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Full text of "Mikro-organismen bei den Wund-Infections-Krankheiten des Menschen"

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MIKRO-ORGANISMEN 


BEI DEN 


WUND-INFECTIONS-KRANKHEITEN 
DES MENSCHEN. 


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MIKRO-ORGANISMEN 


BEI DEN 


WUND-INFEOTIONS-KRANKNEITEN 


DES MENSCHEN. 


Te 


VON 


DR- FRIEDR. JUL. ROSENBACH 


AUSSERORD. PROFESSOR UND ASSISTENZARZT FÜR DIE CHIRURGISCHE POLIKLINIK 
IN GÖTTINGEN. 


MIT FÜNF TAFELN. 


WIESBADEN. 
VERLAG VON J. F. BERGMANN. 
1884. 


a ee Druck der Thein’schen Druckerei (Stürtz), Wü 


pi 


Enzinraru ProrEssor 


m Seite 
N 2 a u ra ae are Re ra. a EEK 
ee EEE TR EHE FF I 
I. Methode bei der Untersuchung über die Aetiologie der 
chirurgischen Infektionskrankheiten des Menschen 3 
er und Abasessbildung . . . . ..n. ..2..202-.6 
- a a a a ee 
Er a A ET 
BE Staphylococcas pyogenes aureus -. - . . » . 2... 2 2.2219 
= Bisnmylococens pyogenes albus... .-. . u... 2... 00. 28 
BEE ORDEEE: Dumme VERS 2 ee ME 
4. Streptococcus pyogenes . . . 722 


Unterscheidung des Strept. pyogen. vom Kris Fehleisen er:26 


IH. Klinische Mittheilung der acuten Abscesse nach den 


um in ihnen gefundenen Microbien geordnet . . .. 27 
IB Stankviocaceus. alles enthaltend ; . ; 3... 4:0 0.0.00 27 

2 Mereoptoenekin allein: enthaltend. :: 5 102 ee 28 

C. Traubencoccus und Kettencoccus zusammen enthaltend . . . . 29 

D. Micrococcus pyogenes tenuis enthaltend . . .» 2 2 2. 2..2....30 

IV. Eiter aus chronischen Abscessen . . . 2 22.2.2... 31 


V. Abscesse undEiterungen ohne Anwesenheit von Mikro- 
ST u er ee - 30 


VE Kulturen von Eiter aus Empyemen .'. . . 2.2.2... .3 


VIII Inhaltsverzeichniss, 


Seite 


VIL Kulturen bei schwereren Eiterungen und Phlegmonen 38 
- : 


VIII. Unterschiede im klinischen Bilde der Phlegmonen und 


Eiterungen je nach dem veranlassenden Microbion . 46 


IX: Acute Osteomyelitis .. 7. 2.0020, Se DE 


Infectionsversuche mit dem gelben osteomyelitischen Coceus .. . . 54 
Ri Bepeisı, rs, ven. Se 
Binleituaf. 25.2. 0 Mora seele See 
A. Putride Intoxication, Sapraemie _... „u. Wen. Wer 
Fäulnisserregende, Saprogene Mikroorganismen. . » : 2.2... 
ı.. Bacillus. saprogenes- Nr: I, .-.. u .0,. cms ze e Me 
Thierversuche mit dem Bacill. saprog. Nr. 1... .... 72 
2. Bacillus saprogenes Nr. 2. „» .. 20... we sarrn 2  Ware 
Tbierversuche mit Bacillus saprog. Nr. 2. :» . 2». 2...0.276 

3. Die Fäulniss cariöser Zähne, Zahnabscesse und Menschen- 
bisswunden 2.20% 222.3 2 2200.22 a 
Fäulnissbacillen bei Fällen menschlicher Sepsis . . 2» ....2.7 


4. Fäulnissbacillus Nr. 3 aus einer putrid gewordenen, complicirten 
Fractur mit Sepsis bei tödtlichem Ausgang. . » »....7% 
Thierversuche mit Bacillus saprog. Nr. 3 (Ebeling). . . .. 8 


Blut-Kulturen septischer -Kranker . . .. .. u. 2,8 
Aetiologie der 3 mitgetheilten Sepsis-Fälle. . . ». 2 2 2....85 

B, Progressive Gangrän ..-... 0. 2: ar an a De 

C, Progressives, gangränöses Emphysem . . . 2 2 2 22... 91 
REPByamier. N el AT RE Teer oc 


Banleltung sea 0 ET ee re ee A 
Ueber die Specifität der Pyämie-Mikrobien . -. 2». 2.2.2...“ 98 
Kulturen von Pyämie-Fällen (intra vitam). . . » » 2». 2... 205 
Kulturen aus: dem Blut Ball I... 0 2...4f, 0 2 es ee ee 
Thierversuche mit dem Kettencoccus aus pyämischem Blut. . . . 108 
Kulturen aus pyämischen Metastasen (intra vitam) Fall 2, 4, 5, 6 110—117 


XI. Fingererysipeloid (zoonotisches), Erysipelas chroni- 
cum, Erythema migfans ..... 2.2.00 2 or Te 


IH. Leptothrix(?)-Invasion. u... ..... „sel nee 
Erkläring der Abbildünpen" '." .Ü.)  Sozfi Wirt Bir En 


Vorwort. 


Die vorliegende Monographie hat den Zweck, 
im Lauf der Zeit gesammelte Beobachtungen mitzu- 
theilen und dadurch zur Orientirung über die Mikro- 
organismen, welche bei menschlichen Wundinfektions- 
krankheiten beobachtet “werden und zu ihnen in 
ätiologischer Beziehung stehen, einen Beitrag zu liefern. 
Leider war es mir nicht immer vergönnt, dieselben 
vollständig experimentell auszubeuten und abzuschlies- 
sen. Es sind namentlich die Thierexperimente nicht 
stets derartig abgeschlossen, wie ich es wohl gewünscht 
hätte. Die antiseptische Verantwortung, welche die 
chirurgische Praxis auferlegt, musste mich bisweilen 
veranlassen, wo sonst die Gelegenheit geboten gewesen 
wäre, von denselben abzustehen. 

Wenn ich dennoch diese Beobachtungen veröffent- 
liche, so geschieht das in der Ansicht, dass sie für eine 
Orientirung von Werth seien. Ich möchte glauben, 


dass gerade die bei den nicht specifischen mensch- 


x Vorwort. 


lichen Wundkrankheiten vorkommenden Mikroorganis- 
men nur Wenigen bekannt sind. Hat man doch einzelne 
derselben, deren Vorkommen ein sehr allgemeines ist, 
für specifische nirgends anders vorkommende Erreger 
typischer Krankheiten angesprochen. Ohne also irgend- 
wie einen Anspruch erheben zu wollen, im Folgenden 
eine abgeschlossene Darstellung der bei den mensch- 
lichen Wundinfektionskrankheiten in Frage kommenden 
Mikroorganismen zu geben, glaube ich, dass gerade jetzt 
die Mittheilung von orientirenden Beobachtungen, welche 
sich über drei Jahre erstrecken, von Interesse sein kann. 
Die Literatur habe ich soweit in Betracht gezogen, als ich 
dem Leser schuldig zu sein glaubte, den Zusammenhang 
zwischen den mitzutheilenden Beobachtungen und den 
wesentlichen Arbeiten früherer Beobachter herstellen zu 


müssen. 
Göttingen, 25. März 1884. 


Friedrich Julius Rosenbach. 


EINLEITUNG. 


R. Koch hat in seinen „Untersuchungen über die 
Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten“ eine Anzahl 
solcher bei Thieren kennen gelehrt, welche mit den chirurgischen 
Infectionskrankheiten des Menschen zum Theil unverkennbare 
Aehnlichkeit haben. Die Krankheiten, welche Koch bei Thieren 
experimentell erzeugte, unterscheiden sich.von denen früherer 
Experimentatoren sehr wesentlich und zwar zunächst dadurch, 
dass sie in typischer Weise verlaufen, sich durch regelmässig 
wiederkehrende bestimmte Symptome als Krankheit sui generis 
ausweisen. Ferner hat K. durch ganz neue Hilfsmittel den 
Beweis geliefert, dass eine jede dieser Krankheiten durch ein 
bestimmtes Mikrobion bedingt wird, welches, mag es nun von 
Thier zu Thier überimpft oder durch eine beliebige Anzahl von 
Generationen auf einen todten Nährboden gezüchtet, von diesem 
wieder auf das Thier übertragen werden, immer wieder die- 
selbe Krankheit mit Sicherheit erzeugt. So lernten wir eine 
Mäusesepsis, eine progressive Gewebsnekrose bei Mäusen, eine 
progressive Abscessbildung bei Kaninchen, eine Pyämie, eine 
Septicämie, auch bei Kaninchen kennen, und sahen wie eine jede 
dieser Krankheiten durch ein bestimmtes Mikrobion bedingt 
wird. Später kam dazu die Entdeckung der Bakteriensepsis 


bei Kaninchen, Mäusen, V ögeln etc., des malignen Oedems u.s. w. 
Rosenbach, Mikroorg i bei Wundinf: 


ctionskrankheiten des Menschen. 1 


9 R Einleitung. 


Doch nur erinnern, nicht eingehen wollte ich auf die weittragen- 
den Entdeckungen K.s und seiner Schüler an diesem Platze; 
sie haben die ihnen gebührende Beachtung und Würdigung in 
weitesten Kreisen gefunden und sind bei jedem meiner Leser 
als vollbekannt vorauszusetzen. Ich möchte auch glauben, dass 
es vielleicht bei der ersten Lektüre von Ks Untersuchung dem 
Leser ähnlich erging wie.mir, nämlich, dass er sich sagte, es 
dürfe nun wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, dass auch 
die chirurgischen Infectionskrankheiten des Menschen ihrem 
Wesen und ihrer Aetiologie nach in ähnlicher Weise durch- 
forscht sein werden, wie dies K. in den genannten Untersuch- 
ungen beim Thier gethan hatte. 


In der That ist schon bei einer Anzahl menschlicher 
chirurgischer Infektionskrankheiten dieses Problem gelöst worden. 
Beim Erysipel, der Gonorrhöe, dem Rotz u. A. hat man die 
nosogenen Mikrobien entdeckt. K. hat durch die für die ge- 
sammte, besonders aber für die innere Medicin umgestaltende 
Entdeckung des Tuberkelbacillus, auch für die chirurgischen, 
chronischen Infectionserkrankungen, welchetagtäglich die Kliniker 
beschäftigen, das pathogene Mikrobion kennen gelehrt” Aber 
gerade bei derjenigen Klasse von Wundkrankheiten, welche 
weniger specifischen Charakter zeigen und überall ihren Infec- 
tionsstoff finden, ich meine die Eiterung, Phlegmone, Sepsis, 
Pyämie etc., sind die Untersuchungen nicht in der Weise ab- 
geschlossen, wiewohl wir auch hier, namentlich durch sehr gute 
Beobachtungen aus England, wesentliche Fortschritte in der 
Orientierung gemacht haben. 


Methode bei der Untersuchung etc. 3 


I. Methode bei der Untersuchung über die Ätiologie 
der chirurgischen Infectionskrankheiten des 
Menschen. 


Habe ich vorher die Analogie der vonKoch experimen- 
tell bei Thieren erzeugten Wundinfectionskrankheiten mit denen 
beim Menschen betont, so ist das selbstverständlich nur in Bezug 
auf die Symptome geschehen. Aetiologisch dürfte man viel- 
mehr von vornherein auf fundamentelle Verschiedenheiten um 
so mehr rechnen, als auch bei den verschiedenen Thiergattungen 
die analogen Krankheiten durch ganz verschiedene Mikrobien 
hervorgerufen werden. Der Bacillus der Mäusesepsis z. B. ist 
von dem Mikrobion, welches bei Kaninchen Sepsis erzeugt, 
gänzlich verschieden und kann, wenn Kaninchen eingeimpft, 
Sepsis durchaus nicht erzeugen. Die beim Thier gewonnenen 
Resultate können also weder direkt noch als indirekte Schluss- 
folgerungen auf die Verhältnisse beim Menschen übertragen 
werden. Es handelt sich daher nur um die Frage: Können wir 
die Methoden, durch die esK. gelang, seinen Thierexperimenten 
eine sq,exäcte Beweiskraft zu verleihen, auch beim Menschen 
in Anwendung bringen? Ich glaube, es ist zweckmässig, im 
_ Voraus zu betrachten, wie weit dies möglich oder nicht möglich 
ist, damit von vornherein die Anforderungen, welche man an 
die Resultate solcher Untersuchungen zu stellen berechtigt ist, 
festgestellt werden. Die Versuchsanordnung, welche zur Er- 
forschung einer Wundinfectionskrankheit auch von früheren 
Experimentatoren schon angestrebt, von K. aber erst in exacter 
"Weise durchgeführt ist, besteht bekanntlich darin, dass zuerst 
das nosogene Mikrobion in dem erkrankten Körper in einer 
Menge und einer Vertheilung nachgewiesen wird, welche die 
Krankheitserscheinungen erklärlich machen. Ferner ist die Auf- 
gabe, das Mikrobion ausserhalb des Körpers auf einem todten, 


festen Nährboden rein zu züchten und hierbei seine charakte- 
1* 


A . Methode bei der Untersuchung 


ristischen Merkmale festzustellen. Nachdem endlich die Rein- 


zucht in so viel Grenerationen fortgesetzt ist, dass der letzten 
von dem ursprünglichen Uebertragungsmaterial nichts mehr an- 
haften kann, ist durch Rückübertragung dieser letzten Cultur 
auf den lebenden Körper die Krankheit wieder zu erzeugen. 
Die ersten beiden Forderungen sind beim Menschen gerade so 
gut wie beim Thier zu erfüllen. Die Rückübertragung ist beim 
Menschen allerdings auch ausnahmsweise gemacht worden, so 
beim Erysipel, der Gonorrhog, aber im Allgemeinen wird gerade 
dieses Glied aus der Kette der Untersuchungen ausfallen müssen. 
Trotzdem verliert das Experiment an Beweiskraft nichts, wenn 
die Krankheit auch auf Thiere übertragbar ist, wie es z.B. bei 
der Tuberkulose und auch beim Erisypel der Fall ist; selbst 
dann, wenn die Thiere vielleicht nur in abortiver aber 
doch noch charakteristischer Weise. erkranken sollten. Wo 
allerdings eine erfolgreiche Rückübertragung des gezüch- 
teten Mikrobions ganz fehlt, da fehlt auch die eigentliche 
Probe auf das Exempel. Und leider werden wir sehen, dass 
man gerade bei der menschlichen Sepsis und Pyämie, beson- 
ders bei den Formen, in welchen sich nach einer minimgn Ein- 
impfung eine schwere Allgemeininfection herausbildete, auf diese 
Schwierigkeit stossen. Doch, wenn wir sehen, wie die so 
äusserst infectiöse Bacillensepsis bei Mäusen sich nur auf die 
Hausmaus erstreckt, während selbst die Feldmäuse immun sind, 


: wie sollen wir da erwarten können, dass ähnliche Erkrankungen 


beim Menschen auf irgend eine Thiergattung müssten über- 
tragen werden können, wenn auch die Möglichkeit nicht aus- 
geschlossen ist! Damit aber diesen Weg der Forschung für 
die menschlichen Wundkrankheiten zu verwerfen, hiesse denn 
doch: das Kind mit dem Bade ausschütten. Selbst die ein- 
fache Beobachtung eines besonderen Mikröorganismus bei einer 
Infectionskrankheit kann den Werth eines anderen pathologischen 
Befundes ohne Weiteres beanspruchen. Eine constante Coin- 


über die Aetiologie der chirurg. Infectionskrankh. d. Menschen. 5 


cidenz ist schon ein wichtiges Moment für einen mehr directen 
oder indirecten ätiologischen Zusammenhang mit der Krankheit. 
Natürlich kann unter solchen Umständen der sichere Nachweis 
eines solchen nur durch ausgedehnte, klinisch - pathologische 
Erfahrung geliefert werden. Schon auf solcher Basis allein 
dürfte allmählich ein Ersatz für den fehlenden Abschluss des 
einmaligen, beweisenden Experimentes heranwachsen. Aller- 
dings ist es hierzu nöthig, die Beobachtungen des Mikrobions 
in dem erkrankten Körper so anzustellen, dass grobe Irrthümer 
"nicht unterlaufen können, dass nicht zufällig namentlich post 
mortem eingedrungene, beliebige Mikroorganismen als die noso- 
genen aufgestellt werden. ‘Wo es aber möglich wird, schon 
beim lebenden Menschen mit Ausschluss aller äusseren Verun- 
reinigungen aus den Herden im Innern und aus den befallenen 
bis dahin uneröffneten Geweben direct das Material zur Unter- 
suchung auf Mikrobien zu nehmen, sei es für mikroskopische 
Untersuchung, sei es für Züchtungsversuche, da steigt die Be- 
deutung des Befundes in der Weise, dass nicht mehr bloss die 
statistische Anzahl der Befunde desselben Mikrobions für eine 
bestimmte Krankheit, sondern schon der einzelne gut beobachtete 
Fall von Wichtigkeit ist. Nun bietet jetzt die chirurgische 
Praxis, indem sie unter aseptischen Cautelen, welche zufällige 
Verunreinigung durch Mikrobion von aussen ausschliessen, nicht 
selten zu tiefen, bis dahin uneröffneten Infectionsherden — 
Metastasen — curativ eindringt, Gelegenheit zu solchen Beob- 
achtungen. Diese habe ich bei einer Anzahl von Fällen benutzt, 
und daraus die mitzutheilenden Resultate gewonnen. Grerade 
mit Rücksicht auf das Gesagte habe ich geglaubt, auch die 
Krankheitsgeschichten der betreffenden Fälle, soweit sie sich 
auf die Infectionskrankheit beziehen, im Detail mittheilen zu 
müssen, da sonst eine Controle unmöglich ist. Was ferner die 
Mittheilungen über die Mikrobien betrifft, so muss man ver- 
langen, dass sowohl die mikroskopischen Formen, als besonders 


6 : Methode bei der Untersuchung etc. 


die Reinculturen soweit charakteristisch beschrieben und kennt- 
lich dargestellt werden, dass eine sichere Vergleichung dessen, 
was die Beobachter verschiedener Plätze unter Händen haben, 
möglich wird. Ich will nicht sagen, dass dieses leicht sei, son- 
dern glaube im Gegentheil, dass es wohl noch eine Zeit dauern 
wird, ehe die Sicherheit in den Reinkultur- Methoden der ent- 
nommenen Infektionsstoffe, ferner das Mikrophotographiren nach 
Koch’s Vorgang etc. etc., besonders aber auch die Kenntniss 
der gewöhnlichen unter normalen und pathologischen Verhält- 
nissen auftretenden Pilze, so weit zum Allgemeingut geworden 
ist, dass diese Art der Forschung ganz allgemein eine sichere 
Basis bekommt. Ich habe in Bezug auf die Wiedergabe meiner 
Beobachtungen auch nicht die Mittel anwenden können, die 
der von Koch erreichten Höhe entsprechen, namentlich die 
Mikrophotographie, sondern habe versucht, meine Culturen und 
meine mikroskopischen Präparate durch Herrn Peters wieder- 
geben zu lassen, dessen Kunst als Maler wie auch als mikro- 
skopischer Zeichner gleich geschätzt ist. Er hat die mikrosko- 
pischen Präparate mit Hilfe des Winkel’schen Zeichenapparates 
gezeichnet, welcher das mikroskopische Bild mit voller Deut- 
lichkeit auf das Zeichenpapier projicirt, so dass es möglich wurde, 
die Grössenverhältnisse der Mikrobien auf diese Weise, wenn 
auch nicht so exakt wie durch die Photographie, aber doch mit 
hinreichender Sicherheit wiederzugeben. 


II. Eiter- und Abscessbildung. 


Die Thatsache, dass Eiterung fast nur dann zu Verletz- 
ungen hinzutritt, wenn die Continuität der Haut oder Schleim- 
haut getrennt ist, hat schon zu verschiedenen Epochen in Form 
verschiedener Lehren und Satzungen dazu getrieben, die Eiter- 
ung auf Schädlichkeiten, welche von aussen eindringen, zurück- 


Eiter- und Abscessbildung. 7 


zuführen, mochte man nun den Sauerstoff, mochte man die Ein- 
trocknung, oder mochte man andere Dinge beschuldigen. Auch 
die Ansicht, dass die Eiterung auf Infection mit Mikrobien 
beruhe, ist namentlich durch Hüter’s Entzündungslehre schon 
seit vielen Jahren energisch vertreten. Aber erst neuerdings 
hat die Lehre über Eiter- und Abscessbildung eine bestimmte 
Form angenommen. Auf der einen Seite musste die Praxis 
der antiseptischen Wundbehandlung, je mehr sie sich in den 
Händen der einzelnen Chirurgen vervollkommnete und sicherer 
wurde, nothwendig zu der Einsicht führen, dass die Wunden, 
selbst die schlimmsten, zerfetztesten mit Knochenzertrümmerung, 
Eröffnung seröser Höhlen etc., falls nur die antiseptische Be- 
handlung einschlug (wenn auch eine bestimmte Entzündung mit 
Schwellung eintrat) doch ohne Eiterung oder gar Phlegmone 
heilten. Da drängte sich der Schluss mit zwingender Nothwen- 
digkeit auf, dass Eiterung und Phlegmone lediglich Folge der 
Infection sein müsse. Während diese Grundsätze in den Kliniken 
reiften, wurde dasselbe Problem auch von experimenteller Seite 
in Angriff genommen. In einer Experimental- Arbeit über die 
 acute, eiterige Osteomyelitis habe ich auf Grund von Unter- 
suchungen am Knochenmark den Grundsatz im Allgemeinen 
aufstellen können, dass eine jede spontane, zu Wunden sich’ 
hinzugesellende, eiterbildende Phlegmone, ja eine jede bei einer 
Wunde über den zur Reparation nothwendigen Grad hinaus 
gehende Entzündung durch eingedrungene Fermente (Mikro- 
Organismen) bedingt sei. Abgesehen ist dabei von einer sel- 
'tenen Möglichkeit, welche sich durch das Experiment ergab, dass 
nämlich gewisse chemische, entzündungerregende Gifte, z. B. Ter- 
. pentin-, Crotonöletc. auf die Gewebe eingewirkt haben, denn diese 
machen allerdings auch Phlegmone und Eiterung. Ich habe ge- 
glaubt, dass die Versuche am Knochenmark am ehesten zur Be- 
gründung des obigen allgemeinen Satzes beitragen könnten, weil 
hier die äusseren Einflüsse, das Eindringen von Entzündungser- 


8 Eiter- und Abscessbildung. 


regern durch die Haut am wenigsteninFrage kommen konnte. Ich 
habe damals gezeigt, dass weder die Wirkung mechanischer 
Insulte, der Erschütterung, Quetschung,‘ der mechanischen 
Zertrümmerung des Markes, auch nicht die physikalischer 
Einflüsse, z, B. die der Glühhitze, des electrotischen Stromes, 
ferner auch nicht die Einwirkung kaustisch-chemischer Agentien, 
wie starke Mineralsäuren, kaustische Alkalien, eine eitrige 
Phlegmone des Knochenmarks hervorrufen können. Dagegen 
habe ich eine solche durch Crotonöl, also durch ein entzündliches 
Gift sofort erzielen können. Vor Allem aber ergab im. 
Gegensatz zu den mechanischen, physikalischen und einfach 
ätzenden Agentien das Experiment, dass das Knochenmark 
gegen infectiöse Stoffe, ranzige Butter, Faulstoffe, mit einer 
purulenten, phlegmonösen, bis septisch-brandigen Entzündung 
reagirte. 

Diese Resultate haben durch die unmittelbar folgenden 
Untersuchungen Kocher'’s ihre Bestätigung gefunden. Später 
hat Usk off Experimente veröffentlicht, die mit ihnen im Wider- 
spruch stehen. Injectionen von ganz indifferenten Flüssigkeiten 
— destillirtes Wasser, Milch, Olivenöl — sah er, wenn in 


Age = we Fan: grösseren Mengen und öfters er une. und ea. 


en Tr 


hervorrufen. Dabei wurden inde 

aufgefunden. Schon dieser Befund or wie Ogston sehr 
mit Recht hervorhebt, Uskoff’s Schlüsse anzufechten. Bei 
der Wichtigkeit der Prüfung einer so principiellen Frage habe 
ich seiner Zeit Dr. Orthmann veranlasst, diese Versuche zu 
wiederholen. Es stellte sich heraus, dass es eben Uskoff 
nicht gelungen war, die Infectionskeime bei seinen Experimenten 
ganz auszuschliessen. Es gelang Orthmann, dieselben indif- 
ferenten Flüssigkeiten in denselben, ja in grösseren Mengen 
und auch in denselben Zwischenräumen hintereinander zu in- 
jiciren, ohne dass Spuren von Eiterung auftraten, während 
entzündungserregende Stoffe — Terpentinöl, Quecksilber — 


Eiter- und Abscessbildung. Be: 


solche ohne alle Betheiligung niederer Organismen bewirkten. 
Diese Resultate hat kürzlich Councilman!') bestätigt. 


Er bediente sich einer anderen Versuchsanordnung, weil ihm die Orthmann’s 
keine absolute Garantie für den Ausschluss der Mikroorganismen zu bieten schien, 
namentlich findet er im Gebrauch der Stichkanüle, bei deren Herausziehen dann 
der Stichkanal verletzt werde, einen Fehler und führt desshalb Croton- und Olivenöl 
enthaltende Glaskapseln in das Gewebe, um sie nach völligem Einheilen zu zer- 
brechen. Jedenfalls ist Councilman’s Bestätigung unserer Resultate freund- 
lichster Dank zu zollen. Nur können wir in seiner Versuchsanordnung eine Verbes- 
serung nicht erblicken. Jeder Chirurg weiss einmal, dass er sich auf eine desinficirte 
Stichkanüle bei desinficirter Haut und nachfolgendem Lister mehr als auf alles 
Andere verlassen kann; ferner, dass ein eingeheilter Fremdkörper, trotzdem er 
mehr oder weniger Infectionskeime an sich trägt, lange Zeit, Jahrzehnte und länger, 
sich im Körper wie ein vollkommen aseptischer verhalten kann, um dann bei 
einer Gelegenheit eine Infection von sich ausgehen zu lassen. Eingeheilte Kugeln, 
alte ostermyelitische Sequester u. s. w. beweisen dies zur Genüge. Aehnlich dürfte 
sich eventuell eine solche eingeheilte Glaskapsel verhalten können. Uebrigens habe 


ich auch an dem Stichkanal niemals eine Eiterung oder Phlegmone gefunden. 
Indess glaube ich, dass die Erregung von Phlegmonen 
und Eiterungen durch solche irritirende Gifte mehr von theo- 
retischem Interesse sein dürften, da fast alle klinisch zur 
Beobachtung kommenden Phlegmonen und Eiterungen durch 
Infection von Mikroorganismen zu Stande kommen. Nach 
Terpentinpflastern, nach Einwirkung von Phosphor etc. beobachtet 
man ja ab und an einmal dergleichen. Ich sah auch einmal 
bei einem Dienstmädchen eine intensive Phlegmone am Vorder- 
arm in der Umgebung einer fistelähnlichen Oeffnung; nach 
Spaltung eines subkutanen Ganges zog ich ein bohnengrosses 
Stück Cantharidenpflaster heraus. Doch das sind Curiosa, die 
nur einmal erwähnt zu werden brauchen. Im Allgemeinen 
kann man also mit vollem Recht nach diesen Untersuchungen 
sagen, dass Phlegmone, Eiter- und Abscessbildung, chirurgische 
Infectionskrankheiten sein müssen. Es ist auch schon lange 


') Virchow’s Archiv für pathol. Anatomie, Band 92, Heft 2, Seite 217. 


10 3 Eiter- und Abscessbildung. 


nach den Mikrobien in geschlossenen Abscessen gesucht worden, 
und wenn die älteren Beobachter solche trotz aller Sorgfalt 
zum Theil nicht auffinden konnten, so kann uns das nicht 
wundern, weil die nothwendigen optischen Hülfsmittel fehlten, 
Erst durch Koch’s Färbungs- und Beleuchtungsmethoden und 
auch durch Benutzung der Oel-Immersionssysteme ist eine Er- 
kennung gerade dieser Mikrobien möglich geworden. Alle 
neueren Beobachter, Koch, Ogston und Andere betonen ein- 
stimmig die Nothwendigkeit dieser Systeme, ‘die allein die un- 
geheuer kleinen und schwer sichtbaren Formen der hier in 
Betracht kommenden Mikroorganismen mit völliger Sicherheit 
erkennen lassen. Fragen wir nun nach den Resultaten, welche 
die mit besseren Hüfsmitteln unternommenen Arbeiten über die 
Mikrobien bei Phlegmonen, Abscessen und Eiterungen ergeben 
haben, so ist die Literatur darüber noch keine sehr ausgedehnte. 
Pasteur sehen wir im Jahr 1878 und später in Bezug auf die 
Eiterbildung auf einem ganz anderen Standpunkte stehen als 
der soeben charakterisirte, von mir seit dem Jahr 1877 ver- 
fochtene. Er hält nämlich eine Infection für die Eiterbildung 
nicht für nothwendig und glaubt, dass beliebige feste Körper, 
z. B. Kohle-Partikelchen, Leinwandfasern als solche Eiterungen 
veranlassen können. Auch glaubt er, dass reiner Eiter ‚leicht 
und prompt vom Körper resorbirt wird. Doch gelang es ihm 
auch, ein Mikrobion aufzufinden, welches durch sein Eindringen 
in die Gewebe Eiterung veranlasste. Er!) kultivirte dieses 
„microbe du pus“ aus dem Leitungswasser seines Laboratoriums, 
als ein zu gleicher Zeit aörobes und ana&robes Wesen, welches 
„unter letzterer Bedingung eine gewisse Fermentation mit Kohlen- 
säure-Entwicklung veranlasst. Es hat die Gestalt sehr kurzer 
Würstchen, welche sich lebhaft bewegen. Unter die Haut injicirt, 
bewirkte es beiMeerschweinchen und Kaninchen grosse Abscesse, 


') Bulletin de l’Acad. de Med. 2. Ser. Tome 7. 1878, p. 447. 


Eiter- und Abscessbildung. 1 


führte auch eventuell zu metastatischen Herden und zu tödt- 
licher, purulenter Infection. Pasteur unterscheidet dasselbe 
von dem Furunkel- und Osteomyelitiscoccus ,; sowie auch von 
dem microbe en chapelet, welchem Letzteren er ausdrücklich 
die Eigenschaft, Eiterungen zu bilden, abspricht. Ohne Kultur 
auf festem Nährboden dürfte es schwer zu entscheiden sein, 
was für ein Organismus das Pasteur’sche Microbe pyogenique 
eigentlich ist. Da er dasselbe aus Wasser züchtete und bei 
Thieren seine Eiter bildenden Eigenschaften constatirte, dürfte 
es möglicher Weise mit den klinisch beim Menschen in Frage 
kommenden Organismen nichts zu thun haben. Uebrigens passt 
seine Beschreibung auf das in meinem ersten Falle gefundene 
Mikrobion, und ich kann auch hinzufügen, dass ich ganz ähn- 
liche Formen mikroskopisch in offenenEiterungen sah. Doleris') 
äussert, dass er sich Pasteur anschliesse?), indem er den Mikro- 
coccus sous forme de couples —— le point double — als eigent- 
liches, wirkliches element pyrogenique annimmt. Er sieht also 
in den Würstchen Pasteur’s nicht wie dieser einen vibrion, 
sondern einen Doppelkoccus. Ich habe ebenso wenig wie 
Pasteur’s microbe pyogenique, Doleris point double trotz 
sehr vieler Eiterkulturen als besonderes Wesen kennen gelernt. 


Doch kann man wohl aus den Mittheilungen des Letzteren mit ziemlicher 
Sicherheit feststellen, was für eine Bewandtniss es damit hat. Sowohl bei der 
Kultur des Staphylococcus als auch des Streptococcus findet man zahllose, zu 
zwei und dreien aneinander gelagerte Coccen. Namentlich bei Letzterem bilden 
sich in gewissen Stadien der Entwicklung und auf gewissen Nährböden, z. B. 
auf Agar und im Gewebe, nur ganz kleine Ketten von 2—3, selten mehreren 


Individuen®). Solche mit staphylococcus vermischt hatte Dol&ris vor sich, 


') A. Dol£ris, La fievre puerperale et les organismes inferieurs. Paris 
1880. Bailliere et fils. . 


?) Wie weit das mit Pasteur's völliger Uebereinstimmung geschieht, kann 
ich nicht beurtheilen. 


®) S. im folgenden Fall Neuhaus. 


12 E Eiter- und Abscessbildung. 


wie aus seinen Mittheilungen hervorgeht. Er spricht von der intimen „connection“ 
des point simple, double, chapelets. Er hält sie für einen einzigen Mikrococcus 
indem er sagt: ,„„... et que j’aiaffaire uniqwement & un microccoccus unique: 
point, couple de point, chapelets.“ Er glaubt, dass der Mikrococcus en point 
und en point double sich zu chapelets entwickle, indem er sagt: ... . le micrococcus 
dont la forme la plus parfaite est repr&sentee par le chapelet de grains.“ Dass 


er aber trotzdem nur Mischformen vor sich hatte und zwar unter andern vom 


staphyl. pyog. aur. und von streptococcus, lässt sich aus folgender Mittheilung. 


ersehen. Die Kulturen von einem Eiter in Urin und Bouillon ergaben das 
Organisme pyogenique en points doubles in grosser Quantität. In allen Kölbchen 
bildeten sich wirkliche Klümpchen der Kultur, welche in dicker Lage auf dem 
Boden des Gefässes kompakte Agregate von schön gelber Farbe darstellten, 
Später hatten sich die „micrococcus zu langen chapelets angeordnet.‘ Die richtige 
Deutung dürfte die sein, dass erst der staph. pyog. aur., dann der strept. pyog. 
zur Entwicklung kamen. : 


W. Cheyne!) untersuchte als Assistent Lister’s seit 1876 
das Vorkommen von Mikroorganismen unter antiseptischen 
Verbänden. Auch er hat constatirt, dass Mikrococcen und 
Bacterien ganz verschiedene Wesen seien. Anderseits aber kam 
er im Gegensatz zu anderen Beobachtungen zu dem Resultate, 
dass nur die Letzteren, nicht die Coccen in den Wunden wesent- 
lich schädlich wirkten. Wichtiger als all diese Arbeiten ist 
die musterhafte Arbeit von A. Ogston?), weil sie sich schon 


weit mehr auf Koch’s Untersuchungsmethoden stützt, und auch 
mit Hilfe der besten Zeiss’schen Oelimmersionsysteme und anderer 
exacten Untersuchungsmethoden ausgeführt wurde. Er erbrachte 
zunächst den Beweis, dass jede acute Eiterung in der That 
durch Mikroorganismen hervorgerufen wird, von der positiven 


') W. Cheyne relation of organisms to antiseptic dressing. Transact. of, 
pathol. Soc. Vol. XXX. S. a. Lancet 1879, Mai 17. 


®) Al. Ogston, Report upon microorganism in surgical disease. Brit, 
med, journ. March ı2, 1881, p. 369. S. a. vorher A.Ogston, Ueber Abscesse 
Arch. f. klin. Chirur, 1880, Bd. 25 und den Vortrag auf dem Chirurgencongress 
1880, 9. April. 


- Al 1 LT 4. 
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Eiter- und Abscessbildung. 13 


Seite. Bei 69 acuten Abscessen, welche O. untersuchte, wurden 
in keinem einzigen die Mikroorganismen vermisst; nur in den 
kalten Abscessen fehlten sie. Auch in der Beschreibung der 
Mikrococcen der Eiterbildung verdanken wir O. die ersten 
Grundzüge. Er konstatirte wesentliche Unterschiede zwischen 
denselben. Einmal ordneten sich diese Coccen in Ketten an zu 
je drei oder vier, auch in sehr viel grösserer Anzahl. Es wurden 
Ketten von 300 Individuen beobachtet. In anderen Fällen fehlten 
die Ketten ganz und gar: die Coccen gruppirten sich in Haufen 
oder Wolken, welche bei stärkerer Vergrösserung aussehen wie 
Fischrogen, oder bei noch stärkerer wie Weintrauben. Abgesehen 
hiervon unterschieden sich noch die Coccen wesentlich durch 
ihre Grösse. — Gewöhnlich trat in einem Abscess nur die eine 
bestimmte Art auf, oft genug auch mehrere. So wurden unter 
64 Abscessen bei ı7 nur Ketten, bei 31 nur Gruppen, bei 16 
beide Formen vorgefunden. Während O. in genannter Arbeit 
noch zweifelhaft blieb, ob er den Kettencoccus und den sich 


traubenförmig gruppirenden als verschiedene Wesen auffassen 
solle, spricht er sich später ') mit Entschiedenheit dafür aus, dass 
es sich um ganz getrennte und bestimmte Formen handle. Er 
nennt nach Billroth den Kettencoccus Streptococcus, die andere 


Art nach den eigenthümlichen Conglomeraten, die er in den 
Geweben bildet, mit Rücksicht auf den Vergleich mit der Wein- 
traube (orapvir;) Staphylococcus. Den Unterschied im klinischen 


Bild, der von diesen beiden Formen hervorgerufenen Entzünd- 
ungen, beschreibt O. folgendermassen : 


„Beide Formen besitzen die Eigenschaft, Entzündung, 
welche mit Abscedirung endet, und Phlegmone hervorzu- 
rufen. Je mehr indess die Krankheit dem Typus des Ery- 


') Al. Ogston, Micrococcus poisoning, Journal of anatomy and phy- 
siology, normal and pathological, Band XVI, pag. 526, 1882 und Band XVII, 
pag. 24, 1882, October. 


14 : Eiter- und Abscessbildung. 


/ sipeles sich nähert, je mehr sie sich in den Lymphbahnen 
\ concentrirt, desto evidenter wird ihr Zusammenhang mit 
Streptococcus; während eitrige Entzündung, welche sich 
mehr über die Gewebe als auf die Lymphgefässe erstreckt, 
das characteristische Ergebniss des Staphylococcus zu sein 
scheint. Kurz: localisirte Phlegmone ist gewöhnlich Folge 
des Staphylococcus und erysipelatoider Process Folge vom 
Streptococcus.“ | 
Auch pathologisch-anatomisch fand O. einen Unterschied 
in der Wirkung dieser beiden Coccengattungen. In den ersten 
Tagen nach einer Injection in die Gewebe stellte sich meist die 
Injectionsstelle als ein rother Knoten dar, mit gelblichem 
Centrum, einem weichen Schanker ähnlich. War Staphylo- 
coccus injicirt, so zeigten sich an der Grenze des Gewebes 
gegen das schon eben erweichte innerste Centrum des Knotens 
„dichte, runde Massen des Mikrococcus, wie Wolken von 
dichtem Dampf, welche, wie sich bei geeigneter Färbung 
zeigte, die Gewebe durch gleichmässige, periphere Invasion 
aufzehrten.-Dadurch wurden letztere in geringer Entfernung 
von den Coccen wachsartig und homogen, so dass Zelle, 
Kern und Intercellularsubstanz sich nicht so wie gewöhn- 
lich differenzirten. Dieser Hof von veränderten Gewebe 
— augenscheinlich eine Folge von irritirenden, ätzenden 
Producten der Pilzvegetation — bildet gewissermassen den 
Vorposten der Staphylococcuswolken, welche folgen und 
alle Structuren zerstören, ehe die eitrige Schmelzung als 
Ende folgt. Verschieden ist der Process, wenn Strepto- 
coccus injieirt wird. Es erfolgt eine ähnliche, eitrige Schmel- 
zung, die vielleicht weniger schnell fortschreitet und auch 
weniger den destruktiven Character eines weichen Schankers 
zeigt. Es ist eine wachsähnliche Beschaffenheit des befallenen 
Gewebes zu sehen, aber die Invasion geschieht nicht durch 
dichte Wolken, welche alle Struktur zerstören, sondern 


Eiter- und Abscessbildung. 15 


durch das Einschmeicheln von Kettencoccen zwischen die 
Gewebselemente, indem sie die Intercellularsubstanz und die 
Zellen befallen und ein Netzwerk von Linien bilden, zwischen 
denen man noch die Kerne der Gewebe erkennen kann.“ 
Auch ich habe vor Jahren, als ich mit Erfolg die mikro- 
skopischen Untersuchungen des Eiters auf Mikroorganismen 
begonnen hatte, den Unterschied zwischen Ketten- und Gruppen- 
_ coccus kennen gelernt; habe mir aber schon damals gesagt, 
dass gerade bei dieser Art der Mikrobien mit der bloss mikro- 
skopischen Unterscheidung schwerlich auszukommen sein werde. 
Man mag ja den Unterschied betreffs der Anordnung der ein- 
zelnen Individuen zu Ketten- oder traubenförmigen Conglo- 
meraten oder auch zu kleineren Gruppen von je 2—3 oder 4 


. Einzelindividuen eventuell als wesentliches Merkmal benutzen 


können, doch dass selbst ganz auffallend gleiche Gruppirungen 
bei ganz verschiedenen Coccen- auftreten können, zeigt sehr 
deutlich eine Vergleichung des Streptococcus der Eiterbildung 


und des des Erysipeles. Der Leser möge Fig. 3 und Fig. 4 


vergleichen und sehen, ob er einen Unterschied finden kann. 


Ich habe ferner gesehen, dass, wenn man Streptococcus auf 
 Fleischpepton agar züchtet, die Kettenform bald sehr schwindet, 
so dass manchmal selbst die Unterscheidung zwischen Strepto- 
coccus und Staphylococcus mikroskopisch nicht mehr möglich 
ist. . Was ferner die Grösse der einzelnen Coccen betrifft, so 
habe ich mich, so weit sich ohne Photographie urtheilen lässt, 
überzeugt, dass junge Staphylococcen kleiner sind als alte; bei 
Streptococcus findet man in einer durch Generationen als Rein- 
 zucht erwiesenen Kultur die bedeutensten Unterschiede in Grösse 
und Färbungsvermögen der Coccen, welche sich sogar bei den 
Individuen derselben Kette geltend machen. Die beiden genannten 
Figuren (3 und 4) zeigen das. Glücklicherweise hat uns nun 
Koch mit einer anderen, ebenso einfachen als genialen Er- 
kennungs- und Unterscheidungsmethode der einzelnen Pilze 


- 


16 . Eiter- und Abscessbildung. 


beschenkt: der Cultur auf festen Nährböden. Erst als ich anfing, 
die Mikrobien der Abscesse auf solchen Medien zu züchten, 
lernte ich die verschiedenen Arten derselben kennen. Schon 
allein das makroskopische Aussehen der Kulturen liess dieselben 
Formen stets leicht und sicher wiedererkennen und stimmte in 
jedem Falle mit der mikroskopischen Controle. Ich machte die 
Kulturen zuerst auf Pepton-Fleischextract-Gelatine (welche- ich 
in folgendem abgekürzt mit P. F. G. bezeichnen werde). Jetzt 
verwende ich diesen Nährboden nur noch zu bestimmten Zwecken, 
nicht im Allgemeinen, weil die meisten Eitercoccen die Eigen- 
schaft haben, die Grelatine rasch zu verflüssigen, so dass sie oft zer- 


flossen ist, ehe einmal die Kultur charakteristische Formen oder 
Farbe angenommenhat. Keiner der in dieser Arbeit in Frage kom- 
menden Mikroorganismen hatte die Eigenschaft, den Agarboden 
zu verflüssigen. Auch fand ich denselben im Uebrigen sehr 
geeignet für meine Zwecke. Er liess am besten die verschiedenen 
Arten des Wachsthums der Pilzrasen, die Nüance in der Fär- 
bung, der Durchsichtigkeit, die Interferenzerscheinungen ete. etc. 
erkennen. Ich habe vorwiegend auf diesem, dann auch auf er- 
starrtem Blutserum, seltener auf Kartoffeln. kultivirt. Die Be- 
reitung des Fleischpepton-A garnährbodens (im Folgenden F.P. A 
bezeichnet) entspricht ganz der in den Veröffentlichungen des 
Reichsgesundheitsamtes für die P. F.G. gegebenen Vorschriften. 

Es wurden 1000 gr Fleischinfus [1000 gr zerkleinertes Rindfleisch mit 
1000 gr destillirtem Wasser 24 Stunden in der Kälte macerirt, die Flüssigkeit 
abgegossen, aufgekocht, filtrirt] mit Io gr Eiweisspepton, 6 gr Kochsalz und 
etwa 20 gr Agar versetzt bis zum Zergehen des Letzteren gekocht, mit phosphor- 


saurem Natron bis zur alkalischen Reaction versetzt und im Dampftopf durch 
Watte filtrirt. 


Es ist nicht zu erreichen, dass die Consistenz des Agars 
immer gleich ausfällt, weil sich dasselbe bei langem Kochen 
nur theilweise auflöst, bald mehr, bald weniger. Für das Aus- 
sehen der Kulturen ist aber die Steitheit dieses Nährbodens 
nicht gleichgültig. Will man also Kulturen mit einander ver- 


Ya Be en Te 


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ar 


Eitercoccen. 17 


gleichen, so ist es nothwendig, dieselben nebeneinander in 
Röhrchen zu züchten, welche von derselben Portion eines Agar- 
standes beschickt wurden. 

‘ Ich will noch erwähnen, dass man dem Verderben der Röhrchen, mögen 
dieselben schon Kulturen enthalten oder nicht, besonders da, wo der Watte- 


pfropf häufig abgenommen werden muss, sehr vorbeugen kann, wenn man nach 
gehörigern Trocknen des mit dem Agar beschickten Probirröhrchens, nachdem 


auch die Wassertröpfchen im Innern des Gläschens vollständig verschwunden sind, 


den herausragenden Theil des Wattepfropfes (ich ziehe ihn dazu auch wohl noch 


etwas vor) mit einer spirituösen Sublimatlösung (etwa 1°/,), welcher noch eine 


Spur von Mastix (0,25 °/,) zugesetzt ist, eben befeuchtet, am besten so, dass man 
ihn an einen mit obiger Lösung befeuchteten Wattebausch andrückt. 


Bei der Kultur von Eiter aus dreissig geschlossenen acuten 


Abscessen lernte ich 5 verschiedene Arten von Mikrobien kennen, 


(Unter diesen sind die stinkenden Abscesse, welche ausser den Eiter- 
coccen noch Bacillen, Spirillen und differente Coccusarten etc. enthielten, nicht 
mitbegriffen). 

Von diesen 5 Arten der Eitercoccen möchte ich vorläufig 
noch eine als ungewiss ausscheiden. Der allererste Kulturver- 
such mit Eiter nämlich aus einer präpatellaren Phlegmone, 
welche zwar Tendenz zu weiterer Ausbreitung zeigte, aber doch 
ohne Schwierigkeit zur Ausheilung kam, ergab sowohl auf er- 
starrtem Blutserum, als auf F. P. G. in drei verschiedenen 
Gläsern, gleichmässig einen ovalen Coccus (Bakterium?), doppelt 
so lang als breit, welcher die Gelatine rasch verflüssigte. Es 
wurde von der Kultur einem Kaninchen etwas in einen Bulbus 
gebracht. Das Resultat war eine subacute Vereiterung des- 
selben ohne wesentliches Allgemeinleiden. Ich setzte nur des- 
halb Misstrauen in diese Beobachtung, weil sie die erste war, 


und weil ich später in geschlossenen Abscessen dieses Mikrobion 


niemals wieder gefunden habe. Uebrigens spricht auch Ogston 


von solchen ovalen Coccen im Eiterı Besonders aber habe ich 


an Pasteurs microbe pyogenique gedacht. — Als häufigstes 


2 de er 


Eitermikrobion muss auch ich den in beliebig grossen Gruppen 


Rosenbach, Mikroorganısmen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen, 3 


18 ’ Staphylococcus. 


oder nach Ogston in wolken-, trauben- oder fischrogenförmigen 
Conglomeraten auftretenden Coccus bezeichnen. Ich will mich 
hier an Ogston’s Bezeichnungen anschliessen und den Namen 
Staphylococcus adoptiren, freilich nicht für einen einzigen Pilz, 
sondern für eine Gruppe von vorläufig 2 Einzelarten. Diese 
beiden Arten verhalten sich in ihrem Wachsthum, ihrer mikros- 
kopischen Form, in ihrer Gruppirung, in ihrer pathogenen 
Wirkung beim Thierversuch so analog, dass man sie nicht 


würde unterscheiden können, wenn sie sich nicht sofort in den 


Kulturen sehr auffällig durch ihre Farbe markirten. Die eine 
häufigste Art macht goldgelbe, undurchsichtige, die andere 
scheinend weisse, auch undurchsichtige Kulturen (Fig. Iund IV). 


Diese Farbenunterschiede werden beibehalten in allen Gene- 
rationen, mag der Nährboden in verschiedenster Weise wechseln: 
Gelatine mit Agar, mit Kartoffeln, Blutserum etc. mag die 
Serie der Kulturen durch Eiweiss, Fleisch mit und ohne Luft, 
mag sie vom lebenden Thier zurück zum todten, Nähr- 
boden führen. Im Eiter kommen diese beiden Arten nicht 
selten zusammen vor, wahrscheinlich noch häufiger, als ich im 
Anfang dieser Untersuchungen glaubte. Es haben nämlich 
gleichaltrige Kulturen auf Agar die Eigenschaft, da, wo sie sich 
berühren, so diffus in einander zu wachsen, dass man eine gelbe 
Reinzucht vor sich zu haben wähnt, während in der That eine 
Mischzucht vorhanden ist. So sah ich einige Male beim Auf- 
streichen eines coccenarmen Eiters weisse und goldgelbe Pünkt- 


chen im bunten Bilde gemischt aufgehen; wo die weissen 


Pünktchen allein lagen, blieben sie weiss, sobald sie einen 
gelben Punkt berührten, diffundirten beide Kulturen zu einem 
gelben Flecke. Zur Bezeichnung der beiden Arten schlage ich 
vorläufig, bis die Botaniker diese Wesen mit passenden Be- 
nennungen in das allgemeine System eingereiht haben werden, 
nach der charakteristischen Farbe der Kultur die Namen Staphylo- 
coccus flavus oder aur&us und Staphyl. albus yor. Freilich wird 


Staphylococcus pyogenes aureus. 19 


PER - 


man zum Unterschied von anderen gelben Coccenarten noch 
angeben müssen, dass sie aus (menschlichem) Eiter erhalten 
wurden. Betrachten wir also zuerst den 


I. Staphylococcus pyogenes aureus. 


Ich habe diesen, wenn ich alle meine Culturen, auch die 
im Folgenden nicht speciell erwähnten zusammennehme, wohl 
am häufigsten angetroffen. Macht man eine Aussaat dieses 
Mikrobions, sei es des im Eiter enthaltenen oder des schon ge- 
züchteten in Form eines Impfstriches auf F.P. A., so entsteht 
bei 30— 37 " Cels. Brütungstemp. schon nach 24 Stunden, selbst 
früher ein schwach opaker Strich, welcher sehr bald deutlicher 
wird und dann aussieht, wie wenn er mit Anfangs weiss- 
lich- gelber, später orange-gelber Oelfarbe aufgetragen wäre. 
Die Kultur wächst dann in die Breite, indem sie rundliche 
Facetten bildet bis zu 3 auch 4 mm und nimmt einen noch 
immer dunkleren orangefarbenen Ton an (Fig. I, H, II), dann 
hört sie auf, sich auszudehnen. Sie wächst spontan nicht in die 
Tiefe. In der Kälte wächst sie langsamer. Im Impfstich 
wächst sie ebenfalls gut und bildet eine undurchsichtige gelbe, 
stellenweise unregelmässige, klumpige Säule. Auf F.P.G. ver- 
flüssigen sich die Impfstriche sehr bald, und später der übrige 
Theil der Gelatine (ohne dass der Coccus dieselbe vorher durch- 
wächst). Die Kultur fällt dann zu Boden und wird allmählich 
zu einem dunkel-orangefarbigen Satz. Auf erstarrtem Blutserum 
entstehen rasch wachsende Kulturen, Anfangs nur schwach gelb, 
später dunkler. Auf Kartoffeln ebenfalls gutes Wachsthum. 
An der Luft trocknet die Kultur mit der Zeit ein, verliert die 
Farbe und wird schwieriger zu übertragen, ohne dass sie jedoch 
nach fast Jahresfrist (in einem Falle) sich gänzlich abgestorben 
zeigte. Ohne Luft hält sie sich sehr lange. Ich komme darauf 
bei den Beobachtungen über Östeomyelitis zurück. Das Mikro- 


bion stellt sich mikroskopisch als ein sehr kleiner Coccus dar 
2* 


90 > Staphylococcus pyogenes auretis. 


von reiner Kugelform. Bei jungen Kulturen liegen diese Kugeln 
in eine Grundsubstanz eingebettet sehr gleichmässig neben- 
einander und bieten ein sehr zierliches Bild (Fig. ı). Eine 


weitere Anordnung derselben findet sich nicht. Die ganz jungen 


Coccen scheinen mir kleiner zu sein als die alten; auch findet 
man in älteren Kulturen verschiedene Grössen vor. Ein Oel- 
system löst das gefärbte Object zu überraschend zierlich, scharfem 
Bild. Die besten älteren Trockensysteme lösen das Objeet 
schlecht oder nicht, gute Wasser-Immersionen wohl bei ge- 
nauer Correction. Neuerdings fertigt allerdings unser Optikus, 


Herr Winkel, Trockensystem Nr. 8, je Nr. 6 an, welche das 


Object für eine gut differencirende Netzhaut noch scharf lösen. 
— Injectionen von aufgeschwemmten Agar-Kulturen dieses 
Mikrobions erwiesen sich bei Thieren, Kaninchen, -Hunden, sehr 
deletär. Bei Mengen von etwa 0,5 gr der Aufschwemmung in 
das Knie oder in die Pleura injicirt, pflegten Kaninchen den 
anderen Morgen nicht zu erleben. Thaten sie es, so entwickelte 


sich eine furchtbare Phlegmone. Hunde pflegten diese wohl zu 


überleben, wenn die Injection in das Knie geschehen war, wo 
dann bald Abscedirung und Aufbruch erfolgte. Specielleres 
werde ich bei der Osteomyelitis mittheilen. Auf todtem, fäulniss- 


fähigem Nährboden ist das Mikrobion ausser Stande, sei ‘es bei 


Luftzutritt oder Ausschluss derselben, stinkende Fäulniss zu 
erzeugen. Auch werden durch dasselbe keine oder nur gering- 
fügige Spuren von Gasen gebildet. Ich habe dasselbe in grös- 
serer Quantität (etwa o,ı ccm) der aufgeschwemmten Agar- 
kultur auf Eiweiss und gekochtes Rindfleisch bei 30%—35° €. 
im luftleeren Kolben wirken lassen. Der Wasserhammer blieb 
voll bestehen und besteht noch nach Jahren. Trotzdem zergeht 
sowohl das Fleisch wie das Eiweiss. Ich untersuchte einen solchen 
Kolben mit ganz zergangenem Eiweiss aufPeptone, indem ich die 
Flüssigkeit kochte, filtrirte, mit Bleioxyd kochte; im Filtrat mit 
Schwefelwasserstoff das Blei entfernte. Die restirende Flüssigkeit 


Staphylococcus pyog. albus. — Mikrococcus pyog. tenuis. 9 


war sehr peptonreich, sie ergab ohne weiteres Einengen starke 
- Biuret-Reaction. 


2. Der Staphylococcus pyogenes albus 

keimte aufF.P.A.in üppigen, undurchsichtigen, weissen Kulturen, 
welche aussehen, wie ein in die Länge ausgestrichener Tropfen 
weisser Oelfarbe (Fig.IV). Der Strich wächstrasch in die Breite bis 
‚etwa4 mm., welche erin ı—2 Wochen erreicht. Nach längerer Zeit 
trocknet die Kultur ein, wird glattund ist später schwieriger zu über- 
tragen, F.P.G. wird rasch verflüssigt wie vom St. p. aur. Im 
luftleeren Kolben bewahre ich eine Reinzucht nunmehr 3!/s Jahre 
auf, welche letzthin noch gute Kulturen lieferte. Ich muss be- 
| merken, dass nicht selten die Kulturen dieses Mikrobions dünn 
und kümmerlich ausfallen und kaum über den Ort der Aussaat 
hinauskommen. Erst eine bald angestellte weitere Uebertragung 
liefert dann üppige Kulturen. Mikroskopisch ist wie gesagt, dieses 
Mikrobion nicht von dem gelben Eitercoccus zu unterscheiden. Es 
zeigt genau dieselben regelmässig neben einander eingebetteten - 
Kügelchen, wie der Staphyl. pyog. aureus. Fig. ı ist von einem 
Präparate des Staphyl. pyog. albus gezeichnet. Auch pathogen 
wirkt dieser Coccus wie der vorige. Die betreffenden Thier- 
experimente sind im Folgenden in Anschluss an den Fall: 
Dorette Stümpfel — speciell mitgetheilt. 


3. Mikrococcus pyogenes tenuis' 
habe ich ein Eitermikrobion genannt, welches nur selten vorzu- 
kommen scheint. Ich habe es 3mal und zwar als Reinzucht 
beobachtet. Anfangs entging es meiner Beobachtung überhaupt, 
weil seine Kulturen von einer fast an das Unsichtbare grenzen- 
den Zartheit sind (daher der vorläufig gebrauchte Name). Aufjeden 
Fall ist dieser Coccus von der vorigen beiden grundverschieden. 
Er liegt in den Kulturen in nur geringen Ansammlungen anein- 
ander, ist auch nicht zu bestimmten Gruppen angeordnet. Ich 
habe ihn zwar in den Geweben nicht kennen gelernt, glaube 


19 
[557 


Streptococcus pyogenes. 


aber nicht, dass man ihn zu den Staphylococcen rechnen kann. 
Auf Agar bilden seine Kulturen um den Impfstrich ganz dünne, 
fast glashelle Auflagerungen, wie wenn man den Impfstrich 
in etwa Millimeterbreite mit einer dünnsten Schichte von durch- 


sichtigem Lack umsäumt hätte. Im Impfstich, und wenn die 


Kultur zwischen Glas und Nährmasse dringt, wächst der Pilz 
energischer, auch in etwas dickerer, schwach opaker Schichte. 
Mikroskopisch erweisen sich die Einzelindividuen als unregel- 
mässigere Coccen, vielleicht etwas grösser als die vorigen, 
welche nicht selten zwei dunklere Pole mit heller gefärbter 
Zwischensubstanz haben und dann auch mehr gestreckt sind 
(Fig. 5). Die Kulturen sind kaum zu zeichnen. Auch habe ich 
mit diesem Coccus noch keine Thierversuche gemacht. Auf die 
klinische Eigenthümlichkeit der durch ihn bedingten Abscesse 
werde ich im Fölgenden zurückkommen. 


4. Streptococcus pyogenes. 
(Kettencoccus, Streptococcus, Torula(), Organisme en 
chapelets. Bacterium varicosum () 

Wollen wir einen Coccus, welcher sich aus mehreren 
Einzelcoccen zu charakteristischen Reihen, Ketten, Ringeln oder 


rosenkranzähnlichen Figuren gruppirt mit Ogston, welcher 


Billroth’s Nomenklatur acceptirt hat, Streptococcus nennen, 
so bezeichnet auch hier dieses Wort nur eine Grattung; denn 
es gibt mehrere Arten, welche sich mikroskopisch in gleicher 
Weise zu Ketten anordnen. Soweit bis jetzt die Beobachtung 
reicht, muss man bei den Wundinfectionskrankheiten mindestens 
drei verschiedene Arten Streptococcus annehmen. Sehen wir 
von der einen ab, welche Koch als Ursache einer progressiven 


Gewebsnekrose an Mäusen entdeckte, so bleiben bei den mensch- 


lichen Wundkrankheiten zwei Arten über, die eine ist das 
Mikrobion des Erysipelas, welches Fehleisen entdeckte, und 
welches ich hier wohl vorläufig als Streptococcus_ erysipelatos 


” ir 


a a ai nn re Bu a hit a 1 HE 


ba 


Streptococcus pyogenes. 93 


— Eehleisen bezeichnen darf. Der andere Streptococcus ist 
der in Rede stehende Eitercoccus, der ja dann als_streptococcus 


X pyogenes hinreichend bezeichnet wird. Wie’ schon bemerkt, 
habe ich in mikroskopischem Bilde zwischen diesen beiden 
Coccenarten ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal nicht 
auffinden können; dagegen sind, wie schon Fehleisen her- 
vorhebt, die Culturen verschieden und charakteristisch genug, 
dass sie stets durch Parallelculturen unterschieden werden können. 
Der streptococcus pyogenes geht auf F. P.G. in anfangs ein- 
‚fachen, schwach weisslichen, ziemlich durchsichtigen runden 
Stippchen von der Grösse kleiner Sandkörnchen auf, welche 
auf diesem Nährboden wenig V Wachsthum zeigen, selbst wenn 
die Temperatur so hoch ist, als sie darf, ohne die Gelatine zu 
verflüssigen.. Auf F. P. A. wächst dieser Coccus viel ener- 


gischer, wenn bei 35—37 °C. gezüchtet wird. Auch hier zeigte 
er die Neigung, in gleichen Pünktchen aufzugehen wie auf der 
Gelatine, welche aber später bis zu Stecknadelkopfgrösse an- 
wachsen. Macht man mit reichlichem Material einer frischen 
Cultur einen Impfstrich, so geht auch dieser Coccus wohl in 
eontinuirlichem Strich auf, zeigt aber auch hier die Neigung, 
Centren zu bilden.: (Fig. VI u. Fig. VOL) Mag nun dieses 
Mikrobion in Pünktchen oder in Strichen aufgehen, im weiteren 
Wachsthum zeigt er folgendes Verhalten: In der Mitte wächst 
die Cultur am höchsten und lässt hier eine schwach bräunliche 
Färbung erkennen, während die Peripherie sich rasch verflacht. 


Nur der äusserste Rand ist wieder etwas dicker und hat oft 
ein gewelltes, getüpfeltes Aussehen, hervorgebracht durch pünkt- 
chenförmige Anhäufungen der Pilzmasse, und nicht selten sieht 
man vom letzten Rand aus neue Pünktchen um denselben ent- 
stehen. (Fig. V.) Bei weiterem Wachsthum schliesst sich dem 
ersten Rand eine meist noch flachere Terrasse an und dieser 
eventuell noch eine dritteu.s.w. Fig.V IIzeigt bei 20facher Loupen- 
. vergrösserung‘ eines Theiles der in Fig. VI dargestellten Cultur 


94 Streptococcus pyogenes. 


die gewellten immer flacheren Terrassen bei durchfallendem 
Spiegellicht. Im Ganzen aber ist das Wachsthum der Cultur 
langsam und geringfügig und erreicht in 2—3 Wochen ein 
Maximum von vielleicht 2—3 mm. Breite. Je älter desto 
schwieriger ist die Cultur wieder zum Aufkeimen zu bringen. 
Eine Cultur, welche nach 4 Monaten, während welcher sie in 
Stubenwärme lag, in reichlichstem Material auf frisches F.P. A. 
übertragen wurde, keimte nur in 8 feinsten Pünktchen — von 
8 Einzelorganismen — auf. Im Impfstich wächst der Pilz besser, 
geht leichter an und bleibt besser übertragbar. Auf erstarrtem 
Blutserum wächst er sehr gut in ganz ähnlicher Weise wie auf 
Agar. Er verflüssigt keinen der Nährböden. In luftleerem Raume 
macht er gekochtes Eiweiss und Rindfleisch leicht zergehen, 
ohne Fäulnissgeruch und wesentliche Gasbildung und wirkt 
dabei ebenfalls ziemlich energisch peptonisirend. Die Details 
dieser Untersuchungen werden bei den Fällen, von denen die 
Coccen stammen, mitgetheilt. Betrachtungen der Culturen bei 
stärkerer Vergrösserung (Winkel Syst. 6, Ocul. 3) ergaben die 
Grenze derselben selten ganz glatt, sondern meist mit kleinen 
Zacken besetzt; häufig aber bilden hier die Einzelorganismen 
grössere Schlingen, Netzwerke, Ranken oder Figuren wie auf- 
gedrehte Quasten etc. Hiemit hängt wahrscheinlich das makro- 
skopische Wachsthum von Pünktchen am Rande der Cultur ° 
zusammen. 


Mikroskopisch bildet dieser Coccus die erwähnten Ketten 
(Fig. 3), wie sie von Ogston mit grosser Treue und bei starker 
Vergrösserung abgebildet sind. 


Auf den ersten Blick scheint die Aehnlichkeit der Cul- 
turen dieses Pilzes mit dem Erysipelpilz eine sehr grosse zu 
sein. Auch letzterer hat oft, aber viel weniger ausgesprochen 
die Neigung, flachere Höfe zu machen, deren Ränder dann aber 
entschieden- dickere und namentlich unregelmässigere, auch 


Unterscheidung des Streptoc. pyog."vom Streptoc. Erysipel. 25 


opakere und weisslichere Klümpchen und Streifen bilden. Bei 
weiterem Wachsthum ist hier die Bildung von Fortsätzen oft 
so bedeutend, dass die Cultur ein dentritisches Ansehen bekommt 


und aussieht wie das Blatt eines Waldfarrenkrautes, während =°” g: 5; 


man eine etwas regelmässige Cultur des Eiterpilzes eher mit 
einem Akazienblatt vergleichen könnte. Auch im Impfstich 
zeigt die Cultur weissgelbliche Klümpchen. Das Wachsthum ist 
etwas erheblicher als das des Eiterpilzes, wenn auch nicht 
viel. Durch die Freundlichkeit des Hrn. Prof. Flügge erhielt 
ich Erysipelculturen, welche vom Reichsgesundheitsamt kamen 
und ächte Descendenten der durch vielfache Rückimpfungen 
als das wirkliche Erysipelcontagium nachgewiesenen Coccen 
waren. Sie stimmten in jeder Hinsicht mit meinen Culturen 
"überein. Ich habe die ursprünglich mir übermittelte F. P. G.- 
Impfstichcultur im reflektirten Licht und eine davon abstammende 
2 Generationen entfernte F. P. A.-Impfstrichcultur bei durch- 
fallendem Licht abbilden lassen (Fig. IX u. X) bei 2—3 facher 
Vergrösserung. Die farrenblattähnlichen Auswüchse bei weiterem 
Wachsthum zeigt die Fig. X noch nicht. Auch der Erysipel- 
coccus verflüssigt die 3 angewandten Nährböden nicht. Mikro- 
skopisch zeigen seine Culturen jene Schlingen und Netzwerk- 
bildungen am Rande ebenfalls ja noch stärker. Es scheint auch, 
als seien durchschnittlich die Ketten wie die Coccen grösser. 
Beide Arten der Kettencoccen wachsen auf Blutserum und 
F. P. G. namentlich in den Impfstichen mikroskopisch in ex- 
quisiten oft sehr langen Ketten. Auf Agar wird das Wachs- 
thum beider leicht unregelmässiger. Zuerst bilden sich auch 
Ketten, dann aber wachsen die Coccen nach der Seite der 
Ketten, so dass sich diese sehr bald verbreitern. Meistens ist 
in den, wenn auch verbreiterten Figuren, die ursprüngliche 
Kettenform wohl noch zu erkennen, oft aber ist das Wachs- 
thum so diffus, dass eine Unterscheidung von Staphylococcus 
mikroskopisch sehr schwierig wird. Auch in den Geweben sind 


96 . Streptococceus pyogenes. 


die Ketten kurz, es überwiegen Einzelindividuen und Ketten 
von 2—3 und etwas mehr Grliedern. 

Kaninchen zeigten sich gegen die Eiterkettencoccen nicht 
sehr empfänglich. Dabei ist freilich zu bedenken, dass bei den 
so kleinen Culturen immer nur sehr wenig zur Anwendung 
kam. Injectionen der aufgeschwemmten Agarculturen bewirkt 
örtlich Abscedirungen, Einimpfungen der reinen Agarcultur 
in kleine Hauttasche einen örtlichen entzündlichen Knoten. 
Die Details dieser Thierexperimente werden ebenfalls bei den 
Fällen, von denen die Coccen stammten, mitgetheilt. Viel em- 
pfindlicher sind Mäuse. Ich habe nach den minimsten Ein- 
impfungen in einem kleinen Hautschnitt von 6 Mäusen 2 am 
3. und 4. Tage an einer flachen progredienten Eiterung sterben 
sehen. 

Höchst wahrscheinlich ist der beschriebene Eiterketten- 
coccus identisch mit Pasteurs und Dol£&ris microbe en 
chapelet und mit Krause’s') Kettencoccus. Doch ist die 
Schwierigkeit nicht zu verkennen, welche sich eventuell einer 
weiteren Unterscheidung mehrerer Streptococcen entgegenstellen 
könnte. 

Ich habe hiemit dem Leser die Coccen vorgestellt und 
charakterisirt, welche ich in geschlossenen Eiterungen vorfand. 
Naturgemäss schliesst sich die Frage an, ob denn diese ver- 
schiedenen Mikrobien verschiedene Wirkung ausüben; ob in 
dem klinischen Bilde der Abscesse und Eiterungen ein Unter- 
schied wahrzunehmen ist, je nach dem Mikrobion, durch welche 
diese hervorgerufen wurden. Es fand sich allerdings ein Unter- 
schied und zwar in der Weise, dass ich nicht selten im Stande 
gewesen bin, die Diagnose des Mikroorganismus aus den klini- | 
schen Erscheinungen zu machen. Characteristisch treten aller- 
dings die Unterschiede erst bei den schwereren Phlegmonen 


1) Fortschritte der Medicin 1884, Nr. 8. 


Acute Abscesse. 97 


zu Tage; ich kann daher specieller auf dieselben erst nach Mit- 
theilung des gesammten klinischen Materials, der Abscesse, 
Empyeme und der schwereren Phlegmone eingehen. 


III. Klinische Mittheilung der Fälle acuter Abscesse 
nach den in ihnen gefundenen Mikrobien geordnet. 


Bei den 26 Fällen geschlossener Abscesse, von denen ich 
die Krankengeschichte besitze, sind anfangs die Culturen auf 
-F. P. G. gemacht, und die meisten der folgenden ohne speciell 
darauf gerichtete Differenzirungs-Untersuchungen, nach K.och’s 
Methode geblieben, so dass ich nicht mit Sicherheit behaupten 
kann, ob nicht ab und zu beide Staphylococcusformen vorhan- 
den waren, während Streptococcus in den Culturen mikroskopisch 
kaum zu übersehen sein dürfte. Es fand sich 


A. Staphylococcus aureus 


(mit oder ohne albus) in folgenden Abscessformen: 
1. Abscess der Kopfdecken bei 3jährigem Kinde unter Kopfeckzäm ent- 
standen. Baldige Heilung. 

2. Präpatellarabscess bei 2ojährigem Dienstmädchen mit promptem Heilungs- 
verlauf. 

3. Submentaler Abscess mit dickem rahmigen Eiter bei Kind, seit 8 Tagen 
entstanden. Baldige Heilung. 

4. Abscess nach Phlegmone der submaxillaren Drüsen, seit 8 Tagen ent- 
standen bei einem 4jährigen Mädchen, 

5. Phlegmonöser, tiefer, subfascialer Abscess am unteren Ende des Radius 
bei 3jähr. Kind, ohne bekannte Ursache entstanden. Ursprüngliche Osteo- 
myelitis-Diagnose; nicht bestätigt, sondern rasch heilender Weichtheils- 
Abscess. 

6. Abscess der submentalen Drüsen nach Ausschlag um Mund und Kinn. 

7. Abscess am oberen Umfang der mamma, seit ı4 Tagen entstanden bei 
17jährigem Mädchen. 

8. Abscedirung der Cruraldrüsen, nach einer vor 4 Wochen entstandenen 
Schrunde am malleol. int. bei einem ı5jährigen Knaben, rasche Heilung. 

9. Präpatellarphlegmone bei ı8jährigem Dienstmädchen, 


98 5 “ Acute Abscesse, 


Dazu gesellen sich 2 Furunkel der Oberlippe, welche sehr 
früh, der eine noch vor Beginn der Eiterbildung geöffnet wurden, 
nämlich: | 


10. Furunkel der Oberlippe bei einem ı8jährigen Schlosser, Adolf Wolfes, 
seit 2 Tagen bemerkt mit infiltrirtem, phflegmonösem Strang nach oben, 
Bei Incision entleerte sich noch keine Spur von Eiter. Das scharf ab- 
gegrenzte inficirte Gewebe der Cutis zeigte im Durchschnitt eine trüb- 
gelbliche Färbung. 

11. Furunkel ar. der Oberlippe bei einem ı5jährigen Knaben, seit 3 Tagen 
auch mit jenem Strang nach oben. Ganz gleiches Bild beim Durchschnitt, 
In beiden Fällen wurde auch mit immer verdünnterem Material cultivirt, 
bis nur einzelne Pünktchen aufgingen. Es war nichts weiter als 'staphyl, 


pyog. aureus vorhanden, 

Auch Pasteur') untersuchte 5 mal Furunkel bei 3 verschie- 
denen Individuen und cultivirte daraus in Hühnerfleisch- und 
Hefebouillon jedesmal einen sphärischen Organismus, welcher 
sich zu zweien, selten zu vieren, oft aber zuHaufen gruppirte. 
Wahrscheinlich also handelte es sich um staphylococcus. P. 
unterscheidet. seinen Furunkelcoccus von seinem microbe pyo- 
genique, constatirt aber seine Identität mit dem der acuten 
Östeomyelitis. Neuerdings fand auch F.Krause?) den gelben 
Coccus ausser bei Osteomyelitis bei Furunkeln. 


B. Streptococcus allein 
fand ich in folgenden Abscessformen: 


I. Subkutane Phlegmone am Knie unter einer vor 7 Tagen aquirirten, später 
‘ entzündeten Abschürfung bei einem 17jährigen Glasergesellen. 

2. Abscedirung der Achseldrüsen nach einer Schrunde am Daumen, welche 
noch etwas secernirt bei älterem Manne. Schmerz in der Achsel seit 8 
Tagen. Bei Incision dünn-flüssiger Eiter, weiss wie Rahm. 

3. Seit 8 Tagen zunehmende Schwellung, jetzt tief liegender Abscess hinten 
oben am linken Oberarm bei ı2jährigem Knaben nach einer Schrunde am 


Handrücken. Dicklicher Eiter entleert. 


") Bulletin de l’Acadamie de Med. 2 Ser. Tome 9. 1880, p. 435. 
?) Fortschritte der Medicin 1884, Nr. 8. 


Acute Abscesse, 99 


10. 


Grosser Abscess mit viel Phlegmone unter dem Kieferwinkel bei 13monat- 
lichem Kinde. Schwellung seit 3 Wochen, dünnflüssiger Eiter entleert, 
rasche Heilung. f 

Abscedirung der präjugularen Drüsen bei 3jährigem Kind nach Scharlach. 
Unter starkem Fieber waren zugleich mit nephritis hämorrhagica mehr- 
fache Drüsenschwellungen aufgetreten, aber nur die genannten Drüsen 
vereitert. Heilung. : 

Tiefer Weichtheilsabscess der Schulter bei 7monatlichem Kind Nachdem 
ı1 Tage Schmerzhaftigkeit vorausgegangen war, bemerkten die Eltern 


' Schwellung der Schulter. Ausgedehnte, tiefe Infiltration, ohne Hautröthe, 


dann Fluctuation, zunächst vorn vor dem Humeruskopf. Diese breitet sich 


dann mehr aus und ist auch hinten unter dem hintern Umfang des 


"Akromions zu fühlen. Das Kind ist fieberhaft und recht krank. Incision 


und Entleerung von flüssigem, weissem Eiter, der Abscess liegt unter dem 
‚Deltoid&us, umgibt das Gelenk, hat aber weder mit diesem noch mit dem 


Knochen etwas zu thun. Rasche, dauernde Heilung ohne Fistel. 


. Abscess mit viel Phlegmone innen am Knie seit 3 Wochen, spontan bei 


-I3jährigem Mädchen entstanden. Enthält wenig Eiter. 


Kleiner Iymphangitischer Abscess an der Hand. Ein 2ojähriger Acker- 


‚knecht hatte sich ı4 Tage vorher am Dorsum der Mittelphalanx des 


Mittelfingers oberflächlich verletzt. Der Finger schwoll an und schmerzte, 
Jetzt kleiner subkutaner Abscess inmitten einer circumscripten Phlegmone 


auf dem Metakarpo-Phalangengelenk. Rasche Heilurig nach Incision. 


‚ Drüsenphlegmone bei einem ı2jährigem Mädchen seit 8 Tagen unter dem 


Unterkieferwinkel. Brettharte, rothe Schwellung. Bei Incision nur wenige 
Tröpfchen Eiter. Langsamer Rückgang. 

Lymphangitische Präpatellarphlegmone bei 38jährigem Manne. Nach einer 
eiternden Abschürfung am Knie. 

Lymphangitischer Abscess am Arm bei einer 5gjährigen Arbeiterfrau, 
dessen Sitz den Cubitaldrüsen entspricht. Viel phlegmonöse Härte, wenig 
Eiter. Langsamer Rückgang. 


C. Traubencoccus und Kettencoccus zusammen 
ich in folgenden Abscedirungen: 


Lymphangitischer Abscess am oberen, inneren Umfang des Oberarms bei 


30jährigem. Mann. Nachdem mehrfache Schrunden und Pusteln an der 
Hand aufgetreten waren, und nachdem von diesem aus eine Lymphangitis 
überstanden war, begann vor 8 Tagen die Schwellung und Abscedirung. 


30 & Acute Abscesse, 


2. Nach einer Schulterresection war vom unteren Theil der Wunde aus- 
gehend eine Phlegmone entstanden. 6 Tage nach der Resection starke 
Röthe und Infiltration bis zum Ellbogen hin. Es schien, als handle es 
sich um ein Erisipel. Eröffnung und Entleerung von Eiter, langsamer 


Rückgang; Fieber erst nach ı2 Tagen verschwunden. 


3. Nach Scharlach stellte sich, während noch das Exanthem bestand, Ohr- 
laufen und Drüsenschwellung unter dem entsprechenden Kieferwinkel ein, 
Von hier verbreitete sich eine 3fingerbreite derb ödematöse Phlegmone 
mit starker erysipelatöser Röthung bis zur Mitte des Halses. Fieber. 
Grosse Prostration. Keine Fluctuation, keine Gewebslücke. Trotzdem aus- 
giebige Incision, bei der sich aber nur trüblich-seröse Flüssigkeit aus 
dem subcutanen Gewebe entleert. Bei sofortiger Impfung auf F.P. A. 
geht im ganzen Impfstrich dick der Kettencoccus auf. Dann aber er- 
scheinen ausserdem zwischen demselben 23 gelbe Pünktchen — Culturen 


von staphyl. pyog. aureus. Langsamer Rückgang, schliessliche Heilung. 


D. Mikrococcus pyogenes tenuis 


fand sich bei einem 16 Wochen alten Kind, Eduard Gilland. Es erkrankte vor 
5 Wochen angeblich mit Brustleiden. 8 Tage später trat wiederum mässiges Fieber 
auf, während das rechte Bein schmerzhaft wurde: wenigstens durfte die Mutter das 
Kind während des Waschens nicht an das Bein fassen, ohne Schmerzensäusserungen 
zu veranlassen. Dann "bemerkte sie Schwellung am Oberschenkel, die immer 
grösser wurde. Stat. praes. Verhältnissmässig colossaler Abscess, welcher den 
ganzen vorderen, äusseren und hinteren Theil des Oberschenkels, sowie die 


Glutaeengegend umfasst. Haut weder geröthet noch infiltrirt, noch wärmer .anzu- 


fühlen. Der Mangel an Infiltration ist für einen acuten Abscess allerdings sehr’ 


auffallend. Körpertemperatur nicht erhöht. Bei» der Eröffnung entleerte sich 
flüssiger, aber doch etwas runder, ganz geruchloser Eiter. Man kommt mit dem 
Finger unter die Glutaeen und um den Schenkelhals, ohne dass sich eine Com- 
munication mit der Hüfte nachweisen liesse, auch ist diese nach der Entleerung 
vollständig beweglich. 3 Wochen später ist Alles abgeheilt, das Kind voll- 
ständig gesund. 


Schon in einer ganzen Reihe von Fällen bin ich ähnlichen 


Abscessen bei Kindern begegnet, und schon einmal hatte ich 
versucht, von einem ganz analogen, kolossalen Oberschenkel- 
abscess dieser Art bei einem Kinde von wenigen Monaten 
Culturen zu erhalten — ohne Erfolg, wie ich damals meinte —; 


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zu 


Eiter aus chronischen Abscessen. 31 


wahrscheinlich aber habe ich dieselben übersehen. Weitere 
Beobachtungen über dieses eigenthümliche Eitermikrobion werde 
ich bei den Empyemen mittheilen. 


IV. Eiter aus chronischen Abscessen. 


Ogston’s Kulturen mit chronischem Eiter blieben stets 
steril, und Injectionen desselben bewirkten beim Versuchsthiere 
weder Entzündung noch Eiterung. Der Eiter wurde vielmehr 
resorbirt. O. hält daher diesen Eiter für rein und für frei von 
Organismen. Ich habe schon in meiner Arbeit über Osteomyelitis 
1878, veranlasst durch die Beobachtungen in hiesiger Klinik, 
die Ansicht ausgesprochen, dass all die sogenannten chronischen 
(fungösen) Knochenentzündungen, welche nicht residuum einer 
wenn auch sehr wenig intensiven, acuten Entzündung sind, 
specifisch auf Tuberculose berulien; natürlich muss man, nament- 
lich bei Verallgemeinerung dieses Satzes noch einen gewissen 
Theil von Fällen ausnehmen, welche der Lues, dem Rotz, der 
Aktinomykose etc. angehören. Ich habe später eine ganze Reihe 
‚von Untersuchungen!) gemacht, bei denen Thieren chronischer 
Eiter von fungösen Knochen- und Grelenkentzündungen aus 
Congestionsabscessen in die Knie, Pleuren, Peritoneum, Unter- 
hautzellgewebe injicirt wurde. Der grösste Theil dieser Thiere 
erkrankte dadurch lokal an exquisitester Tuberculose, und sehr 
häufig im Anschluss daran auch an allgemeiner Milliartuber- 
culose. Diese Versuche sind dann von mehreren Seiten mit 
ähnlichem Resultate gemacht worden. Auch würde O,, hätte er 
seine Thiere länger beobachtet, zu gleichem Resultate gekommen 
sein. Durch die Ergebnisse der klassischen, klinischen Bear- 
beitungen Volkmann’s und König’s ist der so äusserst wich- 
tige Beweis geliefert worden, welcher eine neue Aera in der 


’) Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie. 10. Congress 
1881, April. S. 79. 


39 “- Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. 


modernen Chirurgie begründet, dass die sogenannten chronisch- 
fungösen Entzündungen mit Tuberculose ätiologisch identisch 
sind, welchen Koch durch den Nachweis des Tuberculose- 
bacillus besiegeltee Wenn nun auch die mikroskopische Un- 
tersuchung des Eiters auf Tuberculosebacillen als solche 
vielleicht häufiger negativ als positiv ausgefallen ist, somuss man, ' 
wieK.och thut, annehmen, dass wenigstens die Keime — Sporen 
derselben — in dem Eiter vorhanden sind. Das lassen schon mit 
grosser Sicherheit die oben erwähnten Thierexperimente an- 
nehmen. Ich habe, bis jetzt allerdings mehr beiläufig, einige 
Versuche gemacht, chronischen Eiter auf sterilisirtem Blutserum 
zu züchten. In 5 Fällen erhielt ich zweimal ein vollständiges 
Resultat; nämlich unzweifelhafte Tuberkelbacilluskulturen in 
mehreren Röhrchen. In einem Falle verdarben sämmtliche 
Kulturen, weil der Eiter verunreinigt war. In zwei anderen 
Fällen blieben die Kulturen steril. 


V. Abscesse und Eiterungen, ohne Anwesenheit 
von Mikroorganismen. 


ı. Bei Extirpation eines Echinococcus im Bauchraum (Netz?), bei welchem 
der Echinococcensack glatt und vollständig mittelst Zangen extrahirt wurde, 
fand sich hinter demselben eine dünne, aber entschieden eitrige Flüssig- 
keit, Ich fing sie aseptisch auf und machte auf F, P. G. und F, P. A, 
eine Anzahl von Impfstichen und Impfstiichen. Kein einziger zeigte auch 
nur eine Spur von Aufkeimung, trotz sofortiger Bebrütung der E, P. A.- 
Kulturen bei 30—35° Cels. 

2. Bei einer etwa 45jährigen Frau fand sich ein Tumor im Abdomen zwischen 
Symphyse und Nabel, etwa von Grösse und Gestalt einer gefüllten Harn- 
blase, beweglich den Bauchdecken anliegend, anscheinend flucturirend, 
Diagnose nicht sicher zu machen. Kleine Ovarialcyste vermuthet. Bei 
Incision überall entzündliche Verwachsung mit der Bauchwand. Es kommt. 
eine dickwandige Cyste zum Vorschein, welche beim weiteren Lösen ein- 
reisst und einen nicht kleinen Theil ihres durchaus eitrigen Inhalts in das 


Peritoneum ergiesst, ehe der Riss wieder geschlossen werden konnte, 


a 2 


Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. BR 


Vielfache derbe, entzündliche Verwachsungen mit den Eingeweiden müssen 
gelöst werden, ehe es gelingt, den Sack zu entfernen. Reactionslose 
| Heilun g. In dem Sacke befindet sich ein dicker, rahmiger, zum Theil röth- 

licher Eiter, zum Theil auch weisser. Innen aufder Wandung des Sackes sitzen 

dicke Eiterplaques auf. In der Mitte liegt in dem Eiter eine grünliche fast gela- 
tinöse Masse — der erweichte Echinocoecus. — Der sofort auf F. P. A. ge- 


strichene Eiter keimte nicht und zeigte auch mikroskopisch keine Organismen. 
Diese Beobachtungen finden Analoga in eitrigen Entzünd- 


ungen, welche bei Cysticercus cellulosae namentlich von den 
Augenärzten beobachtet wurden. Prof. Leber') sagt darüber: 


„Es ist bekannt und ich kann dies bestätigen, dass diese Ento- 


zoen (Cysticercus cellulosae) eitrige Entzündung in ihrer Um- 
gebung hervorrufen können. Da die blosse mechanische Wirk- 
ung keine Entzündung hervorruft, und da auch hier an eine 
Betheiligung von Mikrobien nicht zu denken ist, so muss wohl 
die Annahme gemacht werden, dass diese Parasiten eine ent- 
zündungserregende Substanz absondern...“ Ich selbst habe 
zweimal in der Muskulatur des Vorderarmes eine sehr inten- 
sive, ‚ausgebreitete, eitrige Phlegmone durch ein Cysticercus 
entstehen sehen; leider zu einer Zeit noch, wo ich Untersuch- 
ungen auf Mikrobien nicht unternahm. Ob hier der Parasit an 
sich oder mitgeschleppte Coccen die Phlegmone verursachten, 
wird sich beim nächsten Fall leicht entscheiden lassen. Wenn 
also auch bei den mitgetheilten Echinococcenfällen die Mikro- 


organismen vermisst wurden, so trage ich immerhin noch Be- 


denken, die entzündungerregende Wirkung den Parasiten als 
solche zuzuschreiben, denn einmal bestehen die Echinococcen 
lange Zeit, ohne Eiterung hervorzurufen ; ja sie können ab- 
sterben und sich zu einer gelatinösen Masse umwandeln, ohne 
dass Eiterung auftritt; dann aber ist auch damit, dass bei der 
Eröffnung Mikrobien nicht gefunden werden, noch nicht gesagt, 


) Th. Leber, Ueber die Wirkung von Fremdkörpern im Innern des 
Auges, International medical Congress. London 1881. 


Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 3 


EA 


34 Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. 


dass nicht zu gewissen Zeiten solche vorhanden waren und 
später ausgestorben sind. Die folgenden Untersuchungen über 
Sepsis werden zeigen, dass es Bacillen gibt, die Eiter erregen, 
dann aber sehr bald untergehen. In anderen Fällen vereiterter 
Echinococcen sind in der That Bacillen beobachtet, in wieder 
anderen Fällen beweist der Fäulnissgeruch, dass Microbien, wahr- 
scheinlich Bacillusarten, im Spiel waren. Zweifellose Fälle von 


Eiterbildung ohne alle Mitwirkung von Microorganismen, habe: 


ich nur durch das Experiment bei Thieren kennen gelernt. 
Orthmann erzeugte dreimal durch Injection von Terpentinöl 
eine ausgebreitete Abscedirung mit Bildung eines rahmigen 
Eiters, welcher ganz genau so aussah, wie der acute Eiter beim 
Menschen. Einmal verdarb die Kultur von diesem Eiter auf 
F. P. A. durch Verunreinigung (Heubacillus). In den beiden 
anderen Fällen blieben alle Impfstriche und Impfstiche steril. 


Mein Freund, Herr Dr. Riedel, hatte bei seinen Untersuch- 


ungen gefunden, dass dem metallischen Quecksilber, als solchem 
eine hochgradige eitererregende Wirkung zukomme. Ich hatte 
bei Untersuchungen über Osteomyelitis Quecksilber im Knochen- 
mark allerdings in nur geringen Mengen angewandt, und dann 
wenig entzündungserregend gefunden, ja sogar bei einem 
Kaninchenbock, der Monate nach der Injection in voller Ge- 
sundheit lebte, eine Quecksilberkugel, so gross wie ein kleines 
Hagelkorn in einem Herzohr reactionslos eingeheilt gefunden. 
Ich liess nun durch Orthmann metallisches Quecksilber, auch 
in grösserer Menge (50 gr.) unter: allen antiseptischen Kautelen 
einem Hunde subcutan injieiren. Es erfolgte ausgebreitete 


Eiterung. Der Eiter wurde auf F. P. A. geimpft, doch blieben 


alle Impfstriche und Impfstiche steril. Ich habe diesen Ver- 
such noch zweimal wiederholt. Einmal mit reinem Quecksilber, 
das andere Mal mit Quecksilber, welchem etwas Natrium amal- 
gam zugemischt war (um alles Oxyd zu entfernen), mit genau 
demselben Resultat. Meine beiden Hunde gingen zu Grunde. 


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Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. E43 


Möglich, dass hieran ausser der verbreiteten Eiterung eine All- 
gemeinwirkung des Quecksilbers mit Schuld hatte. Ich kann 
somit Riedel’s Resultate voll bestätigen. Dagegen muss ich 
ganz entschieden Councilman’s Behauptungen zurückweisen, 
‘„dass die Orthmann’sche Versuchsanordnung keine ab- 
'solute Garantie dafür biete, dass die Anwesenheit von 
Mikroorganismen in diesen Experimenten wirklich voll- 
ständig ausgeschlossen sei. Der Umstand, dass die Zücht- 
ung von dem Eiter auf Nährgelatine negativ ausfiel, wider- 
lege die betonte Möglichkeit (einer Einmischung von 
Mikrobien) nicht, weil bekanntlich die betreffenden Orga- 
nismen nicht in den Eiter selbst sich zu befinden brauchten, 
sondern nur im umgebenden Gewebe — von der Schwierig- 
keit, das Fehlen von Mikrococcen im Gewebe mittels 
mikroskopischer Prüfung zu beweisen, ganz zu geschweigen.“ 
Councilman hat offenbar FEiterkulturen, über welche er 
urtheilt, niemals selbst angestellt und scheint auch die ebenso 
sorgsamen als zahlreichen, mit den besten Mitteln angestellten 
ÖOgston’schen mikroskopischen Eiteruntersuchungen nicht zu 
kennen, welchem es gelang, die Coccen in jedem acuten Eiter 
nachzuweisen. In meinen Kulturversuchen keimten die Coccen 
des acuten Eiters in jeder Kultur, ausser den zwei Echinococcus- 
Fällen. Somit dürften ein Fehlen der Mikroorganismen bei 
der mikroskopischen Untersuchung und besonders ein Steril- 
bleiben der Kulturen bei acuten Eiterungen sehr wichtige 
Momente dafür abgeben, die Mitwirkung von Mikrobien aus- 
zuschliessen. 


‚VI. Kulturen von Eiter aus Empyemen. 


1. Karl Rotemberg, 6 Jahre alt, erkrankte vor 14 Tagen ohne bekannte 
Veranlassung, angeblich pneumonisch, wahrscheinlich aber mit Pleuritis unter 
heftigem Fieber. Jetzt besteht ein rechtseitiges Empyem nach dem Punktions- 
ergebniss. Die Dämpfung reicht bis zur spina scapulae. Lebergrenze bis etwa 

3% 


BIN 5 Kulturen von Eiter aus Empyemen. 


6 ctm. unterhalb der Rippenbögen in der Mamillarlinie. Spitzenstoss circa 
3 Finger breit nach aussen von der Mittellinie links. Bei der Operation mit. 


Rippenresection grosse Mengen Eiter entleert. 5 Wochen später Alles geheilt. 


In den unmittelbar bei der Operation vorgenommenen 
Kulturen keimte in 4 Gläsern eine Reinkultur von staphylo- 
coccus pyog. aur. 


2. Empyem nach Lungenschuss. Theodor Alborn, fünfzehnjähriger Schüler, 
schoss sich eine Stunde vor der Aufnahme in die Klinik am 2. XII. 82 mit 
einer Zimmerpistole aus Unvorsichtigkeit in die rechte Brustseite. Bald darauf 
wurde durch Husten ein Esslöffel Blut entleert. Stat praes. Das kleine Projectil 
war 2 Finger breit nach oben und eben soweit nach innen von der rechten 
mamilla eingedrungen. Etwa 4 Querfinger hoher Erguss in der Pleura. Sofort 
antiseptischer Verband. 3. XII., Erguss gestiegen. 7. XII., der Erguss nimmt 
die ganze Pleura ein, verdrängt das Herz und die Leber, Mässiges Fieber. Bei 
Rippenresection und Pleuraeröffnung entleeren sich ca. 1000 Gr. eines kirsch- 
rothen, stark stinkenden flüssigen Blutes, aus welchem ein mir nicht bekanntes 
Mikrobion in sehr kümmerlicher Weise keimte und bei der nächsten Kultur ganz 
ausblieb. 10. XII. entleert sich geruchloses, dünnes Secret; Temperatur 38 — 39. 
15. XI., Secret jetzt eitrig. Es werden eigenthümliche Faserstoffgerinnsel ent- 
leert, in deren Mitte sich Leinwandfasern befinden, einmal auch ein Stückchen Tuch. 


Die Kultur ergibt nunmehr das Aufgehen von staph.py0g. 
albus in schwacher Kultur. Später geht ein gelber Coccus auf, 
grösstentheils wirklicher staph. pyog. aur.. . 


Er verschmilzt nicht mehr mit der vorhergehenden Kultur, sondern ver- 
drängt dieselbe in eigenthümlichen Formen (Fig. XI). Ausser diesem aber ist 
noch ein anderer gelber Coccus vorhanden. 20. XII. Noch immer werden 
kleine Kleidungspartikeln ausgestossen. Dann lässt das Secret allmählich nach 
und es erfolgt nach etwa 2 Monaten völlige Heilung. Epicrise: Nicht ohne 
Interesse ist hier das späte Zustandekommen der eigentlichen 
Eiterung. Während anfangs der Bluterguss stank und auch ein 
Coccus durch Kultur gefunden wurde, sehen wir docherstı2 Tage 
später eigentlichen Eiter auftreten und darin die Staphylo- 
coccen. Möglicherweise waren sie anfangs durch die Fibrin- 


gerinnsel in den Zeugfetzen abgesperrt. 


3. Heinrich Brase, 3 Jahre alt, war vor 2 Wochen an Pneumonie erkrankt, 


welcher sich eine Pleuritis anschloss. Bei der Aufnahme absolute Dämpfung 


"aa da a m ee a gene Sie alla BEE Eee le 
de ee 5 - 


H. 2 E Kulturen von Eiter aus Empyemen. 37 


bis spina scapulae, vorn bis zur dritten Rippe. Eiter durch Probepunction nach- 
gewiesen. Herz verdrängt, elendes Aussehen, mässige Dyspnoe, Puls 130, kein 
Fieber. Bei Eröffnung durch Rippenresection entleerte ich 750 cc. rahmigen, 
geruchlosen Eiters. Ganz reactionsloser Verlauf. ı8 Tage nach der Operation 
bleibt das Drain dauernd fort, daran schliesst sich unmittelbar die vollständige 
Heilung. 


 Vielfache Cultivirungen ergaben ganz gleichmässig Rein- 
"kulturen von Mikrococcus pyog. tenuis. Ich habe sie in drei 
Generationen übertragen. Am besten wuchs der Pilz immer 
zwischen Glas und dem Agarkuchen und im Impfstiche. 


4. Herr Schütze, 68 Jahre alt, erkrankte vor ı'/, Monaten an heftiger 
Bronchitis und war ab und zu fieberhaft. Neuerdings auffallende Dyspnoe, 
welche zum Nachweis eines grossen Pleuraergusses führte. Trotzdem war Patient 
_ fieberlos. Ich bekam ihn später zu sehen, als die Dyspnoe sehr gross, der Er- 
guss sehr ausgedehnt war. Trotzdem kein Fieber. Die Entleerung durch Rippen- 
resection, welche ich sofort vornahm, ergab Erleichterung, doch erfolgte der Tod 
etwa 8 Tage später bei erneuter Bronchitis durch Herzmuskelinsufficienz und 
Lungenödem. 


Auch hier ergaben 5 Culturen mit dem entleerten Eiter 
auf F. P. A. alle das nämliche Resultat, nämlich sehr schöne 
_ Reinzuchten des microc. pyog. ten., welche in vielen Genera- 
tionen fortgezüchtet wurden. 


5. H. Evers, ı7 Jahre alt, erkrankte in Hildesheim nach Aussage seines 

Arztes an Lungenentzündung linkerseits. Am 14. Dez. 1832, eine Woche nach 
Beginn der Krankheit zu seinen Eltern in Reinhausen transportirt, wurde ein 
 pleuritischer Erguss constatirt, welcher rasch zu einer solchen Höhe anstieg, das 
Herz stark verdrängte, dass Patient in der That der Erstickung nahe war, als 
ich ihn am 24. Dez. zuerst punktirte. Es wurde eine Waschschale seröser Flüssig- 
keit entleert, deren letzte Tropfen etwas weisslich-eitrige Flöckchen enthielt. 
Beim Herausziehen des Troicarts waren solchein den Stichkanal gerathen, wenigstens 

_ entleerten sich noch einige beim Druck darauf. Patient hatte Erleichterung, doch 
keine vollständige. Offenbar war die Lunge stark infiltrirt. Auch das Fieber 
fiel nicht zur Norm ab. 4 Tage später war der Erguss wieder ebenso hoch ge- 
stiegen; die Dyspnoe fast dieselbe. Die nochmalige Punktion entleerte auch 
anfangs klares Serum, dem sich aber bald viel mehr eitrige Flocken zugesellten. 
Die Einstichstelle vom vorigen Male war zu einer furunkelähulichen Affection 


38 . Kulturen von Eiter aus Empyemen. 


geworden, welche einen phlegmonösen Hof um sich hatte. Diese Entzünd- 
ung des Stichkanals kann, weil bei der Punktion alle antisep- 
tischen Kautelen beobachtet wurden, wohl durch nichts anders 
hervorgerufen sein, als durch Infection mittels der im Stich- 
kanal steckengebliebenen Flocken. 21. I. 83 machte ich zum dritten 
Male Punktion, welche diesmal reinen Eiter ergab. Auch dieses Mal hatte ich 
die Punktionsstelle vom vorigen Male wieder als furunkelähnliche, phlegmonöse 
Beule zu spalten. 3 Tage später machte ich die Rippenresection, Es entleerte 


sich eine mässige Menge eines dünnen, weissen Eiters. 


Der Eiter wurde in 53 Röhrchen in mehreren Impfstrichen 
und Impfstichen auf F. P. A. cultivirt. Ueberall keimte der 
strept. pyög. in Reinzucht. 


Jetzt besserte sich sehr langsam der Zustand. Nur sehr langsam kam der 
Appetit wieder, der in-anderen Fällen sich sogleich wieder einzustellen pflegt. Als 
nach drei Wochen der Zustand ein befriedigender war, trat eine Complication 
mit Gelenkrheumatismus und Endocarditis auf, welche einen Klappenfehler hinter- 
liess, Die Eiterung blieb trotz genügender Drainage, trotz häufigen Verbindensetc. 
ganz hartnäckig in geringem Maasse bestehen. Auch die Dämpfung blieb bis 
zum Schulterblattwinkel, dann bildete sich eine sehr erhebliche Scoliose des 
unteren Rückenwirbels nach links aus. Später liess zwar die Eiterung nach, 
doch wurde ein jeder Versuch, das Drain fortzulassen mit Verhaltung unter Fieber- 
und anderen Allgemeinerscheinungen bestraft. Jetzt nach Jahresfrist ist die Scoliose 


etwas zurückgegangen, die Lunge wieder theilweise functionsfähig geworden. 


Wir schen also auch bei den Empyemen alle dieim Vorigen 
beschriebenen Eitercoccen vertreten. 


VII. Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 


ı. Perinephritischer Abscess. 


Bei einem 2ojährigen Manne waren vor 3 Wochen die ersten Symptome 
einer Erkrankung aufgetreten, welche sich nun als ein perinephritischer Abscess 


mit Senkung entlang dem ileo-psoas erwies. Mässige Flexionsstellung, mässiges 


; 
3 


\ "  Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 39 


Fieber. Aetiologie unbekannt. Bei der Incision entleerte sich eine grosse Menge 
hefenartig riechenden Eiters mit nekrotischem Gewebe. 


Die Kultur ergab eine Reinzucht des staphyloc. p. aureus. 
Gute Heilung. 


2. Abscess im Abdomen. 


Ein ı14jähriges -Mädchen wurde bei Gelegenheit eines Bronchialkatarrhs 
12 Wochen vor der jetzigen Erkrankung in der medicinischen Abtheilung com- 
plet untersucht und dabei im Bauche nichts Abnormes entdeckt. Einige Wochen 
später, als Schmerzen im Unterleibe auftraten, wurde hier ein Tumor constatirt. 
Einige Wochen in der gynäkologischen Klinik mit Eisblasen behandelt, wurde 
sie schliesslich zur Eröffnung des Exsudates in die chirurgische Klinik aufge- 
nommen. Aeusserst abgemagertes, bleiches Mädchen, Temperaturen bis 38,6. 
* Fluktuirender Tumor, der mehr der rechten Bauchhälfte angehört und fast bis 
zum Nabel hinaufreicht. Durch 6 cm. lange Eröffnung des Peritoneums kam 
man auf eine eigenthümlich verklebte Tumormasse. Trotz tiefen Eingehens mit 
Sonde — kein Eiter. Wunde bis auf Drains vernäht. 20 Tage nachher kommt 
Eiter aus der Drainstelle, die erweiternde Kornzange kommt in einen kolossalen 
Abscess, welcher das ganze Becken rechts ausfüllt. Entleerung von 2 Liter 
röthlichen stinkenden Eiters. Knochen nirgends frei. 18 Tage später werden 
grosse Mengen nekrotischer, eitrig infiltrirter Gewebsfetzen herausgezogen, welche 
für nekrotisches Netz gehalten wurden. Rapide Erholung. Vorläufige Genesung. 


Später zeigte sich doch ein Darmcarcinom, 
Durch die ursprüngliche Kultur wurde gelber und weisser 
Staphylococcus erhalten. 


3. Spontane Kniegelenkseiterung. 


Ein ı4jähriges Mädchen, Dorette Stümpfel, aus der Glashütte Amelid, 
erkrankte 3 Wochen vor der Aufnahme am linken Knie ganz spontan. Das 
Knie wurde nämlich plötzlich ganz dick und sehr schmerzhaft, zugleich wurde 
Patientin appetitlos, fühlte sich sehr krank, hatte grossen Durst, trockene Zunge; 
kurz, sie scheint damals sehr fieberhaft gewesen zu sein. Stat. präs.: Gelenk 
mit Flüssigkeit gefüllt, geröthet; Weichtheile phlegmonös infiltrirt, Haut heiss. 
Die Frage, ob es sich vielleicht um eine gonorrhoische Affection handle (von 
vornherein unwahrscheinlich) liess sich in der Narkose vor der Incision mit 
völliger Sicherheit verneinen. Incision zu jeder Seite der Patella entleert rahmigen 


röthlich-weissen Eiter. Reichliche Spülung mit 5°/, Carbol. Drainage Lister. 


AO s Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 


“ 


Noch fast 3 Wochen nach der Ineision blieb Fieber bestehen. Nach dieser 
Zeit hat es nachgelassen und auch die Secretion. Drains entfernt. 24 Tage 
später Drainlöcher geheilt, Knie beweglich, Patientin entlassen. Nachträglich 


soll das Knie steif geworden sein, 


Die Kultur des zuerst entleerten, rahmigen, röthlich-weissen 
Eiters verflüssigte F. P..G. rasch. Von da auf F. P. A. über- 
tragen, ergab sich eine Reincultur eines weissen Coccus, nämlich 
des staph. albus., welchen ich in diesem Falle zuerst kennen 
lernte. Ich habe dieses Microbion im Allgemeinen schon be- 
schrieben, will aber die Versuche über seine Wirksamkeit bei 
Thieren hier anschliessen, weil die hierzu benutzten Coccen von 
diesem Fall stammten. 


Eine Kultur vierter Generation auf F. P. A. 4 mm breit, 
etwa 3cm lang, wird mit 2 cc sterilen Wassers aufgeschwemmt, 
und zweien Kaninchen je 0,5 cc in das rechte Kniegelenk in- 
filtrirt. Schon am folgenden Tage hatten die Thiere die Kniee 
an den Leib gezogen. Die Kniee sind ringsum und auch die 
untere Hälfte des Oberschenkels innen erheblich infiltrirt und 
heiss. Die Schwellung dehnte sich am anderen Tage bis über 
die Inguinalgegend an der Bauchfläche aus. Nach 7 Tagen 
starb das erste Thier. Rechtes Knie voll von recht consisten- 
ten Eiters. Am Oberschenkel und Bauch keine Eiterung. Lunge, 
Niere und andere Organe normal. In Pleuren und Abdomen 
etwas Flüssigkeit. Die Kulturen mit dem Eiter aus dem Knie 
ergaben die fettesten Reinzuchten von staph. alb. Aus dem 
Herzblut keimte derselbe Pilz, wenn auch einzeln. ıo Tage 
nach der Injection erlag das andere Thier. Es war sehr abge- 
magert. Bei der Section, 9 Stunden nach dem Tode, fand sich 
das Knie durch die Eiterung sehr ausgedehnt, sowohl nach 
unten wie nach oben durchbrochen. Nach oben reichte der 
Abscess bis zur Inguinalfalte. Der Eiter war überall zwischen 
die Muskeln des Oberschenkels eingedrungen. Auch nach unten 
war die Eiterung bis zur Mitte des Unterschenkels zwischen 


Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 41 


die Muskeln der Wade gedrungen. Der Eiter hatte die Con- 


sistenz eines halbflüssigen Griesbreis und hatte den characteris- 
tischen ostermyelitischen Geruch. Am Bauch über der In- 
guinalgegend eine flache Eiterlage. In den sonst normalen 
Lungen diffus eingestreute, dunkle Einsprenkelungen. Pleuren, 
Peritoneum, Herz, Nieren, Leber zeigen nichts Abnormes. Milz 
dunkel, doch klein. Es wurde auf F. P. A. durch Impfstriche 
übertragen: 

ı. Das dunkel-geronnene Blut vom rechten Vorhof. Resultat: 
Reincultur des weissen Staphylococcus, welcher noch in 
drei Generationen in fettesten Kulturen weitergezüchtet 
wurde. 

2. Das Blut des linken Ventrikels. Der weisse Staphylo- 
coccus geht mit Verunreinigungen auf. 

3. Die eitrige Infiltration am Bauche. 

4. Der Eiter aus dem Knie. Auch bei 3 und 4 resultirten 
üppigste Reinzuchten des staph. alb. 


Die Rückübertragung in diesen beiden Versuchen beweist, 
indem sie Reinzuchten des ursprünglichen Coccus ergeben, dass 
die beschriebenen Erkrankungen durch nichts anderes als durch 
diesen Coccus bedingt waren. Die Kultur aus der Eiterlage am 
Bauche ergiebt eine Verschleppbarkeit des Pilzes durch die 
Lymphbahnen, ähnlich, wie wir beim Menschen nach peripheren 
Eiterungen subscutane, Iymphangitische Abscesse entstehen 
sehen. Schliesslich ist durch die Blutkultur sein Uebertreten 
in die Blutcirculation ebenfalls bewiesen. 


4. Sehnenscheiden- und Vorderarmphlegmone. 


Ein ı8jähriger Kaufmann hatte nach einer kleinen Vereiterung an der 
Endbeugefalte des rechten Daumens eine Sehnenscheidenphlegmone bekommen, 
welche 8 Tage später, als ich ihn zuerst sah, auf die bursa communis und den 
Vorderarm übergegangen war. Die Phlegmone am Vorderarm hatte, um mit 


Ogston zu sprechen, einen entschieden 'erysipelatösen Charakter, durch die 


49 i Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 


helle Röthung der Cutis ohne viel Schwellung der unterliegenden Theile, 
Patient sehr fieberhaft; ab und an deliriös; Zunge in der Mitte belegt, trocken, 
an den Rändern roth; gänzlicher Appetitmangel und Apathie, ‚Ausgiebige In- 
cisionen entleerten verhältnissmässig wenig Eiter, Trotz dieser Ineisionen, trotz 
Ausspülung mit Carbol und Jodoformdrains wanderte der Process bis zum EIl- 
bogen und machte noch viele Schnitte und Drainirungen zwischen den Muskeln 
nöthig, um endlich nach ı4 Tagen über dem Ellbogen zu sistiren, Völlige 


Heilung, Daumensehne nicht nekrotisch. 

Die Kultur mit dem zuerst entleerten Eiter ergab eine 
‘ Reinzucht des strept. pyog. Die Kulturen wurden noch lange 
fortgezogen, und bis zur 7. Generation mit dem aus einem 
gewöhnlichen Abscess erhaltenen strept. pyog. auf demselben 
Boden parallel gezüchtet, ohne dass sich in den Kulturen und 
microscopisch eine wesentliche Differenz hätte constatiren lassen 
können. 


5. Erysipelas-ähnliche Phlegmone am Vorderarm. 


- 


Der Diener unseres pathologischen Instituts, Linnemeyer, 45 Jahr alt, be- 
merkte ganz auf einmal am 9. V. 83 Abends 9 Uhr nach dem Essen beim Lesen 
der Zeitung einen Schmerz am rechten Ellbogen. Er sah sich sofort nach der 
Ursache um und bemerkte am Rücken des Vorderarmes unter dem Olecranon 
einen etwa thalergrossen, runden Flecken, wo die Haut geröthet, infiltrirt und 
etwas über das Niveau’ erhaben war, ohne jegliche Wunde, Stich oder Pünktchen 
in der Mitte. Auch erinnert sich Patient nicht, sich irgendwie gestochen, ge- 
stossen oder sonst verletzt zu haben, auch nicht von einem Insekt gestochen zu 
sein. (Schon mehrmals an Leichengift schwer erkrankt, gibt er sehr Acht auf 
derartige Verletzungen). 1'/, Stunden später war die Geschwulst bedeutend gewachsen 
. und hatte sich weiter nach der Hand zu erstreckt, Stat. praes.: Am Morgen 
findet sich der Vorderarm von der Mitte bis zum Ellbogen derb ödematös ge- 
schwellt. Unter dem Ellbogen auf dem Dorsum des Vorderarmes ist eine halb- 
handgrosse Stelle der Haut intensiver geröthet, derb infiltrirt wie beim Erysipel 
und auch die Grenze ziemlich circumscript. Prof. König, der den Fall sah, 
und wir Alle zweifelten nicht, ein Erysipel vor uns zu haben. Patient klagte 
über Kopfweh, Schwindel, Abgeschlagenheit; Temp. 38,1. In den folgenden | 
Tagen breiteten sich Schwellung und Röthe diffus bis’ zum Handgelenk aus. 
15. V., schwache Fluctuation am ursprünglichen Centrum, während das Allgemein- 


befinden und der Appetit sich gebessert hatte. Bei Incision 15. V kamen kaum 


Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 43 


einige Tröpfchen trüblicher Flüssigkeit zum Vorschein; doch ist das Subcutan- 
gewebe im Umfang einer halben Hand trüblich weiss infiltrirt und wird absterben. 
3 Incisionen im Umfang des Herdes und Drainage. 16. V., fast kein Secret 
18. V., Secretion ganz aufgehört: die Phlegmone welkt und zieht sich nach dem 
Centrum zurück. Patient wieder völlig wohl. In der Folge werden Gewebs- 
fetzen ausgestossen. Sie sind aber wenig infiltrirt, trocken faserig und sehr 
different von den gewöhnlichen, dick-eitrig infiltrirten Gewebsfetzen. Baldige 
Heilung. 

Die Aussaat der beim ersten Schnitt ı5. V entleerten 
Flüssigkeit (mit dem Platindraht direct aus der Wunde ent- 
nommen) ergab überall Reinkulturen des strept. pyog. Durch 
mehrere Generationen, in stets der nämlichen Form fortge- 
züchtet, wurde 14. IX. 83 das Mikrobion auf luftleere Kolben 
mit gekochtem Eiweiss und gekochtem Rindfleisch, je 10 Gramm 
mit ebenso viel Wasser übertragen. Sowohl das Eiweiss, wie 
noch mehr das Rindfleisch zergingen bald, letzteres total zu 
einem graubräunlichen Brei, der etwa aussieht wie durchge- 
rührte Bohnensuppe; trotzdem voller Wasserhammer. Durch 
Abziehen eines Impfröhrchens von der Flasche und Uebertrag- 
ung seines Inhaltes auf F. P. A. wurden völlige Reinzuchten 
in üppigem Wachsthum erhalten. Es ist somit von grossem 
Interesse, zu constatiren, dass dieser Kettencoccus, welcher auf 
F.P. A. so geringfügige Culturen macht, Rindfleisch und Eiweiss 
bei Luftabschluss rasch zergehen liess, ohne bemerkbare Bildung 
gasiger Zersetzungsproducte. Bald nachher 21. XI. wurde das Glas 
mit Rindfleisch geöffnet. Es machte sich keine Spur von fauliger 
Zersetzung im Geruch geltend. Derselbe unterschied sich in 
nichts von dem einer guten, frischen, kräftigen Rindfleischbrühe. 
Microscopisch zeigte sich, dass sich der Kettencoccus enorm 
entwickelt hatte. Ueberall grosse Ketten. Doch wat eine 
grosse Ungleichheit zu bemerken in der Färbebarkeit und der 
Decke der Coccen, welche nicht selten auch innerhalb derselben 
Kette wechselten. Es wurden 21. XI. 83 mit dieser Rindfleisch- 
kultur folgende Thierversuche gemacht. Einem Kaninchen werden 


44 ; Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 


von der bräunlichen durch lockere Gaze gegebenen Flüssigkeit 
0,2 cc. subcutan am Rücken injicirt. Geringe Reaction durch 
ein entzündliches Oedem, welches bald wieder rückgängig wird; 
später nussgrosser, circumscripter Abscess, fast wie ein chroni- 
scher aussehend. Einem zweiten Kaninchen werden 0,5 cc. 
unter die Rückenhaut injicirt. Fünfmarkstückgrosse, etwas 
derbe Infiltration, aus welcher sich ein orangegrosser Abscess 
entwickelte. Er wurde später incidirt und aus der Cultur des- 
Eiters der Streptococcus wiedererhalten. Einem dritten Kanin- 
chen wurde o,2 cc. in die rechte Pleura injicirt. Zwei Tage. 
hernach entschiedene Dämpfung; später Resorption ohne Folgen. 
Einem vierten Kaninchen werden 0,5 cc. in das linke Knie 
gebracht. Dieses ist am folgenden Tage entschieden geschwollen 
und warm, noch mehr am zweiten und dritten Tag, später wird 
die Schwellung wieder rückgängig. Einer Maus werden zwei 
Tropfen unter die Rückenhaut injicirt, sie blieb ı4 Tage ganz 
munter, später ist sie abhanden gekommen. 


6. Sehnenscheiden- und Vorderarmphlegmone. 


Eine 54jährige geistesschwache Person, von der die Anamnese nicht genau 
zu erfragen war, hatte 3 Tage vorher erhebliche Schmerzen am linken Daumen 
und an der linken Hand verspürt. Eine kleine eiternde Schrunde am Daumen 
in Mitte der Phalangen-Beugefalte hatte seit einiger Zeit bestanden. Stat. praes.: 
Am Vorderarm nahe dem Handgelenk an der vola befindet sich eine diffuse 
mattrosa Röthung, welche ich, da Schwellung und Fluctuation noch fehlten, als 
Lymphangitis auffasste. Nach 2 Tagen war indess eine Infiltration um die Beuge- 
sehne in der Tiefe zu bemerken ; und nach weiter 2 Tagen war die volare, untere 
Hälfte des Vorderarms Sitz einer intensiven, erysipelasähnlichen Phlegmone. 
Trotzdem von Fluctuation keine Spur war, machte ich am radialen Rand der 
flex. carp. rad. eine ausgiebige Incision. Es entleerte sich nur wenig serös trüb- 
liche Flüssigkeit aus der bursa comm., allerdings mit einigen kleinen, weisslichen 


Flocken vermischt. Temp, 40,0. Zunge trocken, roth. 

Die aus der Wunde direct mit dem Platindraht übertragenen 
Culturen ergeben einstimmig eine Reinzucht von — pyog:- 
mit üppigem Aufkeimen, 


Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 45 


Am folgenden Tage Schlitzung der Sehnenscheide am Daumen, in welcher 
auch etwas serös-eitrige Flüssigkeit war. Trotz ausgiebiger Spaltungen und 
Drainagen schritt die Phlegmone fort, stieg die Temperatur Abends bis 40 und 
40,8. Nachdem bis zum Ellbogen hin die intermuskulären Eiterungen mit grossen 
Incisionen und Drainagirungen verfolgt waren, ging die Temperatur allmählich 
mehr herunter, doch immer noch nicht zur Norm. Da die Patientin immer 
elender wurde, das Handgelenk zerstört war und crepitirte, wurde ihr die Ab- 
lation vorgeschlagen, um der Pyämie vorzubeugen (17 Tage nach der ersten In- 
eision), in welche sie indess nicht willigte. 

Ich machte an demselben Tage in 3 F. P. A.- Röhrchen 
Impfstriche mit dem Blute der Patientin, welche sämmtlich ohne 
Resultat blieben. 


Patientin genass nach schwieriger Reconvalescenz mit steifer Hand. 

Ohne Schlüsse ziehen zu wollen, dürfte doch das Zu- 
sammentreffen des Sterilbleibens der Blutkulturen mit der 
Wendung zur Besserung nicht ohne Interesse sein; namentlich 
im Vergleich mit dem umgekehrten Verhalten bei perniciösen 
Pyämiefällen im folgenden. 


7. Penetrirende Kniewunde bei einem Kinde. 


Die Eltern brachten dasselbe erst in die Klinik, nachdem das Knie schon 
längere Zeit geeitert hatte und ringsum stark phlegmonös war. Die Culturen 


zeigten sowohl Kettencoccus als Traubencoccus. 


8. Vereiterung einer Patellarfractur. 


Ein Brauerbursche stiess beim Versuch, über eineMauer zu springen, mit 
der Kniescheibe gewaltsam gegen dieselbe. Die Kniescheibe war gebrochen; 
die untere Hälfte derselben in mehrere Trümmer zersprengt. Geringer Bluterguss. 
Am folgenden Tage Patellarnath unter allen Kautelen, aber mit grosser Korona 
von Klinicisten. 6 Tage später Verbandwechsel wegen Fieber. Oberer Recessus 
voll Eiter. Incision, Drainage. 


Die Kulturen auf F. P. A. ergaben Staphylococcus und 
Streptococcus. Bei einem der Impfstriche keimte auf der ersten 
kleinen Hälfte der staph. pyog. aur. mit strept., in der zweiten 
war nur Letzterer in 26 Pünktchen aufgegangen. 


AG Unterschiede im klinischen Bild der Phlegmonen und 


B 


un - - 


Die phlegmonöse Eiterung senkte sich zwischen die Oberschenkelmuskulatur : 


und drang trotz vielfacher Drainage bis zur Inguinalgegend, wo sie 12 Tage nach 
der Operation nach Fxtraction eines grösseren nekrotischen Stückes der Knie- 


scheibe zum Stehen kam. 


VIII. Unterschiede im klinischen Bild der Phleg- 
monen undEiterungen je nach dem veranlassenden 
Microbion. 


Ich bitte desshalb hauptsächlich noch einmal den Leser, 
auf das mitgetheilte klinische Material zurückzublicken, weil 
ich jetzt auf die Frage zurückkommen muss, ob sich in den 
Krankheitserscheinungen ein Unterschied nach den sie veran- 
lassenden Mikrobien auffinden lässt. 

Das Vorkommen der verschiedenen Mikroorganismen ver- 
theilte sich also folgendermassen: 


Staphylococcus allein . . . . ı6 Mal 
Streptococcus allein . . . . . ı5 Mal 
Staphylo- und Streptococcus . . 5 Mal 
Microcoecus tenuis‘ ,:. '...... , 3. Mak 


Bei den einfachen Abscessen ergibt sich ein constanter 
in die Augen fallender Unterschied nicht. Das ist nicht zu 
verwundern, denn die Abscesse kommen meistens, wenn sie 
fertig gebildet sind, zur Beobachtung. Dann ist aber die eigent- 
liche Krankheit, die Invasion, längst vorüber. Betrachten wir 
dagegen die Phlegmone, so machen sich hier allerdings Unter- 
. schiede geltend, welche mit Ogston’s oben citirten Beobacht- 
ungen sehr übereinstimmen. Es zeichnen sich nämlich die drei 
Fälle von Phlegmonen, welche durch Streptococcus und zwar 
durch diesen allein bedingt wurden, durch einen, wenn man so 
will, Erysipelas-ähnlichen Charakter aus. Am meisten thut das 
der Fall Linnemeyer. Anfangs, als Erysipelas diagnosticirt, 
musste doch 6 Tage später incidirt werden in einen Herd; 
und danach ging dann die Phlegmone ohne wesentliche Eiter- 
absonderung zurück. Auch Fall 4 zeigte solche erysipelatöse 


Eiterungen je nach dem veranlassenden Microbion. A7 


Schwellung mit starker Allgemeinaffection, verhältnissmässig 
wenig Eiterbildung und Gewebsnekrose Fall 6 zeigte den- 
‚selben Charakter. Nach 7tägiger Röthung und geringer Schwell- 
ung am Vorderarm, welche ich Anfangs als Lymphangitis 
deutete, wurde indicirt, ohne dass mehr als einige Tropfen trüb- 
liche Flüssigkeit herauskam. Auch bei den Empyemen muss 
das durch Streptococcus bedingte auffallen; auch hier sehen 
wir langsame Eiterbildung. Zuerst wird nur Serum mit wenigen 
weissen Flöckchen entleert, ebenso nach 4 Tagen, und erst 
nach ıı Tagen ist wirklicher Eiter vorhanden. Auch das lang- 
same Abfallen desFiebers, das langsame Zurückgehen der Lungen- 
infiltration, dann, dass der Fall überhaupt ein Jahr zur Heilung 
brauchte — könnte man als Besonderheitanführen. Auch dürfte 
ich auf die an den Punktionsstellen entstandenen kleinen Phleg- 
monen aufmerksam machen, welche doch eine nicht geringe 
Infectiosität der steckengebliebenen eitrigen Pfropfen voraus- 
setzen. Natürlich sind diese nach wenig Fällen gemachten 
Annahmen durch weitere klinische Beobachtungen zu prüfen, 
umsomehr als die Beobachtungen an Thieren hier auf Schwierig- 
keiten stossen. Falls sich diese Unterschiede in der That weiter 
bestätigen, müssen wir dem strept. pyog. besondere Eigenschaften 
zuschreiben, welche sehr wohl mit den oben citirten ana- 
tomischen Beobachtungen Ogston’s über die verschiedene Art 
undWeise der Invasion des Streptococcus und des Staphylococcus 
übereinstimmen. Die wichtigste dieser Eigenschaften des Streptoc. 
ist die, in lebenden Gewebe lange Zeit vorzudringen, dasselbe zu 
durchwachsen und darin weiter zu leben, ehe es eitert und 
zu@runde geht. Es muss somit die eiterbildende, destruirende 
Eigenschaft schwächer sein und langsamer wirken, wennsie auch 
schliesslich nicht ausbleibt. Diese Eigenschaft, in lebende Gewebe 
vorzudringen, ohne Destruktion und Eiterung zu veranlassen, 
kommt nun auch dem Erysipelpilz in ausgeprägter Weise zu. 
Er vermag sich auf weite Strecken durch lange Zeit im lebenden 


48 Unterschiede im klinischen Bild der Phlegmonen und 


Gewebe zu verbreiten und darin zu leben, ohne dass er je zur 
einer Eiterung oder zu einer anderen als mechanisch bedingten 
Necrose führte. Ich glaube wohl, dass diese Aehnlichkeit in 


der Wirksamkeit einer Verwandtschaft der beiden Kettencoccen 


entsprechen mag. Doch mehr als eine Aehnlichkeit ist weder 
bei den Wundprocessen noch bei den Coccen vorhanden. Nach 
Fehleisen’s schönen Beobachtungen kann keine Rede davon 
sein, dass auch einmal ein Eitercoccus Erysipel machen 
könnte und auch umgekehrt schwerlich, dass der Erysipel- 
coccus Eiterung verursachen könnte. Doch liegen mir Beobacht- 
ungen vor, welche mich vermuthen lassen, dass sich mit einem 
Erysipel gern der strept. pyog. vergesellschaftet und in den 
Körper dringt, und so einmal unter der vom Erysipel ergriffenen 
cutis eine Eiterung veranlassen, ja auch Allgemeininfection — 
sogar Matastasen und Pyämie — bewirken kann. Auch in den- 
jenigen Fällen, in denen das Erysipel über ein Gelenk, z. B. 
ein Knie, hinzieht, und eine eitrige Gonitis veranlasst, glaube 
ich, dass dies nicht vom Erysipelpilz, sondern vom Eiterketten- 
coccus herrührt. Weniger Charakteristisches ergibt das Mitge- 
theilte betreffs der Staphylococcen. Auch sie können hoch- 
gradige, auch weiterschreitende Phlegmonen bedingen, die mög- 
licherweise einen akuteren Charakter zeigen, jedenfalls aber recht 
viel leichter und rascher die Tendenz zu eitriger Destruction 
haben. Der Pilz scheint allerdings bedeutendes Vermögen zu 
haben, in lebendes Gewebe einzubrechen, aber viel weniger die, 
dasselbe zu durchwachsen und in demselben fortzuleben, ohne - 
dasselbe zu zerstören. 

Der microc.pyog. ten. scheint mehr nur eine örtlich eiter- 
bildende Eigenschaft zu haben, während er Fieber nur zu An- 
fang und wenig, Pflegmone kaum hervorruft. Wir sehen ihn 
in Fall Gilland bei einem kleinen Kind in einem enorm grossen 
Abscess allein auftreten. Der Verlauf muss als ein sehr un- 
schuldiger bezeichnet werden. Auch in zweien der Empyeme 


Eiterungen je nach dem veranlassenden Mikrobion. 49 


tritt er allein auf. Beide sind wenigstens in ihrem weiteren 
Verlaufe ohne Fieber. Der eine heilte rapid, beim Andern 
trugen nur die Complicationen Schuld am lethalen Ende. 


| Ich verzichte darauf, einzelne Beobachtungen über das Ein- 
; dringen der Coccen, über die Einschmelzung des Gewebes, über 
Peptonbildung bei der Eiterung etc. an dieser Stelle mitzu- 
 theilen, da ich hoffe, dies im Zusammenhange in der Folge 
thun zu können und da diese Arbeit wie gesagt nur dazu be- 


stimmt ist, eine Orientirung über die Mikroorganismen der in 


Rede stehenden Infectionskrankheiten anzubahnen. 


IX. Acute Osteomyelitis. 


Mit Rücksicht auf meine vorläufige Mittheilung im Central- 
blatt!) kann ich mich hier kürzer fassen. Pasteur?) cultivirte in 
einem Fall acuter Osteomyelitis der tibia mit dem aus dem 
Knochenmark entleerten Eiter Coccen „par couples de deux 
et quatre grains et par paquets de ces memes grains.“ Er 
hält diesen Coccus für identisch mit seinem Furunkelcoccus und 
nennt die Osteomyelitis eine Furunkel des Knochenmarkes! 
Schüller konstatirte Coccen bei der Östeomyelitis und Ogston?), 
welcher auch nur einen Fall beobachtete, fand als nosogenes 
Mierobion: staphylococcus. Wie ich in jener vorläufigen Mit- 
_ theilung, welche durch die von Seiten des Reichsgesundheits- 
amtes*) veranlasst wurde, anführte, habe ich seit Ende 1881 


!) Centralblatt für Chirurgie Nr. 5, 1884, S. 65. 
N% c 


») A. Ogston, Micrococcus poisoning. Journal ofanat. and physiol. 1882. 
Vol. XVII. Part. I, p. 47. Oct. 


#) Deutsche med. Wochenschr. 1883, Nr. 46, 


Rosenbach, Mikroorgani bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen, 4 


50 Acute Östeomyelitis, 


Züchtungen mit osteomyelitischem Eiter in ziemlicher Zahl 
unternommen. Sie geschahen mit all den besprochenen anti- 
septischen Kautelen, zuerst auf F. P. G., sodann auf F.P. A, 
erstarrtem Blutserum, Kartoffeln etc. Wie im Centralblatt her- 
vorgehoben, erhielt ich mit einer Ausnahme ein und dasselbe : 
Microbion, welches sich aber in allen Stücken genau so ver- 
“hielt, wie der beschriebene staph. pyog. aureus: Regelmässig 
erschien nach 24 Stunden oder später, auch wohl früher bei 
30-—- 38% Bebrütungswärme eine opakweissliche Kultur, welche 
die Gelatine bald verflüssigte, zu Boden sank und später einen 
roth-gelben, pulverigen Bodensatz bildete. Agar und Blutserum 
wurden nicht verflüssigt. Der weisslich-gelbliche Strich wird 
breiter und gelber bis orange und ist undurchsichtig wie gelbe 
Oelfarbe, spiegelt auf der Oberfläche. Ganz ähnlich wächst die 


Kultur auf erstarrtem Serum’ und auf Kartoffeln. Diesenehmen 


den Geruch nach verdorbenen Sauerteig an, thun das in genau 4 


derselben Weise aber auch, wenn man darauf den staph. au. 


z. B. von Furunkeln säet. Ueberhaupt theilt mancher acute 


Eiter diesen Geruch; selbst bei einem Empyem (Fall Evers) 


fand ich ihn zu meiner Enttäuschung, wiewohl dieser Eiter eine 
Reinzucht des strept. pyog. keimen liess. Auch bei der mikro- 
skopischen Untersuchung fand ich völlige Uebereinstimmung 
der gelben Coccen von den Osteomyelitis-Fällen unter sich und 
mit denen von andern Eiterungen. Zwar sind die Coccen nichts 
weniger als gleich gross, aber ich habe auch hier mit Hülfe 
des Winkel’schen Zeichenapparates Vergleichungen angestellt E 
zwischen Kulturen nach 2zmal 24 Stunden und Monat-alten. 
Erstere sind sehr gleichmässig und entsprechen der Grösse und 
Anordnung nach vollständig. Fig. ı. Die alten Kulturen sind 
ungleichmässig, meistens herrschen neben zerfallenen Coccen 
dickere Formen vor, deren Grösse in Fig. 2 wiedergegeben ist, 
doch sind bei den alten Kulturen auch kleine Formen neben - 


den grossen vorhanden, welche ich mir auch hier als jüngeren 


Acute Osteomyelitis. 51 


Nachwuchs gedeutet habe. Der Microorganismus der Osteo- 
myelitis hat die Eigenschaft, im luftleeren Raum (wahr- 
scheinlich auch bei Luftzutritt) sowohl Eiweiss als gekochtes 
Rindfleisch im Verlauf von einigen Wochen zu zersetzen. Er- 
steres zergeht fast vollständig ohne alle Gasbildung, ohne‘ jeg- 
lichen Fäulnissgeruch. Die vom Eiweiss befreite Flüssigkeit 
ist sehr reich an Pepton. Auch das Rindfleisch zerfällt in 
Wochen zu einem kurzfaserigen, hellröthlichen Brei, ohne Gas- 
bildung, ohne Fäulnissgeruch. Die Coccen sind in den zer- 
gangenen Nährmedien in Menge zu finden. Die schon genannten 
Beobachtungen der langen Lebensdauer der Eitercoccen wur- 
den speciell mit solchen von Osteomyelitisfällen angestellt. Eine 
16. X. 8ı von einem typisch Osteomyelitischen gemachte Ei- 
weisskultur ohne Luftzutritt wurde 6. X. 82 aufF.P. A. geimpft. 
In jedem Impfstrich keimte die goldgelbe Reinkultur. Am ır. 
IX. 83 wurde aus demselben Kolben mit demselben Resultate 
geimpft. Der staph. alb. steht dem nicht nach. Von dem ein- 
zigen Falle, in welchem er bei Osteomyelitis allein keimte, war 
er 30. IX. 80 zunächst auf Rindfleisch übertragen, welches, wie 
_ bei staph. aur., zerging. Von diesem Kolben habe ich kürzlich 
(Anfang 1884) das letzte abziehbare Impfröhrchen auf Agar 
übertragen und üppige Kulturen erzielt. Uebrigens kommt es 
dabei nicht auf den Luftabschluss an. Eine Anfang 1883 er- 
neute Kultur von staph. aur. eines Lippenfurunkels fand ich 
Anfang Januar 1884 total eingetrocknet. Der das 2o mm weite 
Glas ausfüllende Agarcylinder war auf 7 mm eingetrocknet, 
hatte die Consistenz von Parafin angenommen und roch wie 
alter Leim (wie alte Lister'sche Verbände). Die ursprüngliche 
Kultur war nur noch in der Mitte als etwas duffere Stelle 
kenntlich. Trotzdem bewirkten Januar 84 diese Flecke, aller- 
dings mit sehr reichlichem Auftragen auf F. P. A. überimpft, 
Kulturen des gelben Eitercoccus. Wir sehen oft genug, dass 


nach einer im jugendlichen Alter mit oder ohne Aufbruch über- 
4* 


59 Acute Östeomyelitis. 


standenen Östeomyelitis im späteren Alter, nach 10—20—30 
Jahren und später, an der ursprünglichen Stelle Symptome cen- 
traler Knochenentzündung auftreten, und entleeren durch Auf- 


meisslung einen Knochenabscess, ohne oder mit einem kleinen 


Sequester. Ich möchte glauben, dass allerdings die Staphylo- 
coccen so lange leben können, um nach so viel Jahren beiirgend 
einer Gelegenheit in neuer Kultur als Entzündungserreger 
Eitercoccen — aufzutreten. Si 

Wie erwähnt, habe ich den gelben Staphylococcus unter 
15 Osteomyelitis-Fällen ıamal angetroffen, darunter ımal zu- 


sammen mit dem staph.’alb., ımal mit dem strept. pyog. In 


dem einen übrigbleibenden Falle war nur der staph. alb. zu- 
gegen. Ich halte es für überflüssig, sämmtliche Osteomyelitis- 
fälle, von denen ich Kulturen entnahm, mitzutheilen. Ueber den 
Fall, bei welchem ich nur den weissen Coccus erhielt, möchte 
ich bemerken, dass er klinisch ein durchaus typischer war. 
Der Eiter wurde zuerst auf gekochtes Rindfleisch übertragen, 
und von da aus allerdings erst nach °/a Jahren auf F. P. A. 
Der Fall, in welchem Staphyl. aureus und albus zugleich keimte, 
ist folgender: 2 


Stud. von Domeyer. Nach Operation eines acut osteomyelitischen Sequesters 
an der Ferse vor längeren Jahren wurde Patient hier an einem oft repetirenden 
Erguss im rechten Ellbogen behandelt, welcher bedingt war durch einen osteo- 
myelitischen Herd im humerus nahe dem Gelenk und zwar zuletzt im Jahre 
1881. Am Arm ist bis jetzt nie eine Eröffnung gemacht worden, auch nie ein 
_ Aufbruch erfolgt. 22. III. 83. Einschnitt auf den im unteren Drittel verdickten 
humerus an der Vorderseite auf eine weiche Stelle. Man kommt in eine kleine 
Höhle, welche Granulationen, einige Tröpfchen Eiter und ein kleines Seques- 
terchen enthält; ein weiterer Gang oder Herd lässt sich von hier aus nicht ent- . 


decken, EN 
Im Impfstrich auf F. P. A. gingen weisse und gelbe | 3 
Pünktchen bunt durcheinander auf. : 
Auch den Fall, in welchem neben dem gelben Staphylo- 
coccus auch der Streptococcus keimte, will ich kurz anführen, 


Acute Osteomyelitis. 53 


x 

Ein ı3jähriger Knabe aus Heiligenstadt erkrankte 8 Tage vor der Auf- 
nahme ganz acut mit Fieber und Schmerzen in der rechten Hüftgegend in der 
Schule, nachdem er sich noch ganz munter in dieselbe begeben hatte. Seitdem 
besteht andauernd hohes Fieber, welches einmal (vier Tage nach Beginn der 
Krankheit) sogar 42° C. (im rect. gemessen) erreichte. In den letzten Tagen 
traten heftige Delirien auf. Patient war höchst selten bei Besinnung, klagte in 
freien Augenblicken über Schmerzen in der rechten Hüftgegend, in der rechten 
Schulter, dem linken radius etc. Stat. praes.: 27. 1. 83, stark fieberhaft deli- 
‚rirender Knabe. Zunge sehr trocken, Puls 130; Respiration 50; rechte In- 
guinalfalte etwas mehr verstrichen als links. Schwellung der rechten, hinteren 
Hüftgelenkgegend; Abscess nicht nachzuweisen. Vielleicht ist auf der rechten 
Darmbeinschaufel etwas Schwellung. Druck auf den rechten humerus nahe der 
Schulter, schmerzhaft. Auch in der Mitte des Radius ist eine schmerzhafte Stelle. 
Nirgends ist ein Abscess zu finden. Das rechte Bein ist nicht verkürzt, leicht 
aussen rolirt, Bewegungen desselben rufen Schmerzäusserungen hervor. 6. II. 83. 
Ausser einem unbedeutenden, rasch abgelaufenen Erysipel der linken Hinterbacke 
ist der Zustand bei andauerndem, hohen, typhösen Fieber ohne Morgenremission 
im. Wesentlichen derselbe geblieben. _Die Schwellung in der rechten Inguinal- 
falte ist wohl etwas stärker geworden, aber weder dort noch sonstwo lässt sich 
ein Abscess oder eine Knochenschwellung nachweisen. Auch die Schmeızhaftig- 
keit lässt sich zu einer Herddiagnose nicht verwerthen, da Patient auf Druck 
ziemlich überall Schmerz angibt. Die geringe Schwellung auf der rechten Darm- 
‘ beinschaufel ist auch dieselbe geblieben. Patient war in den letzten Tagen bei 
Bewusstsein. Im Urin stets eine geringe Menge Eiweiss. Stuhl ziemlich regel- 
mässig aber diarrhöisch. 8. II. Jetzt zeigt sich, dass doch ein Abscess auf der 
Darmbeinschaufel vorhanden ist, der sich auf den Oberschenkel erstreckt und in 
der Leiste eröffnet wird. Das rechte Darmbein liegt innen völlig frei da. Im 
Eiter etwas Fettperlen. 


AufF.P.G. gestrichen, trat bald Verflüssigung ein. Mikro- 
skopisch zeigte sich neben Staphylococcus sehr reichlicher Ketten- 
coccus. 


ı1. II. Das unmittelbar nach der Operation jäh abgefallene Fieber ist jetzt 
so hoch wie vorher und ohne Remissionen. Da Patient den Verband stets be- 
schmutzt, ist etwas Geruch in den Eiter gekommen, 17.II., Temperatur in gleich- 
bleibender Höhe, Steigende Pulsfrequenz, Eiter bei häufigem Verbandwechsel 
wieder geruchlos geworden. Es sind wieder Delirien und Muskelzuckungen auf- 
getreten. Tod am folgenden Morgen. 


54 Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus, 


Bei der Obduction fand sich eine osteomyelitische Nekrose eines grossen 


Theils der Darmbeinschaufel mit Vereiterung des Hüftgelenks, veranlasst durch 


einen perforirenden Pfannensequester. Vereiterung der articul. sacroiliaca, ferner 


Thrombophlebitis der rechten vena hypogastr. und iliaca communis. Zahlreiche 


metastatische Herde in beiden Nieren; sowohl in der Rinden- als in der Mark- 
substanz. Metastatische Abscesse, deren embolischer Ursprung nachgewiesen 
wird in grösserer Anzahl in beiden Lungen. Eiterung um die Schilddrüse und 


im Gewebe um die Speiseröhre. 


Infectionsversuche mit dem gelben osteomyelitischen 
Coccus. 


Schon mit der ersten Reinkultur, welche ich von diesem 
Mikrobion erhielt, injicirte ich Kaninchen in die Blutbahn, in 
der Hoffnung, so die acute Osteomyelitis zu erzeugen, doch 
blieben alle diese Versuche ohne Resultat. Als mir dann mehr 


und mehr die Identität dieses Coccus mit dem gelben Eitercoecus 


plausibel geworden war, habe ich ihn auch in Bezug auf seine 
eitererregende Wirksamkeit untersucht. Eine 0,5 ctm. breite, 
8 Tage alte goldgelbe Kultur von einem typischen Osteomye- 
litis-Falle wurde mit 20 CC. Wasser aufgeschwemmt und davon 
einem Kaninchen in jedes Knie 0,5 CC. injicirt; einem anderen 
0,5 CC. in die rechte Pleura. Das erste Thier war nach 24 
Stunden verstorben. In beiden Knien war die Synovialis stark 


geröthet, mit einzelnen dunklen, schwarz-rothen Parthien. An 


den Oberschenkeln innen, in der Leiste und am Bauch ist 
beginnende Infiltration mit starker Ausdehnung der venösen 


Gefässe und kleinen hämorrhagischen Infarcten, sonst nichts 


Abnormes. Impfstriche auf F. P. A. mit dem Herzblut und 
der Infiltration der Inguinalgegend ergaben überall Kulturen 
des goldgelben Coccus in Reinzucht. 


Nach 3 Tagen war auch das andere Thier gestorben. 
Beim Abziehen der Haut fand sich das Subcutangewebe der 
rechten Thoraxhälfte durch ein entzündliches, aber nicht trübes 


Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus. 55 


7 


Oedem infiltrirt. Die in diesem Oedem eingebetteten Achsel- 
drüsen sind entschieden geschwellt und sehr blutreich. Links 
kein Oedem. In der rechten Pleura etwas freie, trübe, röth- 
liche Flüssigkeit, Pleura costalis und plulmon. von einer ziemlich 
dicken, eitrig-fibrinösen Schichte bekleidet. Lunge grau-röthlich 
infiltrirt, fast überall verdichtet. In der linken Pleura etwas 
röthliche Flüssigkeit mit Fibrinflöckchen. Die Lunge zeigte 
beginnende Verdichtung. Im Bauchraum etwas röthliche 
Flüssigkeit, Milz gross. Impfstriche auf F. P. A. von dem 
Achselödem und dem Inhalt der rechten Pleura ergeben überall 
Reinzucht des gelben Coccus. 

‚Da sich der Coccus so sehr deletär bei Kaninchen zeigte, 
wiederholte ich die Versuche mit zwei Hunden. Eine Rein- 
zucht von einem typischen Osteomyelitisfalle der Kniescheibe 
wurde ebenfalls mit 2 CC. Wasser aufgeschwemmt und davon 
einem Hunde in das rechte Knie 0,75 CC., dem anderen ı CC. 
in die rechte Pleura injicirt. Letzterer wurde schon am folgen- 
den Morgen todt gefunden. In der Pleura war etwas röthlich- 
fibrinöse Flüssigkeit. Der andere Hund war sehr krank, rührte 
' sein Fressen nicht an und trat nicht auf das rechte Bein. Am 
folgenden Tage war Knie, Oberschenkel und Inguinalgegend 
von einer harten, rothen, sehr schmerzhaften Phlegmone ein- 
genommen, 2 Tage später grosser Abscess innen am Ober- 
schenkel, der sich nach einigen Tagen spontan entleerte, während 
die Phlegmone zurückging. Der Hund genas dann. Bei der 
Section ı0o Tage später zeigte sich, dass das Knie ziemlich 
- intact geblieben war. Bis auf eine kleine Stelle, an welcher 
wahrscheinlich die Injectionsnadel eine Verletzung des Knorpels 
bewirkt hatte, war der letzte erhalten und glatt. Hier fehlte 
er in kleinem Umfang, ohne dass der frei liegende Knochen 
irgend affıcirt war. 

Dem gegenüber habe ich nun mit Kulturen des staph. 
pyog. aur., erhalten von Patienten mit Lippenfurunkeln, die 


56 “-Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus. 


vom Reichsgesundheitsamte mitgetheiltenVersuche nachgemac 
Östeomyelitis zu erzeugen bei Fractur oder Quetschung des 
Knochens nach gemachter Injection. Abgesehen von den durcl 
die Coccenvergiftung zu früh erfolgten Todesfällen ware 
diese Versuche erfolgreich: Bei 4 Kaninchen wurde, 
nachdem die eine Tibia zweimal 24 Stunden vorher gequetscht 
respektive frakturirt war, eine in sterilisirtem ‘Wasser auf 


geschwemmte Reinkultur von staph. pyog. aur. aus einem 
Furunkel in eine Ohrvene injieirt. Die Kultur stammte durch 
viele Generationen von der vor Jahresfrist erhaltenen Original- 
kultur. 2 Thiere starben früh an Herzfleisch- und Nierenem- 
bolieen. Die beiden anderen zeigten schon nach 8 Tagen 
einen nachweisbaren Abscess an der Quetschungsstelle. Am 
N 3 und 14. Tage nach der Injection waren sie gestorben. Beide 
Thiere zeigten Nierenembolieen. Bei dem einen war der Ab- 
scess an der Frakturstelle schon vorher durchgebrochen. Das 
Mark war vereitert. Das andere Thier wurde kaum 2 Stunden 2 
nach dem Tode secirt. In dem Abscess war dünnbreige, 
grütziger Eiter; das Knochenmark nach oben 2 cm weit, nach E 
unten bis fast zum Carpalgelenk vereitert. Die mit dem Eiter 
gemachten Impfstriche ergaben eine Reinkultur von staph. 
pyog. aur. Bei 3 anderen Kaninchen wurden, nachdem drei 
mal 24 Stunden vorher die Knochen gequetscht, respektive 
fracturirt waren, 0,3 — 0,4 CC der Aufschwemmung einer kleinen 
Kultur, von dem zweiten der beiden erwähnten Lippen- 
 furunkeln stammend, in die Ohrvenen injieirt. Die Auf- 
schwemmung war, um Embolieen zu vermeiden, durch eine 
vierfache, sterilisirte Mulllage filtrirt. Leider hatte auch dies 
nicht genügt, denn nach 3 Tagen starb schon ein Thier an 
Nierenembolieen und consecutiver Peritonitis. 
Das zweite starb nach 9 Tagen; auch hier waren Nieren- 
embolieen. Die frakturirten Knochenenden waren weithin vom 
Periost entblösst, das Knochenmark in weiter. Ausdehnung 


Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus. 57 


gelblichweiss gefärbt — im Beginn der Vereiterung — die 
Weichtheile in der Umgebung matsch, aber ohne Abscedirung. 
Das dritte Thier zeigte am ı2. Tage nach der Injection einen 
gehörigen Abscess, wie ich meinte. Am 30. Tage getödtet, 
fanden sich die Knochenenden nekrotisch, von jenem Erguss 
_ umgeben, welcher indess keinen eigentlichen Eiter, sondern mehr 
trüblich-seröse Flüssigkeit enthielt. Doch keimte aus derselben 
der rothe Traubencoccus. Ausserdem aber zeigte das Thier 
eine Vereiterung des Kniegelenks der andern Seite und eine 
ausgedehnte eitrige Infiltration der Wadenmuskulatur. Es stellte 
sich somit bei den 4 Thieren, welche die Cocceninjection länger 
überlebten, eine acute Östeomyelitis ein, wie sie im Reichs- 
gesundheitsamt mit dem aus osteomyelitischem Eiter gezüchteten 
gelben Coccus erhalten wurde. Ich habe ausserdem seit der 
Veröffentlichung des Reichsgesundheitsamts vergleichende Kul- 
turen angestellt, indem ich den gelben Coccus von zwei typi- 
schen Osteomyelitisfällen unter genau den nämlichen Umständen 
parallel züchtete mit den von den beiden genannten Lippen- 
furunkeln erhaltenen Kulturen und zwar auf Röhrchen, die von 
der nämlichen Portion F. P. A. beschickt waren und in der- 
selben Temperatur nebeneinander lagen. Ferner züchtete ich 
auf Kartoffeln, so dass die Hälfte derselben Kartoffel je einem 
Osteomyelitis- und einem Furunkelfall als Nährboden diente, 
‚ohne irgend einen Unterschied, sei es in Farbe, Aussehen, 
Wachsthum, Geruch u. s. w. konstatiren zu können. Ich glaube 
somit die Identität des osteomyelitischen Coccus mit dem staph. 
pyog.aur. der gewöhnlichen Eiterung mit noch grösserer Sicher- 
heit behaupten zu können, als ich es in der vorläufigen Mit- 
theilung im Centralblatt für Chirurgie gethan habe. Diese Ver- 
suche sindinzwischen durch die Krause’s ') bestätigt, denenich lei- 
der in letzter Correctur nicht gebührend Rechnung tragen kann. 


)Lc. 


58 ; Sepsis. ET 


X. Sepsis. 

Einleitung. 

Es wird wohl Jedem, welcher die Literatur der letzten 
Jahre über diesen Gegenstand verfolgt hat, aufgefallen sein, 
dass man augenblicklich unter dem Namen „Sepsis“ Krank- 
heitserscheinungen zusammenfasst, welche aetiologisch wie 
klinisch sehr verschieden sind. Abgesehen davon, dass Manche 
den Namen „septisch“ sehr allgemein gebrauchen für eine jede = 
faulige, selbst für ganz leichte, putride Beschaffenheit einer = 
Wunde, so halten die Kliniker den Namen „Septicämie“, Sept- 
hämie, Sepsis etc. jetzt wie von jeher für bestimmte schwere i 


Allgemeinerkrankungen aufrecht, welche meist zu faulenden 
Wundherden hinzutreten. In Gussenbauers letzter Bearbeitung 3 
der Septhämie, Pyohämie und Pyosepthämie wird die Erstere 
definirt „als jene Allgemeinerkrankung des Körpers, welche ° 
durch die Aufnahme von Fäulnissprodukten in den Kreis- 
lauf entsteht und sich durch eine bestimmte Art von Blut- 
veränderung eine typische Reihe von Entzündungsprozessen . 
und ein continuirliches Fieber mit eigenthümlich nervösen 
Erscheinungen und ‚kritischen Ausscheidungen auszeichnet.“ 

Um den klinischen Begriff und das Bild dieser Erkrank- 
ungen zu zeichnen, würde ein sehr viel näheres Eingehen noth- 
wendig sein. Hier, wo es sich um die Mittheilung von Beobacht- ’ 
ungen über Mikroorganismen-Befunde und Wirkungen bei Fällen 4 
' menschlicher Sepsis handelt, muss ich dies als bekannt voraus- e 
setzen und mich darauf beschränken, über den ätiologischen 4 ° 
Standpunkt der jetzigen Lehre von der Sepsis diejenigen Punkte 
hervorzuheben, welche im Folgenden in Betracht kommen. 
Früher war die Actiologie der Sepsis ein einfaches Kapitel. r 
Selbst zu einer Zeit, in welcher die Vorstellung über ein Con- 
tagium animatum als Ursachen der Infectionskrankheiten schon | 
verbreitet genug waren, erschienen die Krankheitssymptome, 
welche man nach Aufnahme tauler Stoffe in das Blut beob- 


Sepsis. — Einleitung. 59 


achtete, so selbstverständlich, dass man sich über den Modus 
der Krankheit nicht weiter fragte. Die experimentellen Ein- 
_ verleibungen faulender Stoffe in die Gewebe von Thieren er- 
brachten auch direkt den Beweis für diesen Zusammenhang, 
indem sie zu ähnlichen Erkrankungen beim Thier führte, welche 
man ebenfalls Septhämie, Sepsis, auch putride Intoxikation 
nannte. Aber schon unmittelbar an diese Versuche schlossen 
sich weitere, sehr wichtige Resultate Panum’s u. A. an, welche 
die bestehende Lehre sehr complicirten. Hatte man in der Gähr- 
ung wie in der Fäulniss Processe kennen gelernt, welche durch 
die Lebensthätigkeit niederer Organismen angeregt und unter- 
_ halten werden, und hatte man folgerecht inzwischen diese auch 
bei der Sepsis in den lebenden Geweben als thätig angenommen, 
so zeigten die erwähnten Versuche, dass sich ganz analoge, 
septische Erkrankungen beim Thier experimentell herstellen 
lassen durch Injection gekochter Faulflüssigkeiten, also ohne 
Mitwirkung lebender Organismen. Die Kenntniss der septisch 
wirksamen nicht belebten Stoffe ist bis heute in der Lehre 
von den Sepsinen, Ptomainen etc. wesentlich vorgeschritten.- 
Verschiedene derartige Stoffe sind theils aus faulenden Ge- 
mischen, theils auch aus Leichen septisch Gestorbener darge- 
stellt, wenn auch die nähere Kenntniss der Körper, ihrer chemi- 
schen Constitution, toxischen Wirksamkeit, etwaigen Zusammen- 
hang’s mit bestimmten Mikrobien etc. etc. zur Zeit noch sehr 
in ihren Anfängen begriffen ist. Dem gegenüber haben nun 
Koch und seine Schüler Sepsisformen experimentell kennen 
gelehrt, welche ganz anderer Art sind. Sie bestehen in der 
Infeetion durch ganz bestimmte Mikrobien, welche, wenn durch 
Impfung selbst mit den kleinsten Mengen übertragen, sich 
rapide vermehren und den ganzen Körper durchwachsen. Sie 
sind typische Krankheiten, welche unter bestimmten, in jedem 
Falle wiederkehrenden »Symptomen bis zum Tode verlaufen. 
Wenn Koch diese Krankheiten ebenfalls als Sepsis bezeichnete, 


60 i Sepsis. — Einleitung. 


so that er dies mit vollstem Rechte, weil der ursprüngliche 
Infectionsstoff ein fauliger war, (faules Blut, Pankewasser) und 
zum Unterschied von pyämischen Erkrankungen, ohne Eiterung 
zu veranlassen, auf die Gewebe wirkte. Hiernach ist ohne Weitere 
klar, dass wenn wir mit Gussenbauer auch die menschlic 
Sepsis auf die Aufnahme von Fäulnissproducten ätiologisch 
zurückführen, sehr differente Noxen möglich sind. Es ist z. B% 
ganz plausibel, dass sich in einem Jaucheherde in einer Wunde = 
unter der Unzahl von Mikroorganismen, welche sich in einem 
solchen zu etabliren pflegen, ganz gerade so wie in dem Panke- 
wasser, welches Gaff ky dem Thier injicirte, einige oder eins 
befindet, welches befähigt ist, die lebenden menschlichen Ge- 
webe zu durchwachsen und so ein septisches Allgemeinleiden E 
zu veranlassen. Es ist aber auch ebensogut denkbar, dass etwas 
Aehnliches beim Menschen in den meisten Fällen nicht vor- 
kommt, dass vielmehr die Allgemeinerscheinungen auf der { 
Resorption von nicht lebenden Giften, Fermenten, Ptomainen etc, 
beruhen. Auch können sich beide dieser Sepsisformen combiniren. | 
Ja, es können ferner sowohl unter den Ptomainen, wie unter 3 
den Mikrobien sehr verschiedene Arten, in einem Falle diese, 
im andern Falle jene, in einem dritten beliebige Combinationen 3 
derselben, wirksam sein. Kurz, die Frage nach der Ursache 
der menschlichen Sepsis ist von vornherein keine so einfache, j 
wie es unsern Vorfahren erschien. ; | 

Wenn man einmal auch im Allgemeinen das Vorkommen 
von Fällen reiner Sapraemie, d. h. reiner Ptomainvergiftung [ 
angenommen hat, so dürfte dasselbe doch kein häufiges sein, 2 
Ob es Fälle giebt, welche der Koch’schen Mäusebacillensepsis, 
der Gaffky’schen Bacteriensepsis entsprechen, ist eine bis 
jetzt nicht beantwortete Frage. Allerdings hat Pasteur einen 
vibrion septique entdeckt, welcher nach seinen sehr interessanten 3 
Kulturversuchen nur bei Luftabschluss wächst — ein Bacillus, 
welcher bekanntlich von Koch und Gaffky als identisch 


Sepsis. — Einleitung. 61 


mit dem des malignen Oedems aufgefasst worden ist. Desshalb 
und weil es sich bei P.s Sepsis um Thierversuche handelt, 
können diese Beobachtungen hier nicht wesentlich in Frage 
kommen. Dagegen sind die Untersuchungen von Doleris 
über septische Puerperalerkrankungen beim Menschen von 
grossem Interesse. Er untersuchte zwei Fälle von wirklicher, 
foudroyanter Sepsis ohne weiteren pathologisch-anatomischen 
Befund. Seine Resultate entsprechen nichts weniger als einer 
Sepsis durch diablastische Bacillen. Er sagt vielmehr, dass 
sich bei der foudroyanten Sepsis bis zu den letzten Perioden 
des Lebens keine Organismen im Blut finden, oft nur erst nach 
dem Tode. Auch konstatirte er keine einheitliche Form, sondern 
verschiedene: des &l&ments allonges, minces, cylindriques, 
remuants, welche örtlich im Gewebe und in den Lymphspalten des 
Uterus undim Peritoneum wimmelten. Auch in putriden Infarcten 
fand D. solche Organismen und glaubt, dass eine Form in die 
andere übergehen könne. Ferner legt er sich die Frage vor, 
unter welchen Umständen das Blut für diese Organismen ein 
‚geeignetes Nährmedium werden könne. Diese Umstände sind 
einmal Anox&mie (Sauerstoffmangel) des Blutes, weil der vibrion 
septique dieses Gas verabscheut; zweitens ein stets zuführender 
Herd ausserhalb des Blutes. Die erstere Bedingung kann nur 
erfüllt werden durch das Vorhandensein anderer, den Sauerstoff 
aufzehrender Organismen (z. B. Eitercoccen) oder durch die 
Agone resp. den Tod. Es dürfte daraus hervorgehen, dass D. 
keine Sepsisbacillen kennen gelernt hat, welche auch nur an- 
nährend eine Rolle spielten wie die Bacillen der Mäusesepsis, 
oder wie die Bacterien der Sepsis bei Kaninchen, Vögeln etc. 
Können seine Bacillen während des Lebens nicht in den Körper 
dringen, müssen ihnen erst die Eitercoccen den Weg bahnen, 
ist ein stets zuführender Herd ausserhalb des Blutes noth- 
wendig, nun, so wird essich, was die Wirkung dieser Bacillen 

betrifft, wohl in seinen Sepsisfällen kaum um mehr als um 


69 m Sepsis. — Einleitung. 


Ptomainvergiftungen gehandelt haben. Natürlich ist es vo 
unzulässig, die verschiedenen beim Menschen in septisch 
putriden Herden gefundenen Bacillen ohne Weiteres mit de 
Vibrion septique identificiren zu wollen. Ich schliesse mich b 
jetzt der Ansicht an, dass die Symptome, welche der 
Kliniker als Sepsis zusammenfasst, keine einfache und keine 
einheitliche Aetiologie am wenigsten in Form eines bestimmte 
pathogenen Bacillus haben. Auch die folgenden Beobachtung« 
werden zeigen, dass sowohl die Eitercoccen, wo sie in Masse 
eindringen und im raschen Verlauf und ohne Metastasen nosogen 
wirken, als auch gewisse Baccillen, die progressiv vordringen, 
wie die des malignen Oedems, des progressiven, septischen 
Emphysems, endlich aber auch solche, welche nicht in das 
lebende Gewebe, oder doch nicht viel weiter wie in die Ober- 
fläche desselben dringen, dagegen in grosser Masse in den 
Körper gerathen durch Bildung von Ptomainen, peptonisirenden 
F erment, Fibrinferment etc. Symptome erzeugen, welche man 
klinisch als »Sepsis« zu bezeichnen bis jetzt gewohnt ist, Wollten ei 
wir solche Krankheitsbilder ätiologisch analysiren, so würde 
das vielleicht einer späteren Greneration bei vollendeter Kenntniss 
der Krankheitssymptome, welche den verschiedenen in Frage 
kommenden Microorganismen, Ptomainen und Fermenten eigen- 
thümlich sind, möglich sein. Bis jetzt kann man kaum wagen, 
im einzelnen Falle die extremsten Unterschiede, ob reine In- 
toxicationen oder reine Infectionen, diagnosticiren zu wollen. 
Auf der anderen Seite kennen wir doch jetzt schon eine ganze 
Anzahl von pathogenen Einwirkungen niederer Organismen, 
welche fundamental verschieden sind, auf welche wir bei der 3 
fernern Discussion über die Aetiologie septischer Erkrankungs- Be 
fälle Rücksicht nehmen müssen. Zuerst sind uns bei den 3 
specifischen Infectionskrankheiten und bei solchen der inneren Ei 
Medicin solche Verschiedenheiten der nosogenen Wirksamkeit 4 
entgegengetreten durch die nunmehr festbegründete Erkenntnis, E 


Sepsis. — Einleitung. 63 


dass einer jeden derartigen typischen Krankheit ein bestimmtes 
Microbion entspricht. Aber auch bei den nichttypischen Wund- 
erkrankungen, zu denen der grössere Theil der hier in Frage 
kommenden gehört, kann man bekanntlich gewisse, allgemeinere 
pathologische Einwirkungen der Microbien von einander unter- 
scheiden, von denen allerdings ebensowohl eine jede mehreren 
Mikroorganismen eigen sein als auch umgekehrt ein und das- 
selbe Mikrobion mehrere derselben ausüben kann. So z. B. 
kenne ich 6 verschiedene Mikrobien, welche beim Menschen 
Eiterbildung veranlassen können. Umgekehrt gibt es Pilze, 
‚welche zugleich zwei verschiedene Eigenschaften haben, z. B. 
der Erysipelcoccus. Neben der Eigenschaft örtlich in lebendem 
Gewebe sich weiter zu verbreiten und dabei örtliche, intensive 
Entzündung ohne Eiterung zu erregen, hat er auch die, ener- 
gische Allgemeinerkrankung, Fieber etc. hervorgerufen. Dass 
das nicht nothwendig mit einander verbunden ist, zeigt sofort 
ein drittes Beispiel: Der Coccus des Fingererysipeloid’s ver- 
breitet sich in ganz ähnlicher Weise und macht locale Ent- 
- zündung, auch ohne Eiterung. Doch fehlt ihm jegliche Ein- 
wirkung auf das Allgemeinbefinden. Es ist für die Klarheit 
und Kürze in den folgenden Betrachtungen nothwendig, die 
verschiedenen nosogenen Einwirknngen, welche in Frage 
kommen, mit kurzem Ausdruck zur Hand zu haben, und dess- 
halb will ich sie schematisch charakterisiren und. wo nöthig, 
kürzer benennen, ohne dass diese Benennungen über diese 
Arbeit hinausreichen sollen. 

ı) Es kann ein Mikroorganismus pathogen wirken, da- 
durch, dass von ihm erzeugte Gifte resorbirt werden, wenn 
er mit resorbirenden Oberflächen des Körpers in Berührung 
vegetirt. Es kann ihm dabei jegliche andere pathogene Eigen- 
schaft, z.B. die, in die Gewebe einzudringen, Entzündung oder 
Eiterung zu erregen etc. fehlen; er kann sie nebenbei aber auch 
haben. Das gebildete Gift, Sepsin, Ptomain, Fäulniss-Alcaloid, 


64. ; Sepsis. — Einleitung. 


kann schr verschiedener Natur sein. Ich glaube, dass in ein- 
zelnen Fällen sogar ganz einfache chemische Verbindunge 
wie Amoniak, Schwefelwasserstoff, als solche Ptomaine fungire 
wenn auch extrem selten. In anderen Fällen ist es ein orga- 
nisches Gift wie Bergmann’s Sepsin, Sonnenschein und Zuelzer’s 
narkotisches Alcaloid, wie die nervenlähmenden Stoffe des Wurst- 
‚giftes, des Diphtheritisgiftes. In wieder anderen Fällen sind es“ 
weniger bekannte fermentative Stoffe, welche ähnlich wirken 
wie Pepsin, welches man in die Circulation bringt, oder ferner 
wie das Fibrinferment. Möglicherweise kommen noch andere 
in ihrer Wirksamkeit viel unbekanntere organische Gifte in Be- 
tracht; es haben wenigstens frühere Autoren das septische Gift 
wiederholt mit dem Schlangengift verglichen. Ich fasse in Fol- 
gendem alle diese nicht belebten, nosogenen Stoffe unter dem x ; 
Namen Ptomaine zusammen. | 


2) In Beziehung auf die Verbreitung im Körper kann ein 3 
Mikroorganismus vermöge seiner Lebensökonomie die Eigen- 
schaft haben, in die Gewebe des lebenden Körpers einzudringen 
— invasive Eigenschaft. Wir werden solche Mikrobien kennen 
lernen, welche in die Oberfläche des lebenden Gewebes ein- 
dringen, dann aber mit ihren Keimen untergehen. = 

3) Andere vermögen darin weiter zu leben, kürzere oder 
längere Zeit, auch wohl auf Lebenszeit des Wohnthieres, bei 
. Lues, Tuberculose etc. — parasitäre Eigenschaft. E 
4) Sich langsamer oder rascher in den lebenden Geweben 
zu vermehren. ; 

5) Sich langsamer oder rascher in den Geweben, ja, im 
ganzen Körper zu verbreiten, ihn zu durchwachsen (diablastische 
Eigenschaft) wie bei der Bacillen- und Bacteriensepsis, dem | 
Milzbrand bei Mäusen, dem akuten Rotz etc. > 

6) Oertlich kann das Mikrobion bei seinem Eindringen 
eine einfache entzündliche Einwirkung ausüben, wie z. B. bei 
Erysipelas: Hyperämie, Emigration und Exsudation bis zur Bild- 


Putride Intoxication, Sapraemie. 65 


ung von Blasen, sogar mit fribrinösem Inhalte. (Es ist das 
durchaus keine nothwendige Begleiterscheinung einer Mikrobien- 
einwanderung; bei der Bacillensepsis z. B. bleiben die Gewebe 
fast ohne Entzündung.) 

7) Eine häufige Eigenschaft ist die, die Gewebe eitrig 
einzuschmelzen, welche auch gewissen scharfen Giften (Terpen- 
_ tinöl etc.) eigen ist — pyogene Eigenschaft. 

8) Es kommt vor, dass durch die specifische Wirkung des 
Mikrobions das Grewebe, wo es auch ergriffen wird, zu brandi- 
gem Absterben gebracht wird — gangränescirende Wirkung 
wie z. B. die progressive Gangrän Koch’s bei Mäusen. Natür- 
- lich ist es nicht hieher zu rechnen, wenn einmal unter ungüns- 
tigen Verhältnissen ein Stück dünne Cutis durch ein Erysipel 
oder eine Phlegmone verloren geht. 

Ich möchte für die folgenden Betrachtungen im Zusammen- 
hange mit diesen Reflexionen an einige allbekannte Thatsachen er- 
innern, nämlich an noch andere Verhältnisse, welche über den Ver- 
lauf einer Mikrobienerkrankung entscheiden. Das sind erstens die 
Abschwächung, resp.Verschärfung der pathogenen Eigenschaften, 
wie sie in der That von Pasteur und Koch bei Milzbrand sicher nach- 
gewiesen sind. Es sind ferner Verhältnisse, welche unabhängig von 
den Eigenschaften des Mikroorganismus sind, z. B. nur die Menge 
desselben betreffen — cumulative Wirkung. Zweitens spielt die 
individuelle Empfänglichkeit des inficirten Organismus eine der 
wichtigsten Rollen. Das ist ja für gewisse innere Krankheiten, 
wie Masern, Scharlach etc. ganz ausgemacht. Doch glaube 
ich, dass diese Verhältnisse auch für die in Rede stehenden, nicht 
typischen Wundkrankheiten sehr wesentlich in Frage kommen. 


A. Putride Intoxication, Sapraemie. 
Ögston adoptirt vonM. Duncan!) die Abzweigung einer 
besonderen Erkrankung, welche von Letzterem unter dem Na- 


!) M. Duncan, puerperal fever, Lanzet 1880. _ Vol. II, pag. 684. 


Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen, 5 


66 Putride Intoxication, Sapraemie. 


men der »Sapraemie« eingeführt wird. D. beschreibt diese Er- 
krankung sehr präcise. 


»Sapraemie, oder einfache, putride Infection — Ver- En 
giftung nicht durch einen Organismus, welcher sich im 
Blut vermehrt, sondern durch die Aufnahme chemischer 
Producte putrider Zersetzung in das Blut — ist eine neuer- 
dings zum grossen Nutzen für die Praxis wesentlich auf- 
geklärte Erkrankung. Wie andere Formen des Puerperal- | 
fiebers werde ich diese als eine besondere Form behandeln 
und das wird meistens zutreffen. Doch kann Sapraemie 
sich’mit traumatischem Fieber und Entzündung combiniren; 
besonders gern verbindet sie sich mit Septikämie und Pyä- 
mie. Es ist nämlich lange Usus gewesen, und ist es auch 
. noch, die Septicämie und Pyämie ‚als Krankheiten der Putre- 
faction zu bezeichnen; doch ist dies durchaus ein Irrthum. 
Putridität der Absonderungen ist absolut kein wesentlicher 
Theil dieser Krankheit, wenngleich er dieselben öfters be- 
gleitet. Die Organismen, welche Septicämie und Pyämie 4 
verursachen, nehmen muthmasslich keinen Antheil an der gr 
Putrefaction. Sie leben in der Absonderung und sind be- 
fähigt, in das Blut überzugehen, wo sie sich ohne Ende 
vermehren. Die Organismen, welche Putrefaction erzeugen, 
sei das nun bact. termo oder andere, können in das Blut 
übergehen mit den putriden Flüssigkeiten und Sapraemie 
erzeugen, aber sie leben nicht weiter, geschweige denn, 
dass sie weiter wüchsen. Bi 


Wir haben somit in der uncomplicirten Sapraemie ein 
sehr einfaches Problem. Putrider ichor wird absorbirt oder 


dringt durch die Venenplexus des Uterus in die Circulation. 
\Seine giftigen Bestandtheile werden bald durch das Blut 
eliminirt und wenn nur die weitere Zufuhr abgeschnitten 
wird, hört das Phänomen der Sapraemie bald auf. 


1 N a ln dd Tl it u EI 


67 


Putride intoxication, Sapraemie. 


Wenn auch der Stoff einmal im Blut ist, so vermehrt er 
sich nicht wie ein Ferment, unabhängig von der Zufuhr. Die 
Sapraemie besteht nur fort durch unaufhörliche Zufuhr von 

_ neuemGifte und verschwindet,sobalddieselbe ganzabgeschnit- 
ten ist. Sie abzuschneiden — ist eben das Problem der Heilung.« 
Ogston setzt hinzu, dass ausser Zweifel gewisse Organismen 

— Saprophyten — „gewöhnliche Fäulniss“ bewirken, andere 
Organismen, Zersetzungen, welche keine Fäulniss sind. Zu 
ersteren gehören vielleicht alle Formen von Bakterium, einige 
Bacillen und Spirillen. Zu den letzteren gehören einige Bacillen 
und einige Mikrococcen. Erstere Saproorganismen bewirken 
allerdings eine besondere Erkrankung — Vergiftung mit ihren 
Ptomainen, d.h. den Gasen und Flüssigkeiten dieser Saprophyten. 
Solche Formen werden ausser der Uebelkeit durch Fäulnissgeruch 
(fauler Leichen z. B.) im Kindsbett beobachtet, wo wir durch Aus- 
waschen oder durch Entleerung der Gerinnsel aus Uterus und 


Vagina in wenigen Stunden die Krankheit beseitigen können. 


Auch in den chirurgischen Kliniken hier und andern Orts 
hat man schon seit langer Zeit bei gewissen Fällen ähnliche 


_ Verhältnisse vorausgesetzt. Professor König!) sagt darüber: 


„Wir haben somit in Beziehung auf die Septicämie 
beiMenschen schon 2 Formen zu unterscheiden, welche freilich 
in der Wirklichkeit nicht immer so scharf getrennt vor- 
kommen. Die erste Form die putride Intoxication darf zumal 
da erwartet werden, wo grössere Mengen von fäulnissfähiger 
Flüssigkeit, also Blut und Eiter sich plötzlich zersetzen und 
wo die übrigen Bedingungen derart sind, dass die zersetzten 
Massen rasch in die Blutbahn aufgenommen werden.“ 
Prof. König führt dazu 2 sehr instruktive Fälle an. Auch 

ich erinnere mich aus den Jahren ı867 und ı874 zweier Fälle, 
bei denen Blut einmal in einem Amputationsstumpf, das andre 


") Lehrbuch der Allgemeinen Chirurgie. Verlag v. A. Hirschwald. Berlin 
1883. p. 133. 
5* 


68 Putride Intoxication, Sapraemie. 


Mal in einer grossen osteomyelitischen Abscesshöhle sich rasch 
faulig zersetzte und schwere Allgemeinerscheinungen veranlasste, 
welche nach Entleerung der zersetzten Coagula rasch verschwan- 
den. Ich glaube, dass man sehr wohl unter Umständen die Fälle 
einer putriden Intoxication oder Saprämie von anderen Sepsis- 
formen wird unterscheiden können, aber bis jetzt beruht diese 
Unterscheidung nur auf einer muthmasslichen Deutung der 
Erscheinungen, da eine jegliche sichere, sei es klinische, sei es 
experimentell pathologische, sei es mykologische Grundlage zur 
Zeit fehlt. Duncan’s Darstellung verdankt ihre Klarheit mehr 
einer guten Redaction. Die Worte „Putridität“, „Putrefaktion“ 
gebraucht er wie mathematische Begriffe, und doch sind sie 
nichts weniger als solche. Welche sind denn die Saprophyten? 
Es liegen soviel ich weiss keine mit den neuern Mitteln aus- 
geführte Bearbeitungen dieser Frage vor und desshalb will ich 
hier einige Resultate, welche ichim Laufe der Zeit meist zufällig 
erhielt, mittheilen. Leider erhellt schon aus ihnen, dass die Frage 
sich nicht einfach mit der Aufstellung „des saprogenen Micro- 
organismus“ und seiner Produkte erledigt, weiles deren mehrere, 
möglicherweise sehr viele gibt. 

Ich bin seit Jahren darauf ausgegangen, die eigentlichen 
Saprophyten, d. h. die fäulnisserregenden Mikroorganismen 
kennen zu lernen. Ich habe in einer früheren Arbeit nachge- 
wiesen, dass bei Ausschluss der Luft durchaus nicht diejenigen 
Organismen „welche z.B. in Cohn’scher Nährlösung sich etabliren 
und früher schlechthin als Bakterien — bacteriun termo — be- 
zeichnet wurden, Fäulniss erregen können. Viele derselben be- 
wirken eine chronische Zersetzung, eine Peptonisirung mit wenig 
Gasbildung. Bestimmte andere, welche aus einer bestimmten 
Quelle stammten, bewirkten rasche Fäulniss mit starker Gas- 
bildung. Später, nach Koch’s Entdeckungen, hoffte ich mit 
Hülfe seiner Methoden diese Organismen isoliren und die eigent- 
lichen Fäulnisserreger in Reinzucht erhalten zu können, Doch 


Fäulnissmikrobien. 69 


hat es länger als ein Jahr gedauert, bis ich brauchbare Resultate 
erhielt. Da fäulnissfähige Substanzen, wenn sie der Luft aus- 
gesetzt in der Wärme stehen, der Fäulniss verfallen, hoffte 
ich in den Luftkulturen leicht Fäulnissmikrobien zu finden. Das 
erste Mikrobion, welches ich untersuchte (das allerdings 
wohl weniger aus der Luft stammte, als aus dem zu der Serum- 
gelatine benutzten Blut,) war der Heubacillu. Ohne Luft be- 
wirkte derselbe fast gar keine Veränderungen; bei Luftzutritt 
machte er Gelatine und Eiweiss und gekochtes Fleisch zergehen. 
Wiewohl sich auch ein gewisser Fäulnissgeruch geltend macht, 
so ist der Heupilz ganz gewiss nicht ein eigentliches Fäulnissmikro- 
bion. Dann habe ich eine ganze Reihe von Coccen, Bacterien und 
namentlich Bacillen aus den Luftkulturen rein gezüchtet, aber 
all diese verhielten sich ziemlich indifferent, bewirkten jedenfalls 
keine energische Fäulniss. Ferner erhielt ich aus einem faulen, 
sehr stinkenden Abscess des Pankreas, den ich operirte, die 
Reinzucht eines kleinen Bacillus, welcher rasch die Gelatine 
verflüssigte, auch etwas Fäulnissgeruch machte, doch zu wenig 
für ein wirkliches Fäulnissmikrobion. Ferner ging in einem 
F.-P.A.-Röhrchen durch zufällige Einsaat eine dicke Kultur eines 
schnell wachsenden, aus feinen, langen Fäden bestehenden 
Bacillus auf, Fig. 6, welcher sich wegen seines raschen Wachs- 
thums leicht in Reinkulturen erhalten liess. Er leistete etwas 
mehr als seine Vorgänger, verflüssigte Eiweiss bei Luftzutritt 
rasch unter etwas Fäulnissgeruch aber doch so wenig, dass ich 
auch diesen nicht als Fäulnisserreger anerkennen konnte. 
Endlich lernte ich dasjenige Individuum kennen, welches, 
wie ich glaube, für gewöhnlich die rasche, energische, stinkende 
Fäulniss veranlasst. Ich hatte in einem Krankensaale eine 
Blutkultur auf erstarrten Serum gemacht. 3 Tage später machte 
sich in meinem Laboratorium und speciell in der Brutmaschine ein 
unerträglicher Fäulnissgeruch geltend; er stammte aus jenem 
Röhrchen. Das Mikrobion war, da es auch recht rasch wuchs, 


70 Bacillus saprogenes Nr. 1. 


ohne weiteres rein zu erhalten. Ich will gleich erwähnen, dass 
ich später genau dasselbe Mikrobion noch einmal aus anderer 
Quelle erhielt. Es bilden sich zuweilen bei gewissen Katarrh- 
formen weissliche runde Pröpfe in den Schleimhautrecessen der 
‚ seitlichen Rachenwand, deren unerträglicher Gestank mir bei 
einem Patienten in der ‘Poliklinik zufällig auffiel. Auf Agar 
ausgesäet, keimte neben anderen Dingen das genannte Fäulniss- 
mikrobion. Da es sich in ı8 Kulturen in seinem Verhalten 
gegen Eiweiss, gekochtes Rindfleisch etc. völlig identisch mit 
dem ersteren verhielt, so kann kein Zweifel sein, dass esin der 
That dasselbe war. Ichhabe dasselbe vorläufig als ersten Fäulniss- 
bacillus bezeichnet. 


ı. Bacillus saprogenes Nr. 1. | 
Die Reinkultur bildet einen gelbgrauen Streifen, welcher opak 

scheint, gegen dasLicht gehalten aber doch ziemlich durchsichtig 
ist. Die Kultur wächst wohl ı mm hoch und ist, wenn frisch, von 
breiig-klebriger Consistenz. Macht man auf F.P. A. einen Impf- 
strich, so ist in der Wärme nach 24 Stunden die Kultur schon 
3—4 mm breit gewachsen. Beim weiteren Wachsthum bilden 
sich leicht durch kleine Unregelmässigkeiten desselben wellige 
Reifen, so dass die Oberfläche ein muscheliges Ansehen bekommt. 
So characteristisch die Kulturen sind, so schwierig ist es, sie 
wiederzugeben. Jeder, der die Kultur vor sich hat, wird Fig. XH = 
für eine ganz gute Zeichnung derselben erklären, doch genügt 
sie nicht, die Kultur für den, der sie nicht in Natur sah, sicher 
genug zu kennzeichnen. Ist eine Kultur 4 x Tage, wenn auch 


nur bei mässiger Zimmertemperatur gewachsen, so macht sich, 
. obgleich der F.P. A.-Nährboden nicht im geringsten verflüssigt 
wird, ein intensiver Fäulnissgeruch geltend, der sich dem ganzen 
Zimmer mittheilt. Der Geruch der Kulturen auf Agar entspricht 
etwa dem fauler Küchenabfälle; auf Serum ist er viel schlimmer. 
Mikroskopisch zeigt sich das Mikrobion als ziemlich grosser 
Bacillus, der an dem Ende eines Stäbchens eine grosse Spore = 


Fäulnisswirkung v. Bacillus saprogenes Nr. 1. 71 


bildet. (Fig. 7.) Aeltere Kulturen sind schwer zu übertragen 
und gehen namentlich auf trockenem Agar überhaupt nicht an 
oder nur in kleinen Pünktchen, welche erst, wenn man sie nun 
noch einmal wieder überträgt, gut wachsen. 

Fäulnisswirkung des Bacillus saprog.Nr. ı mit Luft. 
Ueberträgt man den Pilz aufKolben mit Eiweiss und Wasser bei 
Luftzutritt und schliesstdenselben dann luftdicht ab, so zergeht das 
Eiweissrasch,die Flüssigkeit wirddann grünlich-gelb undwenn man 
nun den Kolben öffnet, so macht sich ein so pestilenzialischer 
Geruch geltend, wie man ihm sonst im Leben selten begegnet. 
* Ich will bemerken, dass bei einem jeden dieser und der folgen- 
den Versuche die faulige Flüssigkeit auf Agar gestrichen wurde, 
um durch die hier entstehende Reinkultur des Mikrobions ver- 
sichert zu sein, dass die Wirkung von dem Fäulnissmikrobion 
allein stammte. (Ehe ich die Sublimatisirung der Wattepröpfe 
eingeführt hatte, missglückten gerade die Uebertragungen auf 
Eiweiss leicht durch die Verunreinigung mit Heubacillus). Ich 
habe den Fäulnissbacillus in mehr als 40 Generationen gezüchtet; 
ich habe ihn von F. P. A. auf Eiweiss, gekochtes Rindfleisch 
_ und von hier zurück auf F. P. A. übertragen, ohne dass sich 
sein Aussehen und seine Eigenschaften irgendwie geändert 
hätten. Eine Eigenthümlichkeit fiel mir bei diesen Ueber- 
tragungen auf, dass nämlich, wenn in Eiweiss oder Fleisch- 
kolben die Fäulniss einigermassen weit gediehen war, das 
- Mikrobion daraus mehrfach nicht mehr zum Aufkeimen zu 
bringen war. 

Fäulnisswirkung des Bacillus saprog. Nr. ı ohne 
"Luft. In die Mitte eines rohen Eies wurden unter den betreffenden 
Cautelen 0,3 CC einer mit sterilisirtem Wasser aufgeschwemmten 
Kultur des Bacillus eingespritzt, das Ei versiegelt und in den 
Brutkasten neben ein anderes gelegt, in welches zu gleicher 
Zeit zur Controle der Cautelen ebenso viel destillirtesWasser, (natür- 
lich sterilisirtes) gespritzt war. Nach 9 Tagen geöffnet, zeigte sich 


72 " Thierversuche mit Bac. sapr. Nr. 1. 


keine Spur von Fäulniss oder Zersetzung in denEiern. Auchwar 
das Gelbe nicht mit dem Eiweiss vermischt, aber in dem inficirten 
dünnflüssiger und weisser als in dem anderen. Uebrigens liess 
sich auf F. P. A. der Bacillus aus dem Dotter noch als Rein- 
kultur erhalten; er keimte in drei Centren und wurde von hier & 


zu charakteristischen Kulturen weiter übertragen. Beiläufig 3 


möchte ich bemerken, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass 
dieser Bacillus, wenn zwischen der Schale des Eies und dem | 

Eiweiss etablirt, eine Fäulniss einleiten könnte. Ferner wurden 
verhältnissmässig grosse Mengen des Bacillus bis o,ı CC nach. 
den in einer früheren Arbeit beschriebenen Methoden auf luft- 
leere Kolben übertragen, welche theils mit ıo Gr. gekochtem 
Eiweiss, theils mit ebenso viel gekochtem Rindfleich und 
gleichen Mengen Wassers beschickt waren. Auch hier fiel die 
Wirkung sehr schwach aus. Anfangs bemerkte man keine 

Spur einer Einwirkung. Ein Glas mit Eiweiss steht so, ohne 
ein Zergehen zu zeigen, mit vollem Wasserhammer ein Jahr lang. 
Ein anderes, zu dem sehr viel mehr der Bacillenkultur hinzu- 

gesetzt war, zeigtenach ı4 wöchentlicher Bebrütung ein breiiges 

Zergehen des Eiweisses mit etwas geschwächtem Wasserhammer. 
Ein Glas mit Rindfleisch, ebenfalls stärker inficirt, zeigt be- 
ginnenden faserigen Zerfall und rosa Färbung bei nicht ge- 

schwächtem Wasserhammer (chronische Fäulniss).. Es folgt 
aus dem Vorhergehenden, dass dieser Bacillus ein entschiedenes 
Fäulnissmikrobion ist, möglicherweise das verbreitetste, welches 
an sich den Fäulnissgeruch entwickelt, auch da, wo es in den 

Nährboden nicht eindringen und denselben zersetzen kann. 
Doch folgt weiter, dass er ein strenges Aörobion ist und ohne 
Luft nur chronische Fäulniss macht. 


Thierversuche mit dem Bacill. saprog. Nr. ı. 


Da die Kulturen rasch wachsen und ziemlich dick sind, 
kann man verhältnissmässig bedeutende Mengen in Aufschwemm- 


Thierversuche mit Bac. sapr. Nr. 1. 73 


* 


ungen gewinnen. So wurde eine 5 Centim. lange, ı Centim. 
breite frische Agarkultur mit 2 CC sterilisirten Wassers auf- 
geschwemmt und davon einem Kaninchen ı CC. einem zweiten 
!/s CC. in ein Knie injieirt. Ich hatte nicht bemerkt, dass 
letzteres Thier an einer Eiterung der Unterlippe mit Abscedir- 
ung der Submentaldrüsen erkrankt war. Es starb 4 Tage nach 
der Injection. Das Knie zeigte sich ganz normal. In Farbe, 
Blutreichthum, Glanz des Knorpels und den Synovialis war 
kein Unterschied gegen das andere Knie. Keine Spur von 
Fäulniss, Eiterung, Infiltration des subcutanen Gewebes am 
Schenkel. Beim anderen Kaninchen schwoll das anfangs leicht 
geschwellte Knie bald ab. Darnach blieb das Thier völlig 
gesund. 

Eine Reinkultur in erster Generation auf F.-P.-A. in zweiter 
auf Eiweisskolben, in dritter bis zwölfter auf F.-P.-A., zwei cm 
breit und 6 cm’ lang wurde mit 5 CC Wasser aufgeschwemmt 
und einem Kaninchen je ı CC in die Kniee, einem anderen ı CC. 
in ein Knie und ı CC. in die rechte Pleura injieirt. Die Kniee 
zeigten einige Tage ganz leichte Schwellung, welche aber rasch 
verschwand. Das Befinden war anscheinend gar nicht gestört. 
Das letzte Thier starb 16 Tage später an einer Zerfleischung wahr- 
scheinlich durch eine Katze. Die Section ergab: Pleura und Knie 
ganznormal. Dasandere Thier und das vom vorhergehenden Ver- 
suche leben noch nach 2 Monaten und sind ganz ‚gesund. 
Hieraus folgt, dass dieser Fäulnissbacillus dem Kaninchen- 
organismus fast völlig unschädlich ist. Auch die bei Luftab- 
schluss gebildeten Ptomaine erweisen sich sehr unschuldig. 
Der mit Rindfleisch beschickte Kolben, welcher nach 14 Wochen 
Zerfall und Rothwerden des Fleisches zeigte, entwickelte beim 
Oeffnen recht fötiden Geruch. Von der trüblichen Flüssigkeit, 
welche feine Fleischfasern reichlich suspendirt erhielt, wurden 
einem Hund, dessen Temperatur vorher beobachtet war, 9 CC 
injicirt. 


74 “ Bacillus saprogenes Nr. 2. En =. 2 


Temp.: 24. XII. Mittags 38,6, 
»„ 25. „ Morgens 38,5, Abends 38,4, 


„26. „.“ "Nachmittags '38,4, 
» 27. „ Nachmittags 5 Uhr 38, 2, Injection, 
» 27. „» Nachmittags 6 Uhr 39,0, 
» 27. „ Nachmittags 7!/se Uhr 39,6 
(soll nur die Hälfte seiner gewohnten Portion gefressen haben) z 
| 9 Uhr 39,6, | 


j  ı0!/a Uhr 40,0, 
Temp. 28. XII. Morgens 38,7 - 

» 29. „»  . Morgens 38,4. 

Eine Woche später wurde der Hund wiederum 3 Tage 
lang gemessen. Seine Temperatur schwankte zwischen 38,4 
und 38,6, dann wurden ihm 53'/a Uhr Abends ı2 CC. sterili- 
sirten Wassers auf die andere Seite des Rückens injieirt. 


Temp.: 6!/s Uhr Abends 38,9, 


Si „ 2.4.3805 
9 1/a „ „ 39 
Io !/a „ ” 394 


am andern Morgen normale Temperatur. In den folgenden 3: 
ı4 Tagen, in welchen ich den Hund noch: beobachtete, blieb 4 
er ganz gesund. Es hatte also die Wasserinjektion fast 
dieselben Folgen als die Ptomaininjektion. Versuche mit 2 
Ptomainen, welche bei Luftzutritt unter energischer Fäulniss 
‘durch dieses Mikrobion etwa gebildet werden, habe ich leider | 
noch nicht anstellen können. 


2. Bacill. saprog. Nr. 2. 


Ein anderes sehr: merkwürdiges Mikrobion, welches eben- 
falls einen wenn auch differenten und nicht so intensiven, aber 
nicht weniger affreusen Fäulnissgeruch entwickelt, schenkte mir & 
der Zufall folgendermassen. Als Ursache eines sehr unange- 


Fäulnisswirkung von Bacill. saprogenes Nr. 2. 75 


nehmen Geruchs im poliklinischen Wartezimmer entdeckte ich 
Re ein Individuum, Namens Scheidemann, mit charakteristischen, 
sehr stinkenden Schweissfüssen. Ich berührte die Fusssohle, 


elieher so gut wie kein Sekret haftete, mit dem geglühten 


 Platindraht und machte Impfstriche auf F. P. A. Natürlich 
entstand keine Reinkultur, aber ein Mikrobion liess sich durch 
die Eigenthümlichkeit seines Wachsthums sofort in Reinkultur 
erhalten. Diese Eigenthümlichkeit ist folgende: Macht man 
heute einen noch so feinen Impfstrich auf F.P. A., so erscheint 
x: morgen die ganze Fläche desselben wie mit feinsten Tropfen 
besprengt. Die Kultur überzieht dann die Fläche gleichmässig 


- und nimmt an Dicke zu, und ursprünglich wasserhell, wird sie 


"allmählich etwas opaker, weisslich grau, von zäh-schleimiger 
Consistenz. Sie verbreitet (in der ı0. Generation noch in der- 
selben Weise wie in der ersten) ohne das F. P. A. zu ver- 
flüssigen, den fötiden Geruch nach schmutzigen Strümpfen bei 
Leuten mit Schweissfüssen. Dies Mikrobion verbreitet sich von 
‘den mir bekannten am schnellsten auf der Oberfläche. Ich 
habe es nicht versucht, die Kulturen durch Zeichnung wieder- 
geben zu lassen. Mikroskopisch bildet er dünnere und kürzere 
Stäbchen als der Bacillus ı. (Fig. 8.) 
Fäulnisswirkung bei Uebertragung aufEiweiss 
mit Luft. Das Eiweiss zerging auch hier ziemlich bald mit 
Bildung eines unerträglichen Gestanks, die hier gewachsenen 
Stäbchen waren gewiss noch einmal so lang als die auf Agar 
gezüchteten, und doch ergab die Rückkultur vollständige Rein- 
zucht in ursprünglicher Form. 

Bei Uebertragung auf Eiweiss ohne Luft liess 
sich eine entschiedenere Fäulnisswirkung erkennen als bei 
Bacillus ı. Nach 2 Tagen schäumte die Flüssigkeit, der Wasser- 
hammer wurde sehr verringert; von da ab machte sich wenig 
Fortschritt geltend. Ein zweiter Versuch fiel genau so aus. 
ı4 Wochen nach der Bebrütung ist mehr Gas angesammelt, der 


76 Thierversuche mit Bac. saprog. Nr. 2. 


Wasserhammer sehr schwach. Bei einem Kolben mit Rind- RS 
fleisch war derselbe nach genannter Zeit vollständig ver- 


schwunden, das Fleisch blassrosa und sehr zergangen. Es 


hat somit dieser Bacillus etwas mehr das Vermögen, ohne 
Luft fäulnisserregend zu wirken, muss aber doch als Aörobion 


bezeichnet werden. 


Thierversuche mit Bacillus saprog. Nr. 2. 


Eine Kultur achter Generation auf F. P. A., welche die 


ganze Fläche einnahm, 3 Tage alt und schon etwas opak war, 
wurde mit 3 CC. Wasser aufgeschwemmt und dann einem 


Kaninchen o,; CC. in beide Knie und in die Pleura, einem 


andern soviel nur in ein Knie und die Pleura injieirt. Nach 
3 Tagen starb das zweite Thier. In den Knieen war noch 


etwas flüssiger, trüblicher Schleim, doch war das Zellgewebe * 
am Oberschenkel und am Bauch in der Inguinalgegend grau- i 
weisslich infiltrirt; mikrosköpisch zeigte sich, dass es eine 


eitrige Infiltration war. In der rechten Pleura röthlich-trübliche 
Flüssigkeit, auf Lungen- und Herzoberfläche grau-weissliche, 


fibrinöse Auflagerungen. Sowohl aus dem Knie als der Inguinal- 
gegend ergaben die Rückkulturen auf F. P. A. Reinzuchten 


des Scheidemann-Bacillus. Das erste Kaninchen starb 5 Tage 
nach der Injection. In beiden Knieen etwas bröcklig-fibrinöser 
Eiter und um dieselben eine eitrige, graue Infiltration fast ohne 


Schwellung. Auch unter dem Bauch, von denInguinalgegenden 
ausgehend und innen am Oberschenkel, eine ganz flache gelblich- 


eitrige Infiltration fast ohne Schwellung, aber mit etwas Fäul- 
nissgeruch. In der rechten Pleura etwas dunkelrothe Flüssigkeit, 
und fibrinöseitriger Belag. Die Lunge zeigt dunkelrothe, ver- 
dichtete Parthien in den unteren Theilen. Milz klein, dunkel. 
Nieren blutreich. Die Rückübertragung von Blut der Cava 
inferior missglückte, denn es gingen neben dem Bacillus Scheide- 
mann noch 3 fremde Kulturen auf, Aus dem Knie und dem 


n- 


Fäulniss cariöser Zähne. 77 


u 


eitrig infiltrirten Zellgewebe des Bauches keimte der Bacillus in 
_ Reinzucht. Es folgt hieraus, dass der Bacillus Nr. 2 nicht so 
unschuldig ist, sondern in grösseren Mengen eingeführt, ent- 
schieden pathogen wirkt. Er hat invasive und pyogene Eigen- 
schaften. Die seiner Ptomaine habe ich noch nicht untersucht. 


| 3. Die Fäulniss cariöser Zähne, 

welche sich nicht selten Abscessen, welche von den Zähnen aus- 
gehen, auch Menschen-Bisswunden mittheilt, documentirt sich 
durch ihren specifischen Geruch als besondere Art. Ich theileeinige, 
_ wenn auch nicht abgeschlossene Beobachtungen hier mit, weil 
ich nicht weiss, ob ich bald zu ihnen zurückkehren werde. Ich habe 
den Eiter von 3 stinkenden Abscessen dieser Art aufF.P. A. ge- 
impft, erhieltbekannte Eitercoccen und auch andere mir nicht be- 
kannte Coccen, aber nicht das Fäulnissmikrobion. Wurde da- 
gegen der Eiter in luftleere Eiweisskolben übertragen, so stellte 
"sich sofort lebhafteste Fäulniss. mit rascher Gasentwicklung ein. 
In dem faulen Eiweiss zeigten sich mikroskopisch: 

1) Eitercoccen, Kettencoccus vorwiegend, doch auch 

Staphylococcus. 

2) Einige Spirillen. 

3) Wenige Bacillen verschiedener Arten, dickere und 
schlankere Formen. 

4) Grosse Conglomerate eines kleinen, unregelmässigen 
Coccus, welcher sich mit Methylviolett viel weniger 
färbte als Eitercoccen, auch kleiner und unregelmässiger 
gestaltet ist. Stellenweise ist er oval, wie ein Reis- 
korn, so dass man ihn auch für ein kleines Bacterium 
ansehen könnte, 

Aehnlich ist der Befund bei Eiterungen, in welchen die 

Fäulniss der Zahncaries sich etablirt hat, z.B. Menschenbisswunden. 

Ein Mann war von einem halbirren Individuum in den 

‚Daumen gebissen und dadurch das Phalangengelenk und die 


78 a Fäulniss cariöser Zähne. 


Sehnenscheide in der vola geöffnet. Bis eine Knochen- und 
Sehnennekrose ausgestossen waren, zeigte sich der genannte 
Zahncaries-Geruch. Mikroskopisch wurde in dem Eiter Be 2 
Funden: | 
ı) Eitercoccen, Gruppen- und Kettenformen. 
2) Spirillen in grosser Menge. 
3) Ein sehr feiner, borstenähnlicher Bacillus. 
4) Mehrere Arten dickerer Bacillen. 


5) Die grösste Menge bildeten enorme Anhäufungen jenes E: 


feinen Coccus. Tr 
Da mir diese Fälle doch noch keine Auskunft gaben, = 
welches von diesen Mikrobien die Zahnfäulniss bewirkte, ver- 
suchte ich Reinkulturen von einem extrahirten, cariösen Zahn zu 
gewinnen. Das Fehlschlagen aller Impfstriche auf Agar, die 
rasche Fäulniss des Eiweisses im luftleeren Raum, schien mir 
darauf zu deuten, dass das Mikrobion ein Anaörobion sei. Ich 
versuchte deshalb dasselbe im untersten Punkte der Agarsäule 
auszusäen in folgender Weise: Ich liess in einem stecknadel- ; 
dicken, hohlen Glasfaden den Inhalt des Zahnes 2—3 mm em- = 


porsteigen, schmolz das Ende, während die Flüssigkeit temporär = 


von demselben entfernt war, zu, stach den Glasfaden durch das 
Agar hindurch bis zum Grund des Probirröhrchens, wo.ich durch 
weiteren Druck das Ende des F adens zerbrach, Nach zweimal 
24 Stunden Bebrütung bei 36—39° wurde die Agarsäule durch 
Gasbildung in die Höhe getrieben und zeigte, dem Glas ent- 
nommen, den characteristischen Geruch in offensivester Weise, 
Makroskopisch war von einer Kultur nichts zu sehen, abgesehen 
davon, dass das Agar etwas feucht geworden war. Mikrosko- 
pisch fand sich: 
ı) Kettencoccus und LT IERRENE in sehr geriet | 
Menge. 
2) Bacillen, nicht sehr verschieden in der Dicke und ziem- 
lich sparsam, ich zählte 20 in einem Gresichtsfelde, 


Fäulnissbacillen bei menschlicher Sepsis. Fäulnissbacillus Nr. 3. 79 


3) Jener kleine Coccus. Er bildete entschieden die vor- 
wiegende Masse, so dass alles Uebrige nur als zufällige 
Beimengung erscheinen muss. Wie Sand war er über 
das ganze Gesichtsfeld zerstreut und daneben fanden 
sich noch grosse, unregelmässige Conglomerate, welche 
aussehen wie Brocken von zusammengeklebtem Krystall- 
zucker. Fig.9g gibt einigermassen das Aussehen dieser 
Coccen bei intensiver Methyl - Violet-Färbung wieder. 
Die dunkeln Coccen sind wahrscheinlich Eitercoccen. 
Hiernach spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass 
dieser kleine, unregelmässige Coccus die Ursache des 
Zahnfäulnissgeruches ist. Doch behalte ich mir weitere 
Mittheilungen vor. 


Fäulnissbaeillen bei Fällen menschlicher Sepsis, 
4. Fäulnissbacillus Nr. 3 aus einer putrid gewordenen, com- 


plicirten Fractur mit Sepsis bei tödtlichem Ausgang. 
J. Ebeling, 61 Jahre alt, war 4 Tage vor seiner Aufnahme in die Klinik 


durch herabfallendes Gestein in einem Steinbruch schwer veıleızt und kommt 
einfach mit einem Schienenverband hierher; es war somit die Verletzung 3mal 
24 Stunden alt, ehe sie in antiseptische Behandlung kam. Es fand sich links 
eine complicirte Fractur im oberen Theil der Tibia. Durch eine gerissene, zer- 
quetschte Wunde vorn innen am caput tibiae drang der Finger in das total zer- 
schmetterte Ende der Tibia und durch die Trümmer hindurch in das Knie. Auch 
am Oberschenkel war eine Fractur, die aber nicht communicirte. Ober- und 
Unterschenkel waren bis zur Leistengegend stark geschwollen. Die Fracturstelle 
wurde durch grossen Schnitt freigelegt, die grösseren und kleineren Splitter, 
welche schon missfarbig waren, ausgeräumt, der Knochengries ausgespült, durch 
Abtragung aller Spitzen und Trümmer das obere Ende der Tibia einfach ge- 
staltet, reichliche Drainagen nach hinten angelegt und sehr sorgfältig durch 
massenhafte Ausspülungen mit Carbol und Sublimat desinficirt und dann jodo- 
formirt. Dann wurde die Fractur am Oberschenkel angeschnitten, um sich zu 
versichern, dass sie nicht mit dem Knie communicirte, und ferner noch für 
einen in der Tibia nach unten verlaufenden Riss eine Drainage angelegt. Abends 
Fieber. Am folgenden Tag, 18. IV. 83, Verbandwechsel, kein Fäulnissgeruch, 
20. IV. Die Wunde stinkt wieder, hohes Fieber, 21. IV, ablatio femoris im 


80 Fäulnissversuche mit Bac. saprog. Nr. 2. 


oberen Drittel. 23. IV. Allgemeinbefinden wesentlich gebessert. Temperatur 

heruntergegangen, 24. IV. wieder Fiebersteigerung, Pat. vollständig verwirrt. 
Stumpf putrid, wird desinficirt. 25. IV. Pat. delirirt in hohern Fieber. Eine 
unter den Cautelen entnommene Blutprobe "wurde auf Agar ausgesäet. Nur in 
einem Röhrchen keimte, «unabhängig von dem Impfstrich, ein grösserer Bacillus 
in ganz durchsichtigen, glashellen, tropfenähnlichen, flachen Kulturen; ich hielt 
ihn für eine Verunreinigung. 26. IV. Pat. delirirt beständig, schreit bei jeder 
Berührung laut auf, lässt unter sich gehen, hat hohes Fieber. Der Stumpf ist 
ohne Geruch, doch werden jetzt matsche, nekrotische :Gewebsfetzen ausgestossen, 
30. IV. Unter fortdauernd hohen Delirien tritt der Tod ein, Bei der Section 
fand sich die Wundfläche voll dickflüssigen, gelben, mit Fetttropfen vermischten 


Eiters. Herzmuskulatur von Fett etwas durchwachsen, schlaff, hellbraunroth. 


Aus der durch alte Adhäsionen verwachsenen Lunge entleerte sich beim Durch- 


schnitt beider Unterlappen reichlich klare, röthliche, feinschleimige Flüssigkeit, 
In einer Hauptarterie der linken Lunge ist ein grosser Embolus, der sich nach 


dem Unterlappen hinerstreckt. Mikroskopisch ergibt sich im Herzen viel braunes 


Pigment an den Kernen und Fetttropfen an den Fibrillen. In den Lungen sind a 


vielfach die Capillaren mit Fetttröpfchen angefüllt. Nieren gross, schlaff. In 
den gewundenen Harnkanälchen finden sich mikroskopisch Fetttröpfchen. 

Unmittelbar nach der Ablation am 2r. IV. secirte ich das 
abgeschnittene Bein und fand sowohl die Weichtheile als auch 
besonders das Knochenmark der Tibia bis über die Mitte nach 
unten in einen faulen, stinkenden Brei verwandelt. Bei der 
Aussaat auf Agar keimte mancherlei. Der Hauptsache nach 
ein mir bis dahin unbekannter Bacillus, Fig. 10. Ferner microc. 
pyog. aur., später noch einige isolirte, dicke, porcellanartige 
Coccenrasen. Ich stellte mir die Aufgabe, den Bacillus näher 
kennen zu lernen und züchtete ihn rein. Er wächst auf Agar 
mittelschnell. In 8 Tagen ist der Strich bis 3 mm breit bei 
Zimmertemperatur gewachsen und bildet einen aschgrauen, 
nicht zähen, sondern'matschigen, fast flüssigen Ueberzug, Fig. XI, 
und nimmt mit der Zeit einen besonders widerlichen Fäulniss- 
geruch an. 


Fäulnissversuche mit diesemBacillus bei Luft- 
zutritt. Eiweiss in Wasser bei Luftzutritt mit diesem Pilz inficirt, 


Thierversuche mit Bacill. sapr. Nr. 3. 81 


zergehtrasch und nimmt ebenfalls einen ähnlichen unangenehmen 
Fäulnissgeruch an. 

Bei Luftleere zeigt sich ganz ähnlich wie bei Bacill. 
sapr. Nr. 2 ein rascher Ansatz zu akuter Fäulniss. Der Wasser- 
hammer mindert sich, beim Anklopfen schäumt die Flüssigkeit. 
Von da ab aber schreitet die Fäulniss nur äusserst langsam 
vorwärts. Noch nach ı4 Wochen war das Eiweiss nicht ganz 
zergangen, das Rindfleisch hellroth und schleimig auf der Ober- 
fläche geworden. In beiden Gläsern bestand noch, wenn auch 
sehr geschwächter Wasserhammer. Kurz der Fäulnisseffect 
‚ohne Luft blieb etwas hinter dem des Bacilus sapr. Nr. 2, 
Scheidemann, zurück. 


_ Thierversuche mit Bacillus sapr. Nr. 3 (Ebeling). 


Die Reinkultur war 5mal umgezüchtet und immer in 
gleicher Weise gewachsen. Eine ı4 Tage alte Kultur vierter 
Generation 4 mm. breit, fast 3 cm. lang wurde mit etwa 2 CC. 
destillirten, sterilisirten Wassers aufgeschwemmt und davon einem 
Kaninchen 0,5 CC. in das rechte Knie injieirt, einem zweiten 

0,5 CC. in das rechte Knie, und 0,6 CC subcutan in die Bauch- 
haut links vorn. Am anderen Tage starb Nr. 2. Die Obduction 
ergab an der Injectionsstelle am Bauch eine opake gelb-grün- 
liche Infiltration, welche Eiterkörperchen enthielt. Um dieselbe 
stellenweise starke capilläre Entzündungsröthe, sehr wenig 
Oedem, schwacher Fäulnissgeruch, im Knie dünne Eiterkörper- 

2 chen enthaltende Flüssigkeit. Innen am Oberschenkel und in 
der Inguinalgegend rechts kaum etwas vermehrte Röthe wahr- 

‘ zunehmen. Herz, Lungen, Bauchorgane zeigten nichts Ab- 
normes. Mit der Flüssigkeit aus dem Knie waren sofort Impf- 
striche auf 2 Agarröhrchen gemacht; in beiden keimte der 
Bacillus in Reinzucht. Das andere Kaninchen blieb mehrere 
Tage krank, hinkte, das Knie war dick und fluctuirte, Inguinal- 
gegend anscheinend frei. 7 Wochen später war das Knie noch 


Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 6 


89 Bacillus saprogenes Nr. 3. 


dick, die Inguinalfalte ganz normal anzufühlen; das sehr abge- 
magerte Thier hat sich etwas wieder erholt. ı6 Wochen später: 
Das Thier ist munter, dick und blank geworden. Der Unter- 
schied beider Knie noch deutlich, doch ist in dem kranken Knie 
kein Inhalt mehr nachzuweisen. 


% 


Wahrscheinlich denselben Bacillus habe ich in einem 
anderen Falle von Knocheneiterung angetroffen, dessen klinischer 
Verlauf allerdings recht unklar ist und durch die Obduction 
nicht aufgehellt wurde. 


H. Binnewis, 59 Jahre alter Arbeiter von geringer Intelligenz, sodass auf 
die Anamnese wenig Werth zu legen ist, behauptet seit 6 Wochen ein offenes 
Bein zu haben. Vor 38 Jahren will er dasselbe einmal gebrochen haben und 
seitdem soll es öfter offen gewesen sein. Seit 14 Tagen hat es mehr geschmerzt. 
Stat. praes.: Am linken Unterschenkel, welcher fast in ganzer Ausdehnung ge- 
schwollen ist, finden sich mehrfache, dem unregelmässig verdickten Knochen 
adhärente, alte, pigmentirte Narben, und ausserdem 2 mehr-als Markstück grosse 
geschwürige Defecte der Haut, in deren Grunde die Tibia nicht nekrotisch frei- 
liegt. Ich hielt diese Defecte für zerfallene, am Knochen adhärente Narben, 
Aussen dicht über dem Fussgelenk ist ein Abscess spontan perforirt und sondert 
sehr wenig eines intensiv stinkenden Eiters ab, Ein zweiter Abscess besteht 


über dem innern Knöchel, Urin eiweissfrei. 


Breite Eröffnung der Abscesse und Entfernung zweier ganz oberflächlicher 
alaesfolistionen: Trotzdem zeigte sich in der Folge noch derselbe schreck- 
liche Gestank des Eiters. Das Fieber stieg; offenbar war das Fussgelenk ver- 
eitert; Amputation verweigert. Dieselbe wurde erst, nachdem das Fieber stets 
gestiegen, Delirien eingetreten waren, 2'/, Wochen nach der Aufnahme im oberen 
Drittel des Unterschenkels vorgenommen. Der Stumpf der Tibia war gesund, 
aus dem der Fibula quoll Eiter. Er wurde ausgelöffelt und desinficirt, doch 
schon am folgenden Tag folgte tödtlicher Ausgang. Der sofort nach der Ampu- 
tation untersuchte Unterschenkel zeigte eine putride Eiterung in der Markhöhle 
von Fibula und Tibia. Das Innere beider Knochen war durch einen grünlich- 
weissen, furchtbar stinkenden Eiter ausgefüllt. Die diese Eiterung einschliessende 
Rinde beider Knochen war durchaus nicht nekrotisch; nur auf der Basis der 
Sprunggelenksfläche der Tibia lag eine kleine Nekrose, welche die Vereiterung 
des Gelenks bewirkte. Bei der Obduction fand sich in den Aesten der rechten 
Lungenarterie ein gelb-grauer, der Wand fest adhärirender Embolus, während 


. 


Kulturen mit dem Blut Septischer. 83 


weder im Herzen noch in den Venen des erkrankten Beines Gerinnungen ge- 
funden wurden. Ausserdem fand sich doppelseitige Blennorhoe der Bronchen, 
katarrhalische Broncho-Pneumonie im linken Unterlappen. Dilatation und Hyper- 
trophie des rechten Ventrikels. 


Der bei der erwähnten Eröffnung der Abscesse aufge- 
fangene stinkende Eiter wurde auf Agar ausgesäet. In allen 
Impfstrichen keimte ein und derselbe Bacillus, etwas später 
noch der Staph. pyog. aur. Leicht liess sich der Bacillus in 
Reinzucht erhalten. Seine Kulturen und sein Verhalten gegen 
Eiweiss bei Luftleere, auch sein mikroskopisches Aussehen 
zeigten so grosse Aehnlichkeit mit dem Bacillus Ebeling, dass 
ich, wenn auch stellenweise, wie in der Abbildung Fig. ıı, die 
Stäbchen etwas dicker sind, die Identität für sicher halte. 


Ich habe somit 3 verschiedene Fäulnissorganismen — ein 
viertes noch nicht vollständig — rein gezüchtet und kennen 
gelehrt, welche aus verschiedenen Quellen stammten und ver- 
_ schiedene Eigenschaften hatten. Während eins derselben sich 
sehr innocent im lebenden Gewebe erwiess, hatten die zwei 
Anderen invasive und eiterbildende, wahrscheinlich auch toxische, 
aber ganz und gar keine parasitäre, geschweige denn dia- 
blastische Eigenschaften. Ehe ich die Rolle bespreche, die 
letztere Bacillen vielleicht bei der Erkrankung an Sepsis 
‚ spielen könnten, muss ich eine andere Beobachtung hervor- 
heben, die bei dem ersten Sepsisfalle -— Ebeling — gemacht 
und mitgetheilt wurde, dass nämlich die Impfstriche mit dem 
Blute auf F. P. A., trotzdem sie nicht lange vor dem Tode in 
der Akme der septischen Erkrankung gemacht wurden, nicht 
keimten. Ich füge noch eine analoge Beobachtung hinzu. 
Einem 5ıjährigen Taglöhner, W.Mook, war 4 Tage vorher ein alter sonst 
stets durch ein Bruchband zurückgehaltener Schenkelbruch ausgetreten, und zu- 
gleich hatten sich Schmerzen im Leib, Uebelkeit, Erbrechen etc. eingestellt; seit 
2 Tagen zuletzt Stuhlgang. 22. I. 84. Bruch sehr empfindlich, geröthet. Her- 


niotomie: dunkles, entschieden trübes Bruchwasser. Die Darmschlinge ist von 
6* 


84 a Kulturen mit dem Blut Septischer. 


zweifelhaftem Aussehen, dunkelbraun-roth, an der Convexität schieferfarben; mit 
einzelnen gelben Pünktchen. Schnürstelle gut. Nach Erweiterung der Bruch- 
pforte und Abwaschen mit Sublimat wird die Schlinge reponirt und Radical- 
Operation angefügt. 24. I. Bauch aufgetrieben, Erbrechen. Temp, stets hoch, 
fast 40° C. 25. I. Verbandwechsel, Wunde gut. Bauch sehr aufgetrieben, 
schmerzhaft; hohe Temp.; kein Erbrechen mehr. 30. I. Seit 2 Tagen zunehmen- 
der Verfall, Temp. stets um 40° C. Seit gestern metastatische Parotitis. Diag- 
nose: Acut septische Peritonitis. Patient hat indess nicht mehr erbrochen. 


Mittags: Exit leth. 


Ich hatte vor, noch im Leben eine Blutprobe zu entneh- 
men, kam aber ıo Minuten zu spät, und machte mit dem noch 
nicht geronnenen Blut einer Armvene und mit dem schon etwas 
eitrigen Infiltrat der metastasischen Parotis reichliche Impf- 
striche auf F.P. A. Die Blutkulturen blieben sämmtlich steril. 
Aus der Metastase keimte in jedem Stich und Strich sehr üppig 
der staph. pyog. aus. 4 Tage später übertrug ich das auf dem 
Agar feucht erhaltene Blut auf F. P. G., ohne ein anderes Re- 
sultat zu erhalten. 

Die Obduction ergab folgendes: Därme stark aufgetrieben, zeigen an den 
Berührungsecken lebhaft geröthete Längsstreifen. Sonstige Zeichen von Peri- 
tonitis fehlen aber. Die eingeklemmt gewesene Schlinge ist mit anderen Ein- 
geweiden und in sich so verwachsen, dass die Passage in ihr noch eine schwierige 
ist, Doch sind jetzt Fäcalmassen unter derselben. Die Schlinge ist bläulich- 
roth-schieferfarben. Da sie adhaerirt, ist sie nicht abgestorben. Die Schleimhaut 
zeigt tiefe Ulcerationen, ‘und zwar entsprechen die erwähnten gelben Pünktchen, 
welche bei der Operation auf der Serosa bemerkt wurden, den tiefsten Stellen 
dieser Schleimhautgeschwüre. Auch in dem erweiterten Darmtheil oberhalb der 
Incarceration sind bedeutende Ulcerationen. Im Mesenterium zeigen die Venen 
keine Veränderung. Weder Bauch- noch Brustorgane bieten etwas Pathologisches,. 
Milz nicht vergrössert; Niere normal. Unabhängig von der Erkrankung ist ein 
chronischer Hydrocephalus internus. 

Liesse sich aus dem Umstande, dass bei diesen beiden 
Fällen von Sepsis aus dem Blute Microbien nicht keimten, der 
Schluss ziehen, dass bei ihnen eine allgemeine Verbreitung, eine 
Durchwachsung des Körpers durch ein bestimmtes Mikrobion, 
wie z. B. bei der Mäusebacillensepsis oder der Bacteriensepsis 


DE a he iz, 


SB 


u 


tes gr, BE e; 


läd 


Aetiologie der vorstehenden Sepsisfälle. 85 


nicht stattgefunden habe, so würde es sich wesentlich um Pto- 
mainintoxicationen von dem örtlichenHerd aus handeln müssen. 
Wir finden bei Ebeling eine enorme Zertrümmerung des 
Knochens und der Weichtheile mit Einschluss des Kniegelenks 
ohne primäre Antisepsis; bald werden Weichtheile und Knochen 
stinkend faul, auch der Amputationsstumpf wird putrid und 
eitrig. Es findet sich Embolie einer Lungenarterie und Lungen- 
ödem. Dieser Befund würde recht wohl zu der Annahme stim- 
men, dass entweder der invasive und giftige Bacillus Nr..3 oder 
der staph. pyog. aur. oder beide zusammen das ihnen zugängig 
. gemachte, mit Blut infiltrirte, gequetschte Gewebe befielen und 
hier theils durch Ptomainvergiftung, theils aber auch, wie bei 
Verbrennung oder Anätzung grösserer Parthien lebenden Gre- 
webes durch Bildung von Fermentblut allgemein nosogen wirkten. 
Auch in dem Fall Mook müssten wir unter obiger Voraussetz- 
ung ähnliche Verhältnisse annehmen. Hier ist das alleinige 
Auftreten des staphylococcus in der Metastase von Interesse; 
setzt doch Ogston gerade von dem staphylococcus die Bildung 
scharfer chemischer Stoffe voraus! sehen wir durch Injection in 
das Blut oder in seröse Höhlen Thiere unter Erscheinungen 
jäher Sepsis sterben! Der staphylococcus pyog. aureus war in 
allen 3 Sepsisfällen vertreten. Indessen der obige Schluss aus 
. dem Sterilbleiben der Blutkulturen auf F. P. A. ist zur Zeit 
durchaus noch nicht gestattet. Wissen wir doch wie schwierig 
die Kultur gerade der specifisch-pathogenen Microorganismen 
ist, wie differente Färbungs- und Kulturmethoden nöthig waren, 
den Tuberkelbacillus zu erkennen und zu züchten, wie manche 
Mikrobien, deren Existenz wir folgern müssen, z. B. bei Schar- 
lach, Masern, Syphilis ete. bis jetzt unserer Wahrnehmung 
spotten! So könnte also auch das Mikrobion der menschlichen 
Sepsis trotzdem noch auch in solchen Fällen, wie die beiden 
genannten als gemeinschaftliche Aetiologie in der Zukunft auf- 
gedeckt werden, Sehen wir freilich, wie in anderen Fällen die 


86 a Progressive Gangrän. 


septische Allgemeinerkrankung so evident von Invasion der 
bekannten Eitercoccen oder auch von leicht nachzuweisenden 
Bacillen abhängt, so verliert eine solche Annahme an Währ- 
scheinlichkeit. Solche Fälle sind die vier folgenden, zwei von 
progressiver Grangrän, zwei von progressivem, brandigem Em- 
physem. 


B. Progressive Gangrän. 


Ein 54jähr. Schuhmacher, K. Sandvoss, verletzte sich vor 4 Tagen am 
Zeigefinger der rechten Hand. Schon am nächsten Tag waren Finger und Hand 
geschwollen, heftige Schmerzen, Frost und Hitze. Stat. praes.: Handrücken und 
Handfläche stark phlegmonös geschwollen. Zeigefinger unförmig, blau. Ein 
Abscess in der vola manus wird incidirt und drainirt und am Zeigefinger mehrere 
Incisionen gemacht, um durch Entspannung der Haut der drohenden Gangrän. 
vorzubeugen. Am folgenden Tage höheres Fieber; der Unterarm stark geschwellt, 
livid, Stichelung desselben neben grossen Incisionen; Hochlagerung und Einwick- 
lung in nasse Carboljute. In den folgenden Tagen hohes Fieber. Der Zeige- 
finger ist gangränos. Der Vorderarm zweifelhaft. Die Phlegmone langsamer 
fortgeschritten. Am 5. Tage nach der Aufnahme zeigt sich der Unterarm bis 
zur Mitte brandig abgestorben. Hohes Fieber. Seit Tags vorher circumcript 
geröthete Hautpartien an beiden Unterschenkeln.. Am folgenden Tage sind die 
genannten Partien, welche sich rechts weithin auch bis zum Oberschenkel ver- 
breitet haben, stellenweise blau mit bläulichen Blasen bedeckt. Hohes Fieber, 
Delirien; Abends des 6. Tages nach der Aufnahme Tod. Bei der Section zeigte 
sich der rechte Unterarm geschwellt, schmutzig grünlich, die Epidermis in Blasen 
abgehoben. Bei Incision der Haut gelangt man in eine brandige Jauche, welche 
die ganze Muskulatur gleichmässig durchtränkt. Das rechte Bein bis hoch oben 
an den Oberschenkel ist in gleicher Weise verfärbt und verjaucht, schlaff, mürbe. 
Lungen stark bluthaltig; Bronchien entleeren Oedemflüssigkeit. Milz mässig 
geschwollen. Nieren blass, trüb; Leber schlaff, etwas getrübt. Darmschleim- 
haut geschwellt, geröthet, zum Theil hämorrhagisch und mit Schleim bedeckt. 
Im Colon transvers. ein thalergrosses Cylinderepitheliom ; Herzmuskel, Niere und 


Leber waren parenchymatös entzündet. 
ı2 Stunden vor dem Tode incidirte ich nach sorgfältigster 


Desinfection die Stelle am rechten und auch am linken Bein, 
und zwar da, wo keine Blasen sich befanden, und impfte die 


Progressive Gangrän. 87 


entleerte, trüblich röthliche Flüssigkeit auf P. F.G. Es keimte 
überall eine Reinzucht des strept. pyog. Es ist in diesem Fall 
der Kettencoccus nur auf F. P. G. gezüchtet worden; sollte 
man fragen, ob dadurch der Kettencoccus sicher genug als 
strept. pyog. festgestellt sei, so würde ich auf den folgenden, 
ganz analogen Fall verweisen, in welchem die Identität durch 


Parallelzucht festgestellt ist. 
Ein 40jähriger Bremser, W. Neuhaus, hat sich vor 10 Tagen an einer 
ganz neuen Bohnenstange, nach späteren Angaben, oder auch zum zweiten Male 


“vor 8 Tagen an dem Geräthekasten der Bremser, eine kleine Risswunde auf 


der Mitte der Rückenfläche der Grundphalanx des rechten Zeigefingers, etwas 
mehr an der radialen Seite desselben, zugezogen. Diese wurde nicht weiter be- 
achtet, bedeckte sich mit Borken und wurde schliesslich eine Eiterblase, welche 
offenbar Anfangs harmlos war. Vor 5 Tagen entstand auf der Rückenfläche des 
rechten Vorderarms, etwas unterhalb der Mitte an der radialen Seite ein fünf- 
markstückgrosser rother Fleck, welcher Schmerz verursachte und sich rasch zu 
einer Phlegmone vergrösserte.e Während diese anstieg, wurde Pat. kränker und 


. bekam vor 2 Tagen, am 19. X. 83, einen regulären Schüttelfrost. 21. X. Stat. 


praes.: Eine derbe, stark dunkelrothe, phlegmonöse Anschwellung nimmt die 
ganze Vorderfläche und auch den radialen Theil der Dorsalfläche des rechten 
Vorderarmes ein. Nirgends Fluctuation. An dem etwas mehr radialwärts ge- 
legenen Centrum der Phlegmone zeigt die cutis an einem etwa daumengrossen 
Streifen blau-braune Färbung und ist auch hier und in der Umgebung die Epi- 
dermis in bläulichen und bräunlichen Blasen abgehoben. Achseldrüsen wenig 
geschwellt, aber etwas schmerzhaft. Beim Einschnitt in die Phlegmone dringt 


. man durch die geschwellte ödematöse, durch und durch dunkle Cutis zu einer 


flachen, gleichmässigen, trüb infiltrirten Lage des Subkutangewebes. Dasselbe 
sah nicht aus, wie die gewöhnlichen, eitrig infiltrirten Fetzen, welche dann später 
ausgestossen werden, sondern war nur verfärbt und infiltrirt. Von diesem Gewebe 
wurde unter sorgfältigsten Cautelen ein Stück entnommen zu Kulturen und mikros- 
kopischer Untersuchung. Temp. 40. Grosses Schwächegefühl. 22. X. Phleg- 
mone bis zum Oberarm fortgeschritten trotz aller therapeutischen. Massnahmen, 
Grosse Schwäche; Pat. delirirt. 23.X. Am Vorderarm werden grosse Incisionen 
gemacht, die Haut zeigt sich hier und am Oberarm total unterminirt und fliesst nun 
etwas dünner Eiter unter ihr heraus. Die ursprünglich blaue Stelle am Vorder- 
arm ist jetzt schwarz-brandig geworden, Temp. 39,9. Auf der Brust vorn zeigt 
sich ein eigenthümlicher Ausschlag. Die Haut ist von confluirenden rothen 


88 : Progressive Gangrän. 


Stippchen bedeckt und sieht ganz aus wie beim Scharlachexanthem, nur dass die 
Stippchen in ihrer Mitte ein minimes weisses Pünktchen — minimes Eiterbläschen 
— haben. Auf die Hypothese, dass dieses capilläre subepidermoidale Coccen- 
embolien sein könnten, wurde dasHerz untersucht, aber normal befunden. 24.X. 
Die Eruption ist jetzt auch auf grosser Fläche an der Innenseite beider Ober- 
schenkel erschienen. Auf der Brust fliessen die Eiterbläschen zu grösseren zu- 
sammen. Die brandigen Stellen sind grösser geworden. 25. X. Trockene Zunge, 
mässiges Fieber. Der Process ‚schreitet unaufhaltsam fort und ist bis zum Rumpf 
gekommen. 26. X. Hohe Morgentemp., Pat. sehr elend, bewusstlos. Bei Ent- 
fernung der gangränösen Haut am Vorderarm zeigt sich, dass auch die Muskulatur 
durch und durch brandig ist. Die livide Färbung mit Blasenbildung als Zeichen 
des schon gangränösen Absterbens ist bis zur Achsel gekommen, während der 
Vorläufer, die erysipelatöse Zone, schon weiter ist. 27. X. Pat, pulslos. Gegen 
Mittag erfolgt der Tod. Section: rechter Arm, besonders in den oberen Par- 
thien stark geschwollen, die Haut zeigt innen am Oberarm schmutzig-rothe 
Streifen und Flecke; in der Gegend des Ellbogens sind noch einige Streifchen 
nekrotischer Haut erhalten, sonst liegen die in Gangrän befindlichen Muskeln und 
Fascien frei zu Tage und lassen reichlich trübliche, grau-rothe Flüssigkeit aus- 
sickern. . In der Bauchhöhle ist kein fremder Inhalt. In beiden Pleuren hin- 
gegen, wie auch im Herzbeutel reichlich röthliches Exsudat. Beide Lungen bis 
auf geringe Stellen ödematös; Bronchialschleimhaut bis in die feinsten Aeste 
geschwollen und geröthet. In den Bronchien etwas gefärbter, röthlicher Schleim. 
Herzfleisch sehr schlaff, trübe, zeigt gelblichen Farbenton, Beide Ventrikel etwas 
vergrössert, Muskulatur verdickt. An Endocard und Klappen keine acuten Ver- - 
änderungen. Milz stark vergrössert, von braunrother Färbung und so weich, dass 
nach Incision die Pulpa wie ein Brei ausfloss. Nieren schon stark faul, Leber 
sehr gross, weich, gelblich, Schnittfläche trübe. In den grossen Gefässen des 


erkrankten Armes, sowie in der vena subclavia dext. ist nur flüssiges Blut. 
Inden am 2ı. X. sofort angelegten Kulturen keimte überall 
ganz gleichförmig eine sehr energische Kultur des strept. pyog,, 
Fig. VII. Von der ersten Kultur brachte ich bei mehreren 
Mäusen und bei 2 Kaninchen in kleine Hauttaschen so viel 
als möglich ein, es erfolgte keinerlei Reaction, nicht einmal ein 
Abscess. Diesen Misserfolg erkläre ich mir daraus, dass die 
Kultur zu alt geworden war. Ich machte nun eine Reihe von 
Parallelzüchtungen auf Gläschen mit F. P. A. von derselben 
Portion, die nebeneinander in derselben Temperatur lagen und 


Progressive Gangrän. 89 


monatlang beobachtet wurden mit dem Kettencoccus „Neuhaus“ 
und mit einem anderen beliebigen Kettencoccus und zwar von der 
Drüsenphlegmone nach Scharlach. Das Resultat lege ich dem 
Leser vor in Fig. VII. und VI. Es war weder makroskopisch 
noch mikroskopisch ein Unterschied zu finden. Es wurden 
ferner Gewebsschnitte von dem ausgeschnittenen Stückchen 
untersucht. Der Coccus hatte das Gewebe diffus durchsetzt, 
ähnlich wie es Ogston beschreibt. Zwischen den noch sicht- 
baren Gewebselementen lag er wie Sand, theils einzeln, theils 
zu zwei oder drei, selten zu längeren Ketten angeordnet. 
Wir haben hier zwei Fälle progressiv brandiger Phlegmone, 
der erste mit Metastasen, von gleich progressiv - brandigem 
Charakter beide mit schwer septischen Allgemeinsymptomen. 
So wenig mir Anfangs Ogstons Behauptung, dass auch die 
Septicämie alleinig und unveränderlich durch Mikrococcusver- 
giftung hervorgerufen werde, einleuchten wollte, weil ich durch- 
‚aus glaubte, dass bei so besonderen Fällen, wie diese nament- 
lich, ganz specifische Organismen im Spiel sein müssten, so 
- haben doch besonders diese Untersuchungen meine Ansichten 
zu Gunsten Ogston’s geändert. Derselbe hat ganz gleiche 
Fälle beobachtet. Er beschreibt die Erkrankung unter dem 
Namen »Erysipelatoid Wound Gangrene« und hat ebenfalls ge- 
funden, dass all diese Fälle durch Streptococcus bedingt seien 
(welchen er allerdings nur mikroskopisch, nicht durch Kulturen 
erwiesen hat). Leider bringt O. diese Krankheit mit dem Ery- 
sipel zusammen und nennt sie die intensivste und bedenklichste 
Form des Erysipelas. — Da dieser Streptococcus auch in ganz 
unschüldigen Abscessen so häufig gefunden wird, so möchte 
Mancher doch an der Richtigkeit der genannten Kultivirungs- 
Resultate zweifeln. Wäre es doch möglich, es sei dieser Pilz, 
weil leicht keimungsfähig, zufällig aufgekeimt, während das 
eigentliche nosogene Microbion vielleicht überhaupt nicht auf 
dem angewandten Nährboden keime, Dies widerspricht aber zu 


90 Progressive Gangrän. 


sehr dem mikroskopischen Befund der befallenen Gewebe, wie 
er von Ogston und in meinem Falle constatirt wurde. Wo 
in der beschriebenen Weise in dem eben befallenen, noch 
lebenden Gewebe, Coccus neben Coccus und Kette neben Kette 
verstreut liegt, während keinerlei anderes Microbion, so weit 
wenigstens die mikroskopische Unterscheidung reicht, zu finden 
ist, da muss man wohl dem Kettencoccus die Schuld bei- 
messen. — Fragen wir, ob denn auch andere Eitercoccen pro- 
gressive Gangrän veranlassen, so vermag ich darauf nicht zu 
antworten, da ich erst diese zwei Fälle dieser seltenen Erkrank- 
ung zu untersuchen Gelegenheit hatte. Doch beschreibt O. 
unter dem Namen »sloughing inflammation or inflammatory 
mortification« eine ähnliche ausgedehnte Invasion von Staphylo- 
coccen, welche zu Abscedirung aber auch zu Gangrän 
von Fingern und Hautparthien führen, ja auch den Tod 
durch Allgemeininfection ‚herbeiführen kann. Auch erhielt ©. 
wohl bei Injectionen von Staphylococcus bei Thieren solche 
Hautgangrän. Ich glaube indess, dass es sich hier mehr um 
eine einmalige Ueberschwemmung mit grossen Mengen von 
Coccen handelt, während im Fall »Sandfosse und »Neuhaus« 
und in O.s »erysipelatoid disease« ein wirkliches Weiterwandern 
der Affection, ein Durchwachsenwerden durch die Coccen nicht 
geleugnet werden kann. Es scheint der Strept. pyog. diese 
Eigenschaft mit dem Strept. erysip. Fehl. zu theilen, während 
Letzterem (abgesehen davon, dass er einmal eine Hautstelle am 
Fuss- oder Handrücken etc. brandig macht) sowohl die pyogene 
wie auch die gangränescirende Eigenschaft fehlt. Es gibt wie 
bekannt, noch andere progressive Entzündungen und Gangrän- 
formen, so vor allen Dingen das maligne Oedem, von welchem 
ich indess keinen Fall berichten kann. Dagegen kann ich 
2 Fälle von brandigem Emphysem, einer in vorantiseptischen 
Zeiten wohlbekannten, gefürchteten Krankheit berichten. 


Progressives, gangränöses Emphysem. 2: 


c Progressives, gangränöses Emphysem. 


Franz F ust, 21jähriger Maurer. Ein fallender Baum traf heute den Unter- 
schenkel des kräftigen, stets gesunden Mannes, zerschlug ihn am Uebergange vom 
oberen zum mittleren Drittel, — die Tibia schräg, die Fibula in der Mitte. Ent- 
sprechend finden sich Hautperforationen in der Wade, während vorn die Haut 
erhalten ist. Pat. ist 6 Stunden nach der Verletzung aufgenommen mit stark 
geschwollener Extremität, die oberhalb des Gelenkes hinauf seitlich crepitirt durch 
Blut oder Luft. Incision vorn auf die Knochen. Drainage seitlich und hinten 
auf den Knochenspalt, so exact als nur thunlich, reichliche Ausspülung mit Car- 
bol. Am folgenden Tag, 20. V. 81: Schwellung ist nicht weniger geworden. 
Pat. ist eigenthümlich ruhig, Ausspülung mit Carbol. ı. V. Deutliche Putres- 
cenz der Wunde bei geringer Schwellung, Ausspülung mit 10 °/, Chlorzinklösung. 
22. V. Wegen stärkerer Putrescenz Ablation des femur im unteren Drittel. Die 
Muskulatur des Unterschenkels (manche tiefere strata sind verschont) ist zu einer 
eigenthümlichen rothbraunen von Gasbläschen durchsetzten, lockeren, schaumigen 
Masse geworden. 24. V. Der Stumpf ist wieder in derselben Weise erkrankt, 
Patient verfallen, klagt über die rechte Hüfte, sieht leicht icterisch aus, stirbt 


Mittags 2 Uhr an foudroyanter Sepsis. Obduction nach nicht ganz 24 Stunden: 


Stark faulige Leiche mit allgemeinem Fäulnissemphysem. Abgesehen von peri- 
bronchitischen älteren Käseherden und einer ziemlich ausgebreiteten Fettembolie 
findet sich nichts Abnormes. Milz gross, dunkel, Pulpa zerfliesslich. 


Die abgesetzte Extremität untersuchte ich sofort nach der 
Ablation. Esfand sich ein ausgebreitetes, knisterndes Emphysem 
mit eigenthümlichem Fäulnissgeruch und waren die Muskeln in 
grosser Ausdehnung in jene genannte braune, knisternde Pulpa ver- 
wandelt. Auf Deckgläschen gestrichen, zeigten sich sehr charak- 
teristische Organismen, längere und kürzere Stäbe von ziemlicher 
Dicke. Häufig findetman an dem einen Ende kürzerer Glieder eine 
grosse, glänzende, sich nicht färbende Spore (Fig. ı2.) Diese 
Bacillen waren in jedem Gesichtsfeld in grosser Menge vor- 
handen; so zählte ich in einem beliebig eingestellten 33 (Winkel, 
Oelimmersion !/,, Ocul. 4). Erst wenn man darnach suchte, 
konnte man wohl einmal einen vereinzelten Coccus antreffen. 
Diesen Befund konstatirte ich an den frischest erkrankten 


99 ° : Progressives, gangränöses Emphysem. 


Parthien, und muss nach demselben die Bacillen als das 
pathogene Microbion auffassen. Alle Versuche der Kultur des- 
selben blieben erfolglos. 

Eine 35jährige Frau, Melusine Lücke, kommt 25. IV. 81 in die Klinik, 
um sich fistulöse Lymphome der rechten Achselhöhle extirpiren zu lassen. 26. IV. 
Ausräumung der Achselhöhle ohne Zwischenfall unter den üblichen Lister’schen 
Cautelen. 27. IV. Verbandwechsel, nichts Auffallendes zu bemerken, Abends 
war die Temperatur etwas erhöht. Am 28. Morgens wieder normal; nur klagte 
Patientin über nicht bedeutende Schmerzen in der Achsel, die auf Unbequemlich- 
keit des Verbands zurückgeführt wurde, doch fiel am 28. Abends ihr elendes 
Aussehen auf. Temp. 39, Puls 160, Respiration 40. Rechter Arm bis zum 
Handgelenk roth und geschwollen. Auf der Rückseite desselben unter dem 
Verbande und nach unten bis über den cond, int. hinaus ist die Haut bräunlich, 
Sepia-farben mit Blasen bedeckt. Nach Abnahme des Verbandes zeigt sich starker 
Fäulnissgeruch des hinteren Drainrohrs, ausgedehnte braunrothe Verfärbung und 
Schwellung der Weichtheile bis zum Halse und auf dem Rücken nach unten 


bis zur letzten Rippe. Wo man auch auf diese Schwellung drückt, fühlt man 


Knistern von Emphysem,. ı Uhr Nachts Puls nicht mehr zu fühlen, Aether- 


Injectionen. Unter rapidem Fortschreiten der Gangrän starb Patientin 4 Uhr 
Morgens. Section: der rechte Arm, Schulter, Halsgegend, Nacken sind geschwollen, 
schmutzig-bräunlichroth; beim Einschneiden zeigt sich besonders in den hinteren, 
der Wunde benachbarten Abschnitten eine eitrige Phlegmone sowohl des sub- 
cutanen als des intermuskulären Bindegewebes. In etwas weiterer Entfernung 
von der Wunde tritt weniger eine eiterige als hämorrhagische Infiltration der 
Muskeln hervor, welche dadurch in grosser Ausdehnung schwarz -roth gefärbt 
sind. Ich ergänze das Protocoll, indem ich hinzufüge, dass ihre Substanz in 
eine von Gasbläschen durchsetzte, schaumige Pulpa verwandelt war, welche den- 
selben eigenthümlichen Fäulnissgeruch zeigte wie im vorigen Fall. Die Venen, 


auch diejenigen, welche im Grunde der Wunde in grösserer Ausdehnung frei 


präparirt sind, enthalten flüssiges Blut, im übrigen findet sich, abgesehen von 


einigen verkalkten Lymphdrüsen, nichts Abnormes. 

Ich entnahm 5 Stunden nach dem Tode Stücke der 
schwarzrothen, knisternden Muskelpulpa von solchen Stellen, 
welche mir am frischesten erkrankt schienen. Leider schlugen 
alle Kulturen, sowohl auf festem Nährboden Impfstrich und 
Impfstich als im Blutserum, fehl. Mikroskopisch fand sich in 
der Muskelpulpa genau derselbe Bacillus wie im vorigen Falle, 


a 


Pyämie. — Einleitung. 93 


nur in noch grösserer Menge und mit mehr sporentragenden 
Gliedern (Fig. ı3). Ich fand in einem beliebig genommenen 
Gesichtsfelde, unter denselben optischen Bedingungen wie im 
vorigen Fall, 133 Exemplare und daneben nicht einen einzigen 
Coccus. In einer der gemachten Kulturen in (nicht erstarrtem) 
Serum, deren Impfmaterial der eitrigen Zone vielleicht näher 
entnommen war, als ich beabsichtigte, keimte nach längerer 
Zeit strept. pyog. Wenn auch in diesem Falle die Invasion 
des Emphysembacillus wahrscheinlich von einer eitrigen, ört- 
lichen Infiltration ausging, dieselbe überholend, so kann nach 
dem mitgetheilten Befunde kein Zweifel sein, dass auch hier 
der Bacillus dasnosogene Microbion dieses Rauschbrandes war. 
Die Schuld an dem Fehlschlagen sämmtlicher Kulturversuche 
glaube ich übrigens meiner damals noch mangelhafteren Technik 
zuschreiben zu müssen. 


XI. Pyämie. 


Einleitung. 

Hätte man doch mit dem Material vergangener Zeiten 
und zugleich mit den jetzigen Mitteln arbeiten können! Ich 
habe nur 6 Fälle von Pyämie im Laufe der Zeit untersuchen 
können, welche Alle diese Krankheit in typischster Weise 
repräsentiren. Doch scheint mir, als habe die energische anti- 
septische Behandlung, wenn sie auch den unglücklichen Verlauf 
nicht aufhalten konnte, das klinische Bild etwas anders gestaltet, 
als man dasselbe in vorantiseptischen Zeiten zu sehen gewohnt 
war. Indess dürfte diese Aenderung nicht zu Ungunsten der 
ursächlichen Forschung eingetreten sein, weil sie in einer 
Vereinfachung besteht. Die Complicationen, welche das Mit- 
leben verschiedenster Organismen in den pyämischen Wunden 
veranlasste — Organismen, welche zum Theil gar nicht in 
lebenden Geweben fortkommen können, sondern nur in dem 


94 : Pyämie. — Einleitung. 


. Secret schmarozten, dasselbe zersetzen und die sogenannte 
Wundjauche — Ichor -- bilden halfen — sind hinweggefallen. 
Trotzdem aber ist der wesentliche Symptomcomplex übrig ge- 
blieben, welcher auch bei strengsten Anforderungen dem alt- 
hergebrachten Bilde typischer Pyämie entspricht, wenn auch 
die Wunde ein völlig geruchloses, ja gar kein Secret ab- 
sondert. Ich werde Fälle mittheilen, bei denen aus den Kulturen 
mit grosser Wahrscheinlichkeit hervorgeht, dass wir es mit 
der Pyämie in ganz reiner Form, bedingt durch einen einzigen 
Mikroorganismus, zu thun hatten; entkleidet von all den Symp- 
tomen, welche, wenn sie auch in vorantiseptischer Zeit sehr 
regelmässige waren, dennoch dem eigentlichen Kern der 
Krankheit nichts angehen. : 

Die Ausdrücke Pyämie oder Pyohämie — infectio puru- 
lenta, Eiterinfection, Eiterfieber, Eitervergiftung, Eitersucht ent- 
standen. Alle aus der Anschauung, dass die Krankheit durch 
Beimengung von Eiter zu dem Blut entstehe. Hüter defi- 
nirte 1869 die Pyämie als eine Erkrankung, welche sich durch Auf- 
nahme von Bestandtheilen des Eiters in das Blut entwickle, mögen 
diese nun dem Eiterserum oder den’Eiterkörperchen angehören. 

Die neueren, klinischen Erfahrungen, das Verschwinden 
der Pyämie mit der Einbürgerung der antiseptischen Wund- 
behandlung befestigten und verbreiteten überall die Ansicht, 
dass die Pyämie eine Infectionskrankheit sein müsse. So definirt 
denn auch Gussenbauer dieselbe als 

»jene allgemeine Infectionskrankheit, welche durch die 

Aufnahme von Bestandtheilen inficirten Eiters in das 

Blut entsteht und sich durch die Entwicklung multipler 

Eiterungen in verschiedenen Organen und ein intermit- 

tirendes Fieber vor anderen septischen Infectionskrank- 

heiten auszeichnet. 
Nachdem aber nunmehr festgestellt ist, dass ein jeder Eiter, 
den wir am Krankenbette beobachten (von seltenen Ausnahmen 


Frage der Specifität der Pyämie-Microbien. 95 


abgesehen) inficirt ist, weil er der Invasion und Wirkung von 
Mikrobien, welche er in grösserer oder geringerer Menge ent- 
hält, seinen Ursprung verdankt, so verträgt sich die alte Defi- 
nition sehr wohl mit der modernen Anschauung, dass die Pyä- 
mie eine Infectionskrankheit sein müsse. Es würde also Gus- 
senbauers Zusatz überflüssig sein, falls man nicht für die 
Pyämie einen von dem der gewöhnlichen Eiterung verschiedenen 
Infectionsstoff annehmen will. Das thut nun G., allerdings, in- 
dem er sagt: 

»Nach dem gegenwärtigen Standpunkte unserer Kennt- 
nisse wird man vorläufig in Uebereinstimmung mit den 
erwähnten experimentellen Untersuchungen annehmen 
müssen, dass die Pyämie durch eine specifische Art 
von Mikroorganismen verursacht wird... « 

Diese Streitfrage beherrscht augenblicklich die Lehre von 
der Aetiologie der Pyämie. Koch hat zuerst unter den verschie- 
denen Wundinfectionskrankheiten, welche er uns am Thierkennen 
lehrte, eine Pyämie beim Kaninchen erzeugt, welche eine sehr 
vollständige Analogie mit der Pyämie beim Menschen zeigt. 
Diese Pyämie hat als einzige Ursache, wie K.’s Untersuchungen 
. mit Sicherheit darlegen, einen eigenthümlichen Coccus, welcher 
verschieden ist von all’ den anderen, besonders auch von dem- 
jenigen, welcher die käsige Eiterung beim Kaninchen hervor- 
ruft. Weitere Beobachtungen in Bezug auf diese Frage liegen 
nun auch mehrfach bei pyämischen Erkrankungen des Men- 
schen vor. 


Vogt') fand 1872 in einem metastatischen Herd (Hand- 
gelenk) bei einem 54jähr. Arbeiter, welcher nach einer Ampu- 
tation pyämisch geworden war, massenhafte »Monaden.« Auch 
in dem Blut des durch Iymphatische und paraphlebitische Streifen 
gerötheten Oberschenkels befanden sich diese, 


4) Centralbl. für die med. Wissenschaften. 1872, Nr. 44. 


96 Frage der. Speecifität der Pyämie-Microbien. 


Burdon Sanderson!') fand experimentell bei septischen 
und pyämischen Erkrankungen zwei wesentlich verschiedene 
Organismen und zwar bei den septischen »the rod oder bacte- 
rium vibrio«e — bei infectiösen Eiterungen »the dumb bell oder 
bacterium varicosum.« 

Birch Hirschfeld?) untersuchte sogenannten »guten« 
und auch pyämischen Eiter und Wundsekrete in Bezug auf 
das Auftreten von Microbien. Er fand in gutem Eiter im All- 
gemeinen keine (?), wohl aber bei schlechten Wundverhältnissen 
mit Fieber Kugelbacterien und beschuldigt diese als Ursache 
dieser Störungen, während er die in Wunden zuweilen eben- 
falls anzutreffenden Fäulnissbakterien für nicht wesentlich pa- 
thogen hielt. 

Wichtig und bemerkenswerth sind die Untersuchungen 
von Orth?) bei Gelegenheit einer Puerperalfieber-Epidemie in 
Bonn. Er fand Micrococcen inHaufen und Ketten in den 
Leichen, welche eitrige Peritonitis, Parametritis, Lymphangitis 
uterina, oft auch Diphteritis-ähnliche Endometritis aufwiesen. 

Pasteur®) untersuchte ebenfalls mehrfach Puerperal- 
fieberkranke und kommt zu dem Resultat, 

»dass man unter dem Namen Puerperalfieber sehr ver- 

schiedene Krankheiten rangire; alle aber scheinen die 

Consequenz der Entwicklung gewöhnlicher Organismen 

zu sein, welche durch ihre Gegenwart den Eiter inficiren, 

der naturgemäss auf der Oberfläche ° der verwundeten 

Parthien gebildet werde () und welche sich von da 

verbreiten, unter der einen oder andern Form, auf diesem 


') Transactions of the pathol. Society ofLondon. Vol. XXIII p. 303 bis 
308. 1871. 


2) Archiv der Heilkunde XIV. 1873. Referat. Centralbl. für die medic. 
Wissensch. 1873, p. 569. 


®) Virchow, Archiv 1873, Bd. 58, p. 437. 
*) Bullet. de V’Acad, de Med, T. 9. 1880, p. 440 u. ff. 


PR 


Frage der Specifität der Pyämie-Mikroben. 97 


oder jenem Wege der Blut- und Lymphcirculation in diese 

‘oder jene Parthie des Körpers und dort Krankheitsformen 

bedinge, verschieden nach diesen Theilen — nach der 

Natur des Parasiten und der allgemeinen Constitution des 

Kranken.« 

Sieht man übrigens Pasteurs Fälle im Einzelnen durch, 
so wurde. unter 6 tödtlichen Fällen von Puerperalpyämie ;mal 
das microbe en chapelet constatirt. 

Dole&ris!) fand, dass die schweren Fälle (abgesehen von den 
foudroyant septischen) von Puerperalinfection so speciell durch 
einen bestimmten Mikroorganismus bedingt werden, dass er 
diesen als den sp ecifischen glaubt ansehen zukönnen. Es 
ist dieses der Mikrococcus en forme de chapelets 
de grains, nach meiner Terminologie wahrscheinlich der Strept. 
pyog. Sehen wirDol&ris zahlreiche und sorgsame Beobacht- 
ungen und Kulturen theils aus dem Blut, theils aus dem Eiter 
von Lebenden und Leichen entnommen im Einzelnen durch, 
so finden wir, dass auch in den langsamen Puerperalfieber- 
Fällen, welche der Pyämie gleichen und auch bei den mehr 
chronischen ganz vorwiegend die chapelets auftreten. 

Auch Ogston vertritt, namentlich in seiner neuesten 
Arbeit, ?) die Ansicht, dass die Pyämie, selbst die acutesten 
Formen derselben, von der einfachen Entzündung nur graduell 
und quantitativ verschieden sei. Pyämie, Septicämie und 
Septicopyämie seien nur Symptome von „Mikrococcusver- 
giftung“. 

Man möchte daraus, wie aus allen anderen Beobachtungen 
Ögston’s schliessen, dass er in der That nichts anderes als 
die Eitercoccen auch als Ursache der Pyämie annimmt, aber 
gerade darüber verhält sich O. sehr reservirt und willnur von 
dem Mikrococcus im Allgemeinen geredet haben. Ob vielleicht 


Le Le. 


Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 7 


98 Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 


unter den Coccen die Zukunft besonders specifische Formen 
aufdecken werde, — die Frage lässt er offen. Unter solcher 
Reserve - dürfte nun allerdings mit dem Ausdrucke „Mikro- 
coccus poisoning“‘ nicht viel gesagt sein. Wir lesen aber ferner: 


„Es gibt keine Krankheit wie Septicämie oder 
Pyämie per se — solche Zustände sind nur secundäre 
Krankheitserscheinungen, abhängig von lokalen Herden 
von Mikrococcuswucherung. Erstere sind nur der Aus- 
druck der malignen Einflüsse, welche von diesem Herde 
kommen,. und würden in jedem Fall verschwinden, wenn 
es in unserer Macht stände, den Herd zu entfernen oder 


zu kuriren.“ 


Da nun die lokalen Herde von den Eitercoccen gebildet 
werden, so möchte man in der That annehmen, dass Ogston 
diese und deren Ptomaine auch als Ursache der pyämischen 


Allgemeinerkrankung im Auge hat. 


Uebrigens halte ich es für zu weit gegangen, die Allge- 
meinerkrankung bei Pyämischen in dem Grade nur für secun- 
där aufzufassen, dass sie mit den örtlichen Herden stehe 
und falle. j 

Für die weitere Erörterung der Frage nach dem Mikro- 
organismus der Pyämie muss ich die Fälle derselben nach 
dem bekannten Schema der meisten Autoren in 2 Haupt- 
. gruppen eintheilen (welche aber combinirt vorkommen können, 
ja wohl meist so vorkommen). Die erste Gruppe wird repräsen- 
tirt durch solche Fälle, welche sich zu grösseren und kleineren, 
jedenfalls aber nennenswerthen Herden, z. B. einem eiternden 
Gelenk, Knie, Hüfte u. s. w., einer eiternden, grösseren Weich- 
theils- Quetschwunde, einer complicirten, eiternden Fraktur, 
einem nicht oder unvollständig entleerten Abscess etc. etc. hinzu- 
gesellen. Das Schema dieser Fälle besteht darin, dass durch 
Herde, welche dem Körper dauernd Krankheitsstoffe zuführen, 


Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 99 


die Allgemeinerscheinungen unterhalten werden. Für diese 
Gruppe trifft Ogston’s Beschreibung zu. Wir sehen hier die 
Kranken unter hektischem Fieber hinsiechen bis zum Tode, 
oft ohne dass weitere besondere Erscheinungen eintreten. Die 
zweite Gruppe bilden Fälle, bei denen ein nennenswerther 
Herd nicht zu bestehen braucht. Oft dringt nur durch einen 
kleinen Stich oder Riss oder Furunkel etc. der Infektionsstoff 
ein. Das Schema dieser Fälle ist, dass auch ohne bleibenden 
Herd nach einmaliger, eventuell sehr geringfügiger Infektion 
pyämische Allgemeinerkrankung erfolgt. 


Wir wollen zunächst die erste Gruppe in’s Auge fassen 
und fragen, ob in solchen Fällen die pyämische Allgemein- 
erkrankung durch ein besonderes, specifisches Microbion bedingt 
sei, von welchem wir dann annehmen müssten, dass es sich 
beim längeren Bestehen der Eiterung zufällig mit auf der 


- Wundfläche angesiedelt hätte, oder ob man die pyämischen 


Symptome einfach aus der Wirkung der gewöhnlichen Eiter- 
mikrobien erklären könne. Meine Beobachtungen weisen darauf 
hin, dass Letzteres der Fall ist. 


Man hat sich gewöhnt, einen acuten Abscess als eine 
leichte Erkrankung anzusehen, welche sogar therapeutisch be- 
sonders dankbar ist. Man öffnet den Abscess — dann sind 
Phlegmone, Schmerzen, Fieber und schlechtes Befinden auf 
einmal-vorbei. Man macht den Schluss, — die Eitercoccen 
müssen doch sehr unschuldiger Natur sein. Indessen der 
Abscess ist gar nicht mehr die eigentliche Erkrankung, sondern 
nur der Ausgang der schon mehr oder weniger lange vorher 
spontan abgeschlossenen eigentlichen Erkrankung — nämlich 
einer circumscripten Cocceninvasion.. Wenn auch bei dem 
Abscess noch Schmerzen, Phlegmone, Fieber und sonstige 
Allgemeinerkrankung bestehen, so sind sie die Folge wohl 
grösstentheils von Ptomain-Diffusion und- Resorption; gegen 


7* 


100 Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 


das acute Weiterdringen der Coccen -Schwärme pflegt schon 
früh durch die Infiltration der Gewebe ein sehr sicheres 
und weithin reichendes Bollwerk geschaffen zu sein. Unter. 
diesen Umständen ist allerdings der Abscess eine sehr unschuldige 
Erkrankung, deren Heilung nur der Entleerung desselben harrt. 
Aber nehmen wir einmal eine von vornherein sehr ausgedehnte 
Cocceninvasion oder eine solche mit fortgesetzter Zufuhr, oder 
eine solche in sehr lockerem Gewebe .oder gar in serösen 
Höhlen an, deren rascher Ausbreitung die schützende Infiltration 
nicht gleichen Schritt halten kann; nehmen wir endlich kurz 
an, dass durch irgend einen Umstand die schützende Begrenzung 
nicht genügend zu Stande komme oder, was wohl auch häufig 
der Fall sein wird, mit der Zeit erlahme, dann muss, das wird 
Jeder zugeben, die Krankheit bald eine sehr böse Prognose 
annehmen. Dürfen wir hier Thierexperimente heranziehen, so 
beweisen sowohl OÖgston’s als meine Versuche und neuerdings 
die Krause’s, dass die Eitercoccen keineswegs unschuldige 
Wesen sind, sondern schwer pathogen auch auf den Thierkörper 
wirken. Doch auch abgesehen von diesen experimentellen 
Beobachtungen glaube ich, dass kein praktischer Chirurg 
leugnen möchte, dass eine acute Eiterung an und für sich 
eventuell gefährlich werden und den Tod nach längerer oder 
kürzerer Zeit herbeiführen. kann; gibt es doch Todesfälle an 
solchen Eiterungen, bei denen niemals der Herd eröffnet wurde, 
und wo sich also kein specifisches Mikrobion der Pyämie 
secundär einnisten konnte. Häufiger noch sind die Beobacht- 
ungen aus neuerer Zeit vonschweren und lethalen Eiterungen, bei 
denen die aseptische Behandlung das Eindringen fremder Keime 
von aussen ausschliessen lässt. Zugegeben also, dass es solche 
schwere, fieberhafte Erkrankungen gibt, die in letzter Instanz 
nichts Anderes sind, als Infectionen durch die gewöhnlichen 
Eitermicrobien, so fragen wir weiter: wie sollen wir denn 
solche Erkrankungen nennen? Ich glaube, dass gerade für 


Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 101 


diese der Name »Pyämie« primo loco der berechtigte wäre, 
und ich glaube, dass auch die meisten Chirurgen die Fälle zur 
Pyämie gerechnet haben. Mag man nun dies thun oder mag man 
sie Nachfieber oder exhaustion etc. nennen, jedenfallswird man von 
diesen Fällen noch eine andere Form der Pyämie mit viel be- 
stimmterem Typus, die eigentliche metastasirende Pyämie, unter- 
scheiden müssen. Diese in vorantiseptischer Zeit leider so häu- 
fige, zu allen möglichen Wunden und Verletzungen hinzutretende 
Erkrankung begreift meistens auch die Fälle der zweiten Gruppe. 

Wir sehen dieselben nicht selten von ganz minimen Con- 
tinuitätstrennungen, resp. Herden, ihren Ursprung nehmen, 
und sehen sie auch, wenn inzwischen der Herd entfernt, ge- 
heilt, ja schon vernarbt ist, unerbittlich fortschreiten. Liest 
man doch, dass in vorantiseptischer Zeit, in durchseuchten 
Hospitälern die Pyämie sich zu kleinen, poliklinisch behandelten 
Verletzungen, zu Pannaritien etc. hinzugesellte; auch ich werde 
in Folgendem einen Fall bringen (von Laffert), bei welchem 
sie sich zu einem kleinen Schlägerhieb, der inzwischen heilte, 
hinzugesellte und unerbittlich zum Tode führte. Es ist eine 
solche Infectionsfähigkeit und ein solch’ unaufhaltbares 
Fortschreiten der Krankheit in diesen Fällen nur dadurch 
zu erklären — so scheint es — dass wir ein Mikrobion 
für sie postuliren, welches die Eigenschaft hat, in lebendes 
Gewebe einzudringen, sich darin ungehindert zu vermehren 
und es zu durchwachsen, namentlich aber auch in den Blut- 
gefässen zu wachsen, innen an der Venenwand, dem Klappen- 
endokard und in den Tromben zu vegetiren und so in Meta- 
stasen neue Herde, neue örtliche Entzündung und von hier 
aus weitere Allgemeininfectionen zu veranlassen, bis der Tod 
erfolgt. Fragen wir nun: genügt es auch für diese Formen 
der Pyämie, die gewöhnlichen Eitercoccen als Ursache anzu- 
nehmen, oder müssen wir hier ein besonderes specifisches 
Mikrobion der metastasirenden Pyämie oder wenigstens der 


» 


109 Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 


sehr infectiössen Formen derselben postuliren? So sehr.die 
Wahrscheinlichkeit für Letzteres sprechen mag, so haben meine 
in Folgendem mitzutheilenden Kulturen das Resultat ergeben, 
dass das specifische Mikrobion auch der infektiösen metasta- 
sirenden Pyämie sehr wahrscheinlich nichts Anderes ist, als 
der Streptococcus pyogenes, also derjenige Eitercoccus, der 
sich als Erreger der gewöhnlichen Abscesse mit dem Staphyl. 
pyog. aur. in der Häufigkeit um den Rang streitet. ‘Wenn 
ebenfalls Pasteur und Dol&ris bei dem Puerperalfieber und 
ferner Ogston bei der Pyämie zu gleichem Resultate kam, 
so dürfte vielleicht dennoch manchem Leser dasselbe von vorn- 
herein zweifelhaft erscheinen. Ich möchteihn dann bitten, in dieser 
Arbeit zurückzublättern, und unter den phlegmonösen Eiterungen 
den Fall „Linnemeyer“, ferner unter den Fällen progressiver Gan- 
grän die Fälle „Sandvoss“ und „Neuhaus“ nachzusehen. Ist hier, 
wie esnach denKulturversuchen kaum zweifelhaft sein kann, das 
nosogene Mikrobion in der That identisch mit dem strept. 
pyog., so ist damit dargethan, dass dieser unter, wenn auch 
unbekannten Umständen beim Menschen so perniciöse, para- 
sitäre und diablastische Eigenschaften annehmen kann, dass 
sie denen des Milzbrandes nichts nachgeben. Im Grunde ge- 
nommen liegt auch gar kein Widerspruch darin, dass ein und 
derselbe Infectionsstoff meistens nur einfache, örtliche Abscesse, 
ab und an aber schwerere Allgemeinerkrankungen, welche 
progressiv zunehmen und lethal enden können, bewirkte. Ich 
möchte mit Ogston darauf hinweisen, dass im Gegentheil diese 
Verhältnisse bei allen möglichen Infectionskrankheiten mannig- 
fache Analogie finden. Beruhen doch die leichten Pockenfälle 
mit Bildung von 2 bis 3 Pocken im Ganzen und kaum merk- 
licher Allgemeinerkrankung auf derselben Infection wie die 
foudroyantesten Erkrankungen hämorrhagischer Pocken! Führen 
wir nicht auch die ganz leichten Typhen, Scharlach und Diphte- 
ritisfälle auf dieselben ursächlichen Noxen zurück wie die 


Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 103 


schweren? Jedoch, ich will auch meine Analoga aus den 
menschlichen Infectionskrankheiten selbst. nehmen. Bekannt- 
lich gibt es ganz leichte Milzbrandfälle, bei denen der 
lokale Knoten besteht, ohne das Befinden zu alteriren, und 
dann spontan zurückgeht. Zuweilen nimmt er auch wohl 
etwas zu, macht mehr entzündliche Schwellung in der Um- 
gebung, bedingt auch wohl einige Lymphstränge und Drüsen- 
schwellung, geht dann aber doch spontan oder nach Appli- 
cation eines desinficirenden Umschlages, eines Listerverbandes, 
einer Aetzung zurück. In anderen Fällen dagegen gesellen sich 
zu der örtlichen Affection, welche selbst rascher fortschreitet, bald 
Allgemeinerscheinungen, und diese Fälle haben dann bekannt- 
lich recht schlechte Prognose. 

Bei Milzbrand haben wir durch Pasteurund Koch eine 
Abschwächung des Gifteskennen gelernt, welche möglicherweise 
zur Erklärung des verschiedenen Verlaufesdienen kann. Ob nun 
beim Eiterkettencoccus eineähnliche Abschwächung existirt, oder 
ob die Empfänglichkeit verschiedener Individuen in so grossen 
Grenzen schwankt, oder ob, wie Ogston meint, die Menge der 
Organismen die wesentlichsteR.olle spielt oder noch andere Dinge, 
darüber müssen weitere Untersuchungen Aufschluss geben. 

Uebrigens will ich hiemit nicht behauptet haben,. dass 
- nicht auch noch ganz differente Infectionen, namentlich bei 
Fällen sehr infectiöser Pyämie im Spiel sein könnten. Davaine 
hat eine Potenzirung der Sepsis experimentell bewirkt, in- 
dem er von einem Individuum derselben Gattung auf das andere 
fortimpfte. Wir wissen nach Koch’s und Gaffky’s Untersuch- 
ungen, dass die hierdurch erhaltene Steigerung der Virulenz 
des Infectionsstoffes durch Einbürgerung specifischer, beson- 
ders wirksamer Organismen entsteht. Eine solche liesse sich 
auch vermuthen, wo wir durch Uebertragung von Mensch zu 
Mensch sehr infectiöse Formen von Pyämie beobachten. In 
mehreren Fällen von »potenzirter Pyämie«, wenn ich diesen 


104. “- Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 


Ausdruck gebrauchen darf, welche ich zu beobachten Gelegen- 
heit hatte, handelte es sich um Leicheninfection. Leider fallen 
diese Fälle in eine Zeit, wo ich diese Untersuchungen über die 
pathogenen Mikrobien noch nicht begonnen hatte. Ich will 
mich auch nicht in Vermuthungen ergehen, ob auch intra 
vitam vielleicht schon in eitrigen oder septischen Herden 
der Leichengift - Infections - Stoff (aus dem Körper ‚selbst) 
sich einfinden ‘kann. Ferner muss ich hinzufügen, dass 
ebensowohl wie der Kettencoccus andere Eitercoccen, beson- 
ders der Staphylococcus Ursache der metastatischen Pyämie 
sein können. Wenn auch der Erstere bei allen Beobachtern 
vorwiegend — fast alleinig gravirt ist, so weist doch mein 
kleines Material einen Fall exquisiter, metastatischer Pyämie 
auf (Fall Holzkamp, allerdings mit Ausgang in Genesung), 
welcher durch den Microc. pyog. aur. bedingt wurde. Dass 
aber der Strept. pyog. vorwiegend häufig maligne Formen der 
metastasirenden Pyämie veranlasst und dazu durch seine para- 
sitären, diablastischen Eigenschaften vielmehr geeignet ist; dass 
wahrscheinlich beim Staphylococcus eine weit erheblichere, 
Zufuhr aus dem primären Herde und zwar direct in die Blut- 
bahn dazu gehört, wie z. B. bei den schweren Osteomyelitis- 
fällen mit Metastasen, bei denen der coccenreiche Eiter ohne 
Weiteres in grosser Menge in die Venen des Knochenmarks 
gepresst wird, ist vorläufig meine Ansicht. 


Fallı. 
Nach Ablation des Oberschenkels wegen Trauma: Putridät und 
Eıterung des Stumpfes. Infechöse Thrombose der vena cruralıs, 
Muskelabscesse um dieselbe am Stumpßf. Endocardıtis verrucosa et 
ulcerosamicrococcea der Aortenklappen. Niereninfarkte und embo- 
lische Abscesse. Eutrige fibrinöse Pleuritis. Milztumor. Lungenödem. 
Mehrfache Kulturen mit Blut während des Lebens des Patienten. 


Christoph Kannengiesser, 54jähriger Tagelöhner, war 23. X. 82, 9 Uhr 
Morgens mit dem rechten Bein in eine Dreschmaschine gerathen. Der Unter- 


Kulturen von Pyämiefällen. — Blut-Kulturen. 105 


schenkel war unterhalb des Knies vollständig abgerissen. Patient war eine Zeit 
lang bewusstlos, kam dann in die Klinik und wurde um ı Uhr im unteren Theile 
des Oberschenkels amputirt unter Blutleere. 24.X. wurde noch eine Fractur der 
achten Rippe gefunden. 26. X. Verbandwechsel wegen hohen Fiebers; Wunde 
sehr putrid. Nähte entfernt; Abspülung mit 5°/, Carbol. Trotzdem Abend- 
temperatur 40,2. 


Kulturversuch mit der stinkenden Absonderung des 
Stumpfes beim Verbandwechsel. Das Fäulnissmicrobion, auf 
das ich zuerst fahndete, war abgestorben; möglicherweise war 
es bacill. saprog. I, welcher die Eigenschaft vorwiegend hat, 
in stinkender Flüssigkeit bald abzusterben, soweit, dass er 
wenigstens auf Agar nicht mehr zum Aufkeimen kommt. Es 
keimte vielmehr eine ganze Anzahl von zum Theil mir fremden 
Coccen, grau-gelb, orange, roth. Später tauchte die Frage 
auf, ob Streptococcus vertreten sei? Es gelang ziemlich leicht, 
durch differenzirende Kultur denselben zu züchten. 


27. X. WVerbandwechsel, Stumpf geruchlos, doch beständig hohe Tem- 
peratur. Puls 120— 130. Delirien. 
29. X. Verbandwechsel, stat. idem. 


Kultur mit dem Blut des Patienten. Der Vorderarm 
wird mit warmem Wasser und Seife gewaschen, mit 5"/oe Karbol 
abgespült, auf eine Karbolgaze-Unterlage gelegt, mit Sublimat 
'1:2000 abgespült; dann mit einfacher, im Dampftopf unmittelbar 
vorher sterilisirter Gaze abgewischt und mit eben ausgekochtem 
Wasser nochmals abgespült. Nun wird eine kleine Vene an- 
gestochen, und nachdem etwas Blut abgeflossen, ein Impfstrich 
und Impfstich in F. P. A. gemacht. Nur Letzterer ging spär- 
lich an. Es keimte eine Reinzucht von Strept. pyog. 


30. X. Abends sehr collabirt. Abendtemp. 37,3. 

31. X. Verbandwechsel. Wunde geruchlos, vollständig gut granulirend 
mit wenig Sekret, Haut des Oberschenkels schrumpflich, Weichtheile abgeschwellt 
— wie beim besten Verlauf und völligem Rückgang einer Entzündung. Zunge 


dagegen ganz trocken und rissig. Temp. wieder hoch. R 


106 Kulturen von Pyämiefällen. - Blut-Kulturen. 


2. XI. Nach wie vor hohe Temperatur. Schlechter Puls; Patient ganz 


ohne Bewusstsein. 


Abends ı0 Uhr Blutkulturen in oben beschriebener Weise 
auf 4 RöhrchenmitF.P. A. BeiNr. ı geht im Impfstiche Staphyl. 
pyog. aur. auf. In Röhrchen Nr. 2 keimt überall Streptococcus 
und nur in 2 Pünktchen der Staph. pyog. aur. Von hier aus 
wurden beide Coccen in vielen stets charakteristischen Kulturen 
auf F. P. A. fortgezüchtet. Im 3. Röhrchen keimte Strept. 
pyog: in ı7 Pünktchen als Reinzucht. Im 4. Gläschen keimte 
dieser selbe Pilz im ganzen Impfstiche und am Impfstriche in 


4 Pünktchen in Reinzucht. 


3. XI. 82. Patient in Agone. 


8 Stunden vor dem Tode wurden in angegebener Weise 
Blutkulturen in und auf sterilisirtem, erstarrtem Blutserum 
gemacht. In Röhrchen ı waren Impfstrich und Impfstich ge- 
keimt. Im Ersteren waren augenscheinlich 2 Organismen auf- 
gegangen. Der grösste Theil war Kettencoccus; der andere 
dagegen Staphyl. pyog. aur. Beide wurden von hier in charak- 
teristischen Formen auf F. P. A. weiter kultivirt. Im Impf- 
stich ‚befand sich nur Streptococcus und ist auch von hier in 
viele Generationen weiter übertragen. In Röhrchen 2 keimte 
‘nur der Impfstich und zwar mit Streptococcus. Röhrchen 3, 
in welches kein Impfstich gemacht war, blieb steril. 


3. XI. Abends 6 Uhr erfolgte der Tod. 4. XI, Mittags Section: 
Leiche in ziemlich hochgradiger Fäulniss, Die Amputationswunde enthält Jodo- 
form, sieht rein aus, ist ohne Geruch. Beim Einschneiden finden sich indess 
die die vena cruralis umgebenden Muskeln von Eiter durchsetzt. Die vena cruralis 
ist von der Einmündungsstelle der vena saphena abwärts mit einem dicken Throm- 
bus geschlossen, welcher weiter unten in eine puriforme Masse zerfallen ist. Die 
Venenwandungen sind verdickt, das Lumen nach unten zu verbreitert. Die rechte 
Pleura ist durch fibrinös-eitrige. Belege verklebt, ‘Fractur der 7. Rippe. Herz- 
muskel trüb-grauroth, äusserst mürbe und schlaff. Die Aortensegel sind an der | 
Ventrikelfläche dicht mit lockeren Wucherungen bedeckt, Die gelbgraue zaserige 


Kulturen von Pyämiefällen. — Blut-Kulturen. 107 


Oberfläche zeigt sich mikroskopisch aus Mikrococcen- (Kettencoccen-)An- 
häufungen bestehend. Eine kleinere ähnliche Auflagerung ist auf der Mitralis. 
In diesen Auflagerungen finden sich übrigens auch längere Stäbchen. Die Lungen 
sind in den Unterlappen blauroth, von -verändertem Luftgehalt und reich- 
lich ödematös. Milz vergrössert, von blaurother Farbe, Pulpa völlig zerfliessend. 
Nieren vergrössert, die Kapsel leicht zu entfernen. Die Oberfläche derselben 
ist mit kleinen kreisrunden Blutergüssen gezeichnet, in deren Mitte oft ein gelber 
eitriger Punkt liegt. Einige grössere keilförmige Herde sind von einem hyperä- 
mischen Saum umgeben. Die hämorrhagischen Infarkte dringen ebenfalls ober- 
flächlich in das Parenchym. Die Bauchhöhle und die übrigen Organe zeigen 


nichts Abnormes. 


. Der Befund von Bacillen am Endocard in der Leiche, 
welche sich leicht cultiviren liessen und von anderer Seite als 
nosogene Microbien aufgefasst wurden, zeigt wie vorsichtig 
man bei postmortalen Befunden und Kulturen sein muss. 
Denn dass diese Bacillen in Wirklichkeitnicht dienosogenen 
. Microbien, sondern nur eine postmortale Erscheinung waren, 
ergibt sich doch wohl sicher genug aus den intra vitam mit 
allen Vorsichtsmassregeln gemachten Untersuchungen. 


Resumiren wir diese, so resultirte also bei den zu 3 ver- 
‚schiedenen Zeiten in 8 Gläschen mit F. P. A. und erstarrtem 
Blutserum angestellten Blutkulturen in Impfstrichen und Impf- 
stichen 7 mal eine Aufkeimung und zwar 6mal des Strepto- 
_coccus, 4mal in Reinzucht und 2mal zusammen mit dem 
Staph. p. aur., einmal des letzteren allein. 


Um festzustellen, ob nun der in diesem Falle gefundene 
Kettencoccus identisch mit Strept. pyog. sei, oder ob er, wie 
ich damals hoffte, ein besonderer Coccus der menschlichen 
Pyämie sei, habe ich eine grosse Anzahl von Kulturen und 
Versuchen angestellt. Derselbe keimte meistens in kleinsten, 
getrennten, weiss-grau-gelben, transparenten Pünktchen, welche 
bis Sandkorngrösse wuchsen, dabei aber in der Peripherie 
terrassenförmig glatter wurden. Die letzten ganz durchsichtigen, 


108 Thierversuche mit dem Kettencoccus aus pyämischem Blut, 


feinen Höfe zeigten häufig wieder einen etwas dickeren, ge- 
wellten Rand, der sich zuweilen noch mit Pünktchen umgab. 
Nach etwa 2-—3 Wochen sistirte meist das Wachsthum. Die 
weiteren Kulturen fallen meistens etwas schmächtiger aus als 
die Originalkulturen, bleiben sich dann aber durch alle Genera- 
tionen gleich. Fig. V zeigt eine solche Kultur auf Agar in 
auffallendem Lichte. Ich habe den Coccus von all’ den ge- 
wonnenen Originalkulturen fortgezüchtet in mehr als 50 Röhr- 


_ chen;ich habe ihn mit Strept. pyog. aus verschiedensten Quellen, 


ausEmpyemen, Phlegmonen, gewöhnlichen Abscessen, progres- 
siver Gangrän parallel gezüchtet, ohne einen Unterschied kon- 


statiren zu können. 


Thierversuche mit dem Kettencoccus von 
Kannengiesser. 


Zwei Mäusen wurde in einen Einstich an der Schwanz- 
wurzel durch mehrfaches Einführen eines mit der Kultur des 
Kettencoccus beladenen Platindrahtes reichlich davon einge- 
impft. Beide Mäuse blieben ohne alle Reaction gegen die 
Impfung. Ich glaube diesen Misserfolg vielleicht auf das mir da- 
mals noch nicht so bekannte sehr rasche Veralten der Kulturen 


zurückführen zu müssen. Ferner wurde von der fünften 


(reneration des Kettencoccus, welche in sterilisirtem, destillirten 
Wasser aufgeschwemmt war, zweien Kaninchen in jedes Knie 
0,5 CC. injieirt. 2 Tage später sind die Knie geschwollen, 
schmerzhäft. Die Thiere magern in der Folge sehr ab. Nach 
ı2 Tagen findet sich eins todt. Leider wurde es erst 30 Stun- 
den nach dem Tode secirt. Beide Knie waren prall mit einem 
Glaserkitt-ähnlichen dicken Eiter gefüllt, aus welchen 2 Mikro- 
bien keimten, nämlich ausser dem Kettencoccus noch ein grau- 
gelber, mir unbekannter Coccus. Die Oberschenkel-Innenfläche 
ist geröthet, aber frei von Eiterung, die Inguinaldrüsen ge- 


Thierversuche mit dem Kettencoccus aus pyämischem Blut. 109 


schwellt. Der rechte Unterlappen der Lunge ist verdichtet, 
grau-roth, mit zahllosen, stecknadelkopfgrossen, metastatischen 
Eiterpünktchen durchsetzt. Sonst sind nirgends Metastasen. 
Das andere Thier war mittlerweile sehr mager geworden, hat 
die Hinterbeine angezogen. Die Knie sind in dicke, fluctuirende 
Tumoren verwandelt. Da das Thier sehr elend war, tödtete 
ich dasselbe, um die Section frisch machen zu können, 4 Wochen 
nach der Injection. Beide Knie waren enorm ausgedehnt von 
- dickflüssigem Eiter (wie dünner Griesbrei aussehend). Ausser 
hochgradiger Atrophie fand ich sonst nichts. Der sofort auf 
F. P. A. gestrichene Eiter ergab folgendes Kulturresultat. 
Im ersten Röhrchen sind drei Centren aufgegangen, im anderen 
nur eins. Alle 4 stellten sie Reinzuchten des zu der Injection 
verwendeten Kannengiesser-Kettencoccus dar und zwar wieder 
in der ursprünglichen, üppigeren Form, wie sie auch aus dem 
Blute Kannengiessers gekeimt waren. Durch viele Generatio- 
nen weiter kultivirt, wurde auch hier die Identität mit Strept. 
pyog. konstatirt. Dieser Versuch beweist also einmal die 
Phlegmone- und Eitererregende Wirkung dieses Coccus auch 
beim Kaninchen, zeigt aber anderseits, (dass seine Neigung zu 
weiterem Wachsthum bei diesen Thieren eine nur geringe ist. 
Von dem Eiter selbst keimten nur 3 Pünktchen, während 
‚aus dem Blut des Pat. einmal sogar ı7 Pünktchen keimten. 
Auch war die Eiterung beim Kaninchen während der ganzen 
Zeit auf das Knie beschränkt geblieben, nicht einmal die In- 
guinalgegend war infiltrirt und alles Andere intact. Die Ab- 
magerung erklärt sich beim Vorhandensein verhältnissmässig 
so grosser Eiteransammlungen leicht, und ist wohl auf chro- 
nische Ptomaineinwirkung zurückzuführen. Doch auch diesen 
Versuch trifft möglicher Weise der Vorwurf einer verhältniss- 


mässigen Veraltung der angewandten Kulturen. 


110 Kulturen aus pyämischen Metastasen. 


Fall. 


Verletzung der Diploe durch Schlägerhieb. Stauung des eitrigen 
Sekretes durch sekundäre Nath. Kleine Herde in der Diploe, 
von welchen sich eine eıtrige Trombophlebitis bis in den sinus 
transvers. fortsetzt; hier Vereiterung der Thromben und peri- 
Phlebitische Abscedirung. Eıtrige Metastasen in den Lungen 
mit eitriger Pleuritis. Darstellung des Mikroorganismus der 
Lungenmelastasen während des Lebens durch Kultur aus dem 
| Pleuraexudat. 


Stud. C. von Laffert, 20 Jahre, hatte vor 14 Tagen einen Schlägerhieb mit 
Knochenverletzung, jedenfalls nicht tiefer als durch die Tabula externa, links seit- 
lich am Os parietale erhalten. Der Schmiss wurde genäht, platzte aber nach 
einigen Tagen, weil er anfing zu eitern, wieder auf, wurde dann durch tief grei- 
fende Nähte und schliesslich durch Haarzöpfe zu vereinigen gesucht (!) Stat. praes.: 
21. II. 82.: Seit mehreren Tagen Fieber, dumpfes Gefühl im Kopf; heute kom- 
pleter Stat. typhos.: Benommenheit, ganz trockene Zunge. Milz etwas vergrössert. 
Auf der linken Scheitelbeingegend zeigt sich der Schmiss als 4 ctm. lange, sagit- 
tale Wunde mit schlaffen, weisslichen Rändern; Knochen im Grunde der Wunde 
frei liegend. Temp. Abends 40,6, Puls 120, voll. Sensorium frei. An der linken 
Seite des Halses eine Anzahl vergrösserter Drüsen, welche etwas druckempfind- 
lich sind. Die betreffenden Hautparthieen sind etwas geröthet. Klagen über 
Schwere im Kopf, keine Kopfschmerzen. Alle Bewegungen zitternd. 22. II. 82, 
Befinden gebessert, Temp. normal, Zunge aber trocken. 27. II. 82. Pat. hatte 
‘ wegen Fiebersteigerung in den letzten Tagen natr. salic. bekommen, welches die 
Temp. herunterdrückte. Abends kaum 38,0, Morgens darunter. Dumpfes Gefühl 
im Kopf, Nackensteifheit, Stirnkopfschmerz. Zunge trocken, kommt zitternd 
heraus. Appetit einigermassen. 28. 1I.:82. Seit gestern Klagen über Athem- 
beschwerden; rechtseitiges pleuritisches Exudat. 2. II. 82. Exsudat rasch ge- 
stiegen, fast bis oben hin. Nackenschmerz auch beim Drehen des Kopfes nach 
links. Appetit gering, Durchfall. Schläft viel, stets hohes Fieber, verfällt zu- 
sehends. 6. Ill. 82. Da die Athembeschwerden sehr gross sind, Punktion der 
rechten Pleura, durch welche eine grosse Menge seröser Flüssigkeit mit weiss- 


lichen Flocken entleert wird. Wesentliche Erleichterung. 


Die antiseptisch aufgefangene Flüssigkeit aus der Pleura 
wurde auf mehrere Gläschen mit F. P. G. ausgesäet. Ueberall 


- 


Kulturen aus pyämischen Metastasen. 111 


ergab sich eine Reinkultur in feinen, grauen Pünktchen eines 
Kettencoccus, -— nämlich des Strept. pyogen. 


8. III. Exsudat nicht wieder gestiegen, doch erschwerte Athmung. Rassel- 
geräusche über beiden Lungen, Kopfwunde inzwischen geheilt. 9. III. 82. Unter 
Zunahme der Athembeschwerden erfolgt der Tod. 


Section: Handbreit über dem linken Ohr sieht man die Wunde fast 
vernarbt, auch der Knochen ist mit den Weichtheilen völlig zusammengeheilt 
und zeigt den rinnenförmigen Defect. Die Diplo& ist ringsum normal, weiter 
unten jedoch, wo der Sinus transv. nach dem Felsenbein umbiegt, wird ein gelblich- 
eitriger und daneben ein noch grösserer, dunkelrother, mit gelbem Rand um- 
gebener Herd in ihr aufgefunden, und in dem Sulcus hinter dem linken Felsen- 
bein eine fast Rabenfederkiel-dicke mit gitrig zerfallenem Thrombus gefüllte 
Vene, welche aus der Diplo& herauskommt. Im linken Sinus transv., da wo er 
am Felsenbein herläuft, befindet sich eine dünne, gelbe, eitrige Masse, welche 
an beiden Seiten durch derberen Thrombus abgeschlossen ist. Es handelt sich 
um einen Thrombus, dessen Enden- noch consistent und röthlich- gelb, dessen 
Mitte aber zu einem dünnen, eiterigen Brei zerfallen ist. In dem Zusammen- 
flusse der Sinus ist wieder der ganze Inhalt des Gefässes dünn und eitrig. 
Beim Abziehen der Dura zeigt sich die Wand des linken Sinus, besonders an 
der Stelle, wo er eitrige Massen enthält, verdickt und getrübt, und der darunter 
liegende Knochen röthlich gefärbt. Vor dem Foramen jugulare liegt zwischen 
Dura und Knochen ein Eiterherd, der sich nach dem Markk.nal bis zur Gegend 
des Atlanto-occip.-Gelenkes erstreckt. Vena jugul. oben voll flüssigen Blutes, 
unten leer. In beiden Pleuren reichlich trübe Flüssigkeit mi: Eiterflocken ver- 
mischt. Eitriges Fibrinfädennetz auf der Lungenpleura. In den Lungen finden 
sich rechts in allen, links vorzugsweise im Unterlappen zahlreiche metastatische 
Infarkte. Sie bilden auf der Oberfläche gelblich-roth gefärbte Prominenzen, sind 
auf dem Durchschnitt keilförmig mit nach innen gelegener Spitze, an der bei 
mehreren dieser Infarkte ein mit eitrigem Thrombus gefülltes Gefäss gefunden 
wird. Ein Theil der Herde ist dunkelroth, aber umgeben von einem eitrigen 
Saume, an welchem mehrfach eine eitrige Schmelzung des Gewebes, und dadurch 
Sequestrirung des rothen Herdes entstanden ist. An anderen Heerden ist auch 
die rothe Masse von Eiter durchsetzt. auch wohl ganz zu einem röthlich-gelben 
Brei zerflossen. Die grösseren Pulmonaläste sind frei. In den Herzhöhlen 
speckige Gerinnsel. Herzfleisch bläulich; an den Papillarmuskeln beginnende 
Fettentartung. Endocard und Klappen, sowie auch der Herzbeutel ohne Ab- 
normität, In der Bauchhöhle etwas gelbe Flüssigkeit mit Fibrinflocken, Nieren 


1123 Primäre intensive Infection mit Kettencoccus. 


gross. Rinde blass und trübe. Milz mässig verzögert, weich. Im oberen Theil 
des Dünndarms starke Röthung und Schwellung der Schleimhaut. 


Fall3a3. 


Primäre intensive Infectioneines Oberschenkelamputationsstumpfes 

mit Kettencoccus. Imfectiöse Thrombophebitıs der Vena crur., 

saphena und hypogastr. mıt eitriger Schmelzung der Thromben und 
Metastasen in Pleuren, Gelenken, Sehnenscheiden, Nieren. 


Georg Adler, 33 Jahre, aus Sorga bei Hersfeld. Bei dem tuberculos be- 
lasteten Patienten war seit einem Jahre neben mehrfachen tuberculösen Affectionen 
am Hals und Händen die Gegend des Knies angeschwollen und bald aufgebrochen. 
Letzteres ist stark geschwollen und sondert Eiter aus mehreren Fisteln ab. Da 
sich bei Incisionen in das Gelenk eine ‚enorme Ausbreitung der Tuberculose, 
namentlich ein weit reichender Herd am äusseren Condylus femor. zeigt, wurde 
31. V. 81 die Amputation mit vorderem Lappen gemacht. ı. VI. 81 Wunde an- 
scheinend aseptisch, wenigstens geruchlos, doch wird ein Theil des Lappens 
gangränös und mikroskopisch findet sich nach Dr. Riede?’s Beobachtungen, dessen 
zahlreiche mikroskopische Präparate von diesem Falle glücklicher Weise aufge- 
hoben sind, Kettencoccus in grosser Menge im Wundsecret. 3. Vi. 81. Nur das 
der Gangrän anliegende Rohr hat einen kleinen Stich von Fäulnissgeruch, die 
Uebrigen gar nicht, trotzdem mikroskopisch der Kettencoccus in ungeheuren 
Massen nachgewiesen wird. Temp. Abends 39,3. 6. VI. 81. Fieber hoch. Die 
ganze Wunde wird geöffnet. Sie ist geruchlos. Patient leicht icterisch, hat seit 
gestern Schwellung und Schmerzen im linken Fussgelenk, ebenso an der Sehnen- 
scheide des ext. hall. long. dextr. 7. VI. 81. Incision in’s Fussgelenk ergibt 
Eiter, welcher von Kettencoccus geradezu wimmelt. 8. VI. 81. Verlauf immer 
ungünstiger. Patient complet pyämisch. ‚Ohne dass weitere Erscheinungen ein- 
treten, erfolgt 10. VI. 81 der Tod. Section: Leichter Icterus der Haut, intensiver 
im Gesicht. Linkes Sprunggelenk enthält Eiter und ist drainirt. Dem Verlauf 
der Sehne des extens. polic. dextr. entsprechend besteht eine Anschwellung, aus der 
sich beim Einschneiden dünner Eiter entleert. In beiden Pleuren je "/, Liter 
gelb-röthliche Flüssigkeit mit Fibrinflocken. Lungengewebe blutreich, hinten 
hypostatisch mit eitrigem Pleurabelag am hinteren Rande, unter dem zahl- 
reiche, ausgedehnte Blutungen sind. Herz schlaf. In den Vorhöfen neben 
flüssigem Blut Speckgerinnsel. Im Ventrikel derbes, gelb gefärbtes Gerinnsel, 
Milz stark vergrössert; Gewebe hellroth, weich, Nieren gross. Auf dem 
Durchschnitt ist die Zeichnung der Rinde undeutlich., In der Marksubstanz sieht 


Kulturen aus pyämischen Metastasen. 113 


man ausser Kalkinfarcten der Spitzen einzelne bis erbsengrosse, mit Eiter gefüllte 
Höhlen; daneben zahlreiche in der Richtung der Harnkanälchen verlaufende, 
gelbe Streifen. In der Schleimhaut der Nierenkelche finden sich punktförmige 
Hämorrhagieen; im Magen sind einzelne Schleimhauthämorrhagieen. Die Vena 
erur. an der antputirten Seite ist unten leer, oben mit schmutzig grau-gelber 
“verflüssigter Thrombusmasse gefüllt; die innere Oberfläche der Vene ist uneben. 
Mikroskopisch zeigt sich eine starke, entzündliche Infiltration der adventitia und 
media. Die intima ist ungleichmässig verdickt und auf der innersten Schichte 
derselben liegen rundliche Anhäufungen von Kettencoccen. Vor dem Kreuz- 
bein, dessen Knochen blossliegt, liegt eine wallnussgrosse Eiterhöhle, das Ende 
eines Eitercanales, dessen Lage der vena hypogastr. entspricht. Die saphena 
enthält ebenfalls zerfallene Thromben und in den nach hinten ziehenden Ober- 
schenkelvenen finden sich frische Thromben; auch in den Metastasen der Nieren 
findet sich der Kettencoccus massenhaft, wie auch in den anderen Eiterungen, 


welche untersucht wurden, 


Fall 4. 


Complicirte Fractur des Oberarms mit ausgedehnter Weichtheils- 
. queischung, primär infieirt. Trotz Ablation, Entwicklung von 
Metastasen in Lungen, Pleura, Herzbeutel, Nieren. Züchtung 
der Microbien der Lungenmetastasen durch Kultur aus dem 
Pleuraexsudat während des Lebens. 


. Carl Stofiregen, 26 Jahre alt, hat vor 4 Tagen von einer Strassenwalze 
eine schwere Quetschung des linken Armes erlitten, welche sofort von 2 Aerzten 
genäht, mit Jodoform bestreut und mit Jodoformgaze verbunden wurde. Stat. 
praes. 8. III. 83. Complicirte Fractur des humerus mit ausgedehnter Weich- 
theilsquetschung und Zerreissung etwa in der Mitte. Complicirte Fractur der ulna 
und des radius unmittelbar unter dem Ellbogengelenk. Wunden geruchlos, doch 
mit grau-gelblichem Belag, der sich auch überall in der Tiefe vorfindet. Nähte 
geöffnet, gründliche Desinfection, typischer Lister, Hochlagerung. 12. III. 83. 
Wegen starker Sekretion weitere Drainagirungen. 16. III. Abudante Eiterung, 
welche etwas riecht. Es zeigt sich, dass das Periost fast bis zum Schultergelenk 
abgerissen ist. Hohe Temperatur, Deshalb ablatio 17. III. dicht unter dem 
Schultergelenk, bei welcher verschiedene subkutane Abscesse, welche sich in die 
Achselhöhle erstrecken, eröffnet werden. Gründliche Desinfection. Stumpf nicht 
genäht; Lister. 19. III. Verbandwechsel , weil mässiges Fieber; Stumpf gut. 
. 29. HII. Rechtseitiges pleuritisches Exsudat bis zum Schulterblatt, Wunde gut. 3. IV. 


Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 8 


114 Kulturen aus pyämischen Metastasen. 


Resection der 6. Rippe rechts. Es entleert sich Anfangs dünnflüssiges, dann 


dickflockiges Exsudat. 


Die Kultur des Exsudats aus der Pleura auf F. P. A. 
ergab eine Autkeimung des Kettencoccus in charakteristischer 


Weise und ursprünglich in überwiegender Menge, wenn auch 


später die Hauptsache aus Kulturen des rasch wachsenden 
gelben Traubencoccus bestand. 


8. IV. Noch immer starke Absonderung aus der Pleura. Auswaschen mit 


Salicylwasser. Morgens keine erhöhte Temperatur, Abends 38—38,5. Profuse 
Durchfälle. ı5. IV. Stat. iddem, Puls sehr frequent, Kräfte verfallen. 17. IV. 
Tod. Section: Stumpf zeigt nichts Abnormes, Venen der Achselhöhle ohne 
Thromben. Rechte Lunge lufthaltig, die linke comprimirt, schlaff, fast luftleer. 
Das interstitielle Gewebe ist schwartig verdickt. Im Lungengewebe finden sich 
kleinere Eiterhöhlen, in welche Fetzen des Lungengewebes hineinragen. Die 


Pleuralfläche ist mit fribinös-eitrigen Pseudomembranen belegt, welche indessen 


nach oben in scharfer Linie an der Grenze der Verklebung aufhören. Das in 


dieser Grenze abgesackte Exsudat besteht in der oberen Schichte aus reinem 


Serum, in den tieferen ist reiner Eiter. Im Herzbeutel seröses Exsudat, Herz 


ohne Veränderung; die linke Niere enthält einen erbsengrossen Eiterherd in der 


Rinde. Der Darm zeigt Schwellung, Röthung und Blutungen der Schleimhaut. 


Fall 5 
Nach Operation eines Brustcarcinomrecidivs: Erysipel und 
Pyämie. JImfectiose Thrombose der vena brach., Embolieen der 
Lungenarterie, Infarcte und Abscesse der ‚Lungen. KEıtrige 
Pleuritis, eitrige Gonitis, fettige Degeneration des Herzmuskels, 


parenchymatöose Nephritis, Kultur des Microbion aus der Knie- 


melastase während des Lebens. 


Marie Sattler, 44 Jahre. 16. XI. 82, Exstirpation zweier Krebsknoten, 
welche als Recidiv nach Operation eines Brustcarcinoms aufgetreten waren und 
den Pectoralis durchwachsen hatten. 18. XI. 82. ‚Hohes Fieber. Beim Ver- 
bandwechsel wird ein Erysipel constatirt. Während sich dasselbe langsam auf 


den Rücken und die rechte Schulter, den rechten Oberarm verbreitet bei einer 


Körpertemperatur fast constant von 40°, entwickelt sich ausser allem Zusammen- 


hang von dem Erysipel eine äusserst schmerzhafte Schwellung auf der Innenseite 


N 


Kulturen aus pyämischen Metastasen. 115 


der rechten Fusssohle. 24. XI. Die Haut an genannter Stelle ist geröthet und 
geschwellt. Man könnte an ein Erysipelas erraticum denken. Die Wunden sehen 
sehr gut aus, sind der Verheilung nahe. Temperatur andauernd hoch. 26. XI. 
Die Schmerzhaftigkeit in der Fusssohle hat nachgelassen. Die Röthung und 
Schwellung besteht noch und erstreckt sich jetzt in einigen Streifen nach der 
Ferse zu und auf dem Fussrücken hin. Heute wird über grosse Schmerzhaftig- 
keit in dem mässig geschwollenen Kniegelenk geklagt. 28. XI. Punktion des 
‚seit gestern prall gefüllten rechten Kniegelenkes, durch welche anfangs klare, 
später flockig-eitrige Flüssigkeit entleert wird. Injection von ca 20 CC. 5"/, Carbol- 
lösung. Patient fiebert andauernd hoch, redet meist wirres Zeug, lässt unter sich 


gehen. Erysipel jetzt am rechten Ellbogen sichtbar. 

Die mit allen antiseptischen Massregeln bei der ebenfalls 
unter allen Kautelen vorgenommenen Punction des Knies 
aufgefangene Flüssigkeit wurde mit Impfstrich und Impfstich 
in 6 F. P. A. Röhrchen kultivirt. Die Kultur ging überall 
ganz gleichmässig an, und zwar überall in Reinzucht. Es 
handelte sich um Strept. pyog. Von einer Kultur des Strept. 
erysip. konnte ich nirgends Spuren entdecken. 


3. XII. Bei andauernd hohem Fieber trat eine wesentliche Veränderung 
des punktirten Gelenkes nicht ein. Patient hat sich seit heute Morgen sehr 
verändert, ist bewusstlos, athmet sehr frequent. Erysipel bis zum Handgelenk 
rechts heruntergegangen. Deutliche Schwellung der Kehlkopfsgegend. Abends 
gegen ıı Uhr Tod. 

Section: Die rechte vena axill. enthält ein weiches missfarbenes Gerinnsel. 
Herz weich, schlaff, Herzfleisch mürbe, zeigt Verfettungen in gelben Streifen. 
Uebrigens ist das Herz ziemlich faul, das Endocard blutig imbibirt. Die linke 
Lunge ist in den unteren hinteren Parthien bart, die Pleura des Oberlappens 
ist durch eitrig-fibrinöse Massen mit der Pleura costalis verklebt. Auf der Ober- 
fläche des Oberlappens bemerkt man einen wallnussgrossen Herd von grau- 
weissem Aussehen, welcher von seiner Umgebung durch einen schwefelgelben 
Saum abgegrenzt ist. Daneben noch mehrfache scharf circumscripte, fluctuirende 
Herde von gelbem Aussehen. Der grosse zeigt auf dem Durchschnitt eine graue 
zerfliessende Masse und springt eine Strecke in die Tiefe. Ein einführender 
grösserer Ast der Lungenarterie enthält einen von der nächsten höheren Theil- 
ungsstelle an adhärirenden, obturirenden Thrombus, welcher centralwärts con- 
sistent, peripher zerfliessend erscheint. Das Gewebe der Lunge ist mürbe, blutreich, 
ödematös. Auch die rechte Lungenpleura zeigt eitrige Auflagerungen, die Lunge 

h g* 


116 Kulturen aus pyämischen Metastasen. 


ist ödematös, Milz wenig geschwollen, zerfliessend weich. Nieren gross, Rinde 
getrübt. Das rechte Kniegelenk enthält dicken Eiter. In diesem, an dem Venen- 
thrombus, dem Embolus der Pulmonalis, den Lungenherden finden sich mikro- 
scopisch manigfache Formen von Stäbchen und Coccen, vorwiegend letztere und 


zwar in Torulaform (Kettencocecus). 


Fall 6. 


Pannaritium am Mittelfinger, Phlegmone am Vorderarm, wahr- 

scheinlich Lungenmelastasen, :Metastase am Fussrücken, in der 

rechten Achsel, linken Oberschenkel, Glulaeen und Waden- 

musculatur. Genesung. Kultur mit dem Eiter der Metastase 
am Fussrücken. 


x 


W. Holzkamp, 27 Jahre alt, Glasarbeiter. 21. V. 82. Seit 14 Tagen 
Entzündung am rechten Mittelfinger, angeblich spontan entstanden. Im Lauf der 
letzten Tage wurde auch die Hand und der Vorderarm dick und roth und Pat. 
hatte öfters Frost und Hitze. St. praes. Rechter Mittelfinger stark phlegmonös 
geschwollen und grossentheils geschwürig. Phlegmone des Handrückens und des 
Vorderarms. Temper. 38,9. Steile Lagerung. 27. Ir. Mehrere ausgiebige In- 
cisionen am Handrücken und am dorsum und der vola des Vorderarms ent- 
leeren bröcklichen Eiter. Drainage. Suspension. 28. III. Abfall auf 37,5, 
Abends wieder hohe Temperatur. 30. III. Temperatur unregelmässig. .Pat. 
hustet. Sputa sanguinolenta. Abscess am Fussrücken, welcher unter strengen 


Cautelen geöffnet und zur Kultur verwandt wird. 


Diese auf mehrere Gläser mit F. P. A. ergab überall 
eine Reinzucht von Staphyl. aur. Auch bei weiteren Kulturen 
keimte gar Nichts, was irgendwie eine Beimischung von Strepto- 
coccus hätte vermuthen lassen. Auch microscopisch war der- 
selbe nirgends nachzuweisen. zer 

Im Grunde des Abscesses liegt eine Strecksehne nekrotisch vor. Arm und 
Hand abgeschwollen. ı. IV. Temperatur bald. niedrig, bald hoch. Pat. sichtlich 
verfallen. Es werden am Arm wieder mehrere Incisionen wegen Eiterverhaltung 
nöthig. 4. IV. In der rechten Achsel und am linken Oberschenkel 2 Haut- 
abscesse. ‘Temperatur unregelmässig. 10. IV. Bei täglichem Verbinden müssen 
am Arm noch verschiedene Incisionen gemacht werden. Auch hat sich im 
Glutaeus maximus ein grosser Abscess gebildet. ‘Temperatur abgefallen, 17. IV. 
Dauernd fieberfrei seit 7 Tagen. Arm und Hand stark abgeschwollen. 26. IV. 


ee >. Dan } 


Fingererysipeloid. 117 


Es hat sich noch ein Abscess an der rechten Wade entwickelt. Incision - Kein 
Fieber mehr. Arm im Vernarben. In der Folge ist Pat. völlig genesen entlassen, 

Es wurde somit in 6 Fällen metastatischer Pyämie 5mal 
der Strept. pyog. theils im Blut theils in Metastasen der Lebenden 
gefunden; zweimal zusammen mit Traubencoccus, aber diesen 
an Menge übertreffend. Darauf, dass der einzige Fall, in 
welchem nur Trauben-, nicht Kettencoccus vorhanden war, mit 
Genesung endete, soll selbstverständlich kein Gewicht gelegt 
werden. Dagegen halte ich das positive Resultat für wichtig 
und gravirend, dass gerade bei den 2 Fällen von infectiöser 
Pyämie, bei denen sich einmal von einem kleinen Schmiss 
am Kopf (FallLaffert), das andere Mal bei alsbald durchaus 
‚gutem Wundverlauf einer einfachen Weichtheilswunde (Fall 
Sattler) die Pyämie unerbittlich entwickelte, ‚aus den Meta- 
stasen der Strept. p. in Reinzucht keimte. 


Auch mit den Beobachtungen vieler früheren Forscher 
stimmt dies Resultat recht wohl und zwar gerade derjenigen — 
darauf ist besondersGewicht zulegen — welche beim Menschen 
untersuchten. Wenn sie zum Theil die Formen nicht so genau 
oder etwas anders unterschieden, so lag das wohl daran, dass 
ihnen Koch’s wichtigstes Unterscheidungsmittel die Kultur 
auf festen Nährböden, noch nicht zu Gebote stand. 


XII. Fingererysipeloid (zoonotisches), Erysipelas 
chronicum, Erythema migrans 


bezeichnet eine Krankheit sui generis, welche zwar sehr wenig 
Bedeutung hat, weil sie sehr unschuldig ist, aber doch Beacht- 
ung verdient, weil man sie im Anfang mit schwereren Infek- 
tionen verwechseln kann. Sie kommt vor bei Leuten, welche 
mit Thierstoffen zu thun haben, also bei Schlachtern, Gerbern, 


118 Fingererysipeloid. 


Köchinnen, und zwar bei letzteren, wie mir scheinen wollte, 
‚vorwiegend, wenn sie Wild abzuziehen hatten. Von einer 
kleinen Verletzung (eine solche gehört nothwendig dazu) meist 
an den Fingern entsteht eine bläulich-braunrothe Infiltration, 
welche mit ganz scharfer Grenze genau wie das Erysipel fort- 
schreitet. Die ergriffenen Parthien bleiben viele Tage geschwellt 
und roth,. jucken und brennenziemlich, blassen aber schliesslich 
ab, während die Grenze fortschreitet. So kann sich die Affection 
von einer Fingerspitze den ganzen Finger entlang verbreiten, 
ja bis zum Carpus auf den Handrücken ziehen, auch wohl auf 
den nebenliegenden Finger rückwärts’wandern. Im Allgemeinen 
ist jedoch die Affection nach ı bis 2 Wochen auf dem Meta- 
carpus beendet. Das Allgemeinbefinden ist dabei ungestört, 
Fieber besteht nicht. Sehr selten habe ich die Affection 
anderswo als an den Händen gesehen, nur einmal im Gesicht. 
Nachdem ich mir vergebens Mühe gegeben hatte, das ursäch- 
liche Microbion in der Grewebsflüssigkeit zu finden, gelang 
endlich eine Kultur in der Weise, wie sie Fehleisen bei 
dem wirklichen Erysipel machte. Auf F. P. A. wächst der 
Microbion in eigenthümlichen, sehr zarten und zierlichen Kul- 
turen — so minim, dass ich dieselben in 3—-4 facher Vergrösser- 
ung zeichnen lassen musste, um sie änschaulich zu machen. 
(Fig. XIV). Mikroskopisch besteht die Kultur aus nicht allzu 
kleinen aber recht unregelmässig gestalteten Coccen. (Fig. 14). 
- Ich habe mir bei Beginn meines Ferienurlaubs 3 Impfstiche 
mit derselben am Oberarm gemacht. Um jeden derselben ent- 
wickelte sich mit Brennen und Jucken ein braunrother Hof, 
welcher 20-Pfennigstückgross wurde, dann aber abblasste und 


verschwand. 


Leptothrix-Invasion. 119 


XIII. Leptothrix- (?) Invasion. : 


Helene Reiter, 22 Jahre, 20. V. 79. Patientin bekam Weihnachten plötzlich 
eine Schwellung in der Gegend der submaxillaren Speicheldrüse mit trismus 
$pur. Jene ging bis auf einen gewissen Grad zurück. Vor 4 Wochen bemerkte 
Patientin, dass häufig etwas Eiter unter der Zunge (aus dem ductus der sub. 
max.) hervorkam. Die submaxillare Speicheldrüse war damals, als Patientin sich 
vor 4 Wochen zuerst hier vorstellte, geschwollen und nach hinten von derselben 
noch eine Lymphdrüse. Jetzt ist erstere weniger geschwollen, die letztere aber 
und die ganze Umgebung derselben in einem Zustande chronischer Phlegmone. 
In diese wird eine Incision gemacht und aus der Tiefe neben flüssigem Eiter 
eine eigenthümliche Masse entleert, welche aussieht wie grau-gelblicher Kalk- 
mörtel. Mikroskopisch untersucht bestand sie aus Leptothrix- (?) Wucherungen, 
deren Fäden in einer allerdings damals noch sehr unvollkommenen Kultur gewellt 


und stellenweise eigenthümlich verzweigt erscheinen. (Fig. 15.) 
. Ich lege auf diese Kultur wenig Werth; doch hat der 
Fall ein klinisches Interesse. Desshalb und weil er ein sel- 


tenes Vorkommniss ist, habe ich geglaubt, ihn anhängen zu 


dürfen. 


EN 


ziemlich Vorsicht F. F; A. Nährboden, auf weichen ; 


Die mikroskopischen Abbildungen sind sämmtlich bei ; 
grösserung von I Rare dass dasiiit dem neuen W: 


er Adolf Wolfes) in zweiter Beneration. Fig. II von einem See 
(s. Carl Rotemberg) in zweiter Generation. Fig. III stellt eine in der 
Värme BE rasch gewachsene noch junge und daher an ie Rändern 


occus pyog. sin, (s. Dorette Stümpfel) in üppigem Wachsthum. 
Vergrösserung 2'/,-reflect. Licht. 


2. V. Kultur des Eiterkettencoccus (Streptococcus pyo- 
genes,Microbeen chapelet) aus dem Blut des pyämisch ent 
später verstorbenen Patienten Kannengiesser. VERTETUE a7. reflect. 
Licht. 


IX. Kultur von Strept. erysipel. Fehleisen. Impfstich in 
ganz wasserklarer F. P.G. gegen dunklen Hintergrund im reflect. Licht. 
ei detaillirte Nachbildung!) Vergrösserung 2—2'/,mal. 


-occus bei 20facher Vergrösserung, um die terrassenförmigen 
‚Abflachungen gegen den Rand zu zeigen. Durchfallendes Licht. 


RR (s. Neuhaus). Vergrösserung 2mal. Durchfallendes ‘Licht. 


199 Erklärung der Abbildungen. 


E 3 x Ra 
Taf. IV. Fig. XI. Kultur aus Empyem nach Thoraxschuss (& 
Ahlborn). Aufkeimen von Staphylococcus albus, später von aureus und 

noch einem unbekannten ebenfalls gelben Coccaus. . 

Fig. XII. Kultur des eigentlichen, gewöhnlichsten Fäul- 
nissmikroorganismus (Bacillus saprogenesNr. IaufF.P.A, 

Fig. XIII. Kultur aus dem septischenKnochenherd einer com- 
plicirten Fractur bei allgemeiner Sepsis (s. Ebeling). Baeill. saprogen. 

Nr. 3. r 


TaL V. Fig. ıunda, Mikroskopische Bilder von Staphylococcus 
(aureus und albus, welche mikroskopisch nicht zu unterscheiden sind).. 
Fig. I stellt junge 24stündige, Fig. 2 Monate alte Coccen dar, 


Fig. 3, Mikroskop. Bild des Eiterkettencoccus. 

Fig. 4. Mikroskopisches Bild von Strept. Erysip. Fehleisen 
von der Kultur in Gelatine. 
Fig. 5. Mikroskop. Bild des Mikrococcus pyogenes tenuis 

von einem Empyem (s. Schütze), 

Fig. 6. Mikroskop. Bild eines rasch aber mit wenig Fäul.- 
nissgeruch den Nährboden zersetzenden Bacillus. Zu- 
fällige Einsaat, 

Fig. 7. Mikroskop. Bild des Bac. saprog. Nr. 1. 

Fig. 8. Mikroskop. Bild des Bacill. von stinkendem Fuss- 
schweiss (s. Scheidemann). (Bacill. saprogen. Nr, 2.) 

Fig. 9. Mikrosk.Bild vonkleinenCoccenvoneinerKultur der 
Zahnfäulniss. 

Fig. 171. Mikrosk. Bild des Bacill, saprogen. Nr. 3. 

Fig. ı1. Bacillus aus einem putriden Knochenabscess bei all- 
gemeiner Sepsis (s. Binnewiss). 

Fig. ı2. Bacillen bei brandigem, progressivem Emphysem 
aus dem Gewebe (s Franz Fust). = 

Fig. 13. Bacillen bei brandigem, progressivem Emphysem 
aus dem Gewebe (s. Melusine Lücke). | 

Fig. 14. Mikroskopisches Bild des Coccus, welcher das Finger- 
Erysipeloid bewirkt. i 

Fig.ı5. Mikroorganismus von einer mörtelähnlichenbreiigen 
Masse aus einem Abscess am Hals cultivirt. Leptothrix (?) (s. Helene 
Reiter.) 


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F.J.Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen 


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