropfes sein, als er die Sekretion der Schilddrüse und daraus ihre Auf-
gabe im Stoffwechsel erschwert. Der endemische Kretinismus ist trotz
seiner komplexen Natur und der starken Mitwirkung endogener Faktoren
Das physiologisch-pathologische und klinische Referat erstattete
F. Kraus (Berlin). Das Kropfproblem ist ebenso ein Problem der Schild-
drüsenaktivität wie ein Problem der Körperverfassung. Die Glandula
thyreoidea bleibt im Zentrum einer Reihe von Krankheitsbildern, immer
aber so, daß der Funktionswert der Schilddrüse. in der Konstitution und
und Typen kommt. In der Gestaltung und Genese der Kropfkrankheiten
steht Kraus im wesentlichen auf dem von Wegelin vertretenen Stand-
punkt. Im Zentrum des physiologischen Geschehens’ steht das jodhaltige |
Indolring, eine Kombination eines Benzol- mit einem Pyrrolring. Die drei
Jodatome des Tyroxins gehören dem Jodring an; wenn auch die. Gegen-
wart von Jod in der Verbindung zweifellos einen Einfluß hat, z. B. auf die
tümlich ist, so scheint die spezifische Wirkung doch dem Gesamtmolekül
zuzukommen. Wie aktives Thyroxin ist auch Jodeiweiß an sich säure-
Spaltung. Nebenprodukte dieser Spaltung sind Säuren. Der spezifische
Effekt des Hormons auf die Stoffwechselvorgänge ist durch die CO-NH-
sich der Iminoring durch Addition der Elemente des Wassers, und es
entsteht die Offenringform. Durch diese Umwandlung wird das aktive
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| 16. November.
über die physikalischen Grundlagen der Sonnen- und Himmelsstrablung
und ihre Anwendung in der Therapie. Zunächst wurden. die physikalischen
Verhältnisse besprochen und. die Umstände, durch welche die Sonnen-
strahlung in der Erdatmosphäre modifiziert wird. Durch Extinktion,
“ worunter alle Effekte von Bougung, Brechung und Reflexion zusammen-
gefaßt sind, werden die Sonnenstrahlen aus ihrer gradlioigen Richtung ab-
gelenkt und erreichen die Erde unter gleichzeitiger weitgehender Änderung
ihrer Farbe und ihres Polarisationszustandes- als diffuse "Bimmelsstrahlung,
wobei durch die Absorptionsverhältnisse (Wasserdampf, Kohlensäure und
Ozon) besonders der ulltrarote und ultraviolette Teil der Strahlung ab-
geschwächt wird. Die absorbierte Strahlungsenergie wird durch diese Gase
als Wärme aufgespeichert;
schützender Wärmemantel. Da die verschiedenen Strahlenarten bei ihrem
Durchfall durch die Atmosphäre in verschiedenem Maße beeinflußt werden,
ist das Spektrum der Sonne je nach der Sonnenhöhe ein sehr wechselndes.
Was die Amplitude der ultravioletten Strahlung im Jahres- und Tages-
laufe betrifft, so ist sie von der Gesamtstrahlung sehr wesentlich unter-
schieden. Werden beide für den 15. Juli mittags gleichgesetzt, so ist die
ultraviolette Strahlung am 15. Januar mittags nur 1!/,., am gleichen Tage
morgens nur 1/29 sO groß wie die Wärmestrahlung. Die Schädigungen bei
` forcierten Sonnenkuren im Sommer sind nicht durch die größere Wärme,
sondern durch den erheblich größeren Gehalt an ultravioletten Strahlen
bedingt. Die Frübjabrssonne ist reicher an 'ultraroten, die Herbstsonne
reicher an ultravioletten Strablen. Auch die Art der ultravioletten Strahlen
ist zu beachten. Eine Pigmentbildung tritt im Winter nicht auf, weil die
dies bewirkenden Strahlen im Sonnenspektrum nicht vorhanden siad, sondern
erst im Frübjabr auftreten. Das Pigment ist in erster Linie als Schutz-
mittel gegen die bei hoher Sonne auftretenden kurzwelligen ultravioletten
Strahlen aufzufassen; es absorbiert hauptsächlich gelbe und grüne Strahlen,
transformiert sie in Hautwärme, welche durch Ausstrahlung abgegeben
wird. Die kurzwelligen, hauptsächlich ultravioletten Strahlen werden
ebenso wie die langwelligen ultraroten von der Haut vollständig absorbiert,
während die kurzwelligen ultraroten, roten und gelben Strahlen tief in
das Körperinnere eindringen. Ian Davos sind in 2—3 cm Tiefe unter der
Haut Temperaturen von fast 40° gemessen worden. Der springende Punkt
für alle Sonnenkuren ist, daß das Temperaturgefälle von innen nach außen
gerichtet ist, damit keine Überhitzung des Körpers eintritt. Diese Ver-
bältnisse sind in der kühlen trockenen Luft des Hochgebirges gegeben,
daher wirkt das Sonnenbad in der Höhe trotz größerer Intensität stets
erfrischend, während es in der feuchten und warmen Luft der Ebene zur
Erschlaffung führen kann. Besonders in der Tropensonne können solche
Verhältnisse vorliegen. Durch den Reichtum der Frühjahrssonne an stark
penetrierenden ultraroten Strahlen lassen sich die häufig beobachteten
Ermüdungserscheinungen in dieser Jahreszeit erklären. Ein zeitlich langsam
ansteigender Aufenthalt in der Sonne und allmähliche Gewöhnung an Luft-
strömungen durch nur zeitweiliges Ablegen der Kleider sind Grundpostulate
für Licht-Luftbäder. Für eine systematische Dosierung wäre zu bestimmen:
l. die Abkühlungsgröße, d. h. die Wärmemenge, welche dem Körper unter
den vorhandenen Expositionsbedingungen entzogen wird; 2. die Wärme-
menge, welche die Sonne dom Körper zustrahlt und 3. die ultraviolette
Intensität der Sonnenstrahlen. Die Nachwirkung des Sonnenbades bewirkt,
daß selbst bei unbekleidet bleibendem Körper die Wärme aus dem Körper-
innern erst 1/, bis ®/, Stunde nach Beschattung herausgeht, während bei sofor-
tigem Anlegen der Kleider eine mehrstündige energische Nachwirkung erfolgt.
ra u meer, (Fortsetzung folgt.)
Frankfurt a. M.
Arztlicher Verein. Sitzung vom 20. Oktober 1924.
M. Neisser: Zur Epidemiologie und Bakteriologie des Typhus. Der
Typhus war. von Mitte des Jahrhunderts an stark gefallen, als Wirkung der
technischen Fortschritte ‚der Städte-Assanierung. Von da ab weiter großer
ed
Über altgriechische Geburtshilfe.
Von Nicolas Louros, Berlin. (Schluß aus Nr. 45.)
Zum 60. Geburtstage meines Vaters.
Hippokrates hatte schon 400 Jahre v. Chr. die erste. primitive
dënn Er empfiehlt das Waschen mit Regenwasser,
Y es hat sich als das Beste erwiesen. Es ist aber notwendig, das
asser abzukochen (apeseora:) und zu entfaulen (dnooyreodar)”?). Somit
hatte Hippokrates die Vorstellung der Fäulnis. Dieser wunderbare Satz
VIL, s po rroxpäürns.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
durch Rückstrahlung wirken sie wie ein
nung, die die Laparotomie erschwert;
| | en Rundschau.
Ilepi depov, "bddray xal törw». ed. Littré 1840, |
Abfall bis zum Jahre 1913, wo mit einer Mortalität von etwa 3 auf 100 000
das Minimum erreicht ist. Der Krieg brachte große Mengen von Trägern
(Spaa allein an 500) und fremde Typhusstämme. So entstand in Deutsch-
land, wie überall, eine neue große Typhuswelle, die aber’ in wenigen Jahren
fast bis zu den Vorkriegszahlen wieder absank. Nunmehr aber ist seit 1922
eine Zunahme, zumal in diesem Jahre, im Reich, in Preußen und in Frank-
furt festzustellen, so daß die Meldungen bis Ende im Verhältnis zu den
Meldungen der gleichen Zeit 1922 überall um 20—25°%/, gestiegen sind.
Dazu kommt die Besonderheit der Zunahme der weiblichen Erkrankungen,
welche hinsichtlich der Trägerentstehung von Bedeutung ist. Der Krieg
bat auch das Krankheitsbild verändert, worauf zumal Oeller hingewiesen
hat. Man wird heute besser von Typhosen reden -als vom Typhus. Der
Typhus ist nur das typische Bild unter einer Reihe ätiologisch einheitlicher,
aber klinisch differenter Typhosen (Säuglingsalter, Kindesalter, Greise,
Abszesse, Otitiden usw.).
Die Kenotnisse über den Typhusbazillus babei auch Fortschritte
ergeben, so, daß man. besser von den Typhazeen, ‘also. der Gruppe des.
Typhusbazillus, sprechen muß (Hühnertyphus usw.). Selbstverständlich ist
hier nicht von den Paratyphen und den Paratyphosen die Rede, die ja eigene
Krankheiten sind. Auch ernährungsphysiologische Befunde (H.Braun usw.)
‘sind von Wichtigkeit, auch für die Auffassung des ursprünglichen Verhaltens
der Typhusbazillen und ihre heute noch mögliche Anzüchtbarkeit. Erwähnt
muß auch der bedauerliche Abbau der Reichstyphusbekämpfung in Zentral-
deutschland werden, besonders deshalb, weil doch gerade deutsche Arbeit
auf dem Typhusgebiete so grundlegend gewesen ist.
Zur Trägerfrage werden zwei Gallenblasen- Exstirpationen mit Bisher
güostigem Erfolge erwähnt. Bei der so wichtigen und schwierigen Früh-
diagnose wird besonders der Wert der Diazoreaktion, auch bei Kindern,
die wieder anerkannte Bedeutung der Gruber-Widalschen Reaktion, die
Blutentnahme und die besondere Wichtigkeit der en
Königsberg : i. Pr.
Verein für wissenschaftliche Heilkunde. Sitzung vom 27. Oktober 1994.
Winter: Erstrebtes und Erreichtes.
seiner Königsberger Arbeitszeit: 1. Die Bekämpfung des Uteruskarzinoms
durch Erkennung der Frühstadien, durch sachgemäße Behandlung und durch |
Aufklärung des Publikums; 2. die Bekämpfung des. Puerperalfiebers durch
möglichst konservatives Vorgehen von Ärzteschaft und Hebammen; 3. das
' klinische und anatomische Studium der Myomkrankheit; 4. die Bekämpfung
der Geburtenabnahme durch Beseitigung der Sterilitätsursachen, natürliche
Ernährung des Kindes, sachgemäße Abortbehandlung und Geburtsleitung;
5. die künstliche Sterilisierung durch operatives Vorgehen und Bestrahlung.
. Wenn auch ein großer Teil der Erfolge, die W. auf all diesen Gebieten in
Ostpreußen verzeichnen konnte, durch Krieg und Revolution vereitelt
wurden, so dürfte doch seine Bearbeitung dieser Gebiete richtunggebend -
bleiben.
betäubung ist völlig gefahrlos. Ihre Vorteile: Der Pat. muß weder durch
' Morphingaben ‚vorbereitet werden noch muß er nüchtern bleiben; schnelles
Einschlafen; geringes Exzitationsstadium; schnelles, beschwerdefreies Er-
wachen. Ihre Nachteile: Die umständliche Apparatur; etwas verstärkte
Blutung infolge erhöhten Blutdrucks; das Eintreten von Muskelspan-
ihre Unbrauchbarkeit für Gesichts-
operationen.
‚Frey: Über den Solästhinrausch. F. TT die Brauchbarkeit
des Solästhinrausches für einen kurzen Rausch, einen protrahierten Rausch
(Halbnarkose) und Einleitung der Vollnarkose. Das Stadium analgeticum
ist weniger flüchtig als beim Chloräthyl. Vor der Vollnarkose wird gewarnt.
| | | Firgau.
verdient eine ganz besondere Aufmerksamkeit. Wir sehen, daß mehr als
fast 2400 Jahre vor Semmelweis und Lister das’ antiseptische und:
aseptische Prinzip bekannt war! Es ist zu beklagen, daß diese wunder-
baren Gedanken im Mittelalter nicht berücksichtigt worden sind. Wie viele
Menschen würden dem Tode entgangen sein! Immer wieder, und auch in
der späteren soranoschen Zeit, findet man eine besondere Erwähnung der
Reinheit als stützendes Mittel gegen die Krankheit, Die Spülflüssigkeiten =
mußten „zweimal“ gekocht werden. Die Tücher mußten „sauber“ sein
und die Hände „gewaschen“. Wie sehr auch Hippokrates die Infektion
befürchtete, beweist die "ausführliche Schilderung der. Entzündung im
Becken. Darüber schreibt Hippokratös: „daß, wenn.man bei der Unter-
suchung die. Gebärmutter berührt, ‚dieselbe. sioh angeschwollen (freie Über-
1635
W. erörtert die Probleme :
Teichert: Die Narzylenbetäubung in der Chirurgie. Die Narzylen-
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1636
- der ersteren spielten.
' Backöfen die ‚Leichen Neugeborener!
setzung des Wortes npógxewTat), unter den Weichteilen hart anfühlt, und
.daß sich. Schmerzen in den Weichteilen und im unteren Leib und in der
Lendengegend geltend machen, und daß sich die Schmerzen bis zu den
Extremitäten, die nicht bewegt werden können, fortleiten: In vıelen Fällen
vereitern sogar: die Frauen ‘und vergehend sterben sie, wenn man
nicht schneidet oder nicht brennt“2%)! Wir lesen hier die Beschreibung
einer Phlegmone mit einer. Thrombophlebitis und Pyämie fast so, wie wir
sie heute auffassen!
ovacua“, und eine Technik besaß er sicher, mit der er meistens gute
Resultate erbielt, denn aus der Beschreibung geht hervor, daß, wenn diese
Therapie angeschlagen wurde, die Frauen dem Tode entkamen. Ferner
ordnet Hipp okrates an, daß die Nägel der Untersuchenden weder zu lang .
damit sie bei der Untersuchung: keinen Schmutz -
noch zu kurz sein sollen,
übertragen und nicht überflüssige Schmerzen verursachen (l. c.).. . Ä
Die Wundversorgung nach Hippokrates muß trocken sein, weil
sich die, Trockenheit dem Gesunden mehr nähert als die Nässe. Infolge-
dessen ordnet er an, „die Wunde zu säubern und schleunigst trocken zu
machen, um zu. verhindern, daß sie, wenn sie lange feucht bleibt, mazeriert
(wuöjy) und abfällt90). Wenn die Wunde naß bleibt, besteht die Gefahr,
daß dieselbe abfault.“ In den Ausdrücken „säubern“ und „abfault“ finden
wir einen neuen Beweis dafür,
die Gangrän ‘befürchtete; Er kannte auch'ganz genau und führte in der-
gelben Weise wie von Prießnitz fast 2500 Jahre später angegebene Um-
schläge aus! Bei Schmerzen in der Seite oder in der Gebärmutter ist es
nicht unzweckmäßig, mit heißen Mitteln zu versuchen, den Schmerz aufzu-
lösen; das Beste ist heißes Wasser in einem Beutel, oder in einer Blase, oder
in.einem Kupfergeschirr, oder in einem irdenen Geschirr. „Zu empfehlen
ist, einen weichen. und großen Schwamm, mit warmem Wasser durchtränkt,:
hinzuzufügen und ihn nit einem wollenen Tuch zu bedecken, weil da-
durch die Wärme längere Zeit dauern und an Ort und Stelle bleiben wirdt).
Auch der kriminelle Abortus fand bei Hippokrates eine ausführ-
liche Berücksichtigung. und er hat' nicht verfebit,
Arzt vereidigen zu lassen [óuoíwg de obö& yuvaızt mecoöv??) „Vöpıov32)
ewow]; „ich werde ebenfalls niemals einer Frau ein Mittel verabreichen,
welches geeignet wäre, die Frucht zu vernichten“ 3%). Aristoteles be-
'schränkte einige Jahre später das Hippokratische Verbot, indem er die
Abtreibung innerhalb der drei ersten Monate erlaubte, d. h. während der
Zeit, wo ‘das Kind kein Gefühl und kein Leben besitzt 35).
= Unter diesen Umständen mußte die Abtreibung besonders in den
Städten, die
waren, eine grobe Anwendung. finden.
Großgriechenland und in Rom wird die Abtreibung in hohem Maße von
Frauen getrieben, die sich Obstetrices nannten, gewöhnlich alte Prosti-
tuierte waren und den Beruf von Kupplerinnen nebenbei ausübten. Diese ,
Obstetrices wurden auch im Volksmund „Sagae“ genannt. - Vielleicht stammt
nach Littré und Dufour der französische Name sage-femme von diesen
„Sagao“. Außer diesen gab es die sogenannten medicae, die allgemeine
Heilkunde trieben, und die 'absestrices, die die Rolle von Assistentinnen
Man fand dann: in Rom jeden Morgen auf der
Straße, auf der Schwelle der Häuser, unter den Säulengängen und in den
Eine Legende erzählt‘sogar, daß die
Kinder in den Falten des charakteristischen Gewandes der Obstetrices ge-
tötet wurden. Die Abtreibung hieß im Anfang Aborsus und am Ende
Abortus. So wurden die Neugeborenen in manchen Fällen lebendig zur
Welt gebracht und, wenn sie von den Eltern unerwünscht waren, wurden.
sio am Lacus Velabreusis oder auf dem Gemüsemarkt ausgesetzt und
dort von dem Staat aufgehoben und auf seine Kosten erzogen, behielten
aber das Brandmal des unehelichen Kindes: |
Wenn wir mit der Eroberung Griechenlands durch die Römer die
meisten griechischen Ärzte in Rom finden, so ist es dadurch zu erklären,
daß die Römer bis dahin fast keinen einzigen Arzt in ihrer Heimat hatten.
Die Notwendigkeit der Heilkunde stieg, seitdem die asiatischen Gebräuche
und der Kultus der Isis in Rom eingeführt wurden. Die hochgradige
Prostitution und die Geschlechtskrankheiten wurden zur Volksseuche. Ur-
* sprünglich wollten die Römer in den Krankheiten eine Strafe der Isis, der
Göttin Venus, der sie huldigten, erblicken. Infolgedessen statt eine Besserung
ihres Zustandes durch die Heilkunde zu erstreben, errichteten sie Tempel
dem Fieber, dem Husten ünd den übrigen Erkrankungen. Die Heil-
kunde faßten sie als eine Beleidigung gegen die Venus auf, und so ist es
e
29) € Inmoxpriryg. ed. Littré 1851, VII, S. 320. |
80) * Innoxpdrng. Ilepè Tüv èy zegal} tpwpátwy, ed. Littré 1841, S. 244.
31) Zeoßos.ö' Imnoxpärnszalra Zme$enara. larpızı Ipóoðos. 1899, Advar.
32) redaög = Stein im Brettspiel.
33) ppópio = ZU vernichten geeignet.
‚ 34) “Innoxparng,. ‘Opxos. ed. Littré 1844, IV, S. 628.
. 3) ? 4peoror&ing. TloAırızöv. ed. Bekkeri 1831, H., S. 212. `
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46.
Auch Hippokrates kannte das „ubi pus ibi
wie sehr Hippokrates die Infektion und
in seinem „Bid“ den
der. Prostitution und der sittlichen Verdorbenheit verfallen
Weniger in Griechenland als in.
| ‚die Ausübung der Heilkunst untersagte.
16. November
zu erklären, daß auch später die allmählich nach Rom eingewanderten
Ärzte die Geschlechtserkrankungen unter maskiertem Namen in ihren
Werken anführten;, um sie nicht auf das Werk der Venus zu beziehen, ob-
wohl aus vielen Stellen ersichtlich ist, daß ihr Ursprung vermutet und
zum Teil bekannt war. |
„Als aber der Gesundheitszustand der Römer durch die Ankunft der
Syrierinnen, die Cnaius Manlius nach Rom brachte, auf das äußerste
sich verschlechterte, fing man an, Ärzte aus Griechenland zu rufen. Die-
selben waren Sklaven oder später Freigelassene und waren trotz der
Rettung, die die meisten brachten, von den Römern verachtet und verhaßt,
_ weil sie immer als die Bekämpfer des Werkes der Venus betrachtet wurden.
Als Sklaven wurden jedoch die Ärzte sehr teuer verkauft, je nach ihrer
Geschicklichkeit und Wissen, ‘denn sie mußten Chirurgen und Apotheker
sein. So besaß allmählich jeder wohlhabende Mensch in Rom seinen Arzt.
Wenn aber die Behandlung nicht zur Heilung führte, wurde der Arzt ge-
peitscht und in Eisen gelegt, oder wenn er ein freigelassener Sklave war,
konnte er verklagt werden und mußte eine große Buße zahlen.
Die erste Überpflanzung griechischer medizinischer Wissenschaft ia
Rom und somit eine Fortsetzung der altgriechischen Heilkunde verdanken wir
Asklepiades- von Bithynien. Seinen großen Ruhm als Praktiker gewann
er durch die Behandlung der Geschlechtskrankheiten. Von bleibendem
Wert ist aber sein philosophisches medizinisches System.
„Er wollte in den Krankheiten einen Mangelan Harmonie
zwischen den Bestandteilen erblicken, aus denen ihm der
menschliche Körper zu bestehen sehien“ (Dufour). Er teilte als
erster die Krankheiten in akute und chronische, und war der erste, .der
die Ursachen der Entzündung in irgendeiner Verstopfung suchte. Er be-
nutzte diätetische Heilverfahren und verordnete Abreibungen und Umschläge
und ist auch der erste, der die Dusche in die Heilkunde einführte (balnae
pensiles). Er war auch der Lehrer von Celsus.
Ferner können wir .als Modeärzte dieser Zeit Musa, den Leibarat
des Augustus, finden, dann Vettius Valens, der seinen Ruhm seinem
Verhältnis zur Messalina verdankte. Ferner die griechischen Ärzte
Themission, Meges von Sidon und den Kurpfuscher Thessalus von
Tralles, der von Galen „Narr und Esel“ genannt wird. Ferner Mene-
krates, der Erfinder des Saftpflasters, Asklepiades Pharmakion,
Apollonius von Pergamon, Kreton, Andromachus, Dioskurides
und andere. = > ` |
| Eine staatliche Anstellung fanden die Ärzte erst unter Nero, der
Andromachus dem Älteren den Titel eines Archiaters gab; die SchloBärzte
hießen Archiatri palatini und die. Volksärzte Archiatri populares.
Unter diesen Umständen tauchte nun im zweiten christlichen Jahr-
' hundert in Rom unter Trajan und Hadrian der berühmte griechische
£
‚Arzt Soranus aus Ephesus auf, dessen Werk „Tepl yuvaneiov zadwy
uns über erstaunliche Kenntnisse unterrichtet. Langsam und allmählich
hat sich die geburtshilfliche Wissenschaft und vor allem die Technik unter
Führung der Logik entwickelt. Man findet bei Soranus die prachtvollsten
Beschreibungen, und ich will mit den Anforderungen anfangen, die er für
die Hebamme aufstellt, um das Hebammenwesen zu verbessern.
„Angezeigt, um Hebamme zu werden, ist die grammatisch gebildete,
scharfsinnige, ein gutes Gedächtnis besitzende, arbeitsame,
gesittete und im allgemeinen den Sinnen unempfindliche, wohl-
gestaltete, kräftige Frau“. | |
' Gra'mmatisch gebildet, um auch durch Theorien das Technische
zu unterstützen. Scharfsinnig, um leicht den Geschehnissen zu folgen.
Eingedenk, d. h. mit gutem Gedächtnis, um sich zu erinnern dessen,
was man ihr anvertraut hat. Das Lernen geschieht durch das
Gedächtnis und das Verständnis. Arbeitsam, um sich den Ver
hältnissen anzupassen. Gesittet, weil man ibr den Haushalt. und die
Geheimnisse des Privatiebens anvertrauen wird und weil die moralisch
unanständigen durch die medizinischen Kenntnisse zu hinterlistigen An"
schlägen verleitet werden. Den Sinnen unempfindlich, weil es not-
“wendig ist, manches zu sehen, manches zu hören und manches durch Be
rührung zu empfinden. Wohlgebaut, um körperlich ungestört den Dienst
zu ‚machen. Kröftig, um die Strapazen der Wanderung auszuhalten.
„So soll die beste Hebamme sein“ 36),
Bei dieser Gelegenheit möchte ich 'hier die Geschichte der ersten
Athener Hebamme erzählen. Die Hebammeninstitution war schon bei den
Hebräern .1600 v. Chr. bekannt, wie es auch aus der Bibel ersichtlich ist.
Pharao fordert die Hebammen auf, die Kinder der Hebräer auszurotieD.
Im Athener Staate war aber ein Gesetz vorhanden, das den Frauen
: Eine junge Athenerin namen
Agonodike faßte den Entschluß, ihr Geschlecht in dieser Hinsicht 20
38) Impavös ó ’Eypearos. Tis & r : Bere
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 46
1637
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emanzipieren! Sie ließ sich die Haare schneiden, legte Männerkleidung
an und ließ sich als Mann von einem bekannten Arzte in der Geburtshilfe
ausbilden, so daß sie bald seine rechte Hand wurde. Durch ihre Geschick-
lichkeit gewann sie eine derartige Praxis, daß die Athener Frauen sich nur
von ihr behandeln ließen und kaum mehr einen Arzt aufsuchten. Die
letzteren, erbittert durch diesen Erfolg des angeblichen Jünglings, klagten
denselben wegen aller möglichen Schandtaten an. Agonodike antwortete
vor dem Areopag darauf, indem sie sich entblößte und das Geheimnis
ihres Geschlechts enthüllte. Sie wurde freigesprochen, und von diesem
Tage an nach einer Volksabstimmung ist auch den Frauen die Ausübung der
Heilkunde offiziell erlaubt worden; sie nahmen dann verschiedene Bezeich-
nungen wie: patat, Öupalotonor, Tanodcar, dxeorpides, larpivar, pgúovoat USW.
Außerordentlich interessant ist ferner die Beschreibung des Bades
des Neugeborenen.
„Man muß zuerst ein kleines Zimmer aussuchen, welches: gleich-
mäßig gewärmt ist und gut beleuchtet und gut gelüftet ist. (Dies letztere
geht aus dem Satz ałyý» droxAtvew hervor.) Die Hebamme muß sich dann
hinsetzen und ein Leinentuch über Schenkel und Knie ausbreiten, darauf
das Neugeborene hinlegen, und nachdem sie es von seinen Windeln ab-
gewickelt hat, mit lauwarmem Öl einsalben. Nachdem sie nun mit der
linken Hand den rechten Arm (des Kindes) unter der Achselhöhle anfaßt,
so daß die Brust sich auf dem Vorderarm ausruht, soll sie mit der rechten
Hand Wasser schöpfen, welches zur Freude und im Interesse des Kindes
warm und ungemischt sein soll. Sie soll nachher das Neugeborene um-
drehen auf den Rücken und ihm die Schenkel und das Gesäß und die
Bals- und Achselgegend abwaschen, weil sich dort Schmutz absetzt27).
Nach einigen Tagen muß man das Kind nach dem warmen Bade auch mit
kaltem Wasser abwaschen, damit es sich an die kalte Dusche gewöhnt,
welche es vor der Erkältung schützen wird“ (l. 0.)®). An anderer Stelle
wird bemerkt, daß man das Kind leise im Unterleib nach dem Bade
drücken muß, um es daran zu erinnern, daß es urinieren soll. Eine
besondere Beschreibung wird von Soranus dem Stillen gewidmet: Schon
aus Homer ist es bekannt, daß Hekabe ("Oumpos. ’Oövaasıa A., 448) und
Penelope (Heds X. 82) ihre Kinder Hektor und Telemach "selbst ge-
näbrt haben. Von Homer wird sogar die Ernährung des Kindes an der
mütterlichen Brust als ein Zeichen der mütterlichen Liebe angesehen.
Plutarch hat später in seiner Iep? raldwv dywris (ed. Dübner 1846, Über
Erziehung der Kinder) die Selbsternährung als eine Pflicht vorausgesetzt.
Diese Anforderung läßt uns vermuten, daß auch in jener Zeit eine Neigung
vorhanden war, die Kinder durch Ammen ernähren zu Jassen! Plutarch
erklärt sogar, weswegen die Selbsternährung vom moralischen Standpunkt
die beste ist. „Die Mütter müssen ihre Kinder ernäbren und ihre Brüste
geben, weil sie dann mit größerer Aufmerksamkeit aus ihrem Innern ihre
Kinder lieben werden.“ Soranus bestimmt das Alter der Amme: Sie
' soll weder jünger als 20 Jahre noch älter als 40 sein, sie soll zwei- oder
dreimal geboren haben, keine Krankheit haben und sich woblfühlen, von
großem Körperbau und guter Farbe (l. c.). Die Milch an und für sich
und die Qualität derselben wird von Soranus besonders berücksichtigt.
„Die normale Beschaffenheit (werpronayts) der Milch soll man durch Be-
tropfen auf den Nagel prüfen (yvwpileaNaı). Die gerade, ablaufende ist
wässerig. Die sich bonigartig drehende und unbeweglich bleibende ist dick.
Dasselbe Resultat erhält man (xaralaußavera.), wenn’man der Milch doppelte
Menge Wasser hinzufügt; nach einiger Zeit löst sich dieselbe in weiße
Farbe auf: und bleibt in diesem Zustand. Die Milch ist faul, wenn sie sich
in faserigen Kolyledonen (Klumpen) niederschlägt wie abgekochtes Fleisch.
Dieselbe kann dann nicht verdaut werden. Die Milch, die sich nicht auch
innerhalb längerer Zeit löst, wird dann nach Abgießen des Wassers im
Fundus des Gefäßes dick, käseartig und schwer löslich gefunden ?8).“ Ferner
gibt mit aller Genauigkeit Soranus an, wie sich eine Wöchnerin ernähren
‚soll: „Eier, junge Tauben und junge häusliche Hühner, Fische und das
Fleisch oder das Gehirn von jungen Schweinen. Abstehen soll sie von
Lauch, Knoblauch, Zwiebeln, Rettich, Bohnen und allem Eingemachten,
weil sie die Milch scharf machen 3°).“ Soranus beobachtete die Ophthalmo-
blennorrhoe und empfiehlt die Reinigung der Augen des Neugeborenen un-
mittelbar nach der Geburt. „Wenn dies nicht geschieht, werden die Säug-
linge meistens blind 40),* Betreffs des vorzeitigen Blasensprungs schreibt
Soranus folgendes:
bleibt die Gebärmutter trocken in der Zeit, wo sie das Fruchtwasser
braucht, damit Gleitung und Beförderung des Fötus geschaffen wird#1).“
Auch das gegenteilige Bild ‘beschreibt Soranus und führt die enorme
Dicke der Eihäute, | die das Kind nicht durchzusprengen imstande ist, als
-—
7) ].c. Tent àoutpoð Ppeyõv. ed. Ermerins, S. 154.
88) Eupavbs å èp. Ilep doxnnaalas yalaxtoc. ed. Ermerins, S. 141— 147.
n c. Dläs dıeTmreov rijv zpopöv. ed. Ermerins, S. 146—147.
%2) amavis . péos. ed. Ermerins, S. 121.
41) 1. c. Ti alía dugroxlag. ed. en S, 263.
„Wenn das Fruchtwasser vor der nötigen Zeit abfließt,
Ursache der Dystokie und der Abweichung von der normalen Lage an.
In demselben Kapitel über Dystokie führt Soranus auch einige Ursachen
der Atonie des Uterus an: „Einige Frauen, werden atonisch wegen des vor-
geschrittenen Alters oder wenn sie vorzeitig zu jung konzipieren in einer
Zeit, wo die Gebärmutter nicht genügend entwickelt ist. Andere Ursachen
für die Atonie sind z. B., „wenn die Gebärmutter von Kot oder Urin ge-
drückt wird“ (l. o.). Der Katheter ist dem Soranus bekannt; darüber.
schreibt er: „Wenn die Blase voll. ist,. soll der Urin durch den Katheter
entleert werden 42)“ Auch psychische Momente wie „Kummer, Angst,
Furchtsamkeit, Erschlaffung“ oder noch gar wenn die Frau „zuviel, gegossen
hat“! können eine Ursache der Atonie sein. ..
Auch das enge Becken wird in sehr treffender Weise von Soranus
erkannt und als Ursache der Dystokie angeführt. „Wenn die Knochen
der Hebe miteinander gewachsen sind und infolgedessen während der
Geburt sich nicht erweitern können“; gewöhnlich bekommen die kleinen-
Frauen eine Dystokie. Jedoch auch die großen. Frauen können eine
Dystokie bekommen, wenn sie im Oberkörper breit sind und im Becken
eng, weil sie den normalen Körperbau nicht aufweisen. Also auch das
allgemein verengte männliche Becken wird von Soranus bekannt! Soranus
empfieblt beim engen Becken für, die Geburt die Knielage folgendermaßen:
„Wenn wegen der Konkavität des Kreuzes die Frau in, eine Dystokie
geriet, muß man sie auf die Knie legen, damit nachdem die Gebärmutter
‘in das Hypogastrion sinkt, sich in gerader Linie mit der Zeryix einstellt“
(l. c. S. 270—278). Ferner beschreibt Soranus den Armvorfall und seine
Behandlung: „Wenn ein Arm vorgefallen ist, muß man ihn nicht heraus-
ziehen“; das "Fehlerhafte dieser Handlung begründet Soranus dadurch,
daß, wenn man die Hand zieht, „der Kopf sich einkeilt und dann Wird
der Arm luxiert und an der Höhe der Sehulter gebrochen“. .Die richtige
Therapie nach Soranus ist die Reposition. „Mit den Fingerspitzen soll
man den Arm, nachdem man ihn gebogen hat, am Ellbogen entlang der
Seite und des Oberschenkels ausstrecken, damit die Geburt nicht gestört
wird.. In dem Falle aber, wo beide Arme vorgefallen sind, muß man die
Fingerspitzen bis zu den beiden, Schultern einführen und nach oben drücken.
Nachdem man nun die Arme zurückgeschoben hat und entlang der Seite.
und den Oberschenkeln ausgestreckt hat, faßt man den Kopf und zieht
ihn langsam heraus“ (1. c. S. 282—288). Dieser interessanten Beschreibung
von Soranus wurde bis jetzt wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Jedoch
müssen wir aus dieser ersehen, daß die von Soranus beschriebene Mani-
pulation auf die Extraktion des Kopfes hinweist ana von dem ursprüng-
lichen Prinzip der Zange nicht fernliegt. |
Die ’Eußpvovixia von Soranus wird stets als eine zerstückelnde
Operation aufgefaßt, obwohl Soranus diese beiden Begriffe durch zwei
verschiedene Namen voneinander trennt (’ZußpvovAxia = Eußpuov = Fötus,
&ixw = ziehe ’Eußpvoronfa = téuyw = schneiden). Ich möchte hier die
Vermutung äußern, trotz der Meinung von vielen, daß Soranus ein der
Zangenoperation ähnliches Verfahren ausübte, zwar mit besonderen Instru-
menten und wahrscheinlich mit -zwei Haken, aber ohne Zerstückelung
des Kindes wie dies aus der folgenden Beschreibung. anzunehmen ist:
„Man ‚muß die Frau auf den Rücken legen und zwar so, daß der
Kopf etwas tiefer im Bette liegt, welches letztere widerstehend vor-
bereitet werden muß, damit das Kreuz (beim Zug) nicht leicht nach-
gibt. Nachdem nun die Oberschenkel gespreizt und gegen den Bauch
gehoben werden, muß man die Füße auf die Lehne stützen und den
Körper durch Diener halten lassen. Der Arzt soll sich dann gegenüber
und etwas niedriger als die Beine der Kreißenden setzen. Er läßt dann
die Schamlippen :durch die Diener auseinanderhalten und nachdem er seine
eingefetteten Finger dicht nebeneinander hält, damit ‚sie weniger Platz
einnehmen (usiovpov [dieses Wort bedeutet wörtlich verstümmelt, hier
aber fasse ich es als einen Ausdruck des Zusammenhaltens auf]), führt er
die Hand in den erweiterten Muttermund ein.
Schiofgeratene wieder gerade zu bringen, und wenn möglich, sucht er
einen Ort, wo das '"Lußpuodixov eingeführt, nicht leicht wieder herausfällt.
Nachdem er nun das &ußpvoölxov in warmes Öl eingetaucht hat, hält er
es mit der rechten Hand und mit der linken bedeckt er die Krümmung
(des Instruments), führt es langsam ein und stellt es an einer ‚Stelle ein
(Aypızeveußarnosws Üübersetze ich aufpassend, um nicht falsch ‘zu treten!).
Weiter muß er auch den entgegengesetzten zweiten eußpvoöAxov einführen,
damit beim Zuge das Gleichgewicht gehalten und nicht schief gezogen
wird (einseitig), was eine Einkeilung des Fötus hervorrufen würde, Dann
gibt er beide Zußpvoöixa einem Erfahrenen zu halten und veranlaßt ihn
langsam zu ziehen, ohne brüske Bewegungen zu machen, einerseits, und
andererseits auch nicht nachzulassen — denn das Vorgezogene schiebt sich
zurück, wenn man nachläßt —, aber wenn es notwendig wird,. den Zug
einzustellen, soll er in dem vorhandenen Zug‘ die èufovoðàxa u
‚.42) l. c. "Erneieia dvoroztas. ed, 'Ermerins, S. 273.
Er versucht dann, das
1638 1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. d6: > > 5 i6 Novemba
worden ist. Danach werden neue Ärzte zur Kasse’ nur unter der Voraus-
setzung zugelassen, daß sie einen kurzen praktischen Kursus über Kranken..
und Invalidenversicherupg, über sparsame Arzneimittelverschreibung: und
über das Zusammenarbeiten zwischen Ärzten und Fürsorgestellen ‚dureh-
gemacht haben, Die französischen Ärzte sehen in. diesen Bestimmungen
einen Versuch von seiten der elsaß-lothringer Arzte, den Zuzug von Ärzten.
' aus Frankreich zu erschweren. De
i Soweit es sich übersehen läßt, ist der Widerstand gegen die Bin- `
fübrung der Krankenkassenversicherung nutzlos. Beachtenswert an dem
Verlauf. der Angelegenheit ist, daß es. gerade die Aneignung ‘der beiden
deutschen Provinzen sein müßte, welche in Frankreich den Stein der
Krankenkassenversicherung ins Rollen brachte, ‚der jetzt die französischen
“Ärzte bedrückt. ° . ..—.. Eu:
.. Eine sehr verdienstvolle kleine Broschüre „Was muß jeder Kranke-
von der nichtärztlichen Heilbehandlung wissen?“ veröffentlicht
Med.-Rat Dr. Rehberg in Tilsit. Er unterzieht die nichtärztlichen oder `
jedenfalls nicht der „Schulmedizin“ angehörigen Heilverfahren einer kritischen
Beleuchtung, die in ibrer. Objektivität geeignet sein müßte, die Kranken
'über das, was sie von allen diesen Verfahren erwarten können, aufzuklären.
.Da wird die Homöopathie. behandelt und anerkannt, daß der Grundsatz, -
‘ Ähnliches mit Ähnlichem zu behandeln, für viele Krankheiten richtig sei, '
sicher aber nicht für alle, und daß es deshalb nicht richtig sei, ihn zur
Grundlage der ganzen Heilkunde zu machen. "Da wird hervorgehoben, daß.
. die homöopathischen Mittel ausschließlich’ zur Behandlung der Krankheits-
symptome benutzt werden, während die. Grundkrankheit gar nicht berührt
‘wird. Die Biochemie bildet schon den Übergang zu den Geheimlehren,
von denen die Elektrohomöopathie und die Odlehre in ihrem Unsinn ana-
Iysiert werden. Es folgen Magnetismus und Augendiagnose, deren Ent.
decker, ein l1jähriger ungarischer Junge, beobachtet haben will, wie bei“
. einer Eule, der.er ein Bein. abbrechen mußte, um sich von ihren Kralleh .
zu. befreien, plötzlich ein schwarzer. Strich in der Regenbogenhaut entstand.
Die Hauptverfahren der Naturheilkunde, die christliche Wissenschaft. und
die Handdiagnose, werden abgehandelt und, immer in gemeinverständlicher
Form, ad absurdum geführt. Die Vorbildung der Kurpfuscher hat vor dem
: medizinischen Studium den Vorzug der Kürze, da man in 4—6 Wochen
„ausgebildet“ sein kann.. Allerdings kostet ein solcher Ausbildungskurs
schon 800. Goldmark. — Es ist zu wünschen, daß die kleine Schrift In
Laienkreisen weiteste Verbreitung finden möchte. | a
Berlin.. Die Stadtverorduetenversammlung hat dem ihr vorgelegten.
Entwurf über die Regelung der Vergütung. der Assistenten, Ober-
"und Volontärärzte mit der Maßgabe zugestimmt, daß die Assistenten
und Volontärärzte in den städtischen Krankenhäusern und Instituten die
T gleichen Bezüge erhalten wie die Assistenten der entsprechenden staatlichen
Anstalten. Die Assistenten.erhalten danach im 1. und 2. Dienstjahr 95 v, H.
des Anfangsgehaltes der Gruppe 10 nebst. Ausgleichs-, Orts- und örtlichen
Zuschlägen. Das Gehalt erhöht sich im 8: Jahr auf 98 v. H. und im 4. Jabr.
‚aber wicht nur nach einer geraden Linie, sondern auch nach den Seiten
bewegen, wie dies bei der Extraktion der Zähne geschieht. In dieser Weise :
durch den Hebel sich entwickeind, wird das Kind die umgebenden Weich- |
‚teile ausbreiten und .leicht"geboren #8); Toa
= ` Wir haben hier keine Veranlassung anzunehmen, daß es sich um
‚eine zerstückelnde Operation handelt. Aus dem angeführten Handgriff
„nach der Reposition -der vorgefallenen Arme und nach der Beschreibung
der &ußpvovAxia möchte ich doch vermuten, daß dieselbe keine &ußpvoropia
“ war, sondern eins-Operation, die sich jedenfalls von der letzteren unter-
: schied und die vielleicht lebende Kinder zur Welt brachte. Jedenfalls
fehlen uns leider weitere Anhaltspunkte, um diese Frage mit Sicherheit -
zu entscheiden. e 5 EN
Auch dio gynäkologischen Kenntnisse des Soranus sind bemerkens-
wert ‘und ich füge hier einiges über die Inversion des Uterus an: „Bei
` totaler Inversion des Uterus findet man eine vorgefallene Geschwulst, die
einem Ei ähnelt und die manchmal in der Vagina bleibt, manchmal aber
auch bis zu den Lippen reicht und später weißlich verfärbt ist“44), Als
Ursache der Inversion wird der Zug an der Nabelschnur bei noch sitzender
Plazenta angeführt: „Die Unerfahrenen haben durch den Zug oft die.
Gebärmutter. herausgezogen und auch öfters invertiert“ (&xorpogn). Von
* ‚der Inversion unterscheidet Soranus den Prolaps des Uterus und schlägt
folgende Therapie vor: „Man bereitet eine zusammengedrehte Wolle, deren
Größe und Form der Vagina entspricht, umwickelt sie mit einem sehr
. dünnen und sauberen Tuch und drückt damit leise die vorgefallene Gebär-
mutter, bis sie àn ihre Lage zurückkehrt und die Wolle die. ganze Scheide
=. ausfüllt.“ Bei Mißerfolg’dieser Therapie empfiehlt Soranus aber die Ex-
` stirpation der Gebärmutter. wie folgt: „Wenn die Gebärmütter eine schwarze
Farbe angenommen hat dadurch, daß sie längere Zeit außerhalb der
Scheide geblieben ist, muß man dieselbe abschneiden (abnehmen); die.
- "Erfahrung hat gelehrt, daß das Weggeschnittene keinen wesentlichen Teil
.. darstellt, da es verändert und dem Körper fremd ist.“ Hier ist wieder zu
‘bemerken, daß nicht nur das Prinzip des Pessars bekannt war, sondern
‘auch der Mißerfolg desselben, der zu dem mutigen Angriff der Exstirpation
` des ‘Uterus veranlaßte. Rue 22 SR Fa
‘Der weitsehende Geist und die lakonische Sprache der alten Griechen
. lassen uns vieles noch vermissen, dessen Erwähnung in ihren Schriften sie -
“vielleicht für überflüssig hielten. Hinter den konzentrierten Sätzen steckt
noch ein ungeheures Wissen. Gewisse Punkte, auf die ich Gelegenheit gehabt -
habe, aufmerksam zu machen, wie z. B. die Asepsis, zeigen das ungeheure
. Genie jener Begründer der Zivilisation. | ee
‚Ich .habe versucht, einen kurzen Einblick zusammenfassend in die
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aligriechische Geburtshilfe zu geben. Diese geistigen Dokumente einer
unsterbliohen Kultur. sollten jedem Geburtshelfer gegenwärtig sein und ihn
‚daran erinnern, daß der logische Gedanke und die genaue Beobachtung
die Elemente sind, auf die jede Lehre sich stützt. Er soll aus’ der alt-
‚griechischen Geburtshilfe geistige Frische schöpfen.
Tagesgeschichtliche Notizen. |
(Nachdrück der redaktionell gezeichneten Mittellungen pur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
‘Die durch den Versailler Frieden erzwungene Abtretung von Elsaß-
` Lothringen an Frankreich hat für die französischen Ärzte eine Folge gehabt,
die in der Presse médicale beklagt und. bekämpft wird, nämlich die Ein-
führung einer Krankenkassenversicherung für die Arbeiter |
nach dem deutschen Vorbilde. Bei der Übernahme der Verwaltung
` lernten die Franzosen ein mehr als 30 Jahre altes Versicherüngssystem
für Kranke und Invalide kennen und wurden genötigt, dazu Stellung zu
nehmen. Die Arbeiterschaft von Elsaß-Lothringen erklärte, an der deutschen
In der Kammersitzung, in .
Einrichtung der. Versicherung festzuhalten.
welcher die neue Versicherungsgesetzgebung für Frankreich angenommen
wurde, erklärte der Arbeitsminister: „Die Lage der elsaß-lothringer Arbeiter, |
welche die Vorteile der sozialen Versicherung genießen, ist die Ursache,
daß zwischen ihrer Lage und der Lage der Arbeiter in Frankreich wesent-
liche Unterschiede bestehen. Wenn hier ein Ausgleich geschaffen werden
soll, so ist es klar, daß er nicht auf dem tiefen Stande, sondern auf dem
_ höheren Stande angestrebt werden muß.“ Ä | |
. Gegen die Krankenkassen wird von seiten der französischen Ärzte
neben dem deutschen Ursprung der Umstand geltend gemacht, daß das
'Berufsgeheimnis für. die Kranken nicht gewahrt bleibe. Schwer empfunden
wird die Gefahr, welche von einer Herrschaft der Kassen drohe und die
auch ihren Ausdruck finde in der Staffelung der Ärzte in zwei Klassen:
‘auf 100 v. H. Die Oberärzte der städtischen: Krankenhäuser erhalten Im
1. und 2. Dienstjahr 100 v. H. des Anfangsgehaltes der Gruppe 30, m
3. und 4. Dienstjahr 109 v. H., im 5. und 6. Dienstjahr 115 v. H. und im
7. und 8. Dienstjabr 127v.H. 00.000008 ET
Berlin. Die Stadtverordnetenversammlung hat beschlossen, die
durch den. Abbau des Dr. Rabnow freigewordene Stelle des Stadt-
medizinalrats auszuschreiben.
- ` In Halle a. S. wurden unentgeltlich Blätter der „Tagesschau, Tages-
zeitung für die Interessen der gesamten Naturheilwissenschaft“ verteilt, In
denen „von Professoren und Geheimräten unterzeichnete Sektionsprotokölle
aus dem Virchow- und Urban-Krankenhaus, Berlin,“ Salvarsan- und
Quecksilbertodesfälle beweisen sollten. Die Autoren der. Flugblätter
haben die Dreistigkeit gehabt, mit Namen der Leichen, Tagen der Sektion
und Randbemerkungen und Unterschriften ‘der Prosektoren Prof. Benda
und Priv.-Doz. Dr. Christeller versehene Sektionsprotokolle mitzuteilen,
die plumpe Fälschungen waren. Die genannten Prosektoren- veröffent-
lichen im September/Oktoberheft der „Deutschen Zeitschrift -für ‚öffentliche _
Gesundheitspflege“ ihre- Richtigstellungen, denen der Herausgeber der Zeite -
‚schrift, Prof. Dr. v. Drigalski, mit Recht weiteste Verbreitung wünscht,
damit auch, „wer bisher nicht sehen wollte, einen erschreckenden Einblick
in:das unglaubliche Treiben interessierter. Kreise bekommt. © >
‚Hochschulnachrichten. Heidelberg: Prof. Dr. R. Gottlieb,
Direktor des pharmakologischen Instituts, ist gestorben. Er hat durch wert-
volle Beiträge die experimentelle Pharmakologie gefördert: Weiten Kreisen
ist er bekannt durch das ausgezeichnete Buch „Experimentelle Pharmako-
logie als Grundlage der Arzneimittelbehandlung“, das er in Gemeinschaft mit
H. H. Meyer (Wien) herausgegeben hat. — Innsbruck: Zum Ordinarius der
“Chirurgie als Nachfolger von Prof. Haberer wurde der ao. Prof. Egon R anz
in Wien ernannt. — Leipzig: Als Nachfolger des nach München über-
A in die Vertrauensärzte und in die übrigen Kassenärzte. Hingewiesen wird | siedelten Prof. Bumke ist zum Direktor der psychiatrischen Klinik und
! auf die sparsame Arzneimittelverordnung der Krankenkasse, die die Freiheit |.o. Professor der Psychiatrie Prof. Dr. Schröder (Greifswald) berufen worden.
-j der ärztlichen Verordnung zum Schaden des Kranken beschränke. Als ein | — Münster: Zu ord. Professoren wurden ernannt die Professoren Martin
hat? weiterer Beweis für die üblen Folgen, welche die beschränkende und gleich- | Reichardt, Würzburg (Psychiatrie), Aurel v.Szily, Freiburg 1. Brsg.
ge machende Krankenkassengesetzgebung zeitigt, gilt eine Vereinbarung, welche | (Augenheilkunde), HeinrichTöbben, Münster (gerichtl. Medizin), Hermann
eis zwischen dem Straßburger Ärzteverein und den Krankenkassen getroffen | Freund, Heidelberg (Pharmakologie), Hans Vogt, Magdeburg (Kinder-
BC | | heilkunde) und Hermann Marx, Heidelberg (Ohrenheilkunde). Der Ordi-
48) ].c. epl Eußpvovixias zal &ußpvoropias. ed. Ermerins, S. 291.
44) ].c. Tepl arwoews. unrpas. ed. Ermerins, 8. 296.
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
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narius der Pathologie Hermann Groß in Greifswald in‘ gleicher Eigenschaft
nach Münster versetzt. ar | z R ;
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- rische Wirkungen auslösen.
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Wochenschrift für praktische Arzte
Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft 12
Geh, San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin # Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
BETETLANFTETTRUNSEERIERTERDETERRERBERTUGURGRUNEGERSRGTURUUGERUEORGRURBNERLERDENERRRUSGUSULUSELUGLRGGRUSRUSGSUUIRERBRUGEUSGEGBULERGEREERGGSEHRLBTUGLENDEUBTRLUGSRERUUETESGRUSUUHRERGENENUEBAUBELURÜLLAUUERRDELSERTERESEREGRRLNUNELUNGUUSETERHRGHNENE PITTTTTFITTTLLLLLELLELLL >..
Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
OS@LEBDBERUREBTLBEDSLIERDERSELSUEHBERBURSDESERUSEUSGHEUBETEUUGERUEDNETERSESGUUUUSUDHUGESSTEESTRREFLLUEREE ÜBBZURRUESOSAGHSOLBEBURDUEDUDERUSTESEDESGSEBERDERSETERLSUESDESETUEHDUSESUEUSBERGERURSURURNGBEUEUGSUSSPRORRABSREUUSSSEERUSSRREREEORTTIESBÜGRRSELRERBEGUBUEEEREBRSSUNSREREN
geleitet von
Nr. 47 (1041)
Berlin, Prag u. Wien, 23. November 1924
Verlag von ş
XX. Jahrgang
Klinische Vorträge.
Aus der II. Inneren Abteilung des Auguste Viktoria-Krankenhauses
zu Berlin-Schöneberg (Dirig. Arzt: Prof. Dr. F. Glaser).
Die klinische Bedeutung der vegetativen Reflexe.
| | Von Prof. Dr. F. Glaser.
Sowohl in gesunden wie in kranken Tagen sind es die vegeta-
tiven Reflexe, welche einerseits das harmonische Zusammenarbeiten
der Organe mit ermöglichen, andererseits aber auch krankhaft-reflekto-
So werden die komplizierten Magen-
bewegungen teilweise von vegetativen Reflexen beherrscht; wenn
‘das Duodenum infolge Speisebreies. gedehnt wird, schließt sich re-
flektorisch der Pylorus; und als pathologisch-vegetativer Reflex sei
das Asthma bronchiale angeführt, das reflektorisch von einer Retro-
flexio uteri ausgelöst werden kann. Die Betrachtung der vegetativen
Reflexe wird sehr erleichtert, wenn wir an die Spitze unserer Er-
örterungen eine Einteilung dieser reflektorischen Vorgänge stellen.
Die vegetative Reflexe, die bauptsächlich im sympathischen und
parasympathischen System verlaufen, aber auch zum willkürlichen
Nervensystem Beziehungen unterhalten, können in folgende Gruppen
gegliedert werden: 1. die intravegetativen Reflexe, die a) nur im
Wandnervensystem der inneren Organe verlaufen, wie die vom
Auerbachschen Plexus ausgelösten peristaltischen Darmbewegungen;
: b) in solche intravegetative Reflexe, bei denen der Reflexbogen im
Rückenmark oder in der Medulla oblongata liegt, wie z. B. den
Brechreflex, der nach Klee (1) als afferenten (= zentripetalen)
Schenkel den Vagus, als efferente (= zentrifugale) Bahn den Sym-
pathikus benutzt; geschlossen wird dieser Reflex im vegetativen
Kerngebiet des verlängerten Markes; 2. die sensitiv-vegetativen
Reflexe spielen bei vielen physiologischen und pathologischen Vor-
gängen eine große Rolle; so erfolgt bei Erwärmung der Haut eine
Reizung der sensiblen Fasern, welche sich über die hinteren Wurzeln
auf die Zentren der Vasomotoren, Schweißdrüsen und Pilomotoren
im Rückenmark überträgt; in der Substantia gelatinosa der Hinter-
säulen erfolgt nach L. R. Müller (2) vermutlich die Überleitung
auf die vegetativen (parasympathischen) Gangliengruppen der Hinter-
hörner, von wo die parasympathischen Fasern über die hinteren
“Wurzeln mit den spinalen Nerven zu den Gefäßen, Schweißdrtisen
‚und Piloarrektoren ziehen; 8. die vegetativ-sensitiven Reflexe: als
Beispiel sei der linksseitige Armschmerz bei Angina pectoris an-
geführt; hier reizen die schmerzhaften vagotonischen Koronargeläß-
spasmen besonders das linksseitige Ulnarisgebiet; 4. die vegetativ-
motorischen Reflexe: bei Darmkoliken wird über die zentripetalleitende
Splanchnikusbahn reflektorisch eine Bauchmuskulaturspannung er-
zeugt; 5. die psycho-vegetativen Reflexe: Vorstellungen im Ge
und Stimmungen ‚können reflektorisch die inneren Organe beein-
-flussen, wie z. B. der Gedanke an eine schmackhafte Mahlzeit
:Magensaftsekretion hervorzubringen imstande ist.
Diese psycho-vegetativen Reflexe können. außerdem endokrino-
vegetativ-reflektorische Vorgänge zur Folge haben. So erregt ein
psychischer Reiz z. B. die Schilddrüse durch Vermittlung vegeta-
tiver Nerven. Das in vermehrter Menge produzierte Schilddrüsen-
‚sekret reizt den Sympathikus und bringt so Tachykardie, gestei-
.gerten Stoffwechsel hervor. Auch vegetativ-endokrine Reflexe können
psychisch bedingt sein; es sei nur an die Aufregungsglykosurie er-
innert: infolge psychischer Erregung entsteht eine Reizung des Sym-
pathikus, die infolge Adrenalinausschwemmung aus der Nebenniere |
zu einer vermehrten Mobilisation des Leberzuckers führt.
Sowohl der Magen als auch der Darm kann sich infolge intra-
.vegetativer Reflexe bewegen, die sich allein im Wandnervensystem
Es z pa Da N
-— I a r
‚reizung hervor.
abspielen. Bringt man in das Lumen des Darms, der aus dem
Körper gelöst ist, einen kleinen Ballon, so erregt der in Ringer-
lösung sich befindliche Darm peristaltische Bewegungen. Diese Be-
wegungen treten nicht mehr auf, wenn der Auerbachsche Plexus
abgelöst ist. Der Reflex muß sich also in diesem Plexus abspielen; -
weder den Vagus, den Sympathikus, noch das Rückenmark oder
das Gehirn braucht der Darm für diese vegetativen Reflexe. Wir.
kennen zwar nicht den genauen Weg des Ablaufs dieser nervösen
Vorgänge; aber wir wissen jetzt, daß dieser Reflex nicht allein
mechanisch vom Innern der Darmschleimhaut ausgelöst werden kann,
sondern auch von einer chemischen Substanz, die die Magen-Darm-
schleimhaut selber produziert: dem Cholin (le Heux). Ebenso wie
vom Magen, Darm oder auch vom Ureter intramurale Reflexe ver-
ursacht werden können, vermag die von allen spinalen Nerven los-
gelöste Gebärmutter noch peristaltische Bewegungen auszuführen:
Wir müssen uns vorstellen, daß der für die Schleimhaut spezifische
Reiz zu den Ganglienzellen, die nach Dahl (3) der Gebärmutter
dicht angelagert sind, die Erregung führt, die zu einer entsprechenden
peristaltischen Bewegung Veranlassung gibt.
Körper gelöste Herz schlägt in Ringerlösung weiter; wir. wissen, daß
vom Sinusknoten die automatischen Herzreize ausgehen und wir
haben nach L. R. Müller (4) somit alle Ursache, „anzunehmen, daß
die Reflexe, welche diesen Bewegungen zugrunde liegen, im Herzen
selbst auf automatische Weise zustandekommen“, und wir dürfen nicht
daran zweifeln, daß die Ganglienzellen im Sinusgebiet und in der
Vorhofsscheidewand diesen Reflexen vorstehen. Möglicherweise
werden diese Ganglienzellen von dem von Haberland (5) ent-
deckten Sinushormon erregt. Wir sehen demnach, daß eine der
lebenswichtigsten Stellen des menschlichen Körpers der Schritt-
macher und das Ultimum moriens des Herzens einem vegetativen
Reflex wahrscheinlich untersteht. x
Auch über die Medulla oblongata können vom Herzen intra-
vegetative Reflexe ausgelöst werden. Bei zu starkem Anstieg des
Blutdrucks wird der N. depressor cordis gereizt — diese. Erregung
pflanzt sich zentripetal auf das Vaguszentrum in der Medulla
oblongata fort, um von da durch zentrilugale Vaguserregung eine
Herabsetzung des Blutdrucks hervorzubringen. Der berühmte
Goltzsche Klopfversuch stellt ein typisches Beispiel eines intra-
vegetativen Reflexes dar: klopft man in raschem Tempo einem
Tier auf den Bauch, so verlangsamt sich der Herzschlag oder
es tritt Stillstand in Diastole auf. Durch mechanische Reizung
der Baucheingeweide wird der Splanchnikus gereizt, von hier ver-
läuft die Erregung über den Sympathikus zu den Ursprungs-
kernen des Vagus der Medulla oblongata und bringt so eine Vagus-
Der Reflex erlischt nach Durchschneidung der
Medulla oblongata oder des Vagus. Ihm kommt deswegen eine
klinische Bedeutung zu, da durch Stoß vor den Bauch durch Herz-
stillstand Tod eintreten kann; auch beim Ileus und bei Magen-
Darmaffektionen können auf diese Weise Pulsverlangsamungen erklärt
werden. Bei den Wechselbeziehungen zwischen Magen und Herz-
neurosen, dieRoemheld(6) als gastrokardialen Symptomenkomplex
beschreibt, handelt es sich um die Beeinflussung eines gesunden
. oder auch kranken Herzens vom Magen aus; die Wirkung kann
toxischer und mechanischer Natur sein, ‘aber auch auf dem Wege
intravegetativer Reflexe sich vollziehen. Bei Angina pectoris treten
wichtige intravegetative Reflexe auf; der vagotonische Spasmus der
Kranzgefäße kann reflektorisch über den Sympathikus eine para-
sympathische Chorda-Speichelsekretion hervorrufen; auch profuse
Diurese und Erbrechen kaun sich infolge Vaguserregungen einstellen.
‚Bei Krampfzuständen aller inneren Organe, sei es, daß es. sich um
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7.28. November
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vagotonische Kranzgefäßspasmen oder um vagotonische Erregungs-
zustände der ‚glatten Muskulatur des Magens, des Darms, der Gallen-
blase, des Nierenbeckens, des Uterus handelt, treten vagosympatbische
_ Reflexe auf, die sich an der Haut durch periphere Gefäßverengerung,
kalten Schweiß und Gänsehaut geltend machen. Vaguserregungen
innerer Organe rufen demnach rellektorische sympathikotonische Haut-
` reaktionen hervor. Ich (7) habe in einer früheren Arbeit die Hypo-
these aufgestellt, daß die bekannt gute Wirkung heißer Umschläge
bei Organkoliken. nicht als ein sensitiv-vegetativer Reflex aufzufassen
ist, sondern daß durch die infolge Hitze erzeugten parasympathischen
Hautgefäßerweiterungen reflektorisch der Vagustonus der im Krampf
sich befindlichen glatten Muskulatur (Magen, Darm,. Blase usw.) |
herabgesetzt wird. Das Asthma dyspepticum führt Boas. auf intra-
' vegetative Reflexe zwischen Lunge — Herz und den Verdauungsorganen
zurück. — Auch bei den Gefäßreflexen, die eine sehr wichtige Rolle
für den Blutdruck und die Blutverteilung spielen; ist diese vege-
. tativ-reflektorische Beeinflussung von Bedeutung. Bei der Brown-
` Sequardschen Versuchsanordnung tritt diese intra-vegetative Gefäß-
beeinflussung besonders hervor: taucht man ein Bein. in kaltes
Wasser, so verengern sich reilektorisch die gesamten Hautgefäße,
wie dieselben sich erweitern, wenn das Bein in warmem Wasser
sich befindet. Ich (7a) selber habe die alimentären Leukozytosen
und Leukopenien als Hautgefäßreflexe beschrieben, ' die bei der
Magenverdauung einsetzen. Die Magensaftsekretion, die vegetativ-
‘'endokriner Natur ist, bringt reflektorisch an der Haut sympathiko- |
tonische Gefäßverengerungen (= Leukozytosen), resp. Gefäßerweite-
‚rungen (= Leukopenien) hervor, je nach dem Verhalten des Tonus-
zustandes des vegetativen Hautnervensystems. E. F. Müller (8)
konnte mittels des vagotonischen Leukozytensturzes wichtige Be-
ziehungen zwischen Haut und vegetativem Nervensystem aufdecken.
Durch intrakutane Injektionen. konnte er einen Vagusreiz auslösen
und auch die Reflexbahn klarstellen. Sie. beginnt in der Haut,
nimmt ihren Weg in den parasympathischen Fasern des vegetativen
| ‚ Nervensystems und hat ihren Angrifispunkt nach E. F. Müller in
den vom Vagus innervierten Eingeweidegefäßen. Vollmer (9)
‘konnte durch intrakutane Injektionen von physiologischer Koch-
salzlösung das parasympathische und sympathische Hautnerven-
system reizen, das rellektorisch den Stoffwechsel. in der Weise be-:
'einflußte, daß eine Verminderung der Säureausscheidung mit dem
Harn eintrat. nr a en
Im Magen-Darmkanal spielen sich selber wichtige intra-
| vegetative Reflexe ab. Nicht allein durch Fett und Säure. im
Zwölffingerdarm schließt sich der Pylorus, sondern auch. durch
Dehnung des Duodenums, kommt von hier aus .reflektorisch ein
Pylorusverschluß zustande (9a).. Auch vom oberen Dünndarm läßt
sich z. B. durch kräftig-mechanische Reize — wie bei Operationen
— ein reflektorischer Pylorusverschluß infolge intravegetativer Reflexe
erzielen. Daß vom Darm aus .Magenstörungen ausgelöst werden
können, kennt jeder Praktiker aus eigener Erfahrung: so kann
Appendizitis, auch Obstipation. zu schweren Magenstörungen Veran-
lassung geben. Und wer sich auf den Standpunkt Rößl es (10) stellt, -
daß das Magengeschwür als zweite Krankheit aufzufassen ist, muß
bei Ulcera ventriculi, die als Folge von chronischer Appendizitis
oder Cholezystitis entstanden sid, intravegetative Reflexe annehmen,
die vom zuerst erkrankten Organ zur Magenschleimhaut verlaufen.
v. Bergmann (11) bat auch auf. die Bedeutung derartiger Reflexe
aufmerksam gemacht: infolge viszero-viszeraler Reflexe tritt. während
eines Gallensteinkolikanfalls eine vagotrope Reizung des Magen-
Darmtraktus auf, die sich in Motilitätssteigerungen am Verdauungs-
kanal äußert; seltener tritt Fehlen jeder Magenperistaltik, der Se-
kretion und des Pylorusschlusses auf. — Auch die Obstipation bei
Gallensteinerkrankungen, die sich bis zum Ileus steigern kann,
deutet v. Bergmann in diesem Sinne. — Da die Gallenblase keine
Nerven vom willkürlichen Nervensystem erhält — sie wird vom
Vagus und Sympathikus innerviert — so spielen sich alle von der
Gallenblasenschleimhaut erregten Reflexe als intravegetativ-reflekto-
rische Vorgänge ab. Neuere Untersuchungen — ich folge den Aus- `
führungen K. Westphals (12) — weisen darauf hin, daß auf leichten
Vagusreiz die glatte Muskulatur der Gallenblase sich kontrahiert bei
Öffuung des Sphinkter an der Vaterschen Papille
(= Oddischer Schließmuskel). Die Duodenalsondierungen haben
| gelehrt, daß Peptone oder Fette vom Duödenum reflektorisch‘ durch
einen Vaguszeiz eine Entleerung der Gallenblase hervorbringen. Die
bekannten Erfolge von Marienbader, Karlsbader und Mergentheimer
Brunnen können durch derartige Duodenalsondierungen erklärt
‚werden, da sie starke Gallenblasenkontraktionen mit Entleerung von .
Galle in den Darm hervorrufen; Kochsalz- oder Natriumphosphat-
lösungen erzeugen jedoch nicht solche Reflexe. Die neuere Gallen-
blasenphysiologie lehrt nach Westphal, daß schwache Vagusreize
Gallenblasenkontraktionen und Sphinkteröffnung hervorrufen; Sym-
' pathikusreizungen verursachen dagegen Sphinkterschluß, der auch
durch starke Vagusreizung erzeugt wird. Bei Reizungen der Gallen-
blasenschleimhaut durch Steine oder Entzündungen bildet sich nach
Westphal. bei starker ‚Vagusreizung die Ihypertonische Stauungs-
gallenblase aus;. infolge eines intravegetativen Reflexes wird -der
Yagus gereizt, der zu starken Kontraktionen der Muskulatur der
B'ase führt, und zu gleicher Zeit schließt sich der Sphinkter. Die
atonische Stauungsgallenblase bildet sich dann aus, wenn durch .
intravegetative Reflexe infolge .Sympathikusreizung bei Erschlaffüng
der Gallenblasenmuskulatur der Sphinkter sich schließt. Die alte
Lehre, daß die Entstehung der Gallensteine auf Infektion, Dis-
position und Stauung beruhe, läßt sich jetzt auf ein reizbareres,
vegetatives Nervensystem .der Gallenblase zurückführen; ist dasselbe
leichter erregbar, so werden schon kleinere Konkremente genügen, -
um Sphinkterschlüsse hervorzurüfen, die zur. Stauung und Infektion
alsdann Veranlassung geben. Bei den vagalen Formen der Gallen- -
blasenkoliken nützt nach Westphal das Atropin; bei den sym-
pathikotonischen Formen (atenischen . Zuständen der Gallenwegs-
muskulatur) ist es angebracht,. den Expulsionsmotor durch Ver-
-ordnung von Magnesium sulfuricum, Karlsbader Salze, Öle anzuregen.
Auf einem sehr interessanten intravegetativen Reflex beruht die
alimentäre Reiz-Hyperglykänmie der Diabetiker. Die Untersuchungen
‘von Eisner (13) weisen darauf hin, daß die alimentäre Hyper-
glykämie durch einen auf dem Wege: des autonomen Nervensystems
vom Duodenum zur Leber gelangenden Reflex entsteht, der zur
Ausschüttung der Glykogenspeicher führt. - Eisner zeigte, daß die
alimentäre Hyperglykämie bereits wenige Minuten nach der Koble-
'hydrataulnahme sich bemerkbar macht. Die- Zeit des Blutzucker-
anstieges ist. zu kurz, um annehmen zu können, daß die genossenen
Kohlehydrate durch die Leber in das Blut fließen, um so den Blüt-
‚zuckergehalt in die Höhe- zu treiben. Wir müssen annehmen, daB.
der Einstrom von Kohlehydraten in das Duodenum zu einem Leberreiz
führt, der zum Blutzuckeranstieg Veranlassung- gibt. Es muß sich
dabei nach Eisner deswegen um einen Reflex bandeln, da die
Hyperglykämie sehr schnell, schon nach 5 Minuten, eintritt und
sich besonders bei Individuen mit leicht erregbarem vegelaliven
Nervensystem ausbildet. Auch die schlechte Verträglichkeit ‚von
Fleisch bei gewissen ‚Zuckerkranken wird von Rosenberg (13a).
auf intravegetaiive Reflexe teilweise zurückgelührt. Rosenberg
zeigte, daß der Blutzuckeranstieg nach Fleischgenuß bei Diabetes.
mellitus besonders nach Erregungen entsteht; diese Hyperglykämie
kommt daher nach der Ansicht dieses Autors durch einen spezifischen,
wahrscheinlich auf dem Wege des vegetativen Nervensystems ge-
leiteten Reiz zustande. ‘Zwischen Nierenbecken, Harnblase und Niere
spielen sich wichtige, intravegetative Reflexe ab. Bei einseitig ein-
geklemmtem Nierenstein kann es so infolge reflektorischen Krampfes
der Nierenarterien zu Anurie kommen. Pflaumer (14) sah, daß
mit zunehmender Ausdehnung der Harnblase die Wassersekretions-
arbeit der Niere gehemmt wird (= vesiko-renaler Reflex). Ebenso.
bewirkt Stauung im Ureter Behinderung der Härnsekretion (= urethro-
vesikaler Reflex). | | | u
Die engen Beziehungen zwischen Atmung und Kreislauf
werden durch vegetative Reflexe vermittelt. Nach neueren Unter-
suchungen von Krogh ist das Minutenvolumen des Herzens (= Schlag-
volumen, d.h. die bei jeder Systole des Herzens ausgeworfene Blut-.
menge X Pulsfrequenz) eine Funktion der Atmung. Die Unter-
suchungen von Pongs (15) haben die Bedeutung der vegetativen
Nerven in dieser Beziehung in das rechte Licht gerückt. So ent-
steht die auf der Höhe der Einatmung oder erst mit der Ausatmung
"beginnende respiratorische Arrhythmie durch einen intravegetativen
Reflex, dessen Bogen gebildet wird aus dem Lungenvagus als afferente
Bahn, Atmungs- und ‚Vaguszentrum als Überleitung und aus dem
efferenten Herzvagus. Auch die Atmung ist von: intravegetativen
Reflexen abhängig. Die vegetativen Atmungszellen, die nach Gad
innerhalb der Formatio reticularis liegen,. werden durch intra-.
vegetative Vagusreflexe in eigenarliger Weise beeinflußt. Die normale
physiologische Wirkung des Vagus besteht in einer Hemmung der.
Inspiration, da durch reizlose Ausschaltung des Vagus — durch Ab-
kühlung nach Gad — wegen fehlender Hemmung verlängerte und
vertiefte Inspirationen erscheinen, Auch die bekannte Hering-
Breuersche Selbststeuerung der Atmung beruht auf intravegetafiven
Reflexen, da sowohl die Inspiration als auch die Exspiration durch
periphere Vagusreizung reflektorisch das Atemzentrum hemmend be-
'einflußt. Schließlich wird das Asthma bronchiale infolge intra- .
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK —. Nr. 47.
vegetativer Reflexe unter Umständen ausgelöst. So kann vom Uterus.
(Myome, Retroflexio), von Magen-Darm-Affektionen (Verstopfung,
Würmer) das Bronchokonstriktorenzentrum gereizt werden und auf
diese Weise infolge Vaguserregungen zu bronchial-asthmatischen: An-
fällen kommen. Dieselben bestehen bekanntlich, abgesehen von
sekretorischen Störungen der Bronchialschleimhaut, in Bronchial-
muskelspasmen, die dem Kranken nicht nur wegen des Lufthungers
unangenehm werden, sondern- auch schmerzhafte Sensationen er-
zeugen, die dem Gehirn nach meiner Meinung (16) auf einer zentri-
petalen Sympathikusbahn zugeführt. werden. Die Kümmellsche
Sympathektomie wird: deswegen besonders bei den Fällen nützen,
deren Bronchokonstriktorenzentrum. durch diese zentripetal. leitende
Sympathikusbahn immer wieder erregt wird. |
Alle inneren Organkoliken beruhen auf Reizzuständen vegeta-
tiver Nervenfasern; weisen doch die Erfahrungen der Chirurgen
darauf hin, daß die inneren Organe (Magen, Darm, Leber, Nieren-
parenchym, Milz, Lunge, Gehirn) gegen die gewöhnlichen sensiblen
Reize, die das willkürliohe Nervensystem erregen, wie Schneiden,
Brennen usw., unempfindlich sind. Die über den Sympathikus
durch das Seitenstrangbündel in das ventromediale Kernlager des
Thalamus opticus gelangenden Erregungen bringen bei allen heftigeren
Koliken, besonders z. B. bei den Nierensteinkoliken einen reflek-
torischen Sturm im vegetativen Nervensystem hervor, der sich in
Erbrechen, Verengerung der oberflächlichen Gesichtsgefäße, kalten
Schweißen äußert. Thies’ (17) hat auf weitere intravegetative
Reflexe bei Gallensteinkoliken aufmerksam gemacht, die in Pupillen-
differenz, starkem Urindrang und regionärem Hautjucken bestehen;
letzteres soll auf Pilokarpingaben verschwinden., Die tuberkulösen
Hautreaktionen beruhen auf einer Übererregbarkeit des vegetativen.
Hautnervensystems; gehen doch die, spezifisch-tuberkulösen Haut-
reaktionen mit den unspezifischen vegetativ-nervös bedingten Gr oer-
Hechtschen Reaktionen nach Curschmann und Müller (18)parallel.
Die Petruschky-Kur wirkt nach meiner Meinung auf dem Wege
intravegetativer Reflexe; durch Einreibung des Tuberkulins in die
Haut wird das vegetative Nervensystem daselbst erregt, das reflek-
torisch zu vagotonischen Gefäßerweiterungen am Krankheitsherde
führt, die im Sinne einer Heilhyperämie Biers wirken.
Den sensitiv-vegetativen Reflexen kommt eine wichtige
diagnostische Bedeutung zu. Beim Pupillenreflex springt der Optikus-
reiz auf die parasympathischen Okulomotoriuskerne der vorderen
Vierhügelgegend über, um über den Okulomotorius, Nervi ciliares
zum Musculus sphincter iridis zu verlaufen.
Reizung der Konjunktiva erregt über den Trigeminus das
Tränendrüsenzentrum im verlängerten Mark, um von da auf den
Fazialis und N. petr. superf. zu den Tränendrüsen zu gelangen.
Von der Haut können über sensible Nervenbahnen zahlreiche
_ innere Organe und nervöse Zentren erregt werden. So kann Wärme
oder Kälte, die die Haut trifft, über die Temperaturnerven den
Tractus spinothalamicus — Thalamus opticus — das Wärmezentrum
(Tuber cinereum) reflektorisch erregen, das über peripher zentri-
fugal leitende vegetative Nervenbahnen die Vasomotilität, Pilo-
motoren und Schweißsekretion in Gang bringt. Wird dieser wichtige
Reflex wie bei Überhitzung oder Erfrierung verhindert, so kann der
Tod eintreten. Ä
Sensitiv-vegetative Herzreflexe kommen häufig in Frage; so
_ rufen Reizungen aller möglichen sensiblen Nerven, z. B. der Haut-
nerven, des Nervus ischiadicus, des Plexus brachialis bald Zunahme,
bald Abnahme der Herzfrequenz hervor, je nachdem es sich um
sensitiv-sympathische oder sensitiv-vagale Reflexe handelt. Die
. bekannte Steigerung der Herzfrequenz nach Muskelarbeit beruht,
. abgesehen von einer Mitinnervalion der Accelerantes und Einwirkung
von Muskel-Stoffwechselprodukten, auf einem von den sensiblen
Muskelnerven ausgehenden sensitiv-sympathischen Reflex. Auch
der bekannte As chner-Reflex, der mit gewissen Kautelen als vago-
tonisches Zeichen aufzufassen ist, kommt durch Reizung sensibler
Trigeminusfasern, die reflektorisch den Vagus erregen, zustande.
Die Gefäßreflexe können desgleichen über sensible Bahnen sich aus-
bilden. Bei Reizung von Hautnerven verengern sich die Gefäße im
Splanchnikusgebiet bei gleichzeitiger Erweiterung der Gefäße in den
Muskeln und im Zentralnervensystem. Nach Höber (19) hat dieser
Reflex wohl den biologischen Sinn, daß im Moment der Gefährdung
durch irgendeine feindliehe Gewalt diejenigen Organe vor allem mit
Blut versorgt werden, welche der Abwehr und der Flucht dienen
onnen. Auf Gefäßreflexen beruhen die vasomotorischen Gefäß-
erscheinungen der Haut. Der reflektorische Dermographismus, von
L. R. Müller als irritatives Reflexerythem bezeichnet, kommt durch
Reizung sensibler Bahnen zustande; die die Erregung über die
hinteren Wurzeln auf. die vegetativen Zentren des Seitenhorns über-
tragen; von da verlaufen die vasodilatatorischen Nervenfasern
über die hinteren Wurzeln und die peripheren Nerven zu den
Gefäßen. | nn Ä |
Das Atemzentrum in der Medulla oblongata schickt seine
Impulse zu den Ursprungsstellen des. Nervus phrenicus und der
Nervi intercostales; aber auch die verschiedensten sensiblen Reize
können das vegetative Atemzentrum treffen und so als sensitiv-
vegetative Reflexe aufgefaßt werden. Von Hautreizen (besonders
kalten Nackengüssen), vom Trigeminus (Nasenschleimhaut), vom
Glossopharyngeus (Rachenschleimhaut) können Erregungen zum
Atemzentrum fließen und so zu Atemreizen führen. Beim Ent-
leerungsvorgang der Milchdrüse spielen nach Greving (20) nervöse.
Reflexe eine Rolle. Beim Saugen an der weiblichen Brust werden
sensible Fasern erregt, die die Erregung auf sympathische. Ganglien-
zellen der Seitenhörner des Rückenmarks übertragen, um von da
den Reiz auf die spinalen Nerven für die Brustdrüse weiterzugeben.
Sensible Reize hemmen die. Darmbewegungen; dieser sensitiv-
vegetative Reflex verläuft durch den betreffenden sensiblen Nerven
nach dem Rückenmark, um von dort über die Splanchnici, prä-
vertebrale Ganglien, Nervi mesenterici zu den motorischen Darm-
'zentren zu gelangen. Bei Reizzuständen des Peritoneums kommt
ein äußerst wichtiger sensiliv-vegetativer Reflex zustande: infolge
Erregung der sensiblen Bauchfellnerven wird der Splanchnikus
reflektorisch gereizt, der zum Stillstand der Darmbewegungen Ver- .
anlassung gibt und so eine Weiterentwicklung des Entzündungs-
prozesses verhindert. |
Die Funktionen der menschlichen Geschlechtsorgane können
durch sensitiv-vegetative Reflexe beeinflußt werden. Durch Reizung
des N. dorsalis penis wird die ‚Erregung über den N. pudendus
communis auf das spinale sakrale Erektionszentrum übertragen, um
von dort über die Nn. erigentes, Nn. cavernosi eine Dilatation der
Corpora cavernosa hervorzubringen. Auch die Ejakulation ist an
derartige Reflexe geknüpft; nach L. R. Müller gelangen die sensiblen
Erregungen über den N. dorsalis penis und den N. pudendus com.
zu den hinteren Wurzeln, um von da in das obere Lumbalmark zu 7
ziehen; von hier gelangen wahrscheinlich die sensiblen. Reize über
den Plexus hypogastricus zu den Ductus deferentes, Samenblasen,
Prostata und zur quergestreiften Ejakulationsmuskulatur (Constrictor -
urethrae, Bulbo- und Ischiocavernosus). Auch die weiblichen Ge-
schlechtsorgane unterliegen ähnlichen reilektorischen Vorgängen: die |
Erektion. der Klitoris kommt auf entsprechenden Bahnen wie im
männlichen Organismus zustande. _ 2 |
Von der Brustdrüsenwarze, wie von der Nasenschleimhaut
werden Uteruskoliken angeregt; bekannt ist ja, daß beim ersten An-
legen des Kindes an die Brust es zu Nachwehen kommt. Bei leb-
haften körperlichen Schmerzen können zahlreiche sensitiv-vegetative
Reflexe aufgelöst werden, die zu einer Sekretion der Tränen- und
Speicheldrüsen, Pupillenerweiterung, Änderung der Herzfrequenz,
Erregung der Gesichtsvasomotoren führen.
wegungen werden gehemmt, die Magensaftsekretion sistiert.
Die vegetativ-sensiblen Reflexe spielen in der ärztlichen l
Praxis eine große Rolle: bei Angina pectoris werden die schmerz- .
haften Koronargefäßspasmen über den Sympathikus auf das 8. Zer-
‚vikal- und 1. Dorsalsegment übertragen, um von da in die sensiblen
Bahnen des Arms und der Brust auszustrahlen. Auch beim Magen-
' geschwür wird häufig leichter Druck im Epigastrium und links neben
dem 12. Brustwirbel als äußerst schmerzhaft empfunden. Infolge
eines vegetativ-sensiblen Reflexes wird die Überleitung der Erregung
von den Fasern des Splanchnikus auf die sensiblen Bahnen des
spinalen Nervensystems ermöglicht und so das Ausstrahlen der
Schmerzen und die Überempfindlichkeit der entsprechenden. Haut-
bezirke zustandegebracht. Mit der Gallensteinkolik, die, wie oben
auseinandergesetzt wurde, auf vegetativen Reizzuständen beruht,
gehen auch vegetativ-sensible Reflexe einher. Die Überempfindlichkeit
in der 8.—11. Dorsalzone, die Rückenschmerzen, die bis zur Schulter
ausstrahlen mit. Druckempfindlichkeit. des Plexus brachialis, werden
auf diese Weise erzeugt. Auch reflektorische Reizungen anderer
Nervengebiete bei Gallensteinkoliken können sich einstellen: West-
phal (20a) beschreibt eine rechtsseitige Phrenikusdruckempfindlich-
keit; v. Bergmann erwähnt reflektorische Reizung des Trigeminus- .
kerns mit Headschen Kopfzonen; vom viszeralen Vaguskern finden
' nach v. Bergmann bei Gallensteinkoliken Irradiationen in den Vesti-
bulariskern statt, die den „Vertigo e vesica fellea laesa“ erzeugen.
Auch die Nierenkolik ist mit starken vegetativ-sensiblen Reflexen ver-
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knüpft; die Irradiationen in die untere Hälfte desRückens, die seitlichen
Partien des Leibes, nach der Blase, den Hoden, der Glans penis
kommen in der Weise zustande, daß das die Schmerzleitung be-
'sorgende vegetative Nervensystem (L. R. Müller) reflektorisch die
entsprechenden spinalen Nerven reizt. |
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Eine wichtige Rolle spielen die vegetativ-motorisehen
‚Reflexe: da -die schmerzhaften Sensationen der inneren Organe
vom Sympathikus zentripetal geleitet werden, so müssen die bei Organ-
koliken auftretenden Muskelspannungen als vegetativ-motorische
Reflexe gedeutet werden. Auf diese Art werden die reflektorischen
Muskelspannungen bei Nierensteinkoliken, Gallensteinkoliken, Blasen-
steinkoliken, Darmkoliken, auch bei Appendizitis erklärt werden
können. Bei Angina pectoris offenbart .sich „das plötzliche Ein-
setzen einer mächtigen Kontraktion der Interkostalmuskeln durch
ein Gefühl des Zusammenpressens der Brust, welches so heftig sein
kann, daß der Patient meint, das Brustbein müsse brechen“
[Mackenzie 21]. Westphal fand als viszeromotorischen Reflex
bei Gallenblasenleiden eine Bewegungsbeschränkung des rechten
Zwerchfells.
Wenn wir uns die Entstehung der psycho-vegetativen
Reflexe klarmachen wollen, so müssen wir von den Pawlowschen
klassischen Untersuchungen ausgehen. ‘Die Sekretion des Magen-
saftes kommt im allgemeinen. durch einen sensiliv-vegetativen
(= unbedingten) Reflex zustande: durch Reizung der Geschmacks-
-organe in der Mundhöhle fängt der Appetitsaft an sich zu ergießen;
das haben die Scheinfütterungen Pawlows bewiesen, die zeigten,
daß die Magensaftsekretion in den Gang kommt, nur wenn das
Kauen der Bissen stattfindet. Die reflektorische Anregung der
Magensaftsekretion kann aber auch von anderen Sinnesorganen über
das Großhirn ausgehen; der Geruch, der Anblick der Speise, der
Schritt des Wärters, der das Futter zu bringen pflegt, lockt den
' Magensaft bei Hunden hervor (= bedingter Reflex).
'an der Flasche ruft schon beim Neugeborenen den Magensaft her-
Das Saugen
vor; einen solchen Reflex nennt Pawlow einen unbedingten; die
bedingten Reflexe sind nicht angeboren und werden erst durch Er-
fahrung und: Übung unter Beteiligung des Großhirns, allerdings schon
sehr frühzeitig erworben. Bei den psycho-vegetativen Reflexen ist
der Reiz der Sinnesorgane garnicht mehr nötig. Ohne das schmack-
hafte Essen zu sehen, kommt der Appetitsaft zur Sekretion allein
durch die Vorstellung der einzunehmenden Mahlzeit. So konnte
Heyer (22) in der Hypnose Magensaftsekretion hervorrufen, die sich
sogar chemisch verschieden verhielt, je nachdem er die Einnahme
von Fleisch, Fett oder Kohlehydraten suggerierte. Ich (23) konnte
neuerdings weiterhin zeigen, daß diese durch Suggestion über den
Vagus angefachte Magensaftsekretion mit Gefäßreflexen verbunden
ist, die sich durch sympathikotonische Leukozytosen und vagotonische
Leukopenien kundgeben. Bei den psycho-vegetativen Reflexen ist
der zentripetal zum Reflexzentrum ziehende Schenkel nicht mehr
nachweisbar. Allein aus der Erinnerung heraus werden reflektorisch
die vegetativen Zentren erregt: und so in den Organen Tätigkeiten
ausgelöst. Aber nicht nur Erinnerungen lösen solche Reaktionen
aus, sondern auch Stimmungen veranlassen derartige psychophysische
Reaktionen. So reagieren die vom Ggl. sphenopalatinum (Tränendrüse,
‚Nasenschleimhaut) innervierten Organe nicht nur auf reflektorische
Erregungen, sondern werden auch durch. Stimmungsschwankungen
angeregt. Die im Gehirn entstehenden Stimmungen wirken über
das vegetative Nervensystem durch psycho-vegetative Reflexe auf
‚innere Organe. Nach O. Müller (24) fördern oder hemmen seelische
Vorgänge über das vegetative Nervensystem die Bewegungen der
‚Haargeläße. Alltägliche Beobachtungen, wie freudige Röte, Blässe
vor Schreck, zeigen die Abhängigkeit der Blutfülle der Gefäße von
seelischen Vorgängen. Auch an der Brustdrüse treten solche psycho-
vegetativen Reflexe auf: ist nach dem letzten Stillen eine gewisse
Zeit verflossen, so genügt nach Greving schon der Gedanke an
das Stillen, um das Einschießen der Milch zu erzeugen. : Daß die
Blutverteilung im Körper auf psycho-vegetativen Reflexen beruht,
haben die schönen Untersuchungen von Weber (25) gelehrt, der
‚zeigte, daß vor der willkürlichen Innervation der quergestreiften
Muskulatur das vegetative Nervensystem in Tätigkeit tritt, da die
‚Gefäßerweiterung im Muskelgebiet sich vor der Muskelkontraktion
ausbildet. Schon die Arbeitsintention hat die entsprechenden Blut- '
verschiebungen zur Folge. Daß das Herz psycho-vegetativen Reflexen
unterliegt, lehrt die tägliche Beobachtung. So schlägt das Herz
See THE GE
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schneller bei freudigen Erregungen;; vor Schreck kann es zum Herr-
stillstand kommen. . Auch das Bronchialasthma kann durch derartige
Reflexe unter anderem ausgelöst werden. Solche durch Angst-
vorstellungen 'ausgelöste Asthmaanfälle werden hypnotisch gut zu
beeinflussen: sein. |
Auch die Blasentätigkeit ist psycho-vegetativen Reflexen unter-
worfen; Schreck, Angst, Aufregung kann zu Blasenkontraktionen,
‚ja unter Umständen zu unfreiwilligen Harnblasenentleerungen führen,
Hier bringen die Erregungen der subthalamischen vegetativen Zen-
tren Reizzustände im parasympathischen N.pelvicus hervor, der zu
Kontraktionen des Musculus Detrusor und Erschlaffiung des Sphincter
vesicae führt. Ein typisches Beispiel eines psycho-vegetativen Re-
flexes stellen die Erektionen dar, ; die lüsternen Gedanken entspringen;
hier bringt die Vorstellung allein eine Erregung des N.erigens zu-
stande. Auch bei der Frau können sinnliche Vorstellungen ‘oder
sinnliche Erinnerungen Libido erzeugen, die zur Turgeszenz der
Schwellkörper und zur Sekretion der Schleimdrüsen am Introitus
führen. Psycho-vegetative Reflexe können schließlich zu wirklichen
Erkrankungen führen. Die psycho-reflektorischen Krankheitsbilder
Goldscheiders (25a) berühren ein ähnliches Kapitel. So kann
sich ein Emotionsikterus ausbilden, der infolge starker Vagus- oder
Sympathikusreizungen, die zum Sphinkterschluß führen, psycho-
reflektorisch entsteht. Psycho-vegetative Reflexe können schließlich
endokrine Störungen hervorrufen. Durch derartige Erregungen kann
es zum Basedow kommen; auch die Menstruationsanomalien, wio
Amenorrhoe, starkeMenstruationsblutungen werden von A.Mayer (26)
auf innersekretorische Störungen infolge psychischer Einflüsse zurück-
geführt. N
Die Erregungsglykosurie kann auch als ein psycho-vegetativer
Reflex aufgefaßt werden: der: Schreck erregt das Zuckerzentrum im
Gehirn, von dem über den Sympathikus, Nebenniere (Adrenalin-
ausschwemmung) die Mobilisation des Glykogens erfolgt. Ebenso
kann die von mir (27) beschriebene psychische Beeinflussung des
Blutserumkalkspiegels als. eine Art psycho-vegetativer Reflex auf-
gefaßt werden. Ich konnte zeigen, daß durch Aufregungen der
Kalziumgehalt des Blutserums bis zu 3,53mg % im Blutserum herab-
gesetzt werden kann; normaler Weise betragen die Ca-Schwankungen
unter Berücksichtigung aller Fehlerquellen etwa 0,5mg‘% Ca. Wir
müssen uns vorstellen, daß‘ durch die künstlich hervorgerufenen
Erregungen vegetative. Zentren im Gehirn gereizt werden, die durch
Sympathikuserregungen das Kalzium aus dem Blut in das Gewebe
führen. Wissen wir doch durch die Untersuchungen von Kraus (28)
und Zondek (29), Billigheimer (80), daß. bei Sympathikus-
erregungen Kalzium an den peripheren Reizstellen konzentriert wird.
Wir können demnach die psychische Beeinflussung des Blutserum-
kalkspiegels als einen psycho-vegetativen Reflex bezeichnen.
Aus unseren Betrachtungen geht demnach hervor, daß die
geschilderten vegetativen Reflexe die Aufgabe haben, mit eine der
wichtigsten Funktionen des vegetativen Nervensystems zu erfüllen,
nämlich die Lebensfunktionen des Körpers zu regeln und zu be
herrschen; häufig lösen diese Reflexe aber auch, wie wir gesehen
haben, die mannigfaltigsten krankhaften Erscheinungen aus. .
. Literatur: 1. Klee, Motorische Magenreflexe, Klin. Wschr. 1924, Nr. 19. —
2. L. R. Müller, Zschr. f. Psychiatrie, Bd. 80. — 8. Dahl, Zschr. f. Geburtsh. u.
Gynäk., Bd. 78. — 4. L. R. Müller, Die Lebensnerven, Berlin 1924. — 5. Haber-
land, Klin.Wschr. 1924. Nr. 86. — 6. Roemheld, Verbandl. d. Dtsch. Gesellsch. £
ion. Med. 1924, S. 08. — 7. Glaser, Zschr. f. ärztl, Fortb., im Erscheinen begrif-
ten. — 7a. Derselbe, M.m.W. 1924,21. — 8.E.F.Müller, M.m.W. 1922, S. 150
u. 1768, — 9. Vollmer, Zbl. f. d. ges. Kindhik. 1924, XVI, H. 5. — 9a. Magnus,
Verhandl. d. Dtsch. Gesellsch. f. inn. Med. 1924, S. 159. — 10. Rössle, Mitteil. a à.
Grenzgeb. d. Med. u. Chir. 1912, 25. — 11. v. Bergmann, Jahraskurse f. ārztl.
Fortb. 1922, H. 8. — 12. K Westphal, Klin. Wschr. 1924, Nr. 25.: — 18. Eisner,
zit, nach Rosenberg. — 13a. Rosenberg, Klin. Wschr., 2. Jahrg. Nr. 2. —
14. Pllaumer, Zschr. f. Urologie, 1919, 13. — 15. Pongs, Der Einfluß tiefer At-
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M. K. 1924, Nr. 15. — 17, Thies, Mitt. a. d. Granzgeb. d. Med. u. Chir. 7, H-3.
— 18. H. Curschmann, M.K.1921, 27 u. A. Müller, Klin. Wschr. 1922, 21. —
‚19. Höber, Lehrbuch d. Physiologie 1920, S. 144. — 20. Greving, zit. nach L R.
Müller, Die Lebensnerven, S.227. — 20a. Westphal, zit. nach v. Bergmann. ~
2L Mackenzie, Krankheitszeichen u. ihre Auslegung, 1923, Verlag. Kabitzsch,
Leipzig. — 22. Heyer, Therapie d. Gegenw. 1921, H. 8. — 28, F. Glaser, M
K, 1924, Nr. 16. — 24. O. Müller, D. m. W. 1923, Nr. 33. — 2. Weber,
Der Einfluß psychischer Vorgänge auf den Körper. Berlin 1910. — 258 Gold-
scheider, D. m. W. 1905, S. 187. — 26. A. Mayer, Zbl. £ Gynäk. 191,
Nr. 24. — 27. F. Glaser, Klin. Wschr. 1924, Nr.33. — 28. F. Kraus, M.K. 192.
Nr. 48. — 29. Zon dek, Klin. Wschr. 1923, 9. — 30. Billigheimer,Klin. Wschr. 19%,
r. 6.
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| ‚ist zu for
| 93. November.
' stehen wir in Übereinstimmung mit R.
ratur, bei der das vorher in einem U-Röhrchen gut beweg-
`~
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 47.
Abhandlungen.
Aus der Universitäts- Klinik. und Poliklinik für: Hautkrankheiten
zu ’Greifswald (Vorstand: Prof. W. Schönfeld). .
_ Intrakutan-Injektionen und ihre Folgeerscheinungen.
Von Dr. Werner G. Müller, Assistenten der Klinik.
- Hautreize verschiedener Art, insbesondere Intrakutaninjektionen
entfalten nach unseren heutigen Kenntnissen eine wesentlich tief-
greifendere Wirkung auf den Körper, als früher angenommen wurde.
Dreierlei Beobachtungen scheinen unserer Meinung nach im Sinne
dieser tiefgreifenderen Wirkung verwertbar zu sein, nämlich:
1. Die Hämoklasenkrise, insbesondere der periphere Leukozyten-
_ sturz nach Intrakutaneinspritzungen (E. F. Müller u. a.).
2. Stoffwechselumstimmungen, wie sie von H. Vollmer, S. Paul
‚beschrieben worden sind. -
3. Vermehrung des Ausflusses bei Tripper, bzw. Provokation
von Gonokokken (E. F. Müller, Nevermann).
Inwieweit diese drei Beobachtungen nach Intrakutaninjektionen
-sich auf eine gemeinsame Wurzel zurückführen lassen, etwa in dem
Sinne, daß dem autonomen Nervensystem die führende Rolle zu-
käme, ist heute bei dem geringen Wissen, das wir vom autonomen
Nervensystem und den eben geschilderten Vorgängen überhaupt
haben, kaum mit Sicherheit zu entscheiden.
Gibt es nun neben diesen 3 Vorgängen noch andere
o Folgeerscheinungen nach Intrakutaninjektionen? ' Durch
diese Fragestellung kamen wir dazu, den Hitzekoagulations-
' punkt des Serums vor und nach Intrakutaninjektionen
zu untersuchen. |
.. Unter dem Hitzekoagulationspunkt des Serums (Ko.P.) ver-
L. Mayer diejenige Tempe-
liche Serum unbeweglich wird. Diese Definition bedarf, wie
auch schon R. L. Mayer selbst ausführt, einiger Ergänzungen, damit
mit dem Beiden Serum stets der gleiche Ko.P. erhalten wird. So
lern, daß die U-Röhrchen, die zur Bestimmung des Ko.P.
dienen, aus
ünnem Glase gefertigt, vor dem Gebrauch vollständig
' trocken sind und eine lichte Weite von 3 mm haben. Ferner muß, um
Ä gone Vergleichswerte zu erhalten, stets die gleiche Serummenge
Verwendung finden (0,8 com). Bei Ko.P.- Bestimmungen mit ungleichen
Serummengen ergeben sich nach unseren Erfahrungen Ungenauig-
keiten; die Fehlergrenzen werden erweitert. Die Füllung derU-Röhrchen
nimmt man am besten so vor, daß man das Serum aus: einer Spritze
mit dünner Kanüle langsam unter Vermeidung von Lüftblasen in das
U-Röhrchen gibt. Die Erama der U-Röhrchen erfolgt in einem
Wasserbade. Der Heizkessel muß stets die gleiche Wassermenge ent-
halten, damit das an einem Träger befestigte Thermometer (Einteilung
in Zehntelgrade!) stets gleichtief in das Wasser eintaucht. Das mit
dem Serum gefüllte U-Röhrchen wird in dem Augenblick in das Wasser-
bad eingetaucht, in dem das Thermometer eben 65,0°0 anzeigt. Er-
‚wärmt man von verschiedenen Wärmegraden ausgehend, so erhält man
meist keinen einheitlichen Ko.P. bei dem gleichen Serum. Das mit
dem Serum gefüllte U-Röhrchen muß ferner vollständig in das Wasser-
bad eintauchen, ebenso ist das ‘U-Röhrchen stets in gleicher Ent-
| fernung (wenige mm) vom Thermometer zu halten und ist durch Re-
- Qulierun
und Herbewegen zu erwärmen. Es ist bei einer so kompliziert zu-
der Flamme gleichmäßig und langsam unter stetem Hin-
sammengesetzten Flüssigkeit wie dem menschlichen Blutserum für
dessen Ko.P. nicht gleichgültig, ob die Erwärmung schnell oder lang-
sam, gleich- oder ungleichmüfßig erfolgt. Außerdem darf das verwendete
Serum keine Zeichen von Hämolyse aufweisen. Das Blut muß mit
. vollkommen trockener Spritze entnommen werden. č `
. Nur bei sorgsamer Beachtung dieser in Frage kommenden Fehler-
x quellen kann man mit einer annähernd genauen Ko.P.-Bestimmung
, Technen. . Unsere Sera wurden in der Mehrzahl der Fälle ‚durch
Zentrifugieren gewonnen und in der Regel nach: 12—24stündigem
. Eisschrankaufenthalt zur Ko.P.-Bestimmung verwendet. Um nun
bei den Bestimmungen größtmögliche Genauigkeit zu erreichen,
' wurden von jedem einzelnen Serum 3—4 Kontrolluntersuchungen
angestellt. Dabei ergab sich, daß beim gleichen Serum die
; einzelnen Bestimmungen höchstens um 0,38? verschieden
Sind, Unterschiede von 0,4° und darüber bei ein und demselben
Serum lassen sich durch Beachtung der oben angegebenen Fehler-
quellen unbedingt beseitigen. Eine Ko.P.-Bestimmung ist nach
unseren Erfahrungen nur dann als genau zu bezeichnen, wenn
mehrere (mindestens 3 Kontrolluntersuchungen) beim gleichen Serum
werden, vieldeutbar sind, da der Ko.P. von vielen Stoffen des
Serums bestimmt wird, so vom Eiweiß-, Salz- und Wassergehalt.
Insofern bedürfen eigentlich alle Ko.P.-Bestimmungen als Ergänzung
| der chemischen Analyse. |
Unseren Untersuchungen liegen 281 Einzelbestimmungen bei
2 Haut- und Geschlechtskranken zugrunde.
Das Serum wurde vor und nach der Intrakutaninjektion von
0.8%iger Kochsalzlösung!) in der Weise untersucht, daß zweimal Blut
‘vor und dreimal nach den Intrakutaneinspritzungen aus der Armvene
entnommen wurde. Stärkere Stauung ist zu vermeiden (s. u.).
Was zunächst die Ergebnisse von R. L. Mayer, Rosenow
anlangt, so kann ich bestätigen, daß sich der Ko.P. in der Mehr-
zahl der Fälle zwischen den Grenzen von 73,0° und 75,00 bewegte.
. Verhältnismäßig häufig fanden wir in Übereinstimmung mit den
J. einen Einfluß auf den Ko.P. haben, so konnten wir z. B. nach Trinken |
‚ ebengenannten Autoren erhöhte Werte (bis 78,0% und 79,00%), ohne
daß bestimmte Krankheiten aus dem von uns untersuchten Sonder-
gebiet, etwa Syphilis und Tripper regelmäßig erhöhten Ko.P. auf-
wiesen. Es ist so mit Mayr und Holstädt die differentialdia-
gnostische Verwertbarkeit der Ko.P.-Bestimmung zum mindesten
für die Venerologie abzulehnen; auch in der Dermatologie dürfte
die diagnostische Verwertbarkeit: der Ko.P.- Bestimmungen wohl kaum
besonderen Wert erlangen. Dem steht natürlich nicht entgegen,
daß diese Bestimmungeh von hohem biologischen Interesse sind.
Ein gesetzmäßiges Verhalten, wann und wie lange vor der
Gerinnung eine Trübung des Serums eintritt, konnten wir, ebenso-
wenig wie R. L. Mayer feststellen. Nach den. beiden ersten Blut-
entnahmen wurden am Oberarm eine Anzahl intrakutaner Kochsalz-
quaddeln gesetzt. Obwohl die E. F. Müllerschen Arbeiten ergeben,
daß bereits eine geringe intrakutan einverleibte Flüssigkeitsmenge
zu einer maximalen Wirkung wenigstens auf den peripheren Leuko-
zytensturz führt, so legten wir doch unter Verwendung von 1 ccm
0,8%iger Kochsalzlösung meist drei bis sechs Quaddeln an, denn
erfahrungsgemäß kommt hin und wieder ein Abfließen der intrakutan
eingeführten Flüssigkeit nach der Subkutis vor, und es wird dann
kein vollwertiger intrakutaner Reiz gesetzt. > |
Es zeigte sich nun bei 50 so untersuchten Fällen, bei
denen die Untersuchungen nüchtern und unter Fernhaltung aller,
insbesondere kutaner Reize vorgenommen wurden, daß nach der
Injektion eine Senkung des Ko.P. zu beobachten war,
und zwar betrug die Senkung des Ko.P. durchschnittlich
1,2—1,5°%. Diese Senkung des Ko.P. liegt außerhalb .der Fehler-
grenzen, selbst derjenigen von R. L. Mayer, die 0,5° betrugen. Die.
Senkung war teils unmittelbar nach der Intrakutaninjektion, teils
Nach 15—20 Min. war
5—10 Min. danach am ausgesprochensten.
meist wieder der alte Spiegel erreicht.
Nach Mahlzeiten, bei kutan gereizten Kranken und solchen, die l
sich vor der Einspritzung nicht ruhig verhalten hatten — am geeignet-
sten sind bettlägrige Kranke —, war die Senkung nach Intrakutan- ``
injektion meist nicht nachweisbar. Es ist. nach unseren Protokollen
wahrscheinlich, daß auch zahlreiche andere, nicht nur kutane, Reize
von 200 cem Milch bei mehreren Personen eine Senkung des Ko.P.
beobachten. Die Senkung des Ko.P. ist also keineswegs für Intre-
kutaninjektionen, auch nicht für Hautreize allein charakteristisch. Wie
viele Eigenschaften des Organismus, so kann auch der .Ko.P. durch
eine jetzt noch nicht übersehbare Zahl von Vorgängen im und am
: Organismus beeinflußt werden. Das macht aber die Tatsache der
. Ko.P.-Senkung nach Intrakutaninjektionen unserer Meinung nach
keineswegs bedeutungsloser, im Gegenteil, es entstehen -so vielleicht
Beziehungen zu bisher fernerliegenden Vorgängen.
In einigen Fällen konnten wir nach Nahrungsaufnahme
eine nicht unbeträchtliche Erhöhung des Ko.P. beobachten, ferner
Senkung nach verschiedenen Hautreizen, wie. Vereisung einer
_ Beines.
gleichen Ko.P. 'mit einem Unterschiede von höchstens 0,3° ergeben
haben. ‚Eine einmalige Ko.P.-Bestimmung genügt nicht.
Wir waren bei Anstellung dieser Untersuchungen vollkommen
im klaren, daß die Ergebnisse, die durch Ko.P.-Bestimmung erhalten |
größeren Hautstelle mit Chloräthyl oder Stauung eines Armes oder
Auch die Lumbalpunktion wirkt im gleichen Sinne auf
den Ko.P. ch | = Be =
. Kann nun die Blutentnahme.an und für sich oder der Reiz, der
mit der Venenpunktion einhergeht, eine Senkung des Ko.P. bewirken?
Bei den meisten daraufhin untersuchten Patienten blieb der Ko.P.
durch 5 Blutentnahmen im Abstande von 5 Min. vollständig un-
1) H. Vollmer konnte bei verschiedenen intrakutan einverleibten
Stoffen verschiedene Wirkung
Kochsalzlösung verwendeten. 7
auf die Zusammensetzung des Blut-
| serums beobachten, deshalb erwähne ich besonders, daß wir 0,8%ige.
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2. Juli 1924. 90 1. Bl. E. 76,5° Kontrollbestimm.
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Nach der Intrakutaninjektion eine Senkung des Ko.P. um 3,1°
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9. Juli 1924. 9% 1. Bl. E. 73,7% Kontrollbestimm. “73.70 73,7° 73,79
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29. Mai 1924, 90% 1. BL. E. 74,50. Kontrollbestimm. 74,50 74,50 74,50
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R., 20 J. n. Nahrungsaufoahme | -Syphilis II
4. Juli 1924. 1225 1. Bl. E. 76,2° Kontrollbestimm., 76,30 16,20 76,20
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oo. 12355 8, „ „ 76,80 ` A 76,8° 76,70 76,89
1240 4, „a „ 76,90 = 716,90 76,90 77,09
| 1285 5. „'„ 77,20 en =. TT 20 77,20 77,19
Es drängte sich uns natürlich auf, die nach -Intrakutan-
.nach Einspritzung warmer Flüssigkeiten, ferner W. G. Müller bei
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. solche Ausnahmen (s. 0.) bei Personen, die nicht vollkommen
-— rt... -` «r .
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
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23. November
ee ne nennen nern ner nennen 011
verändert, doch kommen Ausnahmen vor, bei denen ohne Intrakutan-
injektionen lediglich durch mehrere Venenpunktionen eineSenkung des
.: Ko.P. zu beobachten ist. Ob diese Personen eine besondere Empfind-
lichkeit gegenüber derartigen Reizen haben, ob bei ihnen eine be-
sondere Labilität des Ko.P. angenommen werden darf, müssen weitere
Untersuchungen lehren. Jedenfalls scheinen individuelle Unterschiede
im- Spiele zu sein. Der allgemeinen Feststellung, daß nach Haut-
reizen, insbesondere Intrakutaninjektionen 0,8%iger Kochsalzlösung
eine Senkung des Ko.P. folgt, stehen diese Ausnahmen nicht un-
` bedingt entgegen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß mehrere
Hi Aus ‘unseren `
Untersuchungsprotokollen seien noch folgende Einzelheiten angeführt.
Venenpunktionen einen Hautreiz ausüben können.
| I.. a
nüchtern . Psoriasis vulgaris
76,50 76.50 ' 76,60
916 2. ao n 7650 — y 76,50. 76,59 76,40
Intrakutaninjektionen von 1 cem 0,8%iger Kochsalzlösung (6 Quaddeln)
3. BL E. 73,4° Kontrollbestimm. 73,50 73,40 73,49
0
| Senkung des
spritzung um 1,3
Ko.P. während der Blutentnahme ohne Ein-
0 | Br Pr |
Normales Verhalten bei Blutentnahme zeigt. der folgende Fall:
In.
einspritzung 0,8%iger Kochsalzlösung ‚auftretende Ko.P.-Senkung
mit dem peripheren Leukozytensturz: nach Intrakutaninjektion in
Parallele zu setzen und nach Ausnahmen dieses scheinbar gesetz-
mäßigen Verhaltens zu suchen. Solche Ausnahmen beim Leuko-
zytensturz erlebten Vollmer und Änne Schmitz nach Intrakutan-
einspritzungen isotonischer Lösung, Gundermann und Kallenbach
langdauernden universellen Dermatitiden; für den Ko.P. fanden wir
nüchtern waren. Ä
Was die Ansichten von Hahn, Zimmer anlangt, so muß
zugegeben werden, daß häufige Blutentnahmen zum Zwecke des
Leukozytenzählens gelegentlich. als Hautreiz wirken können. Man
erhält aber unseres Erachtens kein richtiges Bild, wenn man wie
Hahn verfährt und das Blut für, mehrere Zählungen aus ein und
demselben -Einstich entnimmt, ungeachtet der Untermischung des
Blutes mit Gewebstlüssigkeit. | | |
Nach unserer- Meinung besteht ein gewisses, wenn auch nicht
ganz strenges Nebeneinandergehen zwischen Leukozytensturz und
Ko.P.-Senkung in dem Sinne, daß ‚die niedrigste Leukozytenzahl
zeitlich mit der niedrigsten Gerinnungsiemperatur zusammenfällt.
Ob fehlender Leukozytensturz.nach Intrakutaneinspritzung von fehlen-
der Ko.P.-Senkung begleitet ist und umgekehrt, soll noch festgestellt
werden. Bei den neuerlichen’ Untersuchungen von Kappis und
Gerlach muß man sich fragen, ob diese, wie sie es von den andern
| Autoren annehmen, das Blut für mehrere Zählungen (es werden
mehrmals 9 Zählungen angeführt!) ohne neuen Einstich aus ein
und demselben Hautschnitt entnahmen. Wenn dem so ist, dann
wären, wie bei Hahn, verschiedene Leukozytenzahlen nicht nur
erklärlich, sondern sogar zu erwarten. Die Untersuchungen von
Kappis und Gerlach sind demnach wohl so lange nicht voll ver-
wertbar, bis wir die Einzelheiten wissen, durch die die Ergebnisse
gewonnen wurden. |
Die Frage der Leukozytenzahlschwankungen liegt, rein theo-
retisch betrachtet, durchaus nicht so einfach, wie es bei erster. Be-
trachtung erscheinen könnte. Dies beleuchten die z. T. wider
streitonden Ansichten in der letzten Zeit, z. B. über Verschiebungs-
leukozytose zur Genüge. Insbesondere ist immer wieder — obwohl
es banal klingen mag — zu betonen, daß unsere Leukozytenwerte
durch Multiplikation erhalten werden und dadurch die Fehler eben-
falls vervielfacht werden. Vielleicht würde manche Leukozytensenkung
und manche Schwankung in Nichts zusammenfallen, wenn wir uns
die Grundzahlen, die wirklich ausgezählten Leukozytenzahlen genau
besehen würden oder könnten, durch deren Vervielfachung die nach
Tausenden zählenden Leukozytenwerte erhalten werden. Ä
- Unsere Untersuchungsergebnisse über den Ko.P. vor und nach .
Intrakutaninjektionen 0,8%iger Kochsalzlösung fassen wir nach dem
Vorausgehenden dahin zusammen: .
Bei vollkommen nüchternen Personen, von denen
alle Reize, insbesondere solche kutaner Art, ferngehalten
wurden, war eine Senkung des Ko.P. nach Intrakutan-
injektionen um durchschnittlich 1,2—1,5°.zu beobachten.
Diese Ko.P.-Senkung liegt außerhalb der Fehlergrenzen.
Was für Veränderungen im Serum nach Intrakutaninjektionen vor-
gehen und wie sie mit den anderen, obengeschilderten Vorgängen
im Organismus, die nach Intrakutaninjektion auftreten (peripherer
Leukozytensturz, Stoffwechselunsstimmung und vermehrter Ausfluß
bei Tripper), zusammenhängen, kann durch die Ko.P.- Bestimmungen
nicht ermittelt werden. Diese haben lediglich den Sinn, eine weitere
Richtung zu zeigen, in der Folgeerscheinungen von Intrakutan-
injektionen zu. suchen sind. Be > |
Literatur: B. F. Müller, M. m. W. 1921, Nr. 29. — Derseibe, Hbonda,
1922, Nr.43. — Derselbe, Ebenda, 1922, Nr.51. — Derseibe, D. m. W. 1923, Nr. 2.
_ Nevermann, M. m. W. 1922, Nr. 4. — H. Vollmer, Zbl, £. Kiodhik., Bd. 16,
H. 5. — Derselbe, Klin. Wschr. 1923, Nr. ‘41. — S. Paul, Ebenda, 1924, Nr. 8. —
Vollmer und Anne Schmitz, Ebenda, 1924, Nr. 38. — v. Liebenstein, Ebenda,
1924, Nr. 38. — K. Ziegler, Ebenda, 1924, Nr. 33, — W.(G.) Müller, M. m. w.198,
Nr. 36. — R. L. Mayer, Klin. Wschr. 1922, Nr. 31. — Rosenow, Ebenda, 192.
Nr. 34. — Mayr und Hofstädt, M. m. W. 1924, Nr.15. — Kappis und Gerlach,
M. Kl. 1924, Nr. 80.— Gundermann und Kallenbach, M. m. W. 1924, Nr. 8.
— Hahn, D.m. W. 1924, Nr. 31. — Zimmer, M. m. W. 1924, Nr. 35. — Hoff, MEI.
1924, Nr. 38, | l |
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Über Schutzimpfung gegen Infektionskrankheiten.
Von Prof. Dr. A. Menzer, Bochum. |
Die erfolgreiche Verhütung von Pockenepidemien, wie wir
sie seit Jenner der Pockenschutzimpfung verdanken, hat natürlich
.in der heutigen bakteriologischen Ära eine weitere Reihe von Ver-
suchen angeregt, in. größerem Umfange Schutzimpfungen gegenüber
anderen endemischen und epidemischen Krankheiten durchzuführen.
' Ich übergehe hier die Typhus- und Choleraschutzimpfungen
. des. Weltkrieges, ferner auch die Friedmannsche Impfung von
Säuglingen gegen die Tuberkulose, die ja bisher noch nicht zur
allgemeinen Anwendung gelangt ist, und wende mich in erster
Linie zur Degkwitzschen Schutzimpfung gegen Masern, da letztere
ja schon in weitgehendem Maße in Kliniken, Säuglingsheimen usw.
ausgeführt worden ist.
3 ; ; —— n
= Wenn auch das Degkwitzsche Verfahren der Masernschutz-
impfung heute vielfache Anerkennung gefunden hat, so möchte ich
doch mit. einigen kritischen Bemerkungen nicht zurückhalten.
Degkwitz und seine Nachfolger gehen meiner Ansicht nach von
einer etwas übertriebenen Vorstellung über die Kontagiosität der
_ Masern aus. Nach ihm und anderen gilt z. B. eine ganze Kinder-
abteilung als mit dem Masernvirus durchseucht; wenn auch nur
ein Masernfall darin zum Ausbruch kommt. Wie man sich dies
nach ‚unseren ‚sonstigen Auffassungen über Infektionen erklären
will, ist mir nicht recht ersichtlich. In erster. Linie ist doch das
Masernkind in dem Stadium der oberen Schleimhauterkrankung mit
Schnupfen, Husten usw: infektiös, und nach den Lehren der
Tröpfcheninfektion wäre also die Umgebung eines im Bett liegen-
den masernkranken Kindes in der Entfernung von etwa 1 m als
infiziert zu betrachten. Daß das Masernvirus sich etwa gleich einem
TEN
EN p De | =
23.. November
Riechstoff durch einen ganzen Kindersaal verbreiten könnte, würde
allen unsern sonstigen Vorstellungen widersprechen. Auch ist
darüber meines Wissens nichts bekannt, ob das Masernvirus im
trocknen Zustand ähnlich den Tuberkelbazillen noch lange lebens-
fähig bleibt und bei’etwaiger Verstäubung noch zur Infektion führen
könnte. Da auch die Übertragung durch dritte Personen nach all-
gemeiner Anschauung kaum in Betracht kommt, so müßte in einem
Saal mit 'bettlägerigen Kindern die Entfernung des masernkranken
Kindes und die Unterbringung seiner in ein Meter Entfernung be-
findlichen Nachbarn in ein Beobachtungszimmer im allgemeinen
genügen, um den Ausbruch einer Masernepidemie zu verhüten.
Dies gelingt auch tatsächlich, wie ich in mehrjähriger früherer
Krankenhaustätigkeit auf Grund von Beobachtungen bei einer
größeren Kinderabteilung habe feststellen können. Auch Erfah-
rungen aus der allgemeinen Praxis sprechen gegen eine unbedingte
. Kontagiosität der Masern. Mir selbst und andern Kollegen, mit
denen ich diese Frage erörtert habe, sind Fälle vorgekommen, in
denen ein Schulkind aus der Schule schwere Masern nach Hause
brachte und jüngere Geschwister, obwohl sie Masern nicht gehabt
batten und absichtlich mit dem erkrankten Kinde in Berührung
gehalten wurden, nicht erkrankten, sondern erst später, als sie
selbst schulpflichtig wurden, mit Masern infiziert wurden.
Als besonders wertvoll möchte ich hier auch ein Urteil vor-
bakteriologischer Ära anführen. Im Virchow-Hirschschen Jahres-
bericht 1843 wird über Erfahrungen des berühmten französischen
Klinikers Trousseau!) berichtet. Es heißt daselbst: „Im Necker-
spital wurden von .vielen neu aufgenommenen Kindern nur zwei
von Masern befallen, obschon sie mit masernkranken Kindern in
Berührung kamen. Ähnliche Fälle ereignen sich wohl bei allen
' Epidemien und lassen die eigentliche Kontagiosität der Krankheit
höchst zweifelhaft erscheinen.“ |
Wenn auch heute wohl niemand die direkte Kontagiosität
der Masern bestreiten wird, so lassen doch andererseits die obigen
Mitteilungen keinen andern Schluß zu als den, daß wir uns zur-
zeit von der Kontagiosität der Masern einen übertriebenen Begriff
machen.
Ich halte demnach die großen Statistiken über Masern-
verbütung durch das Degkwitzsche Verfahren für nicht unbedingt
beweisend, zumal wenn sie aus Kliniken, Krankenhäusern usw., in
denen hygienische, die Infektionsverbreitung nicht fördernde Zu-
stände naturgemäß bestehen, mitgeteilt werden. Ebensowenig ist
man aber auch auf Grund meiner in einer besonderen Arbeit ent-
wickelten Anschauungen über die Ätiologie der Masern berechtigt,
eine direkte Kontagion sicher anzunehmen, wenn z. B. in einer
Krankenhausabteilung in verschiedenen voneinander getrennten Sälen
in gewissen Abständen Masernfälle zum Ausbruch kommen.
Eine wirkliche Probe kann das Degkwitzsche Schutzver-
fahren nur in Waisenhäusern, Krippen, Säuglingsheimen usw. be-
stehen, wo die vielfach ungünstigen Verhältnisse der Unterkunft
und Ernährung die schwächlichen Kinder in nahen Kontakt bringen.
Es sind zwar hier auch vielfach günstige Resultate berichtet worden,
doch bleiben z. B. die von Salomon?) aus dem Waisen- und Kinder-
hause der Stadt Berlin mitgeteilten Erfahrungen auffällig.. Es er-
krankten hier von 62 mit Rekonvaleszentenserum gespritzten Kindern
noch 40,3%. Wenn auch bei diesen Kindern leichtere Erkran-
‚kungen und geringe Mortalität hervorgehoben werden, so entspricht
doch ein Ausfall der Schutzwirkung in mehr als 40 % nicht im Ent-
ferntesten der fast unbedingten Masernverhütung, die Degkwitz
‚von seinem Verfahren bei rechtzeitiger Anwendung erwartet. Auch
die Ansicht Salomons, daß das Säuglingsrekonvaleszentenserum,
‚mit dem er gearbeitet hat, wahrscheinlich weniger Immunkörper
als das Serum älterer Kinder enthalten habe, ist doch eine unbe-
'wiesene Hypothese. Schließlich braucht auch die geringe Mortalität
und leichte Erkrankung der von Salomon schutzgeimpften Säug- l
mge nicht unbedingt dem Serum: zugeschrieben zu werden, sondern
es können auch bessere Unterkunftsverhältnisse in einzelnen Sälen,
Licht und Sonne, sowie sachverständigere und sorgfältigere Pflege
durch einzelne Schwestern u. dgl. günstig auf die Widerstandsfähig-
keit dər Kinder schon vor der Masernepidemie eingewirkt haben.
‚Weiterhin wird z.B. von Köhler?), der im allgemeinen
günstige Erfolge mit der Masernprophylaxe annimmt, über Mißerfolge
bei massiver Infektion berichtet. Es seien nur die Bettnachbarn
des ersten Masernpatienten erkrankt.
nn
n d. $, rA 2 usseau, Journ. de méd. 1843. Virchow-Hirsch y en
2) Salomon, D.m.W, 1928, 35.
°) Köhler, D.m.W. 1922, 44.
Ld
E ae ao LS
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
‘halte, waren folgende:
Stellen wir uns auf den Standpunkt, der nur etwa auf im
wirksamen Tröpfcheninfektion, so würde dies also bedeuten, daß è
die Maserninfektion in dem Umkreis, in dem sie nach unseren
sonstigen Anschauungen wirklich zur Geltung kommt, durch die
Schutzimpfung nicht verhütet werden konnte, während wir die Nicht-
erkrankung der übrigen Zimmerinsassen, bei denen die Aufnahme
von :Infektionsstoff überhaupt zweifelhaft ist, nicht dem Masern-
schutzserum mit Sicherheit zuschreiben dürfen.
refraktär. Auf Grund vielfacher Mißerfolge mit M.R.S. bei einer
langdauernden Masernepidemie in Düsseldorf betont Schloßmann®)
in der diesjährigen Sitzung der Deutschen Gesellschaft für Kinder-
heilkunde, daß die Injektion des M.R.S. nicht unbedingten Schutz
gewährt. nn | A |
Meine bisherigen Ausführungen sollen die Degkwitzsche
Masernschutzimpfung, zumal da sie allgemein als unschädlich be- a
zeichnet wird, nicht ohne weiteres als unwirksam hinstellen, sondern
nur dazu beitragen, daß seine etwaigen Erfolge und Mißerfolge
etwas kritischer als bisher beleuchtet werden, um dadurch die wirk-,
liche Leistung des Verfahrens objektiver, als es bisher geschehen ist,
festzustellen. Sr |
Ein weiteres Schutzimpfverlahren, was heute auch im Vorder-
grund des Interesses steht, ist die von v. Behring 1913 auf dem
Kongreß für innere Medizin mitgeteilte Immunisierung gegen die
Diphtherie. v. Behring empfahl 1913 auf Grund von günstigen
Vorversuchen in einzelnen Krankenhäusern und Kliniken die Ein-
verleibung eines Diphtherietoxin-Antitoxingemisches zur allgemeinen
Einführung und hoffte auf diese Weise zu einer Ausrottung der
Diphtherie überhaupt zu gelangen. In der Diskussion dieses Vor-
trages habe ich s. Zt. schon gegen v. Behring Stellung genommen.
Meine damaligen Einwände, die ich auch heute noch aufrecht er-
Erstens ist die Empfänglichkeit der menschlichen Organismen
für das Diphtherievirus im allgemeinen keine große, . Diesen Stand-
punkt vertritt z.B. auch Heubner in seinem Lehrbuch. Die. Kon-
tagionsgefahr spielt auch. bei der Diphtherie nicht im Entferntesten
die Rolle, wie z. B. bei den Masern.
Zweitens kann ich, was auch Heubner hervorhebt, aus eigener
Krankenhauserfahrung nur betonen, daß die schweren Diphtheriefälle,
wie wir sie meistens nur bei Proletarierkindern sahen, häufig schon
längst durch jahrelange Schwächung der Konstitution, Skrophulose,
Rachitis usw. vorbereitet sind. |
In der Rachenschleimhaut
Infektionswirkung des Diphtheriebazillus erst die Wege gebahnt.
Da nun auch das Überstehen einer Diphtherieerkrankung
nicht immer eine dauernde Immunität hinterläßt und eine Gewebs-
immunität an der Eingangspforte durch Immunisierung des Blutes
nach unsern sonstigen Erfahrungen schwer zu erzeugen ist, so ist
a priori nicht wahrscheinlich, daß das Behringsche Verfahren
einen jahrelangen Schutz gegen Diphtherie verleihen kann. Weiter
wissen wir, daß schlechte Ernährung, schlechte Wohnungsverhält-
nisse usw. durch Schwächung der Konstitution die allgemeine Wider- -
standsfähigkeit der Kinder gegen Infektionen herabzusetzen ver-
mögen, und müssen annehmen, daß auch ein etwaiger spezifischer
Diphtherieschutz gegenüber solchen schädigenden Einflüssen mehr
‘oder weniger schnell erlischt. : o
Wenn daher Degkwitz°) die allgemeine Einführung der
Diphtherieschutzimpfung empfiehlt; so möchte ich demgegenüber
nochmals meine obigen Bedenken mit Nachdruck betonen.
Auch die Riesenzahlen der Amerikaner, auf welche Degkwitz ;
sich stützt, können da nicht imponieren. Zunächst wissen wir,
daß die Diphtheriemorbidität und Mortalität großen Schwankungen
in langen Zeiträumen unterliegen.
| Zweitens könnte auch z. B. eine Statistik, die diphtherieschutz- E
geimpfte und nicht geimpfte Kinder in bezug auf Diphtherie-Morbidi-
tät und Mortalität in’ gewissen Zeiträumen vergleicht, nicht be-
weisend sein, wenn sie nicht das soziale Milieu, aus dem die Kinder
stammen, in weitgehender Weise zur Vergleichung mit .heranzieht, .
‚und wenn z. B. in der Statistik von Park®) 80000 Schicknegative
Kinder nur 2 sichere Diphtherieerkrankungen und 1800 Schick- .
:4) Kutter, zit. nach Buttenwieser, D.m.W. 1924, 26, -
8) Degkwitz, Diphtherieschutzimpfung. M.m.W. 1924,22,
6) Park, zit. bei Degkwitz l. c. Nr.d. m
1645
| Kutter®) hatte .
unter 225 Fällen 18 mal Mißerfolg, 12,4%. Besonders die keuch-
hustenkranken Kinder zeigten sich vielfach für die Masernprophylaxe
der diphtheriekranken Kinder tritt
häufig der Diphtheriebacillus in bezug auf seine Menge erheblich.
hinter Streptokokken, Stapbylokokken, Kolibakterien usw.. zurück, -
und es erscheint vielfach so, als hätten die Mischbakterien der `
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I 2% 3 RE \ 4 OAE
Kaya? 1 durch
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Deutschen Oto-rhinologischen Klinik in Prag
= | | “ (Vorstand: Prof. Dr. Otto Piff). 0.0.0.0.
22 Diagnostische und therapeutische Irrtümer bei Ohren-
ee a erkrankungen. 00:
he en Von Dr. Ludwig Soyka, o
S i Aus der
Ei -röntgenologisch eine Lungenerkrankung festgestellt worden war.
Se HR = Status praesens: Groß, kräftig, Sensorium. getrübt. Tem-
” "©. peratur: 390., Intern: o. B. |
Vestibularis rechts nicht erregbar. Diagnose: Akute Exazerbation
einer chronischen Mittelohreiterung mit Ergriffensein. des Labyrinths.
97. Mai 1921:. Radikal- und Labyrinthoperätion (Prof. Piifl). Es findet
. sich a ee vereitertesCholesteatom. 29.Mai: Keine Besserung.
Zu den frü
anzen linken Körperhälfte, Fazialisparese links, besonders im 3. Aste,
l SFO Peviation coniugée nach rechts. Lumbalpunktion: Es werden etwa
nn | Bir. - 15 ccm klaren Liquors unter erhöhtem Druck abgelassen. Die Unter-
. suchung ergibt: Sn Aiding Starke Vermehrung der Lympho-
. zyten. Infolgedessen stellten die Neurologen die Diagnose: Tuberkulöse
Mering i ausgehend von einem Tuberkel oder Erweichung im Pons
oder Mark der 2. Frontalwindung. 31. Mai: Nach der Lumbalpunktion
Sensorium etwas. freier, somatischer Zustand: unverändert. i. Juni:
Auf Grund der Diagnose tuberkulöse Meningitis neuerliche Lumbal-
unktion mit anschließender intralumbaler Injektion von 0,5 mg Tuber-
lomuzin (Weleminsky)... 2. Juni: Wesentliche Besserung. Blick-
-schwäche nach links geschwunden. 3. Juni: Lumbalpunktion mit nach-
folgender intralumbaler Injektion von Tuberkulomuzin. 4. Juni: Weit-
ehende Besserung. Rückkehr der Beweglichkeit im linken Arm und
ein. Fazialisparese deutlich gebessert. 5. Juni: Lumbalpunktion
.
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ri:
K £
,
isai © MEDIZINISCHR KLINIK: — Ma. |
wiederhergestellt.
| heilt ‘entlassen. °
- Schmerzen: im. rechten
: Schmerzen sistierten; \ |
hauptsächlich im Hinterkopf. Angeblich. Erbrechen, ‘ein. Fieber.
Yon. Säuglingen und jungen Kindern eine Impfung nach. .der andern :
| schweres Krankheitsbild darbietet. Sie ist traurig; weint,
Br A A - ` Krippen, Säuglingsheimen usw. ' Diese Kinder. gehören in Anstalten,
ehr WAR ar: die 'an der Peripherie der großen Städte oder auf dem Lande liegen, .
linken Kleinhirn zunächst nicht leicht verständlich. |
| des Kindes nach und erfuhren, -
PEI - Falli. E.P., 22 Jahre alt, leidet seit Kindheit an beiderseiti er
s IE DU E Mittelohreiterung. In der letzten Zeit Schmerzen im rechten Ohr, die
ee Eis tr dan - allmählich zunahmen. Schließlich Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen
s E = und Somnolenz. Anamnestisch ist noch wichtig, daß früher einmal
l Papillen etwas hyperämisch. Rechtes
hr: Schmerzhaftigkeit am Warzenfortsatz. Reichliche fötide Sekretion.
`. Membran: ersetzt. 20. Jul
eren ‘Symptomen trat noch hinzu: Spastische Parese der
| Befinden unverändert. Infolge
‘daß das Fieber von einem Tungen
sich massenhaft Eiter. Knochen: darunter unverändert. 11. Au
. - n
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1 und intralumbale "Tüberkulomuzininjektion. 10. Juni: Sensorium frei,
Temperatur fast normal. Die: Beweglichkeit ist in.allen Gelenken fast
An diesem Falle ist zunächst. der Befund. des Lumbalpùnktates
ganz merkwürdig, in. dem sich Gerinnselbildung nebst starker Ver
mehrung der Lymphozyten vorfand. . Dies veranlaßte auch die
Neurologen, die Diagnose auf: tuberkulöse Meningitis zu stellen. In |
folge des raschen und günstigen Ausganges stiegen in. uns jedoch
"Bedenken auf hinsichtlich der Richtigkeit: der gestellten Diagnose
Wir schlugen daher in der Literatur nach, ob ähnliche Fälle be.
kannt wären. : Tatsächlich. erwähnt“ Urbantschitsch in seinen
Lehrbuche’ der Ohrenheilkunde . ähnliche Fälle, wo es sich um eine
eitrige. Meningitis. mit zirkumskriptem Hirnödem gehandelt hat. -Wir
glauben nicht: fehl zu gehen, ‘wenn wir auch diesen Fall in dieselbe
| Kategorie einreihen. Ferner. wäre’ aber noch ein Punkt besonders
hervorzuheben:. Die: prompte und wesentliche Besserung im Befinden
.| des Meningitiskränken nach der. intralumbalen -Einverleibung von
.Proteinkörpern..‘ Wir haben späterhin, :eben mit Rücksicht auf diesen
.| Fall, zu wiederholten Målen ‘bei. schweren. Fällen ‚von Meningitis
intralumbal Eiweißkörper. injiziert: . - Ein Urteil über den Wert. dieser.
‘| Maßnahme können wir uns aber nicht .erlauben, da wir neben
`
günstigen zu viele ungünstige Resultate gesehen haben.. ' `
‚Fall 2. A: R., 12jährig, bekam anfangs November 1921. starke
hr. Nach 4. Dee Ohrenfluß, worauf‘ die
Seit 5 Tagen neuerliche ünerträ liche Schmerzen,
leich ein
laßt sich
ins‘ Bett, klagt über -starke
Status praesens: Kleines, blasses Mädchen, das so
aber güt untersuchen, verlangt ständi
‚| Schmerzen im Kopfe ohne ‚bestimmte Lokalisation und hält den Kopi
ziemlich unbeweglich nach rückwärts gebeugt. Im Bette hält Patientin
: den Kopf stets nach rechts gewendet. Kein Fieber. Puls: 66. Intern: o;B..
Augenbefund normal. ` Neurologischer Befund: Kein- Anhaltspunkt für
eine endokranielle Erkrankung.. Rechtes Ohr: Umgebung normal. In
Gehörgang wenig schleimiges ` Sekret, : Trommeliell gerötet, zeigt
eine zentral6. Perforation. Linkes: Ohr: normal. Hörfähigkeit : beider-
seits: leicht eingeschränkt. une Leichte Vermehrung vor-
wiegend der Lymphozyten. Da sic
in den nächsten Tagen der Zu-
stand der Patientin verschlechterte, wird die Diagnose auf Hirnäbszeß
| gestellt und trotz negativen neurologischen und otoskopischen Belundes
‚die Antrotomie rechts vorgenommen. Bei der Operation. überall normaler
Befund. Am folgenden Tage Exitus.. Obduktionsbefund: Kleinhirnabszed
links, der. sich vom Mitteiohr aus per continuitatem entwickelt hat.
:An diesem. Falle. war uns, die Entstebung des Abszesses im
| Wir forschten
deshalb neuerlich bei ‘den. Eltern
Y { x
daß das Mädchen tatsächlich 1 Tag lang über Schmerzen im linken
Ohr geklagt hat. Diese Schmerzen gingen aber, bald unter warmen
Umschlägen wieder. zurück. Diese aber, nur 1 Tag
‚Entzündung links hat genügt, um zur Bildung eines Hirnabszesses
mit. allen seinen Folgen zu führen. Weniger auffallend scheint es
Abszesses finden konnten, was wir schon. öfter zu sehen Gelegen-
heit ‚hätten. Ei | T wa
. "Fall 3. G. S., 12jähriger Knabe, wird. wegen Schwerhörigkeit _
dc Rieber nebst: starken -
mit Luftdouche behandelt. Am Abend darnach
Schmerzen im;linken Ohr. Früher bereits ` Scharlach durchgemacht,
Mutter starb an. Tuberkulose. . ... G E |
Statūs praesens: Entsprechend groß, kräftig. Temperatur: 39°.
Puls::120. Intern: o. B. Augen: 0. B. Rechtes Ohr: Chronische Mittelohr-
eiterung. LinkesOhr: Warzenfortsatz nicht geschwollen, aber stark druck- |
schmerzhaft. te Trommelfell fehlt und ist durch eine dicke
i: Parazentese: Es entleert sich kein Biter, nur
Blut. 22. Juli: Fieberund Schmerzen’unverändert. Daher Operation. Zellen
des Warzenfortsatzes völlig sklerotisch. Antrum und Ge örknöchelchen
fehlen. In der Paukenhöhle derbe Bindegewebsmassen. Nirgends Eiter ,
oder Karies wahrnehmbar. Infolgedessen Naht. In den folgenden Tagen
essen wird ‘die Vermutung geäuße
m rozeß herrührt. Neuerliche interne
ativ. Blutbild: Starke Vermehrung der polynuklešren ,
Leukozyten. 5. August: Revision der Operationshöhle. l irgends Fiter.
9. August: Röntgenbefund des Schädels: o. B. 10. August: Fluktuierende,
stark, schmerzhafte Schwellung am Hinterkopf. Inzision. Es entleert
Untersuchung ne
Alle Beschwerden geschwunden. 26. August: Geheilt entlassen. -
An diesem Falle sind einige Punkte besonders hervorzuheben.
Am auffallendsten ist es, daß ein subperiostaler Abszeß, der aus.
unbekannter Ursache aufgetreten ist, zu einer Verwechslung mit
einer Mastoiditis führen konnte. Das läßt sich ganz gut erklären,
wenn man die anfängliche Kleinheit des Herdes berücksichtigt-
{l
23. Juni; Patient verläßt: das Bett. 2. Juli: Ge-
0:28. November
lang währende, .
uns zu sein, daß wir gar keinen Anhaltspunkt über den ‚Sitz des _
|
|
\
a ar E
N 277, 2 2 Visa
28. November |
Dann ist aber auch der Patient an der Verwechslung mitschuldig,
der die Schmerzen und das Fieber offenbar in Zusammenhang mit
` der Ohrenbehandlung bringen wollte und die Schmerzen ständig in
das linke Ohr lokalisierte. Merkwürdig ist auch der anatomische
Aufbau des linken Mittelohres bei diesem Knaben, indem Antrum,
Gehörknöchelchen und Trommeliell fehlten. Ferner verdient aber
noch die Wichtigkeit des Blutbildes besonders hervorgehoben zu
werden. In diesem Falle wäre ja die Möglichkeit eines Lungen-
prozesses infolge hereditärer Belastung gegeben gewesen. Die starke
Vermehrung der polynukleären Leukozyten wies aber unzweideutig
auf eine eitrige Genese hin. | Ä
Fall 4. A. F, 27jährige Frau, war wegen chronischer Mittel-
ohreiterung rechts am6. Dez. 1921 radikal operiertworden (Prof. Piffl)und
denn als geheilt entlassen worden. Am 24. Juni 1922 bekam Patient
nachmittags ganz plötzlich unerträgliche Schmerzen in der rechten
Kopfhäifte, so daß sie ohnmächtig zusammenbrach. Außerdem bestand
angeblich Fieber und Erbrechen. Auf Grund dieser Angaben vermuteten
wir einen bis dahin latent gebliebenen Hirnabszeß und nahmen in dieser
Richtung eine genaue Untersuchung vor. Dieselbe ergab: Temperatur:
normal. Intern: o. B. Neurologisch: Kein Anhaltspunkt für eine endo-
kranielle Komplikation. Rechtes Ohr: Typischer Befund nach radikaler
Operation. |
Lumbalpunktion: normale Werte. 26. Juni: Alle Beschwerden ge-
schwunden. Bei der gynäkologischen Untersuchung wird ein Intrauterin-
pessar entfernt, das einige Monate gelegen war. | |
Dieser Fall ist hauptsächlich dadurch charakterisiert, daß ein
Intrauterinpessar, ‘das während der Menses nicht entfernt worden
war, subjektive Beschwerden wie bei einem Hirnabszeß hervorrufen
konnte. In dieser Annahme hat uns noch der positive Befund am
Augenhintergrund bestärkt, der übrigens auch ganz merkwürdig ist
und offenbar mit den lebhafteren Zirkulationsverhältnissen in der
um
Umgebung des Operationsfeldes zusammenhängt. Dagegen ließ das
verhältnismäßig gute Aussehen der Patientin von Anfang an eine
gewisse Skepsis in uns aufkommen hinsichtlich der Richtigkeit
unserer gestellten Vermutungsdiagnose.
| Fall 5.. M. S., 65 Jahre alt, leidet schon seit vielen Jahren an
einem Diabetes mellitus mit Hochdruck. Im Oktober 1923 bekam
Patient im Anschlusse an einen Schnupfen starke Schmerzen im rechten
Ohr. Da dieselben nicht zurückgingen Parazentese, worauf reichlicher
Ohrenfluß eintrat. Da der Ohrenfluß unvermindert durch 5 Wochen
‚anhielt und da zeitweilig Schwindel und Kopfschmerzen bestanden,
kam Patient zwecks Operation auf die Klinik.
Status. praesens: Mittelgroß, mittelkrüftig. Intern: o. B.
Blutdruck: 200 mm Hg. Harn: 5% Zucker. Rechtes Ohr: Warzen-
fortsatz nicht geschwollen, an einer Stelle leicht druckschmerzbhaft-
Im Gehörgang reichlich nicht fötides Sekret — Trommelfell gerötet
und geschwollen, enthält eine zentrale Perforation. 27. November:
Patient wird auf die Klinik Prof. Jaksch transferiert zwecks Insulin.
behandlung, damit Patient möglichst zuckerfrei zur Operation kommt.
30. November: In der Frühe: bekommt Patient ohne jedwede Fieber-
steigerung plötzlich äußerst heftige Kopfschmerzen, wird zunächst sehr
unruhig, dann somnolent, läßt Stuhl und Harn unter sich, Nacken-
starre. Diagnose: Meningitis purulenta. Lumbalpunktion: massenhaft
olynukleäre Leukozyten. Operation: In den Zellen des Warzen-
ortsatzes nur geschwellte Schleimhaut, nirgends Eiter. Sinus, Dura
unverändert. Abends Exitus. Obduktionsbefund: Diffuse eitrige Menin-
gitis, ausgehend offenbar auf dem.Lymphwege von der Paukenhöhle.
‚, Bei diesem Falle möchte ich zunächst auf die, ohne jeden
Fieberanstieg ganz plötzlich einsetzende Meningitis hinweisen, die
m wenigen Stunden zum Tode führte.
lichkeit dieser Komplikation wäre es vielleicht besser gewesen,
früher zu operieren, wiewohl man sich sagen muß, daß ja der
Warzenfortsatz eigentlich frei war und die Infektion auf dem Lymph-
| wege hätte jederzeit erfolgen können. Ferner möchte ich betonen,
daß das Insulin weder die Ohreiterung günstig beeinflußt hat, noch
auch eine Hirnkomplikation, in diesem Falle die Meningitis hint-
anhalten konnte. Und schließlich sei noch bemerkt, daß der Schwindel .
und die Kopfschmerzen nicht mit der Ohreiterung in Zusammen-
hang standen, sondern auf einer hochgradigen . Atherosklerose der
Hirmgeläße beruhten.
Aus der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg
(Prof. Dr. Enderlen).
Über die Verwendung des Psikains in der Chirurgie
und Urologie.
Von Dr. Asal und Dr. Lurz. Ä
, Auf Anregung von Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Gottlieb haben
vir an hiesiger Klinik das Psikain, eine neue synthetisch gewonnene
. Verbindung der Kokaingruppe erprobt. Psikain oder Pseudokokain
‚Ib ein Isomeres des gewöhnlichen linksdrehenden Blätterkokains.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
Augenbefund: Deutliche Hyperämie der rechten Papille.
Mit Rücksicht auf die Mög-
Vorteil anzusehen ist. Wir haben nicht me
Es ist im Gegensatz zu diesem rechtsdrehend und entsprechend der
andersartigen Lagerung der Atome in seiner pharmakologischen
Wirkung nicht unwesenlich vom Blätterkokain verschieden. Nach
tierexperimentellen Feststellungen ist das Anästhesierungsvermögen
-des Psikains etwa doppelt so stark wie dasjenige des Kokains bei
weit geringerer Giftwirkung. Die letztere Eigenschaft ist wahr-
scheinlich auf eine leichtere Entgiftbarkeit des Psikains im Stoff-
wechsel zurückzuführen. |
Es galt nun festzustellen, ob diese Wirkungen auch am
Menschen zu konstatieren sind und ob Psikain auf Grund seiner
andersartigen Eigenschaften den bisher gebräuchlichen Anästhe-
sierungsmitteln vorzuziehen ist. Ä |
Bei der klinischen Anwendung brachten wir das neue Mittel
in erster Linie mit dem Kokain in Vergleich, verwandten es also
in der Hauptsache zur Oberflächenanästhesie, während es uns von
vornherein wenig aussichtsreich erschien, das Psikain bei der In-
filtrations- und Leitungsanästhesie mit dem altbewährten, billigeren
‘und ungiftigeren Novokain in Konkurrenz zu bringen.
' Die wenigen Versuche, die wir trotzdem in dieser Richtung
"unternahmen, gaben den anfänglichen Vermutungen Recht, Bei der
Infiltrationsanästhesie war ‘die Wirkung einer 1% igen Psikainlösung
‚hinsichtlich der Intensität, der Dauer und des Zeitpunktes des Ein-
tretens der. Anästhesie von der des Novokains nicht zu unter-
‚scheiden. Eine 1/,°/,ige Lösung war zweimal von ungenügender
. Wirkung. Bei der Leitungsanästhesie war das 1°/,ige Psikain einmal
‚unsicher in der Wirkung, einmal traten nach Injektion von 20 ccm
“einer 1°/,igen Lösung bei einem schwächlichen Mädchen leichte
Vergiftungserscheinungen — Übelkeit, Unruhe, Pulsbeschleunigung —
auf. Von weiterer Anwendung wurde deshalb für Zwecke der
Leitungsanästhesie Abstand genommen, zumal man dabei nie sicher
die intravenöse Injektion vermeiden kann und tierexperimentelle
Versuche gezeigt haben, daß Psikain bei intravenöser Injektion dem
Kokain an Giftigkeit nicht nachsteht. Man hätte also bei direkter
Injektion ins Blut mit 5 com der 1°/,igen Lösung die Maximaldosi
schon erreicht. u E
Weit vorteilhafter erweist sich die Verwendung von Psikain bei
der Oberflächenanästhesie, bei der bekanntlich die Kokainersatz-
präparate Novokain, Alypin, Eukain u. a. wegen ihrer geringen Ein-
dringungsfähigkeit nicht mit Erfolg zu verwenden sind, während das
allein wirksame Kokain wegen seiner. Gefahren stets größte Vorsicht
und Individualisierung verlangt. Für den Chirurgen kommt die
Schleimhautanästhesie in der Hauptsache in der Urologie in Frage,
wo sie bei allen urethroskopischen und zystoskopischen Unter-
suchungen, wie auch bei endovesikalen Operationen eine wesentliche
Erleichterung für Arzt und Patienten darstellt und häufig unent-
behrlich ist. Kokain, das hier bisher als hauptsächlichstes Anästhe-
sierungsmittel verwendet wurde, hat eine Maximaldosis von 0,05.
Bei den relativ großen Mengen von Injektionstlüssigkeit, die für die
Anästhesierung der männlichen Harnröhre oder gar der Blase er-
forderlich sind, werden toxische Dosen häufig erreicht, was um so
bedenklicher ist, als die Urethralschleimhaut sich durch außer-
ordentliche Resorptionsfähigkeit auszeichnet.
Ein weniger giftiger, aber in der Wirkung ebenbüftiger Ersatz
ist deshalb vom Urologen schon lange begehrt. Ein Mittel, das
diesen Anforderungen weitgehend entspricht, scheint uns nún in,
dem Psikain gefunden zu sein. |
Seit ®/, Jahren gebrauchen wir bei allen zystoskopischen-
Untersuchungen und 'endovesikalen Eingriffen nur noch Psikain.
Wir haben damit 264 Fälle untersucht. Dabei erwies sich das
Psikain als wesentlich ungiftiger als das Kokain. Wir sahen bei
reiner Oberflächenanästhesie nie Vergiltungserscheinungen. Bei einem
Fall trat für einige Stunden Übelkeit, verlangsamte Atmung, Erbrechen
und Pulsbeschleunigung auf, nachdem neben der üblichen Anästhesierung .
von Urethra und Blase noch Infiltrationsanästhesie mit Psikain zu einer
Meatotomie gemacht wurde, im ganzen also etwa 0,4 Psikain in An-
wendung kam. Was die Wirkung anbelangt, so ist hervorzuheben,
daß mit einer Y,—1/,%igen Psikainlösung eine Anästhesie zu erzielen
ist, die hinsichtlich der Intensität und der Dauer der Wirkung einer
1—2%igen Kokainlösung nicht nachsteht. Der Eintritt der Anästhesie
- ist im Vergleich mit einer doppelt so starken Kokainlösung beschleunigt,
was für die ohnehin zeitraubende urologische Tätigkeit als großer
notwendig, bei Anästhesie
der männlichen Harnröhre 10 Minuten oder gar eine
Lösung in der Harnröhre belassen zu müssen, um eine möglichst gute
Betäubung zu erreichen. Mit einer Rekordspritze, die mit einer Eichel
versehen ist, spritzen wir langsam 10 ccm einer 1/,%igen, mit 8 Tropfen
Adrenalin versehenen Psikainlösung in die Harnröhre, halten die Harn-
röhre gut zu und massieren die Lösung blasenwärts. Läßt sich die
injizierte Menge leicht gegen die Blase massieren, so injizieren wir
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‚die Zystoskopie erschwert ist, 10 oder 20 ccm einer 1/,%igen Lösung
. möglich ist. Wie
5 za e. Völcker, der sogar 100—150 ccm einer 1/,%igen Lösung 20 bis
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'. -einer 1/,%igen Lösung. Man läuft dabei niemals Gefahr, der toxischen
-Dosis nghezukommen, während bei Blasenanästhesie, wo die Psikain-
` -lösung gleichzeitig als länger verweilende Füllungsflüssigkeit verwendet `
o brauch ‘gemacht wird.
Rektoskopie oder bei s
| 5 i mit. 5—10%iger Lösung. Hier hat es uns b
~ 'anāsthesie empfehlen. Wir benützen das von der Firma Merck
' in den Handel gebrachte saure weinsaure. Salz. Es ist bis
. Mengen haben wir abgewogene Pulver zu 0,5 g, die wir jederzeit in
.. Aqua‘dest. auflösen können: Da Psikain im Gegensatz zu Kokain
. gefäßerweiternd wirkt, ist Adrenalinzusatz angezeigt. Wir. bringen
` gut und ist hitzebeständig. Selbst nach "mehrmaligem. Aufkochen
beobachteten wir keine Abschwächung der Wirkung.. .
. Die Untersuchung wird so vollkommen schmerzlos. Die große Erleichte-
5 Ein Fall von Gehirnabszeß als Folge einer Pe
“ ernsten, aber nach unseren klinischen und pathologisch-anatomischen
‘ Kasuistik dieser Fälle ist nicht umfangreich und vom praktischen
. Standpunkte aus kann uns jeder duch noch so kleine Beitrag. in
nur einigermaßen 'zu erweitern vermag. In diesem Sinne soll auch
aus der Klinik Hochenegg aufgefaßt werden, deren Wiedergabe
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nochmals 10 cem. - Nun führen wir also nach ungefähr 4—5 Minuten
das Instrument ein. Da beim Übersichtszystoskop die Harnröhre kaum
gedehnt wird, so geschieht die ganze Manipulation schmerzlos. Beim
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1. Juni 1924 sucht Patient die Unfallstation der Klinik anf: Tempe-
ratur .38, Puls 102. Status localis: Linke Gesichtshälfte deutlich
| ‚geschwollen und schmerzhaft. Linkes. Ober- und Unterlid ödematös.
einläufigen oder doppelläufigen Ureterenzystoskop wird die Urethra | In der linken Fossa infratemporalis ein etwa kindshandtellergroßes
ziemlich stark gedehnt, es entstehen in den tieferen Teilen Schmerzen | derbes Infiltrat mit zentraler Erweichung und deutlich schwappender
und die Schleimhautanästhesie reicht dann nicht aus, Trotzdem sind | Fluktuation (Gas!). Die Untersuchung vom Munde aus ergibt in der
aber auch bei diesen Untersuchungen die Schmerzen erträglich. Sehr | Höhe des linken Oberkieiers ein derbes Infiltrat. Schleimhaut ödematös,
empfehlen möchten wir, bei sehr schweren Zystitiden und tuberkulösen | Die Übergangslalte von der Gingiva des Oberkiefers auf die laterale
Blasen, bei denen wegen ‚geringer. Kapazität und -starken Tenesmen | Wangenschleimhaut stark vorgewölbt.
<` Die Anamnese und. die klinische Untersuchung ergaben den
Į Befund einer Periostitis maxillae sinistra& ‘mit Bildung. eines auf-
steigenden Abszesses in, der linken Fossa infratemporalis, womit `
. auch: die Indikation zum operativen: Eingriff gegeben schien. Die
breite Inzision. des periostalen Abszesses an seinem tiefsten Punkte ` =
‚vom: Munde aus fördert eine 'große Menge bräunlich verfärbten, -
aashaft stinkenden Eiters zutage, dessen mikroskopische Unter-
‚suchung das Vorhandensein einer Mischinfektion ergibt, darunter .
: zahlreich: Spirochaeta dentium und Bac. fusiformis. |
“zision fällt die Vorwölbüng der linken Fossa temporalis vollkommen `
| zusammen und das. Ödem -des linken Ober- und Unterlides bildet `
chmerzhafter rektaler Untersuchung — also be- . sich unter. unseren Augen zurück. Es tritt eine bedeutende Er-
sonders bei Analfissuren — mit Vorteil verwendet wird. Pinselungen | leichterung ein. Das Fieber und die Kieferklemme lassen nach, :
= esonders zu Demonstrations- | nur die anfallsweise. auftretenden n&uralgischen Schmerzen in der .
u 2 | linken Kopfhälfte schwinden nicht. Am 6. Tage nach der- Inzision
in die Blase zu injizieren und etwa 5—8 Minuten in der Blase zu be-
lassen,‘ Es ist oft erstaunlich, wie leicht. die weitere Untersuchung
große Mengen in die Blase injiziert werden können,
inuten. in der Blase ließ und darin sogar den Stein zertrümmerte,
Für die Anästhesie der Harnröhre empfehlen wir die Anwendung
wird, besser. von einer immerhin noch wirksamen 1/,%igen Lösung Ge-
"Erwähnt sei noch, daß Psikein im Bedartsfalle ‚auch‘ bei der
zwecken gute Dienste geleistet. FE ee E a
Nach vorstehenden Ausführungen können wir das Psikain
als ein ‘dem Kokain weit überlegenes Mittel für . Oberflächen-.
- nicht mehr erwacht. ‘Klinisch wird als Todesursache eine foudroyante:
' Meningitis angenommen. Die vorgenommene Obduktion bestätigt-
.zum Teil unsere Annahme und ergibt folgenden -Befund: |
~. „Operativer Defekt der fünf hinteren Zähne des linken Oberkiefers
‚nach Extraktion vor 10 Tagen.. Periostitis an der Außenseite des linken .
Öberkiefers und der linken Fossa pterygomaxillaris und temporalis mit:
phlegmonöser Entzündung des. lockeren Zellgewebes, der Musculi’ -
temporales und pteryoidei. Zirkumskripte über erbsengroße Östitis-..
"und Osteomyelitis an der dünnsten Stelle der linken Schläfenbeinschuppe.:
Zirkumskripte eitrige Pachymeningitis externa und interna am seite- -
lichen Rande der linken Hälfte der mittleren Schädelgrube. Hühnerei-.
großer Abszeß im linken Temporallappen mit mißfarbigem, gelblich- `
grünem Eiter. Eitrige Leptomeningitis mit vorwiegend basaler Lokali-
‚sation des Exsudates. © Sinus durae matris frei. Etwa 1!/ cm lange, .
breit klaffende Inzisionwunde am Umschlag. der- Gingiva des Ober-'
` kiefers in die linke seitliche Wangenschleimhaut, mit dem periostalen ->
‚Abszeß seitlich von der Maxilla und der Fossa infratemporalis und tempo:
ralis in breiter Kommunikation stehend.
| - Bakteriologischer Befund; Im Ä
Gehirnabszesses zahlreiche Spiröchäten vom Typusder Spirochaetadentium
| und des Bac. fusiformis neben grampositiven und gramnegativen Kokken
"und Stäbchen verschiedener Art. Er l |
20%. wasserlöslich, so daß die gebräuchlichen Lösungen jederzeit
auf einfache Weise hergestellt, werden können. :Wir haben das
-Psikain in Pulverform und lassen uns immer eins Lösung herstellen,
die für etwa 2 Tage reicht. Für etwa notwendig werdende größere
zu 20 ccm etwa 5—8 Tropfen. Psikain verträgt sich mit Adrenalin |
Nachtrag beider Korrektur: In letzter Zeit geben wir bei sämt-
‚lichen Rektoskopien nach gründlicher Reinigung des Darms ein Psikain-
suppositorium folgender Zusammensetzung: Psikain. 0,05, -OL cacao 2,0.
rung, die das Psikain bringt, sahen. wir besonders bei jenen Patienten, die,
anderwärts rektoskopiert worden waren, und von uns nochmals untersucht
werden mußten. Alle Patienten sind von der Schmerzlosigkeit der Unter-
suchung sehr überrascht. Ferner gaben wir mit dem gleichen: Erfolg
Psikain vor.der Defäkation bei Hämorrhoiden und bei Rhagaden.
BR | el pe . Der mitgeteilte Fall stellt ei
.. Aus der II. Chirurgischen Klinik in Wien Or MISSO all stellt ein
in Periostitis maxillae, dar .und ‚bietet in vieler Hinsicht manches In-
(Vorstand: Hofrat Prof. Dr. Hochenegg). 'teressante, auf das im Folgenden kurz eingegangen werden soll.
Wenn schon die Bildung eines aszendierenden. infratemporalen
Abszesses nicht zu den gerade häufigen Befunden bei einer Peri-
. ostitis alveolaris zu zählen-ist, gehört die tödliche Komplikation in
Form. einer eitrigen Enzephalitis zu den seltensten Vorkommnissen,
ganz abgesehen von der ungewöhnlichen Art ihrer Genese. .
Bei der Erörterung der: Frage der kausalen: Genese des
‚Gehirnabszesses in unserem Falle wird nach dem vorliegenden.
pathologisch-anatomischen Befund die hämatogene Komponente kaum
in Betracht zu ziehen sein, denn. weder in den Venen des Plexus. .
pterygoideus, noch auch in den Sinus durae 'matris ließen sich Ver-
änderungen erkennen, die im -Sinne einer aszendierenden Thrombe-. .
phtebitis gedeutet werden’ konnten. . Und selbst für die Annahme _
einer embolisch metastatischen Form fanden sich ‘an der Hand des
Sektionsbefundes keinerlei Anhaltspunkte. ‘Vielmehr deutet alles
darauf bin, daß es sich in unserem Falle teils um einen Durch
.wanderungsprozeß, teils wieder um eine direkte Kontaktinfektion |
‚handeln dürfte: Der vom Processus alveolaris. des Oberkiefers nach
aufwärts gestiegene Abszeß fand am Ursprung des Musculus tem-
. poralis einen unüberwindlichen Widerstand. An einer der dünnsten.
Stellen der.Schläfenbeinschuppe gelang es den hier unter großem
Drucke stehenden Eitermässen nach Bildung einer zirkumskripten
Ostitis und Osteomyelitis durchzuwandern;, auf die Dura überzugreifen '
und so die Infektion auf das Gehirn durch Kontiguität weiterzu-
leiten. Für diese Annahme spricht vor allem die Tatsache, daß
die Pachymeninx nur an der oben erwähnten umschriebenen Stelle
des Schläfenbeins sowohl an ihrer kranialen als auch zerebralen
Fläche ‚Veränderungen, aufwies im Sinne eines epi- bzw. subduralen '
Abszesses, während der übrige Anteil der Dura mater normales <
Aussehen bot. Es spricht dafür auch der bakteriologische Befund, -
\ riostitis
alveolaris des linken Oberkiefers.
Von Dr. L. Sussig, Assistent. Ä
= Zerebrale Komplikationen in Form von Meningitis oder eitriger
Enzephalitis gehören im Verlaufe. einer Periostitis alveolaris zu den
‚Erfahrungen glücklicherweise nicht häufigen Vorkommnissen. Die
dieser Frage willkommen 'sein, wenn er. unsere Kenntnisse darin
die nachfolgende kurze Mitteilung über eine eigene Beobachtung
wegen der Eigenartigkeit der Infektion und der nicht gewöhnlichen
Art der anatomischen Ausbreitung des Prozesses auch sonst einiges
‘Interesse erwecken dürfte. | RR
Krankengeschichte: 27jähriger Patient, öfters zahnleidend.
Letzte Attaque zu Ostern 1924. - Anschließend daran trat auf der linken <
Wange in der Höhe des Alveolarfortsatzes des Oberkiefers eine un-
efähr taubeneigroße schmerzhafte Schwellung auf, die während der
diranHolzenden zwei Tage an Schmerzhaltigkeit und Größe allmählich,
aber stetig zunahm. as entwickelte sich eine fast vollkommene
Kiefersperre. Der konsultierte Zahnarzt lehnte die Behandlung ab und
_ wies den Patienten an ein Zahnambulatorium, wo in Narkose zunächst
die Kieferklemme behoben und anschließend daran 5 Zähne des linken
Oberkiefers gezogen wurden. Keine Erleichterung. Am zweiten Tage
nach der Extraktion Exazerbation der Symptome: Temperaturanstieg,
Schüttelfrost, Zunahme der Schwellung und’ des Ankylostoma. , starke
Schmerzen in der linken Kopfhälfte. In der Nacht vom 30. Mai auf
Nach der In- `
des Abszesses verfällt ‚Patient nach einem kurzen, aber schweren `>
Exzitationsstadium plötzlich wieder in ein tiefes Koma, aus dem er |
Eiter der Meningitis und des .
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| 28. November `
Bd. 97. / 9 Stern, D.m.W. Jg. 40, 80.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47..
|
der uns im Eiter des periostalen und des Gehirnabszesses, sowie
des meningealen Exsudates dieselben Keime erkennen ließ. s
Was nun die Genese der vorwiegend basalen Leptomeningitis
anlangt, so fasse ich diese als einen dem Gehirnabszeß subordi-
nierten Prozeß auf. Als Stütze für diese Annahme möchte ich vor
allem die Tatsache anführen, daß der Abszeß in seiner ganzen
Länge auf die laterale Wand des linken Seitenventrikels über-
gegriffen hatte und an einer Stelle in dessen Vorderhorn einge-
brochen war. Die Infektion der basalen Leptömeninx erfolgte also in
unserem Falle vor allem durch die Ventrikelflüssigkeit und den Plexus
chorioideus, ganz analog der Genese jener Fälle von basaler Menin-
gitis nach Schußverletzung des Gehirnes, die von Weichselbaum,
Ghon und Roman, Mönckeberg, Chiari und Baranyi beob-
‚ achtet und beschrieben wurden. Für einen Zusammenhang der
basalen Meningitis mit der zirkumskripten internen Pachymeningitis,
woran zunächst gedacht werden mußte, lagen anatomisch keinerlei
Anhaltspunkte vor.
Bei dem Versuche, eine Erklärung für diesen abnormen Ver-
lauf der Periostitis in unserem Falle zu finden, müssen wir uns
zunächst die Frage aufwerfen, ob nicht der operative Eingriff und
vor allem die gewaltsame Beseitigung der Kieferklemme in Narkose
dafür verantwortlich zu machen wäre, eine Annahme, die auf Grund
unserer Erfahrungen über die Ausbreitung akut entzündlicher Pro-
zesse nicht leicht von der Hand gewiesen werden kann. Denn die
Kieferklemme war nach dem Sektionsbefund keine arthrogene,
sondern eine akut entzündliche muskuläre, was schon daraus zur
Genüge hervorgeht, daß je ein exzidiertes- Stück aus dem Musculus
temporalis und pterygoideus histologisch das Bild einer phleg-
monösen Myositis bot. Die forcierte Dehnung der Kieferklemme
- mag also auch hier jene Erscheinung nach sich gezogen haben, die
wir oft bei mobilisierten akut entzündlichen Prozessen zu sehen ge-
wohnt sind: Das Übergreifen der Entzündung auf die Umgebung
‚durch Hineinpressen der Keime in die umliegenden Gewebsspalten.
Aus dieser, wenn auch plausiblen, Erklärung möchte ich
jedoch keine weiteren Schlüsse ziehen, sie bleibt eine Hypothese.
Aus der Ill. Med. Klinik der Kgl. ung. Pázmány Peter-Universität
in Budapest (Direktor: Prof. Baron A. v. Korányi).
| Kryptogenetische perniziöse Anämie u. Magenazidität.
Von Dr. Ladislaus Detre.
| Im Krankheitsbilde, welches Biermer mit der Umgrenzung
' der perniziösen Anämie schuf, fehlte die im Jahre 1905 von Mar-
tius!) entdeckte konstante Achylia gastrica.
Die Klärung des Zusammenhanges zwischen perniziöser An-
ämie in dem Eichhorstschen Sinne und der Magenazidität ist von
um so größerer Wichtigkeit, da dem Ausfall der Salzsäuresekretion
in der Pathogenese der perniziösen Anämie wiederholt eine große
.. Bedeutung beigelegt worden ist. Auf die Frage, ob im Falle be-
stehender Salzsäuresekretion die Diagnose der perniziösen Anämie
' gestellt werden kann, antworten solche Autoritäten, wie Sahli2),
Pappenheim?), Faber®), Naegeli5) u. a. mit nein.
alle angeblichen Perniziosafälle der Lite-
Weinberg®) unterzo
ritik. Die überwiegende Mehrzahl dieser
ratur einer eingehenden
_ Fälle hielt einer rigorosen Kritik nicht stand; allein 2 Fälle sind es,
in welchen Weinberg die Diagnose nicht kategorisch verwirft: der
eine — von Weber’) mitgeteilt — Fall ist eine Anämie von hypo-
chromem Typ; vom anderen Falle, von welchem Stern®) berichtet,
kann man sich auf Grund der lückenhaft mitgeteilten Daten keine be-
stimmte Meinung bilden. .
- Ich ‚hatte die Gelegenheit gehabt, die Krankheitsgeschichten.
von 50 kryptogenetischen perniziösen Anämien unserer Klinik durch-
' zusehen. In der Auswahl der Fälle habe ich nur den einzigen Gesichts-
punkt vor Augen gehalten, ob eine Untersuchung bezüglich der
Magensekretion geschah. Ich begnügte mich mit der reinen hämaäto-
logischen Diagnose — ich halte dies für berechtigt — unter Berück-
Sichtigung nachfolgender Symptome: 1. Oligozythämie; 2. Oligo-
chromämie; 8. Hyperchromie (Färbeindex `> 1); 4. Megalozytose
(teilweise ‘auf der Basis des mit dem Hämatokrit bestimmten durch-
schnittlichen Zellvolumens); 5. LeukopeniemitrelativerLymphozytose.
Von den Aziditätsverhältnissen des Magens gab.das Boas-Ewaldsche
1) Martius, M.Kl. Jg. 1,1. / 3) Sahli, Klinische Untersuchungs-
methoden. pls Wien 14. / ®) Pappenheim in Kraus-Brugsch.
Berlin-Wien 19%0. / 4 Faber, M.KI. Jg.5,35. / 5) lut-
aa
krankheiten u. Blutdiagnostik. non 1923. / 9) Weinberg,
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D. Arch. f. klin. M., Bd. 126 (Literatur). / N Weber, D. Arch. f. klin. M.,
‘übrigen 2 Fälle teile ich kurz mit.
_ den -fieberhaften Verlauf tertiärer 'Leberlues.
line (8), Gerhardt (4 u. 5), Senator (6), Mannaberg (7 u.
Probefrühstück eine Orientierung. Von den 50 Fällen fand ich in
48 einen völligen Ausfall der Salzsäuresekretion des Magens°). Die
. Frau I. S., 35 Jahre, Landwirtsfrau.
schmerzen, Pyrrhose, zeitweise säuerliche Magenentleerung; seit4 Wochen
Müdigkeit und Mattigkeit. Objektiver Befund: systolisches Geräusch;
normale Milz; auf der rechten Halsseite ein nußgroßes Drüsenpaket.
Im Urin Eiweißspuren; kein Urobilin, Urobilinogen und Bilirubin. Die
Zahl der roten Blutkörperchen 2060000. an 56 (Sahli korr.)
Färbeindex: 1,85. Das qualitative rote Blutbild. zeigt mäßige Aniso-
und Poikilozytose, Polychromasie, 1 % Normoblast. Die Zahl der weißen
Blutkörperchen 2300, unter diesen 45 % Lymphozyten; Serumfarbe
normal, das Bilirubin gibt eine direkte Reaktion (v. d. Bergh) und be-
trägt 1,60 % mg. Probefrühstück: schleim-, galle- und blutfrei, größten-
teils fest, freie HCl 9, Gesamtazidität 41. Im Stuhl. keine okkulte
Blutung nachweisbar. Röntgenbefund: „Magen Holzknecht-typisch, euto-
nisch, lebhaft peristaltisch; Duodenum abgedreht, Druckschmerz extra-
ventrikulär. Diagnose: Adhaesiones periduodenales.* — Zu der sicheren
hämatologischen Di ose fehlt die besonders von Naegeli10) geforderte
Megalozytose. Die Annahme ist nicht weitliegend, daß dieses Blutbild
von einem chronisch blutenden Ulkus hervorgerufen wurde. Bei den
mit Földes!) gemachten ‚Untersuchungen hatten wir mehrmals Ge- J i
legenheit ähnliches zu finden.
H. M., 44 Jahre, Landwirt.. Seit einem halben Jahre in der
linken Seite des Bauches heftige Schmerzen; anämische Beschwerden. . u
Objektiver Befund: die Milz füllt die linke Bauchhälfte fast ganz aus;
Grenzen:.oberer Rand der VI. Rippe, Nabel, Spina iliaca ant. sup. Im
Urin ne Eiweißspuren; kein Urobilin, Urobilinogen, Bilirubin.
Die Zahl der roten Blutkörperchen 1490000, Hämoglobin 30 (Sahli
korr.), Färbeindex: 1,0. Die Zahl der. weißen Blutkörperchen 1500, unter
diesen 92 % Lymphozyten. Probefrühstück: schleim-, galle- und blut-
frei, freie HC1:7, Gesamtazidität:14. Während des kurzen klinischen '
Aufenthaltes des Kranken verringerte sich rapid die Zahl der roten
und vorzüglich der weißen Blutkörperchen (letztere bis 1000); heftige
Schleimhautblutungen treten auf.
der Kranke wegen Splenektomie der chirurgischen Abteilung über-
geben wurde und es gelang uns nicht, Daten über die weitere Ge-
staltung seines Krankheitsverlaufes zu erlangen. In diesem Falle ver- -
hindert die sichere Stellungsnahme in der Frage der Diagnose das Fehlen .
genauer und ausführlicher Daten. Die Diagnose der perniziösen Anämie
ist in diesem Falle mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Bis die Abgrenzung . eines. Krankheitsbildes nicht auf ätio-
logischer Basis, sondern nur auf Grund der wahrgenommenen Sym-.
ptome geschieht, bleibt Raum für eine gewisse Subjektivität in
der Beurteilung der Bedeutung der einzelnen Symptome frei; doch
scheint auch unser Material den Standpunkt zu bekräftigen, daß.
zur Diagnose der kryptogenetischen perniziösen Anämie
der Ausfall der Salzsäuresekretion unbedingt gehört.
Aus der Il. Inneren Abteilung des Städt. Krankenhauses im Friedrichs-
hain in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. Paul Friedrich Richter).
Fieberhafte Lebererkrankungen bei Lues tarda
| im Kindesalter.
Von S. Buttenwieser, Assistenzarzt, und H. Biberfeld, Volontärarzt.
Seit langem ist es bekannt, daß der Ausbruch sowohl der
angeborenen als auch der erworbenen Lues von einem „Eruptions-
fieber“ begleitet sein 'kann. Die allgemeine Kenntnis. fieberhafter
Erkrankungen innerer Organe im tertiären Stadium der Lues ver-
danken wir jedoch erst den Arbeiten Bäumlers [1869 (1) und & 5
1872 (2)]. Er teilte eine. größere Zahl eigener Beobachtungen
mit, und brachte auch ältere, wenig beachtete Literaturangaben wieder -
in Erinnerung. In seinen Publikationen erwähnt Bäumler vor-
wiegend Fälle von fieberhafter tertiärer Gelenk- und Lungensyphilis.
In den letzten dreiJahrzehnten häuften sich die Mitteilungen über
(Hirschberg-Raich-
' na 8), G, und
F. C A (9 u. 10), Pel (11) u. a Neuere Literatur s. Schle-
singer (12). In allen diesen Fällen handelte es sich um Erwachsene
und fast immer um Lebererkrankung infolge akquirierter Lues. Ein-
Ba Beobachtungen über fieberhafte Lebererkrankungen bei Spät-
- Jues im Kindesalter fehlen bisher in der heute schon recht ansehnlichen
‚Literatur über fieberhalte tertiäre Organsyphilis. Auch die bekann-
teren deutschen, französischen und englischen Handbücher der-Kinder-
heilkunde lassen Angaben hierüber vermissen. Auf vereinzelte kurze
Mitteilungen’ in der Weltliteratur, die unser Thema berühren, kommen
wir späterhin zu sprechen. | a | |
Auf der inneren
Friedrichshain konnten wir im vergangenen Jahr 2 Fälle genauer
en) Wegen Raummangels kann ich diese Fälle nicht ausführlicher mit- .
teilen. / 1) Naegeli,l.c./ 1) Földes u. Detre, Zschr.f.d. ges. exp. M.,Bd:40. `
1649
Seit 10 Jahren Magen- `
eitere Beobachtungen fehlen, weil
Kinderabteilung ` des Krankenhauses im
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1650
haobadkken: die als Beweis dafür dienen mögen, daß auch die Leber-
‘Anamnese: Großvater mütterlicherseits angeblich syphilitisch, nähere
vierten Lebensjahr schwerhörig.
Am 5. Dezember 1922 erfolgte Überweisung zu einer hiesigen Tuber-
. 1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 47.
j Kurve 1 (HÆ B)
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2 cm und ist in der rechten vorderen Axillarllinie nicht mehr zu tasten.
Nach links zieht die Lebergrenze von der Medianlinie schräg aufwärts
und verschwindet in der l. M. C.-Linie unter dem Rippenbogen in der
Höhe der 7. Rippe.
von der deutlich ausgeprägten Medianinzisur glattrandig. — Milz. Der
Milzrand ragt um 2 Querfingerbreite als derber Tumor unter dem Rippen-
bogen hervor. — Nervensystem o. B. — Ohrenbefund. (Dr. Pros-
kauer,) Trommeliell beiderseis leicht eingezogen, ohne Reflexe. Flüster-
sprache: 1. 6—8 m, r. am Ohr. Weber nach links. Rinne rechts 9 mit
stark verkürzter Luftleitung. Luftleitung für C}, und Cs rechts ver-
kürzt, Drehnystagmus und kalorische Reaktion r +. —
Wa.R. Blut ++, Liquor —.
1/100) negativ.
Röntgenauinahme. Normales Lungenbild.
Verlauf. Unter Neosalvarsanbehandlung (Gesamtdosis 3 9
— die anfängliche Kombination mit: Kalomelinjektionen mußte nac
3Spritzen wegen rasch abklingender Nierenreizung aufgegeben werden —
kehrt die Temperatur für die ganze Dauer der Beobachtung zur Norm
zurück, Der Allgemeinzustand hob sich sichtlich. Gewichtszunahme
' von 2 kg während 2 Monaten. Leber- und Milzschwellung waren bei
der Entlassung am 13.Mai1923 unverändert. Wa.R.im Blut bleibt stark+.
| Patient blieb bis heute unter ambulanter Behandlung in
unserer Beobachtung. Im Sommer nahm er 2 Monate lang täglich
2 g Jodkali. Im Herbst 1923 und Frühjahr 1924 Wiederholung der
Salvarsankur. Das Algemeinbefinden ist gut geblieben. Un-
gehinderter Schulbesuch. Die rechtsseitige zentrale Taubheit ist
unverändert, Fieber ist nicht mehr aufgetreten.
Fall IL K. M, Sbe, 10 Jahre alt, aufgenommen 28. No-
vember 1923.
erkrankungen bei Lues tarda im Kindesalter wie die tertiäre Leber-
lues bei Erwachsenen von langanhaltendem Fieber begleitetsein können.
Falli. H. B., Knabe. 11 Jahre alt, aufgenommen 16. März 1923.
Angaben nicht zu erhalten. Vater von der Mutter des Patienten ge-
schieden. Patient ist das einzige Kind aus der ersten Ehe. Normale
Geburt. Leichte Rachitis. Mit 2 Jahren Hornhautentzündung. Seit dem
Jetzige Erkrankung: Seit ungefähr 2 Jahren häufig abend-
liche Temperatursteigerungen bis 39 und 40°, wobei öfters Schüttelfröste .
auftraten. Ab und zu auch geringeres Fieber von etwa 38°. Gewöhn-
lich zeigte sich. das' Fieber an 2—3 aufeinander folgenden Tagen und |
setzte dann für einige Zeit aus. In den letzten Monaten fast täglich
abends einsetzendes Fieber. Die fieberfreien Pausen wurden immer
kleiner (vgl. Kurve 1). Häufige Schüttelfröste, starke Nachtschweiße und
Kopfschmerzen brachten das Kind sehr herunter, so daß es in den
letzten 4 Monaten die Schule nicht mehr besuchen konnte. Es wurde
stets der Verdacht einer aktiven Drüsentuberkulose geäußert. Bei einer
Röntgendurchleuchtung in Magdeburg im Sommer 1921 glaubte der
behandelnde Arzt auch eine Hilustuberkulose feststellen zu können.
Urin o. B. —
Pirquet und Mantoux UN und
kulosefürsorgestelle. Die Röntgendurchleuchtung ergab angeblich
wiederum verstärkte nr Wegen zentraler Schwerhörigkeit
Blutuntersuchung. Wa.R. +. Beginn einer Schmierkur mit Resorbin-
einreibungen am 9. Januar 1923, die 6 Wochen durchgeführt wurde.
Gleichzeitig wurden zur Bekämpfung der vermuteten Hilusdrüsentuber-
kulose 30 Höhensonnenbestrahlungen verabfolgt. Das Fieber ging rasch
zurück, ohne. jedoch ganz zu schwinden. Durchschnittliche Abend- -
temperatur 37,80. Am 16. März 1923 Einweisung in unsere Kinder-
station wegen aktiver Hilustuberkulose und luischer Schwerhörigkeit.
Status, Schmächtiger Knabe im düritigen Ernährungszustand,
schlaffe Muskulatur, blasse Gesichtsfarbe mit schmutzi bräunlicher
Tönung. Kind fühlt sich sehr matt, macht jedoch keinen schwer kranken
Eindruck. — Kopf. nn r Kopf mit deutlicher Vorwölbung‘
der Stirnhöcker. Zarte zentrale Trübung der linken Hornhaut, Stra- |
bismus convergens. Verwaschenes Lippenrot mit radiären Rhagaden.
Hutchinsonsche Form der oberen mittleren Schneidezähne. Einige
erbsen- bis bohnengroße gut verschiebliche Drüsen am Nacken und Status: Schlechter Ernährungszustand, schlaffe : ı Muskulatur,
Hals. — Thorax. Lunge: Grenzen beiderseits h. u. 10.—i1.B. W. D. | gelblich-blasse Gesichtsfarbe, ältlicher Gesichtsausdruck. Die trockene,
r. v.u. 5.. R. gut verschieblich. Überall voller Klopfschall und reines | welke Haut läßt sich in großen Falten abheben. — Kopf. Der große
Vesikuläratmen. Herz: Grenzen normal. Töne rein. — Abdomen. |
. Anamnese: Mutter seit 23 Jahren Lues, hat verschiedene Queck-
silberkuren durchgemacht (letzte Kur 1908). Vater unbekannt. Patient
ist einziges Kind. Normale Geburt. Lernte wegen Rachbitis erst im
dritten Jahre laufen. Mit 3 Jahren Masern. Seit 5 Jahren Drüsen
schwellungen am Halse und in der rechten Achselhöhle,
| Jetzi
Temperaturschwankungen von mehreren Graden, fühlt sich dabei sehr
matt und ist stark abgemagert.
Hirnschädel mit hoher Stirn und stark vorspringenden Tubera frontalia
Weich, nirgends druckempfindlich. An der Bauchwand deutliche Venen- | lassen den Gesichtsschädel völlig Ns und verleihen de
zeichnung im Bereich der Vv. epigastrica inf. und su
m Kopf
p. — Leber. In | ausgesprochene Birnenform. — Deutliche radiäre Rharaden von den
der Medianlinie reicht der untere Leberrand 8 cm unterhalb des Proc. Lippen. ausstrahlend. — Drüsen. Ein kleinapfelgroßes Drüsenpaket
xyphoideus. Die untere Fe ee verläuft nach rechts fast horizontal. | an der rechten Halsseite unterhalb des Unterkieferwinkels, sowie ein
Die Leber überragt in der Mammillarlinie den Rippenbogen noch um
faustgroßes Konglomerat in der rechten Axilla. Die Tumoren fühlen
23. November
= |
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e Erkrankung: Seit 4 Wochen Fieber mit täglichen .
Die untere Leberkante ist derb und, abgesehen
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93. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47. | 1651
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sich prall ölnstisch an, sind gut von der Umgebung abzugrenzen und
weisen nirgends Fluktuation auf. Die sie bedeckende Haut ist von
normaler Beschaffenheit, von erweiterten Venen durchzogen. — Thorax
flach. Lungen und Herz o. B. — Abdomen aufgetrieben, Aszites
nicht nachweisbar. Sichtbare Venenzeichnung an der Bauchwand im
Gebiete der Vv. epigastricae sup. und inf. — Leber. Der untere
Leberrand reicht links am Rippenbogen bis zur 8. Rippe, schneidet die
Medianlinie 2 Querfinger breit oberhalb des Nabels, verläuft dann
schräg nach rechts unten und wird in der vorderen Axillarlinie ein
Querfinger breit oberhalb des Darmbeinkamms gefühlt. Der Leberrand
ist sehr hart und zeigt 2 deutliche Einkerbungen, eine in der Mittel-
linie, die andere in der rechten Mamillarlinie. — Milz. Die Milz
überragt bei tiefer Inspiration den Rippenbogen um Querfingerbreite.
Der untere Pol ist derb und scharfkantig. — Nervensystem und
Sinnesorgane o. B. — Urin. Urobilinogen +, sonst o. B. —
Pirquet +. Wa.R. im Blut und, Liquor 0.
| Verlauf. In den ersten 10 Tagen des Aufenthalts im Kranken-
hause trat täglich intermittierendes Fieber von etwa 36,4--39,2° auf.
Unter der Neosalvarsankur, die am 7. November Ben) wurde,
klang das Fieber allmählich ab, so daß nach 3 Wochen die Temperatur
völlig normal war. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 1,5 g Neosalvarsan
in 6 Dosen ‚gegeben. (S. Kurve 2.) Die Salvarsankur wurde in den
nächsten 10 Wochen fortgesetzt. Es wurden im ganzen 4,0 g Neosalvarsan
verabreicht. Die Temperatur blieb normal. Das Allgemeinbefinden
besserte sich bei einer Gewichtszunahme von 4 kg außerordentlich,
so daß sich der Junge völlig gesund fühlte. Die Lymphome am Hals
und in der Axilla blieben von der spezifischen Kur unbeeinflußt und
en am 26. Februar 1924 exstirpiert. Sie erwiesen sich als typisch
erkulös, |
Im Vordergrund des Krankheitsbildes stand in beiden soeben
geschilderten Fällen lang andauerndes, hohes Fieber. Es lag nahe,
diese chronischen, fieberhaften Zustände auf eine floride Tuberkulose
zurückzuführen, da diese erfahrungsgemäß die häufigste Ursache
lang andauernden Fiebers bei negativem klinischen Befund im
Kindesalter darstellt. Besonders im Fall II konnte man sehr leicht
zur Diagnose „Tuberkulose“ verleitet werden, da hier sogar sicht-
bare Drüsenschwellungen von beträchtlicher Größe vorhanden waren,
die, wie die spätere anatomische Untersuchung auch tatsächlich er-
gab, tuberkulöser Natur waren. Als Ursache des Fiebers kamen die
Lymphome selbst jedoch nicht in Frage, da sie bereits über 4 Jahre,
Ohne daß erhebliches Fieber aufgetreten. wäre, in unveränderter
Weise bestanden hatten und während der Beobachtung weder
Neigung zur Einschmelzung, noch Vergrößerungstendenz zeigten.
ie wurden später lediglich aus kosmetischen Gründen entfernt,
nachdem das Fieber infolge unserer Behandlung längst abgeklungen
war. Für das Vorhandensein etwa sonstiger florider, tuberkulöser
Organerkrankungen ergab die mit allen Hilfsmitteln der Diagnostik
durchgeführte Untersuchung nicht den geringsten Anhalt.
Sehr leicht gelang es im ersten Fall, die jahrelang als gesichert
betrachtete Diagnose „Tuberkulose“ als irrtümlich zu erweisen.
Mehrfach wiederholte Tuberkulinproben (Pirquet, Mantoux 1/1000
und 1/100) zeigten, daß das Kind bisher von einer tuberkulösen In-
fektion überhaupt verschont war. Übrigens sei betont, daß auch
unsere Röntgenaufnahme einen normalen Lungenbefund darbot.
Der Befund der Hilustuberkulose, der auf Grund von Durchleuchtungen
von den Magdeburger Kollegen und auch einer hiesigen Tuberkulose-
ürsorgestelle erhoben wurde, erklärt sich, wie so häufig, durch
eine falsche Deutung einer noch physiologischen Hiluszeichnung.
. Auch dieser Fall möge als Lehre dienen, im Kindesalter bei
Sinem unklaren Krankheitsbild die so beliebte Diagnose „Tuberkulose“
nicht zu stellen, bevor man nicht die diagnostischen Tuberkulin-
reaktionen wie Pirquet und besonders Mantoux angestellt hat. Die
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wiederholte negative Tuberkulinreaktion läßt fast mit Sicherheit eine
Tuberkulose ausschließen, sofern nicht die spezifischen biologischen
Abwehrkräfte des Körpers völlig darniederliegen, sei es im Verlauf
der Miliartuberkulose, nach Masern oder im Gefolge erschöpfender
Allgemeinerkrankungen.
Eingehende Untersuchung ergab in unseren Fällen sofort eine
beträchtliche Schwellung der Milz und Leber. Für differential-
diagnostische Erwägungen kommen bei derartigen Milz- und Leber-
vergrößerungen im Kindesalter außer Lues folgende Krankheits-
bilder gewöhnlich in Frage: Stauung infolge’allgemeiner oder lokaler
Zirkulationsstörungen, Malaria, Systemerkrankungen des haemato-
poetischen Apparates, amyloide Degeneration oder Fettinfiltration
bei chronisch tuberkulösen oder sonstigen eitrigen Prozessen. Be-
sonders in Anbetracht des anhaltenden intermittierenden Fiebers
mußte auch an septische Cholangitis oder Leberabzeß gedacht
werden. |
Für die erstgenannten Erkrankungen ergab die dahin ge-
richtete Untersuchung bei H. B. keinerlei Anhaltspunkte. Das
relativ gute Allgemeinbefinden nach 2jähriger Krankheitsdauer —
der Junge war bis zuletzt nicht bettlägerig — sprach von vornherein
gegen chronische Cholangitis oder Leberabzeß, Schon auf Grund
dieser klinischen Überlegungen war somit die Lues mit größter
Wahrscheinlichkeit als Ursache der Milz- und Lebervergrößerung
anzusehen. Im 2. Fall war es nicht möglich, mit derselben Sicher-
heit bei der Aufnahme trotz belastender Anamnese und luischer
Physiognomie die Leber- und Milzschwellung als syphilitisch zu
deuten. Mit der Möglichkeit einer Amyloid- oder Fettleber infolge
chronischer Tuberkulose mußte gerechnet werden. Erst das prompte
Ansprechen der Krankheitssymptome auf spezifische antiluische Be-
handlung erlaubte es hier ex iuvantibus die Diagnose Leberlues
zu stellen.
Die negative Wa.R. spricht nicht absolut gegen eine Lues
congenita. ir haben schon mehrfach Fälle von congenitaler Lues,
auch schon einmal eine Leberzirrhose bei Lues tarda beobachtet, wo
trotz negativer Wa.R. im unbehandelten Stadium die Lues durch die
Sektion sicher gestellt wurde. Wir möchten diese Tatsache besonders
hervorheben, weil sie den Erfahrungen von Degkwitz (18) wider-
spricht, der kürzlich behauptet hat, „daß Kinder mit einer angeborenen
unbehandelten Lues ein wassermannnegatives Blutserum haben, wurde
nicht beobachtet.“ = |
Auffällig und ungewöhnlich könnte für Leberlues
bei Lues tarda im Kindesalter das langwierige Fieber
erscheinen. Wie jedoch schon eingangs betont wurde, sind in
den letzten Jahrzehnten mehrfach derartige Fieberzustände besonders
bei der Leberlues der Erwachsenen beschrieben worden. |
Es wird darauf hingewiesen, daß das Fieber häufig charakteristische
Eigenschaften besitzt, die es zu einem diagnostisch wertvollen Symptom `
machen. Frerichs (14) spricht bereits davon, daß die Nachschübe
des syphilitischen Krankheitsprozesses in der Leber von Fieber be-
gleitet sind, ohne den Ablauf der Temperaturveränderungen näher zu
schildern. Wunderlich (15), der in klassischer Weise das pseudo-
intermittierende Fieber besonders bei der Lues II beschreibt, erwähnt
auch beiläufig das Auftreten derartigen Fiebers bei gummösen Prozessen
in der Leber, Gehirn und Knochen. Erst durch die ausführlichen.
Schilderungen von Hirschberg-Raichline (8), Mannaberg (8)
und anderen wurde das Krankheitsbild der fieberhaften Leberlues
scharf umrissen. |
Der Gang der Temperatur ist ein ausgesprochen inter-
mittierender mit täglichem Rückgang der Temperatur bis fast oder
ganz.zur Norm. Der Wechsel dieser tiefen Morgenremissionen mit
den hohen abendlichen Temperaturerhöhungen ‚(bis über 40°). ist
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: mäßigere tägliche Temperaturschwankungen mit einander.
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ausbleibt und für einige. Tage das Fieber verschwindet,
. der langen Fieberperioden —
. wurde zum Vergleich der Arbeit von F. Klemperer (10) entnommen.
von angeborener und. akquirierter Lues, die mit Leber- nnd
. reichte. Die Milz überragte den Rippenbogen um 4 Querfinger. , Das
1652
für lange Zeit regelmäßig. Nur ab und zu ist ein völlig fieberfreier
Tag eingeschoben. Ausnahmsweise wechseln auch. höhere und
Die
Dauer dieses. hektischen Fiebers ist unbestimmt. Es hält zuweilen
nur wenige Tage an, kann sich jedoch. über mehrere Wochen er-
strecken. Die Wiederkehr zur normalen Temperatur geht zuweilen
lytisch unter allmählich geringer werdender Abendexazerbation vor
sich‘ oder seltener, indem ohne erkennbare Ursache nach einer
morgendlichen Remission der regelmäßige Fieberanstieg am Abend
Derart
können die Fieberperioden wahllos aufeinander folgen, so daß: ein
chronisches, unregelmäßiges Rückfallfieber entsteht. Ausgeprägte
Schüttelfröste und Nachtschweiße kommen zeitweilig vor. Sie können
jedoch während des ganzen Krankheitsverlaufs fehlen. ' Merkwürdiger-
weise bleibt das Allgemeinbefinden der Kranken — in Anbetracht
relativ gut. |
Diese überaus kennzeichnenden Merkmale. des syphilitischen
Leberfiebers sind bis in die letzten Einzelheiten bei unseren Be-
obachtungen vorhanden. Besser noch als jede Beschreibung veranschau-
licht dieses ein Blick auf die beigegebenen Kurven (1,2u.3). Kurve3
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
| | = A | 23. November
Pt an
Pr: Fe 27,
Unter kombinierter Behandlung . mit Jod und Neosalvarsan
trat, sehr rasche 'Entfieberung, langsamer Rückgang der viszeralen
‚Schwellung
unter rapider Zunahme des Körpergewichts von 529 auf
58,5 kg ein. Ä | |
Soweit wir also aus der Literatur. ersehen konnten, fehlten
bisher genauere Mitteilungen über fieberhafte tertiäre Leber-
lues im Kindesalter. Unsere beiden Fälle H. B. und K. M. sind
geeignet, diese Lücke auszufüllen. Die Verlaufsform entspricht voll-
ständig der der kongenitalen und akquirierten fieberhaften tertiären `
Leberlues der Erwachsenen. o
Der fieberhalte Verlauf der Leberlues erlaubt keinen Rück-
schluß auf eine bestimmte spezifische Krankheitsform in pathologisch- .
anatomischer Hinsicht. Das „Leberfieber“ ist bei allen Verlaufs-
arten der Leberlues beschrieben worden, seien es cirrhotische, grob
gummöse oder miliargummöse Prozesse.
| Zur Therapie kommt in erster Linie Hg-Salvarsanbehandlung
in Betracht, welche das Fieber manchmal schon nach 1—2 Tagen,
hin und wieder erst nach 2—3 Wochen zum Schwinden bringt. In
der Literatur wird vielfach der prompte Erfolg von Jodkali gerühmt,
In unseren Fällen gaben wir daher im Intervall der kombinierten
Hg-Neosalvarsankuren ebenfalls Jodkali. Ä |
Kurve 8
Wir | betonten schon früher, daß die Mitteilungen über die
fieberhafte Lieberlues fast nur Erwachsene und Kranke mit er-
worbener Syphilis betrafen. |
Veröffentlichungen über Fieber bei kongenitaler Lues fanden
‚sich ganz kursorisch bei Gluschinsky (16) und Mc Creae (17). |
Gluschinsky berichtet aus der Lemberger Klinik über eini apu
ilzver-
rößerung sowie mit Temperaturerhöhungen bis 37,4 bzw. 37,7 ver-
iefen. Diese Veränderungen verschwanden unter dem Einfluß der Hg-
Behandlung. Mc Creae stellte die am John Hopkins Hospital be-
obachteten Fälle von Leberlues zusammen. Unter seinem Material
von 56 Fällen befinden sich 3 Fälle von kongenitaler Lieberlues im
Vorübergehend bestand bei allen '
Alter von 3, 13 und 16 Jahren.
3 Patienten Fieber. Genauere Angaben über den Charakter und die
Dauer des Fiebers werden nicht gemacht. Vergangenes Jahr stellte
Debré (18) in der Sitzung vom 28. November 1923 einen 8jährigen
Jungen mit Lebersyphilis und lang andauerndem Fieber in der
ädiatrischen Gesellschaft in Paris vor. Da das Kind einen positiven
irquet hatte, wurde jedoch in der Diskussion bezweifelt, ob es sich
tatsächlich um einen Fall von fieberhafter Leberlues handelt. Es wurde
von Lesné die Vermutung ausgesprochen, daß das Fieber auf die
Tuberkulose zurückzuführen sei und der Rückgang des Fiebers sich
durch die Bettruhe erkläre, die ja öfter tuberkulöses Fieber günstig be-
einflusse., Bei den Patienten. von. Mannaberg (8) und Bär (19), über
deren fieberhafte tertiäre Leberlues ausführlich berichtet wird, liegt
zwar kongenitale Lues vor. Die Fälle betreffen jedoch Erwachsene.
annabergs Patientin war 25 Jahre alt.
Von Kinderkrankheiten weiß sie nichts anzugeben, glaubt sich
nur zu erinnern, daß sie im 8. Lebensjahr an täglich wiederkehrendem
Fieber litt. Ihre jetzige Krankheit ‚datiert sie seit 3 Jahren, wo sie
angeblich nach Genuß von Rüben an Magenschmerzen erkrankte.
Seitdem leidet sie fast täglich an Fieberanfällen. Mannaberg fand
eine derbe grobhöckrige Leberschwellung, die beinahe bis zum Nabel
Genitale war virginal. Die Temperaturmessung ergab das Be-
stehen eines regelmäßigen, quotidianen Fiebers.
Nach Anbringung eines handtellergroßen, grauen Pilasters in der
Lebergegend und innerlicher Verabreichung von täglich 2 g Jodkali
schwand in wenigen Tagen das Fieber. Leber und Milz verkleinerten
sich erheblich und die Patientin wurde bei bestem Wohlbefinden
entlassen.
Die Patientin von Bär war ebenfalls 25 Jahre alt. Sie wurde
mit 19 Jahren wegen K6ratite interstitielle in Paris antiluetisch be-
handelt. Seit dem 22. Lebensjahr leidet sie ohne erkennbare Ursache
dauernd an unregelmäßigem Fieber. Dabei magerte sie stark ab.
Erfolglose Behandlung wegen „Congestion du foie“ in Vichy.
Bär fand bei ihr Hutchinsonsche Zähne, starke, derbe Leber-
schwellung und palpablen Milzpol. Wa.R. und Temperatur 88,8.
8 9 m NH 12 13 le B 6 1 18
KUNI TITTEN ETOT ND
SINN TA ANNETTE
KENAA A DAL NT
DE RT REDE
(Leberlues unbehandelt). Aus Arbeit von F. Klemperer, Zschr. Í. klin. Med. 1924, Ba. 56.
Zeit an täglich wiederkehrendem Fieber gelitten, das später ohne Behand-
‚luisches Leberfieber gehandelt, und die Erkrankung im 28. Lebensjahr
(28. November 1923) der P
nam 22 23 B2 33% 2 23 2 9%.
Ob die Heilung eine endgültige ist, kann jedoch erst lang-
jährige- weitere Beobachtung erweisen. Vorläufig erscheint uns die
Prognose entsprechend.den Heilungsaussichten der. tertiären Leber-
lues überhaupt noch recht zweifelhaft. Die Wa.R. ließ sich bei H. B.
trotz mehrfacher energischer Kur nicht beeinflussen, wenn auch das
Fieber sehr rasch schwand und bisher nicht mehr wiederkehrte
In Anbetracht der pathologisch-anatomischen Veränderungen dürfte
im günstigsten Falle eine Defektheilung zu erzielen sein. Ob Rezi-
dive verhütet werden können, sei dahingestellt. l
Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht vielleicht der oben erwähnte
Fall von Mannaberg. Seine Patientin, die im 23. Lebensjahr am typi-
schen luischen Leberfieber erkrankte, hat schon mit 8 Jahren längere
lung schwand. -Möglicher Weise hat es sich auch schon damals um.
wäre demnach als ein Rezidiv zu deuten, das nach 15 Jahren auige-
treten ist. `
Es braucht uns nicht zu wundern, daß das Krankheitsbild der
fieberhalten tertiären Leberlues im Kindesalter in der Literatur
und in den Handbüchern fast nicht bekannt zu sein scheint. Auch
bei den Erwachsenen wurde man auf das analoge Krankheitsbild
nur sehr spät aufmerksam, trotzdem es nach den Publikationen der
letzten Jahrzehnte keineswegs selten ist. Fast alle Fälle gingen
jedoch jahrelang unter falscher Diagnose.
Besonders schwierig liegt die Diagnose, wenn das chronisch spät
syphilitische Fieber von keinerlei Or
PTET ERE begleitet wira
Derartige Fälle sind auch vereinzelt beobachtet und oopa spezi-
fisch behandelt ‘worden [Mannaberg (8) und Kraus (20)
Im allgemeinen ist man natürlich eher geneigt bei einer Krank-
heit, die mit langwierigem, intermittierendem Fieber verläuft, eher
an Tuberkulose, septischen Prozessen u. a. m. zu denken, als eine
tertiäre Lues zu vermuten. ö |
Dieser Beitrag zur Kenntnis’der fieberhaften Leber’
lues soll dazu dienen, auch im Kindesalter bei unklaren
Krankheitsfällen mit chronisch intermittierendem Fieber
die Syphilis in den Bereich der diagnostischen Erw#
gungen zu ziehen und besonders auf Leberveränderungel
zu, fahnden. Selbst bei wassermannnegativen Fällen wird
es sich unter Umständen empfehlen, den Versuch eine
spezifischen Therapie zu machen, um eventuell die Dia’
gnose ex juvantibus zu stellen. |
Nachtrag: Nachdem uns jetzt der Originalbericht der Sitzung
iber ariser pädiatrischen Gesellschaft vorliegt
glauben wir mit Debré annehmen zu dürfen, daß es sich in seinem
23. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
1655
Fall auch um eine fieberhafte kongenitale Leberlues bei einem Kind
ehandelt hat. Immerhin läßt sich bei ihm der Lesnösche Einwand
er Tuberkulose ebensowenig wie in unserem 2. Fall (K. M.) mit
absoluter Sicherheit ausschließen. Deshalb erscheint uns unsere
1. Beobachtung (H. B.) um so wertvoller, weil hier tatsächlich nur die
Lues als Ursache des Fiebers in Betracht kommen kann.
Die Angabe von Debré und seinen Mitarbeitern, daß in der
französischen und ausländischen Literatur das Vorkommen von Fieber
bei kongenitaler Leberlues überhaupt nicht erwähnt wird, beruht auf
einem Irrtum, wenigstens soweit es sich um die deutsche Literatur
handelt. Wir dürfen auf die in unserer Publikation genannten Arbeiten
von Mannaberg und Bär hinweisen, die beide über Fieber bei
kongenitaler Leberlues der Erwachsenen berichten. Gefehlt hatten bis-
her nur in der Literatur, von einigen kursorischen Bemerkungen ab-
sehen, einwandfreie Beobachtungen von fieberhafter kongenitaler
eberlues bei Kindern.
Literatur: L Bäumler, Tagebl. d. Naturforschervers., Innsbruck 1869. —
2. Derselba, D. Arch. f£. kl Med. 1872,9. —3.Hirschberg-Raichline, Bull.gön6ral.
de thérap. 1895. — 4. Gerhardt, Sem. méd. 1898, S. 2738. — 5. Derselbe, B.kl.W.1900,
8.1046. — 5. Senator, Ebenda, 1902, Nr, 20. — 7. Mannaberg, W.m.W.1902, Nr. 13
u.li. — 8 Derselbe, Zschr. £ klia. Mad, Bd. 62. — 9. G. Klemperer, Ther. d.
Gegenw. 1908, S. 4L — 10. F. Klem perer, Zschr. f. klin. Med. 1904, Nr. 55. — 11. Pel,
Krankheiten der Leber 1909, S. 227. — 12. Schlesinger, Ergebn. d. inn. Med. u.
Kindhik. 1923, Bd. 23. — 13. Degkwitz, Die Masernprophylaxe und ihre Technik,
1923. Springer. — 14. Frerichs, Leberkrankheiten, 1861. — 15. Wunderlich, Ver-
halten der Eigenwärme. 1870. 2, Aufl, S. 887. — 16.Gluschinsky, Gaz. Lekarska,
1912, S. 832. — 17. M c Creae, Amer. Journ. of the med. scienc. 1912 Nr5. —18. Debré,
Arch. de méd. des enfants. 1924, Bd. 27, Nr. 1, S. 63. — 19. Bär, M. m. W. 1920, Nr. 20.
— 2. Kraus, W. kLW. 1918, Nr. 49. -
Karzinom und Röntgentherapie.
Von Dr. M. Fraenkel, Berlin.
Das umstrittenste Gebiet in der Strahlentherapie ist die Ca-
Beeinflussung. Eine Zeit lang war unter dem leitenden Gedanken
einer Möglichkeit durch Verbrennungs- oder Vernichtungsdosis das
Ca. in seiner Gesamtheit, d. h. aller das Ca. ausmachenden Zell-
komplexe, zu beseitigen, das Streben darauf gerichtet, durch inten-
sivste Bestrahlung mit Massendosen in einer einzigen oder in kurz-
zeitig folgenden Sitzungen eine Totalzerstörung zu ermöglichen.
Dieses Bestreben stand unter dem Gesichtswinkel der rein physi-
kalischen Bewertung der X-Strahlen und stützte sich im Großen auf
das Bergonié-Tribondeausche Gesetz, das den jugendlichen
Zellen im allgemeinen eine größere Radiosensibilität zusprach.
Daraus schloß man auch auf eine größere Radiosensibilität der
Krebszelle, was eben irrtümlich ist. An einer ganzen Reihe von
Tierversuchen, und weiter an experimentellen Versuchen im Reichs-
. Gesundheitsamt!) konnte ich den Nachweis bringen, daß embryonale
Zellen im Gegenteil eine geringere Radiosensibilität zeigen, und daß
keine Dosis hoch genug ist und groß genug sein kann, um ohne
Schaden für das normale Nachbargewebe diese embryonalen Zellen
zu vernichten. Dabei muß der Gedanke vorherrschen, daß das
Ca. aus alten und jungen.Zellen, aus ungereiften und ausgereiften
Zellen besteht, und daß wohl die ausgereiften Zellen eine erhöhte
Radiosensibilität besitzen und leicht vernichtet werden können,
während umgekehrt bei den ruhenden Zellen, bei den üungereiften
wohl ein Latenzstadium, ein Schlummerstadium erreicht werden
kann, aus dem die Zellen aber‘ dann,“mit um so größerer Aktivität
' erwachend, weiter wachsen können.
In dieser Erkenntnis liegt
unsere Ohnmacht, ein Ca. in seiner Gesamtheit zum Vernichten zu
bringen. Und die Keysserschen Transplantationsversuche haben
diese Anschauung voll bestätigt. Implantierte Ca.-Stücke, die man
mit der zehnfachen Ca.-Dosis, wie sie Seitz und Wintz als Ca.-
Vernichtungsdosis angegeben haben, bestrahlte, und bei.denen man
also totale Vernichtung annehmen mußte, wachsen absolut einwands-
irei danach weiter. Auf eine ganze Reihe von” anderen experi-
mentellen Nachweisen nach dieser Richtung hin will ich hier nicht
eingehen, sie finden sich in meinen Arbeiten „Strahlentherapie
April/August 1921“. Die Bedeutung der Röntgen-Reizstrahlen mit
besonderer Einwirkung auf das endokrine System und seiner Beein-
fussung des Karzinoms“ u. a.)
Während man von der gleichen Anschauung, gegen die ich
schon seit Anbeginn der Röntgenstrahlenanwendung das Wort
+
ns.
1) Kl. Wschr, 1922, Nr. 25. Prof. Lange und Dr. Fraenkel aus d.
| Bakteriolog. Abteil. d. Reichsgesundheitsamtes: Die Wirkung der Rönt-
genstrahlen auf Tbc.-Bazillen. 3
2?) S.-A. aus B. kl.Wschr. 1921. No.21. Die Stellung re ee im
endokrinen System. SA. Dt. Arch. f. kl. Med. 1921. 136 Bd.: Die Bedeutung
d. Bindegewebes bei d. Ca.-Bekämpfung und seine Stellung im endokrinen
System. S.-A. aus Dt. Med. Wschr. 1922. No. 84: Zur Theorie d. zell-
funktionserhöhenden Röntgenstrahlen. S.-A. aus Verhandl. d. Dt,
spreche, z. B. bei der Lungentuberkulose, bei der man anfangs
gegen meine Ausführungen die gleiche Idee der Zerstörung des tuber-
kulösen Gewebes durch X-Strahlen vertrat, unter dem Eindruck der
schweren, aus dieser Intensivmethode entstehenden Schäden (Blu-
tungen, Zerfall etc.) zu den.von mir angegebenen kleinen Dosen
zurückkehrte, und diese Methode jetzt endgültig und allseitig als
richtig akzeptiert?), besteht bei der Ca.-Bestrahlung immer noch bei
einer Reihe von Autoren und Kliniken die Ansicht, daß nur durch
höchste Dosen Erfolge garantiert werden können. Das ist, wie wir
oben ausgeführt haben, ein fehlerhafter Gedankengang und der
diesjährige Röntgenkongreß hat sich endlich meinen: Anschauungen
angeschlossen. Ein Teil derjenigen nun, die von der alten An-
schauung sich abgekehrt und der neuen zugewandt haben, gehen
aber in der Verkennung gewisser Momente zu weit, und werden: so
abwegig von dem Prinzip der Bestrahlung, wie ich es für die Ca.-
Behandlung als richtig und praktisch erfolgreich bereits durch-
geführt habe. Sie leugnen nämlich die lokale Beeinflussung des Ca.
vollkommen, und glauben nur in der lokalen Bindegewebsanregung
den primären Effekt der Bestrahlung zu erblicken. Zweifellos werden
ausgereifte Ca.-Zellen von den Röntgenstrahlen angegriffen und ver-
nichtet. Nur braucht man dazu gar keine Intensivbestrahlungen,
und ferner folgert daraus der Schluß, daß nicht einzeitige, sondern
häufig wiederholte Bestrahlungen nutzbringend sind, da so immer
neue, in der Zwischenzeit herangereifte Zellgruppen geschädigt .
werden. Durch den Zellzerfall werden zweifellos Stoffe frei, die bei
der Heilungstendenz eine wichtige Rolle spielen, Stoffe, die auf die
Fibroblasten anregend, vermehrend wirken, die darüher hinaus auch
eine allgemeine Anregung der endokrinen Drüsen etc. hervorrufen.
Wenn man sich nämlich vergegenwärtigt, daß bei den Bestrahlungen
aus früherer Zeit, als man noch mit kleinerer Apparatur und daher
geringeren Dosen arbeitete, Erfolge. erzielte, die kaum oder über-
haupt nicht den heutigen Erfolgen nachstanden, so wird zweifellos
damals schon, nur uns noch unerkannt, diese, nennen wir sie un-
spezifische Reizwirkung solcher freigewordener Stoffe, sich abgespielt
haben. Nur war damals und ist auch heute noch — ja heute bei
den kurzzeitigen Intensivbestrahlungen um so mehr — diese Wirkung
nicht ausreichend genug, um den Kampf gegen das Ca. siegreich
zu bestehen. . Es fehlt also noch ein neues Moment, um im Körper,
wenn er noch dazu überhaupt imstande ist, Abwehrkräfte frei zu
machen, die die Kachexie bekämpfend, lokal die Fibroblastenbildung
vermehren, die Lymphozytose im Ribbertschen Sinne anzuregen
und darüber hinaus allgemein Funktionssteigerungen des Körpers
zu erzielen: durch funktionssteigernde Bestrahlung der endo-
krinen Drüsen. Die näheren Ausführungen über die Auswirkung -
dieser neuen Methode, die Bedeutung z. B. der Thymusbestrahlung
auf Fibroblastenanregung und Gefäßneubildungen habe ich seit 1920
in einer Reibe von Arbeiten ausgeführt, auf die ich schon oben
verwies. Daß dieser neue Weg der endokrinen Bestrahlung in
Form der Funktionssteigerung nötig ist, daß wir ohne ihn nicht
auskommen, zeigt einmal die Erkenntnis, daß sich Rezidive und
Metastasen den Bestrahlungen mit auf weite Zeit verteilten mittel-
großen Dosen doch refraktär zeigen, und ferner die Tatsache, daß
„wir durch Bestrahlung mit massiven Dosen“, wie Caspari aus-
führt, „die eine unsichere und geringe Chance darstellt, alle Tumor-
zellen abzutöten, die Resistenz des Körpers erheblich vermindern.
Diese Gefahr ist sicher. bei einer unspezifischen Therapie (wie sie
die von mir angegebene Lokalbestrahlung mit mäßigen Dosen und
häufigeren Sitzungen darstellt) zum mindesten eine wesentlich
geringere und die früher eintretende Resistenzsteigerung wird den
Organismus befähigen, die durch versprengte Geschwulstkeime BR
drohende Gefahr zu überwinden.“
Weiter sagt Caspari: „Hierzu kommt, daß ja durchaus nicht
nur die nähere Umgebung, etwa die benachbarten Lymphdrüsen
gefährdet sind, die Metasiasierung kann ja auch an einer von der
Primärgeschwulst örtlich weiter entfernten Stelle des Organismus
erfolgen. Eine allgemeine Behandlung ist daher hier auch aus dem
Grunde rationeller, weil wir nicht mit Sicherheit sagen können, ob
wir durch eine lokale Behandlung wirklich am richtigen Orte
wirken.“ Durch diese neue Methode, die ihre Grundlage und
Ron ha 1923. Bd. XII: Röntgenreizdosen und ihre An-
wendung in der Medizin mit besonderer Berücksichtigung d. Stellun
des Bindegewebes im endokrinen System. Ztschr. f. d. ges. Dunn ;
Therapie. 1923. H. 3/4. Bd.27: Basedow als dysfunktionelle Teil-
erkrankung d. endokrinen Systems: eine Abwehrmaßnahme. Dt. Med.
1924. No. 4: Beziehung zwischen Schilddrüse und Genitale bei beiden
Geschlechtern. .
3) X-Strahlen bei Lungentuberkl. . Ztschr. Í. Tbe. Beihett 4.
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suchungen in die parasympathischen Nervenendigungen der Haut
der zellfunktionserhöhenden Röntgenstrahlen.“
zu haben.
1654 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47. 23. November
Ursprung schon in meiner Arbeit „Zur Biologie der Röntgenstrahlen
in Form Funktionssteigerung“*) hat, wird das biologische Moment
unserer ganzen Bestrahlungsform endlich in das richtige Licht gerückt.
Welche tiefen Zusammenhänge hier noch zu lösen sind, beweisen u. a.:
die außerordentlich wichtigen Ausführungen, die Strauß auf dem
letzten Röntgenkongreß über die Strahlenwirkung auf das vegetative
Nervensystem gemacht hat. Die Angrifisstellen der Vagusreizung
durch Bestrahlung verlegt Strauß auf Grund eingehender Unter-
durch 'zweckmäßige Anwendung der Röntgenstrahlen wird und muß
in der Krebsbekämpfung und weiter in der Krebsverhütung unser
nächstes Ziel darstellen. Und es muß unsere Aufgabe sein, nach
dieser Richtung hin im großen Publikum aufklärend zu wirken.
Aus derChirurgischen Abteilung des St. Josefs-Krankenhauses Potsdam
(Leitender Arzt Prof. Dr. Pochhammer).
Über einen unter dem Bilde starker Magenblutung
verlaufenden Fall von akuter Myelose.
Von Dr. W. Roller, Assistenzarzt.
In den letzten Jahren sind die Beobachtungen und Veröffent-
lichungen über Blutkrankheiten häufiger geworden, was hauptsäch-
lich auf die Fortschritte der Wissenschaft auf dem Gebiete der
Blutkrankheiten und den damit in Zusammenhang stehenden ge-
naueren Beobachtungen einzelner Fälle, die früher beim Fehlen
einwandfreier Untersuchungsmethoden nicht als solche erkannt
wurden, zurückzuführen ist.
Die akute Myelose ist ein seltenes Krankheitsbild und durch
die vielseitigen atypisch auftretenden Krankheitserscheinungen kann
sie erhebliche Schwierigkeit in der Diagnose bereiten. Infolgedessen
‘erscheint die Veröffentlichung ` eines hier zúr Beobachtung ge-
kommenen Falles von akuter Myelose gerechtfertigt.
Gerhard P., 29 Jahre alt, von Beruf Wächter. Familienanamnese
o. B. Selbst früher nie ernstlich krank gewesen. Als Kriegsteil-
nehmer an der Westfront und in Rußland keine ernstlichen Erkran-
kungen durchgemacht. In der Nacht vom 16. zum 17. April trat plötz-
lich ohne vorheriges Krankheitsgefühl Blutbrechen auf. Am Tage
darauf war der Stubl schwarz gefärbt. Mit der Diagnose Magen-
blutung infolge Magengeschwürs eingeliefert. | |
Befund: 19. April. Mittelkräftig, in ausreichendem Ernährungs-
zustand. Haut blaß, sichtbare Schleimhäute schlecht durchblutet. Puls
regelmäßig, leicht unterdrückbar, 110 in der Minute. Temperatur 36,5.
Lunge, Herz o. B. Leib weich, geringe Druckschmerzhaftigkeit in der
Magengegend unmittelbar unter dem Processus. xiphoides. Leber und
Milz nicht vergrößert. Nervensystem: o. B. Urin: Alb. —; Sacch. —;
Sed. o. p. B. Geringes Übelkeitsgefühl, kein Blutbrechen mehr.
21. April. Nach Morphium und hämostyptischen Mitteln leid-
liches Wohlbefinden. Kein Bluterbrechen. Der spontan entleerte
dünne Stuhl ist pechschwarz.
Hämogloblin: 36 nach Sahli. Erythrozyten: 2220000, Leuko-
zyten: 12000. Blutbild: anämisches Bild mit stark ausgesprochener
Änisozytose, hoher Prozentsatz Makrozyten und Polychromasie, Myelo-
zyten 33%, Jugendformen 32%, stabkernige Zellen 15%, segment-
kernige 2%, kernhaltige Normoblasten 2%, basophilgekörnte euko-
zyten 1% und Plasmazellen (Türksche Reiztorm) 9%, Übergangs-
zellen 2%.
Am Abend trat innerhalb einer Stunde unter starken Schmerzen
und Temperatursteigerung' bis 39,1% eine teigige etwa walnußgroße
Schwellung der linken Parotis- auf.
An Stelle der anfänglich gestellten Diagnose „blutendes Magen-
geschwür“ wird eine unter dem Bilde der hämorrhagischen Diathese
verlaufende myeloide Leukämie angenommen. Da die Blutung im
Vordergrunde steht, Weiterbehandlung mit Eisblase auf die Magen-
gegend, Kochsalztropfeinlauf, Kochsalz und Calc. chlorat. intravenös.
28. April. Allgemeinbefinden hat sich gebessert. Schwellung
der linken Parotis weicher und weniger schmerzhaft. Tem eraturen
zwischen 38,2 und 38,80. Stuhl dünn, dunkelbraun gefärbt, Benzidin-
probe: sanguis positiv.
Am Abend unter Temperatursteigerung bis 40,10 innerhalb zweier
Stunden Auftreten einer teigigen schmerzhaften Schwellung der rechten
Parotis entsprechend der linken Seite. Leichte Benommenheit.
In der Nacht zum 29. April unter zunehmender Benommenheit
und Herschwäche Exitus letalis. ;
30. April. Autopsie: Keinerlei Hautblutungen oder sonstige
Veränderungen. Der Dickdarm ist stark gebläht, enthält wenig Kot.
Bei durchscheinendem Licht sieht man in ihm fast in ganzer AUS
debnung, hauptsächlich aber am Zökum und Colon transversum zahlreiche
hirsen- bis linsengroße dunkle Pünktchen. Der M
agon zeigt an der
Oberfläche nichts Abnormes. Sämtliche Organe blas, blutleer. Leber
und Milz nicht vergrößert, von normaler Konsistenz. Am Mediastinum,
Herz, Lungen, Mund und Halsorganen kein krankhafter Befund. Nirgends
Drüsenschwellungen: Pankreas, Nieren-o. B. Dünndarmschlingen fast
leer, auf der Außen- und Innenfläche keine Besonderheiten. Magon
mit braungelblichem dünnflüssigem Brei ausgefüllt: Keine Zeichen
eines Magen- oder Duodenalulkus. Fast auf der ganzen Magenschleim-
haut, besonders zahlreich am Magenfundus, kleine hirsen- bis linsen
oße Petechien. Die bei durchscheinendem Licht gesehenen dunklen
unkte am Dickdarm erweisen sich bei Inspektion von innen
gleiche Petechien. Gehirn, außer auffallender Blässe, o. B. Nach In
zision in die Parotisdrüsenschwellungen entleert sich schokoladen-
farbene, dünne Flüssigkeit, die sich. im Ausstrichpräparat als Blut er
als direkte lokale Wirkung, während eine indirekte im Sinne einer
Nebennierenschädigung entsteht, die sich beide addieren. Hier wird
seit langem wieder zum ersten Male auf die Bedeutung der Haut,
als dem endokrinen System zugehörig, hingewiesen, eine Anschauung.
die sich vollkommen deckt mit meinen Ausführungen?) „Zur Theorie
Hier habe ich, ge-
stützt auf frühere Beobachtungen, darauf hingewiesen, daß wir uns
wahrscheinlich durch unsere heutige Starkfiltereinrichtung, die die
Haut für die noch absichtlich außerordentlich gehärteten Strablen
reaktionslos macht, eines wichtigen Momentes endokriner Drüsen-
beeinflussung in Form Funktionssteigerung berauben, die ich gerade
in der Reaktion der Haut erblicke. Und es ist weiter zu betonen,
daß vielleicht die früheren Erfolge bei der Ca.-Bestrahlung mit darin
ihren Grund haben, daß durch die damalige Bestrahlungsform eine
uns damals störende, weil in ihrer Wirkung unerkannte, jetzt aber
als außerordentlich wichtig erkannte Reaktion der Haui®) erzielt
wurde. Es ist das Verdienst von Strauß, durch Aufklärung dieser
intimen Vorgänge und Beziehungen zwischen Haut- und Nebenniere
und des Effektes der Hautbestrahlung auf die übrigen endokrinen
Drüsen die Bedeutung der Haut wieder in das richtige Licht gerückt
So sprechen eine Reihe gewichtiger Momente dafür, der All-
gemeinbestrahlung in Form der Leistungssteigerung das Wort zu
reden und auch die Hautreaktion mit in den Kreis der wichtigen
Faktoren hinein zu beziehen. Hierfür hat uns Brandenburg
in seinem Referat über die am Rockefeller-Institut gemachten Tier-
versuche dankenswerte Aufschlüsse verschafft. Diese Tierversuche
haben die Bedeutung der Haut und ihre durch funktionserhöhende
Dosen gehobene Funktionskraft in Form des Reizes und Frei-
werden unspezifischer Abwehrstoffe dadurch erwiesen, daß die mit
X-Strahlen vorbehandelte Hautstelle erhöhten Widerstand gegen
Aufpfropfung von Krebsgewebe zeigt.
Welche bedeutsame Rolle beim Ca. aber gerade den endo-
krinen Drüsen zufallen muß, dafür dient als Beweis und als Bestätigung
dieses von mir neu beschrittenen Weges der Krebsbehandlung durch
endokrinen Drüsen-Anreiz, die Mitteilung des Chirurgen Finsterer-
Wien, der durch Vasoligatur bei einem inoperablen Speiseröhren-Ca.
und in einigen anderen Fällen vom gleichen Darm-Ca. eine auf-
fallende Besserung des so entfernt liegenden Ca. beobachten konnte.
Ähnliche Beobachtungen finden sich cshon in meiner früheren
Arbeit?) an einigen Ca.-Fällen, besonders Mamma-Ca., die sich
ja. sonst außerordentlich refraktär gegen lokale Röntgenstrahlen
verhalten.
In meiner Broschüre „Zur Verjüngungsfrage der Frau, zugleich
ein Beitrag zum Problem der Krebsheilung,* bin ich aber noch einen
Schritt weiter gegangen. Wir dürfen ‘uns nicht damit begnügen,
so schrieb ich, bei schon vorhandenem Krebs den Organismus durch
vermehrte Funktionskraft der Drüsen mit innerer Sekretion zu heben
und die Kachexie zu bekämpfen, sondern wir müssen schon bei
nur krebsverdächtigen Fällen mit der Anwendung funktionserhöhender
Strahlen beginnen, bei Mitgliedern von sogenannten Krebsfamilien
auf das sorgsamste frühzeitige Alterserscheinungen beobachten, im
Steinachschen Sinne eine „Verjüngung“ herbeizuführen suchen durch
systematische Bestrahlung mittelst funktionserhöhenderStrahlendosen.
Die Natur hat uns in der Riesenfläche der Haut, in den zahllosen,
überall verteilten Drüsen mit innerer Sekretion, die untereinander
in wunderbar geregeltem Zusammenhange stehen und sich gegen-
seitig ergänzen und unterstützen, ein außerordentliches Geschenk
gegeben, dessen Bedeutung wir erst jetzt zu erfassen beginnen.
Dieses Geschenk im Sinne der Natur uns weiter nutzbar zu machen
4) Ztschr. f. Radiumforsch. 1911.
5) D. Med. 22. No.34. `
e) „Erhöhte Röntgenverbrennungsgefahr nach verschiedenen Medi-
kamenten.“ Fortschr. d. M. 1921. No. 28. — „Beziehung zwischen Schild-
drüse u. Genitale bei beiden Geschlechtern. Zugleich ein Beitrag zur Frage
erhöhter Röntgenverbrennungsgefahr. Deutsch. Med. 1924. 184.
7) Strahlenther. 1921. April/August.
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23. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
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weist. Leber: mikroskopisch keinerlei Strukturveränderungen. Milz:
mikroskopisch: Follikelatrophie, Lymphknotenstrukur verwischt, mye-
loische Pulpa. Das Knochenmark ist dunkelrot und zeigt vorwiegend
Myeloblasten. Diagnose: Akute myeloische Leukämie, kenntlich an
den Veränderungen des Blutbildes, dem mikroskopischen Befunde an
der Milz, der Purpura intestinalis und der Schwellung und Blutung
in die Ohrspeicheldrüsen.
Bei dem vorstehenden Falle verdient besonders hervorgehoben
zu werden der äußerst akute Verlauf (13 Tage!), der plötzliche
Beginn mit Magen- und Darmblutung ohne zur Beobachtung ge-
kommene Prodromalerscheinungen, was zuerst die Diagnose bluten-
des Magengeschwür besonders durch den Allgemeineindruck des
Kranken nahelegte und die Aufnahme auf die chirurgische Station
veranlaßte.
Am dritten Tage der Erkrankung waren schon schwere Ver-.
änderungen des Bilutbildes vorhanden, trotzdem der Kranke angeb-
lich bis zum Auftreten der Blutung arbeitsfähig war.
Überraschend bei der Sektion war das vollkommene Fehlen
. von makroskopischen Veränderungen an inneren Organen wie Leber,
Milz usw.
Nur mikroskopisch waren Zeichen der Myelose in der
Milz nachweisbar. Auffallend war weiter die scharfe Lokalisation
der Purpura im Magen und Dickdarm ohne Haut- und Schleim-
hautveränderungen, das Fehlen von ulzerösen Prozessen im Munde
und Rachen und die in kurzer Zeit auftretende symmetrische
Schwellung und Blutung in die Ohrspeicheldrüsen.
Der vorstehende Fall zeigt im Vergleich mit anderen Beob-
achtungen von akuter Myelose, wie wechselvoll die Krankheit auf-
treten kann, und wie große Schwierigkeit infolgedessen die Dia-
gnose bei der klinischen Untersuchung bereiten kann.
Die Diagnose konnte lediglich auf Grund des Blutbildes, nicht
durch die übrigen klinischen Symptome gestellt werden. Daraus
erhellt, wie wichtig die genaue Blutuntersuchung bei allen unklaren
Krankheitsfällen ist, und daß die alleinige Berücksichtigung einzelner
in die Augen fallender Krankheitssymptome, hier die „Magen-
blutung‘‘, leicht eine falsche Indikationsstellung bedingen kann.
Auch den Chirurgen lehrt der Fall die Notwendigkeit, das
Blutbild reichlich bei der Diagnosestellung heranzuziehen.
Bei diesem Fall hätte sich ein Chirurg, der auf dem Stand-
punkte der -Operationsnotwendigkeit bei blutendem Magengeschwür
steht, leicht durch den Allgemeineindruck des Kranken getäuscht,
vielleicht zur Operation entschlossen.
Beobachtungen über Erkrankungen der Brustaorta
im jugendlichen Alter.
Von Dr. Albert Schneider, Coblenz,
Facharzt für Lungen- und Herzkrankheiten.
Wir wissen, daß jede Erkrankung der Aorta und des Herzens
wie überhaupt jede organische Erkrankung durch nervöse Symptome
überlagert sein kann; seitdem ich diese Beziehungen bei der Auf-
nahme der Anamnese.ganz besonders beachte, konnte ich in manchen
Fällen eine Abhängigkeit und Wechselwirkung zwischen rein ner-
vösen Herzbeschwerden und Aortensklerosen feststellen, die viel
inniger sind, als allgemein angenommen wird und bekannt ist.
Manche Kranke, die an geringen sklerotischen Veränderungen der
Brustaorta litten, hatten Herzbeschwerden schon seit 5—20 Jahren;
diese Herzbeschwerden hatten manchmal schon im zwanzigsten
Lebensjahre angefangen, und zwar waren sie meistens charakteristisch
für rein nervöse Herzleiden; Kurzatmigkeit fehlte, es bestand die
ganze Zeit hindurch volle körperliche Leistungsfähigkeit. Im Laufe
der Jahre hatten die Beschwerden bei den meisten Kranken denselben
Charakter beibehalten, bei einigen Kranken waren typische steno-
kardische Anfälle hinzugetreten. Gerade die Kranken, die schon
jahrelang oder jahrzehntelaug Herzbeschwerden hatten, wiesen nur
einen sehr geringen klinischen Befund auf: ein leises systolisches
Geräusch über der Aorta, das sich etwas nach oben fortpflanzte und
manchmal nur im Liegen oder nach körperlichen Bewegungen (Knie-
beugen) zu hören war, neben erhaltenem ersten Aortenton, geringe
Akzentuation des 2. Aortentones; röntgenologisch völlig normale
orta in den meisten Fällen oder nur ganz geringe Verbreiterung
des Schattens der aufsteigenden Aorta oder des Aortenbogens; kein
erhöhter Blutdruck, keine fühlbare Verhärtung der peripheren
Arterien. Auffallenderweise klagten die Kranken nicht über Be-
Schwerden, wie man sie als typisch für Erkrankungen der Brustaorta
ansieht, wie sternalen Druck und Kurzatmigkeit, sondern über Be-
schwerden, wie man sie bei Neurasthenikern zu hören gewohnt ist,
wie Gefühl des Aussetzens und Stockens der Herztätigkeit, plötzliche
Beschleunigung des Herzschlages, Stiche an der Herzspitze, Gefühl
des Wundseins in der Herzgegend, „Gefühl des Nichtdurchatmen-
könnens“ usw. Bei einigen Kranken mit derartigen Beschwerden
konnte ich anfangs nicht den geringsten objektiven krankhaften
Befund . am Herz-Gefäßsystem feststellen bei mehrfacher Unter-
suchung, bis nach längerer Zeit (6—20 Monate) ein über der
Aorta hörbares systolisches Geräusch auftrat. Ich konnte also die
allmähliche Entstehung der klinischen Merkmale einer Aorten-
erkrankung beobachten. Zur besseren Veranschaulichung der bis-
herigen Ausführungen mögen 3 kurze Krankenblattauszüge folgen:
1. Herr Sch., 82 Jahre alt, Januar 1922. Seit einem halben
Jahre anfallsweise Schmerzen in der Herzgegend, in den Rücken
ziehend, verbunden mit Angstgefühll. Keine Kurzatmigkeit. Sehr
starker Raucher. Kein Anhalt für Lues. Wa.R. negativ. Herz und
Aorta klinisch und röntgenologisch ohne Befund. Blutdruck 130 (Hg).
Diagnose: Angina pectoris vasomotoria infolge Nikotinabusus. — Bei
mehrfacher späterer Untersuchung immer: negativer Befund. — Juni 1923
(d. h. nach 11/, Jahren) zum ersten Mal leises systolisches Geräusch
über der Aorta, das von da ab stets festzustellen war. — Blutdruck
dauernd 130. . | |
2. Frau H., 39 Jahre alt, seit 12 Jahren Herzklopfen, Stiche in
der Herzgegend; in letzter Zeit typische Anfälle von Angina pectoris.
Über der Aorta leises systolisches Geräusch neben erhaltenem 1. Ton,
2. Aortenton akzentuiert, Blutdruck 120, Wa.R. negativ, röntgeno-
logisch: Aorta völlig normal; Herz etwas quergestellt. |
3. Herr B., 35 Jahre alt, 1907 (d. h. mit zwanzig Jahren) wegen
Herzleiden vom Militär entlassen. Seit einigen Jahren Druck und
Beklemmung in der Herzgegend, zahlreiche nervöse Beschwerden. —
März 1922 acht Tage in der medizinischen Klinik in Bonn beobachtet,
es wurde ihm dort gesagt, die Beschwerden seien rein nervös, es be-
stehe kein organisches Leiden. Wa.R. negativ. — Juli 1922, d. h.
vier Monate später stellte ich selber fest: Herzgrenzen, Spitzenstoß
regelrecht, Töne rein, im Liegen und Stehen. Blutdruck 130. Nach
10 Kniebeugen deutliches systolisches Geräusch über Aorta.
Die Erklärung dieser Beobachtungen ist nicht ganz einfach.
Man könnte annehmen, daß die Herzbeschwerden zuerst rein nervös-
funktionell sind und nach jahrelangem Bestehen schließlich eine
Aortensklerose auslösen; hiergegen würde sprechen, daß im all-
gemeinen die Herzbeschwerden nicht so stark waren und auch
sonstige seelische Erschütterungen fehlten, als daß sie eine Aorten-
sklerose hätten zur Folge haben können. Daß zu anfangs rein
nervösen Beschwerden rein zufällig eine Aortensklerose tritt, halte
ich für die meisten Fälle für ganz unwahrscheinlich. — Wir wissen
aus den Untersuchungen Mönckebergs an verstorbenen Kriegs-
teilnehmern, daß schon im jugendlichen Alter sklerotische Ver-
änderungen an der Brustaorta vorkommen können; bei Lebenden
konnte ich auch in einer gewissen Zahl von Fällen im jugendlichen
Alter (Mitte 20) derartige Veränderungen feststellen, die sich klinisch
dokumentierten durch leises systolisches Geräusch über der Aorta
und klingenden 2. Aortenton. Ich nehme an, daß es sich bei den
beschriebenen klinischen Bildern um derartiges handelt, daß also
von vorne herein, auch schon Anfangs der 20iger Jahre bei manchen
Fällen, geringe sklerotische Veränderungen an der Brustaorta be-
standen und die Ursache sämtlicher Beschwerden waren; wir müssen
natürlich annehmen, daß diese Veränderungen äußerst langsam fort-
schreiten; denn selbst nach jahrelangem Bestehen sind klinisch
häufig nur sehr geringe Veränderungen feststellbar (vergl. Fall 3).
Für diese Auffassung spricht auch, daß die Beschwerden durch
Jahre hindurch dauernd denselben Charakter beibehielten und sich
auch nicht änderten, als die ersten klinischen Zeichen einer Aorten-
erkrankung feststellbar waren. Durch die geringen oder beginnenden
Veränderungen an der Aorta sind aber die manchmal erheblichen
Beschwerden nicht allein erklärbar; ich weise nur darauf hin, daß
manchmal erhebliche Verkalkungen und Erweiterungen der Brust-
aorta kaum Beschwerden machen, und manchmal nur zufällig ge-
funden werden! Die Beschwerden können offenbar nur entstehen,
wenn gleichzeitig eine gewisse nervöse Übererregbarkeit vorhanden
ist, wie ich sie auch bei den betreffenden Kranken immer feststellen
konnte; die von den kranken Teilen der Aorta durch das autonome
Nervensystem dem Gehirn und Rückenmark zufließenden krankhaft :
veränderten Reize treten normaler Weise kaum über die Schwelle
des Bewußtseins, bei erhöhter nervöser Erregbarkeit werden sie
dagegen in verstärktem Maße empfunden und lenken das Bewußtsein
immer wieder hin auf die krankhaften Sensationen, die naturgemäß
auf diese Weise sich allmählich verstärken; es handelt sich also um
geringe organische Veränderungen der Aorta mit aufgelagertem
nervösen Symptomenkomplex. Die geschilderten Krankheitsbilder
haben insoiern eine praktische Bedeutung, als sie häufig für rein
1655
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1656 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.4. 23. November .
nervös angesehen werden und das organische Leiden übersehen | der Brustaorta klinisch nachweisbar; diese Veränderungen sind gut-
wird; das Aortengeräusch, das häufig sehr leise ist und häufig nur | artig, und zeigen nur sehr geringe Neigung zum Fortschreiten.
im Liegen oder nach körperlichen Bewegungen hörbar ist, wird | Beschwerden bestehen dabei entweder garnicht oder sie sind solche, `
nicht gefunden. | ʻ OD wie man sie als charakteristisch ansieht für rein nervöse Herz-
a Zusammenfassung. Schon im jugendlichen Alter (ab Mitte
/ ‚| leiden; sie sind nur indirekt durch das Leiden bedingt im Sinne
der iger Jahre) sind nicht allzu selten sklerotische Veränderungen | einer-Organneurose. | -
„ Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Entzündungs-
= lehre.*)
Von Paul Grawitz, Greifswald.
Wenn wir eine unparteiische Geschichte der Entzündungs-
probleme besäßen, welche- ihren Anfang von der Entdeckung der
Zelle durch Schwann 1838 und seinen, heute allgemein als
richtig bestätigten, Beobachtungen, von der Bildung der Binde-
gewebsfibrillen aus spindeligen Zellen nähme, so würden die meisten
Streitigkeiten auf histologischem Gebiete heute längst friedlich ge-
löst sein. Es würde dann nämlich allgemein bekannt sein, daß
keineswegs auf diese großen, grundlegenden EntdeckungenSchwanns:
eine Zeitperiode naturwissenschaftlicher Beobachtungen, nüchterner,
wohlgeprüfter Schlußfolgerungen und sorgfältig erwogener Lehren,
sondern eine solche von rein spekulativem Charakter gefolgt ist,
welcher keineswegs die ihr zugeschriebene autoritative Bedeutun
‚gebührt.
`
Ende. Parenchyme (Drüsenepithel, Herz,
quergssiee Muskeln)
reagieren mit nutritiver Steigerung des Zellstoffwechels (trübe Schwel-
lung), die zur Norm zurückkehren oder in regressive Fettmetamorphose
übergehen kann. Das interstitielle Bindegewebe reagiert mit
formativer Reizung (Kern- und Zellenteilung), in akuten Fällen mit
regressivem Schluß: Eiterung. Jede Bindegewebsentzündung beginnt
mit einer Anhäufung. von Rundzellen, die autoritativ als „klein-
zellige Wucherung“ benannt wird, obgleich in der ganzen Zellular-.
pathologie 1871 kein einziges Schema vorhanden ist, aus dem man
‘sich ein Bild von diesem Vorgange machen kann. Als ich im Streite :
mit. Weigert auf das 1863 im ersten Bande der Geschwulstlehre ge-
zeichnete Schema hinwies, auf das ich später zurückkommen werde,
da erklärte Weigert, daß Virchow solche Bilder nicht wirklich ge-
sehen habe und Virchow selbst hat keinen Einspruch dagegen er-
hoben! Also die Proliferationstheorie stand auf äußerst schwachem
Boden; heute würde eine solche Lehre unmöglich sein, man muß eben’
mit einer fremden Zeit und mit einer fremden Denkweise rechnen.
Wie unsicher schon 1871 der Begründer der Zellenlehre in seinem
Vertrauen auf die Proliferationstheorie war, zeigt, daß er infolge der
Arbeiten Cohnheims einen großen Teil der kleinzelligen Wucherung
einer Leukozyteneinwanderung einräumt, .die seitdem kleinzellige
Infiltration benannt wird. Virchow sagt, daß diese Entdeckungen
seine Reiztheorie nicht widerlegten, vielmehr seine zelluläre Doktrin `
. erheblich stützten, da alle Leukozyten ja aus Zellen abstammten, und
den Satz omnis cellula e cellula bestätigten. Die Logik ist nicht
recht durchsichtig, da der Satz omnis. cellula e cellula auf der irrtüm-
lichen Voraussetzung beruht, daß die Grundsubstanz totes Ausschei-
dungsprodukt. sei. Tatsache ist also, daß Virchow 1871 mit !der
Leukozyteneinwanderungshypothese ein Komprömiß ohne
net neun des Geltungsbereiches en ns das
bis heute gilt. 1877 veröffentlichte Jul. Cohnheim seine Vorlesungen
über- Allgemeine Pathologie, in welchen er jede Gewebsreaktion, jede
Zellvermehrung in Abrede stellte. Die Entzündung ist eine Alteration
der Blutgefäße, bei der Leukozyten auswandern, die Gewebe bleiben
Be Alle Heilungen, Kallus einbegriffen, werden, wie vor der Ent-
eckung Schwanns in der Physiologie von Joh. Müller zu lesen ist,
auf Blutbestandteile bezogen. — Ein solcher Umsturz ist. heute un-
denkbar, man würde das einen ungeheuren Bluff nennen. — 1882 kam
die Katastrophe, die . größte, die ich der Pathol
ogie miterlebt habe,
die Entdeckung der indirekten Kernteilung. |
- Die Zellen waren hiernach also doch vermehrungsfähig; die
Voraussetzung, von der Cohnheim ausgegangen war, nämlich die.
Reaktiönslosigkeit der Gewebe, war irrtümlich. einer Zeit moderner, '
naturwissenschaftlicher Forschung hätte nun der ganze Hypotbesen-
aufbau von der Leukozytenimmigration ein für allemal fallen müssen.
Weigert hat ihn mit Hilfe der mächtigen Anhängerschaft der Cohn-
heimschen Lehre gehalten, indem er eine theoretische Trennung der
Mitosen für die Regeneration, der Leukozyten für die Entzündung
durchzuführen wußte. Als ich 1889 Mitosen in einer Phlegmone bis
an den Beginn der Eiterung nachwies, erklärte Weigert, das habe
nichts mit Entzündung zu tun, das sei verunglückte Regeneration.
So sieht es also mit den berühmten beiden Theorien aus, wenn
man sie bei Lichte besieht. Nur`ein scharfsinniger Historiker mag
die Gründe ermitteln, wie sich die glaubensfeste Vorstellung gebildet
und festgesetzt haben mag, daß eine dieser beiden Theorien:
Proliferation oder Immigration, die Entstehung der klein-
zelligen Infiltration liefern müsse, daß es ein crimen laesae
majestatis sei, die Wahrheit außerhalb dieser beiden Möglichkeiten zu
suchen. Ich werde Ihnen jetzt zeigen, daß die kleinen Rundzellen
aus einer Einschmelzung von kollagenen und. elastischen
Fibrillen zu Kern- und’ Zellsubstanz entstehen, und sogar
künstlich im Brutschrank erzeugt werden können. |
In der historischen Übersicht habe ich Ihnen die Tatsache
mitgeteilt, daß es Theodor Schwann gewesen ist, der mit der
Entdeckung der tierischen Zelle und ihrem Verhältnis. zur Inter-
zellularsubstanz die Grundlage für das Verständnis aller Gewebs-
veränderungen, so auch der entzündlichen, geschaffen h
| Schon 1842 schrieb Lotze,. Professor der Philosophie, in einem
` Lehrbuche der allgemeinen Pathologie ein langes Kapitel über Ent-
~ zündung, in dem er unter Blastem nicht die aus Zellen umgewandelte
Grundsubstanz, sondern ein geronnenes, feinkörniges Exsudat versteht,
aus dem er Gewebszellen und Eiterkörperchen ableitet. Eigene histo-
logische Beobachtungen enthält das Buch überhaupt nicht, und ich hätte
nie verstanden, weshalb Virchow 1872 uns das Studium - desselben
so warm ans Herz gelegt hat, wenn ich nicht zu'der Erkenntnis ge-
kommen wäre, daß sein eigenes Denken in seiner Jugendzeit vieles
verwandte mit dem Lotzes. gehabt hätte. In seinem 25. Jahre hat
ihn die noch heute nur mit Ehrfurcht und. Bewunderung zu lesende
Arbeit über Thrombose und Embolie mit Recht zum berühmten Manne .
gemacht. Als er dann 9 Jahre später daran gi
| ging, sich eine eigene
zelluläre Doktrin zu schaffen (1855, I. Auflage der Zellularpatho-
logie), da zeigte sich, daß neben dem großen Naturforscher auch eine
dogmatische Seele in seiner Brust wohnte. Nach dem Muster der
_ -Alexandriner, nach denen alle Krankheiten aus zu straffer Spannung
der Fasern oder aus zu schlaffer, oder aus einem Gemisch beider ent-
springen sollten, hatte Ernst Georg Stahl diese Dreiteilung auf die
Lebenskraft, Lobstein auf die Nervenkraft angewandt und Virchow
erklärte alle Krankheiten als Störungen im Zellenstofiwechsel:
Progressive, regressive, gemischte Prozesse. Dazu mußte notwendig
die im Bindegewebe an Menge weit die Zellen überragende
Grundsubstanz ausgeschaltet werden. Eine Widerlegung
Schwanns, nach dessen Lehre die Grundsubstanz zur Bildung neuer
Zellen bestimmt ist, erfolgte nicht. Virchow reizte den irischen
Knorpel elektrisch, und da nur die Zellen sich kontrahierten, die
hyaline Substanz aber reaktionslos blieb, so wurde sie für tot erklärt.
Trotzdem die Bindegewebsfibrillen nach Schwann und Max Schultze
aus Spindelzellen hervorgehen, .so werden sie, wie Virchow selbst
sagt, „aus doktrinären Gründen" für totes Ausscheidungsprodukt
der Zellen, angesprochen. In der vierten Auflage der Zellularpatho-
logie 1871 schildert Virchow, wie diese angeblich toten, leimgeben-
den Fibrillen von den Zellen her ernährt werden, wie die elastischen
Fasern umgewandelte Zeilen, also kein totes Sekret, sind, trotzdem
‘aber bleibt die dogmatisch notwendige Lehre in Kraft, daß alle Grund-
substanz tot ist und für Zellenbildung nicht in Betracht kommen kann.
So entstand das Dogma: „omnis cellula e cellula“ und das zweite:
„die Zelle ist die letzte Lebenseinheit“.. Ich habe mir 1891 er-
laubt, mich über das Dogma, als einer alten Zeit angehörig, hinweg-
' zusetzen, da ich positive u emacht hatte, welche mir
die Entstehung von Kernen in der Grundsubstanz unzweideutig ge-
zeigt hatten. ‘Die Autorität des Satzes omnis cellula e cellula genügte
indessen damals, um erfolgreich vor Nachprüfung zu warnen (Mar-
chand), und meinen Widerspruch für so absurd zu erklären, wie die
Möglichkeit, daß der dürre Stab Arons wieder ausgrünen könne
(Weigert): und doch hatte ja Virchow selbst der bindegewebigen
Grundsubstanz Anteil an der Ernährung zugesprochen, wie ich soeben
zitiert habe.
at. Seine
2 Lehren: „Die Grundsubstanz des Bindegewebes entsteht durch
Virchow lehrte: Durch mechanische, chemische, thermische Mac T ne $ Die
elektrische Reize von bestimmter Intensität entstehen als Zellreaktionen A ı ul ne = spindeligen Zellen (Ann), n be-
die Entzündungsprozesse, Bastzliet Ä hypothetisch, da Beweise ern PeU oc an a Zellen“
icht bringen sind). Sie haben progressiven ang, Tegressives „al stehen Kernkörperchen, 3 x
ASe E } | ne we (Abbau), enthalten die Grundwahrheiten, welche durch ne
*) Nach Vorträgen, gehalten am 9. und 16. Mai 1924 im Ärzte- | Forschung bisher immer nur bestätigt worden sind. — Als ich 1
verein Saarbrücken. | |
unter dem Banne der zellulären Doktrin und der Leukozytentheorie
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93. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47. u 1657
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stehend, die Beobachtung machte, daß im heilenden Sehnengewebe
neben den normalen Sehnenkörperchen überall schmale, blasse
‘Chromatinfiguren in die Erscheinung traten, die sich erst allmäh-
. lich zur Größe und intensiven Färbbarkeit normaler Kerne ent-
wickelten, und zu fertigen .Zellen wurden, da habe ich die erste
Bestätigung der Schwannschen Grundsätze geliefert. Ich habe
damals wohl erkannt, daß es sich um die Entdeckung eines Prinzips
handelte, und bin daran gegangen, die Anwendbarkeit dieser Beob-
achtung einer Kern- und Zellenbildung aus der Grundsubstanz mit
meinen Schülern an vielen Prozessen mesodermaler Gewebe nach-
'zuprüfen, worüber die Jahrgänge 1891—1893 von Virchows Archiv
eine Reihe von Arbeiten enthalten. Ä
Von diesen Abhandlungen habe ich diejenige von O. Busse
über die Heilung der Hautwunden mitgebracht, und Ihnen die
Bilder projiziert, welche die in den elastischen Fasern und den
leimgebenden Bindegewebsbündeln der Haut in großer Menge
sichtbar gewordenen Kerne und ihre Entwicklung zu Zellen er-
kennen lassen.
Über das Auftreten kleinster nackter Kerne in der hyalinen
Grundsubstanz. des heilenden Knorpels hat H. Tenderich seiner-
zeit Abbildungen veröffentlicht, die aber, wie auch das Auf-
treten nackter Kerne in den elastischen Fasern der Hautwunden
keine Beachtung fanden, da sie nach dem herrschenden Dogma
vom Totsein der Interzellularsubstanz für unmöglich gehalten
wurden. Um Ihnen, m.H., ein eigenes Urteil zu ermöglichen, daß
diese nackten Kerne wirklich existieren, und keineswegs schwierig
zu erkennen sind, wenn man nur gehörig starke Vergrößerungen
anwendet, habe ich von zwei verschiedenen Objekten, einer tuber-
kulösen Chondritis des Fußgelenks und einer krebsigen Chondritis
des Ohrknorpels Skizzen angefertigt, welche ich in der ersten De-
monstration neben die aufgestellten Mikroskope gelegt hatte, und
die ich dem Verein gern als jederzeit kontrollierbare Dokumente
überlassen möchte. Die nackten Kerne, welche sich neben den
Knorpelzellen bemerkbar machen, sind bei den beiden Knorpel-
arten etwas verschieden, aber so groß und deutlich, daß es Ihnen
kaum glaublich erscheinen wird, daß sie auf Grund der Arbeit von
Tenderich nicht ohne weiteres bestätigt worden sind.
Das Kapitel der quergestreiften Muskulatur hat 1892 Rud.
Kroesing bearbeite, Einzelheiten, wie die Waldeyerschen
Muskelzellenschläuche und die Muskelriesenzellen waren längst be-
kannt, sind z. T. schon 1871 in der Zellularpathologie erwähnt,
aber das Prinzip,.daß es sich dabei um Teilerscheinungen des Ab-
bauprozesses handelt, bei dem in der kontraktilen Substanz neue
Kerne auftreten, um welche sich die protoplasmatisch umgewandelte
Umgebung als Zellsubstanz anordnet, das alles ist von Kroesing
zusammenfassend bewiesen worden. Von dieser Arbeit habe ich
Ihnen die Zeichnungen kopiert und in Projektion vorgeführt. Außer-
dem habe ich den Muskelabbau mit seiner Kernvermehrung, mit
der Abspaltung spindeliger Zellen und Übergang in fibröses und
Knochengewebe bei Myositis ossificans auf einer Skizze dargestellt,
und ebensolche Skizzen vom Muskelabbau bei syphilitischer Myositis,
bei aktinomykotischer Entzündung der Zungenmuskulatur und aktino-
mykotischen Abszessen des Herzmuskels hergestellt, die ich gleich-
falis bitte, als Dokumente hinterlegen zu dürfen. In der aktino-
imykotischen Myokarditis sind alle Stadien des Abbaues vom Auf-
treten der ersten nackten Kerne in den quergestreiften Muskeln
bis zur fertigen eitrigen Schmelzung dargestellt und leicht auf-
zufinden.
Nachdem Busse das Auftreten nackter Kerne und den zelligen
Abbau der Wundränder festgestellt hatte, fand. er vom zweiten
Tage ab mitotische Zellvermehrung in den Hautwunden, Sprossung
von Kapillaren, und alsdann Aufbau der Spindelzellen zu jungem
fibrillärem Narbengewebe. Ganz gleichartige Gewebsveränderungen
trafen wir nun auch bei den akuten Hautentzündungen, Erysipelas,
Furunkel, Phlegmone. Von den ersten Stadien dieser Entzündungen,
welche die Anfänge der sogenannten kleinzelligen Infiltration ent-
halten, habe ich zahlreiche Photogramme angefertigt, und in meinem
Atlas der pathologischen Gewebelehre, Berlin 1893, veröffentlicht.
Hiervon habe ich Ihnen mikroskopische Präparate aufgestellt, und
Photogramme projiziert, welche übereinstimmend den Satz lehren,
den ich als Ergänzung den Schwannschen Lehren anfügen möchte:
„Mit der Zunahme der kleinzelligen Infiltration geht in
gleichem Verhältnisse eine Abnahme der fibrillären Grund-
substanz einher.“ Diese Erscheinung kommt dadurch. zustande,
daß durch das sukzessive Auftröten von Kernen und protoplasma-
tische Schmelzung der Interzellularsubstanz um diese Kerne alle
ibrillen zum Aufbau von Zellen verbraucht werden. — Da also
der zellige Abbau sowohl der Wundheilung als den Anfängen der
Hautentzündung eigen ist, so kann. das Vorhandensein einer bakte-
riellen Reizwirkung erst dann aus dem histologischen Befunde
erkannt werden, wenn das abgebaute Gewebe eine chemische Ver- -
flüssigung zu Eiter erfahren hat. Vollkommener kleinzelliger Abbau
und eitrige Einschmelzung sind also zwei ganz verschiedene Vor-
gänge. Alle Einzelheiten hierüber sind im Atlas 1893 so eingehend
dargestellt, daß ich heute nach 31 Jahren dieser Beschreibung
nichts Neues hinzufügen könnte.
Da nun alle unsere Beobachtungen ohne Nachprüfung ver-
worfen worden sind, da sie mit den herrschenden Doktrinen — wie
meine historische Übersicht dargetan hat — nicht übereinstimmen,
so lege ich das größte Gewicht darauf, daß 1919 im 66. Bande
von Zieglers Beiträgen durch Felix Marchand die Entstehung
der kleinzelligen Infiltration aus extrazellulären nackten Kernen und
protoplasmatischer Umwandlung der Fibrillen in Zellsubstanz be-
schrieben worden ist. Ich habe Ihnen eine Druckseite des Textes
aus jener Arbeit wörtlich vorgelesen, aus der klar zu entnehmen
ist, daß in dem Fettgewebsstück, das in einen Gehirndefekt einge-
pflanzt war, extrazellulär schmale, schlanke, blasse Kerne
sichtbar geworden sind, die erst bei stärkster Vergrößerung
als wirkliche Kerne erkannt wurden, die sich dann zu Protoplasma-
spindeln mit Kernreihen umwandelten, und dann in einzelne zellige
Teilstücke abgetrennt wurden. Da dies nun, nach Marchands
eigener Angabe, dieselben, in den alten Doktrinen nicht vorge-.
sehenen Geschehnisse einer allmählichen Kern- und Zellenentstehung
sind, wie wir sie an so verschiedenen Prozessen mesodermaler Ge-
webe beobachtet haben, da sich im nächsten Abschnitte zeigen wird,
daß auch die direkte Beobachtung lebender Gewebe in der Plasma-
kultur die gleiche Art der Zellenbildung ergeben hat, so scheint es -
_ mir als ein gerechtes Postulat, das der Wissenschaftlichkeit gebracht
werden muß, diese Einzelbeobachtung von Marchand unter die
Reihe aller anderen Beobachtungen über die Entstehung der klein-
zelligen Infiltration bei Heilung und Entzündung einzuordnen. Die
Bestätigung der Schwannschen Lehre, durch viele Jahrzehnte
durch falsche Doktrinen in den Hintergrund gedrängt, ist das einzige
Licht, das aus dem Dunkel der Dogmatik einen offenen Weg zum
Übergange in moderne naturwissenschaftliche Forschung zeigt.
Da wir heute, m. H., noch manche histologische Anhöhe
miteinander werden ersteigen müssen, deren Panorama Ihnen unbe-
kannt sein dürfte, da mir bisher noch kein vorsichtiger Verlasser
eines Lehrbuches in diesen freien Ather nachgestiegen ist, so
möchte ich Ihnen diesen Anblick des zelligen Abbaues an elasti-
schen Kutisfasern ganz besonders warm empfehlen. Ich habe zu
diesem Zwecke Stückchen menschlicher Haut, frisch exstirpiert, in
die Bauchhöhle von Kaninchen gebracht und nach Tagen und
Wochen darin wundervolle Bilder eines abortiven Abbaues erhalten,
welcher die elastischen Fasern in starke Quellung und Schmelzung `
übergeführt, und in ihnen würfelförmige, nicht scharf differenzierte
Kerne ohne Nukleolen in großer Menge zur Anschauung gebracht
hat. Da ich die dicke Oberhaut mit überpflanzt habe, so brauchte
der Prozeß lange Zeit, und das Eindringen der Tierlymphe blieb
unvollkommen (Virch. Arch. 1921). Seitdem habe ich ein solches
Experiment 1922 auf der Greifswalder chirurgischen -Klinik durch
Eugen Hoffmann dahin abändern lassen, daß er die frisch einem
Knaben entnommene Haut vorerst von ihrer Epitheldecke befreite,
und sie nunmehr nur 24 Stunden lang: in eine Kaninchenbauch-
höhle transplantierte.e Die Wirkung war erstaunlich. Sie werden
in zwei Mikroskopen Schnitte aufgestellt und durch beigelegte
‚Skizzen erläutert sehen, von denen der eine, einer Söjährigen Frau
entstammend, 7 Tage, der andere, von dem Knaben entnommene,
nur einen Tag überpflanzt gewesen ist. ‘Im ersten Falle sind die:
elastischen, mit Resorzin-Saffranin gefärbten, blauschwarzen, elasti-
schen Fasern durch lange Ketten kubischer, roter, plumper Kerne
unterbrochen, im zweiten wurden nach van Gieson die roten
kollagenen Bündel von gelben, verzweigten, gequollenen, elastischen
Fasern begrenzt, in denen sich die mangelhaft differenzierten,
schwärzlichen Kerne mit ausgezeichneter Schärfe hervorheben. Das
sind die schönsten Bilder vom zelligen Abbau der Elastika, die ich
überhaupt kennen gelernt habe. Übrigens ist es in dem Haut-
stückchen des Knaben stellenweise zu myxomatösem Umbau, und
um die Blutgefäße herum zu vollkommenem zelligen Abbau ge-
kommen, daß man glauben könnte, das Gewebe sei nicht von einem
fremden Diffusionsstrome, sondern von seinen eigenen Blutgefäßen
ber ernährt worden. Man sieht, wie irreführend es ist, aus der
reichlicheren Zellenanhäufung um kleine Blutgefäße auf eine Ab-
kunft dieser Zellen durch Emigration schließen zu wollen, |
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
23. November
~ „Wer sich in. die Histologie der Bindegewebsentzündungen
einarbeiten will, sollte mit diesen Tierversuchen : den Anfang
machen.
Plasmakulturen (Schlaeike, Ublig, Hannemann). In
meiner Ergographie „Die Medizin der Gegenwart Bd. 2“ habe ich
1923 alle meine Arbeiten über den Keratitisstreit zeitlich geordnet
und dargetan, daß keine Versuchsanordnung vermocht hat, die
Hypothese, daß in das Hornhautgewebe Leukozyten einwanderten,
aus der Welt zu schaffen. Was nie mit stichhaltigen Gründen be-
wiesen ist, kann logisch auch nie mit solchen widerlegt werden.
Als wir 1913 zellenfreie Stücke von Katzenhornhaut in Auto-
plasma im Brutschranke kultivierten, und nach 24 Stunden dichte
Mengen runder, spindeliger, anastomosierender glänzender Körper
darin entstehen sahen, da war es entschieden, daß diese, von
Cohnheim und Recklinghausen an der überlebenden Frosch-
kornea beobachteten, Zellen durch einen Schmelzungsprozeß aus
dem Hornhautgewebe selbst hervorgegangen waren. Cohnheim
hatte sie also zu unrecht als eingewanderte, und in Spalten auf-
marschierte, Leukozyten ‘gedeutet. Aber Cohnheim hatte darin
Recht, daß er die neuen Zellen neben den Hornhautkörperchen
gesehen halte. Ich habe Ihnen an einem vergoldeten und dann
kerngelärbten Bilde aus den Nova acta 1919, Bd. 104 gezeigt, daß
die jungen Kerne, obne an die Hornhautkörperchen gebunden zu
sein, in und neben diesen durch Schmelzung der festen Horn-
hautsubstanz zustande kommen. Die Kulturpräparaie zeigten nun
nach Härtung und Färbung, wie die von mir angefertigte und über-
reichte Skizze leicht erkennen läßt, daß die jungen Zellen nicht, wie
Recklinghausen angenommen, durch Kern- und Zellteilung aus
den Hornhautkörpern hervorgegangen waren, daß vielmehr hier, wie
bisher überall, feinste Kernformen, den Anfang des Schmelzungs-
prozesses ‚bezeichnet haben, daß dann deutliche Kerne, spindelige
Protoplasmaformen mit Kernreihen, kurz einzelne und reihenförmig
aneinander gelagerte Zellen entstanden sind,. von denen ein Teil in
eine mitotische Kernteilung eingetreten ist. Daß Cohnheims Deu-
tung von den, in Spalten wandernden, Leukozyten irrig war, ging
schlagend daraus hervor, daß die kernhaltigen Protoplasmaspindeln
nach wenig Tagen frei in das Nährplasma austraten.. Da nun in
der Plasmakultur alle diejenigen unlertigen, fertigen und abortiven
Zelllormen entstanden sind, welche man bei Keratitis und in den
Experimenten früherer Zeit — die ich allesamt nachgeprüft habe —
in den überpflanzten Hornhäuten in der Warmblüterbauchböhle au-
getroffen hat, so ist hiermit der Beweis erbracht, daß alle diese
histologischen Bilder nach dem hier beschriebenen Schwannschen
Abbauschema aus Kernanfängen hervorgegangen sind. Als Beispiel
einer abnormen Schmelzung habe ich Ihnen eine Skizze von einer
Plasmakultur Otto Busses angefertigt, in der bei einem Meer-
schweinchen nur abnorm große Kerne, aber keine fertigen Zellen ent-
standen sind. Drei weitere Skizzen sollen Ihnen den Beweis liefern,
daß der Abbau der Kaninchenhornhaut sowohl in einer frischen
Wunde als nach 6 Tage langer Transplantation in dem Lymphsack
des Frosches, als nach i4tätiger Aufbewahrung bei Kälte mit nach-
folgendem 24stündigen Aufenthalt in der Kaninchenbauchhöhle
immer nur Zellen mit eosinophilem Zellprotoplasma beim
Abbau hervorbringt. Alle diese Experimente lehren, daß die Ge-
websveränderungen, die ich als zelligen Abbau bezeichne, in gleicher
Weise verlaufen, ob sie in situ von dem normalen Saftstrom oder
in der Plasmakultur von künstlichem Nährmaterial oder bei
Transplantation von der Lymphe eines fremden Individuums er-
nährt werden.
So lange die Experimentatoren Senftleben, Leber, Orth
die getrockneten, oder durch Erwärmung auf etwa 50° C geschä-
digten Hornhäute von Schweinen und Kaninchen mit Höllenstein
ätzten, oder mit Fäulnisflüssigkeit injizierten, bevor sie sie in die
Bauchhöhle von Warmblütern übertrugen, da waren sie nicht weiter
verwundert, wenn sie nach einigen Tagen fanden, daß die trans-
plantierten Gewebsstücke das Bild der Keratitis darboten. Sie waren
ja von der Voraussetzung ausgegangen, daß es Leukozyten sein
müßten, welche in das Hornhautgewebe bei Keratitis und in die
Korneastücke innerhalb der Bauchhöhle eingewandert seien, und
sie glaubten, diese Voraussetzung durch den reichlichen Befund an
jungen Rund- und Spindelzellen vollauf bestätigt. ‘Als wir diese
Experimente aber nachprüften, fanden wir alle diese histologischen
Bilder des zelligen Gewebsabbaues auch dann, wenn wir gar keine
Entzündungsreize angewandt hatten. Wir konnten zwar durch die
Vergoldung feststellen, daß alle Zellen innerhalb der Kornea sich
durch ihre Fähigkeit, Gold zu reduzieren, als Abkömmlinge der
Hornhaut erwiesen, aber weshalb in den transplantierten Gewebs-
stücken die gleichen histologischen Veränderungen eingetreten waren,
wie bei der Keratitis, das ist absolut unerklärt geblieben. Ebenso
‚unerklärt wie die Tatsache, daß Marchand in dem transplantierten
Fettgewebe und Faszie die typischen Bilder der entzündlichen, klein-
zelligen Infiltration angetroffen hat, und ebenso unerklärt, wie die
Befunde, welche ich Ihnen soeben an den Skizzen der Kaninchen-
hornhäute vorgeführt habe. Die jungen uniertigen Abbauzellen der
Kaninchenwunde, und zweitens die unlertigen und fertigen Abbau-
bilder aus dem Lymphsacke des Frosches und drittens, der stür-
mische, zum Teil abortive Abbau der 14 Tage lang kalt aufbe-
wahrten Hornhaut beweisen ihre Abstammung aus dem Kornea-
gewebe histologisch, indem sie alle Stadien der Kern- und
Zellentwicklung aufweisen, und chemisch, indem alles Proto-
plasma intensiv rote eosinophile Granula enthält.
Um alle diese, in der Literatur vorhandenen, aber wohl nur
schwer auffindbaren Tatsachen, die durch Jahrzehnte immer nur
unter der Suggestion der Leukozytentheorie betrachtet worden sind,
unter dem Gesichtswinkel der Abbauvorgänge zu würdigen, ist es
nötig, daß Sie sich immer wieder die Skizze vergegenwärtigen, die
ich Ihnen von unseren ersten Plasmakulturen 1913 vorher projiziert
habe. An Beweiskraft kommt kein Tierversuch der Plasmakultur
gleich, bei der die glänzenden, durch Schmelzung der Lamellen
entstehenden Zellen sukzessive unter den Augen des Beobachters
aufleuchten, und dann nach Härtung und Färbung den Werdeprozeß
aus extrazellulären Kernen Schritt für Schritt verfolgen lassen.
Plasmakultur der Herzklappen. In.meiner Schrift: Ab-
bau und Entzündung des Herzklappengewebes, Berlin 1914, ist
mitgeteilt, daß das im Autoplasma kultivierte Herzklappengewebe
der Katze noch weit mehr Übereinstimmung mit entzündlichen
Gewebsveränderungen darbietet als die Kornea. Ich zeige Ihnen
die myxomatöse Umwandlung der kollagenen Fibrillen an einem
Diapositiv, das alle Kerne im Verlaufe der elastischen Fasern er-
kennen läßt, und die großen änastomosierenden Sternzellen in einem
Augenblicke, als sie aus dem erweichten Schleimgewebe ins freie
Plasma austraten. Ich habe dies den Sarkomtypus des zelligen
Abbaues genannt. |
Als großzelligen Typus lege ich mikroskopische Präparate
und Skizzen vor, welche den Klappenrand dicht von großen Zellen
eingenommen erkennen lassen, aber eine ganz andere Anastomosen-
formation enthalten, wie der Sarkomtyp, da hier viele Zellen zu
großen Granulozyten konfluiert sind. Auf die großen Zellen
trifft wörtlich die Beschreibung zu, welche Schwann von
der Entstehung der Kernkörperchen, Kerne und Zellen
aus dem Blastem der Grundsubstanzen gegeben hat. Wenn
vor zehn Jahren auch nur die allergeringste Teilnahme für diese
Kulturergebnisse vorhanden gewesen wäre, so hätte ich gern und
mühelos an meinen Photogrammen diese fundamentalen Befunde
: Lernbegierigen gezeigt, wie ich sie meinen Schülern so oft vor-
geführt habe. Auch von der fibrinoiden Umwandlung habe ich
ein Diapositiv gebracht; eine Arbeit von Hannemann 1913 hat in
Virchows Archiv die Identität dieses Gewebsfibrins mit dem der
fibrinösen Endokarditis des Menschen dargetan. An Wichtigkeit
werden allediese, für manche Entzündungsvorgänge charakteristischen,
Gewebsveränderungen überboten durch den kleinzelligen Abbau.
Nebeneinander projiziere ich Ihnen eine normale Herzklappe der
Katze und das Bild einer nach fünftägiger Kultur vollkommen
in lauter kleine Rundzellen umgewandelten Herzklappe. Zwei Original-
präparate und je eine farbige Skizze sind aufgestellt. Sucht man
nun an den Stellen, deren Fibrillen noch gut erhalten sind, so kann
man reichlich und deutlich die schmalen schlanken Kernanfäng®
und die längeren und dickeren Kerne erkennen, die an den Photo-
grammen meines Atlas getrost als Leukozyten interpretiert worden
sind (Beneke). — Man sieht dann lange Kernreihen in einer
gemeinsamen Protoplasmaspindel. Dann gruppiert sich um jeden
Kern ein bestimmter Abschnitt des Zellprotoplasmas, und höchst
bemerkenswerterweise stellen sich in diesen, noch im Zusammen
hange stehenden Zellen einzelne mit exquisiter eosinophiler
Granulation dar. Dann trennen sich die einzelnen Zellen, und
nur feinste Protoplasmareste bleiben von den gänzlich aufgebrauchten
Fibrillen übrig. Eine Phase in diesem Werdegang hat 50 große
Ähnlichkeit mit dem Proliferationsschema, das Virchow im ersten
Bande seiner Geschwulstlehre S. 94 gibt, daß ich Ihnen davon eine
Kopie überlasse. Der Unterschied liegt darin, daß Virchow eine
fertige Spindelzelle durch Hypertrophie anschwellen,
und in Nukleation und Cellulation übergehen laßt, wäh-
rend ich in diesen Spindeln mit Kernreihen ein Yo
geschrittenes Schmelzungsstadium erblicke, dem alsdann
in sa +m 17
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die Abschmelzung der fertigen Zellen als Abschluß folgt.
Die Zelle ist also nicht die letzte Lebenseinheit. Der
Ablauf des kleinzelligen Abbaues, wie er sich in den
Plasmakulturen entwickelt hat, ist identisch mit dem bei
der Endokarditis. Die Streptokokken können fibrinösen und
zelligen Abbau jeden Augenblick in Nekrose überführen, und die
- ‚Endokarditis zu einer ulzerösen machen, aber der zellige Abbau
selbst geht auch bei der Endokarditis nicht über das, in der Plasma-
kultur erreichte, Maß hinaus — bekanntlich kommt es in den Herz-
- klappen nie zur wirklichen eitrigen Verflüssigung.
Es ist Otto Busses unvergängliches Verdienst, in seinen
Plasmakulturen aus Herzklappen und Aorten Rundzellen dargestellt
zu haben, welche alle Formen von Lymphozyten und Formen und
tinktorielle Eigenschaften der mono- und polynukleären Leukozyten
besitzen — einschließlich der Oxydasereaktion.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 4T. > 1659
Der Meister der Plasmakulturen, Alexis Carrel, berichtete
kürzlich, daß er beim Aufbau der Gewebe Trophone und Hormone
als Faktoren gefunden habe, von denen Wachstum und Gedeihen
der Kulturen abbängig sei. Es ist möglich, daß die so überaus
verschiedenen, den entzündlichen so nahestehenden Abbauvorgänge
unserer Plasmakulturen auf ähnliche Faktoren bezogen werden
müssen. Jedenfalls wäre es in hohem Grade erwünscht, wenn
physiologisch-chemische Forschung diesem Teile der Entzündungs-
probleme nachgehen möchte. Erst dann werden wir für bakterielle
und für krebsige Entzündungserreger ein tieferes Verständnis ge-
winnen können. ! Be |
Ich schließe mit dem Wunsche, daß bis zum Jahre 1938,
wenn seit der Entdeckung der Zelle das erste Jahrhundert ver-
flossen sein wird, die wissenschaftlichen Grundlagen der Ent-
zündungslehre einen erfreulicheren Anblick gewähren mögen als heute.
Pharmazeutische Präparate.
Über das Reargon als Antiseptikum.
Von Dr.L. Zakarias,
ehem. Assistent am Institut für Kolloidforschung in Frankfurt a.M.
Anläßlich der Aussprache über den Vortrag des Herrn
Wiechowski und Klausner am 25. Januar 1924 im Verein deutscher
Ärzte in Prag sah ich mich veranlaßt, im Zusammenhang mit dem
Reargon das Problem der Antisepsis und Tiefenantisepsis vom Stand-
punkte der neuesten Forschungsarbeiten aus zu berühren.
Wiechowski sprach damals von der gewebsschädigenden
Wirkung der bisherigen Antiseptika in höherer Konzentration und
den bekannten Anforderungen, um ein gutes Desinfektionsmittel zu
besitzen. Ich halte es für sehr angebracht, auf dieses Problem im
. Sinne meiner seinerzeitigen Ausführungen zurückzukommen, da die
Praktiker dadurch ein besseres Verständnis für die Wahl und Be-
urteilung unserer Arzneimittel gewinnen.
Wirkliche Tiefenantiseptika existieren, abgesehen von falschen
. Folgerungen aus Einzelbeobachtungen und Reklamen, bis zum heutigen
Tag nicht.
Über die Wirkung der einzelnen Desinfektionsmittel wissen
wir schon mehr. Sie sind entweder lipoidlösliche organische Prä-
parate, oder lipoidunlösliche anorganische Salze (Metalle), oder aber
die Kombination von beiden. Hailer (Reichsgesundheitsamt, Berlin)
berichtete darüber bei der Tagung der mikrobiologischen Gesell-
schaft in Würzburg (1923) und wies auf die kolloidcbemischen
Forschungsergebnisse nachdrücklichst hin.
Die Ursache des unregelmäßigen Verhaltens der verschiedenen
Ag-Präparate wurde in einer jüngst erschienenen schönen Arbeit
von Neergaard und durch meine Kolloidfiltrationsversuche einwand-
frei aufgeklärt. Die elektrische Leitfähigkeit, also der Dissoziations- |
grad der verschiedenen Ag-Lösungen ist der Desinfektionskraft pro-
portional. Ich filtrierte kolloidale Ag-Lösungen und konnte z. B.
bei Kollargol Heyden zeigen, daß Ag im Filtrat mit den `
analytisch-chemischen Methoden nicht nachweisbar ist. Es ist also
klar, daß die Desinfektionskraft durch den Dispersitätsgrad des Ag
bedingt ist, wobei seine Wirkung noch von den Reaktionen. im Ge-
webe chemischer und physikalischer Natur beeinflußt wird. Lipschitz
zeigte in einer exakten Versuchsreihe, daß die Herabsetzung des
Sauerstoffverbrauches im Gewebe mit der steigenden Desiniektions-
kraft- parallel gebt. Wir haben also bei einem starken Desinfiziens'
mit dem großen Dispersitätsgrad und Dissoziationsgrad und der
Herabsetzung der Zellenatmung in erster Linie zu rechnen. Ä
Die antiphlogistische Wirkung des Desinfiziens spielt. eine
sehr wichtige Rolle. Schon viel früher als Klausner beobachtete
A. Ninian Bruce!) und bewies Luithlen an der Hand einer Reihe
von Versuchen?), daß die Entzündungsbereitschaft der lebenden
Haut nach vorheriger Behandlung mit Analgetika bei Anwendung
von Entzündung hervorrufenden Chemikalien und anderen Reizen
ganz wesentlich herabgesetzt wird, so daß er diese Methode den
Praktikern schon lange Jahre hindurch empfohlen hat. |
Das Reargon ist kein Tiefenantiseptikum, aber sicherlich ein
gutes Abortivmittel. Die Wahl des Albargins war nicht glücklich,
da es eine kolloidale Ag-Lösung ist. Ich empfahl das altbewährte
Argent. nitricum mit dem betreffenden Glykosid zu kombinieren, da
es praktisch völlig dissoziiert ist. Auch in dieser Form kann das
Ag keine Tiefenantisepsis erzielen und keinen wesentlichen Erfolg
in der Behandlung der fortgeschrittenen Gonorrhoe haben. Das
Reargon bedeutet einen schönen Fortschritt ‚bloß bei der Abortiv-
behandlung in der allerersten Zeit nach der Infektion, weil seine
analgetische Wirkung die oft wiederholbare Anwendung einer sehr
‘großen Ag-Dosis ermöglicht.
1) Arch. ï. exp. Path. u. Pharm. 1910, 63.
2) W.kl.W. 1918, Nr.2.
Aus der Praxis für die Praxis.
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden - Baden.
Abort.
_ Wenn es auch Zeiten gibt, wo der verbrecherische Abort
häufig vorkommt, und mit allen möglichen Mitteln versucht wird,
die Frucht abzutreiben, oft zum dauernden Nachteil der Schwangeren,
so muß man auch gerecht sein und darf nicht jeden Abort so deuten.
gibt viele Ursachen einer kurzen Schwangerschaftsdauer, sie
können in der Mutter, im Ei oder in äußeren Einwirkungen gelegen
sein. Der drohende Abort (Blutungen. und Wehen) kann zurück-
gehen. durch Bettruhe, Opiate z. B. Tinct opii, 2stündlich 6 bis
‚Tropfen. Bei geringer Blutung tamponiere man nicht
5 eich, nur bei stärkerer, lasse aber die Tampons nicht länger als
£ Stunden liegen. Ist die Blutung sehr stark, mit bedrohlichem
C arakter, stopft man die Gaze (Vioform oder Jodoform) durch die
orvix in die Uterushöhle, wodurch die Wehentätigkeit gesteigert
(Fortsetzung aus Nr. 45.)
wird.) -Oft liegt dann das Ei in toto dahinter. Ist dies der Fall,
braucht man nicht in die Uterushöhle einzugehen. |
°) Besonders wenn die Gaze mit Glyzerin getränkt sind,
lst die Ausstoßung des Eies eine unvollständige, geben die
zurückgebliebenen Reste Anlaß zu Blutungen und müssen sie des-
halb entfernt werden. Ist der Cervikalkanal nicht ganz ‘erweitert,
dilatiere man ihn, um eine möglichst breite Curette zum Ausschaben
zu nehmen. Bei einem Abort im dritten bis vierten Monat, wo sich
schon eine Placenta gebildet und die Cervix für den Finger durch-
gängig ist, räumt man natürlich schonender und besser mit dem
Finger aus. Jetzt ist die Gefahrlosigkeit der Curettage, natürlich
bei vorsichtiger und nicht gewalttätiger Anwendung, feststehend.
Ja, ich glaube, daß dieselbe im 2.—3. Monat oft schonender für die
betreffende Frau ist und eher ohne Narkose gemacht werden kann,
als eine digitale Ausräumung. Bei letzterer bleibt leicht etwas
zurück, wenn man nicht hoch genug eingeht und sich nicht der
Uterus fest über den Finger herüberdrückt. Mit Recht wird wegen
der Perforationsgefahr vor Curette, Kornzange, Abortus-
zange gewarnt, aber ich hatte persönlich oft den Eindruck, daß
mit einer Abortuszange viel scohonender und rascher operiert
werden kann; jedenfalls lassen sich abgelöste Stückchen und Fetzen
damit am leichtesten entfernen. Man muß stets genau über die
Lage des Uterus orientiert sein, ob Anteflexio oder Retroflexio: der
Üervixkanal muß genügend erweitert sein, sonst dilatiere man, aber
auch ohne Anwendung von Gewalt, Anstalt der gewöhnlich
.
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. 1660 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
gebräuchlichen Dilatatoren hat kürzlich Kaiser (Dresden) einen Satz
von 22 Nummern konstruiert, um den Übergang von einer zur anderen
Nummer sehr gering zu gestalten; er macht sie nur 8 cm lang, zur
Vermeidung der Perforationsgefahr, sowie aus Glas, wodurch sie nur
-tio der Metall-Dilatatoren kosten. Bei 'Unvorsichtigkeit könnte
aber doch einmal eine Perforation entstehen, am sichersten ist wohl
Döderleins breiter flacher Schutzring, der am Dilatator etwa 8 em
von der Spitze angebracht ist. Man sei besonders vorsichtig, wenn |
. der Eingriff einige Wochen nach dem Abort gemacht wird, wenn
. die Muskulatur, weich und verfettet, noch nicht ganz zurückgebildet
ist, Bei Erkennen oder Verdacht auf Perforation ist so-
fort ein Fachmann hinzuzuziehen, die eventuell nötige
. Operation kann bei Verzögerung todbringend sein. Bei
rechtzeitiger Erkennung ist meist Rettung möglich. Bekannt ist ja
der Fall B., der seinerzeit großes Aufsehen machte, wo der be-
treffende Arzt bei einer Ausschabung drei Perforationen des Uterus
gemacht und darauf noch Eisenchlorid eingespritzt hatte. Daß da.
natürlich die Patientin zu Grunde ging, wird niemand Wunder
nehmen. 1922 hatte sogar ein Arzt viermal den Uterus perforiert,
weil er den neben dem Uterus liegenden kleinen Ovarialtumor noch
‚zum Uterus gehörend erächtete, und eine Schwangerschaft ange-
- nommen hatte, die nicht bestand. Er muß freilich mit besonderer
. Gewalt vorgegangen sein. Es sollen auch Perforationen beim Aus-
räumen mit dem Finger entstehen können, mir ist ein derartiges
Unglück nie vorgekommen; es sind in der Literatur. aber Fälle von
. Martin veröffentlicht. Sonst wird eine Perforation im nicht puer-
peralen Zustande leicht entstehen können bei sarkomatös, karzińo-
matös oder durch ein malignes Deziduom veränderter Uterus-
muskulatur. Gerichtlich entschuldar sind also in gewissen Fällen
` derartige Durchbohrungen, bei einem normalen extrapuerperalen
' Uterus darf sie aber nicht passieren, und zeugen dann von kolossaler
: Gewalttätigkeit des Vorgehens oder Unerfahrenheit. . Ein Kunstfehler
‘ist es aber immer, und man kann gerichtlich bestraft werden, wenn
wian eine gemachte Perforation nicht merkt, Dünndarm herauszieht
' und abschneidet oder noch hinterher eine differente Flüssigkeit ein-
- spritzt. Ich wiederhole nochmals: Die digitale Ausräumung nach
dem 3. Monat ist für den weniger Geübten die schonendste Methode,
hierzu ist aber Narkose nötig; sollte man sich davon überzeugt
haben, daß nicht alles herausgekommen ist, hole man dasselbe mit
einer möglichst breiten Curette heraus. Der Gewandtere, welcher
mehr im Uterus zu Hause ist, kann die Abortzange benutzen und
nachher mit dem Finger kontrollieren. Die Abortzange wird bis zum
Fundus vorgeschoben, dann, nachdem etwas zurückgezogen, langsam
- möglichst weit geöffnet. Nachdem das Instrument etwas gedreht ist,
“wird es geschlossen und unter Drehen langsam nach außen gezogen.
' Hat man sich überzeugt, daß alles entfernt ist, spüle man mit
1°/,iger Lysollösung unter geringem Drucke bei äußerer Kontrolle des
Uterus denselben aus. Einige spülen überhaupt nicht aus
und wischen nur den Uterus nach der Ausräumung mit
Jodtinktur aus. Bei stärkerer Blutung mache man eine feste
Tamponade mit Vioform- oder . Jodoformgaze. Diese Tamponade
' möchte ich besonders dem Landarzt empfehlen, er ist auf diese Art
am besten gegen Nachblutung geschützt; die Tamponade muß aber
richtig gemacht werden, das heißt, die Gaze müssen hoch nach oben
. kommen und fest zusammenliegen. Die Scheide selbst kann lockerer
_tamponiert werden. Die Gaze können gut 1—2 Tage liegen bleiben;
tritt aber Temperaturerhöhung auf, was eigentlich nicht vorkommen
sollte, müssen sie sofort entfernt werden. RE
Der fieberhafte Abort. Seit 1911 besteht der Streit über die
- richtige Behandlung des fieberhaften Abortes, als Winter vorschlug,
auf hämolytische Streptokokken zu untersuchen; wenn solche sich
"finden, sollte man nicht den Uterus ausräumen. Wer bakteriölogisch |
nicht untersuchen kann oder Gelegenheit dazu nicht hat, soll die
_ Ausräumung im fieberhaften Stadium: unterlassen und sie erst 4 bis
5 Tage nach der Enifieberung- vornehmen. Die spontane Aus-
` stoßung sei unter Mithilfe von Chinin zu erstreben. Man solle sich
durch Blutungen nicht zu einer übereiligen Ausräumung verleiten
‚lassen. Komplizierte Aborte dürften 'nicht ausgeräumt werden. ` Die
stumpfe Curette schiene -der manuellen Ausräumung überlegen zu
sein. Auf dem Gynäkologenkongreß 1923 wurde auch darüber dis- .
kutiert, absolute Einigkeit ist noch nicht da. Sehr instruktiv sprach
Döderlein: „Mir scheint das ganze Problem der Abortbehandlung
falsch aufgefaßt, wenn man für die Behandlung fieberhaiter Aborte
. konservativ und aktiv einfach in Gegensatz stellt. Unter fieberhaften
Abort fallen ganz verschiedene Dinge zusammen, man hat dabei die
klinische Diagnose mehr ins Auge zu fassen und den einzelnen Fall
für sich zu betrachten. Also z. B. Peritonitis, parametritisches Ex-
sudat, infiziertes Ei ohne weitere Komplikationen trennen und ganz
verschieden behandeln. Außerdem entscheidet vor allem die Weite
des Muttermundes, die wichtiger für die Therapie ist, als bakterio-
logische Feststellung. Es wird doch niemand einfallen, ein im
geöffneten Muttermund liegendes faules Ei auch nur eine Stunde
sofort zu vervollkommnen. . Anders ist es bei drohendem Abort mit
‚geschlossenem Muttermund. Bei dieser alten Scheidung erledigt sich
' die Technik der Ausräumung. Die jetzige Richtung, alles auf
die Bakteriologie ankommen zu lassen, scheint mir ver-
fehlt.“ Bei diesem Streit der Meinungen ist es für den praktischen
Arzt draußen schwer, in jedem Fall das Richtige zu treffen. Am
besten wird er sich schützen, ‘wenn 'er die weitere Behandlung eines
kann er zum direkten Eingreifen gezwungen werden, aber er wird
auch eingreifen müssen, wenn, wie Döderlein sagt, der Mutter-
fernen ist. Besteht ein putrider Abort, das heißt, hat eine
Zersetzung der schon zum Teil gelösten Eiteile allmählich statt-
gefunden, so’ hört auch meist mit der Entfernung dieser Partien das
Schüttelfrost eine Temperaturerhöhung oft. bis über 40 Grad ein,
dann kommen normale Temperaturen und es folgt Genesung,
Anders steht es mit dem septischen Abort. Hier ist ent-
treibungsversuch gemacht ‚worden, es besteht zunächst nur geringes
des Muttermundes vorhanden. . Nur unter starker Dehnung kann
ausgeschabt werden. Die Ausschabung macht große Mühe und roft
oft frische Verletzungen hervor, die Gefahr des Zurückbleibens von
Resten besteht meistens.
"Arzt hat nicht die. Gelegenheit, bakteriologische Untersuchungen
vornehmen zu lassen, um zu wissen, ob hämolytische Streptokokken
vorhanden sind. Die meisten Frauen werden auch in ihrer Wohnung
nie so lange im Bett ruhig liegen bleiben, als der Arzt es für ihren.
fieberhaften Zustand anordnet; auch paßt es den meisten Ehemännern
nicht, daß ihre Frauen so lange unbehandelt bleiben.
. würden also doch im fieberhaften Zustande die Bettruhe nicht strikte
einhalten und. dadurch wesentlich ihren Zustand gefährden. Der
Kostenpunkt der längeren Krankheitsdauer und der entstehende
'Arbeitsausfall spielen hier eine zu große Rolle. Aus diesen Gründe
rate ich dem praktischen Arzt von der exspektativen Methode ab,
immer vorausgesetzt, daß er kein Krankenhaus hat oder gleich die
Patientin. in solches überführt. Der Arzt im Krankenhaus kam
im Hause meist nicht möglich. Man kann daher dem prakti-
schen Arzt nur empfehlen, sich der aktiven Methode zur
Entfernung beim fieberhaften Abort zu bedienen, voraus-
gesetzt, daß die Operation in schonender Weise erfolgen
kann und keine Komplikationen vorhanden. Ist der Mutter-
mund resp. Cervikalkanal nicht genügend erweitert, so dehne er ihn
‚ langsam, um mit einer breiten Curette. die. retinierten Massen austi-
| schaben. Ich habe stets, der Empfehlung Kaltenbachs folgend,
nach: der Ausspülung und Austrocknung’ des Uterus mit Jod-
tinktur (Tinct. jodi fortior) ausgepinselt. Das Jod dringt I
die Tiefe der Gewebe ein.. Um alles recht schonend zu machen,
mache man alles im Neugebauerschen Speculum (doppeltes
-selbsthaltendes Speculum); hake mit Häkchen oder Kugelzang® die
Portio an und ziehe nicht zu stark nach unten. Im 8. und
.4. Monat ist die Ausräumung mit dem Finger. vorzuziehen. Vor
Ausräumung oder Ausschabung septischer Aborte empfiehlt es sich,
ganz besonders auch die Uterushöhle mit (desinfizierender Flüssigkeit
"auszuspülen und nach Entfernung der retinierten Massen e8 noch:
mals zu tun. Ich weiß sehr wohl, daß eine vollständige Desinfektion
der Uterushöhle ein Ding der Unmöglichkeit ist, aber der Rap
wird mit einer geringeren Menge Bakterien eher fertig, ‚als mi
größerer. lst ein Abort im 5.—6. Monat auszuräumen, SO atelie
sich sehr große Schwierigkeiten entgegen, denn oft reicht man sa
2 Fingern nicht an die Placentarstelle heran. Es können da lele
‚größere Massen zurückgelassen werden, deshalb verhalte =
‘sich hier möglichst abwartend und gebe ein Sekaleprāpar
Diese Eingriffe sind nur in Narkose zu machen
man sich in derselben den Uterus am besten entgegel'
| drücken kann.
28. November #
länger liegen zu lassen. Ein solcher im Gang befindlicher Abort ist |
|. derartigen Aborts mit Fieber ablehnt und die Patientin einem
Spezialisten oder der Klinik überweist. Nur bei starker Blutung
mund genügend erweitert ist und:das Ei leicht zu ont-
- Fieber auf. In solchen Fällen tritt nach der Ausräumung unter |
weder mit einem unreinen Instrument (Stricknadel usw.) ein Ab-
Fieber, es blutet wenig und es ist noch keine oder sehr geringe Öffnung
Der draußen, auf dem Lande wohnende
Viele Fraum
. immer noch in der höchsten Not eingreifen, was bei einer Behandlung
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93. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47, we ET
Beim sogenannten komplizierten Abort, das heißt, wenn
eine transuterine Infektion (Exsudat) sich gezeigt, rate ich in jedem
. Falle, von einem Eingreifen abzustehen, nur wenn eine starke
Blutung auftritt, müßte ausnahmsweise eingegriffen werden. Am
besten eignet sich ein solcher Fall für ein Krankenhaus, wenn nicht
ein erfahrener Spezialist dio Behandlung im Hause übernehmen
will. Ich fasse nochmals zusammen: Nach meiner Ansicht bin ich
beim fieberhaften Abort für das aktive Verfahren, wenn es angängig
ist, es hat jedenfalls den Vorzug eines kürzeren Krankenlagers. Je
rascher der Uterus entleert wird, um so rascher kann auch eine Er-
holung der Patientin eintreten, immer natürlich vorausgesetzt, daß
in schonender Weise die Entfernung der infizierten Massen geschieht.
Über die in den letzten Jahren besonders von Lindig eingeführte
und sehr empfohlene Proteinkörpertherapie zur Protoplasma-
aktivierung fehlt mir persönlich Erfahrung, Schaden ist mit der
Proteinkörpertherapie nie erfolgt. | |
Der künstliche Abort. Bevor man sich zu diesem Eingriff
entschließt, soll man versuchen, die Schwangerschaftskomplikation
in Behandlung zu ‘nehmen, und immer in erster Linie versuchen,
die Schwangerschaft selbst zu erhalten. Erst wenn alles nichts nützt
und der Zustand sich zusehends verschlimmert, ist der Gedanke der
Unterbrechung in Erwägung zu ziehen. Es ‚empfiehlt sichin solchen
Fällen, wo selten zu große Eile nötig ist, einen: erfahrenen Fach-
mann hinzuzuziehen. Allgemeine Regeln lassen sich hier nicht gut
anstellen, es muß von Fall zu Fall entschieden werden. Es wird
mit Recht vor dem häufigen Einleiten des künstlichen Aborts- ge-
warnt, besonders ist dies in der jetzigen Zeit am Platze. Ganz aus-.
zuschalten wird der künstliche Abort nicht sein, aber es muß immer
wieder gewarnt werden, denselben leichtfertig auszuführen; er müßte’
zu den seltensten operativen Eingriffen gehören. Nach § 218 des’
Strafgesetzbuches ist der künstliche Abort nicht erlaubt, andererseits
ist man aber durch $ 222 geschützt, wo steht: „Wer fahrlässig
: handelt, und dadurch den Tod eines Menschen bewirkt, wird mit
Gefängnis bis zu 3 Jahren bestraft.“ Es ist also durch § 222 ein -
künstlicher Abort erlaubt, geradezu geboten, wenn ohne den Eingriff
die Frau sterben würde. Es sollte aber kein Arzt allein einen
künstlichen Abort einleiten. Am besten ist es, eine schriftliche
Begründung niederzulegen; Fehling forderte das Votum von
zwei Ärzten und Übereinstimmung in der Indikation. In 'letzier
Zeit stellt C. H. Stratz den Antrag, daß der künstliche Abort auf
Fachmann und Klinik beschränkt wird. Dem ist voll und ganz bei-
| (Fortsetzung folgt.) a
zustimmen.
Referatenteil
| | unter besonderer Mitwirkung von i Br
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. H. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H.Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Grāff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geb.- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
A bik r f . s 3 i ; j dmann, Berlin-
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal Therapie), Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nor n, B
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
| geleitet von Dr. Waller Wolff, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
| Sammelreferat.
=
` Aus dem Pathologischen Museum der Universität Berlin. .
Einiges Neuere aus dem Gebiete der Parasitologie,
tropischen Pathologie und Hygiene.
Von H. Ziemann.
Malaria.
Für die Geschichte der Malaria in Deutschland interessant
ist R. Müllers (1923) Mitteilung. Hiernach hätte in der nieder-
rheinischen Stadt Jülich das Wechselfieber im Anfange des 19. Jahr-
hunderts stark geherrscht, eingeschleppt durch die aus allen Welt-
teilen kommenden französischen Truppen. Es wurde Tertiana, Quar-
tana und perniziöse Form beobachtet.. Besonders schwere Malaria-
jahre 1827 und 1832—37.
- Malaria und die biologischen Untersuchungsmethoden..
Hier ist sehr wertvoll die Arbeit von Businko und Foltz (1924).
Die Autoren geben zunächst eine recht wertvolle Übersicht über die
' früheren Angaben von positiver Wa.R. bei Malaria.
Während Bonfiglio und Medier bis 79 0%, Schüffner bis
80 °/, positive Wa.R, beschrieben, hatten andere u: oder keine,
z.B, Rizzi, Ferranini, Iyengar, der bei 98 Malarikern nur 7 9/9
Wirklichkeit aber um Lues handelte.
wischen diesen beiden Extremen ‘stehen Angaben von 6,1 positiv
(Thomson und Milz) 8,7 (De Blasi), 16 °% (Ferranini, Gioseffi),
18 0% (Gasparini), 25 0 o (Böhm), 38,6 %/ (De Haan), 48 °% (Baerman
Wetter), 0°;, es und Kop), 57 °/, (Sho) .usw.; während
Einige bei den chronischen Fällen die Wa.R. negativ fanden, ergaben
sich bei anderen auch dann positive Resultate. Heinemann berichtet,
zuweilen positive Flockung mit der Methode von Sachs-Georgi und
Meineke erzielt zu haben, die aber nicht spezifischer Natur waren.
'Salvioli hatte bei einigen Fällen reiner Malaria während des Fiebers
eine' schwache positive Wa.R:, dagegen bei 50 %, dieser Fälle eine un-
S ezifische Flockung. Er kam zu dem Schluß, daß Serum von fiebernden
alarikern, die außer der Komplementablenkung thermostabile Flockung
‚zeigen, Syphilitiker sind.
| Bei ihren eigenen Untersuchungen verfolgten Businco und
Foltz die Originalmethode von Wassermann, unter Anwendung von
3 Antigenen, oft von 5. Für den Sachs-Georgi und den Meineke
verwandten sie 2 Extrakte von der Hirsch-Apotheke Frankfurt a/Main.
lle Kranken leugneten, jemals an Lues erkrankt gewesen zu sein.
Bei 19 Tertianakranken (mit aktiver Malaria) hatten sie l4mal
aaa,
| negativen Wa., einmal positiven mit 2 Extrakten (Leberextrakt von.
syphilitischer Frucht), dagegen negativen mit Malariamilzextrakt
und Flockung. In 3 Fällen hatten sie eine spontane Ablenkung
mit negativem S.G. und M. In 22 Fällen von Perniciosa activa
hatten sie in 16 Fällen mit Wa.M. und S.G. negativen Erfolg. In -
2 Fällen, bei Anwendung von 3 Antigenen (Ochsenherz, syphilitischer.
‚Leber, Malariamilz) batten sie positiven Wa. und. auch. posi-
tiven M. und S.G. auch nach der Kur mit Chinin und nach Ver-,
schwinden der Parasiten. In 4 Fällen schwach positiver Wa., aber.
nur bei syphilitischem Leberextrakt, dagegen negativen M. und S.G..
Bei 4 Fällen von Quartana ergaben 2 negativen Wa.
Den Malariatod behandelt Seyfarth (1924). |
.S. verfügte innerhalb '2°/, Jahren im thrazischen Küstenstrich
am Agäischen Meer über mehr als 500 Malariatodesfälle mit 208
Sektionen. Der Tod kann eintreten im akuten,. im chronischen und
, č
im kachektischen Stadium, wobei natürlich die komplizierenden
Erkrankungen auszuschalten sind. Im akuten Stadium erfolgt der
Tod am häufigsten bei Perniziosainfektion. .
S. unterscheidet 7 Formen des Malariatodes: 1. die septi-
kämische Form (etwa 30 °/, aller Malariatodesfälle, bedingt durch.
die Schwere und Massenhaftigkeit der Infektion, die zu Koma und
Herzschwäche führen, Pigmentierung der Organe gering oder fehlt); .-
2. die zerebrale Form (etwa 55 aller Malariatodesfälle. Bei der,
Sektion ungeheure Parasiten- und Pigmentmengen in den Gehirn-
kapillaren, im peripheren Blut oft wenige Formen); 3. die kardiale
‚Form (etwa 14°/,), Tod entweder durch Verstopfung der Koronar-
gefäße mit Parasiten und Pigment oder allein durch toxische
Wirkung; 4. die renale Form (etwa 1°0/ Klinisch unter dem
Bilde einer schweren, akuten tubulär-glomerulären Nephritis);
5. suprarenale Form (sehr selten, mit Lokalisation der Parasiten.
in den Nebennieren); 6. die Pankreasform; 7. die Milzruptur.
Die erwähnten Formen können auch ineinander übergehen. Die
Todesursache infolge von. Herzmuskelschädigung ist verhältnismäßig
' häufig, während Dürck den akuten Malariatod immer als Gehirn-
. tod auffaßt. Mannigfaltig sind die Todesursachen bei der Malaria:
kachexie. Es ist dabei. schwierig, festzustellen, ob die Organ-
veränderungen unmittelbare Folge oder zufällige Komplikation der
Malariainfektion sind. Häufig bedingen Pfortaderthrombosen den
Tod, mitunter Amyloid. In etwa der Hälfte der Malariatodesfälle
sei der Tod im akuten und chronischen Stadium nicht der Malaria
allein, sondern auch sekundären Infektionen zuzurechnen. Häufige
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1662
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
23. November .
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Komplikationen sind Bronchopneumonien, Dysenterien, soptikämische
und pyämische Erkrankungen. |
„Path ologisch-anatomisch interessant ist eine weitere
Arbeit Seyfarths (1924). |
N Seyfarth verlangt bei jedem malariaverdächtigen Sektionsfall
Abstriche und dicke Tropfenpräparate vom Herzen, aus den Gehirn-
arterien, Milz, Arterie und Vene und Pfortader. Auch nach Seyfarth
findet man 10 bis 20 Stunden nach dem Tode in den Gehirnkapillaren
fast nur Sporulationsformen (unmittelbar nach dem Tode kleine Per-
niziosaringe und erwachsene Scheibchen, sowie fertige Sporulations-
formen). Es findet also eine Weiterentwicklung statt, Für die histo-
logische Untersuchung ist Formolkonservierung nicht geeignet.
Auch bei Quartana und bei Tertiana ist der Befund in inneren
‚Organen gegenüber dem im peripheren Blute zuweilen verschieden.
(So fanden Leger und Ryckewaert 1917 in einer Quartanaleiche
im peripheren Blut nur wenige Parasiten,
viele im Knochenmark
und in den Kapillaren des Herzmuskels, sehr wenige in Milz, Nieren,
Leber und Lunge. Immerhin sind Anhäufungen von Parasiten in
inneren Organen bei Tertiana und Quartana selten.
Miller 1920 wollen vielfach auch gut erhaltene scheibchenförmige
Perniziosaparasiten in dem undilferenzierten -Protoplasma um den
Kern der Herzmuskelfibrillen und im fibrösen Gewebe der Milz-
trabekel gefunden haben. Nach diesen Autoren sollen in diesen
Geweben wie auch in den Sternzellen (Milz, Leber), ganz besonders
aber in den glatten und quergestreiften Muskelfasern die sogenannten
Latenzformen der Malariaparasiten zu finden sein. Auch Seyfarth
fand Malariapigment nie in den Parenchymzellen der Leber, wohl
. aber in den Blutgefäßendothelien bzw. retikulo-endothelialen Zellen,
besonders in Milz, Knochenmark und: Leber. In den akutesten
Fällen findet sich zumeist nur geringe Pigmentierung. Bei den
älteren chronischen Malariafällen ist die Pigmentanhäufung geringer
als bei den etwas weniger alten, ©
des Pigments erfolgt. Die Hämatinnatur des Malariapigments läßt
sich voraussichtlich nicht aufrecht erhalten. Ob die stark vermehrte
Eisenausscheidung im Urin und in den Fäzes Malariakranker außer
auf die Zerstörung der r.Bl. auf den Abbau des Malariapigments
zurückzuführen ist, müssen weitere Untersuchungen lehren. Der
negative Befund von Malariapigment beweist nicht, daß Malaria nicht
vorgelegen. | i a
~ Die sehr wichtige Frage des M alariaindex erörtert R. Mar-
tini 1924. Der von E. Martini erwähnte absolute Index, gefunden
durch die Summierung von Milz- ‘und Parasitenindex, der. von
E. Martini Leger 1917 zugeschrieben wird, ist von Referent be-
reits 1917 in der 2. Ausgabe seiner Monographie erwähnt worden.
M. beweist nun, daß auch der absolute Index noch Fehlerquellen
zeigt, und berechnet als wahrscheinlichen Index der wirklich vor-
handenen- Keimträgerzahl die Zahl aus dem Produkt der. positiven
Milzbefunde X Zahl der positiven Blutbefunde dividiert durch die
Zahl der positiven Milz- und Blutbefunde X der Gesamtzahl der
Untersuchten. Z. B. kann unter Umständen der absolute Index
54 pro fo, der wirkliche Index bis 99 0/, betragen. Jedenfalls
sollte man bei jeder Indexangabe mitteilen die absolute Zahl der
auf Milz und Blut Untersuchten, die absolute Zahl der positiven
Milz- und der positiven Blutbefunde und die absolute Zahl der
gleichzeitig positiven Milz- und Blutbefunde. Bei der Milzbestimmung
soll man nur die wirklich deutlich fühlbaren Milzen berücksich-
tigen. Erst wenn das Verständnis für die Ursachen der verschie-
denen Beziehungen zwischen Milz- und Blutparasitenindex, Roßschem
Index usw. vorliegt, wird sich auch einigermaßen sicher beurteilen
lassen, mit welcher Annäherung der oben besprochene errechnete
Malariaindex der wirklichen Infektion der Bevölkerung unter ver-
schiedenen Verhältnissen entspricht. l
Van' den Branden und van Hoof (1923) fanden in Leopold-
ville, Kongogebiet, bei 340 Kindern unter 12 Jahren einen Blutindex
von 73 %/,, aber bei 431 Kindern nur 1 Gametenträger. Walch konnte
an Sumatras Ostküste bei Sektionen von 3600 Anophelinen einen durch-
schnittlichen Infektionsindex von 12 9/,. finden. Überträger An. sinensis.
Offene Büffelställe zeigten sich dort zur Ableitung der Ano-
helinen von dem Menschen ausgezeichnet geeignet. Zu
ähnlichen Resultaten kam de Rook. l
Therapeutisch seien bier die Arbeiten von Léger und
Bédier 1923 und von Stradomsky erwähnt. Auch Léger und
Bédier (1923) betonen die Wirksamkeit des Chinins auf das intra-
globuläre Stadium . der Parasiten, was Referent bei Tertiana schon
immer betont hat. Auch nach Stradomsky (1923) führt keine
einzige Methode der Malariabekämpfung absolut sicher zum Ziele.
Mindestens muß man sein Krankenmaterial 1 Jahr genau beob-
und Störungen des Verdauungstraktus.
(Gascellund
da .bereits-ein allmählicher Abbau
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(Bei
sich in solchem Falle um Impfmaterial handelte,
zweiten Infektionen verliefen aber, namentlich, wenn sie
achten können. Tertianakranke, die im Herbst eine Serie von intra-
venösen Chinininjektionen erhielten, ergaben nach 300 Tagen 82 %/,
Rezidive und nur 18 °/, rezidivfreie Fälle, während nach einem
Monate nur .12 °/, rezidiviert hatten. Die Verablolgung des Chinins
per os oder intravenös, auch die Kombination führte zu gleichen
Resultaten. Auch die Kombination von Chinin mit Neosalvarsan
schützte nicht vor Rezidiven. Methylenblau wies dieselben Resultate
auf in Verbindung mit Chinin wie die reine Chininbehandlung ().
Endovenöse Injektionen waren indiziert bei Koma, starkem Erbrechen
Endovenöse Injektionen
wirken beim Coupieren eines Anfalles schneller und crfordern ein
‘geringeres Quantum Chinin. Entscheidend ist nicht für den End-
erfolg die Menge des Chinins, sondern die Dauer der Behandlung.
Bei Tertiana, die im Frühling und Sommer einsetzt, soll man
die Behandlung bis zum Beginn‘ der kalten Witterung durchführen,
dann bis zur.Saison der Rezidive unterbrechen, um dann wieder für
2_3 Monate zu behandeln. Bei Perniziosa soll die Behandlung 3 bis
4 Monate dauern. Am zweckmäßigsten wäre es, das Chinin 1 Tag
vor und am erwarteten Rezidivtage zu geben. Die Adrenalininjektionen
“wären unfähig, einen Anfall zu provozieren, sollen aber wesentlich das
- Auffinden der Parasiten im Blute,
besonders der tropischen Gameten,
erleichtern? Ref. hat noch vor kurzem vor Adrenalininjektionen wegen
eventueller schwerer Folgen gewarnt. ;
Für die Beziehungen von Malaria zur progressiven
Paralyse ergibt neue Aufschlüsse die Arbeit von Mühlens. und
Kirschbaum (1924).
Die unmittelbaren intravenösen Injektionen
von 1/, bis 2 cem Blut führen am schnellsten zur Infektion. Indes
erwies sich auch die subkutane von 2—4 ccm als ebenso sicher.
Meist wurde das Malariablut von der Einstichstelle aus in mehreren
Richtungen unter der Haut verteilt.
Für die Versendung des Malariablutes war Dextrosezusatz nicht
nötig. Das Blut hielt sich auch’ bei gewöhnlichem Postversand (5—200 0)
bis zu 24 Stunden, eventuell noch länger infektiös. Auch auf Eis er-
halten sich die Parasiten lange infektiös, z. B: die von Tertiana, die
1929—75 Stunden bei 3° C auf Eis und bei 0—3° im Freien gestanden
hatten. Für die Behandlung eignet sich am besten Tertianablut. Die
Quartanaparasiten waren meist weniger sicher durch Chinin zu beein-
flussen, noch weniger die Perniziosaparasiten, die nicht selten eine
ungeheure Überschwemmung des peripheren Blutes bedingten. Man
soll daher nur reine Tertianastämme verwenden, nur kräftige Indivi-
duen impfen und das Blut dauernd kontrollieren. Die Inkubation
einbar oft weniger von der überimpiten Parasiten-
menge ab, als von der Empfänglichkeit des Impflings.
allgemeinen schwankte das Inkubationsstadium zwischen 3 bis 12 Tagen.
Quartana einmal 50 Tage). Blut von Tertiana duplicata konnte
bei einem Patienten wieder T. duplicata, beim anderen nur T. simplex
erzeugen. Vor den typischen Anfällen mit Schüttelfrost gingen oft
unregelmäßige Tertianasteigerungen (37,5 bis 38,5) voraus. Bei schnell
eintretender Anämie und bei schnell zunehmenden Parasitenmengen
muß man die Kur unterbrechen. Zuweilen verliefen selbst durch
enormen Parasitenreichtum ausgezeichnete Perniziosalormen klinisch
scheinbar relativ leicht. (Es wäre wünschenswert, zu erfahren, ob ès
welches bereits viele
menschliche Passagen hintereinander 'erlebt hatte (Ref.) Einmal zeigten
sich im Laufe der Infektion und zweimal nach Einleitung der Chinin
"behandlung tödliche profuse Blutungen aus allen Schleimhäuten (meist
‚bei vorher schon marantischen Individuen). Ein Übergang einer Para-
sitenart in die andere ließ sich niemals feststellen. Auch im Winter
ließen sich bei allen Perniziosafällen stets Halbmonde nachweisen. Nicht
ganz selten wurden auch Übergänge zwischen Ringen und Halbmonden
| gesehn; weibliche erwachsene Gameten waren wesentlich häufiger als
ie männlichen Ein Stamm ohne Gametenbildung, wie ihn neuerdings
Plehn beobachtet haben will, wurde niemals beobachtet. In einem
Falle zeigte sich schon 48 Stunden nach subkutaner Impfung von d com
Tertianablut ein Be Anfall. Tenue-Formen wurden bei Pernizios2
mehrfach am Rande der Ausstriche festgestellt. Die Schüffner-Tüpfe-
lung und’ die Maurer-Fleckung ‘waren sehr von der Färbung und not
anderen, unbekannten Faktoren abhängig. Selbst bei Quartana konnte
die Parasitenzahl außerordentlich stark werden. Parasiten zeigten sl
(außer Halbmonden) in den Kapillaren innerer Organe und im Gehirn
pur, wenn es noch zu keiner genügenden Chininbehandlung gekommen
war. Reinfektionen gelangen in einer größeren Anzahl der Fülle. Die
bald nach
der ersten erfolgten, stets leichter. Bei wiederholter Infektion mit
derselben Parasitenart schien sich eine relative Giftimmunität gegen
' dieselbe Parasitenart herauszubilden; aber nicht gegen die anderen
Arten. Mitunter gelang die Infektion erst nach dem 2. oder 3. Ver-
such, einmal erst nach dem 5, Bei kräftigen Individuen ließ man 6
meist zu 8—12 Anfällen kommen, dann kam die 1. Chinindosis, 18
intramuskulär und darauf einige weitere Tage weiter täglich 1 gy W3
in den meisten Fällen genügte. Bei Quartana und Perniziosa dauerte
es meist es-t (auch leichter Rezidive). Bei Impitertiana war
zidivneigung bei der obenerwähnten Behandlung unbekannt. Auch
| 23: November
andere Autoren sahen diese schnelle Heilbarkeit der künstlichen
Tertiana. (Nach Ansicht des Referenten dürfte hier ev. die lange.
Woreaztebtani, der Parasiten ohne Zwischenschieben des Sporogonie-
stadiums eine Rolle spielen‘) Im defibrinierten Tertianablut, versetzt
zu gleichen Teilen mit Chininkochsalzlösung 1:5000, waren die Para-
siten noch nach 2 Stunden nicht abgetötet. 2 ccm defibriniertes Ter-
tianablut, versetzt mit 2 ccm Ch. hydrochl., 1 g auf 5000 g 0,9/,iger
NaCl-Lösung, 12 Stunden bei 37° C aufbewahrt und dann subkutan
injiziert, bedingte zweimal typische Tertiana. Auch Zusatz von Neo-
sehen in bestimmten Mengen verhinderte einige Male nicht ein
positives Resultat. ‘Die Autoren sprechen sich daher, wie Ziemann
schon vor Jahren ‘angenommen, für eine indirekte Wirkung des
. Chinins aus.
Proph ylaxe. Bezüglich amerikanischer Anophelinen ver-
weise ich auf den Bestimmungsschlüssel Roots (1922).
Mikrothan dient nach Grassi (1924) zur Bekämpfung der er-
wachsenen Mücken, indem man mit einer gewöhnlichen Obstbaum-
spritze unter einem Druck von 3—4 Atmosphären in 5°/,iger Lösung
‚verspritzt. Das Mikrothan hat einen angenehmen Gerach und zieht
die Mücken wieder an, während z. B. durch Petroleum die Mücken
Au den Tierställen in die menschlichen Wohnungen vertrieben werden
Önnen.
Larviol wurde in Menge von 15 g pro Quadratmeter Wasser-
oberfläche mit einer Spritze oder einem großen Mauerpinsel verteilt.
Die Verteilung auf der Wasseroberfläche war sehr gleichmäßig, die
Abtötung der Eier, Larven und Nymphen eine sehr schnelle. Das
Larviol verdunstet auch langsamer, ist auch weniger brennbar wie
Petroleum. Bei sehr niedrigem Wasserstande können unter Umständen
die Fische zugrundegehen.
Sanierung durch Bekämpfung einzelner Anophelinen-
arten. Rodenwaldt schildert, wie das bereits vonMalcolmWatson
praktisch durchgeführte Prinzip in Niederländisch Indien zur glän-
zenden Durchführung gelangte, speziell unter Zusammenwirken des
Verwaltungsmediziners de Vogel, des Tropenhygienikers Schüffner
"und des Zoologen Swellengrebel. Der Kampf richtet sich also
gegen die Larven und gegen die Imagines, die für eine Malaria-
gegend als Überträger in Frage kommen. Von den 28 Anophelinen-
arten in Niederländisch Indien sind sichere Malariaübertrager Myzo-
myia ludlowi und aconita und Myzorrhynchus sinensis, besonders
der erstere. Wahrscheinlich pathogen ist auch Myz. rossi und Nysso-
rhynchus maculatus und punctulatus. Zweifelhaft ist die Bedeutung
bei Myzorrhynchus umbrosus, Cellia kochii und Stethomyia aitkenii.
Für die Vorarbeit der Sanierung gehört Feststellung des natür-
lichen Infektionsindex der Anophelinen eines Ortes. (In der Regel
genügt die Oczystenbestinunung) 2. Die Feststellung des experimen-
tellen Infektionsindex; 3. Feststellung 'der Biologie der Anophelinen
bezüglich Lebensgewohnheiten, Ernährung, ob Menschen- oder Tierblut-
sauger, ob es sich um Haus- oder freilebende Anophelinen handelt,
oder ob sie sich im Hause nur zeitweise aufhalten, ferner ihr Ver-
‚halten gegen Feuchtigkeit, Winde, Flugweite, ferner Art und Beschaffen-
heit der Brutplätze und Entfernung von den menschlichen Wohnungen.
Wichtig ist auch, ob es sich um Anophelinen in Küsten-, Berg- oder
Hochlandsgebieten handelt, ob die Brutstellen im Sumpf, im Urwald
oder freien Gelände sind, ferner welche Feinde der Larven sich finden.
Nach R. sind die Anophelinen durchaus an die Grenzlinie
gebunden, die auch die Faunen und Floren großer Kontingente
scheiden, so daß manche Spezies nur wenige Seemeilen von’ ein-
ander getrennt leben. In einigen Gegenden gelten die Anophelinen
als Überträger, die es in anderen Gegenden nicht sind. In Nieder- `
ländisch Indien sind am besten bekannt die Bedingungen für.Myzo-
myia ludlowi. Bei massenhaftem Auftreten können an sich auch
weniger gefährliche Arten gefährlich werden, wie. z. B. Myzor-
rhynchus sinensis. Die in Malakka gefährlichen Myzorrhynchus
umbrosus und Nyssorhynchus maculatus spielen in Niederländisch
Indien kaum oder nur eine unbedeutende Rolle. Durch. genaue
Beachtung der Lebensbedingungen der Myzomyia ludlowi gelang es
so Rodenwaldt und Essed in Tandjong Priok die Malariamorbi-
dität außerordentlich zu vermindern, als sich herausstellte, daß
M. ludlowi in kleinen stagnierenden, stark verunreinigten : Wasser-
ansammlungen im Wohngelände selbst brütete. |
Die 3 Bedingungen waren für M. ludlowi erfüllt, Stagnation des
Wassers, Fäulnisprozesse und ein gewisser Salzgehalt. Der Parasiten-
index sank bei dem stabilen Teil der Bevölkerung, bei den Männern
von 25 auf 8,3 0/,, bei den Frauen von 32,5 auf 18,2 0/,, bei den Kindern
von 66,2 auf. 37,8 %/,. Die Petrolisierung erfolgte mit dem billigen so-
genannten Petroleumresidue.
Nach Lage der Dinge wäre dort eine allgemeine Ano-
phelesbekämpfung völlig unmöglich gewesen. Ein zweites Beispiel
der Speziessanierung unter spezieller Berücksichtigung von M. lud-
lowi ergab sich auf der Insel Alor, wo die Brutplätze unmittelbar
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
am Meeresstrande im Korallenkonglomerat unter Gras und. Busch
versteckt lagen und wegen der ebenen Lage des Terrains keine
Abwässerung nach See zu hatten. Nachdem man Zugang zur See
geschaffen, verschwand M. ludlowi. Viel schwieriger ist die Auf-
gabe, wenn. die Anophelinen auch nur teilweise und zeitweise im ©
strömenden Wasser brüten, wie z. B. bei M. aconita. ° >
Es zeigte sich aber, daß M. aconita nur gefährlich wird bei
schlecht kontrollierter Berieselung und wenn nach der Ernte wieder -
Wasser über.die Stoppeln läuft. Man muß daher die Reisfelder während
und nach der Ernte trocken fallen lassen. Ferner muß man die ge-..
ringe Flugweite von M. aconita aushützen, indem die Ansiedlungen
mindestens 500 m weit entfernt von den Brutplätzen sein müssen.
Durch große Drainagearbeiten wurde Sanierung von’ Sibolga (West-
küste von Sumatra) und die Einpolderung von Tjilatjap (Südküste von
Java) unter Berücksichtigung der Speziesbiologie erreicht. In anderen
Fällen muß man versuchen, zwischen den Forderungen der Hygiene
und der Wirtschaft die Diagonale zu ziehen. Im allgemeinen kommen
die Techniker erst bei großen Sanierungsarbeiten in Frage. Die Be-
kämpfungsmethoden mit Fischen haben sich meistens praktisch nicht
bewährt. Die Methode der Ableitung der Anophelinen auf Büffel wäre .
weiter zu erproben.
Am Schlusse des Kapitels „Malaria“ sei auch noch auf eine 3
äußerst wichtige historische Betrachtung des Altmeisters B. Grassi
über die Entdeckung der menschlichen Malariaübertragung ver-
wiesen. An der Hand kurzer historischer Notizen aus der Literatur `
wird dargetan, daß R. Roß zwar die Entwicklung des Proteosoma .
im Culex pipiens zur Darstellung gebracht hätte, daß er aber nicht
den Ruhm in Anspruch nehmen kann, einen entsprechenden Nach-
weis als Erster auch für die menschliche Malaria erbracht zu haben.
Dieser Nachweis wäre demnach von Grassi, der mit anderen Methoden
als Roß gearbeitet hatte, als Erstem erbracht. 'Es wird Gelegen-
heit sein, darüber an anderer Stelle noch ausführlicher zu sprechen.
Schon in meiner Monograpbie hatte ich auf die ungeheure Bedeutung -
der Grassischen glänzenden Untersuchungen hingewiesen, wo-
durch zweifellos allein nur dieAnophelinen als mögliche-
Malariaüberträger festgestellt wurden. Dadurch war aber
eine enorme Vereinfachung in der Bekämpfung der Malaria gegeben.
Ja, man kann sagen, daß praktisch dadurch erst eine Be-
kämpfung möglich war, da eine generelle Bekämpfung aller
Mücken in den Malariagegenden vielfach ganz unmöglich sein dürfte. . |
Dieses unsterbliche Verdienst Grassis für die ganze moderne Malaria-
forschung scharf und. klar zu betonen, ist eine Ehrenpflicht gegen-
über diesem genialen Italiener, der übrigens auch einer der wenigen
war, die sich im Kriege nicht von der Kriegspsychose gegen die er;
Boches und Hunnen beeinflussen ließ und tapfer und gerade seinen Ä
Weg weiter ging. |
| Schwarzwasserfieber.
Besonders erwähnt sei die Arbeit von Kritschewsky und. o
Muratoffa (1923), wonach lipoide Stoffe wie Lezithin, letzteres
schon in kleinsten Mengen, plus Chinin Hämölyse bedingen könnten.
Dabei verhielten sich die roten Blutkörper der einzelnen Menschen '
verschieden. Die Autoren führen das auf den verschiedenen Lipoid-.
gehalt, entweder im Stroma der roten Blutkörper oder im Blut-
serum zurück, der je nach den Lebensbedingungen schwanken. kann.
Bei dieser Betrachtungsweise könnten auch sekundäre Momente wie . .
klimatische Einflüsse usw. eine Rolle für den Lipoidstoffwechsel und
damit für die Hämolyse gewinnen.
Kligler (1923), wies bei Versuchen in vitro nach, daß Chinin ``
in Kombination mit Ochsengalle stärker wirkt als Chinin oder. © `
Ochsengalle allein. Kligler glaubt, daß bei einer. chronischen"
Malaria bei Zerfall der roten Blutkörperchen ein ähnlich hämolytisch
wirkender Faktor frei würde. Ich erwähne ferner Nocht und Keßler.
Die Organe eines an Schwarzwasserfieber ‚Verstorbenen wurden
steril entnommen und nun untersucht, wie der wäßrige Extrakt der
Milz, der Leber und der Nieren zusammen mit verschiedenen Chinin-
mengen, einmal mit, das andere Mal ohne Kohlensäure die roten Blut-
körperchen des Menschen beeinflußt, und ob in dieser Beziehung ein -
Unterschied zwischen den Organen des ‚Schwarzwasserfieberfalles und .
den ‚gleichen Organen anderer Leichen bestünde. Stephan und :
Ruszonyak hatten früher schon über die kohlensaure Hämolyse und `
die evtl. Beeinflussung durch Chinin Untersuchungen angestellt. - Be-
züglich der Tabellen sei auf.das Original verwiesen. Bei Zimmer-
temperatur trat unter Einwirkung von Kohlensäure erst bei einer,
Chininkonzentration von 1:485 nach mehr als 6 Stunden schwache `
Hämolyse auf. Schwarzwasserfieberextrakte hemmen diese schwache
Hämolyse, Bei 37° ähnliches Verhalten, wenigstens während der
ersten 6 Stunden. Schwärswasserficber Milzeziral |
den anderen Organen des Schwarzwasserfieberfalles wie auch gegenüber
den Organen gesunder Menschen auffallenderweise eine Herabsetzung
1663
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Ner. 41
der Chininhämolyse bei steigendem Chiningehalt, Die Kohlensäure
l er hierbei keine Rolle, er fördert die Kohlensäure die
ininhämolyse nicht. Das Serum zeigte stark hemmenden Einfluß
bei allen Hämolysen, besonders ikterisches Serum.
Zum Schluß sei noch verwiesen auf den Abschnitt
„Schwarzwasserfieber“ in. der Monographie Ziemanns.
(Vgl. weiter unten unter Monographieen). u
Kala-Azar.
Ich erwähne hier die Arbeiten von Foster (1924), Ray (1924),
Arkoleo (1924) und Adelheim (1924). | | u
Harnstoffstybamin wurde von Brahmachari 1922 eingeführt
und sollte nun unter den ungünstigeren Bedingungen auf den Pilanzungen,
"nicht in Hospitälern, seine Probe bestehen. Es kam nach Foster in
Pflanzungen von 1916 bis 1923 in 850 Fällen zur Verwendung. Die
Verabfolgung erfolgte intravenös 2—8mal wöchentlich. . Die Höhe
richtete sich je nach dem einzelnen Falle. Behandlung bis zu der
durch Milzpunktion erhärteten Heilung. Das Abschwellen der.Milz
erfolgte sehr schnell. Sehr ‚oft schwand das Fieber schon nach der
zweiten Injektion. Die Gesamtmenge der verabfolgten Medizin schwankte
von 0,41 bis 3,2 g. | |
| ~ _ Während normales Blut bei Hinzufügen von destilliertem Wasser
eine klare lackfarbene Flüssigkeit wird, zeigt das Blut von Kala-azar
nach Ray (1924) bei Zusatz von destilliertem Wasser eine deutlich
trübe Flüssigkeit. Schließlich setzt sich ein fleckiger Niederschlag zu
Boden, in welchem sich zahlreiche Blutschatten befinden. Es zeigte
sich nun, daß bei Kala-azar der Globulingehalt deutlich vermehrt ist.
Der Gesamtgehalt des Serums an Proteinen unterscheidet sich allerdings
nicht viel von dem in der Norm. Während in der Norm das Euglobulin
7—8°/, des gesamten Globulingehaltes ausmacht, steigt es bei Kala-azar |
auf 40 bis 50°/,. | Ä
einem mikroskopisch festgestellten Falle von Kala-azar
wurden von Arcoleo (1924) gegeben Bayer 205 0,1, nach 7 Tagen
0,3, dann nach je 7 Tagen 0,5, 0,6. Nach. 1 Monat begann das Fieber
nachzulassen und Milz- und Lebervergrößerung ebenfalls. 3 Tage nach
der 5. Injektion tatsächliche Heilung.
Adelheim (1924) berichtet von einem aus Turkestan ein-
geschleppten Falle von Kinder-Leishmaniosis, welcher nach Tartarus
stibiatus endovenös, später von Stibenyl, geheilt wurde. Im
Blute bei Beginn der Behandlung r.Bl. 2 290 000, w.Bl. 4100,
Hb. 40°/,. © Sehr geringe Poikilozytose und Anisozytose. Durch-
schnittlich zeigten sich 77°/, Lymphozyten und Verschiebung nach
links, keine Monozytose. In dem von der Familie mitgebrachten
Hunde zeigten sich ebenfalls Leishmanien. Wie weit in diesem
Falle die Beziehungen von Kinder- und Hunde-Leishmaniosis be-
standen, ließ sich leider nicht feststellen. |
Von den Hunde-Leishmanien wurden Kulturen angelegt und
durch subkutane Übertragung auf weiße Mäuse das Virus übertragen.
Bei den-weißen Mäusen Tod nach etwa 6 Monaten. Doch kommt auch
spontane Ausheilung vor. Manchmal kam es auch trotz subkutaner
Infektion nicht zur Erkrankung. Gesunde Mäuse konnten sich |
bei engem Zusammenleben mit infizierten Mäusen auch
spontan infizieren, Im Gegensatz zu derindischen Kala-azar
ist diese leichte Übertragbarkeit auf weiße Mäuse der
Turkestan-Leishmania bemerkenswert. Im Gegensatz zur
Leishmania infantum des Mittelmeeres konnten nicht nur Kinder bis
zu 4 Jahren infiziert werden, sondern auch jugendliche Erwachsene.
| (Schluß folgt.)
Bei Verwendung eines aus abgetöteten Tuberkelbazillen gewonnenen Impf-
' stoffes gelingt es, tuberkulosefreie Meerschweinchen tuberkulinempfindljch
zu machen. Es handelt sich um eine echte Allergie, die der Umstimmung
der Allergie des tuberkulösen Organismus entspricht. Nachbehandlung mit
Alttuberkulin kann diese künstliche Allergie ebenso steigern wie die Allergie
‚des tuberkulösen Organismus. Mit dieser Umstimmung ist bei der Ver.
wendung geeigneter Impfstoffe beim Tier eine deutliche Schutzwirkung
: gegen die Infektion ‚verbunden. Auch bei Säuglingen gelingt es, durch
eine einmalige intrakutane Injektion des.Impfstoffs 147 eine viele Monate
anhaltende Tuberkulinempfindlichkeit mit Sicherheit hervorzurufen. Damit
ist zum erstenmal die künstliche Sensibilisierung mit abgetöteten Tuberkel-
bazilten beim Menschen gelungen. Die intrakutane Impfung gelährdeter
Säuglinge mit einem solchen Impfstoff eröffnet die Möglichkeit einer Schutz-
impfung gegen. Tuberkulose, | H. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 40—42.
Nr. 40. Über den Zusammenhang zwischen chronischer Sepsis und
Biermerscher Krankheit berichtet G erhard Denecke(Marburg). Man dürfte
den chronisch septischen Infekt in die exogenen Ursachen der Biermerschen
Anämie einreihen. Damit wäre’ auch ein Grund für die Zunahme der
Erkrankungsziffer gegeben. Und chronische Infektionen mit Streptokokken,
Staphylokokken und Kolistämmen, die zu schleichend verlaufenden Erkran-
kungen führen, die als septisch zu bezeichnen sind, finden sich gehäuft
bei chronischer Unterernährung. Denn der unterernährte Körper setzt dem
Infekt geringere Abwehrkräfte entgegen.
Die. wirksamen Substanzen des Corpus luteum und der Plazenta
bespricht Otfried O. Fellner (Wien). Das wachstumsfördernde Lipoid
aus Corpus luteum und Plazenta reagiert stets positiv (Blutgerinnung ver-
zögernd). Es besteht kein Unterschied zwischen den einzelnen Stoffen aus
dem Corpus luteum und: der Plazenta, vielmehr hat das Lipoid beider
dieselbe Wirkung. Aber die Stoffe. aus ‘beiden werden in einem ge-
änderten wechselseitigen quantitativen Verhältnis produziert. Das Lipoid,
das die Blutgerinnung verzögert, aber stets hyperämisierend wirkt, dürfte
Blutung erzeugen, z. B. bei langdauerndem Menstruationsstillstand. Gut
wirkt das Lipoid auch bei klimakterischen Beschwerden und bei Unter-
entwicklung des Uterus. | S
~ Über die Behandlung mit intravenösen Injektionen von Natrium
kakodylicum in hohen Dosen berichtet E. Orbach (Berlin). Danach
kommt es zu schweren Störungen im avtonomen Nervensystem und in
der Biutzusammensetzung, wie: Blutdrucksenkung, Thrombenbildung, Störung
des Stoffwechsels und des Wasserhaushaltes, parenchymatösen Blutungen,
psychischen Symptomen (symptomatisohen Psychosen infolge intrazerebraler
Gefäßlähmungen). E
Nr. 41. Über Blutuntersuchungen bei Bleiarbeitern berichtet
Kretschmer-Berlin. Vergleichende Blutuntersuchungen fixierter und un-
fixierter Blutpräparate.bei Bleiarbeitern ergaben, daß die basophile Punk-
tierung und die netzförmige Substanz Bestandteile der Erythrozytenhülle
sind, die zum Teil als netzförmige Substanz, zum Teil als basophile Punk- :
tierung je nach der Art der Härtung und Färbung niederschlagen.
Zur Differentialdjiagnose der verschiedenen Ikterusarten empfiehlt
Erich Klopstock- Berlin die Biutkörperchensenkungsreaktion. Diese
ist bei Icterus simplex normal oder verlangsamt, bei Icterus in-
fectiosus (besonders syphiliticus) beschleunigt.
‘Über eine neue Dosierungsmethode unspezifischer Mittel berichtet
W. Patzschke-Hamburg. Er hat die Senkungsgeschwindigkeit der Blut-
körperchen bei akuter Epididymitis gonorrhoica untersucht und
glaubt in ihr eine neue Methode zu haben, die es gestattet, den Grad der
Empfindlichkeit annähernd zu bestimmen. Die Senkungsgeschwindigkeit
weist nämlich Differenzen um das Doppelte bis fast Dreifache auf. Steigt
sie, so nimmt die Empfindlichkeit des Organismus gegen unspezifische Mittel
zu. Je niedriger sie also ist, um so kräftiger kann man dosieren, während
man bei hoher Senkungsgeschwindigkeit in der Dosierung vorsichtig sein
muß. Besonders günstig wirken bei Epididymitis gonorrhoica intramuskuläre
Injektionen von, Milch oder einer Vakzine verschiedener Milchbakterien
(wie Vakzine von Bac. lactis aörogenes Febrigen). Im allgemeinen genügt
bei akuter Epididymitis gonorrhoica nur eine intravenöse Injektion dieser
Vakzine, den Prozeß zum Abheilen zu bringen. |
Zur röntgenographischen Darstellung der Harnwege- durch intra-
venöse Verabreichung schattengebender Mittel äußert sich Joh. Volk-
mann-Hallea.S. Sie ist manchmal wünschenswert bei der Untersuchung
der Harnwege infolge von Verepgerungen oder von technischen Unzulänglich-
keiten. Es handelt sich hierbei um Kontrastfüllungen des Nierenbeckens,
der Harnleiter oder Blase, und zwar unabhängig von Blasenspiegel oder
.—— ee ee e u e ZZ e or BI E Ben. on
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
‚Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 43.
Der Mechanismus der Hypergiykämie und des Temperatursturzes
bei Kühl- und Krampfgiften ist von Rosenthal, Licht und Lauter-
bach-Breslau experimentell geprüft worden und hat zu folgendem Er-
gebnis geführt: Die Kühlwirkung der temperaturerniedrigenden Krampfgifte
beruht ebenso wie der zentrale Krampfmechanismus und die zentral aus-
gelöste Hyperglykämie auf einem zentralen Erregungsvorgang, der mit der
Unterbrechung des Halsmarkes in Höhe des 7. und 8. Zervikalsegmentes
nicht mehr zu den peripheren Erfolgsorganen fortgeleitet werden .kann.
Da ferner die Durchschneidung des Brustmarkes in Höhe des 3, Dorsal-
segmentes den Temperaturabfall nach Pikrotoxin, Veratrin, Aconitin nicht
aufzuhalten vermag, so folgt hieraus, daß die zum Kübleffekt führenden
Impulse auf Rückenmarksbahnen fortgeleitet werden, die zwischen dem
7. und 8. Zervikalsegment und 2. Dorsalsegment aus dem Rückenmark aus-
treten. Der Schnitt unterhalb des 2. Dorsalsegmentes trift mithin nicht
'mehr das Fasersystem, das die Verbindung zwischen dem zentralen Reiz-
vorgang und den hierdurch ausgelösten zur Unterkühlung führenden
peripheren Stoffwechselprozessen herstellt.
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lage eines Pneumothorax besteht.
23. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47.
1665
Katheter. Das Verfahren besteht in intravenöser Einspritzung 10%/,iger
Jodnatriumlösung. Gegenanzeigen und Technik werden kurz angegeben.,
Über die Wirkung des intramuskulär oder intravenös zu in-
jizierenden wasserlöslichen Kampferpräparates Hexeton berichtet |
Ernst W. Taschenberg. Besonders betont wird die Wirkung des Kampfers |
auf die Atmung. Die Kampferwirkung besteht hauptsächlich in einer
Erregung der vegetativen Zentren des Zwischenhirns. Störungen des Atem-
zentrums werden von dem Mittel besonders gut beeinflußt.
Bei der intramuskulären Injektion von Hexeton soil man nach
. W.Jülich-Hamburg nicht in ödematös geschwollene Körperteile in-
jizieren, weil bei der Stärke des Ödems das Mittel in das ödematöse Fett-
gewebe gelangen kann (subkutan löst es überhaupt Reizerscheinungen aus,.
so daß eine etwas längere Nadel benutzt werden muß, um in die Tiefe
der Muskulatur injizieren zu können).
Nr. 42. Eine differentialdiagnostische und prognostische Verwertbar-
keit der Adrenalinmydriasis bei Erkrankungen des Pankreas, der Abdominal-
organe, bei Diabetes, gewissen Hirnerkrankungen, Hyperthyreosen wird von
G. Lepehne und E. Schloßberg-Königsberg ií. Pr. abgelehnt. Gemein-
same Gesichtspunkte für das Auftreten oder Fehlen der Reaktion können
bisher nicht aufgestellt werden.
Max Rosenberg und Friedrich Munter - Berlin betonen, daß’
Blutdrucksteigerungen auch auf extrarenaler Basis entstehen können. Sie
fanden, daß selbst schwere, aber isolierte Erkrankungen der Niere mit
Schrumpfung oder Zerstörung des Organs allein nicht imstande seien, durch
Behinderung der Blutzirkulation in der Niere eine nennenswerte Hypertonie
und Herzhypertrophie zu erzeugen.
Klinisch und röntgenologisch wurde von Tellgmann-Berlin eine
chronische Stenose an der Flexura duodeno-jejunalis festgestellt, für die
irgendwelche Anhaltspunkte die Obduktion nicht ergeben hat. Nach dem
Verfasser war sie ein Ausdruck und die Folge hochgradiger Kachexie, ver-
bunden mit Versagen der Bauchpresse, Fettschwund und Veränderungen
der Druckverhältnisse im Abdomen.
Über die Dauer der Diazoreaktioa und ihre Bedeutung bei der
Lungentuberkulose berichtet Karl Lemmens-St. Blasien. Die Reaktion
deutet bei Lungentuberkulose auf eine äußerst schlechte Prognose
hin. Sie tritt zwar erst dann auf, wenn schon das ganze klinische Bild
der Erkrankung einen ungünstigen Ausgang erwarten läßt, doch gibt der
positive Ausfall der Reaktion die bestimmte Gewißheit, daß der Exitus
über kurz oder lang eintreten wird. Die durchschnittliche Dauer der
i Reaktion beträgt 3 Monate und 1 Woche. Wenn man auch bei positiver
Diazoreaktion, wenn die Erkrankung vorwiegend einseitig ist, immer noch
die Anlage eines Pneumothorax versuchen solite, ist hier die Thorako-
plastik kontraindiziert, da diese Operation zu eingreifend ist. Der Urin
eines jeden Lungenkranken ist daher auf die Diazoreaktion hin zu prüfen.
(Natürlich, wie bei allen Harnuntersuchungen, der übər Nacht gelassene
Urin!) Ein Patient mit positiver Diazoreaktion ist im allgemeinen nicht
einer Heilstätte zu ‘überweisen, es sei denn, daß die Möglichkeit der An-
Solchen Kranken gebe man ruhig
Morphium zur Erzielung einer guten Nachtruhe (aber auch am Tage unter
Umständen mehrfach 0,005 subkutan). Bei starkem Hustenreiz: Dicodid
in Tabletten à 0,01 (bis 3mal täglich), da die Expektoration hierdurch
‚weniger behindert wird als durch die anderen Hustenmittel.
Über die Haffkrankheit, die bei der Fischerbevölkerung der nordöst-
lichen Küste des Frischen Haffes aufgetreten ist, berichtet Lawetzky-
Arnsdorf, Ermland. Charakteristisch für die neue Erkrankung ist, daß sie
ganz plötzlich mit heftigen Gliederschmerzen und einem großen
Mattigkeitsgefühl einsetzt; dazu kommt in schwereren Fällen eine
sofortige Starre der Arm- und Beinmuskulatur, so daß die Kranken
‚zu Boden fallen und sich nicht von der Stelle. rühren können. Meist
können die Erkrankten nach einigen Tagen wieder ihrem Beruf nachgeben.
Fieber ist bisher nicht beobachtet worden, dagegen in allen Fällen Hämo-
globinurie, die aber gewöhnlich nur am ersten Tage besteht. Das
Eigentümlichste ist die plötzlich auftretende Muskelstarre. Einzelne
Fischer wurden bereits 3—4mal von der Krankheit befallen. Der Erreger
ist nicht bekannt. Die Erkrankung tritt übrigens nur an der nord-
östlichen Haffküste auf, in die die Königsberger Abwässer hinein-
geleitet werden. |
Steinbildung in der männlichen Urethra infolge von Reargon-
spülungen hat L. Lißner-Neukölln beobachtet. Es wurden zwei walzen-
förmige, über 1 cm lange und etwa 4 mm breite Steine aus der Urethra
mit dem Urinstrahl entieert; die Steine lassen sich leicht zerbröckeln.
Die Bröckel entbalten Kalzium und organisches Silber, zeigen im übrigen
dieselben Reaktionen wie Reargon. Es handelt sich weder um einen alten
arnstein noch um ein Konglomerat verätzter Epithelien, ‚sondern um einen
Reargonniederschlag. Im sauren Urin findet eine Ausfällung des
Reargons statt, und zwar ist dieses hier in der Blase ausgefallen. Die
längliche, walzenförmige Form des Steins spricht für eine Entstehung
im hinteren Teil der Urethra. F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 39.
Über Tuberkulin per os berichtet M. Klotz (Lübeck). Beim Tuber-
kulösen kommt eine Umkehrung der Serumeiweißkurve zustande
wenn man ein stickstoffhaltiges Agens (Tuberkulin, Caseosan, Serum usw.)
kutan oder subkutan appliziert. Aus der Umkehrung der Serumeiweißkurve
bzw. der Konzentrationsänderung wird auf das’Eintreten des Reizstoffes
in die Zirkulation geschlossen. Auch Tuberkulin per os bewirkt
eine Umkehrung der Serumeiweißkurve, und zwar in der völlig gleichen
Form wie nach subkutaner oder perkutaner Anwendung.
Die Geschmacksverbesserung und Geschmacksaufbebung von Arznei» -
mitteln erörtert C. Bachem (Bonn). Besprochen werden Geschmackskorri-
gentien, die die Geschmacksnerven auf der Zunge lähmen, ähnlich
wie Kokain die sensiblen Nervenendigungen lähmt.
außer den Phosphaten (besonders primäres Natriumphosphat oder Recresal)
die Herba santa-Tinktur (Tinctura Eriodietyonis) sowie Himbeer- .
äther und vermutlich auch andere Fruchtäther gut zu eignen. Von den
Bestandteilen des Himbeeräthers wissen wir, daß sie größtenteils lipoid-
löslich sind und daher schnell die oberflächlich gelegenen Geschmacks-
nerven zu läbmen imstande sind. i "a
Die Nierendekapsulation bei akuter Nephritis dürfte nach H. Kürten
(Halle a. S.) als eine allgemeine unspezifische Reiztherapie auf-
zufassen sein. Éa
Auf die Hänfigkeit der syphilitischen Herz- und. Gefäßerkrankungen
weisen Annelise Wittgenstein und Friedrich Brodniz (Berlin) hin.
Die syphilitischen Herz- und Gefäßerkrankungen machen etwa. 1/, aller
syphilitischen internen Erkrankungen aus. Aortitis, Klappenfehler und
Aneurysma haben etwa den gleichen Anteil mit etwa je !/,, die Sklerosen
sind seltener, ebenso die muskulären Erkrankungen. Sypbilitischen Ur-
sprungs sind etwa ®/, der Aorteninsuffizienzen und etwa !/, aller Nephro-
sklerosen. Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt etwa 20 Jahre.
Das Durchschnittsalter zu Beginn der Erkrankung ist 48—52 Jahre. Fast
die Hälfte der Kranken hatte keine Behandlung durchgemacht, trotzdem
sie um die Infektion wußten. Bei 2/s der syphilitischen Herz- und Gefäß-
erkrankungen war die WaR. positiv. an
Bei einer Ruhrendemie fand Charlotte Gottschalk (Königs-
berg i. Pr.) an 61,1%, der Kranken eine Aneosinophilie, an den übrigen
eine Verminderung der eosinophilen Zellen. Nach Ablauf der Ruhr hob sich
durchweg die Zahl der Eosinophilen zur Norm (2—4°%/,). Bei schweren
Durchfällen infolge von Darmtuberkulose, Sublimatvergiftung, Darmkrebs
wurden die Eosinophilen gleichfalls vermißt. . Die Ursache der Aneosino-
philie der Ruhr ist wohl nicht das Ruhrgift, sondern die toxisch-infektiöse
Darmerkrankung. | |
Über die Definition des Begriffes „Krankheit“ äußert sich Alexander
Jarotzky (Moskau). Er betont, daß A. A..Ostroumoff (Moskau) im
Jahre 1895 als erster die Krankheit als einen Zustand der ungenügenden
Anpassungsfähigkeit des Organismus definiert babe. F. Bruck.
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 38 und 39.
Nr. 38. Experimentelle Untersuchungen über die Regeneration der
quergestreiften Muskulatur beim Meerschweinchen stellte U.v. Dittrich-. |
Innsbruck an. Er fand in Bestätigung der Befunde anderer Autoren, daß
die Regeneration durch terminale Knospenbildung im Zusammenhang mit
der erhalten gebliebenen Muskelfaser erfolgt, wobei der Vorgang durch
protoplasmatische Vorlagerungen vor die Faserstümpfe eingeleitet wird.
Die Kernvermehrung findet amitotisch statt. Nach '3 Monaten ist aber
nur der Grund der Wunde vollwertig regeneriert, wenn die Funktion nicht
gehemmt wird, den Rest füllt’ „geordnetes Ersatzgewebe“* aus.
Auf die Beckenweichteilsveränderungen nach Koxitis und ihre
Bedeutung macht Fr. Kazda-Wien aufmerksam. Diese bestehen darin,
daß auf der erkrankt gewesenen Seite der Leväator kürzer, gestreckter und
masseärmer war, daß seine Elastizität gering ist, im ganzen der Becken-
boden an der koxitischen Seite rigider war. Hieraus resultieren Geburts-
behinderungen, die in erschwertem Ein- und Austritt des Schädels aus
dem Becken bestehen. An ersterem trägt in erster Linie die extreme
Lendenlordose die Schuld, während letzterer durch die Rigidität des
Beckenbodens verzögert wird. Ä Ä
Über die Bedeutung des Traumas für die Entstehung der Köhler-
schen Krankheit der Metatarsalköpfchen berichtet F. J. Lanz auf Grund
anatomischer Untersuchungen. Es fanden sich alle Zeichen einer. trauma-
tischen Einwirkung, die zusammen mit funktionellen Momenten zu Kallus-
bildungen und Schädigung der Elastizität des Knorpels und: damit zu oing
Dazu scheinen sich
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E typischen ‚Arthritis deformans £
| | führt, Verf. lehnt 'die Theorie von Axhausen
Operationen am Hüftgelenk führte A. Wittek-Graz in mehreren
Fällen aus, und zwar nach der von Leser ‚angegebenen Methode, wo man F
: durch ‚Anlegung eines nach unten konvexen, den Trochanter umkreisenden `
., ‚Lappenschnittes nach Abschlagen des Ansatzes des M. glut. med. u. minimus .| einwirken. ` `.
“eine. gute. Übersicht über das. Gelenk. hat. Die Methode. empfiehlt
-. ` sich zur- Operation der Ankylose und ‘alter, nicht reponierter Luxationen. |:
-. . „Inden . Fällen letzterer Art war der Erfolg der subtrochanteren Osteotomie “
z ‚und besonders der „Gabelung“ in .geeigneten Fällen (wenn. der Kopf aus '-
: der Luxationspfanne durch stärkste Adduktion nach oben gedrängt ist). |
überlegen: . 0.0005 i É | =
Bine |
© >, Nr. 39. ‚Neuere Anschauungen. über das Wesen und über die Be- |.
Handlung der Pollen-Idiosynkrasie (des sog. Heufiebers) bringt W. Berger- |
' Innsbruck. Er kommt zu. der- Ansicht, daß weitgehende Übereinstimmung
‘<. zwischen Anaphylaxie-und Idiosynkrasie besteht; letztere ist eine in be- `
„stimmten überempfindlichen Geweben ablaufende Reaktion zwischen einem
. antikörperartigen Reaktionsstoff und ‘dem Pollen. Die desensibilisierende
-. "Behandlung hat Rücksicht zu nehmen auf die richtige Auswahl des Prä- |
“ parates (Anamnese, Kutanreaktion), die Vorbehandlung durch subkutane
“ - "Injektion ‘schon im: Januar bis März und die. Saisonbehandlung. Die
.. desensibilisierende Wirkung hält nicht lange vor... : |
= . Über die Geschwindigkeit des. Flüssigkeitsaustausches zwischen
"Blut und Gewebe teilt E. Th. Brück6-Innsbruck. die Ergebnisse seiner
‘tierexperimentellen Untersuchungen 'mit, die zeigten, daß normalerweise
die Gesamtmenge der Flüssigkeit, die pro die aus dem Blut in die Gewebe
~. austritt, das gesamte Körpergewicht übersteigt. | |
.. Die Bewertung des Lebens des Neugeborenen. in der Geburtshilfe
.. besprieht H. Eymer-Innsbruck und weist auf die strenge Indikations- .
` ‚stellung zur Schwängerschaftsunterbrechung hin. Bei vielen sog. Indikationen
` ist der Erfolg der Interruption keineswegs erwiesen. Auch bei der Lungen-
tuberkulose sind’die Meinungen geteilt. Der-Arzt sollte sich immer vor
Pe Augen halten, daß: er: durch die Unterbrechung ein Individuum vernichtet,
~ und deshalb dies nur tun, wenn wissenschaftlich der Nutzen dieses Ein--
= griffes einwandfrei erwiesen ist. u; |
‘H. v- Haberer- Innsbruck äußert sich zur Frage der Wundversorgung
bei Operationen an den Gallenwegen und betont seinen. Standpunkt, daß
zystektomie, ‘bei denen die tieferen Gallenwege frei von Steinen und ent-
zündlich-infektiösen Veränderungen sind. Dabei kann u. U. eine entzündete .
Gallenblase bzw. ein Empyem vorliegen.
| Auf die immunbiologische Erfassung der Infektionskrankheiten und |
ihre praktische Bedeutung weist H. v. Hajek-Innsbruck bin. Die Ver-
suche, eine Krankheitsentwicklung und den Krankheitsverlauf von. kon-
"stitutionellen und konditionellen Momenten abhängig zu machen, genügen
nicht zur Erfassung des Problems. Immunbiologische: Vorgänge umfassen
‚alle Lebensvorgänge, die sich im Abwehrkampf zwischen Organismus und
. Erreger abspielen. Die Einstellung bei diagnostischen und therapeutischen
. Versuchen muß deshalb so umfassend wie nur möglich sein und man muß
. versuchen, Gesetzmäßigkeilen für das. immunbiologische Kräfteverhältnis zu
` finden.
Hierzu können praktisch faßbare Reaktionsv
orgänge, : wie die
Tuberkulinreaktion dienen..
_ _Dilferentialdiagnostische Überlegungen bei der Neuritis retro-
- bulbaris teilt H. Herzog-Innsbruck mit. Die Schädigung hierbei besteht
in einer lokalen, zirkumskripten, serösen Meningitis. Sie kann eintreten
von: der Nase her, ohne daß bei oberflächlicher Betrachtung Schleimhaut-
- erkrankungen nachweisbar sind. Die Entzündung kann mehr in der Tiefe
` sitzen und sich von dort in die Markräume und weiter fortpflanzen. Die
Differentialdiagnose ist besonders gegen multiple Sklerose zu stellen. Nur.
in etwa 100/, der Fälle kommt rhinogene Genese der Neuritis vor, während |’
sie bei.multipler Sklerose fast immer vorhanden ist. Therapeutisch ist
die nasäle Erkrankung zu behandeln, und zwar weist Verf. besonders auf
die -günstige Wirkung der Kokainisierung hin, die in gewissen Grenzen
durchaus eine kausale Therapie darstellt. Das entzündliche Ödem des
Optikus geht zurück und dieser Erfolg ist pathognostisch von Wert. In
Fällen von Neuritis retrobulbaris, wo der nasale Entstehungsmodus zu-
nächst angenommen wurde und später doch eine multiple Sklerose sich ’
28fkte, glaubt Verf. ein Zusammenwirken beider Komponenten annehmen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK N. 40. 0)
.zu dürfen.
- Niereninsuffizienz trat mit dem Ausbruch des urämischen Ko
a'e os .
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So könnte’ auch Häufigkeit der Lokalisation: im Optikus wi E
der multipien’Sklerose-aus der exponierten.Lage-des Nerven -6iklärt-warden.
Die: Einwirkung der Röntgenstrahlen auf den. Organismus. erklärt;
Lieber-Innsbruck so, daß -die Strahlen durch Abspaltung von "Elektronen
‚auf das: Donna
| nnansche "Gleichgewicht ‚der Ionen am.’ den Zellmenibrann
u Loos-Innsbruck kommt auf “Grund. seiner Erfahrungen - zu ‚dem
Schluß, daß nur eine einmalige Erkrankung an Masern im Leben möglich
‚ist... Vor der Erkranküng kann eine zeitweilige Immunität-bestehen, `
: Über Gallenwege-. ànd: Lebererkrankungen bei Bazillenruhr. Ve
|: riehtet: A.'Posselt-Innsbruck : und rechnet die Ruhr - zu- den. Ursachen
| typische ‚Hackverletzung des Kniegelenkes bei Holzarbeitern -|
beschreibt A. Wittek-Graz. -Sie besteht in einer Verletzung des medialen .
.“ Femurkondylus mit’ Eröffnung des Gelenkes. Bei ungeeigneter Behandlung .
‚tritt mehr oder weniger‘ vollkommene Versteifung ein. Zur Vermeidung
‘. dieser Folge empfiehlt Verf. nach dem Vorgange von Payr die sofortige |
- Entfernung. allen infektionsverdächtigen Gewebes, primären Verschluß der :
-> Kapsel und °prophylaktische Behandlung der Gelenkinfektion durch Füllung |
:. “der Gelenkkapsel mit einem Antiseptikum. | Se
solcher Erkrankungen, wenn auch.nicht mit der Häufigkeit. wie Typhus usy, |
‚Die - Diagnose ist schwieriger,‘ sollte. aber mit allen: serdlogischen. und
bakteriolögischen Hilfsmitteln versucht werden;: da- dies in prophylaktischer :
. und therapeutischer Hinsicht: wertvoll ist. Auch‘ bei der- Ruhr: kommen
Bazillenträger. mit Persistenz ‚der‘ Erreger‘ in. der: Gällenblase -vor:
Die Röntgensymptome: der Passagebebinderung an der Plexura
duodeno-jejunalis können: nach: R.:Staunig- Innsbruck. -alle -Grade vom
absoluten, :arterio-mesenterialen Verschluß. bis zur. leichten Behinderung
des Durchtrittes durchlaufen. ‘Grundlage dieser Zustände:ist in abuormen
‚Größenverhältnissen. der Duodenalregion - oder ..in' abnormen. Lageverbält-
‚nissen zu ‚suchen. Dabei. kann. es sich- úm. physiologische . Variationen
"handeln, wozu, ein mechanisches Moment; wie Füllung des "Duodenums bei
|. der -Nahrungszufuhr, als ausl
ösendes Moment hinzukommt.: "Müncke _
"Zentralblatt für innere Medizin 1924, Nr.41 w42 .
Nr.41. Uhlmann- Fürth behandelt die. Beziehüngen zwischen Protela-
. körperwirkung ünd Sympathikus. . Er. prülte,- ob "die 'charakteristischen
| :Momente, die sich bei Sympathikusreizung finden, auch nach Eiweißinjektionen
anzutreffen sind ‚und umgekehrt, und’ob bei Organsystemen die Eiweib-
injektion’ der °Sympathiküsreizung bzw. -hemmung parallel. verläuft. , Er
stellt einen weitgehenden Parallelismus zwischen Eiweißinjektionen und.
‚Sympathikuswirkung fest... Die Schwierigkeit, alle Erscheinungen der. Proteit-
körpertherapie auf eine einfache Formel zu bringen, hat zu allgemeinen
Ausdrücken, wie „Protoplasmaaktivierung“ geführt, Es ist wichtig, neben
der Herdreaktion. und dem Humöoraleffekt. (Steigerung ’ der. Immunvorgäuge)
| auch die’ Bedeutung
di der Sympathikusumstimmung durch Biweißinjektionen
hervorzubeben: 27000000 NT e an
| "Nr. 42. Ihre Untersuchungen über die-Beziehüngen der reduzieren
den Substanzen des ‚Blutes zu den Fraktionen:des Reststickstoffes fassa
Pribram’und Klein-Prag folgendermaßen zusammen: „1. Im allgemeiner
ist ein’ Parallelismus zwischen dem Verhalten der. Fraktionen ‚des RN "und
der reduzierenden Substanz des Blutes nicht zu finden. Dies deutet daran
‚hin, daß- N-haltige Substanzen ‚sich zumindest nieht. in. größerem "Ausmaß
- er die Bauchhöhle drainagelos verschließt in ‘solchen Fällen von Chole--|
an dem Reduktionsyermögen. des Blutes beteiligen. 2. Bei Diabetes mellitus
beeinflußten größere- Insulindosen, -welche ‘den. Blz: verminderten, die N-
Verteilung, soweit sie ‚untersucht werden konnte, nicht. v.8. Bei Nephrosen
war oft eine Hypoglykämie zu finden, welche nicht auf eine Blutverdünnung
zu beziehen war. Im Gegensatz hierzu. war bei den Fällen’ von Nephritis
und Nephrosklerose, besonders bei maligner- Sklerose; der Blz oft erhöht.
Auch hier wurde. ein Parallelismus gegenüber: dem ‚Verhalten. der RN-
Fraktionen vermißt.. Bei der echten Urämie. war fast stets der Blz ud
gleichzeitig der Nichtharnstoff-N vermehrt, In einem Falle -mit chronischer
i mas dio B-
Steigerung derart- plötzlich auf,. daß. sie kaum ‘als’ alleinige Folge der
Retention aufzufassen war, sondern als Folge einer Störung des Kohle
- hydratstoffwechsels durch die urämische Toxikose aufgefaßt werden mußt,
4. Bei fieberhaften Fällen war dort, wo der-Nichtharnstoff-N vermehrt Wi
.
-auch. der Blz, erhöht. Ebenso verhielten.. sich die untersuchten Karzinon-
fälle. 5. In einem Falle von schwerer Leberinsuffizienz mit Coma hepaticun
war bei relativ hohem Nichtharnstoffanteil des RN der-Blz ‚extrem niedrig
was für die Bedeutung der Leber für das Zustandekommen der Hypergiykamt
‚spricht, welche bei den hochgradigen Vergiftungserscheinungen zu ervarin
gewesen war und.offenbar. infolge der Leberinsuffizienz ausblieb.“ N,
| Zentralblatt für Chirurgie :1924, Nr. 43.
=` Die Osteotomie des Kalkaneus beim "schweren rezidivierende
‚Kiumpfuß. wird von C. Mau (Kiel) in der Weise ‚ausgeführt, daß nach de
transversalen Keilosteotomie und nach der Entfernung, des Keils über de
'Kalkaneus von der klaffenden Knochenwunde her auch die mediale Kort
kalis des Kalkaneus durchgeschlagen wird. Darauf wird.das ganze unter
Fragment des Kalkaneus, das zur Hauptsache den Achilessehnenanss
trägt, ' nach 'stumpfer Lösung. der Verbindung der Achillessehn® mit do
oberen: Fragment, in toto durch Hebelwirkung mit einem ‚Raspatorit
um eine halbe Sehnenbreite nach lateralwärtg verschoben. ‚Ind
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98, November
lateral verschobenen Stellung: läßt sich das untere Fragment durch einige
Knochenperiostnähte unschwer fixieren. Eine Tenotomie der Achillessehne
_ ‚erübrigt sich. | |
Weitere Erfahrungen aus über 400 direkten Biuttransfusionen von
Vene zu Vene teilt F. Oehlecker (Hamburg) mit. In über 50 Fällen
wurde beim Spender und beim Empfänger die Blutgruppe bestimmt. Ohne
Rücksicht auf den Ausfall der Gruppenbestimmung wurde die Transfusion
in vorsichtiger Weise eingeleitet. Es stellte sich heraus, daß in 900/, der
Fälle die Vorausbestimmung richtig war, daß sie aber in 10°/, nicht zutraf.
In 2 Fällen konnte eine große Bluttransfusion ohne Störung gemacht
werden, obwohl sie nach der Gruppenbestimmung nicht hätte ausg«führt -
werden dürfen. In 3 Fällen trat Hämolyse ein, wo nach der Gruppen-
bestimmung die Blutsorten sich hätten vertragen sollen. Daraus folgt,
daß es notwendig ist, als letzte Sicherung die biologische Probe
anzustellen, das heißt, die Transfusion vorsichtig mit kleinen
Dosen zu beginnen. Wesentlich ist, daß der Spender kräftig und gesund
ist; ‚unwesentlich ist, daß das Blut von Verwandten oder vom gleichen
Geschlecht herstammt. Die Bluttransfusion ist angezeigt bei schweren und
wiederholten Blutungen, ferner bei Hämophilie, als Vorbereitung bei Ope-
rationen wegen Tumoren bei heruntergekommenen Kranken, bei länger an-
haltendem Shock, z. B. nach schweren Überfahrungen, bei Kranken, die
Eiterungen durchgemacht haben und nicht recht hoch kommen wollen.
Bei der perniziösen Anämie sind die großen Bluttransfusionen imstande,
das Leben zu verlängern. u | ,
| Die Grenzdivertikel des Ösophagus und ihre Stellung im biologischen
System bespricht H. Havlicek (Tetschen). Die Entwicklungsanlage des
inneren Keimblattes, aus dem die Darmhöhle hervorgeht, ist bedingt durch
die Anlage des Mesoderms, welche von einer Einstülpung eines Kanals,
des Mesodermsäckchens, ausgeht. Erfolgt der Zusammenschluß nicht voll-
kommen, so kann es bei Stehenbleiben von Brücken zu Ausstülpungen .
kommen, die mit dem Grenzdivertikel der Speiseröhre in ursächlichem
Zusammenhang stehen. Die Ausstülpungen müssen immer an der der
späteren Wirbelsäule zugekehrten Seite des Darmrobrs auftreten. Die Ätio-
logie der Divertikel des Magen-Darmkanals ist eine entwicklungsgeschicht-
liche Störung, die in die Zeit der Gastrulation zurückzuverlegen ist.
Zur Operationsmethode des perforierten Magen-Duodenalulcus führt
A.Rupp (Chemnitz) aus, daß bei einem Peritonitiskranken die eingreifende
Resektion nicht gemacht werden soll. Einem Kranken wurde 18 Stünden
nach der Perforation das kallöse Ulcus übernäht und mit Netz gedeckt.
20 Tage später Tod an Pneumonie. Bei der Sektion ergab sich, daß das
übernähte Geschwür fast spurlos verheilt war. — Die Nachprüfung von
‚mehreren in gleicher Weise mit Übernähung behandelten Kranken ergab
‚Beschwerdefreiheit und im Röntgenbilde regelrechte Verhältnisse, so daß
die Heilung des Geschwürs anzunehmen ist. l
- Magentistel mit Heberdrainago bei atonischen, durch Peritonitis
bedingten Zuständen des Magen-Darmtraktus bewährt sich nach H. Groß
(Bremen) dadurch, -daß der gestaute und zersetzte Inhalt des Magens ständig
abgeleitet wird und.der Kranke beliebig große Mengen Flüssigkeit trinken
kann. Die Herztätigkeit und die Atmung werden günstig beeinflußt und
: idie regelrechte Darmpassage gefördert. — Von einem kleinen Schnitt unter
‚dem linken Rippenbogen in Lokalanästhesie wird ein fünfzigpfennigstück-
großer Zipfel des Magens. mit spitzen Messern eröffnet und ein kleinfinger-
dickes Gummirohr eingeführt, das in ein am Boden stehendes Eimergefäß
ableitet. Wenn nach Entfernen des Schlauches die Magenöffnung sich
durch Heftpflaster nicht genügend schnell zusammenschließt, so wird die
Fistel operativ geschlossen. l
Partieller Abriß der schrägen Bauchmuskelplatte vom Rektus beim
Diskuswerfen wird von F. Erkes (Reichenberg) mitgeteilt. Beim Werfen
des Diskus plötzlich heftige Schmerzen in der linken Bauchseite. Palpa-
torisch ist nichts zu finden. Bei der Freilegung in Lokalanästhesie
zeigt sich, daß die ganze schräge und quere Bauchmuskelplatte samt der
Aponeurose des schrägen Bauchmuskels abgerissen ist. Der Defekt, der
durch Muskelzug bis auf Markstückgröße zusammengezogen war, wurde
‚durch Naht vereinigt. Die Beschwerden wurden dadurch vollständig
beseitigt, | K. Bg.
Therapeutische Notizen.
‚Innere Krankheiten.
y Zur Proteinkörpertherapie des Diabetes meliitus bemerken M. Groß-
mann und J. Sandor (Zagreb), daß in einigen Fällen nach Caseosan auch
‚ von ihnen eine Besserung der Stoffwechsellage für einige Tage beobachtet
a ‚besonders auch die Begleitsymptome, wie Neuritis usw. gut beein-
nach wurden, Eine Verschlimmerung trat ein in Fällen, wo neben Diabetes
ar N vom Diabetes unabhängige Krankheit’ (Basedow, Nephrosklerose)
ssent. Den von Högler beobachteten gesetzmäßigen Blutzuckerkyrven-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.41.
verlauf bei Milchinjektionen bei Diabetikern und Gesunden konnten Verf.
nicht bestätigen. (W.kl.W. 1924, Nr. 35.) | Muncke.
. Gardner-Melvin schließt folgendermaßen: Pneumonie ist die
Folge eines verringerten Widerstandes, der seinerseits wieder mit Leuko-
penie zusammenfällt. Diese ist durch Toxine bedingt, die vorübergehend
die Obemotaktik gegen die Bakterieninvasion lähmen. Nun kann Natrium-
nukleinat die Reserven des Markes mobil machen und die Leukopenie in
eine Leukozytose verwandeln, und damit den Ablauf des Kampfes, d. h.
der Krankheit beschleunigen. Diese seine Wirkung ist unabhängig von
der Dauer der Krankheit; bei Moribunden ist es natürlich nutzlos. Die
Wirkung wird erhöht durch Alkalinisation, also hohe Dosen Natrium-
karbonats. Lobäre Pneumonie reagiert typischer und befriedigender darauf
als Bronchopneumonie. (Brit. med. journ. 1924, 2.) v. Schnizer.
Kalk als Antidiarrhoikum empfiehlt J. Saphra (Suhl i. Th.). Man
gibt kohlensauren oder milchsauren Kalk in Dosen von 4—10g
pro die. Der Durchfall bessert sich unter Nachlassen der kolikartigen
Schmerzen. Gärungsstühle verlieren sehr schnell ihren Gärungscharakter.
(D.m.W. 1924, Nr. 40). |
| Die. Behandlung der Cholezystitis (Cholelithiasis) und Cholangitis
mit Trypaflavin empfiehlt Schmidt (Ahrweiler). Er gibt von dem Mittel
intravenös 1—2 Spritzen von je 20 com einer 0,5°/,igen Lösung. (M.m.W.
1924, Nr. 36.) | F. Bruck.
Ohirurgie.
Ihre Erfahrungen bei der Nachbehandiung der Empyemoperation
mit Aspiration teilen G. Perthes und E. Haussecker (Tübingen) mit.
Die Aspiration kommt der Lungenentfaltung, wirksam zu Hilfe, ver-
mindert die Zahl der „Heilungen mit Fistel“ und macht die Thorako-
plastiken teils unnötig, teils durch die Vorkieinerung der Höhle weniger
eingreifend. Jedenfalls ist die konsequente Anwendung der Druckdifferenz
zur Wiederausdehnung der Lunge ein nützliches Hilfsmittel. (M.m.W.
1924, Nr. 37.)
' Bei Darmprolapsen empfehlen Hans Schotter und Margarete
Lenebach angelegentlichst Eiaspritzungen steriler Milch in den Musculus
sphincter ani externus. In der Mehrzahl der Fälle handelte es sich um
Schleimhautvorfälle (Prolapus ani), in einigen Fällen aber auch um
richtigen Prolapsus ani et recti mit Vorfall aller Darmschichten. Es
wird mit einer 5 cm langen, möglichst feinen Hohlnadel an 3—4 Stellen
ringförmig um den After, 3 cm lateralwärts von der Öffnung, injiziert, je
1—2 com aufs Depot. Die Nadel wird 3—4 cm tief eingeführt. Ein
Durchstechen ins Darmlumen ist hierbei ausgeschlossen. Die Prolapse
entstehen zunächst durch Lockerung der Schleimhaut und Submukosa -
infolge anhaltender Darmkatarrhe. Dazu kommt eine Erschlaffung des
Sphinkters. Bei den Einspritzungen handelt es sich in erster Linie um
eine örtliche Reaktion. (M.m.W. 1924, Nr. 39.)
Eine plastische Operation zur Beseitigung eiugezogener Brustwarzen
empfiehlt Emil Schepelmann (Hamborn a. Rh.). Das Wesentliche ist
eine Raffung des quer durchschnittenen straffen Bindegewebes, das die
Sinus und Ductus lactiferi umgibt, zum radiär gerichteten Wulst. Es
wird durch die Art der Raffung gestreckt und verlängert und gestattet
dann eine Hebung der Warze. (D.m.W. 1924, Nr. 40.) F. Bruck,
Hautkrankheiten.
Als ein gutes Haarfärbemittel empfiehlt Max Joseph (Berlin) das
Primal (Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation).. Es ist unschädlich und
gestattet, in kurzer Zeit das Haar in gewünschter Art zu färben. Es
kommt Primal blond, dunkelblond, braun, kastanienbraun und dunkelbraun
in den Handel. Die Technik wird genauer beschrieben. (D.m.W. 1924,
Nr. 40.) F. Bruck.
Villano (Neapel) behandelte einen 3jährigen Knaben, der an Xero-
derma pigmentosum litt und bei dem es bereits zu mehreren Geschwülsten
in der Haut gekommen war, mit Röntgenstrahlen und erzielte einen
günstigen Heilerfolg, indem die Geschwülste sich vollkommen zurückbildeten.
Die Krankheit selbst konnte aber weiter nicht beeinflußt werden. (Rif.
med. 1924, Nr. 8.) J. F.
Das Novatropin empfiehlt Ludwig v. Heiner (Szeged) bei männ-
licher Gonorrhoe, da es Komplikationen verbütet. Das Mittel wird inner-
lich in Tabletten (à 0,0025 g) gegeben, in der Regel 2—3 pro die.’ Bei
226 Fällen von binterer Gonorrhoe trat hierbei nur in 10 Fällen eine
Epididymitis auf, während sich ohne Novatropin bei sonst gleicher lokaler
Therapie diese Komplikation weit häufiger einstellte. (D.m.W. 1924, Nr. 40.)
Die Mischspritzenbehandlung (einzeitige intravenöse Hg- oder Bi-
Salvarsaneinspritzung) ist nach Erich Hoffmann und R. Strempel (Bonn)
weniger wirksam und auch gefährlicher als die 'zweizeltige Wismut-
salvarsantherapie, die am gleichen Tage zweim alwöchentlich durchgeführt
1667
e . 1668. CE il o a Ur er. ee
a — E
wird, Man : ‚injiziere Saverin intravends nr Er ganz aapi.
schmerzlose Wismutpräparat Mesurol intramuskulär in den oberen äußeren
Quadranten der Glutäen (genügend lange in die Muskulatur reichende Kanüle -
unter: sorgfältiger mehrfacher Aspiration). Das Mesurol entbält 0,11: Bi
` pro. Kubikzentimeter.- M.m. W: 1924, Nr, 38.) E Bruck.
Darstellung der: dringlichen Öpecationen. Dieser Begriti ist Anberordeti
weit. gefaßt, "und: es ist eine fast, erschöpfende- Schilderung. nicht nur der
‚dringlichsten Notoperationen, söndern,- auch derjenigen Eingriffe,- die der
‚Fachehirurg auszuführen ` hat, : zustande gekommen. : Im. allgemeinen Teil.
sind’ die Vorbereitungen: zu einer Operation, : die ‚kriegschirurgischen Ver-
‚| hältnisse, die. lokalen: und die allgemeinen: Betäubungsverfahren, die Wind-
‚ Arzmeimittel, Ke m "behandlung mit allen. ihren Komplikationen und die allgemeine Operations
| Das‘ Kiain Dicodid i. Ernst. Seira und: ‚lehre. abgehandelt. ‚Im speziellen Teil ‘sind die’ dringlicben Operationen :
= Wilh. Krebs.(Frankfurt a. M.).. Man gibt gewöhnlich morgens ‘und abends `} an allen. Teilen des Körpers beschrieben und : überall. hat der Verfasser
re: Jel Tablette (à 0,01 g) Dicodid; in schweren Fällen 3 mal täglich 1 Tablette | seine eigenen großen‘ Erfahrungen berücksichtigt: . Aus ‚der limfangreichen
|t >T und nachts nochmals eine solche, ‘In vereinzelten Fällen, wo die Tablette. | Literatur sind .alle lesenswerteń Arbeiten mit herangezogen, so daß die.
EN "Schwindel, Übelkeit’ und .Brechreiz ` machte, wurde "Dicodid. hydrochlor. in | ganze: Darstellung. auf ‚einem: hohen: wissenschaftlichen Standpunkt steht.
‚Ampullen (à 0,015) subkutan angewandt, und zwar 1 cem ‚pro dosi. Die | Das: Buch ist ‘flüssig geschrieben, _ so. daß’ das. Studium ‚desselben auf ds.
=. subkutanen Dicodidinjektionen wirkten genau so- gut, zum "Teil. noch besser: | wärinste empfohlen. werden kann. -Die Abbildungen sind sehr instruktiy
als Einspritzungen.von 0,01 Morphium. Das Mittel bek ämpft' den Husten: -| und ausgezeichnet ` reproduziert. Das - früher weitverbreitete- französische
> reiz, und zwar übertrifft, es dabei in vielen Fällen andere Narkotika an Wirk- `
a ei nd u 0 di 3 nn u ul ia nn nu an an a uno nl en ne en
: | "Buch von Liejars ist in der deutschen. Literatur ‘nunmeht ‘überflüssig.
. “o samkeit. Es steht in seiner Wirkung in der Mitte zwischen Morphium | Das vorliegende Werk ‚bringt weit ‚mehr. und arbeitet die Lehren -der
= ': ~- undKodein: Außerdem hat es eine schmerzstillende Wirkung, die der. |- miodernen deutschen Chirurgie: in vollkommenster Weise heraus,
ai a Rang d88° Morphiums gleichkommt. : Der Hauptvorzug ‚scheint aber darin zu liegen, |... ‘0. Nordmann (Berlin).
i o eh j VEAN si >: dab man. neben der Herabsetzung ‚des Hustenreizes eine allgemeine
' Beruhigung. und‘ eine Herabsetzung der zentralen Schmerz- |
SRH: ia empfindung ohne ‚Abnahme der übrigen. Sinnesempfindungen und: ‚ohne
: \3 BIN AU RE. SODIU erreichen kann.. . (M. m.W. 1924, Nr. 39.) : pe
al: 13 DA RIED or Salnervin (Hofapotheke Magdeburg), ein Gemenge der 3 Bromera. i
Öskar o, Der: Kalkbedarf von Mensch und Tier, Dritte, neu
. .durchgesehene' Auflage. - 96 S. München. 1924, Otto, Gmelin. RtM. 2,40,
` Die: 1919, S: 1341, besprochene Schrift istin neuer ‚Auflage örsebienen;
sie läßt. bei der. Erörterung. der Frage, unter ‚welchen Verhältnissen der-
| physiologische Kalkbedarf nicht gedeckt: ist, die erforderliche‘ Kritik ver- .
= ‚kombiniert leichen Teil it künstlichen B l di
yi | ... „kombiniert zu- gleichen Teilen mit: künstlichen Brunnensalzen, die - missen. Den. normalen Kalkbedarf nimmt Loew zu etwa 1,0g, die bei
le BE e E in ‚ihrer Zusammensetzung dem sekretionsanregenden Wildunger- ‚schwangeren und stillenden Frauen "überdies. erforderliche Menge Kalk zu
ER! u il NA uhr 8. _ "Brunnensalz. entsprechen, empfiehlt Maximilian Rosenberg (Magde- | etwa 0,5'g Ca0 an. Kalkreich sind. Milch, Käse, Blattgemüse. Für Tiero
Ern AAAA] CIONES > burg) vor allem bei Epilepsie und da, wo langdauernd Brom gegeben ‘| empfiehlt. Verf. das -Kalziumchlorid, für Menschen das Kalzan, dessen
ENT er ah, ERROR ©..." werden muß, zur Verhütung der Kumulation. Bekanntlich wird. Brom Kalziumlaktatanteil besonders gut reteniert werden. soll, da. dio andere
NETTE: HT URN eye er nn und in’ den tiat Die Danns ae Aus y aa ne una ‚das: Natriumlaktat ‚die. Blutalkaleszenz. gleichzeitig. erhöht,
a anal ca... durch den Harn sezernier ie‘ Langsam eit der Ausscheidung. wird ‘aber = | E Rost (Berlin).
Ro 0 Be ME BEER GENE) | Pte nd Ba Di Kite dar Teberäae a gi
W ENESA Bu) 5 a | F Bruck. Atlàs. der gesamten Tuberkulose. 855 S.l. Band, 5: his T. nn
vo A | ‚Salyrgan, ein neues: s! njizierbaren. Diuretikum, ‚Verwandte F. Brunn. a und 2 Aaen Leip zig 1924, Curt, ‚Rabitzsch. ie
a ae leo an en Erfolge, besonders in Fällen: kardialer Insuffzienz. - Verab- 8 i i
ena A A ULT S. o. _ reichung intramuskulär oder intravenös. Nebenerscheinungen wurden: nicht | _ "Die neue Bearbeitung dieses vorzüglichen, reich instierten de ei
n” KnT ae RARE E M E beobachtet, ‘so daß koine Kontraindikation besteht, (W. kl. W. 1924, Nr. 37.) buches ist insofern grundlegend. geändert, als jeder der’ beiden Bände ein
NERICHIIRE MAR IN: WENN | N R ono . Muneke, „selbständiges, auch einzeln käufliches Werk ‘geworden ist, wovon der erste
RETTEN BABES e o er m —_— Kt | ` | Band die Ätiologie der Tuberkulose, die Tuberkulose der’ Lungen, der
TEUER ne u a = Pleura und der oberen Luftwege ‚sowie die zugehörige Literatur, der zweite
lan E APEA N A e E \ _ Bücherbesprechungen. | . | dio- Tuberkulose der, übrigen. Organe, die Miliartuberkulose, Skrofulose und
RR lenkt oa | Tuberkulose des Kindesalters enthält. An. vielen Stellen ‚finden. sich
a SHEETS EARRAN Pg Abderhaläen, Handbuch der biologischen ieh eitemechoden. Abt. yL | wesentliche. Verbesserungen und Erweiterungen: Bei der. Besprechung der
jo AMEA o CET NER 2 Methoden .der experimentellen Psychologie. Teil C 1, Heft 3, | anatomischen..Verhältnisse sind die. Ribbertschen. Anschauungen in den
u SEE SER ben Haan “0 Dige 189: Hellpach, Psychologie der Umwelt. _Berlin*Wien 1924, Vordergrund geschoben und seine so außerördentlich ‚instruktiven Zeich
EICHE 1 Am TER ELN TAM ee Urban & Schwarzenberg. RtM. 8,90. | nungen wiedergegeben. Das. Kapitel über die Infektionswege der Tuber-
a er Wibli, sa I Die Umwelt läßt drei Kreise "erkennen, die geopayshischen, die sozial- kulosò ist.auf den jetzigen, Wissensstand gebracht. Die- Röntgendiagnose
m N Be il psychischen und. die kulturseelischen. Tatsachen. Für jeden dieser drei ` ‚ist durch sebr gute ‘Illustrationen verständlicher dargestellt. „Ausgezeichnet
To Ed SONE l Umweltwirkungskreise kommen biologische Untersuchungsmethoden i in Frage. | bearbeitet ist die ‚ chirurgische Behandlung der ‘Lungentuberkulose. . Das
wen HE ‚Diese sind: gelegentliche und planmäßige Beobachtung und Selbstbeob- Fürsorgewesen ist in 'der ` neuen‘ Auflage mit Recht ausführlicher ge
a T RE GR $ RABI | `. achtung, Statistik und- Experiment. Letzteres bezieht sich auf Variation | schildert. Hervorgehoben zu werden verdient wiederum dje klare und nie
er N & i MnnlEh p 4 ' der.Umwelt bzw. des seelischen Verhaltens, sowie. auf Variation des seeli- .ermüdende, Hüssige, Darstellung. ‚Gerhartz (Bonn).
Bin NR schen Verhaltens in einer experimentell variierbaren Umwelt... .Verf. be- en
Be a t| spricht zunächst alle Methoden der Forschung, die die naturale Umwelt, : Feld, Die Goldbehandlung der Tuberkulose und dor Lop
ee ih "also besonders die Einwirkungen des Wetters, ‚des. Klimas, der Boden- ‚50.8. -Halle a S. 1924, Carl Marhold. M. 0,16. 9.0
ar Be "|" ‚peschaffenheit usw, zum Objekt haben. Es: folgt die Darstellung der bio- | k Eine gute Zusammenstellung der bisher orllesendän Literaturberichio
N nn logischen Methoden in. der Sozialpsychologie, .die sich auf die Modifikationen über‘ das Krysolgan, ‚bis auf die letzte. Zeit vervollständigt.
tl o > erstrecken, die der seelische Prozeß eines Individuums durch den ‚Einfluß x." Gerhartz. Bon).
aa i odo uk] = -> des gesellschaftlichen Milieus erfährt. Die Wege der Beeinflússung sind: Bacmelster. und Rickmiann, Die Röntg eh ehandlung‘ der Lungen-
a ve ash SA DAHIN © 2, der telepathische, der mimomöotorische, der aktumotorische und der Mit- |. und Kehlkopftuberkulose, ‘95 S; mit 60 ‚Abbild. im Test und ani
N poe Lie) BA teilungsweg. Besprochen werden des weiteren . die Triebkräfte des mit- 17 Tafeln. Leipzig 1924, .Georg Thieme. Geb. 10, 80, geh. 8,70.
ho i .- seelischen Tuns und Lassens, die Gemeinschaftsformen, die soziale Modellierung Das Buch der. anf diesem Gebiete besonders erfahrenen. Verfassér
Bas hal dr Deal fl a de aa | EI VL De Allg für de Rslgeheihng Me
un. DE . Lunge.. Nac ‚einem Abscbnitt über die Grundlagen der
H a und- ist den biologischen Methoden in ‘der Kulturpsychologie gewidmet. — lung der Lungentuberkulöse wird über die ee Erfabrungen berichte!
i, Be Verf, en are Er ai und dann das eigene Material, nach Typen spezifiziert, "beigebracht, n
RAR + RR Dre and "für alle unentbehrlich, die auf dem Gebiete der- Physiologie der Technik wird ausführlich mitgeteilt und. es werden: auch. Tr Hin pe
S 1t sich orientieren oder arbeiten wollen. Henneberg, ‚Verbindung der Röntgenbehandlung der Lungentuberkulose mi nn
Be Umwelt sio | Behandlungsarten ‚der Tuberkulose (allgemeinen Kuren, - Tuberkulinku
De 4 Alexander Tietze, Dringliche Operationen. (Aus: Neue. Deutsche | allgemeinen Bestrahlungen, ‚ehirurgischer Therapie) gegeben. Die Röntgen
BET i Chirurgie, 32. Band.) 872 S. Mit 384 teils farbigen Abbildungen. 'bestrablung der Lungentuberkulose wird reserviert für die, langsam pr
ee Stuttgart 1924, Ferdinand Enke. geh. M. 39,—.
gredienten, produktiven, stationären und zur Latenz neigenden. Tuberkulos
formen; sie soll nicht angewendet werden: bei den exsudativen n und schns
verkäsenden Formen. Die en der Kehlkopftuberkule
wurde von Riekmann behandelt, ae he Gerhart (Bomo).
In dem vorliegenden Werke bringt der Verfasser in. Verbindung. mit
mehreren Mitarbeitern, die größtenteils ebenso wie er selber am Aller-
„heiligen-Hospital in Breslau tätig sind, eine erschöpfende und umfassende
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= 98. November a
ziolosklerose vorliegt,
> anung- parallel verlaufende anzusehen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 47. ee 1669
Kongreß- und Vereins-Berichte.
Berlin.
Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 29. Oktober 1924.
3 Offizielles Protokoll.
FR Vorsitzender: Kraus. Schriftführer: Benda.
Herr Kraus bedauert die Nachlässigkeit der Herausgeber des Ärzte-
blattes, welches in dieser Woche nicht rechtzeitig verschickt ist.
Zur Aufnahme vorgeschlagen: Herren Dr. Max Hirsch und
Dr. Schemensky von Herrn Posner; Dr. Tuchler von Herrn Georg
Eisner; Prof. Dr. Wätjen von Herrn Ceelen.,
= Die Einladung zum Stoffwechselkongreß ist zwischen zwei Sitzungen
eingegangen, so daß sie leider nicht zur Kenntnis der Mitglieder gebracht
werden konnte. | Er
\ Der Vorsitzende erhebt energischen Einspruch gegen die Äußerungen,
die der Abgeordnete Weyl verschiedentlich gegen den Ärztestand erhoben
hat. Er gibt besonders unter allgemeinem Beifall seiner Entrüstung Aus-
druck gegen die Anschuldigung, daß die Ärzte ihres Vorteils willen eine
Zunahme der Krankheiten wünschen.
Vor der Tagesordnung. |
G.Klemperer und C.Benda: Demonstration von makroskopischen
und mikroskopischen Präparaten eines Falles von infantiler Koronar-
arteriensklerose.
Hedwig W., geboren am 11. November 1911, also noch nicht 13 Jahre
alt, wurde im September 1924 wegen schlechten Ernährungszustandes und
Schlaflosigkeit ins Krankenbaus Moabit aufgenommen. Vorgeschichte: nur
Masern und Varizellen, im Mai d. J. ein Anfall von Hämaturie. Befund:
Herzerweiterung nach links und rechts, Leberschwellung, Ödem der Beine,
‚Dyspnoe, Zyanose, Geräusche an der Mitralklappe, geringe Albuminurie und
Zylindrurie. . | |
Nach 10 Tagen plötzliche Verschlimmerung mit Brustschmerzen,
größerer Atemnot. : Befund: plötzliche Verbreiterung der .Herzdämpfung,
perikardiales Reiben; röntgenologisch: Umriß eines perikardialen Ergusses.
Allmähliche Besserung mit Herzmitteln; dann längere Zeit un-
veränderter Zustand. Dann wieder langsame Verschlechterung mit Er-
scheinen eines Pleuraexsudats, stärkeren Ödemen, während das perikardiale
‘ Reiben verschwindet. Die Mitralsymptome bleiben bestehen, Verschlechterung
der Diurese. Am 20. Oktober Tod. |
© ‚Der Hauptbefund der Sektion war ein mächtiges Hämoperikardium,
Als seine Ursache ergab sich eine breite Herzruptur etwas oberhalb. der
‚Spitze der linken Kammer, aus der Thrombusmassen hervorragten. Die
Herzspitze wird von einem Ventrikelaneurysma mit schwieliger Wand ein-
genommen, an dem sich eine Verwachsung mit dem Herzbeutel befindet.
Die Schwielen erstrecken sich bis auf die Basis des vorderen Papillar-
muskels, die übrige Muskulatur der linken Kammer ist beträchtlich ver-
dickt. Innerhalb der Schwielen und der angrenzenden Muskulatur sind
nekrotische und verkalkte Herde erkennbar. |
‚Am Eingang der vorderen Koronararterie, der ziemlich weit ist,
finden sich flache Intimaverfettungen und kleine sklerotische Buckel mit
zentraler Nekrose und Verfettung. Der longitudinale Ast ist in einem etwa
2 cm langen Abschnitt vollständig durch eine Intimawucheruog und eine
r
mikroskopisch wenig Fett, viel Kalk findet. - |
_ Die Aorta zeigt bis in den Bauchteil verschiedene flache oder leicht
erhabene Intimaverfettungen, ebenso die großen, vom Aortenbogen ent-
derbe, zum Teil organisierte Thrombusmasse verschlossen, in der sich
springenden Arterien ; die rechte A. subelavia enthält an ihrem Eingang
einen kleinen sklerotischen Buckel, ebenso: die linke A. carotis interna.
Auch die Hirnarterien lassen kleine sklerotische Herde erkennen; mikro-
skopisch auch die kleinen Milzarterien. Von sonstigen Befunden ist nur
eine beiderseitige narbige Schrumpfniere zu erwähnen; beide Nieren zeigen
eine ausgeprägte Bifurkation des Beckens, symmetrisch ist in jeder Niere
Ger dem unteren Beckenast‘ entsprechende Abschnitt völlig geschrumpft
(Präparatdemonstration), |
Es werden zum Vergleich noch mehrere Fälle von kindlicher Arterio-
©, die 8—15jährige Kinder betreffen, gezeigt. Hier war die Arterio-
® aber stets Nebenbefund. Ein Fall von so jugendlicher Koronar-
skleros
skleros
‚Sklerose als Todesursachėò dürfte einzig dastehen; irgendeine besondere:
‚Vrsache hat si
ch nicht ergründen lassen; die Schrumpfniere ist mit Wahr-
scheinlichkeit als sekundär 1), durch Infarkte bedingt, aufzufassen und kann
ee |
suchung dmmerkung bei der Korrektur: Die mikroskopische Unter-
er Nieren hat inzwischen ergeben, daß auch Arterio- und Arte-
Die Nierenerkrankung ist also als eine der Herz-
als Ursache der Arteriosklerose kaum in Betracht kommen, da sie nicht
einmal Blutdruckerhöhung bewirkt. hat. Der auch bei älteren Personen
seltene Ausgang der Koronarsklerose in Herzruptur hat hier noch ein
besonders ungewöhnliches Bild dadurch, ‘daß die Ruptur innerhalb des
Ventrikelaneurysmas erfolgt ist und daß. nach Krankengeschichte und
Präparat mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der tödlichen Ruptur
noch eine unvollständige, in Vernarbung begriffene vorangegangen ist.
Aussprache: Kraus fragt nach dem Blutdruck. Beck gibt an,
daß er 110 betrug. Kraus. Benda (Schlußwort).
. Tagesordnung.
1. Axhausen: Der Heilverlauf und die Behandlung der Schenkel-
halsfraktur (mit Projektion). (Erscheint unter den Originalien dieser
Wochenschrift.) | |
Aussprache: Muskat zeigt einen Apparat, um die Kranken von den
Krücken zu befreien. Während ein Schienenhülsenapparat oft Atrophie der
Muskeln hervorrufen kann, ist der vorgezeigte Beckenbügel mit Trochanter-
pelotte imstande; die Bruchstücke zusammenzuhalten und die schädliche
Belastung zu verringern. en
Dzialoszynski hebt kurz hervor, daß auf der II. chirurgischen
Abteilung des Westend-Krankenhauses mit dem von Prof. A. W. Meyer
angegebenen operativen Verfahren zur Behandlung der subkapitalen
Schenkelhalsfraktur, wie kürzlich gemachte Nachuntersuchungen bewiesen,
sehr gute Erfolge in bezug auf Standfestigkeit des Beines, Beweglichkeit
des Gelenks und Gehfähigkeit erzielt worden sind. |
i .
Das Verfabren besteht in Kopfresektion, Verlängerung des Halses,
Modellieren des Schenkelhalses, Bohren ` zweier Löcher mit der Kugelfräse
durch Pfannenrand und Trochanter.. Durch diese beiden Löcher wird ein
kleinfingerstarker, gerullter, der Fascia lata entnommener -Faszienstreifen
gezogen und die beiden Enden desselben vernäht. | |
Gegenüber der vom Vortragenden empfohlenen konservativen Therapie
besteht der Vorzug in der wesentlichen Abkürzung der Behandlungsdauer.
Wir konnten mit unserem Verfahren die Patienten in 8—10 Wochen auf
die Beine bringen. | | Ber
2. Frl. Anneliese Wittgenstein: Tabesprobleme und Tabes-
behandlung. (Erscheint unter den Originalien dieser Wochenschrift.)
Aussprache vertagt. |
4.. Tagung für Verdauungs- und Stoifwechselkrankheiten in Berlin
| vom 23. bis 25. Oktober 1924. (Fortsetzung aus Nr. 46.)
In die Pathologie des Pankreas führte ein Vortrag des pathologischen
Anatomen Stämmler-Göttingen ein. In eingehender Würdigung der Ver-
hältnisse weist er dem Ioselapparat zwar eine gemeinsame Genese mit dem
azinären Apparat des Pankreas aus den Epithelien der Ausführungsgänge
an, im übrigen aber eine vollkommene Selbständigkeit, die Übergänge aus-
schließt. ‘Was solche vortäuscht, ist das pathologische Bild der zentro-
azinären Wucherung. Unterstützt wird diese Auffassung durch die räum-
liche Trennung des insulären und des Drüsenapparates bei Knochenfischen,
die manchmal vollkommen ist (Stanniussche und Brodmannsche Kapseln)
und sich im Versuch der Insulingewinnung bestätigt, sowie durch die
bekannten Experimente an Säugern mit ihren anatomischen und funktio-
nellen Folgen. | |
Besonders beweisend sind die von Sauerbeck aufgenommenen
Resultate H&dons, betreffend eine vorübergehende Schädigung des Insel-
apparates einige Zeit nach der Unterbindung des Ductus pancreaticus mit
gleichzeitiger Glykosurie ‘und. nachfolgender Wiederherstellung der ana- 2
tomischen und pbysiologischen Norm. r. $ N
Schwierig ist es, in den anatomischen Verhältnissen þei der Diabetiker.
sektion eine einwandfreie Grundlage im Pankreas zu finden. Die Pankreas.
atrophie ist oft so weitgehend, daß weit überwiegend der drüsige Anteil
betroffen sein muß. Gewöhnlich, aber nicht immer findet man an den
Inselzellen die hydropische Degeneration Weichselbaums. Daneben
kommt die numerische Verminderung der Inseln in Frage (Heiberg);
dabei muß man, um Irrtümern zu entgehen, auf ein normales Organ um-
rechnen, nicht das geschrumpfte einfach auszählen. Abgesehen von der
auf Gefäßveränderungen und -verlegungen beruhenden Schädigung bei
Syphilis und Arteriosklerose, ist diese Degeneration und Zellvermin
das maßgebende ätiologische Moment, zumal beim Jüngeren. |
Katsch-Frankfurt a. M. wählt als Gegenstand seines Referates das
Problem der frühzeitigen Erkennung pankreatischer Prozesse und der‘ Er-
kennung geringerer, chronischer subakuter Pankreatitiden. Wichtiger als
derung
| der weitere Ausbau der diagnostischen Laboratoriumsmethoden scheint ihm
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= in ihnen disponiert zur Infektion der Pankreaswege.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 41.
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23. November
gegenwärtig, das Augenmerk zu richten auf solche führenden . einfachen
ärztlichen Feststellungen, die den begründeten Verdacht einer Pankreas-
erkrankung erwecken können und veranlassen sollen, den nicht immer -| -
leichtfälligen Apparat: der ‚speziellen Pankreasdiagnostik in Bewegung zu
setzen. Er sieht solche führenden Zeichen in anamnestischen Angaben
und in dem Schmerzbild, das nach seiner Ansicht auch in minderer Aus-
prägung noch charakteristisch sein kann. Im Gegensatz zu den klassischen
Darstellungen bestreitet er, daß der Schmerz der Gallenkolik häufig nach
links ‚ausstrablt. Linksseitige oder linksstrahlende Schmerzen im Ober-
bauch sind in erster Linie auf Pankreasschmerz verdächtig. Die Differential-
diagnose gegen Nierensteinkolik, andererseits gegen. Ulcus ventriculi ist.
öfters zu stellen. K. legt großes Gewicht auf die nach seinen Erfahrungen
bei Pankreatitis sehr häufigen Überempfindlichkeitsstellen und -Halbgürtel,
hauptsächlich im Bereich des 8. Dorsalsegments. Gerade bei Pankreas-
erkrankungen seien die hyperalgetischen Zonen mit Unrecht bisher völlig
vernachlässigt, sie seien gerade hier. besonders nützlich.
Von den diagnostischen Verfahren bleibt die Probediät nach Adolf
‘ Schmidt für viele Fälle nützlich.. Doch fehlen oft, selbst bei schweren
Erkrankungen, jegliche Ausnutzungsausfälle im Kot. Ein wichtiger Fort-
schritt liegt in der Einführung der „duodenalen Pankreasdiagnostik*.
im’ Duodenalsaft knüpfte, sind enttäuscht worden. Doch ist die Unter-
suchung des Sekrets an seiner Quelle immerhin besser als die Ferment-
bestimmungen im Ölprobefrühstück und im Kotauszug. Sehr wichtig ist
die bisher unterschätzte Wohlgemuthsche Bestimmung der Harndiastase.
K. hat einstweilen gute Erfahrungen gemacht mit der Ronaschen Methode
zur Bestimmung der Pankreaslipase im Serum. Röntgenuntersuchung
deckte die ätiologisch wichtigen Duodenaldivertikel auf. Inhaltstagnation
Ein Fall von Sialangia
pancreatica lenta wird geschildert. Ein Diabetesfall nach Paratyphusinfektion.
K. rechnet die Erkrankungen des Pankreas und des Pankreasganges
zu den häufigen Bauchkrankheiten und behauptet, daß wir-mit dem heutigen
Rüstzeug in der Lage sind, die. Diagnose oft und frühzeitig zu stellen.
Einen umfassenden Bericht über Pankreaschirurgie erstattet Guleke-
Jena, der außer seinen eigenen Erfahrungen diejenigen von 35 Kliniken
durch Umfrage gesammelt und verarbeitet hat. Nach Besprechung der
Pankreasverletzung,. deren Schicksal von der Beteiligung des Peritoneums
abhängt — Zysten bei intaktem, Fettgewebsnekrose bei zerrissenem Bauch-
fell — der: in letzterem Falle drängenden Operation mit ihrer häufigen.
Komplikation durch die Fistel, die schließlich doch oft der erneuten
Operation mit Freipräparation bedarf, der sowie der Tumoren, welche
ebenfalls trotz der schlechten Aussichten operiert werden müssen, weil -
einige Fälle doch gerettet wurden, wenn auch in mehrzeitigem Eingriff und
wiederholten Anastomosen, wendet er sich der Pankreatitis haemorrhagica
zu. Die Hämorrhagie ist so unbedeutend und inkonstant, daß der Name
nicht von ihr hergenommen werden sollte. Auch die Entzündung ist frag-
lich, : Erreger wurden zwar gefunden, aber in frischen Fällen und im
Drüseninnern vermißt, Das von Zöpfel beschriebene Pankreasödem kann
sehr wohl die Vorstufe der akuten Pankreasnekrose sein, es kann
aber auch gelegentlich zurückgehen.
Bei der Operation ist die Fettgewebsnekrose in der Bauchhöhle ein
sicherer Wegweiser — sie wird durch das in der Bauchhöhle wiederholt
nachgewiesene Pankreassteapsin bewirkt. An sich hat die multiple Fett-
gewebsnekrose geringe Bedeutung — sie heilt aus. Auch die Peritonitis
ist anfänglich toxischer Natur, Trypsinvergiftung. Für die Nekrose des
Pankreas selbst ist das Trypsinogen maßgebend, welches in der Drüse
aktiviert wird — die Blutungsiehre Riokers wird abgelehnt. Allerdings
muß noch etwas hinzutreten, was das Drüsengewebe in seiner Resistenz
schädigt — dies Moment ist, schwer klar zu fassen. Es kann traumatisch
sein, toxisch (Alkohol usf.).
Das Eindringen von Galle wegen Steinverschlusses der Vaterschen
Papille kommt, wenn überhaupt, nur ausnahmsweise in Betracht. Häufig.
ist dabei das Vorliegen von Gallenblasenentzündung. Das klassische Krank-
heitsbild: nach reichlicher Mahlzeit ein die Gallenanfälle übertreffender,
dabei links sitzender Schmerz, der an Heftigkeit zunimmt, und so wenig
zu einer Bauchdeckenspannung führt, daß man einen queren Wulst im
Oberbauch gelegentlich fühlen kann, ist unverkennbar, aber nicht stets
vorhanden. Bei der Unsicherheit der Prognose ist auf bloße Wahrschein-
lichkeit hin der Eingriff geboten. Entsprechend der durch v. Bergmann
und Vortr. aufgestellten Intoxikationslehre hat neuerdings Ono von Er-
folgen durch passive Immunisierung mit hochwertigem antitryptischem
Immunserum berichtet. Bis zur Bestätigung muß man operieren und zwar
früh, um Infarzierungen und Nekrosen zuvorzukommen. — Rezidive sind
trotzdem möglich, selbst nach Jahr und Tag.
Die akute eitrige Pankreatitis ist einer der Ausgänge dek Pankreas-
nekrose — ‚sie kommt auch durch Übergreifen von Entzündungen der
fängliche hochgespanüte Hoffnungen, die man an die Fermentbestimmungen
aber sind durchgehends .die Hormone.
Nachbarorgane, fernor bei Mumps usw. Im wesentlichen gilt für sie das
Gesagte wit kleineren Abweichungen.
' Für"die chronische Pankreatitis. stebt im Vordergrund das Grund-
leiden, wie nosologisch so auch therapeutisch (meist ein Gallenleiden),
Bleibt aber die Heilung ` aus, so kommen: Kapselspaltungen, Inzisionen
nützlich, wenn man nicht das trostlose Endstadium abwartet. Allerdings
besteht gar keine. Übereinstimmung, indem im gleichen Dezennium manche
Kliniken keine, die, meisten 20 bis 30, andere 400 oder gar unzählige
chronische Pankreatitiden gesehen haben wollen.
H. Porges-Wien: Verdächtige Durchfälle sind pankreogen, wenn
bei großen Opiumdosen der Stuhl weiter die abnormen Elemente enthält —
andernfalls verschwinden diese mit’ dem Festerwerden des Stuhls.
Seine Ausführungen’ über zentrale; Regulation des Stofiwechsels
faßt Th. Brugsch ‚wie folgt zusammen: Unser Organismus bleibt ein Zellen-
staat, dessen kleinste Zelle Autonomie besitzt, aber nicht nur zur nächsten
Umgebung in Korrelation steht, sondern auch zu entfernteren Organen
und Systemen. Zusammengebalten . wird der Staat durch zwei Systeme,
das Blut und das vegetative System. Beide sind Mittler und Regulatoren.
So wie der Pendel die Rhythmik der Uhr auslöst, so löst das Blut die
Regulationen aus, indem es selbst automatisch homoiosmotisch wird. Die
Korrelation zwischen den führenden Stoffwechselorganen auf der einen Seite
und andererseits den Geweben wird durch das Blut bedingt. Dem Zentral-
nervensystem kommt lediglich auf Grund propriozeptiver Reize, die nicht
nur durch das Nervensystem vermittelt werden, sondern auch durch! das
Blut, die Rolle der Dämpfung zu und die psychophysische Bindung von
dem, was F. Kraus die Tiefenperson genannt hat. Die großen Aktivatoren
Das ist für unser ganzes thera-
peutisches Handeln von immenser Bedeutung. Gewiß werden die inneren
Drüsen in dem äquipotientiellen System unseres Organismus zentral ge-
dämpft. Gewiß sprechen sie auf die vegetative Innervation an, und zwar
die Zellen unmittelbar, indem jene auf die Grenzflächen wirksam werden,
gewiß bestehen Beziehungen zwischen Hormonen und Elektrolyten, aber
kein Eingreifen auf die Elektrolytkombinationen oder die vegetativen
Innervationen vermag das an Wirkung herbeizuführen, was die Hormon-
therapie hervorzubringen vermag.
Biedi-Prag ist zwar ebenfalls der Meinuhe, daß die Peripherie, die
Zelle selbst der Hauptregulator ist unter Benutzung des humoralen, auch
des hormonalen Weges — dennoch ist, z.B. für die Wärmeregulation, die
zentrale Regulierung maßgebend, denn die Zellen an und für sich beant-
worten erhöhte Wärmelage nicht mit Herabsetzung, sondern mit Erhöhung
der Wärmeproduktion. Unter Berufung. auf die eindeutigen aber vorläufig
noch ganz unverständlichen Ergebnisse kombinierter Nerven- und Rücken-
marksdurchschneidungen von Freund und Grafe lehnt er spezialisierte
und vollends bildliche Vorstellungsweisen als didaktische N otbehelfe, jedoch
Hemmnisse -der Forschung ab.. Ebenso ist bei exakter Nachprüfung von
der Wärmeregulation durch die Schilddrüse (Mannsfeld)- nichts übrig
geblieben. Quantitativ von der Schilddrüse beeinflußt wird der Eiweiß-
stoffwechsel und vor allem die Luxuskonsumption. Die Unfähigkeit zur
Luxuskonsumption gegenüber erhöhtem Angebot erklärt manche Formen
der Fettsucht. Wesentlich ferner ist bei manchen Fettsüchtigen, ähnlich wie
beim Diabetes, eine Störung des Hungergefühls trotz nährstoffreichen Blutes,
(Schluß folgt.)
88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Innsbruck,
21. bis 27. September 1924. (Fortsetzung aus Nr. #6)
Bericht von L. Pincussen, Berlin.
Als zweiter Referent sprach Kestner (Hamburg) über die Wirkung
des Klimas auf den gesunden und kranken Menschen. Nach seinen Aus-
_ fübrungen ist von allgemeiner Wirkung nicht die Kälte, sondern nur die
Wärme. Die Flüssigkeitsentziehung durch Schwitzen kann außerordentliche
Grade erreichen: innerhalb einer Arbeitsperiode wurden von einem Heizer
auf einem Schiff in den Tropen 10 Liter Schweiß abgesondert. Da hierbei
auch größere Mengen Salz ausgeschieden werden, kann sogar die Salzsäure
ausscheidung des Magens notleiden. Die Wirkung des verminderten- Luft-
drucks macht sich erst bei einer Höhenlage von ungefähr 3000 m bemerkbar,
kommt also für europäische Siedelungen nicht in Betracht. Im geschlossenen
Zimmer macht sich die Klimawirkung, zum mindesten was das Heilklima
anbetrifft, nicht geltend, besonders da hier die Einwirkung der‘ Strahlung
fortfällt. Neben der Strahlung spielen auch gewisse chemische Stoffe in
der Luft eine erhebliche Rolle. So nimmt Kestner an, daß der starke,
unangenehme Einfluß des Föhns und des Scirocco besonders durch das in
der Luft enthaltene Stickoxydul zu erklären ist. Als Heilklims wird be-
‚zeichnet: Hochgebirge im Sommer und im Winter, jedoch nur bei genügendem
Schutze gegen Wind, ferner windige nördliche Meere. Der Süden kommt
als Heilklima nicht in Betracht. Der Redner meint, daß es uns in abseh-
barer Zeit a wird, das zu verordnende Klima auch künstlich herzustellen.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr..47.
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Hierauf sprach Hellpa6h (Karlsruhe) über die kosmischen Einflüsse :
Hierbei ist kosmisch in dem Sinne aufzufassen, wie
‘Arrhenius in seiner kosmischen Physik angibt. Das wichtigste Beispiel .
eines solchen kosmischen Einflusses ist die Früblingskrise bei den zwischen
dem 35. und 60. Breitengrad lebenden Menschen.. In der Zeit von April.
bis Juni (in der südlichen Halbkugel entsprechend ‚Oktober bis Dezember)
findet sich eine Häufung der Befruchtungen, der geschlechtlichen Gewalt-
faten, der Selbstmorde und der Überführungen. in die Irrenanstalten.. Bei :
Im Seelenleben.
Schulkindern und Erwachsenen steigt in dieser:Zeit die körperliche Leistungs-
fähigkeit, während die intellektuelle sinkt.. Die Frühlingskrise kann als:
“ine Art Rausch bezeichnet werden: die triebhafte Aktivität nimmt zu, die -
sernünftige Überlegung mit ihren Hemmungen ab. Der körperliche Angriffs-
punkt dieser Einwirkung ist noch nicht geklärt; vielleicht wirkt die Zu-
nahme der Wärme intellektuell lähmend, die Zunahme des Lichtes motorisch
erregend. Möglich, daß auch die luftelekrischen Vorgänge eine Rolle spielen;
dies scheint auch durch die Beobachtungen beim Föhn begründet zu sein,
wo der Tiefpunkt des Befindens dem Tiefpunkt der barometrischen De-
pression vorangeht. Der mondbestimmte Gang der luftelektrischen Periode
scheint dem Vortragenden auch eine Erklärung für das Phänomen des
Palolowurms zu geben. Dieses Tier schwärmt zu seiner Fortpflanzung all-
jährlich im Hochfrühling an die Meeresoberfläche aus, aber immer nur in
der Nacht, auf welche das letzte Mondviertel fällt. Er bespricht dann die
in so sinnfälliger Weise an den kosmischen Wandel von Tag und Nacht.
gebundenen Tatsachen des Wachens und des Schlafens. Schlaftiefe und
körperlich-geistige Leistungsfähigkeit am Tage verlaufen in jo einer Kurve,
die in den Hauptproportionen einander ähnlich sind. Den einzigen Anhalts-
punkt bilden für den Schlaf die sogenannten Wendestunden des Luftdrucks -
and der Luftelektrizität, die bei normaler Lebensweise der Landbevölkerung
ungefähr mit dem Erwachen zusammenfallen. Außer diesen Perioden kennen
wir noch solche von 28 Tagen und 7 Jahren; während über letztere mit
Ausnahme der Periodik in Goethes Leben so gut wie nichts bekannt ist,
wird die 28tägige biologische Periode durch reiches Material aus der
pflanzlichen und tierischen Welt, zum Teil auch aus der geistigen gestützt.
Arrhenius hat auch hierfür das auslösende Moment in der mondbestimmten
luftelektrischen Periode gesucht. Wenn auch der Gesamtbestand unserer
Erkenntnis in die ursächlichen Zusammenhänge der Tatbestände kosmischer
Einwirkungen auf das psycho-pbysische Leben noch recht wenig befriedigend
1st, darf unser Erkenntaiswille doch nicht daran verzagen, die Entwirrung
des Netzes von Verknüpfungen des Menschen mit seiner Umwelt zu versuchen.
Ganz kurz soll über die dritte allgemeine Sitzung berichtet werden,
welche lediglich naturwissenschaftliche Themen berührte. Es handelt sich
um Vorträge über die Alpen. 'Penck (Berlin), der über das Antlitz der
Alpen sprach, entwickelte die Grundlagen ihrer Entstehung und ihres
"Werdens, besonders ausgehend von der großen Eiszeit. Er besprach an
Hand der vielen Beispiele, die sich den Kongreßhörern in der Umgebung
JInnsbrucks in reichem Maße boten, die verschiedenen Schichtungen, die
‚Formungen, den Gesteinwechsel. Die Alpen sind weder ein intaktes, durch
Krustenbewegungen geschaffenes Gebäude noch eine Ruine, welche un-
rettbar der Zerstörung anheimgefallen ist. Sie bilden sich ständig. Ihr
Antlitz zeigt weniger Spuren ihres hohen Alters als jugendlichen Wachstums.
Sie sind durchweg noch in aufsteigender Entwicklung begriffen, die, wie
‘es scheint, mit steigender Intensität frühere Bewegungen fortsetzt. Wir
‚haben vor uns ein Gegeneinanderwirken von Abtragung einerseits und
‚Hebung andererseits. Der Vortrag von Ampferer (Wien) über die Tektonik
‚der Alpen bietet nur fachliches Interesse; allgemeiner interessierte der
Vortrag von R. Klebelsberg (Innsbruck) über die Naturdenkmäler Süd-
'tirols und ihre Erforschung durch deutsche Naturforscher, ein Thema, das
-die Hörer um so mehr ergriff, als an der Grenze des durch den Friedens-
vertrag an Italien übergegangenen deutschen Landes dessen Verlust‘ be-
‚sonders füblbar wurde.
: Eine gemeinsame Sitzung der beteiligten Sektionen beschäftigte sich
mit der Behandinng der Spät- and Metasyphilis. Nonne (Hamburg) führte
aus, daß die eigentliche Syphilis des Nervensystems Gewebe befällt, welche
‘vom äußeren Keimblatt abstammen, während die sog. echte Syphilis des
Hirn- und Rückenmarksystems die kleinsten Gefäße der Hirn- und Rücken-
. markshäute ergreift oder in Form von Gummen auftritt. Hier handelt es
‚sich um Erkrankung von Geweben, die vom mittleren Keimblatt abstammen.
Bei der ersterwähnten Form gibt es spontan einsetzende Besserungen und
Stillstände, während die echte Form nur bei richtiger Behandlung gutartig
‚verläuft. Es ist bis heute noch unentschieden, ob durch die Einführung
des Salvarsans die Häufigkeit der Tabes und der Paralyse wirklich ver-
‚mindert worden ist. Die Untersuchung des Liquors nach Wassermann
ist ebenso wie sonstige Veränderungen nur verwertbar, wenn sie positiv
‚ausfällt. Negative Reaktion sagt nichts gegen Erkrankung aus. Für die
Wahl der Behandlung sind nicht nur die chemischen und serologischen
‚Befunde, sondern der Allgemeinbefund maßgebend. Patienten, die nur
eine positive Wa.R. aber keine anderen.. klinischen :Befunde aufweisen,
:antisyphilitisch zu behandeln, erscheint Nonne als:Fehler, besonders wein
‚dieser auch auf die stärksten antisyphilitischen. Kuren nicht verschwindet.
Die moderne Fieberbehandlung: der Paralyse ‘stellt einen ‚gewaltigen: Fort-
‚schritt dar; ‘sie ist bei Paralyse stets anzuwenden, mit Ausnahme der
Fälle schwerster Entkräftung oder. erheblicher.. Veränderungen der inneren
Organe, ` besonders der Gefäße. ::Die besten Ergebnisse liefert. die Behand-
lung mit dem .Malariaerreger. - EL al ERBE I a TA
'-J..Kyrie (Wien) berichtete über weitere.‘ Erfahrungen mit der
‘Wagner-Jaureggschen Malariabehaudlung. Im allgemeinen. waren die
Erfolge nach’ wie vor sehr günstig, wenn auch. einzelne Fälle-sich als nicht
beeinflußbar erwiesen... Die Malariabehandlung war gerade. in den Fälldn
von Erfolg begleitet, wo. durch ‘keine Behandlungsmethode ‘eine negative
:Wa.R. im Blut oder im Liquor erreicht werden: konnte.
behandlung der sekundären Syphilis erscheint ebenfalls, trotzdem die Zahl
Die Malaria-
der untersuchten Patienten und die Zeit noch verhältnismäßig kurz ist,
recht günstige Ergebnisse zu erzielen. Die Rezidive waren geringer als
sonst. Die Behandlung wird so ausgeführt, daß. nach den vorbereitenden
Neosalvarsaninjektionen die Malariaimpfung erfolgt; nach ungefähr 20 Tagen
wird das Fieber durch Chinin unterdrückt und neuerdings eine mäßige
Menge von Neosalvarsan injiziert. Bei der ziemlich starken Beanspruchung
des Gesamtorganismus müssen die so behandelten Patienten .sorgfältig aus-
gesucht werden: Wagner-Jauregg (Wien) berichtete darauf über Ver-
suche zur Entscheidung der Frage, ob man die Impfmalaria ebenso wie
die natürliche Malaria durch Mücken übertragen kann. Die Versuche fielen
negativ aus: Weder wurden im Leib der saugsnden Mücke Parasiten nach-
gewiesen, noch konnte die Impfmalaria durch Mücken auf andere Para-
lytiker übertragen werden. Wenn größere Nachprüfungen die Richtigkeit
dieser Untersuchungen ergeben sollten, so würde die Impfmalaria selbst in
Gegenden mit Anopheles keine Gefahr für die Umgebung bedeuten.
Mit der Syphilisbehandlung beschäftigte sich fernerhin eine Sitzung
der dermatologischen Abteilung. H. Krösl (Innsbruck) sprach über die
innerliche Verabreichung von Paroxymetaazetylamidophenylarsin- Säure
bei Syphilis; diese Verbindung, die auch Ehrlich bei seinen Unter-
suchungen unter der Nummer 594 geprüft hat, erwies sich als identisch
mit dem Stovarsol. Die Höchster Farbwerke haben ihm die Bezeichnung
Spirozid gegeben, Nachdem einige Versuche mit dem französischen Prä-
parat angestellt worden waren, wurde in der Folge das deutsche Präparat
verwendet, mit dem seit Februar alle zur. Behandlung gekommenen Syphi-
litiker (73) behandelt wurden, indem jeden zweiten Tag 1 g, in vier Teile
verteilt, per os gegeben wurde. Bei allen Fällen gingen die Erscheinungen
ziemlich rasch zurück und die Spirochäten schwanden bald. Neben-
erscheinungen in Form von 'Erythemen traten in 2 Fällen auf. Sekundär-
erscheinungen wurden durchweg gut beeinflußt. Negativwerden der Wa.R.
wurde sowohl bei primären wie sekundären Fällen nicht erreicht. Die
Fälle tertiärer Syphilis trotzen der Spirozidbehandlung länger. Die An-
wendung bei Lues congenita erschien darum günstig, weil es ausgezeichnet
auch von Kindern vertragen wurde. Im allgemeinen gleicht seine Wirkung
der des Salvarsans, das es jedoch nicht erreicht, so daß die Kombination
mit anderen Mitteln empfohlen wird. Für die Beurteilung der Dauererfolge
reicht die Zeit bisher nicht aus. | |
Über ein neues Mittel zur Chemotherapie der Spirochätosen und Trypano-
somiasen, das von Albert (München) hergestellte Präparat Albert 102, be-
richtete Kalberlah (Frankfurt a. M.). Dieser Körper, für den ähnlich
wie für Bayer 205 die genaue Zusammensetzung nicht angegeben wird,
soll ausgezeichnet sein durch eine biologisch äußerst aktive Ketoseitenkette,
an die ein entgiftend wirkender Hydrazinkomplex angegliedert ist. Das
Pulver mit einem Arsengehalt von 20%,, das sich bei leicht alkalischer
Reaktion gut löst, ist im Gegensatz zum Salvarsan gegen Sauerstoff un-
empfindlich, so daß die Lösung noch nach 12 Monaten brauchbar. ist.
Infolge seiner chemischen Stabilität scheint es im Organismus unverändert
in Wirksamkeit zu treten; die Applikation erfolgt vorwiegend intravenös.
Der chemotherapeutische Index ist günstiger als beim Salvarsan. Tier-
. versuche mit verschiedenen menschen- und tierpathogenen Trypanosomen,
mit Rekurrens und experimenteller Kaninchensyphilis ergaben sehr günstige
Resultate. Das klinisch beobachtete Material ist verhältnismäßig noch
klein; immerhin konnte Arning (Hamburg) von günstigen Erfahrungen
bei der Syphilisbehandlung berichten, a |
Über neuartige Metallverbindungen zur Behandlung der Infektions.
krankheiten sprach Memmesheimer (Essen), der mit: Absorptions-
verbindungen günstige Erfolge erzielte: Durch ein durch Absorption von
Wismut und. Arsen an einen nicht eiweißartigen Komplex hergestelltes
Präparat, dessen Wirkung er sich so vorstellt, daß der zwischen diesen
Stoffen bestehende Gleichgewichtszustand im Organismus gestört. und so
die Wirkung ausgelöst wird, wurden bei Syphilis günstige Erfolge’ erreicht,
besonders auch die Wa.R. in 820°% der Fälle negativ gemacht. Neben
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_ diesein Präparat (Saluen) wurde :ein "auf ähnlicher: Basis hergestelltes Gold- |
Kupferpräparat, für Tuberkulosebehandlung: hergestellt; -In:der Diskussion -
‚mahnte Kollo (Frankfurt): in sehr:.temperamentvoller Weise: zur Vorsicht
in. der Beurteilung der Erfolge bei:dör-Syphilisbehandlung.. Ze
"Die Abteilung Physiologie brachte vor allem einen .sehr interessanten
Bericht von O. Loewi (Graz) über die chemische: Bedingtheit von Nerven-
reizerfolgen.: Reizt man den Vagus eines isolierten Froschherzens. einige
Zeit und überführt danach den Inhalt dieses Herzens in ein zweites gleiches,
. "Jedoch unbehandeltes. Testherz, so zeigen sich auch bei diesem die gleichen
«Symptome, als wenn auch bei'ihm der Vagus gereizt worden wäre. Ganz `
“ähnlich: kann. man durch Reizung des Akzelerans den. entgegengesetzten
‚Effekt ‚erzielen.- Die Zeit, welche im gereizten Herzen zur Abscheidung
.des. „Vagusstoffes“ erforderlich ist, ‘ist außerordentlich kurz, so daß an-
"zunehmen ist, daß es dieser. Stoff. ist, welcher die bisher: als Vaguswirkung `
bezeichnete Funktionsänderung des Herzens - auslöst. Die Tatsache, daß
die Vaguswirküng unmittelbar einsetzt, die Akzeleranswirkung jedoch eine
' bestimmte Latenzzeit. (6—8 Sekunden). bis zur Wirkung braucht, kann
man auch durch ‚Übertragung .einer Mischung aus Vagus- und Akzelerans- .
-reizung-in ein Kontrollherz sichtbar machen, indem dann bei diesem zu-
nächst der-Vagus, dann der. Akzelerans-Effekt beobachtet wird.: Der diese
` Wirkungen übermittelnde Stoff ist verhältnismäßig- beständig; : er läßt sich |
bei 40. Grad trocknen und:verträgt auch 10 Minuten langes Kochen, ohne
‚in-seiner Wirkung wesentlich geschwächt zu werden. Versuche mit Atropin
‚ergaben, daß dies Alkaloid nicht auf den Vagus wirkt, sondern direkt
‚gegen’den „Vagusstoff“ gerichtet ist. Wird ein atropinisiertes Herz vagisch
-gereizt:und das Herz nun wiederholt gut-ausgewaschen, so bleibt in der `|
Herzwand noch immer so viel Atropin zurück, daß eine nachfolgende Vagus-
‚reizung ‘die charakteristische Vagüskurve nicht auslöst. . Wird aber der-
:Inhalt dieser Periode nun in ein.zweites unbehandeltes .Testherz über-
tragen, so findet sich in diesem die typische Vaguskurve, ein Zeichen
dafür, daß Vagusstoff im ersten Herzen produziert worden ist, daß in
„diesem also ‚der. Vagus durch das Atropin nicht gelähmt. worden war,- die
‚ Wirkung des Atropins sich also nur ‘gegen. den Vagusstoff gerichtet hat.
-Das Atropin Jäbmt also nicht den Vagus, wie bisher allgemein angenommen
` -Der Kernpunkt der: Mittelstandsfürsorge der Balneologischen Gesell-
‚schaft und der Zentralstelle für Balneologie ist das Bestreben, in der Vor- i
und Nachsaison in den Kurorten und Heilanstalten für wirtschaftlich
schwache Mitglieder des Mittelstandes mäßigere Sätze für Kurtaxe, Kur-
mittel, ärztliche Versorgung, Wohnung, Verpflegung usw. zu erwirken. Im
Interesse der notleidenden Schichten unseres Mittelstandes und auch’ der
Kurorte verdient die Ausbreitung dieser Bestrebung durch alle Kreise der
Mittelstandsfürsorge und des Bäderwesens weitestgehende Förderung. Nähere
Auskünfte erteilt die „Mittelstandsfürsorge der Balneologischen Gesellschaft
usw.“, Berlin W, Potsdamer Straße 184b.. pi
| Eine sehr wichtige Abteilung der Rockefellerstiftung ist`dìe für
‘die medizinische Erziehung und den medizinischen Unterricht. Um nun dib
Ausbildung möglichst vollkommen zu gestalten, sind neben den geeigneten
Lehrkräften -vor allen:Dingen die Lehrmittel von Bedeutung. Eine Ver
besserung der Unterrichtsmethode wird, soweit os die Finanzlage irgend Mi
‚zuläßt, in allen Ländern durch Neubauten, Umbauten oder inneren Ausbau '
der Lehranstalten bestrebt. Die Erfahrungen :aber, die bei diesen Ver-
‘besserungen gemacht werden, sind nur einem sehr engen Kreise zugängig,
denen nämlich, die.-an den neuen Anstalten studieren oder sie besichtigen. u
Solche Erfahrung weiter zu verbreiten ist der Zweck einer soeben von der
Abteilung für medizinisohen Unterricht der Rockefellerstiftung heraus.
gegebenen Broschüre „Methods and Problems of Medical Education“, in
der hauptsächlich die Probleme des Anatomieunterrichts behandelt werden,
Auf einen Einleitungsartikel „Methoden des anatomischen Unterrichts“ von
C. R. Bardeen- Wisconsin. folgen genaue Beschreibungen der anatomischen
| Institute von’ London, Peking, Brüssel, Würzburg, Basel und der Yale
Universität sowie des pathologisch-anatomischen Institutes der Universität
Graz. Ferner werden beschrieben das pharmakologisch-toxikologische Institut
der Yale Universität, das Thorndike Memorial Laboratorium und die geburts-
hilfliche Klinik der Harvard Universität und von Peking. Alle Abhand-
Jungen sind reichlich illustriert mit Frontaufnahmen, Grundrissen und
Innenansichten. Ihr Budget, ibre Unterrichtsmethoden und ihre wissen-
schaftlichen Untersuchungen werden mitgeteilt, bei den klinischen Instituten
auch die das Pflegepersonal -betreffenden Fragen miterörtert. Weitere
Sammlungen sollen folgen. Die Versendung soll an alle Interessenten
kostenfrei erfolgen, Anregungen für die späteren Veröffentlichungen. werden
erbeten, der Nachdruck ist gestattet. - l ; Pi
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wurde, sondern :es lähmt. nur. die Wirkung des sezernierten Vagusstoffes,
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‚hältnisse sich auch auf andere Nervenwirkungen übertragen lassen werden.
„Auch. sonst gaben die :Verhandlungen dieser Abteilung manche Anregung;
‚ich erwähne die sebr ‚mühseligen und aufschlußreichen Untersuchungen
von. Ellinger, und Hirt (Heidelberg) über die Innervation der Niere, die
‚Versuche von R.Höber (Kiel) über die Harnbildung belm Frosch. Löhner
.(Graz) berichtete über physiologische .Reservoire mit besonderer Berück-
‚sichtigung .der Reservoirfunktionen der Gallenblase und betonte, daß es
‚sich.bei dieser nicht um ein einfaches Reservoir handele, sondern daß die
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Berlin. In der Sitzung: der Berliner medizinischen Gesell-
"schaft vom 12. November 1924 fand die Aussprache zum Vortrag von
'Frl. Anneliese Wittgenstein über Tabesprobleme und Tabesbehandlung
:statt. - Es beteiligten sich daran die Herren Kraus, Benda, F. Lesser,
‚Felix Pinkus, Rosenthal, Joseph; Schlußwort: Frl. Wittgenstein.
‚Hierauf hielten Vorträge: i. Herr Edmund Falk über Ätiologie der
‚Skoliose (mit Lichtbildern) (Aussprache: die Herren Max Böhm, .Mukat;
.Schlußwort: Herr Falk); 2. Herr P. Rosenstein über chemotherapeutische
Behandlung des Pleuraempyems (Aussprache: die Herren R. Mühsam,
Westenhöfer; Schlußwort: Herr Rosenstein). u Er
| Kl n! : Blasengalle für die Verdauung eine wichtige Rolle spiele, indem sie die
BEL E . Verdanung einerseits einleite, andererseits die konstant sezernierte Leber-
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on] K :galle in ihrer Qualität reguliere. | E (Schluß 'tolgt.)
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Ai Hi; Rn Tagesgeschichtliche Notizen. |
ni S y $ "(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
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Mit der Frage, wie unsere Heilbäder und Heilanstalten wieder
von.unserem Mittelstand aufgesucht werden können, befaßt.sich besonders
die "Ärzteschaft in unseren Kurorten seit einiger Zeit. Die Balneolggische
Gesellschaft und die Zentralstelle für Balngologie haben in ihrer gemein-
samon Geschäftsstelle (Berlin W, Potsdamer Straße 134b) eine Organisation
geschaffen, die wirtschaftlich schwachen Angehörigen des Mittelstandes
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‘und: Heilanstalten ebenso‘ wie auch in den. Hilfsorganisationen für den
Mittelstand viel Verständnis und Entgegenkommen gefunden .bat. Der
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gebaut wird; der Standesverein reichsdeutscher Badeärzte hat sich ganz
auf den Boden dieser Bestrebungen gestellt, ebenso der Verband ärztlicher
“"Heilanstaltsbesitzer 'und '-leiter und ‘der Verband deutscher Fremdenheim-
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‚Bälneologischen Gesellschaft und der Zentralstelle für Balneologie mit An-
‚erkennudg hervorgehoben. : -1 ro |, -' a ee
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-greift also, peripherisch: vom. Nerven an. Loewi glaubt, daß diese Ver- | anstaltet in Schreiberhau im Riesengebirge vom 26. Januar bis. zum
‘von Kollegen Tichy-Schreiberhau. Preis für den Kursus einschl. Wohnun
und Verpflegung 55 M. Der Unterricht wird durch vom . Deutschen, Ski-
‘verband geprüfte Skilehrer erteilt. Abendlichs Vorträge über‘ sportärzt-
liche Themen. | E | | M
: forderlich wasserdichte derbe Schnürstiefel, Wickelgamaschen, derbe kurze
Hose und Joppe (geeignet Militärstoff), Ärmelweste, dicke. und lange Faust-
handschuhe, eine Windjacke, Norweger- oder warme. Mütze, Ohrenschützer.
. Wollschwitzer für den Schnee als Wassersauger ungeeignet, für das Quartier
| von dem Programm und nähere Auskunft zu erhalten sind, bis spätestens
:12. Januar 1925. `’ -u
‚wieder eine Neuauflage des Rapmundschen Kalenders für Medizinal-
beamte für das.Jahr 1925. Die Herausgabe besorgt Med.-Rat Dr. Wollen-
tafel für 1925. und 1926, den Post- und Telegraphen- und Fetnspreol-
Kuren in Heilbädern und Heilanstalten nachweist und die in den Kurorten | dm 25. November sein 50 jähriges Doktörjubiläum. ' Geh.-Rat Dr. Ernst
f D e . - .
„Allgemeine Deutsche Bäderverband hat in einem Zeitungsbericht über seine :
Tagung besonders betont, daß diese Mittelstandsfürsorge trotz. schwieriger
‚Verhältnisse :von den deutschen. Bädern in vorbildlicher Weise weiter aug- . ‚storben. — Basel: Geh.-Rat Bethe-Frankfurt a. M. erhielt als. Nachfolger
‚von Prof. Metzner einen Ruf als Ordinarius. für Physiologie. BE
‘inliaber.- Im’ preußischen ' Landtäg” wurde ‘die Mittelstandsfürsorge ` dér H
| sich zweimal: (nicht.22 mal}. um ser
-::: -22.4 .logroĝe Mehrzahl der Fälle. sekundäre Lues betrifft.
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4. ~
Der Deutsche Ärztebund zur Förderung der Leibesübungen yer-
1. Februar 1925 einen Wintersportlehrgang für Ärzte unter Leitung
Ausrüstung: Soweit keine Spezialausrüstung vorhanden, sind er
erwünscht.. Schneeschuhe können am Ort geliehen oder gekauft’ (25 bis
40 M.) werden. Anmeldungen an Dr. Hans Tichy-Schreiberhau (Rsbg.),
Nach sechsjähriger Pause erscheint im Dezember d.'J. zum erstenmal
weber in Dortmund, der für die Bearbeitung der einzelnen Kapitel eine
Reihe sachverständiger Mitarbeiter gewonnen hat. Neben einer Kalender-
gebühren entbält der Kalender einen Terminkalender 'und kurze, aber
erschöpfende Abhandlungen’aus dem Gebiete der amtsärztlichen und-ätzt-
lichen Sachverständigentätigkeit. Er behandelt das. Gebiet: der ‚medizinal-
und sanitätspolizeilichen Arbeit der staatlichen Medizinalbeamten unter
Berücksichtigung, der einschlägigen Gesetzgebung, vor allem des Kreisarzt-
gesetzes und der Dienstanweisung. für die Kreisärzte, und in einem neuen
Abschnitt die gesundheitliche Wohlfahrtspflege. Auch die Bestimmungen
über die Stellung und die Tätigkeit der Krankenhausärzte finden in ihm
ihre Stelle. Dem Kalender liegt ein Verzeichnis der Medizinalbehörden des
Reiches und aller deutschen Bundesstaaten bei. Fa, Daai
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| Der Physiologe Prof. Einthoven in Leiden erhielt: den diesjährigen
Nobelpreis für Medizin. u a ey Dr
Hochschulnachrichten. Berlin: Geh.-Rat P. Heymann feeit
Küster, der Altmeister der deutschen Chirurgen, feierte am 3. November
seinen 85. Geburtstag in ungewöhnlicher Rüstigkeit und Frische: —.Frel-
burg: Der ao. Professor für Geburtshilfe und Gynäkologie, Direktor der
staatlichen Frauenklinik in Karlsruhe Paul Lindig, 38.Jahre alt, 8?
Ar og
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Berichtigung. Bei den der. Mitteilung über Neo-Cutren‘. yon
. Abrahamsohn' in Nr. 45 zugrundeliegenden 'Syphilisfällen handsalte.68
opositiven Primärafekt, “während. die
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geleitet von
Geh, San.-Rat Professor Dr.KurtBrandenburg, Berlin # Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
edizinische Klini
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft - |
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Verlag von
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-
Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
Nr.48 (1042)
Berlin, Prag u.Wien, 30. November 1924
XX. Jahrgang
Klinische Vorträge.
Keimverderbnis und Fruchtschädigung.*)
Von Friedrich Müller, München, Br
Wir sind heute versammelt zum Gedächtnis Hermann Noth-
nagels, und wir werden ihn am besten ehren, indem wir ver-
suchen, die Medizin in seinem Geiste aufzufassen, nämlich als einen
Beruf, der den kranken Menschen als Ganzes, Leib und Seele,
zum Gegenstand hat, und nicht nur ein einzelnes Organ oder eine
spezielle Funktionsstörung. |
Nothnagel konnte mit Recht den Anspruch erheben auf den
historischen Titel eines Professors der Medizin!), denn er war
nicht in neumodischem Sinne ein „Spezialarzt für innere Medizin“,
der sich aus sogenannter Kollegialität ängstlich hütet, das Gebiet
eines Nebenfaches zu betreten. Mit weitem Gesichtskreis überblickte
‘er die allgemeine Heilkunde, aus der sich alle Einzelfächer ent-
wickelt haben, und welche auch der Chirurg, der Geburtshelfer, der
Neurologe und jeder Spezialarzt beherrschen muß.
Der praktische Arzt, dieser wichtigste Repräsentant der all-
gemeinen Heilkunde, steht bei seiner Berufstätigkeit auf dem sicheren
Boden des Handwerks, d. h. auf der Erfahrung von Jahrhunderten;
er kennt die Entzündung an ihren Symptomen ebenso wie einst
Celsus, er behandelt sie heute nicht viel anders als vor 100 Jahren und
kümmert sich nicht viel um den Streit, den die Pathologen über
die Theorie der Entzündung führen. Aus der intuitiven, künst-
lerischen Beobachtung des Arztes schöpft die Wissenschaft immer
neue Anregungen und Fragestellungen. Die Wissenschaft aber,
d. h. diejenigen Geister, welche sich nicht mit den beobachteten
Tatsachen begnügen, sondern die von dem inneren Drang beherrscht
werden, „rerum cognoscere causas“, öffnen wiederum der ärztlichen
Beobachtung die Augen und lenken den ruhigen Fluß des Erkennens
und Handelns in neue Bahnen.
Die Literatur gibt nicht immer ein getreues Bild von der
ärztlichen Praxis, sondern sie spiegelt hauptsächlich die herrschenden
Theorien der wissenschaftlich strebenden Kreise ihres Zeitalters wider:
So sehen wir z. B. um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts
in der Literatur als bedeutendste Erscheinung die Erkenntnis von
der spezifischen Natur der Infektionskrankheiten und vom Contagium
vivum auftreten. An der Kontagiosität, an der Infektion, waren die
literarischen Kreise bis dahin achtlos vorbeigegangen, während die
berzeugung von der Übertragung gewisser Krankheiten durch An-
steckung von der Volksmeinung und in der ärztlichen Praxis längst
anerkannt war, selbst in Beziehung auf den Typhus und die Tuber-
kulose. — Die großen Erfolge der Bakteriologie verleiteten dazu,
daß in den spezifischen Krankheitserregern die ausschließliche Ur-
sache der Infektionskrankheiten gesehen wurde, und nur langsam
hat sich der Gedanke durchgerungen, daß die Empfänglichkeit und
Widerstandsfähigkeit des Infizierten nicht nur für die Entstehung,
sondern auch für den Verlauf der exogenen Krankheiten von größter
Bedeutung ist. So wurde der Konstitution, welche von der
ärztlichen Praxis nie vernachlässigt worden war, auch von der
Wissenschaft Rechnung getragen, und damit lenkte sich deren Augen-
merk auf die ererbten Konstitutionseigentümlichkeiten: Zunächst
wurde die erbliche Übertragung bestimmter, also spezifischer Krank-
heitsanlagen studiert. Doch stellte sich heraus, daß die Vererbung
nicht immer streng dasselbe Bild hervorbringt, sondern daß sie sich
in den ‚verschiedenen Altersstufen und bei den Mitgliedern derselben
Familie in recht verschiedenen Erscheinungen äußern kann.
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*) Nothnagel-Vorlesung, gehalten am 31. Mai 1924.
1) Der Titel eines regius professor of Medicine ist heute noch auf
‚den englischen Universitäten, z.B. inOxford und Cambridge, im Gebrauch.
Aus diesem Grunde ist es von Bedeutung, nicht nur beim
einzelnen Individuum die Krankheitserscheinungen zu verfolgen,
welche sich von der frühesten Kindheit bis ins Alter hinein mani-
festieren, sondern auch die Krankheiten der Vorfahren und Familien-
mitglieder kennen zu lernen; weil man aus solchen Erfahrungen
Schlüsse ziehen kann auf die Zusammengehörigkeit gewisser Krank-
heitsbilder und ihre Rückführbarkeit auf eine gemeinsame Anlage.
Dies gilt nicht nur für viele somatische Krankheiten, wie z. B.
exsudative Diathese und Asthma, Migräne, Arteriosklerose, Hochdruck
und genuine Schrumpfniere, Gicht, Angina pectoris und Diabetes,
sondern ganz besonders auch für die Geisteskrankheiten.
Von der Erblichkeit im engeren Sinne des Wortes, also von
dem, was ererbt ist, hat Forel?) die Keimverderbnis getrennt
und als Blastophthorie bezeichnet. Er unterschied folgerichtig die
Schädigungen, welche durch ein Gift, wie z. B. den Alkohol, auf
die Keimzellen, d. h. auf das Sperma und die Eizelle ausgeübt _
werden, von solchen, die das schon befruchtete Ei betreffen. Die
letzteren werden als Fruchtschädigung bezeichnet. Forel warf
die Frage auf, ob die durch toxische Keimschädigungen erzeugten
Degenerationen weiter vererbt werden können, etwa in dem Sinne,
wie Stieve®) eine Veränderung der Keimzellen als somatogene
Parallelinduktion, d. h. als eine Teilerscheinung einer Umstimmung
des gesamten Organismus deutet. Forel glaubt aber, daß solche
Anderungen der Erbmasse meist nicht bleibender Art seien, sondern
bald wieder von den altfixierten Erbeigentümlichkeiten eliminiert
werden können.
. Wir wollen die eigentlich ererbten Anomalien und Krankheits-
veranlagungen beiseite lassen und uns nur mit der Keimverderbnis
und Fruchtschädigung beschäftigen.
Beim Menschen läßt sich aus naheliegenden Gründen oft nicht
feststellen, ob eine Keimschädigung im engeren Sinne des Wortes
vorliegt, ob also Sperma oder Eizelle vor der Befruchtung ver-
dorben waren, oder ob es sich um eine Schädigung des bereits be-
fruchteten, normalen, Eies in utero handelt. Diese Entscheidung
ist zwar in jenen Fällen ohne weiteres möglich, wo die Schädigung den
Mann, also das vöterliche Sperma betroffen hat. Hat die Schädigung
dagegen das Weib betroffen, so wird es sehr oft unentschieden bleiben,
ob die Noxe auf das Ei vor der Befruchtung eingewirkt oder dessen .
Entwicklung in der Gebärmutter gestört hat. In letzterem Falle ist
nicht immer sicher zu entscheiden, ob eine Infektion des Embryo
vorliegt, wie dies oft bei Syphilis und bisweilen auch bei akuten
Infektionskrankheiten der Mutter vorkommt, oder ob durch die
Krankheit der Mutter eine nicht spezifische Entwicklungshemmung
oder Ernährungsschädigung des Embryo zustande gekommen ist,
wobei dieser selbst’aber nicht von dem Infektionserreger befallen war.
Franklin P. Mall, der kürzlich verstorbene Anatom der
Johns Hopkins Universität hat wertvolle Untersuchungen über die
Entstehung menschlicher ne, angestellt, als deren häufigste
er den Klumpfuß, die Spina bifida, die Bildungsfehler des Herzens und
des Zentralnervensystems konstatierte.e Er spricht auf Grund seiner
Studien die Ansicht aus, daß beim Menschen nur selten eine Verderbnis
der Keimzellen oder des eben befruchteten Eies solchen Mißbildungen
zugrunde liege. Er glaubt vielmehr, daß in den meisten Fällen das
2) Forel, Alkohol und Keimzellen (Blastophthorische Entartung),
dort ausführliche Literaturangabe. M.m.W. 1911, S. 2596; Revue inter-
nationale contre l’Alcoholisme 1922, Nr.1.. |
s9) H. Stieve, Untersuchungen über die Wechselbeziehungen
zwischen Keimdrüsen und Gesamtkörper. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 99.
4) Franklin P. Mall, A study of the causes underlying the
origin of human monsters. Journ. of Morphology. Vol. 19. Philadelphia
1908. Siehe auch Ballantyne, Antenatal Pathology. 2 Vol. Edin-
burgh 1904. E i
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dadurch dessen normale Entwicklung gehemmt werde. Mall konnte
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‚lismus ist sehr häufig an sich schon ein Zeichen der Degeneration.
gifteten Tiere eine sehr viel weniger zahlreiche Nachkommenschaft
` worden waren; noch schlimmere Zahlen ergaben sich, wenn sowohl
1674 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr, 48.
30. Nóvember |
Ei ursprünglich normal war, daß aber durch eine fehlerhafte Implan- | kard, der seine Versuche über 14 Jahre ausgedehnt hat, konnte
tation. des Eies eine Ernährungsstörung des Fötus entstehe, und daß neuerdings ‘die überraschende Mitteilung machen, daß nur die erste
Generation der mit- Alkohol vergifteten Tiere eine übermäßig hohe
pränatale und postnatale Sterblichkeit zeigten, daß aber bei den
überlebenden Tieren von der vierten Filialgeneration ab besonders
kräftige und langlebige Individuen zu beobachten waren; er glaubt
den Nachweis führen, daß bei den von ihm untersuchten Tubargravidi-
täten in 96 % aller Fälle eine Mißbildung des Fötus beobachtet wurde,
während bei einer Lagerung des Eies im Uterus eine solche nur in
7% aller Fälle vorkam. Bei den letzteren konnte er oft Abnormitäten
an der Dezidua und am Chorion- nachweisen, und er nimmt an,. daß
diese großenteils durch eine Endomötritis. verursacht waren. Er hält
es für gänz unwahrscheinlich, daß ein primärer Schadön am Ei für
dessen fehlerhafte Implantation verantwortlich zu machen sei. Nach
seiner Auffassung spielt somit die Fruchtschädigung eines ursprüng-
lich normalen Eies eine ganz überwiegende Rolle gegenüber der eigent-
lichen Keimschädigung und selbst der Heredität. — Aber selbst dann,
wenn wir die Anschauungen Malls als berechtigt. annehmen wollen,
wird dieser rein morphologische Standpunkt des Anatomen nicht dem
ätiologischen Bedürfnis des Arztes genügen. Denn dieser: sieht eben
auch eine Implantation des Eies in der Tube oder der Bauch:
höhle nicht als 'reine Zufällserscheinung an, und eine Endometritis,”
welche eine Ernährungsstörung des Eies zur Folge hat, muß eine Ur-
Sache haben. Wenn der Aa Also am in einer Conor hos oder und sogar bedeutenden Menschen auswachsen können, so wird man
Syph oder einer Nephritis findet, so wird er eine Fruchtschädiguug
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doch kaum umhin können, dem Alkoholismus der Eltern eine ver-
önorrhoischer.. svnhilitischer. oder nenhritischer Grundi > | derbliche Wirkung auf die Nachkommenschaft zuzuerkennen. Auch
Ba ser E A E A EE E E G Lenz und Hoffmann sprechen sich für eine schädigende Wirkung
Indem wir alle diese Schwierigkeiten voll anerkennen, welche | 48 Alkohols auf die Nachkommenschait aus. Rüdin allerdings
unser Thema in sich birgt, wollen wir uns zuerst mit den Giften | ist im weiteren Verlauf seiner vom kritischen Geist getragenen
beschäftigen, welche eine Keim- oder Fruchtschädigung hervorbringen
können.
Unter den Giften, welchen eine keimschädigende Wirkung
zugeschrieben wird, ist der Alkohol am gründlichsten untersucht
worden. F&r&°) hat in ausführlichen Statistiken festgestellt, daß
unter 654 Epileptikern 248mal, also in 38%, Alkoholismus der.
Eltern nachzuweisen war. Neben dem Alkoholismus der- Eltern
spielen in seiner Zusammenstellung auch Migräne und puerperale
Eklampsie eine Rolle. Martin fand bei ’83 epileptischen Mädchen
der Salpetriere 6Omal Trunksucht der Eltern. i
Schlesinger: konnte bei 138 minderbegabten Kindern der
Straßburger Hilfsschule in 30°, Trunksucht der Eltern nachweisen.
— Schweighofer®) konnte zeigen, daß 75% der Geisteskranken
in Salzburg von notorisch trinkenden Eltern abstammen. — Ma-
haim und Ehrlich fanden unter 2059 Nachkommen trunksüchtiger
Eltern bei 52% blastophthorische Entartungserscheinungen usw.
| Gegen diese statistischen Angaben lassen sich aber, wie fast
gegen jede Statistik, gewisse Bedenken erheben, denn der Alkoho-
minderwertige Elemente eliminiert worden seien.
~ ‚Auch Combemale und Hodge fanden bei alkoholisierten
Hunden Defekte und Mißbildungen der Nachkommen.
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Auf Grund dieser: und anderer Experimente wird man di
keimschädigende Wirkung des Alkohols kaum bezweifeln ‘können,
und wenn auch beim Menschen großenteils nicht die Trunksucht
‚der Eltern: allein für den Verderb der Kinder in Betracht kommt,
‚sondern daneben auch andere, namentlich hereditäre Momente an-
zuschuldigen sind, und wenn auch zuzugeben ist, daß die übergroße
Mehrzahl von Kindern trunksüchtiger Eltern sich zu völlig normalen
Alkoholismus der Eltern allein nicht als ausreichende Grundlage
für die Entstehung der genuinen Epilepsie anzusehen ist, sondern
daß daneben gewisse Erbfaktoren eine Rolle spielen. Der Alkoho-
lismus bedeutet wahrscheinlich in manchen Fällen ein auslösendes
Moment und man wird .Schweighofer Recht geben müssen, wenn
er annimmt, : daß der Alkoholismus nicht selten eine schon vor-
könne. u |
‘ Mit Statistiken allein lassen sich derartige Fragen der Erblich-
keit nicht mit voller Sicherheit entscheiden. So würde es z. B.
wohl nicht schwierig sein, statistisch nachzuweisen, daß Ehe-
scheidungen besonders häulig bei solchen Leuten vorkommen, deren
Eltern gleichfalls in unglücklicher Ehe gelebt haben, und man
könnte daraus auf eine Erblichkeit der Ehescheidungen schließen,
während doch in diesen Fällen sicher das Beispiel, also die Um-
"gebung, maßgebend ist. i |
_ Sehr viel spärlicher sind die Angaben über die keimschädigende
Wirkung anderer Gifte.
. Von prinzipieller Bedeutung sind Versuche von G. Hertwig,
welcher. das Sperma von Fröschen mit Methylenblau oder Trypa-
flavin behandelte und dann mit gesunden Eiern zusammenbrachte;
es wurde danach eine große Zahl von Mißbildungen beobachtet.
Bei Morphinismus ist eine keimschädigende Wirkung inso-
fern nachzuweisen, als dabei ganz gewöhnlich beim Manne die Potenz
und beim Weibe die Ovulation erlischt, Die Ehe der Morphinisten
wird ja meistens nur durch die Morphiumspritze zusammengebalten.
In seltenen Fällen, welche z. B. Erlenmeyer?) erwähnt, kamen
aber bei Morphinismus des Vaters und selbst der Mutter doch
Graviditäten zustande und selbst zu normalem Abschluß. Die Kinder
sollen gesund gewesen sein; ob sie sich auch normal entwickelt
haben, ist aus der Literatur nicht zu erkennen. Bei Rundlragen m
ärztlichen Kreisen hörte ich von einem blödsinnigen Kinde, das
geboren wurde zu der Zeit, als die Mutter Morphinistin war. Frühere
Kinder waren normal. Ferner kenne ich den Sohn eines Morpbi-
nisten und einer gesunden Mutter; dieser bot das Bild einer ge
störten Entwicklung mit hypophysärem Charakter. Die Hypophyse
erschien im Röntgenbild. verändert, der Knabe war infantil, in der
geistigen Entwicklung und in seinen Spielen zurückgeblieben, er hat
sich aber später ganz leidlich weiter entwickelt, als sein Hypo-
genitalismus sich ausglich, doch ist er auch heute noch zu kelner
ernsten Arbeit wirklich brauchbar. Féré beschreibt einen Epilep-
tiker als Sohn eines Morphinisten, Rudolf Hoesslin erzählt einen
Fall, in welchem ein Kind geboren wurde, nachdem seine Mutter
in der Gravidität viel Narkotika gebraucht hatte. Das Kind war
gegenüber früheren und späteren Kindern der gleichen Frau geistig
und körperlich weniger entwickelt. Levinstein konnte nur dann,
Gravidität und normale Schwangerschaft beobachten, wenn der
Morphinismus der Mutter sich auf kleine Tagesdosen beschränkte,
und dann waren die Kinder schwach, anämisch, ohne Widerstands:
kraft, erlagen oft in den ersten Wochen oder blieben in ihrer Ent
wicklung zurück. — Andererseits kenne ich ‚Fälle, wo die Kinder
Er kommt vor allem bei solchen Individuen und Familien vor, bei
denen sich. ausgesprochene, oft vererbte, pathologische Veran-
lagungen nachweisen lassen, vor allem Angstzustände oder moralische
Minderwertigkeiten oder jene Hemmungslosigkeit, welche auch alle
niedrig stehenden Völker, z.B. die Hottentotten und Indianer dem
Alkoholismus verfallen läßt. | u
Die berechtigten Bedenken, welche man gegen die statistischen
Angaben erheben konnte, führten dazu, den Weg des Experiments
zu beschreiten. | sai
Stockard”) konnte in ausgedehnten Versuchen an Meer-
schweinchen nachweisen, daß die durch Alkohol chronisch ver-
hatten, daß die Früchte zum großen Teil lebensunfälig zur Welt
kamen, rasch starben, kümmerlich blieben und oft Mißbildungen
darboten. Es wurde z. B. bei 24 Paaren, von denen die Männchen
vor der Begattung längere Zeit hindurch den Alkoholdämpfen aus-
gesetzt waren, 14mal Aborte und nur 5 überlebende Junge erzielt;
ganz ähnlich waren die Resultate, wenn die Weibchen alkoholisiert
die Männchen als auch die Weibchen vor der Begattung einer
Alkoholintoxikation unterworfen worden waren. — Agnes Blum?)
hat zwar die Schlußfolgerungen Stockards "bemängelt, kam aber
bei ihren Versuchen an Mäusen zu. ähnlichen Resultaten. Stoc-
6) Charles Fere, Die Epilepsie. Leipzig 1896 und: L’action
teratogene de l'alcohol möthyligue. Compt. rend. soc. biol. T. 36.
6) Schweighofer zit. M.m.W. 1911, S. 2599.
1) Charles Stockard, An experimental study of racial degene-.
ration in mammals treated with alcohol. Archives of internal medicine.
1912, Vol. 10, p. 369. (Monstrosities and structural defects praedis-
positing to later diseases.) — Derselbe, Alcohol as a selective
agent in improvement of racial stock. Brit. med. journ. 1922, Vol. 2,
p. 255. — Derselbe, Human types and growth reactions. Amer. journ.
of anat. 1923, 31, p: 261. E EN :
-© 8) Agnes Blum, Zschr. f. induktive Abstammungs- u. Vererbungs-
lehre 1922, 28. > |
annehmen zu - dürfen, daß durch die Alkoholvergiltung. manche '
handene krankhafie Erbanlage zum Ausbruch bringen, also erwecken
°) Erlenmeyer, Die Morphiumsucht und ihre Behandlung 1887.
genealogischen Forschungen zu dem Resultat gekommen, daß der |
e A
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80. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
apnee S
ausgesprochen morphinistischer Mütter sich nicht nur zu normalen,
sondern selbst zu bedeutenden Menschen entwickelt haben. `
Von Blei und Quecksilber wird behauptet, daß sie keim-
schädigend wirken und Constantin Paul beschreibt Degenerationen
bei Kindern von solchen Vätern, welche an chronischer Bleivergiftung
litten. — Wenn auch vielleicht bei schwerer chronischer Blei- und
Quecksilbervergiftung eine derartige Wirkung vorkommen kann, so
muß doch geleugnet werden, daß jene Mengen von (Quecksilber,
welche bei antisyphilitischen Kuren der Eltern und selbst der
Schwangeren angewandt werden, einen schädlichen Einfluß auf die
Kinder ausüben. Ähnliches gilt auch vom Jod. Jodkali wurde
früher meistens gegeben bei syphilitischen Schwangeren und ich
habe nie darnach eine Schädigung der Schwangerschaft, sondern
eher eine günstige Wirkung auf das Kind beobachtet. Die Er-
fahrung der Syphilidologen spricht im selben Sinne. Aber mit
dieser Konstatierung ist die Jodfrage noch keineswegs erschöpft.
So unschädlich das Jod von den meisten gesunden Syphili-
tikern ertragen wird, ebenso gefährlich wirkt es bekanntlich bei
manchen Leuten mit Schilddrüsenhypertrophie; es ist, als ob bei
gewissen Strumen eine abnorm große Menge Sekret gebildet würde,
das an sich nicht jodhaltig und nicht wirksam ist. Bei Darreichung
von Jod wird dieses begierig von der hyperplastischen Schilddrüse
abgefangen und zur Jodierung der Vorstufe zu aktivem Thyroxin
oder Jodothyrin verwendet. Wird diese wirksame Substanz im Über-
- maß gebildet und resorbiert, so stellen sich namentlich bei Leuten
jenseits der Lebensmitte die gefährlichen Symptome der Hyper-
thyreose ein. Im Verlauf dieser durch den Jodgebrauch provozierten
Hyperthyreose geht beim Manne die Potenz meist vollständig ver-
loren und bei der Frau kann sich, wenn auch seltener eine Amenor-
rhoe einstellen. Die sekundären Geschlechtscharaktere schwinden bei
beiden Geschlechtern. Es ist dabei zweifelhaft, ob das Jod direkt
auf die Hoden und die Eierstöcke einwirkt, oder, was mir wahr-
scheinlicher ist, auf dem Umweg über die Schilddrüse. Loeb und
Zoeppritz1°) haben in ihren Experimenten unter Jodgebrauch trotz
erhaltener Facultas coeundi eine Unfruchtbarkeit der Tiere erzielt.
Wenn die Jodwirkung beim hyperthyreotischen Menschen nach einer
längeren Reihe von Monaten wieder vollständig abgeklungen ist,
kehren Bartwuchs, Augenbrauen, Behaarung der Achselhöhlen, die
Mammae und auch die Potenz und Zeugungsfähigkeit wieder zurück,
wie ich wiederholt beobachten konnte.
Wir sind bei der Schilddrüse angelangt und müssen die
Frage aufwerfen, ob eine Schilddrüsenanomalie schädigend auf die
Frucht einwirkt. Wir sehen dabei ab von der Frage, ob der Kropf
an sich erblich ist. Dies ist auf Grund der modernen Erblichkeits-
forschung für gewisse Arten von Kropf und Kretinismus als wahr-
scheinlich anzusehen !!). Durch Experimente von Halsted ist be-
wiesen, daß die durch jodfreies Futter erzeugte vikariierende
Schilddrüsenhypertrophie der weiblichen Hunde auch bei deren
Nachkommen vorkommt.
Die Frage, ob eine Schilddrüsenhypertrophie und Hyper-
thyreose einer Gravida auf das Kind schädigend einwirkt, ist nicht
ohne praktische Bedeutung. Denn bei ihrer Bejahung wird man
daraus das Recht und die Pflicht ableiten müssen, jenen Mädchen,
die an Schilddrüsenhypertrophie leiden, das Heiraten zu verbieten
und bei solchen Frauen eine Schwangerschaft zu verhüten oder zu
unterbrechen. Es ist mir bekannt, daß viele Ärzte dieser An-
schauung sind und darnach handeln. Aber in so verantwortungs-
voller Lage genügt es nicht, aus theoretischer Überzeugung und
Besorgnis zu handeln, sondern hier dürfen nur Tatsachen sprechen.
Die Erfahrung lehrt nun, daß Mädchen und Frauen mit Schild-
drüsenvergrößerung und leichter Hyperthyreose durch Heirat und
Schwangerschaft nicht geschädigt, sondern eher günstig beeinflußt
werden. Die Schwangerschaft bedingt offenbar einen vermehrten
Verbrauch an Schilddrüsensekret wie auch an dem Produkt der’
Epithelkörperchen und sie ist deshalb gefährlich für solche Frauen,
welche eine Insuffizienz dieser Drüsen darbieten, nicht aber für
diejenigen mit einer vermehrten Tätigkeit der Schilddrüse. Auf
rund dieser Erfahrung habe ich schon vielen jungen Mädchen
‚mit Schilddrüsenvergrößerung das Heiraten erlaubt, habe dabei nie
eine Schwangerschaft verhütet oder unterbrechen lassen und habe:
dies nie zu bereuen gehabt, sondern nur günstigen Einfluß auf die
Mutter erlebt. — Aber doch bin ich neuerdings etwas irre geworden
In dieser Annahme, als ich eine Frau kennen lernte, deren erster
Sohn vollkommen gesund ist und welche nach Ausbruch eines.
a n
1) Loebu Zoeppritz, D.m.W.1914. Dort auch weitere Literatur.
11) Pfaundler, Über die ne gun en von endemi-
schem Kropf und Kretinismus. Jahrb. f. Kindhlk., Bd. 05, S. 223.
| minderwertig und ausgesprochen homosexuell ist.
_ Kinder.
'Röntgenstrahlen behandelt wird.
Morbus Basedowii einen Sohn gebar, der abnorm klein, moralisch
Freilich ist der
Fall nicht eindeutig, da der Vater sich in einem Zustand geistiger
Depression das Leben nahm, und vielleicht ist die Melancholie des .
Vaters bedeutungsvoller für die schwere Degeneration des Sohnes
gewesen, als die Basedowkrankheit der Mutter. Ein zweiter Fall
betraf eine Dame, welche an Kropf und Hpyperthyreose litt und
wegen dieser auch noch mit Schilddrüsentabletten behandelt wurde.
Sie machte während dieser Zeit zwei Schwangerschaften durch: der
erste Sohn ist schwer erziehbar; die Tochter zeigt einen ausge-
sprochen virilen Typus mit übermäßig kräftiger Muskulatur, wie er
bei Mädchen mit abnorm geringer Sexualität bisweilen vorkommt.
Nach der zweiten Geburt wurde bei der Mutter die Schilddrüse in
zwei Operationen verkleinert mit vorzüglichem Resultat. Stöltzner
beobachtete bei Kindern von Müttern, welche während der Gravidität
an Schilddrüseninsuffizienz gelitten hatten, Mongolismus der
kretinoide Junge zur Welt brachten. EB
Unter den Drüsen mit innerer Sekretion kommen ferner die
Hypophyse, die Eierstöcke und die Hoden in Betracht. .
Bei Hypophysenanomalien der Frau dürfte wohl nur selten .
. eine Schwangerschaft zustande kommen; ich sah zweimal, daß junge,
kräftige Frauen nach der ersten Geburt eines gesunden Kindes
hemmungslos an einer Fettsucht erkrankten, die bis zu 2 und 3 Zentner
ging; sie litten dabei an Polyurie im Sinne eines Diabetes insipidus,
ferner an Kopfschmerzen und die eine Patientin auch an Seh-
störungen.
auch die Menses, vollständig, und es trat jene Trockenheit der
Scheide auf, welche den ehelichen Verkehr unangenehm gestaltete.
Hier lagen also Symptome vor, welche eine Veränderung der Hypo-
physe, vielleicht durch Erschöpfung nach der Geburt, wahrschein-
lich machten. In dem einen Falle, der durch Sehstörungen aus-
gezeichnet war, wies die Röntgenphotographie eine Erweiterung der
Sella turcica nach; in dem andern Falle stellten sich nach drei-
jähriger Dauer der Symptome unter Rückgang der Fettsucht und
der Polyurie die Menses wieder ein und schließlich zwei Schwanger-
schaften mit Geburt normaler Kinder. — Schwer zu deuten ist der
folgende Fall: Eine Frau, welche an schwerer Polyurie litt, aber
keine akromegalischen Symptome darbot, gebar ein Riesenkind
von 10 Kilo, das während der Geburt starb. Der Diabetes insipidus
dauerte auch nach der Entbindung weiter und ging langsam in
einen anfangs milden, dann sich rasch verschlimmernden Diabetes
mellitus über, und der Tod trat im Koma ein. Die Obduktion er-
gab normale Größe der Hypophyse, aber an der Grenze zwischen
Vorderlappen und Hinterlappen eine adenomatöse Wucherung. Die
angrenzenden Gehirnpartien, besonders der Nucleus peri- und para-
ventricularis zeigten völlig normales Verhalten der Ganglienzellen
und der Glia. In dem an Größe reduzierten Pankreas ließ sich
eine deutliche, aber nicht hochgradige Verminderung der Langer-
hansschen Inseln erkennen'2). Ä Ä
Übrigens ist dieFettsucht nichtnur beiHypophysenerkrankungen
von Störungen der Genitalfunktionen begleitet, sondern auch die
reine Mastiettsucht kann zum völligen Erlöschen der Ovulation
wen wie Stieves Experimente an gemästeten Gänsen gezeigt
aben. Ä
Die nachteilige Wirkung der Röntgen- und Radiumstrahlen
auf Hoden und Eierstöcke ist allgemein bekannt.. Die Gynäkologen
benutzen sie zur Sterilisation der Frauen, namentlich beim Vor-
handensein von Myomen. Diese rätselhaften Geschwülste des Uterus,
welche auffallend häufig mit Struma der Schilddrüse und mit gut-
artigen, rückbildungsfähigen Adenomen der Mamma einhergehen,
müssen offenbar mit den Eierstocksfunktionen in Beziehung stehen. . —
Eine fruchtschädigende Wirkung der Uterusmyome auf das Kind ist
nach den Erfahrungen der Frauenärzte nicht bekannt, wohl aber
finden sich einige Beobachtungen, welche einen fruchtschädigenden
Einfluß der Röntgenstrahlen wahrscheinlich machen. Es ist
offenbar kein ganz seltenes Vorkommnis, daß eine beginnende
Schwangerschaft irrtümlicherweise für ein Myom &ehalten und mit
In solchen Fällen ist sowohl von
Aschenheim!?), wie auch von Döderlein je ein ausgesprochen
mikrozephalisches Kind beobachtet worden. In Aschenheimschen
Falle waren auch Schädigungen der Augen und klonisch-tonische |
Zuckungen vorhanden. Ähnliche Beobachtungen wurden von Flatau,
von Albrecht und Pankow mitgeteilt. Albers-Scohoenberg. und
12) Lauter und Hille, D. Arch. £. klin. Med. 1924. Ae
18) Aschenheim, Schädigung der menschlichen Frucht durch
"Röntgenstrahlen. Arch. f. Kindhlk. 1919, Bd. 68.
1675
Lanz fand, daß Ziegen nach Entfernung der Schilddrüsen
Bei beiden Frauen erloschen die Genitalfunktionen, .
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. rechtzeitig zur Welt und waren normal. Auch Seuffert und
‘scheiden, ob auch beim Menschen die durch Röntgenbestrahlung
‚Sterilisation die Regel sein.
‚Keimdrüsen in Tierexperimenten studiert. Er konnte nachweisen,
‚daß bei Anwendung größerer Dosen eine Atrophie der Hoden und
‚Wenn aber bei leichteren Fällen dennoch eine Befruchtung eintrat,
:so konnte an den Früchten keine Mißbildung nachgewiesen werden.
-Er nimmt also an, daß die keimschädigende Wirkung der Röntgen-
strahlen zwar erwiesen sei, daß sie sich. aber nür in völliger Be-
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daß: überhaupt. keine Befruchtung eintritt. Ist die Schädigung der
‚weiblichen oder männlichen Keimzellen jedoch geringer und kommt
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. und nicht etwa defekte Früchte. Wenn diese Regel richtig ist, so
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.diese Fälle, wo nach einer Keimschädigung ein defektes Individuum
'nach der Befruchtung mit normalem Sperma bzw. normalen Eiern
‚eine sehr viel geringere Zahl von Eireifungen konstatiert: die be-
- behandelte Froscheier mit Röntgenstrahlen und erhielt gleichfalls
1676 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. 30. November
eine Reihe anderer Autoren warnen vor der Bestrahlung 'schwangerer
'Uteri, weil dadurch Aborte herbeigeführt oder eine Schädigung des
Fötus erzeugt werden könne. Auch durch Tierexperimente ist die
fruchtschädigende Wirkung der Röntgenstrahlen festgestellt. MaxCohn
erzielte beigedeckten Kaninchenweibchen schwere Wachstumsstörungen
der Früchte, v. Hippel Kätarakte, Kolobome und Mikrophthalmie.
Während also das Vorkommen einer Fruchtschädigung
durch Röntgenstrahlen erwiesen zu sein scheint, ist die Frage der
'Keimverderbnis weniger leicht zu beantworten.
Bei den Röntgenologen soll eine auffällige Häufigkeit kinder-
loser Ehen oder von Einkindsterilität beobachtet sein. Die Be-
strablung der Eierstöcke ist vielfach mit Erfolg angewandt worden,
um eine Sterilisierung der Frau herbeizuführen; doch hat sich dieses
Verfahren nicht als unbedingt zuverlässig herausgestellt, und zwar
gelingt die Sterilisierung, d. h. die Herbeiführung einer Amenorrhoe
‘offenbar viel sicherer jenseits eines gewissen Lebensalters, etwa des
35. Lebensjahres, als bei jüngeren Frauen. Wenn bei Frauen trotz
einer ausgiebigen Bestrahlung dennoch eine Konzeption zustande.
kam, so wurde nach Nürnberger, Zangemeister und Pankow
niemals eine Schädigung der Frucht beobachtet, die Kinder kamen
Bagg!®) an Mäusen, aus denen hervorgeht, daß die Bestrahlung
der -Keimzellen zu vererbbaren Degenerationserscheinungen selbst
noch bei der dritten und vierten Filialgeseration führen können.
Da die Mäuse einige Wochen vor der Befruchtung bestrahlt worden
waren, handelt es sich in diesen Experimenten sicher um eine
Keimverderbnis und nicht um eine Fruchtschädigung in utero.
Es ist oft die Frage aufgeworfen worden, ob Unterernährung
der Mutter eine schädigende Wirkung auf das im Uterus sich be-
findende Kind ausüben kann. Aber die Erfahrung der schlimmsten
Hungerjahre des Krieges hat gezeigt, daß das Geburtsgewicht keine
nennenswerte Verminderung aufwies, und diese Tatsache läßt sich
nur so erklären, daß die Kinder im Mutterleibe mit größerer Energie
die Nahrungsstoffe anziehen, sehr zu der Mutter Schaden. Freilich
hat man in jenen bösen Jahren eine auffällige Häufung von Aborten
beobachtet, gerade auch bei solchen Frauen, welche vorher oder
später keine Neigung zu Aborten zeigten. Es ist aber zweifelhaft,
ob es sich dabei um die Wirkung quantitativ und qualitativ un-
genügender Ernährung; handelte oder ob nicht vielmehr jene: über-
mäßige und namentlich ungewohnte körperliche und geistige An `
strengung anzuschuldigen ist, der damals die Frauen und nament-
lich diejenigen der gebildeten Stände ausgesetzt waren. |
Es ist nicht auszuschließen, daß seelische Traumen ein
Rolle spielen können, daß also Kummer und Schreck bei schwangeren
Frauen schädigend auf Schwangerschaft und Frucht einwirken.
Diese Ansicht ist im Volke weit verbreitet, und man sollte
an solchen Volksmeinungen nicht mit billigem Spott vorbeigehen,
Ich kenne einen schönen, großgewachsenen Epheben von 18 Jahren,
der eine so schwere Idiotie darbietet, daß man an eine Entwicklungs:
' störung des Gehirns denken muß. Vater und Mutter sind gesund und
bei wiederholter Untersuchung haben sie negativen Ausfall der WaR.
dargeboten. Die zahlreichen Kinder des Ehepaares, welche vor und
nach dem unglücklichen Knaben geboren wurden, sind vollkommen
normal. Während jener Schwangerschaft war die Mutter den Schreck-
nissen der Beschießung von Port Arthur ausgesetzt, und Nonne,
gewiß ein nüchtern denkender Arzt, hält in diesem Falle einen Zu-
sammenhang mit dem damals ausgestandenen psychischen Trauma
für möglich. : l m
Wenn man bedenkt, daß psychische Einflüsse ohne Zweifel
eine große Wirkung auf die Eireifung, d.h. auf die Menses, aus-
‘üben können, Uterusblutungen hervorrufen oder sistieren können,
so wird man es nicht für unmöglich halten, daß auch die Frucht-
entwicklung geschädigt werden kann. Stieve beschreibt eine Henne,
welche sofort aufhörte zu legen, als in demselben Raum ein Fuchs
in einem Käfig untergebracht worden war. |
Es ist mir in der Klinik aufgefallen, wie häufig man bei
Kindern mit schweren Entwicklungsstörungen anamnestisch erfährt,
‚daß sie von unehelicher Geburt sind. Man wird kaum annehmen
können, daß es hauptsächlich degenerierte Individuen sind, welche
uneheliche Kinder erzeugen. Ist nicht doch vielleicht an der großen
Häufigkeit körperlicher und geistiger Defekte der unehelichen Kinder
wenigstens zum Teil die psychische Alteration schuld, welcher die
uneheliche Mutter ausgesetzt ist? | |
Ein alter Volksglaube sagt ferner, daß hohes Alter der Eltern
schädigend auf die Kinder einwirke. In der Mehrzahl der Fälle ist
dies gewiß nicht zutreffend, ich kenne eine Reihe von ganz ge
sunden Menschen, welche in ihrer Entwicklung und selbst der Lebens
dauer keineswegs hinter ihren sehr viel älteren Geschwistern zurück
stehen und bei deren Geburt. der Vater über 60 und die Mutter
dem Klimakterium nahe war. Rubens war das zwölfte Kind seines
Vaters, und nach seinen Bildern zu urteilen, war er nicht nur
ein schöner Mann, sondern auch gewiß sexuell nicht unterwertig.
Peiper!®?) hat die Frage der Nachkommenschaft alter Eltern
an großem Material statistisch geprüft und fand, daß nach dem
35. Lebensjahr der Mutter die Zahl der Totgeburten rasch bis
aufs Doppelte ansteigt. Die Zahl der Totgeburten in Berlin betrug
bei einem Alter der Mutter von 20—25 Jahren 3% und bei einem
Alter von 45—50 Jahren 9,7%. Nach Ploetz findet sich femer
eine Erhöhung der Kindersterblichkeit bei. einem Alter des Vaters
über 50 Jahren oder unter 20 Jahren. Ferner gibt Peiper an, daß mil
. zunehmendem Gesamtalter der Eltern die Minderwertigkeit der Kinder
zunimmt; wenn beide Eltern zusammen unter 80 Jahre alt waren,
fanden sich 5% minderwertige Kinder, betrug das gemeinschaftliche
Alter der Eltern über 90 Jahre, so betrug die Zahl der minderwertigen
Kinder 40%. Auch mit dem steigenden Alter des Vaters allein
soll die Minderwertigkeit der Kinder zunehmen.
Trillmilch fanden nach Bestrahlungen der Ovarien niemals Miß-
bildung der Jungen. Stieve hat männliche und weibliche Gänse
‚den Röntgenstrahlen ausgesetzt und danach eine Atrophie der Hoden
und der Eierstöcke festgestellt. Aber diese Schädigung der Keim-
zellen war nicht dauernd, sondern vorübergehend, und in der nächsten
Legeperiode wurden wieder Eier produziert. Es ist schwer zu ent-
gesetzte Schädigung der Hoden und Eierstöcke nur vorübergehend,
also wieder reparationsfähig ist; bei der Frau dürfte die dauernde
Nürnberger!) hat die Wirkung der Röntgenstrahlen auf die
Eierstöcke eintritt und daß eine Befruchtung nicht zustande kommt.
fruchtungsunmöglichkeit äußere. — Auf Grund der Tierexperimente
von Nürnberger sowie der Erfahrungen am Menschen könnte man
den Schluß ziehen, daß bei der Schädigung der Keimdrüsen ge-
wissermaßen ein „Alles- oder Nichts“-Gesetz gelte, d. h., die
Schädigung der Keimdrüsen könne sich nur in der Weise äußern,
‘eine Befruchtung überhaupt zustande, so resultieren nur gesunde
würde sie das Auftreten eigentlicher Keimschädigungen bei der
Nachkommenschaft überhaupt ausschließen und beweisen, daß durch
den mächtigen Impuls der. Befruchtung die Schädlichkeiten über-
wunden werden, welche der Ei- und Samenzelle zugefügt waren.
Diese Regel wird in der Hauptsache richtig sein, namentlich bei |
höheren Tieren; sehen wir doch bei allen jenen Schäden, welche
die Hoden und Eierstöcke betreffen, vor allem die Zahl der Be-
fruchtungen bedeutend abnehmen, oft bis auf Null. Aber Aus-
nahmen von dieser Regel kommen vor, selbst beim Menschen, und
resultiert, sind von besonderem Interesse für den Arzt.
Bei niederen Tieren ist ein solcher Ausgang der Keim-
schädigung in richtige Mißbildungen entschieden häufiger als bei
höheren: O. und G. Hertwig'5) haben nach der Einwirkung von
Radiumstrahlen auf isolierte Bier oder auf das Sperma von Fröschen
fruchteten Eier entwickelten sich schlechter als gewöhnlich, und es
wurde eine große Zahl von Mißbildungen beobachtet. Bardeen!®)
zahlreiche Abnormitäten bei den Larven. Von großem Interesse sind
neuere Arbeiten von Mavor!”) an Drosophila und von Little und
14) Nürnberger, Experimentelle Untersuchungen über die Ge-
fahren der Bestrahlung für die Fortpflanzung. Habilitationsschr.,
München; Mschr. f. Geb. u. Gyn. u. Fortschr. d. Röntgen. 1919.
15) O. srvie Das Werden der Organismen. Jena 1918.
16) Bardeen; Journal of exper. Zoolo
1907
17) The American Journal of Bantganology and Radium Therapy.
Vol. X. 1923. Herr J. Bauer-Wien hatte die Güte, mich auf diese
Arbeiten aufmerksam zu machen.
18) Little and Bagg, ebenda.
19) Peiper, Jahrb. i. Kindhlk. 96, S. 81; Mschr. f; Kindhlk. 1921,19
als der Magen.
30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. | © Jev
Eine andere Frage ist die, ob abnorm rasche Häufung von
Geburten, also eine Erschöpfung der Mutter, die Folge habe, daß
die späteren Kinder schwächlich werden. Gegen diese Annahme
verhält sich Lenz ablehnend, ebenso wie gegen die Behauptung
einer Minderwertigkeit der erstgeborenen Kinder. (Schluß folgt.)
Aus der II. Medizinischen Klinik der Universität Wien
(Vorstand: Prof. Dr. Norbert Ortner).
Zur Diagnose der Pleuritis.*)
Von Prof. Dr. Norbert Ortner.
Wo wir eine basale Dämpfung über dem Zwerchfell mit ab-
geschwächtem Atemgeräusch, abgeschwächtem Stimmfremitus, ab-
geschwächter Stimmkonsonanz vorfinden, also Anwesenheit von
pleuraler Flüssigkeit vermuten dürfen, dort muß keine solche,
sondern es kann nur Hochstand des Zwerchfells vorliegen, demnach
eine basale exsudative Pleuritis vorgetäuscht werden. Ein solcher
Zwerchfellhochstand kann ein beiderseitiger sein. Diesen werden
wir dort anerkennen, wo ein Grund für das Vorhandensein eines
solchen Hochstandes des Zwerchfells, soweit er nicht kongenital,
sondern infolge einer raumbeengenden Erkrankung im Bauche er-
worben ist, nachgewiesen werden kann; wo eine deutliche respira-
torische Verschiebbarkeit der unteren Grenzen des normalen Lungen-
schalles nachweisbar ist — freilich ist diese öfter eingeschränkt
infolge der durch den Hochstand bedingten verminderten Exkursions-
fähigkeit des Zwerchfelles — und weiters auch dort, wo ein der-
artiger Hochstand des Zwerchfelles aus dem Hochstande des Herzens
. oder der Leber erschlossen werden kann. In den meisten Fällen
wird auch das Röntgenbild Aufschluß geben. Ein solcher er-
worbener Zwerchfellhochstand muß aber durchaus nicht immer auf
beiden Seiten gleich sein, er kann nur einseitig oder auf der einen
Seite ungleich mehr ausgeprägt sein als auf der anderen Seite.
_ Dies ist nach meiner Erfahrung auf der linken Seite viel öfter der
Fall als auf der rechten, weil die Leber einer Empordrängung viel
mehr Widerstand leistet, zudem Kantenstellung einnehmen kann,
ber eine derartige, wiewohl das gesamte Zwerch-
fell berührende, jedoch nur einseitig deutlich wirksame Ursache
(mächtiger Meteorismus, Aszites, großer Tumor im Bauche), durch
welche also eine nur oder nahezu nur einseitige (linksseitige)
Zwerchfellempordrängung hervorgerufen wird, wird uns das Röntgen-
bild, die klinische Tatsache, daß wir oberhalb der basalen Dämpfung
normale oder etwas abgeschwächte physikalische Lungenverhältnisse
finden, eventuell die Untersuchung bei entleertem Bauche (Aszites)
Aufschluß bringen. |
Ein derartiger einseitiger Zwerchfellhochstand, daher an-
_ scheinende basale Dämpfung mit abgeschwächtem Atmem, Stimm-
fremitus und Stimmkonsonanz kommt aber auch bei einseitiger
Phrenikuslähmung vor. Ich sah dies bei einer Frau, bei welcher
infolge eines primären Mammakarzinoms eine mediastinale Drüsen-
metastase mit Kompression des linken Nervus phrenicus und Läh-
mung: des linken Zwerchfells entstanden war. Schon die Berück-
Sichtigung der Lage des Spitzenstoßes im 4. Interkostalraume allein
mußte die richtige Diagnose nahelegen. Ein derartiger Zwerchfell-
hochstand hat mich, nebenbei gesagt, schon wiederholt verführt,
größere Quantitäten von Pleuraflüssigkeit anzunehmen als tatsäch-
lich vorhanden waren. Und ein derartiger einseitiger Zwerchfell-
hochstand kann, wie mir scheint, auch ganz akut eintreten und
ebenso rasch, innerhalb 48 Stunden, wieder zurückgehen. Wenigstens
sah ich dies in einem Falle von Nierenkolik bei einem 37jährigen
Manne. Es scheint mir ferner nicht ganz bedeutungslos, zu be-
tonen, daß ich selbst eine leichte Schalldämpfung über der ganzen
rechten Lunge, abgeschwächtes Atemgeräusch, abgeschwächten Stimm-
fremitus und abgeschwächte Stimmenkonsonanz bei einer rechts-
händigen Frau mit Hepatoptose sah, wie ich mit Rücksicht auf ein
auffällig schwaches Littensches Zwerchfellphänomen annehme in-
folge verminderter Zwerchfelltätigkeit durch die Hepatoptose. Wir
den uns aber begreiflicherweise ebenso gezwungen, bei einem der-
artigen einseitigen Zwerchfellhochstande an einen subdiaphragmalen
rkrankungsprozeß als auslösbare Ursache zu denken. Es gilt dies
beispielsweise vom subphrenischen Abszesse, mächtigen Vergröße-
rungen von Leber oder Milz, von paranephritischen Abszessen, von
einer großen Hydro-(Pyo-)Nephrose, von Nierenechinokokkenzysten,
Sm nn
..*) Aus dem in Bälde erscheinenden Werke von Ortner: „Diffe-
rentialdiagnose innerer Krankheiten“, der Fortsetzung des im Drucke
befindlichen zweiten Bandes von Ortner: „Klinische Symptomatologie
innerer Krankheiten“. | =
Leberabszeß, Lebergumma oder Lebertuberkulose, Milzabszeß, Milz-
tuberkulose, Milzsarkom. Ich habe dies sogar zweimal bei abnorm
kleiner Leber infolge atrophischer Leberzirrhose gesehen, bei welcher
rechts rückwärts von der Spina scapulae einmal ein vollkommen
leerer Schall, fehlendes Atemgeräusch, das zweite Mal daneben an
der Dämpfungsgrenze Bronchialatmen, fehlende Stimmschwingungen
vorhanden waren und ich angesichts aller dieser Symptome eine
Pleuritis exsudativa dextra bei atrophischer Leberzirrhose mit
mächtigem Aszites diagnostizierte. Die Obduktion aber ergab einen
kodlossalen Zwerchlellhochstand der rechten Seite bei atrophischer -
Leberzirrhose und Atrophie der rechten Zwerchfellhälfte, keine Spur.
von Flüssigkeit im rechten Pleuraraume. In solchen Fällen wird
natürlich jede respiratorische Verschiebbarkeit und. ebenso das
Littensche Zwerchfellphänomen fehlen. Nur der Mangel jeder sub-
jektiven Schmerzen und aller objektiven lokalen Druckschmerzen,
das Fehlen einer auffälligen bzw. im Vergleiche zu früher akut er-
höhten Atembeschleunigung in letzterer Zeit, die ev. auffällige Be-
grenzung der oberen Dämpfungsgrenzen (rückwärts sehr hoch, vorne
auffällig wenig erhöht, wie es in den zwei Fällen eigener Beob-
achtung der Fall war), der Mangel von Verdrängung der mediastinalen
Organe und vor allem des paravertebralen Dreiecks werden uns
auf den rechten Weg führen. |
Ein solcher Zwerchfellhochstand kann mit einem pleuralen
Exsudate auch dann doppelt leicht verwechselt werden, wenn seine
Entwicklung sich genau so vollzieht, wie jene eines pleuralen Ex-
sudates. Ich fand bei einem 57 Jahre alten Manne ein primäres
Karzinom der Flexura hepatica mit mächtiger Metastasenbildung in
der Leber. In der rechten Axilla war an der Dämpfungsgrenze
Bronchialatmen hörbar, zeitlich später, doch nur vorübergehend
auch rückwärts bis an die Wirbelsäule, wobei .aber Stimmfremitus
und Stimmkonsonanz in der Axilla eher verstärkt erschienen. Bei
Vorneüberbeugen hellte sich rechts hinten unten der Schall erheb-
lich auf, statt des leeren Schalles war der Lungenschall etwa
11/2 Querfinger tiefer getreten. Und die Obduktion ergab ausschließ-
lichen rechtsseitigen Zwerchfellhochstand infolge Karzinom-Metastasen
in der Leber, keinen Tropfen eines pleuralen Fluidums. Nebenbei
ein Fall, der auch lehrt, daß eine durch einen Lebertumor bedingte
basale rückwärtige Dämpfung bei Vornüberbeugen sich aufhellt,
offenbar weil die schwere Leber nach vorne fällt und die Lunge
rückwärts sich einschiebt. |
In der Regel wird man sich aber zur Unterscheidung zwischen
Zwerchfellhochstand durch einen raumbeengenden Erkrankungs-
prozeß und basalem pleuralem Exsudate vor allem darauf stützen,
daß man bei ersterem im Bereiche der etwa bis zum Angulus
scapulae reichenden Schalldämpfung ein vollkommen normales,
nicht geändertes oder kaum etwas abgeschwächtes Atemgeräusch
‚hört. In manchen Fällen mag auch der Umstand, daß man im
Dämpfungsbezirke deutliches pleurales Reiben, und zwar in dessen
den unteren Pleurapartien entsprechenden Anteilen wahrnimmt,
gegen die Diagnose eines pleuralen Exsudates verwendet werden.
Einigen Wert hat nach eigener Erfahrung auch die genaue Be-
stimmung der Distanz zwischen vorderem Ende der 10. knöchernen
Rippe und der gleichseitigen Spina ossis ilei anterior superior.
Diese Distanz ist, soviel ich gesehen habe, bei einem subphrenischen,
wenigstens suprahepatalen Abszesse infolge der Bauchmuskelspannung
kleiner als auf der kontralateralen Seite, während bei einem Pleura-
exsudat. dieselbe gleich oder sogar auf. der kranken Seite etwas
größer erscheint wegen Hebung des Rippenbogenrandes. Ich selber
fand weiters die vorliegende Überlegung in mehreren Fällen prak-
tisch brauchbar. Es handelte sich um einen von allen Seiten an-
erkannten subphrenischen Abszeß, eine hoch bis gegen den Angulus
scapulae zu reichende rlickwärtige Dämpfung mitschwachem Bronchial-
atmen, von der nur strittig war, ob sie dem alleinigen subphrenischen
Abszesse oder diesem plus einem supraphrenischen pleuritischen
Exsudate oder einer höhergradigen Kompression der Lunge durch
den subphrenischen Abszeß ihre Entstehung verdankt. Ich fand
nun in den wenigen einschlägigen Fällen über den oberen. Partien
dieser Dämpfung auffälligerweise etwas erhöhte Stimmkonsonanz,
besonders auffällig aber war hierselbst das Baccellische Phänomen
stark positiv. Hieraus schloß ich auf Mangel an Eiter im Bereiche
dieses positiven Phänomens, und daraus mußte ich den Schluß
ziehen, daß weder der subphrenische Abszeß allein noch auch eine
Kompression der Lunge durch diesen vorliegen, sondern ein seröses,
nichteitriges Pleuraexsudat mitbestehen müsse. Die Operation be-
stätigte bisnun meine Diagnose in den spärlichen Fällen, die ich
sah. Weitere Nachprüfung von anderer Seite schiene mir höchst
wünschenswert. l
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` Transfusion ‚mit Lammblut, .also einem zweifellosen Proteinkörper-
. präparate, dürfte 1667 Denis ausgeführt haben. Der. Großvater
meinsamen‘ Faktor zu erkennen und herauszuheben.
. gemeinsame Faktor ‚schien mir eben die Proteinkörperwirkung zu
‚bunte Allerlei wie mit einer Klammer zusammengefaßt und auf
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injektionen in Vorschlag zu bringen: 1. Der Umständ, daß es sich
` Firma sei und 3. ein psychologisches Moment. Dem Kranken flößen
sagen seit seinem ersten Lebenstag als sehr gut bekömmlich wohl-
_ weitestgehende Unspezifität. Ich habe sie schon in meiner ersten
1678 1924 —
IEDIZINISCHE. KLINIK — Nr, 48.
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Aus der I. Medizinischen Universitäts-Klinik der Deutschen
aa, ` Universität in Prag. . |
> Proteinkörpertherapie bei Erkrankungen
‚des Digestionstraktes und des Stoffwechsels.*)
| Von Prof. Dr: Rudolf Schmidt. |
~ Gestatten Sie mir vor allem, dem Vorstande meinen besten
Dank zu sagen für die freundliche Einladung, ein Referat. zu er-
statten über Proteinkörpertherapie bei krankhaften. Störungen der
äußeren und inneren Verdauung. = = a |
Die Kollektivbezeichnung „Proteinkörpertherapie“ finden
Sie zum .erstenmale in einer kleinen Arbeit, die ich -zu Beginn. des
Jahres 1916 in der M.Kl. veröffentlicht habe. Das damals geprägte
Wort ist seitdem zu einer gangbaren Münze geworden und
liche Diskussion zuteil. Es war eben doch wohl notwendig, das
Problem durch die Bezeichnung Proteinkörpertherapie aufzuzeigen,
= und durch die Erkenntnis des Prinzipiellen eine therapeutische
Richtung zu inaugurieren. ‚Seit Jahrhunderten wird Therapie mit
Eiweißkörpern betrieben, aber erst jetzt kam es zu einer zielbewußten
therapeutischen Bewegung. n |
Die Therapie mit Proteinkörpern ist, wie eben bemerkt,
sehr alten Datums, die Proteinkörpertherapie aber hatte zur
Voraussetzung : die prinzipielle. Erfassung des Problems, wie. sie
in den Arbeiten meiner Klinik zum Ausdrucke kam. Die erste
Darwins 1796 injizierte intravenös. bei-putridem Fieber Menschen-,
Schaf- und Eselsblut. Sie sehen also m. H., daß es ziemlich lange
dauerte, bis aus einer Therapie mit Proteinkörpern eine „Protein-
körpertherapie“ wurde. Es war dazu notwendig, durch, die äußere
vielgestaltige Fassade scheinbar ganz differenter therapeutischer
Einzelverfahren, wie Behandlung mit Iso- und Heterovakzine, mit
spezifischem und unspezifischem Serum, mit Tierblut,.. mit Tuber-
kulin, mit Nukleinlösungen, mit Deuteroalbumosen usw. sich nicht
verblüffen und verwirren zu lassen. Es war notwendig, den ge-
Dieser
sein. Der neugeschafiene Begriff der. Proteinkörpertherapie hat dieses
einen gemeinsamen Nenner gebracht. 5 |
‘ In dieser Erkenntnis der prinzipiellen Gleichartigkeit' scheinbar
ganzheterogener therapeutischer Einwirkungen und buntesterKasuistik
> auf septischem und aseptischem Gebiete und in. der Erkenntnis.
- weitestgehender Substituierbarkeit der einzelnen, in der äußeren
Form allerdings sehr wesentlich voneinander abweichenden thera-
peutischen Maßnahmen scheint mir zumindest eine wichtige Etappe
in der Entwicklung der Proteinkörpertherapie, wenn nicht direkt
ihr. eigentlicher Ursprung gelegen zu sein. i x |
Diese Gesichtspunkte hervorzuheben und zu unterstreichen
.war Hauptzweck meiner eingangs erwähnten Arbeit. | ex
Mein Vorschlag, als proteinkörpertherapeutisches Agens Milch
in Anwendung zu bringen, hat vielleicht dazu beigetragen, der
Proteinkörpertherapie in ihrer praktischen Anwendung den Weg zu
bahnen. Drei Gesichtspunkte waren es, die mich veranlaßten, Milch-
hier um ein Proteinkörperpräparat handelt, das auch im entlegensten
Gebirgsdorfe jederzeit zur Verfügung steht; 2. die Überlegung, daß
der Kuhorganismus eine durchaus vertrauenswürdige chemische
Milchinjektionen nie irgerdwie Furcht ein, da ihm ja Milch sozu-
bekannt ist. | |
- In zahlreichen Arbeiten haben dann ich selbst, und meine
Mitarbeiter P. Kaznelson, St. Lorant, O: Kraus, H. Adler sich
‘bemüht, dem von mir geschaffenen Begriff der Proteinkörpertherapie
entsprechende biologische Grundlagen, besonders auch in hämato-
logischer Richtung zu geben und die praktische Nutzanwendung am
Krankenbette auszubauen. ` |
Zu den Hauptkriterien der Proteinkörpertherapie gehört ihre
*) Nach einem auf Einladung des Vorstandes der Gesellschaft
für V erdauungs- und Stoffwechselkrankheiten am 28. Oktober 1924 in
Berlin erstatteten Referate. |
dem -
Problem der P.K.T. wurde in der Weltliteratur eine selten ausführ-
nachweisbar, wenn sie sich an Entzündungsherden
, wieder eine Möglichkeit der Einwirkung von Proteinkörpern,
* . $ K $ 4
Abhandlungen. -.
Arbeit der Hydrotherapie an die Seite gestellt. Es war daher
a priori vorauszusehen und zu erwarten, daß die Proteinkörper-:
theräpie in ihrem Indikationsbereich nahezu unbeschränkt sein wird,.
und die Bestimmung in "sich trage, auf mehr minder sämtliche
Lokal- und’ Allgemeinerkrankungen sowohl septischer als aseptischer .
Natur sich auszudehnen. "Und so war auch ihre Anwendbarkeit auf ..
dem Gebiete der Erkrankungen des Digestionstraktes und des .
Stoffwechsels eigentlich von vornherein gegeben.
' . Ich könnte nun m. H: gleich das Gebiet der speziellen Therapie
betreten und Ihnen referierend mitteilen, in welchem Prozentsatz
Heilungen’ oder Besserungen,.z. B. bei Ulcus ventriculi, erzielt wurden. .
30. Novémber ©
Abgesehen von den Bedenken, welche fast für jede Statistik gelten,
‚halte ich es auch aus anderen Gründen -für weitaus zweckmäßiger,
Sie einzuladen, mir auf das Gebiet der allgemeinen Proteinkörper-.
therapie zu folgen. Fragen wir uns: Liegt es nicht vielleicht schon.
im Wesen der Proteinkörpertherapie, ihrer Mechanik, wenn ich so
sagen darf, begründet, daß günstige therapeutische Einwirkungen
erkrankungen zu erwarten. sind? Und wo haben wir die Angriffs-
punkte anzunehmen? Kommen wir. hier zu klaren und begründeten
vierung im Sinne Weichardts ins Auge gefaßt.
Erfahrungen mit Proteinkörpertherapie aus gesehen, dieser Gesichts-
3 Momente von größter Bedeutung we i
1. Die pyrogene Allgemeinwirkung, welche zur Sanierung
Spasmus u. dgl.) gewissermaßen den Gesamtorganismus aufruft
Sekretionsverhältnissen; in den tonischen Einstellungen führen kann.
‚So sind z. B. Ulkuskranke zu einem großen Prozentsatze Brady-
kardiker. Der Gesamtorganismus steht im Zeichen einer gewissen
mangelhaite Säftebewegung durchaus wahrscheinlich. Schon hier
ergibt sich also die Möglichkeit einer Korrektur dieser Verhältnisse
des durch Proteinkörpereinspritzung
unter der antreibenden Peitsche
ausgelösten Fieberkomplexes.
2. Die Herdreaktion. Sie ist, wenn. ich so sagen darf,
' ein Fieber en miniature und örtlich beschränkt. In einer kleinen,
im Deutschen Arch. f. klin. Med. im Jahre 1919 publizierten Arbeit
habe ich mit -besonderem-Nachdruck auf diese unspezifischen Herd:
reaktionen hingewiesen. Die Vorstellung, daß Herdreaktionen 2. B.
in tuberkulös erkrankten. Lungenspitzen nur durch spezifische Bin-
wirkungen, also durch Tuberkulin ausgelöst werden können, war
so eingewurzelt, daß eine Korrektur dieser falschen und vielfach
. zu irrigen diagnostischen Schlüssen. führenden Vorstellung‘ wohl
dringend am Platze war. Heute sind wir uns wohl darüber klar,
daß Herdreaktionen wohl durch jeden den Organismus treffenden
Reiz ausgelöst werden können, falls ‘derselbe besonders in. den
zirkulatorischen und neurogenen Betrieb mit entsprechender In-
und Extensität eingreift. Eine allzu starke Besonnung, eine Angina,
eine Röntgenbestrahlung sind Einwirkungen, die ganz analog einer
Proteinkörpereinspritzung Herdreaktionen z. B. in einer tuberkulös
: erkrankten Lungenspitze oder in erkrankten Gelenken auslösen
können. Eine gewisse Eigenart der Herdreaktionen nach Protein-
körperinjektionen scheint darin zu bestehen, daß sie bei richtiger
Wahl der Dosis vielfach ausgesprochen sanierend wirken. -Es scheint
mir dabei von Wichtigkeit, den Begriff „Herd“ und „Herdreaktion“
"nieht zu eng zu fassen. Klinisch sind Herdreaktionen am leichtesten
und dabei an
der Oberfläche oder z. B. im Lungengewebe abspielen.
förmige Störungen können aber auch z. B. spastischer Natur sein
im Sinne eines Pylorusspasmus oder sekretorischer Art, z. B, eme
punkt zu einseitig orientiert erscheint. Für die Beurteilung voh ..
. therapeutischen Proteinkörperwirkungen scheinen mir. besonders
und zu mächtigen Änderungen in Blut- und Säftezirkulation, in den ,
Einen, solchen
` Entzündungsherd stellt natürlich auch. das Gewebe in der Umgebung
. eines Ulcus ventriculi oder duodeni dar und wir. sehen ‚also
erde
. bei Erkrankungen des Digestionstraktes. und bei Stoffwechsel..
Anschauungen und deckt sich dann die klinische Empirik am
Krankenbette mit. unseren aprioristischen Erwartungen, so haben
wir gewissermaßen die Probe auf das Exempel gemacht. f
Man hat bis.in die letzte Zeit zur Erklärung der Proteinkörper-
' wirkungen .besönders den Gesichtspunkt einer Protoplasmaakti- ..
Ohne die prin- -
zipielle Richtigkeit einer derartigen Auffassung bestreiten zu : wollen, `
möchte ich nur glauben, daß vom Standpunkte unserer klinischen -
eines Krankheitsherdes (Geschwür, chronische Entzündung, örtlicher
- Dysdiarrhese (= schlechte Säftezirkulation), besonders ist aber im .
Ulkusbereich selbst eine eventuell durch 'Spasmen unterhaltene
30. November.
eg
Hypersekretion der Magenschleimhaut und auch hier können offenbar
sanierende Herdreaktionen vor sich gehen. „Herd“ ist eben jeder
Gewebsbezirk, der die physiologische Gleichgewichtslage in meist
subakuter oder chronischer Art verlassen hat oder aber im Zustande
‘ einer abnormen Bereitschaft zu Spasmen u. dgl. sich befindet, sei
es in organischer oder funktioneller Bedingtheit.
3. Der biphasische Charakter der Herdreaktion. Er
besteht darin, daß, soweit z. B. chronische herdförmige Entzündungen
septischer oder aseptischer Art in Betracht kommen, ein ent-
` zündungssteigernder Reiz, wie ihn eine Proteinkörperinjektion
darstellt, im weiteren Verlaufe entzündungswidrig wirkt. Phlo-
gistikon = Antiphlogistikon. Es sieht so aus, als ob das Pendel
der Gewebsvorgänge gerade dadurch, daß es durch die Protein-
_ körpereinspritzung primär aus der physiologischen Gleichgewichtslage
noch mehr entiernt wurde, eben dadurch sekundär eine erhöhte
‚Tendenz gewinnt in die physiologische Gleichgewichtslage zurück-
zustreben. Einem Plus an Entzündung folgt ein Minus an Ent-
zündung und grob klinisch der negativen Phase einer vorüber-
gehenden Verschlimmerung eine ` positive Phase ausgesprochener
Besserung.
einer vorübergehenden Zunahme dieser Zustände eine Abnahme
derselben unter das ursprüngliche Niveau folgt. Dieser biphasische
Charakter der durch Proteinkörperinjektion ausgelösten Herd-
reaktionen dürfte wohl in letzter Linie Ausdruck des labilen Gleich-
gewichtszustandes der lebenden Substanz sein, vielleicht auch mit
entgegengesetzt gerichteten Innervationsvorgängen (sympathisches
und parasympathisches Nervensystem) in Zusammenhang stehen.
Diese Doppelphasigkeit ist übrigens eine weitverbreitete Eigentüm-
lichkeit biologischer Reaktionen überhaupt. Man denke beispiels-
weise an die Pendelschwingung des Opsoningehaltes nach Injektion
von Staphylokokkenvakzine: Am Tage nach der Injektion Abfall
(negative Phase), später aber Ansteigen über das Ausgangsniveau
(positive Phase); weiterhin an die Aufeinanderfolge von Leukopenie
und Leukozytose bei parenteraler Proteinkörpereinwirkung, an die
Ablösung einer Vasokonstriktion durch Vasodilatation, an den Wechsel
` von Blutdrucksteigerung und Blutdrucksenkung im anaphylaktischen
Shock, an die gelegentlich rasche Aufeinanderfolge von negativer
: ünd positiver Phase bei Beeinflussung von Koagulationsvorgängen.
Diese Doppelphasigkeit äußert sich übrigens nicht nur am Krankheits-
herd, also „en detail‘, sondern auch „en gros“. In den nach
Proteinkörperinjektionen auftretenden Allgemeinreaktionen folgt einer
kurzen Verschlimmerung des Allgemeinbefindens am nächsten Tage
eine oft ganz ungewöhnliche Euphorie, einem eventuellen Schüttel-
froste mit hohem Ansteigen der Temperatur folgt bei febril-infektiösen
Prozessen eventuell eine dauernde Entfieberung. Auf diese Art
sind also häufig Minuswirkungen die Folge therapeutisch ausgelöster
Herdreaktionen, so z. B. Abnahme einer Entzündung, Abnahme von
Spasmen, oder überfließender Sekretionen u. dgl. Es kommt zu
Umstimmungen, zur Herstellung neuer Gleichgewichtslagen. All
dies sind Gründe, welche mir die Auffassung des Wesens der
Proteinkörperwirkung im Sinne einer Protoplasmaaktivierung als
zu eng und etwas einseitig erscheinen lassen. Die Veränderungen
gehen nicht nur linear im Sinne eines „Hypo“ oder „Hyper“, sondern
gewissermaßen dreidimensional, nämlich auch im Sinne von Um-
Stimmungen vor sich. Die durch Proteinkörperinjektion ausgelösten
Wirkungen liegen erfreulicherweise vielfach in der Richtung des
physiologischen Gewebsbetriebes, also bei Unterfunktionen in der
Plus-, bei Überfunktionen in der Minusrichtung.-
Sejen wir uns dabei darüber klar, daß wir selbst nie heilen, -
daß wir aber wohl günstige Bedingungen schaffen können für jene
geheimnisvolle Kraft, die wir nicht fassen, aber anerkennen müssen,
die vis reperatrix naturae, die wir vielleicht am besten vergleichen
mit der potentiellen Energie eines aus seiner Gleichgewichtslage
gebrachten Pendels. |
‚.. Aus den bisherigen Ausführungen über die allgemeinen Prin-
zıpien der Proteinkörpertherapie ergibt sich zur Genüge, daß aul
dem Gebiete der Erkrankungen des Digestionstraktes a priori thera-
peutische Erfolge zu erwarten sind. Denn in den Therapiebereich
der Proteinkörpertherapie fallen: chronische Entzündungspro-
zesse; wie sie besonders auch bei Ulkuserkrankungen teils örtlich
beschränkt in der Umgebung des Geschwüres, eventuell auch die
gesamte Magenschleimhaut betreffend, vorliegen. Weiterhin aber
auch abnorme spastische Einstellungen, wie sie auch wieder ge-
rade bei Ulkus so häufig den Pylorus betreffen, und weiterhin
abnorme Sekretionszustände, die eventuell auch Folge von
Pylorusspasmen sein können, |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
Es ist also auch, soweit es sich um Herde im Sinne
. von Spasmen oder von Übersekretion handelt, zu erwarten, daß
‚selbst habe zwar derartiges bisher nicht erlebt.
1679
Was lehrt nun hinsichtlich Proteinkörpertherapie bei Erkran-
kungen des Digestionstraktes die klinische Erfahrung am Kranken-
bette? Dieselbe erstreckt sich bisher ganz vorwiegend auf ulzeröse
Veränderungen im Magen und Duodenum. Es scheint sich’ mir
hier bei Beurteilung der Erfolge und der Statistik um eine Haupt-
schwierigkeit zu handeln. Man bezeichnet das Ulcus ventriculi im
Sinne von Rößle vielfach als zweite Krankheit. Für mein klinisches
Empfinden sind die Geschwürsprözesse am Magen und Duodenum
überhaupt keine Krankheit, wie ich übrigens auch Krebswuche-
rungen nicht als Krankheit aufiasse. Ich werde meinem Gedanken-
gang gleich eine deutliche Fassung geben. Ich glaube, daß wir die
Abweichungen vom normalen Gewebsbetriebe nicht in einer Horizon-
talen, sondern in einer Vertikalen, also auf einer Stufenleiter stehend
uns vorstellen sollen. Jene Abweichungen vom normalen Gewebs- `
betriebe, welche in ihrer Entstehung eine obligate und stets vorhan-
dene Krankheitsbedingung aufweisen, wie z. B. die Lungentuberkulose
den Kochschen Bazillus, stehen auf dieser Stufenleiter zuoberst. Dann
gibt es aber Abweichungen vom normalen Gewebsbetriebe, welche, wie
z. B. die Entzündung, die allerverschiedensten Bedingungskomplexe
aufweisen und eine obligate, stets vorhandene Bedingung ganz ent-
behren.‘ Und nun möchte ich eben meinen, daß die Ulkusprozesse
des Magens und Duodenums, ebenso wie Krebswucherungen auf der
Stufenleiter des pathologischen Geschehens nur wenig oberhalb der
Entzündung stehen, daß sie also, um die Sache auf eine ganz kurze
Formel zu bringen, mehr der allgemeinen als der speziellen Patho-
logie angehören. Die Bedingungskomplexe für das Zustandekommen
ulzeröser Vorgänge im Magen und Duodenum sind jedenfalls außer-
ordentlich verschiedenartig und das bringt die Gefahr mit sich, daß
man bei einer Statistik gewissermaßen Äpfel und Birnen zusammen-
zählt. Dies war mit der Grund, daß ich nicht mit der speziellen,
sondern allgemeinen Proteinkörpertherapie der Erkrankungen des
Digestionstraktes begonnen habe.
Über außerordentlich günstige Erfolge der Proteinkörpertherapie
bei ulzerösen Veränderungen der Magen- und Duodenalschleimhaut
berichten vor allem Holler (Klinik Ortner-Wien) und Pribram
(Klinik Bier-Berlin). Ihre Erfolge werden ganz oder mit einzelnen
Einschränkungen bestätigt von Grote, Hampel, Perutz, Weiß,
Kalk, Caro. Auch die Erfahrungen meiner Klinik sind im allge-
meinen günstig und ‘decken sich mit den in der Literatur nieder-
gelegten Beobachtungen. | = eh
Es ist vor allem die Herdreaktion, welche besonders in thera-
peutisch gut ansprechenden Fällen deutlich in Erscheinung tritt und
zwar zunächst in der negativen Phase, insofern bei vormittägiger
Injektion Nachmittag und häufig auch in der darauffolgenden Nacht
oft intensive Örtliche epigastrale Schmerzen auftreten, wobei eventuell
auch eine große Empfindlichkeit der Druckpunkte besteht. Es liegt
wohl durchaus nahe, hier mit Pribram an Herdreaktionen am
Geschwürsgrunde, also an Zunahme der Entzündung, eventuell auch
an Herdreaktionen am Pylorus im Sinne einer Steigerung von
Pylorusspasmen zu denken. Dieser negativen Phase folgt häufig
schon am nächsten Tage die positive im Sinne eines wesentlichen
Nachlassens der Schmerzen unter das Anfangsniveau. Es liegt nahe,
zur Erklärung besonders auch an Lockerung von Spasmen zu denken.
Auch von jenen Autoren, welche in der Anerkennung der thera-
peutischen Dignität der Proteinkörpertherapie bei ulzerösen Pro-
zessen etwas zurückhaltend sind, wie z.B. Kalk aus der Berg-
mannschen Klinik, wird die günstige Beeinflussung der Schmerzen
durchaus bestätigt. Verblüffend sind Fälle, wie sie Pribram mit-
teilt, in welchen schon nach einer Injektion sämtliche Beschwerden
dauernd verschwinden.. Dies sind ja wirklich Wunderkuren. Ich
Es. scheint mir
nur eine Erklärung möglich: Durchbrechung eines Circulus vitiosus
etwa im Sinne eines durch Hypersekretion in Permanenz erhaltenen
intensiven Pylorusspasmus. ` :
Ich möchte, weil wir hier von einer positiven und negativen
Schmerzphase nach Proteinkörperinjektionen bei Ulkus sprechen,
gleich die Frage anknüpfen,
Gastralgien einer Beeinflussung durch Proteinkörpertherapie zu-
gänglich sind. Zweifellos — und ich verfüge hier auch über eigene
Erfahrungen — werden Crises gastriques gelegentlich durch Protein-
körpertherapie, wir verwenden meist Hypertherman intravenös 0,1 ccm,
außerordentlich günstig beeinflußt und sistieren eventuell schon auf
eine Injektion selbst bei wochenlangem hartnäckigem Bestehen.
Röntgenologisch verschwand in einem unserer Fälle eine früher
bestehende Sturzentleerung des Magens. Auch Kalk berichtet über
einen derartigen Fall mit allerdings vorübergehendem Erfolg. Auch
bei konstitutionell-neurogenen Gastralgien, so -besonders auch im
ob auch nicht ulzerös bedingte.
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Was nun die Wahl eines Proteinkörpers, Dosierung
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
30. November
Bereiche der Tuberkulose, lassen sich nach eigner Erfahrung ge-
legentlich günstige Erfolge erzielen.
sehen überraschend . günstige Erfolge.
im Sinne eines Sinapismus oder point de feu, also revulsiv wirkt.
Für nicht berechtigt möchte ich es ansehen, aus einem eventuell
refraktären Verhalten gegenüber der Proteinkörpertherapie dia-
gnostische Schlüsse zu ziehen hinsichtlich organischer oder funktio-
neller Bedingtheit der Schmerzen.
wie bei einem idiopathischen Pylorusspasmus, wie ja beispielsweise
auch Asthma bronchiale auf Proteinkörpertherapie ebenso wie auf
Tuberkulintherapie vielfach sehr günstig anspricht. Ebenso scheint
mir der Standpunkt Pribrams, daß ein refraktäres Verhalten
eigentlich gegen Ulkus spricht, etwas zu weitgehend.
Spasmolytische Effekte dürften in dem Mechanismus der
Proteinkörperwirkung bei Ulkuserkrankungen eine wichtige Rolle
spielen; sie betreffen wohl in erster Linie den Pylorus. Es kommt
aber wobl auch ev. die wohltätige Wirkung einer Durchbrechung
von Gefäßspasmen im Ulkusbereiche in Betracht. In der Spasmolyse
ist wohl die positive Phase einer Herdreaktion zu erblicken, ähn-
lich wie bei Proteinkörperbehandlung des Asthma bronchiale, Es
wird wohl sehr wichtig sein, auch bei Kardiospasmen, die aller-
dings meist ungleich hartnäckiger sind als Pylorusspasmen, Er-
fahrungen mit Proteinkörpertherapie zu sammeln. Auch kämen ge-
legentlich besonders aseptisch-spastische Zustände im Bereiche der.
Auch organische Pylorusstenosen wären
Gallenwege in Betracht.
auf diesem Wege auf ihre spastische Komponente zu überprüfen.
Pribram berichtet über günstige Erfolge. Ganz übereinstimmend
wird vielfach auf das Verschwinden von Nischen im Verlaufe der
Proteinkörperbehandlung hingewiesen, und konnten auch wir dies
durchaus bestätigen. Es liegt nahe, besonders dort, wo Nischen
sehr rasch verschwinden, als Erklärung an einen Nachlaß von
Spasmen zu denken. Auch Abschwellung der entzündlich geschwellten
Magenschleimhaut käme als Erklärung in Betracht. Wir haben
Fälle gesehen, in denen die Nische zwar schwand, die: spastische
Sanduhrenge aber weiter bestand.
Bezüglich der Sekretionsverhältnisse in ihrer Beein-
flussung durch Proteinkörpereinspritzungen herrscht keine Einigkeit.
Die Befunde von Holler, Abfallen der Säurewerte sofort nach der
Injektion, auf der Höhe der Temperatursteigerung anazide Hyper-
sekretion mit großen Pepsinmengen konnten bei gleicher Unter-
suchungsmethodik von Kalk nicht bestätigt werden. Interessanter
als die vorübergehenden Schwankungen im unmittelbaren Anschluß
an die Injektion ist aber wohl die dauernde Einstellung im Ver-
laufe der Proteinkörperbehandlung.
und Einführen der Sonde fest. Es ist wohl schwer zu sagen, in-
wiefern es sich hier um eine direkte Einwirkung auf die Magen-
schleimhaut im Sinne einer Herdreaktion oder um neurogenes Ge-
schehen oder vielleicht wahrscheinlicher nur um eine Fernwirkung
des gelösten Pylorusspasmus handelt.
Es könnte die Frage aufgeworlen werden, ob nicht die
Blutungstendenz durch eine Hyperämisierung des Geschwürs-
grundes, wie sie als Herdreaktion anzunehmen ist, eine bedrohliche
Steigerung erfahren kann. Praktisch liegen hier keine üblen Er-
fahrungen vor. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, daß die Protein-
körperwirkung ja eine antagonistisch orientierte Komponente in sich
enthält, insofern die Gerinnungstendenz unter dem Einflusse von
Proteinkörper-Injektionen in therapeutischer Dosierung eine Erhöhung
erfährt. Es kann objektiv eine Vermehrung des Fibrinogengehaltes
und Applikationsart bei Erkrankungen des Digestionstraktes
betrifft, so wäre folgendes zu sagen. Angewendet wurde von Protein-
körpern Vakzineurin (Holler), Novoprotin (Pribram), an meiner
Klinik mit sehr guter Wirkung „Hypertherman“, eine Koppelung von
sterilisierter Milch mit einer genau dosierten Kolivakzine, von sog.
Reizkörpern ein Yatrenpräparat, und zwar Lipatren von Holler.
Schon daraus ergibt sich die Tatsache, daß es auf die Art des
Eiweißkörpers oder des Reizkörpers kaum wesentlich ankommen
dürfte. Es muß daher auch davor gewarnt werden, aus den
therapeutischen Wirkungen z. B. mit Vakzineurin weitgehende
Schlüsse auf eine aufsteigende Vagusneuritis u. dgl. zu ziehen.
Auch auf diesem Gebiete sind die Proteinkörper unterein-
ander substituierbar, und das Wesentliche ist Applikations-
Wir injizieren in solchen
Fällen subkutan: im Epigastrium z. B. 0,1 ccm Hypertherman und
Vielleicht daß übrigens in
solchen Fällen die im Epigastrium auftreiende Lokalreaktion auch
‚empfehlen möchte.
Günstig ablaufende Herdreak-
tionen sind bei ulzerös bedingtem Pylorusspasmus ebenso möglich
‚ Anhaltspunkte für eine Ulkusblutung nicht vorliegen.
In dieser Hinsicht stellte
Holler ein Schwinden der krankhaften Reizbarkeit auf Probefrühstück
art und Dosis. Während wir bei der Behandlung einer Tuber-
kulose mit kleinsten |Dosen von Proteinkörpern unser Aus-
kommen finden, .scheint es sich hier bei der Ulkusbehandlung
um mehr torpide Verhältnisse zu handeln, die eine stärkere Aul-
rüttelung erfordern. Deshalb bewährt sich besonders der intravenöse
Weg, wobei aber stets langsam injiziert werden soll, eine Behand-
lungsart, die ich übrigens für ambulatorische Behandlung nicht
Gewiß lassen sich aber auch intramuskulär
durch Anwendung größerer Dosen z. B. von Hypertlierman 3—5 cem
recht gute Erfolge erzielen. Von Novoprotin werden im allgemeinen
intravenös aufsteigende Dosen von 0,2—1 ccm empfohlen, wobei
0,2 ccm meist noch einen sehr schwachen Reiz darstellen. Von
Hypertherman injizieren wir intravenös 0,05—0,1 ccm. Bettruhe
scheint mir deshalb zweckmäßig, weil ja oft einige Stunden nach
den Injektionen Schüttelfröste auftreten. Es empfehlen sich durch-
schnittlich 10 Injektionen mit dreitägigen Pausen, ev. Wieder-
holung nach vierwöchentlichem Intervall. Es gewährt oft Belrie-
digung, daß die Patienten ‚selbst dringend nach Wiederholung
der Injektionen, deren günstigen Einfluß sie selbst erkannt haben,
verlangen.
Wenn Herr Pribram meint, daß nach dem Fehlschlagen
einer Proteinkörpertherapie operiert werden soll, so könnte ich ihm
in dieser Indikation nicht folgen. Ich meine, so allgemein und
schematisch können Indikationen nicht gestellt werden. Ich schließe
mich seiner Ansicht an, daß im allgemeinen die Prognose am
günstigsten ist bei den Ulzerationen an der kleinen Kurvatur, schon
wenigergünstigbeidenjuxtapylorischen und duodenalenLokalisationen.
Es kann die Frage aufgeworlen werden, ob die Proteinkörpertherapie
zu einer wirklichen „anatomischen“ Heilung, i.e. einer möglichst
spurlosen Vernarbung der Ulzera oder nur zu einer klinischen
Heilung führt. Klinisch scheint mir ein Ulkuskranker dann geheilt,
wenn er subjektiv beschwerdefrei ist, eine annähernd normale
Nahrungstoleranz aufweist, an Gewicht nicht weiter abnimmt und
Ich glaube,
daß wir mit einer solchen klinischen Ausheilung immer sehr zu-
frieden sein können, besonders, wenn wir sie in einem raschen
Tempo erreichen, und daß diese Zufriedenheit stets auch vom
Kranken geteilt werden wird. Bei entsprechend langem ungestörten
_ Bestehen dieser „klinischen“ Ausheilung ist dann die Möglichkeit
einer anatomischen Ausheilung, die natürlich nicht in so raschem
Tempo erfolgen kann, durchaus gegeben. Resümierend möchte ich
mein Urteil dahin zusammenfassen, daß wir die Möglichkeit einer
günstigen Beeinflussung von ulzerösen Prozessen des Magens und
Duodenums, und zwar oft in einem ganz verblüffend flotten
‚Tempo als klinisch gesicherte Tatsache verzeichnen können.
Pribram stützt sich hierbei auf ein Material von 200 Fällen. Nach-
dem diese Tatsache durch eine vielfach absichtlich einseitige Protein-
körpertherapie gesichert ist, empfiehlt sich natürlich durchaus gleich-
zeitig auch die alten bewährten Methoden, wie Alkalibehandlung,
diätetische Schonung, Liegekur in Anwendung zu bringen, um s0
einen konzentrischen therapeutischen Angriff durchzuführen. Eine
gleichzeitig bestehende aktive Tuberkulose müßte wohl im al-
gemeinen als Kontraindikation gelten oder wenigstens zu großer
Vorsicht in der Dosierung mahnen.
Dauerheilung wird man gewiß nicht in allen Fällen erwarten
-| können, aber schließlich ist für einen Ulkuskranken auch ein längeres |
schmerzfreies Intervall eine große Wohltat; die Dauerheilung hängt
natürlich sehr oft nicht von der Behandlungsart, sondern vom Ver-
halten und der Disziplin des Kranken ab. Warnen möchte ich
davor, aus den günstigen Einwirkungen einer Proteinkörpertheraple
weitgehende Schlüsse zu ziehen auf die Pathogenese der Ulkusfälle
überhaupt. Daß Dysharmonie im vegetativen Nervensystem im Sinne
von Bergmann und Westphal oft eine disponierende Rolle spielt,
ist natürlich ohne weiteres zuzugeben. Eigentlich ist es ja eine
banale Selbstverständlichkeit, daß ein neurogen oder endokrin fehler-
haft gesteuertes Organ eine größere Krankheitsbereitschalt hat.
Dies ist aber noch lange kein Grund, das Ulkus in der Mehrzahl
der Fälle als eine neurogene Erkrankung zu bezeichnen und etwa
im Sinne von Holler eine „aufsteigende Vagusneuritis“ als den patho-
genetischen Hauptfaktor anzunehmen. Unser Einblick in das Ge
schehen innerhalb des vegetativen Nervensystems im Gelolge von
Proteinkörperinjektionen ist ein außerordentlich dürltiger. Nach
kräftigen Reaktionen scheint ja allerdings nach Pribram eme
Herabsetzung, selbst Unempfindlichkeit hinsichtlich Adrenalin-
injektionen zu bestehen. Der Vergleich mit einer Sympathikus-
ektomie nach Leriche scheint mir aber doch etwas gewagt. Gott-
lieb und Freund finden übrigens eine Steigerung der Erregbar-
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30.N orember
keit, wobei allerdings die Höhe der Dosierung und die Zeit der
Untersuchung in Anbetracht der so häufigen biphasischen Reaktionen
eine Rolle spielen dürfte. Vorübergehend wurden Steigerungen des
Vagus-und Bulbusdruckphänomens von Holler festgestellt. Jeden-
falls berechtigen diese dürftigen Befunde keinewegs zu irgendwelchen
Rückschlüssen auf die ja im übrigen gewiß sehr wechselvolle
Pathogenese der ulzerösen Veränderungen an Magen und Duo-
denum.
Außerhalb des Rahmens von Ulkusprozessen liegen bisher nur
ganz vereinzelte Erfahrungen vor über anderweitige Erkrankungen
des Digestionstraktes. Der Indikationsbereich ergibt sich übrigens
aus meinen Ausführungen über allgemeine Proteinkörpertherapie.
Die spasmolytischen Wirkungen derselben lassen ihre versuchsweise
Anwendung wünschenswert erscheinen bei Kardiospasmen, organisch
spastischen Speiseröhrenstenosen, also z. B. auch Karzinom und bei
Dickdarmspasmen, also z. B. spastischer Obstipation, verschiedenen‘.
Kolitisfiormen mit spastischer Komponente, spastischen Zuständen
in-den Gallenwegen.
So berichtet Hampel über gute Erfolge bei
Colitis chronica, Kalk über Anwendung bei Cholezystitis. |
Natürlich kämen auch chronische Entzündungsprozesse, also
eventuell Fälle von chronischer Hepatitis und Pankreatitis, afebril
verlaufende Fälle von chronischer Appendizitis (Flesch) in Betracht.
[eh verlasse nunmehr den Bereich der „äußeren Verdauung“
und wende mich der Frage zu, welche Möglichkeiten sich der
Proteinkörpertherapie eröffnen in Fällen von Störung der „inneren
Verdauung“, also vor allem auch auf dem Gebiete endokriner
Störungen. Auch hier möchte ich den Weg vom Allgemeinen zum
Speziellen gehen. Die Möglichkeit einer Beeinflussung von Stoff-
_ wechselvorgängen durch Proteinkörpertherapie ist wohl von vorn-
herein gegeben. Von der Möglichkeit dieser Einwirkung zu ihrer
‚Verwirklichung ist freilich oft ein weiter und manchmal auch ein
ungangbarer Weg. Der in das Stoffwechselgetriebe sicher tief ein-
eifende Fieberkomplex, die zum Teil damit schon verbundene
derung in der Blut- und Säftezirkulation, Einwirkungen auf ab-
norme Einstellungen des vegetativen Nervensystems, dieSchwankungen
der Zucker- und Lipoidkörperspiegel (E. Maliva, E. Gabbe),
allergische Umstimmung mit eventuell anderen Reizschwellen gegen-
über Schilddrüsenpräparaten u. dgl. sind gewiß Gesichtspunkte,
‚ welche zu therapeutischen Versuchen einladen. Sie haben mich
beispielsweise veranlaßt, mit meinem Mitarbeiter, Herrn Lorant,
eine Proteinkörper-Schilddrüsen-Behandlung in Fällen von kon-
stitutioneller Adipositas auszuarbeiten, durch welche es uns
gelang, ohne besondere Diät- oder Flüssigkeitseinschränkung und
ohne körperliche Mehrleistung selbst bei Bettruhe sehr ausgiebige
Entfettung von 15—20 kg zu erzielen, und dies in Fällen, wo alle
bis dahin angewendeten Entfettungskuren versagt hatten. Als Ei-
weißkörper verwenden wir Hypertherman, eine Koppelung von steriler
Milch mit einer genau dosierten Kolivakzine. Die Injektionen er-
folgen intramuskulär in einer Dosis von 3—5 cem, durchschnittlich
in2-8 tägigen Intervallen, jedenfalls immer dann, wenn die Gewichts-
senkung aufhört und eine Tendenz zu Gewichtsänstieg bemerkbar
wird. Wie genaue Stoffwechselversuche ergeben, erfolgt die Ent- -
fettung unter Nitrogen- und Salzstapelung, ‚bei gleichzeitiger Ver-
abreichung von Schilddrüsensubstanz ohne Wasserretention.
Über günstige Erfolge bei Diabetes mellitus berichtet
| Singer (Wien). Er verwendet Caseosan intramuskulär in ansteigen-
-den Dosen von 1/,—5 ccm. Singer beobachtete im Tierexperiment
eine Hemmung der Adrenalinglykosurie. Seine Fälle betreffen aller-
dings zum Teil Überdruckformen des Diabetes im höheren Alter,
welche im allgemeinen diätetisch gut ansprechen, 'so daß die Ent-
scheidung, inwiefern die Hebung der Toleranz bzw. die Verminde-
rung der Glykosurie und die Senkung des Blutzuckerspiegels nur
durch Proteinkörpertherapie bedingt sei, schwer fallen dürfte.
Singer zieht keine voreiligen Schlüsse und hält eine weitere Be-
stätigung seiner Befunde für wünschenswert. Eine Einflußnahme
auf eine eventuell bestehende Azidose ist auf diesem Wege wohl
nicht möglich. Die Erfahrungen meiner Klinik sprechen sogar. für
eine ungünstige Beeinflussung der Azidose. Eine Koppelung von
Insulin mit Proteinkörperinjektionen ergab nach Singer keine Stei-
gerung der Wirkungsintensität und Erfahrungen meiner Klinik be-
stätigen dies in vollem Umfange. Singer befürwortet die Anwen-
‚dung von Proteinkörperinjektionen in Fällen von diabetischer Gangrän,
also auch eine Art Ulkusbehandlung mit Proteinkörpern. Die Re-
lation: Proteinkörper zu Diabetes hat übrigens auch eine dia-
guostische Facette. Wie ich im Jahre 1917!) mitteilen. konnte,
: ——
= 1) Zschr. f. kl. Med. Bd. 85.
= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
. teinkörper zur
worben hat.
1681
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besteht in Fällen von Diabetes mellitus ein pyrogenetischer Torpor,
welcher, wie uns weitere Erfahrungen zeigten, besonders ein Kenn-
zeichen des asthenischen,. mit Unterdruck einhergehenden,
von Azidose begleiteten jugendlichen Diabetes ist.. Bei Aus-
nahmen von dieser Regel wäre stets an chronische Infektions-
'zustände: Tuberkulose, Lues und Furunkulose zu denken. Im
Gegensatz dazu zeigen die sthenischen oft mit Über- und Hoch-
druck einhergehenden Diabetesfälle meist ein normales Reaktions- °
Überprüfung verwenden wir nicht mehr native
Milch wegen ihres oft sehr wechselnden Vakzinegehaltes, sondern '
.ein konstant‘. eingestelltes Milchpräparat „Hypertherman“: in einer
Einzeldosis von 4 ccm intraglutäal. Ich möchte es sehr befürworten, -
vermögen. Zur
daß jeder Fall von Diabetes in dieser Hinsicht biologisch geprüft
werde, wobei natürlich ein einheitliches-Vorgehen in bezug auf Art
'und Dosis der Testsubstanz sehr wünschenswert wäre. Ich. habe
seinerzeit die Vermutung ausgesprochen, : daß vielleicht zwischen
‚diesem pyrogenetischen Torpor und dem Fehlen der Patellarsehnen-
reflexe (PSR) ein innerer Zusammenhang bestehe.
Insulinkur in der Regel sowohl die PSR als auch das pyrogenetische
Reaktionsvermögen wiederkehren.
geführten allergischen Einstellung des Diabetikerorganismus.
Wenn auch, soweit ich die diesbezügliche Literatur über-
blicken konnte, bisher Arbeiten nicht erschienen sind, welche in .'
systematischer Weise mit Proteinkörpertherapie bei uratischer Dys-
krasie sich beschäftigen, so unterliegt es keinem Zweifel, daß viele
jener chronischen Gelenksaffektionen, welche mit so günstigem Er-
folg durch Proteinkörpertherapie behandelt wurden (u.a. Zimmer,
Klinik Bier) in den Bereich der. uratischen Diathese fallen. Auf
keinem Gebiet sind die sanierenden Herdreaktionen in ihrem Ab-
laufe so klar zu verfolgen, wie auf dem Gebiete der dyskrasich
ausgelösten Arthropathien. Da die Lokalwirkungen vielfach so
günstig verlaufen, unterliegt es wohl kaum einem Zweifel, daß auch
die. Allgemeinwirkung auf die abnorme uratische Stoffwechsellage
vielfach eine sehr günstige sein dürfte. Es ist meine klinische
berzeugung, daß auf dem Boden der uratischen Dyskrasie und
verwandter abnormer Stoffwechsellagen, ‘Cholesterinämie u. dgl.
eine Reihe von Erkrankungen sich entwickeln und hier besonders -
gut gedeihen, so Krebs, Gefäßspasmen, die zum konstitutionell
sklerotischen Hochdruck führen, und jene Gefäßerkrankungen über-
haupt, die wir mit dem Sammelnamen „Arteriosklerose“ bezeichnen.
Wer diese Auffassung teilt, dem eröffnen sich noch weite Per-
spektiven für eine prophylaktische und therapeutische Anwendung der
Proteinkörper auf diesen praktisch so wichtigen .Gebieten. Be-
sonders soweit es sich um Sanierung von Gefäßspasmen und arterio-
pathischen Zuständen handelt, kämen eventuell, abgesehen von
einer indirekten Beeinflussung via Korrekur ursächlich zugrunde-
liegender abnormer Stoffwechsellagen, eventuell auch direkte spasmo-
lytische Wirkungen in Betracht. -
Wie immer man therapeutisch eingestellt sein mag, opti-
mistisch, pessimistisch oder in guter Gleichgewichtslage nüchtern,
ich glaube, man muß darin übereinstimmen, daß die Proteinkörper-
therapie auch auf dem Gebiete der Verdauungs- und Stoffwechsel-
krankheiten unsere therapeutische Rüstkammer um wirksame Waffen
bereichert und auch theoretisch interessante Gesichtspunkte er-
schlossen hat. | | | | |
Der Einfluß der Hypophyse auf die weiblichen.
= Geschlechtsorgane. |
-` Von Privatdozent Dr. B. Aschner, Wien.
Das fast sensationelle Interesse, welches allen Fragen aus
der Physiologie und Pathologie .der Hypophyse noch vor dem Kriege
‚allseits entgegengebracht wurde, ist einer mehr ruhigeren Betrachtung
aus größerer Distanz gewichen. Ja, man kann sagen, daß das Gebiet
der Hypophysenpathologie sowie tiberhaupt die Lehre von der inneren - -
Sekretion zu einem gewissen vorläufigen Abschluß gekommen ist.
Die Kenntnis von den Funktionen der Hypophyse und ihrem.
Einfluß auf das Genitale im normalen Zustande ist trotzdem erst
eine Errungenschaft der letzten 15 Jahre. ` Vielleicht praktisch am `
bedeutungsvollsten aus diesem ganzen Kapitel ist die nur noch mit
dem Schilddrüsenextrakt vergleichbare therapeutische Verwendbarkeit
des Hypophysenextraktes, des Pituitrins in der Geburtshilfe, um
`
‘dessen Einführung sich J. Hofbauer ein dauerndes Verdienst er-
Es erscheint .
mir nun die Tatsache beachtenswert, daß unter dem Einflusse einer-
n. Jedenfalls eignen sich also Pro-
berprüfung der durch Insulinbehandlung herbei-
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1682
Der Werdegang der experimentellen Erforschung der Hypo-
physenfunktion, namentlich durch Exstirpation dieser Drüse, war
ein langer und schwieriger. Alle diese Untersuchungen galten zu-
nächst dem Ziele, das auffallende klinische Zustandsbild der Akro-
megalie im. Tierexperiment nachzuahmen, und eigentlich ganz un-
erwarteterweise erhielt Cushing durch partielle, ich selbst durch
Totalexstirpation des Hypophysenvorderlappens das Gegen-
teil von Akromegalie, nämlich Zwergwuchs mit Dysplasia adiposo-
genitalis. Die schwierige Technik der Hypophysenexstirpalion hat
vielfache Mißerfolge und anschließend daran auch verschiedene,
nicht immer ganz richtige Deutungsversuche nach ‘sich gezogen.
Namentlich ist mangels eigener positiver Erfolge im Tierexperiment
von manchen Autoren die Bedeutung des gerade beim Menschen
verschwindend- kleinen Zwischenlappens in rein spekulativer
Weise und ohne jeden triftigen Beweisgrund allzu sehr in den
Vordergrund gerückt worden, so daß dadurch künstlich Unklarheiten
herbeigeführt worden sind.
Die Wirkungsweise der Hypophyse (wie auch der Zirbeldrüse)
unterscheidet sich von der anderer Blutdrüsen besonders auch da-
durch, daß sie in anatomischem und wahrscheinlich auch funktio-
nellem Zusammenhang mit dem Gehirn stehen und so nicht
nur ihr Sekret in die Blutbahnen, sondern auch in die Lymphwege
des Gehirns abgeben. Es entstehen so nicht nur durch die Blut-
bahn vermittelte Allgemeinwirkungen auf den Organismus und das
Genitale, sondern auch noch lokale Wirkungen auf das zwischen
Hypophyse und Zirbeldrüse liegende Zwischenhirn, dessen Bedeutung
als „vegetatives Zentrum für Stoffwechsel, Eingeweide
und auch das Genitale“ immer deutlicher hervortritt.
Am meisten aufklärend über den Zusammenhang zwischen Hypo-
physe und Genitale haben die Exstirpationsversuche gewirkt. Die
erste Serie dieser Versuchsreihen von Horsley 1886 bis inkl. den
Arbeiten von Biedl und Paulesco (1908) hat zu dem negativen
Ergebnis geführt, daß die Hypophyse ein durchaus lebens-
wichtiges Organ sei, dessen vollständige Exstirpation meist in
kurzer Zeit vom Tode gefolgt wäre. Eine Wirkung dieses Eingrilfes
bei Fröschen, Hunden, Katzen Kaninchen und Hühnern auf das Genitale
konnte daher von den in diese Zeit fallenden Arbeiten (es betrifit dies
etwa 30 Autoren der verschiedensten Länder) nicht gut beobachtet
werden. Auch Cushing hat bei seinen partiellen Exstirpationen
des Vorderlappens nur Zurückbleiben Yen Tiere im Wachstum mit
Fettansatz und einen allerdings nur makroskopisch nachgewiesenen
partiellen Infantilismus des Genitales, insbesondere bei männlichen
Hunden beschrieben. Die von Cushing ebenfalls beschriebene
Steigerung des Geschlechtstriebes nach isolierter Exstirpation
des Hinterlappens konnte von keiner Seite bestätigt werden, und ist
daher als unzutreffend anzusehen. Es spricht diese Tatsache auch
gegen. die trophische Bedeutung der Pars intermedia, von der ja auch
ein großer Teil zugleich mit der Exstirpation des Hinterlappens ent-
fernt werden muß.
Die partielle Exstirpation des Vorderlappens führt in geringem
Grade zu denselben Erscheinungen wie die totale Exstirpation
des Vorderlappens in höchstem Grade zu ganz eindeutigen
und charakteristischen Veränderungen. Daß einerseits die
totale Exstirpation mit Überleben der Tiere im Gegensatz zu den
Behauptungen Cushings und Biedls wirklich möglich ist, geht
schon aus einem Vergleich nachstehender Abbildungen
hervor.
Während die besten unter den Abbildungen Cushings
nur ganz geringlügige, im Bilde kaum merkliche Unterschiede
zwischen Kontrolltier und hypophysiprivem Tier zeigen (Abb. 3 u. 4),
Abbildung 1,
Zwei Hunde von gleichem Wurf im Alter von 8 Monaten. Bei Hund a wurde im
Alter von zwei Monaten die Hypophyse vollständig exstirpiert. Man sieht die‘
hochgradige Wachstumsstörung gegenüber dem nicht operlerten Kontrolltier b,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
30. November MN
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Abbildung 2.
Zwei andere Hunde vom gleichen Wurf im Alter von sechs Monaten. Bei Hunda
wurde im Alter von zwei Monaten die Hypophyse vollständig exstirpiert, Hunda
blieb dauernd 6 kg schwer, das Kontrolltier erreichte ein Gewicht von 86 kg.
Abbildung 3.
(Aus Cushing: The Pituitary Body and its Disorders.)
Abbildung 4.
(Aus Cashing: The Pituitary Body and its Disorders.)
Die Abbildungen 3 und 4 stellen noch die besten mit derintrakraniellen Meihods
erzielten Wachstumsstörungen dar. Sie sind ungleich geringer als die in; 1
und 2 mit der bukkalen Methode gewonnenen. Es ist gar nicht 50 leicht, 10
Abb. 3 und 4 das Kontrolltier von dem hypophysipriven Tier zu unterscheiden:
Diese Abbildungen beweisen zur Genüge, daß dieHypophysentheorien von Cushi
und Biedl, gewonnen durch eine nicht leistungsfähige Operationstechnik, nig
stichhaltig und schön überholt sind;
R 50. November 1924 Nr. 48. — MEDIZINISCHE KLINIK — Anzeigen. | at a
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Sofortige AE E und rascheste Heilung bei
akutem und chronischem Muskel- u. Gelenkrheumatismus,
Gicht, Ischias, Neuralgien, Lumbago, Iritis, Pleuritis.
Bei akutem Gelenkrheumatismus verhütet sofortige Atophanbehandlung . | ec
mit großer Sicherheit Herzkomplikationen. i e
j Alle Nachieile der Salicyltherapie fallen bei Atophanbehandlung. fort.
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Zur Atophan -Injektionstherapie: 5 jo
Atophanyl.
Originaipackungen: Atophan: e Röhren zu 20 Tabletten zu je 0,5 g. o
Schachteln zu 10 u. 6 Tabl. zu je 0,5 g. a
Atophanyl: e Kartons mit 5 Ampullen zu 5 ccm.
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_ Wohlfeiie Kiinik- Atophan: Gläser zu 500 Tabletten zu je 0,5 g. | iin,
packungen: Atophanyl: Kartons mit 50 Ampullen zu 5 ccm. | | m | Ä
Literatur unter PEEN AEN auf diese ze nn . durch: E
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günstige Beeinflussung nervöser Herzstörungen
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sowie gegebenenfalls auch durch
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Auch starke Bromural-Dosen lassen den Kreislauf intakt d ver
ändern weder den Blutdruck noch die Erregbarkeit des a
motorischen Zentrums und des Vagus. Er RE
" Original-Packung mit 10 Tabletten Milo
Origimal-Packung mit 20 Tabletten M. 2,30 E
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Zur Einschläferung 3—4 Tabletten, davon 1 Tablette 1/2 Stunde, die anderen JA
Tabl. kurz vor dem 'Schlafengehen, Als Sedativum mehrmals Is tägl.:
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. Handen bewirkt | |
: > vorderlappens oder-der ganzen Hypophyse fast vollständiges
_ kindlicher Stufe stehen.
- entwickelt, die Ovarien lassen große Follikel nicht oder. nur sehr
`~ gebildet, wahrscheinlich infolge der verhinderten
.. einhergehenden vermehrten Atresie der Follikel. Corpora lutea finden.
..‘ ‚sich entweder nicht oder nur. sehr selten, auch dann nur in der Einzahl
- vor, während normalerweise beim Hunde bei jeder Brunst bzw. Gra-.
-vidität, entsprechend der Vielzahl der. Jungen, in jedem Ovarium 3 bis‘
. Jedenfälls ist es’ sehr
- was man ja
. die nicht nur
‚ haben
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
ist- der Unterschied in meinen Versuchen, wo es sich eben um eine
-` yiel weitergehende, zumindest makroskopische und vor allem funk--
‘tionell wirksame Totalexstirpation.. gehandelt hat, ein ungleich
- ‚eklatanterer. | peri
Horsley-Handelsmann, ferner Ascoli und Legnani, Leischner
Auch von den anderen Experimentatoren, insbesondere
und Denk, vor allem Biedl selbst, konnten bisher noch niemals
Tiere- mit auch nur annähernd so charakteristischen Störungen
` demonstriert oder beweiskräftige Abbildungen veröffentlicht werden.
Nach meinen eigenen Experimenten (Abb. 1 u..2) bei jungen
die Totalexstirpation des Hypophysen-
Stehenbleiben des Längenwachstums und :der geistigen Entwicklung
> mit dauernder oder doch übermäßig langer Persistenz des kindlichen
.Fettpolsters (sogar Zunahme desselben), der Lanugobehaarung, des
Milchgebisses, vor allem aber dauernden Infantilismus des Genitales.
| Beim männlichen Geschlecht bleibt. die Spermatogenese entweder
ganz aus oder tritt um viele Monate verspätet und dann auch nur
spärlich und unregelmäßig auf. Das gesamte ’äußere und innere Genitäle
bleibt hypoplastisch im Bau und Funktion. Die Zwischenzellen des
S Hodens sind nur spärlich entwickelt. - 5
Bei weiblichen Hunden bleibt gleichfalls das ganze Genitale auf
Der Uterus bleibt dünn, die Schleimhaut un-
‚spärlich heranreifen. Die interstitielle Eierstockdrüse schwindet in der
ersten Zeit nach der Hypophysenexstirpation, Br ist sie gut aus-
.. 1 Corpora lutea zu finden sind. = |
Eine Konzeption bei hypophysipriven Hunden habe ich trotz |
niemals: beobachten
können. Bereits gravide Hunde, denen ich in nunmehr sechs Versuchen .
auf möglichst schonende Weise (mehrmals auch zweizeitig) die Hypo- .
abortierten innerhalb von 3 Tagen regelmäßig.
den Brustdrüsen trat dann Milch auf. Die Rückbildung des puer-
eralen Uterus dauerte jedesmal auffallend lange. Ob wirklich die’
der Hypophyse allein oder auch die gleichzeitige Reizung
‚des Zwischenhirns zu Abortus führt, muß erst sichergestellt werden. :
t denkbar, daß die Vagus- undSympathikus-
bahnen im Boden des dritten Ventrikels wehenauslösend wirken, |
~
daraufhin ` -gerichteter Versuche
pay entfernt habe,
ntfernun
[2
auch durch elektrische Reizung an dieser Stelle, nach-
weisen kann. , = | Hg |
= = Bei erwachsenen Tieren erzeugt dle Exstirpation der Hypo-
physe ‘keine bemerkenswerten Veränderungen am männlichen und
. weiblichen Genitale, wohl aber können solche durch Erkrankung oder -
Ik des Eingeweidezentrums im Zwischenhirn hervorgerufen
‚werden. - S | nn ein
| Transplantationen der Hypophyse am Tier, wie sie von .
mehreren Seiten .(Payr,. Clairmont u. a.) unternommen worden
sind, führten wegen baldiger Resorption des Organes zu keinerlei
bemerkenswerten Ergebnissen.
=. S0 wenig die experimentelle Entfernung des Hypophysen-
- hinterlappens samt der daran haftenden Pars intermedia greifbare
| Erscheinungen im Tierexperiment erzeugen, so sehr steht unabhängig .|
_ davon die Tatsache fest, daß das Pituitrin exquisit kontraktions-
erregend auf die glatte Muskulatur des ganzen Körpers wirkt, und.
Ä den Blutdruck steigert, sondern auch Darm, Blase
and vor allem den Uterus zur Kontraktion anregt. Auch die .
| Sekretion der innersekretorischen Drüsen, insbesondere .der Niere,
wird durch das Pituitrin gesteigert oder beeinflußt.
, Die Literatur über die praktische. Bedeutung des Pitui-:
‚trins ist bereits ins Unabsehbare angewachsen. Gegenüber seiner
wehenerregenden Wirkung treten alle anderen Anwendungen dieses
Mittels (Wirkung auf das Herz, auf die Milchsekretion, auf Genital-
blutungen, bei Atonia uteri post partum) wegen ihrer Unzuverlässigkeit ;
stark in den Hintergrund. ° = ae SER |
dem heutigen Stand unserer Kenntnisse das aller-
beste Wehenmittel während der Geburtsarbeit, welches wir überhaupt
besitzen. Diese Bedeutung wird mit der Zeit noch höher eingeschätzt.
<- * Es ist. nach
‘
werden,
ER ER
aller gegenteiligen Ausführungen
eifung und der damit `
‚wenn sich die von 'mir vertretene Ansicht durchgesetzt
wird, daß bei langdauernden ‘und schmerzhaften schwierigen
eburten in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle nicht das
enge Becken es ist, was die Geburt verzögert, sondern. die zu
y esame. Eröffnung der Weichteile infolge mangelhafter
‚Wehentätigkeit oder Rigidität des Muttermundes. |
hi Wir sind gewohnt, die Bedeutung ‘des Beckens. als Geburts-
E indernis zu. übersehätzen, die der Weichteile zu unterschätzen.
>., „Onn eine Geburt beispielsweise statt nur 24 Stunden etwa‘ 3 Tage
. daüert, so kann sich jedermann durch ‚eigene Beobachtung - über-
zeugen, daß es -ungefähr 2!/, Tage dauert, bis der Muttermund
eröffnet bzw. verstrichen ist, und daß der kindliche.Kopf, wenn die
Geburt überhaupt spontan vor sich geht, binnen wenigen -Stunden
durchtritt. | | j i
© - Wil man daher eine Geburt von abnorm langer Dauer und
. Schmerzhaftigkeit auf die normale Zeit abkürzen, so muß.man die
Eröffnung ‚ der Weichteile erleichtern. Das kann durch Anregung
der Wehentätigkeit mittelst vorsichtiger Chinin- und Pituitringaben,
aber auch durch schonende Dehnung des äußeren Muttermundes
mit der Hand bei. bereits verstrichener Zervix sehr wirksam ge-
schehen. (Vgl. Gynäkologen-Kongreß Heidelberg 1923.) Dadurch
kann der schmerzhafte Teil. der Wehentätigkeit auf nur wenige
Stunden zusammengedrängt und diese Periode der Geburtsarbeit
allenfalls im Ätherrausch absolviert werden. Dem zweifellos trotz
bestehenden Bedürfnis nach
möglichst schmerzloser Entbindung, besonders bei empfindlichen
Frauen, kann demnach durch die Kombination von Ather-
rausch, Pituitrin und allfälliger schonender künstlicher
Dehnung des sich. nur zögernd eröffnenden Muttermundes am
ehesten nahegekommen werden. (Vgl. meine Ausführungen am
(Gynäkologen-Kongreß in Heidelberg 1923.) Alle dagegen mit noch
so großerHeftigkeit vorgebrachten Einwände (Furcht vor Infektion etc.)
können durch die ausgezeichneten Erfolge in der Praxis (selbstver-
ständlich bei richtiger Anwendung) widerlegt werden.
Was dieErkrankungen der Hypophyse selbst anbelangt,
so ist ihre praktische Bedeutung wegen der relativen Seltenheit doch
eine geringere als nach dem anfänglichen: Interesse für die neu-
entdeckten Krankheitsbilder. der Akromegalie, des Riesen-
wuchses, der Dysplasia. adiposogenitalis und zuletzt der
hypophysären Kachexie zu erwarten war. pi
So interessant auch die histologischen Einzelheiten über die `
Schwangerschaftsveränderung der Hypophyse ist, so- gehen
‚diese eigentlich kaum über den Rahmen- hinaus, in welchem auch
die Schwangerschaftsmetamorphose der übrigen Blutdrüsen sich
abspielt. -
Ä ‚Diese
größerung, Lipoidanreicherung, vielleicht auch Zunahme :gewisser
spezifischer Zellelemente als Reaktion auf den autointoxikations-
lichen Zustand in. der. Schwangerschaft. Die Schwangerschafts-
: vergrößerung der Hypophyse erreicht nur in seltenen Fällen solche
Dimensionen, daß es zur Kompression der Sehnerven kommt. Der mit
Unrecht .in den letzten Jahren allzu sehr in den Vordergrund ge-.
schobene Zwischenlappen der Hypophyse nimmt wohl auch an der
allgemeinen Schwangerschaftshypertrophie teil, ist-aber dennoch, wie
Abb.5 zeigt, ein verschwindend dünnes -Blättchen. =
Mit großer Aufmerksamkeit .
Nah an ne en
ertrophie der ophyse
adori, | z lange de s drokten
Methoden der Exstirpation’ an der
Hypophyse zur Erforschung ihrer
Funktion noch nicht gangbar waren.
Bei allen möglichen Tiergattungen
und auch beim Menschen tritt nach
Kastration eine regelmäßige Zu-
nahme des Hypophysenvolumens
mit deutlicher Vermehrung der
eosinophilen Zellelemente im Vorder-
lappen ein. Der Hinterlappen macht
bis auf vermehrte Lipoideinlage-
rung ebenso wie inder Schwanger-
schaft keine wesentlichen. Verände-
- Abbildung 5.
Hinterlappen. Zwischenlappen.
Vorderlappen.
Frontalschnitt durch die Mitte einer
menschlichen Schwangersthaftshyj
physe (9. Monat). Zwischenlappen (Pars
intermedia) minimal entwickelt,
+
rungen durch. ME | | |
Menstruations- und Pub ee On ur der Hypo-
physe. von irgend welchem Belang sind bisher noch nicht beschrieben
worden. Dagegen weiß man, daß die Akromegalie mit besonderer
Vorliebe ebenso wie nach der Schwangerschaft auch im Klimak-
terium auftritt, konform mit der Neigung des Gesamtorganismus u -
eiden Geschlechtsepochen. . -
Es scheint, daß. das weibliche Geschlecht überhaupt einen
Entzündungen und Neoplasmen in diesen
größeren Prozentsatz an Hypophysenerkrankungen beistellt als das
männliche, soweit das aus den Statistiken hervorgeht. Ganz allgemein
spricht . dafür auch die Tatsache, daß die weiblichen Keimdrüsen |
überhaupt viel größeren Fährlichkeiten ausgesetzt: sind, als die
männlichen, und daher leichter zu Blutdrüsenerkrankungen Anlaß
geben können. Die Frauen haben eben ein labileres Blut-
drüsen- und Säftesystem überhaupt (Neigung zu Blutdrüsen-
erkrankungen ‘und Stoffwechselstörungen). Der Streit, ob hei der.
Akromegalie jeweils die Hypophyse oder das Ovarium den Anstoß
‚zur Erkrankung abgibt, ist noch ‘unentschieden. Gewiß stellt das
1688
besteht in Hyperämie der einzelnen Blutdrüsen ; mit Ver-
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1684 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. | 30. Noveinbe;
Wesentliche. die Erkrankung der Hypophyse selbst dar, diese kann
allem Anscheine nach durch eine Änderung der: Ovarialfunktion
wie z.B. bei der Pubertät (H. W..Freund) ausgelöst werden. Der
Ausbruch einer Akromegalie nach Röntgenbestrahlung der: Ovarien
(eigene Beobachtung) oder nach Schwangerschaft gestaltet die Er-
klärung aber schon nicht mehr so eindeutig, denn man kann sich
dabei auch vorstellen, daß die nach Kastration und in der Schwanger-
schaft entstehende allgemeine Blutdrüsen- und Stoffwechselstörung
die Hypophyse zu krankhafter Veränderung bringt, Es spricht da-
für die Analogie mit anderen Blutdrüsenerkrankungen bei Frauen
und weiteres zwei von mir selbst beobachtete Fälle von Akromegalie.
Der eine im Anschluß an Schwangerschaft, der andere an Röntgen-
bestrahlung der Schilddrüse, die ohne spezielle Organbehandlung
auf allgemein entgiftende Maßnahmen sich zusehends gebessert
haben. Es ist auch eine ganze Anzahl von Akromegalien ohne
Genitalstörung beobachtet worden. Meist verursacht die Akromegalie
aber doch Störungen. der Menstruation bis zur vollständigen
Amenorrhoe. Umgekehrt kann man sich allerdings auch vorstellen,
daß die auch bei spontaner Amenorrhoe fast regelmäßig sich ein-
stellende Stoffwechselstörung neben Fettansatz, Rheuma .und dgl.
auch. bei dazu disponierten Individuen eine Akromegalie auslösen
kann. Anatomisch hat man degenerative Veränderungen am Genitale
insbesondere an den Follikeln und Schwund der interstitiellen Zellen
gefunden. Die Hypophyse selbst, und zwar der Vorderlappen wies
in den meisten Fällen Veränderungen im Sinne einer Hyper- bzw.
Dysfunktion auf. (Adenom, Adenokarzinom usw.)
Wichtig ist, daß nach operativer .Entlfernung wenigstens eines
Teiles des Vorderlappens’ der Hypophyse bei Akromegalie neben
anderen Fernsymptomen auch die Genitalstörungen häufig zurück-
gehen. (Hochenegg, v. Eiselsberg, O. Hirsch u. a.)
Man kann daraus schließen, daß entweder eine Druckwirkung
auf das „Eingeweidezentrum im Zwischenhirn“ beseitigt
worden ist oder daß die Beseitigung hyper- oder dysfunktionierenden
Hypophysengewebes. den Heilerfolg herbeigeführt hat. Für- letztere
Auffassung spricht, daß man namentlich in früherer Zeit nach
Verabreichung von Hypophysentabletten öfters partielle Heilerfolge
gesehen hat. v.Hochenegg hat solche Fälle von Wiedereintreten
der Meustruation nach Akromegalieoperation beschrieben.
' Daneben sind aber sichere Fälle von Akromegalie oder akro-
megalieähnlichen Zuständen, wie Leontiasis ossea, Osteoarthropathie
atrophiante pneumique, auch manche Fälle von Riesenwuchs
beschrieben worden, wo sicher die Hypophyse normal war. In |
solchen Fällen bleibt nichts übrig als eine allgemeine trophische
Störung, ausgehend von abnormer Säftebeschaffenheit oder von
Störungen im zentralen Nervensytem (trophisches Zentrum. im
Zwischenhirn) anzunehmen.. Fälle von Akromegalie mit normaler
Hypophyse haben B. Fischer u. a. beschrieben. .Doch hat man
bisher zu den gezwungensten Erklärungen gegriffen. Erst durch die
neueren Arbeiten über die Bedeutung des Zwischenhirns (Kreidl
und Karplus, Verfasser, Leschke, Isenschmid und Krehl,
Citron, L. R. Müller, Greving u. a.) erscheint dieses Verhalten
wie auch das gleichzeitige Vorkommen hypopituitaristischer Symptome
` (Fettsucht, myxödemähnliche Erscheinungen) bei Akromegalie einer
Erklärung zugänglich. Bezüglich der Genitalsymptome bei
Akromegalie soll man sich daher nicht von vorherein die‘ Vor-
stellung machen, daß es sich um Veränderungen in einer ganz be-
stimmten Richtung handeln muß. Es kann. ebenso gut ovarielle
und menstruelle Überfunktion, Dysfunktion oder Unterfunktion ein-
treten. Die Schwangerschaft an sich scheint durch die Akromegalie
nicht gestört zu werden, doch muß man bei solchen Ihdividuen auf
Schwangerschaftstoxikosen in erhöhtem. Ausmaß gefaßt sein.
Interessant scheint mir die Beobachtung, daß alle mir bis jetzt
bekannten Fälle von Akromegalie einen ähnlichen Habitus auf-
wiesen und auch sonst ähnliche Begleiterscheinungen (Rheumatismus,
Gicht, harnsaure Diathese) wie die Diabetikerinnen, nämlich meist
breitknochigen Körperbau, ‘eher Neigung zu Fettansatz, dunkel-
braune oder schwarze, oft gekräuselte Haare, Neigung zu Hyper-
trichosis, oft brünette Hautfarben, Basedowaugen, kurz ein von
vornherein dem Negertypus sich annäherndes Exterieur, wie ja auch
die Erkrankung selbst mit ihren aufgeworfenen Lippen usw. ein der
Negerphysiognomie ähnliches Bild schafft. Es scheint nach den
Berichten von Cushing auch diese Erkrankung bei den Negern
verhältnismäßig häufig zu sein. F
Sowie die Akromegalie mit Vorliebe bei Frauen, ebenso soll
der hypophysäre Riesenwuchs hauptsächlich bei Männern auf-
treten. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Erkrankungen
besteht darin, daß der Riesenwuchs meist noch vor Abschluß des
Längenwachstums, also bei jugendlichen Individuen auftritt; während
‘sich die Akromegalie gewöhnlich erst bei Erwachsenen einstellt,
(Falta, Peritz, Sternberg u. a.) ee
o Das abnorme Längenwachstum bei Riesenwuchs ist fast.stets.
mitinfantilem Habitus gepaart. Nach Abschluß des Längenwachstums
soll die Krankheit öfters in Akromegalie übergehen. Es heißt auch
daß bei ausgesprochen akromegalem Riesenwuchs die Überfunktion
der Hypophyse die primäre Rolle spielt. Über Gravidität bei
Riesenwuchs ist anscheinend bisher nichts bekannt. | l
- Die meist bestehende hochgradige anatomische und funktio-
nelle: Hypoplasie bei Frauen erklärt die anscheinende Sterilität der
weiblichen Riesen zur Genüge. ee
Wesentlich seltener als die Akromegalie und diesbezüglich
parallel gehend mit dem Riesenwuchs ist das Vorkommen. der
Dysplasia adiposogenitalis bei Frauen. Auf Grund der oben
angeführten -Tierexperimente läßt sich die Dysplasia adiposogenitalis
zwanglos als Unterfunktion, allenfalls Dysfunktion des Hypophysen-
- vorderlappens oder als Beeinträchtigung des vegetativen Zentrums
im Zwischenhirn (Erdheim, Verfasser, Leschke u. a.) erklären.
Den Zwischenlappen dafür verantwortlich zu machen, wie dies
von einigen Autoren geschehen ist, läßt sich nach dem heutigen Stand
der Kenntnisse nicht mehr aufrecht erhalten (Plaut, Verf. u.a.) Auch
‚die klinischen Erfahrungen von Cushing, Schloffer, v. Eiselsberg,
Hochenegg, B.Fischer, Simmonds, Rössle, Erdheim und
' Stumme, Lerebouillet, Heynemann, O. Hirsch, Bab, J. Bauer,
Raab, Blumberg, Nonne, Dietrich, Fahr, Knipping u a.
sprechen in gleichem Sinne. Man findet meist einen Tumor, welcher
den Vorderlappen der Hypophyse- durchsetzt oder den Hypophysenstiel
samt dem angrenzenden Boden des dritten Ventrikels komprimiert.
Dabei wird oft das Vorderlappengewebe histologisch intakt gefunden,
so daß man daraus schließen muß, daß entweder der Abfluß des Hypo-
physensekretes durch das Infundibulum gehindert ist, oder daß:die
trophische Störung durch Schädigung der von Erdheim postulierten,
von mir experimentell, von Leschke klinisch nachgewiesenen vege-
' tativen Zentren im Zwischenhirn: direkt hervorgerufen wird.
Ebenso wie’ bei der Akromegalie ist es oft schwer, zu unter-
scheiden, ob Genitalhypoplasieund Amenorrhoe primär auftritt
und das Leiden auslöst, oder ob zuerst die Hypophysenstörung da
| ist und so wie im Tierexperiment entweder für sich oder auf dem
Umwege über das Zwischenhirn die Keimdrüsenstörung hervorruft
~ -Auch an eine.allgemeine dyskrasische Ätiologie bei minder-
wertigem, Blutdrüsensystem muß man denken.
Charakteristisch ist neben der Genitalhypoplasie die Fettsuchl.
Wenn das Leiden im jugendlichen Alter auftritt, so spricht
man von sog. Fettkindern (Neurath). Die Entstehung des
Leidens im Anschluß an Meningitis und Hydrozephalus, sowie der
therapeutische Erfolg bei partieller Exstirpation von Hypophysen
tumoren (Druckentlastung der Hypophyse selbst oder des Tuber
_ einereum) spricht für die Möglichkeit der Entstehung des Leidens
durch reine Zwischenhirnschädigung. Ebensowenig wie über
' Schwangerschaft bei Riesenwuchs ist über Schwangerschaft. bei.
Dystrophia adiposogenitalis etwas bekannt.. Tritt die Hypophysen-
schädigung schon in früher Jugend ein, so entsteht hypophysärer
Zwergwuchs mit und ohne Fettsucht, jedoch mit Genitalhype-
'plasie. Verabreichung von Hypophysenextrakt bei Dysplasia adi:
posogenitalis hat bei operierten und nichtoperierten Fällen gelegentlich
Besserung der Fettsucht, der Glykosurie und auch der. Genital-
symptome bewirkt. Auch nach partieller Exstirpation des Hypo-
physentumors bei. Dysplasia adiposogenitalis wurde Besserung der
Genitallunktion beschrieben. |
| In der allerletzten Zeitwurde vonSimmonds, Falta, Boströn,
Budde, Reiche und Reye das Krankheitsbild der hypophysären
Kachexie beschrieben, doch steht noch nicht fest, ob es durch
Hypo- oder Dysfunktion des Vorderlappens der Hypophyse.zu er
klären ist. Im Tierexperiment haben wir jedenfalls kein richtiges-
Analogon dafür. Denn entweder überleben die Tiere die totale Ex
stirpation des Hypophysenvorderlappens und werden dann keines-
wegs kachektisch, sondern fettsüchtig, oder die Tiere geben rasch,
d. h. innerhalb von. Stunden oder Tagen, spätestens von wenige!
Wochen, an dem Eingriff zugrunde. Dann handelt es sich aber fast
immer entweder um postoperative Komplikationen, wie Blutung oder
Infektion, oder um Verletzung der vitalen Zentren im Zwischenhim;
so daß ich die sogenannte Kachexia hypophysipriva der 8%
nannten Autoren am ehesten noch auf Schädigung des Zwischen‘
hirns zurückführen möchte. Einen sehr eklatanten Fall von hypo-
physärer Kachexie hat Reye in Hamburg beschrieben. Er weist
darauf hin, daß die Mehrzahl der bisher beschriebenen derartigen
Fälle aus Hamburg stammen (Simmonds, Bostroem, E: Fraenkel,
Buddo).
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30. November
Im großen und ganzen macht das Krankheitsbild den Eindruck
einer Kachexie, wie sie bei multipler Brustdrüsensklerose von franzö-
sischen Autoren und auch von Falta beschrieben worden ist. Auf-
fallend ist das greisenhafte welke Aussehen, die hochgradige all-
gemeine Körperschwäche, Ausbleiben der Menstruation noch
in jungen Jahren, Ausfall der Scham- und Achselhaare,
Schlafsucht. Reye hat in seinem Fall durch Verabreichung von
frischer Hypophysenvorderlappensubstanz und auch In-
jektionen von Hypophysin wiederholte Besserung. feststellen können,
die nach Aussetzen des Medikamentes wieder von Kachexie gefolgt
war. Prinzipiell ist seine Feststellung wichtig, daß der Hypophysen-
vorderlappen doch wirksame Substanzen enthält, welche ihm viel-
fach, unter anderen auch von Fühner, abgesprochen worden sind.
Wie auch schon Simmonds und E. Fränkel betont haben, ist
eine Organtherapie gerade in diesen Fällen aussichtsreicher als
etwa bei Akromegalie oder bei Dysplasia adiposogenitalis.
In der Therapie der Hypophysenerkrankungen, aber auch
neuestens mancher Genitalstörungen werden in den letzten Jahren
auch Versuche mit Röntgenbestrahlung der Hypophyse und
des Zwischenhirns gemacht. An der Antonschen Klinik in
Halle wurden derartige Versuche schon vor dem Kriege von Gold-
stein und Willige unternommen, jedoch zunächst ohne auffallenden
Effekt. Blumberg, L. Fränkel und Geller (1921) haben schon
über Wechselwirkung zwischen Hypophysenbestrahlung und Eierstock-
stätigkeit berichtet. Bei einem Fall von Dysplasia adiposo-genitalis er-
hielt Geller nach Hypophysenbestrahlung zwar keine Veränderung im
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
1685
Neben der Hypophyse wandte Hofbauer (1922) auch der
Bestrahlung des Zwischenhirns sein Augenmerk zu und berichtet
über günstige Beeinflussung der Menstruation bei Myomen und
unregelmäßigen Blutungen anderer Herkunft (z.B. Metro-
pathien), wobei er an eine Beeinflussung der Keimdrüsen auf
dem Wege des von mir beschriebenen „Eingeweide- und Stoff-
wechselzentrums im Zwischenhirn“ denkt.
Nachprüfungen dieser Ergebnisse durch andere Autoren
(P. Werner, Blumberg, Ascoli und Faginoli, Froment) haben
keine eindeutigen Resultate erzielt. |
Zuletzt hat Borak aus dem Institut Holzknecht in Wien
über. Versuche betreffend die Bestrahlung der Hypophyse und
des Zwischenhirns bei klimakterischen Ausfallserschei-
nungen berichtet. Es sollen bei einer Reihe von Fällen die Blut-
drucksteigerung und auch die nervös-vasomotorischen Erscheinungen
prompt zurückgegangen sein. Sollten sich diese Befunde von anderer
Seite bestätigen, so wäre damit gewiß ein großer Fortschritt erzielt.
Immerhin: muß man stets bedenken, daß die Bestrahlung einer so
lebenswichtigen Region wie das Zwischenhirn früher oder später
Folgeerscheinungen nach sich ziehen kann, die man derzeit noch
garnicht vorauszusehen imstande ist. So interessant dieser neue
therapeutische Weg also ist, so wird man ihn doch nur erst dann an-
wenden dürfen, wenn alle anderen harmloseren Mittel im Stiche
lassen. '
Für die bisher trotz Aderlaß oft genug noch schwerbeeinfluß-
baren Hypertonien im höheren Lebensalter könnte dann möglicher-
äußeren Habitus, aber Verstärkung und Verlängerung der Menstruation. | weise dieses Verfahren eine wertvolle Hilfe bedeuten.
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
| Umfrage. |
Die Frühoperation der Gallensteine.
Es hat den Anschein, als ob sich gegenwärtig in der Frage
- der Behandlung der Gallenblasenerkrankungen eine Anderung in
den Anschauungen vorbereitet. Die Anregungen dazu sind von
chirurgischer Seite ausgegangen. Bahnbrechend war die Behandlung
des Themas auf dem letzten Kongreß der Deutschen Gesellschaft
für Chirurgie in Berlin, wo Hotz-Basel und Enderlen-Heidelberg
für die frühzeitige Operation eintraten.
Was ist unter der Frühoperation des Gallensteinleidens zu
verstehen? Zunächst heißt das nach Enderlen, den Eingriff vor-
nehmen in jungen Jahren und: beim Beginn des Leidens. In diese
Form gefaßt leitet die Forderung eine ganze Reihe wichtiger Er-
wägungen ein, die für die Entscheidung des Arztes am Krankenbett
schwer ins Gewicht fallen.
„Frühoperation“ heißt im Sinne des Chirurgen aber auch den
Eingriff frühzeitig im akuten Anfalle vorzunehmen und nicht erst
das Abklingen des Anfalles abzuwarten. In dieser Begrenzung
weist der Begriff der Frühoperation auf schwierige Lagen, welche
dazu angetan sind, den Arzt zu schneller Entscheidung zu drängen.
‚. Die Aussprache über den Gegenstand in der fachwissenschaft-
lichen Literatur hat das eine zunächst gelehrt,. daß auf diesem Gebiet
das Zusammenarbeiten der Internisten und der Chirurgen als ganz
besonders wünschenswert zu bezeichnen ist. Das gilt gegenüber
dem einzelnen Fall und gegenüber dem Urteil, das aus der Ge-
samtheit der einzelnen Erfahrungen über die grundsätzliche Stellung
abgeleitet wird. |
. Wenn von Seiten derjenigen, die das aktive Vorgehen als
Grundsatz aufstellen, der Vergleich mit der Blinddarmentzündung
herangezogen wird, so dürften nicht nur von Seiten der Internisten
sondern auch aus dem Kreise der Chirurgen Bedenken geltend
gemacht werden. Auf der anderen Seite führen die verschleppten
Fälle mit ihrem Gefolge von Schädigungen für den Kranken eine
beredte Sprache zugunsten des rechtzeitigen chirurgischen Eingriifs.
‚Die Bedeutung des Gegenstandes, die Verantwortung und die
Schwierigkeit einer raschen Entschlußfassung rechtfertigen es, eine
üssprache in der Wochenschrift anzuregen. Die Umfrage, die in
dem Folgenden zusammengestellt ist, gibt die Meinungsäußerungen
wieder, welche von erfahrenen Internisten und Chirurgen abgegeben
worden sind.
R Als Einführung in den Gegenstand werden zwei wertvolle
ufsätze gebracht, die vom Standpunkt des erfahrenen Internen
ir Chirurgen die Sachlage zusammenfassend beleuchten. Die ein-
ean Berichte von L. Kuttner-Berlin und Moszkowicz- Wien
Sollen die Grundlage bilden für die Meinungsäußerungen, welche
als Antworten auf die Fragen der Schriftleitung eingegangen sind.
Die Antworten stellen in diesem Zusammenhang gewissermaßen
sich ‚dar als die Aussprache über den durch die beiden einleitenden
Berichte zur Erörterung gestellten Gegenstand. l
In ihrer Gesamtheit geben diese Meinungsäußerungen ein Bild
davon, wie der erfahrene Arzt diesen Aufgaben gegenüber sich ein- .
stellt. Gewiß hat jeder einzelne Fall seine eigene Plage, seine be-
sonderen Schwierigkeiten, Rücksichten und Aussichten. Gerade des-
wegen wird diese Aussprache, in der verschiedene Anschauungen
zu Worte kommen,. für den tätigen Arzt belehrend und nützlich sein.
K. Brandenburg.
Die Frühoperation an den Gallenwegen.
(Vom Standpunkt des Internisten betrachtet.)
Von L. Kuttner (Berlin).
Es ist richtiger, von einer „Frühoperation an den Gallen-
wegen“ zu sprechen als von einer solchen bei Gallensteinerkran-
kungen; wissen wir doch, daß die reine, nicht kalkulöse, infektiöse
Cholangitis (Naunyn, Bittorf u. a.) ebenso zu frühzeitigen
chirurgischen Eingriffen Veranlassung geben kann wie die entzünd-
lichen Erkrankungen der Gallenwege bei Gallensteinen. Aber nicht
nur die entzündliche steinfreie Cholangitis, sondern auch nicht in-
fektiöse Gallenstauung sind in den Indikationskreis der chirurgi-
schen Behandlung der Gallenwege einzubezieben. Die neueren
Erfahrungen der Chirurgen bei Operationen (Riedel, Körte,
Schmieden, Berg u. a.), die ich durch eigene Beobachtungen
stützen kann, sowie die pathologisch-anatomischen Betrachtungen
Aschoffs haben ergeben, daß angeborene anatomische und funk-
tionelle Anomalien des extrahepatischen Gallensystems (Berg),
scharfe Abknickung des Halsteils oder direkter Übergang des Hals- _
teils in die Blase, rudimentäre Blasenbildung, Abschnürungen durch
das Duodenum oder Querkolon, Obstipation, Ptose usw. zu Gallen-
stauung führen können. Auf diese Weise kann es dann zu einem
plötzlichen Verschluß des Zystikus und einem der Gallenstein-
krankheit analogen Anfall ohne Steine kommen. |
Gewiß geben alle diese Vorkommnisse seltener als die auf
echter Cholelitliasis beruhenden Prozesse Veranlassung zur Ope-
ration, aber man muß sie kennen und berücksichtigen. In unseren
| weiteren Ausführungen werden wir ihre Behandlung mit der Frage
der „Frühoperation des Gallensteinleidens“*
handeln. _ |
Die Indikationen zur operativen Behandlung des Gallenstein-
leidens sind von den Chirurgen in den letzten Jahren immer weiter
gesteckt worden. Während Kehr und sein langjähriger Mitarbeiter
gemeinschaftlich be-
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1686
Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten (Kraus-Brugsch) |
die Behandlung des nicht entzündlichen Gallensteinleidens ganz und:
'gar der. inneren Medizin überlassen und die des entzündlichen |
„‚Gallensteinleidens als ein Grenzgebiet ansehen, in dem die leichten
. und.mittelschweren, zur Latenz neigenden Fälle dem praktischen
‘ Arzt und dem.Internisten, die schweren akuten und. die chronischen,,
einer “inneren -Behandlung unzugänglichen Fälle dem Chirurgen
‚die Appendix, also auch: prophylaktisch zu entfernen, entweder in
den ersten 24 Stunden, im ersten Beginn .des Anfalls oder, falls
. der. Kranke erst später in Behandlung kommt — je nach der
. . Und‘.während Kehr (1913). bei nur etwa 20% der Gallenstein-
‚auf der 47. Tagung der Deutschen Gesellschaft für. Chirurgie, Berlin
© 1928. In ihren Leitsätzen fordern die genannten Autoren . bei
. "Kranken in jüngeren Jahren die möglichst im freien Intervall aus-
_ Forderung .der Frühoperation wie-folgt:-. -
| : fähig. Die Erkrankung ist noch auf die Gallenblase beschränkt,
‘: . Frühoperation sind gut (durchschnittlich 4% Mortalität) mit Aus-
~ Sind, je frühzeitiger operiert wird: von 728 Fällen bis zum 40. Lebens-
. jahre 2% Mortalität, vom 40.60. Lebensjahre 9%, vom 60.—70.
- 10,5% Mortalität. | p i
. Enderlen und Hotz unter obiger Begründung, auch ohne daß eine
. wollen darunter, ohne Rücksicht auf das Alter, die Operation .
: wissen.. Die verschiedene Bedeutung, die man damit dem Wort
= bei der Appendizitis, auch bei den verschiedenen Krankheitszuständen
der Cholelithiasis das Wort „Frühoperation“ nur fürOperationen im Be-
' jüngeren Jahren als „Operationen im früheren Alter“ zu bezeichnen.
2.005 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. A8. 7 7 o. ,.30. Noveinber |
Ernst Un ger in der ‚Bearbeitung der Cholelithiasis in der Speziellen |
Die Operation der Gallensteinerkrankung im früheren Alter, .
wie. sie von Enderlen und Hotz und jetzt auch von anderen
:|. Chirurgen: immer dringlicher gelordert.wird, gibt zu einer Reihe
von Erwägungen Veranlassung: - - ` a |
.
© 1. Unsicherheit der Diagnose, namentlich im Beginn der-
Erkrankung. Selbstverständlich.raten auch die Chirurgen bei Kranken: .
in jüngeren Jahren nur dann zu einer radikalen Operation, wenn:
‘die Diagnose ausreichend gesichert ist. Aber die praktischen Ärzte
und Internisten, : die die Gallensteinkranken möglichst im Beginn.
.des Leidens dem ‘Chirurgen zuführen 'sollen,. befinden sich hier in --
einer schwierigen Lage.: Ihr Krankenmaterial ist ein wesentlich, -
‚anderes als das der Chirurgen. Mit Recht sagt Pel, die Chole-. :
lithiasis mit ihren atypischen Formen ist ein „wahrer Prüfstein
klinischer Diagnostik‘ und eine Quelle grober Irrtümer“. Besonders
bei. jüngeren Personen und im Beginn der Erkrankung kann die _
Abgrenzung von Ulcus ventriculi’ seu duodeni, von Appendizitis
Pyelitis,. Pankreatitis, Nephrolithiasis usw. auf große, ja unüberwind- `.
liche Schwierigkeiten stoßen. Mit der zunehmenden Zahl der Ope:
rationen nicht nur bei’ Erkrankungen der Gallenwege sondern auch .
des Magens. mehren sich deswegen nach meinen eigenen Beob- ,
achtungen auch die ‚Fälle,'in denen auf Grund falscher Indikations-
stellung vergebens operiert worden ist. Nicht‘ gar so selten sehe.
ich Kranke, bei denen man in der Annahme einer Erkrankung der
Gallenwege Adhäsionen gelöst und’ die, Gallenblase entfernt hat,
deren Beschwerden und Krankheitserscheinungen — später auch
Blutungen — durch ein Ulcus pepticum bedingt waren. Auch das.
. Umgekehrte "habe ich wiederholt: beobachtet: erfolglose Magen-
+ operationen: in' Fällen, in denen eine Erkrankung der Gallenblase '
vorlag. Noch häufiger sind die Fälle, in denen eine Appendektomie. `
eine Reihe von weiteren Operationen — Cholezystektomie, Gastro:
enterostomie, Magenresektion, Lösung von Adhäsionen usw. — ein-
zugewiesen werden sollen, fordern. andere Chirurgen (Riedel,
Hutchinson, Kirschner u. a.), die Gallenblase zu behandeln wie
Schwere der Krankheitserscheinungen — sofort oder imLatenzstadium.
kranken die Operation für erforderlich hält, hat Riedel bereits im
Jahre 1908. sich dahin ausgesprochen, daß 90% der Operation be-
dürfen, wenn man sie: wirklich heilen will. Diesem radikalen Stand-
punkt der Frühoperation gegenüber nehmen andere Chirurgen eine
mehr vermittelnde Stellung ein. Besonders beachtenswert erscheinen
mir die Ausführungen von Enderlen und Hotz in ihrem. Referat.
zuführende „Frühoperation“. Bei.drohenden ‚Symptomen ist selbst-
verständlich sofort zu operieren. Bei alten Menschen kommen nur
Notoperationen in’ Betracht.. Enderlen und Hotz begründen ihre
„Zu Beginn des Leidens ist der Kranke besser | widerstands-
ohne weitergreifende komplizierende Veränderungen zu setzen. Die
Operation gestaltet sich darum einfach. Herz, Lunge und Nieren
sind noch belastungsfähig. Der Heilungsverlauf findet gute Be: | Reihenfolge: bis zu 24 Bauchoperationen durchgemacht haben. Solche
dingungen. ‘Die Erfolge der in jüngeren J ahren vorgenommenen | Kranken pflegen ‘als Mörphinisten, in Heilanstalten für Nervenkranke,
mit: Selbstmord oder’ gelegentlich auch im Anschluß an eine neue
Operation — Lösung von Adhäsionen mit Enteroanastomose usw. —`
an einer Pneumonie zu enden. Für alle diese Ausgänge könnte
ich. eigene Beobachtungen ‘anführen. Gewöhnlich sind es ja von.
vornherein Neuropathen, deren Nervensystem durch die verschiedenen
Operationen: und Folgezustände immer mehr belastet wird. a
| Eine- Entscheidung, von welchem Bauchorgan die Be
schwerden ausgehen, läßt sich im Beginn der Erkrankung nicht
immer mit Sicherheit treffen. Alle unsere diagnostischen Kennt-
nisse und Erfahrungen einschließlich des Röntgenbefundes können.
versagen. Rechtsverzerrung des Magens -und Duodenums, per- . `
sistierender. Duodenalfleck können ein Ulkus vortäuschen, wo 68
sich um lithogene Cholezystitis handelt; ausgesprochener klinischer
und Röntgenbefund machen ein Geschwür des Magens oder Zwölf-
fingerdarms wahrscheinlich, obwohl Magen und Duodenum einwand-
frei befunden werden und eine Appendizitis den-Ausgangspunkt der
Erkrankung bildet. So verlockend es auch wäre, die vielen -
differentialdiagnostischen Schwierigkeiten, die däs Krankheitsbild
einer Cholelithiasis -bieten kann, durch Anführung von. eigenen
Beobachtungen zu illustrieren, so muß ich es mir ‘doch versagen
an dieser Stelle weiter auf Einzelheiten einzugehen. RE
Die Unsicherheit der Diagnose in einer nicht zu untet-
schätzenden : Zahl der Fälle von Cholelithiasis wird ‚aber noch |
größer, wenn wir berücksichtigen, daß Ulcus duodeni, Cholezystitis,
Appendizitis — die bekannte Abdominaltrias (Zweig) — ot ver
gesellschaftet vorkommen. Zu ee
‚Alle diese diagnostischen Schwierigkeiten erklären, wenigstens
für eine bestimmte Gruppe- von Erkrankungen der. Gallenwege die
Zurückhaltung der Internisten, derartige Kranke ohne zwingenden
‘Grund im Beginn des Leidens dem Chirurgen zur Operation zu
überweisen. Gewiß ist der Einwand berechtigt: jede dieser. Er-
krankungen gibt eine Indikation zum chirurgischen Eingriff, und
durch genaue Revision nach Eröffnung der Bauchhöhle können dia-
gnostische. Irrtümer klargestellt werden; beim Nachweis kombinierter
Erkrankungen läßt sich durch Verbindung verschiedener Operationen
für die radikale Heilung Sorge tragen. Aber damit wächst auch
die Gefahr, die mit. der Operation verbunden ist. Und das ist
selbstverständlich ein Moment, das für die Stellungnahme zur Früb-
operation von. schwerwiegender Bedeutung iste >
Befassen wir uns deswegen % en =
2. mitiden.Gefahren der Operation im früheren Alter,
mit der Mortalität nach solchen chirurgischen - Eingriffen.
sicht auf dauernde Heilung.“ | |
Ihre Statistik ergibt eindeutig, daß die Erfolge um so besser
Auf Grund dieser statistischen Erhebungen befürworten |
dringende Veranlassung vorliegt, Gallensteinkranke in jüngeren
‘Jahren zu operieren. Enderlen und Hotz bezeichnen eine solche
Operation unter Hinweis auf das frühe Alter als „Frühoperation“.
-~ Andere Chirurgen dagegen, die von „Frühoperation“ sprechen,
möglichst im Beginn des Anfalls bzw. Leidens verstanden
„Frühoperation“ beigelegt hät, führt zu dauernden Mißverständnissen.
i M. E. ist es richtiger, entsprechend den analogen Verhältnissen
ginn des Anfalls bzw. Leidens zu reservieren und Operationen in den
Das ist zwar umständlicher, abe? einwandfrei. und weniger miß-
verständlich. Ich werde in meineu weiteren Ausführungen diesem
Unterschied in den beiden Bezeichnungen Rechnung tragen.
Im übrigen ist man nicht berechtigt, wie auch Völcker
hervorhebt, die Gefahren, die von einer akuten Appendizitis aus-
gehen, denen gegenüberzustellen, die bei einer entzündlichen Gallen-
blasenerkrankung drohen. | |
Perforation und Peritonitis sind bei der akuten Appendizitis
sicher viel eher zu befürchten als beim entzündlichen Gallensteinleiden. -
Das Abwarten mit der Operation bei diesem ist deswegen
weniger verhängnisvoll als bei jener. Dazu kommt, daß der
Eingriff bei dem Gallensteinleiden, die Cholezystektomie größere
Anforderungen an die Technik des Chirurgen stellt und im Durch-
schnitt weit eingreifender ist als die Appendektomie bei der akuten
.Blinddarmentzündung. Aus allen diesen Gründen müssen wir die
„Frühoperation* im Sinne der radikalen Chirurgen entschieden
zurückweisen.
| Besser begründet. ist die Indikationsstellung von Enderlen
und Hotz. Die Leitsätze dieser Autoren zum a a
eingehenden Auseinandersetzung zwischen Internisten und Chir-
urgen zu machen, sind wir. nicht nur berechtigt so i
pflichtet. | gt sondern auch ver
leitet. So habe ich Kranke gehabt, die in. dieser und ‘ähnlicher
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30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
Mit Recht wollen die Chirurgen die Mortalität nach Opera-
tionen im jugendlichen Alter getrennt wissen von der nach Spät-
und Notoperationen.
Daß Krankheitszustände, die ein Eingreifen an den tiefen
Gallengängen notwendig machen, daß Komplikationen und Folge-
zustände der Cholelithiasis: Cholangitis chronica, Pericholecystitis
'adhaesiva, Abszesse in der Leber, Pylephlebitis, subphrenische
Eiterungen, Pankreatitis, Pankreasnekrose, Peritonitis, Gallenstein-
ileus, Cholämie, Bronchitis, Pneumonie (besonders rechtsseitig),
Pleuritis, schwere Herz- und Nierenerkrankungen usw. und ebenso
schwere Erschöpfungszustände die Prognose sehr wesentlich ver-
- schlechtern, die postoperative Mortalität erheblich steigern und auch
bei gutem Ausgang der Operation zahlreiche postoperative Be-
schwerden zurücklassen, wird von allen Seiten zugestanden. Gerade
deswegen raten ja die Chirurgen zur Operation beim Auftreten der
ersten Krankheitserscheinungen. Lassen wir die hohe Mortalität
"in den vorbezeichneten Fällen unberücksichtigt, und befassen wir
uns nur mit den Kranken, die in jüngeren Jahren operiert werden,
so bleibt für die Operation im früheren Alter im Sinne von
Ennderlen und Hotz nach diesen Autoren eine durchschnittliche
Mortalität von 4°/,. Noch bestechlicher ist die Statistik der
Brüder Mayo, welche bei einem Riesenmaterial von 16 980 Opera-
tionen eine Mortalität von nur 2,6 °/, aufweist.
Was können wir aus diesen Zahlen schließen, gestatten
solche Statistiken einen allgemeinen Rückschluß auf die Gefähr-
lichkeit der Operation? Keineswegs. Wir können aus solchen An-
gaben nur entnehmen, daß die Gefährlichkeit einer selbst ein-
greifenden Operation auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden kann,
wenn die ÖOperationsbedingungen glänzend sind und vor allem,
wenn Meister der Operationstechnik über große und größte Erfah-
rung auf einem besonderen Gebiete der Chirurgie verfügen.
Gewiß würde sich der praktische Arzt in vielen Fällen von
Gallensteinerkrankung viel schneller und leichter dazu entschließen,
seine Patienten dem Chirurgen zur Frühoperation zu überweisen,
wenn ihm immer große Krankenhäuser mit den erfahrensten und
geübtesten Abdominalchirurgen zur Verfügung ständen. Sagt doch
Kirschner selbst: die Prognose der Gallensteinoperationen besitzt
eine starke persönliche Note von seiten des Operateurs. „Wer im
Jahre 50 Gallensteinoperationen macht, beherrscht die Technik ganz
anders und wird ungleich bessere Resultate haben als der, der im
Jahre nur ein oder zwei Fälle unter das Messer bekommt“ und
weiter „nicht jeder, der den üblichen Laparotomien, wie der Radikal-
operation einer Hernie, der Appendektomie gewachsen ist, sollte
sich an eine Gallensteinoperation heranwagen“. Was folgt aus
solchen einleuchtenden und eigentlich selbstverständlichen Fest-
stellungen? Entweder müßte man alle Gallensteinkranken nur
solchen Chirurgen zuweisen, die die nötige Erfahrung und Technik
besitzen bzw. allerwärts solche Chirurgen ansiedeln oder bei der
Indikationsstellung zur Gallensteinoperation Rücksicht nehmen auf
die Individualität des zur Verfügung stehenden Operateurs. Die
erste Forderung ist praktisch undurchführbar, bleibt nur die zweite
. übrig. Daraus ergibt sich einwandfrei: für die Allgemeinheit giltige
Richtlinien zur Operation des Gallensteinleidens im früheren Alter
der Kranken lassen sich nicht aufstellen. Was sich ein Meister der
Abdominalchirurgie zutrauen darf, ist nicht ohne weiteres Operateuren
zuzumuten, die auf dem Gebiete der Gallensteinchirurgie nur geringe
Erfahrung besitzen, und die nicht den Vorteil haben, mit hinreichender,
geschulter Assistenz in glänzend eingerichteten Kliniken zu operieren.
Aber auch bei größter Erfahrung und bester Technik bleibt, wie
wir gesehen haben, für die Operation im früheren Alter eine
Mortalität von 4°0/.
Um diese richtig zu bewerten, müssen wir
= _ 8. nach den Heilungsbedingungen der Cholelithiasis fragen,
die die abwartende Behandlung bietet.
| Tatsache ist, daß. ein großer, vielleicht der überwiegende Teil
der Fälle von Gallensteinerkrankungen in das Stadium der Latenz
kommt d. h., daß nach einigen leichten Anfällen keine Koliken oder
, anderweitige Erscheinungen derCholelithiasis mehr zu folgen brauchen.
atsache ist aber auch, daß das Leiden jeder Zeit — wie ich es
selbst beobachtet habe — noch nach 20 und 30jährigem Stillstand
durch Cholezystitis, Cholangitis, Perforation und später eventuell
auch durch Karzinom gefährlich werden kann. Tatsache ist schließlich,
daß es unmöglich ist, nach. Beobachtung einiger leichter Anfälle -
vorherzusagen, welchen weiteren Verlauf das Leiden in Zukunft
nehmen wird. Wozu soll uns die Erkenntnis aller dieser Tatsachen
veranlassen? , Sollen wir mit Rücksicht darauf, daß das Leiden zum
tillstand kommen kann, von der Operation im früheren Alter Ab-
-_
stand nehmen, oder sollen wir im Hinblick auf etwaige unberechen-
bare lebensgefährliche Folgezustände und Komplikationen zu einer
solchen raten?
früheren Alter dadurch aufgewogen, daß man einer Reihe von
Operationen im späteren Alter vorbeugt, die prognostisch viel
ungünstiger sind und eine weit höhere Mortalität aufweisen? So
einfach darf die Frage nicht gestellt werden, jedenfalls darf sie in
dieser Fassung nicht ohne weiteres mit „Ja“ beantwortet werden.
Wie oft das Gallensteinleiden zu schweren und lebensgefähr-
lichen Komplikationen führt, läßt sich auch nicht mit annähernder
Sicherheit angeben. Die schätzungsweisen Angaben betr. Mortalität
der Cholelithiasis gehen weit auseinander und schwanken — je
nachdem den statistischen Berechnungen Privat- oder Krankenhaus-
material zu Grunde liegt‘ — zwischen 0,04°/, (Ritter-Karlsbad —
Privatpatienten) und 15°/ (Naunyn — Krankenhauspatienten). Kehr
schätzt sie auf 3,16°%,. Danach sind die 4°/, Mortalität nach
Operationen im früheren Alter ziemlich hoch zu bewerten; sie fallen
aber besonders auch deswegen schwer ins Gewicht, weil ihnen die
_ Resultate unserer führenden Chirurgen zu Grunde liegen, weil sie
vornehmlich Personen in jüngeren Jahren betreffen und bei keinem
derartigen Verlust auszuschließen ist, ob nicht gerade dieser letal-
verlaufene Fall zu denen gehört hätte, die zur Ruhe gekommen
wären und wenn auch nicht für immer, so doch für eine Reihe
von Jahren. Was das für den Ernährer einer Familie usw. bedeutet,
brauche ich nicht erst auseinanderzusetzen. Jedenfalls waren das
die Betrachtungen, die sich mir aufgedrängt haben, als ich nach
2 Operationen im früheren Alter eine 2ljährige Frau und eine
26jährige Patientin am 3.—4. Tage nach der Operation an Embolie
verlor. Dabei waren die Bedingungen bei der Operation besonders
im letzten Falle so günstig, daß der Chirurg (E. Unger) die Bauch-
höhle total schließen konnte. Die Sektion in diesem Falle (Pro-
sektor Dr. Christeller) ergab: Großer Embolus auf der Teilungs-
stelle der Pulmonalis reitend. Gefäße im ÖOperationsfeld glatt.
Peritoneum nirgends getrübt. Christeller nahm an, daß der
Embolus aus mehreren kleinen Thromben zusammengesetzt ist.
Ursprung unbekannt. |
Zwei andere Patienten verlor ich nach der Operation im
jugendlichen Alter an Pneumonie. ER |
Gewiß ist die Mortalität nach den infolge von Komplikationen
später notwendig werdenden Operationen erschreckend weit höher.
Aber wäre es nicht möglich, wenigstens für einen Teil dieser Fälle
günstigere Operationsbedingungen zu schaffen, wenn praktische
Arzte und Internisten ihre Gallenkranken, denen nur durch das
Messer geholfen werden kann, möglichst bei Zeiten dem Chirurgen
übergeben würden? |
Aber nicht nur der Prozentsatz der Mortalität muß maß-
gebend sein für unsere Stellungnahme zur Frage der Operation im
früheren Alter, sondern | | |
4. vor allem auch die Feststellung, ob und wie weit sie eine
sichere, eine dauernde Heilung gewährleistet.
90% der Operierten Dauerheilung an und berechnet die Heilungen
bei interner Behandlung auf nur 80%. Anspruch auf Genauigkeit
haben solche Statistiken naturgemäß nicht. Was heute geheilt er-
scheint, kann morgen oder nach Jahren Ausgangspunkt einer schweren
oder gar tödlichen Erkrankung werden. Tatsache ist jedenfalls, daß
5. auch nach Operationen im früheren Alter Rückfälle und
die alten Beschwerden wieder auf- und neue Beschwerden hin-
zutreten können. | |
Liek beobachtete Rückfälle bzw. zurückbleibende Be-
schwerden nach Zystektomien in der erstaunlichen Höhe von etwa
30% seiner Fälle.
Ob durch die Operation im früheren Alter die Zahl der Rück-
fälle wesentlich herabgesetzt werden wird, läßt sich noch nicht mit
Sicherheit entscheiden; dazu sind’ noch weitere Erhebungen und
längere Beobachtungen notwendig. Die Rückfälle stellen nur sehr
selten echte Steinrezidive dar. In der bei weitem überwiegenden
Zahl der Fälle werden die zurückbleibenden oder nach der Operation
neu auftretenden Beschwerden durch andere Ursachen bedingt.
Eine häufige Veranlassung zu sogenannten Nachbeschwerden
geben postoperative Adhäsionen und Narben, Wiederauftreten
von Katarrhen der Gallenwege usw. PR a
Vielfach gehen die nachträglichen Schmerzen und Störungen
überhaupt nicht von den Gallenwegen und der Operationsnarbe aus,
sondern sind auf ein Ulcus ventriculi seu duodeni zu. beziehen,
sind’ auf eine Appendizitis, Pankreatitis, auf Magendarmkatarrhe
zurückzuführen, d.h. auf Affektionen, die zum größten Teil schon
vor der Operation bestanden haben, durch die Zystektomie aber
1687
Werden die 4°/, Mortalität nach Operationen im’
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‚Adhäsionen. Sie finden sich bei Operationen auch bei solchen
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‘ spricht die Tatsache, daß man auch bei Nichtoperierten bei Chole-
1688 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. | | 80. November
nicht geheilt worden sind und auch nicht geheilt werden konnten.
In dieser Beziehung wird auch durch die Operation in jüngeren
Jahren wenig gebessert werden; am ehesten könnte man erwarten,
einer Pankreatitis vorzubeugen, wenn man frühzeitig operiert. Am
meisten quälend.und am schwersten zu beeinflussen aber sind
Ziehe ich Schlußfolgerungen aus dem, was ich für und gegen
die „Frühoperation“ und die „Operation im früheren Alter“ gesagt
habe, so komme ich zu .folgenden Ergebnissen:
1. Die Forderung nach Frühoperation in dem Sinne, daß
Gallensteinkranke ganz allgemein beim Aultreten der ersten Krank-
heitserscheinungen operiert werden sollen, kann ich nicht anerkennen.
2. Die Operation im früheren Alter, auch wenn keine
zwingenden Gründe zum chirurgischen Eingreifen vorliegen, ganz
allgemein als Therapie der Wahl bei der Gallensteinkrankheit zu
fordern, halte ich ebenfalls nicht für berechtigt.
M. E. darf das jugendliche Alter allein nicht maßgebend sein
für den Entschluß zur Operation. Das jugendliche Alter an sich
berechtigt ebenso wenig zur Operation, wie vorgerücktes Alter bei hin-
reichend begründeter Diagnose einesonstaussichtsvolleund wünschens-
werte prophylaktische Operation ausschließt. Wenn man es im al-
gemeinen auch vorziehen wird, Gallensteinkranke in jüngeren Jahren zu
operieren, so ist höheres Alter im gegebenen Falle an sich doch
| kein Gegengrund gegen prophylaktische Operation. Mit Recht sagt
Körte, „es kommt darauf an, wie der Allgemeinzustand ist“. Des-
wegen halte ich Entscheidung - von Fall zu Fall für das einzig
Richtige und spreche mich dahin aus:
3. Bei der Indikationsstellung zur Operation von Gallenstein-
kranken in jüngeren Jahren ist nicht sowohl auf das Alter des Kranken
wie auf sein Allgemeinbefinden und die ganze individuelle Lage
des Falles zu achten, nicht zum wenigsten auch darauf, ob ein in
Gallensteinoperationen geübter oder.ein weniger erlahrener Chirurg
zur Verfügung steht. i
Hier alle Momente aufzuzählen, welche im Einzelfalle mit-
bestimmend sind für die Frage der Operation im früheren Alter, ist
nicht möglich. | |
Ganz allgemein zu achten ist bei der Entscheidung: „Für“
oder „Wider“ auf: T |
Möglichst weitgehende Sicherstellung der Diagnose, Berücksich-
tigung des lokalen Befundes, auch vom pathologisch-anatomischen
Standpunkte aus, Verhalten des Allgemeinzustandes, der Konsti-
tution, des Geschlechts (Frauen geben durchschnittlich eine bessere
Operationsprognose als Männer) und der übrigen Organe, Anamnese,
Häufigkeit und Schwere der einzelnen Anfälle, Befinden im Intervall:
(Freisein von Beschwerden im Intervall oder dauernde Schmerzen
und Belästigungen), Erfolg der inneren Behandlung, Neigung
zum Morphinismus, soziale Lage, Beruf und Wohnort des Kranken (bei
Stadtbewohnern kann man mit der Operation eher warten als bei
Landbewohnern), familiäre Belastung mit Karzinom, Begleit- und
Folgezustände, Ikterus, Fieber, Schüttelfrost usw.
Einer weiteren Ausführung, in welchem Sinne die verschie-
denen Gesichtspunkte, die ich hier’ nur andeutungsweise berührt
habe, zur Entscheidung für oder gegen die Operation im früheren
Alter verwendet werden können, bedarf es nicht. In der Regel
werden wir Erwägungen darüber, welche Momente uns gegebenenfalls
zum frühzeitigen Eingreifen beim Gallensteinleiden bestimmen
oder umgekehrt uns davon abhalten können, ja nur dann anzu-
stellen haben, wenn keine unmittelbare Lebensgefahr vorliegt.
Bei lebensbedrohenden Zuständen ist die Operation ja
absolut indiziert und, falls keine besonderen Kontraindikationen
bestehen, möglichst sofort auszuführen. u
Auf Grund eigener Erfahrungen möchte ich meine Ansichten
über die chirurgische Behandlung bei Erkrankungen an den Gallen-
wegen dahin zusammenfassen:
I. Eine absolute Indikation zur Operation wegen lebens-
bedrohender Zustände geben: |
1. Die schwere Form der akuten infektiösen Cholezystitis und
Cholangitis, besonders die gangränöse Cholezystitis, das
akute Empyem.
Mit vielen Chirurgen (Körte, Völcker, Riese, Kirschner,
Heidenhain u. a.) befürworte ich für diese Fälle die Früh-
operation im Anfall. Entschließt man sich zum Abwarten, ist
ständige genaueste Kontrolle notwendig.
Eine Kontraindikation sehe ich mit Körte in diesen Fällen
in schweren Herz-, Lungen-, Nierenerkrankungen, in schwerer
Arteriosklerose und in schwerem Diabetes. |
In der leichten Form des Diabetes findet Körte keine Kontra-
indikation zur Frühoperation, doch empfiehlt er, solche Patienten
vorher möglichst zuckerfrei zu machen. Meine Erfahrungen sprechen
in demselben Sinne. Ebenso absolut indiziert ist die Operation
bei der entzündlichen Stauungsgallenblase.
2. Das chronische Empyem der Gallenblase.
Gallensteinkranken, die nur wenige und leichte Anfälle oder über-
haupt keine Koliken sondern nur vorübergehende Beschwerden
gehabt haben. Gerade diese Pericholezystitis hinterläßt auch nach
der Operation zahlreiche Beschwerden. Ob es gelingen wird, durch
verbesserte Operationsmethoden einer Adhäsionsbildung vorzubeugen,
lasse ich dahingestellt; bei ausgesprochener konstitutioneller Neigung
zur Adhäsionsbildung ist eine Besserung in diesem Sinne kaum zu
erwarten.
Flörcken mißt den „Verwachsungen“ für die Erklärung der
„Pseudorezidive“ nur eine untergeordnete Rolle bei und glaubt,
daß es richtiger ist, eine restierende Cholangitis, als Ursache der
Koliken anzusprechen, und daß daneben, besonders für Fälle ohne
Temperatursteigerung postoperativen Krampfzuständen am Sphincter
Oddi (Westphal) eine Bedeutung zukommt. Daß „Verwachsungen“
überhaupt viel zu häufig und unberechtigt für vorhandene Schmerzen
verantwortlich gemacht werden, kann auch ich bestätigen, trotz-
können. Es ist nicht immer ganz leicht, für die nach der Opera-
tion zurückbleibenden oder neu auftretenden Beschwerden die
richtige Deutung zu finden.
Gestützt auf eingehende Versuche an Duodenalhunden mit
und ohne Gallenblase glaubt Rost, daß Beschwerden von seiten
des Magens und Darms nach Cholezystektomie auf das Fehlen
der Gallenblase zurückzuführen sein müssen. Ich habe gerade in
jüngster Zeit nach Frühoperationen: bei Cholelithiasis so schwere
Magen- ünd Darmstörungen, besonders hartnäckiges Erbrechen beob-
achtet, daß | |
6. die Frage, „ob wir nicht mit der Cholezystektomie
einen Eingriff vornehmen, durch den für die Verdauung und den
Stoffwechsel irreparable Störungen gesetzt werden“, von größter
Wichtigkeit für unsere Stellungnahme zur Frühoperation und nament-
lich auch für die Wahl der Operation sein muß.
Sichere Unterlagen für die Bejahung' einer solchen Frage
liegen bisher nicht vor. Die interessanten Untersuchungsergebnisse,
zu denen Rost bei seinen Tierversuchen gekommen ist, sind nicht
ohne weiteres auf das Verhalten beim Menschen zu übertragen. `
Der Annahme, daß der Ausfall der Gallenblase Salzsäure-
mangel: im Magen bedinge (Hohlweg und Schmidt u. a.), wider-
lithiasis über 74 % der Fälle Hypo- oder Achlorhydrie findet, und
daß bei verschlossenem Blasenausgang sogar. 88 % der Gallen-
steinkranken diese Störung zeigen (Rohde). Auf meiner Ab-
teilung -von meinem früheren Oberarzt Gerhard Lehmann bei
Gallensteinkranken ausgeführte Untersuchungen ergaben: Hyper-
chlorhydrie in 37,5 %, Euchlorhydrie in 35 %, Achlorhydrie in
27,5%. Jedenfalls zeigen die angeführten und weitere Beob-
achtungen, daß der Salzsäuremangel nicht als Folge der Cholezyst-
ektomie, sondern als Begleiterscheinung der Cholelithiasis aufzu-
fassen ist. Ä
An 2 bei Hunden vor und nach der Cholezystektomie ausge-
führten Stoffwechseluntersuchungen konnte Rost Anderungen im Ge-
samtstoffwechsel einschließlich der Fettausnützung nicht nachweisen.
Unter Bezugnahme auf all: diese im ganzen negativen Befunde
bestehen zunächst keine ernstlichen Bedenken gegen die Exstirpation
der kranken Gallenblase. Nur vereinzelt wird mit Rücksicht auf
die funktionelle Bedeutung der Gallenblase vor unberechtigter Ent-
fernung derselben gewarnt.
M. E. ist die Frage bezüglich der Funktion der Gallenblase
noch nicht als abgeschlossen zu betrachten.
Nach Aschoff ist man nicht berechtigt, die Gallenblase als
rudimentäres Organ zu betrachten, wenn sie auch angeboren fehlen
und ohne Schaden entbehrt werden kann. Ein bloßes Reservoir
stellt sie nicht dar, dagegen kommt nach Aschoff Entlastung der
Gallenwege durch Tonusherabsetzung und noch mehr das Eindickungs-
vermögen, das die Galle auf 1/,—!/s ihres Volumens herabsetzt
als Funktion in Frage. Jedenfalls besteht zur Zeit kein Grund,
mit Rücksicht auf etwaige physiologische Aufgaben der Gallenblase
die Cholezystektomie einzuschränken und sich häufiger mit der
Cholezystotomie zu begnügen. Als Operation der Wahl gilt wohl
heute mit Recht allgemein die Cholezystektomie.
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80. November
3. Der Steinverschluß des Choledochus. Die Operation ist
möglichst frühzeitig auszuführen, jedenfalls vor Eintritt der
Cholämie und schwerer Cholangitis. Nach Körte soll
man nicht länger als etwa 2 Wochen warten. Entscheidend
für mich ist die Schwere der Infektion.
4. Die Perforation und Peritönitis. Sie erfordern sofortige
Operation. : )
II. Eine relative Indikation zur Operation geben:
1. Die zahlreichen einfachen Fälle von Cholelithiasis, bei
denen Steine in der Gallenblase zu vermuten sind, der
Ductus cysticus offen ist.
. Alle geringfügigen akuten Entzündungen.
. Fälle von chronischer Chole- und Pericholezystitis.
. Der Hydrops vesicae fellae, wenn er steril bleibt.
Auch bei allen diesen Krankheitszustäinden muß man die
Operation in Frage ziehen, wenn die innere Behandlung erfolglos
bleibt. Aber ich kann die Indikation zur Operation unter
diesen Umständen, auch bei Kranken in jüngeren Jahren nicht
ohue weiteres als gegeben ansehen, wenn die Diagnose genügend
gesichert erscheint. Ich bevorzuge ein individuelles Vorgehen
und möchte für diese Fälle nicht nur das Alter des Kranken,
sondern alle die oben angeführten Gesichtspunkte einschließlich
der Abschätzung der vorhandenen Operationsbedingungen als maß-
gebend für die Entscheidung für oder gegen die Operation in den
Kreis der Erwägungen eingestellt wissen.
Eine für alle Fälle gleich giltige Indikationsstellung läßt sich
nicht aufzeichnen. Man wird seinen Kranken am meisten helfen,
wenn man individualisiert. Allerdings ist von den Internisten zu
verlangen, daß sie rechtzeitig die Grenzen erkennen, die der
konservativen Behandlung gesetzt sind, und daß sie Kranke, bei
denen die interne Therapie aussichtslos ist, bei Zeiten den Chirurgen
zur Operation geben.
Ich glaube, da8 ich mit meiner Stellungnahme zur „Früh-
operation“ an den Gallenwegen und zur „Operation in jüngeren
Jahren“ in allen wesentlichen Punkten dem Standpunkte vieler
nicht allzu radikaler Chirurgen (Körte, Völcker u.a.) nahekomme.
Gewisse Differenzen in der Auffassung der Internisten und Chirurgen
sind, vor allem in der Verschiedenheit des Materials gegeben, das
den Vertretern dieser beiden Disziplinen zugeht. Die Internisten
sehen viele leichte, zur Latenz neigende, die Chirurgen mehr
schwere, zum Teil durch lang hingezogene innere Behandlung ver-
schleppte Fälle. Bessere therapeutische Erfolge lassen sich nur
erzielen durch ein verständnisvolles Zusammenarbeiten zwischen
Internisten und Chirurgen. Nur so wird es möglich sein, die
heutigen Forderungen der Chirurgen und die noch bestehenden
Einwände der Internisten allmählich auszugleichen.
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Die Frühoperation an den Gallenwegen.
(Vom Standpunkt des Chirurgen betrachtet.)
Von L. Moszkowicz, Wien.
Wenn wir an die rasche Entscheidung denken, die in allen
Ländern fast gleichzeitig bezüglich der Frühoperation bei der Peri-
typhlitis herbeigeführt wurde, so müssen wir uns fragen, warum
die Chirurgen nicht schon damals mit Entschiedenheit auf die Vor-
teile des frühzeitigen Eingriffes bei den Erkrankungen der Gallen-
‚wege hingewiesen haben. Das kann nur so erklärt werden, daß es
sich doch um Eingriffe von sehr verschiedener Bedeutung handelt.
Während die Operation bei der Perityphlitis verhältnismäßig einfach
ist und nur höchst selten an die Kunst des Chirurgen besondere
Anforderungen stellt, sind an den Gallenwegen schon die Bloß-
legung des eigentlich erkrankten Gebietes, die Entwirrung der
durch pathologische Veränderungen höchst verwickelten anatomischen
Verhältnisse oft mit den größten Schwierigkeiten verbunden. Man
denke an die lebenswichtigen Organe (Magen, Duodenum, Kolon),
welche oft aus derben Adhäsionen gelöst werden müssen, um nur
an die Gallenblase, Zystikus und Choledochus herankommen zu
können, und an die Nähe der großen Gefäße (Art. hepatica, Vena
portae), deren Verletzung lebensbedrohend ist und die doch, hinter
Schwielen verborgen, unversehens in den Bereich unseres Eingriffes
kommen. Wenn man noch berücksichtigt, daß überdies mannig-
faltige anatomische Varianten die Orientierung erschweren, so muß
man zu dem Schluß kommen, daß eine Operation an den Gallen-
ln alles eher als eine Anfängeroperation ist, daß sie im Gegen-
S
man die Schwierigkeit der Operation niemals im voraus schätzen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. |
Probe auf die erreichte Meisterschaft gelten könnte. Da-
1689
kann, muß der Operateur technisch den höchsten Anforderungen
genügen und große Erfahrung besitzen, um je nach dem Befund.
sich rasch zu entscheiden und die richtige Operationsmethode wählen
zu können.
Vor 25 Jahren aber waren fast alle Chirurgen auf diesem
Gebiete mehr oder weniger Anfänger. Jeder mußte seine eigenen
Erfahrungen machen, mußte die Unzahl der vorgeschlagenen techni-
schen Neuerungen nachprüfen und sich sein eigenes Urteil bilden.
Mannigfaltige Irrwege, z. B. die Übertreibung in Drainage und Tam-
ponade, mußten als solche erkannt werden. In diesen 25 Jahren
aber hat die Chirurgie der Gallenwege einen mächtigen Aufschwung
genommen. Die Technik der Operation wurde sorgfältig ausgebildet
und ist ziemlich typisch geworden, so daß sie von einer großen
Zahl von Chirurgen beherrscht werden kann. Die Chirurgen können
aber auch mit Stolz darauf hinweisen, daß hauptsächlich durch die
operative Autopsie in vivo die Erkenntnis der Pathogenese dieser
Erkrankungen wesentlich gefördert wurde. Es wiederholt sich auch
in diesem Punkte die Entwicklung, wie wir sie bei der Perityphlitis
erlebt haben. Man denke daran, wie wenig die frühere Ärzte-
generation von der Perityphlitis wußte. Man kann es kaum be-
greifen, daß die Pathologen das so häufige Krankheitsbild nicht
früher in seiner ganzen Bedeutung erkannten. Das Jahr 1897, in
dem Sonnenburgs Buch in erster Auflage erschien, bedeutet einen
Wendepunkt. Von da ab wurde innerhalb weniger Jahre das viel-
gestaltige Krankheitsbild der Perityphlitis nach allen Seiten durch-
forscht und klargeleg. Und ganz ähnlich entwickeln sich die
Dinge bei den Erkrankungen der Gallenwege. Bis vor kurzem waren
die Anschauungen Naunyns maßgebend, welcher annahm, daß die
Gallensteine, deren Genese auch jetzt noch nicht klargelegt ist,
an sich harmlos seien und daß erst die begleitende Infektion dar-
aus ein gefahrdrohendes Übel mache. Die Arbeiten der letzten Jahre,
namentlich der Chirurgen (Kehr, Körte, Berg, Schmieden und
Rohde), lassen uns erkennen, daß auch ohne Infektion, nur allein
durch Stauung der Galle infolge von Knickungen und Lageanomalien
der Gallengänge und der Gallenblase, ein schweres Krankheitsbild .
hervorgerufen werden kann. Namentlich aber hat die wachsende
Einsicht in die Funktion der Gallenblase (als Eindickungsreservoir)
und in den komplizierten, nervös und hormonal geregelten Mecha-
nismus der Gallenabgabe an den Darın dazu geführt, daß man auch
Spasmen an den Engen der Gallenwege, also rein funktionelle
Vorgänge als auslösende Ursache der Anfälle. anerkennt, wodurch
die seit den ältesten Zeiten des Menschengeschlechts als Ursache
der Gallenleiden angesprochene psychische oder nervöse Komponente
wenigstens als konditionell ausschlaggebend wieder in ihre Rechte
eingesetzt wurde. Verschiedene Bedingungen müssen zusammen-
wirken, um die Krankheit progredient und gefahrdrohend zu machen.
Zur Aufdeckung der Zusammenhänge haben die pathologischen
Anatomen wesentlich beigetragen. Man findet die wichtigsten Fort-
schritte und Ausblicke auf weitere Forschung zusammengestellt in
dem Vortrage, den Aschoff, der bahnbrechende Pathologe auf
diesem Gebiete, auf dem Kongreß der Deutschen Gesellschaft für
Chirurgie 1923 gehalten hat. Daß Aschoff diesen Vortrag mit den
Worten schloß: „Sine chirurgia non est anatomia pathologica
organorum“, beweist, daß er erkannt hat, daß nur durch richtige
Verwertung des von den Chirurgen exstirpierten, lebensfrisch’kon-
servierten Materials weitere Erkenntnisse der Gallensteinkrankheit
7 der Erkrankungen der Gallenwege überhaupt gewonnen werden
önnen.
Die wachsende Einsicht in die Physiologie dieser Organe lehrt _
uns verstehen, worauf die empirisch gefundene uralte Therapie des
Gallensteinanfalls (Bettruhe, heiße Umschläge, Karlsbad, Abführ-
mittel, Cholagoga, Morphin, Atropin) beruht. Sie gibt dem modernen
Internisten die Möglichkeit, durch Ausbau der Diagnostik (Duodenal-
sonde) und sorgfältigere Auswahl seiner Hilfsmittel das Leiden viel
wirksamer zu beeinflussen. Anderseits zeigt sich aber immer deut-
licher, daß beim Zusammenwirken gewisser. Umstände irreparable
Veränderungen gesetzt werden, denen die interne Therapie nicht
beikommen kann und die, wie von einsichtigen Internisten längst
anerkannt wird, das Eingreifen des Chirurgen heischen.
Jetzt scheint es somit an der Zeit, auf das, was die Chirurgie
leisten kann, hinzuweisen und zur Indikationsstellung das Wort zu
ergreifen. Für den Arzt, der sich ein eigenes Urteil bilden will,
ob er eine Operation empfehlen soll, ist stets die wichtigste Frage
die nach der durchschnittlichen Mortalität‘ der Operation. Diese
ist, wie übereinstimmend von allen Chirurgen gemeldet wird, in er-
freulicher Abnahme begriffen: Die Verbesserung der Operations-
technik, die Verminderung der Gefahren der Narkose und gewiß
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beträgt.
Todesfälle und unter Operationen an den tiefen Gallengängen 3,8%
‚ Todesfälle.) Daraus ergibt sich, daß zwischen den Operationen an
nicht zuletzt die zunehmende Erfahrung. der Chirurgen haben teil
an dieser Verbesserung unserer Operationsresultate. Hotz hat auf
dém Deutschen Chirurgenkongreß 1923: eine Sammelstatistik von
56 Chirurgen mit zusammen 12147 Fällen mitgeteilt mit einer
Mortalität von 9,22%. Vielleicht noch überzeugender wirken die.
großen Zahlen eines einzigen Instituts, weil hier Operationstechnik
und Indikationsstellung, wenn auch mehrere Operateure in Betracht
kommen, viel einheitlicher sind. Solche verdanken wir den Brüdern |
‘Mayo, welche in den Jahren 1891—1922 bei 16980 Operationen
eine Mortalität von 2,6% aufweisen. |
. Statistiken sagen nur demjenigen etwas, der sie richtig zu
lesen versteht. Auch diese Statistiken und ihre Diskrepanz werden
erst verständlich, wenn man sie analysiert. Mit Recht wird jeder
Praktiker solchen Statistiken die eigene Erfahrung gegenüberstellen,
die ihn gelehrt hat, daß. unter seinen schweren Fällen, die er in
der Privatpraxis gesehen hat, die Mortalität weitaus: höher ist. Die:
günstigen Statistiken der chirurgischen Kliniken sind eben eine
Folge davon, daß die Indikationsstellung bei. den Kranken der
Krankenhäuser eine ganz andere ist als bei den Kranken der Privat-
praxis. Sie ergeben sich erst 'bei den großen Zahlen, in denen die
Fülle der leichten Fälle mitgezählt. wird.
Wollen wir also aus diesen Zahlen etwas lernen, so müssen
wir sie anders gruppieren.. Wir bekommen einen ganz anderen
Begriff‘ von der Dignität der Operation, wenn wir hören, daß die
- bloße Exstirpation der Gallenblase (Zystektomie) im Durchschnitt bei
allen Chirurgen eine Mortalität von etwa 2% aufweist, während bei
den Eingriffen an den tiefen Gallengängen die Mortalität rund 6%
(Mayo hatte 1922 unter 942 Cholezystektomien 1,6%
den schwer zugänglichen tiefen Gallengängen und der bloßen Ent-
fernung der Gallenblase ein großer Unterschied besteht. Die ersteren
sind nicht bloß technisch viel schwerer, sie betreffen auch in der
Regel die späteren Stadien des Leidens und werden an stärker ge-
schwächten Kranken ausgeführt. Es ist ein großer Fehler, daß man
die Erkrankungen und Operationen an der Gallenblase immer mit
jenen der tiefen Gallenwege zusammenwirft. Das ist gerade so,
wie wenn jemand die Steinbildung in der Harnblase mit jener des
Nierenbeckens zusammen abhandeln wollte. Keinem Urologen würde `
das einfallen, weil sowohl die Schwere der Erkrankungen wie auch
die Schwierigkeit der operativen Eingriffe bei diesen Leiden ganz.
verschieden zu werten sind.
Sehr belehrend ist auch die Statistik, die Enderlen mitteilt.
Unter den Operationen der Gallenwege an der Heidelberger Klinik
in den letzten vier Jahren wiesen 332 Fälle, die im Alter von 20
bis 40 Jahren standen, eine Mortalität von 2% auf und 332 Fälle,
die im Alter von 50 bis 60 Jahren standen, hatten eine Mortalität
von 9%. Wenn wir das Alter der Kranken berücksichtigen und
jene Fälle, bei denen’ die tiefen Gallenwege mitbeteiligt sind, ab-
sondern, bekommen wir somit erst den richtigen Standpunkt zur
Beurteilung der Statistiken.
Nun erst verstehen wir, warum der einzelne Arzt, wenn er
nur seine Fälle aus der Privatpraxis im Auge hat, einen ganz
anderen Prozentsatz der Mortalität errechnet, als ihn die großen
- Statistiken der Chirurgen wiedergeben. Die Ergebnisse der Statistiken:
‘sind eben nicht bloß von der technischen Leistungsfähigkeit des
- Chirurgen, sondern in hohem Maße auch von der Indikationsstellung
abhängig. Und diese ist im Krankenhause seit langem schon eine
ganz andere als in der Privatpraxis. Wahrscheinlich aus sozialen
Gründen. Der Arbeiter will arbeitsfähig sein, entschließt sich daher
leichter, ja er drängt zur Operation in einem Zeitpunkt, in dem der
Bemittelte noch diese: und jene Kur versuchen möchte und noch
einigemal nach ‚Karlsbad fährt.
Wir wissen, daß die Bildung der Gallensteine höchst selten
‘primär in den Galleugängen der Leber und in den großen Aus-
führungsgängen erfolgt. Das Leiden nimmt in den weitaus meisten
Fällen seinen Ausgang von der Gallenblase. Daraus ergibt sich,
daß in frühen Stadien der Erkrankung die bloße Entfernung der
Gallenblase hinreicht, um die Kranken zu heilen. Erst in den
späteren Stadien, wenn wiederholte Steinabgänge irreparable Ver-
änderungen am Choledochus und besonders an der Vaterschen Papille
gesetzt haben und die Infektion in die Gallengänge der Leber ver-
schleppt ist, muß der Chirurg die eingreilenden Operationen am
Choledochus und Duodenum in Betracht ziehen. Aber auch diese
‘Eingriffe könnten mit sehr guten Erfolgen durchgeführt werden,
wenn etwa vor dem 40. Lebensjahre, solange der Organismus der
Kranken noch widerstandsfähig ist, operiert würde. Es. handelt sich
924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48: © ° 7 > '80, Novemb
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bei diesen Operationen immer, um solche von 11/,—2- und mehr
stündiger Dauer. Die Durchschneidung der Muskulatur der Bauch-
decken in großer Nähe- des. Zwerchfelles erschwert die Atmung in
den ersten Tagen -nach der Operation. .Die postoperative Pneumonie
ist daher gerade nach solchen Operationen sehr zu befürchten.
"Wenn die Kranken nun auch am Herzen, den Nieren oder der. Leber
geschädigt sind, muß das die Mortalität außerordentlich beeinflussen.
So ist die Forderung .der Chirurgen fast selbstverständlich,
daß ihnen die Kranken in- jungen Jahren zur. Operation zugeführt
und nicht allzu lange mit interner Behandlung hingehalten werden
mögen. Damit ist auch gesagt, daß die Chirurgen unter’einer Früh..
operation in diesem Falle nicht die Operation, in' frühen Stadien
des Anfalles, sondern die Operation in jungen. Jahren: verstehen.
Klar und drastisch faßt Enderlen seine Ansicht in die Worte zu-
sammen:. „Es ist unseres Erachtens nicht ‘recht ‚einzusehen; Kranke
jahre- und jahrzehntelang .als Morphinisten hinzuschleppen, bis
"Adhäsionen, Abszesse (in der Leber und außerhalb von ihr), Fistel-
bildungen, Magenblutungen, Diabetes (Umber) vretroperitoneale
Gallenphlegmone, akute gelbe Leberatrophie (Tietze), akute und
chronische Pankreatitis, Pankreaszysten, hämorrhagische Nephritis,
' Achylia gastrica, Gallensteinilens, Cholämie imVerein mit Schädigungen
des Herzens usw. aufgetreten sind. Die Gefahr des: Karzinoms sei
noch erwähnt; Aschoff lehnt sie ab; Krehl und Marchand er-
örtern sie. Die zur Operation nötigen Kraftreserven sind dann im
„Notfall“ aufgebraucht; das lange Zuwarten rächt sich. Der Kranke .
aber ist der Leidtragende. Nicht -die Operation, ihre verspätete
Ausführung ist gefährlich.“ Ey A
Die Chirurgen gehen gegenwärtig‘ in ihrer Indikationsstellung.
erheblich über das hinaus, was noch Kehr ‘gefordert hat. Dieser
vertrat bekanntlich den Standpunkt, das Gallensteinleiden erfordere
die Operation nur dann, wenn die Zeichen der Infektion bedrohlich
werden oder gehäufte Anfälle das Leben unerträglich machen.
Gegenwärtig gilt vielen Chirurgen das Gallensteinleiden an sich als
Indikation zur Operation, ganz besonders gilt dies aber für jene
Fälle, in denen das Leiden nicht mehr in der Gallenblase lokalisiert
ist, sondern wiederholte Steinabgänge die tiefen Gallenwege in
Mitleidenschaft gezogen haben. Sehr erfreulich ist es, daß auch aw
gesehene Internisten sich nieht. mehr ablehnend verhalten (Boas,
Bergmann, Westphal). Enderlen hebt namentlich den Grund-
satz des Magdeburger Internisten Ottens hervor: Beim ersten An
fall empfehle ich die Operation, beim zweiten rate ich dringend dam.
Es darf natürlich nicht übersehen werden, daß nur in vol
kommen klargestellten Fällen so vorgegangen werden kann. Die
oft schwierige -Differentialdiagnose gegen: Nephrolithiasis, Pyelitis,
Hydronephrose, in Fällen. mit Ikterus gegen biliäre Zirrhose, hümo-
lytischen Ikterus, .subakute Leberatrophie usw. wird gemeinsam mi
dem Internisten sorgfältig zu erwägen sein. Noch schwieriger wird
die Entscheidung in akutesten Zuständen (Pankreaserkrankungen,
septischer Ikterus, Phosphorvergiftung usw.). l
Es wäre natürlich ein arger Verstoß, wenn eine Operation
wegen eines Leidens ausgeführt würde, das durch den Eingriff an
sich verschlimmert werden kann. Allerdings kommt auch eine Irrung
nach der entgegengesetzten Seite vor. Es werden Kranke jahrelang
unter der Diagnose „Gallensteinanfälle“ behandelt, deren Leiden em
ganz anderes ist. Schmerzen im rechten Hypochondrium In die
rechte Schulter ausstrahlend, anfallsweise mit und ohne Erbrechen
aultretend, verleiten leicht zu der Diagnose „Gallensteinanfall” und
werden mit Morphininjektionen kupiert, was jahrelang so fortgeht,
bis .endlich ein bedrohlicher Zustand eintritt, der zur Operation
zwingt. Dabei stellt sich dann heraus, daß die Gallenwege gau
normal sind, dagegen ein Ulcus duodeni besteht, das zuletzt perloriert
ist; oder es findet sich ein vereiterter Wurmifortsatz, der abnorm
gelegen, der Gallenblase adhärent ist; oder es findet sich em
strangulierte Dünndarmschlinge, die, in ‘derbe Adhäsionen gehällt
deutliche Spuren der früheren gut überstandenen Anfälle von Dim
darmvolvulus zeigt. Solche Beobachtungen "kennt jeder Chirurg
und mit Rücksicht auf solche Fälle muß die Frage aufgeworfen werden
ob die Morphininjektionen, die bei der Diagnose „Gallensteinanfal
sich fast reflexartig einstellen, nicht in vielen Fällen auch sehädht
wirken können, weil sie das Krankheitsbild verschleiern. Wir habe
seinerzeit mit Mühe den Grundsatz durchgesetzt, daß bei dem Ve
dacht auf Perityphlitis die Morphininjektion zu vermeiden se. Wen
es auch hart erscheint, dem Gallensteinkranken die erJösende schier
stilende Injektion zu verweigern, so muß doch jedesmal erwog‘
werden, daß es sich auch um .ein ganz anderes Leiden hande
könnte und ferner, daß gefährliche Komplikationen, die einen $
fortigen Eingriff erfordern, wie die Perforation der Gallenblase, d
‚30. November
‚gallige Peritonitis, die Pancreatitis haemorrhagica, leicht übersehen
werden, wenn der Kranke dauernd in einem Morphindämmerzustand
erhalten wird. |
Die Chirurgen werden so oft bei Erkrankungen der Gallen-
wege zur Operation aufgefordert, wenn ein besonders bedrohlicher
Zustand aufgetreten ist, oder werden wegen der Unerträglichkeit
der Leiden von den Kranken selbst um die Operation angefleht, in
einer Zeit, wo Alter, Zustand des Herzens und der übrigen Organe
die Operation wenig aussichtsvoll erscheinen lassen. Da ist es
- doch sehr begreiflich, daß die Chirurgen, unter denen ja die aktiveren
entschlußfähigen Charaktere überwiegen, die Frage aufwerfen, ob
es denn nicht möglich wäre, all den Komplikationen zu begegnen
und eine viel größere Zahl von Menschen von ihrem Gallenstein-
leiden zu befreien, wenn den Kranken die Operation in frühen Jahren
empfohlen würde.
ein starkes Widerstreben gegen eine solche Indikationsstellung be-
merken, so müssen wir uns mit den Gründen etwas näher befassen,
von denen diese doch ernsthaft um das Wohl ihrer Kranken. besorgten
Arzte beeinflußt werden. Wir wollen hierbei ganz davon absehen,
(daB die besonders gute. Meinung, welche viele Internisten von den
Erfolgen der internen Gallensteintherapie haben, zum Teil darauf
zurückzuführen ist, daß das weitere Schicksal der Kranken selten
bis ans Ende verfolgt wird und daß ein gewisser Bruchteil der
Kranken gar nicht an Gallensteinen leidet. Wir wollen einen ge-
wissenhaften Arzt ins Auge fassen, der wiederholt seinen Kranken
die Operation empfohlen hat und nun auf Grund der hierbei gemachten
Erfahrungen seine Indikationen bei weiteren Fällen stellt. Auch
der Chirurg muß zugeben, daß bei objektiver Erwägung aller für
und gegen sprechenden Gründe es dem gewissenhaften Internisten
bis vor kurzer Zeit schwer wurde, die Operation bei Gallenleiden
' zu empfehlen. Die Operation litt, das mußte auch der begeistertste
Chirurg zugeben, an gewissen mit ihr verbundenen Unzukömmlich-
keiten. Diese sind 1. die langdauernde Drainage, Tamponade und
schmerzhafte Nachbehandlung, 2. die Häufigkeit der postoperativen
Ventralhernien und Adhäsionsbeschwerden, 3. die Unvollkommenheit
der Operationserfolge (häufige Rezidive).
Diese drei Unvollkommenheiten der Operation hängen innig
miteinander zusammen. Die Angst vor dem Rezidiv zwang die
Chirurgen zu gründlichem Absuchen der tiefen Gallengänge, und
namentlich Kehr, der in Wort und Schrift an dem Ausbau der
Chirurgie der Gallenwege sich hervorragend beteiligte, tamponierte
die Umgebung des Operationsgebietes in großer Ausdehnung, ließ
die Wunde monatelang offen. und suchte immer wieder mit Sonden
und Zangen und durch Spülungen etwaige zurückgelassene Steine
herauszubefördern, und daß ibm das manchmal auch gelang, schien
für die Richtigkeit seines Vorgehens zu sprechen. Denn jeder zurück-
gelassene Stein mußte ja die alten Leiden wieder erstehen lassen.
Es ist klar, daß bei solchem Vorgehen breite Adhäsivnen entstehen
mußten, die eine Quelle neuer Leiden wurden, ebenso, daß in einem
großen Prozentsatz der Fälle große Ventralhernien sich entwickelten,
die weitere Operationen erforderten. a
Und trotz aller aufgewendeten Mühe kamen bei einem Teil
der operierten Fälle wieder „echte oder unechte* Rezidive vor, d.h.
es bildeten sich wieder Steine oder es rückten welche aus den
kleineren Gallengängen nach oder aber es blieb eine .Cholangitis
zurück, welche von Zeit zu Zeit Anfälle auslöste, die mit Schmerzen,
Fieber, Ikterus einhergehend, einem richtigen Gallensteinanfall zum
Verwechseln ähnlich sehen und jedenfalls dem Kranken und seinem
Arzt das betrübliche Gefühl geben, daß die Operation nichts genützt
' habe. Darauf dürfen wir nieht in der Weise replizieren, daß es
Sich dann immer um Krankheitsfälle handle, denen auch die interne
Therapie machtlos gegenüberstünde. Denn es ist ja die Aufgabe
der operativen Therapie, mehr zu leisten und für die Dauer zu helfen.
. Wenn ich oben gesagt habe, daß es mir erst jetzt an der
Zeit scheine, vom Standpunkt des Chirurgen die Frage der In-
dikationsstellung bei Gallenleiden neu aufzurollen, so fühlte ich mich (
hierzu berechtigt durch den Umstand, daß die Chirurgie in den
letzten Jahren neue Methoden anwendet, denen die oben erwähnten
Unzukömmlichkeiten nicht mehr anhaften. Die Erfahrung hatte ge-
lehrt, daß in jenen Fällen, bei denen die Erkrankung auf den Ductus
choledochus und die Lebergänge tibergegriffen hatte, nach den bis-
herigen Methoden die Sicherheit, daß alle Steine entfernt seien,
nicht zu erreichen war. Überdies zeigte sich, daß, selbst wenn
keine Steine zurückgeblieben waren, doch die Infektion der kleinen
Gallenwege bestehen blieb, weil spastische Kontraktion des Oddi-
schen Sphinkters oder Strikturen an der Papille oder eine chronische
Pankreatitis immer wieder Stauung der Galle, Anreicherung der
1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 48.
Wenn wir nun bisher bei so vielen Internisten |
. die hier vertretenen Grundsätze anwenden.
‚immerhin großen Eingriff, den eine,Öholedocho-Duodenostomie dar-
`- 1691
i
Mikroorganismen verursachen, wodurch immer wieder schwere Anfälle
ausgelöst werden. Es ist klar, daß die Aufgabe darin besteht,- den
Engpaß an der Vaterschen Papille zu beseitigen. |
eignete Operation war längst vorher von Kocher angegeben. Aber
erst in neuester Zeit schritt eine Reihe jüngerer Chirurgen (Sasse,
Flörcken, Lorenz, Göpel, v. Haberer, Schlingmann, Hose-
mann) daran, in allen Fällen von Mitbeteiligung der großen Gallen-
gänge durch eine breite Anastomose. zwischen Duodenum und
Choledochus den Abfluß der infizierten Galle ein für allemal zu
sichern und den schmerzfreien Abgang
Steine zu ermöglichen. |
‚Die Operation kann verschieden ausgeführt werden. Manche
Chirurgen legen die Anastomose von außen her an, und zwar dort,
wo der Choledochus die hintere Wand des Duodenums kreuzt
(Choledocho-Duodenostomia externa).
nach Eröffnung des Duodenums von innen her ausführen. Das
Duodenum wird mobilisiert.
stark erweiterten Choledochus bis an die Papille vorgeschoben und
die Schleimhaut der hinteren Duodenalwand auf dieser Sonde ein-
geschnitten (Choledocho-duodenostomia transduodenalis interna).
Die Anastomose wird gut für einen Finger durchgängig angelegt.
und durch einige Katgutnähte, welche die Duodenalschleimhaut an
dieWand des Choledochus nähen, gesichert. Ich lege die Anastomose
mit Absicht nicht an der Papilla selbst an, weil mir eine Verletzung
des Ductus pancreaticus möglich erscheint, die nach Heyrovsky
üble Folgen haben kann. Bei Anlegung der Anastomose ‚höher _
oben nahe dem oberen Rande des Duodenums habe: ich nie eine
Nebenverletzung gesehen. Zu
‚Es ist überraschend, wie gut dieser immerhin größere Ein- u
griff auch von sehr geschwächten Kranken ertragen wird. Der Vor-
teil, der darin gelegen ist, daß die infizierte Galle nun bequem ins
Duodenum abfließen kann und (im Gegensatz zur Kehrschen Ab-
leitung der Galle nach außen durch Hepatikusdrainage) die großen
Flüssigkeitsmengen dem Organismus erhalten bleiben, ist in .die
Augen springend. Bemerkenswert ist, daß die breite Anastomose
mit dem Duodenum sich niemals als schädlich erwiesen hat, ob-
wohl, wie Hosemann zeigen konnte, der Kontrastbrei bei der
Röntgenuntersuchung vom Duodenum bis in die feineren Gallen-
gänge der Leber eindringt. Über die Mortalität läßt sich noch nichts
Endgültiges sagen, da das Verfahren noch jung. und im Ausbau be-
griffen ist. Schlingmann berechnet sie mit 3%.
Von größter Wichtigkeit ist, daß nach dieser und den meisten
neueren ÖOperationsmethoden die Drainage auf ein Minimum re-
duziert wird. Die meisten Chirurgen lassen nur mehr ein Drain
für wenige Tage liegen, vernähen im übrigen die Bauchdecken auf
das Exakteste.
Mut, die Bauchhöhle ganz zu verschließen. Dadurch nehmen natür-
lich die Adhäsionsbeschwerden ab und die Gefahr einer postopera-
tiven Ventralbernie ist vermindert. Ä
Es muß jedoch gesagt werden, daß durchaus nicht alle Chirurgen
Einige wollen den
stellt, vermeiden und beseitigen den schädlichen Engpaß an der
Papille durch Dilatation mit Hilfe von Steinsonden und Dilatatorien-
(Walzel, Hotz u. a.). Auch bezüglich dieser technischen Einzel-
heiten werden die Erfahrungen weniger Jahre die Klärung über die
beste Methode bringen. So wie die Cholezystektomie, so wird auch
die Operation der tiefen Gallenwege eine wenigstens in den großen
Zügen festgelegte Operationsmethode werden. Das Wesentliche, das
wir von dieser Operation verlangen müssen, ist die dauernde Aus-
schaltüung des Oddischen Sphinkters. Ä |
Wenn von den Chirurgen in den letzten Jahren immer drin-
gender ‘die Operation an den Gallenwegen in jungen Jahren ge-
fordert wird, so wirkt auch der Umstand mit, daß mit zunehmender
Erfahrung die Zusammenhänge, die zwischen den Erkrankungen der’ `
Gallenwege und jenen der Bauchspeicheldrüse bestehen, immer deut-
licher erkannt wurden. Teils auf dem Wege der gemeinsamen
Lymphbahnen, teils durch die gemeinsame Einmündung der’ Aus-
führungsgänge sind Leber und Pankreas so innig mit einander ver-
knüpft, daß kaum jemals das. eine Organ erkrankt, ohne daß das
andere mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen würde. Nun
sind die Erkrankungen des Pankreas (akute und chronische Ent-
zündungen, Pankreaszysten und Pankreassteine) wegen der Dignität
des Organs stets als sehr ernste Leiden mit sehr zweifelhafter Pro- u
Die hierfür gè-
etwa zurückgebliebener
Ich möchte auf Grund eigener
Erfahrungen mich jenen Chirurgen anschließen, welche die Anastomose. `
Eine kleine Inzision ungefähr in der
Höhe der Papille eröffnet das Duodenum an dessen Vorderseite.
Eine dicke Sonde wird vom Zystikusstumpf aus durch den meist.
Einige haben in besonders einfachen Fällen den -
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= 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. ar Nee
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gnose zu werten. Um so berechtigter muß die Forderung erscheinen,
auch diesen meist sekundären Erkrankungen durch rechtzeitige Be-
seitigung des primären. Leberleidens vorzubeugen. Ich hatte vor
kurzem an anderer Stelle Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß bei
Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse der Chirurg die Gallenwege
revidieren muß und selbst in den schwersten Fällen der radikalste
Eingriff (aüch in diesen Fällen wieder die Choledocho-Duodeno-
stomie) durchführbar ist und am sichersten der weiteren Infektion
des Pankreas von den infizierten Gallenwegen her vorbeugt. Ob
und wieweit die krebsigen Erkrankungen der Gallenblase, des Chole-
dochus und des Pankreas mit den entzündlichen zusammenhängen,
‚ist noch nicht genügend klargestellt. Den modernen, durch die Er-
gebnisse der experimentellen Krebsforschung bestätigten Krebs-
theorien entspricht es durchaus, einen solchen Zusammenhang
zwischen chronischem Reizzustand und Krebsentstehung anzunehmen.
So wäre denn die Frühoperation. der Gallenleiden auch eine Pro-
phylaxe der .Karzinome. | | =
Der aufmerksame Beobachter muß feststellen, daß in den
"letzten Jahren die Zahl der Operationen an den Gallenwegen in
ständiger Zunahme begriffen ist. Jeder geheilte Patient ist eben
ein Apostel für die Operation. Die Kranken verlieren die Angst
vor der Operation, wenn in ihrer Bekanntschaft mehrer Greheilte
ihnen als Vorbild dienen. Es ist kein stürmischer Sieg, den hier
die Chirurgie erringt, sondern es kommt mehr eine friedliche Durch-
dringung zustande. Das entspricht auch viel mehr den Schwierig-
keiten, welche sowohl der Indikationsstellung wie der chirurgischen
Therapie der Gallenleiden wohl immer anhalten werden. Niemals
werden die Verhältnisse bei diesen Erkrankungen so einfach liegen
wie bei der Perityphlitis. : (Die Fortsetzung der Umfraga folgt.)
- Aus der Magen-Darmabteilung der Arbeiter-Bezirkskranke
| in Budapest (Leiter Dr. L. von Friedrich).
Proteintherapie der Mastdarmgeschwüre.
| Von Dr. Ladislaus von Friedrich.
. Im Rektum kommen unter den verschiedensten Bedingungen
und Gründen Geschwüre vor. Bei weitem am häufigsten sehen wir
sie aber bei der. Dysenterie. Nicht “nur im akuten Stadium der
Ruhr begegnen wirihnen, sondern auch. im chronischen Stadium, bei
welcher sie lange Zeit, sogar Jahre lang nach der erlolgten Infektion
bestehen bleiben. können. Ruhrfolgen dieser Art begegnen wir
heutzutage sehr häufig. |
Für die Behandlung dieser Fälle standen bisher zwei Wege
zur Verfügung, wenn wir von den schwersten Fällen, wo auch ein
operativer Eingriff in Frage kommen kann, absehen. Mit Reinigungs-
klysmen, zu denen wir antiseptische Mittel hinzufügen, wird das
Rektum gereinigt; ferner muß der.Stubl breiig gemacht werden.
Mit adstringierenden Mitteln geben wir außerdem kleine Einläufe.
Ferner konnten wir mittels des Rektoskopes lokal die Geschwüre
direkt behandeln mit verschiedenen ätzenden Mitteln.
Diese Krankheit ist aber meist sehr hartnäckig und trotzt
jeder Behandlung, was ja auch selbstverständlich ist, denn der
ständige mechanische Insult des Kotes und dessen Bakterienreichtum
hindern die Geschwürsheilung. `
Die Beschäftigung mit der Proteintherapie der Magengeschwüre
gab mir den Gedanken, die Proteintherapie auch auf diese Fälle
auszudehnen. | '
Bei der Behandlung der Magengeschwüre fand ich von den unter-
suchten Proteinkörpern V aienti, Neurolysin, Milch, Kaseosan) das
von Pribram empiohlene Novoprotin am besten geeignet. Bei 80 unter-
suchten Fällen fand ich nicht so eindeutig gute
deutschen Autoren Pribram, Grote, Holler usw.
Bis jetzt habe ich in drei Fällen von Rektalgeschwüren Novo-
protin verwendet. Die Applikation geschah analog wie bei der Be-
handlung der Magengeschwüre. Ich beginne mit 0,2 cem intravenös,
gebe jeden 3. bis 4. Tag eine Injektion, bis insgesamt 10 Injektionen.
Die Behandlung verläuft selbstverständlich ambulant, denn die
Patienten bleiben dabei arbeitsfähig. Nach jeder Injektion steigere
ich die Dosis mit 0,2 ccm bis 1,2 cem Höchstmenge bei der letzten
Spritze. Erhalte ich starke Allgemeinreaktion, so gehe ich beim
nächstenmal mit der Dosis nicht hinauf. Die Fälle sind kurz die
folgenden:
nkasse |
1. Sz. R., 27 jähriger Mann, hatte 1919 eine typische Dysenterie
(durchgemacht, damals war er 8 Monate krank. Seit dieser Zeit öfters
schleimige Stüh
ühle. Diffuse Beschwerden im Bauch. In der letzten Zeit
Tenesmen. Bei der Untersuchung ergibt sich in den anderen Organen
‚sich bedeutend wohler. Nac
esultate, wie die
"nichts Pathologisches. Digital im Rektum nichts fühlbar. Stuhl schleimi
blutig und etwas breiig. Probefrühstück: 80 cem, freio Salzsäure
B,
Ges.-Az. 80. Rektoskopisch: Zahlreiche gerstenkorn- bis bohnengroße
superfizielld Geschwüre bis 10 cm vom Anus. Schleimhaut aufgelockert,
sehr leicht vulnerabel. Krankheitsverlauf: Nach der 2. Injektion (0,4 ccm)
häufig Stuhlabgänge;, noch immer schleimig und blutig. Nach der
3. Injektion (0,5 ccm) mäßiges Fieber, kein Blut mehr, Schleim auch
verringert. Nach der 4. Injektion tritt eine typische Herdreaktion auf,
indem Pat. klagt, daß er starke Schmerzen im Rektum fühlt. Schleim-
gehalt weniger, Rektoskopisch: Geschwüre’ mit Schorf bedeckt, nicht
‚gerötet. Nach der 5. Injektion weniger Schleim. Nach der 6. Injektion |
(0,8 ccm) ergibt die Rektoskopie vernarbende Geschwüre. Nach der
8. Injektion (1,0 cem) rektoskopisch weniger Schleim, Geschwüre ge-
rötet, mit blutenden Schorfen bedeckt. Nach der 9. Injektion tritt
wieder eine Herdreaktion auf. Nach der 10. Injektion (1,2 ccm) aus-
gesprochene Herdreaktion, fast kein Schleim mehr, fühlt sich sehr
wohl. Eine später erfolgte Rektoskopie ergibt verschorfte Geschwüre,
fast kein Schleim mehr. `
2. W.B., 29jähriger Mann. In 1916 Ruhr. 1918 wieder blutig-
schleimige Stühle, . starke Schmerzen bei der Defäkation. Er war bis
jetzt nie beim Arzt, denn er dachte, er habe Hämorrhoiden. Von einer
mäßigen Anämie abgesehen keine nennenswerten Veränderungen in.
den anderen Organen. Probefrühstück: 60 cem. Freie Salzsäure: 36,
Ges.-Az.: 60. Digital fühlt man im Rektum einige polypöse Erhaben-
heiten. Rektoskopisch: zahlreiche kleinere und größere, teilweise sehr
tiefgreifende mit Schori bedeckte Geschwüre, die, bis 25 cm vom Anus
entfernt, hinaufragen.. Stellenweise bis haselnußgroße polypöse Schleim-
hautwucherungen. Stuhl mit Schleim und Blut gemengt. Krankheits-
verlauf: Nach der 2. Injektion (0,5 cem) starkes Fieber, fühlt sich be-
deutend wohler, keine Schmerzen mehr, fast kein Schleim im Stuhl,
Nach der. 3. Injektion (0,6 ccm) hohes Fieber, keine Herdreaktion.
Rektoskopisch einige frische Schorfe, die stark bluten. Nach der
4. Injektion (0,7 ccm) rektoskopisch Geschwüre nicht gerötet, stellen-
weise frische Schorfe, mäßiger Schleim. Nach der 9. Injektion (1,2 ccm)
Schleim weniger. Nach der 10. Injektion (1,2 ccm) rektoskopisch einzelne
Geschwürsränder stark gerötet, stellenweise sehr vulnerabel. Zwei
Wochen nach der Behandlung fühlt sich Pat. bedeutend wohler. Keine
Schmerzen, keine Tenesmen. Rektoskopisch: Geschwüre verxschorft;
Stuhl geformt, nur des Morgens. noch Schleimabgang.
3. K.J., 30 jähriger Mann. Im 12. Lebensjahr. Dysenterie,: seit
der Zeit zeitweise Schmerzen im Bauch, Druck in der Magengegend.
Im August 1923 machte er wieder eine Dysenterie durch, er war lange
Zeit in Krankenhausbehandlung, aber ohne Erfolg. Jetzt: Tenesmen, .
blutig-schleimige Stühle.. In den: inneren Organen. keine Veränderung.
Probefrühstück: 50 ccm. Freie Salzsäure: 28, Ges.-Az.:. 48. . Rekto- -
‚skopisch: Zahlreiche, superfizielle Geschwüre, sehr viel Schleim. Schleim-
haut geschwollen, stellenweise granuliert. Krankheitsverlauf: Nach der
4. Injektion (0,6 ccm) Schleim bedeutend weniger, kein Blut mehr.
Rektoskopisch: Geschwüre gerötet, stellenweise mit Schorf bedeckt.
Nach der 6. Injektion (0,8 ccm) Herdreaktion. Starke Schmerzen im
Rektum. _Rektoskopisch: Geschwüre vulnerabel,- aber verschorfend.
Nach der 7. Injektion (0,9 ccm) Blutung aus dem Darm. Rektoskopisch,
‘8 cm vom Anus. entfernt, stark hyperämische aber mit Schorf bedeckte
Geschwüre. Näch der 8. an (1,0 ccm) fast kein Schleim, fühlt
der 10. Injektion (1,2 com) Herdreaktion.
Rektoskopisch sieht man nur kleine Geschwürsnarben. Pat. ist ohne
Beschwerden.
Aus diesen Fällen sehen wir, daß außer einer Allgemein-'
reaktion oft nach den Novoprotininjektionen eine Herdreaktion aul-
getreten ist. Diese bestand .darin, daß die Kranken sich beklagten,
.daß sie Schmerzen im Rektum bekommen; es traten Tenesmen auf,
und im Falle 3 sogar eine kleine Blutung. Nach Abklingen dieser
Herdreaktion fühlten sich die Patienten aber subjektiv bedeutend
wohler, und haben eindeutig festgestellt, daß Schleim und Blut
bedeutend weniger geworden waren. Zum Schluß der Behandlung
verschwanden immer die blutigen Stühle und der Schleimgehalt
wurde auch bedeutend geringer. Mit der subjektiven Besserung
ging auch die Zurückbildung der objektiven Symptome Hand m
Hand. Das rektoskopische Bild zeigte während der Behandlung,
daß die Geschwüre zeitweise stark hyperämisch geworden sind,
sie verschorfen. Die Schleimhaut wird während der Behandlung
aufgelockert und vulnerabel, ein Zeichen dafür, daß. regenerative
und reparative Entzündungsvorgänge auftreten. Dieser Beobachtung
kommt bei der Proteinbehandlung, besonders bei der Beurteilung
der Wirkungsweise und des Effekts, eine prinzipielle Bedeutung %0,
indem wir durch das Auge kontrollieren können, was für Verände-
rungen ablaufen, von denen wir uns beim Magengeschwür nicht
vergewissern konnten. Alle 8 Patienten hatte ich vorher mit den
üblichen bis jetzt gebräuchlichen lokalen Mitteln behandelt, ohne
den geringsten Erfolg zu erreichen. Der Zustand der- Kranken
besserte sich während und nach der Proteinbehandlung wesentlich.
Am wenigsten erfolgreich war die Behandlung in Fal 2, wo tiel
greifende schwere Schleimhautveränderungen bestanden, welche
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30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
1693
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schon Jahre lang bestehen mußten, und noch nie behandelt worden
waren. Aus diesem Grunde ist auch in diesem Falle der weniger
günstigere Erfolg zu verzeichnen. Wir finden hier, sowie bei dem
Auftreten der Herdreaktion, auch eine Analogie mit den Magen-
geschwüren, insofern, daß ich bei diesen auch die Beobachtung
machen konnte, daß chronische kallöse und langbestehende Ulzera
am wenigsten gut auf Protein reagierten.
Es ist selbstverständlich, daß man eine Behandlung nicht in
einer relativ kurzen Beobachtungsdauer beurteilen kann, besonders
bei einer Krankheit, die so Rezidiven ausgesetzt ist, wie die
chronische Ruhr. , Auch sind meine Fälle nicht ausreichend, um
ein definitives Urteil aussprechen zu können. Ich habe die Publi-
kation dieser Fälle aber für nötig gehalten, um die Aufmerksamkeit
jener auf sie zu lenken, die an einem größeren Krankenmaterial
die Proteintherapie nachprüfen können. Wenn es sich aber später
zeigen würde, daß wir nicht definitive Heilungen erreichen, so
haben wir unseren Kranken auch geholfen, indem wir sie wenigstens
zeitweise subjektiv beschwerdefrei gemacht haben.
Anmerkung bei der Korrektur: Seit Drucklegung dieser
Arbeit ist Patient1 und 3 beschwerdefrei. Fall 2 rezidivierte. Nach
einer abermaligen Proteinkur ist er wieder beschwerdefrei geworden.
Literatur: 1. Strauß, Nachbkrankheiten der Ruhr. Samnil, f. Verdauungs-
krankheiten. Bd. 7, H.1/2. — 2. Schmidt-v.Noorden, Klin. d” Darmkrkh.
— 3. Walkö, M.KI. 1923, Nr. 40. — 4. Foges, W.kl W.1919, Nr.52. — 5. Pribram,
M. KI. 1922, Nr.30. — 6. v. Friedrich, Vortrag im kgl. Ärzteverein in Budapest am
81. Mai 1924; Arcb. f. Verdauungskrkh.
Aus der Dermatologischen Klinik in Graz
(Vorstand: Prof. Dr. R. Matzenauer).
Zur Adrenalinglykosurie.
Von Dr. Karl Schreiner, Assistent der Klinik.
Es ist seit langem bekannt, daß Einspritzungen mit Adrenalin-
lösungen — selbst in geringen Mengen — in das Unterhautzell-
gewebe eine vorübergehende Glykosurie erzeugen können. Nach
den Angaben, die über diese Adrenalinglykosurie in den Lehrbüchern
von Pfeiffer, Meyer-Gottlieb, Biedl u.v.a., gemacht werden,
ist anzunehmen, daß wir es hierbei mit einer ziemlich regelmäßig
auszulösenden Wirkung des Adrenalins zu tun haben, welche ihre
Erklärung findet in einer Erregung des peripheren sympathischen
Anteiles der Lebernerven, welche zu einem Abbau der aufgestapelten
Glykogenvorräte der Leber führt. Diese werden in die Blutbahn
abgegeben, wodurch die Blutzuckerwerte ansteigen und Trauben-
zucker im Harn erscheint. Ob der Grad einer Hyperglykämie als
Grundbedingung für diesen Vorgang aufzufassen ist, diese Frage
scheint mir auf Grund neuerer Arbeiten nicht vollkommen geklärt
zu sein und ist Gegenstand unserer weiteren Untersuchungen, über
die wir später berichten werden.
Vorläufig möchten wir nur über eine Beobachtung Mitteilung
machen, die sich im Verlaufe von angestellten Versuchen mit sub-
kutanen Adrenalininjektionen ergeben hat, welche das Auftreten der
Glykosurie als von gewissen Begleitumständen abhängig erscheinen
läßt. Auf Grund dieser Beobachtungen glauben wir nun berechtigt
zu sein, anzunehmen, daß verschiedene Dermatosen bzw. verschiedene
krankhafte Veränderungen der Haut bei entsprechender Ausbreitung
wahrscheinlich mit Veränderungen jener Organe verbunden sind,
welche an dem Zustandekommen dieser Reaktion beteiligt sein
müssen, so daß die Glykosurie bei der einen Gruppe von Haut-
krankheiten nahezu mit Sicherheit durch subkutane Adrenalin-
injektionen (1/, mg) auszulösen ist, bei der anderen dagegen nicht.
‚In welchem Verhältnis nun die Hautveränderungen und anderseits
die Organveränderungen zu einander stehen in bezug auf Ursache
und Folge,. wird im Besonderen derzeit wohl kaum zu entscheiden
sein, da unsere Kenntnisse über die Veränderungen innerer Organe,
insbesondere der Organe mit innerer Sekretion, bei Hautkrankheiten
noch sehr gering sind. |
Der Ausgangspunkt unserer Arbeiten für dieses Thema war
das regelmäßige Auftreten größerer Mengen von Zucker im Harne
bei einem 8jährigen Patienten mit einer Dermatitis herpetiformis
(Dahring) nach subkutanen Injektionen von 0,00025 Adrenalin in
ccm physiologischer Kochsalzlösung. Trotzdem sich die Er-
krankung bereits über den ganzen Körper ausgebreitet hatte, war
Patient (bei Fieber von 37—38°) stets bei bestem Appent und
keineswegs heruntergekommen. Die Glykosurie setzte 1— Stunden:
nach der Injektion ein (dieselbe wurde im Ganzen 3 mal wiederholt,
in Pausen von 4—6 Tagen) und war in Spuren noch nach 24 Stunden
nachzuweisen. Trotzdem uns selbstverständlich bekannt war, daß
nach Adrenalineinspritzungen Glykosurie auftreten kann, waren wir
dennoch nicht wenig verwundert, derart lebhafte Reaktionen nach so
geringen Adrenalinmengen, die obendrein. in 100 cem Kochsalzlösung
gewiß ausgiebig verdünnt waren, auftreten zu sehen. Beide Momente
— Adrenalinmenge und Verdünnung — haben aber nach Herter
und Wakemann!) einen deutlichen Einfluß auf die Stärke der
Zuckerausscheidung im Sinne der Abschwächung. Wenn auch ander-
seits von Trendelenburg?) berichtet wird, daß die den Glykogen-
zerfall bewerkstelligenden Adrenalinmengen viel kleiner seien als
bisher angenommen wurde, so war dennoch zu bedenken, daß diese
Beobachtungen sich auf Kaninchenversuche stützen, deren relative
Einstellung auf den menschlichen Körper nicht ohne weiteres zu-
lässig ist, und vor allem, daß gleiche oder ähnliche Versuche an
anderen Patienten von uns ein ganz entgegengesetztes Resultat ge-
zeitigt hatten. Bei Patienten, die mit Psoriasis (auch universell)
behaftet waren, zeigte sich nämlich diese Glykosurie fast nie, auch
wenn die Adrenalindosis 1 mg betrug (die diesbezügliche übersicht-
liche Zusammenstellung erfolgt unten). Das prompte Eintreten der
Adrenalinglykosurie im Falle der entzündlichen exsudativen und
universellen Hauterkrankungen, anderseits das Ausbleiben derselben
bei Veränderungen der Haut mit mehr chronisch - desquamativem
Charakter legte uns nun den bereits geäußerten Gedanken nahe,
daß die Hautveränderungen im allgemeinen imstande seien, die -
Adrenalinwirkung zu beeinflussen. Dieser Gedanke scheint mir nun
durch die in der Folge angestellten Versuche seine Bestätigung er-
fahren zu haben. Es standen uns nämlich gerade in dieser Zeit
eine größere Anzahl schwerer Verbrennungen zur Verfügung. War
unsere Vermutung richtig, so mußte bei diesen Kranken die Glykos-
urie wieder auftreten. Inwieweit unsere Vermutung richtig war,
‚möge aus der tabellarischen Zusammenstellung entnommen werden.
In der Tabelle ist auch das Alter der einzelnen Patienten. ver-
zeichnet, da dieses einen Einfluß auf den Zuckerhaushalt hat..
Adren.-Injekt.
Tag u. Menge
Harnuntersuchung An-
Alter! Krankheit |
Tag Stunde ee ae .|merkung
Name
Zahl
1.|L.K.| 8J.lDermatitis| 16.7. iih 16.7.
halten nach
18 | +-+-[+--[Gleich.Ver-
+ | +
herpetif. | 0,00025/100 9 Ben.
aniv. Naci |T 17| x| mn
18.7. 17|; 0] 0 0;00025/100
| | | 0,00028/50
2. | K. A.| 38 J.|Combustio| 28.7. 10h ]|28.7. 15 | + | + | Trotz 7mal
| 2° u. 30 | Ad. 0,0005/50 | 29.7. 16 | + | + | Kaecerzol.
mehralst/;| 830.7. 9h |30.7. 8 | — | — | 200 nacı
derKörper-| Ad. 0,0005/50 10 | + | + | dasselbe
=. me ua Di
8. | S. M.| 21 J.|Combustio|f 5.8. 10h 5.8. 15 | + | X |In diesem
20u.3° | 0,0005/100 | 6.8.9 |4++| + | Kalle ist
mehr als 1/3 l 16 x 0 liche Ab-
derKörper-| 7.8. iih 7.8. 12 | x | O | schwächg.
haut | 0,0005/100 | 8.8. 9 +|x Tvea
9.8. 18h 9.8. 15 | x | X | zu beob-
0,001,560 [10.8 9) 0 | O | achten.
4. | E. K.| 32 J.|Combustio|l 5.8. 11h 5.8. 15 | + | + | 3 weitere
I 2’ u. 30 1/5 | Ad. 0.0005/50 9 | x | x oJ zeiektion.
derKörper- . 8. 16 0 0 gefähr das-
haut d | selbe Bild
5. | T. F. | 57 J.j Comb. 20u. 10. 8. 10.8. 15 | + | X | Nach der
80ca. 1/19 d. | Ad. 0,0005/50 9 |++| + la
Körperh. 111.8 15 | — | — negativer
l l usia
6. | E. I. |34 J.|Combustio| 5.8. 10h 5.8. 12 | + | x | Später Ab-
20 u. 30 1/ | 0.0005/50 15 | + | 4 [ebwäche.
derKörper-| . 6.8. 9I|+| +
haut 810] ©
7.8. 10h 7.8 15 -++ +
0,001/50 88 9| +| xX |
7.11. F. | 14 J.|Combustio] 19.7. 10h 19.7. 15 |++| + | Gleiches
20.14.80 1/; | Ad. 0,0005/150 | 20.7. 9I|+| + Vorheaiten:
derKörper- u späteren
haut . Injektion.
8. [Sch.1156 J.| Atrophia | 30.7. 10h |80.7. 16 ++ + | |
cutis idio- | Ad. 0,0005/50 | 831.7. 10 [x] 0 |
| pathica |
9.18.1.160J.| Ekzema | 29.10. 10h | 29.10.14 | ++] +
univers, | Ad. 0,0005/20 | 30.10. 91 + | x
acutum j i
madidans.
1) Herter u. Wakemann, Virchows Arch. Bd. 169, S. 479.
2) Trendelenburg, Pflügers Arch. Bd. 661, S. 89. =
Eur i
’
1694 - | = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK Nr.48. = 0° B0. November
Dieser ausführlichen Tabelle möchte ich nun der kürzeren
' „ Fassung wegen eine Übersicht anschließen, die alle anderen Fälle
`. gruppenweise umfaßt, bei denen ebenfalls subkutane Adrenalin-
u injektionen gemacht wurden. À | er
PN T DAEE
. g
Von den Kindern starben 10. Davon wurden 4 totgeboren, -:
‘1 starb intra partum, 2 wiesen. Tentoriumrisse und 1 eine Lues auf,
ein weiteres wurde .absterbend perforiert und 1 mit Scheitelbeinfraktur
‘nach Zangenversuch von draüßen eingeliefert.
2 2 E u - >
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TA. he 3 ERBEN GER s
te. u En ER, a z 5
Unterweisung, am -Phantom jüngere Assistenten, Volontärärzte und .
| Hospitanten, Ärzte, die.also zum Teil noch keine Gelegenheit zur Aus- :
führung einer Zangenoperation. an der Kreißenden gehabt hatten.
drio T aae
` "Psoriasis mit geringer Ausbreitung 4 Fälle RR ar
= Wir sehen demnach fast bei allen akuten und universellen
Hautschädigungen nach Adrenalininjektionen prompt Zucker im.
. Harne in wechselnder Stärke auftreten, während bei ‚chronischen
Leiden, wie bei der Psoriasis oder Hautkrankheiten, die nur eine
_
. Typische Beckenausgangszangen mit etwas schräge oder gerade
stehender Pfeilnaht . wurden nur wenige (7) mit dem Kiellandschen
"Instrument gemacht, es erwies sich, hier nach Art des Nägeleschen
angelegt, als reines Extraktionsinstrument, letzterem als gleichwertig,
ı Bei. der großen Mehrzahl der Fälle mit im Becken quer-.
A | l pa TE aako iman -Verletzungen des Kindes traten, abgesehen von dem mit Scheitel-
. Pemphigus vegetans (1 Fall). .. .. 2... Ben beinfraktur bereits en Fall, sonst nur in Form oberilächlicher
7 Ekzema universale (8 Fälle), hiervon 5. - - - - 2.0 7 | Druckmarken und in Fällen in Form leichter Fazialisschädigungen
| ©... ". (wechselnde Intensität) N ne en ee a a ohne Bestand, auf, he i | Ye |
, = Ekzema faciei sive manuum (8 Fälle) . . . s.s.s a” Unsere‘ Zangenoperationen setzten sich aus allen Graden von .
W "Lupus vulgaris pedis dextri (Elephantiasis) 1 Fall x0 Kopfstand zusammei und somit kamen alle Arten von Operations-
y h - Furunkulose 3 Pallos - - - a a e ea E E E | schwierigkeiten vor. Die Ausübung der Operationen lag nicht nur in
' 3 “ Tombustio (höchstens handtellergroß) 2 Fälle . . . . ... der Hand geübter Geburtshelier, sondern es beteiligten sich daran nach
He | > Psoriasis mit univ. Ausbreitung 15 Fälle, hiervon 13 .
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fei geringe Ausbreitung haben, nur in einem Falle Zucker deutlich im. ae | zn un der NY oraa ma a a
N _ Hame nachzuweisen ist. Wenngleich die Anzahl der beobachteten | Meistens nach -der von gem Auior ae. ethode des
Wa N Fälle keine allzu kleine ist und Zufallsmomente oder Irrtümer wohl’
„Wandernlassens“.. unter die Symphyse gebracht werden, was wir
=. schwerlich in Betracht zu ziehen sind und schließlich die erhaltenen
Apl ‚gegenüber der'Einlegemėthođe des Löffels mit der Konkavität der
all _ Resultate ziemlich eindeutig zu sprechen scheinen, möchten wir Fr EE nach. Aa als Ne ansen 0% m als
ADE: L ‚dennoch vorläufig keine weiteren Schlüsse aus dieser Beobachtung | RIO igen Argumente zur eonung GER ERDE T ANa pO
Sh At ziehen, als nur den bereits eingangs erwähnten, nämlich, daß Haut- | Aral en nn wmd min re: en Ne Nabel-
SEHR “ erkrankungen im allgemeinen je 'nach ihrer Natur, ob entzündlich EA T a pl (Sac fe En an a p 7 yupr-
ara “oder nicht entzündlich, ob mit Exsudation einhergehend, oder nicht, | Stand und fatzmange abe ıch zuweilen PERIE ga a
pi ART das Auslösen der Adrenslinglykosnrie beeinflussen. dürften. ‚Aufgabe | 01l besser an Ort ünd Stelle unter die Symphyse bringen können,
Aa BARI m unserer: weiteren Untersuchungen in bezug. auf Blut und Harn. nn a S nicht A in der. Er d en
s RER Bu solcher Patienten — über die. wir später berichten wollen — wird | g To ee er an an a er gica E A y i a n
DSSRHUR es nun sein, unter strenger Kontrolle die Ursache für dieses un- | ”P Er iv un : me ir ern v en a aup SA a.
EEE . gleichmäßige Verhalten bei den einzelnen Krankheitsformen zu finden Be ur: ae bes ia = ar, dem älter re Fe ie = des
ERREGE E ‚bzw. danach zu suchen, ob diese Beobachtungen einen Rückschluß |. a Er Taf k | EL | e i en a a So ETN zA
CARENA auf das Wesen der Krankheit, insbesondere der einander in dieser. won Löffel Ben Pan en ji ii we el o% Eee s
A MA Beziehung scheinbar am schärfsten gegenüberstehenden Krankheits- wid $ nd e en Fer ee, n Berf eng nen.
SEENE E bilder, nämlich der Verbrennung’ oder vielleicht der Psoriasis, erlauben. iderstand zu überwinden ist, nur im. Beginn unserer Vperalionen
EM | a | auf Schwierigkeiten stieß. Aus fast allen unseren Journalen liest
alla H ; E. ee Re a Bu ur man das Erstaunen der betreffenden Operateure heraus über die
Br sipa] Aus dem Staatlichen Institut für Geburtshilfe Hamburg ~ | Leichtigkeit, mit der sie die Rotation des kindlichen Schädels, bei
BEE RN (Direktor: Dr. Stroeder). s ~ į hinterer Hinterhauptslage sogar bis um 135 Grad zu bewerkstelligen
: e - sal TE Erfahrungen mit der Kiellandschen Zange. lage ip, in k sa en die en en tooi,
eae a m 2 | Sue nachdem die Nägelesche Zange versagt hat. 4. Kinder von 4.
E , E Bl ee a aT Von Dr. Curt Eisenberg, | konnten. nicht eh gerettet werden, oa waren 3 bei der Geburt
ERDE: | DE Frauenarzt und Vertrauensfacharzt der Allgemeinen Oriskrankenkasıs zu Hamburg, ‘bereits tot und dürfen, da, sie Verletzungen. bei der Sektion nicht
Cta ara IH l Neue Richtungen, wenn sie vom Auslande inspiriert sind, | aufwiesen, wohl auf das Konto des zu späten oder zu langdauernden
N si] begegnen bei uns häufig einem zu großen Widerstand, ein Vorwurf, Eingriffs zu setzen sein, das vierte, Kind starb nach der Geburt,
BR LE den His nieht ganz mit Unrecht der deutschen Wissenschaft machen | bei der Sektion wurden Tentoriumrisse beiderseits festgestellt. Unter
araith zu müssen glaubt. So fanden auch die bereits 1915 gegebenen | weiteren 10 Fällen von voll im Becken mit querer Pfeilnaht stehendem
Ir ; A Epi i Kiellandschen Anregungen zunächst wenig Widerhall und erst ganz ‘ Kopf, die außerdem durch Raumbeschränkungen infolge Mißverhältnis
le, aan allmählich nach anfänglicher großer Zurückhaltung wächst die Zahl .| von Kopf und Becken kompliziert waren, gelang die biparietale An-
HE der Kliniken, die ihre Prüfungsergebnisse mit der neuen Zange | legung der. Zange nach Art des typischen- „Waändernlassens“ vom
e Ei: aren 1°... veröffentlichen, wobei jedoch die Ansichten über die Brauhbarkeit - Vorder- oder Hinterhaupt aus letzten Endes 9 mal, nur einmal
s, äh AREEN “ des neuen Instruments noch auseinandergehen. Die einen erkennen | mußten wir uns- mit der Applikation der Zange im schrägen Durch:
BHO Bi . | die Zänge begeistert an, nennen sie die Zange der Zukunft und | messer an den mit der Pfeilnalit im Beckeneingang querstehenden
hal HH) wollen die beckenkrummen- und Achsenzugzangen aus den Taschen Kopf | begnügen, doch ließ sich der Kopf auch hier, nachdem er In
a eLp © der Praktiker entfernt wissen, die kleinere Gegenpartei nennt sie | die Beckenweite herabgezogen war, gut rotieren und extrahieren.
EET E ` mörderisch und widerrät dem Geburtshelfer ihre Anschaffung. Auch Ebenso war die Rotation des Kopfes um 135 Grad bei einer hinteren
let Det wir fühlten uns zur Prüfung der neuen Zange verpflichtet und lernten | Hinterhauptslage und allgemein verengtem Becken möglich, obwohl
ER HS . sie an der Hand von 70 Zangenoperationen, deren Ergebnisse ich | die Extraktion nur unter Zuhilfenahme der Walcherschen Hängelage
y: lich im sn zusammengestellt habe, kennen. -| ausführbar war. Von den 10 Kindern der letzterwähnten Fälle kamen
Ei Be yif tai on a. en 70 nn \ a en 9 lebend zur Welt, davon eins spontan, nachdem ein 7!/, Stunden vor.
ai beendigton Geburten waren; Brskgebärende 57, Mens hie 18, | der Sponlangeburt wegen Verlangsamung der kindlichen Hortus
Kan í ACHERN l ‘ Hinterhauptslagen mit Pfeilnaht im queren Durchmesser: 45; Stirn- Kiellindsche ee a mit der Nägeleschen T nn i
r a HAEA: lagen quer: 1; Gesichtslagen quer: 1; Vorderhauptslagen: 8. Dabei Rofationsinet ANER IMAS ückt wa letztere versagte hier au, aht
Fuge Bi Ä stand der Kopf: über dem Becken 4 mal; in Beckenmitte: 56 mal; auf | 7 „Wonsins rument:bei der quer in Beckenmitte stehenden Pieilnah
5 r SEE. dem Beckenboden: 10 mal. | e | Auf unser Verlustkonto ist demnach ein Kind zù setzen, nach ver-
al! an l | Beckenverengerung lag vor in Form des allgemein verengten | Seblichen Versuchen mit der Nägeleschen. konnte der Versuch mit
a EBEN Beckens: 10 mal; in Form des platten Beckens: i mal; in Form des | der Kiellandschen Zange zwar beendet, die Atmung des mit Herz-
Bean ii allgemein nn an platten Beckens: amal. C SERS schlag geborenen und Druckmarken aufweisenden reifen Kindes jedoch
„aba EETA Der Muttermund war in 20 Fällen: noch nicht völlig erweitert, | nicht in Gang gebracht werden. ieser Exitus der einen oder
li aR] 6 mal mußten Inzisionen gemacht werden. | ; deiren 7 5 5 | Ob dieser Exitus de elhal
m il Von den 70 Müttern starben 4, davon 3 an Sepsis, eine an Peri- A Ei ner zur Last gelegt werden kann, erscheint zweifelh h
a tonitis nach Laparotomie. | ie allgemeine Beckenverengerung war ziemlich erheblich (Con)
poia EPRINTS 0. __ An schweren Verletzungen der Mütter kamen vor: eine Blasen- diag. 9 /s) und die Indikation zum operativen Eingrilf gaben u
jaiteh i scheidenfistel, die schon vor der Zangenanlegung diagnostiziert war, die sinkenden kindlichen Herztöne. , Gering ist unser Material an
| TOER RTL, und ein Zervixriß, der die Naht erforderlich machte. Sonstige Ver- „hohen Kiellandzangen, worunter wir die Anlegung der Zange M
Be {N letzungen der Blase, Urethra usw. wurden nicht beobachtet, in keinem | den noch nicht mit seiner erößten Perinherie in den Beckeneingetg
ENT Fall war der Dammriß dritten Grades - ineetret größten Feripherie in den beczent p,
B SM eingetretenen Kopf verstanden wissen möchten, denn wir sind In
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: 30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
RSEN PE aa m - . . e 5 3 RER een 2)
Gegensatz zum Praktiker jeden Augenblick in der Lage, den Kaiser-
schnitt machen zu können. Beim hochstehenden Kopf wird man
beim Einlegen des vorderen Löffels mit dem typischen „Wandern-
lassen“ desselben zuweilen nicht zum Ziele kommen, sondern man
wird, um an den hochstehenden Kopf heran- und um ihn herum-
kommen zu können, den Löffel mit der Konkavität der Kopfkrümmung
nach vorn einführen und intrauterin drehen müssen, was wir in
unseren 4 „hohen“ Zangefällen mit Erfolg taten. Bei einem Fall von
‚Eklampsie und einer Ilpara erzielten wir so ein lebendes Kind, das
im letzten Fall 4230 g wog.. Die beiden anderen „hohen“ Zangen
waren noch kompliziert durch Beckenverengerungen mit Mißverhältnis
zwischen Geburtsobjekt und knöchernem Geburtskanal, trotzdem ließ
sich die Zange an den quer- und hochstehenden Kopf biparietal
anbringen, ein Kind wurde so gerettet. In einem zweiten Fall
von allgemein verengtem -+ plattem Becken, bei dem ich wenigstens
den Versuch einer Zange glaubte machen zu müssen, mußte ich
jedoch, da ich einen größeren zur Extraktion notwendig gewesenen
Kraftaufwand wegen Ausziehung des unteren Uterinsegments für zu
gewagt hielt, die Perforation des absterbenden Kindes unmittelbar
"anschließen. Die:bei der Perforation oder den Manipulationen hierbei
doch noch erfolgte Uterusruptur, an deren Folgen wir auch die
Mutter verloren, rechtfertigte die Vorsicht bei meinem lediglich als
Zangenversuch anzusehenden Eingriff.
Von den selteneren Abweichungen der Schädellagen haben
wir 8 Vorderhauptslagen, 1 Gesichtslage und 1 Stirnlage zu behandeln
Gelegenheit gehabt. . Von den 8 Vorderhauptslagen ließen sich 5
glatt durch Drehung mit der nach hinten mit der Konkavität an-
gelegten Zange ohne Wechsel der Zangenlage typisch nach Kielland
in Hinterhauptslagen umwandeln und als solche mit lebendem Kind
beenden, Diese Umwandlung mißlang uns bei 3 Vorderhauptslagen
mit normalen Beckenmaßen, so daß dieselben als Vorderhauptslagen
entwickelt werden mußten, in einem dieser Fälle gelang die Rotation
der kleinen Fontanelle nach vorn auch nicht unter Zuhilfenahme
des Nägeleschen Zangenmodells. Hier scheint also ein Mißverhältnis
zwischen Kopf und Geburtskanal vorgelegen zu haben.
Noch seltener ist. die Indikation zur Zange bei den Gesichts-
lagen, die ja bei normalem Becken, wenn wir sie möglichst exspektativ
behandeln, meistens doch noch spontan verlaufen; daher stand uns
auch nur ein Fall zur praktischen Erprobung der Kiellandzange zur
Verfügung, hier gaben mir die unregelmäßig werdenden Herztöne
des Kindes und reichlicher Mekoniumabgang eine strenge Indikation
zur Entbindung. Es handelte sich um eine Erstgebärende mit
‘normalem Becken, gesprungener Blase und vollkommenem Mutter-
mund. Die Gesichtslinie stand in Beckenmitte quer. Die Zange
wurde über beide Wangen im graden Durchmesser des Beckens
angelegt und ich war überrascht von der Leichtigkeit, mit der ich
das Kind unter die Symphyse zu drehen vermochte, die Extraktion
des fast 8 Pfund schweren Kindes erforderte geringen Kraftaufwand
und die mütterlichen Weichteile blieben unverletzt. Das Kind, das
wenig dyspnoisch war, konnte bald wiederbelebt werden.
An demselben Prinzip wie bei der Gesichtslage,' nämlich so-
lange wie möglich abzuwarten, glauben wir auch bei der Stirnlage
festhalten zu müssen, so daß wir bei der Seltenheit berechtigter
Indikationsstellung nur einmal die Kiellandsche Zange bei Stirnlage
zur Anwendung zu bringen Gelegenheit hatten, ein Fall, der trotz
oder gerade wegen seines Mißerfolges mir der Publikation wert
erscheint. Bei einer Erstgebärenden mit normalem Becken wurde
bei völligem Stillstand der Geburt 28 Stunden nach dem vorzeitigen
Blasensprung wegen Auftretens von Blut im Urin und Abgangs von
stark mekoniumhaltigem Fruchtwasser aus kindlicher und mütterlicher
Indikation die Beendigung der Geburt durch Zangenversuch vor Aus-
führung der nur noch in Frage kommenden Perforation beschlossen.
Nach Muttermundinzisionen gelang es, die Kiellandzange biparietal an
den mit querer Stirnnaht in Beckenmitte stehenden Kopf anzulegen,
die Nasenwurzel unter Schwierigkeiten nach vorn zu drehen und den
Kopf über den Damm in I. Stirnlage zu entwickeln. An dem Kind,
das zwar noch mit Herzschlag zur Welt kam, blieben jedoch Wieder-
belebungsversuche erfolglos. Die Mutter wies eine schon vor dem
operativen Eingriff als wahrscheinlich angenommene Blasenverletzung
in Form einer Blasenscheidenlistel auf. |
| Weitere Erfahrungen, besonders an hochstehenden oder mento-
posterioren Gesichts- und Stirnlagen sowie Scheitelbeineinstellungen
konnten wir wegen der Seltenheit derartiger Lagen sowohl als auch
ganz besonders der Indikation zum Eingreifen leider bisher mit der
Kiellandschen Zange nicht sammeln. |
` Fassen wir nun zum Schluß unsere Erfahrungen mit der
Kiellandschen Zange zusammen, so müssen wir derselben eine
‚gewisse Überlegenheit über alle anderen Zangenmodelle zugestehen.
Von den in der Literatur angeführten. Nachteilen und Gefahren bei
ihrer Anwendung haben wir uns nicht in dem Maße überzeugen
können, daß wir dieselben als stichhaltige Beweggründe gegen ihre
Verwendung anerkennen können. Die von Schauta besonders be-
mängelte Einführung und das Umdrehen des vorderen Löffels läßt
sich zum Teil völlig umgehen durch die vom Autor empfohlene
Methode des „Wandernlassens“ und wird weiter die ihr zugeschriebene
Gefährlichkeit einbüßen, wenn man einerseits die Kontraindikation,
nämlich zu starke Spannung des unteren Uterinabschnittes, beherzigt,
andererseits wenn man analog der Wendung nur in der Wehenpause
oder in tiefer Narkose operiert und ferner darauf achtet, keine Hand.
auf die Symphysengegend z.B. beim Entgegendrücken des Kopfes
in den Beckeneingang zu legen (Kielland). Daß trotzdem in
manchen Fällen, wie solche beschrieben worden sind, bei stark
ausgebildetem, weit vorspringendem Retraktionsring, bei über dem
Beckeneingang stehender breiter Schulter sowie bei hinterer Scheitel-
beineinstellung Schwierigkeiten eintreten können, spricht nicht gegen
die Methode an und für sich. Das Hinaufschieben des hinteren Blattes
vor dem Promontorium stieß nur im Beginn unserer Operationen
zuweilen auf Hindernisse, während wir die Neigung des hinteren
Blattes zur Verschiebung seitlich gegen eine Articulatio sacroiliaca
nicht bemängeln konnten. Von den der Zange zur Last gelegten
Nabelschnurkomplikationen (Sachs) wird man die Begünstigung des
Vorfalls durch Abheben der Uteruswand vom kindlichen Kopf beim
Umdrehen des vorderen Löffels theoretisch zugeben müssen, praktisch
jedoch meistens in der Lage sein, bei der auch sonst üblichen
Kontrolle der kindlichen Herztöne die Operation für das Kind recht-
zeitig zu Ende zu führen, die zweite von Sachs erwähnte der um den `
Hals geschlungenen oder sonst benachbarten Nabelschnur drohende
Gefährdung des Mitgefaßtwerdens von der Zange, wird man jedem
anderen längeren Zangenmodell auch vorwerfen können. Ferner
haben wir weder die Entfernung des Kopfes aus dem Becken beim
Anlegen der Zange an den im Beckeneingang feststehenden Kopf
(Hammerschlag) noch besonders Schädigungen des Beckenbodens
(Pankow) durch die Zange bisher konstatieren können, ebensowenig
halten wir ihre Bauart für kräftigen Zug, bei dem ein Abrutschen
und Federn der Zange resultieren soll, für zu leicht, im Gegenteil,
wir waren bei der Mehrzahl der Fälle überrascht, wie außer-
gewöhnlich leicht die Extraktion vonstatten ging, vorausgesetzt aller-
dings, daß der Kopf richtig gefaßt war. Was also die technische
Seite anbetrifft, so dürfte dieselbe unschwer zu erlernen sein, bei
Beherrschung derselben aber ist die Methode nicht komplizierter
als die klassische und genau so verhält es sich mit der Vorbedingung
einer sicheren Diagnose. Eine genaue Orientierung über den Stand
des.Kopies, die Lage der Fontanellen und den Verlauf der Pfeilnaht
sowie eine exakte Beckenmessung gehören sowohl zu der einen
Zange wie zu der anderen.
Überwiegend sind aber doch die Vorteile der neuen Zangen-
‚form, die wir uns, unsere eigenen und die in der Literatur nieder-
gelegten Erfahrungen dabei zusammenfassend, nochmals vergegen-
wärtigen wollen. Es ist uns die Möglichkeit gegeben, bei jeder
Stellung, sowohl bei dem physiologisch hohen, wie bei tiefem Quer-
stand den Kopf bei festem Halt der Zange und günstiger Vereinigung
der Löffel dicht unter dem Kopf genau biparietal zu fassen. Durch
diese Lage der Löffel auf die Wangen ist der kindliche Hirnschädel
dem Zangendruck weniger ausgesetzt und überhaupt die Druck-
wirkung auf den Kopf besser verteilt, daher einmal denkbar geringe
Beschädigung des Kindes wie die meistens nur einen vorüber .
gehenden Schönheitsfehler darstellenden kindlichen Druckmarken .
zeigen und mütterlicherseits Abnahme der Scheiden-, Vulva-, Damm-
und Zervixverletzungen, wobei die grazilere, zartere Bauart des
Modells, welche die Operation weniger plump als mit jeder anderen
Der zur Extraktion er-
Zange macht, entscheidend mitspricht.
forderliche Kraftaufwand ist, . zumal die Zugrichtung in der Achse
des Beckeneingangs erfolgt, gering, und eine ausgiebige Rotation
möglich, man kann wohl sagen, typisch für die Zange, da der Kopf
nicht mit, sondern im Scheidenrohr gedreht werden kann, eine Be-
obachtung, die von fast allen Operateuren gemacht wurde und der
auch unsere 2 mißglückten Rotationsversuche keinen Abbruch tun.
Bei hochstehendem Kopf und normalem Becken stellt die Kielland-
zange ein besseres Extraktionsinstrument als die Achsenzugzange
' dar, da sie keine kompensatorische Vergrößerung des Kopfes gerade
in dem Durchmesser herbeiführt, der den engsten Beckendurch-
messer passieren soll, wobei wir das bewegliche Schloß als einen
' Vorteil ansehen möchten. Dagegen bei hochstehendem Kopf und
gleichzeitig bestehenden erheblicheren räumlichen Schwierigkeiten
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48.
| — 0 30. November
werden wir uns. dem Olshausenschen Leitsatz: „Die hohe Zange
paßt zum engen Becken wie die Faust aufs Auge“ folgend aus
unserer reservierten Indikationsstellung- auch durch die Kiellandsche
Zange nicht herausbringen lassen, denn eine gewaltsame Überwindung
von Hindernissen ist natürlich auch durch sie unmöglich. Bei
Becken mit engem Schambogen und solchen engen Becken jedoch,
bei denen die räumlichen Schwierigkeiten nicht mit Sicherheit ab-
. zuschätzen sind, só daß wir es auf eine Probegeburt ankommen
lassen zu müssen glauben, ‘wird. bei Auftreten einer Indikation zur
Geburtsbeendigung die Kiellandzange am Platze sein und müßte
mehr leisten als die übrigen Zangenmodelle, hier leuchtet mir
jedenfalls die Küstnersche Erklärung ein von der Wirkung des
vorderen Löffels ähnlich dem Schuhanzieher als Leitschiene, auf
welcher der Kopf an der Symphyse -vorbei dem Becken zu abgleitet.
Besonders brauchbar ist sie ferner bei Vorderhauptslagen, bei denen
sie die nicht ganz ungefährliche Drehung nach Scanzoni aus-
schaltet, sowie theoretisch wenigstens mir recht zusagend bei Stirn-
und Gesichtslagen, obwohl wir mit 2 eigenen Fällen hier nur einen
stützenden Beitrag zu. den Erfahrungen anderer Autoren liefern
Zurückkehrend zu der geraden Zangenform der ersten großen
Pioniere auf.dem Gebiet der Zangenoperationen stellt die praktisch
ja gleichfalls gerade Kiellandsche Zange nicht nur einen voll-
. kommenen Ersatz der klassischen Zange dar, sondern sie gestattet
uns eine erweiterte Anwendungsmethode, die ‘uns ermöglicht, in
einzelnen Fällen, wie wir sie auch erlebt haben, zum Heile von
Mutter und. Kind noch Erfolge zu erzielen, bei denen die Operation
bei Anwendung der Nägeleschen Zange mißglückte. Schon durch
diese Erweiterung der Zangenanwendung könnte die von manchen
immer noch verschmähte und sogar verworfene Zange noch eine gute
Zukunft haben, und ich. glaube, daß schon heute eine große Schar
von Geburtshelfern der weiteren Verbreitung dieses neuen Instruments
Aus der Dermatologischen Abteilung des Städtischen Rudolf Virchow-
_ Krankenhauses in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. Wechselmann)..
Über Dicodid, insbesondere als Sedativum der männ-
` lichen Genitalsphäre (Anaphrodisiacum).
Von Dr. Fritz Simon, Assistenzarzt.
Zu den für den Patienten quälendsten und für den Arzt schwer
zu bekämpfenden Krankheitserscheinungen der. männlichen Gonorrhoe
gehören die im akuten und subakuten Stadium der Harnröhren-
entzündung auftretenden, bisweilen jedoch auch im chronischen
Stadium vorkommenden schmerzhalten Erektionen. Diese durch die
Entzündung der Urethralschleimhaut mitbedingte Hyperämie der
Schwellkörper verschlimmert ihrerseits wiederum die’ Krankheit, so-
daß ein lästiger Circulus vitiosus entsteht, der im. Interesse des.
Patienten unbedingt bekämpft werden muß.
"Wie besonders Eckhard und Goltz nachgewiesen haben, kann
die Erektion nicht nur peripher, wie es in der Hauptsache bei dem
eben beschriebenen Symptom der Gonorrhoe der Fall ist, sondern
auch vom Gehirn und Rückenmark ausgelöst. werden. Während
Eckhard experimentell bewies, daß die Leitungsbahnen für die zur
Erektion notwendigen Impulse dem Großhirn entspringen und zum
Rückenmark ziehen, wies Goltz außerdem im Lendenmark ein selb-
ständiges Zentrum für die Erektion nach und zeigte ferner, daß dieses
- von der Medulla oblongata und dem Gehirn Hemmungen erfahren könne.
Klinisch begegnen uns die peripher a... Erektionen außer bei
der Gonorrhoe bei Entzündungen der Blase, Prostata und Harnröhre,
bei Obstipation, als Morgenerektion bei gefüllter Blase und als re-
flektorische Steifung des Membrums bei Berührung desselben. Vom
Gehirn wird die Erektion bei sinnlichen Vorstellungen, vom Rücken-
mark besonders bei Rückenmarkserkrankungen im ersten hyperämischen
Stadium, z. B. bei beginnender Tabes dorsalis, ausgelöst.
Will man die Erektion als quälendes und verschlimmerndes
Symptom bekämpfen, so ist in erster Linie zu bedenken, daß die
vom Gehirn und verlängerten Mark mögliche Hemmung und Beein-
flussung in den meisten Krankheitsfällen versagt. Man muß also
Mittel anwenden, welche je nach Bedarf zentral oder peripher an-
greifen und nötigenfalls kombinieren. Dies wird meist eine sym-
ptomatische Therapie bleiben; daher ist, wenn irgend angängig,
eine kausale Behandlung durch Bekämpfung der Krankheitserreger
durchzuführen. Als symptomatische Behandlung haben wir die An-
wendung aller antiphlogistischen und mechanischen Mittel zur Be-
seitigung der Hyperämie des Gliedes und aller peripher und zen-
tral angreifenden Sedativa und der Narkotika zu bewerten, die
Luminal wirkt in der Hauptsache als Schlafmittel,
wurde prompt im Sinne einer Beruhi
kausale Therapie ihrerseits beschleunigt dann durch allmähliche
Beseitigung der Erreger die Besserung.
i Im folgenden will ich mich in der Hauptsache auf unsere '
Versuche, die Erektionen bei der männlichen Gonorrhoe zu be-
kämpfen, beschränken. Neben‘ den erwähnten entzündungsherab-
setzenden Mitteln, einigen kühlen Umschlägen um den Penis und
den Maßnahmen’ zur Beseitigung der Hyperämie, wie Regelung der
Diät, ‚Beseitigung etwa vorhandener Stuhlverstopfung, Entleerung
der Blase, Umhergehen des Patienten, kommt, abgesehen von der
kausalen Behandlung, die in jedem Falle zu erfolgen hat, den
Sedativis die erste Stelle zu. So wurden von den verschiedenen
Autoren empfohlen: Brom, Heroin, Belladonna, Luminal, Lupulin,
Kampfer, Styptol. Die Wirkung der drei letztgenannten ist unsicher,
| Brom und
Heroin erzeugen oft unangenehme Nebenerscheinungen und Bella-
donria ist schließlich bei längerer Anwendung auch kein ganz unge-
fährliches Medikament. zn
Es lag daher nahe, ein Mittel zu versuchen, welches möglichst
elektiv anaphrodisierend wirkt. Auf Anregung von Herrn Professor
Wechselmann wurde auf unserer Abteilung das Dicodid (Knoll)
in einigen 30 Fällen zur Anwendung gebracht.
. Dicodid ist Hydrokodeinon und wird innerlich als weinsaures,
subkutan als salzsaures Salz angewandt. Seine pharmakologische
Wirkung steht in der Mitte zwischen der typischen Morphin- und der
typischen Kodeinwirkung. Es wirkt also in: erster Linie schmerz-
stillend durch Beruhigung des Großhirns und Herabsetzung der Reflex-
erregbarkeit. Seine narkotische Wirkung ist geringer als. die des
'Morphins, es wirkt mehr hustenstillend als Kodein. Klinisch ist Dicodid
bisher angewendet worden als Schmerzstillungsmittel bei inneren und
chirurgischen Krankheiten, vor und nach Operationen (Kleinschmidt,
Schindler, Freundlich), bei gynäkologischen Leiden (Lunz), gegen
Hustenreiz und Reizhusten der Lungenkranken, Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulösen (Schindler, Boehncke, Rickmann, Hecht, Crohn,
Wehl, Bernheim, Bing, Roller), zur Reflexherabsetzung bei Endo-
skopien (Schindler) und, bei Erregungs- und neurasthenischen Zu-
ständen (Schindler,Herz,Wohlrath). Imallgemeinen wurde Schmerz-
stilung ohne ausgesprochen narkotische Wirkung, Herabsetzung der
Reflexerregbarkeit und Beseitigung des Hustenreizes erzielt. In manchen
Fällen traten Euphorie und Gewöhnung an das Mittel ein. Unerwünschte
Nebenwirkungen wurden fast nur bei Überdosierung festgestellt.
Unser Krankenmaterial, durchweg Männer im Alter von 17 bis
32 Jahren, umfaßt 30 Fälle. Wir haben Dicodid stets als Dicodid. hydro-
chloric. subkutan aus den im Handel befindlichen Ampullen gegeben.
Zunächst wandten wir es in 4 Fällen von komplizierter Gonorrhoe
zwecks Schmerzstillung an. Wir bezweckten damit zugleich, iestzu-
stellen, ob das Präparat eine mehr schmerzlindernde, also auch indirekt
schlafbefördernde, oder eine unmittelbare narkotische Wirkung, aus. -
übte. Der erste dieser Fälle, Epididymitis von Hühnereigröße und
Funikulitis von Fingerdicke, der zugleich eine Bronchitis hatte, ver-
spürte nach 0,015 Dicodid Linderung der Schmerzen; die Bronchitis
gung der Atmungsorgane beein-
ußt. Ein anderer, sehr schmerzhafte Epididymitis im Leistenhoden,
fand ebenfalls Linderung und leichten Schlaf. Bei einer Kniegelenks-
nn .die auf 0,015 Morphium hydrochloric. subkutan stets mil
Aufhören der Schmerzen und Schlaf reagiert hatte, wurde durch 0,015
Dicodid weder Schmerzbefreiung noch Schlaf erzielt; an den nächsten
Abenden gegebenes Morphium tat wieder seine Wirkung. Der letzte
Fall, linksseitige Ischias gonorrhoica, außerdem geschlossene Lungen
tuberkulose, konnte durch 1 Ampulle Dicodid ebenfalls nicht, von
seinen Schmerzen befreit werden. Als Nebenwirkung stellte sich
%/, Stunde nach der Spritze Erbrechen ein. Derselbe Patient hatte
schon zwei Wochen vorher auf Morphiuminjektionen ebenfalls zweimal
mit Erbrechen reagiert. Neurologisch zeigte der Patient drei Wochen
vor Auftreten der Ischias gesteigerte Fazialis- und Patellarreilexe
Wir konnten also in zwei. Fällen Schmerzlinderung und eine leichte,
zum Teil auch direkte Schlafwirkung feststellen, in zwei anderen Fällen
war offenbar, wie das auch schon Kleinschmidt und Schindler
gefunden hatten, die gegebene Dosis zu klein. Nach diesen Autoren
würde 0,015 Dieodid dieselbe schmerzstillende Wirkung wie 0,01 Mor
phinum hydrochloric. haben.
Wirkungsvoll war Dicodid in zwei Fällen, bei denen als Ur-
sache Gonorrhoe nicht oder nicht allein in Frage kam. Ein P atient,
bei dem wegen angeborener Phimose die Zirkumzision mit folgender
Naht gemacht worden war, litt infolge der postoperativen Hyperäm®
an besonders quälenden Erektionen. Er erhielt in Abständen vot
1—2 Tagen etwa 6mal je 1 Ampulle Dicodid. Darauf blieb die Reizung
die Nacht über fort und stellte sch nur einige Male bei voller Blase
am Morgen ein. Nach Entferung der Fäden hörten die Erektioel
von selbst auf. In dem anderen Falle handelte es sich um emer
Patienten mit Tabes dorsalis incipiens und Prostatitis gonorrhoica
chronica. Der recht sinnlich veranlagte Mann litt sehr unter seinen 7
die re Rückenmarksschsirdsucht charakteristischen schmerz
haften Erektionen. Eine Ampulle Dicodid beseitigte diese Erscheinung
für zwei Tage. . Eine längere Nachbeobechtung war leider nicht mög
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30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
Den proton Teil unseres Krankenmaterials nahmen die Fälle
von schmerzhaften Erektionen, die meist nachts auftraten, und Pollu-
tionen bei Gonorrhoe ein, und zwar handelte es sich um 2 Gonorrhoen
anterior acuta, 10 Gonorrhoen anterior et posterior im Alter von
5 Tagen bis 3 Monaten, 10 2—9 Wochen alte Prostatatiden und 2
2—5 Wochen alte Epididymitiden. Es überwogen die akuten und sub-
akuten Stadien und diese waren wieder zum großen Teil mit anderen
Entzündungserscheinungen vergeselischaftet. So begegneten wir 5mal
einer schmerzhaften, mittelmäßigen Lymphadenitis inguinalis, 3mal
einem heftigen Ödem und Rötung der Harnröhrenöffnung, 2mal einer
Lymphangitis dorsalis penis, 3mal sehr starkem Ausfluß und je einmal
einer Cystitis colli und Ödem des Präputiums. Auffallend war die
große Zahl (6 unter 24) von konstitutionell abnorm bzw. minderwertig
veranlagten Individuen unter den Patienten dieser Gruppe. Zwei
waren Epileptiker, bei einem wurde von neurologischer Seite der
Verdacht der Schizophrenie ausgesprochen (Fall P.), 2 hatten Sprach-
störungen, 4 zeigten ausgesprochenen Dermographismus, 2 waren
motorisch und sensibel erregt und sehr reizbar, z. T. gegen Reiz-
vakzine überempfindlich, ein anderer hatte eine Herzneurose und
konnte zum Beispiel ärztliche Eingriffe an anderen Patienten nicht
mitansehen. Einige dieser Zustände kamen bei mehreren Patienten
zugleich vor. Bemerkenswert war, daß zwei Patienten hellrotes Haar
hatten, der eine sogar auf Sonnenbestrahlung keine Hautpigmentierung
ersensibilität derartiger Personen auch auf unserem
Gebiet bestätigt. Ein Patient (P.) wurde psychisch durch die Erektionen
so leidenschaftlich erregt, daß er sich beispielsweise eines Nachts zum
diensttuenden Pfleger begab und ihm mehrmals kategorisch erklärte,
„er müsse ein Weib haben“.
Wir gaben von dem Dicodid abends den Inhalt einer Ampulle
subkutan, nur in einem Falle (P.) gingen wir auf 1!/; Ampullen
herauf, nachdem zuerst auch stets 1 Ampulle gegeben worden war.
Die Anzahl der auf den einzelnen Fall kommenden Mengen schwankte
zwischen 1 und 30 Ampullen, im Durchschnitt kamen 8 auf 1 Patienten.
Das Intervall zwischen 2 Injektionen betrug 1—14 Tage, gewöhn-
lich wurde alle 2—3 Tage eine Spritze gegeben. Die meisten
Patienten . reagierten prompt auf die erste Injektion mit Aufhören
der Erektionen und Pollutionen. Bei wenigen sistierten die Reiz-
erscheinungen erst am Tage nach der 2. Injektion. Gewöhnlich
_ hielt die Wirkung 1—2 Tage an. In einigen Fällen stellten sich
am Morgen nach der Einspritzung zwar bei gefüllter Blase von neuem
Erektionen ein, doch waren diese nicht schmerzhaft. Deshalb wurde
Dicodid oft verabreicht, wenn man zwecks Gewinnung eines Eiter-
präparates bewirken wollte, daß die Patienten den Urin am Morgen.
möglichst lange anhalten sollten, ohne durch quälende Erektionen
belästigt zu werden. Wenn infolge Abheilung der Gonorrhoe der
Ausfluß nachließ, Drüsenschwellungen usw. schwanden, so hörten
auch meist die Erektionen auf, so daß Dicodid dann entbehrt werden -
konnte. Wurde dagegen Dicodid bei bestehender starker Entzündung
abgesetzt, z. B. wegen Entlassung des Kranken aus der Stationsbehand-
lung, so traten die unangenehmen Erscheinungen oft von neuem aui.
So gestand ein 20jähriger Patient, der auf Station mit Dicodid
behandelt worden war, daß er nach seiner Entlassung zu Hause von
Erektionen so gequält wurde, daß er seine Zuflucht zur Masturbation
Nach alledem ist die Wirkung des Dicodid eine symptomatisch-
sedative. Eine ausgesprochen narkotische Wirkung wurde nicht
beobachtet. Euphorie, wie sie bei Lungenkranken von Hecht,
Wehl, Bernheim, Roller und bei Nervenleidenden von Herz
nach Dicodidgaben gefunden wurde, sahen wir einmal. Besonderes
Augenmerk wurde auf die Frage gelegt, ob etwa eine Gewöhnung
an Dicodid stattfindet. In drei Fällen waren in der Tat Zeichen
davon vorhanden.: Es mußten, um dieselbe Wirkung zu erzielen,
die Intervalle verkürzt und in einem Falle, der auch schon an
andere Sedativa und Narkotika gewöhnt war, die Dosen herauf-
gesetzt werden. Ein Verlangen nach den Injektionen war freilich
außer bei diesen auch noch bei amigon anderen Patienten festzustellen.
Von 14 anderen Autoren bejahen 5 (Schindler, Hecht, Bern-
heim, Bing, Roller) ebenfalls die Frage nach Gewöhnung an das Mittel.
Von sicheren Nebenwirkungen beobachteten wir das schon
erwähnte Erbrechen bei dem an Ischias und geschlossener Lungen-
tuberkulose leidenden, auf Morphiumeinspritzungen in gleicher Weise
reagierenden Patienten. Alle anderen geäußerten Klagen und auf-
tretenden Symptome waren nicht mit Bestimmtheit auf das Konto
des Mittels zu setzen. |
Ein Patient der neuropathischen Gruppe klagte über unbestimmte
Übelkeitsbeschwerden. Derselbe Patient hatte aber schon mehrmals
vorher Erbrechen gehabt. Ein anderer leicht erregbarer Kranker klagte
einmal über Hautjucken, ein weiterer bekam eine Urtikaria, ein anderer
endlich wurde eine Viertelstunde nach der Injektion von Herzkrämpfen
befallen; diese drei letztgenannten Beschwerden traten jedoch nach
einer am folgenden Abend verabreichten bzw. den weiteren Spritzen
nicht wieder ein. l
Schindler und Lunz beobachteten Erregungszustäade nach
großen Dosen, gelegentlich Übelkeit und Erbrechen, Boehncke und
unz in einigen Fällen eine gewisse Schlafsucht, Herz Urtikaria und
Hautjucken und Wohlrath Magenbeschwerden.
Wir haben in Übereinstimmung mit den übrigen Autoren nie
lokale Reizerscheinungen und Stuhlverstopfung gesehen.
Zusammenfassung. Dicodid wurde in 30 Fällen als schmerz-
linderndes Mittel und als Anaphrodisiakum bei Erkrankungen der
Harnwege angewandt. Die Dosen waren 0,015 bis 0,023 (1 bis
1!/, Ampullen) Dicodid hydrochloricum. In seiner schmerzlindernden
Wirkung ist es dem Morphinum hydrochloricum unterlegen, dagegen
wirkt es sedativ auf die Genitalsphäre. Schmerzhafte Erektionen
und Pollutionen wurden prompt zum Schwinden gebracht. Eine
unmittelbare Schlafwirkung wurde nicht, beobachtet. In wenigen
Fällen trat eine gewisse Gewöhnung an das Mittel ein. Als Neben-
wirkung trat einmal bei einem auch für Morphium überempfind-
lichen Patienten Erbrechen ein. Dicodid ist ein zur Bekämpfung
entzündlicher Reizzustände der Genitalregion wertvolles Mittel.
Literatur: Bernheim, Ther. d. Gegenw. 1924, Nr.3. — Bing, D.m.W.
1924 Nr.10.— Boehncke, M.Kl. 1923, Nr. 17.— Casper, Lehrb. d. Urol. 1923, 4. A. —
Crohn, M.KI.1923,Nr.41.— Eckhard, zit. nach Casper. — Freundlich, Fortschr.
d. Med. 1923, Nr. 11/12. — Goltz, zit. nach Casper. — Hecht, Klin.Wschr, 1923,
Nr. 23. — Herz, D.m.W. 1924, Nr. 14. — Kleinschmidt, M.m.W, 1923, Nr. 15. —
Lunz, Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 22. — Riokmann, Klin. Wschr. 1928, Nr. 22 —
Roller, M.m.W. 1924, Nr.20. — Schindler, Ehenda, 1923. Nr. 15. — Wehl, Ther,
genommen hätte, welcher er vom 10.—16. Lebensjahre auch gefrönt hätte. | d. Geg. 1924, Nr. 1. — Wohlrath, Der prakt. Arzt, 1924, Nr. 7. |
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus dem Physiologischen Institut der Universität Halle a. S.
Studien
über den Einfluß der Ernährung auf Zellfunktionen.
| Von Emil Abderhalden.
‚ ‚Die Forschungen über die Vererbung haben gezeigt, daß jedes
Individuum in sich eine Summe von Eigenschaften enthält, die in
gesetzmäßiger Weise durch die Geschlechtszellen übertragen werden.
Es kann sich dabei um manifest werdende Eigenschaften oder um
solche handeln, die rezessiv bleiben. Jede einzelne Zelle des Or-
ganismus hat ihre bestimmten Eigenschaften. In ihnen kommt der
Artcharakter, der besondere Typus des Individuums und endlich
noch der Funktionscharakter zum Ausdruck. Es ist nun bekannt,
daß durch äußere Einflüsse mancherlei Erscheinungen des Orga-
mismus mehr oder weniger tief beeinflußt werden können. Es sei
an die Einwirkungen der Umgebung (des Klimas usw.), der Er-
nährung’usw. erinnert. Es kann dabei zu einer weitgehenden Ver-
änderung des Phänotypus, d. h. des ganzen Aussehens kommen.
Sehr stark bezweifelt wird, daß solche Veränderungen, die das
einzelne Individuum während seines Daseins betreffen, vererbt
werden können. In der Tat ist noch kein unumstrittener Beleg für
e Vererbung erworbener Eigenschaften erbracht.
a — (RR FREE
Der Umstand, daß es gelingt, einen Einfluß auf manche Vor-
gänge im Organismus zu erlangen — es sei außer der Wahl be-
stimmter äußerer Bedingungen an die tieigehenden Veränderungen
erinnert, die durch Wegnalıme bestimmter Organe (z. B. der Schild-
drüse, der Geschlechtsdrüsen) zu erzieeen sind —, eröffnet die
Möglichkeit, tiefer in die Bedingungen, unter denen unter ge-
wöhnlichen Verhältnissen Zellfunktionen vor sich gehen, einzu-
Die einzelnen Stoffwechselvorgänge vollziehen sich fort- -
dringen.
laufend, wobei von den einzelnen Produkten immer nur Spuren
entstehen. Das ist der Grund, weshalb es so außerordentlich
schwierig ist, von den verschiedenartigen Stoffwechselvorgängen ein
lückenloses Bild zu entwerfen. Wir kennen auch die Bedingungen,
unter denen sie sich vollziehen, noch sehr wenig. Wenn zum Aus-
druck gebracht wird, daß im Organismus die Temperatur, die
Wasserstoffionenkonzentration, die Menge an- einzelnen Ionen usw.
eine gegebene sei, so darf nie außer Acht gelassen werden, daß wir
in jedem Einzelfalle immer nur ein bestimmtes Ergebnis heraus-
greifen und .mit unseren immer noch recht groben Methoden nur
Gleichgewichte feststellen, jedoch nicht die Störungen von solchen.
Erst in neuerer Zeit beginnt man mehr und mehr Veränderungen
in Ionengleichgewichten und dergleichen Interesse zuzuwenden, und
zwar kommt schon einganz geringes Überwiegen des einen Ions oder
| Stoffes bei antagonistisch wirkenden Ionen oder Produkten in Betracht.
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hydrate erhalten haben. .Bei kohlehydratfrei ernährten Tieren
glykoplasmie als bei solchen, die reichlich Kohlehydrate aufgenommen
‚der Ernährung bestimmte Zellfunktionen in bestimmter Richtung
zu beeinflussen ünd dann an überlebenden Organen festzustellen,
sein, auszusagen,' welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit
überwiegen die Säuren und in der letzeren die Basen. Wir- wollen
basisch ernährten Tieren sprechen. Zunächst wurde an solchen
gekehrt. Die gemachte Beobachtung konnte noch dadurch erhärtet
einer bestimmten Nahrungsart führen. Aus der Reihe der ausführ-
Forschungsergebnisse .sei vor allen Dingen hervorgehoben, daß das
. auswirkt.
“ Abderhalden und Wertheimer sich dann der Frage zugewandt),
1698
_ Bei Studien über die Wirkung von Insulin und Adrenalin.
aul den Organismus -konnten E.-Abderhalden und E, Wert-.
heimer den Nachweis führen, daß ganz verschiedene Ergebnisse
erhalten werden, je nach den Bedingungen, unter denen die er-
wähnten Inkrete ihren Einfluß entfalten.. Es zeigte sich, daß kohle-
hydratfrei ernährte Ratten auf Insulin in jeder Hinsicht.
viel schwächer reagieren als Tiere, die reichlich Kohle-
entsteht dagegen 'nach Zufuhr von. Adrenalin eine stärkere Hyper-
haben. Diese Beobachtungen waren es, die'die erwähnten Autoren
dazu führten, der Frage nachzugehen, ob nicht durch die -Art
der Ernährung bestimmte Zellfunktionen in entscheiden-
der Richtung beeinflußt werden :können. Das: Ziel dieser
Forschungen ist zunächst, am Organismus durch eine bestimmte Art
wie sich bei ihnen der betreffende Einflüß. auswirkt, und ob es
ferner gelingt, die - abgeänderten Funktionen wieder umzustimmen.
Haben diese Versuche einen Erfolg, dann wird man in der Lage
bestimmte Zellfunktionen in ganz bestimmter. Richtung verlaufen.
E. Abderhalden und E. Wertheimer fütterten. Kaninchen
teils mit Hafer, - teils mit 'Grünfutter.. In- der ersteren Nahrungsart
der Einfachheit halber... einfach von sauer exrnährten und
Tieren der Einfluß von. Insulin und Adrenalin studiert. Es
zeigte sich, daß die. sauer ernährten Kaninchen ‘auf Insulin viel
schwächer reagierten als solche, die basisclı ernährt. worden waren.
Gegenüber Adrenalin verhielten sich die Versuchstiere gerade um-
werden, daß beide Inkrete — Insulin und Adrenalin — zugleich
parenteral zugeführt wurden. Je nach der. Art der Ernährung trat
dann die Wirkung des einen oder des anderen Inkretes hervor und
zwar mit solcher Promptheit, daß män ohne weiteres aus dem Ver-
halten eines Tieres gegenüber. einer -Adrenalin- oder Insulinzufuhr
schließen kann, mit welcher Nahrung das Tier ernährt worden ist!
Es müßte nun geprüft werden, welche ‚Bedingungen es sind,
die zu der besonderen Reaktion des Organismus bei Einhaltung
licher in „Pflügers Archiv“ 206, 547, 559, 583 (1924) mitgeteilten
Basen-Säure-Gleichgewicht durch die. erwähnten Nahrungs-
arten beim Kaninchen stark beeinflußt wird. Bei Verabreichung von
saurer Nahrung findet eine. relative Verringerung der Alkalireserve
statt. In diesem Zustande sind’ die Tiere für Adrenalin besonders
empfindlich, dagegen für Insulin unterempfindlich. Ist dagegen die
Alkalireserve erhöht, wie es bei Zufuhr basischer Nahrung. der Fall ist,
dann findet sich umgekehrt eine Überempfindlichkeit für Insulin und
eine Unterempfindlichkeit für Adrenalin. ` Wir wollen hier unerörtert
lassen, auf welche Art und Weise. sich. der Einfluß der Nahrung
auf die Alkalireserve bzw. das Säure-Basengleichgewicht erklären läßt,
und wie sich dieser Zustand auf die Wirkung der genannten Inkrete
Gestreilt sei nur der Gedanke, daß .ein Einfluß auf die
in Frage kommenden Nerven möglich ist, über die direkt oder in-
direkt der Kohlehydratstoffwechsel geregelt wird, und zwar ist, wie
Versuche mit Ergotamin gezeigt haben, ohne Zweifel bei der
Adrenalinwirkung der N. sympathicus beteiligt, dagegen ist die Insulin-
wirkung offenbar weitgehend unabhängigvom autonomen Nervensystem.
Von den eben erwähnten Beobachtungen ausgehend, haben
1) Vgl. Pflügers Archiv 206, 460 (1924); 207 (1925).
00200-074994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48, "80. Novèinba
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ob sich besonders leicht ‘nachzuweisende ardere. Zellfunktionen in `
Abhängigkeit von der Art- der. Ernährung befinden. `. Als Ausgangs-
punkt diente die Verfolgung. bestimmter -synthetischer Vorgänge
im Organismus.. Untersucht: worden ‘sind zunächst die Synthese
der Hippursäure. aus Glykokoll und’ Benzoßsäure, femer
die Bildung von Merkaptursäure bei Verabreichung von Halogen:
| benzol mit und. ohnë. Hinzufügung von Zystin und endlich
.Methylierungsvorgänge. |
‚daß ein überraschend tiefgehender Einlluß. aut .die . synthetischen
Fähigkeiten bestimmter Zellarten durch die Art der Ernährung aus-
. geübt wird. . Sauer ernährte- Tiere bilden zum. Beispiel‘ aus Benzóë-
‘säure und Glykokoll "durchschnittlich. 4—5 mal mehr "Hippursäure,
als basisch ernährte. Tiere. .Merkaptursäure wird von basisch er-
nährten Tieren nicht ‚gebildet, -wohl aber von" sauer ernährten.
Das. Ergebnis. dieser ° Versuche ix,
` Die gemachten Beobachtungen, die z.-B.-auch auf:die Wir
von Inkretstoffen. neues’ Licht: werfen und: gleichzeitig zeigen,
daß die Möglichkeit besteht,. in. viel erheblicherem: Maße, als man
das bisher für möglich hielt, -"Zellfunktionen durch” die Art der Rr-
nährung zu beeinflussen, führen zu der Frage,.ob nicht das Ver-
sagen mancher Inkretionsorgane in .bestimmten Fällen .
nur.ein scheinbares ist. Es könnte sein, daß :ein bestimmte.
Organ die für bestimmte Funktionen ünentbehrlichen ‚Inkretstoffe
zwar liefert, daß jedoch ihr Einfluß nicht zur. Auswirkung kommt,
weil die’ dazu notwendigen Bedingungen nicht vorhanden sind, Es
| wäre denkbar, daß in solchen Pällen durch ‘die Art‘ der Ernährung
eine Umstimmung möglich wäre. Die Beobachtung, daß man. es in
der Hand hat, den Umfang bestimmter Synthesen ganz willkürlich
zu leiten, eröffnet die Möglichkeit, ‘daß manche gestörte Zellfunktion
‚sieh. durch Anderung der.Bedingwigen im Organismus beeinflussen
läßt. Es ist zum-Beispiel denkbar, daß eine mangelhafte.Bildung von
Blutfarbstoff stattfindet, weil vorhandeneBedingungen der Synthese u
‚günstig sind. Ebenso ist es durchaus .möglich,.daß die Knochengrund-
substanzunter bestimmten Bedingungen nicht den Zustandannimmt, der
‚zum Eintreten der Verkalkung und Verknöcherung notwendig is,
_ Das Hauptergebnis der vorliegenden Studien erscheint mit,
daß man mit der Meinung brechen .muß, wonach. der Organismus
unter allen Umständen mit Hilfe seiner Regulationsmechanismen,
wenn nicht Störungen vorhanden sind; den Stoffwechsel in genai
denselben Bahnen zum Ablauf bringt. Die oben mitgeteilten Unter
‚suchungen sind ohne, Zweifel. deshalb’ besonders ‘wichtig, weil di
erwähnten Beeinflussungen unter Bedingungen: staftgefunden haben,
die als durchaus in normaler Weise‘ herbeigeführt zu -bezeichne
sind, wurde doch eine Nahrung verabreicht, ‘die ‚auch unter. not
malen ‘Verhältnissen zur Aufnahme gelangen ‚kann. Das Wesen
liche war nur, daß eine bestimmte. Art von Nahrung längere Zei
hindurch verabreicht wurde. ' Die Zahl der Fragestellungen, die
sich anschließt, ist natürlich sehr. groß. Es sind Studien im Gange
bestimmten Art von Nahrung geltend macht. In:den oben erwähnten
Versuchen erhielten die Tiere die betreffende Nahrung. 8—14 Tage
4
‚ zur Feststellung des Zeitpunktes, von dem ab sich der Einfluß einer
lang. Es muß ferner verfolgt‘ werden, wie rasch die Umstimmug
beim Wechsel der Nahrung erfolgt. Ferner müssen noch weitere
Funktionen. auf ihr Verhalten bei verschiedenartiger Ernährung gt
prüft werden... Versuche über den. Einfluß. der Wundheilung, übe
. den Verlauf bestimmter Infektionen usw. sind im Gange. Es wit
sehr erfreulich, ‚wenn die nur in den Hauptzügen mitgeteilten Er
gebnisse der Untersuchungen, die zum Ziel hatten, zu prüfen, é
Ernährungseinflüsse bei. Inkretwirkungen und bei der Durchführung
bestimmter Zellfünktionen ` sich -geltend machen, dazu anregiel,
weitere Erfahrungen unter möglichst scharf begrenzten Problem:
stellungen am Krankenbett zu: sammeln. ` Ohne Zweifel ‘ist hier
wieder ein Punkt ‘erreicht, in dem das physiologische Experiment
| seinen Ergebnissen mit Befunden zusammentrifft,. die dem Praktiker
wobl bekannt, jedoch in ihren Grundursächen noch nieht aufgeklärtsid
Pharmazeutische Präparate.
Aus der II. Medizinischen. Universitätsklinik in Wien
(Vorstand: Hofrat Prof. Dr. N. Ortner).
Über die Wirkungspotenzierung der Pyramidon-
Veronalkombination „Veramon‘. |
-Von Dr. W. Hauptmann. 5
‚Obwohl die Literatur über das von Prof. E. Starkenstein (1)
im Jahre 1921 angegebene Analgetikum „Veramon“ bereits recht
zahlreich ist, scheint es doch nicht.unwert zu sein, auf die Fähigkeit
dieses Medikamentes, potenzierte Wirkungen hervorzurufen, nochmals
hinzuweisen, ‘nachdem schon Starkenstein solche Potenzierung®
bei Veramon beobachtet hatte.
Von den physikalischen :und chemischen Bigeuschaften d
Veramons, .die in.der Literatur über dieses Medikament ausführli ehrt
örtert sind, sei hier .nür seine Zusammensetzung genauer apr s
Es besteht, wie schon erwähnt, aus einem Antipyretikum un
Narkotikum der Alkoholreihe, nämlich aus Pyrazolon. dimethylamn
phenyldimethylic. (=Pyramidon) und einer geringen Menge von Di,
barbitursäure (= Veronal). Eine Tablette. 'eramon 0,2 entspr, Air
0,143 g Pyramidon und .0,057 g Veronal.. Eine ‚Tablette zu. 0.
‚nach rund 0,286 g Pyramidon und 0,114 g Veronäl. k
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Nr. 48. — MEDIZINISCHE KLINIK — Anzeigen.
das kombinierte unspezifische Schwellenreizmittel
Yatren-Casein stark:
21,0), Yatren plus 5%, Casein
Yatren-Casein schwach:
215°, Yatren plus 21% Caseln
Potenzierte Wirkung:
Die Verbindung des Eiweißkörpers mit dem.
organischen Yatrenreizkörper verursacht
hohe Herdreaktionen bei geringen Ali-
gemein-Reaktionen. Ä
Die Yatren-Reizkomponente gewährleistet
sichere und dauernde Sterilität und ermög-
licht daher gefahrlose Verwendung auch
‘von Flaschenpackungen zu wiederholter
‘Benutzung. Daher
sparsamstes Reizmittel.
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Klinik-Packung: Karton mit 25 Ampullen a ccm
Ausreichende Versuchsmengen und Literatur stehen kostenfrei zur Verfügung.
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I Bann Bil 12/1928. — Fortschr. d. Med. 1/1924. — Zeitschr. jurnalo Medicina Nr. 1139, 10. Majo 194. —
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N i =: =
IE = =
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| il = = Die kraftvolle Anregung all seiner verfügbaren biologishen Abwehrkräfte durhd Omnadin E
ii == befähigt den Organismus zur raschen, erfolgreichen Ueberwindung von Erkrankungen aller Art. ge
In = = Anwendungsgebiet: Namentlih akute und subakute Infektionen wie sept. Aborte, Puerperal-
ii Di N: == fieber, Grippe, Grippe- und Brondho-Pneumonien, Grippe-Encephalitis, Sepsis, Erysipel,
i Dina = Peritonitis u. a. Ferner als Aktivator jeder spezifischen Behandlung.
j IF) = = Dosierung: 2 ccm intramuskulär. Wiederholung nadı Bedarf ohne anaphylaktische Roh sonstige Nebenerscheinungen.
iE si = Z Originalpakungen: 1, 5, 12, 50 und 100 Ampullen zu je 2 ccm. TA i
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Addition oder einer
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
1699
Von Bürgi (2) und seinen Mitarbeitern Lomonosoff und
.Herzenberg (3) wurde tierexperimentell untersucht, ob solche Kom-
binationen von ehe: mit Narkoticis der Alkoholreihe zu einer
otenzierung ihrer analgetischen Effekte führen.
Versuche mit Phenazetin plus Urethan, ferner mit Laktophenin
. plus Urethan ergaben nur Additionswirkungen; das heißt: Wenn z. B.
mit der Menge P von Phenazetin eben eine narkotische Wirkung am
Kaninchen erzielt werden konnte und ebenso in einem zweiten Versuch
mit der Menge U von Urethan, so mußte bei einzeitiger Verabreichung
der Kombination beider mindestens =
Wäre jedoch die Narkose mit zum Beispiel
Phenazetin plus 5 Urethan ge-
nommen. werden.
: Phenazetin plus ī Urethan gleichstark gewesen, so würde dies eine
Potenzierung der Wirkung im Sinne Bürgis bedeutet haben.
Wenn nun im folgenden trotzdem gezeigt werden kann, daß
mit 0,4 g Veramon verstärkte Wirkungen zu erzielen waren, welche
diejenigen seiner Komponenten bei weitem übertrafen, so läßt sich
dafür eine Erklärung finden in eigenartigen Beobachtungen Bürgis,
die wegen ihrer Gültigkeit auch für andere Arzneigruppen eine all-
gemeine Bedeutung und nicht nur theoretisches, sondern auch eminent
praktisches Interesse besitzen.
Bürgi(4) schreibt darüber: „Wenn man mit der Dosis des einen
Medikamentes sehr nahe an die minimalnarkotisierende Menge heran-
geht, genügt ein verschwindend kleiner Bruchteil der zweiten Arznei,
um den Effekt vollständig zu machen. Wir konnten so die Wirksam-
keit von Mengen beweisen, denen niemand in der offiziellen Pharmako-
logie noch irgendeine Kraft zugetraut hätte,“
Im selben Sinne heißt es an anderer Stelle (5), daß Antipyrin,
Phenazetin und Laktophenin mit an und für sich ungenügenden Mengen
richtiger Hypnotika zusammen verabreicht ausgezeichnete Narkose-
zustände beim Tier bedingen.
Auf den Umstand, daß die Potenzierung durch „an und für sich
ungenügende Quantitäten“ erreicht wurde, soll dabei besonders hin-
poin werden, Denn in 0,4 g Veramon (der mittleren therapeutischen
inzeldosis) ist die Veronalkomponente so gering, daß man mit der
alleinigen Verabreichung dieses rund 0,1 g Veronal höchstens einen
Suggestiverfolg, nicht aber einen meßbaren analgetischen Effekt ber-
vorrufen kann.
Bei der klinischen Bewertung des Veramons wurde als Aus-
gangspunkt der Vergleichung immer jene Menge von Veramon
gewählt, die bei den betreffenden Patienten eben eine verläßliche
vollkommene Schmerzstillung bewirkte. Im übrigen wurde folgender-
.maßen vorgegangen: Unter bestimmten, später erwähnten Vorsichts-
maßregeln wurden an Patienten, die an chronischen Schmerz-
zuständen litten, je nach dem Grade der Schmerzen Dosen von
0,2, 0,4 bzw. 0,6 g Veramon') verabreicht und die schmerzstillende
Wirkung mit derjenigen verglichen, welche nach Verabreichung
von 0,15, 0,3 bzw. 0,4 g Pyrazolon. dimethylaminophenyldimethylic.
beobachtet wurde. Im einzelnen ergab sich: |
a Sch Analgetische Wirkung
9 . chmerz- |
3 Grundleiden i razolon.
A charakter mit Veramon Aimetb vlamie o-
phenyldimethyl.
1. | Pleurit. exsud. | Seitenstechen |bei 0,4 vollst.| mit 0,4 keine
| Wirkung
2. | Anaem. pernic. | Knochen-u.Mus- | bei 0,4 deutl.| 0,4 ist ungefähr
kelschmerzen |bei0,2schwä-| gleich 0,2 Ve-
cher ramon
3. | Typh. abdom. | Kopfschmerz bei 0,4 volist.| mit 0,4 keine
Wirkung
4. | Perigastr.chron. | Adhäsions- bei 0,6vollst.,| mit 0,4 keine
| schmerz bei 0,4 z.T.| Wirkung
unvollst.
5. | Tbe. pulm. Kopfschmerz bei 0,4 vollst. | 0,8 wirkungslos,
erst bei 0,6 (!)
unvollst. Wirk.
6. | Pseudoulcus, Schmerzen in- | bei0,4 vollst., | 0,3 wirkungslos,
tbe. folge Peri- | bei 0,2 un-| 0,4 fast = 0,4
gastritis vollständig | Veramon
T. | Ischias dem Grundleid. bei stetsgering. | mit 0,15 etwas
entsprechend |Schmerzeiärke | schwäch. Wir-
Schmerz- kung
freiheit m. 0,2
meee
ar 1) Von der herstellenden Firma, Chem. Fabrik auf Actien (vorm.
. Schering.), Berlin, zur Verfügung gestellt.
4
a z Analgetische Wirkung
= . | chmerz- |
g p Grondloiden | charakter | si voramon | Aitenkrirniee
_phenyldimethyl.
8. | Ischias dem Grundleid. | bei 0,6 vollst., | mit 0,4 Schmerz-
entsprechend | bei 0,4 teil-| freiheit
weise |
9. | Lysolvergiftung| Kopfschmerz |bei 0,4 voll-| mit 0,3 derselbe
4 | ständig - Effekt
Es zeigte sich also bei mehr als der Hälfte der Patienten,
daß mit Veramon ein besserer analgetischer Effekt erreicht werden
konnte als mit der jeweils darin enthaltenen Menge der Pyrazolon-
komponente allein. Da anderseits die schmerzstillende Wirkung
der Veronalkomponente praktisch gleich Null war und daher für
eine Verstärkung des Effektes durch einfacho Summation nicht in
Betracht kommt, kann man wuhl dem Veramon die Eignung zu-
sprechen, daB es eine Potenzierung im Sinne Bürgis entwickelt,
und zwar wahrscheinlich eine Potenzierung durch das Wirksamwerden
an und für sich ungenügender Mengen einer der enthaltenen
Komponenten.
Von der zahlenmäßigen Festlegung des Potenzierungsgrades wie
in den erwähnten Tierversuchen wurde deshalb abgesehen, weil die
Überschreitung der Menge von 0,4 g Pyramidon — ohnedies nahe der
Maximaldosis — wegen der zu befürchtenden Nebenwirkungen des
Pyramidons bei den meisten Patienten nicht wünschenswert erschien.
Nur bei dem 5. Patienten läßt sich ungefähr sagen, daß die
Zunahme des Effektes etwa 100% betrug.
Erwähnenswert dürfte es schließlich sein, daß bei 2 Patienten
(3 und 5) eine Mischung von Azetphenetidin., Amidopyrin. aa 0,3 mit
Coffein. n. b. 0,1 und Codein. hydrochl. 0,02 die bestehenden Schmerzen
nicht sonderlich zu beeinflussen vermochte.
Es ist nur selbstverständlich, daß man aus Beobachtungen
allgemeine Schlüsse ziehen kann, um so weniger, als Bürgi (6)
ausdrücklich fordert, daß die Versuche zahlreich sein müssen und
nur starke Ausschläge als maßgebend anzusehen sind. |
Wohl wurde bei den obigen Fällen die größte Sorgfalt auf-
gewendet, um beim Arbeiten mit einem so ausgesprochen subjektiven
Untersuchungsgegenstand die Fehlerquellen auf ein Minimum zu
reduzieren. Hinreichende Fähigkeit des Kranken, sich selbst zu: be-
obachten, strengste Vermeidung suggestiver Einflüsse, oltmalige
Wiederholung unter gleichen Bedingungen bei Einschaltung ent-
sprechender Pausen seien hier ausdrücklich angeführt.
Wenn auch die Zahl der zur Verfügung stehenden Analgetika
eine sehr große ist, weisen doch die in der Literatur an-
gegebenen vorzüglichen Erfolge, vor allem bei tabischen Krisen,
Dysmenorrhoe, Kopfschmerzen und in der Zahnheilkunde dem
Veramon eine gebührende Sonderstellung zu.
stein näher berichtet. Sie ermöglicht es, Veramon auch bei solchen
des Zirkulationsapparates scheuen würde, zur Schmerzstillung größere
Mengen von Antipyreticis nehmen zu lassen. Bei mehreren unserer
Patienten konnten wir uns selbst trotz gelegentlicher Tagesmengen
von 2,0 g Veramon von dieser Unschädlichkeit überzeugen.
Das Fehlen von Nebenwirkungen und der Mangel einer- Ge-
wöhnung, die größer gewesen wäre, als dem Pyramidon zukommt,
können gleichfalls bestätigt werden.
= Aus diesen Eigenschaften ergibt sich -mithin die Schluß-
folgerung, das Veramon denjenigen Medikamenten beizuzählen, die
nach Versagen der schwächeren Analgetika für solche Fälle vor-
behalten sind, in denen man die schmerzstillenden Alkaloide noch
Verordnung derselben das Bedürfnis besteht, neben ihnen andere
brauchbare Analgetika zu geben, um die gelürchtete Alkaloid-
gewöhnung möglichst lange hinausschieben zu können, Zu
‚Literatur: 1. Starkenstein, Ther. Halbmonatsh. 1921, H, 20. —
2. Bürgi, Zschr. f. exp. Path. u. Ther., Bd. 8, H. R, S. 524. — 8. Herzenberg,
Ebenda, Bd. 8, H.8.—4.Bürgi, Ebenda, S.530, und B.kl.W.1911, Nr.20.— 6. Bürgi,
Zschr. f. exp. Path. u. Ther., Bd. 18, H.1, S. 28. — 6. Bürgi, Ebenda, 8.26.
an einer nicht sehr großen Zahl von Patienten keine zu weitgehende
Dazu kommen noch andere.Vorzüge, darunter in erster Reihe
die gegenseitige Entgiftung der Komponenten, über welche Starken-
Patienten zu verordnen, wo man sich infolge bestehender Erkrankung
nicht verwenden will, oder wo in Erwartung einer länger dauernden .
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.. ‚Grundzüge der ärztlichen Psychologie (Psychodia- |
il -> gnostik und Psychotherapie) in der täglichen Praxis.
` ‘am Erhaltenbleiben des seelischen Gleichgewichtes kennen gelernt. -|
-weil es den durch Massensuggestionen hoch 'gezüchteten rechtlichen,
-5 das: Vertrauen auf die eigene Kraft, desto größer die Bereitschaft, |
I ©... 'sieh.der öffentlichen Meinung ünterzuordnen. Die Verdrängung ist
=.. < Gebot der Masse, sie sichert den Frieden. mit der Menschheit, aber
`>; i und das ist das. Tragische — sie verbürgt nicht durchweg die
' ung der unterdrückten Strebungen und zu einer immer mehr wachsenden
„Spannung: zwischen Wollen und Müssen. Die beiden feindlichen
A ``- Mächte messen und steigern ihre Kräfte aneinander, Der über den
Y > niedergerungenen Trieben stehenden oberbewußten Persönlichkeit
... steht das Unbewußte ‘gegenüber, in dessen Tiefe die angestauten
: `.. einem Ventil suchen. Diese gegen ihn gerichteten Ausfälle, diese
: . ästhetisch gewordene Charakter umso mehr, -je einseitiger er sich:
"geheime Eingeständnis heimlicher Niederlägen bedingt jenes un-
j . bestimmte Schuldgefühl, das die meist unbew
Sul...‘ "Verstimmung und seelischem Leid ist. ` |
1 >. Allgemeinen. Wenn wir nun für die eingehendere Betrachtung den.
4. - -Geschlechtstrieb als Paradigma herausgreifen, so geschieht es
1 „haupt ist, dem eine psychologische und psychopathologische Bedeutung |
i, zukommt, sondern deshalb, weil er ‘allerdings eins überragende .
a Sonderstellung im gesamten Triebleben des Einzelnen und der Massen
:.,. Regung in.uns, welche die Grundlage der tiefsten inneren Zwiespälte `
~ . und Konflikte abgibt.
: Reizschwelle, die größte Reaktionsdisposition; daher kommt es, daß |.
' ` Elementen freien Vorstellungen leicht mit solchen libidinösen Inhaltes
nan in diesen‘ Gefühlsbeziehungen immer, nicht etwa bloß in
`, erklärt und gegeben. Dieser phylogenetisch uralte Inzestirieb sei
‘ Diese erhöhte Assoziationsbereitschaft scheint sogar oft mehr in der |
‚. besonders erotisch orientierten Vorstellungswelt des Beurteilers als
...ehesten begreiflich finden, nachdem wir einen Blick auf, die Ent-
- samte Trieb- und Affektleben der Heranwachsenden dürch die innigsten
. -3o tan
. re
© 1994. — MEDIZINISCHE KLINIK —'Nr. 48.
iaoee o 30. November ©
Zune Aas der Praxis für die Praxis: :
gegen die Eltern, ihre Wünsche und Absichten. Vielfach ist diese.
Abkehr nur eine. äußerlich erzwungene, insofern in Wirklichkeit die
Bindung an das „Vaterideal“ oder an das „Bild“ („die
Imago“) der Mutter. fortbesteht und sich in der Berufswahl, der .
| Wahl des: Gatten und in manchen anderen. den Lebensinhalt be- ..
.stimmenden. Umständen dokumentiert, : wobei sowohl die- Nach-
'ahmung. als auch die Ablehnung des- elterlichen Beispiels be- `
stimmend sein kann. : 2... E
‚Die Ursache dieser meist -bald vorübergehenden Protestein-
- stellung ist 'das ` Erlebnis des’ erwachenden Geschlechtstriebes, der .
' mit wachsender Lebhaftigkeit unter Absorption der gesamten
Affektivität seinem eigentlichen Ziele zudrängt. Zunächst wird
“das, in ihm enthaltene psychische und das somatische Element noch
in deutlicher Trennung erlebt. Auf der einen Seite eine rein
„ideale“. „platonische“ Schwärmerei für Personen des anderen
:Geschlechts;. auf- der anderen Seite die ersten lokal-somatischen:
' Erscheinungen.. In der ‚weiteren Entwicklung streben dann körper- '
‚liche und psychische Anlage zu -einem bewußt-einheitlichen Ge- -
fühlserlebnis zusammen, womit fortan. das gesunde Liebesleben’
garantiert ists 00000 rn |
© Gehen‘ wir nun zu den: Abweichungen von der hier kurz.
.‚skizzierten normalen Entwicklung des. Sexualtriebes über, so steht
an der Grenze zwischen gesund und krank die. Masturbation oder
Selbstbefriedigung. Sie macht in der außerordentlichen Häufigkeit
‚ihres Vorkommens so sehr den. Eindruck eines „harmlosen physio-
logischen Dürchgangs und Nebenproduktes des gesunden Sezuá
triebes“ (Kretschmer), daß ihr selbst kaum eine ärztlich-psycho- `
logische Bedeutung beizumessenist. Einesolche Bedeutung beanspruchen .
nur die -hypochöndrischen Befürchtungen, die moralischen und‘ `
hygienischen Überwertungen, die ihr anhaften -und die es zu.
korrigieren gilt. Bo a TnS
. Nut wo sie in exzessiver Form auftritt und .auch noch bei
vorhandener Möglichkeit zur ‚Erreichung eines normalen Ge
schlechtsziels ausschließlich fortbesteht oder doch bevorzugt
wird, deutet. die Onanie auf eine pathölogische („autoerotische“,
De) Temperamentverfassung der Persönlich
keit hin. ©... 0. le a !
Mit einem viel reichlicheren Konfliktsmaterial als die Mastur-
bation sind die eigentlichen sexuellen Perversionen belastet,
unter denen wir, ihrer Häufigkeit und Bedeutung entsprechend, die
Homosexualität besonders hervorheben müssen. Es sind noch
unentschiedene Fragen, ob bei dieser Perversität die abnorme:.An-
Von Dr. Heinz Fendel, Höchst a.. M., |
. Facharzt für innere und Nervenleiden. | ee
D K a pi tel 4 Ze (Fortsetzung aus Nr. 46.) :
Die Sexualität. -
u "Als ein wichtiges Motiv für die Verdrängung von Vorstellungen
und die Unterdrückung von Triebregungen hatten wir. das Interesse
Be ;
In dieser Absicht muß vieles verurteilt und ausgeschaltet werden,
moralischen und ästhetischen Satzungen widerspricht. Je geringer’
-Zufriedenheit mit sich selbst. Die Verdrängung führt zu einer Stau-
Affekte weiterwühlen und, oft erfolgreich, nach einem Ausweg, nach
Schlappen, die er erleidet, empfindet der in diesem Kampfe hyper-
auf die schutzverheißönden ethischen Gesetze eingestellt hat. Das
ußte Ursache von
Das Gesagte gilt von der Psychologie der Triebe ganz im
nicht deshalb, weil er, wie manche glauben, der einzige Trieb über-
"einnimmt. Die Libido sexualis ist zweifellos die stärkstmögliche.
Sie ist nicht, nur die stärkste Regung,
"sondern auch die am leichtesten auslösbare, sie hat die niedrigste | Ob die falsche ‚Sexualeinstellung psychisch, d. h. durch frühe, Er-
'lebnisse, Milieueinflüsse, Verführung und dergl. festgelegt worden ist?
oder ob beides in wechselnder Wirkungsstärke ursächlich in Frage
‘kommt? Jedenfalls wird in. den weitaus zahlreichsten Fällen die
- Annahme einer allgemeinen neuro- bzw. psychopathischen, oft, viel-
-sich bei vielen Menschen alle möglichen, an sich von erotischen
verbinden und dadurch selbst einen libidinösen Charakter bekommen.
| ‚leicht nur unspezifisch disponierenden, Konstitution nicht zu entbehren _
sein. Gerade mit der Unzulänglichkeit des Willens, . = a |
Ti | s i . | losigkeit gegen Reize aller Art, mit der negativistischen Ablehnung
5 a. ee | pra ETETE Bedeutung des | des Herkömmlichen, Eigentlich-Richtigen, sowie mit den pit rei
Sexualtriebes, seiner Abwegigkeiten und Hemmungen werden wir am und einzigartig entwickelten Bedürfnissen. kurz mit all’ den Biger-
eifl i | | tümlichkeiten, welche. die psychasthenische Persönlichkeit im all
gemeinen charakterisieren, läßt sich der perverse Trieb -zwanglos
“in einen verständlichen Zusammenhang bringen. Im Einzelfalle.wird _
‘es dabei immer schwer sein zu entscheiden, was ist beim Home
sexuellen von. den gleichzeitig sonst. noch vorhandenen Symptomen
unabhängiger Koeffekt der Konstitution, was Folge, was Ursache
| der Perversion. Uneinigkeit mit sich selbst, ‚Minderwertigkeils-
empfindungen, Lebensüberdruß sind auch der Psychopathie als solcher.
| eigen, siesind aberauch aus demErlebnis derschiefen gesellschaftlichen
und rechtlichen Lage des Homosexuellen sehr verständlich zu be-
greifen. — Entwicklungsgeschichtlich betrachtet, läßt sich die Homo-
sexualität auch. als eine Dauerfixierung jener affektiven Bigentüm- -
lichkeit in der Pubertätsentwicklung auffassen, welche sich a
überschwängliche gegenseitige Schwärmerei bei jungen Mädc 3 i
und Jünglingen, namentlich in Schulen und, Pensionaten, do der
mentiert. — In analoger Weise lassen sich die beim ‚Erwachen i
normalen Sexualität in Erscheinung tretenden. Nebeü- -und pa A
Triebe. in die anderen Perversionen hinein genetisch-verst
_ wicklungsgeschichte dieses Triebes geworfen haben. BE |
' > Tatsache ist zunächst, daß bis zur Pubertätszeit das ge-
Gefühlsbeziehungen zu den -Eltern ‚gekennzeichnet ist. Man will
Ausnahmefällen, bereits einen spezifisch sexualen Bestandteil wahr-
. genommen haben. Dadurch sei. die besondere Affektbindung zwischen
Mutter und Sohn. einerseits, zwischen Vater und Tochter andrerseits
auch hie und da im heutigen Menschen noch: rege und eine Hülle
‚seelischer Konflikte. Beispielsweise sei der „Ödipuskomplex“,
worunier Freud das unbewußte Fixiertbleiben der Libido auf die
Mutter versteht,. die Ursache für das Versagen der Libido bei dar-
gebotener normaler Gelegenheit und für. mannigfache andere
Konflikte. - en | | N
Durchschnittlich aber erfolgt mit dem Einsetzen der Pubertät
eine gewisse Loslösung vom „Elternideal“. Es zeigt sich jetzt —
aber nur unter nachdrücklicher Betonung der großen Variabilität
- gerade auf diesem Gebiete sei es gesagt — eine dumpfe Gegnerschaft
lich verfolgen: et, ie n a ige Tied
So wäre zum Beispiel der Exhibitiónismus, d. Ì Ländliche
zur Entblößung oder Onanie vor den Augen anderer, auf die |
| lage der entsprechenden. Drüsen als Ursache ‚anzusehen ist? oder |
Venenpulsschreibung und Elektrokardiographie in die Praxis. Je
30. November | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. | aa 1701
Neigung, den nackten Körper, die Geschlechtsteile und Exkremente | sowie anderen. Perversionsarten und den ähnlichen im Gesamtkomplex
zu zeigen, zurücklührbar. . | des Sexualtriebs ursprünglich vorhandenen Partialtendenzen.
Entsprechend ähnliche Beziehungen sind denkbar zwischen Aus diesem Grunde hat Kronfeld die Anlage zur sexuellen
Fetischismus (d. i. die libidinöse Erregung durch Benutzung von | Perversität als psychosexuellen Infantilismus gekennzeichnet.
leblosen Ersatzgegenständen, Haare, Wäsche, Schuheusw.), Sadismus- [A. Kronfeld%)]. | (Fortsetzung folgt.)
(Lust am Mißhandeln), Masochismus (Lust am Mißhandeltwerden) | 14) A.Kronfeld, Über psychosexuellen Infantilismus. Leipzig1921.
Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prot. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasion (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S.Grätt, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.- Rab
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie). Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O..Nordmann. Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer,- Berlin (N ervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
Zu logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
. geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
| oder umgeschaltet und dann nach einer gewissen Zeit mit der
Sarmmelreferate. üblichen 'Fortpflanzungsgeschwindigkeit zur’Kammer geleitet. 2. Der
z l , 'Reiz wird in dem schmalen Hisschen Bündel langsamer als im
Neuere Arbeiten über Herz- und Gefäßkrankheiten. übrigen Herzen geleitet. 3. Der in der Kammer eintreffende Reiz
Von Ernst Edens. wird nicht sogleich, sondern erst nach einer gewissen Latenzzeit
wirksam. Nun, diese Frage ist schon vor einer Reihe von, Jahren
durch Versuche Herings beantwortet worden. Wird das Hissche
Bündel vom Aschoffschen Knoten durch einen Schnitt getrennt,
so erfolgt bei Reizung der Schnittenden die Kammerkontraktion
4—5 mal früher als die Kontraktion des Vorhofs. Die Leitungszeit
durch das gesamte Bündel beträgt nur 0,066 Sekunden. (Erlanger).
Die Dauer des PR-Intervalles hängt hiernach in der Hauptsache ab
von dem Verhalten des Aschoffschen Knotens gegenüber dem Vor-
hofsreiz, von der „Reaktionsbereitschaft“ 1) des Knotens. Wenn aber
bei Störungen der Reizleitung das PR-Intervall von Schlag zu
Schlag wächst, bis schließlich ein Vorhofsreiz überhaupt nicht mehr
übergeleitet wird und ein Kammerschlag ausfällt, ein Verhalten,
das als Wenckebachsche Perioden bekannt ist, beruhen dann die
Verlängerung und die Versager der Überleitung auch auf krank-
hafter Veränderung der Reaktion des Aschoffschen Knotens oder
sind hier die Leitung im Bündel oder die Anspruchsfähigkeit der
Kammer schuld? Mobitz hat nun gefunden, wenn man unter der
Voraussetzung, die genannten krankhaften Änderungen der Über-
leitung beruhten auf Anderungen der Leitungsgeschwindigkeit im
Bündel, die PR-Intervalle in Beziehung setzt zu einer aus den Über-
leitungszeiten konstruierten Vergleichsgröße, und die so gefundenen
Werte in ein Koordinatenssystem einträgt. daß keine stetige Kurve
erhalten wird. Nimmt man dagegen an, daß die Reaktionsbereitschaft,
gemessen an der Dauer der vorausgegangenen Ruhezeit, die Störungen
der Überleitung begründe und setzt dementsprechend PR in Ver-
hältnis zu RP, so ergibt sich eine stetige Kurve. Die Wencke-
bachschen Perioden sind also hiernach auf eine Verminderung der
Reaktionsbereitschaft zurückzuführen. Die weitere Frage, ob die
Reaktionsbereitschaft des Aschoffschen Knotens oder die der Kammern
` das Verhältnis der Überleitungszeiten bestimmt, ließ sich in einem
Fall mit Kammerextrasystolen zugunsten des Aschofischen Knotens
entscheiden. Die Wenckebachschen Perioden werden von
Mobitz als Reizleitungsstörungen vom Typus I von solchen Reiz-
leitungsstörungen unterschieden, bei denen das PR-Intervall regel-
recht ist, aber unvermittelt hin und wieder eine oder mehrere
Kammersystolen ausfallen: Typus II. Dieser Typus wurde bisher
als Ausdruck einer verminderten Anspruchsfähigkeit oder, allgemeiner,
Die unregelmäßige Herztätigkeit war noch zu Beginn
unseres Jahrhunderts ein recht dunkles Gebiet. Wie bemüht sich
zum Beispiel Riegel in seiner bekannten, 1898 erschienenen Ab-
handlung „über Arrhythmie des Herzens“ die verschiedenen Formen
der Unregelmäßigkeit zu ordnen, und zu erklären. Und das Ergebnis?
Es gibt Allorbythmien, d. h. Formen, in denen sich die Unregel-
mäßigkeit gleichmäßig wiederholt (Pulsus bigeminus, alternans und
paradoxus) und eine Arrhythmie, d. h. eine Störung der Form, Größe
und Folge der Pulse ohne jede Gesetzmäßigkeit. Allen Formen ist
gemeinsam, „daß jede Irregularität ein Mißverhältnis zwischen Herz-
kraft und der zu leistenden Arbeit bedeutet“. In die nächste Zeit
fallen dann der Streit der Physiologen um die myogene oder neurogene
Natur des Herzschlages, um Engelmanns Lehre von den ver-
schiedenen Funktionen des Herzmuskels und die Einführung der
eifriger sich nun die Kliniker mit den neuen Untersuchungsverfahren
in das Studium der Arrhythmie des Herzens vertieften, um so
deutlicher wurde es, daß es sich bei den Arrhythmien um Störungen
eben der Funktionen handelte, deren harmonische Zusammenarbeit
nach Engelmann dem regelrechten Ablauf des Herzschlages zugrunde
liegt: Reizbildung. Reizbarkeit, Reizleitung und Kontraktilität. Als
eine besondere Gunst der Verhältnisse kam hinzu, daß Wenckebach,
neben Mackenzie der balınbrechende Kliniker auf dem Gebiet der
unregelmäßigen Herztätigkeit. als Schüler Engelmanns besonders
nahe Fühlung zu den physiologischen Problemen hatte. So wurde
die unregelmäßige Herztätigkeit eine der wichtigsten Brücken zwischen
Laboratorium und Krankenbett, zwischen Theorie und Praxis. Manches,
was in reiner Forscherarbeit bei mühevollen Versuchen gefunden,
aber als praktisch bedeutungslos nicht gewürdigt worden war,
gewann jetzt ungeahntes Leben. Und wenn früher die Arrhythmien
sogenannte‘ interessante Fälle waren, d. h. Fälle, die man nicht
sicher erklären, sondern nur geistreich interpretieren konnte, so
sind sie uns heute wichtig, weil sie uns tief in die verwickelten
Vorgänge der Herztätigkeit und des Lebens überhaupt blicken lassen.
In dem Maße wie unser Wissen von diesen Dingen ist aber auch
die Sicherheit der Diagnose und damit die Möglichkeit einer ziel-
bewußten Behandlung gewachsen, so daß der junge Baum der Er-
kenntnis jetzt auch für den Praktiker lockende — in diesem Falle
nicht verbotene — Früchte trägt.
= Über die Störungen der Reizleitung handelt eine
Interessante Arbeit von Mobitz. Zwischen der Vorhof- und
Kammersystole liegt, wie bekannt, eine gewisse Zeitspanne, die im
Elektrokardiogramm dem Abstand der Vorhofszacke P von der
ammerzacke R entspricht und als PR-Intervall bezeichnet wird.
Der Abstand der P-Zacke von der vorausgehenden R-Zacke, das
RP-Intervall ist als Maß der vorausgegangeneu Rubezeit der Reiz-
eltung anzusehen. Bevor wir nun auf die Störungen der Reizleitung
eingehen, soll zunächst ‘die Frage erörtert werden: wovon hängt die
a zwischen der Systole des Vorhofs und der Kammer ab? Drei
öglichkeiten kommen in Betracht: 1. der vom Vorhof kommende
eiz wird im Vorhofkammerknoten aufgehalten, irgendwie umgeformt
soeben gehört, daß die Kurve der Reaktionsbereitschaft den Wencke-
bachschen Perioden entspricht. Der Typus II kann also nicht auf
einer Verminderung der Reaktionsbereitschaft beruhen, sondern muß
anders erklärt werden. Wahrscheinlich durch eine anatomische
Schädigung des Bündels. Nach von Kries pflanzt sich die Er-
regung im Bündel wie im Herzen überhaupt auxomer fort, d. h. die
Erregung einer ganz schmalen Verbindungsbrücke genügt, um größere
Fasermassen zu erregen. Das Hissche Bündel kann also durch einen
krankhaften Herd stark eingeengt sein, ohne daß eine Störung der
Reizleitung auftritt. Je schmaler aber die noch funktionierende
Brücke, um so größer die Gefahr, daß vorübergehende Wirkungen
1) Mobitz faßt in diesem Ausdruck Anspruchslähigkeit und Reiz-
leitung zusammen, |
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Reaktionsbereitschaft der Kammern angesehen. Nun haben wir,
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oo o 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Neas EHEN SEEN 30. November |
reiche dissoziierte extrasystolische Kontraktionen einzelner Muskel- .
partien annimmt, wobei die automatischen hochfrequenten Reize
hierfür an zahlreichen. Stellen der atrioventrikulären Verbindungs-
muskulatur gebildet werden sollen. In einer neuen Arbeit unter-
zieht nun de.Boer die Versuche und Deutungen Haberlands einer
eingehenden Kritik.. Da sie sich nicht zu einem Referat eignet,
müssen wir uns hier mit diesem Hinweis begnügen. | a
Die praktisch wichtige Frage, wie sich Herzen mit Vorhofs-
‚Simmern bei Anstrengungen verhalten, hat Blumgart geprüft. ,
Nach einer Art von Treppensteigen auf der Stelle (Steigen auf einen
42 cm hohen Stuhl, >0mal mit ‚dem -rechten und ebenso oft mit
_ dem linken Fuß) erhöhte sich die Pulszahl bedeutend stärker und.
des anatomischen Prozesses die Leitung hie und da ‚unterbrechen.
Mobitz hat'nun eine Anzahl in der Literatur, niedergelegter klinischer
und experimenteller Beobachtungen daraufhin geprüft, ob.sie sich `
- - dieser Auffassung fügen, und kommt dabei zu einem bejahenden
. Ergebnis. Die Auffassung wird unter anderm durch folgende Er-
© fahrungen gestützt: bei totalem Block nach Asphyzie, dem ein
." .. Stadium Wenckeb achscher Perioden vorauszugehen pflegt, führt
- der ‚Aschoffsche Knoten die Kammern; das Kammerelektrokardio-
-gramm ist bei partiellem Block des Menschen in der Regel normal;
‘ im Tierversach fand sich die Reizleitungsgeschwindigkeit der Ver-
*-bindungsfasern nie geringer als die der übrigen 'Herzmuskulatur;
in’den Fällen von dauerndem totalen "Block ergab die Sektion eine
unter .Digitalisbehandlung vorübergehend eine regelmäßige Kammer-
"tätigkeit von verhältnismäßig hoher Schlagzahl (50 bis 90 Schläge .
in der Minute) auftritt, ist von Dock und Levine genauer unter-
sucht worden. -Es handelt ‘sich -dabei "höchstwahrscheinlich um.
eine automatische (wohl ‘ vom 'Vorhofkammerknoten ausgehende)
Er aa
0. trat: völliger Herzblock ein; nach diesem Zeitpunkt keine Anfälle
00. mehr. Plötzlicher Tod bei der Feldarbeit. Bei der Sektion fanden
oa PLEA ` organische. Unterbrechung meist des Bündelstammes: soweit Vor- länger bei der Leuten mit Vorhofsflimmern als bei Gesunden. Fälle -
a stadien eines dauernden totalen ‚Blocks beobachtet wurden, zeigten | von Vorhofsfimmern, die unter Digitalis standen, zeigten niedrigere
CERI sie keine' Wenckebachschen Perioden, sondern unvermittelte Aus- Pulszahlen als solche ohne Digitalis, die Reaktion auf Arbeit war
il fälle von Kammersystolen; nach Durchschneidungsversuchen von jedoch im Prinzip die gleiche. Aber auch wenn das Flimmern
N - Cullis und Dixon kann die Reizleitung so lange regelrecht erfolgen, | durch Chinidin ‘beseitigt wurde, blieb die krankhafte Reaktion be-
ei, als noch die schmalste Brücke. des Bündels besteht. a stehen, Wie weit hierfür eine Schädigung des Herzens durch das .
Aal ` Sollte die weitere Forschung die Ansichten von Mobitz be- | Flimmern, wie weit.eine Schädigung durch das Mittel verantworklieh
aiea ut atiy stätigen, so würde daraus für die Praxis eine größere Sicherheit in zu machen ist, ‚wurde leider nicht geprüft. ‚Barringer findet eben-
SIEEN LRN der Diagnose. und Prognose der ‚Reizleitungsstörungen entspringen. | falls die Leistungsfähigkeit von Herzen mit Vorhoisflimmern herab-
NN -o Über einen der Fälle, die Mobitz zur Stütze heranzieht, ist gesetzt, nach ‚Beseitigung des Flimmerns pflegt die Leistungslähigkeit:.
are ' an dieser Stelle schon berichtet worden?). Ein weiterer Fall stammt | =° steigen, gleichzeitig. kann eine bis dahin vorhandene Herzer weite-
ok CAIA > yon Starling und Lewis. ` Ein 51jähriger, bis dahin gesunder — us zurückgehen. Zum : Teil dürften Erscheinungen damit
Ra iy abgesehen von einer Grippe vor 20 Jahren ~“ Landarbeiter bekam. zusammenhängen, DT beim Te m Einfluß der Vorhöfe aut.
tht o e, plötzlich, Anfälle von. Bewußtseinsstörung, die oft durch Schlucken 2 a a a Pone piai aor Sepper wegfällt. “So
anae, -= ausgelöst wurden und durch Atropin beseitigt werden konnten: In. hei Kofsflir en a ir PN E AA der A a en
ve dh! "den Amfällen schlug der Vorhof regelmäßig weiter, während die er en 1 ` die K Ve ilit 8È ER usialls ‘der. vor-
PROBEN: Shut Kammertätigkeit aussetzte. Während der anfallsfreien, Zeit regel- eye. BE en M eniger 8° W rt a
Ban: N rechter Sinusrhythmus mit normaler Überleitungszeit.. Schließlich Die auffallende Erscheinung, daß bei Vorhofsflimmern zuweilen
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. sich Keine. Veränderungen im Vorhofkammerknoten und der obern `
Hälfte des Bündels, dagegen saß ein Kalkherd in dem Winkel, der
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BEER durch die Gabelung des Bündels in seine beiden Schenkel gebildet ee 5
LS "wird. Beide Schenkel waren hier völlig unterbrochen. Eine gewisse Kammertätigkeit. Rascher Wechsel von kurzen Strecken regel
De _ Ähnlichkeit mit diesem Fall hat eine Beobachtung von v. Hößlin mäßiger und unregelmäßiger Schlagfolge der Kammern spricht dafür,
ii - ùnd Klapp. Bei einer 28jährigen Frau traten nach Ausschälung ‘daß die Automatie leicht von einer Führung durch die Vorhofsreize
abgelöst werden kann... -o S = ‚77
Vorhofsflimmern kann offenbar recht verschiedene Ursachen.
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der. rechten Mandel Adams-Stockessche ‘Anfälle besonders beim:
kardiogramm gemacht werden, aber man hörte während der Anfälle -
eh 3. Schlucken auf. Obwohl keine Verwachsungen der Operationsgegend u ' recat i
a mit dem. Vagus oder der Karotis nachweisbar waren; wurde doch, haben. In manchen Fällen spielt die Schilddrüse mit, denn man
a B ls sich -die -Anfälle sehr häuften und sonst nichts helfen wollte, | sieht garnicht so selten nach falsch. angebrachter Jodbehandlung
ade der rechte Vagus reseziert. ‘Die Operation hatte den gewünschten | YOR Kröpfen ‚Flimtnern auftreten. . Auch. das Umgekehrte komm
Ka: di ‚Erfolg, die Anfälle wurden beseitigt.” Leider konnte kein .Elektro- | VOY: Aufhören des Flimmerns, nach Besserung ‘der Hypertbyreose.
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Anal So beschreibt Schwensen einen Fall von Basedow, der. dureh
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Röntgenbehandlung gebessert wurde; gleichzeitig verschwand aach
das Vorhofsflimmern. | ee. op
. Die nabe. Verwandtschaft von Flimmern und Flattern des
Vorhofs ist bekannt. Eine praktische Rolle spielt sie bei der. Be-
handlung des: Flatterns. Man gibt da nach dem Vorschlag von
Lewis so lange Digitalis, bis Flimmern eintritt; setzt man nun dle
Digitalis aus, so tritt in manchen Fällen nach ‘dem Abklingen der
Digitaliswirkung an die: Stelle des Vorhofflimmerns der normale
-Sinusrhythmus. In manchen Fällen bleibt freilich das Flimmern
bestehen oder das Flattern erscheint wieder. Die Wirkung der
Digitalis ist also in dieser Beziehung unsicher. Es hängt das iit
eaa ta "leise Vorhofsschläge in regelrechtem Rbytbmus, so daß, es sich offen-
el "bar um eine Leitungsstörung zwischen Vorhof und Kammer gehandelt
AHA 0. hat. v. H. und K. fassen sie als Vagusneurose auf, doch läßt sich
ü die Möglichkeit wohl nicht ausschließen, daß organische Verände-
| rungen. des Reizleitungssystems der ungewöhnlichen Vaguswirkung
_ zugrundegelegen haben. In dem. Falle von Russel-Wells und
= Wiltshire bestand 12 Jahre lang abwechselnd regelrechte Herz-
‚ tätigkeit und Vorhofkammerblock; die Sektion ergab schließlich eine
chronische Entzündung in der Bündelgegend. Wesentlich anders
verhält sich ein Fall von Kahler. Eine 30jährige Frau mit
syphilitischer Aorteninsuffizienz und einem Puls zwischen 64 und 96
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Pi kommt wegen Anlällen von Bewußtlosigkeit in die Klinik. Das dem doppelten "Angriffspunkt des Mittels zusammen. Um das ZU
rn, Elekirokardiogramm zeigte, daß im Anfall Vorhof- und Kammer- erklären, müssen wir ein klein wenig ausholen. Nach der Theon
als tätigkeit aussetzte; im weitern Verlauf des Anfalls trat dann zunächst | von Lewis und seinen Mitarbeitern kreist beim Vorholslatiern WE
$ ine langsame Kammerautomatie ein, darauf eine raschere atrio- die Mündungen der Hohlvenen eine Reizwelle, von der sich die
Kontraktionsreize strahlenförmig über den Vorhof ausbreiten. Das
Flattern bleibt so lange erhalten, als der im Kreis umlaufende Reis,
wenn er bei seinem Ausgangspunkt eintrifft, diesen schon wieder
erregbar antrifit. Das Flattern erlischt, wenn der Ausgangsp™
beim Eintreffen des Reizes noch nicht wieder erregbar ist, el 6S..
ventrikuläre Automatie, weiterhin eine Interferenz zwischen Knoten-
und Sinusrhythmus und schließlich der normale Sinusrhythmus mit
einem Vorhofkammerintervall von regelrechter Länge. Bei der
Sektion wurde das Leitungssysiem (Serienschnitte) völlig gesund
Ma gefunden, dagegen schwere Veränderungen im dorsomedialen Vagus-
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| T WE - kern: Schwellung der Ganglienzellen, , Tigrolyse, Degeneration, | weil die Geschwindigkeit des Reizumlaufes gestiegen e, tat
til Ä Schrumpfung. Nach diesem Befund darf man wohl annehmen, daß | relraktäre Phase des Ausgangspunktes. verlängert ist. Es kant je
2:27 5 n hier wirklich einer ‘der äußerst seltenen Fälle, ja vielleicht der | der Sinusrhythmus einsetzen, es kann aber auch der Reiz aul erregbare
SER Mi erste sichere Fall von neurogenem Adams-Stokes vorliegt. ' abseits der eigentlichen Bahn liegende Gebiete überspringen und s0
H at Wiig >| Uber Flimmern und Flattern der Vorhöfe ist an dieser | in Zickzacklinien weiter kreisen (Flimmern). . Die Digitalis erzeugt
o MEREEN WINEN, ` Stelle wiederholt berichtet, worden. Es wurde da?) erwähnt, daß | nun nach Lewis durch Vagusreizung eine Verkürzung der FETT
rail hi Lewis und de Boer die Erscheinung auf das Kreisen eines Reizes in | tären Phase und Reizleitung im Vorhof, durch unmittelbare Wirkag
d E AAAA _ den Vorhöfen oder Kammern zurückführen, während Haberland zahl- auf die Erfolgsorgane im Herzen eine Verlängerung der relra’
T BA: HN i | E Phase und Reizleitung. Verkürzung der refraktären Phase und Ver
3 N, iL) | 9 M.E. 1924, Nr. 11. Russel-Wells and Wiltshire. langsamung der Reizleitung ist aber nach dem, was so
ai TEI RANAR 3) M. Kl. 1924, Nr. í1. e R das Wesen des Flatterns und Flimmerns gesagt worden ist, -für
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30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
| Bestand des Flatterns günstig, Verlängerung der refraktären Phase
und Beschleunigung der Reizleitung ungünstig. So ist es verständlich,
warum die Digitalis je nachdem, welche ihrer Wirkungen über-
wiegt, einmal Flattern in Flimmern und regelrechten Sinusrhythmus,
ein ander Mal Flimmern in Flattern überführt. In neuerer Zeit hat
sich durch die Einführung des Chinidins die Sachlage verschoben.
Chinidin verlängert die refraktäre Phase und die Leitungszeit, unter-
stützt also die unmittelbare Digitaliswirkung*). Die Verlängerung
der refraktären Phase hat die Tendenz, die krankhafte Kreisbewegung,
sei es Flimmern oder Flattern, zu unterbrechen, die Verlangsamung
der Leitung arbeitet dem entgegen. Bei beiden Mitteln hängt also
der Erfolg davon ab, welche der Wirkungen siegt. Für das Vor-
hofsflattern hat Wedd diese Frage an zwölf Fällen geprüft. Digi-
talis hatte nur geringen Einfluß auf die Frequenz des Flatterns,
doch offenbarte sich die doppelte Wirkung insofern, als bei einigen
. Kranken die Frequenz stieg, bei andern sank. Atropin wirkte ebenso.
Chinidin setzte dagegen in allen Fällen die Frequenz wesentlich
(um 40 bis 90 Schläge) herab, eine Wirkung, die in zwei Fällen
durch Digitalis gesteigert wurde. Für die Praxis ist neben dem
Verhalten der Vorhöfe die Schlagzahl der Kammern wichtig: sie
wird durch die Digitalis vermindert, durch Atropin und Chinidin
erhöht. Der Grund der Erhöhung ist aber beim Atropin ein ganz
anderer als beim Chinidin; Atropin steigert die Schlagzahl durch
Besserung der Reizübertragung, Chinidin durch Herabsetzung der
Vorhofsfrequenz.. Die mit dem Sinken der Vorhofsfrequenz einher-
gehende Steigerung der Kammerfrequenz bei der Chinidinbehandlung
ist nun wenig erwünscht, da durch sie das Herz stark belastet
wird. Wedd empfiehlt. deshalb vor oder gleichzeitig mit dem
Chinidin Digitalis zu geben, um die atrioventrikuläre Reizüber-
tragung zu drücken; da die Digitalis, wie erwähnt, außerdem die
Herabsetzung der Frequenz des Flatterns durch Chinidin unterstützen
kann, so erscheint es zweckmäßig, gegen Vorhoisflattern überhaupt
mit beiden Mitteln vorzugehen und nicht wie bisher zu versuchen,
durch Digitalis allein das Vorhofsflattern auf dem Umwege über
‘ Vorhofsflimmern zu beseitigen. Zur Ergänzung mag noch ein von
_ kürzere Bahn einzuschlagen.
Wilson veröffentlichter Fall von Vorhofsflattern erwähnt werden,
bei dem Vagusreizung (durch Druck auf die Bulbi) die Frequenz
des Flatterns steigerte; es ist, anzunehmen, daß die infolge der
Vagusreizung eintretende Verkürzung der refraktären Phase den
kreisenden Reiz veranlaßte, eine dem Zentrum nähere, und deshalb
Je kürzer aber die Bahn, um so
- rascher der Umlauf des Reizes, und dementsprechend zahlreicher
'Verlangsamungen des Sinusrhythmus kommen vor.
die über die Vorhöfe ausgesandten Kontraktionswellen.
Wenn auch ziemlich häufig Vorhofsflimmern und Vorhofs-
flattern, sei es von selbst oder durch entsprechende Behandlung
. wieder vergehen und dem normalen Sinusrhythmus Platz machen,
s0 bleiben doch oft Störungen der Schlagfolge zurück, die anzeigen,
daß noch nicht alles in Ordnung ist. Gewöhnlich sind es Extra-
systolen der Vorhöfe, aber auch stärkere Unregelmäßigkeiten oder
Als Seltenheit
verdient ein Fall von sinuaurikulärem Block unsere Beachtung. Er
wurde von Wenckebach und Winterberg bei einem Kranken
‚beobachtet, der an Vorhofsflattern litt. Digitalis und Chinin führten
zunächst Flimmern herbei. Nach dem Aussetzen der Mittel starke
Pulsverlangsamung (30 Schläge in der Minute) mit Atemnot und
Zyanose, später bei einem Puls von 60 Anfälle von Herzstillstand,
die, wie das Elektrokardiogramm zeigte, Vorhof und Kammer be-
trafen. Die Stillstände wurden durch seltenere supraventrikuläre
und atrioventrikuläre Schläge dann allmählich wieder in den Sinus-
rhythmus übergeleitet. Im Anschluß an diese Beobachtung werden
Fälle von H. Straub und Roscher besprochen, die als Sinusvor-
hofblock veröffentlicht, nach Wenckebach und Winterberg aber
als Störung des Sinusrhythmus durch rückläufige Extrasystolen des
Vorhofs zu deuten sind. Wenckebach und Winterberg berichten
dann noch über einen Kranken, bei dem nach Beseitigung von Vor-
ofsflimmern Extrasystolen auftraten, die nach ihrer Ansicht vom
Sinus ausgehen. Die prinzipielle Frage, ob es überhaupt Extra-
systolen des Sinus gibt, wird verschieden beantwortet; manche
Autoren bestreiten es. Wenn nun Forscher wie Wenckebach und
winterberg sich in einem konkreten Falle dafür entscheiden, so
legen sicher gewichtige Gründe vor. Unbedingt zwingend scheinen
Sie aber dem Referenten nicht zu sein, doch kann hier nicht näher
arauf eingegangen werden. Wer sich für das Problem interessiert,.
muß die Arbeit selbst zur Hand nehmen.
nn
%) Vgl. Ref, in M. Kl. 1914, Nr. it.
des Sinusrhythmus und Extrarhythmus aneinander.
die Schlagfolge wurde also nicht merkbar beeinflußt.
Über die Parasystolie handeln Arbeiten von Winterberg,
Mobitz, Scherf sowie Iliescu und Sebastiani.
und Rothberger aufgestellt worden ist.
schlagender Herzen extrasystolische Allorhythmien auftreten, bei denen
die Abstände der auf den ersten Blick regellosen Extrasystolen einen -`
gemeinsamen Teiler, nämlich die Periode des künstlichen Reizes
haben. Da sie bei der Untersuchung mancher spontaner Extra-
systolen dasselbe Verhältnis fanden, so nahmen sie an, daß auch
hier ein regelmäßig arbeitender Extrareizherd neben (zapá) dem
normalen Schrittmacher tätig sei. Daß nicht alle Extrareize wirk-
sam werden, die außerhalb der refraktären Phase des betreffenden
Herzabschnittes fallen, erklären sie durch Leitungsschwierigkeiten:
der Extrareizherd ist nicht durch so geordnete und eingefahrene
Leitungsbahnen mit dem übrigen Herzen verbunden wie die Stätten
normaler Reizbildung (Austrittsblockierung). Und daß die Bildung.
der Extrareize nicht durch die regelmäßigen Kontraktionen des
. Herzens gestört und zerstört wird, erklären sie in der gleichen
Weise durch eine Eintritts- oder Schutzblockierung. Und die Be-
obachtung schließlich, daß sich oft der Abstand der Extrasystolen
von den vorausgehenden regelrechten Systolen, die Kuppelung, inner-
halb engerer Grenzen hält als nach dem Verhältnis zwischen Sinus-
und Extrarhythmus zu erwarten, erklären sie durch eine Angleichung
| Eine Theorie,
die solche Hilfshypothesen nötig hat, ist natürlich der Kritik be-
sonders ausgesetzt.
die nach ihrem Aufbau den von Kaufmann und Rothberger als
Parasystolien gedeuteten Fällen entsprechen, nicht gerade häufig:
und die Ausmessung sowie Berechnung der Kurven sehr mühsam.
Infolgedessen liegen bis jetzt nur wenig Nachprüfungen vor: die
erwähnten Arbeiten von Mobitz; Winterberg, Scherf, Iliescu
und Sebastiani. Scherf fand in seinen Kurven wohl viele Stellen,
die in ihrem Aufbau einer Parasystolie glichen; sie mußten aber
als Folgen konstanter Kuppelung und der Zahlenverhältnisse zwischen .
Sinusrhytımus und Extrasystolenrhythmus erklärt werden.und nicht
umgekehrt Kuppelung und Zahlenverhältnisse als Folgen eines para-
systolischen Mechanismus. Auch Iliescu und Sebastiani trafen
auf Strecken, die wie eine Parasystolie aussahen; verfolgte man
aber solche Strecken auf langen Kurven weiter, dann traten Un-
stimmigkeiten aul, ‘die zeigten, daß die Parasystolie durch zufällige
Rhytlımusverhältnisse vorgetäuscht war. Und so haben alle soeben
genannten Forscher auf Grund ihrer eigenen Beobachtungen und
Nachprüfungen der Arbeiten von Kaufmann und Rothberger
Bedenken gegen die‘ Lehre von der Parasystolie erhoben. ` Es
muß also weiteren Untersuchungen überlassen werden diese Frage
zu klären. |
Von der paroxysmalen Tachykardie. Es kommt vor,
daß trotz der hohen Frequenz in die Schlagfolge einer paroxysmalen
Tachykardie Kontraktionen eingestreut werden, die nicht von dem
führenden, sondern einem andern Extraherd ausgehen. Samet und
A. Schott sahen z. B. bei einem 36jährigen Kranken mit schwerer
Herzschwäche. infolge einer syphilitischen Aorteninsuffizienz, Anfälle
von paroxysmaler Vorhofstachykardie, die durch Extrasystolen der-
Kammern gestört wurden. Die Periode der Tachykardie betrug 0,36,
die Kuppelung der Kammerextrasystolen 0,30—0,34 Sekunden.
Infolge der längern Anspannungszeit der Extrasystolen fielen die -
ihnen entsprechenden Radialpulse ziemlich genau an dieselbe Stelle,
an die bei ungestörtem Rhythmus der fällige Schlag getreten wäre,
‚ Dagegen be-
wirkte die Verschiebung der Kammerfüllung durch die vorzeitigen
Extrasystolen eine Änderung der Pulsform: es trat ein Pulsus
Der Fall lehrt wieder einmal, daß der Pulsus `
alternans auf.
alternans kein einheitlicher Vorgang ist — eine Tatsache, die bei
der prognostischen ' Bedeutung, die dem Alternans beigelegt wird,
auch praktisches Interesse hat. Bemerkenswert ist ferner, daß die
Anfälle von paroxysmaler Tachykardie durch intravenöse Injektion
von 0,25—0,4 g Chinin. bimuriatic. carbamidat. abgeschnitten werden
konnten. Eine kleine Mitteilung über eine ganz kurze ventrikuläre
Extrasystolie während einer paroxysmalen Vorhofstachykardie bringt.
Barker, wie zur Ergänzung des vorstehendes Falles bemerkt sein
mag. Iliescu und Sebastiani berichten über zwei Fälle von
paroxysmaler Vorhofstachykardie, die mit Chinidin per os behandelt
wurden, In dem einen Fall war keine Wirkung nachweisbar. In
dem andern wurden die bis dahin sehr kurzen Anfälle verlängert
und gleichzeitig die Frequenz von 193 auf 87 Schläge herabgesetzt,
1103
Wir dürfen -
daran erinnern, daß der Begriff der Parasystolie von Kaufmann
Sie gingen von der Be-
obachtung aus, daß bei künstlicher rhythmischer Reizung regelmäßig
Nun sind aber extrasystolische Arrhythmien,
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
Merkwürdiger Weise konnte der betreffende Kranke die Anfälle
durch körperliche Anstrengung — er setzte den Fuß.auf einen Stuhl
und hob sich 20—30 mal — prompt beseitigen. Zwei etwas ältere
Arbeiten über Behandlung der paroxysmalen Tachykardie mit Chinin
‘stammen von Singer und Winterberg?) und Scott; es mag hier
genügen, an sie zu erinnern. Die Wirkung des Chinins und Chinidins
ist vermutlich, .. wenigstens zum Teil, auf die Verlängerung der |
reiraktären Phase zurückzuführen (Drury, Horsfall und Munly);
dafür spricht u. a. die schrittweise Verlangsamung des krankhaften
Rhythmus in dem einen Fall von Iliescu und Sebastiani. Aus-
nahmsweise kann das auch einmal spontan vorkommen, wie eine
Beobachtung von Marvin zeigt. Bei einem 52jährigen Manne mit
intermittierendem Hinken, Emphysem und starker Herzvergrößerung
trat plötzlich eine paroxysmale Kammertachykardie von: 170 Schlägen
auf. Im Lauf. der nächsten sieben Tage sank die Schlagzahl langsam
bis auf 124; die Form des Elektrokardiogramms blieb dabei unver-
ändert. Am achten Tage Schlagzahl 80,: Elektrokardiogramm wieder
normal. Der Verfasser spricht sich nicht darüber.aus, wie dieser
ungewöhnliche Verlauf wohl zu erklären sei. Vielleicht hängt er
mit Veränderungen des Herzens infolge der ungenügenden Durch-
Aus dem Pathologischen Museum der Universität Berlin,
| À Einiges Neuere aus dem Gebiete der Parasitologie,
tropischen Pathologie und Hygiene. |
Von H. Ziemann.
(Schluß aus Nr, i)
T Trypanosomen.
Es gelang Schmidt (1924) nicht, Tryp. equinum. in den
Hunden durch Bayer 205 resistent zu machen. Auch: bei den
natürlichen Mal de Caderas-kranken Pferden waren nach Rückfällen
die “Trypanosomen nicht resistent. Die der Wirkung von Bayer 205
ausgesetzt gewesenen Irypanosomen waren in ihrer Vitalität und
Virulenz geschwächt und leicht mit Bayer 205 zu beeinflussen.
| Vgl. den kürzlichen Bericht über die medizinische Tagung
gelegentlich des letzten Kolonialkongresses in Berlin, September.19%,
Amöben- und ändere Darmprotozoen.
Reiß (1924) vermehrt die sehr seltenen Fälle von: Amöbar-
zystitis um einen weiteren.‘ Beschwerden bestanden in Harndrang
EN Zr
ae u ee 4 Bor
und Hämaturie. lm Harn Amoeba histolytica minutissima, charak-
ar $ REN N blutung während des Anfalls zusammen, denn es ist bekannt, daß | terisiert nur durch 3 Zysten. Nachdem Emetin erfolglos, erst
SR EN HDA (i im Tierversuch durch Sperrung der Durchströmung Kammerflimmern | 1-—20/igë, später 10°/ige Yatrenlösung zur Spülung. Vorher einige
TERSHEH RN | HEIA (hi — das letzten Endes ja auch eine Extrasystolie ist — beseitigt | Tropfen Novokainlösung in die Blase. Hierauf 10—20 com -der
EG 13 EEH IN werden kann [Langendorff®)]. ur = | 10%/sigen Yatrensuspension mit Guyonspritze in die Blase,
ER ERIAREN N | LAE TERE is pA a ; i i , itda . m-a.: ,
ESSEN] iaar aA NTN Die Schlagfolge bei paroxysmalen Tachykardien . wird ge- J ee en ie) ar 2. ae
ope aA AnA, AERAN EHE wöhnlich als: regelmäßig bezeichnet. Das gilt nach Strong und ie g ben chi in der Blase, Heilung peT Mi a
ai El BATISI LER Levine aber nur- für Vorhofstachykardien. . Dagegen deckt eine | ° 5 8 A SE ern,
eh aa | FARB . sorgfältige Untersuchung, d. h. aufmerksame Auskultation des Herzens | Unter Berücksichtigung früherer Untersuchungen im Rhein-
ta et ATE en ER Gl i während mehrerer Minuten, bei den paroxysmalen. Kammertachy- | lande zeigten sich nach Bach (1924) bei 435 „StsRn (214 Br-
On BES, Br ap BRD ER AMT? ; A B . ° À . FE A : yo r :
7,25 SEEN RAATS HLEN kardien gewöhnlich eine, wenn auch geringe, so doch deutliche | wachsenen, 221 Jugenilllcken bis zu 15 Jahren) ai Jo mit Protozoen
en N \ RESA Unregelmäßigkeit der Herzschläge auf. . Das ist praktisch wichtig, IulinIork indz warani [omit Entamoeba coli, 3,9 jo mitEntamoehs
a N L AG | weil Vorhofstachykardien. im ganzen harmlos sind, während Kammer- Aretoly tica; 2,1°/, mit Entamoeba Saripin, 1,80), mit Entamoeba
BETA | | tachykardien sehr oft mit ernsten Veränderungen des Herzens, be- nana, 4,8°/amitJodamoe pahia ia a JomitLamblia intestinalis,
RANDE | ‘sonders Koronarsklerose einhergehen. Die Verfasser belegen diese | 1,4°/o mit Chilom. mesnili. Die hohe Zahl der Lamblien wurde von
ee: Regel durch die Elektrokardiogramme von zwei eigenen und mehreren | anderen Untersuchern, z. B. in England, in Australien, am Ams-
el se PER ER Beobacht .der Literat zonenstrom, nicht erreicht. Die Infektion verlief bei den ver-
UT DER Beobachtungen aus der Literatur. | | Uap x
en SEE Nail | 12, ee | schiedenen Protozoenarten für die befallenen Personen mit Ausnahme
ZEN Ri N a eye en an os paroxys- | weniger klinisch unsicherer Fälle, ‘ohne bedeutsame Erscheinungen
RR ARTEN SR RT mal auricular tachycardia. Heart ‚11, Nr.1. — Barringer, Effect of auricular S . : ». aa > le
É: FU Fee ANUN Erle) pa R fibrillation on functional ability of the heart. Journ. of the amer. med. assoc. und zwar auch bei Entamoeba histolytica und Lamblia intestinalis f
OR Ce aE a a SER 1924, 82, Nr.7. — Blumgart, The reaction to exercise of the heart by auricular NR
ETF fibrillation. Heart 1924, 11, Nr.1. — de Boer, Die neuen Theorien über Flimmern Syphilis.
a = i M und Fiattern. Pilügers Arch. 1924, 203, 1/4. — Dock u. Levine, The occurrence of
ee
e eR
| Me ee ier sei erwähnt die
ne Ai ASOT, ga EN regular ventricular rhythm with a rate of over fifty in cases of auricular fibrillation. Hier sei erw
en a BA TPA, DSi
, .
en ee Poo R
& ze Se i M € t
ern
Mitteilung von Rosentull (1924), da -
The amer. journ. of med. gcieno. 1924, 167, Nr. 5. — Drary, Horsfall u. Manly, Ob- | Wegen- wertvoll, A weil ganz ähnliche Verhältnisse bezüglich de
a servations relating to the action of quinidine upon tbe dog’s heart. Heart 1922, 9, Syphilis auch bei vielen anderen unkultivierten Völkern ‚herrschen,
Ta N n ek athi Nr. 4. — Feil u. Katz, Evidence of the dynamic importance of auricular systole in | bei denen die Infektion vielfach schon in der Jugend durch Kor
SS TEN DOES El : man. Proc. of the soc. f. exp. biol, a. med. 1923, 20, Nr.6. — v. Hoesslin u. Klapp, t kt stattfindet ;
DAS Nr Hi Vagusresektion bei Adams-Stokesschem Symptomkompləx. Klin. Wschr. 1924, 8, | akt S k | |
Eee n$ f | IF Nr. 27. — Iliescu u, Sebastiani, The causation of extrasystolic irregularities of the E . Im Gouvernement Astrachan zeigte sich unter den Kalmücken
Sura , i beart beat, with special reference to tbe hypothesis of parasystole. Heart 1923, 10, | Syphilis sehr verschiedenartig und durch die Häufigkeit der schweren
"i prek al t Nr. 1/2. — Dese Dn Notes on nn en an paroxysme of Fälle ausgezeichnet. Die Leute wohnen in ihren Hütten ong bei-
ANES. PRN cardia, benda ee Dr PF 1993, 7 Nea. — Katz a Peil Caio] op | sammen, weit entfernt von ärztlicher Hilfe. Die Übertragung erfolgt
EEE ALL Plokoss. Wiener Aron Bm A Sa e e e oa x entweder mehr angeboren oder durch täglichen Verkehr (dureh Kor-
En e 1 N vations on the dynamics of ventricular systole. Arch. ofint. med. 1923, 82, Nr.5. — ß ' i a ; 5 im Munde: ihren Anfang.
pr RAU Ei Lewis, Post mortem notes of Dr. J.H. Harlings Oase of heartblock, Heart 1922,9, | takt). Fast immer nimmt die Krankheit dort im Munde ihren Antıg
Rn N Nr.4 — Marvin, An unusual example of paroxysmal tachycardia with gradual | Schon 6 bis 13jährige Kinder zeigten sehr oft die Eragneinnngen i
NS -HU . Nik slowing of rate. Ebenda 1928, 10, Nr.4. — Mobitz, Über die verschiedene Ent | Lues U. Oft bertragung durch Benutzung einer gemeinschattlic a
N g ` RHEIN stehungsweise extrasystolischer Allorhythmien. Zschr. f. d. ges. exp. Med. 1923, 84, | Pfeife. Das Eßgeschirr wird nie. mit Wasser gereinigt, sondern A
D | I EINER ER HE S. 490. — Derselbe, Über die unvollständige Störung der Brregungsüberleitung | Zunge oder Fingern. Oft fanden sich ringförmige nässende Pape s
Kon An: ji: | Ale a ee een ah die der Autor aber nie an den:Beinen beobachtete. Ar Ag
Dee | Roscher, Partieller Sinusvor € hm]: 5 ili
BE S REED Rein LT pIo M.m w. 1928, 70, Nr. 44i. — Samet u. A. Schott, Paroxysmale Vorhofstachykardie nach der Ansteckung). Das gewöhnliche papulöse Syp ei sich
TO FEE Era HR T E Wi Arch. ti den Kalmücken nur sehr selten beobachtet. Nicht selten z !
rooe EAA EON FONE mit ventrikulären Extrasystolen und pulsus alternans. iener Arch. f ina. Med. ; qa ang > in dieser Period
DE an Ni SNIN 1924, 8, 2, — Sclierf, Zur Frage der Parasystolie. Ebanda 1924, 8, 1. — Schwensen, | auch:Lichen syphiliticus. Am häufigsten sieht man in die ie
er Di SER ES Een Lie Restoration of the normal auricular rhythm in a patient, suffering from Graves papulo-pustulöse Syphilide in Form -großer Ekthyma und OP it i
TA Yet AHH: disease and auricular fibrillation after X-ray treatment, Acta radiolog. 1923, | gleitet von Fieber und Anämie. Leukoderma und Alopecia syp Nur
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O ; i | ko sduston: Heart 1922, 9, Nr. 4. — Starling, Heart block influenced by the vagus. zeigte sic Tabes. Ba
i n 1 AAI, Ebenda 1921, 8, Nr.1. — H. Straub, Über partiellen Sinusvorhofblock beim Menschen. den illenbogengegennn
Be: 4 St di D.m.W. 1917, Nr. 44. — Strong u. Levine, The re the on. rate n it schweren Formel
De lt al ventricular tachycardia. Heart 1923, 10, Nr. 1/2. — Wedd, Notes on the ; ? 4 it Nekrost:
Be) A konoi ERA drugs in clinical flatter. Ebenda 1924, 11, Nr.2. — Wenckebach | von Lúes III in Zugang. Am Schädel oft Ostitis gumm0s& DE Ober
` E. u. Winterberg, Störungen des Sinusrhythmus nach regularisiertem Vorhofflimmern | sehr oft auch schwere Zerstörungen der Nasenknochen "W an
a und Vorbofflattern. Wiener Arch. f. inn. Med. 1924, 8, 1. — Wilson, Report of a en, der ` aA erös
2. AREN case of auricular flatter in which vagus stimulation was followed by an increase flächlichen tu Er
Be N in the rate of the sinus rbythm. Heart. 1924, 11, Nr. 1. = Winterberg, Über Extra- Syphiliden und Lupus wäre oft sehr schwer. Die BA He |
nd ti systolen als Interferenzerscheinungen. Wiener Arch. f. inn. Med. 1923, 6,1. l s Lues ereditaria a
A | | lten mit tö en
Fr Dag ° . i 8
A WI - 5) Vgl. Ref. M. KI. 1923, Nr. 33. lauf. Lues II reagiert auf Jod und Quecksilber sehr “rafgelóst i
poe TR 11 6 S Arch. 66, 355, 1897. letzter Zeit Therapie mit großen Dosen Neosalvarsan, _
; | u ) Pflügers Arch. 66, 399, f de verwa?
Be THF | Bei Erwachsenen Wachsen
od EN bei Kindern von 7—12 Jahren 0,75. Bei 5 bis 7;
BEN ||). nr Fe durchschnittlich 0,9 wöchentlich bis zur Gesamtdosis VOD %3 go
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30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
1705
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änderung. Das Zutrauen der Kalmücken zur Behandlung stieg in
letzter Zeit erheblich. Auch Bismutum salycilicum bewährte sich viel-
fach, besonders bei vorgeschrittener Lues II, weniger durchgreifend
als Neosalvarsan, aber nachhaltiger als Quecksilber, gab aber bei
Lues III keine guten Resultate.
Lepra- und Rickettsien-Forschung.
Paldrock (1924) zählt die Leprabazillen zu den Fadenpilzen.
Sich dunkler fürbende Stellen in den Stäbchenformen der Leprabazillen
sind chromatin- und nukleinsäurcenthaltende Körnchen, welche, an
den Wänden zu Knospen werdend, sich dann durch die Stäbchenwand
binausdrängen und dann als Körnchen mit oder ohne Stiel neben den
Stäbchen erscheinen. Auch Doldenbildung und Verzweigung werden
gesehen. In den Leprabazillen findet sich freie Nukleinsäure, vor-
nehmlich in den erwähnten Körnchen. Durch Kochen kann diese freie
Nukleinsäure extrahiert werden. Durch die Entfernung der Nuklein-
säure können bei Behandlung mit Karbol, Methylenblau, Chinin, Eosin,
Tannin Hinweise auf noch unbekannte Bestandteile in lufttrocknen,
nicht lixierten Ausstrichpräparaten gefunden werden.
Die Kohlensäurebehandlung der Lepra tuberosa be-
dingte nicht nur ein Verschwinden der fühlbaren und
sichtbaren Hauterscheinungen, sondern auch eine Hebung
. des Allgemeinzustandes. Die Leprabazillen werden bei dieser
Therapie der Aufschließung durch den Körper zugänglich gemacht
und die freiwerdenden Abbauprodukte wirken als Antigen und
tragen zur Antitoxinbildung bei, welche mit den gleichzeitig ge-
bildeten Lysinen auch eine Rückbildung der nicht behandelten
Knoten bewirken.
Weigl (1924) gibt einen wirklich vorzüglichen allgemeinen
Überblick zunächst über die Merkmale der Rickettsiagruppe und
dann über die Kriterien der Identifizierung verschiedener Rickettsien,
des Infektionsmodus der Laus mit Rickettsien und der Beziehungen
dieser Gebilde zu Erkrankungen. der betreffenden Arthropoden.
Er unterscheidet 1. Rickettsia Prowazeki, wobei die In-
fektion der Laus ausschließlich vom Blut fieberkranker Menschen und
Tiere zustandekommt. Die Rickettsien entwickeln sich streng intra-
zellulär in den Magendarmzellen der Laus, unter stark toxischer Wir-
kung für die Läuse. Dieselben bedingen, überimpft, beim Menschen
und den geeigneten Versuchstieren ein charakteristisches Fleckfieber.
Durch Fleckfieberserum vom Menschen und Versuchstieren werden sie
spezifisch agglutiniert und präzipitiert. Sie erzeugen spezifische Agglu-
tinine für X 19; 2. Rickettsia Rocha Limae. Entwicklung intra-
und extrazellulär, ohne toxische Wirkung für die Laus, nicht infektiös
für Menschen und Versuchstiere. Im Gegensatz zu 1. leicht gegen-
seitige Infektion der Läuse; 3. Rickettsia Cairo. Angeblich intra-
zelluläre Entwicklung in der Magenzelle der Laus (?). Keine gegen-
seitige Infektion der Läuse. Toxisch für Läuse, aber nicht infektiös
. für Menschen und Versuchstiere; 4. Rickettsia quintana. Aus-
schließlich extrazelluläre Entwicklung im Darmlumen der Laus. Keine
gegenseitige Infektion der Läuse. Nicht toxisch für Läuse. Über-
impfung auf den Menschen soll angeblich Febris wolhynica hervorrufen;
5. Rickettsia pediculi. Ausschließlich extrazelluläre Entwicklung im
Darmlumen der Laus. Gegenseitige Infektion der Läuse. Für Menschen
und Versuchstiere nicht infektiös, scheinbar auch nicht für Läuse.
Bei Flecktyphus bewährte sich nach Kirschenblatt und
Nasarjanz (1924) die Eigenblutbehandlung, nachdem das Blut
am 6., 7., spätestens am 8. Tage aus der Kubitalvene entnommen und
In einer Menge von 10 bis 20 ccm in die Glutäen eingespritzt war.
Der Verlauf war gegentiber den Kontrollfällen durchschnittlich ein viel
leichterer. Oft schon Krisis am 9. bis 11. Tage. Auch bei Erysipel
bewährte sich die Methode, möglicherweise auch bei Typhus abdo-
minalis und Paratyphus; doch wären darüber weitere Beobachtungen
notwendig.
Die Dosierung der gebräuchlichsten Heilmittel in den
| Tropen.
- — _ Nauck macht zunächst Angaben über die Wurmabtreibungs-
mittel. Man soll bei kleinen Kindern nur dann Würmer abtreiben,
wenn Würmer mit Sicherheit festgestellt sind.
Das vor allem bei Askaris und Ankylostoma angewandte Oleum
‚chenopodii gibt man nach Verabreichung eines kleinen Frühstücks
mal in so viel Tropfen, als das Kind Jahre alt ist, doch nicht über
10 Tropfen pro dosi. Etwaige Wiederholung erst nach 10—12 Tagen.
Thymol in 2 Gaben, alle 2 Stunden oder in 4 Gaben alle Stunde (bei
kylostomum, Cestoden und Oxyuren) im Alter von 5—9 Jahren 1,0
pro die, 10 bis 14 Jahren 2,0, 15—19 Jahren 3,0. Tetrachlorkohlen-
stoff, bestes Mittel bei Ankylostomiasis. 0,2 ccm pro Lebensjahr, bei
rwachsenen 3—4 cem (in Gelatinekapseln oder einfach in Wasser).
le aufsteigenden Dämpfe nicht einatmen. Extract. filicis maris
und Filmaron in den Tropen nicht geeignet. Gegen Bandwürmer
eschälte Kürbiskerne (60 bis 100 Stück in Zucker zerstoßen),
erner Dekokte von Granatrinde (50—60 g in 1200 ccm Wasser, 24 Stunden
stehen lassen, 10 Minuten kochen, dann filtrieren und auf 1000 auf-
füllen mit Wasser. Gabe 10 bis 50 g Tartarus stibiatus bei Try-
Boom und Leishmaniaerkrankungen. Je nach dem Alter
es Kindes 0,02 und mehr. Größere Kinder vertragen 0,01 endovenös.
Stibenyl Heyden, Antimonpräparat, ähnliche Indikationen wie oben.
Kinder unter 2 Jahren erhalten von 0,03 steigend bis 0,1 jeden 2. bis
3. Tag am besten intramuskulär. Emetinum hydrochloricum bei
Amöbendysenterie, Bilharzia, Lungenegel, Guineawurm. Man beginnt
mit 0,05 steigend auf 0,1 bis 0,5. Wegen kumulierender Wirkung des
Mittels nicht länger als 8 bis 10 Tage. Chinin. Man rechnet im all-
Remeinen pro die 0,1 für jedes Lebensjahr. Vom 10. Lebensjahr an
osen wie bei Erwachsenen. Nach einer anderen Vorschrift 0,01 für
jedes halbe Kilo. Neosalvarsan, gewöhnlich in Dosen von 0,15
is 02. Robineau schlägt vor, Neosalvarsan per rectum in Lösung
von 1:10 kleinen Kindern zu geben (?). Chaulmoograöl bei Lepra, zu
beginnen mit 3 Tropfen unter langsamem Steigen, am besten in Milch.
Pestserum, bei Kindern 30 bis 50 ccm, die -Hälfte intravenös, die
andere Hälfte subkutan. In den nächsten 3 Tagen alle 12 bis 14 Stunden
wiederholen. Ruhrserum, bei bazillärer Ruhr bei Kindern unter
10 Jahren J0 bis 20 ccm subkutan oder intramuskulär, bei über 2 Jahren
30 bis 50 ccm (im Verlauf von 4 Tagen). Kochsalzinfusionen bei
Cholera besonders intravenös und subkutan. Selbst bei
kleineren Kindern 250 bis 300 ccm auf einmal. |
Zusammenfassende Übersicht über die Pathologie und
Epidemiologie in Palästina und Armenien. |
In Palästina hat nach Gordon (1924) die amerikanisch-jüdisch-
medizinische Gesellschaft infolge guter Ausstattung mit Personal
und Material bei der Seuchenbekämpfung gut wirken können. Be-
reits 1922 ließ die Zahl der Malariaerkrankungen und der Malaria-
brutplätze nach. Die Städte sind fast vollständig malariafrei, z.B. `
in Jerusalem 1918 noch 113 Todesfälle, 1922 nur noch 5. In
Jenin kann man jetzt ohne Moskitonetz schlafen. In Safed gelang
es, durch Petrolisierung und Zisternenkontrolle den An. bifurcatus
fast vollständig auszurotten. Auch in den Dörfern wurde der Kampf
durch kostenlose Chininverteilung, Aufklärung, Assanierung usw.
begonnen. |
Die Tertianaepidemie erreicht ihren höchsten Punkt im August,
ihren tiefsten im Januar, die Perniziosa ihr Maximum in den Monaten
Oktober/November, ihr Minimum im Monat März. Quartana ließ sich
nur in 61 Fällen feststellen und zeigte keine regelmäßige Monats- und
Jahreskurve. Die Perniziosakurve erreicht die Tertianakurve im Sep-
tember, um sie später noch zu übersteigen, und im Januar steil abzu-
fallen. Es wurden 9 Anophelesarten festgestell. Ländlich sind
A. hyrcanus (sinensis) und algeriensis; seltener in die Häuser und
in die Zelte dringen A. elutus (maculipennis), Sergenti (culicifaciens),
multicolor (Chaudoyei), A. superpictus (palaestinensis), fliegt aber auch
in die Häuser und ist Hauptüberträger. A. bifurcatus ist wichtig als
Hausanopheles (Bewohner von Brunnen und Zisternen), während A. elu-
tus (maculipennis) auf dem Lande vorherrscht. Die Tertiana wird
fast ausschließlich durch A. elutus (maculipennis), die Per-
niziosa durch A. sergenti und superpictus übertragen. Erstere
fast ausschließlich in schmutzigen Sümpfen, die beiden letzteren in
klarem, fliesendem Wasser brütend. Als Larvenvertilger in Süßwasser
eigneten sich am besten die Fische, Cyprinodon und Tilopia. In den .
Zisternen nützlich waren auch Aale.
An Trachom litten im südlichen Palästina fast 97 °/,, in Nord-
Palästina 15 °/,. Bei einer Variolaepidemie in Hebron starben von den
Geimpften 8,3 °/,, von den Nichtgeimpften 6,2 %/,. - Bei Dysenterie über-
ragte die Amöbendysenterie die durch Bazillen bedingte (Shiga- und
Flexner Y) erheblich. Die Zahl der Leprakranken im ganzen Lande
betrug 120. Die Verteilung der einzelnen Wurmarten bei Stuhlunter-
suchungen ergab Trichocephalus dispar 288 Fälle, Ascaris lumbricoides
185 Fälle, Taenia saginata 23 Fälle, Taenia nana 17. Ankylostoma
duodenale 5 Fälle. |
Eine kurze Schilderung Armeniens nach Klima und Lage gibt
Popoff (1924). In Erivan wurde ein Tropeninstitut mit verschiedenen .
Abteilungen errichtet. In den Flußtälern starke Verbreitung von
Malaria. Es zeigten sich im Monat Mai, Juni, Juli, August An. pseudo-
pictus, aber auch An. maculipennis und bifurcatus, letztere später
auch in der Stadt Erivan. Im Gebirge war An.maculipennis häufiger.
Die Larven können dort überwintern. Festgestellt wurde ferner
Maltafieber, Pellagra, ferner Hill-Diarhöe, Spru und Schwarzwasser-
fieber, sowie häufig Amöbendysenterie. Ascaris lumbricoides in 1000/9,
Trichiurus trichiurus in 87°/,, ferner auch Oxyurus vermicularis, Taenia
saginata und einmal auch Botryocephalus latus, häufig auch
Echinokokken, 2mal Fasciola hepatica in menschlichen Lebern,
ferner Lepra, Pappatacci-Fieber, möglicherweise auch Kala-azar.
Tropen-Hygiene. |
Knipping (1918) erörtert die Möglichkeiten einer genauen
Analyse des tropischen Lichtklimas mit Hilfe eines photoelektrischen
Verfahrens. Zugleich gibt er eine Methode an, die durch Serien-
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‚1706 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
30. November
messung der jeweils ‚kürzesten Wellenlänge die lichtklimalischen
Bedingungen gut festzulegen gestattet. Durch häufige Aufnahme
der kürzesten Wellenlänge mit einem einfachen Apparat und durch |
Zeitmessung läßt sich eine exakte Dosierung der therapeutischen
Lichtanwendung in den Tropen durchführen.
Internationale tropenmedizinische Kongresse.
Nachdem bereits im "fernen Osten 1921 und 1923 ein tropen-
medizinischer Kongreß getagt, ferner im Jahre 1923 in Westafrika,
wurde vom 20. Juli bis 1. August 1924 auch in Kingston (Jamaika)
auf‘ Einladung der United states Fruit Companie ein Kongreß ab-
gehalten, der zahlreich besucht war. Ä
. Den meisten Raum nahm nach Fülleborn die Verhandlung
über die Malaria ein. Nach Le Prince bewährten sich innen mit
Fliegenleim bestrichene umgestülpte Kisten mit seitlicher Öffnung
als Fliegenfallen, ferner die Anlage von Locktümpeln, Aussetzung
gewisser kleiner Fische als Larvenvertilger und Bestreuen der
Anophelesbrutplätze mit Schweinfurter Grün, zu 1°/, mit gewöhn-
lichem Straßenstaube gemischt, wodurch die Larven, aber nicht die
Fische geschädigt wurden. Die gute Wirkung der intramuskulären
Chinininjektion bei schweren Malariaanfällen wurde nach Fülleborn
von allen Diskussionsrednern anerkannt.
Bei Amöben-Dysenterie empfahl Mühlens das Yatren.
Lépine aus Lyon Stovarsol und Azetylarsen. Nach Lépine
ist durch farbige französische Soldaten Amöben-Dysenterie auch in
Frankreich heimisch geworden. I
Nach Hegener könnten Darmflagellaten im Tierexperiment
durch Diät stark beeinflußt werden. Nach dem Zoologen Kofoid
ständen die Amöben auch in ätiologischer Beziehung zur
Arthritis deformans und zur Hodgkinschen Krankheit. (!)
Bezüglich des Gelbliebers verteidigte Noguchi seine
Spirochätenbefunde gegenüber Agramonte.
Die Tuberkulose scheint bei ‘den Negera in Zentralamerika
viel Opfer zu fordern. |
: Nach Iturbe wurde in Venezuela eine der Mal de Caderas ähnliche:
Pferde-Trypanosomenerkrankung erfolgreich mit „Bayer 205“ behandelt.
Nach Leonhard Rogers müsse man angebliche Dauer-
heilungen der Lepra mit Chaulmoograöl skeptisch betrachten.
| Castellani sprach auch über die mit blutigem Sputum ver-
laufende, durch Sproßpilze bedingte, durch Jod heilbare Broncho-
moniliasis.
Nach Patterson bewährten sich in Britisch-Ostafrika Bismut-
präparate auch bei der Frambösie. |
Tropenhygienisch sei erwähnt, daß nach F. L. Hoffmann
bei Ausscheidung von Malaria und anderen vermeidbaren Krank-
beiten die tropischen Tiefländer ebenso gesund seien wie das ge-
‚mäßigte Klima (? ? Referent). |
Die Ernährung soll nach Deeks vitaminreich, aber nicht
'stärkehaltig sein. |
Die Pellagra sollte nach Seale Harris nicht eine einfache
Avitaminose sein, sondern auf einem infektiösen Agens beruhen,
für das durch mangelhafte Ernährung die Disposition geschaffen
wäre, was von Baß in Neu-Orleans ebenfalls angenommen wird.
Literatur: 1924. B. Adelheim: Über Leishmaniosis infantum et canina
in Riga. Arch. f. Schiffs- u. Trop.-Hyg., S. 367. — 1924. G. Arcoleo: Ein Fall von
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1924. F. W. Bach: Weitere Untersuchungen über die Verbreitung parasitischer
Darmprotozoenarten des Menschen innerhalb Deutschlands. Ebenda, Bd. 28, Nr, 10,
:— 1923. F. van den Branden und L. van Hoof: Index du paludisme et essai de pro-
phylaxie quinique de la mala:ia à Léopoldville. Ann. de la soc. Belge de méd. trop.,
Bd. 8, H. 1. — 1924, Businco und Foltz: Sifilide e Malaria. Valore degli esami
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Nr. 4 — 1924. M. Rosentiul: Syphilis unter den Kalmücken.. D. m. W. Jg. 50,
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Ebenda, Bd. 28, H. 8, — 1924, Derselbe: Der Malariatod. Fbenda, Bd. 38, H. 7. —
1923. B. Stradomski: Die Ergebnisse der Malariabehandlung nach verschiedenen
Methoden. Referat aus „Süd-Ostischer Bote d. Gesundheitsfürsorge“, Nr. 12. —
1924. E. W. Walch: De M. sinensis als gevaarlijke overbrenger (een sawah-epidemie).
Geneesk. Tijdsch. v. Ned.-Indie. Bd. 64, Afl. 1, S. 1. — 1924. R. Weigl: Der gegen-
wärtige Stand der Rickettsiaforschung. Klin. Wschr., Jg. 3, Nr. 35, S. 1590.
Aus den neuesten Zeitschriiten.
i (Siehe auch Therapeutische Notizen.)
| Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 43.
Über Geschlechtsdisposition bei Typhus abdominalis berichtet
Sigismund Peller-Wien. Bei gleicher Exposition erkranken Mädchen
im Schulalter 21/ mal so häufig an Typhus wie gleichalterige Knaben. Auch
die Letalität des weiblichen Typhus war größer als die des männlichen,
Die Angina pectoris ist nach W. Rindfleisch-Dortmund ein
klinischer Symptomenkomplex, der von verschiedenen Stellen des Kreis-
laufapparates ausgehen kann. Die Schmerzen können entweder vom An-
fangsteil der Aorta, von der Aortenwurzel ausgehen (Aortalgie oder
neuritische Veränderung des Plexus aorticus, hauptsächlich auf dem Boden
der Gicht und der Syphilis) oder es handelt sich um eine Erkrankung der
Koronararterien (hier entstehen die Schmerzen im Herzen selbst und
werden durch Sympathikusfasern zum Rückenmark weitergeleitet). Jede im
Anschluß an eine anginöse Attacke auftretende ausgesprochene Störung der.
Herztätigkeit macht eine Mitwirkung der Kranzarterien wahrscheinlich. Es
handelt sich bierbei öft um einen Krampf der Koronargefäße (reflektorisch
von einem neuralgischen Anfall aus). Die mangelhafte Blutversorgung des
' Herzens führt zu Herzmuskelnekrosen. Es können übrigens auch schwere
stenokardische Attacken auf viele Jahre oder auf die Dauer des
Lebens ganz verschwinden. Wird nämlich ein kleinerer Kranzaderzweig
allmählich durch Thrombose verschlossen, so hören mit dem Komplett-
werden des Verschlusses die Anfälle auf, und das Herz kann, wenn der
zur Schwiele gewordene Muskelbezirk nicht groß ist und das Grundleiden
nicht fortschreitet, noch lange seine Schuldigkeit tun.
Die Lumbalanästhesie — die Methode der Wahl bei größeren Ope-
rationen unterhalb des Nabels — ist nach Emil Schepelmann -Hamborn
a. Rh. kontraindiziert bei jugendlichem und hohem Alter, Arterio-
sklerose, stark ausgebluteten Patienten, Herzschwäche, Bilutdrucksenkung
(da die Lumbalanästhesie selbst zur Blutdrucksenkung führt) und bei
schweren krankhaften Veränderungen am Zentrainervensystem. Im Gegen-
satz zur Vorbereitung. der Inbalationsnarkose .darf man vor der Lumbal-
anästhesie kein Morphium und ganz besonders kein Skopolamin geben, da
die nachteiligen Wirkungen der Lumbalanästhesie gerade durch Skopolamin-
erheblich gesteigert werden. F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 40—42.
Nr.40. Die Einwirkung der Hautabsonderung beider Menstruierenden
auf die Hefegärung erörtern O. Polano und K. Dietl-München. Sie gingen
von der häufig mitgeteilten Beobachtung aus, daß Menstruierenden Hefe-
gebackenes auffallend oft mißlingt. Sie fragten sich daher: Welchen Ein-
fluß übt dieselbe Frau während und außerhalb der Menstruation auf die
Gärung einer bestimmten Hefeart aus? Das Ergebnis ihrer Versuche war,
daß zur Zeit der Menstruation das Hautsekret der Hand in allen Fällen
eine Beeinflussung der Hefegärung bewirkt. Die während der Periode vor-
handene stärkere Absonderung von Stoffen, die normalerweise IM
Hautsekret vorhanden sind, genüge allein zur Erklärung. Man brauche
nicht zu einem unbekannten Menotoxin seine Zuflucht zu nehmen (Men-
struierende haben fast regelmäßig feuchte Hände, in der Schwangerschaft
fehlt der Hautschweiß).
Über einen neuen Nachweis der Aufnahme von Substanzen durch
die lebende Schleimhaut berichtet H. Bechhold- Frankfurt a. M. Er
suchte aber die aufgenommene Substanz nicht in dem Gewebe, sondern
wollte eine Konzentrationsverminderung der einwirkenden Lösung
nachweisen, und zwar durch die Abmahme von deren Desinfektionskraft.
Denn die Voraussetzung dazu war die Aufnahme eines Teiles des gelösten
Stoffes von der Schleimhaut. Auf diese Weise ließ sich zeigen, daß
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30. November
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48.
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die Schleimhaut aus einigen verdünnten Lösungen annähernd die Hälfte
bis Dreiviertel der gelösten Substanz zu entziehen vermag.
Einen Parallellsmus von körperlicher und geistiger Entwicklung
nimmt H. Paull-Karlsruhe an. Er glaubt, daß die höher begabten Schüler
im allgemeinen auch höhere Werte an Körpergewicht und Körpergröße
zeigten, gibt allerdings zu, was ja allgemein bekannt ist, daß sich die
überragende Begabung nicht in allen Fällen an eine überragende Körper-
entwicklung heftet, daß vielmehr auch in sehr kleinen Körpern hervor-
ragende Begabung vorkommen kann. _ o
Nr.41. Über endogeno Alkoholarie — den Athylalkohol als
Zwischenendprodukt — berichtet Ernst Heilner. Durch die Unter-
suchung von 50 Urinen streng alkoholfrei ernährter (psychisch-kranker)
Personen wurde festgestellt, daß in 24°/, der Fälle eine Ausscheidung
endogen gebildeten Äthylalkohols stattfand (im Mittel- 0,15°0/%). Diese
endogene oder pathologische Alkoholurie steht im Gegensatz zur exogenen
oder alimentären. Der endogen gebildete Alkohol hat in der Zelle eine
wichtige Funktion im Sinne einer katalytischen Beeinflussung gewisser
Zellfermentprozesse, so des Fettsäureabbaues, zu erfüllen.
Ihre Beobachtungen über den Einfluß des Cholins auf den Magen-
darmkanal beim Menschen teilen Hans Spatz und Ernst Wiechmann-
Köln mit. Die Wirkung des Cholins auf den menschlichen Darm besteht
nicht in konstanter Förderung. Sie erfolgt vielmehr ganz unberechenbar,
bald in motilitätssteigerndem, bald -hemmendem Sinne, und kann
‘sehon in niedrigen Dosen schwere toxische Nebenwirkungen herbeiführen.
Von der Anwendung des Cholins bei den gewöhnlichen Darmmbotilitäts-
störungen ist jedenfalls abzuraten.
Eine Explosion bei Narcylenbetäubung beschreibt Konrad Hurler-
München. Bei der Operation kam der Tbermokauter zur Verwendung.
Dabei kam es zu einer kolossalen Explosion, die den ganzen Operationssaal
erdröhnen ließ. Haare und Wäschestücke der Patientin fingen Feuer. Un-
gefähr. 10 Sekunden nach dem ersten Knall folgte eine zweite heftige
Explosion. Nun gelang es, die Narcylenbombe abzudrehen, so daß weitere
Narcylenzufuhr und die Entstehung eines neuen Azetylen-O-Gemisches ver-
hindert wurden. Da Narcylen im Gegensatz zu Äther leichter als Luft
ist, darf angenommen werden, daß die nach oben ausweichenden Narcylen-
gase mit dem dort befindlichen Thermokauter in Berührung kamen. Die
Narcylenbetäubung darf daher bei Anwendung des Thermokauters unter
keinen Umständen in Betracht kommen. p
Über die Wirkung des Psicains in einem Falle von Überempfind-
lichkeit gegen Kokain berichtet Otto Graf. Bei einer Versuchsperson
mit ausgesprochener Überempfindlichkeit gegen Kokain, die sich in starker
Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, sowohl unmittelbar nach der
Aufnahme wie nach mehreren Stunden späterhin bemerkbar machte, traten
nach Psikain nicht die geringsten Störungen ein. Übrigens wird das Psikain
anscheinend rascher resorbiert und rascher wieder abgebaut als Kokain.
Eine Perforation des Augenlidknorpels mit Verletzung der Aug-
apfelbindehaut durch einen Bienenstich hat Vormann-Angermünde beob-
achtet. Ein Bienenstachel war durch den Lidknorpel eingedrungen und
konnte mit einer Zilienpinzette entfernt werden. Er wurde aber nur bei
der Untersuchung der Innenfläche des Lides mit dem Korneamikroskop
entdeckt. Man solite daher bei etwaigen Verletzungen an den Lidern stets
deren Innenfläche mit Hilfe von Lupen usw. absuchen.
Nr. 42. Ihre klinischen Beobachtungen über eine ungewöhnliche
Erkrankung unter den Fischern des Frischen Haffes teilen Fritz Seeger
und Georg Tidow-Königsberg i. Pr. mit. Der typische Anfall charakte-
risiert sich durch fieberlosen Verlauf, allgemeine exzessive Muskelschmerz-
haftigkeit, Methämoglobinurie mit schwarzbrauner Verfärbung des Urins,
Leukozytose sowie rasches Abklingen der ganzen Erscheinungen. Gegen
die Annahme einer Infektion spricht, daß die Krankheit fieberlos ver-
läuft, ferner daß eine Kontaktinfektion nie beobachtet wurde. Trotzdem
scheint eine Vergiftung sehr wahrscheinlich zu sein. Ins Frische Haff
fließen im Gegensatz zum Kurischen Haff, wo keine ähnlichen Erkrankungen
auftraten, die Abwässer zweier Zellulosefabriken ein, die reich an
chemischen Substanzen sind. Die Art des Auftretens der Krankheit läßt
vermuten, daß es sich hierbei um ein gasförmiges Gift handele, dessen
Einatmung die Fischer bei jeder Fahrt aufs Haff ausgesetzt sind (zeit-
weises Auftreten übler Gerüche auf dem Haff). Von den bekannten Giften
kommen am ehesten Arsenwasserstoff und Phosphorwasserstoff in Frage.
Arsenwasserstolfvergiftung machen Methämoglobinurie. Und bei hämo-
lytischen ‚Vorgängen treten oft Muskelschmerzen auf.
Der Erreger des Lungenbrandes, der jauchigen Zersetzung des-
Lungengewebes, ist nach K. Kißling-Mannheim sowohl für embolische
wie für . Aspirationsbrandherde nur der anaërobe Streptococcus
Putridus. Die Salvarsanbehandlung hat sich nicht bewährt, trotzdem
soll man bei jeder Lungengangrän Salvarsan versuchen, und zwar soll
man bei zentral gelegenen Herden das Mittel möglichst energisch geben,
bei peripher gelegenen Höhlen dagegen, wenn nicht rasch eine deutliche
und erhebliche Besserung eintritt, mit der operativen Eröffnung der
Höhle nicht zögern. u |
Zur Frage der Innervation der Bauchorgane äußert sich Iw. Ras-
dolsky-Petersburg. Er betont u. a., daß aus der Tatsache, daß bei Er-
krankungen der gepaarten Organe, z. B. einer von beiden Nieren, die Reiz-
erscheinungen, wie reflektorische Schmerzen, Hyperalgesiezonen, in der
Regel nur an der Seite des erkrankten Organs beobachtet werden und
bei Erkrankungen der ungepaarten, besonders der des Verdauungstraktes,
solche in der Regel beiderseitig auftreten, zu folgern sei, daß die ge-
paarten Organe ihre Innervation nur von den sympathischen Nerven ihrer
Seite allein erhalten, die ungepaarten dagegen von beiden Nerven. .
Eine einfach und rasch ausführbare Mikromethode zur Schätzung
der Höhe des Biutzuckers beschreiben Erwin Becher und Elfriede
Herrmann-Halle a. S. Man braucht nur 0,1 ccm Blut aus der Finger-
beere. Die Bestimmung beruht auf der Reduktion alkalischer Pikrinsäure-
säurelösung durch Dextrose und eignet sich besonders zur Blutzucker-
kontrolle bei der Diabetesbehandlung. F. Bruck.
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 40—42.
Nr. 40. S.Erben-Wjen weist darauf hin, daß ein Patellarreflex
trotz Fehlen des Westphalschen Zeichens beim Tabiker bestehen bleibt,
und zwar der sog. Gravitationsreflex; er besteht in einem Hochschnellen
der Patella nach oben beim Wippen des Körpers nach hinten und Er-
schlaffung der Quadrizepssehne beim Wippen nach voro. Verf, sieht die
Ursache dieses Unterschiedes in der verschiedenen Degeneration der Hinter-
strangfasern. Erst im vorgeschrittenen ataktischen Stadium wird auch der
Gravitationsreflex undeutlich und auch das Rombergsche Zeichen ändert
sich insofern, als ein Zusammenklappen des Patienten erfolgt. .
Zur Frage der Lumbalpunktionsschädigung teilen K. Groß und
E. Stransky einen Fall mit, bei dem sich nach der Lumbalpunktion ein
zerebrales bzw. meningeales Krankheitsbild zeigte, das ausheilte. Verff,
glauben, daß die Ursache in der vorhandenen Lues (Wa.R. im Blut und
Liquor +) liegt und die Punktion nur auslösend wirkt. Die sog. „Stich-
kanaldrainage“ ist wegen der Seltenheit des Vorkommens von größeren
Schädigungen durch die Punktion als Ursache unwahrscheinlich. y
Die katatonische Pupillenstarre, die in einem Wechsel zwischen
ausgiebigem, trägem oder fehlendem Lichtreflex und Veränderungen der
Form und Größe der Pupille sich zeigt, steht, wie H. Hartmann-Wien
ausführt, in Zusammenhang mit Tonusanomalien der Skelettmuskulatur.
Es ist deshalb wahrscheinlich die gemeinsame Ursache in Funktionsver-
änderungen im Bereiche der striären Apparate zu suchen. Diese Änderung
kann durch somatische oder psychische Einwirkung erfolgen. |
Echte Neurorezidive und deren Beziehung zur „Metalues“ bespricht °
E. Mattauschek-Wien. Gemeint sind Fälle, wo nach meist ungenügender
Behandlung bei vorher liquorgesunden Patienten ausgesprochene Hirn-
nervensymptome und schwere entzündliche Liquorerscheinungen . auftreten.
Verf. glaubt, daß solche Fälle hinsichtlich der späteren Metalues eine
günstige Prognose gestatten, da sie mit einem abwehrkräftigen, meso-
dermalen Gewebe ausgestattet sind. Ein zur-Metalues disponiertes Indi-
viduum reagiert auf Salvarsan nicht mit einem solchen Neurorezidiv. |
Nach eingehender kritischer Besprechung der Literatur kommt
E. Redlich zu dem Schluß, daß das Fehlen der Sehnenreflexe bei sonst
anscheinend gesunden Individuen nicht als Stigma degenerationis aufgefaßt
werden darf. Denn der Beweis, daß bei einem nervengesunden Individuum
dauernd die Reflexe fehlen, auch die anatomische Untersuchung negativ
ist, ist bisher noch nicht erbracht. 0 4 |
Die lanzinierenden Schmerzen der Tabiker können nach Wagner:
Jauregg nicht als Ausdruck des Fortschreitens des tabischen Prozesses
am Nervensystem gedeutet werden. Vielmehr erzeugt der tabische Prozeß
dauernde Veränderungen des Nervengewebes, die die Grundlage für eine
besondere Reizempfänglichkeit bilden. Solche Reize bestehen in meteoro-
logischen Faktoren, in alimentären Einflüssen sowie in infektiösen Prozessen,
wozu schließlich noch ein konstitutioneller Faktor kommt. Verf. legt den
` Angriffspunkt der Reize in das periphore Neuron, das ähnlich wie bei der
Polyneuritis oder sog. retrugrader Degeneration verändert sein muß. Thera-
peutisch warnt Verf. vor der Anwendung von Morphin und ähnlichem,. da
immer die Gefabr des Morphinismus besteht. Wirkungsvoll ist meist spozi-
fische Therapie jeder Art, ferner sind die oben besprochenen Reize durch
entsprechende Verordnungen zu meiden und weiter leisten die verschiedenen
Antineuralgika gute Dienste, | | nr n
Nr.41. G.Bargilac-Vivaldi und O. Kauders-Wien stellten durch
eingehende Untersuchungen fest, daß die Impfmalaria auch unter. den opti-
malsten Bedingungen durch Anopheles nicht übertragbar ist; sie kann
nur auf künstlichem Wege durch Verimpfung von parasitenhaltigem Blut
weiter übertragen werden. Es ist desbalb die Therapie für gesunde Per-
1707
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. Wien eingehend und fand bei örtlicher Betäubung in 50%, Anstieg und ji
Zum Schluß betont Verf. die Vorteile der reinen Äthernarkose, wobei mehr
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_ möglichkeit auszeichnet und ev. in Beziehung zum Glasbläserstar gesetzt
` rung biologisch am besten fundiert ist. Er besteht in einer mehr oder
daß die wichtigste Rolle der. motorischen ‚Dysfunktion des Magens zu- -
` verlorene Kind zu erhalten. Es muß der Zervikalkanal verstrichen und
_ der Steiß noch nicht ins Becken eingetreten sein. ~- Muncke.
_P.Walzel- Wien darauf bin, daß der spontane Abgang größerer Steine in
es
COE
80. November
' Slauungsgallenblase“, die meist auf anatomischen Abnormitäten beruht
wird ebenfalls am ‘besten chirurgisch behandelt. er
Zur Indikatiousstellung für operative Eingrifie zur Behinderung
der Nasenatmung führt 0. Mayer- Wien aus, daß die Ursache dieses Zu-"
standes, abgesehen von Polypen, Tumoren. oder adenoiden: Vegetationen,
an 3 Erkrankungen liegen kann: Verdiekungen. der Schleimhaut, besonders .
an den hinteren Enden der unteren, Muschel, 'Hypertrophie der Schwell-
körper der unteren Muschel und Deviatio söpti. Bei ersteren soll die
Schleimhaut entfernt worden und zwar nicht zu radikal, da sonst un-
angenehme Folgen auftreten. Die Schwellkörperhypertropbie darf nur mit
Galvanokaustik und folgender Ätzung mit Tyichloressigsäure, nicht mit der
' Schere ‘behandelt werden. Bei der Deviatio septi ist die Rilliansche sub-
muköse Resektion der Nasenscheidewand mit nachfolgender Geradestellung
das Verfahren der Wahl. | |
| Zur Frags der Frühoperation der ‚Cholezystitis teilt H. Biesen-
berger-Wien. Fälle mit, die zeigen, wie sehr das Gefahrmoment der
Operation durch langes Warten vergrößert wird. Diese Fälle machten
110/ des gesamten operierten Gallenblasenmaterials aus, und zwar be-
‚standen entweder Empyem der Gallenblase mit schwieliger Umgebung `
und Bildung eines entzündlichen Tumors mit der Umgebung oder ein
Abszeß in der Umgebüng der. Gallenblase, ferner Peritonitis infolge Perfo-
ration, schließlich Perforation ins Duodenum. Verf. rät deshalb dringend
zur frühzeitigen Operation, um derartige Komplikationen zu vermeiden.
Über die Entwicklung der Keimdrüsen schreibt A. Fischel und
betont, daß die Geschlechtszellen nicht in der Keimfalte entstehen. Diese
besteht aus einem embyonal-bindegewebigen Anteil und einem dieses um-
hüllenden Epithel. Die Geschlechtszellen werden schon bei den ersten
Teilungen des Eies besonders differenziert und wandern im weiteren Verlauf
der Entwicklung in die Keimfalte ein und zwar in das Stroma, das sich
zu Strängen ordnet. Aus dem zwischen den Keimsträngen gelegenen Binde-
gewebe bilden sich später die Zwischenzellen. | Muncke.
sonen vollkommen ungefährlich. Ursache davon ist die fast völlige Gamceten-
freiheit des Blutes von mit Impfmalaria infizierten Patienten... a
‘Den postoperativen Temperatursturz untersuchte F. Starlinger-
nur in. 380, Temperaturverlust. Demgegenüber trat bei reiner Aether-
narkose in 7L0/, Wärmedefhizit ein und in 18%), Anstieg. Ein gesetzmäßiger
Zusammenhang zwischen der verbrauchten Menge der Anästhesieflüssigkeit
bzw. des Äthers sowie der Art des Eingriffes und der Temperaturbeein-
flussung fand sich- nicht. Verf. sieht die. Ursache des Temperaturverlustes |.
noben äußeren Momenten’ (Verminderung der Oxydation, vermehrte Wärme-
abgabe durch Haut, Lungen, Peritoneum, ungenügende Bedeckung) in
einem noch nicht genau geklärten Zusammenhang mit dem Blutdruck.
Gewicht auf Atmung, Pulsfrequenz und Blutdruck als auf das Verhalten
der Pupillen gelegt werden. muß. = .
~ Auf Strahlenschädigungen des Auges weist R. Bergmeister hin.
Diese erstrecken sich besonders bei Einwirkung von ultraviolettem -Licht
auf die Rotina, wo sich Vakuolen bilden, mitunter auch Ganglienzellen be: |
einflußt werden. Auch Konjunktivitis kommt vor. Schließlich wird
Kataraktbildung beschrieben, die sich durch Beginn. am hinteren Linsenpol,
Übergreifen auf den Kern, rasches Fortschreiten, aber auch Rückbildungs-
werden kann. Wieweit ultrarote Strahlen dabei eine Rolle spielen, ist |
noch nicht geklärt. l
Nr. 42. Der Status degenerativus stellt nach J. Bauer-Wien die-
jenige universelle Konstitutionsanomalie dar, deren Aufstellung und Definie-
weniger großen Abweichung verschiedener Merkmale von der Populations- ,
norm. Die Grenzen zwischen Norm und Anomalio lassen sich zahlenmäßig
erfassen. Dio Abweichung ist schon im Chromosomengefüge begründet.
Die Tatsache seiner extremen Kollektivvariante birgt den Begriff einer.
gewissen Minderwertigkeit in sich; dabei ist es gleichgültig, ob es sich um
Plus- oder Minusvarianten handelt. ` ee
Klinische Beobachtungen über die Entstehung der Ulkusschmerzen
teilt J. Vändorfy-Budapest mit. Er fand an einem autoptisch oder
röntgenologisch mit sicheren direkten Ulkuszeichen. kontrollierten Material,
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 45. |
Implantation der Tube in den Uterus hat I. Novak-Wien bei einer
80jährigen, seit 5 Jahren steril verheirateten Frau ausgeführt. Die beiden .
Tuben waren am abdominalen Ende und im isthmischen Teil verschlossen,
Die linke Tube wurde keilförmig aus dem Uterus herausgeschnitten, an
der Grenze des undurchgängigen Anteiles abgeschnitten und wieder ein-
gepflanzt. Eine Schwangerschaft ist bisher nicht aufgetreten. |
Eine erfolgreiche Salpingostomatoplastik hat S. J olles- Wien bei
einer 25 Jahre alten. Frau nach einer vergeblichen konservativen Vor-
behandlung ausgeführt. Die Tuben waren an beiden Seiten geschlossen.
Die Operation bestand in einem Längsschnitt in-der dem Mesosalpinx
gegenüberliegenden Wand und Vernähung der Schleimhäute mit dem Bauch-
fell. 2 Jahre später trat eine normale Schwangerschaft ein.
Beseitigung der Sterilität durch Röntgenbestrahlung hat H. Cauf-
mann-Bukarest erreicht. Die Gegend der Eierstöcke wurde bei der fett-
.leibigen amenorrhoischen Frau mit einer schwachen Dosis bestrahlt.
kommt. Die Sekretionsanomalien. spielen demgegenüber eino unter-
geordnete Rolle. | |
Für das prophylaktische Herabholen eines Fußes bei Beckenend-
lagen stellt H. Katz-Wien folgende Indikationen auf: 1. bei alten Brst--
gebärenden; 2. bei engem Becken mäßigen Grades; 8. bei großer Frucht
und 4. bei vorzeitigem Blasensprung. Es gelingt dann, manches sonst
der Muttermund für mindestens zwei Finger durebgängig sein. ‘Ferner darf .
. Über einen Fall von primärem Bileiterkarzinom berichtet M. Floris-
Cagliari. Es handelte sich um einen primären Tubenkrebs, dessen Aus
gangspunkt der Stumpf elner Tube war, der bei einer Operation vor
4 Jahren 'zurückgelassen worden war. . | j e
| Vom Verhalten des Radialispulsvolumens und der Radialispulsarbeil.
unter der Geburt berichtet W. Haupt-Köln nach Untersuchungen mit
dem Volumbolometer von Sahli. Das Radialispulsvolumen ist während
der Wehe in der Mehrzahl der Fälle deutlich verkleinert. Das Minuten-
pulsvolumen ist infolgedessen trotz Frequenzzunabme häufig nicht erhöht.
Dadurch ist nachgewiesen, daß die Wehe auch ohne erhöhte Arbeitswerte
für den Kreislauf verlaufen kann trotz der Erhöhung des Blutdrucks. Das
Schlagvolumen wird verkleinert durch Stöhnen, Pressen, wie -durch das
Überwiegen des Brustraumdrucks über den Bauchraumdruck.
. Der positive Ausfall der Probepunktion bei Verdacht auf Extra.
uteriogravidität ist nach H. O. Neumann- Düsseldorf nicht in jedem Falle
als eindeutig zu betrachten. Die. Vorgeschichte des Falles hatte ergeben:
eine bestehende Schwangerschaft, plötzliche Übelkeit, wehenartige Schmerzen
in einer Seite, Blutabgang, Ohnmacht. Der Tastbefund. hatte ergeben:
weicho Geschwulst links neben der Gebärmutter. Die Probepunktion hatte
ergeben: altes, aber noch flüssiges Blut. Aber die Operation ergab, dab
: Wiener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 40—43.
L. Potschacher - Innsbruck bespricht die Hypoglykāmic unter
Berücksichtigung der gesamten Literatur. Br teilt den ‘Zustand, der sich
in motorischer Unruhe, Hunger- und Durstgefühl, Krämpfen und zum Schluß
in einem komatösen Krankheitsbild äußert, in 3 Gruppen ein: Die erste
Gruppe, die u.a. nach starker Insulindarreichung zur Beobachtung kommt,
also bei schwerer Störung des Kohlehydratstoffwechsels, zeigt Adynamie,
Krämpfe, Sinken von Temperatur und ‘Blutdruck. Es tritt ein Mangel an
oxydationsfähigen Substanzen ein. Eine Kohlehydratverarmung der Gewebe.
ist vorhanden. Das Insulin greift primär wahrscheinlich im Gewebe an, |
und Verf. glaubt, daß auch der Diabetes auf einer Unmöglichkeit bzw. -
Verminderung des Zuckerverbrauches in den Geweben beruht. Die zweite
Gruppe geht mit einer Glykosurie einher, ihr Repräsentant ist die Phlor-.
rhizinvergiftung. In einer letzten Gruppe ist die Hypoglykämie nur vor-
übergehend und wird bei Hunger, starker Muskelarbeit usw. beobachtet,
was auf leichten Störungen des Regulatioosmechanismus des Kohlehydrat-
stoffwechsels beruht. u | 5
Boi Besprechung der sog. Frühoperation beim Gallenleiden weist
der Regel eine Organschädigung zur Folge hat und dadurch die Quelle
dauernder, späterer Komplikationen sein kann. Indiziert ist die Operation
als sofortige Frühoperation in den Fällen mit stürmischen Erscheinungen
und peritonealer Reizung, da der Eintritt einer Perforation‘ nicht mit
Sicherheit erkannt werden kann. Die propbylaktische Frühoperation hat
zu erfolgen, wenn die Nachbarorgane noch nicht ergriffen sind, der Patient
noch widerstandsfähig ist und vor allem die Steine noch nicht im Chole- '
dochus sind. Ist letzteres der Fall, so ist bei geringeren Symptomen
spätestens in 2 Wochen, bei Schüttelfrost usw. sofort zu operieren. Die
es sich nicht um. eine Tubarschwangerschaft handelte, sondern um emen
Abtreibungsversuch bei normaler Schwangerschaft, durch den ein Biuterguß
retroperitoneal entstanden war. |
Zur Sublimat-Salvarsantberapie bei’ Puerperaliicber berichtet
U. Westphal über 2 Fälle von Sepsis im Wochenbeott, welche nach 2 und
nach 3 Einspritzungen starben. Bei der Autopsie fanden sich neben septi-
schen Veränderungen grauweißs Sublimatnieren, entsprechend dem zweiten
Stadium der Sublimatvergiftung. |
DT
‚setzung folgt.)
30. November’ |
Zur Operation wegen Vaginaldeickts bei vorhandenem Uterus
empfiehlt E. Haim -Budweis, die Scheide nach dem Verfahren von Schubert
aus dem Dünndarm zu bilden. Einige Zeit vor der Operation ist ein
etwaiger Hämatosalpinx operativ zu entfernen, weil von ihm aus eine In- -
fektion des Bauchfells droht.
Beziehungen zwischen Frauenleiden und Stoffwechselstörungen, -
insbesondere Gelenkerkraukungen, bespricht A. Landecker-Berlin und
bestätigt die Beobachtungen Menges über das Auftreten von Gelenk-
'beschwerden nach natürlichem oder künstlichem Ausfall der Eierstocks-
leistungen. Er empfiehlt die Eingabe von Övarialextrakten und die Ein-
spritzung von Reizkörpern zugleich mit der Bestrahlung der Bierstöcke von
der Scheide aus mit der Ultrasonne und von den Bauchdecken aus mit
Neonstrahlung. K. Bg.
Therapie der Gegenwart, 9. und 10. Heit, September/Oktober 1924.
Heft 9. Die Anschauungen über die Behandlung der weiblichen
Sterilität haben nach Sellheim in neuerer Zeit verschiedene Fortschritte
zu verzeichnen. Der optimale Befruchtungstermin liegt zwischen dem 6.
und 10. Tage nach dem Menstruationsbeginn. Eine besondere Bedeutung
als Fortpflanzungshindernis kommt dem weiblichen Infantilismus zu, der
sich an vielen Stellen bemerkbar machen kann. Der Infantilismus der
Ovarien ist gut durch Homoiotransplantation von Ovarien, weniger gut
durch Röntgenbestrahlung zu beeinflussen. Meist undankbar ist die Be-
handlung des infantilen Eileiters oder Uteruskörpers, relativ aussichtsreicher
die des. Uterushalses. Mäßige Dilatation mit Hegarstiften, nachfolgende
einmalige Kürettage als vorbereitende Behandlung mit einer etwa alle
3 Monate wiederholten mäßigen Dilatation und Uterusausspülung mit in-
äifferenten Lösungen sind hierbei am empfehlenswertesten. Diszision des
Zervixhalses ist abzuraten, ebenso Dauerkanalisation durch Nassauers
Fruktulet..: Anatomische oder sonstige Verunstaltungen der Portio, des
Scheidengewölbes, Retroflexionen sind nach den üblichen Methoden zu be-
seitigen, Vaginismus bedarf einer kombinierten psychisch-somatischen Be-
handlung, durch Einführung immer dicker werdender Eisenbolzen in die
Scheide unter dem intermittierenden Zuge eines großen auf den Bauch ge-
setzten Magneten. ‘Die psychische Seite der Behandlung ist zu beachten,
besonders bei Befruchtungsstörungen auf Seiten des Mannes. Die Erörte-
rung der Schuldfrage muß ärztlicherseits streng vermieden werden. (Fort-
Heft 10. Über die kombinierte Anwendung von Kalzium und
Digitalis bei Herzkranken gibt Nathorff-Berlin einen zusammenfassenden
Überblick. Nachdem wissenschaftlich bereits seit längerem erwiesen ist,
daß.eine Digitaliswirkung ohne Kalziumionen im Herzen nicht zustande
kommt, hat neuerdings besonderen praktischen Wert die Feststellung, daß
beide Mittel gemeinsam.zu einer verstärkten Wirkung führen. In Betracht
kommen manche Formen von Dekompensation und die Arhytlimia per-
petua. Gleichmäßig geeignet sind Herzmuskel- und Klappenerkrankung,
speziell aber Mitralfehler mit starker Dekompensation und beträchtlicher
Herzschwäche. Wegen der etwas schwierigen Injektionstechnik der intra-
venösen Kalziumzufuhr hat die mit gleichem Erfolge ausgeführte perorale
Zufuhr eine besondere praktische Bedeutung. Hervorgehoben zu werden
verdient die gute diuretische Wirkung, die schnellere Wirkung, die ver-
minderte Intorikationsgefahr auch bei protrahierter Anwendung und die
erheblich geringeren Nebenwirkungen auf den Magen-Darmkanal. Das
Präparat „Cordical“ (Simons chem. Fabrik) enthält in Tablettenform
0,025 Pulv. Fol. digit. titr. und 0,2 Calc. lactic. | =
Einen weiteren Beitrag zur kombinierten Kalzium-Digitalisbehand-
lung bei Herzkranken geben Hellmann und Kollmann aus der Singer-
schen Klinik (Wien). Bei den häufigen Fällen von Myodegeneratio cordis
mit ihrem wechselnden und in der Ursächlichkeit nicht vollkommen klaren
Krankheitsbild, ferner bei schwer zu beeinflussendem Aortenfehler sind
überzeugende Erfolge erzielt worden. Praktisch wichtig ist die dureh die
Kombination erreichte Möglichkeit einer lang fortgesetzten kardialen Be-
handlung auch bei digitalisrefraktären Fällen, wie sie sonst niemals möglich
Söwesen wäre. Die bisher bei den dekompensierten Aortenfehlern besonders
‚beliebte Novasurolbehandlung kann ebenfalls mit mindestens gleichem Er-
folge durch die vollkommnere und angenehmere Methode der Kombination
a Kalzium und Digitalis ersetzt werden. Einen weiteren Vorzug bildet
er Umstand, daß auch bei längerer Digitslisverabfolgung keine der sonst
gefürchteten Nebenerscheinungen aufzutreten pflegen. Die Anwendungsart
besteht in . der intravenösen Injektion einer 10°/yigen Lösung von Calo.
chlorat. puriss. (Merck) je nach Bedarf !/,, 2 und 5 cem. Gleichzeitig oder
abwechselnd peroral Infus. oder Pulv. Digit. titr. oder Digipurat‘ intra-
TOROS: An 14 Fällen werden die bisherigen Erfolge dargelegt.
Bei Behandlung der weiblichen Sterilität (Schluß) ist, wo letztere
Ohne nachweisbaren Grund besteht und deshalb eine kausal gerichtete
u therapie nicht zum Ziele führen kann, nach Sellheim der Versuch einer
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
' Symptome gering.
künstlichen Tubenbesamung zu machen. Die Ausführung, deren Erfolge
noch ziemlich unsicher sind, verlangt zudem eine bestimmte Apparatur _
und umfangreiche Erfahrungen, besonders in Anbetracht der engen Be-. -
‚grenzung der Befruchtungsmöglichkeit des Eies, so daß sie für die All-
gemeinpraxis noch nicht empfohlen werden kann. In gleicher Weise dürfte
die bei Undurchgängigkeit ‘der Eileiter vorgeschlagene Tubendurchblasungg
zu beurteilen sein. Tarnogrocki-Pölitz.
Monatsschrift für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie,
| 58. Jg. H. 9, woos .
J. Fischer: Duaraendotheliom im Schläfenbein. Bei 41/,jährigem
Mädchen entwickelt sich eine Geschwulst in der rechten Orbitotemporal-
gegend. Der Tumor läßt sich auch postrhinoskopisch nachweisen. Klinische
Herabsetzung des Hörvermögens, Spontannystagmus,
Übererregbarkeit des linken, Untererregbarkeit des rechten Labyrintbs.
Autopsie ergibt einen von der Schädelbasis auf die mittlere Schädelgrube
und auf den rechten Schläfenlappen vorgreifenden Tumor, der in die Orbita
hineingewuchert war. Makroskopisch wurde die Geschwulst als Sarkom
| aufgefaßt, mikroskopisch ergab sich Duraendotheliom. Auffallend war, daß
der Tumor sich an .die normalen anatomischen Grenzen des Mittelohres
gehalten hatte. | A
S. Schön und K. Goldberger: Prinzipielles über neue objektive
Schädelresonanzversuche und ihre klinische Bedeutung. Die Schädel-
-phonendoskopie zerfällt 1. in die Resonanzprüfung, 2. Perzeptionsprüfung.
Mit dem zu Untersuchenden verbindet sich der Untersuchende durch das
Schädelphonendoskop, setzt die tönende Stimmgabel auf des zu Unter-
suchenden Schädel-Medianpunkt und hört mindestens gleich lang und stark _
wie der Untersuchte. Außerhalb der Medianebene hört man die Resonanz
stärker im anderen Ohr als im zugehörigen. Besteht ein pathologischer
Prozeß auf einer Seite (im Sinne einer Massenzunahme), dann hört man auf
der kranken Seite lauter. Zur Prüfung der Perzeptionsfähigkeit wird: die
schwingende Stimmgabel auf den eigenen Schädel gesetzt und dem Patienten
der Ton zu Ohren geführt. Was der Untersucher perzipiert, muß Patient
auch hören. |
= Cemach: Die Tuberkulose des Gehörorgans im Rahmen moderner
Tuberkuloseforschung. Die Prognose der unter rationeller Therapie:
stehenden Mittelohrtuberkulose ist quoad vitam günstig. Die Heilungs-
chancen hängen in erster Linie vom Immunitätszustand ‘des Gesamtorga- _
nismus, in zweiter Linie von der Therapie ab. Bei günstigem Immunitäts-
zustand ist jede Form der Mittelohrtuberkulose durch . geeignete Therapie
heilbar, bei mangelhafter Körperabwehr dagegen ist die Therapie auch
leichteren Formen gegenüber machtlos. |
Hugo Stern: Klinik und Therapie der Krankheiten der Stimme.
Verf. unterscheidet A die Krankheiten der Stimme organischen Ursprungs. --
Sie beruhen 1. auf Allgemeinerkrankungen, 2. auf Störungen laryngealen
Ursprungs, 3. auf Lähmungen der Kopfmuskeln (myopathische, neuro-
pathische Lähmungen), 4. auf zerebralen und bulbären, 5. auf toxischen
Störungen, 6. auf Neoplasmen des Larynx. — Zu (B) den funktionellen -
Stimmstörungen zählt die Phonasthenie, jene Stimmaffektion, bei der
zwischen den subjektiven Symptomen und den objektiven einerseits und
den rhinologisch-laryngoskopisch nachweisbaren Symptomen andererseits, .
' keine Korrespondenz besteht. Der Defekt der Stimmproduktion beruht auf
einer stärkeren Inanspruchnahme der für die Stimmbildung maßgebenden
Faktoren, als es den physiologischen und kunstästhetischen Grundsätzen.
| entspricht. — Als dritte Abteilung C folgen die habituellen Stimmdys-
kinesien, als vierte (D) die hysterischen Stimmaffektionen, als fünfte (E)
die Entwicklungsstörungen der Stimme. Haenlein. -
Aus der neuesten italienischen Literatur. |
Palmieri (Neapel) wollte den Einfluß der künstlichen Höhensonne
auf die Phagozytose bei Hauttuberkulösen eingehender studieren und stellte
.zu diesem Zweck eine Reihe von Versuchen an, wobei er zu folgenden
' Ergebnissen kam: Die Bestrahlung des Blutes in vitro mittels der Höhen-
sonne und der Komplementärlampe beeinflußt ganz erheblich’ den phago-
zytären Index, wie auch die Phagozyten selbst. Wird das Blut in toto
irradiiert, so erfährt der phagozytäre Index, wie auch die Phagozyten
perzentuell eine Steigerung, werden aber die Leukozyten allein bestrahlt,
dann kann man eine merkliche Verminderung der Phagozytose feststellen, -
. Bei Bestrahlung mit Höhensonne und Komplementärlampe ist eine stärkere
‘ Wirkung zu erkennen, als bei Bestrahlung mit Höhensonnc allein. Diese
Angaben beziehen sich auf die Resultate einer Bestrahlung von 15 Minuten
Dauer, bei längerer Irradiation (80 Minuten) ist die phagozytäre Tätigkeit
' eine geringere. Daraus muß man schließen, daß die Hauttuberkulose nicht
mit lokaler, sondern mit allgemeiner Phototherapie behandelt werden soll..
, (Riforma med. 1924, Nr. 12.).
1709
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1710
‘Kopfhaut war über den. Schädelknochen verschiebbar. Die Frau starb an
"histologische Untersuchungen: bezüglich. der Struktur der Kopfhaut.: Dabei .
1924, Nr. 15.)
.. dem Shock eine fast zehnfache Vermehrung der Agglutinine im Blutserum
1924 — MEDIZINISCHE. KLINIK. — Nr. 48. 29'830. November
Fiorito (Catania) benutzte die Gelegenheit, um bei einer Exhumation,
welche 2 Monate nach dem Tode erfolgte, die .Darmflora auf ihre. Virulenz
zu prüfen. Zu diesem Zweck nabm er mit den aus dom Darm des Kadavers
isolierten B. coli und Proteus vulgaris Inokulationen vor, nàch welchen -er
feststellte, daß die Virulenz der dem Darm der Leiche entnommenen Keime
eine viel größere war als diejenige der gleichen Bakterienarten, die von
einem gesunden Mann herrührten. (Riforma med. 1924, Nr. 12.) E
Angeli (Imola) fand in einem Fall von extrauteriner Gravidität,
wo der Fötus in der rechten Tube saß und bereits 3 Monate alt war, 'einen
zweiten Embryo in der Gebärmutter. selbst, der nicht älter sein mochte,
als 3 Wochen. In diesem Fall handelte es sich mit Bestimmtheit um eine
Superfötation. (Riforma med. 1924, Nr. 14.) ur | el
Sparacio (Rom) berichtet.über einen Fall von Cutis verticis gyrata,
welche er bei einer 53jährigen Frau vorfand, und zwar 5 Monate nach
Ablauf eines Pemphigus. Die Anomalie erstreckte sich fast auf. diei ganze
Kopfhaut, so daß nicht weniger als 31 Furchen nachweisbar waren. -Die
lösung (1:800 bis 1:1000). Diese Lösung wird -auf beiden Seiten” der
.‚Grundphalanx eingespritzt, und zwar je 2—21/, ccm Tutokain-Supra-
renin und 21/;, cem Rivanollösung. Man kann auch in infiziertes
Gewebe injizieren. Nach Eintritt guter Anästhesie beiderseits tiefe, genügend
lange Schnitte bis auf den Knochen, Abkratzung des nekrotischen Gewebes
- und‘'des Knochensequesters, Durchziehen eines 1/ cm breiten Gazestreifens
und Eınlagerung von je 1/, Rivanoltablette (aus dem leicht löslichen
Rivanollaktat-Höchst) in unmittelbare Nähe des erkrankten Knochens.
Nach 3 Tagen Verbandwechsel; zeigt sich noch starke Eiterung, nochmals
Rivanoleinlagerung. (D.m.W. 1924, Nr. 42.) "Bruck
\
Infektionskrankheiten.
Aut Einige Richtlinien zur Behandlung der Malaria gibt Hans Ziemann
(Berlin). Man gebe Chinin. hydrochlor. oder sulfur. oder Chinidin (in
chininresistenten Fällen--den andern Mitteln überlegen). Da das Chinin
am sichersten auf die jungen, ungeschlechtlichen Formen wirkt, wenig,
z. T. gar: nicht auf die geschlechtlichen, ist es wichtig, das-Chinin haupt-
sächlich dann zur Wirkung zu: bringen, wenn bei der Sporulation dio
Teilungsformen auseinanderfallen, d. h. einige Stunden (2—3) vor dem
erwarteten Fieberanfall.. Sehr angenehm ist die Einnahme in..1 EBlöfel
Marmelade: -Man reiche das Mittel, möglichst 1—2 Stunden. nach dem
Essen, da daon die vermehrte Sekretion des Magendarmsaftes eine schnellere
Resorption. des Chinins gestattet. Man kontrolliere die Chininmedikation
durch Untersuchung des-Urins mit dem Chininreagens (Kalium-Queeksilber-
jodid). Dieses. Reagens gibt mit chininhaltigem Urin Trübung oder Nieder- `
schlag;. der sich beim Erwärmen löst, -beim Erkalten aber wieder bilden
muß. (D.m.'W: 1924, Nr. 39.) F. Bruck.
Fusco (Bengasi) stellte Versuche an, um die experimentelle Trypano:
somiase, Lues und Febris recurrens chemotherapeutisch auf kutanem
‚Wege zu beeinflussen und erzielte auf diese Weise beachtenswerte Heil-
erfolge. Ganz besonders eignete sich zu diesem Zweck das Arsentrichlorid;
welches, -in Olivenöl gelöst, auf die Haut aufgetragen wird. Bei Febris
recurrens war der Erfolg ein rapider und endgültiger, indem keine weiteren
Fieberattacken sich einstellten; die Lues aber konnte besonders im Sekundär- '
stadium günstig beeinflußt werden, da nach einigen Applikationen die
Schleimhauterscheinungen verschwanden. (Rif. med. 1924, Nr. 2.) J.P.
‚Einen billigen Stützapparat für den Unterschenkel beschreibt .
H. Matheis-Graz. Er besteht aus einem hufeisenförmig um den Unter-
schenkel gebogenen Bandstahl, der unter der Sohle ein Stück Stahlblech
hat und innen mit einem Lederstreifen versehen ist. Befestigung dureh
mehrere zirkuläre‘ Lederstreifen. Die Federung des Stables genügt um
Gehen, ohne daß ein Gelenk nötig ist. (W.kl.W. 1924, Nr. 38.) Muncke.
Orthopädie,
Ein einfacher Verband zum Aufrichten des spastisch kontrakten
Knick-Plattfußes läßt sich, wie H. Matheis-Graz mitteilt, herstellen durch
Anlegen einer Gipsschiene an der Innenseite des Unterschenkels, s0 dab
die Sprunggelenke freibleiben. Dann Aufbängen des Beines an der Schiene
mit der Außenseite nach oben. Der Fuß hängt dann frei nach unten und
durch die Schwerkraft stellt sich Supination und Adduktion des Vorfußes
‚wieder her, ferner schwindet die Dorsalflexion, so daß sich das Fußgewölbe
völlig wiederherstellt. (W.kl.W. 1924, Nr. 38.) Muncke.
Die Dampfdusche empfiehlt‘ H: Fritz (Wildbad im Schwarzwald) als
Hilfsmittel bei Erkrankungen der Bewegungsorgane. Verwandt wird der
"Winternitzsche Duschenkatheter. Ein guter und billiger Ersatz ist
die Dampfdusche von Moosdorf & Hochhäusler oder von der Sanitas (Berlin).
Dieser Ersatzapparat hat aber nur geringere Tiefenwirkung. (M.m.W. 19%,
Nr. 31) ` ia a FE, | F. Bruck
einer interkurrenten Krankheit und Verf. machte bei dieser Gelegenheit |
fand er einen leichten Entzündungsprozeß mit kleinzelliger Infiltration in
dem Papillarkörper und in den oberflächlichen Hautschichtey, während in
den tieferen Partien nichts Abnormes zu finden war. Verf. führt: das.
Zustandekommen dieser Anomalie auf einen speziellen, vielleicht mehr
dynamischen als statischen, Zustand, der Haut im Anschluß an eine ent.
zündliche Krankheit, entstanden auf Grund der Beziehungen zwischen
Fascia superficialis, Aponeurose und Retinacula. cutis. (Riforma med.
Cioffi (Neapel) untersuchte in einer Reihe von Tierexperimenten
das Verhalten der Tuberkulose-Agglutinine in vakzinierten Tieren gegen-
über dem anaphylaktischen Shock und kam zu folgenden Ergebnissen:
Nach Vakzination mit lebenden Tuberkelbazillen lassen .die Tiere nach
erkennen. Werden die Tiere erst dem Shock ausgesetzt und nachher mit
den Tuberkelbazillen intravenös geimpft, dann ist die Zunahme der Agglu-
tinine bedeutend. geringer. Werden abgestorbene Bazillen eingeführt und
die im Blut vorhandenen Agglutinine mittels Splenektomie zum Verschwinden
gebracht, dann bekommen die Tiere diese Agglütinine auch nach. einem |
anaphylaktischen Shock nicht. mehr zurück. Wird den Tieren, die keine
Agglutinine im 'Blutserum erkennen lassen, Alttuberkulin Koch in die
Venen eingespritzt, so fioden sich auch nach einem anaphylaktischen Shock
keine Agglutinine. (Riforma med. 1924, Nr. 15.) a u
De Martini (Genua) fand bei Tuberkulösen mit Hämoptoe oft Er-
scheinungen von Dystonie im Vago-Sympathikussystem mit vorwiegendem
Hypertonus im Vagusgebiet. Das gestörte Gleichgewicht im Vagus-
Sympatbikussystem kann bei gewissen Individuen durch eine Hämoptoe
die ersten Anzeichen einer latenten tuberkulösen Infektion zu erkennen
geben. Die Feststellung einer vegetativen Dystonie ermöglicht auch die‘
pathogenetische Erklärung der monosymptomatischen Hämoptoen. . Die
Präventivbehandlung der periodischen Hämoptoen und die Behandlung vor-
handener Hämoptoen mit Atropin haben ermutigende Erfolge gezeitigt,
(Riforma med. 1924, Nr. 15.) | | J.F.
Therapeutische Notizen.
; | ‘ Chirurgie. | |
Die Operation der Mammahypertrophie und der Hängebrust be-
spricht Eugen Holländer-Berlin. Vorbedingung ist: die völlige Erhaltung |
der ungestörten Funktion der restierenden Mamma (auch bei Frauen, bei
denen wegen der Sterilität und des Alters ‘die Laktation nicht mehr. in
Frage kommt); deshalb ist jede Operationstechnik, die den Zusammenhang
der Milchgänge und Ausfuhrkanäle mit dem Drüsengewebe verlegt, ab-
zulehnen. Ebenso alle Operationen, die die normale Blutversorgung ge-
fährden und den sehr wichtigen. Lymphapparat nach der Achselgegend
zerstören. Zu fordern ist eine Methode, die die Brust. um !/, bis zur.
Hälfte ‚verkleinert, die Mamilla wieder in die Mitte der Mamma stellt und.
die zuführenden Blut- und .abführenden Lymphgefäße ‘des Mammarestes
intakt erhält; dabei muß die Narbe möglichst unsichtbar sein. Die bis-
herigen Methoden haben zu schlechten Erfolgen geführt: Das vom Ver- |
fasser angegebene und genauer beschriebene Verfahren : wird dagegen den
obigen Forderungen gerecht. Sein Endresultat ist eine breitaufsitzende
Mamma mit. ihrem natürlichen Zentrum und namentlich. einer schönen
Wölbung der Unterfläche. (D.m.W. 1924, Nr. 41) . oo .
Die Behandlung der ossalen und periostalen. Panaritien geschieht
nach Buschmann - Bleialf, Eifel, wie folgt: Leitungsanästhesie (nach.
Oberst) mit 0,5—1°/,iger Tutokain-Suprareninlösung + einer Rivanol-
Nervenkrankheiten.
Über die Behandlung der Nervenkrankheiten mit der konzentrierten
Pregischen Jodiösung (Septojod) ‚berichtet G. Stiefler-Innsbruck. Der
Vorteil dieser Lösung liegt in der Verwendung: kleinerer Mengen, ‚auch ist
die Gefahr des Thrombosierens der Venen sehr gering, ebenso fehlen
schwerere Begleitreaktionen, schließlich wird die intramuskuläre Injektion
von Mengen bis 20 ccm gut und fast schmerzlos ertragen. Dosiert wird
entweder in täglich steigenden Dosen oder nach einer kleinen, Versuchs
menge in großen Dosen. unter entsprechendem Zwischenraum. . Auch Kom
bination von intramuskulären und intravenösen Injektionen wurde gut ver-
tragen. Es reagierten gut Encephalitis lethargica im akuten Stadium oder
bei akuten Schüben, auch tabische Krisen, während chronische. Enzephalitis
sowie andere chronische Erkrankungen des Zentralnervensystems Wong
. beeinflußt werden konnten. ‘Bei beginnender Arterioselerosis "cerebri trat
immer eine wesentliche Besserung der subjektiven Beschwerden, mitunter
auch leichte Blutdrucksenkung ein, (W;kl.W.:1924, Nr.39.) Munoke
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30.N ovember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 48.
1711
Bücherbesprechungen.
Kraus und Brugsch, Spezielle Pathologie und Therapie-innerer-
Krankheiten. X. Band, 1. Teil mit 845 Textabbildungen und 2 Tafeln,
1014 S. 32,—. 3. Teil mit 242 Abbildungen und 2 Tafeln, 1029 S. 34,—.
Berlin und Wien 1924, Urbaa & Schwarzenberg. f
Das große Sammelwerk ist in seinem Erscheinen so weit vor-
geschritten, daß der Abschluß naherückt. Auch die vorliegenden beiden
stattlicben Bände, die ein bald folgender zu einer Gesamtdarstellung der
Nervenkrankhbeiten ergänzen wird, steben auf der gleichen Höhe wie
alles bisher Erschienene. Das Vorwort, das der verstorbene Ludwig
Edinger seiner (von Goldstein und Wallenberg aus dem Nachlaß heraus-
gegebenen) anatomisch -physiologischen Einleitung der Nerven-
krankbeiten gibt, verspricht ein „lesbares Gesamtbild, das Altes und Neues
zusammenfassend, Vernachlässigtes erwäbnend und die Lücken unseres
Wissens nicht verbergend, anregend wirkt“. Dies Ideal einer Darstellung,
Belehrung über unser gegenwärtiges Wissen und Weisen der Wege zu
neuer, überall noch so nötiger Erkenntnis, hat der Verfasser dadurch er-
reicht, daß er Physiologie und Psychologie überall in den Vordergrund
gerückt hat. Die Lähmung der poripherischen Nerven einschließlich
der Untersuchungstechnik bebandelt Toby Cohn. In der Therapie
dieser Affektionen mit dem elektrischen Strom hält Cohn eine spezifische
Wirkung zwar nicht für bewiesen oder beweisbar, aber nach den Er-
fahrungen aller kritischen Autoren doch für außerordentlich wahrscheinlich.
Operative und orthopädische Verfahren, über die der Krieg ja die aus-
gedehntesten Erfahrungen gebracht hat, werden dann im speziellen Teil
bei der Einzelbesprechung der Lähmungen näher erörtert. Es folgen drei
Abhandlungen von W. Alexander: Neuralgie und Neuritis, Myalgie
und Polyneuritis, alle durch große Klarheit, tiefgründige Kenntnis der
Literatur und reiche eigene Erfahrung des Autors wertvoll, Ob die Myalgie
wirklich scharf vom Muskelrheumatismus zu trennen ist, erscheint dem Ref,
für die Praxis fraglich, namentlich wenn man (mit Recht) in der Ätiologie
auch der Myalgie den Infektionen die bedeutendste Rolle zuerkennt, In
die Erkrankungen der Wirbelsäule führt Paul Schuster ein, im
einzelnen erörtert er tuberkulöse und syphilitische Spondylitis,
Wirbelgeschwülste und Verletzungen der Wirbelsäule, alles
ganz summarisch, da die genannten Läsionen ja nur sekundär zu Nerven-
krankbeiten führen können. Die Darstellung der Hirngeschwülste von
E. Forster basiert auf dom großen Material, das der Autor in 20 Jahren
beobachten konnte, während die Literatur absichtlich mehr zurückgestellt
ist, Auch in der topischen Gehirndiagnostik setzt Robert Bing die
anstomisch-pbysiologischen Daten als bekannt voraus und erörtert nur ihre
klinische Anwendung, während die gleichen Fragen für das Rückenmark
von Oskar Fischer ohne solche Voraussetzungen ausführlich besprochen
werden und auch dem neurologisch nicht geschulten Arzte ein klares Bild
von den Möglichkeiten der Segmentlokalisation ‘gegeben wird. Handelt es
sich hier um die Beziehungen von Anatomie und Physiologie zu klinischen
Symptomen, so führt uns die außerordentlich interessante Abhandlung von
F.H.Lewy: Vom Wesen des Tonus und der Bewegungshandlung
zu den psychophysischen Problemen, über die wir noch "mitten in der
Forschung und damit im Widerstreit der Meinungen sind. Geste, Mimik,
Handschrift als Cbarakteräußerungen zu betrachten, ist uns ja geläufig;
weitere Fortschritte der Forschung über das Wesen der koordinierten Be-
Wwegung müssen uns tiefere Einblicke in den Zusammenhang bringen. Eine
erkannt wird. Der
Schmerz. Darstellungen der Neurasthenie und traumatischen
‚ Neurosen
sorgfältige Studie (mit reichen Literaturangabeo) über die verschiedenen
Formen der Myopathien von Georg Peritz beschließt den 1. Teil.
Der 3. Teil ist zum größten Teil den funktionellen Störungen:
des Nervensystems gewidmet. Die Hysterie wird von A. Kutzinski
besprochen, wobei der Psychoanalyse der Wert einer „Erweiterung und
Vertiefung unserer Auffassung vom Wesen der hysterischen Reaktion“ zu-
gleiche Autor schildert Zwangszustände und Kopf-
gibt Ewald Stier, diese in ihrer „überwältigenden Masse“
als „Rentenneurosen“ auffassend. Die Erkrankungen des vegetativen
Nervensystems beleuchtet Kurt Dresel besonders von der Seite der
Pathologischen Physiologie, während R. Cassirer und R. Hirschfeld die
v@somotorisch-trophischen Erkrankungen, nach ihren historisch
begründeten Namen eingeteilt, so klar darstellen und so scharf umgrenzen,
wie es die fließenden Übergänge in diesen ihrem Wesen nach wenig bekannten
Gruppen erlauben. Störungen der Bewegungsfunktion sind die von F.H.Lewy
behandelte Paralysis agitans und infektiös-toxische Chorea, wie
die Beschäftigungsneurosen von W. Alexander. Die Giftwirkungen
der Rausch- und Betäubungsmittel auf das Nervensystem beschreibt Paul
Schröder in dem Abschnitt Chronische Toxikosen, während das Kapitel
Sklampsie und die übrigen Symptome der Gestationstoxikose
(Gestose) von einem Gynäkologen, R. Freund, geschrieben ist. Endlich
Sind noch die Ahhandlungen von M. de Orinis über'Epilepsie und Karl
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Schob über Kongenitale, früh erworbene und heredofamiliäre
organische Nervenkrankheiten zu erwähnen. Die letzten haben ja
dürch die Krüppelfürsörge eine "hervorragende wirtschaftliche Bedeutung.
` Daß Papier und Druck, Textbilder, farbige und schwarze Tafeln muster-
gültig sind, erhöht die Freude am Studium dieser Bände. Walter Wolff.
Pfeiffer, Allgemeine.und experimentelle Pathologie. Mit 50 Ab-
bildungen und 8 teils mehrfarbigen Tafeln. 594 S. Berlin und Wien 1924,
Urban & Schwarzenberg. Brosch. 14,40, geb. 16,80. .
Das Buch bearbeitet das große und verschiedenartige Stoffgebiet, das:
mit der ‚Bezeichnung „pathologische Physiologie“ nur unvollständig um-
. grenzt wird in der Form eines Lehrbuches. |
In den ersten Abteilungen wird die Lehre von den Krankheits-
bedingungen und der Krankheitsentstehung ausführlich wiedergegeben in der
. Form, daß neben den anatomischen Beziehungen vor allem das Funktionelle
und die inneren Zusammenhänge hervorgehoben werden; darauf folgt die
Lehre von der Entzündung und die Lehre vom Fieber, _
In didaktisch besonders gelungener Weise wird danach die Immunitäts-
lehre behandelt. Es folgt die Abteilung über die Störungen des Blutes und
seiner Bildungsstätten, über die Störungen des Kreislaufs, der Atmung und
des Stoffwechsels. Ein umfangreicher Abschnitt entwickelt die theoretischen
Grundlagen für die Erkrankungen der Kreislaufdrüsen und die Störungen
der inneren Sekretion. Der Schlußteil bringt eine kurze Einführung in die
experimentelle Geschwulstforschung. 2
Die Übersicht zeigt, daß der Verf. sich sein Gebiet sehr weit abgesteckt
hat. Innerhalb dieses weiten Rahmens wird dem Studenten für den klinischen -
Unterricht ein großes Maß an theoretischen Kenntnissen und pathogenetisch-
naturwissenschaftlichem Denken in knapper, klarer Sprache übermittelt. Es
ist dankbar anzuerkennen, daß der Verf. es übernommen hat, ohne Hinzu-
ziehung von Mitarbeitern das mannigfaltige Wissensgebiet in die Form eines
Lehrbuches zusammenzufassen. Die einzelnen Abteilungen legen davon Zeugnis
ab, wie sich der Stoff dem Verf. zu wissenschaftlichen Zusammenhängen ge-
ordnet hat. Indem das Buch das Wesentliche überall herausstellt, gewährt
es dem Lernenden einen Überblick und Einblick und wahrt dabei die Einheit-
lichkeit der geistigen Einstellung und der Beschreibung wesentlich besser
und folgerichtiger, als es den Sammelwerken möglich ist, die durch das
Zusammenarbeiten mehrerer Fachleute eütstehen.
Die Darstellung hat den Vorzug, daß dem Leser nicht allein mitgeteilt
wird, was wir zu wissen glauben, sondern auch die Gedankengänge klar-
gelegt werden, aus denen dieses Wissen gewonnen wurde. Die-Aufzählung
von Einzelarbeiten wird vermieden, dagegen. werden am Ende jedes Ab-
schnittes die Arbeiten genannt, die einen Einblick in das Schrifttum geben:
Eine Bearbeitung, die von diesem Gesichtspunkte ausgeht, wird nicht nur dem
Studenten für den klinischen Unterricht gute Kenntnisse und naturwissen-
schaftliches Denken übermitteln, sondern sie ist auch geeignet, den Arzt,
der in diesem Buch Belehrung sucht, in klarer und übersichtlicher‘ Weise
einzuführen in die Werkstatt medizinischer Forschungsarbeit.
Das Buch erfreut durch die gute Ausstattung, die zahlreichen Ab-
bildungen und den niedrigen Preis. K. Bg.
L, Lewin, Phantastica. Die betäubenden und erregenden Genuß-
mittel. 374S. Berlin 1924, G. Stilke. brosch. 16,—, geb. 20,—.
Der um die Pharmakologie und Toxikologie hochverdiente Verfasser
behandelt in dem vorliegenden Buch, dessen Titel nicht gerade glücklich
gewählt ist, die Genußmittel, soweit sie dem Zweck der Erregung und Be-
täubung dienen. Es werden zunächst die Beruhigungsmittel (Euphorica)
besprochen, zu denen Verf. Opium, Morphin, Kodein usw. und Kokain
rechnet. Die Erscheinungen des modernen Kokainismus finden ausführliche
Darstellung. Es folgen die Sinnestäuschungsmittel (Phantastica), d. h.
Anhalonium, Cannabis, Fliegenpilz, Hyoscyamin und andere Nachtschatten-
gewächse. Die fölgenden Kapitel sind den Berauschungsmitteln im engeren
Sinne (Inebriantia), dem Alkohol, : Chloroform, Äther und Benzin und den
Schlafmitteln (Hypnotica) wie Chloral, Veronal usw., der Kawa und Kanna
gewidmet. Das Schlußkapitel befaßt sich mit den Erregungsmittein (Ex-
citantia), zu denen außer Kaffee, Tee und Tabak u. a. Kampfer, Betel,
Kola, Mate, Arsenik und Quecksilber gerechnet werden. Die Darstellung
ist ungemein fesselnd, sie zeugt nicht nur von einer völligen Beherrschung
des Stoffes und großer eigener Erfahrung und Forschung, sondern auch von
umfassenden historischen und kulturhistorischen Kenntnissen, Das Buch
ist für einen weiteren Leserkreis bestimmt, chemische Formeln und Lite-
raturangaben sind daher bei Seite gelassen. Die hohe Bedeutung, die den
Genußnmitteln für die Medizin, Psychologie, Volkswirtschaft und Rechtspflege
zukommt, wird in anschaulicher Weise klargelegt. So ist das Buch geeignet,
Belehrung und Kenntnisse 'auf dem sehr wichtigen Gebiete den ver-
schiedensten Berufen’ zu vermitteln und Anregungen zu weiteren Forschungen
zu geben. Wenig‘zufrieden mit dem Verf. wird allerdings das Alkohol-
abstinentöntui Söll, gegen dasselbe wendet sich der Autor in temperament-
voller Weise, ' oB mit voller Berechtigung, sei dahingestellt. Henneb erg.
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` l 4.. Tagung für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten in Berlin
"wHaberer-Graz aus, daß zur Vermeidung der unangenehmen Situation
`. die Resektion unter unbedingter Opferung. des Pylorus samt dem antralen
‘. Magenteil. ‘In der besagten Richtung stimmen wobl die Chirurgen der:
großen Mehrzahl nach überein und dürften nach Ansicht des ‘Vortr. hierin
-auch den Beifall .der Internisten finden. Eine umstrittene Frage bleibt
vorläufig noch die Wahl (der-Resektionsmethode,. da ja die Methode nach
Billroth IL als die weitaus häufiger geübte neuerdings. wieder eine Kon-
die letztere nach ihren Ergebnissen für die Methode der Wahl, am’ besten .
. în der von ihrem Schöpfer angegebenen Originalmethode, und wenn diese.
. - unausführbar ist, in der von ihm früher näher umschriobenen Modifikation
. Duodenalschenkel. Die quere, segmentale Magenresektion hat neben vor-
:..züglichen 'Erfolgen:Mißerfolge dadurch aufzuweisen, daß vorhandene Hyper-
_ ulzera 'nach: dieser Methode 'zu befürchten sind, und auch bereits in nicht
geringer Anzahl beobachtet wurden. Endlich muß zugestanden werden,
daß'trotz.all ihrer Nachteile die Gastroenterostomie dann auf den Plan treten .
“soll, wenn es sich um jene ganz seltenen Fälle handelt, bei denen wir
aus: lokalanatomischen ‘oder auch aus Gründen des Allgemeinzustandes der
“ zwischen unmittelbaren Folgeerscheinungen und Spätfolgen der Operation
. und der Lunge; Blutbrechen:.durch Nachblutung aus Unterbindungen, retro-
`, gtad6-Embolie oder endlich Ulkusblutung aus dem nichtresezierten Geschwür.
‚Das beste Mittel gegen: die Blutung ist die Magenspülung und die Injektion
`- von Pferdeserum. . Akute Magendilatation ist dio Folge einer Prädispositi
Narkösewirkung ‘oder Ausdruck einer Nebenniereninsuffizienz. . |
‚Die. Tätigkeit des Darmes' ist aufmerksam ‚zu. beobachten. Die Gastro-
` enterostomie fübrt zu schweren Mißerfolgen (Circulus vitiosus, Ulcus jejuni,
Gastroenterostomie ist‘ die Folge ‚fortbestehender. Hypersekretion. Sehr
“ Internisten und-Chirurgen. ist: nötig zum Besten des Kranken.
'‚Inhaltsmengen prüft. - Im, allgemeinen aber findet. man nach Gastroentero-
.-stomie keine- freie HCl; Die Alkalibehandlung in äusreichender Dosis ist
“ergibt, daß hohe, Werte und zwar- erst in später. Phase nur beim Ulcus |
diagnostisch einwandfreie Bedeutung beanspruchen können. Die Beeinflußbar- :
1924. — MEDIZINISO HE KLINIK — Nr. 48. _ 80. November |
Kongreß. und Vereins-Berichte.
er zu dem Ergebnis, ‘daß. die Folgen 'der Zerstörung. antagonistischer
Elemente des extragastralen Nervensystems, ` weit entfernt, sich wechsel- .
'seitig aufzuheben, stets auf eine ‚Verminderung des Magentonus und eine
"Herabsetzung der Peristaltik hinauslaufen. Dies wird man daher ebenfalls :
bei Vergiftungen und nach ‚Operationen am Menschen erwarten müssen.
In seinem Schlußwort konnte sich v. Haberer auf Einzelpunkte
_ beschränken, im ganzen aber eine erfreuliche Annäherung der Standpunkte,
zumal mit.Finsterer feststellen. |
EN vom 28. bis 25. Oktober 1924. (Schluß aus Nr. 47.)
In dem Referat über Nachkrankheiten nach Magenoperationen führt
des Bestehenbleibens der alten Krankheit oder des Auftretens neuer 'MiB-
stände (z.B. Ulcus jejuni, Circulus, Diarrhöen, kleiner Magen — man sollte
Magenkleinheit sagen, kleiner Magen ist für den Pawlowschen Blindsack
vergeben, Ref. — usf.) zunächst eine einwandfreie. Technik die erste Vor-
aussetżung ist. Ferner zeigt es sich nach nahezu allgemeiner Auffassung,
daß die Pylorusäusschaltung in jedweder Form als eine gänzlich unzuver-
lässige Methode, die schwere Gefahren in sich birgt, zu ‘verlassen ist. Die |
Operation der- Wahl bei den gutartigen Magenduodenalerkrankungen bleibt
Nachzutragen ist ein-Vortrag von van der Reis-Greifswald (welcher
_ auch seine die Kürze des Menschendarms in vivo — 250 cm — beweisenden
Röntgenöogramme vorweist) über. die physiologisch saure Reaktion des
ganzen Dünndärms. Diese. auch: bei abnormen Salzsäurewerten des Magens
konstanten Verhältnisse -beruhen auf einer Tätigkeit des gesunden Dünn-
darms, der sich bo gegen die Luftkeime einerseits, anderseits die Dick-
darmkeime ‚schützt. Bakterienflora und Aziditätsabnahme findet sich bei `
der endogenen Dünndarminfektion als gemeinsame Ursache der mit Unrecht
scharf unterschiedenen „Dyspepsie“formen Gärungsdyspepsie und Fäulnis-
dyspepsie; . Ob Spülung, Diät oder Beimpfung des Dünndarms das beste."
‘Mittel ist, wird untersucht. | ; Rr |
| Neu ‚ist. der einfache Nachweis des vermehrten Harnstofigehalts ìm
Speichel als Ersatz der Blutuntersuchung durch Marceli Landsberg-; `
Warschat, beruhend auf der bekannten Reaktion mit Diazoamidob enzaldehyd.
Von den übrigen sei Raummangels wegen nur die Demonstration L. Picks-
Berlin hervorgehoben, welcher an zwei Präparaten zeigt, daß auch Taenia
saginata den. Darm und da5 Pankreas durchbohren und: durchwandern kann,
‚sowie seine Bilder, die den Trichocephalus dispar in subepithelialer Lage
zeigen, die Epithelzellen wachsen darüber ‚mächtig an und das Epithel
muß sich daher in Falten’ legen, während -die Drüsenzellen unter ihm ein -
riesenzellenartiges Symplasma bilden. Maßgebend sind offenbar Se- und.
Exkrete des Parasiten (die Intensität der Veränderungen nimmt ab, je.
| weiter man sich von ihm entfernt). Es. ist schwer, nicht an Möglich:
keiten von Geschwulstentstehung zu denken.
kurrentin:in der Methode Billroth I gefunden hat. Persönlich hält! er
der Einpflanzung des Magenquerschnittes in den ‚mobilisierten absteigenden
azidität darch ‘sie ‘wenig oder garnicht beeinflußt wird, so daß Rezidiv-
Patienten den größeren Eingriff der Resektion nicht wagen dürfen. , -
- In seinem Korreferat geht W. Zweig-Wien von der Unterscheidung
88. Versammlung deutscher Naturiorscher und Ärzte zu Innsbruck,
91. bis 27. September 1924. (Schluß aus Nr. 47.)
Bericht von L. Pincussen, Berlin. E
K. Dresel (Berlin) sprach über die Funktionen eines großkirn-
und striatumlosen Hundes. Er führte im Film einen Hund vor, der nach
"Exstirpation des Großhirns und. des. gesamten Striatum beiderseits 3 Monate
|.am Leben erbalten wurde. Während der großhirnlose Hund zu komplizierten .
‚ Handlungen fähig ist, ging- durch die Striatumexstirpation jede Möglichkeit
einer Kombination verloren, ‘und das Tier war zu einem seinen primitivsten'
Refexen unterworfenen Automaten herabgesunken. . Die anatomische Unter-
suchung ergab ein 7ugrundegöhen der Substantia nigra der gleichen Seite
‚nach einseitiger und beider Seiten nach doppelseitiger Striatumzerstörung. .
Pincussen (Berlin) berichtete über biologische Jodwirkung -bel
‘Bestrahlung und zeigte, daß das im Organismus unter. Belichtung aus Jod-
salzen abgespaltene Jod imstande ist, erhebliche Veränderungen auszulösen
. und besonders den Stoffwechsel weitgehend zu beeinflussen. Auch formative
aus. Zu- den ersten gehören Narkoseschädigungen des Herzens, der Leber
on,
2. Ein gefürchtetes: Ereignis ist der arteriomesenteriale Darmverschluß:
Blutung, Perforation, maligner Degeneration). Die Ansichten. über das funk-
tionelle: Resultat sind widersprechend. .Das.Ulcus jejuni perforatum nach
wichtig ist die Einleitung einer, typischen Ulkuskur nach der Operation. .
Oft sieht man nach: Gastroenterostomie ‚Gärungs- ‚und: Fäulnisdyspepsie ein-
treten. Nach Ulkusresektion kommt es zu einer Hypochlorhydrie. infolge
Wegfalls der -chemischen Sekretionsphase. Die psychische Phase bleibt
erhalten, daher Gesamtsäurewerte ‚unter 20 selten. Gegen die oft schweren Änderungen können, wie Versuche an Kaulquappen ‘ergaben, auf ` diese .
gastrogenen: Diarrhoen. (nach. Resektion) ist Diät und Salzsäuretherapie mit Weise ausgelöst. werden. Bei kleineren Tieren, die. in Jodsalzlösungen
kleinen Dosen nötig. Zusammenarbeit und gegenseitiges. Verständnis von. |. bestrahlt werden, kann das abgespaltene Jod in kurzer Zeit zum Tode des
Tieres führen, während im Dunkel gehaltene Kontrolltiere, bei denen also’
eine. Jodabspaltung nicht stattfindet, ganz unbeeinflußt bleiben.
Aus der Sektion für innere Medizin sei die Mitteilung von F. H.Lewy
(Berlin) über den Rhythmus als eine Grundeigenschait der Konstitution
genannt. Jede Bewegungsart weist ein für jedes Individuum charakteristisches
Tempo auf,.das auch unter verschiedenen Versuchsbedingungen hartnäckig
.beibebalten wird. Es lassen sich verschiedene Persönlichkeitstypen unter-
scheiden, sowobl nach der Höhe des Eigentempos als auch nach der
Fähigkeit, dasselbe gegenüber Störungseinflüssen körperlicher und geistiger
Art festzuhalten. Der Rhythmus ist eine in:der Persönlichkeit tief ver.
:{ ankerte und für das Individuum charakteristische Eigenschaft, welche 10
. gleicher Weise einer Spiegeleinstellung und Regulation. unterliegt wie andere
körperliche Erscheinungen. S. Bondi (Wien) berichtete über Wesen und
| Wert der intrathorakalen Auskuitation des Herzens. Die Auskultationeh
| der Hinterwand,des Herzens, welche vom Rücken aus nicht möglich ish
läßt sich in vorzüglicher Weise durchführen, wenn man ein entsprechend
geformtes dünnes Rohr in den Ösophagus einführt und auf diese Weise
die Auskultation vornimmt. Dio Resultate ‘sind nach Angabe des Vor
Porges-Wien: ‘Bei Ulcus jejuni -perforatum kann man stets freie
-HOI finden, wenn man richtig. untersucht, (nicht zu früh!) und auch kleinste
-däher sicher am Platz. Er. hat das Sippysche Schema modifiziert, weil
‚er gegen Natron und: für Kreidepulyer ist. . rear
2." Kalk-Frankfurt: Die Verzeichnung der Säurekurven. nach Katsch
jejuni perforatum vorkommen,,. so.daß. solche Werte und’ solche Kurven eine
keit, des Kurvenverlaufs beweist, daß das. Ulcus jejuni perforatum ‘durch
innere Behändlung heilbar ist; zum Überfluß wurde bej einem solchen:
Kranken, der sich dennoch operieren ließ, der, bioptische Beweis geliefert,
indem der Chirurg ein ‚gebeiltes Ulkus vorfand. u | |
| Bickel-Berlin beschreibt die, Folgen der Resektion des Vagus, des
Sympathikus und der Exairese des Ganglion cooligcum in ihrem Einfluß |
auf den Tonus und die Peristaltiik des Magens sowie auf die Ansprechbar-
keit für Azetylcholin, Pilokarpin und die beiden Phasen der Adrenalin- | tragenden sehr befriedi oh: 4 i tep:
i Har DA i o en jedigend. Schr deutlich ist das systolische Aorier
wirkung. Nach Würdigung.der Folgen kombinierter Ausschaltungen kommt | geräusch, besonders das systolische Mitralgeräusch. Leo J : cobsohn (Berlin
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30. November
Charlottenburg) sprach über Herztonverstärkung und -Fernübertragung der
Herztöne. Mit einer von der Huth-Gesellschaft ausgeführten Apparatur
gelingt es, die Herztöne mit Hilfe des Fernspreohnetzes -über weite Ent-
fernungen zu übertragen. Auch die drahtlose Übertragung auf 150 km
erwies sich als möglich. F. Munk (Berlin) schilderte seine experimentellen:
Untersuchungen über die Albuminurle, aus welchen er schließt, daß die
Eiweißausscheidung bei der Nephritis nicht so sehr auf eine Funktion der
Niere selbst zu bezieben wäre, wie auf eine Umwandlung des Bluteiweißes.
Durch elektroosmotische Veränderungen des Bluteiweißes konnte er beim
Kaninchen, ohne daß eine Nierenschädigung bestand, Albuminurie erzeugen-
Stuber (Freiburg i.B.) sprach über Blutgerinnungsstudien, die ihn zu
der Überzeugung führten, daß die Blutgerinnung lediglich ein Kolloid-
phänomen sei und die bisherige fermentative Auffassung nicht zu Recht
bestünde. K. Karger (Magdeburg) berichtete über vergleichende chemische
Untersuchungen am arteriellen, venösen und kapillaren Blut, welche zum
Teil nicht unerhebliche Abweichungen der einzelnen Komponenten auf-
` weisen. .H. Herxhoimer (Berlin) behandelte die Diagnose des Trainings-
zustaudes und betonte bei der zunehmenden Ausbreitung der sportlichen
Betätigung die Notwendigkeit einer dauernden ärztlichen Überwachung.
Aschner (Wien) sprach über Rückkehr zur Humoralpathologie; er meint,
daß diese Renaissancebewegung in der Medizin: in Form einer Wieder-
aufnahme humoralpathologischer Anschauungs- und Behandlungsmethoden
in Verbindung mit der Zellularpathologie und ihren modernen diagnostischen
und therapeutischen Methoden der kommenden Entwicklung der Medizin
ihren Stempel aufdrücken wird. Gudzent (Berlin) berichtet über die
günstigen Erfolge der Behandlung von: Thyreotoxikosen und Morbus
Basedow mit kleinen Dosen von Gammastrahlen.
In der Abteilung Hygiene, gemeinsam mit einer Tagung der Deutschen
hygienischen Gesellschaft, gab es zunächst eine Aussprache über Volks-
' ernährungsfragen im Lichte der Kriegs- und Nachkriegserfahrungen, die
durch ein Referat Dresel (Heidelberg) eingeleitet wurde. Sodann sprach _
Korff-Petersen (Berlin) über die Berücksichtigung der Wärmewirtschaft
beim Plan und der Ausführung des Hausbaues. Zunächst ist bei der
Auswahl des Bauplatzes auf natürlichen Schutz gegen Wind und Regen
zu achten. Bei der Grundrißgestaltung sind die wärmebedürftigen Räume
in den Kern des Hauses zu. legen. Da der Wärmeverlust hauptsächlich
‘dureb die Fenster und die unmittelbar ins Freie führenden Türon erfolgt,
ist deren Zahl und Größe auf das unbedingt Nötige zu beschränken und
möglichst Doppelfenster und -türen zu nehmen. Für die Wände sind Bau-
stoffe mit kleiner Wärmeleitzahl zu verwenden. Empfehlenswert sind gute
Holzbauten und Ziegelmauern mit kleinen, in sich geschlossenen oder mit
porösem Material ausgefüllten Hohlräumen. Sehr wirtschaftlich ist eine
Wärmeisolation an der Innenseite der Wände, welche die Wärmespeicherung
in den Wänden herabsetzt, die Anheizzeit verkürzt und die Wärme-
abstrahlung des menschlichen Körpers stark vermindert. Bei dauernd be-
wohnten Räumen ist Dauerheizung am geeignetsten und billigsten.
Ein weiteros Thema bildete die hygienische Ausbildung der Lehrer,
für das Adam (Berlin), Rektor Lorentz (Berlin) und Selter (Königsberg)
das Referat übernommen hatten. Adam betonte folgendes: Um der Gesund-
heitspflege den ihr gebührenden Platz im Schulunterricht zu sichern, ist
vor allem ein hygienischer Unterricht der Lehrer notwendig. Der Lehrer
ist als Träger dieses Unterrichtes geeigneter als der Arzt. .Es ist auch
wichtig, daß die elementaren Gesundbeitsregeln mit dem übrigen Unter-
richt verwoben und bei Gelegenheit des Turnunterrichts, des mathematischen
und naturwissenschaftlichen Unterrichts erörtert werden. Das Problem ist,
die schon im Amte befindlichen Lehrer, ebenso wie die noch in der Aus-
bildung befindlichen mit den nötigen Kenntnissen zu versehen. Rektor
Lorentz gab dann detaillierte Pläne für die Gestaltung des Unterrichtes
in: den verschiedenen Schulen. Ein von Adam und Lorentz im Auftrage.
des preußischen Landesausschusses für hygienische Volksbildung verfaßter -
Leitfaden hat anscheinend schon Gutes gewirkt, überdies haben im Laufe
der letzten Jahre an verschiedenen Stellen sehr gut besuchte hygienische :
Fortbildungskurse stattgefunden. Selter meinte, daß die Ausbildung der
‚amtierenden Lehrer nur oberflächlich sein könne; für den Nachwuchs fordert
er ein zweistündiges Kolleg zwei Semester lang.
Eine lebhafte Diskussion schloß sich an diese Berichte an. Hierbei
betonte M. Hahn (Berlin), daß die Universitäten die hygienische Ausbildung
der Lehrer gut übernehmen könnten. Während in den Schulen der Lehrer
der Träger des Unterrichts sein müsse, ist in den Fachschulen, in welchen
als Lehrer häufig Handwerksmeister wirkten, der Arzt wohl geeigneter. Im
Gegensatz. zu Selter will Uhlenhuth (Freiburg) nicht warten, bis eine
neue Lehrergeneration herangewachsen ist. Wie Lode (Graz) berichtete,
nimmt in Österreich bei Ausbildung der Turnlehrer ‚die Hygiene einen
breiten Raum ein und 'ist auch Prüfungsfach. Zum Schluß wurde eine `
Entschließung angenommen, in der das Reichsamt ides Innern aufgefordert
wird, der bygienigchen Ausbildyng der lehrer ynd Schüler, welche in der.
Eins <
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48.
' Sohweiz und ’Österreich-schon seit Jahren durchgeführt ist, auch in Deutsch-
land größte Aufmerksamkeit zu schenken.
Patentanwalt Fritz Warschauer (Berlin) sprach über Bakterio- |
logie und Patentrecht. An Hand zahlreicher Patentschriften wies er nach,
daß das Patentamt sich allmählich den berechtigten Forderungen, auch
bakteriologische Verfahren zu patentieren, nicht habe verschließen können.
Während nach den früher geltenden Regeln eine Erfindung nur dann
patentfähig war, wenn es sich bei ihr um eine mechanische oder chemische
Bearbeitung oder. Verarbeitung von Rohstoffen handelte, wenn also durch
ein technisches Mittel ein technischer Erfolg herbeigeführt wurde, hat das
Patentamt in einer neueren Entscheidung ausdrücklich. auch solche Ver-
‘fahren als patentfähig anerkannt, welche sich der Vorgänge der lebenden
Natur bedienen, eine Entscheidung, die für bakteriologische und immun-
biologische Verfahren von höchster Wichtigkeit ist.
In der Abteilung für Röntgenkunde und Strahlenbehandlung
referierte H. Holthusen (Hamburg) über die Wirkung der Röntgen-
strahlen in biologischer Hinsicht. Als Primärwirkung wird ein dem photo-
chemischen Prozeß bei der Einwirkung von Lichtstrahlen analoger Vorgang
angenommen. Die Punktwärmehypothese von Dessauer, welche in ört-
lichen Temperaturerhöhungen die letzte Ursache der Strahlenwirkungen
sieht, lehnt der Referent ab. Was als biologischer Vorgang sichtbar in
‘die Erscheinung tritt, ist eine Sekundärwirkung, deren Zustandekommen:
und Umfang durchaus von dem biologischen Verhalten der Zellen abhängt,
und die sich nur unter physiologischen Bedingungen voll auswirken kann.
Bei wachsendem Gewebe wird. die Zellempfindlichkeit durch die Anspruchs-
fähigkeit des Zellkernes bedingt, für die übrigen Gewebe verdient neben
der Radiosensibilität des Zellkernes die Empfindlichkeit der Zellmembran
besondere Berücksichtigung. Die Strahlenwirkungen im Organismus lassen,
sich mit der Betrachtung der Einzelzelle nicht restlos erklären: es muß
die Korrelation der Zelle und Gewebe und.Organe untereinander berück-
sichtigt werden. Bei den Fernwirkungen der Strahlen spielen- beim Zell-
zerfall entstehende wirksame Substanzen eine wesentliche Rolle. Es be-
stehen in diesem Sinne gewisse Analogien zwischen dem Verhalten des
Körpers nach Bestrahlungen und der sogenannten Proteinkörpertherapie.
In dieser Richtung liegen auch die Erklärungen für manche "Tumorrück-
bildungen nach Allgemeinbestrahlung. Für die neuerdings in den Vorder-
grund des Interesses gerückten günstigen Wirkungen der Röntgenstrahlen
bei Entzündungen wird neben der allgemeinen und spezifischen Immuni-
sierung eine Örtliche desensibilisierende. Wirkung verantwortlich gemacht.
Hier bestehen Parallelen mit der Wirkung parenteraler Zufuhr von Eiweiß-
abbauprodukten und dem Einfluß der Ultraviolettbestrahlung auf Ent-.
zündungen der Haut. Durch die Wirkung wachstumsanregender Zellzerfalls-
produkte werden auch die wachstums- und funktionssteigernden Wirkungen
der Strahlen in gewissen Fällen verständlich. Über die chemische Wirkung
der Röntgenstrahlen sprach Lieber (Innsbruck); im wesentlichen kommen
bei der Wirkung physikalisch-chemische Vorgänge in Frage: osmotische
und kolloidchemische Veränderungen spielen eine wichtige Rolle. ‚Er ver-
breitete sich dann über die lonenwirkung, insbesondere die Wirkung von
Kalium und Kalzium‘ und ihre Beeinflussung durch die Strahlung und ging
dann auf die Veränderungen an Membranen, Aggregatbildungen und Aus-
flockungen ein. Haudek (Wien) sprach über diagnostische Bewertung
von Lungenbefunden. Bei allen Erkrankungen, welche im Rahmen einer
Tuberkulose zur Beurteilung kommen, sind Serienaufnahmen dringend
erforderlich. Insbesondere hat die Beurteilung von Flächenschatten im
Röntgenbild mit der größten Vorsicht zu geschehen; eine einmalige Durch-
leuchtung genügt weder zur Diagnose noch zur Stellung einer Prognose;
sie ist in kurzen Zwischenräumen, z. B. nach einer Woche, zu wiederholen
und erst aus dieser Kontrollo können die ersten Schlüsse gezogen werden.
Borak (Wien) berichtete über neue therapeutische Indikationen der
Hypophysenbestrahlung. Er hat mit dieser Methode, die in Form der
Bestrahlung zweier gegenüberliegender Schläfenfelder ausgeübt wird, neuer-
Ferner
dings bei gewissen Formen von Diabetes günstige Erfolge erzielt.
erwies sich die Bestrahlung günstig gegen Amenorrhoe und Dysmenorrhoe;
auch bei der sexuellen Impotenz des Mannes in solchen Fällen, wo eine
endokrin bedingte Veränderung des Gaswechsels vorlag, erzielte er gute
Erfolge.
In der Abteilung Veterinärmedizin referierte von Ostertag (Stutt-
gart) über Fleisch- und Milchhygiene. Wir verfügen jetzt in den meisten
Fragen der Fleischbeschau über festbegründete Grundsätze der Unter-
suchung und Beurteilung des Fleisches kranker Tiere.. Durch die Fleisch-
beschau sind die Erkrankungen durch die Finne des Schweines fast voll-
ständig erloschen; ähnliches gilt für die Rinderfinne und für die Trichine-
Der mittelbar schädliche Echinokokkus der sohlachtbaren Haustiere, der
auf dem Wege. über den Hund dem Menschen gefährlich werden kann,
kann ausgerottet werden, wenn die Länder sich entschließen, die Fleisch-
beschau auf alle Hausschlachtungen auszudehnen. Das Fleisch bei be-
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.. mittel auszuschließen, weil schon das Häntieren mit dem Fleisch eine
‚auch bei der Tuberkulose der Tiere, kann das Fleisch durch Erhitzen. zum
Genuß brauchbar gemacht werden, wenn leichte Grade und keine erbeb-
‚gabe ist die Verhütung
`. `. mitteln möglich ist: Die Kontrolle des Milchverkehrs- ist. erheblich weniger.
_ dem Laienpublikum. zugänglichen Sitzung der Jesuitenpater E. Wasmann
Darwinschen Theorie, für die, wie er sagte, früher eine Überschätzung
. der Entwieklungslehre. Einzelne Teile davon scheinen, auch. dem Vor-
.. tragenden annehmbar. Der Kampf, welchen er seit Jahren gegen manche .
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' stellt er das Walten einer höheren Weisheit. gegenüber. -
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_ beruhen und im besonderen als Grenzkontrastlinien aufzufassen sind. Sie
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technische Physik Wagner (Berlin). Es ist ihm gelungen, die Telegraphier-
-in der Minute zù steigern. Die technischen Mittel, mit: denen dies er-
reicht wird, bestehen in einem neuen Kabeltyp mit erhöhter Selbstinduktion
_ empfang unter Verwendung von Hochvakuumverstärkern.
‘berg (Wien), als dritter. Vorsitzender Fitting (Bonn) gewählt. Als Vor-
‚standsmitglieder wurden neugewählt: Spemann (Freiburg) und Sauer-
= Nachdem noch ein Beschluß zur'neuen preußischen Schulreform der höheren
. maligen Versammlung nach einem kurzen Überblick über: die Arbeiten der .
worte: Lassen Sie mich nur ganz kurz noch. einem ‚Gefühle Ausdruck ver-
‚als durch die Wahl des diesjährigen und des nächsten Tagungsortes.
‚Innsbruck‘ und Düsseldorf sind vorgeschobene Posten ‚deutscher Wacht,
. Gemeinschaft sein. -
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aia = A MEDIZINISOHR KLINIK — Nr.48..
280% November
stimmten vom Tier auf den Menschen übertragbaren Krankheiten wie
“und einmal ‚ein junger Mann betroffen. ‚Die Behandlung war stets eine
Rotz, Milzbrand, Tollwut ist unbedingt von der Verwendung als Nahrungs- TEE A A a |
konservative. a BE Sa NEL a
: © "Aussprache: Payr. glaubt, daß die ‚bisherigen Erklärungsversuche ;
; der Köhlerschen Krankheit des 2. -Mittelfußköpfchens nicht geeignet sind,
. dies6 eigentümlichen Krankheitsbilder zu'erklären; er glaubt an eine durch :
` mechanische Schädigungen bedingte- Gefäßstörung. Die sicher-
Gefahr für den Menschen bedeutet. Bei den übrigen Infektionskrankheiten,
lichen Veränderungen des Muskelfleisches vorliegen.. Eine. wichtige Auf-
der Fleischvergiftungen, ‘was durch bakteriologische.
"Ernährungsstörung des Knochens hin. Die Embolie gerade dieser um-
Untersuchung geschehen muß. . Schwerer verhütbar sind die. Hackfleisch-
i schriebenen Stelle ist jedoch nach der Ansicht Payrs eine geradezu an
' den Haaren herbeigezogene Erklärung. Viel. näher liegt es nach seiner .
‘ Meinung, an eine Zirkulationsstörung im Bereich der gerade im fraglichen
' Alter der Kranken noch, bedeutsamen Kapselgefäße zu denken. Solange
: die Epiphysenfuge besteht, erhält die Epiphyse kein Blut von der Diaphyse
' aus (Nußbaum).: Sie ist auf die Ernährung von den zahlreichen Periost-
. kapselgefäßen. angewiesen. Unterbricht man durch geeignete Versuchs-
"anordnung - diese . Zufuhr, so erhält man ausgedehnte Epiphysennekroe
| C(Nußbaum). Am 2. Mittelfußköpfehen: sind. nun für solche Vorgänge
mehrfache Gelegenheitsursachen vorhanden. Es ist bei gewissen Schädlich-
keiten mechanisch in einer ungünstigeren Lage als seine ‚Nachbarn, 'so
z. B. bei der Krallenzehenbildung und dem Reiten der zweiten Zehe auf `.
der Großzehe und der. dritten. : Dabei ist eine. besonders starke Hyper-
. extension im Grundgelenk vorhanden, welche die an der Plantarseite der.
, dorsalen gegenüber: viel stärkere Kapsel mächtig spannt. Zudem ist das
Köpfchen dort. auf eine viel größere Strecke nackt, indem der Kapselansatz
häufig über: !/, cm vom Knorpelrand entfernt ist. Außerdem ist in die
faserknorpelige Platte der, Sehnenseite. der Kapsel gerade unter dem
. 2. Köpfchen nicht selten ein Sesambein eingefügt. Bei der steilen Dorsal-
flexion ist das 2. Köpfchen, besonders auch bei bestehendem Spreizplattfuß,
statisch am stärksten in Anspruch genommen. Bei der durch hohe Ab- -.
‚'sätze so häufig bedingten Krallenzehenbildung. werden nach Payrs Vor-
"stellung die plantaren Kapselgefäße durch Überspannung komprimiert, dies
"führt allmählich zu einer herdweisen Nekrose der Epipbyse mit den be
kannten Veränderungen. Gerade für Mädchen im Pubertätsalter wird diese:
"Schädigung durch .die -Fußbekleidung sehr häufig zutreffen. . Beim Tragen
zu sehmaler Schuhe wird das laterale Sesambein mit Gewalt auf die Kapsel `
gedrückt. Bèi männlichen Individuen: und im höheren Lebensalter (be-
_ kanntlich viel seltenere Beobachtungen) wird der Spreizplattfuß als Erklärung
"herangezogen werden müssen. Auch: bestehen nicht unerhebliehe indi- .
_ viduelle Unterschiede in der Länge -des 2. Mittelfußknochens. Eine konsti-
_tutionelle Schwäche des Kapselbandapparates bei Asthenikern kann gleich-
| falls sebr wohl mitwirken. -Warum entwickelt sich beispielsweise in der
Kapsel des Handgelenkes so häufig gerade bei diesem Konstitutionstyp
.das typische. Ganglion? Die von Payr gegebene Erklärung braucht nicht
|. mit so merkwürdigen Zufälligkeiten zu rechnen, wie die bisher versuchten.
| Vielleicht. läßt sich durch Kapseldurchschneidung im Tierversuch, wie 68°
ja Nußbaum für das untere Femurende so einwandfrei gelungen ist, auch
das Bild der Köhlerschen Krankheit erzielen. Davon erwartet-P ayr mehr,
als von histologischen Untersuchungen. 0... i
Schulen gefaßt worden war, der sich scharf gegen die Neuordnung des ‚Sonntag: ‚Operierte Phlebarteriektasie. ‚5ljähriger Lehrer bemerkte
höheren Schulwesens ohne die Mitwirkung und den Rat der an diesen | seit frühester Kindheit am linken Arm. Göfäßerweiterung, und zwar zuerst
Fragen beteiligten Kreise wendet, und andere geschäftliche Dinge erledigt an der Hand; in: den letzten -5—10 Jahren. ‚hat sich‘ der Zustand ver-
{morden waren, sprach. Haberer (Innsbruck) als Geschäftsführer der dies- . schlimmert, am-ganzen linken Arm bestehen ausgedehnte Gefäßerweiterungen
der Arterien sowohl wie ‘der Venen; an einzelnen: Stellen, - namentlich au
Unterarm und an der Hand, sind im Bereiche der Arterien ‚pulsierende
und schwirrende Säcke vorhanden. Bemerkenswert sind außerdem: Tele
leihen, das uns gewiß alle im gegenwärtigen Augenblicke. beseelt. Die | angiektasie.am Handrücken, bläuliche Verfärbung, stärkere Behaarung und
Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte hat sich neben ihren | Schweißvermehrung, Volumenvermehrung, Temperaturerhöhung und Glied-
wissenschaftlichen Bestrebungen seit ihrer Gründung die Förderung deutscher | verlängerung um 3 cm am Vorderarm,. sowie. Pulsverlangsamung bei. Kom-
Einigkeit und deutscher: Einigung zum Ziel gesetzt. . Ich glaube, sie-hätte pression der Armschlagader um 18 Schläge pro Minute. Es wurde in
die Erreichung dieses Zieles durch nichts mehr und besser fördern können I zwei Etappen die Arteria ulnaris unterhalb des Ellenbogens' reseziert und
die verschiedenen pulsierenden und schwirrenden Säcke an Unterarm und
‘Hand exstirpiert unter möglichster Schonung der Fingerarterien. Entlassung
‚als geheilt. Histologischer Befund: An den resezierten Arterien b2W. Säcken
'sind alle Wandteile (Intima, Media und Adventitia) unregelmäßig verdickt,
die Elastika aufgesplittert und stellenweise ganz fehlend; an den von der
Hand entfernten Säcken bestehen zahlreiche Gefäßwucherungen von häm-
angiomatösem Eindruck, >. 0.000 A
. Brehm: Ein Fall von Phlebarteriektasie der. Hand und des Vorder-
‚arms im 18. Lebensjahr ohne sicheres Trauma in-Anschluß an Partus
‚ entstanden. Im -36. Lebensjahr durch Unterbindung der Arteria ulnans
| und radialis sowie Alkoholinjektionen gebessert. Jetzt seit 2 Jahren starke
Zunahme der Schwellungen bei der zurzeit 67jährigen Patientin. Typischer
und atypischer'Schlüsselpunkt. Bei Durchdruck auf die 3. Interdigitalfale
Zusammenfallen der vorher pulsierenden Venenstränge. eo
und Wurstvergiftungen, die nur durch: Ausschluß von Dauerausscheidern .
von -Paratyphusbazillen oder Bazillenträgern' vom Hantieren mit Nabrungs-
befriedigend geregelt als die Fleischbeschau. Wünschenswert wäre ein
weiterer Ausbau ‚der Stallkontrolle und der tierärztlichen Milchkontrolle.
Im Rahmen der Abteilung Zoologie sprach in einer besonderen, auch
über die Ameisenmimikry. Einleitend besprach er die Vererbungstheorie,
die Mendelsche Lehre, und beschäftigte sich dann ausführlich mit der
Mode war, jetzt eine Unterschätzung. Der Darwinismus ist nur eine. Form .
2
Thesen Darwins' aufgenommen hat, gilt nicht so sehr der Lehre selbst, _
sondern denen, welche sie übertrieben haben, vor allem Haeckel und
Weißmann, Dem von ihnen gepredigten Monismus, richtiger Atheismus,
. © Kurz erwähnt 'sei noch aus.der Abteilung Mathematik und Astronomie `
ein Vortrag von Kühl (München) über Einzelheiten der Marsoberfläche:
im Lichte. der physiologischen Optik. Seine Untersuchungen. führten zu |
dem Resultat, daß die Kanäle eine Reihe von typischen Merkmalen besitzen,
nach denen sie wahrscheinlich auf physiologisch-optischen Täuschungen
haben mit der wirklichen Topographie des Mars nichts.zu tun, womit end-
gültig auch ‚die daran geknüpften phantastischen Spekulationen fallen..
Über. Schnelltelegraphie in Transozeankabeln sprach in der Abteilung
geschwindigkeit von ungefähr 180 Buchstaben auf 1000—1200 Buchstaben
sowie neuen Apparaten und Schaltungen zum- Schnellsenden und Schnell-
In der geschäftlichen Sitzung wurde als zweiter Vorsitzender v.Eisels-
bruch (München), ‘als stellvertretende Vorsitzende Penck (Berlin) und
Hahn (Berlin). Als Ort der nächsten Versammlung 1926 wurde Düsseldorf"
bestimmt, als deren Geschäftsführer Schloßmann (Düsseldorf) eingesetzt.
Versammlung am Ende der letzten allgemeinen Sitzung folgende Schluß-
und heute reichen wir unseren Brüdern in. Düsseldorf, deren Leiden wir
wenigstens seelisch mitgelitten haben, freudig die Hand und beglück-
wünschen sie, daß es ihnen möglich wurde, die Versammlung deutscher
Naturforscher und Ärzte in die Mauern ihrer Stadt zu rufen. Möge dies
der erste Hoffnungsschimmer für eine glücklicher Zukunft der deutschen
De Leipzig. 5
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 28. Oktober 1924.
Sonntag: Köhlersche Krankheit am Mittelfiußköpfchen. 6 eigene
Fälle. Befallen war stets das 2. Mittelfußköpfchen: Der rechte Fuß war-
zweimal, der linke dreimal und beide Füße einmal erkrankt. Das Alter
ş hwankte zwischen 15 und 23 Jahren. Fünfmal waren junge Mädchen
s
Aussprache: :Herr Payr beabsichtigt in dem von Herm.Breb®
_ vorgestellten, sehr interessanten Fall von Phlebarteriektasie die A. cu
, gestellte Tatsache einer unspezifischen Nekrose weist ja zweifellos auf einé
30. November 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 48. | | 715 l A
ce m E |
zu unterbinden. Er verfügt über 5 eigene Erfahrungen, es wurde stets die
Arteria brachialis oder cubitalis verschlossen. In einem Fall ist das Leiden
zwar völlig zum Stillstand gekommen, aber an Stelle der arteriellen Ektasie
| Mensch: Über Psicain. Es erscheint gut geeignet für Schleimhaut-
anästhesie. Es ist angeblich bedeutend ungiftiger als Kokain. : Eigene Br
gute Erfolge mit 1/,0/,iger Lösung bei Anästhesie der Harnröhre wurden boob- a
trat eine rein venöse nach Art der Muskelkavernome mit sekundärer,
narbiger Kontraktur an der Muskulatur des Daumenballens und den Inter-
- osseis. Von Zeit zu Zeit auftretende trophische Geschwüre werden am
raschesten durch Umsobläge mit der Preglschen Jodlösung geheilt. _
Sonntag: Über Albertaa. Albertan bewährte sich in mehrjähriger
‚Anwendung in zahlreichen Fällen der kleinen Chirurgie, namentlich bei
Verbrennung, Erfrierung, Brand, Geschwüren, jauchenden Geschwülsten,
Gelegenbeits- und.Operationswunden, Eiterungen verschiedenster Art als
austrocknendes, desodorierendes und anästhesierendes, dabei nichtriechendes,
reizloses und ungiftiges, sowie preiswertes Pulver bzw. Gaze.
Mensch berichtet über poliklinische Erfabrungen mit Tutocain. Es
erfüllt anscheinend alle Forderungen, die an ein gutes Lokalanästhetikum
gestellt werden müssen. Es hat den großen Vorteil, daß es bei geringerer
Giftigkeit und von bedeutend geringerer Konzentration als Novokain
- mindestens gleiche anästhesierende Eigenschaften besitzt. Anästhesie ist
auch mit stark verdünnten Lösungen immer sicher zu erreichen. Manchmal
besteht anfangs störende Hyperämie. Anästhesie tritt oft langsamer ein,
ist aber scheinbar länger anhaltend als bei Novokain. Die Lösungen sind
vor Gebrauch immer frisch herzustellen, am besten mit fertig gelieferten
- Tutocaintabletten nebst Adrenalinzusatz und 0,8°/,iger NaCl-Lösung. Be-
nutzt werden am besten zur Infiltrationsanästhesie 1/5°/gige, zur Leitungs-
anästhesio 1/,—1°%/,ige, zur Schleimhautanästhesie 2—21/,0/,ige Lösung-
achtet, aber bisher. noch nicht genug, um ein abschließendes Urteil zu fällen,
Schütz:
jähriger Erfahrung in der chirurgischen Poliklinik ein ausgezeichnetes Mittel
zur Wundbehandlung zur Verfügung, welches wohl noch nicht die Ver-
breitung gefunden hat, die ihm zukommt. Seine Vorteile sind: Schmerz- ©
losigkeit des Verbandwechsels, Vermeidung von Verklebungen mit der
Wunde, sehr gute Aufnahme der Wundsekrete, gute. Wundreinigung und
Granulationsförderung, vor allem aber die Fähigkeit zur Ausfüllung größerer
Gowebsdefekte. Indiziert ist das Mittel besonders bei Höhlen, Fisteln,
größeren infizierten Wunden mit Gewebsdefekten, ferner bei Wunden mit
schlechten Ernährungsverbältnissen (Ulcera cruris, Narben- und Röntgen-
geschwüre), akut entzündlichen Prozessen (Furunkeln, Panaritien, Bu- n
bonen usw.); Granugenpaste und Puder kommen in Betracht bei Ver- . =; 2
brennungen, Ekzemen, Wunden im Hautniveau. Exakte Technik‘ des
Wundverbands ist erforderlich.
Sonntag: Biutige Behandlung von Knochenbrächen. am Arm
wird an Hand von Röntgenbildern operierter Fälle für den Praktiker emp-
fohlen als gutes und einfaches Mittel in Ausnahmefällen, und zwar einmal
von vornherein bei gewissen Riß- (Olekranon- u. dgl.) Brüchen mit Ver-
schiebung, und dann bei gewissen Knochenbrüchen, bei denen eine be-
friedigende Einrichtung nicht gelingt und Funktionsstörung zu beob-
achten ist. Morut
Rundschau.
Zum 100. Geburtstage Hugo Rühles.*)
2 Von Geh. Rat Prof. Dr. C. Hirsch, Bonn.
H. Rühle (geboren: am 12. September 1824 zu Liegnitz, gestorben
am 11. Juli 1888 zu Bonn) war einer jener universellen Kliniker im Sinne
Ad. Kußmauls, die keine einseitigen Spezialisten sein wollten. Seine
Studienzeit verbrachte er in Berlin, in jener Zeit des beginnenden großen
Aufschwunges der wissenschaftlichen Medizin, die unmittelbar an das Lebens-
werk des zu Coblenz geborenen, bahnbrechenden Physiologen Johannes
‘Müller anknüpfte.‘” Der junge Rudolf Virchow und der Begründer der
pathologischen Physiologie, Ludwig Traube, gaben ihm Ziel und Richtung
für seine wissenschaftliche Arbeit.
Nach dem im Winter 1846/47 bestandenen Staatsexamen ging er —
ebenso wie Virchow — freiwillig als Arzt nach Oberschlesien zur Be-
kämpfuug des dort unter den Armen hausenden sog. Bungertyphus
(Fleckfieber). Er selbst wurde fast ein Opfer der Seuche, da er sich dabei
- eine schwere Fleckfiebererkrankung ZU2ZOg.
l Es war jene gärende Zeit, in der Rudolf Virchow das Wort prägte:
„Die Medizin ist eine soziale Wissenschaft und der Arzt ist der natürlıche
Anwalt der Armen!“ Ein Wort, das die heutigen Kassenorganisatoren und.
Verwaltungszentren nicht vergessen sollten!
Die Armen der Ohlauer Vorstadt Breslaus waren von der opfer-
‘willigen, humanen Persönlichkeit Rühles damals so begeistert, daß sie
ihn vom Magistrat als Armenarzt forderten! 1851 wurde Rühle Assistenz-
‘arzt am Allerheiligenspital in Breslau. ` 1852 wurde er Assistent von
Fr. Th. Frerichs an der Medizinischen Klinik. In Breslau habilitierte er
sich dann auch bald als Privatdozent. Seine Habilitationsarbeit trug den
Titel: „Über die Höhlenbildung in tuberkulösen Lungen“. Die
Lungentuberkulose ist dann neben der physikalischen Diagnostik und der
Laryngologie auch ein Lieblingsgebiet seiner Forschertätigkeit geblieben.
Im Allerheiligenspital war er zugleich sein eigener Prosektor und
dort legte er auch den Grund zu seinem gediegenen Wissen auf dem Gebiete
der pathologischen Anatomie. 1887 wurde er außerordentlicher Professor.
Als Frerichs nach Berlin berufen wurde, erhielt er zunächst dessen Stell-
vertretung in der Leitung der Breslauer Klinik. Die Fakultät schlug ihn
auch als dessen Nachfolger vor; aber die Regierung berief damals Lebert.
1860 folgte Rühle einem Ruf nach Greifswald als ordentlicher Professor
und Direktor der Medizinischen Klinik, nachdem er schon in Bresläu zum
Direktor der dortigen Poliklinik ernannt worden war.
ordentlich segensreich als Lehrer, Arzt und Forscher gewirkt hat.
Es waren höchst einfache und bescheidene Räume in dem alten
Universitätsgebäude, die damals als medizinische Klinik dienten.. Auch
Rühle bewies hier die Wahrheit des Wortes, das einst H. v. Helmholtz
‚geprägt: Die Leistungen eines Institutes sind nur allzu oft dem Luxus der
Einrichtung umgekehrt proportional.
EEE
ı *) Gedächtnisfeier in der ersten klinischen Vorlesung des Winter-
semesters am 8, November 1924.
' Wort der Klage über seine Lippen.
Vier Jahre später .
folgte er einem Rufe nach Bonn, wo er bis zu seinem Tode (1888) außer- .
Der schlichte und bescheidene Mann entfaltete in jenen dürftigen
Räumen eine Lehrtätigkeit, von der heute noch seine Schüler mit höchster
Begeisterung sprechen.
von vorbildlicher Lauterkeit des Charakters, ein Mann von größter Herzens-
güte und Gemütstiefe, zugleich ein rückhaltsloser Wahrheitssucher, war er
ein Lehrer von Gottes Gnaden für die ärztliche Tätigkeit am Krankenbett.
Seine ungewöhnliche Befähigung als Dozent wurde daher auch von seinen
hervorragendsten Zeitgenossen immer wieder betont und hervorgehoben.
Es muß ein merkwürdiger Zauber von diesem ethisch hochstehenden, gütigen
Manne mit dem scharfen Verstande und dem feinen Humor ausgegangen sein!
Als er einst, von längerer Krankheit genesen, von der Riviera nach
Bonn zurückkehrte, vereinigten sich seine Schüler und Kollegen zu einer
Feier dieser ihnen wiedergegebenen schlichten Persönlichkeit, ‘die einem
Triumphzuge glich. Die Verebrung seiner Kollegen an der. Universität _
zeigte sich ganz besonders bei seiner Wahl zum Rektor der Rheinischen
Friedrich Wilhelms-Universität (1881), die — ein sehr seltenes Ereignis im
akademischen Leben — damals einstimmig erfolgte.
In seine Bonner Zeit fällt auch: seine klassische Monographie über
die Lungentuberkulose im v. Ziemssenschen ‚Handbuch. _ Unter seiner
Leitung wurde die jetzige Medizinische Klinik erbaut‘ und 1882 bezogen.
‚In seiner letzten schweren Erkrankung, die zu seinem Tode führte,
zeigte er sich als der feste Mann, der er immer gewesen: nie kam ein
Bis. zum letzten Atemzuge galt seine
Sorge seiner Klinik, seiner Familie und seinen Schülern,
Auch das’ Leben und Wirken Rühles lehren, daß nachhaltige
Wirkungen einer hervorragenden Persönlichkeit oft mehr an den anklichen
Kern als an die sog. geniale Begabung gebunden sind, |
Der. Lorbeerkranz, den wir vor seinem Denkmal, in unserer Klinik,
die er erbaut hat, niederlegten, sei ein Symbol des Dankes, den vor. allem
wir Bonner dem Andenken an diesen vorbildlichen, immer ‚hilfsbereiten
Mann schulden.
Der Name H. Rühle, dessen Träger seinerzeit der gesuchteste Arzt
des Rheinlandes war und den die Kranken den „Arzt mit der milden Hand“
und dem gütigen Herzen nannten, wird in Bohn nie vergessen werden. Er
wird aber auch weiterleben in der Geschichte der deutschen Klinik, weil
er das Ziel aller klinischen Forschung — im Sinne seines Lehrers Traube —
vor allem in der Hilfe für den kranken Menschen erblickte.
Rudolf Gottlieb zum Gedächtnis!
Von E, Rost, Berlin.
Kurz. naeh Vollendung seines 60. Jahres, nachdem er vor
“Jahresfrist unerwartet eine Apoplexie- erlitten hatte, ist Rudolf .
Gottlieb verschieden, der sich um den Ausbau .der experimen- |
tollen Pharmakologie in den letzten 30 Jahren wohlverdient
gemacht hat, Er starb am 31. Oktober in Heidelberg, wo er,
als. Schüler von. E. Ludwig in Wien, Schmiedeberg. in Straße
ber Granugen. Im Granugenol steht uns nach mehr- |
Ein erfahrener Arzt und feinsinniger Diagnostiker,
burg, zen Meyer und Rubner in Marburg, zunächst unter
1716
W. v. Schroeder als Assistent und seit mehr als :25' Jahren als
dessen Nachfolger gewirkt hat, noch bis zuletzt an der Neuauflage |
des Meyer-Gottliebschen Buches „Experimentelle Pharmakologie“ .
arbeitend, das die internationale. wissenschaftliche Welt in Bewunde-
rung gesetzt hat. er |
Unter Gottlieb blieb das Heidelberger Institut im Friedrichs-
19%4.— MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.48.
'30:-N ovember |
_Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Der österreichische Bundesminister für soziale Verwaltung hat
‘soeben die Richtlinien der geplanten Reform der Sozialversicherung
der Arbeiterschaft bekanntgegeben, die alle Zweige der Sozialversicherung
der Arbeiter umfassen wird. Den Unterbau dieser Versicherung werden
bau. trotz seiner räumlichen Kleinheit Sammelpunkt experimentell
arbeitender deutscher und ausländischer Fachgelehrter, besonders‘
die Träger der Krankenversicherung, die Kassen, bilden, welche eine neue
als der jetzige Utrechter Pharmakologe R. Magnus dort wirkte.
‘Organisation erfahren werden. Von der Idee der Einheitskasse ist die
‚Regierung abgekommen. Verschwinden . werden „die nicht vollständig
[j
to
seien die. Arbeiten Gottliebs über den Mechanismus .der Ent-
fieberung durch Chinin und Antipyrin (1890/91). erwähnt, ersteres .
durch verminderte Wärmeproduktion, letzteres durch erhöhten Wärme-
verlust wirkend. Vielseitig hat Gottlieb die Digitaliswirkung
studiert, ihren Anteil auf, Herz und Gefäße, die Resorption und die
1
|
; Als eine Experimentaluntersuchung von bleibendem Wert
Umwandlung in den Geweben festgestellt und die Wertbestimmung
|
im Tierversuch vervöllkommnet. Noch aus ‚der letzten Zeit ist
. ‚Gottliebs pharmakologische Durchforschung des zukunltsreichen |
Psicains und des löslich gemachten Kampfers Hexeton bekannt
geworden. Tannalbin und Digipurat tragen Gottliebs Namen.
Mit Heidelberg war der Verstorbene aufs engste verwachsen:
die Waisenrente ein Fünftel.
leistungsfähigen Kassen“ und die Bruderladen. Die Unfallversicherung der
Arbeiter, deren möglichst automatische Funktion angestıebt wird, soll unter
“Umbildung ibrer Träger zu Trägern der Invaliditäts- und Altersversicherung
‘mit letzteren finanziell verschmolzen werden.
| Der für den Krankheitsfall
Versicherte soll grundsätzlich auch unfall-, invaliditäts- und arbeitslosen-
‚versichert sein. Bemerkenswert sind folgende Bestimmungen der in Aus-
.arbeitung befindlichen Regierungsvorlage: Die Invaliditäts-(Alters-)Rente
beträgt im Durchschnitt zwei Fünftel des versicherten Lobnes, die Witwen-
‚(Witwer-) Rente beträgt zwei Fünftel der Invaliditätsrente des Verstorbenen,
In der Unfallversicherung beträgt die
bei vollständiger Einbuße der Erwerbsfähigkeit dem Verletzten gebührende
Unfallsrente (Unfallsvollrente) im Durchschnitt zwei Drittel des versicherten
‘Lohnes; ist die Einbuße der Erwerbsfähigkeit eine vollständige, so gebührt
` 5 2 a
ee - E bi f -
jener Prozentsatz ‘der Unfallsrente, der dem Grad der Einbuße der Erwerbs-
fäbigkeit - entspricht (Unfallsteilrente). Stirbt der Versicherte infolge des .
Unfalles, so hat die Witwe (Lebensgefährtin, Witwer) Anspruch auf Unfalls-
witwenrente im Ausmaß von einem Drittel der Unfallsrente des Verstorbenen,
In der Krankenversicherung erhalten die Versicherten der Art nach
dieselben Versicherungsleistungen, die sie heute bekommen; ihre nächsten
Angehörigen erhalten, soweit sie nicbt auf Grund eigener Beschäfti-
gung versichert oder vermögend sind, alle Kassenleistungen mit Aus-
“nahme des Krankengeldes; die im Bezuge einer Unfalls-, Invaliditäts-
oder Altersrente Stehenden erhalten im Erkrankungsfalle die Sachleistungen
der Krankenversicherung. — Die. Bedeckung der Kosten der Gesamt-
versicherung erfolgt durch einen einzigen Sozialversicherungsbeitrag, der
vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte zu tragen sein wird. —
Für die Ärzte ist zunächst die in Aussicht gestellte Angehörigenkranken-
versicherung von Bedeutung. Der Ärzteschaft wird, da der Bundes
minister eine „Rücksprache“ mit den Praktikern der Sozialversicherung in
‚Aussicht stellt, Gelegenheit geboten werden, zu dieser und anderen ihre
| Interessen berührenden Fragen der Reform Stellung zu nehmen.
Die Abgabe stark wirkender Arzneimittel ohne ärztliche An-
weisung an Verbraucher seitens der ‘Apotheker ist nach einem Urteil des
Kammergerichts vom September d. J. auch dann verboten, wenn dem Apo-
theker dies Arzneimittel in größerer Menge überbracht und er nur auf
Die Namen Kühne, dessen Tochter Gottliebs treue Lebensgefährtin
wurde, V. Meyer und Albert Fraenkel seien hier genannt. Eine
| enge Freundschaft verband ihn auch mit Hans HorstMeyer in
Bi Wien, dessen 70. Geburtstag die M.K1.1923 (5.669) freudig und
stolz mitgefeiert hat. Mit dem Referenten unterhielt er freund-
‚schaftlich-kollegiale Beziehungen seit der Zeit, wo v. Schroeder
und er ihn in die experimentelle Pharmakologie einlührten.
-. Auch die M.Kl. hat einen großen Verlust erlitten. Die deutschen
Ärzte hoffen, daß durch den Tod Gottliebs nicht das Erscheinen
der begonnenen neuen Auflage der Meyer-Gottliebschen „Ex-
perimentellen Pharmakologie“ in der ihnen liebgewordenen
gemeinsamen Bearbeitung in Frage gestellt ist. o
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in | Robert Gersuny %
a 15. Januar 1844 bis 31. Oktober 1924.
SG J | Robert Gersuny, der Billroth-Schüler, der dem Herzen seines
in ‚genialen Meisters am nächsten gestanden, ist am 31. Oktober, fast 81 Jahre
alt, schwerem Siechtum erlegen. Ein anscheinend gutartiges Neugebilde
‚des Mediastinums hat dieses für alles Edle ‘warm schlagende Herz zur
Ruhe gebracht. ° .
Gersuny ist am 15. Januar 1844 in Teplitz in Böhmen als Sobn
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Ba EN : u N l | i hekers wird für den Überbringer überhaupt erst die Mög-
et eines Arztes geboren, absolvierte das Gymnasium in Brüx und Prag und | Seitens des Apothel ger u
ner, wurde an der alten Rudolfina 1866 promoviert. Zunächst ein Triennium | lichkeit geschaffen, von dem Mittel Gebrauch zu machen, nach den geltenden
C bid als Sekundararzt des. Prager Allgemeinen Krankenhauses tätig, erhielt er. Verfügungen soll. aber gerade verhütet werden, daß das Publikum stark
Bye . 1869 eine Operateurstelle an der Klinik Billroth in Wien, die er. bis | wirkende Arzneimittel obne ärztliche Anweisung gebraucht.
er u 1872 innehatte. Sein Austritt aus dieser Klinik war aber kein Abschied | Das „Lohnstillen“ ist in der Tschecho-Slowakai durch ein in
u rs vom Kliniker, Letzterer batte mit sicherem Blick die außergewöhnlichen | den Veröffentl. d. Reichs- Ges.-A. mitgeteiltes Gesetz teilweise verboten worden.
E y Qualitäten des jungen Arztes: erkannt, den er zum Privatassistenten, bald | Es darf die Mutter eines unter 4 Monate alten Kindes den’ Posten einer Amme
Me zu seinem Freunde erkor., War es doch. Gersuny, der dem Meister im | nur dann übernehmen, wenn sie gleichzeitig ihr eigenes Kind regelmäßig
pe deutsch-französischen Kriege treulich zur Seite stand. Gersuny, der die | stillt und wenan durch amtsärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, daß das
wa | > S aus den traurigen Erfahrungen des Pflegedienstes in diesem Kriege gereiften | gleichzeitige Stillen zweier Kinder keinen gesundheitlichen Nachteil für die
hie: Pläne seines Lehrers, in Wien eine Musteranstalt für Ausbildung chirurgi- | Amme oder ihr Kind bildet, sowie daß beider Gesundheit auch sonst nicht
ay ii scher Pflegerinnen. zu errichten, gefördert und in der Folge zu seiner | durch das zu stillende Kind oder dessen Eltern gefährdet wird. Die Be
E poin Lebensaufgabe gemacht hat. Das Wiener „Rudolfinerhaus : dessen Primar- ` stimmungen gelten nicbt für Ammen in den Findelanstalten, Säuglings-
u arzt und nach Billroths Ableben. dessen Direktor er bis zu seinem Tode | heimen und Heilanstalten überhaupt. m
ae DE war, ist unter ihm zu einer Musteranstalt geworden, die ihre Gründung |. 2 |
I. dem großen Kliniker, deren Ausbau aber Gersuny zu danken ist, der das | - -` Hamburg. Am 18. November d. J. verschied Prof. Dr. Albert
in Erbe seines geliebten Lehrers hochsinnig verwaltet und vermehrt hat. | Alsberg im 69. Lebensjahr. Schüler von Czerny und Leisrink wurde
we
Die Chirurgie dankt Gersuny zahlreiche gediegene Arbeiten. und .
technische Anregungen. Was er geschrieben, war durchaus originell und :
-beofruchtend. Noch aus der vorantiseptischen Ära stammend, beherrschte
er dank seinem Talente, seinem Fleiß und der vollen Hingebung an seine | Alsberg, der in früheren Jahren wissenschaftlich ‘durch Arbeiten auf ‚dem
ärztliche Tätigkeit die Gesamtchirurgie. Jahrzehntelang war er der ge- | Gebiet der Abdominalchirurgie hervorgetreten war, erfreute sich infolge
suchteste chirurgische Konsiliarius und. Operateur Wiens; jahrzehntelang | seiner ausgezeichneten‘ persönlichen und ärztlichen Qualitäten einer außer-
hat er ausgezeichnete Schüler herangebildet, ohne jemals die Venia legendi | gewöhnlichen Beliebtheit weiter Bevölkerungsschichten ‚Hamburgs und be-
der Fakultät begehrt zu. haben, jahrzehntelang Tausende von Pilegerinnen | sonderer Wertschätzung im. Kreise der. Ärzteschaft.
erzogen, die heute in der ganzen Welt segensreich wirken. Der Kranke | . | , ee ME han
war ihm kein bloßes Objekt für die virtuoso Ausübung seiner Kunst; der |; ‚ Hamburg. Priv.-Doz. Dr. Zeiß, der Leiter der bakteriologi80 i
große Operateur hat in seltener Hingabe an die Menschheit auch deren | Zentrale des deutschen roten Kreuzes in Moskau, ist nach Auflösung diese
kleinste, wohl nicht das Leben, aber die Lebensfreude bedrohende Leiden | Zentrale in das russische Pasteurinstitut übernommen worden.
erfolgreich ns Br ed Zara ‘Harnröhre are n Köln. Prof. Dr. F. O. Heß wurde zum leitenden Arzt der inneren
Mastdarmes bei Blasen- und Rektumatresie, die von ihm zuerst erfolgreich | Abtei | A PEE ee i
.versuchte Muskel- und Hauttransplantation, nicht zuletzt die Einführung un 8 cos Stadtkrankenhauses Bautzen gewählt,
der Paraffininjektionen zum Ersatz des Gewebsdefektes sowie seine meister- : Hochschulnachrichten. Leipzig: Der eremitierte Professor
haften kosmetischen Operationen haben seinem Namen Unsterblichkeit :| .der speziellen Pathologie und Therapie, Geh. Rat Dr. Friedrich. Albin
gesichert. | INN: a | Hoffmann, 81 Jahre alt, gestorben. Als .Privatdozenten haben 80
m Er hat die Feder 'nicht minder meisterhaft geführt wie das Ope- | habilitiert: Dr. Curt Fahrenholz für Anatomie und Hermann Kästner
rationsmesser, und die Früchte seines literarischen Geistes, vor allem sein | für Chirurgie. — Würzburg: Der ao. Prof. Martin’ Reichardt zur Obor
‘klassisches Buch „Arzt und Patient“, zieren heute die Bücherei jedes | nahme des Ordinariats für: Psychiatrie an der Universität Münster, aus dem
seiner Standesgenossen. -» : nn) | . . | j bayerischen Staatsdienst entlassen. .:.7 0. F:
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
m. .
er. dessen Nachfolger als Leiter der chirurgischen Abteilung des Israeliti-
schen Krankenhauses; erst vor wenigen Monaten: trat er wegen schwerer
Krankheit nach nahezu 40 jähriger Tätigkeit von diesem Amt zurück.
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geleitet von
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Wochenschrift für praktische Arzte
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft
Verlag von l
Geh, San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr.105b
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Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Eresch
ÖBTERDGHERRDTTERBERESBUNERSURASSRFLÄURSEGRFRANFHNNRANBRENNRANNONNEBSUNGBRBARERODIETRRANTERAENGNNGRLANGEGRÜEEERDGEBENAAFNNNNEL NAAR SENEARERABERABEBATETINDGORES IRSOORRANAEDONNNAGNERNDNGRNAAANDGUNAATNE a
Berlin, Prag u. Wien, 7. Dezember 1924
Nr.49 (1043) -
_ Klinische Vorträge.
Aus der: Medizinischen Universitätsklinik zu Rostock.
Zur Diagnose hämorrhagischer Diathesen.*)
| Von Prof. Dr. Hans Curschmann.
` M. D. u. H.! Das vor Ihnen liegende Kind gibt uns Veran-
lassung, die Nosologie der hämorrhagischen Diathesen zu besprechen,
die in neuerer Zeit, dank den Arbeiten von E. Frank, Morawitz,
Naegeli, Glanzmann u. a. zweifellos zu einer gewissen Klärung
gekommen ist. Älteren Ärzten wird eine kurze Zusammenfassung
des heutigen nosologischen Standpunktes darum willkommen sein.
Auch auf diesem Gebiet hat vorzugsweise die funktionelle Be- |
trachtungsweise zur Erweiterung unserer klinischen Kenntnisse bei-
getragen. Aber auch hier werden wir sehen, daß das pathologische
Geschehen die Grenzen unserer schematischen Vorstellungen häufig
nicht respektiert. |
Gerda K., Aufnahme 30. Mai 1924, 11jährig. Eltern gesund, keine
Geschwister. In der Familie angeblich keinerlei ähnliche Krankheiten,
auch sonst keine Erbleiden. Als Kleinkind Masern, Winter 1923 Mastitis.
Seit 4 Jahren leidet Pat. häufig an starkem Nasenbluten, so heftig,
daß die Blutung oft nur durch ärztliche Hilfe zum Stehen gebracht
werden konnte. Sie blutete besonders nach Aufregungen. Vom März
bis Weihnachten 1923 Aussetzen der Blutungen, die aber seit Dezember
1923 häufiger und schwerer geworden sind. Das Kind wurde dadurch
blaß und schwach. Seit dem Nasenbluten bekommt sie auch auf kleine
Traumen und spontan leicht blaue Flecken. Appetit gering. Ernäh-
rung stets gut und vielseitig. |
Befund: Kleines, a blasses, schlecht genährtes Kind, kein
‚Ikterus, Zahnfleisch, Mundschleimhaut und Rachen o. B. An den Ex-
tremitäten und über der Spina iliaca rechts mehrere größere blaue
‚Sugillationen. Knochen und Periost nirgends aufgetrieben oder
. empfindlich. Keine Drüsenschwellungen.
Lungen und Herz o. B.,
ebenso die Bauchorgane. Nur die Milz ist voraerion ert, überragt
den Rippenbogen um 2 Fingerbreite und ist etwas hart. Nervensystem
und Bewegungsapparat o. B. Urin hell klar, ohne Eiweiß, Zucker und
Blut, Urobilin and Urobilinogen 0. Sediment o. B. Im Stuhl nie Blut.
Wa.R. negativ.
... Blut: Hämoglobin 65 0/,, rote Blutk. 3984000, Leuk. 4277, Färbe-
index 0,8. Polyn. 48 0/, (stabkern. 2 0/,, segmentkern. 46 °/,), Eosin. 7 0/,,
Lymph. 41. Monozyt. 3 0%, Mastzellen 1 0, Blutplättchen 39 000.
Geringe Aniso- und Poikilozytose, keine Erythroblasten, keine Poly-
chromasie, '
‚ Gerinnungszeit des Bluts: Beginn nach 11 Min., Ende nach
15 Min. Blutungszeit: Stichblutung steht nach 20 Min. noch nicht,
kommt nach 25 Min. erst durch Kompression zum Stehen. Rumpel-
eedesches Zeichen: stark positiv. Kochsches Zeichen: nach Nadel-
stich starker hämorrhagischer Hof, also positiv. i
Während der Beobachtung Saal profuse Nasenblutung, auch
ir agliche Magenblutung, mehrfach kleinere Hautsugillationen. Auf Calc.
chlorat. und Arsen, sowie Milzbestrahlungen wesentliche Besserung,
kg Gewichtszunahme, Aufhören der Blutungen. Blutbefund bessert
sich sehr. Die Zahl der Thrombozyten steigt zeitweise auf 78000 und
81200, ist aber auch heute nach der Entlassung, nachdem über 3 Monate
keine Blutung aufgetreten ist, weit unter der Norm, d. i. nur‘ 57 600.
‚Epikritisch betrachtet finden wir ein familiär nicht belastetes,
normal ernährtes und gepflegtes Kind, das nach gesunder Klein-
kinderzeit etwa mit 7 Jahren an sehr heftigem, verschieden häufig
rückfälligem Nasenbluten und gleichzeitiger Neigung zu spontanen
und. traumatischen Sugillationen der Haut erkrankt. Diese Sym-
Piome exazerbieren und pausieren seitdem, ohne Fieber, ohne
schwere Allgemeinerscheinungen. Außer den Hautsugillationen fällt
am ÖOrganbefund nur ein mäßig. großer Milztumor auf. Im Blut
WIENER | |
*) Nach einem Fortbildungsvortrag.
Leukämie), vor allem aber schwere
TER x Originalbeiträge vor
FRZBGFLROSGENUFEEREEUBUBDEROOSSEEREN
y
\
NED
FE
Zeil
typische, sekundäre Anämie (ohite IEHNdss
plättchen auf nur 39000 (statt 3—400 000 im Kubikmillimeter
normal). Die Blutungszeit ist verlängert, dagegen die Blutgerinnung
in vitro ganz normal. Die Rumpel-Leedesche und Kochsche
Probe fallen stark positiv aus. |
Also: eine seit früher Schulzeit bestehende Jahre lang |
exazerbierende und remittierende hämorrhagische Dia-
these ohne hereditäre und exogene kausale Momente,
deren auffallendstes Symptom neben Milztumor, Verlängerung
der Blutungszeit und den Rumpel-Leede-Kochschen Zeichen
die Thrombopenie ist. ‘Wir haben das Recht, hier einen Morb.
-maculosus Werlhofii in engerem Sinne,. bzw. eine essentielle `
Thrombopenie, zu diagnostizieren. |
Bevor ich diese Diagnose begründe. und andere Formen der
hämorrhagischen Diathese ausschließe, wird es vielen von Ihnen
erwünscht sein, durch einen Blick auf diese Tafel ganz kurz die
elementarsten Untersuchungen, die wir neben der ‚körperlichen,
Blut-, Urin- und Stuhluntersuchung speziell bei hämorrhagischen
Diathesen auszuführen haben, zu repetieren. |
Gerinnungs- ' Stich- |
Bestimmung . Rumpel Zählung derBlut-
der Blutungszeit = Leed 6- Sym: P ER | en nach
nach Du $ Stephan ptom Koch galo- Nagen
Stich mit 4 mm | Venenblut | Stauungs- |Stichmit | Stich in Finger-
vorstehender | durch Punk- | binde um | ‘Nadel.
Frank escher | tion.20Trop-| Oberarm 3 | Bei Nor-
Nadel ins Ohr- | fen in feuch- | Minut. lang. | malen am
läppchen. Auf- | ter Kammer. | Beimanchen| nächsten | 14% Magn. sulf,
fangenderTrop-| Normal: |häm. Diath.| Tage | Dann Mischung
fen auf Fließ-|nach 20 bis | hierauf Pe- |nichts,bei] des heransge-
papier alle Min. |30 Minuten |techien, bei | manchen | drückten Bluts-
ormal rasches | komplette | Normalen |hämorrh.| tropfens mit
rear sum ve
utung folgt.
Darauf Trost
Abnehmen der | Gerinnung. keine. Diathes. | letzterer. Ab-
Tropfengröße u. hämorrh.| strich. Färbung
-zahl, nach 2—3 nach Jenner-
Hof. .
Min. Aufhören Ä
der Blutung, bei
hämorrhagisch.
Diath. oft erst
nach 20 Min. u.
Giemsa. Zäh-
-lung von 1000
Erythrozyten u.
Fläche befindl.
mehr. Blutungs- 'Thrombozyten.
ı zeit abhängig v. DarausErrechn.
Blutplättchenu. derabsolut.Zahl
Thrombenbildg. der letzteren.
Außer diesen Methoden können Sie das Rumpel-Leedesche
Zeichen statt durch Stauung auch durch Saugung mittels Saug-
glocke (nach Hecht) erzeugen. Auch werden Sie die Lädierbarkeit
der Gefäße, wie es uns das tägliche Leben an unseren Kranken ja
stets vormacht, durch Klopfen oder Kneifen der Haut prüfen, um |
etwaige Sugillationen zu erzeugen. Endlich ist für die Werlhofsche .
Krankheit die Bestimmung der Retraktilität des Blutgerinnsels
(Hayemsche Methode) von Belang: Bei Thrombozytenmangel bleibt
die normale Retraktilität des Blutkuchens aus; auch nach Stunden
setzt sich kein Serum ab. | |
Wie kommen wir nun in unserem Fall zur Diagnose einer
Werlhofschen Krankheit? Und warum können wir andere hämor-
rhagische Diathesen ausschließen? Die diagnostische Begründung
fasse ich kurz und etwas schematisiert in folgender Tabelle zu-
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= ist die Hämophilie eine ausschließliche Erbkrankheit, die nur
‘männliche Familienmitglieder b+fällt. Die gesund bleibende Schwester
- Der männliche Hämophile aber erzeugt normale, nicht hämophile
aller dieser Proben das Gegenteil der Fall.
: und Fälle, die mit zunehmenden Jahren die Neigung zum Bluten
= Männer aus hämophilen Familien, die bereits in den 20er Jahren `
- von Thrombin, das’ das gelöste Fibrinogen in den Faserstoff um-
=- — — -4
1718 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49. 7. Dezember
mit einer ändern hämörrhagischen Diathese gehandelt haben, Bei
unserer Pat. fehlte anamnestisch jede Möglichkeit einer Avitaminose,
Außerdem widersprechen die Symptome unseres- Falles denen
sammen, die ich Sie bei unserer Besprechung im Auge zu
haben bitte: ` EEE | |
Proben von
Ä l , a des Skorbuts: bei diesem treten besonders im Anfang die punkt-
Krankheits- Ätiologie, Blut- |Blutungs-|Koch und Blut- förmigen, um die Haarbälge lokalisierten Blutungen an den Beinen
> form Verlauf |gerinnung| zeit |Rumpel-| plättchen | und vor allem die schwere Stomatitis und Gingivitis in den Vorder-
| E: | 08 l grund, während für die späteren Stadien die groben Muskelblutungen
N | | Se | (häufig in den Wadenmuskeln) besonders. charakteristisch sind
Hämophilie |Vererbung, sehr ver-| mäßig | negativ | normal
Beim Skorbut finden wir zwar auch, wie beim Werlhof, positiv
lebenslänglich| langsamt| verläng. ot, positiven
SER E aAa ' Ausfall der Phänomene von Rumpel-Leede und Koch, aber kein
| an aD ee ©) normal | norma Fer „| normal | Verlängerung der Blütungszeit. und normale Thrombozytenzahlen,
we lt aada o2 posisiv | Alles das war bei unserer Kranken nicht der Fall. Deshalb konnten
akut à wir auch bei unserer Patientin die wirksame Therapie -des Skorbut,
Morb. macul. |konstitutionell | meist |starkver-| positiv | sehr ver- die Zuführung frischer Gemüse und Früchte, nicht verwenden,
Werlhof chronisch ex-| normal | längert | _ mindert Sie sehen übrigens aus dem Vergleich der Hämophilie mit
| azerbierend | der hämorrhagischen Avitaminose, daß bei'der letzteren alle Symptome
a ie ne > normal | normal | positiv. | normal | auf eine primäre und wesentliche Erkrankung der Gefäße.hinweisen,
le ee I; | während bei der Hämophilie, wie wir sahen, eine konstitutionelle
Cie etisha a | Fehlanlage der Blutbeschaffenheit das wesentliche ist.
j enochsche) | | Die Möller-Barlowsche Krankheit kann bei unserer Kranken
Sekundäre lAnämien,Leuk-Inicht ver-| meist | positiv |bei schwer. natürlich schon deshalb nicht vorliegen, weil sie stets nur Kinder
bzw. sympto-| ämie.Akuteu.| längert | normal | na leukamheben ana. | im ersten, seltener im zweiten ‚Lebensjahre befällt, die künstlich,
matische hä-) chron.Iniekte. Ä mien vermindert, vor- | mit abgekochter Milch ernährt worden ‘sind. Diese Erkrankung
morrlsagische| Cholämie. ne ME | äußert sich aber auch ganz anders, als Sie es bei unserer Patientin
Diathesen ee fung u. a. gesehen haben: es treten an den Knochen, vor ‘allen den Ober-
schenkeln, an der Orbita, auch an Rippen und Becken heftige
| Schmerzen und Auftreibungen auf, die durch periostale Blutungen
. bedingt sind. Auch die Epiphysen erleiden:schwere Veränderungen,
die bisweilen zur Epiphysenlösung führen können. Wie beim Skorbut,
treten dazu, aber nicht regelmäßig, Stomatitis und Gingivitis, in
schweren Fällen auch allgemeinere hämorrhagisch - diathetische
Symptome und grobe Anämie und Kachexie. Der Ausfall der Blut
und Geläßuntersuchungen ist, wie Sie an unserer Tabelle sehen,
mit der des Skorbuts der Erwachsenen. identisch. Daß wir beide
ätiologisch gleichsetzen, habe ich bereits öfter hervorgehoben. Auch
pathogenetisch können wir sie identifizieren: auch beim künstlichen
Skorbut handelt es sich im wesentlichen um eine Gefäßschädigung,
die aber, genau wie der weit häufigere Nähr- und Pilegeschaden
der Kleinkinder, die Rachitis, in erster Linie am Knochensystem
angreift. J = |
Daß die Heilung des Möller-Barlow durch die Ernährung
' mit rober Kuhmilch oder auch Frauenmilch meist recht rasch ge-
lingt, leuchtet bei dem Charakter des Leidens ein. . |
Schwieriger ist die Abgrenzung unseres Falles von der Pur-
puragruppe, zumal ich mit Morawitz u. a. der Meinung bin,
daß sich in dieser Gruppe zum Teil noch heterogene Krankheits-
zustände befinden. Nehmen wir als wirklich typische Vertretêr dieser
Form die Purpura simplex und Peliosis.rheumatica!) (Schön-
lein) an: Diese Purpuraform befällt in der Regel Kinder und
Jugendliche, in letzterem Falle Mädchen im Chlorosealter weit
häufiger, als männliche Individuen (genau wie das Erythem
nodosum). Nach Prodromen von einigen Tagen kommt es unter
mäßigem, unregelmäßigem Fieber und Allgemeinsymptomen (Kopf-
weh, Anorexie, Erbrechen u. dergl.) zu Gelenkschmerzen, besonders
an den Beinen und Petechien von Stecknadelkopf- bis Erbsengrößt,
ebenfalls vor allem an diesen, weniger oft und zahlreich an Armen,
' Stamm und sehr selten im Gesicht. Bisweilen folgen die Haut
| blutungen erst auf die Gelenkveränderungen, manchmal (seltenen
gehen sie ihnen auch voraus. In selteneren Fällen. fehlen muskel
und gelenkrheumatische Störungen auch ganz oder sind sehr flüchtig
‚und gering. Es soll sich bei der Gelenkerkrankung um eine serös®
Infiltration des periartikulären Gewebes handeln, nicht aber um
eine echte Entzündung des Grlenkes (Hecker). Oft finden sich
neben den Petechien auch leichte Ödeme, besonders im Gesicht und
am Skrotum (übrigens meist ohne Nierenerkrankung). Die bämor-
rhagischen Symptome können nach einigen Tagen oder ein bis
eineinhalb Wochen verschwinden, gleichzeitig mit den Gelenk-
erscheinungen. Aber beide neigen außerordentlich zu Rückfällen, 80
Am leichtesten ist die Ausschließung einer Hämophilie und
der avitaminotischen Diathesen in unserm Falle. Wie Sie wissen,
des hämophilen Mannes überträgt sie auf ihre männlichen Kinder.
Nachkommen. Es sind zwar angebliche weibliche Hämophilien be-
schrieben worden, bei denen aber wohl stets andere hämorrhagische
Diathesen, vor allem Morb, Werlhof vorliegen dürften. Da es
sich in unserm Fall um ein Mädchen handelt, in dessen Familie
keinerlei Bluterfälle nachweisbar sind, scheidet die Hämophilie ohne
weiteres aus. Auch sonst stimmen die Symptome unseres Falles
nicht zur Hämophilie: bei dieser ist die .Blutgerinnungszeit stark
verlängert, die Proben, die die vermehrte Gefäßzerreißlichkeit be-
weisen (Rumpel-Leede und Koch) fallen. negativ aus, .die' Zahl
der Thrombozyten ist normal: Bei unserer Kranken war bezüglich
Endlich ist die Diagnose
ex juvantibus zu begründen: Bei der Hämophilie wird jegliche
Therapie versagen, während sie bei anderen hämorrhagischen Diatbesen
oft symptomatische Erfolge ‘erzielt, wie Sie auch in unserm Falle
sahen. Übrigens braucht die Prognose der Hämophilie nicht so
schlecht gestellt zu werden, wie das öfter (auch in Laienschriften,
z. B. dem bekannten Roman von Zahn) geschieht: es gibt gewiß
zahlreiche Bluter, die in früher Jugend an akzidentellen Blutungen
sterben, und auch solche, die lebenslang schwer gefährdet sind.
Daneben gibt es in Bluterfamilien aber auch viele leichte Formen
verlieren; nicht erst im Rückbildungsalter. Ich kenne zwei junge
ein erhebliches Nachlassen ihrer Blutungen zeigten und mit 30 Jahren
frei von Hämophilie waren. i
Das Wesen bzw. die Ursache der hämophilen Störung müssen
wir heute im Blute selbst, nicht in den Gefäßen suchen: Denn die
für die Hämopbilie charakteristische Verzögerung der Blutgerinnung
in vitro wird nach Morawitz durch die sehr verzögerte Bildung
wandelt, erklärt.
Auch der Skorbut und die Möller-Barlowsche Krankheit
lassen sich bei unserer Kranken leicht ausschließen. Beide sind
ohne Zweifel im wesentlichen Avitaminosen, die hervorgerufen werden .
durch das Fehlen des Vitamin C in der Nahrung; dies Vitamin ist
besonders in den grünen Pflanzen, frischen Früchten und Kartoffeln
enthalten. Der Mangel frischer Gemüse und Früchte ruft besunders
auf Schiffen, in Feldzügen, aber auch bei allgemeiner Hungersnot,
besonders zu Zeiten, wo diese Nahrungsmittel knapp werden, also
am Ende des Winters und im Frühjahr, diese Avitaminose hervor. `
Während des Krieges hat man auch infektiöse Momente ätiologisch
angeschuldigt. Es dürfte sich aber in diesen scheinbar inlektiösen
Fällen meist entweder um eine Kombination irgendeines Infektes
(Grippe, Thyphus usw.) mit Avitaminose oder um eine Verwechslung
1) Von einigen Autoren werden die Purpura simplex und die
Ab oder Peliosis rheumatica auch jetzt gesondert beschrieben;
m. E. zu Unrecht. Denn auf Grund relativ großer Erfahrungen be
sonders an meinem an Purpura reichen Mainzer Krankenmaterisl bin
ich zu der festen Überzeugung gekommen, daß beide fließend inei
ander übergehen, und, daß auch die leichteste „Purpura sim lex 2
irgend einer Zeit, gewöhnlich im Beginn, auch rheumatische ST
ptome, wenn auch nur geringen Grades, aufzuweisen pflegt. *
möchte deshalb beide Formen identifizieren. |
un.
7, Dezember
daß das Leiden sich trotz kurzen akuten Stadiums doch nicht
Das wäre das typische Bild der Pur- -
selten wochenlang hinzieht.
pura simplex, sc. rbeumatica. Es kann aber auch anders gehen:
es gibt Fälle, die sich ganz ähnlich wie ein Morbus Werlhofii, sehr
lange hinziehen, zu schwerer Anämie und Lebensgefahr führen.
Auch mit Endokarditis, Perikarditis, Polyneuritis, Nephritis haemor-
rhagica, schweren ulzerösen Magen-Darmerscheinungen und sogar
Hirnblutungen können solche Fällen verlaufen. Diese schweren
gastroenteritisch komplizierten Fälle werden noch heute als
Henochsche Purpura abdominalis und Sonderform aufgefaßt; wohl
zu Unrecht. Wenn in solchen Fällen die sekundäre Anämie zur
zur Hypothrombozytose führt (s. u.), so wird die Unterscheidung
von einem Werlhof nicht leicht, bisweilen unmöglich sein.
Andererseits gibt es eine Form der Purpura, die ohne Gelenk-
erkrankung unter ausschließlichen schweren Hautblutungen oft rasch
zam Tode führt (Purpura fulminans). Ob diese Krankheits-
gruppe aber der eigentlichen Purpura angehört, ist durchaus un-
gewiß. Ich glaube vielmehr, daß es sich bei dieser der älteren
Literatur entstammenden Gruppe meist um schwerste Formen der
symptomatischen, hämorrhagischen Diathese handeln dürfte, die
wir bei akuten Leukämien (besonders aleukämischen) Jugendlicher,
seltener auch bei septischen Zuständen sehen.
Die Ätiologie der eigentlichen Purpura simplex rheumatica
wird mit der des akuten Gelenkrheumatismus nahezu identifiziert;
d. i. sie ist, wie bei jenem, ungewiß, ihre infektiöse Bedingtheit
(Streptokokken) aber wahrscheinlich.
Die Untersuchung der reinen Form ergibt weiter (vgl. Tab.):
das Blut selbst ist nicht verändert (Gerinnungszeit, Blutungszeit,
Plättchenzahl sind normal), dagegen sind es die Gefäße (die Zer-
reißlichkeitssymptome von Koch und Rumpel-Leede fallen
positiv aus). l
Neuerdings hat Glanzmann einen Teil der Purpurafälle ätio-
logisch auf anaphylaktische Vorgänge bezogen und sie als „ana-
phylaktoide Purpura“ bezeichnet. Es scheint mir, als ob diese
Fälle sehr selten seien. Ich habe unter meinen Fällen noch keinen
gesehen, bei dem diese Ätiologie zuzutreffen schien. Auch unter
zahlreichen anaphylaktischen Syndromen anderer Art habe ich nie
einen mit vorwiegend hämorrhagischen Symptomen beobachtet. Die
Glanzmannsche Auffassung bedarf wohl noch weiterer Nachunter-
suchungen, ehe man sie als gesichert ansehen darf.
Im Rahmen der echten Purpuraerkrankungen sei auch noch
der Peliosis senilis gedacht, einer sebr chronischen, vorzugsweise
in kleineren Hautblutungen an den Extremitäten (besonders den Vorder-
armen) sich äußernden hämorrhagischen Diathese, die sich vor allem
bei marantischen Greisen findet. Hier dürfte es sich um eine reine
Gefäßerkrankung handeln, die mit derjenigen bei schweren Infek-
tionen und Intoxikationen in Analogie zu setzen ist.- In sehr seltenen
Fällen kann die senile Purpura auch die Gelenke, Schleimhäute
und die serösen Häute:'befallen. Primäre Blutveränderungen scheinen
auch bei. ihr zu fehlen.
Weitaus häufiger, als diese essentiellen Formen der Pur-
pura, sind nun die sekundären bzw. symptomatischen hämor-
rhagischen Diathesen, wie sie bei zahlreichen akuten und
(seltener) chronischen Infektionskrankheiten, bei allen primären
Blutkrankheiten, bei schweren Formen des Ikterus, bei Spleno-
megalien, bei Urämie, vor allem auch bei Sepsis vorkommen. Wenn
das Grundleiden (Typhus, Fleckfieber, Scharlach, Masern, Variola,
Lues oder auch ein schweres Leber- oder Nierenleiden) klar er-
kennbar ist, wird die Diagnose kaum Schwierigkeiten machen.
Gleiches gilt von einer ausgesprochenen Biermerschen Anämie,
die übrigens relativ selten mit groben allgemeinen hämorrhagisch-
diathetischen Symptomen verläuft, einer Polyzythämie oder einer
chronischen leukämischen Myelose und Lymphadenomatose. Weit
schwieriger ist die Beurteilung des Wesens etwaiger prominenter
hämorrhagischer Symptome, wenn sie bei akuten Leukämien, insbe-
sondere aleukämischen Formen mit nur geringer Veränderung
von Milz, Leber und Lymphdrüsen, im Verlaufe von „Lymphozyten-
anginen“ und ähnlichen „leukämischen Reaktionen“, bei Lympho-
granulomatose und Lymphosarkom auftreten. Bei diesen essentiellen
Erkrankungen des hämatopoetischen Systems kann nur die ge-
naueste wiederholte Blutuntersuchung auf die Spur helfen; bei den
„Pseudoleukämischen“ Syndromen tritt dazu die histologische Unter-
suchung der exzidierten Drüse. Ebenso groß ist die Schwierigkeit
bei Sepsisformen, die ja in ihren Erscheinungen den akuten Leuk-
mien außerordentlich ähneln können. Hier ist neben der morpho-
logischen Biutuntersuchung, die das essentielle Blutleiden feststellen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
1719
oder ausschließen soll, natürlich die bakteriologische Kultur aus
Blut, Tonsillen und Urin von entscheidender‘ Bedeutung. 5
Diese morphologischen und bakteriologischen Blutunter-
. suchungen werden in einem Teil der Fälle die Frage, ob „gewöhn-
liche* oder symptomatische Purpura, lösen können, leider aber
nicht in ällen. Sie werden aber auch, wie bereits erwähnt, künftig
die Zahl der „essentiellen“ Purpurafälle noch mehr einschränken,
als dies bisher der Fall gewesen ist; sicher zum Vorteil der Pro-
gnostik, leider nur selten zu dem der Therapie!
Die Schwierigkeit der Abgrenzung dieser symptomatischen
Purpuraformen von den genuinen liegt auch darin, daß die Blut- und
Gefäßreaktionen bier nichts Eindeutiges besagen: die Gerinnungszeit
des Blutes wird wohl stets ziemlich normal sein, aber die Blutungszeit
kann verlängert sein und die Gefäßsymptome von Rumpel-Leede
und Koch fallen, wie bei der essentiellen Purpura, positiv aus
(z. B. vor allem bei Scharlach!). Aber auch die Abgrenzung von
Werlhof kann dadurch Schwierigkeiten machen, daß die Zahl der
Thrombozyten bei schwer primär oder sekundär Anämischen (z. B.
Morbus Biermer, Leukämien einerseits, Sepsis chronica anderer-
seits) auch bedeutend, nicht selten unter 50000 herabgesetzt
sein kann.
Nach allem Gesagten dürfen wir, um zu unserem Fall zurück-
zukehren, annehmen, daß unsere kleine Kranke, die nur sehr mäßig
anämisch ist, dabei aber eine schwere Thrombopenie aufweist, nicht .
an essentieller oder sekundärer Purpura leidet.
Wir kommen also auch per exclusionem zur bereits genannten
Diagnose des Morb. maculosus Werlhofii, den wir mit E. Frank,
Morawitz u.a. heute (in den meisten Fällen) als eine Bluterkrank-
heit sui generis auffassen wollen. Es ist für einen Werlhof ganz
charakteristisch, daß die ersten Symptome, wie in unserem Fall, be-
reits im 6. bis 7. Lebensjahre auftreten und zwar ohne irgendwelche
erkennbare exogenen Ursachen oder Grundkrankheiten. Denn die
Werlhofsche Krankheit wurzelt scheinbar in der Konstitution,
ohne aber dabei, wie die Hämophilie, vererbt zu werden; wenigstens
gehören hereditäre Fälle des Leidens zu den größten (von manchen
Autoren zudem bezweifelten) Seltenheiten. Sie tritt exquisit chronisch
auf, äußert sich in Exazerbationen und (oft Monate langen) Re-
missionen und dauert viele Jahre, in leichteren Fällen (mit und ohne
Tberapie) sogar ein bis zwei Jahrzehnte lang. Während der Exazerba-
tionen ist die Neigung zu Hautblutungen (oft großen Umfangs) mit
und ohne Traumen stets besonders erhöht, ebenso das Nasenbluten,
schwere uterine Blutungen, seltener rektale und Blasenblutungen.
In unserem Falle äußerte sich die Exazerbation besonders in unstill-
barem Nasenbluten, in einem anderen meiner Fälle fast ausschließlich
in schwersten Metrorrhagien. Der Locus minoris resistentiae wird in
den verschiedenen Fällen ganz verschieden sein. Fieber soll in diesen
chronisch exazerbierenden Fällen nicht oder nur selten bestehen.
Das wesentliche Stigma dieser Gruppe erblicken wir nun mit
E. Frank in der hochgradigen Verminderung der Blutplättchen,
der Thrombopenie, die die Zahlen unter 30000 im Kubikmilli-
meter produzieren kann; besonders in den Zeiten der Exazerbation.
Aber auch während der Remissionen pflegen die Plättchenzahlen,
wie auch in ‚unserem Fall, nicht die Norm zu erreichen; ein dia-
gnostisch wichtiges Moment. "Eine strenge Proportionalität der
Plättchenzahlen zum Zustand des Kranken besteht sicher nicht.
Denn neben der Thrombopenie spielen auch hier die Zeichen der
Gefäßschädigung eine wichtige Rolle: die Proben von Rumpel-
Leede und Koch fallen positiv aus. Die Verlängerung der Blutungs-
zeit, die wir auch in unserem Fall finden, hängt dagegen direkt
mit der Verminderung der Plättchenzahlen zusammen; denn die
Blutung aus Wunden wird durch Thromben aus agglutinierten
Thrombozyten bewirkt; wo diese erheblich vermindert sind, muß
darum die Blutungszeit verlängert sein. Dabei braucht die Ge-
rinnungszeit des Blutes in der feuchten Kammer (nach Fonio) durch-
aus nicht verlängert zu sein. j
Das ist das typische Bild des Morb. Werlhof, das sowohl
im klinischen Verlauf, als auch in den Blut- und Gefäßphänomenen
ganz dem unseres Falles entspricht. Das Stadium, in dem Sie das
Kind sehen, ist das einer beginnenden Remission. |
Ganz anders aber sind die Eindrücke, die wir von schweren,
länger dauernden Fällen, insbesondere auf der Höhe der Exazerba-
tion empfangen: hier können die Schleimhautblutungen (aus Nase,
Zahnfleisch, Rachen), die Genitalblutungen, die Haut-, Muskel- und
periostalen Hämorrhagien bisweilen schwerste Grade erreichen und
‘ damit die Anämie ein extremes, lebensgefährliches Maß. Solche
' Exazerbationen setzen bisweilen sehr akut ein und können, wie ich
beobachtete, auch mit hohem, selbst sepsisähnlichem Fieber ver-
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1720
laufen; im Gegensatz zum neueren nosologischen Schema. Es können |
somit auch bei össentieller Thrombopenie Zustandsbilder entstehen,
- Form oder Phase einer Biermerschen Anämie oder Leukämie, oder
. einer hämorrhagisch komplizierten Sepsis denken lassen. Wir hatten
_ außer unserer Patientin fast gleichzeitig drei jugendliche Erwachsene
in der Klinik, die das: treffend. exemplifizierten: sie litten an pro-
die gleiche. extreme Anämie und auch sämtlich dementsprechend
‚schiedener Art- und Genese: der eine Fall war eine (autoptisch be-
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Su
(ebenfalls. bestätigte) Sepsis lenta und im. dritten Fall handelte es
. sich, wie das Ansteigen der. Myeloblasten- und Myelozytenzablen in |
-.dem schwer anämischen Blutbild erwies, um eine akute aleukämische
‘ Morbus Werlhof bzw. essentielle Thrombopenie oder schwere
- hämorrhagisch komplizierte Anämie mit entsprechender sekundärer
~ Thrombopenvie, intra vitam möglich sein. l i
. gischen Diathesen ja überaus häufig anzunehmen geneigt war, öfter -
. und therapeutische Fragen möglichst ausschalten möchte, so’ be-
. wurde bereits erwähnt.
. Biermerschen Krankheit und der Leukämien.
- ebenso Gelatine; gegen die rheumatische Komponente sind Salizyl-
. Fällen auch die Röntgenbestrahlung der Milz. Betiruhe und beste
_ bestrahlung der Milz. Ich möchte raten, sie in jedem Fall anzu-
- scheint mir zweifelhaft. Wenn irgend möglich, möchte man raten,
_ daß wir dank der Anwendung funktionsprüfender. Methoden in der
i
i924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.49.
, ‘ 5 : T. Dezember.
` Keimverderbnis und Fruchtschädigung.
Von Friedrich Müller, München. (Schlag aus Nr. 48)
Wenden wir uns zu der Frage, ob Stoffwechsel- und Organ-
krankheiten der Eltern einen schädigenden Einfluß auf das Kind
‚ausüben können. ....0009
l Von Gicht, Diabetes und. anderen Stoffwechselkrankheiten
kenne ich keine schädigende Wirkung auf das Kind, wenn wir von
der eigentlichen Heredität der spezifischen Krankheitsanlage absehen. .
| Anders liegen die Verhältnisse bei der Nephritis. Eine
akute oder chronische Nephritis der Frau scheint auf die Ovulation .
und Konzeptionsfähigkeit keinen schädlichen Einfluß auszuüben,
wohl aber ist die Nephritis der Mutter außerordentlich gefährlich
für die Frucht. Es ist bekannt, daß selbst bei leichteren und `
wohlkompensierten chronischen Nierenalfektionen ‘der Frau eine
Häufung von Aborten eintritt und kein lebendes Kind erzeugt wird,
Ist es vielleicht eine unbedeutende, d. h. für unsere Methoden, nicht
faßbare Retention giftiger Stoffwechselschlacken, welche für das Kind
im Mutterleib schon tödlich wirkt, während sie von der Mutter
selbst noch ohne. wesentlichen. Schaden ertragen wird? Ahlield
beschrieb bei nephritischen Frauen eine diffuse, hämorrhagische
Hypertrophie der Dezidua und schuldigt diese für die Häufigkeit
des Absterbens der Frucht an. — Die Zahl der lebend geborenen.
Kinder nephritischer Mütter ist so gering, daß wir schwer ein Urteil
gewinnen: können, ob sich bei ihnen Entwicklungsstörungen zeigen;
doch kenne ich eine Frau, welche. nach Angina an subakuter Ne-
‚ phritis litt, sie machte während dieser eine Schwangerschaft
durch und gebar zur. rechten Zeit ein Kind, das schwere Ent-
wicklungsdefekte der Geschlechtsteile .darbot und nach einem
' Tage starb. Sie kam einige Jahre später wieder in Schwanger-
schaft, obwohl ihre Nephritis unterdessen sicher keine Besserung
erfahren hatte, es stellten sich. Ödeme ein, ‚und schweren Herzens
haben wir uns entschlossen, den Abort. einzuleiten, obwohl. die
Patientin dringend den Wunsch hatte ein Kind zu bekommen. In
einem zweiten ähnlichen Fall einer chronischen Nephritis endete.
die erste Schwangerschaft. mit der Geburt einer Mißbildung und
auch hier wurde von uns die zweite Schwangerschaft unterbrochen,
weil die Nierenerkrankung sich. verschlimmert hatte. =
_ Der Nephritis nahe verwandt ist dieEclampsia gravidarum.
Was wird eigentlich aus den. Kindern eklamptischer Mütter? Eine
nicht geringe Zahl, von. ihnen (etwa 20%) geht bei der Geburt zu-
grunde. Lassen sich vielleicht bei den: überlebenden Kindern Frucht-
schädigungen nachweisen? Ein Fall gab mir zu denken: eine junge
gesunde Frau, in deren Familie ebenso wie in derjenigen des Vaters, .
| nichts Bedenkliches vorgekommen war, hatte zwei blühende Kinder
geboren. Am Ende der dritten Schwangerschalt trat typische
| Eklampsie ein. Der Hausarzt leitete sofort die Entbindung ein, die
Mutter erholte sieh rasch zu voller Gesundheit, aber das Kind ist
körperlich. und geistig schwer zurückgeblieben: Zwei ähnliche
Beobachtungen machte Endres. Endres. hat daraufhin an dem
Material der Münchner Frauenklinik das Schicksal der. Kinder
eklamptischer Frauen nach den exakten Methoden Rüdins weiter.
verfolgt und nur solche Fälle herangezogen, in welchen die Kinder
bis in die Schulzeit hinein am Leben geblieben waren. Unter
36 einwandfreien Fällen, welche allen genealogischen Forde:
rungen entsprachen, konnte keine Minderwertigkeit der Kinder
beobachtet werden. Pinard) hat zwar behauptet; daß die Kinder
'nephritischer und eklamptischer Mütter ‚außergewöhnlich mager
seien und daß ihre Plazenta von Blutungen durchsetzt sei. Auch
Reus?!) spricht ‘von einer Schädigung der Kinder bei Eklampsie
der Mutter; sie gingen oft-in der Geburt und vorher zugrunde, die
am Leben bleibenden entwickelten sich aber normal. Ein Einfluß
‘ der mütterlichen Eklampsie im Sinne einer allgemeinen Minder-
‚wertigkeit der Kinder ist nach ihm jedenfalls nicht zu konstatieren,
wie auch Ylppö22) an dem großen Wiener Material bestätigt hat
— Man wird vielleicht sagen können, daß der eklamptische Zu
stand der Mutter von viel zu kurzer. Dauer ist, als daß er auf die
. Entwicklung der Frucht einen: schädlichen Einfluß ausüben könnte.
In England und namentlich in Amerika hat man sich neuerdings
' mit der pränatalen Pathologie (Ballantyne) und der Fürsorge für
die schwangeren Frauen (prenatal care) eingehender beschäftigt als
bei uns. Durch diese pränatale Behandlung der schwangeren Frau
die ganz an eine Purpura fulminans, an eine schwere hämorrhagische
fusen Nasen- bzw. Genitalblutungen, hatten alle drei im Moment
erniedrigte Plättchenzahlen. Und doch waren sie, wie die weitere
Beobachtung des Blütes und des ganzen Verlaufes ergab, ganz ver-
stätigte) Bisrmersche Anämie, die sich trotz aller unserer Be-
mühungen (Transfusionen usw.) regulär verblutete, der zweite eine
Myelose! Nicht immer .aber wird die diagnostische Feststellung, ob.
Es gibt auch in dieser Gruppe sicher Fälle, die bei rein
klinischer Beobachtung sich unserem Schema nicht, einzufügen
scheinen. Vielleicht werden wir (wie bei den Nephropathien), auch
hier „Übergangsformen“, die die ältere Nosologie der hämorrha-
zugeben müssen, als die neueren Autoren dieses Gebietes annehmen
Wenn ich mich auch an das Thema meines Vortrags halten
dürfen diese doch noch einiger prinzipieller Bemerkungen: Daß die |
Hämophilie .der Behandlung trotzt, und, daß die Avitaminosen
Skorbut und Morb. Möller-Barlow der Vitaminzuführung bedürfen,
Bei der Purpura und der Werlhofschen Krankheit sei noch-
mals in erster Linie auf die Erkennung und Behandlung des
etwaigen Grundleidens hingewiesen, vor allem der akuten In-
fektionskrankheit, der Sepsis, der Lues, der Nephritis und der.
Handelt es sich wirklich um eine genuine Purpura, so ver-
suche man Kalkpräparate per òs oder auch intravenös (Afenil),
präparate und auch Atophan im Gebrauch. , Man versuche in schweren
Pflege sind in solchen Fällen Selbstverständlichkeiten.
Auch bei der Werlhofschen Krankheit sind Kalkpräparate
zweifellos bisweilen nützlich. Hier wird man oft nicht ohne Tam-
ponade und öriliche Blutstillung (Nase, Gingiven, Uterus) auskommen.
Sehr nützlich erwies sich in unserem Fall gleichfalls die Röntgen-
wenden, bevor man sich zur Exstirpation der Milz entschließt. Diese
Operation ist in den letzten Jahren in einer Reihe von Fällen mit
gutem Erfolg ausgeführt worden. Ob es sich um Dauererfolge
handelt, werden aber die weiteren Erfahrungen lehren müssen. Ihre .
lebensrettende Wirkung hat die Splenektomie jedoch in einigen
Fällen zweifellos bewiesen. Ob es sich empfiehlt, den Eingriff bei |
Ausgebluteten und Schwerstkranken ohne weiteres vorzunehmen,
‘die Operation in der Remission vornehmen zu lassen; dadurch
werden ihre Gefahren zweifellos sehr herabgesetzt. Ungemein wichtig
ist gerade bei der Werlhofschen Krankheit die Bekämpfung der
Anämie durch Arsenikalien und vor allem durch große Bluttrans-
fusionen; von den letzteren habe ich gerade bei dieser Erkran-
kung besönders gute, lebensrettende Erfolge gesehen.
M. H. Sie haben aus meinen kurzen Ausführungen gesehen, |
nosologischen Begrenzung der hämorrhagischen Diathesen bereits
einiges erreicht haben. Jedenfalls steht ihre Diagnostik auf einer
weit solideren Basis, als vor 20 Jahren. Damit ist für die klinische
Prognostik ohne Zweifel Wichtiges erreicht worden. Und auch die
Therapie, unser aller wichtigste Aufgabe, beginnt aus ‚diesen dia-
gnostischen Fortschritten Nutzen zu ziehen. ; |
2) Pinard, Thöse de Pari 1900 it. bei -Czerny. Kellers `
ee ee a
21) Reus, Zschn f. Kindhik. 1916, 13, 8.289
2) Ylppö, Zschr. f. Kindhik. Bd. 24, S. 16..
AT: Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
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Å- n 7 5 T 2 J p , "iii — en.
ist es gelungen nicht nur die’ Zahl der Eklampsiefälle bedeutend
zu vermindern, sondern auch die Zahl der lebendgeborenen Kinder
eklamptischer Mütter zu erhöhen. Wichtig .erscheint mir ferner die
“Angabe von Emerson, daß unter den lebendgeborenen Kindern `
eklamptischer Mütter jetzt eine größere Zahl das erste Lebensjahr
überschreitet als vor dem Einsetzen dieser pränatalen Fürsorge.
-Aus diesen Angaben scheint sich also zu ergeben, daß doch die
- Sterblichkeit der Kinder eklamptischer Mütter im ersten Lebensjahr
größer ist als der Durchschnitt, und daß ferner der eklamptische
Krampfanfall nicht,.wie es nach oberflächlicher Betrachtung erscheint,
ein aus voller Gesundheit ausbrechendes, plötzliches Ereignis dar-
‘stellt, sondern auf einer längeren vorbereitenden Anomalie beruht,
die an sich vielleicht schädigend auf das Kind einwirken kann und
sehr wohl einer Behandlung zugängig ist. |
Trotz aller Bemühungen wissen wir sehr wenig über das
Wesen der Eklampsie. Sicher erscheint nur die Tatsache, daß die
rasche Entfernung des Eies die beste Hilfe zur Heilung der Krank-
heit darstellt. Das Ei, der Uterusinhalt muß also offenbar die
Schädlichkeit enthalten, und es ist hier gleichgültig, ob man diese
mehr in der Frucht selbst oder in der Plazenta sucht. Während
die Eklampsie wie auch die Schwangerschaftsniere eine toxische
Erscheinung der letzten Schwangerschaftsmonate darstellt, sehen
wir in den ersten drei Monaten der Gravidıtät bisweilen unstill-
bares Erbrechen, Ikterus, Polyneuritis und andere toxische Sym-
ptome auftreten, welche gleichfalls durch einen künstlich herbeige-
‘führten Abort rasch beseitigt werden. Wird die Mutter in solchen
Fällen krank, weil das Ei, d. h. der Fötus, krank ist, oder viel-
leicht nur deswegen, weil die Säfte der beiden Lebewesen nicht
zusammen passen? Das Ei ist ein Lebewesen, das zwar mit der
Mutter im Säfteaustausch steht, das aber recht anderer Aıt sein
kann und vielleicht Eiweißkörper besitzt, welche dem mütterlichen
Organismus fremd und gefährlich sein können, so daß der eine
Organismus auf den anderen geradezu giftig wirkt. Dieses Ver-
hältnis erinnert uns an die Experimente Sauerbruchs, der zwei
Ratten zusammennähte. Bei dieser Symbiose geht nach etwa neun
Tagen ungefähr ein Viertel der Tiere zugrunde, und der Tod des
ersten Tieres zieht dann alsbald auch denjenigen des: damit zu-
sammenhängenden Tieres nach sich. Sie sterben offenbar deswegen,
weil ihre Säfte nicht zusammenpassen, und dies wird sogar dann
beobachtet, wenn die Tiere enge Blutsverwandtschaft zeigen. Ein
solches Nichtzusammenpassen der Säfte spielt in der Pathologie
eine große Rolle und man wird sich fragen müssen, ob es nicht
auch bei der im Mutterleibe sich entwickelnden Frucht eine Wir-
kung entfalten kann. Hermansdörffer hat in der Sauerbruch-
schen Klinik gezeigt, daß sich bei symbiotischen Ratten bisweilen
richtige eklamptische Krämpfe beobachten lassen.
Ein solches schlechtes Zusammenpassen der Säfte zweier sonst
normaler Individuen könnte wohl auch bei Rassenkreuzungen
eine Rolle spielen. Wenn Pferd und Esel sich paaren, so entstehen
Tiere, deren Minderwertigkeit sich darin äußert, daß sie nicht fort-
pflanzungsfähig sind. Kommen ähnliche Dinge auch beim Menschen
vor? Gibt es Rassenkreuzungen, welche wenig fruchtbar sind oder
in auffälliger Häufigkeit degenerierte, schwächliche oder moralisch
minderwertige Persönlichkeiten liefern? Es ist mir nicht bekannt,
daß in dieser Frage wirklich exakte Untersuchungen vorliegen,
selbst nicht bei der Rassenkreuzung zwischen Negern und Weißen.
Nur die Untersuchungen von Eugen Fischer über die Rehoboter
Bastards dürften allen wissenschaftlichen Anforderungen genügen,
und aus diesen geht hervor, daß bei Kreuzungen von Hottentotten
und Europäern gesunde und sogar bisweilen besonders kräftige
Menschen resultieren, welche die Merkmale der beiden, Rassen dar-
bieten, und keineswegs eine auffällige Neigung zur Degeneration
zeigen. Fischer sagt sogar, daß diese Bastarde zwar den Weißen
nachstehen, aber entschieden höher stünden, als die reinen Hotten-
totten. Dieses Urteil spiegelt die Überzeugung von der Überlegen-
heit der weißen Rasse wieder; ein rassenstolzer Hottentotte würde
gewiß umgekehrt urteilen! Ä | ns
Wenden wir uns nunmehr zu den Einwirkungen der In-
fektionskrankheiten der Eltern auf die Frucht. Es ist bekannt,
daß die Pneumonie, besonders die Influenzapneumonie, für die
schwangeren Frauen sehr gefährlich ist. Es ist fast die Regel, daß
um die späteren Tage der Pneumonie die Frucht stirbt und der
Abort eintritt, und dieser ist dann für die pneumonisch erkrankte
‘ Mutter im höchsten Grade lebensgefährlich. - Die pneumonische In-
fektion der Mutter ist also für den Fötus deletär, er nimmt an der
. Infektion oder an der Intoxikation teil und nur in den recht seltenen
lien, wo trotz der Pneumonie der Mutter das Kind überlebt, wird
Ehepaares sind vollkommen gesund.
festgestellt werden können, ob das Kind sich normal entwickelt,
oder ob von der vorübergegangenen Infektionskrankheit eine Ent-
'wieklungsschädigung zurückgeblieben ist. - Ich habe einen Fall.
beobachtet, wo bei schwerer Influenzapneumonie einer Gravida das
Kind am Leben blieb und in der Rekonvaleszenz rechtzeitig geboren
wurde. Es hat sich normal entwickelt, ist aber zart geblieben und
überaus nervös. Schloßmann berichtet, daß die Säuglinge, welche
während der letzten schweren Influenzaepidemie geboren wurden,
eine wahre Crux für die Kinderklinik darstellten, weil sie sich gegen
alle Infektionskrankheiten widerstandslos verhielten.
Auch beim Typhus ist es die Regel, daß die davon ergrifiene
Cursch- .
Gravida abortiert und dadurch in Lebensgefahr kommt.
mann??) konnte aus der Literatur wie auch aus seinem eigenen
großen Beobachtungsmaterial feststellen, daß doch etwa die Hälfte .
aller schwangeren Typhuskranken (54%) später ein lebendes Kind
zur Welt brachten.
Typhus anscheinend nicht ganz so groß wie bei der Pneumonie
oder der Variola; in den 46%, wo Abort oder Frühgeburt eintrat,
kommt eine Infektion des Fötus mit Typhusbazillen in Betracht.
Auch hier konnte ich aus der Literatur keine Anhaltspunkte über
die spätere Entwicklung derlebendgeborenen Kinder erhalten. Doch >
ist mir ein Fall bekannt, wo eine: kräftige, aus gesundem Hause
stammende Frau auf der Hochzeitsreise in Neapel den Typhus
akquirierte.
lich wie geistig zurückgeblieben. Die späteren Kinder desselben
Hier scheint also der
Typhus der Mutter eine Entwicklungsstörung des Kindes, und zwar
eine Fruchtschädigung zur Folge gehabt zu haben. t
Ein ähnlicher Fall ist mir bei Meningitis cerebrospinalis
epidemica bekannt. Ein Ehepaar, dessen beiderseitige Familien
mir als gesund bekannt sind, hatte bereits 6 normale Kinder, als
der Vater an schwerer Genickstarre erkrankte, die damals in seinem
Regiment verbreitet vorkam. Zu Beginn der Rekonvaleszenz verfiel
die Frau wieder in Gravidität.
und körperliche Entwicklungsstörung, unter anderem einen kon-
genitalen. Herzfehler, und ging im 9. Lebensjahr vollkommen blöd-
sinnig zugrunde. Ist der Zusammhang richtig gedeutet, so wird es
sich also hier um die Folgen einer Keimschädigung und nicht um
eine Fruchtschädigung handeln. | |
Alles in allem wird man sagen können, daß die akuten In-
fektionskrankheiten der schwangeren Frauen für die Frucht meistens
gefährlicher sind als für die Mutter, und den Fötus abtöten können, -
während die Mutter keinen bleibenden ‚Schaden hat. Wird aber die
Infektionskrankheit der Mutter glücklich ohne Abort überstanden,
so ergibt sich meistens ein gesundes Kind und nur selten eine
Entwicklungsstörung. Also scheint auch bei den Fruchtschädigungen
' durch Infektionskrankheiten der Mutter das „Alles oder Nichts“ die
Regel zu sein, während man doch a priori annehmen könnte, daß
zwischen den beiden extremen Fällen, nämlich dem Tod und der
ungestörten Entwicklung der Frucht, häufig auch ein Mittelding,
nämlich eine Entwicklungsstörung des Kindes im Mutterleibe vor-
kommen sollte. 0% u
: Unter den chronischen Infektionskrankheiten beein-
trächtigt bekanntlich die Malaria die Fruchtbarkeit, und der Malaria .
wird in erster Linie die Schuld daran zugeschrieben, daß die Euro-
päer sich in gewissen tropischen Gegenden nicht vermehren, sondern
auszusterben pflegen, so daß also die weiße Rasse gewisse tropische
Länder nicht bevölkern kann. Es ist aber wahrscheinlich, daß das
tropische Klima auch noch auf anderem Wege die Fruchtbarkeit
der Europäer beeinflußt. | | E
Von der Tuberkulose kann man mit Sicherheit behaupten,
daß sie die Zeugungsfähigkeit des Mannes und die Fruchtbarkeit
der Frau nicht beeinträchtigt. Abgesehen von jenen seltenen Fällen,
wo das Kind im Uterus einer tuberkulösen Frau mit Tuberkel-
bazillen infiziert wird, scheint die Tuberkulose der Mutter wie auch
diejenige des Vaters keinen schädlichen Einfluß auf die Entwicklung
des Kindes auszuüben. Weinberg hat allerdings in seinen exakten
Statistiken nachgewiesen, daß die Zahl der Nachkommen tuber-
kulöser Eltern etwas geringer ist als der Durchschnitt, aber dieses
Ergebnis wird sich wohl ebenso wie auch die Angabe von Lund-
borg auf andere Weise deuten lassen.
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der Syphilis. Hier
ist die Infektion des Kindes bei Syphilis der Mutter sehr häufig,
sehr schwer und desto sicherer zu erwarten, je frischer die Syphilis .-
23) Qurschmann, Der Unterleibstyphus. 1913, S. 49 u. 192,
Die Gefahr für Mutter und Kind ist also beim |
Sie war damals eben schwanger geworden, Mutter und .
Kind überstanden die Krankheit, das Kind ist sehr nervös, körper-
Das Kind zeigte schwere geistige
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zurück, so ist mit steigender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß
‚keine Übertragung der Krankheit auf das Kind stattgefunden hat. ,
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1722
1924. — MEDIZINISCHE KLINIK. — Nr. 49.
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der Eltern ist. Liegt die Infektion der Eltern eine Reihe von Jahren -
die Kinder von der Krankheit verschont bleiben: und nach etwa `
10 Jahren ist es die Regel, daß sie auch negative Wassermannsche :|
Reaktion darbieten. Aus einer großen Statistik der Kraepelinschen
Klinik ergab sich, daß bei 38 % der Kinder syphilitischer Ehegatten
Dies kann nur durch eine Abschwächung der Virulenz der Spiro-
'chäten bei langem Verweilen in demselben Körper erklärt werden. |
Bemerkenswert ist auch hier, daß die syphilitische Infektion für den :
Fötus viel gefährlicher ist, als für die Muiter, und daß sehr häufig
die Collesmütter, d. h. die von ihrem Mann syphilitisch infizierten :
Frauen keinerlei Zeichen der Erkrankung darbieten, während ihre
Früchte in früheren oder späteren Monaten der Gravidität an.
schwerster Organsyphilis absterben. Wichtig ist ferner die Angabe
von Husler, daß bei Frühaborten das Ei großenteils spirochätenirei `
getroffen wird, während es in späteren Schwangerschaltsmonaten .
von Spirochäten geradezu überschwemmt ist. Die hohe pränatale
Mortalität geht also nicht ausschließlich vom Ei aus, sondern häufig
auch von syphilitischer. Erkrankung der Plazenta. Die Zahl der
kinderlosen Ehen ist bei Paralytikern sehr groß und die Zahl der
Totgeburten doppelt. so hoch, als bei der Gesamtbevölkerung. Die
Familien der Paralytiker haben also die Tendenz zum Aussterben,
und zwar handelt es sich weniger um eine Konzeptionsunfähigkeit,
als vielmehr um eine übergroße Mortalität der Früchte in utero und
‚der Kinder in und bald nach der Geburt. Während man bei Kindern,
deren Eltern frei von Syphilis waren, in gleichem Zeitraum eine Mor-
talität von etwa 10 % annehmen konnte, ergab sich aus Huslers°*)
Material der Münchner Kinderklinik bei Paralyse eines der Eltern
eine Sterblichkeit von 46 % (54% Überlebende). Bei Eltern, welche
syphilitisch wären, aber keine paralytischen oder tabischen Symptome
darboten, war die Kindersterblichkeit ungefähr ebenso groß und die
Zahl der überlebenden Kinder betrug 45 %.
Sterblichkeit der Kinder 48 % betrug, wenn beide Eltern nervös-
syphilitisch waren. Ebenso groß, nämlich 47 %, war diese, wenn
beide Eltern syphilitisch, aber nicht nervenkrank waren. Bleibt
eines der Eltern (meistens die Mutter) gesund, dann ist die Morta-
lität geringer, nämlich 37%. Die Sterblichkeit ist also von .der
Art der syphilitischen Erkrankung der Eltern unabhängig und die
. Deszendenz der Paralytiker und Tabiker ist nicht schwerer ge-
schädigt, als diejenige der nicht nervenkranken Syphilitiker, z. B.
derjenigen Eltern, welche an Aortensyphilis leiden. Auch Rohden
sagt, es sei gleichgültig, ob Paralyse oder andere Formen der Lues
vorliegen; am schlimmsten für die Nachkommenschalt ist die mütter-
liche Syphilis bzw. die mütterliche Paralyse. Plaut?) fand unter
54 Familien. von Paralytikern mit 100 Kindern 20 % Totgeburten,
ƏT% starben im frühen Lebensalter. Von den 62 überlebenden
Kindern hatten 26 positive Wassermannsche Reaktion, also nur 1/3.
Von den 100 Kindern waren körperlich und geistig geschädigt 45.
Unter den 68 negativ reagierenden Kindern fanden sich in 34%
klinisch auffällige Symptome. Plaut spricht von einer degenera-
tiven Anlage auf Grund einer kongenitalen Lues, und zwar handle
es sich seltener um Intelligenzdefekte, als um eine verlangsamte oder
ausbleibende Reifung des Gefühlslebens und der Willenssphäre,
welche unter anderem auch bisweilen zur Kriminalität führe, Diebe
'© und haltlose Degöneres hervorbringe. Charakteristisch sei die affek-
tive Erregbarkeit und die Undisziplinierbarkeit der Kinder. Von
100 Kindern paralytischer Eltern waren nur 45 körperlich und
geistig vollkommen gesund. Husler fand bei 34% solcher Kinder
degenerative Stigmata, darunter auch Epilepsie. Toni. Schmidt-
Kraepelin?®) konnte unter den Kindern der Paralytiker häufig Ano-
malien am Sexualapparat und besonders Hypogenitalismus nachweisen
und nach E. Kraepelin sollen fast t/s aller schweren Idiotieformen
ihre Entstehung einer Syphilis der Eltern verdanken. — Haupt-
mann und Suntheim haben am Material der Nonneschen Klinik
die große Gefährdung der Kinder bei nervöser Lues der Eltern dar-
getan, und Fournier hat als erster aul Grund einer ungeheuren
Erfahrung auf die Degenerationszeichen hingewiesen, die er bei der
Nachkommenschaft syphilitischer Eltern beobachtet und als Para-
syphilis bezeichnet hat, unter anderem angeborene Herzfehler, Hypo-
genitalismus und moral insanity.
2%) Husler, Lues nervosa usw. Zschr. Í. Kindhlk. 1924, Bd. 37.
, 25) Plaut, Zschr. Í. d. ges. Neurol. u. Psych. 1922, Bd. 11; Plaut
u. Göring, Untersuchung an Kindern und Ehegatten von Paralytikern.
M.m. W. 1911, Nr. 37.
2) Toni Schmidt-Kräpelin, Juvenile Paralyse.
Inaug.-Diss,
München 1920, Verlag Springer. Ä
Raven fand, daß die- |
\
| | | N 7. Dezember
Gegenüber diesen Angaben muß zunächst die Tatsache fest-
gestellt werden, daß bei einer Syphilis der Eltern, deren Infektions-
zeit länger als 10 Jahre, zurückliegt, die Kinder nicht nur negative
Wassermannsche Reaktion darzubieten pflegen, sondern daß sie sich
in der Mehrzahl der Fälle auch geistig und körperlich zu normalen
Menschen entwickeln. Aber von dieser Regel kommen doch nicht
ganz selten Ausnahmen vor. Hier nur einige Beispiele aus eigener
Erfahrung.
Vor vielen Jahren sah ich ein 18jähriges Mädchen mit schwerem
angeborenem Herzfehler. Im Nebenzimmer lag .der Vater an einer
langsam verlaufenden Tabes krank. Dieser Fall war es, welcher mich
auf die Möglichkeit einer keimschädigenden Wirkung der Syphilis und
auch auf diejenige eines Zusammenhanges zwischen Syphilis und an-
geborenem Herziehler aufmerksam gemacht hat.
Ein ähnlicher Fall kam vor kurzem in der Münchener Klinik
zur Beobachtung: Ein 21jähriger infantiler, in der Entwicklung schwer
zurückgebliebener Knabe mit schwerem angeborenem Herziehler, wahr-
‚scheinlich einem Offenbleiben des Ductus arteriosus. Bei Nachfrage
ergab sich, daß die Mutter an typischer Paralyse in der Irrenanstalt
gestorben war. |
Noch trauriger ist der folgende Fall: Ein 25jähriges, kümmer-
liches, häßliches Mädchen mit reichlichen Barthaaren und männlichem
Typus der Bauchbehaarung, ohne Mammae. Sie war in ihrer ersten
Jugend für einen Knaben gehalten und als solcher erzogen worden,
Dann stellte sich heraus, daß der angebliche Penis eine unförmlich ver-
größerte Klitoris war und daß es sich um den Pseudo-Hermaphroditismus
‘eines Mädchens handelte. Ein Gynäkologe ampntierte die Klitoris,
Das arme Mädchen suchte ihre Mißbildung ängstlich zu verbergen und
litt unsäglich darunter. Auf meine-Frage nach den Eltern berichtete
sie mir, daß ihr Vater an Paralyse gestorben war, und als sie aus
einer unvorsichtigen Äußerung von mir entnehmen konnte, daß ich
| einen Zusammenhang ihrer Mißbildung mit der Erkrankung des Vaters
für möglich hielt, brach das unglückliche Wesen in stürmische Tränen
und Vorwürfe aus: „Wie kann man nur einem solchen Manne das
Heiraten erlauben, wenn dann so ‚bedauernswerte Wesen zur Welt
kommen.“
Über einen. andern Fall von Hermaphroditismus bei dem Sohne
eines syphilitischen Vaters ist mir von der Familie, aber nicht von
ärztlicher Seite berichtet worden.
Eine : weitere Beobachtung betrifft einen Herrn, der an einer
‚rasch fortschreitenden Tabes, schließlich in Verblödung gestorben ist
Die sämtlichen ‚Kinder sind auffallend zart und etwas infantil, in-
tellektuell aber sehr gut entwickelt. Eine Tochter, die sich als Für-
sorgerin ausgebildet hatte, warf ohne erkennbare Motive ein ihr am
vertrautes Kind zum Fenster hinaus und wurde daraufhin eine Reihe
von Monaten in einer. Pflegeanstalt untergebracht. Sie ist nach ihrer
Entlassung zu keiner Tätigkeit brauchbar. Eine. andere Tochter leidet
vielleicht an. einer gutartigen Lungentuberkulose, sie ist nicht kräftig
genug, irgendeinen Beruf zu ergreifen und verzehrt sich vor Sehnsucht,
ins Kloster zu gehen. Einer ihrer Brüder, der ursprünglich Offizier
werden wollte, dafür aber zu schwächlich war und Au peapronapn in-
fantilen Habitus ‘darbietet, studiert bald Jura, bald Geschichte und
katholische Theologie und möchte sich am liebsten gleichfalls wolt-
flüchtig in ein Kloster zurückziehen. Die Wassermannsche Reaktion
ist negativ. — Ein ähnlicher Fall betrifft einen Mann, der an rapid fort-
schreitender Paralyse zugrunde gegangen ist und vorher durch schwach-
sinnige Spekulationen sein Vermögen verloren hatte. Die zarten
Töchter schlagen sich brav durch in kleinen Stellungen als Lehrerinnen
und Erzieherinnen; sie müssen von ihren. geringen Verdiensten den
Bruder erhalten, der zwar intelligent, aber schwächlich gebaut ist und
der planlos Philosophie, Kunstgeschichte und Nationalökonomie studiert,
zu keiner Arbeit brauchbar ist und der nach der Aushebung zum
Kriege wegen nervösen Magenleidens ‚und allgemeiner Schwächlichkeit
viele Monate lang in Lazaretten herumlag. |
Eine intelligente, auffallend schöne junge Dame (Beauté de Diable)
von 28 Jahren, deren Vater an Hirnsyphilis zugrunde ging. und deren
Mutter gesund ist, zeigt Neigung zur Fettsucht (bis 103 kg), die sio nur
mit größter Energie bekämpfen ` kann; ihre Hände sind breit und
gleichen denen eines Mannes, die Muskulatur der Arme und Beine ist
ungewöhnlich stark entwickelt, von maskulinem Typus. Sic hatte als
junges Mädchen an wilden Knabenspielen Gefallen, jetzt hat sich all-
mählich eine Ermüdbarkeit und Leistungsschwäche der Muskeln ein-
gestellt, die mit deren Volumen in auffälligem Mißverhältnis steht.
Es besteht ein Bart am Kinn, der dauernd Epilationen nötig macht,
ferner Behaarung zwischen den Mammae, am Bauche und den Unter-
schenkeln. Sella turcica normal. Uterus ganz klein und weich.
Menses spärlich, haben jahrelang ausgesetzt. Dauerndes Gefühl der
Kälte. Widerwille gegen die Heirat. — Ihr Bruder, hochgewachseh
hat als Knabe am liebsten mit Puppen gespielt, führt jetzt ein lieder-
liches Leben und ist zu keinem Beruf zu brauchen.
Ein weiterer Fall: Vater an Hirnsyphilis gestorben, Mutter vol-
kommen gesund, energisch und sehr intai ent. Die Kinder alle zart
wenig energisch, etwas exzentrisch. Die älteste Tochter scheiterte 2
| den Konflikten, welche ihr Beruf mit sich brachte, sie zog sich in em
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rationszustände bei solchen Nachkommen gefunden werden, welche
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strenges Kloster zurück, mußte dieses aber etwa nach einem Jahre
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wieder verlassen, da sie dessen Anforderungen körper'ich nicht ge-
wachsen war. Sie verbrachte ihr junges Leben in übermäßiger religiöser
Zurückgezogenheit, erkrankte an einer Infektionskrankheit und ging an
dieser sonst harmlosen Krankheit widerstandslos zugrunde. ihr
jede Lust zum Leben verloren gegangen war. Sie schnte sich den
Tod herbei. Ä | `
Ein Großkaufmann war an Tabes gestorben, seine Witwe, eine
hochgebildete vornehme Dame, erkrankte nach dem Klimakterium an
Hirnsyphilis und starb verblödet. Der älteste Sohn, moralisch gänz-
lich haltlos, starb als Lump nach unglücklicher Ehe an Diabetes. Der
zweite Sohn war geistig ungewöhnlich veranlagt. Nach-glänzend be-
standenem Staatsexamen, das die größten Hoffnungen erweckte, ver-
fiel er in Absonderlichkeiten und Entschlußlosigkeit und verbringt sein
Leben als gänzlich unbrauchbares Mitglied der Gesellschaft. Der dritte
‚Bruder, gleichfalls sehr gut veranlagt, machte gute Karriere, lebte in
lücklicher Ehe, zeigte im späteren Leben leichte manisch-depressive
erioden und starb frühzeitig an Apoplexie.. Der fünfte Bruder, ein
Nachkömmling, ist zeitlebens eine Assistentennatur geblieben und be-
ügt sich mit einer sehr bescheidenen Stellung, in der er sich glück-
ch fühlt. Nur einer, der vierte dieser Söhne, war geistig und körper-
lich normal; er starb mit etwa 30 Jahren an einer schweren Infektions-
krankheit. In der nächsten Filialgeneration dieser Familie sind mir
nur gesunde Kinder bekannt. Es darf nicht verschwiegen werden,
daß ein Vetter und eine Tante des Vaters vorübergehend an Depressions-
zuständen litten, und es muß die Frage aufgeworfen werden, ob in
dieser traurigen Familiengeschichte die durch die Depressionszustände
von Vetter und Tante manifestierte psychopathologische Veranlagung
von ausschlaggebender Bedeutung ist oder die Syphilis des Elternpaares.
Gewiß wird man in keinem solcher Fälle, wie sie jedem Haus-
arzt schon begegnet sind, den sicheren Beweis für eine keim-
schädigende Wirkung der Syphilis erblicken können, und aus den
Statistiken geht in der Tat hervor, daß neben der Syphilis der
Eltern auch noch andere und zwar hereditäre Momente in Frage
kommen. Man wird Hermann Hofmanna?) Recht geben, wenn
er schreibt, daß eine keimschädigende Wirkung oft dort fälschlicher-
weise angenommen wird, wo eine einfache Vererbung größere
Wahrscheinlichkeit besitzt. Plaut2®), Husler2?), Toni Schmidt-
Kräpelin und Peiper°®) konnten aus ihren statistischen Zusammen-
stellungen nicht mit Sicherheit den Beweis erbringen, daß der
Syphilis neben ihrer Infektiosität für den Fötus. auch noch eine
richtige keimschädigende Wirkung im engeren Sinne des Wortes zu-
kommt. Meggendorfer?!) untersuchte 200 Fälle erwachsener Nach-
kommen von 60 Paralytikern und konnte nachweisen, daß unter
denjenigen Nachkommen, welche vor der Syphilis der Eltern- gezeugt
waren, 56% körperlich und geistig gesund waren, von denjenigen
Nachkommen aber, welche geboren waren nach der ’'syphilitischen
Infektion der Eltern, waren 27% körperlich und geistig gesund und
vollwertig. Bemerkenswert ist Meggendorfers Angabe, daß jene
Kinder, welche geboren wurden, als der Vater schon an Paralyse
litt, sich als gesund erwiesen, offenbar deswegen, weil dabei die
Infektion des Vaters schon lange Jahre zurücklag. Unter 36 psycho-
pathischen Deszendenten paralytischer Eltern konnte Meggendorfer
allerdings konstatieren, daß diejenigen Kinder, welche vor der
syphilitischen Infektion des Vaters geboren waren, gleichfalls recht
häufig psychopathische Züge darboten und sogar nicht sehr viel
seltener als diejenigen, deren Geburt nach der Infektion des Vaters
fiel. Aus den schönen Stammbäumen Meggendorfers läßt sich
erkennen, daß in solchen Fällen, wo die Kinder von Paralytikern
psychopathische Züge darboten, auch sonst in der Aszendenz
Psychopathien vorgekommen waren. Und er hält es aus diesem
Grunde nicht für erwiesen, daß .die Syphilis der Eltern eine eigent-
liche Keimschädigung im engeren Sinne des Wortes zur Folge habe.
. Bei allen jenen Degenerationszuständen, welche bei den Kindern
syphilitischer Eltern beobachtet werden, spielt zweifellos die In-
fektion der Frucht im Uterus die wichtigste Rolle; daneben dürften
aber wahrscheinlich auch häufig Fruchtschädigungen nicht-
‘spezifischer Art vorkommen, die vielleicht auf den bekannten Er-
ankungen der mütterlichen Plazenta beruhen, und nicht auf einer
Infektion des Fötus.
die Nachkommenschaft stärker gefährdet ist, als bei Paralyse des
Vaters, spricht für die Bedeutung der Fruchtschädigung. — Zweilel-
Der Umstand, daß bei Paralyse der Mutter
keine Wa.R. darbieten, und wo diese auch bei der Mutter negativ
ausfällt, ist noch kein sicherer Beweis für eine echte Keimschädigung,
macht eine solche immerhin aber wahrscheinlich.. Wenn Meggen-
dorfer, Husler, Plaut und Peiper aus ihren statistischen Zu-
sammenstellungen keinen Beweis für das Vorkommen. richtiger
Keimschädigungen durch parentale Syphilis erbringen konnten, so
ist doch eine Möglichkeit dadurch keineswegs widerlegt, und
ich bekenne, daß mir das Vorkommen einer Keimschädigung bei
Syphilis wahrscheinlich ist. Das wichtigste Bedenken gegen diese
ist. Die Tatsache, daß -bei Syphilis des Vaters nicht allein Degene-
Annahme liegt in der von Meggendorfer hervorgehobenen Tat-
sache, daß bei den degenerierten Nachkommen syphilitischer Eltern
gar nicht selten auch noch Psychosen in der weiteren Familien-
geschichte nachweisbar sind, und daß es sich also um das Mani-
festwerden anderer, und zwar erblicher pathologischer Veranlagung
handeln kann. Aber ist es nicht doch auffallend, daß in solchen
Familien, wo hin und wieder Psychosen z. B. Depressionszustände
in der Aszendenz, vorgekommen sind, nach Syphilis der Eltern mit
solcher Häufigkeit schwere Degenerationszustände verschiedenster
Art beobachtet werden, wie in den oben angeführten Familien? Es
ist zuzugeben, daß in solchen Familien, wo manisch-depressive Zu-
stände hin und wieder vorgekommen sind, die erbliche Veranlagung
sich in recht verschiedener (polyvalenter) Weise äußern kann, aber
werden in solchen Familien ohne Mitwirkung der Syphilis wirklich
so zahlreiche und so schwere geistige und körperliche Degene-
rationen der verschiedensten Art beobachtet, wie in den oben auf-
geführten Familiengeschichten oder in den Stammbäumen Meggen-
dorfers? Man könnte auf den Gedanken kommen, daß Syphilis,
Alkoholismus und andere Keim- ünd Fruchtschädigungen besonders
dann wirksam werden, wenn auch sonst noch degenerative Momente
hereditärer Art vorliegen. Mit der Statistik allein, d.h. zahlen-
gemäß, wird man diesen Zusammenhang nicht sicher fassen, dazu
sind die Verhältnisse zu kompliziert und der exakte genealogische
Forscher wird mit Recht den Vorwurf erheben können, daß sich
die sogenannte ärztliche Erfahrung auf die prinzipiell fehlerhafte
Auswahl der positiven und interessanten Fälle beschränkt.
= Diese Bedenken der korrekten Rassenhygieniker sind gewiß
in vieler Beziehung berechtigt, aber trotzdem kann an der Keim-
schädigung und Fruchtverderbnis durch eine Reihe von Giften und
von Krankheiten .nicht gezweifelt werden.
Im Gegensatz zu den eigentlich vererbbaren Krankheitsanlagen
(Gicht, Diabetes, Asthma, gewissen Hautkrankheiten, den Dystrophien
usw.),wo die Erblichkeit entweder gleichsinnig erfolgt, oder wo sich mit
Hilfe der Erblichkeitsforschung zusammengehörige Krankheitsfamilien,
wie der Arthritismus, feststellen lassen, sind die Keimschädigungen
und Fruchtverderbnisse nicht spezifisch, sondern sie äußern sich
in Degenerationszeichen, welche in keiner Weise für das ursprüng-
lich schädigende Moment charakteristisch wären. Es wird vielmehr
dieselbe Ursache bei den Deszendenten zu recht verschiedenartigen
Degenerationsbildern führen können, und umgekehrt können die-
selben Entartungserscheinungen auf verschiedenen-Keim- und Frucht-
schädigungen beruhen. |
~ ln den schlimmsten Fällen sehen wir richtige Mißbildungen,
z. B. des Gehirns bis zur völligen Idiotie, Balkenmangel, Mikro-
zephalie, ferner Spina bifida und Klumpfuß als Folgen der Keim-
schädigungen angeschuldigt, und Stockard fand bei seinen Ex-
perimenten, daß sich die keimschädigende Wirkung des Alkohols
ganz besonders am zentralen Nervensystem äußert. Auch ange-
borene Herzfehler wurden von Fournier wie auch von anderen
darauf zurückgeführt. Pfaundler?2) hat in seiner vortrefflichen
allgemeinen Pathologie des Kindesalters darauf hingewiesen, daß
solche schädigende Reize, welche im späteren Leben eine „Krank-
heit“ im landläufigen Sinne hervorrufen, in den frühesten Lebens-
‚stufen nicht mit einer entzündlichen Reaktion beantwortet werden,
sondern in der Form einer Entwicklungshemmung z. T. mit narben-
losen Defekten, einer Dysontogenie.
. Mit einer gewissen Häufigkeit sehen wir ferner als Folge
einer Keimschädigung und Fruchtverderbnis eine ungenügende
sexuelle Differenzierung eintreten. Am häufigsten den Frö-
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haft bleibt bloß die Frage, ob auch eine richtige Keimschädigung
u Im engeren Sinne des Wortes durch parentale Syphilis nachzuweisen
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| 2)Hermann Hoffmann, Vererbungu. Seelenleben. Springer 1920.
8) Plaut, Zschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych. 1912, 11.
E 22) Husler, Lues nervosa usw. Zschr. f. Kindhlk. 1924, 37.
> %0) Peiper, Ist Syphilis ein nen M.Kl. 1922, Nr. 12.
e Za. „) Meggendorfer, Rolle der Erblichkeit bei der Paralyse.
j schr. f. d. ges. Neurol. u. Psych. 1920, 65.
lichschen Typus der Dystrophia adiposo-hypogenitalis®°), der aber
Bu era
82) v, Pfaundler, Biologisches und allgemein Pathologisches über
die frühen Entwicklungsstufen. Handb. d. Kindhlk. von Pfaundler
und Schloßmann. 3. Aufl. 1923. | i
38) Die Dystrophia adiposo-hypogenitalis ist von Nonne wie
un von Hutinel speziell auch bei Syphilis der Eltern beobachtet
worden. `
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nach Abschluß einer verspäteten Pubertät in’ völlige: Heilung über-
gehen kann. - Ferner jene unmännlichen jungen Männer, und die |
unweiblichen Mädchen mit den schmalen Hüften und den: starken
Muskeln, die aber . im weiteren Verlauf des Lebens sehr bald an
Leistungsfähigkeit- abnehmen: wie alle Muskelhypertrophien. Diesen
Typus der Viragines habe ich nicht nur bei den Töchtern syphili-
tischer Eltern, sondern auch nach Schilddrüsenschädigungen der
Mutter beobachtet. Schließlich kommen Homosexualität und richtiger
Hermaphroditismus vor, und allen diesen Individuen mit der mangel-
haft entwickelten Sexualität ist eine unglückliche Verstim-
mung eigen. | l u
Die Entwicklungsstörung ist keineswegs immer auf ein be-
stimmtes Organ oder System beschränkt, sie ist oft allgemeiner Art
und dann äußert sie sich in einem Infantilismus des Körpers
und des Geistes.‘ Wir treffen diesen Infantilismus und den nahe
damit verwandten: Hypogenitalismus, wie. schon Fournier -betont
hat, gar nicht selten bei den -Deszendenten syphilitischer Eltern, auch
wenn die letzteren die Wa.R. nicht darbieten und es läßt sich in:
solchen Fällen oft nicht entscheiden, ob eine Keimschädigung oder
eine Fruchtschädigung vorliegt; zu den letzteren müssen wir auch
die Infektionen im Uterus rechnen. Aber -diese, intrauterine In-
fektion kann unter Umständen nicht nur während des intrauterinen
Lebens schädigend auf die Frucht eingewirkt haben, sondern sie
kann -auch später während des extrauterinen Lebens noch weiter
wirken und die Entwicklung hemmen. Es ist kein grundsätzlicher
Unterschied, ob ein Schaden, z. B. ein Zurückbleiben in der Ent-
wicklung, bedingt ist durch eine Noxe, welche während des intra-
uterinen Lebens, z. B. durch. eine Infektion, ihren Anfang nahm,
‘oder durch eine solche, welche post partum während der ersten
- Lebensjahre sich einstellte.. Der Moment der Geburt ist ein zwar
wichtiger, aber doch nicht absolut entscheidender Wendepunkt in
_ der. Entwicklung des Menschen. Intrauterin erworbene Schäden.
können sich freilich in ‚solchen Entwicklungsstörungen - äußern,
welche während des’ extrauterinen Lebens nicht mehr in die Er-
scheinung treten können, so z.B. in einer Spina bifida oder einem
Offenbleiben des. Septum ventrieulorum. Für ein Offenbleiben des
Ductus Botalli werden solche Veränderungen in Betracht kommen,
welche während und kurz nach der Geburt in die Erscheinung
treten. Bei einem Infantilismus dagegen oder einer mangelhaften
Entwicklung der Geschlechtsorgane kann es unentschieden bleiben,
ob eine Schädigung in der extrauterinen oder in der intrauterinen
Periode eingewirkt und in der Jugend noch fortgewirkt hatte, und
vielleicht kann auch eine richtige Keimschädigung beim Vater oder
der Mutter vor der Konzeptivn anzuschuldigen sein. |
‘ Wir können somit die Folgen einer Keimverderbnis und der
Fruchtschädigung in der Hauptsache als 'Entwicklungsstörungen
oder Degenerationssymptome auffassen, denen aber grundsätzlich
kein spezifischer Charakter anhaftet. Ein Beispiel möge dies er-
läutern: | z l E
Ein 28jähriger Patient meiner Abteilung leidet an einer Tabes,
welche offenbar auf intrauterin erworbener Syphilis beruht. Er ist
skoliotisch, hypogenital und infantil und zeigt Eigentümlichkeiten
= der Psyche, die nichts mit Paralyse gemein haben.. Die Skoliose,
das mangelnde Sexualleben und die psychischen Eigentümlichkriten
sind. hier sicher nicht auf syphilitische Organveränderungen zurück-
zuführen, sie sind. nicht spezifisch, aber doch höchstwahrscheinlich
die Folge einer durch die kongenitale Syphilis bedingten Entwick-
lungsstörung.
In manchen Fällen kann die Unterscheidun
ein-ausgesprochenes Zurückbleiben der Entwicklung, richtigen Infanti-
lismus. Die Angaben der Eltern und der Patienten lassen nur er-
kennen, daß das Herzleiden bis in die früheste Kindheit zurückgeht.
Es bleibt unsicher, ob es sich um einen in der frühen Kindheit er-
woibenen Herzfehler handelt, der vielleicht im Anschluß an Scharlach
entstanden ist und die ganze Entwicklung gehemmt hat, oder ob ein
angeborener Herzfehler vorliegt, neben dem sich auch noch andere
damit parallel gehende Entwicklungsstörungen finden. Die Obduktion
wird oft solche Fragen entscheiden können, indem sie im ersten Fall
die Reste einer Endokarditis, im zweiten Fall einen Entwicklungs-
defekt am Herzen und an anderen Organen nachweist. Aber auch die `
Obduktion kann bisweilen keine Entscheidung bringen: Bei einer
großen Zahl Infantilismen, wo das körperliche und geistige Verhalten |
eines jährigen Menschen dem 'eines I4jährigen entspricht, läßt sich
eine schleichende Tuberkulose nachweisen. Hat hier die, wahrschein-
lich posinatal erworbene Tuberkulose wie ein innerer Feind die Ent-
wicklung des jungen. Lebens gehemmt, oder beruht der Infantilismus
chtsc
auf.einer Fru ädigung und hat er die Widerstandsfäbigkeit gegen
Tuberkulose herabgesetzt?
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
z, B. bei
noch schwieriger
sein:. Bei schweren Herzfehlern jugendlicher Individuen finden wir oft
-` 'In allen diesen Fällen ;von Infäntilismus und von Zurtck-
bleiben der Körpergröße finden wir noch, beim. 20- und SO jährigen
Menschen alle Epiphysenlinien an ‘den Extremitätönknochen und
besonders an Händen und Füßen offen, ähnlich wie beim Kind.
Das Wachstumsvermögen ` wäre.: also noch vorhanden, ‘aber dar.
Wachstumstrieb fehlt und dieser kann auch durch Zufuhr der wachs-
tumsbefördernden. Vitamine nicht geweckt werden. i
7. Dezember
- - Unter den körperlichen Degenerationszuständen ist wahrschej A
lich auch die Kyphoskoliose nicht selten als Folge einer Kein.
schädigung
Knochen der: Rippen, ‚Finger und Füße der Buckligen keine Epi
e hysen-. -
auftreibungen aad Dicht jene Plumpheit der Form, welche für Rache
. beweisend ist.‘ Die. Kyphosköliose ist auch ‘nicht eine einfache Folge:
einer Erkrankung des Skeletts oder statischer Mißverhältnisse. Wi
finden’ dabei als typisch eine Schwäche der
besonders der Rückenmuskeln. Die genuine
weilen in derselben Familie mehrfach: vorkommen.
Sie kann vielfach nur zu einer allgemeinen Widerstandsunfähigkeit .
führen, besonders einer solchen gegenüber Infektionskrankheiten und.
Tuberkulose. Und darauf ist es vielleicht zurückzuführen, weshalb
häufig sind. . |
Besonders schwierig zu beurteilen sind jene Fälle, wo sich.
die Degeneration überhaupt nicht .durch körperliche Anomalien und `
| Funktionsstörungen, sondern durch’ rein psychische Eigentümlich
| keiten äußert. Hier ist die Schwererziehbarkeit der Kinder wieder- -;
jungen.
Leute, die vor jedem Examen ausbrechen und nach langem plar
holt hervorgehoben worden, ferner die Willensschwäche der
losen Tasten zu keinem richtigen Beruf kommen. Die intellektuellen $
Fähigkeiten sind .bei solchen Individuen meistens gut entwickelt,
aber es fehlt an der Energie, also am Triebwerk, und es ist, alef.
ob in ihrem Uhrwerk, das im übrigen fein organisiert sein kann, .;
die Feder zu schwach wäre. Es mangelt an Temperament, und -
B
esamten Muskulatur und. -
yphoskoliose beruht auf: :
einer Veränderung: des gesamten Körpers, und selbst die Psyche ist .,
bei den Kyphoskoliotischen oft in eigentümlicher Weise verändert. -`
Sie ist eine Entwicklungsstörung, die in den Schuljahren beginnt und :
nach der Pubertätszeit ihr Maximum erreicht, sie geht aber nicht zurück :-
bis auf jene frühen Altersstufen, welche das eigentliche Gebiet der.:
Rachitis darstellen. Sicher sind nicht alle Fälle von Kyphoskoliose‘
auf dieselbe Ursäche zurückzuführen. Die typischen Fälle können bis- t
. ‚Die Keimschädigung und Fruchtverderbnis äußert sich durch»,
aus nicht immer in körperlich greifbaren Degenerationsmerkmalen.‘
oder.Fruchtverderbnis zu betrachten, und ich habe sie
| indern syphilitischer Eltern beobachtet, Die richtige kon-
stitutionelle genuine Kyphoskoliose wird. vielfach noch als eine Folge
der Rachitis aufgefaßt. Wer aber den’ Knochenbau untersucht und‘
etwa das Röntgenbild oder. gar ein präpariertes Skelett mit dem-
jenigen‘ einer. richtigen Rachitis vergleicht, :erkennt einen gewaltigen.
‚Unterschied, und tatsächlich finden ‘sich’ an.den überzarten dünnen: -
‚Fruchttod und Kindersterblichkeit in solchen Familien übermäßig >
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dieses ist eine Gottesgabe; das Temperament und nicht die In 5
telligenz allein ist maßgebend für die Brauchbarkeit eines Individuums. N
| Lenz34) beschreibt jene idealistisch veranlagten Söhne, die es m -
keinem ‚soliden Beruf aushalten, nachdem sie sich als Schriftsteller, .
als Künstler und Politiker versucht haben, oder jene Töchter, die
von der Familie nicht verstanden werden und sich. einem Kreise
anschließen, in welchem durch rhythmische Bewegungen die Grund ,
lage zu einer neuen Kultur gelegt werden soll. Schließlich kommen -
moralische Defekte aller. Art vor. Derartige psychische Degene- l
rationen lassen sich natürlich schwer in zahlengemäßerForm statistisch
nachweisen, und sie entziehen sich vor allem auch dem Tierexperimenl, i
Sie sind die Domäne. des Hausarztes und in leichteren Fällen nicht
einmal diejenige des Psychiaters. Dagegen kamen bei der Musterung ’'
für den Heeresdienst im. Kriege solche Fälle in ‚großer Zahl ani. ; |
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raten, eine Gravidität zu verhindern oder zu unterbrechen un
ein Recht dazu bestehen, aber. die ärztliche Erkenntnis ist
sicher, unser Wissen und unsere Voraussicht zu Jückenhaft,
wir Ärzte es wagen dürften, das Schicksal zu spielen.
3) Lenz, Menschliche Erblichkeitslehre. 2. Aufl, S. 298,
J eder klinische Vortrag soll mit einem Hinweis auf Therapie
oder wenigstens auf Prophylaxe schließen,. und aus der Übersicht -
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So traurig auch das Kapitel der Keimverderbnis und Frucht- +
schädigung ist, so mußte doch immer wieder hervorgehoben werden
daß alle jene exogenen Krankheiten und Schädigungen, welche diè
Eltern betreffen, nur in relativ seltenen Fällen bei der Nachkommet:
schaft einen ‘ernsten und bleibenden Defekt hervorrufen. Wein
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über die Keim- und Fruchtschädigungen erwächst die Frage, i:
wieweit der Arzt berechtigt und verpflichtet ist, eine Ehe a T 2
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eine 'Sterilisierung herbeizuführen. Gewiß 'wird in vielen Fal
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7. Dezember 1924 Nr. 49. — MEDIZINISCHE KLINIK — Anzeigen. | 900
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die Mehrzahl der Kinder kranker Eltern entwickelt sich zu voll-
wertigen und gesunden Individuen; das gilt selbst vom Alkoholismus
und der Syphilis, und auch die manifesten Schädigungen der Nach-
kommenschaft dürften, wenigstens beim Menschen, nicht weiter ver-
erbbar sein. Die gewaltige Regenerationskralt, welche in der Zeugung
zum Ausdruck kommt, pflegt die Nachteile zu überwinden, ‚welche
dem Ei, dem Sperma und selbst der heranreifenden Frucht zu-
‚gefügt worden waren, im Gegensatz zu .den eigentlichen Erbkrank-
heiten, die wie in der antiken Tragödie als unentrinnbares Ver-
hängnis das Schicksal des Menschen bestimmen und Kind und
Kindeskind dem Verderben weihen.
Das, was ich Ihnen hier vortragen konnte, sind die Eindrücke
"eines Arztes, es ist nicht Wissenschaft.
Denn diese fängt erst dort
.an, wo die von der Erfahrung gelieferten Tatsachen und die daraus
geschöpften Hypothesen kritisch als unanfechtbar durch das Ex-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
periment bestätigt werden. .Nur- in wenigen Fällen hatten wir
sicheren Boden unter den Füßen, dem Zweifel war allenthalben
. Raum gegönnt, und wir ‚können denjenigen nicht . widersprechen, ;
welche die zerstreuten ärztlichen Erfahrungen als: nicht beweisend
anerkennen, weil ihnen die wissenschaftliche Sicherheit fehlt. Aus
‘diesem Grunde können wir diese Auseinandersetzungen: nicht besser
schließen, als mit den Worten des Hippokrates, die wie in Granit
gemeißelt in die Jahrtausende. hinausragen: a p
Das Urteil ist schwierig, denn die’ Erfahrung 'ist trügerisch;
‚das Leben ist kurz und das Gebiet .der Wissenschaft ‘ist groß 35).
. 35) In der lateinischen Übersetzun dieser Eingangsworte der |
Aphorismen heißt. es „experimentum fallax“.
Diese Ubersetzung ist
‚aber wohl nicht ganz zutreffend: Peira bedeutet hier, ebenso wie
Empeiria, nicht das Experiment, sondern die Erfahrung, die experientia.
Abhandlungen.
‘Aus dem Hygienischen Institut der Technischen Hochschule Dresden
- (Direktor: Prof. Dr. Philaletes Kuhn).
Über das Geschlechtsverhältnis der Neugeborenen
DE e beim Menschen. |
| Von Priv.-Doz. Dr. Rainer Fetscher.
Das Geschlecht von Pflanze, Tier und Mensch ist erbbiologisch
bestimmt. Der Mechanismus der Geschlechtsvererbung ist recht
verschieden; als allgemeingültigen Satz kann man lediglich be-
haupten, daß stets das Mengenverhältnis zwischen dem Bestand an
Chromosomen (Erbträgern) der Samen- und Eizelle über das Ge-
- schlecht der Frucht entscheidet.
Nach der Auffassung der meisten Autoren liegen die Dinge
beim Menschen so, daß es nur einerlei reife Eizellen gibt, die
‚alle je 12. Chromosomen besitzen, während zweierlei Arten von
Samenzellen .in gleicher . Häufigkeit vorkommen, nämlich solche
mit 11 und solche mit 12 Erbträgern. Trifft eine Eizelle mit einer
Samenzelle mit 11 Chromosomen zusammen, so ergibt die Summe 23,
es entsteht eine männliche Frucht. Führt die Befruchtung zu einer
Erbträgerzahl von 24, so ist ein Kind weiblichen Geschlechts zu
erwarten.
Aus: dem Gesagten wäre zunächst zu folgern, daß man eine
Geschlechtsproportion von 100:100 erwarten müßte. Tatsächlich
kommen aber unter den Lebendgeborenen durchschnittlich 107 Knaben
auf 100 Mädchen. Um diese Abweichung von der ‚Erwartung zu
erklären, gibt es grundsätzlich verschiedene Wege. -Man köfiite
‚zunächst einmal daran denken, daß während der Fötalzeit weib-
liche Früchte häufiger als männliche zugrunde gehen, was zwang-
‘ los die Überzahl neugeborener Knaben erklären könnte. Nun wissen
wir aber, daß bei Berücksichtigung der Totgeburten die Knaben-
ziffer noch höher ist, z. B. nach Erhebungen des Statistischen Amtes
der Stadt Magdeburg 130, und noch weiter ansteigt, wenn wir
auch noch die Fehlgeburten zu erfassen suchen. Obgleich dieser
` Versuch stets lückenhaft sein wird, so gestattet er doch die Wieder-
legung der Vermutung, daß sich die Überzahl der lebendgeborenen
Knaben daraus erklärt, daß mehr weibliche als männliche Föten
‘im Mutterleib absterben. |
Fest steht also, daß wesentlich mehr männliche als weibliche
Früchte gezeugt werden. Döderlein wählte zur Erklärung dieser
_ Tatsache. die naheliegende Annahme, daß es mehr männlich differen-
zierte Spermatozoen als weibliche gäbe. Dies hat jedoch die un-
wahrscheinliche Voraussetzung, daß Weibchenbestimmer regelmäßig
in bestimmter Menge abstürben, da der Mechanismus der Geschlechts-
zellenbildung die ursprünglich. gleiche Häufigkeit beider Arten
von. Samenzellen bedingt.
Lenz nimmt deshalb an, daß die männlich differenzierten
Spermatozoen leichter beweglich seien und damit die erhöhte Aus-
sicht ‚hätten, zur Befruchtung zu gelangen. Die Hypothese von
‚Lenz hat namentlich durch die Versuche von Bluhm eine starke
Stütze erhalten: Sie konnte besonders durch Alkoholisierung männ-
licher weißer Mäuse erreichen, daß die Würfe eine größere Zahl
von männlichen Tieren enthielten. Die Behandlung: weiblicher. Tiere
mit Alkohol hatte keinen Einfluß auf die Verteilung der Geschlechter.
Es scheint daraus zu folgen, daß die Geschlechtsbestimmung allein
' von den Samenzellen abhängt; Bluhm nimmt ferner an, daß die
um ein Chromosom reicheren Weibehenbestimmer länger unter der
‚lähmenden Alkoholwirkung ständen und deshalb weniger beweglich.
seien als die männlichen Spermatozoen, die damit glinstigere Aus-
sichten haben zur Befruchtung zu ‚gelangen. Leider fehlen Unter-
suchungen über das Geschlechtsverhältnis unter den Nachkommen
von Trinkern, aus denen wichtige Aufschlüsse darüber zu erwarten
wären, ob für den Menschen Ähnliches gilt.
Scheint nun. schon auf den ersten Blick die Frage der Ge-
schlechtsbestimmung noch nicht geklärt, so. ergeben sich doch bei
näherer Betrachtung noch manche neue Rätsel. . So fiel es schon
seit langem auf, daß die Knabenziffer nach Kriegen anzusteigen
pflegt, eine Erscheinung, die in ihrer offenbaren Zweckmäßigkeit zu
näherer Untersuchung besonders verlockt.
lich z. B. in Preußen ‘von 1910—1915 auf 100 lebendgeborene
Mädchen 106,25 Knaben kamen, betrug die Knabenziffer 1919 108,6.
Auch die übrigen Länder zeigen den gleichen Anstieg.
Die Überzahl der lebendgeborenen Knäben kann ferner da-
durch zustande kommen, daß alle Familien für Knabengeburten eine
bestimmte gleiche, den Mädchengeburten gegenüber erhöhte Häufig-
keit aufweisen oder aber dadurch, daß einzelne Familien die Nei- -
gung zu besonderer Häufung von Knabengeburten besitzen. Diese
Frage habe ich auf neuem Wege zu erörtern versucht.
Würde es sich einfach darum handeln, festzustellen, wie das
Geschlechtsverhältnis der Lebendgeborenen ist, so würde man um
so sicherere Ergebnisse erhalten, eine je größere Zahl von Personen
statistisch erfaßt wird. Die erbbiologische Betrachtung erheischt
jedoch eine besondere Kritik der verwerteten Erfahrungen. Es
bleibt zunächst zu bedenken, daß bei willkürlicher Geburtenbeschrän-
kung mit ziemlicher Sicherheit eine Verschiebung der Geschlechts-
proportion zu erwarten ist: Einkindfamilien lassen eine überdurch- >
schnittliche Zahl von Knaben erwarten, während in den Zweikind-
"familien das Geschlechtsverhältnis mehr 100: 100 angenähert sein.
dürfte. Man wird deshalb nur solche Familien zu den. Unter-
suchungen heranziehen dürfen, bei denen Empfängnisverhütung eine -
4.
möglichst geringe Rolle spielt. |
Mir standen. nun die vom Hygienischen Institut veraulaßten-
statistischen Erhebungen der Bünde der Kinderreichen in Sachsen:
‚zur Verfügung, in denen nur Familien mit ‚mindestens 4 Kindern .
vereinigt sind.. Ich überblicke 1796 Familien mit insgesamt
11313 Kindern, darunter 5897 Knaben und 5416 Mädchen. Die
Knabenziffer beträgt also 109,5.
Ä Ordnen wir nun die Geschwisterserien nach dem Geschlecht
der Erstgeburt in 2 Gruppen, so erhalten wir 866 Familien mit
erstgeborenen Knaben und 930 Familien mit Mädchenerstgeburten.
_ Bei rein zufälliger Verteilung der- Geschlechter auf die Geschwister-
serien muß in beiden Gruppen die ‘gleiche Knabenziffer' gefunden:
werden, wenn man die Verschiebung .der Knabenziffer, welche in
beiden Gruppen mit der Sonderung nach dem Geschlecht der Erst-
geburt eintritt, durch eine entsprechende’ Korrektur beseitigt. . Sie `
"muß so vorgenommen. werden, daß .man die Erstgeborenen nicht
‚mitzählt. Wir finden nun in der Gruppe mit Knabenerstgeburten
3395 Knaben und. 2033 Mädchen; die korrigierte Knabenzifier be-
trägt 124,4. In der Gruppe mit Mädchenerstgeburten finden wir
.2502 Knaben und 3383 Mädchen. sowie eine korrigierte Knaben-
‘ziffer von 104. Diese auch nach dem Ausgleich: der statistischen
: Gruppenauslese verschiedene Knabenziffer schließt die Annahme
einer rein zufälligen Verteilung der Geschlechter in den Geschwister-
serien aus. Derin dem verhältnismäßig kleinen Umfang meiner Zahlen
‚begründete Fehler beträgt = 1,9.. Da das dreifache dieser Zahl
'nach aufwärts‘ wie abwärts als wahrscheinliche Abweichung in Be-
1725
Hartmann. gibt Zahlen
an, aus denen hervorgeht, daß auch der verflossene Weltkrieg von
erhöhter Häufigkeit der Knabengeburten gefolgt war: Während näm-
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| ist der Einwand von Prinzing hinfällig, den er in’einer Besprechung
‘schnittlicher Knabenziffer gibt. Die.Teilung der Geschwisterserien
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1726 3928 — MEDIZINISCHE KLINIK. Nr. 49.
my 7. Dezember
tracht kommt, so ‘könnte die ’Knabenziffer. in der Gruppe der Fa-
milien mit Knabenerstgeburten rund zwischen 118 und 130 variieren,
in der Gruppe mit Mädchenerstgeburten rund zwischen 98 und 110.
Die Grenzwerte überschneiden sich. somit auf keinen Fall. Damit
in den von mir untersuchten Familien die Knabenziffer mit dem
Alter der Mutter und zwar unabhängig von der Zahl der voraus
gegangenen Geburten ansteigt. Ein Einfluß des Alters des Vater
ließ sich nicht nachweisen. Ohne diesen Befund für endgültig ge-
sichert zu betrachten, scheint er mir doch die Vermutung: nahe-
zulegen, daß noch unbekannte Vorgänge im mütterlichen Organismus
. die Geschlechtsproportion der Lebendgeborenen beeinflussen.
| Die familiäre Steigerung der Knabenzilfer kann, worauf Leng
hinwies, -auch eine scheinbare sein und dadurch erklärt werden, -
‘daß in’ Familien mit geschlechtsgebunden rezessiven Krankheits-
‚anlagen eine Überzahl männlicher Früchte abstürbe. Streng - ge-
. nommen müßten wir dann eigentlich von familiär verminderter
Knabenziffer sprechen. Wir könnten auch daran denken; daß ali '
gemein die Fähigkeit zum Austragen männlicher Früchte familiär
verschieden ist. Abwehrvorgänge, wie sie gegen artfremdes Biweiß
eine Rolle spielen, könnten sehr wohl vorzugsweise gegen ein be-
stimmtes Geschlecht gerichtet sein. Eine solche Annahme könnte
uns auch das Verständnis dafür erleichtern, daß vielleicht die
Knabenziffer von dem Alter :der Mutter beeinflußt wird, . weil die
Abwehrkräfte sich ja im Laufe des Lebens verändern (Fetscher)
Unterernährung bringt Verminderung .der Immunkräfte..-Da
Kriege häufig zu Unterernährung weiter Bevölkerungskreise führen,
könnte so nach Kriegen die-Summe -der gegen männliche Embryonen
gerichteten Abwehrstoffe vermindert sein und sich daraus das-An-
steigen der Knabenziffer nach Kriegen erklären. Dafür spricht, dab
Sachsen, das schlechtest genährte Land, die stärkste Erhöhung der
Zahl der Knabengebürten aufweist. Es wäre allerdings auch m .
bedenken, daß nach Kriegen der Durchschnitt der Mütter älter sein
_ dürfte, da manche Geburt nachgeholt wird, die ohne die Erschütterung
des Krieges in frühere Jähre gefallen wäre. e
| Mehr als Vermutungen können indes vorerst nicht: geäußert
‘werden. Eine große Zahl von Fragen harrt noch ihrer Beant-
wortung. Was wir wissen, ist in wenigen Sätzen zusammengefalt:
Das Geschlecht des Kindes ist erbmäßig bedingt. Es werden mehr
Knaben als Mädchen gezeugt und geboren. Verschiedene Beweg:
‚lichkeit männlich und weiblich dillerenzierter Spermatozoen kam
die Ursache sein (Lenz). Damit im Einklang, mindestens niot
im Widerspruch, ‘stehen Versuche künstlicher Verschiebung der
Geschlechtsproportion durch‘ Alkohol und Koffein Bluhm B
gibt eine familiäre Anlage zu überdurchschnittlicher Knabenzille
‚deren Auswirkung vielleicht mit dem Alter der Mutter, bzw. mi
‚ihren Abwehrstoffen zusammenhängt (Fetscher).
meiner ‘Arbeit.erhob, meine Zahlen seien zu klein, um Schlüsse zu |
gestatten. Ich möchte demgegenüber ausdrücklich betonen, daß
meine Behauptung, die Geschlechtsverteilung der Geschwisterserien
sei nicht allein durch den Zufall bestimmt, statistisch einwandfrei
gesichert ist. | l
. _Um diese Tatsache erklären zu können, werden wir zu der
Annahme gedrängt, daß..es eine familiäre Anlage zu‘ überdurch-
nach 'dem Geschlecht der Erstgeburt muß dazu führen, daß die
Aussicht, in die Gruppe mit Knabenerstgeburten zu gelangen, an-
steigt, wenn eine Familie die Anlage zu überdurchnittlicher Knaben-
ziffer besitzt, denn es wächst mit ihr. auch die Wahrscheinlichkeit
für erstgeborene Knaben. Prinzing meint, man wüßte schon längst,
daß in einzelnen Familien vorzugsweise Mädchen . oder. Knaben ge-
boren würden. Das ist wohl richtig, doch sollte gerade Prinzing,
der meine Zahlen für zu klein hält, sich hüten, aus solchen Be-
obachtungen Schlüsse zu ziehen, da selbst die kinderreichste einzelne
Familie. viel zu klein ist, um das Spiel des Zufalls so weit auszu-
schalten, daß Folgerungen gezogen werden dürften. Nehmen wir
an, es handle sich um eine zehnköpfige Geschwisterserie, so würde
dann der mittlere Fehler rund 15% betragen, Abweichungen von
45% sowohl nach aufwärts als nach abwärts somit in den Wahr-
scheinlichkeitsbereich fallen. Angesichts solcher Tatsachen hielt |
ich es für nötig, auf dem dargestellten Wege die Frage zu unter-
suchen und glaube auch erst die Grundlage zur Erörterung der
Frage, ob: es eine familiäre Anlage zu überdurchschnittlicher Knaben-
ziffer gibt, geschaffen zu haben. Bauer untersuchte nach anderer
Metbode mit demselben Ziel Familien, die gleichfalls zum.größeren
Teil kinderreich. sind. Leider hat er seine Geschwisterserien in zu
viele kleine Gruppen zerlegt, indem er sie nach ihrer Kopfzahl
sonderte und ihre Verteilung mit der binomialen verglich. Ich habe
an’ anderer Stelle schon ausgeführt, warum nach der von Bauer
eingeschlagenen Methode ein Ergebnis. nur schwer zu erwarten ist.
Sozial und anthropologisch : verschiedene Zusammensetzung der
Familien dürfte zudem auch noch mitwirken. Es sei noch bemerkt,
daß mit dem Nachweis einer familiär wechselnden Knabenzifier noch
nicht gesagt ist,. daß es sich um eine erbliche Anlage handeln muß,
wiewohl man. dies vermuten wird. Der exakte Beweis ist erst er-
bracht, wenn es gelingt zu zeigen, daß die Nachkommen aus der
Gruppe mit erstgeborenen Knaben gleichfalls eine überdurchschnitt-
liche Zahl.männlicher Nachkommen aufweisen. ne
Ohne auf weitere Einzelheiten der Untersuchung näher ein-
zugehen, möchte ich noch von meinen Ergebnissen anführen, daß
l Literatur: Jul Bauer, Gibt es eine konstitutionelle Anlage zur Zengun
von Nachkommen vorzugsweise eines Geschlechts? Klin. Wschr. 194, Nr. 2L -
- Fetscher, Zur Frage der Knabenziffer beim Menschen. Arch, f. Rassen- u. @esellsch-
Biol. 1924, 15, H.3. (Vgl. dort die ausführlichen Angaben über erschienene Arbelıen)
.—.Derselbe, Dasselbe D.m.W. 1924. Nr.42. — Prinzing, Zeitschr. £ dge
Hyg. 1924, 8. (Besprechung meiner Arbeit.) u |
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren. we
Aus der I. Med. Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien. ' Regel keine Lymphozytose und ihr Aussehen und sonstige Zeichen
ae DIR | | | i ` | sprechen nicht für eine schwere Erkrankung, die dem manifesten
Über nicht tuberkulöse Katarrbe der Lungenspitzen. | Lungenbefunde entspräche.
| | Von Prof. Dr. J. Pal. u
Auf den Sachverhalt wurde ich bereits vor vielen Jahr“
| . |, aufmerksam, als mir ein 20 jähriger stud. jur. vorgestellt. wurde, den
Die allgemein herrschende Anschauung, daß auf die Lungen- |: Seine Familie wegen eines Spitzenkatarrhes zwang, den Winter in
spitzen beschränkte katarrhalische Erkrankungen stets auf tuber- ' Süden zu verbringen, eine. Anordnung. der sich der junge Mann
kulöser Grundlage beruhen, bedarf einer Richtigstellung. | nicht fügen wollte. In diesem Falle fand ich neben den In
Theoretisch wird man gewiß zugeben, daß katarrhalische Er- |. $7 scheinungen von dem geschilderten Charakter eine dr ri
krankungen der Lungenspitzen auch nicht tuberkulöser Natur sein Erkrankung ' der gleichseitigen Nasenhälfte, die meine Auimel
können. Kennt man doch die diffusen Katarrhe, an welchen das 'samkeit auf eine Beziehung zwischen diesen beiden Affektiont
ganze rhino-pharyngo-bronchiale System mit einem Schlage oder lenkte. In der Folge bin ich dahin gelaugt, aus dem Be
allmählich erkrankt, Erkrankungen, an welchen auch die Lungen- ‚Befund an den Lungenspitzen eine Erkrankung der gleichsel ga
spitzen ihren Anteil haben und hier ebenso abklingen, wie in den "Nasenwege bzw. Nebenhöhlen zu diagnostizieren. Man kan
anderen Gebieten der Bronchien. Der physikalische Befund in diesen | Sache auch umgekehrt verfolgen und bei Nasenkranken In
Fällen zeigt, insofern es nicht zu Verdichtungen gekommen ist, neben katarrhalischen Lungenbefunden suchen, doch darf mian nicht Ei
trockenen, feuchte mehr oder minder reichliche, nicht klingende sehen, daß dieses Verhältnis nicht obligatorisch ist. Ich An
Rasselgeräusche — ohne Schallverkürzung. Es gibt nun eine Form mehrfach Gelegenheit zu zeigen, daß mein aus dem Lungenbelu!
= der katarrhalischen Erkrankung der Lunge, bei welcher der gleiche | 8°2°8ener Schluß stichhaltig war. n
Befund sich nur an den Lungenspitzen zeigt, also neben trockenen, ‚ Kürzlich.gelangte ein Student der Philosophie wegen emer u
feuchte, kleinblasige, nicht klingende Rasselgeräusche ohne wesent- eblichen Hämoptoe zur Aufnahme. Bei der Untersuchung, der L f
liche Schallverkürzung. Das Auffällige an diesen -Fällen ist, daß ar ich den charakteristischen rein katarrhalischen Befund an 1
ihre Träger auf der gleichen Seite eine Erkrankung der Nasen- rechten Lungenspitze. Ich vermutete eine Nasenerkrankung ig
schleimhaut ev. der Nebenhöhlen aufweisen. Sie haben auch zeit- benh
el Res Seite und äußerte meinen Zweifel über die. ni
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weilig ` geringe abendliche Temperatursteigerungen, haben in der | en ee ee sae Be
erkrankung auf der genannten Seite in ambulatorischer Behandion
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stehe und die Hämoptoe nur angegeben habe, um aufgenommen zu |
werden, da er sich unwohl fühle. o
Die richtige Einschätzung eines Lungenspitzenbefundes ist
begreiflicherweise im Einzelfalle eine sehr wichtige Sache.
Ich will dies mit einem Beispiel beleuchten: Vor etwa 4 Jahren
kam ein 24jähriges Mädchen mit der Mutter zu mir wegen einer Lungen-
erkrankung. Bei der Untersuchung der gut aussehenden Kranken fand
ich beiderseits an den Lungenspitzen katarrhalischen Befund, sogar
reichliche feuchte 'Rasselgeräusche von nicht klingendem Charakter.
Ich veranlaßte die Nasenuntersuchung, die Herr O.-M.-R. Dr. Läufer
vornahm und der eine beiderseitige Nebenhöhlenerkrankung feststellte.
Ich konnte der Mutter die Heilung der Patientin in Aussicht stellen,
worauf sie mir mitteilte, daß man der Tochter wegen der Lungen-
erkrankung das Heiraten verboten hätte. Nach einigen Monaten war
die Nasenaffektion geheilt und die Patientin katarrhirei. Ich ließ sie
heiraten. Sie hat seither zwei Geburten durchgemacht und ist voll-
kommen gesund. | u
In einem anderen Falle wird seit 12 Jahren tuberkulöse Lungen-
spitzenerkrankung diagnostiziert. Hier taucht jedesmal mit der rezi-
dvierenden Nasen- bzw. Nebenhöhlenerkrankung der katarrhalische
Befund an den Lungenspitzen wieder auf. Die heute 45 Jahre alte
Frau, die inzwischen noch einen Partus durchgemacht hat und aus
anderweitigen (neurotischen) Gründen zum Skelett abgemagert ist
(Körpergewichtsverlust von etwa 28 kg) hat bis heute keine Tuberkulose.
Ich führe diese Beispiele auch mit Rücksicht auf die Indikations-
stellung zur Unterbrechung der Schwangerschaft an. Die Zahl
meiner einschlägigen Beobachtungen ist nicht gering. Ich hatte oft
genug Gelegenheit, solche strittige Fälle nach Jahren, nach der
Nasenbehandlung, in ungestörtem Wohlbefinden zu sehen. Auch
chronischer Verlauf solcher Lungenspitzenkatarrhe muß nicht zur
Tuberkulose führen. l
-~ Meine Beobachtung, daß Nasenerkrankung mit katarrhalischen
Erscheinungen an den Lungenspitzen so häufig zusammengehören,
veranlaßt mich, in jedem einschlägigen Fall dem Verhalten der
Nasenschleimhaut und der Nebenhöhlen besondere Aufmerksamkeit
zu schenken und entsprechend therapeutisch vorzugehen.
Wenn auch die Zahl der von mir gemeinten Fälle gegenüber
der großen Masse der positiv an Lungenspitzentuberkulose Kranken
klein ist, so ist die von mir herausgehobene Gruppe einer be-.
sonderen Beachtung wert. Unzweifelhaft hat die Zahl der tuber-
; kulösen Lungenerkrankungen infolge der Ungunst der sozialen Ver-
hältnisse bedeutend zugenommen, doch glaube ich aus den hier
, geschilderten Vorkommnissen den Schluß ziehen zu dürfen, daß ein
, wenig zuviel tuberkulöse Lungenspitzenerkrankungen diagnostiziert
werden.
(Fortsetzung aus Nr. 47.)
Umirage.
Die Frühoperation der Gallensteine.
~,” Die Umfrage über die Früboperation des Gallensteinleidens
ist in der letzten Ausgabe dieser Wochenschrift eingeleitet worden
durch zwei Aufsätze von L. Kuttner-Berlin und L. Moszkowicz-
Wien. In diesen einleitenden Berichten wurde die Frage vom Stand-
punkt des erfahrenen Internen und Chirurgen zusammenfassend be-
handelt. Die Umfrage wird im folgenden fortgesetzt dadurch, daß die
Antworten
' gebracht werden, welche auf die Anfrage der Schriftleitung ein-
gelaufen sind. In dieser Anfrage hatte die Schriftleitung darauf
hingewiesen, daß es erwünscht erscheine, gewisse Gesichtspunkte
j m den Vordergrund zu stellen. Als solche Gesichtspunkte sind be-
| zeichnet worden: I
L Ist die Frühoperation berechtigt und aus welchem Grunde?
Ist die Frühoperation erforderlich und notwendig, ist sie
in jedem Fall erforderlich oder gibt es Gegenanzeigen?
I. Wann ist eine Operation auszuführen für die Fälle, für
die eine Frühoperation nicht in Frage kommt und welches
sind die absoluten und relativen Anzeigen?
‚ Die hierunter folgenden Antworten geben die Anschauungen
einer Anzahl Chirurgen und Internisten wieder, ‚welche über nicht
geringe Erfahrung verfügen. Indem diese Meinungsäußerungen in
Wammenhang gebracht werden mit den beiden einleitenden
Aufsätzen, stellen sie gewissermaßen eine Aussprache über die
~ugeregten Fragen dar. Die Aussprache, welche in den folgenden
\\mmern fortgesetzt wird, zeigt neben gleichsinnigen Auffassungen
auch Abweichungen und Widersprüche und ist dadurch geeignet,
n anfmerksamen Leser zu belehren und anzuregen.
` Ein willkommener Abschluß würde der Umfrage dadurch ge-
geben werden, daß die einleitenden Berichte der Herren L.Kuttner
und L. Moszkowicz durch ein Schlußwort ergänzt werden.
K. Brandenburg.
Geh. Rat Prof. Dr. Matthes,
Direktor der medizinischen Klinik Königsberg:
Versteht man unter dem Ausdruck der Frühoperationen Opera-
tionen, die bereits nach dem ersten oder nach wenigen Kolikanfällen
ausgeführt werden, sohandeltes sich, wenigstens häufig, um Operationen
in den noch unkomplizierten Anfangsstadien der Erkrankungen der
Gallenwege. Bekanntlich kann in diesen Stadien die Diagnose
schwierig, ja die Abgrenzung, z. B. gegen des Duodenalgeschwür,
nicht immer 'möglich sein. Nehmen wir aber an, die Diagnose
könne mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Erkrankung der
Gallenwege, in erster Linie. der Gallenblase, gestellt werden, z. B.
beim akuten Hydrops mit gut fühlbarer Gallenblase, so kann die
Operation aus vitaler Indikation nötig sein, wenn die Gefahr eines
Durchbruchs der Gallenblase besteht. Diese Gefahr ist bekanntlich
nicht sehr groß und kündigt sich wohl zumeist durch die deut-
lichen Symptome einer lokalen Peritonitis an. Abgesehen von
diesen immerhin nicht häufigen Fällen, halte ich die Frühoperation
im allgemeinen nicht für berechtigt und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die Erkrankungen der Gallenwege bedingen, wie schon
oben bemerkt, nur selten eine akute Lebensgefahr, sie sind mit der
akuten Appendizitis darin nicht zu vergleichen. `
2. Die Operation ist schwieriger als bei den Appendizitiden,
und namentlich läßt sich im einzelnen Falle nicht immer voraus-
sehen, welche Anforderungen sie an das technische Geschick. des
Öperateurs stellt. Auch ist ihre Martalität selbst bei Fehlen. aller
Komplikationen und ausreichender Geübtheit des Operateurs doch
keineswegs gleich Null, sondern wird ın der chirurgischen Literatur,
selbst unter solchen Umständen bis auf -über 2% zugestanden. Die
Prognose der Operation hängt zum’ Teil vom Lebensalter ab. Der
Wunsch der Chirurgen, früh, d. h. auch im jüngeren Lebensalter
der Kranken, zu operieren, ist an sich durchaus berechtigt, aber
er kann nicht allein ausschlaggebend sein, ehe nicht auch in diesem
jüngeren Alter die Operation als eine ungefährliche betrachtet
werden kann. Ich verkenne auch keineswegs, daß die Gefahren
. der Erkrankungen der Gallenwege sich vergrößern können, wenn -
nicht operiert wird, und daß die Operation in späteren Stadien
schwieriger und ihre Prognose: schlechter wird, aber man darf doch
nicht vergessen, daß
3. eine große Reihe von Kranken, nachdem sie eine oder
mehrere Anfälle überstanden haben, dauernd anfallsfrei bleiben.
Freilich sind mir auch Fälle bekannt, wo selbst nach jahrzehnte-
langer Latenz die Erkrankung wieder aufflackerte und zu einem
üblen Ausgang führte, |
4. Endlich sichert bekanntlich die Operation vor der Gefahr
von Rückfällen nicht absolut., Ist doch sogar von chirurgischer
Seite (von Rovsing) wahrscheinlich gemacht, daß der Anfang der
Steinbildung (der schwarze Kern) stets in den Gallengängen er-
folge. Die neueren Operationen, welche sich bemühen eine breite
Kommunikation zwischen dem Gallengang und dem Duodenum mit
Ausschaltung des Sphincter Oddi zu schaffen, um Rückfälle zu ver-
meiden, erscheinen mir vorläufig noch reichlich unphysiologisch.
Wenn auch zugegeben werden soll, daß in vielen Fällen die Ex-
stirpation der Gallenblase von keinem erheblichen Nachteil gefolgt
zu sein scheint, so müßte doch erst größere Erfahrung lehren, ob
dies auch für die Ausschaltung des Sphinkter zutrifft.
= Die Frage der Berechtigung der Frühoperation spitzt sich
also darauf zu, ob die Frühoperation oder die innere Behandlung
das geringere Risiko bietet. Schon immer stellte man ja auch bei
unkomplizierten Fällen die Indikation zur Operation dann, wenn die
Häufung der Anfälle Lebensgenuß und Arbeitsfähigkeit erheblich
einschränkten, Man hat aber meines Erachtens die Pflicht, dem
Kranken ofien darzulegen, daß sowohl die Operation als auch die
zuwartende Behandlung Gefahren bieten. Der Kranke hat zu ent-
scheiden, ob er das Risiko einer nicht unbedingt indizierten Operation
tragen oder die Gefahren des Zuwartens auf sich nehmen will.
Daß für die Indikation zur Operation anch die soziale Stellung des
Kranken und seine allgemeine Körperbeschaffenheit sowie das Alter
des Kranken in jedem Falle in Betracht zu ziehen ist, dürfte selbst-
verständlich sein. |
Unbedingt scheint mir die Indikation zur Operation gegeben
zu sein bei Fällen, die sich durch wiederholte Schüttelfröste und
anhaltende Temperaturen als schwer infizierte erweisen. . Bekanntlich
o = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
Draen Ae MeN REeMNU LG ist bei diesen Fällen. zwar diè Prognose der Operation : zweifelhaft, `j schwerden Gallensteinoperierter — sei es in.Form, „echter“ Stein
N a SER: ‚ich kann aber den. Standpunkt von Lenhartz, der auch dabei die | rezidive oder unechter Rezidive (V erwachsungsbeschwerden) — ist
Eh] ERBETEN > ‚Prognose der abwartenden Behandlung für besser hielt, nicht teilen. _ weit größer als die meisten Chirurgen ‚annehmen, .an -die-sich einmal
RES BaRa AA `- Zur Operation rate ich .auch,. wenn nicht die allgemeine | operierte Kranke ja in der Regel nicht mehr wenden. Wir:Internisten
N a o Körperbeschaffenheit des. Kranken eine Operation ` überhaupt aus- |. kennen sie aber’ zur Genüge!: Ich habe -in einem kürzlich der..
sa W Biken H = schließt; in den Fällen von chronischen Empyemen der Gallenblase D.m:W. übergebenen Aufsatz aus meinem eigenen: Material. einige
En IE "RASSE 2”. (Zurückbleiben eines fühlbaren Gallenblasentuniors : mit dauernder | zahlenmäßige Belege dafür gebracht. Die dauernd beschwerdefre;
see DB BAEREN INe = Druckempßindlichkeit, Neigung zu subfebrilen Temperaturen, dauernde | gebliebenen Gallensteinoperierten: sind dasellst ‚in. der Minoritit!
=) Hr va AEE = Beschwerden,. namentlich nach Mahlzeiten). Endlich halte ich bei.| Das Messer des-'Chirurgen ist eben machtlos. gegenüber. der stein-
SE T TER RN > Choledochusstein ‚ein längeres Zuwarten. im allgemeinen nicht für | bildenden Diathese und immer noch. machtlos. genug gegenüber
l Ne n RT E E EA E RA e richtig. Freilich- lassen sich bestimmte Regeln dafür nicht geben, | dem `cholangischen Infekt, . wenn erst die 'intrahepatischen. Gallen-
A ETAL, MIRME RN HIGI ‚keinesfalls warte ich aber so lange, bis der Kranke durch den | wege erfaßt sind. Freilich können Infektionsquellen ‘in den großen
in EEE SEE BERNIE : Ikterus ernstlich geschädigt wird. er Gallenwegen zumal in der Gallenblase durch die Cholezystektomie,
N ll = =, ee, E E u. | ev. kombiniert mit der Gallengangsdrainage (neuerdings Choledocho-
i a iR PREITI | 0. Prof. Dr: Stich, 0 0° °0. 4 Duodenalfistel) manchmal wirksam erfaßt werden. --
A i Li als HE Direktor der chirurgischen Klinik Göttingen: a How wissen ni yes Den (Enderlen
EE REENE ‚Die Frühoperation des Galleusteinleidens im akuten und Holz), WISVIOL BUNSUIESE LICH CIO DE TUIBL N riolge und die
EL aE AA POA: 3 5 A 3 i “ è . . 7 s9 oeo ` - fe o '
n e pE Anfall ist berechtigt. Sie. sollte, wie die. Operationen der akuten A der aus an den en een ne u DES Individuen,
Be: Bull Ware il) =. Peritypblitis, nur innerhalb der ersten 48 Stunden nach Beginn des an ... u Br nn | Se an ne bu aber -ebenso für. ‘die
SE U ET: BEER -. Anfalls vorgenommen werden. Nach diesem Zeitpunkt tritt, wenn memen i iiae dik co Be zn et
ART SS bel © nieht absolute Indikationen für chirurgisches Vörgehen vorliegen, | y ig nn. ? y de Gall ‚einem sofortigen operativen
ae ako Aou 5 die Intervalloperation in ihre Rechte. . a er Ä Die nhlei bei Er Ch Angon Sen i an Sind für mich folgende:
SEN ahis Aa ER AREUR INNI = Die Frühoperation ist'ein technisch einfacher, üngefährlicher Sp Be ae a n.. im ‚Verla
fa ini Bingriff, der oft viel leichter ist, als die Intervalloperätion bei jahre- blase e a = Sen d er Kar) mpyem der Galler
su EL lag intom vorbehandeen Kranken. Sie Diet deshalb auch | Hakan Eana AEE an Desonlers wenn er st Hi wi
N u u P REIER = nn Gewähr, a ale a später canere beschwerdefrei Kräfteverfall einhergeht. Unter ‚meinen. letzten °77{ Fällen von
ERDE SE RN Su Als Gegenanzeige gilt die allgemeine Gegenanzeige gegen jede - er alle au we a absoluten Indikationen ar
$ noa ll.» Laparotomie.. Vorbedingung ist :sicher gestellte. Diagnose. - `°. a yo 1 a Be pe a Ki ofi ing het ah
EEE Pe Sai RRSUESERB vii] O. Die Frühoperation ist erforderlich und notwendig .bei Per- | _.;. | a mann no Kask A EN u
Be, a Meeris ' foration und Perforationsgefahr, bei Cholangitis, beim Empyem der Felle LINE > TEN Ines: = D . x ivierende
De N kunt Gallenblase, beim 'Steinverschluß der tiefen Gallenwege. . ee N ho on N le nn aD wenn m psa
P O Bel kume dauoruden Anfllen ohne Fler uad obmo Anzeichen | Me miast, ander seimelis Rückkehr sr ATDA esita ve
a Wrs ILOA TA TO B - peritonealer Reizung halte ich mich 'auch heute noch für berechtigt, | Die relativ indizierten One di nd agli h E I ; 3a
NASE ale. vom der Operation zunächst abzusehen, wenn der Kranke keine |, fahr, nn Te en, 2. Unter ehune A Re -.
ak at tell ala DE : _ Nejgung zum Operieren zeigt. Für ratsam halte ich den Eingriff au ron, 22 ern sorgis MBEIO: I MIBTAUCHUDE COR DANDEN 7 NEE
ee auch’ indiesen Fällen. < | a 8° | speziell der Kreislauforgane keine Kontraindikationen gibt.
NER aeg, | = nn s Übrigens, je größer die Erfahrung und-je geschickter die
EEA E BR a | a, | ‚Prof. Dr. Läwen, ` Hand des Chirurgen, um so leichter unser Entschluß zur Operation!
I RR ER ARTEN S o . > Direktor der-chirurgischen Klinik Marburg: BE Bee an as es |
EN ee AT Die. Frühoperation der Gallensteine ist berechtigt, nn ae at re
en et Kar al e weil durch die Frühoperation die späteren ‚schweren Verandone on Busse oer O hirurelechen Bu aoa a un u
E DR ET der Gallenblase und der großen Gallengänge, die die’ Operation | . Der Begriff der Frühoperation der Gallensteinerkrankung kam
ET SEE EAA ER komplizieren, . vermieden werden können und weil an sich bei einem | '1 der Weise aufgefaßt werden, daß 1. frühzeitig im Vorlau
De EEE akor AN N e > ‘durch jahrelange Krankheit nicht geschwächten Menschen die der Steinerkrankung, also meist in Jungen Jahren die Operation
E AT T ENARA T a Aussichten der Operation günstiger sind. Die 'bei-Gallenblasen- ausgeführt wird, oder aber 2. im akuten Gallensteinanfall früh
EN al = operationen wegen länger bestehender Steinerkrankung so. häufig operiert wird ea: |
Dinter iin AS NER ANBAU © - gefundene Miterkrankung des Pankreas wird durch die Frühoperation |. 1. Die, Frühoperation im Verlaufe der Entwicklung des Gallen- |
TEE ER BHIE Verhütet. Technisch ist die Operation im Frühstadium_ leichter, | Steinleidens (Frühoperation im engeren Sinne) ist berechtigt, da bei |
loss nl] weil Schwielenbildung -und Verwachsungen an Gallenblase und | frühzeitigem Eingriff, gesicherte Diagnose vorausgesetzt, bessere |
RE a RATTE OD: ı o extrahepatischen Gallengängen wegfallen. und die Operation meist Resultate erzielt werden und ‚geringe ‘Aussicht auf Heilung bi A
Ne ER AR wen auf. die Entfernung der Gallenblase beschränkt werden kann. Der interner Therapie besteht. Solange es sich um einen aui de
A O A E RENSAS Heilverlauf ist bei der Frühoperation ein rascherer, da es infolge Gallenblaseninhalt beschränkten Prozeß handelt, ist der Eingil
NE NEL i Wegfalls der genannten Gallengangkomplikationen möglich ist, die leicht und ‚schnell durchzuführen, die Steine sind noch m de |
Et RN o dae ` Bauchoperationswunde in. einem ‘größeren . Prozentsatz der Fälle | Gallenblase und: kein Übergang auf die Gallenwege (Oystens
elle völlig zu schließen. Die Rezidivgefahr ist nach der Frühoperation Choledochus) hat stattgefunden, Verwachsungen; Cholangitis, Empyens |
Dee PEARTENGEN iv: ME geringer. Auch die postoperativen Spätschädigungen, wie intra- Perforation und Pankreatitis bestehen noch-nicht. Die Widerstands.
ee nun peritoneale Verwachsungen in der Umgebung des Gallenblasenbettes | fähigkeit des Organismus in diesem Stadium der‘ Erkrankung 5
a aA ERS NL und an der Leberpforte sowie Bauchnarbenhernien treten nach der für die Operation noch bedeutend günstiger, da Leber, Pankreas
le Hii iiel “ Frühoperation an Zahl sehr zurück. een ` | Lunge, Herz und Niere noch gesund sind. Weitere Komplikation
e A Wenn selbstverständlich, wie bei jeder öperativen Indikations- | des Gallensteinleidens wie Gallensteinileus, Karzinomentwicklung I
N: AREEIRO stellung, auch hier zu individualisieren ist, so muß doch für die | der. steinerkrankten Gallenblase und chronische Pankreatitis werden
ESEL NEAR A ALAE Dre) ı Gallensteinerkrankung aus den angeführten Gründen die Früh- verhütet. Die Dauerresultate sind günstiger, da dio- Steinrezidit-
I Pe ASTEEN INH lS ~. — operation. gefordert werden. | gefahr bei Frühoperation geringer ist. Endlich ist die soziale Ir
DEE | STORE NE IM 7: = . dikation in vielen Fällen von ausschlaggebender Bedeutung. — Gege
ee ur Prof. Dr. F. Umber-Berlin, | _ dieFrühoperation sprechen: schlechter Allgemeinzustand, insbesondere |
H Direktor der I. Inneren Abteilung des Krankenhauses Westend: bei höherem Alter, schwerer Ikterus, bei welchem man s |
ee | KEINEN ER D , C E RE ständlich von.einem Eingriff zunächst absehen und eine entsprechend
AEE i a E ERARAS: . Gegenüber dem Drängen mancher Chirurgen zur Frühoperation, | Vorbehandlung einleiten wird, Lungenkomplikationen und Hämophilis
Be, ri ki San Mal. ‘ d.h. zur Operation gern der re ar der Internist | welche ebenfalls geeignete Vorbehandlung bedingen, a
RR EEG B darauf hinweisen, Fe = cd ar ahl Gallen- 2. Die Frühoperation im akuten Anfall ist ebenfalls bereebii |
ne EESRUUM . steinkranker a Se a S A E N oee ni plan- und zwar bei hohem Fieber und schweren Allgemeinerscheinung®"
en Ne h TA. B . mäßige interne Be z» ye 0 a pera od der Heilung bei Verdacht. auf Empyem, bei Perforationsgefahr, peritonitische) |
a es AR | ’ > ee x angen Latenzperloden zugeführt nel und Zeichen von Pankreatitis. - afiken
| u Man soll nicht vergessen, daß der chirurgische Eingriff eine | da dann die en ag erg er sind, 5
i an Heilung keineswegs garantiert! Die Zahl der ‘postoperativen Be- | sei denn, daß bedrohliche Erscheinungen vorliegen. Die mit Steinen
. 7. Dezember
erfüllte Gallenblase muß unter allen Umständen entfernt werden,
_ wenn die Anfälle sich so häufen, daß der Zustand unerträglich
‚wird und Morphinismus droht oder schwere, das Leben bedrohende
. Zustände sich entwickeln (Leberabszeß, Cholangitis, Perforation,
Peritonitis, Pankreatitis).. Mit Rücksicht auf die vielfachen Kom-
plikationen, die das Gallensteinleiden bietet, wird auch in zunächst
. klinisch unkompliziert gelagerten Fällen, sobald der Nachweis der |
- Gallensteinerkrankung erbracht ist, die Beseitigung der steinhaltigen
'Gallenblase indiziert sein. E |
l Aus obigem ergibt sich, daß wir sehr häufig die Beziehungen
der Gallenblasenerkrankungen zu komplizierenden Pankreaserkran- |
kungen feststellen können. Auf Grund neuerer Untersuchungen
insbesondere auf Grund des gemeinsam in der medizinischen (von
` Prof. v. Bergmann und Prof. Katsch) und in der chirurgischen
Klinik von mir beobachteten Materials kommt der Rücksichtnahme
‚auf gegenwärtig vorliegende und ev. zu erwartende Erkrankungen
des Pankreas bei bestehenden Gallenblasenerkrankungen eine er-
“ höhte Bedeutung zu. Die Aufmerksamkeit der Chirurgen wird sich
auf diese Tatsache künftighin viel intensiver lenken müssen, als
man’nach den bisherigen Erfahrungen erwarten sollte. Vermutlich
wird in jedem Stadium von entzündlichen Erkrankungen des Pankreas
die Freilegung, Besichtigung und ev. Drainage der Gallenwege ein
. wichtiger Operationsakt sein, der als beste und einzige Prophylaxe
gegen die schweren und oft nicht mehr heilbaren Formen der
akuten Pankreatitis in Betracht kommt.
Prof. Dr: Perthes,
Direktor der Chirurgischen Klinik Tübingen: |
Man muß zunächst klar sein über die Frage: Was versteht
man unter Frühoperation. 2 Auffassungen sind möglich. Man kann
von Frühoperation sprechen 1. in Bezug auf den Anfall,
d. h. Operation in einem frühen Stadium ‘des Anfalles, einerlei, ob
es sich um den ersten oder einen der späteren Anfälle handelt.
. So gefaßt entspricht der Begriff dem der Frühoperation bei Appen-
dizitis (Operation innerhalb der ersten 24 Stunden). Oder aber
man kann von Frühoperatjon sprechen 2. in Bezug auf das
Leiden und versteht mit Enderlen unter Frühoperation: „früh-
zeitiges Eingreifen beim Gallensteinleiden in jungen Jahren“.
Zu 1: Frühoperation in Bezug auf den Anfall. In den
Fällen, in denen die klinischen Erscheinungen eine phlegmonöse
oder ulzeröse Entzündung der Gallenblase erwarten lassen,
operiere ich im Anfalle sobald als möglich, also in den Fällen
mit ausgesprochener Druckempfindlichkeit, Bauchdeckenspannung
als Zeichen peritonitischer Reizung des Peritoneums, Erbrechen,
beträchtlicher Temperatursteigerung. Das frühzeitige Eingreifen be-
wahrt die Patienten vor Peritonitis oder der Entstehung von Abszessen
um die Gallenblase. |
In leichtem Anfall wird zur Operation geraten, wenn schon
mehrere Anfälle vorausgegangen sind und die Operation mit
großer Wahrscheinlichkeit gefahrlos durchzuführen ist. Sprechen:
besondere Umstände, etwa starker Meteorismus, gegen die Aus-
führung der Operation im Anfall, so wird bei solchen leichten, aber
wiederholten Anfällen zur Operation im Intervall geraten, — ein
Rat, der freilich von den Patienten erfahrungsgemäß nach Abklingen
des Anfalles nur selten befolgt wird:
' Zu 2: Frühoperation in Bezug auf das Leiden. Das
‘ frühzeitige. Eingreifen bei Gallensteinleiden in jungen Jahren scheint
mir zweckmäßig sowohl bei oft sich wiederholenden An-
fällen wie auch bei chronischem Reizzustande der Gallenblase.
Es bewahrt diese Frühoperation die Patienten vor der Entwick-
. lung schwerer Störungen an Gallenblase und Gallenwegen und vor.
den Gefahren einer etwa später unter ungünstigeren: Verhältnissen
doch notwendig werdenden Operation.
In den Fällen, in denen ..eine Frühoperation nicht
ausgeführt werden kann, weil der Zeitpunkt hierzu versäumt
wurde, ‚halte ich die Operation für absolut indiziert
. 1. beim Empyem der Gallenblase,
.. 2. beim Choledochusverschluß, der länger als etwa 8 Tage
besteht, _ | |
3. bei Fällen mit wiederholt aufgetretenem Ikterus auch
dann, wenn der Ikterus augenblicklich nicht vorhanden ist.
Man findet dann gewöhnlich Steine in dem erweiterten Chole-
_ dochus, diesen nur gelegentlich vollständig verlegend,
4. bei Cholangitis. | . g
Für relativ indiziert, d. h. wenn der Zustand des Patienten
- nicht dringend gegen Operation spricht,. halte ich die Operation des |
Hydrops der Gallenblase, da solche hydropischen Gallenblasen
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 49.
>
aseptischen Stadium einfach und ungefährlich ist.
© Die Antwort wurde ohne Kenntnis der ein
von Kuttner und Moszkowicz gegeben. .
i
nicht selten sekundär infiziert werden und da die Entfernung im `
(Fortsetzun g folgt.)
Die Verhütung von Karzinomen bestimmter
Eo Lokalisation. |
= Von Prof. Dr. G. Scherber, Wien,
Primararzt der Hautabteilung des Rudolfspitales.
‚Wenn die Diagnose eines Karzinoms feststeht, kommt thera-
peutisch in erster Linie die Radikaloperation in Betracht. Radium--
-und Röntgenbestrahlung, so Vorzügliches diese Methoden bei der
Behandlung oberflächlicher, der Bestrahlung direkt zugänglicher
Karzinome leisten, bringen bei der Bestrahlung tiefliegender Tumoren
zumeist nicht den gewünschten Erfolg, vor allem deshalb, weil es
nicht möglich ist, das karzinomatöse Gewebe in seinem ganzen Um-
fange und in der entsprechend intensiven Weise der Strahlenwirkung
auszusetzen.
und kommt weiters: zur Behandlung nicht mehr operabler Tumoren
zwecks Wachstumshemmung des karzinomatösen. Gewebes zur An-,
wendung. - | Wi NS ER
Nach Operation und Strahlenbehandlung kommt als dritte
| Methode der Karzinomtherapie die parenterale Einverleibung ver-.
schieden präparierten Karzinomgewebes in Betracht. Eingeleitet..
wurde dieses Verfahren durch die passiven Immunisierungsversuche
von Ch. Richet und Hericourt!), welche inoperable Tumoren. mit
dem Serum von Tieren zu behandeln versuchten, die mit Injektionen
von in Wasser zerriebenen Karzinomen vorbehandelt waren.. Einen
ähnlichen Weg schlug Dor?) ein und C. O. Jensen?) erzielte bei
Mäusekarzinomen mit einem Richets und Hericourts ähnlichen
_ Verfahren Erfolge. v. Leyden und F. Blumenthal®) waren die
ersten, die Karzinome durch direkte Einverleibung karzinomatösen
Gewebes unter "Berücksichtigung der Artgleichheit und Organ- -
gleichheit des Tumors behandelten. Diese aktive Immunotherapie
verfolgten Delpet®), C. Lewin) und Lunkenbein?) und be-
richteten über effektive heilende Wirkungen bei Karzinomen des
Menschen. Eine neue Modifikation der Vakzinationstherapie be- -
gründete Joannovicz®), indem er vorschlug, Karzinome durch
Einverleibung von fermentativ gewonnenen Spaltungsprodukten
karzinomatösen Gewebes zu behandeln. Von Joannovicz ver-
. anlaßt, haben wir das von ihm angegebene Verfahren an unserer |
Abteilung erprobt, und, wie meine Versuche?) ergaben, gelingt
es damit vor allem bei Hautepitheliomen, wenn auch beschränkte, .
so doch ganz bestimmte Heilerfolge zu erzielen. Die Versuche
wurden von H. Lamprecht!) an meiner Abteilung fortgesetzt
und ergänzten dessen weitere‘ ' Beobachtungen meine Resultate..
Mit den, wenn auch unvollkömmenen Heilerfolgen dieser Methoden
ist erwiesen, daß eine therapeutisch günstige Beeinflussung von
Karzinomen durch parenterale Einverleibung verschieden präparierten `
Karzinomgewebes möglich ist, daß die aus karzinomatösem Gewebe
gewonnenen Eiweißkörper, subkutan, intramuskulär oder intravenös
'einverleibt, das fernab von der Injektionsstelle liegende Karzinom
in heilendem Sinne zu beeinflussen imstande sind. Trotz des mangel- `.
haften Heilerfolges aller dieser Methoden liegt in der Tatsache der
Beeinflussungsmöglichkeit von Karzinomen durch Eiweißkörper, aus
Krebsgewebe gewonnen, das Wesentliche und Besondere dieser Ver-
fahren. An die dritte Methode der Krebsbehandlung, die Ein-
verleibung der aus karzinomatösem Gewebe gewonnenen bestimmten `
Eiweißkörper, schließt sich als vierte Methode die parenterale Ein-
verleibung verschiedener chemischer Körper der anorganischen und’.
organischen Reihe an..
Die: Prüfung verschiedener derartiger Körper bei Tiertumoren.
V Keysser und M.Wassermann die
. günstige Wirkung von Natrium telluricum u.selenicum, während C. Neu- ’
ergab nach v. Wassermann, F.
1) Ch, Richet u. Hericourt, Gaz. med. de Paris 189.
2) Dor, Gaz. hebd. 1900 u. 1901. =
3) Jensen, Hospitalstidende 1902. -= >>
4) v. Leyden u, F. Blumenthal, D. m. W. 1902 u. '1908.
5) Delpet, Int. Krebskonferenz Paris 1910. an
. % C. Lewin, Zschr. f. Krebsforsch. 1912. |
. 0 Lunkenbein, M. m. W. 1913 u. 1914.
8), Joannowicz, W. kl. W. 19290.
°) Scherber, W. kl. W. 1920. :
10) H. Lamprecht, Derm. Zschr. 1924,
ooo 1 Dt
leitenden Aufsätze
Es stellt daher die Strahlenbehandlung tiefliegender.
Krebse vor allem eine Ergänzung der Operation dar, dient zur Unter-
stützung der Verhinderung von Rezidiven nach dem blutigen Eingriff.
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1730
sten Metalle wie
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berg und W. Caspari mit organischen Verbindungen der verschieden-
Gold; Plattin, Kupfer, Zinn, Rhodium, Iridium ùnd
Osmium durch Verflüssigung und Resorption der Geschwülste Erfolg
hatten. G. Izar und ©. Basile sahen günstige Beeinflussung von
Rattensarkomen durch kolloidalen. Schwefel; während A. I. Gelarie
' mit schwefelsaurem Kupferammonium die gleiche günstige Beobachtung
bei Mäusekarzinomen machte. Bei Tumoren des Menschen war der
erste Brainard.(1852), der. ein Orbitasarkom mit Erfölg mit milch-
saurem Eisen behandelte.. Die Erfolge von A. Cade und P: Girard
bei Karzinomen mit Elektroselen wurden von manchen bestätigt, von `
anderen widerlegt. Einen gewissen Einfluß sahen Vogel undW.Kausch.
durch das Kollargol (Heyden), während I. Gaube du Gers zur Be-
handlung des Krebses die ungiltige Kuprase empfahl; Wölze und
. Pagenstecher traten für dieses Mittel ein, Rozies, Bord& und be-
sonders R. Weil: sprachen sich entschieden dagegen aus. Bis heute.
= wurden mit all diesen Metallverbindungen keine Richtung gebenden |
Erfolge erzielt, und zwar vor allem deshalb, weil bei der.Einverleibung
dieser Verbindungen die zur entsprechenden Wirkung aùf die Krebs-
zellen nötigen hohen. Dosierungen nahe der: vergiftenden Dosis liegen
und damit ein. vorderhand nicht zu überwindendes : Hindernis ge-
geben ist. Es scheinen die bisher angewandten Metallverbindungen
‚in der Weise zu wirken, daß sie die an und für sich labilere Karzinom-
zelle zum Zerfall und zur Resorption bringen. Das Wichtige: ist nun,
Verbindungen zu finden, die förmlich spezifisch auf die von der nor-
malen Epithelzelle biologisch so weit differenzierte Karzinomzelle wirken
~“ und damit deren Entwicklung unterbinden. Es ist nicht unwahrschein- .
; lich, daß weitere Versuche eine derartige metallische Verbindung
i
finden lassen. AA Te PEE
Dienen die vier angeführten Methoden zur Behandlung des
' bestehenden Karzinoms, so kommt bei der Bekämpfung des Krebses
‚noch..ein wichtiges Moment in Betracht, auf das nach meiner Mei-
nung nicht das nötige Gewicht gelegt wird, das ist die Prophy-
laxe des Karzinoms. S Tana u
| Wir wissen, daß chronische Entzündungen in den verschie-
.densten Organen durch Reizungen des Gewebes imstande sind, die
mannigfachen Wechselbeziehungen zwischen Bindegewebe und Epithel
zu beeinflussen; es entstehen durch den entzündlichen Prozeß Stoffe,
die reizend auf das Epithel wirken und dessen Anaplasie (im Sinne
von v. Hansemann) und damit dessen Proliferation und schranken-
loses Wachstum mitbedingen können. Der enizündliche Prozeß: in-
fektiöser, toxischer oder mechanischer (Narbenzug) Grundlage kann
sich nur im Bindegewebe abspielen, wobei ja primäre Veränderungen
` des Bindegewebes, wie sie namentlich das Alter mit sich bringt,
im Sinne Ribberts störend auf das physikalische und chemische
` Gleichgewicht zwischen Bindegewebe und Epithel mitwirken können,
oder ein entzündlicher Reiz mechanischer, thermischer oder chemischer
Art wirkt von der. Oberfläche aus ein, trifft einerseits das Epithel
‘ direkt, andererseits indirekt durch Setzung einer Entzündung im
subepithelialen Bindegewebe. Daß ’nun der durch innere oder äußere:
Ursachen oder durch das Zusammenwirken beider bedingte ent-
zündliche Prozeß zur Anaplasie des Epithels und zur Karzinom-
bildung früher oder später führt, das hängt teils von der Art, Dauer
und Intensität des lokalen entzündlichen Prozesses, teils von der
Widerstandsfähigkeit der Epithelzellen. gegen die anaplastische Um-
wandlung und schließlich von bestimmten Zuständen des Gesamt-
organismus ab, die wiederum ‚auf abnormen Zuständen gewisser
Organe beruhen.. Die Neigung der Epithelzelle zur Anaplasie ist
einerseits in bestimmten zur Anaplasie disponierenden, vor allem
ererbten Eigenschaften, andererseits in biologischen Veränderungen,
die der Lebensprozeß, die natürliche Abnützung der Zelle, mit sich.
bringt, — im allgemeinen wächst mit zunehmendem Alter die Fähig-
keit zur Anaplasie — begründet.
entzündlichen Reizes, zu den durch Alter und ererbte Disposition
"gegebenen Bedingungen zur Anaplasie, gehören jedoch scheinbar
wesentlich zum Eintritt derselben‘ und zur Bildung des Krebses.
Zum ursächlichen Moment des
gewisse Veränderungen des Gesamtorganismus, die wiederum in
Veränderungen bestimmter Organe ihren Grund haben und die an,
bestimmten Reizen verschiedener Art besonders ausgesetzten Gewebs-
partien zur Auswirkung kommen. Diese zur Karzinomentwicklung
"wesentlich gehörigen Veränderungen des Gesamtorganismus haben
ihren Grund vor :allem wahrscheinlich in Stofiwechselstörungen.
E. Freund sieht auf Grund seiner langjährigen Untersuchungen
die allgemeine Ursache ‚zur Anaplasie „in einer krankhaften Ab-
änderung des Darmchemismus, zufolge deren aus Fett statt der
normalen Spaltungsprodukte, die zum Grenzschutz der normalen
Zellen verwendet werden, eine abnorme Fettsäure erzeugt wird,
= die abnorme Verbindungen mit Kohlehydraten und Eiweißkörpern
eingeht“. Die wichtigen Studienergebnisse E. Freunds weisen
bezüglich der Beziehungen bestimmter Organe zur Anaplasie des
Epithels im allgemeinen, dem Darm mit seinen großen Anhangs-
1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — N... >...
7. Dezember
drüsen eine sehr, wichtige Rolle zu. Von Interesse sind auch die.
| Forschungsergebnisse O. Fellners!!) wie die von Deutschmann
und Kreissenberg. O. Fellner!?) ist es zuerst gelungen zu zeigen,
daß ein spezifisches Ovarial-Plazentarlipoid bei Mäusen imstande ist,
das Wachstum von Karzinomen deutlich zu hemmen. Deutsch-
mann und Kreissenberg haben unabhängig davon Tieren Eier-
stocksubstanz eingespritzt und mit dem Serum dieser Tiere, das
an wirksamen Eierstocksubstanzen angereichert sein: soll, Ver-
suche bei Menschen gemacht und beobachtet, daß das Wachstum .
des, Krebses durch: dieses Tumorzidin gehemmt wird. Weitere
Studien auf dem Gebiete der eben erwähnten Forschungen sind:
: notwendig, um die Beziehungen gewisser in der Tätigkeit bestimmter
Organe. begründeter Faktoren zur Anaplasie der Epithelzellen im
allgemeinen zu klären. ' a
"Während also auf ‘der, einen Seite das Alter der Zelle
und bestimmte im. Gesamtorganismus begründete Verhältnisse für
den Eintritt der Anaplasie der Epithelzelle mitbestimmend sind, :
"unterliegt es’ jedoch keinem Zweifel, daß Entzündungen, durch innere
oder äußere Prozesse bedingt, vielfach bei der Entwicklung. des
Karzinoms ganz besonders mit in -Betracht kommen. $
. Äußere Traumen auszuschalten, die entzündlichen Vorgänge
verschiedener Natur an gewissen Stellen im Gewebe selbst zu be-
seitigen oder wenigstens zu mildern, die Einwirkung bestimmter
den Gesamtorganismuüs treffender Reize zu vermeiden und dabei
‚den Körper durch. entsprechende Pflege in seiner Widerstandskraft
zu festigen, sind die Hauptgesichtspunkte für die Prophylaxe des
Karzinoms. = SiS | |
' Während wir uns über bestimmte entzündliche Vorgänge in
den inneren Organen, die letzten Endes doch mit zur Entwicklung
eines Karzinoms führen können, nur schwierig zu. orientieren im-
stande sind, gibt es Lokalisationen des Krebses beim Menschen,
wo man dessen Entwicklung auf entzündlicher Basis von den ersten
"Anfängen an beobachten kann und wo eine entsprechende Pro’
phylaxe ungemein viel zu leisten imstande ist. |
Auf diesem Gebiete verfüge ich nun über eigene, durch fast
zwei Jahrzehnte gemachte Beobachtungen, auf die ich gelegentlich
bereits kurz hingewiesen habe!?) und auf die hier im Folgenden
‚näher eingegangen werden soll.
Es sei hier zuerst die Entwicklung von Karzinomen der Mund-
'schleimhaut, vor Allem der Zunge besprochen, die auf einer ganz
-eigentümlichen bestimmten Grundlage entstehen, die in ihren ersten
Anfängen beobachtet, und gerade wegen der vorausgehenden ur-
'sächlichen entzündlichen Veränderungen durch‘. besondere Mab-
nalimen entschieden ‚verhindert werden können. De
_ Es. besteht auf Grund meiner Beobachtungen für mich kein
Zweifel, daB die große Mehrzahl der Zungenkarzinome aus der 50-
genannten luetischen Leukoplakie der Zunge hervorgeht. Zur Ent-
wicklung dieser ursächlichen Leukoplakie gehören nach meiner Be-
obachtung zwei Momente: vor:Allem die luetische Infektion und
dann, ein äußeres.Reizmoment, das vor allem durch beständiges und
intensives Rauchen gegeben ist.
-Was die Entwicklung der luetischen Leukoplakie anbelangt,
so geht dieselbe nach meinen: Beobachtungen in folgender Weise
vor sich: die allerersten Anfänge sind auf Grund klinischer
Beobachtungen ins Bindegewebe zu verlegen, doch schließen sich
die Veränderungen im Epithel so unmittelbar an, daß es bei der
‚gelegentlichen Zartheit der bindegewebigen Veränderungen schwer
ist, zu entscheiden, wo der Prozeß zuerst begann. Die allerersten
Symptome bestehen im Auftreten von kleinfleckigen zarten Rötungen;
‚die rundlich oder oval, manchmal streifenförmig oder unregelmäßig
gestaltet, ‚verschieden groß, sehr frühzeitig zarte Epithelverdickungen
aufweisen, die in punktförmigen Herden entstehend, rasch konfluieren,
sich ausbreitend, hie und da kleinste Bezirke freilassen, an welchen
dann das rote bindegewebige Infiltrat deutlicher hervortritt, WM.
schließlich die ganze Schleimhauteffloreszenz bis auf einen schmalen.
roten Randsaum zu überziehen. Dabei ist anfänglich die ehemalige
Struktur der Schleimhautoberfläche, wenn auch nicht vollkommen,.
‘so doch kenntlich - erhalten; so ist an der Zunge anfänglich die
‚papilläre Form, wenn auch etwas verwischt, noch vorhanden.
weiterem Fortschritt verschwindet aber mit der Verdickung des
Epithels die ehemalige Oberflächenzeichnung, die Leukoplakie wird
glatt, und es entwickelt sich dann durch die aktiven und passiven
11) O, Fellner, Arch. f. Gynäk., Bd. 117. fi Kanta.
| 12) O. Fellner, Kongreß der deutschen Naturforscher und Arzte:
Innsbruck 1924. | sA,
18) W. m.W. 1922, Nr. 48.
7, Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
D PR a a a man are en me nm m nun nl un en ne ann an me Le an ne en a e e — — — — — —— = z ; Ä T = | | |
Bewegungen bedingt, eine sekundäre Felderung und Linienbildung.
halte Zellproliferation in den tiefsten Schichten, die durch
. zellen un
Die beginnende Leukoplakie ist zart bläulichweiß gefärbt, mit der
Dickenzunahme des Epithels nimmt sie eine rein weiße Farbe an
und schreitet die Verdiokung fort, so geht dieses Reinweiß durch
weitere Veränderungen des Epithels in ein mehr oder weniger in-
tensives Grauweiß, Graugelblichweiß über. Dabei wird die früher
ziemlich glatte Oberfläche uneben; durch stellenweise wechselnde
Dickenzunahme und stellenweise tiefergehende Abschilferungen ent-
stehen auffallende Ungleichheiten und Dickendifferenzen des Epithels.
Die Entwicklung der Leukoplakie kann in allen Bezirken der
Mundschleimhaut zustande kommen, bevorzugt sind jene Partieen,
in denen sich einerseits das luetische Infiltrat durch Disposition
und gelegentliche Reize mit Vorliebe lokalisiert, anderseits der Reiz,
der durch das Rauchen gegeben ist, teils durch den Rauch direkt,
teils durch die im Speichel gelösten Tabaksubstanzen vor allem zur
Geltung kommt. Daher entwickeln sich die Leukoplakien vor-
nehmlich an der Zungenspitze, an der vorderen und seitlichen
_ Unterfläche der Zunge, am Zungenrand und an der Oberfläche der
Zunge besonders in der vorderen Hälfte. Eine weitere Lieblings-
stelle sind die Lippen, das Lippenrot besanders dort, wo die Zigarre
oder Pfeife gehalten wird, aber auch die angrenzenden Partien, die
Innenfläche der Unter-, weniger der Oberlippe. Weiters lokalisiert
sich die Leukoplakie an der Wangenschleimhaut, wo sie manchmal
zarte große Herde bildet, seltener dichtere Epithelverdickungen be-
dingt, und verhältnismäßig selten am Zahnfleisch, hier noch am
häufigsten am Zahnfleisch der Schneidezähne oder im Kieferwinkel,
hier meist noch durch den Druck der Zähne gefördert. Die Ausbreitung
der Leukoplakie kann sich dabei auf große zusammenhängende Flächen
erstrecken; dabei sind die leukoplakischen Herde durch die Infil-
tration im Bindegewebe und die Verdickung des Epithels im Ganzen, -
wenn auch ungleich über die umgebende Schleimhaut mäßig
eleviert. Die Entwicklung der luetischen Leukoplakie erfolgt zu-
meist in den ersten Jahren der Infektion, ich selbst beobachtete
die früheste Entwicklung im sechsten Monat der Erkrankung. So-
lange die Leukoplakie in dem geschilderten Stadium bleibt, macht
sie verhältnismäßig wenig subjektive Beschwerden, zumeist ein
-mehr oder weniger intensives zeitweise auftretendes Brennen und
birgt auch weiter keine, besondere Gefahr für den Träger. Wird
aber die Lues nicht behandelt und das Rauchen intensiv und be-
ständig fortgesetzt, so treten weitere Veränderungen ein. Man sieht
dann auf einzelnen Stellen der leukoplakischen Schleimhaut Ver-
dickungen auftreten, die linsen- bis über hellergroß,. leicht kuppen-
förmig über die Umgebung hervortreten, von einem auffallend ver-
dickten grauweißen Epithel gedeckt sind, das tiefere Furchen ja
selbst Risse aufweisen kann, stellenweise Abschilferung und hie
und da verschieden große traumatische Defekte zeigt, die ge-
legentlich tiefergreifend das rote Infiltrat des Bindegewebes zu
Tage treten lassen. Auf diese Bildungen, die ich als „suspekte
Leukoplakien“ bezeichne, die am häufigsten im vordern Anteil
der Zungenoberfläche, an der Unterlippe, namentlich dort, wo die
Zigarre gehalten wird, seltener an der Wangenschleimhaut auftreten, -
möchte ich ganz besonders die Aufmerksamkeit hinlenken. Hat
sich nämlich eine solche suspekte Leukoplakie entwickelt, so ist.
klinisch nicht zu entscheiden, ob noch eine Leukoplakie vorliegt
oder ob nicht schon die Entwicklung eines Karzinoms begonnen
hat. Es sei an dieser Stelle der histologische Befund der luetischren
Leukoplakie eingeschaltet, die ja schon Schuchardt, Lenoir,
Perrin, Virchow, Posner und Fr. Kraus geschildert haben und
die nach meinen Untersuchungen folgenden Befund ergibt. Die
histologischen Präparate von drei sogenannten suspekten Leuko-
plakien, zwei Fälle von der Zunge, ein Fall von der Unterlippe,
zeigten ziemlich übereinstimmende Befunde. |
Auffallend zuerst die enorme Verdickung des Epithels, T leb
itosen
an ist, die weithinaufreichende Kerrfhaltigkeit der Zellen und. die
aufweisenden Epithelschichten. Die Epithelzapfen, verschieden breit
und lang, unregelmäßig gestaltet, schließen entsprechend verändert
geformte Papillen ein. Im Bereich der ganzen Leukoplakie findet sich
Im o De eine dichte zellige Infiltration, bestehend aus Rund-
; d mehr oder weniger reichlich Plasmazellen, und während
dieses dichte Zellinfiltrat bis dicht unter das Epithel reicht, geht es
andererseits gleichmäßig in die tieferen Schichten des Bindegewebes
inab, um sich dann in verschieden dichten Ausläufern stellenweise
noch tiefer nach unten zu erstrecken. Die Gefäße weisen im Bereiche
der Infiltration entzündliche Veränderungen auf, sind in ihrer Wand |
verbreitert‘ und in ihren adventitiellen Scheiden. zellig infiltriert. Die
mwandlung in das Karzinom scheint von den dem Reiz der entzünd-
lichen Infiltration besonders ausgesetzten Epithelzapfen zu erfolgen,
e der .oberflächlichen, gewisse Verhornungserscheinungen
und manchmal fast gleichzeitig an mehreren Stellen einzusetzen. So
zeigten mir die Präparate eines anderen Falles, der schon klinisch als
beginnendes Karzinom angesprochen wurde, ein schon entwickeltes,
mäßig weit ins Gewebe eingedrungenes Karzinom, während ein davon
entfernter Epithelzapfen eben die beginnende Auflösung des normalen
. Zellaufbaues und das Einwachsen ins Bindegewebe erkennen ließ.
Bekanntlich hat schon Neligan 1862 auf ‘die Umwandlung
der luetischen Leukoplakie in Karzinom hingewiesen, und waren
seine diesbezüglichen Studien am Zungenkrebs für die weiteren
Forschungen grundlegend. Nedopil, Schuchardt, Lelior,
Fr. Kraus, J. Neumann und andere haben den Zusammenhang
zwischen Leukoplakie und Karzinom bestätigt, und verschiedene
Statistiken wie die von Trelat, Steiner, Wittrock, Binder,
Fournier etc. diesen Zusammenhang zahlenmäßig festgelegt. Aus
der neueren Literatur seien bezüglich der Entwicklung von Karzi-
nomen aus luetischer Leukoplakie die Beobachtung von S. Ehr-
mann“, Martenstein5), Arndt!®), Arzt!) angeführt, und auf
die Arbeiten von Elkan!®) über die Häufigkeit des Zungenkarzinoms
auf luetischer Basis verwiesen, besonders aber auf die Arbeit von
N. Küttner!?) aufmerksam gemacht, der hervorhebt, daß die Lues
und das Rauchen, zusammenwirkend, die Leukoplakie und auf
dieser Grundlage die Entwicklüng des Karzinoms bedingen.
Was meine eigene Erfahrung über die luetische Leukoplakie
und die auf dieser Basis sich entwickelnden Karzinome der Mund-
schleimhaut anbelangt, so seien folgende Beobachtungen angeführt.
Vor allem seien aus der großen Menge von luetischen Leukoplakieen
eine Reihe bezüglich Extensität und Intensität der Entwicklung
besonders schwerer Fälle herausgegriffen, um an. diesen die Be-
ziehungen dieser Erkrankung zur Syphilis und zum Reiz, den ein
ständiges intensives Rauchen bildet, sowie das Verhalten der Blut-
reaktionen bei diesen Fällen darzulegen. .
1. M. L., Kaufmann, 52 Jahre alt, vom Jahre 1909 bis 1917 beob-
achtet. Mit 22 Jahren Luesinfektion, erstes Exanthem und Rezidiv-
exanthem, zwei energische Schmierkuren und Jod intern. Seit mehreren
Jahren Entwicklung einer Leukoplakie, die bei der ersten Besichtigung
in zarterer Form die Wangenschleimhaut, in ‘intensiver Form die
Schleimhaut der Unterlippe und fast der ganzen Zunge einnahm, und an
der Innenfläcbe der Unterlippe rechts zur Bildung einer suspekten
Leukoplakie geführt hatte. a.R. im Laufe der Jahre dreimal geprüft,
stets negativ. Auf sofortiges und auch durch mehrere Jahre streng‘
eingehaltenes Rauchverbot auffallende Rückbildung aller leukoplakischen
Erscheinungen; an der men)
mäßig derbe Leukoplakie zurück, die weiters keine Bedenken erregte.
Salvarsanbehandlung wurde vom Patienten mit Rücksicht auf seinen
ständigen negativen Blutbefund abgelehnt.
serologisch günstige Verlauf der Lues dieses Patienten war durch
eine gleichzeitige, im allgemeinen latente, Tuberkulose bedingt. Auf
die eigentümlichen Wechselbeziehungen zwischen diesen beiden Er-
krankungen habe ich das letzte Mal in der Med, Klinik 1923 No. 42/43
hingewiesen. | | |
2. U. A.,. Landarzt, 46 ‘Jahre alt, 1908 beobachtet, auffallend
schwere diffuse Leukoplakie der Unterlippe mit Bildung eines verdäch-
tigen Knotens in der Mitte unterhalb des Lippenrots, weniger intensive
Veränderungen an der Oberlippe und am Zahnfleisch der Schneidezähne,
ausgebreitete Fe sa mit. grauweißer Verlärbung und unebener,
rissiger Oberfläche der ganzen Zunge. Luesinfektion mit 28 Jahren,
mehrere Quecksilberkuren; ungemein starker Zigarrettenraucher, Wa.R.
komplett positiv. Die verdächtige Leukoplakie an der Unterlippe wurde
an
Bild einer schweren Leukoplakie, kein Karzinom. Patient blieb nicht
weiter in Beobachtung.
3. F. K., 54jähriger . Kaufmann, Luesinfektion mit 26 Jahren,
mehrere Quecksilberkuren, ausgebreitete Leukoplakie der Zungenspitze
und der Unterfläche der Zunge, ausgebreitete stellenweise derbe
höckerige Leukoplakie der Unterlippe. Wa.R. positiv. )
vom Jahre 1915 bis heute in Beobachtung. Auf Aussetzen des inten-
siven Rauchens teilweise Rückbildung der schmerzenden leukoplakischen
Infiltrate, die dann auf drei Salvarsankuren sich bis auf geringe Reste
zurückbilden. Wa.R. und M.R. in den letzten Jahren zweimal geprüft,
negativ. Ä | |
4. P. W., Ingenieur, 64 Jahre alt, Luesinfektion mit 26 Jahren,
starker Raucher. Beobachtungszeit von 1908. bis 1921. Auffallend
schwere Leukoplakie der Zungenoberfläche mit Bildung einer ver-
dächtigen knotenförmigen Infiltration an der Zunge rechts. Wa.R. kom-
lett positiv. Die suspekte Leukoplakie wurde exzidiert und der histo-
ogische Befund, von Prof. Stoerk erhoben, ergab eine intensiv aus- .
11) S. Ehrmann, Derm. W. Bd. 119.
y. Martenstein, Ztbl.f.H. 1924.
16) Arndt, Ztbl.£.H. 1924.
17) Arzt, Ki. W. 1923.
18) Elkan, Köln. Diss. Frangenheim.
19) M. Küttner, Therapie d.Gegenw. Jg.68.
1731
und an der Zunge blieb eine glatte,
Der sonst klinisch und.
er Klinik Eiselsberg exzidiert, und zeigte dieselbe das histologische
Patient steht
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“. \ geprägte Leukoplakie, kein Karzinom. "Patient gab, das’ Rauchen auf, |
' wonach eine teilweise Rückbildung der- Leukoplakie. einsetzte, ‘die
durch zwei Salvarsanbehandlungen. weiter wesentlich gebessert wurde,
0.5. LF, 43jähriger Mann, mit- 27. Jahren Luesinfektion,. sehr:
> starker Raucher, ausgebreitete Leukoplakieen an: der Zunge, an den,
... » Wangen; besonders ander Innenfläche ‘der Unterlippe. Bildung einer .
.„.suspekton Leukoplakie an der.Unterlippe links. Wa.R. und. M.R. positiv.
`- ` Beobachtungsdauer 1920 bis heute. Auf Aussetzen des Rauchens teil-
-~ „Weiser Rückgang der Erscheinung, die auf, vier Salvarsanbehandlungen
‚bis auf geringfügige Reste schwanden. -< > ne,
.
nat 0.6. S. F., 50jähriger Beamter, Luesinfektion: mit 24 Jahren. Aus.
. 4 : gebreitete Leukoplakie an der Innenfläche der Wange in Form zarter-
-> -weiber Epithelverdichtungen, stellenweise Leukoplakie an der Unter-
© und 'Oberlippe,. diffuse Leukoplakie der vorderen Zungenhälite. ` Beob-`
. . achtung von 1920 bis heute. Auf Einschränkung des Rauchens, : das -
"Patient nie ganz aufzugeben vermag, und' mehrere Salvarsankuren auf-
“< ~x .Tallende Rückbildung der Leukoplakie. WaR. und M.R. stets negativ:
"0° 7. K. Lọ, Kaufmann, 37 Jahre.alt,. mit 22 Jahren Luesinfektion;
- -< ausgebreitete Leukoplakie der Zunge mit ‘Bildung eines suspekten,
‚> Knotens.in der Mitte der Zunge vorne. Wa.R. positiv. Auf Aussetzen
‘des Rauchens und Salvarsanbehandlung weitgehender Rückgang: der
` ` Veränderungen.
M Wie in so vielen von mir beobächteten F ällen geringgradigerer
=`. Leukoplakie war -bei diesen angeführten schweren Veränderungen `}
“die Syphilis und. der Reiz des Rauchens .das. ursächliche Moment.
=: Es ist gar kein Zweifel, daß das Rauchen allein: besonders bei | talls eine Herabminderung. der Zahl- der ‚Infektionen durch ‚Nieder
‘drücküung und Abkürzung der schweren Verlaufsbilder: und im Ge:
- Männern die Erscheinungen intensiver Leukoplakie hervorrülen kann,
~ ja, daß jahrelang fortgesetzte Reize dieser Art, an umschriebenen
Stellen einwirkend,. schließlich auch. zum Karzinom: führen können, '
> wie ein später angeführter Fall zeigen. wird, und daß. auch andere .
-..Blätter wie die der Tabakspflanze, an ümschriebenen Stellen ein- :
<. Wwirkend, leukoplakische Veränderungen. und Karzinome zu erzeugen:
‘imstande sind. Im. allgemeinen aber treten die :leukoplakischen |
: -- Erscheinungen durch Rauchen allein bedingt, an Extensität und In- |
tensität weit hinter jene zurück, bei denen Lues mit im Spiel ist:
Zumeist betreffen die leukoplakischen Veränderungen durch Rauchen
allein’ bedingt nur :die ‘von ‘dieser Schädigung direkt getroffenen .
“. Schleimhautpartien, so Lippen, Zungenspitze und die an die.Mund-
5. winkel angrenzenden Partien der Wangenschleimhaut. as
So- beobachteten wir kürzlich einen 68jährigen Mann, der im.
. . Kriege einen sehr 'ätzenden, selbstgebauten Tabak rauchte.‘ Es ent-..
‘; "wiekelten sich leukoplakische Veränderungen der. Lippe, die dort, wo
die Pfeife gehalten wurde, zu derartigen Verdickungen des Epithels
führten, daß in einem Provinzspital der Herd: exzidiert wurde, sich
` histologisch aber nur-als Leukoplakie erwies. Anamnestisch, klinisch.
‘und serologisch war bei dem. Patienten keine Lues ‚nachzuweisen, ]'
. Esist an dieser Stelle hervorzuheben, daß anderseits auch die Lues
: allein, ohne daß der Reiz des Rauchens dazu kommt, typische Leuko-
..plakie zu erzeugen. imstande ist: und daß die Lues weiterbin nach.
‚Aussetzen des Rauchens bei Nichtbehandlung. die Hartnäckigkeit der
‘... Leukoplakie. bedingt. Es sei hier eingeschaltet, daß’ die Lues auch.
~- - ah anderen Lokalisätionen, allein, unbehandelt und: längere Zeit
`- ungestört das Gewebe beeinflussend, Bindegewebe ‘und Epithel. ver- :
... ändert und damit, karzinomerregend wirkt.
© Dittel unbehandelte Sklerosen ‚karzinomatös entarten, Stümpke,
Doutrelepont und .O. Sachs; Krebs auf Basis unbehändelter -
: Papeln entstehen, welch letzteren: Beobachtungen ich eine gleiche
‚ bei einem 38jährigen Mann (Luesinfektion 3 Monate alt), mit. |
=- exulzerierenden Papeln beifügen kann; nach spezifischer Behandlung | `
'heilten alle Erscheinungen bis ‘auf eine tielexulzerierte Efflloreszenz
‘“ im Sulcus coronarius ab. An dieser Stelle hatte sich, wie aus der
`- Entwicklung zu ersehen war, auf Basis einer Papel ein Karzinom |}.
entwickelt, welches die Amputatio. penis nötig machte. Schließlich
seien die von Barinbaum?°) angeführten Beobachtungen des Ent-
. - stehens von Karzinomen in Gummen. oder gummöse Narben genannt.. |.
. . Alle diese Beobachtungen sind bemerkenswert,. weil hier die Lues
zum Teil noch bei recht jungen Menschen, und, was besonders her-
<` vorzuheben ist, zum Teil bereits im Frühstadium durch den spezifi-
schen entzündlichen Reiz allein die Anaplasie des Epithels und da-
mit die Karzinomentwicklung bedingte. Daß die nicht oder nur
= unvollkommen behandelte Sypbilis auch an anderen Lokalisationen,
‚die der klinischen Beobachtung nicht so zugänglich sind, bei: der |'
Entwicklung von Karzinomen durch den im subepithelialen Binde-
= gewebe gesetzten chronischen, klinisch nicht wesentlich zum Aus-
druck kommenden Reiz an und für sich und im Zusammenwirken
. mit von der Epitheloberfläche herkommenden Reizen als ursächliches
. Moment bei der Karzinomentwicklung
wahrscheinlich. 7
Coto 1924. = MEDIZINISCHE. KLINIK;— Nr. 49: 2.
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EN Aus dem Allgemeinen "Krankenhaus Hamburg-Barmbeck, z
rhalten der Diphtherie in.epidemiefteior Zeit,
0 Von Prof: Dr: P. Reiche, Hamburg... .
Der Gang: der epidemischen Diphtherie in großen .irregulären
Wellen ist durch eine Reihe von Arbeiten aus verschiedenen Ländern
"und Orten festgestellt .(Gottstein, Johannessen, Newsholme,
. -In Hamburg. erfolgte 1895 unter gleichzeitiger"Senkung der
Todesfälle ein ‚ausgesprochener: Niedergang der ‘vorher';.erheblichen .
"Erkrankungsziffer, welche namentlich ‚zwischen. 1881 und::1889 eine.
“hohe. Steigerung‘ mit einem größten: "Anstieg ‚im ‚Jahre. 1887 a
74 Erkrankungen auf: 10000 Einwohner. der Bevölkerung -— erfuhr
„und der 'so erreichte Tiefstand: hielt bis zu- der schweren und aus-
gebreiteten Epidemie an, die :1909 beginnend, erst: 1919 ihr Endo -
fand.. Gerade zur Zeit des Absinkens. der.:Morbidität. wurde Ende
‚1894 Bekrings. Therapie uns übergeben, die: ihrerseits die Mor-
talität der Krankheit . herabzudrücken-' bestimmt. wař;-;es darf: an:
'- gesichts der begründeterweise auf "sie gestellten Hoffnungen nicht.
` verwundern,: ‚daß: nicht‘nur die: verbesserte Sterblichkeit, "sondern
-überhaupt der damalige ‘ungewöhnlich stark. ‚ausgeprägte Knick in '
der Diphtherieerkrankungskurve anfänglich dem neuen Heilverfahren.
'zugeschoben wurde unter Außerachtlassung, daß selbst günstigsten-
‚folge der präventiven Impfungen ‘sich immer ‚nur ganz’ allmählich
‚hätte äußern können. . Dann wandelte sich dér Genius 'epidemicus:
“mit der 1909 wieder .ansteigenden Diphtheriefrequenz'.hob 'sich: auch
die Sterblichkeit aufs Neue, so. weit, daß die. schwächstbelasteten:
. Jahre iù der vorbehringschen: Zeit 1879 und 1881 mit 12,4 und.
12,6% Mortalität — ` die höchste lag im; Jahre 1886. mit 17.2% —
.von dem Letalitätsgipfel 12,2% ..im Jahre 1909 nahezu erreicht
"wurden. Es bestätigte sich damit, was. auch: früher; zumal für die
Jahre 1881—1890 in der Hamburger Kurve hervorgetreten war, dab-
„ein gewisser, ‘freilich keineswegs ‘völliger ‚Parallelismus zwischen
. Morbiditätszahlen und Verlaufsschwere der. Diphtherie zu bestehen
‚scheint; so gewann ‚auch die Frage nach’ "dem Umfang :der ‚Serum
‘wirkung neue’ Bedeutung,‘ wo diese. trotz mancher Verbesserung.
“hinsichtlich Steigerung der. verwandten 'Inımunitätseinheiten und
"Einführung der intravenösen und intramuskulären Zufuhr.ein Empor-
.| gehen der Mortalität doch nicht hatte verhindern können.: |
.. Ihre Lösung stößt auf. große, immer „wieder- neu komplizierte
Schwierigkeiten, wenigstens.soweit das Material der: Krankenhäuser
‚— sonst’ das zuverlässigste — hierbei verwandt werden soll.” Es hat
sich seit der Vorserumszeit zu sehr geändert. Während beispiels
‚weise bei uns 1898—94 nur etwas mehr als: ‘ein: Viertel. (26,2%).
aller gemeldeten Erkrankungen .der. Spitalbehandlung' zugeführt ,
wurden, ist es. 1908—1918 und jetzt (1920-—1923) nahezu: die Hälfte:
.49,7 bzw:. 48,3%; .das bedeutet, daß früher ins Krankenhaus mehr \
ernstere Fälle gebracht wurden, wie sich ‘auch .aus'‚einem Vergleich
der Krankenhausletalität mit -der 'Letalität. unter dèn nicht dem
Krankenhaus überwiesenen Patienten ergibt. Es starben:
in den Krankenhäusern P in der Stadt. -
. : 1898—1894 . .. > . 3818% 10,0%
= | 1895—1898.. 2... 18,0 % "6,0%
1909—1913... v . 151%. 6,6%
. 1920—1923 .. ..81.% 3,0%
(Schluß fol gt.)
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N re ) Barinbaum, Archiv f. Derm. Bd. 134. ı) M. KL 1920, Nr. 44.
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nd se "st.
+ pie P 343
7. Dezember
für endgültige Entscheidungen.
i Die folgenden Darstellungen sollen das Verhalten der Krank-
a. heit in den letzten Jahren, in wieder epidemiefreier Zeit, beleuchten.
m . In den einzelnen Aufstellungen folgen sie meinen früheren Arbeiten;
| en zusammen-
um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auf d
ee fassenden Bericht aus dem Jahre 19142).
ię und in der Stadt Hamburg kurz einzugehen; eine verhältnismäßig -
ni große Zuverlässigkeit dieser Zahlen wird schon durch den großen
»„ Prozentsatz der in den Krankenhäusern verpflegten Kranken
ag Verbürgt. Su =
I. Es erkrankten im Hamburger Staatsgebiet in den letzten 20 Jahren:
wi auf 10000 | davon und zwar in der Altersklasse von
T Finwohner | prozentual | 0—5 Jahren [5—15 Jahren | üb. 15 Jahren
w:o
Ža 4904 8,7 14,2 5,6 2,7
pik 1905 6,5 11,5 5,4 1,9
her 1906 82 13,1 8 1,9
1907 8,8 16 72 1,3
mi 1908 10,3 18 8,7 1,4
no -1909 12,2 21,1 10,6 4.8
E 1910. 10,7 19,8 8,9 87
E.1911 10,7 19,7 10,4 3,8
gz 1912 97. 15,1 9,9 4
hi. 1913 9 16,4 8 2,5
eb: 1914 . 82 132 7,8 2,7
it 1915 10 17,6 8,6 2
AM 1916, 8,1 14,4 5,7 2,8
u Mr 7,2 15,3 5 2,4
< -1919 5,7 15,7 4,4 25
an 1920 61 119 5,5 24
sE 1921 5 11,6 4 24
nk 1922. 6,6 16,5 3,1 3,1
kt 198 5,3 9,9 2,3 97
u ei |
hir. _ In diesen auf die Bevölkerungszahl verrechneten Er-
àb ‚krankungsziffern tritt der Gang der Krankheit am genauesten her-
y ` vor: 1909 setzt die epidemische Welle ein, ‚die ihren Gipfel’ erst
a 1918 erreicht, um dann mit 1919 abzuschließen, worauf ein bis
„. dahin unbekannt tiefer progressiver Abfall der Morbidität erfolgt. Die
ji) 1908 schon ansteigende Letalitätskurve hat ihren Höhepunkt in der.
y sten Hälfte der Epidemie, so daß sich bei dieser zwei 7 und 4 Jahre
umfassende Phasen sondern, deren zweite bereits wieder die niedrigen
„ Sterblichkeitswerte wie vor 1908 besitzt. Bei einem Vergleich der
5; verschiedenen hieraus sich ergebenden Zeitabschnitte — des ver-
; hältnismäßig tiefen Niveaus der Morbiditätszahlen von 1896—1908,
i der Epidemie mit ihren beiden Perioden und der ihr folgenden Jahre
„ mit ständig geringeren Krankheitsmeldungen — erhalten wir nach-
stehende Werte:
a Jahres- | Yer- es starben in der Altersgruppe
2 durch- erb-
, ' . schnitt der lich- von von von
| Erkran- | keit 0—5 J. 5—15 J. über 15 J.
. kungen 0 JA | A ofo
je - 1896—1908 1512 8,6 14,8 7,8 21
# 1909—1919 | 5004 9 16,9 7,6 2,9
1909-1915 | 4784 | 10,1 17,4 92 3,2
3 1916-1019 | 5481 7,4 161 5,3 25
+ 1920—1923 | 1575 | 5,8 12,2 4,2 2,6
F Manche kleinen Schwankungen in den Zahlen der einzelnen
s E finden hierbei ihren Ausgleich. Die Ergebnisse sprechen für:
n E on und bestätigen aufs Neue die dringende Notwendigkeit
i n vtteilung nach dem Lebensalter. Leider fehlen uns aus
5 bur orserumzeit die diesbezüglichen Daten, sie sind in der Ham-
k der o Medizinalstatistik erst seit 1894 entalten. — Zum Verständnis
eod esamtsterblichkeit ist demnach immer die Feststellung er-
: S F ch, ob die einzelnen Altersgruppen, die so verschieden schwer
i E ei a Sterblichkeit heimgesucht werden, in der Hauptsumme
f Suppe: 8 vertreten sind. Von den Gemeldeten zählten zur Alters-
9 —_ _ . |
= °?) Zschr. f. klin. Med., Bd. 81.
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr, 49,
in Vergleich zu stellen. In den meisten Arbeiten über die Beh-
fi) “ringsche Diphtheriebehandlung erfährt dieser grundlegende Punkt
-keine oder unzureichende Berücksichtigung, so bleiben sie wertlos
Es ist zunächst auf die‘ allgemeinen Verhältnisse im Staat
+
` [0—5 Jahren |5—15 Jahren iš A
0/0 /o | %/o
1896—1908 . 2 222.2: 334 Ma | 95
1909—1919 | 1110 278. 47 Ber
A... | amo | %43
1916—1919 . | | 1 1 1 1i 264 4 | 285
1920—1923 .. 0.. o f 28,5 304. | 41,1
verhältnismäßigen Gleichwertigkeit dieser Zahlen sich abhebende
Differenz bei den 5—15jäbrigen und Erwachsenen hervor, die für
sich allein schon die Endsumme beeinflussen muß; ebenso verlangt
das stärkere Befallensein der kindlicheren Jahre in dem Zeitraume
bis 1908 Beachtung. _ |
In den Jahren seit 1909, dem Beginn der epidemischen Welle,
wurden insgesamt von Erkrankungen aus der Stadt Hamburg
gemeldet: |
21/, jährigen Zeitraum vom 1. Dezember 1921 bis 1. Juni 1924 wurden
auf meiner Diphtherieabteilung 632 Diphtheriekranke aufgenommen.
Die Diagnose war allemal durch den kulturellen ‘Nachweis der `
Löfflerschen Stäbchen erhärtet; zur Diphtherie wurden von den
Anginen nur die Fälle gerechnet, bei denen es zur Belagbildung _
im Rachen gekommen war. Früher hatten wir auch die auf der
Diphtheriestation gelandeten akut entzündlichen einfachen und folli-
..kulären Tonsillitiden mit positivem Bazillenbefund in unsere Listen
aufgenommen, ein Verfahren, das sich unhaltbar erwies, seit die.
bakteriologische Untersuchung sämtlicher dem Krankenhaus über-
wiesener Rachenentzündungen die häufige Gegenwart der Löffler- |
stäbchen bei den verschiedensten Affektionen darlegte. Die Kranken-
hausmortalität wäre hiernach in den Arbeiten aus den Jahren bis
1913 zu niedrig angegeben. a a FE: ae
_ Wie groß nach diesen systematischen Feststellungen die Zahl
der von uns in dem gleichen Zeitraum (Dezember 1921 bis
Juni 1924) eruierten Bazillenträger war, möge folgende Übersicht
andeuten:
Gesamtzahl aller festgestellten Diphtheriebazillenträger: 429, .
Ohne jede Veränderung an den Rachenorganen waren: 154,
An Pharyngitiden litten: 275 und zwar an =
Angina Angina Angina A.Plaut- Angina
‚simplex follicul, apostem, Vincent luioa
im Alter von 0—15 Jahren 54 39 3 6 BR
90m Überi5 „ 59 . 5 W 26 2
Bei keinem von diesen Kranken, die sämtlich auf der Diphtherie-
abteilung verpflegt wurden, entwickelte sich während dieses Auf-
enthalts eine Diphtherie; alle erhielten Serum.
_ ___ Nicht in obige Reihe aufgenommen wurden 82: masernkranke
Diphtheriestäbchenträger, über die ich gesondert bereits berichtetes);
bei je 1 von ihnen trat eine Nasen- bzw. Konjunktivaldiphtherie auf.
Meine 632 Diphtheriefälle gruppieren sich nach Altersklassen |
und ihrer leichten (I), mittelschweren (II) und schweren Verlaufs-
art folgendermaßen: i
3) M.KÌ. 1923, Nr. 2,
P GAAT 4.1733
In der letzten Gruppe (1920—1923) tritt eine von der sonst
| | | im Ganzen | nn ei es starben o/o
nn
1909. . . . <. f 2801 | 31,6 360 | 12,9
1910 . 4375 47,7 477 10,9
1911 . 5839: 61,8 649 11,1
1912 . 4333 44.4 434 10% t
1913 . ` 4650 45,5 | 424 91
1914 . 4335 42 364 8,4
1915- 5504 58,2 "549 9,8
1916 5934 68,7 479 8,1
1917 4958 594 . 854 71
1918 . ' 6225 76,7 | . 485. u;
1919 3756 38,1 222 -TA
1920 . 2219 21,6 | 135 6
1921 . 1751 .16,8 90 5,1
1922 . 1140 10,7 | 75. 65 -
1923 877 82 o 49 5,6
In dem diesem Tiefstand der Erkrankungskurve entsprechenden
Pr a
F
s a a hi gie - r . y A
© : PENA T
on 1924 — MED IZINISCHE KLINIK — Nr. 49: o > 7, Dezember
Alles in ‚Allem or darnach der Kehlkopt ee itten. nte |
47 Fällen aus Gruppe I: ap mal und 9 mal allein A oe
104 n. Ee R H 5 » 1 48 1 "9 26 bzw; 11 von ;
. diesen erlagen. ' -` STY
br r: x i . ` # ei
ET m ae a es starben in] ‚so war die _
De RT u -| -= davon Sterblichkeit in.
. es. zähl e : ruppe III.
A äh a ~- '- | verliefen als Grupp der Hauptgruppe _
| TR u o = H% i ia N
ee aa a a a PERSE . „Das bedeutet. seine Mitbeteiligung | DE
ENG a TEN TA E = ee ar Of og
it bis 1 Jahr . . ... | I i TE N er
ea un a Ä ug im Ganzen zu. . . . 174 gegenüber 1909—1913 . ii:
Ko U a > F Ea o 54,5 | m: Are von Sin = P >
S 2 ee A | Sn ` 0—'1 Jahren zu. . . 12, N 091913 40
136 i— 5 Jahre . .. | 1.15.| RE SE Te 175 s 19001913 88
Pa Senai m 56 |18 13,2 E do "1909—1913 92 -
S a a EE über A, ee 8 "1909-1913 -86
188 5—15 Jahre . . . | D 12 = in Gruppe U ` `s I A RR E, = 1909—1913. 5,6.
or. JEMEN | 9-B 4,8 Joas m „a no 1909—1913. 285
N a Eee ae I 164: . | und die ‚Sterblichkeit war . . 28,6 - "h 1909—1918 48,8 i
180 15—25 Jahre.. `; I i2 | Alle diese Kranken kamen mit bereits vorhandenen: Laryır -
a m 4 20. | erscheinungen. ins Krankenhaus. Die älteste zählte 77 Jahre; hier
ee fe 12108 = 58,1 24 ußte :die. Tracheotomie gemacht werden, sie verhinderte. jedoch
117 über 25 Jahre. . . |a ee a Ka nicht den tödlichen Ausgang, der diphtherische Prozeß reichte. bis
ee dar ten EHL 8 > ns tief in die ‚kleinsten Bronchien. Gegenüber früher wurde der Lutt- -
röhrenschnitt verhältnismäßig viel seltener notwendig,: ohne daß.
- an seiner Indikationsstellung sich etwas geändert hätte — 109-193 _
in 6,9% aller Aufnahmen, jetzt trotz der weit stärkeren Kehlkopf-
. beteiligung nur in 27 Fällen oder 43%, damals bei 58,8% aller:
Natürlich wird ‚es sich hinsichtlich der. Schwere des Verlaules —
zum mindesten bei den sehr früh eingelieferten ‚und in Behandlung.
getretenen Fällen — vielfach nicht- entscheiden. lassen, ‘ob die als’
„I“ rubrizierten Krankheitsbilder von vornherein leichte waren oder
i es nur durch die rechtzeitig eingeleitete spezifische Therapie wurden. | Larynxaflizierten, jetzt nur bei 24,5%. Es starben- von ‚den
ER Aus der Klasse: Se ai waren a männl., Vei Geschlechts | Tracheotomierten. damals 56,6%, jetzt 14 oder 51,9%. Der Lul
Des a porien ee OHMDOL nn 0 di non. | röhrenschnitt war 1 mal am 1:, 8mal am 2., 6 mal am 3, Amel
no Im Ganzen verliefen als: o a n, er | ‘am 4, sonst an späteren Krankheitstagen vorgenommen. :
G A a u... 2 aller ‚Behandelten | "Herpes labialis wurde in unserem Material in 10 Fallen
Bam En | =: II 104, von denen 40 oder 88,4% starben. er wert 3 zählten RR u bis zu 25, 2 30 u na rat
en = h i THRANE A ; P 2 y een unter u a ge den wann weit. zahlreicher, IM ganzen zu í, N ‚gesehen `
SE SE ARE ormen der hier wie in der Gesamtmenge aller aus der-Dia emeldeten u Be War Sr; |
ER nare U MHA Erkrankungen zahlreicher als vor etenen Patienten über 1öJahren. a ‚Paratonsilläre Abszesse hatten 8 Kranke zwischen J4 und
a Se ea G aa - | 4G Jahren; sooft. der frisch bei der Inzision erlangte Eiter unter-
a, Bi | 1909—1918 war sie in Gruppe Ill unter diesen nur 15,3 %/, gewesen. | | are
rec: - Es verstarben — bei 2'war der Todestag unbekannt a yo sucht werden konnte, War biur ‚ui: Gogensaiz zu einer einzelnen
RSG, imälter am? 3. 4 5. 6—7. 8.—14.Krkhs.-Tag, später en El en ER
on AA C pa i u Pe er ET Ä | okarditische Komplikationen waren keine eltenhei
ER ER ee = 5 a 3 BR a Te u a E Vonseiten der Aar nOTERNO lag sehr oft und in allen Graden
Pory ESE o RAE ANRA SE o ib y ` — > 1 f 2 A ma 1 der. Ausgeprägtheit eine Beteiligung vor. Die bei der Diphtherie
ENG N ERBEN DHS „über 15 „ ent Ferden it „u er — , | gefundenen Reizungen der Harnwege und nephrotischen und
BRETA AS EET pipen > So. endeten 65,7 %/, dor Verstorbenen bereits in der.1. Krank- | nephritischen Störungen erwiesen sich auch in diesem Beobachtungs
en AEREI Di IARRI AHA heitswoche letal; 1909—1913 war diese Zahl nur 56,8 9J kreis der Ausheilung ganz besonders günstig; sie erfolgte ohne Aus:
en Kat ihn a Von Komplikationen sahen wir eine Mitbeteiligung der | nahme und rasch bei allen Genesenen, selbst in den ‚schwersten
San AARE Eye SEN Augenbindehäute in 3, der Lippen in 2 Fällen,. der Nase in | Verlaufsformen. Ich möchte an dieser Stelle nur der mit der eleke
STERNE ui | Jeen Form pseudomembranöser Veränderungen oder serös-hämorrhagischen trischen Harnzentrilugierung am Aufnahme- oder dem ihm folgenden
an Ea ma Ra m HR Ausflusses in 19 und des Keblkopies in 109 Fällen. Die eine \ Tag erhobenen Befunde kurz gedenken. Wir fanden in der ,
DEA an r PATAN A diphtheriebazillenpositive Konjunktivitis trat erst-am 17., eine andere i. Krankheitswoche Be © beidenKranken Aber
DA SUREH E BEE EVU EAN SIE am 19. Krankheitstag auf, 4 echte diphtherische Vulvovaginitiden | ae | i an 16 Jahre
RE RE REINER EHRE entwickelten sich bei 11/,—6jährigen Mädchen am 14., 20., 43. und | keine oder eine sehr geringe Vermehrung der u Go |
N ELAS ARE SPAR al RTL IH 55. Tage. Bei 2 kleinen Kindern mit Rachendiphtherie beobachteten | . Leukozyten in >- nenn en 147 Fällen in187 Fallen
a d CISNA ADNI EMAR wir impetiginöse Hautaffektionen im Gesicht, am Halse und oberen | māßig viel Leukozyten in . RA Tr RE, ee sn.
Be LBS TÜRE RR Rumpf, aus denen Löfflerstäbchen gezüchtet wurden; eines derMädchen | reichliche Leukozyten in... . » - Ben na: © Ty
PEE ES A E EN MIN j mit Vulvovaginitis hatte in der Umgebung der Scheide viele bazillen- | einzelne 'Erytbrözyten in > - s so stoo | RE nton
bee SES MU HRE positive Geschwüre, bei einem 11monatigen Säugling war der Nabel rege es Eey ORYAN Moe oo if n a
N AR a he, killen vom 15. Tag an 'geschwürig und pseudomembranös afliziert und m K i k > Fin einzelne ee Rn ; Sr E
gi Se FREE SE NAHER bei ‚einem vor. ‚der Erkrankung erstgeimpften Knaben waren die. aB ne iel Leako? on ehr i ryt o oi Rz
ans an Impfpusteln lebhaft entzündet und speckig belegt — beide Male einer ee ea re
Be } RE CBIRA del wurden Diphthefiebazillen kulturell nachgewiesen. Sie ‚fanden sich Leukozyten, Erythrozytenundhyaline und granu- r |
a Sera Aa NEN AEL PIMEN auch im Fiter 3er stark sezernierender Ötitiden. lierte Zylinder ia . x». 2.0... ee re E
MEERE ARCHE SEAN A - Akutediphtheriebazillenbeherbergende Hauterkrankungen hatten viel Leuko- und Erythrozyten ünd hyaline und ER =
REN Eee JE LAT N 15a) Sur wir audh 1909—1913 wiederholt gesehen. Überraschend: im Ver- | granulierte Zylinder in... ooe < sceo Er ee en
So ei SER HITS: gleich zu unseren. Bere ‚Befunden ist bei obigen Komplikationen . ee | 949 Fälle Mi Falle
ae TEILEN ne Mi astani dor N; PACE ER: =
nn Be VIELE HT HIER Ye ee ne N m nn diphthe = Rezidive der Diphtherie stellten wir 4 mal fest; früher w
DES BERLIN HIER che zeb, | öftere des Larynx; vor allem ‘häuften | diese Ziffer unter 7314 Patienten 2,2° den 6432 Genesee
ES IEIET sich jetzt in einem früher ungekannten Grade die Fälle, in denen | 9,50). gewesen. Über ei en, die A Jal in y bachtete Reir
a FERETES RR T der Kehlkopf der alleinige ‚Sitz des Leidens war; sie waren Fokti Be has einige in diesen vamen n09? 5
en Age en ganz zn... 11mal bei Kindern. zwischen i M a oki Bern wir bei den Sek
ee FARIEN 9 und 8 Jahren, zur Kenntnis gekommen. -` Ä a. nl a mpikationen, 7 nn
ee en vi HEE ~ Im einzelnen liegen die Verhältnisse folgender Art: we sonen „uneeier 1909—1913 verstorbenen Fälle nicht als
ne lee Tall: a. derLarynx unterdiesen tödlich undvonden antrafen,, Le allem | diphtherische Entzündungen des. Mn
se, RUNIN a SEE mrasa me asiza | mals B1 Pallei), dos Ösophagus (12 Follo) eisen, $
ne.) ah Se rn. f Gruppe II: 1 on pols re aan wurden jetzt ganz vermißt. Ausbreitung der spezifischen Veränd
EN 5 A ol. hl a. Pat, bis zu 1 Jahr { „m:7 7 4 g 9 rungen bis tief in die Luitwege, bronchopneumonische Herce,
a ÜBER nie jahren „n T1 9 5 2 we Myokardschädigungen waren der. übliche makroskopische Pe)
o EEE P EN ERA 5 „ IU:56 55 31 19 g . | befund. Ein Status thymolymphaticus fand sich ausgeP
ia ai AEIR M; a Dl { 5 D: 12 4 3 u ei bei 1 der Säuglinge und 6 der. nächstfolgenden Alters
nes ii n D 7 i 2 = angedeutet bei 2 weiteren Kindern dieser letzteren rupp?
í a e nn über 15 n { : IT: 12 8 i E pa l l
poor = a t 1 4) M.m. W, 1924, 1
r u” s
en
k 4 A
agree.
7. Dezember
einmal bestand jetzt eine hämorrhagische Diathese, die wir
s. Z. in 177 unserer Fälle (175 Exitus) angetroffen, und es sei
dieses Sjährigen Kindes, das am 7. Krankheitstage verstarb, be-
sonders gedacht, weil wir bei ihm p. m. Diphtheriebazillen aus dem
Herzblut züchteten; bei einem 4jährigen Mädchen, einem der beiden
früher am Leben erhaltenen Kinder mit dieser graven Komplikation,
“hatten wir am 5. Krankheitstage die Löfflerschen Stäbchen aus
dem strömenden Blut isoliert. Den Übertritt von Diphtherie-
bazillen in die Blutbahn hatte ich 1894 unter 42 Untersuchungen
2 mal5), 1907—1913 unter 768 27 mal festgestellt. v
Bakteriologische Untersuchungen des Leichenbluts wurden
im übrigen jetzt nur vereinzelt vorgenommen; es war ein glück-
licher Zufall, daß unter diesen wenigen sich der seltene positive
Befund von Streptococcus viridans bei einem 6jährigen, am 6. Tage.
verstorbenen Kinde befindet.
| Abgesehen von 14 extrem leichten oder spät in gesicherter
Rekonvaleszenz eingelieferten Fällen wurde die Serumbehandlung
bei sämtlichen Patienten durchgeführt und fast immer — ganz
. verschwindende Ausnahmen mit schlecht zugänglichen Venen un-
gerechnet — derart, daß stets die Hälfte der gewollten Dosis intra-
' muskulär, die andere Hälfte intravenös verabreicht wurde; sub-
kutane Zufuhr kam nicht mehr zur Anwendung.
Die mittlere Gabe war bei den Patienten:
Imm.-Ein. Imm.-Ein. Imm.-Ein.
bis zu 1 Jahr 6000 u. Höchstdos. 10500 geg. 1909-13: 2000 u. 4500 Höchstg.
von I— 5 J. 6600 „, ? 20000 „ 1909-13:3100 „13000 ,„
„ 5—15 J.63800. . „ 18000 „ 1909-13:3600 „19500 „
„ über 15 J. 6300 „, % 19000 „ 1900-13:3400 „18000 „
In Gruppe II erhielten durchschnittlich die Kranken:
Imm.-Ein. l Imm.-Ein.
bis zu 1 Jahr jetzt 7000, 1909—1913 2300
von 1— 5 Jahren „ 7700, 1909—1913 4200
„5-15 „ „ 9400, 1909—1913 5300
„über1i5 „ „ 10600, 1909—1913 6000
Bei 5 Kindern und einer (der 77 jährigen) Erwachsenen war der
Erkrankungstag nicht eruiert worden.
Von unseren am:
1. Krkh.-Tag gespritzten 58 Pat. starben 2 = 3,30/
A ” nos vr n A 9 = 380), \ 8,8/9
= 0
Eo Io ro r n EI an
. U. . nn 39 66 ` y | 5 = I o/o
einen späteren j P 33. . | , 7 = 21,2 gie 12,19%
Unter unseren mit Antitoxin behandelten 618 Patienten war
; die Sterblichkeit jetzt 6,5% gewesen, während des 1. Teiles der
voraufgegangenen Epidemie 1909—1918 betrug sie 13,1%, in den
früheren milderen Jahren 1902—1906 aber 9,75%.
Von einer Aufteilung obiger der Behringschen Therapie
unterworfenen Fälle nach dem Alter und der Schwere (I, II, II)
sehe ich wegen der noch zu kleinen Werte in manchen Gruppen ab.
Aber der Vergleich der Ergebnisse von früher und jetzt nach Jahres-
3 ‚gruppen und verwandten Serummengen (D.S. in der Tabelle be-
wichtige Aufnahmetag ins Krankenhaus.
deutet die durchschnittliche Menge der Immunitätseinheiten) erscheint
doch notwendig und von hohem Interesse. Der für die Beurteilung
der Endsumme wichtige, weil die Sterblichkeit vorwiegend bestim-
mende Anteil der Kinder und Erwachsenen schwankte in den
einzelnen Zeiten, insonderheit in der Altersklasse von 1—5 Jahren,
nicht unerheblich, ebenso, soweit wir dieses feststellen konnten, der
Es mag wiederholt werden, in Gruppe C ist durch die Ein-
beziehung — nicht sehr zahlreicher — akuter einfacher und
follikulärer Anginen. mit Diphtheriebazillenbefund die Sterblichkeit
etwas zu niedrig angegeben. Seit 1902—1906 ist der die niedrigste
Sterblichkeit aufweisende Anteil der Patienten jenseits des 15. Lebens-
jahres immer häufiger geworden, was die ‚Gesamtmortalität mit-
bestimmen muß, ferner sind in C weit mehr an frühen Krankheits-
tagen in Behandlung Getretene als in D. Eine Beeinflussung der
Mortalität seit Einführung der Serumtherapie und durch dieselbe
ist für die jugendlichen Jahre bis zum 1dten trotz des Aufstiegs
durch eine epidemische Steigerung der Krankheit unverkennbar,
ihr Zusammenhang mit den verwandten Antitoxinmengen nicht an-
nähernd so deutlich zu demonstrieren; trotzdem die Zahl der Im-
munitätseinheiten für die O—5Jährigen im Vergleich mit 1902—1906
jetzt verhältnismäßig stärker gesteigert war, alsunter dend— 15 Jährigen,
ist die Letalität unter diesen letzteren doch relativ weit mehr
herabgedrückt.
ann
5) Zbl. f. inn. Med. 1895, 3.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
1735
| | A. B. C. D.
1902 1909 1921
Jahrespruppe En bis bis ` bia
1894 1906 1913 1924
Zahl der Behandelten . | 1677 1404 6250 618
Letalität i . „| 82,4% 1 9,30% 13,1%), 6,5%/,
Anwendungsform des = Pen
Serums . R "sobkaten sabkatan; intravande:
in schweren | z. H. intra-
| Formen auch muskulär
von den Behandelten intravenös
zählten bis zu 1 Jahr | 1,9%, 1,50), 1,7% 1,7%),
1—5 Jahre . 42,20), | 32,80), 26 Ofo 21,50),
über 15 Jahr 27,5%, | 20,80%, 30,3%, 47 0%
Serum erhielten am ` | Ä
1. Krankheitstag | — —. 14 %, I %
2. A To — 42 0), 38 9,
' Behandelt wurden: |
bis zu 1 Jahr. . .| 3 21 122 ii
mit D.S. .. . — 1100 - 2000 = 6000
zwischen 1—5 J.. . 707 461 1904 183
mit DS. . . .| . — 1800 3100 6600
zwischen 5—15 J. . 477 624 3070 183
mit DS. . . . — 1900 3600 6300
über 15 J. alt. . . 461 298- 2218 291
mit DS.. .. — 1700 3400 6300
Letalität: 0, o/o 9, o/o
im 1. Jahre. . .. 84,4 42,9 38,5 54,5
zwischen 1—5 J.. . 52,1 163 ‚20,7 13,5
von 0—5 J.. . . . | 53,4 17,4 21,7 16,7
zwischen 5—15 J. . 27 71 | 1,7 4,9
über 15J. . . .. 4,3 31 3,8 | 2,4
Unsere Darlegungen gestatten folgende Schlüsse: z
Die große Kurve der Diphtherie erfuhr. in den letzten
| Jahren nach abgeschlossenem epidemischen Auftrieb eine starke
Senkung der Morbidität. | | | |
Mit der Zahl der Erkrankungen ging auch die Gesamt-
sterblichkeit erheblich zurück und weit schneller, als daß Ände-
rungen in der Therapie, wie z. B. die allmähliche Steigerung der
Antitoxindosen, hierfür verantwortlich gemacht werden könnten.
Zum Teil war der Niedergang der Mortalität durch ein unge-
wohnt zahlreiches Befallensein der erwachsenen Lebensjahre bedingt.
An sich ist aber gerade diese Altersgruppe am geringsten -
von dem Absinken der Sterblichkeit betroffen. Sie ist es nicht nur
jetzt, sondern sie war es überhaupt seit Einführung der Behring-
schen Therapie: der einzige uns aus der Vorserumzeit zur Ver-
fügung stehende Wert von 3,3% vom Jahre 1894 — sicher kein :
abnorm niedriger, denn 1893 und 1894 starben von den über
15jährigen 0,5, in den Jahren 1891 und 1892 nur 0,2 auf 10000
Lebende — wurde im Jahre 1902 und 1909—1912 erreicht und
überschritten (1909 selbst bis 4,8%), und in-den Zeiten beginnen-
der und hinsichtlich der verwandten Immunitätseinheiten nach
heutiger Auffassung völlig unzureichender Serumanwendung 1895 bis
1901 bezifferte er sich sogar auf nur 1,8%.
Im Krankenhaus trat ebenfalls mit dem Rückgang der Be-
legziffern die sehr viel geringere Sterblichkeit hervor, sowohl in
der. Altersgruppe 0—5 (die von O—1 ist zu gering vertreten), . wie
auch in den späteren Gruppen, wenn auch in der die mehr als
15 Jahre zählenden umfassenden die Sterblichkeit unter den
schweren Verlaufsfiormen eine wider Erwarten hohe war. |
Am günstigsten verhielten sich gegenüber sonst die Lebens-
jahre vom 5.—15. | en |
Auffällig war, wie jetzt in die Zeit der nach Zahl und Viru-
lenz mitigierten Erkrankungen, wenigstens bei unseren jugendlichen
Patienten, eine besonders starke Beteiligung des Kehlkopfes
fiel. Beobachtungen wie diese stehen nicht vereinzelt da. Jo-
hannessen®) berichtete schon 1891 über die epidemischen Re-
lationen der Diphtherie in Norwegen (und bezieht sich auf Carlsens
Bestätigung des gleichen Faktums für Dänemark), daß, mit lokalen
Ausnahmen, gewöhnlich die Extensität der Diphtherieausbreitung,
unter der Bevölkerung das umgekehrte Verhältnis zur Häufigkeit
der Lokalisation im Kehlkopf bot.
| Dabei präsentierte sich in unserem Material diese Kompli-
kation an sich weit benigner, als wir es früher von ihr gewohnt
6) Johannessen, D.m.W. 1891, Nr. 12,
4 ' i : r ae a
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-waren sowohl hinsichtlich der -Sterblichkeit an. ihr.. wie auch. der-
+ > Häufigkeit einer völligen Stenosierung und notwendigen Tracheotomie.
«+ou Die schon „wegen -des wechselnden Genius epidemicus sehr
~... | 'sehwer- hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu. beurteilende spezifisch e
: "Therapie ging von dem’ Jahre. ihrer Einführung an nunmehr seit
2: | 80 Jahren: sowohl: nach’ der allgemeinen Erkrankungskurve wie auch
. nach unseren Krankenhäusbeobachtungen ‚mit 'einer so stark. ver-
`» viminderten Sterblichkeit. unter. den Kindern bis zum .15,..Jahre ein-
5: her, daß die eingangs berührten Momente der durch die bakterio-
"logischen. Methoden: viel- mehr. leichte Fälle jetzt mit .erfassenden
-Diagnostik ‘der Diphtherie -und ‚des: durchschnittlich... leichter. ge-
2 ‘wordenen und. früher zur Behandlung überwiesenen Krankenhaus-
x. : materials sie nicht annähernd zu erklären geeignet: sind; eine derart
o anhaltende Besserung kann wohl allein, da sie auch ‚während einer
"o e sebr extensiven Epidemie nur. zu ‘deren Beginn in’ einigen Jahren.
‚0. teilweis wieder verloren ging, mit jener Behandlung in sichere ur- .
-o = sächliche Beziehung gebracht werden. ~. °. ... 0t E
© Den: verwandten, ‘seit . dem. Herrschen der Behringschen..
‚Mit Recht betont z. B. Leschke, daß die schleichend verlaufende
. septische Herzklappenentzündung (Endocarditis lenta) ebenso wie:
“die. akute Form eine klinische, aber keine ätiologische Einheit dat-
= Leg z 2 .
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| .Staphylöcoccus pyog. aureus von Lenhartz, Staphylococcus pyog.
albus. von Lenhartz, Kocher und Tavel, Micrococcus flavus von
` Mycobact. plumosum Fox u. a. (zit. nach Leschke). |
‘nach wiederholten . Blutkulturen im Anreicherungsverlahren ohne
' ` Thérapie allmählich gesteigerten und wirksamer zugeführten Mengen
<> edes Antitoxins ging diese.. Aufbesserung nicht. offensichtlich..|. eindringlich an Schottmüllers-Forderung erinnern, daß „Keim-
= parallel. ..., 0: wen en a 0. arten, ` die‘ entweder regelmäßig oder ausnahmsweise als Verun-
=. Für die späteren Lebensjahre ist ‘solcher. Einfluß der | reinigung gefunden werden, nur dann als Krankheitserreger ange-.
neuen Behandlung; aus der epidemischen Kurve nicht herauszulesen. |
und auch im 'Krankenhausmaterial tritt 'er nicht eindeutig her-
vor;. bestenfalls’ ist, er ungleich viel schwächer, als’er in:den frühen
.. Lebensperioden sich zeigt. Erkennen wir. ihn für diese ‘aber. an,
so: bleibt die nächstliegende ‘Vermutung, daß die .bei den Er-
<. „ wächsenen bisher zur Verwendung gezogenen Antitöxinmengen im:
Vergleich zu. den bei Kindern gegebenen bei Berücksichtigung des.
... 'sehr verschiedenen 'Körpergewichts viel’ zu geringe waren, wie-ich
" dieses früher bereits 'ausführte.. Schicks”) Rat, dieses letztere bei
= Kindern als Maßstab der Dosierung zu nehmen, müßte unter diesem . ' Krieger 100%). : . |
1“... Gesichtspunkt ‚auch bei Erwachsenen : durchgeführt werden; für |
t->,- leichtere. Fälle empfiehlt‘er, 100 A.-E. pro Kilogramm: zu nehmen | an
1." und. bei-schwereren bis’ zu 800 A-E.: 00.000000, p carditis Lenta, die in. den letzten 3 Jahren an unserer Klinik beob-
22. Die Behauptung, daß eiñe rechtzeitig -eingeleitete Serum- | achtet wurden, daß die Zahl der positiven Kulturbefunde ein Drittel
. aller. bakteriologisch untersuchten .Fälle beträgt, was ungefähr mit
gleicher Form andauert“. Auf. die Verschiedenheit der bakterio-
-: behandlung. immer von Erfolg gekrönt sei, trifft nach unseren Fällen
nieht zu; von früher und jetzt insgesamt 804: am.1. Krankheitstag Ge- .
.... spritzten starben: 4,8 %/,, von’meinen 2834 des 2.Tages verlor ich 6,5 %o.
| ber die Einzelerfahrungen hinaus mit den oft überraschend.
.
-.. schnellen. Wendungen. zum Guten nach und der -zuweilen hart-.
- | näckigsten Resistenz `. der Krankheit trotz Anwendung des Serums, .
1°. mit.der nur möglichen Wahrscheinliekheitsprognose im ‚gegebenen
SE Falle müssen auch. in dieser Frage der’ Serumwirkung kritisch. ge-
>" siehtete klinische Sammelbeobachtungen aus einer einheitlichen
‚großen Reihe von Fällen das letzte Wort sprechen. Erschwerend | des Streptococcus viridans noch ermöglicht.
.. wirkt, daß exakte Vergleichsangaben aus. der Vorserumzeit selbst | .
. „in vielen wichtigen ‚klinischen. Einzelzügen, so über die Persistenz
' ` der Membranen im Rachen ‘ohne Antitoxinbehandlung, über die
- Häufigkeit des Deszendierens -der Affektion in den Kehlkopf nach
. "erlolgter Aufnahme ins Krankenhaus, uns fehlen: so ‚sind wir auf
©- die endgültige Letalität in’ erster Linie als Kriterium angewiesen.
‚nur. einmalige Blutabnahmen. vornehmen konnten. Auf die von
Schottmüller und Leschke. betonte Harnuntersuchung möchten
reicherung des Sedimentes einer größeren -Harnportion in Aszites-
moa >y PE ee ee sy gi we We en De D E i ee
Yan eis- - A EL ei ee u. E a . .. -.: ~ . - beb: > . = PE E a «©
B : = * a = k en eu en PL =. i Ae Ser PARROT TORE Sie ` U E in
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igo an- - "uen FO oar. A a, wur. a notaga p r tee Na. 4-00 8 wu, ren vers ur, E n - - z D
mn , 5 BEE mie Ri VRR, 2 ur r n a na 5
C a SE n e rE aU a TE NT T y a -e da EN en TEEN TANI R o Pop . era
i à 7 js Au ne RT an a Pe = = 2 _ > ks a a sa =
art
Pads Spar Se
weis des Streptococcus viridans intra vitam aus: dem Harn gelungen
war, bei der. Züchtung aus den Auflagerungen an den Aorten
klappen konform mit. dem pathologischen Institute Prof. Ghon’'eine
"Reinkultur von Streptococcus haemolyticus erhielten. Wir möchten
en MaE | - | uns jeder Folgerung. aus diesem Befunde, -den bereits seinerzeit
E EE ER A a a a | Lubarsch erhoben hat, enthalten. |
‚Aus der I. Medizinischen Klinik der Deutschen Universität in Prag
I (Vorstand: Prof. R. Schmidt). a
> Zur Ätiologie der Endocarditis lenta..
z Von Dr. Hugo Adlers © > = 0o
:|.xeger der Endokarditis: bezeichnen: muß, . darüber herrscht heute
|: Übereinstimmung." Gleichwohl gibt es — gewiß seltene — Fäle
- | mit abweichender Ätiologie, die auch einer strengen Kritik stand-
“ halten. Die Seltenheit derartiger Fälle berechtigt mich zur Publi-
:| kation eines. Falles, - der auch ganz besonderes Interesse verdient
wegen der Art des nachgewiesenen Krankheitserregers, der ‘sioh
unter keine: der bisher beschriebenen pathogenen Bakterienarten
einreihen läßt. > > wen BEER
©”: Der Streit um die Ätiologie der chronisch - septischen -Endo-
- karditis ist noch immer nicht endgültig gelöst. , Wohl ist nach den -
- "übereinslimmenden. Berichten der Literatur der von Schottmüller
"beschriebene Streptococcus viridans als: ‚der Erreger‘ jenes Krank-
heitsbildes zu ‘bezeichnen, .das als Endocarditis lenta treffend von
- den akuten Formen der septischen Endokarditis abgetrennt wurde;
‚aber es geht nicht an, den genannten Keim als. den alleinigen: Er-.
- reger dieser Erkrankung zu bezeiclinen, die durch ihren chronischen
‘Verlauf, die besondere Lokalisation an den Aortenklappen, den
mächtigen Milztumor, die 'selten fehlende Nephritis, die charakte-
ristische Anämie und Neigung zu ‘Embolisierungen ein derart typi-
‚sches Symptomenbild darstellt, daß der Nachweis-..des Erregers
. eigentlich nur die bakteriologische Bestätigung einer klinisch
feststehenden Diagnose darstellt. Zu engherzig wäre die Auffassung,
den Nachweis des Streptococcus viridans . für die Diagnose einer
Endocarditis lenta als ausschlaggebend zu erachten oder gar die
auf die I. Deutsche Medizinische Klinik (Prof. R. Schmidt) aufgenommen.
Die Anamnese ‘ergibt, daß Pat. im März d. J. an Schwächegelühl, Fieber
' und: dumpfem Druckschmerz in der.linken Unterbauchgegend erkrankte,
keit und Rötung im Rachen gelitten hatte. Außerdem hat Pat, seit
‘etwa 3. Jahren Herzbeschwerden, -besonders nachts Herzklopfen un
. bei Bewegung. Atemnot... Frühere ‚Erkrankungen: Masern, Pneumonl®,
Impetigo, kein Rheumatismus. Venerische Infektion entschieden negle
Früher Alkoholabusus (7 Liter Bier täglich); . Familienanamnes® ohne
Belang. Kinder gesund, Frau hat nie abortiert. Die klinische Unter-
suchung ep ein fahl graublasses Hautkolorit, deutliche Zeichen einer
.Aorteninsuffizienz, einen Milztumor,. der den Rippenbogen UM j
‘3 Querfinger überschreitet, sonst Organbefund negativ. Keine Ödeme.
: Wa.R. positiv. ‚Mastix-Lezithinreaktion +++. Im Blute 4180 Weißt,
?) Pfaundler-Schloßmann, 3. Aufl. Bd. 2.
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"schiedenen Angaben der Literatur begreiflich finden, da die Re- `
‚'sultate häufig einer strengen Kritik nicht standhalten. Wenn z.B.. `
Plattenkontrolle‘ einmal als singulärer Befund ein anhämolytischer
. Streptokokkus, eine ‚Sarzine oder gar ein Staphylokokkus gefunden ` |
|: wird, dann ist eine. gewisse Zurückhaltung berechtigt und man muß . -
` sehen. werden dürfen, wenn däs Krankheitsbild mit dieser Annahme .
im Einklang: steht und wenn vor allen Dingen, sofern es sich um
' Staphylokokken handelt, Kolonien dieses Keimes sich in größerer.
-Zahl oder wenistens in’ gleichem Mengenverhältnis auf allen Blut.
"platten entwickeln, ‘endlich bei wiederholten Blutkulturen in der -
selben Weise auftreten, vorausgesetzt daß das Krankheitsbild ‚in.
“einschränkend bemerkt : werden, daß‘ wir. bei einigen Fällen teils
‚aus äußeren Gründen, teils ‘wegen der kurzen Beobachtungsdauer
| wir besonderen Wert legen, da bei. negativer Blutkultur die An-
. bouillon, namentlich. kurz nach. einen Niereninlarkte, den Nachweis
<. 7 In Kürze möchte ich noch darauf hinweisen, daß wir jüngst
'bei einem Falle von typischer Endocarditis lenta; bei dem der. Nach
. -Daß man .den Streptococcus viridans , als den typischen Er
Patient E. V., 37 Jahre alt, Metallarbeiter, wird am 16. April 1928
A hiervon My. 0,3%, J. 1%, St. 37%, S. 17,3%, Ly. 29,7%, Eos. 08 h, j
"199& — MEDIZINISCHE KLINIK Nr. 0" o T, Dezember.:
Begriffe Viridanssepsis und Endocarditis lenta zu identifizieren, u
stellt. Ín der Literatur sind Fälle bekannt, bei denen andere Keime .
‘als Erreger dieser Erkrankung nachgewiesen wurden, so Strepto-'. `,
‘coccus haemolyticus vonCurschmann,Howall,Loewenhardtu.a,
:Streptococeus anhaemolyticus von Steinert und Braxton Hicks, >
-Kasmmerer: und Wegner, Influenzabazillen von Libman, das 2 |
>. „Wohl muß man Schottmüllers Skepsis gegenüber den ver: .. |
‘logischen Technik “sind wohl die diskrepanten Resultate im Nache
weise dës- Erregers zurückzuführen (Jungmann 6% — Isaae-
~: Wenn ich an dieser Stelle - vergleichsweise unsere Resultate
anführen darf, so -ergibt die Dürchsicht unserer 30 Fälle von Endo-.
den Befunden von Morawitz übereinstimmt... Allerdings muß hier =
‘nachdem er im Januar nách einer Erkältung durch 2 Wochen an Heiser-
Eee on en Ey A Di SE Sen So rN
q. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
1787
Ma. 0,7%,%Mo. 12,7% (1 Mo. mit Vakuolen), Rf, 1%, Retr. ++-,
Sed. 0, Serum farblos. Rest-N. 51 mg/100 ccm. Im Harn kein Eiweiß,
Aldehyd positiv. Temperatur leicht febril — 37,5° bis 38,5%, keine
Schüttelfröste. Der Verlauf protrahiert, zeitweise Temperaturen
bis 40°, dann wieder leichte Remissionen auf subfebrile Temperaturen. |
Die subjektiven’Beschwerden wechselnd, anfangs druckartige Schmerzen
im Abdomen, später Schmerzen in der Muskulatur der Oberschenkel,
in beiden Schultergelenken und im rechten Unterarm mit exquisiter
Druckempfindlichkeit im oberen Drittel des Unterarms und in’ der
Gegend des linken Ohres, durchwegs flüchtiger Natur. Im Juni stärkere
Schweiße, aber keine Schüttelfröste, vorübergehend Schluckbeschwerden
mit Rötung der Rachenschleimhaut. Linke Tonsille zerklüftet und
weißlich belegt. Häufiges Nasenbluten aus der linken Nase. Anfang
Juli trat vorerst nur spurweise, später immer reichlicher Eiweiß im
Harn auf mit immer stärkerer Beimengung von Erythrozyten. Gleich-
zeitig kleinste Hautblutungen, die immer zahlreicher wurden. Das
Allgemeinbefinden verschlechterte sich zusehends, es traten Ödeme
auf. Die Leber reichte bis fast in die Inguinalgegend, und unter
Dyspnoe und häufigem Erbrechen trat am 22. September der Tod ein.
Der Autopsiebefund, der im Pathologischen Institut Prof.
Ghon von Herrn Assistenten Winternitz erhoben wurde, ergab als
Todesursache eine rekurrierende verruköse Endokarditis an der Aorta
und der vorderen Wand des Aortensegels der Mitralis mit hochgradiger
Insuffizienz und geringer Stenose des Aortenostiums, Stauungsorgane,
einen großen Milztumor, akute Herdnephritis, bakterioskopisch aus den
Aortenklappen-Auflagerungen reichlich gramnegative kleinste Stäbchen
' und in einzelnen aus den tieferen Schichten der Auflagerungen ge-
nommenen Aufstrichen spärliche gramnegative längliche Stäbchen.
Kulturell alles von Bacterium vulgare proteus überwuchert. Milz kul-
turell aerob und anaerob nach 48 Stunden steril. |
Die Therapie war mit Rücksicht auf die positive Wa.R. an-
fangs eine antiluetische, Jodkali und Neosalvarsan. Letzteres insge-
samt 3,6 g. Die Wa.R. blieb andauernd ponitiy, Objektiv war ein
Effekt dieser Therapie ebenso wenig feststellbar wie unter Trypaflavin-
behandlung.
Das Hauptinteresse unseres Falles liegt weniger im klinischen
Verlauf, der dem einer Endocarditis lenta entspricht, als vielmehr
in den bakteriologischen Befunden. Es war uns gelungen,
den Krankheitserreger am lebenden Patienten nicht weniger als
zehnmal aus dem Blute zu züchten, weshalb wir uns berechtigt
glauben, den nachstehend zu beschreibenden Keim als den Erreger
dieses chronisch-septischen Krankheitsbildes zu bezeichnen. Die
Annahme, daß es sich in unserem Falle etwa bloß um eine Misch-
infektion eines typischen Lentaerregers mit unserem Keim gehandelt
habe, . kommt wohl auch in Frage, läßt sich jedoch durch nichts
stützen. Bei den wiederholten Blutkulturen, die in verschiedenen
Zeiträumen der Krankheit vorgenommen wurden, ließ sich niemals
Viridans züchten, auch nahm die Zahl der Keime gegen das Lebens-
ende allmählich zu; anfangs wurden etwa 10—20, später über 100
und im letzten Monat bereits 200 Keime pro cem Blut gezählt.
3 Wochen nach der Aufnahme des Patienten wurde die erste
Blutkultur vorgenommen. Je 1 ccm des frisch entnommenen Blutes
wird mit Agar direkt zu Platten gegossen, gleichzeitig auch je 1 bis.
2 ccm nach Le Blanc in 10%iger Peptonbouillon angereichert. Nach
3 Tagen erscheinen auf den Blutagarplatten je etwa’ 10—20 in der
Tiefe gelegene Kolonien von schmutziger grünlichbrauner Farbe, und
zwar.nur in jenen Teilen der Agarplatte, wo der Agar in dickerer
Schicht liegt. Auch in der 10%igen Peptonbouillon tauchen um diese
Zeit in dem wohl ausgebildeten Fibrinschleier etwa 30—40 distinkte
Kolonien auf. Ein Grampräparat aus den Kolonien zeigt Kon-
glomerate von büschelförmig beieinander liegenden, schlanken, teii-
weise am Ende zugespitzten Stäbchen, von denen sich ein Teil nach
Gram entfärbt, ein Teil aber den Farbstoff schlecht abgibt. Meist
ipen die Stäbchen zu zweit hintereinander oder in V-Stellung, die
Mehrzahl ze in der Mitte 1—2 stärker gefärbte grampositive granula-
artige Gebilde. Mit Löfflers Methylenblau färben sich in der
Mitte des Bakterienleibes 1—2 Granula dunkler, ebenso nach Giemsa,
wobei dieselben einen rötlichen Stich annehmen. Bei. M berimp hing
der Kolonien auf Aszitesagar kein aerobes Wachstum, dagegen bildet
sich in Aszitesbouillon nach 2—3 Tagen ein zarter weißer Boden-
. satz in dünnen Flocken. Von hier aus läßt sich der Keim in Aszites-
bouillon fortzüchten und zeigt in den weiteren Passagen immer besseres
Wachstum. Der Bodensatz wird dichter, wenn man mit Paraffinum
liquidum überschichtet. In Aszites-Traubenzucker-Agar geht
der Keim in Stich- und Schüttelkulturen namentlich bei Überschichtung
anaerob gut an und hält sich mehrere Wochen lang am Leben. Bei
ständiger Weiterzüchtung lassen sich Veränderungen im kulturellen
Verhalten bemerken in dem Sinne, daß er immer bessere Züchtungs-
möglichkeiten bietet und nach etwa fünfmonatiger 2—S3tägiger
Umzüchtung gelingt es bereits, den anfangs anaeroben Keim auch
aerob im Äbstrich auf Aszitesagar wachsen zu lassen. Er bildet
daselbst (siehe Abb. 1) kleine zarte, etwa stecknadelkopfgroße Kolonien
von gelblichweißer Farbe, rund, glattrandig, an Streptokokkenkolonien
erinnernd, Auf der Mensche blut-Agarplatte zartes Wachstum
mit grünlichbrauner Verfärbung des Blutfarbstoffes. Im Aszitesagar- >.
stich deutliches Wachstum bis zum Ende des Stichkanals und an der
Einstichstelle, stellenweise knollenartig. Nun läßt sich auch in gce-
wöhnlicher Bouillon Wachstum erzielen. in Form eines zarten
körnigen Bodensatzes. Irgendwelche Geruchsbildung der bewachsenen
Kulturen trat niemals auf. Auch im färberischen Verhalten traten .
gegenüber den Anfangskulturen insofern geringe Unterschiede: auf, als
nunmehr die Formen mit den abgerundeten und manchmal auch keulen-
förmig verdickten Enden vorherrschen (siehe Abb. 2). Es treten auch
besonders in den älteren Kulturen längliche, leicht gewundene Fäden
auf, die sich anscheinend aus mehreren Stäbchen zusammensetzen.
Die zentral gelegenen grampositiven Granula werden immer deutlicher,
sind auch besonders bei der Färbung mit Karbolfuchsin deutlicher
kennbar, da sie den Farbstoff stärker annebmen. Bei der Neißer-
Ginsschen Färbung ‘keine Polkörper nachweisbar. Die Sporen-
färbung nach Möller ist negativ. Im hängenden Tropfen sieht °
man Gabswegliche, stark lichtbrechende, manchmal wie segmentiert
aussehende Stäbchen von verschiedener Gestalt, teils kurz und zu-
gespitzt, teils mit abgerundeten Enden, häufig in dichten Knäueln bei-
einander liegend, manche wie längere Fäden, manche wie Doppelkokken
aussehende Gebilde Zuckerzusatz begünstigt das Wachstum. In
Traubenzuckeragar findet keine Gasbildung statt, Von den übrigen
Zuckerarten werden Sacharose-, und Maltose-Lackmus-Nutroseagar
gerötet, Mannit nicht verändert. Auf Löfflerserum spärliches Wachs- -
tum, reichlicher im Kondenswasser. Auf Gelatine bei 24° kein Wachs-
tum. Auf Glyzerinagar wächst der Keim nur spärlich ohne Farb-
stoffbildung, auf Kartoffeln gar nicht. Indolreaktion negativ.
Die Lebensdauer des Stammes beträgt bei Zimmertemperatur in
festen und flüssigen Nährböden etwa 1—2 Monate. Um diese Zeit
werden die meisten Stäbchen, die ihre typische büschelförmige Lage-
rung beibehalten, völlig gramnegativ und bekommen ein kokkenartiges -
Aussehen. Überschichtung der Bouillonkultur mit flüssigem Paraffin
verlängert die Lebensdauer. Ä We
Abbildung 1.
Abbildung 2.
Die Lierpe og snıtee des Stammes erwies sich gering. —
Mäuseinfektionen: Der Bodensatz einer Aszitesbouillonkultur, in NaCl-
' Lösung aufgeschwemmt, läßt 4 Mäuse. bei subkutaner und intraperi- .
tonealer Injektion am Leben. Eine subkutan infizierte. Maus, nach
21 Tagen getötet, zeigt unter der Rückenhaut einen erbsengroßen
Abszeß von gelblich-grüner Farbe. Die Haut in der Umgebung in- -
jiziert, im Abszeßeiter massenhaft grampositive Stäbchen von ver-
schiedenartigem Aussehen, vorwiegend aber dünne gewundene Fäden
bildend, an manchen Stellen auch ein-Gewirr verfilzter längerer Fäden
ohne echte Verzweigungen, zum Teil schlecht färbbar. Kulturell zeigt
dieser Eiter wiederum das typische Verhalten und Aussehen unseres
Keimes. Bloß eine weiße Maus, die am 1. Februar 1924 das Zentrifugat
von 2 Bouillonröhrchen intraperitoneal injiziert bekam, erlag nach
24 Stunden einer Sepsis mit diesem Keime. Im Herzblute sieht man
denselben bereits bakterioskopisch, kulturell geht aus dem Peritoneal-.
exsudat bereits nach 24 Stunden eine reich bewachsene Bouillonkultur
auf, aber auch aus dem Herzblut entwickelt sich der Keim nach 3 Tagen
in der Bouillon, zeigt jedoch so wie seinerzeit bei der Gewinnung aus
dem Patientenblut kein aerobes Wachstum auf ‘Aszitesagar. Ferner
wurden 2 Meerschweinchen und 1 Kaninchen mit je 1 ccm einer ziemlich
dichten Bakterienemulsion infiziert, ohne nach längerer Beobachtung e a |
irgendwelche Veränderungen zu zeigen. |
Was das serologische Verhalten des Keimes in unserem
Falle anlangt, so konnte leider bei Lebzeiten des Patienten wegen der.
damals schweren Züchtbarkeit des Stammes keine serologische Re-
aktion angestellt werden. Erst nach einem halben Jahre wurde mit
dem steril aufbewahrten Pat.-Serum Agglutination und Komplement-
bindung vorgenommen, beide fielen jedoch negativ. aus. u DP
Die Klassifikation des eben beschriebenen Keimes machte
anfangs einige Schwierigkeit. Wegen des anaeroben Wachstums
und des mikroskopischen Aussehens ‚sowie der Bevorzugung der
Serum- und Zuckernährböden war man anfangs versucht, ihn der
Gruppe des Bacillus fusiformis zuzurechnen. Was schon damals
und noch vielmehr später bei der Möglichkeit aerober Züchtung gegen
diese Annahme sprach, war das Fehlen des fötiden Geruchs, der
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1738
von allen Beschreibern des Bacillus fusiformis als charakteristisch
bezeichnet wird, die Art und Form der Kolonien und die schlechte
Gramenifärbbarkeit. Wegen seiner kulturellen und färberischen
Eigenschaften müssen wir vielmehr unseren Stamm als Angehörigen
der Gruppe der Corynebakterien bezeichnen. Herr Prof. Ghon,
dem wir für seine Begutachtung unserer bakteriologischen Ergeb-
nisse an dieser Stelle herzlichst danken möchten, kam nach ein-
gehender Prüfung unserer Untersuchungen zu demselben Resultate.
Die Gruppe der Corynebakterien beinhaltet wegen des mehr äußer-
lichen Einteilungsprinzipes ein große Zahl pathogener Bakterien,
deren Stellung im System noch nicht genau fixiert ist, und enthält
sowohl aerob als auch anaerob wachsende Bakterienarten, deren
Zahl bisher gewiß noch nicht erschöpft ist. Von hierhergehörigen
Keimen, die speziell als Erreger menschlicher Sepsis beschrieben
wurden, seien neben dem Bacillus fusiformis (Babes, Ghon und
Mucha, Kaspar und Kern, Maresch, Schmidtlechner,
Rosenow und Thunicliff u. a.) seltenere Keime erwähnt, die als
diphtheroide Stäbchen bezeichnet und zum Teil anaerob wachsend
mit unserem Stamme mancherlei Gemeinsamkeiten aufweisen, wie
der Bacillus funduliformis (Halle), Bacillus thetoides (Rist und
Guillemot) und der anaerobe Bacillus ramosus (Rist), ein gram-
positives relativ kurzes Stäbehen und vor allem das Mycobacterium
plumosum Fox, das ebenfalls bei einem Fall chronischer Endo-
karditis wiederholt aus dem Patientenblut gezüchtet, ein gram-
negalives unbewegliches Stäbehen von diphtheroidem Typus mit
metachromatischen Granulis, spitzen oder abgerundeten Enden
und granulärem Protoplasma darstellt und auf Agar federartiges
Wachstum zeigt. Auch Babes und Manolescu fanden in den
endokarditischen Exkreszenzen eines Falles von Endokarditis einen
diphtheroiden Bazillus, der sich auf Agar züchten ließ. Herr Prof.
Ghon teilte mir gesprächsweise mit, daß er bei Sektionen von
Endokarditiden in den Klappenauflagerungen wiederholt Keime ge-
sehen habe, die mit unserem Stamme weitgehende Ähnlichkeit
aufwiesen, ohne sie jedoch kulturell verfolgt zu haben. Ebenso hat
schon Weichselbaum im Jahre 1889 in seiner grundlegenden,
leider zu wenig beachteten Arbeit über die Ätiologie und patho-
logische Anatomie der Endokarditis Fälle beschrieben, bei denen
in den Klappenauflagerungen von Fällen mit rekurrierender ulze-
röser Endokarditis der Aortenklappen eine (aerob) nicht kultivier-
bare Bakterienart gesehen wurde, die mit unserem Stamme auch
manche Ähnlichkeit aufweist, ziemlich schmale, verschieden lange
Stäbehen, die in ihrem Protoplasma mehrere ungefärbte Stellen er-
kennen lassen.
Es erscheint mir auch angezeigt, an dieser Stelle mit einigen
Worten auf die Wertung der Wa.R. bei Fällen von Endocarditis
lenta einzugehen. In unserem Falle war die Reaktion trotz Fehlens
jeglichen anamnestischen Hinweises und obwohl bei der Autopsie
Forschungsergebnisse aus
Aus dem Institut „Robert Koch“. Serologische Abt.: Geheimrat Otto.
Über den Wert der Wa.-R. und der kolloidalen
Reaktionen für die Liquordiagnostik.
Von
und
Georg Blumenthal,
Assistent am Institut.
Takaki Shirakawa,
Prof. am Taihoku-Hospital
in Formosa (Japan).
In der Bewertung der kolloidalen Liquoruntersuchungsmethoden,
wie sie uns in den Verölfentlichungen der letzten Zeit entgegentritt,
bestehen recht erhebliche Meinungsverschiedenheiten. C. Lange (1)
räumt unter allen Liquorreaktionen der Goldreaktion als der
„einzigen praktisch brauchbaren qualitativen Eiweißreaktion” den
ersten Platz ein, will von kolloidalen Ersatzmethoden überhaupt
nichts wissen und schreibt der Original-Wa.R. für die Liquor-
diagnostik eine nur untergeordnete Bedeutung zu, eine Ansicht, der
Flockenhaus und Fonseca (2) beipflichten. Auch Pick (3)
sieht die Goldreaktion als hochgradig charakteristisch für luetische
Veränderungen des Zentralnervensystems an, wenn er auch schwächere
unspezifische Ausfälle bei Erkrankungen nicht luetischen Ursprungs
und sogar ausgesprochene Paralysekurven bei je einem Fall von
By > Endotheliom der Dura und Tumor cerebri
zugibt.
Im Gegensatz hierzu ist nach Schmitt (4), v. Thurzó
Szeky (5) die Mastixreaktion in Form = von le in
augurierten Normomastixtechnik empfindlicher als die Goldreaktion,
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
|
‘der Endocarditis
7
=
b
7. Dezember
kein Anhaltspunkt für irgendwelche syphilitische Veränderungen
gefunden werden konnte, immer positiv gewesen. Verschiedent-
lich!) war bereits die Ansicht laut geworden, daß eine positive
Wa.R. bei Endocarditis, lenta bei Fehlen jeglichen Hinweises auf
eine luetische Infektion nicht allzu selten auftrete und Kaldewey
sowie jüngst auch Ormos berichten über je einen einschlägigen
Fall. Das Auftreten einer positiven Wa.R. bei einem chronischen,
mit starkem Gewebszerfall einhergehenden Krankheitsprozesse wie
lenta bildet zu unseren heutigen Anschauungen
iiber das Wesen der Wa.R. keinen Widerspruch und man muß in
der Differentialdiagnose zwischen Aortitis luetica und Endocarditis
lenta, deren gemeinsamen Berührungspunkt klinisch die Aorten-
insuffizienz bildet, doppelt vorsichtig sein, um SO mehr, als anderer-
seits Kombinationen beider Erkrankungen gar nicht zu den Selten-
heiten gehören (Briggs, Loewenhardt). Die Schwierigkeiten der
Differentialdiagnose können, wie Loewenhardt mit Recht betont,
derart groß werden, daß in vivo eine sichere Entscheidung geradezu
unmöglich wird. Übrigens finden wir in unserem Material von
Endocarditis lenta 4 Fälle sicherer Kombination von Lues und
Endocarditis lenta.
Zusammenfassung: Wenn wir nochmals das Wesentliche
unserer Ausführungen hervorheben dürfen, so wird ein Fall von
chronisch-septischer Endokarditis beschrieben, der klinisch völlig
den Eindruck einer Endocarditis lenta machte und bei dem intra
vitam 1Omal sowohl in den Blutagarplatten als auch bei Anreiche-
rung in 10%iger Peptonbouillon, gegen das Lebenserde an Zahl
zunehmend, konstant und in Reinkultur ein bisher unbeschriebener
Keim gezüchtet wurde, der auch bei der Autopsie bakterioskopisch
nachgewiesen werden konnte, welcher in seinen färberischen und
kulturellen Eigenschaften in die Gruppe der Corynebakterien ein-
zureihen ist. Der Keim war anfangs anaerob und serophil und
ließ sich nach längerer Passage auch aerob weiterzüchten. Das
prinzipiell Wichtige dieses Falles scheint uns in der Tatsache zu
liegen, daß gelegentlich auch andere Keime als der Streptococcus
viridans, der typische Lentaerreger, das Bild einer Endocarditis
lenta erzeugen können.
Literatur: Babes und Manolescu, Rom. med. 1908, 12, ref. B:k1.W. 1909,
9.67. — Fox, Zbl. £ Bakt. Bd. 70, S. 143. — Isaak-Krieger und Friedländer,
D.m.W. 1924, Nr. 20. — Jungmann, D.m.W. 1924, Nr. 3. — Kaldewey, D.m.W.
1923, Nr. 14. — Leschke-Kraus- Brugsch, Spez. Path. u. Ther. Bd. 2,2, Sepsis
(auch die sonstige Literatur zitiert) und Bd. 4, Endokarditis. — Loewenhardt,
Zschr. klin. Med. Bd. 97. — Morawitz, M.m.W. 1921, Nr. 46. — Ormos, D.m.W.
1924, Nr. 22. —Schottmüller, Leitfaden für die klinisch-bakteriologischen Kuitur-
methoden. Urban & Schwarzenberg 1923.— Weichselbaum, Beitr. zur path. Anat,
u. allg. Path., Bd. 4.
1) Siehe Verhandl. der Ges. f. inn. Med. u. Kindhlk. in Berlin
vom 6. November 1922.
Soe vat o n T——
Medizin und Naturwissenschaft.
abgesehen davon, daß die Herstellung der Mastixlösung weit weniger
Schwierigkeiten bereitet und diese ‚sich auch gegenüber dem kol-
loidalen Gold durch eine größere Beständigkeit des Kochsalztiters
auszeichnet.
Biberfeld (6) hält die Normomastixreaktion der Goldreaktion
für ebenbürtig und Kafka (7) schließlich, sowie Eskuchen (8)
nehmen eine vermittelnde Stellung ein, indem sie die Auffassung
vertreten, daß sich beide Reaktionen in glücklicher Weise ergänzen.
Bei diesen sich gegenüberstehenden, mehr oder weniger ent-
gegengesetzten Ansichten namhafter Autoren schien uns diese
wichtige Frage weiterer Klärung zu bedürfen. - Wir suchten Sie
dadurch herbeizuführen, daß wir rund 500 Liquoren, die unter
den während eines Jahres der Abteilung .eingesandten serologischen
Untersuchungen enthalten waren und die von den verschiedensten
Erkrankungen — allerdings in der Mehrzahl luetischen Ursprungs m
stammten, mit der Wa.-R., die grundsätzlich stets angesetzt wuld®
und den oben erwähnten kolloidalen Methoden prülten.
Hierzu kam noch in der letzten Zeit eine weitere kolloidale Re-
aktion mit dem sogenannten „Siliquid” hinzu, das vor kurzem
von Schwarz (9) empfohlen wurde.
Was nun die Herstellung. des kolloidalen Goldes an
langt, so hielten wir uns streng an die Originalvorschrift C. Langes:
die wir als bekannt voraussetzen dürfen, und haben auch mit dieser
zum Teil recht schöne und haltbare Lösungen bekommen. Jedoch
verlief ihre Darstellung nicht immer so ungetrübt. Zu manchen
Zeiten war selbst unter den strengsten Vorsichtsmaßregeln mit ad:
> An PA
RT e a AT
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Pi
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7. Dezember |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
_1189
solut frisch von Merck bezogenen Reagentien keine brauchbare Gold-
lösung zu erhalten, ein Schaden, der sich bisweilen durch doppelte
Redestillierung des Wassers abstellen ließ. Sehr oft bedeutete aber
auch diese nur verlorene Mühe und sogar die von M. Custer (10)
vorgeschlagene vorherige Titrierung der zur Neutralisation erforder-
lichen Kaliumkarbonatmenge vermittels Phenolphthalein wollte nicht
immer zum gewünschten Ziele führen. Es muß wohl, wie auch
entsprechende Bemerkungen vieler Autoren [z. B, Mayr (10), Biber-
feld (l. c.} und Schmitt (l.c.)] zu bestätigen scheinen, irgend ein
noch unbekanntes Etwas bei der Herstellung einer guten: Goldlösung
in Frage kommen, -wofür bis jetzt ibre Anhänger die Aufklärung
schuldig geblieben sind. Wie ist es sonst möglich, daß an ein und
demselben Tage die erste Lösung tadellos gelingt und eine zweite,
sofort darauf mit den gleichen Reagentien und denselben Kautelen
in ebenfalls vorher peinlichst gesäuberten und ausgedämpften Ge-
fäßen angesetzt, nach Zugabe des Reduktionsmittels, also der
Formalinlösung, überhaupt keinen. Farbumschlag zeigt und dauernd
farblos bleibt? Wenn C. Lange schreibt: „die Arbeit, die man auf
die Herstellung guter Goldlösung aufwenden muß, stellt nur einen
geringen Bruchteil der Arbeit dar, welche die jedesmalige Neuher-
stellung und Titrierung der Mastixlösung erfordert“, so möchten
wir ihm entgegenhalten, daß wir uns bisweilen stundenlang mit der
Herstellung brauchbarer Goldiösungen geradezu herumgequält haben;
und anderen Untersuchern ist es offenbar ähnlich ergangen. Sonst
wären wohl auch nicht so viel Ersatzmethoden vorgeschlagen
worden.
Für die Liquorprüfungen haben wir natürlich nur einwand-
freie Lösungen benutzt, dabei jedoch aus äußeren Gründen von der
von Lange (l. c.) geforderten Urtifrierung mit Liquoren von genau
bestimmtem Gesamteiweißgehali Abstand genommen. Derartige
komplizierte Methoden, die nach unserer Ansicht eher in ein chemi-
sches Laboratorium gehören, sind natürlich von hoher wissenschaft-
licher Bedeutung, dürften aber eine Untersuchungsstelle zu stark be-
lasten. Wir haben uns dadurch geholfen, daß wir zum Vergleich der
richtigen Färbung in einem zugeschmolzenen Röhrchen eine Standard-
lösung vorrätig hielten und an uns schon bekannten Liquoren mit
typischer Reaktionsfähigkeit die Brauchbarkeit der neuen Goldlösung
feststellten. Ebenso haben wir aus den erwähnten Gründen auf
die Abstimmung zu empfindlicher Lösungen mit Natronlauge nach
Biberfeld (1. c.) oder auf die von Grütz (11) empfohlene „Keim-
methode“ verzichtet. Ä
Das Ansetzen der Mastixlösung .erfordert nach unseren
Erfahrungen weit weniger Mühe und Zeitverlust. Auch der unbe-
dingt notwendige Kochsalzvorversuch bereitet kaum Schwierigkeiten.
Benutzt wurden nur Lösungen, deren Kochsalztiter dicht um 0,8%
herumlag, was bei Innehaltung der vorgeschriebenen Verdünnungs-
zeit fast regelmäßig der Fall war. Von der auch von uns anfangs-
geübten Färbung des Mastix mit Sudan haben wir später der Ein-
fachheit halber - ganz abgesehen, da wir hierin keinen Vorteil er-
blicken konnten.
Die Reihen wurden im übrigen in der üblichen Weise ange-
setzt. Dabei halten wir die von Lenzberg (13) vorgeschlagene,
wechselnd starke Alkalisierung des Mastixhydrosols mit NaOH zur
Vereinbeitlichung der NaCl-Konzentration in den absteigenden Ver-
dünnungen für unnötig, da wir Störungen in dieser Hinsicht nicht
gesehen haben. |
~ Bezüglich der Ausführung der Wa.R. ist nur zu er-
wähnen, daß der unerhitzte Liquor unverdünnt mit mehreren Anti-
genen untersucht wurde und daß der Schwerpunkt der Ablesung
stets auf den Ausfall der Reaktion mit unseren Originalluesleber-
extrakten gelegt wurde, deren Herstellung und Titrierung der eine
von uns [Blumenthal (14)] bereits ausführlich beschrieben hat.
In ihrer. spezifischen Antigenquote, ihrer schärferen Einstellung und
der aus beiden Faktoren resultierenden stärkeren Reaktionsfähigkeit
scheint uns die Erklärung dafür zu liegen, daß wir im Gegensatz
zu anderen Autoren mit der Wa.R. mehr positive Belunde nicht
nur, wie bereits in der erwähnten -Publikation berichtet wurde, bei
Primäraffekten, behandelter und kongenitaler Lues, sondern auch
in einem gewissen Prozentsatz bei Blut- und Liquoruntersuchungen
an Tabes ‘bzw. progressiver Paralyse erkrankter Personen erzielen
konnten. |
Mit den drei beschriebenen Methoden, der Wa.R. und außer-
dem mit der Gold- und Mastixreaktion (bzw. bei Materialmangel
oder in Zeiten, zu denen die Herstellung brauchbaren kolloidalen
Goldes mißlang, nur mit dieser) wurden im letzten Jahre 487 Li-
quoren geprüft. Davon reagierten mit allen Methoden überein-
‘cerebri usw, ° 7
Das Vorkommen solcher nicht spezifischer Ausschläge liegt -
stimmend positiv 203, negativ 205, zweifelhaft bzw. schwach
positiv 30. Bleiben als Rest 49, also beinahe 10% differente
Resultate. | | ne | |
Unter diesen ergaben 7mal die Wa.R. einen glatt negativen,
die kolloidalen Reaktionen einen positiven Ausfall und zwar mit
typischen Lues cerebri-Kurven, die auch in dem klinischen Befund.
6 Lues cerebri und 1 Lues spinalis) ihre Bestätigung fanden. Dem.
‚stehen aber 42 (!) Versager der kolloidalen Reaktionen gegenüber.
Diese setzen sich bezeichnenderweise in der Hauptsache aus 31 Tabes-
und Paralysefällen zusammen, bei denen unsere Wa.R. mehr oder
weniger stark positiv ausfiel, während die kolloidalen Reaktionen.
zum großen Teile keine oder nur so geringe Ausschläge zeigten,
daß sie von den bei normalen Liquoren bisweilen auftretenden
Veränderungen der Gold- bzw. Mastixkurve nicht mit. Sicherheit,
abzutrennen waren. |
Überhaupt scheint uns gerade diese letztere Frage noch
weiterer Aufklärung bedürftig zu sein. Während bei der Mastix-
kurve Linkstrübungen mehr oder minder starken Grades auch bei
normalen Liquoren vorkommen, ja sogar leichte Ausflockungen der.
stärksten Konzentrationen (!/, bzw. 1/2) nicht für pathognomonisch
gelten und erst deutliche Flockungen von !/, beginnend allgemein
als positiv. angesehen werden, herrscht betrefis der Auslegung
schwacher Verfärbungen der ersten 4 Verdünnungen (!/ıo bis 1/30)
bei der Goldreaktion bis zu deutlichem Violettrot keine Einigkeit.
Nach Lange (I. c.) sollen derartige Ausschläge mit hochrotem ein-
wandfreien Goldhydrosol bei normalen Liquoren nie vorkommen,
dagegen gibt Kafka (15) neben dem völlig unveränderten Farben-.
spiegel gerade die eben geschilderten Veränderungen ausdrücklich
als Normalkurve an, und auch uns sind zahlreiche mit guter Gold-
lösung geprüfte Normalfälle gerade mit diesen Verfärbungen vor-'
gekommen. Wir haben zunächst geschwankt, ob wir darauf eine‘
verdächtige Diagnose aufbauen sollten, haben aber davon Abstand
genommen, als dann die klinische Beobachtung ihre Aufrecht-
erhaltung nicht gestattete. an | i =
Auf diese Weise haben wir eine ganze Reihe von Fehldia-.
osen vermieden, aber trotzdem, obgleich eine verhältnismäßig
große Zahl sicherer. Tabes- bzw. Paralysefälle negativ reagierten,
unsere Lösungen also eher als zu schwach anzusprechen wären,
noch eine Reihe von direkt falschen Resultaten (für Lues charakte-
ristische Kurven von ausgesprochenem Linkstypus) gehabt.
Es würde den Rahmen unserer Abhandlung überschreiten,
die Kurven hier einzeln aufzuführen. Wir möchten uns daher an
dieser Stelle nur mit einer summarischen Aufzählung dieser (11)
‚Fälle begnügen und betreffs aller Einzelheiten auf die spätere aus-
führliche Publikation des einen von uns (Shirakawa) verweisen.
Es gehörten dazu 1 Myelitis, bei der die Mastix- glatt negativ,
dagegen die Goldreaktion positiv war, 1.Pseudotabes alcoholica (!),
‘3 Fälle von Meningitis purulenta, 1 septischer Abort mit menin-
gealer Reizung, 2 Urämien, 1 Cysticercose und 2 tuberkulöse Menin-
gitiden, von denen eine eine typische Tabes-, die andere eine ebenso
typische Paralysekurve ergab. a.
Dazu könnte noch ein von uns als zweifelhaft registrierter
Fall von Gliom des Corpus striatum mit Blutung in den 4. Ventrikel
gerechnet werden, der durch Sektion sichergestellt wurde und
dessen Liquor sich allerdings durch deutliche Xanthochromie aus-
"zeichnete, trotzdem aber eine typische Lues cerebri-Kurve mit nur
ganz geringer Verschiebung nach rechts ergab.
Im. Gegensatz hierzu erhielten wir bei mehreren normalen `
Liquoren mit Blutbeimengung charakteristische Kurven mit Rechts-
verschiebung, während die linke Seite der Verdünnungsreihe unver-
ändert blieb, ferner typische Veränderungen nach rechts bei 3 tuber-
kulösen Meningitiden und 1 Tumor cerebri. Zu erwähnen wäre
noch die Untersuchung einer Encephalitis lethargica, bei. der alle
3 Reaktionen glatt negativ verliefen. SEP, | |
Daß bei der Mastix- und der Goldreaktion nicht selten Fehl-
resultate vorkommen können, ist in der Literatur oft beschrieben
worden. Ich brauche nur auf einige Arbeiten der jüngsten Zeit zu
verweisen. So sahen unspezifische Ausfälle, mit Lueskurventypus
Grütz (l. o.) bei chronischen Dermatosen, Biberfeld (l. c.) bei
multipler Sklerose, Encephalitis epidemica, Arteriosklerose, Epi-
lepsie, Pick (l. c.) bei Staphylokokkenmeningitis, Endotheliom der:
Dura, Tumor cerebri, Goland Ratner (16) bei Dementia prae-
cox, v. Thurzó und Széky (l. c.) bei Epilepsie, Arteriosclerosis
-em-es mt anm nen
wohl in der Natur der kolloidalen Reaktionen begründet, deren Ver-
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. . Symptome richtig verwertet werden kann und darf.
<- interessante und wissenschaftlich wertvolle R
ihnen aber nicht.
Schluß -auf die Art. der Nervenerkrankun
und Weintraub (17) u. a. näher gerückt würde. Sie sind ebenso-
wenig. wie die Sachs-Georgi- bzw. die Meinickeraktion durch
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© ©. - 1894 — MEDIZINISCHE. KLINIK — Nr. 49..
ständnis uns durch die systematischen Untersuchungen von Presser
auf, daß sowohl mit der obenerwähnten Technik als auc
mannigfachsten Abäuderungen keine deutlichen Fällungen
. wären. ' So ‘suchten wir durch Elektrolyte eine
Reaktion herauszubekommen und haben in dem
Meinicke (19) bei seinen Trübungsreaktionen v
moniumchlorids, in 1,5%iger Lösung
funden. |
spe-
zifischen Charakter ausgezeichnet, sondern. geben uns, wie ein
Spiegelbild, das. Verhältnis der Globulin- und Albuminverteilung.
wieder, das bei der Lues meist in charakteristischem Sinne ‚verändert,
ist, aber einen sehr ähnlichen oder auch den gleichen Quotienten
bisweilen. bei. anderen. Affektionen des Zentralnervensystems. auf-
weisen kann. Aus’ dieser Überlegung heraus erklärt sich zwanglos |
die Möglichkeit des Vorkommens gleicher Kurvenspektren bei Lues
und Nichtlues. Ebenso ergibt sich daraus die Folgerung, daß. der
Ausfall der kolloidalen Reaktionen des Liquors nur mit Vorsicht
und unter ‚Berücksichtigung der übrigen Befunde, vor allem’ der
mit Originalluesleberextrakten ausgeführten Wa;R. und der klinischen
erwandten Am-
Der Versuch gestaltet sich dann in einfachster Weise folgender-
maßen: -In einem gewöhnlichen Reagenzröhrchen 1
abgemessenen Menge klaren Liquors - (z.
Quantum .1,5°/,iges Ammoniumchlorid, d
' und ebenso viel. Siliquid. am. Rande des G
gut durch und liest das Resultat nach‘ kurzer Zeit, etwa einer
Minute ab. Die negativen. Röhrchen bleiben klar,
trüben sich’ schwach (-H) oder stärker (-4+--1). Ganz geringe Spuren
einer Trübung, was aber selten vorkommt, werd
Wenn auch in den positiven Fällen "keine Ausflockung auftritt, eine
solche sich bis jetzt;
nicht. erreichen ließ, 'so-sind die Unterschiede doc
‚Auge bei gewöhnlichem Licht gut ablesbar.
Wir habe
Es hat sich nach unseren Befunden also bei Lues. genau wie
bei der Blutuntersuchung so auch für die Liquordiagnostik,,.
die Original-WaR. als die Hauptmethode bewährt, während
wir die kolloidalen Methoden in ihrer Kurvenablesung zwar als.
i eaktionen . auflassen;
‚die gleiche diagnostische Bedeutung. zusprechen
Denn: es ließ ‚sich. aus ihrem Kurventypus ‚kein sicherer |
g überhaupt und im.spe-
ziellen auf. ihren Juetischen. Charakter ziehen, worauf auch neuer-
dings K. Blum (18) hinweist, der vor einer dogmatischen Auf-
stellung von krankheitsspezifischen Kurven direkt warnt. Dagegen
haben wir bei der Wa.R. im Liquor, wenigstens’ bei positivem Aus-
fall, keine Unspezifitäten beobachtet. 2... =
. _ Dies soll natürlich nicht der hohen 'wissenschaftlichen Be-
deutung der kolloidalen Reaktionen irgendwie Abbruch tun. Haben
können:
: 104 Liquoren untersucht und eine fast vollstä
ihres Ausfalls mit der Mastixreaktion gesehen. Sie scheint nicht
so empfindlich auf Blutbeimenzungen zu sein,
giert aber genau‘ wie Mastix bisweilen unspezifis
läufig leider bei kein
meiden ist: .
wie diese, rea-
| ch, was ja aus-
den vorher gehenden. Ausführungen leicht zu verstehen und vor
er kolloidalen Liquorreaktion ganz zu ver.
‘sie uns doch. ein gutes Stück in der Erkenntnis der biochemischen
Vorgänge bei den Erkrankungen des Zentralnervensystems vorwärts.
gebracht und neue Bahnen
a gewiesen, deren weiterer Ausbau noch
lange. nicht erschöpft ist. x ee Gi
' Das Ziel, worauf es uns in erster Linie ankam, war die Prü-
fung ihrer praktischen Verwendbarkeit im diagnostischen Labora-
torium, da wir für die Liquordiagnostik eine kolloidale Eiweißreak-
tion neben der: Wa.R. nicht missen möchten, um auf diese Weise
grob. quantitative Fraktionsverschiebungen im Eiweiß-
gehalte des Liquors aufdecken zu können. -Ich möchte. hier von |
vornherein die Kollargol-, Benzo&-, Berliner Blau-, Schellack- und
‚ andere . Reaktionen übergehen,. da sie in ihrer jetzigen Gestalt
. ` Methoden umgesehen
-. ein Kolloid lenken
praktisch kaum in. Frage kommen. Ebenso können wir von der
=- Nonne-Reaktion ab
. . verwertbar ist.
bsehen, die ja diagnostisch ebenfalls nicht’ sicher
` Wir haben uns daher noch nach anderen möglichst einfachen
und möchten hier die Aufmerksamkeit auf
, dessen Verwendung kürzlich von Schwarz (l c.)
` .
empfohlen wurde.. ` |
' Während. die Anstellung
reitet, und der Bezug fertiger Lösungen im großen auch auf Schwie-
rigkeiten stößt,: wird die kolloidale Kieselsäure von verschiedenen |
‘Firmen: hergestellt und z. B. in guter und hältbarer Qualität von
F un des. el ‚gleichwertig. Die Siliquid-Reaktion -hat den. Vorteil, daß ’das
Vorschlägen von Schwarz
Boehringer und Söhne in Ludwigshafen in
„Siliquid“ handelsmäßig vertrieben!) .
Wir haben nun zunächst nach den
entweder zu 1. ccm Liquor 10 Tropfen: Siliquid hinzugesetzt oder
zu 1 cem Siliquid den Liquor langsam zutropfen lassen, haben aber
mit dieser Versuchsanordnung keine guten Resultate erhalten. Ebenso
- wollte es uns nicht gelingen, analog dem Vorgehen bei der Gold-
. bzw. Mastixreaktion durch verschiedene Modifikationen Verdünnungs-
`. uns dazu umsomehr berechtigt, als Mastix, kolloidales Gold und .
kolloidale Kieselsäure gleichsinnig elektronegativ geladen sind,
blieben uns dabei nätürlich stets bewußt, daß ihre Wirksam-
keit noch von der Größe der Ladung und. den verschiedensten
reihen und dadurch entsprechende Kurven zu gewinnen. Wir glaubten
1) Wir möchten auch an dieser Stelle der genannten Firma für
Überlassung des Siliquid unseren verbindlichsten
die a
Dank aussprechen.
x
Albu
lichkeit noch steigern zu können.
-schlug auf die Verteilung
der Mastix- und der Goldreaktion
. | dazu kommt noch, bei der Goldlösung
ziemlich umständlich ist, zum. Teil erhebliche Schwierigkeiten - be-
und .mit der von uns benutzt
. |. Nr. 83, S. 1128..— 17. Presser un
mit ihrem weiteren Ausbau beschäfti
EE | Zusammenfassung:
i. Keine der b
‚anderen Faktoren in gewissem Grade abhängig ist. Es fiel uns nun..
h mit den“
zu erzielen.
Verstärkung der. .
Zusatz des von.
ein brauchbares Mittel ge
äßt man zu einer
B. 0,25 ccm) das gleiche
as lange Zeit haltbar ist,.-
lases hinzulaufen, schüttelt
i
die positiven `-
en mit Æ+ bezeichnet: `
‚auch bei Änderung der Versuchsanordnung, `
h mit bloßem
| n. mit . dieser. verstärkten Siliquidreaktion bisher -
ndige Übereinstimmung
So gibt uns: die Siliquidreaktion über die veränderte Globulin- .-
minverteilung im Liquor den gleichen Aufschluß wie die Gold-
bzw, Mastixlösung, sie hat aber den Vorzug der bequemen Be- `
‚schafung der Reagentien, der Einfachheit und Billigkeit. Wir sind .
gt ünd hoffen, ihre Empfind- `
isher für die Praxis empfohlenen kolloidalen -
Liquorreaktionen hat sich uns in diagnostischer Beziehung der Wa.R.
‚mit Originalluesleberextrakten als gleichwertig. erwiesen. Nur bei -
Lues cerebri scheinen sie in: einem :
- 2. Die Gold- bzw. Mastixreaktion
Liquor, ihre Kurvenablesung lief
3. Bei beiden Reaktionen finden sich nicht ganz selten, gerade
in differentialdiagnostisch wichtigen Fällen,
stellung einwandfreien Goldhydrosols.. Me
| 4. Kolloidale Kieselsäure, in Form des sogenannten Siliquid
der. Gold- oder Mastixreaktion: in "diagnostischer Beziehung ` als
Präparat fertig im Handel‘ zu beziehen ist und daß bei der Amr
stellung
erübrigt. | 2
Literatur: 1 Lange, Handbuch von Kraus-Brogsch, Spezielle Pathologie
und Therapie innerer Krankheiten, Bd. 2. — 2. Flock enhaus und Fon3908,
D.m.W. 1924, Nr. 31, S. 1045. — 3. Erwin
‚Piok, Arch; t. Derm. 1923, 144, S. 104 —
4. Schmitt. Zschr. f. Neurol. 1923, 84, S.. Í
91 und Klin.W schr. 1924, Nr. 29, S. 1822 —
6. v. Thurzó und Széky, Zschr. f. Neurol. 1924, 88, S. 134. — 6. Biberfeld,
Ebenda, 1923, 83, 5.866. — 7. Kafka, Taschenbuch d. prakt. Untersuchungsmethoden
usw.. Berlin, Julius Springer 1922. — 8, Eskuchen, Klin.Wschr. 1923. Nr. 45, 3.207.
9. Robert Schwarz, Ebenda, 1924, Nr.23, S. 1026. — 10. Marie Custer, M.mW.
1928, Nr. 14, 8. 482. — 11. Mayr, Arch. f. Derm. 1928, 144, S. 200 und Zschr. £ d
‚ges, Neurol. und Psych. 1923, 87, H. 4/6, S. 461. — 12. Grütz, Arch. f. Derm. u
Syph. 1922, 189, H.8, 3.426. — 18. Lenzberg, Zsohr. f. d. ges. Neurol. 1924, 88, S. 670.
14 Blamenthal;, Zschr. £ Hyg. u. Infektionskrkh. 1928, 101, H. 3, S. 298. —.
‚10. Kafka, Klin. Wschr, 1923, Nr. 18,.8.829. — 16. Golant-Ratnor, M. m.W: 19%,
d Weintraub, Zschr. f. Immun.-Forsch, 192%
86, S. 84. — 18. K, Blum, Zschr, f.d. ges, Neurol. 1924, 88,_S. 674. — 19. Meinicke;
Kiin. Wschr. 1924, Nr. 9, S. 861.
& 2 > . um ns ny 5 ni
en Versuchsanordnung, zeigte sich
gestatten zwar einen Rück- :
der Globulin- und Albuminfraktionen im. -
ert aber diagnostisch für Lues nicht
‚sicher verwertbare Resultate., © © ` Dr Zr
unspezifische Ausschläge,
die Schwierigkeit. der Dar-
‚der Reaktion. das .Ansetzen von Verdünnungsreihen. sich _
%
gewissen. Prozentsatz mehr
t positive Ausfälle zu geben, | >
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7. Dezember 1924 © Nr.49. — MEDIZINISCHE KLINIK — Anzeigen.
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zur Reizvakzine-Therapie und Diagnose
gonorrhoischer Erkrankungen
Die Keimabtö Stung durch Yatren-Lösung
gewährleistet im Gegensatz zu der sonst üblichen
Hitze- und PRENOINE ME
durch unveränderte Konservierung des Bakterien-
Eiweißkörpers, ferner sichere und dauernde
Sterilität und ermöglicht daher gefahrlose Verwendung auch.
von Flaschenpackungen zu wiederholter Anwendung,
daher
Durch die Kombination der spezifischen aber beson-
ders allgemein reaktiven. Bakterien-Reizkomponente
mit dem vorwiegend. Herdreaktionen auslösenden
Yatren ergibt sich durch Reduktion der Keimzanhl
therapeutisch optimale HMerdreaktion
bei geringfügigen Allgemein-Reaktionen.
Original-Packung: Karton mit 6 Ampullen a 21/, ccm mit steigenden Kelmzahlen
25, 50, 100, 200, 2560, 300 Millionen Kelme pro Ampulle.
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Ausreichende Versuchsmengen und Literatur stehen kostenfrei zur Verfügung.
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PRS ii = = befähigt den Organismus zur raschen, hen aeaa Iys a RR = =
Ei I => Anwendungsgebiet: Namentlich akute und subakute Infektionen wie sept. Aborte, Puerperal- =
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3 l ‘ii IN = = Dosierung: 2 ccm intramuskulär. Wiederholung nach Bedarf ohne anaphylaktische noch sonstige Nebenerscheinungen. : =
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Bull! Ki S = Z | = =
Sl HN = = Proben und ausführliche Literatur dur: =
Aa, Vigi =: KALLE & Ca Aktien esellschaft, BIEBRICH Rh in. J
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7. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
- Pharmazeutische Präparate.
_ Therapeutische Notizen.
Von Prof. Aufrecht, Magdeburg.
Akuter Gelenkrheumatismus ist von mir Jahre lang mit
Salizylsäure behandelt worden. Die Erfolge waren sehr befriedigende.
Aber die Nebenwirkungen, wie Ohrensausen, Störungen der Magen- -
funktion bis zum Auftreten von Magenschmerzen waren häufig so
lästig, daß ich einen Ersatz zu finden mich bemühte. Diesen bot
mir das Diplosal. Seine Wirkung ist eine ebenso günstige; dabei
ist es fast gänzlich irei von Nebenwirkungen. Ich habe davon
nehmen lassen am ersten Tage Amal 2 Tabletten zu 0,5 g, am
zweiten Tage 3mal 2, am dritten Tage aussetzen lassen und das
im Bedarisialle in gleicher Weise wiederholt.
= Ein paar Male habe ich bei sehr protrahiertem Gelenk-
rheumatismus, gegen den alle allgemein gebräuchlichen Mittel ohne
Erfolg angewendet worden waren, Chininum hydrochloricum mit
überraschendem Nutzen empfohlen. Die Patienten eruielten davon
0,5 g in Oblaten 2 mal täglich mehrere Tage nacheinander.
Der Anwendung eines Narkotikums bei mangelndem Schlaf
steht nichts entgegen.
Arsenik habe ich seit Jahren nur in der Form von Pillen
zusammen mit Eisen angewendet und Erwachsenen verordnet:
| + Acidi arsenicosi 0,8
Ferri reducti 5,0
Pulv. rad. Gentian. 4,0
Extr. Gentianae q. s.
ut. f. pil. Nr. 100
l D. S. 2mal täglich 2 Pillen, nach dem ersten Frühstück und
nachmittags nach dem Kaffe oder Tee zu nehmen.
Als Indikation zur Anwendung galten mir Fälle von schwerer
Anämie, von Chlorose, besonders wenn sie von Kopfschmerzen be-
gleitet war, und von perniziöser Auämie. Auch bei letzterer habe
ich einige Male befriedigende Erfolge gehabt.
Ich knüpfe daran ein paar Bemerkungen. Zunächst habe ich
mich durch sehr häufigen Gebrauch dieser Verordnung überzeugt,
daß das Arsenik in dieser Form außerordentlich gut vertragen wird.
Ich habe niemals eine Störung der Magenfunktion fulgen sehen,
auch wenn die verordnete Menge 3- oder 4mal nacheinander ge-
nommen wurde.
Ferner erwies sich mir der bei Anwendung der Solutio
Fowleri eingehaltene Brauch, die Dosis allmählich zu steigern und
wieder allmählich zu verringern, als überflüssig. |
Schließlich habe ich zu bemerken, daß ich von der sub-
kutanen Anwendung von Arsenpräparaten keine besseren Erfolge ge-
sehen habe, wie von der Anwendung der hier empfohlenen Pillen.
| Die Tinctura Chinae composita und das Acidum
hydrochloricum sind sehr gute Stomachika. Aber die erstere
wird in zu geringer Dosis, das letztere in zu starker Konzentration
angewendet. Ich empfehle von jener nicht wie es allgemein ge-
schieht, 20—30 Tropfen, sondern 1—2 Teelöffel in 1 EBlöffel Wasser
1/2 Stunde vor dem Mittagessen uud im Bedarfsfalle . ebenso vor
dem Abendessen nehmen zu lassen. — Die Salzsäure dagegen wirkt
am besten in starker Verdünnung in refracta dosi. Ich habe stets
verordnet: Acidi hydrochl. 1,0
Syr. simpl. ‚0
Ag. destill. ad 200,0
2 stündl. 1 EBßlöffel.
Es steht auch nichts im Wege, beide Medikamente gleichzeitig
zu verordnen.
: Vom Kokain habe ich bei verschiedenen Affektionen des
Mundes, des Rachens und des Larynxeinganges Gebrauch gemacht.
Dazu empfiehlt es sich, daß man das Mittel jederzeit bequem zur
Hand hat. Ich halte mir 3cg-Pulver in Charta cerata vorrätig,
feuchte zur Anwendung einen kleinen Tuschpinsel mit Wasser an
und kann damit das ganze Pulver von dem Pulverpapier aufnehmen.
Bei Zahnschmerzen habe ich gelegentlich rasch Linderung schaffen
können. Bei mir selbst habe ich zweimal eine Zahnextraktion
vornehmen lassen, nachdem der kranke Zahn und das ihn um-
sebende Zahnfleisch eingepinselt worden waren. Die kaum eine
halbe Minute nach der Bepinselung vorgenommene Extraktion: ver-
ursachte mir keine Schmerzen. Der Zahnarzt glaubte freilich nicht
an den Nutzen des in solcher Weise angewendeten Kokains; mir
hat. es jedenfalls sehr wohlgetan. | p
‚Besonders zweckmäßig ist das Bepinseln des weichen Gaumens
mit dem von’ dem angefeuchteten Pinsel aufgenommenen Kokain
vor der laryngoskopischen Untersuchung. Ohne dieses Vorgehen
war mir früher manche Untersuchung wegen der durch den ein- .
geführten Spiegel angeregten Würgbewegungen unmöglich. . |
Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Empfehlung nicht
unterlassen, allen: Müttern den Rat zu geben, sie möchten ihre
Kinder in gesunden Tagen einüben, sich zur Besichtigung des
Pharynx die Zunge mit einem Löffelstiel herabdrücken zu lassen..
Die Mutter kann das schrittweise ausführen, indem sie das Kind
erst an das Auflegen des Löffelstieles auf die Zunge und weiterhin
an das Herabdrücken der Zunge gewöhnt. Sträuben, Schreien und
schädliche Aufregung kann dem kranken Kinde erspart werden,
wenn der Arzt es nicht nötig hat, diese Prozedur zum ersten Male
vorzunehmen. | '
Die Anwendung reinen Glyzerins bei Trockenheit und
Borkigsein der Zunge und der Mundschleimhaut habe ich schon im
Jahre 1886 im 3. Heft meiner pathologischen Mitteilungen emp-
fohlen, erlaube mir aber, darauf zurückzukommen, weil ich bei
meinen gelegentlichen Beratungen mit Kollegen feststellen konnte,
daß von dieser Empfehlung noch nicht so allgemein Gebrauch ge-
macht wird, wie sie es zum Nutzen der Kranken verdient. Denn
an die Trockenheit, das Borkigsein der Schleimhaut, Begleiterschei-
nungen längerdauernder fieberhafter Krankheiten, besonders des
Abdominaltyphus, können sich folgenschwere Störungen anschließen.
Das Schlucken wird schmerzhaft und es kommt vor, daß die
Kranken wesentlich aus diesem Grunde die Aufnahme von Nahrung
verweigern oder dazu unfähig werden. Auch das Sprechen wird
in hohem Grade erschwert, ja unmöglich. Nicht unwahrscheinlich .
ist es, daß die Rachenschleimhaut und der Eingang in den Larynx
durch das Trockenwerden Schrunden sowie Risse bekommen, und
daß durch diese Risse Bakterien in das submuköse Gewebe ein-
dringen, so daß schwere Larynxerscheinungen eventuell eine Peri-
chondritis arytaenoidea folgen können. Auch für Parotisentzün-
dungen mag in. dem Eintrocknen der Mundschleimhaut ein be-
günstigendes Moment liegen. Hiergegen erwiesen gich mir Ein-
pinselungen von reinem Glyzerin besonders nützlich Sobald bei
den Kranken die Zunge trocken zu werden beginnt, wird zwei-
stündlich, ja noch häufiger, Glycerinum purissimum mit Hilfe eines
Pinsels auf die Zunge so reichlich aufgetragen, daß ein Teil davon
durch die angeregten Schluckbewegungen an die hinteren Partien
des Rachens und an den Larynxeingang gelangen kann. Das Ver-
schlucken selbst einer reichlichen Portion ist ganz irrelevant.
Dem Pflegepersonal ist besonders einzuschärfen, daß das zur `
jedesmaligen Pinselung erforderliche kleine Quantum Glyzerin aus der
Flasche in ein kleines Schälchen gegossen und ein etwaiger Rest fort-
geschüttet, ferner der Pinsel nach jedesmaligem Gebrauch ausge-
waschen und abgetrocknet wird, Dann kann Unsauberkeit nicht
mit Unkenntnis entschuldigt werden.
Zur Beseitigung des Soors ist bekanntlich seit längster
Zeit das Natrium boracicum im Gebrauch, und mit Recht. Ein
leinenes nicht gestärktes Tuch wird mit der gesättigten Lösung
reichlich angefeuchtet und damit die mit, mehr oder weniger großen
Soormengen bedeckte Mundschleimhaut leicht ausgerieben. Es
kommt aber auch vor, daß bei manchen langdauernden fieberhaften
Erkrankungen, auch Erwachsener, eine so reichliche Soorent-
wicklung vor sich geht, daß sie bis in den Anfangsteil
des Ösophagus sich erstreckt. Als nächste Folge zeigt sich
eine Erschwerung der Nahrungsaufnahme. Wo eine solche über-
haupt vorkommt, bedarf es in erster Reihe einer Inspektion des
Pharynx. Ich habe ihn bisweilen von Soor austapeziert gefunden,
obwohl Zunge und Mundschleimhaut davon frei waren. In diesen
Fällen habe ich das Natrium boracicum einnehmen lassen, und zwar
von einer Lösung von 8 g in 200 g Aq. dest., 2stündlich einen Eßlöffel.
Ich habe den Belag schon nach Verbrauch von 2 Flaschen schwin-
den sehen. Mehr wie 3 Flaschen habe ich in keinem Falle anzu-
‘wenden nötig, gehabt. | |
Gegen Pruritus vulvae habe ich mit gutem Erfolge Bor-
säurelösungen (30 : 1000) täglich !/, Liter zur Spülung der Vagina
angewendet und mit der gleichen Lösung angefeuchtete Läppchen
öfter zwischen die Labien legen lassen.
Holzsplitter unter den Fingernägeln kommen dem Arzte
häufig erst dann zur Behandiung, wenn Laien sich vergeblich be-
müht haben, sie zu entfernen. Dann sind gewöhnlich die unter
dem Nagelrande hervorragenden‘ Enden der Splitter abgebrochen
1741.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.49:
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und’ diese mit. einer Pinzette nicht, mehr zu fassen., Das Durch- Die linksseitige Leistenhernie bei einer alten Frau, von
> schneiden des Nagels mit der Schere aber ist eine Prozedur, die | der nach 18stündigen Einklemmungserscheinungen meine Hilfe be-
- -recht schmerzhaft und nicht üunblutig ist. Ich habe in solchen | ansprucht wurde, erwies sich manuell irreponibel. Ich ließ nun
| . ° Fällen mit einem scharfen Messer in mikroskopisch dünnen Flach- | die Patientin in Knie-Ellbogenlage bringen, machte einen Einlauf
I schnitten die über dem Splitter liegende Fläche des Nagels abge- | von mehr als einem Liter lauwarmen Wassers und wiederholte bei.
| —_ ` tragen, bis der’vordere Teil des'Splitters freilag. Derselbe konnte | dieser Haltung meinen Repositionsversuch. Die Hernie ging sofort
- “ nun mit einer Pinzette bequem. herausgehoben werden. Die Vor- | zurück; die Patientin war wieder hergestellt. Vielleicht ist es- der
nahme verlief stets schmerzlos und unblutig. ° .Mühe wert, diese Vornahme gelegentlich zu erproben.
2 |) =. Aus der Praxis für die Praxis.
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lat Gründzüge der ärztlichen Psychologie (Psychodia- er „Konflikt“, der in der Neurose zur
iA EEA. =- gnostik und Psychotherapie) in der täglichen Praxis.
Be ORE in " Von Dr. Heinz Fendel, Höchst a. M.,
Oio. S -© > ` Facharzt für innere und Nerveùleiden. Eur
; A E Er 7 l ‘i ' (F'ortsetzang aus Nr. 48.)
Naturtrieb und Kulturziel, d
Darstellung kommt.
Der ganze seelische Habitus eines Menschen kann das Pro-
dukt der mißglückten Abwehr, der. unzweckmäßigen Ver-
drängung, der Verdrängung im engeren Sinne sein. Viele ver-
schrobene und abnorm anmutende Persönlichkeiten sind Opfer der
' Wir haben bereits. erkannt: Die ärztlic
\ | h-psychologische Be- Verdrängung und Unterdrückung.
Bus = > deutung der Sexualität ist mit der Betrachtung derjenigen Phänomene, Freud und -seine Schüler. haben nun alles Krankhafte im
be. welche mit dem Sexualakt direkt oder irgendwie indirekt in Ver- | Sinne der. Neurose auf die Unterdrückung des Geschlechtstriebes
r: T bindung stehen, keineswegs erschöpft; vielmehr gilt es, den libidinösen | zurückgeführt: - |
LT =
Anteil solcher psychologischer Erscheinungen, die mit irgendeinem
geschlechtlichen Akt nichts mehr zu tun haben, aufzudecken und
So entspränge die Neigung, sich mit übersinnlichen Dingen
a sH Ki ärztlich. zu würdigen, Hierbei begegnen wir der Auffassung Freuds.
| -extrem zu befassen, aus der Furcht vor dem sinnlichen Inhalt der
zur Verdrängung verurteilten Vorstellungen.
. und seiner Schüler, alles sei sexuell erklärbar, die ganze Psychologie | __ Insonderheit seien die Erscheinungen der Zwangsneurose
"usa „und Psychopathologie seien ausschließlich auf der Libido aufzubauen. | auf teils bewußte, . teils unbewußte. Verdrängung zurückzuführen.
7 = TF > ‘. Der ‚Begriff der Libido ist. hierbei allerdings in einem ganz |. Wir hatten oben betont, daß der Gegensatz zwischen ethischer
"Hal - -ungewöhnlich weiten Sinne gefaßt. te a | Hyperästhesie und Naturbedürfnis ein reicher Quell für Schuld-
Ad o bibido ist ein Ausdruck aus der Affektivitätslehre. Wir | gefühle ist. Diese fordern nun einerseits zur Buße (z. B. in Form
HI Bu ‚heißen so die als quantitative Größe betrachtete — wenn auch | von Zwangskasteiungen). auf, werden anderseits, selbst wieder unter-
diy © > derzeit nicht meßbare — Energie solcher Triebe, welche mit alldem
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drückt, wobei- sich eigenartige Schutzmaßnahmen herausbilden,
welche das Unbewußtbleiben gewährleisten sollen. Auf solche Weise
entsteht der Erinnerungszwang, um die bewußten Erinnerungen gegen
| N: zu tun haben, was man als Liebe zusammenfassen kann. Den
RE u CARS: Be Kern des von uns Liebe Geheißenen bildet natürlich, was man ge-
BR: N RA ESE meinhin Liebe nennt und was die Dichter besingen,. die Geschlechts-
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2 die unbewußten aufzubieten, oder die Sammelsucht, um die Wahr-
I) poA wu liebe . mit dem Ziel der geschlechtlichen Vereinigung. Aber wir | nehmungsfähigkeit von den peinlichen -Erinnerungen abzulenken.
A rer . . trennen davon nicht ab, was auch sonst an dem: Namen Liebe An- - Des weiteren soll die. narzistische Veranlagung die Ent
fi E ~ teil hat, einerseits die Selbstliebe, anderseits die Eltern--und Kindes- | stehungsbedingung sein für den feststehenden, geistig verarbeiteten
ie liebe, . dié Freundschaft und die allgemeine Menschenliebe, auch | Wahn, der die echte Paranoia kennzeichnet. o
jei E nicht die Hingebung an konkrete Gegenständė und an abstrakte
pi |
In. ähnlicher Weise soll sich die homosexuelle Veranlagun
i! . Ideen. Unsere Rechtfertigung liegt darin, daß die psychoanalytische | auswirken: Das paranoische Mißtrauen sei eine unbewußte Abwehr-
Untersuchung uns gelehrt hat, alle diese Strebungen seien’ der Aus-
i maßregel' gegen andere, um den :unklar empfundenen perversen
il. ‘ ` druck der nämlichen Triebregungen, die zwischen den Geschlechtern | Trieb im Zustande der Latenz zu halten; die Wahnbildung sei der
e zur geschlechtlichen Vereinigung hindrängen, in anderen Verhält- | mißglückte Versuch zur Selbstheilung und Selbstrechtfertigung nach
vyw ` pissen zwar von diesem sexuellen Ziel abgedrängt oder in der Er- | der Katastrophe.
- tE: . reichung desselben aufgehalten werden, dabei aber doch immer
| _ „Auch im Bereich des autonomen Nervensystems sehen wir.
. genug von ihrem ursprünglichen Wesen bewahren, um ihre Identität | Durchbruchssymptome der unterdrückten Triebe. Da hier eine will-
kenntlich zu erhalten (Selbstaufopferung, Streben nach Annäherung). | kürliche Verhinderung durchaus unmöglich ist, so. ist dies gleichsam
Wir meinen also; daß die Sprache mit dem Wort „Liebe“ in seinen | der letzte Ausweg, den das Verdrängte einzuschlagen gezwungen ist.
vielfältigen Anwendungen eine durchaus berechtigte Zusammen- 'So.hat der Gynäkologe Mayer!5) in einem Falle den psycho-
‘ fassung geschaffen hat und daß wir nichts Besseres tun können, | genen Fluor auf däs traumatische Erlebnis, einer aufgelösten Ver-
als dieselbe auch unseren wissenschaftlichen Erörterungen und Dar- | lobung verständlich zurückgeführt. Ein solcher Zusammenhang is
- stellungen zugrunde zu legen“ (Freud). l l | in der Tat des öfteren zu beobachten, weshalb Stekel!®) diese
Auch wem derartige Ableitungen einer Wesensidentität aus | Sekretionsneurose als „Pollution“ bezeichnet hat..
der Wortidentität und. die dadurch erzwungene, vielleicht doch un- Die Beziehung zwischen . Angstvorstellung und Neurose ist
fruchtbare Simplizität des Verstehens. widerstreben, muß zugeben,. | uns:geläufig. Der Vaginismus gehört hierher, dem Walth ard 1.8.
daß erotische Bestandteile hie und da auch in den hochdifferenzierten | frühere unerlaubte Kohabitationen, Impotenz des Mannes, Ansteckung®
intellektuellen und moralischen Bedürfnissen nachweisbar sind. „Grad | furcht und ähnliche peinliche Erlebnisse. oder Vorstellungen zugrunde
und Art. der Geschlechtlichkeit ‘eines Menschen reicht bis in die | gelegt haben. Auch bestimmte Fälle von Menorrhagie wären 1
‘letzten Gipfel seines Geistes hinauf“ hat Nietzsche erfaßt. Und | diesem Sinne durch die Annahme von mehr minder unbewnßten
an.anderer Stelle heißt es: „Wie artig weiß die Hündin Sinnlich- | Abwehrtendenzen erklärlich.. Auf diese Zusammenhänge werden
keit um ein Stück Geist `zu betteln, wenn ihr ein Stück Fleisch | wir später noch des näheren zurückkommen.
- versagt wird. Hat sich nicht nur eure Wollust verkleidet und ' Aus dem großen sexuellen Konfliktkreis sei. schließlich noch
heißt nun Mitleiden?* TE | Ä ein Gebiet hervorgehoben, welches in der vernünftigen Empirie dar
Die höchste Form solcher Umwandlungsprozesse niederer Triebe | alten Ärzte schon immer richtig gewürdigt worden ist. Die un
in höhere Kulturleistungen hat Nietzsche durch den Ausdruck | glückliche Ehe als Ursache seelischer Konflikte ist in der Tsi
Sublimierung gekennzeichnet. „Wir trachten nach dem unge- | ein altes Thema. Nicht nur der offene Bruch und die Jauten
trübten, morgenstillen Lichte des Weisen, aber wir erraten: Auch.| Feindseligkeiten zwischen den Gatten, sondern gerade die unat
dieses Licht ist leidenschaftliche Bewegung, aber sublimiert, | gesprochenen Differenzen, die uneingestandenen Mißklänge beat
für Grobe unerkennbar.“ „Plato meint, die Liebe zur Erkenntnis | spruchen seit langem das Interesse der Psychologen. Der ärztliche
und Philosophie sei ein sublimierter Geschlechtstrieb.“ “| Psychologe muß damit rechnen, daß an der Wurzel.einer pegehledt
Nach Freud ist die Sublimierung die „geglückte Abwehr“ | nervösen Störung das Erlebnis der Impotenz, der erzwungenen Bo
der heftigen Wunschregungen, der wirklich erlösende, soziale Aus- | —————— ` |
gleich zwischen diesen und den Forderungen von Gesetz und Sitte.
Wo die Sublimierungsfunktion versagt, wo „die Abwehr mißglückt“,
bleibt der — oben geschilderte — ungelöste Widerspruch zwischen
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1) Mayor, Zbl. i. Gyn. 1922, Nr.142. 0... uam
18) Stekel, Störungen des Trieb- und Affektlebens. Berlin und
Wien 1922. | | | |
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7. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
1743
haltsamkeit, des außerehelichen Verkehrs, der Schwangerschaftsangst
und Ansteckungsfurcht sitzen kann. Er muß ferner wissen, daß
diese Erlebnisse ebensowenig wie die geheime innere Ablehnung
der angetrauten Persönlichkeit immer offen mitgeteilt werden, auch .
nicht auf Befragen, sondern daß sie in herkömmlicheren und besser
anbringbaren Klagen über Schmerzen ’und innere Störungen aller
Art zur Darstellung kommen. (Fortsetzung folgt.)
Geburtshililiches Brevier.
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden - Baden.
| (Fortsetzung aus Nr. 47.)
Die künstliche Frühgeburt. Sie wird von vielen Fachleuten
beim engen Becken verworfen, speziell in der Klinik ist sie sehr
zurückgedrängt worden; der praktische Arzt aber ist immer noch
auf sie angewiesen. Richtig angewandt, gibt sie bei nicht zu engem
Becken gute Resultate, vorausgesetzt, daß das Kind 36 Wochen alt
ist. Von besonderer Wichtigkeit ist auch, daß das Kind von seiner
Mutter gestillt wird und gute Pflege hat. Keineswegs darf die
künstliche Frühgeburt bei hochgradig verengtem Becken gemacht .
werden, Beckenverengerungen 3.—4. Grades d. h. Conj. vera
von 7—51!/, und unter 51/, werden ausgeschlossen; auch wird
besser bei Erstgebärenden keine. künstliche Frühgeburt
eingeleitet. Die vorteilhafteste Methode ist die mit dem Metreu-
rynter, er wird nach gründlicher Desinfektion und Dehnung des
Cervicalkanals mit Hegarschen Stiften vermittelst einer etwas ge-
bogenen Kornzange eingeführt. Der Metreurynter wird zwischen
Uteruswand und Eihäute gebracht, dann vermittelst einer
Spritze mit 1/,°/,Lysollösung gefüllt und dann die Kornzange langsam
zurückgezogen. Vor Einführung ist der Kolpeurynter auf
seine Dichtigkeit zu prüfen. Zuletzt wird am unteren Schlauch
eine kräftige Kordel angeschlungen, über das Bettende geleitet und
dort eine gefüllte Weinflasche oder ein Gewicht von 2—3 Pfund an-
gehängt. Kommen Wehen, können dieselben noch durch Pituitrin-
gaben unterstützt werden. Ist der Ballon ausgestoßen, sieht man
nach, wie weit der Muttermund geöffnet ist, und sprengt dann bei
genügender Öffnung die Blase; wenn die Öffnung nicht groß genug,
muß ein größerer Metreurynter nochmals eingeführt werden. Bei
Schädellage und guten Herztönen kann man abwarten, sonst muß
man wenden und gleich extrahieren. Das Wenden auf einen Fuß
mit darauf folgender Extraktion ist wohl das beste Verfahren,
freilich vertragen die frühgeborenen Kinder alle operativen Eingriffe
nicht so gut, deshalb meide man auch zu starken Druck auf die
meist noch recht weichen Kopfknochen. lch habe früher meistens
ein Bougie eingelegt (Catheterismus uteri) und habe auch manchmal
den Eihautstich gemacht. Alle diese Verfahren, die ja auch zum
Ziele führen, aber bei längerer Dauer bis zur Wirkung einmal zu
einer Infektion führen könnten, werden durch die Metreuryse
übertroffen. Die seinerzeit gestellten Forderungen von Fritsch,
Schauta, Opitz, die Geburten bei engem Becken in der Klinik zu
erledigen, haben viel Gutes an sich, scheitern aber an vielen Klippen
und sind deshalb nicht immer durchzuführen. Für den praktischen
Arzt bleibt deshalb die künstliche Frühgeburt weiter bestehen.
Anhang.
Zur Diagnose der Syphilis bei der Frau. Die Syphilis spielt
uns Ärzten manchen Streich in der Diagnose, so daß wir Fälle zum
Nachteil der Kranken garnicht oder zu spät erkennen. Besonders
ist dieses bei den Frauen der Fall, da hier die Auffindung des
Primäraffekts größere Schwierigkeiten als beim Mann macht. Wegen
Verstecktheit der Genitalien ist das Ulkus meistens nicht so leicht
aufzufinden. Auf die Anamnese kann man sich oft nicht verlassen,
da gerade hier gern geflunkert wird. Es wird auch die Erwähnung
der Syphilis als einer schlechten Krankheit manchmal von den
Patienten dem Arzte übelgenommen. Da die Syphilis bei der Frau
meist milder verläuft als beim Mann, wird sie auch leichter von der
Frau übersehen. Die Härte des Primäraffektes ist kein so häufiges
Begleitsymptom, sie besteht auch meist nur kurze Zeit. Oft findet
man auch nur eine wunde Stelle, die man für harmlos hält, und
die nach kurzer Zeit verschwunden ist. Die Erosion ist am Labium
majus meist mehr induriert als am Labium minus, meist auch mehr
erhöht (Ulcus elevatum geht mehr allmählich über, während das
Ulcus molle scharf abgegrenzt ist) An der Portio vaginalis ist
etwa in 15°/, aller syphilitischen Primäraffekte der Sitz des
Schankers; er kann hier wie auch sonst einfach und multipel sein.
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Zu unterscheiden ist er von Herpes colli uteri, der auf geröteter
Grundlage sitzende kleine Bläschen darstellt, die Ränder sind poly-
Es gibt auch
zyklisch. Auch das Ulcus molle kommt hier vor.
einen Herpes vulvae, der mit Sypbilis nichts zu tun hat. Dieser
Herpes vulvae ist leicht differentialdiagnostisch zu unterscheiden von
breiten Kondylomen (plaques muqueuses. syphilitiques) und Ulcera
mollia, ebenso ist die einfache Folliculitis vulvae leicht zu erkennen.
Die Induration des Primäraffektes liegt an der Basis, bei Ulcus molle
kann Pseudoinduration durch Argent. nitr.-Atzung auftreten.
Das Oedema indurativum ist eine öftere Begleiterscheinung -
des Primäraffektes bei der Frau an den großen und kleinen Labien,
die Schwellung ist ohne entzündliche Erscheinungen,
fühlt sich hart an und hinterläßt keinen Fingerdruck.
Der luetische Primäraffekt tritt bei der Frau, wenn auch
selten, extragenital auf, er kann z.B. an der Mamilla sitzen, am
Munde und Augenlid. Die klinische Diagnose wird durch
den Spirochätennachweis sehr erleichtert. Es helfen auch
sehr zur Diagnose die indolenten Lymphdrüsenschwellungen,
die Wallnußgröße erreichen können. Finger (Wien) lehrt, daß
frische Drüsenschwellungen meist rundlich sind. Meist sind
7—8 Wochen nach der syphilitischen Infektion alle
Drüsen geschwollen, es kommt zur Lymphadenitis uni-
versalis.
Drüsen an, also dieinguinalen, dann die iliakalen, dann die axillaren,
dann die cubitalen. Die chronisch indolente Lymphdrüsenschwellung
im Ganzen ist charakteristisch und pathognomonisch für Syphilis.
Der Primäraffekt der Portio vaginalis macht ausnahmsweise zunächst
keine Leistendrüsenschwellung, sondern Schwellung der hypogastri-
schen und iliakalen Lymphdrüsen. Bei Zweifel über den Sitz’ des
Primäraffektes soll man sich stets nach den am meist indurierten
und vergrößerten Lymphdrüsen umsehen, sie können so zur richtigen
Diagnose helfen. Bei Lues kommt auch ölters Fieber vor, es tritt
meist vor der syphilitischen Hauterkrankung in der Höhe
von 37,5—38,5 remittierend auf, dauert aber meist nur einige Tage.
Nach Fournier soll es gerade bei Frauen öfters vor-
kommen. Albuminurie kommt auch im sogenannten 2. Inku-
bationsstadium der Lues vor, sie ist als toxische Nierenreizung
aufzufassen, meist erreicht sie mit dem Ausbruch der Roseola ihren
Höhepunkt. Milzschwellung wird auch öfters beobachtet. Das
Leucoderma syphiliticum erscheint gewöhnlich im 3.—4. Monat
und tritt etwa in ?/iọ aller Fälle bei Frauen auf, die Erkrankung ist
fast immer auf den Hals beschränkt (Collier de Venus). Wenn man
bei der Mutter selbst keine Zeichen von Lues findet, so kann.man
oft durch Untersuchung der abgestorbenen macerierten Frucht die
Lues der Mutter feststellen. Ich beziehe dieses auf die Osteo-
chondritis syphilitica, welche in erster Linie am unteren Gelenke
des Femur auftritt. Die sonst bei gesunden Kindern gerade weiße
Grenzlinie zwischen Epiphyse und. Diaphyse ist hier verbreitert,
gelblich, wellig oder gezackt gegen den Knorpel vorspringend. Als
die Wa.R. und die Untersuchung auf Spirochäten noch nicht bekannt
war, hat mir ein solcher Befund öfters geholfen, die Syphilis der .
Mutter zu erkennen. Jede Mutter, die ein luetisches Kind geboren,
ist nicht, wie man früher nach dem Golles-Baumeschen Gesetz
annahm, immun, sondern ist wirklich mit Lues infiziert. Jetzt ist
auch allgemein anerkannt, daß es nur eine Übertragung von der
Mutter durch die Placenta auf den Fötus, die posteconceptionelle
placentare Infektion, gibt. Daraus folgt die Nutzanwendung,
daß jede Mutter behandelt werden muß, auch wenn sie keine lueti-
schen Symptome zeigt.
Es kommt bei der Lues darauf an, die Erkrankung so früh
als möglich zu erkennen, und noch ehe die Wa.R. positiv ist, was
selten vor der 5.—6. Woche der Fall ist. Der Spirochätennachweis
gelingt schon oft nach 10 Tagen, olt kommt die Wa.R. auch ver-
spätet, ebenso das Sichtbarwerden der Roseola. Zuweilen sieht man
auch gar keine Roseola.
Finden wir nach einer Entbindung eine beträchtliche
Volums- und Gewichtsveränderung der Placenta (nicht
selten ein Gewicht von 1000 und mehr Gramm) und dabei eine
schlecht entwickelte Frucht, ist dabei die Farbe der Placenta noch
verändert, mehr blaßrot bis weiß, ist nach E. Fränkel Lues
höchst wahrscheinlich vorhanden. Je frischer die Lues, um so
früher stirbt die Frucht ab. Verdächtig sind stets wiederholte
Aborte oder Frühgeburten macerierter Früchte. Auch der meist an-
geborene Pemphigus lueticus mit charakteristischem Befallensein
der Handteller und Fußsohlen hilft uns zur Diagnose der Syphilis
bei der Frau. (Fortsetzung folgt.)
Es schwellen die der Infektion zunächst gelegenen -
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1744
‚Prof, Dr. C. Ad am, Berlin (Augenkrankheiten),. Prof; Dr. E.
gültig ob klinisch: die Lues nachweisbar. ist oder nicht.
daher gegen eine Neuinfektion immun. Diese klinische Tatsache der
. Immunität der Mutter eines syphilitischen Kindes hatte Abraham
'. von der Ungültigkeit des Collesschen Gesetzes gesprochen. Diese
Ausdrucksweise der Autoren ist falsch und deshalb sei die Stelle
. u Referatenteil
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
"unter besonderer Mitwirkung von
Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Fr eund, Wien (Röntgenologie), Prot. Dr. H. Gorharts,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Grāft, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten),. Geh,- Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. HB. Hol
.d enn felder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P..Horn, Bonn (V-ersicherüngsrechtl, u geri
Medizin), dirig. Arzt Dr.Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie), P er
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie),
rof, Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O.Nordmann, Benin-
3 d Dr. S.Poltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pinkus, Berlin (Haut- u. Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Rinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin. (Nervenkrankheiten), Dr. W.Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene,
geleitet von Dr. Walter Wolff,
Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
dirig. Arzt am Königin Hlisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Übersichtsreferat.
í]
Theoretisches und Praktisches über kongenitale Syphills.
| Von Prof. Dr. Rietschel, Würzburg. = Ä
1. Das Collessche und das Profetasche Gesetz.
Es wird heute wohl von allen Forschern angenommen, daß
jede Mutter eines syphilitischen Kindes selbst syphilitisch ist, ee |
ie is
Colles (Dublin 1837) klinisch zuerst festgestellt und man hat des-
halb mit Recht vom Collesschen Gesetz gesprochen. - Neuerdings |
wird nun von manchen Autoren. wie Fischl. und Salomon direkt
von 'Colles wiedergegeben, auf der sich das Gesetz aufbaut.
A. Colles ‚schrieb: „Y have'never seen or heard of a single in--
stance in which a syphilitie infant (althaugh its mouth be ulcerated),
suckled by its own mother, had produced ulcerations of her breast:
whereas, very few instances have occurred, where a syphilitic in-
fant had not infected a hired wetnurse, and who had been pre-
viously in good health. It is a curious fact, that l have never
- witnessed nor ever heard of an instance in which a child, deriving
the infection of syphilis from its parents, has caused an ulceration
in the breast of the mother.“ ~ | Ä
Ich habe niemals einen einzigen Fall gesehen oder von einem
solchen gehört, in. dem ein syphilitisches Kind selbst mit Rhagaden
am Munde, das von seiner Mutter ans wurde, ein Ulkus an der
Brust der Mutter gemacht: hätte. Hingegen sind nur ganz wenige
Fälle bekannt, wo ein syphilitisches Kind eine gemietete Nähramme
nicht infiziert hat und wo diese dauernd gesund geblieben ist. Es ist
eine interessante Tatsache, daß ich. nirgends. von einem Fall gehört
habe oder .es sonst bezeugt ist, daß ein Kind, das seine ee von
den Eltern her erworben hat, einen Primäraffekt bei der Mutter ver-
ursacht hat. Ä
gehoben. Er sagt bei Besprechung einer Mutter, die 5 syphilitische
Kinder gestillt hat,ohne selbst angesteckt zu werden: „diese Erfahrung
-stebt in Übereinstimmung mit der Beobachtung, daß eine Mutter,
die mit einem vom Vater her syphilitischen Kind gravid ist, von
‚diesem, auch wenn sie es nährt, in der Regel nicht infiziert wird,
wie dies meist einer fremden Amme widerfährt.“ „Diese Tatsache“,
fährt Baumös fort, „ist. durchaus nicht auffällig; denn vom Be-
ginn der Gravidität an ist das Blut von Mutter und Kind so imig
gemischt, daß sie sozusagen nur eins bilden. Und wenn von dieser
Vermischung der Mutter ein Nachteil erwachsen würde, so würden
die Symptome schon früher als zur Zeit des Stillens des Kindes
sich zeigen“!). Beide Autoren betonen also in erster Linie
eine klinische Erfahrung, ganz besonders Colles. Wenn
wir daher vom Collesschen Gesetz sprechen, besteht dieses heute
zweifellos noch zu Recht. Denn die klinische Tatsache, daß eine
Mutter eines syphilitischen Kindes nicht für Syphilis empfänglich
1) Précis a et pratique sur les maladies ven£riennes.
Premiere partie par P. Baumes 1840, S.180:... „Madame B.....,
qui a nourri ses cing enfants, n'a jamais rien pris d'aucun de ses nour-
rissons. Ĉela est d'accord avec ce fait. d'observation qu'une mère,
ayant porté dans son sein un enfant syphilitique, qui doit l'infection
au sperme du père, ne contracte pas généralement, en nourrissant son
propre enfant, la maladie syphilitique, comme pourrait la contracter
une nourrice étrangère. Il n'a pas lieu de s'en étonner; car dès le
commencement de la gestation, le sang de la mère et celui de l'enfant
sont confondus; ils n’en font par ainsi dire qu’un; et si, de cette con-
fusion, de cette union, devait résulter quelque inconvénient pour la
mère, les symptômes n’attendraient pas l'époque l'allaitement, pour se
manifester. | |
»
Diese rein klinische Tatsache hat dann Baumöds wieder hervor- -
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ist, ist unbestritten. Es kann daher nur Verwirrung stiften, wenn
neuerdings Autoren wie Salomon und Fischl von der Ungültig-
keit des Collesschen Gesetzes sprechen, wobei diese Autoren den
Nachdruck natürlich auf eine Immunität ‘der Mutter legen;
die sie vom Kinde erhalten haben soll, während Colles
selbst diese theoretische Annahme ` gar nicht gemacht hat, schon
weil er eine solche Vorstellung gar nicht haben konnte. Erst spätere
Autoren (Caspary, Neumann, Finger u. a.) haben diese Tat-
sache immunbiologisch zu erklären versucht, ` > >
Während also das Collessche Gesetz zweifellos. völlig z
Recht besteht, ist der Streit um das Profetasche Gesetz, das von
den meisten Autoren abgelehnt wurde, in neuerer Zeit wieder reger
geworden. Es ist insbesondere Fischl aus Prag; der sich für die
Gültigkeit des Profetaschen Gesetzes eingesetzt hat, Unter dem
Profetaschen Gesetz verstand man bisher im allgemeinen die An-
nahme, daß (klinisch und serologisch) gesund geborene. Kinder
luetischer Mütter gegen Syphilis immun seien und.sich weder bei
der Mutter, noch sonst mit Syphilis infizieren könnten. Es ist nu
dankenswert, daß Fischl die Arbeiten von Profeta im Original
mitgeteilt hat, die wohl den meisten neueren Autoren unbekannt
geblieben sind (ganz ebenso wie die Mitteilungen von Colles ud
Baumds). Aus diesen geht hervor, daß Profeta das Gesetz viel -
enger formuliert hat. Es lautet nach Profeta so, „daß eine
während der Konzeption oder. in den ersten 8 Graviditätsmonaten
“erfolgte luetische Infektion auf den Fötus übergehen kann, Ge
schieht dies aber nicht und wird das Kind symptomfrei geboren,
so sind auch virulente luetische Produkte der Mutter oder einer
anderen luetischen Nährerin nicht imstande, es zu infizieren, da
es eine durch längere Zeit, d. h. bis zum vollständigen Austausche
seines primären Körperzellenbestandes andauernde Immunität intre-
uterin erworben hat. Aus diesem Grunde erklärt Profeta aud
die Infektion beim Passieren von hochinfektiösem luetischen Mate-
rial besetzter . Geburtswege für ausgeschlossen“ (Fischl). Au
Grund dieser weit strengeren Definition schrumpft in der Tat dss
bisherige Material, das gegen die Gültigkeit des Profetaschen Ge
setzes vorgebracht wurde, sehr erheblich zusammen; denn ein ge
sund geborenes Kind einer Syphilitikerin, das sich im 6., 10. Monat
seines Lebens oder gar nach 1 Jahr infiziert, wird damit nicht m
einem Beweis gegen das Profetasche Gesetz, sondern kann eher
für die Gültigkeit desselben herangezogen werden. Es. könnten nu
solche Fälle als Ausnahmen des Profetaschen Gesetzes gelten, in
denen das Kind einer Mutter, die in den ersten 8 Schwangerschalts
monaten Syphilis erworben hat, absolut gesund geboren wird un
sich bei der Geburt oder in der allerersten Zeit nach der Geburt
kutan oder an den Schleimhäuten infiziert, so daß es zu ein
‚akquirierten Lues mit typischer Sklerose mit folgender Rosel
kommt. Die meisten Fälle dieser Art kommen. nun dadurch u
stande, daß Mütter. in der letzten Zeit ihrer Schwangerschaft ml
Lues infiziert werden, eine typische Sklerose an den Schamlipp@
bekommen und nun beim Durchtritt des Kindes durch den Geburt
kanal die Infektion stattfindet. Da die Infektion während der letzte
2 Graviditätsmonate nicht zu einer allgemeinen Syphilis und dam
nach Profeta auch nicht zu einer Immunität der Mutter fib
sondern meist nur zu einem primären Schanker, so sind diese Fa
nach Profeta wieder ausgenommen, da hier noch keine Allgeme!
immunität der Mutter eingetreten sein soll, die auf das Kind übe
tragen wird (z. B. die neueren Fälle von Gerz, Schilling 1
Hoffmann, Bumm). Andererseits wird natürlich nur selten í
gesundes Kind geboren, wenn die Syphilis der Mutter schon mehr
"Monate vor: der: Geburt besteht. Es ist klar, daß nach die
strengen Aussonderung nur sehr wenige Fälle übrig bleiben). Al
= 2) Warum allerdings Profeta diese strenge Aussonderung tr
ist nicht recht einzusehen. Wenn wirklich eine relative Immun
von der Mutter auf das Kind übertragen werden kann, wann.
dies nur bei solchen Syphilisinfektionen der Fall sein, die bei oir
7. Dezember
auch diese wenigen Fälle der Literatur sind so .eindeutig, daß sie
eben die Ungültigkeit. des Profetaschen Gesetzes dartun. Ich er-
wähne die Fälle von Arning, Glück, Grünfeld, Haslund und
von Bering; Fälle, die auch Fischl im großen und ganzen anerkennt.
Zur Erläuterung will ich als Beispiel einen Fall aus der Lite-
ratur mitteilen:
Fall von Arning: Ein Mann, welcher bereits 2 gesunde
Kinder erzeugt hat, infiziert seine Frau im 4. Graviditätsmonate. Die-
selbe gebiert am 5. .Oktober ein gesundes kräftiges Kind, das sie zu-
nächst an beiden Brüsten, .dann wegen linksseitiger Rhagadenbildung.
nur rechts still. Mit 6 Wochen akquiriert das Kind eine ausgebreitete
zerfallende Sklerose an der Oberlippe, an welche sich nach 2 Monaten
ein papulöses Exanthem anschließt, dem Papeln ad nates und ad vul-
vam folgen. l
Fischl geht nun so weit, daß er, wenn diese gesund ge-
borenen Kinder von syphilitischen Frauen sich später, z. B. im 5.,
6. Monat oder mit 1 Jahr usw. mit Syphilis anstecken, darin eine
Bestätigung einer temporären Immunität nach. Profeta sieht. Ein
solcher Schluß ist aber viel zu weitgehend und in keiner Weise
berechtigt. Es liegt auf der Hand, daß klinisch diese Frage gar
nicht gelöst werden kann, da die Möglichkeit, ob sich ein gesundes
Kind bei einer luetischen Mutter anstecken kann, von hundert Zufällig-
. keiten: abhängt. Niemals aber darf man daraus, daß ein gesundes
Kind sich bei seiner syphilitischen Mutter nicht ansteckt, selbst
wenn es gestillt wird, den Schluß ziehen, wie dies Fischl tut, daß
hier eine (temporäre) Immunität des Kindes vorliegt. Sonst kommt
man zu den unglaublichsten Schlußfolgerungen. Sicher kann ein
luetisches Kind mit Papeln und Rhagaden im Munde leicht eine
gesunde Nähramme an der Brust infizieren, wenn auch hier Aus-
‚nahmen vorkommen und wir selbst luetische Kinder kennen, die
an der Brust einer Amme tranken, ohne diese zu infizieren. Aber
viel schwieriger kommt natürlich die Infektion von einer luetischen
Frau auf ein gesundes Kind zustande, auch wenn sie das Kind
stillt, solange -nicht direkt Papeln an der Mamma vorhanden sind?).
Fischl hat einen Fall gesehen, wo eine Mutter mit Papeln an der
Brust ihr Kind stillte, das nicht erkrankte. Leider ist nicht an-
gegeben, ob das Kind nicht unter jene Fälle gehörte, bei denen,
wie Fischl mitteilt, später eine positive Wa.R. auftrat und das
Kind behandelt wurde. Ich verweise auf die jüngst von. Zieler mit-
geteilten Fälle, wo 2 Kinder von einer Amme, die einen syphili-
tischen Schanker an der Brust trug, infiziert wurden. . Bei beiden
Kindern war von einem Primäraffekt nichts zu bemerken und nur
eine positive Wa.R. war das erste Zeichen der Infektion, worauf
dann die Behandlung einsetzte, so daß weitere Erscheinungen der
Lues nicht zum Ausbruch kamen. Ganz besonders spricht aber
gegen eine von der Mutter auf das Kind übertragene Immunität die
Tatsache, daß sogar völlig symptomlose Mütter mit positiver Wa.R.,
die im übrigen klinisch und subjektiv ganz gesund scheinen, Kinder
mit schwerster angeborener Syphilis zur Welt bringen können.
Gerade bei diesen (Colles-) Müttern müßten wir einen sehr hohen
Grad von Immunität voraussetzen, -da sie klinisch so gesund sind. |
Es kommt aber weniger auf den Grad der sogenannten Immunität
der Mutter als auf den Zeitpunkt der Infektion an; auch bei leichten,
ganz latenten Formen der Lues kann eine Mutter ein schwer
luetisches Kind zur Welt bringen, wenn eine Frühinfektion des
Fötus während der Gravidität stattgehabt hat. Auch kennen wir
bei der Lues, wie bei der Tuberkulose solche Immunstoffe nicht,
und wenn wirklich solche Stoffe vorhanden wären, so ist zu be-
denken, daß die Wassermann-Stoffe nicht durch die Plazentarscheide-
wand auf das Kind übergehen, sondern in dem Organismus haften,
in dem sie gebildet werden. Nur bei der Geburt, wo diese Scheide-
wand durchbrochen wird, ist ein Übergang möglich. Ob also diese
völlig hypothetischen Immunstoffe ohne weiteres durch die Pla-
zentarscheidewand durchgelassen werden, ist ebenfalls ungewiß.
Endlich ist aber darauf hinzuweisen, daß der allgemein schwere
zeption oder innerhalb der ersten 8 Schwangerschaftsmonate erfolgen ?
arum soll gerade bei einer jahrelangen latenten Lues einer Frau
eine solche Immunität fehlen, oder wenn sie vorhanden, auch nicht
übertragen werden können? Man sieht daher, daß diese ganze Argu-
mentation Profetas auf sehr schwachen Füßen ruht. |
3) Man denke, wie oft in der Zeit vor der Entdeckung der
WaR. solch luetische Ammen vermietet wurden. Während ich bei
meiner früheren Tätigkeit am Säuglingsheim in Dresden bei unseren
Ammen mit Hilfe der Wa.R. 8% wegen latenter Lues ausscheiden
mußte, war dies in der Zeit ohne diese Reaktion in etwa 1,5—2 % der
Fall. Früher wurden also viel latent luetische Ammen vermietet, und
doch spielte die Ansteckung so gut wie keine Rolle.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
Verlauf der Lues nicht für eine Übertragung solcher Stoffe spricht.
Der Fötus stellt im Gegensatz zur Mutter einen sehr guten Nähr-
boden dar und daher finden wir stets im fötalen Gewebe eine
massenhafte Vermehrung von Spirochäten, während im mütterlichen
Körper oft nur wenige Erreger zu finden sind. Das gilt selbst für
die Plazenta. Da die Mutter die Lues durch die Plazenta auf das
Kind überträgt, müßte man eigentlich annehmen, daß sogar der
mütterliche Anteil der Plazenta reichliche Spirochäten beherbergt
und diese von dort auf das Kind übergehen. Es hat erst langer
mühseliger Arbeit bedurft (Baisch, Trinchese, Weber), bis -
Spirochäten im mütterlichen Anteil der Plazenta ‚nachgewiesen
wurden, während sie im Fötus selbst, ja selbst in der Nabelschnur
und im fötalen Plazentaranteil reichlich zu finden sind. Diese .Tat-.
sache gab anfangs einigen Autoren immer wieder Veranlassung,
den Weg der Infektion vom Kind zur Mutter anzunehmen, während
wohl die zwangslosere Erklärung die ist, daß der jungfräuliche
Boden des Fötus einen sehr viel besseren Nährboden für die Spiro-
chäte darstellt als die mütterlichen Organe. So möchten wir daran
festhalten, daß trotz der Einwendungen Fischls das Profetasche
Gesetz von der temporären Immunität gesunder Kinder bei syphili-
tischen nichts weniger wie bewiesen und daher ungültig ist.
Die berühmten Ausnahmen des Collesschen Gesetzes, jene
Fälle also, wo eine Mutter von ihrem syphilitischen Kind wieder
mit Syphilis angesteckt wurde, machen heute einer Erklärung keine
Schwierigkeiten, Seitdem die Möglichkeit der Superinfektion bei der
Syphilis erwiesen ist, dürfen wir diese Fälle als echte Superinfek-
tionen ansehen. Ich habe selbst zuerst 1911 auf diesen Erklärungs- _
versuch hingewiesen, später haben dann Bruck und auch andere
| Autoren dieselbe Erklärung angenommen.
2. Mikroreaktionen des Blutes bei Syphilis.
Wie bekannt sind neben der ursprünglichen Wa.R. noch
andere Methoden (Flockungs- bzw. Trübungsreaktionen) im Ge-
brauch, speziell die Sachs-Georgische und die Meinickesche
Reaktion. Diese beiden Reaktionen zeigen in einem noch höheren
Prozentsatz Syphilis an als die Wa.R., haben aber dabei einen ge-
wissen Nachteil, daß immer einige unspezifische, nicht auf Syphilis
beruhende positive Reaktionen vorkommen. In der Praxis ist es daher
üblich, daß in den ‚Instituten neben der ursprünglichen Wa.R.
noch eine dieser beiden oder beide Reaktionen angestellt werden.
Nun ist in neuerer Zeit von Scheer die Saöhs-Georgi-Reaktion.
und von Dohnal und Meinicke die Meinickesche Reaktion als
Mikromethode ausgearbeitet worden. Diesen Mikroreaktionen kommt
klinisch zweifellos .eine große Bedeutung zu. Einmal kommt man
. mit so geringen Blutmengen aus, daß man unbedenklich bei jedem
Kranken diese Blutmengen entnehmen kann. Andererseits ist sie
technisch so einfach, daß sie wohl verdient, wenigstens in. allen
Krankenhäusern eingeführt zu werden. Für den Praktiker dürfte
sie sich jedoch noch nicht empfehlen, weil erst abgewartet werden
muß, ob sie eben so zuverlässig wie die Makroreaktion ist, und
weil sie eine gewisse Technik erfordert, die wohl nicht jeder Prak-
tiker besitzt. Was es aber für eine innere Klinik (Erwachsene oder
Kinder) bedeutet, jeden Kranken der Blutuntersuchung auf Syphilis
mit Leichtigkeit unterziehen zu können, wird jeder Kliniker an-
erkennen. Viele Kranke werden wochenlang beobachtet, ehe‘ die
Wa.R. angestellt wird, die dann möglicherweise positiv ausfällt,
weil vorher gar keine Symptome auf eine latente Syphilis hin-
weisen und man deswegen die Reaktion. nicht angestellt hat. Es
wird mit Hilfe dieser Mikroreaktion möglich sein, z. B. in einer |
Kinderklinik jedes Kind ebenso einer Blutreaktion zu unterziehen,
wie dies bei der Tuberkulinprüfung wohl schon heute in allen
Kliniken der Fall ist. Über die Mikroreaktion von Scheer stehen
mir keine Erfahrungen zu Gebote. Wohl aber möchte ich über die
Mikroreaktion nach Meinicke etwas sagen. Meinicke hat über
diese Reaktion auf der letzten Pädiater-Tagung in Innsbruck und
erst ganz kürzlich auf der Südwestdeutschen Dermatologentagung
in Würzburg berichte. Ich möchte die Technik wiedergeben,
damit diese' Reaktion möglichst in den Kliniken und Krankenhäusern
sich einbürgert, was ich für einen großen Gewinn halte. Diese Mikro- _
reaktion nach Meinicke ist.von Dohnal ausgearbeitet worden;
ihre Ausführung ist nach Dohnal (wörtlich zitiert) die folgende:
„Ungefähr 10.cm lange und eine lichte Weite von etwa
0,4 bis 0,8 mm besitzende, beiderseits offene Glaskapillaren werden
durch Einfließenlassen von Blut aus einem Blutstropfen, der durch
Finger- oder beim Säugling besser Zehenstich mit kleiner Lanzette
eventuell Nadel gewonnen wird, bis auf ein ungefähr‘ 1,5 bis 2 cm
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langes Endstück, welches blutfrei bleiben muß, gefüllt. Luftblasen
Nonne positive Reaktionen vorgetäuscht werden. Es darf also nur ganz frische
aN ' innerhalb der Blutsäule sind zu vermeiden. Von jedem Patienten | Extraktverdünnung sofort: nach der Herstellung verwendet werden‘)
Te | . werden am besten 3—5 Kapillaren auf die angegebene Weise ge- Meinicke hat diese von Dohnal angegebene Methode noch
HERREN: n füllt. Ihr blutfreies Ende wird unter Vermeidung von Erhitzung | vereinfacht, indem er auf die Blutmischungspipette verzichtet, und, da
oh i des Blutes, an einer kleinen Flamme, z. B. der eines Zündhölzchens, | das Verhältnis von Serum zu Reagens 1:5 sein muß, empfiehlt
a l. zugeschmolzen, was äußerst leicht vonstatten. geht. Das blutige.| zwei Platinösen zu benutzen, bei der die eine 5mal so viel aufnimmt
O E. | 4 Ende bleibt vorerst am besten offen und wird erst, wenn längere | als die andere. Es ist also nur notwendig, auf den Objektträger
a HIER Aufbewahrung oder Versendung der Blutprobe nötig, ist, nach einiger | die kleine Öse mit Serum auszustreichen, alsdann die große Os
a Sa ih! i Zeit durch Eintauchen in das flüssige Paraffin einer brennenden | mit Extrakt zu beschicken, beides auf dem Objekiträger zu mischen,
BER Edp o | IR Kerze verschlossen. Es ist gut, diè Kapillaren bis zum Eintritt der | ein Deckglas darüber zu legen, alles bei guter Zimmertemperatur
u u] N AATELISENA Gerinnung horizontal liegen zu lassen. | | Diy ‚eine Stunde stehen zu lassen und im Dunkelfeld anzusehen, also
ee | AENEA Die Ausführung der Reaktion gestaltet sich. folgendermaßen: | eine sehr einfache Methode. Stets wird es notwendig sein, bei
a E IHLUKIEN Die Blutkapillaren werden im Bereiche der Blutsäule, nahe dem | positivem Ausfall dieser Mikroreaktion die Diagnose der Lues. noch
‚ar a: E ENER gegen das offene Kapillarende gerichteten Ende derselben mit einer | nicht sicher zu stellen, sondern dann noch die Wa.R. und eventuell
Be. ON AITEN Feile geritzt und. abgebrochen. Mit dem abgebrochenen Kapillar- | eine Makroreaktion nach Meinicke und Sachs-Georgi angu
I N AERIENI ende wird das an’ demselben haftende fadenförmige Blutgerinnsel stellen. Es ist also eine vorbereitende Reaktion, die zunächst ein-
eu, Kal 1 aus jeder Kapillare vorsichtig herausgezogen und entfernt. Darauf | mal-orientiert, aber auch so außerordentlich wertvoll ist.
A i E EAHA AS . werden die Kapillaren auf einer gewöhnlichen Handzentrifuge, nach |. 8 Behfuäl a en Te |
a. EAA Ri WRIS § Einstellen in Zentrifugengläschen, deren Boden mit etwas Watte "9. DONE E Ve. PME v. |
BP ESG ERLEEK SEHN - bedeckt ist, durch 2—3 Minuten zentrifugiert. Eine Kapillare wird Am Schluß noch einige Bemerkungen über die Behandlung
en a iA núr knapp oberhalb: des Erythrozytensedimentes geritzt und abge- ‚der kongenitalen Syphilis. Die besten Erfolge gibt zweifellos die
\ BEER: SEBASTIAN) brochen. Ihr serumfreies Ende wird in den Trichter einer spitz- | Behandlung der Mutter während der Schwangerschaft. - Die. gùn-
a pl AEE ENRON VE len trichterförmig sich‘ erweiternden Kapillarröhre, welche an ihrem | stigen Erfolge sind besonders seit der Einführung des Salvarsan
ME En T TERAS TERN |i: anderen Ende einen Schlauch trägt, eingesteckt und an der Trichter- außerordentlich bemerkenswert; einmal kommt es bei diesen Frauen
El Fels. | l Hi mündung mit zwei Fingern festgehalten. Nun wird die Serum- ‚kaum mehr zum Abort und die Zahl der dauernd gesund gebliebehen.
ESTER U ERHEBT kapillare mit dem anderen serumhaltigen Ende auf die Spitze einer, | Kinder ist bei guter Behandlung in der Schwangerschaft eine recht.
AET aA REA PIS OA mit dieser stark schräg nach oben gehaltenen Mischpipette für | große. Bei den Kindern, bei ‘denen doch noch eine Syphilis auf:
Eee ERINRAN Leukozytenzählung gesetzt. Leichtes Blasen am Schlauch der | tritt, ist der Verlauf im allgemeinen viel milder. Deshalb sollte
23 Tean TORBEN BIOBISERHI EN Trichterkapillare bringt nun das Serum der Kapillare auf die Spitze | ‚überall dort, wo der Verdacht einer Lues bei der Mutter besteht
SUSE SER WARMAN N der Mischpipette. Es wird von selbst in die Pipettenkapillare, welche (positive Wa.R. beim Mann) eine Blutuntersuchung der Mutter
Eye T ER A han KRUSE INN rein und: trocken sein muß,. eingesaugt. Ist der Teilstrich 0,2 an während der Schwangerschaft ‚vom Hausarzt vorgenommen worden,
N. iM; RG RAR derselben erreicht, so ist die Serumfüllung beendet, die Serum- und wenn diese positiv ausfällt, unter allen Umständen. eine Be-
kapillare wird entfernt und die Serumsäule in der Pipettenkapillare
1—2 Teilstriche nach rückwärts gesaugt. '
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EEE i | HALL Cai 1 }
NEN ; HN mi. k i
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‚handlung einsetzen, auch. wenn klinisch sonst keine Zeichen von
Lues vorhanden sind. ip,
"Nun wird genau nach Meinickes Vorschrift der Extrakt in Die Behandlung der kongenitalen Lues beim Säugling gehört
7 : dia Mischnine is zum Teilstrich 1. der sich knapp vor der noch nicht zu den dankbarsten Aufgaben in der Medizin.; Hier
n: er BESTE aeh hoch) Dr e de: aufgesogen. D abel geht das Sn durch stehen sich die Meinungen noch sehr verschieden ae
SEES t Alpu hnti ia eine Luftblase vom Reagens getrennt, voran und tritt zuerst in die | mAn Sue Kombi Saba ee Sn ie nee
REES ERENERB AEE AUER Pipettenkugel, in welche dann bei vertikaler Stellung derPipette on 7 a on Ha Yi ah % e ini Ra das Quer
a gie PAN Eisen das Reagens nachgezogen wird. Ist die Mischung hergestellt, so | Wences werden Sol N 20 or eaa derti fr viele Kinde
nn. REIF FRA bläst man je einen Tropfen von ihr auf einen sauberen Objektträger, silber in Form des Kalomels (in Ol suspendiert) Tür vlee
SSH SHE REN EEA i bedeckt mit einem ebensolchen Deckglas und umrandet mit Hilfe nicht ganz gleichgültig ist, sondern sie in ihren ee
ET h aan SE ER Shat jiin . eines in warme Vaseline getauchten Pinsels. Die Dicke der Flüssig- bedingungen beeinträchtigt, wenn, wir auch anerkennen wollen,
EN a a At VER DIAREE MERN keitsschicht unter dem Deckglas soll nicht allzu gering sein. Sehr | das Kalomel das. wirksamste Quecksilberpräparat D PA
ER ER ART at HS I zu empfehlen ist auch folgendes Verfahren: Auf den Objektträger ‚empfiehlt Engel das, Noyàsurol Denen, And
N Nun legt man ein mit Vaseline bestrichenes Frauenhaar, darauf ein | syphilis. Uns fehlen darüber eigene Erfahrungen. Aniek iest
A EA Deckgläschen, so daß der Raum unter demselben durch das Haar |. (Göppert) halten immer noch an der Quecksilberse en kurt
DER Sn TI > etwa halbiert ist, erwärmt ‚dann leicht, sichert eventuell an den | die zweifellos sehr viel für sich hat. Wir N a ae
Eee lg ARRETE BNIA: zwei Stellen, wo das Haar den Raum unter dem Deckglas. verläßt, besonders bei etwas ‚älteren Säuglingen, den aan ce
ER SC TARA Ka PIN BEN. mit je einem kleinen Vaselinetröpichen und füllt ‚nun die beiden jektionskur geben. Wir bevorzugen immer Boch Wie, aa indd
E EE SAER durch das Haar getrennten Räume unter dem Deckglas durch Zu- und empfehlen sie auch dem Praktiker, weil wir ch der Kirn
Ta ae EAA RAH AN, . fließenlassen von der Seite mit verschiedenen Reaktionsgemischen. haben, daß bei längerem Gebrauch eines a Ib ist z
TEENA LEE AERE RSS FE = Da die Flüssigkeitsschicht beiderseits neben dem Haar naturgemäß Ne an) s a P e R nr 7 ealon aa
ES Be E EES ANIS ‚ die gleiche, durch das Haar bestimmte Dicke hat, ermöglicht dieses wechsiung wünschenswert. Wir gehen heu ee die Kombi-
war En A ERATARA TE DEN! einfache Verfahren einen exakten Vergleich der Bilder der ver- com Vorschlag Son ar. MAL LST WO E Tor AUEN d etwa
in SS E SAE EE ISHI: i schiedenen Reaktionsgemischebei mikroskopischerBeobachtung, nationsbehandlung von Quecksilber und Neosalvarsan & keilbe
> 7 Ve Bie uia HI MEGN, welche am besten im Dunkelfeld bei etwa 100- und 300facher, | 10 -12 Wochen ausdehnen, und daß wir 14 Tage lang ie Ian
Sp O ED TERE AA Sr SIR , ausnahmsweise auch 600facher Vergrößerung erfolgt. Diese Dunkel- - geben (2 mal in der Woche eine Spritze) und dann 14 Das
ERHEBEN AAN feldbeobachtung bietet äußerst charakteristische Bilder. Extrakt- Neosalvarsan einspritzen (ebenfalls 2mal in der Woche).
at IE RES AA verdünnung ohne Serum zeigen prinzipiell das gleiche Bild: zahl- Schema, das sich dabei ergibt, ist folgendes: y
EEES s A RREN. lose, lebhaft tanzende, kokkenartige Kügelchen auf leicht milchigem Neosalvarsan-Kalomelkur. Neosalvarsan-Schmierku
a 5 Ab EL EIME LIE TI Grund. Die negative Reaktion zeigt also Mikrosomen, und nur Kalomel Neosalvarsan . Schmieren Neosalvarsan
1 a AEDE AS Danti) RI HRG solche auf milchigem Grund; sie macht deshalb, besonders mit | Woche: s Sga Woche:
ee S i TAEA S; der schwachen Vergrößerung, einen höchst gleichmäßigen Eindruck, 1. 1.2.3.4. i 4. i. Woche |
E a EEEE N E Ganz anders die stark positive Reaktion. -Hier zeigt schon 2. | | . 2. 2. Woche HEN
AESA i ak ACER “die schwache Vergrößerung große, schneeflockenartige, bläu- | A LILILIV. 8 . u, LILEN
Br Slim: lich-weiße Gebilde auf pechschwarzem Grunde,. Mikro- 55678 | 3 9 Woche
N SS RR EE CAHANI: E -~ somen fehlen. Zwischen diesen beiden extremen Bildern kommen nn | | 64 Woche |
Bu E SERIE |; naturgemäß Übergänge vor, welche die schwächeren Reak- 7. V. VL VIL VII TaT V.V. VI. VIE
BEER 5. >] E tionen charakterisieren: kleinere, doch immer zahlreiche 8. 8. |
SEEE.: i Flocken neben verschieden zahlreichen Mikrosomen. Die soeben 9. 9.10.11.12. T - 9. 9. Woche
be nr JARI SH geschilderten Bilder bieten sich bei Beobachtung eine Stunde nach 10. - |. 10. 10. Woche | si
BE > AH Beginn der Reaktion, wie sie von Meinicke vorgeschrieben wird.“ 11. IX. X. XIL XIL 11 IK.X.X.
re: Hi Wie mir Dohnal leere R gibt a bei sauberem Arbeiten 12.. | 12 È |
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7 „Dezember
Dosierung:
Kalomel: 0,001 g pro kg Körper- Neosalvarsan: 1. u. 2. Lebensjahr
gewicht. Ungt. hydr. cin. 0,1 g
pro die und kg Körpergewicht. Körpergew. Dann allmähl. Zurück-
ehen auf 0,01 pro kg Körpergew.
m 14. Lebensjahr max. dos. 0,45 g
Neosalvarsan pro inj.
Kalomel wird, am besten in Öl suspendiert, mit der Zieler-
schen Spritze injiziert und nur in Mengen von 0,1 ccm. Man stellt
sich also eine 3— 5°/,ige Kalomel-Ölsuspension her, die stets vor
dem Gebrauch in Warmwasser gestellt und ordentlich geschüttelt
wird, da -sich erfahrungsgemäß das Kalomel auf dem Boden an-
setzt und die Lösung dann weniger wirksam ist. Man benutze
Flaschen mit einem kolbigen Boden (ohne Ecken). Weiter
empfiehlt sich, bei sehr schweren Fällen von Lues die ersten 14 Tage
nicht mit Kalomel zu beginnen, sondern mit einem milderen Prä-
parat, um größere Schädigungen des Kindes zu vermeiden. Wir
benutzen hier am besten Hydrarg. jolat. flav. ‚(Protojoduret)
(0,01—0,02 pro die). Von den Salvarsanpräparaten ist das Neo-
salvarsan für den Säugling am greignetsien. Auch das Neosalvarsan
wird möglichst in konzentrierter Lösung (in etwa 0,5 bis 1,0 cem
Wasser) entweder in die Kopfvene gespritzt oder, wenn dies tech-
nisch zu große Schwierigkeiten macht, intramuskulär gegeben.
Größere Infiltrate macht es nicht. Abszesse haben wir bei Neo-
salvarsan im Gegensatz zu anderen Salvarsanpräparaten nicht ge-
sehen. Das Silbersalvarsan eignet sich deshalb nicht, weil es nur
intravenös gegeben werden kann, und über das Silberneosalvarsan
existieren beim Säugling so geringe Erfahrungen, daß man heute nicht
darüber urteilen kann. Die Erfolge der Behandlung sind im allgemeinen
jedoch nicht so gut wie bei der Lues der Erwachsenen. Die Sym-
ptome heilen zwar, aber es ist nicht leicht, ein dauerndes Ver-
schwinden der Wa.R. zu erreichen. Die WaR. wird oft vorüber-
gehend negativ, um nach einiger Zeit wieder positiv zu werden.
Man wird deshalb bei jedem Kinde eine zweite Kur machen, die
man als gemischte Schmier-Neosalvarsankur durchführt. Diese
zweite Kur wird am besten im Alter von 6—9 Monaten angestellt.
Bei der Lues tarda ist die Heilung mit einer kombinierten Queck-
Silber-Salvarsankur besser als durch Quecksilber allein. Gewisse
Symptome verhalten sich bei der Behandlung außerordentlich
telraktär. wie z. B. die Keratitis parenchymatosa, die .nervöse
Schwerhörigkeit. Letztere wird sogar von manchen Autoren
usler) als eine Kontraindikation gegen die Salvarsantherapie
betrachtet. Bei kongenital syphilitischen Erkrankungen des Nerven-
Systems (Metasypbilis) sind die Erfolge im allgemeinen ebenso un-
befriedigend wie bei der erworbenen Lues der Erwachsenen. Immer-
hin mag bei später Lues tarda auch Jud gereicht werden (0,1—1,0).
Mit der Wismuttherapie ist die kongenitale Lues noch sehr
wenig behandelt worden, so daß darüber heute noch kein Urteil
gefällt werden kann.
Literatur: Bumm, Zbl. £ Gyn. 1923, Nr. 19. — Davidsohn, Zbl f. ges.
Kindhik., Bd. 14, S. 305, 837 (Literatur). — Dohnal, Derm. Wachr. 19:8, 77, S. 1029. —
Fischl, Mschr. £. Kindhik., Bd. 25, S.110 (Literatur). — Salomon, M.m W. 1928, S. 554.
— Sch.lling und Hoffmaun, Zschr. f. Kindbik., Bd. 88, S 581. — Zieler, M.m.W. 1923.
Sammelreferat.
Aus dem John McCormick-Institut für ansteckende Krankheiten,
Chicago, U.S.A. |
Beobachtungen an Ulcus molle-Infektion.
Von Clarence C. Saelhof.
Seit Ducrey im Jabre 1889 die Entdeckung seines Strepto-
bazillus mitteilte, ist es allgemein anerkannt, daß dieser Mikro-
Organismus der spezifische Erreger des weichen Schänkers_ ist.
berall in der Literatur findet man Berichte, daß die Reinkultur
des Streptobazillus große Schwierigkeiten bereitet. Auf Grund
neuerer Untersuchungen teilte Saelhof (1) mit, daß die Reinkultur
in folgender Weise gelingt: mit dem Sekret der Geschwüre wird
Kaninchenserum beimpft und dieses Serum wird nach 24 Stunden
auf frisch bereitete Aszitesphosphatagarplatten, die 5%, Hammel-
erythrozyten enthalten, übertragen. Nach 8 oder 4 Tagen sind die
einzelnen Kolonien mit einem deutlichen hämolytischen Hof um-
geben. Die Reinkultur gelang in dieser Weise in 65 °/, der unter-
suchten Kranken. i
Mit frisch isolierten Stämmen des Unna-Ducrey-Bazillus wurden
Agglutinationsversuche mit künstlichem Immunserum von Kaninchen
angestellt. Die Kaninchen wurden mit wechselnden Mengen leben-
der Bazillen in physiologischer Kochsalzlösung intravenös gespritzt.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
0,03, 3.—5. Lebensjahr 0,02 pro kg
‚ Gram-negativer Streptobazilien.
Die Ergebnisse waren unbefriedigende und nicht gleichmäßig, vor
allem weil häufig Selbstagglutination eintrat. Die 48 untersuchten
Stämme zeigten keine Unterschiede in ihrem serölogischen Verhalten.
Ferner wurden opsonischer Index und der Titer des Serums
im opsonischen Versuch bestimmt. Gleiche Mengen von Patienten-
serum, menschlichen Leukozyten und Aufschwemmungen des Unna-
Ducrey-Bazillus wurden 20 Minuten lang im Brutschrank gehalten
und dann im nach.Giemsa gefärbten Ausstrich untersucht. Der
opsonische Titer der Sera lag zwischen 1:48 und 1:384; der
Durchschnitt war 1:96. Der durchschnittliche opsonische Titer
für normale Sera war 1:16. Eine diagnostische Bedeutung scheint
der Bestimmung des opsonischen Index nicht zuzukommen.
Die bakterizide Wirkung auf den Unna-Ducrey-Bazillus wurde
bestimmt für Argyrol, Silbernitrat, neutrales Akriflavin und Mer-
kurochrom 220. Die beste Wirkung hatte Merkurochrom, welches .
‚das Wachstum der Bazillen in 0.03125 °/,iger Lösung nach 5 Mi-
nuten verhinderte, und Silbernitrat, -welches in 0,0625 °/,iger Lösung
die gleiche Wirkung hatte. |
Im Infektionsversuch wurde festgestellt, daß Kaninchen nicht :
‚infiziert werden konnten, mit Ausnahme einiger Fälle von Sekundär-
infektionen mit Bronchiseptikus u. & In Affen (Macacus rhesus)
verursachte die intrakutane Injektion von 3 ccm Reinkultur lokale
Papeln, die sich in Pusteln umwandelten. Wurden die Borken ab-
gehoben, so sah man unter ihnen flache, unterminierte Geschwüre
mit nekrotischeom Grund. Ausstriche der Wundsekrete zeigten
Gram-negative Streptubazillen. Ä
Pijper (2) veröffentlichte kürzlich folgende Schlußfolge-
rungen in dem Bericht des „Britisch medical research committee“:
„Die Kommission (3) findet nicht genügend Anhaltspunkte dafür,
daß. was klinisch als weicher Schanker bekannt ist, eine spezi-
fische Erkrankung ist, und daß nur ein einzelner Organismus ihr
Erreger ist.“ Brüch (4) teilt folgende Beobachtung mit. Er unter-
suchte zwei Frauen, die als Infektionsquellen für zwei Suldaten
mit Ulcus molle festgestellt waren. Obwohl U:ethra und Vulva
keinerlei Ulzerationen zeigten, enthielten die Absıriche von beiden
den Unna-Ducrey-Bazillus beinahe in Reinkultur. Brams (5) iso-
lierte Gram-negative Streptobazillen von Smegma in 5 von 30 In-
dividuen, hauptsächlich Negern, die klinisch nicht an Ulcus molle
litten. Diese isolierten Streptobazillen hatten morphologisch und
kulturell alle Charakteristika des Unna Ducrey-Bazillus. Sael-
hof (6) untersuchte 26 Männer mit langem, phimotischem Präputium
und faulig riechendem Smegma; in 2 Fällen gelang die Reinkultur
Kulturen von den Genitalien von
38 Frauen ohne die klinischen Erscheinungen eines Ulcus molle
ergaben Streptobazillen in drei Fällen.
Literatur: 1. Saelhof, Journ inf, dis., in press. — 2. Pijper, Med. journ.
soc. Africa 19:0—21. 16, p. 89. — 3. Medical. reseaıch committee; special report
series, Nr. 19: London, His Majestys stationary office 1418, p. 47. — 4. Brüch,
M.m.W. 1915, p. 136. — 5. Brams, Journ. amer. med. assoc. 1924, 82, 15, p. 1166.
— 6. Saclhof, Journ. urol, in press.
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 44.
Über die Wirkung des Insulins auf die. Azidosis- beim gesunden
Menschen im Kohlehydrathunger haben Thannhauser und Mezger-
München Untersuchungen vorgenommen, deren Resultat sie als Beitrag
zur Theorie der Insulinwirkung bekannt geben. Es zeigte sich, daß
durch die Insulininjektion die Ketokörperausscheidung vorübergehend ge-
senkt wird, um kurz darauf wieder anzusteigen. Die Zuckerkonzentration
des Blutes, die durch 4—6 Tage vorausgegangene kohlehydratfreie Nahrung
bereits erniedrigt ist, wird durch die Insulininjektion kurze Zeit noch
weiter gesenkt, steigt aber nach dem Abfall trotz des Kohlehydratmangels
der Nahrung über das Niveau vor der Injektion wieder an. Die Blut-
zuckersenkung und das Zurückgehen des Ketokörperniveaus im Blut tritt
ungefähr 2 Stunden nach der Injektion auf, das Zurückgehen der Keto-
körperausscheidung im Urin ist 6 Stunden nach der Injektion festzustellen.
Das Ergebnis der Versuche wird von den Autoren dahin gedeutet, daß das
Insulin die Zuckerverbrennung steigert.
Proteinkörpertherapie des Diabetes mellitus wird von Singer-
Wien auf Grund seiner Erfahrungen empfohlen. Es ist bei mittelschweren
und auch schweren Fällen von Diabetes gelungen, durch methodisch fort-
gesetzte reizlose Proteinkörperzufuhr in enger Verbindung mit der diäteti-
schen Therapie die Zuckerausscheidung und die Ketonurie zum. Schwinden
zu bringen bzw. erheblich herabzusetzen. Von besonderem Wert erwies
sich die Proteinkörpertherapie bei Komplikationen, Ekzemen, Pruritus so-
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nn 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr: 49.
. der mit Malaria tertians wiederholt intravenös und auch subkutan mit
den Tropen leben, sich absolut immun erwies, während andere wohl er- `
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wohl wie Gangrän und Phlegmonen, die rasch zur Heilung gebracht werden
konnten. Angöwandt wurde hauptsächlich Caseosan, .intramuskulär, 1- bis:
2mal täglich,. eine halbe bis eine Stunde vor den Hauptmahlzeiten. Die
Dosierung gestaltete sich‘ so, daß mit ganz kleinen Gaben, !/, cem, be-
gonnen und allmählich bis zu 5,8 und 10 com gesteigert wurde.
Zur Malariabehandlung der progressiven Paralyse in den Tropen
berichten Kirschner und van Loon-Batavia, daß ein großer Prozentsatz
Stoffwechsel. Führt man dem Körper reichlich Kochsalz zu, so wird man
allein dadurch die Zellen, die den höchsten Stoffwechsel haben, zugrunde
richten, die übrigen aber soweit bringen, daß sie durch Röntgenstrahlen,
die eine weitere Stoffwechselsteigerung machen, viel schneller: ge-
schädigt werden. Hafertage führen nun zu einer Kochsalzretention und
zu einer Steigerung des Stoffwechsels. Man gibt also bei malignen Nen-
bildungen mehrere Tage vor der Bestrahlung reine Haferkost und außer-
dem reichlich Kochsalz, eventuell ’so lange, bis Kochsalzfieber auftritt,
‘und nimmt dann die Bestrahlung vor. Durch die genannte Kost wird der
bereits primär erhöhte Stoffwechsel der Karzinomzellen noch mehr ge-
steigert. . Damit kommt es zu einer erhöhten Empfindlichkeit
dieser Zellen den Röntgenstrahlen gegenüber.
Über die Ernährung bei schwerer Wundinfektion und bei hohem
Fieber äußert sich August Bier-Berlin. In der ersten akuten Zeit gobe
man nur Wasser und allenfalls Schleimsuppen, wenn kein Verlangen nach
Speisen und besonderen Getränken besteht. Denn die Aufnahme und Ver-
arbeitung der Nahrung bedeutet eine- unnötige Belastung des ganz auf dio
Unterdrückung -der Infektion eingestellten Körpers. Auch stellen diese:
relativ großen Blutmengen geimpften Patienten, die von Kindheit an in
krankten, sich aber nach wenigen Anfällen von selbst sterilisierten. Mit
Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich durch die Malariaimmunität der
Bevölkerung in den "Tropen dieser Paralysebehandlung entgegenstellen, .
wäre die- Wahl einer anderen fieberhaften Erkrankung zu erwägen.
Zur Technik der Biuttransfusion wird von Beck-Kiel ein Apparat
beschrieben, der die direkte Überleitung des Blutes vom Spender zum.
Empfänger in einwandfreier Weise ermöglicht. Das Prinzip des Apparates
beruht darauf, daß der Verbindungsschläuch vom Spender zum Empfänger |
durch eine Trommel geführt wird, wo er — zwischen. Trommelwand und | Kranken die Absonderung der Verdauungssäfte ein, nutzen also die Nahrung
'eine rotierende, exzentrisch angebrachte Rolle eingepreßt — das durch- | gar nicht aus. - Ihre Bedürfnisse decken sie aus dem Zerfall des eigenen
fließende Blut in. bestimmter Richtung weiter treibt, während‘ von ‚der
anderen her durch die Elastizität des Gummis Blut nachgesaugt wird.
H. Dau.
Gewebes, der ja ohnehin schon stattfindet, und bei dem eine große Menge
von Energien frei wird. Auch sog. appetitanregende Arzneimittel während
‚des ersten hochakuten Verlaufes der Krankheit sind zu verwerfen. Hat der
Kranke aber Wünsche und Gelüste nach, besonderen Nahrungs- und Reiz-
mitteln, so komme man ihm sehr weit entgegen. Das Hauptnahrungs-
mittel ist überall, auch bei sehr heruntergekommenen Kranken, das
Wasser, das man jederzeit leicht dem Körper einverleiben kann. . .
_ „Gastroskopische. Ergebnisse teilt Roger Korbsch-Oberhausen. mit
Das Schindlersche Gastroskop dürfte‘ gegenwärtig das beste sein; es ist
völlig gefahrlos einzuführen und: liefert in seinen Grenzen ein gutes Bild
des Magoninnern. Glückt es der Technik, das Lumen dieses Instruments
weiter zu verringern, so dürfte dadurch seine. Brauchbarkeit erheblich ge-
steigert werden. :
Zur Früh- und Ditferentialdiagnose der tuberkulösen Spondylitis
"äußert sich Georg Raeschke-Lingen-Ems. Das wichtigste Symptom
der Spondylitis auch der Erwachsenen ist die durch Muskelkontraktion
hervorgerufene Versteifung, deren Fehlen die Diagnose unsicher macht,
selbst wenn Druckschmerz, Abszeßbildung, Lähmung auf eine Spondylitis
hinzudeuten scheinen.
Über einen Todesfall nach Anästhesie der Harnröhre mit Tutokaln
berichtet Otto A. Schwarz-Berlin. Es wurden 8 ccm einer 2°higen
Tutokainlösung in die Harnröhre injiziert. Unter den Zeichen einer Atem-
lähmung trat der Tod noch. nicht 40 Minuten nach Beginn der Haroröhren-
anästhesie ein. Der Verlauf war durchaus der einer Kokainvergiftung, Die
. Sektion ergab’ einen ausgesprochenen Status lymphaticus, große Tonsillen, -
auffallende Vergrößerung der Lymphorgane am Zungengrund sowie eine
völlig fleischige. Thymus von 20 g Gewicht, ein sehr kleines Herz (bei
. einem körperlich sehr kräftigen Manne). Es bestand eine allgemeine Organ-
minderwertigkeit. Das Mittel wirkte durch Resorption von der Harnröhre
aus infolge allgemeiner Organminderwertigkeit toxisch. Zur Anästhesierung
der Harnröhren- und Blasenschleimhaut ist daher: das bisher vom Verlasstr
‘verwandte Alypin weiter. zu bevorzugen. -
Über eine Schwangerschaftsdauer von 229 Tagen bei reifem Kinde
berichtet Albrecht Heyn-Kiel. Es handelte sich um die Frage, ob ein am
20. April 1923 geborenes Kind „ausgetragen“. gewesen sei und aus einu
Geschlechtsverkehr vom Abend des 3. September 1922 herstammen köne
Der Verfasser hält. dies auf Grund eines glücklichen Zufalls — Feststellung
einer normalen Gravidität im 3. Monat am 20. November 1922, also kmapf
11 Wochen nach dem in Frage kommenden Geschlechtsverkehr — für sehr
wahrscheinlich.
- Über eine Vortäuschung . von Fiebertemperataren > berichtet
"R. v. Hoeßlin - Nenwittelsbach. Die Kranke hatte . wiederholt. das
Thermometer beim Herausnehmen rasch mit einem anderen vertauscht, bei
-dem sie die erhöhte Temperatur vorher schon durch künstliche Brwärning
herbeigeführt hatte.
Nr.44. Auf eine häufige durch Tuberkulose” des Lungenstlels er or-
zeugte Form der Magenatonie weist Leb-Graz hin. Die tuberkulöse
Erkrankung des Lungerhilus führt zu histologisch nachweisbaren Läsionen
des benachbarten Vagusstammes. Dadurch kommt es zu einem Über-
wiegen der Sympathikusimpulse. Die so erzeugte Magenatonie ist ein Foro-
symptom einer nervösen Erkrankung, die bei langer Dauer zu fizierten
Folgezuständen, zur Magendilatation und zur Magensenkung führen kant.
Über die angeborene thymische Konstitution berichtet Bern.
Schridde-Dortmund. Ein hochgewichtiger Thymus allein besagt nichts
ob wir einen Status thymolymphaticus vor uns haben; erst die Mat j
hyperplasie, ‘die nur mikroskopisch festgestellt werden kann, JAt &
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 44. S
Auf die Variabilität der Mikroorganismen weist S. Zlatogoroff-
Leningrad hin. Die Koli-Typhusgruppen, die Dysenteriemikroben mit ein-
geschlossen, sind als Glieder einer einzigen Familie anzusehen. Durch die
` Aufspaltung der Kultur oder durch entsprechende Nährstöffadaptation kann-
man den Übergang der einen Untergruppe in eine andere erzielen.’ Die-
Veränderung des Darminhalts, der durch reichlichen Genuß von Früchten
und Obst ganz wesentlich an Wasser und Kohlehydraten bereichert wird,
begünstigt das Auftreten bestimmter Varianten innerhalb der Gruppen, die
die.normale Darmflora ausmachen (Dysenterieerkrankungen vorwiegend i in
-bestimmten Sommer- und Herbstmonaten).
Über Tuberkelbazillenbefunde im Knochenmark Tuberkulöser be.
richtet Toru Koizumi- - Kyoto, Japan. Im Knochenmark Tüberkulöser
wurden bei Miliartuberkulose in 50°), in Fällen ohne diese in 75%
Tuberkelbazillen gefunden. Dies spricht für die Richtigkeit der Anschauung, |
daß sich bei jedem an Tuberkulose Gestorbenen Tuberkelbazillen in allen
Organen vorfinden, auch wenn diese makroskopisch von Tuberkulose frei sind.
Auf die Verwendung seiner „Stirn- und Nackenhand“ bei Hypnosen
‚weist Haup t- Fürstenwalde/Spree hin. Das Anliegen der Hände an Stirn und
Nacken bewirkte mit den üblichen suggestiven Maßnahmen rascheren
. Eintritt und vermehrte Stärke des hypnotischen Zustandes Aus-
gesprochen aber zeigte sich die Wirkung nur bei tiefen Hypnosen. Blieben
hier die Hände bei der Aufforderung zur Beendigung der Hypnose an Stirn
und Nacken liegen, so war es den Hypnotischen trotz Aufforderung des.
Hypnotisators zur Beendigung der Hypnoseunmöglich, ihre Hypnose zu
‘bannen. Dies gelang aber sofort bei Entfernung der Hände. Die Stirn- und °
Nackenhand bewirkt also eine Bindung, eine Fixierung des tief- -hypnotischen
Zuständes. Dieses Phänomen ist keine Suggestivwirkung. Es ist ein objektives.
Zeichen tiefer Hypnose und ein Differentialdiagnostikum gegenüber ober-
flächlicher. Die Hypnosebindung kommt aber nur zustande, wenn die
Hände genau an der Stirn und am Nacken anliegen.
Eine nene Methode zur Bauchpalpation der Kinder empfiehlt
Maximilian Loewy-Berlin. Man umfaßt mit einem Arm die Unter-
schenkel in den Kniekehlen und hebt so den Unterkörper an, 'so daß er
sich in der Schwebe befindet. Gleichzeitig palpiert die andere Hand das
Abdomen. Die auf dieser so gebildeten schiefen Ebene zurücksinkenden
Organe lassen das Abdomen frei. -F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 43 und 44.
Nr. 43. Die Leistungsfähigkeit. der Plethysmographie erörtert
0. Bruns-Königsberg i. Pr. Diese eignet sich zwar bei entsprechender.
Vorsicht zur Untersuchung der vasomotorischen Blutverschiebungen,
aber nur bei Anwendung von Kalt- und Warmreizen auf die Haut. Wegen
der vielfachen unvormeidlichen Bewegungen des Pletbysmographenarms ist
diese Methode aber sonst untauglich.
Über die Behandlung vou Karzinomen mit Kochsalzbrei und über
die Verstärkung der Röntgenstrahlenwirkung durch Kochsalzanreicherung |
des Körpers berichtet Ernst Andersen-Kiel. Kochsalzeinwanderung in die
Zelle gebt mit Stoffwechselsteigerung der Zelle parallel. Ohne Vermehrung
des Kochsalzes in der Zelle kann auch keine Zellstoffwechselsteigerung
stattfinden. Nun haben Karzinome und Sarkome einen höchst gesteigerten
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- 1. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49. 200001749
sicheren Schluß zu, daß eine thymische Konstitution vorliegt, und nur sie
allein ist stets begleitet von einer Hyperplasie der Lymphknötchen der
Milz und meist auch noch des Darmes. Auch nur bei der Markhyper-
plasie finden wir eine außergewöhnliche Länge der pastösen, fettreichen
Kinder. Die thymische Konstitution ist beim männlichen Geschlecht weit
häufiger als beim weiblichen.
Zur Karzinomdiagnostik äußert sich R. Wigand- -Dresden. Die
Abderhalden-Boyksensche Intrakutanreaktion ist nicht eindeutig.
Die Prüfung auf das etwaige Bestehen einer intrakutanen Eigenharnreaktion
bei Karzinom verlief negativ. „Krebshaare“ wurden zwar beobachtet; das
regelmäßige Vorkommen kann aber nicht bestätigt werden. Die von
Ehrentheil und Weis-Ostborn angegebene Erhitzungsprobe zur Diffe-
rentialdiagnose zwischen Karzinom und perniziöser Anämie Bat sich nicht
bewährt.
'Alle sympathischen Nervenfaserarten (sensible, itori, vaso-
konstriktorische) haben eine ganz besondere, eine elektive Empfindlich-
keit gegenüber lokalanästhetischen Mitteln. Sie werden in erster Reihe
örtlich betäubt, dann folgen die sensiblen spinalen und darauf die moto-
rischen spinalen Nervenfasern. Die Wiederkehr der Funktion bzw. das
Ende der Ausschaltung tritt in der umgekehrten Reihenfolge ein.
Zur Frage der Kropfprophylaxe äußert sich Bleyer-München. In
Betracht kommen vorläufig nur die unter amtlicher Aufsicht bergestellten
Vollsalze, wie sie in der Schweiz, in Österreich, in Italien und neuerdings
auch in Bayern eingeführt sind.
Eine kleine Wärmdose „Fornax“ (R. Wurach, Berlin C, Neue Prome-
nade 5) empfiehlt Hans Krebs-Bonn vor allem bei Augenaffektionen,
Als Brennmaterial dienen Holzkohlestückchen. Die Konstruktion der
Dose wird genauer beschrieben. Die Luft tritt durch die mit Schieber
_ regulierbare untere Öffnung des Deckels ein, um wie beim Ofen oben (durch die
oberen Öffnungen) zu entweichen. Die Brenndauer richtet sich nach der
Größe der Kohlen und nach der Stärke des Luftzuges (durch den Schieber
zu regulieren). Die Dose kann sowohl: zur Anwendung von trockener,
wie auch von feuchter Wärme dienen. Sie wird auf einem Ver-
band ' oder hinreichend diekem Wattepolster usw. (nicht Zellstoff), zum
Schutz gegen Überhitzen, angelegt. Bei Anwendung von feuchter Wärme
lege man eine mit Wasser usw. getränkte Kompresse unter den Verband,
auf dem die Dose angelegt werden soll. F. Bruck.
Wiener klinische Wochenschrift 1924, Nr. 43.
- Die Malariabehandlung der Syphilis bespricht J. Kyrle, und zwar
behandelte er sowohl ältere latente Lues mit Liquorerscheinungen als auch
sekundäre Lues mit oder ohne Liquorbefund. Die Wirkung ist um so
besser, je frischer die Fälle sind. Eine Beeinflussung des Liquors wird
immer erzielt, mitunter, in alten Fällen, werden nicht alle Reaktionen
negativ. Die Blut-Wa.R. wird in allen Stadien nur schwer beeinflußt,
besonders in alten Fällen. Bei der frischen sekundären Lues fiel auf der
Mangel an Rezidiven nach der Malariakur, ferner wurde der Erfolg immer
mit nur einer Kur erzielt, und schließlich wurde bei Liquorschäden kein
Versagen beobachtet. Die Gefahr der Behandlung ist gering, Vorsicht bei
schwereren Herzmuskelaffektionen geboten. Verf. hält eine prophylaktische
Wirkung im Sinne einer Vermeidung späterer Nervenerkrankungen für
wahrscheinlich.
Neue Gesichtspunkte zur Beurteilung der Entwicklungsstadien und
der Prognose der Lungentuberkulose teilt M. Haudeck-Wien mit und
betont unter Hinweis auf das Werk von Gräff und Küpferle, daß bei
der diagnostischen und noch mehr der prognostischen Auswertung der
Röntgenbilder größte Vorsicht am Platze sei. Wiederholte Kontrollen sind not-
wendig und zeigen mitunter erhebliche Rückbildung von Verschattungen usw.
Es ergibt sich hei solchen Beobachtungen eine erhebliche Selbstheilungs-
tendenz auch der Tuberkulose der Erwachsenen. Sitz der beginnenden
Tuberkulose ist durchaus nicht immer die Spitze. Zum Schluß weist Verf.
auf die Wichtigkeit verwaschener- Herdgrenzen bei frischen Herden infolge
perifokaler Entzündung hin und auf die dadurch gegebene Indikation zur
Behandlung.
S. Hofbauer- Wien weist bei Besprechung der Diagnose der Lungen-
tuberkulose darauf hin, daß man bei Patienten mit flacher Atmung, z. B.
infolge von Kieferschüssen, ein Krankheitsbild mit sehr starkem Husten
ohne Auswurf, Appetitmangel, Gewichtsabnahme und mitunter Hämoptoe
beobachten kann, das Dämpfung beider Spitzen mit abgeschwächtem Atmen,
Rasselgeräuschen verschiedener Art und Verschattung der betreffenden
Partien im Röntgenbild zeigt. Diese Erscheinungen schwinden bei Ver-
tiefung der Atmung bzw. bei Autopsien ist der Befund für Tuberkulose
negativ. Ursache dieses Zustandes ist die durch die flache Atmung er-
- folgende Ruhigstellung der Hilusgegend und der Spitzen infolge mangel-
hafter Senkung des Centrum tendineum. Ferner kommt eine Hyperämio der
. fallend ist nur eine mäßige ständige Lymphozytose.
Hilusgegend dazu. Das Krankheitsbild muß erkannt werden, da bei Diagnose
einer Lungentuberkulose und folgender Verlegung auf entsprechende Stationen
die Infektionsgefahr besonders groß ist. — Bei Anlegung eines Pneumo-
thorax erfolgt manchmal Ausbreitung in der bisher gesunden Lunge durch
„Iymphograde Propagation“ durch die plötzlich einsetzende vermehrte in-
spiratorische Tätigkeit. In solchen Fällen ist die Thorakoplastik das Ver-
fahren der Wahl.
Eine Behandlungsart der Impetigo contagiosa fand O. Sachs- Wien
in der intrakutanen Injektion von Extrakten aus der Tunica albuginea der
Corpora cavernosa des Rindes. Es trat Rückbildung ohne Lokalbehandlung
ein, Herd-, Lokal- oder Allgemeinreaktionen waren selten. Ursache ist die
Steigerung schon vorhandener Abwehrvorrichtungen. Munoke.
Schweizerische medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 41 u. 42.
Durch eingehende statistische Untersuchungen fand J. Aebly-Zürich
eine auffallende Stapilität der Krebsmortalität in der Schweiz. Er schließt
daraus, daß die „Krebsdisposition“ ein biologisches Merkmal ist, es charakteri-
siert eine Gruppe von Menschen, die eine gemeinsame Tendenz zu un-
geordnetem Wachstum an unrichtiger Stelle haben. Es muß der Stabilität
ein ziemlich konstanter Ursachenkomplex zugrunde liegen, der mehr in
konstitutionellen als in äußeren Faktoren zu suchen ist. Dabei muß auch
eine vererbbare Unbekannte im Spiele sein.
Die Reflexe bei den Geisteskranken sind, wie H. Bersot-Burghölali,
Zürich, ausführt, sehr variable und nicht für bestimmte Leiden patho- _
gnomonisch, da sio nicht nur durch den anatomischen Status, sondern auch
durch die psychische Verfassung beeinflußt werden. In der Psychiatrie
sind sie wertvoll in ihren Beziehungen zu anderen organischen Symptomen.
Die „sympathischen“ Reflexe weisen auf das vegetative Nervensystem und
Auch die bedingten Reflexe‘
sind wichtig. Die Reflexe sind im ganzen wichtig zur Charakterisierung
auf die Drüsen mit innerer Sekretion hin.
der Person, was bei der heutigen Betonung der Probleme der Konstitution
und des Charakters wertvoll ist.
Eine neue Behandiung von beim künstlichen Pneumothorax auf-
tretenden Pleuraergüssen teilt C. Verdina-Turin mit. Diese besteht in
kombinierter Anwendung von „Tebecin“ in steigender Dosis und Höhen-
sonnenbestrahlungen. Es kommt dann zu rascher, vollständiger Resorption
der Exsudate ohne Anwendung von anderen Pharmazeuticis oder von
Punktionen.
leiden durch Anregung spezifischer und unspezifischer Abwehrvorgänge im
Organismus. -
.Die Büchseneiweißmilch (nach Finkelstein und L. F. Meyer)
empfiehlt P. Ryhiner-Basel, da sie in dieser Form weiten Kreisen zu-
gänglich gemacht und die Handhabung einfach ist. Der Säuerungsgrad
ist hoch und es setzen sich beim Stehen mehrere Schichten ab, weshalb
gut geschüttelt werden muß. Gesüßt wird mit Saccharin. Bei hartem
Stuhl emptiehlt sich Beigabe von Rohrzucker. Muncke.
Zentralblatt für Chirurgie 1924, Nr. 45.
Zur Methode der Röntgenaufnahme der operativ freigelegten Niere
berichtet O. Kingreen-Greifswald. Bei einer ö4jährigen Kranken mit
Schmerzen in der rechten Nierengegend war vor der Operation ein zehn-
pfennigstückgroßer feiner Schatten in der Höhe der 12, Rippe festgestellt
worden. Bei der Operation konnten bei Abtasten der Nieren und des Nieren-
beckens keine Steine festgestellt werden. Daher wurde eine Röntgenauf-
nahme von der herausluxierten Niere gemacht und die Platte durch dicke
Katgutfäden an der Nierenmasse festgelegt. Auf der Platte war ein inten-
siver zehnpfennigstückgroßer Schatten innerhalb des Nierenbeckens in der
Nierensubstanz zu sehen. Nach Eröffnung des Nierenbeckens wurde ein
im Nierenkelch eingekeilter platter, 2 mm großer Stein entfernt.
Zur operativen Behandlung des Hallux valgus weist I. Wymer-
München darauf hin, daß die Operationswunde häufig entzündliche Erschei-
nungen zeigt. Als Hauptursacho ist der Schleimbeutel, der über der
„Exostose* sitzt, anzusehen. In allen Fällen wurden in dem Schleimbeutel
Staphylokokken gefunden. Daber ist es notwendig, den Schleimbeutel als
Ganzes zu entfernen. Es ist auch zu vermeiden, ihn bei der Lokalanästhesie
anzustechen. Infolge der Infektion bildet sich an Stelle der Osteotomie
eine mächtige Kallusmasse, welche Beschwerden verursacht..
Das Blutbild bei postoperativer Tetanie ist nach A. Schlosser-
Nürnberg weder im Anfall, noch. in anfallsfreion Pausen verändert, Auf-
bedenken, daß Lymphozytose bei Kropf in der Regel gefunden wird. .
Das Einmanschettierungsverfahren nach Magenresektion empfiehlt
R. Goepel-Leipzig. Es gewährleistet auch bei leicht zerreißbarer Be-
"schaffenheit der Organe einen sicheren Erfolg und die Operierten erholen
Außerdem beeinflußt diese Therapie das tuberkulöse Lungen- |
Doch ist dabei zu
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Einmanschettierungsverfahren allen übrigen Verfahren überlegen.
1750
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
sich rasch. In der Behandlung des Ulcus pepticum ist die Resektion und
diè unmittelbare Vereinigung vom Magen und Zwölffingerdarm nach dem-
Das Sparen in der Chirurgie wird von A. Wagner-Lübeck ab-
gelehnt und die Rückkehr zu den Gummihandschuhen gefordert,
deren Gebrauch die größte Zahl der Primärheilungen ‚sichert und daher am
wirtschaftlichsten ist. Dr |
Die chirurgische Behandlung des nicht heilenden Pruritus ani
und bestimmte Formen von zirkumskriptem chronischen Ekzem empfiehlt
L. Frankenthal-Leipzig. Bei einem seit 5 Jahren bestehenden Fall von
Jucken wurde die verdickte Hautstelle am Damm herausgeschnitten und
der N. perinei mit seinen Verzweigungen durchschnitten. Der Hautverlust
wurde aus der Haut des Hodensackes gedeckt. Der Juckreiz hat seit einem
halben Jahre aufgehört. K. Bg.
Zentralblatt für Gynäkologie 1924, Nr. 45.
Bemerkungen über endometrane Adenomyosis uteri in ana-
'tomischer Beziehung und insbesondere über die histologische Wirkung
der heterotopen Zellwucherung machen R. Meyer ünd Ikahachi Kitai-
Tokio. Das Endometrium wird bei Erwachsenen unter dem Einfluß des
Corpus luteum beim Ausbleiben der Befruchtung zu monatlich wiederholter
Regeneration genötigt. Infolgedessen bildet sich bei Frauen im vor-
geschrittenen Alter eine pathologische Hypertrophie der basalen
Schleimhautlage aus, Dieser Zustand leitet über zu der hetero-
topen Schleimhautwucherung, der endometranen Adenomyosis. Hier
werden ursprünglich muskuläre Gebiete durch Eindringen der Schleimhaut-
wucherung' ersetzt, so daß in die Schleimhautherde Reste der Muskelfasern
einstrahlen. Das zellige Stroma der Adenomyosis wirkt histolytisch auf
die Muskulatur. Die Schleimhautwucherung nähert sich in ihrer Fähigkeit,
fremde Gewebe aufzulösen, den bösartigen Geschwülsten.
Bemerkungen zu der Arbeit von Ulesco-Stroganowa über Dezidua-
bildung in der Scheide (dieses Zentralbl., Nr. 34) zugleich ein Beitrag zur
Diagnostik der Fibroadenomatose des Septum recto- vaginale gibt
A. Lauche-Bonn. Es handelt sich in-dem beschriebenen Fall um eine
Fibroadenomatose, Die diagnostische Bedeutung dieser kleinen Ge-
schwülste liegt darin, daß sie sich an der Menstruation beteiligen. Infolge-
‚dessen enthalten sie Blutpigmentee Während der Menstruationstage ist
eine Anschwellung und Verfärbung der Geschwülste zu beobachten.
Betrachtungen über die Abtreibungsirage, auf Grund ärztlicher
Mitteilungen aus Rußland macht Albert Niedermeyer - Schönberg.
Dadurch, daß die Abtreibung der Leibesfrucht einer gesunden Schwangeren
in Sowjet-Rußland für statthaft erklärt wurde, reichen die vorgeschriebenen
staatlichen Krankenanstalten nicht aus, um dem Bedürfnis der Abort-
anwärterinnen zu genügen. Das Dekret der Volkskommissare ist daher
` erweitert und die Ausfübrung des Eingriffs auch in Privatheilanstalten
gestattet worden, in welche sich die Frauen der wohlhabenderen Bevölke-
rungsschiehten begeben. — Das Verfahren der einzeitigen Dilatation nach
Hegär mit folgender Ausschabung als allein zulässiges Vorgeben im Sinne
des Dekrets zu bezeichnen, ist bedenklich. Die Erklärung, daß das Dekret
nur als zeitweilige Maßnahme gelte und geändert werde müsse, sobald der |
Staat in der Lage sein würde, genügenden Mutterschutz zu gewähren, steht
in Widerspruch zu der Empfehlung des großzügigen russischen Fürsorge-
systems,
a Eine unbeachtete Ursache des Puerperalfiebers bespricht Hermine
Heusler-Edenhuizen-Berlin. Die meisten Fälle von ursächlich nicht
zu erklärendem Kindbettfieber sind die Folge von Kohabitationen, die
zu nahe am Geburtstermin liegen. Es ergibt sich daraus die Forde-
rung, vom Ende des 5. Monats der Schwangerschaft an, die Kohabitationen
zu untersagen.
. Zur Schätzung der diagnostischen Bedeutung der Phloridzin-
giykosurie zur frühzeitigen Erkennung der Schwangerschaft führt Xenia
Bronnicoff aus, daß die Reaktion auch bei nicht schwangeren Frauen
und bei Frauen im klimakterischen Alter positiv ist. Sie ist zuweilen auch
bei Männern positiv. Es wurde 1 ccm frischer Lösung von Phloridzin
(Merck) 0,2:100,0, also 2 mg morgens nüchtern in die Glutäalgegend
eingespritzt. Die Reaktion ist als Schwangerschaftszeichen nicht zu ver-
werten. K. Be.
Aus der neuesten amerikanisch-englischen Literatur.
Über diagnostische Kriterien bei Tuberkulose schreiben Brown und
Heise: Von 203 Nichttuberkulösen wiesen 126 keine erkennbaren klinischen
Störungen auf. Von den 77 mit solchen stellte man in 21 Fällen nervöse
Störungen, in 13 Fällen Folgen der Influenza, 12 mal eine Bronchitis un-
bekannten Ursprungs, 5mal Thyreoideastörungen, je mal Syphilis und
Enteroptose und 2mal.Lungentumor fest. Bei der Mehrzahl waren Er-
kältungen die Ursache. Schlüsse: Man legt zu viel Wert auf die toxische
: 10 mg nicht, 132 nur konstitutionell, 21 fokal.
reagierten 40%/,, von Verdächtigen 34%/, und von den Nichtklinischen 279,,.
| | 7; Dezember
‘ Symptomatologie bei der Diagnose der Tuberkulose statt auf die Aktivität
: der Erkrankung, wena sie durch andere Methoden festgestellt ist. Ferner
` darauf, -bei einer Untersuchung etwas festzustellen: Die Diagnose der
_ Lungentuberkulose braucht lange Zeit. Von subkutanen Tuberkulinappli-
kationen bei 214 Patienten reagierten 82 auf eine wiederholte Dosis yon
Von Niehttuberkulösen
(Amer. rev. tbc., Baltimore 1924, 9.) |
Bei 121 Fällen, die Hämoptyse oder einen pleuritischen Erguß auf-
wiesen oder in der Anamnese positives Sputum und Rasseln, gab der.
Röntgenbefund keine charakteristischen Veränderungen. Die Prognose
dieser Fälle war eine gute: 1,70/, dieser Fälle starb nach den Unter-
: suchungen von Heise und Sampson innerhalb von 4 Jahren. (Amer. rev
tbe., Baltimore 1924, 9.)
Nach Kantor ist zur Verminderung der Morbidität bei Tuberkulose
eine gute Ernährung von wesentlicher Bedeutung: Jeder tuberkulöse Dys-
peptiker ‚sollte eingehend so früh wie möglich behandelt und überwacht
werden, um die Lungentuberkulose zu bessern und um die sekundäre
Lokalisation der spezifischen Infektion im Darmtrakt zu verhindern. (Amer.
rev. tbc., Baltimore 1924, 9.) j z
'. Ladd und Cutler geben eine Analyse von 83 Fällen von Iotas-
suszeptivn und 27 Fällen von Obstruktion. 66 Patienten waren unter
1 Jahr alt, die übrigen zwischen 3 und 9. Mortalität: 19°. In den
Fällen von Intussuszeption, ‘bei denen wegen Ödems eine Reduktion nicht
' möglich war, stieg die Mortalität, ebenso war sie bei Resektion oder Entero-
stomie sehr hoch. 2 Fälle traten nach Appendektomıe auf, je einer naoh
Diarrhoe und Purpura. Von den 17 Fällen von Obstruktion traten 3 nach
Operationen wegen Intussuszeption auf. 2 infolge Verwachsungen mit einem
Meckelschen Divertikel, bei 3 nach einer Operation wegen Appendizitis mit
Peritonitis, 3 nach Monaten nach Appendektomie mit Drainage. (Boston
med. surg. journ. 1924, 191.)
McKenzie analysierte 821 Fälle von Hämaturie: Bei 132 war
Pyelitis, bei 88 Tuberkulose, bei 64 Nierenstein, bei 87 Ureterstein, bei
e 38 Zystitis und Blasenstein, bei 87 ein Blasentumor, bei 39 chronische
Entzündung der Prostata mit Tuberkulose und bei 54 Prostatismus die
Ursache. Über 70°/, waren durch Steine, Tuberkulose, Krebs und chirurgische
Läsionen der Niere verursacht. (Surg. gyn. obstetr., Chicago 1924, 39,)
Nach den Untersuchungen von Joe an 24061 Spitalfällen von
‘Scharlach trat Scharlacharthritis in 3,76°/ auf. Zunahme bei beiden
Geschlechtern mit dem Alter. Bei 777 Kindern, die ihren Scharlach vor
dem 2. Jahre durchmachten, trat keine Arthritis auf. In den meisten
Fällen. traten die ersten Erscheinungen am 7. und 8. Tage auf, im all
gemeinen vom 4. bis 9. Tage. Einmal in 250 Fällen nach der 4. Woche.
In 63°), war Arthritis die einzige Komplikation; von sonstigen Kompli-
kationen scheinen Adenitis, Rhinitis und Otorrhoe in Beziehung dazu zu
stehen. Endokarditis und Perikarditis trat in der Gesamtzahl der Fälle
6lmal auf. Beim septischen Scharlach ist in 8,5%, und bei Rückfällen
in 4,30/, Arthritis zu verzeichnen. (Edinburgh med. journ. 1924, 31.)
Käfer in den Ringeweiden bei Kindern von 8—5 Jahren beschreibt
Fletcher. Erscheinungen: eine obskure Form von Diarrhoe, Leibschmerzen
und Abmagerung. Es handelte sich um Coprinen aus der Familie der
Scarabäiden, um Ontopbagus und Caccobius mutans. Man nimmt an, dab
die Tiere, die sich von totem tierischem Material nähren und von animalen
Exkrementen, ausgerüstet mit einem überaus starken Geruchsinn, bei der
Suche nach menschlichen Abfällen durch den Anus im Schlaf ihren Zugang
finden. (Ind. med. gaz., Calcutta 1924, 59) | BE
Einen Fall von ulzerativer Endokarditis mit extensiver Embolle be-
schreibt Crawford. 4 Tage nach einem plötzlichen Anfall von Bewubt-
losigkeit Aufnahme im Spital mit Schwäche im rechten Arm und Bein;
_ rechtsseitige Lähmung, vollständige Inkontinenz von Urin und Stuhl.
Aphasie. Diagnose: linksseitige zerebrale Embolie ` durch Mitralstenose.
Besserung. Nach 3 Monaten plötzlich Gangrän an den Beinen, Nasenspitat,
Wange, Ekchymose über dem linken Glutäus, Purpuraflecke über dem
linken Arm, auf dem Scheitel. Autopsie: ausgedehnte Endokarditis an den
Aorten- und Mitralklappen, Infarkte in Lungen, Milz und Niere, Erweichungs
herde im Gehirn, Embolus in der linken Radialis, vom Knie abwärts beider-
seits Gangrän. (Glasgow med. journ. 1924, 101.) l
Reid erklärt den Mechanismus der Angina pectoris. Zu der zirku-
latorischen Adaptation gehört eine Dilatation des peripheren Strombettes
auf dem Wege des Reflexes durch die depressorischen Fasern des Vagı
Dies ist ein protektiver Mechanismus, der dem Herzen gestattet, sich ohne
Anstrengungen zu kontrahieren. Fehlt dieser Reflex, dann hat man das
Bild der Angina pectoris. Dieses Fehlen führt zu einer plötzlichen Steige-
rung des Druckes im ersten Teile der Aorta und im linken Ventrikel;
dadurch werden die lokalen Nervenendigungen gereizt und antworten y)
| Schmerzen im Arm, in der Schulter usw. (Arch.intern.med., Chicago 1924, 9%
am TA we 3.
Na NN an i
‘physikalische Untersuchung. meist nicht befriedigt.
_ -als andere. spezifische Mittel zum Ziele.
jst fortzufahren.
‚Regel 10—14 Tage.
= einreiben.
x
7. Dezember
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 49.
`
Klinische Aspekte der akuten Appendizitis bei Kindern.
Typisch: dunkle Sy mptome, rapider Fortschritt, Tendenz zur Peritonitis,
Howland:
besonders zur allgemeinen, und bei jüngeren die hoho Mortalität.. Oxyuris
und Trichocephalus trichiurus babnen die Wege für die Bakterien. Dies
‘srklärt auch die Seltenheit bei Kindern unter 2 Jahren und die konstante
und rapide Zunahme nach diesem Alter, wenigstens zum Teil. Bei der
Diagnose scharfer Unterschied zwischen jüngeren und älteren Kindern. Bei
ersteren wird sie oft übersehen, weil man.nioht immer daran denkt, weil
man Leibschmerzen. fast für physiologisch beim Kinde bält und weil die
Hauptsymptom: der
Schmerz, der bei dem langen Appendix, der oft von lokaler Peritonitis
begleitet ist, tief im Becken oder hoch oben im Abdomen sitzt, meist um
den Nabel, auch links gelegentlich, im Rücken. Konstant, zunehmend bei
lokaler Suppuration, bei Defäkation und Urination, läßt er das Kind dauernd
schreien, dauernd. unruhig sein im Gegensatz zu Pneumonie und anderen
Infektionskrankheiten — es läßt auch die anderen nicht schlafen. Typisch
tritt er auf beim Versuch aufzusitzen oder in dieser Stellung; fehlt er
Angezogene Knie beim Kinde
‚ sind seltener als beim Erwachsenen. Ebenso bat schon das Hinken beim
‘ „Gehen die falsche Diagnose Tuberkulose der Hüfte verursacht.
dann, so spricht das gegen Appendizitis.
Fieber und
Leukozytose stehen in keinem Verhältnis zur Schwere des Falles. Er-
brechen meist im Beginn, auch im weiteren Verlauf; Konstipation jst
häufiger wie Diarrhoe, obgleich letztere persistent sein kann. Der reich-
liche Schleim im Stuhl hat dann schon auf die falsche Diagnose Dysenterie
geführt. Oft weitgebende Empfindlichkeit. Reflexrigidität ist oft schwer
festzustellen. Bei Pneumonie: größeres Fieber, rapiderer Puls,
gesprochenere Leukozytose, gerötetes Gesicht, abdominale Atmung; bei
Appendizitis wird der Bauch möglichst stillgehalten, kostale Atmung. Oft
gibt Röntgen Aufschluß.
. Bolting: Ätiologie: Das Geschlecht hat noch keinen Einfluß. Oft
bei Infektionskrankheiten, Masern, akutem Rheumatismus, Enterokolitis, '
“Influenza, Tonsillitis.
Bei Nekrose und Perforation oft Kotsteine. Diffe-
rentialdiagnose: beim Einsetzen der Masern, bei Halserkrankungen oft ein
scharfer schneidender Leibschmerz. Sonst noch akute Hüfterkrankungen,
Osteomyelitis des Femurs oder Ileums, Psoasabszeß, Spondylitis; retro-
peritonealer Abszeß der Fossa iliaca, ‘inguinale oder femorale Adenitis.
(souri: amer. med. assoc. 1924, 13.) v. Schnizer.
Therapeutische Notizen.
Innere Krankheiten.
Zur therapeutischen Beeinflussung der essentiellen Hypertonie mit
‚Kalzium-Diuretin berichtet Basch aus der Krausschen Poliklinik über
beachtenswerte Erfolge. Die hauptsächlich geklagten Beschwerden waren
Herzklopfen, Angstgetühl, Druck in der Herzgegend, Atemnot bei geringer
Anstrengung, Kopfschmerzen, Schwindel. Kein nennenswerter Organbefund.
Labilität des Blutdrucks und Erhöhung bis etwa 170. Kalzium-Diuretin
(Knoll) ist gut resorbierbar, darmlöslich, von gutem Geschmack. Dosis
3—4mal täglich 2 Tabletten. Erfolg zeigte sich nach 4—5 Tagen subjektiv
und objektiv. (Ther. d. Gegenw., H.9, Sept. 1924.) Tarnogrocki-Pölitz.
Die offene Lungentuberkulose behandelt C. Stuhl-Gießen mit
Krysolganinjektionen. Die Goldtherapie führt unter Umständen schneller
Trotzdem ist daneben Sonne und
Tuberkulin nicht zu entbehren, ebensowenig eine hygienisch-diätetische
Kur. Die erste Krysolgandosis darf 0,01 nicht überschreiten. Bei schwäch-
lichen Personen beginne man sogar mit 0,001. Langsam einschleichend
Das Intervall zwischen den Injektionen beträgt in der
‘Am Tage der Einspritzung verhalte sich der Kranke
(D.m.W. 1924, Nr. 42.) F. Bruck.
Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Das Krätzemittel Catamin-Ricdel empfiehlt Bessel-Lorck-Berlin,
da es bei seinem niedrigen, aber doch wirksamen Schwefelgehalt mit der
Skabios zugleich die sekundäre Dermatitis beseitigt. Es besteht aus 50/,
möglichst ruhig.
. kolloidalem Schwefel und 10°/, Zinkosyd. Man läßt im allgemeinen 3 Tage
lang morgens und abends den ganzen Körper mit Ausnahme des Kopfes
Auch auf Hautjucken ohne objektive Erscheinungen (keine
Skabiesgänge nachweisbar!) wirkt das Catamin, indem der Juckreiz danach
verschwindet, (In solchen Fällen ist man ja vielfach geneigt, nach Aus-
schluß anderer Ursachen eine: Skabies als wahrscheinlich anzunehmen.)
(D.m.W. 1924, Nr. 41.).
Die Behandlung der Gonorrhoe mit dén beiden. kolloidalen Silber-
präparaten Targesin und Reargon besprechen Erich Langer und Bruno |
Beim Reargon gibt es reichlich Versager, auch macht es
leichtere Reizungen, führt mitunter zu Blutungen und verursacht bei
ambulanter Behandlung verschiedentlich Komplikationen. Trotzdem ist das
Peiser.
hat es den Vorzug .der absoluten Poizlosigkelk
0,75—
aus der Wäsche entfernen.
“Erfabrungen von J. Matuschka mit der kombinierten.. Mirion- i
mit 4,5—6 g Neosalvarsan pro Kur geben.
aus-
Lösung gegeben. wurde.
_ sammenhängt,
'C. Moewes (Berlin- Lichterfelde).
Ersatz spezifischer Organstoffe,
und besonders
‘Mittel meist wirksam. Auch mit dem Targesin lassen sich gute Erfolge
erzielen, und zwar besonders in den Frübstadien und bei Inkompii«
zierten Erkrankungen der binteren Harnröhre. Gegenüber dem Reargon
Man beginne mit
2°/,igen Lösungen und steige auf 3—5°/,. Bei Janetspülungen: 1: 500,
später 1°/,ige Lösungen. Bei Frauen: für en Urethra 10°/,ige Lösungen;
zur Vaginaltamponade 20°/,ige Targesintampons. Die. dunkelbraune Farbe
des Reargons und des Targesins läßt sich sehr leicht mit Natriumthiosulfat
(D:m.W. 1924; Nr. 42.) F. Bruck..
Neosalvarsantherapie zeigten, daß auch hierbei Versager vorkommen.
Rezidive treten, wenn sie auftreten, bald auf. Man'muß hohe Dosen Mirion-
injektionen auf 4,5— —6g Neosalvarsan. (W.kl. W. 1924, Nr. 41.) Muncke.
Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
Die Theraple der Tuberkulose der oberen "Luftwege - kann, wie
E. Wessely ausführt, eine symptomatische sein in den Fällen, wo die’
Reakt onsfähigkeit des Organismus gering oder erloschen ist. Man ver-
wendet dann die verschiedenen Methoden der Anästhesierung bis zur Neuro-
tomie des N. laryng. sup. vereint mit lokaler Applikation von Milchsäure -
oder Malachitgrün. Ist der Organismus noch reaktionsfähig, so empfiehlt
‘ Verf. neben der chirurgischen oder. kaustischen Therapie, die mehr bei
zirkumskripten Affektionen in Frage kommt, die lokale Bestrahlung. mit
Licht, das von einer Kohlenbogenlampe mit sonnenähnlichem Spektrum
stammt.
| Muncke. .
- Eine Universalzange zum Richten der verbogenen Nasenscheide-
wand empfiehlt A. Eysell (Kassel). Die -linsenförmigen Enden der Branchen
fassen das Septum in allen seinen Teilen sicher und gestatten ein Brechen
des Knorpels und des Knochens ohne Schleimhautverletzung (Firma Evens & `
Pistor, Kassel). (Zbl. f. Chir. 1924, Nr. 39.) K. Bg.
Die Muzidantinktur, ein Rhodan-Formalin- Präparat in flüssiger =
Form mit hohem Formaldehydgehalt, empfiehlt Ludwig Joseph
(Berlin) zu Spülungen bei chronischen Mittelohreiterungen. Sie wirkt
'schleimlösend und austrocknend und wird im Verhältnis 1:10 verdünnt. :
Das Mittel dürfte sich besonders eignen .für die chronischen Mittelohr- -
eiterungen mit granulierender Paukenhöhlenschleimbaut und zähem Sekret.
(D.m.W. 1924, Nr. 39.) PF. Bruck.
- Nervenkrankheiten. |
Zur "Therapie der multiplen Sklerose "benutzte M. Schacherl di |
Kombination von Typhusimpfstoff und Salvarsan ‚mit 10%) iger Calc. chlo- S
ratum-Lösung. Ersterer wurde 2mal wöchentlich in CaCl intravenös ver-
abreicht, während Neosalvarsan nur einmal wöchentlich auch in CaCl-
(0,1 imal, 0,3 1mal,. 0,45 Imal).
der. Remission erfolgte prompt, und zwar auffallend. schnell.
dafür war aber’ Lebensalter und Krankheitsdauer der Patienten. Bei ganz
alten Fällen fehlte die Remission. (W.kl.W. 1924, Nr. 40.) eo
Versuche einer nichtoperativen Beeinflussung hirndrucksteigernder u
Prozesse stellte P. Marburg-Wien an. Neben Epiglandol, dessen gute
. Wirkung mit der Liquorproduktion und -resorption wahrscheinlich zi-
bewährte sich die Röntgentiefenbestrahlung der: Plexus `
chorioidei besonders gut. Verabreicht wurden 2 Felder vom Unterkiefer
aus, 2 Stirn- und eventuell ein Hinterhauptsfeld, auf jedes Feld 8 H durch
0,1 mm Zn und 4mm Al. Schädigungen sind unwahrscheinlich. . (W. kl W.,
1924, Nr. 40.)
' Zur Behandlung der (zentralen und "Heripheren) 'Fazlalislähmung |
geben A. Fuchs und M. Pfeffer-Wien einen Apparat an, der die Muskeln
der erkrankten Seite zwingt, alle Bewegungen der gesunden’ Seite mitzu-
machen. Der Apparat eignet sich auch zur Beseitigung schon vorhandener
Kontrakturzustände und pathologischer Assoziationen. _(W.kLW.: 1924,
Nr. 40.) cke.
- Arzneimittel.
Eatan (von der Eatinon-Gesellschaft, München, hergestellt) ein Ge-
-misch von Aminosäuren, die durch Totalabbau. gewonnen sind, empfiehlt
Diese Abbauprodukte werden besonders .
leicht ohne besondere Arbeitsleistung des Organismus verdaut und fördern .
somit am leichtesten den Ansatz oder in Kränkheitsfällen den ‚notwendigen -
Das Präparat kann monatelang täglich als‘. ..
Zusatz zu dèr üblichen Kost gegeben werden, und zwar bei allen akuten
chronischen Erschöpfungskrankhoiten. mit `
Körperverfall.. (M.m.W. 1924, Nr. 39.)
-` Kleinere Dosen von Dijodyl-Riedel (in Tabletten zu 0,15 g) PAN i
Bun- Berlia ` bei den yerschiedonsten Erkrankungen, wie N
mer èo. .. ur. Tero me tes nn er ann 4- o -x .
Es kommen otwa 20—25 Mirion- .
Verf. bedient sich dabei eigens dazu konstruierter Apparate, die-
das Licht direkt oder indirekt an den Krankbeitsherd bringen.
sind gut, doch darf die- Allgemeinbehandlung nicht vernachlässigt werden...
(W.m.W. 1924, Nr. 41.)
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als Schlafmittel ‚für die häusliche Praxis.
von 0,2. (D.m.W. 1924, Nr. 40.)
Kölle-Zieler, Handbuch der Salvarsantherapie. 1. Band mit 20 Abb.
Beschriebenes sich mit größtem Eifer vertiefen muß. Das Buch beginnt
klassisch auch dieselben Dinge in Ehrlich-Hatas Chemotherapie der |.
‚Spirillosen abgehandelt sind. Das Schicksal des Salvarsans im Körper und
‘seine Ausscheidung von Stühmer leitet zum klinischen Teil über und
. bringt in klarer Darstellung die Vorgänge, auf welche der Therapeut achten
. Zieler und Mutschler, Naegeli, Stühmer, Schönfeld, zeigen die
‚praktische Anwendung des Salvarsans und seiner Kombination mit Queck-
. silber, zum Teil, wie nicht vermeidbar war, mit Wiederholungen, und im
_ ganzen vom gleichen Standpunkt aus abgehandelt. Viele Einzelheiten, so
die Bemühungen, das Salvarsan durch Beimischupg von Farbstoffen, von
` Ausscheidung aus dem Kreislauf kommen zu lassen, werden vor allem zum
- licher Lobreden nicht recht von Charlatanerie weiß zu waschenden unleid-
' eigenen Arbeit stets vor Augen habe. |
‘gabe. Der Direktor des Gerichtlich-medizinischen Instituts in Zürich hat
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Bu s '
" 20.1996 — MEDIZINISCHE KLINIK — N... 7. Dezember
Arteriosklerose usw. Man gibt 3mal täglich 2'oder 3 Tabletten, (D. m. W.
1924, Nr. 42.) a Zr | F. Bruck.
. J. Wilder-Wien empfiehlt das „Somnifen“ nicht nur als injizier-
bares Hypnotikum für. die Anstaltspraxis in schweren Fällen, sondern ’auch
Als besondere Nebenwirkung |
weist Verf. auf die bald vorübergehende Blutdrucksenkung hin. _(W.klL.W.,
1924, Nr. 42) .-
Ä u Muncke,
Das Schlafmittel Curral empfiehlt Fritz Weinberg (Frankfurt a..M.)
bei leichtor Agrypnie in einer Dosis von 0,1, bei stärkerer in einer solchen
F. Bruck,
der vielgestaltigen Hg-Pumpen, Hg als Kalalyt und Sauerstoffüberträger“,
Die Leberatropbie ist ein Zeichen vieler Vergiftungen (Phosphor, Nitro-
körper der aromatischen Reihe), ebonso Neurosen, motorische Unruhe
(Kokain) usw.. Die Anämie mit basophilen roten Blutkörperchen in größerer
Zahl in den Frühstadien erweise sich bei Verfolgung chronischer gewerb-:
licher: Vergiftungen immer mehr als allgemeines Symptom. In unverant- -
wortlicher Weise werde hauptsächlich jungen Mädchen massenhaft Arsen
in modernen Arsenpräparaten tberapeutisch injiziert. Eingehend worden .
2. B. Kokain und Rauschgifte behandelt.
| Von Vorschlägen seien genannt, den Harn der Hg-Arbeiter perio-
(disch mindestens jeden Monat durch Elektrolyse auf Hg zu untersuchen,
| „eine absolute Verpflichtung von seiten der Ärzte, die Fabriken zu beraten“,
Bei jungen Berufsarbeiterinnen mit Genitalblutungen solle man an rote
Phosphor denken (Zündwarenfabriken, Feuerwerk- und Glühlampenfabriken).
`. Diese kurze Auslese möge dem Arzt zeigen, welche Vorteile er für
seine Diagnose und sein: therapeutisches, Handeln aus diesen Darlegungen
diagnostischer und therapeutischer Irrtümer herausholen kann, wenn er die
-ungemein umfangreiche, naturgemäß vielfach subjektiv gehaltene Schrift,
deren Gebrauch durch ein Register erleichtert wird, durchzustudieren sich
Zeit nimmt. | | E. Rost-Berlin.
R. W. Hegner und W. H, Taliaferro, Human Protozoology. Mit 195 Ab-
bildungen. London 1924, Macmillan & Co. ' 21 sh netto.
- Hogner und Taliaferro haben in dem vorliegenden Buche eine
in der Form knappe, aber an Inhalt außerordentlich reiche, klare Über-
sicht über das Gebiet der gesamten menschlichen Protozoenlehre gegeben,
Die Autoren haben bescheidenerweise ihr Werk in erster Linie den Studenten .
gewidmet. Es dürfte aber auch jedem Tropenarzt hochwillkommen sein
wegen der Schärfe und: Klarheit, mit der das umfangreiche Thema ge-
meistert wird. | | | |
Ein großer Vorteil des Buches sind die. vielen guten Abbildungen
und die Entwicklungszyklen der einzelnen Protozoen. =
Dem ursprünglichen Zweck des Buches entsprechend ist in erster
Linie nur das geschildert, was als gesicherter Besitz der Forschung zu be-
trachten ist. Die Autoren behandeln das gesamte Thema in 15 Kapiteln.
In Kapitel 1: Die Klassifikation und allgemeine Biologie der Protozoen.
Es folgen dann die Sarkodina, wobei natürlich die Amöben unser besonderes
pathologisches Interesse erfordern und als Erreger der Amöbenruhr
Schaudinns E. histolytica geschildert wird, ferner die Mastigophora, die
'Hämoflagellaten mit den für die menschliche und tierische Pathologie so
wichtigen Trypanosomen und Leishmanien usw.
Nach einer Beschreibung der Darmflagellaten folgt die Klasse der
Sporo2oen, die die Autoren in die beiden Subklassen Telosporidia und Neo-
sporidia einteilen, die Telosporidia mit den Ordnungen Gregarina, Coccidia
und Hämosporidia und die Subklasse der Neosporidia mit den Ordnungen
der ‚Myxosporidia, Mierosporidia und Haplosporidia.
Eine besondere und ausgezeichnete kurze Darstellung finden in einem
besonderen Kapitel die Malariaparasiten. Es schließen sich an weitere
Kapitel über die Neosporidia und die Infusoria. Von ganz besonderem
Interesse dürften die beiden letzten Kapitöl sein über die Vermehrung der
Protozoen und über 'die Untersuchungsmethoden der Darmprotozoen. . Die
Hinweise auf die differentialdiagnostisch bei der Stuhluntersuchung vor-
kommenden Gebilde, z. B. Blastocystis hominis usw., sind in dieser Voll-
ständigkeit in der deutschen Literatur bisher nicht zu finden, dürften aber
für jeden Praktiker von der größten Wichtigkeit sein. | Pe
“Angaben: über die wichtigste Literatur mit einem guten Index be-
schließen dieses Werk, dem man auch in Deutschland weiteste Verbreitung
wünschen kann. | | | z . H Ziemann.
Alban Köhler, Grenzen des Normalen und. Anfänge des Patho-
' logischen im Röntgenbild. 441 S. u. 242 Abb. 4. Aufl. Hamburg
1924, Gräfe & Sillem. M. 28,60. |
Der Kernpunkt aller röntgenologischen Fragen ist in diesem Werke
behandelt! Wer immer das Röntgenverfahren als wohl die höchste dia-
. gnostische Vervollkommnung schätzt, die uns die letzten Jahrzehnte ge
bracht haben, der hat auch wohl unzählige Male die Notwendigkeit emp-
funden, gerade bei seiner Beurteilung schärfste Kritik walten zu Jassen.
Hier will Köhler-Hilfe leisten. Und er tut es in einer Vollkommenhet,
die Bewunderung abnötigt. Das scheinbar primitive Hilfsmittel der Skizze
(nach Photographie) hat er’in diesem Werk derart ausgobaut, daß es obne
die Eselsbrücke der Schematisierung des Verf. umfassende Erfahrung &0
zahllosen Beispielen vermittelt. Anscheinend jede einschlägige Literatur
ist bis zur Drucklegung kritisch oder referierend herangezogen und ver
merkt, so daß geradezu eine Art Literaturindex für das Thema geschaffen
ist. Zum Überfluß sei noch konstatiert, daß der Verf. nicht nur die
Grenzen des Normalen, sondern auch die Grenzen der derzeitigen Leistungs
fähigkeit der Röntgenologie präzis erkennen läßt.
Hans Meyer- Berlin- Wilmersdorf.
Bücherbesprechungen.
`~ geb. M, 33,60. |
Es ist erstaunlich, was alles im Laufe der Jahre auch dem eifrigen
Verfolger der Literatur dieser wichtigsten von allen therapeutischen Fragen
doch noch entgangen ist.. Dieses Buch ruft Vergessenes ins Gedächtnis,
füllt Lücken auf, lehrt Unbekanntes in einem Gebiet, das der Syphilidologe
eigentlich voll zu beherrschen glaubt, und bei dem er nun sieht, daß er
in Altes und Neues, früher und im Laufe der ganzen letzten 14 Jahre
750 S. Berlin und Wien 1924, Urban & Schwarzenberg. Geh. M. 30,—,
mit zwei bewundernswerten Kapiteln, Schloßbergers experimentellen .
Grundlagen der Salvarsantherapie und Bauer und Bendas Chemie der
organischen Arsenverbindungen; noch nie sind diese beiden Abschnitte un-
umgänglich: wissensnotwendiger Gebiete, die mehr als die Hälfte des dicken
Bandes einnehmen, so klar und so ausführlich dargestellt worden, so
muß, wenn er cine Vorstellung von dem haben will, was bei der Salvarsan-
anwendung vor sich geht, und wie Nebenerscheinungen zu vermeiden sind.
Die kürzeren klinischen Abschnitte, von Nathan, Bering, Spiethoff,
Koffein, von zirkulationsbeschleunigenden Stoffen schneller und konzentrierter
an den Ort der kraukbaften Veränderung heranzuziehen und langsamer zur
Studium dieser Kapitel veranlassen. Stühmers Gründe zur Ablehnung
der endolumbalen Therapie, vor allem der Gedanke, daß der Weg des Saft-
stromes zwar aus dem Spinalkanal hinaus, aber nicht in das Zentralnerven-
system hinein führt, sind von großer Wichtigkeit bei dieser, dem Praktiker
meist‘ verschlossenen und auch unsympathischen Anwendungsform. Die
Einleitung von Kolle und Zieler ist von Interesse, ihre mehrmals wieder-
holte Zusammenstellung des Erfinders des Salvarsans mit dem trotz neuer-
lichen Streiter Paracelsus will mir nicht ganz empfehlenswert erscheinen,
der ich Ehrlichs idealen Sinn, seine unerreichbare Exaktheit, seine un-
bestechliche Ehrlichkeit in wissenschaftlichen Fragen, seine sich und an-
deren gegenüber unerbittliche Strenge des Experimentes als Leitfaden der
| Pinkus.
Zangger, Vergiftungen, 15. Heft von Schwalbes: „Diagnostische und
therapeutische Irrtümer und deren Verhütung“. Innere Medizin. 226 S.
Leipzig 1924, Georg Thieme. GM. 6,—. | |
Ein Buch, wie das vorliegende, zu besprechen, ist keine leichte. Auf-
hier seine großen ärztlichen Erfahrungen aus der Schweiz mit ihrer hoch-
entwickelten chemischen Industrie, ihrem internationalen Verkehr, der dem
Lande den Kokainismus usw. gebracht hat, zusammengetragen und an einer
schier überwältigenden Fülle von Beobachtungen, Fehldiagnosen, Gerichts- -
verbandiungen, von kritischen Überlegungen, Anregungen erläutert. In
einer außerordentlich großen Zahl der Fällo werde die Vergiftung nicht er-
kannt und gerado „schnellstes Nothandeln sei am Anfang nötig“. Mannig-
fach seien die neuen Gelegenheiten, sich Gift zuzuführen (z. B. Schmier-,
Lösungsmittel — Solvent-Naphtha —, Parasitenmittel, z. B.. infolge Be-
spritzung der Reben mit arsenhaltigen Antiparasiticis). Obenan stehen als
Ursachen von Vergiftungen Kohlenoxyd und Arsenik. Blei kommt in
150 Industrien gelegentlich oder regelmäßig zur Verwendung. Auf Queck-
silber ist zu achten. „Eine große Anzahl von Hg-Gefahren wird sich erst
die nächsten Jahre zeigen bei dem starken Ausbau der Vakuumtechnik,
Sn Sr
"in 120/, positiv.
‚häufiger spontan und viel schneller als aus dem Blute.
1. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
1753
Kongreß- und Vereins-Berichte.
Berlin.
Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 12. November 1924.
Offizielles Protokoll.
Vorsitzender: Kraus. Schriftführer: Umber.
Der Vorsitzende begrüßt die Wiedergenesung des Herrn J alius
Hirschberg.
Zur Aufnahme vorgeschlagen: Herr Dr. Osterweyl von Herrn
P. F. Richter; Herr Dr. Gehrig von Herrn Finger.
Tagesordnung.
1. Aussprache zum Vortrag des Frl. Anneliese Wittgenstein: Tabes-
probleme und Tabesbehandlung,
Kraus (Manuskript nicht eingegangen).
Benda: Hinsichtlich der pathologischen Anatomie der Tabes, die
von der Vortragenden kurz berührt wurde, schließe auch ich mich nach
eigenen Beobachtungen und theoretischen Erwägungen der zuerst von
Nageotte histologisch begründeten, neuerdings besonders von Richter
vertretenen Auffassung an, die den Ausgang und Hauptsitz der Erkrankung
in die Meningen und speziell in die Durchtrittsstelle der Wurzeln durch
die harte Rückenmarkshaut verlegt. Hier, wo hintere und vordere Wurzel
dicht aneinandergelagert als sog. Wurzelnerv an das Intervertebralganglion
treten, sehen wir die vordere Wurzel, die bekanntlich am Ganglion bis auf
einzelne Fasern vorbeizieht, in dicken, von starker lamellöser Scheide ge-
schützten Bündeln verlaufen, während die hintere Wurzel in feinste
Bündelchen aufgelöst, das Bindegewebe durchbohrt und somit dem Über-
greifen der syphilitischen Entzündung und der Abdrosselung durch krank-
hafte Prozesse des Bindegewebes vorwiegend ausgesetzt ist. Die Vorgänge
im weiteren Verlaufe der hinteren Wurzeln und in den Hintersträngen
halte ich auch trotz der Spirochätenbefunde nicht für syphilitische Mani-
festationen, sondern für sekundäre, aufsteigende Degenerationen.
Fritz Lesser: Daß der Anfang der Tabes in einem meningo-
syphilitischen Prozeß zu erblicken ist, darin stimmen heute die meisten
Autoren überein, nnd ganz unbestreitbar ist es, daß eine Prophylaxe der
Tabes einsetzen muß, bevor es zu degenerativen Veränderungen im Rücken-
mark gekommen ist. Da die der Tabes vorausgehende Meningosyphilis
klinisch latent verläuft, so bleibt nur die Liquoruntersuchung übrig. Nun
- fragt es sich: Wann entsteht denn die Meningosyphilis, die zur Tabes führt?
Bereits im Jahre 1904 habe ich in einem Vortrag in der Medizinischen
Gesellschaft den Nachweis zu führen gesucht, daß der Tabes ein quartär-
syphilitischer Prozeß zugrunde liegt. Die Liquorforschung hat uns gezeigt,
daß viele Syphilitiker schon in der Primärperiode Liquorveränderungen
aufweisen und daß zu Beginn der Sekundärperiode, besonders bei Salvarsan-
behandlung, bis zu 90°, aller Infizierten einen positiven Liquorbefund
zeigen, daß mithin die allgemeine Spirochätenaussaat sich auch tiber das
Zentralnervensystem erstreckt und zur Meningosyphilis führt. Aber der
negative Liquor der restierenden 10°/, der Fälle ist nicht normal, sondern
enthält Spirochäten, denn Kanincheninfektionen mit dem Liquor fallen
positiv aus, wie die übereinstimmenden Impfergebnisse von Gennerich,
Hoffmann, Mulzer und Steiner ergeben haben. In diesen 10°/, sind
also Spirochäten durch das Zentralnervensystem gegangen, ohne eine Ab-
wehrreaktion des Organismus, als welche wir die Meningosyphilis auffassen,
hervorgerufen zu haben.
Verfolgt man nun die Fälle mit positivem Liquor, so sieht man, daß
der größere Teil der Syphilitiker den positiven Liquor noch im Sekundär-
stadium verliert. 5—10 Jahre nach der Infektion ist der Liquor nur noch
Speziell die Wa.R. verschwindet aus dem Liquor weit
Das ist wohl so
zu erklären, daß das Blut als Sammelbecken der Syphilisreagine aller
inneren Organe einen weit größeren Machtbereich umfaßt als die Spinal-
flüssigkeit, die die Reagine aus einem weit kleineren Bezirk aufnimmt.
Unter positivem Liquor ist nicht etwa bloß eine positive Wa.R. zu
verstehen, sondern auch eine positive Phase I oder positive Kolloidreaktion
oder stärkere Lymphozytose, wobei ich gleich einschalten möchte, daß bei
der Liquordiagnostik der Syphilis die verschiedenen Reaktionen keineswegs
übereinstimmen; die Reaktionen gehen einander nicht parallel.
Nun ist es eine noch unentschiedene Frage: Rekrutieren sich die
späteren Tabiker und Paralytiker vornehmlich aus den 12°/, mit noch
‚positivem Liquor oder aus den 10°/, mit normalem, ev. spirochätenhaltigem
Liquor? Die erste Ansicht von der frübzeitigen Meningosyphilis als Grund-
‚stock zur Tabes und Paralyse wird besonders von Gennerich vertreten,
während ich eine Spätmeningitis annehme.
Gegen die Anschauung von der Frühmeningitis als Grundstock für
spätere Tabes und Paralyse sprochen folgende Momente: 1. Der große
‘der in 90°/, positive Liquorbefund zu Beginn. der Sekundärporiode.
Zeitraum, der zwischen Meningosyphilis und Tabesbeginn liegt. Wir sehen
die ersten Zeichen von Tabes selten schon im 5. Jahre, meist erst 10 bis
15 Jahre, oft erst 20 Jahre nach der Infektion.
15jährigem Bestande der Meningosyphilis einsetzende Degeneration der
Nervenfasern steht durchaus in einem Gegensatz zu allen anderen sypbi:
litisohen Prozessen des Frühstadiums, die sich durch kurzen Bestand aus-
zeichnen, multipel auftreten, ohne bestimmte Prädilektionsstellen auf-
zuweisen, und obne Narbenbildung zur Resorption kommen. Die Meningo-
syphilis der Tabes. dagegen stellt ein Monosyphilid dar, a Ausgang in
Sklerose, wie wir sie stets: bei Spätrezidiven antreffen.
2. Gegen die Anschauung der Frühmeningitis als Tabesursache
spricht ferner die Beobachtung, die Kohrs u. a. bei Nachuntersuchungen
gemacht haben. Kohrs stellte fest, daß von 89 Patienten, bei denen der
positive Liquor bis zu 9 Jahren zurücklag, bei der klinischen Nachunter-
suchung kein einziger Störungen der Psyche oder des Nervensystems auf-
wies, und folgert, daß die automatische Folge der Tabes und Ne aus
einer Frühmeningitis nicht bewiesen sei.
3. Wir wissen, daß nach Einführung des Salvarsans die Häufigkeit
der Nervensyphilis im Frühstadium in Form der sog. Neurorezidive ‚mit
positivem Liquorbefund zugenommen hat. Das Salvarsan provoziert, be- -
sonders bei unzureichender Dosierung, syphilitische Infiltrate im Zentral-
nervensystem und positiven Liquor. Dessenungeachtet ist eine Zunahme
der Tabes und. Paralyse nach Einführung des Salvarsans nicht nachweisbar.
Ich habe bei einem großen Tabesmaterial, das ich zur serologischen Unter-
suchung bekomme, nie einen Fall gesehen, der anamnestisch ‘ein Neuro-
rezidiv in der Frühperiode aufwies. Wir müßten doch nach nunmehr
l4jähriger. Salvarsanbebandlung einmal solche Tabiker sehen, wenn ein
positiver, Liquor in der Frühperiode zu Tabes prädisponieren soll. Aber
immer ist man überrascht, daß die meisten Tabiker nicht einmal etwas
von einer Roseola wissen, daß 30°/, der Tabiker nichts von einem Primär-
affekt weiß, und gerade die Syphilitiker, die eine Roseola hatten und ia
90°/, einen positiven Liquor in der Frühperiode aufweisen, Raben meist
frei von Tabes.
Diese beiden Erfahrungstatsachen: 90%, aller Roseolafälle haben
Frühmeningitis; die meisten Tabiker haben keine nenneuswerte Hautsyphilis
durchgemacht, sprechen durchaus dagegen, daß die Meningosyphilis in der,
Frühperiode für Tabes und Paralyse prädisponiert, und machen folgende
immunbiologische Erklärung wahrscheinlich:
Ebenso wie an der Haut und den sichtbaren Schleimhäulen treten
in der Frühperiode dor Syphilis auch an den inneren Organen, einschließ-
lich Zentraloervensystem syphilitische Infiltrate auf. An der Haut sehen
wir die Infiltrate, an den inneren Organen und. im Zentralnervensystem
verlaufen sie klinisch latent. Daß sie an letzterem vorhanden sind, beweist
‚Die
syphilitischen Infiltrate fassen ‚wir als Abwehrreaktionen des Organismus
‚auf die Spirochäteninvasion auf. Ein Organismus, der mit kräftigen Ab-
wehrerscheinungen an der Haut reagiert, wird solche auch an den inneren
Organen aufweisen; daher wird sich eine starke Organimmunität ausbilden,
so daß die Organe von den gefährlicheren Spätrezidiven verschont bleiben.
Entsprechend bei geringen Hautsymptomen auch geringe Symptome im
Innern, schwache Immunität, häufiger Spätformen. Es ist eine falsche Auf-
fassung, daß Syphilitiker, deren Infektion mit wenig oder gar keinen Haut-
symptomen verläuft, später vornehmlich Tabes oder Paralyse bekommen;
sie bekommen ebenso häufig Aortenerkrankungen und obensooft Spätsyphi-
lide an der Haut. Klinisch besteht nicht nur das Mißverhältnis: Viel Haut-
syphilis in der Frühperiode — selten. Tabes, sondern auch: Viel Haut-
sypbilis in der Frühperiorde — selten Hautsyphilis in der Spätperiode.
30°/, aller Patienten mit Spätsyphiliden an der Haut sind Luesignoranten,
genau wie bei der Tabes.
Paralyse in biologischer Beziehung eine Sonderstellung in der Reihe der
syphilitischen Erkrankungen zugewiesen . worden müsse;
des Sitzes bedingt Besonderheiten.
Zentralnervensystem und Haut, löst so ungleiche Krankheitsbilder aus:
derselbe pathologisch- -anatomische Prozeß, der an der Haut eine Narbe, so-
zusagen einen Schönheitsfehler hinterläßt, führt im UL zu
Lähmungen und irreparablen Ausfallserscheinungen.
Spirochäteninfektion darf nicht mit Erkrankung bzw. Organverände-.
In 10°/, der Spirochätendurchseuchung reagiert
rung identifiziert worden.
das Zentralnervensystem nicht auf die Spirochäten, somit wird sich hier,
wie ich annehme, keine aktive Organimmunität ausbilden und es besteht
die Gefahr, daß in diesen 10%, der Fälle die Spirochäten in der Spät-
periode Reaktionsprozesse hervorrufen. Die Spätformen der Syphilis greifen
aber erfahrungsgemäß, im Gegensatz zu den gutartigen Frühformen, siert
Die erst nach 10 bis
Nichts weist darauf hin, daß der Tabes und
nur die Dignität
Die verschiedene Lokalisation, z. B.
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in ss Parenehym- ein. on führen. zu. destekten. Prozessen mit "Ausgang.
. in:Sklerose, Fälle, wo Sy philitiker' mit negati: vem Liguor. später Tabes-
o und Paralyse ‚bekommen haben, sind- wiederholt . ‚publiziert worden.
$ To einem Falle von. Plaut entwickelte sich nach 7 Jahren. ‚eine: Paralyse. |
En Durch ` das Salvarsan: worden ` wir, da. ës das Zentralndrvensystem- sozusagen
zur‘ frühzeitigen' Erkrankung, zur‘ frühzeitigen Abwehr. zwingt, also die
. Immunitätsbilduag fördert, mit -einer .bedeutenden-Abnahmėé der Tabes und
` Paralyse ‚zu rechnen taben, ganz abgeseben davon, daß durch das’ Salvarsan EN
: = die‘ SypRiUs. häufig zur. völligen Heilung geführt wird. A. i |
Di - Außerdem können aber auch noch im Spätstadium Spirochäten. von.
a den- inneren Organen. in das. Zentralnervensystem durch die Blutbahn ge |.
-:, langen.. ‘Daß ‘tatsächlich Spirochätenverschleppungen: im Spätstadium der |.
. Syphilis vorkommen, zeigt: 1. der oft regellose Wechsel zwischen ‘normalen. |.
"und syphilitischen' Geburten bei ` syphilitischen ` Frauen.” . Je nachdem |
' während der -Gravidität Spirochäten. durch den Blutstrom - in: die. Plazenta.
TE gelangen oder nicht, wird, ein. syphilitisches . oder gesundes | Kind.geboren. :
: © Selbst -10- und 15- Jahre nach der Infektion werden ‚noch 'syphilitische _
° Kinder. geboren; 2. die Fälle, wo 15 und 20 Jahre nach der’ Infektion -
gleichzeitig : an- ganz verschiedenen, entfernt . liegenden een der Haut .
Gummata oder. tüberöse Syphilide ‚auftreten.
.." Züsammehlässend können wir sagen:. .die Aral: daß die a
darstellt, ist. unbewiesen. Ob sich ‚spätsyptilitische "Prozesse entwickeln,
als, welche ich “die - Tabes und Paralyse ansprechen möchte, hängt von. der '
"v. individuel] verschiedenen Gewebsfestigkeit und von der Organimmunität ab. '
er "Auch! die histologischen Untersuchungen von Ri chter; der bei 99. Wurzel. '
AR ie ‘nerven: von Tabikern ein Granülationsgewebe ` mit .Spirochäten- und Ausgang `
>= 0° Skleröse festgesteilt hat, sprechen für einen. quartär- syphilitischen Prozeß..
tl. Wittgenstein hat. als Tabesprophylaxe die Forderung auf-
gestellt, ‚jeden Syphilitiker ein Jahr‘ nach Abschluß der Behandlung auf
ER rechtzeitigen Liguoruntersuchung nicht. herangezogen werden. 600), aller i
Tabiker haben bei Beginn der Tabes noch einen positiven Blutwassermann; ‚die:
geeignete Fälle dieser Behandlung zu unterwerfen.
. Felix Pinkus: Den Syphilidologen interessiert vor silem diè. Haie; l
"ob die Prozentzahl, in welcher Tabes vorkommt, beeinflußt wird durch die :
"Behandlung der ersten Jahre der Syphilis. Aus der Beratungsstelle '
©. für Geschlechtskranke der Landesversicherungsanstalt Berlin
-. 1917—1924 ergaben sich folgende Zahlen: ‘Sämtliche Fälle von Sypbilis, |
- die über 10 Jahre alt war, 1700. Unter diesen befanden sich vollaus-
‚gebildete Fälle von Tabes (Ataxie, Fehlen der Reflexe, . Krisen, Par-
. 7%, von diesen 1700 Fällen waren unbehandelt '
400: mit 54 = 140/, Tabes dorsalis, nur 'quecksilberbehandelt 800 mit
u. 53 = 714%) Tabes dorsalis, auch mit‘ Salvarsan behandelt 500 mit 10 '
. — 1,8% Tabes. dorsalis. Diesè Statistik scheint eine ‘starke Wirkung der
Salvarsanbebandlüng zu ergeben, eine sehr günstige Wirkung der Behand:
lung überhaupt zeigt sie in jedem Falle. Aber sie genügt nicht für die‘
einwandfreie Beäntwortung unseres Problems. Das Krankenmaterial ist :
nicht homogen. Hierzu ist nur ein ganz Komogenes Material brauchbar,
und’ dieses. bietet sich. unter den so gut wie ohne alle Ausnahme syphi- :
“ Jitischen älteren Prostituierten Berlins. Auch aus diesem, aus der Kranken-
station im Städtischen Obdach in Berlin 1908—1924 stammenden
Krankenmaterial werden nur die über 10. Jahre‘ 'syphilitischen und vollaus-
gebildeten Tabesfälle vorgeführt. Unter 3000’ alten Syphilisfällen befanden
ar 2 ae
‚ seinen Liquor zu untersuchen. Damit können wir in der Praxis nicht viel |:
erreichen: denn 300), aller -Tabiker sind: Luesignoranten, können: also zur |
| sich 15
|. bemandet < 900° mit: 12 = 8, Tabes: ‘dorsalis; nur quecksilberbehandelt
1.1700 mit 55 = 2, ‚6% Tabes dbralis ‚und. 400. auch.:.mit, SaÌyarsan be- -
‚allem der Salrarsantherapie. u
BEER Tabikerinabn. A dicen -3000 Fällen waren m
handelt mit g— 1,9%, Tabes dorsälis., ` Aus: diesen; allen Ansprüchen,
' die an eine ‚richtige Statistik gestellt. werden- ‚können; . “genügenden. Zahlen .
ergibt sich ein außerordentlich großer gtinstiger Binduß der‘ net vor
Eu ee. . „Sohlag 2 lg)
. 5 . k i P
| g | “Bomi: . i | ne
Niederrheinische Gesellschaft: für Natúr- und Heilkunde, Gt Ai)
| „Sitzung vom. 10. November 1924... :
i eisen stellt. einen- geheilten‘. schweren: Fall: von n. Puerperalifeber
‚vor und. empfiehlt, bei der. inedikamentösen Behandlung, der’ Krankheit einen `
methodischen. Wechsel‘ der einzuführenden, Mittel, dio- ‚möglichst heterogen
‘sein sollen, vorzunehmen. Er glaubt. so eine “Heilung her: ie m
können, als bei anderen Methoden.
Haendly spricht dann über: Operative Behandlung, des Hara- |
röhrendefektes und der Incontinentia urinae . bei ‚der Prau. ‚Vortr, be
‚|; richtet ‚über - eine ‚neue. Methode der: genannten ` ‚Operationen. ‚Die ‚Kranke
“litt im Anschluß -an eine Vorfalloperation. im Jahre, 1920 -an einer Blasen- '
..8y ‚philis in der: Frühperiode den Keim für- die spätere Tabes ‚oder Paralyse ` “fistel, ‘die nach- verschiedenen’ ‚vergeblichen' Versuchen schließlich. geheilt
würde. Wann der :Harnröhren- . und Sphinkterdefekt: entstanden ; ish, ist
nicht ‚festzustellen. ` 1921- war. der‘ Uterus supravaginal' amiputiert worden.
Nach einem ‚vergeblichen V ersuch, die Harnröhre aus den "vorhandenen
Resten durch ‘einfache Naht und den Sphinkter nach; Goebel: »Prangon-
.heim-Stöckel. zu..ersetzen, - machte Vortr. eine- "Harnröhıenplastik,; indem.
er die vordere, rüsselförmig. verlängerte‘ Muttermundslippe nach vorn zog
‚und durch je einen’ seitlichen, | aus’ der- Vaginalschleimhaut' 'góbildeten
‘Lappen fizierte. In’ einer zweiten. Operation. "wurde - dann der. Sphinkter
durch. eine freie Faszientransplantation aus dem Oberschenkel: ersetzt, Das
Ergebnis -war ‘sehr gut., Beim. Gehen, Stehen, Sitzen. und Liegen ist die
‘|. Frau vollstäudig. kontinent, hält den Urin bis.zu 4-5. Stunden. -und 18t-
dann spontan Urin:. ‚Vortr.;rät, derartig komplizierte Operationen zweizeiig
sa Syphilisbehandlung. war also hier nicht abgeschlossen: In diesen 60%), ist | zu machen; erst Harnröhrenplastik,. dann. Sphinkterersatz. Mit gering:
- wolil der größte Teil der Lüesignoranten inbegriffen. Es ‚werden: vielleicht l
350); der Tabiker durch. ‘die Forderung von Frl. Wittgenstein erfaßt; -
‘dabei ist aber noch nicht berücksichtigt, daß auch der negative Liquor Spiro- iv
ren kann. In- der’ Praxis m r:
o S 2 konn au a Ca e | ‘Asthma bronchiale sehr, allerdings sei Zu. fordern, daß’ der‘ Operateur über
wird. die Feststellung, daß nach mühevoller Luesbehandlung® "und endlich | ”
.. erreichtem: negativen Blutwassermann der Liquor positiv ist, den Patienten ;|
© - in dem Gedanken an ‘eine drohende Tabes oder Paralyse zur Verzweiflung |
"treiben... Hierin liegt‘ eine nicht zu unterschätzende Gefahr, zu. der die |
r ‘Gewinħchanco, d. :h. ‘der Erfolg durch die `endolumbale "Behandlung, in
einem richtigen Verhältnis stehen muß. Wir wissen aber nicht, wie häufig '
"die ;endolumbale Behandlung zum Ziele “führt, wie ofti sie versagt. Zu
berüöksichtigen ist ferner, daß der positive Liquor ja gar nicht zu Tabes `
and Paralyse führen muß, und daß sich der Liquor spontän sanieren kann. ,
... Eine prophylaktische klinische endolumbale Behandlung wird: auch ‚oft an ;
: -dem .Widerstande der Patienten scheitern; es handelt sich doch um klinisch
. gesunde Leute. Die 'generelle Forderung «der Liquoruntersuchung vor '
k Abschluß: der Syphilisbehandlung erscheint mir, für die: Praxis noch -nicht
‘» - spruchreif. Immerhin werden die Ausführungen ` der Vortragenden -dazu
beitragen, das Interesse für die endolumbale Pehandlang zu mg |
fügiger Modifikation. ist die; neue Operation: auch‘. bei .erhaltenem- Uterus au
‚machen. . (Vortrag. erscheint ‚ausführlich 'im Zbl.: f. ‚Gyn. 1924, Nr: 41).
Witzel empfiehlt ‘dann -auf Grund der ‚Erfahrungen. an 40 operierten |
eigenen Fällen die. Sympathikusoperation im Ring: der, Heilmaßnahmen. beim
„technische, Subtilität und. höchste Asapa durchaus. an u
| Heidelberg.. a Ä
"Natuchistorisch-medizinischer Verein: Sitzung vom 1. Nomba 19%.
vV Weizsäcker, Zur Pathologie: des Raumsinnes. Der 31 Jahre,
‚alte, Volksschullehrer' E. B; konnte‘ als’ Kind nicht Kärussellfabren, Schiaukeln
u. "del, konnte. auch bei Schaukeln, Tanzen usw. nicht ‚zusehen, Fliögern
nicht nachschauen. Reisen konnte er nur in ‚nüchternem ‚Züstand. Er ist
nicht unmusikalisch,, kann aber den Takt nicht recht. halten. - 1914 trat
zum ersten Malo ein. schwerer Schwindelsnfall . mit Bewußtlosigkeit aul..
1919 mehrmals ‘solche Anfälle, von denen er sich stets vollständig wieder
| erholte. :1923 wieder ein heftiger. Anfall. Bei Erheben. des Kopfes trat
sofort Bewußtlosigkeit ein. "Danach nur noch einige leichte Anfälle. Jetzt
voll berufsfäbig und nur ‘unbedeutende Störungen, wie z B. dab ar die
Richtung des Saumsteines nicht einhalten kann. Die. eingehende Unter
suchung. deckte aber höchst eigenartige Störungen. des Raumsinnes auf: &
besteht leichter Manegegang nach links und bei. Zielyersuchen zielt Pat. mit
der réchten Hand nach links, ‘mit der linken nach. rechts ‘yorbei, Bein
Versuch, die Arme horizontal auszustrecken, werden. sie ‚regelmäßig zu hod
erhoben. . Besonders interessant ist die Prüfung (der. Wahrnehmung vo
Strichen, Winkeln. und: andern Figuren, wobei sich ergab, daß er sowohl
horizontale wie vertikale Linien in. einem: bestimmten. ‚Winkel naeh Jobs
geneigt sieht. Eine etwas rechts geneigte Linie wird: demnach horizontal
gesehen: Unlogischerweise‘ wird aber auch eins: linksgeneigte Linie hori-
zontal gesehen. Es liegt also eine Paradozie vor. Vom Figurenschen $ si
hier nur’ "hervorgehoben, daß ein spitzer Winkel. ‚päraliel gesehen wird,
Dreiecke überhaupt nicht ala solche gesehen: werden können, ‚daß ein Kreis
als Ellipse, ‚eine, Ellipse als Kreis gesehen: wird; v, W, vermutet, dab &
sich um eine Tendenz zum ‘primitiven ‚Sehen handelt,. die nieht an a
bestimmte Lokalisation . ‚geknüpft ist. -Es handelt sich um eine partie è
Anomalie, denn während der Pat. mit den Armen Eilipsen statt Kreise
beschreibt, werden mit den Beinen keine Fehler gemacht und die Störungen
sind unabhängig von der Stellung des Körpers und Kopfes. Es liegen a”
Raumsinnstörungen im -Sinne 'Richtungstäuschungen vor.’ > M ie
Fr. Rupp, Einfluß des Nervensystems anf den. Zisckergehs a
Blutes. Die Untersuchungen über das i Zuckerzentrum. haben bisber
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
7. Dezember | | | | DE
Inkrafttreten desselben nur bei. Einwirkungen mechanischer Schädigungen
oder Einverleibung körperfremder Stoffe zu zeigen vermocht. Die Frage, ob -
der Blutzuckerspiegel auch unter normalen physiologischen Verhältnissen
dauernder Einwirkung des Zentralorgans untersteht, ist nicht beantwortet
worden. Vortr. konnte zeigen, daß nach Blockade des Nervus splanchnicus
der Blutzucker beim Hunde absinkt und daß er nach Aufhören der Blockade
wieder zur Norm zurückkehrt. Es müssen also auch beim Normaltier
dauernd Reize vom Zentralorgan zur Peripherie fließen, deren Unterbrechung
den Blutzucker in negativem Sinne beeinflußt. Es konnte ferner gezeigt
werden, daß die Wirkung kleinster, eben noch wirksamer Dosen Insulin
durch die Blockade des Nerven in ihrer Wirkung verstärkt wird, da die auf
die Hypoglykämie folgende Zuckerausschwemmung nach Unterbrechung der
Zuckerbahnen ausbleibt. Die Novokainblockade des Splanchnikus verhindert
demnach die reparatorische Ausschwemmung von Zucker ins Blut. Sie setzt
erst wieder ein, wenn der Nerv wieder leistungsfähig geworden ist. Nach
operativer Durchschneidung des Nerven fehlt die reparatorische Zucker-
'ausschwemmung völlig und wird erst allmählich durch das Inkrafttreten
peripherer Regulationsmechanismen herbeigeführt. Die Frage, ob-auch beim
Diabetes das Zuckerzentrum an der Erhöhung des Zuckerspiegels beteiligt
ist, kann nach Ansicht des Vortr. durch die Blockade der Splanchnikus-
wurzėln mittels der Paravertebralanästhesie nach Sellheim, Läwen und
Kappis gelöst werden. Nach den bisher an pankreas-diabetischen Hunden
mit Unterbrechung der Zuckerbahnen gewonnenen Resultate kann durch die
Blockade der Splanchnici der gesteigerte Blutzucker zur Norm herabgesetzt
werden. Es erhebt sich damit die Frage nach der Möglichkeit einer ope-
rativen Beeinflussung des Diabetes. Sie erscheint zunächst durch die nach
Splanchnikotomie einsetzenden Allgemeinschädigungen behindert. Nach Ver-
‚suchen des Vortr. genügt jedoch auch sehon die Durchschneidung des
oberen Splanchnikus zur Beschränkung der Zuckerausschüttung, ohne daß
dabei Allgemeinschädigungen eintreten. Durch weitere Ausdifferenzierung
der Wurzeln des Splanchnikus, nämlich der Rami communicantes 6—9, läßt
sich vielleicht eine weitere Einschränkung der Zahl derjenigen Fasern erhoffen,
die für die Zuckerausschwemmung verantwortlich gemacht werden müssen.
Teutschländer und Valentin, Über Enteritis phlegmonosa. Mit-
teilung eines Falles von Phlegmone des Zükums (Streptokokken), der durch
frühzeitige Exstirpation der erkrankten Partie geheilt wurde. Bisher sind
nur 3 Fälle mitgeteilt, die mit glücklichem Ausgang operiert wurden. Th.
Leipzig.
Medizinische Gesellschait. Sitzung vom 4. November 1924.
Strümpell spricht über die jetzt so häufig zu beobachtenden
Folgezustände, die nach Ablauf einer Encephalitis epidemica dauernd
zurückbleiben. Er stellt zwei hierher gehörige Krankheitsfälle vor. . Bei
dem einen Patienten, der im Beginn dieses Jahres eine Enzephalitis durch-
gemacht hat, findet sich außer den gewöhnlichen Zeichen des Parkinso-
nismus (Gesichtsstarre, allgemeine Bewegungsarmut, gesteigerter Muskel-
tonus und davon abhängige abnorme Stellungen der Extremitäten) ein un-
gewöhnlich starkes, anhaltendes Zittern, besonders in den Beinen, das aber
bei willkürlichen Bewegungen verschwindet. Noch ungewöhnlicher sind die
Erscheinungen im zweiten ‘Fall, der einen jungen Mann betrifft, dessen
akute Enzephalitis schon 4 Jahre zurückliegt. Als auffallendstes Symptom
beobachtet man bei ihm anhaltende, in kurzen Pausen auftretende
Zuckungen der Nackenmuskeln, die eine Rückwärtsbeugung des
Kopfes zur Folge haben. Dies Symptom erinnert an die häufiger zu be-
achtenden entsprechenden Zuckungen in den Bauchmuskeln.
Aßmann berichtet über einen typischen Befund bei klinisch
frischer tuberkulöser Infektion. Die Befunde wurden in auffallend über-
einstimmender Weise bei einem ganz besonderen Personenkreise, nämlich
meist bei jungen Medizinern im Studium und Assistentenkreise (zwei an
pathologischen Instituten) erhoben, die sämtlich reichlich Gelegenheit zur
Einatmung tuberkulösen Materials gehabt hatten und vielfach in den
letzten Jahren mit Ernährungsschwierigkeiten und Sorgen zu kämpfen
hatten, erblich nicht belastet waren und früher keine tuberkulöse Erkran-
kung durchgemacht batten.
Die klinischen Symptome waren meist nur geringfügig, gewöhnlich
bestand allgemeine Mattigkeit, nur in einigen Fällen Fieber, das dann
meist als Grippeinfektion gedeutet wurde. Auswurf fehlte oft;
vorhanden ‘war, fanden sich mehrfach auffallend reichlich Tuberkelbazillen.
Einige Male bildete eine initiale Hämoptoe die erste Veranlassung zur
Untersuchung. Meist vollkommen negativer oder nur ganz geringfügiger
Befund bei Perkussion und Auskultation.
Dagegen zeigte sich im Röntgenbild bei sonst ganz freien Lungen-
und insbesondere Spitzenfeldern eine rundliche, gleichmäßige, deutlich aber
meist nicht ganz scharf gegen die Umgebung abgegrenzte Verschattung
unterhalb einer Klavikel, meist in den lateralen Partien nahe dem Thorax-
rand. Mehrfach wurde im Zentrum desselben eine Aufhellung (Kavernen-
` Botschafter.
wenn er
bildung) beobachtet.‘ In etwas späteren Stadien zeigten sich in der Um-
gebung mehrfache kleine Fleckchen (Knötchen).
Bei der rundlichen Verschattung handelt es sich um einen käsig-
pneumonischen .(exsudativen) Prozeß, der große Neigung zur Einschmelzung
zeigt. Es wird die Frage erörtert, ob ein echter Primär- oder ein Reinfekt
vorliegt. Da gröbere Verbreiterungen oder Flecken in den Hilusschatten,
die auf verkäste Drüsen zu beziehen wären, wie sie beim Primärkomplex
im Kindesalter vorhanden sind, hier fehlten, wird an eine frische Infektion
in einem Organismus gedacht, der durch früher überstandene, geringfügige
und jetzt nicht mehr nachweisbare Infektionen eine gewisse Umstimmung
in seiner Reaktionsweise erfahren, aber andererseits früher keine gröbere
Tuberkuloseerkrankung durchgemacht hat.
Die Erkrankung erfordert eingreifende Behandlung, entweder lange
dauernde Heilstättenkuren oder, besonders dann, wenn größere Einschmel-
zungen und reichlicher Bazillenauswurf vorhanden an Pneumothorax-
behandlung. Bericht über mehrere derartige Fälle unter Demonstration
von Röntgenbildern.
Hertel: Blutdruck und Auge. Vortr. geht davon aus, daß bei
vielen Erkrankungen, bei denen Steigerungen des allgemeinen Blutdrucks
vorhanden sind, Änderungen im Auge, speziell im Augenhintergrund, ge-
funden werden und bespricht: insbesondere die arteriosklerotischen Ver-
änderungen und die unter dem Namen Retinitis albuminurica bekannten
Erscheinungen. Er geht sodann darauf ein, warum namentlich bei Nephri-
tiden, bei denen doch höchste Blutdrucksteigerungen vorkommen, der
Augendruck so selten erhöht gefunden wird im Gegensatz zu der Theorie
von Leber, nach der ein Parallelgehen des Augendrucks und Blutdrucks
anzunehmen ist. | |
Es werden die bekannten Kurven von Wessely, die die Konformität
von Blutdruckschwankungen und Augendruckschwankungen beweisen, demon-
striert und darauf hingewiesen, daß eine Differenz besteht zwischen diesen
an Tieren gewonnenen Resultaten und der klinischen Erfahrung am
Menschen, insbesondere werden die Arbeiten von Schmidt-Rimpler,
Hertel und Elschnig erwähnt, die einerseits Blutdruckerhöhung ohne
Augendrucksteigerung und umgekehrt Augendrucksteigerung ohne Blutdruck-
erhöhung in vielen Fällen festgestellt haben.
Sodann werden Hertels experimentelle und klinische Untersuchungen
besprochen, durch die dargetan wurde, daß für den Augendruck nicht nur
der Blutdruck, sondern auch die Blutbeschaffenheit von Bedeutung ist.
Die Fortführung der Hertelschen Untersuchungen in der Leipziger Augen-
klinik durch Dieter (genauere Mitteilungen im Archiv für Augenheilkunde)
zeigten, in welcher Weise sich diese beiden Faktoren beeinflussen. Maß-
gebend ist nach Dieter insbesondere der intraokulare Kapillardruck, der
von ihm bei zahlreichen Personen auf entoptischem Wege gemessen. und
bei erhöhtem Augendruck stets höher gefunden wurde, als bei normalem
Augendruck. Vortr. führte dann weiter aus, daß der Einfluß des Kapillar-
drucks auf den Augendruck modifiziert werden kann, einerseits durch
osmotische Vorgänge, andererseits aber auch dureh den allgemeinen
arteriellen Blutdruck, sobald die präkapillaren intraokularen Arterien zu
funktionieren aufhören. Da diese Arterien bei der Retinitis albuminurica,
um Vollhardt zu folgen, als kontrahiert oder durch Wandveränderungen
verengt anzunehmen sind, dürfte das Fehlen der Augendruckerhöhung bei
Retinitis albuminurica erklärt sein. Weigeldt.
München.
Ärztlicher Verein. Sitzung vom 29. Ober 1924.
Theilhaber: Eindrücke eines Arztes während einer Reise nach
Rußland. Vortr. war von der Sowjetregierung im Sommer dieses Jahres
zum allrussischen Gynäkologenkongreß eingeladen worden. In Berlin erhielt
er die nötigen Pässe und wurde vom Auswärtigen Amt in jeder Weise
unterstützt und bekam auch Empfehlungsschreiben u. a. an den. deutschen
Über Petrograd fuhr Vortr. nach Moskau, wo er bei den
Russen eine glänzende Aufnahme fand. Den russischen Ärzten geht es
sehr schlecht, seitdem sie verstaatlicht wurden. Man sah dies auch auf
dem Kongreß, wo einige nur mit Hemd und Hose angetan, erschienen.
Der Arzt bekommt im Monat ein Fixum von 26 Rubeln = 50 M.. Anfangs-
gehalt, das mit den Jahren steigt, so daß ein Direktor eines Krankenhauses
62 Rubel = 110 M. monatlich erhält. Die meisten Ärzte sind ohne Neben-
einkünfte und leben nur von ihrem „schönen“ Fixum. Neuerdings ist zwar
durch den Volkskommissar, Prof. Semaschko, die Privatpraxis wieder
erlaubt, ist aber so versteuert, daß nichts übrig bleibt. Selbst für das
ärztliche Schild muß hohe Steuer gezahlt werden, so daß viele Ärzte
es bereits abgeschafft haben. Besonders schlecht liegen die Verhältnisse
auf dem Lande. Das deutsche Examen gilt als dem russischen gleich-
berechtigt, doch müßten deutsche Ärzte erst die russische Sprache ganz
beherrschen, um sich niederlassen zu können. Vortr. hat nur Kranken-
häuser in Leningrad und Moskau gesehen. Man sieht dort noch deutlich
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die Spuren der letzten Teuerung, so sind: die Fußböden sehr defekt. Der
Besuch ‚der Krankenhäuser ist sehr gut. ` Über 57000 Entbindungen fanden
in einem der Hospitale im letzten Jahre statt. Eine Sehenswürdigkeit in
Leningrad ist das Röntgenkrankenhaus, das nur der Röntgendiagnostik und
-therapie dient und sehr gut eingerichtet ist, 40—50 Ärzte arbeiten an
diesem Krankenhaus nur wissenschaftlich. In Leningrad befindet sich auch
das deutsche Hospital unter Dr. Carstens, dessen :Tüchtigkeit es zu ver-
danken ist, daß das Hospital noch besteht. Es hat auch Freibetten für
Russen. Das bakteriologische Institut von Dr. Zeis in Moskau mußte
schließen. Sehr gesucht sind deutsche Bücher; in den Schaufenstern aller
Buchbandlungen sind sie ausgestellt, nur für die russischen Ärzte bei dem
miserablen Gehalt schwer käuflich. Der Wohnungsmangel ist fast noch
größer als bei uns. Rußland legt großen Wert auf Prophylaxe. Wald- .
schulen, Sanatorien und Kinderkrippen sollen errichtet werden. In einem
Institut für Sozialbygiene wird die Entstehung. der Infektionskrankbeiten,
Geschlechtskrankheiten und Tuberkulose gezeigt und die Mittel zu ihrer
Bekämpfung und Verhütung werden vorgeführt. In der Findelanstalt be-
findet sich ein Museum für Mutter- und Kindesrecht. Interessant ist die
Stellung der russischen Regierung zum Abortus arteficialis. Es ist dort
erlaubt, daß die Leute aus finanziellen oder sozialen Gründen ihre Kinder
in den: ersten. 2 Monaten abtreiben lassen. Nachdem nach Einführung
dieses Gesetzes viele Todesfälle vorkamen, ist es den Hebammen und Badern‘
verboten worden. Auch darf die Frühgeburt nur mehr in einem Kranken-
hause eingeleitet werden, nachdem eine aus Frauen gebildete Kommission
ihre Erlaubnis gegeben hat. Da aber im Krankenhause nur relativ wenig.
Betten sind, ist das Gesetz praktisch sehr eingeschränkt, da nur ein. geringer
Teil Schwangerer die Möglichkeit hat, in den Hospitälern unterzukommen.
Erwerbsmäßige Abtreibung ist gesetzlich verboten. Der § 175 wurde auf-
gehoben. . Andere sexuelle Delikte werden bestraft, so Verleitung eines
nicht geschlechtsreifen Individuums zum Beischlaf, Ansteckung und. Ver-
leitung zur Prostitution. Die unehelichen Kinder sind den ehelichen gleich-
gestellt; sie-sind auch erbberechtigt. Das Schulwesen hat sich gebessert;
es besteht Schulzwang. Die Zahl der Universitäten ist vermehrt. Eisen-
bahnpreise und Lebensmittel sind billig, Kleider kosten das Fünffache, alles
andere ist sehr teuer. Dadurch'kommen die Ärzt6 schwer durch, noch dazu sie
weniger verdienen als die Arbeiter. Die Zahl der Bettler in Moskau ist sehr
groß. Wein und Bier sind in Rußland gestattet, während Schnapsausschank
verboten ist. | a N.
_ Tagesgeschichtliche Notizen.
(Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)
Berlin. Tn der Sitzung der Berliner medizinischen Gesell-
schaft vom 26. November 1924 demonstrierte vor der Tagesordnung Herr
Leschke einen Fall von Lipodystrophie Hierauf hielt Herr Paneth den
angekündigten Vortrag: Über eine neue Gruppe von Desinfektionsmitieln und
die Herren F.Klómperer und A. Salomon ihren Vortrag über Serodiagnostik
und Aktivitätsdiagnose bei Tuberkulose (Aussprache: dieHerrenF.Klopstock,
Ludwig, Lange, U.Friedemann,. Katz, v. Gutfeld, G. Klemperer,
Kraus, H. Reiter, Lehfeldt; Schlußwort: Herr F. Klemporer).
Die epidemische Enzephalitis, die seit einigen Jahren das
Interesse der Ärzte mehr und mehr in Anspruch nimmt, ursprünglich im
Anschluß an die Grippeepidemie, dann. aber auch ohne einen solchen Zu-
sammenhang beobachtet wurde, trat jetzt mehr in einer anderen Form auf. -
Die preußische Medizinalverwaltung hatte deshalb an sämtliche Ärzte
Preußens eine Umfrage gerichtet und’ dieser ein Merkblatt beigegeben, daß
in der „Volkswoblfahrt“ abgedruckt ist. Danach sind drei Formen zu
unterscheiden: die „klassisch lethargische“, die „akut hyperkinetische* und
die „chronische“. Die erste Form ist durch. die auffallende Schlafsucht
von kürzerer oder längerer, mitunter bis monatelanger Dauer charakterisiert,
während hiermit Nervenstörungen, besonders solche der Augenbewegungs-
nerven flüchtig, Rückenmarksbegleiterscheinungen oder Kleinhirnerschei-
nungen selten auftreten, etwa 20% Mortalität, allmähliche Heilung oder
Übergang in das chronische Stadium. Die hyperkinetische Form zeichnet
sich durch einen mehr oder minder. schweren Veitstanz aus, der nach
grippeartigem Beginn oft .mit schweren Allgemeinerscheinungen auftritt.
Hier ist die Mortalität (mit über 30%) noch höher. Die chronische Er-
krankung folgt der akuten entweder direkt oder nach.einem Latenzstadium
von Wochen bis Jahren. Auch kann das akute Stadium unbemerkt vor-
übergehen. Die Symptome ähneln sehr der Paralysis agitans, können aber
auch der Katatonie und der Dementia praecox gleichen. Als. Therapie
akuter Erkrankungen haben sich intramuskuläre Einspritzungen von Rekon-
valeszentenserum bewährt. Über die Erfolge. solcher Seruminjektionen im
ohronischen Stadium ist noch kein sicheres Urteil erlaubt.
Eine medizinische Reise im Rheinland wird in der „Presse
médicale“ von Ed. Joltrain beschrieben. In diesem Artikel, in dem
oharakteristischerweise von den Deutschen als „nos ennemis“ gesprochen
wird, werden die sanitären Einrichtungen der Besatzungstruppen des Rhein-
landes und der Pfalz, sowie die der französischen Zivilbevölkerung in
diesem Gebiet zur Verfügung stehenden ärztlichen und hospitalen Ein-
richtungen beschrieben. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die
Druck von L. Schumacher in Berlin N 4.
‚1924. — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 49.
T. Dezember
von den Franzosen in Gebrauch genommenen vorhandenen "deutschen
Krankenbäuser. Der Autor schließt mit dem Wunsch, daß eine ärzt- `
liche Gesellschaft der Hospitäler des Rbeinlandes gegründet werden
möchte, die in’ monatlichen oder zweimonatlichen Sitzungen ‘den Ans.
tausch der an den verschiedenen Stellen gemachten Beobachtungen er
lauben sollte. Herr Joltrain hält es „nicht für zweifelhaft, 'daß rhe
nischo Ärzte hierbei eine wesentliche Mitarbeit vom wissenschaftlichm
Gesichtspunkt aus leisten könnten“. Herr Joltrain findet, daß.die Bẹ
_ friedung auf allen Gebieten geschehen müßte. Wenn er aber: überzeugt ist,
daß.die Gründung einer solchen medizinischen Vereinigung dazu beitragen
würde, so glauben wir, daß alle solche Maßnahmen zumindest den Schein
erwecken, als ob die französische Besatzung sich recht häuslich einrichten
wollte. Auch nur ein solcher Schein würde schon das Gegenteil’von dem
bewirken, was auch uns erwünscht scheint, einer internationalen Zusammen-
arbeit der beiden großen Nachbarvölker auf medizinischem, wissenschaft-
liehem und humanitärem Gebiet.
„Die 7. Tagung der Kommunalen Vereinigung für Gesundheits-
fürsorge im rheinisch-westfälischen Industriegebiet fand am
T. November 1924 in Recklinghausen statt. Der Geschäftsführer der Vér-
einigung, Stadtmedizinalrat Dr. Wendenburg - Gelsenkirchen, gab einen
zusammenhängenden Bericht der bisherigen Arbeiten der Vereinigung, deren
überaus praktische Wirksamkeit in der Ausgestaltung des Gesundheits-
wesens innerhalb der Kommunen und auch nach außen in der Wirkung
auf Behörden und Versicherungsträger nur eine Folge der Zusammenfassung
aller Kräfte der zuständigen Kommunen sein konnte. Nur so war &
möglich, die zweifellos für ganz Deutschland vorbildliche einheitliche Linie
in der .gesundheitsfürsorgerischen Organisation vieler zusammengedrängter
Kommunen zu erreichen und andererseits durch intensive Zusammenarbeit
mit Versicherungsträgern die finanzielle Basis aller vielseitigen Maßnahmen
&uf breite Schultern zu stellen. Das Wesentliche dieses Zusammenschlusses
ist eben, daß es kein Verein von Ärzten, sondern eine Vereinigung von
Behörden ist und zwar auf einem Gebiet, das in allererster Linie von den
Selbstverwaltungskörpern bearbeitet und fortschreitend organisiert wird.
Ganz besonders schwierige Arbeiten waren durch die in gesundheitlicher
Beziehung fast unerträglichen Verhältnisse des Jahres 1923/24 der Ver-
einigung auferlegt worden.
Landrat Dr. Klausener betonte mehrfach als für alle Verwaltungs
beamten wichtigen Punkte: Die Wohlfahrtspflege sei die vornehmste Auf-
gabe der Kommune; nur ganz geeignete Persönlichkeiten dürften darin
‚beschäftigt werden. Es sei ein unbedingt abzulegender Fehler der Ver
waltungsjuristen, wenn sie den Arzt nicht genau so wie den Techniker des
Bauwesens zu allen Beratungen zuzögen und ihm auch in der Verwaltung
das gäben, was seine Fachaufgabe ist..
4 Stadtarzt Dr. Klein -Herne stellte alle Berührungspunkte der Gesund-
heitsfürsorge mit der mannigfachen Gesetzgebung der letzten Jahre dar und
gab vielfach wertvolle Anregungen zu Änderungen oder Ausgestaltung au
Grund der mit der Durchführung der Gesetze gemachten praktischen Br
fahrungen. Die Tagung war verbunden mit einer sehr eindrucksvollen
bildlichen und schriftlichen Darstellung der großzügigen Gesundheitsfür-
sorgeeinrichtungen des Landkreises Recklinghausen.
Österreich. Für Verdienste um die Republik wurde verlishen:
Das große goldene Ehrenzeichen den Proff. A. Eiselsberg und N, Ortner;
das goldene Ehrenzeichen dem Direktor des Krankenhauses Wieden Reg-Rst
Dr. O. Schindler und dem Primarius daselbst Priv.-Doz. Dr. R. Bauer;
das große silberne Ehrenzeichen den Primarärzten der Wiener öffentlichen
Fondskrankenanstalten Proff. J. Schnitzler, Sternberg und Singer; das
silberne Ehrenzeichen dem Vorstand des Röntgenlaboratoriums im Kranken-
hause Wieden F. Eisler; die goldene Medaille den Abteilungsassistenten des
Krankenhauses Wieden DDr. W. Steiger, W. Nyiri und W. Robitsehek.
Im Verlage Urban & Schwarzenberg in Berlin und Wien ist sosben
der Berliner Medizinal-Kalender und Rezepttaschenbuch für -
praktische Ärzte 1925 erschienen. Das kleine handliche Buch bringt
auch in diesem Jahre, außer den.bekannten, ergänzten „Rezeptformeln 26
therapeutischen Winken“, Zusammenstellungen und kurze Aufsätze, die fir
die tägliche Praxis wichtig sind. er. .
Im gleichen Verlage gibt Oskar Fischer-Prag in einem sone
zur Ausgabe gelangenden, 54 Abbildungen enthaltenden Buch „ExpeN
mente mit Raphael Schermaänn“ im Umfang von 200 Großoktarsehn
einen Beitrag zu den Problemen der Graphologie, Telepathie und des Bo
sehens heraus, —
- Hochschulnachrichten. An der Berliner Universität ann
das Studienjahr 1925 von der medizinischen Fakultät folgende Bun
gestellt: Für den staatlichen Preis: „Welche diagnostische Bean =
das Blutbild für die otogenen Krankheiten?“ Für den ‚städtischen Kind
„Unter welchen Bedingungen kommt es bei einem tuberkulös-infizierten T
zu einer Miliartuberkulose?“ Die Arbeiten müssen vor dem 4. Ser 2
an den Universitätssekretär abgeliefert werden. — Breslau: Dr. Sieg Sa
Fischer für Psychiatrie und Neurologie habilitiert. — Münster: en =
Karl Jötten in Leipzig wurde das neuerrichtete Ordinariat der Hygien
übertragen. Ä
Auf Seite 26 des Anzeigenteils findet der Leser einen zum Bee
und Sammeln geeigneten kurzen Abriß: Diagnose des gesunden HOT
_-----
I AAN END
Wochenschrift für praktische Ärzte
geleitet von
Organ der Berliner Mediziaischen Gesellschaft
Verlag von
Geh, San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Frledrichstr. 105b
Der Verlag behält sich das ausschließliche Becht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
Nr.50 (1044)
Klinische Vorträge. |
Aus der Medizinischen Klinik zu Leipzig
(Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. v. Strümpell).
Zur Frage der Pathogenese und zur Klinik des
Bronchialkarzinoms. Ä
Von Prof. Dr. H. Assmann, Oberarzt der Klinik.
Die an verschiedenen Orten, besonders aber in meinem Tätigkeits-
bereich in Sachsen beobachtete auffällige Häufung des primären
Bronchialkarzinoms!), das sonst gewöhnlich als ausgesprochen seltene
Erkrankung galt, veranlaßt mich, dies der Allgemeinheit der Ärzte
oft wenig bekannte Krankheitsbild auf Grund zahlreicher klinischer
Beobachtungen zusammenfassend zu schildern. Über die diagnostische
Bedeutung hinaus erscheint die Beschäftigung mit diesem Thema
aber auch deshalb von Wichtigkeit, weil die von sonstigen Er-
fahrungen abweichende zeitliche und örtliche Häufung dieses Leidens
dazu auffordert, nach der Ursache einer solchen Zunahme zu forschen.
Diese Frage ist naturgemäß auch von Interesse für das Problem
der Pathogenese des Krebsleidens überhaupt.
Was zunächst die örtlichen Unterschiede in der Häufigkeit
des Bronchialkrebses anbetrifft, so ist mir zunächst an einem der
Zusammensetzung nach gleichartigen und auch in genau gleicher
Weise untersuchten, freilich an Umfang etwas verschiedenen Kranken-
material der Gegensatz zwischen den Verhältnissen in Dortmund
und in Leipzig bei meiner. im Jahre 1912 von Dortmund nach
Leipzig erfolgten Übersiedelung aufgefallen. Während ich in West-
falen und ebenso früher an der Medizinischen Klinik in Königsberg
und am Pathologischen Institut in Genf höchstens ganz vereinzelte
Fälle dieses seltenen Leidens kennengelernt hatte, trat mir in Leipzig
sofort eine neuartige Fülle von Bronchialkarzinomen entgegen und
rief sehr bald die Frage nach der Ursache dieses merkwürdigen
Verhaltens wach. Besser als durch die Wiedergabe dieses persön-
. lichen Eindruckes wird die lokale Verschiedenheit in der Häufigkeit
der Fälle von Bronchialkarzinom durch eine Gegenüberstellung der
an den gesamten Sektionen gewonnenen Statistiken aus den Patho-
logischen Instituten in Dortmund und Leipzig bewiesen, welche die
Jahre von 1912 bzw. 1914 bis 1922 umfassen?). Während in dem
Zeitraume von 1912 bis 1922 der prozentuale Anteil der Fälle von
Bronchialkrebs an den gesamten Obduktionen in Dortmund nur
0,19°%/, betrug, war dieser in den Jahren 1914 bis 1918 in Leipzig
1,01%), und 1919 bis 1922 1,54%), also im gesamten Zeitraum von
1914 bis 1922 efwa 1,28%, das ist etwa sieben mal so groß als
in Dortmund. |
Ebenso wie in Leipzig ist auch in Dresden Klinikern und
Anatomen die ungewöhnliche Häufigkeit des Bronchialkrebses auf-
gefallen, die Rostoski ausdrücklich gegenüber dem seltenen Vor-
kommen in Würzburg hervorhebt. Über den alleinigen Einfluß
des örtlichen Faktors kann eine Zusammenstellung der einzelnen
Statistiken deshalb kein reines Bild geben, weil diese vielfach aus
sehr verschiedenen Zeiträumen stammen und hierdurch ein weiterer
Umstand von erheblicher Einwirkung auf die Zahlenverhältnisse in
die Rechnung hineingetragen wird. |
1) Wenn hier schlechthin von Bronchialkrebs gesprochen wird,
da dieser sicher die häufigste Form der in den Lungen vorkommenden
Karzinome darstellt, so sollen hiermit ohne Unterschied der mikro-
skopischen Differenzierung sowohl die Zylinder- als die Plattenepithel-
u.a. Krebse gemeint sein, zumal aus diesen histologischen Unter-
schieden keineswegs immer ihr näherer Ursprung hervorgeht.
2) Für die Überlassung der Zahlen bin ich Herrn Prof. Schridde
in Dortmund und Herrn Prof. Hueck in Leipzig zu Dank verpflichtet.
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BEEUUDEURUUOLSEOURGLLGUEUROBLREELOBDEZSBEULLEEDUUUELUBRUSSURKERGEDUSERGIREEEONLSLSERUUGAGERLBURERESESDDRRR
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Berlin, Prag u. Wien, 14. Dezember 1924 SER W
de la Camp-Freiburg, Berblinger-Jena).
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Neben dieser lokalen Häufung des’primärag Bronchialkrebses,
die jedenfalls für die beiden größten Städte "Sachsens: feststeht, ist
nämlich auch eine zeitliche Zunahme bis in die neueste Zeit
hin an vielen Stellen zu verzeichnen. Sie wird jetzt von den
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verschiedensten Seiten von Klinikern und Anatomen gemeldet
(z. B. Wenckebach-Wien, Matthes-Königsberg, Brauer-Hamburg,
Daß nicht nur eine
geschärfte Diagnostik, zu der besonders die zunehmenden Erfolge
der Röntgenuntersuchung beitragen, eine solche Häufung vortäuscht,
sondern daß tatsächlich eine bis in die neueste Zeit hineinreichende
Zunahme dieses Leidens besteht, wird arm sichersten wiederum
durch anatomische Statistiken ‚bewiesen, wie sie z. B. Hampeln
aus verschiedenen Orten, so aus Riga, Berlin und Dresden zusammen-
gestellt hat. In allen trat übereinstimmend eine mit den Jahren
ansteigende Zahl von Bronchialkarzinom zu Tage (vgl. Hampeln).
Dasselbe läßt auch eine in Leipzig auf Veranlassung von Hueck
durch Enger angestellte Statistik erkennen:
Lungenkarzinome:
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Pathol. Institut.d. Univ. Leipzig ner RE, st
1900—1906 . . . . . . 067 5,01
1907—1913 . .. ... 09 6,88
1914—1918 . ... v. 10 11,23
1919—1922 . . . . . . 154 9,17
Über eine besonders auffällige Zunahme in den Jahren 1921
und 1922 berichtet Laeschke in einer auf Veranlassung Berblingers
im Pathologischen Institut Jena angestellten Statistik., Während
hier der prozentuale Anteil der Lungen- und Bronchialgeschwülste
an den Gesamtsektionen in den Jahren 1900 bis 1920 in ver-
schiedenen Breiten um einen Mittelwert von 0,35°/, schwankte, '
ging dieser Anteil im Jahre 1921 auf 0,96 und 1922 auf’1,480/,
- herauf.
Da nach allgemeinen Erfahrungen das Krebsleiden aller Organe
überhaupt bei der europäischen Bevölkerung eine dauernde Zunahme
zeigt, was freilich nicht aus jeder einzelnen kleinen Statistik hervor-
geht, ist es wichtig, den prozentualen Anteil des primären Bronchial-
krebses an den gesamten Krebsfällen festzustellen. Hampeln be-
richtet aus Riga nach einer vom Jahre 1884 beginnenden Statistik
über eine von O bis 12,5°/, ansteigende Verhältniszahl. Zu einem
ganz ähnlichen Schlußergebnis gelangte Seyfarth an den Sektions-
fällen des Leipziger Pathologischen Instituts, unter denen das Ver-
hältnis des Bronchialkarzinom zu den gesamten Krebsleiden seit
1900 von 5,01%, (siehe die vorige Statistik von Enger) im letzten
Jahre bis 15,5°/, heraufrückte. In Jena schwankte dies Verhältnis
nach Laeschke in den Jahren 1910 bis 1920 um einen Durchschnitts-
wert von 3 bis 4°/ herum und ging 1921 auf 7,46°/,, 1922 auf.
11,47°/, in die Höhe. | |
Erhöht wird das Interesse für die Häufigkeit des Bronchial-
karzinoms namentlich in Sachsen dadurch, daß in einem bestimmten
Gebiet bei einer bestimmten Berufsschicht, nämlich bei den Berg-
arbeitern des Schneeberger Erzbergbaues der Lungenkrebs von
jeher als eine überaus häufige Berufskrankheit gilt. Von den
praktischen Ärzten der dortigen Gegend ist dies seit langem be-
hauptet worden; die historischen Daten darüber wurden erst kürz-
lich von Uhlig zusammengestellt. Wenn vielleicht auch nicht alle
Fälle, die dort als Schneeberger Lungenkrebs bezeichnet werden,
tatsächlich auf. einem Bronchialkarzinom beruhen, sondern, wie noch
ausgeführt werden soll, wahrscheinlicher. Weise zu einem geringeren
. Teil auf pneumokoniotische Lungenverdichtungen zu beziehen sein
mögen, so ist doch das auffallend häufige. Vorkommen maligner
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Weigert. und: Arnstein festgestellt.
F Anregung. Thieles der - sächsische, Ausschuß zur Erforschung und
Bekämpfung der. Krebskrankheit unter dem Vorsitz Webers um:
-fassende Untersuchungen ins -Werk gesetzt, -die besonders von
Saupe, Rostoski.und Schmorl ausgeführt wurden und zu denen
. ich auch zugezogen wurde. Hierbei ergab sich, daß unter 143 Schnee:
-berger Bergleuten 7 an. Lungenkarzinom litten, welches. später
. autoptisch sichergestellt: wurde?), Diese enorme . Häufigkeit des
.\ wichtiges Moment festgestellt zu sein.
hervorruft.
. Lungentumorėit bei den Schneeberger Beigarbeitern schon früher
durch‘ anatomische Untersuchungen von 'Haerting und Hesse,
Neuerdings: hat auf eine
Lungenkarzinoms. unter den dortigen Bergleuten wird. noch dadurch
- besonders ins rechte Licht gesetzt, daß unter 180 von Saupe
‘untersuchten Arbeitern .der benachbarten Blaufarbwerke, in denen:
die geförderten Erze weiter bearbeitet werden, und unter 120 Personen
,
kein einziger Fall von Lungenkrebs beobachtet wurde.
. der übrigen nicht im Bergbau beschäftigten. dortigen Bevölkerung .
Die hierdurch -erwiesene Tatsache, daß der Bronchialkrebs .
eine ausgesprochene. und häulige Berufskrankheit der Schnee-.,
berger Bergleute ist,. fordert zur Forschung nach der Ursache auf,
die. das.Krebsleiden hervorruft. Während bereits früher von Haerting
.. und Hesse, Ancke und Risel' der Kobalt-' und .‚Arsengehalt des
‘. Gesteins und der Luft in den dortigen Bergwerken angeschuldigt
„würde, ohne daß aber positive Unterlagen hierfür erbracht sind,
‚scheint . mir jetzt durch die genaue Untersuchung Saupes der
gesamten, äuch der gesunden Bergarbeiter wenigstens ein ursächlich
Saupe fand nämlich bei der
Röntgenuntersuchung der gesamten Bergleute, daß die Lungenfelder
einer größeren Zahl der längere Jahre tätigen Bergleute. eine feine
‘von Flecken und Streifen gebildete Sprenkelung aulwiesen. Naclidem
die klinische Untersuchung: bei diesen Leuten keinen auf Tuberkulose
hindentenden Verdacht ergab, glaubten wir, diese Flecken auf pneumo-
'nokoniotische, also "durch Einlagerung von Steinstaub und an-
scliließende Verdichtungsprozesse in den Lungen hervorgerufene Ver-
änderungen beziehen zu müssen. Die gleiche Zeichnung im Röntgen-
bilde fand. sich nun auch neben derben Geschwulstschatten bei den
Kranken, bei welchen auf Grund der Beschwerden und des: klinischen
Befundes ein Krebsleiden angenommen wurde. In der Tat ergab
die spätere Autopsie hier das. gleichzeitige Bestehen teils starker,
_ teils schwächerer Pneumokoniosen ‘und daneben eines" Bronchial-
krebses. Es liegt. also wohl sehr. nahe, in dem Reiz des ein-
gedrungenen Steinstaubes einen ursächlichen Faktor für die spätere
` : Entwicklung des Bronchialkrebses zu suchen. Auch die bei alleiniger
Annahme eines Krebsleidens anfangs befremdlich erscheinende ana-
. mnestische Angabe, daß Atembeschwerden meist schon sehr lange,
- durchschnittlich. etwa seit 10 Jahren bestanden, glaube ich dadurch-
-ungezwungen erklären zu. können, daß man die Atembeschwerden
auf die allmählich zunehmenden pneumonokoniotischen. Lüngen-.
verdichtungen bezieht; die später ‚hinzutretende Entwicklung des
‚Krebses kommt dagegen in einer Zunahme der Beschwerden und
einem ziemlich plötzlichen Kräfteverfall zum Ausdruck, der von den
meisten Patienten seit etwa Jahresirist angegeben. wurde. Hiermit
ist freilich nicht gesagt, daB die Pneumonokoniose allein den Krebs
Es wäre auffällig, daß von den Bergleuten und Stein-
hauern aus änderen Gegenden 'keine derartigen Beobachtungen von
gehäuft vorkommendem Lungenkrebs vorliegen. Immerhin scheint
es beachtenswert, daß Helly aus St. Gallen und Siegmund -Marburg.
aus dem Siegener Bezirk im Anschluß an den Vortrag Schmorls
über den Schneeberger Lungenkrebs auch über vereinzelte Beob-
" achtungen von Lungenkrebs bei Steinhauern mit Pneumonokoniose
- berichteten. . Worin der Faktor liegt, der die besondere Häufigkeit
‚gerade des Schneeberger Lungenkrebses erklärt, bedarf noch näherer.
` Untersuchung. .
`` chemischer Reiz in Betracht. In
‘der Schneeberger Gruben an Kobalt, Arsen sowie an Radium-
Neben dem mechanischen kommt vor allem ein
In dieser Hinsicht ist der Gehalt.
emanation erwogen. Dies erscheint um so bedeutüngsvoller, als nach
Kaufmann auch bei den Bergleuten der Kobaltminen-in Indien pri-
.. märes Bronchialkarzinom beobachtet wird.. Hervorheben möchte ich
noch den Gegensatz zu den früheren eigenen Erfahrungen im Dort-.
munder Kohlenbezirk, in dem eine starke Anthrakose-der Lungen, be-
sonders unter den dortigen Kohlenbergarbeitern, aber auch unter der
übrigen Bevölkerung sehr häufig, der Bronchialkrebs aber ungemein.
3) Nach den Untersuchungen 'Schmorls handelt es sich dabei
“ um'Bronchialkarzinome, die in ihrem histologischen Bau nicht von den
sonst üblichen Formen abweichen. Die frühere Annahme, daß diese
Tumoren sarkomatöser bzw. lymphosarkomatöser Natur seien, trifft
also jedenfalls für die Allgemeinheit der Schneeberger Lingentumoren
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. 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50. 00
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22. 14 Dezember
selten ist. In. Analogie hierzu.ist hierbei‘ auch die bekannte Tatsache
zu erwähnen,’ daß Anthrakose auch keineswegs den Anreiz żur Ent.
|. wicklung ‘einer. Tuberkulose gibt; Tuberkulose kommt in Koblen-
| bezirken verhältnismäßig so selten vor, daß man sogar dem Koblen-
staub eine Schutzkraft gegen Tuberkulose zuerkennen zu müssen
| glaubte. "Dagegen gibt die Einatmung anderer Gesteinssplitter, die
sich meist durch eine spitze. Beschaffenheit auszeichnen, wie Kalk-
Kiesel- oder Eisenstaub, erfahrungsgemäß sehr häufig zur Entwicklung
. einer sekundären Tuberkulose Anlaß. E
.. Außer den äußeren Reizen, ' die durch den.. Nachweis der
| Pneumonokoniose bei den: Schneeberger: Bergleuten wohl’ sicher als
| sebr bedeutungsvoll: betrachtet werden: müssen, ist auch der.Wider-
standsgrad des Körpers gegen eine. Geschwulstentwickelung in Be-
| tracht zu ziehen: - Es sei auf die Zunahme des Krebsleidens über
haupt ünter: den Kulturvölkern und ferner auf die Bedeutung der
' Inzucht hingewiesen, deren großer Einfluß auf-die Krebsentwickelung
namentlich an: Tierexperimenten festgestellt’ ist.. In diesem Sinne
ist hervorzuheben, daß das Häuflein: der Schneeberger Bergleute,
bei dem sich dies Handwerk überlieferungsgemäß in wenigen. Familien -
|: von einer Generation auf die- andere fortpflanzt, seit langer'Zeit ein
von: der Außenwelt‘ ziemlich ‚abgeschnittenes Dasein ` führt, und
daß der Kräftezustand und Körperbau auch der gesunden Bergleute
‚bei. den Gesamtuntersuchungen, denen ich teilweise.beiwohnte, einen
: recht dürftigen Eindruck machte. .: ....n |
. ` Scheinen, so an dem Schneeberger Lungenkrebs bei der
` Forschung nach einer Ursache der Krebsentwickelung wenigstens einige
und wohl bestimmt ein Anhaltspunkt, nämlich der Reiz des dortigen
| ‚Steinstaubes; aus -dem sonst vielfach über die Entstehüng: des Krebs-
' leidens gebreiteten Dunkel hervorzuleuchten, so liegt es nahe, nach
|. ähnlichen: ursächlichen Momenten auch für die Entstehung des
‘ Bronchialkrebses an anderen Orten und. dessen vorher geschilderte
zeitliche und örtliche Häufung zu suchen. Schmorl'hat für Dresden
den silikatreichen Straßenstaub in Erwägung: gezogen; in Leipzig
könnte män vielleicht an den in der Luft.verbreiteten Braunkohlen-
und anderen in der Stadt verbreiteten. Staub denken. Mit diesem
Gedanken stimmt überein, das Hampeln .aus Riga ‘den durch die -
Zunähme der Verkehrsmittel immer mehr anwachsenden Straßenstaub
der. Großstädte. in erster- Linie für die an vielen Orten beobachtete
Häufung des Bronchialkarzinoms verantwortlich macht. Auch hier-
bei.ist aber wohl die verschiedene Widerstandskraft. des Organismus,
- die: bei verschiedenen Volksstämmen und Volksschichten recht.ver
schieden ist und namentlich bei einer stark industriellen Bevölkerung
durch : die Entfremdung von. den natürlichen Lebensbedingungn
beeinflußt sein mag, nicht ganz außer Acht zu lassen.. Sicher
‚Beziehungen zwischen einzelnen Berufen und der Häufigkeit des ,
Bronchialkarzinoms auch. sonst, abgesehen von’ den‘ Schneeberger
'Bergleuten, herauszufinden, ist bisher und auch bei’einer Durchsicht
der . eigenen Krankengeschichten ` nicht- gelungen. Es finden sich
zwar unter den Lungenkrebskranken einzelne Fälle, bei denen eine
:berufliche besonders reichliche 'Einatmung von. Staub anzunehmen
: war, so. z. B. besonders bei Zigarrenarbeitern und Hutmachern ~ es
“ist noch- darauf hinzuweisen, daß. in. einem nicht unerheblichen: Teil
der Fälle starkes Rauchen angegeben war —, doch sind daneben
in sehr vielen anderen Fällen keine derartigen durch: Beruf oder
Gewohnheit 'hervorgerufenen Schädlichkeiten ersichtlich. Nur der
eine Umstand ist sehr beachtlich, daß ebenso aus den eigenen
. Beobachtungen wie aus fast ällen Statistiken das starke Überwiegn
des männlichen Geschlechts über das weibliche (nach der Statistik
Engers 84,7°/, bei Männern. gegenüber 15,8°, bei Frauen) wter
den Lungenkrebskranken sehr deutlich ‚hervorgeht. Auch diese Tat.
sache weist wohl auf die bedeutende Rolle äußerer Sehädlichkeiten
‚bin, denen der Mann in seinem Berufe. und Lebensgewohnheite
viel mehr ausgesetzt ist als das Weib. >» °
| Eine sonst noch erörterte Theorie, daß -eine durch grippöt
' Erkrankungen der Lungen und Bronchien hervorgerufene Schädigung
und dadurch entstandene Metaplasie des -Bronchialepithels den
Anlaß zur. Geschwulstbildung gibt, scheint mir keine sehr grobe
Wahrscheinlichkeit zu haben. Zwar würde die zunehmende Häufigkeit
des Lungenkrebses in den letzten Jahren mit einer Häufung der
Grippe zusammenfallen; das Ansteigen der Ziffern an Bronchialkreb®
beginnt -aber an fast allen Orten (vgl. Hampeln) und so auch in
Leipzig (Enger) mit Ausnahme von Jena (Laeschke) schon VO
dem Auftreten der letzten großen Grippeepidemie. Auch schein
mir theoretisch die ursächliche- Entstehung des Bronchialkarzinen®
durch Epithelmetaplasie nicht sehr. ‚wahrscheinlich. Wenn (=
Bronchialkarzinom auch bei anderen Lungenerkrankungen, z B bel
Bronchiektasien;. in denen eine Epithelmetaplasie stattfindet, Y
14. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
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“kommt und offenbar als Folgeerscheinung der Bronchiektasien an-
zusehen ist, so dürfte m. E. doch auch hier wieder die Wirkung
chronischer äußerer Reize, nämlich der Reiz der in den bronchi-
ektaiischen Höhlen stagnierenden Massen, und weniger die Epithel-
metaplasie als solche das wesentliche Moment für die Krebsent-
wickelung darstellen (vgl. Siegmund). Insofern ähnliche Folge-
erscheinungen in der Lunge durch die Grippe geschaffen werden,
die zu einem dauernd wirkenden Reiz Anlaß geben, kann vielleicht
an eine gewisse Beziehung zwischen beiden Erkrankungen gedacht
werden; doch dürfte m. E. auch hier auf die chronische Einwirkung
äußerer Reize das größere Gewicht als auf die Epithelmetaplasie an
sich zu legen sein. |
l Weitere Fortschritte in der Ergründung der Ursache des
Bronchialkarzinoms sind vielleicht durch genaue von zentraler Stelle
aus nach einem bestimmten Plan geleitete Sammelforschungen zu‘
erzielen, welche die lokalen Verhältnisse namentlich in Bezug auf
Verunreinigung der eingeatmeten Luft an verschiedenen Orten und
auch die näheren beruflichen Lebensbedingungen der einzelnen
Fälle zu berücksichtigen hätten, wie ich dies bereits auf dem
` Kongreß für innere Medizin in Wien 1923 angeregt habe.
Im Folgenden soll das klinische Bild der Bronchialkarzinome,
die ich in einer großen Zahl von Fällen zu beobachten Gelegenheit
hatte, näher geschildert werden.
Das Alter der von Bronchialkrebs befallenen Patienten liegt
meist zwischen 45 und 60 Jahren, einzelne seltenere Fälle kommen
auch bei jungen Leuten und Greisen vor. Bemerkenswert ist, daß
das Alter der an Schneeberger Lungenkrebs erkrankteh Bergleute
unter dem gewöhnlichen Durchschnitt, nämlich nach einer Zu-
sammenstellung von Uhlig meist zwischen 40 und 45 bzw. 50 Jahren
liegt und ziemlich zahlreiche Fälle bereits vom 35. Jahre án, ver-
einzelte vom 30. Jahre an vorkommen. Es wird dies wohl auf die
beim Schneeberger Lungenkrebs wirksamen ungewöhnlichen Reize
zurückzuführen ' sein, die bereits in einem sonst noch nicht zur
Geschwulstbildung disponierten Alter die Krebsentwickelung ver-
ursachen. | Ä
In fast allen Statistiken und auch nach den eigenen Erfahrungen
wird die rechte Lunge häufiger als die linke vom Bronchialkrebs
befallen, was meist mit dem steileren Verlauf des rechten Bronchus
in Beziehung gebracht wird, in den schädigende Fremdkörper leichter
eindringen können.
Von subjektiven Beschwerden sind Schmerzen zu
nennen, die, wenn sie durch die Lungengeschwulst selbst verursacht
werden, einen mehr dumpfen Charakter haben. Nicht selten fehlen
Schmerzen ganz. Heftige ziehende Schmerzen werden besonders
- durch Druck metastatischer Geschwulstmassen auf einzelne Nerven-
stämme, entweder auf die Interkostalnerven oder besonders auf den
Plexus brachialis, hervorgerufen. Im letzteren Falle strablen die
Schmerzen dann in den Arm aus. Auch Reizzustände der Pleura,
z. B. nach Ablassen von Exsudaten, geben manchmal zu heftigen
Schmerzen Anlaß (Staehelin).
| Der Allgemeinzustand der an Bronchialkarzinom Erkrankten
ist in den Anfangsstadien und manchmal auch noch darüber hinaus
nicht selten recht gut, so daß man solchen Menschen das Krebs-
leiden oft nicht ansieht. In späteren Stadien pflegt aber auch beim
Bronchialkrebs eine ausgesprochene Kachexie zu entstehen. Schwere
Grade von Anämie, die bei Magen- und Darmkrebs. so häufig
sind, werden durch eine Blutuntersuchung beim Bronchialkarzinom
nur selten nachgewiesen.
von Dyspnoe gleichzeitig mehr oder weniger zyanotische Gesichts-
färbung beim Bronchialkarzinom in vorgeschrittenen Stadien häufig
zu beobachten. Ä | |
Die Temperatur ist in dem geringeren Teil der Fälle dauernd
normal. Sehr häufig sind einzelne Temperaturzacken und zeitweise .
auftretende subfebrile Temperaturen bei einer im allgemeinen
normalen Körperwärme. Es wird aber auch nicht selten länger
dauerndes höheres Fieber beobachtet, ohne daß in jedem Fall be-
sondere Komplikationen hierfür anzuschuldigen wären. Vielleicht
dürften diese auf Resorptionen von toxischen Stoffen des Krebses
‚zurückzuführen sein. Andererseits werden Fiebersteigerungen oft
durch infektiöse Folgezustände, die beim Bronchialkarzinom sich
häufig einstellen, wie Pneumonien, Verjauchung, Abszedierung, Durch-
bruch in die Pleura mit der Entstehung eines Pleuraempyems, her-
vorgerufen. Ich habe Fälle gesehen, in denen die Erkrankung aus
anscheinend vollem Wohlbefinden heraus zuerst mit Schüttelfrost und
hohem Fieber begann, so daB an eine Pneumonie gedacht werden
konnte. Der weitere Verlauf ergab aber unzweifelhaft das Bestehen
. eines Bronchialkarzinoms. In solchen Fällen ist anzunehmen, daß | liche oder grünliche Farbe des Auswurfes ist beschrieben worden. -
Dagegen ist eine blasse und in Fällen
der Krebs vorher schon latent bestand und -die akute Erkrankung
durch eine Komplikation, pneumonische Infiltration des Lungen-
gewebes, Abszeßbildung usw., hervorgerufen wurde. Es sei dies
betont, um sich durch den Eindruck einer scheinbar akut fieber-
haften Erkrankung nicht von der Diagnose eines Bronchialkarzinoms
abbringen zu lassen, wenn sonst schwerwiegende Symptome dafür
sprechen. |
‘Das Verhalten der Atmung ist sehr verschieden. Manchmal,
namentlich im Anfang, ist sie ganz ungestört. Andererseits kommen
beim Bronchialkarzinom allerschwerste Atemstörungen vor. Ein in-
und exspiratorischer Stridor entsteht vor allem durch Kompression
der Luitröhre, die häufiger durch metastatische Geschwulstmassen
im Mediastinum als durch ein Hineinwuchern der primären Ge-
schwulst von einem Stammbronchus in die Trachea hervorgerufen
wird. Stenosen ‚nur eines Bronchus brauchen keineswegs einen
Stridor und auch nicht Dyspnoe in der Ruhe auszulösen, -da die
andere Lunge zur Lüftung des Blutes genügt und die Luft dem-
gemäß in die stenosierte Seite meist nicht mit großer Kraft eingesogen
wird. Bei Stenosierung nur kleinerer einzelner Bronchialäste fehlt
jeder Anlaß zum Eintritt einer wesentlichen Erschwerung der Atmung.
Dennoch wird nicht selten eine erhebliche Dyspnoe auch in Fällen
beobachtet, bei denen keine Stenose eines Hauptbronchus nach-
gewiesen werden kann. Es ist sehr wahrscheinlich, daß hierbei die
Erschwerung der Atmung hauptsächlich durch eine beim Bronchial-
karzinom häufig eintretende krebsige Infiltration der peribronchialen
und perivaskulären Lympbgefäße (Lymphangitis carcinomatosa) zu-
stande kommt, welche eine gewisse Starre der Lungen hervorruft
und dadurch neben einer oft gleichzeitig bestehenden Infiltration
zahlreicher Alveolen die Lungenlüftung behindert. Die allerschwersten
Grade von Dyspnoe und Zyanose werden bei der sogenannten
miliaren Karzinose beobachtet, die meist durch eine totale Infiltration
der Lympbgefäße mit Knötchenbildung an deren Teilungsstellen,
sehr selten hämatogen entsteht, freilich meist von einem Krebs-
leiden anderer Organe, am häufigsten von einem Magenkarzinom,
ihren Ausgang nimmt. Das hierdurch hervorgerufene klinische Bild
erinnert sehr an das der Miliartuberkulose, verläuft aber gewöhnlich
nicht unter höherem Fieber (Bard, R.Schmidt, eigene Beobachtung).
| So hohe Grade erreicht die Atemerschwerung beim primären Bronchus-
karzinom zwar gewöhnlich nicht, weil die auch hierbei häufig auf-
'tretende, aber hauptsächlich in der Umgebung des Primärtumors
entwickelte Lymphangitis carcinomatosa meist nicht so ausgedehnt
ist und größere Lungenabschnitte wenigstens auf einer Seite frei-
zulassen pflegt. Immerhin sei das klinische Zustandsbild der miliaren
Karzinose besonders deshalb hier erwähnt, weil es das Vorkommen
schwerster Dyspnoe und Zyanose infolge diffus ausgebreiteter Atmungs-.
hindernisse ohne Stenosierung eines einzelnen größeren Bronchus
am deutlichsten beweist. Eine beträchtliche Erschwerung der Atmung
ruft auch der beim Bronchialkarzinom sich ansammelnde zähe Schleim
hervor und gibt zu einem pfeifenden und giemenden Ein- und Aus-
atmungsgeräusch Anlaß. In .eindrucksvollster Weise ausgeprägt
fand ich die pieifende und keuchende Atmung übereinstimmend
bei dem Besuch von fünf an Schneeberger Lungenkrebs erkrarikten
Bergleuten, wo sie einem gleich beim Eintritt ins Zimmer die An-
wesenheit des Kranken verriet. Alle entleerten mit großer Mühe
andauernd ein zähes glasiges, vielfach mit Blut durchsetztes Sputum.
Ich glaube, daß diese ungewöhnliche Erschwerung der Atmung,
welche mir in dieser Weise und in diesem Maße sonst beim Bronchial-
karzinom kaum begegnet ist, wohl mit auf die. zugrunde liegende
Pneumonokonioseund daransich anschließende, ungewöhnlichschwere,
ganz diffuse zähe Bronchitis zu beziehen ist. “a
Am häufigsten wird beim Bronchialkarzinom eine mäßige
Dyspnoe angetroffen, die zunächst nur bei Anstrengungen, bei
weiterer Ausdehnung des Krebses aber auch bei Bettrube auftritt
und allmählich an Stärke zunimmt. In manchen Fällen, aber nicht. -
besonders häufig besteht ein quälender Reizhusten, der ähnlich wie
bei tuberkulösen und Iymphogranulomatösen Bronchialdrüsen wahr-
scheinlich durch Druck von krebsig durchsetzten Drüsen bzw. vom.
Primärtumor selbst auf Nervenstäimme des Vagus am Lungenhilus
hervorgerufen wird. | i
= Auswurf ist beim Bronchialkrebs -oft vorhanden, kann aber
auch vollständig fehlen. Er zeichnet sich häufig durch eine zähe
glasige Beschaffenheit aus. Die Färbung ist sehr verschieden, meist
uncharakteristisch weißlich oder gelblich bei schleimiger, wenig
eitriger Beschaffenheit. Nicht selten sind verschiedenartige, durch
Beimengung von Blut oder Blutfarbstoff hervorgerufene Färbungen,
hell oder dunkel rötlich oder auch ausgesprochen rot; auch schärz-
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
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Die lehrbuchmäßig angegebene himbeergeleeartige Beschaffenheit des
Sputums habe ich in ausgesprochener Weise kaum beobachtet. Da-
gegen ist als besonders kennzeichnend eine wechselnde Beimischung
kleiner Blutmengen hervorzuheben. Mehrfache kleine Hämoptysen
bei älteren Leuten sollen stets den Verdacht auf Bronchialtumor
erwecken, wenn andere Entstehungen, wie besonders durch Tuber-
kulose oder Infarkt ausgeschlossen werden können. Eine schwere
Hämoptoe ereignet sich bei Bronichialkarzinom selten, wurde aber auch
. vereinzelt beobachtet. Rein eitrige oder putride, stinkende Beschaffen-
heit des Sputums kommt beim Bronchialkarzinom dann vor, wenn
Komplikationen, wie Abszedierung oder Gangrän infolge nekrotischen
Zerfalls des Tumors und sekundärer Infektion eingetreten sind.
Selten werden nekrotische Krebsbröckel selbst ausgehustet.
Durch Einbeiten und Schneiden dieser Bröckel ist mikroskopisch
` der Nachweis von Krebszellen in Verbänden zu führen und liefert
damit das zweifelfreieste diagnostische Zeichen. Oft recht unsicher
ist dagegen. die Erkennung von Krebszellen, die im ganzen Sputum,
nicht in einzelnen Bröckeln gesucht werden. Hampeln hat in
Verbänden liegende polygonale, polymorphe, von besonderen Zellein-
schlüssen wie Blutpigment usw. freie Zellen und ferner besonders
große, unregelmäßig. gestaltete teils ein- teils mehrkernige Zellen
als charakteristische Krebszellen beschrieben. Besonders bezüglich
der in Verbänden liegenden Zellen soll die Möglichkeit einer Krebs- |
diagnostik aus dem. Sputum in einzelnen Fällen nicht geleugnet
werden. Eine größere Bedeutung scheint mir die mikroskopische,
Bedeutung des Sputums für den Nachweis des. Bronchialkarzinoms
aber niclit zu haben, weil sicher beweisende Befunde doch nur
selten erhoben werden. Insbesondere sind die von Lenhartz be-
schriebenen. mit Fettropfen erfüllten Zellen nicht als. charakteristisch
anzusehen, da sie. nicht, nur verfetteten Tumorzellen, sondern auch
verfetteten Alveolarepithelien und anderen Zellen entsprechen können
und bei sehr verschiedenartigen nichtkrebsigen Lungenerkrankungen
angetroffen werden. |
| Die Inspektion ‚des Thorax liefert. häufig sehr wertvolle
Anhaltspunkte für die Diagnose und sollte deshalb stets auch gerade
beim Verdacht auf Lungenkrebs, :wie freilich überhaupt bei jeder
Untersuchung viel genauer ausgeübt werden, als dies leider oft
geschieht. Am häufigsten ist das Zurückbleiben einer Seite
beider Atmung, ein leichteres oder stärkeres Eingefallensein einer
Infraklavikulargrube, in späteren Stadien auch ein steilerer Rippen-
abfall und mitunter etwas mehr eingesunkene Interkostalräume auf |` |
' unverändert sein. In weitaus der Mehrzahl der Fälle ist das Atem
der einen Seite zu beobachten. Alle diese Zeichen werden bei ein-
seitiger Bronchusstenose gefunden, die häufig schon im Anfangs-
stadium des Bronchialkarzinoms. entsteht, besonders, wenn dieses in -
der Gegend des Hilus sitzt und größere Bronchialäste einengt. Bei
der Röntgenuntersuchung. treten hierzu die weiteren Merkmale der
Bronchusstenose, auffallender Hochstand. und schlechte Verschieblich-
keit des Zwerchfells, einseitige Verschattung des Lungenfeldes, Ver-
ziehung der Luftröhre und manchmal auch inspiratorisches Hinüber-
gehen des Mediastinums nach der stenosierten Seite hin. Die
namentlich. durch äußere Betrachtung zu erkennenden Merkmale
können freilich in ähnlicher Weise auch durch eine Lungenschrumpfung
und insbesondere durch Pleuraschwarten anderen Ursprungs zustande _
kommen. Sie sind also keineswegs beweisend für ein Bronchus-
karzinom, aber doch sehr wertvoll, weil sie auf ein bestehendes
Lungenleiden der einen Seite auch dann schon hinweisen, wenn
Perkussion und Auskultation manchmal noch keinen deutlichen Be-
fund ergeben. `
In anderen Fällen wird im Gegenteil eine abnorme Vor.
wölbung auf der erkrankten Seite, jedoch in mehr umschriebener
Form beobachtet. Diese tritt aber meist erst in späteren Stadien
‚auf, wenn der Tumor in größerer Ausdehnung bis an die Plewa
heranreicht oder sogar die Brustwand mit ergriffen: hat; alsdan
sind stets auch deutliche Zeichen mittelst der anderen Methoden,
insbesondere meist eine brettharte Dämpfung und ein stark ver:
mehrtes Resistenzgefühl, nachzuweisen.
Weiterhin werden bei der Inspektion des Thorax nicht selten
‘erweiterte Hautvenen gefunden, die auf einen erschwerten Ab-
‚Auß.in den tieferen Venengebieten hinweisen. Meist handelt es:sich
um eine Kompression der Vena cava superior durch sekundäre
Mediastinaltumoren, nicht durch den primären Bronchialkrebs selbst,
` Mitunter ist auch ein Ödem namentlich an der vorderen Brust-
. wand vorhanden, welches denselben Ursprung wie die genannten
Venenerweiterungen hat.
Nicht selten werden ferner geschwollene harte Lymph-
drüsen und Lymphdrüsentumoren, namentlich in den Supra-
klavikulargruben angetroffen.
In einigen wenigen der von uns beobachteten Fälle ist das
Vorhandensein von Trommelschlägelfingern verzeichnet.
Im Gegensatz zu den wichtigen Ergebnissen der einfachen
Inspektion ist der auch durch eine sorgfältig vorgenommene Per-
kussion und Auskultation erhobene Befund namentlich in den-Ar-
fangsstadien oft recht dürftig, manchmal sogar ganz negativ, wenn-das
Karzinom in der Tiefe sitzt und überall von lufthaltigem Gewebe
umgeben ist. |
Bisweilen zeichnet sich der Klopfschall auch bei tiefsitzenden
Tumoren, wenn das darüberliegende noch lufthaltige Gewebe ent-
spannt ist, durch einen tympanitischen Beiklang aus. Schallver-
kürzungen und Dämpfungen entstehen dann, wenn die Gesehmilst
bis in die Nähe der Brustwand heranreicht. Geschieht dies in
größerem Maße, ‘wie dies oft in späteren Stadien der Fall ist, so
kommen brettharte Dämplungen und das Gefühl einer stark ver-
mehrten Resistenz zustande. u
Das Atemgeräusch kann bei zentralem Sitz der Geschwulst
geräusch bei etwas größerer Ausdehnung der Geschwulst abgeschwächt,
Seltener wurde ein meist ziemlich leises Bronchialatmen gehört,
Dieses kommt wohl weniger durch. die Geschwulst selbst als dureh
. eine begleitende pneumonische Infiltration und besonders durch
Atelektase zustande, die sich häufig in solchen Lungenbezirken
entwickelt, welche durch ein strikturierendes Bronchuskarzinom von
der Luftzufuhr abgeschnitten wird. Nebengeräusche, insbesondere
Rasselgeräusche finden sich nur selten und spärlich. Häufiger sind
grobe,. brummende und giemende Geräusche, die infolge einer zähen
Bronchitis entstehen. In besonders ausgeprägter Weise waten
sie in mehreren Fällen von. Schneeberger Lungenkrebs zu hören.
Der Stimmfremitus ist meist abgeschwächt. (Schluß folgt:
Abhandlungen.
u f Zur Frage der aktiven Schutzimpfung gegen Diphtherie. weiter bestehender Infektionsexposition eine wiederholte Injektion
a | Von Bist DE RR Wier erforderlich macht. (Wie bekannt, ist die wiederholte Plerdeserum-
PP a LAUS WIEN: en injektion mit der Möglichkeit einer Serumkrankheit verbunden, was
ne | In einem Säuglingsheim' in ‚Baden bei Wien sind infolge | einen weiteren Nachteil der Serumprophylaxe bedeutet.) Haupt
Ben ii von Injektionen eines Gemisches von Toxin-Antitoxin zum Zwecke | Sächlich war es aber die passagere Wirkung der passiven Sebul-
a x Ru | aktiven Schutzes 6 Säuglinge gestorben, Es ist natürlich, daß die impfung, welche Behrings schöpferischen Geist dazu führte, ema
Be, Sal, Öffentlichkeit die tragischen Vorfälle zum Gegenstand von Be- | länger dauernden Schutz zu suchen. si
u if sprechungen in der Tagespresse aufgegriffen und dieselbe un- ‚Behring wollte eine aktive Impfung finden, um die Morbidi
Se R günstig kommentiert hat. In der medizinischen Presse ist darüber | der Diphtherie, auf welche die Serumprophylaxe keinen besonderen
ee Bi bisher nicht fachmännisch berichtet worden, so daß ich der Anregung Einfluß hat, ebenso herabzusetzen und vielleicht zum Verschwinden m
er: | aus Ärztekreisen nachkomme, um zu der Frage der aktiven Schutz- | blingen, wie es nach obligater Vakzination gegen Blattern der Fall ist
De il impfung mittels Toxin-Antitoxin Stellung zu nehmen. Der einzig aussichtsreiche Weg schien Behring gegeben in
pou aea A: _ . Die passive Schutzimpfung mittels Diphtherieserum, wie sie | der aktiven Immunisierung mittels Toxin, um eine antitoxische
ee. | Behring geschaffen hat, ist auf Grund der internationalen Statistik) Immunität herbeizuführen. Dieses Verfahren, welches bei der Be
eoo f für die Prophylaxe der Diphtherie von größter Bedeutung und hat | Teifung des, Heilserums an Tieren genau studiert war, ließ sich
I, 14 ausgezeichnete Resultate ergeben. Allerdings kommt dieser passiven | Aber wegen der Giftigkeit des Toxins und der Giftempfindlichkei
en Ir Schutzimpfung ein Nachteil zu, indem dieselbe einen nur kurz , des Menschen nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen.
a RINIA dauernden Schutz (zirka 2—3 Wochen) verleiht und bei Gefahr a rn ber Pre daß auch Gemische von Antigen und nn
Me HRUE = Brüsse imstande seien aktiv zu immunisieren und Antikörperproduktion
en i ain : | » Intern. hyg. Kongr., Brüssel. im Organismus anzuregen. Im Jahre 1913 erschien in ei D.n.W;
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2 14. Dezember
- großen Stile durchzuführen.
_ Behrings Mitteilung, in welcher berichtet wird, daß es gelingt, mit |
einem Gemisch von Toxin-Antitoxin (unterneutralisiertes Gemisch)
beim Menschen Antitoxinproduktion auszulösen, also aktive Immunität
- . herbeizuführen.
- einer aktiven länger andauernden Schutzimpfung gelöst.
- Arbeiten von Behring und seinen Schülern haben die Bestätigung
Damit hat Behring prinzipiell die Frage nach
Weitere
gebracht und dieses ‚Verfahren zur Einführung beim Menschen
empfohlen. Durch den Krieg und den frühzeitigen Tod Behrings
wurde die Fortsetzung -dieser Arbeiten in Deutschland unterbrochen.
- Nordamerika, , welches in der Seüchenbekämpfung heute an der
Spitze marschiert, hat das Vermächtnis Behrings in die Tat um-
‚gesetzt und ebenso wie es die Schick-Reaktion popularisiert hat,
war man imstande, die aktive Schutzimpfung nach Behring im
In erster Linie haben sich um die
Einführung dieser Behringschen Schutzimpfung Park und Zingher
in New York verdient gemacht. In der Nachkriegszeit hat man dann
auch in Europa diesem Problem sich zugewendet. An Stelle der unter-
neutralisierten Gemische wie sie Behring vorgeschlagen hat, wurden
von E. Loewenstein überneutralisierte Gemische und in letzter Zeit
von Loewenthal neutrale Lösungen angegeben.
Mit Rücksicht auf die einleitend erwähnten traurigen Kon-
sequenzen solcher Schutzimpfung erhebt sich nunmehr die
. Frage, ob man heute schon imstande ist, diese Art der Schutz-
impfung dem praktischen Arzt zu empfehlen und ob die Resultate,
die in Nordamerika gewonnen sind, die Hoffnung erwecken, auf
diesem Wege die Diphtherie wirksamer bekämpfen zu können als es
bloß mit der passiven Serumprophylaxe möglich ist. Was die letztere
Frage betrifft, so dürfte ein statistischer Beweis, der für die Vorteile
der aktiven Immunisierung sprechen würde, verfrüht sein, zumal
auch zum Nachweis einer Verminderung der Diphtherieerkrankungen
auf die epidemiologischen Schwankungen Rücksicht genommen
.. werden muß und nur jahrelange Beobachtungen eine Entscheidung
2 herbeiführen dürften. Der Nachweis der negativen Schickreaktion
nach Jahr und Tag (nach der Schutzimpfung) spricht wohl für nur
länger andauernde Produktion von Diphtherieantitoxin, die Lösung
aber des Problems ist durch den negativen Ausfall der Reaktion nicht
erbracht. Wir müssen also noch auf Jahre diese Frage als unent-
schieden hinstellen. Was aber die in erster Linie in Betracht
kommende Frage betrifft, ob diese aktive Immunisierung für den
‘ Organismus unschädlich ist, so wäre darüber folgendes zu sagen.
' Tatsache ist, daß sowohl die unterneutralisierten als auch die
neutralen Mischungen, die experimentell vorher auf Ungiftigkeit an
Meerschweinchen ausgewertet werden, in vielen tausend Fällen in
Nordamerika schadlos injiziert werden konnten. Allerdings sind auch
schwere Schädigungen in Nord- und Südamerika, ja sogar einzelne
E Todesfälle als Folge der Injektion bekannt geworden. Man sieht,
daß unter Umständen die Schutzimpfungen auch gefährlich und
die Gemische toxisch wirken können. Und gerade die Möglichkeit
der Toxicität eines vorher auf seine Neutralität geprüften Gemische
ist es, welche zur Diskussion dieser Frage auffordert. i
Daß ein neutralisiertes Gemisch von Toxin-Antitoxin, welches
_ am Meerschweinchen subkutan geprüft ist, für Kaninchen toxisch
wirken kann, ist seit langem ‘bekannt (Babes). Namentlich waren
es Arbeiten aus Ehrlichs Schule von Morgenroth und Sachs,
welche sich mit dem Studium der Toxin-Antitoxingemische und
deren Dissoziation beschäftigt haben. g
. Nachdem es gelungen ist, aus neutralen Gemischen von
Kobragift-Antitoxin durch Säure eine Dissoziation zu bewirken, haben
Morgenroth und Willanen (Virch. Arch. 1907) auch mit Diphtherie- .
Toxin-Antitoxingemischen derartige Versuche angestellt. Es zeigte
Sich einwandfrei, daß es gelingt, mit sehr geringen Säuremengen (auf
5ecm0,057 HCI) neutrale und überneutrale Gemische so zu beein-
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 50.
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flussen, daß sie danú toxisch wirken. Binnen kurzer Zeit gelingt es,
mittels Säurezusatz in neutralen Mischungen (Stunden und Tage alt)
die Bindung aufzuheben und eine Gìftwirkung herbeizuführen, die
der vorhandenen Toxinmenge entspricht.. Nach Ausfall dieser Ver-
suche kommen die Autoren zu der Schlußfolgerung, daß der Er-
scheinung der: Dissoziation eine allgemeine Bedeutung für die
Reaktionen zwischen Toxin und Antitoxin zukommen dürfte. Sachs?)
konnte auch mit Alkali in neutralisierten Gemischen von Kobragilt-
| Antitoxin hämolytische Wirkungen beschreiben und Scaffidi®) hat
diese Versuche mit Neurotoxinen bestätigen können. Jacoby
wies dasselbe für Lab und Antilab nach, Lingelsheim beobachtete
ähnliches bei Tetanustoxin-Antitoxin- und in letzter Zeit berichten
. Whitet), Kickbride, Mary, and Jessie Dow, daß durch Einfrieren
und Wiederauftauen ein vorher neutrales Gemisch von Diphtherie-
toxin-Antitoxin giftig werden kann. Ä ENEA
„Daraus ergibt sich, daß chemische und thermische
Faktoren imstande sind, aus neutralen Gemischen von
Toxin-Antitoxin durch Schädigung des Antitoxins das
gebundene Gift frei zu machen und zur: vollen Gift-
wirkung gelangen zu lassen‘. me |
Aus diesen Versuchen geht weiter hervor, daß die aktive `
Immunisierung mit neutralen Gemischen nur so züstande kommen
dürfte, wie es Löwenstein auch angenommen hat, daß im Orga-
` nismus das Gemisch langsam dissoziiert werden dürfte, und die
kleinen abgespaltenen Toxinmengen zur Antitoxinproduktion führen.
Daß unter gewöhnlichen Umständen die neutralen Gemische (Stamm-
lösung) haltbar und unschädlich sind, ist durch die große Erfahrung
erwiesen, aber ebenso ist heute festgestellt, daß verschiedene
Faktoren zur Dissoziation und Giftung des Gemisches (insbesondere
| vertragen.
macht worden und wir werden darüber ausführlich berichten. Es
dürfte danach ebenso möglich sein, mit Toxoiden des
in der Verdünnung) führen können., (Auch in den Badener Fällen
hat sich das neutrale Gemisch in seiner Stammlösung als neutral -
erwiesen, dürfte aber vielleicht in .den Verdünnungen eine Disso-
ziation erfahren haben. Über die Ursache der Giftigkeit ist eine
amtliche Erklärung noch ausständig.) Zu:
Ob unter diesen Umständen ein. solches Präparat, dessen
latente. Giftigkeit unter besonderen Umständen manifest werden
' kann, zu einer allgemeinen Einführung sich eignen dürfte, sollte in
Anbetracht solcher Möglichkeiten wohl erwogen werden. č `
Ich für meinen Teil bin der Meinung, daß. man in Zukunft -
einem anderen Verfahren den Vorzug geben müsse, welches ebenso _
imstande ist, aktiv zu immunisieren, aber keinerlei Schädigungen
zur Folge hat. Und da wären die Versuche von Ramon anzuführen,
über die wir5) berichtet haben. Es gelingt nämlich mittels Formalin,
ebenso wie. es Löwenstein für Tetanustoxin gezeigt hat, auch
Diphtherietoxin vollkommen zu entgiften und sogenannte Toxoide
zu erzeugen. Nach neueren Versuchen gelang es uns, mit einem
neuen Verfahren ungiftige Toxoide zu gewinnen, die imstande sind,
hoch empfindliche Meerschweinchen aktiv zu immunisieren, so daß
sie nach einigen Wochen die 50fache tödliche Dosis Diphtherietoxin
Diese Versuche sind auch bereits beim Menschen ge-
Diphtherietoxins eine aktive Immunität beim Menschen
zu erzeugen wie mit Toxin-Antitoxingemischen, wobei
aber jede Möglichkeit einer Schädigung vollkommen
ausgeschlossen erscheint. Die von Behring erstrebte länger
andauernde Schuizwirkung dürfte in der Schutzimpfung mit Toxoiden
ihre Lösung gefunden haben.
2) Sachs, D. m. W. 1914.
8) Scaffidi, Zschr. f. Immunitätsforschung 1914.
4 Withe, Journ. of the am. med. ass., Bd. 82.
6), Kraus, Löwenstein, Bäcker, W.kl.W. 1924,
Berichte über Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
Aus der Dermatologischen Abteilung des Rudolf Virchow-Kranken-
hauses in Berlin (Dirig. Arzt: Prof. Dr. Wechselmann). -
Über eine verbesserte Methode der Lumbalpunktion
zur Ausschaltung des Meningismus.
Von Prof. Dr. Wilhelm Wechselmann.
Wenn die Lumbalpunktion noch immer nicht die ihrer Be- i
deutung entsprechende Anwendung und Ausbreitung erfahren hat
und insbesondere von den Ärzten außerhalb der Klinik nur spärlich
ausgeführt wird, so liegt der Grund hierfür weniger in den äußerst
seltenen und vielleicht völlig vermeidbaren Unfällen, als in den oft
heftigen als Meningismus bezeichneten Beschwerden, welche in
einem mehr oder weniger hohen Prozentsatz sich an die Lumbal-
punktion anschließen und für einen diagnostischen Eingriff eine zu
hohe Belastung bilden. Nach Pappenheim sind 10—30 %, ja
bis 50% der Punktierten in verschiedenem Grade davon betroffen.
Das Zustandekommen des Meningismus wird von vielen Autoren
durch das Offenbleiben der Punktionslücke im Duralsack und die
dadurch bedingte „Stichkanaldrainage“ erklärt, weil ja auch nach
Ablassen größerer Liquormengen bei der Punktion regelmäßig Kopf-
schmerzen auftreten. Andererseits kann man als Erklärung für
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. eine Schädigung. eintrat.
1762
3
einen Teil der Meningismusfälle eine leichte Meningitis. nicht aus-
schließen. Dafür spricht die schon von Quincke gemachte Beob-
achtung, daß ein völlig normaler Liquor. bei Wiederholung der
Lumbalpunktion innerhalb weniger Tage pathologische Zell- und
.Eiweißbefunde aufweist; auch stark erhöhter Druck kommt vor. In
einigen Fällen ist sogar eine tödliche Meningitis eingetreten. In
einem derartigen Falle der Freiburger Universitäts-Frauenklinik
wurde die Meningitis durch Einführung von Pilzsporen von der
Haut in den .Lumbalsack hervorgerufen. - Ze
Diese. beiden hauptsächlichsten Gefahren sind ‘durch das
Instrumentarium ‘bedingt. Das Lumen der Nadel beträgt 1—-1', mm,
y
und est ist ohne weiteres klar, daß’ dadurch eine ziemlich große
Öffnung in die Dura gesetzt wird, welche viele Tage — Bungart
gibt 10—12 Tage als regelmäßige Dauer der Vernarbung an — zur
Heilung erfordert. i 0 2
Schon seit Jahren versuchte ich daher die Lumbalpunktion
_ mit dünnen Nadeln auszuführen, weil ja zum Ablassen des wässerigen, -
dünnen Liquors an und für sich nur solche nötig sind. Allerdings
muß man dabei auf Druckmessung verzichten; aber diese hat ja
. für die Luesdisgnose kaum eine Bedeutung. Es zeigte sich hierbei
in 80 Fällen ein gänzliches Fehlen des Meningismus. Vor allen
Dingen war es aber von größtem Vorteil, daß die dünnen, scharfen
Nadeln spielend leicht durch die Bänder durchdrangen, während
sonst, zumal bei derben Bändern, mit den dicken Nadeln eine ziem-
liche Gewalt angewendet werden muß, welche manchmal den Ein-
griff der Lumbalpunktion etwas roh erscheinen läßt. Leider brach
ber zweimal die Nadel beim Andrücken an Knochen ab, obne daß
Es zeigte sich, daß die Nadel etwa
2 cm hinter der Spitze brach. Dort liegt die Gefahrenzone. Ich
versuchte daher Nadeln, welche etwa 2 cm hinter der Spitze dicker.
und demgemäß fester waren; sie erwiesen sich aber insolern
als unvorteilhaft, als man dadurch das feine Tastgefühl bei der
Einführung verlor, weil man von der Stelle der Verdickung an, die
` naturgemäß beim Vorwärtsschieben im Gewebe mehr ‘Widerstand
fand, etwas stärker drücken mußte. Da fand ich im Zbl. f. Haut-
u. Geschlechtskrankh. ein einige Zeilen langes Referat, wonach
Dr. Antoni in Stockholm auch mit ganz dünnen Nadeln punktiere.
Auf eine briefliche Anfrage teilte er mir mit, daß er jetzt eine
- 8 cm lange dickere Nadel einführe und in dieser eine 6—7 cm lange .
dünne Nadel vorschob; unter 300 Punktionen sei ihm einmal die
Nadel abgebrochen. Da mir klar war, daß die Gefahr des Ab-
"brechens wächst, je länger die dünne Punktionsnadel ist, ließ ich '
mir Führungsnadeln von 4, 6, 8 cm Länge anfertigen mit einem
Lumen von 0,7 mm und führte in’ diese Punktionsnadeln von
5,7, 9cm mit einem Lumen von nur 0,4 mm ein, welche also nur
1 cm überragten. Die Punktionsnadeln sind nach besonderem Ver-
= fahren so gebaut, daß ein dünner Draht blind in sie ein-
geführt. werden kann und stets ohne weiteres das enge
Lumen trifit, was von besonderer Bedeutung ist, wenn man bei
stockendem Abfluß den Mandrin während der Punktion einführen
muß. Die Spitze der Führungsnadel ist spitz und scharf, die der
Punktionsnadel kurz und meißelförmig. Die Nadeln werden durch
die Haut, das Unterhautzellgewebe, das Ligamentum 'supraspinale
“und intraspinale geschlossen eingeführt, d. h. so, daß die mandrin-
bewehrte Punktionsnadel die Fübrungsnadel bis zu ihrer Spitze
erfüllt (also nach hinten vorsteht) und so gewissermaßen mit einer
soliden Nadel eingestochen wird. Das geht spielend leicht; man
entfernt nun den Mandrin und schiebt die Punktionsnadel ganz
langsam und leicht ohne jeden Druck durch das zwischen den
Wirbelbögen. ausgespannte Ligamentum flavum. Man empfindet
dabei nicht den geringsten Widerstand, wenn die Führungs-
nadel richtig in der Mittellinie liegt; man darf nicht die geringste
Gewalt anwenden, da jeder Widerstand bedeutet, daß man am
Knochen ist. Diese Empfindung ist so klar und eindeutig, daß sie
jeder achtsame Arzt nicht verkennen kann. Die Gefahr des Ab-
brechens der Nadel ist dadurch so gut wie ausgeschlossen. Es
empfiehlt sich anlangs, den Mandrin in der Nadel zu lassen, damit
nicht die feine Ölfnung durch Blutspuren, welche gelegentlich beim
Durchstechen der Haut auftreten, verstopft wird; die Bänder bluten
beim Durchstechen nicht. Man schiebe die Punktionsnadel ganz
langsam ' vor und warte stets einige Sekunden, weil der Liquor aus
‘der dünnen Nadel nur ganz langsam tropfenweise abfließt und
daher erst nach einigen Sekunden der Abfluß beginnt. .Darin liegt
der Vorteil, daß plötzliche Druckschwankungen und deren Gefahren
vermieden werden. l
Durch diese Art der Punktion wird auch das Verschleppen
von Keimen von der Haut in den Lumbalsack unbedingt sicher
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
s
vermieden, weil ja die sterile Punktionsnadel mit der Haut gar.nicht
in Berührung kommt. |
9 schweren Neuropathen leichten Meningismus beobachtet; es ist
ja aber bekannt, daß von solchen über Kopfschmerzen auch geklast
wird, selbst wenn die Punktion nicht gelingt und die Nadel gar
‚nieht in den Lumbalsack eindringt.
'Simulant von früher bekannt.
‘vor sich und wird von den Patienten überhaupt gar nicht, jedenfalls
nicht schmerzhaft empfunden.
nieht mehr liegen, sondern lasse sie herumgehen. Daher trage ich
hältnisse des Liquors während einer-Behandlung genau verlolgen
kann. Mit Leichtigkeit kann man so auch eine endolumbale Be-
leichten Ausführbarkeit bald Eingang in die Praxis linden wird
"Dr. Wetterstrand aus Helsingfors bestätigte auf meine Anfrage
‚sichtigkeit und Mangel an Sachkenntnis verschuldet wurde. Als
' Röhre mit der rechten Hand an der Kathode anfabte, während &
m
4
14. Dezember
Seit Einführung dieser Methode habe ich nur noch bei
Der eine war mir zudem als
Die Punktion geht in dieser Art ganz überraschend leicht
Ich lasse die Patienten unmittelbar‘ nach der Punktion gar
auch kein Bedenken, die Punktion in der ambulatorischen Praxis
vorzunehmen. | |
_ Der Eingriff ist in dieser neuen Art ein so geringlügiger ge-
worden, daß man ihn beliebig oft wiederholen kann und so die Ver-
handlung durchführen. |
Es ist anzunehmen, daß die neue Punktionsart wegen ihrer
und damit die. so bedeutungsvolle Liquordiagnostik Allgemeingut
der Ärzte werden wird. |
Hersteller: Dewitt & Herz, Berlin NO., Georgenkirchstr. 4.
Die Tötung eines Arztes und seiner Gehiliin
durch den elektrischen Strom bei Vornahme einer
| . Röntgenuntersuchung. o
Von Prof. Dr. Max Levy-Dorn.
Vor ungefähr Monatsfrist ging durch die Tagespresse die
Nachricht, da8 am 21. Oktober in dem Finnischen Orte Maenntee .
gelegentlich einer Röntgenuntersuchung sowohl der Arzt wie die
Hilfe leistende Schwester um das Leben gekommen seien. Herr
am 27. Oktober die fast unglaubliche Nachricht. Er hatte mit
einem Elektrotechniker der Hochschule bereits einen Tag nach dem
Unfall den Apparat und seine Leistungen genau untersucht und
kam zur Ansicht, daß das traurige Ereignis lediglich durch Unvor
bald darauf wurde von Herrn Dr. Großmann, der zu diesen
Zweck die Reise von Berlin nach Finnland unternommen hatte, die
Angelegenheit weiter aufgeklärt, so daß wir uns heute ein Bild von
den Zusammenhängen bis ins Einzelne machen können. Her
Dr. Großmann hat seine Beobachtungen in der Berliner Röntgen
vereinigung am 27. November vorgetragen. o,
Der in Maenntee benutzte Röntgenapparat gehört zu den eir
fachen und verhältnismäßig billigen Typen, wie sie heute m Ir
und Auslande vielfach hergestellt werden. Sie bieten keine Gelsht
von Seiten des elektrischen Stromes, wenn man nicht geradezu sträfich
mit ihnen umgeht. Es handelte sich speziell um den sog. Exploralır
von Siemens & Halske für Wechselstrom von 220 Volt. Dieser liefert
nach der Transformierung eineHochspannung von höchstens 60000Vol
Der Apparat war erst kürzlich aufgestellt worden. Sein Besitzer hatte
sich vom Monteur das „Wesentlichste“ zeigen lassen, war & j
sonst nicht vorgebildet. Sein Schicksal traf ihn . jeich bei dem
ersten selbständigen Versuch, den Apparat zu benutzen. Er bea
sichtigte, das rechte Bein von einem Schiffsjungen zu röntgen
graphieren. Da ihm die Röntgenröhre nicht genügend zentriert
schien, wollte er ihre Stellung verbessern, indem er die eingeschaltelt,
und zwar mit einem Hochspannungsstrom von 40000 Volt besehickte
Schwester die Anode mit der Linken ergriff. Dabei haben ‚sich
beide mit den freien Armen berührt und hierdurch eine K
schluß bewirkt. Die an den Leichen festgestellten Hautverbrennung??
beweisen dies aufs deutlichste. Der Arzt und die Schwester müsa |
alsbald, nachdem sie sich in die Hochspannungsleitung eingesehä®
hatten, bewußtlos zusammengesunken sein. "ie rissen dabei dB |
Röhrenstativ um und ihre Kleider fingen Feuer. Dieses wurde jr
einem außerhalb des Zimmers sich aufhaltenden Arbeiter beme!
und nach Unterbrechung des elektrischen Stromes gelöscht. PE |
Die hier beschriebenen Todesfälle gleichen denen, W° ses m
der Entwicklung der Elektroindustrie öfters infolge des Be wE
von Hochspannungsleitungen beobachtet werden. Der tödliche 4
n „e. u
Ba pa x.
nn,
14. Dezember
gang hängt von der Spannung des Stromes, dem Widerstand der
Haut, der Ein- und Austrittsstelle des Stromes, der Größe und
Dauer des Kontaktes ab. Tatsächlich kommen bei 65 Volt Wechsel-
strom schon Todesfälle vor (Gleichstrom wirkt erst bei höheren
Spannungen). Die Gefahr wächst aber, je höher die Spannung ist. |
Andrerseits wird, wie die Elektrokutionen in Amerika lehren, der
Tod durch einen Strom von 1550—2000 Volt selbst in einigen
' Sekunden keineswegs mit Sicherheit herbeigeführt, wenngleich hier-
durch der Delinquent blitzartig betäubt wird. Es hat sich daher
die Notwendigkeit ergeben, die weitere Exekution durch Wieder-
holung des Verfahrens, wozu Ströme von nur zirka 400 Volt benutzt
werden, zu vollenden. |
Die Bedingungen, unter denen die Unfälle zustande kommen,
lassen sich auf 3 Gruppen zurückführen: 1. Direkter oder indirekter
Kontakt beider Metalleiter (sog. zweipoliger Kontakt). 2. Direkter
oder indirekter Kontakt eines Metalleiters mit einem Körperteil und
Stromschluß durch einen den Boden berührenden Körperteil. Vor-
aussetzung dafür ist, daß eine Leitung geerdet ist. Sog. einpoliger
' Kontakt. Vom physikalischen Standpunkt aus besteht kein grund-
sätzlicher Unterschied zwischen ihm und dem zweipoligen Kontakt.
3. Funkenüberschlag auf den Körper. Das Unglück in Maenntee
geschah also durch zweipoligen Kontakt. a
Der Röntgenapparat zeigte keinen Fehler. Der Unfall gleicht
dem Schicksal des Selbstmörders, der sich auf die Schienen vor die
fahrende Lokomotive wirft, nur daß hier jede Absicht fern gelegen
hat, also mit unbegreifllichem Mangel an Sachkenntnis gehandelt
wurde. Zum Glück erlitt der Patient keinen wesentlichen Schaden.
Der Hochspannungstod in Finnland ist der zweite, welcher
seit Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Gebrauch eines Röntgen-
apparates herbeigeführt wurde. Die Gefahr muß also bei weitem
geringer bewertet werden, als die Möglichkeit durch falsche An-
wendung der Röntgenstrahlen oder ungenügende Schutzmaßregeln
gegen sie Schaden an den Kranken oder dem ärztlichen Personal
zu verursachen. Immerhin unterstreicht auch jenes seltene Vor-
kommnis die Forderung derer, die das Arbeiten mit Röntgen-
' strailen nur genügend vorgebildeten Fachleuten gestatten wollen.
Umirage. (Fortsetzung aus Nr. 49.)
Die Frühoperation der Gallensteine.
Die Umfrage wird in folgendem fortgesetzt und die
Antworten
gebracht, die bei der Schriftleitung eingelaufen sind.
| = Professor Dr. Kappis, |
Direktor der Chirurg. Abteilung des Stadt-Krankenhauses I Hannover:
Unter Frühoperation beim Gallensteinleiden kann man Ver-
schiedenes verstehen:
I. Die Operation in einem verhältnismäßig noch frühen
Zeitpunkt. des klinisch bemerkbaren Leidens, wenn
nur einer oder höchstens wenige, nicht schon eine große An-
zahl von Anfällen vorausgegangen sind.
I. Die Operation im Anfall selbst.
Zu I. Bei der Gallensteinerkrankung darf man es nicht zu
so vielen Anfällen kommen lassen, bis man sich zur Operation
entschließt, da sich sonst sowohl örtlich schwerere Veränderungen
entwickeln, wie auch die Kranken älter und ihre Organe weniger
leistungsfähig werden. Die Bedeutung des Alters einerseits, der
entzündlichen und anderen sekundären Veränderungen (Übergang
der Steine in den Choledochus, entzündliche Veränderungen an der
Gallenblase selbst, in Pankreas, Leber u. a. m.) andererseits, sowohl
für den primären operativen, wie auch für den Dauererfolg, geht
einwandfrei aus den Statistiken hervor, die Enderlen und Hotz
auf dem Chirurgenkongreß 1923 vorgetragen haben.
Die Sicherheit dieser an sich klaren Anzeige zur frühzeitigen
operativen Behandlung des Gallensteinleidens wird aber durch ver-
schiedene Umstände beeinträchtigt. Erstens ist die Diagnose
„Gallensteine“ durchaus nicht immer leicht noch sicher; die jetzt
schon nicht ganz seltenen Fehldiagnosen werden sich mit Zunahme
der Frühoperation sicher häufen. Zweitens haben die Operationen
auch beim unkomplizierten Gallensteinleiden eine nicht zu unter-
schätzende Mortalität. Drittens kommen nach Gallensteinope-
rationen doch nicht zu selten Schmerzrückfälle, aus den ver-
schiedensten Gründen, vor.
E 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
1763
Man wird daher an die Entscheidung im einzelnen Fall als
Frühoperations-geneigt, aber unter genauer Überlegung der Dia-
gnose und aller Umstände, die für und gegen die Operation sprechen,
herantreten müssen.
Zu IE Frühoperation im Anfall.
Unter Gallensteinanfall kann man wieder Verschiedenes
verstehen. |
1. Akute Erkrankungen bei Gallenblasensteinen.
a) Die Gallensteinkolik, welche aus heiterer Luft, teils
mit, teils ohne Anlaß auftritt; sie klingt, meist mit Nachhilfe von
Morphium u. ä., teils bald, teils nach mehreren Stunden ab, ver-
läuft im ganzen ohne schwerere entzündliche Veränderungen. Bei.
ihr ist eine Anzeige, im Anfall zu operieren, an sich nicht vor-
handen. Die Operation im Anfall ist bei ihr zu beurteilen wie die
unter I. genannte Frühoperation; ihre Prognose ist gleich wie bei
dieser. Die Operation im Kolikanfall ist angezeigt, wenn die Diagnose
gegenüber entzündlichen Veränderungen nicht sicher zu stellen ist,
und wenn sich die Anfälle rasch hintereinander wiederholen.
b) Gallenblasenentzündung. . Geht die Gallenblasen-
entzündung, die am häufigsten durch Steine in der Gallenblase
bedingt ist, von vornherein mit stärkeren Erscheinungen einher, so
ist die Operation im Anfall angezeigt. Notwendig ist sie, wenn
bei kurzem Abwarten keine deutliche Besserung, sondern eine Ver-
schlimmerung eintritt.
` Bei stärkeren entzündlichen Erscheinungen besteht stets die
Gefahr einer mehr oder weniger ausgedehnten Nekrose der Gallen-
blasenwand, mit Durchbruch in die Umgebung; wenn dabei auch
wegen der leichteren Abkapselung die Gefahr der Entstehung einer
diffusen Bauchfellentzündung geringer ist, als bei Blinddarmentzün-
dung, so entstehen doch häufig genug schwere örtliche Eiterungen,
die sehr lange dauern und das Leben gefährden können.
Zudem habe ich bei Gallenblasenentzündungen, in Hannover
anscheinend häufiger als in Kiel, nicht zu selten eine Beteiligung des
Pankreas im Sinne einer akuten Pankreatitis gesehen, die natürlich
beim Zuwarten die Prognose ungünstig beeinflußt, aber aus dem
Bild der-Gallenblasenentzündung heraus mitunter schwer zu er-
kennen ist. E |
Vor all diesen Gefahren schützt den Kranken die Entfernung
der Gallenblase am 1. oder 2. Tage des entzündlichen Anfalls.
Die Gefahr der Entstehung einer Peritonitis im Anschluß an die
Operation ist bei guter‘ Technik und bei sicherem Abstopien
sehr gering. Ja, im allgemeinen ist im Anfall, im Zustand
der akuten Entzündung, besonders bei großer Gallenblase, die
Operation, d.h. die Entfernung der Gallenblase einfacher als später,
wenn sich schon feste Verwachsungen herausgebildet haben. Macht
die Entfernung der Gallenblase Schwierigkeiten, so begnügt man
sich damit, die Gallenblase zu eröffnen, den Inhalt zu entfernen
und eine Cholezystostomie anzulegen. |
Vom praktisch-menschlichen Standpunkt aus spricht für die
Operation im Anfall noch, daß die Kranken sich im Anfall, bei
Schmerzen und Fieber, leichter zur Operation entschließen; sie
verschaffen sich mit diesem Entschluß rasche Heilung und Befreiung
von langer Krankheit und ihren sekundären Folgen.
2. Bei Choledochussteinen spricht noch in erhöhtem
| Maße für die Frühoperation, sowohl bei Koliken, wie auch bei ent-
zündlichen Veränderungen, die erhöhte Gefahr, die der Verschluß
des Hauptgallengangs für Leber, Pankreas, die übrigen Organe und
den Allgemeinzustand bedeutet. Wenn daher bei Anlällen infolge
von Choledochussteinen der Ikterus und die Fiebererscheinungen
nicht rasch zurückgehen, greife ich am 2., spätestens 3. Tage ein.
Besonders dringlich ist die Operation bei Schüttelfrösten. Die Ge-
fahren von Seiten des Ikterus werden durch Kalzium und andere
bekannte Methoden bekämpft. Jedenfalls schützt aber gegen die
schweren Schädigungen durch den Ikterus am besten, die Früh-
operation. Abwarten kann hier nur Schaden bringen.
Die Stellungnahme ist nur durch diagnostische Schwierig-
keiten etwas beeinträchtigt, zumal da in der letzten Zeit die
Ikteruserkrankungen, die durch subakute Hepatitis und ver-
wandte Erkrankungen bedingt sind, an Zahl und vielleicht auch
an Schwere zugenommen haben, so daß mitunter erhebliche
differentialdiagnostische Schwierigkeiten entstehen, die nicht immer
zu lösen sind.
III. Als Gegenanzeigen gegen die Operationen kommen in
Frage: aussichtsloser Zustand, schwere Herz- und Lungenerkran-
kungen und ähnliche Zustände. Die Gegenanzeigen sind aber
durch die Möglichkeit, bei Gallensteinen in örtlicher Betäubunr zu
operieren, erheblich eingeschränkt worden. j
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„Einzelfälle. |
. der Cholelithiasis,: die ich für unumgänglich ‚halte (Fieber, 'Fröste, _
" Jangdauernder Ikterus, Choledochussteine, Eiterungen, Perforations-
gefahr). Aber im allgemeinen sehe ich mir den Einzelfall an und
‘setze ‘auf der einen. Seite die Neigungen und die Widerstandsfähigkeit
I der Cholelithiasis entwickelt, so ist Patienten aus Krebsfamilien viel- -
leicht'zu empfehlen, daß sie sich ihre. steinhaltigen 'Gallenblasen aus
prophylaktischen Gründen rechtzeitig entiernen lassen.
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Prof, Dr. Enderlen, BR}
Fis "Direktor" d Chirurgischen Klinik in Heidelberg: |
X Die ‚Frühoperation ist berechtigt so aufgelaßt:, Eingriff 1
F F in: jungen. Jahren ‚und im Beginn des Leidens. |
Gründe: Nach der Statistik von .Hotz .ist die Mortalität in.
jüngeren Jahren niedrig, steigt vom 50. Jahr. stark in. die Höhe.
.,Nach längerer Dauer sind Leber, Nieren und Harz geschädigt, ‚können
„nach. der’ Operation versagen.: Die. Erkrankung ‚beschränkt. sich
‚ später nicht. mehr 'auf- die 'Gallenblaäse, sondern ‘die . intra- und:
extrahepatischen . Gänge, mit dem: Paükreas, sind dann beteiligt. NM
Die Operation, welche im frühen: Stadium des Leidens. einfach ist,.
‚wird kompliziert: Verwachsungen, Notwendigkeit den Ductus. chole-
` dochus, . gegebenenfalls das Duodenum zw eröffnen.
‚.Ikterüs, ‘Etwa 80% der Gallensteinleidenden Berlins sind Morphi- :
. ‚Freilich gibt- es, wie Körte an-
gibt, Menschen, die nur einen Anfall haben, dann keinen mehr.
Dies kann man aber nicht. voraussagen. Außerdem muß man mit
Fehldiagnosen rechnen: Appendizitis, Pankreasnekrose, Tumoren des
<7 Colon -ascendens bzw. transversum. Körte ‚gibt selbst lehrreiche J;
= Beispiele... a
rn Gegenahzeigen: Ein ‚ganz leichter Anfall, der rasch abklingt:
nisten! Gefahr. des. ‚Kärzinois,
und sich nicht wiederholt; persönliche Erfahrung ist dabei vonnöten.
.b. -Die Frühoperation ist erforderlich und notwendig. ‚Die
> jüngste Kranke war 10 Jahre alt, ‚hatte mehrere Anfälle: und wurde
‚Wenn der Kranke nicht will,. ist. dies a
anzeige. x
Nur-ganz leichte Fälle. erfordern” nicht die Operation. :
0.2. Kommt der’Kranke mit hohem: Fieber, Schüttelfrösten,
en 'empäindiichepr Gallenblasentumor, schwerem Ikterüs, ist. ferner, nach-
: dem plötzlich heftige Schmerzen wie nie zuvor:eingetreten sind (Zeichen
a ftir: Pankreasnekrose), Perforation erlolgt,.so sofort operieren.
TOR . Ist geringe. Temperatursteigerung, Gallenblasentumor, wenig.
a schmerzhaft, so zuwarten und nach einigen Tagen eingreifen; öfter
‚bei. Verschlechterung döch im Anfall noch die Operation nötig.
I; Absolute Anzeige: -Ferner der Hydrops, gehänfte An-
A alle, die den Kranken map machen, sei es mit, sei es”.
‚Ohne; Ikterus. Ä RE os
Sn
Ne | Prof, Dr. Krehl; & | '
: Direktor der Medizinischen. Univorstiätsklinik Heidelberg:
Man kann diese Frage kaum: besprechen ohne Kenntnis de
Natürlich. gibt es. auch Anzeichen für die Operation
des Kranken, auf der anderen Seite die Schwere des Falles, besonders
“.,. die Neigung der. Cholezystitis, progressiv zu werden, und ihren Einfluß
ae auf die Leistungsfähigkeit des Menschen zu. einander in. Beziehung.
N Dann kommt weiter (dazu: kleine, große Steine, Abgänge: von `
Steinen, Häufigkeit und Verlauf der Anfälle.
~ , ` Im allgemeiner- bin ich geneigt, möglichst nicht spät zu einem ..|
chirurgischen Eingriff zu raten, weil doch der Eingriff bei reiner
Chölezystitis. mit Steinen in der Blase relativ so. ungefährlich ist.
| ‚Geh. Med. „Rat t Prof, Dr. Küttner, . |
- Direktor der Chirurgischen Klinik Breslau:
-An meiner Klinik wird die Chirurgie der. Gallensteine nach
i tolgenden Gesichtspunkten gehandhabt:
u ‚Ich vertrete . nicht den bequemen Standpunkt: Man behandelt
zunächst intern, bis es: nicht mehr geht, und dann holt man den
daß: eine interne Behandlung der Gällensteinkrankheit überhaupt
nicht in Betracht komme, . söndern daß iu jedem Falle eine Früh-
“operation am Platze sei. f
$ Am, weitesten kommen wir meines Erachtens, wenn wir die |
Indikation zur Operation in unbedingte und a teilen.
und daneben Gegenindikationen aufstellen. |
Die. Operation müß unbedingt ‚gefordert werden:
1, für die akute,. serös-eitrige Cholezystitis in ihren
schwereren Formen,. da immer die Gefahr. besteht, daß es zur Per-.
‚ foration und eitrigen Peritonitis. kommt.
'schwereren akuten Appendizitis, im Anfall oder nach überstandenem |
| Solche Adhäsionen können natürlich auch zur nen u
Hier muß, wie bei der
Anfall im Intervall ‚operiert van
Gefahren. des
..der Eingriff- inzwischen. nur schwieriger geworden ist.
| birgt sich unter .dem-harmlosen Bilde des Hydrops nicht kolen .
` Im : Gänzen ‚eher. operativ; als nicht operativ, sogar . ‚recht E
a operativ: Se |
Andererseits aber teile ich auch nicht die Anschauung, |
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2. ist die. . Operation ünbedingt i indiziere - ‘bei den e \
EE Prozessen, wie sie sich im Gefolge der- -
akuten Cholezystitis entwickeln können im Anschluß an Perforationen,
| ‘die: nicht. in die .freie Bauchhöhle erfolgen, oder an eine Durch- :
“wanderung der Eiterbakterien.. Hierher. gehören die rechtsseitigen `
| subphrenischen 'Abszesse nach Öholelithiasis, manche Leberabszesse,
die Eiterungen an der Unterfläche der Leber, die abgekapselten
| inträperitonealen Abszesse. Die Indikationen entsprechen hier denen;
welche bei ähnlichen schweren Komplikationen der Appendizitis gelten;
. Weiter ist ‘die Operation absolut zw fordern:
‚8. für das chronische Empyom der Ballenhläst Wenn
"aith die‘ Perforationsgefahr wegen .der. meist vorhandenen Wand-
verdiekung längst nicht: so erheblich. ist wie bei-der akuten eigen.
“Cholezystitis, so ‚bedeutet doch .die ‚Eiteransammlung innerhalb `.
‘eines . Bauchhöhlenorgans eine so. beträchtliche und völlig un-.
-berechenbare: Gefahr, daß über. die absolute operativo Indikation
m Zweifel herrschen’ kann.
‘Ich für meine Person stehe auf dem Standpunkt, daß . _
' 4: auch der Hydrops ‘der Gallenblase unbedingt operativ
I‘ üügegniffen. werden sollte, denn wenn er. auch in der Regel keine’un- |
mittelbare Gefahr bringt; so heilt er doch. auf der anderen Seite infolge .
‚der. festen: Blockade des Zystikus fast niemals spontan, führt vielmehr .
.| meist zu" ständiger ‚weiterer Vergrößerung, so daß nach jahrelangen
unnötigen ‚Beschwerden schließlich doch operiert werden’ muß und -
Auch ver-
‚ein Empyem, oder es kann ein 'solches aus: dem Hydrops hervorgehen.
. Kein Zweifel kann weiter darüber. herrschen, daß
5. der chronische Choledochusverschluß durch Stein
| eine ünbedingte Indikation zum operativen Eingriff darstellt. Gewiß
| kommt auch in diesem Stadium noch gelegentlich einmal eine Spontan-
E heilung durch: ‘Perforation des Konkrementes in das Duodenum ‘von
„aber sie ist doch die: große. Ausnahme und die:Gefahren, die.aus-
|. dem: Verbleiben des, oder ‘der Konkremente im Hauptenllenganee
|"sich.. ergeben, ‚sind. viel beträchtlicher als bei der heutigen Technik
das-Risiko einer Operation... Meist sind die Qualen der Kranken
‚auch 20. erheblich, ` daß 'sie selbst darauf bestehen operiert zu
werden.“ ‚Die. Verantwortung des Arztes, : der bei sicherem chroni-
. schen. Choledochusverschluß durch . Stein zum Abwarten rät, ‘ist.
jedenfalls eine ‚sehr große, denn er trägt die Verantwortung nicht!
‚nur. für die weiteren . :meist sehr "erheblichen Beschwerden des
Patienten,‘ sondern‘ auch für die recht häufigen Komplikationen. der
Cholämie, der multiplen. Leberabszesse; der ee Ente
kräftung,. der ‚hämorthagischen: Diathese. <
Daß 6. bei dem 'geringsten Verdacht - auf ein Gallsn-
‚blasenkarzinom die Operation: unbedingt. zu fordern ist, bedarf:
keiner. Begründung. Da:sich das Karzinom fast immer. auf dem Baden .
Schließlich ist 7. der Gallensteinileus. eine. nicht strittige
y absolute Indikation zum operativen, Eingriff.
Dissen unbedingten‘ stöhen‘ die bedingen, relativen An-
zeigen gegenüber: - i;
' Sie gelten vor allem: Ä | 5
1. für die ohronische rezidivierende. Cholesystitis, die
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T E Form - der Gallensteinkrankheit,; falls sie ‚durch interne
Behandlung nicht beeinflußt wird;
2. für den Morphinismus der Gallensteinkranken, der
l meist erst wirksam zu. behandeln ist, went die Beschwerden. durch
das Grundleiden auf operativem Wege behoben sind. -
Eine große Rolle spielt heute unter den relativen- Indikationen
8, der soziale .Faktor. Reiche, die ‚sich jede Kur in Karls-
bad leisten können, sind: der Operation weit. weniger bedürftig als
1.z. B. die’ in pekuniärer Notlage befindliche Hausfrau, die: für. Mann
‚und Kinder zu sorgen hat.
4. sind unter die bedingten Indikationen. ZU: rechnen die
Mehrzahl der. Adhäsionsbeschwerden; ‘welche sich auf ‘der Basis
-einer Cholelithiasis entwickeln und weit: häufiger- Erscheinungen
|. von’ Seiten. des Magens und des Duodenums machen als eigentliche
|- Cholelithiasissyinptome. Nach meiner Erfahrung ‚kommen: diese Fälle
‚schließlich .doch. sehr oft zur: Operätion, . ‘weil andere Behandlungs-
methoden versagen, und dann darf man sich nie auf die - pinige
. Lösung der Verwachsungen beschränken, sondern" muß - stets
Gallenblase exstirpieren, auch wenn sie keine Konkremente nihält.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
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anzeige werden, wenn sie eine eigentliche Pylorusstenose oder gar
einen Ileus hervorrufen.
Weiter sehe ich als relative Indikation an
5. die Cholelithiasis der Typhusbazillenträger, denn
hier ist das Verschwinden der Bazillen häufig nur durch Entfernung
des Schlupfwinkels, der steingefüllten Gallenblase, zu erreichen.
Im allgemeinen ist also bei der Indikationsstellung streng zu
individualisieren, man hat sich deshalb stets die Frage vorzulegen,
ob nicht eine Gegenanzeige des operativen Eingriffes besteht.
So wird man im allgemeinen nicht operieren:
1. im Greisenalter — die Genze von 50 Jahren kann ich
nicht anerkennen —, bei Diabetikern, Arteriosklerotikern,
Herzkranken, schwer Lungenleidenden und auch bei sehr
fettleibigen Personen. Natürlich aber gilt die Gegenanzeige nur für
die bedingten Indikationen, denn wenn einer dieser Patienten in
Perforationsgefahr schwebt oder einen Choledochusverschluß, einen
Gallensteinileus bekommt, wird trotz allem operiert werden müssen.
Gerade bei Leuten in den fünfziger Jahren ist man ziemlich oft
genötigt, wegen hochgradiger, intern nicht zu beeinflussender Be-
schwerden zu operieren.
2. Wird man möglichst nicht operieren bei seltenen gering-
fügigen Koliken ohne Ikterus in der Erwartung, daß das
Leiden bei geeigneter interner Behandlung in das Stadium der
Latenz übergeht. |
f 3. Auch bei Koliken mit Ikterus, nach denen jedesmal
Steine abgehen, also bei stets erfolgreichen Anfällen, wird man
mit der Indikation aus gleichen Gründen zurückhaltend sein. Wenn
man allerdings Gallenblasen sieht, die mit Hunderten von kleinen
eckigen Steinen geradezu vollgepfropft sind, so ist die Hoffnung,
daß schließlich alle Steine per vias naturales abgehen, obne daß
dem Patienten sein Leben völlig verleidet wird, eine sehr geringe.
4. Im Stadium des akuten Choledochusverschlusses
durch Stein soll man im allgemeinen nicht operieren, da doch
die Möglichkeit besteht, daß das Konkrement im Gallengang von
selbst abgeht und die in der Gallenblase befindlichen Steine unter
rationeller interner Therapie latent werden. Die örtlichen Operations-
bedingungen sind zudem beim akuten Choledochusverschluß nur
wenig günstig. Wenn der Zustand sich allerdings in die Länge
zieht oder sich cholangitische Erscheinungen 'wie Schüttelfröste,
Fieber, schmerzhafte Leberschwellung einstellen, wird man auch beim
akuten GallengangsverschlußB um die Operation nicht herumkommen.
I Daß 5. ein Gallenblasenkarzinom, bei dem schon sekun-
däre Knoten in der Leber fühlbar sind, nicht mehr als Gegen-
stand der Operation gelten darf, ist selbstverständlich; doch soll
man immer in Erwägung ziehen, daß gerade auf diesem Gebiete
auch der Erfahrenste diagnostischen Irrtümern ausgesetzt ist, sah
ich doch sogar den unilokulären Echinokokkus ein Karzinom vor-
täuschen, von dem so krebsähnlichen multilokulären Echinokokkus
garnicht zu reden.
Prof. Dr. Anschütz,
Direktor der Chirurgischen Universitäts-Klinik Kiel:
Vorbemerkung: Ich halte es für unzweckmäßig, den
Ausdruck Frühoperation, der durch unser Vorgehen bei der
Appendizitis einen festen Inhalt bekommen hat, auf die Gallensteine
anzuwenden. Es wird dadurch nur Verwirrung entstehen. Es kann
doch nicht zweifelhaft sein, daß man den Gallensteinanlällen gegen-
über nicht die gleichen radikalen chirurgischen Ansichten vertreten
kann, wie dem Appendizitisanfall gegenüber.
a. Die Frühoperation der Gallensteine ist nicht in
dem Sinne berechtigt, daß man beim ersten Gallenstein-
anfall, bei der ersten leichten Cholezystitis schon operiert, und
zwar Ohne Auswahl, etwa wie bei der Appendizitis. In diesem
Sinne lehne ich die Frühoperation ab. Das Publikum und die
praktischen Ärzte und auch die Chirurgen der operativen Richtung
können dieses Prinzip der unbedingten Frühoperation unmöglich
durchsetzen. Man würde dabei eine große Reihe von Fällen ope-
rieren, die tatsächlich keine Anfälle wiederbekommen. Es besteht
auch im einzelnen Anfall in der Regel keine besondere Gefahr.
Wenn man aber unter Frühoperation versteht:
i. den Eingriff zur rechten Zeit, ehe eine schwerere
Infektion . von der Cholezystitis aus oder eine Cholangitis vom
Choledochusstein aus eingetreten ist, so bin ich für das Früh-
Operieren.
2. bin ich auch für die Frühoperation, wenn man darunter
versteht, daß man die Patienten in jüngeren Jahren als bis-.
er und in gutem Allgemeinbefinden operiert.
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Im Allgemeinen sollen die inneren Ärzte und Chirurgen dazu
gelangen, früher zu operieren als bisher und es nicht erst
zu Schweren Veränderungen der Gallenblase kommen lassen
oder zu Beteiligungen der tiefen Gallenwege und chronisch in-
fektiösen Zuständen.
b. Die Frühoperation ist notwendig und erforderlich bei
akuter fieberhafter Cholezystitis- mit allgemeinen oder peri-
tonealen Erscheinungen, beim Empyem der Gallenblase. Gegen-
anzeigen bestehen im hohen Alter. Der akute Choledochusverschluß
wird nicht sofort operiert, weil die Diagnose des Steinverschlusses
nicht sicher zu stellen ist. | |
II. Die Operation ist auszuführen:
1. Absolute Indikation. Bei Gallenblasen-Infektion
mit allgemeinen oder peritonealen Erscheinungen, bei
Choledochusverschluß mit cholangitischen Erscheinungen, bei
chronisch rezidivierendem Choledochusverschluß, bei Hydrops und
chronischem Empyem der Gallenblase. Bei letzteren Fällen kann
etwas zugewartet und der Patient genau untersucht und beobachtet
werden. Mitunter gelingt es beim Choledochusverschluß, den Ikterus
erst abklingen zu lassen, ehe man operiert. |
Relative Anzeigen sind die chronisch rezidivierende
Cholezystitis mit immer wieder auftretenden Koliken, auch ohne .
Ikterus, namentlich, wenn viel Morphium gebraucht worden ist.
| “Prof. Dr. Morawitz,
Direktor der Medizinischen Klinik Würzburg:
Eine rein schematische Beantwortung der Frage nach der
Frühoperation der Gallensteine, ihren Indikationen und Kontra-
indikationen ist mir nicht möglich. Man wird bei seinem Entschluß
sehr individualisieren müssen und es werden verschiedene Momente
dabei ausschlaggebend sein, die sich schwer kurz und prägnant in
Antworten kleiden lassen, u.a. auch Wünsche des Patienten selbst
oder seiner Angehörigen. |
Ich bin kein prinzipieller Anhänger der Frühoperation
bei Gallensteinen und pflege nicht jedem Patienten, der sicher an
Cholelithiasis leidet, sofort die Operation zu empfehlen. Denn die
Erfahrung lehrt, daß es doch eine ganze Reihe von Patienten gibt,
bei denen die Anfälle später ganz fortbleiben oder doch so selten
auftreten, daß man von der Operation absehen kann. Zu einer
Frühoperation, d.h. einer Operation nach dem ersten oder nach
einigen Anfällen rate ich nur, wenn bestimmte Indikationen vor- '
liegen, so z. B. bei Choledochussteinen oder höherem Fieber, das
auf eine schwere Infektion der Gallenblase hindeutet oder ev. auf
Perforationsgefahr hinweist. |
Wenn sich bei der Beobachtung herausstellt oder die Anamnese
es ergibt, daß schon zahlreiche Anfälle vorausgegangen sind,
daß die Mittel der internen Therapie erschöpft sind oder daß die
Anfälle so heftig und häufig auftreten, daß die Arbeitsfähigkeit des
Kranken in Frage gestellt ist und die Gefahr besteht, daß bei den
dauernd chronischen Reizen — dieses kommt hauptsächlich für
ältere Patienten in Betracht — vielleicht eine Karzinomentwicklung
zu befürchten ist, dann bin ich für die Operation. Außerdem, wie
oben schon ausgeführt, bei sicher nachgewiesenen Choledochus-
steinen, die zu einer Schädigung des Gallenabflusses führen oder
zu immer erneuter Infektion der Gallenblase, ferner bei Verdacht
auf Gallenblasenempyem und Perlorationsgefahr.
Einen Ikterus, selbst hohen Grades, betrachte ich nicht
als Gegenindikation, da die Blutungsgefahr in den meisten
dieser Fälle doch nicht groß ist. Durch vorhergehende Bestimmung
der Blutungs- und Gerinnungszeit kann man sich vor Überraschungen
schützen.
-= Sonstige Kontraindinkationen wären höchstens in allgemeinen
Krankheiten zu erblicken, die die Widerstandsfähigkeit des Patienten
stark herabsetzen. |
Prof. Dr. Voit, . >
Direktor der Medizinischen Universitäts-Klinik Gießen:
Ich vertrete den Standpunkt, daß im allgemeinen beim ersten
Auftreten von Erscheinungen einer Cholezystitis zunächst eine
streng durchgeführte innere Behandlung Platz zu greifen hat,
weil sehr häufig in kurzer Zeit dabei die Symptome schwinden
und in vielen Fällen keine oder nur vereinzelte Rezidive auftreten
und weil in solchen Fällen die Gefahren bei innerer Behandlung
zum mindesten nicht größer sind als bei operativem Vorgehen.
Verschwinden die Symptome bei’ innerer Behandlung nicht
in wenigen Wochen oder treten häufigere und heftigere Rezidive
auf, so rate ich zur Operation. Ä
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924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.50..
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< Besteht der geringste Verdacht, auf ein Gallenblasen-
Empyem oder treten peritoneale Reizerscheinungen auf, so
ist natürlich sofort zur. Operation zu schreiten. l
.Der Zeitpunkt, zu welchem ich sonst zur "Operation rate,
hängt. zum Teil von der Rückwirkung der Erkrankung auf den
ganzen Körper, zum Teil aber von äußeren Umständen ab. Den
Patienten, die sich nicht schonen und sich einer ev. mehrmals zu
wiederholenden inneren Kur aus irgendwelchen Gründen nicht
-unterziehen können, rate ich. früher zur Operation.
schließlich bei der Entscheidung, ob früher oder später operiert
D
werden soll, darauf Rücksicht, ob diePatienten sachgemäße chirurgische
' Hilfe. in ihrer Nähe haben. | |
Aus der Steiermärkischen Landesirrenanstalt Feldhof bei Graz
(Direktor: Dr. Otto Haßmann). |
Beiträge zur Therapie der Dementia praecox
mit Atophanyl. ==
Von Primararzt Dr. Richard Weeber. -
inden lassen, das bei Dementia praecox-Fällen sich bewähren wird.
Wer vor 10 Jahren gewagt hätte auszusprechen, daß es binnen
»
kursom gelingen werde, etwa ein Drittel der Paralysefälle wieder
erwerbsfähig. zu machen, wäre für einen verstiegenen Phantasten
‚gehalten worden. Die Gewalt der Tatsachen hat scheinbar wohl-
fundierte Meinungen gründlich . geändert. Trotz „des mit der
organischen Hirnerkrankung verbundenen fortschreitenden geistigen
Abbeus“ werden die Kranken nach 4—6 Mönaten aus der Irren-
anstalt in guter Remission erwerbsfähig entlassen. und stehen seit |'
`` mehreren Jahren wieder im Berufe! Diese Tatsache allein berechtigt
uns. atoh zur Hoffnung, daß -es den therapeutischen Bemühungen
auch bei Dementia praecox-Fällen gelingen werde, einst ein wirk-
sames Mittel gegen diese Erkrankungsformen zu finden. Ich ‚habe
in den letzten fünf Jahren auf der Männerabteilung der Irrenanstalt
_unablässig therapeutische Versuche durchgeführt, die bisher keinen |
überzeugenden Erfolg brachten. Es gilt also weiter nach neuen |:
.. gangbaren Wegen Umschau zu halten. A
” Auf der 49. Wanderversammlung . der südwestdeutschen
Neurologet und Irrenärzte in. Baden-Baden (Mai 1924) machte
Weichbrodt-Frankfurt a. M. (1) in einem Vortrage: „Therapeutische
Versuche bei endogenen Psychosen“ aufmerksam, daß es: gelinge,
_ dürch intravenöse Injektionen einer 20%igen Natrium salicylicum-
t
Sofort naoh dem Bekanntwerden der theoretisch und prak-
“tisch wichtigen Berichte Weichbrodts ging ich daran, in der an-
geregten Richtung Behandlungsversuche zu unternehmen. Zunächst
wurden. erregte Kranke ohne Rücksicht auf Krankheitsart der In-
jektionsbehandlung Wnterzogen. ER: RE NE,
. Es wurden täglich -2 intravenöse Injektionen von 10—15 cem
einer 20%igen Natrium salicylieum-Lösung gegeben.
In keinem Falle wurden mehr als 10 Injektionen ausgeführt, da
ich toxische Schädigüngen befürchtete. Weichbrodt hatte die große
Freundlichkeit, mich dahin aufzuklären, daß meine Bedenken unbegründet
gewesen und auch bei läßgerer Darreichung keine Schädigungen beob-
achtet worden seien. > > . | u
Es wurden nach dem Verfahren. Weichbrodts. 25 Fälle be-
Lösung errögt6 Kranke ruhigzustellen.
- "handelt (Dementia praeoox 12, Paralyse 6, .‚Enzephalitis 3, Epi-
lepsie 3, Melancholische Phase bei manisch-depressivem Irresein 1).
.. Als die erhobenen Nee gesichtet wurden, ergab sich die
interessante Tatsache, daß hi
söhe Dementia praecox-Fälle am besten
auf die Behandlung angesprotheh hatten. Aber auch ältere Fälle
wurden in günstiger Weise heeinllußt,
In Übereinstimmung mit Welchbrodt konnte ich besonders in
- sinem Falle das Zurücktreten akustischer Sinnestäuschungen nachweisen,
den ich seit Jahren als chronisch-halluzinant kenne, bei dem der Erfolg
besonders eindrucksvoll war.
Nicht unerwähnt darf bleiben, daß Josephy - Hamburg (2)
` Eigenblutinjektionen zur Behandlung frischer Dementia praecox-
Fälle empfohlen bat. In Anbetracht gweifelsfrejer Erfolge mit
. Eigenblutinjektionen bei Epilepsie bin ich von der Gangbarkeit des
von Josephy gewiesenen Weges fest überzeugt. Die Behandlungs-
versuche in dieser Richtung sind noch nicht abgeschlossen.
Die Natrium salieylicum-Injektionen wirkten auch auf Enze-
phalitiker günstig ein. Die Kranken hoben spohtan die Milderung
Ich nehme
zustände nach Aussetzen der Injektionen allmählich
E 14. Dezember
der quälenden inneren Unruhe hervor. Allerdings reichten die Er-
folge nicht an die schätzenswerten” Wirkungen des von Alwen;-
Frankfurt a. M. (3), Mann-Breslau (4) empfohlenen Strontium-
bromates heran, das ich in 10%iger Lösung intravenös warm
empfehlen kann. Bei Epileptikern und Paralytikern sah ich keine
Zustandsänderung; vielleicht wegen der zu geringen Zahl der In- `
jektionen, vielleicht aber auch wegen der im Krankheitsprozesse
' selbst gelegenen differenten Bedingungen für eine Wirkung. Bei den
Dementia praecox-Fällen trat der Erfolg nach der 4. oder 5. Injektion
ein. _Lebhaltere Folgeerscheinungen, wie sie z. B. von der intrave-
nösen Kalziumbromatinjektion bekannt sind, habe ich nicht bemerkt, .
Subjektive , Beschwerden wurden nie geäußert. Sonderbarer
Weise wurden Schweißausbrüche und Zunahme der Harnmenge nicht .
-| beobachtet. Bei einem Kranken trat 2 Stunden nach der Injektion
ein flüchtiges, hochrotes Erythem von halbstündiger Dauer auf. Ein
zweiter Kranker bekam einige Minuten nach der Injektion ein toxisches.
Erythem mit daran anschließender über den ganzen Körper wandernder
| Urtikaria, die 11/, Tage. anhielt. Turbulente Kranke wurden sicht-
lich ruhiger und fanden zum Teil auch Schlaf. Die Ruhigstellung‘
‘| trat, bei allen Dementia praecox-Fällen ein. Der Beginn der Wirkun
l l | ` | scheint an ein gewisses in Zirkulation befindliches Quantum des Mittels .
=: > o Go wie nach langen. und vielfachen Irrwegen ein durch-
_ schlagender Erfolg durch die Malariatherapie bei progressiver Paralyse
' errungen wurde, so wird sich früher oder später ein Verfahren.
gebunden zu sein, da die Wirkung erst am 3. Tage auftritt. Wie schon
Weichbrodt in seinem Vortrage hinwies, stellten sich die Erregungs-
wieder ein und
erreichten nach 3—4 Tagen wieder die frühere Höhe. Ä
Weichbrodt erwähnt unter den auf ihre Wirkung geprüften
Präparaten auch Atophanpräparate. Da die Erfolge der Natr. salieyl.-
Injektionen, wenn auch nur vorübergehend, so doch immerhin so
zufriedenstellend waren, daß weitere Versuche an Dementia praecox-
‚Kranken gerechtfertigt erschienen, so verwendete ich in der Folge
'Atophanyl, dessen Zusammensetzung zum: Ausbau meiner Ver-
. suche besonders günstig kombiniert erschien.
_ Durch das Entgegenkommen der Chemischen Fabrik auf Aktien
(vorimals Schering), Berlin N 39, konnte ich mit dem zur Verfügun
gestellten Atophanyl 34 Kranke in. der Irrenanstalt behandeln un
.zwar: Dementia praecox 18, Enzephalitis 6, Paralyse 5, nen 5,
Injiziert wurden 2mal täglich je 5 ccm intravenös durch 5 Tage hin-
‘durch. 3 Kranke gaben spontan ein Brennen im Verlaufe der Vene,
"in welche die Injektion gegeben wurde, an. Bei einem Patienten
traten lebhafte Schmerzen im Venenverlaufe auf, die 10 Minuten an-
hielten, ohne daß weiterhin Folgeerscheinungen aufgetreten wären,
Mit Rücksicht auf gelegentlich auftretende vasomotorische Begleit-
erscheinungen, wie sie Schwahn-Frankfurt (5) beschrieben hat,
empfiehlt es -sich, bei der ersten In probeweise nur 2—3 cem
Atophanyl’ zu verabreichen und die Injektionen langsam auszuführen,
wobei man die Mischung des Atophanyls durch wiederholtes Zurück-
' ziehen des Spritzenstempels mit dem aspirierten Blute allmählich vor
‚sich gehen läßt. Bei
eginn meiner Versuche mit Atophanyl be-
obachtete ich kurz nach der Injektion bei 10 Fällen intensive Blässe
. ohne subjektive Beschwerden. Nur ein Fall hatte leichtes Schwindel-
| geinhl nach der Injektion. Nach Beobachtung der früher angegebenen
orsichtsmaßregeln hatte ich in meiner Tätigkeit — weder im An-
Nach meinen Er-
fahrungen ist die intravenöse Verabreichung wie überhaupt, so aus
‚ staltsdienste noch in der Privatpraxis — einen unangenehmen Zwischen-
ofall. [Siehe auch Sundermann-Schönberg (1
- hier jeder anderen vorzuziehen.
Das Atophanyl zeigte bei den Dementia praecox- Fällen eine
deutliche sedative, in einigen Fällen auch hypnotische Wirkung,
Besonders hervorgehoben sei die auffällige, subjektiv wohltuend
- empfundene, beruhigende Wirkung auf Enzephalitiskranke. Alle
6 Kranken gerieten in eine ruhevolle Euphorie „und ersuchten
' spontan um Fortsetzung der Injektionen. Bei Paralyse und Epilepsie
trat keine Zustandsänderung ein. er
Die bekannte Tatsache, daß vorübergehende auch dauernde
Besserungen gerade bei Dementia praecox auch. spontan eintreten,
macht zwar strengste Kritik bei der Beurteilung des Wirkungs‘
. wertes der -eingeschlagenen Therapie zur Pflicht, schließt damit
jedoch gewiß nicht die Fortsetzung von Heilversuchen aus, bis end-
lich ein Verfahren gefunden wird, das unzweilelhafte Erfolge zeitigt.
Weichbrodts Forschungen werden zu wichtigen theoretischen
Erkenntnissen. führen und eröffnen auch Ausblicke auf neue thora-
peutische Wege. i a
Zusammenfassend komme ich vorläufig zu folgenden Er-
gebnissen: | | ee Sr
i. Weichbrodts Angaben über die beruhigende Wirkung Yo
intravenösen 20°%,,igen Natrium salicylicum-Injektionen bei Br
regungszuständen der Dementia praecox kann ich bestätigen.
2. Analog hat sich auch das Atophanyl bewährt und kann bei
akuten Schüben der. Dementia praecox empfohlen werden.
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‘14. Dezember
- ~
-3. Die pharmakodynamische Wirkung der Salizylpräparate bei
Erregungszuständen endogener Psychosen zu erklären, ist Auf-
gabe weiterer Forschung.
Literatur: L Ref Arch. f. Psych. 1924, 71, H. 2, S. 818. — 2 D.m.W. 1924,
Nr. 34. — 3. Ebenda 1924, Nr. 17, S. 529. — 4. Ebenda 1924, Nr. 35, 1187/88. — 5. Klin,
Wschr. 1924, Nr. 21. — 6. D.m.W, 1924, Nr. 29. |
Blattern und Seuchenbereitschaft.‘)
| Von Dr. R. Ziel, L.S.I. in Prag.
Fall 1. Am 8. Mai wurde die L.V. telegraphisch verständigt,
daß in B.-L., Grabengasse 633, ein ungeimpiter 8monatiger Säug-
‚ling, F. Sch., an Blattern gestorben sei. Die sofortige Erhebung ergab,
dab das Kind am 28. April unter Fieber erkrankte und bereits am
"8. Krankheitstage zahlreiche gleichmäßige Blasen von era Mies im
©
Gesichte, an Rumpf und Gliedmaßen aufwies, die von Ödem der Lider
und unteren Extremitäten begleitet waren und an den abhängigen
Teilen bald hämorrhagischen Charakter annahmen. Trotz der stürmi-
schen Krankheitserscheinungen wurde erst am 7. Mai — kurz vor dem
Exitus — ein Arzt geholt, der nunmehr die Diagnose „Variola“ stellen
konnte. Sie wurde von den beiden Amtsärzten bestätigt. Isolierung
und Notimpfung in ausgedehntem Maße eingeleitet. (Siehe angeschlossene
Übersichtstabelle). |
Als Quelle der Ansteckung kamen zwei Wege in Frage:
a) indirekt, eine Federnhandlung im Hause 177, Nikolaigasse,
die ein Onkel des verstorbenen Kindes, W., ohne behördliche
Genehmigung betrieb, oder
b) direkt, der Besuch eines anderen Verwandten des Verstorbenen,
O. V., welcher am 14. April — also genau 14 Tage vor der
gegenständlichen Erkrankung — aus Temevär nach B.-L. kam,
um hier die Hochzeit mit einer Tante des Verstorbenen, H. D.,
zu feiern. An diesem Feste nahm die weitere Verwandtschaft,
einschließlich des verstorbenen Säuglings, teil. |
Bei der allgemein angenommenen Tenazität des Blatternvirus
wurden zunächst in der ersten Richtung umfassende Nachforschungen
gepflogen, obwohl nach, den Erfahrungen der letzten Blattern-
pandemie die direkte Infektion wahrscheinlicher erschien. Unter
den damals besichtigten 2500 Variolafällen gelang es dem. Refe-
renten trotz eingehender Erhebungen niemals, eine indirekte In-
iektion durch unbelebte Gegenstände einwandfrei nachzuweisen.
Selbe soll nicht ganz in Abrede gestellt werden. Im vorliegenden
‚Falle wurde allerdings der objektive Nachweis der unmittelbaren
Krankheitsvermittlung dadurch erschwert, daß O. V. bereits am
1. Mai — also vor Bekanntwerden der ersten einheimischen Blattern-
erkrankung — nach Temesvär zurückgekehrt war, ohne daß ihn
ein Arzt auf seinen Gesundheitszustand (allfällige Pigmentation,
Narben u. dgl.) untersucht hätte. Auf die Aussage der Umgebung,
. die Anhänger des Naturheilverfahrens ist, war kein Verlaß. Den-
noch wurde durch wiederholte Nachfragen in der Stadt in Er-
fahrung gebracht, daß O. V. einen Ausschlag an den Händen bzw.
im Gesicht hatte.
Über die Provenienz der Federn wurde durch Erhebungen
der Polizei und Gendarmerie festgestellt, daß W. seine Einkäufe
nur in der nächsten Umgebung B.-L. besorgte. Das Geschäft hatte
keinen besonderen Umfang. Irgendwelche blatternverdächtige Er-
krankungen kamen seit dem Jahre 1921 im ganzen Bezirke nicht
mehr vor. Der vorgefundene Federnvorrat wurde selbstverständlich
durch strömenden Dampf gründlich entkeimt.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
1767
. In der Folge kamen noch folgende Blatternerkranküngen zur
Beobachtung: Ä u D na
Fall 2. A. W., die ungeimpfte Gattin des Federnhändlers. Er-
krankte am 10. Mai und starb an Pneumonie am 25, Mai. N
Fall 3. A. Kl, wohnhaft im selben Hause wie der Säugling,
ist als Kontaktinfektion anzusprechen, da sie am 17. Mai, also 9 Tage
nach dem Tode des Säuglings, an Blattern erkrankte. Ferner:
` Fall 4. A. Sch., die im Geschäft Ws. ausgeholfen hat. Er-
krankte am 18. Mai und kann sowohl als Verkehrs- als auch Gewerbe-
m. peo werden. Und am selben Tage: |
all 5.
welche die Spitalärzte des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses in
Böhmisch-Leipa in entgegenkommender Weise zur Verfügung stellten,
ist anzuführen:
A. D., 58 Jahre alt, männl, verheiratet, Kaufmann. Diagnose:
Variolois. Anamnese: Am 18, Mai erkrankte Pat. mit Fieber, 39,2°, Kopf-
und Kreuzschmerzen, allgemeines Unwohlsein. Einmal Erbrechen. Seit
22. Mai Ausschlag. Als 3jähriger Bub Blattern durchgemacht.
Masern mit 8. Jahren. Gedient 1892, 1917. — Sonst gesund gewesen.
Infekt., Potus negiert. |
Status praesens: ee starker Knochenbau, Muskulatur,
, Haut und Schleimhäute gut durch-'
Panniculus adiposus entsprechen
blutet.. — Narben nach Variola. — Fast keine Temperaturerhöhung. —
er reagieren in allen Qualitäten. Muskeln frei. Zunge o. B.,
Gebiß defekt, Rachen o. B. — An Stirn, Schläfen, Kinn vereinzelt
nagelkopfgroße Papeln mit großem roten Hof; vereinzelt auch am
Stamm und an den Händen. — Lungen, Herz o. B. Abdomen o. B.
— Albumen negativ. — 27. Mai. Typische Pustelbildung. Subjektives
Wohlbefinden. — 29. Mai. Eintrocknung. — Borken. — Am 25. Juni
geheilt entlassen. | E
Endlich Fall 6. J. P., 6 Jahre alter ungeimpfter Knabe aus
einer Vorstadt B.-L., eine Spitalsinfektion im Isolierpavillon, welche. -
insofern erhöhtes Interesse verdient, als es sich um eine unmittel-
bare Aufeinanderfolge von drei verschiedenen Infektionskrankheiten:
Skarlatina, Varicellae und Variola gehandelt hat. — Spitalsaufnahme
am 16. Mai. |
Aus der Krankengeschichte des Allgemeinen öffentlichen Kranken-
hauses in Böhmisch-Leipa: J. P., 6 Jahre alt, männl., Bahnerskind. —
Klinische Diagnose: Skarlatina, Varizellen, Variola. — Anamnese: Seit
15. Mai 1924 Kopfschmerzen, etwas Hitzegefühl, Husten, kein Erbrechen;
Arzt findet heute einen Scharlachausschlag. Nicht geimpft. Eltern
gesund. — Status praesäns: Dem Alter entsprechend entwickelt,
gut ernährt; etwas erhöhte Temperatur. Haut, Schleimhaut gut durch-
blutet. — Augen o. B., keine Konjunktivitis. Rachen ein wenig ge-
rötet.
Drüsen entlang des Sternokleidomastoideus und nuchal: — Lungen
o. B., Herz o: B. — Milztumor. — Am Stamm ein. blaßrotes, klein-
‚fleckiges, masernartiges Exanthem. Wangenschleimhaut o. B. Album.
negativ. — Diagnose: Rubeolae? — 22, Mai. Fieber, am Stamm ver-
einzelt linsengroße rote Flecke, spärlich im Gesicht. Effloreszenzen
werden zu Bläschen mit klarem Inhalte, zurzeit im Eintrocknen. Vari-
zellen aut Variolois? — 24. Mai. Neue frische Effloreszenzen, ' von
früheren einige zu Pusteln umgewandelt. Hände, Schleimhäute frei.
Seit gestern isoliert. — 26. Mai. Borkenbildung; manche Borken über
hellerstückgroß. Deutlich drei Stadien. — 29. Mai. Abfallen.der Borken.
Paulscher Kornealversuch negativ. (Deutsches pathologisches Institut
.Prof. Ghon.) — 3. Juni. Erbrechen, da viel gegessen, Fieber, Gastritis?
— 4. Juni. Schweres Unwohlgefühl, Erbrechen, selbst von Tee,
appetitlos. Kreuz- und Kopfschmerzen, 40,3%. — 5. Juni. Fieberanfall.
Am Stamm 4—6 kleine (nagelkopfgroße) Knötchen. — 6. Juni. Ver-
mehrung der Effloreszenzen, Auftreten auch im Gesicht. Pustelbildung.
— 7. Juni. Massenhaft Effloreszenzen, besonders im Gesicht, behaartem
Kopf, Konjunktiven, an den sichtbaren Luft- und Verdauungswegen.
5. A. D., männl., wohnhaft Nikolaigasse Nr. 179.
| Variola als Kind (im Jahre 1873).
Ban ron 18. Mai 1924.
2..W.A., weibl.,
Federnhandl., Nikolaig. Nr. 177.
| Ungeimpft. |
Erkrankt 10. Mai.
t 25. Mai.
geimpft?
Gewerbe-Infektion?
4, Sch. A., weibl., Armenhaus Nr. 625/626.
Geimpft in der Jugend. Erkrankt 18. Mai.
*) Vortrag im Deutschen Ärzteverein.
Geimpft in der Jugend. Erkrankt 17. Mai.
Ba re | | a.
| Sch. A., weibl., D. H., weibl.,
Grabengasse Nr. 633.
1. Sch. F., männl., «—
8 Monate alt, ungeimpít.
Erkrankt 28. April.
+ 7. Mai.
| Impfung? n
Vermählt 22. April 1924 mit
V. 0. in B.-L. 967, .
zugereist am 14. April 1924
aus Temesvár.
Ursprung der Infektion!
Haus-(Kontakt-)Infektion.
3. A. K., weibl.
Spitalsinfektion. ;
'6. P.J., männl., 6 Jahre alt. Ungeimpft. Schwora Nr. 1077.
Erkrankt: 16. Mai.an Skarlatina, 22. Mai an Schafblattern,
Ä | 3. Juni an Variola, Ä
A. D., der Vater der drei mit dem Säugling nahe ver-
wandten Frauen, beachtenswert als Reinfektion nach einer vor `
50 Jahren Jahren überstandenen Variola. Aus der Krankengeschichte, .
war- mny ae e a e o I
e DE TEE a E A er -. al
Tonsillenhypertrophie. Zunge etwas‘ weißlich belegt, feucht. .
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'. zu Variola durch andere Infektionskrankheiten, als Masern, Scharlach
oder Typhus abdominalis. , In letzterer Hinsicht sah Ref. während
(Falli, 2 und 6); erstere sowie Fall 5 — der wie erwähnt als
Wales während der letzten 50 Jahre und erwähnt, daß dieselbe im
` :achtete Pandemie in Böhmen wies:
| im Jahre 1914
‚Heiserkeit. Halobildung. deutlich. Album. stark ‘positiv. Tägl. 2mal
15 Diginorgin. — 11. Juni.. Album. X (schwächer). Suppuration be-.
: introckunng. ,
.— 16. Juni.‘ Rückenschuppung. Beiderseits Fußödem- — 17. Juni.
ginnend. Pockennabel. — 13. Juni.. Skleren: abgeheilt;
Album. in Spuren. —. 20. Juni.
Album, negativ. — 28. Juni.
spontan abszedierend.
Brust- und Extremitätenschuppung.
Dieses Kind‘ wurde wegen Scharlachverdacht mit seiner an
Skarlatina erkrankten Schwester A. am 16. Mai in den Isolier-
pavillon -eingebracht. Da der Pavillon zur Beobachtung der .Variola-.
fälle bestimmt war, wurde das Kind am {8. Mai in ein abgesondertes
. Häuschen neben der Pförtnerwohnung transferiert. Hier zeigte sich
unter. Fieberanstieg am 22. Mai die erwähnte Bläscheneruption, die
als Varizellen bzw. Variolois angesehen wurde. Im Hinblick auf.
die inzwischen im Isolierpavillon behandelten Blatternerkrankungen.
sowie den Umstand, daß das ungeimpfte Kind wegen Scharlach
© nicht der Notimpfung unterzogen werden konnte, eine verläßliche ;
Isolierung der verdächiigen Erkrankung aber nur im Infektions-
pavillon -durchführbar ‘war, .erübrigte nichts als das kranke Kind
| Soweit es die beschränkten
räumlichen ‘Verhältnisse zuließen, wurde auf gesonderte Unter-
wieder hierher zurückzutransierieren.
bringung und Pflege geachtet, zumal einerseits der Kornealversuch
. negativ ausfiel, anderseits die, amtsärztliche Erhebung im Wohn-.
viertel des Kranken einwandfrei weitere Varizellenfälle sicherstelite.:
: Klinisch und epidemiologisch besteht kein Zweifel, daß das
beobachtete zweite Exanthem als Schafblattern anzusprechen ist.
| Am
Isolierpavillone, erfolgte.der Ausbruch der wahren Pocken.
Die Beobachtung dieses Falles spricht jedenfalls gegen die von.
mancher Seite angenommene temporäre Herabsetzung der Disposition
der Variolapandemie einige Typhusrekonvaleszenten im Kamnitzer
Spital an Pocken erkranken, so daß er 'eher für die Annahme einer
erhöhten Disposition für Variola während der Rekonvaleszenz dieser
Krankheiten wäre. |
Dagegen scheint der Krankheitsverlauf der geschilderten Fälle,
den Blick nach einer anderen Richtung zu lenken. Es ist aulfallend,
daß das Variolavirus gerade in der Verwandtschaft D. besonderer.
Empfänglichkeit begegnete. D. selbst machte Reinfektion mit Variola .
nach 50 Jahren durch, eine Tochter und ein Enkel starben infolge
` der Blatternansteckung, während die 3 dieser Familie nicht ange-
hörigen Kranken, darunter einer trotz der erwähnten Komplikation:
mit anderen Infektionkrankheiten genasen. Leider konnte über die-
Familiengeschichte nichts Näheres festgestellt werden und sollen die
Manen Mendels nicht voreilig beschworen, sondern die Infektions-
gelegenheit als wichtiger angesehen werden als erbliche Diposition.
Was die Beeinflussung des Krankheitsablaufes durch den Impi- .
zustand anbelangt, sei kurz ‘erwähnt, daß von unseren 6, Kranken. 2
in der Jugend geimpft waren (Fall 3 und 4), 3 überhaupt ungeimpft
3 jähriges Kind Variola überstanden hatte — zeigten einen milden
Krankheitsverlauf und genasen, während von den Ungeimpften 2
starben. l s,
-In der Juninummer des ‚Bulletin internat. aHye. Publ. be-
spricht Sir Buchanan die Blatternsterblichkeit in England und
allgemeinen eine sinkende Tendenz aufweist bei‘ periodischer
Schwankung der Virulenz der verschiedenen Epidemien. Letztere
scheint ihm in gewissem Zusammenhange mit ihrem jeweiligen Ur-
sprunge zu stehen, insoferne die gutartigen vorwiegend aus dem
Westen und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, die schweren
dagegen aus Ägypten. und. dem übrigen Orient stammen. Bei den
gutartigen Epidemien wird die Mortalität mit 6—-20%, bei den bös-
artigen über 30% berechnet. Die im letzten Dezennium beob-
25 Erkrankungen, darunter 6 Todesfälle
n „ T2 » ” 102
CL n 1916 622 n 3 84 „ (Remission).
5 „ 1917 1279 in a 79 is ne
ji „ 1918 1121 j = 46 ; i
n»n n» 1919 -6435 n Y 49° ,„ (Akme).
j „ 1920 1351 n 2 181 i |
„ 1 1921 49 n n- 5 4
n n 1922 3 n on — 1
k „ 1923 15 5 s 3 5
Durchschnittssterblichkeit, also 82% auf. -Hinsichtlich des Ein-
flusses der Vakzination nimmt Buchanan an, daß bei einer gleich-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
Furunkel am linken Unterschen el —
3. Juni, genau 14 Tage nach der ersten Aufnahme im
Instrumentarium zur Intubation, Tracheotomie, Lumi
Laboratorium in Transport- oder Badewagen,
u. er
. = ‘A
Er —
14. Dezember
mäßigen Zusammensetzung der- Bevölkerung ais- Geimptien und
Ungeimpften, von letzteren etwa 4 mal soviel von Blattern befallen
werden als Geimpfte. _ d | a A AE a
Unser. neues Impfgesetz- bietet genug wirksame Handhaben
zur Bekämpfung bzw. Verhütung von ausgedehnten Blatternepidemien,
insoferne es. die allgemeine Impfpflicht für'die Kinder im Laufe des
1. Lebensjahres sowie die zweimalige Wiederimpfung im 7. bzw.
14. Lebensjahre samt der Verpflichtung. zur Revision und Nach-
impfung bei Ausbleiben. der Haftung gesetzlich festlegt. Personen,
die infolge ihres Berufes. (Ärzte, Apotheker, Seelsorger, Pflege.
personal u. dgl.) öder ihrer Beschäftigung (Textilarbeiter, Trödler,
Federnhändler,. Wäscherinnen, Wandergewerbe- u. a.) der erhöhten
Gefahr einer Blatternansteckung ausgesetzt sind, haben sich alle
5 Jahre revakzinieren zu lassen. Die Nichtächtung. dieser Vor-
schrift unterliegt der Bestrafung. Bei Blatternausbruch oder drohender
Verseuchung ist die Nötimpfung- durchzuführen. © .
| Für die Praxis ist mit Rücksicht auf Fall.6 die unabweis-
liche Notwendigkeit zu betonen, daß die. Isolierpavillone, speziell
der allgemeinen Krankenhäuser mit ‚mindestens. 3 voneinander voll-
ständig abgesonderten und mit allem Zubehör, als Schwesterzimmer,
Teeküche, Bad und Klosett sowie direktem Zu- und ‚Ausgang ins
Freie ausgestatteten Abteilen zu versehen. sind, von denen. jede
Abteilung bei Belag einer eigenen Pflegeperson zuzuweisen -ist, da-
mit verschiedene Infektionskrankheiten und. beim Auftreten von
hochvirulenten, wie.z. B. Variola, blatternkranke, blatternverdächtige
und bloß :ansteckungsverdächtige Personen zuverlässig voneinander
gesondert werden können. “Diese Forderung begegnet manchmal
bei den Spitalserhaltern, Bezirksvertretungen und Städten,.und merk-
‚würdigerweise ‘ nicht selten auch bei Arzten Schwierigkeiten, weil
sie, abgesehen von den- höheren Kosten der Einrichtung, eine Ver-
mehrung des Pflegepersonales voraussetzt und oft längeres Leerstehen
der betreffenden Abteilung im Gefolge hat, was bei starker Frequenz
der Anstalt- unangenehm und lästig empfunden wird. Von dieser
Forderung kann jedoch im. Interesse einer zielbewußten Seuchen-
tlgung sowie in jenem der Kranken selbst nicht abgegangen werden.
Ein weiterer wunder Punkt der ‚Seuchenbereitschaft ist das
‚Fehlen bzw. wesentliche Mängel im Desinfektionsdienste. Selbe
machen sich namentlich im Osten, in der Slowakei und Karpathen-
‚rußland, aber leider auch in unseren engeren Landgemeinden fühl-
bar und veranlaßten das Gesundheitsministerium im Jahre 190,
die Institution der sogenannten „staatlichen. Epidemie-Autokolonnen“
zu schaffen, von denen N.I. die unerläßlichen ersten Desinfektionen
in B.L. mit vollem Erfolge durchgeführt hat. `. |
Jeder Arzt kennt die Schwierigkeiten, die sich der. Über-
führung eines Infektionskranken ami- Lande entgegenstellen, und'
welchen Widerstand dabei oft die Angehörigen leisten. Noch schlimmer
ist es um die Desinfektion der verseuchten Wohnung bestellt, wenn
_ ein Dampfdesinfektionsapparat, Desinfektionsspritzen, Kisten, Wannen,
vor allem aber ein im Entkeimungsdienste getibtes Personal fehlen.
Improvisationen erfordern Zeit, ein wirksamer Seuchenschutz ver-
trägt aber keinen Aufschub! nn: a
| Aus dieser Erwägung stellte das Ministerium eine Kolonne
aus 4’Automobilen zusammen, die elektrisch beleuchtet und durch
die Auspufigase beheizbar sind. -` u ee
Der i. Wagen ist als: Laboratorium mit allen. Behelfen zur
klinischen und sero-bakteriologischen Untersuchun ausgestattet, inkl
alpunktion, Schutz-
aller Art und orientierenden Wasseruntersuchung. a
as 2. Auto ist als Krankentransportwagen eingerichtet mit
ebetten, 2 Klappbänken, Handapotheke, Klosett u.. dgl.
as 3. Auto besitzt 2 Badewannen, Räder- und Tragbahren für
Transport, allfällige Operation, Sektion n. a. Die Erwärmung des Bade-
wassers erfolgt mittels Dampf des Desinfektionsapparates, welcher
50 Liter Wasser in 8 Minuten auf 400 © erwärmt.
° Das4.-Auto führt den mit der Längsachse in die Fahrtrichtung
eingestellten Dampfapparat. Durch Vorfahren des Autos: wird die Be-
schickung in die reine Abgabeseite umgewandelt. In diesem Wagen
ist ferner ein Formalinapparat, ein Zyklon zur Blausäurevergasunß,
eine Haarschneidemaschine u. a. | 4
Alle 4 Autos lassen sich je nach Bedarf rasch umwandeln, z. B.
Transport- in Badewagen
oder umgekehrt. Selbstverständlich läßt sich die innere Einrichtung
leicht desinfizieren.. er
l Das Personal besteht aus je 2 Ärzten, Schwestern und Des-
infektoren. Auch alle 4 Chauffeure sind im Desinfektionsdienste aus
gebildet. Die Kolonne verpflegt sich selbst. Ihr. Hauptvorzug, it
rasches Eingreifen, komplette A f -tionsradius:
bis tiber 200 km. ‚ komplette Ausstattung und namhalter
Über den Vorgang einer solchen Erhebung ist‘ anzulühren:
Sobald die telephonische Meldung vom Seuchenausbrüche in emer
zupenE
2 Hän
14. Dezember
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50°, 0000000 1769
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Gemeinde anlangt, fährt die Kolonne gleich an Ort und Stelle. ‘Die
Ärzte erkundigen sich bei den örtlichen Behörden und' öffentlichen
Stellen nach dem bisherigen Verlaufe und besuchen die Kranken.
Sichergestellte Krankheitsfälle werden sofort in das nächste Epidemie-
' spital transferiert, die verseuchten Häuser desinfiziert, die Umgebung
des Kranken unter Beobachtung gestellt, .entlaust bzw. geimpft.
Dabei fahndet das Pflegepersonal nach allenfalls verheimlichten
. oder verkannten Fällen, mißt die Temperatur regelmäßig und be-
- richtet über alle Wahrnehmungen dem 'Arzte, so daß weitere Er-
_ krankungen oft schon im Initialstadium abgesondert werden können.
In den Jahren 1921/22 hat die. Kolonne von fünf verschie-
. denen Standorten aus die Variola- und Exänthematikusepidemie in
der Slowakei und Karpaihenrußland wirksam bekämpft:
I. Rakovice. 14.31. Mai 1921. — Variola. 3 Gemeinden,
7 Häuser, 16 Kranke, 3 Ansteckungsverdächtige isoliert, 8 Desinfek-
tionen, 223 Beobachtungen, 1828 Impfungen, Aktionsradius 10km.
E II. Trenčin. 1. Mai bis 4. August: — Variola. 17 Gemeinden,
` 45 Häuser, 82 Kranke, 9 Ansteckungsverdächtige isoliert, 46 Desinfek-
tionen, 512 Beobachtungen, 2996 Impfungen. Aktionsradius 36,6 km.
| IT. Bardiov. 9. August bis 28. September. — Variola
+ Typhus exanth. 4 Gemeinden, 11 Häuser, 29 Kranke, 16 An-
steckungsverdächtige isoliert, 13 Desinfektionen, 66 Beobachtungen, -
407 Impfungen, Aktionsradius 14,9km. — 1 Gemeinde, 3 Häuser,
- 10 Kranke, 4 Ansteckungsverdächtige isoliert, 3 Desinfektionen, 10 Beob:
ach en, — Impfungen, Aktionsradius 148 km.
IV. Hust. 29. ae 1921 bis 19. März 1922. — Variola
+ Typhus exanth. 8 Gemeinden, 53 Häuser, 88 Kranke, 60 An-
steckungsverdächtige isoliert, 48 Desinfektionen, 213 Beobachtungen,
-~ 1204 Impfungen, Aktionsradius 52,2 km. — 7 Gemeinden, 25 Häuser,
41 Kranke, 34 Ansteckungsverdächtige isoliert, 25 Desinfektionen,
103 Beobachtungen, — Impfungen, Aktionsradius 53 km. `
V. Ungväar. 20. März bis 14. Mai. — Variola + Typhus
exanth. 7 Gemeinden, 24 Häuser, 36 Kranke, 6 Ansteckungsverdäch-
tige isoliert, 24 Desinfektionen, 84 Beobachtungen, — Impfungen, Aktions-
radius 115 km. — 14 Gemeinden, 53 Häuser, 114 Kranke, 90. Ansteckungs-
verdächtige isoliert, ö1 Desinfektionen, 246 Beobachtungen, — Imp-
fungen, Aktionsradius 92,3 km. |
Im ganzen wurden unter oft schwierigen Verhältnissen 56 Ge-
meinden betreut, 286 Kranke und gegen 300 Krankheitsverdächtige
isoliert, 218 Desinfektionen und 6435 Impfungen durchgeführt.
Aus der Medizinischen Abteilung des Sophienspitals in Wien
(Direktor: Prof. Dr. Jagić). | |
Intrathorakale Auskultation II).
| Bisherige Ergebnisse.
Von Doz. Dr. S. Bondi und Abteilungsassistent Dr. G. Spengler.
Zum Verständnis des Wesens und der Bedeutung der intra-
thorakalen Auskultation gehört die Kenntnis vom Aufbau der Herz-
hinterwand und von deren besonderer Eignung für die isolierte Ab-
horchung wichtiger Abschnitte des Herzens. Es wurde in der ersten
Mitteilung darüber eine ausführliche Erörterung gegeben.
Genaue Beobachtungen — meist noch unter Verwendung des
Röntgenlichtes — an 17 herzgesunden Individuen zeigten im wesent-
. lichen folgendes: Man kann fast in jedem. Falle eine untere und
obere Umschlagstelle, wie wir es bezeichnen möchten, feststellen.
Bis zur unteren Umschlagstelle, im groben Mittel 31 cm von der
oberen Zahnreihe entfernt, hört man die Herztöne wie an der Herz-
spitze nach Art des Trochäus. Von hier aufwärts wird der zweite
Ton der lautere, man hört den Jambus wie an der Herzbasis. Da- .
bei wird, je mehr man sich der zweiten Umschlagstelle nähert,
der laute, zweite Ton immer dumpfer und länger. An der Umschlag-
stelle selbst, die etwa 281/, cm von der oberen Zahnreihe entfernt |
ist, wird dieser zweite Ton ziemlich plötzlich hell und kurz. Letzterer. |
entspricht dem zweiten Aortenton, der früher erwähnte dumpfe Ton
dem zweiten Pulmonalton. Im Röntgenbilde sieht man etwa 1 cm |
unterhalb der zweiten Umschlagstelle den Frickschen Pulmonalfleck.
- Zur richtigen Beurteilung der Befunde, welche bei Herzkranken |
erhoben werden, ist die Kenntnis der topographischen Beziehungen
der Herzhinterwand Voraussetzung. — Diese wurden durch die aus- | Raucher-Leukoplakie angeführt:
führlichen Studien von O. Stoerk, später noch durch Elias-
Hitzenberger und Leimdörfer klargestellt.
Aus den Arbeiten von Stoerk ist die Art und Weise er-
sichtlich, wie bei, Mitralfehlern der linke Vorhof unter zunehmender
= *) Nach dem in der Naturforscherversammlung in Innsbruck
: September 1924 gehaltenen Vortrage mit Demonstration von Diaposi-
tiven und Roentgenogrammen. a
t
Vergrößerung Ösophagus und Aorta auseinanderdrängt, ja schließ-
lich. bis zur Bifurkation reicht, wo er noch die Bronchialhauptäste
‘ weiter auseinanderspreizt. Der rechte Pulmonalisast gehört nicht .
mehr der Herzhinterwand an, sondern wird durch den linken Vor-
hof nach vorne gedrängt.
Es sei nun über Beobachtungen an 11 Patienten mit kom-
pensierten Mitralfehlern berichtet (6 Fälle von .Mitralinsuflizienz,
5 Fälle von Mitralstenose).
Als Hauptresultat hat sich bisher ergeben, daß das systolische
. Mitralgeräusch an der Herzhinterwand gewöhnlich um vieles lauter,
rauher und länger zu hören ist als an der Vorderwand. Am äul-
fallendsten waren zwei Fälle, die bei ganz normalem Auskultations-
befund an der vorderen Brustwand dieses laute systolische Ge-
räusch bei der intrathorakalen Auskultation ergaben und die
bei Röntgendurchleuchtung die mitrale Konfiguration gleichsam
als Bestätigung zeigten. Mitralinsuflizienzen, die nach Art der
Naunynschen Fälle das systolische Geräusch nur an der Herz-
basis hören ließen, hatten rückwärts das viel lautere systolische
Geräusch mit ausgesprochenem Punctum maximum in der
Gegend des Vorhofs. Gewöhnlich nimmt das systolische Geräusch
von der Zwerchfellgesgend bis zum Vorhof an Lautheit stark zu,
um dann nach oben gegen die Pulmonalis und den Aortenbogen
- völlig abzuschwellen. Immer wieder wurden wir in Erstaunen ge-
setzt durch-die auffallende Stärke des systolischen Geräusches an
der Herzhinterwand im Vergleich zu dem oft leisen Hauchen bei der
gewöhnlichen Auskultation.
Anders liegen die Verhältnisse beim präsystolischen Geräusch.
Bei der gewöhnlichen Auskultation auf der Brustvorderwand ist es
ja bekanntlich am besten an der Herzspitze oder links und ober- >
halb der Herzspitze zu hören. Bei der intrathorakalen Auskultation
ist der günstigste Punkt für dieses Geräusch tief unten in Zwerch-
fellnähe, also am linken Ventrikel. Unter unseren Fällen war aber
einmal das präsystolische Geräusch nur an der Brustwand zu hören
und fehlte bei der intrathorakalen Auskultation. Anderseits gelang
-es uns aber, mit der intrathorakalen Auskultation sogenannte stumme
Mitralstenosen insoweit aufzudecken, als wir durch die intrathorakale
Auskultation wenigstens die begleitende Mitralinsuffizienz durch das
laute systolische Geräusch am Vorhof feststellen konnten.
Bei sehr großem Vorhof ist, entsprechend den pathologisch-
‚anatomischen Verhältnissen, oft kein zweiter Pulmonalton zu hören,
sondern nur hoch oben der helle, zweite Aortenton.
Wenn noch kurz über das Verhalten der Aortenfehler berichtet
werden soll, so sind hier ebenfalls rückwärts die systolischen Ge- `
räusche sehr deutlich, die diastolischen Geräusche schwerer ver-
nehmbar. Das Punctum maximum des systolischen Geräusches fand
sich natürlich — hoch oben — an der Aorta und nicht am Vorhof,
auch' bei einem Falle, der das systolische Aortengeräusch von außen
Dart
nur an der Spitze wahrnehmen ließ.
Die mitgeteilten Ergebnisse der intrathorakalen Auskultation _
entsprechen den Vorstellungen von der Pathogenese der - Herz-
geräusche: Es ist klar, daß das in den Vorhof rückströmende Blut
bei Mitralinsuflizienz in dem- dorsal liegenden linken Vorhof die
stärksten Auskultationsphänomene verursacht, während vorwiegend
in der Kammer entstehende Geräusche, wie die diastolischen, mehr
an der Vorderwand gehört werden. BER
Jedenfalls hat sich schon bisher gezeigt; daß durch Ver-
. wendung der intrathorakalen Auskultation die klinische Herzdiagnostik
eine wesentliche Ergänzung erfahren, kann, da die Auffindung
und besonders die Lokalisierung der systolischen Geräusche mit
. größerer Leichtigkeit. und Sicherheit durchführbar erscheint. .
Die Verhütung von Karzinomen bestimmter -`
Lokalisation. (Schluß 'aus Nr. 49).
Von Prof. Dr. G. Scherber, Wien,
' Primararzt der Hautabteilung des Rudolispitales.
In weiterer Verfolgung unseres Themas seien nun die Fälle <
von Karzinomen der Mundschleimhaut auf Basis luetischer- und
‚ Fall 1. N. K., 52jäbriger Schuhmacher, Luesinfektion mit
26 Jahren, mehröre Quecksilberkuren, starker Pfeifenraucher. Inner-
halb diffuser Leukoplakie hat sich am rechten Zungenrande ungefähr
in der Mitte ein exulzerierter Tumor entwickelt. Regionäre Drüsen-.
. schwellungen, Wa.R. komplett positiv, Amputatio linquae und Aus-
'räumung der Drüsen.
Fall 2. Dr. K. M., Arzt, 56 Jahre alt, mit Prof. Ranzi beob-
achtet; Luesinfektion mit 22 Jahren. Ungewöhnlich starker Raucher,
[2
ʻa
- . entwickelte Leukoplakie. Innerhalb dieser Leukoplakien entwickelten
U
1770
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
14. Dezember `
Auffallend intensiv entwickelte Leukoplakie der Mundschleimhaut,
speziell der Zunge. Patient kommt mit einem inoperablen, tief ex-
ulzerierten Karzinom an der hintern linken Zungenbälfte zur Beob-
‚achlung: Wa.R. und M.R. komplett positiv. |
all 8. Z. F., 45jähriger Beamter, mit einer 15 Jahre alten
Lues zeigt Karzinomentwicklung an der leukoplakisch veränderten.
Zunge vorne links.
positiv. gewesen war.
. Fall 4 Sch. F., 40jähriger Landarbeiter, Luesinfektion mit
‚28 Jahren. Zarte Leukoplakien an der Unterlippe und an der Wangen-
`- -schleimhaut, auffallende Leukoplakie an der ganzen Zunge, Karzinom-
entwicklung auf.Basis einer suspekten Leukoplakie, in der Mitte der
„Zunge rechts. Wa.R. positiv. Amputatio linguae und Ausräumung
der regionären Drüsen. | =
Wa.R. negativ, uachdem früher die Blutreaktion
all 5. K. L., Fabrikant, 57 Jahre, ausgebreitete Leukoplakie.
der Zunge, beginnender Tumor unter dem Bilde einer suspekten Leuko-
plakie in. der Nähe des linken Zungenrandes in der Mitte. . Lues-
infektion mit 24 Jahren, mehrere Quecksilberkuren, Wa.R. komplett
positiv. Amputatio linguae und Ausräumung der Drüsen. |
Weiter seien zu diesen Karzinomen der Zunge auf syphi-
litisch-leukoplakischer Basis noch folgende Karzinome der Mund-
schleimhaut, auf derselben Ätiologie entstanden, angeführt.
Falli. M. J., 56jähriger Bahnbeamter, mit einer 18 Jahre alten
Lues, Entwicklung eines Plattenepithelkrebses auf Basis einer aus-
` gebreiteten Leukoplakie in der Schleimhaut des rechten Kieferwinkels.
Wa.R. Bun j | mN
all 2. G. O.,ö3jähriger Beamter mit tiefulzeriertem Karzinom der
rechten Wangenschleimhaut, Luesinfektion mit 30 Jahren. Wa.R. positiv,
Diesen sieben Beobachtungen von Entwicklung von Karzinomen
auf sicher luetisch-leukoplakischer Basis können in derselben Zeit-
spanne drei Beobachtungen von Karzinomen der Mundschleimhaut
gegenübergestellt werden, wo Lues nicht mit Sicherheit nachgewiesen
werden kann oder nicht in Betracht kommen dürlte..
Fall i. Sch. K., 58jähriger Baumeister, vor 30 Jahren ein
Ulkus am Penis, das von keinen weiteren Erscheinungen gefolgt war.
Blutbefund nach Wa.R. negativ, intensiver Zigarrenraucher, der gewohnt
ist, die Zigarre stets: in der Mitte des Mundes zu halten. Hier ent-
wickelte sich in der Mitte der Unterlippe eine.ziemlich derbe, kaum,
hellergroße Leukoplakie, die ich das erstemal im Jahre 1911 sah.
Im Jahre 1914 erschien Patient, der das Rauchen nicht aufgegeben
hatte, wieder und zeigte an derselben Stelle die Bildung einer suspekten
Leukoplakie in der geschilderten Form. Patient unterzog sich der an-
geratenen’ Operation, der Herd: wurde durch Keilezzision entfernt und
ergab histologisch den Befund eines Plattenepithelkarzinoms.
| Fall 2. 77jähriger Bauer, mit Prof.
im hintern Abschnitt der Zunge am Zungenrande links ein exulzeriertes
Karzinom; anamnestisch kein Anhaltspunkt für Lues, Wa.R. und M.R.
negativ. Das Ulkus, das von einer schmalen leukoplakischen Zone
umgeben war, hat seinen Ausgang sicherlich von einer‘ leukoplakischen
Epithelverdickung genommen, als deren Ursache einerseits das intensive
Rauchen, anderseits der besondere Reiz, den die kariösen Zähne in
dieser Gegend auf die ange ausgeübt hätten, angenommen werden kann.
... Hinzu kommt noch folgender 3. Fall: 36jähriger Landsturm-
mann, mit Prim. Funke beobachtet, der Eichenblätter zu kauen pflegte
und die Blättermasse stets gegen den linken Kieferwinkel und den
linken Gaumen preßte, bekam an dieser Stelle eine diffuse, intensiv
sich am Gaumen, Kieferwinkel und den angrenzenden Wangenpartien
Ulzerationen. Die Untersuchung einer exzidierten Randpartie ergab
den Befund eines Plattenepithelkarzinoms. Wa.R. negativ. Nicht
operabel, Radiumbehandlung. Der Fall wurde in der W. Derm. Gesell-
schaft am 4. April 1918 demonstriert. - | !
Wie aus der angeführten Übersicht. schwerer Leukopläkieen
und daraus hervörgegangenen Karzinomen der Mundschleimhaut
hervorgeht,. kommt bei der großen Mehrzahl der Fälle ursächlich das
Zusammenwirken der syphilitischen Infiltration mit dem Reiz des
Rauchens in Betracht. Während die syphilitische Entzündung von
der Tiefe herauf auf die Keimzellen des Epithels reizend wirkt,
gesellt sich dazu durch den Rauch und die im Speichel gelösten
Tabaksubstanzen ein weiterer Reiz, der von oben her in die Tiefe.
dringt, und zwar auch auf das Bindegewebe, in erster Linie aber
die Keimzellen des Epithels direkt trifft. Daß die. Syphilis eine
wesentliche Rolle bei der Entwicklung der meisten Leukoplakieen
spielt, geht daraus hervor, daß die Leukoplakieen beim Aussetzen
des Rauchens sich zwar teilweise zurückbilden, auf dant einsetzende
Neosalvarsanbehandlung noch sichtliche, weitere Rückgänge auf-
weisen und in einem Teil der Fälle ganz zum Schwund gebracht
werden. Weiters ist zu beachten, daß bei dem gewohnt frühzeitigen
Beginn des Rauchens unserer Jugend, das durch mehrere Jahre fort-
gesetzt, keine wesentlichen Veränderungen an der Schleimhaut hervor-
zurufen imstande war, es nun nicht selten sogleich zur Entwicklung
einer Leukoplakie kommt, sobald eine luetische Infektion erfolgt und
dieser Zeit gelassen wird, sich in der Mundschleimheit festzusetzen.
=- 7 | Leukoplakie,
anzi beobachtet, zeigte
Unsere Beobachtungen und die Statistiken zeigen, daß das männ-
liche Geschlecht von der luetischen Leukoplakie und in weiterer Folge
‚vom. Karzinom viel. häufiger befallen wird, als das weibliche. So
fand Steiner das Zungenkarzinom in 85,53 % bei Männern, 15,47 %
bei Frauen, Küttner fand das Verhältnis 81:19. Ich selbst habe’
bis jetzt noch keinen Krebs der Mundhöhlenschleimhaut bei Frauen
gesehen. Es hat.das ja einerseits seinen Grund, daß die Männer
doch. intensiver rauchen .als- die Frauen, aber andererseits auch
darin seine Ursache, daß die Syphilis im allgemeinen beim Manne
auch bei Lokalisation in der Mundschleimhaut hartnäckiger verläuft
und schwieriger zu bekämpfen ist. Schließlich kommt dazu noch ein
gewisses disponierendes Moment, indem die EpithelzellederSchleimhant
der Mundhöhle des Mannes eher zur leukoplakischen Veränderung
zu neigen scheint, wie die des Weibes. Auf Grund eigener, fast
durch zwei Jahrzehnte geführter Beobachtungen ist es olıne Zweifel,
daß die Leukoplakie der-Mundschleimhaut in den letzten Jahren trotz
' der starken Zunahme der Syphilis im Kriege und in der Nachkriegs-
zeit sichtlich im Abnehmen begriffen ist. Dies beruht darauf, daß
die Jod- "und Quecksilbertherapie eben nicht ausreichten, um die
Entwicklung der syphilitischen. Schleimhautinfiltration in genügender
Weise zu hemmen und sich namentlich als ungenügend erwiesen,
wenn das Gewebe von einem fortwährenden Reiz, wie ihn das.
Rauchen darstellt, getroffen wurde. Es liegt in diesen Beobachtungen
wiederum der Beweis, daß die Syphilis ein wesentliches Moment
bei der Entwicklung der Leukoplakie darstellt und wenn wir im -
letzten Jahrzehnt einen auffälligen Rückgang der Leukoplakie der
Mundschleimhaut beobachten können, ‘wo doch das Rauchen bei
beiden Geschlechtern eher zugenommen hat und dabei im Kriege
recht stark reizende Tabaksorten konsumiert wurden, so verdanken
wir diesen Erfolg in erster Linie der vorzüglichen Wir-
kung des Salvarsans auf die spezifischen Schleimhaut-
infiltrate. Nichtsdestowenigerkommennoch besondersältere Luetiker
in Beobachtung, die seinerzeit nur mit Quecksilber und dabei nur
unvollkommen behandelt, durch intensives Rauchen mitbedingt, aus-
gedehnte und stellenweise intensiv entwickelte Leukoplakieen be-
sonders der Zunge und Lippen aufweisen und die nicht selten, die
schmerzends und beunruhigende „suspekte Leukoplakie“ zum Arzte
führt.. Es sei hier ausdrücklich gewarnt, bei der Beob-
achtung solcher Fälle, beimVorhandensein einer suspekten
auch bei positiven Blutreaktionen, eine
spezifische Kur einzüleiten, ehe nicht durch Probe-
exzision der verdächtigen Stelle und deren histologische
Untersuchung das Karzinom ausgeschlossen werden
kann. Denn, wie erwähnt, ist eine klinische Differenzierung zwischen
suspekter Leukoplakie und eben beginnendem Karzinom schwer
möglich. Beginnt man nun eine spezifische Therapie, so verliert
man Zeit, und da die Mundschleimhaut im allgemeinen, besonders
- aber die Zunge durch das Sprechen, Kauen, Schlucken von Speichel
einer beständigen Massage ausgesetzt ist, werden durch dieselbe die,
eben entstandenen Karzinomzeiben räaschestens in die Gewebs- und
Lymphspalten hineingepreßt und dadurch. eine eminent schnelle
Propagierung des Karzinoms bedingt. Ein anderes Moment ist das,
daß durch die spezifische Kur die zellige Infiltration, zum Teil von
der luetischen Infiltration herstammend, die das beginnende Karzinom
umschließt und einen gewissen, wenn auch unvollkommenen Schutz-
wall bildet, durch die Salvarsanbehandlung zum Teil wenigstens -
gemindert wird und auf diese Weise dureli die spezifische Beband-
lung dem Fortschreiten des. Karzinoms ` Vorschub geleistet wird.
Daher sei nochmals betont, daß sobald eine suspekte Leukoplakie
‘zur Beobachtung kommt, .es dringend geboten erscheint, sich.
möglichst rasch durch die Exzision. Klarheit über. die Epithel-
verhältnisse zu verschaffen. | |
. _ Was die Therapie der Leukoplakie im allgemeinen betrilft,
so ist das erste Gebot, das sirenge gänzliche Vermeiden des.
Rauchens. Dazu kommt die antiluetische Behandlung und. zwar in
erster Linie Salvarsan und eventuell Jod; Quecksilber und Wismut
erweisen sich bei der Therapie der syphilitischen Leukoplakie nicht,
so wirksam, und da diese Mittel leicht Stomatitis bedingen, schaffen
sie wieder Reizmomente, die ungünstig auf die Leukoplakio zurück.
wirken können. Bezüglich der antiluetischen Behandlung sei noch.
- besonders vermerkt, daß der negative Ausfall der Blutreaktioa
keineswegs beweisend ist, daß nicht doch die Syphilis-mit im Spiele
ist. Die angeführten Fälle zeigen das zur Genüge; Anamnese und
klinische Anhaltspunkte lassen da manchmal noch den Schluß au
' Lues zu, wo die Blutuntersuchung auch nach Provokation versagt
und man kann dann in-solchen Fällen nach Aussetzen des Rauchens:
auf Salvarsan eine weitere erhebliche ‘Besserung des Befunde:
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` sationen wesentlich beiträgt.
14. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
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El EEE TED EEE U re a EN SEE aAA
konstatieren. Dieses therapeutische Vorgehen soll durch Vermeiden
des Genusses reizender Speisen, besonders durch das Verbot stärkeren
Alkoholgenusses unterstützt werden, und nach meinen eigenen
Beobachtungen ist namentlich der Genuß heißer Speisen
zu vermeiden. Schon Nedopil hat auf diese Beobachtung hingewiesen,
und ich glaube, daß der Genuß heißer Speisen, lange Zeit fortgesetzt,
nicht nur auf das Epithel der Mundschleimhaut, sondern auch auf das
der Speiseröhre und des Magens ungünstig wirkt und gelegentlich‘
zur Entwicklung der Anaplasie des Epithels auch an diesen Lokali-
Zur Mundpflege sind bei ausge-
breiteten Leukoplakien der Mundhöhle nur blande Mundwässer zu
verwenden. Namentlich Eibischwurzeltee und nach der Fmpfehlung
von Riehl üben Spülungen mit Radiumemanation (300 000 Mache-
einheiten) günstige Wirkung aus, Eventuell kann man hartnäckige
umschriebene Leukoplakien nach E. Lekisch?!) direkt mit Radium
bestrahlen und berichtet der Autor über sehr günstige Resultate.
Wie aus der Übersicht meiner Fälle hervorgeht, kam ich im all-
gemeinen mit dem Vermeiden des Rauchens und einer entsprechenden
Salvarsantherapie stets so weit, daß, wenn auch die Leukoplakie
nicht vollkommen schwand, sie zumindestens in eine nicht be-
- drohliche Form übergeführt wurde.
Die Entwicklung der sypbilitischen Leukoplakie der Mund-
schleimhaut und das damit im Zusammenhang stehende Auftreten
von Karzinomen der Mundschleimhaut, besonders aber der Zunge
wurde nach Literatur und eigenen mehrjährigen Erfahrungen des-
halb so genau besprochen, um damit zu beweisen, daß es namentlich
in der Schleimhaut selbst sich abspielende, sowie von außen ein-
wirkende langdauernde Entzündungsreize sind, die schließlich im-
stande sind, die normalen Epithelzellen zur Anaplasie zu bringen
und damit das Karzinom in Erscheinung treten zu lassen. Neben
diesem Reiz spielt ja das Alter, das durch die natürliche Abnützung
gewisse Veränderungen im Epithel und im Bindegewebe mit sich
bringt, und eine namentlich im Geschlecht des Patienten gelegene
Disposition eine gewisse Rolle. Die Darlegungen überzeugen aber
auch, daß wir es in der Hand haben, durch bestimmte Vorkehrungen,
unbedingtes Vermeiden des Rauchens, entsprechende spezifische
Behandlung und Fernhaltung anderer schädlicher Reize (Alkohol,
Gewürze, heiße Speisen), die Karzinomentwicklung in der Mund-
höhle, speziell die der Zunge auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Tritt hinzu noch eine durch Aufklärung und hygienische Über-
wachung geschulter Mundpflege, Einschränkung des Rauchens, recht-
zeitige Beseitigung oder Behandlung die Schleimhaut immer wieder
reizender Zähne, so wird auch die Zahl der nicht direkt auf Lues
beruhenden Karzinome der Mundschleimhaut ebenfalls wesentlich
verringert werden können. Durch die vorzügliche Wirkung des Sal-
varsans ist förmlich automatisch schon ein auffallender Rückgang
der spezifischen Leukoplakie eingetreten und es muß sich das nach
meiner Meinung schon in den nächsten Jahren in der günstigen
Beeinflussung der Karzinomstatistik der Mundschleimhaut speziell
der Zunge äußern. | |
Die angeführten Beobachtungen sollen nun dazu dienen, die
Ärzte auf die geschilderten Munderscheinungen besonders aufmerksam
zu machen und ich bin überzeugt, daß bei entsprechend früh-
zeitigem Eingreifen das Karzinom der Mundhöhle speziell der Zunge
fast vollkommen zum Verschwinden gebracht werden wird und
damit ein ganz bedeutender Fortschritt in der Bekämpfung des
Karzinoms geleistet werden wird.
Anschließend an die Besprechung der geschilderten Verände-
rungen der Mundschleimhaut sei auf die Entwicklung syphili-
tischer Leukoplakieen und daraus entstehender Karzi-
nome an einer weiteren Lokalisationsstelle und zwar im
Kehlkopf hingewiesen. Die Laryngologen werden über, dieses
Kapitel weit mehr Erfahrung haben, doch will ich nicht unterlassen,
hier 2 Fälle anzuführen, beide Männer betreffend, der eine 59 Jahre
alt, mit einer 24 Jahre alten Lues, der andere erst 47 Jahre alt,
mit einer 13 Jahre alten Lues, Blutbefund in beiden Fällen kom-
plett positiv, beide starke Zigarettenraucher, die die Gewohnheit
hatten, den Rauch beständig zu inhalieren und die beide an Kar-
zinomen des Kehlkopfes auf leukoplakischer Basis erkrankten. Ich
glaube, daß auch für die große Mehrzahl der Kehlkopfkarzinome
sowie bei den Zungenkarzinomen Lues und Rauchen die - Grund-
ursache sind, und im Vermeiden des einen und der entsprechenden
Behandlung des anderen die Möglichkeit geboten ist, auch diese
Karzinomform wesentlich einzuschränken.
Es sei mir an dieser Stelle gestattet, auf eine nicht direkt
hierhergehörige Beobachtung hinzuweisen, welche an die oben ge-
21) E, Lekisch W.kl.W. 1921. :
machte Mitteilung anschließt, daß die Zungenkarzinome besonders |
deshalb so rasch fortschreiten, weil die Zunge beständig in Be-
wegung, einer fortwährenden Massage unterworfen ist und die ent-
stehenden Keime dadurch rasch ins benachbarte Gewebe hinein-
gepreßt werden. Es gilt nun auch für Tumoren anderer Lokalisation
die Beobachtung, daß je weniger der Tumor mechanisch alteriert
wird, desto weniger die Gefahr von Metastasen zu fürchten ist
und sei dazu folgendes angeführt:
Bis jetzt habe ich 2 Fälle von Melanosarkom der äußeren Haut
beobachtet. Der erste, eine 46jährige ‘Frau, bei welcher der primäre
Herd in der Haut der rechten Planta über dem Fußballen am Ansatz
der großen Zehe lokalisiert war, der Tumor kaum hellergroß, aus
einem intensiv pigmentierten Nävus hervorgegangen, bestand seit drei
Wochen und
und stecknadelkofgroße Metastasen zu sehen, die dadurch so rasch zu-
stande gekommen waren, daß durch den Druck der Last des Körpers
beim Gehen die Geschwulstkeime in die Lymphspalten und Lymphbahnen
hineingedrängt worden waren. Dennoch wäre diese Frau zu retten
gewesen, wenn sie sich gleich. zur Absetzung des Fußes in der Cho- .
artschen Gelenklinie einverstanden erklärt hätte. Demgegenüber ge-
ang die Kupierung eines Melanosarkoms in einem zweiten Falle: Ein
54jähriger Beamter P. E., mit einer dichten Aussaat intensiv pigmen-
tierter Nävi am Rücken, zeigte einen ebensolchen Nävus in der Haut
der rechten Wange über dem Jochbein. Vielleicht übten Licht und
thermische Reize einen Einfluß auf diese Geschwulstanlage aus; haupt-
sächlich wurde sie dadurch gereizt, daß der Patient beim täglichen
Rasieren sie nicht selten mit dem Rasiermesser leicht verletzte. Am
81. Mai 1922 erschien der Patient nun mit der Angabe, daß das Muttermal
seit ungefähr 14 Tage wachse, schmerze und leicht blute. Ich ver-
mutete sofort ein beginnendes Melanosarkom, welche klinische Dia-
gnose durch ‘die histologische Untersuchung des durch einen im Ge-
sunden ausgeführten Ovulärschnitt entfernten Tumors bestätigt wurde.
Prof. Paltauf verifizierte die De Die Wunde heilte per primam
und bis heute, es sind volle 2 Jahre verflossen, ist weder ein Rezidiv
noch sind Metastasen aufgetreten. Daß dieser Fall so günsti
beruht einerseits auf der frühzeitigen Entfernung, aber im Vergleich
zu dem ersten ‚Fall auch darauf, daß der Tumor keinem besonderen
Druck ausgesetzt war, und sobald er zu wachsen und zu schmerzen
begann, von dem Patienten sogleich sorgfältig geschont wurde.
Nach dieser Abschweifung will ich wieder zum Hauptthema
zurückkehren und auf eine weitere Lokalisation von Karzinomen
eingehen, wo durch geeignete Maßnahmen die Entwicklung dieser
Tumoren sicher verhindert werden und prophylaktisch viel geleistet
. werden kann. Diese Lokalisation betrifft den Sulcus coronarius bei
bestehender Phimose. Im Laufe der letzten 10 Jahre hatte ich Ge-
legenheit, 4 Fälle von Peniskarzinom zu beobachten, die bei be-
: stehender Phimose ihren Ausgang teils von einer vulgären, teils von
einer diabetischen Balanitis genommen haben. Dazu bestand in
2 Fällen Lues, welche vielleicht in Form von Entzündungsresiduen
des Bindegewebes im Sulkus gleichzeitig mit dem Reiz des balani- -
tischen Prozesses auf das Epithel einwirkte.
‘Der erste Fall: 41jähriger Mann mit einer angeborenen, inkom-
ae später mit einer, durch einen vulgären balanitischen Entzün-
ungsprozeß gesteigerten, nur schwierig reponierbaren Phimose. Ent-
wicklung eines Karzinoms vom Sulcus coronarius aus, in das Bindegewebe
zwischen den Schwellkörpern vordringend. Amputatio penis; der Tumor
erwies sich histologisch als verhornendes Plattenepithelkarzinom. Der
zweite Patient: 48 Jahre alt, mit einer 10 Jahre alten Lues. Die Sklerose .
ing mit einer kompletten Phimose einher, die sich auch auf mehrere
uren nicht beheben ließ. Patient konnte sich nicht zur Zirkumzisio
entschließen, bis er mit einem harten Tumor im Sulcus coronarius, der
durch die Vorhaut tastbar war, erschien. Der Tumor wurde als ein
Karzinom er und erwies sich auch bei der histologischen
Untersuchung als Plattenepithelkarzinom. In zwei weiteren Fällen,
‚einen 53jährigen Mann und einen 58jährigen Mann betreffend, handelte
es sich um die Entwicklung von Kan, ebenfalls vom Sulcus
coronarius aus, auf Basis einer diabetischen Balanitis. Im ersten Falle
bestand die Phimose seit 4 Jahren, im zweiten seit 8 Jahren; beide
Fälle boten die typischen Erscheinungen des prépuce de carton Four-
niers: die Vorhaut derb,. beim Betasten hart wie mit den Fingern
zusammengedrückt, dabei im ganzen gerötet, das Innenblatt stark durch-
feuchtet, stellenweise, so weit sichtbar, diphtherisch belegt, etwas
gewulstet und ektropioniert. Aus dem 'Vorhautsack Sekretion eines
schleimig-eitrigen, dickere Flocken suspendiert enthaltenden Sekrets,
das in beiden Fällen neben verschiedenen Bakterien zahlreiche Pilz-.
fäden vom Typus des Aspergilluspilzes enthielt. Es sei erwähnt, daß
im zweiten Falle auch eine 10 Jahre alte Lues bestand, die aber nach
Behandlung nicht zur Phimose geführt hatte. Wa.R. nach 3 Kuren
negativ. Bei beiden Fällen gelang es durch entsprechende Diät den
Zucker auf ein Minimum zu reduzieren, ja zeitweilig auf längere Dauer
selbst zum gänzlichen Verschwinden zu bringen. Der balanitische
Prozeß wurde durch entsprechende lokale Therapie wesentlich be-
schränkt, verschwand aber nie völlig. É a Se 5
och waren schon im Umkreis zahlreiche nadelstich-
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' ohne weiteres ausgeführt werden kann.
liches zu vermindern. _
Bei, beiden Fällen kam es zur Entwicklung von Karzinomen,
die. sich im. ersten Fall als Basalzellenkarzinom, im zweiten Fall. als
verhornendes Plattenepithelkarzinom erwiesen, und zwar im ersten |
Falle, wie erwähnt, nach’ vierjährigem, im. zweiten Falle nach’ acht- .
er Phimose auf dem Boden des entzündlichen.
‚ balanitischen Prozesses. "nn u
jährigem Bestande d
+ + Als histologisch interessant: ‘sei bemerkt, daß sich in allen
vier Fällen neben dem Karzinom und. unabhängig von dem dessen
- Vordringen begleitenden entzündlichen Infiltrat, streckenweise lebhafte ||.
- . Entzündungserscheinungen imi. Bindegewebe und: Veränderungen im -
‚Epithel feststellen ließen, die.man wie bei der Leukoplakie der. |
Zunge als’direkt ‚präkarzinomatöse ansprechen konnte. Na
Es ist kein. Zweifel, daß in allen diesen vier Fällen. die Ent-
»
“ wicklung: der Karzinome. verhindert worden wäre, wenn sich die f
` Patienten möglichst .bald zur Operation, Zirkumzision, entschlossen | `
' ` hätten. Der Diabetes ‚darf-für die Operation kein: Hindernis sein, |
nach entsprechender Diätkur, eventuell Insulinbeliandlung, die bei
‚dem zweiten Diabetesfall vor der Amputatio penis schon zur An-
‘wendung kam, ‚kann der Boden so vorbereitet sein, daß die Operation
®
Die angeführten vier Fälle sprechen wohl iberzeugend für die
_ unbedingte Durchführung der Zirkumzision bei jeder nicht rück-
bildungsfähigen kompletten oder auch inkompletten Phimose, die
die Reinigung und. Pfiege des Vorhautsackes erschwert und dem
` Bestehen chronisch entzündlicher Prozesse in demselben Vorschub
leistet.‘ Ich‘ bin überzeugt, -daß es.bei Beobachtung dieser Maßregel
sicher gelingen wird, die Zahl der Peniskarzinome um ein Wesent-
` Die besprochenen Lokalisationen des Karzinoms ‚bieten Ge-
legenheit zur Beobachtung der Entwicklung dieser bösartigen Ge-
sehwulstform und vermitteln uns die Überzeugung, daß es hier vor.
allem wiederum chronisch-entzündliche Prozesse sind, die die Grund-
- ursache dieses Leidens bilden, und daß mit Verhütung -oder Be-
``. . seitigung dieser Entzündungen auch der Entwicklung dieser Karzinom-
'. form vorgebeugt wird... 0:00 a ET
rt Es- ist gar kein Zweilel, daß beim Entstehen von Karzinomen °
in den inneren Organen ebenfalls chronisch-entzündliche Prozesse
vielfach eine ursächliche Rolle spielen, nur sind hier die Beob-
achtungsverhältnisse viel schwieriger und sind damit die Verhütungs- |
| Verwendung des Traubenzuckers fast illusorisch und es galt, ein
maßregeln nicht so leicht zu treffen. Es sei heute auf die Beziehungen
zwischen Entzündung und Karzinombildung in den inneren Organen
nicht eingegangen, es sei nur hervorgehoben, daß auch. bei. den
„inneren Organen eine diesbezügliche Prophylaxe sehr viel zu leisten
imstande ist und daß durch die Vermeidung und Beseitigung be-
stimmter das Epithel von der Oberfläche her treffender Reize, seien |
' sie nún mechanischer, thermischer oder chemischer Natur im Verein |
. mit der Behandlung entzündlicher im Bindegewebe sich abspielender,
' das Epithel von der Tiefe. aus provozierender Reize viel zur Ver-:
hütung der Karzinomentwicklung beigetragen werden. kann.
Nun noch ein Wort zur Disposition. . Ä
dem Zusammenwirken vor allem ererbter Eigenschaften ergibt. Es
ist sicher, daß, wie die äußere Form des Menschen, gewisse Zustände
mancher Organe, Empfindlichkeiten gegen bestimmte Infektionen und
Gifte, aber auch eigenartige Veranlagungen zu ganz besonderen Wuche-
- rungsvorgängen bestimmter Gewebspartien erblich sind. Zumeist ent- -
wickeln sich letztere Veranlagungen durch dasselbe Organ in mehreren
Generationen fortgesetzt treffende Reize und Schädigungen allgemeiner
= andlokaler Natur. Die daraus sich ergebenden Dispositionen kommen
in der Deszendenz zur Auswirkung. Nun wissen wir, daß -durch
geeignete Erziehung, entsprechende Körperpflege, strenges Vermeiden
‘von in der Aszendenz bestandenen Schädigungen, der Disposition
bestimmter ‚Organe nach verschiedenen Richtungen hin: wirksam
entgegengearbeitet werden kann, daß der Veranlagung zum Karzinom .
bestimmter Lokalisationen auf diese Weise entsprechend begegnet
werden kann, ohne daß dabei eine Kankrophobie gezüchtet werden
muß. : Um aber in dieser Richtung wirksam arbeiten zu können,
bedürfen wir. bestimmter Kenntnisse über die vorausgegangenen
Generationen, diese fehlt aber zumeist vollkommen. Ich selbst konnte
‘mich beim Studium einer effektiv erblichen und :dabei klinisch aul- .
fälligen Erkrankung wie der Psoriasis vulgaris überzeugen, wie wenig
die Menschen von ihren Voreltern wissen. Sehr wenig weiß der:
‚Patient diesbezüglich von ‚seinen Eltern, kaum etwas von seinen
Großeltern, von den Urgroßeltern besteht nie eine bestimmte Über-
lieferung. Diesem Mangel könnte nur durch Führung von Familien-
chroniken begegnet werden, und es ist sicher, daß diese nicht nur f
-
Bi
: wicklung gehemmt werden.
. bührt‘ das Verdienst,
"nährungsmittel &ingeführt und zuerst angewendet zu haben; bereits
; seit 1910 verwendet Kausch. Traubenzucker intravenös in 10 %igen .
‚ und.'subkutan in 5-%igen- Lösungen.
um 01.1994. MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50. 0° ,14. Dezember 0o
in gesundheitlicher, .hygienischer. Beziehung von ganz besönderem
Wert wären, sondern entsprechend geführt auch in wirtschaftlicher
‘und vielfach anderer Beziehung lehrreich wären. Auf Basis der
Familienchronik wären Dispositionen für jeden Arzt frühestens feste. `
stellbar und könnte diesen durch eine entsprechende Lebensweise,
‚durch bestimmte Vorbeugungsmaßregeln begegnet und ihre Ent
Aus der 1. Chirurgischen Abteilung des Auguste Viktoria-Krankenkänes h
~- in Berlin-Schöheberg (Direktor: Prof. Dr. Kausch). ;
<> Über Calorose(Invertzucker) infusionen.
E = Von Dr. Felix G. Meyer, 1.Assistent.
. In den letzten Jahren hat sich die innere Medizin mehr denn -
je mit der Verwendung des Traubenzuckers zu subkutanen und intra-
.venösen .‚Infusionen -beschäftigt: Am meisten wird der Trauben-
| zueker in Form von 5%iger Lösung subkutan und 10 %iger intr > -
venös angewendet. . Büdingen verabreicht neuerdings zur Herz-
' muskelernährung 15—20% ige "Traubenzuckerlösungen intravenös.
' Korbsch gibt sogar bis 50 %ige Dextroselösungen, von der er
:20 cem täglich intravenös verabfolgt; auch bestehen nach Korbsch
‘gegen intravenöse Mengen ‘von 50—100 ccm 50 %iger Lösungen
. keine Bedenken. _
.
Auch die Chirurgie sah. diesen Versuchen nicht gleichgültig |
. zu, ‘war es doch von größter Wichtigkeit, ein Präparat zu finden
‚| und zu besitzen, um bei dem durch Krankheit und Operation schwer
herüntergekommenen Patienten möglichst bald die gesunkene Wider- -
. standsfähigkeit zù beleben und dem Körper konzentrierte Nährstoffe
parenteral: einzuverleiben. So wird in. einer eingehenden Arbeit |
„Über Ernährungsstörungen des Herzmuskels“ von Büdingen
Kausch erwähnt, der bei nicht mehr operablen Bauchfellentzündungen
mit bereits stark geschwächtem Herz Traubenzuckerinfusionen mit K
geradezu verblüffendem Erfolge vorgenommen hat. Kausch ge-
den Traubenzucker als parenterales Er-
Während des Krieges wurde wegen des hohen Preises die
` gleichwertiges billigeres Präparat zu finden. Daher führte Kausch .
‘im Jahre 1917: einen Ersatz des Traubenzuckers in Gestalt eins
Invertzuckers, der Calorose!), ein. Die Calorose stellt einen Syrup
. dar, der 73—76 % Invertzucker enthält und zwar zu gleichen Teilen
Dextrose und Lävulose und 4—6 % Rohrzucker; das Ührige ist-
Wasser. Das Präparat kommt in Flaschen zu 67,5 und 135 g in
‘den Handel, die 50 resp. 100 g Invertzucker enthalten; neuer.
dings sind auch 10 cem-Fläschehen 20 %iger und 20 cem- Ampullen
40 %iger steriler Caloroselösung zu intravenöser Verwendung ein .
-
| Seo |. geführt worden. Besondere Klinikpackungen zu 1350 g sollen das
. . Als Disposition zur Karzinomentwicklung sei der die Krebs-: i
bildung fördernde Zustand des Organismus bezeichnet, der sich aus |.
` Präparat noch weiter verbilligen helfen. |
- Was die Resorbierbarkeit der Calorose anbetrifft, so geht aus
den verschiedenen Arbeiten (Kausch, Möwes, Sacki) hervor,
daß sie ebenso gut ausgenutzt wird wie der Traubenzucker, d.h. bis
‘zu 96—97 %. Kausch hat darüber eingehende Untersuchungen
der Urine der mit Calorose behandelten Patienten vornehmen lassen
‚und die’von ihm gefundenen Resultate decken sich mit .denen von
Möwes und Sacki. Die Ausscheidung ist eben eine außerordent- -
‘lich geringe. Sacki fand bei Gaben von 200 cem 20 %iger
_Calorose nur einige Zehntelgramm im Urin ausgeschieden.‘ Dièse
Werte .entsprechen. vollkommen den: Zahlen, die Tannhäuser- `
'Pfitzner bei Infusionen reiner Traubenzuckerlösungen feststellten.
Glykogen- und zuckerverarbeitende ‘Organe sind eben in’ der Lage,
auch plötzlich zugeführte große Mengen Zucker aufzunehmen und
‚zu verarbeiten, ohne viel davon abzugeben. ` Be
In der inneren Medizin wird die Calorose neben dem Trauben-
zucker jetzt: mit gutem Erfolge bei Erkrankungen des Gefäßsystems
| und.des Herzens (Büdingen, Möwes, Sacki) angewendet. Auch
in der Säuglingsernährung beginnt die-Calorose nach einem Bericht
‚von Blühdorn an Bedeutung -zu gewinnen als 10 %iges Nähr-
zuckerklistier oder als subkutane Infusion.. Auch Mallinckrodt
hat’ gute Erfahrungen bei Kinderkrankheiten mit 7 %iger ‚Calorose
‚lösung als Infusion gemacht; 10—14 %ige Calorose wendete er als o
Ersatz für Kochsalzeinläufe bei Behandlung der Kinder in der
' Familie an. Weinberg erwähnt die 5%ige und 10 %ige Üalorose
1) Hergestellt von der Chem. Fabrik Güstrow A.-G., Güstrow i M.
ram i'm. au a 2 Fe a - En
en ` AR
ı > > va
| 14. Dezember
heben derselben herbeigeführt hat.
' stundenlang an.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50. `
‘in seiner Arbeit „Über die Anwendung der intraperitonealen Infusion |
beim wasserverarmten Säugling“. Seine Versuche sind noch nicht
ganz abgeschlossen. A. Mayer macht bei postoperativen Darm-
> Jähmungen intravenöse Dauerinfasionen mit 5%iger Calorose, um
den Ernährungszustand zu heben. i , |
Während Kausch sich damit begnügte, 1000 cem 5% subkutan
bzw. 1000 ccm 10% iger Bee intravenös zu geben,
ging Sacki noch weiter und gab 1 ccm 10% subkutan und
sogar in zwei Fällen bis zu 500 ccm 20%,. ohne irgendwelche Haut-
schädigungen zu beobachten. Auch als Tropfeinlauf wurde die
Calorose von Sacki verwendet mit besserem Erfolge als Kochsalz
- oder ebenso konzentrierte Traubenzuckerlösungen.
=. Auffallend ist, daß die Verölfentlichungen aus chirurgischen
Kliniken noch recht spärlich sind. Ich glaube, daß gerade die
Calorose ihr hauptsächlichstes Verwendungsfeld in der großen
‚Chirurgie zu suchen hat, bei Darm- und Magenoperierten; ist es
doch dort von größter, manchmal vielleicht von ausschlaggebender
Bedeutung, dem geschwächten Organismus die notwendigsten Calorien
- parenteral zuzuführen; denn per os soll oder kann öfters in den
ersten Tagen keine Nahrung verabreicht werden. Auch kann man
durch Zuckerinfusionen dem quälenden Durstgefühl gut abhelien,
sogar. besser als mit Kochsalz. |
- ‚Wenn ich über die hier in diesem Jahre behandelten Fälle
. berichte, bei denen wir Calorose subkutan 5°/, und intravenös 40°,
angewendet haben, so sind dies ausgesucht schwere Fälle; bei
leichteren wurde der Billigkeit wegen Kochsalz gegeben.
Es wurden so behandelt: 6 Ulcus ventriculi, 6 Carcinoma ven-
triculi, 1 Fistula gastrocolica, 3 Cholelithiasis, 1 Pankreatitis, 1 Pyovarium,
1 subphrenischer Abszeß, 2 Peritonitis, 1 Extrauteringravidität, 1 Tumor
ovarii, 1 schwerer Descensus vaginae. |
Von sämtlichen Patienten wurde die Calorose gut vertragen:
nur bei einem Fall, bei dem verbotenerweise eine Schwester die
Infusion machte, sahen wir eine schwere Hautnekrose an beiden
` Oberschenkeln, deren Ursache nicht sicher festgestellt werden konnte.
Ich nehme an, daß versehentlich zu heiße Kochsalzlösung ver-
„wendet wurde oder daß bei dem außerordentlich -mageren Patienten
— es handelte sich um ein perforiertes Magengeschwür — die In-
fusionsmenge, da auf der Injektionsstelle nicht genüg« nd verteilt, eine
Ernährungsstörung der betreffenden Hautpartie durch zu starkes Ab-
Hierbei sei betont, daß Calorose nur in Aqua dest. aufgelöst zu
werden braucht, da die Lösung sonst zu hypertonisch wird und unter
Umständen schädigend wirken kann. Wir kochen vor dem Gebrauch
das Aqua dest. auf, gießen dann die Calorose hinein, nachdem vorher
die Caloroseflasche in ein heißes Wasserbad gestellt worden ist, um
den Sirup mehr zu verflüssigen und Zuckerkristalle ev. zum Schmelzen
zu bringen, zu deren Ausscheidung es leicht kommen kann. Nachdem
die Lösung auf Körpertemperatur abgekühlt ist, wird sie injiziert.
Die Infusion ist nicht schmerzhafter als die Kochsalzinfusion und muß
durch leichte Massage gut verteilt werden. Neben der schnellen und
einfachen Zubereitung — Traubenzucker muß aufgekocht und ev. filtriert
werden —, besitzt die Calorose noch den Vorzug der Billigkeit.
Beifolgend die Preisunterschiede zwischen Calorose und Trauben-
zucker, wie sie sich beim Bezug aus öffentlichen Apotheken stellen:
ö°%bigesterile Traubenzuckerlösung. 5%igeCaloroselösung.
500 g G.-M. 2,50- G.-M. 1,25
1000 4 „ 4,33 i n 2,45
10%ige sterile Traubenzuckerlösung. 5%ige Caloroselösung.
500g G.-M. 3,65 G.-M. 2,45
1000 g „5,65 » 38,70
In Anstalten mit eigener Apotheke sind diese Preisunterschiede
nicht so bedeutend; daher werden außerdem noch für Kliniken und
Krankenhäuser ganz besondere Füllungen (1350 g) zur Herstellung von
10mal 1 Liter 10%iger Calorose oder 20mal 1 Tiiter 5%iger Ealorose
zum Preise von 11,50 M. geliefert.
Aufgelallen ist uns hauptsächlich. bei intravenösen Gaben von
40%/,iger Calorose die stark belebende Wirkung auf den gesamten
rganismus, insonderheit auf das Herz; diese Wirkung hielt
Ganz besonders ausgeprägt war die Wirkung bei einem 64 jührigen
Manne, bei dem wir wegen eines inoperablen Carcinoma ventriculi
eine vordere Gastroenterostomie mit Braunscher Enteroanastomose
mat hatten; der Patient erholte sich sichtlich nach 2X 20 ccm
0%iger intravenöser Caloroseinjektion.. Diese Beobachtung würde
| übereinstimmen mit den Erfahrungen, die Büdinger, Möwes und
acki in ihren Arbeiten niedergelegt haben. Ä
Auch wir fanden im Urin nur Spuren von Zucker.
Zusammenfassung: Calorose ist ein billiger vollwertiger
Ersatz für Traubenzucker, der subkutan in Diger, intravenös in
‚10°/,iger, 20%/oiger und 40°/,iger Lösung ohne nachteilige Folgen
4
exkursion rechts
Mittelschattens nach links.. Linke Lunge: sehr starke Gefäßzeichnung, _
verwendet werden kann. Die Calorose stellt somit ein wichtiges -
parenterales Ernährungsmittel auf chirurgischem und innerem Ge-
biete dar. | | Ä IR
‚Literatur: Berendes, Zschr.f. Chir.1910, Nr.37. — Blüähdorn, M.K1.1921,
Nr. 45. — Büdingen, Ther. d, Gegenw. 1921. — Derselbe, D,m.W. 1919, Nr. 8. —. .
Derselbe, Über Ernährungsstörungen des Herzmuskels, F. C. W. Vogel, Leipzig. —
Dewes, Zscohr. £ ärztl. Fortbild. 1928, Nr. 12. — David, Ebenda, 1923, Nr.12. —
Hartwig. Fortschr. d. Med. 1921, Nr. 16. — Kausch, D.m.W. 1911, Nr. 11 u. 14; 1017,
Nr.23. — Korbsch, Ebenda, 1921, Nr. 12. — Mallinckrodt, Zschr. £ ärztl..Fortb.
. 1928, Nr.24. — Möwes, M. KI. 1928, Nr. 6. — Derselbe, Zschr. Í. ärztl. Fortb. 1928.
Nr. 15. — A. Mayer, M.m.W:; 1924,28. — Sacki, D.m. W. 1922, Nr. 88. — Tann-
hāuser-Pfitzner, M.m. W. 1911, Nr.1. — Weinberg, Zschr. f. Kindhlk. 1921, 29,
H. 1/2. Bi A r , | | o
‘Aus der Inneren Abteilung des Paul- Gerhardt- Stift- Krankenhauses
in Berlin (Prof. Dr. Fritz Munk)
Über Pathogenese und Therapie des nichttuber- _
= kulösen Spontanpneumothorax.
Von Dr. Albert Muncke.
Die Fälle von Spontanpneumothorax bei fehlendem tuberkulösen
.Lungenprozeß sind selten, in früherer Zeit wurde ihr Vorkommen
von manchen bestritten. Die Pathogenese dieser Fälle ist bis heute
noch nicht ganz geklärt. Cahn und Brunner haben in letzter
Zeit über einwandfreie, nichttuberkulöse Spontanpneumothoraxfälle
berichtet und als Ursache zum Teil autoptisch, zum Teil durch
Röntgenbefunde festgestellte Adhäsionen - infolge symptomlos ver-
laufender Pleuritis angenommen. :Diese_ sollen die Bildung von
Emphysembläschen ihrer Nähe begünstigen und bei Anstrengungen
Gelegenheit zu ungleichmäßiger Druckverteilung an der Pleura und
' damit ‘Gelegenheit zum Platzen ‚der‘ Bläschen geben, was den =
Pneumothorax herbeiführt. Joerdens, Reiche u. a. zeigten, daß
mitunter schon der Exspirationsdruck bzw. Inspirationszug Einrisse
an den durch das Emphysem gedehnten Pleurateilen erzeugen kann.
Die Entstehung kann je nach der Größe der Lungenfistel momentan
oder langsam im Verlauf von Stunden erfolgen, was für die. Heftig-
keit der Symptome maßgebend ist (Cahn). .Bei der. Unterscheidung
des tuberkulösen vom nichttuberkulösen Spontanpneumothorax glaubt.
Cahn mit Sicherheit das Fehlen von Komplikationen (Exsudat usw.)
zugunsten des letzteren verwerten zu können, was nach Angaben
von Brunner nicht immer stimmt. Als Therapie. wird im all-
gemeinen das Abwarten der spontanen Resorption empfohlen, wenn _
kein Spannungspneumothorax vorliegt. (Stintzing u. a.)
Ein von uns beobachteter Fall bietet nicht nur wegen der |
Seltenheit der Fälle, sondern auch wegen der Enistehungsursache und
des überraschenden Erfolges des therapeutischen Eingriffs Interesse. ..
E. F., 53 Jahre, Kriminalbeamter. Als Kind Diphtherie. Sonst
immer gesund. Keine Tuberkulose in der Familie. Pat. diente 9 Jahre
als aktiver Soldat und zwar als Musiker (Trompete). In dieser Zeit
machte er eine unkomplizierte Lungenentzündung durch; auf welcher
‚Seite, unbekannt. -
März d.'J. fiel in der-Dunkelheit bei einer Razzia ein Kamerad `
Seitdem nie krank.
von einem Lastkraftwagen herunter gegen seine rechte Brustseite, die
dann etwa 8 Tage beim Atmen und bei Anstrengungen schmerzte. Er
war aber weiter dienstfähig. Im Laufe des Sommers hatte er immer -
noch leichte Atembeschwerden und „Zuckungen“ unter dem Brustbein.
Am 15. Juli fühlte er sich etwas matt, kein Fieber, kein Husten, keine
Atembeschwerden. Zwei Tage age setzten, nachdem er 2—3 Stunden -
cht gearbeitet hatte (Fußbodenstreichen), `
peac beim Sprechen starke, schnell zunehmende Atemnot und leichte:
vorher in gebückter Stellung leic
chmerzen in der rechten Seite ein. Er mußte stilliegen, hatte ein
heftiges Druckgefühl auf der Brust, und nur beim Liegen auf der linken |
Seite etwas Erleichterung. Der Zustand hielt: an, Atemnot bei den
leichtesten Anstrengungen, nie Fieber, Husten oder Schmerzen. 29. Juli i
Krankenhausaufnahme. a
Status: Untersetzt gebauter, pe Mann. Beim Sprechen
oder Bewegen im Bett Atemnot mit leichter Zyanose. Obere Luft-
wege und Mund o. B. E
verändert, nicht sehr groß. Lungen: Grenzen tiefstehend, rechts
minimal, links gut verschieblich. Linke Lunge: normaler Klopfschall
mit Vesikuläratmen; - rechte Lunge: Schachtelton, oben und unten
fehlendes Atemgeräusch, in der Mitte vorn und hinten amphorisches; k
fernklingendes Atmen, keine R.G. Herz: Dämpfung nicht sicher be-
stimmbar, Töne leise, rein. Abdomen: frei.
Röntgenbefund: Totaler Pneumothorax rechts, Zwerchfell-
ering, nicht paradox. Geringe Verdrängung des
sonst o. B. |
Temp.: 37°.. Puls: 82. Pirquet:.schwach positiv. =
l Im erlauf einer 3 Wochen dauernden Bettruhe immer fieber- 5
frei, kein Husten. Bei Bewogungen bestehen Atemnot und dayernder
+
.
Luce
Thorax: gut gewölbt. Atemexkursion beiderseits nicht sichtbar - |
ervensystem: o. B.
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dem Trauma, noch während des Pneumothorax
í logischen
1774
Druck auf der Brust unvermindert fort. Bei 5wöchigem Bestande des
. Pneumothorax sind weder klinisch noch röntgenologisch Anzeichen
einer Resorption zu finden; kein Exsudat. Da keine Zeichen einer
Tuberkulose oder eines offenen Pneumothorax bestanden, nahmen wir
eine ee Sn Luft aus dem Pleuraraum mit dem Potainschen -
‘Apparat vor. Dabei fühlt Pat. deutlich dèn Druck von der Brust
weichen und kann zum Schlusse völlig frei atmen. Physikalisch jetzt
auch rechts normaler Lungenbefund, 'röntgenologisch völlig ausgedehnte
freie Zwerchfellbewegung. Keine Anzeichen einer Tuber-
kulose. Seitdem bleibt die Lunge dauernd voll entfaltet, die Atmun
ist normal und: durchaus gleichmäßig auf beiden Seiten. Pat. wir
nach 3 Wochen geheilt entlassen un versieht seit 2 Monaten seinen
Dienst wie früher. Bei ambulanter Vorstellung klagt er über. Schmerzen
unter dem Brustbein ‚und beiderseits am Rippenrand, die weder vor
bestanden haben. Wir.
führen diese Beschwerden auf die mehrere Wochen dauernde Dislokation.
des Gefäßapparates zurück. Auf dem Röntgenbilde beobachtet man
rechte Lunge,
auch in der Mat ein abnormes Vortreten der Aorta ascendens.
Was die Pathogenese des Pneumothorax in unserem Falle
anbelangt, so liegt es am nächsten, den von Cahn, Brunner,
Joerdens u. a. angeführten Vorgang einer primären Pleurafixation
infolge eines traumatisch-entzündlichen Prozesses und eine spätere
Zerreißung der durch Emphysem geschwächten Pleura anzunehmen.
Die Erfahrungen in unserem. Falle zeigen, daß die gegebene
Therapie im Falle eines nichttuberkulösen Spontanpneumothorax
nicht in untäligem Abwarten, sondern in einem aktiven Eingreifen,
nämlich dem Absaugen der Luft, bestehen muß. - Dadurch wird
nicht nur die Arbeitsfähigkeit des Kranken in viel kürzerer Zeit
wieder hergestellt, sondern wir nehmen an, daß auch die jetzt vor-
'handenien Beschwerden durch einen frühzeitigeren Eingriff verhütet
worden wären. | nr poi |
= Diteratur: Bittdorf in Marchand-Krebl, 2, 587. — Brunner, Mitt.
Grenzgeb, 83, 124. — Cahn, D.m.W, 1917, 1469, — Derselbe, Ebenda 1918, 623. —
Joerdens, Ebenda 1919, Nr. 85. — Reiche, M.m.W. 1918, 672. — Staehelin in
Mohr-Staehelin, 2, 742. — Stin tzing in Pentzold-Stintzing.
Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses im Friedrichshain
in Berlin.
Über den Morbus Gaucher, seine Klinik, pathologische
“Anatomie und histio-pathogenetische Umgrenzung,
nebst Untersuchungen über den Morbus Gaucher der
Säuglinge und über die Beteiligung des Skelettsystems.
Von Ludwig Pick.
Die Pathogenese des Morbus Gaucher.
Der Morbus Gaucher hat mit diesen Zuständen natürlich nichts
zu tun. Hat Aschoff ihn als „familiäre Form“ den Xanthelasmen
zugezählt oder die Anitschkowschen Befunde am cholesterinüber-
fütterten Kaninchen wegen ihrer von ihm vorausgesetzten histo-
Übereinstimmung mit dem Morbus Gaucher als „Pseudo-
gaucher‘‘2°) bezeichnet, so ist weder das eine noch das andere
haltbar. Ebensowenig hat Eppingers Annahme, daß es sich „bei
der Splenomegalie Typ Gaucher um einen Cholesterinesterspeiche-
rungsprozeß handeln könne”, in .den tatsächlichen Befunden eine
Stütze, weder- in der mikrochemischen Beschaffenheit der Gaucher-
zelle, noch in den chemischen Befunden des Blutes. Der Chol-
esteringehalt des Blutes beim Morbus Gaucher ist, wie Mandle-
baum oder H. Lippmann gezeigt haben, keineswegs erhöht, ‚bleibt
im. Gegenteil teilweise unter der Norm, und eine vereinzelt ge-
fundene Erhöhung besagt nichts. So trifft Mandlebaum-Downeys
Satz, daß jeder an das großzellige Gewebe des Morbus Gaucher
erinnernde . histologische Befund, bei dem mikrochemisch Neutral-
fett, myelinartige oder doppeltbrechende Substanz in den Zellen
erwiesen wird, einen Morbus Gaucher ausschließen läßt, den Nagel
auf den Kopf?®), .
(Fortsetzung aus Nr. 45.)
28) Die bloße äußere Ähnlichkeit dieser Bilder wie der an weißen
Mäusen und Ratten bei Überfütterung mit Käsestoff erzielten (vgl. Ep-
stein) soll natürlich nicht bestritten werden. ->
29) In dem mit Diabetes komplizierten Gaucherfall Baräts war
der mikrochemische Gaucherzellbefund durch den Diabetes ganz un-
beeinflußt geblieben. — _
“ Hier seien auch die anatomisch untersuchten,
als Morbus Gaucher zweifelhaften oder
gesicherten Fälle aufgeführt.
aber m. E.
r doch nicht genügend
In erster Linie der Sapegnos (1913),
. 1994 — MEDIZINISOHE KLINIK — Nr. 50.
' Zilien angelegt. Nach
“ zuziehen kann; auch ist es eine
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft. |
. werden. Abgesehen
i Auffassung des Krankheitsprozesses.
| 14; -Dezember
\
- Über Cüprex.
= Von Dr. Alexander Barwinski, Lemberg,
leitender Arzt des Ambulatoriums der ukrainischen Gesellschaft für Kinderschutz.
In der letzten Zeit habe ich mehrere Fälle von Phthirius
inguinalis an den Zilien zur Behandlung bekommen. Nachdem ich
mich über die ausgezeichnete Wirkung des Merckschen „Cuprex*
bei allen Läusearten überzeugt habe, entschloß ich mich zur Be-
handlung des Zilienphthirius mit Cuprex, trotzdem in der Gebrauchs-
anweisung an zwei Stellen vor dem Eindringen der Cuprexflüssig-
keit in die Augen gewarnt wird. |
Es wird ein Wattebäuschehen mit Cuprex befeuchtet und bei
fest zusammengedrückten Augenlidern ungefähr eine Minute an die
dem. Entfernen des Wattebäuschchens: 'be-
fanden sich alle ‚Läuse auf, demselben. Es kam zwar zu einer
Reizung in Form einer Rötung der Augenlider, die aber. nicht
länger als eine halbe Stunde dauerte. Die Augäpfel und die Kon-
junktiven blieben intakt. Diese Prozedur habe ich bei mehreren
Kindern mit demselben Erfolge angewandt.
Diese einfache und ungelährliche Behandlungsmethodg" ist
hierorts von’ ziemlich großer Bedeutung, da der Zilienphthirius nicht
gar zu selten bei Schül- und Kleinkindern anzutreffen ist. Ver-
schiedene Salben mit Quecksilberpräzipitat und mit Teer sind úm
verläßlich, und das Entfernen des Zilienphthirius mit der Pinzette
ist erstens der Verletzungsgefahr des Auges wegen unratsam, da
das Kind aus Angst vor dem Instrument den Kopf in einer un-
erwünschten Richtung bewegen und sich eine Verletzung des Auges
Geduldprobe für den Arzt, da der
Phthirius , die Wimpernhaare ziemlich fest mit den Füßen um-
klammert und nur dem Haar entlang gezogen entfernt werden kann.
Die Reizung der Augenlider in Form einer Rötung ist belang-
los. .Es wäre-jedoch ratsam, daß die Cuprexbehandlung des Zilien-
phthirius nie den Eltern oder Angehörigen überlassen, sondern nur
persönlich vom ‚Arzt selbst durchgeführt würde. pi
Freilich ist es bei weitem sicherer zu sagen, was die Gaucher-
substanz in den Zellen nicht ist, als was sie tatsächlich darstellt.
Ist sie mit gutem Grund von Risel, Rusca, E. J. Kraus, Barát,
auch von mir selbst als eiweißartig erklärt worden, so erscheint
sie, wie schon ausgeführt, nach den letzten Untersuchungen Epsteins
als Sphingogalaktosid mit Beteiligung alkohollöslicher Phosphatide,
also (vgl. 0.) als eine Art Grenzsubstanz im Gebiet der Lipoide.
Diese Unsicherheit wirkt begreiflicherweise auch. auf unsere
Vorstellung von der Pathogenese des Morbus Gaucher zurück,
die überhaupt zu einer ziemlich verwickelten und besonders hypo-
thesenreichen Erörterung geführt hat.
Gaucher und Picoù. et Ramond deuten den Prozed
als echtes Epitheliom, Collier spricht von Endotheliom, Bovaird
und Schlagenhaufer erkennen unter Ablehnung des Neoplasma
den Morbus Gaucher als eine Systemkrankheit.
Schlagenhaufer, der die Abstammung der Gaucherzellen
von den Retikulumzellen feststellt, gibt der Pathogenese die erste
bestimmte Fassung. Das durch eine familiäre Disposition, etwa end
besondere Irritabilität des retikulären Gewebes belastete Iymphatisch-
hämatopoetische System wird durch ein Gilt zu großzelliger Wucherung
angeregt; dieses Gift müsse in seinem Fall auf den Tuberkelbazillus
zurückgeführt und der Morbus Gaucher anatomisch als Ausdruck
eines speziellen Reaktionsmodus des retikulären Systems betrachte
von der auch von Schlagenhaufer selbst
anerkannten Tatsache, daß eine Tuberkulose keineswegs in allen
Morbus Gaucher-Fällen zu finden ist, berücksichtigt diese Vor-
stellung lediglich die rein morphologische Erscheinungsform der
großen Zellen, nicht aber ihren Inhalt und mikrochemischen Charakter.
Gerade an diese Eigenschaften knüpft Marchands pathogenetische
Es handelt sich beim Morbus
Gaucher nicht um eine eigentliche protoplasmatische Hyperplasie
den Mandlebaum-Downey unter den Gaucherfällen nennen, aber I
seinen interessanten. histologischen Einzelheiten nicht näher zitere®
47jähriger Mann. Keine Familienanamnese. Die bei der Aufahe®
diagnostizierte Hodentuberkulose erwies sich bei der wenige
später vorgenommenen Sektion als schwielige Adhäsion zwischen =
und einem Herniensack. Tuberkulose wurde nicht gefunden. Doppe'
seitige Bronchopneumonien. Ulzeröse Colitis. Broncefarbene Hal
den: dem Licht exponierten Teilen. Milz 760 g. Leber, 1750 6
groß, derb, erinnert an beginnende Zirrhose. Mesenterial
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Sa u.
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RIITA a TE
. 14.-Dezember
- die eigentümlichen
‚berichtet.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
-1775
O A EE E, `
noch weniger um eine Geschwulstbildung, sondern „in der Haupt-
sache um Einlagerung einer fremdartigen Substanz“ in die großen
Zellkörper. Die Untersuchungen an eben diesem Marchan dschen
etwas vergrößert. Sonstige Lymphdrüsen klein, platt. Mikroskopisch:
In der Leber Gaucherzellen, einzeln oder in Gruppen in Pfortader-
kapillaren (von der Milz hierher gelangt) oder in neugebildetem peri-
portalen Bindegewebe (autochthon entstanden). In Mesenterialdrüse
zerstreute Gaucherzellen; im Knochenmark mehr von jungem als
„adultem“ Typus. Aüf dem Milzdurchschnitt eine Anzahl miliarer
bis haselnußgroßer, rötlicher, weicher bis halbflüssiger, nicht um-
kapselter „Pseudoknoten“, über die Schnittfläche quellend. Mikro-
skopisch: Gaucherzellnester (Zellen am frischen Gefrierschnitt homogen)
im Milzgewebe; keine Mitosen, Malpighische Körperchen fast ganz
fehlend. Die makroskopischen Knoten bestehen aus zentralen Hämor-
rhagien mit pigmentführenden Zellen, in der Peripherie aus zuweilen
sehr ausgedehnten und dichten „elementi medollari“; unter diesen
sicher klassifizierbare Myeloblasten, Myelozyten, Megakaryozyten, Normo-
blasten und wahrscheinlich auch Megaloblasten, ferner auch patho-
logische Formen. Aus den Markzellen erfolgt, wie auch im Knochen-
mark (und Leber?), der bung der Gaucherzellen (vgl. Abb. 1—7
fortschreitende Umwandlung der basophilen embryonalen Elemente in
Gaucherzellen; Abb. 9—18 einige Typen granulierter Milzelemente von
myelo- oder megakaryozytoidem Habitus; Abb.. 19—21 und 28—31
ergang der granulierten Elemente in die Gaucherzellen). Myeloische
Zellen (neutrophile und eosinophile Myelozyten, myeloblastenähnliche
Zellen, selten polymorphkernige), auch sonst hier und da zerstreut im
Milzgewebe. Gaucherzellen nach Lorrain Smith- und Golodetz-
Färbung negativ, aber positive Ciaccioreaktion. Die die Zellen
infiltrierende Substanz ist kein Albumin (Protein), sondern ein Lipoid,
das nach der Chromierung den gewöhnlichen Lösungsmitteln Wider-
stand leistet (il protoplasma imbibito non di una sostanza albuminoi-
dea ma di una sostanza in gran parte di natura lipoidea [Kawamura)),
Danach gehört der Fall nicht zum Morbus Gaucher. Er zäblt
eventuell zur Gruppe der lipoidzelligen Splenohepatomegalie Typus
Niemann und würde, zumal mit Rücksicht auf den relativ mäßigen
Milztumor, dasVorkommen weniger intensiver, chronischer Fälle auch bei
Erwachsenen beweisen. Die hier besonders ausgiebige Bildung der mye-
loischen Zellformen in der Milz aus den myelopotenten Elementen des Or-
ans ist ein Gegenstück zu dem vorher beschriebenen Gaucherfall von
Waugh und Mac Intosh. Der „Übergang“ in die großen (lipoidhaltigen)
Zellen hat auch hier nichts Beweisendes. Besonders bemerkenswert
ist das herdförmige Auftreten der myeloischen Formen in gesonderten
weichen makroskopischen Knoten. — Die von Wahl-Richardson
zitierte dritte Arbeit Sapegnos (La Pediatria 1914) war mir in den
Berliner Bibliotheken nicht zugängig. Es scheint, daß hier zwei Fälle von
lipoidzelliger Splenohepatomegalie TypusNiemann beiKindern berichtet
sind. — Auch im FalleV.Babes, Aurelund A. Babes (Splenektomie bei
22jähriger Frau) geben die vermeintlichen Gaucherzellen in der 1400 g
wie and
nach Weigert-van Gieson und Smith-Dietrich. Keine Doppelt-
brechung.. Das Plasma war im übrigen azidophil homogen oder
eosinophil granuliert. Die Zellen letzterer Art enthielten zugleich die
Lipoidsubstanz. Dieser Befund erinnert an gewisse I,ipoidophagen mit
baso- und eosinophilen Granulis in den Anitschkowschen Experi-
menten, schließt aber jedenfalls einen Morbus Gaucher wieder aus. Auch
hier kommt die Zugehörigkeit zur opps der lipoidzelligen Dan
megalie Typus Niemann infrage. — In Fahr-Stamms S
fallvom Typus Gaucher bei einem dreijährigen rachitischen
mark, nicht in der Leber gefunden. Zellgröße ungemein verschieden.
Grenzen unregelmäßig. Kerne blasig. ‚Plasma vielfach wabig bzw.
vakuolär. Häulig Phagozytose. Ober Unkersschungen auf Phosphatide
(Ausfall. der Reaktionen nach Smith-Dietrich, Ciaccio) wird nichts
Wendet man nach der eigenen Forderung Fahrs „bei der
Analyse der Zellen schärlste Kritik an“, so sprechen das „wabige",
„vakuoläre“ Plasma und die „blasigen Kerne“ nicht für Morbus Gaucher.
Erythrophagie kommt entgegen Fahr auch in Lipoidzellen vor (vgl.
die Falle von Knox, Wahl und Schmeisser). Hautpigmentierung
bestand nicht, wohl aber starke Anämie und nicht erst in der letzten
Zeit der Krankheit. Aber die ‘Autoren zählen trotzdem ihren Fall
„ebenso wie einen Fall von Niemann“ zum Morbus Gaucher, während
sie gegen die Zugehörigkeit des Siegmundschen Bedenken haben.
Niemanns Fall ist sicher kein Morbus Gaucher und gehört ebenso
sicher an die Seite des Siegmundschen. Die Deutung und Klassi-
fikation des ’ Fahr-Stammschen bleibt, glaube ich, zweifelhaft. —
Sodann die beiden kürzlich von Reber bei zwei Säuglings-Ge-
schwistern berichteten Fälle von nn en Gaucher. Im ersten
Fall, bei einem achtmonatigem männlichem Säugling, machen es — nach
er Annahme des Ubduzenten — große: in der Milz gefundene runde
Zellen wahrscheinlich, daß einer der seltenen Fälle von Morbus Gaucher
vorliegen könnte. Doch ist. „eine sichere Diagnose bei der schlechten
Erhaltung der Organe nicht möglich“. — Im zweiten Falle ergibt bei
der siebenmonatigen Schwester die Sektion neben perakuter eitriger
aszendierender Nephritis und (als Tentoriumsrißfolge J Pachymeningitis
haemorrhagica interna über dem linken Tentorium cerebelli Spleno-
Le a
ıden Milz zweifellose Lipoidreaktion: ' schwarz gefärbte :Granula’
enomegalie-" ' großen Erstaunen für „me
aben wurden-
oßen Zellen: in Milz, Lymphdrüsen und Knochen- ,
Material führten Risel dazu, die fremde Substanz in „einem noch
unbekannten Eiweißkörper“ zu sehen 30). |
Seit Marchand beherrscht dieser Gedanke der intrazellulären
Ablagerung oder „Speicherung“ der fremdartigen Substanz, die
die normalen Gewebselemente zu Gaucherzellen umwandelt, alle
Erörterungen‘ der Pathogenese der Krankheit. Allerdings liegen
hier zunächst unüberbrückbare Schwierigkeiten für eine exakte Vor-
stellung. Wird die Gauchersubstanz den Zellen fertig zugeführt
oder in der Form einzelner Bausteine, die erst die Zelle selbst zu
dem charakteristischen Stoffkomplex zusammenschließt? Ist mit
anderen Worten die Gauchersubstanz, auf die Zelle bezogen, exo-
oder endogener Natur? Bedeutet die Aufnahme des fertigvorgebildeten
Körpers oder auch seiner Bausteine für den Plasmabestand der Zelle
sinen rein passiven. Vorgang oder ist sie mit Abänderungen der
inneren Zellstruktur verbunden, wie sie ja auch z. B. bei den Farb-
stoffspeicherungen in Gestalt der Ausfällung der kolloiden Farb-
stofflösung in feineren und gröberen Granulis in Erscheinung treten ®!)?
Oder bedeutet etwa die Ablagerung überhaupt keinen gesteigerten
Aufnahme-, sondern einen Retentionsprozeß, der sich in dem Unver-
mögen physiologischer Verarbeitung begründet? So haben die hier
gebrauchten Begriffe der Imbibition, Imprägnation, Infiltration, Phago-
zytose und Speicherung vielfach keinen absolut festen Umriß, und
es ist, wie Epstein mit Recht bemerkt, schwer, ja, unmöglich,
zwischen diesen im vorliegenden Fall allzu scharfe Grenzen zu
ziehen. Ich selbst fasse insbesondere den Speicherungsbegriff hier
in einem sozusagen lediglich terminalen Sinne.
Unbeschadet dieser schwer zu lösenden rein zytologischen
Probleme sind die Speicherungsprozesse beim Morbus Gaucher selbst
in die naheliegende Beziehung zu Stoffwechselstörungen gebracht
worden. Mandlebaum-Downey habendenMorbusGauchergeradezu
als Stoffwechselstörung aufgefaßt, deren Produkte in den retikulären
Phagozyten zur Ablagerung kommen (Gauchers disease is caused
to some metabolic disturbance, the products being found in the
specific group of cells—„retieular phagocytes“). Sicherlich ist bei
moga ie; hochgradige Leberschwellung, Schwellung der paraaortalen
un
portalen Lymphknoten, allgemeine schwere Anämie. Die Milz
ist von großen Zellen vom Typus Gaucher völlig durchsetzt; nur noch
spärliche Reste der Milzkörperchen. Mediastinale und mesenteriale
Lymphdrüsen zeigen dasselbe Bild mit-mehr oder minder ausgedehntem
Schwund des Iymphatischen Gewebes. Leberstruktur durch Gaucher-
zellen ganz verwischt. Auch im Knochenmark einzelne oder gruppierte
Gaucherzellen. Im Thymus Totalersatz durch Gaucherzellen; Iymphati-
sches Gewebe nur noch um die reichlich vorhandenen Hassalschen
Körperchen. Die Fettfärbung läßt (scil. in den Gaucherzellen) kein
Fett erkennen. Nähere Angaben über Lipoidreaktionen, insbesondere
die Prüfung auf Phosphatide, oder über die feinere Beschaffenheit des.
Zellplasmas fehlen, ebenso über die histologische Untersuchung weiterer
Organe. Nach dem histologischen Bau, auch dem Befund des Thymus,
zählt der Fall.weit eher zur lipoidzelligen Splenohepatomegalie Typus
Niemann. — Reber hält den Gaucherfall Nauwerck-Picks — die
Präparate waren von mir bereits am 11. Oktober 1922 in der Berliner
medizinischen Gesellschaft demonstriert — zu Nauwercks und meinem
hr als fraglich“. In Teil HI, Falli, berichte
ich in extenso über die Nauwercksche Beobachtung. — In einem kurz
von Vers& genannten Fall von Splenektomie bei Splenomegalie Typus
Gaucher eines vierjährigen Kindes fiel die Versösche Reaktion auf
Cholesterinester in den großen Zellen positiv aus. Ich zähle daher
auch diese Beobachtung nicht zum Morbus Gaucher. Sie ist wohl
identisch mit dem 1915 von Marchand mit kurzen Worten erwähnten
„Gaucherfalls“. — Eine weitere größere Zahl fraglicher Literaturfälle be-
handelt Mandlebaum (1919) in ausgiebiger Kritik, auf die hier ver-
wiesen sei. — Endlich eine neue Mitteilung von A. N. Paschin und
N. J. Kritsch .auf der ersten allrussischen Pathologentagung, Sep-
tember 1923, über einen Fall großzelliger Splenomegalie vom Typus
Gaucher, in dem die charakteristische Bildung der großen Zellen Milz,
Leber, Lymphknoten, Knochenmark, Thymus, Nieren und Lungen be-
traf. In einigen Organen (Leber) verfielen die großen Zellherde der
Nekrose, in anderen (Lymphdrüsen) wandelten sie sich in fasriges
Bindegewebe um. Die Autoren sind geneigt, „die großzellige Spleno-
megalie als ein infektiöses Granulom zu betrachten, das dem Lympho-.
ranulom nahesteht‘. Wenn Paschin und Kritsch tatsächlich auf
rund ihrer Bilder zu diesem Schlusse gelangten, so haben sie
sicherlich keinen Fall von Morbus ‘Gaucher vor sich gehabt.
3) Marchand selbst neigt später (1914) zur Annahme eines
‚fettartigen Körpers. |
81) Vgl. bei Epstein, der in dieser Richtung auf die Analogie
der kolloid-chemischen Seite des Prozesses verweist: setzen die Vor-
gänge bei der Ausfällung der Farbstoffkolloide eine Änderung. des
olloiden bzw. elektrophysikalischen Gleichgewichts voraus, so scheint
es sich auch bei der Aufnahme der Gauchersubstanz in die histiozytären
Zellelemente um elektronegativ geladene Kolloide zu handeln, -
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176
- dieser Vörstellung die mo
rphologische ‚Analogie mit.der großzelligen [| .
Hyperplasie beim Diabetes Gau | mediäiren Stoflwechsels,
| Dieser liefert hier ‘beträchtliche Mengen frem
pe , die durch Aufnahme der Lipoidsubstanzen
seitens. der‘Histiozyten zus
| | tande kommt, mitbestimmend, und sofern
i Mandleb aum (1919). die Annahm
e. der. exogenen Entstehung der
` Gauchersubstanz bevorzugt, da ‚den. Zellen des retikulären Gewebes .
: eine Hohe funktione ' würde die Analogie
Immerhin 'sind auch nach .der rein |
chemischen: Seite hin. die U
lle Differenzierung fehle,
. sogar eine sehr vollständige.
nklarheiten zunächst sehr erhebliche.
Wie -die Art. und Zusammensetzung :der ‚Gauchersubstanz selbst,
muß. auch. die. besondere F
. natürlich erst recht: die Ursa
che der Abweichung, d.i. also sowohl
die formale wie
die e die kausale .Genese im chemischen Sinne unbe-
~ stimmt ‚bleiben. -. E wo CRE
: ©, Num-kann natürlich, wi
e lür.die Pathogenese der lipoidzelligen
.. Splenohepätomegalie Typus Niemann, die Ursache der Speiche-
rung nicht allein in einer. primären Störung des Stoffwechsels, .son-
‚dern auch ‘umgekehrt in- einer primären
| Erkrankung des speichern-.
den Zellsystems gesucht werden. Die letztere Auffassung wird von.
E: J; Kraus, die erstere, wenigstens bis zu -
is zu gewissem Grade, in
sehr eingehender Form von Epstein vertrete | Si
n.
. krankung .des retikulären: |
bildenden Organe im Sinne einer „Krankhaften Funktionssteigerung“
dl: c 8.229), die sich in einer Störu
Pigmentstoffwechsels äußert. ` Die Sto
fiwechselstörungen sind darnach
also. sekundäre.
g re. Die Erkrankung erfolgt auf konstitutioneller Basis.
. Darauf verweist-
das’ sehr frühzeiti
$ `
ge, olt familiäre Auftreten, die
Bevorzugung .des weiblichen Geschlechts und die ‚Vergesellschaltung
"mit anderen teilweise gleichfalls konstitut
'hypoplasticus-in seinem.Fall t; in Fal |
hände, Huleisenniere, offenes. Foramen ovale, kleinzystische Eierstocks-
. degeneration). Unter diesen. begleitenden „Stigmen. körperlicher
: Minderwertigkeit“
der. Milz, die als kon
ler. M e genitale Fehlbildungen (Hamartome) des Organs |
. eine Teilerscheinung -hämatopoetischen -|
| der Anomalie dés lymphatisch
' Apparates. darstellen. ‘Die. Störung des -Eiweißstoffwechsels äußert
‚ sich in einer Imprägnatiön der. -Retikulumzellen mit der Gaucher- | deutung erlangen. So gelangt: Epstein schließlich zu einer kom
substanz, die des Eisen- und Pigmenitstoffwechsels in reichlich nach- -|.binierten. und komplizierten Pathogenese des Morbus ‚Gaucher:
In. | toxische Schädigungen bakterieller Art könnten gelegentlich die in
| der. individuellen Konstitution. bedingte ` besondere. Befähigung des
< weisbarem Eisenpigment und’ den Zeichen reger Erythrophagie, mit
der wahrscheinlich auch. wohl überreichliche Thrombozytenzerstörung `
sich verbindet. .Die Folgen sind Anämie, : abnorme Pigmentierungen
der Iymphatisch-hämatopoetischen Organe, der Haut, überhaupt all-
gemeine Hämochromatose ‘und hämorrhagische Diathese. Da die |
Milz den größten Teil des ‚erkrankten Retikulums- des Iymphatisch-
hämatopöetischen Systems beherbergt, so hat sie an seiner krank-
haften Funktionsstörung deù größten Anteil. Man kann darum bis |
zu gewissem -Gräde.von einem „Hypersplenismus“ sprechen, und der
'. in Kraus’ eigenem Fall ganz offenkundige Erfolg der Milzexstirpa- |. Hl
| į. zahl.
. tion beim Morbus Gaucher findet 'so' in’ .der' Pathogenese seine Be-
o gründung, 20 pae
Man ‚kann gegen diese Ableitungen mancherlei einwenden.
Bedeutet die Imprägnation der 'Retikulumzellen mit der eiweiß-
.‚artigen Substanz in der Tat eine Funktions steigerung? Ist nicht die
Hämosiderose oder allgemeine Hämochromatose, wie auch in anderen
Fällen wesentlich der. Ausdruck der Unfähigkeit seitens der mit Pig-
ment vollgepfropiten Zellen, die physiologische Verarbeitung .zu
leisten, d. h. also nicht einer gesteigerten; sondern einer geminderten
Funktion? Beweist die Rückkehr des Blutbildes zur Norm nach der
_ Splenektomie in der Tat einen Hypersplenismus im Sinne gesteigerter
Erythrozytenzerstörung,; oder bewirkt die Entfernung‘ der Milz nicht
vielmehr eine „Entfesselung“ und Belebung der Knochenmarks-
tätigkeit? Und hat nicht Schlagenhaufer umgekehrt gerade durch
Blutungen erklärt? Auch die Erythrophagie beim. Morbus Gaucher
wird; wie früher von Bovaird und de Jong und van Heukelom,
‚neuerdings von Mandlebaum-Downey bestritten — ich glaube nach
meinen eigenen und Epsteins Beobachtungen zu Unrecht; Epstein.
sah die Erythrozyten innerhalb von Gaucherzelien so gut erhalten, daß
sie erst in die speichernden Histiozyten kamen, als diese schon mehr
. oder weniger Gauchersubstanz aufgenommen hatten. Allerdings ist
sie. aber ein so. wenig regelmäßiger ‚Befund und in' so geringem |
Umfang zu treffen, daß sie als wesentlich für. die Genese der An-
ämie wohl ‚kaum in die Wagschale fällt.: Übrigens hatte. schon
Mandlebaum (1912) zur: Erklärung. der Anämie beim Morbus
Gaucher -die Erythrophagie herangezogen. _ Ze
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK —.Nr. 50.
orm der Stoffwechselabweichung. und
zeitlich ' beschränkten, | S
| Reizes“ bei der ersteren. ‘Der Morbus Gaucher.ist so ein
Resultat“.
anderer Substanzen. durch seine Aufnahme’ nicht
= . | zelle „omnivor"* her | j |
, Kraus erklärt‘ den Morbus’ -Gaucher -als eine elektive Er- | „wahllos‘ chemische Substanzen aller Art, Blutkörperchen. und.ihre
g Apparates der lymphatischen und blüut-' | Trümmer, sonstige Zellelemente, ‚körniges,
| löstes Blutpigment usw. Vielleicht braucht
rung des Eiweiß-, Eisen- und |-plasmatisch. abgelagerte Substanz nicht e
Ursache der schweren Störungen
ionellen Mißbildungen (Status | a Im | sch: |
|] 2 beim Säugling Dreizack- | allgemein auf die konstitutionell-fehlerhafte ‚Anlage des Gesamtstofl
dividuellen Konstitution be
sind von besonderer Bedeutung die sonst seltenen, | .©peicherungstendenz des .histiozytä
beim Morbus Gaucher relativ häufigen," oft zahlreichen Kavernome
Yung gewisser gerade bei Tuberkulose sich reichlich bildender Ab
scheinend gerade
. nahegelegt. '
sitzt natürlich .in diesem Sinne keine Beweiskraft), und- Falle aus
gebildeter Tuberkulose bei sicherem Morbus ‚Gaucher . finde ih
(Teil‘I) nur Amal unter 32, wobei zu beweisen’ bliebe, da8. die
Gaucherkrankheit bier in der Tat durch die Tuberkuloss- ausgelöst
uberkulos egentliche, zufällige Kom `
plikation eines Morbus Gaucher aufgefaßt. eo ee ve
den Ausfall der blutkörperchenzerstörenden Funktion besonders `|
der Milz die Pigmentierung der Haut usw. und die: „vikariierenden“
‚80jährigen Soldaten,. der an ausgedehnter- Tuberkulose der: nung
‚und des Bauchfells zu j
itus rapide Fortschritte gemacht. Milz 19%% g
‚Leber 2900 g. Da der s is
‚eingestellt wurde, also „kaum -anzunehmen ist“, daß er damals. berei
Milz- und Leb |
‚die tuberkulösen und die Gaucherveränderungen innerhalb der letzten
Monate seines Lebens, also zeitlich so ziem
‘beschriebenen Entwi |
allen, Umständen ` der
fähigkeit auch bei Riese
Ze vs N o poa ar, ran =
a sr k 14, Dezeinber we
Epstein. setzt als Grundlage und--Voraussetzung des Morbins E
cher .eine, -schwere Störung. des 'interm
ngo) mdartiger Stoffe, die im
Blute zirkulieren und die defensive ‚Reaktion im Histiozytensystem,
die Speicherung in. fixen und freien Histiozyten der
| ; | Iymphatisch-
‚hämatopoetischen Organe "auslösen, wie bei den experimentellen
Überfütterungen mit Cholesterin oder Lip oideiweißge
den inträvitalen Färbungen. In das perip
gelangt das fremdartige Stoffgemisch durch Osmose..
oi mischen oder -
ortale Gewebe der Leber
Nto Insbesondére .
ist die. Farbstoffspeicherung vom Morbus Gaucher in Histio- und
Pathogenese. nur dem Grade nach verschieden, zumal auch in der i
raschen Wirkung ` des- „pathogenetischen
RN nS eiche-
rungsexperiment der Natur am Menschen mit. sehr vollkommenen |
| Die Speicherungskräft der Histiozyten ‘wird dureh. den -danernd |
zirkulierenden. fremdartigen Stoffkomplex angefacht, die Speicherung
etwa blockiert,
rt.: So wird die, Gaucher-
‚und speichert mit pathologisch erhöhter. Tendenz
sondern im 'Gegenteil- allgemein vermehrt.:
kristallinisches oder ge _
e. danach. die intraprote-
inmal in:allen Gaucher-
fällen einheitlich zu sein. . 4. PERR O a
‘.. Epstein erörtert des weiteren die. „unbekannte. auslösend `
des Zellstoffwechsels“. Er.betont, ähn-
lich wies E.J.Kraus, das individuell-konstitutionelle Moment, schließt.
aber daraus nicht, wie’im Sinne seiner Anschauung zu erwarten,
wechsels, sondern einigermaßen überraschend auf eine: in derin-
gründete Disposition. zur Steigerung der
ren Zellsystems‘, die von aus-
schlaggebender Bedeutung sein könnte.‘ Epstein gerät-also hier
mitten in die Theorie von: E. J: Kraus. Oder es könnten. toxische -
Sohädigungen bakterieller Natur und unter diesen die Tuberkulose)
als auslösende Momente. eine „pathogenetische‘ oder „kausale“ Be-
phagozytären Apparates ‚zur Betätigung. bringen und so die Speiche-
bauprodukte des Zellstoffwechsels, vielleicht auch, deren weiteren Ab-
oder Umbau bewirken. Fehlt, wie in einer Reihe. der Fälle, ein
Hinweis auf eine infektiöse Erkrankung, so -würde dadurch ar
hier die Bedeutung. des konstitutionellen Momentes
Diese Auffassung bringt statt ‚einer Hypothese eine ganze Air
Soweit sie die Anschauungen Kraus’ 'von der "angeborenen
dividuellen Steigerung der Speicherungskraft miteinbezieht, gelten `
die vorher gemachten Einwände. : Gaucherfälle im sicheren An
schluß an bakterielle Infektionen entwickelt sehe ich nicht (schnelleres
Wachstum einer Gauchermilz bei Typhus abdominalis [Brill] be
ist®®), Schon Risel, Brill-Mandlebaum-Libiman'(1909), Brill
Mandlebaum und Barát haben in dieser des öfteren diskutierten
Frage mit Recht.die Tuberkulose als gel
32) Vgl. oben Schlagenhaufer. "E ae
3) In Epsteins Gaucherfall 1 eines im Felde gewesen
unde ging, hatte die Tuberkulose erst in
letzten Zeit vor dem.
Mann ein Jahr’ vor dem Tode in das Feldheer
bervergrößerung aufwies, so ist wahrscheinlich, daß „sich
ich zusammenfallend zu
cklung ausgebildet haben dürften“. . Bine dgan
beschleunigte Entwicklung der Milz- und Lebertumoren widerspricht uk
linischen Erfahrung beim : Morbus. Gauche,
während umgekehrt die bedeutende geistige und körperliche un |
| | iesentumoren gerade von den amerikanisch _
Autoren hervorgehoben wird eg
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14. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
1777
EEE EEE ESS SEEEESEEESEEEESEEEEESERGEEEESESGESGEREDISSERSSERBESEEEESERBESSSERGESSSEESSEEBEBGEEGERSEENGEE
Völlig hypothetisch ist eine Beziehung der Gauchersubstanz
zu irgendwelchen tuberkulösen Abbauprodukten. Auch hinter die
‚chemische Uneinheitlichkeit der Gauchersubstanz und die allgemeine
„omnivore‘‘ Speicherung seitens der Gaucherzellen möchte ich zu-
nächst ein Fragezeichen setzen. Risel, der den einschlägigen Be-
funden sehr genaue Beachtung geschenkt hat, weist wiederholt
darauf hin, daß jeder Versuch. mißlingt, in den Gaucherzellen
außer der Aufnahme roter Blutkörperchen in den Zelleib und dem
aus ihrer Verarbeitung hervorgehenden Pigment etwaige anders-
.geartete Einschlüsse nachzuweisen. Eben darum sind, wie er be-
tont, die Gaucherzellen auch nicht schlechthin großen Phagozyten
gleichzusetzen. Dem entsprechen auch meine eigenen Befunde, und
ich sehe in Epsteins Protokollen keine besonderen Belege für'eine
weitergehende Annahme. Wenn die großen Elemente bei der lipoid-
zelligen Splenohepatomegalie Typus Niemann neben Erythrozyten
und Pigment anscheinend häufiger auch ganze Leukozyten oder
Kerntrümmer einschließen, so mag hier wieder der beschleunigte,
intensivere Ablauf des ganzen Prozesses dafür den Ausschlag geben.
Für die Genese der Pigmentierungen und der Anämie knüpft
Epstein in erster Linie an die anatomisch-histologischen Verhält-
nisse der Milz. Die Bildung und Anhäufung der großen Zellkörper
setzt hier an überaus zahlreichen Stellen Zirkulationshindernisse
und schaltet damit zahlreiche rote Blutkörperchen aus der Zirku-
lation aus. Es folgt Autolyse der extra- und intrazellulär ge-
lagerten Erythrozyten. Das gelöste Hämoglobin oder Hämatin wird
in einen eisenhaltigen und einen eisenfreien Bestandteil aufgespalten.
Der letztere geht den physiologischen Weg in die Leber und wird
von den Leberzellen für die Gallebereitung verbraucht. Der eisen-
haltige Anteil dagegen, der in der Norm mit dem Blutserum oder
durch Vermittelung eisenspeichernder, in die Zirkulation gelangender
Makrophagen dem Knochenmark zum Wiederaufbau von Hämoglobin
zugeführt wird, wird von den speichernden großen Gaucherzellen
in der Milz abgefangen. Sie verbleiben an Ort und Stelle, und so
wird das eisenhaltige Aufbaumaterial für die Erythropoese dem
Knochenmark entzogen. ‘Diese: Theorie, die ich in die Schlagworte
„Blutsperre in der Milz“, „Eisensperre für das Knochenmark“ zu-
sammenfassen möchte, würde sich hinsichtlich der Ausschaltung der
Erythrozyten aus der Zirkulation und der hämoglobinogenen Pig-
mentierungen der Gaucherzellen auch auf die anderen Organe —
Lymphdrüsen, Leber, Knochenmark — übertragen lassen, und man
würde ferner annehmen können, daß selbst der in die Zirkulation
gelangende Bruchteil eisenhaltiger gelöster Hämoglobinbestandteile
nicht einmal ungeschmälert dem Knochenmark zugute kommt, weil
er allerwärts auch in speichernde Gaucherzellen übergehen könnte.
Das eisenfreie, nach der heutigen Auffassung nicht hämoglobinogene,
sondern proteinogene, d.h. aus dem Zelleiweiß gebildete Pigment
der Hämochromatose, die in manchen -der protrahierten Fälle in
den glatten Muskelzellen von Magen, Darm, Uterus, in den quer-
gestreiften Muskeln und in der Haut (vgl. Teil I) große Intensität
erreicht, bliebe dabei freilich unerklärt. |
Als entferntere Möglichkeit für die Genese der Anämie
käme nach Epstein eine primäre vitale Schädigung der Erythro-
zyten in Betracht, die aus gleicher Ursache wie die allgemeine Stoff-
wechselstörung veranlaßt wird; so gelangen diese bereits geschädigt
an die Stätte ihres Unterganges. Eine verminderte Resistenz roter
Blutkörperchen beim Morbus Gaucher ist indessen, wie H. Lipp-
mann gezeigt hat, nicht erweislich. Die der Regel nach in der
Gauchermilz bei Kindern sehr geringen oder selbst fehlenden Pig-
mentierungen sprechen gleichfalls gegen diese Annahme.
(Fortsetzung folgt.)
Aus der Praxis für die Praxis.
Grundzüge der ärztlichen Psychologie (Psychodia-
gnostik und Psychotherapie) in der täglichen Praxis.
Von Dr. Heinz Fendel, Höchst a. M.,
Facharzt für innere und Nervenleiden.
Kapitel 5. (Fortsetzung aus Nr. 49.)
Die Darstellung.
Mit letzterem sind wir an einem Hauptkapitel der verstebenden
Psychologie angelangt, an der Psychologie der Darstellung.
Was hier gemeint ist, läßt sich in folgende Fragen fassen:
Wie offenbart sich (stellt sich dar) das gesamte geistige In-
ventar dem Beurteiler? Das heißt:
1. Wie erfolgt und ist zu verwerten die absichtliche Dar-
stellung bewußter seelischer Inhalte?
2. Welche unwillkürlichen Modifikationen erfährt die bewußte
Darstellung unter dem unbewußten Einfluß unbewußter oder ver-
drängter Offenbarungstendenzen ?
3. Welche eigene, ohne die bewußte Absicht der Mitteilung
erfolgende Ausdruckssprache hat das Unbewußte?
Die letzte Frage umfaßt das, was wir unter der Bezeichnung
„Symbolik des Unbewußten“ in einem besonderen Kapitel ab-
handeln wollen.
Auf die beiden ersten Fragen, die man unter der Bezeichnung
„Psychologie der Aussage“ (W. Stern) zusammenfassen kann, wollen
wir jetzt näher eingehen:
Auch abgesehen von der bewußten Lüge und Verstellung, er-
fährt die Mitteilung eines wirklichen Erlebnisses vielfach eine un-
bewußte Entstellung, und dies deshalb, weil jede neue Erfahrung,
jeder neue Eindruck sofort mit dem ganzen bereits vorhandenen
Vorstellungsschatz in Beziehung tritt und über kurz oder lang mit
ihm verschmilzt. Daher hat die Wiedergabe eines „frischen“ Ein-
drucks einen anderen Beurteilungswert als die Reproduktion längst
vergangener Erlebnisse, die bereits durch andere Gedankenelemente
unbewußt vergrößert oder verkleinert oder sonst irgendwie modi-
fiziert sind. — Dieser unwillkürliche Umwandlungsvorgang des Ge-
dächtnisses, mit dem der Beurteiler immer zu rechnen hat, tritt
nun besonders da hervor, wo zurückgedrängte, mehr oder weniger
unbewußt gewordene Affekte mitspielen.
Beispiel: Ich mache eine Reise durch Bayern mit einem
Bekannten P., die zu unserer beiderseitigen größten Zufriedenheit
verläuft. Wieder daheim angelangt, setzt es mich in Erstaunen,
wie P. in seiner Schilderung seine freudigen Erlebnisse verkleinert
und das bereiste Land und seine Bewohner nachträglich aufs stärkste
ablehnt. Woher diese auffällige Anderung des Urteils? Die Er-
klärung ist die: P. hatte vor mehreren Jahren einen bayrischen
Vorgesetzten, der ihm häufige Ursache zu heimlichem Verdruß ge-
geben hat. Der damals aus Gründen des persönlichen Vorteils ver-
drängte Groll lebte immer noch im Unterbewußtsein und benutzt
die damals versäumte Gelegenheit zur Entladung — mit dem Effekt
der entstellenden Beeinflussung einer an sich angenehmen Reise-
reminiszenz. | |
Derartige Fernwirkungen früherer Erlebnisse auf spätere Ein-
drücke oder auf die Erinnerung an sie zeigt so recht die bedeut-
same Rolle, die das Verdrängte in unserem ganzen Seelenleben,
wenigstens aber in seinen Offenbarungen und Darstellungstendenzen
spielt. — i |
Hier soll zunächst einmal versucht werden, das Darstellungs-
bedürfnis selbst dem Verständnis näher zu bringen: |
Alles, was in uns lebt, drängt nach Darstellung, Mitteilung,
Objektivierung und ruht nicht eher, bis diese in einer Form erfolgt .
ist, in der es vollinhaltlich nach außen gebracht, manifestiert worden
ist. Jedes, auch das rein persönliche innere oder äußere Erlebnis
hat schon primär eine unlösbare Beziehung auf das Du, auf die,
Umgebung, auf die Welt. Es ist an sich vielleicht undenkbar ohne -
die, meist wohl unbewußte, Voraussetzung möglicher Wahrnehmung
durch andere. Auch wer es nicht zugibt, auch der einsame Sonder-
ling und Menschenfeind, könnte er leben ohne diesen Gedanken,
daß Menschen um seine Einsamkeit wissen? Was fällt uns nach
dem Abschied eines Menschen, der lange in unserer nächsten Um-
gebung gelebt hat, am schwersten, was bedrückt uns am meisten?
Die Notwendigkeit, weiter leben und wirken zu müssen ohne die
Wahrnehmung durch ihn, also der Verlust einer uns liebgewordenen
_ Darstellungsmöglichkeit.
Das allgemein menschliche Darstellungsbedürfnis zu befrie-
digen, ist in besonderem Maße dem schaffenden Künstler gegeben.
Er ist imstande, auch das zur Verdrängung Verurteilte,. das nur
Wunschmäßige und Unerreichbare zu gestalten. Er findet den er-
lösenden Ausdruck und genießt daher bei der Darstellung des Un-
wirklichen ein Glück (das Glück des Wahrgenommenwerdens), das
dem Genuß eines wirklichen glückhaften Erlebens nicht nachsteht.
Diese letztere Tatsache ist auch zur Lösung des Hysterie-
problems nutzbar gemacht worden. Wenn die Darstellung Glücks-
und Lustgewinn bedeutet, dann haben — so folgert Neutra!) —.
1) Neutra, Seelenmechanik und Hysterie. Leipzig 1920.
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-plausibleren. Beschwerden zu demonstrieren. —., Wir haben hiermit
Beide bringen in dem Faäbulieren ihre angestauten Affekte, zur Ab-
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i Kunstwerk und hysterisches Produkt einen gemeinsamen Ursprung —
Per Lusttrieb ist der Motor alles seelischen Geschehens; er
ist die Ursache der Verdrängung und der Darstellung. In dieser.
. Zwiespältigkeit seiner Auswirkungstendenzen sind ‚alle Gegensätze
.des Menschliehen begründet und ermöglicht, die Tiefen und Höhen
des Menschseins,. die Erkrankung und Gesundung der Seele. . |
Als Entgleisung des Darstellungstriebes erscheint zu-
“nächst der Hang zum Lügen und zur Großsprecherei, wie er in
. besonderem Ausmaß die „Pseudologia phantastica kennzeichnet.
Dabei ist mitunter ein ‘ahrer Kern vorhanden, der jedoch mit ge-
dälschten Umständen zur Darstellung kommt. Jemand ` hat keine
Gelegenheit, wirklich. Mitteilenswertes oder als mitteilenswert Emp-
undenes anzubringen; scheint sich ihm nun einmal Gelegenheit
zum Reden zu bieten, SO überträgt er, mit bewußter oder unbewußter
_ Eintstellung ` das wirklich wahr und vorhanden’ Gewesene auf ein
Ereignis, mit dem es nichts zu tun bat, das aber gerade den Ge-
sprächsstoff bildet; er lügt,. um die versäumie Mitteilung der Wahr-,
kongruenz zwischen Darstellungstrieb und Gelegenheit. — Der Arzt
kennt das Bestreben, ‚wirklich empfundene, aber nicht anerkannte
Schonungs- oder Bemitleidungsbedürltigkeit durch Simulation von
fuhr“. Kaplan. zitiert folgendes Beispiel: , ‚Ein 38 Jahre altes
Fräulein beschuldigte im erotischen Wahnsinn. ihren ehrbaren alten
Vater, daB er zu ihr und zu ihrer Schwester einen Herrn einge-
lassen habe, der sie beide mißbrauchte”. "Gewiß eine Lüge. Zu-
gleich aber eine Wahrheit, eine gewollte, gewünschte Wahrheit.“
o Es gibt Simulanten, welche die erlogenen Krankheitssymptome
= wirklich von Herzen herbeisehnen, um des damit verbundenen er-
< strebten Vorteils gewiß zu sein. Anfangs stört den Simulanten
das Bewußtsein der Lüge, es verwirrt seine Darstellung, macht ihn
= unsicher und kenntlich. Er versucht und lernt ‘schließlich, diese
unbequeme Empfindung der Unwahrheit zu verdrängen. -Nunmehr
kann sich unter dem affektiven Antrieb des Wunsches jener Um-
wandlungsprozeb ‘des eigenen Urteils ungestört vollziehen, der das
Erstrebte identifiziert nit dem Erreichten, das Vorgegebene mit dem
- wirklich Vorhandenen. Die objektive Lüge wird zur subjektiven
Wahrheit, die Simulation wird zur Zweekneurose .
Als weitere Manifestation des Darstellungstriebes haben wir
schon der Verschiebung gedacht. In gewissen Formen ist. sie
ein alltägliches Vorkommnis. Man. läßt seine. Wut an. jemand
anderem oder an einem Tier oder an einem leblosen Gegenstande
.- aus; in gleicher Weise überträgt man freudige Gefühle, Regungen
‚der Liebe usw. auf indifferente Personen oder Sachen; schließlich
ist jede Arbeits- und Lebensfreudigkeit, die wir in Erinnerung oder
.- Erwartung eines frohen Ereignisses empfinden, eine Art zweck-
mäßiger Affektverschiebung. l
Mit . Verschiebungstendenzen muß der Diagnostiker immer
rechnen. | ne A aa
Beispiel: Ein Dienstmädchen spricht bei der ersten Unter-
suchung nur von Hals- und: Armschmerzep, erwähnt erst bei einem
späteren Besuche so nebenbei, daß auch manchmal der Urin so
trüb sei. In Wahrheit treibt sie ein ihr selbst verdächtiger gonor-
rhoischer Ausfluß zum Arzt. _ wu
Der Verschiebung in vieler Beziehung analog ist das Phänomen
der Verdichtung. i | |
Vor allem bemerken wir bei den Neurasthenikern die Nei-
gung, all das Vielfache, was sie in ewigem Wechsel beschwert, was sie
niemals restlos mitteilen können, in ein Symptom zusammenzufassen.
Beispiel: Jemand klagt immer und immer wieder über ein
und dieselbe schmerzhafte Stelle. Fragen nach sonstigen Beschwerden
werden stets verneint. - Nur bei der Vernebmung der Angehörigen
erfährt der Arzt, daß der Kranke zuhause ständig eine Unmenge
wechselnder Klagen vorbringt. Vom Arzt dieserhalb zur Rede ge-
stellt, bemerkt er: „Ja gewiß, ich habe alle möglichen Beschwerden;
_ aber das sind alles Kleinigkeiten, die Hauptsache ist hier dieser
Schmerz; wenn der beseitigt ist, bin ich gesund.“ — In ähnlicher
18) Kapan, Grundzüge. der Psycholanalyse. Leipzig-Wien 1914.
heit auf Seiten des Kranken liegt auf der Hand: sie bedingt einer-
seits eine . unzweckmäßige Einseitigkeit der Anamnese und hat
| neurotische Motorik nichts weiter als eine besondere Art von Zweck-,
r
IR — Nr, 50. :
#2,
Weise sehen wir, wie die mannigfachsten, seelischen}Bedrängnisse,
die geheimsten uneingestandenen ‚und unbewußten} Triebe und Be...
dürfnisse sich zu ein und ‚demselben körperlichen Symptom (Herz-
klopfen oder Dyspepsie) verdichten. — Gewiß ist dieser Darstellungs-
modus nicht die Regel. Die meisten Nervösen); kennzeichnen sicli
durch den launigen Wechsel der :vorgebrachten Beschwerden auch
dem Arzte gegenüber, die sie oft gewissenhaft zu Papier bringen,
weshalb Charcot den ‚Neurastheniker- „l'homme aux petits papiers“
genannt hat.. Aber es gibt. auch genug von solchen, die auf diè ge-
schilderte Art ein bestimmtes Symptom gleichsam als_Testobjekt aa
ihrer Heilbarkeit. betrachten. . , i
Die ärztliche Bedeutung einer derartigen Darstellungsgewohn-
andererseits. eine wachsende Überempfindlichkeit für das betreffende
Symptom. zur Folge. Beispielsweise wäre bei solchen Menschen
der lokale Schmerz als Herdreaktion nach eineräprobatorischen In-
' jektion (Novoprotin, Tuberkulin). nicht bewertbar, da auch das mit
der Allgemeinreaktion verbundene Unbehagen wieder an der;alten
.
Leidensstelle verdichtet zur Darstellung käme. —
. wissenschaftlichen Erkenntnisleben in der Verabsolutierung vor
uns. Diese Erscheinung verdient nicht nur kritisch bekämpft, sondert
vor allem auch psychologisch gewürdigt zu werden. Die offenbar
jedem Menschen eigentümliche Neigung, einen glücklichen Einfall
fortzuspinnen ünd zu früheren oder späteren Denkversuchen, nament-
lich zu unerledigten, in .Verbindung zu bringen, kann sich gleich-
tischer Hast entwickeln. „Der Denker oder
scheiden und sagen, Was dem ‚Menschen Heil bringt, was ihn vom
Leiden erlöst, und er hat es noch nicht entschieden, er hat es
noch nicht gesagt; und morgen wird es vielleicht zu spät sein, und
er kann sterben . - .‘,.“ (Tolstoi). All das noch Ungesagte,
noch Unsagbare, noch nicht in irgend, einem ‚Zusammenhang Bring-
bare wird mehr oder minder zwangsmäßig. an den einen ge-
wonnenen Gesichtspunkt angegliedert, der einen Erkenntnis einver-
leibt, nur um doch einmal ausgesprochen und mitgeteilt zu sein. —
... Was das darstellerische Unvermögen im allgemeinen anlangt,
so ist es nur ein Teil der allgemeinen neuropathischen Insulfizienz,
das Leben zu gestalten. | | A
Im Geiühl seiner Insuflizienz klammert sich der Neurotiket
| an sein Symptom, um mittels dieses Anerkennung und Beachtung
i A ' D
.zu erwerben und.den „Willen zur Macht“ zur Geltung zu bringen,
.der allen Menschen eigen ist. Denn „es. gehört zum Begriff des
tatsächlich! wird nicht auch der willensstärkste Mann zum Sklaven,
_ wenn seine hysterische Frau. mit ‚ihren Zuständen‘ droht?
So macht es in der Tat den Eindruck, als şei die ganze
Abwehr- und Kampimaßnahmen. - Als solche haben diese — wora
Kraepelin?®) zuerst hingewiesen hat- — eine gewisse Verwal t-
schaft mit stammesgeschichtlich, uralten Schutz- und Trützeinrich-
tungen, die nach den Untersuchungen Dar wins”) die phylogene-
tischen Vorläufer der Ausdrucksbewegungen unserer Affekte über
haupt sind. Der ganze nervöse Charakter ist bestimmt ‘durch den
al) um die Macht, welcher mit den Mitteln der Kleinen geführt
wird?!) 20 2 > | oo
Nicht‘ nur die Wahl der Mittel macht -den Eindruck des
Kleinlichen und Verfehlten, auch über das eigentliche Ziel seiner
Angriffe ist sich der Nervöse oft im Unklaren. Auf Grund seiner
beschränkten Bewußtseinsfähigkeit für peinliche oder herzhaften Ent
'schluß erheischende Lebensmomente vermeidet er den wirklichen
Gegner und verschiebt "die 'verdrängten- Affekte der Wut auf seine
unschuldige Umgebung. Zu a |
| {n diesem Zusammenhang sei noch jenes eigentümliche Ver
halten der. Umwelt gegenüber erwähnt, für das Nietzsche 00
. Terminus „Ressentiment“ eingeführt hat. Was darunter 7
verstehen ist, hat Krets chmer??) folgendermaßen wiedergegeben:
„Unter Ressentiment verstehen wir die komplexe Gefühlseinstellu
der im Leben „wirklich oder vermeintlich Verkürzten; die 9
Neid und Not geborenen Lebensänsichten; die Lebensperspeküf
19) Kraepelin, Psychiatrie S. 1666. Ce
20) Darwin, Der Ausdruck der Gemütsbewegungel. Doutseh
von Victor Carus. „Stuttgart 1874. | a
| > Adler,. Über den nervösen Charakter, Wiesbaden 1912.
) Kretschmer, Medizinische Psychologie, Leipzig 1944
14. Dezömhet
' Ein geläufiges ‚Gegenstück zur Verdichtung! haben wir {im .
der Künstler ist immer in "Bedrängnis. oder Erregung. Er soll ’eut-
Lebendigen, daß es seine Macht erweitern muß“ (Nietzsche). Und.
(Echolalie).
14. Dezember
von unten; ein bohrendes, immer erneutes Gefühl geheimer, innerer
Auflehnung; die typischen Einstellungen des Schwachen gegen den
Mächtigen, des Armen gegen den Reichtum, des Häßlichen gegen
die Schönheit, des kranken Entarteten und Welkenden gegen. Ge-
sundheit und Jugend; zugleich mit einer Tendenz zur katatlıymen
Umwertung, die dem Schwachen und Armen den ethischen Höher-
wert zubilligen möchte.“ Ä
Der psychologische Beurteiler kann also da, wo die Neigung
“zur Anpreisung der eigenen und zur Verkleinerung der fremden
Verhältnisse auffällig hervortritt, damit rechnen, daß Neid und
Sehnsucht die triebhaften Grundlagen der Darstellung bilden. — Oder
man verrät das Eigentliche durch das Entgegengesetzte; z.B.:
„Oft will man mit der Liebe nur den Neid überspringen“ (Nietzsche).
Das einfühlende Verstehen muß überhaupt — ganz allgemein
gefordert —“ immer den Gegensätzlichkeiten — im Kapitel 3
sprachen wir von Vorstellungen und Gegenvorstellungen — nach-
gehen. „Normalerweise entspringen aus Gegensätzen in der Seele
volle Vereinheitlichungen, sei es durch klare, entschiedene Wahl
oder durch übergreifende Synthese. Abnormerweise aber verselb-
ständigt sich eine Tendenz, ohne daß Gegenwirkung überhaupt zur
Geltung kam, oder es entsteht keine Vereinheitlichung, oder es. ge-
winnt überall gerade die Gegentendenz besondere Selbständigkeit‘ 28),
Beispiele für diese 3 Möglichkeiten der gegensatzpsycholo-
gischen Auswirkungen sind: | |
1. Die Verselbständigung einer Tendenz: Die Kranken
strecken auf Befehl die Zunge heraus, auch wenn sie wissen, daß
hineingestoßen werden soll (Befehlsautomatie); sie machen sinnlose
Bewegungen nach (Echopraxie); sprechen Fragen einfach nach
2) Jaspers, Allgemeine Psychopathologie. Berlin 1923.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50,
2. Das Ausbleiben der Vereinheitlichung: Die Entschluß- `
unfähigkeit, die Unfähigkeit zur Entscheidung nach der einen oder
anderen Seite. Damit verbunden das Unvermögen zu einer einheitlichen.
Gefühlseinstellung den Erlebnissen gegenüber. Derselbe Gegenstand.
ist zugleich positiv und negativ gefühlsbetont, gleichzeitig geliebt
und gehaßt, ersehnt und fortgewünscht (Ambivalenz, Bleuler).
8. Die Verselbständigung der Gegentendenzen: Der
Negativismus. Die Kranken widerstreben äußerlich und innerlich‘
gegen alles, was sie logischerweise tun oder denken müßten. Wenn
sie im strömenden Regen stehen, sagen sie: die Sonne sticht. Sie
gehen zum Abort, verrichten aber ihr Bedürfnis nebenan.
folgen das gerade Gegenteil des Befohlenen (Befehlsnegativismus).
Von diesen gegensatzpsychologischen Phänomenen, die im engsten
Anschluß an Jaspers wiedergegeben sind, sehen wir namentlich
die der letzten Gruppe, die negativistischen, auch bei Kindern
auftreten.
stens in manchen Manifestationen gewisse Analogien mit dem un-
entwickelten Denken aufweisen. .
normalen Erwachsenen ist dann durch die besondere Fähigkeit aus-
gezeichnet, Strebung und Gegenstrebungen in der Richtung der zu
lösenden Aufgaben zu vereinheitlichen. Trotzdem bleibt uns der
Hang nach dem einem vernünftigen Verhalten direkt Entgegen-
gesetzten immer geläufig und einfühlbar. Man denke z. B. an das
Spielen mit. der Gefahr, an den unwiderstehlichen Drang, gerade
auf dem Dachrande zu gehen und an ähnliches mehr. „Es liegt
ja nahe, daß von den zahllosen an sich möglichen Nebenantrieben
diejenigen eine Sonderstellung einnehmen, die der Erreichung des -
erstrebten Zieles gerade entgegengesetzt sind; sie werden beim Auf-
tauchen einer Willensabsicht durch Konstrastwirkung am lebhaftesten
im Bewußtsein mitangeregt“ (Kraepelin). (Fortsetzung folgt.)
Referatenteil
. f unter besonderer Mitwirkung von woo,
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. E. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H. Gerharta,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. @rāff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, Bonn (Versicherungsrechtl. u. gerichtl.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie). Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u. Geburtshilfe), Prof. Dr. O. Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F.Pinkus, Berlin (Haut- u, Geschlechtskrank-
‚heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten),
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
Sammelreferat.
Über Krebs und Krebsbehandlung.
Von Ober-Reg.-Med.-Rat Dr. Otto Strauß (Berlin).
Seit ich das letzte Mal’an dieser Stelle über dieses Thema
berichtet habe (vergl. d. Wschr. 1924, Nr. 26/27), ist unsere Krebs-
forschung um eine Arbeit bereichert worden, die, wenn sich ihre
Ergebnisse bei weiterer Nachprüfung als zutreffend erweisen sollten,
eine neue Epoche bedeuten würde. Es hat F. Blumenthal und
seine Mitarbeiter Auler und Paula Meyer aus menschlichen
Krebsgeschwülsten Parasiten gewonnen und in Reinkultur zu
züchten vermocht, mit denen man experimentell an Tieren bös-
artige Geschwülste erzeugen kann, Sie zeigen in ihrem histo-
logischen Bau bei Übertragungen Karzinom- bzw. Sarkomcharakter,
wachsen mächtig heran und bilden Metastasen. Diese Mitteilungen
von Blumenthal und seinen Mitarbeitern sind in hohem Maße
bedeutungsvoll und würden eine neue, mir auf jeden Fall voll-
kommen unerwartete Erkenntnis bedeuten. Nach allem, was wir
bis jetzt über das Karzinom als richtig anerkannt haben, mußten
wir das Leiden als eine Schädigungskrankeit auf der Basis
einer angeborenen oder erworbenen Disposition ansehen. Die
Schädigung kann chemischer, thermischer, mechanischer Art sein,
sie kann durch Teer, Paraffin, Anilin, Ruß, Kohlenwasserstoff,
Röntgenstrahlen usw. ausgelöst sein, es können Spirochäten, Tri-
chinen, Zystizerken ihr zugrunde liegen, die Hauptsache blieb
aber die Schädigung im engeren Wortsinne. Daß das Kar-
'zinom eine parasitäre Erkrankung sei, nahm eigentlich nie-
mand mehr an, Alles, was man einst. als Erreger angesprochen
hat — Leydens Vogelaugen, die Blastomyzeten von Sanfelice;
der Demodex folliculorum von Borrel, der Micrococcus neoformans
von Doyen — gehört heute der Vergangenheit an. Nicht anders
a e S A D
‚schien es mit Smiths Bacterium tumefaciens. Zwar fanden ihn
U. Friedemann, Bendix, Hassel und Werner Magnus bei
Meningitis purulenta und anderen Erkrankungen, indessen erschien
er beim Menschen nur pathogen, nicht tumorgen zu sein.
Diesem Bacterium tumefaciens haben nun F. Blumenthal und
seine Mitarbeiter ein großes Interesse zugewandt.
aus dem Sekret eines bestrahlten Mammakarzinoms Stäbchen
‘zu züchten, die dem Bacterium tumefaciens nahestehen. Es wurden:
dann diese Versuche auf breitere Basis gestellt und man fand diese
Parasiten noch bei einer größeren Zahl von Tumoren (12 von 30
daraufhin untersuchten Fällen). Man fand sie nie in harten und
geschlossenen, wohl aber in ulzerierten Neubildungen. Ihre Züch-
tung ist nicht ganz einfach. So z. B. entwickeln sie sich nicht
auf alkalischen, sondern nur auf neutralen oder sauren Nähr-
böden, die reichlich Traubenzucker enthalten. Mit Hilfe dieser
Parasiten gelang es nun bei Versuchstieren maligne Geschwülste
hervorzurufen, die in ihrem Bau an Sarkome und Karzinome er- .
innerten und die metastasierten. (Außerdem gelang es auch Tu-
moren an Pflanzen hervorzurufen, ich gehe jedoch auf diesen Teil
der Blumenthalschen Forschungen aus Raumgründen nicht näher
ein.) Diese Mitteilungen von F. Blumenthal, Auler und Paula
Meyer sind höchst bedeutungsvoll. Ob es sich nicht dabei letzten
Endes doch nur um einen Reizfaktor belebter Art handelt, -
läßt sich heute noch nicht entscheiden. Sollte tatsächlich der
Parasit sich als die Ursache der Tumorbildung.erweisen, sollten
spätere Nachprüfungen dasselbe Resultat geben, so würden diese
Mitteilungen uns ganz neue Perspektiven eröffnen. Auf jeden Fall
darf man weiteren Angaben über diesen Gegenstand mit größter
Spannung entgegensehen, wenn auch größte Skepsis immer noch
angebracht erscheint. ;
.. Eine stark damit kontrastierende Auffassung über das Entstehen
der Karzinome vertritt Kelling. Ausgehend von der Feststellung,
19
Sie be-
Es gilt überhaupt allgemein, daß Teile des abnormen,
. in diesem Zusammenhang speziell des schizophrenen Denkens, wenig-
Das entwickelte Denken des.
Es gelang ihnen .
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_ der: Richtigkeit seiner Auffassung schlägt Kelling folgendes Ver-
. vòrzulegen ‘in der Lage ist. ‘Ist das Auftreten des Magenkrebses -
nung besitzen als die Extrakte aus gutartigen Neubildungen
Angaben von C. Kagan vor.) Außerdem stellte Solowiew fest,
' Tributyrins bedient.)
_
1780 `
'Krebsmortalität. herausstellen.. Es ist nicht zu leugnen, daß diese
berühren, ` indessen möchte ich dennoch hierüber nicht so schroff
| 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
daß embryonale Gewebe auf artiremden Tieren unter Erhaltung
ihres Zellcharakters wuchern und dadurch heterotype Geschwülste
erzeugen können (worüber Kelling experimentelle Ergebnisse mit-
zuteilen in der Lage ist), glaubt dieser Forscher ‚die Entstehung
des Karzinoms beim Menschen auf folgende Art erklären zu können:
Die meisten Krebse der Menschen sitzen im Magen-Darmkanal. Das
Agens kommt durch die Nahrung hinein. Die hauptsächlichste
Ursache sieht Kelling in dem Genuß von rohen oder halb-
rohen Eiern. In Indien kommen bei den. Hindus fast keine
Magenkrebse vor, aber die Hindus essen auch keine Eier und kein
Fleisch. Die Mammakarzinome entstehen durch Insektenstiche
(Flöhe, Wanzen), die Uteruskarzinome durch Infektion per vaginam
(Oxyuren, Eindringen von Stuhl in die Scheide). Zur Feststellung
bracht. Diese Dermatosen sind genetisch doch noch zu weit yon
Karzinom entfernt, um in ihrer histologischen Struktur morpho-
logisch irgendwelche Merkmale zu geben, die als Brücke zum Kar-
zinom gedeutet werden können. Ganz anders liegt das mit einem
anderen, bei uns, in Deutschland so gut wie unbekannten, aber
trotzdem bestehenden und meist übersehenen Krankheitsbild, kei
der Bowenschen Dermatose. Es handelt sich hier um ein
äußerst chronische Hautkrankheit alter Leute, die sehr verschieden
Luesmanifestationen erinnert. Diese Dermatose ist sehr selten und
bisher nur in einigen Dutzend Fällen beschrieben (nähere Angaben
hierüber finden sich im Zweifel-Payerschen Handbuch der Klinik
der bösartigen ‘'Geschwülste). Diese Bowensche Dermatose be-
zeichnet Grütz auf Grund histologischer Betrachtung als den prë-
. karzinomatösen Zustand zar oyy, als das präkarzinomatöse Stadium
in Permanenz. `. |
Im Anschluß an die der Allgemeinheit so gut wie unbekannte
Bowensche Dermatose möchte ich auf ein anderes gleichfalls sehr
seltenes Krankheitsbild aufmerksam machen, es betrifft die Acan-
fahren vor: Wir haben in Deutschland genug Spitäler mit alten
Leuten. Man verabreiche in dem- einen Spital den Insassen nur
gekochte Eier und Fleisch, in andern lasse man sie die Speisen roh
genießen. Nach einem Jahr muß sich ja dann ein Unterschied in der
Auffassungen . Kellings beim Lesen geradezu unwissenschaftlich.
heit bekannt geworden sein (Joseph, Sekiba). Die Krankheit ist
eine neoplasmogene Dermatose und tritt gemeinsam’ mit
Krebs auf. Sie kann starke Ähnlichkeit mit Addisonscher Krank-
heit, Broncediabetes, Hämatochromatose, vielleicht auch mit Leber-
zirrhose und Malaria haben. Einen solchen Fall beschreibt Flas-
kamp, bei welchem die Haut schmutzig-dunkelbraun, an Hals,
Brust, Achselhöhle, Innenseite der Oberschenkel, am äußeren Geni-
tale und Alter schwarzbraun wurde. Die Diagnose war sehr schwierig
zu stellen, indessen wurde die Krankheit vom Dermatologen sofort
-erkannt und auf das Vorhandensein eines Karzinoms dabei hinge-
' wiesen. Tatsächlich wurde auch ‚später ein Magenkarzinom und
Krebsmetastasen im Pankreas, rechter Nebenniere, Ovarien und
‚Uterus gefunden: Wie man sich in diesem Falle das Zustande-
kommen der Pigmentierung zu denken hat, läßt sich schwer sagen.
Daß hier eine Störung im vegetativen Nervensystem statt-
gefunden hat, ist ja ohne weiteres anzunehmen bzw. die Möglich-
keit einer solchen Störung ist gegeben. Inwieweit die Metastase
in die rechte Nebenniere dabei eine Rolle spielt, läßt sich nur ver-
muten. :Flaskamp denkt an diese Möglichkeit und es erscheint ja
auch eine solche Annahme sehr naheliegend. Und doch sprechen
dagegen wieder andere Erfahrungssätze. Wir wissen, daß der Or
ganismus 7/, seines Nebennierenparenchyms entbehren kann, und
‘daß man gefahrlos eine einseitige Nebennierenresektion ausgeführt
hat. Für die ganze Karzinomforschung, sowie für die Frage der
Pigmentbiologie wäre eine Klärung dieser Verhältnisse unendlich
wertvoll. Wenn man tatsächlich — wie in der Literatur angegeben
ist — mit der Entfernung des Tumors eine Rückbildung der
Hautsymptome' beobachten kann, so wäre das doch im höchsten
Maße bedeutungsvoll. Die Erkrankung, deren nähere Beschreibung
außerhalb des Rahmens meiner Aufgabe liegt und auf die ieh nur
ablehnend urteilen und mit Rücksicht auf die darin geleistete Experi-
mentalarbeit dem Autor: die Anerkennung nicht versagen. Wenn
Kelling die Lebensweise der Hindus aber zum Beweis seiner Lehre.
heranzieht, so vermag ich ihm hierin so lange nicht zu folgen, bis
er hierüber 'großes statistisches Material zur Stütze seiner Auffassung
wirklich so selten bei den Hindus? Alles, was wir bisher über
das Vorkommen des Karzinoms bei uns fernen Völkern als richtig
angesehen haben, hielt späteren Nachprüfungen nicht stand. Ich
fürchte, daß es mit dem Magenkarzinom der Hindus ebenso geht.
Wenn schon bei uns das Abdominalkarzinom in zahllosen Fällen .
übersehen wird (man vergleiche hierüber die Statistik Lubärsch,
sowie die Mitteilungen von Rieschelmann, Nystroem, Petzold,
Hoffmann, v. Berenescy und v. Wolff), so liegt die Annahme
nicht fern, daß das in Indien noch in ungleich verstärktem Maße
der Fall sein wird. Obgleich ich selbst ja immer die Auffassung
vertrete, daß das Karzinom in Auftreten und Verlauf örtliche Ver-
schiedenheiten aufweist, so bleibe ich bei dem Magenkarzinom der
Hindus so lange skeptisch, bis hierüber eine einwandfreie Statistik
vorliegt. Vielleicht ist. Kelling in der Lage, darüber 'noch nähere
und alle Zweifel behebende Mitteilungen zu machen. u |
Neben diesen Mitteilungen gehen die Erörterungen über. die
anderen ätiologischen Momente beim Zustandekommen des Karzi-
noms unverändert weiter, Namentlich wird die. Oberflächen-.
spannungsverminderung, auf die ich schon das letzte Mal im
Anschluß an die Mitteilungen von E. Bauer eingehend zu sprechen
kam, immer noch in den Kreis der Betrachtung gezogen. Solo-
wiew erbrachte den Nachweis, daß Extrakte aus bösartigen
Geschwülsten eine bedeutend geringere Oberflächenspan-
und aus normalem Gewebe. (Zum Teil lagen hierüber auch schon
kommt anscheinend in allen Lebensaltern vor und befällt- vor
wiegend Frauen (77 °/, Frauen, 23 °/, Männer). Merkwürdig scheint
es zu sein, daß man die Erkrankung auch im relativ jungen Lebens
‚alter finden kann. Es ist in der Literatur sogar ein Fall beschrieben;
bei dem das Leiden bei einem Yjährigen Rind auftrat und mit
Magenkarzinom kompliziert war, Auch der von Flaskamp ver
öffentlichte Fall betrifft eine Patientin im 23. Lebensjahr. Von Interesse
ist es, daß es sich um eine kerngesunde, ausgesprochen langlebige
Familie handelte. In 3 Generationen war keinerlei Anzeichen für ein
Karzinom, auch keine nachweisbare Tuberkulose, Lues, Diabetes
oder Gicht vorgekommen. Die Erkrankung befiel in diesem Falle ein
bis dahin völlig gesundes Individuum. Über alle Einzelheiten des
rätselhaften Krankheitsbildes gibt die Flaskampsche Arbeit vor-
zügliche Auskunft, ebendaselbst findet man auch die entsprechenden
Angaben über die Literatur. Ob die Krankheit wirklich so extrem
selten ist oder ob sie nicht nur relativ selten erkannt wird, is
nicht festzustellen. . Wahrscheinlich ist sie doch häufiger, als man
annimmt.
| Bei der großen Bedeutung, welche heute die Feststellung des
Gaswechsels für gewisse diagnostische Feststellungen besitzt, ist
es von großem Interesse, wie sich in dieser Beziehung das Kar-
zinom verhält. Aus den an karzinomatösen Ratten angestellten
Untersuchungen von Händel und Tadenuma ist zu entnehmen, da
bei großen Tumören eine Herabsetung des Gaswechsels un
etwa 10°/, stattfindet, die durch Schädigung der oxydativen Vor-
daß die Erniedrigung der Oberflächenspannung der Krebs-
gewebsextrakte parallel deren Malignität geht, d. h. daß
wahrscheinlich je bösartiger eine Geschwulst ist, auch die Ober-
flächenspannung eine niedrigere ist. So.war die Oberflächen-
spannung bei dem rapid wachsenden medullären Karzinom
53,8 dyn/cm, bei den damit verglichen langsam wachsenden Skirrhus-
arten 61,1—68;,1 dyn/cm. In Ergänzung von bereits früher ge-
machten und an dieser Stelle gewürdigten Veröffentlichungen macht
jetzt C. Kagan darauf aufmerksam, daß eine künstliche Ober-
flächenspannungserniedrigung eine befördernde und be-
schleunigende Wirkung auf das Wachstum transplantabler
Mäusekarzinome ausübe. (Kagan hatte sich zu den Versuchen des
Über die präkarzinomatösen Zustände äußert sich
O. Grütz. In der Beurteilung präkarzinomatöser Zustände ist der
Dermatologe besser daran als alle anderen Disziplinen, da man die
auf der sichtbaren Haut sich abspielenden Vorgänge noch am.
ehesten in ihren ersten Anfängen beobachten kann. Leider hat
uns aber bisher ‘die Kenntnis der sog. präkarzinomatösen Derma-
tosen (senile Dystrophie und Keratose, warzige Bildungen der Haut,
Leukoplakie, Arsenkeratose, Kraurosis vulvae, chronisches Ekzem,
Psoriasis, Lupus vulgaris, Röntgen- und Paraffin-Dermatitis, See-
mannshaut, Naevi, Xeroderma pigmentosum) nicht allzuviel ge-
| SEE Ä j “14. Dezember
verläuft, auch geschwürig werden kann und an tuberoserpiginöse
'thosis nigricans. Es sollen bisher nur 60—70 Fälle dieser Krank-
insoweit eingehe, als sie mit dem Karzinom in Verbindung stell,
14. Dezember
gemeine Aufmerksamkeit richten möchte,
` Arbeiten: werden für die ganze experimentelle Krebsforschung noch
'-gänge in den Körperzellen zustande kommt. ‘Wenn man diese
Tumoren mit Röntgenlicht, bestrahlt, so steigt der Gas-
wechsel wieder an. ‘ Kohlenhydratreiche Ernährung hat einen
- jördernden Einfluß auf das Tumorwachstum, während damit ver-
‘ glichen eine Eiweiß- und Fetternährung verlangsamend wirkt. Wie’
ein solcher Einfluß der Röntgenstrahlen auf das Karzinom sich er-
‚klären läßt, ist Gegenstand einer Arbeit von Lieber. Grundiegend
für alle Betrachtungen sind stets die Arbeiten von Watermann,
auf die ich schon wiederholt hingewiesen habe und wieder die all-
Die Watermannschen
längere Zeit im Mittelpunkt des Interesses bleiben. Von Interesse
ist auch in diesem Zusammenhang eine Beobachtung von Händel,
nach welcher eine salzarme Ernährung keinen Einfluß aul das
Wachstum des Mäusekarzinoms ausübt, Kalifütterung aber Impf-
ausbeute und Wachstum befördert, Kalziumfütterung sie
aber — allerdings nur in geringem Maße — einschränkt.
Wir sind gewohnt das Karzinom als eine Alterserschei-
_ nung anzusehen, eine Auffassung, die im allgemeinen zutrifft und
auch nicht dadurch erschüttert wird, daß man auch im jugendlichen
_ Alter Krebsbildung beobachten kann. Nach Ansicht von Auler ist
das Alter dadurch bestimmt, daß die nicht regenerationsfähigen
Neurone und damit die lebenswichtigen Zentren allmählich ab-
. sterben, was schließlich zum Tode führt. Parallel damit geht eine
senile Involution der Keimdrüsen und damit des enkretorischen
E Systems, des Regulators für die Organkorrelation. Der Einheits-
‚verband des Organismus wird — je mehr Neurone absterben, je
höher der Grad der Involution des enkretorischen Systems ist —
"um so mehr gelockert, aufgelöst. Lockerung des Organver-
, bandes hat also ein Selbständigwerden der Zellen zur Folge.
Das Altern bedeutet für die Zelle eine Isolierung. Eine solche.
Isolierung kann außer durch Alter auch noch durch Zellisolation,
Keimversprengung und entzündliche Prozesse bedingt werden. Die
Krebszelle ist nun ein Zellgebilde, das alle Eigenschaften zeigt,
wie sie dem‘ Einzeller gegeben sind. Sie hat absolut autonomen
Charakter, das Hörigkeitsverhältnis zwischen Organismus und Zelle
-ist fast ganz verschwunden, daher kann sie auf nicht dispositionell
vorbereiteten Tieren nach der Transplantation ihr. malignes Wachs-
tum, fortsetzen. — Diese ausgezeichneten Ausführungen Aulers
scheinen für das Karzinom außerordentlich zutreffend zu sein, wie
aber erklärt man sich dann die übrigen malignen Prozesse, insbe-
sondere das Entstehen das Sarkoms? Ist auch hier ein Alters-
prozeß, ein. senium praecox, wie ich es ehedem bezeichnete, die
Ursache? Auch das Sarkom besitzt eine Selbständigkeit, wie sie
das normale Gewebe nicht besitzt. Es weist eine Peptonisierungs-
. fähigkeit auf, die es befähigt, in vitro Blutplasma in Kulturen hin- .
. Schmelzen zu lassen und in Stoffe zu verwandeln, die zum Aufbau
des eigenen Protoplasmas verwendet werden können (A. Fischer),
eine Fähigkeit, die der normalen Zelle abgeht. Sicherlich ist die
' Autonomie der malignen Zelle eine der wesentlichsten Eigenschaften,
die sie yon den übrigen Zellen unterscheidet. Wie aber die Zell-
mutation zustande kommt, ist uns unbekannt.
Über das Verhalten des vegetativen Nervensystems der
Karzinomkranken liegen heute sehr bemerkenswerte Unter-
suchungen vor. Es ist das außerordentliche Verdienst von Opitz
als erster dieser Frage eine gesteigerte Aufmerksamkeit gewidmet
' zu haben, was besonders hervorgehoben werden muß, wenn man
_ auch seinen Schlußfolgerungen nicht restlos zu folgen vermag. Opitz
verweist darauf, daß in der Jugend vorwiegend das vegetalive
Nervensystem vagisch erregt sei. Mit der Verringerung des vegeta-
tativen Tonus im zunehmenden Alter steigt die Krebsdisposition.
Die Bestrahlung übt eine Einwirkung auf das vegetative Nerven-
= system aus (sei es direkt, sei es indirekt über dem Umweg unter `
der Beeinflussung der endokrinen Drüsen). Dadurch kommt eine
Umstimmung der Epithelien zustande, das für das Karzinom charakte-
ristische Überwiegen der Proliferation gegenüber der Funktion tritt
. zurück. Nun hat Opitz bei bestrahlten Karzinomkranken häufig
eine Vagotonie gefunden und er glaubt, daß diese Vagotonie eine
Folge der Bestrahlung ist. Die Bestrahlung verursacht also eine
Tonusveränderung im vegetativen Nervensystem. Diese Tonusver-
änderung ist als Heilfaktor zu bewerten. Das vegetative Nerven-
system nähert sich beim Karzinomkranken unter dem Einfluß der
Bestrahlung wieder jener tonischen Verfassung, die man in der
Jugend beobachten kann. Es fand nun bei der Nachprüfung dieser
Verhältnisse L. Margolin unter den Krebskranken 23 %/, Sym-
pathikotonische und 77°, Vagotonische, also ein Befund, der im
2.007192 — MEDIZINISCHE KLINIK— Nr.50. 0
N
wesentlichen stark mit der Opitzschen Darstellung im Widerspruch
‚steht. Opitz ist der Auffassung, daß die Bestrahlung die Ursache |
der Vagotonie bilde, und baut -hierauf seine ganze Theorie auf.
Leider ist aber hier die Voraussetzung eine irrtümliche. Nicht die
Bestrahlung als solche bedingt die Vagotonie, sondern der Krebs-
kranke bietet zu ®/, einen vagotonischen Typ auch ohne Bestrah-
lung. Nun könnten die Mitteilungen L. Margolins aber vielleicht
an einem einseitigen und sich zufälligerweise so präsentierenden
Material aufgenommen sein ünd die Mitarbeiter von Opitz (Opitz
beruft sich hier auf seinen Assistenten Laubenburg) möglicher-
weise ein beweiskräftigeres Material beobachtet haben. Das ist ja
denkbar. Ich möchte aber dazu eine Bemerkung machen. In meinen
gemeinsamen Arbeiten mit Julius Rother über den Strahleneinfluß
auf das vegetative Nervensystem haben wir längere und bisher nicht `
veröffentlichte Vorarbeiten gerade über diese Frage angestellt. Ich
möchte betonen, daß unsere Untersuchungsergebnisse im wesent- _
lichen sich mit denen von L. Margolin decken.
Über die Verbreitung der bösartigen Geschwülste ‚,
macht Jacobsohn die Angabe, daß Speichel, sowie Exkremente
‚von Krebskranken auf Versuchstiere sehr ungünstig wirken, und |
er hält es nicht für ausgeschlossen, daß diese Stoffe für das Pflege- |
personal und die Umgebung der Krebskranken eine Gefahr be-
deuten. Bei der &roßen Empfindlichkeit von Mäusen und Ratten
gegen bösartige Geschwülste muß man diese Tiere, die in mensch-
liche Wohnungen eindringen, alles benagen und. beschmutzen, auch
als Verbreiter der Krankheit betrachten. |
Wenig Neues ist über die klinische Feststellung des
Karzinoms zu sagen. Daß unsere Karzinomdiagnostik auf sehr
schwachen Füßen steht und daß es uns vor allem fast unmöglich
ist das Karzinom. im Beginn festzustellen, habe ich schon
mehrfach betont. Ich erwähnte auch den Standpunkt von Sachs;
der die Möglichkeit negiert, das Karzinom auf serologischem Wege
festzustellen, ich habe aber auch auf die Kahnsche Flockungs-
trübungsreaktion und auf die Zacherlsche Modifikation des °
Abderhaldenschen Dialysierverfahrens verwiesen, das etwas die
'Krebsdiagnose zu fördern vermag. Es hat nun Büttner die Kahnsche
Reaktion nachgeprüft und kommt dabei. zu einem praktisch nicht
unerfreulichen Ergebnis. Die Kahnsche Reaktion ist natürlich nicht
spezifisch und zeigt darin die Mängel aller bisherigen Reaktionen.
Eine Differenzialdiagnose zwischen Lebertumor und anderen
Leberleiden ist damit nicht möglich, eine höchst bedauerliche
Feststellung. Hingegen steht als positives Ergebnis zu Buch, daß
die Kahnsche Reaktion die Differenzialdiagnose zwischen Ulcus
ventriculi und Magenkrebs erleichtert, indem ihr positiver
Ausfall ein Karzinom sehr wahrscheinlich macht. Wenn
dieser Fortschritt auch nur ein kleiner ist, so ist er immerhin doch .
freudig zu begrüßen und es ist nur zu hoffen, daß die Büttnerschen
Befunde durch weitere Nachprüfungen eine Bestätigung finden. Kahn
hat inzwischen seine Reaktion weiter ausgebaut und es. wäre wün-
schenswert, daß damit ein weiterer Schritt zur Vereinfachung des
‚ Verfahrens geschehen ist. — Auch die (gleichfalls von mir das letzte
Mal erwähnte) Meiostagmin-Reaktion hat inzwischen eine weitere
Modifikation durch Grev& erfahren.. Da Alkohol auch in den ge-
ringsten Mengen eine Oberflächenverminderung hervorruft, so
sucht Grev& den Alkohol ganz zu beseitigen und statt dessen
Kapronsäure zu verwenden. Man führt die Reaktion dann so aus:
zu 220 cem 0,85 °/,iger Kochsalzlösung kommt 0,1 ccm Normal-
Kapronsäure. Das Gefäß wird einige Male kräftig geschüttelt und
kurze Zeit stehen gelassen, bis der Schüttelschaum verschwunden
ist. In ein Reagenzglas kommt nun 1 cem des zu untersuchenden
Serums und 9 cem 0,85°/,iger Kochsalzlösung, in ein zweites Reagenz-
glas 1 com desselben Serums und 9 ccm der Kochsalz-Normal-Kapron-
säure-Lösung. Die Reagenzgläser kommen auf 1 Stunde in ein
Wasserbad von 50°, werden dann herausgenommen und kühlen
2 Stunden ab. Dann wird eine Zählung mit dem Traubeschen
Stalagmometer vorgenommen. Eine Tropfenzunahme von 2 Tropfen
läßt die Reaktion positiv erscheinen. Die Kapronsäure kann auch
für die präzipitierende Reaktion verwendet werden. Nichttumorsera
zeigen Opaleszenz, Tumorsera Ausflockung. Die Reaktion ist immer
positiv beim Karzinom, negativ beim Sarkom. Spezifisch ist
sie selbstverständlich nicht. Außer dem Karzinom reagieren noch
alle Krankheitszustände positiv, die mit hohem Eiweißzerfall einher-
gehen, desgleichen die Schwangerschaft, aber auch die Glomerulo-
Nephritis. Das würde nun ihre Verwendbarkeit nicht nennenswert
beeinträchtigen, denn diese Zustände lassen sich doch häufig auf
einfache Weise ausschließen und es wäre somit’ ein Mittel mehr ge-
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"sind. Diese Schmerzleitung kann durch die Sympathektomie unterbrochen
funden, um das Karzinom zu erkennen. — Zu erwähnen ist noch
ein Verfahren von Mertens, nach dem bei Karzinomkranken eine
intrakutane Injektion von Serum von Krebskranken, die
auf Bestrahlung gut reagiert haben, ein violetter Fleck
eintritt. Nach den Mitteilungen von Hoff und Schwarz bat sich
dieses Verfahren bewährt. — Ich betonte schon das letzte Mal, daß
"man bei uns allen diesen Mitteilungen gegenüber sich höchst skeptisch
verhält. Diese Skepsis: mag ja im Einzelfall auch begründet sein.
Aber nachzuprüfen sind diese Verfahren immer. Leider entschließt
man sich aber dazu auch nur ungern. Das ist bedauerlich. Wir
kommen dadurch leider nicht vorwärts. Es ist dann begreiflich,
daß wir das Karzinom immer erst feststellen, wenn es zu jeder
Therapie zu spät ist. Ich erwähnte schon das letzte Mal, daß wir
in Deutschland rund 1/; der Karzinome überhaupt nicht erkennen.
Diese Feststellung erscheint ungeheuerlich, wird aber durch Beob-
achtungen in anderen Ländern noch übertroffen. In England wird
die Diagnose in 60 %/, zu spät gestellt und ganz erschütternd ist
die Mitteilung von Schmitz, den unter 404 in den 3 Kranken-
häusern von Chicago untersuchten Uteruskarzinomen nur 15 gut be-.
grenzte fand. Bei 209 Kranken war bereits Scheide und Lig. latum -
‘ergriffen, 92 hatten ausgedehnte Metastasen! Das ist ja ein Er-
gebnis, das noch alles in Schatten stellt, was wir bei uns beob-
achten. Wir taxieren die Zahl der Frauen mit Uteruskarzinom auf
12—15000 jährlich und nahmen bis jetzt an, daß davon 60—70 o/o
in operablem Zustand in ärztliche Behandlung kommen, eine Zahl, `
die vielleicht zu hoch gegriffen ist, indem Werner sie nur auf
88 %/, berechnet. Aber mit solch einem Minimum von operablen
Fällen, wie es sich in der Schmitzschen Mitteilung kundgibt, haben
wir doch nicht gerechnet. Es ist ja natürlich ganz unmöglich fest-
stellbar, ob die Kranken bei uns früher den Arzt aufsuchen, ob die
allgemeine Diagnostik bei uns höher steht oder ob nicht in ge-.
wissen Gegenden das‘ Karzinom längere Zeit gänzlich symptomlos
‚verläuft. Gegen regionäre Verschiedenheiten im Verlauf der Krank-
heit — eine Annahme, die ich’ — -wie schon erwähnt — immer
vertreten habe — wendet sich ja eigentlich die Gesamtheit mit
großer Entschiedenheit. Und doch wäre an die Möglichkeit zu
denken. Auf jeden Fall zeigen diese wenigen Mitteilungen, daß
wir allgemein die ganze Krebsleststellung noch viel zu optimistisch
ansehen. Eine wirkliche Krebsstatistik — die ja allerdings immer
nur angekündigt wird, tatsächlich aber anscheinend nie erscheint —
wird uns noch darin ganz andere Überraschungen bringen.
a (Schluß folgt.)
Aus den neuesten Zeitschriften.
(Siehe auch Therapeutische Notizen.)
Klinische Wochenschrift 1924, Nr. 45.
Mit der Frage: „Was geht in einer Extremität nach der peri-
arteriellen Sympathektomie vor sich?“ beschäftigt sich Friedrich-
Erlangen. Die nach der Sympathektomie auftretende Rötung und Tempe-
-yaturerhöhung wird als Äußerung einer echten Hyperämie angesehen;
Messungen mit einem besonders konstruierten Plethysmographen zeigten
eine deutliche. Zunahme der Volumpulse Die Erhöhung des Blutdrucks
ist auf die raschere Strömung in den Gefäßen und die dadurch ausgeübte
stärkere pressorische Gewalt auf die Gefäßwand zurückzuführen. Bezüglich
der Gefäßreflexbahnen stellte Friedrich durch Untersuchungen fest, daß
_ die Reflexbahnen in den peripheren Nerven verlaufen und abschnittsweise
zur nervösen Versorgung der Gefäße an diese herantreten. Auf Grund
seiner Beobachtungen nimmt Friedrich ferner an, daß auch längs der
Gefäße eine Schmerzleitung erfolgen kann, sei es durch eigene lange Bahnen
oder durch Anastomosen, die den peripheren Gefäßzentren zwischengeschaltet
werden. .Die Heilwirkung der Gefäßschälung beruht nach Friedrichs
Annahme außer auf der Hyperämiewirkung auf einem noch unbekannten
Faktor, der vielleicht in der trophischen nervösen Versorgung des Gewebes
zu suchen Ist.
Über fraktionierte Ausheberungen des Magens nach Probetrunk
unter spezieller Berücksichtigung der Nachsekretion berichtet Weitz-
‚Tübingen. Es wurde folgende Methode angewandt: Es wird ein dünner,
aber starrer, mit mehreren Öffnungen versehener Schlauch in den nüchternen
Magen eingeführt, der Inhalt mittels einer Spritze abgesaugt und in be-
kannter Weise chemisch und mikroskopisch untersucht. Darauf wird,
während der Schlauch eingeiührt bleibt, ein Probetrunk von 400 ccm
Maggibouillon, die mit Couleur gefärbt ist, verabreicht. In Abständen von
je 4/4 Stunde werden 10 ccm durch den Schlauch abgesaugt, bis die an-
fangs dunkelbraune, später heilbraune Flüssigkeit aus dem Magen ver-
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
und Hoff- Wien,
mebrung des Liquorzuckers und eine deutliche Verminderung der Chloride
auftritt, die in Zusammenhang mit einer bedeutenden Erhöhung der Permea-
bilität des Plexus und der Meningen zu stehen scheint.
14. ‚Dezember |
schwunden ist. Danach wird in denselben 1/stündigen Abständen 1 Stunde
hindurch jedesmal der, ganze Mageninhalt abgesaugt, Menge und Säure-
worte bestimmt. — Die Nüchternausheberung läßt etwaige Speisereste vom _
Tage vorher erkennen, ferner eine etwaige Hypersckretion, ebenso Schleim-, |
gehalt. Die Magenmotilität kann je nach der Zeit beurteilt werden, in |
der die Bouillon den Magen verläßt, die normale Entleerung erfolgt im
Durchschnitt in I—11/, Stunden. Entleerungszeiten über 2 Stunden sind
als pathologisch anzusehen, verlangsamte Entleerung fand sich sehr häufig
‚bei Ulkus und Karzinom, eine stark beschleunigte Entleerung zeigte sich
bei karzinomatösen Schrumpfmagen.
sofern von ‚praktisch wichtiger Bedeutung, als oft nur kurz nach dem
_Probetrunk oder nur relativ lange Zeit. freie Salzsäure festgestellt werden
kann, die man bei einer einmaligen Ausheberung vermißt hätte,
Größe der Magensaftmengen, die in 4 Portionen gewonnen werden, kann
ferner die Stärke der Sekretion überhaupt bzw. der Nachsekretion be-
urteilt werden. |
Die fraktionierte Ausheberung ist in-
Nach der
Zur Wirkung der Kalksalze auf die Blutgerinnung bei oraler und
intravenöser Zufuhr teilen Löwenstein und Politzer-Wien als Er-
gebnis ihrer Untersuchungen mit, daß Calcium lacticum per os keine Ver-
änderung im Blutgerinnungsvorgang hervorruft.
_venöser Verabreichung von Calcium chloratum
der Gerinnung beobachtet, Stärke und Dauer der Wirkung sind dabei von
der Menge des Präparats sowie von der Höhe des Blutkalkspiegels abhängig,
Dagegen wird bei intra-
stets eine Beschleunigung
Die Wirkung des Bulbokapnins auf Paralysis agitans- und andere
Tremorkranke wird von de J ong- Amsterdam und Schaltenbrand-
Hamburg dahin geschildert, daß es einen deutlichen, das Zittern ver-
ringernden Einfiuß ausübt, gemessen an der Amplitude der registrierten
Zitterkurven. Der Erfolg des Bulbokapnins scheint nach Ansicht der
Autoren vom Entstehungsort des: Tremors unabhängig zu sein.
Bei ihren Studien über Menstruation und Liquor fanden Heilig
daß zur Zeit der Menstruation eine beträchtliche Ver-
H. Dau.
Deutsche medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 45 u. 46.
Nr. 45. Über Flockungsreaktion im Blutserum nach Mätöiy und
Biutkörperchensenkungsprobe bei Lungentuberkulose berichtet A. Beek- >
mann-Oberhausen.
bung des Verhältnisses zwischen Albumin
zugunsten des Globulins bei Erkrankungen,
hergeben,
bewirkt wird. Eine innerhalb einer halben Stunde auftretende Auslockung
' beweist — nach Ausschluß anderer entzündlicher Erkrankungen — einen
vorwiegend exsudativen Prozeß, wobei
Die Mät6fysche Reaktion beruht auf der Verschie-
und Globulin im Blutserum
die mit Gewebszerfall ein
wodurch eine stärkere Neigung der Globuline zur Ausflockung
eine Ausflockung innerhalb der
ersten 20 Minuten auf den hoffnungslosen Charakter der Erkrankung hin-
deutet. Eine Ausflockung nach 45 Minuten weist mit großer Wahrscheio-
lichkeit auf Kavernenbildung bei sonst produktiver Tuberkulose hin, eine
später eintretende positive Reaktion bis 1!/, Stunden kommt, außer bei
tuberkulösen Pleuritiden, nur bei produktiven bzw. produktiv-zirrhotischen
Formen der Lungentuberkulose vor. Mit der Blutkörperchensenkungsprobe
sind nur Wahrscheinlichkeitsschlüsse auf den pathologisch -anato-
mischen Charakter einer Lungentuberkulose gestattet. Eine Reaktions-
geschwindigkeit kürzer als 30 Minuten deutet auf eine exsudative Erkran-
‘kung hin, Zeiten von etwa 40 Minuten und höher machen eine produktive
oder produktiv-zirrhotische Tuberkulose wahrscheinlich. Den Verdacht auf
eine Tuberkulose können nur Werte bis zu etwa 100 Minuten rechtfertigen.
Einer einmaligen Probe kommt eine prognostische Bedeutung nicht zu.
l Nach Veramon (Schering), einer Verbindung von Pyramidon und
Veronal, hat Julius Alsberg-Hamburg in einem Falle 3mal nach einer
Dosis von 2mal 0,4 g Odeme im Gesicht, und zwar immer an der gleichen
Stelle, auftreten sehen. Es dürfte sich um eine Arzneiidiosynkrasie handeln.
Nr. 46. Die Wassermannsche Komplementbindungsreaktion auf
aktive. Tuberkulose erfüllt nach Herm ann Förtig- Würzburg noch nicht
die Forderungen, die man an eine serodiagnostische Methode stellen muß.
Weder liefert sie eine entsprechende Anzahl positiver Ergebnisse bei sicherer
Tuberkulose, noch besitzt sie den nötigen Grad von Spezifizität gegenüber
den syphilitischen Serumveränderungen.
Über die reflektorische Umgebungshyperämie berichten Edmund
Rajka und Jakob Fürth-Budapest. Nach Einwirkung äußerer Reize
entstehen an der Haut zweierlei Veränderungen der lokalen Blutzirkulatio:
die zentrale Reaktion (Anämie, kongestive Hyperämie oder Ödem) und
der hyperämische Hof, der reflektorisch' hervorgebracht wird. Der Um
gebungshyperämierefiex ist ein Rückenmarksreflex, der also in afferenten und
efferenten Nervenfasern verläuft. Er kommt bei Verletzungen nicht zustande,
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14. Dezember
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bei denen der sensible Nerv vollkommen durchtrennt ist, oder die das
Rückenmark in seiner ganzen Breite treffen. Bei halbseitiger Verletzung
kann der Reflex weiterhin ausgelöst werden, da von jeder Hälfte des
Rückenmarks zu beiden Körperhälften vasomotorische Nerven verlaufen.
Die reflektorische Umgebungshyperämie, die sich gewöhnlich rasch (in
2—-5—10 Sekunden) einstellt, hat einen Durchmesser von 1—6 cm.
Die Tracheotomie wird heute nach M. Klotz-Lübeck viel zu häufig
ausgeführt, nicht nur bei echtem Krupp, sondern auch bei Pseudokrupp,
Grippestenosen, Bronchiolitis, Bronchopneumonien. Sinn und Zweck hat
eine Tracheotomie aber doch nur, wenn es sich — nach erfolgloser In-
tubation — um eine operable diphtherische Stenose, d. h. also im Hypo-
pbarynx, Larynx oder in der oberen Trachea handelt. In dieser günstigen
Lage ist man aber bei Kindern der ersten 3 Halbjahre nur selten.
Über alles Erwarten oft ist die Lunge bereits beteiligt. Der Verfasser
hat bisher noch keinen tracheotomierten Säugliog des ersten
Lebensjahres genesen sehen; und auch im 2. Lebensjahr ist die Letalität
des Eingriffs erschreckend hoch. Anders jenseits des vollendeten 2. Lebens-
jahres. Aber auch wenn die Tracheotomie zwecklos ist, kann sie den Tod
doch hinausschieben (Euthanasie). Aber worauf die gelegentlich zauber-
hafte, trügerische, vorübergehende Wirkung der Tracheotomie beruht, ist
nicht ganz verständlich (Aderlaßwirkung? Entfernung spezifischer Toxine?
Beseitigung von Bronchialspasmen ?).
~ - Avf ein gastroskopisches Symptom des Duodenalulkus weist
Wilhelm Sternberg-Berlin hin. Es ist mit Hilfe seines Kystogastro-
skops zu erkennen. Durch dieses werden in jedem Falle Pylorus und
Eingang ins Duodenum maximal beleuchtet zu Gesicht gebracht. Dabei
kann das Duodenum okular katheterisiert und palpiert und damit bei Ver-
dacht auf Ulcus duodeni, besonders auch durch Prüfung des Duo-
denalsekrets die Diagnose gastroskopisch gesichert werden. Ein sanguino-
lentes, blutig gefärbtes oder kaffeesatzartig schwarzes Sekret oder der
Nachweis von okkulten Blutungen in dem gastroskopisch entnommenen
Pylorusinhalt, zumal wenn die Palpation schmerzhaft ist, kann als gastro-
skopisches Symptom für Duodenalulkus verwertet werden.
Einen Sekretentnehmer (Medizinisches Warenhaus, Berlin, Karlstr. 31) :
hat Eugen Guttmann-Charlottenburg angegeben. Er entbält an beiden
Enden je eine kleine löffelartige Vertiefung und ist durch einen
‘ Handgriff in einen kürzeren Teil für die Harnröhre, in einen längeren
für die Sekretentnahme aus der Zervix geschieden. Mit diesem Löffelchen
kann man an der ganzen Schleimhaut unter geringem Druck entlang fahren
und so das die Schleimhaut bedeckende Sekret abstreichen und dann auf
den Objektträger bringen. F. Bruck.
Münchener medizinische Wochenschrift 1924, Nr. 45 und 46.
Nr. 45. Die Wichtigkeit der Virulenzbestimmung bei Strepto-
kokken betont E. Philipp-Berlin. Das für Scheidenstreptokokken auf-
gestellte Prinzip der Virulenzprobe besteht darin, daß sich virulente Strepto-
kokken im Eigenblut vermehren, avirulente dagegen nicht. Dazu kommt
bei schweren Sepsisfällen eine Vermehrung der im Blut.befindlichen Strepto-
kokken, wenn man das Blut außerhalb des Körpers im Brutschrank läßt
und zu verschiedenen Zeiten damit Platten gießt. Frauen mit virulenten
Streptokokken im Scheidensekret sind schwer gefährdet. Wenn ein Karzinom
der Portio virulente Streptokokken in sich trägt, operiert der Verfasser auf
keinen Fall, da die Gefahr der postoperativen Peritonitis sehr groß ist;
dasselbe gilt vom Kaiserschnitt. Wenn eine Wöchnerin Fieber und hoch-
virulente Keime in ihrer Scheide beherbergt, suche man durch möglichst
frühzeitige Immunisierung eine Aktivierung der Abwehrkräfte zu erreichen.
Der Verfasser glaubt, daß die Mehrzahl der Menschen gegenüber virulenten
Keimen die gleiche Empfänglichkeit besitze und gerade die Virulenz der
übertragenen Keime ‘bei der Infektion aseptischer Wunden ausschlaggebend
` sei. Daß die Wundbeschaffenheit, die Zahl der Keime und die persönlichen
Immunkräfte im Einzelfall dabei eine Rolle spielen, ist selbstverständlich.
Eine Dystrophia adiposo-genitalis nach psychischem Affekt hat
Sophie Lützenkirchen-München beobachtet. Im Anschluß an lang-
dauernde, schwerste psychische Affektionen trat ein Krankheitsbild auf, wie
wir es bei schwerer Zwischenhirnerkrankung sehen, in Form von hoch-
gradiger Dystrophia adiposo-genitalis, Diabetes insipidus und gleichzeitiger
vollständiger .Genitalatrophie mit Amenorrhoe. Diese endokrine Störung
bestand mehrere Jahre lang. Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang
auf die plötzliche Entstehung des Schreck-Basedow (bei Frontsoldaten), auf
die Genese der Sklerodermie durch ein psychisches Trauma, auf die Glykos-
urie bei Frischverschütteten und nach Aufregungen, auf gesteigerten Zer-
fall des Körpereiweißes und auf Störungen des Fettumsatzes nach heftigen
ängstlichen Gemütsbewegungen.
Nr. 46. Über seine ärztlichen Eindrücke von der äculschen Ski-
melsterschaft 1924 berichtet Walter Parrisius- - Tübingen. Über 100 Teil-
nehmer an der „Deutschen Skimeisterschaft 1924“ in Isny (württ. Allgäu)
Durchschnitt gezogen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50. 1783
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wurden ärztlich vor und meist auch nach dem Langlauf (17 km, 300 m
Steigung) untersucht. Nur 24 wurden körperlich völlig fehlerfrei befunden.
Sehr hoch war die Zahl der Kropfträger. Bei sehr vielen wurden funktio-
nelle Kreislaufstörungen, beim „deutschen Meister“ ein organischer Herz-
fehler (Aorteninsuffizioenz nach Polyarthritis) gefunden (er wurde vor der
Teilnahme gewarnt). Die Beurteilung der Konstitution ergab: 21 gut Pro-
portionierte, 53 Astheniker, 36 Athleten, 2 Lymphatiker. Dem weitaus
größten Teil aller Teilnehmer konnte bei Ankunft am Ziel das Prädikat
„gute Verfassung“ erteilt werden. Unter den Erschöpften fanden sich
Leute aller Konstitutionen. Der „ungünstige Eindruck“ — nur bei 13 Teil-
nehmern — wurde meist durch totale Erschöpfung erweckt, Kreislaufschwäche
(schlechter Puls, Zyanose, extreme Blässe). Der durchweg beschleunigte
Puls (oft 120—130) war meist klein, weich, irregulär und inäqual. Die
Temperatur stieg bei einzelnen bis 39,50 rektal, der Hämoglobingehalt um
5—30% (Eindickung des Blutes infolge von Wasserverlust),
Adolf Bickel-Berlin weist nach, daß bei der Avitaminose im Ver-
gleicb zur Norm ein beträchtlicher Teil des bei dem Umsatz N-freien
Materials freiwerdenden Kohlenstoffes in Form C-haltiger Verbindungen
durch den Harn zur Ausscheidung gelange, anstatt bis zu CO, osydiert,
ausgeatmet zu werden.
Bei. Ulcus ventriculi und duodeni empfiehlt M. Feisdemänn:
Langendreer eine sog. Radikaloperation, durch die nicht nur das eine im
-Vordergrunde stehende Geschwür beseitigt wird, sondern auch etwaige
‘ andere, die von außen bei der Operation nicht erkennbar sind, wegfallen,
ja die ganze Geschwürsgefahrenzone entfernt und vor allem eine Reihe von
Bedingungen weggeschafft wird, die für die Entstehung neuer Geschwüre
von Wichtigkeit sind. DieDauerresultate nach diesen großen Resektionen
des Antrums sind ganz erheblich besser als nach internen Kuren und:
palliativen Operationen. Ganz sicher schützt aber auch diese große
Operation nicht vor Rezidiven oder Beschwerden. Von einer allgemeinen
Empfehlung der immerhin sehr eingreifenden Operation kann daher keine
Rede sein. Die Indikation dazu muß vielmehr mit großer Vorsicht und
Gewissenhaftigkeit gestellt werden. .
Zum raschen Nachweis einer Niereninsuffizienz empfiehlt Erwin
Becher-Halle die Biutuntersuchung mit der Xauthoproteinprobe. Da die
kranke Niere die einzelnen harnfähigen Substanzen verschieden stark
retiniert, muß eine Blutuntersuchung zur Feststellung einer Niereninsuffizienz
möglichst viele Stoffe berücksichtigen.
aromatische Gruppen an; es kommen nach Hydrolyse ätherlösliche und
ätherunlösliche Körper in Frage. Die ersteren sind bei Niereninsuffizienz
besonders vermehrt. Die Probe wird genauer beschrieben. F. Bruck.
Zentralblatt für innere Medizin, 1924, Nr. 46 und 47. |
Nr. 46. Leo Hahn-Teplitz-Schönau veröffentlicht Beiträge zur
‚Klinik des Hochdrucks. 206 Männer und 162 Frauen im Alter von 10 bis
70 Jahren wurden nach Riva-Rocci untersucht. Die Untersuchung geschah
durch Palpation, berücksichtigt wird nur der systolische Druck. Die
Messungen erfolgten vormittags am sitzenden Patienten. Von 4—5 im
Zeitraum von 5—10 Minuten erhobenen Messungen wurden die niedrigsten
notiert, mitunter aus mehreren an einem Tage erhaltenen Werten der
Das verwertete Material enthält alle ‚Fälle der
ambulanten Praxis des Autors, mit Ausnahme von Herzklappenfehlern,
Glomerulonephritiden und Nierensklerosen. Es ergab sich, daß der Blut-
druck bis etwa zum 40. Lebensjahr bei beiden Geschlechtern langsam
gleichmäßig ansteigt. Zwischen 40 und 50 steigt die Kurve bei beiden
Geschlechtern, aber bei -Frauen noch steiler als bei Männern an. Die
Schwankungen um die Mittellage von 100—140 mm Hg. in den ersten
4 Dezennien sind fast gleichmäßig nach oben und unten. Die Schwan-
kungsbreite um den Mittelwert von 140—180 in den folgenden Lebens-
dekaden ist beim Manne eine größere, während das weibliche Geschlecht
schon vom 86. Jahre an eine höhere Mittellage erreicht als Männer, „Für
die Diagnose des essentiellen Hochdrucks ist die Feststellung der großen
Schwankungen der Blutdruckkurve (Tageskurvel) von größerer Bedeutung
als die absolute Höhe des Blutdrucks (intermittierende und larvierte Hyper-
tension)“.
Nr. 47. G. Bein beschreibt eine akute gelbe Leberatrophie, die
durch eine Blausäurevergiftung hervorgerufen sein mußte. Der 56jährige
Mann erkrankte bei der Säuberung des Kellers einer Dampfmühle, die mit
Blausäure durchgast worden war. Trotzdem der Aufenthalt erst freigegeben
worden war, nachdem die Benzidinkupferazetatprobe Giftfreiheit ergeben
hatte, muß die Erkrankung auf die Einatmung von Blausäure zurückgeführt
| werden, da andere Ursachen für die Leberatrophie . auszuschließen waren, '
' und auch der Verlauf der Erkrankung im Anschluß an die Kenerarbor
äußerst charakteristisch war, W,
Die Xanthoproteinprobe zeigt
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| löffel.- sind etwa 0,08.g- Bromkälzium enthalten.
folge.. bei der Dauerbehandlung von gynäkologischen ` Erkrankungen mit
1924 — -MEDIZINISCHE KLINIK: — o Nr. 50.
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- Zentralblatt für «Chirurgie 1924, Nr. 6
-Zur Operation. der. Galieniistel. teilt A: Nußbaum- Bonn ‘ein von
: ibm ‚geübtes Verfahren mit. ‘Der. Fistelkanal wurde - ‚stumpf. in: ganzer: ‚Dicke
= ‚berauspräpariert und der "Teil der. Fiste],“ welcher in der ‚Bauchwand' lag,
- gelöst. Der an seinem’ Hautende gespaltene Gang wurde in den ‚aufsteigenden |:
2 ‚Der vorher acholisch6
S Stuhl wurde gefärbt und-die. Kranke vorläufig geheilt..
Teil des ‚Duodenums ; ‚ohne "Knickung eingenäht;
` Zur operativen Behandlung. des Uicus pöpticum dejuni erklärt
i E. Schwarz’ nach. den Erfahrungen, der chirurgischen Universitätsklinik
‚Rostock, daß die Nachkrankheit des peptischen Jejunalgeschwürs mit}:
ar gleicher: Häufigkeit nach beiden Modifikationen dèr Magen- Dünndarm-
. anastomose eintrat: Aber die radikale Beseitigung des Geschwürs ist nach
- vorderer - Gastroenterostomie ein leichterer Eingriff als ‘die Resektion nach -
gefährlicher und leichter als die einzeitige Resektion.
des alten Ulcus der ausgeschaltete Pylorusanteil exstirpiert.
. Periarterielle Sympathektomie bei Knochen- und: Gelenkstüber-
er kulose ist nach Jul. Sébestyén:Ungarn nicht zu empfehlen. Die
| Operation. hatte nicht.nur keine Heilwirkung, sondern sie. ‚beeinflußte, das.
“ Leiden so ungünstig, - daß in der le der Fälle das Bein amputiert
werden ‚mußte.
a S Sympathectomia. cervicalis ie palliative Operation bei. Angina
pectoris - bespricht W. S. Lewit-Irkutsk. Ein auf diese Weise operierter
. 49 Jahre: alter Kranker wurde dadurch von den Schmerzen. befreit; aber:
gleichzeitig begann die Herztätigkeit, sich zu verschlechtern, angeblich als
a Folge: davon, daß. das Herz seines‘ Regulators : beraubt - worden war.
a Die Arthrodese des Sprunggelenkes ‚mittels Rippentrauspläntation |
empfiehlt M. Kosinski- Krakau.
- „dem Sprunggelenk wird ein Kanal unter der Haut gebohrt, in welchem ein
Rippenstück oder ’ein Periostknochenlappen eingeführt wird. ‚Das Knochen- `
` stück ‚wird: im Sehienbein und im Bprungbein ‚nach Anne a der Br
‚zührungsfläche, fest- verbunden. an
Durch zwei Hautschnitte über: und unter
_ Therapeutische Notizen. K en
H rasante
- Die, ‚Alezander- Adamissche® Operation : : empfiehlt
Schlage zu beseitigen. Die Pessarbehandlung ist in diesen. Fällen ab-
'zulehnen (das Pessar ist ein: Fremdkörper, der. häufig recht lästig ist,-
.. Scheidenkatarrhe macht und jedenfalls zwingt, immer wieder den Arzt. auf-
Nur die völlig mobile Retroflexio kommt-für diese Operation
: in Betracht. Auch. müssen’ die klassischen Symptome vorhanden sein: |'
© "Rückenschmerzen, bei :den Menses’ verstärkt, Dysmenorrhos,' Obstipation, -
Stauungskatarrh. - Auszuschließen sind Kranke mit allen möglichen anderen
Beschwerden und nervösen ‚Symptomen, (da hier. die Retroflexio meist nur-
ein mehr‘ zufälliger Nebenbefund bei AH goieiner Nervosität oder Entero-
ptose:ist. (D.m.W.-1924, Nr. 43.) u A9
= Sedacao in der’ Gynäkologie einpfiehlt W.-Nußbaum-Berlin. In
- F. Bruck.
dem Brompräparat ist Bromkalzium. an Kakao gebunden und in jedem Tee-
- Es. wurden. günstige Er-
nervösen Erscheinungen beobachtet, (Zbl. f. Gyn. 1924, Nr. 48.) K. ‚Be.
‚Die Schwellenreiztherapie mit Yatren-Kasein empfiehlt Eme-
rich Szeköly-Berlin.bei fieberhaftem Abort (und. zwar bei Sepsis in-"
eipiens, nicht bei sekundärer. parenchymatöser Degeneration) .und bei ent-
zündlichen Erkrankungen der: weiblichen Genitalorgane. -
` yon 2—8 Tagen,
‚ haben ist.
A. Manch. Julius.
`. Schwartz- - Langendreer bei Retroflexio uteri mobilis.: In vielen Fällen
ist sie die einfachste. ‚und. idealste ‚Methode, die Beschwerden mit- einem,
Er gibt bei |
Abort. en am Í, Tag 5 com Yatron intravenös mn einige Punden
später 5 ccm Yatren-Kasein. intragluläal Ya TAN Kasbin : solt wegen n Kollej: :
gefahr nicht - inträvenös 'eingespritzt werden), am 2. Tage 5*cem Yatren- `-
i Kasein, am 3. Tage 4 com, am 4. Tage. 3, ccm, am 5. Tage 2 ccm und dann `
täglich 1 ccm ‘bis: zur. völligen Deferveszenz.
Lösung. Dieselbe Dosierung‘ kommt bei: den akuten -Entzündungen der
und nach der. allgemein en Reaktion. (Fieber, Schweiße, Abgeschlagenheit);
Tritt eine Reaktion auf, dann’ vorläufiges Aussetzen der Injektionen. In i
. ambulatorischen Fällen ‚gebe man, wenn. es vertragen wird, schematisch: `
. jeden zweiten Tag'ł ccm Yatren-Kasein. . (D:m.W. 1924, Nr. 44.) |
En Das. natürliche Mutterkornpräparat Gynergen empfiehlt Franz `
.Kopischke-Berlin, aber nur bei Atonien nach der Entbindung und bei.
Wegen. häufiger
| a en ist yor der: ambulanten Anwendung zu warnon., a
DM. 1924, Nr. 43)... |
beginnendem Abort; besonders bei 'septischem.
F. Bruc k
. Kinderkrankheiten.
allein verabreicht.
bei 'Rachitis und sicher bei Tuberkulose, ‘da. er vitamin- und lipoid-
(lezithin-) reich ist. Die durch Lezithin gesteigerte Reaktionsfäbigkeit 3
‚auf Tuberkulin ist .eine der wirksamsten Abwehrmaßregeln des Organismus E
gegenüber dem Tuberkelbazillus.: (D. m. W.. 1924, Nr. 38.)
‘Die Wismutbehandlung.. ‚der Lues congenita empfiehlt W. Stigi
Bei Erstkuren .-
"ist wogen der langsamen Wirkung des.-Bi: die Kombination mit Neosalvarsan.
vorzuziehen. Für Nachkuren scheint die reine Bi-Kur zu genügen. Empfohlen ,
. werden die unlöslichen PräpärateBismogenol(Tosse), Wismut- Diasporal = '
(Klopfér) und Bisuspen (Heyden), ünd zwar intraglutäal in Abständen. -
‘Dosierung: 15—20 Injektionen, bei kleineren Säuglingen -
0,2—0,4, bei‘ größeren “und Kindern. im 2. und. 3. Jahre bis zu 0,7 ccm `
ansteigend. (das. sind. 10—45 mg metallisches Bi pro injeetione, 2-Amg
| pro Kilogramm Körpergewicht). (M.m.W. 1924, Nr. 41.) . |
"ei - Die- Masernprophylaxe mit "Elternserum ` empfiehlt Siegfried ~
Wòlff- Eisenach; da das Rekonvaleszentenserum nach Degkwitz schwer zu. ~
Die Eltern. haben ja’ meist. als Kinder Masern durchgemacht. Babes
Ob man das Blut defibriniert oder $o, wie man es der Vene mit einer. `
T 20 com-Spritze entnommen ‚hat, sofort injiziert, ist ‚glaichgüllig. |
1924, Nr. 45.)
Halle, a. S: --Sie komint auch bei’ Säuglingen in Betracht.
Die - Keuchustenbchandlung ` "mit der-
®. m.W..1924; Nr: 45.) _ F: Bruck,
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eg :
cden. Therapie.
Zr Behandlung des Kropfes ompfiöhlt Robert Steidle- München.
das Yatren, ein Reizmittel, das ‚auf die. ‚Parenchymzellen ‚des Schilddrüsen- ; -
gewebes elektiv einwirkt und sie nicht mit Jod belästet. . Es bietet auch -.
"nicht in fertiger. Form diejenigen Stoffe dem‘ ‚Körper ‘an, die er selbst '
. bilden sollte. `
‘dem Insulin zeigen zu deutlich, daß dieser‘ Weg- keine endgültige Lösung
. bringt.
bleibt, ‘verweigert er durch Gewöhnung an: die vorhandenen Bedingungen
auch die Stoffe oder Stofimengen, die--er 'vor- der Therapie noch herzu--
Denn die Erfahrungen mit den -Thyrsoidinpräparaten und
-Sobald nach solcher Therapie. der Körper sich selbst überlassen:
stellen vermochte. Yatren durchwandert. nun den Körper sowohl bei Ge-
sunden wie bei Kranken unzersetzt. Der Verfasser- beobachtete da’,
“nach einen raschen. Rückgang ‘der Kröpfe: ‘ohne Körpergewichtsabnahne:
Atembeschwerden durch beginnende Stenosen besserten sich deutlich, die
Stimme wurde wieder klar. . Sämtliche ‚thyreotoxischen Symptome, auch an
den Augen, gingen. teilweise rasch zurück, era hatte‘ der Voch
All das von der starken- -
(D. mW, ,
ES Quecksilberquarzlampe `
| „Künstliche Höhensonne“ : empfiehlt Ferdinand. Rohr -Wilhelmshöhe
‚ Die-Zahl der Anfälle nimmt ab, .das Erbrechen schwindet; mindestens abet —
wird die. Söhwere der Anfälle geringer, deren Dauer kürzer, das Erbrechen > ~
seltener. 3
STi Deine - er
ur,
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i Genitalorgane (Parametritis, Adnexerkrankungen), und zwar den puerperalen; >
‚| postabortiven in’ Anwendung. Keinen Erfolg erzielt man dagegen bei den ~
il 'Folgezuständen der Gonorroe: und'-den ‚postappendizitischen Adnexerkran `
kungen. Bei den veralteten Adnextumoren dagegen dosiere manum: . -,
. gekehrt, màn beginne. mit: kleinen’ Dosen 0,5 cem intraglutäal und ` >
‚steige allmählich, Denn je länger : die Krankheit besteht, je mehr. also:
‘ der‘ Organismus in seiner Reaktionsfähigkeit geschwächt ist, um so leichter- -`
.ist.es, mit kleineren Dosen in ihm.eine. Reaktion hervorzurufen:
hinterer Gastroenterostomie, weil.das Operationsgebiet leichter zugänglich |; handlung richtet sich hier nach der Herdreaktion (Ziehen, Reißen, Stechen)
ist und das-Durchbrechen des Geschwürs vorwiegend . nach der. vorderen
Magenwand erfolgt. . Das peptische Geschwür des Jejunums. wird operiert Ț
“durch, Resektion des. Magens mitsamt der ‘zur Verbindung. verwendeten .
= Dünndärmschlinge, "Blindverschluß des Duodenalstumpfes' und Verbinding,
des ‚abführenden Dünndarms mit dem Magenrest. er ;
Zweizeitige Resektion des Ulcus . duodeni: und iermino- laterale
-Gastro-Duodenostomie bei der Resektion: zur Ausschaltung. empfiehlt Hans |;
Pe ‚Finsterer- Wien. ‘Zur. Erreichung, des Zieles der vollständigen Ausschaltung
An des Göschwürs. unter "Wegnahme eines. großen Teiles des Magens ‚bei tief |
in das‘ Pankreas penetrierendem Ulcus- ist die zweizeitige Resektion un- || . -
| Es wird also ‚zuerst | ..
- zür Ausschaltung des Ulcus der Magen’ reseziert und dann nach Abheilung
‚Die termino-
' laterale Gastro-Duodenostomie hat den Vorteil, daß auch bei weniger -aus-
“gedehnter Wegnahme des Magens’ Beschwerdefreiheit erzielt werden ‚kann `
‚und die Entstehung. eines peptischen Jejunalgeschwürs ausgeschlossen. ist,
Die Be- ”
MA ie Bier als Kinderaahrung. berichtet E. More (Heidelberg). Die, ar
Eiidiosynkrasie, die.zu den großen Seltenheiten gehört, zeigt sich immer nur - ,
‚nach Eiereiweiß, ‚niemals nach Eidotter..
Die Scheu vor dem Hühnerei -.
‚ist ‚unbegründet, .
"wenn mån .das von Eiweiß vollständig befreite Eigelb, !
Eier in dieser Form und :in mäßiger Menge kann man: .
schon vom Zweiten Lebenshalb jahr an geben. Kontraindiziert ist Eidotter `
nur bei überfütterten, zu 'reichlicherem Fettansatz neigenden Kindern, und
zwar gilt hier vom Ei das Gleiche, wie von andern, sehr nahrhaften und".
„hochwertigen Kostformen. :-Angezeigt ist Eidotter hingegen wahrscheinlich :
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14. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
1785
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keinen „schweren“ Fall unter seinen Kranken.) Als Herdreaktion zeigte
sich bei wenigen Patienten eine Anschwellung der Struma, die aber wieder
in einen Abbau des Kolloids und in eine Verkleinerung der Drüse über--
ging. Die Verabreichung geschah durchweg per os, und zwar im all-
"gemeinen täglich 5—10 Tropfen einer 5%igen Yatrenlösung. Nach Ab-
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klingen der Herdreaktion: alle 4 Tage. Bei schwächlichen, tuberkulose-
verdächtigen Kindern !/, Tablette Lipatren (Yatren mit Lipoid); nach
Abklingen der Herdreaktion: alle 4 Tage 1 Tablette. Daneben verordne
man Fleischeinschränkung. (M.m.W. 1924, Nr. 43.) F. Bruck.
- Zur Behandlung der Röntgenallgemeinschädigung (des sogenannten
Röntgenkaters) bedarf es einer möglichst genauen Erkenntnis der Patho-
genese der Erkrankung, die nach Nenda-Wien charakterisiert ist durch
Eiweißzerfall und Veränderung des Chlorhaushaltes im Organismus. Des-
balb ist die ätiologische Therapie die Kochsalzdarreichung im Sinne einer
Chloranreicherung der geschädigten Depots. Es ist empfehlenswert, NaCl
vor der Tiefenbestrahlung zu verabreichen, und zwar etwa 3mal 8 g am
Tage vorher und am Bestrahlungstage selber 10 g auf einmal, so daß ein
„Salzstoß“ entsteht. Das „Röntgenosan“ der Chemosan-A.G.-Wien besteht
aus 1 g NaCl mit etwas Mentholvaleriana in Gelatinekapseln. Intravenöse
NaClI-Injektionen nach der Bestrahlung haben lediglich hypertonische
Wirkung. (Ther. d. Gegenw., H. 9, Sept. 1924.) Tarnogrocki-Pölitz.
Thermalbäder wirken, wie P. Schober ausführt, als Reiz. Die da-
durch hervorgerufene Bäderreaktion besteht in einer vorübergehenden
entzündungsartigen Verschlimmerung der Beschwerden (Herdreaktion!)
sowie in einer beträchtlichen Ermüdung. Geschwächte Patienten, die auf
Reize nicht mehr antworten, haben auch von Thermalbädern keinen Nutzen.
Auch ganz verschiedene Krankheiten können an einer und derselben Quelle
Linderung finden. Der Kranke schafft sich mit seinen eigenen Mitteln
durch Bildung von Antikörpern, Inkreten oder Hormonen die Heilung, der
Thermalreiz ist nur der Anstoß dazu. (D.m.W. 1924, Nr. 45.)
Gegen Morphiumvergiltung empfiehlt O. Moor-Leningrad Kalium-
permanganat subkutan in I—2%iger Lösung, öfter wiederholt, oder intra-
venösin einer Lösung von 1: 1000 (physiologischer Kochsalzlösung). Durch
das eingespritzte Permanganat wird das Körpereiweiß oder Hämoglobin
oxydiert und dieses oxydierte Eiweiß gibt seinen Sauerstoff rasch an
das Morphium ab, wodurch dieses in Oxydimorphin verwandelt und ent-
giftet wird. Das eingespritzte Kaliumpermanganat verursacht niemals
Abszesse, da es sich sofort mit Eiweiß zu oxyprotsaurem Mangan verbindet,
das keine Reizwirkung mehr ausübt. (D.m.W. 1924, Nr. 43.) F. Bruck.
Bücherbesprechungen.
W. Stoeckel und Reifferscheid, Lehrbuch der Gynäkologie. Völlig
neubearbeitete 13. Auflage des Lehrbuchs von H. Fritsch: Die Krank-
beiten der Frauen. Mit 443 Abb. u. 59 farb. Taf. Leipzig 1924, S. Hirzel.
Geh. M. 28,—, geb. M. 30,—.
Dies, dem Andenken Fritschs gewidmete neue Lehrbuch kann, wie
die Herausgeber mit Recht hervorheben, nur als ein neues gewertet werden,
und der Hinweis der Herausgeber auf die Originalität von Fritsch hat
den Referenten veranlaßt, mit immer steigendem Genuß die letzte Auflage
von Fritsch aus dem Jahre 1910 noch einmal durchzustudieren.
Was bringt nun dieses Buch, das es vor anderen auszeichnet? Alle
Kapitel, die von Stoeckel selbst geschrieben sind, atmen die glasklare
didaktische Fäbigkeit des Autors, die wir an ihm schätzen, was man von
den anderen Kapiteln nicht immer behaupten kann.
Die Einteilung des Gesamtstoffes unterscheidet sich in nichts von
den übrigen Lehrbüchern unseres Faches. Die sehr gute Pharmacopoea
gynaecologica von Fritsch ist beibehalten worden. Bei dem Kapitel:
gynäkologische Diagnostik, wird mehr in intuitiver Form auf die Wichtigkeit
psychologischen Verständnisses hingewiesen, und es ist zu ‚hoffen, daß in
der bald notwendig werdenden Neuauflage hier die letzten Ergebnisse der
medizinischen Psychologie und der Geschlechtspsychologie, insbesondere |
das Gesetz vom dreifachen Grunde exakte Berücksichtigung finden werden.
Wenn auch, wie selbstverständlich, der Referent nicht in allen therapeuti-
schen Fragen auf gleichem Standpunkte steht, so ist das Werk doch warm
unseren Studierenden und Ärzten zu empfehlen.
Die 59 farbigen Tafeln waren für den Referenten ein gleiches Er-
lebnis, wie seinerzeit das Erscheinen des Bummschen geburtshilflichen
Grundrisses; sie sind künstlerisch das Beste auf diesem Gebiet und werden
als Wandbilder und bei der epidiaskopischen Projektion vorzüglich den
Unterricht fördern.
' diagnostik, Technik der Lungenaufnahmen.
Stereoröntgenbildern, dieses aus der bewährten Feder von Hasselwander.
' korbes (Kienböck).
schirm. Dosierungsmethodik von Holzknecht. Netzspannungsschwankungen .
von Schreuß. Einzelne spezielle Kapitel der Röntgentherapie. Die recht-
_ kommen sein.
Es ist geradezu erstaunlich, was hier malerisch geleistet wurde, und
es wäre zu wünschen, daß der Name des Künstlers wenigstens in dem Vor-
wort erwähnt wird. Jeder, der selber in der bildhaften Darstellung von
Krankheitszuständen höchsten didaktischen Wert sieht, wird sich hiervon
überzeugen können. W. Liepmann-Berlin,
Ickert, Staublunge und Tuberkulose bei den Bergleuten das.
Mansfelder Kupferschieferbergbaues. Mit 15 Abb. im Text. 45 S.
GM. 2,—. — Schröder, Fieber und Fieberbehandlung bei Tuber-
kulose. Mit 1 Abb. im Text u. 15 Kurven aut 1 Taf. 42S. GM. 1,50.
Tuberkulose-Bibliothek Nr. 15 u. 16. Leipzig 1924, Job. Ambrosius Barth.
Die erste Arbeit handelt über die Staublunge eines mit Tuber-
kulose stark durchseuchten Gebietes. Die pneumokoniotischen Prozesse
weisen die bekannten klinischen und auch röntgenologischen Eigenschaften
auf. Bemerkenswert ist vor allem der gutartige, zur Induration neigende
Charakter der Tuberkulose der Bergleute. Die kleine Schrift, die noch
Beiträge über die pathologische Anatomie von Hübschmann und die
Komplementablenkungsreaktion von L, Rabinowitsch-Kempner enthält,
bringt nicht allein eine sehr gute Übersicht über das Gebiet, sondern auch.
viel Neues, das für die klinische Beurteilung der kombiniert pneumokonio-
tisch-tuberkulösen Prozesse sehr wichtig ist.
In dem von Schröder bearbeiteten Heft wird die. Pathologie, die
Erkennung, die prognostische Bedeutung und vor allem die Behandlung
des Fiebers der Tuberkulösen ausführlich und in anregender Form be-
sprocben. Die Arbeit ist auch durch die Mitteilung der eigenen Erfah-
rungen des sehr kundigen Verfassers besonders wertvoll. Sie kann dem
Praktiker warm empfohlen werden. l Gerhartz- Bonn.
V. Schilling, Das Blutbild und seine klinische Verwertung (mit
Einschluß der Tropenkrankheiten). 3. und 4. vermehr te Aufl. Jena 1924,
Gustav Fischer.
Die hochanerkennenden Worte, die bereits der 2. Kae, des |
_ Schillingschen Werkes gewidmet wurden, können auch für die 3. und
4. Auflage Anwendung finden. Überall ist Schilling bestrebt gewesen,
das Werk im einzelnen immer weiter auszubauen, und gibt für den sym-
ptomatischen, prognostischen und diagnostischen Wert des Blutbildes eine
Fülle lehrreicher Beispiele. Er will das Blutbild bei sachgemäßer Aus-
führung durchaus als gleichwertig den übrigen bekannten klinischen Unter-
suchungsmethoden an die Seite gestellt wissen. Jeder, der selbst hämato-
logisch beschäftigt ist, wird, je tiefer er in die Materie eindringt, sich von
der Richtigkeit dieses Standpunktes überzeugen. Dieser Standpunkt wird
- auch speziell für das Zusammenarbeiten des inneren Klinikers mit dem
. Chirurgen immer mehr praktische Vorteile ergeben.
allen Punkten den Darlegungen Schillings folgen kann, wird das Buch
_ mit hohem Genuß lesen.
: Sommer, Röntgentaschenbuch. 9. Bd. mit 126 Abb. u. 362 S. Frank-
Auch wer nicht in
H. Ziemann.
furt a. M. 1924, Keim & Memnich. Geh. M. 9,—, geb. M. 10,—.
, Das diesjährige Röntgentaschenbuch bringt in äußerst gedrängter
Form Abhandlungen über folgende Gebiete: Kontrastmittel in der Magen-
Erzielung und Auswertung von
Irrtümer in der Diagnostik des Brüst-
Biegsamer Durchleuchtungs-
Leuchtfolien und Leuchtmarken.
Duodenalperistaltik.
lichen Folgen von Röntgenschädigungen usw. Endlich kommt ein. Bericht
über die Tätigkeit des Radiuminstituts. in Freiberg in Sachsen und eine
` Übersicht über die technischen Fortschritte der Röntgenindustrie. Das
- Buch erfüllt seinen Zweck als Jahrbuch in der gewohnten Weise und wird
den alten Freunden der bekannten Sommerschen Sammlung sehr will-
Holfelder:Frankfurt a. M.
: Paul Saxl, Die oligodynamische Wirkung der Metalle und Metall-
(Aus: Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der Medizin.) 57 S.
salze.
Berlin 1924, Julius Springer. M. 1,70.
Studie über die von Nägeli entdeckte oligodynamische Wirkung
. von Metallen (Silber, Kupfer, Thallium usw.) und ihren Salzen in chemisch
. äußerst wenig oder überhaupt nicht aktiven Lösungen auf biologische Ob-
. jekte (Spirogyren, Bakterien usw.). Mit dem Auftreten ionisierter Metall-
verbindungen läßt sich .diese Wirkung z. B. eines in Wasser getauchten
Silberdrahtes nicht vollständig erklären; vermutlich haben auch physi-
kalische Vorgänge einen wesentlichen Anteil an dieser theoretisch und
praktisch viel bearbeiteten Erscheinung (Dörr, Saxl usw.)
E. Rost (Berlin).
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_ Kongreß: und Voroine-Berichte,
“Berlin... 0.0 A
F "Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 12. November 1924.
3 ! " Offizielles Protokoll.
0. Rose n t h a |:
E allen ‚Fällen von Lues die Behandlung mit einer Lumbalpunktion. ab-
. zuschließen sei, kann ich mich nicht absolut anschließen. Denn. abgesehen
(Schluß aus Nr. 49.)
'krankung angesehen. werden:
Der Forderung von Frl. Wittgenstein, daß.in-
Schwarz an über -80 einschlägigen: Fällen beobachtet und findet- ‘sich
al: Schra amm "beschriebene "zystoskopische Symptom des’klaflenden Sphinkters
und der Sichtbarkeit des Collieulus. ` Das Schrammsche Symptom, welches.
noch wenig bekännt ist, kann als sicheres: Zeichen ‘für eine medulläre. Er-
Es ‚wurde auf: Josephs Abteilung . vor,
niemals, unter "normalen. ‚Bedingungen, ‘Neben der Tabes wurde es bej
Trauma der: Wirbelsäule, bei’ Tuberkulose der Wirbelsäule und anderen
... Aufenthalt im Bette erfordert und von den bekannten, mitunter recht un- |.
-| der medullaren Erkrankung : nicht. möglich, ‚konnte. aber stets bei längerer
Au ee angenehmen Nachwirkungen ` gefolgt‘ sein ‚kann, ist das Resultat, wie be-. | Beobachtung. geführt. werden. Der Wert des Schrammschen Phänomens
- kannt, 'zweifelbaft.” Der':negative Ausfall der Liquoruntersuchung ist eben- | ist deshalb klinisch und diagnostisch. bemerkenswert, ‘obgleich das Phändmen
RIER F sowenig "maßgebend wie der. negative Ausfall der Wa.R.:. In 250/, der | selbst physiologisch und pasholseisch: bisher. ‚noch nicht: einwandfrei erklärt
Ber EEE t i eigenen Fälle von Tabes von Frl. Wittgenstein war der ‚Liquorbefund werden. könnte. a
| negativ. Und selbst der positive Ausfall bedarf, wie Herr. Lesser auch
davon, daß: der Eingriff nicht so "harmlos ist, .einen: ein- oder mehrtägigen | zentralen: Erkrankungen beobachtet. ' Bisweilen , war- zunächst der Nachweis
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n | "Joseph stimmt mit Wittgenstein auch darin überein, Aus in
ne E 'betonte, der 'riehtigen Deutung. Bei dem bisherigen Mangel eines. be- | Abduzenslähmungen, "welehe Wittgenstein nach der ‚Lumbalpunktion
a Hi | "stimmten Symptoms für die Heilung der Lues ‚bleiben wir eben auf die | :von Luetikern beobachtete; nicht auf die luetische, Erkrankung selbst zurück-
a et ' intermittierende Behandlung, d. h. jahrelang fortgesetzte- ‚wiederhölte: Kuren | zuführen sind,. da man Abduzenslähmungen gelegentlich: auch nach Lumbi
M erid Si r ERE S = ‚angewiesen: Und deshalb. glaube,ich, daß man in einem nicht So kleinen |. anästhesie bei gesunden, nicht luetischen Personen beobachtet. Im’ übrigen
i s i o n AAN | Prozentsatz bei richtiger Beobachtung und a Be Behand nat | sind diese Art Abduzenslähmungen gutartig: und. pflegen. ohne „weitere Be-
a ARENG i o > aach. ohne Lumbalpunktion zum Ziele kommt. . ` | handlung spontan- sich. zurückzubilden. T
ee HNA A w ' Was die Aufstellung einer Prätabes- anbetrifft, so möchte ich die | Frl. Wittgenstein. (Schlußwort): ‚Zu den’ Ausführungen von Him
ren CA KAATE t \ er . Entscheidung dieser Frage, wie Herr Kraus, den Neurologen überlassen. | Fritz. Lesser: einige. kurze Bemerkungen. -Die Tatsache, daß: auch der
ne I 1. Aber abgesehen davon, daß das Syndrom, klinische‘ Wurzelsymptome_und | negative Liquor in veröinzelten Fällen einmal ein’ positives Impfresultat
i" AN : u] positiver Liquor, nicht. immer, wie ich ‚eben‘ gesagt habe, zusammentrifft, | ergeben kann, beweist nichts gegen: die prognostische Bedeutung. des
n we, | scheint es mir praktischer, wenn man wie bisher von Initialsymptomen und | Normalliquors. Abgesehen davon, daß dieser als. "Endergebäis einer Reihe
Be t . Initialstadium spricht, Denn-in diesem Stadium am häufigsten. ist in der | von Untersuchungen von deren Auswahl und' Methodik ‚abhängt, brauchen,
ia j! E Majorität. (der Fälle durch Behandlung ein absoluter Stillstand, ja sogar, |:im Liquor enthaltene. Spirochäten’ sich ja nicht im. Subarachnöidalraum. ‚AD.
z i F $ `- wie -ich durch eigene, jahrzehntelange Beobachtungen feststellen: konnte, | zusiedeln. Erst die reaktiven Veränderungen des. ‚Gewebes ‚ergeben de
2 a Sa 2 mitunter eine Besserung zu erzielen. Wir dürfen ‘aber nicht außer acht Veränderungen des Liquors.. ..
aan we oaae ganditi d lassen, daß bei der Tabes auch. eventuell spontan ein relativer oder ab- | Was die’ prognostische Bedeutung des pathologischen Yopi der .
re FRA KIEFER TUI .. soluter Stillstand in den verschiedensten Stadien eintreten kann. + Spätlatenz ängeht, so ist gewiß nicht jeder ‚damit behäftete Patient später
SDE , Nun’einige Worte zur Behandlung. Mit der Zurückweisung | von. ein Nervenluiker, wohl aber ein Anwärter. darauf, In letzterer’ Hinsicht
a Frl. Wittgenstein von großen’ Dosen -von Salvarsan bin. ich einver- | sind die Beobachtungen, die Dreyfus über die prognostische Bedeutüng
Er H a . standen. - Man darf aber nicht vergössen, daß die kleinen Dosen, auch nach | pathologischer Liquorveränderungen beim isolierten . Pupillenphänomen ge.
a ae DEN oc ie . einer neueren Arbeit yon Mühlpfordt, die Salvarsanfestigkeit der Spiro- | macht hat, eindeutig und beweisend, da sie. über ‘einen Zeitraum von,
Leapa N e. = -> ehäten hervorrufen sollen. Was das Wismut 'anbetrifft, so wäre es natür- | 12 Jahren reichen. Ich erwähnte schon, daß meine Taböspatienten, soweit
a nn" Meh unsechätzbar, wenn damit das Mittel -gegen. die Lues nervosa gefunden | sie früher im symptomlösen Stadium punktiert wordön-sind, Liquorsymptome -
2 Reg e nn LH ‚wäre, Aber nach den bisherigen anderweitigen . und. eigenen Ergebnissen boten. Die Lumbalpunktion ist also ein dringendes Erfordernis bei jeder,
a re: - ‘scheint das leider nicht der Fall zu sein. ‘Jedenfalls steht aber fest, daß, - Luesbehandlung. . Die Einführung in die allgemeine: Praxis ist nach meinen
Re PRT | bu wie beim Queeksilber,.-die unlöslichen -bedeutend wirksamer .als die lös-. "Erfahrungen bei geeigneter Aufklärung durchaus ‚möglich. . Was die endo-
a o aa ERS HEHE rana lichen Salze und die intramuskulären Injektionen wirksamer als. die intra- lumbale Behandlung änbetrifft, muß ich- auf das. Buch von Gennerich
Be AEA KR . venösen sind. Bezüglich der endolumb alen Behandlung ist zu, sagen; ‘und. ' eigene Veröffentlichungen verweisen... Die Quecksilberbehaudlung
: in we ESSENER 1 daß der Eingriff: kein harmloser ist, hatte doch Frl. Wittgenstein selbst häufiger. durchzuführen, . verbietet sich in der Klinik.. und ‚Poliklinik as
oe ki einen Exitus zu beklagen. -Auf der- anderen, Seite. sind die bisherigen "sozialen Gründen.
a ER Resultate nicht eindeutig und feststehend und die Methoden noch nicht 2, Edmund Falk: Zur ‚Ätiologie der- Skoliose (mit Lichte).
a erprobt. Wir stehen also hier. noch im "Anfangsstadium, Was. schließlich .|. (Erscheint unter den. Originalien dieser Wochenschrift):
De | das Quecksilber anbetrifft, so hat Frl. Wittgenstein angeführt, daß ‚Aussprache: ‘M. Böhm: Die Frage nach der Herkunft der i.
AL 1. -es ihr bekannt sei,‘ daß durch Schmierkuren Heilungen von Tabes erzielt '| ist nieht nur wissenschaftlich interessant, sondern auch von ‚großer. prak:
Ka | i| >. _ worden seien. Aber. sie machte gegen die Anwendung die bekannten ùn- .| fischer Bedeutung. Die ältere Ansicht, daß: diese Verkrümmungen sul
AR N U EG IE Ba angenehmen Begleiterscheinungen geltend. ‚Damit scheint mir die Sache rein-statischem .oder -mechänischem Wege entstehen -— “hei einem "sonst
vs doch nicht erledigt zu sein. Es ist wahrlich nach meiner Ansicht kein gesunden Rumpfskelett und gesunder. Muskulatur des Rumpfes ~>, verliert
ET AHRR "Zufall, -daß die modernsten Syphilidologen, ich nenne ‚hier Hofmann-und | in dem gleichen Maße än Boden, als: man konkrete anatomisch
si ER TH ENS Kae = Scholtz, bei der Angabe ihrer Kombinationstherapie auf die unlöslichen
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Befunde erhebt. -
Hg-Salze bzw. auf die Schmierkur, ebenso. wie Deibanco in einer neueren |-
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ANKLEN t ‘ Arbeit: über Quecksilbergleitpuder, zurückkommen.
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cinereum und ‘der Schmierkur genügend lange beobachtete, gute Resul-
` tate erzielt.
` Wenn Frl. Wittgenstein das große Material, ne ihr in der Klinik
- des. Herrn Prof. Goldscheider zur Verfügung steht, mit Einziehung der
älteren, erprobten Methoden — der Schmierkur in gegebenen Fällen, wie
andere und’ ich das in meiner Therapie der Syphilis vor Jahren empfohlen
haben, bei Bettlagerung — zu vergleichenden, therapeutischen Beobach-
tungen benutzen‘ würde, so würde sie sich damit ein ı großes Verdienst:
erwerben.
Eugen Joseph weist darauf hin, daß die Fälle von tabischer Blase
` in letzter Zeit außerordentlich. zugenommen haben. Die Diagnose ist bis-
weilen nicht leicht, wenn auch der Verdacht auf eine tabische Erkrankung
der-Blase durch das Fehlen jeglicher mechanischer Behinderung bei starkem
Restharn und unvollkommener Entleerung des Organs gegeben ist. Andere |
Symptome, welche für tabische Erkrankung. sprechen, können zunächst
fehlen. In einzelnen unklaren Fällen hat die Vortragende, Frl. Wittgen-
Ich habe mit Ol.
Zu diesen gehören u. a.: a)- Rächitis und ähnliche Prozesse; b) kon
genitale ‘Anomalien. Letztere kann man einteilen in: 1. ‚Mißbildungen
(z. B. Halbwirbel, Spaltbildungen, Defekte, Fusionen. usw); ; 2, Variationen
(z. B. Halsrippen, Übergangs-, Assimilationswirbel usw.). °
Bei weitem nicht immer sind Deformitäten vorhanden, wennVariationen
‘anwesend sind. Der ursächliche Zusammenhang, der. hier-aber' zweifellos
besteht, ist folgender: Entweder sind gleichzeitig mit‘ den Variationen Mib-
bildungen .(3. 0.) vorhanden, die ihrerseits : die eigentliche Ursache -der
Deformität abgeben, oder die Variation -veranlaßt die letztere unmittelbar.
Eine am Sternum. einseitig anhaftende Halsrippe, ein mit dem Kreusbeis
einseitig verwachsener Querfortsatz des letzten Lendenwirbels,. ferner asym
metrische Rippenpaare, asymmetrische Kreuzbeinflügelpaare, asymmetrisch
entwickelte Zwischenwirbel-Gelenkpaare, alles Erscheinungen, „die zum Bilde
der numerischen Variation des Rumpfskeletts gehören, ‚können direkt
zu Skoliosen führen. (Demonstration entsprechender Präparate.)
Muskat: Nicht allein die Varietät .der Wirbel: ruft eine Skolios
'hervor, sondern es muß ein Agens vorbanden sein; das: bei der- Varietät
die Skoliose schafft.
|
stein, durch Untersuchung ‚der Lumbalflüssigkeit die Diagnose erhärten
Es muß ein Unterschied gemacht werden zwischen
können. Sehr wichtig zur Erkennung der tabischen Blase ist das von
Haltungsanomalie und echter Skoliose mit Rippenbuckel: usw. Eine Ti
Forschung: kann dies klären. Mu skat zeigt, a beim Führen der Kinder
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.. 0 een
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durch Hochziehen der Schulter eine Skoliose entstehen kann und hat im
Archiv für Kinderheilkunde darüber berichtet. o i
Edmund Falk (Schlußwort): Daß Fusionen, Verschmelzungen der
_ Wirbel, ebenso wie Halswirbel Ursache echter kongenitaler Skoliosen sind,
. damit stimme ich mit Herrn Böhm überein. Diese haben aber ihre
. häufigste Ursache in einer Störung der Segmentierung der primitiven Wirbel-
anlage, reichen also bis in die erste Zeit der Entwicklung zurück. . Die
Assimilationen hingegen stellen ein Stehenbleiben auf einer normalen Ent-
‚wicklungsstufe dar. Durch meine Ausführungen wollte ich beweisen, daß
diese Assimilationen, die erst in den Jahren der Entwicklung zu Störungen
im Aufbau des Skeletts führen, für sich allein nur in seltenen Fällen zu
Skoliosen Veranlassung geben,\daß abor bei Hinzutreten anderweitiger
konstitutioneller Minderwertigkeits. insbesondere einer Muskelinsuffizienz,
. Skoliosen auftreten dadurch, daß alsdann das. verstärkte einseitige Höhen-
` - wachstum -der kranialwärts gelegenen Wirbel ausbleibt, das die Entstehung
einer Skoliose verhindert. Die Feststellung, daß die Assimilationen an
der lumbosakralen Grenzregion allein gewöhnlich nicht zur Skoliosenbildung
führen, ist für das therapeutische Handeln von Wichtigkeit.
8. Paul Rosenstein: Die chemotherapeutische Behandlung des-
Pieuraempyems. | paa
| : R. gibt zunächst einen Überblick der chirurgischen Therapie des
Empyems und erörtert die Nachteile, welche eine frühzeitige Rippen-
resektion hat. Wenn auch nach den Vorgängen der Sausrbruchschen
Schule (Odermatt) die hauptsächlichen Gefahren der Lungenschrumpfung
verhütet werden können, ferner durch die verschiedenen Saugverfahren
(Perthes, Hartert, Iselin u. a.) auch bei der Nachbehandlung die Ent-
faltung der Lunge gefördert wird, so sind diese Resultate doch immer noch
unzuverlässig, so daß in einer großen Anzahl von Fällen Resthöhlen und
Empyemfisteln zurückblieben. Der Standpunkt der Chirurgie ist auch, da.
die brüske Entfernung des Empyems durch Rippenresektion für das ohnehin
geschädigte Herz nicht gleichgültig ist, in den letzten Jahren ein anderer
geworden. Man sucht zunächst mit einer Punktion auszukommen, und
erst wenn der Körper entgiftet ist, ist man zur Rippenresektion geschritten.
Nach kritischer Beleuchtung der verschiedenen unblutigen Verfahren zur
Heilung des Pleuraempyems kommt R. auf seine Resultate zu sprechen,
die er mit der Behandlung durch Rivanol erzielt hat. Er berichtet über
eine fortlaufende Serie von 18 Pleuraempyemen, die sich auf die letzten
Jahre nach dem Kriege bezieben. R. bat anfangs (in den ersten 5 Fällen)
primär die Rippe reseziert; davon sind 8 gestorben (1 Diabetes, 1 Tuber-
- kulose, 1 Grippe), die beiden anderen Fälle sind geheilt worden, nachdem
der eine, welcher an allgemeiner Sepsis litt, intravenöse Rivanoleinspritzungen
erhalten hat. Die Fälle 6—8 wurden mit Rivanol behandelt, und nachdem
sich das Empyem abgekapselt hatte, wurde sekundär eine Rippe zur Ent-
leerung des Eiters reseziert. Unter diesen ersten Fällen, welche bis in das
Jahr 1919/20 zurückreichen, sind noch einige, welche mit dem damals
üblichen Vuzin behandelt wurden. Das Vuzin ist später verlassen worden,
da es zur Heilung eines ausgebildeten Empyems nicht ausreichte und sich
nur wirksam erwiesen hatte in Fällen der Prophylaxe. In einem 9. Falle
_(Grippeempyem) wurde eine Zwischenrippeninzision gemacht, und da der
Drain die Rippe arrodiert hatte, diese abgekniffen. In den Fällen. 10—15
(Grippeempyem, teils postpneumonisch, einmal mit Lungengangrän ver-
bunden, einmal nach Entbindung und Thrombose) wurde keine Rippe mehr
reseziert, sondern nach erreichter Abkapselung des Empyems nur eine
Inzision zwischen den Rippen vorgenommen, um den massigen Eiter zu
entleeren. In den letzten 3 Fällen (16—18); zu denen neuerdings noch
ein vierter hinzugekommen ist (Grippeempyeme, einmal mit Lungenabszeß)
wurde überhaupt keine Inzison mehr gemacht, sondern die Aufsaugung des
steril gewordenen Eiters betrieben. Aus der an einer Tabelle erläuterten
Statistik geht hervor, daß Rosenstein im Laufe der Zeit immer mehr
Vertrauen zu dem Rivanol gewonnen hat und gar keine Inzision mehr bei
dem Empyem machte. Der Vorgang der Behandlung ist folgender: Von
der Rivanolbebandlung ausgeschlossen werden folgende Empyeme: Im Ver-
laufe eines Diabetes mit Lungengangrän, Schußverletzungen mit Pyopneumo-
thorax, Tuberkulose, durchgebrochene Bronchiektasie usw.; alle anderen
Empyeme, z. B. solche im Verlaufe der Grippe oder nach Lungenentzündung,
werden durch einen Troikar mittels Heberdrainage entleert und sofort
50—200 ccm einer 2%/,„igen, etwas angewärmten Rivanollösung in den
'Pleuraraum nachgefüllt. Diese Prozedur wird 3—4mal in Zwischenräumen
von einigen Tagen wiederholt. Dabei überzeugt man sich bei der 2. oder
8. Punktion, ob schon eine Abkapselung des Empyems vorliegt. Man pflegt
das daran zu erkennen, daß man über dem Troikar einen Augenblick den
Finger lüftet und nun sieht, ob Luft in den Pleuraraum eingesogen wird;
wenn dies nicht der Fall ist, so weiß man, daß durch die Wirkung des
Rivanols die Pleurablätter über dem Empyem verklebt sind und nun keine
Gefahr des Pneumothorax mehr besteht. Gleichzeitig wird durch bakterio-
logische Untersuchung jedesmal festgestellt, ob der Erguß steril geworden |
ist. Die Patienten fiebern zunächst noch weiter und zeigen in. den ersten
Tagen mitunter die Folgen der Steigerung aller Entzündungserscheinungen,
auch etwas Dyspnoe. Dabei wird der Puls besser und der objektive Ein-
druck ist günstig.” Allmählich-läßt das Fieber nach, trotzdem es durchaus
‚vorkommt, daß die Patienten auch bei steril gewordenem Eiter noch weiter
| fiebern. Das darf einen nicht beunruhigen, da man nunmehr den weiteren
Verlauf der Krankheit sicher beherrscht. Es muß dem Ermessen des
einzelnen überlassen werden, ob er nunmehr durch eine kleine Inzision
zwischen den Rippen Eiter und Fibrin entleeren will; dieser Eingriff. spielt
nach der Abkapselung‘ keine Rolle mehr und kann konzediert werden; -
notwendig ist er nicht, da es gelingt, diesen Eiter vollkommen zur .
Resorption zu bringen, ohne daß Folgeerscheinungen zurückbleiben. Wenn
es sich um sebr dicke Massen handelt, so verdünnt man sie am besten
durch Nachfüllung mit Rivanol und saugt sie heraus; oder aber man be-
gnügt sich mit der einfachen Nachfüllung, da unter ihrem Einfluß die
Resorption sehr angeregt und befördert wird. Die letzten 4 nichtinzidierten
Fälle sind, ohne jegliche Folge zu hinterlassen, ausgeheilt; darunter war
ein junges Mädchen mit durchgebrochenem Lungenabszeß. Bei der Bin-
spritzung des Rivanols erschien es sofort im Sputum wieder, wobei leichter
Hustenreiz auftrat; auch sie ist restlos ausgeheilt. |
Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt Rosenstein die Nach-
prüfung der Rivanolbehandlung und betont ausdrücklich, daß er seine |
Resultate noch nicht für ausreichend hält, um darauf schon. die Empyem-
therapie aufzubauen; er hält sie aber für aussiohtsreich. R. wendet sich
insbesondere gegen die abseitsstehenden Chirurgen, welche entweder ohne
eigene Erfahrung die Chemotherapie a limine ablehnen oder aus un-
genügenden Gründen die Behandlung mitten in ihrer Wirkung abbrechen
und operieren. Die Rivanoltherapie ist eine Gewebsdesinfektion, welche
regulär erlernt sein muß, wie jeder andere chirurgische Eingriff.
Aussprache: R. Mühsam: Erst vor einigen Monaten haben wir |
eine Erörterung über die Rivanolbehandlung in der Berliner Gesellschaft für
- Chirurgie gehabt. Ich habe damals meine Erfahrungen mitgeteilt und an-
erkannt; daß das Rivanol in einer Anzahl von Erkrankungen, z. B. bei
Karbunkeln und Furunkeln ‚gute Dienste leistet. Das ist auch: heut meine
Ansicht. Aber wie damals kann ich dem Rivanol nicht die ihm hier bei-
gemessene Bedeutung bei der Behandlung der Empyeme zuerkennen. Ich
habe seinerzeit die Empyeme. vielfach mit Vuzin behandelt. Die Ergebnisse
waren ganz unbefriedigend, Heilung trat nicht ein, die Kranken mußten
später — und meist unter ungünstigeren Bedingungen — operiert werden.
Danach habe ich keine Neigung mehr verspürt, es mit dem Riyanol zu:
versuchen, und lehne die Rivanolbehandlung der Empyeme ab. Es gibt
zweifellos Empyeme, die man mit bloßen Punktionen behandeln. und
heilen kann. Das geschieht auf den inneren Abteilungen. Der Chirurg
‚bekommt diese Fälle oft gar nicht zu ‚sehen. Wir sehen im Gegensatz.
hierzu die schweren Empyeme:; die müssen operiert werden. Ich glaube,
daß Herr Rosenstein die Operationen zu schwarz und ‘die Rivanol-
behandlung zu rosig ansieht. Das Richtige wird in der Mitte liegen. In
der Operation kann ich, wenn sie rechtzeitig ausgeführt wird, auch nicht
eine so große Gefahr sehen. Die Entfernung der Rippe ist außerordentlich
einfach, nach Ablassen des Eiters entfiebert der Kranke und geht seiner
Genesung entgegen, wenn nicht besondere Komplikationen bestehen. Die
Empyeme sind entweder metapneumonisch oder Grippeempyeme oder tuber-
kulös. Die metapneumonischen heilen meist ohne besondere Zufälle, beim
Grippeempyem ist die Lage ernster, zumal wenn eine Mischinfektion mit
Streptokokken besteht, und tuberkulöse Empyeme operiert man am besten
nur, wenn sie durch Herzverdrängung oder durch ihre Größe sehr erheb-
liche, durch Punktion nicht zu beseitigende Störungen machen. Bei vielen |
Empyemen: liegen Verwachsungen. der Lunge mit dem Brustfell vor, die
Lunge wird hier also gar nicht völlig zusammenfallen. Handelt es sich
aber um totale Empyeıne, so kann man durch eines der von Herrn Rosen-
stein genannten Verfahren sehr rasch die Entfaltung der Lunge fördern.
Ich gehöre, wie ich offen ausspreche, zu den Chirurgen, die, wie
Herrn Rosenstein sich ausdrückte, bei der Rivanolbehandlung der Mastitis
die Nerven verloren haben. Wie lange soll man aber eine Behandlung
fortsetzen, von der man ‚keine Fortschritte sieht, unter der die Kranken
dagegen immer mehr zurückkommen. Ich habe eine Reibe von Mastitiden
mit Rivanol behandelt, aber nie einen Erfolg gesehen. Die Patientinnen
fieberten anhaltend, es traten Fisteln, Verhärtungen, neue Abszesse auf, und
wenn wir dann nach einer geraumen Zeit der Behandlung die Mamma auf-
. schnitten, fanden wir stets dasselbe Bild, Zerfall und Eiterung, daneben
aber Schwielen und Schwarten und Fistelgänge, die unserer Überzeu-
gung nach nie ohne Einschnitt zur Heilung gebracht werden konnten.
Nach dem Schnitt trat stets: rasche Heilung ein. Auch nach dem
Vortrag des Herrn Rosenstein haben wir bei der Mastitis die gleichen
_ ungünstigen Erfahrungen gemacht und daher jetzt die Behandlung auf-
gegeben.
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1788
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
14. Dezember
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Bei der Peritonitisbehandlung haben wir einen günstigen Eindruck
gewonnen und wenden das Rivanol auch weiter an. Allerdings unter-
scheidet sich meins Behandlungsart von der vieler meiner Fachgenossen
insofern, als ich die Bauchhöhle offen lasse, drainiere oder‘ tamponiere,
während andere sie schließen. Das Rivanol schien uns diese Behandlungs-
art zu unterstützen. |
Herr Rosenstein hat gesagt, daß das Rivanol darum ein so vor-
zügliches Mittel ist, weil es die Bakterien angreife, ohne den Körperzellen
zu schaden. Das ist m. E. nicht richtig. Es mag verhältnismäßig ungiftig
sein, unschädlich ist es nicht. Ich selbst habe über Schädigungen berichtet,
die ich. gesehen habe. Der hervorragendste Kenner auf dem Gebiete der
chemischen Wunddesinfektion, Conrad Brunner, leugnet die Möglichkeit
ein für die Körperzellen unschädliches, die Bakterien abtötendes Mittel zu
finden. Das ist eine gewichtige Stimme, an der wir nicht vorübergehen dürfen.
Ich glaube, daß nur strengste Kritik und Beschränkung uns auf
dem Wege der chemischen Wundinfektion weiter bringen können, und
möchte daher vor einer allzu optimistischen Aufassung nachdrücklich warnen.
Sonst sind Rückschläge ‘unvermeidlich, die dem guten Kern, der in der
-Sache steckt, schaden.
Westenhöfer: Aus der Darstellung Herrn Rosensteing geht die
prinzipiell außerordentlich wichtige Tatsache hervor, daß die sogenannten
chemotherapeutischen Mittel, darunter das Rivanol, in doppelter Weise
wirken, einmal als Desinfektionsmittel und zweitens als „die Resistenz
des ' Organismus steigernde Mittel“. Das heißt aber nichts anderes,
als entzündungserregend, oder wie ich sage, artsteigerndi). Sie
unterscheiden ‚sich mithin höchstens graduell von irgendwelchen anderen
chemischen Mitteln, z. B. dem Höllenstein, wirken aber im übrigen ganz
"genau so. Das prinzipiell Wichtige liegt also darin, daß die Therapia
sterilisans nicht erzielt wird, die imstande ist, allein die Mikroorganismen
zu vernichten, sondern daß zur Erzielung eines günstigen Erfolges die Art-
steigerung des betreffenden Organismus (die Entzündung mit allem, was
dazu gehört) notwendig ist. Der Begriff der Chemotherapie ver-
liert damitaber seinen ganzen Sonderinhalt, er wird ein.leeres
Wort. [Zusatz bei der Korrektur: Diose Auffassung bat um so mehr
Berechtigung, als selbst die Chinintherapie der Malaria, die bisber als das
* Ideal einer Therapia sterilisans und als Prototyp der Chemotherapie galt,
nach dem Urteil eines so ausgezeichneten und weitgereisten Kenners tro-
pischer Krankheiten und ihrer Therapie, wie Peter Mühlens, „das
Chinin nicht eine direkte parasitizide Wirkung hat, sondern eine
indirekte, die die eigenen diffusen Kräfte des Organismus anregt und ver-
stärkt“ (s. Revista médica de Hamburgo, Oktober 1924, Nr. 10, S. 304).]
PaulRosenstein(Schlußwort): Zunächst möchte ich Herrn Westen-
höfer auf seine Frage antworten, daß er mich nicht ganz richtig verstanden -
hat. Ich glaube, daß wir unter Chemotherapie beide dasselbe verstehen,
nämlich die Heilung bestimmter 'Krankheitserscheinungen durch chemische
Mittel. Die Rolle, die das Rivanol in den infizierten Geweben spielt, ist
eine .echte Sterilisation. . Das ist mehrfach erwiesen und kann immer
wieder von neuem bewiesen werden. Wenn man z. B. einen streptokokken-
haltigen Abszeß mit Rivanol anfüllt, so wird er allmählich steril, ent-
weder bei der ersten oder bei einer der nächsten Füllungen. Ebenso geht
es mit dem Pleuraempyem. Meine bakteriologischen Untersuchungen beim
Pleuraempyem haben gezeigt, daß der Bakterienbefund allmählich schwindet.
Ich habe nur allgemein meinen Eindruck dahin zu schildern versucht, daß
ich — und hier knüpfe ich an das Wort des Herrn Westenhöfer an,
‘der die Therapia magna sterilisans Ehrlichs zitiert — glaube, die Ein-
führung eines so starken Desinfektionsmittels in die Gewebe ist ein so
' starker Reiz, daß nun auch seinerseits das menschliche Gewebe durch er-
höhte Abwehr reagiert. Diese erhöhte Kampfbereitschaft, die sich z. B. in
der Hyperleukozytose ausdrückt, bringt es fertig, auch Eiterungen zu
eliminieren, bei denen es durch das Rivano! nicht zur Sterilisation, sondern
nur zu einer Abschwächung der Keimvirulenz gekommen ist. — Deshalb
wird sich — und das ist mein persönlicher Eindruck — die ideale Forderung
Ehrlichs niemals im menschlichen Gewebe ganz erfüllen lassen, sondern wir
müssen zufrieden sein, daß wir mit dem Rivanol der Forderung Brunners:
„Keimtod ohne Schädigung der Gewebe“ schon so nahe gekommen sind.
Ich komme nun zu den Einwendungen des Herrn Mühsam. Ich
habe ja heute nur das Pleuraempyem behandelt und die anderen chirurgi-
schen Infektionen nur gestreift. Ich kann daher auch nicht auf alles ein-
gehen, was Herr Mühsam vorgebracht hat, sondern kann nur auf das
verweisen, was ich schon vielfach über dieses Thema ‚gesagt babe. Un-
erklärlich sind mir die Erfahrungen, die Herr Mühsam mit der Mastitis
gemacht hat. Wenn ich berichtet habe und heute noch einmal erkläre,
daß ich über 300 Fälle von- Mastitis, gleichgültig welcher Art, ob phlegmonös
oder in Abszeßform, ohne Operation zur Abheilung gebracht habe, und
1) D.m.W. 1923, Nr. 32,
Herr Mühsam erklärt, daß er in keinem Fall mit der Rivanolbehandlung
ausgekommen ist, so gibt es dafür nur eine Deutung: daß Herr Mühsam
infolge der vorübergehenden Reizung und unter Verkennung des klinischen
Zustandes inzidiert hat, wo Inzisionen unnötig waren. Es ist dann auch
erklärlich, daß diese scheinbaren „Verheerungen“ in den Geweben vor-
gefunden werden. Wir haben aber allmählich gelernt, daß das gar keine |
Verheerungen sind, sondern durchaus harmlose, vorübergebende Gewebs-
schädigungen, die spurlos ausheilen. Und wer sagt denn Herrn Mühsam,
daß die Nekrosen, die er bei der Mastitis in den Mammageweben gefunden
hat, durch die Rivanolhehandlung entstanden sind? Ist es nicht gerade
ein bei der Mastitis durchaus geläufiger Bofund, Nekrosen, die durch die
Infektion entstanden sind, zu sehen? Man darf eben bei dieser Behandlung
nicht die Nerven verlieren. Sie muß gelernt sein wie jede andere, und
ich habe gerade bei der Mastitisbehandlung zahlreichen Herren aus Berlin
und von auswärts die besten Erfolge zeigen können. Diese sind sämtlich
Anhänger dieser Therapie geworden und berichten mir, daß sie auch zu
Hause weiter dieselben Erfolge erzielen, Herrn Mühsam fehlt also immer
noch das rechte Vertrauen in die Rivanoltherapie, die, richtig angewandt,
sehr viel mehr leistet, als wie die Herren glauben wollen. Was speziell
das Empyem anbetrifft, so sehe ich fraglos einen unbestreitbaren Fort-
schritt darin, wenn es. gelingt, die Rippenresektion zu vermeiden. Im
übrigen verweise ich darauf, daß der Standpunkt, nicht primär zu resezieren,
durchaus nicht nur mein eigener ist, sondern daß er von der Mehrzahl der
modernen Chirurgen geteilt wird, die möglichst warten, bis der Körper
etwas entgiftet ist und sich so lange mit einer Entleerung des Eiters durch
Punktion behelfen. Die üblen Folgeerscheinungen sind eben nicht immer
zu verhüten, und deshalb hielt ich es für der Mühe wert, noch einmal
. mit dem Rivanol die unterbrochenen chemotherapeutischen Versuche aufzu-
nehmen. Herr Mühsam wendet sich wegen seiner schlechten Erfahrungen
mit Vuzin gegen die Chemotherapie des Empyems; eigene Erfahrungen mit
Rivanol hat er, wie er selbst sagt, nicht. Die Ihnen gezeigte Tabelle ist
| deshalb von Wert, weil sie keine ausgesuchten Fälle zusammenfaßt, son-
dern alle zur Behandlung gekommenen Fälle in gleicher Weise verwertet,
Und wenn ich Ibnen nun berichten konnte, daß die letzten 10 Fälle sämt-
lich ohne Rippenresektion der Heilung zugeführt worden sind, so ist das
kein Zufall, sondern der Erfolg einer systematisch durchgeführten Rivanol-
therapie, welche damit ihre Daseinsberechtigung erwiesen hat. — Meine
Resultate sollten veranlassen, daß nun auch andere vorurteilslos, und „ohne
die Nerven zu verlieren“, auf dem gewiesenen Wege die Chemotherapie des
Pleuraempyems versuchen.
Meeresheilkundlicher Ärztekurs in Wyk auf Föhr
= vom 5. bis 8. Oktober 1924.
Von Dr. Max Hirsch, Generalsekretär der Balneolog. Gesellsch., Charlottendurg.
| Dietrich-Berlin: Allgemeine Einleitung. Jeder Tag zeigt immer
noch die Schädigungen, die unsere Volksgesundheit durch den Krieg erlitten
hat und die wiederum auf die wirtschaftliche und sittliche Kraft unseres
Volkes zerstörend einwirkte. Seuchen, Schwächung des Nachwuchses und
ähnliche Schäden sind Folgen des Krieges und der Teuerung der Nach-
kriegszeit. Gegen ‚alle diese Schädigungen gilt es für alle, die helfen
können und helfen wollen, fest zusammenzusteben. Unter den Hilfs- und
Heilmitteln gegen diese Schäden stehen die kostbaren Heilschätze, die wir `
in unseren Heilquellen besitzen, und namentlich die Heilfaktoren unserer
See in erster Reihe. Es ist dankbar zu begrüßen, daß unsere junge See-
universität Hamburg sich gern in den Dienst der wissenschaftlichen Er-
forschung der Seebäder gestellt hat, um die Ärzteschaft zu belehren, deren
Berufspflicht es ist, die Volksgesundheit durch alle Heilmittel zu fördern,
unter denen ja die See eine führende Rolle spielt. Wie überall in der
Medizin, so ist auch für die See die richtige Dosierung die Hauptsache,
und die muß der Badearzt kennen. Der schlecht unterrichtete Badearzi
ist der größte Feind des Bades, und es ist eine vorzügliche Kapitalsanlage,
wenn Badeverwaltungen ihre Ärzte zu Fortbildungskursen entsenden. Auch
die Hausärzte müssen balneologisch auf der Höhe-sein, und da sie auf den
Universitäten gewißlich die Balneologie nicht erlernen können, müssen Lehr-
gänge die Lücke füllen. Der heutige Ärztekurs für Meeresheilkunde ist
der erste in seiner Art und sicherlich nicht der letzte. Er ist die Er-
füllung einer Forderung, die der inzwischen heimgegangene Glax schon
vor Jahren aufgestellt hat. Da die gesundheitliche Pflege nicht nur M
der Hand des Arztes ruht, sondern auch Sache der Volkswohlfahrtsämter
und Sozialbeamten ist, wäre zu wünschen, daß auch diese Kreise dureh
entsprechende Kurse belehrt würden.
Kestner-Hamburg: Physiologische Grundlagen der Meereshell-
kunde. Das Wesen des Klimas und seine Einwirkung auf den Gesundheits-
zustand wurde bis vor kurzem auch von wissenschaftlich hochstahene
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Kreisen unterschätzt. Das lag daran, daß die Einfiüsse des Klimas
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: erweisen sich Kinder mit Neigung zu Katarrhen der Luftwege.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50.
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nur bei Gesunden und im Tierexperiment untersucht wurden. Zwar erfolgt
auch eine Klimawirkung auf den Gesunden, aber nicht in dem Maße, wie
bei den Kranken und Schwächliohen. Auch wird. das Kind stärker bø-
einflußt als der Erwachsene. Ein bloßer Aufenthalt an der See ist thera-
peutisch wirkungslos; vielmehr muß sich der Mensch auch wirklich den
wirksamen Faktoren des Klimas aussetzen: der Sonnenbestrahlung, dem
Wind, der Kälte und dem Wellenschlag. Sie alle setzen einen Hautreiz,
der neben der Bräunung eine Vermehrung des Stoffwechsels im Körper
hervorruft. Weiter. beobachtet man vermehrte Blutbildung, die von der
Sonnenscheindauer abhängig ist, vermehrten Gaswechsel, verstärkte und
beschleunigte Reaktion der Hautkapillaren, verstärkte und beschleunigte
Pirquet-Reaktion, vermehrtes Wachstum, vermehrten Umfang von Armen
und Beinen bei gleichzeitiger Abnahme des Bauchumfanges. Da die Klima-
reize nur wirken, wenn sie die Haut des Körpers treffen, aber nicht im
geschlossenen Raum, hat man es völlig in der Hand, die Stärke der Klima-
wirkung zu dosieren. Für die Wintermonate, in denen das Faulenzen am
Strande unmöglich ist, ist es besonders wichtig, die Kinder trotzdem ins
Freie zu bringen. In der Zeiteinteilung der Kinderheime muß allerdings
darauf Rücksicht genommen werden, und es müssen Sport und Sportspiele
im Freien getrieben werden, damit die Kinder möglichst leicht gekleidet
im Freien Wind und Sonne ausgesetzt werden.
Mol-Haag, Holland: Das Lichtklima an der holländischen Küste.
Die Lichtverhältnisse an der Meeresküste -sind die Grundlagen der Eigen-
schaften des Seeklimas gegenüber dem Inland. Die subjektive Licht-
empfindung ist stärker. Die Haut pigmentiert sich viel mehr an der See
als im Inland, und auch die photographische Platte wird viel schneller
und stärker beeinflußt Mit dem neuen Instrumentarium des Physikers
Moll- Utrecht sind jetzt vergleichende Untersuchungen im Gange in
Scheveningen und in der Nähe von Utrecht. Bisher hat sich ergeben, daß
die kurzwelligen Strahlen proportional mit der Sonnenstrahlung bei gleicher
Sonnenhöhe zunehmen und daß die Intensität der Sonnenstrahlung bei
gleicher Sonnenhöhe im Winter stärker ist als im Sommer. Die höheren
Luftschichten wurden an der Küste und im Inland mit meteorologischen
Drachen und mit Flugzeugen untersucht. Es hat sich gezeigt, daß der
Wassergehalt der höheren Luftschichten am Meere erheblich geringer ist
als im Inland, wenigstens in den Monaten März und November. Die Zahl
der hellen Tage ist in Scheveningen doppelt so groß als im Inland; der
Niederschlag und die Zahl der Regentage ist dagegen geringer. Die Unter-
suchungen müssen viele Jahre weitergeführt werden, bis man abschließende
Urteile abgeben kann.
Kleinschmidt - Hamburg: Meeresheilkunde und Kinderkrank-
heiten. Die Verschickung von Kindern, gleichgiltig in welchen Ort, be-
deutet in einer großen Zahl von Fällen den Fortfall von Schädigungen,
die bis dahin auf das Kind einwirkten. Außerdem kann bei vielen Kindern
unabhängig von dem Klima des Seeaufenthaltsortes durch bessere Körper-
pflege und Körperübung, zweckmäßigere Ernährung und Erziehung sehr
viel geleistet werden. Die Verschickung an die See erfordert schon aus
finanziellen Gründen eine genaue Vorbegutachtung der Kinder. Bei weiter
Entfernung von der See sollen nur die Kinder an die See verschickt
werden, denen die in der Nähe befindlichen Heilfaktoren keinen genügenden
Nutzen bringen. Als besonders geeignet für die Verschickung an die See
Doch ist
nur bei genügend langem Aufenthalt an der See und gleichzeitiger Be-
rücksichtigung der Ernährungsverhältnisse eine wirklich nachhaltige Wirkung
zu erwarten. Es muß also eine sorgfältige Auslese stattfinden, welche
Kinder an die See verschickt werden sollen, damit diejenigen, die der
Seebehandlung bedürfen, sie möglichst lange erhalten können. Bei den
neuropathischen Kindern kann mad mit richtiger Dosierung an der See
gute Erfolge erzielen. Der postinfektiössen Anämie ist eine gesteigerte
Beachtung zu widmen. Beim Asthma ist die Beachtung der zerebralen
Komponente unerläßlich.” Genügende Einrichtungen zur Behandlung der
chirurgischen Tuberkulose sind an der deutschen Küste nur vereinzelt vor-
handen. Zur Behandlung von Skrofulose, Drüsen- und Hauttuberkulose
wird die See mit Vorteil in großem Umfange herangezogen. Die Dauer
der Tuberkulosekuren darf nicht schematisch festgelegt werden. Für Kinder
mit konstitutioneller Schwächlichkeit bedeutet der Seeaufenthalt vielfach
einen besonderen Anreiz für die körperliche Entwicklung.
- Mol- Haag, Holland: Strandkolonien für Rachitis. Soziale Kinder-
hygiene ist schon getrieben worden, ehe das Wort gebildet war; sie ist
an der See geboren wie die Venus anadyomena. Es läßt sich mit wenig
Mühe und Kosten in Großstädten eine wirksame Fürsorge für die Klein-
kinder durch Tageskolonien veranstalten. Das ist besonders deshalb
wichtig, weil man dadurch die Kleinkinder für die Fürsorge besser erfassen
kann. Die Tageskolonien besteben im Haag in einem Park und liegen in
Scheveningen am Strande. Bei Rachitis,
günstige Erfolge gesehen. Die zurzeit fast ganz vernachlässigte Fürsorge
Skrofulose usw. werden. sehr '
des jungen Kindes soll viel mehr geübt werden. Gerade im Spielalter
besteht das Bedürfnis noch mehr als bei den Schulkindern, für welche die
Ferienkolonien usw. schon in bedeutenderem Maße sorgen.
M. Hirsch: Charlottenburg: Die Heilkraft der See in ihrer sozialen
Bedeutung. Die Vorzüge der Seeluft bestehen in der Gleichmäßigkeit der
Temperatur, der ständigen Luftbewegung, der Reinheit und Keimfreiheit
der Luft und vor allem der enormen Lichtfülle. Die klimatischen Kuren
an der See werden durch die Seebäder ausgezeichnet ergänzt. Die Heil-
anzeigen der See sind Skrofulose, Tuberkulose, namentlich der Bronchial-
drüsen, der Knochen und Gelenke, aber auch der Lunge in nicht allzu
weit vorgerückten Stadien, Rachitis, lymphatische Diathesen, Konstitutions-
störungen, Blutarmut und Nervenschwäche, also das ganze Heer der Krank-
heiten der Armut und des Elends. Seit jeher haben sich die Seebäder in
den Dienst der Bekämpfung dieser Krankheiten auch von sozialem Stand-
punkte aus gestellt. Schon am Ende des 18. Jahrhunderts wurde in Eng“
land ein Seehospiz für Skrofulose in Margate errichtet. Im dieselbe Zeit
fallen auch die Anfänge des deutschen Seebadewesens. 1833 wurde von
Beneke der Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten ins
Leben gerufen und in Wyk auf Föhr das erste deutsche Seehöspiz ge:
schaffen, der eine große Reihe anderer Seehospize und auch zwei See-
hospitäler folgten, deren Wirken durch Ferienkolonien segensreich ergänzt
wurde. Aber diese Bestrebungen wurden durch den Krieg unterbrochen,
während die sozialen Krankheiten durch die Nöte des Krieges und der
Nachkriegszeit erschreckend zunahmen und sich in ganz ungeheurem Maße
auch auf weitere Volksschichten ausdehnten, namentlicb auf den Mittel-
stand, dessen Not ja besonders stark ist. Es gilt nun, die Bäder und
namentlich die Seebäder in erhöhtem Maße in den Dienst der Bekämpfung
der sozialen Krankheiten zu stellen. Die Verarmung’ unseres Landes ge-
stattet es nicht, den früheren Weg einzuschlagen und neue Hospize zů
gründen. Daher haben auf Anregung von Ministerialdirektor Dietrich
vom Preußischen Wohlfahrtsministerium die Balneologische Gesellschaft
und die Zentralstelle -für Balneologie gemeinsam eine Stelle geschaffen, die
in den stilleren Kurzeiten Ermäßigung auf Wohnung, Verpflegung, ärztliche
Versorgung, Kurmittel und Kurtaxe erstrebt. Damit könnte dem wirt-
schaftlich bedrängten Mittelstande geholfen werden und auch den Kurorten,
für die eine bessere Ausnützung der stilleren Kurzeiten nur wünschens“
wert sein dürfte. Das kann um so eber geschehei, als an der See der
Herbst und Winter die besten Kurerfolge bieten und durch die 'wesent-
lichen milderen klimatischen Verhältnisse als im Bionenland ausgezeichnet
ist. So könnte auch der ganzjährige Badebetrieb gefördert werden, was
nieht nur wirtschaftich vorteilhaft ist, sondern auch besonders nach der
prophylaktischen Seite hin, für die Behandlung der Tuberkulose, Skrofu‘,
lose und Rachitis.
Kirchberg-Berlin: Sport und Gymnastik an der See. Die Wir
kung des Seeklimas ist ähnlich der an Sport und Gymnastik. Es wäre.
sehr zu wünschen, wenn Sport und Gymnastik in den Seebädern mehr zur
Geltung kämen und ein geordneter Betrieb durchgeführt würde. Natürlich,
muß die Leitung und zum mindesten die Aufsicht bei Sport und Gym-
nastik einem Arzt anvertraut werden, der aber auch sportärztliche Kennt-
nisse besitzen muß. Es ist falsch, eia schwächliches Kind einem Laien-
. gymnastiker anzuvertrauen oder ein asthmatisches Kind Atemübungen.
machen zu lassen, die nicht vom Arzt überwacht ‚werden. Sogar Kinder
- mit Knochentuberkulose könnten an der See vorzüglich Gymnastik treiben.
Damit die Ärzte Gelegenheit finden, sich sportärztliche Kenntnisse zu or-
werben, veranstaltet die Hochschule für Leibesübungen vom 1. bis 15. Mai
einen kurzen Ärztelehrgang, der besonders für die Ärzte in Seebädern ge-
dacht ist. Weiter müssen in den Seebädern Sport- und Gymnastiklehrer
und -lehrerinnen angestellt werden, die ebenfalls in der Hochschule für,
Leibesübungen ibre Ausbildung finden. Als Sportarten sind an der See
besonders zu empfehlen das Laufen auf den Dünen und Nacktgymnastik
in Dünentälern, besonders wenn die bewegte Luft im Herbst das Liegen.
am Strande nicht mehr gestattet. Davon kommen in Betracht alle Arten.
von Leichtgymnastik, die Kriechübungen nach Klapp, vor allem das
Laufen zur Stärkung von Herz und Lungen. Immer aber ist eine genaue‘
Dosierung durch den sportlich ausgebildeten Arzt nötig, der aber auch
mit den badeärztlichen Verordnungen gut bekannt sein muß. Die Atmungs-
gymnastik der gesunden Kinder wird am besten im Spiel geübt. Auch das
Ballspiel, namentlich der „Medizinball*, Boxen und Sprungübungen sind.
zweckmäßig. Kostspielige Vorbereitungen und Anlagen sind nicht nötig,
Selbst der Tennisplatz ist überflüssig. Für die gesunden und erholungs-
bedürftigen Badegäste sind Sport und Gymnastik glänzende Kräftigungs-
und Abhärtungsmittel, für alle Kranken auch ein Heilmittel. Asthmatische
Kinder werden von ihrem eigenen Ich abgelenkt, Konstitutionskrankheiten ,
werden behoben. Die Umformung des Brustkorbes der Asthmatischen wird.
erreicht. Emphysematiker werden von der Atmungsgymnastik an der See.
besondere Vorzüge haben. Auch in der Behandlung der Fettsucht ` be- `
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währt A die y Verbindung der Soebäder mit Sport ind Gymnastik be- produktiver Prozesse: möglich : sei. Die senken Kitna stützten sich’
sonders gut. | darauf, daß käsige Massen unscharfe, verwaschene Herdschatten mit zentral
Le Blanc- -Hamburg: Meeresheilkunde und Idsäre Medizin. . .Der | größerer Dichte geben.. Benachbarte Herde geben zusammenfließende Herd;
große Vorzug der. Seebäderbehandlung ist die‘ Tatsache, . daß- der Kranke | schatten. Produktive nodöse Herde erzeugen scharf und unregelmäßig bg
‘dem Sesklima länger und intensiver ausgesetzt ist wie jedem anderen Heil- | grenzte Herdschatten mit dichtem Zentrum und kleinem Hof. Die exsu-
faktor. Als Folge einer Seebadekur zeigt sioh eine Steigerung des Stoff- | dativen Prozesse’ (meistens der bronchogenen Phthise angehörig) geben eine
wechsels, . Gewichtszunahme, Steigerung der, Atmungstätigkeit, Kräftigung | schlechtere Prognose als die produktiven. Diese Resultate fanden 7 ustimmung
des gesunden und schnellerer Wiederaufbau: des geschädigten Körpers. | und Widerspruch.. So würde z. B. von Aßmann die Übertragung histo. -
‘- Besonders zu betonen ist die Wirkung des Seeklimas auf die Haut. Die | logischer Begriffe auf die makroskopische Untersuchung und die Röntgen- E
Haut ist nach den neuesten Forschungen ja nicht nur als eine Körperhülle bilder. abgelehnt. Marchand bemerkte, daß exsudative und produktive
aufzufassen, : sondern sie ‘hat verschiedene biologische Funktionen. Sie ist | Prozesse sehr oft: nebeneinander vorkömmen, ja auch an demselb ın tubers
eine wichtige, wenn nicht gar die Bildungsstätte der Immunität. Die | kulösen Herd. Vortr. hat diese Probleme in den letzten Jahren studiert °
Erfolge der Seebadekuren erstrecken sich auf'die Kräftigung der Gefährdeten, | und lehnt es ab, augs einem èi nzigen Röntgenbilde Schlüsse auf die ana- `
und gefährdet ist jeder, dem in seiner Häuslichkeit Licht, Luft und Sonne | tomische Beschaffenheit des Prozesses zu ziehen. Die Prognose muß viel’
entzogen, wird. Ferner erstrecken sich die Erfolge der See auf diejenigen, | vorsichtiger gestellt werden, als dies die genannten Autoren tun. Nur die
die geschädigt und nicht mehr krank sind. Als solche Individuen sind.die -| fortlaufende Beobachtung im Einzelfalle, die Herstellung von P)ttenserien
Genesenden und Erschöpften anzusehen.. Aber man darf nicht vergessen, und deren genaues Studium hat ergeben, daß Schatten, denen man nach der |
daß das Klima an der See und.gar der Nordsee ein erregendes ist.. Daher | bisherigen Meinung große Bedeutung hätte zusprechen sollen, in kurzer Zeit
darf man an die See nür solche Menschen schicken, die noch auf die Reiz- ` verschwunden oder durch knotig-streifige Schatten ersetzt worden sind und .
wirkungen der See ansprechen können.. Im Vordergrund der Seebehand- | umgekehrt. Flächenhafte Schatten sind in manchen Fällen zurückgegangen,
‚lung steht die Dosierung und die Vermeidung ` von Übertreibüngen. Be- | in manchen zu Bildern geworden, die auf Kavernen hinweisen. Vortr.
trachten. wir die einzelnen. Krankheitsgruppen, die. an der See erfolgreich | denkt daran, daß die raschen Veränderungen Zeichen von Ödembildung’üund
-zur Behandlung kommen, so kommt zunächst die schnelle Regeneration | Ödemschwund oder. einer kongestiven Hyperämie sind. Die Stadienkategori-
anämischer Zustände in Frage. Die Hämoglobinzunahme geht an der See | sierung der einzelnen Fälle hat viel mehr Zustimmung gefunden als die
` schnell und nächhaltig.vor sich, Die Blutregenerationskraft ist bei dem - Trennung exsudativer und produktiver Formen. Die zugrunde liegende An-
weiblichen. Geschlecht unvergleichlich stärker ausgeprägt als beim männ- | schauung ist, daß im Kindesalter die Tuberkulose akquiriert wird und. sich
lichen. .Sekundäre Anämien werden therapeutisch. beeinflußt, wenn die | auf.dem Lymphwege ausbreitet, daß sie. sekundär auf dem Blutwege in
| Ursache, ‚beseitigt ist. Die Besserung von perniziösen Anämien und Leuk- | allen Organen Metastasen setzen kann, daß sie tertiär- als Phthise er
‚ämien.. im Seeklima wird mitunter angegeben, ist aber wohl anzuzweifeln... scheint, die sich. dem Bronchialbaum entsprechend ausbreitet. Für. die
Als zweite ‘Gruppe. kommen an der See die Erkränkungen der Luftwege | Erwachsenen kommt hauptsächlich das sekundäre und tertiäre Stadium in-
in’ Betracht. . Es zeigt sich sehr deutlich eine Erhöhung der Widerstands- | Betracht; bei diesen Fällen muß sich zeigen, ob es möglich ist, diese Stadien _
kraft gegen Erkältungen. Sogar die chronischen Bronchiektasien werden | zu trennen und, die richtige Prognose zu stellen. Die hämatogene Tuber-
gut beeinflußt. Beim Asthma ist das echte Asthma von asthmatischen Zu- | kulose gilt als weniger bösartig trotz-Blutungen, Fieber, Gewichtsverlust
ständen abzugrenzen, wie überhaupt der Begriff ‘des ’Asthmas sehr zu diffe- | und selbst Gewebszerfall; der Krankheitsverlauf dauert sehr lange mit Be-
renzieren ist. Das kardiale und urämische Asthma gehören ‘ebensowenig | missionen von jahrelanger Dauer. Die’ Prognose quoad vitam ist also
an die See, wie die Insuffizienz des rechten. Herzventrikels, die gern als | günstig. Hierher gehören die tuberkulösen Erkrankungen der Drüsen. und
Asthma bezeichnet wird. Das sind Zustände, die in klinische Behandlung | Gelenke und alle. Herderkrankungen in den verschiedenen Organen. .Die
gehören. Ausgezeichnet wirkt die See auf die Reizzustände der Pleuritiden | Phthise führt. im. Verlaufe von höchstens 7 Jahren: zum Tode (nach Nou-
und auf die Lösung der Verwachsungen. Auffallend ist die Tatsache, daß | mann), wenn nicht durch ärztliches Eingreifen (z. B. operative Therapie |
‚ an unseren Seeküsten so wenig. Tuberkuloseheilstätten sind, die hier sehr’ |- bei vorzugsweiser Erkrankung einer Seite) das Leben verlängert wird. ‚Die
berechtigt wären. Gerade bei der Behandlung der Lungentuberkulose. an. | galoppierenden Formen und die Pneumonia caseosa führen rasch zum
der See ist strengste .Dosierung und sorgfältige ärztliche Überwachung er- | Exitus. Zu diesen Fällen gehören auch schwere Darmerkrankungen. Häma- -
forderlich. Lungentuberkulose -mit Fieber und mit Komplikationen gehören | togene Metastasen sind bei Phthise selten. Vortr. hat nun im Wilhelminen-
nicht an die See. Vor allem dürfen sie keine: Bäder an der See nehmen, ‚ Spital gemeinsam mit der Prosektur und den Tuberkuloseabteilungen.
Abreibungen mit Seewasser sind dafür zu empfehlen. Zù starke Sonnen-. | (Prof. Sorgo, Prof. Neumann) die Tuberkulose durch Jahre studiert,
bestrahlung kann leicht zu Aktivierung der tuberkulösen Prozesse führen. Das erste Ergebnis, das der Assistent des Vortr., F. Fleischner, ermittelte, .
Von den Herzkranken gehören. die dekompensierten Fälle unter keinen war, daß die Flächenschatten an den Lappenspalten nur selten durch inter-
Umständen an die See; dagegen erholen sich körperlich überanstrengte lobäre Ergüsse hervorgerufen sind;- es handelt sich vielmehr meist um
Menschen mit nervösen ‚Herzstörungen sehr schnell an der See. Ebenso ` Lappenerkrankungen, eventuell mit konsekutiver Erkrankung der zuge
soll mån mit der Empfehlung, ‚Arteriosklerotiker an die See zu schicken, | hörigen Pleura, unter Umständen auch der Pleura des Nachbarlappens.
weil die See den Blutdruck herabsetze, sehr vorsichtig sein. Jedenfalls | Diese Prozesse sind sehr häufig, weil man. bei der planmäßigen Untersuchung
. fühlen sich die Arteriosklerotiker im Mittelgebirge wohler. von erkrankten Lungen entsprechend der großen schrägen Spalte zwischen
| ins en den Lappen oft Schatten findet, die man bei der üblichen sagittalen Durch‘
Wien. leuchtung nicht finden kann. Man beobachtet linear angeordnete Flecken,
y na | die zu einem die Lappengrenze markierenden Bande vereinigt sind. 60
Gesellschaft der Ärzte. Sitzung vom 10. Oktober 1924. ` | entstand der Eindruck von Tuberkulosefällen mit dem Brunchusverlauf ent-
M. Haudek: Neue Gesichtspunkte zur Beurteilung der Entwicklungs- - sprechender Ausbreitung. Solche Flächenschatten finden sich in nur wenig
stadien und der Prognose der Lungentuberkulose. Die Tuberkulose hat ' Fällen bei der nichttuberkulösen Pneumonie und malignen Tumoren. Die
sich infolge der schweren Schädigungen der Volksgesundheit während und
Fälle mit diesen Flächenschatten, die also der, wenn man der früheren
nach der Kriegszeit sehr ausgebreitet. Aus diesem Grunde hat man sich | Ansicht folgen will, prognostisch ungünstigen Gruppe der Tuberkulose (0. 0.)
in erhöhten Maße jetzt der Tuberkulosefürsorge zugewendet und darum angehören, haben nun tatsächlich gar keine so schlechte Prognose, „wie die
wird auf dem Gebiete der Klinik der pathologischen Anatomie und der, Serienbeobachtungen des Vortr. zeigen. In manchen Fällen ist die Prognose.
Immunbiolögie der "Tuberkulose anhaltend angestrengt gearbeitet. Die recht günstig, wie die Untersuchungen an Kindern durch Sluka schon vor
Röntgenmedizin hat dabei eine verhältnismäßig bescheidene Funktion: sie | Jahren ergeben haben. Vortr. ist der Ansicht, daß diese Schatten ‘nicht
gibt keine positiven Befunde bei frischen Krankheitsherden und bei Drüsen- | nur bei der dem Bronchusverlauf entsprechenden Tuberkuloseausbreitung
erkrankungen, sie zeigt viel mehr bei vernarbten als bei aktuellen Prozessen. | vorkommen, sondern auch ganz anderen Momenten ihre Entstehung Ye
Die Röntgenuntersuchung wurde darum auch vor allem zur Kenntnis der | danken. Vortr. demonstriert nun Röntgenbilder, die zeigen, dab eine
Lokalisation der Tuberkulose benutzt und zur Beurteilung des jeweiligen gänseeigroße Kaverne im rechten Unterlappen sich zurückbildete. -Bine
Stadiums der Krankheit nach Turban und Gerhardt. — Gräff und | große Kaverne an der Basis des rechten Oberlappens verkleinerte sich ‘sehr.
Küpferle haben auf dem Wiesbadener Internistenkongreß 1922 vorgetragen, während an der Lappengrenze links ` eine Infiltration auftrat, die mit einer
daß es auf Grund des Röntgenbildes möglich sei, zu sagen, wie der ana- | interlobären Spalte ausheilte. Aus der großen Zahl von Beobachtungen,
tomische Prozeß im einzelnen Falle beschaffen sei. Es sollten also die | von denen Vortr. viele Stichproben vorlegt, kommt Vortr. zu folgenden
verschiedenen Formen der Phthise durch Röntgenuntersuchung ebenso aus- | Schlüssen: Aus einem einzigen Bilde kann für die Entscheidung über den
einandergebalten werden können wie durch physikalische Untersuchung. | anatomischen Charakter der in den einzelnen Lungenbezirken vorliegenden
Die Vergleichung der Ergebnisse der Röntgenuntersuchung und der Ana- | Erkrankungsformen nur mit großer Reserve ein Schluß gezogen. worden.
tomie führte sie zu dem Satz, daß eine Unterscheidung exsudativer und | Bilderserien bringen ‚häufig Überraschungen, indem Schattenformationed,
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14. Dezember 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 50. | | 1791
welche auf eine exsudative Tuberkulose hätte schließen lassen, verschwinden
oder nur knotig-streifige Verdichtungen zurücklassen, wie bei der produk-
tiven Tuberkulose. Die Unterscheidung zwischen dem sekundären und ter-
tiären. Stadium der Tuberkulose erfährt durch das Röntgenbild vielerlei
Unterstützung, andererseits aber auch bedeutende Einschränkungen hinsicht-
lich ihrer Verläßlichkeit. Kongestive, rückbildungsfähige Pneumonien oder
subpleuzale, hämatogene Schübe mit perifokalem Ödem und starke Pleura- .
reaktion — fibrinose, später fibröse Pleuritis — können lappenrandständige
Schattenformen und bronchogene Prozesse vortäuschen. Die Prognose und
"Indikationsstellung wird daher durch eine, wenn auch kurze Kontrollbeob-
“achturg sehr erleichtert. Die beim Kinde klinisch und röntgenologisch
vielfach festgestellte Selbstheilungstendenz der Tuberkulose — Sluka,
Rach, Wimberger, Eliasberg und Neuland, Epstein, Langer,
Harms u. a. — besteht auch beim Erwachsenen in hohem Maße. Rück-
bildun : und Verschwinden der Herde wird bei der hämatogenen Form beob-
achtet, nach Lorey und Umber sogar bei der Miliartuberkulose sowie bei
den Fleck- und Flächenschatten gebenden Prozessen der exsudativen Tuber-
kulose. Das gleiche gilt für Kavernen, selbst wenn sie schon bedeutende
Größe erreicht haben. Dabei handelt es sich auch um Fälle, wo die
Therapie lediglich eine kurative war. d. h. Spitalspflege und Schonung. Im
Verlaufe der Lungentuberkulose treten schubweise Lungenentzündungen auf,
die einen ganzen Lungenlappen oder große Teile eines solchen einnebmen.
Die befallenen Partien sind im Röntgenbild gut abgrenzbar (lobäre Pneu-
monien). Sie können auch kleine Entzündungsherde bilden, die als zart-
graue Flecke mit weniger scharfen Grenzen wahrgenommen werden (lobulär-
pneumonische‘ Herde). Diese Herde dürfen nur zum Teil als exsudative
Bildungen (käsig, zum Zerfall neigend) als prognostisch ungünstige For-
mationen angesehen werden. Die beginnende Tuberkulose etabliert sich
durchaus nicht immer in den Spitzen. In zahlreichen Fällen finden sich
schwere, selbst kavernöse Erkrankungen der tiefergelegenen, namentlich der
hilusnahen Abschnitte, während die Spitzenfelder vollkommen bell sind oder
nur den zarten Randsaum zeigen, der darauf schließen läßt, daß die Lappen-
pleuritis, die bei Vernarbung zur Pleurakappe wird, bis über die Spitze
hinaufreicht. Der oben erhobene Befund ist also belanglos, der eigentliche
Prozeß sitzt oft ganz wo anders, als er bei der physikalischen Untersuchung
gesucht und gefunden wird. Die physikalische Spitzendiagnostik ist über-
feinert (Neumann: der Formenkreis der beginnenden Tuberkulose). Aller-
dings sind die Bedingungen für die Ermittlung zentraler Herde und Narben
für die Auskultation und Perkussion — große, mitschallende, deckende
Parenchymmasse — ebenso ungünstig, wie sie für das Röntgenauge günstig
sind: die große Masse des lufthaltigen, kontrastgebenden Parenchyms, die
Möglichkeit der Durchleuchtung in verschiedenen Richtungen. Bei der
Spitzenuntersuchung liegen die Vorteile umgekehrt. Es wird noch von seiten
der Anatomen festzustellen sein, wie sich das zahlenmäßige Verhältnis der
ersten Lokalisation der Tuberkulose beim Erwachsenen hinsichtlich Spitzen
und übrigen Lungenabschnitten ausdrückt. Auch sie haben in ihrer bis-
herigen Hauptrolle als Kontrolleure der klinisch-physikalischen Befunde
gewiß auch den Lungenspitzen mehr Beachtung geschenkt als den in ihrer
Bedeutung durchaus nicht gering zu schätzenden Regionen um die Inter-
lobärspalte herum. Auch sie hatten übrigens hierbei Gelegenheit die Über-
feinerung der Spitzendiagnostik festzustellen. Fanden doch Meixner und
Harg bei der Obduktion von Insassen von Kriegerheilstätten, die nicht an
Tuberkulose gestorben waren, die Lungenspitzen, wegen deren Erkrankung
die Soldaten als dienstuntauglich erklärt worden waren, nicht selten völlig
frei von Tuberkulose. Nunmehr sollen bei den Sektionen die Röntgen-
befunde rigoros nachgeprüft werden. Vortr. ist überzeugt, daß die Sta-
tistiken der Anatomen dann hinsichtlich der Lokalisation der beginnenden
Tuberkulose dieselbe rapide Beeinflussung erfahren werden, wie man es
bezüglich der positiven Ulkus- und Narbenbefunde im Magen und Duo-
denum erlebt hat. In Singers diesbezüglicher Zusammenstellung hatte
Hart.1916 schon ein Vielfaches der Promilleziffern zu verzeichnen, die seine
Kollegen 20 Jahre vorher aufgestellt hatten. Obwohl die Kindertuberkulose
gewiß nicht ohne weiteres in Analogie zu setzen ist mit der der Er-
wachsenen, möchte Vortr. schließlich doch nicht unterlassen, daran zu er-
innern, daß beim Kinde die Spitzentuberkulose so gut wie gar. nicht vor-
kommt und der tiefe, ja basale Sitz zur Regel gehört. Bezüglich der
Deutung der Genese der flüchtigen Lungenverschattungen möchte Vortr.
sich nur mit größter Reserviertheit äußern, da hier das Gebiet der Hypo-
these beginnt. Vortr. will sich damit begnügen, folgende Möglichkeit an-
zuführen und vorsichtig kritisch zu beleuchten. a) Die kongestive Pneumonie
ist Vorläufer der gelatinösen oder käsigen, aber ihr zell- und eiweißarmes
Exsudat kann noch leicht wieder aufgesaugt werden (Bard, Pierry,
Grancher, Boule, Cornet). Vortr. hat zum ersten Male von W. Neu-
mann über die Existenz einer solchen rückbildungsfähigen Tuberkulose
etwas erfahren. Dieser beschreibt auch Obduktionsbefunde in seinem
Buche. — b) Die obengenannten Kinderärzte haben die von ihnen oft ge-
sehenen rückbildungsfähigen Infiltrate mit der Erkrankung der regionären
Lymphdrüsen in Zusammenhang gebracht, insbesondere Sluka und Engel.
Für die Kindertuberkulose ist eine gewissermaßen antiperistaltische
lymphogene Ausbreitung der Tuberkulose zugegeben worden, u, a. auch
von Greff und Küpferle; für die Erwachsenen ist sie entschiedenst ne-
giert worden. c) Nach den Röntgenbildern des Vortragenden ist die Mög-
lichkeit, daß pleuranahe, hämatogene Aussaaten zu Flächenschatten. führen,
durchaus nicht auszuschließen. I |
Rundschau.
Zur Geschichte der Okzipitalinzision und -punktion.
Eine Richtigstellung nebst Bemerkungen über Unterhornpunktion
und Plexusresektion.
Von Prof. Dr. M. Westenhöfer, Berlin.
Die Okzipitalinzision und -punktion ist zwar keine Errungen-
schaft von so allgemeiner Bedeutung, daß es sich verlohnte, öffentlich
Prioritätsansprüche zu erheben. Wenn man aber die Beobachtung
machen muß, daß, trotzdem bereits mehrfach von verschiedenen
Seiten auf die Urheberschaft der Methode hingewiesen wurde, doch
von der Mehrzahl der Autoren auch noch in der allerjüngsten Zeit
diese Urheberschaft ins Ausland, nämlich nach Amerika verlegt wird,
so erscheint es mir Pflicht zu sein, in der in Frage kommenden Fach-
presse darauf hinzuweisen, daß die Methode in Deutschland zuerst er-
funden und auch gleich am Menschen ausgeführt wurde und zwar8 Jahre,
bevor amerikanische Forscher mit den Berichten über ihre Versuche
an Hunden an die Öffentlichkeit traten. Es ist wirklich nicht nötig,
daß wir, die wir heute noch zum größten Teil uns in der Lage
des wissenschaftlichen Boykotts seitens unserer ehemaligen Kriegs-
gegner befinden, irgend welche Errungenschaften auf wissenschaft-
lichem Gebiete, mögen sie noch so gering sein, dem Auslande zu
Gute schreiben. Das ist in letzter Zeit nicht nur mit Forschungs-
ergebnissen von mir so gegangen, nämlich außer mit der Okzipital-
inzision auch mit meiner Melktheorie der Nierenkelche, die von
deutscher Seite einem Holländer zugeschrieben wurde, sondern
auch mit den Arbeitsergebnissen anderer Forscher.
‘Die Okzipitalinzision wurde von mir im Mai 1905 auf Grund
meiner Untersuchungen über die pathologische Anatomie der epide-
mischen Zerebrospinalmeningitis gelegentlich der oberschlesischen.
Genickstarreepidemie zur Behandlung des Pyozephalus und des
chronischen entzündlichen Hydrozephalus vorgeschlagen. Nachdem
ich an Leichen den Ärzten des Knappschaftslazaretts in Königshütte
die Möglichkeit der Ausführung vorgeführt hatte, wurde die Operation
von dem chirurgischen Chefarzt des Lazaretts Hartmann 4mal am
Lebenden ausgeführt. Ich berichtete über die Operation auf dem ober-
schlesischen Ärztetag am 5. Mai 19051) im Anschluß an die Demon-
stration der Eintrittspforte der Meningokokken in den Körper, näm-
lich der Angina retronasalis, und ausführlicher unter Vorlegung
‚ von entsprechenden Situspräparaten des Schädels und Gehirns auf
' der 78. Naturforscherversammlung in Stuttgart 1906 gelegentlich
meines im Auftrage der Gesellschaft gehaltenen Referats über den
Stand unserer Kenntnisse über die Genickstarre?). |
Die Methode der Inzision des Ligamentum atlanto-oceipitale
zur Eröffnung der großen Cisterna cerebello-medullaris an Stelle
der einfachen Punktion habe ich aus. zwei Gründen gewählt: erstens
‚sollte durch die Operation die Zisterne nicht nur geöffnet, sondern
auch drainiert werden und zweitens würde ich damals keinen Arzt
überredet haben können, die Punktion zu wagen, ging doch selbst
der ausgezeichnete Chirurg des Lazaretts nur mit großem Bedenken
und Zagen an die Operation, die ihn in scheinbar bedenkliche Nähe
des „Lebenspunktes“ führte. Für mich, der die topographischen
Verhältnisse eingehend untersucht hatte, war es klar, daß durch
eine Punktion an derselben Stelle die Zerebrospinalflüssigkeit viel
leichter auch zu diagnostischen Zwecken entleert werden könnte,
als es durch die viel schwieriger ausführbare Quinckesche Lumbal-
punktion geschieht, und ich empfahl diese Methode den Kranken-
hausärzten auch in diesem Sinne. Die so begreifliche psychische
Hemmung, von der Nonne in seiner Abhandlung über die Okzipital-
punktion mit Recht spricht, mag es verhindert haben, daß diese
Methode so lange ihrer praktischen Einführung harren mußte, war
1) Schlesische Ärzte-Korrespondenz 1905, Nr. 19...
2) B.kl.W. 1906, Nr. 39.
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192 049% — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.50.°.° 0..." °° 2.14. Dezember.
sieht‘ in der immer stärker werdenden Zunahme des’ Kurpfuschertums eina
` erhebliche Gefahr für die Volksgesundheit und hält deswegen den Erab `
eines Kurpfuschereiverbotes für erstrebenswert. Sollte dieses nicht er-
reichbar: sein, so hält sie es. für zum mindesten. unbedingt geboten, daß
staatliche und Gemeindebehörden, Versicherungsanstalten, Krankenkassen-
verbände usw. jede Unterstützung des. Kurpfusehertums unterlassen und
daß- die Behandlung von, ansteckenden (besonders ’Geschlechts-) Krankheiten
die Rücksicht. auf diese Hemmung doch auch für mich die Ver-
anlassung, bei meinen’Veröffentlichungen lediglich den chirurgischen
Gesichtspunkt zu betonen und den diagnostischen ganz außer Acht:
. zu lassen: DIR an E en n
Als unterstützende, ja fast noch. wichtigere Operation. bei |
-= ehronischem entzündlichen Hydrozephalus habe ich ebenfalls schon
„auf. der Natürlorscherversammlung von 1906 die Unterhorn--
_punktion vorgeschlagen. -Sie führt. unmittelbar. auf- den Hauptherd :
'- der -. chronischen Entzündung, nämlich ‘die Plexus chorioidei. Ich `
‚ besitze sehr schöne Präparate solcher Entzündungserscheinungen der
“Plexus, an denen man die Extravasation der Leukozyten. aus den
‚ Plexusgeläßen in klassischer. Weise. sehen kann.'- Die Unterhorn-
. punktion ist auf mein. Anraten ‘in Deutschland zuerst ausgeführt.
;‘. worden von R..Mülsam im Krankenhaus Moabit in Berlin am
12. November 1906 und zwarmit glänzendem therapeutischen Erfolg).
` Ich.war mir seit langem bewußt; daß die fortschreitende Hirnchirurgie
= . eines Tages.zu: der Resektion dieser entzündlichen Plexuüs, des
“Sitzes der chronischen Infektion, bei sonst unheilbarem chronischem |
- Hydrozephalus schreiten würde. Zu. meiner Freude ersehe ich.
-2 soeben aus der. mir, wohl auf Grund der gleichlautenden historischen
v.. Richtigstellung‘ in der M. m: W. zügeschiekten Arbeit Läwens „Über
Operationen an den Plexus’ chorioidei der’ Seitenventrikel* (Bruns’
. Beiträge zur klinischen Chirurgie, Bd. 125, Heft 1), daß diese Operation
. bereits mehrfach ausgeführt wurde.’ Zwar hat darnach ein Engländer |
< Dandy 1918 und 1919' zuerst über Resektion der Plexus berichtet,
‚aber ` schon. vor vielen Jahren ist in Deutschland und zwar von
Hildebrand und: Wilms, versucht .worden den Hydrocephalus int.
durch Resektion der Plexus chlorioidei zu beseitigen (ohne Ver-.
' öffentlichung der Fälle). Die Tatsache, daß die verschiedensten
. * Forscher unabhängig von'einander auf denselben Weg der Behebung
des chronischen ‚Hydrozephalus gelangt sind, spricht durchaus für
durch Nichtärzte gesetzlich verboten wird. .
| Der-Bericht des Kaiserin Auguste:Viktoria-Hauses, Reiche
anstalt zur. Bekämpfung der. Säuglings- und: Kleinkindersterblichkeit, über
das 15. Geschäftsjahr ‘1923/24: wird durch. einen Aufsatz über den gega-
wärtigen Stand des Säuglings-.und Kleinkinderschutzes im deutschen Reiche
-eingeleitet. Eine Anzahl von Tabellen. veranschaulicht die Zahlen der
Geburten und der Säuglingssterblichkeit der Jahre 1920—1923 im Vergleich
zum letzten Friedensjahr. Beide Ziffern, Geburten-und Sterblichkeit, weisen -
einen Rückgang gegenüber dem Jahre 1913 auf: Für die Geburten lauten '
die Zählen, wenn man 1913 =:.100 setzt, in den Jahren 1920—1992:
ELEND die Richtigkeit:dieses Weges. Es kommt nur darauf an, ihn praktisch
SZENEN. = | gangbar und erfolgreich zu machen, was eine Aufgabe richtiger und -
ERST RE NE DARUNA CUIRM SAN I e ‘rechtzeitiger. Indikation und chirürgischer Technik ist. Was die
i në ENT ARBEIT TE Indikation angeht, .so ‚halte ich’ sie für gegeben hauptsächlich zur
HEER EINE S % Verhütung des chronischen entzündlichen Hydrozephalus, wie ich
ig a ARER N ~>- dag für die Unterhornpunktion ‘ausgeführt habe. Ob die Methode
EEE TAAA ee hia „der. Resektion Aussicht duf Erfolg bei angeborenem nicht nachweislich
Paa ns 0. | entzündlichem Hydrozephalus haben wird, zumal wenn die Operation
de en nn o ‚erst in fortgeschrittenem Stadium vorgenommen wird, erscheint mir
ENTER. hin, fraglich, da wir über dessen Entstehung zu wenig wissen.
d
der Stadt anläßlich der bis dahin mit Sicherheit zu erwartenden Befreiung
| Ä | S | i über die gegenseitige Anerkennung
Er es OR HERRN a ae 2 ae ee Bi - y | der Wohlfahrtspflegerinnen. — —————- > ee ea
en. PERUR ii we | Tagesgeschightliche Notizen. F ee Die Stadt Düsseldorf veranstaltet im. Jahre 1926 . in Verbindung
BE ICH ar k url: ir “ (Nachdruck der redaktionell gezeichneten Mitteilungen nur mit genauer Quellenangabe gestattet) | mit dem Deutschen Hygiene-Museum.in Dresden eine ‚große Ausstellung
I ln Berlin. Ein Gutachten des Landesveterinäramtes behandelt: die | für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen.
a a ETERA HIMI '. - Maßnahmen gegen die Zunahme der Fleischvergiftungen, welche | Die Ausstellung soll, von Mitte Mai bis Ende September ‚geöffnet sein, 3
TEE" = in den letzten Jahren einen beträchtlichen Grad erreicht hat. Die bakterio- daß die Teilnehmer an der Versammlung. der Gesellsch en |
ET; US 2 logischen 'Fleischuntersuchungen haben den Beweis erbracht, daß entgegen | Naturforscher und Ärzte Gelegenheit baben werden, diese Ausste mg |
keel 3 | ©.» der früheren Ansicht die Fleischvergiftungen keineswegs immer durch Er-. | ZU besuchen. Die Vorbereitungen für die Naturforedher vorsins m
a R RN kranken der Schlachttiere verursacht werden, sondern häufig durchdielnfektion | bereits: jetzt: in Düsseldorf energisch in die Wege- geleitet worden. r
ooreen oo des Fleisches nach dem Schlächten, infolge unsachgemäßer Bebandlung und zweiter Geschäftsführer ist neben Geheimrat Schloßmann der an x
Be Siae a sterile A . "Aufbewahrung. Ferner wird die Tatsache häufig übersehen, daß.die fleisch- | Prof. Dr. Wüst, bisher Direktor des Kater Wen [niuma 6 ei
a Pa -` vergiftenden Bakterien, insbesondere der- Bacillus paratyphosus B, auch- forschung erwählt worden, — Die Ausstellung wie die Tagung Be; in
De Ws ©" ohne Beziehung. zu kranken Menschen und Tieren vorkommen. Es können | Schaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, die zugleich ‘ein trouden
gr
a air: a v2. 0°... daher mit Fleischvergiftung- vollkommen übereinstimmende Massenerkran-.
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Zu: | N ` kungen nach dem Genuß anderer Nahrungsmittel auftreten, wenn diese | Yon fremder Besetzung bilden sollen, dürften sich zu einem Ereignis ge
Ye "Nahrungsmittel infiziert sind durch Übertragung von Bazillenträgern oder | Stalten, das weit über das Maß des Gewohnten. hinausgeht,
ee: Sm 8... Dauerausscheidern, besonders dann, wenn diese im Nahrungsgewerbe jeder. | | Ä FOREN TEN Er ae
re aus 02° Art beschäftigt werden: Das Vorliegen einer Fleischvergiftung ist erwiesen, | .. , Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Posner begeht am Den in hen
LE ERSTE N wenn in dem verdächtigen Fleisch und in den ‚Stühlen der erkrankten ae Frische den 70. Geburtstag. Posner hat sein a na open
E Canol SE 2 Personen der Bacillus paratyphòsus B oder der Racillus enteritidis Gärtner | Urologie, durch eine Reihe wissenschaftlicher und praktischer A i ii
ee: las -nachgewiesen wird und diese Kulturen von den Seren der Kranken und und durch die Herausgabe von Lehrbüchern. bereichert.. Dureh den F we
De | von.dem aus dem. verdächtigen Fleisch gewonnenen Fleischsaft in. hoher |: auf die erfolgreiche Tätigkeit als Arzt, Forscher und Lehrer wir ii A
nl IL EN N Verdünnung agglutiniert werden. Bun a > | Rebensarbeit nicht erschöpft. Posner hat als Schriftieiter der „Berliner
ee EMO. UN) AS Die in den. letzten Jahren aufgetretenen Fleischvergiftungen sind zu klinischen Wochenschrift“ Jahre hindurch im Vordergrund dar medizinischer
u mal dl etwa 70 v.H. auf eine postmortale Fleischvergiftung zurückzuführen. Journalistik gestanden. In dieser Stellung hat er sich besondere Meas
ic O S LUR = Gefordert wird ein Gesetz, welches bestimmt, daß die Hausschlachtungen erworben um die Pilege der internationalem Beziehungen ee depi
Tan eo oT aE] =. grundsätzlich beschaupflichtig sind. Ferner wird eine öffentliche Wárnung, schaftlichen Medizin und -durch die. Organisation der ee
en IE g - - yor der Verwendung von robem.Hackfleisch verlangt, insbesondere ein Verbot gresso. ' Zu dieser Aufgabe war er wie wenige ‚geeignet durch ‚die l
RU #0" 2. der Herstellung von Hackfleisch auf Vorrat. .Das häufige Vorkommen von würdigkeit und Verbindlichkeit seines. Wesens. |© +
AANS Saunen U Hackfleischvergiftungen läßt darauf schließen, daß durch die Verkleinerung | ee da RER EEE TEN
NT RN des Fleisches ie Infektionsmöglichkeit: mit Fleischvergiftern vermehrt wird | , „Kiew. Die Gesellschaft für Haut- und Geschlechiskrankheien :
en | HE A und diesen besonders günstige Wachstumsbedingungen ‘geboten werden, | Prof. Erich Hoffmann in.Bonn zum Ehrenmitglied ernannt. ...
las o VER HSAH EET “ womit wahrscheinlich auch eine Steigerung ihrer Virulenz verbunden ist. |: RR: ee ae ee
Se 7 Am DN Womit: WARTE | zO Sn, SINE J Sa Ä Hochschulnachrichten. Leipzig: Priv.-Doz, Dr. Rich; Pfeifer
N tl e Berlin. Die medizinische- Fakultät hat eine Erklärung gegen die | (Psychiatrie und Neurologie) zum nichtplanmäßigen ao. Professor ernannt, —
el a TEREA N E IE | überhandnehmende Kurpfuscherei erlassen. . Die medizinische Fakultät | Würzburg: Das Extraordinariat für gerichtliche Medizin wurde dem P :
en, | AIR ———m Do wu e a N er > dozenten Dr. Herwarth Fischer in Breslau angeboten., Der o. Professor.
ea ST BiT 3) D.m.W. 1916, Nr. 51. der Anatomie Hermann Braus, 56 Jahre alt, gestorben. . -
Druck von L. Schum
acher in Berlin N 4.
Medizinishe Klinik
Wochenschrift für praktische Ärzte
geleitet von
Organ der Berliner Medizinischen Gesellschaft |
Geh, San.-Rat Professor Dr. Kurt Brandenburg, Berlin * Urban & Schwarzenberg, Berlin, Friedrichstr. 105b
Verlag von |
WONUEBIEHAWERTELARTBRERRSELERBEREURBRBRGBGRURGGREUNEEETULENTRUREUHEGERGEBERELUDDERGGUESERSESEERERHERSESELBENGGERBETESTERELNUNGGUREBLSETEUHTRSGERLGRUURGEUBEURUNGRENTEUREEURTUNURGEUSEAUUGEUURURRUSCHUESERBUNERRERÜSEBEERURGUERGURSSGHRERERUNGESEUSERUAEEGIUEELLGULGETRGHRENED
Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Erscheinen gelangenden Originalbeiträge vor
Nr.51 (1045)
Berlin, Prag u.Wien, 21. Dezember 1924
XX. Jahrgang
Klinische Vorträge.
Aus der II. Medizinischen Universitätsklinik in Wien
(Vorstand: Prof. Dr. N. Ortner). -
. Zur Diagnose der akuten Cystopyelitis.
- (Cystopyelitis coliogenes acuta feminarum.)
= Von Priv.-Doz. Dr. Hanns Pollitzer.
M. H.! Als H. Lenhartz!) vor 17 Jahren das Krankheitsbild
der akuten, von den Harnwegen ausgehenden Kolisepsis der Frau
beschrieb und auf dem Naturforschertage in Stuttgart vortrug, wurde
ihm die Anerkennung Friedrich Müllers für seine ausgezeichneten
Beobachtungen zuteil. Friedrich Müller betonte, daß dieses
Krankheitsbild den Arzten bisher unbekannt gewesen sei und ständig
unter falscher Flagge segle. Ich entsinne mich in der Tat, daß
es an der II. Medizinischen Klinik in Wien (v. Neußer) unbekannt
gewesen war. und daß wir es.erst durch Lenhartz kennen gelernt
haben. Befremdender Weise hat sich an diesem Zustande in den
nunmehr vergangenen 17 Jahren nicht viel geändert. Ich wüßte
keine Krankheit zu nennen, mit der die Ärzte so wenig vertraut
sind, die so häufig fehldiagnostiziert wird und bei. der die Febl-
diagnose von so üblen Folgen begleitet ist. Die Ursache dieses
Übelstandes scheint mir unschwer aufzudecken und abzustellen zu
sein. Aus diesem Grunde habe ich den Untertitel für diese Mit-
teilung gewählt. Die Schuld an der Unvertrautheit der Ärzte mit
dieser Krankheit liegt daran, daß sie didaktisch nirgends wirklich
zu Hause ist. Schlägt man die Demonstrationsverzeichnisse interner
Hauptvorlesungen oder die Lehrbücher der inneren Medizin auf, so
trifft man sie entweder gar nicht oder unter den Erkrankungen der
. Niere. Hier gibt es aber eine ganze Anzahl verschiedener Pyelitiden,
die der junge Arzt zusammenwirft und die ihn nicht sonderlich
interessieren, da er sie mehr für Sache von Spezialisten hält. Er
denkt, wenn er die Worte Zystitis und Pyelitis hört, zunächst an
Gonorrhoe, d. h. seine Gedanken stehen. im Bannkreise der Vor-
stellungen von der Zystopyelitis des Mannes. Allein die Koli-
zystopyelitis der jungen Frau ist ein Krankheitsbild sui generis, das
. nichts mit den Zystopyelitiden des Mannes zu tun hat. Es gehört
‘ diagnostisch unter die akuten Infektionskrankheiten als häufigste
Form der Kolibazillensepsis, deren andere Formen mit Recht als
seltene Erkrankungen angesehen werden. Diese Sachlage ist schuld
daran, daß die Ärzte diese Krankheit so wenig kennen: die alten
vielfach nicht, weil sie früher unbekannt war, die jungen nicht, weil
sie ihnen entweder gar nicht oder. nicht in der geeigneten Form
durch die in Fächer zersplitterte Medizin vorgeführt worden ist.
Ich kann es mir nur so erklären, daß wir an der Klinik im
Laufe der letzten acht Monate drei Fälle beobachtet haben, die ich
für typisch halten muß. Im ersten handelte es sich um die junge
Frau eines jungen Arztes, die ich eben noch im Privathause vor der
Appendektomie bewahren konnte. Der zweite Fall war als Appen-
dizitis an einer chirurgischen Station operiert worden. Als nach
Herausnahme der dem Befunde nach normalen Appendix die Patientin
weiterfieberte, wurde sie als Typhus an die Klinik gebracht. Hier
wurde der Harn untersucht, die Diagnose in wenigen Minuten ge-
macht und einige Nierenbeckenspülungen haben diesen schon ver-
schleppten Fall dann rasch zur Heilung gebracht. Der dritte Fall
war als Cholelithiasis an einer chirurgischen Station operiert worden;
als man die herausgenommene Gallenblase normal fand, wurde er
wiederum als Typhus an unsere Station transferiert. Wenn man
1) H. Lenhartz, Über die akute und chronische. Nierenbecken-
entzündung. M.m.W. 1907, Nr. 16, S. 761,
bedenkt, daß alle diese Frauen ganz.unnötig operiert worden sind
und daß eine so einfache Maßnahme wie das Entnehmen von einigen
Kubikzentimetern sterilen Harnes, die Besichtigung des Sedimentes
ünd das Eintropfen desselben in ein paar Kubikzentimeter Bouillon-
kultur das sicher verhütet hätte, kommt man zu der Überzeugung,
daß in der Medizin etwas Organisatorisches nach Reform drängt:
Die Ärzte sind zu nichts leichter geneigt, als einen Patienten ope-
|
rieren zu lassen, und zu nichts schwerer, als einen sterilen Katheter
zur Hand zu nehmen, ein Bouillon-Röhrchen zu beimpfen und ein
Sediment anzusehen. Das letztere scheint ihnen nämlich „Wissen-
schaft“, während das erstere „Praxis“ ist. |
Ich würde Ihnen aber ein schiefes Bild der Sachlage geben,
wenn ich behauptete, daß besagter Katheter und Bouillonröhrchen
unbedingt notwendig sind, um derartige Zufälle zu verhüten. Man
bedarf ihrer nur, um die Diagnose zu sichern. Die Stellung der
Diagnose hängt einfach davon ab, daß man diese Krankheit ein für _
allemale kennt, daß man an sie immer denkt und daß man nicht
alles, was unter hohem Fieber und Schmerzen im Bauch erkrankt,
sofort an eine chirurgische Station schickt, sondern daß man in
einem solchen Falle, wenn man sich seines eigenen Wissens nicht
sicher fühlt, einen Berater zuzieht, der — was immer er auch sei —
das Recht hat, sich einen Diagnostiker zu nennen. Die früher an-
geführten drei Krankengeschichten weisen deutlich aufdenspringenden
Punkt der Sache hin. Ich hätte es vorgezogen, wenn ich nicht
damit der wissenschaftlichen Genauigkeit für 30% dieser Fälle
Abbruch getan hätte, aus didaktischen Gründen diese Krankheit
als Cystopyelitis coliogenes acuta feminina dextra zu bezeichnen,
denn in fast zwei Drittel der Fälle ist die rechte Niere allein oder
zuerst befallen. Wer sich darüber klar ist, wird kaum mehr eine
Fehldiagnose begehen, für die er selbst die Verantwortung trägt,
denn eben wegen dieses „dextra“ bedarf er des „Diagnostikers“.
Die rechte Bauchseite der Frau mit ihren Schmerz- und sonstigen
Phänomenen (vgl. Ortner: Bauchschmerzen) ist seit jeher der Ort
gewesen, an dem der Diagnostiker seine höchste Kunst zu bewähren
hat, und nur jahrzehntelanges Arbeiten in diesem Sinne gibt ihm
Aussicht auf Erfolg. Hier ist der große Rangierbahnhof für alle
Bahnen der abdominalen Diagnostik. Denn es laufen hier zusammen:
Die Symptome von seiten der Leber, der Gallenwege, des Pylorus,
des Duodenum, des Pankreaskopfes, der Flexura coli dextra, des-
Typhlon, der Appendix, der Niere und ihres Bettes, und endlich
des Ovarium, wenn ich von Nebenniere, Beckenknochen, Hüftgelenk
und Drüsensystemen absehe. Von alledem kennt der junge Prak-
tiker, wenn es sich um plötzliche Schmerzen und hohes Fieber
handelt, nur zweierlei: Wenn es weiter oben ist, die Cholelithiasis,
und wenn es weiter unten ist, die Appendizitis, und wird deshalb
immer geneigt sein, das Messer als Dilferentialdiagnostikum zu ver-
wenden. Und so, wie es ihm zumeist dargestellt wird, trifft er
damit auch oft das Richtige, da er die Wahrscheinlichkeit der
Häufigkeit auf die Gesamtheit der Patienten, Männer und Frauen
jeden Alters und Kinder, projiziert. Hätte man ibn aber gelehrt, die
Wahrscheinlichkeit der Diagnose in solchen Fällen auf den engeren
Kreis jugendlicher Frauen und Mädchen zu beschränken, dann sinkt
der Prozentsatz der Richtigkeit seiner zwei Hauptdiagnosen sehr
stark ab und die Wahrscheinlichkeit der akuten Zystopyelitis steigt
sehr stark an. Wenn er dann vielleicht noch erwägen will, wie
arg eine Operationsnarbe den Bauch eines jungen Mädchens ent-
stellt, dann wird er vielleicht mit-Probelaparotomien nicht so rasch
zur Hand sein und größeres Interesse daran nehmen, sich endlich
mit dieser Form der Zystopyelitis vertraut zw machen. f
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. Sache erfordert, und ini Form ‘eines jener Merkb
'. Tropfen die einzelnen Bazillen sehen. | |
. steril, was die Anwesenheit der so leicht wachsenden .Kolibazillen
- vorhanden
' Rate ziehen. Es ist nicht meine Absicht, Ihnen heute in wissen-
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-Erlauben Sir. ‘mir, so trivial zu. bleiben, wie es diese schlichte
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die. sich im Kriege ganz- gut bewährt haben: | ;
Wenn man zu einer jungen Frau .oder einem jungen Mädchen
Jätter 'zu sprechen,.
gerufen wird, die mit plötälichem hohen Fieber und Schmerzen in der.
'‚r6chten Bauchseite erkrankt ist, dann denke man nicht immer bloß
‚an Appendizitis und Cholelithiasis, weil das -heutigen Tages ‘jeder
. Laie. ohnedies tut, Auch die Kunst, eine solche Kranke sofort an
' eine chirurgische Station zu: transferieren, würde der Laie. allein
treffen. Man. untersuche die Kranke, ob sie nicht eine Lüngen-
entzündung, eine Herzklappenentzündung, eine Angina; ein seplisches
Frauenleiden oder irgend eine der exanthematischen und anderen
Infektionskrankheiten hat, Wenn man davon. nichts findet, hingegen-
: Symptome vonseiten der rechten Bauchseite, dann ‚halte man sich
nicht lange mit Tasten und Überlegen.: auf, da jede akute Er-
-~ 'krankung abdominale. Symptome machen: kann. Man. gehe :nach
. Hause und hole, sofern die Patientin längere Zeit ihren Darm nicht;
entleert hat, einen Irrigator, einen ‘sterilen Blasenkatheter, ein steriles
Zentrifugierröhrchen und. éin .Bouillonröhrehen. Dann 'kehre man
zurück und. mache eine Irrigation: Handelt es- sich um eine der
nicht so seltenen’ typhlatonischen Attacken. bei jungen Mädchen —
die nichts mit Appendizitis zu tun haben und Fieber bis 40° er-
zeugen können —, dann wird nach der Darmentleerung am nächsten.
Morgen das Fieber verschwunden. sein und der. Arzt als- Wunder-
doktor gepriesen werden.. Gleichzeitig entnehme man aber ein
paar Kubikzentimeter Ham. (die erste Portion mit Sicherheit ab-
fließen. lassen,. ehe der Harn: für Zentrifugat und Kultur verwendet
-< wird!), gehe nach Hause und sehe. das Sediment im Mikroskop an,
: indem man..in dem größeren Teil der, Fälle‘ die Diagnose der
'Zystopyelitis und selbst der Bakteriurie schon eindeutig stellen wird.:
Das. mit- sterilem. Harn. beimpiteBouillonröhrchen ist indessen in
c. der Apotheke in den Brutofen. gestellt: worden. ‚
‚ am nächsten Morgen besichtigt, kann er.mit freiem Auge die schönen
Wenn es der Arzt
Wolken der Kolibazillen ohne weiters. feststellen, und im hängenden
Oder er findet die’ Bouillon
ausschließt. Hat man im Sediment den: positiven Befund .der
ne Leukozytenhäufchen,: der Epithelien der Harnwege, der roten Blut-
körperchen erhoben und Bazillen kultiviert, dann. bringt man, wenn
man nun am zweiten. Morgen seine Kranke besucht, schon ein dia-
. ‚gnostisches Schwergewicht mit, das die ‘Wagschale in hohem Maße
- nach unten treibt. Nun. muß man aber .die Sache noch von ider
Gegenseite betrachten. Denn jeder’ bakteriologisch-mikroskopische
Befund käiın irreführen und vor. allem kann er niemals die Diagnose.
allein entscheiden. Nun, untersuche. man’:die Kranke nochmals
darauf, ob der Befund zu den übrigen Symptomen paßt, bedenke,
. daß eine.Frau auch eine rechtsseitige-Pyelitis bei gleichzeitiger.
- anderer ‚Erkrankung haben kann, und vor allem, daß man einen
-- Typhus noch immer ausschließen. müsse. Wenn man nun nicht
“mehr. allein zurecht kommt, dann wird es.klar sein, .daß man nicht
einen, Operateur, sondern den. früher genannten erfahrenen Dia-
‚gnostiker zu Räte ziehen muß. Ja, wird man fragen: Vergeht aber
da nicht doch zu viel Zeit, wenn es sich um eine akute Appendizitis
‘- handeln sollte, bei der ja. auch. nebenbei pyelitische ‚Symptome be-
stehen können? . Darauf. muß ich antworten, daß dies. doch nur.
‚selten der Fall ist und vor allem, daß, wenn man sich schon einen
wirklichen ärztlichen Blick ‘erworben hat, diese Gefahr "gar nicht
ist. Denn wer . einmal die Facies peritonealis der
stürmischen intraperitonealen 'Eiterung kennt, der wird ‚sie nicht
mit dem selbst beim höchsten Fieber verhältnismäßig gemütlichen:
- Aussehen einer akuten Zystopyelitis verwechseln. |
Gesicht gilt, gilt auch für das Verhalten 'der Zirkulation, der Re-
Was für das
spiration usw. Hat man aber. diesen ärztlichen Blick noch nicht,
dann muß man eben. von vornherein einen Sachverständigen zu
schaftlich erschöpfender Form’ die Symptomatologie und Differential-
diagnose dieser Krankheit vorzuführen. Denn, wenn Sie im Ge-
dächtnis behalten, was ich eben gesagt habe, dann haben Sie Zeit,
in Ihren Lehrbüchern nachzulesen. Vor allem aber möchte ich Ihnen
empfehlen, die ausgezeichnete Arbeit von Lenhartz zu lesen, die
dieersteund zugleich beste Darstellung-der Pathologie dieser Krankheit |
ist. Zur Difierentialdiagnose werden Sie dagegen in Ortners „Bauch-
schmerzen“ alles vereinigt finden, was in Betracht kommt. Ich habe
nur den Darstellungen der Lehrbücher eine Tatsache hinzuzufügen,
die mir der unmittelbare Anlaß zur Besprechung dieser Krankheit war.
Wir wollen also vorher nur’ kurz daran erinnern: Daß die
Kolipyelitis die typische Krankheit junger Mädchen und junger
s
154 — MRDIZINISOHR KLINIK — Msi’
3 a „. petet
Trosi und: 400 Fieber. Ein anderer Teil der Fälle’ steht tatsächlich
‚mit Traumen' des weiblichen Genitales, mit’ der Defloration, in Zu.
| sammenhang. ` Es scheint ‘mir aber viel wichtiger, zu betonen, daß
į der Arzt auch die Aufgabe hät, Mütter, ‚die ‘derlei wissen und fast
` immer fragen: wie.ein.so junges Mädchen. zu. einer: Blasenentzündung
"komme; darüber aufzuklären,: daß das. nichts "mit, irgendwelchen
Seitensprüngen zu tun habe...:Die großen"Attacken..der Kolisepsis
gehen mit. allen . jenen -Symptomen einher, “die. die Erkrankungen
durch Bakterien der Koligruppe . auszeichnen: Höhem sprunghatten
‚Fieber, .bei dem man an den typischen Organen nichts oder gebr
|. wenig. findet, sehr häufig. mit Herpes verbunden. Wer tasten kam, .
| wird . einen: derben Milztumor finden. . Viel. wichtiger sind’ die:
negativen -Symptome.. Daß der Herz- und Gefäßbefund -selbst ‘bi
sehr hohem Fieber. verhältnismäßig weniger beeinflußt wird, z '
"mindesten keinen bedrohlichen- Eindrück--macht,- wie- etwa die
-stürmischen 'Initialsymptome einer. zentralen Pneumonie oder einer
akuten. periappendikalen Eiterung. Daß der Puls nicht stark be-
- schleunigt zu ‚sein braucht, wenn er auch nicht echt: bradykardisch
wie bei einem Teile der 'Typhusfälle wird. Der. Fieberverlauf hat
|. in einer ‚diagnostischen Erörterung wenig zu suchen, weil- man im
“ja erst später erlährt, während die Diagnose schon..längst gemacht
sein.muß. Als Lokalbefund: findet sich: in diesem: Iitialstadium
eine pralle défense in der rechten Bauchseite, ~die ällenfalls sebr
weit ausstrahlen kann. Erst wenn die stürmischste Initialzeit
| vorüber ist, stellt sich die défense auf die eigentlichen: Zonen ein,
| die der Niere, dem Ureter ünd allenfalls. der- Blase zukommen. Es
-ist also selbstverständlich, däß- die Schmerz-`und Defensezonenscht `
stark mit jenen der akuten Appendizitis "interferieren. Es hieße
den schmerzhaften Ureter, aber diesen Schmerzpunkt.wird man bei
der Niere, zum -größten Teil aber aus défense zusammensetzt; dann
‚wird dies diagnostisch: schwer ins Gewicht fallen. Dagegen hat
‚ der Tastbefund von seiten des Typhlon praktisch nur sehr geringen
Wert,. weil. fast alle akuten Pyelitiden mit atonischer Obstipation
‘einhergehen, die einen Zökaltumor macht. Wer gute Augen hat
'Pölster aus dem Bett, drehe die sitzende, entblößte ‘Patientin, mit
‚dem Rücken zum hellen Fenster, ja, wenn er wirklich Courage hat,
jenes Symptom’ finden, .das in Wahrheit für die Krankheit patho-
bedarf: : Das -eigenartige Aussehen des Nierenbettes, d. h. -der Head-
‚schen Zone der Niere,. die im engeren.Sinne nicht vorne lokalisiert
‚ist, sondern rückwärts über. dem Quadratus: lumborum. Die. vor-
deren Symptome sind alle nùr Ausstrahlungssymptome. Rückwärts
latür' der Lende ' hervorgerufen wird, die bekanntlich, unter patho-
logischen Bedingungen der gleichen: Mimik fähig wird, wie die
des Gesichtes unter normalen. Zu der défense musculaire kommt
‘aber noch der vermehrte Turgor der Haut infolge lokal entzünd-
wischt und,- wenn. es sich um stürmisch entzündliche Reaktionen
der Nierenkapsel und des Lymphsystems handelt, dann fühlen die
Finger, wenn sie eine Hautfalte aufheben, : daß diese tatsächlich
dicker, ja schließlich sogar eindrückbar ist. Im Stehen tritt dam
die „Schmerzhaltung“ hervor, weil der Mensch. sich zur Entlastung
nach‘ der kranken Seite neigt. Es darf auch angeführt werden,
daß jene katarrhalischen Erscheinungen an der rechten Lungenbass,
die durch Hemmung der Zwerchfellsatmung- bei. Cholelithiasis und
Hepatitis so regelmäßig zu finden sind, von der Niere im allge-
meinen nicht ausgelöst werden (v. Neußer). Doch, will ich gleich
bekennen, daß dies alles schon „klinisch“ ist und mania einem
finsteren, unbequemen Privaikrankenzimmer damit scheitern wird.
Der Blick für diese Krankheit muß das Entscheidende. sein, das
den Anlaß zur Untersuchung gibt. | ne
| Der junge Arzt .hüte sich, zu glauben,- daß.zu den Symptomet
| der akuten Pyelitis: in’ den ersten Tagen unbedingt solche der
Zystitis: Harndrang,. Schmerzen, zu fordern seien, - Das wäre dia
Cad
21; Dezember `
Frauen ist, wenn ich von der. Schwangerschaftspyelitis, mit der
Sie. viel .besser vertraut: sind, absehe. .-Das junge Mädchen geht .
‚auf den Ball, „verkühlt sich“, bekommt ‘morgens einen Schütte.
Ihnen ein.falsches Bild vorführen, wenn ich in diesem Initialstadium. .
` von differentialdiagnostischen palpätorischen . Feinheiten sprechen .
würde. Selbstverständlich tastet man per rectum wid- per‘ vaginam
jeder akuten Oophoritis. gleichfalls finden. Tastet- man ’die rechte
| Niere als Tumor, der sich zum Teil aus wirklicher Vergrößerung
und jeme ärztliche- Energie, die man haben solt, der werle alle.
dann lasse er sie trotz 40° Fieber dus dem Bett heraussteigen, was
noch niemals. jemand geschadet ‘hat. Dann wird erin vielen Fällen .
gnomönisch ist, nur daß es dazu eines geschulten: ärztlichen Auges.
über dem Quadratus lumborum sieht man jenes eigenartige Bild, -
das in der Hauptsache durch die défense musculaire der Musku-
lichen Ödems. Durch beides werden die feinen Hautlinien ver- -
a a ae a an
21. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
1795
m
gnostisch so wenig richtig, wie die Meinung, daß für die Chole-
lithiasis ein Ikterus zu fordern sei. Unsere Cystopyelitis juvenum
beginnt als Pyelitis und Sepsis; Symptome der Blase brauchen
zunächst noch gar nicht vorhanden zu sein. Natürlich erleichtert
ihr Vorhandensein die Diagnose.
Aber an jenem zweiten Tage, von dem wir eingangs sprachen,
ist vorerst noch die Differentialdiagnose gegen Typhus zu machen,
zumal ich nochmals betonen muß, daß jeder Typhus bei Frauen,
zu deren Eigenheiten die tiefstehende rechte Niere gehört, mit
Pyelitissymptomen beginnen kann. Da ich zu jungen Ärzten
spreche, die wohl alle im Felde gewesen sind, hoffe ich, nicht von
Ihnen zu hören, daß die Obstipation, die ich für so regelmäßig bei
der akuten Pyelitis erklärt habe, etwa als Gegengrund gegen die
me eines Typhus zu verwenden sei. 50% der Typhusfälle
und der Paratyphen gehen mit Obstipation einher. Viel eher
würden Diarrhoen gegen die Zystopyelitis sprechen. Ich kann
unsere Zeit nicht mit differentialdiagnostischen Feinheiten be-
schweren, da ich auf dem Standpunkt stehe, daß sie alle nichts
wert sein können, wenn es sich um den Einzelfall handelt. Die
Forderung der modernen Zeit muB sein, gleichzeitig mit der Harn-
kultur auch ein Gallenröhrchen mitgebracht zu haben, das mittels
Venenpunktion mit 5 ccm Blut beschickt wird. Wenn Sie Ihrem
Laboratorium die Anweisung gegeben haben, von diesem Gallen-
röhrchen am nächsten Morgen Bouillon . zu beschicken, dann
werden Sie zu Mittag des 3. Tages schon die beweglichen Typhus-
bazillen im hängenden Tropfen sehen, wenn es sich um einen
Typhus in diesem Stadium handelt. Aber Sie wissen, daß für den
Abdominaltyphus noch eine zweite Erscheinung so charakteristisch
ist, daß man geneigt ist, sie als pathognomonisches Symptom an-
zusehen. Diese zweite ist die Leukopenie des Typhus. Und hier
muß ich Ihnen nun von einem ‚Fehler Bericht erstatten, den
ich selbst im letzten Falle gemacht habe und den auch der
ek der Kolipyelitis im Kraus-Brugschschen Handbuch
egeht.
Als wir im Kreise der Ärzte die dritte, als Typhus trans-
ferierte Patientin zum ersten Mal untersuchten, erklärte ich, daß
sie sehr wohl einen Typhus haben könne, was ja am nächsten
Tage klargestellt sein werde, daß ich aber den Fall nach meinem
Empfinden für eine Kolipyelitis hielte. Und dann fügte ich auf
Grund einer Lehre, die wohl allgemein verbreitet ist, hinzu, daß
wir schon in einer Stunde klarer sehen würden: Falls eine Leuko-
penie vorhanden sei, werde es ein Typhus sein, da die Kolipyelitis
mit Leukozytose einhergehe und niemals eine Leukopenie mache.
Als mir nun am nächsten Tage der erste Blutbefund vorgeführt
wurde — Leukopenie von 5000 Zellen bei 40° Fieber mit hohem
Lymphozytenstandard und zwei Myelozyten im Präparate —, da wurde
mein diagnostisches Denken so stark ins Wanken gebracht, daß ich
in Anbetracht des positiven Harnbefundes erklärte, es müsse sich
also um eine Frau handeln, die gleichzeitig eine Pyelitis und einen
Typhus habe. Ich wußte nicht, daß ich bei diesem Falle von einer
Lehre Abschied nehmen sollte, die wir seit jeher tradiert hatten,
die aber nie richtig gewesen war. Als am nächsten Tage die Blut-
kultur auf Typhus negativ gewesen war und am dritten Tage trotz
dauernder Kontinua die Leukopenie verschwunden war, da hatte
ich gelernt, daß eine Zystopyelitis im Initialstadium mit der
gleichen Leukopenie und Myelozytose einhergehen könne wie ein
Typhus. Wir haben überhaupt im Laufe der Zeit verstehen ge-
lernt, daß unsere bakteriologische Betrachtungsweise der morpho-
logischen Erscheinungen im Blut irrtümlich gewesen war: Jede Art
von massiger Sepsis, ob es sich um die Koligruppe handelt, um
Tuberkelbazillen, um Malariaplasmodien, um Syphilisspirochäten,
kann mit einer Leukopenie einhergehen, während die umschriebenen
eitrig-entzündlichen Prozesse sich in Leukozytosen auswirken. Ich
muß aber zu meiner Beschämung gestehen, daß ich bei nach-
träglichem Nachlesen der ersten Mitteilung von Lenhartz ge-
funden habe, daß dieser Autor schon das Vorkommen von Leuko-
penie bei der akuten Pyelitis vermerkt hat. Den gleichen Fehler
wie ich hat Leschke, der Bearbeiter im Krausschen Handbuch be-
gangen, der das Bestehen einer Leukozytose gleichfalls als ent-
scheidendes, differentialdiagnostisches Merkmal gegen Typhus an-
führt. Wir müssen diese Lehre nach beiden Seiten hin reformieren:
denn erstens kann jeder Typhus im wirklichen Initialstadium ganz
gut eine leichte Leukozytose machen; zweitens hat sich bei unseren
Massenerfahrungen im Felde herausgestellt, daß höchstens das
Fehlen einer Leukozytose ein Kennzeichen der typhoiden Erkran-
kungen ist, nicht aber die echte Leukopenie, die nur bestimmten
Fällen zukommt. |
Der Widerstreit der Meinungen über die Entstehungsweise der
akuten Pyelitis der jungen Frau: hie „hämatogen“, hie „aszendierend‘“,
scheint sich dahin zu entscheiden, daß keines von beiden richtig
ist. Ich erwähne das nur, weil es mir therapeutisch wichtig er-
scheint. Es scheint, daß die meisten Koliinfektionen des Nieren-
beckens vom Typhlon ausgehen, von dem die Kolibazillen bei
Stagnation auf bekannten Lymphbahnen in die Niere einwandern.
Das ist der Grund, warum die Pyelitis eine so exquisite Krankheit
der jungen Frau ist, die einerseits durch die Neigung zur Typblatonie
ausgezeichnet ist, andererseits durch den Tiefstand der rechten
weiblichen Niere zu Infektionen dieser Niere neigt. Das ist auch
der Grund, warum gerade die rechte Niere so stark bevorzugt ist.
Ich glaube auch, daß der etwas überschätzte Zusammenhang mit
Vorgängen am Genitalapparat und der sichere Zusammenhang mit
Verkühlung dadurch erklärt wird. Die Nieren- und Blasengefäße
reagieren außerordentlich fein auf Kältetraumen, besonders auf
solche, die von den Füßen ausgehen. Daher die eigenartigen Blasen-
erkrankungen bei Männern im ersten Karpathenwinter und die
außerordentliche Häufigkeit der akuten Nephritis im Schützeigraben
bei Infektion mit den gleichen Pneumokokken, die unter Friedens-
verhältnissen bloß Lungenentzündungen, aber nur höchst ausnahms-
weise Nierenentzündungen machen. (Daß die Feldnephritis eine
Pneumokokkenerkrankung war, scheint mir der vollkommene Paralle-
lismus der Kurven der akuten Bronchopneumonien und Bronchitiden
und jener der Schützengrabennephritis, die ich durch drei Jahre
bei einer Armee angelegt habe, zu beweisen.) Damit ist auch
der Zusammenhang mit den genitalen Traumen klar, die keineswegs,
wie man meinte, durch „Eröffnung von Blutbahnen“ wirken, sondern
durch vasomotorische Reflexe, die vom Genitale auf andere Abdominal-
organe ausstrahlen. Genau so wie ein Kältetrauma, das die Blut-
gefäße der Schwellkörper der Nase irritiert, zur Einwanderung von
pathogenen Bakterien führt, die schon längst in der Nase gehaust
haben, können die Kolibazillen aggressiv werden, die vermutlich
auch sonst vereinzelt in die Lymphbahnen auswandern.
Ich muß nur noch etwas anmerken, was freilich nur für unsere _
Gegend Gültigkeit hat. Daß nämlich diese akute Pyelitis mit Vor-
liebe einen ganz bestimmten Frauentypus befällt, der durch eine
besondere Vulnerabilität der Niere ausgezeichnet ist. Es ist das ein
Typus — abgesehen von den Kindern —, der durch besonders feine
blonde Haare, große blaue Augen, das kleine Tropfenherz, die enge
Aorta und sehr häufig große Tonsillen ausgezeichnet ist. Bei ihm
findet man bei uns die neurotische orthostatische Albuminurie, findet
die läsionellen Typen der orthotischen Albuminurie, die beide nichts
anderes sind als herdförmige Glomerulonephritiden von besonders
geringer Ausdehnung und besonderer Harmlosigkeit, mit toxischer
Reaktion von Seiten der ganzen Niere. Man findet bei diesem Typus
auch die Nephrolithiasisfälle der Jugendlichen. Ebenso sind es diese
Frauen, die bei uns das Hauptkontingent der ohne Schwangerschaft,
ohne Defloration und ohne Blaseninfektion auftretenden Pyelitiden
junger Mädchen stellen. Natürlich ist nicht die Haarfarbe das Ent-
scheidende, sondern die Zartheit der Integumente; deshalb findet
man diese gleiche Vulnerabilität der Niere in England und Holland
bei Rothaarigen (Moxton, Pel). Der eine von meinen drei Fällen
war eine schwarzhaarige junge Polin, weil bei diesen auch schwarze
Haare gleicher Feinheit vorkommen; allerdings hatte sie blaue Augen.
Nun noch ein Wort zur Therapie. Sehr zahlreiche Maßnahmen
haben sich bei der akuten Kolipyelitis wirksam erwiesen. Sie ist,
zumindesten was das akute Stadium betrifft, ein therapeutisch er-
quickliches Kapitel. Ich kann Ihnen, um der Einfachheit willen am
besten folgendes Schema anraten: Abgesehen von allen Maßnahmen,
die man zur Linderung der Beschwerden eines hochfiebernden
Menschen anwendet, 5 cem 20 % iger Urotropinlösung intravenös ein-
zuspritzen, am besten jeden zweiten Tag. Dazu die ständige Sorge
für Stuhlentleerung durch tägliche Irrigationen. Sind Tenesmen der
Blase oder des Ureters vorbanden, dann tritt der Thermophor in seine _
Rechte und mir haben sich Suppositorien von 5 cg Belladonna und
5 dg Lupulin sehr gut bewährt. Wo aber höchst stürmische Schmerz-
phänomene vorhanden sind, werden Sie ohne Scheu zum Morphium
greifen, da diese Sachlage ja gewiß nicht lange andauern wird.
Eine besondere Diät ist bei diesen Kranken in diesem Stadium,
wo sie kaum mehr als leichteste Diät vertragen, nicht notwendig
und im späteren gleichfalls nicht, denn ich halte es für ein Vor-
urteil, daß man durch irgendwelche Diät die Entwicklung einer
Nephritis verhüten könne. Auf diese Weise werden Sie in abseh-
barer Zeit den Abfall des meist in mehreren Attacken verlaufenden
Fiebers sicher erzielen. Nur die Schwangerschaftspyelitis macht
davon oft eine Ausnahme, weil sie manchmal nicht eher weicht als bis
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00.7.1996 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51. . © <.> i | 2. Dezember
. die Schwangerschaft beendet ist. Aber Sie dürfen sich von dem thera-
' peutischen Erfolge nicht blenden lassen. So leicht das akute Stadium
der Krankheit zu bekämpfen ist,. so gerne neigt sie zu Rezidiven.
In diesem Falle — auch im perakuten Stadium, wenn eine Anurie
vorhanden ist — werden Sie sich: -nicht mehr auf die interne Be-
handlung verlassen, sondern werden zu den außerordentlich wirk-
samen. Nierenbeckenspülungen greifen, diein allen gutartigen Fällen
‘schließlich zum Erfolge führen. Eine Vakzinetherapie mit Kolivakzine.
' mit den Spülungen zu kombinieren, dürfte zweckmäßig sein; wahr- `
‚scheinlich können Sie: jede Art anderer Proteinkörpertherapie und
Reizkörpertherapie mit dem gleichen Erfolg anwenden. Im chronischen -
Stadium treten dann auch die Halbbäder, die alkalischen Wässer,
. Moorbäder und'-Packungen usw. in ihre Rechte. Ich möchte Sie
. nochmals daran mahnen, daß Sie solche Patientinnen nicht mit Diäten
..belästigen, die gar keinen Sinn haben. © ” | |
hervorgerufen wird. - Es kommen .aber auch reine Atelektasen vor,
welche größere Lungenteile oder selbst ganze Lappen ergreifen, wenn .
ein strikturierender Bronchialkrebs,- der ganz auf seine Ursprungs-
stelle beschränkt bleiben kann, dem peripher gelegenen Lungen
gewebe die Luftzufuhr abschneidet. Beruht eine Verschattung im’
| Röntgenbilde nur auf Atelektase, so, känn sie eine schnelle Ver-
kleinerung: dadurch erfahren, daß der entlüftete Bezirk kollabiert und
\ufthaltiges Gewebe. der Nachbarschaft seine Stelle ausfüllt. Ein der-
artiger Fall,-in dem eine Verschattung anfangs einen größeren Teil
des oberen Lungenfeldes einnahm, sodann aber zu einem schmalen
_ paravertebralen Streifen zusammenschrumpfte, ist in Abb. 256 und
257 meiner Röntgendiagnostik' (3. Aufl.) abgebildet. Die Autopsie
ergab den Verschluß des rechten Oberlappenbronchus durch ein.
' kleines strikturierendes Karzinom und völlige Atelektase des gänzlich
zusammengeschrumpften Oberlappens. Häufiger ist der Verschluß
‚eines Bronchus durch, einen Krebs nicht vollständig, sondern &
entsteht nur eine relative’ Bronchusstenose. -`
Die. Kennzeichen der Bronchusstenose sind z. T. schon bei
‚der Inspektion geschildert, durch, die Röntgenuntersuchung können
sie aber am deutlichsten wahrgenommen werden. Sie bestehen in
- Abnahme der Helligkeit‘. des. Lungenfeldes, ‚Enge der Interkostal- :
räume, steilem Rippenverlauf, Hochstand ‘und mangelhafter Beweg-
lichkeit des Zwerchfells, Verziehung der Mediastinalorgane und
manchmal auch inspiratorischer Bewegung derselben nach der Seite.
der Stenose. Schon diese Symptome allein. können den Verdacht
‘auf ein Bronchialkarzinom lenken, weil es eine relativ häufige Ur-
‚sache einer ‚Bronchusstenose ist,. selbst wenn eine allgemeine Ver- .
schattung des Lungenfeldes durch ein komplizierendes Pleuraexsudat
‘die Abzeichnung. eines Tumorschattens’ selbst verhindert. Pleura-'
.ergüsse ohne Bronchusstenose pflegen im Gegensatz hierzu Herz
‘und Mediastinum nach .der entgegengesetzten Seite zu verdrängen. -
Dagegen können ähnliche Erscheinungen wie bei der Bronchusstenose,
aber nicht eine inspiratorische Bewegung des Mediastinums nach der
‘kranken Seite‘ hin durch. Pleuraschwarten hervorgerufen werden.
... Zu diesem Ausdruck des Tumors und seiner unmittelbaren
Folgeerscheinungen treten häufig Komplikationen, welche das Röntgen-
bild weitgehend beeinflussen. Der Tumor kann im Innern nekrotisch
zerfallen. Nach Aüsstoßung der abgestorbenen. Gewebsteile entstehen
Höhlen, die entweder leer oder mit eitriger oder putrider Flüssigkeit’
gefüllt sind. Sie zeichnen sich bei genügender Ausdehnung im
Röntgenbilde als rundliche Aufhellungen innerhalb einer Verschattung
ab und. lassen mitunter einen horizontalen, bei Lagewechsel sich
‚stets wagerecht einstellenden Schattenspiegel am Grunde erkennen,
wenn sie Flüssigkeit ünd Luft zugleich enthalten. Hierdurch kann
das Bild eines Lungenabszesses vorgetäuscht werden © = '
=- Wohl die häufigste Komplikation des Bronchialkarzinoms,
welche auch das Röntgenbild erheblich verändert und die’Diagnose
. erschwert, ist das Auftreten eines Flüssigkeitsergusses in der
Pleurahöhle. Hierdurch entsteht eine allgemeine Trübung des
Lungenfeldes, innerhalb deren ein Tumorschatten selbst nicht mehr
zu differenzieren ist. Manchmal gelingt dies noch nach Ablassen des
ee oder nach Ersatz desselben durch eingeführte Luft.
. (Stahl). - A Pe o,
Oft werden bei einem Bronchuskarzinom ausgedehnte Ver-
‚breiterungen des Mediastinalschattens gefunden, die durch Ge-
schwulstbildung im Mediastinum zustande kommen. In nieht
ganz seltenen Fällen überwiegen im klinischen und im Röntgenbilde
die durch einen Mediastinaltumor hervorgerufenen Erscheinungen
derart, daß demgegenüber das primäre Bronchialkarzinom, welches
auch tatsächlich sich auf einen ganz geringen Umfang beschränken
kann, ganz zurücktritt und deshalb intra vitam. übersehen wird.
'Es wird dann erst bei der Autopsie entdeckt, manchmal aber auch
hierbei erst nach längerem Suchen gefunden. Manche Fälle von
Mediastinaltumoren, die von nicht sehr erfahrenen Obduzenten als
Sarkom des Mediastinums diagnostiziert ‘werden, sind tatsächlich
‚nur Metastasen eines unerkannten Bronchialkarzinoms. Die Ver-
wechselung wird dadurch besonders begünstigt, daß auch bei mikro-
skopischer Untersuchung häufig eine regellose, kleinzellige Reschaffen:
"heit der Tumoren vorherrscht, und Zeichen eines. alveolären Banes,
welcher den karzinomatösen Charakter verrät; erst nach tangao-
Durchsicht gefunden werden. S a
Wie diese hier absichtlich nur in beschränktem Maße durdr
geführte Schilderung der verschiedenen Erscheinungen der Langer-
tumoren im Röntgenbilde erkennen läßt, muß der Röntgendiagnostiket
pathologisch-anatemisch geschult sein. Je erfahrener er ist, am 9
mehr wird er neben der Tumordiagnose häufig eine Reihe anderer
Erkrankungen, die zu ähnlichen Verdichtungs- oder Zerlallsprozess®!
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M.H. Wenn Sie mich nun nochmals fragen: woraus diagnostiziert
man eine Kolipyelitis? darf ich einfach antworten: indem man immer
daran denkt, wenn ein junges weibliches Wesen unter hohem Fieber
und Bauchschmerzen erkrankt und deshalb die darauf gerichtetėn
. Untersuchungen vornimmt: Wenn Sie sich daran halten, dann ist
. die so vielfach fehldiagnostizierte akute Pyelitis die leichteste dia-
> gnostizierbare abdominale Erkrankung, die es überhaupt gibt.
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‚Aus der Medizinischen Klinik zu Leipzig.
S | (Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. v. Strümpell).
`. Zar Frage der Pathogenese und zur Klinik des
| - Bronchialkarzinoms. (Schluß aus Nr. 60)
Von Prof. Dr. H. Assmann, Oberarzt der Klinik.
=.. Wohl ‘die deutlichste Kunde über Sitz und Ausdehnung des
. Krankheitsprozesses gibt die Röntgenunterısuchung. Sie ist
-ganz besonders deshalb wertvoll, weil sie auch bei zentralem Sitz
der Geschwulst einen positiven Befund liefert, während das Er-
‚gebnis der‘ Perkussidn und Auskultation ganz negativ, sein kann.
Die Darstellungsform des primären Bronchialkarzinoms im Röntgen-
bild ist. sehr verschiedenartig entsprechend den verschiedenen
"anatomischen Formen, unter denen es auftritt, und den mannigfachen
Komplikationen, zu denen es führen kann. ` |
'- Die selteneren Lappenttumoren, die meist von einem Bronchus
mittlerer. Ordnung ausgehen und sich im Bereiche eines Lappens oder
“in Teilen desselben entwickeln, rufen zusammenhängende dichte Ver-
schattungen hervor, die sich-mit mehr oder weniger scharfer Grenze
' gegen das übrige helle Lungenield abheben. Am schärfsten pflegt |
die Abgrenzung bei rechtsseitigen Oberlappentumoren zu’ sein, bei
denen die untere Grenzlinie entsprechend: der Obermittellappengrenze
nahezu wagerecht verläuft.. Da die. Spitze gewöhnlich nicht voll-
kommen vom Tumor durchwachsen wird, bleibt diese -meist hell
(Otten). Sehr viel weniger scharf setzen sich gewöhnlich die Ver-
. schattungen, welche von Unterlappentumoren hervorgerufen werden
und demgemäß in dem unteren Teile des Lungenfeldes entstehen,
gegen die freie. Umgebung ab. Durch die Röntgenuntersuchung selbst.
nicht darstellbar sind diejenigen Bronchialkrebse, welche in dem
Teil der großen Stammbronchien gelegen sind, der vom Mittel-
. schatten verdeckt wird; dagegen können bisweilen ihre Folgeerschei-
= nungen erkannt werden, wenn sie nämlich Bronchussienose ver-
ursachen oder eine sekundäre Geschwulstbildung in den Lungen
‘oder im Mediastinum hervorrufen. | ae:
- - Nach meinen Erfahrungen die häufigsten Formen des Bronchial-
' karzinoms sind die vom Lungenhilus ausgehenden Geschwülste. -
. Sie erzeugen eine die Größe und Dichte des gewöhnlichen Hilus-
= schattens übertreffende Verschattung in der Hilusgegend, die sich
meist nicht ganz scharf gegen die hellere Umgebung absetzt. Von hier
gehen häufig radiär verlaufende und in der Peripherie maschenartig
sich verzweigende Schattenstreifen ins helle Lungenfeld aus, die karzi-
nomatös infiltrierten Lympbgefäßen entsprechen (Lymphangitis carci-
nomatosa). Durch eine auffallende glatte scharfe Abgrenzung zeich-
neten sich die bis zu gänseeigroßen Hilusverschattungen der von
Saupe beobachteten Fälle des Schneeberger Lungenkrebses aus.
Keineswegs alle Verschattungen, die in Fällen von Lungen-
tumoren im Röntgenbilde gefunden werden, rühren vom Tumor-
gewebe selbst her; vielmehr kommen sie oft durch Infiltration oder
Atelektase der Lungenbezirke zustande, die im Bereiche eines steno-
sierten Bronchus liegen. Oft entsteht so eine Lungenverdichtung,.
die durch ein Gemisch von Tumor, karzinomatöser Infiltration der
Lymphgefäße, Atelektase und pneumonischer Infiltration der Alveolen
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21. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
Anlaß geben und deshalb auch ähnliche Röntgenbilder hervorrufen,
mit in den Kreis der Erwägung ziehen und die Diagnose erst unter
Berücksichtigung sämtlicher klinischer Symptome und der Angaben
über den Verlauf stellen. Der naiven Forderung, die gerade von
unkundiger Seite oft erhoben wird, allein aus dem Röntgenbilde
eine Diagnose zu stellen, sei auch hier entgegen getreten, so sehr
andererseits die von vielen Stellen noch lange nicht genügend be-
achteten, überaus wertvollen und gerade bei der Diagnose des
Bronchialkarzinoms vielfach überragenden Ergebnisse der. Röntgen-
untersuchung auf das Nachdrücklichste im Rahmen des Gesamt-
bildes hervorgehoben werden sollen.
Eine weitere diagnostische Untersuchungsmethode, die bei
dem Bronchialkarzinom die Diagnose fördern kann, ist die Tracheo-
bronchoskopie. Mittelst dieser können die Geschwülste, welche
in der Luftröhre oder den großen Bronchien liegen, direkt gesehen
oder die Stenose eines größeren Bronchus erkannt werden. Diese
Methode bildet also eine wertvolle Ergänzung zur Röntgenunter-
suchung gerade in den Fällen, in denen diese mitunter versagt,
wenn nämlich die Primärgeschwulst innerhalb des Mediastinal-
schattens nicht differenziert werden kann. Die von den kleineren
Bronchien ausgebenden Geschwülste und die Ausdehnung der
Tumoren in der Lunge sind der Bronchoskopie unzugänglich; sie
führt deshalb nur in einem kleineren Teil der Fälle zu einem
Ergebnis. |
Es sind nun noch verschiedene wichtige klinische Zeichen
zu nennen, die mitunter durch Folgeerscheinungen eines
Bronchialkarzinoms hervorgerufen werden, aber keineswegs
immer vorhanden sind. Zum Teil handelt es sich um krankhafte
Verdichtungen der Lunge, die als Komplikationen zu dem Grund-
leiden hinzutreten, zum Teil um Kompressionssymptome, die durch
Druck von Geschwulstmassen und zwar häufiger durch Metastasen
als durch den Primärtumor selbst, auf andere Organe hervor-
gerufen werden. |
Die Lungenerscheinungen, die sich häufig an ein Bronchial-
karzinom anschließen, sind schon größtenteils bei der Schilderung
der Röntgensymptome erwähnt; hier seien nur ihre bervorstechendsten
klinischen Symptome kurz genannt.
eines Bronchialverschlusses entsteht, ist durch Dämpfung, anfge-
hobenes Atemgeräusch oder bei Fortleitung des Atemgeräusches von
noch lufthaltigen Bronchien her durch Bronchialatmen gekennzeichnet,
eine pneumonische Infiltration bewirkt ähnliche , Erscheinungen,
ebenfalls eine gangränöse Verdichtung des Lungengewebes. Klinisch
wahrnehmbare Höhlensymptome wie amphorisches Atmen usw.
werden bei gangränösem oder abszedierendem Zerfall eines Tumors.
kaum je wahrgenommen, da der Sitz der Höhle meist zentral gelegen ist.
Dagegen bietet die Beschaffenheit des Sputums in diesen Fällen
deutliche Zeichen, die denen bei primärer Lungengangrän goder
‚prinärem Lungenabszeß vollkommen gleichen, und bei Gangrän in
stinkendem Geruch und Gehalt von nekrotischen Gewebsietzen, bei
Abszedierung in vorwiegend eitriger Zusammensetzung des Sputums
bestehen. | a
Sehr häufig schließt sich an ein Bronchialkarzinom bei Über-
greifen desselben auf das Brustfell eine karzinomatöse Pleuritis
‘an. Pleuritisches Reiben wird meist nur vorübergehend gehört.
Sehr bald entwickelt sich gewöhnlich ein ausgedehntes Exsudat,
(das auch nach Ablassen sich in der Regel, aber nicht ganz ausnahms-
los wieder ansammelt. Die.Puntionsflüssigkeit ist von gelber seröser
oder häufig auch von mehr oder weniger hämorrhagischer Be-
schaffenheit. Das spezifische Gewicht beträgt meist 1012 bis 1015,
schwankt aber in etwas größeren Grenzen nach oben und unten.
Der Albumengehalt ist gewöhnlich 15 bis 30, meist gegen 20°/go-
Die Rivaltasche Probe ist meist positiv. Im Sediment werden: ge-
wöhnlich Lymphozyten und Erythrozyten, ferner einige Pleura-
endothelien, nur vereinzelt polynukleäre Leukozyten gefunden. Eine
Diagnose auf Tumorzellen ist selten und wohl nur dann mit Sicherheit
zu stellen, wenn die Zellen in großen Verbänden liegen und von
den ebenfalls bisweilen zusammenliegenden Pleuraendothelien deutlich
zu unterscheiden sind. Die von Stadelmann und Pick beschriebenen
Siegelringzellen, die diese bei metastatischer karzinomatöser Pleu-
ritis fanden, sind kaum unter den diagnostischen Zeichen eines
primären Bronchialkarzinoms anzuführen. |
< Unter den Kompressionssymptomen, die am häufigsten
von Geschwulstknoten und Drüsenmetastasen im Mediastinum hervor-
gerufen werden, ist vor allem eine Heiserkeit der Stimme zu
nennen, die oft schon frühzeitig die Aufmerksamkeit auf sich lenkt
und bisweilen überhaupt das erste Krankheitssymptom darstellt.
Sie beruht auf Drucklähmung des Nervus recurrens durch
Die Atelektase, die infolge -
eine am Lungenhilus bzw. im Mediastinum ‚gelegene Geschwulst.
Markante Erscheinungen mit Zyanose und Ödem der oberen Ex-
tremitäten und des Gesichts entstehen ferner durch Kompression °
der Vena cava superior ebenfalls durch Mediastinaltumoren;
häufiger finden sich nur die Anfangszeichen der Kavakompression
in Gestalt erweiterter Venen an der vorderen Brustwand. Durch
Übergreifen des Bronchialkarzinoms auf die Wand des Ösophagus,
durch welches dieser nach der Seite der karzinomatösen Bronchus-
stenose hinübergezogen wird, können Schlingbeschwerden zustande
kommen, seltener infolge Kompression durch Tumormassen selbst.
Mitunter entstehen infolge Druck des Plexus brachialis durch Ge-
schwülste heftige Schmerzen im Arm und durch Kompression. der
ableitenden Armvenen ein Ödem des Armes.
Außer im Mediastinum und den benachbarten äußeren Lymph-
drüsen, vor allem in den Supraklavikulargruben, können Metastasen
in allen möglichen Organen entstehen, in denen auch andere primäre
Krebse Tochtergeschwülste erzeugen, so z. B. in der Leber, die in
Besonders zu
manchen Fällen von großen Knoten durchsetzt ist.
erwähnen sind Knochenmetastasen, weil sie manchmal schwere
klinische Erscheinungen machen und mitunter das klinische Bild -
ganz beherschen, während das verursachende kleine Bronchialkarzinom
unerkannt bleiben kann. Sie rufen nicht selten starke Knochen-
schmerzen hervor, die vor der richtigen Erkennung des wahren
Sachverhalts mitunter für hysterisch oder ıheumatisch gehalten
werden. Röntgenaufnahmen der. Knochen schaffen am sichersten
Klarheit. Recht oft wird infolge Zerfall eines von Krebsmetastasen
zerstörten Wirbelkörpers und Kompression durch die benachbarten
Wirbel das Bild einer Querschnittsmyelitis hervorgerufen. Die
Knochenmetastasen sind beim Bronchialkarzinom ziemlich häufig,
an absoluter Häufigkeit stehen sie freilich denen beim primären
Mamma-, Magen- und Prostatakarzinom wohl nach. Eine ganz be-
sondere Eigentümlichkeit des Bronchialkarzinoms, die dieses wohl
nur noch mit dem Hypernephrom teilt, ist seine Neigung zur
Metastasenbildung im Gehirn, die bei anderen Geschwülsten
sonst ausgesprochen selten beobachtet wird. Durch die Entwickelung
multipler metastatischer Hirnherde, die mitunter noch mit karzino-
matösen Herden in den Schädelknochen oder mit einer karzino-
matösen Meningitis kombiniert sind, entstehen manchmal schwer
zu deutende neurologische Krankheitsbilder, bei denen nur die
Multiplizität der Herde auf einen metastatischen: Charakter der Ge-
schwülste hinweist, sofern andere und vielfach näherliegende Dia-
gnosen auf enzephalomalazische oder enzephalitische Herde vor allem |
durch das Symptom des dauernd erhöhten Hirndrucks ausgeschlossen
werden können. In anderen Fällen kommt aber auch das Bild eines
solitären Hirntumors zustande, der sehr leicht für eine Primär-
geschwulst gehalten werden kann. Nur eine sorgfältige Untersuchung
einschließlich der nicht zu unterlassenden Röntgendurchleuchtung des
Thorax kann zur Aufdeckung des wahren Zusammenhanges führen..
Diese Feststellung ist auch von praktischer Bedeutung, da die
operative Beseitigung .eines metastatischen Hirntumors ohne Ent-
fernung der Primärgeschulst zwecklos erscheint. Im Zusammenhang
mit der gemeinsamen Vorliebe von Lungen- und Nebennierenge-
schwülsten für Gehirnmetastasen, ist noch die anatomisch interessante
Tatsache zu erwähnen, daß auch Nebennierenmetastasen bei Bronchial-
karzinom auffällig häufig gefunden werden. 2
Es sollen nun noch die wichtigsten differentialdiagnosti-
schen Erwägungen erörtert werden, die beim Bronchialkarzinom
am häufigsten in Betracht kommen. Freilich ist eine umfassende
Schilderung aller der Zustände, die mit den zahlreichen Komplikationen
des Bronchialkarzinoms gemeinsame Züge aufweisen und dadurch
gelegentlich zu Verwechselungen Anlaß geben können, an dieser
Stelle nicht beabsichtigt. | i i
Die größten Schwierigkeiten kann die Unterscheidung von
einer chronischen Pneumonie bereiten. Hier wie dort handelt
es sich um einen langandauernden, manchmal mit Temperatur- -
steigerungen, manchmal fieberfrei verlaufenden Prozeß, der zu Ver-
dichtung einzelner Lungenpartien und zu Schrumpfung einer Thorax-
seite mit verminderter Ausdehnungsfähigkeit bei der Atmung führt
und im Röntgenbilde eine Verschattung des Lungenfeldes hervorruft.
Die Anamnese ist insofern von besonderer Wichtigkeit, als sie bei
einer chronischen Pneumonie meist die Entwickelung mit akutem
Beginn und höherem Fieber erkennen, beim Tumor dagegen ein
solch akutes Anfangsstadium vermissen läßt. Doch kommen hier-
von auch Ausnahmen nach beiden Seiten hin vor. Mitunter ist auch
im Beginn einer mehr schleichend verlaufenden pneumonischen In-
fektion keine fieberhafte Periode vorhanden und andererseits setzen
in einzelnen Fällen, die ich selbst beobachtete, bei einem Bronchial-
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eine Komplikation des Krebsleidens verursacht werden. Besonders | des Mediastinalschattens liegenden Stammbronchus beschränkt, fehlen
| verdächtig auf Bronchialkarzinom sind wiederholte Hämoptysen bei
| i | Bronchus (vgl. Abb. 138 meiner Röntgendiagnostik). Durch ein
vaskuläre Verdichtungsprozesse hervorgerufen wird, bei: beiden Er- |
' losen. ehemaligen tuberkulösen Infektion ihre Entstehung verdanken,
infiltrationen und Indurationen anderer Ätiologie, z. B. solche auf
dort Ausläufer entlang den peribronchialen und perivaskulären
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1798 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.51.. 2 ee
karzinom, das bisher latent verlief, die ersten Krankheitszeichen.
a |. zwar häufiger durch ein Bronchialkarzinom hervorgerufen: sie können
mit Schüttelfrost und hohem Fieber ein, welche dann wohl durch | aber auch bei einem Krebs, der sich allein auf den noch innerhalb
) | und andererseits auch durch Komplikationen eines Aneurysmas har.
älteren Leuten; auch diese können aber bei chronischer Pneumonie | vorgerufen werden. Insbesondere führt ein Aneurysma des Aorten.
aus bronchiektatischen Höhlen stattfinden. Im Röntgenbilde können | bogens, welches auf dem linken Bronchus reitet, bisweilen zu einer
Verschattungen ausgedehnter Partien der Lungenfelder wie auch | Stenose desselben und infolgedessen mitunter zu einer Atelektaye
gröbere Flecken am Hilus, ja selbst eine vom Hilus ausgehende | der unteren linken Lungenpartien, also zu ganz. ähnlichen Er.
Streifenzeichnung, die einerseits durch eine Lymphangitis carcino- | scheinungen, wie ein dort sitzendes Bronchialkarzinom des linken
matosa, andererseits durch unspezifische peribronchitische und peri-
Aneurysma können auch .wieder kleine Hämoptysen, ähnlich wie
krankungen vorkommen: Ausgesprochene Zeichen einer Bronchus- | beim Bronchialkarzinom, nicht nur eine tödliche Periorationsblutung
stenose und deutliche Verbreiterung des Mediastinalschattens mit | hervorgerufen werden. Natürlich jist. das: Ergebnis einer Wasser-
gekerbten Konturen wie überhaupt auch sonst markante Zeichen | mannschen Reaktion des Blutes mit in Betracht zu ziehen, diese
eines Mediastinaltumors sprechen im Verein mit den genannten | darf aber nach beiden Seiten hin nicht ausschlaggebend verwertet
Lungenerscheinungen für die Entstehung aus einem Bronchuskarzinom. | werden, da sie einerseits bei bestehender Aortitis luetica garnicht
Auch unter Berücksichtigung dieser und anderer Merkmale läßt sich | selten negativ ausfällt, andererseits bei positivem Ergebnis durch
aber 'in einzelnen Fällen eine sichere Entscheidung zwischen | eine latente oder in anderen Organen manifeste Lues, hervorgetufen
Bronchialkarzinom und chronischer Pneumonie nicht treffen oder | werden kann, die zufällig neben einem Bronchialkarzinom besteht.
ist erst nach längerer Beobachtung zu erzielen. i N -| Zu erwähnen ist noch, daß auch bei einem Aneurysma, namentlich
` Auch chronische Lungeninduration tuberkulöser Ätio- | einem Aneurysma der Aorta descendens chronische einseitige
logie, welche nicht .mit einer floriden Ausbreitung der Tuber- | Pleuraergüsse vor allem auf.der linken Seite vorkommen.
kulose einhergeht und ohne Fieber und Auswurf schleichend ver- Auch eine einfache Herzinsuffizienz, die zu chronischen
läuft, kann zu ähnlichen klinischen Erscheinungen wie das Bronchial- | Pleuraergüssen, . mitunter auch zu einem nur ‚auf eine Seite be-
karzinom Anlaß geben. Gewöhnlich ‚sind aber bei der Tuberkulose | schränkten Erguß Anlaß gibt, kann zu Verwechselungen mit einen
im Röntgenbilde neben der durch die Hauptinduration verursachten | Bronchialkarzinom führen. Selbst die genauere. Untersuchung des
Verschattung in den freien Lungenfeldern wenigstens einzelne | Punktats bringt nicht immer eine Entscheidung, .da auch chronische
fleckige Herdschatten vorhanden, die verstreuten Tuberkeln bzw. | Stauungstranssudate schließlich eine leicht entzündliche Beschafen-
Kalkherden entsprechen. Freilich kommen andererseits einzelne | heit annehmen. In den Endstadien ähnelt das klinische Bild eines
isolierte Flecken, die einer längst überwundenen, praklisch belang- | Bronchialkarzinoms oft dem einer Herzinsuffizienz, in dem Dyspnos,
Zyanose und die Erscheinungen‘ von’ Pleuraergüssen am meisten
'hervortreten. Etwa auftretende Hämoptysen: können sowohl aus
einem Bronchialkarzinom stammen als durch Lungeninlarkte von
einem insuffizienten Herzen äus hervorgerufen sein. Auch eine diffuse
‚Lebervergrößerung kommt bei beiden Zuständen vor, indem sie
einmal durch Stauung, das andere Mal durch Geschwulstbildung
hervorgerufen wird, bei welcher einzelne metastatische Tumorknoten
nicht immer deutlich abzugrenzen sind.
Neben den entschieden an erster Stelle zu nennenden hervor
stechendsten Zügen eines. Lungen- .oder Herzleidens sind auch
Schlingbeschwerden anzuführen, die mitunter beim Bronchialkarzinon
erhebliche differentialdiagnostische Schwierigkeiten verursachen.
Sie kommen hierbei dadurch zustande, daß- Geschwülste in der
Gegend der Lungenwurzel die Speiseröhre verziehen, weniger kompri-
mieren, und dadurch den Durchgang der. Speisen erschweren. Eine
Sondierung oder Röntgenuntersuchung mittelst eines Kontrastbreies,
der geschluckt wird, ergibt ein Hindernis, stellt aber nicht immer
öhne weiteres dessen Natur dar. Im Lungenbilde treten olt Schakien
in der Hilusgegend durch das primäre Bronchialkarzinom hervor.
Zu sehr ähnlichen Erscheinungen kann aber auch ein Krebs der
Speiseröhre führen, der in einen Bronchus durchgebrochen ist und
zu einer bronchöpneumonischen oder gangränösen Infiltration der
Umgebung geführt hat. Auch begleitende Pleuraempyeme können
sowohl beim Ösophagus- als beim Bronchuskarzinom entstehen.
Einzelheiten des Röntgenbildes, die an der steniosierten Stelle des
mit Kontrastbrei gefüllten Ösophagus besonders unregelmäßige, au
einen Tumor hinweisende Konturen zeigen, können in manchen Fällen
den richtigen Weg weisen, in anderen fehlen aber solche klaren
Kennzeichen. Sehr wertvoll können die Ergebnisse der Ösophage-
skopie sein, die man aber so schwer leidenden Patienten meist nicht
gern zumutet. ar
Weitere erhebliche differentialdiagnostische Schwierigkeiten
entstehen nicht selten durch die schon geschilderten Kompli
kationen, die zù dem primären Bronchialkarzinom hinzutreten und
das Bild des Tumors mehr oder weniger stark verdecken: Oft ist
es dann schwer zu entscheiden, ob sie nicht ein alleiniges primär
Leiden darstellen. An den Lungen sind hier insbesondere Gangrin
und Abszeß, ferner ein chronisches seröses Pleuraexsudat und anch
Empyem zu nennen. Gleichlalls erwähnt, aber in der Ditferential
diagnose noch einmal besonders betont sei die Tatsache, dab nieht
selten von einem ganz latent verlaufenden Bronchialkarzinom ei
gehende Metastasen in den Wirbelknochen zu einem anscheine
selbständigen Krankheitsbilde der Querschnittsmyelitis oder Metastast!
im Hirn zu den Erscheinungen eines anscheinend primären Hirntamon
führen. Aus diesen Gründen soll in allen irgendwie anf Tomor
verdächtigen Fällen eine genaue Thoraxdurchleuchtung zum Nachweis
eines vielleicht versteckten Lungentumors nie unterlassen werdet
so häufig auch in sonst normalen Lungen vor, daß auch an die
Möglichkeit gedacht werden muß, daß außerdem vorhandene Ver- '
änderungen des Röntgenbildes auch eine andere Entstehung, z. B.
durch einen Tumor, haben können. a 7 Ä
Auch abgesehen von den chronisch-indurativen Formen kann
eine schleichend verlaufende Tuberkulose namentlich im höheren
Alter zu schwer vermeidbaren Verwechselungen mit einem Tumor
führen. So entsinne ich mich eines Falles, bei dem zunächst eine
Verdichtung in einem Unterlappen durch die physikalische und
Röntgenuntersuchung festgestellt wurde und dann ein nach vielfachen
Punktionen sich stets wieder erneuerndes Pleuraexsudat keinen
genauen Aufschluß über das Verhalten der erkrankten Lunge ge-
stattete, während die andere Seite auch im Röntgenbilde völlig frei
war. Die Temperatur war zeitweise erhöht, Auswurf nicht vorhanden.
In erster Linie wurde auch hierbei, wie ich glaube mit Recht, zumal
bei dem ziemlich hohen Alter der Patientin an Lungentumor
gedacht. Die Autopsie ergab aber eine nur auf einen Unterlappen
beschränkte, ausgedehnte tuberkulöse Verkäsung neben einer tuber-
kulösen Pleuritis, in, den übrigen Lungenteilen keine krankhaften
Veränderungen. |
‚Es ist selbstverständlich, daß ebenso auch chronische Lungen-
luetischer oder aktinomykotischer Basis zu ähnlichen Er-
scheinungen wie das Bronchialkarzinom führen können, Namentlich
ist die große Ähnlichkeit des Röntgenbildes von karzinomatösen Hilus-
tumoren mit luetischen Indurationen anzuführen, die sich gleichfalls
mit einer gewissen Vorliebe am Lungenhilus lokalisieren und von
Lymphgefäßen in das Lungengewebe entsenden (vgl. Tafel XI,
Abb. 4 und 5 meiner Röntgendiagnostik). Es handelt: sich hierbei
aber um recht seltene Ereignisse, die gegenüber dem Bronchialkarzi-
nom an Häufigkeit sehr zurückstehen, und deshalb erst in zweiter
Linie oder besonders dann in Erwägung zu ziehen sind, wenn Er-
scheinungen an anderen Organen auf eine luetische bzw. eine akti-
nomykotische Infektion hinweisen. |
Ein weiteres Krankheitsbild, das namentlich beim Vorhanden-
sein ausgeprägter Symptome eines Mediastinaltumors leicht mit
einem Bronchialkarzinom verwechselt werden kann, wird durch ein
Aöortenaneurysma hervorgerufen. Verschattungen des Mediastinums
im Röntgenibilde, Druckerscheinungen durch den Tumor, wie Rekurrens-
parese und Kavakompression, kommen naturgemäß bei beiden vor.
Im Röntgenbilde ist die Begrenzung des Mediastinalschattens durch
multiple Geschwulstmassen meist nnregelmäßig wellig gekerbt; beim
Aneurysma pflegen die Schattenkonturen mehr einheitlich gerundet
zu sein, doch kommt auch hier die Bildung mehrfacher Bögen durch
Tochteraneurysmen vor. Verschattungen des Lungenfeldes werden
21. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
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Eine Therapie des Bronchialkarzinoms, die auf Heilung
desselben ausgeht, ist aussichtlos. Die Röntgenbestrahlung, die bei
Sarkomen und Lymphosarkomen des Mediastinums nicht nur ge-
wöhnlich eine schnelle Rückbildung, sondern in einzelnen Fällen auch
einen dauernden Schwund der Geschwulst herbeiführt, hat bei der
Einwirkung auf das Bronchialkarzinom keine Dauererlolge zu Ver-
zeichnen. : Eine Abnahme der Beschwerden und ein auf dem Röntgen-
bilde zu verfolgender Rückgang der Verschattung ist zwar mitunter
zu erzielen. Bisher haben aber Rückfälle durch ein erneutes Wachstum
von Geschwülstmassen nie auf sich warten lassen und waren dann
durch eine Bestrahlung kaum mehr zu beeinflussen. Wesentliche
Erleichterung kann eine Bestrahlung den Patienten manchmal dadurch
verschaffen, daß durch Verkleinerung einer Geschwulst, die den
Plexus brachialis komprimiert, die hierbei auftretenden unerträglichen
Neuralgien gemildert werden. Im übrigen soll 'bei Vorhandensein
starker Schmerzen mit Narkoticis nicht gespart werden.
Zusammenfassung. Eine an vielen Orten und ganz besonders
in Sachsen beobachtete Häufung des früher für selten geltenden
Bronchialkarzinoms gibt Veranlassung, die für die Pathogenese vor-
zugsweise in Betracht kommenden Momente und die. klinischen
Merkmale des Bronchialkarzinoms zu schildern, um die Aufmerk-
'samkeit weiterer Kreise auf die Erkennung des Leidens und wenn
möglich auf die Erforschung ihres Ursprungs zu lenken. |
Literatur: Rostoski, Lungentumoren b. Bergarbeitern. Verh.d, 35, Kongr.
f. ian. Med., Wien 1923. — Assmann, Diskussionsbemerkung zu vorstehendem Vor- .
trag von Rostoski. Ebenda. — Schmorl, Über den Schneeberger Lungenkrebs.
: Verh. d. deutschen path. Ges. 1923. — Helly und Siegmund, Diskussionsbe-
merkungen zu vorstehendem Vortrag von Rostöski. Ebenda. — Saupe, Über
röntgenologische Lungenbefunde bei der sogenannten Bergkrankheit der Erzberg-
| leute in Schneeberg. Verh. d. deutschen Röntgengesellschaft. Bd. 14, 1923. — Thiele,
‚ Rostoski, Saupe und Schmorl, Über den Schneeberger Lungenkrebs. Ges, f.
‚ Natur- und Heilkunde in Dresden, 8. Okt.1928, M.m.W.1924, Nr.1, S.24u.2%. —
Hampeln, Auswurf beim Lungenkarzinom. Zschr. îi kl. Med., Bd. 82, — Derselbe,
' Häufigkeit und Ursache des primären Lungenkarzinoms, Mitt. Grenzgeb, Bd. 36. —
' Lungen und des Mediastinums.
Enger, Statistische Übersicht über 282 im pathologisch- anatomischen Institut.
Leipzig in den Jahren 1900— 1922 sezierte Fälle von malignen Tumoren der
Inaug.-Diss. Leipzig 1923. — Laeschke, Über
Grippeepidemie und Bronchialkarzinom. Inaug.-Diss. Jena 1923. — Seylarth,
Primäres Lungen- (Bronchial)karzinom in Leipzig, Med. Ges., Leipzig, 15. Juli 1924.
Ref. M. K1. 1924, Nr, 87, 8.1803. — Uhlig, Über den Schneeberger Lungenkrebs.
Virch. Arch. Bd. 230. — Haerting und Hesse, Der Lungenkrebs der Bergarbeiter
in den Schneeberger Gruben. Eulenburgs Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u.
öffentl, Sanitätswesen, N. F. 1879, 30 u. 81. — Arnstein, Sozial-hygienische Unter-
suchungen über Bergleute in den Schneeberger Kobaltzechen. Das österr. San.-
Wesen, Wien 1913, Nr. 38. — Ancke, Der Lungenkrebs in den Schneeberger Gruben.
München 1884, — Siegmund, Krebsentwickelung und Bronchiektasen. Virch. Arch.
Bd. 236. — Bard, La Iymphangite pulmonaire cancdreuse généralisée. La semaine
méd. 1906. — R. Schmidt, Zur klinischen Diagnostik der Biliarkarzinose. M.Kl.
1913, Nr. 50. — Assmann, Die klinische Diagnose der multiplen ERDRBRERF:
schwülste. Ebenda 1924, Nr. 4 u...
Nachtrag bei Korrektur: Seyfarth, D. M. W. 1924, Nr. 44. — Kaufmann,
ebendä ee Nr. 44. — Payr, Arch. f. klin. Chir., Kongreßbericht 1924
Abhandlungen.
Aus der Medizinischen Universitätsklinik zu Rostock:
(Direktor: Prof. Dr. Hans Cursehmann).
Zur Röntgendiagnostik am Rückenmark
mittels Kontrastinjektion.”)
Von
Priv.-Doz. Dr. Rudolf Stahl, Oberarzt u. Dr. August Müller, Assistent.
Kürzlich empfahl Sicard (Paris) die röntgenographische Dar-
line der Liquor cerebrospinalis führenden Räume durch Injektion
von 1 ccm Lipiodols, eines Präparates von Dr. Lafay, das in gold-
klarer Lösung 0,54 Jod in 1 cem Mohnöl enthält. Dieses Öl, das
ein sehr gutes Konstrastmittel für Röntgenstrahlen darstellt, ein
hohes spezifisches Gewicht besitzt und fast reizlos ist, wurde bereits
in Bronchien, Venen, Hirnventrikel, in die 'epiduralen Räume usw.
injiziert.
Von besonderem praktischem Interesse scheint jedoch die An-
wendung der Lipiodoldiagnostik für die Feststellung von Konti-
naitätsunterbrechungen des Subarachnoidalraumes der
Wirbelsäule und speziell der ` genauen Höhen- und sonstigen
Begrenzung des Hindernisses zu sein.
Dazu wird im Sitzen beim Patienten die Subokzipitalpunktion
ausgeführt — Sicard ging zwischen 6. und 7. Zervikalwirbel ein —
und nun Mengen von Y/a—2 cem Lipiodols eingeführt, das sich
normalerweise in 2—3 Minuten bis zum Blindsack der Dura, also
bis zum 2. Kreuzbeinwirbel senkt. Bei einem Passagehindernis
bleibt das Öl daselbst liegen und zeigt röntgenologisch eindeutig
die Höhe des oberen Randes des Tumors oder sonstigen Hinder-
nisses an. Bei 150 Patienten beobachtete Sicard und seine Mit-
arbeiter keinen Zwischenfall; sie diagnostizierten 9 Rückenmarks-
tumoren mit einer bisher ungewohnten Genauigkeit. Das Lipiodol
wird im Körper sehr langsam resorbiert und ist nach 2 Jahren
noch nachweisbar, angeblich ohne daß die Patienten etwas davon
merken. |
Dieses Verfahren wurde, außer in Frankreich, besonders in
Amerika(Dandy, Cushing, Kennedy), England (Percy Sargent)
und Italien angewandt (Alessandri, Bianchini, Mingazzini,
Vater und Sohn) und fand teilweise begeisterte Anhänger. In der
deutschen Literatur!) konnten wir bisher nur eine Bemerkung von
S. Hirsch finden, daß er durch Injektion von Jodipin den Lumbal-
kanal beim Tier und lebenden Menschen dargestellt, sowie von
Wartenberg, der beim Hunde das deutsche Präparat Dominal X
und Jodthionöl (Bayer) in der gleichen Weise angewandt habe.
Wir selber konnten mit dem nur 10%igen Jodthionöl keine guten
gehalten in der N aturforschenden und Medizinischen
Gesellschaft zu Rostock am 13. Nov. 1924.
1) Anm. bei der Korrektur: Soeben erschienen H. Peiper
und H. Klose, Ref. Ther. d. Geg. November 1924. S. 511 und Herrmann,
Ref. M. Kl. 1924. 44.
*) Vortra
| Blockierung des Wirbelkanals an, die gewissermaßen drei Typen.
mität noch Atrophie der Wirbel-
. körper.
Kontrastbilder erhalten, und Versuche, höherprozentiger Lösungen
selbst herzustellen, mißlangen wegen deren starken Reizwirkungen.
So beschafften wir uns durch Vermittlung der Fa. Bayer eine.
Probe des Pariser Lipiodols und wandten es'in bisher 3 Fällen von
der Wirbelkanalblockierung repräsentieren zu jeder für sich lehr-
reich sind.
Fall. 1. 60jährige Krankenschwester mit 4 Monate bestehender.
spastischer Paraplegie beider Beine und Sensibilitätsstörungen vom 12. D. S.
abwärts. Am 10. und 11. B.W.D
leichte ken sowie Druck-
empfindlichkeit und Krepitation, Das
Röntgenbild zeigte weder Defor-
Abbildung 1.
Lumbalpunktion: Anfangs-
druck (A) 80 mm, pathologisches
Queckenstedtsches Phänomen,
rascher Druckabfall. Zellgehalt 6,
Nißl 40 Strich!
3. November: Durch Sub-
okzipitalpunktion 2 ccm Li-
. piodol eingeführt, das rasch ab-.
wärts sinkt und am oberen Rande
des 10. Brustwirbels stecken
bleibt In 112).
ovember: Laminekto-
mie (Geh.-R. Prof. W. Müller). Der
11. und 12. B.W.D. sind bereits aus
ihrer Kontinuität ‘mit den Wirbel-
körpern gelöst. Es entleert sich
dickflüssiger a Nach Entfernung
auch des 10. B.W.D. erscheint die intakte Dura.
des Befindens nach der Operation (Abb..2).
Epikrise. Der Gibbus sowie die Krepitation im Verein mit
der Anamnese einer Stirnbeintuberkulose vor.6 Monaten legten einen
kariösen Prozeß der entsprechenden Wirbelbögen nahe, der zur
Rückenmarkskompression geführt hatte. DieLipiodol-Röntgendiagnose
‚gab in exaktester Weise — übereinstimmend mit der neurologischen
Höhendiagnose — den oberen Rand des Hindernisses an.
Fall 2, Bei 60jähriger Rentnerin mit Hypertonie (200 mm Hg)
bestand seit 4 Monaten spastische Paraplegie beider Beine mit aus-
strahlenden Schmerzen, großem Dekubitus und zunehmender Hyp-
ästhesie vom 10. D.S. abwärts. Von D.S.6 abwärts handbreite hyper-
ästhetische Zone.
29. Oktober: Eunkelniunkiion A. 145 mm, rasch abfallend,
Queckenstedtsches Phänomen pathologisch. Zellzahl 14, Nonne-
Apelt-+, Nißl 40 Strich, wasserklar.
4. November: Durch Subokzipitalpunktion Einführung von
2 cem Lipiodol, das rasch abwärts sinkt. Di
Kontrastschattens enden in der Mitte des 8. Brustwirbels, nach oben
2) 9 Die, Zeichnungen wurden liebenswürdigerweise von Herrn
Dr. - Kiftler, Univ.-Frauenklinik, Rostock, mein |
Ständige | Besserung
e unteren Ausläufer des’
Rn
A ER
| P
.
}: g
e}
A
streckt und sich vollkommen entfernen läßt (Abb. 4).
4
l ea ` Abbildung 2,
Granulationg-__
~ gewebe
Orientierungsskizze des Befündes bei Fall 1.
Abbildung 3e
reicht er bis zum 3. Brustwirbel mit Aussparung in den mittleren
Partien (Abb. 3).
6. November: Röntgenkontrolle ergibt fast vollkommen das
gleiche Bild. | u
12. November: Laminektomie (Geh.-R. Prof. Dr. W. Müller).
In Höhe des 6. und 7. B.W. starkes Ödem innerhalb der Dura. Von
der Mitte des 8. B.W. abwärts dem Rückenmark aufgelagert dunkel-
rotes z. T. markig aussehendes Gewebe, das sich bis zum 9. B.W. er-
l Mikroskopisch (Prof. Dr. Fischer) ziemlich ausgereiftes
Spindelzellsarkom. |
Epikrise. Die essentielle Hypertonie legte den Gedanken
an einen myelitischen Prozeß als Ursache der Paraplegie nahe.
Die Wurzelsymptome sowie das Kompressionssyndrom der Lumbal-
punktion -sprachen für Tumor. Die Lipiodol-Röntgendiagnose ergab
vollkommene Kontinuitätsstrennung in der Mitte des 8. B.W., die
durch die Operation bestätigt wurde. Die oberhalb gelegenen mitt-
leren Aussparungen- des Kontrastschattens dürften mit dem starken
oberhalb des Tumors gelegenen Ödem zu erklären sein.
| Fall 3. 21jähriger kräftiger polnischer Arbeiter litt seit 4 Mo-
naten an zunehmenden Schmerzen im rechten Bein bis zum Knie.
Leichte Atrophie des rechten Oberschenkel. Spasmen hauptsächlich
des rechten Beines mit Babinski, Fuß- und Patellarklonus. Grobe Kraft
der anderen Extremitäten ungestört, dagegen auffallend lebhafte: Tri-
zens- und Vorderarmreflexe, links mehr als rechts. — Bauchdecken-
relle +. Kein Nystagmus, kein Intentionstremor, Augenhintergrund o. B.
15. September. Lumbalpunktion: A. 160 mm, rasch abfallend.
Liquor zeigt Xanthochromie, Nonne-Apelt +, 20 Zellen, Nißl 3 Strich.
Gleichzeitige Subokzipitalpunktion: A, 160mm. Wäh-
rend Ablassen des Liquors und Sinken des Druckes auf — 40 mm
FE: = 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.51. `- ` 24. Dezember
hoch: vollständige Blockie-
-rung.von 1 ccm Lipiodol,
. das sich in den obersten Hals-
segmenten beiderseits des
. Die Kontrastflüssigkeit fließt,
durch das. Foramen magnum
hinab ins unterste Brustmark reichend, eine stiftförmige,
į ~
bleibt Zysternendruck gleich Abbildung 4
rung des Wirbelkanals. u £ A PN
29. Oktober. DurchSub-.
okzipitalpunktion Einfüh-
Rückenmarks staut. Ä
31. Oktober. Weitere
Injektion von 2 cem Lipiodol:
da sie sich nach abwärts
schon vom 2..Halswirbel ab
staut, z. T. nach aufwärts ..
an der Schädelbasis entlang.
Im Sagittaldurchmesser das
gleiche Bild wie am 29. Ok-
tober:. Blockierung rechter-
seits 7. Halswirbel, links
i. Brustwirbel (Abb. 5). Nach
mehreren Stunden erkennt.
man, daß sich. ein - feiner
Kontraststrich beiderseits -des
Rückenmarks noch bis zum
fünften Brustwirbel nach ab-
wärts hinzieht. Vor dem 7..
und 9. Brustwirbel zeigen
sich einige tropfige Kontrast-
schatten. (Abb. 6).
‚8. November. Lamin-
ektomie (Prof. Dr. Leh-
mann): Resektion des 6. Hals-
bis 2. Brustwirbelbogens. Nach
Eröffnung der nicht pulsieren- ’:
den Dura quillt die Medulla SEN ES
weit hervor und zeigt ein ooo Mer
dunkles, blutreiches’ Aussehen.
An den meisten Stellen ziem-
lich feste Verklebungen der
Dura mit der Medulla, die sich stumpf lösen lassen. Sondierung
nach oben und unten ergibt kein Passagehindernis. Die Medulla ist
überall von Geschwulstgewebe durchsetzt, das sich nirgends von ihr
trennen läßt, also nicht entfernt werden kann.
Anschließend Pneunmonie.. Exitus 10. November.
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E Operationsbefund Fall 2
| | | Abbildung 6.
Abbildung 5.
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Autopsie (Prof. Dr. Fischer): Es findet sich ein Tumor der
weichen Hirnhäute und im Rückenmark, vom mittleren Halsmark bis
gelbbrau
aussehende Tumorbildung (Gliom?) mit großen Mengen vou Blot-
pigment; daran schließt sich unmittelbar eine nach weiter unten ZU
nehmende Höhlenbildung in den zentralen Abschnitten des Rückenmarks.
Epikrise: Gegen die Diagnose einer multiplen Sklerose
sprach die durch den Lumbalpunktionsbefund und ferner die durch
gleichzeitige Lumhal- und Subokzipitalpunktion nachgewiesene
Blockierung des Wirbelkanals. Eigenartig war ‘die. vom Kranken
unsicher angegebene Begrenzung der Sensibilität, die hauptsächlich
im rechten Bein lokalisierten Pyramidenbahnsymptome, some die
Reflezsteigerungen in den Armen, besonders links, Das Lipiodi-
Röntgenbild wies auf einen den Umfang der Medulla erheblich ver
mehrenden Prozeß, der schon in Höhe des 2. Halswirbels einsett
und sich bis tief zum Brustmark erstrecken mußte. Die Operation
‘wobei dahingestellt bleibe, ob die leicht vermehrten Schmerzen mit
21. Dezember
sowie die Autopsie bestätigte die Diagnose und ließ die praktische
Brauchbarkeit der Röntgendiagnose mittels Kontrastlösung in be-
sonders hellem Licht erscheinen. o
Wenn somit der erhebliche Nutzen, den diese neue Methode
dem Neurologen und besonders auch dem Chirurgen für seinen
operativen Eingriff bringt, außer allem Zweifel steht, so erhebt sich
doch sofort die Frage, ob die Lipiodolinjektionen auch wirklich
keinerlei ernsthafte schädigende Nebenwirkungen mit sich bringen.
Dazu ist zu sagen, daß die Injektion selbst im Moment des,
Einspritzens überhaupt in keiner Weise durch Kopf-, Rücken-
schmerzen oder anderweitige Zeichen dem Kranken zum Be-
wußtsein kommt. Innerhalb der nächsten 48 Stunden klagen
die Kranken, die schon unter ausstrablenden Wurzelschmerzen zu
leiden haben, über eine leichte Vermehrung derselben, gleichzeitig
finden sich in dieser Zeit Fiebersteigerungen mittlerenGrades(Kurvel).
Nach Ablauf der genannten Zeit sind diese Symptome vorüber,
der Temperatursteigerung zusammenhängen oder durch direkte
Wurzelreizung entstehen.
Kurvei (Fall 2).
Wie gering die Allgemeinreaktion des Körpers auf die
Lipiodolinjektion ist, lehren uns die Leukozytenbefunde(Tab. 1);
finden sich doch nicht einmal nennenswerte Vermehrungen der Leu-
kozytenzahlen oder Verschiebungen innerhalb ihrer Zellformen,
wie dies sonst bei jeder. Reizinjektion von Milch, Schwefel oder
dgl. die Regel ist.
Tabelle 1. Blutbefunde:
Hämogramm
U t Q
| Leuko-|: è S m 2 alo oló alu ag
= BE Tempe- 9.010. al 2 =
8 | Datum | Injektion PS- |zyten-|s a] g a 21533214
5 j oratur |" ahl 12 5 ss ESG SE
% | % | % | % | % | %
1 121.10. — normal | 7466 | 14 | 70 | 11| — | 5
3.11. %ccm |jabds. 39,2; 8422 | 5162| 20| 3 | 10 | —
Lipiodol
7.1 — — 79111121656 | 18 | — | 5| —
elaı.ıo.| — 388 l10199 | 25 |55 |10| 3| 7|—
1 411. 2cem J|abds. 39,1] — | —I—- | - | —|I-|1—
Lipiodol |
6. 11. — normal 111266 | 2 | 70120] 1| 611
8.11. — normal |11333 | 10 | 66 | 18| 3 | 3| —
3 |19.10.! — normal | 7700 | 26 | 44 | 19 | 7| 4|-
29.10. î ccm Jlabds. 821! — I— | |! —- | -|-|—
Lipiodol
31.10. 2ccm Jabds. 98 — I—- | —- | —- I -1—- | -—-
Lipiodol | | |
7.11. | — | normal | 9177 | 22 | 55 | 15] 1 | 7| —
Über die lokalen Vorgänge im Liquorraum sagen uns
die Liquorbefunde vor und nach Lipiodolinjektion aus, die von
Fall 2 und 3 vorliegen (Tab. 2): Ersterer zeigte eine Zunahme der
Zellen von 43 auf 453, hauptsächlich Lymphozyten. Die Nonne-
Apeltsche Reaktion bleibt positiv, der Eiweißgehalt nach Nißl
nimmt auffallenderweise von 10 auf 4 -Strich ab, als wenn eine
Verdünnung des Liquors, vielleicht nach dem erstmaligen Ablassen
einer gewissen Menge, stattgefunden hätte. |
Fall 3 bot nach der erstmaligen Einführung von 1 ccm
Lipiodols eine Zellvermehrung auf 1030 Zellen, hauptsächlich
Lymphozyten. 6 Tage nach der weiteren Einführung von 2 ccm
war nur noch eine Zellzahl von 311 Lymplıozyten nachweisbar.
Der vorher negative Nonne-Apelt war zuletzt positiv geworden,
die von 2 auf 5 gestiegene Eiweißzahl war zuletzt auf 3 Strich gefallen.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51. Ä | 1801
Tabelle2. Liquorbefunde:
bu ' i e u >
a 5/2] £ |äs|s le: 73 K2dasıs
Kl 5. = en do | a |28 eS Malz El:
A £ E < A ja -SA JsNlsi A|%
| & | mm |mm|cem| PM Ne
1 |18. 10. ana ae 80 | — | 8 usata 6 E 40 >
3.11.| Injektion von 2ccm Lipiodol.
2129.10. Lumb.| 38,6 = 7 |wasserklar| 14 m 40
4. 11.| Okzip.| 38,6 | — | — | — |wasserklar| 43 |+| 10
4.11.| Injektion von 2ccm Lipiodol.
6. 11.| Okzip.| normal | -+ 30| Ari 10 Jleichtgetrübt| 453 |+| 4 |3
1)
3115.9. |Lumb.|normal | + 85/440] 5 |strohgelb | 15 -+| 3 |3
Okzip.| normal | +160 | +40| — |wasserklar| 9 |—| 1 |3
20. 10.|Lumb.| normal | +150 | +60 | 20 blutig | — |—| 12 | —
Okzip.| normal | +200 | -+90 | 30 |wasserklar| 0 |—| 2 |—
29. 10.| Injektion von i ccm Lipiodol.
29. 10.| Okzip.|normal| — | — | — | klar [1080—| 5 |3
31.10.| Injektion von 2 ccm Lipiodol. |
6.11. Okzip.|normal | - Neichtgeträbt] stt j+ 3 |3
1) Vorwiegend Leukozyten. — 2) Vorwiegend Lymphozyten.
Demnach ist die Allgemeinreaktion auf den Eingriff eine geringe,
die lokale ‚hält sich gleichfalls in mäßigen. Grenzen und kommt
in Nackensteifigkeit oder irgend nennenswerter Weise zum Bewußtsein.
Daß tatsächlich das genannte Präparat fast reizlos vertragen
wird, dafür spricht auch die Beobachtung bei der Operation von
Fall 2, daß nach Eröffnung der Dura das injizierte Öl sich als
leicht getrübte Flüssigkeit entleerte, außerdem klarer Liquor hervor-
trat. Mikroskopisch zeigte sich das Öl etwas emulgiert, ohne
jegliche Beimengung von Leukozyten oder sonstigen Zellen. Die
Dura ließ an dieser Stelle eine Hyperämie nur mäßigen Grades erkennen.
zuweisen durch den Befund der Röntgenbilder. Schon unmittelbar
nach der Injektion zeigte sich röntgenologisch die auf das Ödem
zurückzuführende Aussparung des Kontrastschattens in den mittleren
Partien, die 2 Tage später nicht in irgendwie stärkerem Grade im
Röntgenbild hervortritt.
Wenn wir also sagen können, daß nach unsern Beobachtungen
und den Schilderungen der ausländischen Literatur die Lipiodol-
Reizerscheinungen an den Meningen und im Allgemeinbefinden
nur mäßige und schnell vorübergehende sind, wenn wir andrerseits
sehen, welchen erheblichen Nutzen uns diese Injektionsmethode für
die exakte Lokalisierung und die Art der Rückenmarkserkrankung
bringen kann, so kommen wir zu dem Schluß, daß wir diesen Ein-
griff den in Betracht kommenden Kranken, die unter Umständen
die ‘Aussicht haben, operativ von einem schweren Leiden befreit
zu werden, wohl zumuten können.
Fassen wir nochmals zusammen, was uns speziell die vor-
liegenden Fälle für die Deutung der Lipiodol-Röntgenbilder des
Rückenmarkskanals gelehrt haben, so ergibt sich, daß bei einem
horizontal abschließenden Hindernis (Fall 1, Karies der
Wirbelbögen mit Abszeß) auch ein dichter rechteckiger Kontrast-
schatten zu erwarten ist, dessen unterer Rand mit dem oberen des
Hindernisses zusammenfällt.
Besteht oberhalb des Hindernisses ein Ödem, so kann sich
dieses durch eine Aussparung in den mittleren Partien des Kontrast-
schattens zeigen, das ganze Schattenband ist dann gleichzeitig mehr
in die Länge gezogen. Operativ eingehen werden wir dann jedoch
am Ende der untersten Ausläufer des Kontrastschattens, da bier
der obere Rand des Hindernisses zu erwarten ist. |
Erhalten wir ein Röntgenbild, wie in Fall 3, also schmale
Kontrastbänder zu beiden Seiten der Medulla, die sich auf eine
große Entfernung hin erstrecken, so muß man einen das Volumen
desRückenmarks auf große Strecke hin vermehrenden Prozeß
annehmen, der den Raum innerhalb der Dura nahezu ausfüllt.: Die
große Länge, des Prozesses wird von vornherein eine vollständige
operative Entfernung des anzunehmenden stiftartig cin viertel Meter
und melır im Rückenmark entlang wachsenden Tumors unwahr-
scheinlich machen. Dadurch wird, zumal wenn solche Befunde,
wie in Fall 3, erst öfter erhoben worden sind, der Gedanke zu er-
wägen sein, ob hier eine Operation überhaupt Zweck hat.
dem Kranken eigentlich kaum in Kopfschmerzen, geschweige denn
Der Einwand, daß das in Fall 2 gefundene Ödem vielleicht
auf einen entzündlichen Reiz des Öles zurückzuführen sei, ist zurück-
y ma ; f z ` aSa . BIN. =
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05.212 Dezember
Bee ne. k: al 1802 Den r o ` 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr..51. se;
| |
T BORAGE A | Erwähnt sei, daß in Frankreich auch die untere Tumorgrenze, E als Erklärung dafür dachte i Mingazzini an Meningitis serosa
op EAEAN BiN “ ` röntgenologisch bestimmt wurde durch Lipiodolinjektion von der | :circumscripta. EL a z n a P ? : |
anne BRENER NEN | j us: "Kopfti as DIS a a i - Literatur: Sicard et Laplane, Bull. -èt mém, de la soc, méd. des hp,
í, ee "| À i} N i ' | Lumbalpunktion er ud Kopftiellagerung. E nn 0. o | de Paris 1928, Nr. 80, sS. 1889-1890. — Sicar d, Paralet-Laplano, Presse REN
nroa Far] N YAPT 4 ` Zum Schluß: darf. nicht verschwiegen werden, . daß in der | Nr.'85, a Ale — Sargent,
SEELE, französischen Literatur auch einzelne Fälle bekafınt sind (de Martel); | Perey mr maaa eara aA en ea
a) RSS RN ‚in ‚denen das’ Lipiodolverfahren Rückenmarkstumoren hatte ver- | zazzini (Rom), Zbl. £ d. ges- Neur.'u. Psych. Bd, 88; H: 5/6. S. 301-307. — Herr.
a ya | a sinn AN H REY ‚muten ‚lassen, . die bei. der. Operation nicht zu finden. waren; | mann, M. Kl. 1924, 41.— Wartenberg, ebenda, 1924,20, S. 665.
ee ll 0... Berichte über. Krankheitsfälle und Behandlungsverfahren.
a. a \ IH | ©- Aus der Medizinischen Universitäts - Poliklinik in Königsberg-i. Pr. | `. Die Art ‘der Schmerzen wird von. den .einzelnen Patienten
ESSEN © o oo >O (Direktor: Prof. Dr. O. Bruns). <- ° .: | ganz-verschieden angegeben. nee ee: sie als ziehende,
SUSE ec Er Sl DEN Be a Se ET RE S 2 SE ee E | die anderen. als ‘krampfartige Schmerzen, wieder andere finden
en VERAL I Ku > . De a ‘ i. 5 RR 2 tel TIL: 5: ; 5
SER BET N ATE AEI N a a a Die Haffkrankheit. | |- keinen "prägnanten Ausdruck dafür. Dabei sind die Schmerzen so
ao ILL 0.7052 Von Dr. Hans Rosencrantz. | | heftig, daß die.geringste aktive, aber auch passive Bewegung. u-
ae ARINIR e o‘ s fai | RR EEE S > erträglich ist. und’ die Kranken oft ‘laut aufschreien und jammern
re ul 00... Ende Juli 1924 brach am Haff,. und zwar ausschließlich am | läßt. Morphium' hat auf die Schmerzhaftigkeit keinen Einfluß. In
sl > s, Fischen Haff. eine eigenartige Krankheit aus,. die mit heftigsten-!| typisch ausgeprägten Fällen lagen die Fischer völlig hilflos am
EN NT. „allgemeinen Myalgien und Methämoglobinurie einhergeht und wegen | Boden ihres Schiffes, das nun: steuerlos dahintrieb, bis andere au!
Do gs NE aN o |i wi "ihres plötzlichen Beginns und ihrer ganz. kurzen Dauer am ehesten | die Notlage aufmerksam wurden und sich ihrer annahmen.
RER RAET EN A RINA nach einer Vergiftung aussieht. EEE | > Es kommen auch Fälle vor, bei denen: die Schmerzen und
v SE Enge . Nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle begab sich Herr. | das Steifheitsgefühl nur‘ an Beinen und Armen oder am Rücken
Ei „it = Ile > Professor Bruns mit seinen Assistenten zum Studium der. Krank- | und Nacken: lokalisiert: sind. Bei Fällen. leichteren Grades mächen
METTERT, one. y heitan Ort und Stelle und. ließ auch in der Folge 2 seiner Herren | sich Schmerzen. nur als ein leichtes Ziehen bemerkbar, verbunden
EA TERN EN zur weiteren Beobachtung ‚der Erscheinungen am Haff stationiert, | mit.dem. typischen Gefühl der Gliedersteiligkeit. Solche. Patienten :
a vous so. Wär haben seitdem Gelegenheit gehabt, sehr viele Fälle vom ersten | machen. dann mühevöll ihren Dienst am Bord weiter und haben
an is) „Ausbruch der Krankheit bis zur völligen Genesung zu beobachten. | schon 'einige Stunden: später absolut keine Beschwerden ‚mehr.
PERLE jt Die Krankheit. trat zuerst an. der Südseite des ‘Samlandes, | . . In den schweren Krankheitsfällen - sind. die ‚schmerzhaften
REE sl >. hauptsächlich in der Gegend von. Zimmerbude und Peyse im Kreise | Muskeln auf Druck sehr empfindlich, fühlen sich aber nicht rigider
ee Ri RER _ Fischhausen äm Nordufer des Frischen Haffs auf; kurze Zeit darauf .| an als unter normalen Bedingungen.. Selten klagen die Kranken
Eye AN RARI Itse Aa] “ wurden aber auch. Fälle, aus dem Kreise Heiligenbeil und Brauns- | iber Kopfschmerzen. - Zr Di wre
EE S NINNE EN R ETE, Ä a 1; a nn .. a pad |> -. Temperaturerhöhung ist nur in ganz vereinzelten Fällen vor
la GERNE He ae, SUSASTE | handen gewesen,- doch äußern die Patienten‘ oft ‚zu Beginn der
ey im südlichen Haflteil, der zum Freistaat Danzig gehört, ein. . - "Krankheit. Frosteefühl.. > TRSN
ENE AE AN} Die größte Zahl der Krankheitsfälle wurde im August und | lee. ee ce
SET | Eu ie größte Zahl der Kranl | gust ùn Ep | | TORTE
Di ek on, September beobachtet, mit Eintritt der kälteren ‘Witterung wurden |. Im übrigen konnten. an den. Organen keine nennenswerten
BE Re ‘die Fälle seltener. Bisher sind im Ganzen Se is a a a Ma a a
Be lien Als, Vón der Krankheit werden.vor allem die Haffischer (80%) | Ya haus beiesb. und SCSCHWOlen, SONSUSS Wagen: un
es; et, - befallen, selten Frauen und noch seltener Kinder. Ganz vereinzelte ‚wurden. mit- Ausnahme. starker Appetitlosigkeit von A P nn
unfall no Falle sind vorgekommen, bei denen Bauern, die am Haff mit dem nicht geäußert. ` Dei Stuhl zeigte . normalen u ke ai
ee a. Umpflügen des Ackers beschäftigt waren, erkrankten.; . Bemerkens- Leber und Milz. | Am Nervensystem konnten nn rome i T
SET RT REN `; -weft ist, daß von den Bewohnern der Nehring, die auf. die Ostsee | Fungen nachgewiesen werden, auch bestand ‚keine ln,
ANa os zum Fischen hinausfahren, niemand: von dieser seltsamen Krankheit lichkeit der Nervenstämme. Die Atmung war une T
To o uns. befallen. wird. Am benachbarten Kurischen Haff, wo das Fischer- a wohl infolge der Sehmerzhaftigkeit der Atemmuskul = Der
en öl. volk unter denselben Verhältnissen lebt, sind keine ähnlichen en während des Anfalls häufig beschleunigt und en u
ln EUER IE - Krankheitsfälle beobachtet worden. 7.0.0000 a Blutdruck zeigte anfangs ‚öfter niedrigere. Werte, war aber Im
re | Die Haffischer fahren gewöhnlich -am Sonntag Abend zum übrigen normal. AE EE CAE E E EE
ee a Fischen aus, bleiben die ganze Woche auf dem Wasser und kehren i 5 a Eo an dagegen a no
ee HR H - erst Sonnabend heim. -Wir beobachteten nun, daß. meistens erst | Urinbelund. Die Kranken entleeren zu Beginn der Lrkrankung
I let > Ä aeei Mitte der Woche die ersten Erkrankungen unter den ausgefahrenen | eine nur spärliche Urinmenge, die rötlich-braun bis intensiv schwar-
ee ‘ . Fischern aufireten und die Zahl der Fälle sich gegen Ende der ‚braun gefärbt ist. Die ‚Reaktion des Urins ist sauer; der Urin ent-
en SS 20 ‚Woche stark vermehrt. Die Anfälle treten in den frühen Morgen- | hält viel Eiweiß. Zucker und Gallenfarbstoffe sind nicht: nachu-
We RN stunden auf’ dem Wasser in der Zeit von 3—7 Uhr auf und | weisen, doch.ist die Benzidinprobe- stets. positiv. Spektroskopisch
a vlt. zwingen die Fischer sofort zur Rückkehr. Unter diesen Fischern | findet sich’ Methämoglobin und Oxyhämoglobin. . Das Sediment zeigt
ee ll erkranken wieder diejenigen, welche mit dem Einholen der Grund- | zahlreiche hyaline und’ granulierte mit Farbstoff beladene Zylinder,
TS ERE RASSE URAR o schleppnetze beschäftigt sind, ‚sich dabei. tief nach dem Wasser- ferner verschiedene Kristalle von Harnsäure und harnsauren Salzen,
a RIECHT „spiegel herunterbeugen. und natürlich auch mit dem. Haffschlamm vereinzelte Leukozyten, und in ganz. wenigen Fällen ne In
rer Lab eigen in Berührung kommen.: Auch Tiere, Hunde und Katzen, sollen von | zyten. Diese Hämoglobinurie ist in den schweren Krankheitsläle
Er paei SAR lejp ied . der Krankheit befallen worden sein. Dagegen hat man selten Er-:| außerordentlich stark und wird nur in leichten Fällen vermibt; sie
ee ls. > krankungen der Besatzungen von Frachtschonern, anderen Segel- | dauert in der Regel 1—2 Tage. Im Blute selbst konnte Tidow —
na el eng ie A booten: oder der ance im Haff ir Poi gesehen, die : Aue a a Ee auf dem Höhepunkt der
Bee sm uhülil oo. mit ihrem Bord hoch über dem Wasserspiegel liegen. . . | £rkrankung — kein Methämoglobin nachweisen. a |
t t aeoaea iR All = -Das klinische Krankheitsbild ist sehr charakteristisch. Aus | _ Im Blutbild ‚fanden wir-im Anfall eine Leukozytose (bism
er I HER = vollem Wohlbefinden heraus werden die Leute von heftigen Schmerzen 31000), wobei die Neutrophilen bis 96 % vorherrschten. Diese Er
er Bean Pag ei) in den Extremitäten, vor allem, in den Waden, und im Rücken be: :| höhung ging im- Abklingen des Anfalls schnell zurück und machte
e i $ | Nil fallen. Die Glieder. werden schwer, so daß kaum noch Bewegungen einer relativen: Lymphozytose (bis zu 40% Platz. Die Eosinopbilen
y BEN: i ETRA it -ausgeführt werden können. Ein großes Mattigkeitsgefühl befällt den -| waren nicht vermehrt.. Desgleichen war der Hämoglobingehalt und
Be Soonar, . ganzen Körper. In ganz kurzer Zeit, bisweilen schon innerhalb | die Zahl der roten Blutkörperchen selbst nach .mehreren schweren
a i EEE HIRI EIN ~ 8—5 Minuten, breiten sich die heftigen -Muskelschmerzen über den | Anfällen normal.. | e F |
u ov IERE AE NNARYI ganzen Körper aus. Nur Gesichts- und Schlundmuskeln ‚bleiben von Im äknten Anfalle konnten jedoch Rosenow und Tiets
PA en Schmerzen verschont. Die Kranken fühlen sich wie gelähmt und | zahlreiche Blutkörperchenschatten und die von Ehrlich als hämt
m a EHN Aji können vor Schmerz kein Glied rühren. Manchmal besteht auch | globinämische Innenköřper bezeichneten Einschlüsse nachweisen, die
TE REN schon längere Zeit vor dem. akuten Ausbruch der Krankheit ein | sich mit Supravitalfärbungen, aber auch mit.May- Grünwald ba. -
Br BSH Git Schwächegefühl, und in ganz vereinzelten Fällen brach die Krank- | Giemsa deutlich darstellen ließen. Diese Innenkörper waren iD
2 a R $ ui EENE IN heit erst am Tage nach der Haffahrt aus, wenn die Patienten auf 'Blutausstrich der Kranken sehr zahlreich und lagen im Zentrum der
ae iaa Ol estem Land vom Haff entfernt waren, | roten Blutkörper dort, wo sonst. die hämoglobinfreie Delle ist, Die
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. werden.
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
1803
Einschlußkörper werden durch verschiedene Blutgifte, wie z. B.
Phenylhydrazin, chlorsaures Kali hervorgerufen.
X. Die Resistenz der Erythrozyten ist normal.
` speziel Kältehämolysine konnten nach Tidow nicht nachgewiesen
Das schwere Krankheitsbild dauerte im allgemeinen 1—2 Tage,
danach erholen Sich die Kranken schnell und können recht bald
ihrer gewohnten Arbeit nachgehen. . Fahren die Fischer wieder .
aufs Haft hinaus, dann — aber auch nur dann — trat in sehr vielen
Fällen ein erneuter Anfall auf, der sich bis zu 6—8mal wiederholte.
Dabei wechseln leichte und schwere Anfälle ab, wobei die Schwere
' eines solchen neuen Anfalles in keiner Beziehung zur Häufigkeit
_ derselben steht. > 2:
| Nachwehen der Erkrankung sind in der überwiegenden Mehr-.
. zahl der Fälle vorhanden; sie bestehen in einer iiber Wochen
dauernden Abgeschlagenheit, Mattigkeit, leichter Ermüdbarkeit. Nach
geringen Anstrengungen tritt schon leichtes Schwitzen ein, verbunden
. mit ziehenden Schmerzen in der Wade und im Nacken, oftmals auch
unter dem linken Rippenbogen in der Milzgegend. Derartige Nach-
wehen konnten hauptsächlich bei älteren Leuten beobachtet werden. -
: Nach Abklingen der Erkrankung bestanden oftmals noch
Druckschmerzen in der Nackenmuskulatur, vor allem dicht am
Hinterhauptansatz, und in der Wadenmuskulatur, in erster Linie
am Übergang in die Achillessehne Nur in seltenen Fällen soll
als Nachkrankheit eine Nephrose beobachtet sein. |
© So kann man sagen, daß die Haffkrankheit prognostisch
durchaus günstig zu beurteilen ist. Todesfälle sind bis jetzt 3 be-
kannt geworden, wobei aber in keinem Falle die Haffkrankheit die
alleinige Todesursache gewesen ist. In dem einen Falle bestand
‚gleichzeitig ein Magenkrebs, bei dem zweiten ein schwerer Mitral-
fehler. Zu bemerken ist allerdings, daß bei der Obduktion des
zweiten Falles noch ausgedehnte Epithelnekrosen der gewundenen
Harnkanälchen und Kalkzylinder in den geraden Harnkanälchen
nachgewiesen werden konnten. |
Aus dem eigenartigen Auftreten der Halfkrankheit, nach
welchem, wie eingangs erwähnt, fast nur die Haflischer, d. h.
die Menschen befallen werden, die mit dem Hafiwasser bzw. dem
Haffschlamm in Berührung kommen, muß man mit Sicherheit an-
nehmen, daß das Frische Haff die schädliche Noxe enthält, welch
diese eigenartige Erkrankung hervorruft. |
Nach dem klinischen Bilde muß die Ursache am ehesten in
einer. Intoxikation gesucht werden. Dafür spricht vor allem der
plötzliche Beginn aus voller Gesundheit heraus, der völlig fieber-
freie Verlauf, die Verbreitung der Krankheit nur bei den Fischern
des Frischen Halis, die Voraussetzung der mehr oder weniger langen
Berührung mit den aus dem Haff aufsteigenden Gasen und Dünsten
bzw. mit dem Haffwasser oder dem Hailschlamm. Auch die von
Rosenow und Tietz gefundenen Einschlüsse der Erythrozyten
weisen auf eine Schädigung durch Gifte hin. .
Die bakteriologischen Untersuchungen des Blutes und der
Exkrete haben für die Krankheitsursache keine positiven Ergebnisse
gehabt. Ebensowenig sind Anhaltspunkte für Kontaktinfektion vor-
handen. Auch ein von Tidow angestellter Selbstversuch, bei dem
er Blut eines frisch erkrankten Patienten 'sich injizierte, verlief
. ebenfalls resultatlos. Nicht anders scheint es den Versuchen er-
gangen zu sein, die Krankheit bei Tieren experimentell hervor-
zurufen.
Auch über die Vorstellung, es könnte sich um eine Trema-
todeninfektion handeln, ist nichts mehr verlautbart. Eine Vergiftung
durch Genuß von Haffischen, besonders von Aalen, konnte schon
deshalb nicht in Frage kommen, da die Fische zu Tausenden nach
Königsberg gebracht und dort verzehrt wurden, ohne daß ein Mensch
an der Haffkrankheit erkrankt wäre. Eine mehr als nur rein oberlläch-
liche Ähnlichkeit mit der Kreuzrehe der Pferde besteht ebenfalls
nicht. (Siehe Deutsche med. Wochenschr. Nr. 51: Ewig, Nachtrag
zum kritischen Sammelreferat über die Haifkrankheit.)
Wohl aber muß man im Haffwasser oder im Haffischlamm und `
den sich .da entwickelnden Gasen die schädliche Noxe suchen.
Möglich daß es Mikroben sind, die im Hafiwasser oder im Haff-
schlamm leben und dort die gasförmigen Gifte produzieren, die für
die Intoxikation verantwortlich zu machen sind. Das sind Fragen,
die noch nicht geklärt sind und noch weiter wissenschaftlich be-
arbeitet werden. Sicher ist allerdings, daß die Krankheit nach
Trinken des Haffwassers nicht aufzutreten braucht. ` l
Zu der Frage, warum die Krankheit nur am Frischen Haff
und nicht am Kurischen Haff vorkommt, ist zu bemerken, daß in
das Frische Haff die Abwässer Königsbergs und der hiesigen
Hämolysine,
Zellulosefabriken geleitet werden. Das Haffwasser wird dadurch
stark verunreinigt und auch der Fischbestand: und der Pflanzen-
wuchs besonders in der Nähe der Einmündung stark reduziert. -
Andererseits ist erwiesen, daß unter Umständen schon ganz .
geringe Mengen von giftigen Gasen schwere Krankheitserscheinungen `-
hervorrufen können, wie z. B. der Phosphor- und Arsenwasserstoff. -
Allerdings lassen sich mit der Annahme eines, giftigen Gases als
schädliche Noxe nicht alle Erscheinungen in dem typisch-klinischen
Bilde der Haffkrankheit ohne weiteres erklären, vor allem nicht die
Tatsache, daß die Erkrankung in ganz vereinzelten Fällen erst nach
ungefähr 24 stündiger Inkubation weit ab vom Haff ausgebrochen
ist, oder daß Leute erkranken, die auf dem Haff nicht gewesen sind.
Für die speziellen hydrobiologischen und toxikologischen
Untersuchungen sind von der Regierung besondere Kommissionen
eingesetzt, die bis jetzt noch zu keinem endgültigen Schluß über
die Entstehungsursache der Krankheit gekommen sind. Bei der
vorgerückten Jahreszeit und-zumal da auch in den letzten 4 Wochen
überhaupt keine neuen Fälle mehr gemeldet wurden, dürften diese
Untersuchungen jetzt nicht mehr viel Erfolg versprechen. Es wird
daher von besonderem Interesse sein, zu sehen, ob der nächste
Sommer ein Wiederaufleben der Krankheit bringt, nachdem die
erwähnten und von den Erkrankten und Haffbesuchern stets. be-
schuldigten Abwässer anderweitig abgeleitet werden. |
| Umirage. |
Die Frühoperation der Gallensteine.
Die Umfrage wird im folgenden fortgesetzt und die
Zr Antworten | E
gebracht, die bei der Schriftleitung eingelaufen sind. l
Professor Dr. Hans Finsterer, Wien: _
Der Aufforderung der Redaktion der Medizinischen Klinik,
einen Beitrag zur Frühoperation der Gallensteine zu liefern, komme
ich deshalb gerne nach, weil ich überzeugt bin, daß durch die Mit-
teilung möglichst zahlreicher Operationsresultate der Widerstand der
Internisten und der praktischen Ärzte gegen die Frühoperation all-
mählich geringer werden wird. u
Da die Gallensteinerkrankungen vorwiegend bei den Frauen
vorkommen, Frauen aber weder in das Garnisonsspital Nr. 2. als
Militärspital, noch auch in das Spital der Barmherzigen Brüder auf-
. genommen werden durften, so ist mein Material an Gallenstein-.
operationen relativ gering im Verhältnis zurZahl derMagenoperationen.
Da ich in letzter Zeit überhaupt kein öffentliches Spital leite, so habe
ich auch viel weniger Gelegenheit, akute Gallensteinanfälle, die
‚heute in den Spitälern immer häufiger zur Operation kommen, zu .
operieren.
= Wenn wir bei der Appendizitis den Ausdruck Frühoperation .
gebrauchen, so verstehen wir darunter die Operation innerhalb der
ersten 24—48 Stunden nach Beginn. des akuten Anfalles. Dabei
wird keine Rücksicht darauf genommen, ob es sich um den ersten
oder um einen wiederholten Anfall handelt. Bei der Gallenstein-
operation wird man wohl nur äußerst selten in die Lage kommen,
gleich beim ersten Anfall in den ersten 24—48 Stunden zu ope-
rieren, außer ‘es handelt sich um eine akut auftretende Gangrän
der Gallenblase oder eine Perforation mit sekundärer. Peritonitis,
wo eine absolute Indikation zur Operation gegeben ist.
Enderlen hat in dem Referate am Chirurgenkongreß 1923
eine ganz andere Definition der Frühoperation aufgestellt, denn
er versteht darunter „frühzeitiges Eingreifen beim Gallen-'
steinleiden in frühen Jahren“. Auch Hotz schließt sich dieser _
Definition an, er lehnt die Übertragung des Begriffes Frühoperation
von der Appendizitis auf die Cholelithiasis absolut ab.
Wenn wir im Sinne von Enderlen und Hotz den Begrifi
Frühoperation auffassen,
215 Cholezystektomien die Zahl dieser Frühoperationen äußerst
gering (24 Fälle). Ich habe zwar 88 Fälle von Cholezystektomien,
die im Alter von 17—40 Jahren zur Operation kamen, aber nur
in 10 Fällen dauerten die Gallensteinanfälle weniger als 6 Monate. `
in 14 Fällen bis zu einem Jahr, während in 7 Fällen. die Anfälle
bereits über 5 Jahre sich erstreckten, und 28 Fälle, also fast 1/,
aller in jungen Jahren operierten Patienten durch viele Jahre bis
zu 20 Jahren an wiederholten Gallensteinanfällen litten, bis sie
endlich zur Operation geschickt wurden. So hatte: eine. 3öjährige
(Fortsetzung aus Nr. 50.)
dann ist unter meinem Material von
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1804
3 | 1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51. BL -21e Dezember
5 — En EEE R TEN a
Frau innerhalb 6 Jahren über 200 zum Teil sehr schwere Anfälle
überstanden, die wiederholt Morphiuminjektionen notwendig machten.
Diese. letzten 24 Fälle erfüllen nur die eine Forderung Enderlens,
daß es sich um jugendliche Personen handelt, während bei .der
langen Dauer der Erkrankung die Operation durch Schwielen-
bildung in der Umgebung der Gallenblase und Schrumpfung der-
selben besonders erschwert war. Dabei ist zu betonen, daß ein
auffallender ‚Unterschied zwischen den Patienten des Krankenhauses
und der Sanatorien besteht. Denn bei den Privatpatienten, die
unter 40 Jahre zur Operation kamen, finden sich nur 5 Fälle, die
nur bis zu einem Jahr krank waren, darunter ein Fall von Gangrän
der Gallenblase, der bereits nach einer Woche unter stürmischen
Erscheinungen aus: vitaler Indikation zur Operation kam. ' Alle
übrigen Fälle wurden durch viele Jahre (bis zu 18 Jahren) wegen
ihrer Gallensteinkoliken behandelt, bis: sie endlich zur Operation
geschickt wurden. Das gleiche Verhältnis findet sich auch bei den
über 40 Jahre alten Leuten, auch hier wurden im Spital noch.
relativ mehr Patienten bald nach Beginn der Anfälle zur Operation
geschickt als in der Privatpraxis. _ _° eu En
Eine Frühoperation,. also eine frühzeitige Operation, ist
auch in höherem Alter noch möglich. Es ist damit noch nicht
gesagt, daß hier die Gallensteine erst im späteren Alter entstanden
sein müssen, sondern ‘sie wurden vielleicht Jahre hindurch fast
symptomlos getragen, bis es plötzlich zu. einem schweren Kolik-
anfall kam oder langsam auftretende Magenbeschwerden zusammen
mit dem Röntgenbefund ein schweres Magenleiden (Karzinom) an-
nehmen ließen, weshalb die Patienten unter dieser Diagnose zur
Operation geschickt wurden, bei welcher dann als Ursache der Be-
schwerden die Gällensteine gefunden wurden. Ich habe unter den
Patienten, die zwischen 40—70 Jahre alt waren, 10, die nur bis zu
6 Monaten, vor der Operation, und 7 Patienten, die bis zu einem
Jahr vor der Operation Beschwerden hatten. Auch bei diesen
17 Fällen von Cholezystektomien, die übrigens auch alle geheilt
sind, kann man in gewissem Sinn von einer Frühoperation sprechen.
Für die Schwierigkeiten der Operation sind die pathologischen
Veränderungen an: der Gallenblase und in der Umgebung derselben
von großer Bedeutung. Eine kleine geschrumpfte Gallenblase mit
mächtigen : Schwielen am Zystikus-Hepatikus-Winkel ist auch bei
einer jugendlichen Person viel schwieriger und mit viel größeren
Gefahren von Nebenverletzungen zu exstirpieren, als eine prall ge-
spannte Gallenblase im akuten Anfall bei einer selbst 60jährigen
Person, wo sich, wenn nur wenig Anfälle vorausgegangen sind, nur
einige Verwachsungen zwischen Fundus der Gallenblase und Colon
transversum oder Duodenum finden, die leicht gelöst werden können.
Mit der Dauer und der Wiederholung der Anfälle wird auch die
Gefahr, daß Steine in die tiefen Gallenwege kommen, daß es zum
Gallengangverschluß mit nachfolgender Dilatation der Gallenwege
kommt, immer größer. Diese Schwierigkeiten und Gefahren
zu verhindern, ist der Hauptzweck der Frühoperation,.
daher ist meiner Ansicht nach weniger Gewicht auf das
Alter der Patienten, als -auf die Dauer und die Intensität
der vorausgegangenen Anfälle zu legen. .
Die Frühoperation wird heute von den: meisten Internisten
bekämpft. Besonders die reichen Patienten werden direkt daran
gehindert, durch die Operation endlich von ihren Beschwerden be-
freit zu werden. Als Grund gegen eine frühzeitige Operation werden
von den Internisten einerseits die Schwierigkeiten der Diagnose,
anderseits die Gefahren der Operation ins Feld gelührt, nach
meiner Ansicht beides mit Unrecht. | Zu
Die Schwierigkeit der Diagnose soll für manche Fälle. ohne
weiters zugegeben werden. Wenn aber ein Patient einen derartig
heftigen Schmerzanfall mit deutlichen Lokalsymptomen in:der rechten
Oberbauchgegend hat, daß eine Morphiuminjektion absolut notwendig
wird, wenn dieser Schmerzanfall sich gar ein zweitesmal wiederholt,
dann kann man annehmen, daß ein Leiden vorliegt, das chirurgisch
behoben werden söllte, sei es, daß es sich um eine Cholelithiasis
oder ein Uleus duodeni oder um eine Appendizitis handelt. Nur
bei einer etwaigen Nierenerkrankung (Nierenstein, Pyeletis). ist
eine besondere Untersuchung und Beobachtung notwendig, da: die
Art der einzuschlagenden Operation verschieden ist. Kann die Nieren-
erkrankung ausgeschlossen werden, dann hat der Chirurg das Recht,
den Patienten von seinem Leiden durch die Operation zu befreien.
Findet er statt der angenommenen Gallensteine ein Ulcus duodeni,
so wird er eben nicht die Gallenblase entfernen, sondern das Ulcus
duodeni .resezieren. Sind beide Organe erkrankt, werden beide
operativ behandelt. . Ist die Appendix erkrankt, wird diese ent-
fernt. Findet der Chirurg wirklich, weder in der Gallenblase,. noch
im Magen, noch im Duodenum oder in der Appendix irgend eine
pathologische Veränderung, was nach einem so heftigen Schmer-
anfall unwahrscheinlich ist, dann wird die Operation als Probe-
laparotomie betrachtet und die Bauchdecken wieder geschlossen,
Gegen die Berechtigung der Probelaparotomie wird von
sich dabei darauf berufen, daß Hotz in seinem Relerat über die
Erfolge von 12000 Gallensteinoperationen, die ihm von 56. ver
51 Probelaparotomien und Lösung von Verwachsungen, die im akuten
Anfall ausgelührt wurden, 17 Todesfälle = 33,3 % Mortalität, bei
talität verzeichnet, daß also die Mortalität der Probelaparo-
tomie und Lösung von Adhäsionen zirka 3mal so groß ist
als die Mortalität nach der Cholezystektomie. Ich halte
es für ganz ausgeschlossen, daß es sich in diesen Fällen um
diagnostische Probelaparotomien gehandelt hat, wo also »die
klinisch diagnostizierten Gallensteine nicht, aber auch sonst nichts
gefunden wurde, so daß bei vollkommen negativem Befund die
Bauchhöhle wieder geschlossen: werden mußte, denn dazu ist. die
Mortalität einfach zu hoch. |
. Es erscheint mir viel wahrscheinlicher, daß die einzelnen
Operateure jene Fälle von Laparotomien eingerechnet haben, wo
statt der. erwarteten Gallensteine entweder ein Karzinom der Gallen-
eine nicht heilbare Erkrankung gefunden wurde, an der die Patienten
diese: Fälle unter die diagnostische Probelaparotomie wegen Chole-
lithiasis einreiht, dann ist das nur geeignet, Verwirrung anzurichten,
Gefahren der einfachen diagnostischen Probelaparotomie zugrunde-
gelegt werden, ebensowenig wie es erlaubt ist, die relativ hohe
. Mortalität (10 %) der Probelaparotomie, die wir beim klinisch nach-
gewiesenen Magenkarzinom zur Sicherstellung der ÖOperabilität
bzw. Inoperabilität ausführen, etwa gegen die Berechtigung einer
diagnostischen Probelaparotomie, welche zur Entscheidung der
: Frage, ob ein beginnendes Magenkarzinnm oder ein Ulkus oder ein
anderes Leiden. vorliegt, notwendig ist, ins Feld geführt werden
kann, wie es manche Internisten immer wieder machen.
geführt, daß unter den 38 Todesfällen 10 durch Peritonitis bedingt
waren und 17. Todesfälle. auf. das Konto Kollaps, Shock, Narkose usw.
kommen. Die, einfache diagnostische Probelaparotomie ist dann,
wenn keine andere schwere Erkrankung gefunden wird, sicher nicht
gefährlicher als eine Laparotomie wegen chronischer Appendizitis,
die heute bei einer verläßlichen Asepsis unter hunderten Fällen
keinen .Todesfall an einer Peritonitis zur Folge hat. Ich kann mir
daher die große Anzahl der Todesfälle an Peritonitis nur £0
erklären, daß in diesen Fällen unter der Diagnose akute Chole-
lithiasis operiert wurde, daß dabei ‚aber eine diffuse Peritonitis
gefunden würde, vielleicht infolge. einer Perforation der Gallen
blase oder infolge Durchwanderung aus der Gallenblase, oder eine
Peritonitis aus anderen Ursachen gefunden wurde, daß in diesen
Fällen von jeder Gallenblasenoperation abgesehen, die Bauehböhle
nach Drainage wieder geschlossen wurde und nun diese Fälle zu
den Probelaparotomien gerechnet wurden. Das Gleiche gilt wohl
auch für die 17 Todesfälle an Kollaps, Shock, Narkose us.
lch kann mir unmöglich vorstellen, daß eine kurzdauernde Narkose,
wie sie für eine diagnostische Probelaparotomie notwendig ist, In
so vielen Fällen zum Tode führen sollte. Auch hier muß ein
schwereres Grundleiden (vielleicht akute Pankreatitis) vorgelegen
haben, so daß diese Todesfälle dann nicht durch die Narkose oder den
sogenannten Operationsshock, sondern durch das Grundleiden ;be
dingt waren. ir, Mi
„Es ist übrigens vollkommen überflüssig, für eine Probe
laparotomie Allgemeinnarkose zu verwenden, da sie in -Lokal-
anästhesie der Bauchdecken vollkommen schmerzlosdurek:
geführt werden kann und auch das Absuchen der Gallenblase anl
Steine, wenn es zart ausgeführt wird, vollkommen schmerzlos ist.
Damit kann aber auch die Hauptgefahr der Probelaparotomie he-
seitigt werden. R
Es muß den Internisten gegenüber nochmals ausdrücklich be
tont werden, daß die Probelaparotomie aus diagnostischen
Gründen in zweifelhaften Fällen herangezogen ‚werden
kann und sollte; da ihre Mortalität an sich fast Null ish,
vielen Internisten die Gefahr derselben angeführt. Und-sie können
schiedenen chirurgischen Stationen mitgeteilt. worden waren, bei
201 Operationen im Intervall aber 21 Todesfälle = 10,45 % Mor-
blase oder ein Karzinom des Pankreaskopfes mit Ikterus oder sonst
selbstverständlich auch ohne Operation gestorben wären. Wenn man
Die :Mortalität derartiger Fälle darf niemals der Beurteilung der
Hotz hat leider über die abnorm hohe Mortalität der Probe- -
laparotomie sich nirgends ausgesprochen, nur in Tabelle 4 ist an- -
durch die Ausführung: derselben aber das unsichere Zuwarten über
2 et è
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21. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
1805
flüssig gemacht und mancher: Schaden verhindert werden kann.
Damit wird die Probelaparotomie eines der wertvollsten Hilfsmittel
in diagnostisch schwierigen Fällen.
Der zweite Einwand, daß die Operation wegen Gallen-
steinen zu gefährlich sei, als daß sie bereits in jungen Jahren
ohne absolut vitale Indikation angewendet werden könne, ist nicht
mehr richtig. Es kann ja zugegeben werden, daß heute an manchen
Stationen die Gesamtmortalität noch relativ hoch ist, was durch
die verschiedensten Momente, vor allem durch die Art des Materials
bedingt sein kann. Wenn die Fälle mit Jahrzehntelang bestehenden
"Gallensteinkoliken, mit Infektion der tiefen Gallenwege.usw. über-
wiegen, wenn es sich noch dazu vorwiegend um alte Leute handelt
und die Operation in tiefer Allgemeinnarkose ausgeführt wird, dann
muß die Mortalität selbstverständlich höher sein als in einer anderen
Station mit relativ günstigeren Fällen. Das kann aber nicht gegen
die Berechtigung der Frühoperation verwendet werden, im Gegen-
teil, diese Tatsache fordert direkt zur Frühoperation auf.
Wenn wir die Gefahren einer Cholezystektomie. analy-
sieren, so können wir mit Hotz zwei große Hauptgruppen unter-.
‚scheiden: 1. die fortschreitende Infektion der tiefen Gallenwege
oder des Bauches, 2. Schädigungen am abgebrauchten Orga-
nismus. Die erste Gefahr, nämlich die Infektion der tiefen Gallen-
wege, können wir gerade durch eine möglichst frühzeitige Operation
am besten bekämpfen. Auch die Infektion der Bauchhöhle läßt sich
im Frühstadium; selbst dann, wenn Eiter in der Gallenblase vor-
handen ist. (akutes Empyem) durch sorgfältiges Abdichten der
Bauchhöhle vermeiden. Wenn es bereits vor der Operation zur
Perforation der Gallenblase und damit zur diffusen Peritonitis ge-
kommen ist, dann wird allerdings die Operation nicht in allen
Fällen imstande sein, die Infektion noch mit Erfolg zu bekämpfen.
Aber derartige ‘Fälle sind doch ohne Operation unbedingt und
viel eher verloren als mit der Operation. Auch hier ist für den
weiteren Verlauf der Peritonitis der Allgemeinzustand
des Patienten von großer Bedeutung. Wenn der Organismus
durch langdauernde Krankheit mit den wiederholten Schmerzanfällen
bereits abgebraucht ist, oder die durch die Erkrankung bereits ver-
minderten "vitalen Abwehrkräfte des Peritonsums durch eine lang-
dauernde tiele Allgemeinnarkose noch weiter geschädigt werden,
- dann ist der tödliche Ausgang der Peritonitis zu befürchten. Daher
wird mau bei den Frühoperationen, wenn man dieselben ganz oder
größtenteils in irgend einer Form der Lokalanästhesie (paraverte-
brale oder Splanchnikusanästhesie) ausführt, eine tödliche Peritonitis
kaum erleben, eine verläßliche Asepsis vorausgesetzt. Ich babe
unter meinen 88 Frühoperationen keinen Todesfall an einer
Peritonitis erlebt, obwohl. 17 Fälle im akuten Anfall, zum Teil
mit hohem Fieber operiert wurden, wobei 2 mal bereits gallige
Peritonitis vorhanden war und in 2 Fällen eine vollständige Gangrän
der Gallenblase bei der Operation gefunden wurde. Es ist also
die Gefahr der Peritonitis durchaus nicht mehr so hoch einzu-
schätzen, ganz besonders dann, wenn es sich um die Frage der
Frühoperation handelt.
Die seltenen Fälle von galliger Peritonitis, die nach voll-
ständigem’ Verschluß der Bauchdecken, also bei der sogenannten
idealen Cholezystektomie beobachtet werden, können natürlich
auch bei der Frühoperation zustande kommen. Sie werden am
besten dadurch vermieden, daß man in allen Fällen ein dünnes
Drainrohr als Sicherheitsventil einlegt. Ich habe die Tamponade
des Leberbettes, aber auch die Drainage mit Jodoformgazestreifen
vollständig aufgegeben, verwende hingegen immer ein Drainrohr,
weil ich der Überzeugung bin,. daß dieses dünne Drainrohr nur
nützen, niemals schaden wird. Es leitet das Blut, daß sich nach
jeder Cholezystektomie trotz sorgfältiger Peritonealisierung immer
wieder ansammelt, nach außen ab und vermeidet dadurch gerade
die schweren Adhäsionen, die infolge Organisation solcher Hämatome
entstehen, wie Hartung bei der Relaparotomie nach idealer Chole-
zystektomie sie gefunden hat. Es leitet aber auch die aus den
verletzten Gallengängen des Leberbettes austretende Galle nach
außen ab und verhindert schließlich, daß, wenn nach dem 5. oder
6. Tag die Zystikusligatur durchschneidet oder abrutscht, es zur
sekundären galligen Peritonitis kommt. Ich habe unter meinen
Spätoperationen einen Todesfall an galliger Peritonitis erlebt, der
dadurch entstanden war, daß beim Verbandwechsel das durch eine
kleine laterale Inzision herausgeführte Drainrohr bereits am nächsten
Tag mit den anklebenden Verbandstoffen von einem Assistenten
herausgezogen wurde und nicht mehr eingeführt werden konnte.
Die Adhäsionsbildung um dieses dünne Drainrohr bleibt ganz um-
schrieben, hat daher kaum mehr Bedeutung als die Adhäsionen,
etwa durch Ausfallserscheinungen nicht stiftet.
den Krankheitsherd wie bei der Appendizitis beseitigt.
die sich. nach der Lösung der bereits vorhandenen Adhäsionen
wieder ausbilden, dafür gewährt das Drainrohr eine große Sicherheit..
Die Zahl der in der Literatur mitgeteilten Todesfälle nach idealer
: Cholezystektomie ist zwar gering, aber sie könnte um einige traurige
. Fälle vermehrt werden, wenn alle Fälle auch wirklich mitgeteilt
‚würden. Mir sind einige derartige nicht publizierte Todesfälle be-
‘kannt. Ich bleibe also in diesem Punkte konservativ, auch auf die .
‘ Gefahr hin, für unmodern und rückständig gehalten zu werden, und
führe in allen Fällen ein dünnes Drainrohr ein in die
Nähe des Gallenblasenbettes ein. Nach ausgeführter Bauchnaht
soll man sich durch Einführen einer steifen Sonde in das Drainrohr `
überzeugen, ob dasselbe nicht durch die Bauchnaht geknickt wurde.
Da ich weder bei mir selbst noch bei meinen nächsten Angehörigen
einen vollständigen Verschluß des Bauches, also eine idealste Chole-
zystektomie, zugeben würde, so werde ich auch weiterhin allen
meinen Patienten gegenüber conselhon Standpunkt einnehmen.
. Reg folgt.)
Prof. Dr. Pels Leusden,
Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Greifswald:
Schon diese Frage müßte nach den neuen Untersuchungen
etwas anders 'gestellt werden. Denn die Erkrankung der Gallen-
blase, welche zur Steinbildung führt, Gallenstauung und Entzündung,
ist das eigentliche Frühstadium. Wir halten die Operation in
diesem Stadium schon für berechtigt, weil sie Entstehung der
Gallensteine mit allen ihren Folgen vermeidet und einen Schaden
Ferner weil man
gelegentlich der dazu nötigen Eröffnung der Bauchhöhle andere
nicht mit Sicherheit von der gestauten und entzündeten Gallenblase
unterscheidbare Krankheiten der ‚benachbarten Organe, Kolon, Duo-
denum, Pylorus, Pankreaskopf, rechtzeitig aufdecken kann.
1. Die Frühoperation der Gallensteine. |
‘Wir sprechen also nunmehr von dem, was man bisher als
Frühoperation verstand, nämlich von der Operation, sobald man
die ersten sicheren Anzeichen für das Vorhandensein von Gallen-
steinen hat, also im ersten Anfall oder bald danach.
a) Ist die Frühoperation berechtigt? Ja.
Aus welchem Grunde? Weil man mit ihr mit einem Schlage.
Schon der
sogenannte erfolgreiche Anfall Kehrs, bei welchem ein öder mehrere
Steine in den. Darm befördert werden, bringt so viele Gefahren, .
‚welche wir nicht übersehen können, mit sich und kann so schwere
Veränderungen an den abführenden Gallenwegen hinterlassen, daß
wir eine völlige Beschwerdefreiheit der Kranken nicht erwarten
dürfen. Sie werden wegen dieser auch chirurgisch nicht mehr zu
beseitigenden Veränderungen, Verwachsungen mit den benachbarten
Organen, Verengerung an der Papille usw., an ein Rezidiv glauben
und sind dauernd gesundheitlich und sozial geschädigt.
. Gegenanzeigen: Wie bei allen größeren Operationen.
b) Ist die Frühoperation erforderlich und notwendig?
Da bisher ja viel mehr Kranke ohne wie durch die Operation
über Gallensteinanfälle hinübergekommen sind, so ist damit wohl
bewiesen, daß von einer Notwendigkeit der Operation in
jedem Falle nicht die Rede sein kann. So soll aber auch der
Arzt sich die Frage nicht stellen. Dieser soll zum mindesten dem
Kranken auseinandersetzen, was er zu erwarten bat, wenn er sich
nicht operieren lassen will. Vielleicht werden sich dann allmählich
auch mehr Kranke zu einer Frühoperation, so wie bei der Appendizitis,
entschließen. Wenn allerdings dem Kranken gleich alles gesagt
wird, was einmal vorkommen kann und vorgekommen ist, wenn
ihm von operativer Bauchfellentzündung, postoperativer Pneumonie,
Bauchbrüchen erzählt wird, so ist das gerade so verwerflich, als
wenn einer Schwangeren vor dem Partus mit Wochenbetifieber,
Lungenschlag u. ä. das Herz schwer gemacht wird. Dann soll der‘
Arzt wenigstens mit derselben Gewissenhaftigkeit das elende Leben
schildern, welchem ein Gallensteinkranker mit sich häufenden An-
fällen, mit den Entbehrungen, die er sich in jeder Beziehung aul-
erlegen muß, mit den ungeheuren sich summierenden Schmerzen,
mit der Gefahr des Morphinismus und mit der immer geringer
werdenden Aussicht, durch einen spätern Eingriff das Leiden be-
seitigen zu können, entgegengehen kann.
Die Frühoperation ist aber notwendig, wenn gleich
eine schwere phlegmonöse Entzündung der Gallenblase
auftritt. Die Gefahren der Operation in diesem Stadium hat man
‚entschieden überschätzt.
Ist sie in jedem Falle erforderlich und notwendig? Das ist
schon im Voraufgehenden beantwortet.
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steinleidens auszuüben, und weiterhin in Anbetracht der geringen
. des: Eintritts lebensgefährlicher oder eine spätere Operation erheblich
` . Menschen chirurgisch zu behandeln ist.
für die „Frühoperation“ im Anfangsstadium des gesamten 'Gallen-:
. Gallenwege müssen auch dann, wenn niemals Ikterus bestanden hat,
_ erölfnet. und auf Steine untersucht werden.
` Papille mit Hegarschen Stiften und nähen den Ductus choledochus
_ nach der Revision oder nach der Entfernung von Steinen primär
Ä 2, Für die Fälle, für welche eine Frühoperation nicht in|
. . Frage kommt, ist die Frage zu entscheiden: s :
- Wann ist eine Operation auszuführen?
I. Absolute Anzeigen: © — —
Bei allen Empyemen und Phlegmonen,
bei dauernden sich wiederholenden Anfällen, besonders wenn.
die Kranken schon Morphinisten sind,
bei Gallenstauung,
.
- . wenn die Kranken. dauernde Beschwerden haben, selbst ohne
eigentliche Koliken, . SOS 2 De RB:
©- -` . bei dem geringsten Verdacht auf Gallenblasenkarzinom. Nach
meinen Erfahrungen wächst das. Gallenblasenkarzinom auf‘ dem
Boden von Gallensteinen und deren ‚Vorstadien, der Gallenstauung
.“ und Entzündung, häufiger, wie von Manchen, so auch von Aschoff,
angenommen wird. E E
U. Relative Anzeigen: Kennen wir eigentlich nicht. -
- Prof. Dr. Kirschner und Privatdozent Dr. Kurtzahn, ©
Chirurgische Universitätsklinik Königsberg i. Pr.:
Daß beim Eintritt lebensbedrohender Komplikationen (Peri-
tonitis) eine sofortige Operation erforderlich ist, bedarf heute kaum
noch der Erwähnung. - | |
| In Anbetracht des Umstandes aber, . daß alle konservativen .
Maßnahmen beim Gallensteinleiden lediglich symptomatischer Natur
und nicht imstande sind, einen nachhaltigen Einfluß. auf den Ver-
lauf weder des einzelnen Gallensteinanfalles noch des Gesamtgallen-
Aussichten einer dauernden Selbstheilung einerseits und der Gefahr
‚erschwerender Komplikationen andererseits, vertreten wir auch beim
Fehlen . einer vitalen Indikation den Standpunkt, daß jedes Gallen-
‚steinleiden, sobald es mit Sicherheit als solches erkannt
ist, bei einem. sonst gesunden, im. rüstigen Alter stehenden
steinleidens?). | |
Die einwandsfreie Diagnose eines Gallensteinleidens ist in den
meisten Fällen erst nach mehreren typischen Anfällen möglich;
schon aus diesem Grunde kommt die Operation in den allermeisten
‘Fällen erst nach mehreren Anfällen in Betracht, es sei denn, daß
"gleich beim ersten Anfalle lebensbedrohende Komplikationen auftreten.
Für einen in seiner Fortentwicklung das Leben gefährdenden
Zustand erachten wir auch den Choledochusverschluß. Da die -Aus-
sichten des spontanen Abganges eines im Ductus choledochus be-
findlichen Steines gering sind, der Kranke bei bestehendem Chole-
` . dochusverschluß aber von Tag zu Tag an operativer Widerstands-
fähigkeit einbüßt, so soll möglichst bald operiert werden. , Der
Ikterus an sich stört uns. nicht. Denn wir haben uns- bisher nicht
davon überzeugen können, daß Ikterische stärker als andere |:
Kranke bluten. _ SORA | ne
Wir sind der Ansicht, daß auch beim Fehlen lebensbedrohender
Komplikationen während des Anfalles zu operieren ist („Früh-.
. operation“ im einzelnen Anfall).
‘nicht groß, die Präparation der Gallenblase und der Gallenwege
Die Gefahr der Peritonitis ist
gelingt meist leicht, die Kranken vertragen den Eingriff auffallend
gut und sind für die Operation leicht zu gewinnen; Zeit und Kräfte
werden gespart.
Wir halten zur Vermeidung von Rezidiven die Exstirpation |:
der Gallenblase für eine unbedingte Notwendigkeit. Die tiefen
Eine Choledochus-
drainage nach außen kennen wir — wie an anderen Stellen oft
von uns betont — nicht, mehr. Wir dehnen stets die Vatersche
wieder zu. Wir betonen das deswegen, weil neuerdings Elischer
dieses uns seit vielen Jahren selbstverständliche Vorgehen aus dem
St. Rochus-Spital in Budapest als etwas Besonderes erwähnt. Die
Bauchhöhle wird auch in glatten Fällen drainiert, da wir uns zu
sehr als mangelhafte Erdgeborene fühlen, um die Garantie für eine
ideale Cholezystektomie übernehmen zu können. Zu
Die Forderung der Operation im akuten Anfall verlangt nicht,
daß jeder einschlägige Krankheitsfall, wie etwa ein eingeklemmter
1) Vgl. Kirschner, D. m..W. 1918. Nr, 24 und 26.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
In diesem Sinne sind wir.
> Aus. der Deutschen. dermatologischen Klinik in Prag
i ~ ` (Vorstand: Prof. Dr. C- Kreibich). |
Argochrom zur Injektionsbehandlung der Varizen.
Von Dr. Siegmund Schoenhof, I. Assistent der Klinik.
Das von Linser angegebene Verfahren der. Verödung variköser
-| Venen mit 1% iger Sublimatlösung zur Behebung des varikösen Sym-
:ptomenkomplexes mit all seinen Folgeerscheinungen wird seit mehreren `
‚Jahren an unser Klinik. mit gutem Erfolge angewendet. Neben den. .
guten, ja ausgezeichneten: Resultaten dieser Behandlungsmethode, -
‘die allerdings eine sehr ‚genaue Technik der intravenösen Injektion -
voraussetzt, sahen wir ‚aber doch: in einzelnen Fällen mehr oder
Injektionsbehandlung -an sich, als vielmehr auf das als Injektions-
: Patienten zeigte manchmal schon nach der ersten Injektion Erschei;
beim Einstechen der Nadel die Rückwand der Vene verletzt worden
Gewebes führte. Wir sahen dann manchmal im Anschlusse an das
-Linsers Sublimatinjektionen auch ein ausgezeichnetes Mittel zur
: blieben, so daß wir uns nach’ einem andern Medikament umsahen,
:Sublimatinjektion zu besitzen.
. Eine unerwünschte Nebenersch
' Medikament. Wir verwendeten seit längerer Zeit zur Behandlung
der gonorrhoischen Zystitis bzw.:von Blasenreizungen das Argo-
‚daß manchmal und zwar dann, wenn die Stauungsbinde am Arm
‘nicht rechtzeitig oder nicht rasch genug. abgenommen wurde, sich
' Thrombosen niemals zu schweren Krankheitserscheinungen oder Em-
ivon Fällen zur Anwendung kam, mie irgend eine schädigende oder
: toxische Wirkung auf den Organismus. l
War aber das Argochrom imstande unter -gewissen Bedin:
'gungen eine ungefährliche und schmerzlose Thrombose zu erzeugen,
:|:so mußte nur die Injektionstechnik entsprechend diesen Bedingungen -
geändert werden, um ein dem Sublimat in ‘der Bildung Jester ,
'Thromben gleichwertiges Mittel zù erhalten, das aber dabei von.
| schädlichen Nebenwirkungen frei oder fast frei ist. ‘Daß auch das
'Argochrom bei perivaskulärer Injektion zu unangenehmen Neben:
:erscheinungen führen müsse, war ja von vornherein anzunehmen, |
‚denn ein chemisches Agens, das eine Schädigung der Gefäßintima
„bewirken soll, kann auch vom perivaskulären Gewebe nicht reak-
'tionslos vertragen. werden. Doch sei hier gleich hervorgehoben,
|:daß auch bei perivaskulärer Injektion. die Argochromschädigung
‚sicher viel harmloser verläuft, als die durch Sublimat gesetzte.
2): Vgl. Kirschner, Zbl. f. Chir., 1924; Nr. 3. 4
1) Argochrom wird erzeugt von E. Merck, Darmstadt, und kommt. .
.in Röhrchen zu 0,1 und 0,2 g oder in gebrauchsfertigen Ampullen einer
‚1%igen wäßrigen Lösung in- den -Handel,:
- .... 21. Dezeinber
Bruch, in der. ersten. Stunde. nach der Aufnahme in die Klinik auf
.dem Operationstisch liegt. In den meisten Fällen ist es vielmehr `:
“ratsam, den Kranken erst vorzubereiten, ihm durch Narkotika Schlaf .
- zu: ‘verschaffen, für .reichliche Darmentleerung zu sorgen und das-
Herz zu kräftigen. Aber.derartige Maßnahmen sind lediglich zeitlich
eng. begrenzte Vorbereitungen auf die unabänderliche Operation, >-
deren Ausführung dürch eine sich etwa einstellende Besserung nicht -
‚1 in’ Frage gestellt wird?). > >70 0 $:
weniger unangenehme Komplikationen, die nicht so sehr auf die
‚mittel verwendete Sublimat "zurückzuführen waren. Ein Teil unserer
nungen einer Quecksilbervergiftung, wie Stomatitis, Durchfälle, Albu-
minurie, .so daß sich . bei. diesen Patienten die Fortsetzung dieser >
:Behandlung von selbst verbot. Es war aber auch bei einwandireier `
‚intravenöser Technik: unvermeidbar, daß in einzelnen Fällen sehr `
„schmerzhafte perivaskuläre Infiltrate zustande. kamen, sei es, daß
‘war und dort die Injektionsflüssigkeit austrat, sei es, daß nach ..
Herausziehen der Nadel etwas von der Injektionsflüssigkeit in den.
Stichkanal nachsiekerte und ‚so zur Infiltration des perivaskulären
Infiltrat Nekrosen auftreten, die zu ziemlich tiefgehenden, sehr tor- i
piden Geschwüren führten, die oft wochenlang (in einem Falle
sogar 21/, Monate) zur Heilung brauchten. Wenn wir also in
Behandlung des varikösen Komplexes und seiner Folgeerscheinungen
‚besitzen, so sind uns im Laufe der Zeit auch die unangenehmen
‚Nebenerscheinungen dieser Behandlung leider nicht erspart ge- |
das gleichfalls Thrombosen erzeugen kann, : ohne die Gefahren der
einung führte uns zu diesem .
chromi) in intravenöser Injektion. Dabei konnte ich beobachten,
‚sehr ausgedelinte Thrombosen entwickelten, die fast gar nicht‘ -
‚schmerzhaft und dabei außerordentlich fest waren, so daß diese `-
bolien führten. Wir sahen ferner, obwohl Argöchrom in hunderten-
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"injiziert werden.
`” Verklebung der Wände herbeiführen konnten.
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21. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
Als Argochrom wird das von Edelmann und A. v. Müller an-
gegebene zu bezeichnet. Es entsteht durch Vereinigung
von Methylenblaunitrat mit Silbernitrat und stellt ein braunes ün-
lich schimmerndes Pulver mit 20 % Silbergehalt dar, das im Wasser
mit tiefblauer Farbe löslich ist. Das Argochrom ist an und für sich
wenig giftig. Es wird vom Menschen in Dosen von 0,1—0,2 ¢ an-
standslos vertragen. Auch nach wiederholten Einspritzungen bleibt
der Harn stets frei von Eiweiß. Nierenelementen und Zylindern. Der
Harn nimmt wenige Stunden nach der Einverleibung des Mittels eine
tiefblaue Farbe an.
Die von uns angestellten Versuche ergaben nun, daß in jedem
Falle durch Argochrom eine sehr feste Thrombose zu erzielen ist,
daß aber das Argochrom entsprechend seiner geringeren Ätzwirkung .
längere Zeit in innigen Kontakt mit der Venenwand gebracht werden
muß als das Sublimat und daß größere Mengen, 2—10 ccm, not-
wendig sind, um diese Ätzwirkung zu erzielen. Die von uns ange-
wendete Technik der Injektion zur Venenthrombose gestaltet sich
also folgendermaßen: |
Wir injizierten am liebsten am stehenden Patienten, eventuell
beim Liegen am herabhängenden Bein, weil so die Venen am besten
gefüllt und deutlicher sichtbar sind. Der Patient steht auf einem
Schemel, so daß die Injektionsstelle in Augenhöhe des Arztes liegt.
Nach Reinigung mit Ätheralkohol wird die armierte Spritze einge-
stochen und man überzeugt sich durch Aspiration (das Argochrom
ist tiefblau, ein Einströmen von Blut ist daher nicht zu sehen) oder
durch Abnahme der Nadel, ob die Nadel im Venenlumen sitzt. Es
wird nun die Vene etwa 3—5 cm oberhalb und unterhalb der In-
jektionsstelle komprimiert, womöglich durch einen Assistenten, ob-
wohl bei einiger Übung auch der Arzt selbst mit der freien Hand die
Kompression durchführen kann und dabei das Blut aus der Vene
- ausgestreift, damit die Intima in möglichst innigen Kontakt mit der
Injektionsflüssigkeit gebracht wird. injiziert werden je nach der
Größe der Vene 2—10 ccm einer 1%igen Argochromlösung und
zwar so, daß die Vene prall mit der Flüssigkeit gefüllt wird. Das |
beste Zeichen der richtig durchgeführten Injektion ist das Sichtbar-
werden der kleinen blau injizierten Venen in der Umgebung des
Hauptstammes innerhalb des durch die Kompression abgeschlossenen
Gebietes. Nach der Injektion wird die Nadel noch einige Zeit in
der Vene belassen, dann rasch herausgezogen und die, Injektionsstelle
komprimiert, um ein Nachsickern des Argochroms zu verhindern.
Nach etwa 3 Minuten wird die distale und etwa eine Minute darauf
die proximale Kompression aufgehoben. Sofort nachher fühlt man
einen derben Strang, der der kontrahierten Vene entspricht.
der Injektion wird das Bein mit einer elastischen Binde gewickelt.
Die Injektion ist vollkommen schmerzlos. Die Thrombose
erfolgt gewöhnlich in den ersten 24 Stunden und ist nach 48 Stun-
den vollkommen entwickelt.
Während wir die ersten so behandelten Patienten zunächst
das Bett hüten ließen, lassen wir sie jetzt herumgehen, ohne daß
wir irgend eine Schädigung gesehen hätten. E
Infolge der Ungiftigkeit des Argochroms können in einer
Sitzung mehrere Injektionen gemacht und bis 20 ccm der Lösung
Die Injektionen können jeden 2.—3. Tag wieder-
holt und in kurzer Zeit auch ausgedehnte Varizen beseitigt werden.
Bei sehr großen und ausgedehnten Varixknoten injizierten wir
nicht in den Knoten selbst, sondern etwas oberhalb desselben, wo
die Vene nicht mehr so erweitert war, weil wir dort leichter eine
Bei sehr stark ge-
schlängelten Venen injizierten wir in eine Biegung, von der Vor-
stellung ausgehend, daß dort die Thrombose leichter gelingt, der
. Thrombus aber nicht ausgeschwemmt werden kann.
Die nächste und wichtigste Frage ist nun, ob bei dieser Be-
handlung keine Embolie zu befürchten ist. Wir haben bei mehr
als 50 Patienten etwa 300 Argochrominjektionen durchgeführt und
erlebten nur zweimal, und zwar als wir die Technik noch nicht vol
ausgebildet hatten, d. h. bei zu kurz dauernder Stauung sofort
- nach der Injektion, die in beiden Fällen am liegenden Patienten
ausgeführt worden war, einen heftigen Hustenreiz, der wohl auf
kleinste Lungenembolien. zu beziehen war, die aber zu keiner
weiteren Schädigung des Patienten führten. Wir glauben, daß es
hauptsächlich die Zirkulationsverhältnisse in den Varizen sind, die
das seltene Vorkommen einer Embolie. erklären. Denn wenn es
sich auch bei den verschiedenen angewendeten Mitteln immer um
fest haftende Thromben handelt, so wird ja doch nicht sofort nach
der Injektion ein solcher Thrombus gebildet und es wäre daher immer
denkbar, daß kleine Teile abgerissen werden und zu einer Embolie
Veranlassung geben können. Nach Magnus ergibt sich aber, daß
nur. in horizontaler Lage des Patienten das Blut aus.den Varizen
Nach
geheilt. we
.Heilungstendenz.
zum Herzen strömt oder stehen bleibt. Bei aufrechter Körper-
haltung oder schon bei einer Neigung von 45° fließt. das Blut aber
peripherwärts. Damit läßt sich sowohl das Ausbleiben von Lungen-
embolien bei Varizenkranken erklären, wie auch das seltene Vor- >
kommen von Embolien nach künstlicher Thrombosierung. Es müssen
erst besonders ungünstige Verhältnisse zusammenwirken, damit ein
größerer Teil des Thrombus abgerissen und ins Herz geschwemmt `
werden kann. Wenn etwas vom Thrombus ausgeschwemmt wird,
| gelangt dieser Thrombus gewöhnlich nur in die Peripherie, wo er,
‚ohne weiteren Schaden zu stiften, stecken bleibt. WERE
In manchen Fällen setzt sich der Thrombus nach unten oder
oben weiter fort. Es können dann Thromben des ganzen Unter-
schenkels zustande kommen. Es ist selbstverständlich, daß in
solchen Fällen stärkere Schmerzhaftigkeit auftritt. Unter Umschlägen
mit essigsaurer Tonerde sahen wir aber auch diese Beschwerden
Auch eine Periphlebitis haben wir ge
sehr bald verschwinden.
legentlich gesehen, doch ist auch dieses Ereignis vollkommen un-
gefährlich. | e a
Wie schon erwähnt, macht auch das Argochrom, wenn es in
re perivaskuläre Gewebe injiziert wird,. ziemlich schmerzhafte In-
iltrate.
merkt man aber eine perivaskuläre, Injektion viel früher als beim
Sublimat.
dem Stichkanal in das perivaskuläre Gewebe austreten, machen
zwar gleichfalls schmerzhafte Infiltrate, die aber in ihrer Schmerz-
haftigkeit nicht an das Sublimatinfiltrat heranreichen. Wir sahen
aber niemals eine Nekrose mit Geschwürsbildung auftreten. Ob
das Argochrom hier weniger giltig wirkt oder ob infolge der intensiv
blauen Verfärbung man rechtzeitig auf den gemachten Fehler '
aufmerksam wird und die Injektion einstellt, so daß nur geringe
Mengen perivaskulär injiziert werden, ist schwer zu entscheiden.
‚Die Verödung der varikösen Venen durch Argochrom führt
ebenso wie die durch Sublimat zu einem raschen Schwinden : der
Folgezustände des varikösen Symptomenkomplexes, der Ekzeme und
der Unterschenkelgeschwüre. Wir wollen aus der großen Zahl der -
von uns behandelten Fälle nur wenige herausgreifen.
Falli. K.B. 58 Jahre alt. Seit 5 Monaten besteht ein rd
Seit Jahren starke
schmerzhaftes Geschwür am rechten Unterschenkel.
Varizen, vor 10 Jahren ebenfalls cin Ulkus, das damals mehrere Mo-
nate zur Abheilung brauchte. An.der Innenseite des rechten Unter-
schenkels vom Knie bis zum Malleolus ausgedehnte, zum Teil dicke .
Konvolute bildende Venen. - Hinter dem Malleolus internus ein kind-
handtellergroßes, ziemlich tiefes, schmierig he Geschwür. In-
seiner Umgebung die Haut livid verfärbt und’ verdickt. : Schon 8 Tage
nach der ersten Injektion, die eine ausgedehnte Thrombose bewirkte,
das Geschwür gereinigt, mit lebhaften Granulationen. Nach 12 Tagen
das Ulkus überh
mit essigsaurer Tonerde und Borvaselineverbände angewendet.
Ein seit 5 Monaten bestehendes Ulcus cruris in 12 Tagen
überhäutet.
Fall 2. M. R., 25 Jahre alt. Seit 2 Jahren ausgedehnte Varizen -
Der linke >
Unterschenkel stark ödematös, zeigt ausgedehnte Varizen,. besonders .-
seit 7 Monaten ein Geschwür am linken Unterschenkel.
an der Innenseite. Im unteren Drittel ein über kronengroßes Ulkus.
Es werden innerhalb von 24 Tagen 7 Injektionen gegeben. Schon
nach der ersten an zeigt
und deutliche Heilungstendenz. Nach 10 Tagen das Ulkus völlig
epithelisiert. Am Schlusse der Behandlung das Bein bedeutend schlanker,
das Ödem zurückgegangen, die Venen nicht mehr sichtbar. _
Ein seit 7 Monaten bestehendes über kronengroßes' Unter-
‚schenkelgeschwür in 10 bzw. 24 Tagen geheilt. | |
Fall 3. A. K., 68 Jahre alt. Am rechten Unterschenkel seit
Der Unterschenkel zeigt in seinem unteren
3 Jahren ein Geschwür.
Drittel eine manchettenförmige narbige Verdickung der Haut. In der
Gegend des Knöchels an der lateralen Seite zwei kleine, schmierig
belegte Geschwüre. Im oberen Drittel des Unterschenkels ein sehr
großer Varixknoten; mehrere tiefe variköse Venen tastbar.. Die Ulzera
‚sind nach 8 Injektionen innerhalb von 6 Wochen verheilt. ine
Seit 3 Jahren bestehende Unterschenkelgeschwüre in 6 Wochen
Fall 4. P. P., 35 Jahre alt. Seit der Geburt des ersten: Kindes
vor 8 Jahren Varizen; seit vier Monaten ein kleines Geschwür ohne
der Herd. In seinem Zentrum ein etwa handtellergroßes Geschwür,
daneben eine gleichgroße oberflächliche Erosion. Zahlreiche variköse
Venen. Zwei Tage nach der ersten Injektion der Herd nicht mehr
nässend (es wurden gleichzeitig ‚Umschläge mit essigsaurer Tonerde `
verordnet, die Pat, aber schon seit 4 Monaten ohne Erlolg angewendet
1807: ı
Infolge der tiefblauen Farbe der Injektionsllüssigkeit be-
Kleine Mengen, wie sie durch Verschieben der Nadel -
während der Injektion oder durch Nachsickern der Flüssigkeit aus `
äutet. Als unterstützende Therapie wurden Umschläge.
as Geschwür frische Granulationen _
An der Außenseite des linken Unterschenkels, `
3 Querfinger über dem Malleolus externus ein etwa handbreiter nüässen-
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1808
hat), die Erosion abgeheilt, das Ulkùs zeigt Granulationen. Beide in-
oo Venen thrombosiert.
kzem und das Ulkus geheilt.
Nach 5 Injektionen .in 3 Wochen das
Seit 4.Monaten . bestehendes Unterschenkelekzem mit einem.
2Ohellerstückgroßen: Ulkus in 3 Wochen geheilt.
Fall 5. I.R., 34 Jahre alt, Kellner. Seit 15 Jahren sehr starke-
'Varizen ‘an beiden Beinen, seit mehreren: Monaten stark juckender
Ausschlag am rechten Unterschenkel. An beiden Unterschenkeln sehr
ausgedehnte ‚Varizen.. Am rechten Unterschenkel ein bis zur Mitte
der Wade reichender, stark juckender, : lichenifizierter Herd. mit ober-
tlächlichen Exkoriationen. Acht Injektionen in 5 Wöchen, daneben
Behandlung mit Zinkpaste. Die Venen des rechten Beines throm-
. bosiert, das Ekzem geheilt. | Aa,
M Seit mehreren Monaten bestehendes Unterschenkelekzem in
5° Wochen geheilt.. Na T n | a a
Fall6. A.K., 45 Jahre alt: Seit dem 15. Lebensjahr an beiden
Unterschenkeln Varizenbildung; öfter. Geschwüre. An beiden Unter-
schenkeln sehr‘ ausgedehnte Varizen und zahlreiche Narben nach Ulze-
end. Es werden inner- -
rationen, besonders in der linken Knöchelge
halb von 3 Wochen’6 Injektionen gemacht. Die .großen Venen sind
völlig thrombosiert und in derbe tränge umgewandelt, nur in der
Gegend .des linken Knöchels noch einige erweiterte Venen.
s
Seit vielen Jahren ‚bestehende Varizen an beiden Beinen ber.
deutend gebessert. a u en Ä ai
Neben der Thrombosierung durch Argochrom legten wir -bei
größeren Ulzerationen noch Zinkleimverbände an, die Ulzera selbst
wurden mit blanden Salben behandelt. ne n u
"Auch wenn alle größeren Venen 'verödet wurden, kann es
manchmal wieder zur Ausbildung -neuer Varizen kommen. Bei der
‚gestattet — wir
macht —
Injektionen wieder beseitigt werden. | | | |
Da die Nieren nicht. wie bei Sublimat angegriffen werden,
stellen auch Nierenerkrankungen- keine Kontraindikation. dar. Als
Kontraindikation betrachten wir nur. vor kurzer Zeit. stattgehabte
entzündliche Thrombosen, da wir trotz der nachgewiesenen Bak-
'terizidie des Argochroms eine Verschleppung der infektiösen Keime
fürchten. u a |
In einigen Worten sei noch auf die neben dem Sublimat zur
intrdvenösen Behandlung: der Vaxizen angegebenen und verwendeten
Mittel hingewiesen. Sicard gab Injektionen mit 10% iger steriler
‚Sodalösung an. Da aber dabei in fehlerhafter Injektionstechnik sehr
.schmerzhalte Infiltrate: entstehen,
führen können, hat Sicard selbst nach
Das von Franzosen, ‚wie Montpellier,
Einfachheit des Verfahrens, das auch eine ambulante Behandlung .
haben die Injektionen fast immer ambulant ge-
anderen Mitteln gesucht.
Lacroix, Forestier u. a.
‚verwendete 10%ige Hydrargyrum bijodatum schließt .die Gefahren
1924 — MEDIZINISOHE KLINIK + Nr.51.
`H. 1/2
können diese-Rezidive durch ein oder zwei neuerliche
die.zu ausgedehnten Nekrosen
x tu
21. Dezember
"mödd., Jg. 1928, 'Nr.3.'—J. Hohlbaum, ‚Tödliche Embolie nach Varizenbehandlung
' mib. Pregl-Lösung. Zbl. f Chir., Jg. 49, Nr.7. — Linser, Die Behandlung der
"Krampfadern mit Sublimateinspritzungen. M. Kl. Jg. 17, Nr. 48. — K. Linser
‚Zur Bebandlung der Varizen mit intravenösen Injektionen. M.m.W, 1924, Nr, 1%
— Georg Magnus, ZYirkulationsverhältnisse in Varizen. D. Zschr. £. Chir.“ Bă. 18,
— .H; Matheis, Zur Injektionsbehandlung der Krampfadern. Zschr. È
. Obir., Jg. 48, Nr.8, — A. Matbieu, Die Behandlung der Varizen mit intravenösen-
- Chinininjektionen. . Marseille med. 1923, Jg. 60, S. 550. — J. Montpellier et
"A, Lacroix, Fibrose curative des varices par injectiones intraveneuses locales de
.bijodure de Hg. Bullet. de -la soc. franç. de derm. et de syphil. 1921, Nr, 9, —
'Sicard, ‘'Traitement de varices par la methode de Sicard., Journ, des praot,
Jg. 35, S. 524.
"Aus (der Privatklinik Frankfurt a. M.
Prof. Dr. C. v. Noorden, Prof. Dr. S. Isaac.
Diabetes und Hypertonie.
. „ ‚Von.Dr. Frida Katz-Klein, Prag.
ge Wie bei vielen anderen Erkrankungen ist auch beim Diabetes
‚mellitus die klinische Erforschung mancher Detailfragen an die Be-
obachtung eines großen Krankenmaterials geknüpft. ‘Während 'eines
‘mehrmonatigen Aufenthaltes ander von Geh. Rat Prof. v. Noorden
‚und Prof. Isaac: geleiteten Privatklinik für Zuckerkranke in Frank-
furt a. M. war mir Gelegenheit‘ geboten, eine größere{Anzahl von
"Diabetesfällen- mitzubeobachten und die im Folgenden besprochenen
"Untersuchungen durchzuführen. Es interessierten uns vor allem die’
Fragen, welche sich auf den Zusammenhang zwischen Geläßerkran-
‘kungen und dem Diabetes mellitus beziehen. Die Existenz einer
kausalen Beziehung wurde seit langem erörtert und angenommen.
Die Mehrzahl’der Stoffwechselpathologen steht heute auf’ dem Stand-
punkt, daß der Diabetes mellitus auf eine Erkrankung des inner-
sekretorischen: Anteils des Pankreas zurückzulühren ist.'s Eine Unter-
süchung des. vorerwähnten Zusammenhanges wird also auf die
Funktionsverhältnisse dieser sekretorischen Drüse weitgehend ihr
"Augenmerk richten müssen. Das Pankreas wird als funktionell höch-
wertiges Organ, ähnlich wie die Niere durch Zirkulationsstörungen,
besonders leicht in .der Verrichtung seiner Arbeit geschädigt. Die
‚Beantwortung der Fragen, wie weit eine Funktionsstörung durch
‚Gefäßerkrankungen allgemeiner oder lokaler Natur bedingt sein Kann,
ob der Diabetes selbst zu einer Erkrankung der Gefäße führen kann,
ob beide, Diabetes und Kreislaufstörung, als Folgen einer dritten
pathologischen Veränderung anzusehen sind, hängt z. T. von den
"Ansichten ab, die in der Geläßpathologie maßgebend sind.
Tritt man an die Frage vom Standpunkt der modernen Gefäß-
pathologie heran, welche von der Arteriosklerose die Arteriolo
sklerose gesondert ‚hat, so wird man die Beziehungen einer jeden
‘dieser beiden Arten von Gefäßerkrankungen zum Diabetes gesondert
betrachten müssen. Die Beziehungen, die zwischen Diabetes und
WE 3 R Va a Ea Qi
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Chinin-Urethan nachgesagt. In allerletzter Zeit hat K. Linser
Thrombenbildung nach 30% iger Alkoholinjektion und nach 15 bis‘
20% iger Kochsalzinjektion beschrieben, die beide vor dem Original-
verfahren Linsers die Ungiftigkeit voraushaben. Allördings sind
die Alkoholinjektionen nicht ganz schmerzlos und machen sowohl
Alkohol als auch Kochsalz bei perivaskulärer Injektion leicht Nekrosen.
ist. Da sowohl Erhöhung des Blutdruckes als auch Erhöhung des
Blutzuckerspiegels als Folgen .der experimentellen Adrenalininjektion
bekannt waren, wollte.man auch die Ursache für das spontane gleich-
‚zeitige Auftreten beider Symptome in einer Hyperadrenalindm®
erblicken. Der Befund einer Vergrößerung der Nebennieren, somè
der Nachweis vasokonstriktorischer. Substanzen im Blutserum solcher
Fälle schien dieser Ansicht eine feste Basis zu verleihen. Es zo
sich aber in der Folge, daß die Vergrößerung der Nebennieret nich
als konstanter Befund zu erheben ist und auch lür die vasokot-
'striktorischen Substanzen konnte: erwiesen werden, daß sie erst nat
der Gerinnung auftreten. Die Annahme einer Hyporadrenalinan
ist zur Erklärung des gleichzeitigen Vorkommens von hohem Bi
druck und hohem Blutzuckergehalt nicht unbedingt notwendig. 2
scheint vielmehr viel ungezwungener auch für diese Art der Hyp
E der. Quecksilberintoxikation und Überempfindlichkeit ebensowenig | der Arteriosklerose, d. i. der Erkrankung der großen Gefäße bestehen.
A Linett aus wie- das Sublimat. Die Pregl-Lösung, die von Matheis zur | haben wir nicht in den Kreis unserer Betrachtungen einbezogen und
TOLERIRA: Thrombosierung verwendet wurde, ist durch den von Hohlbaum | uns lediglich auf die Untersuchung der . Zusammenhänge mit der
ae ER TIEREN aaa A Es KR ` è EN TEn ee ; DAA ,
ER en publizierten Todesfall diskreditiert. K. Linser bezieht diesen Un- | essentiellen Hypertonie beschränkt, welche anatomisch ihren Aus
DEU RIF EN I glücksfall darauf, daß die Pregl-Lösung eine Koagulationsthrombose | druck findet in der Erkrankung der Arteriolen und vielleicht auch
FERIIS. hervorruft und daß ein derartiger Thrombus sehr leicht losgerissen | .der Kapillaren. | j Wa |
rss ` werden und zu einer Embolie Veranlassung geben kann. Geringe |- Frühere Autoren haben schon gezeigt, daß bei manchen Fällen
el he Thrombenfestigkeit wird auch dem: von Genevrier verwendeten | von Nephritis mit Hochdruck-der Blutzuckerspiegel höher als normal
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Zusammenfassung.
Wir fanden in der 1%igen Argochromlösung ein Medikament,
welches, völlig ungiftig, imstande ist, festhaftende Thrombosen zu
bilden und so das von Linser.zur künstlichen Thrombosierung der
Varizen mit intravenöser Injektion angewendete Sublimat zu ersetzen.
Bei paravenöser Injektion macht das Argochrom wohl mehr weniger
schmerzhafte Infiltrate, führt aber in kleinen Mengen niemals zur
ap Nekrose. Bei der großen Bedeutung der Varizenbehandlung durch glykämie eine Funktionsstörung der für den Zuckerstolfwechs
Bu intravenöse Injektion, bei der die Giftigkeit des Sublimats vielfach |.wichtigen Organe, also vor allem" des Pankreas verantworlich #
{je |
gefürchtet wurde, glauben wir durch die Verwendung des ungiltigen
Argochroms dieser sicher guten Methode eine weitere Verbreitung
zu ermöglichen. i |
Literatur: V. I. Bellot, Radikalbehandiung der Varizen mit intra-
venösen Injektionen von Chinin-Urethan. Arch. de méd. et pharm. nav. 1922, 112,
S,378.— A.Edelmann und v. Müller-Deham, Zur Behandlung septischer Al-
gemeininfektionen mit Metbylenblausilber (Argochrom). D.m.W. 1917, Nr. 23. —
.
J.Forestier, Le traitement des varices par les injectiones intravariqueuges. Progr.:
machen, wie dies z.: B. auch u. a. schon Joslin tut., Die P
tomische Veränderung, auf der die Funktionsstörung hasiert, best
in der Erkrankung der Arteriolen . des Pankreas. Fahr ur j
wies nach, daß bei der genuinen Hypertonie die Erkrankuß r
Gefäße des Pankreas neben der der Niere am häufigsten anmi
'ist. .Für diese Auffassung sprechen manche Beobachtungen ®
.an unserem Material machen konnten, > |
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21: Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51.
1809
Die Untersuchungen ‘wurden an 120 Diabetikern, die im letzten
Jahre die Klinik aufsuchten, durchgeführt, ohne eine besondere Aus-
wahl unter den Fällen zu treffen. Die täglich vorgenommenen
quantitativen Harnuntersuchungen auf Zucker, Azetonkörper und
Eiweiß, die in kurzen Zeitabständen,‘ in gewissen Versuchsreihen
sogar mehrmals täglich vorgenommenen Blutzuckerbestimmungen,
sowie häufige Blutdruckmessungen sichern uns für die zu ziehenden -
Schlüsse eine so sichere Basis, als sie eben durch klinische Unter-
suchungen zu erreichen ist. Unter den 120 Patienten mit diabetischen
Symptomen wiesen 36 d.i.25% eine dauernde Blutdrucksteigerung
von 160 mm Hg nach Riva-Rocci gemessen und auch noch mehr
auf. Dieser auffallend hohe Prozentsatz gleichzeitigen Vorkommens
einer Hypertonie mit diabetischen Symptomen legt die Frage nahe,
ob der Diabetes nicht eine Disposition schafft für das Entstehen
der Arteriolosklerose, eine Frage, die v. Noorden seinerzeit in
ähnlicher Weise für das gleichzeitige Vorkommen von Arteriosklerose
und Diabetes aufwarf. Neuerdings weist auch Joslin auf diese
Möglichkeit eines Zusammenhanges hin. Wir versuchten nun eine
Antwort auf diese Frage zu finden, indem wir die zeitlichen Be-
ziehungen, in denen das Auftreten der Hypertonie zu dem des
Diabetes steht, näher untersuchten. Dabei ergab sich, wie aus
Tabelle 1 zu entnehmen ist; folgendes:
Tabelle 1. Es entstand der Diabetes bei den Fällen
_ mit Hochdruck | ohne Hochdruck
im Alter
Fälle o Fälle | %
unter 30 Jahren . . . .|- 2 5,5- 12 15
80—40 Jahren. . . : . 5 16 28 . 35
0-50 „o... a.. f 16 44 26 33
50—60 , RE 11 .80 . 14 17
über 60 , o e a N 2 5 “1 —
Während in den Fällen von Diabetes ohne Hochdruck das
Auftreten des Diabetes in der Mehrzahl der Fälle in das Alter
von 30—50 fällt derart, daß in beiden Lebensdezennien etwa die
gleiche Anzahl Individuen erkrankt (insgesamt 67% aller Diabetes-
fälle ohne Hypertonie, die jenseits des 20. Jahres stehen), tritt der
Diabetes bei den Fällen mit Hypertonie durchschnittlich um ein
Dezennium später auf. Das Maximum der Erkrankungen liegt zwischen
dem 40. und 50. Jahr, wobei außerdem- die größere Zahl: der
Patienten zwischen dem 50. und 60. Jahr‘ näher dem- 50. steht.
Däs: Alter zwischen 40 und 50 und die Anfänge des 6. Jahrzehnts
sind die typische ‚Zeit für den Beginn der essentiellen Hypertonie.
Wenn also der Diabetes mit einer’ Hypertonie vergesellschaftet ist,
so fällt sein Entstehen zumeist in die Zeit, in der auch die essentielle
Hypertonie einsetzt. Hingegen konnten wir bei Diabetikern, bei welchen
der Diabetes nachweislich in- jugendlichem Alter begonnen hatte,
selbst bei jahrelanger Dauef des Diabetes — es sind in unserer
Aufstellung Fälle, die 10 bis 20 Jahre zuckerkrank sind und z. T.
auch so lange in Beobachtung der Klinik stehen — keine Neigung
zur Biutdrucksteigerung finden. Wir können also aus diesen Daten
mit einer gewissen Berechtigung schließen, daß die diabetische
Stoffwechselstörung keine Disposition schafft für die Arterioloskleroöse,
daß hingegen auf Basis: dieser Gefäßerkrankung zumindest mit ihr
gleichzeitig ein Diabetes -entstehen kann. Hitzenberger zeigt in
einer ähnlichen Zusammenstellung von Diabetesfällen ebenfalls, daß
bei Patienten von über 40 ‚Jahren in einem hohen Prozentsatz er-
höhte Blutdruckwerte nachzuweisen sind, während die jüngeren
Patienten normale oder unternormale Blutdruckwerte aulweisen.
Auch er bezieht diese Erscheinung ‘eher darauf, daß der Diabetes
entweder durch die Gefäßschädigung der für den Zuckerstoffwechsel
maßgebenden Organe, vor allem des Pankreas entsteht, oder daß
zum Schon bestehenden Diabetes eine Arteriosklerose hinzutritt, als
daß der Diabetes eine Disposition für. Gefäßerkrankungen schafft.
Als weiteren Stützpunkt für unsere Anschauung möchten wir die
Befunde anführen, die E. Grafe ebenfalls am Material der
v. Noordenschen Klinik erheben konnte. Er findet die Retinitis
diabetica fast immer‘ nur bei Patienten, die gleichzeitig eine Hyper-
tonie haben. Es scheint also, daß auch hier die Gefäßschädigung
die Basis für die Erkrankung des spezifischen Gewebes gibt, weniger
die Stoffwechselstörung — daß Diabetes und Retinitis koordiniert
Prozesse auf Basis der Hypertonie sind. | Ä
| Noch auf ein zweites Moment wurde bei dieser Zusammen-
stellung der Fälle unsere Aufmerksamkeit gelenkt. Es ist bekannt,
daß der im späteren Alter auftretende Diabetes im allgemeinen
milder verläuft, als der im jugendlichen Alter einsetzende. Von den
von uns beobachteten. 36 Fällen mit Hypertonie zeigten. nur 8,
‘keit zeigt,
d. i. nicht. ganz 11% derartige klinische Erscheinungen, daß man
sie als schwere Fälle bezeichnen mußte; von den Diabetikern ohne
Hypertonie waren bei Ausschluß der absolut als jugendlich zu be-
zeichnenden Fälle (unter 25 Jahren) noch immer 20 d. i. 25%
schwere Fälle. In demselben Sinne spricht auch die Feststellung,
daß von den 36 Fällen mit Hypertonie 15 d. i. 41% ihren Dia-
betes schon länger als 10 Jahre hatten; unter den Diabetesfällen ohne
Hypertonie zeigten bloß 25% der Fälle einen so langen Verlauf
der Krankheit, wiewohl sie diese durchschnittlich im jugendlicheren
Alter erworben hatten, also die durch das Alter gesetzte Lebens-
grenze eine geringere Rolle spielte. Beide hier angeführten Beob-
achtungen sprechen dafür, daß der Diabetes mit Hypertonie einen
milderen Verlauf zeigt, und, da derselbe einen beträchtlichen
Prozentsatz der erst im späteren Alter auftretenden Diabetesfälle
auszumachen scheint, basiert vielleicht gerade auf dem überwiegenden
Anteil dieser Fälle am Altersdiabetes die günstige Prognose des-
selben. Auch Weichselbaum sagt von den Fällen von Diabetes,
die auf einer Sklerose der Pankreasgefäße beruhen, daß sie häufig
leichte Fälle seien.
Unter den diabetischen Symptomen wendeten wir vor allem
dem Verhalten des Blutzuckers besondere Aufmerksamkeit zu. Durch
seine Beobachtung bekommen wir ein viel klareres Bild vom Zucker-
stoffwechsel als durch Beobachtung der Harnzuckerausscheidung,
insbesondere bei den Fällen von Arteriolosklerose, bei denen die
| etwa vorhandene renale Schädigung die Zuckerausscheidung in bis-
her noch ungeklärter Weise beeinflussen kann. Die Blutzucker-
proben sind insgesamt im Nüchternzustand am Morgen aus dem
Ohrläppchen entnommen und der Blutzucker im Gesamtblut nach
der ersten Mikromethode von Bang bestimmt. Für diese Art der
Bestimmung beträgt die Norm 0,08—0,1mg%. Die Werte, auf die
wir uns beziehen, sind bald nach dem Eintritt der Patienten in die
Klinik gewonnen. Sie hatten nach einer teils diätetisch geregelten,
sehr häufig aber auch gänzlich freien häuslichen Kost an der Klinik
1—2 Tage bei strenger Diät mit Zulage von 100 g Weißbrot ge-
lebt, bevor die Blutzuckerbestimmung vorgenommen wurde. In
wenigen Fällen entsprechen diese Werte einer Kohlehydratbelastung,
die aus irgendwelchen therapeutischen Gründen durchgeführt wurde.
Wir haben diese Fälle von Diabetes mit Hypertonie in Tabelle 2
zusammengestellt, und zwar nach der Höhe ihres Blutdruckes
geordnet. |
es weisen also nicht die Patienten mit dem höchsten Blutdruck
auch die höchsten Blutizuckerwerte auf und umgekehrt. Ebenso
konnte man beim Einzelfall keine gleich gerichtete Beeinflußbarkeit
beobachten. Erniedrigte sich der Blutdruck spontan oder infolge
therapeutischer Maßnahmen, so verhielt sich der Blutzucker ganz
verschieden. '":-Manchmal fiel er mit'dem Blutdruck ab, manchmal
stieg er aber auch an. Die ‚Parallelität des Verhaltens von Blut-
druck und Blutzucker wurde als eine Stütze für die Ansicht, daß
beide Symptome adrenalinogen seien, angesehen. Daß wir sie nicht
nachweisen konnten, möchten wir nicht als Gegenbeweis gegen:
diese Ansicht. werten, da auch sonst z.. B. im Tierversuch das Ver-
halten von Blutdruck und Blutzucker nach Adrenalinverabreichung
nicht gleichsinnig, sondern von der Applikationsart u. a. abhängig
ist. Hingegen gelang es uns eine weitgehende Beeinflußbarkeit: des
Blutzuckers durch diätetische Maßregeln festzustellen. In Tabelle 2
ist diese Abhängigkeit von der Ernährung ebenfalls zur Darstellung
gebracht.
oder Hungertagen gewählt, da diese eine bei allen Patienten ver-
gleichbare Grundlage bieten. Die Blutzuckerbestimmungen ‚sind
immer am nächsten Morgen nach dem Hungertage, wo 1!/ Hunger-
tage angeführt sind, Mittag am Ende der Hungerperiode durch-
gelührt. Wo Hungertage nicht durchgeführt- wurden, sind die
Blutzuckerwerte nach (Gremüsetagen angeführt. Es gelang also
in der Mehrzahl der Fälle eine Reduktion der Blutzuckerwerte,
manchmal bis: zur Norm herbeizuführen. Diese Beeinflußbar-
eine fixierte unmittelbar mit der Blutdruckerhöhung zusammen-
hängende Größe darstellt, wie z. B. erforderlich scheinen könnte,
wenn man annehmen wollte, daß diese beiden Symptome auf einer
Hyperadrenalinämie beruhen, sondern daß ihre Höhe ‚hauptsächlich
alimentär reguliert werden kann. Dagegen konnten Hitzenberger
und Richter-Quittner in ihren Fällen keine Beeinflußbarkeit der
Blutzuckerhöhe finden und neigen deswegen zur Ansicht, daß die
Hyperglykämie auf einer Vermehrung des Adrenalins im .Blute
beruht. In. dieser Beziehung, wie auch im sonstigen klinischen
Es ergibt sich aus der Aufstellung kein Parallelismus zwischen |
der Höhe des Blutzuckerspiegels mit der Höhe des Blutdruckes,
Wir haben hier als. Beispiel den Einfluß von Gemüse- .
daB die Hyperglykämie in unseren Fällen nicht
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aiso 0 2.1994 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr 5i
21, Dezember .
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Tabelle 2. (Vorher strenge Diät + 100 g Brot). ` `- | bei unseren Patienten hätten uns aut eine solche Organdisposim
a hinweisen müssen. Es. ergab sich bei den Fällen mit Hochdruck
Ba e E
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IM = > = | a e - Biot- .|Blntzucker| - “Diät . ` [Blutzucker |' prozentuell eine etwa gleiche Häufigkeit des familiären Vorkommé
Ai ri Ai Pi u Ao |. druc in mg Sio des Vortages I of. der Erkrankung wie bei den. Fällen ohne Hochdruck (in 39—34)
1 I A r Å NET — i — —. m Jedoch sind. gerade bezüglich des Diabetes anamnestische Angaben
pie P | FBT.....15-260 BR | über hereditäres Vorkommen nicht durchaus zuverlässig, da er früher
Te i ~H. H, kein Diabetes | 230 a [häufig nicht diagnostiziert wurde: - Immerhin ist es möglich, daB
Im, \ Hi _Fr.:B. kein Diabetes : 230° DR Er eine Organschwäche- insofern “eine Rolle spielt, als sie durch die
II ! | F. K. kein Diabetes 290 za = Schädigung, die eine geringfügige -Sklerose der Gefäße setzt, aktiviert
He 3 3 u HD ung » | __ 220 ur Bu — wird und zum Manifestwerden des Diabetes führt, während bei:
d al u = De en EN |. 1 Hungertag 133 Fällen’ ohne ` hereditäre Anlage die. Geläßsklerose erst in einem
| - a m 1 eg 2 |; späteren: Stadium zur Funktionsstörung des Pankreas führt. .Der
REN 2 Frk, 80 T <. schw. Fali 1210—170 | es ag | - ag Ae a ala pe nolohon wa on in Form einer leichten
ji H. Dr. K. kein Diabetes | 210—170 a ne i Hyperglykämie als gewissermaßen latenier iabetes anzeigen, während
Fi Fr. Bl. 62 J.. = a j 1210-190 3, ai die höhergradige Störung- zum manifesten Diabetes führt, a
fia f B. 5. 51 J Ei: 215—185 | 1 Hungertag 186 | Es N u. Sinige ar N der Beobachtungen
4i | EHS .. 05— Bean 138. zu sagen, die wir- über die Zuckerausscheidung im Harn bei unseren .
: E J. B6 J.n . 200—180 -| X Gemüsetag: | ` 122- Fällen machen konnten. Das Verhalten der Zuckköranssch dung j
n È Ti wW r : J. . en | '11/, Hungertag 106 | bei Diabetikern ist derzeit noch ungeklärt und die Frage nach dem |
| ran. an ‚| 1 Gemüsetag | ns | Vorbandensein und der Abhängigkeit einer Nierenschwelle für Zucker
"BRELT. 200—165 a ati 7 a ‚Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Auf Basis dieser wird eiue
Ee W. 5i J... 200—165 4, gering 193 AOE an en von mannigfachen Faktoren
3.6.5889. o. 183—180 PAR E ST S _ behauptet: von er Intaktheit der Nierenfunktion, vom Alter des
H. 0.609 ..- 190—165 i Hungertag iil Patienten, von der Schwere, : von der Dauer der Erkrankung, von.
Fr. St. 58 Ji. i. 190—165 N i 95] der Höhe der Diurese; Kachexie soll die Nierenschwelle erhöhen,
i Rn ann 190—160 2 u ‚ebenso ‚soll nach. Versuchen von Allen Fasten und vorangehende .
ee = i PEE E E nn = neh ‚bei pankreasektomierten Hunden
en 180 go erhöhen. Wir bemühten uns ei der Untersuchung unserer Fälle
= a S . : Paa Fu | er | die ee Faktoren N omiga, kano jedoch, ‘wie
Fr. B. 54 J... 175- n es bei. einer erartigen klinischen Untersuchung verständlich ist,
H. S. 60 J .... 170 IR au zu keinen definitiven Schlüssen gelangen. Die Zuckerausscheidung
- H, L. kein Diabetes . {| 170 = ER war bei den meisten Fällen mit Hypertonie sehr gering und trat
nur a Mi E S 2 ea = A a hoheren S Dawe auf. Es zeigte sich auch
| H.V. 37. . | ee er ier keine. Parallelität zwischen Blutdruckhöhe und der Höhe der.
l T Te 7 i a | 1 Hungertag 105° Zuckerschwelle. - Da: aber in vielen unserer Fälle mit Hochdruck
en Er K 50 J: 165 |: sei: Ei eine Albuminurie leichten und leichtesten Grades vorhanden war,
HN 50J 185 j r Hungertag | PA so ist es wahrscheinlich, daß die geringe Zuckerausscheidung durch `
P T ej e on gg. [eine a Nieren bedingt ist. In einem Falle, wo
H. Dr. N, 45 J 1:65 aa "99 | eine solche in erem Grade nachweisbar war (Blutdruck 170mm Hg),
Pr, L. 42 J. 165 | l2 n 100 | wurde bei einem Blutzuckerspiegel von 285 mg °/, noch kein Zucker
H. H. 45 J. ‚165 Fe a im Harn ausgeschieden. Anderseits konnten wir auch bei jugend:
| a 165 1 Hungertag 75 lichen Patienten, welche keine - Hypertonie und keine Eiweißans
| De N 0J i o Joa > iio scheidung ‚hatten, ja selbst bei kindlichem Diabetes, bei Blutzucker
Fr. B. 49 F - 160 i re n 2 werten, die ‚sich deutlich über 200. erhoben, keinen Zucker im
Fr S. 62 J. 160 n ve Harn nachweisen. Es zeigte sich also die Zuckerausscheidung in
A nn n a weitgehendem Maße unabhängig von der Höhe des Blutdruckes und -
vom Alter des Patienten. Hingegen zeigte sich ein gewisser Zu
sammenhang mit der Dauer der’Erkrankung, indem in vielen Fällen
in längerem Verlauf beobachtet werden konnte, daß, je älter der
Diabetes wurde, die Zuckerausscheidung bei umso höheren Blut-
zuckerwerten erfolgte, d. h. daß die Nierenschwelle mit dem Alter
des Diabetes sich erhöhte. Bezüglich der Abhängigkeit von der
_ Ernährung können wir keine endgültigen ‚Schlüsse ziehen, da diese
erst in eigens darauf gerichteten Versuchsreihen untersucht ‚werden
müßte. Jedoch schien es uns in manchen Fällen, als ob der Hunger
tag eine Erhöhung der Nierenschwelle für Zucker bedingen würde.
x Zusammenfassung: 1. bei Fällen von Diabetes mit Hypertonie
setzt der Diabetes: in.dem Lebensalter ein, in dem auch die essentielle
: Hypertonie einzusetzen pflegt. 44°/, der -Fälle beginnen zwischen
‚40 und 50 Jahren, 300/ zwischen 50 und 60.
2, Tritt-der Diabetes ohne Hypertonie auf, so fallt die größte
Häufigkeit. seines Auftretens in das Alter zwischen 20 ud.
8. Die Höhe des’ -Blutzuckerspiegels geht nicht parallel der
Höhe des‘ Blutdrückes und wird auch durch verändernde Faktoren
nicht in gleichsinniger Weise beeinflußt. I
- ; 4. Der Diabetes mit Hypertonie zeigt im allgemeinen eimen
gutartigen Verlauf- und es ist. anzunehmen, daß auf seine über
wiegende Anteilnahme am. Altersdiabetes ‘die günstige Prognos
desselben zurückzuführen ist. Ä DE
| 5. Das gleichzeitige Vorkommen von Hypertonie und Störung®
im Zuckerhaushalt des. Organismus ist nicht so zu ef ären, 04
beide Symptome auf eine gemeinsame Grundursache, etw8
Adrenalinvermehrung im Blute zurückgeführt werden, 0üel i
nicht ‘durch die Annahme, daß der Diabetes eine Disposition 1
Gefäßerkrankungen von der Art der Arteriolosklerose schalt, Ve
mehr entwickelt sich die Störung im Zuckerhaushalt an.
einer Arteriolosklerose der Pankreasgefäße. Es ist möglich,
Verhalten ‚unterscheiden sich unsere Fälle mit Hochdruck nicht von
_ den übrigeit: Diabetesfällen, weswegen wir nicht anstehen, sie nicht
. den’-Hyperglykämien, sondern : dem wahren Diabetes zuzuzählen.
Diese Einreihung. der Fälle hat.vor allem therapeutische Bedeutung, |
da 'man neben der Beschränkuug, die mit Rücksicht auf die Arteriolo-
` sklerose. in der Diät durchzuführen ist,. auch den Kohlehydraten
der Nahrung Beachtung schenken muß. Ar | Ä
-Außer den besprochenen 37 Fällen von Hypertonie mit Diabetes
sind in ‘der Tabelle noch .7 andere angeführt, die zwar eine Hyper-
“ tonie, aber keine. Erkrankung des Zuckerstoffwechsels haben. 2 von |
` ihnen zeigen eine leichteste. Hyperglykämie, während in den anderen
. 5 keine Hyperglykämie nachweisbar war. Da wir mit diesen Unter-
‚suchungen erst später begannen, konnten wir nicht eine wünschens-
. werte große Anzahl von Hypertonikern auf ihren Blutzuckerspiegel
untersuchen, wir glauben jedoch schon an Hand dieser 7 Fälle |
zeigen zu können, daß nicht ‘alle Fälle von Hypertonie eine Er-
höhung. des. Blutzuckers haben. In letzter Zeit ‚konnte Kahler
bei:der Untersuchung von 116 Fällen von Hochdruck verschiedenster
- Genese nur in einem kleinen. Prozentsalz-Hyperglykämie finden und
..zwar hauptsächlich bei Hochdruckstauung. Bei den anderen Hyper-
- tonieformen macht er entweder zerebrale oder "urämische Prozesse -
für das ‚Auftreten ‘der Hyperglykämie verantwortlich, in einigen
Fällen eine Sklerose der Pankreäsgefäße. Das Auftreten einer
Hyperglykämie oder gar eines Diabetes melitus ist also keine regel-
- mäßige Begleiterscheinung der essentiellen Hypertonie. Es wäre zu
erwägen, ob für .das "Zustandekommen einer Störung im Zucker-
i haushalt nicht gewisse Vorbedingungen im 'maßgebenden. Organ, |
HL. dem Pankreas, in Form einer. besonderen Disposition, einer Minder-
m f : wertigkeit desselben notwendig ist. Die Berücksichtigung der
: li hereditären Verhältnisse und des familiären Vorkommens von Diabetes
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21. :Dezember
zu wenig gewürdigt und benutzt.
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr.51.
peran a a a E a M a A H a a ER ee "T— :
für den Zeitpunkt des Manifestwerdens der Störung ein organ-
dispositionelles Moment im Pankreas eine Rolle spielt. ——
6. Die Höhe der Zuckerschwelle der Niere scheint nicht ab-
hängig von der Höhe des Blutdruckes und vom Alter des Patienten,
aber abhängig von der Dauer des Diabetes und von der Unversehrt-
heit der Niere selbst. | | Ä
Aus der Augenklinik der Städtischen Krankenanstalten Essen
(Chefarzt: Dr. R. Heßberg).
‚Über die Bedeutung von Pupillenveränderungen für
die Diagnose Iuetischer Erkrankungen.
a Von R. Heßberg.
In Nr. 29, 1924, dieser Wochenschrift erörtert M. Kastan (1)
„Die Pupillenstörungen bei Hirnlues und ihre Bedeutung für die
Prophylaxe“. Er kommt auf Grund kurzer literarischer Betrachtung
und zweier Eigenbeobachtungen zu dem Schluß, „daß die Pupillen-
veränderungen allein keinen sicheren Anhalt dafür geben, daß über-
haupt eine luetische Krankheit vorliegt, so daß also von einer Über-
tragbarkeit dann auch nicht ‚die Rede sein könnte.“ Wenn der
erste Teil dieses Satzes auch bedingt zutrifft, so ist doch noch
mancherlei dazu zu sagen, was von dem Standpunkt des Verfassers
abweicht, besonders da er den Wert der Pupillendiagnose vor-
!
‘ nehmlich im Hinblick auf die Anzeigepflicht des Arztes bezüglich
vorhandener Geschlechtskrankheit betrachtet.
Die Diagnose der pathologischen Pupillenveränderungen ist
von so vielen verschiedenartigen Momenten und Untersuchungs-
unterlagen abhängig, daß sie nur dann zur Grundlage einer Anzeige
gemacht werden darf, besonders wenn andere Symptome der Krank-
heit fehlen, wenn ihre luetische und pathologische Natur von er-
fahrener augenärztlicher Seite bestätigt wird.
Fraglos ist die Bedeutung der Augensymptome überhaupt
und der Wert der Augenuntersuchung von zahlreichen Ärzten viel
Und doch kann ihre exakte Er-
forschung wertvolle Fingerzeige für die Erkennung luetischer Er-
krankungen geben, schon frühzeitig auf die Verbreitung der Infektion
im Körper hinweisen und die Prognose beeinflussen.
Was speziell den Pupillenbefund anlangt, so muß zunächst
einmal ausgeschlossen werden, ob.eine vorhandene exzentrische Lage,
eine Ungleichheit (Anisokorie), eine Entrundung oder Reaktions-
veränderung wirklich auf pathologischer Grundlage und ev. auf
welcher beruht, ob ihre Ursache mit Wahrscheinlichkeit eine Lues
ist oder nicht. Exzentrische Verlagerung der Pupillen findet sich
als angeborener Fehler, kann bei Bildungsfehlern (Ectopia lentis),
auch bei gewissen Asymmetrien des Gesichts u.a.m. vorkommen.
Dem Augenarzt ist ferner bekannt, daß bei zahlreichen Refraktions-
fehlern Pupillendifferenzen vorkommen können, die durch die
Brechungsanomalie genügend erklärt sind. Ich erinnere außerdem an
den bekannten Hornerschen Symptomenkomplex von Enophthalmus,
Ptosis und Miosis. Die hierbei beobachtete Pupillenungleichheit
betrifft eine Sympathikusaffektion und hat mit Lues nichts zu tun.
Die Differentialdiagnose wird durch den Ausfall des sogenannten
Kokainversuches gesichert. Entrundungen scheinen vielfach bei ober-
flächlicher Betrachtung mit der seitlichen oder direkten Beleuchtung
vorhanden zu sein, und erweisen sich bei genauerer Analyse des
- Pupillarsaumes an der Spaltlampe als Bildungsanomalien (Floculi,
Ektropium uveae usw.), oder auch als Folge von Unfällen oder
Altersstörungen (Sphinkterrisse, kleine Einkerbungen, partieller
Schwund des Pigmentblattes u. a.). Durch diese anatomischen Ver-
änderungen wird auch die Reaktionsfähigkeit wesentlich beeinflußt.
Das Gleiche findet sich bis zu einem gewissen Grade auch bei
Brechungsfehlern und angeborenen Amblyopien, die sich keineswegs
immer in äußerlich sichtbaren Stellungsanomalien verraten. |
Schließt man alle diese Momente aus, was wohl im allgemeinen
nur von augenärztlicher Seite geschehen kann, so ist allerdings
wohl der größte Teil der verbleibenden Pupillenstörungen auf Lues
zurückzuführen. Hie und da können Pupillenstörungen auch auf andere
Allgemeinerkrankungen hindeuten (Lungenspitzenprozesse u. a. m.).
Der Alkohol spielt für die Entstehung von Pupillenstörungen eine
so untergeordnete Rolle, daß diese Ursache kaum zur Erklärung in
Betracht kommt. Uhthoff spricht von: 1%iger reflektorischer
Pupillenstarre und 2,5%iger Herabsetzung der Lichtreaktion und
Differenz der Pupillenweite. Zieht man in Betracht, daß alle diese
Fälle länger zurückliegen, so liegt die Vermutung nahe, daß es
einer verfeinerten, insbesondere biologischen Untersuchung gelingen
wird, oder gelungen wäre, in nahezu allen diesen Fällen, die
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sicherlich für die Erwerbung einer luetischen Infektion besonders
| prädisponiert waren, Lues nachzuweisen, wodurch die genannten
| Prozentzahlen noch eine wesentliche weitere Begrenzung erlalıren
würden. Ich bin deshalb auch der Auffassung, daß in dem 2. Falle
Kastans die Pupillenstörungen luetischer Natur waren und nicht
durch den allerdings auch vorhandenen Alkoholmißbrauch bedingt.
Eine wesentliche Einengung hat die Bedeutung der Pupillen-
veränderungen für die Lues durch die Forschungs- und Beobachtungs-
ergebnisse bei. der Encephalitis lethargica erfahren., Bei diesem
schweren Krankheitsbild sind in zahlreichen Fällen Pupillenverände-
rungen zurückgeblieben. Wenn sie sich auch nach den letzten
Mitteilungen der Literatur insbesondere auf Grund ‘der -exakten
pupillometrischen Messungen am von Heßschen Pupilloskop aus
meiner Klinik in 50 Fällen von Kaßner (2), ferner nach dem
Kölner Material von Cords und Blank (3) von den luetischen
Pupillenstörungen besonders dadurch unterscheiden, daß sie meist
die Licht- und Konvergenzreaktion in mehr oder minder gleich
starker Weise betreffen, so gehört schon eine große Übung und
Erfahrung in der Untersuchung und Beurteilung des Pupillenspiels
dazu, um beide Krankheiten allein auf Grund des Pupillenbefundes
voneinander zu trennen. | Ä
‚Die Beurteilung dieser und ähnlicher Befunde hat. durch die
exakte Meßmethode, die uns der leider viel zu früh verstorbene
C. von Heß durch seine Differential-Pupilloskop ermöglicht hat,
eine ‚wesentliche Förderung, Vertiefung. und Sicherung erfahren.
Nach den einführenden Arbeiten von von Heß und seinem Schüler
Groethuysen sind systematische Untersuchungen u. a. bei der.
Hirnlues besonders an meiner Klinik von Lunecke (4) gemacht
worden, der einen kleinen Ausschnitt seiner Untersuchungsergebnisse,
soweit sie die Erfahrungen bei der Frühlues 'betreffen, zusammen
mit dem Dermatologen Memmesheimer von der'Hautklinik unserer
Krankenanstalten veröffentlicht hat. Dieser setzte zu den Augen-
befunden die biologischen Untersuchungsergebnisse am Liquor
cerebrospinalis in Parallele. Beide Autoren kommen zu dem Schluß,
daß die pupillometrische Untersuchung eine außerordentlich wichtige
Ergänzung der Liquoruntersuchung darstellt, ja daß sie manchmal,
wenn eine Lumbalpunktion aus irgend einem Grunde unmöglich
ist, durch ihr positives Ergebnis (selbstverständlich nach Ausschluß _
aller anderen Möglichkeiten) die Diagnose sichern kann.
Gleichfalls in meiner Klinik wurde der Ausfall des sog.
Haenelschen Symptoms bei diesen Untersuchungen stets geprüft,
über das Memmesheimer (5) gleichfalls auf Grund unserer bis-
herigen Ergebnisse im Zusammenhang mit anderen Untersuchungs-
resultaten berichtete.
richte folgen sollen, auch sicher eine wichtige Bedeutung bei-
zumessen ist, so müssen zu einer exakten Verwertung doch noch .
weitere Unterlagen beschafft werden.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Diagnose der Pupillen-
störungen und die Analyse des Augenbefundes keineswegs so leicht
ist, daß sie nur auf Grund einer äußeren Besichtigung zu stellen
wäre, daB vielmehr eine eingehende augenärztliche Untersuchung
und Beurteilung dazu notwendig ist. Diese in jedem Falle herbei-
zuführen, halte ich im Interesse der Kranken und damit der Volks-
gesundheit für dringend notwendig. =
Im allgemeinen wird ‚eine vorhandene Syphilis - wohl älter
sein, wenn auf sie lediglich die Pupillenstörungen hindeuten und
alle anderen Erkrankungszeichen am Körper fehlen. Dann kann
auch von einer Übertragbarkeit der Infektion nicht mehr gesprochen
werden. Allerdings läßt die Feststellung der Pupillensymptome
als Frühsymptom annehmen, daß unter diesen Fällen auch noch
manchmal frische infektionsfähige Kranke sein können. Diese werden
aber dann auch zum mindesten noch biologische sonstwie nach-.
weisbare Reaktionen darbieten, die zur Entscheidung mit beitragen,
ob eine Behandlung einzusetzen hat, bzw. fortgesetzt werden muß
oder nicht. ‚Hierzu gehören auch die garnicht so seltenen Fälle
einseitiger, Juetischer Pupillenstörungen, auf die besonders
Dreyfuß (6) hinweist. Im allgemeinen wird man wohl dessen
Standpunkt für diese und auch für andere Fälle von doppel-
seitigen Pupillenbefunden ohne sonstige Symptome beipflichten
müssen, nur bei seropositivem Befund zu behandeln, nicht bei
seronegativem, selbstverständlich mit der Vorsicht wiederholter
Kontrolluntersuchungen in gewissen ‚Zwischenräumen. Pupillen-
störungen allein finden sich auch häufig in den nicht so seltenen
Fällen hereditärer Nervenlues, die ganz gewiß niclıt übertragbar ist.
Bei dem Vorhandensein von Pupillenstörungen also generell
die Anzeigepflicht zu fordern, dürfte viel zu. weit gegangen sein,
und ist wohl auch vom Gesetzgeber bisher nicht beabsichtigt gewesen,
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~ Wenn man sich überhaupt auf den Standpunkt stellen will,
mit der Anzeigepflicht auch die Fälle von metaluetischen Erkran-
kungen zu erfassen, so muß zunächst die luetische Natur der Er-
krankung einwandsfrei feststehen und darf nicht wie in Fall 1 von
Kastan auf Grund einer anamnestischen Angabe der Ehefrau, wenn
auch in Verbindung mit einem fraglichen Pupillenbéfund beruhen.
Sodann müssen die Fälle hereditärer Lues als für die Anzeige
unnötig ausfallen. Endlich darf man nicht aus dem Auge ver-
lieren, daß so wichtig es ist, die Kranken energisch zu behandeln,
um sie so gesund wie möglich zu machen, für die Übertragung der
Seuche und somit für den Schutz der Allgemeinheit durch die
Anzeige dieser Fälle nichts geleistet wird. |
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51. |
21. Dezember
Dagegen sollte’ jeder Arzt nach Möglichkeit versuchen seine
Fälle im Auge zu behalten und durch regelmäßige Kontrollunter-
suchungen von erfahrener Seite dafür zu sorgen, daß Veränderungen
der Symptome und des biologischen Befundes gleich die richtige _
therapeutische Antwort erhalten.
Literatur: 1. Kastan, Pupillenstörungen bei Hirnlues und ihre Bə-
deutung für die Prophylaxe. M.K1.’1924, 29). — 2. Kaßner, Augenkomplikation
als Spätfolge von Encephalitis lethargica. Klin. Mb. f. Aughlk. 1924, 72. — 3, Cords
u. Blank, Okuläre Restsymptome nach Eocephalitis epidemica. Ebenda. 1924, 72. —
4. Memmesheimer u, Lunecke, Liquorpositive Luesfälle im Frühstadium und
ihre Augenveränderungen. Derm. Zschr. 1923, 39 — 5. Memmoesheimer, Sind
durch klinische Untersuchungsmethoden bei liquorpositiven Sypbiliskranken im
Frühstadium Veränderungen am Zentralnervensystem nachweisbar? Ebenda 1923,86
— 6. Dreyfuß, Isolierte Pupillenstörungen, Gustav Fischer, Jena 1921.
Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaft.
Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses im Friedrichshain
in Berlin. |
Über den Morbus Gaucher, seine Klinik, pathologische
Anatomie und histio-pathogenetische Umgrenzung,
nebst Untersuchungen über den Morbus Gaucher der
Säuglinge und über die Beteiligung des Skelettsystems.
Von Ludwig Pick. (Fortsetzung aus Nr. 50.)
Die ganz kürzlich von Waugh und Mac Intosh gegebene
pathogenetische Auffassung des Morbus Gaucher habe ich schon bei
Besprechung der Histiogenese gestreift. Sie betrachten die Gaucher-
krankheit ihrem Wesen nach als eine primäre, wahrscheinlich kongeni-
tale Erkrankung der hämatopoetischen Organe (erst sekundär der
Leber, Nebennieren usw.), die einer aleukämischen Dysmyelosis oder
irregulären myeloiden Metaplasie entspricht. Sie stützen diese Vor-
stellung auf die oben berichteten histologischen. Befunde in
einer splenektomierten Milz, die neben der Umwandlung der Endo-
thelien der Sinus ihnen die Bildung von Gaucherzellen — auch
von wenigen Eosinophilen, einkernigen Neutro- und Basophilen — aus
Adventitialzellen größerer und kleinerer Arteriolen durch das Stadium
(osydasefreier!) Myeloblasten hindurch beweisen. Für die in den
Gaucherzellen enthaltene oxyphile Substanz besagt der Begriff der |
„albuminösen Ablagerung“ nichts. Sie bedeutet (vgl. o.) lediglich
das Produkt einer Steigerung oder Perversion normaler Reifungs-
vorgänge. Das „normale“ Blutbild der Gaucherfälle spricht nicht
, gegen eine perverseMyelopoese, da selbst beiErkrankung desKnochen-
marks (wie z. B. multiplen Myelomen) das Blutbild unbeeinilußt
bleiben könne. Die eigentliche Ursache dieser aleukämischen Dys-
myelosis müßte an die nähere Kenntnis der embryonalen und post-
natalen Hämatopoese anknüpfen.
Wie ich schon ausgeführt habe, ist die Bildung myeloischer
Elemente aus den adventitiellen Histiozyten in ‘der Gauchermilz
lediglich ein sekundärer Vorgang bei ihrer Vermehrung und Um-
bildung zur Gaucherzelle. Bei dieser Gelegenheit wird die schlum-
mernde Myelopotenz gleichsam akzidentell belebt. Sie wird genau
so in der Milz der Kaninchen bei der experimentellen Lipoido-
phagie, auch sonst beim Morbus Gaucher in der Milz, in den Lymph-
drüsen und in der Leber in Form von Megakaryozylen, Myelozyten,
auch ortho- und polychromatisch gefärbten Normoblasten usw. ge-
funden, beim Morbus Gaucher der Kinder sowohl wie bei dem der
Erwachsenen®#). Ich bin auf diese Befunde bei der Schilderung
der Histiologie und Histiogenese des Näheren eingegangen. Den
Gedanken, sie als Ausdruck einer kompensatorischen myeloiden
Metaplasie (extramedullären regenerativen Blutbildung) zu erklären,
hat bei Morbus Gaucher zuerst Mandlebaum (1912) auf Grund
seiner Befunde myeloischer Elemente in Milz und Lymphdrüsen ge-
äußert. Vielleicht ist diese Deutung nicht einmal notwendig, da
die heterotope Blut- oder Knochenmarksbildung sonst wohl eher
bei schweren Funktionsstörungen des Knochenmarks oder stärkerer
Anämie in Erscheinung tritt und die gelegentliche, rein zufällige
fakultative Betätigung schlummernder myelopotenter Fähigkeit an
wuchernden funktionell anderweitig in Anspruch genommenen Ele-
menten sich wohl verstehen läßt. Ich zweille nicht, daß dieselben
myeloischen Elemente auch bei lipoidzelliger Splenohepatomegalie
34) Entge en 'Brill-Mandlebaum also nicht bloß in „early
cases“, d. h. nicht nur bei Kindern.
Typus Niemann in den befallenen Organen, insbesondere auch in
der Milz getroffen werden können 5).
Erwägt man, daß Bilder der von Waugh und Mac Intosh
beschriebenen periarteriolären Dysmyelose sonst in der Gauchermilz
nicht beobachtet sind, daß die rein retikulumzellige Genese der
Gaucherzellen in der Milz durch E. J. Kraus, in den Lymphknoten
durch Mandlebaum-Downey eindeutig erwiesen ist, daß ferner
Gaucherzellen unzweifelhaft auch aus klasmatozytären Elementen
hervorgehen, für die a priori myelopoetische Fähigkeiten gar nicht
infrage kommen, so wird man hierin weitere triftige Gründe gegen
die Waugh-MacIntoshsche pathogenetische Auffassung des Morbus
Gaucher sehen. Daß die Leber, wie Waugh und MacIntosh
wollen, „sekundär“ und mit ihr die Nebennieren sowie andere Or-
gane in die Gauchererkrankung eingeschlossen werden, bedarf kaum
besonderer Widerlegung.
Ich selbst möchte mit meiner Auffassung der Pathogenese .
| des Morbus Gaucher an die allgemeine Ähnlichkeit knüpfen, die
mit der lipoidzelligen Splenohepatomegalie Typus Niemann be-
steht, und auch für den Morbus Gaucher eine primäre Stoffwechsel-
störung auf konstitutioneller Grundlage annehmen. Der konstitu-
tionelle Charakter der Erkrankung ist ähnlich wie für die lipoid-
zellige Splenohepatomegalie vom Niemannschen Typus auch für
den Morbus Gaucher: nach den von. E. J. Kraus beigebrachten
Gesichtspunkten — frühzeitiges, oft familiäres Aultreten, Bevor-
zugung des weiblichen Geschlechts, Kombination mit anderen kon-
stitutionellen und lokalisierten Mißbildungen — gesichert, die letzte
Ursache dieser Konstitutionellen Gesamtabweichung freilich eine
„cause encore inconnue“ [Gaucher?®)]. Der krankhafte Stoffwechsel
verbreitet mit der Zirkulation die Gauchersubstanz — sei diese ein
eiweißähnlicher Körper, sei sie ein Sphingogalaktosid — in allen
Säften und Geweben und bewirkt ihre Speicherung in den Reti-
kulumzellen und gewissen Klasmatozyten des Iymphatisch-hämato-
poetischen Apparates, ohne daß sich Näheres über die rein. exogene
oder endogene Bildung des gespeicherten Körpers aussagen ließe.
Auf eine primäre krankhafte Speicherungstendenz dieser Histiozyien-
gruppe als Ausdruck konstitutioneller Mißbildung im Sinne von
E. J. Kraus kann nicht geschlossen werden, weil bei der nicht
sicher bekannten Art der Gauchersubstanz sich über das Verhältnis
des gespeicherten Körpers zu der normalen Leistung insbesondere
der Retikulumzellen im Stoffwechsel kein Urteil gewinnen läßt.
| So gehört also auch der Morbus Gaucher mit der Alkaptonurie,
Zystinurie, der lipoidzelligen Splenohepatomegalie Typus Niemann
zu den angeborenen, oft familiären, wenn auch nicht, wie die ersteren,
als vererbbar erwiesenen Stoffwechselerkrankungen. Fraglich muß dabei
nur bleiben, ob die Stoffwechselstörung an irgendeiner Stelle des
normalen Ablaufs liegt, also eine intermediäre ist oder ob sie eine
‚Abbiegung nach einer völlig aus der Norm liegenden Richtung”) be
35) Das beweist der als Morbus Gaucher nicht sichere, vieleicht
zu dieser Gruppe gehörige Fall Sapegnos (vgl. o.) Sapegn0 bat
auch die Deutung derartiger Fälle als aleukämische Myelose schon
vorweg genommen: la malattia si debba classifiare fra le forme di mielosi
aleucemica.
~ 36) Hier sei auch der von Mandlebaum (1912) wohl nur vor
übergehend inbetracht gezogenen protozoischen Ätiologie ge acht
Er beruft sich besonders auf Risel, der auf die morphologisch® ho-
lichkeit der Gaucherzellen mit den großen Phagozyten (aus Pulpazelles,
Markzellen, „freien Zellen“ in Milz, Knochenmark, Lymphdrüsen) bei
Kala-Azar (Marchand-Ledingham) und experimenteller Trypat®
somiasis (Sauerbeck) verweist.
37) Als Mutation (Naegeli) würde sie, da eine Frblichkeit nicht
besteht, jedenfalls nicht zählen können.
21. Dezember
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51. | | 181
deutet. Auch darüber kann erst nach der sicheren Kenntnis der che-
mischen Natur der Gauchersubstanz entschieden werden. Der ungemein
langsame Ablauf des Prozesses, der sich meist über Jahrzehnte hinzieht,
d. h. also eine Chronizität größten Stils, bedingt den so scharf um-
schriebenen anatomisch-histiologischen, histiogenetischen und mikro-
chemischen Typus des Prozesses, der in dieser Reinheit und Prä-.
zision bei keinem der ähnlichen, dem Morbus Gaucher irgendwie
vergleichbaren pathologischen Prozesse wiederkehrt — weder bei
den experimentellen Speicherungen, noch bei den diabetisch-lipämi-
schen Speicherungsprozessen, noch bei der lipoidzelligen Spleno-
hepatomegalie vom Niemannschen Typus. Überall ist bei diesen
der Ablauf des Vorganges schneller, intensiver, stürmischer, überall
auch darum das Ergebnis ungleichmäßiger und ungleichartiger.
Für die Pathogenese der hämoglobinogenen Pigmentierungen
möchte ich als maßgebend betrachten, daß sie im allgemeinen erst
nach einer bestimmten Zeit der Speicherung der Gauchersubstanz
eintreten, bei Erwachsenen meist in- und extensiver als bei Kindern,
daß sie in gewissem Umfang auch bei den auf einen kürzeren Zeit-
raum zusammengedrängten Lipoidspeicherungen zustande kommen
und zwar bei allen Formen, also den experimentellen wie. den
diabetisch-lipämischen, wie bei der lipoidzelligen Splenohepato-
megalie Typus Niemann. Anitschkow sah intrazelluläres Hämo-
siderin in den Cholerinesterphagozyten in der Milz sehr häufig, auch
im Knochenmark; auf die Befunde von Hämosiderin in den Lipoid-
zellen bei diabetischer Lipämie (Lutz) und von Erythrophagie oder
Blutpigment in den Lipoidophagen bei der lipoidzelligen Spleno-
hepatomegalie Typus Niemann (Knox, Wahl und Schmeißer)
habe ich schon aufmerksam gemacht. Da ferner Lubarsch
z. B. auch für die Lipoidspeicherungen bei Säuglingen in bestimmten
Gebieten des Makrophagensystems (dem Retikulum des Thymus,
den perivaskulären Spindelzellen des Hodenzwischengewebes oder
der Umbauschicht der Nebennieren) an den Zellen „die komplexe
Eigenschaft, Fette und Hämosiderin zu speichern“ feststellte, so
scheint mir hier ein allgemeines Gesetz in dem Sinne gegeben, daß
der fremde Stoffkomplexe (Lipoide, eiweißähnliche Körper usw.)
in sich ablagernde Histiozyt die Fähigkeit zu sekundärer Speiche-
rung von Bluteisen erwerben kann und zwar, wie besonders Ep-
steins Befunde beim Morbus Gaucher zeigen, sowohl zu (seltenerer)
endogener Bildung aus aufgenommenen Erythrozyten wie nach der
Durchtränkung mit gelösten eisenhaltigen Hämoglobinbestandteilen
wie durch sekundäre Aufnahme fertigen Blutpigmentes. Die ins-
besondere Gauchersubstanz ansammelnde Zelle wird also nicht
„omnivor“, aber doch speicherungskräftig für Blutpigment, wobei aller-
dings immer noch die Möglichkeit besteht, daß der wesentliche, viel-
leicht bestimmende Faktor bei der Pigmentspeicherung nicht durch.
eine erhöhte Speicherungsaktivität, sondern lediglich durch die Un-
fähigkeit zur Weiterverarbeitung gegeben ist. Ein Beweis für diese
erhöhte Speicherungstendenz im allgemeinen Sinne liegt in der für
den Morbus Gaucher auch durch meine Befunde belegten und
ebenso übrigens für die lipoidzellige Splenomegalie Typus Niemann
erwiesenen Tatsache, daß die stärkste und ausgedehnteste, sei es
diffuse oder körnige Hämosiderose der Gaucherzellen stets in der
Nachbarschaft von Extravasaten, überhaupt von Blutmassen, besteht.
Dabei darf nicht vergessen werden, daß die Pigmentierungen in
den von Gaucherzellgewebe erfüllten lymphatisch-hämatopoetischen
Organen nur zu einem kleinen Teil an dieses gebunden sind, meist
vielmehr sonst unveränderte fixe oder frei gewordene Histiozyten
betreffen, im besonderen auch in der Gefäßadventitia, in Bindegefäß-
septen usw. gelegen sind und daß ferner die Genese des eisenfreien
Pigmentes der Hämochromatose einer besonderen Erklärung bedarf.
Die gewöhnlich nur leichte Anämie ist Folge der durch die.
Infiltration des Knochenmarks mit Gaucherzellen bewirkten Störung
der Hämatopoese sowohl wie des gesteigerten Erythrozytenunter-
ganges. Dieser erfolgt nur zu einem unbedeutenden Teil durch un-
mittelbare Erythrophagie (vgl. 0.); im wesentlichen mag die Erythro-
zytolyse in der von Epstein geschilderten Art vor sich gehen,
d. h. nach Ausschaltung von Erythrozyten aus der Zirkulation als
Folge von Zirkulationsstörungen durch Gaucherzellwucherung,
namentlich in der Milz. Vielleicht wäre auch an Hemmung der
Knochenmarkstätigkeit durch die erkrankte Milz zu denken. Auch
die leichte Neutro- oder Lymphopenie begründet sich in der Beein-
trächtigung der Produktionsgebiete durch die Gaucherzelleinlagerung.
Für die hämorrhagische Diathese ist die in einigen exakten Zäh-
lungen (E. J. Kraus, H. Lippmann) gesicherte Thrombozytopenie
von Bedeutung. Die Thrombozytophagie durch die Gaucherzellen
bleibt noch zu zeigen. Andrerseits käme für die Thrombozytopenie
auch die Knochenmarksschädigung in Betracht. |
Diese Ableitungen gehen, glaube ich, bis an die Grenze des
zurzeit Möglichen. Der Versuch, in die Pathogenese des Morbus,
Gaucher mit Hilfe der jetzt gesicherten tatsächlichen anatomischen
Befunde tiefer vorzudringen, führt in allzu unsicheres Gebiet. Die
anatomisch-histiologisch und mikrochemisch gewonnene Erkenntnis
der eigenartigen Alfektion als einer Stolfwechselkrankheit auf kon-
stitutioneller Grundlage und der in dieser Richtung ausgesprochene
pathogenetische Parallelismus mit der lipoidzelligen Splenohepato-
megalie Typus Niemann eröffnet die Möglichkeit neuen Fortschrittes
durch die klinischen Methoden. Hier würde in erster Linie zu ver-
suchen sein, durch eingehende Untersuchungen des Blutes, der
Se- und Exkrete und des Stoffwechsels den im Blut und seinen
Säften vorauszusetzenden fremdartigen Stolfkomplex zu finden und in
seiner besonderen chemischen Art festzustellen. —
Zusammenfassend haben unsere Untersuchungen zur Histio-
und Pathogenese des Morbus Gaucher ergeben: |
1. Für die Milz und die Lymphdrüsen ist die Entstehung
der Gaucherzellen aus retikulären Histiozyten endgültig gesichert,
für das Knochenmark wahrscheinlich. Sicher ist ferner in der Leber
die Genese aus Klasmatozyten der Glissonschen Kapsel und der
Adventitia und Periadventitia der Zentralvenen der Läppchen, sowie
in der Milz für gewisse Fälle auch aus adventitiellen und peri-
adventitiellen Zellen der Arteriolen.
Der Morbus Gaucher ist also weder zu den rein retikulo-
endothelialen noch zu den reinen retikulumzelligen Erkrankungen
zu zählen. Er wäre histiologisch als histiozytäre Affektion zutreffend
gekennzeichnet und gegen die tierexperimentellen histiozytären
Speicherungen (bei Intravitalfärbungen, Cholesterin-usw. Fütterungen)
durch die ausgesprochen elektive Beteiligung innerhalb des
Histiozytensystems — vorwiegend Retikulumzellen, auch .Klasmato-
zyten, Ausschluß der Endothelien — ausgezeichnet.
2. Die von W. H. Schultze zuerst für die Milz erwiesene
großzellige Hyperplasie bei diabetischer Lipämie ist außer durch
die Natur der gespeicherten Substanz (Neutralfette, Lipoide [Chole-
sterinester oder Phosphatide] oder Gemische) auch durch die
wechselnde Lokalisation der Lipoidzelleinlagerung (innerhalb des .
Iymphatisch-hämatopoetischen Apparates sowohl wie eventuell auch
in der Arterienintima und in den Nebennieren), durch die wechselnde
Histiogenese (Retikulumzellen oder Retikulumzellen und Endotlhe- .
lien) und durch die Morphologie der lipoidhaltigen Zellen vom
Morbus Gaucher unterschieden. Makrophagen können bei der dia-
betischen Lipämie auch in das Blut übertreten. _
| Zum Vergleich auf ätiologischer Grundlage kann für die dia-
betisch-lipämische Zellhyperplasie allein der Cholesterin- usw. Fütte-
rungsversuch herangezogen werden. Aber auch hier ergeben sich
mancherlei Verschiedenheiten (neben Retikulumzellen und Endo-
thelien histiogenetische Beteiligung von Fibroplasten, glatten Muskel-
fasern, häntatogenen Makrophagen [Aortenintima)).
3. Grundsätzlich vom Morbus Gaucher abzutrennen ist die von
mir als lipoidzellige Splenohepatomegalie Typus Niemann charakte-
risierte Affektion. Sie bedeutet eine kongenitale und familiäre, kon-
stitutionell bedingte Anomalie des Lipoid-, insbesondere des Phos-
phatidstoffwechsels, die alsbald nach der Geburt bedeutende Tumoren
von Milz und Leber entstehen läßt und nach den bisherigen Er-
fahrungen in den ersten Lebensjahren zum Tode führt, aber
wohl auch in protrahierterer Form bei Erwachsenen vorkommen
könnte. Die makroskopischen Veränderungen erstrecken sich außer
auf Milz, Leber, Lymphdrüsen und Knochenmark auch auf Thymus
und Nebennieren (Rinde und Mark). Der. im Blut zirkulierende
abnorme lipoide Stoffkomplex wirkt quali- und quantitativ mit
höchster Intensität, erschöpft die Speicherungskralt des gesamten,
in den Körperorganen verbreiteten Histiozyten- (oder Makrophagen-)
systems und wird danach schließlich auch in den spezifischen Par-
enchymen (Leber-, Nierenepithelien, Herzmuskelzellen) gespeichert.
4. Der Morbus Gaucher ist eine kongenitale und familiäre,
konstitutionell bedingte Abweichung des Stoffwechsels und zählt
wie die lipoidzellige Splenohepatomegalie Typus Niemann zur
Gruppe der kongenitalen familiären Stoffwechselanomalien (Alkapton-
urie, Cystinurie).
abweichung (intermediäre Störung? Abzweig von der Norm?)
hängt von der noch zu sichernden chemischen Natur (eiweiß-
ähnlicher Körper? Spingogalaktosid? [Epstein]) der Gauchersubstanz
ab. Diese wird aus dem Blut von den Retikulumzellen und ge-
wissen Klasmatozyten (in Leber und Milz, vgl. 0.1.) aufgenommen
und gespeichert, ob in der Art einfacher Ablagerung oder intra-
zellulären Aufbaues, bleibt festzustellen. Für eine primäre Erkran-
kung des betroffenen Histiozytengebietes, die funktionell in der
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1814 | K
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| Speicherung der Gauchersubstanz in Erscheinung tiitt, lassen sich
. keine Anhaltspunkte geben. Die An
> die anatomische, histiologische, histiogenetische und mikrochemische-
'. Hyperplasie bei ‚Diabeteslipänie und. lipoidzellige ‚Splenohepato-
' megalie Typus Niemann) erreicht wird. Die: hämoglobinogenen
- krankung auf und sind nur ein Sonderfall des allgemeinen. Gesetzes,
‚ Stoffen ‘in’ Histiozyten eine Speicherungstendenz auch für Bluteisen
=: zellen besonders reichliches Blute
Nähe ausgedehnter Hämorrhagien.
-.er für eine. mögliche Asphyxie des Kindes, sich einen 'elastischen
- "lasse er sich möglichst: viel. abgekochtes Wasser bereitstellen. Für.
. Asphyxie ersten Grades genügen meist Hautreize nach Entfernen des
‚von 86° C mit Übergießen von kaltem Wasser auf die Herzgrube.
‚Auch. Schläge auf den. Steiß. wirken hautreizend. Bei dem. blassen
‚ nicht zu sehr abkühlt. . Auch im Bad reibe man das Kind ünd
‚zurückhaltend, die Schultzeschen Schwingungen: sind vorzuziehen. |
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_ tuchhandgriff zu behandeln und dann 0,0015—-0,003 „Lobelin-
bei Narkosestörungen günstig wirken ‚kann, sollte der Praktiker
stets „Lobelin-Ingelheim“ bei’ sich haben. |
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1924 — MEDIZINISCHE KLINIK > Ne Sl... 0 0 21: Dezsiher
-Die gewöhnlich nur leichte ‘Anämie bei Morbus Gaucher ent- .
nalime: einer. primären Funk- |: steht teils- als Folge.-der Okkupation des. Knochenmarks durch
tionssteigerung ist abzulehnen. "> 2.00..." Gaucherzellgewebe (verringerte ‚Bildung),. teils durch vermehrten
` Die Chronizität des "Prozesses beim. Morbus Gaucher bedingt |! Untergang von Erythrozyten. Auch die Neutro--oder Lymphopenie
A und mikt | !begründet ` sich'.in der. Beeinträchtigung. der .Produktionsgebiete
Präzision der Befunde; die von keiner älinlichen dem Morbus-Gaucher |; durch die Gaucherzelleinlagerung. le 3
vergleichbaren -Affektion (experimentelle Lipoidophagie, großzellige. |} :. Die hämorrhagische Diathese steht in. Verbindung mit der.
| | Thrombopenie. 0 Zaren:
: B, Die aus: dem 'embryonalen Leben: bewalırte schlummernde
ı Myelopotenz :der: Gefäßwandzellen kann :gelögentlich der Umwand-
‘lung 'adventitieller:.und, periadventitieller Klasmatozyten in Gaucher- `
; zellen zuweilen in. "der Produktion : myelöischer Formen (Knochen-
: marksriesenzellen, ‘Myelozyten,. Normoblasten) sich äußern. Doch.
‚sind diese Befunde- myeloischer - Metaplasie. (extramedullärer Blut-
bildung) von rein zufälliger, akzidenteller B
| | | er Bedeutung für den Ab.
' | lauf der Pathogenese des Morbus . Gaucher; .' zz
Pigmentierungen der Gaucherzellen treten erst im Verlaufe der. Er-
daß Tortgesetzte Speicherung‘ von. Lipoiden oder eiweißähnlichen
(hämoglobinogene Pigmente) auslöst. Darum enthalten die Gaucher-
eisen. diffus oder körnig in der
s vo.
Aus der Praxis für die Praxis. — -
” Geburtshilfliches Brevier. ie , recht leicht den Kopf ins. Becken herabzuziehen. Sänger emplahl -
ae ce u ee en Bern R ; “| als Ersatz für Notfälle 2 Riemen, die an. den Rippen der Zangen
Von Dr. Franz Eberhart, Frauenarzt, Baden-Baden. |. befestigt, durch einen um das Zangenschloß umgestülpten Mayerschen
| u E Fe | (Fortsetzung aus Nr. 49) |! Ring. durchzuziehen, an deren Ende -eim Querstab- angebracht wurde.
> Geburtshilfliche Operationslehre. ` : Der Praktiker kommt mit einer Zange gut aus und ist die _
"Wenn der Arzt es für nötig hält, die Geburt durch eine ‚ Nägelsche wohl: die gebräuchlichste, zumal jetzt- die Zange
Operation beendigen zu. müssen, so lege er sich stets 2 Fragen vor: ||: R ae k a N ne a te ha Seit
1. welche Operation muß ich ausführen; 2. sind die Vorbedingungen |; Sinigen. Jahren wird.die Kiellandsche Zange teils empfohlen, teils
für dieselbe erfüllt.. Er operiere nie ohne Indikation und |: wird davor gewarnt.. Ich selbst habe keine. persönlichen Erfah
denke. an den Spruch: „Quidquid agis prudenter agas et respice. | ar damit gemacht. _ Es ist eine fast ‚gerade Zange un
finem.“ Dann treffe er alle Vorbereitungen in Ruhe. ‘Auch denke | at. dadurch den großen Vorteil, im geraden Beekendurehmesser a
| RR . gelegt werden zu können. Es wird behauptet, ‚daß speziell das An-
. legen des vorderen Blattes. durch -Ungeübte gefährlich werden könne,
‚aber schließlich ist jedes Instrament in der Hand des Ungeschickten
. gefährlich. Vielleicht aber ist- diese Zange doch nur für.den er-
Schleimes aus dem Munde und Aussaugen des Restes. mit einem ae en wi auge ee a Eee |
ne To: dae Kindes in asn Rag |; Durchmesser des Kopfes, weshalb sie besonders beim-platten Becken
Schlundkanee Dann nm u m. eim» Bad und als Rotationsinstrument nützt. ‚Sonst achte man beim Einkaul
einer Zange darauf, daß die Rippen der Löffel.gut abgerundet
Schlundkatheter bereitzuhalten, ebenso warmes Wasser für Bad; Auch
Scheintode, der Asphyxie zweiten Grades, sind sofort Schultzesche ‚sind. = Abstand. der Spitzen der Löffel soll RL p -
Schwingungen zu machen. _ Nach 6—8 Schwingungen muß das Kind. | Ar ari jedenfalls nicht unter 1 cm sein. Die Zange mu8 natir-
immer wieder in das warme Bad gebracht werden, . damit es sich |. ich nn Metall ‚gearbeitet sein, Anch soll die’ Kopfkrümmung
| | ‚nicht unter 7 cm betragen. 2 Ba '
mache : Bewegungen .der Beine, in dem man die Knie beugt und. |
gegen den- Thorax: drückt. Mit dem Einblasen von Luft sei man
Vorbedingungen: 1. hinlängliche Beckenräumlichkeit; 2. die
: Weichteile sollen gut- vorbereitet sein: a) der Damm: sei nieht zu
‚ rigide, sonst Inzisionen besonders. bei alten Iparae; b) der Mutter
Damit das Kind dabei nicht ausruischt, fasse man es stets mit einem. | mund soll vollkommen. erweitert sein (Gefahr der ‚Einrisse bei nicht
Handtuch. Solange das Herz. schlägt müssen die Wiederbelebungs- |: vollständig ‚erweitertem) und der Cervix. verstrichen; 3. der ‚Kopl
versuche gemacht. werden, nie höre man zu früh äuf.. Von einigen. |: soll zangenrecht stehen, d. h. seine größte Peripherie no |
Autoren wird zur Wiederbelebung auch’ die Methode von Marshall |. 5308 passiert haben. Die Spinalebene soll entweder vom Kop
Hall. und Sylvester. empfohlen. a Sl
Nach neueren Forschungen wird :„Lobelin - Ingelheim“.
: berührt oder der Kopf soll sie nach unten: überschritten haben’);
| 3 > i eine -Fontanelle soll möglichst nach vorn a
wegen seiner schlagartig einsetzenden erregenden Wirkung |. ©- der Kopf: soll wenigstens normale Größe und Festigkeit haben
ni das Kerne als’ ein Talaia Präparat be (gewöhnliche Zangen können zur. Not noch bei 7moùatiger dies
Asphyxie der Neugeborenen empfohlen. Seine Unschädlich- : angelegt werden, cave Anlegung bei Hydrocephalus, Ti
keit zeigte jüngst eine Mitteilung von Schumacher .aus der Uni- |; macerierter Frucht nicht anlegen). Der Kopf soll eine en
versitäts-Frauenklinik in Gießen. Er empfiehlt nach sofortiger Ab- | tung und Stellung haben, daß er mit’der Zange gefaßt werden al
nabelung des asphyktischen Neugeborenen das an den Beinen gefaßte | Am besten liegen die Zangenlöffel parallel dem re :
Kind zu schütteln, mit Trachealkatheter. und Werthschem Schnupf- |; Durchmesser des Schädels; 6. das Fruchtwasser soll abgellossen
sein und die Eihäute sich über den. Kopf zurückgezogen haben, sonst
muß die Blase gesprengt werden; 7. das Kind muß leben (am toten -
‚ Kinde darf man keine’ schwere Zange machen, sondern man mw,
. wenn Eile nötig, perforieren; 8. es darf auch keine Mißbildoig,
‘2. B. ein Anencephalus bestehen; .9. die -Wehentätigkeit soll eine
' gute sein, da durch. Atonia post 'partum. schwere .Blutungen ent-
' stehen können; hier muß man vor. der Extraktion eine Spritze Ergo
: oder Pituitrin geben und den Uterus besonders aufmerksam über-
, wachen (Massage). Br
| Indikationen.: 1. Strenge (absolute). A. Von Seiten
‚des Kindes a) dauernde Verlangsamung des fötalen Pulses unter. 100
. | sowie Beschleunigung . über 160; b). Meconiumabgang bei Kopilage
Ingelheim“ subkutan oder intramuskulär zu injizieren. Da es. auch.
ta Die Zange. |
In der Frauenklinik zu Halle hatten wir unter dem Direktoriat
Kaltenbach 3 Zangen: 1. eine lange für den hoohstehenden
Kopf (39—40 em) mit starker Beckenkrümmung (von der
Unterläge bis zur Löffelspitze 9 cm vertikaler Abstand); 2. eine
kurze mit geringerer Beckenkrümmung, Beckenausgangs-
zange, 84—85 cm lang, Beckenkrümmung 6—7 cm; 3. eine:von
mittlerer Länge und geringster Beckenkrümmung für den |; (Achtung auf Herztöne); c) _Nabelschnurvorfall; d) zu lange Aus
tiefen Querstand, Länge 86 cm, Löffellänge 21 cm, vertikaler Ab- | treibungsperiode (Erstickungsgefahr). Diese. Gefahr‘ meist durch Ver-
stand von der Unterlage 6cm: | nk rer u
-© -In der Klinik wurde auch für den hochstehenden Kopf die- |
Parniersche Axenzugzange verwandt, Es gelang damit oft
-v 1) Dann ist die größte jeweili in Betracht kommende funk
: tionierende Kopfebene in den Beckeneingang eingetreten ``-
21. Dezember
_ langsamung der kindlichen Herztöne angezeigt; e) Placentarlösung;
f) Tod der Mutter; natürlich nur. wenn der Kopf tief steht.
B. Von Seiten der Mutter a) erhebliche Blutungen: a) bei
vorzeitiger Placentarlösung, f) Cervixrissen, y) Platzen eines Varix;
b) Fieber der Mutter; c) schwere Erkrankungen: a) der Respira-
tions- (Pleuritis, Pneumonie), £) der Zirkulations- (Klappenfehler),
y) der harnabsondernden Organe (Eklampsie); d) hochgradige Er-
schöpfung (seltene Indikation), sorgfältigst abwägen; e) Quetschung
der mütterlichen Weichteile: a) (im Beckenausgang (Ödem der
Vulva), £) im Beckeneingang (Ödem der Muttermundslippen). Fistel-
bildung durch Gangrän z. B. Blasenscheidenfisteln kamen früher
häufiger vor, wenn Schwangere mit engem Becken mehrere Tage
kreißten. Das gequetschte Gewebe ist der Infektion sehr zugänglich.
' 2, Laxe (relative Indikation). Hier ist dem individuellen
Ermessen ein großer Spielraum gelassen: a) Erschöpfung der Mutter
nach langer schmerzhafter Geburtsarbeit; b) bei unzureichenden
Wehen (Wehenschwäche) s. dieses Kapitel, z. B. fehlt kräftige Bauch-
presse bei Hängebauch, Seitenlage des Uterus. Man denke aber
stets an die Gefahr der Antonia post partum und treffe die nötigen
Vorkehrungen; c) lange dauerndem tiefen Querstand; d) größtem
Widerstand der Weichteile (Inzisionen am Platze); e) Vorfall eines
eingeklemmten nicht reponierbaren Armes neben -dem Kopfe. Man
1924 — MEDIZINISCHE KLINIK — Nr. 51. 1815
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muß aber stets vorher versucht haben einen Repositionsversuch zu
machen, Leichte Zangenextraktionen sind in Rückenlage
auf dem Bett möglich, auch in Seitenlage bei Iparae, am besten.
operiert man aber auf dem Querbett. Blase und Mastdarm
sind stets vorher zu entleeren, das letztere geschieht gleich im Be-
ginn der Geburt durch Einläufe. Nochmals Desinfektion der Kreißenden.
Sind die Schamhaare noch nicht abrasiert, geschieht es jetzt; dann
folgt vaginale Spülung, zuletzt Jodanstrich der Vulva. Die Zange
sei nicht zu erkaltet nach der Desinfektion. Narkose empfiehlt sich, _
jedenfalls bei schwieriger Zangenanlegung. Vor Anlegung der Zange
untersuche man noch einmal. Wenn möglich soll der Geburtshelfer
bequem sitzen, er kann auch kniend operieren. Es empfiehlt sich,
die Ellenbogen fest gegen den Brustkorb anzulegen, um plötzliches
Herausschießen zu vermeiden. Keinesfalls soll man Fuß oder Knie
gegen den Bettrand anstemmen oder Vorspann von 1—2 Personen
nehmen, die am Geburtshelfer ziehen. Noch weniger soll der Arzt,
wenn er selbst die Zange angelegt hat, durch seinen Kutscher heraus
ziehen lassen, wie ein asthmatischer Arzt auf diese drastische Weise es
früher einmal getan hat. DieKreißendekann durchUmfassender.
Schulter von hinten festgehalten werden. Alle Vorkehrungen
. zur Episiotomie, Vernähen von eventuell entstehenden Rissen, sowie
zur Wiederbelebung des Kindes sind zu treffen. (Fortsetzung folgt.)
_ Referatenteil
unter besonderer Mitwirkung von
Prof. Dr. C. Adam, Berlin (Augenkrankheiten), Prof. Dr. HE. Edens, St. Blasien (Herzkrankheiten), Prof. Dr. L. Freund, Wien (Röntgenologie), Prof. Dr. H Gerhartz,
Bonn a. Rh. (Tuberkulose), Prof. Dr. S. Grāff, Heidelberg (Pathologische Anatomie), Oberstabsarzt Dr. Haenlein, Berlin (Hals-, Nasen- u. Ohrenkrankheiten), Geh.-Rat
Prof. Dr. Henneberg, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. H. Holfelder, Frankfurt a. M. (Strahlentherapie), Prof. Dr. P. Horn, ‚Bonn (Versicherungsrechtl, u. gericht!.
Medizin), dirig. Arzt Dr. Laqueur, Berlin (Physikal. Therapie). Prof. Dr. W.Liepmann, Berlin (Frauenkrankheiten u Geburtshilfe), Prof. Dr. 0.Nordmann, Berlin-
Schöneberg (Chirurgie), Dozent Dr. R.Paschkis, Wien (Urologie), Dr. S.Peltesohn, Berlin (Orthopädie), Prof. Dr. F. Pi nkus, Berlin (Haut- u Geschlechtskrank-
heiten), Prof. Dr. Rietschel, Würzburg (Kinderkrankheiten), Dr. K. Singer, Berlin (Nervenkrankheiten), Dr. W. Stekel, Wien (Psychotherapie, medizinische Psycho-
logie und Sexualwissenschaft), Prof. Dr. H. Ziemann, Berlin (Hygiene, Parasitologie, Infektions- und Tropenkrankheiten), l
Sammelreferat.
Über Krebs und Krebsbehandlung.
Von Ober-Reg.-Med.-Rat Dr. Otto Strauß (Berlin). ;
(Fortsetzung aus Nr. 50.)
In der Krebsbehandlung sind einige Neuheiten zu ver-
zeichnen, die — wie immer — mit großer Begeisterung begrüßt
werden, von denen es aber noch durchaus abzuwarten bleibt, ob
.sie in der Krebstherapie einen wirklichen Wendepunkt bedeuten.
Bevor ich darauf zu sprechen komme, sei auf die Versuche einge-
gangen, das Karzinom chemotherapeutisch zu beeinflussen.
Ischiwara teilt mit, daß es ihm gelungen sei, mit Wismut oder
Antimon das Rattenkarzinom zu beeinflussen, wobei er sehr inter-
essante Angaben über Dosierung machte. Kleine Dosen reizten
den Tumor zum Wachstum, große bringen ihn zum Still-
stand. Diese Mitteilungen haben zunächst nur experimentellen
Wert. Über eine günstige Wirkung des Isaminblau bei bös-
artigen Geschwülsten berichtet Roosen. Ohne eine solche Ein-
wirkung bestreiten zu wollen, muß ich sagen, daß die Roosensche
Mitteilung in der vorliegenden Form ihren Zweck nicht erfüllt.
Es wäre wünschenswert, daß Roosen bei einem größeren Material
seine Untersuchungen fortsetzt und uns dann weitere Angaben
macht. Sollte diese Methode auch nur zu einer Besserung der Er-
gebnisse der Strahlentherapie (als Vor- oder Nachbehandlung) bei-
tragen, so wäre das ja schon ein großer Gewinn. Aber dazu sind
keine „Anregungen“, wie sie Roosen gibt, ausreichend, sondern
exakte klinische und experimentelle Arbeit unter Vorlage der Pro-
tokolle. Dasselbe gilt auch für das von Spude schon so lange
propagierte Heilverfahren. Das Spudesche Verfahren besteht in
der Herbeiführung einer künstlichen Entzündung durch In-
jektion von Eisenoxyduloxyd und Einwirkung eines’ Wechsel- .
strommagneten. Spude beschäftigt sich mit dieser Methode
schon seit 12 Jahren und hat sehr viel interessante Mitteilungen
hierüber schon gemacht. Wertvoller aber wäre es gewesen, daß
Spude nun nach 12jähriger Beobachtung uns eine große Serie
erfolgreich behandelter Fälle bekannt gegeben hätte Er
hätte sich damit ein unendlich größeres Verdienst erworben als mit
den zahlreichen — an sich ja sehr lesenswerten — theoretischen
Betrachtungen. Seine Polemik gegen die Strahlenbehandlung des
Karzinoms ist in diesem Zusammenhang nicht nötig gewesen. So
geleitet von Dr. Walter Wolff, dirig. Arzt am Königin Elisabeth-Hospital Berlin-Oberschöneweide.
skeptisch man ja ihren Wert in der Karzinombekämpfung auch ein-
. schätzen mag, hier liegen wenigstens Massenbeobachtungen vor, die
ich bei Spude bis jetzt vermisse. Leider muß man eben im Gegen-
satz zu Spude sagen, daß das einzige Mittel, das neben der opera-
tiven Behandlung in der Krebstberapie in Frage kommt, die Strahlen-
behandlung ist. Ich sage leider. Denn daß auch ihre Erfolge nicht
befriedigend sind, habe ich schon ungezählte Male ausgesprochen.
Und doch ist es auch dieses Mal lediglich die Strahlentherapie, die
uns in diesem Zusammenhang etwas Neues bringt.
Es ist noch nicht lange her, daß man unter dem Einfluß gewisser
Beobachtungen und unter der Einwirkung der Resultate, die man
mit einer damals neuen Dosierungsmethode erreichte, die Ansicht
vertrat, alle Karzinome seien in gleichem Maße radiosensibel.
Jedes Karzinom ist heilbar, das die nötige Strahlenmenge
erhalten hat, das war damals ein mit apodiktischer Sicherheit .
ausgesprochener Satz, der von den Wortführern der neuen Behand-
lungsmethode ausgesprochen und von der Allgemeinheit ziemlich
restlos angenommen wurde. Ich habe damals!) schwere Bedenken
darüber geäußert und die Folge hat mir — leider — recht ge-
geben. Heute sehen wir, daß sich die entgegengesetzte Auf-
fassung allgemeine Anerkennung erwirbt. An die Einheitlichkeit
der Karzinome glaubt eigentlich kein Mensch mehr. Die fran-
zösischen Autoren unterscheiden nicht nur sehr scharf zwischen
radiosensiblen und refraktären Karzinomen, sie geben nicht
nur der Meinung Ausdruck, daß Plattenepithel viel empfindlicher
ist gegen eine lang einwirkende kleine Strahlenmenge, während
Zylinderepithel empfindlicher ist gegen große, nur kurz einwirkende
Dosen, daß ferner ein großer Unterschied zwischen spinozellu-
lärem und basozellulärem Karzinom vorhanden ist, sondern sie
sind sogar der Meinung, daß die Zellen ein und desselben
Tumors sehr verschiedene Radiosensibilität aufweisen (La-
cassagne, Laborde, Darier), Mehr und mehr wurde dann auch
die Ansicht vorherrschend, daß der ganze Erfolg der Strahlen-
therapie darauf beruht, die Karzinomzellen im Zustand der
Mitose zu treffen, in welchem sie besonders strahlen-
empfindlich ist, und es war nun ohne weiteres zu verstehen, daß
ein mitosenreicher Tumor strahlenempfindlicher ist als
ein mitosenarmer. Nur die Zellen kommen zum Zerfall, die
im Stadium der Karyokinese getroffen werden (Lacassagne).
1) Vergl. d. Wschr. 1919, Nr. 2, 6. Oktober 1914.
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praktische Ausführung der Strahlentherapie des Karzinoms.
... also die Bestrahlung eine so bedeutende Wirkung auf die. Mitose-
'Weiterwucherung des Karzinoms ausgeht.
die es aber tatsächlich ‚gar nicht zu sein brauchen.
hier die Krebszelle in einem ungünstigen Moment von der
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1924 — MEDIZINISCHE ‚KLINIK — Nr.51.
Sie scheint: im Stadium der Anaphase
ein besondere Empfindlichkeit. besteht). Wir sind damit in
‚ einer völlig neuen Forschungsära angelangt und der Unterschied |
zwischen radiosensiblen und: strahlenrefraktären Karzinomen, . der
sich ja nur auf Erfahrung stützte und gar keine wissenschaftliche
Basis hatte, fängt damit an auch in theoretischer Beziehung be-
erifflich zu wer