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Full text of "Mikroskopische Pflanzenbilder : sehr starker Vergrösserung zum Gebrauche bei dem Unterrichte in der Botanik, nebst einem Grundriss der Anatomie und Physiologie der Pflanzen zur Erläuterung der Abbildungen"

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Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2018  with  funding  from 

University  of  Illinois  Urbana-Champaign  Alternates 


https://archive.org/details/mikroskopischepfOObrei 


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Vorwort© 


Wenn  hüben  behauptet,  dass  Anschauungen 
mit  Kindern  (und  wir  fügen  hinzu :  auch  zum  Theil 
mit  erwachseneren  Schülern)  ebenso  oft  wiederholt 
werden  müssen,  wie  Worte,  wenn  sie  sich  tief 
einprägen  und  Nutzen  bringen  sollen;  so  pflichten 
wir  ihm  in  seiner  Behauptung  nicht  nur  bei,  son¬ 
dern  äussern  zugleich  unser  Bedauern,  dass  es 
leider  um  diese  „wiederholte  Anschauung“  bei  dem 
Unterrichte  noch  an  vielen  Orten  schlimm  aussieht. 
Anschauung  ist  aber  ganz  besonders  bei  einem 
erspriesslichen  naturwissenschaftlichen  Unterrichte 
die  erste  Bedingung.  Obgleich  die  Naturwissen¬ 
schaften  sich  im  Allgemeinen  als  Unterrichtsgegen¬ 
stand  einer  besseren  Aufnahme  erfreuen,  so  werden 
sie  doch  noch  hin  und  wieder  in  einer  starren, 
trocknen,  langweiligen,  rein  systematischen  Weise 
gelehrt.  Noch  heutzutage  wissen  Lehrer  Mineralogie 
ohne  Mineraliensammlung,  Botanik  ohne  Zuziehung 
von  wirklichen  Pflanzen  und  Zoologie  ohne  zoolo¬ 
gische  Sammlungen  zu  unterrichten.  Wir  beneiden 
sie  ob  dieses  Kunststückes  nicht,  haben  aber  Mitleid 
mit  den  Schülern ,  die  einer  solchen  Hantirung 
unterworfen  sind  und  Tag  für  Tag  Theorie  und 
nichts  als  Theorie  vorgesetzt  finden;  denn:  „Grau 
ist  alle  Theorie ,  doch  grün  des  Lebens  goldner 
Baum.“ 

Vorliegende  „Mikroskopische  Pflanzenbilder“ 
haben  den  Zweck,  ein  Scherflein  zur  Veranschau¬ 
lichung  über  den  inneren  Bau  der  Pflanzen  beizu¬ 
tragen.  Die  Bilder,  wie  sie  uns  das  Mikroskop 
>  zeigt,  sind  und  bleiben  immer  die  beste  Anschauung. 
Da  aber  nicht  alle  Schulen,  in  denen  Botanik  ge¬ 
lehrt  wird ,  im  Besitze  eines  solchen  Instrumentes 
sind,  oder,  wenn  solches  der  Fall  ist,  sich  nicht 
jeder  betreffende  Lehrer  zu  einem  „mikroskopischen 
Kleinigkeitskrämer“  wegen  Mangel  an  Geschicklich¬ 
keit  eignet,  oder,  wenn  Mikroskop  und  Geschick¬ 
lichkeit  des  Lehrers  auch  vorhanden  sind ,  doch 
die  Zeit,  um  ein  und  dasselbe  Präparat  zum  wie¬ 
derholten  Male  für  Viele  herzustellen,  selten  zu 


finden  und  die  Fixirung  eines  mikroskopischen 
Bildes  durch  Zeichnen  nicht  Jedermanns  Sache 
ist,  so  dürften  vielleicht  vorliegende  Pflanzenbilder 
bei  manchem  Lehrer  einem  Bedürfniss  Befriedigung 
gewähren. 

Am  besten  ist  es,  wenn  einige  Fertigkeit  im 
Zeichnen  und  Geschicklichkeit  im  Mikroskopiren 
sich  vereinigt  finden,  so  dass  der  Lehrer  (nament¬ 
lich  bei  Anfängern)  vor  der  Betrachtung  des  be¬ 
treffenden  Pflanzenschnittes  das  mikroskopische  Bild, 
wenn  auch  nur  in  ganz  einfachen  Strichen ,  auf 
der  Wandtafel  entwerfen  und  besprechen  kann, 
um  besonders  auf  das  aufmerksam  zu  machen,  um 
das  es  sich  handelt.  Nach  solchen  Winken  wird 
der  angehende  Beobachter  sich  viel  besser  im  Seh¬ 
felde  zurecht  zu  finden  wissen.  Die  in  Rede 
stehenden  Pflanzenbilder  sind  Abbildungen  wirklicher 
Pflanzenschnitte  und  da  jedesmal  angegeben  ist, 
aus  welchen  Pflanzen  dieselben  herzustellen  sind, 
so  vermag  der  Lehrer  leicht,  jene  zu  präpariren 
und  falls  er  kein  Zeichner  ist,  diese  Bilder  vorher 
zur  Orienlirung  und  später  als  Erinnerung 
(wiederholte  Anschauung)  an  das  mikroskopische 
wirkliche  Bild  zu  gebrauchen. 

In  den  meisten  Fällen  wurde  die  wirkliche 
Grösse  des  Objects  in  Zahlen  angegeben,  wodurch 
man  bei  der  Schätzung  der  stärkeren  Vergrüsserung 
sich  zurecht  finden  wird.  Eine  noch  bedeutendere 
Vergrüsserung  der  Abbildungen  würde  der  Natur 
der  mikroskopisch  kleinen  Dinge  eher  zuwider  sein, 
aber  namentlich  die  Herstellungskosten  eines  solchen 
Werkes  so  sehr  vergrössert  haben,  dass  dadurch 
die  Anschaffung  bei  Vielen  erschwert  worden  wäre. 
Für  den  öffentlichen  Schulgebrauch  werden  am 
zweckmässigsten  die  Tafeln  aufgezogen  und  diese 
nach  dem  jeweiligen  Bedürfnisse  zur  Betrachtung 
ausgewählt. 

Obgleich  es  uns  wohl  bekannt  ist,  dass  die 
Literatur  der  Anatomie  und  Physiologie  der  Pflanzen 
nicht  nur  reichhaltig ,  sondern  diese  Disciplinen 


sowohl  in  wissenschaftlicher,  als  populärer  Dar¬ 
stellung  ihre  ausgezeichnetsten  Bearbeiter  (Schleiden, 
Mohl,  Schacht,  Seubert,  Rossmässler  u.  A.J  ge¬ 
funden  haben,  so  konnten  wir  uns  doch  nicht  dazu 
verstehen,  in  Manier  eines  umherziehenden  Bänkel¬ 
sängers  nur  zu  sagen,  was  auf  jedem  Bilde  „zu 
schauen“  sei,  sondern  geben  die  Erläuterungen  der 
Bilder  in  einem  Grundriss  der  Anatomie  und 
Physiologie  der  Pflanzen.  Der  Lehrer  kann  an 
diesen  seine  weiteren  Erörterungen  nach  Belieben 
und  Bedürfnis  anreihen ;  für  den  Privatgebrauch 
aber  wird  der  Grundriss  das  Wesentlichste  zu  einem 
richtigen  Verständniss  über  den  inneren  Bau  der 

Usingen 1856. 


Pflanzen  enthalten  und  für  den  Gebrauch  ein¬ 
schlagender  ausführlicher  Werke  vorbereiten  können. 

Dass  wir  uns  bei  Beschreibung  mancher  Or¬ 
gane  und  ihrer  Lebenserscheinungen,  deren  genaue 
Kenntniss  wir  nur  dem  unermüdlichen  Forschen 
einzelner  Männer  verdanken ,  oder  über  welche 
nur  Hypothesen  gar  noch  in  getheilten  Ansichten 
herrschen,  die  Worte  der  betreffenden  Gewährs¬ 
männer  direkt  anzuführen  erlaubten,  wird  Männer 
von  Fach  nicht  befremden. 

Möge  dieses  Werkchen  dem  beabsichtigten 
Zwecke  entsprechen! 


Der  Verfasser. 


Grundriss 

der 

Anatomie  und  Physiologie  der  Pflanzen 

zur 

Erläuterung  der  Abbildungen. 


Jiin  kostbares  und  unentbehrliches  Werkzeug  des 
Naturforschers  ist  das  Mikroskop.  Und  welcher  Gebildete 
der  Jetztzeit,  in  welcher  die  Naturwissenschaften  nicht  bloss 
zur  Mode,  sondern  in  formeller  wie  in  materieller  Hinsicht 
zum  wahren  Bedürfniss  geworden,  hätte  nicht  genanntes  In¬ 
strument  schon  gesehen  oder  wenigstens  von  ihm  und  seinen 
Erstaunen  erregenden  Bildern  gehört!  Längst  ist  das  Mikro¬ 
skop  nicht  mehr  das  alleinige  Eigenthum  der  Cabinete  und 
Laboratorien  der  Gelehrten ,  sondern  gehört  es  auch  dem 
Inventarium  weiterer  Kreise  an ,  und  bei  der  immer  allge¬ 
meiner  werdenden  Billigkeit  dieses  Vergrösserungsglases  steht 
wohl  zu  erwarten,  dass  es  sich  in  kürzester  Zeit  noch  viele, 
viele  Freunde  in  Stadt  und  Land  erwerben  werde.  Denn 
„gerade  ist  die  Mikroskopie  das  mächtigste  Mittel,  um  einem 
denkenden  Menschen  Achtung ,  Ehrfurcht  und  Liebe  einzu- 

1.  Zolle  und 

(Taf.  1- 

Wenn  wir  bei  einer  Pflanze  Wurzel,  Stengel,  Blatt, 
Blüthe  <fcc.  als  Organe  bezeichnen,  insofern  sie  zur  Verrich¬ 
tung  bestimmter  Funktionen  dienen,  so  sind  die  erwähnten 
Werkzeuge,  wenn  sie  auch  noch  so  klein  auftreten,  doch 
keine  einfachen  Organe.  Das  bewaffnete  Auge  des  Botanikers 
zeigt  uns ,  dass  sich  der  kleinste  Theil  der  Pflanze  noch  in 
eine  zahllose  Menge  kleinerer  Theile ,  Zellen  (cellulae)  ge¬ 
nannt,  zerlegen  lässt,  die  aber  eine  weitere  Theilung  in 
selbstständige  Organismen  nicht  mehr  zulassen.  Mit  der 
Zelle  hebt  jedwedes  Pflanzen-  und  Thiergebilde  an;  sie  ist 
die  Grundform  der  organischen  Welt.  Der  unansehnliche 
Schimmel,  wie  die  stattliche  Palme,  das  winzige  Infusions- 
thierchen,  wie  der  kolossale  Elephant  sind  aus  einer  zahl¬ 
losen  Masse  von  Zellen  zusammengesetzt.  Der  Riesenbovist 
(Lycoperdon  bovista  L.)  zeugt  in  einer  Minute  20,000  Zellen, 
und  auf  eine  einzige  Hautschicht  der  ganzen  Oberfläche  des 
menschlichen  Körpers  gehen,  wie  man  genau  berechnet  haben 
will,  ll/3  Milliarden  von  Hornzellen! 

Taf.  1.  Sind  die  Zellen,  Elementarorgane }  lose  neben  und  über 

Kugelförmige  einander  gelagert,  so  erblicken  wir  sie  in  der  Regel  in  ihrer 
Zellen.  ursprünglichen  Gestalt ,  nämlich  in  der  Kugelform.  Taf.  1 
stellt  solche  kugelförmige  Zellen  stark  vergrössert  dar ,  wie 
man  sie  unter  der  Schale  einer  reifen  Beere  der  Schneebeere 
(Symphoricarpos  racemosa  Pursh.)  als  weisse ,  glänzende 
Körperchen  findet.  Ein  ganz  ähnliches  Bild  von  kugelförmi¬ 
gen  Zellen  erhält  man ,  wenn  die  lockere  Masse  aus  einem 
Blatte  der  gemeinen  Hauswurz  (Sempervivum  tectorum  L.) 
unter  das  Mikroskop  gebracht  wird.  Leicht  lässt  sich  dieses 


flössen  für  die  schöne,  so  viel  verketzerte  Naturheimath,  der 
wir  Alle  angehören.“ 

Wem  ist  es  unbekannt,  dass  wir  die  Kenntniss  von  dem 
innern  Baue  der  Pflanzen  nur  der  Mikroskopie  zu  verdanken 
haben,  dass  wir  nur  durch  sie  in  den  Stand  gesetzt  sind, 
hinter  den  Vorhang  der  unaufhörlich  wirkenden  Natur  einiger- 
massen  schauen  zu  können,  um  noch  mehr  mit  Staunen  und 
Bewunderung  erfüllt  zu  werden?  Hat  uns  nicht  das  Mikro¬ 
skop  eine  neue  Welt  von  Thieren  vor  die  Augen  geführt, 
indem  es  uns  in  einem  Wassertropfen  Millionen  sonst  nie 
gekannter  Geschöpfe  zeigt?  Wer  ahnt,  dass  eine  starke 
Vergrösserung  uns  den  Namenszug  der  Verlobten  auf  der 
Visitenkarte  über  lauter  thierische  Gräber  gezogen  erblicken 
lässt? 

Zellengewebe. 

-24  incl.J 

Präparat  auch  darstellen  ,  wenn  man  die  Oberhaut  von  dem 
Blatte  der  Gartenrose  abnimmt  und  das  darunter  sich  befind¬ 
liche  grüne,  weiche  Gewebe  in  Wasser  zertheilt  der  Ver¬ 
grösserung  unterwirft. 

Taf.  2,  Fig.  A  und  B  (nach  Schleiden)  zeigt  uns  ein-  Taf.  2. 
zelne  vollständige  Zellen  der  Schneebeere.  Die  Zelle  er-  Einzelne  Zellen, 
scheint  uns  als  kleines,  meist  rundliches,  häutiges,  durch¬ 
sichtiges  Bläschen,  das  bei  einer  genaueren  Betrachtung  die 
Zellenmembran  («),  den  Zelleninhalt  (6)  mit  dein  Kern  oder 
Cytoblasl  (c)  und  dem  Kernkörperchen  (d)  im  Innern  des 
Kerns  erkennen  lässt.  Nach  Schleiden  besteht  die  Zelle  zu 
äusserst  aus  einer  zarten,  wasserhellen  Haut,  der  eigentlichen 
Zellwand ;  innerhalb  derselben  liegt  eine  zweite  halb  schleimige 
Haut,  die  wir  mit  Rücksicht  auf  ihre  Bedeutung  für  das 
Zellcnleben  den  Primordialschlauch  nennen  :  an  ihn  schliesst 
sich  noch  eine  geringe  Menge  zäh  -  flüssigen  stickstoffhaltigen 
Stoffes ,  welcher  in  kleinen ,  immer  wechselnden  Strömchen 
sich  an  der  Wand  hin  bewegt;  der  übrige  Raum  wird  von 
einer  wässerigen  Flüssigkeit,  dem  Zellsafte ,  erfüllt.  Der 
Primordialschlauch  wird  deutlicher ,  weil  er  gerinnend  sich 
zusammenzieht  und  von  der  Wand  ablöst,  wenn  man  die 
Zelle  mit  einer  Lösung  von  Jod  in  Chlorzink  befeuchtet,  wo¬ 
durch  zugleich  die  Zellwand  zart  bläulich  und  die  stickstoff¬ 
haltige  Substanz  gelb  gefärbt  wird,  Fig.  B.  Ueber  die  Ent¬ 
stehung  der  Zelle  ist  man  noch  keineswegs  völlig  im  Reinen; 
so  viel  ist  gewiss,  dass  dabei  ein  eigentümliches ,  dem 
Primordialschlauch  angehöriges  Körperchen ,  der  Zellenkern 

1 


2 


Taf.  3. 

Elliptische 
Zellen,  und 

Taf.  4. 

Polyedrische, 
punktirte  Zellen. 


Taf.  5. 

Netzförmige 

Zellen. 


genannt,  vielleicht  auch  der  Priinordialschlauch  selbst,  eine 
sehr  wesentliche  Rolle  spielt. 

Durch  die  Vereinigung  mehrerer  Zellen  zu  einer  zusam¬ 
menhängenden  Masse  entsteht  das  Zellgewebe  (contextus 
cellulosus).  Je  nachdem  die  Zelle  in  diesem  Gewebe  einem 
grösseren  oder  geringeren  Drucke  ausgesetzt  ist ,  der  ent¬ 
weder  ziemlich  gleichmässig  von  allen  Seiten  oder  vorzugs¬ 
weise  von  einer  Richtung  her  wirkt,  wird  jene  mehr  oder 
weniger  von  ihrer  ursprünglichen  Kugelgestalt  abweichen. 
Eine  massig  aufgeblasene  Schweinsblase  wird ,  so  bald  sie 
von  rechts  und  links  einen  Druck  erleidet ,  eine  elliptische 
Gestalt  annehmen;  übereinander  gelagerte,  weiche  Thonkugeln 
werden  zu  Vielflächnern,  Polyeder,  wenn  man  sie  mit  der 
flachen  Hand  leise  zusammendrückt.  Aehnlich  ist  es  mit  der 
Zelle  im  Zellgewebe.  Taf.  3  zeigt  uns  das  Zellgewebe  aus 
der  Oberhaut  eines  Blattes  vom  gemeinen  Löwenzahn  (Leon- 
todon  taraxacum  L.J;  die  einzelne  Zelle  hat  eine  länglich 
runde  Gestalt.  Polyedrische  Zellen  sehen  wir  in  dem  Zell¬ 
gewebe,  Taf.  4,  aus  dem  Marke  des  gemeinen  Hollunders 
(Sambucus  nigra  L.).  Der  Querdurchschnitt  lässt  hier  die 
Zellen  als  ziemlich  regelmässige  Sechsecke  erscheinen.  Zellen, 
welche,  wie  in  vorliegendem  Bilde,  kleine  Punkte  auf  der 
Zellhaut  haben,  nennt  man  punktirte  Zellen. 

Merenchym  ist  ein  Zellgewebe,  dessen  Zellen  die  ur¬ 
sprüngliche  Form  beibehalten  haben;  ein  Zellgewebe  mit 
langgestreckten  Zellen  heisst  Prosenchym ,  und  ein  Zellgewebe, 
das  aus  polyedrischen  Zellen  zusammengesetzt  ist,  führt  den 
Kamen  Parenchym. 

ln  der  Zelle  findet  keinesweges  Ruhe  statt,  der  kleine 
Organismus  ist  vielmehr  in  steter  Thätigkeit  begriffen ,  neue 
Stoffe  zu  bilden ,  wodurch  entweder  das  YVachsthum  der 
Zellenwandungen  befördert  wird  oder  andere  Bedürfnisse 
Befriedigung  finden.  Aus  der  Zellenflüssigkeit  lagert  sich 
wiederholt  der  Membranstoff  in  Schichten  an  die  innere  Wand 
ah,  so  dass  im  Laufe  der  Zeit  die  ursprünglich  einfache, 
dünne  Zellwandung  verdickt  wird.  Diese  Verdickung  findet 
aber  nicht  immer  regelmässig  an  der  ganzen  inneren  Wand 
statt,  häufig  bleiben  einzelne  Stellen  der  Zellhaut  davon  be¬ 
freit,  wodurch  die  Zellen  als  punktirt  erscheinen,  wie  die 
in  Taf.  4.  Die  punktirten  Zellen  Porenzellen  zu  nennen, 
weil  man  früher  diese  Punkte  für  wirkliche  Löcher  hielt, 
dürfte  nicht  zu  billigen  sein. 

Sehr  charakteristisch  sind  die  in  ähnlicher,  eben  ange¬ 
deuteter  Weise  entstandenen  sogenannten  getüpfelten  Zellen 
der  Nadelhölzer,  wie  solche  der  Schnitt  in  Taf.  36  von  einer 
gemeinen  Kiefer  darstellt,  und  auf  dessen  weitere  Erklärung 
wir  bei  Betrachtung  der  Holzstruklur  zurückkominen.  Hier 
sei  nur  noch  bemerkt,  dass  an  dieser  originellen  Zellenform 
der  mit  dem  Mikroskope  Vertraute  erkennt,  ob  ein  schon 
vor  Jahrtausenden  in  die  Tiefe  der  Erde  verschütteter  Baum¬ 
stamm  (Steinkohlen  —  Braunkohlen)  den  Coniferen  angehört 
oder  nicht.  Ja,  noch  mehr:  Man  vermag  sogar  aus  einem 
Holzspänchen  mittelst  des  Mikroskopes  die  Gattung  zu  be¬ 
stimmen,  welcher  der  Baum  angehörte;  denn  die  Zahl  der 
eine  Markstrahlenlage  bildenden  Zellen,  sowie  die  Zahl  der 
Tüpfelreihen  ist  wohl  für  verschiedene  Gattungen  der  Nadel¬ 
hölzer  variirend,  aber  für  eine  Gattung  constant.  „Nur  durch 
die  Beobachtung  jener  Verhältnisse  im  Zellenbaue  gelang  es, 
dass  man  bis  jetzt  schon  etwa  36  verschiedene  Gattungen 
vorweltlicher  Nadelhölzer  und  mit  Berücksichtigung  von 
Nadeln,  Zapfen  und  anderen  Kennzeichen  gegen  21 1  Arten  in 
den  Kohlenschichten  der  Erde  entzifferte.“ 

Werden  von  der  erwähnten  Ablagerung  der  Zellenflüssig¬ 
keit  kleinere  Streifen  der  Membran  verschont,  so  erhält  die 


Zelle  ein  netzartiges,  oder,  wenn  die  freigelassenen  Stellen 
bandförmig  gewunden  sich  gestalten,  ein  spiralartiges  Ansehen. 

Taf.  5,  Fig.  A  ist  eine  netzförmige  Zelle  aus  dem  jungen 
Gewebe  des  gemeinen  Hollunders  und  Fig.  B  ein  Zellgewebe 
netzförmiger  Zellen  aus  dem  gelben  Bliithenblatte  des  durch¬ 
stochenen  Johanniskrautes  (Hypericum  perforatum  L.). 

Befolgt  die  Zelle  bei  ihrem  Wachsthnme  vorzugsweise  Taf.  6. 
eine  Richtung,  ist  dabei  der  gegenseitige  Zellendruck  eigen-  Sternförmige 
thümlicher  Art ;  so  kann  es  sein,  dass  sie  von  der  häufigeren  Zelleo. 
kugelförmigen,  cylindrischen  oder  polyedrischen  Gestalt  ab¬ 
weicht  und  eine  sehr  abnorme  Form  annimmt,  wie  wir  dies 
in  dem  sternförmigen  Zellgewebe  des  lockeren  Markes  der 
Sau-Wicke ,  Buf bahne  (Vicia  faba  L.),  Taf.  6,  sehen.  Auch 
das  Mark  eines  Binsenhalmcs  enthält  solches  sternförmige 
Zellengebilde. 

Die  Zelle  ist  in  ihrem  Leben  nicht  blos  auf  sich  be¬ 
schränkt  ,  sie  gehört  einem  grösseren  Organismus  an  und 
muss  zur  Erhaltung  und  zum  W'achsthume  des  Ganzen  ihr 
Scherflein  beitragen.  Jedermann  weiss,  dass  die  Pflanze  ihre 
Nahrung  mit  den  Wurzelfasern  einsaugt  und  dass  jene,  wollen 
die  Blätter,  Blüthen  und  Früchte  sich  eines  ordentlichen  Ge¬ 
deihens  erfreuen ,  von  Zelle  zu  Zelle  weiter  wandern  muss. 

Wie  aber,  wenn  wir  hören,  dass  die  Zellenhaut  nirgends 
Löcher  oder  Spalten  hat,  dass  gar  durch  die  schon  genannte 
Verdickung  der  Zellwand  die  Elemenlarorgane  an  diesem 
Orte  nicht  mehr  saftleitungsfähig  sind  ,  wie  wollen  wir  jene 
Erscheinung  erklären?  Wir  kommen  gar  häufig  in  Verlegen¬ 
heit ,  irgend  eine  Erscheinung  nicht  erklären  zu  können; 
allein  die  Natur  kennt  dies  peinliche  Gefühl  nicht,  um  Mittel 
und  Wege  zur  Erreichung  ihrer  Zwecke  ausfindig  zu  machen. 

Die  Haut  der  Schweinsblase  hat  ebensowenig  Poren  und 
Spalten,  als  die  der  Zelle.  Hängen  wir  aber  zwei  solcher 
Blasen,  von  denen  die  eine  mit  Wasser,  die  andere  mit 
Zuckerwasser  gefüllt  ist,  so  aneinander,  dass  sie  einander 
berühren,  so  werden  wir  nach  kurzer  Zeit  finden,  dass  die 
mit  Wasser  gefüllte  Blase  süsses  und  die  mit  Zuckerwasser 
gefüllte  weniger  süsses  Zuckerwasser  enthält.  Offenbar  muss 
das  Wasser  der  einen  Blase  in  das  der  andern  und  das 
Zuckerwasser  dieser  in  die  erste  Blase  gedrungen  sein. 

Dutrochet,  ein  französischer  Naturforscher,  beobachtete  diese 
Erscheinung  zuerst  und  half  so  glücklich  aus  einer  empfind¬ 
lichen  Verlegenheit.  Dieses  Ein-  und  Auswandern  der  Flüssig¬ 
keiten,  diese  gegenseitige  Durchdringung  nennen  die  Botaniker 
Endosmose  und  Exosmose.  Sie  findet  überhaupt  statt  bei 
ungleich  dichten  Flüssigkeiten,  die  in  einander  berührende, 
geschlossene  Membrane  gefüllt  sind,  und  zwar  dauert  diese 
Thätigkeit  so  lange,  bis  in  den  Flüssigkeiten  gleiche  Dichtig¬ 
keit  hergestellt  ist.  Auch  der  Saft  in  den  Zellen  ist  von 
verschiedener  Dichtigkeit;  die  Endosmose  und  Exosmose 
findet  auch  hier  statt  und  ermöglicht  so  die  Wanderung  der 
Zellenflüssigkeit.  Für  den  Fall  aber,  dass  durch  allzu  starke  Taf.  7. 
Verdickung  der  Zellwand  die  genannte  Thätigkeit  vermindert  Communicirende 
oder  gar  an  dieser  Verdickung  gänzlich  unterbrochen  werden  Tiipfelkanäle. 
kann,  hat  die  Natur  für  eine  andere  Communicalion  Sorge 
getragen,  die  wir  in  Taf.  7,  Fig.  A ,  einem  Längsschnitte 
und  Fig.  B ,  einem  Querschnitte  der  Zellen  einer  steinigen 
Winterbirne  veranschaulicht  finden.  Die  concentrischen  Ringe 
in  Fig.  A  stellen  die  Verdickungsschichten  dar,  welche  aber 
an  einzelnen  Stellen:  a,  b,  c  unterbrochen  sind,  so  dass 
vom  Innern  der  Zelle  bis  an  die  ursprüngliche  Zellwand 
Kanäle,  Tüpfelkanüle  genannt,  gebildet  werden.  Dadurch 
aber,  dass  diese  Tüpfelkanäle  der  einen  Zelle  auf  die  der 
benachbarten  Zelle  treffen,  (siehe  aa ,  bb,  cc!)  ist  eincCoin- 
municalion  derselben  hergestellt.  Die  Endosmose  und  Exos- 


3 


mose  erleidet  somit  keine  Unterbrechung  und  die  Zelle  kann 
vor  wie  nach  für  sich  und  das  Ganze  ihre  Schuldigkeit  thun. 

Taf.  8.  Begreiflicher  Weise  können  die  Elementarorgane,  deren 

Baumwollen- ii.  sjch  s0  unzählig  viele  auf  einem  kleinen  Raume  schaaren, 
Flachsze lle.  ]4ejne  bedeutende  Grösse  haben.  „Die  Zellen  sind  im  klein¬ 
sten  Falle  '/^a  Pariser  Linie  im  Durchmesser  gross.  Man 
wird  sich  eine  deutlichere  Vorstellung  von  dieser  Grösse 
machen  können,  wenn  man  weiss,  dass  solcher  Zellen  3600 
auf  der  Breite  des  Daumens  in  einer  Reihe  neben  einander 
gelegt  werden  können.  Das  ist  die  geringste  Grösse,  die 
bei  den  Zellen  beobachtet  worden  ist.  Die  bedeutendste 
Grösse  ist  die  Länge  einer  Baumwollenfaser ,  Taf.  8,  Fig.  A. 
Jede  Baumwollenfaser  ist  eine  einzige  langgestreckte  Zelle, 
derartige  bedeutende  Streckungen  kommen  nur  nach  einer 
Richtung  vor,  d.  h.  solche  langgestreckte  Zellen  sind  immer 
haardünn;  —  die  im  günstigen  Falle  2  Zoll  lange  Baum¬ 
wollenzelle  ist  höchstens  '/21  Linie  im  Durchmesser  dick.“ 
Sehr  verschieden  von  dieser  dünnwandigen  Baumwollenzelle, 
die  trocken  einen  platten  Streifen  bildet,  ist  die  Bastzelle. 
Sie  hat  dicke,  biegsame  Wände  und  bildet  trocken  einen 
cylindrischen ,  gleichdicken  Faden.  Taf.  8 ,  Fig.  B  ist  eine 
Zelle  des  Flachses.  Diese  erwähnten  Merkmale  der  Baum¬ 
wollenzelle  und  Bastzelle  des  Flachses  sind  so  charakteristisch, 
dass  man  sofort  die  Vermischung  des  Leinens  mit  Baumwolle 
unter  dem  Mikroskope  erkennt. 

Taf.  9.  So  wenig  ein  mit  Erbsen  gefülltes  Gefäss  überall  von 

Intercellular-  diesen  angefüllt  ist,  vielmehr  Lücken  zwischen  den  nicht 
berührenden  Theilen  stattfinden  ,  eben  so  wenig  füllen  auch 
die  Zellen  in  den  Pflanzen  den  Raum  dieser  vollständig  aus. 
Mag  das  Zellgew'ebe  kugelförmige,  cylindrische,  polyedrische 
oder  sternförmige  Zellen  haben ,  immer  finden  sich  Stellen, 
wo  die  Zellen  mehr  oder  weniger  einander  nicht  berühren. 
Die  dadurch  gebildeten  Räume,  welche  keine  eigene  Wan¬ 
dung  besitzen,  sondern  von  der  Membran  der  eigentlichen 
Zellen  begrenzt  werden,  stehen  in  Verbindung  und  durch¬ 
ziehen  das  Innere  der  Pflanze.  Solche  Gänge  führen  den 
Kamen  Zwischenzeiten  oder  Intercellulargänge.  Der  Quer¬ 
schnitt  vom  Kohlstrunk ,  Taf.  9,  zeigt,  wie  sich  die  Zellen 
nicht  überall  berühren  und  desswegen  Intercellulargänge  («) 
entstehen. 

Taf.  10.  Zuweilen  sind  die  Inlercellulargänge  nur  mit  Luft,  manch- 

iMilchftaftgefiss.mal  aber  auch  mit  dem  die  Zelle  ursprünglich  umgebenden 
Taf.  11.  Safte  angefüllt.  Häufig  sind  die  genannten  Kanäle  erweitert 
SM°nUnSf  deS  Un<^  enl*la^en  e'nen  schon  mehr  verarbeiteteren,  consistenleren 
Saft,  der,  wenn  er  gefärbt  ist,  den  Kamen  Milchsaft  führt, 
Milchsaftgefässe.  Ein  Schnitt  aus  dem  gemeinen  Schöllkraut 
(Chelidonium  majus  L.),  Taf.  10 ,  gibt  das  Bild  des  von 
ätzendem ,  oranggelbem  Safte  gefüllten  Milchsaftgefässes. 
Taf.  11  (nach  0.  Volger)  gibt  die  sehr  vergrösserte  Dar¬ 
stellung  eines  netzförmig  verbundenen  Gewebes  von  Milch- 
saftgefässen  des  Schöllkrautes.  Die  Pfeile  deuten  die  be¬ 
obachtete  Richtung  von  Saftströmungen  an.  Beiläufig  sei 
hier  noch  erwähnt,  dass  der  Milchsaft  mancher  Pflanzen 
narkotisch  ist,  wie  bei  dem  Mohne  (Papaver;  Gewinnung 
des  Opiums  aus  demselben),  während  der  Milchsaft  anderer 
Pflanzen ,  wie  vorzugsweise  der  Wolfsmilcharten  (Euphor- 
biaceae)  das  in  unsern  Tagen  so  wichtig  gewordene  Kaout- 
schouck  mehr  oder  weniger  enthält.  Als  winzige  Kügelchen 
ist  es  in  dem  Milchsäfte  vorhanden,  die  sich  bei  längerem 
Stehen,  ähnlich  wie  die  Butterkügelchen  der  Milch,  an  der 
Oberfläche  sammeln  und  nicht  mehr  in  ihren  isolirlen  Zu¬ 
stand  zurückgeführt  werden  können.  Durch  Verbindung  des 
Kaoutschouck  mit  Schwefel  entsteht  das  sogenannte  vulcani- 
sirte  Kaoutschouck,  das  durch  seine  bedeutend  grössere  Ela- 


sticität  und  durch  die  Beständigkeit  in  fast  jedem  Temperatur¬ 
wechsel  eine  erstaunlich  mannichfaltige  Anwendung  ermöglicht. 

Zur  Gewinnung  des  Kaoutschouck  eignet  sich  vorzugsweise 
der  zur  Familie  der  Wolfsmilcharten  gehörende  Kaoutschouck- 
bäum  oder  ächte  Federharzbaum  (Siphonia  elastica  L.) ,  der 
in  Brasilien  und  Guiana  wächst  und  eine  Höhe  von  50 — 60 
Fuss  erreicht. 

Wer  kann  sich  genug  ergötzen  an  der  Fülle  und  Far¬ 
benpracht ,  wenn  im  Frühling  das  niedliche  Schneeglöckchen, 
das  bescheidene  Veilchen,  die  goldene  Primel,  das  in  Sainmt 
gehüllte  Aurikelchen,  wenn  im  Sommer  die  in  weissem  Atlas 
geschmückte  Lilie,  die  mit  Himmelbläue  gezierte  Glockenblume 
und  die  in  Morgenröthe  gekleidete  Königin  der  Blumen,  wenn 
uns  im  Herbste  die  zierliche  Aster  und  die  rosenfarbene 
Herbstzeitlose  scheidend  noch  den  letzten  Gruss  entgegen 
winken?  Müssen  wir  nicht  mit  dem  Dichter  ausrufen: 

„Wer  hat  die  Blumen  nur  erdacht, 

Wer  hat  sie  so  schön  gemacht, 

Gelb  und  rolh  und  weiss  und  blau, 

Dass  ich  meine  Ltist  dran  schau?“ 

Blüthen  und  Früchte  der  Pflanzen  wetteifern  im  herrlichsten  Taf.  12,  13, 
Farbenspiele.  Wie  wäre  dies  aber  möglich,  wie  könnte  die  14  u.  15. 
sonst  düstere  Rinde  der  Erde  sich  in  ein  solches  Panorama  Verschiedene 
verwandeln,  wenn  nicht  viele  Zellen  einen  gefärbten  Zellen-  b'arbungen  der 
saft  enthielten,  der  sich  durch  die  durchsichtige  Zellenmem¬ 
bran  leicht  bemerkbar  macht!  Auf  diese  Weise  erscheint 
das  eine  Blumenblatt  roth ,  das  andere  gelb,  ein  drittes  blau  &c.  » 

Taf.  12,  13,  14  und  15  bieten  die  hier  nöthige  Veranschau¬ 
lichung  dar.  Wer  der  Meinung  ist,  dass  dieser  Farbstoff  in 
dem  Zellensafte  immer  vollständig  gelöst  sei,  der  irrt  ge¬ 
waltig.  Das  Mikroskop  zeigt  vielmehr,  wie  hier  als  ziemlich 
allgemein  angenommen  werden  darf,  dass  die  Farben  der 
gelben  Farbenreihe  (Gelb,  Orang,  Zinnoberroth) ,  als  sehr 
kleine  Kügelchen  in  dem  wasserhellen  Zellensafte  umher 
schwimmen  und  diesem  dadurch  die  betreffende  Farbe  mit¬ 
theilen,  während  die  Farben  der  blauen  Farbenreihe  (Blau, 

Violett,  Carminroth)  vollkommen  in  dem  Zellensafte  aufgelöst 
sind.  Den  Farbstoff  der  ersten  Farbenreihe  nennt  man  An- 
thoxunthin  (Blumengelb)  und  den  der  letzten  Anthocyan 
(Blumenblau).  Auf  Taf.  12  sehen  wir  ein  Zellgewebe  aus 
dem  gelben  Blatte  der  Randblume  vom  gemeinen  Löwetizahn 
(Leontodon  taraxacum  L.).  Das  Blumenblatt  erscheint  gelb, 
weil  die  einzelnen  in  dem  Safte  sich  vorfindenden  gelben 
Kügelchen  die  Zellen  gelb  erscheinen  lassen.  Die  Richtigkeit 
des  Gesagten  in  Betreff  der  blauen  Farbenreihe  finden  wir 
in  Taf.  13  bestätigt.  Der  Schnitt  ist  aus  dem  gefleckten 
Knabenkraut  (Orchis  maculata  L.)  und  zwar  aus  dem  ge¬ 
fleckten  Blüthenblatte.  Die  Zellen  sind  veilchenblau  gefärbt, 
lassen  aber  nirgends  Farbekügelchen  erkennen.  Verschiedene 
Zellen  eines  Gewebes  können  aber  auch  verschieden  gefärbte 
Zellenflüssigkeit  enthalten ,  so  dass  ein  Blatt  verschiedene 
Farben  und  Küancirung  einer  Farbe  zeigen  kann.  Taf.  14 
und  15  (nach  Rossmässler  vergrössert  und  dessen  Erklärung 
wir  uns  hier  erlauben)  geben  hiervon  ein  Beispiel.  Taf.  14 
„ist  ein  kleines  Präparat  aus  einem  Apfel.  Es  ist  ein  dünnes, 
schmales  Streifchen ,  welches  von  der  Schale  herein  von 
einem  durchschnittenen  Apfel  abgeschnitten  ist.  Zu  oberst 
bemerken  wir  die  Zellen  der  querdurchschnittenen  Oberhaut. 

Ein  Apfel  hat  eine  lederartige,  glänzende  Schale;  diese  ist 
es  nicht,  welche  den  Farbstoff  enthält;  die  äussere  Wand  der 
Oberhautzellen  ist  ausserordentlich  verdickt,  dagegen  die 
Seitenwände  und  die  unteren  Wände  sind  dünn.  Die  Haut 
der  zunächst  unter  der  Oberhaut  liegenden  Zellen  ist  auch 
ziemlich  verdickt,  und  diese  selbst  enthalten  einen  rothen 

1* 


4 


Taf.  16,  17 
und  18. 

Zellen  mit 
Chlorophyll- 
kügelcben. 


Farbstoff.  Darunter  befindet  sicli  eine  dritte  Zellschicht,  und 
in  dieser  gelbe  kleine  Farbenkügelchen.  Zwei  gelben  Saft 
enthaltende  Zellen  sind  noch  tiefer  in  eine  vierte  Zellschicht 
abgetreten,  deren  übrige  Zellen  Stärkmehl  enthalten.  Taf.  15 
sind  einige  Zellen  von  einem  Tulpenblumenblatte  (Tulipa 
Gesneriana  L.).  Jede  von  diesen  Zellen  ist  der  Schauplatz 
eines  besonderen  chemischen  Prozesses;  denn  die  einzelnen 
Zellen  enthalten  bald  Farbestoff  der  blauen  Farbenreihe, 
canninroth,  in  verschiedener  Sättigung;  bald  solchen  der 
gelben;  ja,  die  eine  enthält  Farbstoff  aus  beiden  Farbenreihen 
zugleich,  nämlich  zinnoberrothe  Farbkügelchen  im  carminroth 
gefärbten  Zellsafte.“ 

In  dem  .Marke  mancher  und  in  der  Oberhaut  der  meisten 
Pflanzen  schwindet  die  ursprünglich  farblose  Zellenflüssigkeit. 
Das  Zellgewebe  des  ersteren  siebt  daher  in  grösserer  Masse 
weiss  und  das  des  letzteren  farblos,  durchsichtig  aus.  Einen 
Farbstoff  der  weissen  Farbe  scheint  es  desswegen  nicht  zu 
geben ,  man  kann  wenigstens  aus  weissen  Pflanzentheilen 
einen  solchen  nicht  darstellen.  In  Betreff  der  schwarzen 
Farbe  ist  man  noch  in  Ungewissheit.  Manche  halten  sie  nur 
für  „eine  sehr  dunkele  und  gesättigte  Schattirung  einer 
andern  Farbe,  namentlich  der  violetten.“ 

Die  vorherrschende  Farbe  im  Pflanzenreich  ist  das  dem 
Auge  so  wohlthuende  Grün,  die  Farbe  der  Hoffnung.  Wie 
sehnt  sich  das  Ilerz  in  den  öden  Wintertagen  nach  den  üppig 
grünenden  Wiesen,  nach  dem  verjüngten,  grünen  Walde  des 
Frühlings!  Wie  behaglich  ruhet  der  Müde  auf  dem  Saminet- 
teppich  des  Mooses,  welches  mit  seinem  „phosphorescirenden 
Grün“  den  Boden  des  Waldes  so  herrlich  decorirt!  Die 
Ursache  dieser  grünen  Farbe  ist  das  sogenannte  Blattgrün. 
oder  Chlorophyll ,  das  in  Form  kleiner  Kügelchen  in  dem 
farblosen  Zellensafte  sich  vorfindet.  Woraus  das  Blattgrün 
besteht,  ist  noch  unbekannt,  doch  soll  es  Stickstoff  enthalten. 

Es  lässt  sich  als  eine  dunkelgrüne,  erdige  Masse  dar¬ 
stellen,  die  eine  Temperatur  von  200°  C.  erträgt,  ohne  zu 
schmelzen  oder  zersetzt  zu  werden.  Wohl  aber  hat  man 
beobachtet,  dass  ohne  Licht  kein  Chlorophyll  sich  entwickelt. 
Je  mehr  und  je  länger  dasselbe  einwirken  kann,  desto  grüner 
wird  der  Pflanzentheil,  weil  sich  desto  mehr  Blattgrünkügel¬ 
chen  entwickeln.  Namentlich  soll  durch  Abnahme  des 
chemisch  darin  gebundenen  Wassers  vom  Frühlinge  bis  zum 
Sommer  das  Grün  an  Intensität  zunehmen,  wie  wir  dies  am 
Laube  des  Waldes  leicht  gewahren  können.  Pflanzentheile, 
die  des  Lichtes  entbehren ,  werden  bleichsüchtig.  Der  ver¬ 
dächtigen  Familie  der  Schwämme,  diesen  „lichtscheuen  Kin¬ 
dern  der  Finsterniss“  fehlt  daher  die  schöne  grüne  Farbe. 
Die  Keime  der  Kartoffeln  im  dunkeln  Keller,  die  Grashalmen 
unter  einem  darüber  gestülpten  Fasse  werden  weisslich  gelb 
aussehen.  Die  Hausfrau  bindet  die  Blätter  der  Endivie  zu¬ 
sammen  ,  das  Licht  wird  dadurch  von  den  inneren  Theilen 
abgehalten;  sie  werden  gelb,  weil  die  Blattgrünentwickelung 
gehemmt  ist.  Wir  lieben  die  sogenannten  „gelben  Herzchen“ 
im  Gemüsekohl,  die,  von  den  äussern  Blättern  geschützt, 
frei  von  dem  Einflüsse  des  Lichtes  kein  Chlorophyll  ent¬ 
wickeln  konnten.  —  In  Taf.  16  erblicken  wir  ein  Zellgewebe 
aus  dem  Blatte  der  Schwertlilie  (Iris  germanica  L. ) ,  in  den 
Zellen  befinden  sich  Blattgrünkügelchen.  Taf.  17,  Fig.  A 
und  B  sind  einzelne  Zellen  aus  dem  unter  der  Oberhaut 
liegenden  grünen  Gewebe  des  Blattes  der  gewöhnlichen  Gar¬ 
tennelke  (Dianthus  caryophyllus  L.).  „Man  entdeckt  bald 
die  Ursache  der  grünen  Färbung,  indem  die  ganze  Zelle  mit 
lebhaft  grün  gefärbten  Körnchen  gefüllt  erscheint,  Fig.  B. 
Stellt  man  aber  das  Mikroskop  so,  dass  man  weder  die 
obere,  noch  die  untere  Fläche  der  Zelle,  sondern  nur  die 


Mitte  derselben  deutlich  sehen  kann ,  so  überzeugt  man  sich 
bald,  dass  der  innere  Raum  der  Zelle  von  grünen  Körnern 
frei  ist,  und  dass  diese  ausschliesslich  an  die  innere  Fläche 
der  stickstoffhaltigen  Auskleidung  angeklebt  liegen,  Fig.  A.“ 

Eine  andere  verschiedenartige  Gruppirung  der  Chlorophyll¬ 
kügelchen  ist  noch  in  Taf.  18,  Fig.  A  (lose,  zerstreut)  und 
Fig.  B  (klumpenförmig)  ersichtlich.  — 

Ausser  dem  Zellkern ,  Farbstoff  und  Blattgrün  kann  die  Taf.  19,  20, 
Zelle  noch  einen  anderen,  für  das  Leben  der  Menschen  und  21, 22  u.  23. 
Thiere  höchst  wichtigen  Stoff  beherbergen,  es  ist  das  Stärke-  Stirkemehlhal  - 
mehl  (Amylum).  Getreide  und  Kartoffeln ,  diese  so  reich-  <lge  z,ellen- 
haltig  Stärkemehl  enthaltenden  Pflanzen,  spielen  als  Nahrungs¬ 
mittel  die  wichtigste  Rolle.  Kartoffeln,  Brod,  dazu  etwas 
Kaffee,  diese  drei  Verbündeten  fristen  allein  das  Leben  des 
Proletariers.  In  reichlicher  Menge  ist  das  Amylum  in  der 
Frucht  der  Getreide,  der  Hülsenfrüchtler,  den  Knollen  man¬ 
cher  Pflanzen  (Kartoffeln,  Orchideen  &c.),  den  Zwiebeln  und 
im  Marke  mancher  Pflanzen  (Sagopalme)  u.  A.  enthalten. 

Dieser  mehr  erwähnte  Zelleninhalt  kommt  als  rundliche 
Körnchen  von  der  inannichfaltigsten  Gestalt  in  den  Zellen 
vor.  Im  Allgemeinen  wird  die  Grösse  des  Durchmessers 
eines  Stärkmehlkörnchens  als  schwankend  von  ’/600  bis  */2l) 

Linie  angegeben.  Die  grössten  sind  die  Kartoffelstärkmehl- 
körner,  weit  kleiner  sind  die  Stärkekörner  der  Getreidearten. 

Aus  stärkemehlhalligen  Pflanzentheilen  erhält  man  das  Stärk¬ 
mehl  durch  Zerreiben  der  Zellen  und  Auswaschen  mit  Wasser. 

Das  Amylum  sinkt  als  Körnchen  zu  Boden,  die  getrocknet 
„als  weisses ,  ziemlich  hartes,  zwischen  den  Fingern  knir¬ 
schendes  Pulver“  erscheinen.  Dieses  ist  in  kaltem  Wasser 
und  Weingeist  unlöslich.  „In  heissem  Wasser  quillt  das 
Stärkemehl  auf  und  vertheilt  sich  darin  so  fein,  dass  man  es 
für  eine  Lösung  halten  könnte;  wenn  man  aber  das  Wasser 
frieren  lässt,  so  scheidet  sich  das  fein  vertheilte  Stärkemehl 
in  feinen  Häuten  ab:  ein  Beweis,  dass  es  nicht  gelöst  war. 

Die  dicke  Flüssigkeit,  welche  man  durch  Kochen  von  Stärke¬ 
mehl  und  Wasser  erhält,  ist  unter  dem  Namen  Kleister  be¬ 
kannt.“  (Regnault.)  In  der  19.  Taf.  sehen  wir,  Fig.  A, 
drei  Zellen  aus  einer  Kartoffel  mit  Stärkemehlkörnchen  ge¬ 
füllt.  Im  Durchschnitt  liegen  in  einer  solchen  Zelle  15 — 20 
kleinere  und  grössere  Körnchen.  Zugleich  gewahrt  man, 
dass  das  Amylum  sich  stets  schichten  weise,  schalenartig  um 
einen  Punkt,  Kernpunkt  oder  Nabel  fleck  genannt,  der  aber 
nicht  in  der  Mitte  des  Körpers,  sondern  mehr  nach  einer 
Seite  hin  liegt,  ablagert.  Trotz  der  verschiedenen  äusseren 
Form  des  Stärkemehls  bleibt  die  Struktur  desselben  doch  so 
charakteristisch,  dass  eine  Stärkemehlverfälschung  unter  dem 
Mikroskope  zu  entdecken  ist.  Fig.  B,  C  und  D  sind  Ab¬ 
bildungen  der  runden  oder  länglich  runden  Stärkemehlkörner 
von  Erbse,  Linse  und  Bohne.  Es  lassen  sich  bei  ihnen  nur 
die  äusseren  Lagerungen  wahrnehmen;  im  Innern  ist  bei 
derartigen  trocknen  Stärkekörnern,  wie  aus  den  Figuren  er¬ 
sichtlich  ,  eine  sternförmige  Höhle  zu  erkennen.  Taf.  20, 

Fig.  A,  II  und  C  geben  die  Ansicht  der  Stärkekörner  von 
dem  gewöhnlichen  Getreide.  Durch  ihre  linsenförmige  Ge¬ 
stalt  sind  sie  leicht  von  den  Kartoffelstärkkörnern  zu  unter¬ 
scheiden  ,  ausserdem  ist  alle  Getreidestärke  glanzlos.  Eine 
besondere  Abbildung  bietet  Fig.  E  von  der  Haferstärke, 
die  eine  ziemliche  Kugelgestalt  besitzt  und  auf  der  Oberfläche 
eine  charakteristische  netzförmige  Zeichnung  hat.  Die  Slärke- 
körner  des  Mais,  Fig.  D,  liegen  gruppenweise  zusammen 
und  haben  durch  den  gegenseitigen  Druck  eine  polyedrische 
Form.  Gruppenweise  zusammen  gewachsen  findet  man  die 
Stärkekörnchen  in  der  Herbstzeitlose,  im  westindischen  Arrow- 
Root  und  in  den  Markzellen  der  Sagopalme.  Die  Güte  der 


5 


Kartoffeln  schätzt  man  im  gewöhnlichen  Leben  nach  ihrem 
„Mehligwerden“  beim  Kochen,  was  daher  rührt,  dass  sich 
bei  diesem  Vorgänge  die  einzelnen  Zellen  trennen,  und  die 
in  denselben  enthaltenen  Stärkekörner  anschwellen.  Auf  der 
Oberfläche  der  letzteren  entsteht  ein  netzartiges  Gewebe, 
Fig.  F,  welches  durch  geronnenes  Eiweiss  gebildet  ist. 
Bringt  man  ein  Stärkekorn,  zwischen  zwei  Glasplättchen 
zerdrückt,  unter  das  Mikroskop,  so  sieht  man,  wie  jenes 
von  dem  sogenannten  Kernpunkte  oder  Nabelfleck  aus  in 
Stücke  zerspringt ,  Taf.  21 ,  Fig.  A.  Ein  solches  Präparat 
lässt  auch  die  erwähnte  Schichtenbildung  leicht  sehen;  am 
deutlichsten  kann  man  diese  aber  beobachten,  wenn  ein  Kar¬ 
toffelstärkekorn  bis  zu  200 0  C.  erhitzt  wird ,  in  welchem 
Falle,  wie  Fig.  B  veranschaulicht,  sich  die  einzelnen  Schich¬ 
ten  von  einander  los  legen.  —  Noch  haben  wir  einer  sehr 
charakteristischen  Eigenschaft  des  Amylums  zu  gedenken, 
nämlich  der,  dass  es  durch  eine  Jodtinktur  violett  gefärbt 
wird,  Taf.  22  (Kartoffelstärke),  wodurch  die  Gegenwart  des 
Stärkemehls  sich  sofort  ermitteln  lässt;  umgekehrt  dient  auch 
dieses  als  Reactionsmittel  auf  Jod.  Merkwürdiger  Weise 
verschwindet  die  violette  Farbe  des  Stärkemehls  beim  Er- 
w'ärmen  desselben  und  kommt  beim  Erkalten  wieder  zum 


Vorschein.  —  Schliesslich  geben  wir  noch  in  Taf.  23  die 
Ansicht  von  dem  Amyluin  in  polarisirtem  Lichte  betrachtet, 
wenn  zwischen  das  Auge  und  das  Objekt  zugleich  ein  islän¬ 
discher  Doppelspath  gebracht  ist.  „Man  sicht  dann  ein 
schwarzes  Kreuz,  dessen  Mittelpunkt  mit  dem  Nabelfleck 
zusammenfällt.“ 

Als  Zellinhalt  sind  endlich  noch  die  Krystalle  zu  er¬ 
wähnen  ,  deren  einzelne  Bedeutung  für  das  Pflanzenleben 
bis  jetzt  noch  nicht  ermittelt  ist.  Die  Gestalt  dieser  Körper¬ 
chen  ist  sehr  verschieden ,  übertreffen  jedoch  die  Grösse 
eines  kleinen  Sandkörnchens  nicht.  Ihr  Vorkommen  ist  am 
häufigsten  in  saftreichen  Pflanzen ,  wie  der  Cactus-  und 
Aloe-Arten,  in  der  Binde,  dem  Marke,  den  Stengeln,  seltener 
in  den  Blättern  der  Pflanzen,  wie  z.  B.  in  denen  der  Balsa¬ 
mine  und  des  Weinstockes.  In  Taf.  24,  Fig.  A,  a.  enthalten 
die  Markzellen  aus  dem  Blattstiele  der  Porcellanblume  (Hoyo 
carnosa)  würfelförmige ,  drüsenartig  zusammengehäufte  Kry¬ 
stalle  (nach  Rossm.) :  h.  einzelne  Würfel.  In  ähnlicherWeise 
enthalten  die  Zellen  der  Runkelrübe  gruppenweise  Krystalle. 
Fig.  B  zeigt  nadelförmige  Krystalle  aus  der  Oberhaut  eines 
Aloestengels  (nach  Rossm.);  Fig  C  veranschaulicht  spindel- 
und  oktaederförmige  Krystalle. 


II.  Gcfiiss  und  Gefässbündel. 

(Taf.  25 — 28  incl.J 


Taf.  25,  26,  Die  mikroskopische  Untersuchung  hat  dargethan ,  dass 
27  u.  28.  ausser  den  Zellen  noch  andere  einfache  Organe  in  der  Pflanze 
Verschiedene  zu  finden  sind,  nämlich  die  Gefüsse  (vasa).  Es  sind  röhren- 
Gefassformen.  art|-ge  Gebilde ,  ohne  innere  Querwände  und  die,  sofern  sie 
nach  der  Ansicht  Schleiden’s  sich  aus  reihenweise  überein¬ 
ander  gelagerten  Zellen  durch  Resorption  ihrer  Zwischen¬ 
wände  bilden,  wodurch  sie  in  freie  Verbindung  treten,  als 
abgeleitete  Elementarorgane  zu  betrachten  sind.  Andere 
Physiologen  lassen  es  noch  dahin  gestellt  sein,  ob  die  Gefässe 
immer  durch  Umbildung  der  Zellenreihe  hervorgehen.  Ueber 
die  Funktion  der  Gefässe  ist  man  noch  nicht  im  Reinen; 
doch  will  man  beobachtet  haben,  dass  sie  meistens  mit  Luft 
angefüllt  sind  (nach  Schleiden’ s  Ansicht  immer!)  oder  dass 
sie  rohen  Nahrungssaft  fortleilen,  seltener,  dass  sie  Bildungs¬ 
saft  enthalten.  So  viel  ist  aber  gewiss,  dass  diese  abgeleite¬ 
ten  Organe  nur  bei  Pflanzen  höherer  Ordnung  Vorkommen, 
so  dass  darnach  das  Pflanzenreich  in  zwei  grosse  Gruppen 
zerfällt,  nämlich  in  Zellenpflanzen  (plantae  cellulares),  die 
nur  aus  Zellengewebe  gebildet  sind ,  zu  denen  die  Pilze, 
Algen  und  Moose  gehören  und  Gefüsspflanzen  (plantae  vas- 
culares),  die  aus  Zellen  und  Gefässen  bestehen.  Die  wich¬ 
tigsten  Formen  der  Gefässe  sind  folgende:  1)  Die  Spiralge- 
füsse ,  bei  denen  wir  wieder  dichtgewundene ,  Taf.  25,  Fig.  A, 
und  lockergeioundene ,  Fig.  B,  unterscheiden.  Sie  haben  das 
Ansehen,  wie  die  Windungen  einer  Schraube,  wesshalb  sie 
auch  häufig  den  Namen  Schraubengänge  führen.  Die  Spiral¬ 
fäden  sind  dadurch  entstanden,  dass  die  schon  oben  erwähnte 
Verdickung  regelmässig  statt  fand  und  so  eine  fortlaufende 
Faser  bildete,  die  bald  dichter,  bald  lockerer  aufgerollt  ist. 
Sie  erscheinen  als  vveisse,  zarte,  elastische  Fäden  von  ‘/i00 
—  '/ioo  Linie  Durchmesser.  Leicht  lassen  sich  die  Spiralge- 
fässe  aus  den  Fiederblättchen  der  Rose,  indem  man  jene 
vorsichtig  trennt ,  unter  dem  Mikroskope  betrachten.  Selbst 
mit  dem  unbewaffneten  Auge  kann  man  zuweilen  die  spinnen¬ 
webartigen  Fäden  der  Spiralgefässc  erkennen.  Selten  ist 
ihr  Vorkommen  in  den  Wurzeln.  2)  Die  Ringgefiisse,  Taf.  26. 


Sit;  lassen  sich  am  bequemsten  aus  Getreidehalmen  präpariren. 
In  vorliegendem  Bilde  sind  in  den  beiden  letzten  Ringgefässen 
Ringe  durch  Spiralfäden  mit  einander  verbunden,  was  ihre 
nahe  Verwandtschaft  zu  diesen  erkennen  lässt.  Manche 
Physiologen  sind  über  die  Entstehung  der  Ringgefässe  noch 
im  Unklaren,  andere  wollen  sie  aus  den  Spiralgefässcn  her¬ 
leiten  und  zwar  dadurch ,  dass  sie  behaupten  eine  unge¬ 
wöhnlich  rasche  Verlängerung  des  Gefässes  zerreisse  die 
Spiralfäden  in  Stücke ,  welche  sich  nachher  zu  Ringen  er¬ 
gänzten.  3)  Die  Netzgefässe ,  Taf.  27,  Fig.  A,  wie  sie  sich 
aus  der  Balsamine,  der  Kapuzinerkresse  &c.  darstellen  lassen. 
Durch  die  unregelmässigen  Verzweigungen  der  Spiralfaser 
gewinnen  diese  Gefässe  ein  netzartiges  Aussehen.  4)  Die 
Treppengefässe ,  Taf.  27,  Fig.  B,  welche  in  den  Stielen  der 
Farnkräuter  und  in  den  Weinreben  sehr  schön  Vorkommen. 
Von  der  regelmässigen  Verdickung,  Ablagerung  von  innen 
bleiben  Stellen  der  ursprünglichen  Gefässhatit  verschont,  die 
das  Ansehen  von  übereinander  gelagerten  Stufen,  Treppen 
erhalten.  5)  Die  Tüpfelgefässe ,  Taf.  28,  Fig.  A,  kommen 
vorzugsweise  in  den  Wurzeln  monokotyledonischer  Pflanzen 
vor.  Die  von  der  Ablagerung  frei  gebliebenen  Stellen  der 
Gefässhaut  bilden  runde  oder  länglich  runde  Figuren.  6)  Die 
punktirten  Gt fasse  (Porengefässe ?)  unterscheiden  sich  von 
den  vorhergehenden  nur  dadurch  ,  dass  die  nicht  verdickten 
Stellen  der  Gefässhaut  als  Punkte  (Poren?)  sich  ausnehmen. 
Taf  28,  Fig.  II  zeigt  punktirte  Gefässe  in  Verbindung  mit 
netzförmigen  aus  der  Weinrebe.  Besonders  erkenntlich  sind 
die  punktirten  Gefässe  der  Eiche.  (Vergl.  Taf.  37,  b!) 

Durch  die  Vereinigung  von  Gefässen  entstehen  die  so¬ 
genannten  Gefässbündel  (fasciculi  vasorum),  die  sowohl  von 
Parenchym-,  als  Prosenchymzellen  begleitet  sein  können. 
Macht  man  einen  Schnitt  durch  einen  Maisstengel ,  parallel 
mit  seiner  Achse  ,  so  sieht  man  auf  der  Schnittfläche  weiss- 
liche  Streifen,  es  sind  Gefässbündel.  Es  ist  nichts  Schwie¬ 
riges  unter  dem  abgelällenen ,  verfaulten  Laube  der  Wald¬ 
bäume  solche  Blätter  zu  finden ,  die  nur  noch  ein  feines, 


Taf.  24. 

Zellen  mit 
Kryslallen. 


6 


netzartiges  Gewebe  bilden,  die  ausfüllende  Masse  ist  zerstört, 
verwest,  die  noch  vorhandenen  Reste  sind  wiederum  Gefäss- 
bündel.  Sie  bleiben  als  die  festeren  Theile  zurück,  wie  die 
Knochen  nach  dem  Verfaulen  des  Fleisches  und  bilden  ,  wie 
diese,  das  Skelett.  Die  Gefässbündel  durchziehen  die  Pflanze 
der  Länge  nach,  sind  dünne,  zähe  Stränge  und  erscheinen 
auf  dem  Durchschnitt  des  Stengels  einer  monokotyledonischen 
Pflanze  zerstreut  (vergl.  Taf  34.  und  35! j,  während  sie  auf 
dem  Querschnitt  einer  dikotyledonischen  Pflanze  eine  kreis¬ 
förmige  Linie  bilden.  In  der  Wurzel  und  dem  Stengel  finden 
sich  die  Gefässhiindel  in  zahlreicher  Menge;  an  der  Basis 
der  Blätter  treten  sie  einzeln  und  in  den  Blattstielen  ver¬ 
einigt  auf,  von  wo  aus  sie  sich  als  Blattadern  und  Blattnerven 
in  der  Blattspreite  bemerklich  machen.  Da  das  Holz  durch 
die  innige  Vereinigung  der  Gefässhiindel  gebildet  wird,  so 


führen  letztere  auch  den  Namen  Holzbündel;  die  Festigkeit 
derselben  und  somit  die  des  Holzes  wird  durch  die  sehr 
starke  Verdickuug  der  Gefässwände  bedingt.  In  jungen 
Pflanzentheilen  sind  die  Gefässhiindel  aus  Bastzellen  und 
Spiral-,  Ring-  und  Netzgefässen  gebildet.  Ein  bedeutender 
Unterschied  herrscht  zwischen  dem  Gefässbündel ,  der  erst 
ein  Jahr  alt  ist  und  dem,  der  sich  zu  Holz  umgewandelt  hat 
und  mehrere  Jahre  existirl.  Bei  der  Untersuchung  der  Ge¬ 
fässbündel  hat  man  daher  vorzugsweise  sein  Augenmerk  zu 
richten  auf  die  ursprünglichen  oder  primären  Gefässbündel, 
auf  die  zu  Holz  umgewandelten  Gefässhiindel  und  auf  das 
sogenannte  Bildungsgewebe ;  ein  zartes  Gewebe,  was  inmitten 
der  Gefässe  auftritt  und  die  eigentliche  Stätte  des  Wachs¬ 
thums  ist,  indem  hier  neue  Zellen  sich  entwickeln,  die  für 
neue  Theile  verwendet  werden. 


III.  Die  Oberhaut  und  ihre  Bekleidung*. 

(Taf.  29—33  incl.) 


Betrachten  wir  nun,  nachdem  uns  das  Vorstehende  mit 
den  inneren  Organen  und  ihren  Verrichtungen  im  Wesent¬ 
lichen  bekannt  gemacht  hat,  das  Aeussere,  die  Oberfläche 
der  Pflanzen.  Bei  einiger  Vorsicht  ist  es  hei  vielen  Pflanzen¬ 
theilen  ein  Leichtes,  die  äusserste,  farblose  Schicht,  Oberhaut 
(epidermis)  genannt ,  in  kleineren  oder  grösseren  Stücken 
abzuziehen.  Nicht  möglich  ist  dies  bei  den  Zellenpflanzen 
(Kryptogamen),  den  jugendlichen  Gefässpflanzen,  der  Wurzel 
und  der  Blüthennarbe,  welchen  beiden  letzteren  Pflanzentheilen, 
deren  beziehungsweise  Verrichtung  Aufnahme  der  flüssigen 
Nahrung  und  Aufnahme  des  Pollenstaubes  ist,  der  erwähnte 
Ueberzug  in  ihren  Funktionen  hinderlich  sein  könnte.  Bringt 
man  ein  Stückchen  Oberhaut  unter  das  Mikroskop,  so  ge¬ 
wahrt  man  im  Allgemeinen,  dass  die  Zellen  derselben  meistens 
flach  gedrückt,  manchmal  auch  höher  oder  niedriger  neben 
einander  stehend  sind,  was  besonders  ein  Querschnitt  erkennen 
lässt.  Sicht  man  die  Zellen  von  der  Fläche  an,  so  erscheinen 
Taf.  29,  30  sie  bald  in  langgestreckter,  bandartiger  Form,  Taf.  29  Zellen- 
und  31.  gewebe  aus  der  Oberhaut  der  gemeinen  Schwertlilie ,  bald 
Spaltöffnungen.  jn  regelmässig  sechseckiger  Form,  Taf  30,  b  Zellengewehe 
der  Epidermis  son  der  oberen  Blattfläche  eines  schwimmenden 
Blattes  des  Wasserhahnenfusses  (Ranunculus  aquatilis  L.), 
bald  in  irregulärer  Form ,  Taf.  31  Zellengewebe  aus  der 
Epidermis  des  gemeinen  Gartenampfers  (Rumex  patientia  L.). 
Vergebens  wird  man  in  diesen  Zellgeweben  Intercellulargänge 
suchen,  denn  die  Zellen  schliessen  überall  dicht  an  einander; 
wohl  aber  erblickt  man  hin  und  wieder  gewisse  Lücken,  in 
denen  Oberhautzellen  zu  fehlen  scheinen,  die  aber  von  zwei 
halbmondförmigen  Zellen,  welche  mit  ihren  concaven  Seiten 
zugekehrt  sind,  desswegen  einen  freien  Raum,  Spalten  in 
der  Oberhaut  bilden  und  daher  den  Namen  Spaltöffnungen 
(stomata)  führen,  ausgefüllt  sind.  Siehe  Taf.  29,  30  und  31 
bei  al  Es  sind  sehr  kleine  ,  V„  -  7,00  Linie  grosse  ,  ei¬ 
förmige  OefFnungen,  welche  den  Zweck  haben,  die  Commu- 
nication,  Wechselwirkung  zwischen  dem  Innern  der  Pflanze 
und  der  Atmosphäre  zu  ermöglichen.  Wenn  auch  der  Bau 
der  SpaltölFnungen  im  Allgemeinen  ein  übereinstimmender 
ist,  so  findet  doch  eine  Verschiedenheit  in  der  von  den  beiden 
Spaltöffnungszellen  und  Oberbautzellen  gebildeten  Lücke  statt. 
Die  Spaltöffnung  liegt  nämlich  bald  am  obern  ,  bald  am 
unteren  Rande  und  bald  in  der  Mitte  der  Lücke,  und  mündet 
zugleich  in  die  unterhalb  liegenden  Intercellulargänge,  wo¬ 
durch  die  mehr  genannten  Spalten  eine  Hauptrolle  bei  der 


Einsaugung  und  Ausdünstung  spielen.  Die  Epidermis  ist, 
wie  schon  erwähnt,  eine  durchsichtige,  farblose  Hülle  ohne 
Chlorophyllkügelchen,  die  aber  in  den  Spaltöffnungszellen 
vorhanden  sind.  Zuweilen  aber  ist  der  Saft  der  Oberhaut 
gefärbt,  wodurch  ein  buntes  Ansehen  bewirkt  wird.  Durch 
die  Verdickung  der  Oberhautzellen  wird  manchen  Blättern 
eine  lederartige  Beschaffenheit  gegeben.  Vorzugsweise  sind 
die  Spaltöffnungen  auf  allen  grün  gefärbten  Pflanzentheilen, 
besonders  auf  der  unteren  Seite  der  Blätter;  bei  den  niederen 
Pflanzen  kommen  sie  nur  bei  einigen  Moosen  vor;  nie  aber 
sind  sie  auf  den  Wurzeln  anzutreffen.  Auf  einer  einen 
Quadratzoll  grossen  Epidermis  kann  man  manchmal  über 
1000  Spaltöffnungen  zählen.  Oefters  sind  die  Spaltöffnungs- 
zellen  mehr  herabgesenkt,  so  dass  ein  gewisser  Vorhof  zur 
Spaltöffnung  gebildet  wird.  Die  im  Allgemeinen  zum  Schutze 
des  zarten,  weichen  Pflanzengewebes  dienende  Oberhaut  hat 
bei  manchen  Pflanzentheilen,  besonders  den  Blüthenblättern 
ein  sammetartiges,  glänzendes  Aussehen,  was  dadurch  be¬ 
wirkt  wird,  dass  die  Oberhautzellen  aufrecht  stehen,  oben 
kegelartig  geformt  sind  oder  kleine  Hügel  bilden ,  die  das 
Licht  reflectiren  und  so  einen  Glanz  verbreiten.  —  Betrachtet 
man  den  Querschnitt  einer  Oberhaut  genauer,  so  findet  man 
bei  mancher  3  verschiedene  Schichten.  Die  oberste,  äusserste 
Lage,  Wachsschicht,  besteht  aus  lauter  feinen  Körnchen, 
welche  manchen  Blättern ,  z.  B.  denen  des  blauen  Kohls, 
manchen  Früchten,  wie  der  Pflaume  ein  „bereiftes“  Aussehen 
geben.  Diese  Körnchen  sind  Wachs,  welches  durch  Eintauchen 
eines  Blattes  in  Aelher  verschwindet.  Die  zweite  Lage  ent¬ 
hält  eine  klare,  dem  Zellstoff  ähnliche  Substanz,  die  von 
den  Oberhautzellen  abgesondert  wird ,  Absonderungsschicht. 
Sie  ist  bei  manchen  Pflanzen  nur  als  ein  fettiger  Ueberzug 
zu  erkennen,  der  von  Wasser  nicht  benetzt  wird.  Die  Dicke 
der  Absonderungsschicht  ist  verschieden;  sie  fehlt  gänzlich 
den  in  den  Knospen  noch  eingeschlossenen  jungen  Pflanzen¬ 
theilen,  bildet  sich  aber  allmählig,  sowie  die  genannten  Theile 
mit  der  Luft  in  Berührung  treten.  Die  dritte  Schicht  bilden 
die  bereits  besprochenen  Oberhautzellen. 

Bevor  wir  die  Bekleidung  der  Oberhaut  besprechen, 
haben  wir  hier  noch  der  Ausdünstung ,  Transspirution  und 
Alhmung,  Respiration  der  Pflanzen  zu  gedenken.  Das  Thier 
nimmt  durch  den  Mund  die  Nahrung  auf,  verdaut  diese  in 
dem  Magen,  assimilirt,  d.  h.  verwandelt  zum  Theil  die  ein¬ 
genommenen  Stoffe  in  die  ihm  ähnlichen  und  scheidet  Alles 


7 


ihm  nicht  zur  Nahrung  dienende  aus.  Auch  die  Pflanze  muss 
zu  ihrer  Ernährung,  d.  i.  die  Lebensthätigkeit,  durch  welche 
ihre  Erhaltung  und  Vergrösserung  bewirkt  wird ,  Stoffe  von 
aussen  aufnehmen ,  diese  assirniliren  und  Unbrauchbares  aus- 
scheiden.  Aus  diesen  Thätigkeiten  resultirt  das  Wachsthum, 
d.  h.  die  Erhaltung  und  Vermehrung  der  Elementarorgane 
der  Pflanze.  Die  diesen  Thätigkeiten  entsprechenden  Organe 
des  Thieres,  als:  Mund,  Magen,  Darmkanal,  Adersystem  &c, 
finden  wir  in  der  Weise  nicht  bei  der  Pflanze;  die  Art  der 
Thätigkeiten  ist  eine  andere.  Die  Nahrung  der  Pflanze  muss 
entweder  flüssig  oder  luftförmig  sein  ,  niemals  kann  sie  im 
festen  Zustande,  wie  bei  den  Thieren,  Eingang  finden.  Zur 
Aufnahme  der  flüssigen  Nahrung,  welche  aus  Wasser  mit 
den  in  demselben  aufgelösten  Substanzen  besteht,  dienen  die 
Endzeilen  der  Wurzelfasern.  Anders  ist  es  bei  den  Zellen¬ 
pflanzen  ,  welche  zum  Theil  mit  den  ganzen  Wurzelhaaren 
oder  wie  bei  den  Krustenflechten  mit  der  ganzen  Oberfläche 
aus  der  Luft  die  nöthige  Nahrung  einsaugen.  Die  Aufsaugung 
selbst  geschieht  durch  Endosmose;  nicht  aber,  wie  Manche 
glauben  in  der  Art,  wie  ein  Schwamm  die  Flüssigkeit  ein¬ 
zieht,  denn  nirgends  lassen  sich  ,, Wurzelschwämmchen <e  er¬ 
kennen.  Die  aufgenommene  Flüssigkeit  wandert  nun  durch 
den  Stengel  zu  den  Aesten,  Zweigen,  Blättern  bis  zu  den 
entlegensten  Theilen  der  Pflanze.  Diese  Wanderung  geschieht 
von  Zelle  zu  Zelle,  niemals  aber  durch  die  Gefässe  (vergl. 
pag.  5!).  Denn  einmal,  behaupten  die  zu  dieser  Ansicht 
Gehörenden  ,  Hessen  die  sorgfältigsten  und  häufigsten  Beob¬ 
achtungen  keinen  Nahrungssaft  in  den  Gefässen  erkennen, 
„zudem  ist  bekannt,  dass  in  die  sich  neu  entwickelnden 
Knospen,  die  doch  gewiss  viel  Saft  in  Anspruch  nehmen, 
noch  gar  keine  Gefässe  hinreichen ,  dass  bei  grossen  Paren¬ 
chymmassen  oft  Tausende  von  Zellen  beisammen  lebhaft  ve- 
getiren ,  ohne  dass  jene  von  Gefässen  durchzogen  werden, 
dass  ferner  die  Druckkraft  des  Saftes  sehr  bedeutend  ist 
und  dennoch  nicht  derselbe  in  einem  Strahle  hervorspringt, 
was  sich  erwarten  Hesse,  wenn  die  Bewegung  des  Saftes 
durch  Gefässe  ging.  Anderseits  ist  die  Vorstellung  ganz 
einfach  und  der  Wirklichkeit  entsprechend,  dass  eine  Zelle 
endosmolisch  von  einer  andern  die  Nahrungsflüssigkeit  auf¬ 
nehme.“  Andere  Physiologen  sind  dagegen  der  Ansicht, 
dass  die  Pflanzengefässe  sowohl  Luft,  als  auch  Saft  führen, 
mithin  im  letzteren  Falle  zur  F"ortleitung  des  Nahrungsstoffes 
dienen  können,  und  wollen  ihre  Behauptung  auf  die  Erfah¬ 
rung  stützen,  „dass  allerdings  in  den  älteren  Theilen  des 
Stengels  resp.  Stammes,  wenn  erst  der  Strom  des  Frühlings¬ 
saftes  vorüber  ist,  in  den  Gefässen  nur  noch  Luft  vorhanden 
sei,  da  nach  jener  Periode  die  jüngsten  Schichten  zur  Auf¬ 
nahme  des  aufsteigenden  Saftes  hinreichen,  weil  derselbe 
dann  zum  grössten  Theile  in’s  Parenchym  der  noch  kraut¬ 
artigen  Theile  aufgenommen  werde.  Zur  Zeit  der  grössten 
Saftfülle  im  F'rühjahre  sei  auch  das  ältere  Holz  vom  Safte 
durchdrungen.  Darnach  enthielten  die  Gefässe  den  grössten 
Theil  des  Jahres  hindurch  nur  Luft ,  aber  nicht  immer.“ 
Bekennen  wir  uns  zu  der  ersten  Ansicht  und  merken  wir 
uns  noch,  dass,  sobald  die  rohe  Nahrung,  vorzugsweise  in 
Wasser,  Kohlensäure,  Ammoniak  und  Salzen  bestehend,  in 
die  Pflanzen  eingetreten  ist,  sich  mit  den  löslich  organischen 
Stoffen,  die  sie  auf  ihrem  Wege  antrifft,  verbindet.  Jede 
Zelle  trägt  zur  Verarbeitung,  Assimilirung  des  durchwandern¬ 
den  Nahrungsstofl'es  das  Ihrige  bei,  so  dass,  je  höher  der 
Nahrungssaft  in  die  Pflanze  gestiegen  ,  desto  mehr  assimilirt 
ist.  Abgeschnittene  Birken-  und  Weinrebenzweige  lassen 
den  Nahrungssaft  im  Frühlinge,  Erühlingssaft,  in  Menge  aus- 
fliessen.  Nach  Haies  Versuchen  ist  die  Kraft ,  mit  welcher 


der  Saft  in  den  Pflanzen  emporsteigt,  so  stark,  dass  sie  mit¬ 
unter  einer  43  Fuss  hohen  Wassersäule  das  Gleichgewicht 
hält.  Die  Hauptursache  der  Saftbewegung  ist  die  schon 
früher  kennen  gelernte  Endosmose,  untergeordnet  wirkt 
hierbei  die  Haarröhrchenkraft,  Capillarität.  Jene  wird  aber 
fortwährend  dadurch  hervorgerufen,  dass  der  von  den  Wur¬ 
zelspitzen  aufgesogene  Saft  von  Zelle  zu  Zelle  bis  zu  den 
entferntesten  Theilen  gelangt,  hier  an  der  Oberfläche  der 
Pflanzentheile  in  den  letzten  Zellen  abermals  endosmotisch 
wirkt,  somit,  da  keine  andern  Zellen  sich  weiter  anreihen, 
die  wässerigen  Theile  dunstförmig  in  die  Atmosphäre  aus¬ 
scheidet,  wodurch  der  Saft  concentrirter  und  das  Nachrücken 
des  Saftes  von  den  unteren  Zellen  bedingt  wird.  Man  nennt 
diesen  physikalischen  Prozess  di e  Ausdünstung,  Transspiralion 
der  Pflanzen.  Wenn  auch  dieselbe  fürs  Gewöhnliche  nicht 
bemerkbar  ist,  so  kann  man  sich  doch  leicht  von  der  Wirk¬ 
lichkeit  dieses  Vorganges  überzeugen,  wenn  man  beblätterte 
Pflanzentheile  unter  ein  Glasgefäss  bringt,  die  Wände  des¬ 
selben  werden  bald  von  einer  Menge  von  Dunstbläschen  be¬ 
deckt.  Die  Organe  der  Ausdünstung  sind  die  bereits  erwähnten 
Spaltöffnungen  ( Taf.  29,  30  und  31).  Je  zahlreicher  diese 
auf  der  Oberfläche  der  Pflanzentheile  sich  vorfinden,  desto 
stärker  findet  die  Transspiration  statt;  darum  ist  sie  auf  der 
unteren  Blattfläche  bedeutender,  als  auf  der  oberen;  Pflanzen 
mit  lederartigen  Blättern  und  fleischigen  Theilen  dünsten 
weniger  aus  und  können  somit  noch  in  wasserarmen  Orten 
vegetiren  und  doch  verhältnissmässig  saftiger  sein,  als  andere 
Pflanzen.  Die  Stärke  der  Ausdünstung  hängt  aber  auch  von 
einer  schon  mehr  oder  weniger  mit  Feuchtigkeit  gesättigten 
Atmosphäre  und  von  der  Temperatur  ab.  Die  Menge  des 
von  den  Pflanzen  in  einer  gewissen  Zeit  ausgedünsteten 
Wassers  ist  mitunter  erstaunlich.  Haley  will  berechnet  haben, 
„dass  die  von  einem  Morgen  Wiesenland  täglich  verdunstende 
Quantität  Wasser  nicht  weniger  als  6  Millionen  Pfund  beträgt!“ 
Dass  die  grössere  oder  geringere  Verdunstung  einen  mehr 
oder  weniger  raschen  Saftlauf  hervorruft,  und  dass  durch 
die  bedeutendere  Ausdünstung  mancher  Theile  auch  die  Rich¬ 
tung  des  Saftlaufes  bedingt  wird,  ist  sehr  begreiflich;  denn, 
wo  viel  Flüssigkeit  ausgeschieden  wird,  dahin  strömt  wieder 
andere  Flüssigkeit.  Das  Innere  der  Pflanzen  vermag  aber 
nicht  blos  durch  den  mehr  genannten  Prozess  Stoffe  auszu¬ 
scheiden,  sondern  auch  aus  der  Atmosphäre,  je  nachdem  es 
das  Bedürfniss  erheischt,  Stoffe  aufzunehmen.  Es  findet  eine 
Wechselwirkung  statt.  Verwelkte  Blätter  und  Pflanzen  leben 
in  feuchter  Atmosphäre  wieder  auf,  wesswegen  man  vor- 
theilhaft  bei  Excursionen  leicht  hinfällige  Pflanzen  vor  dem 
Vertrocknen  bewahrt,  wenn  man  ein  mit  Wasser  getränktes 
Stück  Löschpapier  in  die  ßotanisirbiiehse  legt.  Die  Pflanzen 
erquicken  sich,  indem  sie  das  verdunstende  Wasser  aus  der 
Luft  durch  die  Spaltöffnungen  einziehen.  Pflanzentheilen, 
die  sich  stets  unter  Wasser  befinden,  also  von  der  Luft  ab¬ 
gesperrt  sind,  fehlen  die  Spaltöffnungen  gänzlich;  Blätter, 
die  auf  dem  Wasser  schwimmen,  haben  solche  auf  der  der 
Luft  zugekehrten  Seite,  nicht  auf  der  unteren  und  machen 
in  diesem  Falle  von  dem  gewöhnlichen  Vorkommen  der 
Spaltöffnungen  eine  Ausnahme.  Aus  diesen  Wahrnehmungen 
ist  aber  zu  schliessen ,  dass  die  Spaltöffnungen  vorzüglich 
zum  Aus-  und  Eintritt  der  gasförmigen  Körper  dienen. 
Manche  wollen  beobachtet  haben ,  dass  die  Spaltöffnungen 
sich  bei  trockener  Luft  ölfneu  und  bei  feuchter  schliessen, 
die  Natur  also  selbst  eine  zu  grosse  Verdünnung  des  Nali- 
rungsstoffes  durch  Aufnahme  von  feuchter  und  eine  zu  starke 
Conccntration  des  Saftes  durch  Ausscheidung  der  wässerigen 
Theile  nach  dem  Bedürfniss  regulire.  —  Setzt  man  frische 


8 


Blätter  oder  andere  grüne  Pflanzentheile  in  Wasser  unter- 
getauclit,  etwa  in  einem  einerseits  verstopften,  mit  Wasser 
gefüllten  und  durch  Wasser  abgesperrten  Glastrichter  dem 
Lichte  aus,  so  sammeln  sich  in  der  Spitze  des  Trichters  nach 
und  nach  eine  Menge  kleiner  Luftbläschen  an.  Die  nähere 
Prüfung  zeigt,  dass  die  sich  angesammelte  Luft  reines  Sauer- 
stoffgus  ist.  In  der  That  scheiden  alle  grüne  Pflanzentheile 
unter  item  Einflüsse  des  Lichtes  Sauersto/T  aus ;  während 
sie  der  Luft  Kohlensäure  entziehen.  Diesen  gegenseitigen 
Austausch  der  gasförmigen  Stoffe  der  Pflanzen  und  der  der 
Atmosphäre  nennt  man  den  Athmungsprocess  oder  die  Re¬ 
spiration  der  Pflanzen.  Diese  bereichern  die  Luft  an  Sauer¬ 
stoff,  während  die  Thiere  denselben  aus  der  Luft  wegnehmen 
und  Kohlensäure  aushauchen,  die  von  den  Pflanzen  wieder 
eingesogen  wird.  Ein  Reich  dient  so  zur  Erhaltung  des 
andern;  ökonomisch  geht  auch  die  Natur  in  ihrem  grossen 
Haushalte  zu  Werke!  Bei  der  Abwesenheit  des  Lichtes,  in 
der  Nacht,  findet  der  Athmungsprozess  in  umgekehrter  Weise 
statt,  indem  die  Pflanzentheile  Sauerstoff  aufnehmen  und  ge¬ 
ringe  Kohlensäuremenge  aushauchen.  Darum  ist  das  Schlafen 
in  einem  Zimmer,  in  welchem  Blumenstöcke  stehen,  nacli- 
theilig.  Alle  nicht  grünen  Pflanzentheile,  also  immerhin  der 
kleinste  Theil  der  Pflanzen,  stimmen  in  ihrer  Respiration  mit 
der  der  Thiere  überein.  Während  man  über  den  Grund, 
warum  die  Respiration  der  grünen  Pflanzentheile  sich  bei 
Abwesenheit  des  Lichtes  verändert,  noch  nicht  völlig  im 
Klaren  ist,  gibt  man  als  Ursache  der  Aushauchung  des  Sauer¬ 
stoffs  Folgendes  an:  Die  Nahrung  der  Pflanzen  besteht  haupt¬ 
sächlich,  wie  schon  angegeben,  aus  Wasser,  Kohlensäure 
und  Ammoniak.  Diese  Stoffe  in  Hinsicht  ihrer  chemischen 
Zusammensetzung  mit  den  Substanzen,  welche  die  Pflanze 
bilden,  als:  Zellstoff,  Stärkemehl,  Zucker  &c.,  in  welche 
sich  doch  die  rohe  Nahrung  im  Laufe  der  Zeit  umwandeln 
muss,  verglichen,  zeigt,  da  Zellstoff,  Stärkemehl,  Zucker  <fcc. 
hauptsächlich  aus  KohlenstolF,  Wasserstoff  und  Sauerstoff  be¬ 
stehen,  dass  ein  beträchtlicher  Ueberschuss  an  Sauerstoff 
gebildet,  der  in  die  Luft  abgeschieden  wird. 

Taf.  32  u.  33.  Zum  Schlüsse  haben  wir  bei  Betrachtung  der  Oberhaut 
Haare,  Drüsen-  noch  ihrer  Bekleidung ,  ihrer  Anhänge  oder  Fortsätze  zu  er- 
haare^  Brenn-  wähnen.  Es  ist  etwas  sehr  Bekanntes,  dass  sich  manche 
Oberhaut  Pflanzentheile  glatt,  andere  rauh,  wollig,  haarig,  borstig, 
filzig  &c.  anfühlen.  Schon  das  blosse  Auge  erkennt  die 
Ursache  hiervon,  indem  es  bei  genauerem  Zusehen  die  Ober¬ 
fläche  der  Pflanzen  mit  Haaren,  Borsten  dcc.  mehr  oder 
weniger  bedeckt  findet.  Diese  Organe  bilden  die  Anhänge 
oder  Fortsätze  oder  die  Bekleidung  der  Epidermis.  Man 
unterscheidet  Papillen,  Haare,  Drüsen,  Drüsenhaare,  Brenn¬ 
haare,  Borsten,  Stacheln  und  Warzen.  Der  Papillen,  welche 
als  hervorragende  Zellen  erscheinen ,  wurde  schon  früher 
Erwähnung  gethan ;  sie  finden  sich  meistens  auf  Blumen¬ 


blättern ,  wodurch  diese  den  Sammetglanz  erhalten.  Inte¬ 
ressanter  erscheint  für  uns  die  mikroskopische  Betrachtung 
der  Haare,  Drüsenhaare  und  Brennhaare.  Die  Haare  können 
aus  einer  einzigen,  aus  der  Oberhaut  hervorgezogenen  Zelle 
oder  aus  mehreren  bestehen  und  die  verschiedenartigsten 
Formen  haben.  Sammeln  sich  am  oberen  abgestumpften 
Ende  des  Haares  besondere  Stoffe  (ätherische  Oele)  an,  so 
nennt  man  solche  Haare  Drüsenhaare.  Die  Figuren  der 
Taf.  32  und  33  bieten  hinlängliche  Anschauung  von  den 
mannichfaltigsten  Formen  und  dem  inneren  Baue  der  Drüsen¬ 
haare  und  Haare  dar.  Taf.  32,  Fig.  A,  ein  einzelliges  Drü- 
senhaar  eines  Kreuzhlülhlers ;  Fig.  B  ein  einzellig  zweifach 
verästeltes  Drüsenhaar  eines  Kreuzhlüthlers ;  Fig.  C  ein 
mehrfach  verästeltes  Drüsenhaar  eines  Kreuzhlüthlers ;  Fig.  D 
ein  Drüsenhaar  von  dem  Bliithenstiele  des  Löwenmauls  (An- 
tirrhinum),  a  Zellen  der  Oberhautschicht;  Fig.  E  mehrfach 
verästeltes  Drüsenhaar  von  einem  Lippenblüthler .  Taf.  33, 
Fig.  A  ein  Brennnesselhaar ;  Fig.  B  ein  Stück  Oberhaut  von 
dem  Blatte  der  Nachtkerze  (Gaura  biennis  L.)  mit  zwei 
Haaren ;  Fig.  C  ein  Haar  von  der  gemeinen  Zaunrübe 
(Bryonia  alba  L.) ;  Fig.  D  ein  rosenkranzförmiges  Haar  von 
einem  Nelkenblülhler.  Die  Zellen  der  Haare  sind  in  der 
Regel  mit  Luft  oder  farblosem,  selten  mit  gefärbtem  Safte 
angefüllt.  Dem  sehr  eigenthümlichen  Baue  der  Brennhaare, 
wie  sie  die  Brennnessel  hat,  dürfte  noch  einige  Aufmerksam¬ 
keit  zu  schenken  sich  lohnen.  Wen  hat  die  Nessel  nicht 
schon  gezüchtigt!  „Wenn  die  Kinder  hinaus  wallfahrten  an 
die  grüne  Hecke,  um  Veilchen  zu  suchen  oder  purpurne 
Erdbeeren,  —  so  brennt  die  böse  Nessel  die  Eifrigen  an 
Hände  und  Gesicht,  rothe  Bläschen  entstehen  auf  der  Haut 
und  der  heftige  Schmerz  will  oft  tagelang  nicht  vergehen!“ 
Man  kann  die  Nesseln  die  Schlangen  des  Pflanzenreichs 
nennen.  „Das  Gift  unserer  einheimischen  Nesseln  und  Schlan¬ 
gen  ist  nur  unbedeutend;  aber  je  mehr  wir  uns  den  Tropen 
nähern  ,  desto  häufiger  und  gefährlicher  werden  beide.  Wo 
die  glühende  Sonne  Indiens  das  Gift  der  furchtbaren  Brillen¬ 
schlange  kocht,  da  wachsen  auch  die  gefährlichsten  Nesseln. 
Keine  Ahnung  haben  wir  von  den  Qualen,  welche  die  Nesseln 
in  Ostindien  hervorrufen.“  Wie  Taf.  33,  Fig.  A  zeigt,  wird 
dieses  Brennhaar  aus  einer  einzelnen  langen  Zelle  gebildet, 
die  oben  in  ein  kleines  Köpfchen  endet.  Am  Grunde  ist  das 
Haar  sackförmig  erweitert  und  enthält  in  dieser  Erweiterung 
ein  ätzendes  Gift.  Die  geringste  Berührung  reicht  hin  ,  um 
das  sackförmige  Köpfchen  oben  abzubrechen,  wodurch  das 
Haar  geöffnet  und  in  die  weichem  Theile  eingedrungen,  in 
Folge  des  Druckes,  „der  durch  den  Widerstand  beim  Ein¬ 
dringen  auf  das  Säckchen  ausgeübt  wird ein  Theil  des 
Giftes  in  die  Wunde  strömen  lässt  und  so  den  Schmerz  ver¬ 
ursacht. 


IV.  Der  innere  Dan  des  Stengels. 

(Taf.  34—37  incl.) 


So  ausserordentlich  verschieden  auch  der  Stengel  im 
Aeussern  für  das  Auge  erscheinen  mag,  so  bietet  das  Innere 
dieses  Theiles  bei  vielen  Pflanzen  ein  überraschendes  Ueber- 
einstimmende  dar.  Der  Stengel,  der  je  nach  der  Form  und 
Masse  bald  Stamm,  Halm,  Strunk  &c.  heissen  kann  und  der¬ 
jenige  Theil  ist,  der  sich  aus  der  Wurzel  entwickelt  und 
Anhangsorgane  treibt,  ist  bei  jeder  Pflanze  im  jugendlichen 
Zustande  im  Innern  von  Zellen  gebildet,  aus  denen  im  Laufe 


der  Zeit  Gefässe  und  Gefässbiindel  entstehen ,  die  dem  ge¬ 
nannten  Pflanzentheile  eine  grössere  oder  geringere  Festig¬ 
keit  verleihen.  Führen  wir  einen  Schnitt,  senkrecht  zur 
Axe  des  Stengels ,  so  gibt  uns  der  so  erhaltene  Querschnitt 
durch  die  sehr  charakteristische  Gruppirung  der  Gefässbündel 
schon  Aufschluss,  ob  die  betreffende  Pflanze  zu  der  Gruppe 
der  ohn-,  ein-  oder  zweisamlappigen  Pflanzen  (Akotylcdonen, 
Monokotyledonen,  Dikotyledonen)  gehört.  — 


9 


schnitte  mono- 
kotyledonischer 
Pflanzen. 


Taf.  34,  Steigen  wir  von  den  unvollkommneren  Pflanzen  zu  den 

Fig.  A  u.  B.  vollkommneren  und  betrachten  wir  zuerst  einen  Querschnitt 
Stengeidurch-  des  Stengels  der  akotyledonischen  Pflanze,  so  sehen  wir, 

«chniiieakotyle-  j  .  ^  Fio.  A  um /  ß  (]ass  jn  ejnem  solchen  Stengel  alle 
«tonischer  Pflan-  -  ,  ,  ,  ,  .  .  ,  .  , 

zen  Gefässbündel  gemeinschaftlich  und  in  der  mitte,  wie  bei  den 

Schachtelhalmen ,  Lykojwdien  und  .Voosen,  Fig.  A,  oder  in 
einzelnen  grösseren  Partieen  zusammengestellt  sind  ,  wie  bei 
den  Farnkräutern ,  Fig.  B.  Ein  charakteristisches  Merkmal 
der  Akotyledonen  ist  noch,  dass  die  Gefässbündel  nur  an  der 
Spitze  durch  Ansetzen  neuer  Theile  wachsen. 

Taf.  34,  Taf.  34,  Fig.  C  and  D  zeigen  zwei  Querschnitte  von 

Fig.  C  u.  D.  Monokotyledonen ,  der  erstere  von  einem  Spargelstengel,  der 
Stengeidurch-  letztere  von  einer  Palme.  Charakteristisch  für  den  Bau 
dieser  Stengel  ist,  dass  die  geschlossenen  Gefässhündel  ohne 
Ordnung  im  Zellgewebe  vertheilt  erscheinen.  Das  Wachs- 
thum  w'ird  meistens  dadurch  bewirkt,  dass  neue  Gefässhündel 
im  Umfänge  des  Stengels  auftreten  und  sich  bis  zur  Spitze 
desselben  verlängern.  Wenn  auch  die  Mitte  der  hierher  ge¬ 
hörenden  Stengel  von  Gelässbündeln  manchmal  befreit  sein 
kann,  so  wird  diese  doch  niemals,  wie  wir  dies  bei  den 
Dikotyledonen  sehen  werden,  von  dem  Gefässbündelkreis 
scharf  und  regelmässig  abgeschlossen  auftreten.  Einen  ganz 
besonders  eigenthümlichen  Bau  zeigt  in  dieser  Hinsicht  der 
Stengel  (Hahn)  der  Gräser.  Indem  nämlich  hier  die  Gefäss- 
bündel  immer  gegen  den  Umfang  des  Halmes  zusammenge¬ 
drängt  werden,  isolirt  sich  das  Zellgewebe  im  Innern  des 
Halmes,  verschwindet  mit  der  Zeit  gänzlich  und  bildet  eine 
Höhlung  mit  Ausnahme  der  Knotenstellen,  wo  die  Gcfäss- 
bündcl  zweier  Stengelglieder  „queriiberlaufen“  und  dadurch 
eine  Scheidewand  bilden.  Ungeachtet  des  an  und  für  sich 
leichten  Baues  der  Grashalme  besitzen  dieselben  doch  ver- 
hältnissmässig  eine  ziemliche  Stärke  und  Festigkeit,  die  ganz 
besonders  durch  die  Ablagerung  von  Kieselerde  in  der  Ober¬ 
haut  bewirkt  wird.  Eine  Holzbildung  besitzen  nur  die  riesigen 
Gräser  der  Tropenländer.  Unter  allen  monokotyledonischen 
Pflanzen  repräsentirt  vorzugsweise  die  Palme  die  eigentliche 
Holzbilduny.  Der  cylindrische  oder  bauchförmige  Stamm 
derselben  hat  von  aussen  ein  schuppenartiges  Ansehen,  wel¬ 
ches  durch  die  Blattnarben  der  abfallenden  Blätter  hervor¬ 
gebracht  wird.  Der  Querschnitt  eines  Palmenstammes  ,  Taf. 
34,  Fig.  D  zeigt ,  dass  wenige  ,  aber  grössere  Gefässhündel 
gegen  die  Mitte,  dahingegen  mehr,  aber  kleinere  Gefässhündel 
gegen  den  Umfang  des  Stammes  liegen.  Die  Festigkeit  und 
Stärke  des  Palmenholzes  nimmt  daher  nicht,  wie  bei  dem 
Holze  der  Dikotyledonen  (unsere  Waldbäume)  von  aussen 
nach  innen ,  sondern  von  innen  nach  aussen  zu.  Bei  der 
Sagopalme  fehlen  im  Innern  des  Stammes  die  Gefässhündel, 
dasselbe  ist  mit  Mark  angefüllt,  in  welchem  sich  reichlich 
Stärkemehl  (Sago)  abgelagert  vorfindet.  Aus  dem  Längs¬ 
schnitte  eines  Palmenstammes  ersehen  wir,  dass  die  Gefäss- 
bündel  in  den  Blattnarben  oder  den  endständigen  Blättern 
endigen ,  von  diesem  Endpunkte  nach  unten  aber  zuerst  sich 
dem  Innern  des  Stammes  zuwenden  und  dann  bogenförmig 
nach  aussen,  ziemlich  parallel  mit  der  Oberfläche  des  Stammes 
verlaufen.  Zugleich  nehmen  die  Gefässhündel  bei  ihrem 
weiteren  Heruntertreten  an  Dicke  ab.  Hieraus  erklärt  sich, 
warum  die  Gefässhündel,  Fig.  V,  in  der  Mitte  grösser  und 
weniger  auftreten,  als  am  Bande;  denn  die  in  der  Milte  ge¬ 
legenen  Gefässhündel  sind  mehr  nach  oben ,  also  wo  sie 
grösseren  Durchmesser  haben ,  durchschnitten. 

^ 35.  Wenden  wir  uns  nun  zum  Stengel  einer  diko/ylet/onischen 

Querdurciisciimit  pf]an7e  wozu  die  Stämme  unserer  Waldbäume  gehören, 
de*  Summe*  ’  °  ’ 

einer  dikotyledo-  Taf.  36,  so  finden  wir  hier  als  charakteristisches  Merkmal, 

niachen  Pflanze,  dass  die  Gefässbündel  regelmässig  in  Kreise  gestellt  sind. 


„Das  Wachsthum  findet  sowohl  an  der  Spitze  der  Gefäss¬ 
bündel  statt,  als  auch  dadurch,  dass  neue  Kreise  von  Ge- 
fässbiindel  im  Umfange  sich  einschieben.“  In  dem  Stengel 
der  krautartigen  Dikotyledonen  herrscht  besonders  das  Mark 
vor,  das  mit  der  Zeit  auch  vertrocknet,  auch  ganz  ver¬ 
schwindet  und  eine  Höhlung  im  Innern  zurücklässt  (Dolden¬ 
gewächse).  Ganz  besondere  Aufmerksamkeit  verdient  der 
innere  Bau  des  Stammes  unserer  Bäume  und  Sträucher.  Sie 
sind  nicht,  wie  viele  andere  zu  dieser  Gruppe  gehörenden 
Pflanzen  bald  hinfällig,  sondern  durchleben  eine  Reihe  von 
Jahren.  Während  dieser  langen  Zeit  wird  das  anfangs  zarte 
innere  Gewebe  mehr  und  mehr  in  ein  dichteres,  festeres 
Gefüge,  in  eine  holzige  Masse  verwandelt.  Der  Saft,  der 
ehedem  das  Innere  durchzog,  verschwindet  in  der  Folge, 
indem  er  an  die  Wandungen  sich  ablagert,  diese  also  verdickt 
und  so  die  Prosenchymzellen  erstarkt,  dass  sie  mit  Recht 
den  Namen  Holzkellen  verdienen.  Sie  sind  in  den  holzigen 
Theilen  Herr  geworden;  spärlich  finden  sich  noch  Treppen- 
gefässe  und  punktirte  Gefässe  vor.  In  den  jüngeren  Theilen 
des  Stengels  sind  noch  Netz-,  Ring-  und  Spiralgefässe; 
durch  ihre  Umwandlung  scheint  vorzugsweise  die  Verholzung 
bewirkt  zu  werden.  Die  Stengelmasse  der  dikotyledonischen 
Pflanzen  lässt  mehr  oder  weniger  3  Theile  erkennen ,  näm¬ 
lich  :  die  Rinde ,  das  Holz  und  das  Mark. 

a.  Die  Rinde  (cortexj. 

Sie  besteht,  Taf.  35,  b,  aus  der  Oberhaut,  der  äusseren 
Zellschicht ,  der  inneren  Zellschicht  und  dem  Baste.  Die 
Epidermis  ist  der  äusserste  Theil ,  überzieht  das  Ganze  bei 
noch  jüngeren  Pflanzen  und  besteht  aus  dem  schon  erwähn¬ 
ten  gleichförmigen  Zellgewebe,  das  bei  krautartigen  Pflanzen 
mit  Spaltöffnungen  versehen  und  die  genannten  Bekleidungs¬ 
organe  besitzt.  Durch  das  Einschieben  neuer  Gefässbündel 
um  die  Axe  des  Stengel  gewinnt  dieser  an  Ausdehnung, 
wodurch  die  Oberhaut  zerspringt,  der  Verwesung  preisgegeben 
wird  und  so  nach  und  nach  verschwindet.  —  Die  äussere 
Zellschicht  verdickt  sich  beim  Zerreissen  der  Oberhaut,  vor¬ 
her  besteht  sie  aus  einem  mauerförmigen  Zellgewebe.  Zur 
Korkschicht  wird  die  äussere  Zellschicht,  wenn  die  durch 
fortwährendes  Wachsthum  erzeugte  Zellenbildung  wieder 
nach  und  nach  abstirbt.  Deutlich  ist  die  Korkbildung  bei 
unserm  Massholder  (Acer  campestris)  und  ganz  besonders 
bei  der  in  Südeuropa  vorkommenden  Korkeiche  (Quercus 
suber)  zu  sehen.  Viele  Pflanzen  haben  auf  der  Rinde  eigen- 
thümliche  Erhöhungen,  Rindenhückerchen  (Lenticellen)  ge¬ 
nannt.  Sie  entstehen  durch  Anhäufung  lockerer,  unter  der 
Oberhaut  liegender  Zellen,  die  später  die  Epidermis  durch¬ 
brechen.  Die  Oberhaut  der  Pappeln  und  Birken  haben  solche 
in  Menge.  —  Schabt  man  an  einem  Hollunderzweige  die 
obere  gräuliche  Haut  weg,  so  kommt  man  auf  eine  darunter 
liegende  grüne  Haut ,  sic  ist  die  innere  Zellschicht ,  deren 
Zellen  häufig  mit  Chlorophyll  angefüllt  sind.  Auch  diese 
Schicht  zeugt  gleich  der  vorigen  gern  neue  Zellschichten 
und  wird  Ursache  der  sogenannten  „Borkenbildung“.  Die 
rauhe  Borke  der  Eiche  und  des  Birnbaums  entsteht  dadurch, 
dass  die  Rinde  am  älteren  Stamme,  welche  der  Ausdehnung 
des  Holzes  nicht  entspricht,  zerrcisst.  An  den  Spaltungen 
aber  wirft  sich  die  Rinde  in  die  Höhe,  wird  jedoch  noch 
mit  neuen  Zcllenanlagerungcn  versehen ,  die  nach  und  nach 
absterben  und  dem  Stamme  so  das  rauhe  Ansehen  geben.  — 
Als  vierte  Schicht  der  Rinde  zählt  man  in  der  Regel  den 
Bast  (über),  der  zwischen  der  Rinde  und  dem  Holze  liegt, 
wiewohl  er  eigentlich  nicht  zur  Rinde  zu  zählen  ist ,  weil 

2 


10 


er  aus  Gefässbiindeln  gebildet  wird  ,  auch  keine  Saftgänge, 
wie  die  eigentliche  Rinde,  enthält.  Die  Bnstschicht  erscheint 
auf  dem  Querschnitte  eines  Stammes  als  ein  von  den  Mark¬ 
strahlen  unterbrochener  Ring.  Der  Bildungssaft  oder  das 
Cambium,  Taf.  35,  d,  tritt  im  Frühling  zwischen  dem  Baste 
und  der  äussersten  Holzschichte  auf,  ist  ein  sich  entwickeln¬ 
des  Zellgewebe,  das  von  trüber  Flüssigkeit  angefüllt,  sich 
Jahr  für  Jahr  nach  aussen  in  Bast,  nach  innen  in  Holz  ver¬ 
wandelt.  Durch  diesen  Vorgang  entstehen  eoncentrische 
Ringe  (Jahresringe),  die  man  auf  einem  Querschnitt  eines 
Stammes  leicht  bemerkt  und  die,  da  sie  sich  alljährlich  um 
einen  vermehren,  das  Alter  eines  Stammes  angeben.  Auch 
der  Bast  besteht  aus  verschiedenen  Schichten,  von  denen  die 
nach  innen  liegende  die  jüngste,  während  beim  Holze  dies 
die  äussersle  ist. 

b.  Das  Holz  (lignumj. 

Taf.  36.  Es  besteht  aus  gestreckten  Prosenchymzellen  und  mehr 

Schnitt  aus  dem  oder  weniger  punklirten  Gelassen.  Taf.  36  stellt  einen 
Holz  der  Kiefer  Längsschnitt  durch  das  Mark  der  gemeinen  Kiefer  dar,  um 
y  j.  g-,  die  eigentlichen  langgestreckten  Holzzellen  zu  zeigen ,  die 
Schnitt  aus  dem  hier  das  eigenthümliche,  schon  erwähnte,  getüpfelte  Ansehen 
Holz  der  Eiche,  haben.  Taf.  37  ist  die  Abbildung  eines  Längsschnittes  aus 
Eichenholz ,  a.  Holzzellen,  b.  punktirle  Gefässe.  Der  Ent¬ 
stehung  der  Prosenchym-  oder  Holzzellen  haben  wir  oben 
schon  Erwähnung  gethan.  Mit  jedem  Jahre  entstehen  neue 
Holztheile,  indem  die  mehr  Gefässe  haltigeren  Gewebe  sich 
grosstentheils  verholzen  und  ein  geringer  Theil  von  ihnen 
als  solche  bestehen  bleibt.  Das  in  jedem  Jahre  gebildete 
Holz  ist  leicht  an  den  schon  erwähnten  Jahresringen  zu  er¬ 
kennen  ,  die  man  zur  Bestimmung  des  Alters  am  zweck- 
mässigsten  am  unteren  Ende  des  Stammes  zählt.  Die 
äussersten  Jahresringe  bestehen  noch  aus  einer  weicheren, 

V.  Die  Befruchtungsorgane  un 

(Taf.  38- 

Nachdem  wir  in  dem  Vorhergehenden  uns  von  dem 
Baue  und  der  Verrichtung  der  einfachen  Organe  einer  mehr 
oder  weniger  ausgebildeten  Pflanze  wenigstens  im  Wesent¬ 
lichen  eine  Vorstellung  verschafft  haben,  bleibt  uns  nun  noch 
die  Betrachtung  der  Organe  übrig,  wodurch  die  Befruchtung 
einer  Pflanze  bewirkt  wird  und  in  Folge  derer  der  Same 
zur  Fortpflanzung  sich  entwickelt. 

Unter  der  Fortpflanzung  einer  Pflanze  verstehen  wir  die 
Erzeugung  ihres  Gleichen  aus  dem  Samen,  wenn  diesem  die 
zur  Entwicklung  günstigen  Einflüsse  zugeführt  werden. 
Wohl  zu  unterscheiden  ist  die  Vermehrung  einer  Pflanze 
durch  Knollen,  Zwiebeln,  Knospen,  Ableger,  Stecklinge  <fcc. 
in  welchem  Falle  ein  Pflanzentheil  selbsständig  wird  und 
nicht  nur  die  wesentlichen,  sondern  auch  zufälligen  Eigen¬ 
schaften  der  Mutterpflanze  beibehält,  während  die  Fortpflan¬ 
zung  ein  Individuum  erzeugt,  dessen  wesentlichen  Theile 
schon  angedeutet  im  Keimlinge  des  Samens  liegen,  und  das 
nur  in  den  charakteristischen  Merkmalen  der  Mutterpflanze 
übereinstimmt. 

Die  Kryptogamen  oder  biiilhenlosen  Pflanzen,  denen  wir 
hier  nur  eine  vorübergehende  Aufmerksamkeit  schenken 
können,  pflanzen  sich  durch  Keimkürner,  Sporen  fort.  Diese 
Fortpflanzungsorgane  sind,  namentlich  bei  den  niederen 
Kryptogamen ,  nur  einzelne  Zellen  oder  eine  Vereinigung 


saftigeren  Holzmasse ,  während  die  der  inneren  hart  und 
vollständig  verholzt  ist ;  daraus  erklärt  sich  die  schon  ge¬ 
machte  Angabe,  dass  das  Holz  der  üikotyledonen  hinsichtlich 
der  Festigkeit  von  aussen  nach  innen  zunimmt.  Auch  durch 
die  Farbe  unterscheiden  sich  die  Jahresringe,  indem  die 
äusseren  heller  gefärbt  sind ,  als  die  inneren.  Jene  bilden 
den  Splint ,  diese  das  Kernholz.  Sehr  deutlich  tritt  dieser 
Farbenunterschied  bei  der  Buche  hervor,  indem  der  weissliche 
Splint  sehr  bedeutend  gegen  das  braunröthliche  Kernholz  ab¬ 
sticht.  Da  die  Vegetationskraft  der  Pflanze  mit  zunehmendem 
Alter  abnimmt,  in  gleichem  aber  der  Stamm  in  seiner  Peri¬ 
pherie  zunimmt,  so  können  die  letzten  Jahresringe  nicht  mehr 
die  Dicke  besitzen ,  wie  die  älteren. 

c.  Das  Mark  (medulla). 

Es  nimmt  den  innersten  Theil  des  Stammes  ein,  Taf.  35,  Taf.  35. 
a,  wird  in  der  Regel  von  kugelförmigen  Zellen  gebildet  und  Weitere  Erklä- 
ist  durch  den  Gefässbündelkreis  der  Holzmasse  scharf  abge-  rung  <JerselbeB- 
grenzt.  Meistens  tritt  das  Mark  als  lockeres,  leichtes, 
schwammiges  Gewebe  auf,  das  ehedem  Saft  enthielt,  diesen 
aber  im  Laufe  der  Zeit  verlor  und  nun  mit  Luft  erfüllt  ist. 

Dadurch,  dass  das  Mark  sich  zwischen  den  einzelnen  Ge- 
fässpartieen  bis  zur  Rinde  fortsetzt,  wird  eine  Communication 
zwischen  dieser  und  dem  Marke  hergestellt.  Mit  dem  Wachs- 
thume  der  Gefässpartieen  rücken  diese  jedoch  näher  aneinan¬ 
der,  wodurch  das  eingeschobene  Markgewebe  zusammenge¬ 
presst  mehr  oder  weniger  als  dünne  Platten  sich  der  Länge 
nach  durch  den  Stamm  zieht,  auf  dem  Querdurchschnitte  aber 
als  sogenannte  Markstrahlen  (Taf.  35,  c) ,  welche  vom 
Mittelpunkte  des  Stammes  strahlenförmig  auslaufen ,  zu  be¬ 
merken  sind.  Die  Markschichten  selbst  zeigen  sich  durch 
einen  besonderen  Glanz  aus  und  führen  den  Namen  Spieyel- 
fasern. 

die  Entwicklung  des  Samens. 

42  incl.J 

mehrerer  Zellen,  welche  ohne  einen  besondern  Akt  der  Be¬ 
fruchtung  sich  gebildet  haben,  in  denen  die  Anlage  zur  neuen 
Pflanze  nicht  angedeulet  ist  und  aus  denen,  von  der  Mutter¬ 
pflanze  sich  gelöst,  neue  Individuen  emporkeimen.  Der 
Zelleninhalt  theilt  sich,  die  entstandenen  Theile  wiederholen 
die  Thätigkeit,  so  dass  auf  diese  Weise  neue  Pflanzen  ent¬ 
stehen.  Die  grosse  Analogie  zwischen  dieser  Art  Fort¬ 
pflanzung  und  der  Vermehrung  der  Phanerogamen  lässt  sich 
offenbar  nicht  verkennen.  Anders  verhält  es  sich  schon  bei 
den  höher  stehenden  Kryptogamen,  den  Moosen  und  Farn¬ 
kräutern  ,  deren  Fortpflanzung  durch  Keimfrüchte  oder  Spo- 
rangien  bewirkt  wird.  Sie  bilden  keinen  integrirenden  Theil, 
und  wenn  auch  hier  von  keiner  eigentlichen  Befruchtung 
die  Rede  ist,  so  stimmen  diese  Gebilde  in  ihrem  Habitus 
schon  mehr  mit  der  Frucht  höherer  Pflanzen  überein.  In 
den  Sporangien ,  die  kapselartig  gebildet  sind ,  entwickeln 
sich  die  zur  Fortpflanzung  nöthigen  Keimkörner.  In  ihrer 
Nähe  linden  sich  Antheridien ,  so  genannt,  weil  ihr  Inhalt, 
die  sogenannten  Samenthierchen ,  den  befruchtenden  Theil 
ausmacht,  also  in  der  F'unktion  mit  den  Antheren  der  sicht¬ 
bar  blühenden  Pflanzen  übereinstimmt.  Wenigstens  haben 
die  Beobachtungen  bis  jetzt  vermuthen  lassen ,  dass  durch 
die  fadenförmigen  Samenthierchen,  die  zwar  noch  nicht  voll¬ 
kommen  untersucht,  aber  doch  nichts  Thierisches ,  sondern 


11 


im  ausgebildeten  Zustande  nur  eine  rasche,  drehende, 
schlangenartige  Bewegung  erkennen  lassen,  die  Entwickelung 
der  Sporen  bedingt  ist. 

Bei  weitem  wichtiger  für  uns  ist  die  Kenntniss  von  dem 
inneren  Baue  und  den  Funktionen  der  Befruchtungswerkzeuge 
der  sichtbar  blühenden  Pflanzen ,  der  Pluinerogamen.  Die 
Blüthe,  „die  schöne,  schmuckvolle  Werkstätte,“  birgt  in  sich 
den  wundervollen  Vorgang  der  Samenbildung.  Wer  sich  die 
geringe  Mühe  nimmt,  ein  Paar  Blüthen  näher  anzusehen, 
wird  finden,  dass  sich  bei  der  Blüthe  meistens  4  verschiedene 
Abtheilungen  blaltartiger,  kreisförmig  angeordneter  Theile, 
Blatlkreise,  unterscheiden  lassen.  Sie  heissen  :  Kelch  (calix), 
Blumenkrone  (corolla)  ,  Staubgefüsse  (stamina)  und  Stempel 
(pistilluni).  Die  beiden  ersten  Kreise  dienen  zur  Beschützung 
der  zarten,  inneren  Organe,  führen  den  Namen  Bliilhendecken, 
können  entweder  vollständig  getrennt  als  Kelch  und  Blumen¬ 
krone,  oder  zu  einer  Blüthenhülle  (Perigon)  vereinigt  auf- 
trelen  und  sind,  da  sie  Nichts  zur  eigentlichen  Fortpflanzung 
beitragen,  sogar  gänzlich  fehlen  können,  in  welchem  Falle 
man  die  Blüthe  nackt  nennt,  als  unwesentliche  Bliilhentheile 
anzusehen.  Die  beiden  inneren  Blattkreise  müssen,  wenn 
eine  Befruchtung  und  Samenbildung  statt  haben  soll,  noth- 
wendig  vorhanden  sein  und  heissen  darum  wesentliche  Blü— 
thentheile. 

a.  Staubgefässe  (stamina). 

Dass  man  sie  als  zum  Befruchtungsakte  umgewandelte 
Blumenkronenblätter  ansehen  kann ,  davon  überzeugen  uns 
viele  Pflanzen,  in  welchen  die  Staubgefässe  noch  ein  ent¬ 
schieden  blattartiges  Aussehen  haben.  In  der  That  lassen 
sich  aber  auch  die  fadenförmigen  Staubgefässe  mancher 
Blüthen  in  Blumenkronenblätter  zurückführen  ,  wodurch  die 
Blüthe  voller  (gefüllt)  wird,  wie  dies  unsere  Gartenblumen 
sattsam  beweisen.  An  den  Staubgefässen  unterscheiden  wir 
3  Theile:  die  Staubfäden  oder  Staubträger  ( filamenta),  faden¬ 
förmige,  stielartige  Gebilde;  die  Staubbeutel  oder  Staubkolben 
(antherae),  kleine,  häutige,  meist  zweifächerige  Säckchen, 
und  den  Blüthenstaub  oder  Pollen  (pollinariuin) ,  welcher 
den  Inhalt  der  Antheren  ausmacht  und  den  wesentlichen 
Theil  des  Staubgefässes  bildet.  Die  Verschiedenheit  in  Zahl, 
Länge,  Verwachsung,  Anheftung  und  andere  Verhältnisse  der 
Staubgefässe  zu  berücksichtigen,  ist  Aufgabe  der  Pflanzen- 
Morphologie,  wir  beschränken  uns  hier  auf  den  inneren  Bau 
und  die  Funktionen  genannter  Organe. —  Da  von  den  Staub¬ 
gefässen  die  Befruchtung  angeregt  wird,  sie  also  den  activen 
Theil  ausmachen,  so  nannte  sie  schon  Linne  die  männlichen 
Blüthenwerkzeuge ,  im  Gegensatz  zu  den  aufnehmenden ,  die 
weitere  Entwicklung  des  Embryo’s  befördernden  Theilen 
oder  weiblichen  Bliithenwerkzeugen  ,  die  wir  im  vierten 
Blatlkreise  oder  dem  Stempel  kennen  lernen.  Die  zwei- 
fächerigen  Säckchen  der  Antheren  lassen  sich  meistens  leicht 
durch  ein  Querschnitt  deutlich  erkennen  (Tulpe).  Sobald 
der  Pollen  reif  geworden ,  springen  diese  Querschnitte  auf 
und  streuen  den  Pollen  aus.  Das  Aufspringen  selbst  ist  ver¬ 
schieden,  da  es  entweder  in  Längsspalten,  oder  durch  Löcher 
an  der  Spitze,  oder  durch  Klappen  slattfmden  kann.  Dieser 
Blüthenstaub  oder  Pollen,  den  wir  schon  als  den  wichtigsten 
Theil  der  Staubgefässe  bozeichneten,  besteht  aus  einer  Menge 
kleiner  Körnchen,  die  uns  als  Staub  erscheinen,  und  in  ihrer 
natürlichen  Grösse  im  Durchmesser  von  —  %00'"  schwan¬ 
ken.  Zu  den  grössten  Pollenkörnern  sind  die  der  Schwert¬ 
lilien  und  Lilienarten  zu  rechnen ;  sie  lassen  sich  schon  mit 
unbewaffnetem  Auge  unterscheiden.  Die  Menge  ,  in  welcher 


die  Pollenkörner  auftrelen,  ist  mitunter  sehr  erstaunlich,  wie 
wohl  doch  in  den  meisten  Fällen  eine  weit  geringere  Anzahl 
zur  eigentlichen  Befruchtung  hinreicht.  „Die  Natur  hat  aber 
schon  im  Voraus  den  Untergang  so  vieler  gleich  bei  der 
Anlage  mit  in  Rechnung  gebracht.  Die  Gefahren,  welche 
ihrem  Untergänge  auf  dem  Wege  von  den  Staubgefässen 
bis  zum  aufnehmenden  Fruchtorgan  herbeiführen  können, 
sind  berücksichtigt  und  zwar  sind  stets  um  so  mehr  im 
Ueberfluss  vorhanden ,  je  grösser  die  Schwierigkeiten  des 
Uebertragens  sind.  Eine  Blüthe  der  Wunderblume  (Mirabilis 
Jalapa)  hat  293  Körnchen  Blüthenstaub  und  bedarf  zur  Be¬ 
fruchtung  nur  3;  eine  Blüthe  der  Dreistundenblume  (Hibiscus 
trionum)  erzeugt  5863  Körnchen  und  50  sind  hinreichend. 
Noch  grösser  ist  die  Anzahl  der  überzähligen  Pollenkörnchen 
bei  denjenigen  Pflanzen,  bei  welchen  die  eine  nur  Pollen- 
blüthen,  die  andere  nur  Samenblüthen  hervorbringt.  Förm¬ 
liche  Wolken  von  Blüthenstaub  schweben  aus  den  dicken 
Blüthenbiischeln  der  Kiefer  und  Weide  und  werden  von  dem 
Luftzuge  weiter  getragen,  bis  sie  zu  den  Samenpflanzen  ge¬ 
langen.“  (Herrn.  Wagner.)  Diese  ungeheuren  Mengen  von 
gelben  Pollenkörnern  ,  welche  im  Frühjahre  aus  den  Kiefer¬ 
waldungen  in  die  Luft  kommen ,  sind  die  Veranlassung  zu 
dem  bei  dem  Volke  bekannten  „Schwefelregen“;  ein  starker 
Regen  schlägt  die  Staubwolken  zu  Boden  und  spült  die 
schwefelgelben  Massen  zusammen.  Die  Pollenkörner  treten 
meistens  getrennt,  selten  in  Aggregaten  auf;  aber  so  winzig 
sie  dem  blosen  Auge  Vorkommen,  so  sind  diese  Körnchen  doch 
häufig  mit  den  prachtvollsten  mikroskopischen  Verzierungen 
ausgestattet.  Taf.  38,  39  und  40  geben  uns  zu  dem  Ge¬ 
sagten  die  Belege.  Hinsichtlich  der  Totalform  der  Pollen¬ 
körner  herrscht  eine  grosse  Mannichfaltigkeit,  indem  sie  bald 
kugelig,  bald  elliptisch,  dreieckig,  vieleckig  &c.  sind.  Auf 
Taf.  38  sind  Pollenkörner  der  Feuerlilie  (Lilium  bulbiferum 
L.)  abgebildet.  Taf.  39,  Fig.  A  ist  eine  Abbildung  der  sehr 
abnormen  Bildung  des  Fichtenpollenkorns ,  das  aus  zwei 
grösseren  Zellen  besteht ,  die  durch  eine  dritte  verbunden 
sind;  Fig.  B,  Pollenkorn  von  der  dreifarbigen  Winde  (Con- 
volvulus  tricolor  L  );  Fig  C,  Pollenkorn  der  gemeinen  Weg¬ 
warte  oder  Cichorie  (Cichorium  intybus  L.),  dieses  Pollenkorn 
ist,  wie  alle  Pollenkörner  der  Compositeen,  durch  die  zier¬ 
liche  polyedrische  Gestalt  charakterisirt.  Taf.  40,  Fig.  A 
veranschaulicht  ein  Pollenkorn  vom  gemeinen  Kürbis  (Cucur¬ 
bita  pepo  L.).  —  Im  jugendlichen  Zustande  bilden  die  Antheren 
ein  maschiges  Zellgewebe;  später  entwickelt  sich  eine  trüb¬ 
schleimige  Flüssigkeit  an  dem  Orte,  den  nachher  die  Pollen¬ 
körner  einnehmen.  Anfänglich  entstehen  2,  dann  4  Zellkerne, 
die  von  einer  andern  Zelle,  der  Pollenzelle  umhüllt  werden. 
Demnach  sind  vier  Pollenzellen  von  einer  Mutterzelle  um¬ 
geben,  die  Membran  derselben  erscheint  zu  dieser  Zeit  durch 
wiederholte,  schichtenweise  Anlagerung  ziemlich  verdickt. 
Wenn  aber  darauf  die  Mutterzelle  sich  auflöst,  so  bildet  ihre 
Substanz  durch  Ablagerung  auf  die  äussere  Fläche  der 
Pollenzellen  die  äussere  Pollenhaut.  In  Folge  ihrer  Ent¬ 
stehungsweise  ist  sie  nicht  als  zusammenhängende  Membran 
anzusehen ,  wie  das  von  der  inneren  Pollenhaut  gesagt 
werden  kann  ,  die  von  der  bisher  beherbergten  Pollenzelle 
gebildet  wird.  Die  äussere  Pollenhaut  ist  in  der  Regel  fester, 
härter,  meistens  gefärbt,  manchmal  warzig,  körnig,  stachelig 
oder  mit  zierlichen  Figuren  geschmückt.  Taf.  38  die  gelb¬ 
lich  gefärbte ,  mit  regelmässigen  Figuren  gezeichnete  Haut 
ist  die  äussere  Pollenhaut ;  die  innere  Pollenhaut  ist  dünn, 
zart  und  farblos,  olme  besondere  Struclur.  Die  letztgenannte 
Membran  schliesst  eine  schleimige  Flüssigkeit ,  Fovilla  ge¬ 
nannt  ,  ein ,  in  welcher  mikroskopisch  kleine  Körnchen 

2* 


Taf.  38,  39 
und  40. 

Abbildungen 

verschiedener 

Pollenkörner. 


)F  'ILLo  UÜr 


12 


schwimmen.  Taf.  38,  die  matt  gräulich  gezeichneten  Theile 
stellen  diese  trübschleimige  Flüssigkeit  mit  vielen  kleinen 
Körnchen  dar,  welche  durch  das  Zerquetschen  aus  den 
Pollenkörnern  ausgetreten  ist.  Die  winzigen  Körperchen 
sind  ölartig  oder  Stärkemehl-  und  schleimartig,  und  ihre 
Bewegung  ist  nach  R.  Brown  nicht  als  eine  thierische,  son¬ 
dern  als  eine  rein  molekulare  anzusehen,  die  an  allen  Kör¬ 
perchen,  welche  im  ausserordentlich  fein  zertheilten  Zustande 
existiren  und  von  einer  Flüssigkeit  getragen  werden,  wahr¬ 
zunehmen  ist.  Selbst  der  Pollen  von  Pflanzen,  die  lange 
Zeit  im  Herbario  gelegen  haben ,  zeigt  die  erwähnte  Be¬ 
wegung  und  man  sucht  den  bis  jetzt  unbekannten  Grund 
dieser  Bewegung  in  electrischen  Spannungen  und  Ausglei¬ 
chungen.  „Unger  und  Werneck  bemerkten  jedoch  (832  an 
den  ellipsoidischen  Körnchen  des  Befruchtungsstoffes  von 
Malva  sylvestris  und  von  andern  Pflanzen  bald  eine  fort¬ 
schreitende,  bald  rückschreitende,  bald  seitliche,  bald  wälzende 
Bewegung,  wobei  die  Körperchen  in  Wasser  auf-  und  unter¬ 
tauchten  ,  wie  ein  Heer  von  Monaden.  Bei  aufgetrocknetem 
und  wieder  befeuchteten  oder  mit  etwas  Alkohol  besprengten 
Pollenkörnern  verlor  sich  diese  Beweglichkeit  gänzlich,  was 
wohl  gegen  die  Annahme  einer  blossen  Molekularbewegung 
spricht.  Die  genannten  Beobachter  halten  desshalb  diese 
Körperchen,  deren  Länge  nur  etwa  den  5  —  lOtausendsten 
Theil  einer  Linie  beträgt,  geradezu  für  Samenthierchen !“ 
(Leunis,  Synopsis.)  —  Nur  bei  einigen  Pflanzenfamilien,  wie 
hei  den  Asclepiadeen  und  Orchideen  tritt  der  Polleninhalt 
nicht  als  staubartige,  sondern  als  weiche,  wachsartige  Masse 
zum  Vorschein  und  hat  alsdann  am  untern  Ende  einen  Stiel, 
Halter ,  mit  welchem  klebrigen  Organ  die  Pollenmasse  sich 
leicht  anheftet. 

Taf  40  Fio\  B.  Schliesslich  haben  wir  noch  der  merkwürdigen  Erschei- 

Abbüdung  eines  nung  zu  gedenken,  dass  die  Pollenkörner  schlauchartige  Ver- 

Pollenkoms  mit  längerungen  ,  Pollenschläuche ,  treiben,  die  manchmal  über 

Pollenschlaucli.  jQpma|  s0  ]ang  sjn(]  a|s  jer  Durchmesser  des  Pollenkorns. 

Taf.  40,  Fig.  B  gibt  ein  Bild  von  einem  Pollenschlauch  der 
Walderdbeere  (Fragaria  vesca  L.).  Die  Fovilla  tritt  durch 
diese  Schläuche  aus  dem  Pollenkorn  heraus,  was  aber  um 
so  rascher  geschieht,  wenn  die  Pollenkörner  in  Wasser  oder 
eine  Gummilösung  gebracht  werden.  Wie  oben  angedeutet, 
so  muss  der  befruchtende  Pollen  in  Berührung  mit  dem 
vierten  Blatlkreise  treten ,  soll  eine  wirkliche  Befruchtung 
stattfinden ,  und  grade  muss  die  Pollenflüssigkeit  durch  die 
Pollenschläuche  in  das  weibliche  Organ  eingeführt  werden, 
weil,  wenn  der  Pollenstaub  blos  auf  der  Oberfläche  des 
weiblichen  Organs  liegen  bleibt,  keine  Befruchtung  bewirkt 
wird.  Tritt  desswegen  zur  Zeit  der  Blüthe  starkes  Regen¬ 
wetter  ein,  so  haben  wir  dies  in  der  Regel  durch  eine 
Missernte  zu  beklagen,  weil  dem  Pollenkorn  durch  die  zu 
grosse  Wassermenge,  die  in  dasselbe  dringt,  nicht  Zeit  ge¬ 
lassen  wird,  die  wesentlichen  Pollenschläuche  zu  treiben, 
vielmehr  zerplatzt  und  die  Pollenflüssigkeit  auf  der  Oberfläche 
des  weiblichen  Organs  zerstreut.  Noch  bei  weitem  fühlbarer 
würde  uns  diese  Erscheinung  werden,  hätte  nicht  die  Natur 
viele  Pflanzen  so  geschaffen,  dass  sie  bei  anhaltendem  Regen¬ 
wetter  die  Blüthendecken  schliessen  und  so  den  Akt  der 
Befruchtung  beschützten.  Um  aber  die  Einwirkung  des 
Pollens  vermittelst  der  Pollenschläuche  auf  das  weibliche 
Blüthenorgan  ,  den  Stempel,  recht  kennen  zu  lernen,  haben 
wir  uns  zunächst  die  Kenntniss  von  dem  inneren  Baue  dieses 
Organs  zu  verschaffen. 


b.  Stempel  (pistilluin). 


Den  vierten  und  letzten  Blattkreis  der  Blüthe  bilden  die 
Frucht-  oder  Carpellarblälter ,  Stempel  oder  Pistill.  Ge¬ 
nannter  Blattkreis  steht  in  der  Mitte  der  Blüthe,  am  Ende 
der  Axe  und  beschliesst  den  Trieb  durch  die  Hervorbringung 
der  Frucht.  Wie  die  Staubgefässe  blattartige  Organe  sind, 
so  ist  der  Stempel  auch  als  ein  aus  einem  Blatte  hervorge¬ 
gangener  Theil  anzusehen ,  indem  nämlich  die  Ränder  des 
Blattes  sich  nach  innen  biegen ,  verwachsen  und  der  Mittel¬ 
nerv  des  Blattes  nach  oben  zu  einem  längeren  Stiele  sich  in 
der  Regel  ausbildet.  Da,  wo  die  Blattränder  zusammen 
wachsen,  entsteht  die  sogenannte  Naht,  an  deren  Innenseite 
wir  später  die  Samenknospen  anlreffen  werden.  Entfernen 
wir  an  einer  Blüthe  vorsichtig  die  3  äusseren  Blattkreise, 
als  Kelch,  Blumenkrone  und  Staubgefässe,  in  welchem  Falle 
die  Blüthe  in  Bezug  auf  die  beiden  ersten  Blattkreise  eine 
vollständige  und  in  Bezug  auf  die  Gegenwart  der  Staubgefässe 
eine  Zwitterblüthe  genannt  wird,  so  bleibt  uns  das  weibliche 
Blüthenorgan,  die  Stätte,  wo  die  Frucht  gebildet  werden 
soll,  übrig.  In  den  meisten  Fällen  kann  schon  das  unbewaff¬ 
nete  Auge  die  verschiedenen  Theile  des  Stempels  erkennen. 
Die  4  Theile  desselben  sind  {Taf.  41):  1)  der  Fruchtknoten 
(germen)  oder  Eierstock  (ovarium),  er  ist  der  unterste  Theil 
des  Stempels  und  ist  an  seiner  Verdickung  leicht  zu  erkennen. 
2)  Die  Eierchen  oder  Samenknospen  (ovula),  welche  in  der 
Höhlung  des  Fruchtknotens  enthalten  sind  und  aus  welchen 
sich  der  zur  Fortpflanzung  bestimmte  Samen  durch  die  Be¬ 
fruchtung  entwickelt.  Die  Samenknospen  sind  im  Anfänge 
kleine,  zarte,  weiche  Bläschen,  welche  bald  mehr  oder 
weniger  zahlreich  in  dem  Eierstockc  Vorkommen,  aber  stets 
vor  der  Befruchtung,  zur  ßliithezcit  erscheinen.  Sie  sind 
mittelst  des  Nabelstranges,  einer  stielartigen  Verlängerung 
auf  dem  wulstigen  Mutterkuchen  ,  oder  der  Samenleiste  be¬ 
festigt  oder  sitzen  bei  fehlendem  Naheistrange  unmittelbar 
auf  der  Samenleiste.  An  der  Samenknospe  sind  folgende 
äussere  Theile  wahrzunehmen  (vergl.  die  Erläuterung  der 
Taf.  42!):  der  Eimund,  eine  „erweiternde  Oeffnung  auf 
dem  Scheitel  der  Samenknospe“  ;  der  erwähnte  Nabelstrang, 
welcher  zur  Befestigung  des  Eies  an  die  Samenleiste  dient; 
der  Nabel  oder  die  Keimgrube,  der  Ort,  wo  sich  der  Nabel¬ 
strang  entfaltet;  der  Nabel/leck,  Keimfleck  oder  Hage! fleck 
ist  die  am  Grunde  des  Kerns  gefärbte  Stelle  des  Samens, 
wo  der  Nabelstrang  in  das  Innere  des  Samens  mündet;  die 
Samennaht ,  der  manchmal  wahrzunehmende  Streifen  vom 
Nabel  bis  zum  Hagelfleck  und  schliesslich  die  Nabel-  oder 
Keimwarze,  auch  Schwammwulst  genannt,  die  durch  beson¬ 
dere  Färbung  ausgezeichnete  Erhöhung  in  der  Gegend  des 
Nabels.  Was  das  Innere  der  Samenknospe  anlangt,  so 
unterscheidet  man  hier  3  Theile:  die  äussere  Eiliaut,  die 
innere  Eiliaul  und  den  Eikern.  Die  zweite  Haut  ist  die 
Ausbreitung  der  Nabelstranggefässe  und  wird  von  der 
äusseren  Haut  geschützt;  der  von  beiden  Häuten  einge¬ 
schlossene  Inhalt  bildet  den  Eikern.  Die  äussere  und  innere 
Eihaut  sind  von  dem  Keimmunde  (micropyle),  einer  Oeffnung 
an  der  Spitze,  durchsetzt.  3)  Der  Griffel,  Stanbweg  (Stylus), 
ein  fadenförmiger,  rühriger  Theil,  der  den  Stiel  des  Frucht¬ 
blattes  darstellt  und  als  solcher,  wie  auch  bei  andern  Blättern, 
fehlen  kann.  Er  ist  als  die  hervorgezogene  Spitze  des 
Fruchtblattes  anzusehen  und  hat  den  Zweck,  den  Frucht¬ 
knoten  mit  4)  der  Narbe  (stigma)  ,  dem  obersten  Theile  des 
Stempels  zu  verbinden..  Die  Narbe  ist  ein  drüsenartiger, 
wulstiger  Körper,  der  zur  nächsten  Aufnahme  des  Pollens 
bestimmt  ist  und  darum,  wie  bei  der  Besprechung  der  Ober- 


Taf.  41. 

Abbildung  des 
Längsdurch¬ 
schnittes  durch 
einen  Stempel. 


13 


Taf.  41. 

Abbildung  des 
Längsdurch¬ 
schnittes  durch 
einen  Stempel. 


haut  gelegentlich  schon  angedeutet  wurde,  keine  Epidermis 
besitzt.  Von  der  verschiedenen  äusseren  Bildung  der  Narbe 
kann  hier  nicht  die  Rede  sein,  es  sei  nur  noch  angedeulet, 
dass  in  dem  Falle,  wo  der  Griffel  fehlt,  die  Narbe  direkt 
auf  dem  Fruchtknoten  sitzt.  Die  genannten  4  Tlieile  des 
Pistills  veranschaulicht  lins  Taf,  41  (nach  Schleiden );  sie 
enthält  eine  Abbildung  von  dem  Längsdurchschnitte  durch 
den  Stempel  des  Garlenstief mütterchens  (Viola  tricolor  L.). 
Der  untere,  bauchförmig  erweiterte  Theil  ist  der  Fruchtknoten, 
in  dessen  Höhlung  3  Samenknospen  angedeutet,  welche 
mittelst  eines  Nabelstranges  an  der  Samenleiste  angeheftet 
sind;  die  über  dem  Fruchtknoten  sichtbare  Verengung  bildet 
den  Griffel  oder  Staubweg,  dessen  obere,  kopfförmige  Bil¬ 
dung  die  Narbe  ist,  in  deren  Höhlung  eine  Menge  Fort¬ 
pflanzungszellen  (Blüthenstaub)  liegen,  welche  aus  den  auf¬ 
gesprungenen  Staubbeuteln  hierher  versetzt  wurden. 

Wir  haben  uns  nun  die  innere  Einrichtung  der  männlichen 
und  weiblichen  Blüthenorgane  betrachtet  und  schulden  noch 
die  Beantwortung  der  Frage:  Wie  wirken  beide  Theile  zu¬ 
sammen,  damit  die  Befruchtung  und  ihr  zufolge  die  Samen¬ 
entwicklung  von  statten  geht?  —  Es  wurde  schon  erwähnt, 
dass  der  Pollen  unmittelbar  in  Berührung  mit  der  Narbe 
kommen  müsse,  um  die  Befruchtung  einzuleiten.  Die  Natur 
hat,  so  schwierig  auch  die  sich  entgegenstellenden  Hindernisse 
zur  Vereinigung  gedachter  Theile  manchmal  zu  beseitigen 
erscheinen ,  doch  überall  mütterlich  Sorge  getragen ,  dass 
jedes  Pflänzchen  seines  Gleichen  erzeuge ,  wenn  auch  die 
Opfer  häufig  auf  verschwenderische  Weise  gezollt  werden 
müssen.  Es  dürfte  wohl  nichts  Interessanteres  in  der  Pflan¬ 
zenwelt  geben,  als  zuzusehen,  unter  welchen  Bedingungen 
die  Verbindung  von  Pollen  und  Narbe  herbeigeführt  wird. 
Die  meisten  Pflanzen  tragen  Zwitterblüthen ,  d.  h.  Blüthen 
in  denen  männliche  und  weibliche  Blüthenorgane  vereinigt 
Vorkommen:  damit  nun  bei  Oeffnung  der  Antheren  der  Inhalt 
derselben  auf  die  Narbe  gelangt,  welcher  Vorgang  zur  Zeit 
der  vollständigen  Entfaltung  der  Blüthe  geschieht,  stehen 
die  Staubgefässe  in  vielen  Blüthen  höher  als  die  Narbe  und 
zwar,  wenn  der  Staubgefässe  viele  sind,  kreisförmig  geordnet 
um  den  Stempel.  Sicherlich  werden  von  den  vielen  Pollen¬ 
körnern  einige  an  den  Ort  ihrer  Bestimmung  gelangen. 
Sollte  die  Pflanze  hängende  Blüthen  haben,  so  würde  die 
eben  beschriebene  Einrichtung  ihren  Zweck  verfehlen.  Wir 
finden  darum  in  solchen  Fällen,  dass  die  Staubgefässe  kürzer 
als  der  Stempel  sind  ,  so  dass  beim  Ausstreuen  des  Blumen¬ 
staubes  dieser  doch  auf  die  Narbe  kommt.  Wir  finden  aber 
auch  Pflanzen ,  in  deren  Blüthen  die  Narbe  wirklich  weit 
über  die  Staubgefässe  hinweg  ragt,  wie  bei  den  Compositeen, 
Campanulaceen  und  Doldengewächsen }  wo  es  also  offenbar 
unmöglich  scheint,  dass  der  Pollen  den  Ort  seiner  Bestimmung 
erreichen  kann !  Das  Bestäuben  der  Narbe  geschieht  alsdann 
schon  in  der  Blüthenknospe,  also  vor  der  eigentlichen  Ent¬ 
faltung  der  Blüthe.  Die  männlichen  und  weiblichen  Blüthen¬ 
organe  haben  dann  noch  eine  gleiche  Länge,  so  dass  die 
Antheren  unmittelbar  das  weibliche  Organ  berühren  können 
und  die  Befruchtung  eingeleitet  ist.  Erst  nach  der  Befruch¬ 
tung  und  Entfaltung  der  Blüthe  übertrifft  der  Griffel  durch 
fortgesetztes  Wachsen  die  Staubgefässe.  —  Bei  den  Storch¬ 
schnabelarten ,  der  Gartenraute ,  der  Sumpf- P  arnassie  ,  man¬ 
chen  Steinbrecharien ,  Liliaceen  u.  A.  findet  sogar  eine  An¬ 
näherung  der  Staubgefässe  an  die  Narbe  statt.  Die  Staub¬ 
gefässe  der  Parnassie  biegen  sich  der  Reihe  nach  über  die 
Narbe,  um  ihren  Blumenstaub  über  die  Narbe  entleeren  zu 
können,  und  nehmen  nach  Beendigung  dieses  Vorganges  ihre 
frühere  Stellung  wieder  ein.  —  Bei  dem  Sauerdorn  sind  gar 


noch  die  Staubgefässe  von  der  Narbe  abgewendet,  eine 
Berührung  des  Pollens  mit  der  Narbe  ist  also  nicht  denkbar; 
allein  ein  mechanischer  Reiz  ist  schon  hinreichend ,  um  auch 
hier  die  erwünschte  Vereinigung  zu  bewerkstelligen.  Durch 
das  Berühren  mit  einer  Nadel,  eines  Insektes  &c.  am  Grunde 
auf  der  inneren  Seite  des  Staubfadens  schnellt  derselbe 
zurück  und  pudert  den  Stempel  mit  Blüthenstaub  Aehnliche 
Erscheinungen  finden  wir  bei  der  Passionsblume ,  den  Big- 
nonien ,  dem  Johanniskraut  tfcc.  Jedem  Blumenfreunde  ist 
bekannt,  dass  die  Nelkenarten  sich  am  Morgen  öffnen  und 
am  Abend  schliessen.  Durch  diesen  Vorgang  werden  jedes¬ 
mal  die  Staubgefässe  dem  weiblichen  Organe  nabe  gebracht 
und  wird  die  Befruchtung,  die  sonst  nicht  stattfinden  könnte, 
begünstigt.  Bei  allen  aufgezählten  Fällen  gilt  natürlich  immer 
die  Bedingung,  dass  Staubgefässe  und  Stempel  in  ihrer  Ent¬ 
wicklung  auf  gleicher  Stufe  stehen.  Bei  manchen  Pflanzen 
ereignet  sich’s  aber,  dass  die  Staubgefässe  in  ihrer  Entwick¬ 
lung  der  des  Pistills  vorangeeilt  sind  oder  umgekehrt,  eine 
Befruchtung  kann  also  wohl  nicht  möglich  sein.  Letztere 
wird  dann  dadurch  befördert ,  dass  in  der  Nähe  stehende 
Pflanzen  von  gleicher  Entwicklung  sich  befruchten ,  indem 
z.  B.  der  Pollen  dieser  durch  den  Wind  zu  der  auf  gleicher 
Stufe  der  Ausbildung  stehenden  Narbe  der  andern  Pflanze 
geführt  wird.  So  viel  von  den  Zwitterblüthen.  Wie  aber 
ist  ein  Zusammentreffen  des  Blumenstaubes  mit  der  Narbe 
möglich,  wenn  männliche  und  weibliche  Bliithentheile  auf 
einer  Pflanze  (inonöcische  Pflanzen)  getrennt  sind,  oder  wohl 
gar  die  Staubgefässe  nur  auf  einer  Pflanze  und  die  Stempel 
nur  auf  einer  andern  Pflanze  (diöcisch)  Vorkommen  ?  Elfte¬ 
res  ist  z.  B.  der  Fall  bei  dem  Welschkorn  und  wir  finden 
die  Erreichung  des  Zweckes  dadurch  ermöglicht,  dass  die 
männlichen  Blüthen  über  den  weiblichen  stehen ,  diese  also 
von  dem  Blüthenslaube  jener  überschüttet  und  somit  be¬ 
fruchtet  werden.  Bei  andern  monöcischen  und  den  diöcischen 
Pflanzen  müssen  zu  diesem  Zwecke  Winde  und  Insekten  die 
Beförderungsmittel  der  Befruchtung  sein,  und  da  bei  diesem 
Transporte  allerdings  manches  Stäubchen,  ohne  sein  Ziel  zu 
erreichen,  zu  Grunde  geht,  so  hat  Mutter  Natur,  wie  wir 
schon  hörten,  in  reichlicher  Menge  für  Blumenstaub  gesorgt. 
Jedermann  kennt  die  im  Mai  aus  Kiefern  und  Weiden  kom¬ 
menden  Wolken  von  Blüthenstaub,  der  oft  weithin  getragen 
werden  muss,  um  zu  den  Samenpflanzen  zu  kommen.  „Die 
Mehrzahl  geht  zu  Grunde,  hinreichende  Mengen  langen  aber, 
trotz  der  scheinbaren  Unsicherheit  des  Zusammenkommens, 
doch  glücklich  an.  Ausser  dass  eine  so  bedeutende  Anzahl 
lebendiger  Zellen  dem  Untergange  geweiht  sind ,  wird  be¬ 
sonders  auch  bei  den  zuletzt  erwähnten  Bäumen  eine  ansehn¬ 
liche  Menge  organischer  Stoffe  zum  Wolile  der  zu  bildenden 
jungen  Pflänzchen  dadurch  geopfert,  dass  die  blühenden 
Gewächse  Honig,  meist  in  besonderen  Drüsen  am  Grunde, 
produziren.  Jedermann  kennt  den  starken  Honiggeruch, 
durch  welchen  sich  die  blühenden  Weiden  im  Frühjahr  schon 
von  Ferne  bemerklich  machen.  Durch  diesen  Duft  gelockt, 
naht  sich  die  Schaar  der  rauhhaarigen  Bienen  und  Fliegen. 
Sie  tragen  den  Blüthenstaub  von  den  Pollenblüthen  nach  den 
Pflanzen ,  welche  die  Samenknospen  bereiteten.  Der  Honig 
ist  der  Botenlohn,  welcher  im  Haushalte  der  Gewächse  ver¬ 
ausgabt  werden  muss,  um  die  Kindlein  in  geeignete  Pension 
zu  bringen.“  (Herrn.  Wagner ,  der  Tod.)  Zum  Schlüsse  er¬ 
wähnen  wir  noch  die  ausserordentlich  merkwürdige  Beweg¬ 
lichkeit  der  schraubenförmigen  Vallisnerie  (Vallisneria  spiralis 
L.)  zur  Zeit  der  Befruchtung.  Diese  sonderbare  Pflanze 
wächst  in  Tyrol  und  Italien,  und  zwar  hier  auf  dem  Boden 
der  Kanäle  mittelst  welchen  die  Reissfelder  gewässert  werden. 


14 


Die  weiblichen  Bliilhen  haben  einen  in  dichten  Schrauben¬ 
linien  gewundenen  Stiel ,  welcher  sich ,  sobald  die  Befruch¬ 
tungszeit  eintritl,  so  lange  auseinander  rollt,  bis  die  Blüthe 
die  Oberfläche  des  Wassers  erlangt  und  sich  nun  vollkommen 
entwickeln  kann.  Die  kurzgestielten  Blüthenknöpfchen  der 
männlichen  Vallisnerie,  die  bis  jetzt  auch  am  Boden  ver¬ 
harrten,  trennen  sich  vom  Stiele,  kommen  ebenfalls  zur 
Oberfläche  des  Wassers  und  befruchten  die  weiblichen  Blü— 
then ,  indem  sie ,  unter  diesen  umherschwimmend ,  den 
Bliithenstaub  ausstreuen.  Ist  dieser  Akt  der  Vereinigung 
beendet,  dann  rollen  die  weiblichen  Pflanzen  ihre  Stiele 
wieder  spiralförmig  zusammen ,  sinken  unter  und  bringen 
unter  dem  Wasser  die  Frucht  zur  Beife. 

Aus  diesen  aufgeführten  Beispielen  haben  wir  uns  sicher¬ 
lich  hinreichend  überzeugt  und  vergewissert,  dass  unter 
allen  Umständen  die  Natur  Sorge  getragen  hat,  damit  die 
erste  Bedingung  zur  Befruchtung,  nämlich  die  Vereinigung 
von  Pollenkörnern  mit  der  Narbe  erfüllt  wird.  Nachdem 
wir  nun  in  Vorstehendem  Staubgefässe ,  Stempel  und  das 
Zusammentreffen  beider  kennen  gelernt  ,  verfolgen  wir 
nun  noch : 


c.  Die  Entwicklung  des  Samens. 

Die  auf  die  Narbe  gekommenen  Pollenkörner  werden 
durch  die  Beschaffenheit  der  Narbenoberfläche  festgehalten 
und  treiben  ,  da  sie  mit  einer  gummihaltigen  ,  schleimartigen 
Flüssigkeit  in  Verbindung  treten,  die  schon  kennen  gelernten 
Pollen  schlauche  ( Taf .  40,  Fig.  B,  Pollenschlanch  der  Wald¬ 
erdbeere).  Die  eigentlichen  Pollenkörner  bleiben  auf  der 
Narbe  liegen,  werden  aber  auf  derselben  befestigt,  gleichsam 
angesteckt,  indem  der  Schlauch  (manchmal  auch  mehrere), 
den  ein  Körnchen  treibt,  sich  in  das  Zellgewebe  des  Griffels 
hinein  arbeitet.  Mit  Recht  sagt  daher  Senbert :  „Man  könnte 
eine  Narbe  um  diese  Zeit  etwa  mit  einem  Kissen ,  in  das 
Stecknadeln  eingesteckt  sind,  vergleichen,  wobei  eben  die 
Körner  des  Blüthenstaubes  deren  Köpfe  darstellen.“  Welchen 
Einfluss  eine  zu  grosse  Narbenflüssigkeitsmenge  oder  von 
aussen  zugeführte  Flüssigkeit  auf  die  Entwicklung  der  Pollen¬ 
körner  ausübt,  haben  wir  bereits  gehört.  Die  Pollenschläuche, 
welche  sich  durch  das  lose  Zellgewebe  des  Griffels  hindurch¬ 
arbeiten  ,  um  mit  den  Samenknospen  auf  der  Samenleiste, 
die  stets  in  unmittelbarer  Verbindung  mit  dem  zuerst  ge¬ 
nannten  Zellgewebe  steht,  zusammenzutrelTen,  haben  je  nach 
der  Länge  des  Griffels  manchmal  einen  bedeutenden  Weg  zu 
durchdringen  und  somit  selbst  eine  beträchtliche  Länge  her¬ 
vorzubringen.  Offenbar  kann  das  Pollenkorn  allein  nicht 
die  nöthige  Nahrung  zu  einer  solchen  raschen  Entwickelung 
des  Pollenschlauches  herbeiführen ,  es  muss  vielmehr  der 
Pollenschlauch  die  zu  seiner  üppigen  Vegetation  erforderliche 
Nahrungszufuhr  aus  den  benachbarten  Zellen  beziehen.  Die 
nun  in  diesem  Falle  beobachteten  Strömungen  des  Pollen¬ 
inhaltes,  der  Fovilla,  sind  nur  als  Folge  einer  erhöhten 
Taf.  41.  Thätigkeit  der  Pflanzenzellen  anzusehen.  Auf  Taf.  41,  der 
Erörterung  der  Abbildung  vom  Längsdurchschnitt  durch  den  Stempel  eines 
Pollenschlauche.  Gartenstiefmütterchens,  sehen  wir  oben  in  der  kopflormigen, 
hohlen  Stempelmündung  eine  Menge  Forlpflanzungszellen 
(Blüthenstaub).  Dieselben  haben  sich  sämmtlich  in  lange 
Schläuche  ausgedehnt.,  welche  durch  den  Kanal  des  Staub¬ 
weges  herab  bis  in  den  Fruchtknoten  kriechen  und  hier 
theilweise  in  die  zahlreich  vorhandenen  Samenknospen  ein- 
treten.  —  Erinnern  wir  uns  der  Theile  der  Samenknospe, 
und  merken  wir  uns  nun  noch,  dass  vor  der  Befruchtung 
durch  Vergrüsserung  einer  beim  Samenmundc  gelegenen 


Zelle  auf  Kosten  der  benachbarten  Zellen  der  Keimsack  oder 
Embryosack  entsteht.  Derselbe  hat  eine  kugelförmige  oder 
elliptische  Gestalt,  ist  von  einer  Flüssigkeit  angefüllt  und 
liegt  stets  so  am  Ende  des  Eikerns,  dass  durch  den  Samen¬ 
mund  ein  Zutritt  zu  ihm  gestattet  ist.  In  dem  Momente 
nun,  wo  der  durch  das  Innere  des  Griffels  und  die  Samen¬ 
leiste  gedrungene  Pollenschlauch  durch  den  Keimmund  ein¬ 
getreten  ist,  dass  also  die  Spitze  des  Pollenschlauches  in 
unmittelbare  Berührung  mit  dem  Embryosack  tritt,  in  diesem 
Momente  ist  die  Befruchtung  geendet.  Von  nun  an  beginnt 
die  Entwicklung  des  Keimlings,  darüber  ist  kein  Zweifel. 
Durch  das  Eindringen  des  Pollenschlauches  wird  der  Keim¬ 
sack  in  manchen  Fällen  etwas  eingestülpt;  die  Anregung 
zur  Entwicklung  des  Keimlings  beginnt  von  jetzt,  es  ent¬ 
stehen  neue  Zellen,  Embryokiigelchen.  Allein  so  gewiss 
man  nun  überzeugt  ist,  was  von  dem  Momente  des  Zusam¬ 
mentreffens  von  männlicher  und  weiblicher  Fortpflanzungs¬ 
zelle  weiter  geschieht,  so  schlummert  doch  über  das  Wie? 
ein  gewisses  Dunkel,  weil  die  ersten  Anlagen  des  Embryo 
als  sehr  zarte,  hinfällige,  schwer  zu  präparirende,  mikrosko¬ 
pisch  kleine  Theile  eine  Untersuchung  ausserordentlich  er¬ 
schweren.  Die  Ansichten  über  diesen  Gegenstand  sind  daher 
getrennt,  von  denen  sich’besonders  2  zur  Geltung  zu  bringen 
suchen;  eine,  deren  Vertreter  wir  in  Schleiden,  und  eine 
andere,  deren  Vertreter  wir  in  Amid,  Hugo  Itlohl ,  Meyer 
u.  A.  finden.  Schleiden,  der  durch  sein  unermüdliches  For¬ 
schen  sich  um  die  Wissenschaft  ein  grosses  Verdienst  er¬ 
worben  hat,  bringt  nach  seinen  Untersuchungen  folgende 
Ansicht  zur  Geltung:  Die  ersten  Zellen  des  Embryo  entstehen 
in  der  Spitze  des  eingedrungenen  Pollenschlauches,  welche, 
nachdem  dieselbe  durch  den  Keimmund  gedrungen  ist,  sich 
abschniirt,  während  der  bei  weitem  grössere  Theil  des 
Pollenschlauches,  der  ausserhalb  des  Keimmundes  liegt,  ab¬ 
stirbt.  Die  eigentliche  Grundlage  für  das  künftige  Pflänzchen 
wäre  darnach  ein  Theil  der  Pollenzelle,  das  Keimbläschen 
also  identisch  mit  dem  Ende  des  Pollenschlauches.  In  Bezug 
auf  die  angeführte  Ansicht  sagt  Schleiden  selbst :  „Der 
Pollenschlauch,  der  in  die  Samenknospe  gekommen  ist,  trifft 
entweder  sogleich  auf  den  Keimsack  ,  oder  dringt  durch  die 
Intercellulargänge  des  um  diese  Zeit  durch  eine  Absonderung 
etwas  aufgelockerten  Zellgewebes  der  Kernwarze,  bis  er 
den  Keimsack  erreicht.  Demnächst  erscheint  das  Ende  des 
Pollenschlauches  innerhalb  des  Keimsacks  als  ein  längerer 
oder  kürzerer,  cylindrischer  oder  eiförmiger  Schlauch,  der 
nach  der  Höhle  zu  rund  geschlossen  ist,  nach  der  Spitze  des 
Keimsacks  offen  in  den  Pollenschlauch  ausläuft;  das  Ende 
schwillt  bald  an,  dass  das  hieraus  hervorgehende  Bläschen 
(Keimbläschen)  der  ganze  im  Innern  des  Keiinsacks  enthaltene 
Theil  des  Schlauches  ist ,  oder  so ,  dass  zwischen  diesem 
Bläschen  und  der  Spitze  des  Keimsacks  noch  ein  längeres 
oder  kürzeres,  cylinderisches  Stück,  der  Keim-  oder  Embryo¬ 
träger  (filamentum  Suspensorium)  zurückbleibt.  Sodann  bildet 
sich  im  Innern  des  Pollenschlauches  Zellgewebe ,  indem 
Cytoblasten  entstehen  und  auf  diesen  sich  Zellen  entwickeln. 
Dadurch,  dass  in  diesen  Zellen  neue  Zellen  entstehen  und  so 
fort,  wird  das  Keimbläschen  zuletzt,  unter  allmähliger  Vo- 
lumenvergrösserung  und  unter  Resorption  der  Mutterzellen, 
zu  einem  kleinen  kugeligen  oder  eiförmigen  zelligen  Körper¬ 
chen.  Zugleich  schnürt  sich  der  Pollenschlauch  aussen  am 
Keimsacke  gewöhnlich  ab  und  wird  resorbirt  und  häufig  wird 
auch,  wo  kein  Embryolräger  vorhanden  ist,  das  Keimbläs¬ 
chen  selbst  abgeschnürt  und  liegt  dann  völlig  frei  in  der 
Spitze  des  Keimsacks.“  —  Die  andere,  besonders  von  Hugo 
Blohl  in  dieser  Beziehung  vertretene  Ansicht  ist  folgende: 


15 


Die  Bildung  des  Keimlings  geht  innerhalb  des  Embryosackes 
vor  sich.  Der  Pollenschlauch  ist  nur  in  so  weit  betheiligt, 
als  durch  sein  Eintreffen  die  Entwicklung  des  Keimlings 
hervorgerufen  wird,  dieser  aber  selbst  kein  Theil  des  Pollen¬ 
schlauches,  sondern  ein  Produkt  des  Fruchtblattes  ist.  Nach¬ 
dem  nämlich  der  Pollenschlauch  zum  Embryosack  gekommen, 
sammelt  sich  eine  Flüssigkeit  in  demselben  in  der  Gegend 
des  Keimmundes,  in  welcher  sich  die  Keimbläschen  entwickeln. 
Später  bildet  sich  vorzugsweise  ein  Keimbläschen  auf  Kosten 
der  andern  aus;  es  entsteht  ein  kugelförmiges  oder  elliptisches 
Gebilde,  das  die  erste  Anlage  des  Embryo  darstellt.  Auf 
welche  Weise  nun  der  Pollenschlauch  hier  anregend  wirkt, 
ist  noch  nicht  ermittelt.  Eine  Durchdringung  der  Fovilla 
durch  die  Haut  des  Pollenschlauchs ,  des  Embryosackes  und 
des  Keimbläschens  steht  wohl  zu  vermuthen.  —  In  wie  weit 
die  beiden  hier  angedeuteten  Ansichten  im  Recht  stehen, 
muss  die  Zukunft  lehren,  so  viel  ist  aber  gewiss,  dass  nach 
der  letzten  Ansicht  die  Befruchtung  und  Entwicklung  des 
Samens  der  Pflanzen  mit  der  im  Thierreiche  dann  eine  ana¬ 
loge  ist  und  wir  mit  Recht  dann  die  Staubgefässe  als  die 
männlichen  Blüthenorgane ,  die  nur  anregend,  befruchtend 
wirken  und  die  Stempel  als  die  weiblichen  Blüthenorgane, 
die  aufnehmen  und  die  Stätte  der  Entwicklung  des  Keimlings 
sind,  bezeichnen  können. 

Der  Embryo  entwickelt  sich  allmählig  weiter,  der  Samen¬ 
keimling  kommt  zur  Reife,  indem  er  sich  vorerst  durch 
Zellenanlagerung  vergrössert,  je  nach  der  Art  der  Pflanze 
eine  eigenthümliche  Gestalt  erhält,  den  dem  Keimmunde  zuge¬ 
wendeten  Theil  zum  Ende  des  Stengelchens,  auch  Würzelchen 
hier  genannt,  abrundet  und  das  entgegengesetzte  Ende  zu 
den  Anfängen  eines  Blattgebildes  verwandelt.  Während  das 
Wurzelende  des  Embryo’s  immer  dem  Keimmunde  anliegen 
muss,  ist  sowohl  die  Zahl  der  Samenlappeny  Kotyledonen , 
als  auch  die  Lage  derselben  gegen  das  Wurzelende  (diesem 
nämlich  entweder  gegenüberstehend  oder  neben  dasselbe 
zurückgebogen)  verschieden.  Die  Samenlappen  oder  Keim¬ 
blätter  sind  fleischige,  blattartige  Theile  des  Keimes,  welche 
die  ersten  Blattgebilde  entwickeln  und,  ehe  das  Keimen  be¬ 
ginnt,  sowohl  das  Würzelchen,  als  Blaltfederchen  ganz  oder 
theilweise  umgeben.  Eine  gequollene  Erbse  zeigt  das  Wür¬ 
zelchen  ,  Blattfederchen  und  die  Samenlappen  sehr  deutlich. 
In  Rücksicht  auf  Vorhandensein  und  Zahl  der  Kotyledonen 
theilt  man  die  Pflanzen  in  3  grosse  Gruppen ,  nämlich : 

1)  Dikolyledones ,  zweisamenlappiye  Pflanzen ,  auch  Blutt- 
keimer  genannt,  sie  keimen  mit  zwei  oder  wie  die  Nadel¬ 
hölzer  mit  mehreren  Samenlappen.  Hierher  gehören  die 
meisten  Pflanzen  ,  z.  B.  Laubhölzer ,  Hülsenfrüchtler  <fcc. 

2)  Monokotyledones ,  einsarnenlappige  Pflanzen  oder  Spitz- 
keimer  mit  einem  Samenlappen  oder  einem  fadenförmigen 
Triebe.  Hierher  gehören  die  Orchideen,  Lilien,  Palmen, 
Gräser  <fcc.  3)  Akolyledones ,  ohnsnmlappige  oder  sarnen¬ 
lappenlose  Pflanzen  oder  Nacklkeimer }  sie  keimen  ohne 


Samcnlappen.  Dahin  gehören  alle  Kryptogamen.  —  Je  nach¬ 
dem  nun  in  dem  Samen  noch  Eiweiss  enthalten  ist  oder 
nicht,  je  nachdem  füllt  der  Keimling  den  ganzen  Raum  der 
Samenfülle  aus  oder  nicht.  Dieses  Eiweiss  kann  hervorge¬ 
gangen  sein  aus  dem  Zellgewebe  des  schon  gedachten  Ei¬ 
kerns,  mithin  ausser  dem  Bereiche  des  Keimlingssackes,  in 
welchem  Falle  das  Eiweiss  den  Namen  Perisperrn  führt,  oder 
das  Zellgewebe  des  Eikerns  verschwindet  auf  Kosten  einer 
stattfindenden  Füllung  von  Parenchymen  im  Keimsacke,  in 
diessem  Falle  heisst  das  Eiweiss  Endosperm ,  denn  es  ist 
innerhalb  des  Keimsackes  entstanden.  Diese  Art  der  Eiweiss¬ 
bildung  findet  am  häufigsten  statt.  Taf.  42  (nach  0  Volger)  Taf.  42. 
ist  die  sehr  vergrösserte  Darstellung  des  senkrechten  Durch-  Darstellung  der 
Schnittes  durch  das  Samenkorn  der  weissen  Seerose  (Nym-  'olIsla'1<l1lf’<len 

Samenbildung. 

phaca  alba  L.),  als  Beispiel  der  vollständigsten  Bildung  eines 
Samens  im  Pflanzenreiche.  Erklärung:  f  Nabelstrang;  h 
Nabelpunkt;  r  die  Naht,  Nabellinie  an  der  Samenknospe; 
c  der  Knospengrund  der  Samenknospe,  welche  sich  völlig 
umgekehrt  hat;  m  Keimmund,  Mikropyle;  a  die  äussere, 
vom  Nabelstrange  nachgewachsene  Samenhülle,  welche  das 
Samenkorn  bis  zur  Hälfte  umhüllt;  t  die  Samenschale,  aus 
der  äusseren  Samenknospendecke  gebildet ;  mi  innere  Samen¬ 
haut,  aus  der  inneren  Samenknospendecke  gebildet;  n  Peri- 
sperm,  äusseres  Saineneiweiss,  aus  dem  Gewebe  des  Knospen¬ 
kerns  gebildet;  se  Endosperm,  inneres  Saineneiweiss,  im 
Keimsäckchen  gebildet;  e  Embryo,  im  Endosperm  eingebettet. 

Im  weiteren  Verlaufe  der  Entwicklung  des  Samenkorns 
wird  mehr  Nahrung  zugeführt ,  als  dasselbe  im  Momente 
nöthig  hat;  darum  lagert  sich  eine  bedeutende  Masse  Zellen 
als  Vorrathsmagazine  von  Stärkemehl,  Oel  oder  Zellstoff  um 
jenes  und  bilden  so  die  Mitgift  von  mütterlicher  Seite.  Denn 
sobald  das  Samenkörnchen  sich  von  der  Mutterpflanze  trennt 
und  als  selbstständiger  Organismus  auftreten  soll,  ist  es  dem 
zart  angelegten  Würzelchen  und  Blättchen  noch  nicht  mög¬ 
lich,  Nahrung  aus  den  umgebenden  Mitteln  zu  ziehen,  son¬ 
dern  zehren  erst  das  auf,  was  ihnen  zur  ersten  Peiiode 
ihres  selbstständigen  Lebens  mitgegeben  worden  ist.  Wäh¬ 
rend  dieser  Zeit  erstarkt  das  zarte  Pflänzchen ,  dehnt  sich 
nach  oben  und  unten,  und  kann  nun  sein  eigener  Ernährer 
sein.  Der  Kelch,  die  oft  schön  gefärbte  Blumenkrone,  die 
zierlich  gestalteten  Staubgefässe  welken  bei  der  immer  wei¬ 
teren  Fortbildung  des  Samens  nach  und  nach  hin,  der  Same 
trennt  sich,  nachdem  zu  seiner  vollkommnen  Reife  die  ver¬ 
schiedenen  inneren  und  äusseren  Theile  den  nöthigen  Grad 
der  Ausbildung  erlangt  haben,  von  der  Mutterpflanze;  die 
ehedem  stattlich  ausgeschmückte  Bildungsstätte  des  Samens 
stirbt  ab ;  aber  der  Same  birgt  den  Keim  zu  neuem  Lehen 
in  sich,  der,  günstigen  Entwicklungsverhällnissen  ausgesetzt, 
sich  entfaltet,  blüht  und  wieder  seines  Gleichen  erzeugt. 

Der  Kreislauf  beginnt  von  neuem;  Abslerben  und  Geboren¬ 
werden  reichen  auch  hier,  wie  allerwärts  in  der  Natur, 
einander  die  Hand! 


Buchdruckerei  von  H.  Brill  in  Darmstadt. 


Taf.l 


Ltth  Anst  v  M  Fromma/vi  ui -  Darmstadt 


Lüh  Jnsi  v  MFrommam,  in  Bar  ns  Ladt 


L/ith,.  Anst  t.  M  Fron  mann  m  D ärmst«  di 


Taf.4 


L  iü^Anst  v.  M.  Trommoum  ui  Dar  ms  Ladt 


L tth ,  Ärst.  v.  AT Fromviann  in-Da/rrtstuoli 


Taf.6. 


Lith,.ÄT\st.  v,Af.  Fromm-ann ,  mflarmstadi 


Taf.7 


Lüh.  Amt  v  M  Fremrruum  ui  Darmstadt 


Taf.8 


Lith.Anst  t>  AI  Frommjouui.  CrvUarTnstfiujlt 


Lilh.Anst  v  M  FrommaiW' ui  VarmstaJj 


Taf.10. 


L  rth.  J ns  i  o  Af  Fromm/um.  ui  Darmstaolt 


Taf.ll . 


Lixh  Ansl  o  M t'roTTimanji  iDarmtadt. 


Taf.12. 


Lüh .  'Inst  v  JC  Trcmmann  in  Pa rmstadi 


■ 


*• 


Taf.13 


LukJnstvJl Tremmann  tn DnrmM/idi 


7jith.j4nsl  v./W  Frommann  m  Bannst adt. 


Taf.15. 


LiLh  Amt  d  Al  thmmann  iji,  Darmstadt 


Taf.16 


IiL ..Anst n M. Frorrmam  inDarmstadt ■/. 


Taf.17. 


Lith-Jnst  v.M.  Fromman/i  mVourmtadt 


Taf.18. 


Liih  Aast.  (  M.  Fromiruum  in  Darmstadt. 


Taf.19 


Lith.Ävst  v.M  Fronnnavn  v i DarmsUfoU 


Taf.20. 


L/ith  Jnst  v.ffl Frorwruinn.  vri  Dotrm  stadt 


Thf.21. 


LiMhAnst  o  M  Fromnumn /  ul  DarmstuM 


Taf.22. 


Lith.AnsL.  v  AI  Frornmouub  inHarmstouii 


Taf.23. 


Llth  Anst  n  M Frommann  in  llarmjtailt. 


Taf.24. 


I  itfuAnst .  o  M  Fromm iuirv  ui  DurntsLudt 


. 


Taf.25. 


Län.Anst.  v.M  Frommem/  in  2) ou-rrt  st  «di 


Taf.26 


L  äh-  Anst  o  M  Fromrruuvn ■  m  darmsLadt 


Tkf.27. 


Luth  Aust  p  M  Frvmma/ui  ui  Darmstadt 


Taf.28 


Lith.  Amt  v  Ai  thmmann  in ■  Darmstadt 


laf  29 


Li£\.Anst n M Trommouvi  inDarmstadt ■/. 


Taf.30. 


Leih.  Aust  v  M  Fromm# TW.  ijiDoi/' ntst# dH 


Taf.31. 


Lith.Anst  v.M  Frommcuin.  m  DarmstouiL 


Taf.32. 


Itßi.Änst.  u  M.  FromMuuub  ul  DoU'msUtdL. 


Taf.33. 


Lüh, /Inst  v  M  Frommamv  in.  DarmstacLt 


Taf.34. 


Liih  Anst  o  M  fivmmouui  ui<  Darmstadt 


Taf.35. 


Lctk.Ä-nst.  v.M Froniwann.  inDurmstctolt 


Taf.36 


Liih.Ansi  cAJ  Frommamt  mUarmjtocolt 


Taf.37 


LvUv/lnsi.  o  M  fromm ann.  in  JJarmstoutt 


Ikf.3# 


Lüh. /Inst.  o  M  Frommwin  in  DaJTnstad/ 


Taf.39. 


b  (th-,  A wst .  v.Ät  Froriirna/ifi  iri Darmstadt 


Taf.40. 


Lü/uAnsiv  Al  Frommcurm  vrvUarmstMoU 


Taf.41 . 


Lith  JnsivMyromimn  in  Barmstadt. 


Taf.42. 


Litk.  /inst  o  M.Frommam  i Darmst/uit.